Kleines Lexikon zur Geschichte der Konzilsidee 9783838587158, 9783825287153, 3838587154


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Einleitung
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Z
Erster Anhang: Literaturnachträge
Zweiter Anhang: Rezensionen
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Kleines Lexikon zur Geschichte der Konzilsidee
 9783838587158, 9783825287153, 3838587154

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utb 8715

Eine Arbeitsgemeinschaft der Verlage Böhlau Verlag · Wien · Köln · Weimar Verlag Barbara Budrich · Opladen · Toronto facultas · Wien Wilhelm Fink · Paderborn A. Francke Verlag · Tübingen Haupt Verlag · Bern Verlag Julius Klinkhardt · Bad Heilbrunn Mohr Siebeck · Tübingen Ernst Reinhardt Verlag · München · Basel Ferdinand Schöningh · Paderborn Eugen Ulmer Verlag · Stuttgart UVK Verlagsgesellschaft · Konstanz, mit UVK / Lucius · München Vandenhoeck & Ruprecht · Göttingen · Bristol Waxmann · Münster · New York

Hermann Josef Sieben

Kleines Lexikon zur Geschichte der Konzilsidee

Ferdinand Schöningh

Umschlagabbildung: Ulrich von Richenthal: Das Konzil von Konstanz, Weihe Papst Martins V., 1536

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2018 Ferdinand Schöningh, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland) Internet: www.schoeningh.de Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart Satz: Satzwerk Huber, Germering Herstellung: Brill Deutschland GmbH, Paderborn UTB-Band-Nr. 8715 E-Book ISBN 978-3-8385-8715-8 ISBN der Printausgabe 978-3-8252-8715-3

n  Einleitung Im vorliegenden Kleinen Lexikon geht es um die Geschichte der Konzils­idee, nicht die Geschichte der Konzilien. Die Konziliengeschichte befasst sich mit dem Ereignis, dem Ablauf, den Entscheidungen, der Nachwirkung usw. der Konzilien selber, die Geschichte der Konzils­ idee mit den sich im Laufe der Zeit wandelnden Vorstellungen, die man sich von den Konzilien und unmittelbar damit im Zusammenhang stehenden Dingen machte. Sie stellt Fragen wie die folgenden: Was verstand man unter dem Begriff ‚Konzil’? Welches Selbstverständnis hatten die betreffenden Konzilsväter? In welchem Verhältnis stehen die Konzilien zueinander? Wie verhalten sie sich zu der anderen zentralen Institution der Kirche, dem Papsttum? Welche Art Autorität schrieb man ihnen zu? Wie weit sind Konzilien mit ‚weltlichen‘ Gebilden verwandt? Welche Texte spielen in der Geschichte der Konzils­idee eine herausragende Rolle? Bei welchen Autoren spiegelt sich diese Geschichte besonders wider? Welche Theologen haben intensiv über sie reflektiert? Welche Bezeichnungen, welche Namen wurden den Konzilien im Laufe der Zeit gegeben? Das Kleine Lexikon versucht auf diese und zahlreiche weitere Fragen zur Geschichte der Konzils­idee mit seinen etwa 250 Stichwörtern zu antworten. Um der Menge der Fragen und Aspekte eine gewisse Ordnung zu geben, werden zunächst Sach- und Personenstichwörter unterschieden. Die Sachlemmata zerfallen ihrerseits in zwei Kategorien, solche, die in einem eigenen Artikel behandelt werden, und solche, die lediglich auf andere Stichwörter hinweisen. Ähnlich gibt es zwei Arten von Personenstichwörtern, solche, die die jeweiligen Personen vorstellen – es handelt sich dabei in der Regel um Personen, die in unseren Veröffentlichungen einen eigenen Artikel erhalten haben –, und solche, in denen neben den biographischen Daten lediglich Hinweise auf andere Stichwörter gegeben werden. Auf irgendwelche Vollständigkeit wird im vorliegenden Lexikon kein Anspruch erhoben. Erfasst werden im Wesentlichen Begriffe, auf die wir in unseren Studien zur Geschichte der Konzils­idee näher eingegangen sind. Die in den Stichwörtern zitierten Quellen werden normalerweise nicht mit dem Fundort gekennzeichnet; dieser ist aus der Veröffentlichung zu entnehmen, auf die in den Fußnoten hingewiesen wird. Zu zahlreichen Lemmata wird Literatur, die zum betreffenden Thema erst nach unseren Veröffentlichungen erschienen ist, unter „Literaturnachtrag“ zitiert. Der Hinweis darauf befindet sich in der letzten Fußnote des jeweiligen Lemmas. Sehr herzlich danke ich meinem Nachfolger Johannes Arnold. Er hat mich ermutigt, die Idee zu diesem Kleinen Lexikon in die Tat umzusetzen. Was die redaktionelle Gestaltung angeht, so erhielt ich entscheidende Hilfe von seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Herrn Christoph Körner. Auch ihm sei für den wertvollen Beitrag zur Entstehung dieser Veröffentlichung bestens gedankt. Geholfen haben außerdem die Studentinnen Frau Josa Merkel und Frau Christina Wolff, denen ebenfalls mein Dank gilt. Die in den Fußnoten zu den Stichwörtern verwendeten Kürzel zu meinen Veröffentlichungen sind folgendermaßen aufzulösen:

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Einleitung

Alte Kirche = Die Konzilsidee der Alten Kirche, Paderborn 1979 Apostelkonzil = Vom Apostelkonzil zum Ersten Vatikanum. Studien zur Geschichte der Konzilsidee, Paderborn 1996 Gestalt = Studien zur Gestalt und Überlieferung der Konzilien, Paderborn 2005 Konzilsdarstellungen = Konzilsdarstellungen – Konzilsvorstellungen. 1000 Jahre Konzils­ ikonographie aus Handschriften und Druckwerken, Würzburg 1990 Konzils- und Papstidee = Konzils- und Papstidee. Untersuchungen zu ihrer Geschichte, Paderborn 2017 Mittelalter = Die Konzilsidee des lateinischen Mittelalters (847–1378), Paderborn 1984 Ökumenisches Konzil = Studien zum Ökumenischen Konzil. Definitionen und Begriffe, Tagebücher und Augustinus-Rezeption, Paderborn 2010 Partikularsynode = Die Partikularsynode. Studien zur Geschichte der Konzilsidee, Frankfurt am Main 1990 Reformation = Die katholische Konzilsidee von der Reformation bis zur Aufklärung, Paderborn 1988 Traktate = Traktate und Theorien zum Konzil. Vom Beginn des Großen Schismas bis zum Vorabend der Reformation (1378–1521), Frankfurt am Main 1983 19. und 20. Jahrhundert = Katholische Konzilsidee im 19. und 20. Jahrhundert, Paderborn 1993

Im ersten Anhang befindet sich eine Zusammenstellung von Rezensionen zu den vorstehend genannten Publikationen. Sonstige Abkürzungen sind dem Abkürzungsverzeichnis von Siegfried M. Schwertner, Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete, Berlin/New York 1992, entnommen. Zur Ergänzung der in unseren Veröffentlichungen angegebenen Literatur können zwei spezialisierte, im Internet zugängliche Bibliographien verwendet werden: 1. Annuarium historiae conciliorum: Riferimenti bibliografici: www.ahc.pusc.it 2. Bibliographia Iuris Synodalis Antiqui. Institutum Historiam Ecclesiae Investigandi Universitas Bonnensis: www.bisa.uni-Bonn.de Neuere Literatur zu Konzilien zeigen folgende Zeitschriften kontinuierlich an: 1. das Annuarium historiae conciliorum 2. die Revue d’histoire ecclésiastique (unter der Rubrik 2–5.4.3) Hinzuweisen ist auch auf das vom Mansi-Institut Bamberg geplante und zum Teil schon online zugängliche „Lexikon der Konzilien“.

n  A A achen (809), Konzil →  Augustinus-Rezeption A bsolutismus → communio potestatis A bstimmungsmodus   Der Abstimmungsmodus ist ein wichtiger Bestandteil der → Geschäftsordnung der Konzilien. Er kann von Konzil zu Konzil sehr verschieden sein. So wurde auf dem →  Constantiense (1414– 1418) nach Nationen abgestimmt1, auf dem → Basiliense (1431–1437/49) nach → Deputationen, d.  h. fachbezogenen und nach Ständen geordneten Arbeitsgruppen2, auf dem → Florentinum (1439–1443), um die am Konzil teilnehmenden, jedoch in der Minderzahl befindlichen Griechen nicht zu benachteiligen, nach den Ständen des Konzils (1. Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe, 2. Äbte und Prälaten, 3.  sonstige Geistliche). Zugleich wurde festgelegt, dass für die Stimme eines Standes eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist3. Für das → Vaticanum I (1869–1870) legte die →  Geschäftsordnung fest, dass in den Sessionen, auf denen die Dekrete definitiv angenommen werden, nur noch mit Placet oder Non placet gestimmt werden kann4. In der → Geschäftsordnung des → Vaticanum II (1962–1965) wurde bezüglich der Annahme der Konzilsdekrete eine wichtige Neuerung im Vergleich zum → Vaticanum I eingeführt, nämlich eine Zweidrittelmehrheit der anwesenden → Konzilsväter5. Wie durch den Abstimmungsmodus die Konzilsteilnehmer diszipliniert bzw. manipuliert werden können, zeigt die →  Diözesansynode von →  Pistoia (1786). Wer auf ihr vorgelegte Dekrete ablehnte, musste dies schriftlich begründen, eine Bestimmung, die manchen Pfarrer

         

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Vgl. Gestalt, 132f. Vgl. Gestalt, 136–138.  Vgl. Apostelkonzil, 282, 285. Vgl. Gestalt, 145. Vgl. Gestalt, 149.

schlicht überforderte und ihn so zwang, im Sinne der Vorlage zu votieren6. A bwertung   Der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit durch das →  Vaticanum I (1869–1870) geht nicht nur eine Phase deutlicher Aufwertung des Papsttums voraus, sondern damit zusammenhängend zugleich eine solche der Abwertung des Konzilsgedankens. Sie äußert sich meist in Verbindung mit Stellungnahmen gegen die Geltung von → Haec sancta. In Italien sind es Theologen wie der Kamaldulensermönch Mauro Cappellari (der spätere Papst Gregor XVI., † 1846), der Jesuit Alfonso Muzzarelli (†  1813), der Kardinal und römische Generalvikar Lorenzo Litta († 1820), der Titularabt von Monte Cassino Luigi Tòsti (†  1897), in Frankreich der Ex-Jesuit, Publizist und Apologet Augustin Barruel († 1820), der Staatstheoretiker der Restaurationszeit und bekannte Journalist Joseph de Maistre (†  1821) (→  „Schimäre“), der theologische und politische Schriftsteller Abbé Félicité Lamennais (†  1854), der sich 1836 von der Kirche trennte, der Verfasser des „Dictionnaire universel et complet des conciles“ Adolphe Charles Peltier († 1880), der Autor der „Histoire de la papauté“ Jean Christophe († 1882), in Deutschland der Franziskaner Marcelin Molkenbuhr († 1825), der Bonner Kirchenrechtslehrer Ferdinand → Walter (†  1879), in seinen späteren Jahren der von Tübingen nach München berufene Dogmatiker Johann Adam Möhler († 1838), sein Tübinger Stellvertreter Karl Josef →  Hefele († 1893), der Konvertit und Kanonist Georg → Phillips († 1872), der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich († 1891). Das von Heinrich Denzinger (†  1883) 1854 in erster Auflage herausgegebene Enchiridion Symbolorum et Definitionum zitiert schließlich → Haec sancta nicht unter den für den Glauben und die Sitten normativen Quellen, sondern hebt das Dekret von diesen deutlich durch Kleindruck ab, verbunden mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass es sich nicht um das Dekret eines → ökumenischen Konzils, son  6 Vgl. Apostelkonzil, 538f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 1.

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A

dern um einen Text handelt, den die Päpste (→ Papst) mehrmals verworfen haben7. A cerbi , A ntonio († 2004) → Hermeneutik A dsumus D omine   Es handelt sich um die Anfangsworte der Oration, mit der alle Sitzungen des →  Vaticanum  II (1962–1965) begonnen wurden. Das Gebet wird →  Isidor von Sevilla († 636) zugeschrieben und stammt aus dem visigotischen →  ordo de celebrando concilio. Es wurde über Jahrhunderte zur Eröffnung von Synoden und anderen kirchlichen Versammlungen verwendet. Der Text lautet: Adsumus, Domine Sancte Spiritus, adsumus peccati quidem humanitate (immanitate) detenti, sed in nomine tuo specialiter aggregati. Veni ad nos, adesto nobis, dignare illabi cordibus nostris. Doce nos, quid agamus, quo gradiamur, ostende, quid efficere debeamus operare. Esto solus et suggestor et effector iudiciorum nostrorum, qui solus cum Deo Patre et eius Filio nomen possides gloriosum. Non nos patiaris per turbatores esse iustitiae, qui summe diligis aequitatem, ut in sinistrum nos ignorantia trahat, non favor inflectat, non acceptio muneris vel personae corrumpat. Sed iunge nos tibi efficaciter solius tuae gratiae dono, ut simus in te unum et in nullo deviemus a vero; qualiter in nomine tuo collecti, sic in cunctis teneamus cum moderatione pietatis iustitiam, ut hic a te in nullo dissentiat sententia nostra et in futuro pro bene gestis consequamur praemia sempiterna. Amen.8 A egidius R omanus (†  1316) →  Konzilstraktate A ggiornamento   Das Wort wurde von →  Johannes  XXIII. (†  1963) in die kirchliche Sprache eingeführt9 und wurde zur Parole, um die vom →  Papst anvisierte und vom → Vaticanum II (1962–1965) realisierte Erneuerung der Kirche zu bezeichnen. Schon als Patriarch von Venedig umschrieb →  Johannes  XXIII. mit diesem Begriff das Ziel seiner   7 Vgl. „Die Einschätzung des Konstanzer Dekrets Haec sancta in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 36–71.   8 Vgl. Alte Kirche, 503f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 2.   9 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 308.

→  Diözesansynode10. Vor allem in seiner Eröffnungsrede des →  Vaticanum  II erklärt er den genaueren Inhalt der Devise: Das Konzil soll einerseits „die katholische Lehre rein, unvermindert und ohne Entstellung überliefern, so wie sie trotz Schwierigkeiten und Kontroversen gleichsam ein gemeinsames Erbe der Menschheit geworden ist“, andererseits soll es sich davor hüten, „diesen kostbaren Schatz nur zu bewahren, als ob wir uns einzig und allein für das interessieren, was alt ist, sondern wir wollen jetzt freudig und furchtlos an das Werk gehen, das unsere Zeit erfordert, und den Weg fortsetzen, den die Kirche seit zwanzig Jahrhunderten zurückgelegt hat“11. A gostino P atrizi (um 1435–1495)  Der in Siena geborene Humanist trat im Alter von 25 Jahren als ammanuensis in den Dienst des literarisch vielseitig tätigen Enea Silvio Piccolomini (des späteren Pius  II.). Nach dem Tod des Humanistenpapstes wechselte Agostino Patrizi in den Dienst von dessen Nachfolgern, Pauls II., Sixtus’ IV. und Pius’ III., und wurde u.  a. Leiter der päpstlichen Kapelle. Zu seinem schriftstellerischen Werk, das sich durch eine gewisse Vielfalt auszeichnet, gehört sein Summarium concilii Basiliensis. Patrizi verfasste diese Summe (→ Summen) 1480 im Auftrag von Kardinal Francesco Todeschini Piccolomini (des späteren Pius  III.). Die ihm gestellte Aufgabe war nicht leicht zu lösen. Neben weiteren Quellen galt es die in der modernen Edition 2602 Seiten umfassenden Gesta concilii Basiliensis des →  Johannes von Segovia (†  1458) in etwa 100 Seiten zusammenzufassen. Patrizi gliedert die große Masse seines Stoffes in 145 Einheiten bzw. Kapitel und überschreibt jedes davon mit einem prägnanten Titel. Damit ist ein Text entstanden, dessen sehr gute Lesbarkeit nicht zuletzt von dem durchsichtigen und klaren Latein herrührt, dessen sich der Humanist befleißigt. Das Exzerpt blieb über 150 Jahre unbeachtet, bis Leone Allacci (†  1669) und Orazio Giustiniani (†  1649) ihre Aufmerk 10 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 287.  11 Vgl. „Zur Konzils­idee Johannes’ XXIII.“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 278–308; Ökumenisches Konzil, 247, 254, 257, 266f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 3.

Andrea Gatari

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samkeit darauf richteten. Fortan wird das Summarium Patrizis in allen einschlägigen Arbeiten zum →  Basiliense (1431–1437/49) und → Florentinum (1439–1443) zitiert12. →  Cogitanti, →  Höchstgewalt, →  Konzilstraktate

Haec praesumptio numquam fiat. Dictum est decies. Qui haec violaverit, in se inveniet. Dictum est septies. Die dem → Papst erwiesenen Akklamationen enthalten oft einen Hinweis auf den päpstlichen Primat14. → Liturgie

A grapha → nichtbiblische Termini

A lanus A nglicus (13. Jh.) → Konflikt

A gustín , A ntonio (†  1586) →  Sammlungen, → Verzeichnisse

A lberigo , G iuseppe (†  2007) →  Hermeneutik, → Liste, → Kontroverse, → Tagebücher

A kklamationen   Zu den Praktiken, die die Konzilien aus ihrem profanen Umfeld übernahmen (→  äußere Gestalt) gehören auch die in der Antike bei verschiedensten Gelegenheiten angewendeten Akklamationen, „oft rhythmisch formulierte und sprechchorartig vorgetragene Zurufe“ (Th. Klauser). So wurden schon bei der Eröffnung der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) neben Gott der → Kaiser, kaiserliche Beamte usw. akklamiert. Die Akklamationen werden im → Protokoll eigens vermerkt. So halten die Akten des → Chalcedonense (451) die Kaiser → Marcian († 457) gewidmete Akklamation fest: „Marcian, dem neuen Kon­ stantin, dem neuen Paulus, dem neuen David (viele Jahre). […] Ihr seid der Friede der Welt […] … Euer Glaube schütze euch. Ihr verehrt Christus, er wird euch schützen. Ihr habt den rechten Glauben befestigt. Wie die Apostel, so glaubt ihr. Viele Jahre der Kaiserin! Ihr seid das Licht des rechten Glaubens. […] (Viele Jahre) dem Priesterkaiser. […] Ihr habt den Glauben beschützt … Ewig währe eure Herrschaft!“13 Das →  Protokoll zahlreicher römischer Synoden (→  römische Synode) notiert die dem →  Papst gewidmeten Akklamationen, so die unter Papst →  Hilarus (465): Ab universis episcopis et presbyteris acclamatum est: Exaudi Christe, Hilaro vita! Dictum est octies. Haec tenenda sunt, haec servanda sunt. Dictum est quinquies. Doctrinae vestrae gratias agimus. Dictum est decies. Per domnum Petrum, ut in perpetuum serventur, rogamus. Dictum est octies.  12 Vgl.  „Die Konzilssumme des Agostino Patrizi (1435–1495) und ihr Referat der Basler Kontroverse um die höchste Gewalt in der Kirche“, in: Gestalt, 94–122.  13 Vgl. Alte Kirche, 462f.; Reformation, 475.

A lexandre , N oël (†  1724) →  Nationalkonzilien A llacci , L eone († 1669) → Agostino Patrizi (um 1435–1495) A llocutio ad M arcianum →  Verbot eines anderen Glaubens A ltkirchliche R egel über M itwir kung des P apstes bei K onzilien → regula ecclesiastica A lvarus P elagius († um 1350) → Superioritätsfrage A mbrosius C atharinus P olitus († 1553) →  Dominikaner, →  Verteidigung der Unfehlbarkeit A mbrosius von M ailand († 397) → äußere Gestalt, →  Dreihundertachtzehn Väter, →  Einberufungsschreiben, →  Laienteilnahme, → Protokoll, → staatlicher Einfluss A nastasius B ibliothecarius (†  um 878) →  Konnumerierung, →  Kriterien, →  Ordinalzahl A ndrea G atari (†  nach 1454) →  Tagebücher

 14 Vgl. Partikularsynode, 243, 258–261, 282.

10 A ndreas recht

A von

A nerkannte → Liste

E scobar († 1448) → Stimm-

ökumenische

K onzilien

A nselm von H avelberg (um 1099–1158)  Der Bischof und Prämonstratensermönch stand zeitlebens im diplomatischen Dienst mehrerer Könige und →  Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Auf einer Gesandtschaftsreise in den Osten führte er auch Gespräche über die Wiedervereinigung der Kirche (→  Ökumene, →  ökumenischer Dialog). Eine kurze Zeit, in der er bei seinem Dienstherrn in Ungnade gefallen war, nutzte er, angeregt wahrscheinlich durch seine östlichen Erfahrungen, zu einer Reflexion über die Einheit der Kirche. Er sieht sie in ihrer vertikalen Dimension in den verschiedenen Etappen der →  Heilsgeschichte verwirklicht, in ihrer horizontalen Dimension entsprechend zu verwirklichen, und zwar durch die Wiedervereinigung von Ost- und Westkirche. Der eigentliche Agent der Einheit ist der Heilige Geist, der vom Sohn ausgeht. In dieser heilsgeschichtlichen Perspektive spielen die Konzilien eine eminent wichtige Rolle, wie sie vor ihm  – und eigentlich auch nach ihm  – kein Theologe ausgesagt hat: Die Konzilien setzen durch den auf ihnen gegenwärtigen Heiligen Geist (→ Inspiration) die Offenbarung des Sohnes fort. „Was anderes hat derselbe Geist (auf den Konzilien) […] gelehrt, als das, wovon er wusste, dass es der Sohn, der die Wahrheit ist und von dem er ausgeht, noch zu sagen habe? Genau das und nichts anderes lehrte er als das, wovon der Sohn gesagt hatte, dass er es noch zu sagen habe“. Der Herr selber habe diese heilsgeschichtliche Rolle der Konzilien vorausgesehen und vorausgesagt (vgl. Joh 16,12). Ein zentrales Thema seiner (teilweise fingierten?) „Dialoge“ (traditioneller Titel seines ursprünglich Anticimenon überschriebenen Werkes) mit dem östlichen Theologen ist selbstverständlich auch der beide Kirchenhälften trennende Primat des römischen Bischofs. Hier entwickelt Anselm die Vision eines → ökumenischen Konzils, auf dem es zu einer voll-

ständigen Einigung zwischen Ost und West kommt15. →  „Dogmenfortschritt“, →  Einberufung, →  Freiheit, →  griechische Konzils­idee, → Heilsgeschichte, → Theologen, → Unterschrift, → via concilii, → Vorsitz A nselm von L ucca (†  1086) →  Bernold von Konstanz (1054–1100) A nspert

von

M ailand († 881) → Nutzen

A nte et post definitionem   Gemeint ist die Gegenüberstellung einer unterschiedlichen Aufgabe der Vernunft (ordo quaerendi) vor bzw. nach einer Konzilsdefinition. Sie wurde im Dreikapitelstreit von dem afrikanischen Theologen → Facundus von Hermiane (6.  Jh.) herausgearbeitet: „[…] die Art und Weise der Untersuchung (kann) nach der Definition eines durch die Zustimmung der gesamten Kirche bekräftigten Konzils nicht mehr die gleiche wie vorher sein. Vorher verlangte die Vernunft, dass der fragliche Brief (sc. des Ibas) vom Konzil als anzunehmender beurteilt wird, wenn er sich als orthodox beweisen lässt; jetzt dagegen verlangt die Vernunft, dass (dieser Brief) als orthodox beurteilt wird, wenn er als von der Synode angenommener bewiesen wird.“ Es handelt sich hier um eine Weiterentwicklung der wesentlich von Papst →  Leo dem Gr. (†  461) grundgelegten Konzils­ idee (→  Konzils­ideen). Ein →  ökumenisches Konzil stellt nicht nur nicht mehr erneut verhandelbare Sätze auf (→ nihil prorsus de bene compositis retractetur), es ist auch dazu da, die Fragen der Vernunft abzuschließen zugunsten der Glauben erheischenden → Autorität. Die Frage nach der Rechtgläubigkeit darf nur im Konzil selber, nachher nicht mehr gestellt werden. Sie ist durch das Konzil ein für allemal entschieden. In dieser Entscheidung besteht ihr eigentlicher →  Nutzen: „Was wir mit unserem Verstand nicht fassen, das sollen wir aufgrund der Autorität glauben. Sobald uns die Vernunft nicht  15 Vgl. „Anselm von Havelberg († 1158) oder gregorianische Konzils­idee versus griechische“, in: Mittelalter, 153–187.

Apostelkonzil

mehr weiterhilft, soll uns sogleich der Glaube vor dem Fall bewahren“. In der Konsequenz dieses Ansatzes liegt die scharfe Unterscheidung zwischen Konzilsdekreten auf der einen Seite und Meinungen Einzelner auf der anderen, seien es frühere → Kirchenväter oder lebende Theologen. → Facundus betont deutlicher als ältere Autoren den religiösen Charakter von Konzilien. Sie verlangen vom Gläubigen ehrfürchtige Unterwerfung. → Dunkelheiten und schwer Verständliches in ihnen sind providentiell. Ähnlich wie bei der → Heiligen Schrift sind solche Konzilsaussagen zur Erprobung und Läuterung des Glaubens von Gott zugelassen16. → Vernunft A ntiochien (268), Konzil →  BeneševicSyn­opse, →  Constantinopolitanum  II (553), → Häresie A ntiochien (328), Konzil →  BeneševicSyn­opse, → concilium perfectum, → Synodalrecht A ntonio nahme A ntonius recht

de

de

B utrio († 1408) → LaienteilR osellis († 1466) → Stimm-

A pg 15  Während es im übernächsten Lemma „Apostelkonzil“ um die historische Nachwirkung der lukanischen Perikope Apg 15 geht, hat das vorliegende die Perikope selber zum Gegenstand. Wir fragen, wenn man so will, nach der „Konzils­idee“ des Lukas und stellen dabei zunächst fest, dass der Begriff „Konzil“ für die von Lukas geschilderte Versammlung durchaus verwendet werden kann; denn sie enthält mehrere der sich im Laufe der Geschichte für Kirchenversammlungen herauskristallisierenden konstitutiven Elemente. Aus der näheren Analyse der Perikope ergibt sich, dass Lukas bei der Schilderung der Versammlung offensichtlich Elemente verwendet, die ursprünglich dem jüdischen Synhedrium  16 Vgl. Alte Kirche, 291–300.

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(→  Sanhedrin) zugehörten. Es kann dabei zwar nicht nachgewiesen werden, dass die lukanische Gemeinde selber solche Versammlungen praktizierte, wie sie im „Apostelkonzil“ sichtbar werden, aber es lässt sich vermuten. Geht man davon aus, dass die in Apg 15 berichtete Entscheidung zugunsten der Gesetzesfreiheit von Lukas in Analogie zum jüdischen Synhedrium geschildert, gemalt, als dramatische Szene gestaltet ist, dann ergeben sich aus dieser „Konzils­idee“ natürlich Konsequenzen für die Einzelauslegung der Perikope. Schließlich stellt sich auch die Frage, in welchem Verhältnis Apg 15 zu →  Dtn 17,8–13 steht. Die „Konzils­ idee“ des Lukas ist zwar höchstwahrscheinlich nicht unmittelbar von diesem alttestamentlichen Schrifttext inspiriert, sie gehört aber ohne Zweifel in die Wirkgeschichte dieses Schriftwortes (→  Sanhedrin), insofern Idee und Geschichte des jüdischen Synhedrium untrennbar mit Dtn 17,8–13 verbunden sind17. A posteldekret   → forma, → Glaube und Werke, → Reginald Pole, → Protestantische Konzils­idee A postelkonzil   Traditionell gilt das Apostelkonzil (→  Apg 15) als der klassische → locus scripturisticus für die Konzilsinstitution. Die lukanische Perikope spielte diese Rolle in der Konziliengeschichte jedoch nicht von Anfang an, es brauchte vielmehr eine gewisse Zeit, bis sie in den eindeutigen Zusammenhang des kirchlichen Konzilsgeschehens gebracht wurde. Erst seit der zweiten Hälfte des 4.  Jh.s wird →  Apg 15 zum klassischen Schriftbeweis und das Apostelkonzil zum ersten „Fall“ und zum Modell einer Synode18. Andere Schrifttexte, vor allem Mt 18,20 („Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“)19, übernahmen ebenfalls diese Rolle der Schriftbegründung der  17 Vgl. „Die Konzils­idee des Lukas“, in: Alte Kirche, 384–407. –Vgl. auch Literaturnachtrag 4.  18 Vgl. „Das Echo von Apg 15 in der altkirchlichen Literatur“, in: Alte Kirche, 407–423; 19. und 20. Jahrhundert, 272, Anm. 116.  19 Vgl. Alte Kirche, 221, 294, 419f.

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A

Konzilsinstitution20. Als zentraler →  locus scripturisticus wurde → Apg 15 im Laufe der Geschichte immer wieder ausgelegt, um bestimmten Aspekten der jeweiligen Konzils­ idee (→ Konzils­ideen) eine biblische Grundlage zu geben, so von → Theodor Abū Qurra (†  um 820)21, →  Marsilius von Padua (†  1342/43)22, →  Wilhelm von Ockham († 1347)23, → Johannes von Segovia († 1458)24, den →  Magdeburger Zenturien25, Caesar →  Baronius (†  1607)26, Martin →  Gerbert (†  1793)27, Giovan Vincenzo →  Bolgeni († 1811)28, Louis de → Potter († 1859)29. Von historischer Nachwirkung war in der Neuzeit vor allem Martin →  Luthers (†  1546) Auslegung der Stelle → Apg 1530. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die deutlich von dem Reformator abhängige Auslegung der Perikope durch den englischen Kardinal Reginald → Pole († 1558)31. Der Jesuit Alphons → Salmerón († 1585) legt eine streng propäpstliche Interpretation von → Apg 15 vor32. Zur Zeit des Großen Schismas griffen gewisse Autoren wegen ihres besonderen Interesses an den Konzilien eine ältere Tradition über eine Vielzahl von Apostelkonzilien33 wieder auf und verarbeiteten sie auf verschiedene Weise34. Zu dieser älteren Tradition gehört auch →  Bernold von  20 Vgl. „Die Konzils­idee des Lukas oder der alttestamentlich-jüdische Einfluß (auf die Konzils­ idee)“, in: Alte Kirche, 384–423; „(Luthers) Auslegung von Apg 15“, in: Reformation, 23–32; „Ein römisches Echo: Reginald Poles De concilio“, in: ebd., 52–89; „(Salmeróns) Commentarius in Apg 15“, in: Apostelkonzil, 438–440.  21 Vgl. Alte Kirche, 175–177, 183–185.  22 Vgl. Mittelalter, 379f.  23 Vgl. Mittelalter, 435f., 461.  24 Vgl. Apostelkonzil, 164–168.  25 Vgl. Reformation, 241f.  26 Vgl. Reformation, 250f.  27 Vgl.  Reformation, 415f.; 418; Apostelkonzil, 530f.  28 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 24, 35.  29 Vgl. Gestalt, 409.  30 Vgl. „(Luthers) Auslegung von Apg 15“, in: Reformation, 23–32.  31 Vgl. „Ein römisches Echo (auf Luther): Reginald Poles De concilio“, in: Reformation, 52–89.  32 Vgl. Apostelkonzil, 438–440.  33 Vgl. „Zur Tradition einer Vielzahl von Apostelkonzilien“, in: Traktate, 141–147; Mittelalter, 98f.  34 Vgl. Traktate 252, 258f.

Konstanz († 1100), der fünf Apostelkonzilien ausmacht35. → Glaube und Werke A postelkonzil

als

A rchetyp → forma

A ppellation vom K onzil an den P apst  Eine erste rechtliche Fassung des Appells vom Konzil an den → Papst enthalten die Kanones III–V des Konzils von → Sardica (342). Aber es handelt sich dabei nicht um eine Appellation im strengen Sinn des Wortes, denn der → Papst wird hier nicht ausdrücklich als höhere Instanz betrachtet. →  Sardica macht den → Papst zu einer „Quasi-Appellationsinstanz“  – eine Kompromisslösung, die, wie die weitere Geschichte zeigt, keine Seite befriedigte. Den Päpsten bedeuteten die Appellationskanones zu wenig an Einflussmöglichkeiten36, den Konzilien, vor allem den griechischen und den afrikanischen, schon zu viel37. Gegen die römischen Versuche einer weiteren Interpretation der genannten Kanones kämpfte vor allem → Hinkmar von Reims (†  882) an38, vorher schon die afrikanische Kirche durch das Verbot von Klerikerappellationen nach Rom39. Die →  Pseudoisidorischen Dekretalen etablieren praktisch ein unbegrenztes Appellationsrecht an den → Papst und geben ihm damit die Möglichkeit an die Hand, jede Synode unter Kontrolle zu haben40, eine Regelung, die die →  Kirchenrechtssammlungen übernehmen41. Für eine strikte Interpretation der Sardicensischen Appellationskanones tritt dann →  Wilhelm Durandus († 1330) in seinem Kirchenreformprogramm ein: Prozesse sollten nicht in Rom, sondern, wie es die Sardicensischen Appellationskanones vorschreiben, an Ort und Stelle

 35 Vgl. Mittelalter, 130. – Vgl. auch Literaturnachtrag 5.  36 Vgl. Mittelalter, 35–37.  37 Vgl.  „Erste rechtliche Bestimmungen (des Verhältnisses zwischen Papst und Konzil)“, in: Gestalt, 37f.; „Entstehung und zögernde Rezeption (der Sardicensischen Appellationskanones)“, in: Partikularsynode, 194–206.  38 Vgl. Mittelalter, 100–107; Gestalt 53–55.  39 Vgl. Mittelalter, 197; Partikularsynode, 17.  40 Vgl. Mittelalter, 209.  41 Vgl. Mittelalter, 211–213.

Apriori

durchgeführt werden42. Für → Johannes von Ragusa (†  1443) ist die Appellationsinstanz nicht der →  Papst persönlich, sondern sein römisches →  Patriarchalkonzil43. Auch der frühe → Nikolaus von Kues († 1464) sieht in den strikt interpretierten Sardicensischen Appellationskanones ein wichtiges Mittel zur Eingrenzung des päpstlichen Zentralismus44. Louis de →  Thomassin d’Eynac geht im 17.  Jh. ausführlich auf konkrete historische Appellationen von durch Konzilien Verurteilte an den Römischen Stuhl ein (Johannes Chrysostomus, Eutyches, Flavian von Kon­ stantinopel usw.)45. → Verhältnis des Konzils zum Papst A ppellation vom P apst an das K on zil  Die Frage, ob Appellationen vom →  Papst an das Konzil erlaubt sind oder nicht, hängt naturgemäß eng mit der → Superioritätsfrage zusammen. Sieht man diese Frage schon bei den Päpsten →  Gelasius  I. († 496)46 und → Nikolaus I. († 867)47 irgendwie gestellt, kann man bei ihnen schon den Widerstand gegen solche Appellationen konstatieren. Wirklich virulent aber wird das Thema erst, nachdem der Herrschaftsanspruch der Päpste (→  Papst), allen voran →  Bonifaz’  VIII. (†  1303) mit seiner Bulle Unam sanctam, ein bisher nie da gewesenes Ausmaß erreicht hatte. Jetzt besann man sich auf die einzige innerkirchliche Institution, die ihrer Natur nach in der Lage war, dem →  Papst Paroli zu bieten, auf das Konzil48. Die Publizisten und Theologen machten zwischen 1294 und 1342 das Rechtsmittel der Berufung vom → Papst an das Konzil zu einer mächtigen Waffe gegen die Päpste. Einer der führenden Theologen dieser Jahre, der Augustinereremit → Augustinus Triumphus († 1328) diskutiert unter allen denkbaren Aspekten die Frage: Utrum homo possit appellare a papa ad concilium generale, um sie schließlich  42  43  44  45  46  47  48

Vgl. Mittelalter, 353. Vgl. Apostelkonzil, 144. Vgl. Traktate, 74f.; Partikularsynode, 214. Vgl. Reformation, 291f. Vgl. Mittelalter, 68. Vgl. Mittelalter, 58. Vgl. „Appellation vom Papst an das Konzil“, in: Mittelalter, 335–344.

infallible

Sätze

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mit einem eindeutigen Nein zu beantworten49. Zur Zeit des Großen Abendländischen Schismas, vor allem nach dem Appellationsverbot durch Martin V. († 1431), wird die Frage der Erlaubtheit solcher Appellationen wieder eifrig diskutiert und je nach der Position in der →  Superioritätsfrage entschieden50. Am 28. November 1518 appelliert Martin → Luther vom → Papst an das Konzil und löst damit entsprechende Reaktionen auf der päpstlichen Seite aus51. In den Ausein­ andersetzungen der zweiten Hälfte des 18. Jh.s über → Haec sancta kommt immer wieder auch die Frage nach der Legitimität einer Appellation vom Papst an das Konzil zur Sprache52. Die Appellation für erlaubt zu halten, gehört zu den Positionen des Gallikanismus und →  Jansenismus. So wurde sie auch zum Protest gegen die Bulle Unigenitus (1713) praktiziert53. Johann Nikolaus von →  Hontheim (†  1790)54 hält die Appellation vom → Papst an das Konzil für legitim, Martin → Gerbert († 1793)55 und Francesco Antonio → Zaccaria († 1795)56 suchen diese Position mit großer Gelehrsamkeit zu widerlegen. Apriori infallible Sätze  Die von Hans Küng (*  1928) in seinem Buch „Unfehlbar? Eine Anfrage“ (1970) verteidigte These, „daß der Glaube auf infallible Sätze angewiesen sei, ist nicht bewiesen“, bezieht sich nach eigenem Bekunden nicht nur auf das päpstliche, sondern auch auf das konziliare Lehramt, gehört also in eine →  Geschichte der Konzils­ idee. Der Tübinger Dogmatiker präzisiert seine These: „Unter infalliblen Sätzen verstehen wir ganz im Sinne des Vatikanums  I Aussagen, die aufgrund einer göttlichen Verheißung als von vornherein garantiert irrtumsfrei zu betrachten sind: Sätze, Propositionen, Definitionen, Formulierungen und Formeln, die nicht nur de facto nicht irrig sind, sondern grundsätzlich gar nicht irrig sein können.“ Es  49  50  51  52  53  54  55  56

Vgl. Mittelalter, 342–344. Vgl. Traktate, 37, 58, 160, 232f., 253. Vgl. Reformation, 16, 95, 99. Vgl. Reformation 317, 319, 333–335. Vgl. Reformation, 403. Vgl. Reformation, 431. Vgl. Reformation, 420. Vgl. Reformation, 447.

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erscheint wichtig zu unterscheiden, was Hans Küng sagt und was er nicht sagt: Er behauptet nicht die innere Unmöglichkeit von apriori unfehlbaren Sätzen, sondern lediglich das Fehlen von Beweisen für ihre Möglichkeit oder Notwendigkeit. „Ökumenische Konzilien können57 Ausdruck der Infallibilität oder Indefektibilität der Kirche sein. Aber sie sind es nicht von vornherein kraft des Willens der Einberufenden oder Teilnehmenden, denen a priori vom Geist Gottes Infallibilität nach Wunsch und Gebet geschenkt wäre; gerade dies läßt sich von nirgendwoher begründen. Sie sind es vielmehr im nachhinein, wenn und insofern58 sie nämlich die Wahrheit des Evangeliums Jesu Christi authentisch bezeugen. So gibt es zwar nicht von vornherein infallible, wohl aber faktisch wahre59 Konzilsaussagen, solche nämlich, die mit der ursprünglichen christlichen Botschaft übereinstimmend auch von der Kirche anerkannt werden“. Die in dieser These zum Ausdruck kommende Leugnung der traditionellen Form des katholischen Glaubens an die Unfehlbarkeit der Konzilien (→  Leugnung der Unfehlbarkeit) löste unterschiedliche Reaktionen aus. Man kann drei Gruppen von Theologen unterscheiden: erstens Theologen, die die Argumente Küngs gegen die Unfehlbarkeit durch eigene Objektionen ergänzen, zweitens solche, die die traditionelle Position verteidigen, und drittens solche, die so etwas wie eine höhere Synthese zwischen der Leugnung unfehlbarer Sätze und der traditionellen Position versuchen. Zur ersten Gruppe gehören u.  a. Otto Hermann Pesch (†  2014) und der spanische Jesuit Luis Bermejo, zur zweiten Gruppe zählen u. a. Otto Semmelroth († 1979), Leo Scheffczyk (†  2005), Joseph →  Ratzinger (* 1927) und Karl Rahner († 1984), zur dritten schließlich u. a. Walter Kasper, Heinrich Stirnimann (†  2005), Edward Schillebeeckx († 2009) und wiederum Otto Hermann Pesch60. → Unfehlbarkeit

 57  58  59  60

Im Original kursiv. Im Original kursiv. Im Original kursiv. Vgl. „Diskussion über die Unfehlbarkeit“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 386–407.

A quileia (381), Konzil →  äußere Gestalt, →  Einberufungsschreiben, →  Freiheit, →  Protokoll, →  rechtmäßiger Verlauf, → staatlicher Einfluss A rabisch - christliche K onzils ­i dee → Theodor Abū Qurra (um 740–um 820) A rgumente  Um das Vorgehen des →  Constantiense (1414–1418) zu rechtfertigen, Definitionen ohne abstützende theologische Argumente aufzustellen, hatte man sich offensichtlich auf das Axiom certior est habitus fidei quam ratio berufen. Der Franzose → Nikolaus von Clémanges († 1437) bemühte sich um eine Klärung dieser Position, indem er, erstens, feststellte: Nicht alle kirchlichen Sätze sind Glaubenssätze. Wo es nicht um den Glauben geht, müssen also in jedem Fall Beweise vorgelegt werden. Zweitens, auch Glaubenssätze stehen „meist“ nicht im Gegensatz zur → Vernunft und sind von daher argumentativ abzusichern. Drittens, dies ist umso nötiger, um auszuschließen, dass etwas als Glaubenssatz geglaubt wird, was in Wirklichkeit, weil im Widerspruch zu anderen Glaubenssätzen stehend, gar nicht zum Glauben gehört. Für diese Forderung nach argumentativer Vorlage der Glaubensdefinitionen durch das Konzil beruft sich Clémanges auf die Praxis Jesu selber, die der Apostel und der scholastischen Theologie. Argumente zugunsten der Konzilsdefinition sind jedoch nicht nur deswegen erforderlich, weil sonst der Widerspruch einiger Gelehrter zu erwarten ist, sondern weil man bei den einfachen Gläubigen, für die die Definitionen bestimmt sind, nicht das theologische Wissen der Konzilsväter voraussetzen darf. Gerade weil solche Definitionen sich an die ganze Kirche richten, ist mit vielen „Anfragen“ zu rechnen und müsste das Konzil im Sinne von 1 Petr 2,15 eine Antwort bereithaben. Die →  Konzilsväter definieren eben nicht für sich selber, sondern für die ganze Kirche, die sie ja repräsentieren (→  Repräsentation). Entsprechend sollten ihre Definitionen (→ Definition) klar und deutlich sein, damit keiner von den „Kleinen, die an Christus glauben“ (vgl. Mt 18,6) ob ihrer → Dunkelheit und Ungewissheit Ärgernis nimmt.

Arten

Dunkel und Ungewissheit werden nämlich durch entsprechende Argumente und Beweise beseitigt. Verhängnisvoll wäre es jedenfalls, auf solche Argumente mit der fadenscheinigen Begründung zu verzichten: Sie sind überflüssig, wir sind ja ein Generalkonzil, wir können gar nicht in Irrtum fallen, wir sind ja unfehlbar (→ Unfehlbarkeit)61. A rgument

für

zils über den

est sua parte

S uperiorität des K on P apst → omne totum maius

A rles (455), Konzil → Vorsitz A ristotelismus   In einer →  Geschichte der Konzils­idee geht es auch um Einflüsse, die nicht vom Inneren der Kirche her auf die Konzilien einwirken, als da sind Faktoren wie → Heilige Schrift (→ locus scripturisticus, →  Apostelkonzil, →  Dtn 17,8–13) und →  Überlieferung usw., sondern von außen her (→ äußere Gestalt). Zu ihnen gehört als nicht unwichtiger Faktor Aristoteles (†  322 v.  Chr.) bzw. die Aristoteles-Rezeption des 14.  Jh.s. Sie ist verantwortlich für das Aufkommen von vorher praktisch unbekannten Ideen, was die Konzeption eines Konzils anbelangt. Von zentraler Bedeutung ist vor allem die Übernahme des Begriffs der Volkssouveränität und die damit zusammenhängende Vorstellung des Konzils als → Repräsentation des Kirchenvolkes. →  Marsilius von Padua (†  1342/43) führt das Axiom → omne totum maius est sua parte, mit dessen Hilfe er die genannte Vorstellung verteidigt, jedenfalls auf Aristoteles zurück62. Zu den Autoren, die im Zusammenhang ihrer Kon­ zils­idee (→ Kon­zils­ideen) aristotelisches Gedankengut übernommen haben, gehören neben dem Paduaner Philosophen auch → Wilhelm von Ockham († 1347)63 und Konziliaristen (→ Konziliarismus)64 wie → Jean

 61 Vgl. Traktate, 161f.  62 Vgl. Apostelkonzil, 201f.  63 Vgl.  „Wilhelm von Ockham (†  1347) oder die systematische Problematisierung der Kon­ zils­ idee“, in: Mittelalter, 410–469.  64 Vgl.  „Aristoteles bei Konstanzer und Basler Konziliaristen“, in: Apostelkonzil, 196–222.

von

Konzilien

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Gerson († 1429)65 und → Johannes von Segovia († 1458)66 mit seinen Reflexionen über die verschiedenen → Herrschaftsformen. A rnauld , A ntoine († 1694) → Haec sancta, → Jansenismus A rten von K onzilien   Konzil ist nicht Konzil. Man unterscheidet ökumenische Konzilien (→  ökumenisches Konzil), Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil)67, Provinzialsynoden (→  Provinzialsynode), Nationalkonzilien (→  Nationalkonzil)68, Diözesansynoden (→  Diözesansynode)69 usw. Im Laufe der Geschichte wechseln die → Bezeichnungen und Namen für diese verschiedenen genera conciliorum, ebenfalls das Selbstverständnis und ihre Bedeutung für die Kirche. In der Alten Kirche gab es im Vergleich zum Mittelalter ein blühendes Konzilsleben, neben den eher seltenen Versammlungen der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) kannte man Syn­ oden auf den verschiedensten Ebenen der Kirche. Dass ein wesentlicher Unterschied zwischen ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) und den sog. Partikularsynoden (→  Partikularkonzil) besteht, schlug sich begrifflich keineswegs schon mit dem ersten →  ökumenischen Konzil, dem → Nicaenum I (325), nieder, sondern im Osten erst im Laufe des 6. Jh.s, im Wesen noch später. Zu den stereotyp von den → Dekretisten behandelten Fragen gehört auch die der species conciliorum, die ihrer verschiedenen Arten70. Auch in der Zeit des Abendlän 65 Vgl. Apostelkonzil, 206–209.  66 Vgl. Apostelkonzil, 191–195.  67 Vgl.  „Zur Idee der sogenannten Partikularsyn­ ode in der Alten Kirche“, in: Partikularsynode, 11–38.  68 Vgl.  „Das Nationalkonzil im frühen Selbstverständnis“, in: Partikularsynode, 39–78.  69 Vgl.  „Zur Idee der Diözesansynode von Trient bis Pistoia“, in: Partikularsynode, 79–126; „Die Diskussion über die Diözesansynode der Jahre 1848–1850 in Deutschland“, in: Partikularsynode, 162–192; „Die Beratung und die Beschlüsse der Würzburger Bischofskonferenz (1848) über die Diözesansynode“, in: Partikularsynode, 127–161.  70 Vgl. „Einige Konzilsprobleme hauptsächlich bei den frühen Dekretisten“, in: Mittelalter, 252– 271.

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dischen Schismas und der Reformkonzilien diskutiert man über die verschiedenen genera conciliorum71. Die römischen Synoden (→ römische Synode) haben wegen ihres besonderen Vorsitzers, des → Papstes, eine ihnen eigene Struktur und Bedeutung unter den Partikularkonzilien72 (→ Partikularkonzil). Mit den verschiedenen Arten von Konzilien hängen ihre unterschiedliche Größe und ihr unterschiedlicher Umfang zusammen sowie auch ihre unterschiedliche → Autorität73. Was den Sprachgebrauch angeht, also die → Bezeichnungen für die einzelnen Arten von Konzilien, so gibt →  Johannes von Ragusa für das 15. Jh. folgende Auskunft: Prinzipiell könne man zwar die Versammlungen der Kirche auf allen Ebenen concilia bzw. synodi nennen, aber der übliche Sprachgebrauch schränke die Bezeichnung concilium auf die Ebenen oberhalb des Dekanats ein. Die Versammlungen auf den höheren Ebenen der Provinz und der Nation würden vorzugsweise als concilium bezeichnet, die Versammlungen des Bischofs mit seinem Klerus als synodus. Für die allerhöchste Ebene, die Versammlung des Erdkreises hingegen seien wiederum gleicherweise die Bezeichnungen concilium und synodus üblich74. A thanasius von A lexandrien (um 295– 373)  Der Bischof von Alexandrien hatte als Diakon am → Nicaenum I (325) teilgenommen und kommt in seinem umfangreichen schriftstellerischen Werk immer wieder auf diese für die Institution der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) grundlegende Synode zurück. Da sich sein Schrifttum über eine Zeit von 30 Jahren (von 338 bis 369) erstreckt  – und damit auch seine Stellungnahmen zu diesem Konzil –, spiegelt sich darin auf ausgezeichnete Weise das  71 Vgl.  „Genera conciliorum (in Traktaten zur Zeit des Großen Schismas)“, in: Traktate, 113–119; „Genera conciliorum (bei Dominico Jacobazzi)“, in: Traktate, 233f.  72 Vgl. „Das Verhältnis zwischen Papst und römischer Synode im Spiegel der Synodalprotokolle (313–1083)“, in: Partikularsynode 229–264.  73 Vgl.  „Umfang und Autorität (der Konzilien)“, in: Gestalt, 17–20.  74 Vgl. Apostelkonzil, 108–111.

Werden und Wachstum der Idee eines →  ökumenischen Konzils. Der Theologe sieht im →  Nicaenum  I zunächst nur eine weltweite Verurteilung der arianischen Christologie, dann einen weiter geltenden Urteilsspruch, schließlich eine vollausreichende Bekenntnisformel, ja, den göttlichen Glauben der Kirche, ein „Wort Gottes, das in Ewigkeit bleibt“ (Jes 40,8)75. → Eusebius von Caesarea (260/64–339/40), →  Formeln, →  Freiheit, →  Inspiration, → Kirchenväter, → Konzilstraktate, → Konzilsväter, → Maßstab, → nichtbiblische Termini, →  Notwendigkeit, →  ökumenisches Konzil, → Spr 22,28, → staatlicher Einfluss, →  Theodor Abū Qurra (um 740–um 820), → Theologen, → Überlieferung, → Vinzenz von Lérins († 434/50), → Zahl A ttribute   In diesem Lemma geht es um eine bloße Zusammenstellung von Attributen, die dem Terminus concilium in den mit Konzilsmaterie befassten Quellen beigesellt werden: concilium dignius (→  concilia digniora)76, concilium episcopale77, → concilium generale78, concilium generale et plenum79, concilium insignius80, concilium integrum81, concilium locale82, concilium oecumenicum (→ ökumenisches Konzil)83, concilium oecumenicum maius84, concilium particulare (→ Partikularkonzil)85, → concilium perfectum86, → concilium plenarium87, concilium principale (→  concilia principalia)88, concilium provinciae (→ römische Provinziallandtage) 89,

 75 Vgl. „Werden und Eigenart der Kon­zils­idee des Athanasius von Alexandrien (†  373)“, in: Alte Kirche, 25–67.  76 Vgl. Ökumenisches Konzil, 171, 172, 186, 189.  77 Vgl. Traktate, 114, 252.  78 Vgl. Alte Kirche, 109; Mittelalter, 33, 92, 102.  79 Vgl. Ökumenisches Konzil, 74–77.  80 Vgl. Ökumenisches Konzil, 186.  81 Vgl. Mittelalter, 253.  82 Vgl. Mittelalter, 253; Traktate 233.  83 Vgl. Traktate, 114; Apostelkonzil, 403.  84 Vgl. Ökumenisches Konzil, 185.  85 Vgl. Traktate, 97, 114, 234; Gestalt 18f.  86 Vgl. Mittelalter, 96f.; Gestalt 49.  87 Vgl. Traktate, 116; Reformation, 133; Gestalt, 18, 51.  88 Vgl.  Mittelalter, 205, 259, 408; Traktate, 236; Ökumenisches Konzil, 171f., 186, 189.  89 Vgl. Alte Kirche, 144.

Aufklärung

concilium provinciale90, concilium regionale91, concilium religiosum92, concilium singulare93, concilium topicum94, →  concilium universale95, concilium universale plenarium96, concilium universale plenum97, → concilium ycomenicum98.

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A ufklärung   Von dem Aufklärer Christoph Friedrich Nicolai († 1811) ist das Wort überliefert: „Aufgeklärt heißen, und doch immerfort durch die Brille der Kirchenväter und Konzilien zu sehen, lässt sich nicht zusammendenken“99. Es besteht in der Tat ein innerer Gegensatz zwischen der Geisteshaltung der Aufklärung und der Anerkennung einer → Autorität, wie sie durch die Institution der kirchlichen Konzilien verkörpert wird. Was wird aus dem traditionellen Konzilsgedanken, wenn sich ein Aufklärer wie der Mainzer Dogmatiker Felix Anton → Blau (†  1798) mit ihm beschäftigt? Die Antwort auf diese Frage gibt →  Blaus Hauptwerk „Kritische Geschichte der kirchlichen Unfehlbarkeit zur Beförderung einer freiern Prüfung des Katholizismus“ (Frankfurt am Main 1791). Speziell für die Konzilien lautet das Resultat der „Kritischen Geschichte“: „Die Kirchenversammlungen zeugen zwar von dem […] zu einer gewissen Zeit herrschenden Lehrbegriffe, aber, wenn man die Unfehlbarkeit nicht wieder voraussetzt, beweisen sie nicht unmittelbar die Göttlichkeit der Lehre oder den apostolischen Ursprung derselben. Man muß weiter forschen und zusehen, auf welchen Gründen die Synodalbeschlüsse beruhen, und nach dem Gewichte derselben den Wert der Entscheidungen beurteilen. Die Konzilien können fernerhin in der Dogmatik von keinem anderen als

bloß historischen Gebrauche sein. Sie gehören bloß zur Dogmengeschichte“100. Einen Beitrag zum Thema Konzilien aus der Sicht der Aufklärung leistet auch der unter dem deutlichen Einfluss der Enzyklopädisten stehende belgische Historiker und Politiker Louis de →  Potter (†  1859) mit seinem Jugendwerk „Considérations sur l’histoire des principaux conciles“ (1816). Nach →  Potter ist die Geschichte der Konzilien, auf den Begriff gebracht, nichts anderes als eine Geschichte der Intoleranz und der Unduldsamkeit. „Seid intolerant zueinander“, laute die Lektion, die die Geschichte der Konzilien erteile101. Neben der radikalen Aufklärung gibt es auch eine innerkirchliche →  Kritik an historisch nicht mehr zu haltenden dogmatischen Positionen102, die man in den Zusammenhang mit dem Stichwort „Aufklärung“ stellen kann. Einen Beitrag zur Kon­zils­idee (→  Kon­zils­ideen) unter dem Einfluss der Aufklärung leistete auch der Trierer Kirchenrechtler, extreme Vertreter des reichskirchlichen Episkopalismus und enge Mitarbeiter von Johann Nikolaus von → Hontheim († 1790), Georg Christoph Neller († 1783). Er macht nicht nur die → Rezeption der Konzilien von der ausdrücklichen Annahme durch die jeweiligen Nationen abhängig, sondern weist die ihr vorausgehende Überprüfung der Konzilsentscheidung „Experten“ zu, d.  h. nicht Bischöfen oder Theologen, sondern Wissenschaftlern, die in der Anwendung der → historisch-kritischen Methode mit alten Texten umzugehen gelernt haben und die historische Wahrheit aufzuspüren vermögen. Mit der Zuweisung der → Rezeption an die „Experten“, die Vertreter der historisch-kritischen Wissenschaft, und nicht an die Bischöfe des betreffenden Landes, wie das bei den Altgal-

 90 Vgl. Traktate,113, 117, 146, 227, 233f., 252; Mittelalter, 129.  91 Vgl. Mittelalter, 96; Gestalt 19.  92 Vgl. Traktate, 227, 233.  93 Vgl. Mittelalter, 253.  94 Vgl. Traktate, 114.  95 Vgl. Mittelalter, 196f.; Traktate, 91, 114, 117, 126.  96 Vgl. Traktate, 117, 180, 187.  97 Vgl. Alte Kirche, 156; Traktate, 91.  98 Vgl. Ökumenisches Konzil, 177.  99 Allgemeine deutsche Bibliothek 69,2 (1786), 338.

100 Vgl.  „Aufklärung über Konzilsautorität: Felix Anton Blau“, in: Reformation, 482–538. 101 Vgl. „Die Priester mit ihren eigenen Waffen bekämpfen“. Der belgische Politiker Louis de Potter (1786–1859) und seine ‚Betrachtungen‘ über die Geschichte der Konzilien“, in: Gestalt, 399– 415. 102 Vgl.  „Der dogmatische Konzilsbegriff auf dem Prüfstand der historisch-kritischen Methode (1870–1908)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 186– 214.

A uctoritas P raecedat R ationem → Begriff, → Vernunft

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likanern selbstverständlich war, ist der Geist der Zeit, der Geist der Aufklärung, mit Händen zu greifen103. A uflösung  Der → Papst besitzt nach traditioneller Auffassung das Recht der → Einberufung des Konzils. Besitzt er auch das Recht, das Konzil zu beenden, es gegen dessen Willen aufzulösen? Die Frage stellte sich auf dem →  Basiliense (1431–1437/49). Das Konzil war am 29. Juli 1431 eröffnet worden, Papst →  Eugen  IV. (†  1447) löste es am 18. Dezember 1431 schon wieder auf. Fortan streiten sich die Konzilsminderheit und die Konzilsmehrheit über die Erlaubtheit dieser Konzilsauflösung. Schließlich kam es am 24.  Juni 1439 zur Absetzung des Papstes (→ Papstabsetzung) durch die Konzilsmehrheit und zur Wahl eines neuen Papstes. Die Anhänger der Konzilsminderheit hielten die Auflösung für erlaubt, sie betrachteten sich nämlich als die → sanior pars des Konzils, die Konzilsmehrheit hielt sie für unerlaubt. Die → Mehrheitsmeinung vertrat u. a. der spanische Konzilsteilnehmer → Johannes von Segovia († 1458) und dies auch noch in seinem Spätwerk, in dem er zwar grundsätzlich die monarchische Verfassung der Kirche (→ Herrschaftsformen) und die rein bischöfliche → Zusammensetzung des Konzils (→ concilium episcoporum est) proklamierte, aber nach wie vor an → Haec sancta festhielt. Nach Auffassung des Spaniers ist eine solche einseitig vom →  Papst verfügte Auflösung des Konzils unerlaubt. Sie ist grundsätzlich nicht vereinbar mit dem zwischen → Papst und Konzil obwaltenden Verhältnis (→ Verhältnis des Konzils zum Papst, → Verhältnis des Papstes zum Konzil). In der →  Superioritätsfrage bleibt der Spanier nämlich Konziliarist (→  Konziliarismus): Der →  Papst ist dem Konzil untergeordnet, als Teil kann er nicht befugt sein, das Ganze aufzulösen. Näherhin fasst → Johannes von Segovia, was die Auflösung eines Konzils anbetrifft, zwei Fälle ins Auge. Der erste Fall: Die Mehrheit (→ Mehrheitsmeinung) beschließt nach Beratung gegen den Willen der Minderheit die Auflösung, stellt hierüber ein Dekret auf und gibt 103 Vgl. Apostelkonzil, 567–569.

den Teilnehmern die Erlaubnis, das Konzil zu verlassen. In diesem Fall ist das Konzil aufgelöst, die zurückbleibende Minderheit stellt kein legitimes Konzil mehr dar. Der zweite Fall: Eine größere →  Zahl von Teilnehmern verlässt das Konzil unter Angabe persönlicher Gründe, ohne dass vorher über die Auflösung irgendeine Beratung oder Entscheidung im Konzil selber stattgefunden hat. Auch wenn sich unter den Abgereisten die päpstlichen Konzilspräsidenten (→  Vorsitz) befinden, besteht das Konzil weiter fort. Denn als aufgelöst gilt das Konzil erst dann, wenn es selbst dazu seine Zustimmung gegeben hat. Davon aber kann im zweiten Fall nicht die Rede sein. Im Hintergrund dieser Überlegungen stehen natürlich die Erfahrungen des Spaniers mit der Basler Konzils­ auflösung durch Papst →  Eugen  IV. Für → Johannes von Segovia bestand auch nach der Auflösung durch den Papst in Basel ein legitimes Konzil der katholischen Kirche weiter. Es bestand jedenfalls so lange als legitimes Konzil fort, als die für ein Konzil notwendige →  Zahl von Teilnehmern vorhanden war. Der Spanier nennt in diesem Zusammenhang keine Mindestteilnehmerzahl, so dass die Frage offen bleibt, bis zu welchem Zeitpunkt das Basler Konzil (→ Basiliense) in seinen Augen existiert hat104. → Cogitanti A ugustinus von H ippo (354–430) Augustinus ist in doppelter Hinsicht von Interesse für eine → Geschichte der Kon­zils­idee: Der „historische“ Augustinus hat große persönliche Erfahrung mit Konzilien und gewährt entsprechend durch seine Schriften einen tiefen Einblick in das Konzilswesen seiner Zeit und seiner Region105. Weil er als Theologe darüber reflektiert hat, finden sich bei ihm interessante Auskünfte über den →  Nutzen, die Bedeutung, die gestufte →  Autorität, das wechselseitige Verhältnis solcher Synoden zueinander106. Wir finden 104 Vgl. Apostelkonzil, 189f. 105 Vgl. „Teilnahme (Augustins) an Konzilien“, in: Alte Kirche, 68–77. 106 Vgl.  H. J. Sieben, Konzilslehre Augustins, in: Ders., Augustinus. Studien zu Werk und Werkgeschichte, Münster 2013, 267–273.

Augustinus Triumphus

bei ihm auch einen eigentlichen →  Begriff von „Konzil“. Was speziell die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) angeht, so hat er kein einziges als solches persönlich erfahren. So weiß er zwar um die für den Christusglauben einzigartige → Autorität des → Nicaenum I (325)107, aber er hat noch keinen eigentlichen Begriff für diese sich erst zu seiner Zeit herausbildende In­­ stitution des → ökumenischen Konzils. Interessant für eine →  Geschichte der Kon­zils­ idee ist aber auch der „überlieferte“ Augus­tinus; gerade wegen seiner außerordentlichen theologischen Autorität wurden nicht wenige seiner Aussagen über Konzilien anachronistisch interpretiert, dazu gehört vor allem de bapt. 2,3,4, in dem Leugner der Unfehlbarkeit (→ Leugnung der Unfehlbarkeit) ein Argument gegen dieselbe gesehen haben, während eine den historischen Kontext berücksichtigende Auslegung der Stelle in ihr eine rhetorische Klimax sieht, mit Hilfe derer der Bischof von Hippo den Wesensunterschied zwischen →  Heiliger Schrift und den litterae episcoporum deutlicht macht. Letztere – und dazu gehören auch die Konzilien – besitzen nicht die „Endgültigkeit“ der Heiligen Schrift. Während ihr gegenüber keinerlei Zweifel oder Infragestellung erlaubt ist, dürfen alle nichtkanonischen Schriften –  freilich nach ihrem Gewicht auf verschiedene Weise – in Frage gestellt werden108. → Augustinus-Rezeption, →  Begriff, →  Berichtigung, → „fait extérieur“, → Inspiration, →  Kirchenväter, →  ökumenisches Konzil, → omne totum maius est sua parte, → Partikularkonzil, →  Synodalbrief, →  Theologen, → Vernunft, → Wahrheitssuche A ugustinus -R ezeption  Um für ihre Entscheidungen den Nachweis zu liefern, dass sie gemäß der → Überlieferung stattfinden, berufen sich die Konzilien nicht nur auf die → Heilige Schrift, sondern auch auf die Überlieferung, insbesondere auf die → Kirchenväter. Der im Westen mit Abstand am meisten zitierte Kirchenvater ist dabei 107 Vgl. Alte Kirche, 87–89. 108 Vgl. „Konzilien in Leben und Lehre des Augustinus von Hippo († 430)“, in: Alte Kirche, 68–102.

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→ Augustinus († 430). Der Bischof von Hippo hat selber an zahlreichen Konzilien seiner afrikanischen Heimat teilgenommen109 und schon zu seinen Lebzeiten begannen Konzilien sich auf seine Theologie zu berufen. Nach seinem Tod rezipieren sowohl das → Ephesinum (431) als auch das → Chalcedonense (451) zentrale Lehren des Kirchenvaters, ohne dass dabei sein Name genannt wird. Das Konzil von Karthago (525) zitiert lange Passagen aus einer Predigt des Kirchenvaters, das Konzil von Orange (529) steht ganz in seinem Zeichen und zitiert ihn in aller Form. Unter den mittelalterlichen Partikularsynoden (→  Partikularsynode) sind es einerseits die an theologischen Fragen interessierten spanischen Konzilien, die sich massiv auf den Bischof von Hippo berufen, andererseits die fränkischen, unter ihnen vor allem das Konzil von Frankfurt (794) mit seinen → Libri Carolini. Dass man auf dem Konzil von Aachen (809), in dem es um das → Filioque geht, auf den Kirchenvater rekurriert, ist verständlich. Was die mittelalterlichen ökumenischen Synoden (→  ökumenisches Konzil) vor der morgenländischen Kirchenspaltung angeht, so fand nur auf dem →  Constantinopolitanum  III (680–681) und dem →  Nicaenum  II (787) eine nennenswerte Augustinus-Rezeption statt. Auf den ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) nach der morgenländischen Kirchenspaltung steht Augustinus erst wieder beim →  Constantiense (1414–1418), →  Basiliense (1431–1437/49) und besonders →  Tridentinum (1545–1563) im Mittelpunkt von Debatten. Weniger präsent ist der Kirchenvater auf dem → Vaticanum I (1869–1870) und dem → Vaticanum II (1962–1965)110. → Augustinus von Hippo (354–430) A ugustinus T riumphus (†  1328) →  Appellation vom Papst an das Konzil, → Superioritätsfrage 109 Vgl.  „Teilnahme (des Augustinus) an Konzilien“, in: Alte Kirche, 68–77. 110 Vgl.  „Augustinus-Rezeption in Konzilien von den Lebzeiten des Kirchenvaters bis zum Zweiten Vatikanum“, in: Ökumenisches Konzil, 29– 68. – Vgl. auch Literaturnachtrag 6.

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Ä ussere G estalt   Die von der frühesten Zeit an –  in Kleinasien und Rom seit dem Ende des 2. Jh.s, in Nordafrika seit der Mitte des 3. Jh.s – bis heute zum Leben der Kirche gehörenden Konzilien sind in ihrer äußeren Gestalt stark vom jeweiligen kulturellen Kontext bestimmt. Vielfalt gibt es da nicht nur in zeitlicher Hinsicht, also zwischen dem Konzil von → Karthago (256) und dem →  Vaticanum  II (1962–1965), sondern auch zwischen praktisch gleichzeitig stattfindenden Synoden in den verschiedenen Gegenden der Kirche. Während das genannte afrikanische Konzil deutlich von der Vorgehensweise des römischen Senats geprägt ist111, stellt der etwa in die gleiche Zeit fallende Disput des →  Origenes (†  um 254) mit dem der →  Häresie verdächtigten Bischof Herakleides einen Konzilstyp dar, der ganz dem gelehrten Kontext der alexandrinischen Kirche entspricht112. Auf italischem Boden entwickelt sich eine Form von Konzil, die deutlich Elemente des kaiserlichen Kognitionsprozesses enthält. Musterbeispiel hierfür ist das Konzil von → Aquileia (381), auf dem → Ambrosius von Mailand († 397) → Palladius von Rathiaria (†  Ende des 4.  Jh.s) als Häretiker (→  Häresie) zu entlarven versucht113. Mit der Christianisierung der Germanenstämme kamen deren spezifische Rechtsvorstellungen und Gerichtsversammlungen (Ding bzw. Thing) in den Konzilien zur Geltung114. Wie dieser äußere Einfluss auf die Idee vom →  Nicaenum  I (325) wirken konnte, lässt sich schon an der Darstellung dieses Konzils durch →  Eusebius von Cäsarea († 339/40) beobachten. Der genannte Kirchenvater (→  Kirchenväter) sieht das →  Nicaenum  I im Lichte der Kaisermystik des Sieges. → Konstantin († 337) ist der Sieger von Nicaea, weil er → Kaiser ist, weil der Kaiser notwendig von seinem Wesen her

111 Vgl. „Bischofssenat“, in: Alte Kirche, 476–482. 112 Vgl.  „Lehrdisput mit dem Didaskalos der Kirche“, in: Alte Kirche, 466–476. 113 Vgl.  „Kaiserlicher Kognitionsprozess“, in: Alte Kirche, 482–501. 114 Vgl. „Versammlung der Landeskirche“, in: Alte Kirche, 501–510.

siegreich ist115. Starken Einfluss auf die äußere Gestalt der Konzilien haben dann später die korporativen Leitungsgremien (→  Korporationsrecht) der italienischen Stadtstaaten und der spätmittelalterlichen Universitäten  – nicht zuletzt auf Konzilien wie das → Constantiense (1414–1418) oder → Basiliense (1431–1437/49). Konkrete Vorgehensweisen moderner Parlamente mit ihrem System von Ausschüssen, Protokollierung (→  Protokoll) usw. sind in den Geschäftsordnungen (→  Geschäftsordnung) von →  Vaticanum  I (1869–1870) und →  Vaticanum II (1962–1965) nachweisbar. → römische Provinziallandtage A usserkraftsetzung be vor Recht

des

R echts → Lie-

A usserordentliches L ehramt   Die zeitgenössische Theologie, so z. B. Joseph → Ratzinger (* 1927), bezeichnet die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) als außerordentliches Lehramt116, ähnlich verfahren andere Theologen117. Man unterscheidet dabei auf der einen Seite das „außerordentliche Lehramt“ der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) und der Ex-cathe­ dra-Entscheidungen der Päpste (→  Papst), auf der anderen Seite das „ordentliche Lehramt“ der in Einheit mit dem Papst auf der Welt zerstreut lehrenden Bischöfe. Für den Historiker ist dabei von Interesse, dass weder die Alte Kirche noch das Mittelalter für die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) die Bezeichnung „Lehramt“ (magisterium) bzw. die Unterscheidung von zwei Formen desselben kannten118. Der Ter115 Vgl. „Die Kon­zils­idee des Eusebius von Caesarea (bezüglich des Nicaenum I) oder der hellenistische Einfluß“, in: Alte Kirche, 425–465.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 7. 116 Vgl. 19.und 20. Jahrhundert, 223, 272. 117 Vgl. u. a. Ch. Böttigheimer, Kirchliches Lehramt, in: Neues Lexikon der katholischen Dogmatik, hrsg. v. W. Beinert u. B. Stubenrauch, Freiburg i. Brsg. 2012, 402–408, hier 405–407. 118 Vgl. Y. Congar, Pour une histoire sémantique du terme „magisterium“, in: RSPhTh 60 (1976) 85– 98, hier 94–95; vgl. auch: Ders., Bref historique des formes du „magistère“ et de ses relations avec les docteurs, in: ebd., 99–112.

Autonomie

minus magisterium in seiner heutigen Bedeutung wurde erst im 18. Jh. und vor allem zu Beginn des 19. Jh.s durch deutsche Kanonisten und Dogmatiker wie Ferdinand → Walter, Georg → Phillips, Johann Baptist Schwetz in die Theologie eingeführt 119. Der entscheidende Schritt hin auf die Bezeichnung der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) als „außerordentliches Lehramt“ geschah durch die Einführung des Begriffs des „ordentlichen Lehramtes“ durch den Jesuiten Joseph Kleutgen120, der in seiner für die Verbreitung der Neuscholastik wichtigen Schrift „Theologie der Vorzeit“ (1853) schreibt, die Kirche übe ein doppeltes Lehramt aus, „das eine ist das ordentliche121 und immerwährende, und besteht in ebenjenem fortdauernden Apostolate […], das andere ist außerordentlich122, wird nur zu besonderen Zeiten, wenn nämlich Irrlehrer die Kirche beunruhigen, geübt, und ist nicht schlechthin Lehramt, sondern zugleich Richteramt“123. Wie weit seine Kritiker mit ihrer Behauptung Recht haben, dass das „ordentliche Lehramt“ auf keinerlei Tradition zurückgeht und ein pure „Erfindung“ des Jesuiten ist, um seine Gegner (Johann Baptist von → Hirscher, Anton Günther, Jakob Frohschammer u.  a.) mundtot zu machen, bedürfte noch einer gründlichen Untersuchung. Das Breve Pius’  IX. Tuas libenter (1863)124, das das Verhältnis zwischen Theologie und Lehramt im Sinne einer klaren Unterordnung bestimmt, 119 Vgl.  J. Fuchs, Magisterium, Ministerium, Regimen. Vom Ursprung einer ekklesiologischen Trilogie, Bonn 1941, bes. 36f. 120 Zum Folgenden vgl. J. P. Boyle, Church Teaching Authority: Historical and Theological Studies, Notre Dame/London 1994, 10–42, und H. Wolf, „Wahr ist, was gelehrt wird“ statt „Gelehrt wird, was wahr ist“? Zur „Erfindung“ des „ordentlichen“ Lehramtes, in: Neutestamentliche Ämtermodelle im Kontext, hrsg. v. Th. Schmeller, M. Ebner u. R. Hoppe, QD 239, Freiburg i. Brsg. 2010, 236–259; vgl. auch: Ders., Die Nonnen von Sant’Ambrogio. Eine wahre Geschichte, Darmstadt 2013, 422–429. 121 Im Original kursiv. 122 Im Original kursiv. 123 „Von dem ordentlichen Lehramt der Kirche“ (I,2,2. nr. 57; 2. Auflage Münster 1867, I, 97–115). 124 Vgl.  J. Ruggeri, Magistère ordinaire, La Lettre Tuas libenter de Pie IX du 21 décembre 1863, in: RSR 71 (1983) 259–267.

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übernimmt jedenfalls den von Kleutgen erarbeiteten Begriff des „ordentlichen Lehramtes“125. Er spielt von jetzt an in offiziellen kirchlichen Dokumenten (→  Vaticanum  I [1869–1870] und → Vaticanum II [1962–1965], →  Codex Iuris Canonici von 1917 und 1983) eine nicht unbedeutende Rolle126. Mit der Einführung des Begriffs des „ordentlichen Lehramtes“ wurden die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) zusammen mit den päpstlichen Ex-cathedra-Entscheidungen automatisch zum außerordentlichen Lehramt, das ordentliche Lehramt selber stellt Probleme, die noch einer Lösung harren127. A utonomie   Es gab in der Vergangenheit sowohl die Tendenz, das Konzil so zu konzipieren, dass es als Institution völlig vom →  Papst abhing (→  Papalismus), als auch die gegenläufige Tendenz, die Päpste letztlich als von den Konzilien bevollmächtigt zu betrachten (→  Konziliarismus). Geht man jedoch davon aus, dass nicht theologische bzw. kanonistische Spekulation, sondern die Geschichte das →  Wesen beider zentralen Institutionen der Kirche offenbart, dann zeigt sich nicht nur, dass sie unabhängig voneinander entstanden sind, sondern auch, dass sie diese Selbstständigkeit und Autonomie im Laufe ihrer Geschichte in gewisser Weise gewahrt haben bzw. zu wahren suchten: Weder hat das Papsttum die Konzilsin­ stitution geschaffen –  es ist vielmehr eher umgekehrt: aus der ursprünglich möglicherweise kollegialen römischen Kirchenverfassung ist das Papsttum entstanden – noch hat die Konzilsinstitution das Papsttum hervorgebracht, etwa in der Weise, dass sie sich in der Gestalt des römischen Bischofs eine Dauerrepräsentanz gegeben hätte. Wir haben es mit zwei wesentlich autonomen, 125 DH 2879. 126 Vgl.  B. Sesboüé, Magistère „ordinaire“ et magistère „authentique“. Note théologique, in: RSR 84 (1996) 267–275; vgl. auch: Ders., La notion de magistère dans l’histoire de l’Église et de la théologie, in: ACan 31 (1988) 55–94. 127 R. R. Gaillardetz, The Ordinary Universal Magisterium: Unresolved Questions, in: TS 63 (2002) 447–471.

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selbstständigen Einrichtungen der Kirche zu tun, die freilich im Laufe ihrer Geschichte zueinander ins Verhältnis getreten sind und dieses Verhältnis auch ausdrücklich in Texten verschiedener Natur benannt haben (→ Verhältnis des Konzils zum Papst, → Verhältnis des Papstes zum Konzil)128. → Polarität A utorität   Mit dem → Konsens als → Wesen hängt auch die besondere den Konzilien zugeschriebene Autorität zusammen. Die Vorstellung, dass → Konsens Autorität verleiht und ein Kriterium der Wahrheit darstellt, ist dabei noch nicht spezifisch christlich, sondern allgemein philosophisch (→  consensus omnium). Sie wurde im Altertum auch auf vergleichbare weltliche Einrichtungen angewendet (römischer Senat)129. Das spezifische Selbstverständnis der Konzilien besteht darin, diesen →  Konsens auf den Heiligen Geist zurückzuführen (→  In­ spiration)130, und damit tendenziell für alle Konzilien, auch die lokalen, den Anspruch zu erheben, dass sie die Wahrheit nicht verfehlen (→  Unfehlbarkeit). Das Neue, das dann das erste → ökumenische Konzil in der Frage nach ihrer Autorität brachte, ist darin zu sehen, dass der tendenzielle Anspruch, geistgeschenkte Wahrheit zu lehren, jetzt zu einem prinzipiellen wird. Anerkannt wurde dieser Anspruch freilich noch nicht sofort gegenüber dem ersten →  ökumenischen Konzil, sondern erst nach einem längeren Prozess131, in dem sich die Erkenntnis durchsetzte, dass es in der Kirche höchstinstanzliche Entscheidungen geben muss, die nicht mehr zurückgenommen werden dürfen (→  nihil prorsus de bene compositis retractetur)132. Die ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) haben dabei nach → Vigilius von Thapsus, einem afrikanischen Theologen des 5. Jh.s, die Aufgabe, den alten 128 Vgl.  „Wechselseitiges Verhältnis“, in: Konzilsund Papstidee, 22–40. 129 Vgl. Alte Kirche, 227 mit Anm. 143. 130 Vgl.  Alte Kirche, 314–315; „Inspiration und rechtliche Verfasstheit“, in: Gestalt, 31–34. 131 Vgl. „Das erste Nicaenum und die Ansätze konziliarer Theorie“, in: Alte Kirche, 198–230. 132 Vgl. Leo der Gr., ep. 144.

überlieferten Glauben gerade durch Einführung je neuer Formulierungen und Begriffe –  man denke an das homooúsion des →  Nicaenum I (325) (→ nichtbiblische Termini) – identisch zu überliefern und vor Verfälschung zu schützen133. Da es bei der → Überlieferung des Glaubens um die Überlieferung des in der Heiligen Schrift enthaltenen Glaubens geht, gründet die Autorität der Konzilien letztlich auf der Autorität der →  Heiligen Schrift. Deswegen gibt es bei den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) einschließlich des →  Vaticanum II (1962–1965) die Praxis, ein geöffnetes Evangelienbuch in die Mitte der Konzilsversammlung zu stellen (→  Ikonographie). Dass die katholischen Theologen den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) Autorität zuschreiben, verwundert dabei nicht, dass dies auch ein grundsätzlicher Kirchenskeptiker wie →  Erasmus von Rotterdam († 1536) tut, ist bemerkenswert134. A uxerre (nach 585), Konzil → Diözesansyn­ ode A zor , J uan († 1603) → Verzeichnisse

133 Vgl. Alte Kirche, 264–269. 134 Vgl. Konzils- und Papstidee, 188f., 190f., 201f.

n  B B ailly , L ouis († 1808) → lehrende/hörende Kirche B alduin opsen

von

C anterbury († 1190) → Syn­

B allerini , R affaele († 1907) → Schemata B arlaam von S eminara (†  1348) →  erneute Behandlung von schon Definiertem, → via concilii B aronius , C aesar († 1607) → Apostelkonzil, → Konziliengeschichtsschreibung, → locus scripturisticus, → Sardica (342), → Vorsitz B arruel , A ugustin (†  1820) →  Abwertung B artholomaeus → Summen

a

M artyribus (†  1590)

B asileios P ediadites (†  vor 1219)  Der Bischof von Kerkyra (Korfu) ist der Verfasser des einzigen erhaltenen Antwortschreibens auf die auch in den Osten ergangene Einladung (→  Einberufung) Papst →  Innozenz’ III. (Vineam Domini) zur Teilnahme am → Lateranense IV (1215). Vor seiner Ernennung zum Bischof von Kerkyra war Basileios Pediadites Lehrer an der Patriarchalschule von Konstantinopel. Neben dem Antwortschreiben sind noch zwei Reden und einige kürzere pädagogische Texte von ihm überliefert. In dem genannten Brief an Papst → Innozenz III. vertritt Basileios Pediadites mit großer Klarheit die damals herrschende griechische Vorstellung (→ griechische Kon­zils­idee) vom →  ökumenischen Konzil, die sich radikal von der des einladenden Papstes → Innozenz III. unterschied. Zentral für sie ist vor allem die →  Pentarchie, d. h. die Vorstellung, dass die Teilnahme aller fünf Patriarchen konstitutiv ist für die Versammlung eines →  ökumenischen Konzils. Wenn wegen der Zeitumstände die traditionellen Versammlungsorte nicht in-

frage kommen und das →  ökumenische Konzil in Rom stattfinden solle, so der Bischof von Kerkyra, dann sei es um so wichtiger, dass dort ihr ökumenischer Charakter wirklich gewahrt werde und dazu gehöre vor allem auch die Teilnahme des Bischofs von Konstantinopel  – den es zur Zeit der Abfassung des Briefes jedoch gar nicht gab1. → griechische Kon­zils­idee, → Innozenz III. (1160/61–1216) B asiliense (1431–1437/49)2 →  Abstimmungsmodus, → Agostino Patrizi (um 1435– 1495), → Auflösung, → Augustinus-Rezeption, → äußere Gestalt, → Bilanz, → concilium ycomenicum, →  Dauer, →  Decretum irritans, →  demokratische Prinzipien, →  Deputationen, →  Dimensionen, →  Diözesansynode, →  Dominikaner, →  ecclesia distributive sive collective sumpta, → erneute Behandlung von schon Definiertem, →  Frequens, →  Geheimhaltung, →  Geleitbrief, →  Geschäftsordnung, → Haec sancta, → Häufigkeit, → Herrschaftsformen, → Höchstgewalt, → hilfreiche Faktoren, →  irrende Konzilien, →  Jansenismus, → Johannes von Ragusa (um 1395/96– 1443), → Johannes von Segovia (1394–1458), →  Konflikt, →  Konziliarismus, →  Konzilstraktate, → Mehrheitsmeinung, → Nikolaus von Kues (1401–1464), → Ordinalzahl, → originalia, →  Papstabsetzung, →  Repräsentation, → Sanhedrin, → sanior pars, → staatlicher Einfluss, → Stimmrecht, → Superioritätsfrage, → Suspension, → Tagebücher, → Teilnahme, →  Triumphalismus, →  Unfehlbarkeit, →  Unionsverhandlungen, →  Verzeichnisse, → via concilii, → Vollendung, → Zahl, → Zusammensetzung B asilius ferung

von

C aesarea († 379) → Überlie-

B egriff   Fragt man, welchen Begriff von Konzil ein Theologe wie →  Augustinus († 430) gehabt hat, so stößt man auf das bei   1 Vgl.  „Basileios Pediadites und Innozenz  III. Griechische versus lateinische Kon­ zils­ idee im Kontext des 4. Lateranense“, in: Gestalt, 68–93.   2 Vgl.  „Studien zur Kon­zils­idee im Zusammenhang des Konzils von Basel“, in: Apostelkonzil, 97–257.

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B ellarmin , R obert (1542–1621) Der aufgrund seiner Disputationes de controversiis christianae fidei adversus huius temporis haereticos (1586–1593) wohl bekannteste und erfolgreichste katholische Kontroverstheologe ist mit seiner Quarta controversia generalis de conciliis für die →  Geschichte der Kon­zils­ idee aus zwei Gründen von großer Bedeutung. Erstens hat der Jesuit sich in den ge-

nannten Controversiae an prominenter Stelle – nach De verbo Dei scripto et non scripto, De Christo capite totius ecclesiae, De summo pontifice capite militantis ecclesiae – ausführlich mit den Konzilien befasst und aufgrund der enormen Verbreitung seiner Controversiae die nachtridentinische katholische Vorstellung vom Konzil maßgebend geprägt4. Bellarmins De conciliis besteht aus einem thetischen Teil (praemittenda, eine Art Prolegomena) und einem argumentativen Teil. Letzterer setzt sich mit den Einwänden der Protestanten gegen die katholische Kon­ zils­ idee (→ Kon­zils­ideen) auseinander und konzen­ triert sich auf zwei Grundfragen: Erstens, was ist ein Konzil, welcher Natur ist es? Die Antwort wird in die scholastische Begrifflichkeit von causa finalis, efficiens, materialis und formalis gegliedert (→  hylemorphistische Definition). Zweitens, welche Bedeutung, welche Autorität hat das Konzil? Die praemittenda beginnen mit Bellarmins erstaunlich langer „Literaturliste“. Neben auch sonst in →  Konzilstraktaten üblichen Fragen wie die der → Etymologie von concilium usw. steht sodann eine höchst originelle neue Einteilung der Konzilien. Nach einer ersten rein quantitativen partitio in concilia generalia (→  concilium generale), nationalia (→ Nationalkonzil) usw. folgt eine qualitative. Für die Qualität einer Synode ist die → Bestätigung durch den → Papst und die →  Rezeption durch die Kirche konstitutiv. Vier → Arten von Konzilien lassen sich aufgrund des genannten Kriteriums unterscheiden: Konzilien sind entweder vom → Papst bestätigt oder sie sind von ihm verworfen oder sie sind zum Teil verworfen oder sie sind weder bestätigt noch verworfen. In dieser qualitativen Einteilung der Konzilien erscheint die → Liste (→ Kontroverse, → Verzeichnisse) der vom Papst approbierten ökumenischen Synoden (→  ökumenisches Konzil). Zweitens liegt Bellarmins Bedeutung bis zum heutigen Tag darin, dass er mit der genannten → Liste so etwas wie die offizielle Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) für die katholi-

  3 Vgl. „Konzilsbegriff (bei Augustinus)“, in: Alte Kirche, 97–102.

  4 Vgl.  „2. Bellarmins De conciliis, 3. (Bellarmins) Konzilsbegriff“, in: Reformation, 156–180.

ihm für menschliche Erkenntnis grundlegende Begriffspaar → ratio (→ Vernunft) und auctoritas (→  Autorität). Konzilien gehören in das Grundschema, das für jede Art von Erkenntnis gilt: rationem praecedat auctoritas. Der auctoritas kommt in der Konzeption des →  Augustinus nämlich nicht nur die Rolle zu, eine Wahrheit zu begründen, sondern vor allem, sie durchzusetzen. Mit Hilfe der auctoritas überwindet der Mensch die Skepsis. Dort, wo die → ratio allein nicht zur Klarheit der Entscheidung kommt, macht die auctoritas Mut zu klaren und bestimmten Aussagen. Was allgemein für die menschliche Erkenntnis gilt, trifft ebenfalls für die religiöse zu: Auch in ihr setzt die → ratio, das intelligere die auctoritas voraus. Begreift man Konzilien als auctoritas, dann sind sie nicht mehr bloß äußere kirchliche Veranstaltungen, denen Verbindlichkeit zukommt, im Maße als sie sich mit der → Heiligen Schrift konform erweisen, sondern innere Momente der Glaubenserkenntnis als solcher, dann sind Konzilien konstitutiv für den Weg der Seele vom credere zum intelligere. Versteht man so die Konzilien mit → Augustinus als innere Momente der Glaubenserkenntnis, insofern diese sich in der Spannungseinheit von auctoritas und →  ratio vollzieht, dann lässt sich begreifen, dass der Bischof von Hippo ganz allgemein von der „höchst heilsamen Autorität“ der Konzilien spricht. Die Konzilien sind in der Tat –  analog zur → Heiligen Schrift – auctoritas, die die zum Heil führende Erkenntnis der göttlichen Wahrheit vermittelt3. B ekanntmachung → Öffentlichkeit

Berichtigung

sche Kirche aufgestellt hat5. Diese →  Liste wird derzeit von nicht wenigen Theologen in Frage gestellt (→ Kontroverse)6. →  Bestätigung, →  Binius, Severin (1573– 1641), →  Dimensionen, →  Dtn 17,8–13, →  Einberufung, →  Etymologie, →  Faktenirrtum, →  historisch-kritische Methode, →  hylemorphistische Definition, →  Jansenismus, → Jesuiten, → Konsens, → Kontroverse, →  Konzilstraktate, →  Laienteilnahme, →  Legaten, →  Liste, →  Nutzen, →  Ordinalzahl, →  protestantische Kon­zils­ idee, →  Repräsentation, →  Sammlungen, →  Sardica (342), →  Theologen, →  Tromp, Sebastian (1889–1975), →  Verzeichnisse, →  Vorsitz, →  Zaccaria, Francesco Antonio (1714–1795) B enedikt  XII. († 1342), Papst → via concilii B enedikt XIII. († 1423), Papst → Liebe vor Recht B enedikt XVI. (*  1927, →  Ratzinger, Joseph), Papst → Hermeneutik, → Liste B enedikt pars

von

N ursia (†  547) →  sanior

B eneševic -S ynopse   Zur Gattung der für die griechische Kirche typischen →  Synopsen gehört auch die anonyme, für die → Geschichte der Kon­ zils­ idee wichtige „Unterweisung über die heiligen ökumenischen und lokalen Synoden“, die von dem russischen Byzantinisten Vladimir N. Beneševic 1905 ediert wurde und von Joseph A. Munitiz auf kurz nach 553 datiert wird. Die Synopse besteht aus einer → Liste von 13 Konzilien. In die Reihe der lokalen Synoden (→  Partikularkonzil) –  Antiochien, Ancyra, Neocaesarea, → Sardica, Gangra, Antiochien und Laodicea  – ist zwischen Neocaesarea und Sardica das → Nicaenum I zwischengeschoben. An Laodicea schließt sich die Serie der restlichen vier ausdrücklich als ökumenisch bezeichneten Konzilien (→  ökumeni  5 Vgl.  „Bellarmins Konzilsverzeichnisse“, in: Reformation, 197–205.   6 Vgl. „Wortmeldungen“, in: Ökumenisches Konzil, 154–161. – Vgl. auch Literaturnachtrag 8.

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sches Konzil) an. Das kirchenrechtliche Inter­esse der Synopse zeigt sich daran, dass bei der Mehrzahl der Synoden die Zahl der verabschiedeten → canones angegeben wird. Im Unterschied zu den ökumenischen Synoden (→  ökumenisches Konzil) werden die lokalen (→  Partikularkonzil) sehr ausführlich behandelt. In der Beneševic-Synopse werden die ökumenischen Synoden (→ ökumenisches Konzil) und die lokalen bzw. partikularen Synoden (→  Partikularsynode) zum ersten Mal nicht nur grundsätzlich voneinander unterschieden, sondern es werden auch zwei Grundbedingungen bzw. → Kriterien genannt, die für eine ökumenische Synode (→ ökumenisches Konzil) konstitutiv sind: „Nur fünf Synoden […] werden ökumenisch genannt in Anbetracht dessen, dass (erstens) Hohepriester durch kaiserliche Anordnung im Gesamtterritorium des Römischen Reiches herbeigerufen wurden und in eigener Person erschienen oder Stellvertreter entsandt haben, (zweitens) weil in jeder der fünf Synoden die Untersuchung den Glauben betraf und eine Entscheidung oder eine dogmatische Definition aufgestellt wurde.“7 B eratung →  liberales Element der Kirchenverfassung B eratungsrecht der P farrer →  Priesterstimmrecht, → Reform von oben nach unten, → Stimmrecht B erichtigung  Die erste ausdrückliche und geschichtswirksame Äußerung über Verbesserung bzw. Berichtigung (Emendation) von Konzilien stammt aus der Feder von →  Augustinus (†  430). Im Zusammenhang einer Widerlegung des Konzilsbegriffs der Donatisten, die keinen Unterschied zwischen → Heiliger Schrift und Konzilsdekreten zu machen scheinen, betont er zunächst den absoluten Vorrang der →  Heiligen Schrift vor allen anderen kirchlichen Texten, auch den von Konzilien aufgestellten. Dann behauptet er die Berichtigungsfähigkeit aller   7 Vgl. Alte Kirche, 357–361; Ökumenisches Konzil, 85f.

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B

Konzilien: Quis autem nesciat […] ipsa (sc. concilia) plenaria saepe priora a posterioribus emendari […]? Die Reformatoren sahen in diesem Satz eine →  Leugnung der Unfehlbarkeit der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil), für katholische Autoren meinte das emendare dagegen lediglich die Beseitigung formaler Unebenheiten bzw. den Fortschritt der Lehrentwicklung im Sinne des → Vinzenz von Lérins († 434/50). Der Löwener Humanist Jakobus Latomus († 1544) interpretiert den Satz demgegenüber im Sinne einer möglichen partiellen → Fehlbarkeit der Konzilien8. Die genannten Auslegungen dürften Überinterpretationen sein. →  Augustinus will mit seiner rhetorisch wirksamen Klimax nichts weiter sagen als: Selbst die höchste kirchliche Autorität, die concilia plenaria (→ concilium plenarium), haben nicht die Endgültigkeit der → Heiligen Schrift9. → Unfehlbarkeit B ermejo , L uis († 2016) → apriori infallible Sätze, → Kontroverse B ernold von K onstanz (1054–1100) Welche Folgen die Gregorianische Reform, die man als den „vielleicht entschiedensten Durchbruch römisch-katholischer Wesensart“ (F. Kempf) bezeichnet hat, für die → Geschichte der Kon­ zils­ idee hatte, lässt sich ausgezeichnet am Werk des deutschen Anhängers der Bewegung, des Historikers, Kanonisten, Polemikers und Liturgikers Bernold von Konstanz aufzeigen. 1075 nimmt er an der römischen Fastensynode teil, auf der Berengar von Tour verurteilt wurde, ebenda begegnet er auch dem bedeutenden Kanonisten und Anhänger der Reform Anselm von Lucca (†  1086). Als Mitglied der Konstanzer Domschule setzt sich Bernold seit 1075 durch verschiedene Schriften für die Anliegen der Gregorianischen Reform, vor allem die „Wiederherstellung“ der Vollmacht des Papstes, ein. Neben über sein ganzes Werk verstreuten Äußerungen zu Konzilien finden wir bei Bernold ausdrück  8 Vgl. Reformation, 132f.    9 Vgl. H. J. Sieben, Augustinus. Studien zu Werk und Wirkgeschichte, Münster 2013, 270f.

liche Reflexionen über die Stellung und Rolle der Konzilien, gerade auch in ihrem Verhältnis zum Römischen Stuhl. Bernold vertritt die umfassende Unterordnung des Konzils unter den Papst (→ Superioritätsfrage). Kronzeuge für diese Position sind die → Pseudoisidorischen Dekretalen10. →  Apostelkonzil, →  Bezeichnungen, →  canones, →  Einberufung, →  Konzilstraktate, → Pseudoisidorische Dekretalen, → Sicut sancti, →  Theologen, →  Unterschrift, → Vorsitz B erufung vom K onzil an den P apst → Appellation vom Konzil an den Papst B erufung vom P apst an das K onzil → Appellation vom Papst an das Konzil B estätigung   Die Bestätigung gehört zusammen mit der →  Einberufung und dem →  Vorsitz zu den sog. →  Papstprivilegien, also Rechten des → Papstes gegenüber den Konzilien. In der Alten Kirche gibt es diesbezüglich schon deutliche Ansprüche, so bei →  Damasus (†  384)11, bei →  Leo dem Gr. († 461) (mit noch schwankender Terminologie)12, bei →  Gelasius  I. (†  496)13, die sogar auf einem → ökumenischen Konzil, nämlich dem →  Nicaenum  II (787), anerkannt werden14. Eine Reihe griechischer Autoren stimmt diesem Anspruch zu15. Mittelalterliche Autoren verlangen unter Berufung auf die →  Pseudoisidorischen Dekretalen16 grundsätzlich die päpstliche Bestätigung für die →  Gültigkeit aller Konzilien17. Das gilt auch für die von ihnen beeinflussten → Kirchenrechtssammlungen18. Selbst der skeptische Kirchenkritiker →  Wilhelm von Ockham († 1347) hält eine päpstliche Bestätigung

 10 Vgl.  „Konzilien in der Sicht des Gregorianers Bernold von Konstanz († 1100)“, in: Mittelalter, 113–152. – Vgl. auch Literaturnachtrag 9.  11 Vgl. Alte Kirche, 229.  12 Vgl. Alte Kirche, 135, Anm. 111.  13 Vgl. Alte Kirche, 277f.  14 Vgl. Alte Kirche, 319.  15 Vgl. Mittelalter, 68f.  16 Vgl. Mittelalter, 209.  17 Vgl. Mittelalter, 34f., 139.  18 Vgl. Mittelalter, 213, 217, 228.

Bezeichnungen

in der Regel für notwendig19. Der Konziliarist (→ Konziliarismus) → Johannes von Ragusa (†  1443) versteht sie im Sinn seiner Konzeption der römischen → Patriarchalsynode, d.  h. die Bestätigung erfolgt nicht durch den →  Papst persönlich, sondern durch seine Patriarchalsynode20. In der Neuzeit befassen sich zahlreiche Autoren mit der päpstlichen Bestätigung der Konzilien. Da sie von einigen Theologen auf dem →  Tridentinum (1545–1563) in Frage gestellt wurde, verteidigte sie der Jesuit Alphons → Salmerón (†  1585) entschieden21. Für seinen Mitbruder Robert → Bellarmin († 1621) gibt es keine → Unfehlbarkeit des Konzils ohne diesselbe22. Theologen wie Louis de → Thomassin d’Eynac (†  1695)23, Jacques-Bénigne →  Bossuet (†  1704)24, Johann Nikolaus von →  Hontheim (†  1790)25, Martin →  Gerbert (†  1793)26, Francesco Antonio →  Zaccaria († 1795)27 behandeln das Thema entlang der Linie ihrer Position in der →  Superioritätsfrage. Für den Mainzer Dogmatiker Johannes → Heinrich († 1891) stellt die päpstliche Bestätigung „ein absolut notwendiges und wesentliches Requisit ökumenischer Konzilsdekrete“ dar28. B eteiligung des Papstes

des

P apstes → Mitwirkung

B ethlehemer G eburtskirchenmosaik  Das Bethlehemer Geburtskirchenmosaik befindet sich auf den nördlichen und südlichen Seitenwänden des Hauptschiffes der Bethlehemer Geburtskirche. Die dortigen Kanonbögen beziehen sich auf die sieben ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) vom →  Nicaenum  I (325) bis zum → Nicaenum II (787) und auf sechs Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil), nämlich Karthago, Laodicaea, Gangra, Sardica, An 19  20  21  22  23  24  25  26  27  28

Vgl. Mittelalter, 449. Vgl. Apostelkonzil, 145.  Vgl. Apostelkonzil, 459f.  Vgl. Reformation, 178. Vgl. Reformation, 289; Apostelkonzil, 552–554. Vgl. Reformation, 340. Vgl. Reformation, 428. Vgl. Reformation, 420. Vgl. Reformation, 444f. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 127.

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tiochien und Ancyra. Es handelt sich um die gleiche bzw. eine ähnliche Reihe von Konzilien, wie sie auch in den → Synopsen aufgeführt werden. Die Besonderheit dieses Bethlehemer Mosaiks besteht darin, dass die Konzilien nicht wie sonst üblich ikonisch, d.  h. figürlich (→  Ikonographie), sondern anikonisch, d. h. durch entsprechende Texte dargestellt sind. Eine aus dem 15. Jh. stammende arabische Handschrift mit kirchenrechtlichen Texten enthält eine Synopse (→ Synopsen), die identisch ist mit den Texten des Mosaiks der Bethlehemer Geburtskirche29. Als Grund für die von der sonstigen ikonographischen Tradition der figürlichen Darstellung der Konzilien abweichende anikonische Darstellung kann man den islamischen Einfluss des Bilderverbots vermuten30. B ewegung → Hermeneutik B ezeichnungen   Die Bezeichnungen für die verschiedenen →  Arten von Synoden sind im Laufe der Zeit einem starken Wandel unterworfen, und es ist nicht möglich in diesem Stichwort einen umfassenden Überblick zu bieten. Wir beschränken uns deswegen auf eine Momentaufnahme für die Zeit des Übergangs vom 10. zum 11.  Jh. Bei →  Bernold von Konstanz († 1100) werden praktisch nur die Synoden der Reformpartei als concilium bzw. synodus bezeichnet. Dabei sind diese beiden Termini zwar grundsätzlich austauschbar, deutlich ist aber die Tendenz, mit synodus die Versammlung als solche zu bezeichnen, während concilium eher auf die Konzilsakten bzw. die →  canones hinweist. Die Adjektive generalis und universalis sind zwar ebenfalls grundsätzlich austauschbar, aber es ist auch hier die deutliche Tendenz festzustellen, mit universale die sog. ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) der ungeteilten Kirche zu bezeichnen, generalis hingegen für die unter dem Vorsitz des Papstes stattfindenden Versammlungen zu verwenden. Aber es ist zu betonen, dass häu 29 Vgl. Gestalt, 222–225.  30 Vgl.  „Die Mosaikinschriften der Bethlehemer Geburtskirche vor dem Hintergrund der byzantinischen Tradition der Konzilssynopsen“, in: Gestalt, 203–241.

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fig weder das eine noch das andere Adjektiv steht und das betreffende „Universalkonzil“ bzw. „Generalkonzil“ einfach nach dem Ort benannt wird, an dem es stattgefunden hat, gegebenenfalls mit einer → Ordinalzahl versehen31. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Bemerkung Basler Theologen, der Begriff generalis sei relativ, jede größere Synode sei im Vergleich zu einer kleineren eine synodus generalis32. B iblische B egründung → locus scripturisticus B ilanz   Nach dem Ende des → Basiliense (1431–1437/49) erscheinen aus der Feder zweier seiner Protagonisten, des Konziliaristen (→ Konziliarismus) → Johannes von Segovia († 1458) und des Papalisten (→ Papalismus) →  Johannes von Torquemada (†  1468) Texte, die man passend als Bilanz ihrer Erfahrung mit Konzilien und ihres Nachdenkens über sie bezeichnen kann. Der Konzilstraktat (→ Konzilstraktate) des Konziliaristen (→ Konziliarismus), 35 Kapitel in Buch XVII seiner monumentalen Historia generalis synodi Basiliensis (verfasst zwischen 1449–1453), und der des Papalisten (→  Papalismus), 65 Kapitel im dritten Buch seiner Summa de ecclesia (von 1453), spiegeln, erstens, exemplarisch den außerordentlichen Fortschritt wider, den die Kon­ zils­ idee (→ Kon­zils­ideen) im Vergleich mit der Zeit vor dem Schisma gemacht hat, zweitens, den Antagonismus zwischen → Konziliarismus und → Papalismus, der diese Jahre des Schismas und der Reformkonzilien charakterisiert. Die Bilanz des → Johannes von Segovia zum Thema Konzil kann sich in seiner spekulativen Kraft durchaus mit derjenigen seines Kontrahenten messen, an Pathos und subjektiver Überzeugung von der Richtigkeit der eigenen Position ist er seinem Landsmann vielleicht sogar überlegen. Auch nach seiner Versöhnung mit dem Nachfolger →  Eugens IV., →  Nikolaus V. (†  1455), besteht →  Johannes von Segovia auf seiner Grundposition von der Unterord 31 Vgl. Mittelalter, 126–128.  32 Vgl. Apostelkonzil, 318.

nung des → Papstes unter das Konzil (→ Superioritätsfrage), aber er rüttelt in keiner Weise mehr an der prinzipiell monarchischen Verfassung der Kirche (→  Herrschaftsformen). Das Papstamt ist göttlicher Institution und kann durch kein Konzil abgeschafft werden. Im Zentrum des Traktats steht der Versuch, →  Papst und Konzil als verschiedene Träger der einen gleich unmittelbar von Gott stammenden potestas ecclesiae aufzuzeigen. Die Identität der potestas ecclesiae in → Papst und Konzil schließt jedoch in den Augen des Spaniers die Oberhoheit des Konzils über den Papst nicht aus, sondern ein. Um die Gewaltenfrage in der Kirche zu klären, insbesondere um das Verhältnis Papst/Konzil zu bestimmen, ist nach Auffassung des → Johannes von Segovia die maßgebende Instanz nicht das überlieferte Kirchenrecht, sondern die → Heilige Schrift. Dies verkündet er als Programm seines Traktats und dies führt er tatsächlich auch weitgehend durch.  – Der Dominikaner →  Johannes von Torquemada behandelt in seinem „Konzilstraktat“ praktisch alle einschlägigen die Konzilien betreffenden Fragen seiner Zeit: die Bedeutung des Namens (→  Etymologie), den biblischen Ursprung der Institution (→  locus scripturisticus), die verschiedenen →  Arten von Konzilien, die geschichtliche Entwicklung, das Einberufungsrecht (→  Einberufung), den Anlass von Konzilsversammlungen, den durch sie gestifteten → Nutzen für die Kirche, die Teilnahmepflicht und das Teilnahmerecht (→  Teilnahme), die →  Unfehlbarkeit in Glaubensfragen, die gestufte Autorität, das Verhalten bei Spannungen usw. Mit besonderer Ausführlichkeit geht der Papalist (→ Papalismus) dabei auf alle das Verhältnis Papst/Konzil betreffende Fragen ein. In scholastischer Manier werden in aller Breite die Argumente der Gegenseite referiert und dann widerlegt. Außer den aktuellen, brennenden Fragen behandelt er auch die mehr traditionellen Probleme, die er aus Handbüchern usw. kennt. Besonders gründlich setzt er sich mit →  Wilhelm von Ockham und dessen → Leugnung der Unfehlbarkeit auseinander. →  Johannes von Torquemadas Konzilstraktat stellt an Weite der behandel-

Binius, Severin

ten Themen alles in den Schatten, was vorher über Konzilien geschrieben worden war. Es ist das Verdient von Ulrich Horst, an dem allzu einseitigen Bild, das die ältere Forschung vom → Papalismus des → Johannes von Torquemada gezeichnet hat, einige notwendige Korrekturen vorgenommen zu haben. Knapp vier Jahre nach dem Erscheinen der Summa de ecclesia schloss der Dominikaner seinen Kommentar zum ersten Teil des → Decretum Gratiani (um 1135–1140) ab. Hier kommt er anlässlich der Distinktionen 15–18 nochmals ausführlich auf die Konzilien zu sprechen. Er behandelt jetzt insbesondere historische Fragen wie die, ob das →  Nicaenum I (325) tatsächlich das erste → ökumenische Konzil war, dogmatische wie die, ob Konzilien notwendig (→ Notwendigkeit) sind, fundamentaltheologische wie die, ob Konzilien Glaubenssymbole (→  Glaubensbekenntnis) abfassen dürfen. Natürlich geht er auch in extenso auf das Verhältnis Papst/ Konzil (→ Superioritätsfrage) ein u. a.33. B ildliche D arstellung → Ikonographie B inius , S everin (1573–1641)  Der Kölner Theologieprofessor und Inhaber verschiedener kirchlicher Ämter ist zwar nicht der Autor der ersten Konzilssammlung (→ Sammlungen) überhaupt, seine Concilia generalia et provincialia erschienen 1606 in erster Auflage erst an fünfter Stelle nach den entsprechenden Sammlungen von Jacques →  Merlin (1524), Petrus →  Crabbe (1538), Laurentius → Surius (1567) und Domenico Nicolini zusammen mit Domenico Bollani (1585). Was seine Sammlung (→ Sammlungen) indes vor allem charakterisiert, ist, dass sie als erste, noch vor der editio Romana (1608–1612), der offiziellen Konzilssammlung der römischen Kirche, die von Robert → Bellarmin († 1621) aufgestellte → Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) zugrunde legt. Auch sonst steht sie in großer Nähe zu damals führenden →  Jesuiten. Der Grundstock der Sammlung (→ Sammlungen) wur 33 Vgl.  „Die postkonziliaren Werke Segovias und Torquemadas“, in Traktate, 55–58.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 10.

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de von dem bekannten und berühmten Jesuiten → Antonio Possevino († 1611) angelegt. Wie sehr diesem solche → Sammlungen von Konzilsquellen am Herzen lagen und wie gründlich er sich mit der Materie befasst hat, belegt der außerordentlich ausführliche Artikel Concilia seines monumentalen Autorenlexikons Apparatus sacer (1606). Er macht hierin eine Fülle von konkreten Vorschlägen an die Adresse künftiger Editoren. Es handelt sich dabei offensichtlich um die Editionsgrundsätze, die er einmal für die eigene Sammlung (→ Sammlungen) formuliert hatte, die er aber selber nicht mehr zur Ausführung bringen konnte. Gleich zu Beginn betont der genannte Jesuit die Wichtigkeit solcher → Sammlungen für die Kirche und die Notwendigkeit, bessere Ausgaben als die bisher erschienenen herzustellen. Binius legt seiner Sammlung (→  Sammlungen) ebenfalls den Bellarminschen Begriff (→ Bellarmin, Robert) vom → ökumenischen Konzil zugrunde – das bedeutet, dass die Konzilien nicht nur in deutlicher Unterordnung unter den → Papst gestellt werden, sondern er bemüht sich jeweils auch um den Nachweis, dass die → Papstprivilegien eingehalten wurden. Der Kölner Professor führt klare theologische Qualifizierungen für seine Sammlung (→ Sammlungen) ein und unterscheidet zwischen kirchlich anerkannten – nur sie werden als synodus bzw. concilium bezeichnet  – und nicht-anerkannten Versammlungen von Häretikern, sog. conciliabula. Unter die nicht-anerkannten fällt auch die wichtige karthagische Synode von 256 (→ Karthago 256) über die Wiedertaufe. Den Begriff pseudosynodus verwendet er zur Bezeichnung von in seinen Augen gefälschten Konzilien, wobei ihm schwerwiegende Missgriffe unterlaufen (z.  B. Paris [825], St. Basle [991] usw.). Was seine Sammlung (→ Sammlungen) im übrigen vor ihren Vorgängerinnen auszeichnet, ist die klare Unterscheidung von ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) auf der einen und nicht-ökumenischen Konzilien auf der anderen Seite und die ausführliche Kommentierung der in der Sammlung veröffentlichten Quellen (→  Originalia). Eine Art kritischen Kommentar der Binius-Sammlung

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(→ Samm­lungen), vor allem des in den Notae geförderten und propagierten Bellarminschen Konzilsbegriffs (→ Bellarmin, Robert), liefert der französische Gallikaner →  Edmond Richer († 1631) in seiner Historia conciliorum generalium34. →  historisch-kritische Methode, →  Sammlungen B interim , A nton J oseph († 1855) → Diözesansynode, → Hartzheim, Hermann Josef (1694–1763), → Synodiker B ischöflicher C harakter →  concilium episcoporum est B ischofskonferenz  Neben der römischen → Bischofssynode gehört die nationale Bischofskonferenz, die in einigen Ländern auch schon vor dem → Vaticanum II (1962– 1965) existierte, zu den für die Gesamtkirche bestimmten Neuschöpfungen des genannten →  ökumenischen Konzils auf dem Gebiet des Konzilswesens35. Sie sollte ein zentrales Anliegen des Konzils, nämlich die →  Kollegialität der Bischöfe, in die kirchliche Praxis umsetzen. Wie die betreffenden Bestimmungen des →  Vaticanum  II36 rezipiert wurden, zeigt sich u.  a. in den Kommentaren der Theologen und Kanonisten37 B ischofssynode   Neben der →  Bischofskonferenz schuf das → Vaticanum II (1962– 1965) auch die römische Bischofssynode38. Sie soll die →  Kollegialität des →  Papstes mit den Bischöfen und die Kollegialität der Bischöfe mit dem Papst bei der Leitung der Kirche zum Ausdruck bringen und stärken. Geschaffen wurde sie freilich nicht vom  34 Vgl. „Die Entstehung und Eigenart der Konzilssammlung des Severin Binius (1. Auflage, Köln 1606)“, in: Gestalt, 267–292.  35 Zu den Diskussionen über die Bischofskonferenzen auf dem Vaticanum  II vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 320–330.  36 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 323–325.  37 Vgl.  „Die Bischofskonferenz“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 338–345.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 11.  38 Zu den Diskussionen über die Bischofssynode auf dem Vaticanum II vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 320–330.

→  Vaticanum  II selber, sondern durch das Motuproprio Pauls VI. († 1978) Apostolica sollicitudo vom 15. September 1965. Die Bischofssynode stellt eine konkrete Form der Ausübung der in Lumen gentium 22 affirmierten →  Kollegialität der höchsten Kirchengewalt dar. Die Formulierung des Textes lässt keinen Zweifel am prinzipiell rein konsultativen Charakter dieser Synodenform aufkommen. Die →  Rezeption dieser Neuschöpfung des → Vaticanum II auf dem Gebiet des Konzilswesens spiegelt sich in den Stellungnahmen der Theologen und Kanonisten39. B lau , F elix A nton (1754–1798)  Felix Anton Blau hat noch als Mainzer Priester und Theologieprofessor seine 1791 erschienene „Kritische Geschichte der kirchlichen Unfehlbarkeit zur Beförderung einer freiern Prüfung des Katholizismus“ verfasst. Sie stellt einen sowohl durch Klarheit der Sprache und der Gedankenführung als auch durch seine Quellenkenntnis beeindruckenden Versuch dar, die kirchliche Unfehlbarkeitslehre –  und damit auch jene bezüglich der Konzilien – zu widerlegen. 1792, ein Jahr nach Erscheinen des Werkes des überzeugten Aufklärers (→  Aufklärung), wurde Mainz von den Franzosen besetzt und der von der Geschichtsträchtigkeit der Ideen der französischen Revolution überzeugte Blau brach sowohl mit seinem Priestertum als auch mit der Kirche. Er wurde Politiker und nahm eine Stelle in der neuen Administration ein. Nach der Einnahme von Mainz durch die Alliierten verhaftet, ging er, wieder freigelassen, nach Paris und wurde dort Angestellter des Justizministeriums. Als die Franzosen Mainz erneut einnahmen, kehrte er dorthin zurück, starb aber bald. Das oben genannte Werk ist auf seine Weise ein überzeugender Ausweis der Unvereinbarkeit von radikal antikirchlicher Aufklärung und kirchlichem Glauben40.  39 Vgl. „Die Bischofssynode“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 330–337. – Vgl. auch Literaturnachtrag 12.  40 Vgl.  „Aufklärung über Konzilsautorität: Felix Anton Blau“, in: Reformation, 482–538.

Briefkonzil

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→ Aufklärung, → Gregor von Nazianz (um 329–390), → Haec sancta, → Konzilstraktate, → Leugnung der Unfehlbarkeit, → Theologen, → Unfehlbarkeit

B onifaz  VIII. († 1303), Papst → Appellation vom Papst an das Konzil, → Dominikaner, →  Kirchentraktate, →  locus de conciliis, → Vorsitz

B oileau , J acques (†  1716) →  Priesterstimmrecht

B orromäus , K arl († 1608) → Diözesansynode, →  Exerzitien, →  Reform von oben nach unten

B ollani , D omenico († 1579) → Binius, Severin (1573–1641) B olgeni , G iovan V incenzo (1731–1811)  Der italienische Ex-Jesuit ist mit seinem Werk L’episcopato ossia della potestà di governar la chiesa (1789) aus einem doppelten Grund relevant für eine → Geschichte der Kon­zils­ idee. Er ist einerseits mit seiner Lehre, dass die bischöfliche Gewalt nicht vom → Papst verliehen, sondern zusammen mit der Bischofsweihe unmittelbar von Christus übertragen wird (→  Herkunft der Gewalt), ein wichtiger Zeuge für die Kon­zils­idee (→ Kon­ zils­ideen) selber: Das collegium der Bischöfe besitzt seine Gewalt schon vorgängig zu seiner Berufung zur Konzilsversammlung durch den →  Papst. Das Konzil ist keine vom →  Papst „geschaffene“ Veranstaltung, sondern eine von ihm aufgrund seines Primats geleitete Versammlung des Episkopats. Durch diese seine Lehre von der → Kollegialität wurde er andererseits auf dem → Vaticanum  II (1962–1965) zum Kronzeugen der dort wieder zum Leben erweckten Lehre von der Kollegialität des Episkopats41. →  Apostelkonzil, →  Grundtypen, →  Haec sancta, → Herkunft der Gewalt, → Kollegialität, →  Konzilstraktate, →  Repräsentation, →  Souveränität, →  Theologen, →  Vaticanum II (1962–1965) B onifaz   I. († 422), Papst → Verhältnis des Papstes zum Konzil

B ossuet , J acques -B énigne (1627–1704)  Der kirchenpolitisch und als Schriftsteller vielseitig tätige „Adler von Meaux“ hat sich nicht nur in seiner berühmten →  Defensio declarationis cleri Gallicani de ecclesiastica potestate (1696, veröffentlicht 1730) ausführlich mit den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) befasst, speziell mit dem ihr →  Wesen ausmachenden →  Konsens42 und ihrer → Bestätigung durch den → Papst43, sondern auch in den Kirchenunionsgesprächen (→ Unionsverhandlungen) mit dem protestantischen Helmstetter Theologen Gerhard Wolter Molanus (†  1722) und dem Philosophen Gottfried Wilhelm →  Leibniz († 1716) die genannte Materie intensiv bearbeitet44. Das Ergebnis der Unionsgespräche ist sehr ernüchternd: In der Konzilsfrage stehen die Standpunkte der katholischen und der protestantischen Seite unversöhnlich gegeneinander. Vor allem in der Frage einer →  Suspension des →  Tridentinum (1545– 1563), die die Protestanten verlangen, gibt es keine Verständigung45. → Bestätigung, → Dominikaner, → Grundtypen, → Haec sancta, → Häresie, → Jesuiten, →  Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646–1716), →  Maret, Henri (1805–1884), →  Ökumene, → Stimmrecht, → Suspension B raun , K onrad († 1563) → Nationalkonzil

B onifaz  II. († 532), Papst → römische Konzilsprotokolle

B riefkonzil   Auf dem →  Vaticanum  II (1962–1965) wurde von einigen Theologen die Möglichkeit einer alternativen Form von

 41 Vgl.  „Römische Kon­zils­idee zu Beginn des 19. Jahrhunderts: der päpstliche Theologe Giovan Vincenzo Bolgeni (1733–1811)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 7–35.

 42 Vgl. Apostelkonzil, 528–530.  43 Vgl. Apostelkonzil, 89, 553f.  44 Vgl. Reformation, 361–372, 380–402; Apostelkonzil, 334–336.  45 Vgl.  „Das Konzil im ‚ökumenischen Dialog‘ Bossuets mit Leibniz“, in: Reformation, 350–402.

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B

→  ökumenischem Konzil diskutiert. Zum →  Wesen des Konzils sollte es nicht mehr unbedingt gehören, dass sich die Bischöfe an einem Ort versammeln, sondern es sollte genügen, dass der für ein Konzil notwendige →  Konsens durch schriftliche Kommunikation zwischen dem →  Papst und den Bischöfen hergestellt wird. Die klassische Formulierung gab diesem Vorschlag der holländische Jesuit Sebastian → Tromp († 1975). Er unterscheidet zwei Formen von ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) – solche, bei denen sich die Bischöfe an einem bestimmten Ort zusammenfinden und solche, die gewissermaßen mit einem ökumenischen Konzil gleichbedeutend alle Bischöfe über einen Gegenstand des Glaubens bzw. der Sitten schriftlich befragen und eine Entscheidung im Namen des gesamten mit dem Papst vereinten Episkopates treffen, ohne dass die Bischöfe an einem Ort zusammenkommen. Der Jesuit betont ausdrücklich, dass es sich bei einem solchen „Briefkonzil“ um ein echtes Konzil handele46. Die zweite hier von → Tromp in Erwägung gezogene Form eines →  ökumenischen Konzils, nämlich eine solche ohne örtliches Zusammenkommen der Bischöfe, wird ebenfalls von anderen Teilnehmern des → Vaticanum II erwähnt. Auch der Dominikaner Marie-Rosaire →  Gagnebet (†  1983) und der Jesuit Karl → Rahner († 1984) nennen sie. Letzterer schreibt: „Konkret kann dieser kollegiale Akt [des Episkopates] geschehen in feierlicher Form auf einem ökumenischen Konzil, aber auch ohne lokale Versammlung der Bischöfe […]. Ein ‚Briefkonzil‘ könnte gewiss einen solchen [kollegialen Akt] setzen“47. Einige Theologen sehen heute ein solches „Briefkonzil“ im → Codex Iuris Canonici von 1983, can. 337 § 2, angesprochen48. Winfried Aymans und Klaus  46 Vgl. Konzils- und Papstidee, 229, 240f., 246f.  47 Vgl. Dogmatische Konstitution über die Kirche, in: Das Zweite Vatikanische Konzil. Dokumente und Kommentare, Teil I, hrsg. v. H. S. Brechter, Freiburg im Brsg. 1966, 137–359, hier 226.  48 Vgl. K. Walf, Einführung in das neue katholische Kirchenrecht, Zürich u. a. 1984, 13, Anm. 1; J. P. Beal, J. A. Corrinden, Th.  J. Green, New Commentary of the Code of Canon Law, New York 2000, 427, 440, 448.

Mörsdorf sprechen statt von „Briefkonzil“ von „Fernkonzil“49. Tatsächlich aber haben die Päpste (→  Papst) seit dem →  Vaticanum  II von der Möglichkeit eines solchen Konzils noch keinen Gebrauch gemacht. B urchard von W orms → Häufigkeit

(†  um 1023)

 49 Kanonisches Recht. Lehrbuch aufgrund des Codex iuris canonici, Bd. II, Paderborn u.  a. 1997, 222f.

n  C C alvin , J ean (1509–1564) →  Gregor von Nazianz (um 329–390) C ano , M elchior († 1560) → Dominikaner, → locus de conciliis C anones   Seit dem 4. Jh. versteht man unter canones vornehmlich die von den Konzilien aufgestellten Gesetze im Unterschied zu den von den Päpsten (→  Papst) erlassenen decretalia. Bei zwei Autoren, →  dem machtbewussten Vertreter der fränkischen Ortskirche → Hinkmar von Reims († 882) und dem Gregorianer →  Bernold von Konstanz († 1100) lässt sich an der Art und Weise, wie sie beide Gesetzesarten in ihrem Verhältnis zueinander bestimmen, deutlich der Wandel des Kirchenbegriffs dieser Jahre beobachten. War bei →  Hinkmar der Konzilskanon die absolute Größe und die päpstliche Dekretale die relative1, so ist es bei → Bernold gerade umgekehrt: Die absolute Größe ist die päpstliche Dekretale und die relative der Konzilskanon2. Diesem Wandel liegen auch die → Pseudoisidorischen Dekretalen zugrunde. Während die älteren → Kirchenrechtssammlungen die konziliaren Kanonessammlungen wegen ihres größeren Gewichts den Dekretalen vorordnen, stellt Pseudoisidor in seiner Sammlung die Kanones zwischen ältere, d. h. gefälschte, und jüngere Dekretalen und zeigt schon durch diese Anordnung, dass den Dekretalen der Vorrang vor den Kanones gebührt3. Der Dekretist (→  Dekretisten) → Huguccio von Pisa († 1210) legt ausführlich den Unterschied zwischen canon und decretale dar4. C appellari , M auro (†  1846) (Papst Gregor XVI.) → Abwertung

  1 Vgl.  „Konzilskanones und Dekretalen (bei Hinkmar von Reims)“, in: Mittelalter, 107–112.   2 Vgl. Mittelalter, 132f., 141f.   3 Vgl. Mittelalter, 206f.   4 Vgl. Mittelalter, 239.

C apreolus von K arthago (†  um 437) → nihil prorsus de bene compositis retractetur C arranza , B artolomé (†  1576) →  Summen C atalani , G iuseppe († 1764) → Liturgie C ausa fidei und negotia privata  Die prinzipielle Unterscheidung von Glaubensgegenständen (causa fidei) und von Personen betreffenden Angelegenheiten (negotia privata) stammt aus der Zeit der Beilegung des Dreikapitelstreits. Sie stellt eine wichtige Klärung der Idee einer Glaubensdefinition dar und gehört insofern in eine → Geschichte der Kon­ zils­ idee. In dem nach dem → Constantinopolitanum II (553) entstandenen Schisma beriefen sich die Verteidiger des →  Chalcedonense (451) u.  a. auf das Prinzip Papst → Leos des Gr. († 461), → nihil prorsus de bene compositis retractetur, mit dem dieser die Nichtwiderrufbarkeit des genannten Konzils verteidigt hatte. Papst → Pelagius  II. (†  590)  – bzw. vermutlich sein Briefschreiber → Gregor der Gr. († 604) – präzisiert mit der genannten Unterscheidung den Begriff der Nichtrevidierbarkeit: Dieser beziehe sich ausschließlich auf die den Glauben als solchen betreffende Definition, nicht auf die damit im Zusammenhang stehenden Personen. →  Pelagius fasst seine Klärung des Begriffs der von →  Leo behaupteten Nichtrevidierbarkeit von Konzilien zusammen: „Alle privaten Angelegenheiten, die auf dem Konzil (von Chalcedon) verhandelt worden waren, dürfen nach der Meinung des Papstes erneut verhandelt werden. […] Einzig und allein das → Glaubensbekenntnis darf nicht revidiert werden“5. C halcedonense (451), Konzil von Chalcedon6 → Akklamationen, → Augustinus-Rezeption, → Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, →  causa fidei und negotia privata, →  Codex encyclius, →  Constantinopolita  5 Vgl.  „‚Causa fidei‘ und ‚negotia privata‘“, in: Alte Kirche, 300–305.   6 Vgl.  „Das Chalcedonense und das Prinzip der Wiederholbarkeit konziliarer Glaubensformulierungen“, in: Alte Kirche, 231–269.

34

C

num  I (381), →  Constantinopolitanum  II (553), → executrix conciliorum, → Gehorsam, →  Häresie, →  Häufigkeit, →  integrale Irrtumslosigkeit, →  Konnumerierung, →  Legenden, →  Leo der Gr. (um 400–461), → Mehrheitsmeinung, → nihil prorsus de bene compositis retractetur, →  originalia, →  Papst und ökumenisches Konzil, → relevante Konzilien, → sancta octo, → Sitzordnung, → Theodor Abū Qurra (um 740–820), →  Übereinstimmung, → Vorsitz C harlas , A ntoine (†  1634) →  Zaccaria, Francesco Antonio (1714–1795) C hristophe , J ean († 1882) → Abwertung C irta (412), Konzil → Synodalbrief C lichtoveus , J odocus († 1543) → Verteidigung der Unfehlbarkeit C ochlaeus , J ohannes (†  1552) →  Verteidigung der Unfehlbarkeit C odex C anonum E cclesiae A fricanae → Synodalrecht C odex encyclius   Die leider nicht vollständige Sammlung der bischöflichen Stellungnahmen zum →  Chalcedonense (451), die Kaiser Leo I. im Jahr 458 in einer Art Referendum hatte durchführen lassen, ist eine ausgezeichnete und in dieser Form einmalige Quelle, um die → Rezeption eines → ökumenischen Konzils der Alten Kirche zu untersuchen. Hier werden die schon stattgehabten ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) von den befragten Bischöfen in eine Reihe gestellt, damit die → Monopolstellung des → Nicaenum I (325) angetastet und eine Kon­zils­idee (→ Kon­zils­ideen) vorbereitet, in der die nachnicaenischen Konzilien als eigenständige Momente der kirchlichen →  Überlieferung erscheinen und nicht bloß als Bestätigung des → Nicaenum I. Mehrere Bischöfe heben auch auf die Unterschiede –  nicht im Inhaltlichen, sondern im Formalen  – zwischen den aufgezählten Konzilien ab. Das → Nicaenum I (325) ist dabei die Grundlage des Glaubens schlechthin, das →  Chalcedo-

nense (451) mehr ein „Schild gegen die Häretiker“ (→  Häresie), eher für die Bischöfe als für das Volk bestimmt. In diesem Zusammenhang taucht auch der wichtige Begriff der →  Hermeneutik auf: Das →  Chalcedonense ist eine „Interpretation“ des → Nicaenum I7. C odex I uris C anonici (1917) → außerordentliches Lehramt, → Nationalkonzil C odex I uris C anonici (1983) → außerordentliches Lehramt, →  Briefkonzil, → Grundtypen C oelestin I. († 432), Papst → executrix conciliorum, → Kollegialität C ogitanti   Die traktatähnliche Antwort Cogitanti, wahrscheinlich vom Präsidenten des →  Basiliense (1431–1437/49) →  Giuliano Cesarini (†  1444) verfasst, ist die Replik des Konzils vom 3. September 1432 auf die Reden der päpstlichen Gesandten. Sie formuliert auf exemplarische Weise den vom → Basiliense vertretenen → Konziliarismus und markiert mit seinem „Konzilstriumphalismus“ (G. Alberigo) den deutlichen Bruch mit dem → Konziliarismus des → Constantiense (1414–1418). Indem das Schreiben das Konzil mit dem Heiligen Geist identifiziert (→  Inspiration), charakterisiert sein erster Teil den Widerstand des →  Papstes gegen das → Basiliense als Sünde gegen den Heiligen Geist (vgl. Mt 12,31f.). Das Mittelstück stellt die auf der → Repräsentation der Kirche beruhende →  Autorität der Konzilien heraus: Das Konzil ist ebenso unfehlbar wie die Kirche selber (→ Unfehlbarkeit). Die Unterordnung des → Papstes unter das Konzil (→  Superioritätsfrage) ist durch →  Haec sanc­ta als Dogma der Kirche definiert. Der Schlussteil widerlegt im Einzelnen die vom → Papst genannten Gründe für die → Auflösung des Konzils8. Cogitanti definiert das Generalkonzil (→  concilium generale) im Übrigen bemerkenswerter Weise als Zusammen­fall eines doppelten Konsenses: concilia generalia universali traditione et consensu   7 Vgl. Alte Kirche, 258–263; Apostelkonzil, 77f.   8 Vgl. Traktate, 34.

Concilia

fiunt et recipiuntur (→ Konsens)9 – eine Definition, die auch von →  Nikolaus von Kues († 1464) verwendet wird10. Von Interesse ist auch das ausführliche Referat über Cogitanti in der Konzilsumme (→  Summen) des →  Agostino Patrizi (†  1495)11. Cogitanti hat eine deutliche historische Nachwirkung bei gallikanischen und episkopalistischen Theologen wie Simon → Vigor († 1624)12, Edmond →  Richer (†  1631)13 und Johann Nikolaus von → Hontheim († 1790)14. C ommunio potestatis   In dem in der zweiten Hälfte des 18.  Jh.s stattfindenden Streit zwischen Konziliaristen (→  Konziliarismus) bzw. Episkopalisten auf der einen Seite und Papalisten (→ Papalismus) auf der anderen Seite, exemplarisch ausgetragen durch Johann Nikolaus von →  Hontheim und Francesco Antonio →  Zaccaria, nimmt Martin →  Gerbert eine vermittelnde Position ein. Der Fürstabt von St. Blasien stellt sie in seinem monumentalen Werk Communio potestatis ecclesiasticae inter summos ecclesiae principes, pontifices et episcopos (1761) dar und fasst sie durch den Anfang dieses Titels mit der Formel communio potestatis zusammen. Damit ist gemeint: Die kirchliche Gewalt soll von → Papst und Bischöfen gemeinsam ausgeübt werden. Was sich wie ein Gemeinplatz anhört, ist in Wirklichkeit ein anspruchsvolles ekklesiologisches Konzept. Es beansprucht die beiden seit 300 Jahren konkurrierenden Ekklesiologien des → Papalismus und des → Konziliarismus, die die Kirche polarisieren und an den Rand des Schismas führen, abzulösen und zu ersetzen. Ihrem innersten Wesen nach ist die Kirche communio, Gemeinschaft zunächst zwischen den Hirten und der Herde, dann aber auch zwischen den Hirten selber. Was gemeint ist, wird deutlich durch den Vergleich mit den beiden konkurrierenden Ekklesiologien. Die Hirten sind hier nicht als communio, sondern als factio konzipiert. Die eine   9  10  11  12  13  14

Vgl. Traktate 105; Apostelkonzil, 229. Vgl. Ökumenisches Konzil, 134f. Vgl. Gestalt, 105f. Vgl. Reformation, 151. Vgl. Reformation, 268. Vgl. Reformation, 432.

oecumenica maiora et minora

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factio bzw. Partei betrachtet dabei die jeweils andere als ihr von Rechts wegen untergeordnet (→ Superioritätsfrage) und somit vor ihr eigenes Forum zitierbar. Auf der einen Seite nimmt der →  Papst für sich allein die Gewalt in Anspruch, die doch den Nachfolgern des Apostelkollegiums gemeinsam gegeben wurde (→  Kollegialität). Auf der anderen Seite bekämpfen die Bischöfe die von Petrus nur auf seine Nachfolger übergegangenen Vorrechte (→  Papstprivilegien). →  Papalismus und →  Konziliarismus stellen in den Augen des Fürstabts Spielarten desselben Grundirrtums dar; er besteht darin, die von Christus gewollte und gestiftete communio der Kirchenführung zugunsten eines dominatus mundanus bzw. absolutus aufzulösen. Beide Spielarten sind Formen eines weltlichen Absolutismus, die dem Willen des Stifters der Kirche gleicherweise entgegengesetzt sind15. Dabei beschreibt die Formel communio potestatis keinen Ist-Zustand, sondern stellt einen moralischen Appell dar: Weil das Kirchenregiment als communio potestatis gestiftet ist, müssen → Papst und Bischöfe entsprechend handeln, eben als communio. Sie dürfen nicht handeln, als wenn sie „absolute“, vom Kollegium losgelöste, rein persönliche Gewalt hätten. Dabei schließt die communio potestatis den Primat nicht aus, sondern notwendig ein. → Kollegialität C oncilia digniora → Attribute, → concilia oecumenica maiora et minora, → sancta octo C oncilia

generalia universali tradi -

tione et consensu fiunt et recipiuntur

→ Cogitanti C oncilia oecumenica maiora et minora  Die →  Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) benennt die großen historischen Momente, in denen die → Überlieferung des je und je mit sich selbst identischen Glaubens stattgefunden hat. Aber das bedeutet keineswegs, dass alle in dieser → Liste aufgeführten Konzilien glei 15 Vgl. „Communio potestatis: Begriff“, in: Reformation, 408–413.

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C

chen Ranges, gleicher Wichtigkeit sind; denn die von ihnen behandelten Gegenstände waren von sehr verschiedenem Gewicht und auch der Grad ihrer →  Ökumenizität war durchaus verschieden. So kennt die Alte Kirche den sog. → Viererprimat, das Mittelalter die →  sancta octo. Die →  Dekretisten unterscheiden zwischen den Konzilien des ersten Jahrtausends (concilia digniora, concilia principalia) und denen des zweiten. Auch die ratio universalitatis ist je und je verschieden: Sie ist entweder durch die wirkliche Repräsentativität der Versammlung gegeben (→ Repräsentation) oder bloß durch den Vorsitz des „universalen“ → Papstes, wie → Johannes von Torquemada († 1468) unterscheidet. Es stellt sich die Frage, ob die mittelalterliche Einteilung in sacramenta maiora und minora nicht auch auf die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) übertragen werden kann, so dass man zwischen concilia maiora und minora differenziert16. → Kontroverse C oncilia principalia → Attribute, → concilia oecumenica maiora et minora, →  sancta octo C onciliabula →  Binius, Severin (1573– 1641) concilium episcoporum est   Der Satz wird im Laufe der Geschichte der Konzilien immer wieder als Argument für den rein bischöflichen Charakter der Synoden oberhalb der Diözesanversammlung angeführt. Er stammt aus dem Mund von Anhängern des → Dioskur von Alexandrien († 454), der auf dem → Chalcedonense (451) abgesetzt worden war. Bis zum 15. Jh. unbeachtet, machten auf ihn zum ersten Mal → Nikolaus von Kues (†  1464) und Louis Aleman (†  1450) aufmerksam. →  Johannes von Torquemada (†  1468) setzte den Satz als Argument für den ausschließlich bischöflichen Charakter der Generalsynode (→ concilium generale) in seiner Summa de ecclesia17 ein. Der Gallikaner

 16 Vgl.  „Concilia oecumenica maiora et minora“, in: Ökumenisches Konzil, 185–190.  17 Vgl. Traktate, 57f.

Edmond → Richer († 1631) wies ihn als Argument im genannten Sinn zurück. → Laienteilnahme, → Repräsentation18 C oncilium generale   Wir sehen hier vom modernen Gebrauch dieses Begriffs ab, wo concilium generale einfach auch als Äquivalent für →  „ökumenisches Konzil“ verwendet wird19, und beschränken uns auf die mittelalterliche Verwendung von concilium generale. Der Begriff ist anfangs sehr schillernd. Alle möglichen → Arten von Konzilien bezeichnen sich und werden als Generalkonzilien bezeichnet: Nationalkonzilien (→  Nationalkonzil), große Provinzialsynoden (→  Provinzialsynode), Papstsynoden20. → Hinkmar von Reims († 882) unterscheidet zwei Sorten von concilia generalia, auf der einen Seite die speziell so genannten, nämlich die von der gesamten Kirche rezipierten – er nennt sie auch synodi universales  – auf der anderen Seite Synoden, die, wie gewisse afrikanische Synoden, für die gesamte Kirche wichtige Entscheidungen getroffen haben21. Ähnlich versteht das →  Decretum Gratiani (um 1135–1140) den Begriff22. Ein wichtiger Wandel in der Bedeutung von concilium generale vollzieht sich dann bei den → Dekretisten, nämlich die fortschreitende Relativierung bzw. schließliche Eliminierung des ökumenischen Moments des Begriffs zugunsten des päpstlichen. Das concilium generale ist am Ende dieser Entwicklung das Konzil des →  Papstes im Unterschied zur → Provinzialsynode, an der der Papst nicht teilnimmt23. In der Diktion →  Eugens  IV. (†  1447) ist das concilium generale das vom → Papst einberufene und geleitete Konzil im Unterschied zum →  concilium ycumenicum, das unter Teilnahme der griechischen Bischöfe stattfindet24. Großen Einfluss auf die folgende Entwicklung hat dann der durch  18 Vgl. Ökumenisches Konzil, 142. – Vgl. auch Literaturnachtrag 13.  19 Vgl. AAS 66 (1974) 620; Ökumenisches Konzil, 157.  20 Vgl. Partikularsynode, 35.  21 Vgl. Mittelalter, 92f.; Ökumenisches Konzil, 100–102.  22 Vgl. Mittelalter, 226f.  23 Vgl. Mittelalter, 253–255.  24 Vgl. Apostelkonzil, 404.

Concilium

→  Johannes von Torquemada (†  1468) eingeführte doppelte Begriff von concilium generale: auf der einen Seite die tatsächlich universale Versammlung der Bischöfe des Erdkreises, auf der anderen Seite die ex parte (nämlich durch die Anwesenheit des →  Papstes) universale Versammlung einer beschränkten Anzahl von Bischöfen zusammen mit dem Papst25. Ein besonders weiter Begriff von concilium generale findet sich bei →  Dominicus Jacobazzi (†  1527/28), der ausdrücklich die Auffassung zurückweist, dass diese Konzilsart (→ Arten von Konzilien) erst mit dem → Nicaenum I (325) beginne26. Es versteht sich von selbst, dass die Gegner einer Vollgewalt des Papsttums über die Kirche, wie etwa →  Wilhelm von Ockham († 1347)27 und seine Schüler28, in ihren Definitionen unter concilium generale das ökumenische, d.  h. allgemeine Konzil der Kirche verstehen. Das Mittelalter liebte es bekanntlich, ganz allgemein alle möglichen Dinge ihrem Wesen nach zu definieren, und so wundert es nicht, dass es auch für das „Generalkonzil“ eine ganze Reihe förmlicher Definitionen vorlegte29. Unter ihnen kann man drei Typen unterscheiden. Da sind auf der einen Seite Definitionen, die mehr oder weniger deutlich an die Wesensbestimmung → Wilhelm von Ockhams30 anknüpfen, andererseits solche, denen die kanonistische Definition31 zugrunde liegt, schließlich solche, die einen Kompromiss zwischen den beiden vorgenannten darstellen. Wie ein papalistischer Theologe (→ Papalismus) am Vorabend der Reformation das concilium generale definiert, kann man im Konzilstraktat (→  Konzilstraktate) des Dominicus →  Jacobazzi nachlesen32, wie zur gleichen Zeit ein konziliaristischer Theologe  25 Vgl. Ökumenisches Konzil, 187f.  26 Vgl.  „Zur Geschichte des concilium generale (bei Dominicus Jacobazzi)“, in: Traktate, 236– 239.  27 Vgl. Ökumenisches Konzil, 125.  28 Vgl. Gestalt, 162f.  29 Vgl. „Definition des Generalkonzils“, in: Traktate, 119–124.  30 Vgl. Mittelalter, 453.  31 Vgl. Mittelalter, 253–262.  32 Vgl.  „Zum Begriff des concilium generale (bei Dominicus Jacobazzi)“, in: Traktate, 234–239.

perfectum

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(→  Konziliarismus) das concilium generale bestimmt, im Konzilstraktat des → Matthias Ugoni33. Der von →  Johannes von Torquemada (†  1468) bezeugte Doppelbegriff von concilium generale findet sich auch bei dem Jesuiten Alphons →  Salmerón (†  1585) und den Anhängern einer papstzentrierten Kirchenverfassung34. Einen Begriff von „Generalkonzil“ ganz eigener Art legt der Engländer Reginald → Pole († 1558) vor: Es ist die Versammlung der an der fides Petri Teilhabenden35. → Attribute, → Bezeichnungen C oncilium haereticum → irrende Konzilien, →  Wilhelm von Ockham (um 1288– 1347) C oncilium maius quam papa → Kirchentraktate, → Superioritätsfrage C oncilium perfectum   Der Begriff wurde vom Konzil von → Antiochien (328) als Selbstbezeichnung aufgebracht (téleia sýnodos) und drückt den Anspruch eines Konzils aus, im Normalfall Letztinstanz einer Ortskirche zu sein. Der Terminus konnte sich zwar nicht allgemein durchsetzen, aber der Kenner des altkirchlichen Konzilsrechts →  Hinkmar von Reims (†  882) verwendet ihn zur Bezeichnung seiner eigenen → Provinzialsynode, um deren relative Autonomie sowohl gegenüber dem →  Papst als auch gegenüber der weltlichen Macht zum Ausdruck zu bringen. Er will mit diesem Begriff sagen: Nicht erst das vom → Papst geleitete →  concilium generale, nicht erst das vom König versammelte → Nationalkonzil, sondern schon die vom Metropoliten einberufene →  Provinzialsynode ist ein zur Gesetzgebung befugtes und in diesem Sinn „vollkommenes“ Konzil36. → Attribute  33 Vgl.  „Zum Begriff des concilium generale (bei Matthias Ugoni)“, in: Traktate, 259–266.  34 Vgl. Apostelkonzil, 441f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 14.  35 Vgl.  „Konzilsbegriff (Reginald Poles)“, in: Reformation, 85–89.  36 Vgl.  Mittelalter, 96f.; Partikularsynode, 14, 29– 38.

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C

C oncilium plenarium → Attribute, → Berichtigung, → Nationalkonzil, → Wahrheitssuche C oncilium provinciae →  römische Provinziallandtage C oncilium universale   Während im modernen Sprachgebrauch kein Unterschied zwischen dem concilium universale und dem → concilium generale zu bestehen scheint, ist ein solcher bei spätmittelalterlichen Autoren zu beobachten. So weist →  Nikolaus von Kues († 1464) darauf hin, dass ein concilium unter verschiedenen Rücksichten universale genannt werden kann, und unterscheidet zwischen den concilia universalia plena, den Versammlungen der fünf Patriarchate, also den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der geeinten Christenheit, und den concilia, quae saepe universalia dicuntur, also den concilia generalia (→ concilium generale), den römischen Patriarchalsynoden (→ Patriarchalsynode), die praktisch an die Stelle der ersteren getreten sind37. Auch →  Michael Pauli de Pelagallo (†  1420), Bischof von Siena, und → Fantinus Vallaresso (†  1443), Bischof von Kreta, unterscheiden im genannten Sinn zwischen concilia universalia und concilia generalia (→ concilium generale). Wenn auch →  Johannes von Segovia (†  1458) und →  Johannes von Ragusa (†  1443) diese Unterscheidung bezeugen, dann wohl weniger als „Ökumeniker“ im Hinblick auf die Wiedervereinigung mit den Griechen denn als „Konziliaristen“ (→ Konziliarismus) im Hinblick auf eine Begrenzung der päpstlichen Macht38. Der Papalist (→ Papalismus) → Johannes von Torquemada (†  1468) akzeptiert die grundsätzliche Differenzierung zwischen zwei Kategorien von Konzilien, concilia universalia und concilia generalia (→ concilium generale) nicht, sondern führt einen doppelten Begriff von concilia universalia ein, auf der einen Seite ex parte convocandorum, auf der anderen Seite ex parte convocantis, nämlich des → Papstes (→ concilium generale). Auch die mittelalterlichen  37 Vgl. Traktate, 91.  38 Vgl. Traktate, 114f.

Papstsynoden (→  Patriarchalsynode) sind Universalkonzilien, weil der →  Papst ein universelles Amt hat. →  Johannes von Torquemada nennt die ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) der noch geeinten Christenheit auch concilia universalia plenaria39. Das → Constantiense (1414–1418) hält noch an dem Sprachgebrauch der weiter oben genannten Autoren fest40. → Attribute C oncilium ycomenicum   Der Begriff findet sich in dieser auffallenden Orthographie in Briefen Papst →  Eugens  IV. (†  1447). Es handelt sich dabei ganz offensichtlich nicht nur um eine Variante in der Schreibweise, sondern um eine sachliche Differenz. ycomenicum steht hier zur Bezeichnung des Konzils von Ferrara und Florenz (1437–1443) (→  Florentinum) nicht einfach als Äquivalent für generale; denn der →  Papst spricht einerseits von einem generale concilium etiam ycomenicum und er gibt mit dieser Formulierung zu verstehen, dass das → Florentinum für ihn mehr oder zumindest etwas anderes ist als ein → concilium generale, der üblichen Bezeichnung der päpstlichen Generalkonzilien. Andererseits bleibt diese Bezeichnung dem →  Florentinum vorbehalten; sie wird nie auf das Konzil von Basel (1431–1437/49) (→ Basiliense) oder andere rein abendländische Konzilien angewandt. Wir haben es also mit einem ganz gezielten Sprachgebrauch zu tun, der das → Florentinum deutlich von den bloß abendländischen Kirchenversammlungen abhebt und es ganz bewusst den großen altkirchlichen „ökumenischen“ Konzilien (→  ökumenisches Konzil) terminologisch gleichstellt. ycomenicum bedeutet also im Munde des →  Papstes so viel wie „Konzil unter Teilnahme der griechischen Kirche“. Zugespitzt formuliert: Die päpstliche Leitung macht das Konzil zum → concilium generale, die Teilnahme der Griechen zum concilium ycumenicum41. Der gleiche Sprachgebrauch wie bei → Eugen IV. ist an-

 39 Vgl. Traktate, 117, 180.  40 Vgl. Traktate, 126.  41 Vgl. Apostelkonzil, 403f.

Constantinopolitanum I

zutreffen bei → Fantinus Vallaresso († 1443), Bischof von Kreta42. C ongar , Y ves (†  1995) 43 →  Dominikaner, → Grundtypen, → Liste, → Repräsentation, →  Stellenwert, →  „Theologie des Konzils“, → Unterschrift C ongregatio ,

quae

versalis ecclesiae

vicem

gerit

uni -

→ Korporationsrecht

C onsensio antiquitatis et universita tis   Mit dieser Formel definiert → Vinzenz von Lérins († 434/50) den auf einem Konzil zu erreichenden und sein → Wesen konstituierenden →  Konsens. Herausragendes Beispiel hierfür ist in seinen Augen das → Nicaenum  I (325), auf dem es gelang, einen →  Konsens zwischen dem von den Vätern überlieferten (antiquitas) und dem von den auf dem Konzil versammelten Bischöfen bezeugten Glauben (universitas) zu erreichen44. In der Tat stellen die auf dem Konzil vorgelegten Schrifttexte (→  Heilige Schrift) und das Zeugnis der Tradition (→  Überlieferung) je auf ihre Weise einen → Konsens dar, den man als vertikalen Konsens bezeichnen kann. Aufgabe des Konzils ist es, auf der Basis dieses als bestehend verstandenen → Konsenses zu einem eigenen Konsens zu gelangen, den man als horizontal bezeichnen kann. Das Konzil selber stellt sich in dieser Sicht als Ereignis eines doppelten →  Konsenses dar, eben als Zusammenfall von vertikalem (antiquitas) und horizontalem (universitas)45 Konsens. In der Folgezeit dient dieser doppelte →  Konsens, z.  B. bei Papst → Felix II. († 492), unter den Vokabeln vetustas und universitas als Kriterium (→ Kriterien) für die Qualität einer Synode46. → Konsens

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auf die → Autorität der betreffenden Konzils­ entscheidung hinweisen. Dass die fides Nicaena wahr ist, kann man daran erkennen, dass ihr von allen Bischöfen des Konzils zugestimmt wurde. „Wo die Wahrheit erscheint“, schreibt →  Severian von Gabala († um 408), „stimmen alle überein“, und Johannes Cassianus (†  um 435) konstatiert: „Die Zustimmung aller stellt eine Offenbarung der Wahrheit dar, und vollständige Beweisführung fand statt, wo niemand abweichender Meinung ist“. Die Anwendung dieses Prinzips als Wahrheitsbeweis war bei den damaligen Theologen nicht unumstritten. So schreibt →  Eutherius von Tyana († nach 434): „Die Zahl, die ohne Beweis Autorität beansprucht, vermag Furcht einzujagen, keineswegs aber zu überzeugen“47. (→ Zahl). → Konsens, → Kriterium C onstantiense (1414–1418), Konzil von Konstanz48 →  Abstimmungsmodus, →  Argumente, →  Augustinus-Rezeption, →  äußere Gestalt, → concilium universale, → Diözesansynode, →  ecclesia distributive sive sollective sumpta, →  Frequens, →  Geschäftsordnung, →  Haec sancta, →  Häufigkeit, → Höchstgewalt, → Laienteilnahme, → Nationalkonzil, →  Notwendigkeit, →  Ökumene, → Repräsentation, → Stimmrecht, → Tagebuch, → Teilnahme, → Zusammensetzung

C onsensus omnium  Der consensus omnium, ein ursprünglich philosophischer Begriff, ist eines der →  Kriterien, mit deren Hilfe die Anhänger des → Nicaenum I (325)

C onstantinopolitanum   I (381), erstes Konzil von Konstantinopel  Das zweite → ökumenische Konzil wurde nicht wie seine beiden Nachfolger, das →  Ephesinum (431) bzw. →  Chalcedonense (451), mehr oder weniger unmittelbar nach ihrer Abhaltung als →  ökumenisches Konzil gezählt (→ Konnumerierung) und damit als solches anerkannt, sondern von der Westkirche und somit der Gesamtkirche erst 130 Jahre nach der Feier des Konzils, anlässlich der Beendigung des Acacianischen Schismas und der Versöhnung des Westens mit dem Osten, zu-

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 47 Vgl. Alte Kirche, 225–228.  48 Vgl.  „Studien zur Kon­zils­idee im Zusammenhang der Konzilien von Konstanz und Basel“, in: Apostelkonzil, 97–257. – Vgl. auch Literaturnachtrag 16.

Vgl. Traktate, 114f. Vgl. Literaturnachtrag 15. Vgl. Alte Kirche, 158f. Vgl. Partikularsynode, 24f. Vgl. Alte Kirche, 273f.

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C

nächst 519 in einem Brief von Papst → Hormisdas (†  523) an den Patriarchen Johannes II. von Konstantinopel, dann 520 in einer Dekretale des Papstes. Die Westkirche hatte bis dahin die → Rezeption des Constantinopolitanum I verweigert, weil sein Kanon III49 die Reichshauptstadt Konstantinopel auf die zweite Stelle nach Rom erhoben hatte. Die Anerkennung des Constantinopolitanum  I hatte sich im Osten inzwischen schrittweise ereignet. Auf dem → Chalcedonense wurde zunächst sein Glaubensbekenntnis als korrekte Interpretation (→  Hermeneutik) des → Nicaenum I rezipiert, 457 dieses → Glaubensbekenntnis dem des → Nicaenum I und des → Chalcedonense im „Referendum“ des → Codex encyclius an die Seite gestellt. Drei Kaiser, das Enkyklion des Basiliscus (475), das Henoticon des Zenon (482) und zwei Edikte des → Justinian (533 und 545), zählten das Constantinopolitanum I zu den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil). 516 hatte auch schon das Oberhaupt der chalcedontreuen Mönche in Palästina durch die Parole „Wenn jemand nicht die vier Konzilien wie die vier Evangelien annimmt, dann sei er verflucht“ (→ Viererprimat) das Constantinopolitanum  I implizit als →  ökumenisches Konzil anerkannt. Wenn die Nachfolger von Papst → Hormisdas in der Folge ihr Bekenntnis zu den vier Konzilien (→ Viererprimat) ablegen, ist darin immer das Constantinopolitanum I eingeschlossen. Von besonderer historischer Nachwirkung ist dabei die Dekretale Papst →  Gregors des Gr. (†  604) →  Sicut sancti (591)50. →  Augustinus-Rezeption, →  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, →  executrix conciliorum, → Häresie, → Kritik, → Ökumenizität, → sancta octo, → Synodalrecht C onstantinopolitanum  II (553), zweites Konzil von Konstantinopel  Im näheren und weiteren Zusammenhang des Constantinopolitanum  II geht es um die Weiterentwicklung des mit dem → Nicaenum I (325)  49 Vgl. COGD I, 66.  50 Vgl.  „Einsatz (der Päpste) für insgesamt vier Konzilien, darunter Konstantinopel I“, in: Konzils- und Papstidee, 100–115.

und mit dem →  Chalcedonense (451) erreichten Standes der Entwicklung der → Kon­zils­idee (→ Kon­zils­ideen). Die → Rezeption des →  Nicaenum  I führte zur Erkenntnis eines den Glauben an Christus mit Verbindlichkeit auslegenden Konzils (→  Monopolstellung des →  Nicaenum  I), die → Rezeption des → Chalcedonense zur Anerkennung einer Institution, die im Bedarfsfall wiederholen kann (→  Wiederholbarkeit), was das → Nicaenum I einmal für die Kirche geleistet hat. Im Kontext des → Constantinopolitanum II geht es jetzt um die Frage, wie man die bleibende Gültigkeit positiver, von Konzilien aufgestellter Normen begründen kann und welche Kriterien es gibt, um den verpflichtenden Charakter einer Konzilsdefinition wie der des → Chalcedonense deutlich zu machen. Die beiden ersten Schritte der Entwicklung vollzog die Kirche nicht in friedlicher, stiller Reflexion, sondern in leidenschaftlichen theologischen und kirchenpolitischen Kämpfen. Dasselbe gilt auch für den hier angedeuteten dritten Schritt. Das in ihm erkannte Neue, die Präzisierung des formalen Begriffs eines → ökumenischen Konzils, ist ebenfalls das Ergebnis aus Kampf- und Streitschriften in zwei Krisen, in denen die betreffenden Autoren Partei ergreifen, im Acacianischen Schisma und im sog. Dreikapitelstreit. Es geht konkret um Fragen, wie die folgenden: Was sind „wahre“ Konzilien? Was sind „gute“ und „schlechte“ Synoden? Was heißt „nicht revidierbar“ und „unteilbar“? Was ist der Unterschied zwischen der Zeit „vor und nach dem Konzil“ (→ ante et post definitionem)? Was bedeutet die Unterscheidung zwischen → causa fidei und negotia privata in Bezug auf die Konzilien? Indem Papst → Leos († 461) Prinzip der Nichtrevidierbarkeit von Konzilien (→ nihil prorsus de bene compositis retractetur) auf die causa fidei eingegrenzt und in diesem Sinn näher bestimmt wird, leisten die Autoren im Kontext des Constantinopolitanum II einen beachtlichen Beitrag zur Formalisierung des Konzilsbegriffs: Konzilien sind nichtrevidierbare Glaubensentscheidungen als solche. Mit dieser Bestimmung kommt eine Entwicklung zum Höhepunkt, die in gewisser Weise die Umkehrung der älteren

Cyrill

Konzilsauffassung darstellt, für die gerade die Personenfragen im Mittelpunkt standen. Es war die Person des →Paulus von Samosata († 275), die auf dem Konzil von → Antiochien (268) verurteilt wurde. Es war im ursprünglichen Verständnis die Person des Arius, über die auf dem → Nicaenum I das Anathem ausgesprochen wurde. Papst →  Leos Unterscheidung zwischen →  causa fidei und negotia privata innerhalb der Akten des →  Chalcedonense mag nicht mehr als ein Kunstgriff zur Lösung eines extrem verwickelten Streitfalls gewesen sein und dazu noch ein recht gewaltsamer, kommenden Generationen wird sie nichtsdestoweniger als höchst nützliches Interpretationsprinzip zur Verfügung stehen. Mit ihrer Hilfe kann Konzilsautorität auf das rechte Maß beschnitten werden51. →  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, → Häresie, → Kaiser, → relevante Konzilien, → sancta octo

von

Alexandrien

C yprian von K arthago († 258)52 → Konsens, → Laienteilnahme, → Protokoll, → Wesen C yrill von A lexandrien († 444) → Glaubensbekenntnis, → Wunder

C onstantinopolitanum III (680–681), drittes Konzil von Konstantinopel →  Augustinus-Rezeption, →  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, →  Häresie, →  sancta octo, → Vernunft, → Vorsitz C onstantinopolitanum IV (869–870), viertes Konzil von Konstantinopel →  Konnumerierung, → Kriterien, → Nutzen, → originalia, →  regula ecclesiastica, →  sancta octo, → Verhältnis des Papstes zum Konzil C onstantinopolitanum (879–880), Konzil von Konstantinopel → Ordinalzahl C ontarini , G asparo († 1542) → Summen C ossart , G abriel († 1674) → Jesuiten C rabbe , P etrus († 1554) → Binius, Severin (1573–1641), → Sammlungen

 51 Vgl. „Das zweite Constantinopolitanum und die nähere Bestimmung der formalen Autorität der Konzilien“, in: Alte Kirche, 270–305.

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 52 Vgl. Literaturnachtrag 17.

n  D D amasus   I. (†  384), Papst →  Bestätigung, →  executrix conciliorum, →  Verhältnis des Papstes zum Konzil, → Zahl D aniélou , J ean (†  1974) →  Lubac, Henri de (1896–1991), → Jesuiten D atierung  Ein elementarer Teil der →  Konziliengeschichtsschreibung besteht in der exakten Datierung der betreffenden Versammlungen. Es bedurfte eines intensiven Bemühens, bis traditionelle, aber völlig falsche Datierungen durch solche ersetzt wurden, die in etwa mit den heutigen übereinstimmen. Besondere Verdienste haben sich hier zwei Franzosen, nämlich Arnauld de → Pontac († 1605), Bischof von Bazas, in seiner Chronographia, der Benediktiner und Orientalist Gilbert → Génébrard († 1597) in seiner gleichnamigen Schrift und der italienische Augustinereremit Onofrio Panvinio (†  1568) in seinem Chronicon ecclesiasticum erworben1. D auer   Zeitliche Begrenzungen für Konzilien enthalten schon die →  Kirchenrechtssammlungen, so schreibt die Hispana (656– 675) vor, die Synoden sollten nicht länger als 15 Tage dauern2. Das längste Konzil der Kirchengeschichte, das →  Basiliense (1431– 1437/49), hat 18 Jahre gedauert. Einer seiner führenden Theologen, →  Johannes von Segovia (†  1458), hat sich über die Frage der Dauer eines Konzil Gedanken gemacht. Eine erste negative Begrenzung ergibt sich aus dem Dekret →  Frequens und seiner Vorschrift eines Konzils alle zehn Jahre. Ein Konzil sollte also in der Regel nicht länger als neun Jahre dauern. Aber es könne auch Situationen geben, in denen diese Frist überschritten werden muss. Käme es z. B. zu einem intensiven Religionsgespräch mit dem Islam, dann müsste auf diesen Partner Rücksicht genommen und eventuell eine Dauer   1 Vgl. Reformation, 247–249.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 18.    2 Vgl. Mittelalter, 200, 213.

von über zehn Jahren ermöglicht werden. Auch →  Matthias Ugoni (†  1535) handelt über die Dauer eines Generalkonzils (→ concilium generale)3. Nach bestimmten Autoren habe selbst das →  Apostelkonzil, das Vorbild aller Synoden, über zwölf Jahre gedauert. Im Übrigen sollte das Konzil so lange dauern, bis es die zu Beginn ins Auge gefassten Probleme gelöst hat4. D echamps , V ictor -A uguste → „fait extérieur“

(†  1883)

D ecretum D amasi (382) → praefatio longa de concilio Nicaeno, → Verhältnis des Papstes zum Konzil D ecretum G ratiani (um 1135–1140)  Das Decretum Gratiani, die wichtigste und am längsten geltende Kirchenrechtssammlung (→  Kirchenrechtssammlungen) der lateinischen Kirche, gehört zu den Stichwörtern einer →  Geschichte der Kon­ zils­ idee, weil sein „Konzilstraktat“ (distinctiones 15–18) eine Rechtsquelle ist, die die → Dekretisten kommentieren. Dieser „Konzilstraktat“ steht dabei an erster Stelle unter den kirchlichen Rechtsquellen, die das Decretum zu Beginn vorstellt, was nicht unwichtig ist für die Einschätzung ihrer Bedeutung durch den Autor. Erst an zweiter Stelle kommen die Dekretalen, also die Gesetze des →  Papstes (distinctiones 19–20). Verknüpft werden beide Teile durch den Satz: Decretales itaque epistulae canonibus conciliorum pari iure exequantur (→  canones). Der „Traktat“ selber hat folgenden Aufbau: Die distinctiones 15 und 16 handeln im Wesentlichen vom „Generalkonzil“ (→  concilium generale), distinctio 17 geht ausdrücklich auf das Verhältnis Konzil/Römischer Stuhl ein (→ Papst und ökumenisches Konzil). Das die dort zitierten auctoritates interpretierende dictum Gratiani lautet dabei: auctoritas vero congregandorum conciliorum penes apostolicam sedem est. Die drei ersten auctoritates selber stammen alle aus den →  Pseudoisidorischen Dekretalen. Distinctio 18 handelt von den concilia episco  3 Vgl. Traktate, 256.   4 Vgl. Apostelkonzil, 188f.

Dekretalen

porum und wird durch folgendes dictum Gratiani eingeleitet: Episcoporum igitur concilia […] sunt invalida ad definiendum et constituendum, non autem ad corrigendum. Sunt enim necessaria episcoporum concilia ad exhortationem et correctionem, quae etsi non habent vim constituendi, habent tamen auctoritatem imponendi, quod alias statutum est et generaliter seu specialiter observari praeceptum. Das Decretum Gratiani spiegelt die seit der Gregorianischen Reform herrschende Neuordnung des Verhältnisses zwischen → Papst und Konzil wider. Die concilia episcoporum, d. h. die Konzilien unterhalb der Generalkonzilien (→ concilium generale) des → Papstes, haben keine eigene Vollmacht mehr zu „definieren“ und Gesetze aufzustellen, sie sind dazu da, die päpstliche Gesetzgebung durchzuführen. Hat man die zentrale Rolle vor Augen, die das Decretum Gratiani für die Herausbildung des mittelalterlichen Kirchenrechts spielte, dann ist deutlich, auf welchem Weg die → Pseudoisidorischen Dekretalen ihren Einfluss auf die mittelalterliche Kon­ zils­ idee (→ Kon­zils­ideen) ausübten5. → concilium generale, → Dekretisten, → Einberufung, →  Bilanz, →  irrende Konzilien, → Kriterien, → omne totum maius es sua parte, →  Papstabsetzung, →  Partikularkonzil, →  Quod-omes-tangit-Prinzip, →  sancta octo, → Sicut sancti, → Viererprimat, → Wesen D ecretum irritans   Auf dem →  Basiliense (1431–1437/49) wurde darüber diskutiert, ob eine Begrenzung der päpstlichen Gewalt dadurch ermöglicht werden kann, dass den Reformbestimmungen des Konzils eine Nichtigkeitsklausel hinzugefügt wird, die es dem → Papst verbietet, von der betreffenden Bestimmung zu dispensieren, ein sog. Decretum irritans. Der Dominikaner → Johannes von Torquemada († 1468), Wortführer der propäpstlichen Partei, negiert die Erlaubtheit eines solchen Decretum irritans, sein Ordensbruder Francisco de →  Vitoria († 1546), hält es zwar für erlaubt, aber, was den → Papst angeht, für juridisch nicht bindend. Dieser sei lediglich moralisch ver  5 Vgl.  „Decretum Gratiani“, in: Mittelalter, 224– 231. – Vgl. auch Literaturnachtrag 19.

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pflichtet, es zu beachten. Andernfalls wäre er dem Konzil grundsätzlich untergeordnet, was ein konziliaristisches Verständnis (→  Konziliarismus) des Verhältnisses zwischen → Papst und Konzil (→ Superioritätsfrage, →  Papst und ökumenisches Konzil) voraussetzen würde6. D efensio

declarationis

conventus

(1682) →  Bossuet, Jacques-Bénigne (1627–1704), → Haec sancta cleri

gallicani

D efinitio / definire   Die Termini definitio und definire bezeichnen nach Auskunft des Thesaurus linguae latinae im strengeren, übertragenen speziellen Sinn eine litis absolutio, eine sententia definitiva, sie sind also der Gerichtssprache zugehörig. In einem weiteren Sinn beziehen sie sich u. a. auf ea, quae argumentando vel docendo statuuntur  – sententia, regula. In diesem philosophischen Gebrauch werden sie frühzeitig in die kirchliche Sprache übernommen, und zwar zur Bezeichnung der Meinungen der Häretiker (→ Häresie) und Philosophen. definitio/definire hat außerdem den Sinn von institutio, es bezeichnet die Willenskundgabe, die Entscheidung einer machtbefugten Instanz, z. B. Gottes, insofern er sich in der → Heiligen Schrift äußert, dann aber auch anderer Machtträger. In diesem Sinn „definiert“ der →  Kaiser, „definieren“ die Bischöfe jeder für sich, vor allem aber, wenn sie auf Synoden versammelt sind. definitio und definire sind also in Bezug auf die Synoden ein Terminus technicus7. →  Leo der Gr. (†  461) scheint diesen Terminus jedoch hinsichtlich des Tomus ad Flavianum vermieden zu haben, er bevorzugt in seinem Sprachgebrauch Termini, die den belehrenden Charakter hervorkehren: patefacere, reserare, declarare, praedicare8. D efinition → ante et post definitionem D ekretalen → canones

  6 Vgl. Reformation, 121f.   7 Vgl. Alte Kirche, 127, Anm. 76.   8 Vgl. Alte Kirche, 126–128.

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D

D ekretisten  Neben den →  Kirchenrechtssammlungen stellen die Kommentare der Dekretisten, d.  h. der Ausleger des →  Decretum Gratiani (um 1135–1140), eine wichtige Quelle für die Erforschung der → Geschichte der Kon­zils­idee dar; denn die distinctiones 15–18 des genannten Dekretes befassen sich mit den Konzilien als Quellen des kirchlichen Rechts. Dieser „Konzilstraktat“ ist für die Dekretisten der → locus de conciliis, an dem sie ihre Vorstellungen von den Konzilien darlegen9. In ihm werden u. a. die verschiedenen →  Arten von Konzilien behandelt, speziell das Generalkonzil (→ concilium generale) mit seiner Rangordnung, das Verhältnis Papst/Konzil (→ Papst und ökumenisches Konzil, → Papst und Partikularsynode), die → Provinzialsynode jeweils mit den entsprechenden Konflikten und Problemen10. Dabei vollzieht sich im Übergang von den Dekretisten zu den Dekretalisten, den Kommentatoren der päpstlichen Dekretalien, ein entscheidender Wandel: Die Konzilsproblematik wandert vom Ansatz, von der Grundlegung der betreffenden Werke an den Rand ab, sie wird vergleichsweise zur Fußnote, zum corollarium. Dieser Wandel des Interesses für den Konzilsgedanken von den Dekretisten zu den Dekretalisten ist ein Spiegel für den Wandel der Kirchenstruktur hin zum römischen Zentralismus. D emokratische P rinzipien   Die Kirche selber ist zwar nicht demokratisch strukturiert, sondern hierarchisch im Zueinander von Klerus und Laien, und ihre Konzilien waren auch nie demokratische Versammlungen. Trotzdem gab es im Laufe der Geschichte hin und wieder Diskussionen über die Einführung demokratischer Prinzipien. Eindeutig in diese Richtung gingen die radikalen Reformvorhaben eines →  Marsilius von Padua († 1342/43)11. Die Konziliaristen (→ Konzilia  9 Vgl.  „Konzilsgedanke und -probleme bei den Dekretisten und Dekretalisten (1150–1378)“, in: Mittelalter, 232–246.   10 Vgl. „Einige Konzilsprobleme hauptsächlich bei den frühen Dekretisten“, in: Mittelalter, 252– 271.   11 Vgl.  „Das Konzil als repraesentatio fidelium (bei Marsilius von Padua)“, in: Mittelalter, 393–398.

rismus) zur Zeit der Reformkonzilien von Konstanz (1414–1418) (→  Con­stantiense), vor allem aber von Basel (1431–1437/49) (→  Basiliense), ließen sich in der Frage des →  Stimmrechts zum Teil von demokratischen Vorstellungen leiten. In den französischen Auseinandersetzungen um die Natur der → Diözesansynode kommen sie ebenfalls zum Durchbruch. Deutlich melden sie sich dann in Deutschland nach der Revolution von 1848, ebenfalls im Streit um die Natur der →  Diözesansynode, zu Wort. Großen Nachhall und allgemeine Aufmerksamkeit erweckte vor allem der Freiburger Theologe Johann Baptist von →  Hirscher (†  1865) mit seiner Forderung, die von den Bischöfen vorgeschlagene rein klerikale Form der →  Diözesansynode, in der zudem die Pfarrer nur eine beratende und keine entscheidende Stimme (→  Priesterstimmrecht) hatten, zugunsten einer Synode zu ersetzen, die Klerus und Laien mit dem Bischof zusammenführt. Der bei →  Hirscher anklingenden Öffnung der Kirche auf mehr Demokratie hin wurde von nicht wenigen Theologen entschieden widersprochen, besonders entschieden von dem damaligen Mainzer Domkaplan Johann Baptist →  Heinrich (†  1891)12. Der liberale französische Theologe Henri → Maret († 1884) weiß zwar, dass die Grundstruktur der Kirche nicht demokratisch sein kann und damit auch ihre Konzilien nicht demokratisch verfasst sein können, sieht aber gerade in ihnen die Möglichkeit, einige wichtige demokratische Elemente in die Kirche einzuführen, die zu einer Versöhnung mit der Moderne (→ liberales Element der Kir­chenverfassung) beitragen würden13. D enzinger , H einrich († 1883) → Abwertung D eputationen  Das Konzil von Basel (1431–1437/49) (→  Basiliense) organisierte sich in nach Sachgebieten gegliederten Deputationen (→ Abstimmungsmodus), denen bestimmte inhaltliche Aufgaben zugewiesen  12 Vgl. „Kontroverse Hirscher“, in: Partikularsynode, 170–181.  13 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 76–79

Diakonenteilnahme

wurden. Nach dem Geschichtsschreiber des Konzils, →  Johannes von Segovia (†  1458), wurden vier Deputationen gebildet: die deputatio fidei, die deputatio pacis, die deputatio pro reformatione und die deputatio pro communibus. Jede dieser fachbezogenen Arbeitsgruppen ist zusammengesetzt aus Kardinälen, Patriarchen, Erzbischöfen, Bischöfen, Äbten, Doktoren und Ordensleuten und dies wiederum aus den verschiedenen Nationen. Jede Deputation wählt ihre wichtigen Organe, den Präsidenten, den Abstimmungsleiter und den Verbindungsmann zu den übrigen Deputationen selbst. Die Kommunikation soll dabei nicht nur über den jeweiligen Präsidenten laufen, sondern auch unmittelbar zwischen den einzelnen Deputierten. Das dürfte der Grund sein, weswegen ein Eid auf die →  Geheimhaltung der Beratungsgegenstände ausdrücklich verboten wird. Alle wichtigen Angelegenheiten des Konzils werden in einer solchen Deputation behandelt. Dabei dürfen keine übereilten Beschlüsse gefasst werden. Handelt es sich um schwierige Fragen, so müssen sie mehrmals erneut auf die Tagesordnung gesetzt werden, die der Präsident der Deputation bestimmt. Gelangt man in einer Deputation nicht zu einer einheitlichen Meinung, so sind die verschiedenen Standpunkte zusammen mit einer Begründung den anderen Deputationen mitzuteilen. Dadurch wird deren Meinungsbildung bereichert. Wenn vor einer Entscheidung genaueres Studium einer Sache gewünscht wird, ist die Entscheidung zu verschieben. Sind drei Deputationen in ihrer Meinung übereingekommen, so soll der vierten Deputation Gelegenheit gegeben werden, ihre abweichende Meinung zu begründen. Gelingt es ihr nicht, die drei anderen zu überzeugen, dann gilt der Beschluss der drei anderen. Die Deputation wählt auch drei Vertreter in das das Gesamtkonzil leitende Zwölfergremium und nimmt damit an der Gesamtsteuerung des Konzils teil. Die Deputation schlägt dem Zwölfergremium Themen zur Behandlung vor; stimmen zwei Deputationen in einem Themenvorschlag überein, so muss das Plenum auf diesen Vorschlag eingehen. Verlangen drei Deputationen die Versammlung einer Generalkon­

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gregation, so ist diesem Verlangen nach­zukommen. Das Zwölfergremium hat dabei eine wichtige Vermittlungsfunktion. Es teilt den Deputationen die zu behandelnden Gegenstände zu. Auch dieses Gremium wählt seinen Präsidenten selbst. Er ist es,­­­­ der das genannte Gremium einberuft. Zusammen mit dem Konzilspräsidenten ob­liegt dem Zwölfergremium die unmit­telbare Vorbereitung der Generalkongregation, die von ihrem Präsidenten geleitet wird. Auf einer sog. sessio werden die Beschlüsse der Generalkongregation feierlich verabschiedet14. →  Johannes von Segovia reflektiert relativ ausführlich über dieses Vorgehen, indem er zunächst einen Überblick über die von den früheren Konzilien angewandten Wege und Methoden gibt. Dann leitet er das Verfahren des →  Basiliense, Sachdeputationen zu bilden, aus dem das → Wesen des Konzils kon­ stituierenden → Konsens ab. Die Aufteilung der Teilnehmer in kleinere, und zwar nicht nationale, sondern für bestimmte Sachgebiete zuständige Gruppen, eben in die verschiedenen Konzilsdeputationen, stellt in seinen Augen die beste Methode dar, mit den Schwierigkeiten der Konsensbildung fertig zu werden. Das Problem besteht nämlich ­näherhin darin, dass die Teilnehmer des Konzils gebildete Menschen sind, die die anstehenden Probleme unter den verschiedensten Rücksichten erörtern wollen. Das aber setzt ausreichende Zeit voraus, die dadurch gewonnen wird, dass man kleinere Gruppen bildet, deren Ergebnisse dann der Generalversammlung vorgelegt werden15. D eusdedit († 1097/1100) → Kriterien D evise mento

des

V aticanum   II →  Aggiorna-

D ezisivrecht der P farrer →  Priesterstimmrecht, →  Reform von oben nach unten, → Stimmrecht D iakonenteilnahme → römische Synode  14 Vgl. Gestalt, 136–138.  15 Vgl. Apostelkonzil, 518f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 20.

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D

D ietrich traktate

von

N iem (†  1418) →  Konzils-

D imensionen   Beschränkt man sich nicht auf den rechtlichen Aspekt, sondern sucht das Phänomen Konzil in seiner Vieldimensionalität zu erfassen, dann scheint es angezeigt, es in Begriffen zu beschreiben, die einander polar zugeordnet sind. Ein erstes solches Gegensatzpaar ist das der →  äußeren Gestalt und des → Wesens. In der Tat ist die → äußere Gestalt der Konzilien im Laufe der Zeit und in geographischer Hinsicht einem starken Wandel unterworfen. Aber bei all diesem Wandel bleibt doch andererseits ein gleiches → Wesen erkennbar. Es geht bei den Konzilien letztlich immer um die Erarbeitung und die Feststellung eines →  Konsenses. Dass das →  Wesen des Konzils im → Konsens besteht, ja im Vollzug eines doppelten Konsenses (→ consensio antiquitatis et universitatis), wurde zwar schon sehr früh erkannt (→ Vinzenz von Lérins [† 434/50]), aber diese Erkenntnis wurde in der Folgezeit nicht in genügender Deutlichkeit erhalten. Es bedurfte intensiver Nachforschungen in den altkirchlichen Quellen, wie sie z.  B. →  Nikolaus von Kues (†  1464) unternommen hat, um den →  Konsens als →  Wesen des Konzils wiederzuentdecken und auf das Verständnis des Konzils anzuwenden. – Ein zweites Gegensatzpaar, mit dem sich das Phänomen Konzil beschreiben lässt, ist das des Umfangs (→ Zahl) und der → Autorität. Geboren aus der Notwendigkeit, gemeinsame Fragen des Glaubens bzw. der Kirchenordnung gemeinsam zu lösen, entstanden im Laufe der Zeit Konzilien sehr verschiedenen Umfangs. An der Spitze steht das Konzil mit dem in der Regel größten Umfang, das → ökumenische Konzil, auf dem sich die gesamte bekannte Welt, die oikouménē, versammelt. Fragt man nun nach der → Autorität dieser Synoden verschiedenen Umfangs, so darf die begriffliche Unterscheidung zwischen ökumenischen Synoden (→ ökumenisches Konzil) und partikularen Synoden (→  Partikularkonzil) nicht anachronistisch für die frühe Zeit verwendet werden. Sie kommt im Osten im Grunde nicht vor dem 6. Jh. auf und im Westen erst im 12. Jh. Schon

die frühen Konzilien traten tendenziell, unabhängig von ihrem Umfang, mit dem Anspruch auf, für die gesamte Kirche zu gelten. Das Neue, das das erste →  ökumenische Konzil, das → Nicaenum I (325), nun brachte, besteht darin, dass der tendenzielle Anspruch aller Konzilien, geistgeschenkte Wahrheit zu lehren (→ Inspiration), jetzt zu einem prinzipiellen wird. Anerkannt wurde dieser Anspruch gegenüber dem ersten → ökumenischen Konzil freilich noch nicht sofort, sondern erst nach einem längeren Prozess, in dem sich die Einsicht durchsetzte, dass die Kirche in der Lage sein muss, den Glauben vor Verfälschung zu bewahren. Erst seit dem 14.  Jh. wird zur Bezeichnung dieser höchsten → Autorität der Begriff der →  Unfehlbarkeit verwendet.  – Ein Konzil trifft Entscheidungen für die Kirche, für die es zuständig ist. Damit ist, drittens, ein Sachverhalt berührt, den man mit dem Gegensatzpaar Vollmacht und →  Rezeption beschreiben kann. Wenn die Konzilien Entscheidungen fällen, dann in der Erwartung, dass diese von ihren Kirchen angenommen werden. Aber wir wissen aus der Geschichte, dass dies keineswegs immer der Fall war. Es gibt Konzilien, denen diese Annahme  – der technische Terminus dafür ist → Rezeption – verweigert wurde. Schon in der Alten Kirche wurden →  Kriterien entwickelt, die erfüllt sein müssen, damit ein Konzil unter die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) rezipiert werden kann. Im Laufe der Zeit wurden die rezipierten ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) in einer →  Liste zusammengefasst, nur sieben von ihnen wurden gemeinsam mit der Ostkirche gefeiert. Die in der römisch-katholischen Kirche bis heute geltende →  Liste von 21 ökumenischen, rezipierten Synoden (→ ökumenisches Konzil) geht auf Robert → Bellarmin († 1621) zurück, ist aber derzeit in ihrem Umfang umstritten (→ Kontroverse). Der Begriff der → Rezeption wurde im Laufe der Zeit immer wieder heftig diskutiert: Gehört die →  Rezeption zum → Wesen eines Konzils oder ist sie nur ein Zeichen, an dem →  Ökumenizität erkannt werden kann? Und wer ist das Subjekt? Die Bischöfe, alle Gläubigen? Haben

Dimensionen

auch die Landesherren ein Wort mitzureden? Usw. – Zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen Konzil und zugehöriger Kirche bietet sich, viertens, das Gegensatzpaar Bischofsversammlung (→  concilium episcoporum est) und →  Repräsentation an. Denn einerseits waren die Konzilien von Anfang an wesentlich Versammlungen von Bischöfen (→ concilium episcoporum est), andererseits eignet sich der Begriff der → Repräsentation zur Bezeichnung des Verhältnisses der Kirche zu den Bischöfen, freilich unter der Bedingung, dass man den Begriff nicht im strengen Sinn der → Volkssouveränität versteht, eine Vorstellung, die die Aristoteles-Rezeption des 13.  Jh.s voraussetzt (→ Aristotelismus) und im Übrigen auf die Kirche nicht anwendbar ist. Im Sinne einer nicht juridisch, sondern geistlich verstandenen Stellvertretung (→ Repräsentation) wird der Begriff von zahlreichen Autoren zur Beschreibung des Verhältnisses zwischen den Konzilien und ihren jeweiligen Kirchen verwendet. Bei nicht wenigen Theologen besteht aber auch eine deutliche Zurückhaltung gegenüber seiner Anwendung, nicht nur weil er in der Vergangenheit zu Abirrungen führte (→  Marsilius von Padua [1275/80–1342/43]), sondern auch weil er in zu großer Nähe zur modernen demokratischen Regierungsform steht.  – Zur inneren Struktur des Konzils gehört, dass es einen Vorsitzenden hat (→  Papstprivilegien, → Vorsitz). Damit sind wir, was das → ökumenische Konzil betrifft, beim fünften Gegensatzpaar Primat und → Kollegialität angelangt. Dass sich die →  Konzilsväter von frühester Zeit an als collegae und die Konzilien selber als collegia verstanden haben, ist bestens belegt. Dass es zu bedeutenden Spannungen, ja Zerwürfnissen zwischen beiden Institutionen, dem Konzil und dem → Papst, kommen kann, ist ebenfalls aus der Geschichte bekannt. Schon auf →  Ephesinum (431) und →  Chalcedonense (451) sind deutliche Anzeichen der Rivalität zwischen beiden Institutionen erkennbar, aber es bleibt aufgrund der kirchlichen Führungsrolle des →  Kaisers noch das labile Gleichgewicht zwischen beiden erhalten. Nach der Emanzipation des Papsttums, zu-

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nächst vom östlichen, dann auch vom westlichen →  Kaiser war der Frage nach der →  Höchstgewalt (→  Superioritätsfrage) nicht mehr auszuweichen. Der Streit erreichte im 15. Jh. seinen Höhepunkt mit der Exkommunikation des →  Papstes durch das →  Basiliense (1431–1437/49) und der → Auflösung des genannten Konzils durch den Papst (1437).  – Grundsätzlich ist ein kontinuierlich tagendes Konzil denkbar, aber die römische Kirche kennt keine → synodus endemousa wie die griechische Kirche. So sind wir mit dem sechsten Gegensatzpaar konfrontiert, der Frage nach der → Häufigkeit und der → Notwendigkeit der Konzilien. Dass Konzilien auf Ebenen unterhalb des →  ökumenischen Konzils zum normalen Leben der Kirche gehören, bezeugen die hohe Zahl der historisch belegten Konzilien im Laufe der Geschichte ebenso wie die regelmäßig wiederholten Vorschriften dieselben betreffend. Das →  Constantiense (1414–1418) beschloss, die Vorschrift zum regelmäßigen Abhalten von Konzilien auch auf die ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) auszudehnen (→  Frequens), scheiterte aber mit diesem Vorhaben. Die These, dass regelmäßige Konzilien ebenso auf der Ebene der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) notwendig sind, wurde nicht nur vom → Constantiense, sondern auch von nicht wenigen gallikanischen und jansenistischen Theologen vertreten.  – Die Konzilien haben mit der Kirche selber den gott-menschlichen Charakter gemeinsam. Sie sind gleichzeitig Gottes- und Menschenwerk. Dieser doppelte Charakter ist unter dem siebten Gegensatzpaar →  Inspiration und rechtliche Verfasstheit (→  Synodalrecht) greifbar. Tatsächlich hält die Mehrzahl der altkirchlichen und mittelalterlichen Theologen die Konzilien für inspiriert und deren Entscheidungen vom Heiligen Geist geleitet (→ Inspiration). Die sichtbare Frucht der → Inspiration ist dabei der vom Konzil erreichte → Konsens. Die menschliche Seite der Konzilien besteht in ihrer rechtlichen Verfasstheit, d.  h. in ordines (→  ordo de celebrando concilio), in Geschäftsordnungen (→  Geschäftsordnung), nach denen sie durchgeführt werden, in den sie betreffen-

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den Bestimmungen des jeweiligen Kirchenrechts16. D ing (T hing ) → äußere Gestalt D ioskur von A lexandrien († 454) → concilium episcoporum est, → regula ecclesiastica D iospolis (414), Konzil →  Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695) D iözesansynode   Erste rechtliche Bestimmungen über die Diözesansynode finden sich im Kanon VII des Konzils von Auxerre (nach 585), der den jährlichen Zusammentritt aller Priester in der Bischofsstadt vorschreibt. Ähnliche Rechtsvorschriften gibt es für das westliche Gotenreich. Aus ihnen ergibt sich als Aufgabe die Verkündigung der auf den Provinzial- und Nationalkonzilien (→ Provinzialkonzil, → Nationalkonzil) aufgestellten → canones, die Überwachung ihrer Durchführung und die Maßregelung solcher Pfarrer, die sich nicht an die Rechtsvorschriften halten. Die erste, für die gesamte Kirche geltende Vorschrift, im Anschluss an die jährliche →  Provinzialsynode auch Diöze­ sansynoden abzuhalten, hat das →  Lateranense IV (1215) aufgestellt. Im 13. und 14. Jh. bürgert sich die Bezeichnung synodus dioecesana ein. Auch die Reformkommission des →  Constantiense (1414–1418) schärfte die jährliche Abhaltung ein. Was dort aber nicht mehr beraten und beschlossen worden war, wurde dann auf dem →  Basiliense (1431–1437/49) verwirklicht; denn man sah in der Abhaltung von Diözesansynoden ein entscheidendes Mittel für die vom Konzil vorgesehene → Reform. Es wurden konkrete Vorschriften für ihre Durchführung erlassen. Im Vergleich zum Dekret des →  Basiliense über die Diözesansynoden ist das auf dem →  Tridentinum (1545–1563) erlassene viel weniger ausführlich17 – Die Diözesansynode hat mit der obersten Kategorie von Synoden, dem →  ökumenischen Konzil, gemeinsam, dass der Vorsitzende den übrigen Teilneh 16 Vgl.  „Historische Dimensionen der Kon­ zils­ idee“, in: Gestalt, 15–34.  17 Vgl. Partikularsynode, 79–84.

mern in einer Weise übergeordnet ist, wie es bei einem →  Nationalkonzil oder einer →  Provinzialsynode nicht der Fall ist. Der Grund für diese wesentliche Ungleichheit der Teilnehmer liegt im Amt des jeweiligen Vorsitzenden. Der Primat erhebt den → Papst über die Bischöfe, das Bischofsamt den Vorsitzenden der Diözesansynode über die versammelten Pfarrer. Diese zum Wesen beider genannten Synodentypen gehörende Ungleichheit der Teilnehmer hat in der Vergangenheit wiederholt zu Konflikten Anlass gegeben. Die allgemeinen Konzilien versuchten sich vom → Papst zu emanzipieren (→ Superioritätsfrage, → Papst und ökumenisches Konzil), die Diözesansynoden vom betreffenden Bischof. So gab es nicht nur in Frankreich im Zeichen des späten → Jansenismus und der Ideen der französischen Revolution heftige theoretische Auseinandersetzungen um die Natur der Diözesansynoden (→  Priesterstimmrecht)18, sondern auch in Deutschland. Inspiriert von der 1848er Revolution suchten die Pfarrer größere Selbstständigkeit gegenüber dem Bischof zu erringen. Die Würzburger Bischofsversammlung (22. Oktober–16. November 1848) diskutierte ausführlich und kontrovers über die Opportunität von Diözesansynoden und die Modalitäten ihrer Abhaltung. Zu den entschiedenen Befürwortern gehörte der vom Limburger Bischof eingeladene Ignaz →  Döllinger (†  1890). Mehrere Bischöfe planten schließlich Diözesansynoden abzuhalten, konnten ihr Vorhaben aber wegen eines römischen Verbots nicht in die Tat umsetzen. Solche Synoden seien zum jetzigen Zeitpunkt, so Papst →  Pius IX. in seinem Breve vom 25. Februar 1849, wegen der antibischöflichen Tendenzen eines Teils des Klerus zu gefährlich19. Die Diskussion über Wert und Unwert der Diözesansynode geht auch nach diesem römischen Verbot in Deutschland mit einer Fülle von Broschüren und wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema weiter. Ein entschiedener Befür 18 Vgl. „Französische Kontroversen (über die Diözesansynode)“, in: Partikularsynode, 91–102.   19 Vgl. „Die Beratung und die Beschlüsse der Würzburger Bischofskonferenz (1848) über die Diöze­ sansynode“, in: Partikularsynode, 127–161.

„Dogmenfortschritt“

worter der Diözesansynoden sind dabei der Freiburger Theologe Johann Baptist von → Hirscher († 1865) und der bekannte Bilker Pfarrer und Kirchenhistoriker Anton Joseph →  Binterim (†  1855)20, ein Gegner  – wegen der mit ihnen geforderten Demokratisierung der Kirche – ist der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich († 1891)21. → Exerzitien D ispensverbot für den P apst das K onzil → Decretum irritans D issens zwischen P apst → Konflikt

und

durch

K onzil

D ogma und G eschichte   In der →  Superioritätsfrage bzw. der Frage des →  Verhältnisses des Papstes zum Konzil oder des → Verhältnisses des Konzils zum Papst sind die Positionen und Meinungen der → Theologen stark von ihren Vorstellungen über das Verhältnis von Dogma und Geschichte bestimmt bzw. abhängig. Fragt man z.  B., warum die katholische Theologie bis zum Ende des 19. Jh.s die sog. → Papstprivilegien verteidigte (→  historisch-kritische Methode), so muss die Antwort wohl lauten: An mangelnden Geschichtskenntnissen hat es sicher nicht gelegen. Die Detailkenntnisse sind auf römisch-katholischer Seite oft eher größer als auf der Seite ihrer Gegner. Der Grund für ihre Weigerung, das Zeugnis der Quellen zu akzeptieren und zuzugeben, dass die Päpste (→ Papst) der Alten Kirche die oben genannten Privilegien (→ Papstprivilegien) entweder überhaupt nicht besaßen oder zumindest teilweise nicht, ist die grundsätzliche Zuordnung der historischen Erkenntnis zur Dogmatik. Die Geschichte ist für sie bloß Hilfswissenschaft. Das Gesamtbild, hier das Verhältnis Papst/Konzil, steht a priori schon fest. Symptomatisch für diese Zuordnung ist der Aufbau des Anti-Febronio des Francesco Antonio → Zaccaria († 1795).  20 Vgl. „Die Diskussion über die Diözesansynode der Jahre 1848–1850 in Deutschland“, in: Partikularkonzil, 162–192; 19. und 20. Jahrhundert, 110–113.  21 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 109–111.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 21.

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Die Geschichte wird erst im zweiten Teil des Werkes befragt, nachdem die Antwort grundsätzlich, d.  h. dogmatisch, im ersten Teil schon gegeben ist. Der Beitrag der Geschichte ist nicht konstitutiv für das Gesamtbild des Verhältnisses Papst/Konzil. Wie sich → Papst und Konzil zueinander verhalten, weiß der italienische Jesuit, bevor er sich der Geschichte dieses Verhältnisses zuwendet. Die Geschichte ist in seinen Augen in einem sehr engen Sinn eine Hilfswissenschaft der Dogmatik. Im historischen Teil seines Anti-Febronio sind, um es in einem Bild zu sagen, Attacken zu reiten, wo die Front sowieso steht, und an gefährdeten Flanken ist Entsatz zu leisten. Letzteres gilt besonders für die →  Papstprivilegien der →  Einberufung, des →  Vorsitzes und der →  Bestätigung. Zumal für das →  Nicae­ num  I (325) liegen z.  B. keine positiven Zeugnisse im Hinblick auf die →  Einberufung vor. So gilt es, die entgegenstehenden Zeugnisse zu ignorieren und die fehlenden Belege durch abenteuerliche Hypothesen zu ersetzen22. „D ogmenfortschritt “  Es geht in diesem Stichwort um das Problem, wie das Axiom der mit Christus abgeschlossenen Offenbarung in Übereinklang zu bringen ist mit dem dogmatischen „Fortschritt“, den die Konzilien aufgrund ihrer „Zusätze“ zum Glauben der →  Heiligen Schrift bringen. → Anselm von Havelberg († 1158) sieht die Lösung des Problems im Werk des Heiligen Geistes: „Der Heilige Geist, der vom Mund der Wahrheit ausgeht, welche Christus ist, hat zunächst das Evangelium hervorgebracht, später war er bei den Konzilien der heiligen Väter, wie verheißen worden war, zugegen als Urheber und Lehrer der Wahrheit. Den Glauben, den er selber im Evangelium in Kürze grundgelegt hatte, hat er (der Heilige Geist), vom Sohn ausgehend, in aller Wahrheit bekanntgemacht und voll dargelegt. Was damals die Apostel allein nicht haben tragen können, trägt nun zusammen die ganze auf dem Erdenrund verbreitete Kirche“. Betreffs der Frage, wie der Heilige  22 Vgl. Reformation, 439–445.

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Geist sein Werk der Entfaltung der Offenbarung in den Konzilien vollbringt, unterscheidet der Prämonstratenser zwischen einem äußeren und einem inneren Aspekt. Die Entfaltung geschieht von außen (extrinsecus pluendo) dadurch, dass „katholische Lehrer“ als „Organe des Geistes“ die →  Heilige Schrift auslegen. Die „Zusätze“ der Konzilien sind also wesentlich Auslegung der →  Heiligen Schrift (→  Schriftauslegung). Von innen gesehen (intrinsecus rorando) beruht der „Dogmenfortschritt“ auf der → In­ spiration der katholischen Lehrer durch den Heiligen Geist. Die durch den Heiligen Geist in den Konzilien vollzogene Entfaltung des Glaubens entspricht der Konzeption der → Heilsgeschichte durch → Anselm von Havelberg23. D öllinger , I gnaz († 1890) → Diözesansynode, → Rezeption D omenico C apranica († 1458) → Frequens D ominicus J acobazzi (1444–1527/28)  Sucht man in der Masse der zur Zeit der Reformkonzilien bis zum Auftritt Martin →  Luthers (†  1546) verfassten Schriften einen Autor, der nicht nur einen speziellen Aspekt der Kon­zils­idee (→ Kon­zils­ideen), sondern die ganze Materie möglichst umfassend dargestellt hat, und zwar aus papalistischer Sicht (→ Papalismus), so stößt man auf Dominicus Jacobazzi und sein De concilio (1512–1523). Der römische Kirchenrechtler hat noch an dem neu eröffneten →  Lateranense V teilgenommen (1512) und war Mitglied der Deputation (→ Deputationen) für die Reform der Kirche, vor allem der römischen Kurie. Im römischen Prozess gegen Martin → Luther gehörte der 1517 zum Kardinal kreierte Jacobazzi zu den Befürwortern eines scharfen Einschreitens gegen den Reformator. Man kann in seinem De concilio nach einer Einführung in den Konzilstraktat (→  Konzilstraktate) sieben Hauptgesichtspunkte unterscheiden: die Hierarchie der Konzilsteilnehmer, die Konzilseinberufung, die Konzilskonstitutionen, die Vollmacht  23 Vgl. Mittelalter, 178–187.

des Konzils, konkrete Fragen zum Pisanum (1511) und →  Lateranense  V (1512–1517), Vorgehen des Konzils gegen den →  Papst und die → Superioritätsfrage24. → concilium generale, → Einberufung, → Etymologie, →  Frequens, →  Kasuistik, →  Nutzen, →  Papstabsetzung, →  Unfehlbarkeit, → Viererprimat, → Widersprüche, → Zahl D ominikaner   Unter den kirchlichen Orden sind es vor allem zwei, die Dominikaner und die → Jesuiten, die bedeutende Beiträge zur Entfaltung der Kon­zils­idee (→ Kon­zils­ ideen) geleistet haben. Ihr Beitrag unterscheidet sich nicht nur darin, dass die Dominikaner sich schon drei Jahrhunderte vor den →  Jesuiten über die Konzilien Gedanken gemacht haben, sondern auch darin, dass sie im Unterschied zu den →  Jesuiten vor allem in der → Superioritätsfrage keine einheitliche Lehre vertraten. Schon bei → Johannes Quidort von Paris (†  1306) ist im Traktat De regia potestate et papali von Konzilien die Rede. In der Auseinandersetzung zwischen → Bonifaz VIII. († 1303) und den Legisten Philipps des Schönen von Frankreich vertritt der Franzose eine mittlere Position. → Hervaeus Natalis († 1323) und → Petrus de Palude (†  1342) verteidigen wenig später den Papst gegen weltliche und innerkirchliche Opposition. Im 15.  Jh. waren es dann zwei Dominikaner, →  Johannes von Ragusa (†  1443) und →  Johannes von Torquemada (†  1468)25, die während des → Constantiense (1414–1418) und des → Basiliense (1431–1437/49) nicht nur zu den führenden Theologen der genannten Konzilien gehörten, sondern, entsprechend dem Charisma ihres Ordens, mit ihren → Konzils­ traktaten einen bedeutenden Beitrag zur Entfaltung der Kon­zils­idee (→  Konzilsideen) als solcher geleistet haben. Dabei stehen sie in der berühmten →  Superioritätsfrage nicht an der selben Front. →  Johannes von Ragusa ist entschiedener Konziliarist (→ Konziliarismus), →  Johannes von Torquemada ein nicht weniger entschiedener Papalist  24 Vgl.  „Ein papalistischer Traktat am Vorabend der Reformation: Dominicus Jacobazzi, De concilio (1512–1523)“, in: Traktate, 209–243.  25 Vgl. Traktate, 57f.

Dreihundertachtzehn Väter

(→  Papalismus). Während der Traktat des ersteren kaum historische Nachwirkung hatte – er ist bis heute nicht ediert – übte der Traktat des letzteren einen tiefen Einfluss auf die folgenden Generationen aus (Robert → Bellarmin [† 1621]). Auch danach ist noch eine große Zahl von Dominikanern für die Konzilsidee (→  Konzilsideen) bedeutsam gewesen. Neben den beiden Kontrahenten →  Johannes von Ragusa und →  Johannes von Torquemada ist u. a. → Heinrich Kalteisen († 1465) zu nennen. Er gab dem Begriff der →  Unfehlbarkeit der Konzilien eine wichtige Präzisierung: Konzilien sind unabhängig von der inneren Disposition der teilnehmenden Bischöfe unfehlbar aufgrund der Einhaltung äußerer Bedingungen.26. In der Folgezeit sind bedeutende Zeugen für den Stand der Konzilsidee (→ Konzilsideen) → Silvester Prierias († 1523)27 und → Isidor Isolani († 1528)28. Sie verfassten → Konzilstraktate (1515 und 1517), die repräsentativ sind für die römische Konzilsidee (→  Konzilsideen) unmittelbar vor Martin → Luthers Thesenanschlag. →  Ambrosius Catharinus Politus (†  1553) nahm als einer der ersten Theologen zu →  Luthers →  Leugnung der Unfehlbarkeit Stellung29, Francisco de → Vitoria (†  1546) befasste sich speziell mit der Frage der päpstlichen Dispensen von Konzilsdekreten (→ Decretum irritans)30, Melchior → Cano († 1560) machte die Konzilien zu einem „theologischen Ort“ in der theologischen Erkenntnislehre (→ locus de conciliis)31, Giuseppe Agostino Orsi († 1761) attackierte Jacques-Bénigne →  Bossuets (†  1704) Konsensbegriff (→  Konsens) 32. Erwähnen wir aus der neueren Zeit noch zwei Dominikaner, die wiederum an verschiedenen Fronten stehen: Marie-Rosaire → Gagnebet († 1983)33, einen Gegner der → Kollegialität der Bischöfe während des → Vaticanum II, und vor al-

 26  27  28  29  30  31  32  33

Vgl. Traktate, 173–175. Vgl. Reformation, 92–97. Vgl. Reformation, 5–11. Vgl. Reformation, 97–99. Vgl. Reformation, 121f. Vgl. Reformation, 149. Vgl. Reformation, 342–349. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 249–251.

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lem Yves → Congar († 1995)34, den Neuentdecker des Konzilsgedankens35. D oppelter K onsens → consensio antiquitatis et universitatis D reihundertachtzehn V äter   Für die unmittelbaren Zeitgenossen des →  Nicae­ num I (325) ergab sich die → Autorität dieser Kirchenversammlung nicht sofort aus seiner →  Ökumenizität; diese wurde erst in der Folgezeit als entscheidender Faktor erkannt. Um die Bedeutung des Konzils zu „begründen“, stützten sich die Verteidiger der fides Nicaena auf eine ganze Reihe von Theologumena. Dazu gehörte neben mehreren anderen wie dem Märtyrertod zahlreicher →  Konzilsväter und der →  Inspiration der Teilnehmer die angebliche →  Zahl von genau 318 → Konzilsvätern. Der erste Theologe, der die →  Zahl 318 als „Aufwertungstheologumenon“ ins Spiel gebracht hat, ist →  Hilarius von Poitiers († 367/68): So wie Abraham nach Gen 14,14 mit 318 Männern den Feind geschlagen hat, hat auch das → Nicaenum I seinen Feind mit 318 → Konzilsvätern besiegt. Was bei dem Bischof von Poitiers noch im Dunkeln bleibt, die mystische Bedeutung der → Zahl 318, wird dann bei → Ambrosius von Mailand († 397) völlig deutlich: Die →  Zahl 318 symbolisiert die →  Gegenwart Christi auf dem Konzil36. Auch andere Theologen wie → Gregor von Nazianz († 390) und → Severian von Gabala (†  um 408) sehen in der →  Zahl 318 einen Hinweis auf die besondere → Autorität des →  Nicaenum  I37. →  Hinkmar von Reims († 882) steht in dieser Tradition, wenn er für die Synode von Nicaea (→ Nicaenum I) das Attribut mystica reserviert und diese Be-

 34 Vgl. Alte Kirche, 13f.  35 Für zahlreiche weitere Dominikaner vgl. die Register unserer Veröffentlichungen.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 22.  36 […] in numero eorum (scil. episcoporum) per signum suae passionis et nominis Dominus Iesus suo proba(vit) se adesse concilio […]. Vgl. Alte Kirche, 221.  37 Vgl. Alte Kirche, 222.

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D

zeichnung in einer eigenen kleinen Schrift rechtfertigt38. D rey , J ohann S ebastian → Synodiker

von

(†  1853)

D tn 17,8–13  Dtn 17,8–13 ist neben → Apg 15 und einigen anderen Bibeltexten ein wichtiger →  locus scripturisticus zur Begründung der Konzilsinstitution. Der arabisch-christliche Theologe →  Theodor Abū Qurra beruft sich im 9. Jh. als erster auf Dtn 17,8–13, die Erwähnung des Jerusalemer Obergerichts, und sieht die Stelle in klarer Parallele zu → Apg 15. Der alttestamentliche Text leistet dabei gerade das, was → Apg 15 nicht hergibt, nämlich zu zeigen, dass die Konzilien eine in der Kirche fortbestehende Einrichtung darstellen. Auch spätere Theologen kombinieren die beiden Schrifttexte. Im Übrigen sind die beiden Texte innerlich verwandt, insofern als →  Apg 15 höchstwahrscheinlich zur Wirkgeschichte von Dtn 17,8–13 gehört39. Theologen der Gregorianischen Reform werden im 11.  Jh. auf Dtn 17,8–13 aufmerksam und wenden den Text als Schriftargument zugunsten des päpstlichen Primats an. Er gelangt in die →  Kirchenrechtssammlungen und von dort in die berühmte Dekretale → Innozenz’ III. Per venerabilem von 1202. Dtn 17,8–13 wurde vom 15. bis zum Ende des 18. Jh.s in Konzilsfragen herangezogen. Die Autoren heben dabei bald auf diesen bald auf jenen Aspekt ab. Robert →  Bellarmin (†  1621) z.  B. bemüht den Text, um zu beweisen, dass die am Konzil teilnehmenden Bischöfe nicht nur Ratgeber des Papstes sind, sondern im eigenen Namen richten und urteilen. Andere Theologen sehen in dem Text vor allem ein gewichtiges Schriftzeugnis zugunsten der Existenz der Institution der Konzilien als solcher. Gegen → Jan Hus († 1415) zum Beweis für die These zitiert, dass dem →  Papst das letzte Wort in der Auslegung der →  Heiligen Schrift zukommt, verwendet jener die Stelle,  38 Vgl. Mittelalter, 99f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 23.  39 Vgl. „Die Konzilsidee des Lukas“, in: Alte Kirche, 384–407. 

um darzutun, dass Einrichtungen wie die Konzilien Jesus verurteilt haben40. → Sanhedrin, → Ursprung D unkelheiten →  ante et post definitionem, → Argumente

 40 Vgl. „Dtn 17,8–13 im Zusammenhang des Konzils“, in: Traktate, 133–141; „Dtn 17,8–13 als Beitrag des Alten Testamentes zur Theologie des Konzils“, in: Gestalt, 177–186.

n  E E cclesia distributive sive collective sumpta  Die Unterscheidung zwischen Kirche verstanden als einzelne Gläubige bzw. einzelne Kirchen und Kirche als Gesamtheit spielt in der sog. →  Superioritätsfrage eine zentrale Rolle. Denn die Kritiker der päpstlichen Vollmacht über die Kirche, angefangen mit →  Marsilius von Padua (†  1342/43) bis zu den Konziliaristen (→  Konziliarismus) des →  Constantiense (1414–1418) und des →  Basiliense (1431– 1437/49) gestehen dem →  Papst zwar die Vollmacht über die einzelnen Gläubigen in der Kirche bzw. über die einzelnen Kirchen zu, nicht aber über die Kirche als Gesamtheit, wie sie vor allem im allgemeinen Konzil repräsentiert ist (→ Repräsentation). Die genannte Unterscheidung, die auch in der Form respectu singulorum bzw. respectu universitatis formuliert wird, belegt in den Augen der Papstkritiker wie eine Wunderwaffe die Oberhoheit des Konzils über den → Papst. Das Argument kommt seit Anfang des 15. Jh.s in Traktaten zur Kirchenstruktur vor. Es setzt die Aristoteles-Rezeption (→ Aristotelismus) dieser Jahre voraus, und findet sich u. a. in der Politik des Stagiriten1. Gegner des Gallikanismus im Kontext des →  Vaticanum  I (1869–1870) wie der Jesuit Giovanni Giuseppe Franco (†  1908) hielten es noch für notwendig, die alte Unterscheidung der Konziliaristen (→ Konziliarismus) zurückzuweisen2. E cclesia universalis →  Einstimmigkeit, → Jean Courtecuisse (um 1350–1423), → Öffentlichkeit, → Repräsentation E ck , J ohannes († 1543) → Laienteilnahme, → Luther, Martin (1483–1546), → Unfehlbarkeit, → Verteidigung der Unfehlbarkeit

   1 Pol. 3,15; 1286b 35–37. Vgl. „Relevante Rekurse auf Aristoteles“, in: Apostelkonzil, 211–218.    2 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 148.

E inberufung   Die Einberufung des → ökumenischen Konzils gehört neben dem →  Vorsitz und der →  Bestätigung zu den sog. → Papstprivilegien, d. h. zu den Rechten des → Papstes gegenüber den Konzilien. Während in der Alten Kirche das Recht des →  Papstes (→  Papstprivilegien) auf Einberufung der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) nur ganz am Rande erwähnt wird3 –  zu sehr war bekannt, dass die → Kaiser dieses Recht in Anspruch nahmen  –, beginnen Päpste wie →  Nikolaus  I. (†  867) es für sich zu reklamieren4. Hauptstütze sind hier mehr und mehr die →  Pseudoisidorischen Dekretalen5, aber bald wird es auch zur opinio communis von Theologen wie Ratramnus von Corbie († um 870)6, → Hinkmar von Reims († 882)7, → Bernold von Konstanz († 1100)8, → Anselm von Havelberg († 1158)9 und geht in die → Kirchenrechtssammlungen10 und in die Kommentarwerke der →  Dekretisten11 ein. Die Wende kommt mit den Befürwortern einer → Reform der Kirche. → Wilhelm Durandus († 1330) relativiert das Privileg12, → Marsilius von Padua (†  1342/1343) negiert es entschieden13. Für →  Wilhelm von Ockham († 1347) ist es kein ius divinum, sondern ein von den Konzilien den Päpsten (→  Papst) verliehenes Recht14. In einem sorgfältig angelegten historischen Beweis versucht → Johannes von Ragusa (†  1443) das Bollwerk der päpstlichen Position (Decretum Gratiani, dist. 17) zu überwinden15, sein konziliaristischer Kollege →  Johannes von Segovia († 1458) sieht in seinem Spätwerk das Einberufungsrecht „in der Regel“ beim →  Papst, reflektiert aber auch gründlich über die Aus-

  3   4   5   6   7   8   9  10  11  12  13  14  15

Vgl. Alte Kirche, 177, 366. Vgl. Mittelalter, 34f. Vgl. Mittelalter, 63–65, 208. Vgl. Mittelalter, 73, Vgl. Mittelalter, 95. Vgl. Mittelalter, 149. Vgl. Mittelalter, 173f. Vgl. Mittelalter, 212–214. Vgl. Mittelalter, 245, 262f. Vgl. Mittelalter, 356. Vgl. Mittelalter, 373, 381. Vgl. Mittelalter, 422. Vgl. Apostelkonzil, 111–117.

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nahmen16. Während des vorausgegangenen Schismas hat man sich verständlicherweise viel Gedanken gemacht über das Papstprivileg (→ Papstprivilegien) der Einberufung17. Am Vorabend der Reformation diskutieren sowohl der Papalist (→ Papalismus) → Dominicus Jacobazzi18 als auch der Konziliarist (→ Konziliarismus) → Matthias Ugoni19 das Thema. Für Martin →  Luther (†  1546) ist dann das päpstliche Einberufungsrecht eine Mauer, die die → Reform der Kirche behindert und die deswegen fallen muss20, für den Kontroverstheologen Robert →  Bellarmin († 1621) ist der → Papst natürlich die causa efficiens des Konzils (→  hylemorphistische Definition)21, für den Gallikaner Edmond →  Richer (†  1631) haben dieses Recht der Konzilseinberufung die →  Kaiser22. Die Theologen Louis de →  Thomassin d’Eynac (†  1695), Martin →  Gerbert (†  1793) und Francesco Antonio → Zaccaria († 1795) wenden viel Scharfsinn auf, um das Privileg (→  Papstprivilegien) zu begründen23. Das 19. Jh. verteidigt noch die klassische katholische These, selbstverständlich auch der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist →  Heinrich24. Zum Ende des genannten Jahrhunderts sorgt die →  historisch-kritische Methode für die Einsicht, dass die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche nicht von den Päpsten (→  Papst), sondern von den Kaisern (→ Kaiser) einberufen wurden25. → Einberufungsschreiben E inberufungsschreiben   Die altkirchlichen ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) wurden von den Kaisern (→  Kaiser) einberufen (→  historisch-kriti 16  17  18  19  20  21  22  23  24  25

Vgl. Apostelkonzil, 185–188. Vgl. Traktate, 16, 24, 26f., 37f., 41 usw. Vgl. Traktate, 228, 235. Vgl. Traktate, 253. Vgl. Reformation, 18. Vgl. Reformation, 159. Vgl. Reformation, 264. Vgl. Reformation 287f., 417, 439–442. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 126. Vgl.  „Der dogmatische Konzilsbegriff auf dem Prüfstand der historisch-kritischen Methode (1870–1908)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 186– 214.

sche Methode). Auch für eine Reihe von Synoden, die später nicht den Status eines → ökumenischen Konzils erlangt haben, liegen Einberufungsschreiben vor. So beginnt das Konzil von → Aquileia (381) mit der feierlichen Verlesung des kaiserlichen Einberufungsschreibens. → Ambrosius von Mailand († 397) begründet sie so: „Unsere Diskussionen müssen durch das kaiserliche Reskript autorisiert werden“. Dabei erwähnen fast alle solche Einladungsschreiben das kaiserliche Einberufungsrecht ausdrücklich. So heißt es z.  B. in der Sacra, mit der Kaiser →  Theodosius  II. (†  450) das Konzil von Ephesus (449) eröffnet: „Es ist allen bekannt, dass die Ordnung unseres Staates und alle menschlichen Dinge durch die Religion zusammengehalten und befestigt werden […] Da wir nun durch die göttliche Vorsehung die Herrschaft erlangt haben, so lassen wir der Frömmigkeit und dem Wohle der Untertanen notwendig die größtmögliche Sorge angedeihen, so dass sowohl die wahre Religion als auch unser Staat durch reinen Gottesdienst und Frömmigkeit gestärkt und gehoben werden. Da nun in dieser Zeit plötzlich ein Zweifel sich erhob, glaubten wir […] eine solche Verfehlung nicht übersehen zu dürfen […] Daher haben wir beschlossen, es solle auf einer Versammlung der heiligsten und gottgeliebten Männer […] jeder derartige eitle Zweifel in sorgfältiger Untersuchung gelöst und der wahre und gottgefällige Glaube befestigt werden“26. → Einberufung E inladung → Einberufung E inleitungsformel von K onzilsdekre ten → una cum patribus E inschlägige S chriftstellen zilien → locus de conciliis

zu

K on -

E instimmigkeit   Gemeint ist mit diesem Lemma nicht die moralische Einstimmigkeit, die für Abstimmungen des Konzils im Gegensatz zur bloßen → Mehrheitsmeinung von bestimmten Autoren als notwendig er 26 Vgl. Ökumenisches Konzil, 71f.

Erasmus

achtet wird, sondern die absolute Einstimmigkeit, die →  Wilhelm von Ockham († 1347) für die → Unfehlbarkeit einer Konzilsentscheidung postuliert. Nach dem Engländer garantiert →  Konsens zwar →  Unfehlbarkeit, dieser Konsens muss aber im wörtlichsten Sinne einstimmig sein. Er verlangt → Zustimmung jedes einzelnen Christen ohne Ausnahme zum fraglichen Konzilsbeschluss, a fortiori absolute Einstimmigkeit unter den Teilnehmern des Konzils selber. Eine einzige abweichende Stimme verunmöglicht den Konsens der ecclesia universalis. Denn gerade in diesem einen Gläubigen kann sich die Wahrheit, d. h. der Glaube befinden, wie das bei der Kreuzigung Christi hinsichtlich Marias der Fall war. Diese Einstimmigkeit ist nur auf göttliche Offenbarung hin möglich und insofern ein → Wunder im strengen Sinn des Wortes27. → Mehrheitsmeinung

von

Rotterdam

55

E phesus (449), Konzil →  Einberufungsschreiben E phräm

der

E piphanius lieferung

S yrer († 373) → Formeln

von

S alamis († 403) → Über-

E phesinum (431), Konzil von Ephesus →  Augustinus-Rezeption, →  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, →  Dimensionen, →  executrix conciliorum, →  Glaubensbekenntnis, →  Häresie, →  Kirchenväter, → Kollegialität, → Konnumerierung, → Legenden, →  Maßstab, →  originalia, →  Papst und ökumenisches Konzil, → rechtmäßiger Verlauf, →  relevante Konzilien, →  sancta octo, →  Verbot eines anderen Glaubens, → Wiederholbarkeit

E rasmus von R otterdam (1466–1536)  Der eher als scharfer Kirchenkritiker und nicht als Verteidiger kirchlicher Institutionen bekannte Humanist hat zwar keinen Konzilstraktat (→ Konzilstraktate) geschrieben, sich aber immer wieder in seinem weitläufigen Werk speziell über die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) geäußert. Ihre Entscheidungen stehen für ihn unter den in der Kirche geltenden Autoritäten (→  Autorität)  – zusammen mit der → Heiligen Schrift – an der Spitze. Erasmus bezeichnet die Generalkonzilien (→  concilium generale) als „Orakel“, als Spruch des Himmels. Der Grund für diese Hochschätzung ist einerseits seine Konzeption des Konzils als einer gemeinschaftlichen Form der →  Schriftauslegung, die jedenfalls der privaten, von Martin → Luther († 1546) privilegierten, überlegen ist. Für den Humanisten und Kenner der alten Philosophen ist andererseits der →  consensus omnium, der das →  Wesen der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) ausmacht, ein sicheres Kriterium (→  Kriterien) für die Erkenntnis der Wahrheit. Aus der grundsätzlichen Konzeption des Konzils als → consensus omnium ergibt sich für Erasmus die große Bedeutung der →  Rezeption der Konzilien durch die gesamte Kirche. Versteht man unter → Konziliarismus die Unterordnung des Papstes unter das Konzil (→  Superioritätsfrage), so ist der Humanist kein Anhänger der genannten Position28. → Autorität, → Heilige Schrift, → Konsens, → Notwendigkeit, → Rezeption, → Schrift­ auslegung, → Wunder, → Zweifel

 27 Vgl. Apostelkonzil, 516.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 24.

 28 Vgl.  „Velut oraculum a deo profectum. Erasmus von Rotterdam über das ökumenische Konzil“, in: Konzils- und Papstidee, 173–210.

E mendation → Berichtigung E ndgültigkeit → nihil prorsus de bene compositis retractetur E ntfaltung der K onzilsidee →  relevante Konzilien E ntscheidungsrecht der P farrer → Priesterstimmrecht, → Reform von oben nach unten, → Stimmrecht

56

E

E rbauung   Dass das Studium der Konzilien auch zur religiös sittlichen Besserung und zur Erbauung dient, mag den heutigen Leser überraschen. Dies ist aber die Meinung eines typischen Vertreters des „humanisme dévot“ des 18.  Jh.s, des Bibliothekars der Sorbonne, François Salmon († 1736). Er weiß die akribische Textkritik, die er in seinem Traité de l’étude des conciles (1724) beweist, mit schlicht-naiver Religiosität zu verbinden. Hauptziel des Studiums der Konzilien ist nach ihm die religiös-sittliche Besserung, die geistliche Erbauung. Deswegen sei das entsprechende Studium auch durch ein Gebet zu beginnen29. E reignis → Hermeneutik E rneute B ehandlung von schon D efi niertem   Im Kontext der geplanten Teilnahme der griechischen Bischöfe am Konzil von Basel (1431–1437/49) (→  Basiliense) wurde auch die Frage erörtert, wieso über schon Definiertes, nämlich das →  Filioque, noch einmal auf einem Konzil diskutiert werden dürfe (→ nihil prorsus de bene compositis retractetur). →  Barlaam von Seminara († 1348), gelehrter Unterhändler in den Unionsverhandlungen zwischen Ost- und Westkirche, hatte schon 100 Jahre früher die Erlaubtheit einer erneuten Verhandlung verteidigt: Eine definierte Lehre wie das → Filioque zum Gegenstand eines Konzils zu machen, heiße nicht notwendig, diese Lehre wieder zur Disposition zu stellen. Das Ziel des Konzils bestehe vielmehr darin, diese Wahrheit durch erneute Erörterung erst richtig zum Leuchten zu bringen. Je länger man ein Aroma mit der Hand zerreibe, desto stärker verbreite sich der Duft. Ähnlich sei es mit der Wahrheit, je gründlicher man sie diskutiere, um so klarer und einsichtiger werde sie. Ein Konzil mit dem Ziel, die Wahrheit des →  Filioque zu vertiefen, gäbe den Griechen die Chance zu der Einsicht zu kommen, die die Lateiner jetzt schon hätten. →  Barlaam bekräftigt seine These von der Vertiefung der Wahrheit durch eine erneute Verhandlung mit einem überraschenden  29 Vgl. Reformation, 470–472.

Traditionsargument: Obwohl die Lateiner das homooúsios für eine ausgemachte Sache hielten, ließen sie auf dem →  Nicaenum  I (325) eine Diskussion darüber zu30. 1434 greift dann der Konzilspräsident →  Giuliano Cesarini († 1444) beim Empfang der Griechen auf dem →  Basiliense die Formel →  Barlaams manifesta manifestiora facere in seiner Amplior declaratio wieder auf. In einem Unionskonzil sei es durchaus möglich, über eine schon definierte Glaubenslehre zu diskutieren, nicht um sie von Grund auf in Frage zu stellen, sondern um sie so zu vertiefen, dass sie auch von denen, die sie bisher abgelehnt haben, verstanden und geglaubt werden kann31. E röffnungsgebet → Adsumus Domine E rror

in facto

→ Faktenirrtum

E rtrag   In diesem Lemma geht es um die Leistung der Konzilien für die Kirche. Worin besteht der Dienst, den sie für den Glauben und seine Weitergabe in der Kirche erbringen? Wie unterscheidet sich dieser Glaube nach einem Konzil von dem doch, wie angenommen und ausdrücklich behauptet wird, selben und identischen Glauben vor einem Konzil? Auf diese Frage hat schon früh ein altkirchlicher Theologe, der sich intensiv mit der Frage der Bedeutung der Konzilien für die Kirche befasst hat, → Vinzenz von Lérins († 434/50), eine überraschend treffende und bündige Antwort gegeben: „Was hat die Kirche anderes durch ihre Konzilsdekrete erstrebt, als dass dasselbe, was vor einem Konzil schlicht geglaubt, von da ab mit mehr Bestimmtheit geglaubt würde; dasselbe, was vor ihm ohne Nachdruck verkündigt, von da ab intensiver verkündigt würde; dasselbe, was vor ihm in aller Sicherheit verehrt, von da ab mit größerem Eifer verehrt würde. Dies, so behaupte ich, und nichts anderes, hat die katholische Kirche immer, aufgeschreckt durch die Neuerungen der Häretiker, durch ihre Konzilsdekrete erreicht: Was sie zuvor von den Vorfahren allein durch  30 Vgl. Apostelkonzil, 319.  31 Vgl. Apostelkonzil, 323f.

Eusebius

Überlieferung empfangen hatte, hat sie von nun an für die Nachfahren auch schriftlich und urkundlich niedergelegt. Sie tat es, indem sie vieles in wenige Worte zusammenfasste und oft zum Zweck des klareren Verständnisses den unveränderten Glaubensgehalt mit einer neuen Bezeichnung ausdrückte“32. → Vinzenz von Lérins unterscheidet also im Grunde einen doppelten Ertrag, eine doppelte Leistung der Konzilien: Einerseits intensivieren sie durch ihre Dekrete über die je und je identische „Glaubenshinterlage“ (depositum) Glaube, Verkündigung und Gottesdienst, andererseits verdankt ihnen die Kirche die schriftliche Fixierung der genannten Glaubenshinterlage (→ Überlieferung). E tymologie   Da gewisse antike Philosophen die Bezeichnungen der Dinge für naturgegeben hielten, sah man in der Etymologie, der Lehre von den Wurzeln der Wörter, einen Weg zur Erkenntnis ihres →  Wesens. Auch mittelalterliche und neuzeitliche Autoren, die nach dem → Wesen der Konzilien fragten, benutzten diese Methode, so u.  a. →  Isidor von Sevilla (†  636)33, →  Nikolaus von Kues († 1464)34, → Johannes von Torquemada (†  1468)35, →  Dominicus Jacobazzi (†  1527/28)36, →  Matthias Ugoni (†  1535)37 usw. Während die älteren Autoren bei der Worterklärung des lateinischen concilium und des griechischen sýnodos die Vorsilben benutzten, um den zu consensus äquivalenten Begriff der communis intentio einzuführen, entfällt bei Robert → Bellarmins († 1621) Worterklärung von concilium der Hinweis auf die traditionelle Etymologie, weil ihm offensichtlich an dieser „Ableitung“ des Konzilsbegriffs nicht gelegen ist38. Auch aus der modernen Diskussion über das →  Wesen des Konzils ist die Etymologie nicht ganz verschwunden, wie Joseph →  Ratzin 32 Vgl. Alte Kirche, 161.  33 Vgl.  Alte Kirche, 354; Reformation, 176, Anm. 161.  34 Vgl. Reformation, 176, Anm. 160.  35 Vgl. Traktate, 57.  36 Vgl. Traktate, 227.  37 Vgl.  Traktate, 252, 260; Ökumenisches Konzil, 137.  38 Vgl. Reformation, 176f.

von

Emesa

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gers (* 1927) Kritik an Hans → Küng (* 1928) deutlich zeigt39. E ugen IV. (†  1447), Papst →  Auflösung, →  concilium generale, →  concilium ycomenicum, →  Konziliarismus, →  Nikolaus von Kues (1401–1464), → Papstabsetzung, → Triumphalismus, → Unfehlbarkeit E usebius von C aesarea (260/64–339/40) Der Kirchenhistoriker ist in zweifacher Hinsicht von Interesse für eine → Geschichte der Konzilsidee: Einerseits verdanken wir ihm in seiner Historia ecclesiastica zahlreiche historische Informationen über die frühen Konzilien der Alten Kirche, andererseits hat er in der Vita Constantini (II,61–III,24) das →  Nicaenum  I (325) zum Anlass genommen, so etwas wie seine persönliche Idee über ein →  ökumenisches Konzil vorzulegen. Dabei ist der Vergleich mit → Athanasius von Alexandrien frappierend. Dieser reflektiert über das genannte Konzil, um es immer klarer als eine besondere Form der parάdosis, der → Überlieferung der Wahrheit und damit als Instrument der Wahrheitssicherung in der Kirche zu verstehen. Für Eusebius ist das → Nicaenum I dagegen die Gelegenheit, einen Panegyricus auf Kaiser →  Konstantin (†  337) vorzulegen: Das Konzil von Nicaea ist ein Sieg, den der → Kaiser gewonnen hat, und wie ein Siegeskranz, den er der Gottheit weiht. Die betreffenden Kapitel der Vita schildern eine Epiphanie des → Kaisers, von dem der Friede der Kirche und ihre Eintracht ausgehen. Im Hintergrund dieser Schilderung steht in großem Kontrast zur Konzilsidee (→  Konzilsideen) des → Athanasius die hellenistische Mystik des siegreichen → Kaisers40. →  Athanasius von Alexandrien (um 295– 373), →  äußere Gestalt, →  Kaiser, →  Maßstab, → Notwendigkeit E usebius meln

von

E mesa (†  vor 359) →  For-

 39 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 273.  40 Vgl. „Die Konzilsidee des Eusebius von Caesarea (bezüglich des Nicaenum I) oder der hellenistische Einfluß“, in: Alte Kirche, 425–465.

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E

E utherius von T yana († nach 434) → consensus omnium, → Zahl E utyches († nach 454) → Appellation vom Konzil an den Papst, → Popularisierung E vangelienaufstellung →  Ikonographie, → rechtmäßiger Verlauf E xecutrix conciliorum  Papst →  Gelasius I. († 496) bezeichnet die sedes apostolica als executrix conciliorum, also als „Ausführerin von Konzilien“. Der Begriff steht für den Anspruch des Apostolischen Stuhles, sich für die Anerkennung und Durchsetzung ökumenischer Konzilien (→  ökumenisches Konzil) einzusetzen. Er meint weder die Rechtsfrage, ob die Päpste (→  Papst) die Gültigkeit von Konzilsentscheidungen jeweils von ihrer eigenen Zustimmung (→ Bestätigung) abhängig gemacht oder ob sie sich ihre Interpretation vorbehalten haben, noch die →  Rezeption der Konzilien durch die Päpste. Konkret geht es bei diesem faktischen Einsatz für ökumenische Konzilien (→  ökumenisches Konzil) um Äußerungen zu ihren Gunsten, um Eintreten für ihre Geltung, um Politik und Propaganda für ihre Anerkennung u.  ä. Tatsächlich haben sich die Päpste →  Julius  I. (†  357), →  Liberius († 366), → Damasus († 384), Siricius († 399), →  Leo der Gr. (†  461) sehr entschieden für das → Nicaenum I (325) eingesetzt, → Coelestin I. († 432), → Sixtus III. († 440) und wiederum Leo der Gr. für das →  Ephesinum (431), wiederum Leo der Gr., Simplicius (†  483), →  Felix  II. (†  492), →  Gelasius  I., → Symmachus († 514), → Hormisdas († 523), → Vigilius († 555) und → Pelagius I. († 561) für das →  Chalcedonense (451), wiederum Hormisdas, Vigilius, Pelagius  I., →  Pelagius II. († 590), → Gregor der Gr. († 604) für die ersten vier ökumenischen Konzilien (→ Viererprimat) insgesamt, darin eingeschlossen das →  Constantinopolitanum  I (381).  – Es stellt sich die Frage, was denn die Päpste (→ Papst) motivierte, sich für die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil), die doch gar nicht von ihnen selbst (→ historisch-kritische Methode), sondern von den Kaisern (→  Kaiser) einberufen worden wa-

ren und gar nicht in Rom, sondern in den östlichen Metropolen stattfanden, einzusetzen, ihre Anerkennung zu propagieren, ihre Durchsetzung zu kontrollieren. Es gibt sicher ein ganzes Bündel von Faktoren. So gab es den Brauch schon der vornicaenischen Kirche, die Entscheidungen von Lokalsynoden zu übernehmen und sich in gewissem Sinne auch für ihre Durchsetzung einzusetzen. Angesichts dieses Brauchs konnten sich die Päpste (→ Papst) in dem Maße, wie sie sich mit wachsendem Primatsbewusstsein für die Gesamtkirche verantwortlich fühlten, verpflichtet sehen, sich für die Durchsetzung gerade auch überregionaler Entscheidungen, wie sie die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) trafen, einzusetzen. Ein Motiv könnte aber auch ihr Interesse am Ausbau des eigenen Primats gewesen sein. Kanon VI des ersten → ökumenischen Konzils, vor allem in seiner Übermalung durch die Fälscher (→ praefatio longa de concilio Nicaeno), drängte sie geradezu, die Führungsrolle zu übernehmen. Vielleicht stammt ihr spezifisches Interesse an der Durchsetzung auch der nachfolgenden ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) daher. Nicht ganz abwegig erscheint desgleichen die Hypothese, dass die Päpste (→  Papst), vorausgesetzt, dass ein →  ökumenisches Konzil den von ihnen selbst für richtig gehaltenen Glauben definiert hatte, in den ökumenischen Konzilien das geeignetste Mittel sahen, diesen ihren eigenen Glauben dann auch weltweit zu verbreiten. Ein Motiv dürfte nicht zuletzt die spezifische Nähe des Römischen Stuhles zum Begriff der → Überlieferung gewesen sein. Die Päpste (→ Papst) verstanden sich selber als Erben einer besonderen Tradition, nämlich der petrinischen. Was lag da näher für sie, als sich speziell für die stattgehabten ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) einzusetzen, die in ihren Augen ja nichts anderes waren als eminente Momente der Überlieferung? Das letztgenannte Motiv wurde sicher ebenso durch den kulturellen Kontext, in dem die Päpste (→ Papst) lebten und dachten, gefördert. Es ist der typisch römische Erbschaftsgedanke, das ius hereditarium, das Papst → Coelestin I. auf den Punkt

Exerzitien

gebracht hat: „Von heiligen Erben wird die Quelle des väterlichen und angestammten Glaubens rein bewahrt“41.

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einzelne Pfarrei und in jedes christliche Haus weitergetragen wird42. → Reform von oben nach unten

E xerzitien  Auf dem →  Tridentinum (1545–1563) kam es zu einer Neueinschärfung der Vorschrift, jährlich Diözesansynoden (→  Diözesansynode) abzuhalten. Karl → Borromäus († 1584) hat sich an diese Vorschrift gehalten und im Laufe seines zwanzigjährigen Episkopats elf solcher Synoden abgehalten. Dabei kristallisierte sich von Synode zu Synode eine immer deutlicher werdende feste Ordnung und Konzeption für diese Art von Versammlungen heraus. Von welchem Geist diese Diözesansynoden (→ Diözesansynode) beherrscht waren, zeigen die auf ihnen gehaltenen Predigten des Karl →  Borromäus an: Sie sind eine Art Exerzitien des Diözesanklerus. Auf ihnen sollen die Pfarrer die vom →  Tridentinum beschlossene und geforderte → Reform der Kirche als Willen Gottes für jeden Einzelnen erkennen. Vermittelt wird dieser Wille Gottes durch den Bischof. Das exakte Reglement der Synode ist diesem Ziel untergeordnet: Es soll die nötigen Voraussetzungen, den Rahmen für diese geistlichen Übungen des Diözesanklerus schaffen. Der Bischof von Mailand hat in seine Idee der → Diözesansynode den apostolischen Impuls der Exerzitien des Ignatius von Loyola († 1556) voll integriert. Die Selbstheiligung, zu der die Pfarrer auf der →  Diözesansynode ermuntert und angehalten werden, ist ganz hingeordnet auf die Verkündigung, den Apostolat der Pfarrer in ihren Gemeinden. Für Karl →  Borromäus ist die → Diözesansynode das Mittel schlechthin für eine → Reform, deren Richtung wesentlich von oben nach unten geht, die ausgeht von den auf dem →  Tridentinum zusammen mit dem Papst versammelten Bischöfen, die über den Einzelbischof weiter nach unten fortschreitet zum Diözesanklerus und von ihm schließlich in jede  41 Vgl.  „Executrix conciliorum. Der Einsatz des Apostolischen Stuhls für die Anerkennung und Durchsetzung der vier ersten ökumenischen Konzilien (I und II)“, in: Konzils- und Papstidee, 41–121.

 42 Vgl.  „Exempel Mailand“, in: Partikularsynode, 84–91.

n  F F aciens quod in se est   Der ursprüngliche Ort der Formel faciens quod in se est ist die Gnaden- und Rechtfertigungslehre: Denen, die ihr Bestes tun, verweigert Gott die Gnade nicht. Der Dominikaner →  Heinrich Kalteisen (†  1465) hat diesen Gedanken in der leicht gewandelten Formulierung facere exterius quod in se est von der Gnaden- und Rechtfertigungslehre auf die Ekklesiologie übertragen. Die göttliche Vorsehung hat das notwendige Wirken des Heiligen Geistes (→ Inspiration) und damit die → Unfehlbarkeit der Konzilien an eine bestimmte forma exterior der Versammlung geknüpft1. Hält sich ein Konzil an diese forma exterior, d. h. an die vom Recht vorgegebene Ordnung, dann ist der Heilige Geist in diesem Konzil wirksam (→  Inspiration) und seine →  Unfehlbarkeit garantiert. Sein Ordensbruder → Silvester Prierias († 1523) greift diesen Gedanken von der Notwendigkeit der Anwendung menschlicher Mittel, wie sie in der Formel zum Ausdruck kommt, in seiner Darlegung der Lehre der →  Unfehlbarkeit wieder auf und trägt damit den Gegensatz zwischen der Gnadenlehre der Scholastik und Martin → Luther († 1546) ins Zentrum der Konzilsproblematik2. Der Salmantizenser Theologe Francisco de → Vitoria († 1546) greift das faciens quod in se est ebenfalls in seinen Spekulationen über das Verhältnis zwischen →  Papst und ökumenischem Konzil auf. Beide, der → Papst und das Konzil, sind nach diesem Prinzip moralisch verpflichtet, die nötigen menschlichen Mittel anzuwenden, d.  h. der Papst muss bei schwierigen Fragen ein Konzil einberufen, das Konzil muss alle denkbaren Mittel einsetzen, um die Wahrheit zu erkennen3.

„F ait extérieur “  Die Unterscheidung eines „fait extérieur“ und eines „fait intérieur“ macht den Kern der von dem Erzbischof von Mecheln Victor-Auguste Dechamps († 1883) entwickelten Methode der Glaubensbegründung aus. Mit dem ersteren ist in etwa das cor inquietum des → Augustinus gemeint, mit dem letzteren die katholische Kirche, wie sie sich faktisch und unmittelbar als Glaubwürdigkeitsmotiv präsentiert. Es spricht vieles dafür, dass die Theologen, die das → Vaticanum I (1869–1870) als ein Konzil „im Angesicht der Welt“, ein Konzil „vor der Welt“ und „für die Welt“ verstanden haben (→ Welt) und damit ein vorher so nicht bekanntes Konzilsverständnis bezeugen, von der genannten Dechamps’schen Unterscheidung zwischen „fait extérieur“ und „fait intérieur“ inspiriert sind. Wie für den Belgier die konkrete Kirche, so stellt für die Vertreter der neuen Konzilsidee (→ Konzilsideen), die mit dem → Vaticanum I aufkommt, das Konzil „im Angesicht der Welt“ ein solches Glaubwürdigkeitsmotiv dar. Das Konzil ist das „fait extérieur“ Dechamps’ in höchster Aktualität. Die Welt, die Ungläubigen, die Protestanten können im actu stattfindenden Konzil tatsächlich Motive zur Bekehrung, zur Annahme des Glaubens finden4.

F acundus von H ermiane (6. Jh.) → ante et post definitionem, → nihil prorsus de bene compositis retractetur

F aktenirrtum   Als durch die Wiederauffindung der → Libri Carolini und des zweiten Kanons des → Nicaenum II (787) offensichtlich wurde, dass das Konzil von →  Frankfurt (794) weit davon entfernt war, die Verehrung der Bilder zu lehren, wie katholische Kontroverstheologen behauptet hatten, sondern im Gegenteil diese Verehrung kritisierte, beschränkte sich die katholische Seite nicht auf eine kirchenrechtliche Argumentation, nach der nicht-ökumenische Konzilien ökumenische gar nicht in Frage stellen können, sondern Historiker und Theologen wie Gilbert →  Génébrard (†  1597) und ähnlich Robert →  Bellarmin (†  1621) „retteten“ die berühmte Frankfurter Versammlung durch den Hinweis auf einen error in facto: Das ge-

   1 Vgl. Traktate, 174f.    2 Vgl. Reformation, 92–97.   3 Vgl. Reformation 133f. –Vgl. auch Literaturnachtrag 25.

  4 Vgl.  „Einordnung und Hintergrund der neuen Konzilsidee (gelegentlich des Vaticanum I)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 180–185.

Filioque

nannte Konzil irrte nicht im Glauben, sondern lediglich in facto, und zwar insofern als es eine falsche Vorstellung über das →  Nicaenum  II hatte. Es wurde durch falsche Nachrichten und Gerüchte über das östliche Konzil in die Irre geführt. Was die Bilderlehre selber angeht, also den Glauben, so stimmt das Konzil von → Frankfurt mit dem → Nicaenum II durchaus überein. Den Beleg hierfür findet der Franzose in den →  Libri Carolini, wo dieselbe mittlere Position vertreten werde wie in der östlichen Versammlung. Robert →  Bellarmin operiert mit der Unterscheidung formaliter/materialiter. Auch er vertritt die These, dass das Konzil von →  Frankfurt das →  Nicaenum  II verurteilt hat, jedoch nicht formaliter, sondern nur materialiter. Die Frankfurter Väter erlagen einem doppelten Irrtum in facto: Sie meinten nämlich, das → Nicaenum II habe einen cultus latriae der Bilder vorgeschrieben, und sie meinten, der → Papst habe das Nicaenum II nicht bestätigt. Beide Annahmen sind Irrtümer, denen die Frankfurter Väter deswegen zum Opfer gefallen sind, weil sie dem Autor der →  Libri Carolini Glauben geschenkt haben. Andere katholische Autoren legen andere Lösungen des Problems vor; insgesamt hat man den Eindruck, dass sie den Ehrgeiz besitzen, sich jeweils neue Varianten auszudenken5. F älschungen   Es gibt so gut wie kein literarisches Genus, das vor Fälschungen bewahrt geblieben ist. Im kirchlichen Bereich fälschte man Rechtsurkunden, theologische Traktate, Predigten, Briefe allgemein, insbesondere Papstbriefe (→  Pseudoisidorische Dekretalen). Konzilsakten stellten wegen der ihnen zugeschriebenen hohen → Autorität ein besonders lohnendes Ziel für Fälscher dar. Das Spektrum der Fälschungen von Konzilien ist dabei sehr weit: Man fälschte ganze Konzilien, man fälschte Teile von ihnen, man behauptete die Existenz von Konzilien, die gar nicht stattgehabt hatten, man gab Versammlungen als Konzilien aus, die jedoch nicht in der Form stattgefunden ha  5 Vgl.  „Verschiedene Abwehrstrategien“, in: Gestalt, 372–383.

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ben, die die Akten suggerieren, u.  ä. Dabei ist es nicht erst die Nachwelt, die Fälschungsvorwürfe erhebt, sondern schon in der Alten Kirche war man sehr schnell bei der Hand, solche Vorwürfe zu erheben6. Fälschungen wurden auch gezielt auf Konzilien verwendet, um Gegner zu überrumpeln – so von der lateinischen Seite auf dem →  Florentinum (1439–1443) in der zwischen Lateinern und Griechen umstrittenen Frage des → Filioque7. F antinus V allaresso (†  1443) →  concilium universale, → concilium ycomenicum F ebronius , J ustinus → Hontheim, Johann Nikolaus von (1701–1790) F ehlbarkeit von K onzilien →  Berichtigung, →  irrende Konzilien, →  Sanhedrin, →  Triumphalismus, →  Wilhelm von Ockham (um 1288–1347), →  Zustimmung, → Zweifel F elix II. (†  492), Papst →  consensio antiquitatis et universitatis, →  executrix conciliorum, → römische Konzilsprotokolle F ernkonzil → Briefkonzil F errandus von K arthago (†  545/46) → integrale Irrtumslosigkeit, → nihil prorsus de bene compositis retractetur F ilioque   Das Stichwort gehört in eine → Geschichte der Konzilsidee, denn der damit bezeichnete Streit zwischen Ost- und Westkirche hat ganz wesentlich mit dem Thema Konzil zu tun. Die von einer fränkischen Synode (809) vorgenommene Einfügung des Filioque in das nicaeno-konstantinopolitanische → Glaubensbekenntnis (381) spielte beim Auseinanderbrechen der Kirchengemeinschaft (1054) zwar nur eine untergeordnete Rolle, blieb aber bis zum heutigen Tag das Hauptgravamen der grie  6 Vgl.  „Von angeblich oder wirklich gefälschten, von erfundenen und vorfabrizierten Konzilien“, in: Gestalt, 327–362.   7 Vgl. Apostelkonzil, 340–342. – Vgl. auch Literaturnachtrag 26.

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chischen Seite gegenüber der lateinischen. Tatsächlich handelt es sich ja neben der theologischen Problematik um ein zentrales ekklesiologisch-kirchenrechtliches Problem: Durfte die lateinische Kirche im Alleingang, d.  h. ohne ein gemeinsames →  ökumenisches Konzil, das doch gemeinsam aufgestellte →  Glaubensbekenntnis des →  Con­ stantinopolitanum  I durch den Zusatz des Filioque verändern? Die Kontroverse über den Filioque-Zusatz begann zwar nicht erst mit → Photius († um 893), aber der Patriarch von Konstantinopel machte ihn zum Schibboleth des Schismas zwischen Ost- und Westkirche. Dies zeigt ein Überblick über die Kontroverse des halben Jahrtausends von 867–1378. Sie stellt ihrerseits einen wichtigen → locus de conciliis dar8. →  Augustinus-Rezeption, →  erneute Behandlung von schon Definiertem, →  Fälschungen, →  griechische Konzilsidee, →  Heilsgeschichte, →  Notwendigkeit, → Spr 22,28, → Verbot eines anderen Glaubens, → Wiederholbarkeit „F inger G ottes “ → Welt F ink , K arl A ugust († 1983) → Kontroverse F isher , J ohn († 1535) → Verteidigung der Unfehlbarkeit F lavian von K onstantinopel (†  449) →  Appellation vom Konzil an den Papst, → definitio/definire F lorentinum (1439–1443), Konzil von Florenz  Das Florentinum gehört in eine → Geschichte der Konzilsidee, weil der auf diesem Konzil affirmierte Primat des Papstes in unmittelbarer Beziehung zu den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) ausgesagt wird. Der sog. Primatspassus lautet (verkürzt): […] ipsi (d.  h. dem Papst) in beato Petro pascendi, regendi ac gubernandi universalem ecclesiam a domino nostro Jesu Christo   8 Vgl.  „Mittelalterliche Konzilsidee im Kontext der Filioque-Kontroverse (867–1378)“, in: Mittelalter, 277–314.

plenam potestatem traditam esse (definimus), quemadmodum etiam in gestis ycomenicorum conciliorum et in sacris canonibus continetur. Der Text des Primatspassus ist das Ergebnis komplizierter Verhandlungen und wohl deswegen alles andere als eindeutig und klar. Nicht klar ist bei diesem Passus vor allem, ob die in der quemadmodum-Inzise erwähnten Konzilien den Primat des Papstes inhaltlich näher begrenzen oder ob sie den unbegrenzten Primat lediglich bestätigen. Es sind vor allem zwei Dominikaner Johannes von Montenegro (†  um die Mitte des 15.  Jh.s) und →  Johannes von Torquemada († 1468), die die genannte Inzise sofort nach der Promulgation als Bestätigung des päpstlichen Primats interpretieren. Der quemadmodum-Satz stellt in ihren Augen keine wie auch immer geartete inhaltliche Einschränkung, Begrenzung oder nähere Bestimmung der vom Papst ausgesagten plena potestas dar, sondern nennt die Konzilien als Quellen, als Belege, die diese unbegrenzte potestas bezeugen. Diese antikonziliaristische Interpretation des Primatspassus machte in der Folge bei den propäpstlichen Autoren Schule9. Rom setzte sich entsprechend entschieden für die → Ökumenizität des Florentinum ein, denn sie ist die Voraussetzung für die → Unfehlbarkeit des Primatspassus10. Konziliaristen (→ Konziliarismus), Gallikaner usw. bestritten die → Ökumenizität des Florentinum, nicht zuletzt wegen des Primatspassus, zumal in seiner antikonziliaristischen Auslegung. Auf dem → Tridentinum (1545– 1563) wurde das Florentinum wegen des Widerstands der französischen Kirche gegen den Primatspassus noch nicht rezipiert11, aber dann auf dem → Vaticanum I nach ausführlicher Diskussion des Primatspassus übernommen12. In der französischen Kirche vollzog sich die →  Rezeption des Florenti  9 Vgl.  „Der Primatspassus (des Florentinum) in antikonziliaristischer Interpretation“, in: Apostelkonzil, 393–401.  10 Vgl.  „Römischer Einsatz für das Florentinum“, in: Apostelkonzil, 401–409.  11 Vgl.  „Trienter Verzicht auf Rezeption der Florentiner Primatslehre“, in: Apostelkonzil, 409– 415.  12 Vgl.  „Der Florentiner Primatspassus auf dem Ersten Vatikanum“, in: Apostelkonzil, 422–431.

Formale

num als → ökumenisches Konzil in Etappen. Den entscheidenden Fingerzeig hatte schon der Kardinal von Lothringen Charles de Guise († 1563) gegeben: Man muss den Primats­ passus, der → Haec sancta zu widersprechen scheint, interpretieren, und als Handhabe dazu bietet sich die oben genannte Inzise an13. Das → Vaticanum I (1869–1870) schließt dann aber diese konziliaristische Interpretation (→ Konziliarismus) des Florentiner Primatspassus aus. → Abstimmungsmodus, → Agostino Patrizi (um 1435–1495), →  concilium ycomenicum, → Fälschungen, → griechische Konzilsidee, →  Haec sancta, →  Konsens, →  Mehrheitsmeinung, →  Präsidenz, →  Protokoll, → Pseudoisidorische Dekretalen, → Sitzordnung, →  Unionsverhandlungen, →  Verbot eines anderen Glaubens, →  Wiederholbarkeit F orma   Das Lemma bezieht sich nicht auf einen allgemein verbreiteten Aspekt der Konzilsidee (→  Konzilsideen), sondern auf die Konzilsvorstellung eines einzigen Theologen, nämlich des stark von Martin →  Luther (†  1546) beeinflussten Kardinals Reginald →  Pole (†  1558). Für den Engländer ist das →  Apostelkonzil der Archetyp aller Konzilien schlechthin. Entsprechend ist auch deren Struktur durch die forma des → Apostelkonzils absolut verpflichtend vorgegeben. Die forma des → Apostelkonzils ist aber wesentlich die Unterscheidung und die richtige Zuordnung von fides und caritas. Glaube ist dabei zu verstehen als Rechtfertigung des Sünders im Sinne des Paulus, Liebe als Erfüllung des Gesetzes, die nicht gerecht macht, sondern aus der Glaubensgerechtigkeit folgt. Zeuge dieser (paulinischen) fides ist auf dem → Apostelkonzil Petrus, Zeugnis dieser (paulinischen) caritas das Aposteldekret. Dieses verbum fidei et caritatis stellt die forma des →  Apostelkonzils dar und ist entsprechend der archetypischen Funktion von →  Apg 15 die Grundnorm  13 Vgl.  „Französische Rezeption der Florentiner Primatslehre“, in: Apostelkonzil, 415–422; R. M. Price, The Citation of Latin Authorities at the Council of Florence, in: Nicolaus 40 (2013) 125– 136. – Vgl. auch Literaturnachtrag 27.

und materiale

Autorität

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und -struktur aller folgenden Konzilien. In allen Konzilien geht es um nichts anderes als um die Klärung, Läuterung und Entfaltung ebendieses Glaubens, den jeweils die Nachfolger des Petrus, die Päpste, dem Konzil vorlegen, und um nichts anderes als um die Konkretisierung, Anwendung ebendieser Liebe, die das Aposteldekret aufgestellt und hervorgebracht hat. Vor allem aber geht es darum, dass dieser Glaube und diese Liebe einander so zugeordnet werden, wie dies auf dem → Apostelkonzil geschehen ist. Mit anderen Worten: Auf den Konzilien geht es immer um den Glauben, der gerecht macht, und um die Liebe, die den Menschen geschuldet ist. Glaube und Liebe sind die forma des Konzils14. F orma

exterior

→ faciens quod in se est

F ormale und materiale A utorität  Unterscheidet man zwischen formaler und materialer Autorität, also einer aufgrund des Amts der betreffenden Person oder Institution, von der ein Text stammt, und einer aufgrund des objektiven Inhalts, den er enthält, dann ist diese Unterscheidung durchaus anwendbar auf die Konzilien und hat in einer →  Geschichte einer Konzilsidee durchaus ihren Ort. Gerade weil die Konzilien den Anspruch erheben, die →  Heilige Schrift verbindlich und verpflichtend auszulegen, stellt sich bei ihnen die Frage nach dem Verhältnis zwischen materialer und formaler Autorität. → Leo der Gr. († 461), der mit seinem Prinzip → nihil prorsus de bene compositis retractetur einen fundamentalen Beitrag zum Verständnis des Konzils als formaler Autorität geleistet hat, ist andererseits auch ein Zeuge dafür, dass die formale Autorität an die materiale gebunden bleibt. So schreibt er in seinem Einsatz für die nicht-widerrufbare Geltung des →  Nicaenum  I (325) und des → Chalcedonense (451): „[…] als katholisch darf durchaus niemand gelten, der der Definition der ehrwürdigen Synode von Nicaea oder den Regeln des heiligen Konzils von Chalcedon keine Folge leistet; denn beider  14 Vgl. „Die forma des Konzils (bei Reginald Pole)“, in: Reformation, 80–84.

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heilige Dekrete gehen offensichtlich auf die Evangelien und den Apostel als Quelle zurück …“. Letztlich geht es eben bei der Begründung der Konzilsautorität um das Zur-Geltung-Kommen bzw. das GeltendBleiben der Schriftautorität15. Auch unter der Rücksicht des Verhältnisses zwischen vertikalem und horizontalem Konsens (→ consensio antiquitatis et universitatis) spielt die Unterscheidung zwischen formaler und materialer Autorität eine Rolle. Weil die Konzilien letztlich → Schriftauslegung zu sein beanspruchen, hat der vertikale Konsens, das heißt die → Übereinstimmung mit der Heiligen Schrift, den Primat über den horizontalen Konsens, das heißt über den →  Konsens der universellen Bischofsversammlung. Der vertikale Konsens ist deswegen ausschlaggebend, weil die Wahrheit des Glaubens von ihrem Wesen her eine überlieferte ist (→  Überlieferung), mit anderen Worten: die materiale Autorität der formalen übergeordnet ist16. F ormeln   In diesem Stichwort geht es um die grundsätzliche Frage, ob der Glaube der Kirche an Jesus Christus durch Konzilien in einer schriftlichen Formulierung überhaupt festgelegt werden kann. Während die nachfolgenden Konzilien darin kein Problem mehr sahen, wie man an ihren jeweils geänderten und weiterentwickelten Glaubensbekenntnissen (→ Glaubensbekenntnis) sehen kann, war es in der → Rezeption des ersten →  ökumenischen Konzils, des →  Nicae­ num I (325), alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Das zeigt zunächst der große Verteidiger des genannten Konzils, → Ath­anasius von Alexandrien († 373), selber. Erst nach einem längeren Lernprozess sieht er in der fides Nicaena mit ihrer zentralen Formel des homooúsios eine bindende schriftliche Formulierung des Christusglaubens der Kirche17. Auch für andere Zeitgenossen war dies bei aller grundsätzlichen Anerkennung  15 Vgl. Alte Kirche, 117f.  16 Vgl. Alte Kirche, 342. – Vgl. auch Literaturnachtrag 28.  17 Vgl. „Werden und Eigenart der Konzilsidee des Athanasius von Alexandrien (†  373)“, in: Alte Kirche, 25–67.

des vom → Nicaenum I verkündigten Christusglaubens ein Problem. Der andere große Verteidiger des nicaenischen Christusglaubens, → Hilarius von Poitiers († 367/68), tut sich anfangs aus erkenntnistheoretischen Gründen schwer mit der ausschließlichen Anerkennung der nicaenischen Formel: Er betrachtet sie zunächst als eine der vielen (konziliaren) „Definitionen“ der Zeit nach Nicaea, die in seinen Augen doch alle nur Versuche sind, den unendlichen Gott zu fassen. Entsprechend preist er die gallischen Bischöfe glücklich, dass sie bis zur Stunde noch gar keine schriftlichen Glaubensbekenntnisse (→  Glaubensbekenntnis) kennen, vielmehr den „vollkommenen und apostolischen Glauben im Herzen tragen“. → Hilarius geht sogar soweit, dass er Glaubensformeln und Glaubensinhalt als Buchstaben und Geist gegenüberstellt. Gelegentlich sieht er im Verzicht auf schriftliche Fixierung, also auf Formeln, das einzige Mittel, um die Produktion immer neuer Formeln zum Stillstand zu bringen. Bis er sich wie → Athanasius auf die nicaenische Formel festlegt, genügt für ihn der Taufglaube18. Anders Zeno von Verona (†  um 380), der in seiner ablehnenden Haltung gegenüber allen Glaubensformeln verharrt. Der Bischof von Verona vertritt einen Glaubensbegriff, der sich unschwer als Reaktion auf den Intellektualismus der Zeittheologie erkennen lässt. Er lehnt den tractatus fidei ebenso ab wie die fides tractatus. Zeno macht sich lustig über einen Glauben, der mehr sein will als credulitas. Der Glaube gründet im Willen des Menschen und nicht in Belehrung durch andere. In Anlehnung an die paulinische Antithese von Gnade und Gesetz entwickelt er einen Glaubensbegriff, in dem der von ihm abgelehnte Glaube mit dem Gesetz identifiziert wird. Dabei lehnt er nicht jede doctrina ab; worauf es ihm ankommt, ist, den Unterschied zwischen fides und tractatus  – die konziliaren eingeschlossen  – herauszuarbeiten. Probleme mit der Formel von Nicaea hat offensichtlich auch der entschiedene „Homoousianer“ →  Ephräm der Syrer († 403), wenn er schreibt: „Ich  18 Vgl. Alte Kirche, 202–204.

Frequens

verließ, was nicht geschrieben steht, und hielt mich an das Geschriebene, um nicht wegen dessen, was nicht geschrieben steht, das Geschriebene zu verlieren“. Mit dieser Haltung ist er einem → Eusebius von Emesa († vor 359) nahe, der ebenfalls keinen neuen Text über oder neben der → Heiligen Schrift als → Autorität annehmen will19. F rancesco T odeschini P iccolomini († 1503) (Papst Pius III.) → Agostino Patrizi (um 1435–1495) F ranco , G iovanni G iuseppe (†  1908) → ecclesia distributive sive collective sumpta F rankfurt (794), Konzil →  Faktenirrtum, → Libri Carolini, → Spätwirkung F ränkische K onzilsidee (8. Jh.) → Libri Carolini F rauenteilnahme → Laienteilnahme F reiheit   Da das → Wesen eines Konzils im → Konsens besteht, solche Zustimmung aber nur als freier Akt denkbar ist, gehört zum Wesen des Konzils die Freiheit der Teilnehmer20. Naturgemäß wird diese Freiheit zum ersten Mal ausdrücklich als Bedingung für ein gültiges Konzil genannt, wenn solche Freiheit entweder wirklich oder angeblich verweigert wurde. So forderte der durch die Synode von →  Tyros (335) verurteilte →  Ath­anasius von Alexandrien (†  373) das freie, nicht von der Staatsmacht manipulierte Konzil. In seinen Augen war das →  Nicae­ num I (325) ein solches freies Konzil21. Wenige Jahre später klagt der Arianer → Palladius von Rathiaria (†  Ende des 4.  Jh.s), das Konzil von → Aquileia (381) habe ihn zu einem Bekenntnis erpresst, zu dem er persönlich nicht bereit war. In der Folgezeit behaupten verurteilte Häretiker immer wieder, die betreffenden Konzilien hätten keine faire Debatte zugelassen, es habe die für ein Konzil wesentliche Freiheit der Meinungsäuße 19 Vgl. Alte Kirche, 204–207. – Vgl. auch Literaturnachtrag 29.  20 Vgl. Traktate, 107.  21 Vgl. Alte Kirche, 27f., 34, 42–47, 63.

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rung gefehlt22. Diese Freiheit galt offensichtlich als so selbstverständlich, dass sie in den verschiedenen Verzeichnissen von → Kriterien, an denen eine gültige Synode erkannt werden kann, nur ein einziges Mal expressis verbis erwähnt wird23: Ausdrücklich sichert Kaiser Konstantin  VI. (†  797) dem →  Nicaenum II (787) volle Freiheit der Meinungsäußerung zu24. → Niketas, der vielleicht fiktive Dialogpartner des →  Anselm von Havelberg hat die Vision eines dem Papst gegenüber freien Konzils25. → Johannes von Ragusa († 1443) zählt die Freiheit des Konzils zu den Bedingungen eines gültigen Konzils26, auch →  Johannes von Segovia († 1458) hält sie für wesentlich27. Sie gehört zu den inneren Bedingungen der → griechischen Konzilsidee28. Ein freies Konzil reklamiert dann der Reformator Martin → Luther († 1546)29. Der Gallikaner Edmond → Richer († 1631) sieht die Freiheit der Bischöfe in den vom Papst durchgeführten Konzilien in Frage gestellt30. Im → ökumenischen Dialog des 17. Jh.s ist die Freiheit des Konzils ein wichtiges Thema31. Die Geschäftsordnungen (→  Geschäftsordnung) des →  Tridentinum (1545–1563), des Vaticanum  I (1869–1870) und des Vaticanum II (1962–1965) geben Anlass, über die Freiheit des Konzils zu diskutieren32. → Geleitbrief „F reiheiten der G allikanischen K ir che “ → Haec sancta F requens   Das am 9. Oktober 1417 vom → Constantiense (1414–1418) erlassene und vom → Basiliense (1431–1437/49) erneuerte Dekret33 bestimmte, dass fortan alle zehn  22 Vgl.  „Freiheit des Konzils“, in: Ökumenisches Konzil, 79–81.  23 Vgl. Ökumenisches Konzil, 91.  24 Vgl. Alte Kirche, 312.  25 Vgl. Mittelalter, 177f.  26 Vgl. Apostelkonzil, 125.  27 Vgl. Apostelkonzil, 160.  28 Vgl. Apostelkonzil, 372, 374.  29 Vgl. Reformation, 50f.  30 Vgl. Reformation, 266.  31 Vgl. Reformation, 357.  32 Vgl. Apostelkonzil, 449.  33 Vgl. Apostelkonzil, 97.

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Jahre vom → Papst ein Konzil einzuberufen sei, was jedoch nur kurze Zeit realisiert, dann aber nicht nur durch den Widerstand der Päpste, sondern auch aufgrund der Zeit­ umstände nicht mehr verwirklicht wird. Nach dem Verteidiger des päpstlichen Standpunkts auf dem → Basiliense → Nikolaus von Tudeschis († 1445) wurde Frequens nicht durch den Papst, wie behauptet wird, außer Kraft gesetzt, sondern durch den → consensus omnium derer, die nicht zum anberaumten Konzil erschienen sind34. Die Idee, alle zehn Jahre ein Generalkonzil (→  concilium generale) zu veranstalten, stammt von dem Reformtheologen →  Wilhelm Durandus († 1330)35. Zur Zeit der Konzilien von Konstanz (→ Constantiense) und Basel (→ Basiliense) wurde von den Theologen heftig über die Geltung und Bedeutung des Dekrets diskutiert. Die einen hielten es für nur bedingt gültig36, anderen war es so notwendig, wie die Augen für das Gesicht, und sie sahen mit ihm die → Superioritätsfrage endgültig entschieden37. Man leugnete kurzerhand seine Geltung38, man verteidigte es39, man sah es im Widerspruch zur Tradition der Kirche40. Besonders ausführlich gehen der Papalist (→ Papalismus) → Dominicus Jacobazzi (†  1527/28)41 und der Konziliarist (→ Konziliarismus) → Matthias Ugoni (†  1535)42 darauf ein. Konziliaristen (→ Konziliarismus) wie → Johannes von Ragusa († 1443)43 forderten in der Folgezeit immer wieder die Einhaltung von Frequens. In den Augen des Dalmatiners bedeutet das Dekret nicht so sehr die Festlegung eines Termins als vielmehr die Aufkündigung des von der Kirche dem Papst für eine gewisse geschichtliche Epoche zugestandene Recht der →  Einberufung des Konzils44. Für den kurze Zeit auf dem → Basiliense tätigen Kar 34  35  36  37  38  39  40  41  42  43  44

Vgl. Gestalt, 107. Vgl. Mittelalter, 356. Vgl. Traktate, 40. Vgl. Traktate, 41f. Vgl. Traktate, 53. Vgl. Traktate, 96, 128. Vgl. Traktate, 172. Vgl. Traktate, 229. Vgl. Traktate, 253, 266f., 271. Vgl. Apostelkonzil, 100f. Vgl. Apostelkonzil, 114.

dinal Domenico Capranica (†  1458) ist Frequens zusammen mit →  Haec sancta der eigentliche Zankapfel, der zum Zerwürfnis zwischen Papst und Konzil führte. Aus diesen beiden Dekreten, so der Kardinal, leiteten die Konziliaristen (→  Konziliarismus) die Vollmacht ab, alles selber entscheiden zu können, ohne noch irgendwelche Rücksicht auf den Papst nehmen zu müssen. In diesen Dekreten hätten sie auch die Grundlage für ihren Anspruch gesehen, den Papst binden zu können45. Ein scharfer Gegner von Frequens ist dann der Jesuit Alphons →  Salmerón (†  1585). Sein entscheidender Einwand lautet, das Dekret setze an die Stelle der ursprünglich monarchischen Verfassung der Kirche eine aristokratische, ja eine oligarchische (→  Herrschaftsform)46. Der Gallikaner Simon → Vigor († 1624) fordert dagegen die Beobachtung des Dekrets gegen die doctrina Ignatianorum47. Für Martin →  Gerbert († 1793), den Theologen der → communio potestatis zwischen → Papst und Konzil, ist das Dekret zwar vernünftig, spiegelt es doch die Praxis der Alten Kirche wider, aber es kann seine heilsame Wirkung nur im Rahmen einer intakten communio potestatis entfalten48. Ein entschiedenes Plädoyer für die Wiedereinführung des Dekrets legte der liberale französische Theologe Henri →  Maret (→  Ultramontanismus) dann am Vorabend des →  Vaticanum  I (1869–1870) vor. Die Wiedereinführung des Dekrets würde, so der genannte Theologe, die → Welt vom wirklich liberalen Charakter der Verfassung der Kirche überzeugen (→  demokratische Prinzipien)49. Der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich († 1891) antwortet ihm mit einem entschiedenen Nein50. F riedrich , J ohann (†  1917) →  Sardica (342)

 45  46  47  48  49  50

Vgl. Gestalt, 121. Vgl. Apostelkonzil, 442. Vgl. Reformation, 151. Vgl. Reformation, 422. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 91–94. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 126.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 30.

Funk, Franz Xaver

F rühe K onzilsordnungen → ordo de celebrando concilio F rüheste R egel über A ppell vom K on zil an den P apst → Sardica (342) F rühestes Z eugnis   Dass die Abhaltung von Konzilien zumindest in bestimmten Gegenden der Alten Kirche schon sehr früh Brauch war, geht aus einem Zeugnis →  Tertullians (†  nach 220) hervor: Im Zusammenhang seiner Polemik gegen die angeblich laxe Fastenpraxis der Großkirche schreibt er: „Außerdem werden in den griechischen Ländern an bestimmten Orten jene Versammlungen aus allen Kirchen, die man Konzilien nennt, abgehalten, durch welche alle wichtigen Dinge gemeinschaftlich verhandelt werden, und worin auch eine Repräsentation (repraesentatio) der gesamten Christenheit in ehrfurchtgebietender Weise gefeiert wird. Und wie angemessen ist dies, sich aus Anlass des Glaubens von allen Seiten um Christus zusammenzuscharen! Siehe, ‚wie schön und lieblich ist es, wenn die Brüder einmütig zusammen wohnen‘ (Ps 132,1)“. Das Zeugnis aus der Feder → Tertullians belegt nicht nur die sehr frühe Existenz von Konzilien in der Alten Kirche, sondern nennt außer dem Namen für diese Einrichtung – nämlich concilia – praktisch auch die wesentlichen Elemente, die den →  Begriff eines Konzils bis auf den heutigen Tag ausmachen: Es sind Versammlungen von „Vertretern“, wenngleich der hierfür verwendete Begriff repraesentatio noch nicht den vollen juridischen Sinn hat, den er im 14. Jh. nach der Aristoteles-Rezeption erhalten sollte (→ Repräsentation). Der Anspruch auf Universalität der Vertretung kommt ebenfalls schon zum Ausdruck, wenn von „Versammlungen aus allen Kirchen“ und Vertretung der „gesamten Christenheit“ die Rede ist. Auch das für die späteren Konzilien wesentliche Element der „gemeinschaftlichen“ Verhandlung ohne eine übergeordnete Instanz kommt zur Sprache. Selbst der Gegenstand dieser Verhandlungen ist schon eingegrenzt; man verhandelt über „alle wichtigen Dinge“ und nicht über Nebensächlichkeiten. Ja, es ist sogar schon von einer bestimmten Form

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dieser Versammlungen die Rede: Die Konzilien werden „in ehrfurchtgebietender Weise“ gefeiert. Selbst die für das spätere theologische Verständnis des Konzils wichtige → Gegenwart Christi (→ Inspiration) ist bereits im Blick des afrikanischen Theologen51. F unk , F ranz X aver (†  1907) →  historisch-kritische Methode, → Papstprivilegien

 51 Vgl. Alte Kirche, 467.

n  G G agnebet , M arie -R osaire (†  1983) → Briefkonzil, → Dominikaner, → „Theologie des Konzils“ G egenwart C hristi →  Dreihundertachtzehn Väter, → frühestes Zeugnis, → Heilige Schrift, → Zahl G eheimhaltung   Die Verpflichtung zur Geheimhaltung im dritten Kapitel der →  Geschäftsordnung des →  Vaticanum  I (1869–1870), stellt im Rahmen der →  Geschichte der Konzilsidee eine Neuerung dar. Die →  Geschäftsordnung des →  Basiliense (1431–1437/49) verzichtet ausdrücklich auf einen Eid bezüglich der Geheimhaltung der Beratungsgegenstände. Die Kommunikation zwischen den einzelnen → Deputationen soll nicht nur über die jeweiligen Präsidenten laufen, sondern auch unmittelbar zwischen den einzelnen Deputierten1. In der →  Geschäftsordnung des →  Vaticanum  I werden hingegen alle Konzilsteilnehmer, die →  Konzilsväter nicht weniger als die Theologen (→ Periti) und sämtliche Offizialen auf Geheimhaltung, sowohl was die Dekretvorlagen als auch was die Diskussionen angeht, verpflichtet. Als Vorbild für diese Neuerung bietet sich die seit langem geübte Geheimhaltungspraxis der römischen Behörden, zumal der Kurie an2.

(sc. das → Apostelkonzil) nichts anderes beschließt, als was der Heilige Geist beschließt, und dass alle Angelegenheiten der Religion, worüber Meinungsverschiedenheiten bestehen, vor dieses Konzil gebracht werden müssen, und dass es keinem, wer er auch sei, groß oder klein, zusteht, sich mit seiner Meinung abzusondern mit Umgehung dieses Konzils und der Kirche zuzumuten, dass sie von ihm allein (etwas) akzeptieren solle? […] (Die Apostel sagten), als sie gegen die zu ihrer Zeit aufgestandene Häresie ihre Entscheidung gaben: Es ist der Beschluss des Heiligen Geistes und unser Beschluss. Sie haben (damit) alle Menschen belehrt, dass ihr Beschluss der Beschluss des Heiligen Geistes ist. Wer also die Entscheidung eines Konzils lästert, lästert den Heiligen Geist“ (vgl. Mt 12,31f.)3. G elasius   I. (†  496), Papst →  Appellation vom Papst an das Konzil, →  Bestätigung, → executrix conciliorum, → Kriterien, → Leo der Gr. (um 400–461), → nihil prorsus de bene compositis retractetur, →  regula ecclesiastica, → römische Konzilsprotokolle, → Verhältnis des Papstes zum Konzil

G ehorsam   Aus der den Konzilien zuerkannten → Autorität, insbesondere der Vorstellung ihrer →  Inspiration folgt einerseits die Pflicht zu Gehorsam und Annahme der Konzilsentscheidung, andererseits das Verbot, sie zu kritisieren (→ ante et post definitionem). Zu den Theologen, die beides, Gehorsam und Verbot von Kritik, besonders betonen und herausgearbeitet haben, gehört der arabisch-christliche Verteidiger des →  Chalcedonense (451) →  Theodor Abū Qurra: „Siehst du nicht, dass dieses Konzil

G eleitbrief   Geleitbriefe, d. h. Urkunden, in denen jemandem Geleitschutz gewährt wird, spielen auch in der Geschichte der Konzilien eine nicht unbedeutende Rolle. →  Jan Hus (†  1415) war mit einem solchen Geleitbrief seines Königs Sigismund zum →  Constantiense (1414–1418) gekommen und dort  – dessen ungeachtet  – verbrannt worden. Das →  Basiliense (1431–1437/49) stellte 1437 den griechischen Teilnehmern einen Geleitbrief aus, in dem die Ergebnisse der Vorverhandlungen berücksichtig wurden und sowohl die Redefreiheit (→  Freiheit) auf dem Konzil selber als auch die → Suspension aller Verurteilungen und dem Treffen entgegenstehender Bestimmungen zugesichert wurde. 1432 war schon den am →  Basiliense teilnehmenden Böhmen ein solcher Geleitbrief ausgestellt worden. Sein erster Artikel beginnt so: „Die Gesandten

   1 Vgl. Gestalt, 137.   2 Vgl. Gestalt, 145f.

  3 Vgl.  „Konzilslehre (des Theodor Abū Qurra)“, in: Alte Kirche, 183–187.

Geschäftsordnung

und Botschafter des Königreichs Böhmen und der Markgrafschaft Mähren, die zum Konzil nach Basel kommen werden, sollen für die Zeit ihres Aufenthaltes in Basel volles und freies Gehör vor der ganzen Versammlung haben, so oft sie es verlangen, stets ohne Aufschub und von der Art, wie es für ihre Verhältnisse […] am besten taugen wird, und es soll unterdessen auf dem Konzil nichts vorgenommen und verhandelt werden, was dem Gehör und der Vertretung ihrer Sache hinderlich sein könnte“. Es folgen zehn weitere Artikel mit Details, die in diesem Geleitbrief geregelt werden. Der Brief gab den Böhmen eine echte Chance, auf die Meinungsbildung des Konzils Einfluss zu nehmen. Der den Böhmen ausgestellte Geleitbrief hatte eine Nachgeschichte: Die zum → Tridentinum (1545–1563) eingeladenen Protestanten machten die Ausstellung eines gleichlautenden Geleitbriefs zur Bedingung ihrer Teilnahme an dem genannten Konzil. Er wurde von dem kaiserlichen Gesandten Francisco de Vargas († 1566) entworfen und nach zähen Verhandlungen mit dem Legaten des Papstes in einer überarbeiteten Fassung abgeschickt. Der Brief hält sich nahe an die Vorlage des →  Basiliense, erlaubt es aber den Protestanten, ihre Ansichten vorzutragen, ohne sich dem Konzil zu unterwerfen4. G énébrard , G ilbert (†  1597) →  Datierung, → Faktenirrtum, → Ordinalzahl G erbert , M artin (1720–1793)  Die im Laufe der Kirchengeschichte wiederholt auftretende und heftig umstrittene → Superioritätsfrage war im 18.  Jh. zunächst in Frankreich, dann aber auch in Deutschland wiederum virulent. Zwischen den beiden Extrempositionen, dem strengen → Papalismus und dem strengen →  Konziliarismus bzw. Episkopalismus, wie er auf der einen Seite von dem italienischen Jesuiten Francesco Antonio →  Zaccaria und dem Episkopalisten Johann Nikolaus von →  Hontheim vertreten wurde, suchte der Benediktiner und Fürstabt von St.  Blasien eine mittlere,   4 Vgl. Apostelkonzil, 329–332.

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vermittelnde Position. Er hatte bei seinen wissenschaftlichen Reisen durch Europa vor allem in Frankreich das Aufeinanderprallen der beiden Positionen und die daraus resultierende innere Zerrissenheit der Kirche erfahren und plädierte deswegen in seinem De communione potestatis ecclesiasticae inter summos ecclesiae principes, pontifices et episcopos (1761) für eine via media. → Papalismus und → Konziliarismus stellen in den Augen Gerberts Spielarten desselben Grundirrtums dar; dieser besteht darin, die von Christus gewollte und gestiftete communio der Kirchenführung zugunsten eines dominatus mundanus bzw. absolutus aufzulösen. Beide Spielarten seien Formen eines weltlichen Absolutismus, die dem Willen des Stifters der Kirche gleicherweise entgegengesetzt sind5. → Apostelkonzil, → Appellation vom Papst an das Konzil, → Bestätigung, → communio potestatis, →  Einberufung, →  Frequens, →  Haec sancta, →  Herkunft der Gewalt →  Hontheim, Johann Nikolaus von (1701– 1790), → Konzilstraktate, → Notwendigkeit, →  Papstprivilegien, →  Superioritätsfrage, → Zaccaria, Francesco Antonio (1714–1795) G erlier , P ierre -M arie († 1965) → Lubac, Henri de (1896–1991) G ermanus von K onstantinopel († 730) → Kriterien, → Partikularkonzil G eschäftsordnung  Wie in praktisch fast allen weltlichen Gremien existieren auch im höchsten Verfassungsorgan der Kirche, in den Konzilien, Geschäftsordnungen. Vor den ersten bekannten Konzilsgeschäftsordnungen im strengen Sinn des Wortes, denen des →  Constantiense (1414–1418) und des → Basiliense (1431–1437/49), sind schon ordines de celebrando concilio (→  ordo de celebrando concilio) anzutreffen, die keine einzelnen Konzilien, sondern ganze Serien von ihnen reglementierten. Außerdem gab es Reihen von Konzilien, z.  B. die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil)   5 Vgl.  „Stellungnahmen zur Superioritätsfrage: Gerbert, Hontheim, Zaccaria“, in: Reformation, 403–449.

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der Alten Kirche, deren einheitlicher Ablauf sich am besten durch eine vielleicht nicht schriftlich fixierte, sondern bloß gewohnheitsrechtliche Form von ordo erklärt. Was die neuzeitliche Geschäftsordnung der ökumenischen Konzilien angeht (→  ökumenisches Konzil), so kann man drei Formen unterscheiden, erstens solche, die vom Konzil praktisch ohne Mitwirkung des →  Papstes erlassen wurden, zweitens solche, die zusammen von Papst und Konzil aufgestellt wurden, und solche die allein vom Papst dem Konzil auferlegt wurden6. Die vom → Papst für das → Vaticanum I (1869–1870) erlassenen Geschäftsordnungen wurden massiv kritisiert, aber von der Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica verteidigt (→  Jesuiten)7. Insofern diese Geschäftsordnungen u.  a. den Teilnehmerkreis und die Gewalt des Vorsitzenden gegenüber der Versammlung näher bestimmen, stellen sie so etwas wie die Ekklesiologie des betreffenden Konzils in nuce dar. G eschichte der K onzilsidee in der A lten K irche   Die Geschichte der Konzilsidee ist von der Konziliengeschichte zu unterscheiden. Letztere befasst sich mit dem Ereignis der Synoden selber, ihrem Anlass, ihrem Verlauf, ihren Beschlüssen, ihrer Rezeption usw., die Geschichte der Konzilsidee dagegen mit den Vorstellungen, den Begriffen, mit deren Hilfe man das Phänomen „Konzil“ (→  Dimensionen) beschrieb und zu verstehen suchte (→  Konzilsideen). Die Konziliengeschichte ist dabei eine relativ alte Disziplin8, die Geschichte der Konzils­ idee im Wesentlichen erst im letzten Jahrhundert entstanden. Man findet ihre Anfänge bisweilen unter dem Begriff der →  „Theologie des Konzils“9. Wir beschrän  6 Vgl. „Die Konzilsgeschäftsordnungen von Konstanz bis Vatikan II und ihre älteren Vorstufen. Ein Überblick“, in: Gestalt, 123–152.   7 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 155–157.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 31.   8 Vgl.  „Anfänge der modernen Konziliengeschichtsschreibung“ in: Reformation, 223–273.   9 Zu den Pionieren der Geschichte der Konzils­ idee gehört vor allem Y. Congar mit mehreren bahnbrechenden Studien. Zu den Anfängen der Geschichte der Konzilsidee mit Literaturhinwei-

ken uns bei unserem hier erstellten Überblick auf ein paar markante Momente in der Geschichte der altkirchlichen Konzilien und der Geschichte ihrer Idee. Ganz am Anfang der Entwicklung treffen sich mehrere Bischöfe einer Region persönlich, um gemeinsam kirchliche Angelegenheiten zu regeln. Erste sichere Nachrichten über solche persönlichen Treffen gibt es schon für den Ausgang des 2. und den Beginn des 3.  Jh.s im Osterfeststreit zwischen Kleinasien und Rom und in der Frage des Montanismus in Nordafrika seit der Mitte des 3. Jh.s (→ frühestes Zeugnis). Entsprechend der wachsenden Organisation und Einheit der Kirche kommt es dann zu Versammlungen ganzer Kirchenprovinzen und schließlich mit dem →  Nicaenum  I (325) zur Versammlung der ganzen Reichskirche. Die Versammlungen größerer Kirchenverbände traten auch vor dem →  Nicaenum  I schon mit dem Anspruch auf, Entscheidungen für die ganze Kirche zu treffen. Entsprechend wird z.  B. die Verurteilung des → Paulus von Samosata († 275) auch der ganzen Kirche mitgeteilt. Zugrunde liegt diesem Anspruch und seiner Anerkennung durch andere Kirchen die Idee der →  Inspiration durch den Heiligen Geist. Die ökumenische, d.  h. „weltweite“ Versammlung des Konzils von Nicaea (→ Nicaenum I) stellt in dieser Entwicklung zunächst nur ein Faktum dar; es brauchte Jahrzehnte, um dessen theologische Implikationen zu entfalten und zu begreifen. Anders ist im Übrigen ja auch nicht seine Ablehnung durch weite Teile der damaligen Kirche zu verstehen. Die Vorstellung, die sich zunächst bei mehr und mehr Anhängern der Konzilsentscheidung von Nicaea durchsetzte, führte zunächst zu einer → Monopolstellung des Nicaenum  I. Diese Versammlung, dachte man, habe ein für alle Mal den Glauben an Christus festgelegt. Die Parole lautete: Nicaea genügt. Das stellte sich aber mit der Zeit als eine Fiktion heraus, die Häretiker nicht ausschließt, sondern begünstigt (→ Häresie). So brach sich denn allmählich eine neue Vorstellung Bahn: Nicaea sen vgl. „Einleitung“, in: Alte Kirche, 1–19, speziell zu dem französischen Jesuiten ebd., 13f.

Gewissheit

genügt nicht ein für alle Mal, sondern ist ein Modell, ein Vorbild für die Fähigkeit der Kirche, immer wieder, wenn der Glaube in Gefahr ist, solche die gesamte Kirche bindenden Entscheidungen zu fällen. →  Vigilius von Thapsus (5.  Jh.) fasst diese neue Stufe der Entwicklung in die treffende Formel: Die Monophysiten „kennen eben nicht die Regel und Gewohnheit katholischer Konzilien, auf den nachfolgenden Konzilien neue Dekrete entsprechend den Erfordernissen der neu aufgekommenen Häresien jeweils so aufzustellen, dass unumstößlich bleibt, was vorher auf früheren Konzilien gegen alte Häretiker verkündet worden war“ (→  Häresie, →  nichtbiblische Termini). Die Erkenntnis von der → Wiederholbarkeit einer Versammlung wie der von Nicaea (→  Nicaenum  I) ist die Geburtstunde der Einrichtung der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) als solcher. Das Neue, das mit der Überwindung der → Monopolstellung des Nicaenum I entstand, besteht darin, dass der tendenzielle Anspruch aller Konzilien, geistgeschenkte Wahrheit zu lehren, nunmehr zu einem prinzipiellen wird. Für diese den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) zugeschriebene Fähigkeit, die Wahrheit vom Irrtum im Glauben zu unterscheiden, kennt die Alte Kirche noch nicht den Begriff der → Unfehlbarkeit. Dieser missverständliche Terminus kommt in Bezug auf die Konzilien erst im 14. Jh. in den Auseinandersetzungen um die dem →  Papst eigene Autorität auf und hat den polemischen Sinn, den Papst dem Konzil unterzuordnen (→  Superioritätsfrage). Klares Anzeichen dafür, dass die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) sich zu einer zentralen Institution der Kirche entwickelt haben, sind die im 5.  Jh. entstehenden Listen (→ Liste), in denen die jeweils rezipierten Konzilien eines nach dem anderen aufgezählt werden und die erweitert werden, wenn neue Konzilien rezipiert wurden (→  Rezeption). Dabei ändert sich der Sinn dieser Listen (→ Liste) mit der Zeit. Bedeuten sie am Anfang, dass das Konzil von Nicaea (→  Nicaenum  I) bestätigt und bekräftigt wurde, so stand später hinter einer solchen Aufzählung die Vorstellung, dass

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eine Reihe von Konzilien eigenen Rechts und eigener Autorität stattgefunden hat. Ungefähr in dieser Zeit kommt auch ein neues literarisches Phänomen auf: die sog. Konzilsynopsen, mehr oder weniger ausführliche schematische Resümees der von der Kirche rezipierten Konzilien (→ Synopsen). Das →  Nicaenum  II (787) bietet so etwas wie die Definition eines → ökumenischen Konzils. Ein erstes Kriterium (→ Kriterien) ist der → Konsens der fünf Patriarchen. Das zweite Kriterium (→ Kriterien) hebt auf die besondere Rolle des → Papstes bei diesem → Konsens ab. An diese beiden formalen →  Kriterien schließt sich als drittes die inhaltliche →  Übereinstimmung mit den vorher von der Kirche rezipierten Konzilien an. Zum Zeichen dafür, dass diese inhaltliche → Übereinstimmung gegeben ist, erhält ein Konzil dann die → Ordinalzahl. Wo diese →  Ordinalzahl als zu Recht gegeben erkannt wird, gilt ein Konzil als kirchlich rezipiert (→ Rezeption). G ewissheit   Gemeint ist hier die Frage, wie Nichtspezialisten, d. h. einfache Gläubige, zur Gewissheit darüber kommen können, dass ein bestimmtes Konzil ein → ökumenisches Konzil ist. Was Spezialisten, also vor allem Historiker betrifft, so geht man davon aus, dass sie grundsätzlich durch ihre Nachforschungen zu solcher Gewissheit kommen können. Im Rahmen seiner Erörterungen über die →  Unfehlbarkeit der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) macht sich der renommierte französische Theologe Honoré de Tournély († 1729) den Einwand, die ökumenischen Konzilien könnten deswegen den Gläubigen keine Gewissheit bringen, weil im Einzelnen eben nicht feststehe, welches Konzil denn nun wirklich ökumenisch sei. Es gebe zwar Bedingungen, von deren Erfüllung die → Ökumenizität eines Konzils abhänge, als da sind eifrige Bemühung der Teilnehmer des Konzils um die Wahrheit, → Freiheit der Abstimmung, die Verwendung der →  Heiligen Schrift und der Tradition (→ Überlieferung) für die gefällte Entscheidung usw. (→ Kriterien), aber darüber, ob ein Konzil tatsächlich diese Bedingungen erfüllt habe, sei eben für

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den einfachen Laien keine Gewissheit zu erlangen. Tournélys Antwort auf diesen Einwand lautet: Die Tatsache, dass diese Bedingungen erfüllt seien, ergebe sich aus der → Rezeption des Konzils. Denn mit demselben Glauben, mit dem wir glauben, dass Christus den Konzilien, wie verheißen, mit seiner Hilfe beisteht, glauben wir auch, dass ebendiese Konzilien, wenn sie rezipiert wurden, die genannten Bedingungen für ihre → Ökumenizität erfüllt haben. Mit anderen Worten: Die → Rezeption gehört zwar nicht zum →  Wesen des Konzils, wie von dem französischen Kanonisten Jean-Pierre → Gibert († 1736) behauptet wird, aber sie ist ein sicheres Zeichen a  posteriori, an dem die → Ökumenizität abgelesen werden kann10. G ibert , J ean -P ierre (†  1736) →  Gewissheit, → Priesterstimmrecht, → Rezeption G iuliano C esarini (†  1444) →  Cogitanti, → erneute Behandlung von schon Definiertem, → Sicut sancti G iustiniani , O razio († 1649) → Agostino Patrizi (um 1435–1495)

Maßstab den Gesichtssinn, der sich über die Geradheit eines Holzstückes täuscht, verbessert, indem er das Krumme sichtbar macht, so berichtigt dieser Text den Verstand von Menschen, die unseren Glauben mit ihren Ideen verbiegen und verkehren wollen. Lasst uns jenen (Vätern) folgen, indem wir ihren Worten Glauben schenken, statt Pro­ bleme zu erörtern. Denn jene Väter sagten: wir glauben, und nicht: wir bringen Beweise und Argumente. Lasst auch uns glauben, dass das (im Bekenntnis) Ausgeführte sich so verhält, und gänzlich auf alles vorwitzige Fragen verzichten. Über das uns von den Vätern Anvertraute sitzen wir nicht zu Gericht, vielmehr bekennen wir, dass (alles) so von Gott her geschehen ist. Wer von dieser Glaubensformel in seinem Denken abweicht, ist demzufolge für Christen ein Fremder, mag er (auch sonst) treffend über unseren Glauben zu reden scheinen. Denn auch außerhalb der Kirche verlangt niemand, dass ihm das erste Prinzip (‚arche‘) der jeweiligen Wissenschaft bewiesen werde, vielmehr übernimmt man das erste Prinzip von seinem Lehrer im Glauben, ohne gegen dasselbe irgend eine Überlegung vorzubringen. Und fürwahr, Prinzip des Glaubens an den Eingeborenen ist diese Darlegung der Väter“11. → causa fidei et negotia privata, → Constantinopolitanum I, → Filioque, → Formeln, → Heilige Schrift, → Maßstab, → Nichtbiblische Termini

G laubensbekenntnis  Mehrere ökumenische Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche haben Glaubensbekenntnisse aufgestellt, das bedeutendste und geschichtswirksamste von ihnen ist das des →  Nicaenum  I (381), die fides Nicaena. Eine Reihe von →  Kirchenvätern hat zu diesem schlechthin grundlegenden Text expositiones verfasst, neben →  Cyrill von Alexandrien (†  444) auch Theodotus von Ancyra (†  vor 446). Der ehemalige Parteigänger des auf dem →  Ephesinum (431) verurteilten → Nestorius macht dabei Ausführungen zur formalen Autorität dieses Textes, die auf ihre Weise auch für andere konziliare Glaubensbekenntnisse passend sind. Nach der Zitation der fides Nicaena fährt Theodotus fort: „Mit diesen Worten legen uns die Väter den Glauben über den Eingeborenen dar; nach Art eines Maßstabes (‚Kanon‘) lenken sie unser menschliches Begreifen. Denn wie ein

G laube und W erke   Das Begriffspaar gehört in eine →  Geschichte der Konzilsidee, seit Martin →  Luther (†  1546) mit dessen Hilfe der traditionellen Auslegung von →  Apg 15 eine völlig neue Sicht der Lukas-Perikope an die Seite gesetzt hat. Herkömmlich galt das Aposteldekret als die Hauptsache dieses Konzils, legitimierte es doch mit nicht zu überbietender Autorität die kirchliche Praxis, Gebote und Verbote aufzustellen. Es sind die Apostel selber und ihr Konzil, die die kirchliche Gesetzgebung, insbesondere die konziliare, rechtfertigen. →  Luther verlagert nun die Sinnspitze der

 10 Vgl. Apostelkonzil, 557f.

 11 Vgl. Alte Kirche, 232–234.

Gregor

Perikope vom Aposteldekret auf die Petruspredigt (Apg 15,7–11) und erklärt diese zum „Hauptartikel“ des Konzils. Das Aposteldekret wird dadurch zur „Nebensache“, zum Anhängsel. Es ist nach Martin → Luther legitim, das Aposteldekret zur „Nebensache“ zu machen, weil die „gewaltige und schöne Predigt“ des Petrus in der Tat von ganz anderer Natur ist; denn sie handelt vom Glauben. Ein Glaubensartikel ist aber seiner Natur nach von bleibender, ewiger Gültigkeit. Anders das Aposteldekret, es handelt nicht vom Glauben, sondern von der Liebe. Deren konkrete Gebote hängen ab von den jeweiligen Gegebenheiten und sind deswegen nicht von bleibender Dauer und Gültigkeit. Das Aposteldekret galt so lange, als die Heidenchristen den Judenchristen  – aus Liebe – kein Ärgernis geben durften. Als es keine Judenchristen mehr gab oder man nicht mehr zusammen mit ihnen lebte, „fiel“ das Aposteldekret zu Recht und geriet in Vergessenheit. Durch die Unterscheidung von zwei Artikeln in → Apg 15, dem Glaubensartikel des Petrus und dem Liebesgebot des Jakobus bzw. des Aposteldekretes ist dem Reformator ein großer Wurf gelungen. Er hat damit nicht nur der katholischen Seite ein für ihn gefährliches Schriftargument aus der Hand geschlagen, er hat darüber hinaus die Konzilsproblematik in einen systematischen Zusammenhang mit dem Kernstück seiner eigenen Theologie, der Rechtfertigungslehre, gebracht. Nach dieser Lehre rechtfertigt der Glaube ohne die Werke. Wenn aber der Glaube allein rechtfertigt, dann kann ein Konzil im rechten Verständnis keine Dekrete aufstellen, die im Gewissen verpflichten12. Die Unterscheidung von Glaube und Werk, von Haupt- und Nebensache der Konzilien, gilt in →  Luthers Augen nicht nur für das → Apostelkonzil, sondern auch für die folgenden ökumenischen Synoden (→ ökumenisches Konzil) der Kirche13. Während → Luthers → Leugnung der Unfehlbarkeit eine große historische Nachwirkung beschieden war, wurde seine theo 12 Vgl.  „Auslegung von Apg 15 (durch Luther)“, in: Reformation, 23–32.  13 Vgl. „Konzilshermeneutik (bei Luther)“, in: Reformation, 32–43.

von

Nazianz

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logisch tiefe und positive Auslegung des →  Apostelkonzils auf katholischer Seite, sieht man einmal von dem englischen Kardinal Reginald → Pole († 1558) ab, nicht beachtet. G laubensartikel → Glaube und Werke, → Protestantische Konzilsidee glaubwürdigkeitsmotiv

eur“ G offredus sches Recht

de

→  „fait extéri-

T rano (†  1245) →  Römi-

G ravina , D omenico (†  1643) →  Sanhe­ drin G réa , A drien († 1917) → Partikularkonzil G regor der G r . (†  604), Papst →  causa fidei und negotia privata, → Constantinopolitanum  I (381), →  executrix conciliorum, → Konnumerierung, → Liste, → regula ecclesiastica, →  römische Konzilsprotokolle, → Sicut sancti, → Unterschrift, → Viererprimat, → Vollendung, → Wesen, → Zweifel G regor VII. (†  1085), Papst →  römische Konzilsprotokolle G regor IX. († 1241), Papst → via concilii G regor von N azianz (um 329–390)  Der kappadokische Kirchenvater hat keinen positiven Beitrag zur Entfaltung der Konzils­ idee (→  Konzilsideen) geleistet wie die meisten anderen in diesem Lexikon in einem eigenen Lemma behandelten Autoren. Der große Theologe –  man gab ihm den Bei­ namen ho theólogos  – und praktisch einzige Dichter unter den → Kirchenvätern ging in die Geschichte ein durch seine →  Kritik an den Konzilien und seine Klagen über die Erfahrung, die er mit Konzilien gemacht hat: „Mir geht es so, wenn man die Wahrheit schreiben soll, dass ich jede Bischofsversammlung meide, denn ich habe noch bei keinem Konzil ein glückliches Ende gesehen, noch dass es für die Übel eine Lösung gefunden hätte, anstatt sie zu vergrößern. Es

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gibt dauernd Streitereien und Rivalitäten […]“. Dieses Diktum ist ein Standardzitat bei Autoren, die die Konzilien in Misskredit zu bringen versuchen, angefangen von Martin →  Luther (†  1546) und Jean Calvin (†  1564) bis zu dem protestantischen Kirchenhistoriker Johann Matthias Schröckh († 1808) und dem katholischen Aufklärer Felix Anton → Blau († 1798). Gregors negatives Urteil ist durchaus nachvollziehbar, wenn man einerseits berücksichtigt, dass der sensible Poet tatsächlich selber üble Erfahrungen mit einem Konzil, nämlich dem → Con­ stantinopolitanum  I (381), gemacht hat, andererseits zu seiner Zeit die Institution als solche erst im Entstehen war14. →  Dreihundertachtzehn Väter, →  Kirchenväter, → Kritik G regor lieferung

von

N yssa († nach 394) → Über-

G riechische K onzilsidee  Nicht nur die lateinische Seite hat ihre spezielle Vorstellung vom Konzil, ihre eigene Konzilsidee (→ Konzilsideen), sondern auch die griechische Seite. Diese Vorstellung ist deutlich greifbar, erstens, im Kontext der Kontroverse um das → Filioque. In den zahlreichen literarischen Zeugnissen dieser Auseinandersetzung kommt es im Zusammenhang des Hauptgravamens der Griechen gegenüber den Lateinern, nämlich der Hinzufügung des →  Filioque in das nicaeno-konstantinopolitanische Symbolum (→  Glaubensbekenntnis), bei mehreren der betreffenden Autoren zu ausdrücklichen Aussagen über Konzilien. Wir haben in diesen literarisch homogenen Texten so etwas wie einen → locus de conciliis vor uns15. Deutlich greifbar ist die spezifisch griechische Konzilsidee, zweitens, in den Konzilssynopsen (→ Synopsen). Eine von ihnen ist auch auf lateinisch über-

 14 Vgl. „War Gregor von Nazianz ein Gegner der Konzilsinstitution?“, in: Ökumenisches Konzil, 11–27. – Vgl. auch Literaturnachtrag 32.  15 Vgl.  „Mittelalterliche Konzilsidee im Kontext der Filioque-Kontroverse (867–1378)“, in: Mittelalter, 277–314.

liefert16. Drittens stellen die griechischen Stellungnahmen im Kontext des → Florentinum (1439–1443) eine natürliche Fortsetzung der genannten Filioque-Kontroverse dar17. Interessantes Licht fällt auch im Dialog →  Anselms von Havelberg (†  1158) mit seinem griechischen Gesprächspartner →  Niketas auf die griechische Konzilsidee, obwohl die Quellenlage hier weniger günstig ist, da wir nicht ohne Weiteres von der Historizität des Dialogs ausgehen können18. Auch der Briefwechsel zwischen →  Innozenz III. († 1216) und → Basileios Pediadites (†  vor 1219) im Zusammenhang der Einladung (→  Einberufung) der Griechen zum → Lateranense IV (1215) beleuchtet die griechische Konzilsidee19. Exemplarisch ist die „Definition“ eines → ökumenischen Konzils durch den Kanonisten → Makarios von Ancyra († 1405): „Durch seine Sacra beruft der Kaiser die fünf Patriarchen und von den Metropoliten, so viel er will. Dieselben kommen nach Erhalt des kaiserlichen Befehls entweder in eigener Person oder sie schicken Stellvertreter […] Wenn auch nur einer von den Patriarchen fehlt oder seine Stellvertreter, wird über die verhandelte Frage kein Urteil gesprochen. Denn von einer ökumenischen Synode kann nur die Rede sein, wenn die fünf Patriarchen einstimmig gleichzeitig anwesend sind oder ihre Stellvertreter […] Deswegen warten alle Anwesenden auf den, der noch nicht da ist, bis er kommt, wer immer es sei“. Das → ökumenische Konzil ist in den Augen des →  Makarios wesentlich eine Versammlung der fünf Patriarchen als solcher (→  Pentarchie). Ihre Anwesenheit unterstreicht nicht bloß die →  Ökumenizität, sondern stellt die conditio sine qua non eines → ökumenischen Konzils dar. Nicht weniger konstitutiv als die Anwesenheit aller  16 Vgl. „Der ‚Tractatus de septem conciliis generalibus‘ (Ms. Paris, Bibl. Nat. 12264). Eine griechische Konzilssynopse in lateinischer Übersetzung des 12. Jahrhunderts“, in: Gestalt, 189–202.  17 Vgl. „Griechische Konzilsidee zur Zeit des Florentinums“, in: Apostelkonzil, 356–391.  18 Vgl.  „Östliche und westliche Sicht des Primats und der Konzilien (bei Anselm von Havelberg)“, in: Mittelalter, 176–178.  19 Vgl. „Die Konzilsidee des Briefschreibers (Basileios Pediadites)“, in: Gestalt, 81–88.

Guillaume Fillastre

fünf Patriarchen (→  Pentarchie) ist für das → ökumenische Konzil der → Kaiser. Er hat dem Konzil gegenüber die grundlegende und zentrale Funktion der → Einberufung: „Allein der römische Kaiser hat die Vollmacht eine für eine bestimmte Zeit geplante Synode einzuberufen, weil er von Gott nicht nur die Lenkung des Reiches, sondern auch der Kirche übertragen bekam“, so → Makarios von Ancyra. Zu den Bedingungen des → ökumenischen Konzils gehört schließlich, drittens, die Teilnahme des → Papstes (→ regula ecclesiastica, → Teilahme des Papstes). Der → Papst darf jedoch nicht die Rolle eines Lehrers, eines Herrn über das Konzil beanspruchen20. G rillmeier , A lois († 1998) → Jesuiten G ropper , J ohannes (†  1559) →  Regensburger Buch G rotius , H ugo († 1645) → Ursprung G rundtypen   Während es im Osten eine mehr oder weniger homogene Entwicklung der Konzilsinstitution und -idee (→ Konzils­ ideen) gibt, kennt der Westen diese nicht. Wir finden dort nach der morgenländischen Kirchenspaltung (1054) verschiedene → Arten von Kirchenversammlungen und ihnen entsprechende → Konzilsideen. Die Vielzahl von Vorstellungen und Begriffen von Konzil lässt sich jedoch auf vier Grundtypen reduzieren: Ein erster konzipiert das → ökumenische Konzil ganz vom →  Papst her. Das Konzil ist die Versammlung der Bischöfe durch den → Papst, um den Papst und unter dem Papst. Diesem ersten Grundtypus westlicher → Konzilsideen ist auch noch die Konzilsvorstellung von can. 337 § 3 des → Codex Iuris Canonici (1983) zuzuordnen21. Ein zweiter Grundtypus versteht das → ökumenische Konzil dagegen ganz von der Kirche her. Die zentrale Vorstellung ist hier die →  Repräsentation der Kirche durch das  20 Vgl.  „Äußere Bedingungen (für eine ökumenische Synode im Sinne der Griechen)“, in: Apostelkonzil, 361–372. – Vgl. auch Literaturnachtrag 33.  21 Vgl. Ökumenisches Konzil, 121.

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Konzil. Unter den Autoren, die dem genannten Grundtypus zuzuordnen sind, fällt der Engländer →  Thomas Netter Waldensis († 1430) auf. Für ihn ist das Konzil die ecclesiae catholicae imago propinquior … simillima genitura. Et ideo est universali ecclesiae in auctoritate multum conformis, quamvis secundum rei veritatem disparis ponderis. Ohne die Vorstellung der → Repräsentation zu bemühen, kommt der Engländer mit seinem imago-Begriff den festländischen Konziliaristen (→ Konziliarismus) doch nahe22. Unter den modernen Autoren kommt diesem zweiten Grundtypus Hans →  Küng (*  1928) am nächsten, wenn es bei ihm heißt: „Das ökumenische Konzil aus menschlicher Berufung ist wirklich23 Repräsentation des ökumenischen Konzils aus göttlicher Berufung“24. Ein dritter Grundtypus sieht das Konzil wesentlich als → Konsens, näherhin als geistgewirkten Konsens (→ Inspiration). Unter den zahlreichen Vertretern dieses Typs verdient der italienische Jesuit Francesco Quarella († 1908) eine besondere Erwähnung, weil er, stark von Jacques-Bénigne →  Bossuet († 1704) abhängig, das Konzil als → Konsens definiert, womit er quer steht nicht nur zur Tradition seines Ordens, sondern auch zur überwiegenden Mehrzahl seiner katholischen Zeitgenossen25. Ein vierter Grundtypus schließlich konzipiert das Konzil wesentlich als Versammlung des Bischofskollegiums (→ Kollegialität)26. Ihm sind Namen zuzuordnen wie →  Jean Gerson (†  1429), →  Johannes von Segovia (†  1958), → Giovan Vincenzo → Bolgeni († 1811), Yves → Congar († 1995), Karl → Rahner († 1984) und Joseph → Ratzinger (* 1927). G uillaume F illastre († 1428) → Tagebücher

 22  23  24  25  26

Vgl. Ökumenisches Konzil, 127f. Im Original kursiv. Vgl. Ökumenisches Konzil, 132. Vgl. Ökumenisches Konzil, 141. Vgl.  „Westkirchliche Definitionen und Begriffe vom ökumenischen Konzil nach der morgenländischen Kirchenspaltung“, in: Ökumenisches Konzil, 107–151.

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G uise , C harles num (1439–1443)

de

(†  1563) →  Florenti-

G ültigkeit →  Bestätigung, →  Constantinopolitanum II (553), → Glaube und Werke, →  Öffentlichkeit, →  Partikularsynode, → Rezeption, → Übereinstimmung

n  H H aec sancta   Das Dekret Haec sancta wurde vom → Constantiense (1414–1418) am 6. April 1415 veröffentlicht. Es enthält eine Aussage zur →  Superioritätsfrage, die bis zum heutigen Tag umstritten ist. Sie lautet: „Diese im Heiligen Geiste rechtmäßig versammelte Synode, die ein allgemeines Konzil darstellt und die streitende katholische Kirche repräsentiert, hat ihre Vollmacht unmittelbar von Christus; ihr ist jedermann, welchen Standes oder welcher Würde auch immer, auch wenn es die päpstliche sein sollte, gehalten zu gehorchen in dem, was den Glauben, die Ausrottung des besagten Schismas und die allgemeine Reform dieser Kirche Gottes an Haupt und Gliedern betrifft“. Schon zur Zeit der Konzilien von Konstanz (→ Constantiense) und Basel (1431–1437/49) (→ Basiliense) wurde es rundweg abgelehnt1 oder gerechtfertigt2 oder von →  Nikolaus von Kues († 1464) zunächst akzeptiert, dann aber nach seinem Wechsel auf die päpstliche Seite neu interpretiert3. → Johannes von Torquemada (†  1468) sieht den Primatspassus des → Florentinum (1439–1443) in direktem Widerspruch zu Haec sancta4. Martin → Luther († 1546) beruft sich im Zusammenhang seiner Forderung eines freien Konzils (→ Freiheit) auf Haec sancta5, hält aber andererseits die in ihm zum Ausdruck kommende Berufung auf den Heiligen Geist (in spiritu sancto) für „blasphemisch“6. Der Gallikaner Edmond →  Richer (†  1631) plädiert für die Gültigkeit des Dekrets7, Jacques-Bénigne → Bossuet († 1704) stützt sich für die These der Fehlbarkeit des →  Papstes (non ex sese) auf Haec sancta8. Martin →  Gerbert (†  1793) sieht in ihm einen Bruch mit der Tradi-

   1   2   3   4   5   6   7   8

Vgl. Traktate, 43.  Vgl. Traktate, 49. Vgl. Traktate, 45. Vgl. Apostelkonzil, 398, 415, 420. Vgl. Reformation, 23 Vgl. Reformation, 47. Vgl. Reformation, 267. Vgl. Apostelkonzil, 529.

tion der Kirche9, Johann Nikolaus von →  Hontheim (†  1790) eine Hauptstütze seiner Ekklesiologie10. Für den Aufklärer Felix Anton →  Blau (†  1798) drückt sich in dem Dekret das Selbstverständnis der Reformkonzilien aus11. Besonders heftig umkämpft war das Dekret im Anschluss an die als Einschüchterungsmaßnahme Ludwigs  XIV. (†  1715) gegen Papst Innozenz  XI. (†  1689) gedachte →  Defensio declarationis conventus cleri Gallicani (1682), die die sog. „Freiheiten der französischen Kirche“ in vier Sätzen proklamierte. Der zweite Satz beinhaltet und bestätigt die Superiorität des Konzils über den → Papst (→ Superioritätsfrage), wie sie nach konziliaristischer Auslegung (→ Konziliarismus) in dem Dekret des Konzils von Konstanz (→ Constantiense) Haec sancta definiert worden war. – Der Streit um Haec Sancta bezieht sich sowohl auf seinen Textbestand als auch auf seinen Sinn und seine Verbindlichkeit12. Eröffnet wurde die Kon­ troverse durch den Präfekten der Vatikanischen Bibliothek Emmanuel Schelstrate (†  1692), der sich aufgrund seiner Entdeckung neuer Handschriften des → Constantiense 1683 anheischig machte, jetzt endgültig die konziliaristische Auslegung von Haec sancta widerlegen zu können13. Unter den zahlreichen Plädoyers für die Geltung des Dekrets ragen zwei hervor, einerseits die 1684 verfasste, aber erst 1711 veröffentlichte Replik des wortgewaltigen Anwalts des → Jansenismus Antoine Arnauld († 1694)14, andererseits die des „Redakteurs“ der →  Defensio, Jacques-Bénigne → Bossuet († 1704)15. Die Fronten bleiben auch im 19. und 20. Jh. verhärtet: Für den Ex-Jesuiten Giovan Vincenzo → Bolgeni (†  1811) war das →  Con­stantiense zur Zeit der Definition des Dekrets überhaupt

  9  10  11  12

Vgl. Reformation, 414. Vgl. Reformation, 428. Vgl. Reformation, 503f. Vgl. „Streit um Haec sancta im Anschluß an die Declaratio cleri Gallicani“, in: Reformation, 306– 349.  13 Vgl.  „Auftakt der Kontroverse (um Haec sancta)“, in: Reformation, 309–321.  14 Vgl. „Ein großes Plädoyer (für Haec sancta)“, in: Reformation, 328–332.  15 Vgl. Reformation, 336–342.

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kein ökumenisches Konzil16, für den liberalen Franzosen Henri → Maret († 1884) ist es zwar kein Dogma im strikten Sinn des Wortes, aber doch ein verehrungswürdiges „konstitutionelles Gesetz“ der Kirche17. Hans → Küng (* 1928) sieht in ihm „eine bestimmte Art von Superiorität definiert“18. Das für die Geschichte von Haec sanc­ta wichtigste Ereignis im 19. Jh. war ohne Zweifel die Definition des Jurisdiktionsprimats des → Papstes auf dem →  Vaticanum  I (1869–1870). Sie schließt eine konziliaristische Interpretation (→  Kon­ ziliarismus) des Dekrets aus. Auf dem Weg hin zu dieser Definition ist in den Stellungnahmen zu Haec sancta eine deutliche → Abwertung des Konzilsgedankens zu beobachten19. H äresie   Im vorliegenden Rahmen kann es nicht darum gehen, den Begriff Häresie umfassend zu beleuchten, es genügt vielmehr, einige sich unmittelbar auf die Konzilien beziehende Aspekte zu benennen. Konzilien wurden, erstens, von Beginn an als Mittel zur Beseitigung von Häresien abgehalten. Zweitens wurde zumindest vom Mittelalter an diskutiert, ob nicht auch sie selber häretisch sein können. Drittens wurde darüber debattiert, ob die Ablehnung eines einzigen Konzils jemanden zum Häretiker machen kann. Den ersten Aspekt belegt schon eines der frühesten Protokolle (→ Protokoll), die wir von Konzilien besitzen, der Disput des → Origenes († um 254) mit dem der Häresie verdächtigten Bischof Herakleides: Ziel des Konzils ist es, eine vom Glauben der Kirche abweichende Meinung über Christus zu brandmarken20. Ein herausragendes Beispiel ist sodann die Verurteilung des →  Paulus von Samosata (†  275) durch das Konzil von → Antiochien (268). Zahlrei 16  17  18  19

Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 27. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 89f. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 264. Vgl. „Die Einschätzung des Konstanzer Dekrets Haec sancta in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 36–71. – Vgl. auch Literaturnachtrag 34.  20 Vgl.  „Lehrdisput mit dem Didaskalos der Kirche“, in: Alte Kirche, 466–476; J. Miethke, Via concilii. Il decreto Haec sancta e il conciliarismo nel concilio di Costanza, in: CrSt 37 (2016) 55–95.

che weitere frühchristliche Konzilien haben die Verurteilung von Häretikern zum Gegenstand. Nach →  Athanasius von Alexandrien († 373) bedarf es für die Feier eines Konzils eines vernünftigen Grundes bzw. Anlasses; dieser besteht im Aufkommen einer neuen Häresie. Ja, nur das Aufkommen einer solchen neuen Häresie rechtfertige seine Versammlung21. → Vinzenz von Lérins († 434/50) verallgemeinert diese Sicht auf die Häresie und stellt im Zusammenhang der Frage, was die Konzilien eigentlich für die Kirche leisten (→  Ertrag) fest: „[…] aufgeschreckt durch die Neuerungen der Häretiker“ habe die Kirche jeweils ihre Konzilien abgehalten und die Häretiker verurteilt22. Ähnlich sieht → Vigilius von Thapsus, ein afrikanischer Theologe des 5.  Jh.s, den Zusammenhang von Konzil und Häresie. Er beschreibt genauer die Reaktion der Konzilien auf die je neue Häresie: „Wenn eine neue Häresie entsteht, geht die Kirche seit eh und je so vor, dass sie zur Abwehr (solcher) frechen Neuerungen die Termini, mit denen die gemeinte Sache bezeichnet wird, verändert und das Wesen der Sache deutlicher ausdrückt, ohne dass dabei die Sache selbst verändert wird“23. Im Hintergrund dieser Beschreibung steht natürlich das Vorgehen des →  Nicaenum  I (325) gegen die arianische Häresie. Auch die auf das →  Nicae­ num  I folgenden ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) haben als Hauptaufgabe die Verurteilung von Häresien. Ein literarisch besonders eindrucksvolles Zeugnis für die Vorstellung von dieser Aufgabe der Konzilien, nämlich dass sie Häresien zu brandmarken und zu verurteilen haben, stellen die in der griechischen Kirche verbreiteten sog. →  Synopsen dar. Für diese resümeeartigen Zusammenfassungen der Reihe der ökumenischen Synoden (→  ökumenisches Konzil) ist die Geschichte der Konzilien identisch mit der Geschichte der Verurteilung von Häresien24 (→ Popularisie 21  22  23  24

Vgl. Alte Kirche, 47f. Vgl. Alte Kirche, 161. Vgl. Alte Kirche, 266. Vgl. „Aspekte der Konzilsidee nach Konzilssynopsen des 6. bis 9. Jahrhunderts“, in: Alte Kirche, 344–380.

Hartzheim, Hermann Josef

rung). Was den zweiten Aspekt angeht, nämlich dass Konzilien selber in Häresie fallen können, so beschränken wir uns auf einen einzigen Autor, →  Wilhelm von Ockham (†  1347). Der erste Teil seines Mammutwerks, des Dialogus inter magistrum et discipulum de imperatorum et pontificum potestate (vor 1334), behandelt in sieben Büchern den Begriff der Häresie, das fünfte geht dabei näher auf die Frage ein, wer alles häretisch werden kann, und hier wird auch gefragt und diskutiert, utrum generale concilium ecclesiae in haereticam pravitatem labi possit. Der Engländer legt hier zunächst fünf theologische Gründe und vier historische Beispiele dafür vor, dass Generalkonzilien (→ concilium generale) häretisch sein können, dann nennt er sieben theologische Gründe für die Gegenposition, die er jedoch auch wiederum widerlegt. In der Sache wird hier die von → Marsilius von Padua († 1342/43) aufgebrachte Frage der → Unfehlbarkeit der Konzilien (→ Leugnung der Unfehlbarkeit) in ihrem Für und Wider diskutiert25. Den dritten Aspekt, nämlich die Lehre, dass die Zurückweisung auch nur eines einzigen Konzils jemanden zum Häretiker macht, illustriert der „ökumenische Dialog“ Jacques-Bénigne → Bossuets († 1704) mit Gottfried Wilhelm →  Leibniz (†  1716). Konkret geht es hier um die Frage, ob für die Protestanten das →  Tridentinum (1545–1563) suspendiert werden könne (→ Suspension). Der deutsche Philosoph lehnt es ab, jemanden, der zwar bereit ist, sich grundsätzlich der Entscheidung der Kirche zu unterwerfen, der aber Gründe hat, ein bestimmtes Konzil nicht für legitim zu halten, als einen „hartnäckigen Häretiker“ zu betrachten. Der Franzose ist hier völlig anderer Meinung. Nach ihm haben wir es im genannten Fall mit einem „hartnäckigen Häretiker“ zu tun, denn der Betreffende ziehe seine eigene Meinung der Meinung ganzen Kirche vor. Er tue dies, indem er zwar sage, er unterwerfe sich der Entscheidung der Kirche, widersetze sich ihr jedoch in Wirklichkeit. Dem Ein 25 Vgl. Mittelalter, 418–421 und „Die zentrale Frage der Unfehlbarkeit bei Ockham“, ebd., 427– 452.

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wand, man habe doch nur mit einem einzigen Konzil Probleme, kann nicht stattgegeben werden. Denn das hieße grundsätzlich zur Disposition zu stellen, kein einziges Konzil oder nur diejenigen anzunehmen, die einem gefallen26. → Äußere Gestalt, → Freiheit, → Gehorsam, → Geschichte der Konzilsidee der Alten Kirche, →  Heilige Schrift, →  Liebe vor Recht, → Maßstab, → Monopolstellung von Nicaea I, →  nichtbiblische Termini, →  Notwendigkeit, → Papstabsetzung, → Popularisierung, →  Rezeption, →  Synodalbrief, →  Wilhelm von Ockham H ardouin , J ean († 1729) → Jesuiten H artzheim , H ermann J osef (1694–1763)  Neben den →  Sammlungen von Quellen (→ originalia) zu Konzilien aller Länder und zu allen → Arten von Konzilien gibt es auch Sammlungen, die sich auf die Konzilien einzelner Länder beschränken, seien es Nationalkonzilien (→  Nationalkonzil) oder sonstige Synoden. Der Kölner Jesuit, Historiker und langjährige Leiter des dortigen Dreikönigsgymnasiums, Hermann Josef Hartzheim, brachte die ersten fünf Bände der von Johann Friedrich Schannat († 1739) begonnenen Sammlung (→ Sammlungen) der Concilia Germaniae heraus (Band I 1759), die drei nächsten Bände wurden von seinem Mitbruder Hermann →  Scholl (†  1768) publiziert (1765, 1767, 1769), die beiden letzten Bände (1771, 1775), edierte Egidius Neissen (†  1789). Angeregt wurde das Projekt einer Sammlung der deutschen Konzilien schon 1712 von Gottfried Wilhelm →  Leibniz († 1716), näherhin konzipiert von dem protestantischen Theologen Christoph Matthäus Pfaff († 1760), tatsächlich begonnen dann von dem bereits genannten katholischen Historiker Johann Friedrich Schannat. Eine von dem Bilker Stadtpfarrer Anton Joseph →  Binterim (†  1855) geplante Fortsetzung kam jedoch nicht mehr zustande. Hartzheim kennzeichnet sorgfältig die Herkunft der von ihm veröffentlichten Quellen, in der Echtheitsfrage verlässt ihn bisweilen sein  26 Vgl. Reformation, 369f.

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historisch-kritisches Urteil. Die Quellenveröffentlichungen begleitet er mit Kommentaren zu deren Inhalt. Meist am Ende des jeweiligen Jahrhunderts plaziert er Exkurse, in denen er auf historische Fragestellungen mit aktuellem, zeitgeschichtlichem Hintergrund eingeht, so auf die im Staatskirchentum des 18.  Jh.s höchst virulente Frage des staatlichen Einflusses auf kirchliche Synoden, den Primat des → Papstes, die kirchliche Zölibatsgesetzgebung usw.27. → Jesuiten, → Nationalkonzil H aupt - und N ebensache → Glaube und Werke, → protestantische Konzilsidee H äufigkeit   Dass Konzilien auf Ebenen unterhalb des → ökumenischen Konzils zum normalen Leben der Kirche gehören, bezeugt zunächst die hohe Zahl der historisch belegten Konzilien im Laufe der Geschichte. Sowohl das → Nicaenum I (325) als auch das →  Chalcedonense (451) schreiben zwei Sy­ noden jährlich vor. Diese Bestimmungen wurden von den Canones apostolorum (zweite Hälfte des 4. Jh.s)28, von der Dionysiana (vor 523)29, von der Hispana (656–675)30, von Burchard von Worms (†  um 1023)31, von → Ivo von Chartres († 1115/16)32 u. a. übernommen. Solche Häufigkeit entspricht ganz dem Wunsch und den Vorstellungen von Papst → Leo dem Gr. († 461)33. Seine Nachfolger zwischen 847 und 882 sind in der Tat auch sehr konzilsfreudig. In Rom findet in diesen 35 Jahren die stattliche Zahl von 21 Synoden statt34. Wohl angeregt durch das Vorbild der Alten Kirche schlägt der Reformer → Wilhelm Durandus († 1330) auch für die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) eine Versammlung alle zehn

 27 Vgl.  „Die Schannat-Hartzheimsche Sammlung der deutschen Konzilien (1759–1790). Geschichte einer Schwer- und Spätgeburt“, in: Gestalt, 293–326.  28 Vgl. Mittelalter, 194.  29 Vgl. Mittelalter, 195.  30 Vgl. Mittelalter, 199f.  31 Vgl. Mittelalter, 215.  32 Vgl. Mittelalter, 223.  33 Vgl. Alte Kirche, 105f.  34 Vgl. Mittelalter, 24f.

Jahre vor35. Das → Constantiense (1414–1418) verwirklicht diesen Vorschlag durch sein Dekret → Frequens, das jedoch nicht nur am Widerstand des Papsttums, das sich durch diese Vorschrift in seiner Vollmacht eingeschränkt sah, sondern auch an der praktischen Durchführbarkeit scheiterte36. Dass die Häufigkeit von Konzilsversammlungen auch auf der Ebene unterhalb der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) zu wünschen ließ, ist aus den immer wieder erneuerten Vorschriften ebendieser ökumenischen Konzilien ersehen: Das → Quinisextum (691–692) erlaubt im Hinblick auf die Zeitverhältnisse die jährlich nur einmalige Synode, das →  Nicaenum  II (787) bestätigt diese Regelung, das → Lateranense IV (1215) erlässt ausführliche Vorschriften für die jährliche Abhaltung, das →  Basiliense (1431– 1437/49) veröffentlicht detaillierte Anweisungen für die Feier von Konzilien auf allen Ebenen der Kirche. Während das → Lateranense V (1512–1517) nur kurz die Abhaltung der vorgeschriebenen Synoden streift, widmet sich das →  Tridentinum (1545–1563) wieder ausführlich diesem Thema37. H efele , K arl J osef (†  1893) →  Abwertung, →  Heinrich, Johann Baptist (1816– 1891) H eilige S chrift  Die Heilige Schrift kommt in einer →  Geschichte der Konzils­ idee in doppelter Hinsicht in den Blick, einerseits als →  Argument in den Debatten des Konzils, andererseits als Pendant zur Tradition, die zu einem wesentlichen Teil aus den Entscheidungen der Konzilien besteht. Was die erste Hinsicht angeht, das Konzil als → Argument, so ist zu differenzieren: Im eigentlichen Verfahren zumindest der altkirchlichen ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) –  sehen wir einmal vom →  Nicaenum  I (325) ab, über das wir aufgrund der Quellenlage keine genauere Kenntnis haben – spielt die Heilige Schrift (→ Schriftauslegung) unmittelbar keine Rol 35 Vgl. Mittelalter, 356.  36 Vgl. „Häufigkeit und Notwendigkeit (der Konzilien)“, in: Gestalt, 29–31.  37 Vgl. Gestalt, 29.

Heinrich, Johann Baptist

le. Die Häretiker (→ Häresie) werden verurteilt anhand der von den vorausgehenden Konzilien aufgestellten Glaubensbekenntnisse (→  Glaubensbekenntnis). Jene verstehen sich jedoch als Ergebnis von → Schrift­ auslegung. Insofern kommt der Heiligen Schrift mittelbar eine wichtige Rolle auf den Konzilien zu38. Die an zentraler Stelle bei den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche aufgeschlagene Bibel39 hatte dort also nicht nur die symbolische Funktion, unter den versammelten Bischöfen die →  Gegenwart Christi (→  In­ spiration), sondern auch das auf dem Konzil wichtigste →  Argument zu versinnbildlichen. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Konzilsidee (→ Konzilsideen) des →  Erasmus von Rotterdam (†  1536), der in den Konzilien den Vorgang und das Ergebnis von →  Schriftauslegung sieht40, die als solche aller Wahrscheinlichkeit nach sicherer ist als die eines Einzelnen41. Was die zweite Hinsicht angeht, die Heilige Schrift als Pendant zur Tradition, so gehört die nähere Bestimmung des Verhältnisses zwischen beiden Glaubensquellen seit der Reformation zu den Kernfragen der Theologie. Nach Martin → Luthers († 1546) Auffassung ist die Heilige Schrift als Wort Gottes den Konzilien, die nur Menschenwort sind, schlechterdings übergeordnet. Das bedeutet: Die Konzilien verpflichten strikt nur in dem Maß, als sie die Lehre der Heiligen Schrift enthalten42. Heute ist die nähere Bestimmung des Verhältnisses dieser beiden Glaubensquellen zueinander zwischen Katholiken und Protestanten zwar immer noch umstritten, aber längst nicht mehr durch Schlagworte wie das protestantische sola scriptura oder das katholische partim partim des →  Tridentinum (1545–1563) adäquat wiedergegeben.

 38 Vgl.  „Sola traditione? Zur Rolle der Heiligen Schrift auf den Konzilien der Alten Kirche“, in: Apostelkonzil, 43–62.   39 Vgl. Konzilsdarstellungen, 10.  40 Vgl. Konzils- und Papstidee, 202.  41 Vgl. Konzils- und Papstidee, 184f.  42 Vgl. Reformation, 44f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 35.

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H eiliger G eist → Anselm von Havelberg (1099-1158), → Autorität, → Dimensionen, → „Dogmenfortschritt“, → Heilsgeschichte, → Inspiration, → Reginald Pole (1500-1555), → Zusammenssetzung H eilsgeschichte Unter den mittelalterlichen Autoren, die sich zur Konzilidee (→  Konzilsideen) geäußert haben, gibt es einen, der den Konzilien ausdrücklich eine wichtige Rolle in der Heilsgeschichte zugeschrieben hat, nämlich den Prämonstratenser → Anselm von Havelberg († 1158). Er sucht im Zusammenhang seiner Diskussion mit dem griechischen Theologen →  Niketas (→  griechische Konzilsidee) das von der lateinischen Seite in das →  Glaubensbekenntnis eingefügte →  Filioque mit dem Hinweis auf den Heiligen Geist zu rechtfertigen: Die von den Konzilien im Laufe der Kirchengeschichte aufgestellten „Zusätze“ zur →  Heiligen Schrift sind legitim, denn sie stammen von dem auf den Konzilien wirkenden Heiligen Geist (→  Inspiration), der seinerseits vom Sohn ausgeht. In heilsgeschichtlicher Perspektive kommt den Konzilien eine eminent wichtige Rolle zu, wie sie vor Anselm –  und eigentlich auch nach ihm – kein Theologe gesehen und ausgesagt hat: Die Konzilien setzen durch den auf ihnen gegenwärtigen Heiligen Geist die Offenbarung des Sohnes fort. „Was anderes hat derselbe Geist (auf den Konzilien) […] gelehrt, als das, wovon er wusste, dass es der Sohn, der die Wahrheit ist und von dem er ausgeht, noch zu sagen habe? Genau das und nichts anderes lehrte er als das, wovon der Sohn gesagt hatte, dass er es noch zu sagen habe“. Der Herr hatte diese heilsgeschichtliche Rolle vorausgesagt (vgl. Joh 16,12)43. H einrich , J ohann B aptist (1816–1891) Von nicht geringem Interesse für die Entwicklung der Konzilsidee (→ Konzilsideen) sind Theologen, die noch vor dem Vaticanum I (1869–1870), das die → Superioritäts 43 Vgl. „Konzilien im Rahmen der Heilsgeschichte (bei Anselm von Havelberg)“, in: Mittelalter, 178–187.

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H einrich K alteisen (†  1465) →  Dominikaner, → faciens quod in se est, → Inspiration

frage und damit das Problem des Verhältnisses zwischen →  Papst und ökumenischem Konzil zunächst wieder einmal aus dem Focus gerückt hat, über die Konzilien reflektiert haben. In Frage kommt hier einer der herausragenden Theologen des 19. Jh.s, der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist Heinrich. Er war einer der führenden Köpfe des sog. Mainzer Kreises und hatte nach einer abgeschlossenen Juristenausbildung während seiner theologischen Studien führende katholische Theologen wie Karl Josef → Hefele (†  1893), Johannes von Kuhn (†  1887) und Johann Baptist von → Hirscher († 1865) gehört. Sein Kirchenbild war stark vom sog. Kölner Ereignis, d. h. der auf Veranlassung der preußischen Regierung erfolgten Verhaftung und Inhaftierung des Kölner Erzbischofs Clemens August von Droste zu Vischering (1837), geprägt und entsprechend von der Vorstellung einer von staatlicher Bevormundung befreiten, streng auf den →  Papst zentrierten Kirche. Heinrich hat zwar keine Monographie über die Konzilien verfasst, sich bei verschiedensten Anlässen jedoch über sie geäußert, vor allem aber im zweiten Band seiner „Dogmatischen Theologie“ (1876) systematisch zu ihnen Stellung genommen. Der weitere Rahmen, in dem er die Konzilien behandelt, sind die „Glaubensquellen, die Glaubensregel und der Glaubensrichter“, der engere ist das „unfehlbare kirchliche Lehr- und Richteramt als die nächste Glaubensregel“. Hauptstoßrichtung seiner Konzilsidee (→ Konzilsideen) ist die Überwindung des Gallikanismus, also der Vorstellung eines dem → Papst übergeordneten Konzils44. → Abwertung, → Bestätigung, → demokratische Prinzipien, →  Diözesansynode, → Einberufung, → Frequens, → Konzilstraktate, → Laienteilnahme, → lehrende/hörende Kirche, → Partikularkonzil, → Repräsentation, →  Stimmrecht, →  Theologen, → Ultramontanismus, → Vorsitz

H erkunft der G ewalt   Die Frage, woher das zum Konzil versammelte collegium der Bischöfe (→  Kollegialität) seine Gewalt hat, unmittelbar von Christus selbst oder vom →  Papst, ist zentral für das theologische Verständnis der Einrichtung. Im Westen bildete sich vom frühen Mittelalter an die Lehre heraus, dass diese Gewalt vom → Papst stamme und nicht unmittelbar von Christus. Auch noch im Kontext der Diskussionen um das →  Wesen des Konzils vor und während des →  Vaticanum  II (1962– 1965) wurde die unmittelbare Ableitung der bischöflichen Gewalt vom →  Papst vertreten45. Gegen diese „traditionelle“ Ansicht gab es immer schon gewichtige Stimmen, zu ihnen gehören eher incidenter als ex professo der bedeutende spanische Konziliarist → Johannes von Segovia (†  1458), der vier verschiedene Formen der →  Repräsentation unterscheidet und schon einen voll entwickelten Begriff der bischöflichen → Kollegialität besitzt46, der zwischen →  Konziliarismus und →  Papalismus vermittelnde Fürstabt von St. Blasien, Martin →  Gerbert (†  1793)47, massiv und zentral dann zu Beginn des 19.  Jh.s der italienischen Ex-Jesuit Giovan Vincenzo →  Bolgeni (†  1811)48. Die Ableitung der bischöflichen Gewalt und damit auch der des Konzils unmittelbar von Christus selbst und nicht vom → Papst kam dann im → Vaticanum II (Lumen gentium 22) zum Durchbruch. Sein Haupttraditionszeuge ist dabei der genannte Italiener: „Die Vollmacht der Bischöfe als Glaubensrichter und Gesetzgeber […] ist im bischöflichen Charakter begründet, aufgrund dessen der einzelne Bischof Mitglied dieser souveränen Körperschaft wird, der Jesus Christus eigenmündig die Vollmacht gegeben hat, irrtumslos den Glauben zu lehren und Regierungsgewalt auszuüben […]“49.

 44 Vgl.  „Ultramontane Konzilsidee: der Mainzer Dogmatiker Johann Bapt. Heinrich (1816– 1891)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 101–132.

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Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 249–253. Vgl. Apostelkonzil, 173–178. Vgl. Reformation, 411. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 22–25. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 23.

Herrschaftsformen

H ermeneutik   Die Frage, wie ein Konzil und seine Entscheidungen zu verstehen sind, ist so alt wie die Institution selber. Entsprechend wurde oft sehr kontrovers über die von den Konzilien aufgestellten Formeln und Texte diskutiert50. Im 18.  Jh. stellt der Benediktiner Gregor → Zallwein († 1766) einige Regeln der Konzilienhermeneutik zusammen: Nach ihm gehört es zum rechten Verständnis von Konzilstexten, erstens, zwischen Dekreten und →  canones zu unterscheiden. Nur die letzteren beziehen sich im Regelfall auf den Glauben und verlangen unbedingte Annahme. Zweitens, die Konzilien befassen sich mit Häresien (→ Häresie), nicht mit Kontroversen unter Theologen. Die auf ihnen vorgetragenen → Argumente sind nicht Bestandteil der Definition. Drittens, wichtig ist ferner die Unterscheidung zwischen dem, was den eigentlichen Gegenstand einer Definition ausmacht, und dem, was nur obiter gesagt wird. Nur angesichts des eigentlichen Gegenstandes ist das Konzil unfehlbar (→  Unfehlbarkeit). Viertens, eine schwierige Frage ist, ob die Gründe, die für das Dogma angeführt werden, das gleiche Gewicht haben wie das Dogma selber. Hier unterscheidet man am besten zwischen Haupt- und Nebengründen. Jene haben das gleiche Gewicht wie das Dogma selbst, diese nicht. Hauptgründe sind dabei die Glaubensquellen, Nebengründe z. B. die natürliche → Vernunft. Fünftens, unentbehrlich für die richtige Interpretation von Konzilstexten ist schließlich die genaue Kenntnis der Geschichte des betreffenden Konzils. Zahlreiche Texte erschließen ihren Sinn nur im unmittelbaren Kontext51. – Nach dem → Vati­ canum  II (1962–1965) zeigte sich sehr bald, dass die Anwendung der klassischen Auslegungsregeln bei dessen Texten nicht genügte. Denn die Texte dieses Konzils waren im Vergleich zu denen der früheren Konzilien von zu verschiedener Natur. Hinzukommt, dass das Konzil selber, wiederum im Unterschied zu früheren Konzilien, als eine „Bewegung“, als ein „Ereignis“ verstanden wur 50 Vgl.  „‚Causa fidei‘ und ‚negotia privata‘“, in: Alte Kirche, 300–305.  51 Vgl. Reformation, 469f. 

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de, was nicht ohne Folgen für die Auslegung der Texte sein konnte. Deswegen forderte der italienische Ekklesiologe Antonio Acerbi († 2004) eine „Auslegung im Lichte der Konzilserfahrung“ im Gegensatz zu einer „talmudischen Interpretation“, die die „Entleerung dieser Texte mittels einer Einordnung in einen ideellen und praktischen Kontext, der gar nicht ihr ursprünglicher ist“, ermöglicht52. Ähnliche Vorstellungen vertritt der Gründer der Schule von Bologna Giuseppe →  Alberigo (†  2007): Der Interpret des →  Vaticanum  II hat sich zunächst dem Ereignis des Konzils als Ganzem und seinem Geist zuzuwenden und darf erst dann in deren Licht den Endtext auslegen. Tue man das nicht, verfehle man das epochal Neue dieses Konzils53. Benedikt XVI. (→  Ratzinger, Joseph [* 1927]) weist demgegenüber in seiner Weihnachtsansprache von 2005 deutlich auf die Gefahr hin, die von dieser neuen, von ihm „Hermeneutik der Diskontinuität“ genannten Auslegungsmethode ausgehe: Sie drohe die Kirche in eine vor- und eine nachkonziliare zu zerreißen und verleite dazu, den Geist des Konzils nicht mehr in den Beschlusstexten selber zu suchen, sondern jenseits derselben in Neuerungstendenzen, für die das Konzil nicht stehe54. An der Diskussion um die rechte Hermeneutik des → Vaticanum  II beteiligte sich eine ganze Reihe von Theologen, so der belgische Ökumeniker Gustave Thils (†  2000), der Bochumer Fundamentaltheologe Hermann Josef Pottmeyer (* 1934), der ehemalige Tübinger Dogmatiker Walter → Kasper (* 1933) u. a. → Codex encyclius H errschaftsformen  Schon →  Marsilius von Padua († 1342/43) und → Wilhelm von Ockham († 1347) haben in ihre Erörterungen  52 Vgl.  „Beiträge zur konziliaren Hermeneutik“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 414–421.  53 G. Alberigo, Ein epochaler Übergang?, in: Geschichte des Zweiten Vatikanischen Konzils (1959–1965), Bd.  V: Ein Konzil des Übergangs. September 1965 – Dezember 1965, hrsg. v. G. Alberigo u. G. Wassilowsky, Ostfildern 2008, 653– 741, hier 740.  54 Vgl. AAS 98 (2006) 40–53, hier 45–47 (dt.: VAS 172, Bonn 2006).  – Vgl. auch Literaturnachtrag 36.

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über die Kirche und die Konzilien die von Aristoteles unterschiedenen Herrschaftsformen einbezogen (→ Aristotelismus)55. In den Auseinandersetzungen über die Verfassung der Kirche zur Zeit des →  Constantiense (1414–1418)56 und des →  Basiliense (1431– 1437/49) spielten sie ebenfalls eine Rolle. Ausführlich hat sich zu diesem Thema auch → Jean Gerson († 1429) geäußert: Aufgrund der in der Kirche geltenden leges supernaturales unterscheide sich ihre Verfassung, sei sie nun monarchisch oder aristokratisch oder timokratisch, grundlegend von jeder weltlichen, entsprechend seien auch ihre Ziele verschieden. Weil es in der Kirche alle drei Herrschaftsformen gebe, im päpstlichen Regiment die Monarchie, im Kardinalskollegium die Aristokratie, im Konzil schließlich die Timokratie, besitze die Kirche die vollkommenste Verfassung überhaupt57. Besonders intensiv hat sich → Johannes von Segovia mit der Frage befasst, welche dieser Herrschaftsformen in der Kirche und speziell im Konzil realisiert sind bzw. sein sollten. Grundsätzlich konstatiert der Spanier, dass das Konzil in jedem Fall eine Größe eigener Art ist und mit keiner der durch Aristoteles voneinander abgehobenen Formen einfach auf eine Ebene gestellt werden kann. Die Konzilien unterscheiden sich augenscheinlich von der Tyrannis, von der Oligarchie, von der Demokratie. Der Grundfehler dieser drei politiae transgressae bestehe darin, dass es ihnen nicht wie den Konzilien um das Allgemeinwohl gehe, sondern um den eigenen Vorteil. Vergleiche man, zweitens, das Konzil mit den rectae politiae, der Monarchie, der Aristokratie und der sog. politia, dann sei klar, dass es am meisten der Monarchie entspreche58. H ervaeus N atalis († 1323) → Dominikaner, → Konzilstraktate H iera (754), Konzil →  Konnumerierung, → Kriterien, → Verhältnis des Konzils zum Papst  55  56  57  58

Vgl. Apostelkonzil, 201–205. Vgl. Apostelkonzil, 205–211. Vgl. Apostelkonzil, 206–208. Vgl. Apostelkonzil, 191–195.

H ieronymus (um 347–419) →  omne totum maius est sua parte H ilarius von P oitiers († 367/68) → Dreihundertachtzehn Väter, → Formeln, → Konzilstraktate, → Theodor Abū Qurra (um 740– um 820) H ilarus (†  468), Papst → Akklamationen, → römische Konzilsprotokolle H ilfreiche F aktoren   Gemeint sind in diesem Lemma die Bedingungen, die zum Gelingen eines Konzils wesentlich beitragen. Der spanische Theologe →  Johannes von Segovia († 1458) stellt sie in einem kritischen Rückblick auf das misslungene Konzil von Basel (1431–1437/49) (→  Basiliense) in einem Kapitel seines De requisitis ad opportunam generalis synodi celebrationem (zwischen 1449 und 1453) zusammen. Was in Basel vor allem fehlte, zum Gelingen eines Konzils aber unverzichtbar gehört, ist ein → Papst, der es effektiv will und möglichst persönlich an ihm teilnimmt. Seiner Konzils­ einladung (→  Einberufung) müsste anzumerken sein, mit welchem Eifer er die Sache des Konzils betreibt. Stattfinden sollte das Konzil übrigens möglichst nicht in Rom, sondern an einem anderen Ort. Das hätte den doppelten Vorteil, dass der →  Papst durch die notwendige Entfernung von seinem eigenen Sitz auch den anderen Prälaten ein gutes Beispiel geben würde, ihre Sitze zu verlassen, und dass alles Gerede über die fehlende → Freiheit des Konzils von vornherein abgeschnitten würde. Zu der so wichtigen → Freiheit des Konzils würde gehören, dass regelmäßige Beratungen nicht nur über die vom → Papst vorgelegten, sondern auch über frei von den Bischöfen bestimmte Gegenstände (→  Propositionsrecht) stattfänden. Wichtig für das Gelingen des Konzils wäre zudem ein richtiger Anfang. Alle Teilnehmer sollten gleich zu Beginn da sein und die Entschuldigungen der Fernbleibenden vorliegen; denn langes Warten auf eventuelle weitere Teilnehmer ist zermürbend. Von Anfang an sollten die Modalitäten der Zulassung klar sein, damit sofort nach Ankunft an die eigentliche Konzilsarbeit gegangen

Historisch-kritische Methode

werden könnte. Was den zur Teilnahme berechtigten Personenkreis angeht (→ Teilnahme), so sollte man sich strikt an die Vorgaben der → Heiligen Schrift halten und nicht Kreti und Pleti zulassen (→  Zusammensetzung). Das zum Funktionieren des Konzils nötige Hilfspersonal sollte der → Papst aus seiner in solchen Dingen erfahrenen Kurie mitbringen oder schicken. Hinsichtlich der auf einem Konzil zu behandelnden Gegenstände sollte man sich unbedingt auf die wirklich großen und schwierigen Probleme beschränken und von den übrigen die weniger wichtigen Dinge den einzelnen Bischöfen, die wichtigeren dem →  Papst zur Lösung überlassen. Persönliche Angelegenheiten als da sind die Gewährung von Indulten, Privilegien usw. sollte man, wenn überhaupt, an das Ende des Konzils verlegen, damit aller Zwist und Streit vor der Erledigung der eigentlichen Aufgabe des Konzils vermieden wird59. H inkmar von R eims (um 800/10–882)  Gegen die steigenden Machtansprüche der Päpste (→  Papst) der zweiten Hälfte des 9. Jh.s gab es auch Widerstand, vor allem in der fränkischen Kirche. Ihr führender Kopf ist der Erzbischof von Reims, den man als „den letzten großen Repräsentanten der karolingischen ‚Hochkirche‘“ bezeichnet hat. Im Ringen zwischen Rom und Reims kam der Rolle der Konzilien eine entscheidende Bedeutung zu. Hinkmar ist für seine Aufgabe, die Rolle der Konzilien gegen die Machtansprüche Roms zu verteidigen, sowohl durch eigene intensive Konzilserfahrung als auch durch seine exzellenten Kenntnisse der altkirchlichen Quellen bestens vorbereitet. Unter seinen verschiedenen gelegentlichen Äußerungen über die Konzilien ist das Kapitel 20 seines Opusculum LV capitulorum der wichtigste Text. Es geht hier um das auf die → Pseudoisidorischen Dekretalen gestützte generelle Verbot der Abhaltung von Konzilien ohne römische Einwilligung. Statt nun die → Fälschung als solche zu entlarven, entwickelt Hinkmar zur Widerlegung der Pseudoisidor-Texte (→ Pseudoisi 59 Vgl. Apostelkonzil, 160f.

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dorische Dekretalen), die den Metropoliten als Zwischeninstanz zwischen → Papst und Einzelbischof praktisch ausschalten, die ihm eigentümliche Theorie von der absoluten Überlegenheit des konziliaren Rechts über das päpstliche Recht. In diesem Zusammenhang beruft er sich auf die Kanones III und VII (V) von → Sardica (342) und besteht dem →  Papst gegenüber auf ihrer wörtlichen Auslegung, die jenen nur zu einer „Quasi-Appellationsinstanz“ macht60. →  Appellation vom Konzil an den Papst, → canones, → concilium generale, → concilium perfectum, →  Dreihundertachtzehn Väter, → Einberufung, → Sicut sancti, → Theologen H inzuzählung zur L iste der ökumeni schen K onzilien → Konnumerierung H irscher , J ohann B aptist von († 1865) → außerordentliches Lehramt, → demokratische Prinzipien, →  Diözesansynode, → Heinrich, Johann Baptist (1816–1891) H istorisch - kritische M ethode  Einen entscheidenden Wandel in der katholischen Konzilsidee (→  Konzilsideen) brachte die zum Ende des 19. Jh.s auch auf die Geschichte der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) angewandte historisch-kritische Methode. Sie führte nämlich praktisch zur Aufgabe der bis dahin von der Dogmatik vorgegebenen Position hinsichtlich der drei klassischen →  Papstprivilegien der →  Einberufung, des →  Vorsitzes und der → Bestätigung eines → ökumenischen Konzils durch den → Papst. Ein Musterbeispiel für die Beachtung der genannten dogmatischen Vorgaben liefert z. B. der Kölner Theologe Severin → Binius († 1641) in seiner Konziliensammlung (erste Auflage 1606)61, die in ihrer Konzeption weitgehend von Robert →  Bellarmin (†  1621) abhängig ist. Grosso modo hielten die römisch-katholischen Dogmatiker und Historiker auch für die ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil)  60 Vgl. „Hinkmar von Reims († 882) oder die fränkische Konzilsidee im Zeichen reichskirchlicher Autonomiebehauptung“, in: Mittelalter, 75–112; Partikularsynode, 205f.  61 Vgl. Gestalt, 285–288.

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H

der Alten Kirche an dieser opionio communis bezüglich der drei →  Papstprivilegien bis zum Ende des 19. Jh.s fest. Den Durchbruch brachte schließlich der Tübinger Historiker Franz Xaver → Funk († 1907) in einer konsequenten Anwendung der historisch-kritischen Methode auf die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche. Sie löste eine Kontroverse mit den Vertretern der traditionellen Lehrmeinung in dieser Frage aus, in der zum Schluss beide Seiten das Ziel ihrer Forschungen definierten. Der Jesuit Karl Kneller († 1942) formuliert: „Die wissenschaftliche Untersuchung hat in Betreff der Berufung der Konzilien ein doppeltes zu leisten, es sind einmal die geschichtlichen Tatsachen festzustellen und es muß ferner eine theologische Konstruktion gefunden werden, welche es erlaubt, die Tatsache, daß sämtliche älteren Synoden durch die Kaiser berufen wurden, mit dem Berufungsrecht des Papstes in Einklang zu bringen“. Funk stellt dieser programmatischen Erklärung seine eigene Auffassung vom Ziel der historischen Forschung in dieser Frage gegenüber: „Das ‚Berufungsrecht des Papstes‘ ist nicht als eine feststehende Größe vorauszusetzen, da es ja gerade eine Frage ist, ob von ihm bereits im Altertum im eigentlichen Sinn die Rede sein kann, ob der Papst damals bereits auch schon bei der Berufung der Konzilien mitzuwirken hatte und mitwirkte oder ob die seinem hierarchischen Rang entsprechende Stellung auf den Konzilien nicht auf eine andere Weise gebührend zum Ausdruck kam, auch wenn er an der Berufung noch keinen Anteil hatte, die durch die Kaiser wie tatsächlich so auch selbständig vorgenommen wurde […] Es handelt sich einfach um eine befriedigende Erklärung der einschlägigen Dokumente und Tatsachen, und indem die Aufgabe so gefaßt und ausgeführt wird, ergibt sich nicht eine ‚Konstruktion‘, sondern eine wissenschaftliche Lösung des Problems“62.

 62 Vgl.  „Der dogmatische Konzilsbegriff auf dem Prüfstand der historisch-kritischen Methode (1870–1908)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 186– 214.

→  Bestätigung, →  Dogma und Geschichte, → Einberufung, → Jesuiten, → Papstprivilegien, → Vorsitz H öchstgewalt  In der Vergangenheit wurde die Frage nach der höchsten Gewalt in der Kirche besonders intensiv während des →  Constantiense (1414–1418) und des →  Basiliense (1431–1437/49) diskutiert (→ Superioritätsfrage), aufschlussreich ist in dieser Hinsicht u. a. das Referat des → Agostino Patrizi († 1495) über die diesbezügliche Diskussion auf dem Konzil von Basel63. Die älteren Handbücher De ecclesia aus der Zeit zwischen 1870 und 1960 führen normalerweise eine Diskussion über die Anzahl der Subjekte oder Träger der höchsten Gewalt in der Kirche. Dabei wird sowohl die These vertreten, dass es letztlich nur einen höchsten Träger gibt, nämlich den →  Papst, als auch die andere These, dass zwei inadäquat voneinander unterschiedene Subjekte der höchsten Gewalt in der Kirche existieren, der Papst auf der einen und das mit dem Papst vereinte Bischofskollegium auf der anderen Seite64. Beide Positionen sind nach Karl → Rahner († 1984) mit solchen Aporien verbunden, dass sich die Frage stellt, ob nicht die stillschweigenden Voraussetzungen beider Positionen falsch sind und ein völlig neuer Ansatz für die Lösung der Frage gefunden werden muss65. Nach dem →  Vaticanum  II (1962–1965) wird die Diskussion über die Anzahl der Subjekte der Höchstgewalt von Kanonisten und Theologen wieder aufgegriffen66. H ontheim , J ohann N ikolaus von (1701–1790)  Im Streit über die Superiorität von → Papst oder Konzil (→ Superioritätsfrage) in der zweiten Hälfte des 18. Jh.s gibt es neben der vermittelnden Position des Martin → Gerbert die beiden Positionen des strengen →  Papalismus bzw. strengen →  Konziliarismus bzw. Episkopalismus.  63 Vgl.  „Patrizis Mitteilungen über die Gewaltenfrage“, in: Gestalt, 102–122.  64 Vgl. „Eine wichtige Kontroverse“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 229–243.  65 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 266–270.  66 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 346–350.

Hylemorphistische Definition

Letzteren vertritt der Trierer Weihbischof Johann Nikolaus von Hontheim, der sein De statu ecclesiae et legitima potestate Romani pontificis (1763) unter dem Pseudonym Justinus Febronius veröffentlicht hat. Hontheim wurde durch den Frankfurter Wahlkonvent (1742), auf dem von Kurtrier die völlige Abschaffung der direkten päpstlichen Jurisdiktionsausübung in Deutschland gefordert wurde, mit der Frage der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt konfrontiert. Auf dem selben Konvent wurde für eine Studie geworben, die die „Anmaßungen der römischen Kurie“ widerlegt. Zwanzig Jahre später legt Hontheim diese Studie vor. Im analytisch-kritischen Teil seines Werkes behandelt er unter der Überschrift De conciliis generalibus zwei Hauptthesen, einerseits die Superiorität des Konzils über den → Papst (→ Superioritätsfrage), andererseits die →  Notwendigkeit von Konzilien67. →  Appellation vom Papst an das Konzil, → Aufklärung, → Bestätigung, → Cogitanti, →  communio potestatis, →  Gerbert, Martin (1720–1793), →  Haec sancta, →  Jesuiten, →  Konzilstraktate, →  Papstprivilegien, →  Superioritätsfrage, →  Vorsitz, →  Zaccaria, Francesco Antonio (1714–1795) H orizontaler K onsens → consensio antiquitatis et universitatis, → Konsens, → Wesen H ormisdas (†  523), Papst →  Constantinopolitanum I (381), → executrix conciliorum H osius , S tanislaus († 1579) → Pentarchie H ötzl , P eter († 1902) → Rezeption H uguccio von P isa (†  1210) →  canones, → Konflikt, → Laienteilnahme, → Papstabsetzung, →  Quod-omnes-tangit-Prinzip, → Römisches Recht, → sancta octo H ylemorphistische D efinition  Unter den zahlreichen Definitionen des → ökume 67 Vgl.  „Stellungnahmen zur Superioritätsfrage: Gerbert, Hontheim, Zaccaria“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 403–449.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 37.

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nischen Konzils68, die im Laufe der Geschichte vorgelegt wurden, gibt es auch eine hylemorphistische, d.  h. eine letztlich von Aristoteles (→ Aristotelismus) herkommende, in der mittelalterlichen Scholastik entfaltete, auch auf die Konzilien angewandte Unterscheidung von vier causae. Ihre Anwendung auf das Konzil divergiert jedoch nicht unbeträchtlich bei den verschiedenen Autoren. Für → Jean Gerson († 1429) ist die causa efficiens Gott selbst, die causa formalis sind die versammelten Teilnehmer des Konzils (collectio seu connexio sanctorum), die causa finalis ist die Ehre Gottes und die causa materialis alles, was vor Gott in Ordnung zu bringen und zu „reformieren“ ist69. Für → Johannes von Torquemada († 1468) ist die causa efficiens dagegen die auctoritas Romani pontificis, die das Konzil einberuft (→ Einberufung, → Papstprivilegien), die causa formalis die communis intentio, ein anderes Wort für den →  Konsens, der das →  Wesen des Konzils ausmacht, die causa finalis ist die besondere Form der Konzilsliturgie (→ Liturgie), durch die sich ein Konzil z.  B. von einem päpstlichen Konsistorium unterscheidet, und die causa materialis die congregatio praelatorum maiorum als solche70. Für Torquemadas Mitbruder → Isidor Isolani († 1528), ebenfalls ein strenger Papalist (→  Papalismus), ist die causa efficiens selbstverständlich wiederum der summus pontifex (→  Papst), die causa formalis der Ablauf des Konzils nach fester bestimmter Ordnung, vor allem unter dem → Vorsitz des Papstes, die causa finalis ist das determinandum […] de occurentibus in fide catholica, also das zur klärende Problem, die causa materialis – für einen Papalisten erstaunlich – die congregatio fidelium de universo orbe facta, also nicht die Bischöfe und Kirchenleiter, sondern die Gemeinschaft der Gläubigen71. Von besonderer historischer Nachwirkung wegen der großen  68 Vgl.  „Westkirchliche Definitionen und Begriffe vom ökumenischen Konzil nach der morgenländischen Kirchenspaltung“, in: Ökumenisches Konzil, 107–151.  69 Vgl. Traktate, 25f., 29; Apostelkonzil, 206.  70 Vgl. Reformation, 7–9; Traktate, 124; Ökumenisches Konzil, 114.  71 Vgl.  Reformation, 7–9; Ökumenisches Konzil, 116.

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H

Verbreitung seiner Controversiae ist die hylemorphistische Definition des Konzils durch Robert → Bellarmin († 1621). Unter causa efficiens behandelt er, wie zu erwarten ist, die →  Einberufung durch den →  Papst, unter causa formalis einerseits die Frage nach der genaueren Natur der Konzilien: Sind sie Gelehrtenversammlungen oder Gerichtsinstanzen?, andererseits den päpstlichen →  Vorsitz, unter causa materialis die Frage des Teilnahmerechts (→ Teilnahme) und unter causa finalis die Frage der → Notwendigkeit bzw. der Nützlichkeit (→ Nutzen) von Konzilien72.

 72 Vgl. Reformation, 158–160; Ökumenisches Konzil, 117–119.

n  I I dealverhältnis zwischen P apst K onzil → Vollendung I gnatius en

von

und

L oyola († 1556) → Exerziti-

I konographie   Eine nützliche Quelle für die →  Geschichte der Konzilsidee ist auch die Ikonographie. Was eine jede Zeit unter einem Konzil verstanden hat, das sagen auch die Künstler aus, die versucht haben, das Ereignis im Bild festzuhalten. Spätestens seit dem 8.  Jh. begannen Maler Konzilien darzustellen – wie es scheint, fast gleichzeitig auf figürliche und nichtfigürliche Weise. Nichtfigürlich, also mit architektonischen und ornamentalen Elementen, wurde die Reihe der rechtgläubigen Konzilien u.  a. in der Geburtskirche in Bethlehem dargestellt (→  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik)1. Figürlich dagegen wurden die sechs bzw. sieben ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil), die bis dahin stattgefunden hatten, im Kaiserpalast zu Konstantinopel und im Milion, dem überkuppelten Monument im Herzen der Hauptstadt, abgebildet. Auch der Westen kennt zur gleichen Zeit Bildzyklen, auf denen die Reihe der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) dargestellt ist2. → Synopsen I mplementierung → executrix conciliorum

(D urchsetzung )

I mpulse zur E ntfaltung idee → relevante Konzilien In

unum convenire

der

K onzils ­

→ Konsens

  1 Vgl.  „Die Mosaikinschriften der Bethlehemer Geburtskirche vor dem Hintergrund der byzantinischen Tradition der Konzilssynopsen“, in: Gestalt, 203–241.   2 Vgl. „Einführung“, in: Darstellungen, 7f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 38.

I nnozenz III. (1160/61–1216), Papst   Innozenz  III., trotz einiger Fehlleistungen wohl der bedeutendste → Papst des Mittelalters, Vorsitzender des →  Lateranense  IV (1215), der größten und wirkmächtigsten unter den mittelalterlichen Synoden, hat im Zusammenhang des genannten Konzils auch seiner Konzilsidee (→  Konzilsideen) Ausdruck verliehen. Bei der Vorbereitung des geplanten Konzils hatte der griechische →  Kaiser, überraschenderweise, dem Papst die → Einberufung zugestanden (→ griechische Konzilsidee). In seinem Antwortschreiben geht Innozenz nicht weiter auf dieses Zugeständnis ein, sondern erteilt dem Kaiser eine Belehrung über das nähere Verhältnis, das nach westlicher Auffassung zwischen den Konzilien und dem Römischen Stuhl ganz allgemein besteht (→ Papst und ökumenisches Konzil), ferner über die Konsequenzen, die sich aus dieser Verhältnisbestimmung für den Konstantinopler Patriarchen ergeben. Zu ihnen gehört, dass er, wenn er auf Einladung des Papstes am Konzil teilnimmt, zuvor der Römischen Kirche den geschuldeten Gehorsam leistet. Auch was das Verhältnis zwischen dem →  Papst und den auf dem Konzil versammelten Bischöfen angeht, lässt Innozenz keine falschen Erwartungen aufkommen: Er selbst werde die zu treffenden Entscheidungen fällen, das Konzil werde sie approbieren. Der Konstantinopler Patriarch wird zusammen mit den übrigen auf dem Konzil versammelten Bischöfen einem Gremium angehören, das den → Papst in seinen Entscheidungen berät und dieselben billigt. Innozenz bringt in diesem Zusammenhang seine Konzils­ idee (→ Konzilsideen) auf den Punkt: in ipso concilio […] de fratrum nostrorum consilio procedamus. Innozenz beschließt seine Ausführungen über das geplante Konzil mit der Androhung von Strafmaßnahmen für den Fall, dass seinen Anweisungen nicht Folge geleistet wird3. →  Basileios Pediadites (†  vor 1219), →  Dtn 17,8–13, → griechische Konzilsidee, → Öku-

  3 Vgl. „Die Konzilsidee des Adressaten (Innozenz III.)“, in: Gestalt, 74–81.

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I

mene, → päpstliche Konzilsidee, → Pentarchie, → Quod-omnes-tangit-Prinzip I nnozenz XI. († 1689), Papst → Haec sancta I nspiration   Die Lehre von der Inspiration, der Geistgewirktheit der Konzilien, ist zwar schon für die Anfänge der Konzilsinstitution bezeugt4, bedeutende Theologen der Alten Kirche wie →  Athanasius von Alexandrien (†  373)5 oder → Augustinus von Hippo († 430)6 scheinen sie jedoch nicht zu kennen bzw. sie sogar absichtlich zu ignorieren. Vielleicht vermuteten sie einen eher heidnischen Ursprung dieser Lehre, wenn sie sie z.  B. durch Kaiser →  Konstantin (†  337) massiv vertreten sahen7. Aber für spätere Theologen wie z.  B. →  Leo den Gr. († 461) gehört die Inspiration der Konzilien zum festen Bestand der kirchlichen Lehre über Konzilien8  – zumal mit der Zeit auch Klärungen an ihr vorgenommen wurden, indem man zwischen den Elementen eines Konzils unterschied, die inspiriert sind, und solchen, wo dies nicht der Fall ist9. Ein eifriger Verteidiger der Inspiration der Konzilien ist gleichfalls der arabisch-christliche Theologe → Theodor Abū Qurra († um 820)10. Das Mittelalter hielt an der Lehre fest11, obwohl die →  Dekretisten diesbezüglich auch Fragen zu stellen beginnen12, bevor dann →  Wilhelm von Ockham (†  1347) die Vorstellung von der Inspiration der Konzilien massiv problematisiert13. Für den Dominikaner → Heinrich Kalteisen († 1465) ist die von ihm verteidigte → Unfehlbarkeit der Konzilien keine Folge der Inspiration der einzelnen Synodalen durch den Heiligen Geist, sie ergibt sich vielmehr aus der Wahrung bestimmter äußerer Bedingungen (→  faciens

         

4 5 6 7 8

  9  10  11  12  13

Vgl. Partikularsynode, 25f. Vgl. Alte Kirche, 66f. Vgl. Alte Kirche, 101, Anm. 178. Vgl. Alte Kirche, 64–66. Vgl. Alte Kirche, 106f., 111, 113–116, 119f., 133, 184, 219–221, 229, 235, 245, 314–316. Vgl. Alte Kirche, 287. Vgl. Alte Kirche, 183f. Vgl. Mittelalter, 175, 182, 184. Vgl. Mittelalter, 261. Vgl. Mittelalter, 420, 436f.

quod in se est)14. Auch in der Neuzeit wird die Lehre weiter tradiert15, von „aufgeklärten“ Theologen jedoch entschieden negiert16. → Johannes XXIII. († 1963) spricht mit großer Deutlichkeit von der Inspiration des → Vaticanum II (1962–1965)17. I ntegrale I rrtumslosigkeit  Gemeint ist die totale Fehlerlosigkeit des gesamten Konzils. Weil das Drei-Kapitel-Edikt des → Constantinopolitanum II (553) in den Augen des Verteidigers des →  Chalcedonense (451), des Diakons → Ferrandus von Karthago († 545/46), einer theologischen Autorität jener Zeit, einer Revision eines Teils des → Chalcedonense gleichkommt, stellt er die These auf: „Das Konzil von Chalcedon ist als ganzes wahr, insofern das Konzil von Chalcedon etwas Ganzes ist. Keines seiner Teile darf einer Kritik unterworfen werden. Des Heiligen Geistes unaussprechliche und geheimnisvolle Macht hat gewirkt, wovon immer wir wissen, dass es auf dem Konzil gesagt, verhandelt, beurteilt und festgesetzt wurde“18. Der hier affirmierten integralen Irrtumslosigkeit des Konzils von Chalcedon widerspricht der letztverantwortliche Autor des Drei-Kapitel-Edikts, Kaiser →  Justinian (†  565), entschieden: „Wer die Wahrheit sucht, muss auch dies berücksichtigen, dass von den auf einem Konzil Versammelten vielleicht manches zur Begünstigung oder zum Widerspruch oder aus Unkenntnis gesagt wird. Niemand jedoch nimmt ernst, was lediglich von einem Teil der Leute gesagt wird, sondern nur das, was von allen in gemeinsamem Konsens definiert wird. Wenn nämlich jemand derartige Widersprüche […] ernst nehmen wollte, dann würde eine jede Synode sich selber zerstören“19. In dieser Feststellung des Kaiser-Theologen kommt die durch die →  Rezeption des →  Constantinopolitanum  II weiterentwickelte Konzilsidee (→  Konzilsideen) zum Ausdruck und wird die von seinen Gegnern  14  15  16  17  18  19

Vgl. Traktate, 174–175. Vgl. Reformation, 61. Vgl. Reformation, 501f., 517. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 290f. Vgl. Alte Kirche, 278. Vgl. Alte Kirche, 287, Anm. 71.

Ivo

behauptete integrale Irrtumslosigkeit von Konzilien als extremistische Position gekennzeichnet und verworfen. → Inspiration, → nihil prorsus de bene compositis retractetur I rrende K onzilien   Das Mittelalter kennt zwar eine traditionelle Lehre vom papa haereticus, aber keine ebensolche vom concilium haereticum20. Trotzdem finden sich gewissermaßen als Pendant zu den Listen (→ Liste) der anerkannten ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) Listen irrender Konzilien. Sie werden aufgestellt einerseits von Kritikern wie → Wilhelm von Ockham (†  1347)21, die die Autorität der Kirche pro­ blematisieren, andererseits von Papalisten (→  Papalismus) wie →  Johannes von Torquemada († 1468)22, ferner von Gegnern bestimmter Konzilien wie dem auf seiner →  Unfehlbarkeit bestehenden →  Basiliense (1431–1437/49)23. Allgemein ist zu diesen Listen anzumerken, dass sie noch keinen klaren Begriff von Universalkonzil (→ concilium universale) voraussetzen. Es handelt sich vielmehr um mehr oder weniger wahllos aus dem → Decretum Gratiani (um 1135– 1140) zusammengestellte Synoden verschiedenster Kategorie, von denen bekannt ist, dass sie geirrt haben. Verteidiger der Irrtumslosigkeit (→ Unfehlbarkeit) der Konzilien wie →  Johannes von Segovia (†  1458) tun sich entsprechend leicht, sie als nicht beweiskräftig zurückzuweisen24. Zu einer klaren Unterscheidung zwischen fehlbaren und unfehlbaren, irrenden und irrtumslosen Konzilien kommt es dann in der Auseinandersetzung mit Martin → Luther († 1546)25. I sidor I solani (†  1528) →  Dominikaner, → hylemorphistische Definition, → Konzilstraktate, → Teilnahme, → Theologen I sidor von S evilla (†  636) →  Adsumus Domine, → Etymologie  20  21  22  23  24  25

Vgl. Mittelalter, 362. Vgl. Mittelalter, 443f. Vgl. Traktate, 179f., 192, 198. Vgl. Traktate, 184f. Vgl. Traktate, 198. Vgl. Reformation, 110, 117.

von

Chartres

91

I slam → Dauer I vo von C hartres († 1115/16) → Häufigkeit, → Kriterien, → Liste, → sancta octo

n  J J akobus cher

de

C eretanis († 1440) → Tagebü-

J akobus von V iterbo († um 1308) → Konzilstraktate J an H us († 1415) → Dtn 17,8–13, → Geleitbrief, → Unfehlbarkeit J ansenismus   In zweifacher Hinsicht hat der Jansenismus etwas mit der → Geschichte der Konzilsidee zu tun: Indem seine Gegner, vor allem in Frankreich, sich im 17. Jh. massiv auf die Autorität des → Papstes statt auf die der Konzilien beriefen, lösten sie eine Gegenreaktion aus, die schließlich zur Erklärung der „Freiheiten der französischen Kirche“ führte (1682) ( → Jacques-Bénigne Bossuet, 1627–1704). Ein zentraler Punkt dieser Erklärung ist die Superiorität des Konzils über den → Papst (→ Superioritätsfrage), die sich auf das Dekret → Haec sancta des → Constantiense (1414–1418) stützt. Dabei verteidigte Antoine → Arnauld († 1694), zu seiner Zeit die führende Gestalt des Jansenismus, das genannte Dekret am wirksamsten gegen seine Kritiker1. An Johannes Opstraets (†  1720) De locis theologicis lässt sich erkennen, inwieweit sich die Konzils­ idee (→  Konzilsideen) der Jansenisten von der gesamtkirchlichen unterscheidet: Der belgische Jansenist folgt weitgehend der traditionellen Lehre u.  a. des Robert →  Bellarmin († 1621), hält sich aber, was die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) und die Anerkennung von Konstanz (→  Constantiense [1414–1418]) und Basel (→  Basiliense [1431–1437/49]) angeht, an die Position der Gallikaner. Typisch jansenistisch ist dann, was Opstraet zu einem bestimmten Aspekt der Lehre von der → Unfehlbarkeit der Konzilien ausführt, nämlich zu der Frage, ob diese sich auch auf ihre Fähigkeit bezieht, den Sinn eines theologischen   1 Vgl.  „Ein großes Plädoyer“, in: Reformation, 328–332.

Werkes richtig zu erkennen. Dazu sind nach dem jansenistischen Theologen die Konzilien nicht fähig. Sie haben sich in der Vergangenheit in der Bestimmung des wahren Sinnes eines Textes wiederholt geirrt, so z. B. im Fall des → Origenes († um 254), des Marcellus von Ancyra († 374), im Dreikapitelstreit (6./7.  Jh.) usw.2 – Ein Jansenismus eigener Art hat sich dann im späten 18. Jh. in Italien im Zeichen der →  Aufklärung entwickelt. Etwas schematisierend lässt er sich so charakterisieren: Vorrang vor der Autorität hat die → ratio. Was letztlich zählt, ist die eigene Einsicht, das eigene theologische Urteil. Dem lebendigen Lehramt des →  Papstes und der Bischöfe ist das Zeugnis der Tradition übergeordnet. Der Wahrheitsgehalt von Verlautbarungen des Episkopats ist zu überprüfen am Zeugnis der christlichen Überlieferung, vor allem der → Kirchenväter. Insofern ist die Stimme der vergangenen Kirche der Stimme der gegenwärtigen Kirche übergeordnet. Es gibt Perioden der Kirchengeschichte, in denen es zu Verdunklungen der überlieferten Wahrheit kommen kann. Nur eine intensive Beschäftigung mit dem Zeugnis der Tradition bringt dann die Wahrheit in der Kirche wieder zur Geltung3. Eine eigene Stellungnahme zur Konzilsidee (→ Konzils­ ideen) legen die Jansenisten u. a. im Zusammenhang des Konzils von →  Pistoia (1786) vor4. Mit dem italienischen Jansenismus setzt sich der Ex-Jesuit Giovan Vincenzo →  Bolgeni (†  1811) auseinander, indem er den „toten Zeugnissen der Vergangenheit“ die Stimme des lebendigen Lehramtes von → Papst und Bischöfen entgegenstellt5. J ean C ourtecuisse (um 1350–1423)  Der Pariser Theologe, Kirchenpolitiker und zeitweilige Dekan der theologischen Fakultät der Sorbonne war mehrmals im Auftrag des französischen Königs an ausländischen Hö  2 Vgl. Reformation, 457f.   3 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 13.   4 Vgl.  „Exempel Pistoia“, in: Partikularsynode, 102–123.   5 Vgl.  „Römische Konzilsidee zu Beginn des 19. Jahrhunderts: der päpstliche Theologe Giovan Vincenzo Bolgeni (1733–1811)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 7–35. – Vgl. auch Literaturnachtrag 39.

Jesuiten

fen tätig und nahm an mehreren Synoden als Repräsentant der Sorbonne teil6. Aus seiner akademischen Lehrtätigkeit sind einige quaestiones überliefert, vor allem ein Tractatus de fide et ecclesia, Romano pontifice et concilio generali. Im Rahmen des Themas Glaube und Institution fragt der Franzose nach der infallibilitas der ecclesia Romana, der ecclesia universalis und des concilium generale. Die Antwort erfolgt in der Form einer Schul-Disputation, de facto ist es eine Exzerpten-Kompilation aus →  Wilhelm von Ockhams († 1347) Dialogus 1,5,25–28. Von seinem Mentor übernimmt er nicht nur die Mehrzahl der vorgelegten Argumente pro und contra, sondern auch die grundsätzlich skeptische Position des Engländers in der Frage der → Unfehlbarkeit7. →  Konzilstraktate, →  Laienteilnahme, →  Theologen, →  Triumphalismus, →  Unfehlbarkeit, →  Wilhelm von Ockham (um 1288–1347), → Zweifel J ean G erson (†  1429) →  Aristotelismus, →  Grundtypen, →  Herrschaftsformen, → hylemorphistische Definition, → Kollegialität, →  omne totum maius est sua parte, → Stimmrecht, → via concilii J esuiten   Der Beitrag der Gesellschaft Jesu zur → Geschichte der Konzilsidee ist, wie zu erwarten, von sehr unterschiedlicher Art. Eine Reihe ihrer Historiker hat zur Erhellung der Konziliengeschichte beigetragen, indem sie entweder Quellensammlungen zu allen Konzilien (Antonio → Possevino8, Philippe Labbe/Gabriel Cossart [1683], Jean Hardouin [1714/15]9) oder zu Konzilien bestimmter Länder (Jacques Sirmond [1629] für Frankreich und Hermann Josef → Hartzheim für Deutschland10) erstellten. Andere   6 F. Oakley, The Tractatus de fide et ecclesia, Romano pontifice et concilio generali of Johannes Breviscoxe, in: AHC 10 (1978) 99–130.   7 Vgl. „Die ‚Quaestio de infallibilitate concilii generalis‘ (Ockham-Exzerpte) des Pariser Theologen Jean Courtecuisse (†  1423)“, in: Gestalt, 153–176.   8 Vgl. Gestalt, 272–274.   9 Vgl. Reformation, 234.  10 Vgl.  „Die Schannat-Hartzheimsche Sammlung der deutschen Konzilien (1759–1790). Geschich-

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Jesuiten haben sich zu Aspekten der Konzils­ idee als solcher (→ Konzilsideen) geäußert, so Alphons →  Salmerón (†  1585) zur Frage der →  Autorität des Konzils bzw. des → Papstes11. Robert → Bellarmin († 1621) ist der Autor der bis in unsere Tage geltenden → Liste der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil)12, seine in den Controversiae entwickelten Vorstellungen über Konzilien waren für Jahrhunderte prägend in der katholischen Kirche. Auf dem →  Tridentinum (1545–1563) haben sich die beteiligten Jesuiten entschieden für den → Papst eingesetzt13. Vor dem → Vaticanum I (1869–1870) gehörten Jesuiten wie Alfonso → Muzzarelli (†  1813)14 zu den schärfsten Gegnern von → Haec sancta sowie von Papstkritikern wie Johann Nikolaus von → Hontheim († 1790)15 und zu den treuesten Verteidigern des Papsttums16, nach ihm zu den entschiedensten Gegnern einer historisch-kritischen Prüfung der sog. →  Papstprivilegien17, so der deutsche Jesuit Karl Kneller († 1942) (→ historisch-kritische Methode). Eine Jesuitenzeitschrift wie die Civiltà Cattolica ist für das →  Vaticanum  I und seine Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit von nicht zu unterschätzender Bedeutung gewesen18. Im Kontext des →  Vaticanum  I gab es jedoch auch einen Jesuiten, den Italiener Francesco Quarella († 1908), der ganz in den Fußstapfen Jacques-Bénigne → Bossuets († 1704) das Konzil vom Konsensbegriff her (→  Grundtypen, → Konsens) verstand und „am systematischsten und klarsten die Position der Minderheit zum Ausdruck bringt“ (Kl. te einer Schwer- und Spätgeburt“, in: Gestalt, 293–326.  11 Vgl. „Ein Traktat des Jesuiten Salmerón über in Trient strittige Fragen zur Autorität des Konzils“, in: Apostelkonzil, 435–463.  12 Vgl. „Bellarmins Konzilsverzeichnisse“, in: Reformation, 197–214.  13 Vgl.  „Option für den Papst. Die Jesuiten auf dem Konzil von Trient. Dritte Sitzungsperiode 1562–1563“, in: Apostelkonzil, 464–485.  14 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 41–44.  15 Vgl. „Zaccaria (1767)“, in: Reformation, 443–449.  16 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 7–35.  17 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 208–214.  18 Vgl. „Römische Konzilsidee zur Zeit des Ersten Vatikanums: Die Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 133–160.

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J

Schatz)19. Auch auf dem →  Vaticanum  II (1962–1965) befanden sich mehrere Jesuiten unter den prominenten Konzilstheologen: Henri de →  Lubac (†  1991)20, Jean →  Daniélou (†  1974), Karl →  Rahner (†  1984)21, Alois Grillmeier (†  1998), Otto →  Semmel­ roth († 1979) u. a. Sebastian → Tromp († 1975) war Sekretär der Vorbereitenden und der Theologischen Kommission des →  Vaticanum II22. → Dominikaner, → Theologen

liche Konzilsidee, →  Theologen, →  Welt, → Wunder J ohannes II. von K onstantinopel († 520) → Constantinopolitanum I (381) J ohannes V. → Kriterien

von

J erusalem (†  735)

J ohannes VI. K antakuzenos (†  1383), Kaiser → via concilii

J ohannes VIII. (†  882), Papst →  Nutzen, → päpstliche Konzilsidee

J ohannes C assianus (†  um 435) →  consensus omnium

J ohannes XXIII. (1891–1963), Papst  Kein anderer →  Papst dürfte in der Vergangenheit ein Konzil so sehr durch seine eigene Idee von einem Konzil geprägt haben wie Johannes  XXIII. Seine Konzilsidee (→  Konzilsideen) lässt sich aus zwei Kategorien von Texten erheben, einerseits aus seinen amtlichen Verlautbarungen, andererseits aus zahlreichen Reden zu den verschiedensten Anlässen, vor allem aus seiner Rede Humanae salutis zur Eröffnung des → Vaticanum II (1962–1965). Von historischer Nachwirkung war dabei weniger, was Johannes XXIII. als traditionelle katholische Lehre über die Konzilien darlegte, sondern was er speziell über den Sinn und die Aufgabe des → Vaticanum II ausführte. Der Papst spricht hier in dem Bewusstsein, an der Schwelle einer neuen Zeit zu stehen, die eine grundlegende Erneuerung der Kirche verlangt23. → Aggiornamento, → Inspiration, → liberales Element der Kirchenverfassung, → päpst-

J ohannes C hrysostomus (†  407) → Appellation vom Konzil an den Papst

 19 Vgl. Apostelkonzil, 545.  20 Vgl. „Zwischen kurialistischem und säkularistischem Integrismus. Das Zweite Vatikanum in der Wahrnehmung des Tagebuchschreibers Henri de Lubac“, in: Ökumenisches Konzil, 227–267.  21 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 266–270.  22 Für weitere Jesuiten im Zusammenhang mit einer Geschichte der Konzilsidee vgl. die Register unserer Veröffentlichungen. – Vgl. auch Literaturnachtrag 40.  23 Vgl. „Zur Konzilsidee Johannes’ XXIII.“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 278–308. – Vgl. auch Literaturnachtrag 41.

J ohannes Q uidort von P aris (†  1306) →  Dominikaner, →  Repräsentation, →  Superioritätsfrage J ohannes T eutonicus († 1245) → Superioritätsfrage J ohannes von M ontenegro (†  um die Mitte des 15.  Jh.s) →  Florentinum (1439– 1443) J ohannes von R agusa (um 1395/96– 1443) Das →  Constantiense (1414–1418) und vor allem das fast zwei Jahrzehnte dauernde → Basiliense (1431–1437/49) brachten es mit sich, dass sich eine verhältnismäßig große Zahl von →  Theologen intensiv mit der Konzilsmaterie befassten (→  Konzilstraktate). Aber lange Zeit fehlte noch eine Art →  Leitfaden für die Abhaltung eines Konzils, eine Handreichung, die auch auf die praktischen Fragen eingeht, die sich anlässlich von Konzilien stellen. Einer solchen Aufgabe widmete sich der → Dominikaner Johannes von Ragusa, der aufgrund seiner Teilnahme an den Synoden von Konstanz (→ Constantiense) und Basel (→ Basiliense), also langjähriger Erfahrung mit Konzilien, und seiner exzellenten Quellenkenntnisse bestens für diese Aufgabe vorbereitet war. Ragusa nennt seine Vorgehensweise aliqualiter historialiter progredi, d. h. er argumentiert nicht spekulativ-aprioristisch bzw. kanonis-

Johannes

tisch, sondern in gewisser Weise schon historisch-kritisch. Da das Ziel seines Tractatus de auctoritate conciliorum et de modo celebrationis eorum eine → Reform der Kirche mittels eines Konzils ist, geht es ihm darum, dessen wahre Gestalt hauptsächlich aus den altkirchlichen Quellen zu erheben. Von besonderem Interesse in Ragusas Tractatus sind seine Ausführungen über die römische →  Patriarchalsynode, die es in der Gestalt, wie er sie konzipierte, nie gegeben hatte und die das synodale Prinzip gewissermaßen in das Zentrum der päpstlichen Macht einführte24. Der Tractatus ist jedoch weder von seinem Autor vollendet worden, noch liegt der fragmentarische Text bislang gedruckt vor25. →  Appellation vom Konzil an den Papst, →  Arten von Konzilien, →  Bestätigung, →  concilium universale, →  Dominikaner, →  Einberufung, →  Freiheit, →  Frequens, → Grundtypen, → Konsens, → Konziliarismus, → Konzilstraktate, → Legaten, → Leitfaden, →  Mehrheitsmeinung, →  Nutzen, →  Öffentlichkeit, →  Patriarchalsynode, →  Provinzialsynode, →  Renaissance, →  sanior pars, →  Sitzordnung, →  Stimmrecht, → Theologen, → una cum patribus, → via concilii

von

Segovia

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J ohannes von S egovia (um 1394–1458)  Hauptverdienst des prominenten Teilnehmers des →  Basiliense (1431–1437/49)26 ist die Abfassung einer in der modernen Ausgabe 2602 Seiten umfassenden Geschichte des genannten Konzils (Historia generalis synodi Basiliensis). Auch nach der Versöhnung mit Papst → Nikolaus V. († 1455), dem Nachfolger → Eugens IV. († 1447), von dem er sich nach der Spaltung des Konzils 1437 getrennt hatte, besteht der Spanier auf seiner konziliaristischen Grundposition (→  Konziliarismus) von der Unterordnung des → Papstes

unter das Konzil (→  Superioritätsfrage), aber er rüttelt in keiner Weise mehr an der prinzipiell monarchischen Struktur der Kirche (→  Herrschaftsformen). Das Papsttum ist göttlicher Institution und kann durch kein Konzil abgeschafft werden (vgl. den Exkurs Amplificatio disputationis der genannten Geschichte des →  Basiliense)27. Wahrscheinlich zwischen 1449 und 1453 verfasste Segovia dann den Liber de magna auctoritate episcoporum in concilio generali, sein reifes, nach Abschluss des Konzils zu datierendes Alterswerk. Während seine Historia den „Ist-Zustand“ eines Konzils darstellt, beschreibt der genannte Liber dessen „Soll-Zustand“, vor allem –  gegen die Praxis des → Basiliense – den wesentlich bischöflichen Charakter eines Generalkonzils (→ concilium episcoporum est). Segovia geht in diesem Werk auf die biblischen Grundlagen der Konzilien (→ locus scripturisticus), ihre essentia (→ Wesen) und forma (→ Zusammensetzung), ihre Repräsentationsfunktion (→ Repräsentation), die → Herkunft ihrer Gewalt, das Verhältnis zwischen →  Papst und ökumenischem Konzil, ihre verfassungsrechtliche Gestalt (→ Herrschaftsformen) usw. näher ein28. → Agostino Patrizi (um 1435–1495), → Apostelkonzil, → Aristotelismus, → Auflösung, →  Bilanz, →  concilium universale, →  Dauer, →  Deputationen, →  Einberufung, →  Freiheit, →  Grundtypen, →  Herkunft der Gewalt, →  Herrschaftsformen, →  hilfreiche Faktoren, → irrende Konzilien, → Kollegialität, →  Konziliarismus, →  Konzilstraktate, → Legaten, → locus scripturisticus, → Nationalkonzil, →  Patriarchalsynode, →  Präsidenz, →  Repräsentation, →  Sanhedrin, → sanior pars, → Sicut sancti, → synodus endemousa, →  Unfehlbarkeit, →  Vollendung, → Vorsitz, → Zusammensetzung

 24 Vgl.  „Non solum papa definiebat nec solus ipse decretis et statutibus vigorem praestabat. Johannes von Ragusas Idee eines römischen Patriarchalkonzils“, in: Apostelkonzil, 129–156.  25 Vgl.  „Basler Konziliarismus konkret (I). Der Tractatus de auctoriate conciliorum et modo celebrationis eorum des Johannes von Ragusa“, in: Apostelkonzil, 97–128. – Vgl. auch Literaturnachtrag 42.  26 Vgl. Apostelkonzil, 159.

 27 Vgl. Traktate, 56–57.  28 Vgl. „Basler Konziliarismus konkret (II). Der Liber de magna auctoritate episcoporum in concilio generali des Johannes von Segovia“, in: Apostelkonzil, 157–195.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 43

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J ohannes von T orquemada (†  1468) →  Bilanz, →  concilia oecumenica maiora et minora, → concilium episcoporum est, → concilium generale, →  concilium universale, → Decretum irritans, → Dominikaner, → Etymologie, →  Florentinum (1439–1443), → Haec sancta, → hylemorphistische Definition, →  irrende Konzilien, →  Konflikt, → Nutzen, → Unfehlbarkeit, → Zweifel 29

J ohn W ycliff († 1384) → Unfehlbarkeit J oseph I. von K onstantinopel († 1283) → via concilii J overius , F ranciscus (†  1555) →  Summen J ulius I. (†  352), Papst →  executrix conciliorum, → regula ecclesiastica, → Verhältnis des Papstes zum Konzil J ulius II. († 1513), Papst → Matthias Ugoni (1446–1535) J ustinian († 565), Kaiser → Constantinopolitanum I (381), → integrale Irrtumslosigkeit, → Kaiser, → rechtmäßiger Verlauf, → römische Provinziallandtage

 29 Vgl. Literaturnachtrag 44.

n  K K aiser   Der Einfluss des Kaisers auf die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche war immens. Sie wurden alle von den Kaisern einberufen (→ Einberufung, → historisch-kritische Methode)1 und normalerweise auch in ihrem äußeren Ablauf von ihnen oder ihren Stellvertretern geleitet. Sie machten die inhaltlichen Entscheidungen der Konzilien zu verpflichtenden Reichsgesetzen Sie hatten zwar bei der Entscheidung und Abstimmung (→  Abstimmungsmodus) selber kein →  Stimmrecht, was aber nicht bedeutete, dass sie keinen Einfluss auf den Inhalt ausübten. So war es möglicherweise →  Konstantin der Gr. († 337), der Kaiser des ersten →  ökumenischen Konzils, der das homooúsios, den Kernbegriff der Glaubensformel (→  Formeln, →  nichtbiblische Termini) des →  Nicaenum  I (325), in die Diskussion brachte. Die Glaubensformel des → Chalcedonense (451) stammt zwar inhaltlich nicht von Kaiser → Marcian († 457), aber dass das Konzil sie definierte, geht auf den Druck des Kaisers zurück. Ganz zu schweigen von → Justinian († 565), dem das → Constantinopolitanum  II (553) nicht nur die Existenz, sondern praktisch auch den Inhalt seiner Definition verdankt. Die aus →  Justinians Feder stammende Synopse (→  Synopsen) zeigt in aller Deutlichkeit, wie er die Rolle der Kaiser auf den vorausgegangenen Konzilien sieht2. Welche Bedeutung dem Kaiser auf dem Konzil zukommt, zeigen nicht zuletzt auch die ihm gewidmeten → Akklamationen. Die Rolle des Kaisers auf den Konzilien bleibt über die Alte Kirche hinaus ein wichtiges Thema der → Geschichte der Konzilsidee. →  Einberufung und Leitung (→ Vorsitz) des Konzils durch den Kaiser ist ausdrücklicher Bestandteil der →  griechischen Konzilsidee3. Westliche Theologen und Kanonisten haben die Rolle des Kaisers    1 Vgl. Alte Kirche, 179f., 247, 311f., 347, 359–361, 368, 376.    2 Vgl. Alte Kirche, 346–348.   3 Vgl. Apostelkonzil, 365–371.

während des ganzen Mittelalters bis in die Neuzeit hinein diskutiert4. Umstritten war seine Stellung auf den Konzilien nicht nur zwischen Ost- und Westkirche, sondern auch zwischen der römischen Theologie und ihren verschiedenen Gegnern. Erst gegen Ende des 19. Jh.s beginnt die katholische Theologie unter dem Druck der →  historisch-kritischen Methode die sogenannten → Papstprivilegien für die Konzilien der Alten Kirche aufzugeben5. Wie ein Theologe der Alten Kirche, → Eusebius von Caesarea, das Verhältnis zwischen Kaiser und Konzil sieht, hat er in seiner Vita Constantini zum Ausdruck gebracht6. →  Einberufung, →  Einberufungschreiben, → Eusebius von Caesarea (260/64–339/40) K arthago (256), Konzil → äußere Gestalt, → Binius, Severin (1573–1641), → Protokoll K arthago (416), Konzil →  Synodalbrief, → Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695) K arthago (419), Konzil →  Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695) K arthago (525), Konzil → Augustinus-Rezeption K arl der G r . († 814), Kaiser → Libri Carolini, → Spätwirkung K arl V. (†  1558), Kaiser →  Regensburger Buch K asper , W alter (*  1933) →  apriori infallible Sätze, → Hermeneutik K asuistik   Konzilien, genauer Konzils­ entscheidungen und -texte, werden in den verschiedensten Bereichen als Autoritätsargumente verwendet. Da die Konzilien von    4 Vgl. Mittelalter, 239, 380f.; Apostelkonzil, 116f.; 19. und 20.Jahrhundert, 29f.    5 Vgl. „Der dogmatische Konzilsbegriff auf dem Prüfstand der historisch-kritischen Methode (1870–1908)“, in: 19. und 20, Jahrhundert, 186– 214.    6 Vgl. Die Konzilsidee des Eusebius von Caesarea oder der hellenistische Einfluss“, in: Alte Kirche, 424–465.

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K

unterschiedlichem Gewicht und damit von unterschiedlicher →  Autorität sind, stellt sich das Problem, welchem Konzil bei sich widersprechenden Aussagen zu folgen ist. Auf dieses Problem antwortet ein Verfahren, das man als Konzilskasuistik bezeichnen könnte. Der Kanonist und Konzilsfachmann →  Dominicus Jacobazzi hat am Vorabend der Reformation eine solche Kasuistik entwickelt: Unter Voraussetzung gleicher → ratio, also gleicher sachlicher Richtigkeit, ist demjenigen Konzil zu folgen, das von mehr Kirchen rezipiert (→  Rezeption) wurde; sonst demjenigen, das sachlich richtiger ist. Denn die → Zahl der Teilnehmer einer Synode allein ergibt noch keine höhere → Autorität. Widersprüche können bestehen zwischen Universalkonzilien (→ ökumenisches Konzil) und Partikularkonzilien (→ Partikularkonzil). Selbstverständlich hat das Universalkonzil (→  ökumenisches Konzil) in einer materia fidei den Vorrang vor dem → Partikularkonzil. Bei Widersprüchen zwischen Universalkonzilien ist ebenfalls zu unterscheiden, ob es sich um eine Glaubensfrage oder um eine Frage der Kirchendiszi­ plin handelt7. → Konflikt K ategorien von T eilnehmern →  Zusammensetzung K atholisch - protestantischer K ompro missvorschlag über K onzilien →  Regensburger Buch K etteler , W ilhelm († 1877) → Welt

E mmanuel

von

K irche als E inzelgläubige bzw . als G esamtheit →  ecclesia distributive sive collective sumpta K i r c h e n r e c h t s s a m m l u n g e n  Kirchenrechtssammlungen stellen ganz allgemein eine ausgezeichnete Quelle zur Erforschung der Geschichte kirchlicher Institutionen dar. Deren Vielfalt nach Alter, Intention u.  ä. spiegelt auf unvergleichliche Weise das viel   7 Vgl. Traktate, 242f.

seitige Leben dieser Institutionen, zugleich deren Kontinuität und Wandel. Das gilt auch für eine Institution wie die Konzilien. Kirchenrechtssammlungen haben auf zweifache Weise mit den Konzilien zu tun: Sie enthalten inhaltliche Aussagen über Konzilien (→ locus de conciliis), die Konzilien ihrerseits sind meist auch eine formale Quelle dieser Sammlungen. Die inhaltliche Bezugnahme auf Konzilien geschieht auf verschiedene Weise. In den frühen Sammlungen werden die Konzilien lediglich anlässlich anderer Fragen erwähnt. Bald jedoch finden sich ganze → canones, die ausschließlich Bestimmungen über Konzilien enthalten. Ein nächster Schritt besteht in der Zusammenstellung mehrerer Konzilskanones. Es kommt zu Kapitelfolgen mit der Überschrift De conciliis, wie das z.  B. in der Hispana (656–675), der umfangreichsten und bedeutendsten Kirchenrechtssammlung des ersten Jahrtausends, der Fall ist. Die bedeutendste mittelalterliche bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts verwendete Kirchenrechtssammlung ist das → Decretum Gratiani. Aus der Art und Weise, wie eine Kirchenrechtssammlung mit dem Thema Konzil umgeht, ob sie ihm einen prominenten Platz zuweist oder nicht, lässt sich der Stellenwert der Konzilsidee (→ Konzilsideen) in der betreffenden Sammlung bestimmen8. K irchentraktate   Mit Bonifaz  VIII. und seiner Bulle Unam sanctam (1302) erreicht der Herrschaftsanspruch der Päpste (→ Papst) über die Kirche ein bisher nie dagewesenes Ausmaß. Er provoziert massiven innerkirchlichen Widerstand, der sich in einer großen Anzahl von Streitschriften niederschlägt, die man unter das Label „Kirchentraktate“ fassen kann. Da das Konzil von den betreffenden Autoren als das wirksamste Mittel zur Eindämmung der päpstlichen Vollgewalt entdeckt bzw. wiederentdeckt wird, stellen diese Kirchentraktate einen wichtigen → locus de conciliis dar. Ne   8 Vgl. „Das Konzil und sein Verhältnis zum Römischen Stuhl in Kirchenrechtssammlungen (485– 1140)“, in: Mittelalter, 188–231. – Vgl. auch Literaturnachtrag 45.

Kollegialität

ben →  Marsilius von Padua (†  1342/43)9 und →  Wilhelm von Ockham (†  1347)10 ist hier vor allem → Wilhelm Durandus († 1330) mit seinem Tractatus de modo generalis concilii celebrandi11 zu nennen. Zur Sprache kommen in diesen Traktaten sowohl eher traditionelle Themen wie das Konzil als Letzt­ instanz zur Entscheidung von dubia und Papstabsetzungen (→ Papstabsetzung) durch das Konzil bzw. Prinzipien wie → concilium maius quam papa und umgekehrt12, als auch neue Ideen wie die →  Appellation vom Papst an das Konzil, das Konzil als repraesentatio fidelium (→ Repräsentation), das Konzil als Ziel und Mittel der → Reform der Kirche, die →  Unfehlbarkeit der Generalkonzilien (→ concilium generale) u. a.13 → Konzilstraktate K irchenväter   Kirchenväter sind in doppelter Hinsicht relevant für eine →  Geschichte der Konzilsidee. Einerseits sind sie wichtige Zeugen speziell für die Entstehungsphase der Institution und der Idee der Konzilien. Ein → Athanasius von Alexandrien14, ein → Gregor von Nazianz15, ein → Augustinus16, ein → Leo der Gr.17 sind hier als Beispiele für die Zeit zu nennen, in der die Institution der Konzilien entstand und sich entfaltete. Andererseits fungierten die Kirchenväter selber  – neben der →  Heiligen Schrift und der theologischen → Vernunft – als wichtige theologische → Argumente auf den Konzilien der Kirche. In dieser Hinsicht   9 Vgl.  „Marsilius von Padua (†  1342/43) oder vom consilium pontificis zum consilium principis“, in: Mittelalter, 366–409.  10 Vgl.  „Wilhelm von Ockham (†  1347) oder die systematische Problematisierung der Konzils­ idee“, in: Mittelalter, 410–469.  11 Vgl. Mittelalter, 317–321.  12 Vgl. Mittelalter, 323–335.  13 Vgl. Mittelalter, 335–365.  14 Vgl. „Werden und Eigenart der Konzilsidee des Athanasius von Alexandrien (†  373)“, in: Alte Kirche, 25–67.  15 Vgl. „War Gregor von Nazianz ein Gegner der Konzilsinstitution?“, in: Ökumenisches Konzil, 11–27.  16 Vgl. „Konzilien in Leben und Lehre des Augustinus von Hippo († 430)“, in: Alte Kirche, 68–102.  17 Vgl. „Leo der Große († 461) über Konzilien und Lehrprimat des Römischen Stuhles“, in: Alte Kirche, 103–147.

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war in der Vergangenheit → Augustinus von besonderer Bedeutung (→  Augustinus-Rezeption), der wohl am meisten zitierte Kirchenvater. Das erste → ökumenische Konzil, von dem wir sicher wissen, dass auf ihm Kirchenväter angeführt wurden, ist das →  Ephesinum (431). Nachdem die Abweichungen der Lehre des → Nestorius († 451) von der fides Nicaena festgestellt worden waren, wurden Zeugnisse aus den Schriften älterer Väter verlesen. Das für →  Nestorius negative Ergebnis dieses Vergleichs führte unmittelbar zu seiner Amtsenthebung. Wir haben es hier mit dem ältesten Väterflorilegium auf einem Konzil zu tun. Die Kirchenväter stellen neben der fides Nicaena eine zweite Norm dar, an der die Christologie des →  Nestorius gemessen wird. Die Verwendung der Kirchenväter als Norm des Glaubens entspricht der Grundvorstellung eines Konzils als → Überlieferung des Glaubens18. Unter den übrigen altkirchlichen ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) werden besonders viele Zeugnisse von Kirchenvätern auf dem → Nicaenum II (787) zugunsten der Bilderverehrung vorgelegt19. K lemens IV. († 1268), Papst → via concilii K leutgen , J oseph (†  1883) →  außerordentliches Lehramt K neller , K arl († 1942) → historisch-kritische Methode, → Jesuiten K ognitionsprozess →  äußere Gestalt, → staatlicher Einfluss K ollegialität   Die vom →  Vaticanum  II (1962–1965) neu zur Geltung gebrachte Lehre von der Kollegialität des Bischofsamtes ist ein wichtiges Moment in der → Geschichte der Konzilsidee. Denn diese Lehre hat unmittelbare Konsequenzen für die Konzeption des Konzils, vor allem für die Frage des Ursprungs der von den Bischöfen auf dem Konzil ausgeübten Jurisdiktion und Lehrge 18 Vgl. Apostelkonzil, 45.  19 Vgl. Apostelkonzil, 52.

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walt (→ Herkunft der Gewalt). Ob dieselbe vom →  Papst oder unmittelbar von Gott stammt, war schon immer zwischen Konziliaristen (→ Konziliarismus) und Papalisten (→  Papalismus) umstritten. Von der Sache her ist die Kollegialität kein neuer Gedanke und gerade die Geschichte der Konzilien bezeugt, dass sich die Bischöfe immer schon als collegae, als Inhaber eines gemeinsamen Amtes verstanden haben. Papst → Coelestin (†  432) fordert die Väter (→  Konzilsväter) des →  Ephesinum (431) ausdrücklich auf, sich als collegae zu verstehen20. Deswegen braucht man in der Tat auch nicht bis zum →  Vaticanum  II zu warten, bis diese Lehre nach einer Zeit des Vergessens bzw. der Vernachlässigung wieder deutlich geäußert wurde. Gerade ein Vertreter der sog. Römischen Schule, der Ex-Jesuit Giovan Vincenzo → Bolgeni († 1811), lehrt in aller Ausdrücklichkeit die Kollegialität des Bischofsamtes und stützt sich für diese seine Lehre auf älteste kirchliche Tradition21. Allem Anschein nach vertritt während des →  Vaticanum  I (1869–1870) auch die Jesuiten-Zeitschrift Civiltà Cattolica (→ Medien) die Lehre von der Kollegialität der Bischöfe22. Dem entsprechend kennt die lateinische Kirche auch eine Tradition, die das Konzil vom Bischofskollegium her konzipiert (→  Grundtypen), die mit Theologen wie →  Jean Gerson (†  1429) und vor allem →  Johannes von Segovia (†  1458) beginnt, durch →  Matthias Ugoni (†  1535) bezeugt23, durch den Ex-Jesuiten → Bolgeni stark zur Geltung gebracht wird und in einem Theologen wie Joseph → Ratzinger (* 1927) einen Anhänger findet24. → communio potestatis K onflikt   Schon die → Dekretisten haben die Frage diskutiert, wem zu gehorchen ist, dem Konzil oder dem → Papst, wenn diese  20 Vgl. Konzils- und Papstidee, 67f.  21 Vgl.  „Römische Konzilsidee zu Beginn des 19. Jahrhunderts: der päpstliche Theologe Giovan Vincenzo Bolgeni (1733–1811)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 7–35, bes. 17–19.  22 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 153.  23 Vgl. Traktate, 271–280, bes. 272–274.  24 Vgl.  „Das vom Bischofskollegium her konzipierte Konzil“, in: Ökumenisches Konzil, 141– 151; 19. und 20. Jahrhundert, 249–250, 253–258.

untereinander nicht einig sind. Nach → Huguccio von Pisa († 1210) hat bei einem Dissens zwischen → Papst und Konzil in einer entscheidenden Frage (quaestio fidei) der Papst das letzte Wort. Alanus Anglicus (13.  Jh.) sieht es umgekehrt: In einem solchen Konflikt ist das Konzil dem →  Papst übergeordnet25. Was von den → Dekretisten noch als eher theoretische Frage diskutiert wurde, war dann zur Zeit des Großen Abendländischen Schismas eine praktische und höchst aktuelle Frage, hier widersprachen sich beide Institutionen gerade auch in Glaubensdingen. Was ist in einer solchen Situation zu tun? Nach → Nikolaus von Kues († 1464) soll weder die eine noch die andere Seite zu einer → Definition schreiten. Gefahr für das Heil entstehe nämlich nicht durch eine unterbliebene →  Definition, sondern durch eine solche, in der eventuell die Wahrheit verfehlt wird, weil sie nicht vom → Konsens der Gesamtkirche getragen ist. Nicht nur das Konzil soll nicht ohne den → Papst definieren, auch der Papst soll dies nicht ohne das Konzil tun. Definiert er trotzdem ohne dessen → Konsens, so hat seine Definition keinen verpflichtenden Charakter. Dass dieser Fall Wirklichkeit werden kann, dass es keiner der beiden Seiten mit der Zeit gelingt, die andere zum → Konsens zu führen, hält der Teilnehmer des → Basiliense (1431– 1437/49) übrigens für ausgeschlossen. Weder der → Papst noch das Konzil verschließen sich auf die Dauer der Wahrheit26. Sein papalistischer Mitstreiter (→  Papalismus) auf dem genannten Konzil, → Johannes von Torquemada (†  1468), stellt sich die Frage, wem bei einer noch nicht entschiedenen, sondern noch zu entscheidenden Glaubensfrage zu folgen sei, dem Konzil oder dem → Papst, und antwortet: In der Regel ist eher der Meinung des Konzils als der des → Papstes zu folgen. Über diese für einen Papalisten (→ Papalismus) überraschende Position seines Landsmannes und sonstigen Vordenkers kann sich Alphons → Salmerón († 1585) nur „wundern“. Ihr setzt er die eigene These entgegen: Bei einem Dissens zwischen  25 Vgl. Traktate, 267f.  26 Vgl. Traktate, 181f.

Konsens

→ Papst und Konzil über eine in der Vergangenheit noch nicht entschiedene Glaubensfrage hat man sich nicht dem Konzil, sondern dem Papst anzuschließen. Die Position des → Johannes von Torquemada enthält in seinen Augen offensichtlich immer noch Spuren von →  Konziliarismus. Damit wird deutlich, was für einen strengen, lupenreinen → Papalismus dieser frühe Gefährte des Ignatius von Loyola vertritt27. K onnumerierung   Die Konnumerierung, d. h. das Mit- bzw. Beigezähltwerden auf der mit dem →  Nicaenum  I (325) beginnenden →  Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil), ist das entscheidende äußere Kriterium (→  Kriterien), an dem die → Rezeption eines Konzils und damit seine →  Ökumenizität erkannt werden kann28 (→  Gewissheit). Die Hinzuzählung zur „großen und heiligen Synode“ von Nicaea (→ Nicaenum I) geschieht zunächst im Osten, wo bekanntlich ja auch alle ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche stattgefunden haben. Schon die Akten des →  Chalcedonense (451) enthalten an mehreren Stellen eine → Liste, auf der das → Nicaenum I, das → Constantinopolitanum  I (381) und das →  Ephesinum (431) nebeneinander bzw. nacheinander genannt werden. Im →  Codex encyclius (458) sind die Voten zusammengestellt, die die Bischöfe auf die Anfrage des → Kaisers, was vom Konzil von Chalcedon (→  Chalcedonense) zu halten sei, formuliert haben. Konnumeriert werden hier bald Nicaea und Ephesus, bald Nicaea und Konstantinopel, bald Nicaea, Konstantinopel und Ephesus. Konnumeriert werden dann nicht bloß drei, sondern vier vorausgegangene ökumenische Konzilien (→ ökumenisches Konzil) in verschiedenen Dokumenten im Zusammenhang des → Constantinopolitanum II (553). Auf den folgenden Konzilien sind ähnliche Hinzuzählungen zu beobachten. Dabei bürgert es sich mehr und mehr ein, die Synoden mit Ordinalzahlen (→  Ordinalzahl) zu versehen. Im Westen sind solche Listen konnu 27 Vgl. Apostelkonzil, 457.  28 Vgl. Ökumenisches Konzil, 161–165.

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merierter ökumenischer Synoden (→  ökumenisches Konzil) zur Zeit der Alten Kirche viel seltener. Das liegt hauptsächlich daran, dass in dieser Periode im Westen keine ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) abgehalten wurden und sie deswegen das kirchliche Bewusstsein nicht wie im Osten geprägt haben. Von besonderer historischer Nachwirkung ist im Westen jedoch die Aufzählung der ersten vier ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) durch →  Gregor den Gr. (†  604) (→  Viererprimat, →  Sicut sancti)29. Diese Praxis der Konnumerierung der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) kommt im Antrag des → Photius († um 893), das → Nicaenum II (787) den vorausgegangenen ökumenischen Konzilien beizuzählen, deutlich zum Ausdruck30, ebenfalls in der Diskussion um die → Ökumenizität der Ikonoklastensynode von → Hiera (754) auf dem genannten Konzil selber. Der Horos, d. h. die Definition des → Nicaenum II, nennt unter den → Kriterien, an denen die Nichtökumenizität der Synode von → Hiera erkannt werden kann, ebendiese Unmöglichkeit der Konnumerierung: „(Diese Synode ist) nicht würdig, den sechs hochheiligen und mit goldenen Worten des Geistes leuchtenden Synoden beigezählt zu werden“31. Welche Bedeutung die bei dieser Konnumerierung erlangte → Ordinalzahl hat, geht aus den Reflexionen des →  Anastasius Bibliothecarius (†  um 878), des „Chefdiplomaten“ Papst → Nikolaus’ I. und Hadrians II., über die → Ökumenizität der Konstantinopler Synode von 869/70 (→  Constantinopolitanum  IV) anschaulich hervor32. K onsens   Fragt man nach dem frühen Selbstverständnis der Konzilien, so stößt man auf Äußerungen des →  Cyprian von Karthago († 258) über Konzilien, die er selber abgehalten hat. Wiederholt verwendet der Afrikaner in diesem Zusammenhang die Formel in unum convenire. Der Ausdruck steht geradezu als Synonym für Konzil. Es  29  30  31  32

Vgl. Ökumenisches Konzil, 165–169. Vgl. Ökumenisches Konzil, 83f. Vgl. Ökumenisches Konzil, 89. Vgl. Ökumenisches Konzil, 98.

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kann kaum Zweifel darüber bestehen, dass er unter dieser Formel mehr als das Zusammenkommen der Bischöfe an einem Ort, nämlich das Zusammenfinden zu einer einzigen Meinung, sententia, versteht. Mit diesem in unum convenire ist das Gleiche gemeint, was die im Kontext dieser Formel vorkommenden Begriffe consensus, consensio, commune consilium zum Ausdruck bringen. → Cyprian versteht dabei nicht nur das in Aussicht gestellte Konzil als ein Zusammenkommen zu einer Meinung, einer sententia, auch im Rückblick sieht er in einem Konzil ein Ereignis des Konsenses. Grundlage für den auf dem Konzil gesuchten Konsens sind dabei sowohl Texte der → Heiligen Schrift als auch Zeugnisse der Tradition (→ Überlieferung). Aufgabe des Konzils ist es, auf der Basis dieses als bestehend verstandenen Konsenses zu einem eigenen Konsens zu gelangen. Beide Konsensformen lassen sich unterscheiden, indem man den durch →  Heilige Schrift und Tradition (→  Überlieferung) vorgegebenen Konsens als vertikalen, den im Konzil zu erzielenden und schließlich erreichten als horizontalen Konsens bezeichnet. Das Konzil selber stellt sich in dieser Sicht als Ereignis eines doppelten Konsenses dar, eben als Zusammenfall von vertikalem und horizontalem Konsens. → Vinzenz von Lérins († 434/50) hat dafür die Formel → consensio antiquitatis et universitatis geprägt. Was sich bei → Cyprian nur andeutungs- und ansatzweise als Selbstverständnis der Konzilien beobachten lässt, kommt in der Folgezeit deutlich zum Ausdruck. Ein Konzil ist rechtgläubig in dem Maße, wie es im Konsens steht mit der Lehre der vorausgegangenen Konzilien33. Zahlreiche Autoren haben in der Folgezeit den Konsensbegriff in den Mittelpunkt ihrer Reflexionen über die Konzilien gestellt. An erster Stelle ist hier → Nikolaus von Kues († 1464) zu nennen. Er löst mit Hilfe des Konsensbegriffs gerade auch die zu seiner Zeit heftig diskutierte →  Superioritätsfrage, d.  h. die Frage, wem die → Höchstgewalt in der Kirche zukommt, dem → Papst oder dem Konzil. Für den vertikalen Konsens der Konzili 33 Vgl. Partikularsynode, 22–25.

en untereinander gilt im Prinzip das Gleiche wie für den horizontalen Konsens der →  Konzilsväter eines und desselben Konzils: Der Konsens zeigt als solcher die Gegenwart des Heiligen Geistes an (→ Inspiration), hier im einzelnen Konzil, dort in der konziliaren Tradition (→  Überlieferung)34. Unverzichtbare Grundlage jedes kirchlichen Gesetzes ist der Konsens auch für → Johannes von Ragusa (†  1443). Ein solcher Konsens ist in doppelter Weise möglich, entweder als vorausgehender oder als nachfolgender. Die vom Konzil erlassenen Gesetze sind schon vorgängig vom Konsens derer getragen, für die sie bestimmt sind, bedürfen also auch keiner nachträglichen →  Rezeption mehr. Im Unterschied dazu bedürfen die vom →  Papst erlassenen Gesetze eines nachfolgenden Konsenses, sind also noch der →  Rezeption durch das Kirchenvolk bedürftig. Beim Konzil darf der Konsens schon vorausgesetzt werden, weil die dort versammelten Bischöfe, auf die eine oder andere Weise, den Konsens des betreffenden Kirchenvolkes bereits mitbringen35. Konsequent vom Konsensbegriff her begreift auch der Spätkonziliarist (→ Konziliarismus) →  Matthias Ugoni (†  1535) das Phänomen Konzil36. Robert →  Bellarmin († 1621) kennt den Begriff zwar, verwendet ihn dann aber doch nicht an Stellen, wo das sonst üblich ist37. In starker Abhängigkeit von → Nikolaus von Kues stellt der Oratorianer und positive Theologe Louis de → Thomassin d’Eynac († 1695) den Konsensgedanken in den Mittelpunkt seiner Dissertationes in concilia generalia et particularia (1667), mit denen er die Front zwischen Jansenisten (→  Jansenismus) und Anhängern des →  Papstes zu überwinden versucht38. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die Theologen, die das →  Wesen  34 Vgl.  „Grundidee (von De concordantia catholica des Nikolaus von Kues)“, in: Traktate, 103–109.  35 Vgl. Apostelkonzil, 134f.  36 Vgl.  „Ein konziliaristischer Traktat am Vorabend der Reformation: Matthias Ugoni, De conciliis (1511–1521)“, in: Traktate, 245–280.  37 Vgl. Reformation, 176–178.  38 Vgl. „Der Ansatz zur Lösung (der Kontroversen seiner Zeit)“, in: Reformation, 298–305.

Kontroverse

eines Konzils im Konsens sehen und es entsprechend definieren (→  Grundtypen)39. Griechische Theologen haben im Kontext des →  Florentinum (1439–1443) intensiv über die Voraussetzungen, die Bedingungen, die Herbeiführung des Konsenses (homónoia) und die Hindernisse, die ihm im Wege stehen, nachgedacht40. Der Konsensbegriff spielt auch in der Konzilsidee (→  Konzilsideen) des →  Erasmus von Rotterdam († 1536) eine wichtige Rolle41. → integrale Irrtumslosigkeit K onstantin der G r . († 337), Kaiser → äußere Gestalt, →  Eusebius von Caesarea (260/64–339/40), →  Inspiration, →  Kaiser, → relevante Konzilien K onstantin VI. († 797), Kaiser → Freiheit K onsultativstimme →  Priesterstimmrecht, →  Reform von oben nach unten, → Stimmrecht K ontroverse   Gemeint ist die nach dem Vaticanum II ausgebrochene Kontroverse über die von Robert →  Bellarmin (†  1621) aufgestellte → Liste der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) der katholischen Kirche. Über den Ursprung der in der kirchlichen Wissenschaft und Praxis in den letzten Jahrhunderten zugrunde gelegten →  Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) herrschte Ungewissheit, bis der Scriptor der Bibliotheca Vaticana Vittorio Peri (†  2006) 1963 nicht nur nachwies, dass sie identisch ist mit der von Robert →  Bellarmin aufgestellten, sondern auch mit derjenigen, die von der päpstlichen Kommission für die geplante römische Ausgabe der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) vorgegeben wurde (1595) (→  Sammlungen). Peris Entdeckung fiel in die Zeit des → Vaticanum II (1962–1965) und einige Autoren sahen jetzt in ökumenischer  39 Vgl. „Das vom Konsens her konzipierte Konzil“, in: Ökumenisches Konzil, 133–141; Reformation, 415–425.  40 Vgl. Apostelkonzil, 375–377.  41 Vgl. Konzils- und Papstidee, 202f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 46.

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Perspektive die Möglichkeit, die bisher geltende → Liste in Frage zu stellen, insbesondere Konzilien wie das →  Tridentinum (1545–1563) oder das → Vaticanum I (1869– 1870), die von den getrennten Christen nicht rezipiert worden waren und deswegen einer Einigung im Wege standen. Der Tübinger Kirchenhistoriker Karl August Fink († 1983) zieht aus Peris Entdeckung die Konsequenz, die Zählung der Konzilien überhaupt aufzugeben, weil die „geschichtlichen und die theologisch-kanonistischen Gesichtspunkte (nicht) in Übereinstimmung zu bringen sind“. Für den in Indien dozierenden spanischen Jesuiten Luis →  Bermejo (†  2016) ist ein ökumenisches, also unfehlbares Konzil, nur ein solches, das auch von der Ostkirche rezipiert ist. Einer deutlichen Unterscheidung zwischen den altkirchlichen ökumenischen und den mittelalterlichen Synoden des Westens redet auch der Assumptionist George Henri Tavard (†  2007) das Wort. Auch der von Giuseppe → Alberigo († 2007) besorgten neuen Edition der Conciliorum oecumenicorum decreta liegt die Unterscheidung von wirklich ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil), das heißt der mit der Ostkirche gemeinsam gefeierten des ersten Jahrtausends, und der bloß so genannten ökumenischen Konzilien der römisch-katholischen Kirche des zweiten Jahrtausends zugrunde42. Selbst Joseph →  Ratzinger (*  1927) äußerte sich in diesen Jahren auf eine Weise, die er später als „anfängliche(n) Denkversuch“ bezeichnet, der dann aber von anderen „zu einer ganz neuen und weitreichenden These umgestaltet“ wurde. Nach dem Präfekten der Glaubenskongregation implizieren die angedeuteten Positionen, „dass faktisch die Existenz von Universalkirche für das 2. Jahrtausend geleugnet und die Tradition als lebendige, Wahrheit vermittelnde Größe an der Wende zum 2. Jahrtausend eingefroren wird. Damit ist aber der Kirchenbegriff und der Traditionsbegriff in seinem Kern getroffen, weil letztlich das Kriterium des Alters die apostolische Vollmacht  42 Vgl.  unsere Rezensionen der Conciliorum oecumenicorum generaliumque decreta. Editio critica, I; III; II,1; II,2 (2006, 2010, 2013) in: ThPh 82 (2007) 284–287; 85 (2010) 611–614; 90 (2015) 127–132.

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der Kirche ablöst, die dann keine gegenwärtige Stimme mehr hat“. Insbesondere sei dabei zu beachten, welche Konsequenzen diese Auffassung für Konzilien wie das →  Tridentinum und die beiden Vatikanen hätte. Das Festhalten an der → Ökumenizität der Konzilien des zweiten Jahrtausends schließe dabei keineswegs das Zugeständnis an die von Rom getrennten Kirchen aus, dass „Entscheidungen aus der Zeit der Trennung in ihrer Sprachgestalt und in ihrer Denkform von einer gewissen Partikularisierung gezeichnet sind […]“. Gegen den von Peri erweckten Eindruck, dass Robert → Bellarmin der einzige Theologe war, der eine →  Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) aufgestellt hat, konnten wir selber auf einen breiten Strom von Theologen und Historikern hinweisen43, die alle das Gleiche suchten, nämlich ein Gesamtverzeichnis der ökumenischen Konzilien der katholischen Kirche. Im Vergleich zu ihnen war →  Bellarmin erfolgreicher, insofern es ihm gelang, dass die editio Romana seine →  Liste der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) zugrunde legte44. → Hermeneutik K onziliarismus   Dieses Stichwort behandelt nicht das Gesamtphänomen des Konziliarismus, sondern stellt, erstens, zwei Autoren vor, deren Werke als exemplarisch für die genannte ekklesiologische Position gelten können, und nennt, zweitens, drei offizielle, autoritative konziliaristische Texte, die nicht ohne Wirkgeschichte in der Kirche geblieben sind. Die beiden Autoren sind → Johannes von Ragusa († 1443)45 und → Johannes von Segovia (†  1458)46. Wir haben ihre Werke aus der Menge von Traktaten  43 Vgl. „Neuer Konsens über die Zahl der ökumenischen Konzilien“, in: Reformation, 181–222.  44 Vgl. Ökumenisches Konzil, 154–161. – Vgl. auch Literaturnachtrag 47.  45 Vgl.  „Basler Konziliarismus konkret (I). Der Tractatus de auctoritate conciliorum et modo celebrationis eorum des Johannes von Ragusa“, in: Apostelkonzil, 97–128.  46 Vgl. „Basler Konziliarismus konkret (II). Der Liber de magna auctoritate episcoporum in concilio generali des Johannes von Segovia“, in: Apostelkonzil, 157–195.

(→ Konzilstraktate), die in der Zeit der Reformkonzilien unter dem einen oder anderen Aspekt das Konzil zum Gegenstand haben47, ausgewählt, weil sie einen veritablen Gesamtentwurf einer neuen Kirchenverfassung, nämlich einer konziliaren statt papalen, vorgelegt haben. Gemeinsam ist den genannten Theologen, dass sie beide jahrzehntelange praktische Erfahrung mit Konzilien haben, hoch und umfassend gebildet sind und sich engagiert für eine →  Reform der Kirche einsetzen. Sie unterscheiden sich voneinander darin, dass der Dalmatiner eher historisch argumentiert, der Spanier eher exegetisch und theologisch-spekulativ, der Dalmatiner eher eine praktische Handreichung, einen → Leitfaden zur Durchführung eines Reformkonzils vorlegt, der Spanier eher die theoretischen Grundlagen für dessen Neukonzeption erarbeitet, der Dal­ matiner zu einem Zeitpunkt schreibt (1440– 1443), an dem der Ausgang des großen Ringens zwischen →  Eugen IV. (†  1447) und dem → Basiliense (1431–1437/49) noch nicht entschieden ist, der Spanier dagegen zu einer Zeit (1449–1453), als das Konzil von Basel schon zusammengebrochen ist und es darum geht, die weiterexistierende alte Ordnung so zu verbessern, dass es nicht wieder zu einer Katastrophe kommt wie der zur Zeit des Basiliense eingetretenen, in der der → Papst das Konzil auflöst und das Konzil den Papst absetzt. → Johannes von Ragusa unterscheidet sich auch darin von → Johannes von Segovia, dass seine konkreten Reformvorschläge für die Kirche radikaler sind. Bei den drei offiziellen, autoritativen konziliaristischen Texten, auf die wir verweisen, handelt es sich um die Dekrete →  Haec sancta und →  Frequens, die vom →  Constantiense (1414–1418) erlassen wurden, sowie das Konzilsschreiben → Cogitanti, das auf das → Basiliense zurückgeht. K o n z i l i e n g e s c h i c h t s s c h r e i b u n g  Im 16.  Jh. findet eine deutliche Hinwendung zur Geschichte statt. Die humanistische Ent 47 Vgl.  „Ein Überblick: Traktate aus der Zeit des Großen Schismas und der Reformkonzilien (1378–1449)“, in: Traktate, 11–58; Traktate, 208– 212.

Konzilsideen

deckung der Geschichte wirkt sich auch auf den Bereich der Kirchengeschichte aus. Das unmittelbare Interesse ist dabei zunächst eher apologetischer Natur. Es gilt der reformatorischen Geschichtsschreibung eine katholische entgegenzusetzen, auch in Betreff der Konzilien. Aber das tatsächliche, neu erwachte Interesse an der Geschichte geht dann doch weit über den engeren kontroverstheologischen Gesichtspunkt hinaus. So befasst man sich auch mit der Geschichte der Konzilien nicht nur, um dieses Feld kontroverstheologisch in Beschlag zu nehmen, sondern weil man wissen will, „wie es damals wirklich war“. Ein erster Schritt besteht in der Sammlung der Quellen (→ Sammlungen), es folgen Versuche, die Geschichte der Konzilien zu schreiben, zunächst einer ganzen Reihe von ihnen, dann Monographien einzelner Konzilien. Natürlich handelt es sich nicht um einen absoluten Neuanfang, da es immer schon gewisse Formen der Konziliengeschichtsschreibung gab. Hier ist auf das im 9. Jh. entstandene → Synodicum vetus hinzuweisen, den ersten Versuch einer Erfassung und chronologischen Einordnung möglichst aller in der Geschichte abgehaltenen Konzilien. Im 16. Jh. legt der „Vater der Kirchengeschichtsschreibung“ Caesar → Baronius (†  1607) eine Kirchengeschichte vor, in der auch den Konzilien breiter Raum gewährt wird48. Aber die Idee zu einer Monographie über die Geschichte der Konzilien zündete nicht bei einem Historiker oder Theologen der Papstpartei, sondern bei einem Gallikaner. Bei Edmond →  Richer († 1631) verband sich das allgemeine Interesse seiner Zeit an der Geschichte mit dem besonderen Interesse seiner theologischen Schule. So entstand die erste Historia conciliorum generalium49. K onzilsakten →  originalia, →  Renaissance, → Sammlungen K onzilsdarstellungen → Ikonographie  48 Vgl.  „Anfänge der modernen Konziliengeschichtsschreibung“, in: Reformation, 223–273; speziell zu Baronius ebd., 249–257.  49 Vgl. „Edmond Richers Historia conciliorum generalium“, in: Reformation, 257–273.

K onzilsdefinition legium ausgehend

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vom B ischofskol → Grundtypen

K onzilsdefinition von ausgehend → Grundtypen

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K onzilsdefinition vom K onsens gehend → Grundtypen K onzilsdefinition hend → Grundtypen

vom

P apst

aus -

ausge -

K onzilserfahrungen → Augustinus von Hippo (354–430), →  Gregor von Nazianz (um 329–390), → Hermeneutik, → Konziliarismus, → Konzilsideen K onzilsgegenstände →  causa fidei und negotia privata, → concilia oecumenica maiora et minora, → Deputationen, → Geheimhaltung, → hilfreiche Faktoren, → Propositionsrecht, →  Pseudoisidorische Dekretalen, →  Schemata K onzilsideen   Das Lemma will auf die Existenz einer Vielzahl von Ideen und Vorstellungen über Konzilien verweisen. Diese Vielzahl ergibt sich nicht nur aus der Differenz zwischen den Anfängen und späteren Entfaltungen, sie hängt ebenfalls ab von konkreten Erfahrungen der Autoren mit Konzilien bzw. von deren Fehlen. Die Konzilsidee eines Autors ist in der Tat mitbestimmt von seinem gesamttheologischen Entwurf, vor allem auch vom konkreten Ziel und Anliegen, das er mit seinen Darlegungen über das Konzil verfolgt. Andererseits lässt sich in der Vielzahl der Konzilsideen doch auch eine einheitliche Grundüberzeugung erkennen, nämlich dass die Konzilien die Aufgabe haben, den Glauben der Kirche zu überliefern (→  Überlieferung)50. Die im vorliegenden Lexikon aufgelisteten → Konzilstraktate vermitteln einen Eindruck von der Vielzahl der von den Autoren vertretenen Konzilsideen. Wenn wir recht sehen, kommt der Begriff „Konzilsidee“ selber zum ersten Mal in Band V der Concilia Germaniae (→ Hartzheim, Hermann Josef [1694–1763])  50 Vgl. „Schlußwort“, in: Alte Kirche, 511–516.

106

K

vor  – und zwar in der Feder des Jesuiten Hermann Scholl (†  1786), der die genannte Sammlung zur Vollendung bringt. Scholl geht relativ ausführlich auf die protestantischen Konzilien ein und stellt ihre „Konzils­ idee“ der katholischen gegenüber (vera conciliorum ecclesiae catholicae idea)51. K onzilslegenden → Legenden K onzilsleitung durch persönlich wesenden P apst → Präsidenz

an -

K onzilsliturgie → ordo de celebrando concilio K onzilsplan   Gemeint ist der von Pius XII. († 1958) 1948 gefasste Plan zur Durchführung eines neuen Konzils, der jedoch nicht in die Tat umgesetzt wurde, aber in gewisser Weise zur Vorgeschichte des →  Vaticanum  II (1962–1965) gehört. Die Initiative zur Abhaltung eines Konzils ging von Kardinal Ernesto Rufini († 1967) und dem späteren Kardinal Alfredo Ottaviani († 1979) aus. Im März 1948 wurde eine Kommission eingesetzt, die sich mit dem Konzilsprojekt des Papstes befassen sollte. Präsident der dogmatischen Unterkommission wird dabei Sebastian → Tromp († 1975), der 1941 zum Konsultor des Heiligen Offiziums ernannt worden war. Noch vor der Sommerpause 1948 wurden Personalfragen geklärt, die die Zusammensetzung der Kommissionen betrafen, und erste Themensammlungen erstellt. Der Sekretär des Heiligen Offiziums, Kardinal Ottaviani, wollte durch das Konzil einige wichtige Fragen klären lassen, dazu gehörte wohl auch die Verurteilung des Marxismus und Kommunismus. Seit dem Frühjahr 1949 arbeitete man an der Vorbereitung von Diskussionsgrundlagen, sog. →  Schemata. In ihnen ging es u. a. um die Verurteilung des radikalen Rationalismus und Naturalismus, um das Zusammenleben der menschlichen Gesellschaft und um innerkirchliche Probleme. Sehr bald kam es jedoch zu erheblichen Meinungsverschiedenheiten über die Art  51 Vgl. Gestalt, 319. – Vgl. auch Literaturnachtrag 48.

und Weise der Durchführung des geplanten Konzils. Die eine Partei befürwortete ein Konzil im klassischen Sinn mit offenen Diskussionen auch über Reformen der Kirche (→  Reform). In der Vergangenheit seien Konzilien immer langwierige Angelegenheiten gewesen. Einmal einberufen, müsste es dem Konzil selber überlassen werden, zu bestimmen, wie lange es dauern soll. Demgegenüber wies die andere Partei auf die praktischen Schwierigkeiten eines solchen klassischen Konzils hin. Wie sollte man mit der großen Zahl der zu erwartenden → Konzilsväter fertigwerden? Sie setzte sich stattdessen für ein in ihren Augen durchführbares Konzil ein: Die Dekrete sollten von der Kurie vorbereitet, den Bischöfen zugesandt und durch ein nur kurze Zeit, ungefähr drei bis vier Wochen, tagendes Konzil verabschiedet werden. Vorgeschlagen wurden auch Tagungsperioden, etwa einmal im Jahr, an denen aber nicht alle Bischöfe teilnehmen sollten, sondern nur eine repräsentative Auswahl. Ein möglicher Termin wäre das Jahr 1951, zur 1500-Jahrfeier des → Chalcedonense. Ziel eines solchen modifizierten Konzils wäre weniger die Lösung innerkirchlicher Probleme als eine Demonstration der Einheit der Kirche nach außen. Pius XII. favorisierte die Abhaltung eines Konzils in der klassischen traditionellen Form, hielt sich dazu in seinem fortgeschrittenen Alter jedoch nicht mehr für fähig. Die immer deutlicher zutage tretenden Differenzen zwischen den beiden Parteien veranlassten ihn schließlich am 4. Januar 1951, die weiteren Vorbereitungen für das geplante Konzil auszusetzen52. K onzilsprojekt →  Konzilsplan, →  Nutzen K onzilsquellen → originalia K onzilsrecht → Synodalrecht K onzilssammlung → Sammlungen

 52 Vgl. Konzils- und Papstidee, 218f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 49.

Konzilstraktate

K onzilstheologen → Periti K onzilstraktate  Mit dem Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas (1378) erscheint eine Flut von Schriften, die bei aller formalen Verschiedenheit (kanonistische Gutachten, in scholastischer Manier aufgebaute Traktate, publizistische Streitund Kampfschriften) inhaltlich darin übereinstimmen, dass sie das Konzil, genauer das Verhältnis zwischen → Papst und Konzil zum Gegenstand haben. Und zwar sind es beide Seiten, die Anhänger des →  Papstes und die Parteigänger des Konzils, die mit solchen Schriften an die Öffentlichkeit treten, um sie für ihre Sache zu gewinnen. Es ist wahr, nicht zum ersten Mal in der Geschichte ist das Konzil Gegenstand von Abhandlungen und Traktaten. Schon die Alte Kirche hat solche Texte hervorgebracht. Denken wir nur an → Athanasius von Alexandrien (†  373) bzw. →  Hilarius von Poitiers (†  367/68) mit ihren Schriften De synodis. Aber gerade im Vergleich mit solchen altkirchlichen Traktaten springt das Neue an den seit dem Ausbruch des Großen Abendländischen Schismas publizierten Schriften ins Auge. Thematisch ist nämlich in den altkirchlichen Abhandlungen nicht das Konzil als solches, gar in seinem Gegenüber zum → Papst, sondern ausschließlich dieses oder jenes konkrete Konzil, diese oder jene Reihe von Konzilien im Blick. Auch die griechischen →  Synopsen unterscheiden sich wesentlich von den hier gemeinten Texten. Erst die Kirchenkrise des beginnenden 14.  Jh.s lässt in etwa vergleichbare ekklesiologische Schriften entstehen. Wir denken an →  Kirchentraktate wie die der Papalisten (→  Papalismus) Aegidius Romanus (†1316), Jakobus von Viterbo (†1307/8), →  Hervaeus Natalis (†1323) usw. Hier wie dort geht es um Ekklesiologie, um Gestalt und Struktur der konkreten Kirche. Unter gewisser Rücksicht sind natürlich → Marsilius von Padua (†  1342/43) und →  Wilhelm von Ockham († 1347) als Vorläufer zu nennen. Der Italiener und der Engländer legen zwar noch keinen literarisch selbstständigen Tractatus de concilio et pontifice vor, aber sie haben doch schon entsprechende Abschnitte innerhalb

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eines umfassenderen Gesamtwerkes geschrieben. Wir bezeichnen das mare magnum der kaum überschaubaren Flut von Traktaten, Streitschriften usw., die in der Zeit des Großen Abendländischen Schismas und der Reformkonzilien (1378–1449) zum Thema Konzil und →  Papst erschienen sind, als „Konzilstraktate“. Schon 1409 spottete der Publizist und scriptor an der päpstlichen Kurie Dietrich von Niem († 1418), es gebe eine solche Masse von Schriften zum Schisma und zur Kirchenreform, dass zum Abtransport kaum 100 Kamele ausreichten. Wenn man die „Konzilstraktate“ mit der Streitschriftenliteratur z.  B. des Investiturstreits vergleicht, dann fällt dort die Vorherrschaft des formalrechtlichen Denkens auf, das weitgehende Fehlen von Schrift- und Traditionsargumenten. Während vorher der Kanonistik eine dienende Rolle zukam, fällt ihr in der genannten Streitschriftenliteratur die alles beherrschende Rolle zu. Interessant ist nun, dass gerade die Erörterung der Konzils­ problematik als Katalysator wirkt: Sie stellt so grundsätzliche Fragen an die Kirchenverfassung, dass die formaljuridischen Positionen auf die Dauer nicht gehalten werden können. Vom Konzilstraktat des Petrus Amellii (1379) bis zur Concordantia catholica des → Nikolaus von Kues (1434) findet eine deutliche Entwicklung statt. An die Stelle des Kirchenrechts tritt entweder eine biblisch-patristisch bzw. spekulativ argumentierende Theologie53. Zahlreiche der hier als „Konzilstraktate“ bezeichneten und damit einer und derselben Gattung zugeschriebenen Texte sind in den Quellenverzeichnissen unserer Veröffentlichungen zur Konzilsidee (→ Konzilsideen) aufgeführt. Auf einige von uns näher analysierte Schriften sei im Folgenden hingewiesen54. Wir beziehen dabei nicht nur Monographien, sondern auch bedeutendere Teile von Werken, die als ganzes ein übergeordnetes Thema haben, in unsere Zusammenstellung ein:  53 Vgl.  „Ein Überblick: Traktate aus der Zeit des Großen Schismas und der Reformkonzilien (1378–1449)“, in: Traktate, 11–58.  54 Zu „Publikationen über Konzilien (1550–1650)“ im näheren und weiteren Kontext des Tridentinums vgl. Reformation, 148–156.

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→ Theodor Abū Qurra, Mimar, I 17–3855; → Bernold von Konstanz, Libellus, X 25–6056; →  Marsilius von Padua, Defensor pacis, II 18–2257; → Wilhelm von Ockham, Dialogus, Teile aus I und III58; → Jean Courtecuisse, Quaestio de infallibilitate concilii generalis59; → Nikolaus von Kues, De concordantia catholica, II 1–2160; → Johannes von Ragusa, Tractatus de auctoritate conciliorum et modo celebrationis eorum61; → Johannes von Segovia, Liber de magna auctoritate episcoporum in concilio generali62; → Agostino Patrizi, Summarium Concilii Basiliensis63; → Dominicus Jacobazzi, De concilio64; → Matthias Ugoni, De conciliis65; → Isidor Isolani, De imperio militantis ecclesiae, III: De concilio66;  55 Vgl.  „Theodor Abū Qurra (†  820/5) über ‚unfehlbare‘ Konzilien“, in: Alte Kirche, 171–191.  56 Vgl.  „Konzilien in der Sicht des Gregorianers Bernold von Konstanz (1100)“, in: Mittelalter, 113–152.  57 Vgl.  „Marsilius von Padua (†  1342/43) oder vom consilium pontificis zum consilium principis“, in: Mittelalter, 366–409.  58 Vgl. Wilhelm von Ockham († 1347) oder die systematische Problematisierung der Konzilsidee“, i n: Mittelalter, 410–469.  59 Vgl. „Die ‚Quaestio de infallibilitate concilii generalis‘ (Ockam-Exzerpte) des Pariser Theologen Jean Courtecuisse (†  1423)“, in: Gestalt, 153–176.  60 Vgl.  „Ein Paradigma: Nicolaus von Kues, De concordantia catholica (1434)“, in: Traktate, 50– 109.  61 Vgl.  „Basler Konziliarismus konkret (I). Der Tractatus de auctoriate conciliorum et modo celebrationis eorum des Johannes von Ragusa“, in: Apostelkonzil, 97–128.  62 Vgl. „Basler Konziliarismus konkret (II). Der Liber de magna auctoritate episcoporum in concilio generali des Johannes von Segovia“, in: Apostelkonzil, 157–195.  63 Vgl.  „Die Konzilssumme des Agostino Patrizi (1435–1495) und ihr Referat der Basler Kontroverse um die höchste Gewalt in der Kirche“, in: Gestalt, 94–122.  64 Vgl.  „Ein papalistischer Traktat am Vorabend der Reformation: Dominicus Jacobazzi, De concilio (1512–1523)“, in: Traktate, 209–243.  65 Vgl.  „Ein konziliaristischer Traktat am Vorabend der Reformation: Matthias Ugoni, De conciliis (1511–1521)“, in: Traktate, 245–280.  66 Vgl. Reformation, 5–11.

Martin → Luther, Von den Konziliis und Kirchen67; Reginald → Pole, De concilio68; Alphons → Salmerón, Commentarii in evangelicam historiam et in acta apostolorum, 77–8469; Robert →  Bellarmin, Controversiae, IV: De conciliis70; Louis de → Thomassin d’Eynac, Dissertationes in concilia generalia et particularia71; Martin → Gerbert, De communione potestatis ecclesiasticae inter summos ecclesiae principes, pontifices et episcopos, XII–XVII72; Johann Nikolaus von → Hontheim, De statu ecclesiae, VI73; Francesco Antonio →  Zaccaria, Anti-Febronio, IV74; Felix Anton →  Blau, Kritische Geschichte der kirchlichen Unfehlbarkeit75; Louis de → Potter, Considérations sur l’histoire des principaux conciles76; Giovan Vincenzo → Bolgeni, Analisi e difesa dell’Episcopato77;

 67 Vgl. „Die Herausforderung (für die katholische Kirche): Luthers Konzilsidee“, in: Reformation, 13–51.  68 Vgl. „Ein römisches Echo (auf Luther): Reginald Poles De concilio“, in: Reformation. 52–89.  69 Vgl. „Ein Traktat des Jesuiten Salmerón über in Trient strittige Fragen zur Autorität des Konzils“, in: Apostelkonzil, 435–463.  70 Vgl. „Konzilien in der Sicht des Kontroverstheologen Bellarmin“, in: Reformation, 147–180.  71 Vgl. „Konzilien in der Sicht des positiven Theologen L. de Thomassin“, in: Reformation, 274– 305.  72 Vgl.  „Stellungnahmen zur Superioritätsfrage: Gerbert, Hontheim, Zaccaria“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 408–425.  73 Vgl.  „Stellungnahmen zur Superioritätsfrage: Gerbert, Hontheim, Zaccaria“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 426–434.  74 Vgl.  „Stellungnahmen zur Superioritätsfrage: Gerbert, Hontheim, Zaccaria“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 436–449.  75 Vgl.  „Aufklärung über Konzilsautorität: Felix Anton Blau“, in: Reformation, 482–538.  76 Vgl. „Die Priester mit ihren eigenen Waffen bekämpfen“. Der belgische Politiker Louis de Potter (1786–1859) und seine ‚Betrachtungen‘ über die Geschichte der Konzilien“, in: Gestalt, 399– 415.  77 Vgl.  „Römische Konzilsidee zu Beginn des 19. Jahrhunderts: der päpstliche Theologe Giovan Vincenzo Bolgeni (1733–1811)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 7–35.

Kriterien

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Henri → Maret, Du concile général et de la paix religieuse78; Johann Baptist →  Heinrich, Dogmatische Theologie, II79.

mit weit entfernt vom heutigen Sprachgebrauch80.

K onzilstriumphalismus → Cogitanti

K orporationsrecht   Das von der Kanonistik ausgebildete Korporationsrecht besagt, dass jede selbstständige Körperschaft Personen aus ihrer Mitte bestimmen kann, die die ganze Körperschaft vertreten (→ Repräsentation). Nach Röm 12,5 (multi unum corpus sumus in Christo) ist aber die Kirche eine solche selbstständige Körperschaft. Kommen die Stellvertreter der Kirche in einer Versammlung zusammen, so ist dies genau das, was man als Konzil bezeichnet. Nach →  Petrus de Palude (†  1342) handelt die Kirche nur auf dem Konzil im eigentlichen Sinn des Wortes als solche, das heißt als Körperschaft. Körperschaften sind zu einem Handeln fähig, das in seiner Art von dem der einzelnen Mitglieder zu unterscheiden ist. Solches Handeln findet nur unter bestimmten Bedingungen statt81. Auch →  Wilhelm von Ockham (†  1347) ist von Vorstellungen des kanonistischen Köperschaftsrechts beeinflusst, wenn er das Konzil als congregatio, quae vicem gerit universalis ecclesiae definiert82. Das Korporationsrecht kommt auch bei der theoretischen Begründung von Papst­ absetzungen (→ Papstabsetzung) zum Zug83.

K onzilsväter  Im heutigen Sprachgebrauch bezeichnet der Terminus den stimmberechtigten Teilnehmer an einem Konzil und kann sich dabei auf eine lange Tradition berufen. Sucht man nach den Anfängen dieses Sprachgebrauchs, so stößt man auf →  Athanasius von Alexandrien (†  373). In seiner Schrift De decretis Nicaeni synodi (nach 345), in der er das → Nicaenum I (325) zum ersten Mal zu einem weitergeltenden Urteilsspruch deklariert, werden die teilnehmenden Bischöfe dieses Konzils ebenfalls zum ersten Mal als „Väter“, als „selige Väter“ bezeichnet. Das ist sicher kein Zufall, sondern hängt mit dem Konzilsbegriff des großen Verteidigers des →  Nicaenum  I zusammen. → Athanasius versteht das Konzil von seinem Wesen her als parádosis, d. h. als →  Überlieferung des Glaubens; daher sind die Synodalen in einem eminenten Sinn Tradenten und Organe dieser von „Vätern“ zu „Vätern“ ergehenden Überlieferung und damit selber „Väter“. Das heißt, sie verdienen aufgrund ihrer → Überlieferung des rechten Glaubens den höchsten Titel, den → Athanasius zu vergeben hat. Und je klarer sich →  Athanasius dieser Tatsache, dass der nicaenische Glaube in seiner positiven Formulierung die göttliche parádosis (→  Überlieferung) ist, bewusst wird, desto ausschließlicher werden die Synodalen mit diesem Ehrentitel bezeichnet. „Konzilsvater“ ist man in den Augen des → Athanasius also nicht durch die Teilnahme an einem Konzil, sondern durch die Qualität des Konzils, an dem man teilnimmt. Wir sind da-

 78 Vgl.  „Liberale Konzilsidee: der französische Theologe Henri Maret (1805–1884)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 72–100.  79 Vgl.  „Ultramontane Konzilsidee: der Mainzer Dogmatiker Johann Bapt. Heinrich (1816– 1891)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 101–132.  – Vgl. Literaturnachtrag 50.

K onzilsvorstellungen → Konzilsideen

K riterien   Woran kann man erkennen, ob eine allgemeine Kirchenversammlung tatsächlich ein gültiges →  ökumenisches Konzil – um den späteren Begriff zu verwenden – ein „unfehlbares“ Konzil (→  Unfehlbarkeit) war? Papst →  Gelasius  I. (†  496) nennt als Kriterien eines „guten“ Konzils die Schriftgemäßheit (→ Heilige Schrift), die → Übereinstimmung mit der Tradition (→  Überlieferung), die Beachtung des Kirchenrechts (→ Synodalrecht), die → Rezeption durch die Gesamtkirche sowie „vor allem“ die → Bestä-

 80 Vgl. Alte Kirche 41f., 50f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 51.  81 Vgl. Mittelalter, 350.  82 Vgl. Mittelalter, 452f.  83 Vgl. Mittelalter, 332, 466. – Vgl. auch Literaturnachtrag 52.

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tigung durch den Römischen Stuhl84 (→ regula ecclesiastica). Ein wichtiges Verzeichnis gleich mehrerer Kriterien befindet sich in der →  Beneševic-Synopse (nach 553). Sie nennt drei Aspekte, durch die sich eine ökumenische Synode (→  ökumenisches Konzil) von einer bloß lokalen unterscheidet: erstens, Bischöfe aus dem gesamten Reichsgebiet werden eingeladen; zweitens, der → Kaiser selbst nimmt die Einladung (→ Einberufung) vor; drittens, die Synode befasst sich mit einer Glaubensfrage (→ causa fidei und negotia privata)85. Das Kriterienverzeichnis des Patriarchen →  Germanus von Konstantinopel (†  730) ist dem der →  Beneševic-Synopse ähnlich. Im Zusammenhang des Bilderstreites begründet der Patriarch Johannes V. von Jerusalem († 735) seine Ablehnung der Synode von Hiera (754) folgendermaßen: „Eine Synode besteht dann, wenn die fünf Patriarchate einen einzigen Glauben, eine einzige Lehre verkünden. Wenn von diesen fünf auch nur ein einziger fehlt oder sich der Synode nicht unterwirft, dann ist das keine Synode, sondern ein Konventikel und eine Versammlung von Toren und Windbeuteln“ (→ Pentarchie). Von größerer Autorität ist das Kriterienverzeichnis des →  Nicaenum  II (787). Es nennt als erstes Kriterium den →  Konsens der fünf Patriarchen (→ Pentarchie), als zweites die „Mitwirkung“ des → Papstes (→ regula ecclesiastica), im Unterschied zur „Zustimmung“ der übrigen Patriarchen, als drittes die inhaltliche → Übereinstimmung mit den vorausgegangenen Konzilien. Patriarch Nikephoros von Konstantinopel (†  828), selber Teilnehmer des → Nicaenum II, stellt folgende Kriterienliste zusammen: 1. der →  rechtmäßige Verlauf, in Sonderheit die → Freiheit des Konzils, 2. die Teilnahme und die führende Rolle des Alten Rom, 3. die ebenfalls führende Rolle des Neuen Rom, 4. die Mitwirkung, zumindest durch Vertretung der übrigen drei apostolischen Sitze, Antiochien, Alexandrien und Jerusalem, 5. die inhaltliche →  Übereinstimmung der Konzilslehre mit dem überlieferten Glauben und 6. die → Re-

zeption durch die Gesamtkirche. Deutlich abhängig vom Kriterienkatalog des →  Nicae­ num  II ist dann das Verzeichnis, das der Diakon Stephan in seiner Vita von 809 dem Märtyrer Stephan in den Mund legt. Er nennt vier Kriterien: die Zustimmung des → Papstes, die Zustimmung der übrigen Patriarchen, die inhaltliche → Übereinstimmung mit den vorausgegangenen Konzilien, die Zuteilung einer →  Ordinalzahl. Theodoros Studites († 826) nennt zugunsten der → Ökumenizität des → Nicaenum II zwei Kriterien: die → Rezeption durch die fünf Patriarchen (→ Pentarchie), die inhaltliche →  Übereinstimmung mit den vorausgegangenen ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil)86. Der Kriterienkatalog des →  Nicaenum  II wurde durch →  Anastasius Bibliothecarius (†  um 878), den „Chefdiplomaten“ Papst →  Nikolaus’ I. und Hadrians II., in den Westen transportiert, als er mit dessen Hilfe die →  Ökumenizität des →  Constantinopolitanum  IV (869–870) zu beweisen suchte. Die im Rahmen der Gregorianischen Reform entstandene Kanonessammlung (→  Kirchenrechtssammlungen) des Kardinals Deusdedit († 1097/1100) nimmt dann das Kriterienverzeichnis des →  Nicaenum  II in der lateinischen Übersetzung des → Anastasius Bibliothecarius auf, und zwar unter der Überschrift: „Welche Synode wird als ökumenisch bezeichnet?“ Auch →  Ivo von Chartres (†  1115/16) rezipiert das Verzeichnis, aber nicht in der Übersetzung des → Anastasius, sondern in der alten lateinischen Übersetzung, an der man im Westen so großen Anstoß genommen hatte, und zwar unter der Überschrift: „Über die Verurteilung der siebten Synode, weil sie ohne römische Erlaubnis durchgeführt wurde“. Der Wechsel der Überschrift ist bezeichnend: Diente das Verzeichnis bei Deusdedit noch als Antwort auf die Frage, welches Konzil als ökumenisch zu gelten hat, so ist der Gesichtspunkt bei →  Ivo von Chartres auf einen einzigen Aspekt, die Mitwirkung des →  Papstes, eingeschränkt. Der Passus kommt in der Folge überhaupt

 84 Vgl. Alte Kirche, 275–279; Ökumenisches Konzil, 99f.  85 Vgl. Alte Kirche, 356–361.

 86 Vgl. „Kriterienverzeichnisse“, in: Ökumenisches Konzil, 84–95.

Küng, Hans

nicht mehr als Kriterienverzeichnis in den Blick. Es ist deshalb kein Wunder, dass das → Decretum Gratiani (um 1135–1140), ebenso wie andere nachgregorianische →  Kirchenrechtssammlungen, für den wichtigen Text überhaupt keine Verwendung mehr hat und er so auch für die → Dekretisten und das mittelalterliche Kirchenrecht verloren geht. Entdeckt wird er erst wieder durch → Nikolaus von Kues († 1464) und in seiner Frankfurter Reichstagsrede aus dem Jahre 1442 zitiert87. K ritik   Kritik an einzelnen Konzilien, Kritik an der Konzilsinstitution als solcher, Kritik speziell an den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil), durchzieht die → Geschichte der Konzilsidee von ihren Anfängen an. Ihren nachgerade klassischen Ausdruck findet sie bei dem Kirchenvater →  Gregor von Nazianz (†  390): „Ich werde keineswegs mehr in Konzilien sitzen, zusammen thronend mit Gänsen und Kranichen, die über unentscheidbare Dinge streiten. Dort ist Streit, dort ist Schlachtgetümmel und es werden zuvor verborgene schändliche Dinge an einen einzigen Ort voller Feinde zusammengetragen“. Ähnliche Äußerungen finden sich an zahlreichen anderen Stellen seines Werkes. → Gregors negatives Urteil über die Konzilien ist nicht nur die übertriebene Reaktion eines sensiblen Poeten auf eigene üble Erfahrung mit einem Konzil, nämlich dem →  Constantinopolitanum I (381) und daher verständlich, sondern ein Urteil, dem man nur dann gerecht werden kann, wenn gebührend in Rechnung gestellt wird, dass die Institution gerade erst im Entstehen ist88. Massive Kritik an der Konzilsinstitution findet sich im Mittelalter u.  a. bei →  Wilhelm von Ockham89, in der Neuzeit bei den Reformatoren (etwa bei

 87 Vgl. Ökumenisches Konzil, 95–103.  88 Vgl. „War Gregor von Nazianz ein Gegner der Konzilsinstitution?“, in: Ökumenisches Konzil, 11–27.  89 Vgl. Mittelalter, 454–458.

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Martin →  Luther)90, bei Gallikanern, bei Aufklärern (→ Aufklärung)91. → negatives Urteil K uhn , J ohannes von († 1887) → Heinrich, Johann Baptist (1816–1891) K ultureller K ontext → äußere Gestalt K üng , H ans (* 1928) → apriori unfehlbare Sätze, →  Etymologie, →  Grundtypen, → Haec sancta, → Laienteilnahme, → Leugnung der Unfehlbarkeit, → Repräsentation, → „Theologie des Konzils“

 90 Vgl.  „Hauptaspekte der Konzilsidee (bei Luther)“, in: Reformation, 44–51.  91 Vgl. „Edmond Richers Historia conciliorum generalium“, in: Reformation, 257–273; „Jean de Launoys kritische Stellungnahme (zur Bellarmin-Liste)“, in: ebd., 215–222; „Aufklärung über Konzilsautorität: Felix Anton Blau“, in: ebd., 482–538; „Die Priester mit ihren eigenen Waffen bekämpfen“. Der belgische Politiker Louis de Potter (1786–1859) und seine ‚Betrachtungen‘ über die Geschichte der Konzilien“, in: Gestalt, 399–415.

n  L L abbe , P hilippe († 1667) → Jesuiten L aienteilnahme   Das Zeugnis der Alten Kirche über die Teilnahme von Laien ist nicht einheitlich. Bei einer Synode des → Origenes († um 254) nimmt das „Kirchenvolk“ (laós) am →  Konsens teil1, im etwa gleichzeitigen Konzil →  Cyprians von Karthago († 258) ist die plebis maxima pars anwesend2, in einem Konzil des →  Ambrosius (†  397) wird dagegen kein Kirchenvolk erwähnt3, ebenso wenig in der → Lateransynode von 6494. Auch in den stadtrömischen Synoden (→ römische Synode) war der Anteil der Laien nach dem Zeugnis der erhaltenen Protokolle (→  Protokoll) eher gering5. Der →  ordo des westgotischen →  Nationalkonzils verlangt die Teilnahme von „ausgewählten“ Laien6 und das zustimmende „Amen“ des „Kirchenvolkes“ am Ende der Synode7, das fränkische Pendant erwähnt dagegen keine Teilnahme von Laien8. Auch das mittelalterliche Kirchenrecht ist in der Frage der Laienteilnahme nicht einhellig. So verlangt die Hispana (656–675) „einige Laien“ als Teilnehmer9, der Dekretist (→ Dekretisten) → Huguccio von Pisa († 1210) sieht in der Zulassung von Laien eine Chance, sie leichter zur Zustimmung zu gewinnen10, der Dekretalist Antonio de Butrio (†  1408) spricht sich entschieden gegen ihre Teilnahme aus11, der Reformer →  Wilhelm Durandus (†  1330) fordert sie im Gegensatz dazu vehement12. →  Marsilius von Padua († 1342/43) macht die Forderung der Laienteilnahme zu einem Kernpunkt seines Kir   1    2    3    4    5    6    7    8    9  10  11  12

Vgl. Alte Kirche, 474. Vgl. Alte Kirche, 482. Vgl. Alte Kirche, 490. Vgl. Alte Kirche, 499. Vgl. Partikularsynode, 288–290. Vgl. Alte Kirche, 503. Vgl. Alte Kirche, 506. Vgl. Alte Kirche, 501. Vgl. Mittelalter, 200. Vgl. Mittelalter, 256. Vgl. Mittelalter, 251. Vgl. Mittelalter, 354.

chenreformprogramms. Sie ergibt sich aus seiner strikten Anwendung des Repräsentationsgedankens (→ Repräsentation) auf den Konzilsbegriff. Da es um die Auslegung der →  Heiligen Schrift und die Lösung kirchlicher Probleme geht, ist zunächst zwar an die Spezialisten auf diesem Gebiet, d. h. jedoch an die Priester zu denken. Aber auch die Laien sind grundsätzlich teilnahmeberechtigt, und zwar in dem Maße als sie die nötigen Voraussetzungen mitbringen, d. h. die erforderlichen Kenntnisse besitzen und einen entsprechenden Lebenswandel führen. In der Kirche seiner Zeit ist nach seiner Meinung, gewissermaßen unter Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, im Unterschied zur Alten Kirche die Laienteilnahme sogar notwendig, weil der Klerus versagt13. → Wilhelm von Ockham (†  1347) problematisiert die Gründe gegen eine Teilnahme von Laien und geht noch einen Schritt weiter, indem er auch die Teilnahme von Frauen fordert, was sein Dialogpartner freilich als „absurd“ bezeichnet14. Das Problem der Laienteilnahme an den Konzilien wird auch in der Folgezeit immer wieder angesprochen. Für →  Jean Courtecuisse († 1423) ist sie eine notwendige Folgerung aus der Anwendung des Repräsentationsgedankens (→  Repräsentation) auf die Kirche15. →  Nikolaus von Kues (†  1464) unterscheidet in dieser Frage zwischen Konzilien, die sich auf den Glauben, und solchen, die sich auf die Kirchendiszi­ plin beziehen16, →  Matthias Ugoni (†  1535) begrüßt ausdrücklich die Zulassung von Laien auf dem →  Constantiense (1414– 1418)17. Auf die Forderung der Protestanten nach einem „christlichen Konzil“ mit Teilnahme von Laien reagiert die katholische Seite mit einem Nein. So die Synode von → Paris (1527–1528)18, sogar der sonst so irenische Reginald → Pole († 1558)19, natürlich die Kontroverstheologen →  Johannes Eck  13 Vgl.  „Teilnahme von Laien (bei Marsilius von Padua)“, in: Mittelalter, 398–401.  14 Vgl. Mittelalter, 457f.  15 Vgl. Gestalt, 164.  16 Vgl. Traktate, 94.  17 Vgl. Traktate, 91.  18 Vgl. Reformation, 106.  19 Vgl. Reformation, 86f.

Legaten

(† 1543) 20 und Robert → Bellarmin († 1621)21. Ein eigenes Kapitel stellt die deutsche Diskussion der Teilnahme von Laien an → Diözesankonzilien im 19. Jh. dar22. Eine differenzierte Stellungnahme gibt der liberale französische Theologe → Henri Maret23, das entsprechende Nein liefert der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist →  Heinrich24. Hans →  Küng (*  1928) warnt vor falschen Folgerungen aus dem eher negativen Zeugnis der Konziliengeschichte25 und auf dem → Vaticanum II (1962–1965) haben einzelne →  Konzilsväter eine stärkere Beteiligung von Laien an den ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) gefordert26. L aínez , D iego († 1565)27 → Reform L amennais , F élicité (†  1854) →  Abwertung L aodicaea (363/64), Konzil →  Synodalrecht L ateransynode (649) →  Laienteilnahme, → Protokoll, → Rezeption, → römische Konzilsprotokolle L ateranense IV (1215), viertes Laterankonzil →  Basileios Pediadites (†  vor 1219), → Diözesansynode, → griechische Konzils­ idee, →  Häufigkeit, →  Innozenz  III. (1160/61–1216), → Liste, → päpstliche Konzilsidee, → Präsidenz L ateranense V (1512–1517), fünftes Late­ rankonzil →  Dominicus Jacobazzi (1444– 1527/28), → Häufigkeit, → Matthias Ugoni (1446–1535), → Präsidenz L atomus , J akobus (†  1544) →  Berichtigung  20  21  22  23  24  25  26

Vgl. Reformation, 118. Vgl. Reformation, 159, 174. Vgl. Partikularsynode, 189–191. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 97f. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 109. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 262. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 319.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 53.  27 Vgl. Literaturnachtrag 54.

L aunoy , J ean

de

113

(† 1678) → Liste

L ebendiges L ehramt →  Jansenismus, → Bolgeni, Giovan Vincenzo (1733–1811) L egaten   Die zentralen Institutionen der Kirche, Papsttum und Konzilien, stehen zueinander in Beziehung. Dies kommt auch im → ökumenischen Konzil in der Entsendung von Legaten durch den → Papst an das Konzil zum Ausdruck und zur Verwirklichung. Bei keinem der ökumenischen Konzile (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche waren die Päpste (→  Papst) selber anwesend, wobei man über die Gründe ihres Fernbleibens spekulieren kann28. Im Zuge der Durchsetzung des Primats im Westen erhalten die zu den Konzilien geschickten Legaten immer größere Bedeutung, weswegen sich die → Kirchenrechtssammlungen29 und die → Dekretisten30 mit ihrer Funktion und Rolle befassen. Auch wenn höherrangige Bischöfe auf dem Konzil anwesend sind, haben die Legaten des →  Papstes jedenfalls den →  Vorsitz31. Sie ergreifen die Initiative auf dem Konzil und leisten an erster Stelle die →  Unterschrift32. Auch der Reformer → Wilhelm Durandus († 1330) befasst sich in seinem De modo celebrandi concilii mit der Frage, welche Vollmachten der römische Legat bei der Abhaltung der Konzilien besitzt33. → Johannes von Ragusa († 1443) beruft sich für seine Bestimmung der Rolle der Legaten auf intensive Quellenstudien34, → Johannes von Segovia († 1458) bestimmt die Rolle der Legaten im Kontext der Frage nach der Konzilspräsidenz (→ Vorsitz)35. Bei dem Engländer Reginald →  Pole (†  1558) geht es jedoch nicht um ihre Rechte, sondern um ihre Pflichten, genauer um ihre geistliche Haltung: Weil bei einem Konzil die →  Reform der Kirche auf dem Spiel steht, müssen speziell die päpstlichen Legaten  28  29  30  31  32  33  34  35

Vgl. Konzils- und Papstidee, 25f. Vgl. Mittelalter, 213. Vgl. Mittelalter, 254, 263. Vgl. Mittelalter, 217. Vgl. Mittelalter, 219, 239. Vgl. Mittelalter, 249. Vgl. Apostelkonzil, 118. Vgl. Traktate, 38f.

114

L

vom Geist der Bekehrung und Buße erfüllt sein36. Der Jesuit Alphons →  Salmerón (†  1585) verteidigt im Zusammenhang des →  Tridentinum (1545–1563) eifrig das ausschließliche →  Propositionsrecht der Legaten. Sein Mitbruder Robert →  Bellarmin (†  1621) unterscheidet vier verschiedene Rollen der Legaten und sieht dadurch je nach dem die → Unfehlbarkeit des Konzils bedingt37. Der Kontroverstheologe unterscheidet auch zwischen der → Repräsentation der Kirche durch die Bischöfe einerseits und der Vertretung des → Papstes durch die Legaten andererseits38.

Unter Deutelegenden verstehen wir solche, die mit den Mitteln der Legende – und dazu gehört auch das → Wunder – zum Ausdruck bringen wollen, was ein bestimmtes Konzil für den Erzähler darstellt, welche Vorstellung er mit dem Begriff Konzil verbindet. Solche Deutelegenden stellen gewiss keine hohe Theologie dar, sondern sind der Versuch des einfachen Kirchenvolkes, seine Idee von einem Konzil zum Ausdruck zu bringen. Ihre Geschichtswirksamkeit sollte man jedoch nicht zu gering veranschlagen. Was die Alte Kirche angeht, so gibt es Legenden über das →  Apostelkonzil, das →  Nicaenum I (325), das → Ephesinum, (431) und → das Chalcedonense (451)39.

L egenden   Die über Konzilien kolportierten Legenden gehören zu einer → Geschichte der Konzilsidee. Besonders für den Bereich der Alten Kirche sind sie nämlich einerseits ein Gradmesser für die Popularität eines Konzils. Sind über eine Synode zahlreiche Legenden im Umlauf, so haben wir es offensichtlich mit einer Bischofsversammlung zu tun, die auch außerhalb der Theologenzirkel auf das Interesse des breiten Kirchenvolkes gestoßen ist. Andererseits geben Legenden natürlich auch Aufschluss über die konkrete Konzilsvorstellung oder -idee (→ Konzilsideen) der Kreise, in denen sie erzählt werden. In diesem Sinn sind Legenden durchaus von Interesse für eine → Geschichte der Konzilsidee, nicht so sehr im Theologenmilieu als vielmehr im einfachen Kirchenvolk. Für das Erzählen von Legenden über Konzile kann man verschiedene Motive unterscheiden. Schmählegenden haben zum Ziel, die Ablehnung des betreffenden Konzils zum Ausdruck zu bringen und ihre Erzähler werben damit für ihre Ablehnung. Eine andere Gruppe von Konzilslegenden haben als Motiv, entweder bestimmte Anschauungen und theologische Positionen oder auch bestimmte Texte durch Zuschreibung zu einer Synode aufzuwerten. Andere Legenden wiederum haben das Ziel das betreffende Konzil aufzuwerten. Wir können sie Aufwertungslegenden nennen.

L ehrende / hörende K irche  Insofern die Konzilien par excellence Organe der lehrenden Kirche sind, sind sie von der Gegenüberstellung von „lehrender“ und „hörender“ Kirche, d. h. von → Papst und Bischöfen auf der einen und Laien bzw. Kirchenvolk auf der anderen Seite, betroffen. Die ausdrückliche Gegenüberstellung von „lehrender“ und „hörender“ Kirche, also von Bischöfen und Laien, taucht am Ende des 18.  Jh.s bei dem Gegner der Französischen Revolution, dem im Schweizer Exil lebenden Abbé Louis Bailly (†  1808) auf; sein Tractatus de ecclesia Christi wurde in vielen französischen Seminaren als Lehrbuch verwendet. Im Zusammenhang von Ausführungen über die → Unfehlbarkeit von Konzilien, näherhin im Kontext der Frage, wie denn dieselbe erkennbar sei, kommt der Abbé auf die → Rezeption der Konzilien zu sprechen. Hier unterscheidet der Franzose sehr deutlich zwischen „lehrender“ Kirche und den einfachen Gläubigen. Die Bischöfe verschaffen sich →  Gewissheit über die →  Ökumenizität eines Konzils durch wissenschaftliche Studien der einschlägigen Quellen, die einfachen Gläubigen verlassen sich in dieser Frage auf das Urteil der „leh-

 36 Vgl. Reformation, 66, 80.  37 Vgl. Reformation, 166.  38 Vgl. Reformation, 175.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 55.

 39 Vgl. „Altkirchliche Legenden über Apostelkonzilien und die Synoden von Nicaea, Ephesus und Chalcedon“, in: Apostelkonzil, 3–42.

L ehramt → außerordentliches Lehramt

Leo

renden“ Kirche. Diese Aufteilung der Kirche in zwei „Klassen“ wurde im 19. Jh. von dem Febronius-Gegner Francesco Antonio → Zaccaria und vielen anderen Theologen stark betont40 und ihr im Kontext der → Rezeption des →  Vaticanum  I (1869–1870) eine große Bedeutung zuerkannt41. Die Gegenüberstellung spielt auch in der Theologie des Mainzer Dogmatikers Johann Baptist → Heinrich († 1891) eine nicht unbedeutende Rolle42. Gegenwärtig herrscht die Tendenz vor, diese theologisch unglückliche Dichotomie zu überwinden, etwa durch einen neuen Begriff von → Rezeption43. Dabei sollte man jedoch eine Berufung auf den Rezeptionsbegriff der Alten Kirche vermeiden. Denn dieser bezieht sich nicht auf eine Bewegung von oben nach unten, sondern auf eine solche auf der Zeitachse. Im Sinne von 1 Kor 11,23 und 15,3 „rezipieren“ die im Glauben Späteren, was die im Glauben Früheren „überliefern“ (→ Überlieferung). Entsprechend heißt ein Konzil rezipieren, ganz gleich ob man in der Hierarchie der Kirche oben oder unten ist, den Glauben eines Konzils annehmen. Die kritische Prüfung einer Konzilsentscheidung durch das Kirchenvolk mag notwendig oder angebracht sein, hat mit dem altkirchlichen Rezeptionsbegriff jedoch wenig zu tun 44. L ehrverurteilungen → Popularisierung L eibniz , G ottfried W ilhelm (1646– 1716)  An den nach dem Ende des 30-jährigen Krieges stattfindenden ökumenischen Dialogen (→  ökumenischer Dialog) zwischen Religionsvertretern beider Seiten, der protestantischen und der katholischen, beteiligte sich auch der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz. Eine erste Gesprächsphase fand 1690–1692 zwischen Leibniz und dem französischen Staatsrat und Konvertiten Paul Pellisson-Fontanier (†  1692)45 statt, eine zweite 1692–1694 zwi 40  41  42  43  44  45

Vgl. Apostelkonzil, 575f. Vgl. Apostelkonzil, 581–583. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 118. Vgl. Apostelkonzil, 63. Vgl. Apostelkonzil, 93. Vgl. „Leibniz – Pellison (1690–1692)“, in: Reformation, 372–380.

der

Gr.

115

schen Jacques-Bénigne → Bossuet und Leibniz46, eine dritte 1699–1702 wiederum zwischen Leibniz und Bossuet47. Die Dialogpartner diskutierten die zwischen den beiden Parteien kontroversen Fragen wie Geltung des →  Tridentinum (1545–1563), →  Notwendigkeit eines unfehlbaren Lehramts (→ Unfehlbarkeit), Geltung des katholischen Perpetuitätsprinzips usw. Am Ende scheitert der Dialog, vor allem an der Kanonfrage48. →  Bossuet, Jacques-Bénigne (1627–1704), →  Hartzheim, Hermann Josef (1694–1763), →  Ökumene, →  Tridentinum (1545–1563), → Stimmrecht, → Unfehlbarkeit L eitfaden   Unter der sehr großen Zahl von Traktaten, die sich mit der Konzilsidee (→  Konzilsideen) und ihren verschiedenen Aspekten befassen (→ Konzilstraktate), gibt es auch einige, die man durchaus als Leitfaden zur Abhaltung von Konzilien bezeichnen kann und die auch in diesem Sinne verwendet wurden. Hierzu gehören u.  a. der Konzilstraktat (→ Konzilstraktate) des → Johannes von Ragusa († 1443)49, aber auch die entsprechenden Traktate von → Dominicus Jacobazzi (†  1527/28)50 und →  Matthias Ugoni (†  1535)51. Die beiden letzteren wurden eifrig auf dem →  Tridentinum (1545– 1563) zu Rate gezogen52. L eitung → Präsidenz, → Vorsitz L eo der G r . (um  400–461)  Unter den Päpsten (→ Papst) der Alten Kirche hat Leo  46 Vgl.  „Bossuet  – Leibniz (1692–1694), in: Reformation, 380–396.  47 Vgl.  „Leibniz  – Bossuet (1699–1702), in: Reformation, 397–402.  48 Vgl.  „Das Konzil im ;ökumenischen Dialog‘ Bossuets mit Leibniz“, in: Reformation, 350–402.  49 Vgl.  „Basler Konziliarismus konkret (I). Der Tractatus de auctoritate conciliorum et modo celebrationis eorum des Johannes von Ragusa“, in: Apostelkonzil, 97–128.  50 Vgl.  „Ein papalistischer Traktat am Vorabend der Reformation: Dominicus Jacobazzi, De concilio (1512–1523)“, in: Traktate, 209–243.  51 Vgl.  „Ein konziliaristischer Traktat am Vorabend der Reformation: Matthias Ugoni, De conciliis (1511–1521)“, in: Traktate, 245–280.  52 Vgl. Traktate, 245, 214f.

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der Gr. den nachhaltigsten Einfluss auf die Ausbildung der Konzilsidee (→ Konzilsideen) ausgeübt. Er war grundsätzlich positiv gegenüber allen → Arten von Konzilien eingestellt und förderte intensiv ihre Abhaltung auf Ebenen unterhalb des → ökumenischen Konzils53. Durch sein prinzipielles Festhalten am → Nicaenum I (325), vor allem aber am → Chalcedonense (451), das er durch das von ihm aufgestellte Prinzip → nihil prorsus de bene compositis retractetur begründete, hat er maßgebend den Begriff des → ökumenischen Konzils mit geprägt54. Da er das Primatsbewusstsein der römischen Bischöfe zu einem ersten Höhepunkt in der Alten Kirche geführt hatte, war er auch in der Lage, zu dem in derselben Zeit deutlich gewachsenen Selbstbewusstsein der ökumenischen Konzilien in ein Verhältnis zu treten (→  Papst und ökumenisches Konzil)55. Zusammen mit anderen altkirchlichen Päpsten (→  Papst) setzte sich Leo schließlich für die Durchführung der stattgehabten ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil), der Implementierung ihre Beschlüsse, ein. Papst → Gelasius I. († 496) hat deswegen den Römischen Stuhl als → executrix conciliorum bezeichnet56. → Bestätigung, → Definition, → Häufigkeit, → Inspiration, → Kirchenväter, → nihil prorsus de bene compositis retractetur, →  Nutzen, → päpstliche Konzilsidee, → Papst und ökumenisches Konzil, → Papst und Partikularsynode, →  sanior pars, →  Synodalrecht, → Zahl L eo II. († 683), Papst → Vernunft L eo IV. († 855), Papst → päpstliche Konzils­ idee

 53 Vgl. „Partikularkonzilien (bei Leo dem Gr.)“, in: Alte Kirche, 104–112.  54 Vgl. „Reichssynoden (bei Leo dem Gr.)“, in: Alte Kirche, 113–121.  55 Vgl. „Leo der Große († 461) über Konzilien und Lehrprimat des Römischen Stuhles“, in: Alte Kirche, 103–147; Konzils- und Papstidee, 27f.  56 Vgl.  Konzils- und Papstidee, 60–64, 70–72, 73– 82. – Vgl. auch Literaturnachtrag 56.

L eo I. († 474), Kaiser → Codex encyclius L eugnung der U nfehlbarkeit   In der Unfehlbarkeitsdebatte der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts wurde von Hans →  Küng (*  1928) die These vertreten, „dass den ökumenischen Konzilien (im Verständnis der Alten Kirche) keineswegs „eine a priori gegebene automatische Infallibilität“ zukomme, sondern nur „wenn und insofern sie […] die Wahrheit des Evangeliums Jesu Christi authentisch bezeugen“. Richtig ist, dass die Alte Kirche den Begriff der → Unfehlbarkeit noch nicht kennt. Aber dieses Noch-nicht-Kennen, also das Fehlen einer positiven Bezeugung darf nicht als eine Leugnung „unfehlbarer“ Konzilien interpretiert und als ein Argument gegen die Existenz eines unfehlbaren Lehramtes ausgespielt werden. Solche Interpretation verstieße nämlich einerseits gegen die elementaren Gesetze der Logik, insofern als das nicht positiv Affirmierte nicht identisch ist mit dem Negierten. Das Fehlen einer positiven Bezeugung als Argument gegen die Existenz eines (im späteren Sinn des Wortes) „unfehlbaren“ Lehramtes zu verwenden, implizierte andererseits eine katholischer Theologie unzumutbare Fixierung auf eine bestimmte frühe Phase der Entwicklung. Wie anders hätte die Kirche zur Glaubensüberzeugung eines „unfehlbaren“ Lehramtes kommen können als durch eine an der positiven Erfahrung einer Mehrzahl solcher ökumenischer Konzilien sich inspirierende, von Mal zu Mal voranschreitende theologische Reflexion? Am Beginn des komplexen Lernprozesses steht die Gewissheit, dass dieses eine Konzil, nämlich das →  Nicae­ num I (325), den Christusglauben der Heiligen Schrift unverkürzt wiedergegeben hat. Das Bekenntnis, dass diese Entscheidung nicht ohne Gottes Hilfe gefällt worden war, lag nahe. Mit den verschiedensten Theologumena verliehen nachnicaenische Theologen dieser ihrer Glaubensüberzeugung Ausdruck. Nach der Überwindung der →  Monopolstellung des Nicaenum  I kamen die Verteidiger des Konzils von Nicaea (→  Nicaenum  I) zu der Einsicht, dass die Kirche die Fähigkeit hat, nicht nur ein für alle Mal,

Liberales Element

sondern immer, wenn es nötig ist, den Glauben positiv auszuformulieren57. →  apriori infallible Sätze, →  ökumenisches Konzil L iberale K onzilsidee →  Maret, Henri (1805–1884) L iberales E lement in der K irchenver fassung   Indem Papst →  Johannes  XXIII. († 1963) das → Vaticanum II (1962–1965) mit dem →  Aggiornamento der Kirche beauftragte, ist auch die Versöhnung mit der Moderne, also mit Werten wie Freiheit und Demokratie gemeint. Fragt man nun, welchen Beitrag die Konzilien als solche, als Institution, zur Verwirklichung dieser Werte leisten können, so stößt man auf den französischen Theologen Henri → Maret († 1884), der wenige Monate vor Eröffnung des →  Vaticanum  I (1869–1870) einen Konzilstraktat (→ Konzilstraktate) publiziert hat, der diese Frage zu beantworten sucht. Der Franzose sieht im Konzil das in einem positiven Sinn liberale Element der Kirchenverfassung und damit ein Mittel der Versöhnung zwischen Kirche und moderner Gesellschaft. Das zeige schon ein Blick auf den → Ursprung der Konzilien. Sie seien zwar auch von ihrem Kontext beeinflusst (→ äußere Gestalt), gingen aber im Wesentlichen aus dem Geist des Christentums hervor, einem Geist der Bescheidenheit, des gegenseitig Rat-Holens, des Friedens und der Eintracht. Solcher Geist schaffe sich geradezu notwendigerweise eine Einrichtung wie die Konzilien. Die Bischöfe als Stellvertreter des menschgewordenen Wortes, der menschgewordenen Vernunft, stimmten sich untereinander ab, erleuchteten sich gegenseitig. Der leitende Gesichtspunkt sei das auf der gemeinsamen Vernunftteilhabe basierende Mitspracherecht. Dieser für die Konzilien wesentliche Geist wechselseitiger Anerkennung von →  Vernunft, gegenseitiger Beratung, gemeinsamer Suche usw. ist für →  Maret die „Wurzel“ der Konzilsinstitution: Insofern  57 Vgl. H. J. Sieben, Zur Autorität der Konzilien in der Alten Kirche, in: Zur Sache. Theologische Streitfragen im „Fall Küng“, hrsg. v. L. Bertsch u. M. Kehl, Würzburg 1980, 24–34.

in der

Kirchenverfassung

117

das → Wesen der Konzilien in der gemeinsamen Suche nach Wahrheit (→ Wahrheitssuche) besteht, stellen die Konzilien ein liberales Element der Kirchenverfassung dar. Dieses im →  Wesen der Konzilsinstitution angelegte liberale Element lässt sich nun auch auf den verschiedenen Ebenen näher beleuchten. Auf der höchsten Ebene, der des →  ökumenischen Konzils, bedeutet dies: Durch die Etablierung einer „zusammengesetzten“ →  Souveränität, einer aus Papst und Bischöfen bestehenden →  Höchstgewalt in der Kirche, ist der päpstliche Absolutismus grundsätzlich außer Kraft gesetzt, ist auf höchster Ebene das liberale Element der Kirchenverfassung verwirklicht. Es ist wahr, die höchste → Souveränität ruht in der Kirche nicht bei der Gesamtheit der Gläubigen, sondern ausschließlich bei den höchsten Hirten, aber in ihrer Versammlung, dem Generalkonzil (→  concilium generale), kommt das liberale Element der Kirchenverfassung voll zum Zug. „[D]ie Souveränität wird in einer beratenden Versammlung ausgeübt. Es findet zwischen den ersten Hirten wirklich Beratung statt. Und diese Beratung findet nicht nur auf dem Konzil statt, sondern auch dann, wenn kein Konzil möglich ist. Es gibt in der Kirche niemals einen absoluten Akt der Souveränität ohne die Zustimmung der ersten Hirten. Konziliare Beratung aber gibt es nicht ohne Argumente für und wider, ohne freie Diskussion, ohne Mehrheitsvoten. […] Niemand auf dem Konzil, nicht einmal der Papst, hat das Recht, allein zu urteilen, allein Gesetze aufzustellen, allein zu lehren. Der Beschluss ist die Frucht des Gewissensentscheids, der Meinung, der Vernunft aller oder wenigstens der großen Mehrheit. Ubi spiritus Dei, ibi libertas“. Aber das liberale Element gibt es nicht nur auf der höchsten Ebene der Hierarchie, sondern auch auf den unteren Ebenen. Gerade für sie macht →  Maret eine Reihe konkreter Vorschläge die Priester und Laien betreffend (→ Laienteilnahme)58.

 58 Vgl.  „Die Konzilien als liberales Element (der Kirchenverfassung)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 94–100.

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L

L iberatore , M atteo († 1892) → Wunder L iberius (†  366), Papst →  executrix conciliorum, → staatlicher Einfluss L ibri C arolini  Die Libri Carolini, d. h. die theologische Denkschrift aus dem späten 8. Jh., die im Auftrag Karls des Gr. († 814) die fränkische Haltung im Bilderstreit formulierte, interessieren eine →  Geschichte der Konzilsidee unter einer doppelten Rücksicht: Als Text ihrer Zeit dokumentieren sie eine wesentlich gewandelte Konzilsidee (→ Konzilsideen) im Vergleich zur Zeit der Alten Kirche, als während des gesamten Mittelalters verschollener, dann wiedergefundener Text spielen sie eine bedeutende Rolle in der Kontroverstheologie des 16. Jh.s. (→  Spätwirkung). Was die erste Rücksicht angeht, so meldet sich in den Libri Carolini als Dokumenten ihrer Zeit eine neue, sich von der altkirchlichen Konzilskonzeption distanzierende Idee vom →  ökumenischen Konzil zu Wort. Die fränkischen Theologen sehen den horizontalen Konsens eines Konzils nicht mehr als in der → Pentarchie gegeben an, sondern in einer darüber hinausgehenden Mehrheit von Kirchen. Außerdem fordern sie eine völlig neue Erstellung des vertikalen Konsenses, d. h. statt bloß wahlloser und gehäufter Zitation von Texten der → Kirchenväter kritische Prüfung der Zitate (→ Vernunft)59. Was die zweite Rücksicht angeht, so beginnt die Wirkgeschichte der Libri Carolini erst mit ihrer Wiederentdeckung und Veröffentlichung im Jahre 1549. Sie dienen den Reformatoren von da an in doppelter Weise als Argument: Mit ihrer gegen die Griechen gerichteten Bilderfeindlichkeit stützen sie die entsprechende Haltung eines Teils der Reformatoren. Man kann sie außerdem gegen die → Kasuistik der katholischen Seite ins Feld führen, insofern diese vorschreibt, dass ein → Partikularkonzil (Konzil von →  Frankfurt 794) einer ökumenischen Synode (→ Nicaenum II [787]) zu „weichen“ habe. Die Libri Carolini belegen dagegen, dass das Frankfurter →  Partikularkonzil  59 Vgl. „Die neue Konzilstheorie im Westen“, in: Alte Kirche, 324–343.

Karls des Gr. sich keineswegs dem →  ökumenischen Konzil, dem → Nicaenum II, einfach untergeordnet, sondern ganz im Gegenteil ihm heftig widersprochen hat. Später sehen gallikanische Theologen in den Libri Carolini einen Beleg dafür, dass Ortskirchen wie die französische das Recht haben, päpstliche Entscheidungen bzw. solche von ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) auf ihre Zuträglichkeit für die betreffende Kirche zu überprüfen60. L icinius († 325), Kaiser → Notwendigkeit L iebe → forma, → Glaube und Werke, → Liebe vor Recht, → Pole, Reginald (1500–1558), → protestantische Konzilsidee L iebe vor R echt   Ein zentrales Hindernis für die Anwendung der →  via concilii zur Überwindung des abendländischen Schismas war das Kirchenrecht, das keiner Seite die Zusammenkunft mit Schismatikern bzw. Häretikern erlaubte. Die Kardinäle Benedikts  XIII. (†  1423) sehen eine Lösung des Problems im Rekurs auf das Gleichnis vom Unkraut und Weizen (Mt 13,24–30): Das aus beiden Obödienzen zu bildende Generalkonzil schließt aus der Sicht bloß einer Obödienz zunächst noch „Unkraut“ und „Weizen“ ein. Damit die aus beiden Obödienzen kommenden →  Konzilsväter zu einem die ganze Kirche wirklich repräsentierenden Konzil (→  Repräsentation) werden, muss, um es im Bild des Gleichnisses zu sagen, das „Unkraut“ in „Weizen“ verwandelt werden. Dies geschieht durch das Zusammenkommen als solches, durch das dem Gebot Jesu, „Unkraut“ und „Weizen“ nicht voneinander zu trennen, entsprochen wird. Denn die in der Zusammenkunft selber zum Ausdruck kommende → Liebe der → Konzilsväter der verschiedenen Obödienzen zu einander ist stärker als das Recht, das sie voneinander trennt. Die wechselseitige Liebe verwandelt das, was nach dem je eigenen Recht „Unkraut“ zu sein scheint, in „Weizen“. Die Kar 60 Vgl. „Das Frankfurter Konzil (794) in theologischen Auseinandersetzungen des 16.–18. Jahrhunderts“, in: Gestalt, 363–398.– Vgl. auch Literaturnachtrag 57.

Liste

dinäle stützen ihr gewagtes Gedankenexperiment mit dem Hinweis auf das Vorgehen der → Kirchenväter; auch sie hätten diejenigen zu ihren Konzilien eingeladen, die als Feinde galten, und sie so für die Einheit zurückgewonnen61. L iste   Die Liste der in der römisch-katholischen Kirche als ökumenisch rezipierten Konzilien (→ ökumenisches Konzil) hat sich mit der Zeit entwickelt62. Zahlreiche solcher Listen entstanden zunächst im Bereich der Ostkirche dadurch, dass weitere Konzilien auf die gleiche Autoritätsstufe wie das → Nicaenum I (325) gestellt wurden (→ Monopolstellung des Nicaenum I) und mit ihm „konnumeriert“ wurden (→  Konnumerierung, → Ökumenizität). Im Westen sind solche Listen viel seltener. Von besonderer historischer Nachwirkung ist dort die durch →  Gregor den Gr. (†  604) aufgestellte Liste der ersten vier Konzilien (→  Sicut sancti, → Viererprimat). Der erste sichere Zeuge im Westen für die Hinzuzählung eines weiteren Konzils zu den sieben gemeinsam von Ost und West rezipierten ökumenischen Konzilien, nämlich des sog. vierten Konzils von Konstantinopel (869–870) (→  Constantinopolitanum  IV), ist der Kanonist →  Ivo von Chartres († 1115/16). Seine Liste der → sancta octo wurde dann in das → Decretum Gratiani (um 1135–1140), die einflussreichste abendländische Kirchenrechtssammlung (→  Kirchenrechtssammlungen), übernommen. Den entscheidenden Schritt, westliche Generalkonzilien (→  concilium generale) zu diesen →  sancta octo, den aus westlicher Sicht gesamtkirchlichen zu „konnumerieren“, taten weder die →  Dekretisten noch die Dekretalisten, sondern erstmals –  200 Jahre später  – das →  Constantiense (1414–1418), das drei abendländische Generalsynoden hinzuzählte: das →  Lateranense  IV (1215), das →  Lugdunense  II (1274) und das →  Viennense (1311–1312). Da das →  Tridentinum (1545–1563) gegenüber den Reformatoren die Verbindlichkeit auch der Tradition  61 Vgl. Apostelkonzil, 320f.  62 Vgl. Alte Kirche, 258–263; Apostelkonzil, 76–84; Konzils- und Papstidee, 18.

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(→ Überlieferung) und damit auch der von den Konzilien definierten Tradition gelehrt hatte, andererseits aber nur die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) als irrtumsfrei, unfehlbar (→ Unfehlbarkeit) galten, stellte sich die Frage nach der genauen Zahl der ökumenischen Konzilien. Bis zur editio Romana (1608–1612) lautete dann die Frage nicht, ob die Liste der ökumenischen Konzilien des ersten Jahrtausends erweitert werden darf, sondern welche weiteren Konzilien auf diese Liste der mit dem →  Nicaenum  I konnumerierten Konzilien gehören und welche → Ordinalzahl sie entsprechend erhalten63. Es ist schließlich die Liste des Jesuiten Robert →  Bellarmin († 1621), die sich unter zahlreichen konkurrierenden → Verzeichnissen als quasi-offizielle Liste de facto durchsetzte64. Eine radikale Kritik dieser Bellarmin-Liste legte schon der gallikanische Historiker Jean de Launoy (†  1678)65 vor. Der mit der Bellarmin-Liste einhergehende univoke Begriff von → ökumenischem Konzil wird seit einiger Zeit von nicht wenigen Theologen kritisiert66. Entsprechend unterscheidet die neue kritische Konzilien-Ausgabe des von Giuseppe → Alberigo († 2007) geleiteten Bologneser Religionsinstituts67 grundsätzlich zwischen den „wirklich ökumenischen“ Konzilien des christlichen Altertums (→  ökumenisches Konzil), den mittelalterlichen päpstlichen Generalsynoden (→  concilium generale) und den neuzeitlichen bloß sog. ökumenischen Konzilien der römischen Kirche68. Da mit dieser Absage an einen einheitlich ver 63 Vgl. „Neuer Konsens über die Zahl der ökumenischen Konzilien“, in: Reformation, 181–222.  64 Vgl. „Historische Vergewisserung (der Liste der ökumenischen Konzilien)“, in: Ökumenisches Konzil, 165–181.  65 Vgl. „Jean de Launoys kritische Stellungnahme (zur Bellarmin-Liste), in: Reformation, 215–222.   66 Vgl. „Die Liste der ökumenischen Konzilien der katholischen Kirche. Wortmeldungen, historische Vergewisserung, theologische Deutung“, in: Ökumenisches Konzil, 153–190.  67 Conciliorum oecumenicorum generaliumque decreta. Editio critica, I–III: Turnhout 2006, 2010, 2013.  68 Vgl. unsere kritischen Rezensionen dieser Neuedition in: ThPh 82 (2007) 284–287; 85 (2010) 611– 614; 90 (2015) 127–132.

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pflichtenden Begriff von →  ökumenischem Konzil die neuzeitlichen Konzile, das → Tridentinum und die beiden Vatikanen (→ Vaticanum  I [1869–1870] und →  Vaticanum  II [1962–1965]) nicht mehr das gleiche theologische Gewicht und den gleichen Verpflichtungsgrad hätten wie die Konzilien der ungeteilten Christenheit, regt sich auch gegen diese Position wiederum entschiedener Widerstand, u.  a. durch den späteren Benedikt  XVI. (→  Ratzinger, Joseph [*  1927]) (→ Kontroverse)69. Fragen wir zum Schluss noch nach der theologischen Bedeutung dieser Liste der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil), dann werden wir auf den Begriff der → Rezeption verwiesen. Diese ist nach Yves → Congar († 1995) „une réalité difficile à cerner“, aber doch „une réalité“. Die Liste der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) ist die Dokumentation dieser schwer zu fassenden Wirklichkeit im Hinblick auf die kirchlichen Synoden. Die heute existierende Liste dokumentiert, wann und wo dieser schwer greifbare Vorgang der → Rezeption stattgefunden hat. Versteht man die Konzilien, wie das Theologen der Alten Kirche getan haben, als Vorgänge der → Überlieferung, dann ist die Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) ein Beleg, ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Überlieferung des Glaubens nicht zu irgendeinem Zeitpunkt, auch nicht nach den beiden großen Kirchenspaltungen, steckengeblieben und zum Stillstand gekommen ist, sondern aktiv weitergeht und lebendig ist. Da die konziliare → Überlieferung nicht die einzige Form der traditio ist, ist zu präzisieren: Für die allgemein verbindliche Form der konziliaren →  Überlieferung ist die Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) ein ganz spezielles sichtbares Zeichen70. → Kontroverse, → Verzeichnisse L itta , L orenzo († 1820) → Abwertung

 69 Vgl. Ökumenisches Konzil, 155f., 158.  70 Vgl. Ökumenisches Konzil, 181–185. Vgl. auch Literaturnachtrag 58.

L iturgie   Zum näheren Verständnis der Konzilien trägt auch die auf den Konzilien stattfindende Liturgie bei. Für ganze Serien von Konzilien, z. B. für die seit der Mitte des 6.  Jh.s im spanischen Westgotenreich abgehaltenen Nationalkonzilien (→  Nationalkonzil), ist ein →  ordo de celebrando concilio überliefert, der gewissermaßen die schematische Zusammenfassung dieser Konzilien, in diesem Sinn ihre Liturgie, darstellt. Im Detail wird hier der Ablauf der Synode vorgeschrieben, ausgehend von der Eröffnungsliturgie bis zum Beschluss der Versammlung71. →  Kirchenrechtssammlungen wie die Hispana (656–675) enthalten eine formula qualiter concilium fiat72. Mit der Liturgie der Konzilien befasst sich übrigens nicht erst die moderne Konzilsforschung, schon im 18. Jh. legt der Liturgiehistoriker Giuseppe Catalani († 1764) in seinen Sacrosancta concilia oecumenica prolegomenis et commentariis illustrata interessante Ergebnisse vor. Er kann mit Details zu dieser Geschichte aufwarten, die man sonst nirgends findet. Er legt z. B. eine Reihe von Zeugnissen dafür vor, dass bisweilen Konzilsakten mit dem konsekrierten Blut Jesu Christi unterzeichnet wurden. Intensiv geht er auch auf die in den Konzilien der Alten Kirche praktizierten → Akklamationen ein73. L ocus de conciliis   Man kann den Begriff locus de conciliis in einem eigentlichen und einem analogen Sinn verwenden. Im eigentlichen Sinn verwendet ihn Melchior → Cano († 1560) in seinem De locis theologicis (1563), den für die theologische Erkenntnis relevanten „Orten“. Die Konzilien stellen hier den vierten theologischen „Ort“ dar, dem die →  Heilige Schrift, die mündliche Überlieferung und die Gesamtkirche vorausgehen. Im 18.  Jh. ließen sich mehrere Theologen von →  Cano inspirieren, ihre Ausführungen zum Thema Konzil unter denselben Titel zu stellen74. Im eigentlichen  71 Vgl. „Versammlung der Landeskirche“, in: Alte Kirche, 501–510.  72 Vgl. Mittelalter, 200.  73 Vgl. Reformation, 474f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 59.  74 Vgl. Reformation, 456–458.

Locus

Sinn wird der Begriff auch von den → Magdeburger Zenturien (1559–1574) verwendet, die den kirchengeschichtlichen Stoff nach der sog. Lokalmethode auf ingesamt 16 loci verteilen. Das bekannte Geschichtswerk behandelt die Konzilien eines Jahrhunderts jeweils im neunten locus der Gesamtanlage75. Wir verwenden den Begriff hier nur in einem analogen Sinn und bezeichnen damit „Orte“, an denen innerhalb eines Werkes, das ein übergreifendes Ziel verfolgt, normalerweise von Konzilien die Rede ist. Dies ist zum Beispiel in den mittelalterlichen → Kirchenrechtsammlungen der Fall76 sowie in den Werken der → Dekretisten77. Auch viele der von griechischer und lateinischer Seite verfassten Streitschriften zur Problematik des → Filioque enthalten einen locus de conciliis, d.  h. enthalten an bestimmten Stellen ausdrückliche Aussagen über die Konzilien. Der Anlass auf lateinischer Seite, contra Graecos über die Konzilien zu handeln, ist dabei, von einer Ausnahme abgesehen, nicht inhaltlich-systematischer Art, sondern rein äußerlich. Die Griechen stellen an die Lateiner die Frage, wie ohne die Abhaltung eines → ökumenischen Konzils das → Filioque in das Credo (→  Glaubensbekenntnis) eingefügt werden konnte, und darauf versucht die lateinische Seite eine Antwort zu geben78. Auch die Kommentare zu den Sentenzen des Petrus Lombardus († 1160), des mittelalterlichen Schulbuchs, enthalten einen locus de conciliis (lib. I, dist. 1)79, genau so wie die im Widerstand gegen →  Bonifaz  VIII. († 1303) aufkommenden → Kirchentraktate. Zu nennen sind hier auch Artikel in Lexika, in De locis theologicis betitelten Schriften, in  75 Vgl.  „Die Herausforderung (der katholischen Konzilsgeschichtsschreibung)“, in: Reformation, 240–245.  76 Vgl. „Das Konzil und sein Verhältnis zum Römischen Stuhl in Kirchenrechtssammlungen (485– 1140)“, in: Mittelalter, 188–231.  77 Vgl. „Konzilsgedanke und -probleme bei Dekretisten und Dekretalisten (1150–1378)“, in: Mittelalter, 232–276.  78 Vgl.  „Mittelalterliche Konzilsidee im Kontext der Filioque-Kontroverse (867–1378)“, in: Mittelalter, 277–314.  79 Vgl. „Echo in Sentenzenkommentaren“, in: Mittelalter, 309–314.

scripturisticus

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Einführungen in die Theologie und in systematischen Werken der Theologie80. Ein locus de conciliis findet sich auch in den →  Kirchentraktaten zwischen den beiden Vatikanischen Konzilien (→  Vaticanum  I [1869– 1870], →  Vaticanum  II [1962–1965])81. Natürlich stellen die griechischen → Synopsen ihrerseits einen locus de conciliis dar. L ocus scripturisticus   Gemeint ist mit diesem Begriff die biblische Grundlage für die Konzilsinstitution. Relativ spät griff man vor und neben anderen Schriftstellen auf →  Apg 15 zurück (→  Apostelkonzil). Seit dem 9.  Jh. gibt es eine Tradition, die fünf Apostelkonzilien aufzählt, im 15. Jh. erhöhte man die Zahl der Apostelkonzilien bis auf acht. Eine herausragende Rolle als locus scripturisticus spielte Mt 20,18f. Die Stelle hebt darauf ab, dass die Konzilien Versammlungen „im Namen Jesu“ sind. Ein wichtiger locus scripturisticus ist auch →  Dtn 17,8–13. Er wurde durch den arabischen Theologen → Theodor Abū Qurra († um 820) in den Zusammenhang der Konzilien eingebracht und unter verschiedensten Rücksichten bis in die Neuzeit als Schriftargument verwendet82. Nicht alle Vorschläge, diesen oder jenen Schrifttext zur Begründung der Konzilsinstitution zu benutzen, setzten sich durch. So scheiterte Caesar →  Baronius (†  1607) z.  B. mit dem Vorschlag, Mt 16 als typus quidam celebrandi concilii zu interpretieren83  – eine Idee, die → Leo der Gr. († 461) schon gehabt hatte84. Besonders intensiv setzte sich der spanische Theologe →  Johannes von Segovia († 1458) für eine Schriftbegründung der Konzilsinstitution ein85. In diesen Zusammenhang gehört auch der Hinweis auf die  80 Vgl. „Das Konzil in der theologischen Literatur des 18. Jahrhunderts. 1. Beiträge in größerem Rahmen“, in: Reformation, 450–470.  81 Vgl. „Der Konzilsgedanke zwischen dem Ersten und dem Zweiten Vatikanum am Beispiel der Traktate De ecclesia“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 215–243. – Vgl. auch Literaturnachtrag 60.  82 Vgl.  „Dtn 17,8–13 als Beitrag des Alten Testamentes zur Theologie des Konzils“, in: Gestalt, 177–186.  83 Vgl. Gestalt, 178.  84 Vgl. ep. 33,1; ACO II, 4; 15,13–22.  85 Vgl. Apostelkonzil, 161–168.

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Theologie der → Aufklärung, die der Konzilsinstitution die biblische Grundlage zu nehmen versucht86. Für die zur biblischen Begründung der sich entfaltenden Konzilsinstitution herangezogenen Schrifttexte gilt, was Klaus Schatz für die Entwicklung des Papsttums in analoger Weise schreibt: Die nachträgliche Berufung auf die →  Heilige Schrift dürfe dabei nicht als ideologisch abgetan werden, „da es mit der Kirche als geschichtlicher Größe gegeben ist, dass ‚wesentliche‘ Einrichtungen erst durch das Medium konkreter geschichtlicher Erfahrung in ihrer Notwendigkeit erkannt, dann jedoch nicht einfach neu geschaffen, sondern (als ansatzweise bereits gegeben) im Neuen Testament und der kirchlichen Überlieferung ‚gefunden‘ werden. Das gilt erst recht für ein gesamtkirchliches Einheitsamt, das in seiner Notwendigkeit eine Vielzahl geschichtlicher Erfahrungen voraussetzt, die erst in Jahrhunderten gemacht werden konnten. Erst dann konnten die neutestamentlichen Petrus-Texte als ‚aktuell‘ für das gegenwärtige Amt des Bischofs von Rom verstanden werden“87. Dasselbe gilt für die Konzilsinstitution: Auch die für sie herangezogenen Schrifttexte konnten erst nach entsprechenden Erfahrungen der Kirche erkannt werden. L ouis A leman († 1450) → concilium episcoporum est L ubac , H enri de (1896–1991)  Der französische Jesuit ist als Teilnehmer am → Vaticanum  II (1962–1965) und Verfasser eines der wichtigsten →  Tagebücher über dieses Konzil eine bedeutende Quelle zum Verständnis und zur →  Hermeneutik der genannten Synode. Bevor er vom Lyoner Erzbischof Pierre-Marie Gerlier zum Berater beim → Vaticanum II gewählt worden war, war er wegen seiner Veröffentlichungen in der Gnadenlehre von seinem Orden zu acht Jahren Lehrverbot verurteilt worden. 1983 wurde Lubac zum Kardinal kreiert. Er ge 86 Vgl. Reformation, 492–496.  87 Vgl. Konzils- und Papstidee, 20. – Vgl. auch Literaturnachtrag 61.

hört zusammen mit Jean →  Daniélou († 1974) u. a. zu den Vertretern der sog. Nouvelle Théologie, den Vordenkern des →  Vaticanum II88. → Jesuiten, → Periti, → Tagebücher, → Vaticanum II (1962–1965) L ugdunense   I (1245), erstes Konzil von Lyon → Präsidenz L ugdunense   II (1274), zweites Konzil von Lyon → Liste, → Präsidenz L ukas → Apg 15 L uther , M artin (1483–1546)  Der Reformator ging, was die Konzilsidee (→ Konzils­ ideen) betrifft, praktisch nur als Leugner der →  Unfehlbarkeit der Konzilien in die Geschichte ein. Das ist zu bedauern, denn Luther hat durch seine Auslegung von →  Apg 15  – speziell in seinem „Von den Konziliis und den Kirchen“ (1530) – auch einen durchaus positiven Beitrag zur Entfaltung der Konzilsidee (→  Konzilsideen) geleistet. Indem Luther einen für seine Theologie charakteristischen Gedanken auf die Interpretation der Perikope anwendet (→ Glaube und Werke), ergibt sich eine zur traditionellen Auslegung der Stelle alternative, völlig neue Sicht auf die Konzilien (→ protestantische Konzilsidee). Seiner Zeit wurde diese leider nur von dem englischen Kardinal Reginald → Pole zur Kenntnis genommen und als Anknüpfungspunkt zu einem Dialog mit dem Reformator gesehen. Dass Luther im Übrigen nur schrittweise die vollen ekklesiologischen Konsequenzen seines reformatorischen Durchbruchs aufgingen, zeigen sehr deutlich seine verschiedenen Stellungnahmen zum Konzil. So ist in seinen frühen Schriften das Konzil für ihn noch höchstes Tribunal des Glaubens, freilich dem → Papst übergeordnet (→ Superioritätsfrage). Noch sieht er in ihnen, ganz im Sinne der Konziliaristen (→  Konziliaris 88 Vgl. „Zwischen kurialistischem und säkularistischem Integrismus. Das Zweite Vatikanum in der Wahrnehmung des Tagebuchschreibers Henri de Lubac“, in: Ökumenisches Konzil, 227–267. – Vgl.auch Literaturnachtrag 62.

Luzerne, Césare Guillaume

mus), die →  Repräsentation der Kirche. In diese Frühzeit fällt auch seine → Appellation vom Papst an das Konzil (1518). Die Abkehr vom traditionellen kirchlichen Konzilsgedanken bringt dann die Leipziger Disputation mit Johannes →  Eck im Jahre 1519 und Luthers förmliche →  Leugnung der Unfehlbarkeit der Konzilien auf dem Reichstag zu Worms (1521). Auch danach sieht er im Konzil noch das entscheidende Mittel der Kirchenreform, selbst wenn es nicht mehr im Gewissen bindet89. →  Dominikaner, →  Einberufung, →  faciens quod est in se, → Freiheit, → Glaube und Werke, → Haec sancta, → Heilige Schrift, → Irrtum, →  Nationalkonzil, →  Pole, Reginald (1500–1558), → protestantische Konzilsidee, → Reform, → Repräsentation, → Unfehlbarkeit, → Verteidigung der Unfehlbarkeit L uzerne , C ésare G uillaume de la (†  1821) →  Priesterstimmrecht, →  Stimmrecht

 89 Vgl. „Die Herausforderung (für die katholische Kirche): Luthers Konzilsidee“, in: Reformation, 13–51. – Vgl. auch Literaturnachtrag 63.

de la

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n  M M agdeburger Z enturien → Apostelkonzil, → locus de conciliis M ai , G eorg (*  1926) →  „Theologie des Konzils“ M aior

pars

→ Mehrheitsmeinung

M aistre , J oseph de (†  1821) →  Abwertung, → „Schimäre“ M akarios von A ncyra (†  1405) →  griechische Konzilsidee, → Pentarchie M ansi , G iovanni D omenico (†  1769) → Sammlungen, → Synodicon vetus M arca , P ierre de (†  1662) →  Nationalkonzil, → Tridentinum (1545–1563) M arcellus nismus

von

A ncyra († 374) → Janse-

M arcian († 457), Kaiser → Akklamationen, → Kaiser, → Verbot eines anderen Glaubens M aret , H enri (1805–1884)  Der Dekan der theologischen Fakultät der Sorbonne legte mit seinem Du concile général et de la paix religieuse (16. September 1869), knapp drei Monate vor der Eröffnung des → Vaticanum  I, nicht wie viele andere damalige Autoren eine Gelegenheitsschrift anlässlich der Konzilseröffnung vor, sondern die Frucht langer Jahre intensiver Studien des Themas „Konzil“. Maret, der schon seit längerer Zeit aus seiner Abneigung gegen den → Ultramontanismus keinen Hehl gemacht hatte, nahm in seinem Du concile entschieden Stellung zugunsten eines gewiss gemäßigten, aber doch eindeutigen Gallikanismus, lag mit seinem Werk also völlig quer zur starken Strömung, die sich um den Begriff →  Ultramontanismus sammelte. Entsprechend wurde das Werk von der überwältigenden Mehrheit der Kommentatoren abgelehnt. Sie haben recht mit der Kritik, es

enthalte praktisch nichts Neues  – Maret hängt in der Tat inhaltlich und formal ganz von Jacques-Bénigne → Bossuet (1627–1704) ab –, aber aus der historischen Distanz wird doch deutlich, dass der Professor der Sorbonne einen für die Zukunft der Kirche wichtigen Beitrag geleistet hat, indem er im Konzil ein → liberales Element der Kirchenverfassung sah und damit ein Mittel der Versöhnung zwischen Kirche und moderner Gesellschaft1. →  demokratische Prinzipien, →  Frequens, → Haec sancta, → Konzilstraktate, → Laienteilnahme, → liberales Element der Kirchenverfassung, →  Stimmrecht, →  Theologen, → Ultramontanismus M arius V ictorinus († 425/50) → nichtbiblische Termini M arsilius von P adua (1275/80–vor 1343) Im Kampf gegen die bestehenden Verhältnisse im Staat und in der Kirche seiner Zeit hat der Paduaner Politiktheoretiker ins Zentrum seiner Utopie von einer anderen Gesellschaft ein Gebilde gesetzt, das er concilium nennt. Da das Grundübel und die Ursache des sozialen Unfriedens für ihn in der plenitudo potestatis des →  Papstes besteht, stattet er dieses Gebilde, das concilium, praktisch mit all den Fähigkeiten und Kompetenzen aus, die traditionell dem Papst zugeschrieben werden: Das Konzil ist zuständig für die verbindliche Auslegung der →  Heiligen Schrift (→  Schriftauslegung) und für die gesamte Gesetzgebung, für Interdikte und Kirchenstrafen, für die Ämterund Pfründenverteilung, für die Errichtung von Universitäten, für die Verleihung akademischer Grade, für die Kanonisierung und die Heiligenverehrung usw. Die traditionellen → Papstprivilegien der → Einberufung, des → Vorsitzes und der → Bestätigung des Konzils werden vom → Kaiser wahrgenommen, da sich das Konzil vor allem nicht selber einberufen kann. Damit ist der auffallendste Zug der neuen →  Konzilsidee die   1 Vgl.  „Liberale Konzilsidee: der französische Theologe Henri Maret (1805–1884)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 72–100.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 64.

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vollständige Entmachtung des →  Papstes. Aber das bedeutet nicht die wirkliche Emanzipation des Konzils. Praktisch geht die Macht vom → Papst auf den → Kaiser über, weshalb man die → Konzilsidee des Marsilius mit dem Motto überschreiben kann: „Vom consilium pontificis zum consilium principis“2. →  Apostelkonzil, →  Aristotelismus, →  demokratische Prinzipien, →  Dimensionen, →  ecclesia distributive sive collective sumpta, →  Einberufung, →  Herrschaftsformen, →  Kirchentraktate, →  Konzilstraktate, →  Laienteilnahme, →  Notwendigkeit, →  omne totum maius est sua parte, →  Papst und ökumenisches Konzil, →  Papstabsetzung, →  Reform, →  Repräsentation, →  Schriftauslegung, →  Superioritätsfrage, →  Teilnahme, →  Theologen, →  Unfehlbarkeit, →  Wilhelm von Ockham (um 1288– 1347) M artin I. (†  655), Papst →  Protokoll, → Rezeption M artin V. (†  1431), Papst →  Appellation vom Papst an das Konzil M assarelli , A ngelo (†  1566) →  Tagebücher M assstab   Gefragt wird hier nach dem Maßstab, anhand dessen die häretische Lehre (→ Häresie) auf den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche verurteilt wurde. Da die →  Heilige Schrift allgemein neben der theologischen → Vernunft in den christologischen und trinitätstheologischen Kontroversen der Alten Kirche als wichtigstes → Argument fungierte, erwartet man, dass dies auch auf ihren Konzilien der Fall ist. Und diese Erwartung trifft ja für die sog. partikularen Konzilien (→ Partikularkonzil), soweit uns hier Quellen ein Urteil erlauben, weitgehend zu. Eine Ausnahme scheinen jedoch die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil)   2 Vgl.  „Marsilius von Padua (†  1342/43) oder vom consilium pontificis zum consilium principis“, in: Mittelalter, 366–409; Ökumenisches Konzil, 122–124.

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darzustellen. Was nun das erste → ökumenische Konzil, das →  Nicaenum  I (325), angeht, so verfügen wir zwar nicht über Konzilsakten, die belegen, dass die arianische Häresie an der → Heiligen Schrift selber gemessen und entsprechend verurteilt wurde, aber wir haben Berichte von Teilnehmern, nämlich von → Athanasius von Alexandrien (†  373) und →  Eusebius von Cäsarea (†  339/40), aus denen hervorgeht, dass auf dem Konzil selber noch die Methode der vor­ ausgehenden älteren Konzilien angewandt wurde, die Häretiker (→  Häresie) mittels der Heiligen Schrift zu überführen. Der Befund für das erste →  ökumenische Konzil, von dem die Akten überliefert sind, für das → Ephesinum (431) ist dann jedoch überraschend: Hier spielt die →  Heilige Schrift als Norm für die Verurteilung des → Nestorius keine unmittelbar in den Akten erkennbare Rolle mehr. Die Norm, nach der →  Nestorius verurteilt wurde, sind ausschließlich die fides Nicaena und in gewisser Weise die Zeugnisse von →  Kirchenvätern. Auch für die folgenden ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) gilt das gleiche: Norm, an der die Häresien (→ Häresie) gemessen und entsprechend verurteilt wird, ist nicht mehr unmittelbar die →  Heilige Schrift, sondern sind die jeweils vorausgegangenen ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil). Gründe für die ab dem →  Ephesinum geänderte Methode gibt es mehrere: Erstens, die Erfahrungen auf dem → Nicaenum I hatten gezeigt, dass den Häretikern (→  Häresie) mit der →  Heiligen Schrift allein nicht oder kaum beizukommen war. Zweitens, die fides Nicaena war inzwischen selber zum Schibboleth des wahren Glaubens avanciert und in den Augen der →  Konzilsväter sowieso nichts anderes als der Glaube der → Heiligen Schrift. Beigetragen zum Ausfall der → Heiligen Schrift als unmittelbarer Norm für die Feststellung der Lehrabweichung der Häretiker (→ Häresie) hat höchstwahrscheinlich auch der gewachsene Glaube an die → Inspiration der Konzilien. Eine konziliare Glaubensformel, der in diesem Sinn eine schriftähnliche Würde und Dignität zugeschrieben wurde, konnte schließlich auch eine Funktion übernehmen,

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die früher der → Heiligen Schrift vorbehalten war. Dass es als ausreichend angesehen wurde, die Lehrabweichungen an der Norm der vorausgegangenen ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) zu messen, dürfte auch durch das gewachsene Verständnis der Konzilsinstitution als solcher bedingt sein: Wenn das Konzil als Vorgang der → Überlieferung gilt, dann sind die vorausgegangenen Konzilien der Maßstab, an denen die Lehrabweichung gemessen wird3. M atthias U goni (1446–1535)  Nach Jurastudien in Padua war Matthias Ugoni zunächst einige Jahre Sekretär und Kanzler des Erzbischofs von Kreta. Nach Rückkehr in seine Geburtsstadt Brescia wurde er Generalvikar des dortigen Bischofs. Papst Julius II. († 1513) ernannte ihn zum Bischof von Famagosta auf Zypern. Er war Teilnehmer des →  Lateranense  V (1512–1517). Quellen aus dem Umkreis des → Tridentinum (1545– 1563) belegen, dass Ugonis Hauptwerk De conciliis von verschiedenen Persönlichkeiten des genannten Konzils besessen bzw. konsultiert wurde. Auf diese praktische Verwendbarkeit weist ja auch die Fortsetzung des Kurztitels hin: Sinodia Ugonia episcopi Phamaaugustani, omnibus, quae ad concilia rite ac legitime celebranda pertinent scire volentibus opus sane perquam necessarium. Übersichtliche Gliederung (praeludia, dispositio, potestas und dissolutio wie bei einem Lebewesen) und überhaupt klare Gedankenführung machen Ugonis Konzilstraktat (→ Konzilstraktate) sehr benutzerfreundlich. Dass er das → Wesen des Konzils im → Konsens der versammelten Bischöfe sieht, sagt er sogleich durch die Definition des Generalkonzils (→  concilium generale), die er an die Spitze seines Traktates stellt: Est igitur concilium generale universalis episcoporum orthodoxorum cum aliis catholicis unius consensus legitima congregatio iurisdictionem habens cognoscendi et decidendi de his maxime quae ad fidem et ad universalem statum pertinent. Ein Konzil ist wesentlich Ereignis von → Konsens und der    3 Vgl.  „Sola traditione? Zur Rolle der Hl. Schrift auf den Konzilien der Alten Kirche“, in: Apostelkonzil, 43–62.

Traktat besteht praktisch aus einer erklärenden Entfaltung der zitierten Definition bzw. Kurzformel. Ugoni ist entschiedener Anhänger der bischöflichen →  Kollegialität, was nicht ohne Folgen bleibt für die Bestimmung des Verhältnisses zwischen →  Papst und ökumenischem Konzil und die → Superioritätsfrage. Der Bischof von Famagosta ist kein strenger Konziliarist (→  Konziliarismus) und erst recht kein strenger Papalist (→  Papalismus). Er versucht vielmehr eine mittlere Position zu beziehen: In der Regel steht der → Papst zwar über dem Konzil, es kann aber Situationen geben, in denen er seine Führungsrolle in der Kirche verspielt und das Konzil die Oberhand hat4. →  concilium generale, →  Dauer, →  Einberufung, → Etymologie, → Frequens, → Kollegialität, → Konsens, → Konzilstraktate, → Laienteilnahme, →  Leitfaden, →  Modell, → Papstabsetzung, → Unfehlbarkeit, → Ursprung, → Verzeichnisse, → Zahl M aultrot , G abriel N icolas (†  1803) → Priesterstimmrecht, → Stimmrecht M aximos IV. S ayegh († 1967) → synodus endemousa M edien   Spätestens seit dem →  Vaticanum  I (1869–1870) spielen die Medien eine wichtige Rolle bei der Feier eines Konzils. Sie üben eine doppelte Vermittlerrolle aus: Sie machen das, was auf dem Konzil geschieht, durch ihre Berichte einer größeren Öffentlichkeit innerhalb und außerhalb der Kirche bekannt und sie üben durch ihre Kommentare und Stellungnahmen zu den Geschehnissen auf dem Konzil einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die → Konzilsväter aus. Die italienische Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica (→  Jesuiten) war während des → Vaticanum I ein solches Medium. Sie hat einerseits grundsätzlich die Position der Mehrheit auf diesem Konzil, also der Befürworter der Definition der Unfehlbarkeit des → Papstes, unterstützt, andererseits flankie  4 Vgl.  „Ein konziliaristischer Traktat am Vorabend der Reformation: Matthias Ugoni, De conciliis (1511–1521)“, in: Traktate, 245–280.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 65.

Mehrheitsmeinung

rende Stellungnahmen zu einzelnen Diskussionspunkten geliefert5. Die Civiltà Cattolica hat auch mit ihrer Meldung vom Februar 1869, die echten Katholiken Frankreichs wünschten eine Dogmatisierung der Unfehlbarkeit des → Papstes und hofften, dass dieselbe durch eine Akklamation (→ Akklamationen) der versammelten Väter zustande komme, das Thema überhaupt zum ersten Mal wirksam in die →  Öffentlichkeit gebracht und eine Diskussion von außerordentlicher Heftigkeit zwischen Befürwortern und Gegnern ausgelöst6. Vielleicht noch stärker war der Beitrag und der Einfluss der Medien beim →  Vaticanum  II (1962–1965). Er lässt sich vor allem auch in den zu diesem Konzil verfassten → Tagebüchern festtellen M ehrheitsmeinung   Dass das →  Wesen des Konzils im →  Konsens der Teilnehmer besteht, ist kaum umstritten. Die Meinungen teilen sich erst, wenn gefragt wird, wie dieser →  Konsens konkret beschaffen sein muss. Genügt eine Mehrheit oder ist → Einstimmigkeit (unanimitas) erforderlich? Und wenn eine Mehrheit genügt, von welcher Art hat dieselbe zu sein? Über die Frage, welche Art Mehrheit notwendig ist, damit Konzilsentscheidungen als Konsens gelten können, scheint es in der Alten Kirche noch keinen ausdrücklichen Streit gegeben zu haben. Man folgte wahrscheinlich der Devise des Römischen Rechts refertur ad universos, quod publice fit per maiorem partem7. Theologen des →  Basiliense (1431–1437/49) machen sich dann jedoch Gedanken über die nähere Gestalt des für das Konzil wesentlichen →  Konsenses, vor allem nach dem Bruch zwischen der Mehrheit und der Minderheit des genannten Konzils 1437. Theologen der Mehrheit beriefen sich auf das bloße Mehrheitsprinzip, die Minderheit betrachtete sich als →  sanior pars und erkannte die Mehrheitsmeinung nicht als Konzilskonsens an. Vertreter der Mehrheit, so →  Johannes    5 Vgl. „Römische Konzilsidee zur Zeit des Ersten Vatikanums: Die Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 133–160.   6 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 134.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 66.    7 Ulpian, D. 50, 17, 160, 1.

127

von Ragusa († 1443), befassen sich ausführlich mit dem Problem der für den →  Konsens notwendigen Mehrheit. Im Anschluss an die Feststellung, dass die unanimis et concors sententia das → Wesen des Konzils ausmacht, stellt der Dalmatiner ausdrücklich die Frage, ob auch unter der Voraussetzung einiger abweichender Stimmen ein gültiger Konzilsbeschluss zustande kommt und antwortet mit einem eindeutigen Ja, dummodo maior pars habentium vocem consentiat in eandem (sententiam). Und er fährt fort: Et tanto firmior erit sententia, in quantum maior pars minorem excesserit. Er beruft sich für seine These, erstens, auf ein beim →  Chalcedonense (451) angewandtes Prinzip (regula): maior pars semper regulariter vinc(i)t, zweitens, auf den Repräsentationsgedanken (→  Repräsentation). Aus der Rechtsfiktion, dass das von der Mehrheit Beschlossene als Beschluss der ganzen Körperschaft gilt, folgt für →  Johannes von Ragusa einerseits die Pflicht der Mehrheit, sich vor der Abstimmung mit rationalen Argumenten um die Zustimmung der Minderheit zu bemühen, andererseits die Pflicht der Minderheit, sich nach der Abstimmung dem Beschluss der Mehrheit anzuschließen8. Andere Theologen der Konzilsmehrheit argumentieren ähnlich. Problematisch war die Anwendung des Majoritätsprinzips auf dem →  Florentinum (1439–1443), wo die lateinische Seite fast zehnmal so stark vertreten war wie die griechische. Die diesbezüglichen Vereinbarungen zwischen beiden Seiten über die Nichtanwendung des Majoritätsprinzips wurden geheim gehalten9. In der Zeit vom → Tridentinum (1545–1563) bis zum → Vaticanum  I (1869–1870) einschließlich streitet man dann über die notwendige Gestalt des Konzilskonsenses, also über die Frage, ob die Mehrheitsmeinung genügt oder unanimitas, d. h. moralische Einstimmigkeit dazu notwendig ist10. Ein neutraler Beobachter    8 Vgl. Apostelkonzil, 126f, 519f.   9 Vgl. Apostelkonzil, 286.  10 Vgl.  „Consensus, unanimitas und maior pars auf Konzilien, von der Alten Kirche bis zum Ersten Vatikanum“, in: Apostelkonzil, 510–550; 19. und 20. Jahrhundert, 158–160. – Vgl. auch Literaturnachtrag 67.

128

M

der während und auf dem →  Vaticanum  I geführten Kontroverse über Mehrheitsmeinung oder moralische Einstimmigkeit auf den Konzilien urteilt: „Die Theorie der moralischen Einstimmigkeit ist kaum ernster zu nehmen als die Klage über fehlende Freiheit auf dem Konzil: sie bedeutet, dass die Minderheit mehr Rechte haben muss als die Mehrheit. Bis zum Konzil vom Vatikan waren sich Ultramontane und Gallikaner darin einig, diesen unvernünftigen Anspruch zurückzuweisen und davon auszugehen, dass auch auf den Konzilien die Mehrheit den Ausschlag geben soll“. → Einstimmigkeit

die Kirche sah. Für den Spätkonziliaristen →  Matthias Ugoni (†  1535) hat das Konzil von Konstanz eindeutig Modellcharakter. Beispielhaft an diesem Konzil sind das →  Einberufungsschreiben, der Verhandlungs- und → Abstimmungsmodus in Nationen, die Erteilung des Stimmrechts an Laien (→  Laienteilnahme), der Wortlaut der Entlassungsurkunde usw.12

M enschliche M ittel → faciens quod in se est

M olanus , G erhard W olter (†  1722) → Bossuet, Jacques-Bénigne (1627–1704)

M erlin , J acques († 1541) → Binius, Seve­ rin (1573–1641), → Sammlungen

M olkenbuhr , M arcelin (†  1825) → Abwertung

M ichael P auli de P elagallo (†  1420) → Reform, → concilium universale

M onopolstellung des N icaenum   I  Die weltweite („ökumenische“) Versammlung des → Nicaenum I (325) stellt zunächst nur ein Faktum dar; es brauchte Jahrzehnte, um dessen theologische Implikationen schrittweise zu entfalten und zu begreifen. Anders ist im Übrigen auch gar nicht seine Ablehnung durch weite Teile der damaligen Kirche zu verstehen. Ein erster Schritt bestand darin, dass die fides Nicaena von mehr und mehr Gläubigen als inhaltlich zutreffend und rechtgläubig rezipiert wurde (→ Rezeption)13. Ja, man war bald der Meinung, diese außergewöhnliche Versammlung habe ein für alle Mal den Glauben an Christus festgelegt. Die Parole lautete jetzt: Nicaea genügt. Dies stellte sich aber bald als eine Fiktion heraus, die Abweichler von der fides Nicaena, also Häretiker, nicht ausschließt, sondern begünstigt. So brach sich denn allmählich eine neue Vorstellung Bahn:

M ileve (416), Konzil →  Synodalbrief, → Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695) M iltiades († 314), Papst → römische Konzilsprotokolle M ittelalterliche L iste K onzilien → sancta octo

ökumenischer

M itwirkung der ( fünf ) P atriarchen → Kriterien, → Pentarchie M itwirkung des P apstes →  Geschäftsordnung, →  Kriterien, →  Ökumenizität, → Papst und ökumenisches Konzil, → regula ecclesiastica, →  Verhältnis des Konzils zum Papst, → Vorsitz M odell   Es sind vor allem die Vertreter einer aufgeklärten Theologie (→ Aufklärung), die an der gesamten Institution der Konzilien und an ihren einzelnen Exemplaren kein gutes Haar lassen und sie oft in Bausch und Bogen verurteilen11. Ganz anders war das in der Zeit des Großen Abendländischen Schismas, als man in ihnen den Rettungsanker für

M oderne → liberales Element der Kirchenverfassung M öhler , J ohann A dam (†  1838) →  Abwertung

 11 Vgl. „Die Priester mit ihren eigenen Waffen bekämpfen“. Der belgische Politiker Louis de Potter (1786–1859) und seine ‚Betrachtungen‘ über die Geschichte der Konzilien“, in: Gestalt, 399– 415.  12 Vgl. Traktate, 266.  13 Vgl. „Fides Nicaena und Konzilstheorie bzw. -praxis“, in: Alte Kirche, 232–250.

Muzzarelli, Alfonso

Nicaea genügt nicht ein für alle Mal, sondern ist ein Modell, ein Vorbild für die Fähigkeit der Kirche, immer wieder, wenn der Glaube in Gefahr ist, solche die gesamte Kirche bindenden Entscheidungen zu fällen14. →  Vigilius von Thapsus (5.  Jh.) fasst diese neue Stufe der Entwicklung in die treffende Formel: Die Monophysiten „kennen eben nicht die Regel und Gewohnheit katholischer Konzilien, auf den nachfolgenden Konzilien neue Dekrete entsprechend den Erfordernissen der neu aufgekommenen Häresien jeweils so aufzustellen, dass unumstößlich bleibt, was vorher auf früheren Konzilien gegen alte Häretiker verkündet worden war“15. Die Erkenntnis von der → Wiederholbarkeit einer Versammlung wie der von Nicaea ist die Geburtstunde der Einrichtung der ökumenischen Konzilien als solchen (→  ökumenisches Konzil). Das Neue, das sich mit der Überwindung der Monopolstellung des Nicaenum I entwickelte, besteht darin, dass der tendenzielle Anspruch aller Konzilien, geistgeschenkte Wahrheit zu lehren (→  Inspiration), nunmehr zu einem prinzipiellen wird. M osheim , J ohann L orenz → Ursprung

von

(†  1755)

M uzzarelli , A lfonso († 1813) → Abwertung, → Jesuiten

 14 Vgl. „Das erste Nicaenum und für Ansätze konziliarer Theorie „Das Chalcedonense und das Prinzip der Wiederholbarkeit konziliarer Glaubensformulierungen“, in: Alte Kirche, 198–269.  15 Vgl. Alte Kirche, 264f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 68.

129

n  N N ationalkonzil   Hinsichtlich der Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil), Synoden auf Ebenen unterhalb der Gesamtkirche und ihres →  ökumenischen Konzils, unterscheidet man verschiedene Kategorien. Da sind auf der einen Seite Synoden einer ganzen Kirchenprovinz, die Provinzialsynoden (→ Provinzialsynode), und Synoden der einzelnen Diözesen, die Diözesansynoden (→ Diözesansynode), auf der anderen Seite Konzilien, die die Bischöfe eines ganzen Landes versammeln, die sog. Nationalkonzilien (→  Arten von Konzilien)1. Was den Begriff „Nationalkonzil“ angeht, so sind darunter nicht schon diejenigen Konzilien zu verstehen, die die Bischöfe mehrerer Kirchenprovinzen zusammenführen, z.  B. das altkirchliche plenarium concilium in Afrika, sondern nur solche Synoden, in denen die Bischöfe einer „Nation“ oder eines nationähnlichen Verbandes zusammen kamen. Erst im Zuge der Völkerwanderung entstehen auf dem Territorium des Römischen Reiches politische Gebilde mit „nationalem“ Charakter, deren Bischofsversammlungen den Begriff des Nationalkonzils erfüllen. Der Terminus concilia nationalia ist jedoch viel jüngeren Datums. Er ist eindeutig bei → Nikolaus von Kues († 1464) belegt und bei → Johannes von Segovia († 1458). Als Äquivalent kommt sowohl bei →  Nikolaus von Kues als auch auf dem →  Constantiense (1414–1418) die Bezeichnung concilium nationis u. ä. vor. Der Terminus concilia nationalia dürfte im Kontext des genannten Konzils entstanden sein, denn auf ihm trat deutlich das Nationalbewusstsein in Erscheinung. Bis zum Aufkommen dieses Terminus bezeichneten sich die Nationalkonzile als synodus totius regni oder einfach als concilia generalia (→  concilium generale). In der unter päpstlichem Einfluss stehenden Literatur wurde der Terminus concilium nationale von der Mitte des 19. Jh.s an durch die Bezeichnung concilium plenarium abgelöst. So spre   1 Vgl. Gestalt, 51–53.

chen auch der → Codex Iuris Canonici (1917) von concilia plenaria, Texte des →  Vaticanum  II (1962–1965) von concilia regionalia.  – Wenn man sich am Interesse für das Nationalkonzil orientiert, das sich in Texten sehr verschiedener Natur niederschlägt, dann lassen sich grosso modo vier Phasen unterscheiden. Die erste (6.–13.  Jh.) ist dadurch gekennzeichnet, dass die Akten von Nationalkonzilien überliefert sind und damit den Blick freigeben für ihr Selbstverständnis. Das früheste Nationalkonzil der definierten Art findet in Frankreich statt (Orléans 511). Es folgt die lange Reihe vor allem der spanischen Nationalkonzilien. Bezeichnend für die zweite Phase (14–16.  Jh.) sind Schriften zur Kirchenreform (→ Reform), in denen auf die Nationalkonzilien als wichtiges Mittel der Reform näher eingegangen wird. Einer der frühesten Texte dieser Art ist der Tractatus de modo generalis concilii celebrandi des Bischofs von Mende, →  Wilhelm Durandus († 1330). Zu den Schriften der genannten Art gehört auch das Werk De concordantia catholica des → Nikolaus von Kues († 1464) mit seinem Kapitel De particularibus conciliis, in dem der Theologe u. a eine genauere Definition des Nationalkonzils vorlegt. Der Kusaner ist zur Zeit seiner Ausführungen über das Nationalkonzil noch Konziliarist (→ Konziliarismus) und stattet es entsprechend mit Privilegien gegenüber dem Primas aus, wie sie auch das → ökumenische Konzil gegenüber dem →  Papst besitzt  – darunter, dass seine Unterordnung unter den Primas erlischt, sobald es versammelt ist. Überhaupt müssten seine Kompetenzen erweitert werden und es sollte als Zwischeninstanz zwischen dem → ökumenischen Konzil und der →  Provinzialsynode fungieren. Zu seiner Zuständigkeit würde auch die Behandlung von Glaubensfragen gehören. Zwar kennen auch andere Basler Theologen das Nationalkonzil, aber keiner von ihnen hat diesem Konzilstyp ein vergleichbares Interesse entgegengebracht wie →  Nikolaus von Kues. Im deutschsprachigen Raum gab es dann im 16.  Jh. Pläne, dem Reformator →  Martin Luther († 1546) mit der Abhaltung eines Nationalkonzils entgegenzutreten. Sehr konkrete Vorstellungen hierüber entwickelt vor

Nicaenum 

allem der Kanzler des Augsburger Bischofs, der Kontroverstheologe Konrad Braun († 1563). Er bleibt hinter der kühnen Vision des jungen →  Nikolaus von Kues über das Nationalkonzil nicht zurück und ist ihr sogar darin überlegen, dass er ins Detail gehende Vorschläge macht, wie sie verwirklicht werden kann. In der dritten Phase (17.  Jh.) kommen hauptsächlich Historiker zu Wort. Die erste bedeutende Geschichte des Nationalkonzils stammt aus der Feder des gemäßigten Gallikaners Pierre de → Marca († 1662). Andere, wie der Theologe Louis de →  Thomassin d’Eynac (†  1695) bzw. der Historiker Noël Alexandre († 1724) folgten ihm. Das massive Interesse des 17. Jh.s am Nationalkonzil, das vor allem in Arbeiten zu seiner Geschichte zum Ausdruck kommt, hat zur Folge, dass in einer vierten Phase (18.  Jh.) das Nationalkonzil seinen Einzug in die einschlägigen Handbücher und Nachschlagewerke hält. – Weil das Nationalkonzil hinter dem → ökumenischen Konzil die zweitmächtigste Synodenart ist, ist ihr Verhältnis zum Römischen Stuhl naturgemäß nicht problemlos. So kommt es seit → Nikolaus I. († 867) und den Päpsten der Gregorianischen Reform zu erheblichen Spannungen zwischen dem →  Papst und dem Nationalkonzil bis zum völligen Niedergang dieser Synodenart (→  Arten von Konzilien), wie ihn das → Decretum Gratiani (um 1135–1140) belegt. Auch das → Tridentinum (1545–1563) dachte bei seinem Vorhaben, das kirchliche Synodenwesen wieder zu aktivieren, nicht mehr an das Nationalkonzil. In Rom besteht fortan die Befürchtung, die Nationalkonzilien könnten die Kirche der weltlichen Macht ausliefern. In Paris fanden um die Wende vom 18. zum 19.  Jh. drei Nationalkonzilien statt, keines wurde von Rom anerkannt. Auch die Bitte des deutschen Episkopats, 1849 ein Nationalkonzil abhalten zu dürfen, wurde abgelehnt2. → Hartzheim, Hermann Josef (1694–1763)    2 Vgl. „Römische Sicht der Partikularsynode“, in: Gestalt, 56–67; „Das Nationalkonzil im frühen Selbstverständnis, in theologischer Tradition und in römischer Perspektive“, in: Partikularsynode, 39–78. – Vgl. auch Literaturnachtrag 69. 

131

N ationen → Abstimmungsmodus, → Aufklärung, → Deputationen, → Modell N ausea , F riedrich (†  1552) →  Verteidigung der Unfehlbarkeit N egatives U rteil → Gregor von Nazianz (um 329–390) N eissen , E gidius (†  1789) →  Hartzheim, Hermann Josef (1697–1763) N eller , G eorg → Aufklärung

C hristoph (†  1783)

N estorius († 451) → Kirchenväter, → Maßstab, →  Papst und ökumenisches Konzil, → Popularisierung, → rechtmäßiger Verlauf N euformulierung des G laubens uner laubt → Verbot eines anderen Glaubens N icaenum  I (325), erstes Konzil von Nicaea3 → Arten von Konzilien, → Augustinus von Hippo (354–430), →  Autorität, →  Beneševic-Synopse, →  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, → Athanasius von Alexandrien (um 295–373), →  äußere Gestalt, →  Bilanz, →  Codex encyclius, →  concilium generale, → consensio antiquitatis et universitatis, → consensus omnium, →  Constantinopolitanum  I (381), →  Constantinopolitanum  II (553), → Dimensionen, → Dogma und Geschichte, →  Dreihundertachtzehn Väter, →  Eusebius von Caesarea (260/64–339/40), →  executrix conciliorum, → formale und materiale Autorität, → Formeln, → Freiheit, → Geschichte der Konzilsidee in der Alten Kirche, → Glaubensbekenntnis, →  Häufigkeit, →  Heilige Schrift, →  Kaiser, →  Konnumerierung, → Konzilsväter, → Legenden, → Leo der Gr. (um 400–461), →  Leugnung der Unfehlbarkeit, →  Liste, →  Maßstab, →  Monopolstellung des Nicaenum I, → nichtbiblische Termini, →  nihil prorsus de bene compositis retractetur, → ökumenisches Konzil, → Ökumenizität, →  Ordinalzahl, →  originalia, → Partikularkonzil, → praefatio longa de con   3 Vgl. „Das erste Nicaenum und die Ansätze konziliarer Theorie“, in: Alte Kirche, 198–230. 

132

N

cilio Nicaeno, → Protokoll, → relevante Konzilien, → sancta octo, → Spr 22,28, → staatlicher Einfluss, → Synodalrecht, → Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695), →  Übereinstimmung, →  Überlieferung, →  Unterschrift, →  Verbot eines anderen Glaubens, →  Verhältnis des Papstes zum Konzil, →  Verzeichnisse, →  Wiederholbarkeit, → Wunder, → Zahl N icaenum  II (787), zweites Konzil von Nicaea4 → Augustinus-Rezeption, → Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, → Bestätigung, →  Faktenirrtum, →  Freiheit, →  Geschichte der Konzilsidee in der Alten Kirche, → Häufigkeit, →  Kirchenväter, →  Konnumerierung, → Kriterien, → Libri Carolini, → Nikolaus von Kues (1401–1464), → Ökumenizität, → Ordinalzahl, → originalia, → regula ecclesiastica, → relevante Konzilien, → sancta octo, →  Spätwirkung, →  Verhältnis des Konzils zum Papst, → Vernunft, → Vorsitz N ichtbiblische T ermini   Für die Entfaltung der Konzilsidee (→  Konzilsideen) bedeutete die → Rezeption des → Nicaenum I (325) und seines Glaubensbekenntnisses insofern eine wichtige Neuerung bzw. Weiterentwicklung, als ein agraphon, d. h. ein nicht aus der → Heiligen Schrift stammender Begriff, nämlich das homooúsios, für die zentrale Glaubensaussage des Konzils, eben die der Gleichwesentlichkeit von Vater und Sohn, verwendet wurde. So etwas hatte es vorher noch nicht gegeben. Ein Teil des Widerstands gegen das →  Nicaenum erklärt sich aus dieser Neuerung. →  Athanasius von Alexandrien († 373) nennt als Grund für die Neuerung das Vorgehen der Arianer. Da jene für ihre Leugnung der wahren Gottheit des Sohnes nicht aus der → Heiligen Schrift stammende Begriffe wie „aus dem Nicht-Seienden“ usw. verwendeten und die von der Gegenseite zitierten Termini aus der Schrift in ihrem Sinn uminterpretierten, „schrieb die Synode das homooúsion […] nieder, um der Verschlagenheit der Häretiker jeden Weg abzusperren und zu zeigen, dass der    4 Vgl.  „Das zweite Nicaenum und die Probleme der Rezeption“, in: Alte Kirche, 306–343.

Logos von den geschaffenen Dingen verschieden ist“. Widerstand gegen diese Neuerung, den Glauben mit nicht aus der → Heiligen Schrift stammenden Termini zu formulieren, gab es dann gerade auch von Seiten der Arianer und entsprechend groß war die Anstrengung der Verteidiger des → Nicaenum I, die Verwendung des Terminus homooúsios als adäquate Formulierung des Glaubens zu rechtfertigen. Dabei geht der Prozess der Verwendung des nichtbiblischen Terminus schrittweise voran. So bezeichnet →  Athanasius von Alexandrien, kurz nach dem Konzil, das homooúsios zunächst bloß als eine „Beseitigung“ des arianischen Irrglaubens (→  Häresie): „Ich bin […] sicher, dass sie (sc. die Arianer), sobald sie wie das Konzil denken, bestimmt auch die Termini dieses Denkens billigen werden. Wenn sie dagegen mit dem Denken des Konzils nicht einverstanden sind, dann ist doch allen offenbar, dass sie vergebens über die Termini reden […]“5. Auch Marius Victorinus († 425/50) hält den Terminus zunächst bloß für eine adäquate Formulierung des in der Schrift bezeugten Glaubens6. Einen entscheidenden Schritt weiter geht dann → Vinzenz von Lérins (†  434/50), wenn er die schriftliche Fixierung des Glaubens als eine Wesenseigenschaft der Konzilien bezeichnet: „Was sie (sc. die Kirche) zuvor von den ‚Vorfahren‘ allein durch Überlieferung empfangen hatte, hat sie von nun an für die ‚Nachfahren‘ auch schriftlich und urkundlich niedergelegt. Sie tat es, indem sie vieles in wenige Worte zusammenfasste und oft zum Zwecke des klareren Verständnisses den unveränderten Glaubensgehalt mit einer neuen Bezeichnung ausdrückte“7. Mit der „neuen Bezeichnung“ ist natürlich unter Anspielung auf das →  Nicaenum  I dessen homooúsios gemeint. → Vigilius von Thapsus (5.  Jh.) erklärt schließlich die Verwendung des schriftfremden Terminus homooúsios durch das →  Nicaenum zu einem traditionellen Verfahren der Kirche: „Wenn eine neue Häresie entsteht, geht die Kirche seit eh    5 Vgl. Alte Kirche, 37.    6 Vgl. Alte Kirche, 209f.    7 Vgl. Alte Kirche, 161.

Nikolaus V.

und je so vor, dass sie zur Abwehr (solcher) frechen Neuerungen die Termini, mit denen die gemeinte Sache bezeichnet wird, verändert und das Wesen der Sache deutlicher ausdrückt, ohne dass dabei die Sache selbst verändert wird. Diese (neuen Bezeichnungen) entsprechen den (wirklichen) Eigenschaften der Sache und zeigen deutlicher, dass sie von alters her existiert und nicht einen neuen Ursprung besitzt“8. N ichtigkeitsklausel → Decretum irritans N ichtrevidierbarkeit →  nihil prorsus de bene compositis retractetur N icolai , C hristoph F riedrich (†  1811) → Aufklärung N icolini , D omenico (†  1600) →  Binius, Severin (1573–1641) N ihil

prorsus de bene compositis re -

tractetur  

Es war alles andere als eine Selbstverständlichkeit, Entscheidungen ökumenischer Konzilien (→ ökumenisches Konzil) als definitiv, als nicht mehr erneut „verhandelbar“ anzusehen. Gerade auch die Verwendung philosophischer, d. h. → nichtbiblischer Termini zur Bezeichnung des Glaubens, wie das mit dem homooúsios des →  Nicaenum  I (325) geschehen war, stellte eine Verlockung dar, den begonnenen und grundsätzlich offenen Diskurs über den Glauben fortzusetzen. Aber bald regte sich Widerstand. Theologen wie Capreolus von Karthago (†  um 437) haben sich vehement gegen diese Tendenz, Konzilsentscheidungen als revidierbar anzusehen, eingesetzt9. Formuliert hat das Prinzip nihil prorsus de bene compositis retractetur als erster Papst →  Leo der Gr. (†  461) und so begründet: „Was in aller Form definiert wurde, darf nicht von Neuem zur Diskussion gestellt werden; sonst erwecken wir, wie es die Verurteilten wollen, den Eindruck, selber Zweifel zu haben an dem, was offensichtlich in jeder Hinsicht in Übereinstimmung steht    8 Vgl. Alte Kirche, 266f.    9 Vgl. Alte Kirche, 235–237.

133

mit den Glaubensquellen: den Propheten, den Evangelien, den Aposteln“10. In der Folgezeit ist es vor allem der Verteidiger des →  Chalcedonense (451), →  Facundus von Hermiane (6.  Jh.), der das Prinzip aufgreift und immer wieder einschärft11. Nicht dem Wortlaut, aber dem Sinn nach greift ein anderer Verteidiger des →  Chalcedonense, →  Ferrandus von Karthago (†  545/46), das Leo-Prinzip auf12. Auch Papst → Gelasius I. (†  496) rekurriert in seinem Kampf für die Durchsetzung des → Chalcedonense auf das genannte Prinzip und nimmt es in sein Verzeichnis von →  Kriterien zur Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Konzilien auf13. Damit wird es ein Grundsatz, der nicht nur für ein → ökumenisches Konzil, nämlich das → Chalcedonense, sondern für alle ökumenischen Konzilien gilt. Desweiteren bezeichnet →  Gelasius den Apostolischen Stuhl ausdrücklich als eine →  executrix conciliorum, als eine „Durchsetzerin“ von einmal ergangenen Urteilen ökumenischer Konzilien (→ ökumenisches Konzil)14. → erneute Behandlung von schon Definiertem, → Wiederholbarkeit N ikephoros von († 828) → Kriterien

K onstantinopel

N iketas (= Anselm von Havelberg?) →  Freiheit, →  griechische Konzilsidee, → Heilsgeschichte N iketas von T hessalonike → Spr 22,28

(†  1145)

N ikolaus I. (†  867), Papst → Appellation vom Papst an das Konzil, →  Einberufung, → Nationalkonzil, → Nutzen, → Verhältnis des Papstes zum Konzil, → Vorsitz N ikolaus V. (†  1455), Papst →  Bilanz, → Johannes von Segovia (um 1394–1458)  10  11  12  13  14

Vgl. Alte Kirche, 117. Vgl. Alte Kirche, 118, 292, 294. Vgl. Alte Kirche, 289. Vgl. Alte Kirche, 276f. Vgl. Konzils- und Papstidee, 89.

134

N

N ikolaus von C lémanges († 1437) → Argumente, → Triumphalismus, → Zweifel N ikolaus von K ues (1401–1464)  Das Besondere an dem gelehrten Kardinal ist, dass er beide zu seiner Zeit extrem miteinander im Streit liegenden Grundvorstellungen von Kirche, den →  Konziliarismus und den → Papalismus, in seinem Werk bezeugt und jeweils eindrucksvoll verteidigt. Vor seinem Bruch mit dem Konzil von Basel 1437 (→ Basiliense [1431–1437/49]) war er Konziliarist (→  Konziliarismus) und schuf mit seinem Frühwerk De concordantia catholica (1434), das ganz aus dem Begriff des → Konsenses entfaltet wird, die „originellste Leistung“ des Konziliarismus (H. Jedin), „die abgerundetste, und geschlossenste, reifste und vollkommenste Darstellung der konziliaren Idee“ (F. Bezold). Von den drei Büchern des Werkes handelt das zweite in 33 Kapiteln über die Konzilien: 1. de concilio ecclesiae catholicae, 2. de particularibus conciliis, 3. de reformationalibus statutis. Der erste Punkt ist dreifach untergliedert: A. Varietas et comparatio synodorum (Hier geht es um die verschiedenen Formen und Eigenschaften der Universalsynode), B. Auctoritas synodorum (Hier geht es um den Konsens als dem eigentlichen Konzilskonstitutivum), C. Dubia (Hier geht es im Wesentlichen um die → Superioritätsfrage)15. Nach seinem Wechsel auf die päpstliche Seite (1437) vertrat er als „Herkules des Papstes“ mit der selben Genialität die Alternative, ohne bei der Verteidigung der Superiorität des → Papstes über das Konzil die zentrale Bedeutung des →  Konsenses aus den Augen zu verlieren. Er nimmt zu zahlreichen aktuellen Fragen dieser Jahre Stellung: zur →  Unfehlbarkeit16, zur →  Rezeption17, zum →  Konsens18, zum →  Decretum irritans19, zur konziliaren → Präsidenz20, zur Unechtheit der →  Pseudoisidorischen

 15  16  17  18

Vgl. Traktate, 89–99. Vgl. Traktate, 181–183, 205. Vgl. Apostelkonzil, 231f. Vgl. Apostelkonzil, 517; Ökumenisches Konzil, 133–135.  19 Vgl. Traktate, 35f.  20 Vgl. Traktate, 116.

Dekretalen21, zum →  Nationalkonzil22, zu den Appellationskanones des Sardicense (→  Sardica [342])23, zur Konzilsdefinition des → Nicaenum II (787)24, vor allem zur Absetzung →  Eugens  IV. (†  1447) durch das →  Basiliense25. Er verteidigt sich entschieden gegen den ihm gemachten Vorwurf des Opportunismus26. Seine Nachwirkung auf kommende Theologengenerationen ist sehr groß27. →  Appellation vom Konzil an den Papst, →  Cogitanti, →  concilium episcoporum est, →  concilium universale, →  Dimensionen, →  Etymologie, →  Haec sancta, →  Konflikt, → Konsens, → Konzilstraktate, → Kriterien, → Laienteilnahme, → Nationalkonzil, → originalia, → Papstabsetzung, → Patriarchalsynode, → Reform, → Renaissance, → Repräsentation, →  Sardica (342), →  Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695), →  Unterschrift, → Zahl N ikolaus von T udeschis († 1445) → Frequens, → Papstabsetzung N orm → Maßstab N otwendigkeit   Die Frage, ob ökumenische Konzilien (→  ökumenisches Konzil) notwendig sind, ist eng verbunden mit der Frage nach dem Umfang der päpstlichen Macht (→ Papst). Da diese Frage in der Alten Kirche noch nicht in der Weise gestellt war, wie sie das Mittelalter kannte, gibt es in ihr auch noch keine präzise Position hierzu. Es gibt höchstens die eine oder andere vage Äußerung zu diesem Thema, z.  B. wenn → Athanasius von Alexandrien (†  373), die Notwendigkeit eines neuen Konzils nur für den Fall kennt, dass eine neue → Häresie auf dem Plan ist28, bzw. wenn →  Eusebius von Caesarea († 339/40) angesichts des Konzilsverbotes des Kaisers Licinius († 325) die da 21  22  23  24  25  26  27

Vgl. Apostelkonzil, 351f. Vgl. Partikularsynode, 40, 48. Vgl. Partikularsynode, 213. Vgl. Ökumenisches Konzil, 103. Vgl. Traktate, 50. Vgl. Traktate, 45. Vgl. Traktate, 89–99. – Vgl. auch Literaturnachtrag 70.  28 Vgl. Alte Kirche, 48.

Nutzen

durch entstandene Notlage in der Kirche so begründet: „Anders nämlich als durch Synoden ist es unmöglich, die großen Probleme zu lösen“29. So haben denn auch die Griechen als erste die These von der Notwendigkeit ökumenischer Konzilien (→  ökumenisches Konzil) aufgestellt, als die lateinische Seite das → Filioque ins → Glaubensbekenntnis einfügte und sich dabei auf die Vollmacht des → Papstes berief30. Aber auch schon dem →  Constantinopolitanum  II (553) war „gewiss, dass in gemeinsamen Verhandlungen bei Vorlage der Fragen, die von beiden Seiten her zu erörtern sind, das Licht der Wahrheit die Finsternis der Lüge vertreibt. Einen anderen Weg dafür, dass die Wahrheit in gemeinsamen Verhandlungen einer Glaubensangelegenheit offenbar wird, gibt es nämlich nicht“31. Auch in der lateinischen Kirche verteidigte man die Notwendigkeit von Konzilien mit dem Ziel, die päpstliche Vollgewalt einzugrenzen (→  Marsilius von Padua [†  1342/43])32. Der Reformer →  Wilhelm Durandus († 1330) fordert die Versammlung eines Generalkonzils (→ concilium generale), wann immer neues Recht gesetzt werden soll; der →  Papst soll dieses nicht mehr im Alleingang schaffen können33. Das →  Con­ stantiense (1414–1418) bestimmt in seinem Dekret → Frequens die Abhaltung ökumenischer Konzilien (→  ökumenisches Konzil) im Rhythmus von zehn Jahren, was aber nicht nur durch den Widerstand der Päpste (→  Papst), sondern auch die Zeitumstände nicht verwirklicht wird. Die Theologen treten je nach dem, ob sie Anhänger der Vollmacht des → Papstes sind oder zum → Konziliarismus, Gallikanismus bzw. →  Jansenismus neigen, für oder gegen die Notwendigkeit ökumenischer Konzilien zur Lösung gravierender Fragen in der Kirche ein34. Der bewusst auf Vermittlung zwischen  29 Vgl. Alte Kirche, 199.  30 Vgl.  „Notwendigkeit“, in: Apostelkonzil, 386– 391; Mittelalter 286f.    31 Vgl. Konzils- und Papstidee, 31, Anm. 83.    32 Vgl. Mittelalter, 385.  33 Vgl. Mittelalter, 355.  34 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 34–35; Gestalt, 30f.; Traktate, 240; Reformation, 158, 292f., 355, 422f., 428–432.

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→  Konziliarismus und →  Papalismus setzende Fürstabt von St. Blasien Martin → Gerbert († 1793) vertritt auch in der Frage der Notwendigkeit von Konzilien eine mittlere Position35. Entsprechend seiner grundsätzlichen Hochschätzung der Konzilien, bekennt sich →  Erasmus von Rotterdam († 1536) zu ihrer Notwendigkeit36. N utzen   Wenn die Päpste (→  Papst) und die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche die Abhaltung von Konzilien (→  Papst und Partikularsynode) einschärfen, dann haben sie ganz offensichtlich deren Nutzen für die Kirche im Auge, auch wenn sie das nicht ausdrücklich sagen. Im Mittelalter gibt es dann ausdrückliche Hinweise auf solchen Nutzen. So geht z.  B. das →  Constantinopolitanum  IV (869–870) in seinem Kanon 17 auf den Nutzen der verschiedenen Synodenarten (→ Arten von Konzilien) näher ein37. →  Wilhelm von Ockham (†  1347) behandelt im Rahmen seiner Erörterung der verschiedenen →  Herrschaftsformen den Nutzen, den die Konzilien der Kirche bringen38. Keine Frage, dass Konziliaristen (→ Konziliarismus) vom Schlage des → Johannes von Ragusa († 1443) begeistert vom Nutzen der Konzilien reden39, aber auch papalistische Autoren (→  Papalismus) wie →  Johannes von Torquemada († 1468)40 bzw. → Dominicus Jacobazzi (†  1527/28)41 wissen den Nutzen der Konzilien zu schätzen. Ein neuzeitlicher Autor wie Robert → Bellarmin († 1621) behandelt das Thema unter dem Stichwort causa finalis des Konzils (→ hylemorphistische Definition)42. Besonderes Interesse verdienen in diesem Zusammenhang einige frühmittelalterliche Päpste. Ihr stark gewachsenes Primatsbewusstsein ist wohl der Grund, dass sie nicht von der → Notwendigkeit, sondern (nur) noch vom Nutzen der Konzilien reden.  35  36  37  38  39  40  41  42

Vgl. Reformation, 422f. Vgl. Konzils- und Papstidee, 197. Vgl. Mittelalter, 21–23. Vgl. Mittelalter, 424. Vgl. Traktate, 32. Vgl. Traktate, 57. Vgl. Traktate, 227. Vgl. Reformation, 158f.

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N

→  Nikolaus  I. (†  867) erläutert nach einem gescheiterten Konzilsprojekt ausdrücklich den Sinn und den Nutzen einer Synode. Er besteht nicht nur im wechselseitigen Austausch über die Nöte und Probleme, die ihn, den Papst, und die Bischöfe beschäftigen, sondern auch in der wirksamen Verbreitung der gemeinsam gefassten Beschlüsse. Der Sinn der Synoden besteht in der besseren Information des → Papstes und in der gemeinsamen Beschlussfassung43. → Johannes VIII. (†  882) kommt in seinen zahlreichen Einladungsschreiben zu Konzilien immer wieder auf den Nutzen und den Sinn der Konzilien zu sprechen. Die Konzilsteilnehmer vermögen in einem Streitfall die rei veritas aufzudecken und erleichtern damit dem → Papst die → definitio. Der genannte Papst spricht von der communis utilitas der Konzilien, in denen es ja um den status ecclesiae geht. Ziel ist jedenfalls die una concordia dilectionis omnium. Manchmal klingt es bei → Johannes VIII., als ob er im Konzil auch die menschliche Teilnahme der Bischöfe an der Last der päpstlichen Kirchenleitung suchte. Bitter beklagt er sich jedenfalls gegenüber Anspert von Mailand (†  881) darüber, dass er ihm diesen Trost verweigert hat44. N ympha (1234), Konzil → Unionsverhandlungen

 43 Vgl. Mittelalter, 21, 39f.  44 Vgl. Mittelalter, 22.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 71.

n  O Ö ffentlichkeit  Zur →  Rezeption eines Konzils gehört nach →  Wilhelm von Ockham († 1347) einerseits, dass die verschiedenen Stände in der Kirche die ihnen zustehende Aufgabe wahrnehmen, andererseits, dass das Konzil selber und die Rezeption sich in voller Öffentlichkeit abspielen. So kommt z. B. dem → Papst das Urteil über das Formale zu, d. h. die Frage, ob das Konzil nach den Vorschriften des Kirchenrechts (→  rechtmäßiger Verlauf) stattgefunden hat. Zuständig für den Inhalt ist aber nicht der → Papst, sondern sind die Theologen, vor allem die Exegeten. Dies ergibt sich aus dem → Wesen eines Konzils, das nach Auffassung des Engländers ein Vorgang von → Schriftauslegung ist. Als Fachleute sind die Exegeten aufgerufen, kritisch zur Konzilsdefinition Stellung zu nehmen. Voraussetzung für eine unter der Führung des →  Papstes und der Theologen bzw. Exegeten stattfindenden →  Rezeption ist freilich, dass das Konzil in der Regel von Anfang an unter Teilnahme der ganzen kirchlichen Öffentlichkeit gefeiert wurde. In allen Kirchenprovinzen ist also das geplante Konzil bekannt zu machen, zu publizieren, ansonsten fehlt den → Konzilsvätern schon für den Beginn des Konzils die nötige → Autorität, nämlich der → Konsens der ecclesia universalis. Dieser →  Konsens stellt nun keineswegs einen Blankoscheck für alles dar, was die →  Konzilsväter beschließen und entscheiden. Vom → Konsens getragen sind nur diejenigen Definitionen, die der Intention der grundsätzlich rechtgläubigen ecclesia universalis entsprechen. Mit anderen Worten: Dieser → Konsens kann nicht einfach vorausgesetzt werden, er ist vielmehr ausdrücklich zu erheben. Dazu ist aber notwendig, dass die betreffenden Konzilsentscheidungen in der ganzen Kirche in der gebührenden Weise bekannt gemacht werden. Geschieht das nicht, darf von einer ausdrücklichen →  Rezeption des Konzils durch die ecclesia universalis keine Rede sein. Diese von →  Ockham für die →  Rezeption gestellten Bedingungen ergeben sich aus sei-

ner Konzeption des Konzils als repraesentatio fidelium (→ Repräsentation)1. Auch für → Johannes von Ragusa (†  1443) gehört die Öffentlichkeit sowohl der Beratungen als auch der Beschlussfassung zu den Bedingungen für die Gültigkeit eines Konzils2. Auch zur →  griechischen Konzilsidee gehört die Öffentlichkeit des Verlaufs und besonders der Beschlüsse am Ende des Konzils3. → Geheimhaltung Ö kumene   Eine wichtige Rolle spielen die Konzilien auch bei den Versuchen, die verlorene Einheit der Kirchen wieder herzustellen. Vom Anfang des 13. Jh.s an galt das Konzil in der Ostkirche als Mittel zur Wiederherstellung der Kircheneinheit. Ein bewegendes Zeugnis in diesem Sinn ist der Brief der Konstantinopler Kleriker an →  Innozenz  III. († 1216) nach der Eroberung ihrer Stadt durch die Kreuzfahrer4. Rufe nach einem Unionskonzil fanden im Westen aber erst nach den günstigen Erfahrungen mit der → via concilii auf dem → Constantiense (1414–1418) ein positives Echo5. Nach dem Ende des 30-jährigen Krieges gab es dann verschiedene kirchliche Reunionsbemühungen, zu denen auch das mehrere Jahre dauernde „ökumenische Gespräch“ zwischen Jacques-Bénigne → Bossuet († 1704) und Gottfried Wilhelm → Leibniz († 1716) gehörte. Ein wichtiges Thema dieses Dialogs war auch die Rolle der Konzilien in der Kirche6. Im → ökumenischen Dialog nach dem → Vaticanum II (1962–1965) mit den verschiedenen christlichen Kirchen erwies sich die Rückbesinnung auf die Konzilsidee (→  Konzilsideen) der Alten Kirche als eine wertvolle Brücke der Verständigung. Dies

   1 Vgl. Mittelalter, 449f.   2 Vgl. Apostelkonzil, 125.   3 Vgl. Apostelkonzil, 373–375.    4 PG 140, 293–295.   5 Vgl. „Die via concilii zur Wiedervereinigung der Kirchen. Befürwortende Stimmen, Hindernisse, konkrete Projekte“, in: Apostelkonzil, 304–337; „Fünf konziliare Reunionsversuche: Nympha, Basel, Florenz, Trient und Poissy“, in: Apostelkonzil, 261–303.   6 Vgl.  „Das Konzil im ‚ökumenischen Dialog‘ Bossuets mit Leibniz“, in: Reformation, 350–402.

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gilt sowohl für das Gespräch mit der anglikanischen als auch mit der orthodoxen Kirche7. →  ökumenischer Dialog, →  Regensburger Buch, → Unionsverhandlungen Ö kumenischer D ialog   Die Konzilien sind in der überwiegenden Mehrzahl der Dialoge, die nach dem → Vaticanum II zwischen der römischen Kirche und anderen christlichen Kirchen geführt wurden, ein Thema, das zumindest kurz zur Sprache kommt. Ihr →  Stellenwert wechselt freilich stark von Dialog zu Dialog. Während das Thema Konzil beim Gespräch mit der anglikanischen Kirchengemeinschaft einen zentralen Platz einnimmt, gibt es andere Dialoge, in denen es höchstens am Rande oder nur irgendwie einschlussweise erwähnt wird. Die Frage nach dem Konzil taucht gewöhnlich im Rahmen von Erörterungen über das kirchliche Amt, zumal das Lehramt, auf. Mit Kirchen, die ein ausgebildetes Bischofsamt besitzen, wie die anglikanischen bzw. orthodoxen Kirchen, ist es nicht allzu schwer zu einem gewissen Konsens in der genannten Frage zu kommen. In mehreren Dialogen, vor allem im anglikanisch/ römisch-katholischen und im orthodox/römisch-katholischen Dialog, stellt der Konsens hinsichtlich des Konzils einen natürlichen Anknüpfungspunkt für die Erörterung des päpstlichen Primats dar. Wo eine bischöfliche Synodalstruktur angenommen wird, stellt sich in der Tat die Frage nach der Mitte einer solchen Kirchenverfassung. Am engsten ist in dieser Hinsicht die Annäherung zwischen der römisch-katholischen und der anglikanischen Kirche. Als eine wertvolle Brücke zur Verständigung erwies sich in mehreren Dialogen die gemeinsame Rückbesinnung gerade auch auf die Konzilien der Alten Kirche. Besonders deutlich ist dies beim Gespräch mit der anglikanischen, aber auch mit der orthodoxen Kirche8. → Ökumene    7 Vgl.  „Das Konzil im bilateralen ökumenischen Dialog der katholischen Kirche auf Weltebene (1976–1991)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 351– 384.    8 Vgl.  „Das Konzil im bilateralen ökumenischen Dialog der katholischen Kirche auf Weltebene

Ö kumenisches K onzil  Das →  Nicae­ num  I (325), das heute als erstes ökumenisches Konzil gilt und gezählt wird (→ Konnumerierung), wurde nicht von Anfang an so genannt, erst recht wurden die theologischen Implikationen dieser Bezeichnung nicht von Anfang an erkannt. Es bedurfte vielmehr eines längeren Prozesses9, in dem sich die Erkenntnis durchsetzte, dass es in der Kirche höchstinstanzliche Entscheidungen geben muss, die nicht mehr zurückgenommen werden dürfen (→ nihil prorsus de bene compositis retractetur). Die ökumenischen Konzilien haben dabei nach → Vigilius von Thapsus, einem afrikanischen Theologen des 5.  Jh.s, die Aufgabe, den alten überlieferten Glauben gerade durch Einführung neuer Formulierungen und Begriffe (→ nichtbiblische Termini) – man denke an das homooúsion des →  Nicaenum  I  – identisch weiterzugeben und vor Verfälschung zu schützen10. Altkirchliche Theologen wie → Athanasius von Alexandrien († 373) und → Leo der Gr. († 461) 11 haben entscheidend dazu beigetragen, dass Begriffe wie der genannte mehr und mehr Autorität in der Kirche erlangten. Während die griechische Kirche im Laufe der Zeit einen einigermaßen homogenen Begriff von einem → ökumenischen Konzil ausbildete12, ist das in der lateinischen Kirche nicht der Fall. Dort gibt es weder eine mit der Entwicklung des ersten Jahrtausends vergleichbare homogene Entfaltung der Institution der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) noch eine einheitliche Vorstellung davon. Selbst ein Theologe wie →  Augustinus (†  430) dürfte noch keinen eigentlichen Begriff von einem →  ökumenischen Konzil gehabt haben13. Zwar gelangte der griechische Begriff (1976–1991)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 351– 384.    9 Vgl. „Das erste Nicaenum und die Ansätze konziliarer Theorie“, in: Alte Kirche, 198–230.  10 Vgl. Alte Kirche, 264–269.  11 Vgl. „Reichssynoden (bei Leo dem Gr.)“, in: Alte Kirche, 113–121.  12 Vgl.  „Definition und Kriterien Ökumenischer Konzilien vor der morgenländischen Kirchenspaltung (1054)“, in: Ökumenisches Konzil, 69– 106, bes. 105f.  13 Vgl. Ökumenisches Konzil, 98f.

Ökumenizität

von einem →  ökumenischen Konzil noch vor der Kirchenspaltung in den Westen, blieb dort aber wegen einer völlig anders verlaufenden Entwicklung unbeachtet (→ Liste)14. Die allgemeinen Papstkonzilien des Hoch-, die Reformkonzilien des Spätmittelalters und die neuzeitlichen Kirchenversammlungen unterscheiden sich institutionell grundlegend voneinander, und was den Begriff vom →  ökumenischen Konzil angeht, so begegnen wir statt einer einzigen Definition einer Vielzahl von Definitionen15. Im Laufe der Geschichte haben →  Theologen der verschiedensten Richtungen ihre Vorstellungen über das →  ökumenische Konzil dargelegt. Bis zum Ende des 19. Jh.s hielt die katholische Theologie an den → Papstprivilegien der → Einberufung, des → Vorsitzes und der → Bestätigung der ökumenischen Konzilien für die Alte Kirche fest16. Die ökumenischen Konzilien der Alten Kirche fanden nach einem Reglement, einer → Geschäftsordnung, statt, die entweder aus schriftlich kodifiziertem Recht oder aus nur mündlich überliefertem Gewohnheitsrecht bestand17. → Kriterien, → Ökumenizität, → Pentarchie Ö kumenizität   Es geht bei diesem Stichwort um die Frage, wodurch eine Synode zu einem →  ökumenischen Konzil der Kirche wird und deswegen auf der →  Liste ihrer ökumenischen Konzilien steht. Auf diese Frage gibt es eine Reihe von Antworten, die jedoch aus historischen Gründen nicht befriedigen können. Die Tatsache, dass ein Konzil sich selbst als ökumenisch bezeichnet, macht es sicher nicht zu einem → ökumenischen Konzil; denn zahlreiche Synoden der Alten Kirche nannten sich selbst ökumenisch, stehen aber heute nicht auf der → Lis 14 Vgl. Ökumenisches Konzil, 102f.  15 Vgl.  „Westkirchliche Definitionen und Begriffe vom Ökumenischen Konzil nach der morgenländischen Kirchenspaltung“, in: Ökumenisches Konzil, 107–151.  16 Vgl.  „Der dogmatische Konzilsbegriff auf dem Prüfstand der historisch-kritischen Methode (1870–1908)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 186– 214.  17 Vgl. Gestalt, 125f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 72.

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te der ökumenischen Konzilien. Auch die faktische Ökumenizität, also die weltweite Herkunft der versammelten Bischöfe, kann nicht ausschlaggebend dafür sein, dass ein Konzil als ökumenisch gilt. Eine tatsächliche weltweite Repräsentanz wurde nämlich bei keinem der auf der Liste stehenden altkirchlichen ökumenischen Synoden verwirklicht, am allerwenigsten beim → Constantinopolitanum  I (381), auf dem der Westen überhaupt nicht vertreten war. Der dritte Antwortversuch, eine Synode werde durch die wie auch immer zu denkende Mitwirkung des → Papstes (→ Einberufung, → Teilnahme, → Bestätigung) zu einer ökumenischen Versammlung (→  ökumenisches Konzil), kann ebenfalls nicht überzeugen; denn es handelt sich bei dieser durch die →  regula ecclesiastica vorgeschriebene Mitwirkung lediglich um eine notwendige, aber nicht um eine ausreichende Bedingung dafür, dass ein Konzil auf die →  Liste der ökumenischen Konzilien gelangt. Tatsächlich gab es nämlich in der Alten Kirche mehrere Synoden, die zwar in aller Form durch den Römischen Stuhl approbiert sind, jedoch trotzdem nicht als ökumenische Konzilien (→  ökumenisches Konzil) gelten. Noch weniger befriedigend ist eine vierte Antwort auf unsere Frage, wodurch eine Synode zu einem → ökumenischen Konzil wird, nämliche die Auskunft, dass die vom →  Nicaenum  II (787) genannten → Kriterien bei einem Konzil erfüllt sind. Diese → Kriterien mögen damals hilfreich gewesen sein, die Ökumenizität einer Synode zu erkennen  – heute sind sie es nicht mehr; denn der kirchliche und politische Rahmen ist ein völlig anderer  – aber wir fragen ja auch gar nicht, woran die Ökumenizität erkannt werden kann, sondern wodurch sie entsteht bzw. gegeben ist. Und hierauf kann die Antwort nur lauten: Sie ist gegeben durch das nicht weiter ableitbare Faktum der →  Rezeption, konkret damit, dass dem betreffenden Konzil von der Kirche die gleiche →  Autorität wie dem → Nicaenum I (325) zuerkannt wird. Das ist aber die höchste denkbare → Autorität. Weil eine Synode durch die → Rezeption auf diese höchste Autoritätsstufe erhoben ist und mit den übrigen auf der gleichen Autoritäts-

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stufe stehenden Synoden „konnumeriert“ (→  Konnumerierung) wird, ist sie ein → ökumenisches Konzil18. → Kriterien, → ökumenisches Konzil, → Ordinalzahl

O range (529), Konzil →  Augustinus-Rezeption

O mne totum maius est sua parte  Die Konziliaristen (→  Konziliarismus) berufen sich in der → Superioritätsfrage für ihre Position der Oberhoheit des Konzils über den Papst oft auf den Satz omne totum maius est sua parte. Im Zusammenhang von Einwänden gegen seine These zur Volkssouveränität erwähnt →  Marsilius von Padua (†  1342/43) mehrmals das Axiom omne totum maius est sua parte und bezeichnet es dabei als communis animi conceptio, also als ein Prinzip. Bei der dritten Erwähnung stützt sich der Paduaner dabei ausdrücklich auf einen Satz des Aristoteles (→  Aristotelismus), der in der Übersetzung des Wilhelm von Moerbeke lautet: quare iuste dominans maiorum multitudo. Sinngemäß befindet sich das Axiom auch schon bei →  Augustinus († 430), und zwar in der Formulierung: universum partibus semper iure optimo praeponitur. Bei → Thomas von Aquin († 1274) wird der Satz als principium per se notum bezeichnet. Wenn sich spätere Konziliaristen (→  Konziliarismus) und auch →  Jean Gerson († 1429)19 in der → Superioritätsfrage für das Prinzip omne totum maius est sua parte auf Aristoteles (→  Aristotelismus) berufen, geschieht dies möglicherweise vor dem Hintergrund einer Lektüre des → Marsilius von Padua20. → Pierre d’Ailly († 1420) zitiert das Axiom, beruft sich aber weder auf → Marsilius noch auf Aristoteles (→ Aristotelismus), sondern auf den bei Kanonisten tradierten Satz des Hieronymus orbis maior est urbe (→ Decretum Gratiani, dist. 93, can. 24)21.

O rdinalzahl   Schon die Alte Kirche stellte ihre ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) in einer → Liste zusammen22, was u. a. die → Synopsen belegen. In letzteren beginnt man auch die Konzilien zu zählen, ohne ihnen dabei schon immer eine Ordinalzahl zu geben23. Welche Bedeutung die Hinzuzählung (→ Konnumerierung) zu den vorausgegangenen Konzilien und die damit erlangte Ordinalzahl hat, zeigt sich u. a. an der Aufnahme (→  Rezeption) des →  Nicaenum II (787) in die → Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) auf dem Constantinopolitanum von 879/80. In dem betreffenden Antrag des → Photius († um 893) heißt es, das besagte Konzil solle „nicht nur in allen seinen Lehrsätzen […] bekräftigt und gebilligt werden, sondern mit den sechs heiligen und ökumenischen Konzilien zusammengezählt und siebtes genannt werden, insofern es diesen als siebtes folgt und mit den gleichen Vorrechten wie diese ausgezeichnet wird“24. Die Zuerkennung der Ordinalzahl bringt die → Rezeption des →  Nicaenum  II zu ihrem kirchenrechtlich perfekten und die ganze Kirche bindenden Abschluss. Konzilien, die eine allgemein anerkannte Ordinalzahl haben, sind damit sicher ökumenische Synoden (→  ökumenisches Konzil). Von daher wird auch der Kampf um die Ordinalzahl, wie er für mehrere Konzilien ausgetragen wurde, verständlich. Aufschlussreich für die Bedeutung der Ordinalzahl sind auch die Darlegungen des →  Anastasius Bibliothecarius (†  um 878) über die →  Ökumenizität des →  Constantinopolitanum  IV (869–870): Die Ordinalzahl ist für ihn der eigentliche „Eigenname“ einer ökumenischen Synode (→  ökumenisches Konzil)25. In der Zeit der Erweiterung der → Liste der ökumenischen

O pstraet , J ohannes († 1720) → Jansenismus

 18 Vgl. Ökumenisches Konzil, 161–163. – Vgl. auch Literaturnachtrag 73.  19 Vgl. Apostelkonzil, 206.  20 Vgl. Apostelkonzil, 202f.  21 Vgl. Apostelkonzil, 209f.

O rdensleute als K onzilswissen schaftler → Dominikaner, → Jesuiten

 22  23  24  25

Vgl. Alte Kirche, 259. Vgl. Alte Kirche, 350f. Vgl. Ökumenisches Konzil, 83f. Vgl. Ökumenisches Konzil, 98.

Originalia

Konzilien (→  ökumenisches Konzil) über die →  sancta octo hinaus kommt es dann auch zur Einführung weiterer Ordinalzahlen. 1567, also 20 Jahre vor Robert →  Bellarmin († 1621), legte dann der französische Historiker Arnauld de → Pontac († 1605) als erster ein Verzeichnis der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) vor, das sich bis auf das → Constantiense (1414–1418) und das →  Basiliense (1431–1437/49), die der Jesuit nicht in seine → Liste aufnehmen wird, mit der Liste deckt, die bis heute in Gebrauch ist. Er führt dabei durchgehend vom → Nicaenum I (325) bis zum → Tridentinum (1545–1563) die Ordinalzahl ein. → Pontacs bedeutsame Neuerung wurde in den vier Auflagen (1567, 1570, 1572, 1574) der gemeinsam mit Gilbert → Génébrard († 1597) herausgegebenen Chronographia übernommen26. O rdo de celebrando concilio   Die aus der Zeit zwischen 633 und dem 12. Jh. stammenden, in 43 verschiedenen Redaktionen überlieferten ordines de celebrando concilio sind dazu bestimmt, die Konzilsliturgie zu regeln. Am Anfang dieser im Laufe der Zeit immer wieder überarbeiteten Texte steht die auf dem vierten Konzil von → Toledo (633) verfasste und als Kanon IV den Akten des genannten Konzils eingegliederte formula secundum quam debeat sancta synodus in dei nomine fieri27. Dieser ordo reglementiert den Ablauf der westgotischen → Provinzialsynode. Die späteren ordines stellen Überarbeitungen und Erweiterungen des genannten ordo dar. Wir haben es bei den ordines de celebrando concilio mit einer Mischung aus rechtlichen und liturgischen Elementen zu tun. Im Vergleich zu den späteren Geschäftsordnungen (→  Geschäftsordnung) treten die juridischen Elemente deutlich hinter die liturgischen zurück. Wir sprechen deswegen von einer Vorstufe derselben28. → Laienteilnahme

 26 Vgl. Ökumenisches Konzil, 179.  27 Vgl. „Versammlung der Landeskirche“, in: Alte Kirche, 501–510.  28 Vgl. Gestalt, 127–131.

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O rigenes (†  um 254) →  äußere Gestalt, →  Jansenismus, →  Laienteilnahme, →  Popularisierung, → Protokoll, → Unterschrift O riginalia   Zu Kenntnissen über die Geschichte der Konzilsidee gelangt man durch die Beschäftigung mit den entsprechenden Quellen. Das ist heute so und das war für einen der großen Wiederentdecker der Konzilsidee (→  Konzilsideen) wie →  Nikolaus von Kues (†  1464) genauso. Er weist denn auch in der praefatio seines Jugendwerkes De concordantia catholica (1434) eigens darauf hin, dass er zahlreiche, bisher übersehene originalia, d. h. Quellen, zu dessen Erstellung benutzt habe. Was sind das für originalia, die der als Sammler alter Quellen bekannte Humanist schon aufgefunden und verwendet hat? Beschränken wir uns bei unserer Recherche auf die Konzilsquellen im engsten Sinne des Wortes, auf die von ihm benutzten Akten ökumenischer Konzilien (→  ökumenisches Konzil). Wenn der Humanist uns versichert, dass er in der Frage der Konzils­ einberufung (→  Einberufung) die Akten aller Universalkonzilien (→ concilium universale) eingesehen habe, dann ist man gespannt, zu erfahren, welche er denn wirklich einsehen konnte. Vom →  Nicaenum  I (325) hat es bekanntlich gar keine Akten gegeben, vom →  Constantinopolitanum  I (381) sind sie, wenn es sie überhaupt gegeben hat, verloren gegangen. Aus den Akten des → Ephesinum (431) zitiert → Nikolaus von Kues nur einen einzigen Text, über die Gesamtakten verfügt er offensichtlich noch nicht. Ausgiebig wertet er dagegen die Akten des → Chalcedonense (451) aus. Ob er die Akten des →  Constantinopolitanum  II (553) wirklich benutzt hat, wie er behauptet, ist jedoch zweifelhaft. Mit Sicherheit hatte er die Akten des →  Constantinopolitanum  III (680–681) in Händen, denn er zitiert fleißig daraus. Unwahrscheinlich ist hingegen, ob das Gleiche für das →  Nicaenum  II (787) gelten kann. Mit ganz besonderer Vorliebe zitiert →  Nikolaus von Kues das →  Constantinopolitanum  IV (869–870)  – vielleicht deswegen, weil er in ihm das letzte von Ost und West gemeinsam gefeierte →  ökumenische Konzil gesehen hat. Offensichtlich wusste er

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nicht, dass der Osten dieses Konzil gar nicht als ökumenisches ansieht. Am → Constantinopolitanum  IV interessieren ihn zunächst die → canones, von denen er fast die Hälfte in seinen eigenen reformationalia statuta für das → Basiliense (1431–1437/49) aufgreift. Aktuell sind für ihn auch die auf diesem Konzil gehaltenen Reden des → Kaisers. Deswegen schreibt er mehrere von ihnen in extenso ab. Zu zahlreichen in De concordantia catholica diskutierten Fragen findet er die entsprechenden Belege bei dem genannten Konzil. Vergleichen wir jetzt → Nikolaus von Kues’ Kenntnis der Akten der altkirchlichen ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) mit unserer eigenen, so stellen wir fest, dass wir heute über die gesta zweier weiterer Konzilien verfügen, nämlich die des →  Ephesinum und die des →  Nicae­ num II. Im rechten Licht erscheint die Konzilsaktenkenntnis unseres Humanisten aber nicht durch den Vergleich mit den nachfolgenden, sondern mit den vorausgehenden Theologengenerationen. Die Akten der altkirchlichen Konzilien wurden bekanntlich zwar in einigen Exemplaren in westlichen Bibliotheken überliefert, aber tatsächlich von den Theologen nicht benutzt und ausgewertet. Eine Ausnahme machte hier nur → Thomas von Aquin († 1274), der die Akten des → Chalcedonense in größerem Umfang verwendet hat29. O rléans (511), Konzil → Nationalkonzil O rsi , G iuseppe A gostino († 1761) → Dominikaner O rzechowski , → Pentarchie

S tanislaus

(†  1566)

O ttaviani , A lfredo (†  1979) →  Konzilsplan

 29 Vgl.  „Quellenbenutzung (bei Nikolaus von Kues)“, in: Traktate, 67–81. – Vgl. auch Literaturnachtrag 74.

n  P P aleotti , G abriele (†  1597) →  Tagebücher P alladius von R athiaria (†  Ende des 4.  Jh.s) →  äußere Gestalt, →  Freiheit, →  rechtmäßiger Verlauf, →  staatlicher Einfluss P anvinio , O nofrio († 1568) → Datierung P apalismus → Autonomie, → communio potestatis, →  Gerbert, Martin (1720–1793), →  Notwendigkeit, →  Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695) P apst → Akklamation, → Appellation vom Konzil an den Papst, →  Appellation vom Papst an das Konzil, → Auflösung, → Autonomie, → Bestätigung, → Bilanz, → communio potestatis, →  concilium generale, →  Decretum Gratiani, →  Decretum irritans, →  Dimensionen, → ecclesia distributive sive collective sumpta, → Einberufung, → executrix conciliorum, →  Frequens, →  Geschäftsordnung, →  Gerbert, Martin (1730–1793), →  griechische Konzilsidee, →  Grundtypen, →  Haec sancta, →  Häufigkeit, →  Heinrich, Johann Baptist (1816–1891), → Herkunft der Gewalt, →  hilfreiche Faktoren, →  Hinkmar von Reims (um 800/10–882), →  historisch-kritische Methode, →  Höchstgewalt, →  Hontheim, Johann Nikolaus von (1701– 1790), →  Innozenz  III. (1160/61–1216), →  Jansenismus, →  Jesuiten, →  Johannes XXIII. (1891–1963), → Johannes von Ragusa (vor 1395–1443), → Johannes von Segovia (vor 1394–1458), →  Kollegialität, → Konflikt, → Konsens, → Konziliarismus, →  Kriterien, →  Legaten, →  Marsilius von Padua (1275/80–vor 1343), → Matthias Ugoni (1446–1535), →  Nationalkonzil, →  Nikolaus von Kues (1401–1464), →  Notwendigkeit, →  Nutzen, →  Öffentlichkeit, → Ökumenizität, → omne totum maius est sua parte, →  Papst und ökumenisches Konzil, → Papst und Partikularsynode, → Papstabsetzung, → päpstliche Konzilsidee, → Papst-

privilegien, → Patriarchalsynode, → Pentarchie, → Polarität, → praefatio longa de concilio Nicaeno, → Präsidenz, → Propositionsrecht, →  Pseudoisidorische Dekretalien, →  Reform, → regula ecclesiastica, → römische Konzilsprotokolle, →  römische Provinziallandtage, →  römische Synode, →  Römisches Recht, →  Salmerón, Alphons (1515–1585), →  Sardica (342), →  Schemata, →  „Schimäre“, → Sitzordnung, → Souveränität, → Subjekt der Unfehlbarkeit, → Superioritätsfrage, → Thomassin d’Eynac, Louis de (1619–1695), → Tromp, Sebastian (1889–1975), → una cum patribus, →  Unterschrift, →  Verhältnis des Konzils zum Papst, → Verhältnis des Papstes zum Konzil, →  Vollendung, →  Vorsitz, →  Wiederbelebung, →  Zaccaria, Francesco Antonio (1714–1795) P apst und ökumenisches K onzil  Wer die → Autorität des → ökumenischen Konzils zu begreifen sucht, stößt in der geschichtlichen Betrachtung unvermeidlich auf die nicht weniger wesentlich zur Kirche gehörende Institution des Papsttums (→ Papst) und damit auf die Frage: Wie verhalten sich die Päpste zu den ökumemischen Konzilien und umgekehrt?1 Der Konflikt Papst → Viktors († 199) mit dem Konzil des Polykrates von Ephesus (†  um 196), das nicht auf die römische Linie im Osterfeststreit einschwenkte, wirkt wie ein frühes Präludium zu der grundsätzlich auf Spannungen angelegten Geschichte des Verhältnisses zwischen beiden Institutionen2. Eine erste direkte rechtliche Verknüpfung zwischen ihnen bringt das Konzil von → Sardica (342) (→ Appellation vom Konzil an den Papst), das dem → Papst eine Art Oberaufsicht über die Konzilien (Quasi-Appellation) einräumt3, eine Regelung, die freilich von der östlichen Kirche erst mit dem →  Quinisextum (691–692) ins Kirchenrecht übernommen, aber nicht wirklich praktiziert

   1 Vgl. Konzils- und Papstidee, 22–38.    2 Vgl. Gestalt, 35–36; „Papst und Konzil im ersten Jahrtausend: Eigenständige Entwicklung und wechselseitiges Verhältnis“, in: Konzils- und Papstidee, 11–40.    3 Kanon III, EOMJA I,2; 456,14; Gestalt, 37f.

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wurde4. Zu ersten deutlichen Spannungen zwischen beiden Leitungsämtern kommt es schon auf dem →  Ephesinum (431), dem →  Chalcedonense (451) und dem →  Con­ stantinopolitanum  II (553). →  Coelestin  I. (†  432) erwartet vom Konzil von Ephesus (→  Ephesinum) die Ratifizierung seiner römischen Entscheidung gegen →  Nestorius, das Konzil beharrt aber auf seiner eigenen Entscheidungsvollmacht. Das Spiel wiederholt sich mit Papst →  Leo dem Gr. (†  461) gegenüber dem → Chalcedonense5. Aber solange die Päpste (→ Papst) im Machtbereich des griechischen →  Kaisers sind, geben sie sich gemäß der → regula ecclesiastica – (non oportet) praeter sententiam Romani pontificis concilia celebrare6 – im Grunde mit dem Anspruch auf die notwendige Mitwirkung zufrieden7. Der fortschreitende Ausbau des Primats zusammen mit der politischen Emanzipation aus dem Machtbereich des griechischen →  Kaisers hatte dann vom 9. Jh. an zur Folge, dass die Päpste (→ Papst) nicht nur in ihren „hauseigenen“ römischen Synoden (→ römische Synode)8 und in den außerhalb des eigenen Herrschaftsgebietes abgehaltenen Synoden den Primat zur Geltung brachten9, sondern immer deutlicher auch den Anspruch auf die Oberleitung aller Konzilien, auch der „allgemeinen“, erhoben10. Seinen geschichtswirksamsten Ausdruck findet dieser Anspruch in Bestimmungen der →  Pseudoisidorischen Dekretalen11, die dem → Papst das Recht auf → Einberufung und damit die Oberhoheit über die Konzilien einräumen, und die praktisch in   4 Vgl. „Die Sardicensischen Appellationskanones im Wandel der Geschichte“, in: Partikularsynode, 193–228.    5 Vgl. Alte Kirche, 135–143; „Ringen um die Kirchenführung auf den ökumenischen Synoden“, in: Gestalt, 39–42.    6 Hist. trip. 4,9,4.    7 Vgl. Konzils- und Papstidee, 30f.    8 Vgl. „Rom und die eigene Synode“, in: Mittelalter, 24–31.    9 Vgl. „Rom und die fränkische Synode“, in: Mittelalter, 31–45.  10 Vgl. „Rom und das ökumenische Konzil“, in: Mittelalter, 46–74.   11 Vgl.  „Pseudoisidor und die römische Konzils­ idee“, in: Mittelalter, 61–74. „Pseudoisidor“, in: Mittelalter, 203–211. 

alle →  Kirchenrechtssammlungen aufgenommen wurden12. Diese Auffassung spiegelt sich auch in zahlreichen westlichen mittelalterlichen Definitionen des →  öku­ menischen Konzils13. Die Gegenthese, die Oberherrschaft der Konzilien über den →  Papst, der sog. →  Konziliarismus, wird theoretisch seit dem 14. Jh. propagiert14 und findet ihrerseits ihren geschichtsmächtigen Ausdruck im Dekret →  Haec sancta (1414) des Konzils von Konstanz (1414–1418) (→  Constantiense). Dabei brachte der radikale Flügel der Konziliaristen (→  Konziliarismus), etwa ein →  Marsilius von Padua († 1342/43), durch die Anwendung des Begriffs der → Repräsentation auf das → ökumenische Konzil eine wichtige Weiterentwicklung der Konzilsidee (→ Konzilsideen): Der eigentliche Souverän ist nicht der → Papst, sondern die universitas fidelium, das Kirchenvolk. Als Vertretung dieses Kirchenvolkes ist das Konzil dem → Papst notwendig übergeordnet. Konziliaristisches Gedankengut (→ Konziliarismus) blieb, vor allem in der französischen Kirche (Gallikanismus, Regalismus), noch über das Ancien Régime hinaus bis zum → Vaticanum I (1869–1870) lebendig15. P apst und P artikularsynode   Im vorliegenden Stichwort geht es nicht um das Verhältnis des → Papstes zum → ökumenischen Konzil (→  Papst und ökumenisches Konzil), sondern zum →  Partikularkonzil. Schon beim Streit um den Ostertermin zu Ende des 2. Jh.s werden auf „Verlangen“ von Papst → Viktor († 199) weltweit Synoden abgehalten. Von den Päpsten (→ Papst) gehen immer wieder Ermahnungen aus, Konzilien auf Ebenen unterhalb des → ökumenischen Konzils abzuhalten. Entsprechend schreibt → Leo der Gr. († 461): „Wer immer von den  12 Vgl. „Konzilsgedanke und -probleme bei Dekretisten und Dekretalisten (1150–1378)“, in: Mittelalter, 232–276.   13 Vgl.  „Das vom Papst her konzipierte Konzil“, in: Ökumenisches Konzil, 108–121.   14 Vgl. „Eine Nachlese: Theorien aus der Zeit des Großen Schismas und der Reformkonzilien (1378–1449)“, in: Traktate, 111–147.   15 Vgl. „Kollegialität und Primat“, in: Gestalt, 26– 29. – Vgl. auch Literaturnachtrag 75. 

Päpstliche Konzilsidee

Brüdern zu einer Synode geladen war, soll hineilen, und niemand soll sich der heiligen Versammlung versagen. Man soll wissen, dass auf ihr vor allem Fragen der Kirchendisziplin zu bestimmen sind“. Ähnliche Aufforderungen zur Abhaltung von Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil) gibt es von anderen Päpsten, z. B. von → Sixtus III. († 440) in einem Schreiben an die illyrischen Bischöfe: „Ein Konzil finde statt, so oft es Anlass dazu gibt […]. Keiner von euch darf das Konzil, wenn er zu kommen eingeladen wurde, unbeachtet lassen noch sich der heiligen Versammlung, zu der er eilen soll, entziehen. Man suche nicht aus Widerspenstigkeit nach einer Ausrede, so dass dadurch, dass ihr euch zugleich versammelt, gemeinsam festgesetzt werden kann, was den Frieden der Kirchen wahrt und das Kirchenvolk zum Heil anhält“16. Die Päpste selber (→  Papst) gingen, was die Abhaltung von Partikularkonzilien (→ Partikularkonzil) betrifft, mit gutem Beispiel voran. Vergleicht man Rom mit Konstantinopel in dem Zeitraum von 335 bis 1083, so fanden etwa dreimal so viele Synoden in der Stadt am Tiber statt wie in der am Bosporus17.Von den römischen Synoden (→  römische Synode) sind zahlreiche Protokolle (→ Protokoll) überliefert, die sehr aufschlussreich sind für das Verhalten des →  Papstes gegenüber Synoden. P apstabsetzung   Papstabsetzungen, gerade auch durch Konzilien, hat es im Mittelalter immer wieder gegeben. Das →  Decretum Gratiani (um 1135–1140) enthält eine Reihe von auctoritates18, an die →  Dekretisten und Kanonisten wie →  Huguccio von Pisa (†  1210)19 in der theoretischen Erörterung der Frage anknüpfen konnten. Je nach dem, wie die → Superioritätsfrage entschieden wird, hält man Papstabsetzungen durch das Konzil für möglich oder für nicht möglich. Wer wie →  Marsilius von Padua († 1342/43) das Konzil den → Papst einsetzen lässt, hält ihn auch für durch das Konzil  16  17  18  19

Vgl. Sixtus III., ep. 8,2; FC 58, 921.  Vgl. Partikularsynode, 230.  Vgl. Mittelalter, 330, Anm. 67.  Vgl. Mittelalter, 263. 

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absetzbar20. → Wilhelm von Ockham († 1347) legt die Gründe pro und contra ausführlich dar21. Mit der Absetzung →  Eugens  IV. (†  1447) durch das Konzil von Basel 1437 (→  Basiliense [1431–1437/49]) ist die Frage nicht mehr bloß theoretisch. So hält → Nikolaus von Tudeschis († 1445) den → Papst für absetzbar22, für →  Nikolaus von Kues (†1464) dagegen ist die Absetzung  – nach seinem Übergang vom Konzil von Basel (→ Basiliense) zu → Eugen IV. – widerrechtlich23. Die beiden Konzilstheoretiker → Dominicus Jacobazzi († 1527/28)24 und → Matthias Ugoni (†  1535)25 diskutieren das Problem ausführlich. Im Zusammenhang von Überlegungen des →  Tridentinum (1545–1563) über Maßnahmen des Konzils gegen den reformunwilligen Papst diskutiert der Jesuit Alphons → Salmerón († 1585) longe lateque die Absetzbarkeit des → Papstes nicht nur im Falle von →  Häresie, was allgemein angenommen war, sondern auch dann, wenn er der Kirche großen geistlichen Schaden zufügt26. Bei derselben Gelegenheit erörterten die am Konzil von Trient (→ Tridentinum) teilnehmenden →  Jesuiten die Möglichkeit einer →  Papstabsetzung durch das Konzil und entschieden sich dagegen27. P äpstliche K onzilsidee   Aus der Stellung und dem Einfluss des → Papstes in der Kirche ergibt sich ohne Weiteres die Bedeutung der jeweils von den Päpsten vertretenen Konzilsidee (→  Konzilsideen). Für die Periode wachsenden Primatsbewusstseins in der Alten Kirche ist hier neben anderen Päpsten28 vor allem → Leo der Gr. († 461) zu nennen. Er hat sich nicht nur zu den sog. Partikularkonzilien (→ Partikularkonzil) geäußert und das → Chalcedonense (451) ver 20 Vgl. Mittelalter, 386, 390.   21 Vgl. Mittelalter, 422.   22 Vgl. Traktate, 49.   23 Vgl. Traktate, 50.  24 Vgl. Traktate, 231f.  25 Vgl. Mittelalter, 269.  26 Vgl. Apostelkonzil, 481–485.  27 Vgl.  „Option für den Papst. Die Jesuiten auf dem Konzil von Trient. Dritte Sitzungsperiode 1562–1563“, in: Apostelkonzil, 464–485, bes. 470–485; Apostelkonzil, 454f.  28 Vgl. Konzils- und Papstidee, 11–22.

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teidigt (→  executrix conciliorum), sondern auch sehr Grundsätzliches zur ökumenischen Synode (→ ökumenisches Konzil) als solcher gesagt (→ nihil prorsus de bene compositis retractetur)29. Für das frühe Mittelalter ist die Konzilsidee (→  Konzilsideen) der Päpste von Leo  IV. (†  855) bis →  Johannes  VIII. (†  882) wichtig30. Wie →  Innozenz III. († 1216), mit dem das mittelalterliche Papsttum seinen Zenit erreichte, das →  Lateranense IV (1215) konzipierte, ist ebenfalls eine interessante Frage31. Von welcher Relevanz die Konzilsidee (→  Konzilsideen) eines → Papstes ist, lässt sich vor allem an →  Johannes  XXIII. (†  1963) klar machen, der das → Vaticanum II (1962–1965) nicht nur einberufen, sondern auch tiefer geprägt hat als irgendein anderer Papst ein Konzil seiner Zeit (→ Aggiornamento)32. P apstprivilegien   Unter Papstprivilegien verstehen wir die dem → Papst zugeschriebenen Rechte der →  Einberufung, des → Vorsitzes und der → Bestätigung der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil). Diese Rechte des → Papstes gegenüber den ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) galten für die katholische Theologie bis zum Ende des 19. Jh.s als untrennbar mit dem Papstamt verbunden. Entsprechend wurden sie vom Mittelalter an33 konsequent gegen die griechischen Theologen34, die Konziliaristen (→  Konziliarismus)35, die Reformatoren36, die Episkopalisten (Johann Nikolaus von →  Hontheim

 29 Vgl. „Leo der Große († 461) über Konzilien und Lehrprimat des Römischen Stuhles“, in: Alte Kirche, 103–147; „Zum Verhältnis zwischen Konzil und Papst bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts“, in: Gestalt, 35–42.  30 Vgl. „Römische Konzilsidee im Zeichen erstarkten Primatsbewusstseins (847–882)“, in: Mittelalter, 15–74.  31 Vgl. „Die Konzilsidee des Adressaten (Innozenz III.)“, in: Gestalt, 74–81.  32 Vgl. „Zur Konzilsidee Johannes’ XXIII.“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 278–308.  33 Vgl. Mittelalter, 95, 149, 162–165, 173f., 177, 208, 212–214, 245, 262f., 356.  34 Vgl. Mittelalter, 173f., 177.  35 Vgl. Traktate, 228.  36 Vgl. Reformation, 159, 287.

[†  1790])37 usw. verteidigt. Der zwischen →  Konziliarismus und →  Papalismus vermittelnde Fürstabt Martin →  Gerbert († 1793) versuchte schon eine Relativierung der drei Papstprivilegien38, aber erst zu Beginn des 20.  Jh.s wagte es der katholische Historiker Franz Xaver → Funk († 1907) unter dem schärfsten Widerspruch katholischer Kollegen die Existenz dieser Privilegien für die Zeit der Alten Kirche in Frage zu stellen. Auf der einen Seite eine erheblich verfeinerte und sicherere → historisch-kritische Methode, auf der anderen Seite ein Verzicht auf unmittelbare theologische Folgerungen, gaben die Möglichkeit zu dieser neuen Position39. Das → Vaticanum II (1962– 1965) hat die Papstprivilegien in seinen Ausführungen über das → ökumenische Konzil so formuliert, dass deutlich zwischen dem heute geltenden Kirchenrecht und früheren Perioden der Kirchengeschichte unterschieden wird40. P apstteilnahme am K onzil → Griechische Konzilsidee, → Verhältnis des Konzils zum Papst P apsttum nicht von K onzilien gestif tet →  Decretum Damasi (382), →  praefatio longa de concilio Nicaeno P apstunabhängige E ntstehung K onzilsinstitution → Autonomie

der

P aris (825), Konzil →  Binius, Severin (1573–1641) P aris (1527–1528), Konzil →  Laienteilnahme, → Verteidigung der Unfehlbarkeit P artikularkonzil  Dass ein wesentlicher Unterschied zwischen ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) und den sog. Partikularkonzilien besteht, schlug  37 Vgl. Reformation, 439–445.  38 Vgl. Reformation, 417–420.  39 Vgl.  „Der dogmatische Konzilsbegriff auf dem Prüfstand der historisch-kritischen Methode (1870–1908)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 186– 214; Konzils- und Papstidee, 24.  40 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 310.

Patriarchalsynode

sich begrifflich nicht sogleich schon mit dem ersten ökumenischen Konzil, dem →  Nicaenum I (325), klar und deutlich nieder. Es gab zwar schon gelegentliche Gegenüberstellungen von einem concilium generale et perfectum und einer synodus particularis41, aber eine grundsätzliche Differenzierung erfolgte im Osten erst im Laufe des 6. Jh.s, im Westen noch später42. Aus den alten Quellen lässt sich sowohl das Selbstverständnis dieser später so genannten Partikularsynoden43 als auch die spezifische römische Sicht auf dieselben eruieren44. →  Augustinus (†  430) sieht in ihnen einen Vorgang der →  Wahrheitssuche45. Die anonyme → Beneševic-Synopse aus dem 6. Jh.s, die die Partikularsynode erstmals ausdrücklich von der ökumenischen unterscheidet, definiert diese folgendermaßen: „(Auf den „Teilsynoden“) wurden nicht die Bischöfe der ganzen Ökumene herbeigerufen, und die Synoden stellten nichts Dogmatisches auf, sondern trafen die ihnen jeweils richtig erscheinenden Maßnahmen zur Festigung des auf den vorausgegangenen heiligen Synoden dogmatisch Definierten oder zur Entfernung von Leuten, die sich diesen Synoden frech und gottlos widersetzten, oder zur Behandlung von Kanones und von Streitfällen im Hinblick auf die Kirchenzucht“46. Für den Konstantinopler Patriarchen → Germanus († 730) sind die Partikularkonzilien Synoden, auf denen nur lokale Probleme behandelt werden, bei denen die →  Kaiser nicht „mitsitzen“ bzw. die von ihnen nicht einberufen wurden47. Der Westen und der Osten verstehen unter dem Begriff „Partikularsynode“ nicht dasselbe48. Unter dem Einfluss der →  Pseudoisidorischen Dekretalen heißt es  41 Vgl. Ökumenisches Konzil, 74–76.  42 Vgl. „Zur Idee der sogenannten Partikularsynode in der Alten Kirche“, in: Partikularsynode,11–38.  43 Vgl.  „Aspekte des Selbstverständnisses (der Partikularsynode)“, in: Gestalt, 44–56.  44 Vgl. „Römische Sicht der Partikularsynode“, in: Gestalt, 56–67; „Partikularsynoden (in der Sicht Leos des Gr.)“, in: Alte Kirche, 104–112.  45 Vgl. Alte Kirche, 93f.  46 Vgl. Alte Kirche, 360f.  47 Vgl. Alte Kirche, 369.  48 Vgl. Mittelalter, 229.

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im →  Decretum Gratiani (um 1135–1140): Episcoporum igitur concilia […] sunt invalida ad definiendum et constituendum, non autem ad corrigendum. Sunt enim necessaria episcoporum concilia ad exhortationem et correctionem […] quod alias statutum est et generaliter seu specialiter observari praeceptum49. Auch wenn die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil), angefangen mit dem →  Tridentinum (1545–1563) in der Neuzeit immer wieder auf Abhaltung von Partikularkonzilien drängen50, verlieren sie doch mehr und mehr an Bedeutung. Zwar zeigt der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich († 1891) ein deutliches Interesse an ihnen51, aber für die Autoren, die sich nach dem →  Vaticanum  I (1869–1870) über Konzilien äußern, haben die Partikularsynoden keine Bedeutung. Eine Ausnahme stellt Dom Adrien Gréa († 1917) dar, für den die Konzilien, also auch die Partikularsynoden, der sichtbare Ausdruck und die Manifestation des Mysteriums sind, das die Kirche darstellt52. P atriarchalsynode   Die Patriarchalsynode ist in der römischen Kirche keine existierende Einrichtung wie die ökumenische Synode (→  ökumenisches Konzil), das → Nationalkonzil oder die → Diözesansynode, sondern ein Reformprojekt, das sich Konziliaristen (→  Konziliarismus) wie → Nikolaus von Kues († 1464)53, → Johannes von Ragusa († 1443), → Johannes von Segovia († 1458)54 und andere Theologen55 ausgedacht haben, um den römischen Zentralismus zu überwinden und die Wiedervereinigung mit den Griechen zu ermöglichen. In deutlicher Abhängigkeit von dem Kusaner hat der Dominikaner →  Johannes von Ragusa im Rahmen seines Tractatus de auctoritate conciliorum et modo celebrationis eorum (1440–1443) am ausführlichsten dieses Reformprojekt dargestellt. Die Wiedereinfüh 49 Vgl. Mittelalter, 229.  50 Vgl. Gestalt, 29.  51 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 109–121.  52 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 227–229.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 76.  53 Vgl. Traktate, 116; Apostelkonzil, 150f.  54 Vgl. Traktate, 115; Apostelkonzil, 151–153.  55 Vgl. Apostelkonzil, 153–156.

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rung der Patriarchalsynode, wie sie in den Augen der Konziliaristen (→  Konziliarismus) in der Alten Kirche bestanden hatte, führt zu einer wirksamen Begrenzung der päpstlichen plenitudo potestatis und ist somit das beste Mittel zu einer Reform und Erneuerung der Kirche. Mit ihr wird das synodale Prinzip in das Zentrum der päpstlichen Macht selber eingeführt und damit das traditionelle Papsttum von innen her überwunden56. →  Johannes von Ragusa nennt als Einzugsbereich der römischen Patriarchalsynode „ganz Europa und einen großen Teil Afrikas“, als regulären Versammlungsort Rom. Ihr Vorsitzender ist der →  Papst. Im Übrigen hat sie das gleiche →  Wesen, wie alle anderen Synoden auch: Die Kraft und Gültigkeit ihrer Beschlüsse beruht auf dem → Konsens der in ihr versammelten Bischöfe. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ihr der → Papst vorsitzt, ihre Tagesordnung bestimmt usw. Es ist die Synode, die beschließt, nicht der → Papst als solcher. Der → Papst und die übrigen Teilnehmer unterschreiben auf dieselbe Weise. Mit seiner → Unterschrift verpflichtet sich der → Papst selber und seine Nachfolger zum Einhalten des betreffenden Gesetzes. Das folgt für den Konziliaristen (→ Konziliarismus) → Johannes von Ragusa aus dem → Wesen des Konzils als →  Konsens. Die von der römischen Patriarchalsynode im →  Konsens beschlossenen Dekrete haben für den gesamten Pa­ triarchat verpflichtenden Charakter. Die römische Patriarchalsynode ist übrigens im Unterschied zu den vier anderen Patriarchalsynoden (Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem) mit dem Privileg der → Unfehlbarkeit ausgestattet. Zu bedauern sei, so der Dalmatiner, dass sich die Päpste (→  Papst) im Laufe der Geschichte diese Unfehlbarkeit persönlich zugeschrieben haben57. P aul VI. († 1978), Papst → Bischofssynode  56 Vgl.  „Non solum papa definiebat nec solus ipse decretis et statutibus vigorem praestabat. Johannes von Ragusas Idee eines römischen Patriarchalkonzils“, in: Apostelkonzil, 129–156.  57 Vgl. Apostelkonzil, 139–141.

P aulus von S amosata († 275) → Constantinopolitanum  II (553), →  Geschichte der Konzilsidee in der Alten Kirche, → Häresie P elagius  I. († 561), Papst → executrix conciliorum, → Verhältnis des Papstes zum Konzil P elagius  II. († 590), Papst → causa fidei und negotia privata, → executrix conciliorum P ellisson -F ontanier , P aul (†  1692) →  Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646–1716), → Unfehlbarkeit P eltier , A dolphe → Abwertung

C harles

(†  1880)

P entarchie   Der Begriff steht für eine Kirchenverfassung, in der den fünf Patriarchen von Rom, Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem die gemeinsame Kirchenleitung zukommt. Die → Synopsen bezeugen das allmähliche Wachstum des Begriffs58. Indem sie sich auf ältere Quellen stützten, formulierten griechische Theologen ab dem 9.  Jh. eine Pentarchietheorie, nach der die Teilnahme der genannten Patriarchen konstitutiv ist für die Existenz eines → ökumenischen Konzils: „[…] eine ökumenische Synode versammelt sich aus den fünf apostolischen Sitzen, die zusammenkommen, und den mit ihnen verbundenen und ihnen unterstellten Oberpriestern; fehlt auch nur ein Sitz und wie im vorliegenden Fall einer von den bedeutenden (gemeint ist Konstantinopel), wie kann man da eine solche Versammlung eine ökumenische Synode nennen?“ (→  Makarios von Ancyra [† 1405])59. Auch für den polnischen Gegner des Kontroverstheologen Stanislaus Hosius (†  1579), Stanislaus Orzechowski (†  1566), gehören nicht nur der lateinische Patriarchat, sondern auch die Patriarchate des Ostens notwendig zu einem → ökumenischen Konzil; deswegen ist in seinen Augen das →  Tridentinum (1545–1563) kein ökumenisches Konzil60. In leicht angepasster Form  58 Vgl. Alte Kirche, 364, 367f., 371, 376, 379.  59 Vgl. Gestalt, 84; Apostelkonzil, 362–364.  60 Vgl. Ökumenisches Konzil, 130. 

Pierre d’Ailly

wird diese Theorie auch von einigen westlichen Theologen akzeptiert61, in ihrer strengen, von gewissen griechischen Theologen vertretenen Form62 steht sie jedoch in deutlicher Spannung bzw. im Widerspruch zu einer Kirchenverfassung, wie sie in der römischen Kirche traditionell ist63. So kennt Papst →  Innozenz  III. (†  1216) zwar die Pentarchietheorie, aber er sucht sie auf bezeichnende Weise zu interpretieren: Mag es auch fünf Patriarchensitze geben, sie gehen auf nur drei Apostel zurück, Petrus, Jakobus und Johannes. Die besondere Rolle des Petrus erhellt daraus, dass drei dieser Sitze, Rom, Alexandrien und Antiochien sich direkt oder indirekt auf Petrus als Gründer berufen. Ja, → Innozenz III. geht noch einen Schritt weiter in seiner Ablehnung der Pentarchie: Er führt die relative Vorrangstellung des Konstantinopler Patriarchen vor den übrigen drei auf eine päpstliche Entscheidung zurück. Im Übrigen ersetzt → Innozenz III. den bei den Griechen üblichen Vergleich der fünf Patriarchen mit den fünf grundsätzlich gleichberechtigten Körpersinnen durch das Bild von den vier Lebewesen, die nach Offb 4,6f. um den göttlichen Thron stehen. Nach diesem Bild sind die vier anderen Patriarchen dem römischen Patriarchen gegenüber in der Rolle von Töchtern gegenüber ihrer Mutter bzw. von Dienerinnen gegenüber ihrer Herrin64. P eri , V ittorio († 2006) → Kontroverse P eriti   Unter Periti versteht man im kirchlichen Sprachgebrauch Theologen, die bei einem → ökumenischen Konzil beratend tätig sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den vom →  Papst ernannten Periti und den theologischen Beratern der → Konzilsväter. Solche als Berater wirkenden Theologen gab es auch schon bei früheren Konzilien. Der englische Kardinal Reginald →  Pole (†  1558) sieht sie bei seiner Ausle 61 Vgl. Mittelalter, 48–50; Ökumenisches Konzil, 96.  62 Vgl. Apostelkonzil, 362–364.  63 Vgl. Apostelkonzil, 396f.  64 Vgl. Gestalt, 75.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 77.

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gung von →  Apg 15 (→  Apostelkonzil) in Paulus und Barnabas repräsentiert, Männern, die in der Lage sind, den Glauben zu reflektieren, Glauben und Unglauben zu unterscheiden usw.65 Beim →  Vaticanum  II (1962–1965) spielten sie vor allem in der öffentlichen Wahrnehmung eine bedeutende Rolle. Zu den vom → Papst ernannten Periti zählte u. a. der französische Jesuit Henri de →  Lubac (†  1991). Er verfasste ein sehr beachtetes → Tagebuch. Zu den dort von ihm festgehaltenen Beobachtungen gehört ein doppelter Integrismus auf dem Konzil, am Anfang ein „kurialistischer“ und dann gegen Ende ein „säkularistischer“66. P esch , O tto H ermann († 2014) → apriori infallible Sätze P etrus A mellii († 1389) → Konzilstraktate P etrus de P alude († 1342) → Dominikaner, →  Korporationsrecht, →  Superioritätsfrage P etrus L ombardus († 1160) → locus de conciliis P faff , C hristoph M atthäus (†  1760) → Hartzheim, Hermann Josef (1694–1763) P hänomen K onzil → Dimensionen P hillips , G eorg (†  1872) →  Abwertung, → außerordentliches Lehramt P hotius (†  um 893) →  Filioque, →  Konnumerierung, →  Ordinalzahl, →  Popularisierung, → regula ecclesiastica P ierre d ’A illy († 1420) → omne totum maius est sua parte, → Stimmrecht, → Unfehlbarkeit, → via concilii

 65 Vgl. Reformation, 75f.  66 Vgl. „Zwischen kurialistischem und säkularistischem Integrismus. Das Zweite Vatikanum in der Wahrnehmung des Tagebuchschreibers Henri de Lubac“, in: Ökumenisches Konzil, 227–267. – Vgl. auch Literaturnachtrag 78.

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P

P igge , A lbert († 1542) → Repräsentation, →  Ursprung, →  Verteidigung der Unfehlbarkeit P isa (1409), Konzil → Unfehlbarkeit P isa (1511), Konzil von Pisa →  Dominicus Jacobazzi (1444–1527/28) P istoia (1786), Synode67 → Abstimmungsmodus, → Diözesansynode, → Jansenismus, → Priesterstimmrecht, → Reform von oben nach unten, → Stimmrecht, → Unterschrift P ius II. (†  1464) →  Agostino Patrizi (um 1435–1495) P ius IX. (†  1878), Papst →  außerordentliches Lehramt, → Diözesansynode, → Wunder P ius XII. (†  1958), Papst →  Konzilsplan, → Tromp, Sebastian (1889–1975) P lacitum regium → Rezeption, → staatlicher Einfluss, → Tridentinum (1545–1563) P oissy (1561), Konzil →  Unionsverhandlungen P olarität   Die beiden zentralen Institutionen der Kirche, das Papsttum und das Konzilswesen, entwickelten sich in der Zeit der Alten Kirche selbstständig und unabhängig voneinander. Ihr wechselseitiges Verhältnis (→ Papst und ökumenisches Konzil) war nie völlig spannungs- und konfliktfrei; denn beide Institutionen erhoben in gewisser Weise schon in der Alten Kirche den Anspruch auf die →  Höchstgewalt (→ Superioritätsfrage). Aber da beide Institutionen dem System der Reichskirche angehörten und dem →  Kaiser untergeordnet waren, kamen beide letztlich doch einigermaßen miteinander aus. Das änderte sich grundlegend mit der Emanzipation des Konzils und des →  Papstes von der Macht des byzantinischen → Kaisers. Beide Institutionen strebten zunächst in der Theorie,  67 Vgl. Literaturnachtrag 79.

dann auch in der Praxis nach der Oberherrschaft. Ihre → Autonomie wird zur Polarität und Rivalität: zu einem Papsttum, das sich das Konzil unterordnet, zu einem Konzil, das sich den → Papst unterordnet. Die Spannung, ja bisweilen der offene →  Konflikt zwischen beiden autonom entstandenen Institutionen beherrscht seitdem die Kirchengeschichte bis zum heutigen Tag68. → communio potestatis P ole , R eginald (1500–1558)  Der zeitweise als papabel geltende, im Milieu des italienischen Evangelismus beheimatete englische Kardinal und Staatsdenker legte mit seinem De concilio (1530) einen Konzilstraktat (→ Konzilstraktate) vor, der in doppelter Hinsicht völlig singulär ist. Was die Form angeht, so behandelt er die einschlägigen Fragen im strengen Rahmen einer Auslegung von →  Apg 15, was den Inhalt betrifft, so inspiriert er sich weitgehend an Martin →  Luthers (†  1546) Konzilsidee (→ protestantische Konzilsidee), die im Zusammenhang seiner Rechtfertigungslehre zu verstehen ist (→ Glaube und Werke). Für Pole ist das → Apostelkonzil der Archetyp kirchlicher Konzilien schlechthin. Der Heilige Geist ist ihre „Hauptperson“ (→ Inspiration). Die führende Rolle unter den menschlichen personae hat eindeutig Petrus. Weitere personae des →  Apostelkonzils sind Paulus und Barnabas. Sie repräsentieren die Abgesandten der einzelnen Ortskirchen. Konkret sind damit die →  Periti, also die Konzilstheologen, gemeint, die durch ihre Berichte die Glaubensentscheidung des „Petrus“ vorbereiten und stützen. Jakobus verkörpert im → Apostelkonzil einerseits die Bischöfe der einzelnen Ortskirchen, andererseits tritt er, als Bischof von Jerusalem, für die Belange des Judentums ein, auch wenn er grundsätzlich für die Rechtfertigung aus dem Glauben allein steht. Massiv von → Luthers Konzils­ idee (→  protestantische Konzilsidee) inspiriert ist schließlich auch, was der Kardinal über die →  forma des Konzils ausführt: Sie  68 Vgl.  „Papst und Konzil im ersten Jahrtausend: Eigenständige Entwicklung und wechselseitiges Verhältnis“, in: Konzils- und Papstidee, 11–40.

Potter, Louis

besteht in der richtigen Zuordnung von Glaube und → Liebe. In allen Konzilien geht es einerseits um den je identisch bleibenden Glauben, der gerecht macht, und um die → Liebe (Aposteldekret), die den Menschen geschuldet ist69. →  Apostelkonzil, →  concilium generale, → forma, → Glaube und Werke, → Konzilstraktate, →  Laienteilnahme, →  Legaten, →  Luther, Martin (1483–1546), →  Periti, →  protestantische Konzilsidee, →  Theologen, → Zusammensetzung P olykrates von E phesus (†  um 196) → Papst und ökumenisches Konzil P ontac , A rnauld de (†  1605) →  Datierung, → Ordinalzahl, → Verzeichnisse P opularisierung   Die Hauptaufgabe der Konzilien war neben Sorge für die Disziplin in der Kirche die Verurteilung von Häresien, Abweichungen von der Lehre der Kirche (→ Häresie). Die uns über diese konziliaren Verurteilungen überlieferten Quellen sind naturgemäß parteiisch und begünstigen entsprechend die Sieger des Konzilsverfahrens. Entsprechend ist es keine leichte Aufgabe für den Konzilshistoriker, sich ein faires Bild von der verurteilten Meinung zu machen. Ein nicht unwichtiges Mittel der Verbreitung der Konzilsentscheide gegen Häresien (→ Häresie) sind dabei in der östlichen Kirche die →  Synopsen. Sie sind eine ausgezeichnete Quelle für die Frage, in welcher Gestalt die von den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) verurteilten Lehren popularisiert wurden70. Die Lehren folgender Häretiker (→  Häresie) werden, kürzer oder ausführlicher, in den Konzilssynopsen (→  Synopsen) popularisiert: Arius, Macedonius, Apolinarius, →  Nestorius, → Eutyches, → Origenes und seine Anhänger, Monotheleten und Bilderfeinde. Nen 69 Vgl.  „Ein römisches Echo: Reginald Poles De concilio“, in: Reformation, 52–89. – Vgl. auch Literaturnachtrag 80.  70 Vgl.  „In welcher Gestalt wurden die von den ökumenischen Konzilien verurteilten Lehren popularisiert? Das Zeugnis der sog. Konzilssynopsen (6.–15. Jh:)“, in: Gestalt, 242–266.

de

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nen wir als Beispiel einer in einer Synopse (→  Synopsen) popularisierten häretischen Lehre (→  Häresie) die aus der Feder des →  Photius (†  um 893) über Arius: „Er ließ den Sohn und das Wort Gottes – welch tollkühnes Reden und Denken! – zu einem Geschöpf und Werk herunterkommen. Er wollte nicht einsehen, obwohl es sich um ein allgemeines Axiom handelt, auf das man von selbst kommt, dass ein jeder Sohn vom selben Wesen und von derselben Natur ist, wie der, der ihn gezeugt hat. Indem er den Sohn unter die Geschöpfe einordnete, hat er auch den Vater zum Geschöpf erklärt, in gleicher Weise, wie jemand, der den Vater schöpferischen Wesens und ewiger Natur weiß, dem Sohn dieselbe Natur zuschreibt. Wo konnte sonst von wirklicher Sohnschaft die Rede sein, wenn der Vater des einen Wesens wäre, eines anderen jedoch der Sohn? Wieso erheben hier nicht wieder Vielgötterei und griechischer Irrtum ihr Haupt, wo doch die Gottheit in ein geringeres und in ein höheres Wesen aufgeteilt und das eine zum ersten schöpferischen und älteren Gott bestimmt, das andere davon als zweiter und helfender und jüngerer Gott unterschieden wird? Denn das sind die Erzeugnisse der schlechten Saat des Arius“71. P ossevino , A ntonio (†  1611) →  Binius, Severin (1573–1641), → Jesuiten P ottmeyer , H ermann J osef (*  1934) → Hermeneutik P otter , L ouis de (1786–1859) Die Considérations sur l’histoire des principaux conciles depuis les apôtres jusqu’au grand schisme d’occident sous l’empire de Charlemagne (1816) sind ein Jugendwerk des Historikers und Politikers Louis de Potter, einer der führenden Köpfe der belgischen Revolution von 1830, die zur Gründung des selbstständigen Staates Belgien führte. Er bezeichnet sein Werk selber als einen „philosophischen Essay“. Der stark unter dem Einfluss der Enzyklopädisten stehende Potter will mit seiner Schrift über die Geschichte der Konzilien „aufklä 71 Vgl. Gestalt, 252f.

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P

ren“ (→  Aufklärung), vorgeblich Übernatürliches auf natürliche Ursachen zurückführen, den im Sinne der Religion voreingenommenen Leser von seinen Vorurteilen über Konzilien befreien. Es geht ihm darum zu zeigen, dass die Konzilien nicht Quelle von Frieden und Eintracht sind, sondern von Streit und Zwietracht nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Gesellschaft72. → Apostelkonzil, → Aufklärung, → Konzils­ traktate P raefatio longa de concilio N icae no   Der aus der ersten Hälfte des 5.  Jh.s stammende, in den echten Text des Kanon VI des → Nicaenum I (325) interpolierte Passus behauptet, dass die römische Kirche nicht auf Grund von Synodalentscheidungen, sondern durch das Wort des Herrn den Primat über die gesamte Kirche erhielt. Die praefatio gehört selber zur Wirkgeschichte des dritten Kapitels des → Decretum Damasi (382): […] sancta tamen Romana ecclesia nullis synodicis constitutis ceteris ecclesiis praelata est, sed evangelica voce domini et salvatoris nostri primatum obtenuit […] (Mt 16,18f.)73. Diese Texte sind für die Geschichte der Unterordnung der Konzilien unter die Oberhoheit des →  Papstes wichtig (→  Superioritätsfrage), negieren sie doch ausdrücklich die Herkunft des Papstamtes aus den Konzilien und damit seine Unterordnung unter sie. Das Papsttum geht im Unterschied zu den Konzilien vielmehr auf die ausdrückliche Einsetzung durch Christus zurück (vgl. Mt 16,18)74. P räsenz on

der

K onzilsidee → Vulgarisati-

P räsidenz   An den ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) der Alten Kirche haben die jeweiligen Päpste nicht in persona teilgenommen und folglich auch nicht in persona, sondern, wenn überhaupt, nur durch ihre → Legaten den → Vorsitz ausge 72 Vgl. „Die Priester mit ihren eigenen Waffen bekämpfen. Der belgische Politiker Louis Potter (1786– 1859) und seine ‚Betrachtungen‘ über die Geschichte der Konzilien“, in: Gestalt, 399–415.  73 Vgl. FC 58, 276,28–278,6.  74 Vgl. Mittelalter, 158, 170; FC 58, 296, 702, 713.

übt. Unter Präsidenz verstehen wir hier die Leitung eines Konzils durch den actu anwesenden → Papst. Anwesend waren die Päpste – natürlich – auf ihren eigenen stadtrömischen Synoden (→  römische Synode) und auf den mittelalterlichen Generalkonzilien (→ concilium generale), von denen einige wie Lateran I bis V (→  Lateranense), Vienne (→ Viennense), Lyon I und II (→ Lugdunense), Konstanz (→ Constantiense) sowie Florenz (→ Florentinum) zu den sog. ökumenischen Synoden (→  ökumenisches Konzil) gezählt werden (→  Liste). Von einer Reihe der stadtrömischen Synoden (→  römische Synode) sind die Protokolle (→  Protokoll) überliefert. Sie geben interessanten Aufschluss über die nähere Form dieser Präsidenz des → Papstes auf Konzilien75. In den Protokollen (→ Protokoll) der römischen Synoden (→ römische Synode) wird zunächst auf die Anwesenheit des → Papstes nur hingewiesen: residente (papa) residentibus etiam episcopis, später wird diese Formel durch die folgende ersetzt: praesidente (papa) residentibus etiam episcopis o. ä.76. Auf dem → Florentinum (1439–1443) war die päpstliche Präsidenz besonders schwierig durchzusetzen, bestanden die Griechen doch auf dem traditionellen Recht des → Kaisers, das Konzil zu leiten77. →  Johannes von Segovia (†  1458) beschreibt eine Konzilssitzung in Gegenwart des → Papstes: Der Papst sitzt hier inmitten der übrigen Väter als der princeps monarcha des christlichen Volkes. Sein Thron überragt die Sitze aller übrigen Teilnehmer, damit vor aller Augen sichtbar gemacht wird, wie sehr er alle anderen Konzilsteilnehmer an Rang und Würde übertrifft78. → Legaten P réau , G abriel

du

(† 1588) → Summen

P riesterstimmrecht   Im Zuge der antijansenistischen Maßnahmen Roms, der fran 75 Vgl. „Das Verhältnis zwischen Papst und römischer Synode im Spiegel der Synodalprotokolle (313–1083)“, in: Partikularsynode, 229–264.   76 Vgl. Partikularsynode, 250.  77 Vgl. Apostelkonzil, 368f.  78 Vgl. Apostelkonzil, 194.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 81.

Propositionsrecht

zösischen Regierung und Bischöfe war es in Frankreich in der zweiten Hälfte des 17. Jh.s zu einer Diskussion über die Natur der →  Diözesansynode gekommen. Der unter dem Einfluss des →  Jansenismus stehende Klerus sah in der genannten Synode eine Art Mitregierung des Diözesanklerus mit dem Bischof. Die Auseinandersetzung zwischen Freunden und Gegnern dieser neuen Idee von → Diözesansynode spitzte sich schließlich auf die Frage zu, ob die teilnehmenden Kleriker lediglich eine konsultative oder auch eine dezisive Stimme auf der Diöze­ sansynode haben sollten. 1676 vertrat Jacques Boileau († 1716), der Bruder des Dichters Nicolas, Kanoniker an der Sainte Chapelle in Paris, die These, dass nicht nur das Bischofsamt, sondern auch das Priesteramt als solches unmittelbar auf Christus zurückgeht. Deswegen haben die Pfarrer auf den Diözesansynoden (→  Diözesansynode) nicht nur eine →  vox consultativa, sondern auch eine → vox decisiva. Mehrere Erklärungen gegen diese Ansprüche des sog. zweiten ordo rufen weitere Verteidiger auf den Plan. Ein einflussreicher Verteidiger der Dezisivstimme der Pfarrer auf den Diözesansynoden (→ Diözesansynode) ist dabei der reputierte Pariser Kanonist Jean-Pierre →  Gibert († 1736). Noch konsequenter und entschiedener als dieser tritt für die Rechte des sog. niederen Klerus der Pariser Anwalt Gabriel Nicolas →  Maultrot (†  1803) ein. Der überzeugte Jansenist (→  Jansenismus) widmete viele Jahre seines Lebens der Verteidigung der sog. Rechte des niederen Klerus, darunter dem seines Dezisivstimmrechts auf der → Diözesansynode. Gegen die sog. Rechte des niederen Klerus, darunter das Dezisivstimmrecht auf der → Diözesanynode, wendet sich der wegen der Gründlichkeit seiner Beweisführung berühmte Gallikaner Kardinal Césare Guillaume de la →  Luzerne († 1821). Seine weitausholende Argumentation für die „traditionelle“ Idee der → Diözesansynode kommt zu dem Schluss: Die genannte Synode war das geeignetste, sicherste Mittel für den Bischof, seine Gesetzgebung den ihm unterstellten Pfarrern bekannt zu machen. Die →  Diözesansynode diente von den frühesten Zeiten an der Promulgation

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der bischöflichen Anordnungen für die Diözese. Sie war nie ein Instrument der Mitregierung der Pfarrer mit dem Bischof, sondern ihrer Leitung durch den Bischof79. Voll verwirklicht wurde die Idee einer → Diözesansynode mit Entscheidungsrecht der Pfarrer auf der Synode von →  Pistoia (1786). Das Einberufungsschreiben des Bischofs Scipione de’ → Ricci († 1810) hebt auf das Mitentscheidungsrecht der Pfarrer deutlich ab: Diese wissen am besten, was nottut in den Gemeinden und verschiedenen Gegenden der Diözese. Deswegen müssen die notwendigen Reformvorschläge nicht weniger von ihnen als von den Bischöfen beschlossen werden. Ausdrücklich wird die Gegenposition, nach der die Pfarrer lediglich zur Beratung und zum Empfang der bischöflichen Entscheidungen zur → Diözesansynode zusammenkommen, abgelehnt. In den Titeln, die → Ricci seinen Pfarrern gibt, kommt diese ihre hohe, auf göttlicher Einsetzung beruhende Stellung zum Ausdruck. Er nennt sie venerabiles fratres, mei in sacerdotio atque pastorali officio collegae et adiutores80. Auch auf der Vorversammlung des geplanten, aber nicht zustande gekommenen →  Nationalkonzils von Florenz wurde heftig über das Entscheidungs- bzw. Beratungsrecht der Pfarrer diskutiert81. P riesterteilnahme → römische Synode P rimatspassus des F lorentinum → Florentinum (1439–1443) P ropositionsrecht   Von nicht unerheblicher Bedeutung für die → Freiheit des Konzils ist die Handhabung des Propositionsrechts, d. h. der Frage, wer auf dem Konzil die Entscheidung darüber hat, welche Gegenstände zur Beratung und Beschlussfassung kommen. Die im Eröffnungsdekret des → Tridentinum (1545–1563) enthaltene Formel proponentibus legatis – gemeint sind die päpstlichen → Legaten – grenzt das Propositionsrecht auf den → Papst ein. Die Formel  79 Vgl. „Französische Kontroversen (über die Diözesansynode)“, in: Partikularsynode, 91–102.  80 Vgl. Partikularsynode, 111–113.  81 Vgl. Patikularsynode, 118–123.

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ist unter den Bischöfen deswegen heftig umstritten, wird aber auch von Theologen des Konzils, so dem Jesuiten Alphons →  Salmerón, entschieden verteidigt. In seinen Augen ist das ausschließliche Propositionsrecht im richtig verstandenen Leitungsrecht des →  Papstes eingeschlossen82. Die Geschäftsordnungen (→  Geschäftsordnung) regeln auch das Propositionsrecht83. →  hilfreiche Faktoren, →  Legaten, →  Salmerón, Alphons (1515–1585), → Tromp, Sebastian (1889–1975) P rotestantische K onzilsidee   Was die Konzilien angeht, so ist über Martin → Luther (†  1546) vor allem bekannt, dass er ihre → Unfehlbarkeit leugnete (→ Leugnung der Unfehlbarkeit); nach ihm „ist es am Tage, dass dieselben (nämlich Papst und Konzilien) zu mehrmalen geirrt und wider sich selbst gesprochen haben“84. Die katholischen Kontroverstheologen reagierten auf des Reformators → Leugnung der konziliaren Unfehlbarkeit mit einer Klarheit und Entschiedenheit85, wie sie die Kirche bisher in dieser Frage noch nicht gekannt hatte (→ Verteidigung der Unfehlbarkeit). Leider wurde jedoch nur →  Luthers →  Leugnung der Unfehlbarkeit geschichtswirksam, nicht aber seine theologisch tiefe Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebensache eines Konzils. „Hauptsache“ des Konzils ist nach dem Reformator der je unverändert gültig bleibende Glaubensartikel, den Petrus darlegt, „Nebensache“ sind die nach den Erfordernissen der Liebe je wechselnden konkreten Gebote des Aposteldekretes (→ Glaube und Werke)86. Einzig der englische Kardinal Reginald → Pole († 1558) hat sich diese theologisch tiefe Konzilsidee (→ Konzilsideen) des Reformators zu eigen gemacht und damit gezeigt, dass in dieser Frage durchaus eine Verständigung zwischen der Alten Kirche und dem Reformator möglich gewesen  82 Vgl. Apostelkonzil, 449–451.  83 Vgl. Gestalt, 144f., 151.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 82.  84 WA 7, 838; vgl. Reformation, 49.  85 Vgl. Reformation, 93, 96, 98, 101, 105f., 109, 111f., 123, 126, 140, 163–165, 170, 178.  86 WA 15, 578–602; vgl. Reformation, 26f.

wäre87. Ein protestantischer → locus de conciliis sind übrigens die zahlreichen gegen Robert → Bellarmins († 1621) De conciliis schreibenden protestantischen Theologen88. Im 18. Jh. befasst sich der Jesuit Hermann Scholl (†  1768) mit der protestantischen „Konzils­ idee“ (→ Konzilsideen) und stellt sie der katholischen gegenüber (→  Hartzheim, Hermann Josef [1694–1763]): Das neue Interesse der Protestanten an den Konzilien hebe sich zwar deutlich von Martin →  Luthers vernichtendem Urteil ab, bleibe aber doch noch in großer Distanz zu der katholischen „Konzilsidee“89. P rotokoll   Schon die Alte Kirche kannte die Anfertigung von Konzilsprotokollen90, zumindest für den entscheidenden Teil der Konzilsversammlung. Ihr Ziel war es, die spätere Zurücknahme von Aussagen zu verhindern. Vorbild zu diesem Verfahren war wahrscheinlich die römische Gerichtspraxis91. Zahlreiche Protokolle bzw. protokoll­ ähnliche Texte sind aus der Zeit der Alten Kirche überliefert. Da ist zunächst die Mitschrift des Hauptteils einer wahrscheinlich in Arabien stattfindenden Synode (um 244/49), auf der → Origenes († um 254) einen der → Häresie verdächtigten Bischof einem Verhör unterwirft92. Auch vom Konzil von →  Karthago (256) unter →  Cyprian (†  258) in der Frage der Ketzertaufe ist ein Protokoll überliefert93. Nach längeren Vorverhandlungen schreitet man auf dem Konzil von → Aquileia (381), das von → Ambrosius (†  397) geleitet wurde und auf dem mehrere Arianer verurteilt werden sollten, schließlich zur Protokollierung der Verhandlung94. Auch von der → Lateransynode (649) unter Papst → Martin I. († 655), auf der der  87 Vgl.  „Ein römisches Echo: Reginald Poles De concilio“, in: Reformation, 52–89, bes. 84.  88 Vgl. Reformation, 152–156.  89 Vgl. Gestalt, 319f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 83.   90 Vgl. Eusebius, h. e. 6,33,1–3.  91 Vgl. Alte Kirche, 484.  92 Vgl.  „Lehrdisput mit dem Didaskalos der Kirche“, in: Alte Kirche, 466–476.  93 Vgl. „Bischofssenat“, in: Alte Kirche, 476–482.  94 Vgl.  „Kaiserlicher Kognitionsprozess“, in: Alte Kirche, 482–492.

Pseudoisidorische Dekretalen

Monotheletismus verurteilt wurde, ist ein Protokoll überliefert, das freilich wie der größte Teil der Synode anscheinend schon vor dem Beginn fertiggestellt worden war (→  Fälschungen)95. Mit Ausnahme des ersten →  ökumenischen Konzils (→  Nicae­ num I) und des zweiten (→ Constantinopolitanum  I) liegen von den meisten späteren ökumenischen Synoden mehr oder weniger umfangreiche Protokolle vor (→  originalia). Vom → Florentinum (1439–1443) wissen wir, dass je drei Notare mit der Protokollierung der Verhandlungen beauftragt waren. Nach den Sitzungen fand ein Vergleich der Protokolle beider Seiten untereinander statt96. Besonderes Interesse verdienen die erhaltenen Protokolle der →  römischen Synode, spiegeln sie doch auf ihre Weise das Verhältnis wieder, das die Päpste (→ Papst) gegenüber den Bischöfen ihrer Ortskirche einnehmen97. → römische Konzilsprotokolle P rovidentielles E reignis → ante et post definitionem, → Wunder P rovinzialsynode  Die Provinzialsynode ist auf der mittleren Ebene zwischen →  Generalsynode und →  Diözesansynode angesiedelt. Die →  Dekretisten haben sich ausführlich mit ihr befasst und entsprechende Definitionen und Aufgabenbeschreibungen vorgelegt98. Ihre Abhaltung wurde zwar immer wieder eingeschärft, so auch vom →  Tridentinum (1545–1563) in der 24. Sitzung (Kanon 2 des Dekrets De reformatione), gelegentlich wurden jedoch auch Bedenken gegen ihre Realisierung geäußert und vor ihrer Gefährlichkeit gewarnt99. Ein entschiedenes Plädoyer für die Abhaltung von Provinzialsynoden liefert der Konziliarist (→ Konziliarismus) → Johannes von Ragusa († 1443). Nach ihm ist der Hauptverantwortliche für den Niedergang des Instituts der  95 Vgl. Partikularsynode, 233f.  96 Vgl. Apostelkonzil 284f.  97 Vgl. „Das Verhältnis zwischen Papst und römischer Synode im Spiegel der Synodalprotokolle (313–1083)“, in: Partikularsynode, 229–264.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 84.  98 Vgl.  „Das Provinzialkonzil (bei den Dekretisten)“, in: Mittelalter, 268–271.  99 Vgl. Apostelkonzil, 441.

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Provinzialsynode der → Papst, der alle zur Verhandlung anstehenden Fälle vor sein eigenes Forum zieht und dadurch die Provinzialsynode überflüssig macht100. Im Zusammenhang mit den zur Vorbereitung des → Vaticanum I (1869–1870) durchgeführten Provinzialsynoden wird der Nutzen solcher Veranstaltungen herausgestellt101. P seudoisidorische D ekretalen  Von beträchtlicher Bedeutung für die →  Geschichte der Konzilsidee, näherhin für die Bestimmung des Verhältnisses zwischen → Papst und ökumenischem Konzil, waren die Pseudoisidorischen Dekretalen (847– 852). Nach dieser „kühnsten und großartigsten Fälschung kirchlicher Rechtsquellen“ (E. Seckel, Fälschungen) besitzen Konzilien keine Autonomie mehr, dem Römischen Stuhl kommt die Oberherrschaft über alle Synoden zu. Der Fälscher wiederholt in seinem Werk in unzähligen Variationen dieses sein Leitmotiv. Sein Ziel ist dabei nicht unmittelbar die Behauptung und Stärkung der absoluten Oberherrschaft des → Papstes über die Synoden, sondern die Entmachtung der Synode zugunsten des Einzelbischofs. Den Weg zu dieser Entmachtung sah der Fälscher in der absoluten Vollmacht des →  Papstes über die Synode. Er allein kann sie einberufen (→ Einberufung), er allein sie bestätigen (→  Bestätigung), ihm sind bestimmte Gegenstände grundsätzlich vorbehalten. Der Fälscher versuchte mit seinem Machwerk konkrete Probleme seiner Zeit zu lösen102. Ein lehrreiches Beispiel für den Einfluss Pseudoisidors auf die ekklesiologischen Vorstellungen eines Anhängers der Gregorianischen Reform ist → Bernold von Konstanz (†  1100)103. Im Übrigen warteten die Päpste (→ Papst) nicht auf die Pseudoisidorischen Dekretalen, um ihren Primatsanspruch auch über die Synoden zu formulieren und zur Geltung zu bringen. Pseudoi100 Vgl. Apostelkonzil, 109f. 101 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 114f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 85. 102 Vgl.  „Pseudoisidor (als Kirchenrechtssammlung)“, in: Mittelalter, 203–211. 103 Vgl.  „Die Hauptquelle der Bernoldschen Konzilsidee“, in: Mittelalter, 147–152.

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P

sidor führte lediglich einen Schritt weiter auf einem Weg, den die Päpste (→  Papst) seit dem 5.  Jh. eingeschlagen hatten104. Wie Pseudoisidor auch auf Konzilien als → Argument eingesetzt wurde, illustriert das → Florentinum (1439–1443) in seiner Debatte über die Frage des →  Filioque und den päpstlichen Primat105. P seudosynodus →  Binius, Severin (1573– 1641) P ublikation → Öffentlichkeit

104 Vgl.  „Pseudoisidor“, in: Mittelalter, 203–211; „Pseudoisidor und die römische Konzilsidee“, in: Mittelalter, 61–74. 105 Vgl. „Pseudoisidor auf dem Konzil von Florenz (1438/9)“, in: Apostelkonzil, 338–355.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 86.

n  Q Q uarella , F rancesco († 1908) → Grundtypen, → Jesuiten Q uellen → originalia Q uinisextum (691–692), Konzil → Häufigkeit, →  Papst und ökumenisches Konzil, → Sardica (342) Q u o d - o m n e s - t a n g i t - P r i n z i p  Das Prinzip Quod omnes tangit, debet ab omnibus approbari spielte bei der Entfaltung der Konzilsidee (→  Konzilsideen) keine unbedeutende Rolle. Es stammt ursprünglich aus dem →  Römischen Recht und bezieht sich auf den speziellen Fall des Mündelrechts1. Gegen Ende des 12.  Jh.s taucht das Prinzip bei Bologneser Kanonisten auf. →  Innozenz III. († 1216) bezieht es auf die gemeinsame Wahl des Dekans. In → Huguccio von Pisas († 1210) Kommentar zum → Decretum Gratiani (dist. 96,4) taucht die Maxime zum ersten Mal im Zusammenhang mit das Konzil betreffenden Fragen auf. Der Kanonist rechtfertigt mit diesem Prinzip die Teilnahme des →  Kaisers am Konzil: Glaubensfragen, die alle angehen, müssen von allen behandelt und gebilligt werden. →  Huguccio bleibt hier stehen, bei der → Repräsentation aller durch den einen. Das Prinzip gibt aber mehr her. Im späteren Mittelalter kristallisiert sich in ihm der demokratische Gedanke in der Kirche (→ demokratische Prinzipien) und in der weltlichen Gesellschaft heraus. Bei einem Autor wie → Wilhelm Durandus († 1330) wird das Prinzip zum ceterum censeo seiner Reflexionen über die Konzilien2.

  1 C. 5.59.5 § 2.    2 Vgl. Mittelalter, 274–276. – Vgl. auch Literaturnachtrag 87.

n R R ahner , K arl († 1984)1 → apriori infallible Sätze, →  Briefkonzil, →  Grundtypen, → Höchstgewalt, → Jesuiten, → Repräsentation, → „Theologie des Konzils“ R ang ,

besonders der ersten vier öku -

menischen

→ Sicut sancti

K onzilien →  Viererprimat,

R atio →  Argumente, →  Begriff, →  Jansenismus, → Kasuistik, → Vernunft R atramnus von → Einberufung

C orbie

(†  um 870)

R atzinger , J oseph (*  1927) (Papst Benedikt XVI.) → apriori infallible Sätze, → Etymologie, →  Kollegialität, →  Kontroverse, →  Repräsentation, →  „Theologie des Konzils“ R echtmässiger V erlauf   Der rechmäßige Verlauf ist eines der → Kriterien, an denen die →  Ökumenizität eines Konzils erkannt werden kann. Schon → Palladius von Rathiaria († Ende des 4. Jh.s) klagt ihn gegen das Konzil von → Aquileia (381) ein. Er beruft sich hier augenscheinlich auf eine im weltlichen Prozess angewandte Vorgehensweise. Dazu gehört vor allem, dass in einer Streitsache nicht von einem der beiden Prozessgegner das Urteil gefällt wird, sondern von einer dritten, am Streit nicht beteiligten Instanz. Einen rechtmäßigen Verlauf mahnen auch die → Kaiser → Theodosius II. und Valentinianus  III. für das →  Ephesinum (431) an. Die Bischöfe sollen in großer Gelassenheit vortragen, was sie zu sagen und zu Gehör zu bringen haben. Auf diese Weise soll durch Vorschlag und Gegenvorschlag die Wahrheit erforscht werden, bevor es dann zu einem Beschluss kommt, dem alle ihre Zustimmung geben. Genau dieses vom →  Kaiser geforderte Vorgehen, wurde, so → Nestorius († 451), in Ephesus nicht einge  1 Vgl. Literaturnachtrag 88.

halten. Es fand keine wirkliche Untersuchung der Streitfrage statt, die strittigen Punkte wurden nicht diskutiert. Es wurde auch gegen die kaiserliche Vorschrift verstoßen, erst zu beginnen, wenn alle Eingeladenen anwesend sind. Auch Kaiser → Justinian († 565) spielt in seiner Sacra zur Eröffnung des →  Constantinopolitanum  II (553) auf den alten Brauch der Konzilien an, die strittigen Punkte offen zu diskutieren und dann durch unbeteiligte Richter entscheiden zu lassen, denn es könne ja nicht angehen, dass dieselben Leute gleichzeitig streitende Partei und Richter seien. Der von Kaiser → Justinian sich schlecht behandelt fühlende Papst → Vigilius († 555) stellt sich eine rechtmäßig verlaufende Synode so vor, dass die vier Evangelien in der Mitte aufgestellt werden (→  Ikonographie), alle Brüder zusammenkommen und eine Entscheidung treffen, die Gott gefällt und mit den Definitionen der vorausgegangenen Synoden übereinstimmt (→ Übereinstimmung, → Überlieferung)2. R echtsprinzip bei E ntfaltung der K on zilsidee → Quod-omnes-tangit-Prinzip R eferendum → Codex encyclius R eform   Die Konzilien der Alten Kirche und des frühen und hohen Mittelalters, zumal die Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil), stellten immer auch Dekrete zur Besserung der Disziplin und Sitten auf, waren in diesem Sinn also auch immer schon Reformkonzilien. Etwas völlig Neues trat jedoch mit dem Ende des 13. und dem Beginn des 14. Jh.s in Erscheinung: Es werden nicht nur Reformprogramme auf den Konzilien aufgestellt, sondern die Synoden selbst als wesentliches Mittel einer Reform der Kirche „an Haupt und Gliedern“ konzipiert. Besonders greifbar ist dieser neue Aspekt der Konzilsidee (→ Konzilsideen) im Tractatus de modo generalis concilii celebrandi des →  Wilhelm Durandus (†  1330)3, der im Kontext des Konzils von Vienne (1311–1312)   2 Vgl. Ökumenisches Konzil, 78f.    3 Vgl. Mittelalter, 317–321.

Reform

von oben nach unten

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abgefasst wurde. Für den Bischof von Mende sind die Konzilien das anzustrebende Ziel, nämlich die Wiederherstellung der ecclesia primitiva, die in seinen Augen ein reiches synodales Leben kannte. Sie sind das eigentliche Mittel der Kirchenreform. Seine „Hunderttitelsammlung“ ist als Zusammenfassung des konziliaren Rechts der Kirche konzipiert. Den genauen Verlauf der geplanten Synode regelt dabei der →  ordo de celebrando concilio. Der → Papst soll die legislative Gewalt fortan nur noch zusammen mit einem Generalkonzil (→  concilium generale) ausüben und dazu alle zehn Jahre ein solches einberufen (→ Frequens)4. Eine radikale Fortsetzung dieser Idee einer „Reform an Haupt und Gliedern“ konzipierten dann → Marsilius von Padua († 1342/43) und die ihm mehr oder weniger folgenden Konziliaristen (→  Konziliarismus). Sie hielten eine Reform insbesondere auch des Hauptes für möglich und bestanden entsprechend auf der Superiorität des Konzils über den → Papst (→ Superioritätsfrage). Die Papalisten (→  Papalismus) sahen das verständlicherweise umgekehrt. Michael Pauli de Pelagallo (†  1420) verfasste neben vielen anderen Schriften einen bemerkenswerten Liber dialogorum mit dem Ziel einer Reform der Kirche nach der altchristlichen Synodalverfassung und zum Abbau der päpstlichen Universalherrschaft5. → Nikolaus von Kues (†  1464) legte in seinem De concordantia catholica (1434) konkrete Vorschläge zur Reform der Kirche vor6. Martin →  Luther († 1546) sah in den Konzilien zunächst noch ein Mittel der Kirchenreform7, ist später aber erheblich skeptischer in dieser Frage8. Die Diskussion über die Möglichkeit einer Reform des Papsttums durch das Konzil wurde auch noch auf dem →  Tridentinum (1545–1563) in sehr grundsätzlicher Weise geführt. Obwohl die →  Jesuiten sehr entschieden eine Reform des Papsttums forderten, lehnten sie unter Führung ihres Ordensgenerals Diego Laínez (†  1565) eine solche

R eform von oben nach unten  Man kann die Mailänder Diözesansynoden (→ Diözesansynode) des Karl → Borromäus († 1584) als eine Reform von oben nach unten ansehen (→  Exerzitien). Teil einer solchen Reform von oben nach unten stellt auch die → Diözesansynode von → Pistoia (1786) dar, obwohl auf ihr die Pfarrer statt bloß beratender Stimme (→ vox consultativa) eine entscheidende Stimme (→ vox decisiva) besitzen und anwenden, auf ihr also die bekannte Forderung des Niederen Klerus auf gleiches Stimmrecht mit dem Bischof endlich zum Zuge kommt. Es handelt sich in Wirklichkeit jedoch um eine Reform von oben nach unten, weil sie als Mittel von der Regierung angeordnet ist und eingesetzt wird, um den Widerstand der Bischöfe gegen die josephinistischen Kirchenreformpläne der Regierung zu brechen. Ein Strategiepapier des Bischofs von Pistoia Scipione de’ → Ricci († 1810) sieht dazu folgende Vorgehensweise für das geplante → Nationalkonzil in Florenz vor: Vor ihrer Einberufung ist eine Reihe von Diözesansynoden (→  Diözesansynode) nach dem Muster der Synode von →  Pistoia abzuhalten, also von Versammlungen, auf der die Pfarrer statt des bloßen Beratungsrechts ein Entscheidungsrecht haben. Der Gefahr, dass auch die oppositionellen Bischöfe ihrerseits Diözesansynoden (→  Diözesansynode) in ihrem Sinne abhalten, ist dadurch vorzubeugen, dass die Regierung nur solche Diözesansynoden genehmigt, in denen die Pfarrer wie in der Synode von →  Pistoia Entscheidungs- und nicht bloß Beratungsrecht haben. Diese Vorgabe der Regierung wird die betreffenden oppositionellen Bischöfe sicher von eventu-

         

  9 Vgl. „Option für den Papst. Die Jesuiten auf dem Konzil von Trient. Dritte Sitzungsperiode 1562–1563“, in: Apostelkonzil, 464–485, bes. 470–485; Apostelkonzil, 454f. – Vgl. auch Literaturnachtrag 89.

4 5 6 7 8

Vgl. Mittelalter, 351–357. Vgl. Traktate, 20f. Vgl. Traktate, 97. Vgl. Reformation, 18. Vgl. Reformation, 21f.

Reform durch das Konzil klar und deutlich ab; denn sie sahen darin einen Verstoß gegen die bestehende, von Gott gewollte Verfassung der Kirche und einen Sieg des von ihnen strikt abgelehnten → Konziliarismus9. → Nationalkonzil

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ellen Synodalprojekten Abstand nehmen lassen. Die Folge davon ist, dass nur Diöze­ sansynoden (→  Diözesansynode) im Sinne der geplanten Reformen zustande kommen10. → Exerzitien R egensburger B uch   Das Regensburger Buch, ein im Auftrag von Karl V. († 1558) für das Regensburger Religionsgespräch von 1541 vorbereiteter, von Johannes Gropper (†  1559) verfasster Vergleichsentwurf, formuliert das äußerste der katholischen Seite mögliche Entgegenkommen gegenüber dem reformatorischen Standpunkt. Sein neuntes Kapitel befasst sich mit den Konzilien und gehört deswegen in eine →  Geschichte der Konzilsidee. Um die Engführung des Sola-Scriptura-Prinzips vom Ansatz her zu überwinden, setzt das Kapitel mit der Feststellung einer zumindest zeitlichen Priorität der mündlichen Verkündigung vor der Existenz des Schriftwortes ein. Damit das Wort Gottes jedoch nicht verfälscht werden kann, hat Gott der Kirche neben der mündlichen → Überlieferung auch die schriftliche übergeben. Hier ist nun die Frage von größter Wichtigkeit, von wem die Vollmacht der Auslegung der → Heiligen Schrift ausgeübt wird. Das Regensburger Buch antwortet: nicht vom einzelnen Gläubigen, sondern von der „ganzen Kirche“, d. h. im „allgemeinen Konsens“ der Kirche. Dieser „allgemeine Konsens“ ist zwar auch im Zeugnis der einzelnen „kirchlichen Schriftsteller aller Zeiten“ greifbar, vor allem aber in den allgemeinen Konzilien (→ ökumenisches Konzil). Die im →  Konsens zustande gekommene Auslegung der → Heiligen Schrift verpflichtet die Gläubigen in ihrem Gewissen. Wo es solchen → Konsens (noch) nicht gibt, ist der einzelne Gläubige in der Interpretation der →  Heiligen Schrift frei. Im →  Konsens des Generalkonzils (→  concilium generale) geht die göttliche Verheißung in Erfüllung, dass der Kirche niemals die vom Geist geschenkte (→  Inspiration) Einheit der Lehre fehlen werde. Damit wird in aller Vorsicht der Begriff der → Unfehlbarkeit der Konzilien um 10 Vgl. Partikularsynode, 102–104.

schrieben. Weil die protestantische Seite mit der Annahme dieses neunten Kapitels sich selber den Boden unter den Füßen weggezogen hätte, wurde die Diskussion dieses Kapitels zunächst suspendiert und ein Gegenentwurf verfasst. Mit dem abschließenden Scheitern des Regensburger Religionsgesprächs blieb auch das neunte Kapitel über die Konzilien ohne historische Nachwirkung. R egierungsformen → Herrschaftsformen R egnier , C laude -F rançois → Rezeption

(†  1790)

R egula ecclesiastica  Unter diesem Stichwort fassen wir altkirchliche Belege betreffs der erforderlichen Beteiligung bzw. Mitwirkung des →  Papstes an ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) zusammen. 341 weist Papst →  Julius  I. (†  352) auf eine Art Gewohnheitsrecht des römischen Bischofs hin, an synodalen Urteilen über andere „Oberbischöfe“ beteiligt zu werden: „(Wenn Athanasius und die Seinen) überhaupt schuldig waren, dann hätten sie nach dem Kirchenrecht und nicht […] (auf einer Synode wie der von Tyros) verurteilt werden dürfen. Uns allen nämlich hätte geschrieben werden müssen, damit auf diese Weise von allen, was recht ist, bestimmt würde“. Altkirchliche Autoren stilisieren diese Kritik von Papst → Julius am Vorgehen der Athanasius-Gegner zu einem Rechtssatz, so der Kirchenhistoriker → Sokrates († nach 439): „Auch Julius, der Bischof des sehr großen Rom, war nicht anwesend – gemeint ist: beim Urteil über Athanasius – und er hatte auch keinen Stellvertreter geschickt, obwohl doch ein kirchlicher Kanon befiehlt, dass die Kirchen nicht gegen die Meinung des römischen Bischofs urteilen dürfen“. Die Historia tripartita (um 560) präzisiert den Satz des → Sokrates Scholastikos: „[…] dass ohne die Stellungnahme des römischen Pontifex keine Konzilien abgehalten werden dürfen“. Einen deutlichen Schritt weiter war schon Lucentius, der Legat → Leos d. Gr. auf dem Konzil von Chalcedon (451) (→  Chalcedonense) in seinem Protest gegen die Einberu-

Relevante Konzilien

fung der sog. Räubersynode gegangen: „(Dioskur) hat es gewagt, ohne die Erlaubnis des Römischen Stuhles eine Synode abzuhalten, was noch nie geschehen ist und noch nie geschehen durfte“. Papst → Gelasius († 496) fokusiert das Recht des → Papstes gegenüber den Konzilien auf die Durchführung (executio) und Verwirklichung ihrer Beschlüsse (→ executrix conciliorum). An diesem, wie auch immer näher zu präzisierenden Mitwirkungs- und Beteiligungsrecht lässt auch →  Gregor der Gr. (†  604) keinen Zweifel aufkommen. Für das →  Nicae­ num  II (787) gehört die „Mitwirkung“ des → Papstes zu den → Kriterien, an denen die → Ökumenizität eines Konzils erkannt werden kann11. Für das von der griechischen Seite nicht rezipierte →  Constantinopolitanum  IV (869–870) war das Mitspracherecht des → Papstes bei der → Einberufung eines →  ökumenischen Konzils eine Selbstverständlichkeit. →  Photius (†  um 893) hatte gegen dieses Gesetz bei der Absetzung des Konstantinopler Patriarchen Tarasius verstoßen. Historisches Exempel für diesen Verstoß ist → Dioskur († 454): „Er hatte die von Gott aufgestellte Ordnung nicht beachtet und über den großen Bischof des übergeordneten Sitzes, nämlich Papst Leo, vermessen geurteilt, obwohl er die Kompetenz nicht hatte, eine Synode einzuberufen, wie die Stellvertreter des apostolischen Sitzes auf ebendiesem Konzil protestierten, denn er hätte nach dem genannten Kanon, da er (als Sitz) nachgeordnet war, ohne Konsultation des übergeordneten Sitzes nichts unternehmen dürfen, um wie viel weniger ohne ihn eine ökumenische (generalis) Synode einberufen bzw., was noch verabscheuungswürdiger ist, gegen ihn (d. h. den Papst) irgendein Urteil fällen dürfen“12. →  griechische Konzilsidee, →  Kriterien, → ökumenisches Konzil, → Papst und ökumenisches Konzil

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R elevante K onzilien  Gemeint sind Konzilien, von denen Impulse – unmittelbare oder mittelbare – für die Entwicklung der Konzilsidee (→ Konzilsideen) ausgegangen sind. Weil die Konzilien eine Schöpfung der Alten Kirche sind, beschränken wir uns bei unserer Frage auf die mit ihr gegebene Zeitspanne. In ihr geht jedoch nicht von allen ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) ein gleich starker Impuls zur Entfaltung der Konzilsidee (→ Konzilsideen) aus, sondern nur vom → Nicaenum I (325), vom →  Chalcedonense (451), vom →  Constantinopolitanum  II (553) und vom →  Nicae­ num II (787). In der Annahme, dass die Ereignisse und Reflexionen im Zusammenhang dieser Synoden den entscheidenden Antrieb zur Entfaltung der Theorie bzw. Idee gegeben haben, unterscheiden wir vier Phasen in der Entwicklung der Konzilsidee (→ Konzils­ideen): Die unter dem Stichwort → Nicaenum I stehende führt zur Anerkennung der von Kaiser →  Konstantin (†  337) veranstalteten „ökumenischen“ Synode von Nicaea13 als kirchliche Höchstinstanz, die mit der Kompetenz ausgestattet ist, den Glauben verbindlich zu „definieren“. Von gleich eminenter Bedeutung ist die zweite durch das →  Chalcedonense gekennzeichnete Phase. Sie hat zum Ergebnis die Erkenntnis: Die Kirche hat nicht nur ein für alle Mal eine solche Entscheidung gefällt (→ Monopolstellung des Nicaenum I), sie ist dazu auch ein zweites Mal fähig, sie ist es grundsätzlich immer wieder, wenn sie dazu herausgefordert wird. Die chalcedonensische Phase führt zur Anerkennung eines konziliaren Lehramtes in der Kirche, eben der Institution der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil)14. Die dritte unter dem Namen → Constantinopolitanum II stehende Phase bringt eine Reihe wichtiger Präzisierungen in der Bestimmung der formalen Autorität des Konzils (→ ante et post

R eichsgesetze → Kaiser

 11 Vgl. Ökumenisches Konzil, 88f.  12 Vgl. Ökumenisches Konzil, 72–74; Konzils- und Papstidee, 31f.

 13 Vgl. „Das erste Nicaenum und die Ansätze konziliarer Theorie“, in: Alte Kirche, 198–230.  14 Vgl.  „Das Chalcedonense und das Prinzip der Wiederholbarkeit konziliarer Glaubensformulierungen“, in: Alte Kirche, 231–269.

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definitionem)15. Das hervorragende Ergebnis der vierten Phase im Zeichen des → Nicae­ num  II ist die genauere Definition des →  ökumenischen Konzils. Im Mittelpunkt steht die Frage der → Kriterien und, damit zusammenhängend, die Problematik der →  Rezeption16. Um unsere These zu präzisieren: Die entscheidenden Impulse zur Entfaltung gehen nicht unmittelbar von den genannnten Konzilien selber aus, sondern von den Vorgängen um ihre →  Rezeption. Das heißt für das → Nicaenum I: Durch den Prozess seiner →  Rezeption wird ein erster Schritt der Entfaltung der Konzilsidee (→ Konzilsideen) ausgelöst. Die → Rezeption des →  Chalcedonense löst den zweiten, die des → Constantinopolitanum II den dritten und die des → Nicaenum II den vierten Schritt aus. Von vergleichsweise geringerer Bedeutung für die Entwicklung der Konzils­ idee (→ Konzilsideen) sind das → Constantinopolitanum  I (381), das →  Ephesinum (431) und die übrigen altkirchlichen ökumenischen Synoden (→ ökumenisches Konzil). R eligiöser C harakter → ante et post definitionem R enaissance   Der zentrale Impuls der Renaissance besteht in der Rückbesinnung auf die und die Rückkehr zu den antiken heidnischen und christlichen Quellen. Dies gilt in eminenter Weise auch für die → Geschichte der Konzilsidee. Als man in der Zeit des Großen Abendländischen Schismas, nach Jahrhunderten des Desinteresses an den Konzilien, die Bedeutung derselben für die Kirche wiederentdeckte, wendete man sich natürlich den entsprechenden altkirchlichen Quellen zu. Beispielhaft ist hier der Humanist und Kirchenpolitiker → Nikolaus von Kues (†  1464). In seinem genialen Jugendwerk De concordantia catholica (1434), in dem er das → Wesen des Konzils als → Konsens bestimmt, stützt er sich immer wieder, gerade auch im Zusammenhang der  15 Vgl.  „Das Zweite Constantinopolitanum und die nähere Bestimmung der formalen Autorität der Konzilien“, in: Alte Kirche, 270–305.  16 Vgl.  „Das zweite Nicaenum und die Probleme der Rezeption“, in: Alte Kirche, 306–343.

Konzils­problematik, auf altkirchliche Quellen, sowohl Einzelautoren als auch Konzilsakten. Nicht wenige solcher Quellen hat er selber in alten Archiven entdeckt und identifiziert (→  originalia)17. Auch der Konziliarist (→ Konziliarismus) → Johannes von Ragusa († 1443) hat sich in seinem Bemühen um die „Renaissance“ der Konzilien nach Humanistenart auf das Studium der alten Quellen verlegt (→ Patriarchalsynode)18. R epräsentation  Zwar schreibt schon →  Tertullian (†  nach 220) Versammlungen der Kirche seiner Zeit, die er concilia nennt, repraesentatio zu (→  frühestes Zeugnis)19, von einer juristisch zu verstehenden Stellvertretung der Kirche durch das Konzil ist aber erst seit dem 13. Jh. die Rede. Die entscheidende Voraussetzung für eine Anwendung des Begriffs der → Repräsentation im genannten Sinn ist die Vorstellung der Kirche als Korporation (→ Korporationsrecht), die als solche alle Rechte ursprünglich in sich besitzt. Eine solche Konzeption der Kirche ist jedoch vor der Aristoteles-Rezeption (→ Aristotelismus) des 13.  Jh.s nicht denkbar20. Auch die in den → Libri Carolini (spätes 8.  Jh.) aufkommende Forderung nach einer entsprechenden Vertretung der Lokal­ episkopate in einem → ökumenischen Konzil ist noch keine Repräsentation im strengen Sinn des Wortes21. Die Verwandlung des traditionellen Konzilsbegriffs beginnt zwar schon bei Johannes Quidort von Paris († 1306) und anderen Theologen22, das Konzil zum ersten Mal und in aller Form vom Gedanken der Volkssouveränität und der Repräsentation her entwickelt und damit einen völlig neuen Begriff von Konzil geschaffen zu haben, ist jedoch das Verdienst des  17 Vgl.  „Quellenbenutzung (des Nikolaus von Kues)“, in: Traktate, 67–81.  18 Vgl. „Methode und Arbeitsweise (des Johannes von Ragusa)“, in: Apostelkonzil, 103–106. – Vgl. auch Literaturnachtrag 90.  19 Vgl. Alte Kirche, 467; Mittelalter, 344f.  20 Vgl. „Konzil als repraesentatio fidelium“ (bei den Publizisten), in: Mittelalter, 344–351; „concilium episcoporum und Repräsentation“, in: Gestalt, 23–26.  21 Vgl. Alte Kirche 330.  22 Vgl. Mittelalter, 346f.

Restlehre

→  Marsilius von Padua (†  1342/43)23. Und so konzipieren von dieser Zeit an denn zahlreiche mittelalterliche Theologen und Kanonisten das Konzil vom Repräsentationsgedanken her und definieren es entsprechend24, nicht ohne Folgen für die Vorstellung von der → Unfehlbarkeit der Konzilien25. Aber es gibt auch sofort Widerspruch, sowohl gegen die Anwendung des Repräsentationsgedankens auf das Konzil als auch gegen die implizierte Folgerung seiner → Unfehlbarkeit, und zwar bei →  Wilhelm von Ockham († 1347)26. Der auf → Haec sancta verpflichtete →  Johannes von Segovia (†  1458) unterscheidet im Grunde drei Weisen, in denen das Konzil die Kirche repräsentiert. Die repraesentatio similitudinis ist eine abbildhafte Ähnlichkeitsbeziehung zwischen Konzil und allgemeiner Kirche, so z. B. in seiner Zusammensetzung aus den verschiedenen hier­ archischen Ständen. Die repraesentatio potestatis besagt, dass das Konzil im Namen und in der Vollmacht der allgemeinen Kirche handelt und entscheidet, wie ein Prokurator im Namen seines Auftraggebers. Was schließlich mit der repraesentatio identitatis, der auf der Identität von Konzil und Kirche beruhenden Repräsentation gemeint ist, verdeutlicht der Spanier mit dem Hinweis auf den höchsten Gerichtshof eines Gemeinwesens. Keiner seiner Bürger ist vom Gehorsam einem solchen Gerichtshof gegenüber ausgenommen27. →  Nikolaus von Kues (†  1464) kommt in verschiedenen Zusammenhängen auf den Repräsentationsgedanken zu sprechen28, Theologen der Reformkonzilien stützen ihre →  Argumente, vor allem das zugunsten der →  Unfehlbarkeit der Konzilien mit diesem Gedanken ab29. Für Martin →  Luther (†  1546) repräsentiert das Konzil zwar die ecclesia universalis, die  23 Vgl.  „Das Konzil als repraesentatio fidelium (bei Marsilius von Padua)“, in: Mittelalter, 393–398.  24 Vgl. „Das von der Kirche her konzipierte Konzil“, in: Ökumenisches Konzil, 121–133; Gestalt, 163f.; Apostelkonzil, 171–178.  25 Vgl. Mittelalter, 360, 363.  26 Vgl. Mittelalter, 435, 440, 452–454.  27 Vgl. Apostelkonzil, 173f.  28 Vgl. Traktate, 65, 95f., 107f.  29 Vgl. Traktate, 200 u. ö.

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ecclesia vera jedoch nur per accidens30. Ein entschiedener Gegner einer Anwendung des Repräsentationsgedankens auf die Konzilien ist der Widersacher →  Luthers Albert → Pigge († 1542)31. Die auf dem → Constantiense (1414–1418) und →  Basiliense (1431– 1437/49) verwendete Selbstbezeichnung (concilium) universalem ecclesiam repraesentans ist auf dem →  Tridentinum (1545–1563) höchst umstritten und wird deswegen nicht verwendet32. Für Robert →  Bellarmin († 1621) ist der Repräsentationsgedanke kein zentraler Begriff zum Verständnis des Phänomens Konzil, sondern höchstens ein sekundäres Element, um diesen oder jenen Zug seiner Konzilsidee (→ Konzilsideen) zu erläutern33. In der Folgezeit fallen die Stellungnahmen zum Repräsentationsgedanken entlang der Linie →  Konziliarismus bzw. → Papalismus aus: Gegner sind sowohl der Ex-Jesuit Giovan Vincenzo →  Bolgeni († 1811)34 als auch der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich († 1891)35. Auch Yves →  Congar (†  1995)36, Karl →  Rahner († 1984)37 und Joseph → Ratzinger (* 1927)38 distanzieren sich, jeder auf seine Weise, vom Begriff der Repräsentation, während Hans → Küng (* 1928) darin einen Neuansatz zum Verständnis des Phänomens Konzil sieht39. Dabei stand die Anwendung des strikt oder juridisch verstandenen Repräsentationsgedankens immer in Spannung zur traditionellen Konzilspraxis und -konzeption: Zwar gibt es seit frühester Zeit Teilnahme von Laien (→  Laienteilnahme) auf den Konzilien, aber es galt doch, im Grunde bis zum → Constantiense, der Satz → concilium episcoporum est. Entsprechend wurde das Konzil stets als Bischofsversammlung konzipiert. R estlehre → Einstimmigkeit  30  31  32  33  34  35  36  37  38  39

Vgl. Reformation, 47. Vgl. Reformation, 126f. Vgl. Apostelkonzil, 446–448.  Vgl. Reformation, 175f. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 25. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 110, 125. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 255. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 270. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 274. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 258f.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 91.

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R ettungsanker → Modell R ezeption   Ein besonders wichtiges Kriterium (→ Kriterien) für die Anerkennung einer ökumenischen Synode (→ ökumenisches Konzil) ist ihre Rezeption durch die Kirche40. Sie ergibt sich für den Historiker aus einer Reihe historischer Gründe, bestimmter politischer oder kirchenpolitischer Konstellationen, bisweilen bloß zufälliger Ereignisse; letztlich ist die Rezeption für ihn ein kontingentes Faktum, das er einfach zu konstatieren hat und das sich nicht weiter ableiten lässt. Für den Theologen ist die Rezeption außerdem ein geistgewirktes Faktum; denn er geht davon aus, dass der Heilige Geist die Kirche u. a. durch die Konzilien vor schwerem Irrtum bewahrt (→  Inspiration, →  Unfehlbarkeit).  – Im Griechischen werden zur Bezeichnung der Rezeption sowohl das Simplex déchomai als auch das Kompositum hypodéchomai verwendet. Speziell im Rahmen von Konzilien kommen sowohl das Simplex als auch das Kompositum vor. Lateinisches Äquivalent zu déchomai und hypodéchomai ist hauptsächlich recipere. Aus dem allgemeinsprachlichen „entgegennehmen“ und „aufnehmen“ wurde im juristischen Sprachgebrauch ein „als gültig annehmen“, „billigen“. Sehr früh schon wird recipere im kirchlichen Bereich im genannten Sinn verwendet. Dabei gibt es für recipere mehrere Synonyma, wie suscipere, accipere usw. Ein Beispiel für die Verwendung von recipere enthält die berühmte Gregor-Dekretale →  Sicut sancti41.  – Was den Vollzug der Rezeption angeht, so kann man drei Rücksichten unterscheiden, erstens das Subjekt, das „rezipiert“, zweitens die konkreten Vollzüge von Rezeption, und drittens den inneren Akt, aus dem sie besteht. Was die erste Rücksicht angeht, so sind einfache Priester, Mönche, Bischöfe, ganze Konzilien, Päpste (→ Papst), → Kaiser Subjekte, die Konzilien rezipieren. Was zweitens den konkreten Vollzug angeht, so geschieht Rezeption durch die →  Unterschrift unter Konzilsakten, durch den Empfang und die  40 Vgl.  „Vollmacht und Rezeption“, in: Gestalt, 20–23; Ökumenisches Konzil, 82–84.  41 Vgl. Apostelkonzil, 65–69.

Annahme von Synodalbriefen (→  Synodalbrief), durch die besonders in der frühen Kirche bezeugte Praxis, Konzilsversammlungen mit der Verlesung der Entscheidungen vorausgegangener Synoden zu beginnen, durch die Übernahme in die staatliche Gesetzgebung usw. Was drittens den inneren Akt betrifft, aus dem Rezeption besteht, so sind die zur Bezeichnung der Rezeption verwendeten Termini aufschlussreich: Ein Konzil rezipieren heißt, der auf ihm definierten Lehre seine → Zustimmung geben, sich mit ihr einverstanden erklären, heißt, das Konzil als wahr und gut oder beifällig hinnehmen, es loben, billigen, gutheißen. Im →  Synodalbrief der →  Lateransynode (649) schreibt Papst →  Martin  I. (†  655): „Unsere Absicht war, dass ihr alle […], sobald ihr von unserem gottesfürchtigen Tun Kenntnis erhaltet, einträchtig mit uns zur Sicherung und Festigung der katholischen Kirche ebenso handelt und alle heiligen Väter bestätigt, indem ihr schriftlich ihnen und uns bezüglich des orthodoxen Glaubens zustimmt, andererseits alle Häretiker mit dem Bann belegt […]“42. – Im Laufe der → Geschichte der Konzilsidee ist eine deutlich wachsende Beachtung für das Phänomen der Rezeption und eine zunehmende Reflexion darüber festzustellen. Während es in der Alten Kirche bestenfalls Ansätze zu einer Reflexion über die Rezeption der Konzilien gibt43, wird sie für Theologen des 15./16. Jh.s zu einem wichtigen Thema. Sie stellen sich Fragen wie: Hat ein Konzil → Autorität auch ohne die „Rezeption“ durch den →  Papst? Konziliaristen (→  Konziliarismus) bzw. Papalisten (→  Papalismus) geben hierauf verschiedene Antworten44. Anlässlich der Pragmatischen Sanktion von Bourges (1438) und der Mainzer Akzeptation (1439) stellt sich die Frage: Bedarf es einer Rezeption durch den Landesherrn? Auch hier fallen die Antworten bei den sog. Regalisten bzw. ihren Gegnern verschieden aus45. In diesem Zusammenhang ist  42 Vgl. Apostelkonzil, 74f.   43 Vgl. Apostelkonzil, 76–93; Alte Kirche, 319.  44 Vgl. „Basler Konziliarismus“, in: Apostelkonzil, 224–232.  45 Vgl. „Regalismus (Praxis und Theorie)“, in: Apostelkonzil, 233–257.

Römische Konzilsprotokolle

auch auf die Bedeutung der Rezeption bei →  Erasmus von Rotterdam (†  1536) hinzuweisen46. Noch einmal, nämlich im 18. und 19. Jh. wird die Frage nach der Rezeption der Konzilien virulent. Im Kontext der jansenistischen (→ Jansenismus) Infragestellung von Konzilsautorität (→ Autorität) wird darüber diskutiert, ob die Rezeption konstitutiv ist für die Geltung (→  Gültigkeit) eines Konzils47. Der französische Kanonist Jean-Pierre → Gibert († 1736) bejaht die Frage: Nullum est concilium quod perfecte generale fuerit aliter quam per acceptionem. Das bedeutet konkret: Damit ein Konzil wirklich ökumenisch ist (→ ökumenisches Konzil), muss es auch von den Bischöfen, die am Konzil nicht teilgenommen haben, rezipiert worden sein48. Gegen die von der Französischen Revolution beeinflussten Theologen, die eine stärkere →  Laienteilnahme bei der Rezeption von Konzilien fordern, wendet sich entschieden der französische Sulpizianer Claude-François Regnier († 1790)49. Der eher theoretisch-akademischen Debatte über die Rezeption im Frankreich des 18.  Jh.s folgt dann im Deutschland des 19. Jh.s eine durchaus praktische: Gegner einer Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit sehen in der Wiederbelebung der Debatte über die Rezeption eine letzte Chance, die durch das Vatikanum vorgesehene und offensichtlich nicht mehr zu verhindernde Definition nachträglich noch zu Fall zu bringen. Auslöser der Debatte ist der Münchner Stiftsprobst Ignaz →  Döllinger († 1890), sein Hauptgegner der Domprediger Anton Westermayer († 1884), Verteidiger des Stiftsprobsts der Franziskaner Peter Hötzl († 1902) und ein Anonymus, der ohne den Terminus zu gebrauchen, den neuerdings50 wieder zur Geltung gebrachten sensus fidelium, den Glaubenssinn des Gottesvolkes, in die Debatte um die Konzilsrezeption ein 46 Vgl. Konzils- und Papstidee, 204f.  47 Vgl. „Konzilsrezeption im Zeitalter der Aufklärung und der Restauration“, in: Apostelkonzil, 551–585.  48 Vgl. Apostelkonzil, 554–556.  49 Vgl. Apostelkonzil, 565f.  50 Vgl.  Internationale Theologische Kommission, SENSUS FIDEI und SENSUS FIDELIUM im Leben der Kirche, VAS 199, Bonn 2015.

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bringt51. Nach dem →  Vaticanum  II (1962– 1965), das die Vorstellung der Kirche als communio erneut zum Leben erweckte und entsprechend die Gläubigen als geistgeleitete Subjekte der Kirche anerkennt, gewinnt das Thema der Rezeption der Konzilien erneute Aktualität (→  lehrende/hörende Kirche)52. Auch in der → griechischen Konzilsidee hat die Rezeption der Konzilien ihren festen Platz53. Entsprechend lenkt der Dialog mit der Ostkirche die Aufmerksamkeit auf das genannte Thema 54. → Aufklärung, → Öffentlichkeit, → Theodor Abū Qurra (um 740–um 820) R icci , S cipione de ’ (†  1810) →  Priesterstimmrecht, → Reform von oben nach unten R icher , E dmond (†  1631) 55→  Binius, Severin (1573–1641), →  Cogitanti, →  concilium episcoporum est, → Einberufung, → Freiheit, → Haec sancta, → Konziliengeschichtsschreibung, → Vorsitz R imini (359), Konzil → Verhältnis des Papstes zum Konzil, → Zahl R ivalität → Dimensionen, → Polarität R ömische K onzilsprotokolle  Ein wichtiger Bestandteil der Konzilsquellen (→  originalia) sind die überlieferten Protokolle (→ Protokoll). Was die (stadt-) → römische Synode angeht, so sind verhältnismäßig viele Konzilsprotokolle erhalten. Ein wichtiges Fragment ist schon von dem römischen Konzil erhalten, auf dem 313 Donatus vom römischen Bischof Miltiades (†  314) und 15 italienischen und gallischen Bischöfen verurteilt wurde. Früheste vollständig erhaltene Protokolle stammen dann aus der ersten Hälfe des 5. Jh.s, so von dem Konzil,  51 Vgl. „Wiederaufnahme der Kontroverse aus gegebenen Anlass“, in: Apostelkonzil, 577–585.  52 Vgl.  „Versuche über konziliare Rezeption“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 407–414.  53 Vgl. Apostelkonzil, 381–383.  54 Vgl. „Theodor Abū Qurrah († 820/5) über ‚unfehlbare‘ Konzilien“, in: Alte Kirche, 171–191. – Vgl. auch Literaturnachtrag 92.   55 Vgl. Literaturnachtrag 93.

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das unter Papst → Hilarus († 468) auf spanische Anfragen hin Bestimmungen über die Amtsnachfolge erließ. In dem Protokoll der Frühjahrssynode aus dem Jahr 487 unter Papst → Felix II. († 492), das jedoch vielleicht nicht vollständig überliefert ist, ging es um die Nachwirkung der Katholikenverfolgung durch die Vandalen. Vollständig dürfte dagegen wieder das Protokoll des Konzils sein, auf dem Papst → Gelasius I. († 496) auf die Folgen des römischen Schismas eingeht. Weitere Protokolle sind von den Synoden unter den Päpsten →  Symmachus (†  514) und Bonifaz  II. (†  532) und →  Gregor dem Gr. († 604) überliefert. Mit dem Protokoll der großen → Lateransynode von 649 hat es eine besondere Bewandnis, da es nach neueren Forschungen schon vor dem Konzil hergestellt worden war. Auch aus dem 7. bis 10.  Jh. liegen zahlreiche Konzilsprotokolle vor. Vergleicht man nun die überlieferten Protokolle unter formaler Rücksicht, so ist von Anfang an bis zum 10. Jh. ein im Kern fixes dreiteiliges Grundschema zu erkennen: Der erste Teil enthält als feste Bestandteile die Zeitangabe, die Ortsangabe, den Papstnamen und seinen Titel und die Namen der Teilnehmer an der Versammlung. Der zweite Teil enthält als fixe Bestandteile die Vorlage des Tagungsgegenstandes durch den →  Papst oder seine Stellvertreter, die Konsultation der Bischöfe durch den Papst und den Beschlussvorschlag. Der dritte Teil umfasst die Beschlüsse oder Dekrete des Konzils sowie die Beglaubigung durch die →  Unterschrift der Teilnehmer. Umstandsbedingt gibt es natürlich auch Abweichungen von dieser fixen Form der Protokolle. Im 11. Jh. zerfällt dann diese feste Form der Protokolle. Die unter Gregor  VII. (†  1085) verfassten Protokolle führen an Stelle der alten eine neue Form der Protokollierung ein. In der Differenz zwischen der alten und der neuen Form der Protokolle kommt die inzwischen gewandelte ekklesiologische Grundposition zum Ausdruck. In dem alten Schema war in der Formulierung residente venerabili viro papa […] una cum venerabilibus viris das Verhältnis zwischen →  Papst und Konzil auf den Nenner gebracht: Die Bischöfe „residieren“ una cum, zusammen mit dem

Papst, sie stehen, „sitzen“ zunächst auf der gleichen Ebene mit ihm. Das una cum bindet →  Papst und Bischöfe auf einer gemeinsamen Ebene zusammen, bevor die Unterscheidungen greifen, die die alte Form des Protokolls natürlich auch kennt. So wird auch hier der →  Papst immer zuerst genannt, er beginnt die Verhandlung, bestimmt den Tagungsgegenstand, macht den entscheidenden Beschlussvorschlag, formuliert die Beschlüsse, trifft auch – nach Konsultation der Bischöfe – meist allein die Entscheidung, steht an der Spitze der Unterschriften (→ Unterschrift) usw. Aber die Bischöfe haben, bei aller Auszeichnung des → Papstes, neben ihm Stimme und Sitz. Ausdruck für dieses Stimme- und Sitz-Haben, neben und mit dem → Papst, ist die Praxis, die Namen der Bischöfe, einen nach dem anderen, fast immer mit Angabe der Diözese, aufzuführen. Und das Protokoll hält fest, dass die Bischöfe nach ihrer Meinung gefragt, einzeln oder kollektiv dieselbe kundtun. Ihre → Unterschrift schließlich macht sie zu Miturhebern der Beschlüsse una cum, zusammen mit dem → Papst. In der neuen, von Gregor VII. eingeführten Form springt der Unterschied in die Augen. An die Stelle des für das grundlegende Verhältnis zwischen → Papst und Konzil relevanten residente papa una cum episcopis tritt bei Gregor  VII.: celebravit ipse dominus papa synodum. Bezeichnenderweise ist dieser Satz nicht im Plural formuliert: celebraverunt ipse dominus papa et episcopi synodum. Das neue Protokoll sieht das Konzil primär als eine Aktion, eine Tat des → Papstes allein, nicht mehr als ein gemeinsames Sitzen von Papst und Bischöfen. „Fast 100 Erzbischöfe und Bischöfe verschiedener Städte und eine unzählbare Menge von Äbten und Klerikern verschiedener Ordnung und Laien“ gehören, etwas spitz formuliert, zur Ausstattung, zum Dekor der päpstlichen Aktion und erhöhen deren Bedeutung und Renommé. Das neue Protokoll weiß nichts von einer Konsultation der Bischöfe. Die innumerabilis multitudo, die an der „Zelebration“ des Konzils durch den →  Papst teilnimmt, ist stumm. Sie ist nicht nur stimmlos, sondern auch namenlos. Das neue Protokoll kennt weder namentliche Teilnehmerlisten

Römischer Senat

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noch namentliche Unterschriften (→ Unterschrift)56. → una cum patribus

nenfalls lediglich der päpstlichen Zustimmung (→ Bestätigung) bedürfen57. → Vernunft

R ömische P rovinziallandtage  Zur →  äußeren Gestalt der Konzilien gehören der kulturelle Kontext, in dem sie stattfinden, und konkrete Vorbilder bzw. Modelle für ihr Vorgehen und ihren Ablauf. → Leos des Gr. († 461) Ausführungen über die Konzilien legen die Frage nahe, ob seine eigene Konzilsidee (→ Konzilsideen) vielleicht von den römischen Provinziallandtagen seiner Zeit beeinflusst ist. Es handelt sich bei dem concilium provinciae um eine sehr alte Einrichtung, die aus der Zeit der Republik stammt und während der Kaiserzeit im gesamten Römischen Reich verbreitet war. Ihre Hauptaufgabe bestand zwar in der Sorge für den Rom- und Kaiserkult, aber die Provinziallandtage befassten sich auch mit Fragen allgemeinen Interesses. So richteten die Landtage Petitionen in den verschiedensten Angelegenheiten an den → Kaiser. Diese Landtage sind erst unter Kaiser →  Justinian († 565) außer Gebrauch gekommen. Die Bestimmungen des Codex Theodosianus (438) über diese Provinziallandtage zeigen zwar gewisse Analogien und Ähnlichkeiten mit → Leos Aussagen über die kirchlichen Konzilien, es besteht jedoch ein fundamentaler Unterschied zwischen den Provinziallandtagen und den kirchlichen Synoden: Die Landtage sind wesentlich Gremien zur Erarbeitung von gemeinsamen Petitionen an den →  Kaiser. Sie vertreten die Interessen der Provinz gegenüber dem Monarchen. Sie besitzen kein eigenes Recht, und das Petitionsrecht ist ihnen vom → Kaiser verliehen. Anders die kirchlichen Synoden, gerade auch in der Sicht Papst → Leos des Gr. (→ Papst und Partikularsynode). Sie sind Körperschaften, die mit ureigenem Recht ausgestattet sind. Ihre Dekrete sind alles andere als Petitionen an den → Papst, es sind vielmehr rechtsgültige Entscheidungen, die gegebe-

R ömische S ynode   Unter den Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil) kommt den stadtrömischen Konzilien eine Sonderrolle zu. Es handelt sich dabei auf der einen Seite um Synoden, wie sie auch unter den Bischöfen anderer Großkirchen stattfinden, auf der anderen Seite um Synoden, deren Bischöfe mehr und mehr den Primat über die gesamte Kirche anstreben und verwirklichen. Interessant für die Geschichte des Verhältnisses zwischen → Papst und Synode sind die von den Päpsten im Zeichen eines erstarkten Primatsbewusstseins abgehaltenen Synoden zwischen 847 und 88258. In den von diesen stadtrömischen Konzilien erhaltenen Protokollen (→ römische Konzilsprotokolle) spiegelt sich auf einzigartige Weise das Verhältnis zwischen den teilnehmenden Bischöfen und ihrem Vorsitzenden, dem → Papst. Von der Untersuchung dieses besonderen Konzilstyps fällt auch Licht auf das Verhältnis der Päpste zu Synoden überhaupt, partikulären und ökumenischen außerhalb Roms59. Obwohl das Laterankonzil von 649 (→  Lateransynode) im strikten Sinn nicht zur Kategorie der römischen Stadtsynoden zählt, beleuchten seine, nach neueren Forschungen weitgehend vorfabrizierten Akten (→  Fälschungen) die typische Vorgehensweise des →  Papstes gegenüber seiner Synode60. Die von den römischen Synoden überlieferten Protokolle (→  römische Konzilsprotokolle) geben auch interessanten Aufschluss über die Teilnahme von Priestern, Diakonen und Laien (→ Laienteilnahme)61.

 56 Vgl.  „Das Verhältnis zwischen Papsttum und römischer Synode im Spiegel der Synodalprotokolle (313–1083)“, in: Partikularsynode, 229–264.

R ömischer S enat → Autorität  57 Vgl. Alte Kirche, 143–147.  58 Vgl. „Rom und die eigene Synode“, in: Mittelalter, 24–31.  59 Vgl.  „Das Verhältnis zwischen Papsttum und römischer Synode im Spiegel der Synodalprotokolle (313–1083)“, in: Partikularsynode, 229–264; Gestalt, 126f.   60 Vgl.  „Lehrverfahren der sedes apostolica“, in: Alte Kirche, 492–501.   61 Vgl. Partikularsynode, 280–290.

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R ömisches R echt  Die → Dekretisten übten auf die Ausbildung der Konzilsidee (→  Konzilsideen) keinen geringen Einfluss aus. Sie selber sind dabei von grundlegenden Vorstellungen des Römischen Rechts mit bestimmt. Aber dieser Einfluss findet nicht einseitig nur zugunsten der Päpste (→  Papst), sondern auch zugunsten der Konzilien statt. So nimmt in ihren Augen zwar der → Papst durchaus eine dem → Kaiser vergleichbare Stellung ein, und es gilt die Maxime Quod principi placuit, legis habet vigorem62, andererseits stammt aber das Prinzip → Quod omnes tangit, debet ab omnibus approbari, auf das sich die Gegner einer absoluten Herrschaft des Papstes unter den Kanonisten berufen, ebenfalls aus dem Römischen Recht. Schon bei →  Huguccio von Pisa (†  1210) fällt die Parallelisierung von → Papst und → Kaiser auf (papa vel princeps, papa vel imperator), z. B. wenn dem Papst die Kenntnis des ganzen Kirchenrechts (totum ius canonicum) in gleicher Weise wie dem Kaiser die Kenntnis des ganzen weltlichen Rechts (totum ius legale) zugeschrieben wird. Zwar gibt es bei →  Huguccio selber keine ausdrückliche Aussage über eine Unterordnung des Konzils unter den → Papst (→ Superioritätsfrage), eine solche findet sich aber bei dem Dekretalisten Goffredus de Trano (†  1245). Was hier interessiert, ist nicht die Aussage, dass die Konzilien kraft päpstlicher Oberhoheit Recht setzen, sondern die Selbstverständlichkeit, mit der dies in Parallele zum weltlichen, d.  h. dem Römischen Recht gesehen wird63. R oncaglia , C ostantino († 1737) → Zaccaria, Francesco Antonio (1714–1795) R ufini , E rnesto († 1967) → Konzilsplan

 62 Dig. I,4,1 pr.  63 Vgl. „Einfluß des Römischen Rechts (auf die Dekretisten)“, in: Mittelalter, 271–276.

n S S algado de S omozas , F rancisco († 1664) → Tridentinum (1545–1563) S almerón , A lphons (1515–1585) Der Spanier gehörte zur Kerngruppe der Gefährten des Ignatius von Loyola, die 1534 ihre Gelübde ablegten und damit die Gesellschaft Jesu gründeten. Salmerón nahm als päpstlicher Theologe (→ Periti) an allen Tagungsperioden des →  Tridentinum (1545– 1563) teil. Für die → Geschichte der Konzils­ idee ist er aber nicht nur als Augenzeuge des genannten Konzils von Bedeutung, sondern auch als Autor eines Konzilstraktates (→  Konzilstraktate) im Rahmen seiner 16-bändigen Commentarii in evangelicam historiam et in Acta apostolorum. Er behandelt hier in einer Art Anhang zu seiner Auslegung von → Apg 15 die seit dem 15. Jh. üblichen Fragen wie den Begriff und die → Arten von Konzilien, den →  Ursprung derselben, das Recht der → Teilnahme, den Begriff der → Repräsentation (anlässlich der damals umstrittenen Klausel universalem ecclesiam repraesentans), das →  Propositionsrecht der päpstlichen → Legaten, die → Autorität des → ökumenischen Konzils an sich und im Vergleich mit der des →  Papstes (→  Papst und ökumenisches Konzil, →  die Superioritätsfrage, →  das Verhältnis des Papstes zum Konzil) und die päpstliche →  Bestätigung. Die →  Superioritätsfrage nimmt dabei Dreiviertel des Gesamttraktats ein und ist inhaltlich gegen die französischen Konziliaristen (→  Konziliarismus) und die spanischen Episkopalisten gerichtet. Anlass zur Erörterung der → Superioritätsfrage war die in der dritten Sitzungsperiode des → Tridentinum diskutierte konkrete Frage, ob der → Papst wegen Verweigerung der für die Kirche notwendigen →  Reform durch das Konzil abgesetzt werden könnte (→  Papstabsetzung). Die Jesuiten nahmen nach entsprechenden „Deliberationen“ entschieden gegen diese Option Stellung. Die Argumente hierzu liefert Salmerón in seinen Ausführungen zur → Superioritätsfrage. In-

nerhalb seines Plädoyers gegen die Absetzbarkeit des → Papstes durch das Konzil befindet sich ein Exkurs, der praktisch die gegenteilige These vertritt, nämlich, dass der Papst „nicht nur beim Vergehen der Häresie im eigentlichen und strikten Sinn zur Verantwortung gezogen, verurteilt und abgesetzt werden kann“, sondern dass er, „wann immer er so lebt, dass ein scandalum fidei entsteht, zur Verantwortung gezogen werden kann […]“. Die Frage steht im Raum, ob der Spanier hier wirklich seine eigenen Gedanken wiedergibt oder sich die Gedanken von jemand anderen vor Augen führt1. → Apostelkonzil, →  Bestätigung, →  concilium generale, → Frequens, → Jesuiten, → Konflikt, → Konzilstraktate, → Legaten, → Papst­ absetzung, →  Propositionsrecht, →  Reform, → Stimmrecht, → Superioritätsfrage, → Ursprung S almon , F rançois († 1736) → Erbauung S ammlungen   Das im 16. Jh. neu erwachte historische Interesse u.  a. an den Konzilien führte zur Sammlung von Konzilsakten. Zunächst geschah dies aus privater Initiative. Zu nennen sind hier etwa der Pariser Kanonikus von Notre Dame Jacques →  Merlin († 1541), der Franziskaner Petrus → Crabbe († 1554), der Kölner Humanist und Kartäuser Laurentius →  Surius (†  1578), der Kölner Theologieprofessor Severin →  Binius (†  1641)2. Neben den privaten erscheinen auch offizielle Sammlungen, so die editio Romana der römische Kurie (1608–1612) und die editio regia des französischen Königs (1644), beide anonym. Die Idee, eine Konzilssammlung von der Art zu schaffen, wie sie in der römischen Ausgabe vorliegt (Beschränkung auf die von Robert → Bellarmin ausgearbeitete →  Liste der ökumenischen    1 Vgl. „Ein Traktat des Jesuiten Salmerón über in Trient strittige Fragen zur Autorität des Konzils“, in: Apostelkonzil, 435–463; „Option für den Papst. Die Jesuiten auf dem Konzil von Trient. Dritte Sitzungsperidode 1562–1563“, in: Apostelkonzil, 464–485, bes. 470–485.     2 Vgl. „Die Entstehung und Eigenart der Konzilssammlung des Severin Binius (1. Auflage, Köln 1606)“, in: Gestalt, 267–292.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 94.

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Konzilien [→  ökumenisches Konzil], zum ersten Mal auch griechische Konzilsakten) stammt aller Wahrscheinlichkeit nach von dem humanistischen spanischen Gelehrten Antonio → Agustín († 1586). Mit den 37 Bänden der„königlichen Ausgabe“ schlagen die Franzosen, was den Umfang angeht, alle Rekorde, besteht doch die Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio (1759–1781) des Giovanni Domenico → Mansi nur aus 31 Folianten. Nicht nur die römische Kirche und die französische gaben Sammlungen ihrer Konzilien heraus, auch andere Nationen, so die englische, spanische und deutsche (→ Hermann Josef Hartzheim , 1597-1763), spürten das Bedürfnis, ihre eigenen Konzilien im Druck zu dokumentieren. → Binius, Severin (1573–1641) S ancta octo   Der Begriff der sancta octo spielt in der kanonistischen Literatur des Mittelalters eine gewisse Rolle. Er bezeichnet die acht von der lateinischen Kirche zusammen mit der Ostkirche abgehaltenen und von ihr als ökumenisch anerkannten Konzilien, also das → Nicaenum I (325), das →  Constantinopolitanum  I (381), das →  Ephesinum (431), das →  Chalcedonense (451), das → Constantinopolitanum II (553), das →  Constantinopolitanum  III (680–681), das →  Nicaenum  II (787) und das →  Con­ stantinopolitanum IV (869–870). Da die Ostkirche das →  Constantinopolitanum  IV nicht als → ökumenisches Konzil anerkennt, sind die sancta octo nicht identisch mit den von Ost und West gleichermaßen als ökumenisch anerkannten Konzilien. →  Ivo von Chartres (†  1115/16) zählt als erster in seinem Decretum (vor 1095) das →  Constantinopolitanum  IV zu den genannten sieben ökumenischen Synoden hinzu und nennt diese Serie von Konzilien sancta octo3. Unter den vom →  Decretum Gratiani (um 1135– 1140) aufgezählten „Generalsynoden“ werden zwei Kategorien hervorgehoben, einerseits die ersten vier Konzilien (→  Viererprimat), andererseits die sancta octo4. Der Kanonist Stephanus Tornacensis († 1203) be   3 Vgl. Ökumenisches Konzil, 169f.    4 Vgl. Mittelalter, 226.

zeichnet die ersten vier Synoden (→ Viererprimat) als digniora concilia (→ concilia digniora)5. Auch →  Huguccio von Pisa (†  1210) räumt ihnen einen besonderen → Rang ein6 und begründet ihn mit der Tatsache, dass auf diesen Generalkonzilien die Glaubensfragen gründlicher als auf anderen behandelt wurden7. Die sancta octo spielen bei der →  Konnumerierung der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) eine Rolle; denn sie stellen im Spätmittelalter bei der Frage der Hinzuzählung auf die → Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) den Sockel dar8. Wie sehr bei der Betonung des → Viererprimats Zahlensymbolik wirksam war, wird daran deutlich, dass mehrere →  Dekretisten die sancta octo ausdrücklich auf vier reduzieren: ratione pluralitatis gab es zwar acht Synoden, ratione locorum nur vier9. S anhedrin   Nachdem schon →  Theodor Abū Qurra (†  um 820) →  Dtn 17,8–13 als → locus scripturisticus der Konzilsinstitution verwendet hat, tut dies auch der bekannte Theologe des →  Basiliense (1431–1437/49), → Johannes von Segovia († 1458). Originell ist er in der außerordentlichen Ausführlichkeit und Gründlichkeit, mit der er zu zeigen versucht, dass die neutestamentlichen Konzilien (→ Apostelkonzil) schon im Alten Testament ansatzweise bzw. als Vorbilder vorhanden sind. Zwar verwendet er für diese congregatio auctoritativa noch nicht die später übliche Bezeichnung Sanhedrin, aber es ist damit nichts anderes gemeint. Einen Unterschied zwischen neutestamentlichem und alttestamentlichem Lehramt sieht → Johannes von Segovia darin, dass der Sanhedrin im Unterschied zu den Konzilien noch fehlbar ist (→ Unfehlbarkeit)10. Gegen Ende des 17. Jh.s war es jedoch opinio communis unter den katholischen Kontroverstheologen, dass    5    6    7    8    9  10

Vgl. Mittelalter, 239. Vgl. Mittelalter, 229. Vgl. Mittelalter, 257f. Vgl. Traktate, 113, 116, 125–128, 130, 132, 227. Vgl. Mittelalter, 258; Traktate 236. Vgl.  Traktate, 193–195; „Alttestamentliche und neutestamentliche Grundlegung (der Konzilsinstitution bei Johannes von Segovia)“, in: Apostelkonzil, 161–164.

Sardica

es auch schon in Israel ein unfehlbares Tribunal in Glaubensfragen gegeben hat. Erst mit der Gegenwart Jesu war seine Funktion zu Ende. Das Privileg, unfehlbare Entscheidungen fällen zu können, ohne das keine Glaubensgemeinschaft auskommt, ging dann vom jüdischen Sanhedrin auf die Konzilien der Kirche über. Die maßgebende Schriftbegründung für diese Einrichtung war →  Dtn 17,8–1311. In aller Form und ex professo vertrat nach zahlreichen anderen Theologen die These von der Unfehlbarkeit des Sanhedrin der Dominikaner Domenico Gravina (†  1643). Auf die Frage: „Hatte in der alten Synagoge der Hohe Priester oder der Sanhedrin zusammen mit ihm die Gabe der Unfehlbarkeit im Glauben und in den Sitten?“ antwortet der magister sacri palatii: „Die alte Synagoge hatte, solange sie bestand, die Gabe der Unfehlbarkeit im Glauben; folglich konnten weder der Hohe Priester noch der Sanhedrin bei der Entscheidung von Glaubensstreitfragen in die Irre gehen“. Gegen Ende des 18. Jh.s kommt das Theologumenon vom unfehlbaren Sanhedrin dann außer Mode und gerät relativ schnell in Vergessenheit. Ein Grund unter anderen ist der, dass Israel nicht mehr als theologische, sondern als historische Größe und speziell →  Dtn 17,8–13 nicht mehr in typologischer Perspektive, d.  h. im Lichte der neutestamentlichen Erfüllung gelesen wird. S anior pars   Während die →  Mehrheitsmeinung, die bei der →  Abstimmung auf den Konzilien zum Zuge kam, ein Rechtsgrundsatz ist, der außerhalb der Kirche ausgebildet und von ihr für ihre Konzilien übernommen wurde, haben wir es bei der Rechtsregel der sanior pars mit einem Prinzip zu tun, das im kirchlichen Bereich seine Wurzeln hat. In Verbindung mit dem Begriff sanior kommt das Prinzip zum ersten Mal in  11 Vgl.  „Zum jüdischen Sanhedrin“, in: Alte Kirche, 392–397; „Dtn 17,8–13 als Beitrag des Alten Testamentes zur Theologie des Konzils“, in: Gestalt, 177–186; „Der unfehlbare Sanhedrin – ein vergessenes Kapitel Kontroverstheologie“, in: Apostelkonzil, 486–509; „Dtn 17,8–13 im Zusammenhang des Konzils“, in: Traktate, 133– 141.

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der Mönchsregel des Benedikt von Nursia († 547) vor. Hier heißt es, der Abt solle, wenn schon nicht einstimmig, dann doch von der pars quamvis parva congretationis saniore consilio gewählt werden. Möglicherweise hat sich Benedikt zu dieser Bestimmung von → Leo dem Gr. († 461) leiten lassen, der den Grundsatz aufstellt, dass bei strittigen kirchlichen Wahlen nicht einfach die Zahl der Stimmen den Ausschlag geben sollte, sondern die maiora studia et merita. Nach diesem Prinzip sind die Stimmen bei einer Wahl nicht nur zu zählen, sondern auch zu wägen. Es kann also eine Minderheit eine sittlich weniger qualifizierte Mehrheit übertreffen. Die Anwendung dieses Prinzips setzt freilich eine übergeordnete Instanz voraus, die entscheidet, wer von beiden partes die sanior darstellt12. In den Zusammenhang der Konzils­ idee (→  Konzilsideen) kommt das Prinzip der sanior pars dann nach dem Bruch des → Basiliense (1431–1437/49) in eine Minderheit und eine Mehrheit 1437. Die Minderheit rechtfertigt ihren Auszug aus dem Konzil u. a. durch das Prinzip der sanior pars. → Johannes von Ragusa (†  1443), →  Johannes von Segovia († 1458) und Nikolaus von Tudeschis († 1445), Vertreter der Mehrheit, weisen dieses Argument entschieden zurück13. S ardica (342), Konzil  Die Kanones III–V des Konzils von Sardica enthalten die erste und auf lange Zeit einzige Aussage eines Konzils über das zwischen →  Papst und Konzil obwaltende Verhältnis (→ Appellation vom Konzil an den Papst)14. Nach diesen →  canones kann ein Bischof, der von den Kollegen seiner Provinz verurteilt worden ist, beim römischen Bischof Einspruch erheben. Diejenigen, die die Untersuchung des Falles durchgeführt haben oder aber die Bischöfe der Nachbarprovinz senden einen schriftlichen Bericht über den Einspruch nach Rom. Der Sitz des Verurteilten darf in der Zwischenzeit nicht erneut besetzt wer-

 12 Vgl. Apostelkonzil, 515.  13 Vgl. Apostelkonzil, 519f.  14 Vgl. Gestalt, 37f., 53–56; Konzils- und Papstidee, 29f.

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den. Der Bischof von Rom hat nach Prüfung des Falls zwei Möglichkeiten. Er kann zu dem Schluss gelangen, das gefällte Urteil sei zu Recht ergangen; dann ist es endgültig. Falls er das gefällte Urteil nicht anerkennt, kann er eine renovatio iudicii anordnen und dazu die bischöflichen Richter bestellen. Die Neuverhandlung findet vor den Bischöfen aus einer Nachbarprovinz statt. Auf besonderen Wunsch des Verurteilten kann der römische Bischof zusätzlich zu den Nachbarprovinzialen Presbyter seiner Kirche entsenden. Mit dieser Regelung wird der →  Papst zu einer „kirchlichen Supplikationsinstanz“ und damit in einem sehr begrenzten Sinn zu einem Zentrum der kirchlichen Verfassung. Er wird nicht zu einer Appellationsinstanz im eigentlichen Sinn, sondern nur zu einer Quasi-Appellationsinstanz, weil er nicht als eine grundsätzlich übergeordnete Ebene angesehen wird. – Die sog. Appellationskanones von Sardica haben eine zerklüftete Wirkgeschichte. Der Osten hat sie als solche nach ihrer Promulgation durch die lateinische Teilsynode nicht rezipiert, sondern lediglich im → Quinisextum (691–692) in ihrem Recht mit aufgeführt. Im Westen gab es zunächst eine zögernde →  Rezeption (4. bis 9.  Jh.). Dann gerieten die genannten →  canones in den Schatten der → Pseudoisidorischen Dekretalen und wurden von ihnen praktisch aus dem kirchlichen Recht verdrängt, hatten die auf der Basis der echten Appellationskanones gefälschten neuen doch den Vorteil der viel größeren Klarheit. Wieder entdeckt hat sie nach dem beginnenden Zweifel an der Echtheit der → Pseudoisidorischen Dekretalen schließlich →  Nikolaus von Kues († 1464). Auf den Leuchter gehoben wurden die Sardicensischen Appellationskanones dann durch Caesar → Baronius († 1607) und Robert →  Bellarmin (†  1621, die sie gar zu →  canones eines →  ökumenischen Konzils erklärten. Dies hatte eine heftige Kontroverse mit den Gegnern der römischen Papstkirche, den Protestanten, den Gallikanern usw. zur Folge. Den radikalsten Weg, den Sardicensischen Appellationskanones ihre Beweiskraft zu nehmen, beschritt ein Gegner des →  Vaticanum  I (1869–1870), der Altka-

tholik Johann Friedrich († 1917): Er leugnete ihre Echtheit15. →  Appellation vom Papst an das Konzil, →  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, →  Hinkmar von Reims (um 800/10–882), → Nikolaus von Kues (1401–1464), → Synodalrecht, →  Verhältnis des Konzils zum Papst S channat , J ohann F riedrich (†  1739) → Hartzheim, Hermann Josef (1694–1763) S chatzgeyer , K aspar (†  1527) →  Verteidigung der Unfehlbarkeit S cheffczyk , L eo († 2005) → apriori infallible Sätze S chelstrate , E mmanuel († 1692) → Haec sancta S chemata  Das →  Vaticanum  I (1869– 1870) führte die Neuerung ein, durch vom → Papst eingesetzte Kommissionen die auf dem Konzil zu behandelnden Beratungsgegenstände vorzubereiten und zu diesem Zweck sog. Schemata auszuarbeiten. Dieses von früheren Konzilien her so nicht bekannte Verfahren stieß auf den Protest und die Kritik verschiedener Vertreter der Minderheit der anstehenden Entscheidungen des Konzils. Redaktoren der Jesuitenzeitschrift Civiltà Cattolica verteidigten die Neuerung, Raffaele Ballerini († 1907) mit dem Hinweis auf die entsprechende Praxis der weltlichen Parlamente, Valentino Steccanella (†  1897) mit der Behauptung, diese Praxis stelle ein gewaltiges Entgegenkommen des →  Papstes dar. Er hätte nämlich ohne Zweifel das Recht gehabt, statt Schemata zur Beratung fertige Dekrete zur bedingungslosen Zustimmung vorzulegen. So jedenfalls sind nach Steccanellas Meinung die Päpste (→  Papst) nicht nur auf den mittelalterlichen, sondern auch auf den altkirchlichen Konzilien vorgegangen. Im Übrigen handele es sich bei der Zusammensetzung der Vor 15 Vgl. „Die Sardicensischen Appellationskanones im Wandel der Geschichte“, in: Partikularsynode, 193–228. – Vgl. auch Literaturnachtrag 95.

Schriftauslegung

bereitungskommissionen um die besten Köpfe, über die die Kirche derzeit verfüge, und keineswegs, wie die Kritiker behaupten, um eine einseitige Auswahl von Anhängern der päpstlichen Unfehlbarkeit16. S chillebeeckx , E dward († 2009) → apriori infallible Sätze „S chimäre “  Bevor es zur Definition der Unfehlbarkeit des →  Papstes durch das →  Vaticanum  I (1869–1870) kam, fand –  meist im Zusammenhang von Stellungnahmen zum Dekret →  Haec sancta  – eine ständig wachsende →  Abwertung der Bedeutung der Konzilien für die Kirche statt17. Den Höhepunkt dieser Entwicklung stellt die Kritik des Vordenkers der Restauration Joseph de → Maistre († 1821) an Haec sancta dar. Der illustre Franzose verstand es seine polemische Stellungnahme zu den Konzilien „in das berückende Gewand einer glänzenden französischen Diktion zu kleiden“: Mögen die Konzilien in der Frühzeit der Kirche eine nützliche Rolle gespielt haben, so der konservative Publizist, heute eignen sie sich nicht mehr als Entscheidungsgremien. Ihre → Einberufung sei, angesichts der Größe der Kirche, viel zu schwierig geworden. Man könne sie derzeitig nur noch als „Schimären“ bezeichnen. Der tiefere Grund der → Abwertung ist natürlich der, dass die Kirche einer souveränen Leitung (→ Souveränität) bedarf und diese von ihrem Wesen her nicht intermittierend sein kann, sondern kontinuierlich ausgeübt werden muss. Dazu ist aber nur der →  Papst und nicht das im besten Fall periodisch stattfindende Konzil (→  Frequens) in der Lage. Nur Hohn und Spott hat de →  Maistre für die berühmte →  Superioritätsfrage übrig. Da das Konzil nichts anderes ist als die Ständeversammlung der Kirche unter der Leitung ihres Souveräns, des → Papstes, sei die genannte Frage genau das, was man im Englischen als „non-sens“ bezeichnet. Die Zukunft gehöre jedenfalls nicht den Konzilien, sondern dem  16 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 157f.  17 Vgl. „Die Einschätzung des Konstanzer Dekrets Haec sancta in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 36–71.

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→  Papst, der viel besser als Konzilien den Nöten der Kirche abhelfen könne. Dass es sich bei → Haec sancta nicht um das Dekret eines unfehlbaren Konzils handelt, steht für den Franzosen außer Frage: Ein einfacher Landpfarrer, ja sein Sakristan sind nicht weniger unfehlbar als die in Konstanz (→ Con­ stantiense [1414–1418]) ohne den →  Papst versammelten Bischöfe. Was den Inhalt des Dekrets angeht, so ist die Antwort einfach: „Il faut dire que l’assemblée déraisonna […] comme toutes les assemblées imaginables, nombreuses et non présidées“. → Haec sancta sei die Folge des Fehlens einer → Autorität, die die naturnotwendig zur Unvernunft drängende Masse der Konstanzer Väter bändigte und in Zaum hielt. De → Maistres eigentliche Pointe gegen → Haec sancta lautet: Konstanz 1414 und Paris 1789 stehen in Parallele zueinander. Beide Male wurde die gottgewollte Ordnung auf den Kopf gestellt, fand Revolution statt18. S cholastische D efinition des K onzils → hylemorphistische Definition S choll , H ermann († 1768) → Hartzheim, Hermann Josef (1694–1763), → Konzilsideen S chriftauslegung  Schon →  Marsilius von Padua (†  1342/43) hat die Konzilien ausdrücklich als Vorgänge von Schriftauslegung verstanden19. Auch →  Erasmus von Rotterdam (†  1536) hat in seiner Auseinandersetzung mit Martin → Luther († 1546) die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) grundsätzlich als Verfahren von Schriftauslegung konzipiert, die in ihrem Ergebnis sicherer seien als die individuelle Auslegung20. Im Kontext der nach dem 30-jährigen Krieg stattfindenden → Unionsverhandlungen (→ Ökumene) zwischen der katholischen und der protestantischen Seite kommt die Idee des Konzils als Schriftauslegung dann wieder zur Sprache. Konzilien sind demnach wesentlich Vorgänge gemeinsamer, öffentlicher statt privater Schriftaus 18 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 53–55. – Vgl. auch Literaturnachtrag 96.  19 Vgl. Mittelalter, 379.  20 Vgl. Konzils- und Papstidee, 184f.

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legung. Der →  Gehorsam ihnen gegenüber wird nicht durch die Gegenüberstellung einer → lehrenden und einer hörenden Kirche, sondern vielmehr durch den Unterschied zwischen dem Urteil des Einzelnen und dem der kirchlichen Gemeinschaft begründet. Zwar sind nach dieser Auffassung die Konzilien nicht ratione sui unfehlbar – denn der Heilige Geist zwingt die Teilnehmer nicht zu innerer Zustimmung – aber sie können es werden aufgrund des →  Konsenses des größeren Teils der Christenheit (→  Rezeption). Denn dieser Mehrheit ist der Beistand des Heiligen Geistes verheißen (→ Inspiration). Solche Zustimmung wird dann zu Recht präsumiert, wenn das Konzil im Rahmen der Rechtsvorschriften abgehalten wurde (→ rechtmäßiger Verlauf)21. →  Erasmus von Rotterdam (1466–1536), →  Heilige Schrift, →  Öffentlichkeit, →  Regensburger Buch S chriftbeweis für K onzilsinstitution → locus scripturisticus S chriftliche F ixierung → Formeln

des

G laubens

S chröckh , J ohann M atthias (†  1808) → Gregor von Nazianz (um 329–390) S chwetz , J ohann B aptist († 1890) → außerordentliches Lehramt S elbstverständnis →  Autorität, →  Triumphalismus, → Welt, → Wesen S emmelroth , O tto († 1979) → apriori infallible Sätze, → Jesuiten S ensus

fidelium

→ Rezeption

S erry , F rancois -J acques († 1738) → Zaccaria, Francesco Antonio (1714–1795) S everian von G abala († um 408) → consensus omnium, → Dreihundertachtzehn Väter  21 Vgl.  „Das Konzil im ‚ökumenischen Dialog‘ Bossuets mit Leibniz“, in: Reformation, 350–402.

S icut sancti   Die Dekretale →  Gregors des Gr. († 604) Sicut sancti hat in der → Geschichte der Konzilsidee eine vergleichsweise bedeutende Rolle gespielt. Das liegt einerseits an ihrem Inhalt22, andererseits an ihrer Aufnahme in das →  Decretum Gratiani (um 1135–1140) (dist. 15,2); denn dies verschaffte ihr die Aufmerksamkeit der Nachwelt. Ihr Anfang lautet: Sicut sancti evangelii quattuor libros sic quattuor concilia suscipere et venerari me fateor […] dum ‚universali‘ sunt consensu constituta, se et non illa destruit, quisquis praesumit aut solvere quos religant aut ligare quos solvunt. Inhaltlich bedeutsam sind drei Aussagen: 1. die Konzilien haben einen den Evangelien vergleichbaren Rang, 2. es gibt vier Hauptkonzilien (→ Viererprimat), 3. die Konzilien bestehen aus →  Konsens. Schon bevor der Text in das →  Decretum Gratiani übernommen wurde, war er mittelalterlichen Autoren geläufig (→  Hinkmar von Reims (†  882)23, →  Bernold von Konstanz [† 1100]24). → Wilhelm von Ockham († 1347) verwendet ihn im Zusammenhang seiner Diskussion über die →  Unfehlbarkeit der Konzilien25, →  Johannes von Segovia († 1458) sieht in ihm einen Beleg für den Gehorsam der Päpste (→ Papst) gegenüber den Konzilien26, →  Giuliano Cesarini (†  1444), der mutmaßliche Verfasser von → Cogitanti, dem konziliaristischen Manifest (→  Konziliarismus), einen Beweis für die schriftgleiche → Autorität der Konzilien27. S ilvester P rierias († 1523) → Dominikaner, → faciens quod in se est, → Verteidigung der Unfehlbarkeit S implicius († 483), Papst → executrix conciliorum S inn → Nutzen S iricius (†  399), Papst →  executrix conciliorum  22  23  24  25  26  27

Vgl. DH 472. Vgl. Mittelalter, 89. Vgl. Mittelalter, 136. Vgl. Mittelalter, 430; Apostelkonzil, 515f. Vgl. Apostelkonzil, 182f. Vgl. Apostelkonzil, 229.

Souveränität

S irmond , J acques († 1651) → Jesuiten S itzordnung   Die Sitzordnung auf den Konzilien ist entweder durch Gewohnheitsrecht oder die speziellen Geschäftsordnungen (→  Geschäftsordnung) der jeweiligen Synoden festgelegt. Von besonderem Interesse ist hier der Platz des →  Papstes bzw. seiner →  Legaten auf den ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil), kommt hier doch durch die Sitzordnung das spezifische Verhältnis zum Ausdruck, das zwischen dem →  Papst und dem →  ökumenischen Konzil besteht. So hatten die päpstlichen → Legaten auf dem → Chalcedonense (451) und auf dem → Constantinopolitanum  III (680–681) ihren Platz unmittelbar zur Linken des → Kaisers oder dessen Stellvertreters. Dass der Platz zur Linken des → Kaisers der Ehrenplatz ist und nicht der zur Rechten, ergibt sich aus der Tatsache, dass der Patriarch von Konstantinopel, der für die Ostkirche Höchstrangige, ebenfalls seinen Platz zur Linken des Kaisers hatte, jedoch erst nach den päpstlichen →  Legaten28. Besonders schwierig war die Aufstellung einer Sitzordnung für das →  Florentinum (1439–1443), für das dann schließlich folgender Kompromiss gefunden wurde: Den Lateinern wurde die Nordseite, den Griechen die Südseite zugesprochen. Der Papstthron kam dabei auf die lateinische Seite, wurde aber so installiert, dass er alle übrigen Sitze der Aula an Höhe überragte. Auf der griechischen Seite nahm den ersten Platz der →  Kaiser ein, ihm entsprach auf der gegenüberliegenden Seite der Platz des deutschen Königs. Der Platz des Patriarchen von Konstantinopel war ähnlich dem des →  Papstes gestaltet, nur niedriger und auf der Höhe des rangältesten Kardinals29. Eine besonders ausführliche Darlegung über die Sitzordnung legt →  Johannes von Ragusa (†  1443) in seinem →  Leitfaden für die Abhaltung eines →  ökumenischen Konzils vor30.

 28 Vgl. Konzils- und Papstidee, 26.  29 Vgl. Apostelkonzil, 282, 284.  30 Vgl. Apostelkonzil, 118.

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S ixtus III. († 440), Papst → executrix conciliorum, → Papst und Partikularsynode S okrates S cholastikos (†  nach 439) → regula ecclesiastica, → Verhältnis des Konzils zum Papst S ouveränität   Um ihre Eingriffe in die Angelegenheiten der Kirche zu begründen, wenden die Nationalstaaten des 18. und 19.  Jh.s den Begriff der Souveränität auch auf die Kirche allgemein und speziell auf den Episkopat an, den im Konzil versammelten eingeschlossen. Mit der Anwendung des Begriffs der Souveränität auf die Kirche erreicht der italienische Ex-Jesuit Giovan Vincenzo → Bolgeni († 1811) seinerseits ein Doppeltes: Erstens unterstreicht er damit die Unabhängigkeit der Kirche gegenüber den meist absolutistisch regierten Nationalstaaten. Der Italiener definiert die Souveränität der Kirche als „Vollmacht, Untertanen unabhängig von jeder anderen menschlichen Macht zu regieren“. Verliehen wurde der Kirche diese Souveränität, d.  h. ihre Unabhängigkeit von der weltlichen Macht, durch Jesus Christus selber. Entsprechend handelten die Apostel und ihre Nachfolger von Anfang der Kirche an: Sie gründeten Gemeinden und Kirchen in völliger Unabhängigkeit von den weltlichen Gewalten. Gäbe es irgendeine Instanz, die der Kirche Gesetze vorschreiben oder solche von ihr aufgestellten annullieren könnte, so wäre nicht sie, sondern diese Instanz, die dazu die Macht hat, souverän. Es widerspricht zwar dem Wesen der Souveränität, die Macht mit irgendjemandem im selben Bereich zu teilen, aber in verschiedenen Bereichen kann es durchaus zwei Souveräne geben. Die Souveränität der Kirche in ihrem Bereich, d.  h. dem der Seelen und des ewigen Ziels des Menschen, schließt keineswegs die Souveränität des weltlichen Staates aus; denn derselbe bezieht sich auf einen völlig anderen Bereich, den des zeitlichen Wohlergehens der Menschen. Das zweite mit dieser Anwendung des Begriffs der Souveränität auf den Episkopat erstrebte Ziel ist die Abwehr des jansenistischen Presbyterianismus (→  Diözesansynode). Christus übertrug die souve-

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räne Vollmacht, die Kirche zu regieren, ausschließlich den Aposteln. Die Lei­ ­ tungsvollmacht steht also nur dem Episkopat, den Nachfolgern der Apostel zu, sie ist nicht aufgeteilt zwischen den Bischöfen und den Priestern, wie es die Jansenisten (→ Jansenismus) verlangen. Beides, die Souveränität der Kirche als solcher gegenüber den Staaten und die Konzentration dieser Souveränität auf den Episkopat, sind nach → Bolgeni notwendig, um die Einheit der Kirche zu erhalten. Indem der Italiener souveräne Freiheit der Kirche zur Leitung ihrer eigenen Geschäfte gegenüber der weltlichen Macht beansprucht und ausschließlich die Bischöfe zur Ausübung dieser souveränen Vollmacht für befugt hält, kommt den Konzilien in der Verfassung der Kirche eine zentrale Bedeutung zu: „Wenn […] die Bischöfe […] eine ihnen eigene Vollmacht ausüben, die mit ihrem (bischöflichen) Charakter gegeben ist, und die aus ebendiesem Charakter unabhängig von der Gewährung durch den Papst hervorgeht, dann existiert die souveräne Vollmacht des gewiss souveränen allgemeinen Konzils nicht im Papst allein“. Das Konzil ist ein souveränes Leitungskollegium, weil es seine Vollmacht unmittelbar von Christus bekommt und nicht, wie die Papalisten (→ Papalismus) lehren, vom → Papst (→ Herkunft der Gewalt)31. → Jansenismus, → Kollegialität, → liberales Element der Kirchenverfassung S pätwirkung   Normalerweise beginnt die Wirkungsgeschichte eines Konzils mit dem Ende der Versammlung. Gelegentlich jedoch gibt es Ausnahmen. Ein markantes Beispiel hierfür ist die Wiederentdeckung der das ganze Mittelalter über verschollenen → Libri Carolini aus dem späten 8. Jh. durch den französischen Historiker und Juristen Jean du Tillet († 1570). Sie stellte für die katholischen Kontroverstheologen, die die traditionelle Verehrung der Bilder gegen die calvinistischen Bilderstürmer gerade auch mit historischen Argumenten verteidigten, aus einem  31 Vgl.  „Römische Konzilsidee zu Beginn des 19. Jahrhunderts: der päpstliche Theologe Giovan Vincenzo Bolgeni (1733–1811)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 7–35.

doppelten Grund einen schweren Schlag dar. Einerseits griff die von Kaiser Karl dem Gr. (†  814) in Auftrag gegebene theologische Denkschrift die Bilderlehre des →  Nicae­ num II (787) inhaltlich an, andererseits stellt sie in formaler Hinsicht die Kritik eines →  ökumenischen Konzils durch eine Partikularsynode (→  Partikularkonzil) dar, was es nach katholischer Auffassung nicht geben durfte. Die Libri Carolini belegten also: Auch der große → Kaiser war gegen die Bilderverehrung und sein Konzil, die Synode von →  Frankfurt (794), widersprach dem vom → Papst verteidigten → ökumenischen Konzil! In einer Zeit, in der die katholische Seite intensiv mit der Ausbildung einer kohärenten Lehre über die Konzilien beschäftigt war  – und dies nicht in kanonistischer Deduktion, sondern auf dem Weg historischer Induktion  – wog ein Exempel, in dem eine bedeutende abendländische Synode ein →  ökumenisches Konzil schlichtweg verurteilte, ganz gewiss sehr schwer, wie schwer, das zeigen die verschiedenen Abwehrstrategien, die die katholische Seite entwickelte32. S pr 22,28  „Überschreite nicht die ewigen Grenzen, die deine Väter setzten“. Das Schriftwort spielt in der →  Geschichte der Konzilsidee eine Rolle, seitdem → Athanasius von Alexandrien († 373) es zum ersten Mal auf ein Konzil, konkret auf das →  Nicaenum I (325), bezogen hat. Das genannte Konzil ist für ihn ein „ewiger Grenzstein“, der von den Vätern gesetzt wurde, in diesem Sinne „Wort Gottes, das ewig bleibt“ (Jes 40,8)33. Von griechischer Seite wird Spr 22,28 auch im Streit um den Zusatz des → Filioque durch die Lateiner im → Glaubensbekenntnis zitiert. So schreibt Niketas von Thessalonike (†  1145): „Wenn man es […] erlaubt, bei den entstehenden Fragen je und je etwas hinzuzufügen oder wegzunehmen, dann werden wir eben doch, ohne es zu merken, allmählich ‚die Grenzen der Väter‘ überschreiten“34. → Überlieferung  32 Vgl.  „Das Frankfurter Konzil (794) in theologischen Auseinandersetzungen des 16.–18. Jahrhunderts“, in: Gestalt, 363–398.  33 Vgl. Alte Kirche, 61f.  34 Vgl. Mittelalter, 283.

Stellenwert

S t . B asle (991), Konzil →  Binius, Severin (1573–1641) S taatlicher E influss   Auf Grund der Tatsache, dass die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche von den Kaisern (→  Kaiser) einberufen, ja die gesamte Institution gewissermaßen von ihnen konzipiert, geschaffen und technisch ermöglicht wurde, ist die Frage eines staatlichen Einflusses auf die Konzilien sehr naheliegend. Wie ist die Kirche, wie sind ihre Konzilien mit diesem Einfluss fertig geworden? Im Rahmen des vorliegenden Lemmas gehen wir nur auf zwei oder drei „Fälle“ ein, in denen das angesprochene Problem deutlich greifbar ist. Da ist zunächst, ganz zu Beginn der Konzilsinstitution, der Fall des → Athanasius von Alexandrien († 373), der von der Synode von →  Tyros (335), einem kaisergelenkten Konzil, verurteilt worden war. Er erhebt flammenden Protest gegen den staatlichen Einfluss und fordert mit großem Pathos das freie, nicht von der Staatsmacht manipulierte Konzil (→ Freiheit). Gewiss, seine Reaktion ist parteiisch und sie unterschlägt, dass das ihm genehme → Nicaenum I (325) selber auch massiv vom Staat beeinflusst war, aber er hat doch aufgrund seiner eigenen bitteren Erfahrung von staatlichem Einfluss die Vision eines freien, unabhängigen Konzils und er bekennt sich, freilich in polemischer Absicht, zu diesem Ideal35. Höchst aufschlussreich in diesem Sinn ist auch die wahrscheinlich von → Ath­anasius stilisierte Wiedergabe des Dialogs zwischen Papst → Liberius († 366) und dem kaiserlichen Eunuchen, in dem dieser die Idee der Staatsallmacht und jener die der Kirchenfreiheit verkörpert36. In schärfstem Kontrast zum Ideal des → Athanasius eines nicht vom Staat manipulierten Konzils steht dann der gegen den Häretiker (→  Häresie) →  Palladius von Rathiaria (†  Ende des 4.  Jh.s) von →  Ambrosius von Mailand (†  397) durchgeführte „Kognitionsprozess“ (→  äußere Gestalt), d.  h. das Konzil von → Aquileia (381). Er zeigt mit Händen greif 35 Vgl. Alte Kirche, 27f.  36 Vgl. Alte Kirche, 43–45.

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bar den staatlichen Einfluss auf ein kirchliches Konzil37. Gehen wir vom 4. in das 15. und 16.  Jh.! Im Zusammenhang der →  Rezeption des →  Basiliense (1431–1437/49) und des → Tridentinum (1545–1563) kommt es zu deutlichem staatlichen Einfluss auf die Konzilien, insofern die von ihnen aufgestellten Gesetze und Dekrete vom →  Placitum regium (→ Rezeption) abhängen. Die damaligen Könige haben zwar kein →  Stimmrecht auf den Konzilien selber, aber sie behalten sich das Recht vor, für ihr Herrschaftsgebiet die Konzilsentscheidungen zu rezipieren oder es nicht zu tun (→  Rezeption)38. S teccanella , V alentino († 1897) → Schemata S tellenwert   Die Präsenz und Lebendigkeit der Konzilsidee einer Zeit (→  Konzils­ ideen) findet sichtbaren Niederschlag in ihrer theologischen Literatur und dort speziell in Werken, die sich mit der Kirche beschäftigen. Die Frage nach der Präsenz des Konzilsgedankens in der theologischen Literatur stellt sich besonders für die Zeit nach dem →  Vaticanum  I (1869–1870), durch das für manche Beobachter die Zeit der Konzilien beendet worden war. Durchmustert man systematisch die De-ecclesia-Traktate zwischen 1870 und 1960 und fragt nach dem Stellenwert der Konzilien in ihnen, so kommt man zu keinem eindeutigen Ergebnis. Fragt man z. B., ob der Stellenwert der Konzilien mit der wachsenden Entfernung vom →  Vaticanum  I entsprechend zurückgeht, so ist zwar festzustellen, dass gegen Ende dieser Zeitspanne eine Reihe von Autoren dem Konzil kein eigenes Kapitel mehr widmet bzw. es nur sehr kursorisch und oberflächlich behandelt, aber man darf dabei nicht unterschlagen, dass es solche Autoren auch schon zu Beginn dieser Zeitspanne gab. Man kann also keinen sicheren Trend über den Stellenwert der Konzilien ausmachen. Fragt man, unter welcher Rücksicht  37 Vgl.  „Kaiserlicher Kognitionsprozess“, in: Alte Kirche, 482–492.  38 Vgl. „Regalismus (Praxis)“ u. „Regalismus (Theorie)“, in: Apostelkonzil, 233–257.

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den Autoren der De-ecclesia-Traktate die Konzilien in den Blick kommen, so sind verschiedene Sichtweisen zu nennen: Von vielen werden die Konzilien als „Träger kirchlicher Gewalt“, oder spezieller als „Träger der Lehrautorität“ bzw. als → „Subjekt der Unfehlbarkeit“ gesehen. Für alle diese Sichtweisen stellt das Konzil primär eine juridisch-kanonistische Größe dar. Bezeichnend für diese Sicht ist auch, dass man sich praktisch nur für das → ökumenische Konzil interessiert. Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil) werden höchstens erwähnt, um sie begrifflich von den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) zu unterscheiden. Damit ist man weit entfernt von der Sicht eines Yves → Congar († 1995), des Neuentdeckers und -erweckers des Konzilsgedankens, für den die Konzilien ein ganz besonders autoritativer Ausdruck des Lebens der Kirche sind. In ihnen kommt das tiefste Lebensgesetz der Kirche, Einmütigkeit und communio, zur Anschauung39. S tellvertretung → Repräsentation S tephanus T ornacensis († 1203) → sancta octo S timmrecht   Das Stimmrecht ist deutlich vom → Teilnahmerecht (→ Laienteilnahme) zu unterscheiden. Zwar nahmen an den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) der Alten Kirche auch die → Kaiser teil, aber sie hatten auf ihnen kein Stimmrecht. Dieses war den Bischöfen vorbehalten (→ concilium episcoporum est). Ein Bruch mit dieser Tradition fand auf dem → Constantiense (1414–1418) und →  Basiliense (1431– 1437/49) statt. Mehrere Theologen dieser Periode der Reformkonzilien diskutierten die Frage des Stimmrechts von Nicht-Bischöfen, besonders eingehend →  Johannes von Ragusa († 1443), der entschieden für das Stimmrecht der Konzilstheologen (→ Periti)

 39 Vgl. „Der Konzilsgedanke zwischen dem Ersten und dem Zweiten Vatikanum am Beispiel der Traktate De ecclesia“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 215–243.

eintritt40, aber auch → Jean Gerson († 1429)41, → Pierre d’Ailly († 1420)42, Antonius de Rosellis (†  1466)43, Andreas von Escobar (†  1448)44 u.  a. Der Jesuit Alphons →  Salmerón (†  1585) beschäftigte sich mit dieser Frage im Zusammenhang des →  Tridentinum (1545–1563). Er fügt zu der bekannten Unterscheidung zwischen dem Entscheidungsrecht, der → vox decisiva der Bischöfe, Patriarchen, amtierenden Ordensgeneräle usw., und dem Beratungsrecht, der →  vox consultativa der Konzilstheologen, noch die vox conclusiva hinzu. Diese Stimme hat nur der → Papst bzw. die seine Stelle vertretenden und dem Konzil präsidierenden → Legaten45. Diskutiert wurde das Stimmrecht auch auf den Unionsverhandlungen zwischen Jacques-Bénigne →  Bossuet (†  1704) und Gottfried Wilhelm → Leibniz († 1716)46. Schließlich geht die Diskussion über das Stimmrecht auch in die Handbücher und Lexika des 18. Jh.s ein47. Intensiv wurde dann über das Stimmrecht der Pfarrer im Zusammenhang der Diskussion über die Natur der →  Diözesansynode debattiert. Hier ging es um die Frage, ob die Pfarrer auf den Diözesansynoden (→  Diözesansynode) nur eine → vox consultativa oder auch eine → vox decisiva haben. Ein entschiedener Verfechter des Entscheidungsrechtes der Pfarrer war in dieser Debatte der Jansenist (→  Jansenismus) Gabriel Nicolas → Maultrot († 1803)48, einer der Hauptgegner eines solchen Rechtes Kardinal Césare Guillaume de la →  Luzerne († 1821)49. In die Praxis umgesetzt wurde das Entscheidungsrecht der Pfarrer dann auf der Synode von →  Pistoia (1786)50 und auf der Vorversammlung des geplanten italienischen →  Nationalkonzils von Florenz51. Auch in Deutschland wurde die Frage des  40  41  42  43  44  45  46  47  48  49  50  51

Vgl. Apostelkonzil, 119–121. Vgl. Traktate, 122. Vgl. Traktate, 30. Vgl. Traktate, 37. Vgl. Traktate, 41. Vgl. Apostelkonzil, 444–446. Vgl. Apostelkonzil, 335. Vgl. Reformation, 475. Vgl. Partikularsynode, 94–97. Vgl. Partikularsynode, 97–102. Vgl. Partikularsynode, 111–116. Vgl. Partikularsynode, 116–123.

Summen

Stimmrechts der Pfarrer nach der Revolution von 1848 und der Würzburger Bischofskonferenz (1848) heiß diskutiert52. Kurz vor dem → Vaticanum I (1869–1870) legt der liberale französische Theologe Henri →  Maret († 1917) im Zusammenhang seines Werbens für mehr demokratische Elemente (→ demokratische Prinzipien) in der Kirche ein Plädoyer für das Stimmrecht der Pfarrer in Provinzialsynoden (→ Provinzialsynode) ein53. Der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich († 1891) ist strikt gegen ein Entscheidungsrecht der Pfarrer in den Diözesansynoden (→ Diözesansynode)54. S tirnimann , H einrich († 2005) → apriori infallible Sätze S ubjekt der U nfehlbarkeit   Nach dem → Vaticanum I (1869–1870) findet unter den Autoren der De-ecclesia-Traktate eine vornehmlich von → Jesuiten geführte Diskussion über die Anzahl der Subjekte der Unfehlbarkeit statt. Nach der einen These gibt es letztlich nur einen unmittelbaren Träger der Unfehlbarkeit in der Kirche, nämlich den → Papst, nach der anderen ist auch das mit dem Papst vereinte Konzil ein solcher Träger der →  Unfehlbarkeit, mithin gibt es insgesamt zwei Träger, wenn auch nur inadäquat voneinander unterschieden. Schließlich geht es in dieser sehr abstrakt geführten Kontroverse um die Frage, ob es nach der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit neben der päpstlichen noch eine konziliare → Unfehlbarkeit gibt oder ob mit der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit die konziliare Unfehlbarkeit eigentlich beseitigt ist. Anders ausgedrückt: Ist durch das →  Vaticanum  I zusammen mit dem → Konziliarismus Basler und gallikanischer Provenienz auch das traditionelle, ex sese unfehlbare Konzil der Kirche abgeschafft? Die Anhänger des unum  52 Vgl.  „Die Beratung und die Beschlüsse der Würzburger Bischofskonferenz (1848) über die Diözesansynode“, in: Partikularsynode, 127– 161; „Die Diskussion über die Diözesansynode der Jahre 1848–1850 in Deutschland“, in: Partikularsynode, 162–192.  53 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 97–98.  54 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 109.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 97.

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subjectum infallibilitatis sind kurz davor, das Konzil im traditionellen Sinn des Wortes aus dem Recht und der Wirklichkeit der Kirche zu streichen. Die Anhänger einer Zweizahl von Subjekten suchen von diesem traditionellen Begriff des Konzils zu retten, was zu retten ist. Aber die Kontroverse hat Bedeutung nicht nur vor dem Hintergrund der vor­ausgegangenen →  Geschichte der Konzilsidee. Die im Kontext des → Vaticanum II (1962–1965) geführte Diskussion über die bischöfliche → Kollegialität im Allgemeinen und die Natur und das → Wesen der Konzilien im Besonderen (→ „Theologie des Konzils“) knüpft an die zwischen 1870 und 1960 geführte Kontroverse über die Anzahl der Subjekte der Unfehlbarkeit an. Mag in ihr das Wort auch nicht fallen, die Kontroverse über die Anzahl der Subjekte ist der Sache nach immer schon eine Auseinandersetzung über die Kollegialität in der Kirche gewesen55. S ummen   Neben den →  Sammlungen der Konzilsakten entstanden vom 16. Jh. an die sog. Konzilssummen, auch epitomé bzw. compendium genannt, unter verschiedenen Rücksichten erstellte Auszüge und Zusammenfassungen aus den Sammlungen der Konzilsakten bzw. Konziliensammlungen. Sie entsprechen dem Bedürfnis nach kürzeren Einführungen in die Materie der Konzilien. Den ersten Auszug aus einer Konziliensammlung, die Summa conciliorum magis illustrium, und zwar aus den →  Pseudoisidorischen Dekretalien, stellte 1536/37 der zum Kreis der römischen Reformer gehörende Gasparo Contarini (†  1542) zusammen. Ebenfalls in den unmittelbaren Kontext des → Tridentinum (1545–1563) gehört die Summa omnium conciliorum et pontificum des Dominikaners Bartolomé Carranza (†  1576). Weitere Summen stammen aus der Feder des spanischen Franziskaners Franciscus Joverius († 1555), des portugiesischen Dominikaners Bartholomaeus a Martyribus († 1590), des Franzosen Gabriel du Préau (†  1588)  55 Vgl.  „Eine wichtige Kontroverse (in den De-ecclesia-Traktaten)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 229–243.

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u. a. Besonders beliebt sind solche Summen im 18. Jh., das als saeculum der „haute vulgarisation“ bekannt ist56. Der Umfang der Summen nimmt dabei ständig zu. Umfasste eine der frühesten Summen nur 20 Seiten, so schwillt die letzte auf über 1000 Seiten an. Manche dieser Summen erreichten eine sehr hohe Gesamtzahl der Druckexemplare, z. B. die Summe Carranzas bis zum Ende des 18. Jh.s 30 Auflagen. Vor allem durch solche Summen wie die des genannten Dominikaners wurde die Konzilsidee (→ Konzilsideen) verbreitet. Der „Carranza“ hatte für die Konzilsidee (→ Konzilsideen) eine ähnliche Funktion wie der „Denzinger“ im letzten Jahrhundert für die Papstidee57. S uperioritätsfrage   Unter der Superioritätsfrage verstehen wir im Anschluss an Mt 18,1, der Perikope vom Streit unter den Jüngern Jesu, wer der größte im Himmelreich sei, die jahrhundertelang diskutierte Frage nach der höchsten Gewalt (→ Höchstgewalt) in der Kirche. Ist der → Papst „größer“ als das Konzil oder umgekehrt? Theoretische Divergenzen in dieser Frage gab es zwar schon im ersten Jahrtausend58, intensiv diskutiert wurde sie dann von Publizisten und Theologen um die Wende vom 13. zum 14. Jh. unter dem Stichwort concilium maius quam papa und umgekehrt. Die durch Johannes Teutonicus († 1245) repräsentierte kanonistische Tradition brachte es, was Glaubensfragen angeht, auf die Formel synodus maior est papa. → Johannes Quidort von Paris (†  1306) lässt dann die Einschränkung auf Glaubensfragen fallen: papa cum concilio maior est papa solo. →  Augustinus Triumphus (†  1328) präzisiert: concilium maius papa gilt nur für die habituelle Gewalt der Kirche, nicht für die aktuelle Gewaltausübung. Hier gilt: papa maior concilio. Denn ohne den → Papst kommt das Konzil gar nicht zu seiner „Aktualität“. →  Petrus de Palude (†  1342) wird noch deutlicher. Er kehrt die alte kanonistische Formel synodus maior papa  56 Vgl. „Konzilskompendien und -summarien“, in: Reformation, 472–476.  57 Vgl.  „Konzilssummen“, in: Reformation, 235– 239.  58 Vgl. Konzils- und Papstidee, 26–29.

um und stellt fest: ipse est supra concilium. Ähnlich wie der genannte Dominikaner lehrt der Franziskaner Alvarus Pelagius (†  um 1350)59. Die völlige Umkehr des Verhältnisses von Konzil und →  Papst kommt dann mit → Marsilius von Padua († 1342/43): Der → Papst wird praktisch durch das Konzil ersetzt60. Von ihm unterscheidet sich → Wilhelm von Ockham († 1347) wiederum deutlich: Während der Italiener im Papsttum eine rein menschliche Einrichtung sieht, belässt der Engländer dem von ihm mit Erbitterung und Verve bekämpften Papsttum doch die wichtigste Rechtsgrundlage, nämlich seine göttliche Stiftung. Sein Kampf gilt nicht dem gottgewollten Amt des → Papstes als solchem, sondern dessen menschlicher Verfälschung in der Lehre der plenitudo potestatis61. Fortgesetzt wurde der Streit von den Konziliaristen (→  Konziliarismus) und den Papalisten (→ Papalismus) zur Zeit der Reformkonzilien und vor allem während des →  Basiliense (1431–1437/49)62. Er war durchaus auch noch während des → Tridentinum (1545–1563) virulent, was man u.  a. am Konzilstraktat (→  Konzilstraktate) des Jesuiten Alphons → Salmerón († 1585) sehen kann63. → Erasmus von Rotterdam († 1536) behandelt die Superioritätsfrage als Satyriker64. Hauptschauplatz der Kontroverse war dann im 17.  Jh. Frankreich. In der zweiten Hälfte des 18. Jh.s verlagerte sich der Hauptschauplatz der Auseinandersetzung um die Form des Kirchenregimentes von Frankreich nach Deutschland. Der Streit um die Superiorität von → Papst bzw. Konzil lässt sich gut an den Positionen von drei Theologen festmachen: der des Episkopalisten Johann Nikolaus von → Hontheim (= Justinus Febronius), des Papalisten (→  Papalismus) Francesco Antonio →  Zaccaria und des  59 Vgl.  „concilium maius quam papa und umgekehrt“, in: Mittelalter, 326–329.  60 Vgl.  „Entmachtung des Papstes (bei Marsilius von Padua)“, in: Mittelalter, 391f.  61 Vgl. Mittelalter, 463f.  62 Vgl.  „Die Konzilssumme des Agostino Patrizi (1435–1495) und ihr Referat der Basler Kontroverse um die höchste Gewalt in der Kirche“, in: Gestalt, 94–122.  63 Vgl. Apostelkonzil, 453f., 470–472.  64 Vgl. Konzils- und Papstidee, 175-177.

Synodalbrief

Fürstabts von St. Blasien Martin → Gerbert, der eine mittlere Position zwischen den beiden Extremen vertritt65. Ausführlich diskutiert wird die Superioritätsfrage ebenfalls in der Folgezeit, auch im unmittelbaren Kontext des → Vaticanum I (1869–1870)66. →  communio potestatis, →  Gerbert, Martin (1720–1793), → praefatio longa de concilio Nicaeno S urius , L aurentius († 1578) → Binius, Severin (1573–1641), → Sammlungen S uspension   Dieses Stichwort bezieht sich auf die Frage, ob in einer gegebenen Situation von bestimmten Festlegungen eines Konzils suspendiert werden kann. So wurde den böhmischen Kalixtinern die Teilnahme am → Basiliense (1431–1437/49) ermöglicht, indem man die sie betreffenden Bestimmungen des → Constantiense (1414–1418) außer Kraft setzte. Bei den zwischen der protestantischen und katholischen Seite durchgeführten Reunionsgesprächen (1691–1693) (→ Unionsverhandlungen) nach dem 30-jährigen Krieg (→ Ökumene) argumentierte die protestantische Seite genau mit diesem Präzedenzfall. Man solle den Protestanten die Teilnahme an einer gemeinsamen Kirchenversammlung mit den Katholiken dadurch ermöglichen, dass die sie betreffenden Bestimmungen des →  Tridentinum (1545– 1563) außer Kraft gesetzt werden; denn dieselben seien für sie inakzeptabel67. Der Haupteinwand der Protestanten gegen das → Tridentinum war, dass auf diesem Konzil eine Partei auch gleichzeitig Richter gewesen sei. Nach Jacques-Bénigne →  Bossuet († 1704) kann dieser Einwand nicht aufrecht erhalten werden, denn auf allen Konzilien war dies der Fall. Auch die Protestanten selber verführen auf ihren eigenen Versammlungen nicht anders. Als die Lutheraner die Reformierten verurteilten, wären diese nicht dabei gewesen. Auch die Trienter Anathe 65 Vgl.  „Stellungnahmen zur Superioritätsfrage: Gerbert, Hontheim, Zaccaria“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 403–449.  66 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 145–154.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 98.  67 Vgl. Reformation, 378, 385f., 391.

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matismen stellten keinen Grund zur Ablehnung des Konzils dar. Die Glaubensbekenntnisse der Protestanten enthielten die gleichen Abgrenzungen gegenüber abweichenden Lehren68. S ymmachus († 514), Papst → executrix conciliorum, → römische Konzilsprotokolle S ymbolum → Glaubensbekenntnis S ynodalbrief   Von frühester Zeit an gehört es zur Praxis der Konzilien Synodalbriefe zu verfassen, in denen die benachbarten Ortskirchen über den Ablauf bzw. die Entscheidungen der eigenen Synode, insbesondere über die Verurteilung von Irrlehrern (→ Häresie) in Kenntnis gesetzt werden. Das Motiv für diese Praxis war dabei nicht in erster Linie die Warnung vor Häretikern (→  Häresie), sondern das allgemeine Bedürfnis die Schwesterkirchen im Sinne der communio der Kirchen am Leben der eigenen Ortskirche teilhaben zu lassen. Die ökumenischen Synoden (→ ökumenisches Konzil), die ja auch Konzilien des Reiches, „Reichssynoden“ waren, schickten Synodalbriefe auch an den → Kaiser, der ja ihre Entscheidungen zu Reichsgesetzen machte. Geht man davon aus, dass die →  äußere Gestalt der Synoden auch vom kulturellen Kontext beeinflusst ist, so lag zu Beginn dieser Praxis, Synodalschreiben zu verfassen, vielleicht der Brauch des römischen Senats zugrunde, die Senatsbeschlüsse schriftlich zu fixieren und bekannt zu machen69. Für die Alte Kirche ist eine sehr große Zahl solcher Synodalbriefe überliefert und sie stellen entsprechend eine der wichtigsten Quellen für die Erforschung und die Kenntnis der Konzilien dar. Von nicht wenigen Konzilien sind nur ihre Synodalbriefe überliefert. Nicht selten sind diese Briefe von bedeutenden Theologen und Bischöfen verfasst und bisweilen in deren Briefsammlungen überliefert, so Synodalbriefe der Synoden von Cirta (412), →  Mileve (416) und →  Karthago (416) im

 68 Vgl. Reformation, 369.  69 Vgl. Apostelkonzil, 481.

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Briefcorpus des →  Augustinus von Hippo († 430)70. S ynodalrecht   Wir verstehen unter diesem Stichwort Rechtsbestimmungen bzw. die Rechtsordnung, die die Konzilien über sich selber aufgestellt haben bzw. die ihnen gegeben wurde. Solche die Konzilien betreffenden → canones sind schon seit der ersten Hälfte des 4. Jh.s anzutreffen. Die frühesten → canones über Konzilien wurden auf östlichen Synoden aufgestellt. Am Anfang steht Kanon V des Konzils von Nicaea (325) (→ Nicaenum I). Anlass, sich überhaupt mit der Konzilsmaterie zu befassen, sind die von einzelnen Bischöfen ausgesprochenen Exkommunikationen. Kanon V des Konzils von Nicaea (→ Nicaenum I) schafft mit der Einrichtung von zweimal im Jahr, nämlich vor Ostern und im Herbst, stattfindenden Provinzialkonzilien (→  Provinzialsynode) eine Art zweiter Instanz, an die Exkommunizierte sich wenden können für den Fall, dass sie sich ungerecht behandelt fühlen. Das Konzil tritt uns in diesem ersten ausdrücklich mit Bischofsversammlungen befassten Kanon (→  canones) als Organ der Rechtspflege vor Augen. Den wichtigsten Beitrag zum frühen Synodalrecht der östlichen Synoden leistete das Konzil von → Antiochien (328). Kanon VI dieser Synode präzisiert Kanon V von Nicaea (→ Nicaenum I): Der Exkommunizierte verteidigt selber seinen Fall vor der → Provinzialsynode. Kanon XII verbietet den Rekurs auf den weltlichen Arm. Grundsätzlich sind zwei Fälle vor der →  Provinzialsynode möglich: Entweder man gelangt zu einem einstimmigen Urteil oder nicht. Im ersten Fall gilt Kanon XV desselben Konzils: Das Urteil ist inappellabel und muss angenommen werden. Im zweiten Fall gilt Kanon XIV: Der Metropolit zieht zu seiner →  Provinzialsynode Bischöfe aus Nachbarprovinzen hinzu, um mit ihrer Hilfe zum →  Konsens zu gelangen. Weitere → canones des Konzils von → Antiochien be 70 Vgl.  A. Weckwerth, Ablauf, Organisation und Selbstverständnis westlicher antiker Synoden im Spiegel ihrer Akten, Münster 2010, 32; ebd., 41, 97f., 137f. eine Liste der spanischen, gallischen und nordafrikanischen Synodalbriefe.

treffen sonstige Vollmachten der → Provinzialsynode, wie die Einsetzung von Bischöfen (can. XVI), Maßnahmen bei Ablehnung eines eingesetzten Bischofs durch das Kirchenvolk (can. XVIII), Ordinationen (can. XIX). Kanon XX legt die beiden Jahrestermine für die Provinzialversammlung fest, erklärt diese zur höheren Instanz für alle Rechtsuchenden und verbietet die Abhaltung der Synode in Abwesenheit des Metropoliten. Die Entwicklung des Synodalrechts geht, immer noch im Osten, mit großem Tempo weiter: Das Konzil von →  Sardica (342) macht den →  Papst zu einer gesamtkirchlichen Supplikationsinstanz. Das Konzil von Laodicaea (363/64) bezeugt mit seinem Kanon XI, dass die vom Synodalrecht vorgeschriebenen Konzilien nicht von allen Bischöfen besucht wurden und fordert unter Androhung schwerer Sanktionen zur → Teilnahme auf. Das → Constantinopolitanum I (381) nimmt nach der Nichtrezeption von →  Sardica durch den Osten die Frage des Instanzenzuges wieder auf und bestimmt mit seinem Kanon VI die „größere“ Synode der „Diözese“ zur zweiten Instanz. Im Westen ist es Afrika, das die Initiative zum Aufbau des Synodalrechts ergreift. Zur Eigenart seines Konzilsrechts gehört die Vorschrift eines gesamtafrikanischen Konzils. Kanon V des Codex canonum ecclesiae Africanae schreibt ein zweimal jährlich stattfindendes concilium plenarium vor. Kanon XCV aus späterer Zeit schafft das routinemäßig jährlich stattfindende concilium plenarium wieder ab und beschränkt seinen Zusammentritt auf das Vorliegen von causae maiores. Kanon LXXVI schärft die → Teilnahmepflicht ein, Kanon LIII nennt entsprechende Sanktionen. Weitere → canones regeln weitere Details des Synodalrechts. Ein wichtiger Beleg für die Selbstständigkeit der afrikanischen Kirche ist Kanon CXXV. Er belegt die Appellation eines niederen Klerikers nach Rom mit der Exkommunikation. Der eigene Beitrag der gallischen Synoden zum altkirchlichen Synodalrecht hält sich im Vergleich mit den östlichen und den afrikanischen Synoden in Grenzen. Man hat auch hier mit dem Problem des Fernbleibens von Synoden zu kämpfen. Bedeutend ist wieder-

Synodus

um der Beitrag der spanischen Konzilien zum Konzilsrecht der Alten Kirche. Ein Teil der → canones schärft ältere Bestimmungen wieder ein oder modifiziert sie, ein anderer Teil offenbart das Interesse an genauer Reglementierung der Versammlung. Zur zweiten Kategorie gehört vor allem der Kanon IV des vierten Konzils von →  Toledo (633), der berühmte → ordo de celebrando concilio. Was die auf das →  Constantinopolitanum  I folgenden ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) angeht, so schärfen sie im Wesentlichen die Bestimmungen der älteren Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil) zum Synodalrecht ein. Auch der Beitrag der Päpste (→  Papst) zu diesem Recht ist eher bescheiden, sieht man einmal von → Leo dem Gr. († 461) ab, von dem vier Stellungnahmen zu Partikularkonzilien (→ Partikularkonzil) als Dekretalen ins Kirchenrecht eingegangen sind71. → Geschäftsordnung S ynodicon vetus   Unter den →  Synopsen verdient das bald nach 887 entstandene, 1601 zum ersten Mal gedruckte anonyme Synodicon vetus eine besondere Beachtung. Während in den übrigen →  Synopsen nur die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) und eine beschränkte Zahl lokaler Synoden aufgeführt werden, erhebt das Synodicon vetus den Anspruch, den es freilich bei Weitem nicht realisiert, alle in der Kirche abgehaltenen Konzilien, sowohl die ökumenischen als auch die partikularen (→  Partikularkonzilien), zu behandeln. Damit stellt das Synodicon vetus gewissermaßen den Anfang der →  Konziliengeschichtsschreibung dar. Es dauert lange, bis das hier Begonnene nach Anlage und Umfang wesentlich verbessert wird. Das ist auch der Grund, weswegen spätere Konziliengeschichtsschreiber (→  Konziliengeschichtsschreibung) sich immer wieder auf diesen Text beziehen und →  Sammlungen von Konzilien, z. B. die von Giovanni Domenico →  Mansi (†  1769), jeweils das betreffende Kapitel des Synodicon vetus zitieren. Neu im  71 Vgl. „Kirchenrechtlicher Zugang“, in: Partikularsynode, 12–22.

endemousa

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Vergleich zu den übrigen →  Synopsen ist auch die Erfassung häretischer Konzilien72. „S ynodiker “  Im Gefolge der Märzrevolution von 1848 wurde in mehreren deutschen Diözesen der Ruf nach Synoden laut. Der Zusammenbruch des Staatskirchentums erheischte von der Kirche auf verschiedenen Gebieten grundlegende Neuordnungen. Vielen erschienen andererseits innerkirchliche Reformen, die z. B. die Stellung der Pfarrer gegenüber ihren Bischöfen betrafen, von größter Dringlichkeit. Für diese Neuordnung der Verhältnisse hielt man Synoden auf den verschiedenen Ebenen für ein Gebot der Stunde (→  Diözesansynoden). Besonders laut wurde in der neugegründeten Oberrheinischen Kirchenprovinz nach solchen Synoden gerufen und die Rufer erhielten denn bald auch die Bezeichnung „Synodiker“. Der Erzbischof von Freiburg hatte am 24. März 1848 die einzelnen Dekanate zu Beratungen über die Lage einberufen, mehrere Landkapitel begnügten sich aber nicht mit der Mitteilung ihrer Beschlüsse an das Ordinariat, sondern gaben sie, um ihnen mehr Nachdruck zu verleihen, an die Presse (→  Medien). An der Diskussion über die →  Notwendigkeit von Synoden beteiligten sich auch sehr namhafte Theologen wie Johann Sebastian von Drey († 1853), Anton Josef → Binterim († 1855) u. a.73. S ynodus endemousa  Die endēmousa sýnodos, die ständig existierende Bischofssynode, ist eigentlich eine Einrichtung der griechischen Kirche; in ihr wurden alle Tätigkeiten und Geschäfte des Patriarchats von Konstantinopel entschieden. In Analogie zu ihr interpretierte →  Johannes von Segovia († 1458) die Apostelkonzilien, von denen es nach seiner Ansicht mehrere gegeben hat (→  Apostelkonzil) entsprechend dem jüdischen Synhedrion (→ Sanhedrin) als eine Art synodus endemousa. Diese Vorstellung einer Jerusalemer synodus endemousa ist durch das Bestreben Segovias motiviert, der Forderung  72 Vgl.  „Synodicon vetus“, in: Alte Kirche, 372– 377.  73 Vgl.  „Der Ruf nach der Diözesansynode (in Deutschland), in: Partikularsynode, 127–134.

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nach häufigeren Konzilien im Sinne des Dekrets →  Frequens eine biblische Grundlage zu geben74. Schon vor ihm hat →  Wilhelm von Ockham († 1347) die Idee einer ständigen Synode diskutiert, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch das östliche Vorbild angestoßen, sondern durch den Vergleich der verschiedenen →  Herrschaftsformen. Nach Prüfung verschiedenster Argumente pro und contra entscheidet sich Ockham jedoch eher für die monarchische als für die aristokratische Herrschaftsform (→  Herrschaftsformen) der Kirche75. Auf dem → Vaticanum II (1962–1965) schlug Patriarch Maximos († 1967) die Einrichtung einer synodus endemousa nach östlichem Vorbild vor, also eines ständig in Rom gegenwärtigen „höchsten Rates“ der Gesamtkirche76. S ynopsen   Die wachsende Entfremdung zwischen dem Osten und dem Westen, vor allem seit der morgenländischen Kirchenspaltung, wirkt sich auch literarisch aus. Im Osten entstehen und entfalten sich die sog. Konzilssynopsen, resümeeartige Zusammenfassungen über die Reihe der stattgehabten Konzilien. Sie treten in verschiedensten Formen auf, sind mehr oder weniger ausführlich. Es gibt anonyme Konzilssynopsen, aber auch von bekannten Autoren verfasste. Sie kommen als selbstständige Texte vor, aber auch als in andere Texte integrierte Elemente. Sie beinhalten alle sieben ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) bzw. nur die bis zur Zeit ihrer Abfassung durchgeführten. Sie führen entweder nur die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) auf oder nennen außer diesen auch eine Reihe von lokalen Synoden (→ Partikularkonzil). Was nun die theologische Bedeutung dieser Texte angeht, so hat man sie treffend mit griechischen Siegeln verglichen. Ihre Bedeutung liegt wesentlich in der Funktion beschlossen, die sie während Jahrhunderten ausgeübt haben. Sie tradierten nicht nur die geltende Lehre über den rechten Glauben bzw. über die verurteil 74 Vgl. Traktate, 144.  75 Vgl.  „Ständige Synode?“, in: Mittelalter, 458– 463.  76 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 322.

ten Irrlehren (→  Häresie, →  Popularisierung)77, sondern auch die für die griechische Kirche spezifische Auffassung über die Konzilien selber als Einrichtungen zur → Überlieferung des rechten Glaubens. Wie in kaum einer anderen Kategorie von Texten kommt in den Konzilssynopsen das Selbstverständnis der griechischen Kirche zum Ausdruck, Kirche der sieben Konzilien zu sein78. Wir kennen zwei westliche Gegenstücke zu diesen griechischen Konzilssynopsen, das eine befindet sich in dem Liber de sectis haereticorum et orthodoxae fidei dogmata des Balduin von Canterbury († 1190), das andere in dem Werk eines anonymen Dominikaners Contra Graecos (1225). Sie unterscheiden sich beträchtlich: Balduin präsentiert eine Synopse, die auf seine eigene Initiative hin aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt wurde, wörtlich ohne kritische Ergänzungen bzw. Anmerkungen, der Anonymus unterzieht die griechische Synopse einer deutlichen Kritik aus der Perspektive der lateinischen Theologie. Sein De conciliis generalibus und sein De synodis particularibus sind keine einfache Übernahme und Übersetzung griechischer Synopsen, sondern ihre korrigierte, ergänzte und überarbeitete Fassung79. →  Bethlehemer Geburtskirchenmosaik, → Synodicon vetus

 77 Vgl.  „In welcher Gestalt wurden die von den Ökumenischen Konzilien verurteilten Lehren popularisiert? Das Zeugnis der sog. Konzilssynopsen (6.–15. Jh.)“, in: Gestalt, 242–266.  78 Vgl. „Aspekte der Konzilsidee nach Konzilssynopsen des 6. bis 9. Jahrhunderts“, in: Alte Kirche, 344–380; Gestalt, 205–222, 244–250.  79 Vgl. „Griechische Konzilssynopsen bei zwei lateinischen Theologen des 12./13. Jahrhunderts“, in: Konzils- und Papstidee, 155–172. – Vgl. auch Literaturnachtrag 99.

n T T agebücher   Eine wichtige Quelle für die →  Konziliengeschichtsschreibung stellen die Konzilstagebücher dar. Sie informieren sehr oft über die Hintergründe und Zusammenhänge, die sich aus den offiziellen Dokumenten nicht ermitteln lassen. Sie spiegeln außerdem die Mentalität der auf dem Konzil agierenden →  Konzilsväter wider und sie informieren über die im Zusammenhang des Konzils entstehenden Gerüchte. Eine erste Eigenschaft des Konzilstagebuches ist im Unterschied zum üblicherweise amtlichen →  Protokoll des Konzils der private Charakter. Zu seiner Eigenart gehört auch die prinzipiell tägliche Eintragung, also die Gleichzeitigkeit der Niederschrift mit dem berichteten Konzilsereignis. Fehlt diese, so haben wir es eher mit Memoiren oder einer Chronik zu tun. Was die räumliche Partizipation angeht, so sind verschiedene Formen denkbar. Der Tagebuchschreiber kann selber Teilnehmer des Konzils sein, es genügt aber auch, dass er sich am Ort der Konzilsversammlung als Beobachter aufhält, ja es scheint, dass er auch von einem anderen Ort aus, wofern er nur die Ereignisse des Konzils verfolgen kann, sein Konzilstagebuch zu führen vermag. Mentalitätsbzw. kulturgeschichtliche Voraussetzung für das Schreiben von Tagebüchern ist die bewusste Individualität des Autors. Echte Tagebücher dürften also frühestens in der Renaissance entstanden sein, und so kommen denn auch erste Konzilstagebücher im strengen Sinn des Wortes erst mit dem →  Constantiense (1414–1418) und dem → Basiliense (1431–1437/49) auf. Aber ebenso wie es schon vor der Renaissance in der Antike gewisse Vorformen, z. B. Kriegstagebücher, gibt, gab es auch schon zur Zeit der Alten Kirche Texte, die man als Vorformen der modernen Konzilstagebücher betrachten kann. Wichtige Tagebuchschreiber des →  Constantiense sind Kardinal Guillaume Fillastre (†  1428) und der scriptor an der päpstlichen Kurie Jakobus de Ceretanis († 1440), dessen Eintragungen deutlich einen

subjektiven Charakter haben und damit in hervorragender Weise den Begriff eines Tagebuchs verwirklichen. Was das Konzil von Basel (→ Basiliense) angeht, so sind vor allem zwei Tagebücher zu nennen, ein anonym überliefertes mit dem Titel Reportatorium actorum sacri concilii Basiliensis, und ein von seinem Autor Andrea Gatari (†  nach 1454) Cronicheta genannter Text. Die eigentliche Zeit der Konzilstagebücher beginnt dann mit dem →  Tridentinum (1545–1563). Die umfangreichsten Tagebuchaufzeichnungen über das →  Tridentinum stammen aus der Feder des Konzilssekretärs Angelo Massarelli († 1566), das „inhalts- und aufschlussreichste unter allen Tagebüchern“ (H. Jedin) sind die Acta concilii des Juristen Gabriele Paleotti († 1597). Weitere, vor allem italienische Tagebücher sind erhalten. Waren die Schreiber von Tagebüchern in Trient noch vorwiegend Italiener, so ist das zahlenmäßige Verhältnis zwischen den europäischen Nationen auf den beiden folgenden Vatikanen ziemlich ausgeglichen. Ihre Anzahl ist sehr groß. Zum → Vaticanum I (1869–1870) sind gut 20 Tagebücher verfasst worden. Für das → Vaticanum II (1962–1965) rechnet ein Kenner der Materie wie Guiseppe → Alberigo († 2007) mit etwa 70 Konzilstagebüchern, mehr als 20 von ihnen sind noch nicht veröffentlicht.1. → Lubac, Henri de (1896–1991) T arasius († 806) → regula ecclesiastica T avard , G eorge H enri († 2007) → Kon­ troverse T eilnahme   Die Teilnahme am Konzil kam im Laufe der Geschichte im Wesentlichen unter zwei verschiedenen Rücksichten zur Sprache. Einerseits gab es in den alten Zeiten objektive Gründe, von ihnen fern zu    1 Vgl. „Konzilstagebücher. Eigenschaften, Entfaltung und Bestand einer Gattung“, in: Ökumenisches Konzil, 181–225; „Zwischen kurialistischem und säkularistischem Integrismus“. Das Zweite Vatikanum in der Wahrnehmung des Tagebuchschreibers Henri de Lubac“, in: Ökumenisches Konzil, 227–267.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 100.

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bleiben, z. B. die durch die Zivilisationsstufe bedingten Reiseschwierigkeiten, oder subjektive, z.  B. das Unabhängigkeitsstreben mancher Bischöfe. Deswegen wird in den mittelalterlichen → Kirchenrechtssammlungen2 und bei den → Dekretisten3 immer wieder die → Teilnahmepflicht eingeschärft. Virulent ist dann seit dem 14. Jh. (→ Marsilius von Padua) die Frage des → Teilnahmerechts, vor allem der Laien (→  Laienteilnahme). Sie wird im Kontext des → Constantiense (1414– 1418), →  Basiliense (1431–1437/49)4 und des →  Tridentinum (1545–1563)5 diskutiert. Für den italienischen Dominikaner →  Isidor Isolani (†  1528) ergibt sich die rein bischöfliche Zusammensetzung des Konzils ex consuetudine ecclesiae6. → concilium episcoporum est T eilnahmepflicht der B ischöfe → Synodalrecht, → Teilnahme T eilnahmepflicht des P apstes →  Verhältnis des Konzils zum Papst T eilnahmerecht →  Laienteilnahme, → Stimmrecht, → Teilnahme T ertullian († nach 220) → frühestes Zeugnis, → Repräsentation T heodor A bū Q urra (um 740–um 820)  Der arabisch schreibende, in dem berühmten Sabas-Kloster in Palästina ausgebildete und als eifriger Apologet für das → Chalcedonense (451) kämpfende „Diskussionsredner“ ist der erste Theologe, der die Konzilien als solche und ex professo behandelt und einen Konzilstraktat (→  Konzilstraktate) im strengeren Sinn des Wortes verfasst hat. Es geht in ihm nicht um die historische Beschäftigung mit den Konzilien, wie wir sie spätestens seit → Athanasius von Alexandrien und Hilarius von Poitiers († 367/68) kennen, sondern um eine durchweg systemati   2 Vgl. Traktate, 37, 41, 254; Mittelalter, 194, 196f., 215, 221, 223, 229.    3 Vgl. Mittelalter, 270.    4 Vgl. Apostelkonzil, 117f.; Traktate, 54.    5 Vgl. Reformation, 59, 159; Apostelkonzil, 444f.   6 Reformation, 8.

sche Behandlung des Themas. Der Aufbau des Traktates ist sehr klar und übersichtlich. Die Einleitung nennt als Ziel den Wahrheitsbeweis für die Orthodoxie. Der Hauptteil versucht den Beweis zu erbringen, dass die Konzilien die von Gott eingesetzte Institution sind, in Glaubensstreitigkeiten eine Entscheidung zu treffen. Er gliedert sich nach den Regeln der klassischen Rhetorik in zwei Teile, einen positiven Aufweis der These und eine Verteidigung derselben gegen Einwände. Der Schluss enthält die Konklusion und Ermahnungen an die Adresse der Häretiker (→ Häresie). Im Schriftbeweis (→ locus scripturisticus) für die göttliche Gründung der Konzilsinstitution wird dem neutestamentlichen Beweis aus Apg 15 (→ Apostelkonzil) zum ersten Mal der alttestamentliche aus → Dtn 17,8–13 an die Seite gestellt. Den Beweis für den gottgewollten Fortbestand der Institution liefert dann die knapp zusammengefasste Geschichte der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil), wie wir sie aus den griechischen → Synopsen kennen. Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang die → Rezeption der betreffenden Konzilien durch die Kirche erwähnt. Weil es dem arabischen Theologen gerade auf den Beweis für den Fortbestand der Konzilsinstitution ankommt (→ Dtn 8,17–23, →  locus scripturisticus), weist er den Einwand der griechischen Seite eines bestehenden → Verbotes eines anderen Glaubens entschieden zurück7. → Apostelkonzil, → Dtn 17,8–13, → Gehorsam, → Inspiration, → Konzilstraktate, → locus scripturisticus, →  Sanhedrin, →  Theologen, →  Vorsitz, →  Wiederholbarkeit, → Wunder T heodoros S tudites († 826) → Kriterien T heodosius II. (†  450) →  Einberufungsschreiben, → rechtmäßiger Verlauf T heodotus von A ncyra (†  vor 446) → Glaubensbekenntnis   7 Vgl.  „Theodor Abū Qurra (†  820/5) über ‚unfehlbare‘ Konzilien“, in: Alte Kirche, 171–191. – Vgl. auch Literaturnachtrag 101.  

„Theologie

T heologen   Gemeint sind hier die Theologen als repräsentative Quellen für die Konzilsidee ihrer Zeit (→  Konzilsideen). Denn die sich verändernde und sich wandelnde Konzilsidee der Kirche (→  Konzils­ ideen) spiegelt sich vor allem in den Schriften ihrer Theologen. Für die Alte Kirche sind zu vergleichen → Athanasius von Alexandrien8, → Augustinus von Hippo9, →  Leo der Gr.10, →  Vinzenz von Lérins11, →  Theodor Abū Qurra12, für das Mittelalter → Hinkmar von Reims13, →  Bernold von Konstanz14, →  Anselm von Havelberg15, →  Marsilius von Padua16, →  Wilhelm von Ockham17, → Jean Courtecuisse18, für die Neuzeit → Isidor Isolani19, →  Erasmus von Rotterdam20, Martin →  Luther21, Reginald →  Pole22, Ro   8 Vgl. „Werden und Eigenart der Konzilsidee des Athanasius von Alexandrien (→  373)“, in: Alte Kirche, 25–67.     9 Vgl. „Konzilien in Leben und Lehre des Augustinus von Hippo († 430)“, in: Alte Kirche, 68–102.   10 Vgl. „Leo der Große († 461) über Konzilien und Lehrprimat des Römischen Stuhles“, in: Alte Kirche, 103–147.   11 Vgl. „Der Konzilsbegriff des Vinzenz von Lerin († vor 450)“, in: Alte Kirche, 148–170.  12 Vgl.  „Theodor Abū Qurrah über ‚unfehlbare‘ Konzilien“, in: Alte Kirche, 169–191.  13 Vgl. „Hinkmar von Reims († 882) oder die fränkische Konzilsidee im Zeichen reichskirchlicher Autonomiebehauptung“, in: Mittelalter, 75–112.  14 Vgl.  „Konzilien in der Sicht des Gregorianers Bernold von Konstanz († 1100)“, in: Mittelalter, 113–152.  15 Vgl. „Anselm von Havelberg († 1158) oder gregorianische Konzilsidee versus griechische“, in: Mittelalter, 153–187.  16 Vgl. „Marsilius von Padua († 1342/3) oder vom consilium pontificis zum consilium principis“, in: Mittelalter, 366–409.   17 Vgl. Wilhelm von Ockham († 1347) oder die systematische Problematisierung der Konzilsidee“, in: Mittelalter, 410–469.   18 Vgl. „Die ‚Quaestio de infallibilitate concilii generalis‘ (Ockham-Exzerpte) des Pariser Theologen Jean Courtecuisse (†  1423)“, in: Gestalt, 153–176.   19 Vgl. Reformation, 5–11.  20 Vgl.  „Velut oraculum a deo profectum. Erasmus von Rotterdam über das ökumenische Konzil“, in: Konzils- und Papstidee, 173–210.  21 Vgl. „Die Herausforderung (für die katholische Kirche): Luthers Konzilsidee“, in: Reformation, 13–51.  22 Vgl. „Ein römisches Echo (auf Luther): Reginald Poles De concilio“, in: Reformation, 52–89.

des

Konzils“

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bert →  Bellarmin23, Louis de →  Thomassin d’Eynac24, Felix Anton →  Blau25, für das 19. und 20. Jh. Giovan Vincenzo → Bolgeni26, Henri →  Maret27, Johann Baptist →  Heinrich28, → Johannes XXIII.29 „T heologie des K onzils “  Nach der Ankündigung des → Vaticanum II erschien eine relativ große Zahl wissenschaftlicher Beiträge zum Thema Konzil. Ein Teil dieser Untersuchungen handelte entweder von den Aufgaben des bevorstehenden Konzils oder befasste sich mit dem Phänomen als solchem, wobei man entweder mehr auf spezielle Aspekte einging oder eine Gesamtdarstellung zu bieten suchte, nicht selten in Form eines historischen Überblicks. Ein anderer Teil ging der Frage nach dem → Wesen der Konzilien nach und stand oft unter der Überschrift „Zur Theologie des Konzils“. Von diesen Beiträgen zur „Theologie des Konzils“ verdeutlichen und entfalten die einen eher traditionelle Positionen (Georg Mai [* 1926], Marie-Rosaire → Gagnebet [† 1983], Cipriano Vagaggini [† 1999]), andere entfalten Neuansätze. So geht Yves →  Congar (†  1995) von der Kirche als communio und von der →  Kollegialität der Bischöfe, Hans →  Küng (*  1928) vom Konzil als →  Repräsentation der Kirche, Karl → Rahner († 1984) von der grundsätzlich kollegialen Verfasstheit des Episkopats aus. Leicht schematisierend kann man sagen, dass der französische Dominikaner wesentliche Elemente seines  23 Vgl. „Konzilien in der Sicht des Kontroverstheologen Bellarmin“, in: Reformation, 147–180.  24 Vgl. „Konzilien in der Sicht des positiven Theologen L. de Thomassin“, in: Reformation, 274– 305.  25 Vgl.  „Aufklärung über Konzilsautorität: Felix Anton Blau“, in: Reformation, 482–538.  26 Vgl.  „Römische Konzilsidee zu Beginn des 19. Jahrhunderts: der päpstliche Theologe Giovan Vincenzo Bolgeni (1733–1811)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 7–35.  27 Vgl.  „Liberale Konzkilsidee: der französische Theologe Henri Maret (1805–1884)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 72–100.  28 Vgl.  „Ultramontane Konzilsidee: der Mainzer Dogmatiker Johann Bapt. Heinrich (1816– 1891)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 101–132.  29 Vgl. „Zur Konzilsidee Johannes’ XXIII.“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 278–308.

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Neuansatzes von den → Kirchenvätern, der Tübinger Dogmatiker von der spätmittelalterlichen Ekklesiologie im Umkreis von → Haec sancta, der deutsche Jesuit von den Handbüchern De ecclesia übernommen hat. Was Karl → Rahner betrifft, so ist freilich sofort zu präzisieren: Er geht von der Handbuch-Ekklesiologie aus, um sie durch spekulative Vertiefung zu überwinden. Beiträge der letzteren Art befassen sich oft mit der Frage des Verhältnisses zwischen →  Papst und ökumenischem Konzil, behandelten also einen wichtigen Aspekt einer →  Geschichte der Konzilsidee. Unter den kritischen Stellungnahmen zu den Neuansätzen ist vor allem Joseph →  Ratzingers (*  1927) Auseinandersetzung mit Hans → Küng von Interesse30.

T homassin d ’E ynac , L ouis de (1619– 1695)  Im Zeichen der sog. positiven Theologie, die sich seit dem 16. Jh. bewusst von der Scholastik abhebt, legt der französische Oratorianer Louis de Thomassin d’Eynac einen Konzilstraktat (→  Konzilstraktate) vor, der alle einschlägigen Fragen nicht, wie das sonst üblich ist, aus einem vorgegebenen Begriff deduktiv ableitet, sondern aus der Geschichte der Institution selber. Seine Methode stellt eine absolute Neuerung in der Behandlung der Konzilsmaterie dar. Natürlich hat man sich auch vorher schon auf Quellen (→  originalia), vor allem die altkirchlichen, berufen (→ Nikolaus von Kues [1401–1464]), noch nie aber hat jemand seinen Gegenstand so konsequent am Leitfa-

den der Geschichte selber behandelt. In der Konziliengeschichte, so die Grundidee des Franzosen, kommt die Konzilsidee (→ Konzilsideen) zur Entfaltung, die einzelnen Konzile sind die Momente ihrer Entwicklung. Nicht nur das Gesamtwerk ist in diesem Sinne positivistisch aufgebaut, sondern die einzelnen Dissertationen sind es auch. Konkret geht der Franzose nun so vor, dass er die Probleme, die sich im Rahmen einer →  Geschichte der Konzilsidee stellen, jeweils anhand des dafür am meisten passenden Konzils behandelt. So widmet er sich den „klassischen“ Fragen der →  Einberufung, des →  Vorsitzes, der →  Bestätigung (→  Papstprivilegien), der Superiorität (→ Superioritätsfrage) und der → Appellation vom Konzil an den Papst aufgrund der Konzilien von Nicaea, Ephesus, Konstantinopel I, Chalcedon und der sog. Eichensynode zusammen mit Ephesus. Die zu seiner Zeit aktuelleren, hauptsächlich durch den → Jansenismus aufgekommenen Fragen wie die → Notwendigkeit von Konzilien, die Zuständigkeit des Papstes in Glaubensfragen, die Unterscheidung von Glaubensfragen einerseits und Tatsachenfragen andererseits (quaestio iuris, quaestio facti) bespricht er jeweils auf Grundlage des für diese Frage am besten passenden Konzils. Die Synoden von Diospolis (414), →  Karthago (416 und 419) sowie → Mileve (416) geben dem Oratorianer die Gelegenheit, die Bedeutung von Partikularsynoden (→  Partikularkonzil) herauszuarbeiten. Die die einzelnen „positiven“ Darlegungen zusammenhaltende spekulative Grundidee ist dabei die des →  Konsenses. Wie grundlegend dieser im übrigen von → Nikolaus von Kues († 1464) übernommene Begriff für Thomassin d’Eynac ist, ergibt sich allein schon aus der Tatsache, dass er eine Reihe anderer zentraler Begriffe mit seiner Hilfe bestimmt. Wahrheit zeigt sich im →  Konsens, Kirche ist Konsens, Konzil ist Konsens. Das Verhältnis von →  Papst und Konzil ist nur als → Konsens denkbar32. Dabei ist das Hauptziel seiner „positiven“ Me-

 30 Vgl.  „Zur Theologie des Konzils“. Wesensbestimmungen zu Beginn des Zweiten Vatikanums“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 244–277.  31 Vgl. Literaturnachtrag 102.

 32 Vgl. „Der Ansatz zur Lösung (der Superioritätsfrage bei Louis de Thomassin)“, in: Reformation, 298–305.

T heologische L iteratur lien → Vulgarisation

über

K onzi -

T hils , G ustave († 2000) → Hermeneutik T homas N etter W aldensis (†  1430)31 → Grundtypen, → Unfehlbarkeit . T homas von A quin († 1274) → omne totum maius est sua parte, → originalia, → Zweifel

Triumphalismus

thode die Versöhnung des →  Konziliarismus mit dem →  Papalismus, er sucht es durch einen konsequenten Einsatz des Konsensbegriffes (→  Konsens) zu verwirklichen33. →  Appellation vom Konzil an den Papst, → Bestätigung, → Einberufung, → Konsens, →  Konzilstraktate, →  Nationalkonzil, → Theologen, → Vorsitz T illet , J ean

du

(† 1570) → Spätwirkung

T oledo (633), Konzil →  ordo de celebrando concilio, → Synodalrecht T oledo (684), Konzil → Vernunft T òsti , L uigi († 1897) → Abwertung T ournély , H onoré heit

de

(† 1729) → Gewiss-

T ridentinum (1545–1563), Konzil von Trient  Das Tridentinum spielt in der →  Geschichte der Konzilsidee unter doppelter Rücksicht eine Rolle. Einerseits ist seine schwierige → Rezeption nicht nur in Frankreich der Anlass zu vertiefter Reflexion über diesen Begriff. Es geht u.  a. um die Frage, wie man die Anwendung des → Placitum regium, d. h. der königlichen bzw. staatlichen Billigung bezüglich der Publikation der Dekrete begründete. Dazu sind die Werke dreier prominenter Kanonisten, des Franzosen Pierre de →  Marca (†  1662), des Spaniers Francisco Salgado de Somoza (†  1664) und des Belgiers Zeger Bernard Van Espen (†  1728), zu konsultieren34. Andererseits spielt die → Rezeption des Tridentinum im Rahmen der Unionsgespräche zwischen der katholischen und protestantischen Seite nach dem 30-jährigen Krieg (→  Ökumene) eine wichtige Rolle. Vor allem, weil die katholische Seite auf die Forderung der protestantischen Seite auf →  Suspension des Tridentinum nicht einging bzw. eingehen  33 Vgl. „Konzilien in der Sicht des positiven Theologen L. de Thomassin“, in: Reformation, 274– 305. – Vgl. auch Literaturnachtrag 103.  34 Vgl. „Regalismus (Praxis und Theorie)“, in: Apostelkonzil, 233–257.

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konnte, sind die genannten Gespräche gescheitert35. →  Augustinus-Rezeption, →  Bestätigung, →  Bossuet, Jacques-Bénigne (1627–1704), →  Florentinum (1439–1443), →  Freiheit, →  Häufigkeit, →  Jesuiten, →  Kontroverse, →  Legaten, →  Leibniz, Gottfried Wilhelm (1646–1716), →  Leitfaden, →  Liste, →  Mat­ thias Ugoni (1446–1535), →  Partikularkonzil, →  Pentarchie, →  Propositionsrecht, →  Provinzialsynode, →  Reform, →  Repräsentation, →  Salmerón, Alphons (1515– 1585), → staatlicher Einfluss, → Stimmrecht, → Superioritätsfrage, → Tagebücher, → Teilnahme T riumphalismus   Unter den Anhängern der Konzilslösung (→ via concilii) im Großen Schisma und unter den Parteigängern des Konzils von Basel (1431–1437/49) (→ Basiliense) in ihrem Kampf gegen Papst → Eugen IV. († 1447) gab es nicht wenige Theologen, die einem gewissen Konzilstriumphalismus huldigten (→  Cogitanti). Ihm verfielen die Papalisten (→  Papalismus) verständlicherweise nicht; sie pflegten dagegen grundsätzliche Skepsis gegenüber den Konzilien und hätten sich dabei auf Theologen wie → Wilhelm von Ockham (†  1347) und →  Jean Cour­tecuisse († 1423) stützen können, wenn jene nicht mit ihrer Skepsis eine ganz andere Richtung verfolgt hätten. Aus der Zeit des Konstanzer Konzils (1414–1418) (→  Con­ stantiense) stammt die Disputatio de materia concilii generalis des Humanisten und Theologen → Nikolaus von Clémanges († 1437). Der aus drei Briefen bestehende Traktat hebt sich dadurch sehr stark von den übrigen →  Konzilstraktaten dieser Zeit ab, dass er, ohne papalistische Tendenzen (→  Papalismus) zu vertreten, beschwörend vor einer Überschätzung der Konzilsautorität warnt. Wie ein roter Faden zieht sich durch die Briefe der Satz hindurch: Die meisten Teilnehmer an den Konzilien sind fleischlich gesinnte Menschen, denen unmöglich der Heilige Geist beistehen kann (→  Inspiration). Mit anderen Worten: Die →  Unfehlbarkeit der Konzilien hängt nach dem genannten  35 Vgl. Reformation, 376–380.

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Theologen von der persönlichen Heiligkeit der jeweiligen Teilnehmer ab. Der Franzose warnt eindringlich vor einem falschen Selbstverständnis der → Konzilsväter, als ob das Bewusstsein der →  Unfehlbarkeit die theologische Beweisführung für die vom Konzil aufgestellten Sätze überflüssig mache. → Nikolaus von Clémanges fragt an, ob nicht auch die im Konzil versammelte Kirche „Kirche unterwegs“ (viatrix et peregrina) sei, somit nur fehlbare Entscheidungen fällen könne. Eindringlich warnt der Theologe die Konzilsteilnehmer vor überheblichem, leichtfertigem Triumphalismus und fordert eine vernünftige Begründung der Konzils­ entscheidungen (→ Argumente)36. → Faciens quod est in se T romp , S ebastian (1889–1975)  Der holländische Jesuit, von 1929–1962 Professor an der päpstlichen Hochschule Gregoriana in Rom, von seinem Mitbruder Robert → Bellarmin († 1621) theologisch geprägt und um ihn aufgrund zahlreicher wissenschaftlicher Veröffentlichungen sowie der Edition seines Predigtwerkes verdient, spielte als Sekretär der Vorbereitenden Kommission und der Zentralkommission eine Schlüsselrolle auf dem → Vaticanum II (1962–1965). Sein theologisches Hauptwerk besteht aus den vier Bänden seines Corpus Christi quod est ecclesia (1937–1972). Er gilt außerdem als der „Ghostwriter“ der Enzyklika Mystici Corporis (1943) → Pius’ XII. Tromp hat zwar keinen zusammenhängenden, umfassenden Traktat über Konzilien (→  Konzilstraktate) verfasst, ja sich eigentlich vor der Ankündigung des →  Vaticanum  II durch →  Johannes XXIII. († 1963) kaum für den Konzilsgedanken interessiert, aber seine gelegentlichen Äußerungen während des →  Vaticanum  II zu diesem Thema, zumal zum Verhältnis zwischen →  ökumenischem Konzil und → Papst (→ Papst und ökumenisches Konzil), verdienen wegen seiner prominenten Rolle auf dem genannten Konzil unbedingt Beachtung. Als Anhänger eines streng monarchischen Kirchenbildes (→  Herrschaftsformen) besteht die Hauptsorge des Hollän 36 Vgl. Traktate, 27f., 161–165.

ders darin, den durch das →  Vaticanum  I (1869–1870) definierten Primat des → Papstes in voller Geltung zu erhalten. Dies erreicht er schon im Vorfeld durch die Leugnung einer außerkonziliaren → Kollegialität des Episkopats, dann aber durch das Bestehen auf der totalen existentiellen Abhängigkeit des →  ökumenischen Konzils vom → Papst (→ Einberufung, → Vorsitz, → Bestätigung), durch die massive Betonung des päpstlichen →  Propositionsrechtes und schließlich durch den Vorschlag, die traditionelle Form des Konzils, die Versammlung der Bischöfe an einem gemeinsamen Ort, gegebenenfalls durch ein →  Briefkonzil bzw. ein Kurzkonzil zu ersetzen, das lediglich in der feierlichen Verkündung des zuvor brieflich zwischen dem → Papst und den Bischöfen schon hergestellten →  Konsenses besteht37. → Briefkonzil, → Jesuiten, → Konzilsplan T yros (335), Konzil → Freiheit, → regula ecclesiastica, → staatlicher Einfluss

 37 Vgl. „Der Einbruch der Konzilsidee in die monarchische Kirchenkonzeption des Sebastian Tromp SJ, einer Schlüsselfigur des zweiten Vatikanums, und ihre Bewältigung“, in: Konzilsund Papstidee, 211–247.

n U Ü bereinstimmung   Aus dem →  Wesen des Konzils als eines Vorgangs der → Überlieferung ergibt sich die Forderung nach einer inhaltlichen Übereinstimmung mit den vorausgegangenen Konzilien. Sie ist dann gleichzeitig auch ein →  Kriterium zur Erkenntnis der → Ökumenizität eines Konzils. In diesem Sinne verteidigt Papst → Leo der Gr. (†  461) die bleibende →  Gültigkeit des → Chalcedonense (451): Dieses ist „von den Dekreten des hochheiligen Nicaenischen Konzils ununterschieden“. Das genannte → Kriterium kommt auch im → Codex encyclius deutlich zur Geltung: „Wir glauben – so die Bischöfe von Kreta – dass das heilige Konzil von Chalcedon mit der Auslegung des Glaubens der 318 in Nicaea versammelten Väter […] übereinstimmt, ebenso mit dem, was von den 150 in der Kaiserstadt Konstantinopel versammelten Bischöfen definiert worden ist, nicht weniger mit dem, was in Ephesus bekräftigt wurde […]“. Auch die →  Synopsen sind auf ihre Weise Zeugnisse für die Existenz dieses →  Kriteriums, d. h. der notwendigen inhaltlichen → Übereinstimmung mit den vorausgegangenen ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil). Ü berlieferung   Versucht man die Kon­ zils­­institution von einem zentralen theologischen Begriff her zu verstehen, dann bietet sich der Begriff der parádosis, der Überlieferung1, an. Dieses Verständnis des Konzils als herausgehobener Vorgang der Überlieferung des Glaubens lässt sich schon bei dem großen Verteidiger des → Nicaenum I (325), → Athanasius von Alexandrien (†  373), beobachten2. Ist ein Konzil ein Vorgang von Überlieferung und das zu Überliefernde letztlich der Glaube der → Heiligen Schrift,   1 Vgl. „Beatus Petrus apostolus in successoribus suis quod accepit, hoc tradidit. Beobachtungen zum Traditionsbegriff in den ältesten Papstbriefen“, in: Konzils- und Papstidee, 123–153.    2 Vgl. „Die Eigenart der Konzilsidee des Athana­ sius“, in: Alte Kirche, 62f.

dann ist es die Aufgabe des Konzils, an diesen Christus-Glauben zu „erinnern“3. Auch für → Vinzenz von Lérins († 434/450) ist die Überlieferung eine zentrale theologische Kategorie; denn der Gegenstand des christlichen Glaubens ist als einmal ergangene göttliche Offenbarung notwendig mit sich selbst identisch. Diese notwendige Identität des Glaubensinhalts ist nur unter zwei Bedingungen gewährleistet: 1. wenn der Glau­ bens­ inhalt durch Überlieferung unverändert weiter gegeben wird, 2. wenn Träger dieser Überlieferung die Kirche als ganze ist und nicht der einzelne Gläubige. Beide Bedingungen sind im → ökumenischen Konzil erfüllt. Dieses ist das Paradigma, der Idealfall von Überlieferung, insofern in ihm das Ideal der → consensio antiquitatis et unversitatis realisiert ist4. Auch die beiden Kappadokier, Gregor von Nyssa († nach 394) und Basilius von Caesarea (†  379), verstehen die Konzilien vom theologischen Begriff der Überlieferung her. Für Gregor sind Konzilsentscheidungen spezifische Zeugnisse und Dokumente der göttlichen parádosis, ähnlich für Basilius: Als Vorgang der göttlichen Überlieferung kommt der fides Nicaena göttliche Autorität zu. Bei Epiphanius von Salamis († 403) kommt die Idee der in der katholischen Kirche sich vollziehenden parádosis besonders klar zum Ausdruck: „(Die Söhne der Mutter Kirche) haben von den heiligen Vätern, das heißt von den heiligen Aposteln empfangen, sowohl den Glauben zu bewahren als auch ihn ihren eigenen Kindern zu überliefern und zu verkünden. Werdet auch ihr Söhne von diesen, geliebte Brüder, und überliefert auch euren Kindern diese Lehre“5. Vom theologischen Begriff der Überlieferung her eröffnet sich auch ein theologisches Verständnis der → Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil): Sie ist ein Beleg, ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Überlieferung des Glaubens    3 Vgl. Alte Kirche, 48.    4 Vgl.  „Der Konzilsbegriff (des Vinzenz von Lerin)“, in: Alte Kirche, 156–164; „Theologische Deutung: Rezeption und Tradition“, in: Ökumenisches Konzil, 181–185.    5 Vgl. „Ansätze zu einer konziliaren Theorie“, in: Alte Kirche, 223–230.

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nicht zu irgendeinem Zeitpunkt stecken geblieben, zum Stillstand gekommen ist, sondern aktiv weitergeht und lebendig ist6. Ü berordnung des K onzils über den P apst → Haec sancta, → Superioritätsfrage Ü berordnung des P apstes über das K onzil → praefatio longa de concilio Nicaeno, → Superioritätsfrage U ltramontanismus  Der Begriff wird spätestens seit dem 19. Jh. von liberalen Katholiken und Gegnern des Katholizismus verwendet, um eine deutlich in Lehre und Praxis an Rom orientierte und dadurch antimoderne Richtung innerhalb der katholischen Kirche zu bezeichnen. Zum Wesen des Ultramontanismus gehört u.  a. das Misstrauen gegenüber Demokratie (→ demokratische Prinzipien) und →  Freiheit. Diese Richtung hat insofern wesentlich etwas mit der Konzilsidee (→ Konzilsideen) zu tun, als prominente Gegner des Ultramontanismus Konzilien als ein wichtiges Mittel sahen, die Kirche mit der modernen Zeit, insbesondere mit der Demokratie und dem Freiheitsgedanken, zu versöhnen (→ liberales Element der Kirchenverfassung). Zu nennen ist hier der französische Theologe Henri →  Maret (†  1884)7. Natürlich gibt es auch als ultramontan bezeichnete Theologen, die ihre Konzilsidee (→  Konzilsideen) ausführlich dargestellt haben, so z. B. der Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich († 1891)8. U mfang → Dimensionen, → Zahl U na cum patribus   In den Einleitungsbzw. Schlussformeln der von den Konzilien verabschiedeten Dekrete spiegelt sich die zugrunde liegende Ekklesiologie wider.    6 Vgl. „Theologische Deutung (der Liste der ökumenischen Konzilien)“, in: Ökumenisches Konzil, 181–190.   7 Vgl.  „Liberale Konzilsidee: der französische Theologe Henri Maret (1805–1884)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 72–100.   8 Vgl.  „Ultramontane Konzilsidee: der Mainzer Dogmatiker Johann Bapt. Heinrich (1816– 1891)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 101–132, bes. 118–132.

Dies ist besonders deutlich im Wandel vom →  Vaticanum  I (1869–1870) zum →  Vaticanum  II (1962–1965). Die Einleitungsformel lautet beim →  Vaticanum  I: Pius episcopus, servus servorum Dei, sacro approbante concilio, ad perpetuam rei memoriam9. Beim →  Vaticanum II lautet sie: Paulus Episcopus servus servorum Dei, una cum Sancrosancti Concilii Pa­ tribus, ad perpetuam rei memoriam10. Die entsprechende Schlussformel lautet bei allen Konstitutionen dieses Konzils außer der ersten: Haec omnia et singula quae in hac Constitutione dogmatica edicta sunt, placuerunt Sacrosancti Concilii Patribus. Et Nos, Apostolica a Christo Nobis tradita potestate, illa, una cum Venerabilibus Patribus, in Spiritu Sancto approbamus, decernimus ac statuimus et quae ita synodaliter statua sunt ad Dei gloriam promulgari iubemus11. Hier schlägt sich deutlich die vom →  Vaticanum  II wieder zur Geltung gebrachte →  Kollegialität zwischen den Bischöfen und dem →  Papst nieder12. Dagegen, dass das Konzil auf die Rolle eines Beratergremiums reduziert wird, hat sich schon der Konziliarist (→  Konziliarismus) →  Johannes von Ragusa (†  1443) entschieden ausgesprochen13. → römische Konzilsprotokolle U nanimitas → Mehrheitsmeinung U nfehlbarkeit  Zur Bezeichnung der den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) eigenen höchsten Form von →  Autorität verwendete die Alte Kirche noch nicht den Begriff der Unfehlbarkeit. Dieser kommt erst viel später im 14. Jh. auf14, als Papstgegner, z.  B. →  Marsilius von Padua15, dem allgemeinen Konzil ausdrücklich    9  10  11  12

Vgl. COGD III, 195, 197, 206. Vgl. COGD III, 260 usw. Vgl. COGD III, 350. Vgl.  19. und 20. Jahrhundert, 295; G. Alberigo, Una cum patribus. La formula conclusiva delle decisioni del Vaticano II, in: Ecclesia a Spiritu Sancto edocta. Lumen Gentium, 53. Mélanges théologiques. Hommage à Mgr. Gérard Philips, Gembloux 1970, 291–319.  13 Vgl. Apostelkonzil, 140.  14 Vgl.  „Unfehlbarkeit der Generalkonzilien (bei den Publizisten und Theologen)“, in: Mittelalter, 358–365.  15 Vgl. „Unfehlbarkeit (bei Marsilius von Padua)“, in: Mittelalter, 401–406.

Unfehlbarkeit

Unfehlbarkeit zuschrieben, um es dem „fehlbaren“ → Papst als überlegen zu erweisen. Das heißt aber nicht, dass die Alte Kirche die Unfehlbarkeit ihrer Konzilien geleugnet hat (→ Leugnung der Unfehlbarkeit). Sie kommt der Sache nach schrittweise mit anderen Begriffen in die Nähe der Vorstellung der Unfehlbarkeit. Für → Wilhelm von Ockham († 1347) ist die Frage nach der Unfehlbarkeit der Konzilien von zentraler Bedeutung und er diskutiert sie entsprechend dem wissenschaftlichen Stil seiner Zeit in Serien von Argumenten pro und contra16. Die Debatte über die Unfehlbarkeit der Konzilien gelangt mit John Wycliff (†  1384) nach England, mit → Jan Hus († 1415) nach Böhmen, mit →  Pierre d’Ailly (†  1420) und → Jean Courtecuisse († 1423) in die Pariser Hörsäle. Während die Theologen der böhmischen Gegenreformation auf die wycliff-hussitische Leugnung mit einer massiven Affirmation der Unfehlbarkeit reagieren, antwortet der Engländer →  Thomas Netter Waldensis († 1430) nuancierter auf die Herausforderung. Er glaubt der radikalen Infragestellung der Tradition wehren zu können, ohne deren „Kristallationspunkten“, den Konzilien, Unfehlbarkeit zuschreiben zu müssen. Mit den Konzilien von Pisa (1409) und Konstanz (1414–1418) (→ Constantiense) wandert das Unfehlbarkeitsthema von den Hörsälen in die Studierstuben der Kon­ troverstheologen. Ihren Höhepunkt erreichte die Diskussion über die Unfehlbarkeit dann auf dem Konzil von Basel (1431– 1437/49) (→  Basiliense). Hier kann man zwei Fronten und entsprechende Debatten unterscheiden: auf der einen Seite die zwischen den Konziliaristen (→  Konziliarismus) und den Papalisten (→  Papalismus), auf der andere Seite die zwischen dem Konzil und den Hussiten. Die erste Debatte fand sogleich zu Beginn des Konzils anlässlich der responsio synodalis → Cogitanti, der Antwort des Konzils auf die Rede des päpstlichen Gesandten statt. Die Diskussion mit  16 Vgl. „Die zentrale Frage der Unfehlbarkeit (der Konzilien bei Wilhelm von Ockham)“, in: Mittelalter, 427–452; „Argumente pro und contra unfehlbare Generalkonzilien (bei Jean Courtecuisse)“, in: Gestalt, 166–176.

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den Böhmen ist entschieden radikaler als die zwischen den Konziliaristen (→ Konziliarismus) und den Papalisten (→  Papalismus). Nach den Verhandlungen des Konzils mit den Böhmen flammt der Streit zwischen Konziliaristen (→  Konziliarismus) und Papalisten (→  Papalismus) erneut mit aller Heftigkeit auf, nachdem Papst → Eugen IV. (†  1447) das Konzil aufgelöst und sich die Minderheit der Konzilsteilnehmer zu dem Konzil in Ferrara versammelt hatte. Der Ort der Diskussion sind jetzt nicht mehr die Konzilsaula, sondern Reichstage, Kongresse und ähnliche Versammlungen. Zwei prominente Teilnehmer des →  Basiliense (1431– 1437/49), →  Johannes von Torquemada (†  1468) und →  Johannes von Segovia († 1458), haben nach dessen Abschluss 1449 ihre Gedanken zur Unfehlbarkeit dargelegt und ermöglichen damit eine Bilanz der jahrzehntelangen Debatte über die Unfehlbarkeit der Konzilien17. Auch in der → griechischen Konzilsidee ist die Unfehlbarkeit der Konzilien spätestens seit dem 15. Jh. ein fester Bestandteil18. Was man von der Unfehlbarkeit der Konzilien am Vorabend der Reformation in Rom hielt, ist bei dem Papalisten (→  Papalismus) →  Dominicus Jacobazzi19 und dem gemäßigten Konziliaristen (→ Konziliarismus) → Matthias Ugoni nachzulesen20. Zu einem unbestrittenen Bestandteil der katholischen Lehre wurde die konziliare Unfehlbarkeit nach deren formeller Leugnung durch Martin →  Luther († 1546) in der Leipziger Disputation (1519) mit Johannes Eck (†  1543) und auf dem Reichstag zu Worms (1521) (→  Leugnung der Unfehlbarkeit). Verteidigt wurde die Unfehlbarkeit der Konzilien durch amtliche und private Stellungnahmen vor allem der Kontroverstheologen (→  Verteidigung der Unfehlbarkeit)21. Auch in der Folgezeit wird

 17 Vgl. „Verlauf der Unfehlbarkeitsdiskussion“, in: Traktate, 150–196.  18 Vgl. Apostelkonzil, 379–381.  19 Vgl.  „Unfehlbare Konzilien (bei Dominicus Jacobazzi)“, in: Traktate, 241f.  20 Vgl. Traktate, 268–271.  21 Vgl. Reformation, 93, 96, 98, 101, 105f., 109, 111f., 123, 126, 140, 163–165, 170, 178.

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die Unfehlbarkeit der Konzilien verteidigt22, von Interesse ist hier die Diskussion im Rahmen der Reunionsgespräche zwischen Gottfried Wilhelm → Leibniz († 1716) und Paul Pellisson-Fontanier (†  1693)23. Ausführlich wird die Unfehlbarkeit der Kirche und der Konzilien in der Zeit der → Aufklärung diskutiert, von ihren Anhängern24 wie von ihren Gegnern25. Virulent ist das Thema dann wieder im Kontext des →  Vaticanum  II (1962–1965) (→  Leugnung der Unfehlbarkeit)26. →  apriori infallible Sätze, →  Entfaltung, →  faciens quod in se est, →  ökumenisches Konzil, → Patriarchalsynode, → Sanhedrin, →  Subjekt der Unfehlbarkeit, →  Verteidigung der Unfehlbarkeit, → Zweifel U nionsverhandlungen  Gemeint sind hier auf Konzilien oder konzilsähnlichen Veranstaltungen durchgeführte Gespräche mit dem Ziel der Wiedervereinigung getrennter Kirchen. Solche Versammlungen fanden statt in Nympha mit den Griechen (1234), in Basel (→ Basiliense) mit den Böhmen (1433), in Ferrara und Florenz (→ Florentinum) wiederum mit den Griechen (1438/39), in Trient (→  Tridentinum) mit den Protestanten (1551/52) und in Poissy mit den Calvinisten (1561). Die Quellenlage dieser Veranstaltungen erlaubt es, den äußeren Ablauf, den näheren modus procedendi zu rekonstruieren, dabei aber auch sowohl die Hindernisse, die die →  via concilii zur Wiedervereinigung der Kirchen blockierten, als auch die Mittel, durch die man die Hindernisse überwand (→ Liebe vor Recht), zu analysieren und konkret anschaulich zu machen. Deutlich wird hier u.  a., wie sehr die prekäre politische Situation den griechischen → Kaiser zu den Gesprächen mit der lateinischen Seite in Nympha und in Florenz (1439–1443) (→  Florentinum), aber auch  22 Vgl.  19. und 20. Jahrhundert, 30–34, 131f., 139, 153, 265, 311, 316, 357, 359f., 363f., 371.  23 Vgl. Reformation, 372–376, 383f.  24 Vgl. Reformation, 486–490.  25 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 30–34.  26 Vgl.  „Diskussion über die Unfehlbarkeit (der Konzilien)“, in: 20. Jahrhundert, 386–407. – Vgl. auch Literaturnachtrag 104.

die militärische Niederlage des deutschen Kreuzheeres das →  Basiliense (1431– 1437/49) zu solchen Unionsverhandlungen mit den Hussiten nötigten. Dass die sehr schnell gescheiterten Gespräche mit den Protestanten auf dem → Tridentinum (1545– 1563) überhaupt zustande kamen, geht auch auf politischen Druck zurück, nämlich den des → Kaisers (→ Regensburger Buch). Das Gleiche gilt für Poissy, wo der französische König die Gesprächspartner zur Verständigung drängte27. U niversalem ecclesiam → Repräsentation universitas fidelium

menisches Konzil

repraesentans

→  Papst und öku-

U nivoker K onzilsbegriff → Viererprimat

→  Liste,

U nterordnung des K onzils unter den P apst →  praefatio longa de concilio Nicaeno, → Superioritätsfrage U nterordnung des P apstes unter das K onzil → Haec sancta, → Superioritätsfrage U nterscheidung von G laubens - und P ersonenangelegenheiten →  causa fidei und negotia privata U nterschiedliche W ichtigkeit → concilia oecumenica maiora et minora U nterschrift   Da das → Wesen des Konzils im → Konsens besteht, ist der sichtbare Ausdruck dieses Konsenses, die Unterschrift unter das Ergebnis des Konzils, von großer Bedeutung. Die Praxis, die Konzilsakten durch die Teilnehmer unterschreiben zu lassen, ist sehr früh belegt und für die gesamte Konziliengeschichte durch die uns erhaltenen Akten bezeugt. Schon Synoden zur Zeit des →  Origenes (†  um 254) ist diese Praxis bekannt gewesen28. Aufschlussreich sind  27 Vgl.  „Fünf konziliare Reunionsversuche: Nympha, Basel, Florenz, Trient und Poissy“, in: Apostelkonzil, 261–303.  28 Vgl. Alte Kirche, 473.

Ursprung

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von →  Pistoia (1786) (→ Abstimmungsmodus)39. Unter den älteren Theologen hat → Nikolaus von Kues († 1464) über die Unterschrift reflektiert und sie unmittelbar aus dem →  Wesen des Konzils abgeleitet: Ecce quomodo subscriptio quasi de essentia videtur esse synodi propter ostensionem consensus40, unter den modernen Theologen der Franzose Yves → Congar († 1995)41. → Kaiser, → Patriarchalsynode

auch die Protokolle (→ Protokoll) früher römischer Synoden (→ römische Synode) mit Unterschriften sowohl von Bischöfen als auch von Priestern, bald in ausführlicher, bald in kürzerer Form29. Die Praxis der Unterschrift unter die Akten ist auch für die afrikanischen Konzilien durch zahlreiche Zeugnisse belegt30. Zur Reihenfolge der Unterschriften gibt Papst →  Gregor der Gr. (†  604) genaue Anweisung31. Auch der berühmte → ordo de celebrando concilio aus dem 8. Jh. enthält die Vorschrift, am Schluss der Synode die aufgestellten →  canones zu unterschreiben32. Es sind nicht zuletzt die über die Konzilien erzählten → Legenden, die auf die Bedeutung der Unterschrift hinweisen33. Auch → Kirchenrechtssammlungen wie die Dionysiana (vor 523) erlassen Vorschriften über die Unterschrift unter die Konzilsakten34. Nach dem Zeugnis eines Liturgiehistorikers aus dem 18.  Jh. soll es sogar Unterschriften mit konsekriertem Blut gegeben haben35. Ein wichtiges Kapitel in der Frage der Unterschriften ist natürlich die Reihenfolge. Ein „Gregorianer“ wie → Bernold von Konstanz (†  1100) besteht darauf, dass die primaria subscriptio nicht nur beim →  Nicaenum I (325), sondern bei allen ersten vier Konzilien (→ Viererprimat) von den päpstlichen → Legaten geleistet worden sei36. Darauf besteht auch → Anselm von Havelberg (†  1158)37. Lässt sich beim →  Nicaenum  I noch darüber streiten, in welcher Eigenschaft Ossius an erster Stelle unterschreibt, ob als Vertreter des →  Papstes oder des → Kaisers, so gilt für die folgenden ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil), dass die römischen →  Legaten immer an erster Stelle unterschreiben38. Welche Maßnahmen ergriffen wurden, um Unterschriften der Konzilsteilnehmer zu erreichen, zeigt das negative Beispiel der Synode

U rsprung   Eine Reihe von Theologen fügen zur biblischen Begründung (→  locus scripturisticus) der Konzilsinstitution noch eine „philosophische“ aus der Natur des Menschen hinzu: Gott hat den Menschen so geschaffen, dass er gleichsam „von Natur aus“ zu solchen Einrichtungen wie dem Konzil schreitet, so der Konziliarist (→ Konziliarismus) →  Matthias Ugoni (†  1535)42. Eine absolute Sonderrolle unter den Autoren, die sich mit der Frage des Ursprungs der Konzilien befasst haben, nimmt der Papalist (→  Papalismus) Albert →  Pigge (†  1542) ein. Konzilien sind für ihn rein menschliche Einrichtungen. Sie gehen weder auf eine ausdrückliche Stiftung Christi noch auf die Apostel zurück. Zeuge hierfür sind ihm sowohl die →  Heilige Schrift als auch die Kirchengeschichte. Besonders gründlich sucht er den Schriftbeweis aus → Dtn 17,8–13 für die göttliche Stiftung der Konzilsinstitution, zu widerlegen43. Ihm folgt weitgehend der Jesuit Alphons → Salmerón (†  1585) in seinem Konzilstraktat (→  Konzilstraktate), wenn er die Konzilien ausdrücklich nicht als de iure divino, sondern lediglich kirchlichen bzw. petrinischen Rechts ansieht44. Im 18.  Jh. beschäftigt sich der Benediktiner Gregor → Zallwein († 1766) in einer gelehrten Diskussion mit dem reformierten Theologen Hugo Grotius (†  1645)

 29  30  31  32  33  34  35  36  37  38

 39 Vgl. Apostelkonzil, 539, Anm. 138.  40 Vgl. Traktate, 50, Anm. 267; ebd., 73, Anm. 126; ebd., 92f., 105.  41 Vgl.  19. und 20. Jahrhundert, 411, Anm. 109.  – Vgl.auch Literaturnachtrag 105.  42 Vgl.  „Ursprung der Konzilien (bei Matthias Ugoni)“, in: Traktate, 257–259.  43 Vgl. Reformation, 125–128.  44 Vgl.  „Ursprung der Konzilsinstitution“, in: Apostelkonzil, 442–444.

Vgl. Partikularsynode, 263. Vgl. Apostelkonzil, 72, Anm. 41. Vgl. Gregor, Reg. ep. 9; ep. 223,37. Vgl. PLS 4,1873. Vgl. Apostelkonzil, 26f., 37–39. Vgl. Mittelalter, 194. Vgl. Reformation, 475. Vgl. Mittelalter, 134, 143. Vgl. Mittelalter, 174. Vgl. Konzils- und Papstidee, 26.

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und dem Lutheraner Johann Lorenz von Mosheim (†  1755) mit der Frage des Ursprungs der Konzilien45.

 45 Vgl. Reformation, 469.

V aticanum   II (1962–1965)  In dreifacher Hinsicht hat das Vaticanum II einen Beitrag zur →  Geschichte der Konzilidee geleistet. Es hat die traditionelle Anschauung über die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) festgeschrieben, es hat eine neue synodale Institution, die römische → Bischofssynode, mit begründet und ein in einzelnen Ländern schon existierendes synodales Gebilde, die →  Bischofskonferenz, für die gesamte Kirche vorgeschrieben. Damit reiht sich das Vaticanum II unter die Kirchenversammlungen ein, die die Entwicklung des kirchlichen Konzilswesens gefördert haben. Zudem hat es durch die Lehre von der → Kollegialität der Bischöfe einen wichtigen

Beitrag zur Frage nach der → Herkunft der Gewalt der versammelten Bischöfe geleistet: Diese kommt nicht vom →  Papst, sondern unmittelbar von Jesus Christus, der ihr Kollegium zur Leitung der Kirche eingesetzt hat. Von Interesse für die → Geschichte der Konzilsidee ist sowohl die Genese der Aussagen des Vaticanum  II über die Konzilien als auch deren kanonistische und theologische →  Rezeption in der Zeit unmittelbar nach dem Konzil. Was die Aussagen des Konzils über die drei synodalen Gebilde, das → ökumenische Konzil, die → Bischofssynode und die →  Bischofskonferenz angeht, so richtete sich die Aufmerksamkeit der Kanonisten und Theologen mehr auf die beiden letztgenannten; denn diese stellten nicht nur Neuschöpfungen dar, sondern waren gewissermaßen auch die Nagelprobe darauf, inwieweit durch sie ein zentrales theologisches Anliegen des Konzils, nämlich die →  Kollegialität der Bischöfe, in die kirchliche Praxis umgesetzt wurde. Was das erste der drei genannten synodalen Gebilde, das →  ökumenische Konzil, betrifft, so diskutiert man die Frage, ob das → Vaticanum II in der Frage der Anzahl der Subjekte der Unfehlbarkeit (→ Subjekt der Unfehlbarkeit) bzw. → Höchstgewalt eine Entscheidung gebracht hat oder nicht. Die Kommentatoren sind dabei mehrheitlich der Meinung, dass das Konzil die Frage offengelassen hat. Wie offen es die Frage gelassen hat, bleibt kon­ trovers2. Wie das Vaticanum II von Teilnehmern und Beobachtern wahrgenommen wurde, zeigen in vorzüglicher Weise die zahlreichen → Tagebücher, die über es verfasst wurden. Besonders aufschlussreich sind die Carnets du concile des 1960 zum Konsultor der Theologischen Vorbereitungskommission ernannten französischen Jesuiten Henri de →  Lubac. Der Theologe sieht das Konzil von zwei Integrismen bedroht, vom römisch-kurialen und vom säkularistischen. Zu Beginn kritisiert er vehement den ersteren, mit dem Fortgang des Konzils werden die Attacken auf diesen römisch-kuria-

  1 Vgl.  „Studien zur Konzilsidee im Zusammenhang des Tridentinums und des Ersten Vatikanums“, in: Apostelkonzil, 435–585.

   2 Vgl. „Der Beitrag des Zweiten Vatikanums zur Entfaltung der konziliaren Idee und Praxis“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 309–350.

n V V agaggini , C ipriano († 1999) → „Theologie des Konzils“ V alentinianus III. († 455), Kaiser → rechtmäßiger Verlauf V an E spen , Z eger B ernard (†  1728) → Tridentinum (1545–1563) V argas , F rancisco brief

de

(† 1566) → Geleit-

V aticanum   I (1869–1870)1 →  Abstimmungsmodus, → Abwertung, → apriori infallible Sätze, →  Augustinus-Rezeption, →  äußere Gestalt, →  außerordentliches Lehramt, → Autorität, → ecclesia distributive sive collective sumpta, →  „fait extérieur“, →  Florentinum (1439–1443), →  Freiheit, →  Geheimhaltung, →  Geschäftsordnung, →  Haec sancta, →  Jesuiten, →  Kontroverse, →  Liste, →  Medien, →  Mehrheitsmeinung, → ökumenisches Konzil, → Provinzialsynode, →  Schemata, →  Subjekt der Unfehlbarkeit, →  Superioritätsfrage, →  Tagebücher, → una cum patribus, → Welt, → Wunder

198

V

len Integrismus immer seltener. Eine andere Gefahr gerät in das Visier des Tagebuchschreibers; er bezeichnet sie als „neuen Integrismus3. → Abstimmungsmodus, → Adsumus Domine, →  Aggiornamento, →  Augustinus-Rezeption, →  äußere Gestalt, →  außerordentliches Lehramt, → Autorität, → Bischofskonferenz, →  Bischofssynode, →  Bolgeni, Giovan Vincenzo (1731–1811), → Briefkonzil, → Dominikaner, →  Freiheit, →  Herkunft der Gewalt, →  Hermeneutik, →  Inspiration, →  Jesuiten, → Johannes XXIII. (1891–1963), → Kollegialität, → Kontroverse, → Konzilsplan, → Laienteilnahme, → liberales Element der Kirchenverfassung, →  Liste, →  Lubac, Henri de (1896–1991), →  Medien, →  ökumenisches Konzil, →  Papstprivilegien, →  päpstliche Konzilsidee, → Periti, → Subjekt der Unfehlbarkeit, → synodus endemousa, → Tagebücher, → „Theologie des Konzils“, → Tromp, Sebastian (1889–1975), → una cum patribus, → Unfehlbarkeit, →  Welt, →  Wiederbelebung, → Wunder

Verbot eine zentrale Rolle; denn beide Seiten legten es auf völlig unterschiedliche Weise aus. Der Westen verstand unter dem „anderen Glauben“ eine von der fides Nicaena inhaltlich sich unterscheidende Lehre, der Osten dagegen eine im Wortlaut von ihr abweichende Formulierung. Gestritten wurde über die richtige Auslegung des Ephesus-Verbots in den Debatten zwischen Ost und West über die Hinzufügung des → Filioque zum Credo6, vor allem aber auf dem Konzil von Florenz (1439–1443) (→ Florentinum)7. → Theodor Abū Qurra V erfahrensregel → sanior pars

bei

A bstimmungen

V erbot eines anderen G laubens  Das Stichwort bezieht sich auf die Anordnung des → Ephesinum (431), die die Aufstellung neuer Glaubensformulierungen verbietet. Der Text lautet: […] decrevit sancta synodus aliam fidem nulli licere proferre vel conscribere vel componere praeter illam quae definita est a sanctis patribus qui Nicaeam per spiritum sanctum convenerunt4. Schon auf dem →  Chalcedonense (451) gab es Dissens über die Auslegung dieses Textes: Während die Monophysiten das genannte Verbot zur Verteidigung der → Monopolstellung des Nicaenum I wörtlich nahmen, legten die Diophysiten, besonders die Allocutio ad Marcianum, die Schlussansprache des → Chalcedonense, eine Interpretation vor, die diese Monopolstellung ausschloss5. Im Streit über das →  Filioque zwischen Ost- und Westkirche spielte dieses

V erhältnis des K onzils zum P apst  Das Lemma setzt eine doppelte Begrenzung voraus. Es geht einerseits nicht auf die konkreten historischen Beziehungen zwischen dem Konzil und dem → Papst ein8, sondern stellt nur einige schriftlich fixierte ausdrückliche Stellungnahmen von Konzilien über ihr Verhältnis zum Papsttum zusammen, andererseits beschränkt es sich zeitlich gesehen auf das erste Jahrtausend. Was diese schriftlich fixierten Stellungnahmen angeht, so liegt eine erste im Kanon III des Konzils von → Sardica (342) vor. Er bestimmt mit einem ausdrücklichen Hinweis auf die memoria Petri den →  Papst als Quasi-Appellationsinstanz: Wenn ein Bischof gegen die Entscheidung einer Synode Berufung einlegen will, dann sollen entweder die Teilnehmer der betreffenden Synode oder Nachbarbischöfe sich an den Bischof von Rom wenden. Laut dem Kirchenhistoriker → Sokrates († nach 439) gibt es einen „kirchlichen Kanon“, gemäß dem „die Kirchen nicht gegen die Meinung des römischen Bischofs urteilen dürfen“9. Die Historia tripartita (um 560) spitzt diese Formulierung ausdrücklich

   3 Vgl. „Zwischen kurialistischem und säkularistischem Integrismus. Das Zweite Vatikanum in der Wahrnehmung des Tagebuchschreibers Henri de Lubac“, in: Ökumenisches Konzil, 227–267.    4 Vgl. COGD I, 108.    5 Vgl. Alte Kirche, 251–256.

   6 Vgl. Mittelalter, 298, 307.    7 Vgl. Apostelkonzil, 340–345. – Vgl. auch Literaturnachtrag 106.   8 Vgl.  „Ringen um die Kirchenführung auf den ökumenischen Synoden“, in: Gestalt, 39–42; Konzils- und Papstidee, 22–29.    9 Vgl. Mittelalter, 66f.

Vernunft

auf die Konzilien zu: „Ohne die Stellungnahme des römischen Pontifex (dürfen) keine Konzilien abgehalten werden“. Das → Constantinopolitanum II (553) folgert aus dem Mitspracherecht des → Papstes dessen Teilnahmepflicht. Das → Nicaenum II (787) erkennt die Ikonoklastensynode von → Hiera nicht als → ökumenisches Konzil an mit der Begründung, es habe ihm außer der „Zustimmung“ der übrigen Patriarchen die „Mitwirkung“ des → Papstes gefehlt. Kanon XXI des →  Constantinopolitanum  IV (869– 870) verbietet es einem Konzil, „einfach frech ein Urteil gegen die Hohenpriester des Alten Rom zu schleudern“. Die Interpretation des vage formulierten Kanons ist freilich sehr umstritten10. → regula ecclesiastica V erhältnis des P apstes zum K on zil   Für dieses Lemma gilt die gleiche doppelte Begrenzung wie für das vorausgehende auf schriftlich fixierte Stellungnahmen und auf das erste Jahrtausend. Einen wichtigen Präzedenzfall stellt die Weigerung Papst → Julius’ I. († 352) dar, die allein durch die „östlichen Bischöfe“ erfolgte Verurteilung des → Athanasius von Alexandrien (†  373) anzuerkennen: „[…] uns allen hätte geschrieben werden müssen, damit so von allen bestimmt worden wäre, was rechtens ist“. Der Bischof von Rom (→  Papst) besteht – mindestens – auf der durch ihn zum Ausdruck kommenden Mitsprache des Westens. Papst → Damasus († 384) weigert sich dann das arianische Konzil von →  Rimini (359) anzuerkennen mit der Begründung, es habe diesem – neben anderen – der römische Bischof, „dessen Meinung vor allen hätte erwartet werden müssen“, seine Zustimmung verweigert. Das →  Decretum Damasi (382) stellt die für die Überordnung des → Papstes über das Konzil (→  Superioritätsfrage) entscheidende These auf, dass „die heilige römische Kirche durch keine Entscheidungen der Synoden den übrigen Kirchen vorgezogen […]“ wurde, sondern durch Chris 10 Vgl.  Mittelalter, 59–61; „Texte der Konzilien über ihr Verhältnis zum Papst“, in: Konzils- und Papstidee, 29–33.

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tus selbst den „Vorrang“ (primatus) erhalten habe. Bonifaz  I. (†  422) leitet diese These vom Primat des römischen Bischofs unmittelbar aus Kanon VI des Konzils von Nicaea (325) (→  Nicaenum  I) ab. Papst →  Gelasius  I. (†  496) zieht aus diesem Primat des → Papstes die Folgerung: Es gehört zu den Pflichten des →  Papstes, die von den ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) aufgestellten Bestimmungen durchzuführen und in die Tat umzusetzen. Papst →  Pelagius  I. (†  561) folgert dann aus dem päpstlichen Primat seine Zuständigkeit für die Interpretation eines →  ökumenischen Konzils. Einen entscheidenden Schritt weiter in der Frage der Überordnung des → Papstes über das Konzil (→ Superioritätsfrage) geht Papst →  Nikolaus  I. (†  867). Er beansprucht einerseits für die eigene päpstliche Entscheidung Inappellabilität  – also auch keine Berufung auf die untergeordnete Autorität der Konzilien –, andererseits das ausschließliche Recht, Konzilien einzuberufen (→ Einberufung)11. V ernunft   Von ihrem → Wesen her → Autorität aufgrund des in ihnen zum Ausdruck kommenden →  Konsenses, scheinen die Konzilien zumindest unmittelbar nichts mit Vernunft (ratio) zu tun zu haben. Begreift man das Konzil jedoch mit →  Augustinus (†  430) als →  Autorität, die als solche den Weg zur Erkenntnis eröffnet (→  auctoritas praecedat rationem)12, dann entdeckt man eine doppelte Beziehung zur Vernunft: Einerseits kommt bei den Diskussionen auf den Konzilien die Vernunft in den theologischen → Argumenten zum Zug  – vgl. in diesem Sinn den frühkirchlichen Konzilstyp des „Lehrdisputs mit dem Didaskalos der Kirche“13 – bzw. wird diese kritisch eingefordert, andererseits spielt sie im Zusammenhang der → Rezeption eine nicht unbedeutende Rolle. Nicht erst die nachvatikanische Theologie postuliert eine →  Rezeption der Entschei 11 Vgl.  Gestalt, 64–67; „Texte der Päpste über ihr Verhältnis zu den Konzilien“, in: Konzils- und Papstidee, 33–38.  12 Vgl. Alte Kirche, 99f.  13 Vgl.  „Lehrdisput mit dem Didaskalos der Kirche“, in: Alte Kirche, 466–476. 

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V

dungen des Konzils durch die Ortskirchen und die Gläubigen – eine Überprüfung, bei der selbstverständlich die Vernunft zum Zug kommt14 –, auch vorher gab es schon die Forderung einer Rezeption, in der die Vernunft bzw. die ratio eine zentrale Rolle spielt. Auf die Rolle der Vernunft sowohl bei der Abfassung der Konzilsentscheidungen als auch bei ihrer →  Rezeption haben in aller Ausdrücklichkeit die → Libri Carolini (spätes 8. Jh.) und das fränkische theologische Gutachten von 825 in ihrer Kritik am → Nicae­ num II (787) abgehoben. Nach Meinung der fränkischen Theologen hält das →  Nicae­ num II einer vernünftigen Überprüfung seines Schrift- und Väterbeweises nicht stand. Dem Konzil fehlt ratio, deswegen hat es keinen verpflichtenden Charakter. Auch bei den Konzilien geht es um Theologie, um vor der Vernunft verantwortete Auslegung von → Heiliger Schrift und Tradition (→ Überlieferung)15. Auch im Zusammenhang der →  Rezeption des →  Constantinopolitanum  III (680–681) ist das Thema virulent. Papst Leo II. († 683) hatte die spanischen Bischöfe aufgefordert das genannte Konzil zu rezipieren. Daraufhin überprüfen die auf dem Konzil von Toledo (684) versammelten Bischöfe von Cartagena (Nova Carthago) zusammen mit den Vertretern fünf anderer spanischer Provinzen die →  Übereinstimmung des genannten → ökumenischen Konzils mit der → Heiligen Schrift und der Tradition der vorausgegangenen ökumenischen Konzilien (→  Überlieferung). Bei dieser durch die Bischöfe vorgenommenen Überprüfung und Vergleichung der Texte kommt die Vernunft selbstverständlich voll zum Zug. Nach der formellen →  Rezeption des → Constantinopolitanum III durch das spanische „Generalkonzil“ ist freilich keine Diskussion des definierten Dogmas mehr erlaubt. Darauf weisen die Bischöfe eigens hin (→ ante et post definitionem)16. →  Argumente, →  Begriff, →  liberales Element der Kirchenverfassung, → Welt  14 Vgl.  „Versuche über konziliare Rezeption“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 407–414.   15 Vgl. Alte Kirche, 331–339.   16 Vgl. Alte Kirche, 339–341. 

V ersöhnung mit der M oderne →  liberales Element der Kirchenverfassung V erteidigung der U nfehlbarkeit  Auf Martin → Luthers († 1546) → Leugnung der Unfehlbarkeit der Konzilien in der Leipziger Disputation am 6. Juli 1519 reagierte sein Kontrahent Johannes → Eck († 1543) prompt: Wer die →  Unfehlbarkeit der Konzilien leugne, stehe außerhalb der Kirche. Erste Stellungnahmen zu → Luthers → Leugnung waren privater Art, so die des Dominikaners und Magisters sacri palatii → Silvester Prierias (†  1523) oder die des →  Ambrosius Cath­arinus Politus († 1553), ebenfalls Dominikaner. Zu den amtlichen Stellungnahmen, die die →  Unfehlbarkeit der Konzilien verteidigten, zählen wir die Gutachten der Universitäten von Löwen, Köln, Paris, vor allem die römische Bulle Exsurge Domine (1520) und Kanon III des Konzils von →  Paris (1527–1528), das 17 Jahre vor dem → Tridentinum (1545–1563) die Grenzlinie zwischen →  Häresie und Glauben zieht. An der Redaktion der Dekrete waren Professoren der Sorbonne maßgeblich beteiligt, allen voran der Humanist Jodocus Clichtoveus († 1543). An dritter Stelle sind die sog. Kontrovers­ theologen zu nennen. Interessant ist hier die Feststellung, dass nicht alle Kontrovers­ theologen auf das Thema Konzil eingehen, ferner, dass in den ersten Jahren nach → Luthers → Leugnung noch keine Monographie über die Konzilien erscheint. Dies ist umso auffallender, als über andere Kon­ troversfragen wie Messopfer, Zölibat usw. zum Teil sehr umfangreiche Bücher erscheinen. Der erste Kontroverstheologe, der eingehend zu → Luthers → Leugnung Stellung bezieht, ist John Fisher (†  1535) mit seiner Assertionis Lutherianae confutatio von 1523. 1525 erscheint Kaspar Schatzgeyers († 1527) Traductio Sathanae, im selben Jahr Johannes → Ecks Enchiridion, das 121 Auflagen erlebte, danach noch viele andere. Natürlich gehen auch eine Reihe von → Konzilstraktaten dieser Jahre auf das Thema Konzil ein (Johannes Cochlaeus, Friedrich Nausea, Albert → Pigge u. a.). Zusammenfassend kann man sagen: Es sind vor allem die Handbücher der Kontroverstheologie, die sich mit der

Via

→ Leugnung → Luthers befassen. Verständlicherweise herrscht in diesem genus litterarium Abwehr und Defensive vor. Man verteidigt die Lehrautorität (→ Autorität) und die → Unfehlbarkeit der Konzilien im Wesentlichen dadurch, dass man von den beiden Traditionen des 15. Jh.s die infallibilistische zur Geltung bringt, die antiinfallibilistische möglichst unerwähnt lässt17. → Leugnung der Unfehlbarkeit V ertiefung der W ahrheit → erneute Behandlung von schon Definiertem V ertikaler K onsens →  consensio antiquitatis et universitatis, → Konsens, → Wesen V erzeichnisse   Die Stichwörter →  „Kon­ troverse“ und →  „Liste“ informieren über die Frage, welche ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) in der katholischen Kirche anerkannt werden. Von besonderer Bedeutung ist in dieser Frage die von Robert → Bellarmin († 1621) aufgestellte Liste. Sie hat sich de facto aus bestimmten Gründen in der Kirche durchgesetzt, hatte aber zur Zeit ihrer Entstehung eine große Zahl von Konkurrenten, über die im vorliegenden Stichwort Rechenschaft gegeben wird. So gab es schon vor 1586, dem Erscheinungsjahr des ersten Bandes von →  Bellarmins Controversiae, eine Reihe von Autoren, die sich mit dem Problem der Anzahl der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) beschäftigt hatten. Als Vorläufer dieser Bemühungen kann man auch →  Matthias Ugoni (†  1535) ansehen, der zwar schon die ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) einschließlich der → sancta octo zusammenstellt, dann aber die chronologisch begonnene →  Liste abbricht, lediglich ein alphabetisches Verzeichnis weiterer concilia generalia (→ concilium generale) verfasst und den Wunsch ausspricht, man möge diese summula als Vorarbeit für ein vollendeteres Werk verwenden18. Serienweise entstanden dann ab der Mitte des 16. Jh.s  17 Vgl. „Stellungnahmen vor Trient zur Lehrautorität der Konzilien“, in: Reformation, 90–146.  18 Vgl. Traktate, 262–268. 

concilii

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römisch-italienische, spanische, französische, deutsche Verzeichnisse. Den entscheidenden Fortschritt, nämlich ein Verzeichnis mit Ordinalzahlen (→  Ordinalzahl) vom → Nicaenum I (325) bis zum → Tridentinum (1545–1563) einschließlich, brachte der französische Historiker, Politiker und Freund der →  Jesuiten Arnauld de →  Pontac (†  1605). Im Unterschied zu Robert →  Bellarmin führt seine → Liste auch das → Con­ stantiense (1414–1418) und das → Basiliense (1431–1437/49) als ökumenische Konzilien (→  ökumenisches Konzil) auf19. Unter den Gegenentwürfen zu →  Bellarmins →  Liste der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) ist von besonderem Interesse das Verzeichnis des spanischen Jesuiten und Professorenkollegen Bellarmins im römischen Jesuitenkolleg, Juan Azor († 1603), das im Vergleich mit der Liste des Ordensbruders deutliche Differenzen aufweist und weitgehend dem bedeutenden spanischen Humanisten und Kanonisten Antonio → Agustín († 1586) folgt20. V ia concilii   Das Stichwort bezeichnet das Vorhaben, getrennte Kirchen durch die Abhaltung von Konzilien wieder zu vereinen (→ Ökumene, → ökumenischer Dialog, →  Unionsverhandlungen). Der Gesandte des →  Basiliense (1431–1437/49), →  Johannes von Ragusa († 1443), verwendete diesen Begriff 1435 vor dem griechischen → Kaiser; er gesteht bei dieser Gelegenheit ein, dass die Verweigerung der via concilii den Grund für das Scheitern aller bisherigen Einigungsbemühungen darstellt21. Der Ruf nach einem Vereinigungskonzil wird zunächst von griechischer Seite erhoben, so von den Konstantinopler Klerikern nach der Eroberung ihrer Stadt durch die Kreuzfahrer, von dem Patriarchen Joseph I. von Konstantinopel († 1283), von →  Barlaam von Seminara (†  1348) am Hofe Papst Benedikts XII. († 1342), von Kaiser Johannes  VI. Kantakuzenos (†  1383)22.  19 Vgl. „Neuer Konsens über die Zahl der ökumenischen Konzilien“, in: Reformation, 181–222.   20 Vgl. Reformation, 212–214.  – Vgl. auch Literaturnachtrag 107.   21 Vgl. Apostelkonzil, 311.  22 Vgl. Apostelkonzil, 305–310.

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Nach langem Zögern auf lateinischer Seite stimmt sie schließlich auch in den Ruf nach der Synode ein, so die französischen Theologen →  Jean Gerson (†  1429) und →  Pierre d’Ailly († 1420), ebenfalls der schon genannte →  Johannes von Ragusa (1435). Gründe gegen die via concilii werden vor allem von der lateinischen Kirche genannt. Für die Gesandten Gregors IX. († 1241) liegt die Wahrheit klar zu tage und macht ein Konzil überflüssig, für Klemens IV. († 1268) geht es bei den Differenzen zwischen Ost und West um schon Definiertes (→  erneute Behandlung von schon Definiertem); darauf in einem Konzil zurückzukommen, sei nicht erlaubt (→ nihil prorsus de bene compositis retractetur). Ähnlich argumentiert Benedikt XII.23. Nicht nur die griechische Seite suchte diese Einwände zu entkräften, auch die lateinische Seite suchte schließlich intensiv nach Denkansätzen, die ein gemeinsames Konzil der getrennten Kirche ermöglichen sollten (→ Liebe vor Recht)24. → erneute Behandlung von schon Definiertem, → Ökumene, → Unionsverhandlungen

d. Gr. (†  604)27 ein, der die größere Bedeutung der ersten vier ökumenischen Konzilien im Vergleich zu den folgenden herausstellt (→ Sicut sancti). Da seine Dekretale in das →  Decretum Gratiani (1135–1140) einging28, wurde diese Lehre vom Primat der ersten vier ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) ins Mittelalter übernommen und dort von den → Dekretisten kommentiert29. Auch griechische →  Synopsen heben die ersten vier ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) von den folgenden ab30.

V iennense (1311–1312), Konzil von Vienne → Liste, → Präsidenz, → Reform

V iktor I. († 199), Papst → Papst und ökumenisches Konzil, → Papst und Partikularsynode

V iererprimat   Gemeint ist hier der in der Alten Kirche und im Mittelalter immer wieder behauptete Primat der ersten vier ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) gegenüber den folgenden. Während die Theologie in den letzten Jahrhunderten mehr oder weniger einen univoken Begriff vom →  ökumenischen Konzil voraussetzte25, unterscheiden spätestens mittelalterliche Autoren ausdrücklich zwischen verschiedenwertigen Konzilien, so z.  B. →  Dominicus Jacobazzi (†  1527/28)26. Die Feststellung einer unterschiedlichen Gewichtigkeit der ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) setzt eindeutig schon mit → Gregor

 23  24  25  26

Vgl. Apostelkonzil, 313–318. Vgl. Apostelkonzil, 319–325. Vgl. Ökumenisches Konzil, 185f. Vgl. Traktate, 227.

V igilius (†  555), Papst →  executrix conciliorum, →  Geschichte der Konzilsidee in der Alten Kirche, → rechtmäßiger Verlauf V igilius von T hapsus (5. Jh.) → Autorität, →  Monopolstellung des Nicaenum  I, →  nichtbiblische Termini, →  ökumenisches Konzil, → Wiederholbarkeit V igor , S imon († 1624) → Cogitanti, → Frequens

V inzenz von L érins (†  434/50) Dem nicht zu den großen Theologen unter den →  Kirchenvätern zählenden Vinzenz von Lérins kommt ein Platz in der → Geschichte der Konzilsidee zu, weil er in seinem Commonitorium, einer Handreichung zur Ketzerbekämpfung (→  Häresie), den Konzilien eine exemplarische Rolle für die → Überlieferung des Glaubens zuweist. Wie für →  Ath­anasius von Alexandrien (†  373) ist auch für ihn und andere griechische Theologen ein Konzil wesentlich ein Moment der parádosis (→ Überlieferung). Für Vinzenz ist  27 Zum Einsatz Gregors und anderer altkirchlicher Päpste für die Anerkennung der ersten vier ökumenischen Konzilien vgl. Konzils- und Papst­ idee, 100–115.  28 Vgl. Mittelalter, 226.  29 Vgl. Ökumenisches Konzil, 186.  30 Vgl. Alte Kirche, 350. – Vgl. auch Literaturnachtrag 108.

Vollendung

das Universalkonzil (→ concilium universale) das Paradigma von Tradition (→ Überlieferung) schlechthin, insofern in ihm das Ideal der → consensio antiquitatis et universitatis realisiert ist. Entscheidend ist für die Kirche, dass sie das depositum fidei unverfälscht und identisch bewahrt. Paradigmatisch sichtbar macht Vinzenz dieses Faktum an der Funktion ihrer Konzilien; denn diese sind ihrem → Wesen nach nichts anderes als ein Akt der →  Überlieferung. Näherhin besteht ihr Effekt darin, dass sie einerseits den Glauben intensivieren, andererseits schriftlich fixieren (→ nichtbiblische Termini)31. →  Berichtigung, →  consensio antiquitatis et universitatis, →  Dimensionen, →  Konsens, →  nichtbiblische Termini, →  Theologen, → Überlieferung, → Wesen V itoria , F rancisco de († 1546) → Decretum irritans, → Dominikaner, → faciens quod in se est V olkssouveränität →  Aristotelismus, → Dimensionen, → omne totum maius est sua parte, → Repräsentation V ollendung  Gemeint ist mit diesem Stichwort die Ansicht, dass die monarchische Verfassung der Kirche (→ Herrschaftsformen) gerade durch die Möglichkeit der Abhaltung von Konzilien zur höchsten Vollendung gelangt. Ein Vertreter dieser These ist der (späte) gemäßigte Konziliarist (→  Konziliarismus) →  Johannes von Segovia (†  1458). Er sieht in der Abhaltung von Konzilien nicht nur keine Beeinträchtigung der prinzipiell monarchischen Verfassung der Kirche (→ Herrschaftsformen), sondern ihre Vollendung. Zugunsten dieser These führt der große Geschichtsschreiber des Konzils von Basel (1431–1437/1449) (→ Basiliense) drei Argumente an: Erstens, indem der →  Papst zur Entscheidung schwieriger Fragen ein Konzil hinzuzieht, statt allein zu entscheiden, lässt er seine Entscheidung aus größerer Sachkenntnis hervorgehen und macht sie dadurch für die Kirche annehmba 31 Vgl. „Der Konzilsbegriff des Vinzenz von Lerin († vor 450)“, in: Alte Kirche, 148–170.

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rer (→ Rezeption). In der Tat stellt ein Konzil ein Höchstmaß an zusammengeführtem Sachverstand dar. Für die Abhaltung von Konzilien spricht, zweitens, die Geschichte der Kirche. In der Vergangenheit sind die Päpste (→ Papst) immer so verfahren, dass sie sich an die Entscheidungen der Konzilien gehalten haben. Vorbild ist hier Papst → Gregor der Gr. († 604) in seiner Dekretale →  Sicut sancti. Drittens führt →  Johannes von Segovia zugunsten seiner These die zunächst grundsätzliche, dann aber auch durch die kirchliche Tradition bestätigte Überlegung an, dass „eine jede Kraft und Gewalt durch ihren richtigen Vollzug gestärkt wird und einen Zuwachs erfährt“. Mit richtigen Vollzug sind hier alle die Möglichkeiten gemeint, die die Abhaltung eines Konzils zur Lösung einer Frage bereithält und die, so wird unterstellt, bei einer „einsamen“ Entscheidung des → Papstes nicht zur Anwendung gelangen. Dass die Hinzuziehung eines Konzils das päpstliche Regiment entscheidend verbessert, hängt vor allem damit zusammen, dass in ihm der →  consensus omnium zum Zuge kommt. Höchste Wirkung erzielt bekanntlich der Leiter eines jeden Gemeinwesens, wenn es ihm gelingt, die Zustimmung aller (→ Konsens) oder der Wichtigsten seiner Untergebenen zu gewinnen. Näherhin nennt der Spanier vier konkrete Momente, an denen man den Zuwachs päpstlicher Gewalt durch die Abhaltung von Konzilien festmachen kann: Zunächst bringt das Konzil einen Zuwachs an Erkenntnis. Mag der einzelne → Papst noch so gelehrt und kompetent sein, die auf einem Konzil versammelten Väter bringen trotzdem ein Mehr an Sachkenntnis in die Entscheidung ein. Das Gleiche gilt, zweitens, speziell unter moralischer Rücksicht. Der →  Papst handelt richtiger, wenn sein Handeln vom → Konsens eines Konzils getragen ist. Drittens erfährt der → Papst gerade bei schwierigen Entscheidungen, in denen er selbst zögert und unsicher ist, durch das Konzil die nötige Unterstützung, Stärkung und Zuversicht. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist, viertens, dass der →  Papst gelegentlich eines Konzils Menschen persönlich kennenlernt, die er sonst nie zu Ge-

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sicht bekäme und die ihm einen Zuwachs an Erkenntnis bringen, den er zum Wohl der Regierung der Kirche einsetzen kann32. V orschlagsrecht bezüglich zu behan delnder G egenstände →  Propositionsrecht V orsitz   Der Vorsitz des → ökumenischen Konzils gehört neben der →  Einberufung und der → Bestätigung zu den → Papstprivilegien gegenüber demselben. In der Alten Kirche hatten die Päpste (→ Papst) zwar den Vorsitz in den Synoden ihrer eigenen römischen Kirche (→ römische Synode), worauf überlieferte Protokolle (→ römische Konzils­ protokolle) ausdrücklich hinweisen33, aber erst ganz am Rande der Alten Kirche (→  Theodor Abū Qurra [†  um 820]) wurde ihnen der Vorsitz über die ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) zugeschrieben34; denn es war allseits bekannt, dass das Recht auf die → Einberufung und den Vorsitz der ökumenischen Synoden vom →  Kaiser wahrgenommen wurde. Auch die Konzilsdefinition des →  Nicae­ num II (787) spricht lediglich von einer „Mitwirkung“ des →  Papstes und nicht ausdrücklich vom Vorsitz35. Im frühen Mittelalter reklamierte Papst → Nikolaus I. († 867) dann auch den Vorsitz in auswärtigen Konzilien wie den fränkischen36, gegebenenfalls durch seine →  Legaten. →  Bernold von Konstanz († 1100) behauptete die Leitung der ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) von Ephesus (431) (→ Ephesinum), Chalcedon (451) (→ Chalcedonense) und Konstantinopel (680–681) (→  Constantinopolitanum  III) sowie des zweiten Konzils von Arles (455) durch päpstliche →  Legaten37. Auch für → Anselm von Havelberg († 1158) ist der → Papst der Vorsitzende eines → ökumenischen Konzils38. Nach dem Dictatus papae Bonifaz’ VIII. († 1303) haben die päpstli 32  33  34  35  36  37  38

Vgl. Apostelkonzil, 182–184. Vgl. Partikularsynode, 250.  Vgl. Alte Kirche, 177.   Vgl. Alte Kirche, 321.  Vgl. Mittelalter, 31. Vgl. Mittelalter, 135f., 139. Vgl. Mittelalter, 174f., 177.

chen → Legaten den Vorsitz, selbst wenn auf dem Konzil höhere Würdenträger zugegen sind39. Das ist auch die Lehre der → Dekretisten40. Wie sehr die Frage des päpstlichen Vorsitzes durch die → Superioritätsfrage bedingt ist, zeigt sich an → Johannes von Segovia († 1458), der in seiner Frühzeit die Superiorität des Konzils über den →  Papst verteidigt und entsprechend dessen Vorsitz auf dem Konzil ablehnt41, in seiner Spätzeit jedoch den Vorsitz des Papstes als den natürlichen Ausdruck der wesentlich monarchischen Verfassung der Kirche sieht (→ Herrschaftsformen)42. Für Robert → Bellarmin († 1621) ist der päpstliche Vorsitz die causa formalis des Konzils43 (→ hylemorphistische Definition). Dem →  Papst abgesprochen wird der Vorsitz (gegen Robert → Bellarmin, Caesar → Baronius [† 1607] und die Einleitung der editio Romana) vom radikalen Gallikaner Edmond →  Richer (†  1631)44. Ausführlich um den Nachweis dieses päpstlichen Privilegs bemühen sich Louis de →  Thomassin d’Eynac (†  1695)45 und Frances­co Antonio →  Zaccaria (†  1795)46, letzterer gegen Johann Nikolaus von →  Hontheim (†  1790), nach dem es der → Papst nur „in der Regel“ ausübt47. Kraftvoll betont noch im 19.  Jh. die katholische Theologie das genannte Privileg, wie an dem Mainzer Dogmatiker Johann Baptist → Heinrich zu beobachten ist48, bis es dann – zumindest für die Alte Kirche – vom Beginn des 20. Jh.s an unter dem Druck der → historisch-kritischen Methode allmählich aufgegeben wird49. V ox  39  40  41  42  43  44  45  46  47  48  49

conclusiva

→ Stimmrecht

Vgl. Mittelalter, 217. Vgl. Mittelalter, 254. Vgl. Traktate, 38f. Vgl. Apostelkonzil, 194. Vgl. Reformation, 160, 169f. Vgl. Reformation, 264. Vgl. Reformation, 288. Vgl. Reformation, 439f., 442–444. Vgl. Reformation, 428. Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 127. Vgl.  „Der dogmatische Konzilsbegriff auf dem Prüfstand der historisch-kritischen Methode (1870–1908)“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 186– 214.

Vulgarisation

V ox consultativa →  Priesterstimmrecht, → Reform von oben nach unten, → Stimmrecht V ox decisiva → Priesterstimmrecht, → Reform von oben nach unten, → Stimmrecht V ulgarisation   Es gibt Phasen in der →  Geschichte der Konzilsidee, in denen Neues geschaffen oder gedacht wird. Dazu gehört die Zeit der frühen Kirche, in denen die Konzilsinstitution entstand, dazu gehören das 4. und 5. Jh., in denen die ersten ökumenischen Konzilien (→  ökumenisches Konzil) stattfanden und über ihr →  Wesen reflektiert wurde (→  relevante Konzilien), dazu gehört das Spätmittelalter mit seinen Diskussionen über die Konzilien und ihr Verhältnis zum → Papst (→ Superioritätsfrage). Es gibt aber auch Perioden, in denen fast nur noch das von früheren Generationen Geschaffene und Erdachte verbreitet und vulgarisiert wird. Eine solche Zeit ist das 18. Jh., das Jahrhundert der „haute vulgarisation“. Medium dieser Vulgarisation sind Druckwerke. In Veröffentlichungen verschiedenster Art (Monographien, Lexikonartikel, Einführungen in die Theologie usw.) werden Kenntnisse über das Konzil verbreitet50.

 50 Vgl. „Das Konzil in der theologischen Literatur des 18. Jahrhunderts“, in: Reformation, 450–481.

205

n W W ahrheitssuche   Das Konzil gilt gemeinhin von der Alten Kirche an als Mittel der → Überlieferung, in der höchsten Form der Verwirklichung, dem →  ökumenischen Konzil, gar als unfehlbares (→  Unfehlbarkeit). Das schließt nicht aus, es mit →  Augustinus († 430) auch als Wahrheitssuche zu begreifen: „(Jeder weiß doch,) dass auch die Konzilien selbst, die in den einzelnen Gegenden und Provinzen stattfinden, der Autorität der Plenarkonzilien, die aus dem gesamten christlichen Erdkreis stattfinden, ohne Umschweif weichen und selbst frühere Plenarkonzilien oft von den späteren verbessert werden, wenn aufgrund irgendeiner Erfahrung der Dinge etwas eröffnet wird, was verschlossen war, und erkannt wird, was verborgen war […]“1 (→  Augustinus von Hippo, →  Begriff, →  Berichtigung, →  ökumenisches Konzil). Unter Annahme einer Rangordnung, einer Hierarchie der Konzilien und infolgedessen einer gestuften Verbindlichkeit derselben und einer zeitlichen Reihenfolge bestimmt →  Augustinus das Verhältnis von Konzilien auf den unteren Ebenen zu der für ihn höchsten Ebene, dem → concilium plenarium, und deren zeitliche Reihenfolge als eine Wahrheitssuche. Eine →  Berichtigung früherer Konzilien, selbst von concilia plenaria (→  concilium plenarium), durch spätere ist daher möglich. Die unter dem → concilium plenarium stehenden Konzilsarten (→  Arten von Konzilien) stellen Stufen, Momente im Prozess der Wahrheitssuche dar. Solche Wahrheitssuche schließt die Möglichkeit des Irrtums nicht aus (→ irrende Konzilien). Insofern kann die → Autorität eines Konzils auch zu einer Versuchung werden, wenn sie dazu verleitet, die Suche vorzeitig abzubrechen2. → Unfehlbarkeit W alter , F erdinand (†  1879) →  Abwertung, → außerordentliches Lehramt    1 De bapt. 2,3,4.    2 Vgl. Alte Kirche, 92–94.

W elt   Im Selbstverständnis der Konzilien gibt es neben den Konstanten wie dem → Konsens als ihrem → Wesen immer wieder auch neue, vorher so nicht vorhandene Aspekte. Für ein Konzil wie das →  Vaticanum I (1869–1870) ist es eine Beziehung zur Welt, wie sie von keinem seiner Vorgänger wahrgenommen wurde. Das Konzil versteht sich als eine Manifestation der Wahrheit Gottes vor der Welt, gewissermaßen auch gegen die Welt, aber hauptsächlich für die Welt. Das Konzil soll nicht nur die innerkirchliche Ordnung herstellen, sondern umfassend die Missstände in der menschlichen Gesellschaft beseitigen. Es stellt in diesem Sinn ein Heilmittel für die Welt dar. So ist der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler (†  1877) überzeugt, dass die Kirche „in unseren Tagen nicht nur, wie in den früheren Jahrhunderten, den Beruf (hat), die Lehren der Offenbarung gegen Irrlehren zu schützen, sondern sie hat vielmehr die überaus erhabene Aufgabe, die Vernunft selbst und die großen Vernunftwahrheiten, die natürliche Sittlichkeit, das natürliche Recht, die ersten Grundlagen der menschlichen Gesellschaft gegen die Angriffe des Geistes, der von Gott abgefallen ist, zu verteidigen. Eine größere und glorreichere Aufgabe hat die Kirche Gottes noch nie gehabt wie in unseren Tagen. Sie ist nicht nur der Fels, auf dem das Christentum ruht […], sie ist auch der Fels, auf dem die ganze natürliche Ordnung ruht, um sie gegen dieselben feindlichen Mächte zu verteidigen“. Insofern kommt dem Konzil ein providentieller Charakter zu (→  Wunder), in ihm ist der „Finger Gottes“ für jeden Gutwilligen sichtbar3. →  Johannes  XXIII. (†  1963) ist diese Vorstellung, mit dem → Vaticanum II (1962– 1965) ein Konzil für die Welt zu veranstalten, nicht fremd4. → „fait extérieur“ W esen   Ausdrücklich haben zwar erst die Konziliaristen (→ Konziliarismus) im 15. Jh. das Wesen des Konzils als →  Konsens be  3 Vgl.  „Ein neuer Akzent an der traditionellen Konzilsidee im Kontext des Ersten Vatikanums“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 161–185.    4 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 299–301.

Wiederholbarkeit

stimmt5, angedeutet wird dieses Selbstverständnis aber schon vom 3. Jh. an, z. B. bei →  Cyprian von Karthago, bei dem das in unum convenire nicht nur das äußere, sondern auch das innere vom Heiligen Geist gewirkte Zusammenkommen, den consensus bezeichnet6. Im 5.  Jh. sieht →  Vinzenz von Lérins das Konzil gar als das Zusammentreffen eines doppelten Konsenses, eines horizontalen der Ökumene, eines vertikalen der Überlieferung (→ consensio antiquitatis et universalitatis)7. Durch die Jahrhunderte tradiert wird diese Wesensbestimmung unter anderem durch einen in das → Decretum Gratiani eingegangenen Passus →  Gregors des Gr. († 604), das Dekret → Sicut sancti. Nach ihm sind die Konzilsentscheidungen mit universaler Übereinstimmung (consensus) beschlossen worden8. W estermayer , A nton († 1884) → Rezeption W idersprüche   Gemeint sind Widersprüche zwischen verschiedenen Konzilien. Welchem Konzil ist bei widersprüchlichen Aussagen zwischen ihnen zu folgen? Zu dieser Frage haben mittelalterliche Autoren, vor allem die →  Dekretisten9, eine beachtliche →  Kasuistik entwickelt. Am Ende des Mittelalters bietet →  Dominicus Jacobazzi († 1527/28) eine Art Zusammenfassung: Bei Widersprüchen zwischen Universalkonzilien (→  ökumenisches Konzil) und Partikularkonzilien (→  Partikularkonzil) sind in Glaubensfragen Universalkonzilien vorzuziehen, bei Widersprüchen zwischen Universalkonzilien hat das ältere Universalkonzil in Glaubensfragen den Vorrang, da es bereits seit längerer Zeit als das jüngere Universalkonzil von der Kirche rezipiert ist   5 Vgl.  „Ein Paradigma: Nicolaus von Kues, De concordantia catholica (1434)“, in: Traktate, 59– 109.    6 Vgl. Apostelkonzil, 511–513; speziell zu Cyprian vgl. Gestalt, 44–47.      7 Vgl. „Der Konzilsbegriff des Vinzenz von Lerin († vor 450)“, in: Alte Kirche, 148–170.    8 Ep. 1,24; MGH ep. 1,36; zur historischen Nachwirkung der Dekretale vgl. Apostelkonzil, 515– 517.    9 Vgl. Mittelalter, 259–262.

207

(→  Rezeption). Anders liegt die Sache bei Fragen der Kirchendisziplin, denn es gehört zum Wesen von Gesetzen, dass sie ergänzt und korrigiert werden10. W iederbelebung   Nach dem →  Vaticanum I (1869–1870) und seiner Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit non ex consensu ecclesiae entstand der Eindruck, dass Konzilien fortan eigentlich überflüssig sind (→ Abwertung, → „Schimäre“). Theoretisch lebte der Konzilsgedanke zwar in der in den Handbüchern geführten Diskussion über die Anzahl der Subjekte der →  Höchstgewalt in der Kirche weiter11, also in der Frage, ob es letztlich nur ein Subjekt, nämlich den → Papst, oder zwei, den Papst und das Konzil gibt, praktisch wurde die Konzilsidee (→  Konzilsideen) jedoch dann durch die →  Einberufung des →  Vaticanum  II (1962– 1965) zu neuem Leben erweckt12. Das →  Vaticanum  II versuchte die Einseitigkeit des → Vaticanum I dadurch zu überwinden, dass es das Konzil neben dem →  Papst in aller Ausdrücklichkeit zum Träger der → Höchstgewalt in der Kirche erklärte, freilich in eindeutiger Unterordnung unter den Papst als sein Haupt: „Die höchste Gewalt über die ganze Kirche […] wird in feierlicher Weise im ökumenischen Konzil ausgeübt. Ein ökumenisches Konzil gibt es nur, wenn es vom Nachfolger Petri als solches bestätigt oder wenigstens angenommen wird“ (Lumen gentium 22) (→ ökumenisches Konzil)13. W iederholbarkeit   Was uns heute als Selbstverständlichkeit erscheint, nämlich dass ökumenische Konzilien (→  ökumenisches Konzil) neue Glaubensformeln und -bekenntnisse (→ Glaubensbekenntnis) aufstellen können, wurde zeitweise und in Teilen der Kirche strikt abgelehnt. Nachdem sich die fides Nicaena als die die Kirche eini 10 Vgl. Traktate, 242f.  11 Vgl. „Der Konzilsgedanke zwischen dem Ersten und dem Zweiten Vatikanum am Beispiel der Traktate De ecclesia“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 215–243.  12 Vgl.  „Zur Theologie des Konzils“. Wesensbestimmungen zu Beginn des Zweiten Vatikanums“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 244–277.  13 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 310.

208

W

gende Glaubensformel durchgesetzt hatte, kam es zunächst zu einer →  Monopolstellung des Nicaenum  I. In Verbindung mit dem Verbot des →  Ephesinum (431), eine neue Glaubensformel aufzustellen (→  Verbot eines anderen Glaubens)14, diente die fides Nicaena den Monophysiten als formaljuristische Waffe zur Unterdrückung jeder Art von Entfaltung des in dieser Formel angelegten Glaubensinhalts. Dieser Missbrauch führte dann jedoch schrittweise zum Abbau der →  Monopolstellung der fides Nicaena und damit letztlich zur Erkenntnis, dass die Kirche nicht nur ein einziges Mal, nämlich im → Nicaenum I (325), den Glauben auf einem Konzil „definieren“ kann, sondern immer wieder dazu in der Lage ist, wie es → Vigilius von Thapsus (5. Jh.) treffend formuliert hat (→ ökumenisches Konzil)15. Die grundsätzliche Frage der Wiederholbarkeit von Konzilien wird auch in → Konzilstraktaten wie dem des →  Theodor Abū Qurra († um 820) diskutiert16. Das → Verbot eines anderen Glaubens durch das → Ephesinum (431) spielte bei der Diskussion um das →  Filioque zwischen dem Osten und dem Westen17, insbesondere auch auf dem → Florentinum (1439–1443), eine nicht unbedeutende Rolle18. → nihil prorsus de bene compositis retractetur W ilhelm D urandus († 1330) 19→ Appellation vom Konzil an den Papst, →  Einberufung, → Frequens, → Häufigkeit, → Kirchentraktate, →  Laienteilnahme, →  Legaten, →  Nationalkonzil, →  Notwendigkeit, → Quod-omnes-tangit-Prinzip, → Reform W ilhelm von O ckham (um 1288–1347)  Das besondere Interesse an den Ausführungen des Engländers über die Konzilien besteht darin, dass sie nicht nur überhaupt das früheste Zeugnis einer ausdrücklichen Dis 14 Vgl. Alte Kirche, 238.  15 Vgl. „Übergang zu einer neuen Konzilsidee“, in: Alte Kirche, 250–263.  16 Vgl. Alte Kirche, 160–163.  17 Vgl. Mittelalter, 280f.  18 Vgl.  „Filioque-Problematik“, in: Apostelkonzil, 340–345.  19 Vgl. Literaturnachtrag 109.

kussion konziliarer →  Autorität, sondern auch ihre längste zusammenhängende Erörterung bis zu diesem Zeitpunkt darstellen. Die Diskussion findet statt in dem monumentalen und nur als Fragment überlieferten Dialogus inter magistrum et discipulum de imperatorum et pontificum potestate, einer Streitschrift im Kampf zwischen →  Kaiser und → Papst, dessen zweiter Teil den regierenden Papst als Häretiker erweisen soll. Ockham holt hier weit aus und fragt, wer alles in der Kirche häretisch werden kann. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach dem häretischen Konzil. Wenn dann später gefragt wird, worauf sich →  Papst und Konzil eigentlich stützen, wenn sie einen Satz als häretisch verurteilen (→ Häresie), kommen die Konzilien wiederum in den Blick. Der Engländer fragt schließlich in aller Ausdrücklichkeit: Utrum generale concilium ecclesiae in haereticam pravitatem labi possit?20 Der magister plus quam subtilis legt zunächst die theologischen und historischen Gründe für die →  Fehlbarkeit vor, dann nennt er die Gründe für die →  Unfehlbarkeit, die er im Folgenden jedoch alle widerlegt. Die Erörterung der Konzilsautorität (→  Autorität) beginnt also mit Gegenargumenten und sie schließt damit. Die literarische Eigenart des Dialogs bringt es außerdem mit sich, dass es bei der Vielzahl der hier referierten Meinungen zu dieser Frage äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich ist, Ockhams eigene Position zu identifizieren. Festzuhalten ist auch noch die Tatsache, dass der anvisierte Gegner Ockhams in der Frage der → Unfehlbarkeit → Marsilius von Paduas († 1342/43) 14 Jahre vorher erschienener Defensor pacis ist21. →  Apostelkonzil, →  Aristotelismus, →  Bestätigung, →  Bilanz, →  concilium generale, → Einberufung, → Einstimmigkeit, → Herrschaftsformen, →  Inspiration, →  irrende Konzilien, →  Jean Courtecuisse (um 1350– 1423), →  Kirchentraktate, →  Konzilstraktate, → Korporationsrecht, → Kritik, → Laien 20 Dial. I,2,25; 494.  21 Vgl.  „Wilhelm von Ockham (†  1347) oder die systematische Problematisierung der Konzils­ idee“, in: Mittelalter, 410–469; Ökumenisches Konzil, 124f.

Würzbürger Bischofskonferenz

teilnahme, →  Leugnung der Unfehlbarkeit, → Nutzen, → Öffentlichkeit, → Papstabsetzung, →  Repräsentation, →  Sicut sancti, → Superioritätsfrage, → synodus endemousa, →  Theologen, →  Triumphalismus, →  Unfehlbarkeit, →  Verteidigung der Unfehlbarkeit, → Zustimmung, → Zweifel W under   Ganz gleich, ob man die Konzilien gar aus der Natur des Menschen ableitet (→ Ursprung) oder sie als göttliche Stiftung erklärt (→ Herkunft der Macht), sie wurden allgemein als „natürliche“ Ausstattung bzw. Einrichtung der Kirche betrachtet. Im Gegensatz zu dieser natürlichen Einschätzung der Konzilien gab es schon immer auch Autoren bzw. Zeiten, die auf ihren quasi-übernatürlichen Charakter abhoben. Das war der Fall zur Zeit der → Monopolstellung des Nicaenum I, als dieses Konzil noch nicht in genügender Klarheit als →  ökumenisches Konzil erkannt war und es darum ging, das → Nicaenum I (325) als schlechthin außerordentliches Ereignis zu qualifizieren. In dieser Situation galten die →  Inspiration der der Synode sowie die Zahl der 318 in Nicaea versammelten → Konzilsväter (→ Dreihundertachtzehn Väter) als „Aufwertungstheologumenon“. Beide Theologumena machen aus dem genannten Konzil so etwas wie ein Wunder22. Die folgende Einschätzung des →  Cyrill von Alexandrien (†  444) steht für manche ähnliche: „Lasst uns Wort für Wort den göttlichen und hochheiligen Orakelspruch jener heiligen Synode niederschreiben, das heißt das adäquate und durch seine in jeder Hinsicht wahren Sätze vollkommene Symbol des Glaubens […]. […] (seine Autoren) haben etwas Ungeheures und Übernatürliches ausgesprochen“23. Auf ganz andere Weise wird die gesamte Konzilsinstitution als eine Art Wunder in dem apologetischen Konzilstraktat (→  Konzilstraktate) des → Theodor Abū Qurra († um 820) gesehen24. In der Neuzeit bezeichnet erstaunlicherweise gerade der Kirchenkritiker und -skeptiker →  Erasmus von Rotterdam  22 Vgl. Alte Kirche, 220–222.  23 Vgl. Alte Kirche, 231, Anm. 2.  24 Vgl. Alte Kirche, 188–190.

209

(† 1536) ein → ökumenisches Konzil kurzerhand als velut oraculum a deo profectum25. Als so etwas wie ein Wunder, nämlich als ein providentielles Ereignis, galt auch das →  Vaticanum  I (1869–1870) in den Augen nicht weniger zeitgenössischer Theologen. Das Konzil ist für den Jesuiten Matteo Liberatore (†  1892) „das größte der Heilmittel […], die der modernen Zeit gewährt werden konnten […] Es handelt sich um ein neues in der Reihe der großen Wunder, die Gott mittels des Papstes Pius  IX. wirkt“26. Die eine oder andere Äußerung →  Johannes’  XXIII. (†  1963) über das →  Vaticanum  II (1962– 1965) lässt sich im Sinne einer providentiellen Rolle des Konzils interpretieren. So nannte er das Konzil u. a. eine „außerordentliche Epiphanie“27. → Einstimmigkeit, → Legenden, → Welt W ürzbürger B ischofskonferenz (1848) → Diözesansynode

 25 Vgl. Konzils- und Papstidee, 190, 201.  26 Vgl.  „Das Konzil als providentielles Ereignis“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 141, 144, 176–180.  27 Vgl. 19. und 20. Jahrhundert, 306.

n Z Z accaria , F rancesco A ntonio (1714– 1795)  Worum es in dem 1767 erschienenen Konzilstraktat (→ Konzilstraktate) des italienischen Jesuiten geht, kündigt in aller Klarheit sein Titel Anti-Febronio an: Es geht vier Jahre nach der Veröffentlichung des De statu ecclesiae des Johann Nikolaus von → Hontheim, drei Jahre nach dessen Indizierung um die Widerlegung der genannten Schrift. Zuvor haben schon mehrere Verteidiger des → Papstes und der Konzilien zur Feder gegriffen, aber Zaccarias Werk gilt als die bedeutendste Schrift gegen den Trierer Weihbischof. Deswegen planten auch die damaligen Frankfurter Jesuiten eine deutsche Übersetzung, die dann aber doch nicht zustande kam. Das Werk hat folgenden Aufbau: Auf einen systematisch-dogmatischen Teil, der die monarchische Verfassung der Kirche und den Jurisdiktionsprimat des →  Papstes darlegt, wenig originell ist und die bekannten papalistischen Autoren zitiert (Robert → Bellarmin [† 1621], Antoine Charlas [† 1634], François-Jacques Serry [† 1738], Costantino Roncaglia [† 1737] u. a.), folgt ein historischer, in dem es um die Geschichte des Papsttums in seinem Verhältnis zum Episkopat und damit auch zum Konzil (→  Papst und ökumenisches Konzil) geht. Dabei ist die Anordnung –  zunächst der dogmatische, dann der historische Teil  – symptomatisch für die damalige katholische Theologie (→ historisch-kritische Methode): Die Geschichte wird erst gefragt, nachdem die Antwort grundsätzlich, d. h. dogmatisch schon gegeben ist. Der Beitrag der Geschichte ist nicht konstitutiv für das zu erkennende Verhältnis Papst/Konzil. Die Geschichte ist nur Hilfswissenschaft1. →  Appellation vom Papst an das Konzil, →  Bestätigung, →  communio potestatis, → Dogma und Geschichte, → Einberufung, → Gerbert, Martin (1720–1793), → Hontheim,   1 Vgl.  „Stellungnahmen zur Superioritätsfrage: Gerbert, Hontheim, Zaccaria“, in: 19. und 20. Jahrhundert, 403–449.

Johann Nikolaus von (1701–1790), →  Konzilstraktate, →  lehrende/hörende Kirche, → Papalismus, → Superioritätsfrage, → Vorsitz Z ahl   Da das →  Wesen des Konzils im → Konsens besteht und solcher Konsens nur zwischen mehreren Teilnehmern bestehen kann, stellt sich die Frage, wie hoch die Zahl der Teilnehmer sein muss, damit überhaupt von einem Konzil die Rede sein kann. Für die Alte Kirche ist die Anzahl der versammelten → Konzilsväter jedenfalls keine ausschlaggebende Größe. So kann → Athanasius von Alexandrien († 373) zwar gelegentlich darauf hinweisen, dass das →  Nicaenum  I (325) vergleichsweise größer war als andere Synoden seiner Zeit2, grundsätzlich spielt die Zahl jedoch nicht die entscheidende Rolle3. Auch nach → Leo dem Gr. († 461) garantiert die Zahl als solche keine bessere Qualität der Synode, zwei oder drei Vertreter einer Provinz genügen für die Versammlung4. Selbst größere Versammlungen als das →  Chalcedonense (451) vermögen dessen absolute Autorität nicht in Frage zu stellen5. Ähnlich äußert sich Papst →  Damasus I. († 384): Mag das Konzil von → Rimini (359) auch größer gewesen sein als das →  Nicaenum  I, es ist und bleibt ungültig6. → Eutherius von Tyana († nach 434) spricht sich sogar grundsätzlich gegen Argumente aus, die auf Zahlen basieren7. Offensichtlich angeregt durch das Wiedererwachen der Konzilsidee (→  Konzilsideen) machen sich spätmittelalterliche und frühneuzeitliche Autoren Gedanken über die Bedeutung der Zahl der versammelten →  Konzilsväter. So verlangt → Nikolaus von Kues († 1464), für den das → Wesen des Konzils im → Konsens besteht, grundsätzlich eine bestimmte Anzahl von Teilnehmern8. Nach ihm macht die größere Anzahl den Irrtum zwar unwahrscheinlicher, schließt ihn jedoch    2 Vgl. Alte Kirche, 60.    3 Vgl. Alte Kirche, 51; Ökumenisches Konzil, 76f.     4 Vgl. Alte Kirche, 106f.    5 Vgl. Alte Kirche, 113f., 133.    6 Vgl. Alte Kirche, 229.   7 Vgl. Alte Kirche, 227.      8 Vgl. Traktate, 107.

Zusammensetzung

nicht aus9. Für die Konziliaristen (→ Konziliarismus) des nach dem Bruch mit dem Papsttum zusammengeschrumpften →  Basiliense (1431–1437/49) ist, verständlicherweise, die Zahl der weiterhin noch versammelten Väter unwichtig10. →  Dominicus Jacobazzi und →  Matthias Ugoni befassen sich am Vorabend der Reformation mit dem Problem der Anzahl der Konzilsteilnehmer. Nach dem →  Korporationsrecht gelte zwar eine universitas dann als versammelt, wenn zwei Drittel ihrer Mitglieder beieinander sind. Ein Blick in die Geschichte zeige jedoch, dass diese Anzahl bei den Konzilien nie erreicht wurde. Eine geringere Zahl genüge hier ganz offensichtlich11. Im vorliegenden Zusammenhang darf der Hinweis auf die 318 Väter des →  Nicaenum  I nicht fehlen: Die Zahl ist symbolisch und verweist auf die → Gegenwart Christi in dieser Versammlung12 (→  Dreihundertachtzehn Väter). Z ählung der → Ordinalzahl

ökumenischen

K onzilien

Z allwein , G regor († 1766) → Hermeneutik, → Ursprung Z ehnjahresrhythmus K onzilien → Frequens Z eno

von

ökumenischer

V erona († um 380) → Formeln

Z entralismus → Appellation vom Konzil an den Papst, → Dekretisten, → Patriarchalsynode Z usammenfall eines doppelten K on senses → concilia generalia universali traditione et consensu fiunt et recipiuntur, → horizontaler und vertikaler Konsens Z usammensetzung   Es geht bei diesem Stichwort um die Kategorien von Teilnehmern an den Konzilien. Werfen wir, bevor wir uns zwei Theologen und ihren Reflexio   9  10  11  12

Vgl. Traktate, 205. Vgl. Traktate, 205. Vgl. Traktate, 229, 239, 254, 262. Vgl. Alte Kirche, 221f.

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nen zu dieser Frage zuwenden, zunächst einen Blick auf die Geschichte. Es ist wahr, für die Konzilien oberhalb der → Diözesansynode gilt grundsätzlich die Devise → concilium episcoporum est, aber erstens hat es dazu nicht nur auf Konzilien wie dem →  Con­ stantiense (1414–1418) und dem → Basiliense (1431–1437/49) massive Ausnahmen gegeben, sondern die ganze Geschichte entlang kam die Beteiligung von nicht stimmberechtigten Laien (→  Laienteilnahme) und von Priestern vor. Was die Laien angeht, so ist ein prominentes Beispiel der →  Kaiser, der an den ökumenischen Konzilien (→ ökumenisches Konzil) der Alten Kirche teilgenommen hat, was die Priester angeht, so ist an die → Periti zu erinnern, die normalerweise keine Bischöfe sind. Nach dem englischen Kardinal Reginald →  Pole (†  1558), der in seiner Auslegung von → Apg 15 stark von Martin →  Luther (†  1546) inspiriert ist, hat das →  Apostelkonzil, der Archetyp aller kommenden kirchlichen Konzilien schlechthin, auch den Personenkreis festgelegt, aus dem ein Konzil zusammengesetzt ist. Neben dem Heiligen Geist (→ Inspiration), der die „Hauptperson“ des Konzils ist, gibt es drei „Personen“, aus denen ein Konzil besteht. Erstens „Petrus“, dem unter den menschlichen Personen die führende Rolle zukommt. Er repräsentiert den Papst. Zweitens gehören zu einem Konzil „Paulus“ und „Barnabas“. Sie stehen für die Abgesandten der einzelnen Ortskirchen. Damit sind in erster Linie oder vielleicht sogar ausschließlich Leute gemeint, die fähig sind, über den Glauben zu reflektieren und zu reden, also eher nicht die Bischöfe der Ortskirchen als vielmehr Theologen bzw. → Periti. Sie bringen keinen anderen Glauben ein, sie bestätigen vielmehr aus ihrer eigenen Erfahrung den von „Petrus“ bezeugten Glauben. „Jakobus“ hat eine doppelte Aufgabe  – einerseits deckt sie sich mit der Rolle des „Paulus“ und „Barnabas“, andererseits obliegt es ihm, sich als Vertreter der Ortskirchen für die Beobachtung des Liebesgebots in der Kirche einzusetzen. Dazu gehört auch nach Abschaffung des Gesetzes die besondere Rücksicht auf die Judenchristen. Auf die vierte Kategorie, die seniores (vgl. Apg 15,6),

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Z

geht → Pole nicht näher ein. Möglicherweise sind damit die →  Kaiser gemeint. Im Zusammenhang seiner Reflexionen über die Neugestaltung der Konzilien äußert sich auch → Johannes von Segovia († 1458) über ihre Zusammensetzung. Seine biblische Grundlage ist nicht → Apg 15, sondern Eph 4,11. Mit dem gleichen Nachdruck, mit dem er in seinem Spätwerk den grundsätzlich bischöflichen Charakter (→  concilium episcoporum est) des Generalkonzils (→  concilium generale) verteidigt – er nennt es seine essentia – tritt er unter Berufung auf die genannte Bibelstelle für die →  Teilnahme von drei nicht-bischöflichen Kategorien von Teilnehmern ein: erstens doctores, d.  h. Theologen und Juristen beiderlei Rechts, zweitens evangelistae, d. h. Prediger und Verkündiger des Glaubens, drittens pastores, d.  h. Seelsorger mit praktischer Erfahrung. Der Spanier nennt die entsprechende Zusammensetzung des Konzils seine forma im Unterschied zu seiner essentia. Den Bischöfen, den primi ac principales participantes obliegt es, die Entscheidungen zu fällen, den doctores, sie sachkundig zu diskutieren, den evangelistae, sie treffend zu formulieren, den pastores, sie in den Ortskirchen durchzuführen. Die Bischöfe sind zur Berufung der drei anderen Kategorien von Teilnehmern verpflichtet13. Z ustimmung   →  Wilhelm von Ockham (†  1347) hat nicht nur die →  Unfehlbarkeit der Konzilien ausführlich problematisiert, sondern auch eine komplizierte → Kasuistik entwickelt, wie sich der Gläubige angesichts eines fehlbaren Konzils (→ Fehlbarkeit von Konzilien) verhalten soll. Die Zustimmung hängt erstens ab vom Gegenstand der konziliaren →  Definition. Tatsachenbehauptungen, die sich explizit aus der →  Heiligen Schrift oder aus anderen Quellen erheben lassen, sind den Konzilien von allen bis zum Beweis des Gegenteils abzunehmen. Theoretische Sätze dagegen, die nicht auf unmittelbare Anschauung zurückgehen, sondern nur spekulativ aus anderen Erkenntnissen gewonnen werden können, brauchen keineswegs mit der gleichen Bereitschaft ange 13 Vgl. Apostelkonzil, 170f.

nommen zu werden. Zur Erlangung solcher theoretischen Erkenntnisse ist nämlich nicht nur Fachwissen, sondern vor allem die Beherrschung der Regeln der Logik nötig, um falsche Schlüsse von richtigen Schlüssen unterscheiden zu können. Solche Fähigkeiten können jedoch nicht ohne weiteres bei den → Konzilsvätern einfach vorausgesetzt werden. Die Zustimmung zu einer Konzilsdefinition ist, zweitens, bedingt durch den Wissensstand der Gläubigen. Wer z.  B. sicher weiß, dass ein Konzil, sei es in Tatsachenfragen, sei es in theoretischen Problemen irrt (→  irrende Konzilien), braucht ihm nicht zuzustimmen, ja, er darf ihm widersprechen. Anders liegt der Fall dessen, der keine →  Gewissheit hat, ob das Konzil irrt oder nicht. Er wird sich gegenüber Tatsachenbehauptungen anders verhalten als gegenüber theoretischen Sätzen. Bis zum offensichtlichen Beweis des Gegenteils wird er den Tatsachenbehauptungen Glauben schenken. Anders liegt der Fall hinsichtlich theoretischer Konzilsdefinitionen. Wer hier nicht positiv weiß, dass das Konzil irrt, darf den betreffenden Satz des Konzils nicht in Frage stellen, er darf darüber in der → Öffentlichkeit nicht diskutieren, es sei denn, dass anerkannte Fachleute diesen Satz ebenfalls kritisieren. Auf jeden Fall muss das Ärgernis vermieden werden. Wer keine Gewissheit hat, muss die Wahrheit der Konzilsdefinition präsumieren und ihr gleichsam unter dem Vorbehalt anhangen, dass sie nicht mit der katholischen Wahrheit in Widerspruch steht. Jedenfalls wird er in der Öffentlichkeit nicht einmal durch entsprechende Mutmaßungen die gegenteilige Meinung vertreten. In seinem Innern freilich darf er das Gegenteil meinen und in der →  Heiligen Schrift nach der Wahrheit suchen (→ Wahrheitssuche)14. Z ustimmung

der

B ischöfe → Rezeption

Z ustimmung der ( fünf ) P atriarchen → Kriterien, → Pentarchie

 14 Vgl.  „Verhalten gegenüber fehlbarem Konzil“, in: Mittelalter, 445–452.

Zweifel

Z ustimmung der T eilnehmer →  Auflösung, →  consensus omnium, →  Einstimmigkeit, →  Freiheit, →  rechtmäßiger Verlauf, → Schriftauslegung Z ustimmung → Kriterien

des

P apstes → Bestätigung,

Z weidrittelmehrheit →  Abstimmungsmodus Z weifel   Es hat den Anschein, als werde die Kirche periodisch vom Zweifel befallen, ob ihre Institutionen tauglich sind, Wahrheit von Irrtum, Glauben von Unglauben zu unterscheiden. Zumindest seit dem Hochmittelalter lassen sich Phasen des Zweifels und Phasen wiedergefundener Sicherheit ausmachen. Auf das 13.  Jh. mit der ruhigen →  Gewissheit eines →  Thomas von Aquin († 1274) von der einzigartigen Autorität des →  Papstes folgt im 14.  Jh. gewissermaßen stattdessen die Propagierung der → Unfehlbarkeit der Konzilien. Im selben Jahrhundert wird die Unfehlbarkeit beider Institutionen auf den Prüfstand gestellt. Am Vorabend der Reformation sprechen noch einmal Theologen wie →  Johannes von Torquemada († 1468) ihr Vertrauen in beide Institutionen, Konzil und → Papst, aus. Im Widerstand gegen Martin → Luthers († 1546) → Leugnung der Unfehlbarkeit kam es in der Gegenreformation dann wieder zu einem Vertrauen in die Sicherheit beider Institutionen usw. Ein exemplarischer Zweifler an der →  Unfehlbarkeit der Konzilien ist der massiv von → Wilhelm von Ockham († 1347) abhängende Pariser Theologe und Kirchenpolitiker → Jean Courtecuisse († 1423) in seiner Quaestio de infallibilitate concilii generalis. Er breitet in der Manier der Schule in seinem Tractatus „objektiv“ die Gründe pro und contra → Unfehlbarkeit der Konzilien aus, unterdrückt dabei jedoch, zumindest an einer Stelle, nicht seinen eigenen Zweifel: „Mir jedenfalls erscheinen die Gründe für die Fehlbarkeit der Konzilien als sehr stark und schwer widerlegbar. Und zwar vor allem der erste Grund. Ich erinnere mich nämlich nicht, irgendwo in der ganzen Heiligen Schrift eine Schriftstelle gelesen oder von einem anderen

213

gehört zu haben, aus der deutlich die Unfehlbarkeit von Generalkonzilien geschlossen werden könnte. Ich meine mit ‚deutlich‘, wie z.  B. aus der Verheißung Christi, als er zu Petrus sagt: ‚Ich habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht wankt‘ (Lk 22,32), geschlossen werden kann, dass der katholische Glaube bis ans Ende der Zeit bleiben wird. Die Unfehlbarkeit des Konzils kann auch nicht ratione naturali bewiesen werden, und wir lesen auch nicht in der in der Heiligen Schrift (scriptura authentica), dass diese Wahrheit in besonderer Weise vom Heiligen Geist offenbart wurde. Deswegen erscheint es mir schwierig zu zeigen, wie die Unfehlbarkeit von Generalkonzilien gefolgert und womit sie begründet werden kann. Freilich behaupte ich nicht deren Fehlbarkeit, sondern beabsichtige nur, die Gründe beider Seiten zu widerlegen […] Ein jeder kann dann den Weg gehen und wählen, der ihm wahrscheinlicher und sicherer erscheint“15. Ein Zweifler an der Unfehlbarkeit ist auch → Jean Courtecuisses Pariser Kollege → Nikolaus von Clémanges († 1437). Anlass zum Zweifel gibt ihm schon die bekannte Gregor-Dekretale →  Sicut sancti, die lediglich von vier verehrungswürdigen Konzilien spricht. Schwierigkeiten bereitet ihm auch, aufgrund des bei den Kanonisten geltenden Axioms saepe ecclesia militans et fallit et fallitur, der Umfang der →  Unfehlbarkeit. Gilt sie ebenso für den Bereich der mores und der iudicia wie für den der fides? Wie ist andererseits die Unfehlbarkeit mit dem status viatoris, der durch die Möglichkeiten von meritum und demeritum gekennzeichnet ist, vereinbar? Ein Problem besteht für Clémanges auch darin, wie → Unfehlbarkeit in sündigen Synodalen möglich sein soll. Clémanges’ „Anfrage“ nimmt zwar ausdrücklich die →  Unfehlbarkeit auf dem Gebiet des Glaubens aus – hier sei Unfehlbarkeit durch Lk 22,32 garantiert  –, tatsächlich gelten die vorgelegten dubia jedoch genauso hinsichtlich von Glaubensdefinitionen wie für Konzilsentscheidungen in anderen Fragen. Der Franzose formuliert seine Einwände z.  T. gerade auf der Basis des klassischen für die  15 Vgl. Gestalt, 176.

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Z

→  Autorität der Konzilien angeführten Schriftarguments Mt 18,20 (→ locus scripturisticus). Mit der Frage der Erlaubtheit des Zweifels an von der Kirche rezipierten Konzilien hat sich ebenfalls → Erasmus von Rotterdam († 1536) befasst und er antwortet mit einem eindeutigen Nein. Das entspricht ganz seiner auch sonst bekundeten Hochschätzung der kirchlichen Konzilien16. → Einberufungsschreiben, → Unfehlbarkeit Z wölfergremium → Deputationen

 16 Vgl. Konzils- und Papstidee, 188f.  

n  Erster Anhang: Literaturnachträge 1: Kl. Schatz, Verfahrensformen und Symbolpraxis des I. Vaticanums, in: Ekklesiologische Alternativen? Monarchischer Papat und Formen kollegialer Kirchenleitung (15.– 20. Jahrhundert), hrsg. v. B. Schmidt u. H. Wolf, Münster 2013, 177–186. 2 : M. Klöckener, La prière d’ouverture des conciles „Adsumus“: de l’Espagne wisigothique à la liturgie Romaine d’après Vatican II, in: La prière liturgique. Conférences Saint-Serge, XLVIIe semaine d’études liturgiques, Paris, 2730 juin 2000; hrsg. v. A. M. Triacca u. A. Pistoia, Rom 2001, 165–198. 3  : M. Bredeck, Das zweite Vatikanum als Konzil des Aggiornamento. Zur hermeneutischen Grundlegung einer theologischen Konzilsinterpretation, Paderborn 2007; H.-J. Sander, ‚Aggiornamento‘ – Kennzeichen nur des Konzils? Der spatial turn des Glaubens durch das Zweite Vatikanische Konzil, in: ThGl 102 (2012) 510–525; G. Angelini, L’aggiornamento: suggestioni e problemi di una formula fortunata, in: Teol. (M) 37 (2012) 361–382. 4: M.-É. Boismard, Le „Concile“ de Jérusalem (Act 15,1–33). Essai de critique littéraire, in: EThL 64 (1988) 433–440; H. Ponsot, Peuton encore parler de „Concile“ de Jérusalem? À propos d’Ac 15 et de la chronologie paulinienne, in: RB 109 (2002) 556–586; J. Taylor, The „Council“ of Jerusalem in Acts 15, in: Synod and Synodality. Theology, History, Canon Law and Ecumenism in new contact. International Colloquium Bruges 2003, hrsg. v. A. Melloni u. S. Scatena, Münster 2005, 107–113; A. Gangemi, Il concilio di Gerusalemme in AT 15,1–35 e le tradizioni giudaiche, in: Repraesentatio. Sinodalità ecclesiale e integrazione politica. Atti del convegno Catania 21–22 aprile 2005, hrsg. v. A. Longhitano, Florenz 2007, 15–40, A. Jacab, La prétendue „assemblée“ de Jérusalem (AC 15). Enquête préliminaire en vue d’une révi-

sion du dossier, in: Classica et christiana 6 (2011) 455–471. 5 : Th. Brockmann, Apostelkonzil und Konzilsfrage in der Reformationszeit. Zur Argumentation mit Apg 15 in der Publizistik des deutschen Sprachraums 1520–1563, in: Fördern und Bewahren. Studien zur europäischen Kulturgeschichte der frühen Neuzeit (FS anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Dr.-Günther-Findel-Stiftung zur Förderung der Wissenschaften), hrsg. v. H. Schmidt-Glintzer, Wiesbaden 1996, 25–48; B. T. Oftestad, Evangelien, Apostel und Konzil. Das Apostelkonzil in der Sicht Luthers und Melanchtons, in: ARG 88 (1997) 23–56. 6: J. Álvarez Maestro, Presencia de san Agustín en el Concilio Vaticano II, in: Concilio Vaticano II. 40 años despues. IX Jornadas Agustinianas, 11–12 de marzo 2006, hrsg. v. I. González Marcos, Madrid 2006, 231–281; A. Dupont, The Authority of Augustine of Hippo at the Second Vatican Council. A Comparative Analysis of the Use of Augustine in the Preparatory and the Promulgated Documents, in: La théologie catholique entre intransigeance et renouveau. La reception des mouvements préconciliaires à Vatican II, hrsg. v. G. Routhier, P. J. Roy u. K. Schelkens, Löwen 2011, 11–48 7 : Ph. R. Amidon, The procedure of St. Cy­ prian’s synods, in: VigChr 37 (1983) 328–339. 8: K.-H. Menke, Das Unfehlbarkeitsverständnis der „gegen-reformatorischen Konzilstraktate“, in: Cath (M) 45 (1991) 102–118; Chr. D. Washburn, St. Robert Bellarmine on the Infallibility of General Councils of the Church, in: AHC 42 (2010) 171–192. 9: G. Gresser, Sanctorum Patrum auctoritate. Zum Wandel der Rolle des Papstes im Kirchenrecht auf den päpstlichen Synoden in der Zeit der Gregorianischen Reform, in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Medieval Canon Law, hrsg. v. U.-R. Blumenthal, K. Pennington u. A.  A. Larson, Vatikanstadt 2008, 629–646.

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Literaturnachträge

10: Th. Prügl, Modelle konziliarer Kontroverstheologie. Johannes von Ragusa und Johannes von Torquemada, in: Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414–1418) und Basel (1431–1449). Institutionen und Personen, hrsg. v. H. Müller u. J. Helmrath, Ostfildern 2007, 257–287. 11: W. Kasper, Der theologische Status der Bischofskonferenzen, in: ThQ 167 (1987) 1–6; Die Bischofskonferenz. Theologischer und juridischer Status [mehrere Beiträge], hrsg. v. H. Müller u. H. J. Pottmeyer, Düsseldorf 1989; M. Faggioli, Prassi e norme relative alle conferenze episcopali tra concilio Vaticano II e post-concilio (1959–1998), in: Synod and Synodality. Theology, History, Canon Law and Ecumenism in new contact. International Colloquium Bruges 2003, hrsg. v. A. Melloni u. S. Scatena, Münster 2005, 265–296.

15: N. Hausman, Le Père Yves Congar au Concile Vatican II, in: NRTh 120 (1998) 267– 281; A. Melloni, Yves Congar à Vatican II. Hypothèses et pistes de recherche, in: Cardinal Yves Congar, 1904–1995. Actes du Col­ loque réuni à Rome les 3–4 juin 1996, hrsg. v. A. Vauchez, Paris 1999, 117–164; J.-P. Jossua, Le concile d’Yves Congar, in: CrSt 24 (2003) 149–153; G. Alberigo, P. Congar, Dossetti e l’officina bolognese, in: CrSt 24 (2003) 154–165; B. Sesboüé, Un dur combat pour une Église conciliaire. „Mon journal du concile“, de Yves Congar, in: RSR 91 (2003) 259–272; Th. R. Potvin, Étude critique: Yves Congar, Mon journal du Concile, in: ScEs 55 (2003) 323– 347; M. Quisinsky, Aggiornamento – aber wie? Die Konzilstheologen Henri de Lubac SJ und Yves Congar OP zwischen „nouvelle théologie“ und Konzilsrezeption, in:­­ FZ PhTh 58 (2011) 5–33.

12: G. P. Milano, Il sinodo del vescovo: natura, funzioni, rappresentatività, in: La synodalité. La participation du gouvernement dans l’Eglise. Actes du VIIe congrès international de Droit canonique, Paris 21–28 sept. 1990, 167–182; A. Indelicato, Dal concilio al Sinodo dei vescovi in cronaca di una scelta annunciata, in: Synod and Synodality. Theology, History, Canon Law and Ecumenism in new contact. International Colloquium Bruges 2003, hrsg. v. A. Melloni u. S. Scatena, Münster 2005, 237–261.

16: A. Frenken, Das Konstanzer Konzil (1414–1418) – ein concilium generale et universale? Eine aktuell gestellte Streitfrage auf dem Prüfstand der modernen Konzilienforschung, in: AHC 40 (2008) 323–360.

13: G. P. Milano, Il sinodo del vescovo: natura, funzioni, rappresentatività, in: La synodalité. La participation du gouvernement dans l’Eglise. Actes du VIIe congrès international de Droit canonique, Paris 21–28 sept. 1990, 167–182; A. Indelicato, Dal concilio al Sinodo dei vescovi in cronaca di una scelta annunciata, in: Synod and Synodality. Theology, History, Canon Law and Ecumenism in new contact. International Colloquium Bruges 2003, hrsg. v. A. Melloni u. S. Scatena, Münster 2005, 237–261.

18: J. Munitiz, Synoptic Byzantine chronologies of the Councils, in: REByz 36 (1978) 193–218.

14: R. Somerville, Observations on „general councils“ in the Twelfth Century, in: AHC 40 (2008) 281–288.

17: P. Bernardini, Sinodalità e concili africani del terzo secolo: vent’anni di studi, in: Synod and Synodality. Theology, History, Canon Law and Ecumenism in new contact. International Colloquium Bruges 2003, hrsg. v. A. Melloni u. S. Scatena, Münster 2005, 115–142.

19: W. Hartmann, Die Konzilien in der vorgratianischen Zeit des Kirchenrechts, in: Proceedings of the Ninth International Congress of Medieval Canon Law. Munich, 13– 18 July 1992, hrsg. v. P. Landau u. J. Mueller, Vatikanstadt 1997, 259–286. 20: Th. Prügl, Geschäftsordnung und Theologie. Synodale Verfahrensweise als Ausdruck ekklesiologischer Positionierung auf dem Basler Konzil (1431–1449), in: Ekklesiologische Alternativen? Monarchischer Papat und Formen kollegialer Kirchenleitung (15.–

Literaturnachträge

20. Jahrhundert), hrsg. v. B. Schmidt u. H. Wolf, Münster 2013, 77–99, bes. 90–93. 21: E. Gatz, Synodale Bewegungen und Diözesansynoden in den deutschsprachigen Ländern von der Säkularisation bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil, in: RQ 82 (1987) 206–243; O. Pontal, Évolution historique du synode diocésain, in: L’année canonique. Hors série, Vol. II: La synodalité. La participation au gouvernement dans l’Eglise. Actes du VIIe congrès international de Droit canonique, Paris, Unesco, 21–28 sept. 1990, 521–536; W. Kasper, Die Communio-Ekklesiologie als Grundlage für die Diözesansynode Überlegungen zu ekklesiologischen Leitidee des Zweiten Vatikanischen Konzils, in: Kirche im Kommen (FS J. Stimpfle), hrsg. v. E. Kleindienst u. G. Schmuttermayr, Frankfurt am Main 1991, 375–399; P. Doyle, Episcopal Authority and Clerical Democracy. Diocesan synods in Liverpool in the 1850s, in: ReH 23 (1996/3) 418–433; J. Helmrath, Partikularsynoden und Synodalstatuten des späteren Mittelalters im europäischen Vergleich, in: AHC 34 (2002) 57–99. 22: U. Horst, Zwischen Konziliarismus und Reformation. Studien zur Ekklesiologie im Dominikanerorden, Rom 1985; Ders., „Die Dominikanerschule von Salamanca und das Konzil von Trient“, in: AHC 35 (2003) 86– 103; Th. Prügl, Dominicans and Thomism at the Council of Basel (1431–1449), in: AHC 35 (2003) 363–380. 23: E. Lucchesi, 318 ou 319 pères de Nicée?, in: AnBoll 102 (1984) 394–396. 24: Zur Widerlegung des von Ockham geäußerten Restgedankens vgl. J. Helmrath, Ecclesia enim parva esse potest, nulla esse non pot­ est. Die sogenannte Restlehre zwischen Mariologie und konziliarer Theorie, insbesondere bei Johann von Segovia, in: Kirchenbild und Spiritualität, Dominikanische Beiträge zur Ekklesiologie und zum kirchlichen Leben im Mittelalter (FS U. Horst), hrsg. v. Th. Prügl u. M. Schlosser, Paderborn 2007, 291–317; vgl. ebd., 295f. speziell zu Wilhelm von Ockham.

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25: Th. Prügl, Die Ekklesiologie Heinrich Kalteisens in der Auseinandersetzung mit dem Basler Konziliarismus. Mit einem Textanhang, in: Veröffentlichungen des Grabmann-Instituts 40, Paderborn 1995, 25–50. 26: P. L’Huillier, Faits et fiction à propos du deuxième concile oecuménique, in: EeT (O) 13 (1982) 135–156; P. Speck, Die Interpolationen in den Akten des Konzils von 787 und die Libri Carolini, Bonn 1998; R. Riedinger, In welcher Richtung wurden die Akten der Lateransynode von 649 übersetzt, und in welcher Schrift war der lateinische Text dieser Akten geschrieben? in: Martino I (649–653) papa e il suo tempo. Atti del XXVIII Convegno storico internazionale, Todi 13–16 ottobre 1991, Spoleto 1992, 149–164; M. Durst, Euphrates, die gefälschten Akten der angeblichen Kölner Synode von 346 und die frühen Bischofssitze am Rhein, in: Rheinisch – Kölnisch – Katholisch: Beiträge zur Kirchenund Landesgeschichte sowie zur Geschichte des Buch- und Bibliothekswesens der Rheinlande (FS H. Finger), hrsg. v. S. Schmidt, Köln 2008, 21–62. 27: G. Podskalsky, Kommt einem einseitig synodal aufgekündigten Unionskonzil noch fortdauernde Rechtskraft zu aus der Sicht des anderen Vertragspartners? Zur Rezeptionsgeschichte des Florentinums, in: OCP 72 (2006) 189–193. 28: W. de Vries, Bedingungen der Autorität Ökumenischer Konzilien, in: StZ 204 (1986) 16–28. 29: M. Durst, Nizäa als „autoritative Tradition“ bei Hilarius von Poitiers, in: Stimuli. Exegese und ihre Hermeneutik in Antike und Christentum (FS E. Dassmann), hrsg. v. G. Schöllgen u. Cl. Scholten, JAC.E 23, Münster 1996, 406–422. 30: W. Brandmüller, Das Konzil, demokratisches Kontrollorgan über den Papst? Zum Verständnis des Konstanzer Dekrets Frequens vom 9. Okt. 1417, in: Ders., Papst und Konzil im Großen Schisma (1378–1431). Studien und Quellen, Paderborn 1990, 243–263.

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Literaturnachträge

31: St. Sudmann, Das Basler Konzil. Synodale Praxis zwischen Routine und Evolution, Frankfurt am Main 2005; Th. Prügl, Geschäftsordnung und Theologie. Synodale Verfahrensweise als Ausdruck ekklesiologischer Positionierung auf dem Basler Konzil (1431–1449), in: Ekklesiologische Alternativen? Monarchischer Papat und Formen kollegialer Kirchenleitung (15.–20. Jahrhundert), hrsg. v. B. Schmidt u. H. Wolf, Münster 2013, 77–99 32: F. Gautier, À propos du témoignage de Grégoire de Nazianze sur le concile de Con­ stantinople (mai–juillet 381) aux vers 1750– 1755 du De vita sua, in: REAug 51 (2005) 67– 76. 33: J. Boojamra, The Byzantine notion of the „Ecumenical Council“ in the fourteenth century, in: ByZ 80 (1987) 59–76. 34: W. Brandmüller, Besitzt das Konstanzer Dekret Haec sancta dogmatische Verbindlichkeit?, in: Ders., Papst und Konzil im Großen Schisma (1378–1431). Studien und Quellen, Paderborn 1990, 225–242; A. Frenken, „Haec sancta“ im Streit der Meinungen, in: Ders., Die Erforschung des Konstanzer Konzils (1414–1418) in den letzten 100 Jahren (= AHC 25), Paderborn 1993, 365–389; I. Vázquez Janeiro, El decreto Haec sancta de Constanza. La más antigua formulación datada de su „iter“ conciliar, in: Life, Law and Letters. Historical Studies in honor of Antonio García y García, hrsg. v. P. A. Linehan, StGra 28, Rom 1998, 863–881; Th. Prügl, Antiquis iuribus et dictis sanctorum conformare. Zur antikonziliaristischen Interpretation von Haec sancta auf dem Basler Konzil, in: AHC 31 (1999) 72–143; M. Decaluwe, A new and disputable text-edition of the decree Haec sancta of the council of Constance (1415), in: CrSt 27 (2006) 417–445; Ders., Three Ways to Read the Constance Decree Haec sancta (1415). Francis Zabarella, Jean Gerson, and the Traditional Papal View of General Councils, in: The Church, the Councils, and Reform. The legacy of the Fifteenth Century, hrsg. v. Th. Christianson, M. Isbicki u. Ch. Belitto, Washington D.C. 2008, 140–154; Ders., Das Dekret Haec sancta und

sein gedanklicher Kontext auf dem Konzil von Konstanz und auf dem Konzil von Basel, in: AHC 41 (2009) 313–340; Th. Prügl, Geschäftsordnung und Theologie. Synodale Verfahrensweise als Ausdruck ekklesiologischer Positionierung auf dem Basler Konzil (1431–1449), in: Ekklesiologische Alternativen? Monarchischer Papat und Formen kollegialer Kirchenleitung (15.–20. Jahrhundert), hrsg. v. B. Schmidt u. H. Wolf, Münster 2013, 77–99; A. Frenken, Das Konstanzer Konzil, Stuttgart 2015, 195–198 („Kontroversen um Haec sancta“). 35: W. Gessel, Das „Homoousios“ als Testfall für die Frage nach der Geltung und dem Verhältnis von Schrift und Tradition auf dem Konzil von Nizäa, in: AHC 17 (1985) 1–7; J. Gaudemet, La Bible dans les conciles, in: Le monde latin antique et la Bible, hrsg. v. J. Fontaine u. Ch. Pietri (Bible de tous les temps 2), Paris 1985, 289–310; H. J. Vogt, Die Bibel auf dem Konzil von Ephesus, in: AHC 18 (1986) 31–40; J. Helmrath, Die Inthronisation des Evangelienbuches auf Konzilien, in: Wort und Buch in der Liturgie. Interdisziplinäre Beiträge zur Wirkmächtigkeit des Wortes und Zeichenhaftigkeit des Buches, hrsg. v. P. Neuheuser, St. Ottilien 1995, 233–279. 36: G. Ruggieri, Zu einer Hermeneutik des Zweiten Vatikanischen Konzils, in: Conc. (D) 35 (1999) 4–17; G. Alberigo, Fedeltà e creatività nella ricezione del concilio Vaticano II. Criteri ermeneutici, in: CrSt 21 (2000) 383– 402; A. Marchetto, Il concilio Vaticano II: Considerazioni su tendenze ermeneutiche dal 1990 ad oggi, in: AHP 38 (2000) 275–286; G. Wassilowsky, Das II. Vatikanum – Kontinuität oder Diskontinuität? Zu einigen Werken der neuesten Konzilsliteratur, in: IkaZ 34 (2005) 630–640; M. Fédou, Le Concile Vatican II: un enjeu d’interprétation, in: Vatican II sous le regard des historiens. Colloque du 23 septembre 2005, hrsg. v. Chr. Theobald, Paris 2006, 137–157; Chr. Theobald, Enjeux herméneutiques des débats sur l’histoire du concile Vatican II, in: CrSt 28 (2007) 359–380; J. A. Komonchak, Benedict XVI and the Interpretation of Vatican II, in: CrSt 28 (2007) 323–337; N. Ormerod, Vatican II – continuity

Literaturnachträge

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or discontinuity? Towards an ontology of meaning, in: TS 71 (2010) 609–636; A. Marchetto, Vaticano II: Prospettive ermeneutiche conciliari, in: AHC 42 (2010) 351–372; M. Böhnke, Wider die falschen Alternativen. Zur Hermeneutik des Zweiten Vatikanischen Konzils, in: Cath (M) 65 (2011) 169– 183; Chr. Bauer, Optionen des Konzils? Umrisse einer konstellativen Hermeneutik des Zweiten Vatikanums, in: ZkTh 134 (2012) 141–162; G. Routhier, L’herméneutique de Vatican II. Réflexions sur la face cachée d’un débat, in: RSR 100 (2012) 45–63; A. Marchetto, Il Concilio Ecumenico Vaticano II. Per la sua corretta ermeneutica, Vatikanstadt 2012.

Juan de Ragusa OP (1390/95–1443). Estudio e interpretación de su Tractatus de Ecclesia, Madrid 1995; P. Vrankić, Die Grundzüge der Konzilstheologie des Johannes von Ragusa, in: AHC 30 (1998) 287–310; Z. Strika, Johannes von Ragusa († 1443). Kirchen- und Konzilsbegriff in der Auseinandersetzung mit den Hussiten und Eugen IV., Augsburg 2000; Th. Prügl, Modelle konziliarer Kontrovers­ theologie. Johannes von Ragusa und Johannes von Torquemada, in: Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414–1418) und Basel (1431–1449). Institutionen und Personen, hrsg. v. H. Müller u. J. Helmrath, Ostfildern 2007, 257–287.

37: F. Oakley, De Maistre’s Denial: Febronius, De Maistre, Maret, and the Triumph of Ultramontanism, in: Ders., The Conciliarist Tradition. Constitutionalism in the Catholic Church 1300–1870, Oxford 2003, 182–216.

43: J. D. Mann, Refuting the pope: Comments on the Bull Etsi non dubitemus, in: AHC 37 (2005) 323–340; R. De Kegel, Johannes von Segovia und die verfassungsmäßige Vereinbarkeit von Papst und Konzil, in: Nach dem Basler Konzil. Die Neuordnung der Kirche zwischen Konziliarismus und monarchischem Papat (ca. 1450–1475), hrsg. v. J. Dendorfer u. C. Märtl, Münster 2008, 45–66; Th. Prügl, Herbst des Konziliarismus? Die Spätschriften des Johannes von Segovia, in: Das Ende des konziliaren Zeitalters (1440–1450). Versuch einer Bilanz, hrsg. v. H. Müller u. E. Müller-Luckner, München 2012, 153–174.

38: S. de Silva y Verastegui, Imágenes de los concilios Africanos en los códices altomedievales hispánicos: los concilios de Cartago y el concilio Milevitano, in: REAug 32 (1986) 108–123; W. J. G. A. Veth, The Frescoes of the Ecumenical Councils in the Sistine Salon (1590) and the Catholic Conciliar Historiography, in: AHC 34 (2002) 209–455. 39: J. Visser, Jansenismus und Konziliarismus: ekklesiologische Anschauungen des Nicolas LeGros (1675–1751), in: IKZ 73 (1983) 212–224. 40: J. Plazaola, Ignacio de Loyola y sus hombres en el Concilio de Trento, in: Anuario del Instituto Ignacio de Loyola/San Sebastian 3 (1996) 41–90; S. Pavone, Preti riformati e riforma della chiesa: i gesuiti al concilio di Trento, in: RSIt 117 (2005) 110–134. 41: F. X. Bischof, Das Konzil – „Ein neues Pfingsten“ (Johannes XXIII.), in: MThZ 64 (2013) 413–424. 42: P. Vrankić, Johannes von Ragusa im Ringen um die Teilnahme der Griechen am Basler Konzil, in: AHC 27/28 (1995/96), 463– 486; S. Madrigal Terrazas, La eclesiología de

44: Th. M. Izbicki, Papalist Reaction to the council of Constance: Juan de Torquemada to the Present. ND in: ders., Friars and Jurists. Selected Studies, Goldbach 1997, 81-94; Th. Prügl, Modelle konziliarer Kontrovers­ theologie. Johannes von Ragusa und Johannes von Torquemada, in: Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449). Institutionen und Personen, hrg. von H. Müller und J. Helmrath, Ostfildern 2007, 257-287. 44: O. Clément, Le pape, le concile et l’empereur au temps des septs conciles oecuméniques, in: Contacts 41 (1989) 269–288; H. Ohme, Zum Vorgang der kaiserlichen Subskription auf ökumenischen Konzilien, in: ZKG 104 (1991) 145–174; K. M. Girardet, Kaiser Konstantin d. Gr. als Vorsitzender

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Literaturnachträge

von Konzilien. Die historischen Tatsachen und ihre Deutung, in: Gym. 98 (1991) 548– 560; Ders., Die Teilnahme Kaiser Konstantins am Konzil von Nicaea (325) in byzantinischen Quellen, in: AHC 33 (2001) 241–284; H. Ohme, Nisi fallimur. Anmerkungen zu kaiserlichen Unterzeichnungsformen auf den Synoden des 7.–9. Jh.s, in: AHC 42 (2010) 241–290. 45: H. Schneider, Vorgratianische Kanonessammlungen und ihre Synodalordines, in: Proceedings of the Ninth International Congress of Medieval Canon Law. Munich, 13– 18 July 1992, hrsg. v. P. Landau u. J. Mueller, Vatikanstadt 1997, 41–61; W. Hartmann, Die Konzilien in der vorgratianischen Zeit des Kirchenrechts, in: ebd., 259–286. 46: F. Oakley, Natural Law, the Corpus mysticum, and Consent in Conciliar Thought from John of Paris to Matthias Ugonius, in: Spec. 56 (1981) 786–810; J. Hofmann, Communio – Prüfstein personaler und synodaler Autorität im Kontext kirchlich rezipierter Synoden der ersten fünf Jahrhunderte?, in: Autorität und Synodalität. Eine interdisziplinäre und interkonfessionelle Umschau nach ökumenischen Chancen und ekklessiologischen Desideraten, hrsg. v. Chr. Böttigheimer u. J. Hofmann, Frankfurt am Main 2008, 79–107; A. Weckwerth, Ablauf, Organisation und Selbstverständnis westlicher antiker Synoden im Spiegel ihrer Akten, Münster 2010, bes. 200–220; A. Cadili, Composizione, ruoli e formazione del consenso nei concili della chiesa latina medievale (secoli XI–XIII), in: CrSt 32 (2011) 963–1005; F. Lauritzen, La formazione del consenso nella chiesa bizantina (843–1453), in: CrSt 32 (1011) 945–962; A. Melloni, Osservazioni a margine del rapporto consenso/concilio, in: CrSt 32 (2011) 827– 842. 47: A. v. Teuffenbach, Die Ökumenizität des II. Vatikanischen Konzils, in: AHC 40 (2008), 411–430; F. Mali, Das Konzil von Aquileia (381) – ein ökumenisches Konzil?, in: Einheit und Katholizität der Kirche. Forscher aus dem Osten und Westen Europas an den Quellen des gemeinsamen Glaubens. Pro

Oriente-Studientagung, Sibiu, 27.–30. Juni 2007, hrsg. v. Th. Hainthaler, F. Mali u. G. Emmenegger, Innsbruck 2009, 79–87. 48: R. Bäumer, Wandlungen der Konzilsidee im Mittelalter, in: ThGl 75 (1985) 198–204; G. Schwaiger, Die konziliare Idee in der Geschichte der Kirche, in: RoJKG 5 (1986) 11– 23; G. Kreuzer, Die konziliare Idee, in:­ RoJKG 11 (1992) 29–40; St. Mokry, „Les conciles oecuméniques ne sont pas nécessaires à l’Église“ oder Erstes Vatikanum – einziges Vatikanum? Ein Beitrag zur Geschichte der Konzilsidee vom I. bis zum II. Vatikanum, in: MThZ 58 (2007) 58–68; D. Blum, Konziliarismus – die Rekonstruktion einer Idee, in: ÖR 64 (2015) 380–397. 49: S. Madrigal, Protagonistas del Vaticano II. Galería de Retratos y Episodios conciliares, Madrid 2016, 132–134, 145–149. 50: Th. A. Weitz, Der Traktat des Antonio Roselli „De Conciliis ac Synodis Generalibus“. Historisch-kanonistische Darstellung und Bewertung, Paderborn 2002. 51: Th. Graumann, Athanasius und seine Gegner, in: Ders., Die Kirche der Väter. Theologie und Väterbeweis in den Kirchen des Ostens bis zum Konzil von Ephesus (431), Tübingen 2002, 115–175, bes. 137–139; G. Gresser, Sanctorum patrum auctoritate. Zum Wandel der Rolle des Papstes im Kirchenrecht auf den päpstlichen Synoden in der Zeit der Gregorianischen Reform, in: Proceedings of the Twelfth International Congress of Medieval Canon Law, hrsg. v. U.-R. Blumenthal, K. Pennington u. A. A. Larson, Vatikanstadt 2008, 629–646 (= ZSRG.K 91 [2005] 59–73). 52: W. Krämer , Korporationstheorie kontra Monarchietheorie. Der Basler Konziliarismus (1431–1448), in: Katholizismus in Geschichte und Gegenwart, hrsg. v. R. Faber, Würzburg 2005, 65–78. 53: J. Speigl, Zum Problem der Teilnahme von Laien an den Konzilien im kirchlichen Altertum, in: AHC 10 (1978) 241–248; C. Gu-

Literaturnachträge

arnieri, Note sulla presenza dei laici ai concili fino al VI secolo, in: VetChr 20 (1983) 77–91. 54: Diego Laínez (1512–1565) and his Generalate. Jesuit with Jewish Roots, Close Confidant of Ignatius of Loyola, Preeminent Theologian of the Council of Trent, hrsg. v. P. Oberholzer, Rom 2015. 55: K. R. Rennie, Collaboration and Council Criteria in the Age of Reform: Legatine Councils under Pope Gregory VII, in: AHC 38 (2006) 95–114. 56: P. Stockmeier, Leo der Große und die Anfänge seiner synodalen Tätigkeit, in: AHC 12 (1980) 38–46. 57: A. Melloni, L’Opus Caroli regis contra Synodum o Libri Carolini [Forschungsbericht], in: Studi medievali 29 (1988) 873–886; P. Speck, Die Interpolationen in den Akten des Konzils von 787 und die Libri Carolini, München 1998; E. Giannakopoulou, Die siebte ökumenische Synode, die Libri Carolini und Europa, in: Theol. (A) 79 (2008) 99–118. 58: W. Baum, Grundsätzliches zur Frage der Konzilienzählung, in: OeFo 21 (1998) 221– 225; G. Larentzakis, Konziliarität und Kirchengemeinschaft. Papst Paul VI. und die Konzilien der römisch-katholischen Kirche. Zukunftsüberlegungen, in: Haec sacrosancta synodus. Konzils- und kirchengeschichtliche Beiträge (FS B. Kriegbaum), hrsg. v. R. Meßner u. R. Pranzl, Regensburg 2006, 285– 316; A. Frenken, Das Konstanzer Konzil (1414–1418) – ein concilium generale et universale? Eine aktuell gestellte Streitfrage auf dem Prüfstand der modernen Konzilienforschung, in: AHC 40 (2008) 323–349; B. Roberg, Zur Frage des ökumenischen Charakters der beiden Lyoner Konzilien von 1245 und 1274, in: AHC 40 (2008) 289–322; Th. Prügl, Ökumenisches Konzil oder Sacrosancta synodus? Zur Diskussion um die Ökumenizität des Basler Konzils, in: AHC 40 (2008) 131–166. 59: Th. Prügl, Geschäftsordnung und Theologie. Synodale Verfahrensweise als Aus-

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druck ekklesiologischer Positionierung auf dem Basler Konzil (1431–1449), in: Ekklesiologische Alternativen? Monarchischer Papat und Formen kollegialer Kirchenleitung (15.– 20. Jahrhundert), hrsg. v. B. Schmidt u. H. Wolf, Münster 2013, 77–99, bes. 84–89. 60: H. Schneider, Vorgratianische Kanonessammlungen und ihre Synodalordines, in: Proceedings of the Ninth International Congress of Medieval Canon Law. Munich, 13– 18 July 1992, hrsg. v. P. Landau u. J. Mueller, Vatikanstadt 1997, 41–61. 61: Th. Prügl, Herbst des Konziliarismus? Die Spätschriften des Johannes von Segovia, in: Das Ende des konziliaren Zeitalters (1440–1450). Versuch einer Bilanz, hrsg. v. H. Müller u. E. Müller-Luckner, München 2012, 153–174, hier 165–173. 62: K. H. Neufeld, Henri de Lubac S.J. als Konzilstheologe. Zur Vollendung seines 90. Lebensjahres, in: ThPQ 134 (1986) 149–159; J. Moingt, Henri de Lubac au concile, in: RSR 97 (2009) 237–244; A. Marchetto, Il P. Henri de Lubac, S.J., dal suo diario al concilio Vaticano II, in: AHP 47 (2009) 431–453; S. Madrigal Terrazas, Henri de Lubac y el Concilio Vaticano II: releyendo sus Carnets du Concile (I+II), in: EE 85 (2010) 73–117, 443–473; M. Quisinsky, Aggiornamento – aber wie? Die Konzilstheologen Henri de Lubac SJ und Yves Congar OP zwischen „nouvelle théologie“ und Konzilsrezeption, in: FZPhTh 58 (2011) 5–33. 63: B. T. Oftestad, Evangelium, Apostel und Konzil: Das Apostelkonzil in der Sicht Luthers und Melanchthons, in: ARG 88 (1997) 23–56; H. Ohme, Die Bedeutung der ökumenischen Konzile in der Sicht Martin Luthers, in: AHC 40 (2008) 195–212; Chr. Spehr, Luther und das Konzil. Zur Entwicklung eines zentralen Themas in der Reformationszeit, Tübingen 2010; Ders., Das Konzil als Reformationsort? Martin Luthers Position zur Institution der allgemeinen Kirchenversammlung, in: JAWG 2010, 212–217. 64: J. Andión Marán, Intervención de Mgr. Maret en el Concilio Vaticano I, in: Comp. 30

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Literaturnachträge

(1985) 109–139; F. Oakley, De Maistre’s Denial: Febronius, De Maistre, Maret, and the Triumph of Ultramontanism, in: Ders., The Conciliarist Tradition. Constitutionalism in the Catholic Church 1300–1870, Oxford 2003, 182–216. 65: F. Oakley, Natural Law, the Corpus mysticum, and Consent in Conciliar Thought from John of Paris to Matthias Ugonius, in: Spec. 56 (1981) 786–810. 66: Th. H. Böhm, Das Konzil und die Medien heute, in: ThPQ 160 (2012) 254–261. 67: A. Glomb, Sententia plurimorum: Das Mehrheitsprinzip in den Quellen des kanonischen Rechts und im Schrifttum der klassischen Kanonistik, Köln 2008. 68: A. Ziegenaus, Die Entwicklung der Konzilsidee, in: Synodale Strukturen der Kirche. Entwicklung und Probleme, hrsg. v. W. Brandmüller, Donauwörth 1977, 78–92. 69: E. Honée, Die Idee eines Nationalkonzils in der frühen Reformationszeit. Ein Vergleich dreier Pläne für ein Konzil (1523/24), in: AHC 22 (1990) 242–272; H.-J. Schmidt, Reichs- und Nationalkonzilien. Die Kontroverse über ihre Existenzberechtigung, in: Proceedings of the Ninth International Congress of Medieval Canon Law. Munich, 13–18 July 1992, hrsg. v. P. Landau u. J. Mueller, Vatikanstadt 1997, 305–338; J.-M. Tuffery-Andrieu, Le concile national en 1797 et en 1801 à Paris. L’Abbé Grégoire et l’utopie d’une Église républicaine, Bern 2007; Nationalsynoden nach dem zweiten Vatikanischen Konzil. Rechtliche Grundlagen und öffentliche Meinung, hrsg. v. J. Schmiedl., Freiburg (Schweiz) 2013. 70: J. W. Stieber, „The Hercules of the Eugenians“ at the Crossroads: Nicholas of Cusa’s Decision for the Pope and against the Council in 1436/37. Theological, Political and Social Aspects, in: Nicholas of Cusa in Search of God and Wisdom (FS M. Watanabe), hrsg. v. G. Christianson u. Th. M. Izbicki, Leiden 1991, 221–255; E. Meuthen, Die Synode im Kirchenverständnis des Nikolaus von Kues,

in: Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus (FS D. Albrecht), hrsg. v. W. Becker u. W. Chrobak, Kallmünz 1992, 11–25. 71: G. Dejaifve, Pour un bon usage des conciles, in: NRTh 101 (1979) 801–814. 72: P. L’Huillier, The Development of the Concept of an Ecumenical Council, in: GOTR 36 (1991) 243–262; F. Bouwen, Conciles locaux et conciles oecuméniques: leur signification ecclésiologique, in: POC 56 (2006) 229–249; Chr. Lange, Einführung in die allgemeinen Konzilien, Darmstadt 2012. 73: W. de Vries, Das Selbstverständnis der Ökumenischen Konzile des ersten Jahrtausends von ihrer Lehrautorität, in: Ökumene, Konzil, Unfehlbarkeit (Pro Oriente 4), hrsg. v. Th. Piffl-Perčević u. A. Stirnemann, Innsbruck 1979, 70–75; A. Ganoczy, Formale und inhaltliche Aspekte der mittelalterlichen Konzilien als Zeichen kirchlichen Ringens um ein universales Glaubenbekenntnis, in: Glaubensbekenntnis und Kirchengemeinschaft. Das Modell des Konzils von Konstantinopel (381), hrsg. v. K. Lehmann u. W. Pannenberg, Freiburg im Brsg. 1982, 49–79; A. Melloni, Concili, ecumenicità e storia. Note di discussione, in: CrSt 28 (2007) 509–542; W. Brandmüller, Zum Problem der Ökumenizität von Konzilien, in: AHC 41 (2009) 275– 312; J. Grohe, Das II. Vatikanische Konzil im Gesamt der Ökumenischen Konzilien, in: AHC 43 (2011) 1–18. 74: M. Morard, Thomas d’Aquin lecteur des conciles, Rom 2005, 211–365. 75: Th. Prügl, Herbst des Konziliarismus? Die Spätschriften des Johannes von Segovia, in: Das Ende des konziliaren Zeitalters (1440–1450). Versuch einer Bilanz, hrsg. v. H. Müller u. E. Müller-Luckner, München 2012, 153–174, bes. 159–164. 76: J. Helmrath, Partikularsynoden und Synodalstatuten des späteren Mittelalters im europäischen Vergleich, in: AHC 34 (2002) 57–99.

Literaturnachträge

77: Z. Strika, Der päpstliche Primat und die Pentarchie: die west-östliche Debatte im Vorfeld und auf dem Zweiten Konzil von Lyon, in: FKTh 24 (2008) 161–204, bes. 176– 193 („Die Pentarchielehre und die Plenitudo potestatis des Papstes im Westen“ u. „Die Pentarchiefrage und die Unionsvorstellung in der byzantinischen Theologie“). 78: N. H. Minnich, The Changing Status of the Theologians in the General Councils of the West: From Pisa (1409) to Trent (1545– 63), in: AHC 30 (1998) 196–229; Ders., The Voice of Theologians in General Councils from Pisa to Trent, in: TS 59 (1998) 420–441; G. Wassilowsky, Teilnehmer ohne Stimme? Zur Rolle der Theologen auf dem Konzil von Trient, in: Theologie aus dem Geist des Humanismus (FS P. Walter), hrsg. v. H. A.M. Mooney, K. Ruhstorfer u. V. Tenge-Wolf, Freiburg im Brsg. 2010, 416–431. 79: P. Hersche, Die Auswirkungen der Synode von Pistoia (1786) auf Deutschland, insbesondere auf das Erzbistum Mainz, in: AMRhKG 41 (1989) 275–294; Il sinodo di Pistoia del 1786. Atti del Convegno internazionale per il secondo centenario. Pistoia-Prato, 25– 27. sett. 1986, hrsg. v. C. Limioni, Rom 1991 (mehrere einschlägige Artikel). 80: Th. F. Mayer, Il fallimento di una candidatura: il partito della riforma. Reginald Pole e il conclave de Giulio III, in: AISIG 21 (1995) 41–67; K. Diez, Das Verhältnis von Rechtfertigungslehre und Ekklesiologie im Denken Reginald Poles (1500–1558), in: Ecclesia tertii millenii advenientis (FS A. Antón), hrsg. v. F. Chica, S. Panizzolo u. H. Wagner, Casale Monferrato 1997, 372–390; F. Gui, L’attesa del Concilio. Vittoria Colonna e Reginald Pole nel movimento degli „spirituali“, Rom 1998. 81: R. Price, Presidency and Procedure at the Early Ecumenical Councils, in: AHC 41 (2009) 241–274, hier 241–255 über die Präsidenz der nicht vom Papst präsidierten ökumenischen Konzilien der Alten Kirche. 82: U. Mazzone, Giovanni Morone legato al Concilio di Trento e la clausola del „propo-

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nentibus legatis“, in: Il Cardinale Giovanni Morone e l’ultima fase del concilio di Trento“,hrsg. v. M. Firpo u. O. Niccoli, Bologna 2010, 117–141. 83: M. Becht, Pia synodus: die Lehre vom Konzil in der Theologie Philipp Melanch­ thons und Johannes Calvins, in: Melanch­ thon und der Calvinismus, hrsg. v. G. Frank u. H. J. Selderhuis, Stuttgart-Bad Cannstatt 2005, 107–133. 84: E. Chrysos, Konzilsakten und Konzils­ protokolle vom 4. bis 7. Jahrhundert, in: AHC 15 (1983) 30–40; W. Hartmann, Konzils­ protokolle aus karolingischer Zeit, in: AHC 15 (1983) 260–261; E. Meuthen, Zur Protokollführung auf dem Basler Konzil (mit besonderer Berücksichtigung der Handschrift Ny kgl. S. 1842 fol. in Kopenhagen aus dem Nachlaß des Johann von Segovia), in: AHC 16 (1984) 348–368; Th. Graumann, Protokollierung, Aktenerstellung und Dokumentation am Beispiel des Konzils von Ephesus (431), in: AHC 42 (2010) 7–34 85: Conciles provinciaux et synodes diocésains du concile de Trente à la Révolution française. Défis ecclésiaux et enjeux politiques? Actes du colloque tenu à Strasbourg les 4 et 5 mai 2009, hrsg. M. Aoun u. J.-M. Tuffery-Andrieu, Strasbourg, 2010; M. Venard, Les conciles provinciaux post-tridentines de France, sous la censure de Rome, in: ebd., 31–44. 86: Cl. Harder, Pseudoisidor und das Papsttum. Funktion und Bedeutung des apostolischen Stuhls in den pseudoisidorischen Fälschungen, Köln u. a. 2014, bes. 95–98. 87: A. Bettetini, Formazione della volontà collegiale, principio democratico e verità nel diritto della chiesa, in: Repraesentatio. Sinodalità ecclesiale e integrazione politica. Atti del convegno Catania 2122 aprile 2005, hrsg. v. A. Longhitano, Florenz 2007, 155–168, bes. 157–161; J. Miethke, Die Universitäten und das Basler Konzil, in: Das Ende des konziliaren Zeitalters (1440–1450). Versuch einer Bilanz, hrsg. v. H. Müller u. E. Müller-Luckner,

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Literaturnachträge

München 2012, 197–232, bes. 201–210; J. Hauck, Quod omnes tangit debet ab omnibus approbari. Eine Rechtsregel im Dialog der beiden Rechte, in: ZSRG.K 99 (2013) 398– 417.

ale. Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter, hrsg. v. J. Peltzer, G. Schwedler u. P. Töbelmann, Ostfildern 2009, 21–36.

88: K. H. Neufeld, Theologen und Konzil. Karl Rahners Beitrag zum Zweiten Vatikanischen Konzil, in: StZ 202 (1984) 156–166.

92: E. J. Kilmartin, Reception in history: an ecclesiological phenomenon and its significance, in: JES 21 (1984) 34–54; J. E. Lynch, The reception of an ecumenical council: Nicaea II a case in point, in: Jurist 48 (1988) 454–482; A. M. Wittig, Konzil und Rezeption. Die Annahme von Glaubensentscheidungen eines Konzils durch das Kirchenvolk als Akt des geschuldeten Glaubensgehorsams oder als Beitrag zur Gültigkeit der Entscheidungen, in: AHC 20 (1988) 245–250; H. Chadwick, Un concetto per la storia dei concili: la ricezione, in: CrSt 13 (1992) 475–492; B. Sesboüé, Reception of councils from Nicea to Constantinople II: conceptual divergences and unity in the faith, yesterday and today, in: Jurist 57 (1997) 86–117.

89: J. Helmrath, Theorie und Praxis der Kirchenreform im Spätmittelalter, in: RoJKG 11 (1992) 41–70 (= modifizierte Fassung von: Ders., Reform als Thema der Konzilien des Spätmittelalters, in: Christian Unity. The Council of Ferrara-Florence 1438/39–1989, hrsg. v. G. Alberigo, BEThL 97, Löwen 1991, 75–152; G. Wassilowsky, Reformatio in Capite? Das Konzil von Trient und die Reform des Papsttums, in: RQ 103 (2008) 172–187, geht auf die unter den Jesuiten stattfindende Diskussion über die Reform des Hauptes nicht ein. 90: J. Helmrath, Diffusion des Humanismus und Antikerezeption auf den Konzilien von Konstanz, Basel und Ferrara/Florenz, in: Die Präsenz der Antike im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1999 bis 2002, hrsg. v. L. Grenzmann u. a., Göttingen 2004, 9–54. 91: B. Tierney, Die Idee der Repräsentation auf den mittelalterlichen Konzilien des Westens, in: Conc. (D) 19 (1983) 516–521; W. Brandmüller, Sacrosancta synodus universalem ecclesiam repraesentans. Das Konzil als Repräsentaton der Kirche, in: Ders., Papst und Konzil im Großen Schisma (1378–1431). Studien und Quellen, Paderborn 1990, 157–170; B. Tierney, The Idea of Representation in the Medieval Councils of the West, in: Ders., Rights, Laws and Infallibility in Medieval Thought, Aldershot 1997, 25–30; S. Destephen, L’idée de représentativité dans les conciles théodosiens, in: Antiquité tardive 16 (2008) 103–118; J. Miethke, Formen der Repräsentation auf Konzilien des Mittelalters, in: Politische Versammlungen und ihre Ritu-

93: F. Oakley, Bronze-age conciliarisme: Edmond Richer’s encounters with Cajetan and Bellarmine, in: History of Political Thought 20 (1999) 65–86. 94: J. V. Mehl, The first printed editions of the history of church councils, in: AHC 18 (1986) 128–143. 95: H. Legrand, Il concilio di Sardica: esempio di accettazione del primato di Roma da parte dell’Oriente e dell’Occidente, in: Nicolaus 34 (2007) 9–34. 96: K.-H. Menke, Das Unfehlbarkeitsverständnis der „gegen-reformatorischen Konzilstraktate“ in: Cath (M) 45 (1991) 102–118; F. Oakley, De Maistre’s Denial: Febronius, De Maistre, Maret, and the Triumph of Ultramontanism, in: Ders., The Conciliarist Tradition. Constitutionalism in the Catholic Church 1300–1870, Oxford 2003, 182–216. 97: B. Kötting, Die abendländischen Teilnehmer an den ersten allgemeinen Konzilien, in: Ders., Ecclesia peregrinans. Das Gottesvolk unterwegs. Gesammelte Aufsätze, Bd. 1,

Literaturnachträge

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Literaturnachträge

104: K.-H. Menke, Das Unfehlbarkeitsverständnis der „gegen-reformatorischen Konzilstraktate“ in: Cath (M) 45 (1991) 102–118. 105: H. Ohme, Zum Vorgang der kaiserlichen Subskription auf ökumenischen Konzilien, in: ZKG 102 (1991) 145–174; Ders., Nisi fallimur. Anmerkungen zu kaiserlichen Unterzeichnungsformen auf den Synoden des 7.–9. Jh.s, in: AHC 42 (2010) 241–290. 106: H.-J. Vogt, Das Verbot einer „hetera pistis“ auf dem Konzil von Ephesus 431, in: AHC 22 (1990) 234–241. 107: D. Molina, Die Zahl der allgemeinen Konzilien und ihr Kontext bei den ersten Schriftstellern der Gesellschaft Jesu, in: Väter der Kirche. Ekklesiales Denken von den Anfängen bis in die Neuzeit (FS H. J. Sieben),

hrsg. v. J. Arnold u. a., Paderborn 2004, 945– 965. 108: U. Wickert, Die vier ersten Ökumenischen Konzile, in: Reform, Reformer, Reformation. Vorträge zur Geschichte des Christentums und seiner jüdischen Vorgeschichte, hrsg. v. A. von Hardenberg, Berlin 2011, 141–158. 109: C. Fasolt, At the Crossroads of Law and Politics: William Durant the Younger’s Treatise on Councils, in: BMCL 18 (1988) 43–53; K. A. Frech, Reform an Haupt und Gliedern: Die Antwort des Konzilstheoretikers Wilhelm Durant auf die Krise der Kirche, in: ZSRG.K 112 (1995) 352–371; C. Fasolt, William Durant the Younger and Conciliar Theory, in: JHI 58 (1997) 385–402.

n Zweiter Anhang: Rezensionen I. Rezensionen des Verfassers zu Publikationen über die Geschichte der Konzilsidee bzw. verwandte Themen Person, Ralph E., The Mode of Theological Decision Making at the Early Ecumenical Councils. An Inquiry into the Function of Scripture and Tradition at the Councils of Nicaea and Ephesus (Theological Dissertations 14), Basel 1978, in: ThPh 55 (1980) 280f. Duffy, John/Parker, John (Hrsg.), The Synodicon Vetus. Text, Translation, and Notes (Corpus Fontium Historiae Byzantinae 15), Washington 1979, in: ThPh 56 (1981) 283f. Alberigo, Giuseppe, Chiesa conciliare. Identità e significato del conciliarismo (Testi e ricerche di Scienze Religiose), Brescia 1981, in: AHC 14 (1982) 469–472. Twomey, Vincent, Apostolikos Thronos. The Primacy of Rome as reflected in the Church History of Eusebius and the historicoapologetic Writings of Saint Ath­anasius the Great (Münsterische Beiträge zur Theologie 49), Münster 1982, in: ThPh 58 (1983) 257–260. Horn, Stephan Otto, Petrou Kathedra. Der Bischof von Rom und die Synode von Ephesus (449) und Chalcedon (Konfessionskundliche und kontroverstheologische Studien 45), Paderborn 1982, in: ThPh 58 (1983) 260–262. Vagedas, Arnulf, Das Konzil über dem Papst? Die Stellungnahmen des Niklaus von Kues und des Panormitanus zum Streit zwischen dem Konzil von Basel und Eugen IV (Paderborner Theologische Studien 11), Paderborn 1981, in: ThPh 58 (1983) 596f. La signification et l’actualité du deuzième concile œcuménique pour le monde chrétien d’aujourd’hui (Les études théologiques de Chambésy 2), Chambésy/ Genève 1982, in: ThPh 59 (1984) 279– 281.

Wohlmuth, Josef, Verständigung in der Kirche, untersucht an der Sprache des Konzils von Basel (Tübinger theologische Studien 19), Mainz 1983, in: ThPh 59 (1984) 284–286. La colección canónica Hispana, III concilios griegos y africanos (Monumenta Hispaniae sacra, series canonica III), por Gonzalo Martínez Diéz y Félix Rodríguez, Madrid 1982, in: ThPh 59 (1984) 591f. Johannis (Stojković) de Ragusio, Tractatus de ecclesia. Editionem principem curavit F. Šanjek. Textum recensuerunt et notis instruxerunt A. Krchňák, F. Šanjek, M. Biškup (Croatica Christiana, Fontes 1), Zagreb 1983, in: ThPh 59 (1984) 597f. Henkel, Willi, Die Konzilien Lateinamerikas. Teil I: Mexiko 1555–1897. Mit einer Einführung von Horst Pietschmann (Konziliengeschichte, Reihe A), Paderborn 1984, in: ThPh 61 (1986) 274f. Horst, Ulrich, Zwischen Konziliarismus und Reformation. Studien zur Ekklesiologie im Dominikanerorden (Dissertationes historicae 22), Rom 1985, in: ThPh 62 (1987) 607f. Helmrath, Johannes, Das Basler Konzil 1431–1449. Forschungsstand und Probleme (Kölner historische Abhandlungen 32), Köln 1987, in: ThPh 64 (1989) 268–270. Winkler, Gerhard B., Die nachtridentinischen Synoden im Reich. Salzburger Provinzialkonzilien 1569, 1573, 1576, Wien/ Köln/Graz 1988, in: ThPh 64 (1989) 604f. Barlea, Octavian, Die Konzile des 13.–15. Jahrhunderts und die ökumenische Frage (Schriften zur Geistesgeschichte des östlichen Europa 18), Wiesbaden 1989, in: ThPh 66 (1991) 269f. Madrigal Terrazas, J. Santiago, La eclesiología de Juan de Ragusa O.P. (1390/95– 1443). Estudio e interpretación de su Tractatus de Ecclesia (Publicaciones de la Universidad pontificia Comillas 60), Madrid 1995, in: ThPh 71 (1996) 592–595. Prügl, Thomas, Antonio da Cannara. De potestate pape supra concilium generale contra errores Basiliensium. Einleitung, Kommentar und Edition ausgewählter Abschnitte (Veröffentlichungen des Grabmann-Insti-

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Anhang: Rezensionen

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