Kasus als funktionale Kategorie: Zum Verhältnis von Morphologie und Syntax 9783111678191, 9783484302952

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German Pages 161 [164] Year 1993

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Abkürzungsverzeichnis
Vorwort
0. Einleitung
0.1. Zielsetzung der Arbeit
0.2. Themabegrenzung und Einordnung der Arbeit
1. Theoretische Grundlagen
1.1. Die Prinzipien- und Parameter-Theorie
1.1.1. I-Sprache
1.1.2. Grammatikmodell
1.1.3. Die UG-Prinzipien
1.2. Morphologische Prozesse in der Syntax
1.2.1. Atomizitätsthese vs. Modularitätsthese; Lexikalismus vs. Syntaktische Position
1.2.2. Merkmalperkolation und Kongruenz
1.2.3. Das Mirror Principle von M. Baker
2. Das morphosyntaktische System: Komparative Untersuchung
2.1. Realisierung der morphosyntaktischen Merkmale
2.1.1. Verbale Morphologie
2.1.2. Nominale Flexion
2.1.3. Sententiale Komplementierung
2.2. Realisierungstypen der morphosyntaktischen Merkmale
2.2.1. Begriff des morphosyntaktischen Merkmals
2.2.2. Realisierungsklassifizierung der morphosyntaktischen Merkmale
3. Funktionale Kategorien
3.1. Begriff der funktionalen Kategorie
3.2. Klassifizierung funktionaler Kategorien
3.2.1. Satztyp oder Komplementierer
3.2.2. Tempus
3.2.3. Kasus
3.3. Selektion
3.4. Restrukturierungsprozesse für funktionale Kategorien
3.4.1. Klassifizierung der Restrukturierungsprozesse
3.4.2. Bewegung
3.4.3. A-Restrukturierung
4. Die KP-Analyse der Nominalphrase
4.1. Die Nominalphrase im Deutschen
4.1.1. Die KP-Struktur
4.1.2. Kongruenz
4.2. Die Nominalphrase im Koreanischen
4.2.1. Die KP-Struktur
4.2.2. A-Restrukturierung und Bewegung innerhalb KP
4.2.3. Extraktion aus der Nominalphrase
4.3. Die Nominalphrase im Ungarischen
4.3.1. KP-Struktur
4.3.2. Kongruenz
4.3.3. Bewegung innerhalb der Nominalphrase
5. Exceptional Case Marking (ECM)
5.1. Allgemeines über ECM
5.2. Die Anwendung der KP-Analyse auf ECM
5.2.1. Überblick
5.2.2. IP-ECM
5.2.3. CP-ECM
5.2.4. CP-ECM im Koreanischen
6. Zusammenfassung
Literatur
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Kasus als funktionale Kategorie: Zum Verhältnis von Morphologie und Syntax
 9783111678191, 9783484302952

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Linguistische Arbeiten

295

Herausgegeben von Hans Altmann, Peter Blumenthal, Herbert E. Brekle, Gerhard Heibig, Jürgen Heringer, Heinz Vater und Richard Wiese

Hyo-Shik Shin

Kasus als funktionale Kategorie Zum Verhältnis von Morphologie und Syntax

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1993

Für meine Frau Mee-Jung und meine Tochter Karin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Shin, Hyo-Shik : Kasus als funktionale Kategorie : zum Verhältnis von Morphologie und Syntax / Hyo-Shik Shin. -Tübingen: Niemeyer, 1993 (Linguistische Arbeiten ; 295) NE:GT ISBN 3-484-30295-X

ISSN 0344-6727

(D 355 Philosophische Fakultät IV, Sprach- und Literaturwissenschaften, 1991) © Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1993 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Hugo Nadele, Nehren

Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Vorwort 0. Einleitung 0.1. Zielsetzung der Arbeit 0.2. Themabegrenzung und Einordnung der Arbeit 1. Theoretische Grundlagen 1.1. Die Prinzipien- und Parameter-Theorie 1.1.1. I-Sprache 1.1.2. Grammatikmodell 1.1.3. Die UG-Prinzipien 1.2. Morphologische Prozesse in der Syntax , 1.2.1. Atomizitätsthese vs. Modularitätsthese; Lexikalismus vs Syntaktische Position 1.2.2. Merkmalperkolation und Kongruenz 1.2.3. Das Mirror Principle von M. Baker 2.

VII IX l l 2 5 5 5 5 6 15 15 16 19

Das morphosyntaktische System: Komparative Untersuchung 23 2.1. Realisierung der morphosyntaktischen Merkmale 23 2.1.1. Verbale Morphologie 23 2.1.1.1. Koreanisch 23 2.1.1.2. Deutsch 27 2.1.2. Nominale Flexion 29 2.1.2.1. Koreanisch 29 2.1.2.2. Deutsch 32 2.1.3. Sententiale Komplementierung 34 2.1.3.1. Koreanisch 34 2.1.3.2. Deutsch 37 2.2. Realisierungstypen der morphosyntaktisehen Merkmale 39 2.2.1. Begriff des morphosyntaktischen Merkmals 39 2.2.2. Realisierungsklassifizierung der morphosyntaktischen Merkmale.... 42

3. Funktionale Kategorien 3.1. Begriff der funktionalen Kategorie 3.2. Klassifizierung funktionaler Kategorien 3.2.1. Satztyp oder Komplementierer 3.2.1.1. Deutsch 3.2.1.2. Koreanisch 3.2.2. Tempus 3.2.3. Kasus

47 47 50 50 50 53 57 59

VI

3.3. Selektion 3.4. Restrukturierungsprozesse für funktionale Kategorien 3.4.1. Klassifizierung der Restrukturierungsprozesse 3.4.2. Bewegung 3.4.3. A-Restrukturierung 4.

Die KP-Analyse der Nominalphrase 4.1. Die Nominalphrase im Deutschen 4.1.1. Die KP-Struktur 4.1.2. Kongruenz 4.2. Die Nominalphrase im Koreanischen 4.2.1. Die KP-Struktur 4.2.2. A-Restrukturierung und Bewegung innerhalb KP 4.2.3. Extraktion aus der Nominalphrase 4.3. Die Nominalphrase im Ungarischen 4.3.1. KP-Struktur 4.3.2. Kongruenz 4.3.3. Bewegung innerhalb der Nominalphrase

5.

Exceptional Case Marking (ECM) 5.1. Allgemeines über ECM 5.2. Die Anwendung der KP-Analyse auf ECM 5.2.1. Überblick 5.2.2. IP-ECM : 5.2.3. CP-ECM 5.2.4. CP-ECM im Koreanischen

6.

Zusammenfassung

Literatur

62 65 65 68 70 77 77 77 79 85 85 89 98 105 105 113 117 126 126 128 128 132 137 141 145 147

Abkürzungsverzeichnis

(D A. D. f. G. Gen. K(as.) m. n. N. P(er). Pl. Sg.

Akkusativ Dativ Femininum Genitiv Genus Kasus Maskulinum Neutrum Nominativ Person Plural Singular

( ) Agr ASP Dekl DET Dir HM Hon Ind Inst Int Kaus Komp Konj Lok O Part Pass PH Poss Präs Prät Prop Rel Retr S Tem Top

Agreement Aspekt Deklarativ Determinator Direktion Hilfsmorphem Honorifika Indikativ Instrumental Interrogativ Kausativ Komplementierer Konjunktiv Lokal Objekt Partikel Passiv P(artner)-Honorifika Possessiv Präsens Präteritum Propositiv Relativsatzmarker Retrospektiv Subjekt Tempus Topik

Bemerkungen zur Transkription Zur Transkription der koreanischen Beispiele wird das Yale-System verwendet.

Vorwort Diese Arbeit versteht sich als ein Beitrag zur Universalen Grammatik (UG), besonders im Rahmen der Prinzipien- und Parameter-Theorie, die trotz ihrer wechselhaften Charakteristik an einem angeborenen Sprachvermögen des Menschen als Kalkülsystem festhält. Die Annahme, daß funktionale Elemente bei der einzelsprachlichen Parametrisierung der UG-Prinzipien als Faktoren fungieren, wurde mittlerweile zum Standard. Dadurch motiviert ist der einfache Gedanke, daß die Verschiedenheit des jeweiligen Morphologiesystems, u. a. die Kasusmorphologie, die Unterschiede zwischen den Sprachen beeinflussen kann. Daraus entstand schließlich durch viele Diskussionen und kritische Anregungen von allen erdenklichen Seiten diese Arbeit. An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mir bei der Abfassung der Arbeit geholfen haben. Ich bedanke ich mich bei Herrn Professor Dr. Herbert E. Brekle, der meine Arbeit stets mit großem Verständnis gefördert hat, und bei Herrn Professor Dr. Jürgen Krause. Besonders herzlich danken möchte ich Herrn Dr. Peter Staudacher, "dem großen Meister" für sein unermüdliches Engagement, seine lehrreiche Kritik und wertvollen Hilfestellungen. Er wird mir immer als wissenschaftliches Vorbild dienen. Großen Dank schulde ich auch Herrn Professor Dr. Soo-Song Shin für zahlreiche wichtige Hinweise und Materialien. Ganz besonderer Dank gebührt meinen Freunden Bernhard Staudinger, Robert Müller, Beatrix Wirth und Thomas Hanneforth, die mit Sorgfalt und Geduld das Manuskript korrigierten und für das Layout sorgten. Ein freundlicher Dank geht an meine Kollegen und Freunde Dr. Minhaeng Lee, Dr. Dong-Kyu Chung und Byong-Rae Ryu für ihre engagierte Diskussion und Freundschaft. Mein Dank gilt auch den Teilnehmern der Kolloquien am Lehrstuhl von Herrn Professor Dr. Herbert E. Brekle; hier seien vor allem Dr. Johannes Roggenhofer, Dr. Brigitte Asbach-Schnitker, Dr. Helmut Weiß, Dr. Edeltraud DobnigJülch und Dr. Shin- Kim genannt. Trotz dieser vielseitigen Hilfestellungen sind Fehler und Unzulänglichkeiten dieser Arbeit ausschließlich mir anzulasten. Außerdem danke ich Herrn Professor Dr. Heinrich Tiefenbach und Frau Dr. Christiane Thim-Mabrey, durch deren Lehrveranstaltungen ich mein Interessenfeld in der deutschen Sprachwissenschaft erweitern konnte. Weiterer Dank gebührt meinen verehrten ehemaligen Lehrern in Korea, die mich in die deutsche Sprachwissenschaft eingeführt haben: den Herren Professor Dr. Byong-Tschan Rhie, Professor Dr. Soo-Song Shin, Professor Jong-Seon Yun und Professor Dr. Chong-In Hoang. Worte des Dankes sind für meine Eltern, meine Frau und meine Tochter nicht ausreichend: Sie haben mir in schwierigen Situationen stets Mut gemacht und mir durch ihre Liebe über so manch tiefes Tal hinweggeholfen. Nicht zuletzt sei den Herausgebern für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe Linguistische Arbeiten gedankt.

Seoul, im August 1992

0. Einleitung 0.1. Zielsetzung der Arbeit Die Prinzipien- und Parameter-Theorie, auf der die vorliegende Arbeit basiert, zielt darauf ab, die dem Menschen angeborene Sprachfähigkeit zu ermitteln. Diese sprachliche Ausstattung kann mit der Universalen Grammatik (UG) identifiziert werden, die als ein System von Prinzipien verstanden wird. Demzufolge ist es eine der Hauptaufgaben der Linguistik, die UG-Prinzipien herauszufinden. Diese lassen sich nur durch eine Reihe von Schlußfolgerungsprozessen erkennen: Sie müssen durch Abstraktion rekonstruiert werden, weil sie bei ihrer Anwendung auf einzelne Sprachen parametrisiert sind. Der syntaktische Unterschied zwischen den Sprachen ergibt sich aus einer sprachspezifisch unterschiedlichen Belegung von Parametern. Deshalb ist es für die Untersuchung der UG-Prinzipien wichtig, zu klären, wovon und wie der Wert der einzelsprachlichen Parametrisierung bestimmt wird. Nach Chomsky (1989:44) können nur die funktionalen Elemente parametrisiert werden, da die substantiellen Elemente wie Verb, Nomen etc. einem invarianten universalen Vokabular entnommen werden. Das heißt, der syntaktische Unterschied zwischen den Sprachen ergibt sich aus den sprachspezifisch parametrisierten funktionalen Elementen. In diesem Zusammenhang stellt sich nun die Frage: Kann man für die jeweiligen funktionalen Elemente sprach universal funktionale Kategorien annehmen oder nicht? So könnte man bei einer negativen Antwort auf diese Frage die Dichotomic zwischen konfigurationalen und nicht-konfigurationalen Sprachen, die zunächst auf der Beobachtung des Vorhandenseins bzw. Fehlens syntaktischer Subjekt-Objekt-Asymmetrien beruht, durch die Annahme erklären, daß die funktionale Kategorie T nicht sprachuniversal existiert;1 demnach würden konfigurationale Sprachen über die funktionale Kategorie T verfügen, während diese den nicht-konfigurationalen Sprachen fehlt. Die Asymmetrie zwischen Subjekt und Objekt in einer Sprache würde dabei also als Indiz dafür genommen, daß die betreffende Sprache über die funktionale Kategorie T verfügt. Dennoch kann nach dieser Auffassung eine funktionale Kategorie unabhängig von den funktionalen Elementen angenommen werden; so kann z.B. auch eine sog. nicht-konfigurationale Sprache ein funktionales Element für Tempus und sogar für Kongruenz haben. In diesem Sinne besteht keine eins-zu-eins-Relation zwischen funktionalem Element und funktionaler Kategorie. Entscheidend für die Fixierung des Konfigurationalitäts-Parameters ist die Existenz einer funktionalen Kategorie. Im folgenden soll jedoch diese dichotomistische Ansicht nicht vertreten werden. Ich folge vielmehr der uniformistischen Auffassung, nach der eine eins-zu-eins-Relation zwischen funktionalem Element und funktionaler Kategorie besteht. Danach werden z.B. die funktionale Kategorie T und die 'konfigurationale VP' 2 auch für die sog. nicht-konfigurationalen Sprachen zugelassen. Darüber hinaus soll angenommen werden, daß alle Sprachen auf der D-Struktur konfigurational sind. 1

2

Vgl. Fukui (1986), (1988). Dazu auch Chomsky (1981), Haie (1983) etc. Darunter verstehe ich eine VP, innerhalb derer das Subjekt nicht basis-generiert wird. Die nicht-konfigurationale VP, die mit der Kategorie 'S' für Satz gleichgesetzt wird, enthält dagegen Subjekt und Objekt. Siehe für die diesbezügliche neuere Version Fukui (1986), Fukui & Speas (1986) etc., nach denen das Subjekt auch universal in der VP basis-generiert werden sollte.

Woher kommt dann aber die syntaktische Symmetrie zwischen Subjekt und Objekt in den sog. nicht-konfigurationalen Sprachen? Folgt man dem Bakerschen Ansatz, so nimmt das funktionale Element auf der D-Struktur eine selbständige syntaktische Position ein, für die eine funktionale Kategorie zur Verfügung steht. Die morphologische Realisierung der funktionalen Kategorie, die auf der S-Struktur oder auf PF stattfindet, ist von Sprache zu Sprache verschieden. Gemäß der im folgenden zu entwickelnden These tritt diese morphologische Verschiedenheit an die Stelle des hier aufgegebenen syntaktischen Konfigurationalitätsparameters. Danach beruht die Symmetrie oder Asymmetrie zwischen Subjekt und Objekt auf Unterschieden der morphologischen Realisierung der funktionalen Kategorie. Der wesentliche Unterschied zwischen der uniformistischen und der dickotomistischen Auffassung3 liegt darin, daß erstere die syntaktische Verschiedenheit zwischen den Sprachen bezüglich der Konfigurationalität als einen prinzipienorientierten Nebeneffekt betrachtet, wogegen in letzterer das Vorhandensein der funktionalen Kategorie, also die Konfigurationalität, als Parameter betrachtet wird, der nicht mehr prinzipiell erklärt werden kann. Dem Grundansatz der Prinzipien-Parameter-Theorie wird die uniformistische Ansicht eher gerecht, weil sie im Vergleich zur dichotomistischen Auffassung an einer Version des Prinzips der Full-Interpretation ("full-interpretation"4) festhält: Es wird dieselbe D-Struktur unabhängig vom Sprachtyp sprachuniversal angenommen. Für die Rechtfertigung der uniformistischen Auffassung muß aufgezeigt werden, daß die Art und Weise der morphologischen Realisierung der funktionalen Kategorie als ein Faktor der syntaktischen Parametrisierung fungiert. Diese morphologische Realisierung wird durch das sprachspezifische System des jeweiligen funktionalen Elements bestimmt und verursacht die syntaktischen Unterschiede zwischen den Sprachen. So gesehen ist die Untersuchung der morphologischen Prozesse in der Syntax alles andere als trivial. Die vorliegende Arbeit versteht sich somit als Versuch, im Rahmen der Prinzipien- und Parameter-Theorie Klarheit über das Verhältnis von Morphologie und Syntax zu gewinnen.

0.2. Themabegrenzung und Einordnung der Arbeit Nach uniformistischer Auffassung projiziert eine funktionale Kategorie, die einem bestimmten funktionalen Element entspricht, sprachuniversal eine eigene Maximalkategorie auf der D-Struktur. Sie ist also auf dieser syntaktischen Ebene ein selbständiges Won. Doch kann sie auf anderen syntaktischen Ebenen, z.B. der S-Struktur oder PF, aus einzelsprachlichen morphologischen Gründen mit einem anderen Won einen morphologischen Komplex bilden, der dann ein echtes Wort im traditionellen Sinne ist. Das Wort kann aus verschiedenen Wörtern bestehen, weshalb die Bestandteile eines Wortes von Sprache zu Sprache unterschiedlich sind. Das Wort muß syntaktisch gesehen keine atomare Einheit sein, es kann vielmehr ein Gebilde sein, das durch syntaktische Verfahren abgeleitet wird. In diesem Sinne erscheint folgende Aussage von von Stechow (1990:29) verständlich: "VermutDas Begriffspaar uniformistisch vs. dichotomistisch darf man nicht mit dem der Differenz- vs. Uniformitätsthese verwechseln, das im Zusammenhang mit der Frage nach dem kategorialen Status von Haupt- und Nebensatz in den Verb-zweit-Sprachen wie z.B. im Deutschen auftaucht.(Vgl. Stechow & Sternefeld (1988), Staudinger (1990) etc.) Chomsky (1989:43): "The notion of full interpretation requires that representation be minimal in a certain sense."

lieh ist der Begriff Wort ein rein deskriptiver Begriff, der in der systematischen Theorie gar keinen Platz hat."5 Dennoch darf man die Untersuchung der Wortstruktur nicht vernachlässigen, weil dadurch die syntaktischen Prozesse, die an der Ableitung eines Wortes beteiligt sind, ermittelt werden können. Wenn ein Wort sprachspezifisch auf verschiedene Weise gebildet wird, können auch die syntaktischen Prozesse, die z.B. in der Lage sind, BarriereneigenSchäften zu verändern, einzelsprachlich unterschiedlich erfolgen. Aus diesem Grund kann das Wort in der Syntax als wichtiger Untersuchungsgegenstand aufgefaßt werden. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich damit, welche syntaktischen Phänomene durch die morphologische Komplexbildung, die einzelsprachlich verschieden in der Syntax erfolgt, verursacht werden. Die Arbeit hat im einzelnen folgenden Aufbau: In der ersten Hälfte des Kapitels l wird die Prinzipien- und Parameter-Theorie, die der Arbeit zugrunde liegt, kurz skizziert. Der zweite Teil dieses Kapitels gibt einen Überblick über verschiedene Ansätze, wie morphologische Prozesse in der Syntax theorie-intern erklärt werden. Ziel dieses Teils der Arbeit ist es, die Grundzüge der Prinzipien- und Parameter-Theorie in ihrer gegenwärtigen Form (u.a. Chomskys Barriers-Moaeü und teilweise den Economy-Ansatz sowie Bakers Konzept der Inkorporation) vorzustellen und kritisch zu beleuchten. In Kapitel 2 wird das morphosyntaktische System verschiedener Sprachen, vor allem des Deutschen und Koreanischen, in einer komparativen, eher deskriptiv orientierten Untersuchung behandelt. Hier interessiert vor allem, welche morphosyntaktischen Merkmale sprachspezifisch für die Wortkonstitution relevant sind. Darüber hinaus wird der Versuch unternommen, diese Merkmale bezüglich ihrer Herkunft zu kategorisieren. Ein Teil der Merkmale ist von der syntaktischen Umgebung abhängig, wohingegen der andere Teil lexikalisch, semantisch oder an die Sprechsituation gebunden determiniert ist. Letztlich wird beschrieben, wie die morphosyntaktischen Merkmale einzelsprachlich morphologisch realisiert werden, das heißt, wie ein Wort gebildet wird. In Kapitel 3 werden funktionale Kategorien behandelt: Zuerst wird der Begriff der funktionalen Kategorie fixiert. Er wird so definiert, daß eine funktionale Kategorie nur die morphosyntaktischen Merkmale umfaßt, die von der syntaktischen Umgebung determiniert werden. Danach können die morphosyntaktischen Merkmale für Satztyp, Tempus und Kasus als funktionale Kategorien aufgefaßt werden. Nur diese Merkmale projizieren ihre eigenen Kategorien: CP, TP und KP. Funktionale Kategorien sind hinsichtlich der morphologischen Selektion von Sprache zu Sprache verschieden. Für die Erfüllung dieser Selektion werden verschiedene syntaktische Restrukturierungsprozesse benötigt: A-Restrukturierung und B-Restrukturierung. B-Restrukturierung, die der Kopf-Bewegung entspricht, findet statt, wenn die betreffenden Kategorien miteinander in dem Sinne kategorie-gebunden sind, daß zwischen ihnen eine Interdependenzrelation besteht. Der typische Fall dafür ist Flexion. A-Restrukturierung wird für die morphologische Komplexbildung benötigt, die unter Umständen keine syntaktischen Bezüge berücksichtigt: Sie erfolgt zwischen linear benachbarten Kategorien scheinbar unabhängig von den syntaktischen Relationen. A-Restrukturierung liegt meistens der agglutinierenden Suffigierung zugrunde. Außerdem wird argumentiert, daß syntaktische Prozesse, die sich auf die morphologische Realisierung funktionaler KateDiese Auffassung hat v. Stechow von Sternefeld (persönliche Mitteilung) übernommen.

gorien beziehen, die Barriereneigenschaften verändern können. In diesem Zusammenhang wird diskutiert, warum das Koreanische einen sog. nicht-konfigurationalen Charakter zeigt. Schließlich wird die Nicht-Konfigurationalität dieser Sprache als ein Nebeneffekt der syntaktischen Prozesse aufgefaßt, die durch morpholgische Gründe motiviert sind. In Kapitel 4 wird erörtert, wie die KP (Kasusphrase)-Analyse, nach der eine funktionale Kategorie K für den Kasus den Kopf der Nominalphrase bildet, auf die einzelnen Sprachen appliziert werden kann, und wie dadurch die verschiedenen syntaktischen Phänomene innerhalb der Nominalphrase einschließlich Kongruenz, ECP etc. erklärt werden können. Gegenstandssprachen der Untersuchung sind das Deutsche, das Koreanische und das Ungarische. Kongruenz in der Nominalphrase, z.B. zwischen Adjektiv oder Artikel und Nomen im Deutschen, zwischen Demonstrativum und Nomen im Ungarischen, etc., wird mit Hilfe von SPEC-Head-Kongruenz in der funktionalen Kategorie K erreicht. Multisubjekt- bzw. Multiobjekt-Phänomene im Koreanischen werden ebenfalls als eine Art der SPEC-HeadKongruenz aufgefaßt. Die Extraktion aus der Nominalphrase ist eng auf die morphologische Komplexbildung zwischen Kasusmorphem und Nomen bezogen: Die morphologische Komplexbildung bewirkt eine Veränderung der Barriereneigenschaften. Da diese Komplexbildung sprachspezifisch stattfindet, sind die Extraktionsmöglichkeiten aus der Nominalphrase von Sprache zu Sprache verschieden. Kapitel 5 beschäftigt sich mit dem sog. Exceptional Case Marking (ECM). Nach Massam (1985) gibt es drei Arten von ECM: NP-, IP- und CP-ECM. In Abschnitt 5.1. werden die verschiedenen ECM-Fälle vorgestellt. In Abschnitt 5.2. wird der Versuch unternommen, die KP-Analyse auf die ECM-Konstruktionen anzuwenden. Unter der Annahme, daß allen Argumenten ein Kasus zugewiesen wird,6 unabhängig davon, ob der Kasus morphologisch realisiert wird, erfolgt jedes ECM durch dasselbe syntaktische Verfahren, nämlich durch SPEC-Head-Kongruenz innerhalb der funktionalen Kategorie K. Außerdem wird diskutiert, warum im Koreanischen für CP-ECM die Nominalphrase relevant ist, in anderen Sprachen dagegen nur die W-Phrase. Dieses Phänomen basiert u.a. auf der unterschiedlichen Realisierung des Kasusmorphems. Darüber hinaus wird erörtert, wie die Ketten-Theorie, die sich auf Kasusmarkierung bezieht, in bezug auf ECM revidiert werden muß: Hinsichtlich der Kasusmarkierung werden Parameter angenommen.

6

Vgl. Stowell (1981), Massam (1985).

1. Theoretische Grundlagen In diesem Kapitel wird die Prinzipien- und Parameter-Theorie als theoretische Grundlage der Arbeit eingeführt. In Abschnitt 1.1. geht es um die I-Sprache als Untersuchungsgegenstand, das Grammatikmodell und die UG-Prinzipien. In Abschnitt 1.2. werden einige Ansätze vorgestellt, wie theorie-interne morphologische Prozesse zu erklären sind.

1.1. Die Prinzipien- und Parameter-Theorie 1.1.1. I-Sprache1 Die interne Sprache (I-Sprache; "internalized language")2 ist der eigentliche Gegenstand der Untersuchung innerhalb der Prinzipien- und Parameter-Theorie. Sie ist ein System der mentalen Repräsentation und des Kalküls des Sprachvermögens ("the language faculty"), das als eine angeborene Komponente des "human mind" im Sprachorgan repräsentiert ist. Das Sprachvermögen ist ein autonomes System des menschlichen Kognitionssystems mit einem initialen Zustand So, der allen Menschen gemeinsam und einzigartig ("unique") ist. Mit den jeweiligen Erfahrungen verändert sich dieses Vermögen vom Zustand So zu einem relativ stabilen Zustand Ss, der dann nur noch eine periphere Modifikation erfährt, z.B. beim Erwerb neuer lexikalischer Einheiten. Die UG ist eine Theorie des initialen Zustands S0 des Sprachvermögens. Die UG oder S0 besteht aus den Subsystemen der Prinzipien, die sich mit Parametern verknüpfen, und Ss wird durch Parameter-Fixierung gewonnen.3 Demzufolge nimmt man in der Prinzipienund Parameter-Theorie an, daß es innerhalb der Syntax keine Regeln für einzelne Sprachen und keine konstruktionsspezifischen Prinzipien gibt. Eine Sprache ist eine Menge von Spezifikationen für die Parameter, die im invarianten System der UG-Prinzipien fixiert sind.4 Dadurch gewinnt diese Theorie größere explanative Kraft. Eine Universalgrammatik, die sich aus der Fixierung einzelsprachspezifischer Parameter ergibt, wird als Kerngrammatik bezeichnet. 1.1.2. Grammatikmodell5 Die Grammatik ist in zwei Komponenten organisiert, dem Lexikon und dem Kalkülsystem der Sprache, das gleichbedeutend mit der Syntax ist. Diese besteht aus drei fundamentalen Repräsentationsebenen: D-Struktur, Phonetische Form (PF) und Logische Form (LF). Diese drei Ebenen bilden jeweils eine Schnittstelle ("interface") des Grammatiksystems mit anderen kognitiven Systemen.

1 2 3 4

5

Dieser Abschnitt basiert im großen und ganzen auf Chomsky (1986a). Zur externen Sprache ( -Sprache; "externalized language"), die mit der internen Sprache ein Begriffspaar bildet, siehe Chomsky (1986a). Vgl. Choe(1988:14). Vgl. Chomsky (1989:43). Dieser Abschnitt basiert auf Chomsky (1981) und (1989).

Das Lexikon ist eine Menge lexikalischer Items6. Es muß für jedes Element die phonetischen, semantischen und syntaktischen Eigenschaften spezifizieren, die jeweils idiosynkratisch sind. Die Parametrisierung geht im Grunde auf Eigenschaften spezifischer Elemente im Lexikon oder auf ihre Kategorien zurück. Beispiele dafür sind etwa bestimmte Verben (sog. Brückenverben), die S-bar (oder CP)-Tilgung für Komplementsätze zulassen. Ein Teil der Kategorien ist im Lexikon einzelsprachlich hinsichtlich der Morphologie nicht vollständig. Artikel und Verb im Deutschen z. B. werden durch Kongruenz mit dem Nomen bzw. dem Subjekt morphologisch vollständig. In diesem Zusammenhang beziehen sich die UGParameter auf das Lexikon. Die D-Struktur, die unmittelbar mit dem Lexikon verbunden ist, ist eine reine Repräsentation der Theta-Struktur. Sie ist Ausdruck der thematischen Beziehungen, die der Xbar-Theorie und dem Projektionsprinzip unterliegen. Die PF, die die Schnittstelle zu den "motor-perceptual" Systemen bildet, liefert eine unmittelbare Repräsentation der Lautstruktur, während die LF, die an die konzeptuellen Systeme angrenzt, eine unmittelbare Repräsentation der Bedeutung darstellt. Die drei syntaktischen Ebenen sind nicht unmittelbar miteinander verbunden, sondern indirekt durch eine intermediäre Ebene, die sog. SStruktur. In diesem Sinne ist die S-Struktur ein abgeleitetes Konzept. Die D-Struktur wird durch die iterative Anwendung von "Affect-alpha" im Sinne von Lasnik & Saito (1984) in die S-Struktur überführt. Die S-Struktur wiederum wird einerseits mit Hilfe der morphophonologischen Regeln oder der stilistischen Regeln auf die PF abgebildet. Andererseits wird sie durch die Anwendung von "Affect-alpha" auf die LF abgebildet. Somit erfolgt die Abbildung zwischen D-Struktur, S-Struktur und LF, die zu den syntaktischen Ebenen im engeren Sinne gehören, durch die Anwendung von "Affect-alpha", das durch das Zusammenwirken der UG-Prinzipien motiviert und kontrolliert wird. Die UG-Prinzipien wirken auf diesen drei syntaktischen Ebenen. 1.1.3. Die UG-Prinzipien Die Universalgrammatik zeigt das Bild eines modular gebauten Grammatikmodells in dem Sinne, daß eine sehr komplizierte sprachliche Konstruktion aus dem Zusammenwirken mehrerer unabhängiger Einzelprinzipien resultiert, die auch auf andere Konstruktionen angewendet werden.7 Sie besteht aus den folgenden Moduln, die ihrerseits wiederum Prinzipien enthalten, die als eine Art von Beschränkungen fungieren. X-bar-Theorie Hier wird die Projektion der Kategorie vorausgesetzt, die aus dem lexikalischen Item abgebildet wird. Nach dem X-bar-Schema, das für alle Kategorien auf uniforme Weise gilt, hat jede Projektion eine Gemeinsamkeit hinsichtlich einer Kernkonstruktion: (1)

° 7 8

X-bar Schema* a. X 1 = X X"* b. X" = X"* X 1 Nicht jedes lexikalische Item gehört einer lexikalischen Kategorie an. Vgl. Fanselow(1987). Chomsky (1986b:3).

In (1) repräsentiert X den Kopf seiner Projektion und vertritt "ein Lexem oder irgendein zu projizierendes syntaktisches Merkmal"9. X" ist die maximale Projektion von X, und X" steht für eine Folge von beliebig vielen maximalen Projektionen. Die maximale Projektion X", die von X' unmittelbar dominiert wird, ist das Komplement des Kopfes, wohingegen X", das von X" unmittelbar dominiert wird, der Spezifikator des Kopfes (oder X 1 bzw. X") ist. Diese Begriffe sind relational oder funktional, aber nicht kategorial. Nach Kayne (1984), der auf der binären Verzweigung beharrt, ist die Option von X" null oder eins.10 Wenn die Bedingung der X-bar-Theorie und die inhärenten Merkmale oder die Selektionsmerkmale des lexikalischen Items gegeben sind, wird die D-Struktur autonom hergestellt. Deshalb braucht man keine Phrasenstrukturregeln mehr. Auf die Ableitung der D-Struktur wirkt das Projektionsprinzip: (2)

Projektionsprinzip11 Die Repräsentationen auf jeder syntaktischen Ebene (d.i. D- und S-Struktur und LF) sind aus dem Lexikon projiziert in dem Sinne, daß die Selektionseigenschaften der lexikalischen Items gleich bleiben.

Aufgrund dieses Prinzips besteht eine strukturelle Parallelität zwischen den syntaktischen Ebenen. Theta-Theorie Das Kemprinzip der Theta-Theorie ist das Theta-Kriterium, das als Beschränkung für die strenge Zuweisung der thematischen Rollen auf der LF fungiert. (3)

Theta-Kntenwn (I) Im Hinblick auf die Zuweisung der thematischen Rollen besteht eine eins-zu-eins Relation zwischen Argumenten und Theta-Positionen.

Dem Theta-Kriterium zufolge muß jedem Argument eine und nur eine thematische Rolle zugewiesen werden. Kasus-Theorie Nach Chomsky (1981) kann der Kasus-Filter für die Nominalphrase (NP) auf verschiedene Weise motiviert werden; einerseits aus morphophonetischen Gründen auf der PF wie in (4) und andererseits aus der "Visibility Condition" für thematische Rollen auf LF wie in (5). (4)

9 10 11 12

13

Kasus-Filter (I)12 NP, wenn die NP phonetisch repräsentiert ist und keinen (abstrakten) Kasus hat.13

Stechow & Sternefeld (1988:127). Vgl. Chomsky (1986b:3). Vgl. Chomsky (1981:45). Vgl. Chomsky (1981:49). '*' bedeutet die Ungrammatikalität eines Ausdrucks.

(5)

Kasus-Filter (II)14 *NP-Kette, wo die NP-Kette eine Theta-Position enthält und keinen Kasus hat. (NP =/= PRO).

Nach dem Kasus-Filter (I) in (4) müssen alle Nominalphrasen einschließlich der NichtArgumente einen Kasus haben. Doch der Kasus-Filter (I) ist problematisch, weil die NP, die als Nicht-Argument fungiert, ohne Kasus auftreten kann.15 (6)

a. b.

I saw him [pp [jsjp the day] before yesterday] The [NP solid gold] watch

In (6) a und b hat die NP, die jeweils als Modifizierer fungiert, keinen Kasus. Trotzdem sind beide Beispiele grammatisch. Nach Kasus-Filter (II) in (5) müssen alle Argumente, auch diejenigen, die keine NPs sind, einen Kasus haben. Das ist tatsächlich der Fall, wie in (7) gezeigt wird. (7)

a. b.

For [pp under the stars] to seem (to be) the best place to sleep, you have to be crazy *[pp Under the stars] to seem (to be) the best place to sleep, you have to be crazy

(7)a ist grammatisch, weil die PP, die als Subjekt des Infinitivs fungiert, von der Präposition yö/· den Kasus erhält. Im Gegensatz dazu ist (7)b ungrammatisch, weil der PP kein Kasus zugewiesen wird. Darum ist Kasus-Filter (II) dem Kasusfilter (I) empirisch vorzuziehen. Dennoch muß geklärt werden, aufweicher syntaktischen Ebene der Kasus-Filter wirkt: Er gilt nicht nur auf LF, weil es Evidenz dafür gibt, daß Kasus sprach spezifisch für die morphologische Vollständigkeit des Nomens benötigt wird. Kasus kann auch auf PF relevant sein. Darauf wird in Abschnitt 3.2.3. näher eingegangen. Rektionstheorie16 Der Rektionsbegriff spielt eine herausragende Rolle für die verschiedenen Moduln der UG, z.B. Kasus-Theorie, Theta-Theorie, Bindungstheorie, Bewegungstheorie etc. Für die Definition des Rektionsbegriffs werden viele Hilfsbegriffe17 vorausgesetzt. (8)

a. b.

Inklusion a inkludiert ß gdw. gilt: jedes Segment von dominiert ß. Exklusion a exkludiert ß gdw. gilt: kein Segment von dominiert ß.

(9) ..... ..... [ T a[ T ...ß...]] 14 15 16

'7

Vgl. Massam (1985:24). Vgl. Fabb (1984:54). Die Beispiele (6) und (7) stammen aus Fabb (ebd.). Dieser Abschnitt basiert auf Chomsky (1986h). Bei der Definition dieser Begriffe im Deutschen stütze ich mich auf das Seminar "Universelle Grammatik als modulares System von Prinzipien" an der Universität Regensburg von Staudacher im Sommersemester 1987.

Aufgrund der Definitionen in (8) gilt in der Adjunktionsstruktur (9), wo menten besteht, folgendes:

aus zwei Seg-

i) exkludiert 5 und umgekehrt, ii) exkludiert a nicht, iii) inkludiert nicht, iv) inkludiert ß. Diese Begriffe beziehen sich unmittelbar oder mittelbar auf die Definition des Rektionsbegriffes.

(10)

Rektion a regiert ß gdw. gilt: a) m-kommandiert ß, b) es gibt kein , das für ß eine Barriere ist, die a exkludiert.

In der Definition der Rektion von (10) tritt der Begriff exkludieren explizit auf, wogegen sich inkludieren durch die Definition von m-Kommanüo implizit auf den Rektionsbegriff bezieht.

(11)

m-Kommando a m-kommandiert ß gdw. gilt: a) inkludiert ß nicht, b) jede maximale Projektion , die a inkludiert, inkludiert ß.

Für die Definition der Rektion in (10) ist außerdem der Barrierenbegriff entscheidend. Dieser Begriff wird durch zwei verschiedene Mechanismen definiert; einerseits im Hinblick auf die L-Markierung, andererseits durch die Minimalitätsbedingung. Der erste Typ wird LMBarriere genannt, der zweite M-Barriere.18 (12)

LM-Barriere Eine maximale Projektion ist eine Barriere für ß gdw. gilt: entweder a) i. inkludiert unmittelbar , und ii. ist eine Blockierende Kategorie für ß oder b) i. ist eine Blockierende Kategorie für ß, und ii. =/= IP.

Der Begriff der Blockierenden Kategorie in (12) wird auf folgende Weise definiert: (13)

Blockierende Kategorie (BC: "Blocking Category") Eine maximale Projektion ist eine Blockierende Kategorie für ß gdw. gilt: a) inkludiert ß, und b) ist nicht L-markiert.

L-Markierung in (13b) bedeutet direkte

18

Vgl. Fanselow(1988:115).

-Markierung durch eine lexikalische Kategorie.

10 (14)

L-Markierung a L-markiert ß gdw. gilt: a) a ist eine lexikalische Kategorie, und b) ß kongruiert mit dem Kopf von r, das von a

-markiert wird.

Was bedeutet nun Q-Rektionl Obwohl sie ein Sonderfall der Rektion ist, darf der Rektionsbegriff nicht zur Definition der -Rektion herangezogen werden, da sonst Zirkularität gegeben ist. -Rektion spezifiziert die Beziehung zwischen Kopf und Komplement, weshalb sie folgendermaßen definiert wird. (15)

-Rektion a -regiert ß gdw. gilt: a) a ist eine X° -Kategorie, die ß -markiert19, b) a und ß sind Schwestern.

Nach Definition (13) ist die IP immer eine BC für ihre Konstituenten, da C sein Komplement IP nicht L-markiert. Wäre eine BC selber eine Barriere, dann wäre wft-Bewegung nicht mehr möglich. Daher erklärt sich der Ausnahmestatus von IP in (12) b) ii. In diesem Sinne ist die IP eine defektive Kategorie. Eine maximale Projektion ist keine inhärente Barriere. Der Barrieren status ergibt sich vielmehr aus dem Kontext, weshalb man jetzt von einem relativierten Barrierenbegriff sprechen kann. Eine maximale Projektion wird zur Barriere, wenn sie nicht L-markiert ist, wobei IP eine Ausnahme bildet (wie in (12) b), oder wenn sie die Barriereneigenschaft von einer BC ererbt, die sie dominiert (wie in (12) a). Der Definition der LM-Barriere zufolge kann nur eine maximale Projektion eine Barriere werden. Unter dieser Definition kann man den that-trace-Effekt in Beispiel (16) nicht mehr erklären. (16)

a. b.

Whoj did you believe fcp tj'tc 1 e (jp tj would win]]] *Whoi did you believe [cp tj'tc 1 that [jp tj would win]]]

Die Grammatikalität von (16) a und b hängt davon ab, ob die Spur in der Subjektsposition des eingebetteten Satzes über Antezedens-Rektion, deren Begriff noch zu erklären ist, streng regiert wird. Es gibt keine LM-Barriere zwischen tj 1 und tj, deshalb könnte tj von t[' über Antezedens-Rektion streng regiert werden, was aber nicht der Fall ist. Das heißt, der grammatische Kontrast zwischen (16)a und b kann mit Hilfe der LM-Barriere nicht erklärt werden. Damit Antezedens-Rektion in einer Folge i/' that tj von that verhindert wird, führt Chomsky (1986b) die Minimalitätsbedingung ("Minimality Condition") ein, deren grundsätzliches Konzept darauf beruht, daß ein näherer Regierer (od. ein minimaler Regierer) die Rektion von einem entfernteren Regierer blockiert.

Der Begriff Q-Markierung wird in Chomsky (1986b:13) folgendermaßen definiert: "a directly ß only if ß is the complement of in the sense of X-bar theory."

-marks

11 (17)

M-Barriere (Minimalitätsbarriere)20 regiert ß nicht in .... a ...[T ... ... ß ...] .... wenn eine Projektion von ist, die a exkludiert (und r unmittelbar dominiert). In diesem Falle sei eine M-Barriere.

Bewegungstheorie Die Bewegungstheorie enthält die syntaktische Regel Bewege-a ("move- "), wodurch eine Spur des bewegten Elements in seiner basis-generierten Position hinterlassen wird. Der Wert von a ist von Sprache zu Sprache verschieden; es kann z.B. eine NP, eine W-Phrase, eine minimale Kategorie X° etc. sein. Die syntaktische Ebene, auf der die Bewegung erfolgt, ist ebenfalls einzelsprachlich verschieden. Im Koreanischen findet W-Bewegung auf LF statt, wohingegen W-Phrasen im Deutschen auf der S-Struktur bewegt werden. Bewegea wird von unabhängig motivierten UG-Prinzipien determiniert, die in Zusammenhang mit Kasus, Skopus, morphologischen Bedürfnissen etc. stehen. Was die Landungsposition betrifft, findet Substitution oder Adjunktion statt. Substitution wird wegen des Projektionsprinzips und des Theta-Kriteriums nicht auf Theta-Postionen angewendet, während Adjunktion an eine maximale Projektion, der eine thematische Rolle zugewiesen wird, nicht gestattet ist, weil sie eine Barriere für die lexikalische Theta-Markierung schafft. Nach Chomsky (1986b) ist NP-Bewegung in eine Argumentposition, der keine thematische Rolle zugewiesen wird, immer eine Substitution, wohingegen W-Bewegung mittels Adjunktion Schlupflöcher schafft. Z.B. kann eine W-Phrase über VP-Adjunktion in die CPSPEC-Position bewegt werden. Bei der Kopf (X°)-Bewegung ist umstritten, ob es sich um Substitution oder Adjunktion handelt. Nach Choe (1988) ist Kopf-Bewegung zu einem lexikalischen Kopf eine Adjunktion, z.B. X°-zu-V-Bewegung, wobei X° ein Verb, ein Nomen, eine Präposition etc. sein kann, während die Kopf-Bewegung zur nicht-lexikalischen (od. funktionalen) Kategorie als Substitution betrachtet wird, z.B. V-zu-I-Bewegung oder I-zuC-Bewegung.21 Dem Strukturerhaltungsprinzip22 zufolge kann X°- und XP-Bewegung jeweils nur zu einem Kopf bzw. zu einer maximalen Projektion erfolgen. Der Bewegungsprozeß muß das Subjazenzprinzip, eine Lokalitätsbeschränkung, erfüllen, nach der ein Bewegungsprozeß nicht mehr als eine Barriere überschreiten darf. Demzufolge muß eine Phrase mittels Zwischenlandung zyklisch bewegt werden, wobei eine Koindizierungsrelation zwischen dem bewegten Element und ihren Spuren besteht. Die Konnexion zwischen den koindizierten Elementen bildet eine A- oder A-bar-Kette, je nachdem, ob sie aus einer A- oder A-bar-Bewegung resultiert. Das Subjazenzprinzip ist im Hinblick auf die Kettenbildung wie folgt definiert: (18)

20

21

22 23

Subjazenzprinzip2* Falls ( Zahladjektiv > Eigenschaftsadjektiv. Sogar das sententielle Attribut8, das man mit dem Relativsatz im Deutschen gleichsetzen kann, ist pränominal: (20)

a.

ce twu nop-un kenmwul-un tosimikwan-ul haychi-n-ta. Jen- zwei hoch-Rel Gebäude-Top Stadtbild- . zerstören-Präs-Dekl 'Jene zwei Gebäude, die hoch sind, zerstören das Stadtbild. (=Jene zwei hohen Gebäude....)1

b.

nop-un ce twu kenmwul-un tosimikwan-ul haychi-n-ta.

Wie (20) zeigt, ist die Stellung des Relativsatzes ziemlich frei. Befindet sich aber im Relativsatz eine Nominalphrase, wird dieser bevorzugt vor das Demonstrativum gestellt. (21)

a.

[twu kwen-uy chayk-ul sa-n] ku haksayng-un kippeha-yess-ta. zwei Stücke-G. Buch- . kaufen-Rel DET Student-Top freuen-Prät-Dekl 'Der Student, der zwei Bücher kaufte, war froh (darüber).'

b.

-(*)ku [twu kwen-uy chayk-ul sa-n] haksayng-un kippeha-yess-ta.

Es gibt kein Indiz dafür, daß das Demonstrativum ku in (21)b nicht das unmittelbar folgende Nomen chayk, sondern das Nomen haksayng als Bezugsnomen modifiziert, weil keine Kongruenzbeziehung zwischen Attribut und Nomen besteht. Deshalb ist im intendierten Sinne (21)b nicht so akzeptabel wie (21)a. 2.1.2.2. Deutsch Nun zur Nominalflexion im Deutschen. Das Nomen enthält grammatische Merkmale wie Genus, Numerus und Kasus. Es gibt drei Formen für das Genus: Maskulinum, Femininum und Neutrum. Das Genus ist im wesentlichen kein natürliches, sondern ein grammatisches Wenn ein Zahlwort oder Zahladjektiv erscheint, wird das Morphem für Plural im allgemeinen nicht ans Nomen suffigiert. Das sententielle Attribut ist dem pränominalen Relativsatz im Deutschen einerseits darin ähnlich, daß es kein Relativpronomen, sondern nur einen Relativmarker als Verbalsuffix enthält, andererseits dem postnominalen Relativsatz im Deutschen, da es Morpheme für Tempus, Kongruenz etc. enthält: i) cak-ass-ten tosi-ka keci-ess-ta. klein-Prät-Rel Stadt-N. sich vergrößern-Prät-Dekl 'Die Stadt, die klein war, wurde größer.'

33 Geschlecht. Es existiert kein System von Regeln, nach dem man das Genus eines Nomens bestimmen kann, abgesehen von Nomen bestimmter Sachgruppen sowie von Nomen mit bestimmten Endungen.9 Das Morphem ist rein lexikalisch bestimmt, da "es fest mit dem jeweiligen Substantiv gekoppelt ist"10. Es steht entweder im Singular oder im Plural, je nachdem ob "das Genannte einmal oder mehrmals vorhanden ist". 11 Man unterscheidet vier Kasus: Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ. Anders als das Genus sind Numerus und Kasus als Flexionssuffixe morphologisch realisiert: (22)

a. c.

Friede(m.)-ns(Sg.G.) Junge(m.)-n(Sg.G.)

b. Buch(n.)-es(Sg.G.) d. Frau(f.)-^(Sg.G.)

Genau genommen bezieht sich das Genus in gewisser Weise auch auf die Flexion des Nomens, da wie in (22)d das Femininum im Singular nicht mehr flektiert.12 Das Nomen ist ein gebundenes Morphem, weil es ohne grammatische Merkmale, die auch als Null-Morphem realisiert sein können, morphologisch nicht vollständig ist. In manchen Fällen ist die Grenze zwischen Nominalstamm und Flexionssuffix fließend: Haus(Sg.)-Häuser(P\.), Hand(Sg.)-Hüruie(Pl.). Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Nominalflexion im Deutschen die typischen Eigenschaften flektierender Sprachen besitzt, weil "eine generelle eins-zu-eins-Zuordnung von Merkmalbedeutung und Morphemrealisation bei Flexionsformen nicht gegeben ist"13. Abgesehen von den nominalen Attributen (wie in (23)d) flektieren die pränominalen Attribute hinsichtlich der grammatischen Merkmale des Bezugsnomens, wie die Beispiele in (23) zeigen. (23)

a. b. c. d.

des schnellen Autos warme Speise seine Mutter des Mannes Beschreibung

Die Flexion, besser Deklination, der pränominalen Attribute identifiziert die grammatischen Merkmale des Bezugsnomens. Besonders das Genus des Nomens wird durch die Deklination der Attribute erkennbar gemacht. Was die attributive Deklination betrifft, läßt sich folgendes bemerken: Erstens unterscheiden sich bezüglich der Deklinationsbezüge Artikel und Adjektiv voneinander. Für die Deklination des Artikels sind nur die grammatischen Merkmale des Bezugsnomens relevant, während für die des Adjektives sowohl diese Merkmale wie auch das Vorhandensein des Artikels entscheidend sind. Das attributive Adjektiv dekliniert nach einem von drei verschiedenen Flexionstypen (stark, schwach und gemischt), je nach syntaktischer Umgebung. Zweitens tritt das Adjektiv undekliniert als postnominales

9 10

11

13

Vgl. Duden (1984:194). Ebd. S. 199. Vgl. ebd. S.223. Das kann als eine grammatische Regel formuliert werden, weil es für alle Feminina gilt. Heidolph« al. (1981:467).

34

Attribut auf.14 Nach Heidolph et. al. (1981: 624) wird das Adjektiv dem Nomen in folgenden Fällen nachgestellt: in der rhythmisch ausgewogenen Sprache der Dichtung (wie in (24)a), vor allem als Adjektivreihe (wie in (24)b und c), in volkstümlichen Resten (wie in (24)d und e) und in festen Wendungen (wie in (24)f und g). (24)

a. b. c. d. e. f. g.

bei einem Wirte wundermild mit Farben tief und rein eine Locke wild und wunderbar Röslein rot Manschen klein hundert Mark bar Karpfen blau

2.1.3. Sententiale Komplementierung Unter sententialer Komplementierung versteht man eine satzwertige Konstruktion in der syntaktischen Funktion eines Komplements. 2.1.3.1. Koreanisch Zunächst zur sententialen Komplementierung im Koreanischen. Es gibt einige Fälle, in denen ein Satz als Komplement eine syntaktische Rolle spielt: (25)

a.

nwu-ka ka-nunya-ka mwunce-i-ta. wer-N. gehen-Int-N. Problem-sein-Dekl 'Es ist ein Problem, wer geht.'

b.

mwunce-nun nwu-ka ka-nunya-i-ta. Problem-Top wer-N. gehen-Int-sein-Dekl 'Ein Problem ist, wer geht.'

c.

nwu-ka ka-nunya? wer-N. gehen-Int 'Wer geht?'

In (25)a fungiert der Fragesatz von (25)c als Subjekt. Satz (25)b ist ein Cleft-Satz von (25)a. Im Hinblick auf das Morphologiesystem zeigt diese Konstruktion folgende Eigen-

Heidolph et. al. (1981:625);"— sind auch flektierte Nachstellungen zu verzeichnen, nämlich wenn 'zum Ausdruck der Ausnahmslosigkeit einem Substantiv zwei Adjektive von entgegengesetzter Bedeutung zugefügt werden1 (Paul (1919) III, S.90; Ljugerud (1955) S.311): (77) Hühnervolk, braunes und schmutzig weißes, irrte herum. In dichterischer Sprache erscheinen aber auch nachgetragene flektierte Formen ohne entgegensetzende Bedeutung. (78) Immer sind sie auch von Kürbissen durchpflanzt, rotgelben, runden, die wie riesige Orangen aussehen."

35

Schäften: Erstens trägt der Nebensatz ein Kasusmorphem. 15 Verallgemeinert kann gesagt werden, daß ein Komplement im Koreanischen unabhängig von seiner Kategorie ein Kasusmorphem tragen kann. Zweitens erfolgt zur Bildung des Nebensatzes keine morphologische Veränderung: Es besteht eine Konvers-Beziehung zwischen Nebensatz und Hauptsatz. Mit anderen Worten, es ist kein satzverbindendes Element notwendig, das im Deutschen dem Bindewort oder Komplementierer entspräche. Während sich ersteres auf alle Nebensätze bezieht, wird letzteres nur dann beobachtet, wenn der Nebensatz ein Interrogativ ist. Ist der Nebensatz ein Deklarativ, treten Komplementierer wie -(u)m und -ki als Suffixe des eingebetteten Verbs auf. (26)

a.

ku-eke ton-i manh-um-i pwunmyengha-ta. er-bei Geld-N. viel-Kom-N. sicher sein-Dekl 'Es ist sicher, daß das Geld bei ihm viel ist.1

b.

wuli-nun ku-ka sengsilha-n salam-i-m-ul ice-ya kkaytal-ass-ta. wir-top er-N. zuverlässig sein-Rel Mann-sein-Kom-A. jetzt-erst verstehenPrät-Dekl 'Wir verstanden erst jetzt, daß er ein zuverlässiger Mann ist.1

c.

na-nun ney-ka kenkangha-ki-lul pala-n-ta. ich-Top du-N. gesund sein-Kom-A. wünschen-Präs-Dekl 'Ich wünsche, daß du gesund bist.'

d.

cengpwu-ka ilen nankwuk-ul cal swusupha-ki-ka elyep-ta. Regierung-N. solch schwierige Situation- , gut überwinden-Kom-N. schwierig sein-Dekl 'Es ist schwierig, daß die Regierung eine solche schwierige Situation überwindet.'

In (26)a und b kommt -um als Komplementierer vor, in (26)c und d -ki. Die Selektion des Komplementierers16 hängt vom Matrixverb ab; die Verben, die -um selegieren, sind Sinnund Wahrnehmungsverben wie tutta (hören), pota (sehen) etc., Erkennungsverben wie alta (wissen), kkaytatta (verstehen) etc. und Wertungsverben wie pwunmyenghata (sicher sein), hwaksilhata (sicher sein) etc. Zu den Verben, die -ki selegieren, gehören die Wunschverben wie palata (wünschen), kitalita (warten), huymanghata (hoffen), kitayhata (erwarten) etc. Außerdem gibt es eine Verbalgruppe, die mit -ki und -um verträglich ist. Dazu gehören z.B. Gefühlsverben wie cohahata (mögen), salanghata (lieben) etc.

Abschnitt 2 . 1 . 2 . 1 . zeigt, daß die als Komplement fungierende Postpositionalphrase auch im Koreanischen einen Kasusmarker tragen kann. Verben lassen sich im Hinblick auf die Merkmale [ + /-faktiv], [+/-bestimmt] subkategorisieren: Verben, die die Merkmale [4-faktiv]/ [ + bestimmt] besitzen, nehmen den um-Komplementierer, während diejenigen, die [-faktiv]/ [-bestimmt] sind, den £/-Komplementierer selegieren.

36

(27)

a.

Hans-nun hakyo-e ka-m-ul cohaha-n-ta. Hans-Top Schule-zu gehen-Kom-A. mögen-Präs-Dekl 'Hans hat gern, in die Schule zu gehen.'

b.

Hans-nun hakyo-e ka-ki-lul cohaha-n-ta. 'Hans mag in die Schule gehen.'

Die Sätze in (27) können unterschiedliche Bedeutungen haben. So ist das Komplement in (27)a beispielsweise Ausdruck einer konkreten Handlung, eines Ganges zur Schule, während (27)b eine abstrakte Bedeutung des in-die-Schule-Gehens darstellt. Es gibt naturgemäß Verben, die weder mit -ki noch mit -um verträglich sind. Unter diese Verbalgruppe fallen die transitiven Verben wie manata (treffen), sata (kaufen), mouta (sammeln) etc., deren Objekt kein Sachverhalt, sondern ein konkreter Gegenstand sein muß. Zur Satzkomplementierung gibt es neben -ki und -um noch das Bindewort -ko. Es leitet im allgemeinen einen Zitat-ähnlichen Nebensatz ein, weshalb es mit Verben des Mitteilens oder des Denkens als Matrixverben zusammen auftreten kann. (28)

a.

motun salam-un inkan-i conemha-ta-ko mit-nun-ta. alle Mensch-Top Mensch-N. würdig sein-Dekl-Kom glauben-Präs-Dekl 'Alle Leute glauben, daß der Mensch würdig ist.'

b.

na-nun ku-ka tulli-ess-ta-ko sayngkakha-n-ta. ich-Top er-N. falsch sein-Prät-Dekl-Kom denken-Präs-Dekl 'Ich denke, daß er falsch ist.'

c.

ku-nun na-eykey ce pang-ey nwu-ka iss-nunya-ko mwul-ess-ta. er-Top ich-zu jenes Zimmer-in wer-N. sein-Int-Kom fragen-Prät-Dekl 'Er fragte mich, wer in jenem Zimmer ist.'

d.

salam-tul-un ku-ka pwucilenha-ta-ko malha-n-ta. Mensch-Pl-Top er-N. fleißig sein-Dekl-Kom sagen-Präs-Dekl 'Die Leute sagen, daß er fleißig ist.' ku ai-ka swumpakkokcilha-ca-ko ceanha-yess-ta. DET Kind-N. Verstecken spielen-Prop-Kom vorschlagen-Prät-Dekl 'Das Kind schlägt vor: " Spielen wir Verstecken".1

e.

Wie die Beispiele in (28) zeigen, hat die to-Komplementierung im Vergleich zur um- und /W-Komplementierung folgende Charakteristika: Sie trägt erstens kein Kasusmorphem; zweitens selegiert das Matrixverb den Satztyp des eingebetteten Satzes. So selegiert das Verb mwutta (fragen) etwa einen Interrogativ wie in (28)c, ceanhata (vorschlagen) einen Propositiv wie in (28)e und sonstige Verben einen Deklarativ wie in (28)a, b und d. Bezüglich der Satz-Komplementierung im Koreanischen kann man zusammenfassend feststellen: Zum einen wird das Morphem, das dem Bindewort der Komplementierung im Deutschen entspricht, vom Matrixverb selegiert. Zum anderen wird es als gebundenes Morphem an das Verb des eingebetteten Satzes suffigiert.

37 2.1.3.2. Deutsch Im Deutschen wird der Komplementsatz durch einen Komplementierer eingeleitet. Auf Grund des Komplementierers läßt sich eine Klassifizierung der Komplementierungen in daß-, ob- und W-Sätze vornehmen. Der Komplementierer ist von den Selektionseigenschaften des Matrixverbs abhängig. Im Hinblick auf die Besetzbarkeit der Objektstelle mit daß-, ob- und W-Satz können vier Klassen von Verben unterschieden werden:17 Erstens gibt es Verben, die daß-, ob- und W-Sätze selegieren können. (29)

a. b. c.

Er sagt (mir), daß er kommt. Er sagt (mir), ob er kommt. Er sagt (mir), wer kommt.

Dazu gehören "verba sentiendi" wie sagen, entscheiden, erzählen, wissen, mitteilen, berichten etc.18 (Verbalgruppe (VG) I). Zweitens gibt es Verben, die nur rföjS-Sätze zulassen, aber keine ob- und W-Sätze.19 (30)

a. b. c.

Peter glaubt, daß er ein Genie ist. Peter glaubt, wer ein Genie ist. Peter glaubt, ob er ein Genie ist.

Dazu gehören Verben wie glauben, hoffen, meinen, behaupten, wünschen, vermuten, versprechen etc. (Verbalgruppe II). Drittens gibt es Verben, die nur ob- und W-Sätze nehmen, nicht aber rfajß-Sätze. (31)

a. b. c.

Peter fragt, daß er ein Genie ist. Peter fragt, wer ein Genie ist. Peter fragt, ob er ein Genie ist.

Zu dieser Verbalgruppe gehören Frageverben wie fragen, erforschen, erwägen, überlegen etc. (Verbalgruppe III). Und viertens gibt es Verben, die daß- und W-Sätze als Objekte nehmen, nicht aber o£-Sätze. (32)

a. b. c.

Ich bedauere, daß mein Freund die Abschlußprüfung nicht bestanden hat. · -Ich bedauere, wer die Abschlußprüfung nicht bestanden hat. Ich bedauere, ob er die Abschlußprüfung nicht bestanden hat.

Dazu gehören Verben wie akzeptieren, beachten, bedauern, begründen, verstehen etc. (Verbalgruppe IV). "Diese Verben bezeichnen eine Attitüde der vom Subjekt bezeichneten Person bezüglich des vom Objekt bezeichneten Sachverhaltes. "20 Andererseits können Verben hinsichtlich des Tempus des eingebetteten Satzes in zwei Gruppen subklassifiziert werden. Es gibt Verben, die zw-Infmitiv-Konstruktionen als Ob17 18 19 20

Vgl. Eisenberg (1989:337ff). Vgl. Grewendorf (1988:82). Ebd. S.226. Eisenberg (1989:346).

38

jekte zulassen, und solche, die sie nicht zulassen. Nach Heidolph et al. (1981: 824) steht ein öfajJ-Satz in einer Abwandlungsbeziehung zu einer Infinitivgruppe, falls das Subjekt des eingebetteten Satzes dasselbe Individuum beschreibt wie Subjekt oder Objekt des übergeordneten Satzes. Doch diese Koreferenzbeziehung ist keine hinreichende, sondern nur eine notwendige Bedingung für die Satzreduktion zur Infinitiv-Konstruktion, da unter den zahlreichen Verben, die rfojß-Sätze als Objekte nehmen können, nur ein Teil der oben genannten Verbalgruppe II Infinitiv-Konstruktionen als Objekte zulassen.21 (33)

a. b. c. d. e. f. g. h. i.

Peter glaubt, ein Genie zu sein. (VG II) Peter verspricht mir, bald zu kommen. (VG II) Wir hoffen, uns bald wiederzusehen. (VG II) Er wünscht zu arbeiten. (VG II) Er vermutet, ihn zu treffen. (VG II) Der Arzt meint, den Kranken retten zu können. (VG II) Peter weiß, ein Genie zu sein. (VG I) # Peter fragt, ein Genie zu sein. (VG III) $ Peter sagt, ein Genie zu sein. (VG I)

Wie die Beispielsätze in (33) zeigen, kann nur ein Teil der Verbalgruppe II wie glauben, meinen, wünschen, versprechen, hoffen, behaupten, vermuten etc. Infinitiv-Konstruktionen als Objekte nehmen. Darüber hinaus ist es möglich, Verben zu subklassifizieren je nachdem, ob sie Verb-zweit-Konstruktionen als Objekte selegieren können. Diese Konstruktionen fungieren ausschließlich als Alternative für rfo/J-Komplementsätze und sind nur für eine bestimmte Klasse von Verben zugelassen, wie (34) zeigt.22 (34)

a. b. c. d. e.

Hans glaubt, Peter sei/ist ein Trinker. Hans wünscht, Maria solle Peter besuchen. Hans sagt, Peter sei/ist ein Trinker. Hans weiß, Peter ist ein Trinker. Hans bedauert, Peter sei/ist ein Trinker.

Verben, die Verb-zweit-Konstruktionen selegieren, heißen Brückenverben. Dazu gehören Verben wie meinen, glauben, sagen, behaupten, wünschen etc., die aus der Verbalgruppe I oder II kommen.23 Das Charakteristikum dieser Verbalgruppe liegt darin, daß sie das Erscheinen eines W-Wortes in der Vorfeldposition des eingebetteten Satzes nicht zulassen. Mit anderen Worten, ein W-Wort, das eine Konstituente eines eingebetteten Satzes ist, hat den ganzen Satz, d.i. Matrixsatz, als Frage-Skopus. (35)

22 23

a. b. c. d.

Wer glaubt Peter liebt Maria? Wen behauptet Hans habe Maria getroffen? Wie meint Hans habe Maria das Problem gelöst? Wer wünscht Hans soll Maria besuchen?

Die Beispielsätze stammen zum Teil aus Grewendorf (1988:226) und zum Teil aus Schumacher (1986). Vgl. Grewendorf (1988:210). Vgl. ebd. S.82.

39

Für die Satzkomplementierung im Deutschen kann man folgendes festhalten: Erstens ist der Komplementierungstyp auf die Selektionseigenschaft des Matrixverbs angewiesen. Zweitens bezieht sich der Komplementierer unmittelbar auf den Komplementierungstyp. Drittens wird der Komplementierer im Deutschen morphologisch selbständig realisiert.

2.2. Realisierungstypen der morphosyntaktischen Merkmale In diesem Abschnitt wird der Versuch unternommen, die Realisierungstypen der morphosyntaktischen Merkmale zu klassifizieren. Abschnitt 2.2.1. beschäftigt sich mit der Frage, was morphosyntaktische Merkmale sind. In Abschnitt 2.2.2. werden die Linearität dieser Merkmale und ihre morphologischen Realisierungen behandelt. 2.2.1. Begriff des morphosyntaktischen Merkmals Laut Lewandowski (51990:732) sind morphosyntaktische Merkmale (MS-Merkmale) nichtinhärente Merkmale, die die Wahl der Flexionsmorpheme bestimmen. Mit dem Begriff 'nicht-inhärent' ist gemeint, daß es sich nicht nur um syntaktische Bezüge handelt, da Merkmale, die an der Flexion beteiligt sind, nicht ausschließlich syntaxbezogen sind. Das heißt, die nicht-inhärenten Merkmale schließen alle Merkmale mit ein, die sich nicht nur auf die syntaktische Umgebung, sondern auch auf semantische und sprechsituationsgebundene (oder textbezogene) Bedingungen beziehen. Aus diesem Grund ist der Terminus 'morphosyntaktisches Merkmal' in gewisser Weise irreführend. Dieser Terminus hat zwei Interpretationen: syntaxbezogen im engeren Sinne und syntaxbezogen sowie Semantik- oder textbezogen im weiteren Sinne. In diesem Abschnitt wird letzteres betrachtet, die nächsten Kapiteln dagegen beschäftigen sich mit ersterem. Die MS-Merkmale sind von Sprache zu Sprache verschieden. Wie bereits im vorigen Abschnitt angesprochen wurde, hat das Koreanische hinsichtlich der Verbalflexion die Merkmale für Honorifika und Satztyp, das Deutsche dagegen nicht. Das Honorifikum -si im Koreanischen wird wie die verbale Kongruenz im Deutschen syntaktisch determiniert, weil es mit dem Subjekt kongruiert. Tempus kann auch syntaxbezogen sein, da es im eingebetteten Satz von der Selektion des übergeordneten Verbs abhängt, wie im Koreanischen und Deutschen zu sehen ist. (36)

a.

b. c.

na-nun ku ai-ka mwul-ul masi-kye ha-yess-ta. ich-Top DET Kind-N. Wasser- . trinken-HM lassen-Prät-Dekl 'Ich lasse das Kind Wasser trinken.' Peter glaubt, ein Genie zu sein. Peter weiß, ein Genie zu sein.

Wenn auch semantisch gesehen das Tempus des eingebetteten Satzes mit dem des Matrixsatzes zusammen interpretiert wird, ist das Verb von der Morphologie her nicht-fmit, also ohne Tempus, weshalb die syntaktische Umgebung für die morphologische Realisierung des Tempus relevant ist. In bezug auf die Satztypen Deklarativ (Aussagesatz), Interrogativ (Fragesatz) und Imperativ (Aufforderungssatz) läßt sich beobachten, daß sowohl im Korea-

40 nischen als auch im Deutschen die Wahl des Satztyps des eingebetteten Satzes vom Matrixverb bestimmt wird. (37)

a.

b.

c. d.

ku-nun nwu-ka sihem-ul hapkyekha-yess-nunci-lul mwul-ess-ta er-Top wer-N. Prüfung- . bestehen-Prät-Komp (Int)-A. fragen-Prät-Dekl fragte, wer die Prüfung bestanden hat.' Ku-nun hans-ka sihem-ul hapkyekha-yess-um-ul mwul-ess-ta. er-Top Hans-N. Prüfung- . bestehen-Prät-Komp (Dekl)-A. fragen-Prät-Dekl 'Er fragte, daß Hans die Prüfung bestanden hat.1 Peter fragt, ob er ein Genie ist. * Peter fragt, daß er ein Genie ist.

In (37) sind die Sätze b und d ungrammtisch, da die eingebetteten Sätze die Selektion des Matrixverbs hinsichtlich des Satztyps verletzen. Es müssen Interrogative sein wie in (37) a und c. Bisher wurden nur die syntaktisch bestimmten Merkmale in bezug auf die Verbalflexion betrachtet. Es gibt andere Merkmale, die nicht von der syntaktischen Umgebung, sondern von der Sprechsituation (oder außersyntaktisch) bestimmt werden. Der Begriff 'Sprechsituation1 wird im weiteren Sinne aufgefaßt. Er umfaßt die Situation, in der die Aussage gemacht wird, die Beziehung zwischen Sprecher und Hörer und die Einstellung des Sprechers zu seiner Aussage. Diesbezüglich ist im Deutschen die Sprechereinstellung zum Wahrheitsgehalt des Komplements einer Äußerung relevant, was durch verschiedene Verbformen gekennzeichnet werden kann: "Der Satz bekommt im wesentlichen eine bestimmte Aussageweise, einen bestimmten Modus."24 Man unterscheidet die Modi Indikativ, Konjunktiv I und II und Imperativ. (38)

a. b. c. d.

Sie hat mir gesagt: Sie hat mir gesagt, Sie hat mir gesagt, Sie hat mir gesagt,

"Hans liest gerade einen Roman von Hesse." (Indikativ) Hans lese gerade einen Roman von Hesse. (Konjunktiv I) Hans läse gerade einen Roman von Hesse. (Konjunktiv II) daß Hans gerade einen Roman liest. (Indikativ)

Wie sich in den Beispielen von (38) zeigt, ändert sich die Verbalform im Modus, obwohl das Subjekt gleich bleibt. Im Koreanischen sind hinsichtlich der Verbalflexion die Beziehung zwischen Sprecher und Hörer (oder Sprechpartner) sowie die Sprechereinstellung zum Wahrheitsgehalt einer Äußerung relevant. Wenn der Hörer (Sprechpartner) älter als der Sprecher ist, dann wird jener von diesem geachtet oder honorifiziert. Außerdem gibt es Modi wie z.B. Indikativ, Retrospektiv, Konjunktiv etc. In bezug auf den Grad der Honorifikation des Partners (PHonorifika: PH) gibt es mehrere Stufen.25 24

Duden (1984:155). Der Einfachheit halber kennzeichne ich die Honorifikationsstufen mit einem Numerale: i) die höchste Stufe: +3 ii) die höhere Stufe: +2 iii) die wenig höhere Stufe: + 1 i v) die neutrale Stufe: 0 v) die niedrigere Stufe: -1. Tatsächlich aber gibt es noch mehrere Varianten.

41

(39)

a.

chelswu-ka sengsilha-ta. Chelswu-N. zuverläßig sein- OPH,Ind,Dekl 'Chelswu ist tüchtig.'

b.

chelswu-ka sengsilha-pnita. +3PH,Ind,Dekl chelswu-ka sengsilha-yess-uptita. +3PH,Retr,Dekl

c.

d.

Hans-ka sengsilha-tey. + lPH,Retr,Dekl

e.

chelswu-ka sengsilha-yess-eyo. +2PH,Ind,Dekl

f.

chelswu-ka sengsilha-i. -lPH,Ind,Dekl

(39)a zeigt die neutrale Form im Hinblick auf die P-Honorifika. Die anderen Beispielsätze von (39) sind diesbezüglich auf verschiedene Weise spezifiziert. Wie sich in (39) zeigt, sind die Merkmale von P-Honorifika, Modus und Satztyp in ihren morphologisehen Realisierungen nicht trennbar; sie bilden hinsichtlich der Flexion ein Paradigma.26 Was die Nominalflexion betrifft, kann folgendes beobachtet werden: Im Deutschen sind die Merkmale für Numerus und Kasus an der Nominalflexion beteiligt, im Koreanischen dagegen beziehen sich Numerus, Kasus und die anderen Kategorien, d.h. Delimiter, Postposition etc., auf die Nominalflexion.27 In beiden Sprachen ist nur der Kasus ein syntaktisch bestimmtes Merkmal, weil er sich je nach syntaktischer Umgebung ändert. Im Gegensatz dazu ist der Numerus kein syntaktisches Merkmal: "Der Numerus wird nach der Bedeutung gewählt."28 Das heißt, der Numerus wird je nachdem, ob das durch das Nomen bezeichnete Objekt in Einzahl oder Vielzahl erscheint, festgelegt:29 (40)

a. b. c. d.

Ich besuche den Freund. Der Freund wird von mir besucht. Ich habe einen Freund eingeladen. Ich habe Freunde eingeladen.

In den deutschen Beispielen (40)a und b zeigt sich, daß sich der Kasus nach der syntaktischen oder grammatischen Funktion ändert. Ein Vergleich der Beispielsätze (40)c und d

27 28

29

Aber viele machen den Versuch, auch dieses Paradigma streng morphologisch zu segmentieren. Dazu Ahn, S.-C. (1985), Kim (1986) etc. Siehe Abschnitt 2.1.2.1. (17). Eisenberg (1989:151). Diesbezüglich sagt Farkas (1990:541): "The gender of Ns in Romanian, French and German is lexically specified, their number is generally semanticallv driven and their Case depends on their syntactic role." Vgl. Helbig/Buscha (1987:276).

42

weist darauf hin, daß der Akkusativ im Singular und im Plural dieselbe syntaktische und grammatische Funktion erfüllen kann, und daß der Numerus die Wahrheitsbedingung des Satzes verändert. Ein Teil der Nomina ist aufgrund ihrer Semantik auf einen Numerus beschränkt. Besonders im Koreanischen kann der Delimiter man zwischen Numerus und Kasus vorkommen (wie in (41)a). Kasus kann sogar an den Satz und die Postpositionalphrase sowie an das Nomen angefügt werden, wie in (41)b und c: (41)

a.

ku ai-tul-man-i hakkyo-e ka-n-ta. DET Kind-Pl-nur-N. Schule-zu gehen-Präs-Dekl 'Nur die Kinder gehen in die Schule.'

b.

nwu-ka ka-nunya-ka mwunce-i-ta. wer-N. gehen-Int-N. Problem-sein-Dekl 'Es ist ein Problem, wer geht.'

c.

tonsayng-ulopwute-uy sosik-i acik ep-ta. jüngerer Bruder-von-G. Nachricht-N. noch fehlen-Dekl 'Die Nachricht von dem jüngeren Bruder fehlt noch.'

Während Artikel und Adjektive im Koreanischen nicht deklinierbar sind, deklinieren sie im Deutschen als pränominale Attribute nach den grammatischen Merkmalen des Bezugsnomens Genus, Numerus und Kasus. Diese Merkmale sind also für Attribute je nach syntaktischer Umgebung determiniert. Zusammenfassend kann man feststellen: Die Merkmale, die an der Flexion des Nomens, des Verbs und gegebenenfalls des pränominalen Attributes beteiligt sind, sind im Hinblick auf syntaktische Bezüge nicht homogen. Es gibt einerseits Merkmale, die mittels ihrer syntaktischen Umgebung determiniert werden; dazu gehören Kasus, die Merkmale für Kongruenz (zwischen Subjekt und finitem Verb sowie zwischen pränominalen Attributen und Bezugsnomen), Satztyp etc. Andererseits gibt es Merkmale, die keine syntaktischen Bezüge haben; dazu zählen die Merkmale für Modus, P-Honorifikation (im Koreanischen), Numerus des Nomens etc. Besonders der Numerus des Nomens steht in engem Zusammenhang mit der Bedeutung. Die morphosyntaktischen Merkmale umfassen im weiteren Sinne zwar auch Merkmale ohne syntaktische Bezüge, im engeren Sinne versteht man darunter jedoch Merkmale bezüglich der syntaktischen Umgebung. 2.2.2. Realisierungsklassifizierung der morphosyntaktischen Merkmale Was die Affigierung der morphosyntaktischen Merkmale betrifft, geht man traditionell von einer Dichotomic aus: Flexion und Agglutination.30 Der Unterschied zwischen dem flektierenden und dem agglutinierenden Typ besteht in der Art und Weise, wie die morphosyntaktischen Merkmale im weiteren Sinne in der phonologisehen (oder orthographischen) Form des Wortes repräsentiert sind. 31 Im flektierenden Typ ist die Grenze zwischen Stamm

31

In Lyons (1971:191) wird ein weiterer Typ isolierend genannt. Vgl. Lyons (1971:196).

43

und Suffix unklar oder fließend, oft drückt ein Suffix gleichzeitig mehrere verschiedene morphosyntaktische Merkmale aus. (42)

a. b. c. d.

mice - 'mouse-[Pl.]r boys - 'boy-fPl.]1 (du) gehst - 'geh-[2.Per,Sg.,Präs,Ind]' (des) Namens - 'Name-[Sg.G.]'

Im englischen Beispiel (42)a kann man, anders als in (42)b, das Suffix vom Stamm nicht mehr segmentieren. (42)a verdeutlicht, daß sich der Stamm durch die Affigierung des Numerusmerkmals verändern kann. Die deutschen Beispiele (42)c und d belegen, daß Suffixe multifunktional sein können, wenn sie gleichzeitig mehrere verschiedene morphosyntaktische Merkmale ausdrucken. Im agglutinierenden Typ lassen sich die Affixe nicht nur vom Stamm, sondern auch voneinander eindeutig segmentieren. (43)

a.

elini-tul-i Kind -Pl.-N.

b.

ka-si-ess-ta geh-Hon-Prät-Dekl

Wie die koreanischen Beispiele in (43) zeigen, wird jedes morphosyntaktische Merkmal durch ein selbständiges Affix ausgedrückt. Demzufolge ist das Resultat der Affigierungen "eine Kette selbständiger, die Eigenbedeutung bewahrender Morpheme"32. Aus der Reihenfolge der Affigierungen im Koreanischen kann man eine verallgemeinerte Linearität der morphosyntaktischen Merkmale ableiten, wie in (44) dargestellt wird. (44)

a. b. c.

Nominalstamm > Numerus > (Delimiter) > Kasus Nominalstamm > Numerus > Postposition > (Delimiter) Verbalstamm > Honorifika > Tempus > (Modus) > Satztyp

Im Hinblick auf die morphologische Selbständigkeit lassen sich zwei Typen unterscheiden: analytisch vs. synthetisch. Im analytischen Typ wird das Merkmal nicht als Affix, sondern als "formal selbständiges Hilfsmorphem"33 realisiert oder lexikalisiert, sowie durch Wortstellung, Intonation etc. angezeigt.34 Beispiele dafür kann man im Deutschen hinsichtlich des Satztyps und im Hebräischen hinsichtlich des Kasus beobachten. (45)

a. b. c. d.

Er geht in die Schule. (Hauptsatz, Deklarativ) Geht er in die Schule? (Hauptsatz, Interrogativ) Ich weiß, daß er in die Schule geht. (Nebensatz, Deklarativ) Ich weiß nicht, ob er in die Schule geht. (Nebensatz, Interrogativ)

Das Merkmal für Satztyp wird im Deutschen wie in (45)a und b durch die Wortstellung oder wie in (45)c und d durch Lexikalisierung sowie Wortstellung repräsentiert. 32 33 34

Lewandowski (51990:33). Erben (1972:50). Vgl. Lewandowski (51990:64)).

44

(46)

a.

ha-nemerim son'in et ha-aklin.35 DET-Tiger hassen A. DET-Wetter 'Die Tiger hassen das Wetter.'

b.

Ja' akov katavt' et ha-yedi' a ha-zot ba-' itom.36 Jakob schrieb A. DET-Bericht dieses auf-Papier 'Jakob schrieb den Bericht auf dieses Papier.'

Die Beispiele von (46) zeigen, daß der Akkusativ im Hebräischen durch Lexikalisierung morphologisch selbständig realisiert wird.37 Es gibt den Fall, wo mehrere Merkmale durch ein selbständiges Wort ausgedrückt werden. Auch das ist eine Art analytischer Typ. (47)

a. b.

Sie hat mir gesagt, sie lese gerade einen Roman von Tolstoi.38 Sie haben mir gesagt, sie würden gerade eine Vorlesung besuchen.

Würde + Infinitiv in (47)b ist eine Alternative für Konjunktiv-Präsens wie in (47)a. In (47)a sind die Merkmale [3.Per,Sg.,Präs,Konj] an den Verbalstamm angefügt, wohingegen sie in (47)b mittels eines Hilfswortes als Flexionsträger repräsentiert sind. Beim synthetischen Typ sind die morphosyntaktischen Merkmale als Affixe an den Stamm affigiert. Betrachtet man (42) und (43), stellt man bezüglich der Affigierungsweise eine Dichotomic fest; agglutinierend vs. flektierend. Die Realisierungen der Merkmale im koreanischen Beispiel (43) zeigen typische agglutinierende Eigenschaften, die deutschen Beispiele von (42)c und d dagegen flektierende Eigenschaften. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Typen liegt darin, daß der lexikalische Stamm im flektierenden Typ im Gegensatz zum agglutinierenden Typ die Informationen für die Flexion im Lexikon enthält, weil die Flexion den lexikalischen Stamm morphologisch verändern kann. So zeigt die Nominalflexion im Englischen die sog. 'semi-flektive1 Eigenschaft: Der Numerus für Plural wird in manchen Fällen mit dem Stamm verschmolzen.

(48) a. b. c. d.

Sg. difficulty boy mouse ox

— — — —

PL difficulties boys mice oxen

Wie in (48)a und b wird das Plural-Morphem -(e)s in der regelmäßigen Flexion an den Nominalstamm suffigiert. In der unregelmäßigen Flexion dagegen kann es nicht mehr vom Nominalstamm segmentiert werden, wie sich in (48)c und d zeigt. Das heißt, die Flexion wird lexikalisch je nach Nominalstamm determiniert.

35 36 37

38

Beispiel aus Glinert (1989). Beispiel aus Felix (1989). Vgl. ebd. Beispiel aus Helbig/Buscha (1987:195).

45 Das Merkmal für Kasus wird im Englischen in den meisten Fällen nicht morphologisch realisiert, weshalb man hier von einem abstrakten Kasus spricht. Aber der Genitiv wird ausnahmsweise mit Hilfe der Suffixe -'s oder -' ausgedrückt: (49)

a. b. c. d.

my son's wife the spies' companions ten days' absence a women's college

Die Wahl zwischen den Suffixen -'s und -' ist phonologisch determiniert. Bei regelmäßiger Flexion suffigiert -'s an das Singularnomen wie in (49)a, und -' an das Pluralnomen wie in (49)b und c. Bei unregelmäßiger Flexion wird -'s unabhängig vom Numerus an das Nomen suffigiert wie in (49)d. Der Genitivmarker in der postmodifizierten Nominalphrase wird an den finalen Teil angefügt.39 *° (50)

a. b. c. d.

the teacher of music' s room the King of Denmark's Palace old man \vhat-do-you-call-him' s house the boy with long hair's girlfriend

Die Beispiele in (50) zeigen, daß das Kasusmorphem im Englischen durch typische Agglutination suffigiert wird. Also ist die Nominalflexion im Englischen semi-flektierend und zugleich semi-agglutinierend. Dieser Unterschied zwischen Kasus und Numerus hinsichtlich der morphologischen Realisierung legt die Annahme nahe, daß sich Kasus und Numerus im Hinblick auf die Beziehung zum Nominalstamm voneinander unterscheiden: Numerus und Kasus haben nicht nur eine lineare, sondern auch eine unterschiedliche (hierarchische) Beziehung zum Nomen. Diese Annahme läßt sich durch die Nominalflexion im Ungarischen bestätigen.

(51)

39 40

a.

az en DET ich Gast-Sg.-Poss,l.P.,Sg.-N. 'mein Gast(N.)'

b.

a te könyv-ei-d-et DET du Buch-Pl.-Poss,2.P.,Sg.-A. 'deine Bücher (A.)1

c.

a fiu könyv-0- DET Junge Buch-Sg.-Poss,3.P.,Sg.-N. 'das Buch des Jungen'

Vgl. Bha«( 1990:107). Beispiele aus Quirk (1973:98) und Bhatt (1990:117).

46

Wie die Beispiele in (51) zeigen, hat die ein possessivisches Attribut enthaltende Nominalphrase im Ungarischen folgende Struktur: Artikel41 -Besitzer-Besitztum+[Numerus] 4- [Poss] + [Kasus], wobei das Merkmal für Possessiv mit dem Besitzernomen hinsichtlich Person und Numerus kongruiert. Das Morphem für Possessiv erscheint zwischen Numerus- und Kasusmorphem. Das kann man mit der Nominalflexion im Koreanischen vergleichen, wo ein heterogenes Morphem zwischen Numerus- und Kasusmorphem auftreten kann wie in (52): (52)

ku ai-tul-man-i DET Kind-Pl-nur-N. 'nur die Kinder'

Die Daten im Ungarischen und Koreanischen zeigen, daß die unterschiedlichen Beziehungen der morphosyntaktischen Merkmale zum Nominalstamm durch die positioneil verschiedenen Realisierungen sichtbar gemacht werden.

4l

In der traditionellen Grammatik wird angenommen, daß der Artikel den Besitzer modifiziert, nicht das Besitztum. Siehe dazu Abschnitt 4.3. l.

3. Funktionale Kategorien Im letzten Kapitel wurde festgestellt, daß die morphosyntaktischen Merkmale hinsichtlich der syntaktischen Bezüge nicht gleichartig sind: Die einen werden von der syntaktischen Umgebung determiniert, während die anderen keine syntaktischen Bezüge haben. In Abschnitt 3.1. wird der Begriff der funktionalen Kategorie so definiert, daß sie nur erstere Merkmale umfaßt. Abschnitt 3.2. beschäftigt sich mit der Klassifizierung der funktionalen Kategorie, wobei die im Kapitel 2 gewonnenen Beobachtungen theorieintern verarbeitet werden. In Abschnitt 3.3. werden verschiedene Selektionsbeziehungen, d.h. S-, C- und MSelektion, diskutiert. M-Selektion ist von Sprache zu Sprache verschieden. Damit M-Selektion erfüllt ist, werden jeweils verschiedene syntaktische Operationen motiviert. In Abschnitt 3.4. werden verschiedene syntaktische Operationen für die morphologische Realisierung funktionaler Kategorien erörtert: Bewegung vs. Restrukturierung. Darüber hinaus wird argumentiert, daß syntaktische Prozesse, die sich auf die morphologische Realisierung funktionaler Kategorien beziehen, bezüglich der Barriereneigenschaft eine Veränderung bewirken können. Die Eigenschaft der Nichtkonfigurationalität im Koreanischen resultiert aus der synthetischen morphologischen Realisierung der funktionalen Kategorien. Die Nichtkonfigurationalität wird als ein Nebeneffekt syntaktischer Prozesse aufgefaßt.

3.1. Begriff der funktionalen Kategorie In der Prinzipien-Parameter-Theorie gilt das Interesse denjenigen Kategorien, die am Satzbau beteiligt sein können. Dazu gehören die sog. lexikalischen oder "major" (Haupt-) Kategorien und die nicht-lexikalischen oder "minor" Kategorien. Zu den ersteren gehören die Kategorien, die auf den Merkmalen [+/-N, -l·/-V] basieren: Nomen ([+N, -V]), Verb ([-N, +V]), Adjektiv ([+N, -l-V]) und Prä-/Postposition ([-N, -V]).1 Zu den letzteren gehören Komplementierer und INFL. INFL inkludiert die Merkmale für Tempus und Kongruenz ("Agreement"). Fukui (1986, 1988) schlägt die Bezeichnung funktionale Kategone statt nicht-lexikalischer Kategorie vor, weil Komplementierer und INFL aus dem Lexikon projiziert werden und selbständige lexikalische Items enthalten, wenn sie auch nicht nach den Merkmalen [+/-N, +/-V] spezifiziert werden können. Man sollte beachten, daß die Klassifizierung der Kategorien nach [+/-N, +/-V] nur für die lexikalischen Kategorien gilt, und nicht zur Unterscheidung zwischen lexikalischen und funktionalen Kategorien herangezogen wird. Funktionale Kategorien wären alle mit [-N, -V] spezifiziert und deshalb bezüglich der Merkmale nicht mehr von Prä-/Postpositionen zu unterscheiden. Felix (1988) führt deshalb ein anderes Kriterium ein: Lexikalische Kategorien sind als individuelle Items repräsentiert, während die funktionalen als Bündel abstrakter Merkmale existieren, die keine einheitliche Repräsentation im Lexikon haben. Felix (1988) zufolge werden INFL und DET als funktionale Kategorien betrachtet. Sie tragen jeweils mindestens ein Merkmalbündel wie in (2).

1

Vgl. Chomsky (1986b:2).

48 (2)

a. b.

INFL = {Tempus, Aspekt, Modalität, Person, Numerus,...} DET = {Defmitheit, Kasus, Numerus, Genus,...}

Wie im letzten Kapitel beobachtet, sind die elementaren Merkmale des Bündels nicht gleichartig: Sie stammen in gewisser Weise aus verschiedenen Quellen. Auch wenn die funktionalen Kategorien tatsächlich im Hinblick auf diese Merkmalbündel morphologisch realisiert werden, bedeutet das nicht, daß sie schon auf der D-Struktur solche Merkmalbündel tragen. Die heterogenen Merkmale könnten mit Hilfe syntaktischer Operationen unter eine funktionale Kategorie gebracht werden. In diesem Sinne sind die Merkmalbündel in (2) abgeleitet. Nun stellt sich die Frage, welches Merkmal eine funktionale Kategorie projiziert. Abney (1987: 252) stellt die starke Hypothese2 auf, daß alle Affixe selbständige syntaktische Positionen in einer Hierarchie einnehmen, die der Reihenfolge ihres morphologischen Auftretens entspricht. Demzufolge werden sowohl DET für Determinator wie auch K für Kasus3 als funktionale Kategorien im nominalen Bereich angesehen. Diese Ansicht ist ebenso problematisch wie die von Felix (1988), da sie auch an der abgeleiteten, also Oberflächen-Struktur orientiert ist. Affixe resultieren aus der morphologischen Realisierung der abstrakten morphosyntaktischen Merkmale. Eine NP bekommt beispielsweise sprachuniversell einen Kasus zugewiesen, aber die Realisierung des Kasusmerkmals ist von Sprache zu Sprache verschieden. Es gibt keinen plausiblen Grund dafür, warum das Kasusmerkmal nicht in allen Sprachen eine selbständige Kategorie projizieren sollte. Um als Kopf eine Projektion aufzubauen, muß ein Element zugelassen oder lizensiert ("licensed") sein, wofür letztlich das Prinzip der Full-Interpretation verantwortlich ist: "Ein Knoten ist zugelassen, wenn er in einer bestimmten Relation zu einem unabhängig von ihm zugelassenen Knoten steht. Zu diesen Relationen gehören z.B. Rektion und -Markierung, Kongruenz, etc."4 Betrachten wir nun die funktionalen Kategorien, die strukturell am Satzbau beteiligt sind. Dazu gehören nur die morphosyntaktischen Merkmale, die von außen selegiert (d.i. -markiert und regiert) werden können bzw. in Kongruenzbeziehung mit einer anderen Kategorie stehen; dies sind diejenigen Merkmale, die syntaktische Bezüge haben. Nun kann der Begriff der funktionalen Kategorie wie in (3) formuliert werden. 2

Diese Hypothese stammt aus einer Version des Bakerschen Mirror Principles. K für den Kasus-Marker wird nur einzelsprachlich als funktionale Kategorie angesehen, besonders für Sprachen, in denen der morphologische Kasus-Marker als Suffix realisiert wird, wie im Ungarischen, Türkischen etc., nicht aber im Deutschen. z.B.) im Englischen:

DP / \ KP D1 /\ /\ DP K DET NP ['s] l N'

l N 4

Abney (1987); zitiert nach Bhatt (1990:23f). Haider (1988:32).

49

(3)

Funktionale Kategorie: ist eine funktionale Kategorie gdw. gilt: i) ist ein nicht-lexikalisches Merkmal oder Merkmalbündel, und ii) kann von außen selegiert werden, oder iii) steht in einer Kongruenzbeziehung zu einer anderen Kategorie.

Nach (3) können die morphosyntaktischen Merkmale für Satztyp, Tempus und Kasus (durch ii)) und das Merkmal für Kongruenz (durch iii)) funktionale Kategorien sein. Die dritte Klausel in (3) verursacht ein Problem: Eine funktionale Kategorie, die auf einer Kongruenzrelation basiert, kann die Selektionslinie unterbrechen, wie (4) zeigt. (4)

X' /\ X YP

/\

SPEC

Y1 / \ ZP

Für (4) sei angenommen, daß eine funktionale Kategorie ist, die durch Kongruenz ('SPEC-Head-Agreement') lizensiert ist, und X ZP selegiert. Das heißt, Z, der Kopf von ZP, ist durch Selektion lizensiert, und durch Kongruenz. In dieser Konfiguration kann ZP von X nicht mehr -markiert und regiert werden, weil YP die Schwester-Relation zwischen X und ZP unterbricht und eine Barriere für die Rektion von ZP durch X bildet. Deswegen ist ZP nicht lizensiert. Diese Auffassung scheint der gängigen sog. "INFL-Split"Hypothese5 zu widersprechen, falls man annimmt, daß ihr zufolge die funktionale Kategorie für AGR nicht durch Selektion von außen lizensiert wird.6 Eigentlich gilt die Zulassung einer Kategorie durch Kongruenz nur für die SPEC-Position von IP und CP, nicht aber für die Bildung einer neuen funktionalen Kategorie für Kongruenz.7 Daher kann man die dritte Klausel in (3) für den Begriff der funktionalen Kategorie verwerfen.

5 6

Vgl. dazu Pollock (1989), Chomsky (1989), etc. In Pollock (1989) wird die AGR-Phrase als Komplement von INFL behandelt, was wohl heißt, daß sie selegiert ist. Insofern widerspricht die Lizensierung von AGR bei Pollock nicht Def.(5). Das gilt auch für die DP-Analye. D soll durch eine Kongruenz-Beziehung zwischen D und seinem Komplement NP lizensiert sein (Vgl. Haider 1988).

50

(5)

Revidierter Begriff der funktionalen Kategorie8: ist eine funktionale Kategorie gdw. gilt: i) ist eine Menge nicht-lexikalischer Merkmale, und ii) kann von außen selegiert werden.9

Sollte für das Merkmalbündel für Kongruenz prinzipiell eine Selektion von außen nicht in Frage kommen, so kann es keine funktionale Kategorie sein, weil es die Bedingung (5) nicht erfüllt. In Übereinstimmung mit der älteren GB-Theorie kann angenommen werden, daß das Kongruenzmerkmal, das die AGR-Phrase projiziert, parasitär unter der funktionalen Kategorie für Tempus steht.10 Zusammenfassend kann man sagen: Es gibt eine Menge funktionaler Elemente, die nicht nur aus nicht gleichartigen Quellen stammen, sondern auch von Sprache zu Sprache verschieden sind. Nur ein Teil davon kann als funktionale Kategorie eine selbständige Kategorie projizieren, wenn Bedingung (5) erfüllt ist. Also gibt es keine eins-zu-eins Entsprechung zwischen funktionalem Element und funktionaler Kategorie.

3.2. Klassifizierung funktionaler Kategorien Nach Definition (5) können die morphosyntaktischen Merkmale für Satztyp, Tempus und Kasus als funktionale Kategorien aufgefaßt werden. 3.2.1. Satztyp oder Komplementierer 3.2.1.1. Deutsch Im ßarriery-Modell projiziert die funktionale Kategorie C(OMP) für Komplementierer seine eigene Maximalprojektion im Sinne des X-bar-Schemas. Im Deutschen, welches das sog. Verb-zweit-Phänomen zeigt, wird die C-Position vom finiten Verb (wie in (6)a) oder dem Komplementierer daß/ob besetzt (wie in (6)b, c). Sie kann leer bleiben, wenn ihre SPECPosition im eingebetteten Satz mit einem W-Wort ausgefüllt ist (wie in (6)d).

(6)

a.

Hans glaubt, Peter ist/sei ein Genie.

b. c. d.

Peter glaubt, daß er ein Genie ist. Peter fragt sich, ob er ein Genie ist. Hans fragt, wer ein Genie ist.

Die gängigen Charakteristika einer funktionalen Kategorie werden folgendermaßen formuliert: Wenn eine funktionale Kategorie ist, dann gilt: i) determiniert eine geschlossene Klasse lexikalischer Elemente, ii) besitzt keinen deskriptiven Gehalt, und iii) läßt nur ein Komplement zu. Vgl. Abney (1986:4), zitiert nach Haider (1988:41). Eine funktionale Kategorie muß demnach nicht selegiert sein; was in (S) ii) gefordert wird, ist lediglich, daß eine funktionale Kategorie prinzipiell von außen selegierbar sein muß. Man könnte diesbezüglich eine innere Struktur der funktionalen Kategorie annehmen. Siehe dazu Abschnitt 3.2.2.

51

In (6)d hat das W-Wort wer eine Doppelfunktion: Einerseits ist es eine Subjunktion, andererseits eine Satzkonstituente, d.h. Subjekt. Dem Strukturerhaltungsprinzip zufolge kann wer nicht in der C-Position, sondern nur in der CP-SPEC-Position auftreten wie Peter in (6)a. Wie bereits in Abschnitt 2.1.3. gezeigt, wird der Satztyp des eingebetteten Satzes vom Matrixverb selegiert. Es hängt von der Selektionseigenschaft des Matrixverbs ab, was in C erscheinen kann. Angenommen, es existiert eine funktionale Kategorie auf der D-Struktur als Merkmal(bündel), so wird die C-Position von einem Merkmal(bündel) besetzt, das die Spezifikationen über verschiedene Realisierungsmöglichkeiten enthalten muß. Welche Merkmale trägt das Merkmalbündel von C? Es muß zunächst hinsichtlich der Merkmale [+/- Frage] spezifiziert werden. Das Merkmal [-l·Frage] bezieht sich auf ob-fWSätze, während das Merkmal [-Frage] für / -Sätze relevant ist. (7)

a. b. c. d. e. f.

Peter glaubt, daß er ein Genie ist. *Peter glaubt, wer ein Genie ist. Peter glaubt, ob er ein Genie ist. Hans fragt, ob er ein Genie ist. Hans fragt, wer ein Genie ist. *Hans fragt, daß er ein Genie ist.

Wie sich in (7) zeigt, selegiert das Verb glauben nur daß-Sätze als Komplemente, während das Verb fragen nur ob- oder W-Sätze als Komplementsätze zuläßt. Zweitens muß das Merkmal [+Frage] hinsichtlich [+/- W] weiter spezifiziert werden, weil einige Verben nur W-Sätze oder daß-Süize selegieren. (8)

a. b. c.

Ich bedauere, daß mein Freund die Abschlußprüfung nicht bestanden hat. ??Ich bedauere, wer die Abschlußprüfung nicht bestanden hat. 11 jjc Ich bedauere, ob er die Abschlußprüfung nicht bestanden hat.

Drittens muß das Merkmal [-Frage], also Deklarativ, hinsichtlich [+/- fmit] weiter spezifiziert werden, weil einige Verben auch Infinitivsätze als Komplement nehmen können. (9)

a. b. c.

Peter glaubt, ein Genie zu sein. Peter verspricht mir, bald zu kommen. Peter weiß, ein Genie zu sein.

Die Matrixverben in (9) können auch einen daß-Saiz als Komplement nehmen, aber nur glauben und versprechen lassen einen Infinitivsatz als Komplement zu. Viertens kann das Merkmalbündel hinsichtlich [+/- V2 (Verb-zweit)] spezifiziert werden, wobei das Merkmal [-V2] für einen Verb-finalen Satz steht. Nur sog. Brückenverben lassen die Verb-zweitSätze als Komplemente zu.

(8)b wird von Staudacher (persönliche Mitteilung) als ungrammatisch beurteilt, anders als in Eisenberg (1989).

52 (10)

a. b. c. d.

Hans glaubt, Maria soll Peter besuchen. Peter sagt, Hans ist ein Trinker. Peter bedauert, Hans ist ein Trinker. Peter weiß, Hans ist ein Trinker.

Wenn obige Beobachtung korrekt ist, kann das Merkmalbündel des eingebetteten C aus den Merkmalen [+/-Frage], [+/-W], [+/-fmit]12 und [+/-V2] bestehen. Der Hauptsatz kann ebenfalls nach diesen Merkmalen spezifiziert werden. Er unterscheidet sich aber vom Nebensatz darin, daß die Merkmale [+fmit] und [+V2] "Defaulf'-Merkmale sind, was für Nebensätze nicht zutrifft. Darüber hinaus wird das Merkmalbündel von C im Hauptsatz nicht von außen selegiert. Dennoch kann man mit Hilfe dieses Merkmalbündels verschiedene Satztypen erzeugen. Folgende verallgemeinerte Annahme läßt sich für das Deutsche aufstellen: (l 1)

Die Kategorie C trägt auf der D-Struktur ein Merkmalbündel, das hinsichtlich der Merkmale [+/-Frage], [+/-W], [+/-finit] und [+/-V2 (Verb-zweit)] spezifiziert ist.

Das Merkmalbündel von C wird dann unabhängig vom Haupt- oder Nebensatz wie in Schema (12) spezifiziert: (12)

1

+w13

+

|

(+ finit)

age

|

|

|

+V2 (Verb-zweit)

W-Wort in CP-SPEC

| |

W-Wort in CP-SPEC

I

1

-w |

V2 (Verb-final)

ob

in CP-SPEC

1

(+finit) + finit

|

daß

|

XP in CP-SPEC

I

1 -finit

ZM-Infinitiv

1

Wie Schema (12) zeigt, wird das Merkmalbündel von C im Deutschen nur in den beiden Fällen, wo es {[-V2], [+Frage],[-W]} oder {[-V2], [-Frage], [+finit]} ist, von eigenen lexikalischen Elementen, also ob und daß, morphologisch realisiert, andernfalls bleibt die CPosition morphologisch leer oder wird von einem finiten Verb besetzt. 12

Vgl. Müller, R. (1990:99): "Massam (1985:49) betrachtet tense als generierte Eigenschaft von COMP, so daß eine [OTENSE] COMP ein [aTENSEl IP-Komplement selegiert." Im allgemeinen wird das Merkmal [ + /-W] für die Untersuchung von Deklarativ und Interrogativ benutzt, doch hier ist es nur für den Interrogativ relevant, insofern es vom Auftreten eines W-Wortes bei Interrogativ abhängig ist.

53

3.2.1.2. Koreanisch Nun zu C(OMP) im Koreanischen. Wie im 2. Kapitel dargestellt, werden die Satztypen nicht durch die Wortstellung, sondern durch eigene Morpheme gekennzeichnet. (13)

a.

ku-ka seoul-e ka-ass-ta. (Deklarativ) er-N. Seoul-Dir gehen-Prät-Dekl 'Erging nach Seoul.'

b.

Ku-ka seoul-e ka-ass-nunya? (Entscheidungsfrage) er-N. Seoul-Dir gehen-Prät-Frage 'Ging er nach Seoul?1

c.

ku-ka eti-e ka-ass-nunya? (Ergänzungsfrage) er-N. wo-Dir gehen-Prät-Frage 'Wohin ging er?'

Die Entscheidungs- und die Ergänzungsfrage zeigt keinen Unterschied hinsichtlich der Wortstellung und der Satztyp-bezogenen Morphologie, wie sich in (13)b und c zeigt. Deswegen sind die Merkmale für Satztyp im Hauptsatz anders als im Deutschen nur [+/-Frage] und nicht [+/-W]. Die in (13) genannten Morpheme für Satztypen können im wesentlichen nicht (oder nur teilweise) in der C-Position des eingebetteten Satzes auftreten. (14)

a.

hans-nun kunye-ka myes-sal i-n ci-lul mwul-ess-ta. Hans-Top sie-N. wie-alt sein-C(Int)-A. fragen-Prät-Dekl 'Hans fragte, wie alt sie ist.'

b.

hans-nun kunye-ka sihem-ul hapkyekha- ki-lul pala-n-ta. Hans-Top sie-N. Prüfung- . bestehen-C(Dekl)-A. wünschen-Präs-Dekl 'Hans wünscht, daß sie die Prüfung besteht.'

c.

hans-nun kunye-ka sihem-ul hapkyekha-yess-um-ul a-n-ta. Hans-Top sie-N. Prüfung- . bestehen-Prät-C(Dekl)-A. wissen-Präs-Dekl 'Hans weiß, daß sie die Prüfung bestand.'

Für die Bestimmung eines Morphems ist es entscheidend, ob es die C-Position im Hauptsatz oder im Nebensatz einnimmt. Diesbezüglich kann im Koreanischen das Merkmal [+/Nebensatz; NS] als C-Merkmal analog zum Merkmal [+/-V2] des Deutschen eingeführt werden. Darüber hinaus werden die Morpheme für C, wie (14) zeigt, im eingebetteten Satz von der Selektionseigenschaft des Matrixverbs determiniert: Ist der eingebettete Satz ein Interrogativ, wird seine C-Position mit -(nu)nci morphologisch realisiert (wie in (14)a). Ist er ein Deklarativ, gibt es zwei Möglichkeiten der morphologisehen Realisierung. Als distinktives Merkmal kann [+/-faktiv]14 angenommen werden; bekommt C das Merkmal Wenn ein Verb das Merkmal [+faktiv] trägt, bedeutet das nicht unbedingt, daß es zu den faktiven Verben gehört. In diesem Sinne wird es in gewisser Weise heuristisch benutzt.

54

[+faktiv] zugewiesen, wird es mit -(u)m morphologisch realisiert, wohingegen -ki erscheint, wenn C das Merkmal [-faktiv] trägt. Es gibt einen weiteren Komplementierungstyp, bei dem das Bindewort -ko den Nebensatz einleitet. (15)

a.

hans-nun [maria-ka ku-lul salangha-n-ta]-ko sayngkakha-n-ta. Hans-Top Maria-N. er-A. lieben-Präs-Dekl-(?) glauben-Präs-Dekl 'Hans glaubt, daß ihn Maria liebt.1

b.

fritz-nun [maria-ka ku-lul salangha-n-ta]-ko malha-n-ta. Fritz-Top Maria-N er-A. lieben-Präs-Dekl-(?) sagen-Präs-Dekl 'Fritz sagt, daß ihn Maria liebt.1

c.

hans-nun [maria-ka nwukwu-lul salangha-nunya]-ko mwul-ess-ta. Hans-Top Maria-N. wer-A. lieben-Int-(?) fragen-Prät-Dekl 'Hans fragte, wen Maria liebt.'

d.

hans-nun [maria-ka ku-lul salangha-n-ta]-ko pala-n-ta. Hans-Top Maria-N. er-A. lieben-Prät-Dekl-(?) hoffen-Prät-Dekl 'Hans hofft, daß ihn Maria liebt.'

Hier stellt sich die Frage, ob das Bindewort -ko die C-Position besetzt. In der traditionellen Generativen Grammatik wird es in der Regel als Komplementierer analysiert. Diese Auffassung basiert darauf, daß -ko dieselbe distributionelle Position wie that im Englischen oder daß im Deutschen einnimmt. Das heißt, -ko leitet den eingebetteten Satz ein. Doch diese Annahme ist problematisch, da sie nur an der Oberflächen-Struktur festgemacht ist. -ko unterscheidet sich von daß/that aus mehreren Gründen. Erstens ist der Satztyp des eingebetteten Satzes von der Selektion des übergeordneten Verbs abhängig. Wie sich in (15) zeigt, selegieren Verben wie sayngkakhata ('glauben/ denken'), malhata ('sagen'), etc. den Deklarativ als Komplementsatz, während ein Verb wie mwutta ('fragen') den Interrogativ als Komplement zuläßt. Die Ungrammatikalität von (15)d stammt aus einer Verletzung der Selektion des Matrixverbs: Das Verb palata ('hoffen') selegiert nur -ki. -ko ist für den Satztyp des eingebetteten Satzes irrelevant, während sich daß im Deutschen auf den Satztyp bezieht. Zweitens fungiert -ko nur als Zitatmarker15 und nicht als Satzeinleiter, daß/ob dagegen schon. (16)

a. b. c.

d.

Es ist fraglich, ob er bald in Ordnung sein wird. Ich bin sicher, daß er morgen kommt. nwu-ka keki-e ka-nunya-ka mwunce-i-ta. Wer-N. dort-zu gehen-Int-N. Frage-sein-Dekl. 'Es ist eine Frage, wer dorthin geht.' nwu-ka keki-e ka-nunya-ko-ka mwunce-i-ta.

Yim (1988:636): "-ko is a sort of dummy delimiter marking a quote of discourse.

55 Wie die Beispiele in (16) a und b zeigen, leitet daß/ob im Deutschen einen Nebensatz ein, unabhängig davon, welche grammatische Funktion er hat. Im Koreanischen kann -ko nicht in einem Nebensatz auftreten, wenn dieser wie in (16)d z. B. als Subjekt fungiert. Daraus läßt sich schließen, daß -ko dem daß/fhat nicht völlig entspricht. Außerdem unterscheidet sich -ko von anderen Komplementierern. Zum einen kann -ko wie in (17)a und b fakultativ getilgt werden, während der Komplementierer bei anderen Satzkomplementierungen wie in (17)c und d nicht tilgbar ist. (17)

a.

hans-nun nwu-ka maria-lul salangha-nunya-(ko) mwul-ess-ta. Hans-Top wer-N. Maria- . lieben-Int-(?) fragen-Prät-Dekl 'Hans fragte, wer Maria liebt.1

b.

hans-nun maria-ka caki-lul salangha-n-ta-(ko) malha-yess-ta. Hansj-Top Maria-N. sichj-A. lieben-Präs-Dekl-(?) sagen-Prät-Dekl 'Hansj sagte, daß Maria ihn] liebt. 1

c.

emeni-nun ttal-i sihem-ul hapkyekha- (ki)-lul pala-ess-ta. Mutter-Top Tochter-N. Prüfung- . bestehen-C (Dekl)-A. wünschen-PrätDekJ 'Die Mutter wünschte, daß die Tochter die Prüfung besteht.'

d.

emeni-nun ttal-i sihem-ul hapkyekha-yess- (um)-ul a-n-ta. Mutter-Top Tochter-N. Prüfung- . bestehen-Prät-C (Dekl)-A. wissen-PräsDekl 'Die Mutter weiß, daß die Tochter die Prüfung bestanden hat. 1

Zum anderen koexistiert -ko mit Morphemen für Satztyp (wie (17)a und b), während andere Komplementierer wie -um, -ki, etc. nicht zusammen damit auftreten können. 16 Der Annahme zufolge, daß die C-Position durch ein Merkmalbündel für den Satztyp besetzt wird, läßt sich -ko nicht als Komplementierer analysieren. Man könnte wie Yim (1988) vertreten, daß -ko eine Art "dummy-delimiter" sei. Doch dies überzeugt nicht völlig, weil nicht erklärt wird, warum nur einige Verben -to-Sätze zulassen: -ko ist durch die Selektionseigenschaft des übergeordneten Verbs bestimmt. Zusammenzufassend kann man feststellen: Bei -^-Sätzen werden -ko sowie der Satztyp des eingebetteten Satzes gleichzeitig vom Matrixverb selegiert. Man könnte annehmen, daß die C-Position u.U. mit dem Komplex ra-/(nu)nya-ko besetzt werden kann. Dieser Komplex könnte seinerseits eine innere Struktur haben, worauf hier jedoch nicht eingegangen werden soll. Zuletzt soll noch ein weiterer Komplementierungstyp erwähnt werden. Einige Verben nehmen einen infiniten Satz als Komplement wie in (18). Dazu gehören Verben wie Die Komplementierer wie -um/-ki und die Morpheme für Satztyp zeigen eine komplementäre Distribution: i) emeni-nun ttal-i sihem-ul hapkyekha-tu-ki-lul pala-ess-ta. Mutter-Top Tochter-N. Prüfung- . hestehen-Dekl-C-A. wünschen-Prät-Dekl 'Die Mutter wünschte, daß die Tochter die Prüfung besteht.'

56

sicakhata ('beginnen'), kkumayta ('beenden'), kumantwura ('aufhören'), cwungtanhata ('stoppen'), etc. (18)

a.

emeni-ka chwumchwu-si-ki-lul kumantwu-si-ess-ta. Mutter-N. tanzen-Hon-C(Dekl)-A. aufhören-Hon-Prät-Dekl 'Die Mutter hörte auf zu tanzen.'

b.

apeci-ka kyeysok yehayngha-si-ki-lul kumantwu-si-ess-ta. Vater-N. weiter reisen-Hon-C(Dekl)-A. aufhören-Hon-Prät-Dekl 'Der Vater hörte auf, weiter zu reisen.'

c.

wuli-nun cengcheepsi ket-ki-lul sicakha-yess-ta. wir-Top ziellos gehen-C(Dekl)-A. beginnen-Prät-Dekl 'Wir begannen, ziellos eines Weges zu gehen.'

d.

wuli-nun ta hamkke nolaypwulu-ki-lul kkuthnay-ess-ta. wir-Top alle zusammen singen-C(Dekl)-A. beenden-Prät-Dekl 'Wir beendeten, daß wir alle zusammen singen.'

In den Beispielen von (18) hat der eingebettete Satz kein Morphem für Tempus sowie kein morphologisch sichtbares Subjekt, was den typischen Eigenschaften eines Infinitivsatzes entspricht.17 Aus dem bisher Genannten ergibt sich, daß die Merkmalkombination (=Merkmalbündel) der C-Position im Koreanischen wie in (19) schematisiert werden kann.

(19)

-NS + NS

1 + Frage

|

\ \

Frage

+ko -(nun)ci 4-faktitiv

-l-TVmniiT 1 - .-

|

-(nu)nya(ko)

1

-ta(ko)

I

-ko

-(nu)nya

1

- faktitiv

\

1 | - Tempus |

| -um

1

| -ki

1

1

1

-ta

-ki

In (19) muß das Merkmal [+/-NS (Nebensatz)] nicht hinsichtlich des Satztyps, sondern nur hinsichtlich der Satzform verstanden werden. Der - -Satz ist, was den Satztyp betrifft, Das Subjekt des eingebetteten Satzes identifiziert sich mit dem des Matrixsatzes.

57 kein Hauptsatz, von der Satzform her gesehen aber sehr wohl. Das Merkmalbündel {[-NS], [-ko]} kann in der C-Position des Hauptsatzes (als Satztyp) auftreten. Schema (19) impliziert folgendes: 1. Ein Verb, das das Merkmalbündel { [-Frage], [+Tempus], [-faktiv] } selegiert, läßt kein -/to-Satz-Komplement zu. 2. Ein Satz, der das Merkmal [-NS] enthält, kann nicht ohne Tempus vorkommen. 3. Im Koreanischen wird die C-Position anders als im Deutschen immer mit einem morphologischen Element besetzt. Mit anderen Worten, die C-Position darf morphologisch nicht leer bleiben. 4. Die Morpheme in der C-Position sind alle gebunden. 5. Wenn das Merkmalbündel das Merkmal [+ Frage] enthält, braucht es im Hinblick auf [-(-/-Tempus] nicht mehr spezifiziert zu werden, weil dabei [-(-Tempus] ein "defaulf'-Merkmal ist. Bisher wurde das Merkmalbündel betrachtet, das im Koreanischen und im Deutschen in der C-Position erscheinen kann. Dabei kann man folgendes festhalten: Erstens steht die C-Position nicht nur für Komplementierer, sondern eher für ein Merkmalbündel für einen Satztyp. Komplementierer kommen nur als eine Variante der C-Merkmalsrealisierung vor. Zweitens kann der Inhalt des Merkmalbündels von Sprache zu Sprache verschieden sein. Im Koreanischen z. B. sind die Merkmale für [+/-faktiv] relevant, im Deutschen dagegen [+/-W]. 3.2.2. Tempus Es wird angenommen, daß das Tempusmerkmal T als funktionale Kategorie eine Tempusphrase (TP) projiziert. In Abschnitt 3.1. wurde gezeigt, daß das Merkmal für Kongruenz (Agreement) parasitär unter T steht. Ich schließe mich der traditionellen Position eines einheitlichen INFL an, nicht der Split-INFL-Hypothese. Analog zu von Stechow (1990a:31)18 kann die Struktur TP wie in (20) dargestellt werden:

(20)

TP XP

T'

/\

VP

/\ T - AGR

18

von Stechow nimmt für die Flexionsphrase (FP = FLEXP) folgende Struktur an: FP / \ NP FL1 /\ VP FL /\ T AGR

58

Die Direktionali tat der Verzweigung in (20) ist sprach spezifisch. Hier hat T eine innere Struktur, die aus T und AGR besteht. Es stellt sich nun die Frage, wie AGR strukturell mit einer XP eine Kongruenzbeziehung eingehen kann. Da AGR in dieser Konstruktion kein Kopf ist, ist die XP für sie nicht zugänglich. Diesbezüglich wird die allgemeine Annahme übernommen, daß eine Kongruenzbeziehung zwischen einer funktionalen Kategorie und ihrer SPEC-Position besteht. In (20) kongruieren T und XP. AGR steht heuristisch für das morphologisch realisierte Kongruenzmorphem: Es wird nur als Träger des Kongruenzmorphems aufgefaßt. In einer Sprache, in der das Kongruenzmorphem vom Tempusmorphem nicht mehr morphologisch trennbar ist, muß AGR nicht mehr angenommen werden.

(21)

TP

/ \T

XP

1

/\ T

VP

Hier enthält T gleichzeitig die Merkmale für Tempus und Kongruenz. Der Merkmalswert für T ist [+/-Tempus]. Die morphologische Realisierung des Kongruenzmerkmals ist sprachspezifisch: Im Deutschen zeigt nur das Merkmal [-l-Tempus] in T die Kongruenz mit dem Subjekt an, nicht aber [-Tempus]: (22)

a. b.

Sie bitten uns, die Tür zu schließen, Er bittet mich, die Tür zu schließen.

In (22) flektiert das Matrixverb bitten, das in T [4-Tempus] inkorporiert ist, in Kongruenz mit dem Subjekt, während das eingebettete Verb schließen keine Kongruenz mit dem Subjekt zeigt. Im Koreanischen kongruiert T [+/-Tempus] unabhängig von seinem Wert mit dem Subjekt. (23)

a.

emeni-ka o-si-ci ani-ha-si-ess-ta. Mutter-N. kommen-Hon-HM Neg-tun-Hon-Prät-Dekl 'Die Mutter kam nicht.'

b.

ai-nun emeni-ka nolla-si-key ha-yess-ta. Kind-Top Mutter-N erschrecken-Hon-HM (od. C) Kaus-Prät-Dekl 'Das Kind ließ die Mutter erschrecken.'

c.

emeni-ka kyesok kelu-si-ki-nun nemwu pikonha-si-ess-ta. Mutter-N weiter zu Fuß gehen-Hon-HM-Top zu müde-Hon-Prät-Dekl 'Die Mutter war zu müde, um weiter zu Fuß zu gehen.'

d.

ton-ul pe-si-ki-nun apeci-ka ha-si-ess-ta. Geld- verdienen-Hon-zu-Top Vater-N tun-Hon-Prät-Dekl 'Geld verdient hat der Vater.'

59

Die Beispiele in (23), in denen das eingebettete T das Merkmal [-Tempus] enthält, zeigen, daß AGR im Koreanischen unabhängig vom Tempusmerkmalwert unter T morphologisch realisiert wird. Der Einfachheit halber kann man das Merkmal [+/-Agr] für Kongruenz folgendermaßen einführen: Im Deutschen enthält T das Merkmal [+Agr], nur wenn es [+Tempus] trägt. Im Gegensatz dazu enthält T im Koreanischen das Merkmal [+Agr] gleichgültig, ob es [+Tempus] oder [-Tempus] trägt. Das Merkmal [+/-Agr] für Kongruenz projiziert offenbar selbst keine eigene funktionale Kategorie, sondern hängt von der funktionalen Kategorie T ab. Das Kongruenzmerkmal resultiert aus der gemeinsamen Eigenschaft der funktionalen Kategorien, daß in ihnen und nur in ihnen die SPEC-Head-Kongruenz-Relation besteht. In der Prinzipien- und Parameter-Theorie ist die Annahme weit verbreitet, daß das Merkmal [+Agr] dem Subjekt in der IP-SPEC-Position den Nominativ zuweist. Dieser Annahme wird hier dadurch Rechnung getragen, daß das morphologisch realisierte Subjekt in der TP-SPEC-Position dann auftreten kann, wenn T das Merkmal [+Agr] trägt. In (23)b und c sind die CPs eingebettet. Ihre D-Strukturen werden jeweils wie in (24)a und b dargestellt: (24)

a.

[cp[Tp[Npemeni][T.[VPnolla][Tsi-^]]][ckey]] 1 t_ -' -Nominativ _J

....[VP kelu][T si-4>]]][C ki]] l Nominativ -'

Das Subjekt des eingebetteten Satzes erhält den Nominativ von T [-Tempus, +Agr]. 19 3.2.3. Kasus Nach Definition (5) projiziert das Kasusmerkmal eine funktionale Kategorie K.20 Die funktionale Kategorie K bildet den Kopf der Nominalphrase. Dem X-bar-Schema zufolge geht die Projektion von K aus und verläuft zur maximalen Projektion KP wie in (25). IQ

Nach Raposo (1987) kommt der flektierte Infinitiv, also [-Tempus, -t-Agr], auch im Portugiesischen in beschränkten Umgebungen vor. Er kann dem Subjekt den Nominativ zuweisen. i) [jp Eies aprovarem a proposta] sera dificil. 'They to-approve-AGR the proposal] will be difficult' ii) Sera dificil [jp eles aprovarem a proposta]. 'It will be difficult they to-approve-AGR the proposal.' Vgl. (27) in Raposo (1987), zitiert nach Choe (1988:106). KP-Analysen wurden schon auf verschiedene Weise vorgenommen. Abney (1987) und von Stechow (1990a) nehmen für sog. agglutinierende Sprachen eine Kasusphrase an. In einem solchen Sprachtyp wird der Kasus selbständig realisiert, im allgemeinen aber an den Norrunalstamm angefügt. Dennoch wird die Annahme der Kasusphrase vemachläßigt, weil das Ergebnis der KP-Analyse syntaktisch trivial sei. Bei Abney und von Stechow wird die Kasuskategorie K nur als ein Kasushalter angesehen. Bei anderen steht die Kategorie K nicht für Kasus, sondern für den Klassifizierer, z.B. in Tang (1990) oder für eine funktionale Kategorie, die der funktionalen Kategorie COMP auf der Satzebene entspricht, z.B. in Szabolsci (1984).

60

(25)

a. b.

K' = K XP KP (K 11 ) = SPECK 1

Die Direktionalität des Kopfes kann natürlich sprachspezifisch parametrisiert werden. K nimmt XP als Komplement, wobei sich XP nicht nur auf NPs beschränkt. Die Standardannahme geht davon aus, daß der Nominalphrase für die Sichtbarkeit ihrer Theta-Rolle ein Kasus zugewiesen werden muß, wie Kasus-Filter (II) fordert. Doch nicht nur NPs erhalten Theta-Rollen, sondern auch Kategorien wie CP oder PP: Es gibt keinen Grund, daß sich der Kasus im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Theta-Rolle nur auf die NP beschränkt. Alle Argumente, auch die, die keine NPs sind, müssen einen Kasus haben.21 Das wird durch folgende Beispiele bestätigt: (26)

(27)

a.

[cp nwu-ka sihem-ul hapkyekha-nunya]-ka mwunce-i-ta. wer-N Prüfung- bestehen-C(Int)-N Frage-sein Präs-Dekl 'Es ist eine Frage, wer die Prüfung besteht.1



IPP yeki-kkaci]-ka wuli-uy ttang-i-ta. hier-bis-N wir-G Grundstück-sein-Präs-Dekl 'Bis hier ist unser Grundstück.' (= Bis hier reicht unser Grundstück.)

a.

For [pp under the stars] to seem to be the best place to sleep, you have to be crazy. [pp Under the stars] to seem the best place to sleep, you have to be crazy.22

b.

In den koreanischen Beispielen in (26) treten CP bzw. PP als Subjekte auf, die mit dem Nominativ versehen sind. Die englischen Beispiele in (27) zeigen, daß der PP, die als Subjekt des Infinitivs fungiert, auch ein Kasus zugewiesen werden muß. Aus diesen Gründen können sowohl NP als auch PP und CP als Komplemente von K genommen werden, wenn sie Argumente sind. Also kann die Variable X in (25) für die Kategorie N, P, C, etc. stehen. Danach bezieht sich die Kasuszuweisung nicht auf die oberflächlichen Kasusmorpheme oder den Kategorienamen des Komplements, sondern auf die Fähigkeit des Kasuszu weisers, Kasus zuzuweisen. Die Frage, ob der Kasus morphologisch (od. oberflächlich) oder überhaupt nicht realisiert wird, hängt von den einzelsprachlich verschiedenen Morphologiesystemen ab. Eine derartige KP- Analyse kann theorieintern auf folgende Weise gerechtfertigt werden: Die Kategorie K macht sprachuniversell die Zuweisung der thematischen Rolle ihres Komplements sichtbar ("visible") und bildet einzelsprachlich aus morphologischen Gründen mit dem Nomen oder einer X°-Kategorie einen morphologischen Komplex. Dies erfolgt mittels

22

Diesbezüglich findet man verschiedene Auffassungen. Nach Stowell (1981) wird die Theta-Rolle von S' (CP) dann sichtbar, wenn sie einen Kasus zugewiesen bekommt. Massam (1985:54) zufolge wird aber Kasuszuweisung nicht aus Gründen der Sichtbarkeit der Theta-Rolle gefordert, sondern, weil Kasuszuweisung aus obligatorischen Gründen erfolgt. Fabb (1984:54).

61

eines bestimmten syntaktischen Mechanismus, auf den in den folgenden Abschnitten eingegangen wird. Im Deutschen, das zu den flektierenden Sprachen gehört, wird das Kasusmerkmal durch die Nominalflexion morphologisch realisiert, während dies im Koreanischen und teilweise im Englischen durch Agglutination oder Klitisierung geschieht. Im ersten Sprachtyp sind Nomen und Kasusmorphem gebundene Morpheme. Sie sind miteinander an eine Kategorie gebunden, da sie sich gegenseitig brauchen, um morphologisch vollständig zu sein. Im zweiten Deklinationstyp dagegen ist Kasus ein gebundenes Morphem, während das Nomen ein freies Morphem ist, wie (28) zeigt. (28)

a.

ai-ka wuyu-(lul) masi-n-ta. Kind-N Milch-(A.) trinken-Präs-Dekl 'Das Kind trinkt Milch.1

b.

[NP the teacher of music] 's room

Im koreanischen Beispiel (28)a kann das Akkusativmorphem weggelassen werden. Im englischen Beispiel (28)b hat das Nomen teacher keinen Kasus, wenn auch der ganzen NP der Genitiv oder Possessiv zugewiesen wird. In beiden Beispielen kann man beobachten, daß das Nomen ohne Kasusmorphem morphologisch vollständig ist. Bei diesem Typ besteht keine Interdependenzrelation zwischen Nomen und Kasusmorphem. In dem (28)b entsprechenden deutschen Beispiel (29) erscheint dagegen das Genitivmorphem in der Flexion des Nomens Lehrers. (29)

das Zimmer des Lehrers der Musik (oder das Zimmer des Musiklehrers; des Musiklehrers Zimmer)

Nun kann der Kasusfilter folgendermaßen umformuliert werden: (30)

Kasus-Filter (III) *XP gdw. gilt: i) XP hält eine Theta-Rolle, und ii) Es gibt keinen Kasus-Kopf 'K 1 , der XP als Komplement nimmt. Dabei gelten folgende Bedingungen: a) Wenn XP = NP (oder PP), dann kann XP in die Ketten-Bildung eingehen, und b) XP =\=

PRO.

Kasus-Filter (III) bezieht sich, wie die frühere Version, auf die Sichtbarkeit der ThetaRolle. Die zusätzliche Bedingung a) in (30) ist für die NP-/PP-Bewegung eingerichtet, wie in (31) gezeigt wird. (31)

a. b.

[pp Under the stars] seems to be a nice place to sleep. [jsjp He] seems to be seek.

62

In (31)a und b wird der PP und der NP jeweils über ihre Basisposition, d.h. ihre Spur, innerhalb des eingebetteten Satzes die Theta- Rolle zugewiesen. Wenn XP=IP oder CP ist, muß XP nicht bewegt werden, weil sie vielleicht durch Koindizierung mit ihrem Korrelat einen Kasus erhalten kann.23 (32)

a. b. c.

They believe [cp that he is honest]. Itj is believed [£p that he is honest]j. Itj seems [£p that under the stars is a nice place to sleep]j.

In (32)a erhält CP von believe den Akkusativ, und in (32)b durch Koindizierung mit dem Pronomen it den Nominativ. Das könnte auch für (32)c gelten. (33)

a. b.

He is believed [jp to be honest]. Under the stars seems [\p to be a nice place to sleep].

In (33) ergibt sich ein Konflikt: In der Subjektsposition tritt eine kasusbedürftige NP oder PP auf. Deswegen kann die eingebettete IP kein Korrelat finden, und NP bzw. PP erhalten keinen Kasus. Trotzdem sind die Sätze grammatisch. Dieses Problem muß offengelassen werden.

3.3. Selektion Die lexikalischen Items enthalten die verschiedenen Selektionseigenschaften. Erstens selegieren sie ihre Theta-Rolle (z.B. Agens, Patiens, Proposition, Ereignis, etc.). Zweitens selegieren sie die Kategorien, mittels derer die Theta-Rollen ihrer X-bar-theoretischen Komplemente repräsentiert werden. Drittens selegieren sie gegebenenfalls aus morphologischen Gründen die Kategorien, mit denen sie einen morphologischen Komplex bilden. Von Stechow (1990b: 2) nennt in Anlehnung an Chomsky (1986a) diese drei Selektionseigenschaften jeweils S-Selektion, C-Selektion und M-Selektion. Diese Selektionseigenschaften werden wie in (34) auf die verschiedenen syntaktischen Repräsentationsebenen appliziert. (34)

a. b. c.

Die C-Selektion wird auf der D-Struktur überprüft. Die M-Selektion wird auf der S-Struktur überprüft. Die S-Selektion wird auf der Ebene der logischen Form (=LF) überprüft.

Die C-Selektion steht durch die kanonische strukturelle Realisierung ("the canonical structural realization": CSR)24 einer Theta-Rolle in engem Bezug zur S-Selektion. CSR wird als ein Algorithmus aufgefaßt: CSR ( ) = XP. Das heißt, daß CSR einer Theta-Rolle ' ' durch die Kategorie XP erfolgt, wie in (35) gezeigt wird.25

23 24 25

Vgl. Chomsky (1981:215): "Pleonastic // and there are coindexed with the post-verbal phrases associated with them: clauses and NPs, respectively." Vgl. Grimshaw (1979; 1981); Pesetsky (1982); Chomsky (1986a). Choe(1988:17).

63

(35)

a. b.

CSR (Patiens) = NP CSR (Proposition) = CP (oder NP)

Demzufolge nehmen alle XPs, die durch CSR ( ) gewonnen werden, K (oder KP) als ihre übergeordnete "Defaulf-Kategorie ein, die lexikalisch oder strukturell determinert wird. Dadurch wird die Theta-Rolle der XP für das Theta-Kriterium sichtbar. 26 Angenommen, Theta-Rollen sind im wesentlichen in allen Sprachen invariant, könnte man sagen, daß bezüglich C-Selektion kein großer Unterschied zwischen den verschiedenen Sprachen besteht. Damit läßt sich die uniformistische Hypothese motivieren, die einleitend erwähnt wurde. Im Gegensatz dazu hängt M-Selektion vom einzelsprachlichen Morphologiesystem ab. M-Selektion erfolgt zwischen den null-stufigen Kategorien anders als C-/S-Selektion, die eine Beziehung zwischen X und einer Maximalprojektion XP bedeutet. (36)

a.

emeni-ka yeki-e o-si-ess-ta. Mutter-N hier-Dir kommen-Hon-Prät-Dekl 'Die Mutter kam hierher.'

emeni-ka yeki-e

o- si- ess-

Nach Abney (1987) "hat das Komplement eines funktionalen Elements keinen Argumentstatus. Deswegen ist die Projektion der Argumentstruktur von dem semanrixchen Kopf gestaltet. ...'SProjektion', die über die kategoriale Projektion (die 'C-Projektion') ihres Kopfes hinausreichen kann." (Aus Schachtel 1986:83).

64

(37)

a. Ich weiß, daß die Mutter hierher kam. b. ... CP

T1

daß KP

die Mutter

VP

T

/ \ Adv V

l

[Prät]

l

hierher kommIm koreanischen Beispiel (36) und im deutschen Beispiel (37) werden D-Strukturen angenommen, die auf derselben C-Selektion basieren: C C-selegiert TP, und T C-selegiert VP. Doch im Hinblick auf die M-Selektion zeigen die beiden Beispiele Unterschiede. In (36) Mselegiert C T, und T M-selegiert seinerseits wiederum V, während T in (37) V M-selegiert, C aber M-selegiert nichts. Darüber hinaus wird M-Selektion mit der Direktionalität gekennzeichnet: C-/S-Selektion geschieht einheitlich in dem Sinne, daß ein Kopf immer unidirektional sein Komplement C/S-selegiert. Für die M-Selektion ist dies nicht immer der Fall. (38)

(39)

a.

ai-ka wuyu-(lul) masi-n-ta. Kind-N Milch- trinken-Präs-Dekl 'Das Kind trinkt Milch.1

b.

[N wuyuHlK A.])

a. b.

Das Kind trinkt Milch. [N MILCHHK A.]

Im koreanischen Beispiel (38) und im deutschen Beispiel (39) hat jeweils der unterstrichene morphologische Komplex in (a) die S-Struktur (b). In (38)b zeigt sich, daß das Kasusmorphem nicht erforderlich ist: N kann ohne Kasusmorphem morphologisch vollständig sein, während das Kasusmorphem morphologisch nicht allein stehen kann. Im Gegensatz dazu sind sowohl N und K in (39)b morphologisch nicht selbständig, sondern voneinander abhängig. Das heißt, die morphologische Komplexbildung von (39)b ist bidirektional. Im morphologischen Komplexbildungstyp von (39)b M-selegieren die Konstituenten des Komplexes sich gegenseitig, unabhängig von ihrer syntaktischen Hierarchie. Der Begriff der Selektion drückt im Grunde genommen die syntaktische Beziehung aus. Diesbezüglich könnte

65 M-Selektion keine Selektion im echten Sinne sein. Dennoch soll dieser Begriff der Einfachheit halber weiter benutzt werden. Zur Erfüllung von M-Selektion "bedarf es stets eines irgendwie gearteten syntaktischen Restrukturierungsprozesses, der unter gewissen Annahmen (z.B. Strukturerhaltung) zu hochabstrakten Analysen führt". 27

3.4. Restrukturierungsprozesse für funktionale Kategorien In diesem Abschnitt wird erörtert, welche syntaktischen Restrukturierungsprozesse die MSelektion der funktionalen Kategorie erfüllen. Das Merkmal(bündel) einer funktionalen Kategorie kann durch Lexikalisierung, Flexion, Klitisierung, etc. morphologisch realisiert werden. Für die Lexikalisierung wird kein syntaktischer Prozeß motiviert, weil das Merkmalbündel durch ein selbständiges Lexem realisiert wird. Für die Flexion und die Klitisierung werden jedoch syntaktische Restrukturierungsprozesse benötigt, weil das Merkmalbündel durch morphologische Komplexbildung mit einer anderen Kategorie realisiert wird. In Chomsky (1986b) und Baker (1988) ist nur Kopf-Bewegung für die morphologische Komplexbildung verantwortlich. Demgegenüber lassen sich Argumente finden, um eine andere Art von Restrukturierungsprozeß anzunehmen. 3.4.1. Klassifizierung der Restrukturierungsprozesse Die Bewegung einer X°-Kategorie ß, die sich auf die morphologische Realisierung funktionaler Kategorie bezieht, ist wegen des HMC, genauer wegen des ECP, auf die Position eines Kopfes beschränkt, der die maximale Projektion von ß regiert, wo -regiert oder L-markiert, falls a=/=C. Mit anderen Worten, die an der Kopf-Bewegung beteiligten Kategorien sind miteinander in dem Sinne Kategorie-gebunden, daß zwischen ihnen eine Interdependenzrelation besteht. Zunächst zur morphologischen Realisierung der funktionalen Kategorien im Deutschen.

(40)

tcptc'td

t

[

]

V-zu-T Bewegung erfolgt aus morphologischen Gründen: Erst zusammen sind V und morphologisch vollständig. Der morphologische Komplex Vj, der aus V und besteht, bewegt sich in die C-Position, bedingt durch das Merkmalbündel von C. Wenn C das Merkmal [-V2 (Verb-zweit)] und [+Frage,-W] oder [-Frage, +fmit] enthält, wird es jeweils durch die selbständigen Morpheme ob/daß morphologisch realisiert. In diesen Fällen ist das Merkmalbündel von C durch die Lexikalisierung morphologisch realisiert. Ist das Merkmalbündel [+V2] in C enthalten, muß die C-Position mit dem Komplex V-p mittels Kopf-Bewegung gefüllt werden. Aus dieser Kopf- Bewegung resultiert kein morphologischer Komplex. Diesbezüglich unterscheidet sich die Kopf-Bewegung von V-p zu C von derjeni-

27

von Stechow (1990b:2).

66

gen von V zu T. Im nächsten Abschnitt wird diskutiert, welche syntaktischen Ergebnisse dieser Unterschied verursachen kann. Der morphologische Komplex, der durch die Kopf-Bewegung gebildet wird, kann im Hinblick auf die Funktionsmerkmale oder Funktionselemente nicht oder nur mit Schwierigkeiten segmentiert werden, weil die Grenze zwischen Stamm und Suffix fließend ist, was vor allem bei unregelmäßigen Verben evident ist. In diesen Fällen werden die funktionalen Kategorien durch Flexion morphologisch realisiert. Nun zur morphologischen Realisierung funktionaler Kategorien im Koreanischen. Im Koreanischen sind die Kategorien anders als im Deutschen, unabhängig davon, ob sie lexikalisch oder funktional sind, morphologisch in kategorial eigenständiger Form realisiert, indem sie voneinander trennbar sind. Die Grenze zwischen den Morphemen ist eindeutig.

(41) [cptc'tTP XP [rivp YP Ml Aus der D-Struktur (41) wird der Verbalkomplex gebildet, der aus V, T und C besteht. Diese Komplexbildung unterscheidet sich vom Verbalkomplex Vj im Deutschen. Bei letzterem haben V und T allein keine feste morphologische Form, nur durch Komplexbildung wird eine einheitliche morphologische Form erzeugt. Im Koreanischen dagegen haben V, T und C jeweils ihre eigenständige Form. Vor allem die Form von T und C hängt vom Inhalt des Merkmalbündels ab, wobei T wie in (42) mit einem Null-Morphem realisiert werden kann. (42)

a.

maria-ka yeyppwu-^-ta. Maria-N hübsch-Präs-Dekl. 'Maria ist hübsch.'

b.

emeni-ka ai-ka wuyu-lul masi- // \ \ >

/ \ a

X1

1

/\

/\bj /^

'

a

f

/ \ -

ZP

In (45) wird ein morphologischer Komplex X, der aus a und b besteht, durch Kopf-Bewegung gebildet. Aufgrund der Definition (44) regiert X ZP, das ursprünglich von Y regiert wird. Findet Kasuszuweisung unter Rektion statt, wird ZP von X derjenige Kasus zugewiesen, den sonst eigentlich YP bekommt. Diese Annahme setzt voraus, daß der Kasuszuweiser nur einmal einen gleichartigen Kasus zuweisen kann. Findet in (41) eine Inkorporierung des Nomens in den Verbalkopf statt, wobei die funktionale Kategorie K aus irgendwelchen Gründen unterdrückt wird, kann man vorhersagen, daß KP2 den Akkusativ vom morphologischen Komplex Vj^ erhält, was tatsächlich der Fall ist. (46)

a.

chelswu-ka swuhak-ul kongpwuha-n-ta. Chelswu-N. Mathe- . lernen-Präs-Dekl

b.

irak-ka kuwait-lul cemlyengha-yess-ta. Irak-N. Kuwait- . besetzen-Prät-Dekl

c.

konghay-ka simhakey hwankyeng-ul phakoyha-yess-ta. Umweltverschmutzung-N. stark Umwelt- . beschädigen-Prät-Dekl

Wie (46) zeigt, wird der Akkusativ vom morphologischen Komplex VN zugewiesen. Doch ist es fraglich, ob eine solche Inkorporation tatsächlich erfolgt. Deverbale Nomen wie kongpwu ('Studium'), phakoy ('Beschädigung'), cemlyeng ('Besetzung') etc. stammen eigentlich von sog. ffa-Verben wie kongpwuha- ('studieren'), phakoyha- ('beschädigen'),

97

cemlyengha- ('besetzen') etc. ab. Deshalb ist nicht plausibel, daß die Verben in (46) wiederum mittels Inkorporierung abgeleitet sind. Darüber hinaus kann man in Anlehnung an GTC die Doppelobjektsätze in (40) nicht erklären. Hier kann keine offene morphologische Inkorporation beobachtet werden, dennoch wird der Akkusativ zweimal zugewiesen, was gegen GTC spricht. Kann in Konstruktionen wie (40) eine Bewegung in die KP-SPEC-Position erfolgen? Wie bereits angesprochen, zeigt z.B. cemlyeng-ul ha- ('Besetzung tun 1 ) in (40) eine semantische, aber nicht-morphologische Komplexbildung. Findet diese Inkorporierung, wie Kang (1987) annimmt, auf LF statt, so ist sie für die Kasuszuweisung an K?2 irrelevant, weil die Kasuszuweisung schon auf der S-Struktur erfolgt. Wahrscheinlich darf für die semantische Komplexbildung das Komplement KP2 nicht in situ bleiben. Dies könnte als eine Beschränkung für die semantische Komplexbildung formuliert werden. (47)

Für die semantische Komplexbildung, an der die lexikalischen Kategorien a und ß beteiligt sind, darf die untergeordnete Kategorie a nicht belastet sein.

(48)

ist belastet gdw. gilt: a hat ein strukturelles Komplement.

Da das Verb hata- ('tun') kein Vollverb ist, muß es durch die semantische Komplexbildung mit dem deverbalen Nomen das Subjekt lizensieren. Aus diesem Grund ist die Komplexbildung nicht optional, und die Beschränkung (47) muß immer erfüllt werden. Dies geschieht durch die Bewegung des Komplements in die KP-SPEC-Position wie in (40) oder durch eine morphologische Komplexbildung des Komplements mit dem Kopfnomen, wie (49) zeigt. (49)

a.

chelswu-ka swuhak kongpwu-lul ha-n-ta. Chelswu-N. Mathe Studium-A. tun-Präs-Dekl 'Chelswu studiert (od. lernt) Mathe.'

b.

irak-ka kuwait cemlyeng-ul ha-yess-ta. Irak-N. Kuwait Besetzung-A. tun-Prät-Dekl 'Der Irak besetzte Kuwait.1

c.

konghay-ka simhakey hwankyeng phakoy-lul ha-yess-ta. Umwelt.-N. stark Umwelt Beschädigung-A. tun-Prät-Dekl 'Die Umweltverschmutzung beschädigte die Umwelt stark.'

(49) weist darauf hin, daß das Komplementsnomen mit dem Kopfnomen ein Kompositum bildet. Diese Komplexbildung ist sehr produktiv, weshalb sie nicht im Lexikon, sondern in der Syntax stattfindet, was hier jedoch nicht weiter von Interesse sein soll. Dieses gilt vielmehr der Doppelobjektkonstruktion in (40). Nach den bisherigen Beobachtungen wird diese Konstruktion durch Bewegung des Komplements in die KPSPEC-Position abgeleitet, obwohl keine "Inalienable Relation" besteht. Die Bewegung wird durch die semantische Komplexbildung des deverbal i sierten Nomens mit dem Ha- Verb mo-

98 tiviert, als deren Beschränkung (47) fungiert. Die semantische Komplexbildung bewirkt keine morphologische oder syntaktische Veränderung. Deshalb ist sie für die Kasuszuweisung irrelevant, die nur unter bestimmten syntaktischen Relationen erfolgt. Für Doppelsubjekt- und Doppelobjektsätze läßt sich folgendes festhalten: 1. Im Koreanischen ist die Bewegung innerhalb einer NP in die KP-SPEC-Position prinzipiell erlaubt, was sich aus A-R zwischen K und N ergibt. In der KP-SPEC-Position bekommt die bewegte Possessor-Phrase durch SPECHead-Kongruenz denselben Kasus wie die Matrix-Nominalphrase. 2. Dennoch erfolgt diese Bewegung nur in bestimmten Fällen, z.B. wenn eine "inalienable" Relation zwischen Kopfnomen und Possessor besteht, oder wenn das Kopfnomen mit dem übergeordneten Verb einen semantischen Komplex bildet. Im ersten Fall findet die Bewegung optional statt und ist nicht durch grammatische, sondern durch pragmatische Gründe motiviert. Im letzten Fall dagegen ist die Bewegung obligatorisch, weil sie für die semantische Komplexbildung gefordert wird. Daraus kann man folgern, daß die Bewegung in KP-SPEC-Position nicht wegen des Kasusfilters oder des Thetakriteriums erfolgt. 3. In bezug auf die Bewegung in die KP-SPEC-Position besteht eine Asymmetrie zwischen Subjekt und Objekt. Das weist darauf hin, daß die Bewegung nicht nur von der Relation zwischen Possessor und Kopfnomen innerhalb einer NP, sondern auch von der syntaktischen Umgebung, d.i. von den verschiedenen syntaktischen Verhältnissen von Verb und Subjekt oder Objekt, abhängig ist. 4. Doppel Subjektsätze stammen aus verschiedenen Quellen. Nur ein Teil davon wird durch Bewegung in die KP-SPEC-Position abgeleitet: Besteht zwischen den beiden Nominalphrasen, die denselben Kasus tragen, eine bestimmte thematische Relation,wird eine abstrakte D-Struktur angenommen, die diese Relation genau repräsentiert. Nach der KP-Analyse werden Doppelsubjekt- und Doppelobjektsätze trotz ihrer unterschiedlichen Motivationen durch dasselbe syntaktische Verfahren, nämlich durch die Bewegung in die KP-SPEC-Position, abgeleitet. 4.2.3. Extraktion aus der Nominalphrase Im Koreanischen treten nicht nur Doppelsubjekte oder Doppelobjekte auf, sondern gegebenenfalls auch Multisubjekte oder Multiobjekte, wobei mehr als zwei Nominalphrasen mit demselben Kasus vorkommen. (50)

a.

yenghuy-ka elkwul-i cem-i maylyekcek-i-ta. Yenghuy-N. Gesicht-N. Fleck-N. entzückend-sein-Dekl 'Der Fleck des Gesichts Yenghuys ist entzückend.1

99

b.

Nampanku-ka mwunmengkwukka-ka namca-ka swumyeng-i ccalpta.26 Southern hemisphere-N. civilized countries-N. men-N. life-span-N. is-short. 'It is the southern hemisphere that civilized countries are such that men are such that their life-span is short.' f

c.

'na-nun yenghuy-lul elkwul-ul cem-ul cohaha-n-ta. ich-Top Yenghuy-A. Gesicht-A. Flecke- . mögen-Präs-Dekl 'Ich mag den Fleck des Gesichts Yenghuys. 1

In den Beispielen in (50) besteht eine bestimmte thematische Relation zwischen den Nominalphrasen: Possessor-Relation. Deshalb muß eine D-Struktur aufgestellt werden, die diese Relation repräsentieren kann. Für die Nominalphrasen ist folgende abstrakte D-Struktur anzunehmen:

(51)

KP!

/\

X

Kl'

\

NPi

KI

/ \-

X \

KP2 /

Ni

\

K2' /\ NP2 K2 /

\ N2' / \ KP3 N2

In (51) bekommen KP2 und KP3 in ihrer Basisposition strukturell den Genitiv zugewiesen, weil sie im Rektionsbereich eines Nomens stehen, wie (52) zeigt. (52)

26

a.

yenghuy-uy elkwul-uy cem-i maylyekcek-i-ta. Yenghuy-G. Gesicht-G. Fleck-N. entzückend-sein-Dekl

b.

nampankwu-uy mwunmeyngkwukka-uy namca-uy swumyeng-i ccalp-ta. Southern hemisphere-G. civilized countries-G. men-G. life-span-N. is short

c.

na-nun yenghuy-uy elkwul-uy cem-ul cohaha-n-ta. ich-Top Yenghuy-G. Gesicht-G. Fleck-A. mögen-Präs-Dekl

Beispiel aus Kuno (1973), zitiert nach Yoon (1987:141).

100 Wie können Multisubjekt- oder Multiobjekt-Konstruktionen von der D-Struktur (51) abgeleitet werden? Es wurde vorausgesagt, daß die betreffende Konstruktion durch die iterative Anwendung der Bewegung in die KP-SPEC-Position entsteht.

(53)

N3-K3 Die S-Struktur in (53) zeigt die Bewegung der eingebetteten KP in die übergeordnete KPSPEC-Position und die A-R von N zu K. K?2 bewegt sich in die KP i-SPEC-Position, und KP3 in die KP2-SPEC-Position. Nun besteht hinsichtlich des Kasus eine Kongruenzbeziehung zwischen K j und KP2 und zwischen K2 und KP3- Durch Perkolation erhalten K?2 und K2 denselben Kasus. Demzufolge haben K P j , KP2 und K?3 den gleichen Kasus: Wenn KP^ in der Subjektsposition steht, tragen sie alle den Nominativ. Damit können außerdem die Fälle erklärt werden, in denen nicht alle Possessoren bewegt werden. (54)

a.

yenghuy-uy elkwul-i cem-i maylyekcek-i-ta. Yenghuy-G. Gesicht-N. Fleck-N. entzückend-sein-Dekl

b.

nampankwu-uy mwunmeyngkwukka-uy namca-ka swumyeng-i ccalp-ta. Southern hemisphere-G. civilized countries-G. men-N. life-span-N. is short

In (54) bewegt sich nur KP2 in die KP i-SPEC-Position, während die anderen KPs in situ bleiben. Deshalb bekommt nur K?2 denselben Kasus wie KPj. Wie kann nun der Fall erklärt werden, wo nur die am tiefsten eingebettete KP in die KPj-SPEC-Position bewegt wird? (55)

a.

yenghuy-ka elkwul-uy cem-i maylyekcek-i-ta. Yenghuy-N. Gesicht-G. Fleck-N. entzückend-sein-Dekl

b.

nampankwu-ka mwunmeyngkwukka-uy namca-uy swumyeng-i ccalp-ta. Southern hemisphere-N. civilized countries-G. men-G. life-span-N. is short

101 In (55) trägt nur die am tiefsten eingebettete KP denselben Kasus wie KPj. Der Analyse zufolge bewegt nur sie sich in die KP i-SPEC-Position. Dafür wird folgende S-Struktur angenommen:

(56)

Wie in (56) findet bei der Bewegung von KPß in die KP i -SPEC-Position in der Fluchtposition ("Escape Hatch") KP2-SPEC eine Zwischenlandung statt, wobei die Kette (KPß, t' 3 ) 13) gebildet wird. Hinsichtlich ECP ist die Teilkette (1*3, 13) einwandfrei, weil 13 über Antezedens-Rektion von t'3 streng regiert wird. Die Teilkette (KP3, t'3) dagegen ist problematisch, weil man nicht weiß, ob t'3 von K?3 streng regiert wird. Es gibt nun verschiedene Erklärungsalternativen. Der erste Lösungsvorschlag beruht auf der Vermutung, daß die Possessor-KP vom Kopfnomen -markiert wird. Dies kann damit begründet werden, daß im Koreanischen der Possessor wie andere Nominalphrasen innerhalb von N 1 verzweigt. Es besteht eine bestimmte thematische Beziehung, d.h. "Possession", zum Kopfnomen. Somit gibt es keinen strukturellen Unterschied zwischen Possessor und sog. echtem Komplement. Wenn diese Annahme korrekt ist, dann wird KP2 in (56) von N j L-markiert und ist deshalb keine LMBarriere. Demzufolge kann 13* über Antezedens-Rektion von KPy streng regiert werden. Bildet N1 eine Minimalitätsbarriere, könnte man auf eine Erweiterte Kette angewiesen sein: t*3 bildet mit NI-KI eine Erweiterte Kette, weil dieser Komplex aufgrund von SPEC-HeadKongruenz in einer Kongruenzbeziehung mit KP3 steht. Deshalb wird t'3 von N ^ - K j antezedens-regiert und somit das ECP erfüllt. Eine andere Alternative macht von der extrem modularen Theoriebildung Gebrauch. Die Auffassung, daß die Possessor-KP vom Kopfnomen nicht -markiert wird, ist weit verbreitet. Deshalb kann der LM-Barrierenstatus von KP2 in (56) nicht aufgehoben werden: Selbst wenn die Possessor-KP auch vom Kopfnomen N i lexikalisch regiert wird, kann sie nicht L-markiert werden, da sie nicht -markiert wird. Demzufolge könnte die Zwischen-

102 spur t'3 eine verletzende Spur ("Offending Trace") sein. Angesichts dieses Problems kann man sich eine Erweiterte Kette vorstellen: Durch SPEC-Head-Kongruenz hat KP3 denselben Index wie der lexikalische Komplex N j - K j . Andererseits ist 1*3 auch mit K2 koindiziert. K2 hat ihrererseits durch den Perkolationsmechanismus denselben Index wie ihre Maximalprojektion ?2· Aufgrund der Einheitlichkeit der Indizierung und ihrer Transitivität haben N j - K j und KP2 denselben Index. Angenommen, sie bilden in gewisser Weise eine Art Erweiterte Kette (Nj-Kj, KP2), so wird KP2 von N j - K j antezedens-regiert. Man kann aber nicht sagen, daß t'3 streng regiert wird. Deswegen müssen noch weitere Annahmen gemacht werden. Wie schon angesprochen, ist K?2 mit K2 und 1*3 koindiziert. Diese können keine erweiterte Kette bilden, da sie nicht in einer Rektionsrelation, sondern nur in einer Dominanzrelation stehen. (57) ist die zugrundeliegende Definition von AntezedensRektion, von der hier ausgegangen wird. (57)

Antezedens-Rektion a wird von ß antezedens-regiert gdw. gilt: i) ist mit ß koindiziert, und ii) a wird von ß regiert.

Diese Definition kann folgendermaßen erweitert werden: (58)

Transitivität der Antezedens-Rektion Falls von ß antezedens-regiert wird, wird auch von ß antezedens-regiert, wenn gilt: i) trägt denselben Index wie a, und ii) a dominiert unmittelbar .

Mit Hilfe der zusätzlichen Annahme (58) wird t'3 in (56) über Antezedens-Rektion streng regiert. Bisher wurde gezeigt, wie der am tiefsten eingebettete Possessor unter Einhaltung des ECP in die KP \ -SPEC-Position bewegt werden kann. Nun zur Extraktion aus der MatrixNominalphrase. In den Multisubjekt- oder Multiobjekt-Konstruktionen kann der Possessor aus der Nominalphrase extrahiert werden, wie (59) zeigt. (59)

a.

yenghuy-ka encena [ elkwul-uy cem-i] maylyekcek-i-ta Yen. -N. immer Gesicht-G. Fleck-N. entzückend-sein-Dekl 'Der Fleck des Gesichts Yenghuys ist sehr entzückend. '

b.

nampankwu-ka taykay [ mwunmeyngkwukka-uy namca-uy swumyeng-i] ccalp-ta South. hemisphere-N. usually civil, count. -G. men-G. life-span-N. is short 'It is the southern hemisphere that life-span of men of civilized countries is usually short. '

Diese Extraktion kann als Scrambling auf einer Satzebene aufgefaßt werden. Scrambling ist im Koreanischen ein satzgebundenes Phänomen. Im gleichen Maße ist es auch in der Nominalphrase phrasengebunden, wie sich in (60) zeigt.

103 (60)

a.

b.

yenghuy-uy encena [ -G. immer nampankwu-uy taykay [ ccalp-ta -G. usually

elkwul-uy cem-i] maylyekcek-i-ta -G. -N. mwunmeyngkwukka-uy namca-uy swumyeng-i] -G.

-G.

-N.

In (60) wird der Possessor aus der Nominalphrase in die TP-Adjunktionsposition gescrambelt. Dabei hat in der Fluchtposition KP-SPEC keine Zwischenlandung stattgefunden, weshalb der Possessor Genitiv trägt (Vgl. (50)). Bezieht sich Scrambling auf die ThemaRhema-Gliederung, so kann nur eine Satzkonstituente auf der Satzebene gescrambelt werden. Es handelt sich dabei entweder um Komplemente des Verbs oder Attribute: Beide beziehen sich seman tisch und syntaktisch auf das Verb oder das Prädikat. Daher kann man folgendes annehmen: (61)

Scrambling auf einer Satzebene Wenn a dem Verb oder Prädikat strukturell und semantisch zugänglich ist, kann an TP oder VP gescrambelt werden.

(61) beschränkt die Möglichkeit von Scrambling auf eine Satzebene. Durch (61) kann eine Phrase innerhalb des eingebetteten Satzes oder der Nominalphrase nicht nach oben in den Matrixsatz gescrambelt werden. Mit (61) kann die Ungrammatikalität von (60) erklärt werden: Die Possessor-KP, die in ihrer Basisposition bleibt, ist dem Matrixverb nicht mehr zugänglich und kann deshalb nicht in den Matrixsatz gescrambelt werden. Diesbezüglich stellt sich die Frage, warum die fokussierte Possessor-KP in (59), welche die KP i -SPEC-Position besetzt, in den Matrixsatz gescrambelt werden kann. Die Antwort könnte folgendermaßen lauten: Wie im letzten Abschnitt angesprochen, ist die Bewegung in die KP-SPEC-Position sowohl von der Relation zwischen Possessor und Kopfnomen als auch von der syntaktischen Umgebung abhängig. Mit letzterem ist die Beziehung der bewegten KP zum Verb oder Prädikat gemeint. Daraus ergibt sich, daß die Possessor-KP in der KP-SPEC-Position die Bedingung (61) erfüllt und in den Matrixsatz zu scrambeln ist. Bisher wurde gezeigt, wie Scrambling einer Nominalphrase in der KP-SPEC-Position auf einer Satzebene erfolgen kann, obwohl sie innerhalb NP basisgeneriert wird. Ist nun Extraktion aus der Nominalphrase KP\ hinsichtlich der UG-Prinzipien erlaubt? Die Extraktion aus der Objekts-Position ist ohne weiteres gestattet.

104

(62)

VP X \ KPj V

KP2

X \

NP

\ N'

t2

\

In (62) wird KPj von V L-markiert, weshalb sie keine LM-Barriere ist. Demzufolge kann KP2 aus KP i extrahiert werden. Wie kann nun der Possessor aus dem Subjekt extrahiert werden? Im letzten Kapitel wurde angenommen, da TP von C θ-markiert wird. Deshalb wird TP vom lexikalischen Komplex V-T-C L-markiert. Nun ist das Subjekt per Definition L-markiert und keine LMBarriere. Aus diesem Grund kann etwas aus dem Subjekt extrahiert werden.

(63)

V-T-C

N2-K2 In Konstruktion (63) stehen KP2 und K?3 jeweils in ihrer bergeordneten KP-SPEC-Position. Hier sind sowohl KPj als auch KP2 (und auch KP3) L-markiert, weil sie durch SPECHead-Kongruenz denselben Index wie T tragen. Nun k nnen ΚΡτ, und KP2 extrahiert werden, weil KP 2 und KPj keine LM-Barrieren sind. (64)

a.

yenghuy-ka encena [κΡΙ [ΚΡ2 elkwul-i] cem-i] maylyekcek-i-ta Yenghuy-N. immer Gesicht-N. Fleck-N. entz ckend-sein-Dekl

105

[KP2

3 yenghuy-ka] elkwul-i] encena [^pj cem-i] maylyekcek-i-ta -N. -N. immer -N.

In (64)a wird KP3 extrahiert, in (64)b dagegen

Darüber hinaus gibt es eine Hierarchie bezüglich der Extraktion. Die eingebettete Nominalphrase darf nicht hinter dem Kopfnomen stehen, wie (65) zeigt. (65)

a.

hans-ka son-ul maria-lul cap-ass-ta. Hans-N. Hand-A Maria-A. fassen-Prät-Dekl

b.

*irak-ka cemlyeng-ul kuwait-lul ha-yess-ta. Irak-N. Besetzung-A. Kuwait- . tun-Prät-Dekl

Im Koreanischen wird die Theta-Rolle einer Nominalphrase durch ihren morphologischen Kasus sichtbar gemacht. Gibt es mehr als eine Nominalphrase mit demselben Kasus, lassen sich die Theta-Rollen nur durch die Reihenfolge oder die Wortstellung erkennen. Das gilt sowohl innerhalb der Nominalphrase, in der alle Nominalphrasen den Genitiv bekommen, als auch für die Multisubjekt- oder Multiobjektkonstruktionen. Diesbezüglich bietet die KPAnalyse eine an UG-Prinzipien orientierte Erklärung an: Die Bewegung des Kopfnomens (son-ul in (65)a) würde der Bewegung von K 1 in (62) oder (63) entsprechen, der Possessor (maria-lul in (65)a) bleibt dabei in der KP\-SPEC-Position. Aufgrund des Strukturerhaltungsprinzips können sich nur die Maximalprojektion XP und die X°-Kategorie bewegen, weshalb die Bewegung der X'-Kategorie dieses Prinzip verletzt. Die Ungrammatikalität in (65) wird somit auf die Verletzung des Strukturerhaltungsprinzips zurückgeführt. Um die Ungrammatikalität von (65) zu erklären, ist nun die Stipulation von (66) überflüssig. (66)

'Ban on a body part NP's Crossing over a Container NP"21 "A body part NP which is a sister of V° cannot cross over a container NP."

(66) besagt, daß das Kopfnomen nicht vor der Possessor-KP vorkommen darf.

4.3. Die Nominalphrase im Ungarischen 4.3.1. Die KP-Struktur In der ungarischen Nominalphrase sind die Attribute pränominal angeordnet, und das Kasusmorphem wird agglutinierend als Suffix an das Nomen angefügt, wie in (67).28

(67)

27

a.

az 6des gyümölcs-0 DET süß Obst-N. 'das süße Obst1

Aus Kang (1986:105). Vgl.dazu auch Park (1981). Beispiele teilweise aus Komai (1985).

106

b.

a kek ceruza-k DET blau Bleistift- A. 'den blauen Bleistift'

c.

ödön köt eYdekes könyv-e-0 Ed two interesting book-Poss.3.Sg.-N. 'Ed's two interesting books'

d.

a härom rothadt alma DET three rotten apple 'the three rotten apple'

Aufgrund dieser Charakteristika kann eine typisch kopffinale KP-Struktur aufgebaut werden:

(68)

KP

NP

K

Ar \

N

Die Attribute kommen in einer bestimmten Reihenfolge vor: Artikel > Numerale > Adjektiv (wie in (67) d) oder Possessor > Numerale > Adjektiv (wie in (67) c). Nun stellen sich in bezug auf die strukturellen Positionen folgende Fragen: l. Zeigen der Artikel und der Possessor eine komplementäre Distribution? 2. Welcher Position kann der Kasus zugewiesen werden? Das heißt, in welcher Position können die Komplemente des Nomens den Kasus erhalten? Zunächst zur ersten Frage. (69)

a.

a fm könyv-e DET Junge Buch-Poss,3.P.,Sg. 'des Jungen Buch1

b.

az fro könyv-e DET Schriftsteller Buch-Poss,3.P.,Sg. 'das Buch des Schriftstellers'

107 c.

(a) Mari vend6g-e Gast-Poss,3.P.,Sg. 'Marias Gast'

d.

Budapest utca-iB. Straße-Pl-Poss,3.P.,Sg. 'die Straßen von Budapest'

Abgesehen von (69)d treten der Possessor und der bestimmte Artikel zusammen auf. In der traditionellen Grammatik und bei vielen anderen Grammatikern29 ist die Auffassung weit verbreitet, daß der bestimmte Artikel a oder az nicht zum Kopfnomen, sondern zum Possessor gehört. In (69)a und b kommt der Artikel vor, weil ihn die Possessor-Nomen fiu und fro brauchen; dagegen erscheint er in (69)d nicht, weil Ortsnamen immer ohne Artikel stehen. (69)c zeigt, daß der Artikel fakultativ auftritt, wenn das Possessor-Nomen ein Personenname ist.30 Man beachte, daß die Auswahl der morphologischen Varianten und az in (69)a und b keine Evidenz dafür bietet, wozu der Artikel gehört. Die morphologische Form des Artikels wird nur von der phonologisehen Umgebung determinert, wie (70) zeigt. (70)

az 6des gyümölcs DET süß Obst 'das süße Obst1

In (70) wird az als Artikel gewählt, weil sein benachbartes Wort, d.i. odes ('süß'), mit einem Vokal beginnt. Abney (1986) ist der Ansicht, daß der bestimmte Artikel zur Matrix-Nominalphrase gehören kann. Im Haupt- ("majority-)" Dialekt kann ein Eigenname nicht zusammen mit dem bestimmten Artikel auftreten. Dennoch steht dieser vor dem Eigennamen in der PossessorPosition, wie (71) zeigt. (71)

a.

*a Peter

b.

a Peter kalap-ja

DET Peter Hut-Poss,3.P.,Sg. 'Peters Hut1 Darüber hinaus erscheint der Artikel vor dem Pronomen in der Possessor-Position, obwohl er normalerweise nicht mit dem Pronomen zusammen auftreten kann.

(72)

a.

*a te / *az 'the you1 / 'the

b.

az vendog-em DET ich Gast-Poss,l.P.,Sg. 'mein Gast'

Vgl. z.B. Szabolcsi (1984) etc. Vgl. Koraai (1985:83):"Certain proper nouns cannot appear with definite article, a Lisszabon, az Afrika (There is a tendency in normative grammars to put every personal name in this class.)"

108

c.

a te vende"g-ed DET du Gast-Poss,2.P.,Sg. "dein Gast'

In (72) erscheint das Pronomen als Possessor nur in markierten Fällen, z.B. bei Hervorhebung des Possessors, sonst wird es weggelassen, wie in (73) gezeigt wird. (73)

a.

a vendeg-em DETGast-Poss,l.P.,Sg. 'mein Gast'

b.

a vend6g-ed DET Gast-Poss,2.P.,Sg. 'dein Gast1

Es ist fraglich, ob der bestimmte Artikel in (73) zum getilgten Pronomen gehört. Diesbezüglich unterstützen die folgenden Beispiele, in denen der unbestimmte Artikel vorkommt, die Ansicht Abneys (1986), daß der unbestimmte Artikel in derselben strukturellen Position wie der bestimmte Artikel steht. (74)

a.

egy barät-om ein Freund-Poss, l .P. ,Sg. 'ein Freund von mir'

b.

egy ablak-unk ein Fenster-Poss,l.P.,Pl. 'eins unserer Fenster'

In (74) modifiziert egy jeweils die Kopfnomen barat bzw. ablak, nicht aber das getilgte Pronomen als Possessor. Dies ist jedoch nicht immer der Fall, z.B. wenn der Possessor morphologisch auftritt. (75)

a.

b.

az orvos renelö-je DET Arzt Sprechzimmer-Poss,3.P.,Sg. 'das Zimmer des Arztes1 egy orvos rendelö-je 'das Zimmer eines Arztes'

In (75)b gehört egy zu dem Possessor orvos, in (75)a müßte gleiches für az gelten. In dieser Konstruktion erscheint der unbestimmte Artikel des Kopfnomens (oder der MatrixNominalphrase) nach dem Possessor in der Form egik anstatt egy. (76)

a nagy väros egyik kis utcä-ja DET groß Stadt ein klein Straße-Poss,3.P.,Sg. 'eine kleine Straße der großen Stadt'

109

In (76) steht egyik in der Position, die normalerweise Numerale einnehmen wie in (67)c und d. Deshalb ist es kein Artikel. Aus dieser verwirrenden Datenlage kann nicht ohne weiteres eine der polaren Auffassungen abgelesen werden. In bezug auf die Position des Artikels wird folgendes angenommen: Der Artikel und der Possessor nehmen nicht dieselbe strukturelle Position ein, sondern sie stehen in unterschiedlichen Positionen. Dies ist auch die Auffassung von Abney (1986). Wenn der Artikel in der NP-SPEC-Position basisgeneriert wird, verzweigt sich der Possessor KP2 von N1 wie in (77).

(77)

Diese KP-Struktur für das Ungarische ist der koreanischen sehr ähnlich. In Konstruktion (77) könnte prinzipiell sowohl in der NPi-SPEC-Position als auch in der NP2-SPEC-Position ein Artikel stehen. Es gibt im Ungarischen jedoch eine eher stilistische als syntaktische Regel, derzufolge der Artikel nur einmal vorkommen soll. Dabei gibt es eine Superioritätsrelation zwischen der NPj- und der NP2-SPEC-Position. (78) Ein Artikel erscheint morphologisch nur dann in der NPi-SPEC-Position, wenn er in der NP2-SPEC-Position nicht existiert. Wegen (78) gehört der bestimmte Artikel zur Matrix-Nominalphrase, wenn der Possessor i) morphologisch nicht realisiert wird (wie in (73)), ii) ein Pronomen ist (wie in (72)), oder iii) ein Personenname ist (wie in (71)). Trotz (78) bleibt das Beispiel von (69)d noch immer unerklärt. Gemäß (78) könnte der bestimmte Artikel in der NP^-SPEC-Position erscheinen. In (69)d dagegen kann der bestimmte Artikel in der NPj-SPEC-Position nicht auftreten, vermutlich weil er mit dem

110 Ortsnamen, der seinerseits keinen Artikel haben kann, nicht verträglich ist. Dennoch wird weiter an (78) festgehalten, ohne näher darauf einzugehen. Innerhalb der Nominalphrase gibt es nur eine Position, welcher der Kasus zugewiesen wird, wie sich beim deverbalen Nomen zeigt. (79)

(80)

a.

Jänosnevetett.31 John laughed 'John (has) laughed.'

b.

Jänos nevet-6s-e John laugh-NOM32-Poss 'John's laugh1

a.

Az allenseg elszigetelte a hajo-t. the enemy isolated the ship-A. The enemy isolated the ship.'

b.

a hajo elszigetel-6s-e az ellens6g ältal the ship isolate-NOM-Poss,3.P.,Sg. the enemy by 'the ship's isolating by the enemy 1

Bei einem von einem intransitiven Verb abgeleiteten Nomen steht das Subjekt in der Possessor-Position wie in (79). (80) zeigt in bezug auf die Nominalisierung des transitiven Verbs, daß das Objekt in der Possessor-Position steht, während das Subjekt durch die Postpositionalphrase ausgedrückt wird. Aus diesen Daten ergibt sich, daß die Possessor-Position die einzige Position ist, welcher der Kasus zugewiesen wird. Bezüglich der transitiven Deverbalisierung stellt sich die Frage, wo die Postpositionalphrase für Subjekt in der KP-Struktur (77) steht, wenn sie postnominal ist. Unter der Bedingung, daß die Selektionseigenschaften des Nomens in dessen Rektionsbereich erfüllt werden müssen, könnte die Postpositionalphrase wie in (81) in der Adjunktionsposition am Kopfnomen basisgeneriert werden.

3

'

Beispiele in (79) und (80) aus Laczko (1985). NOM: 'nominalizing affix'.

Ill

(81)

KP!

DET

N!'

/ \ NI'

/ \N i

PP

K?2

Objekt

Subjekt

Akzeptiert man die D-Struktur (81), so wird A-Restrukturierung zwischen N j und K j unmöglich, da zwischen den beiden keine Adjazenzrelation besteht. Wird B-Restrukturierung auf diese Struktur angewendet, ergibt sich eine von der Oberfläche verschiedene Struktur, in der die PP nicht mehr postnominal ist. Man müßte dann die KP-Struktur (77) aufgeben, woran aber festgehalten werden soll. Analog zur dativischen Possessor-Konstruktion33 wird davon ausgegangen, daß die PP pränominal auf der D-Struktur basisgeneriert wird, und daß sie auf der S-Struktur durch Bewegung an die KP adjungiert wird. Dieser syntaktische Prozeß kann wie in (82) dargestellt werden:

Der Possessor kann mit dem Dativsuffix versehen außerhalb der Nominalphrase auftreten. (i)a. Jänos nevet-es-e John laugh-NOM-Poss,3.P.,Sg. 'John's laugh' b. Jänos-nak a nevet-es-e John-Dat. DET laugh-NOM-Poss,3.P.,Sg. 'John's laugh' (Beispiele aus Laczko (1985:95)) Unter der Annahme, daß der Possessor innerhalb NP basisgeneriert wird, wird in (i)b der Possessor Janos aus der NP herausbewegt, während er in (i)a in situ bleibt. Der Possessor mit dem Dativsuffix kann gegebenenfalls nach der Nominalphrase erscheinen. (U) a nevet-es-e Jänos-nak Bildet der nachgestellte Possessor in (ii) mit der Nominalphrase eine syntaktische Einheit, ist für ihn wohl Adjunktion an KP anzunehmen. Laczko (1985:96): "(ii) is rather rare except when a long and complex expression precedes it or when S (Subjekt) is modified by an appositive phrase or a relative clause".

112 (82) PPi

Im allgemeinen findet eine Bewegung von PP statt, jedoch nicht immer. Die PP kann innerhalb der NP bleiben, wenn für ihre pränominale Basisposition eine bestimmte Bedingung erfüllt ist: "The more affected the object of a transitive sentence, the greater the chance for the agent to appear in the NP ... When the phrase referring to the agent is appropriate in the NP it usually takes a position before N... "34 (83)

a.

a bolt kirabl-äs-a [pp a väsärlo-k ältal] the shop rob-NOM-Poss,3.P.,Sg. the consumer-Pi by 'the robbing of the shop by the consumers'

b.

a bolt-nak [pp a väsärlo-k ältal] {-i/val- } kirabl-äs-a the shop-D.DET consumer-Pi by {-aff/be-Aprt35} rob-NOM-Poss. 3.P.,Sg. 'the robbing of the shop by the consumers'

Während in (83)a PP-Bewegung an die KP-Adjunktionsposition erfolgt, bleibt die PP in (83)b aufgrund ihrer Umwandlung zu einer adjektivischen Phrase in situ. Leider kann nicht erklärt werden, warum die morphologische Form der PP in Abhängigkeit von ihrer Oberflächen-Position variieren kann. Diesbezüglich wird man im nächsten Abschnitt sehen, daß sich auch das Adjektiv ezen je nachdem, in welcher Position es erscheint, morphologisch verändern kann. Daraus läßt sich schließen, daß die postnominale PP die KP-Struktur nicht gefährdet.

34 35

Laczko (1985:108). Aprt: "active participle".

113 4.3.2. Kongruenz Im letzten Abschnitt wurde die kopffinale KP-Struktur für die ungarische Nominalphrase vorgestellt. Nach der hier vertretenen oberflächenfernen, abstrakten Auffassung der Nominalphrase nehmen die Suffixe des Nomens verschiedene syntaktische Positionen ein. Demzufolge hat die Nominalphrase in (84)a die D-strukturelle Konfiguration (84)b:

(84)

(a) Peter ezen kalap-^-ja-^36 DET Peter dies Hut-Sg.-Poss,3.P.,Sg.-N 'dieser Hut von Peter1

a.

b.

DET

NP2 / N2 Peter

K2 ezen [Poss] [3-Sg.]

kalap-

-ja

In (84)b steht das Poss(essiv)-Mo hem, das auf der Oberflächen-Struktur an das Matrixnomen affigiert wird, in K2.37 Nun stellt sich die Frage, durch welches syntaktische Verfahren die Oberflächen-Struktur (84)a abgeleitet wird. Wie erfolgt die Suffigierung der Kasusmorpheme an das Nomen? Das Ungarische zeigt im nominalen Bereich agglutinierenden Charakter. Diesbezüglich sind die Nomen Peter und kalap in (84)b morphologisch vollständig, d.h. freie Morpheme. Doch das Kasusmorphem ist ein gebundenes Morphem. Das Poss-Morphem von K2 wird in den meisten Dialekten durch Klitisierung an sein übergeordnetes Nomen N j morphologisch realisiert, während andere strukturelle Kasusmorpheme, z.B. Nominativ-, Dativ- und Akku-

36

37

Vgl. Abney (1987:272). Abney (1987), der die DP-Analyse annimmt, behandelt das Poss-Morphem als eine Kongruenz-Kategorie.

114

sativ-Morphem, an ihre untergeordnete Kategorie, also im unmarkierten Fall an N, klitisiert werden.38 Das Poss-Morphem ist in bezug auf seine morphologische Realisierung einzigartig, denn es wird mit den perkolierten grammatischen Merkmalen des Komplementnomens, z.B. Person und Numerus, synthetisch realisiert39, während andere Kasusmorpheme unabhängig von denen des Komplementnomens determiniert sind. Man kann folgendes annehmen: (85)

Perkolation in der Nominalphrase Die grammatischen Merkmale des Nomens, Numerus, Person etc., perkolieren bis in die unmittelbar übergeordnete Kategorie K. Trägt K ein Poss-Merkmal, dann wird es mit den perkolierten grammatischen Merkmalen synthetisch morphologisch realisiert.

Ein solcher Perkolationsmechanismus ist für das Kongruenzphänomen innerhalb der KP verantwortlich: In (84) fungiert das Demonstrativum als adjektivisches Attribut. Das adjektivische Attribut kongruiert nicht mit dem Nomen. Ausnahmsweise kann das Demonstrativum ezen (dies-)/üzo/i (Jen-) m der Form von ez-laz- hinsichtlich bestimmter Suffixe mit dem Nomen kongruieren. (86)

a.

ez-ek-^ a könyv-ek-^ dies-Pl.-N. DET Buch-Pl.-N. 'diese Bücher (N.)1

b.

ez-ek-et az eset-ek-et dies-Pl.-A. DET Fall-Pl.-A. 'diese Fälle (A.)1

c.

az-ok-at az eset-ek-et jen-Pl.-A. DET Fall-Pl.-A. 'jene Fälle (A.)'

d.

ez-^-0 a (ö) kalap-^-ja-0 dies-Sg.-N. DET (er) Hut-Sg.-Poss,3.P.,Sg.-N. 'dieser Hut von ihm 1

Wie sich in (86) zeigt, wird das Demonstrativum dem Bezugsnomen entsprechend mit dem Numerus- und Kasussuffix versehen. Man beachte, daß das Demonstrativum wie in (86)d in bezug auf das Poss-Morphem mit dem Bezugsnomen nicht kongruiert. Das weist darauf 38

Doch das Poss-Morphem wird in bestimmten Dialekten an sein Komplementsnomen klitisiert: "In the village of Väga (present-day Vähovce, Czechoslovakia) ... possessive pronouns are used in place of possessive suffixes, (like in the Indo-European languages)." (Imre (1972: 320)). (i) a. tied diszno (=(te) diszno-d) 'your pig' b. enyim tehenek ( = (en) tehenei-m) 'my cows' c. tietek ökrök (= (te) ökrei-tek) 'your (PL) oxen' Es hat dasselbe Flexionsparadigma wie das Verb im Präsens.

115 hin, daß die Kongruenz zwischen Demonstrativum und Bezugsnomen nicht rein morphologisch, sondern in gewisser Weise syntaktisch bestimmt wird. Das Demonstrativum geht dem Artikel voraus. Deshalb steht es nicht innerhalb der NP. Außerdem gibt es in der NP keine Position für Kongruenz. Aus diesen Gründen ist die KP i-SPEC-Position für das Demonstrativum anzunehmen.

(87)

< Numerus >

Das Demonstrativum kann durch SPEC-Head-Kongruenz denselben Kasus wie K j bekommen. Wie kann es dann das Numerusmerkmal des Nomens erhalten? Nach dem Perkolationsmechanismus (85) perkoliert das Numerusmerkmal des Nomens in die übergeordnete K i-Projektion. Diese Perkolation erfolgt vor der morphologischen Komplexbildung auf der S-Struktur, weshalb das Poss-Morphem von K2 nicht mehr zu KI perkolieren kann, obwohl es morphologisch an das Nomen N j angefügt wird. K j trägt nun ein Merkmalbündel, das aus Kasus und Numerus besteht. Mit diesem Merkmalbündel kongruiert das Demonstrativum in der KP\-SPEC-Position. Dennoch wird das Kasusmorphem für Nominativ, Dativ und Akkusativ unabhängig vom perkolierten Numerusmerkmal des Nomens selbständig realisiert.40 Wenn K2 das Poss-Merkmal trägt, ist auch das Personen-Merkmal der Komplements-NP2 relevant. 40

Solch ein Perkolationsmechanismus muß in der KP-Analyse nicht nur für das Ungarische, sondern auch für diejenigen Sprachen, in denen keine Komplex hi Idung zwischen Nomen und Kasusmorphem erfolgt, sprachuniversal gelten. Dadurch wird die Kongruenz zwischen Subjekt und T ermöglicht: i) TP / \ KP T'

/M 1 K

/ \K

NP

l N1 N

/\

VP T

116 Zurück zur morphologischen Komplexbildung. Das Poss-Morphem von K2 wird an das übergeordnete Nomen NI klitisiert, das im Plural oder im Singular steht. An diesen Komplex klitisiert wiederum das Kasus-Morphem von K j. Aber diese beiden Klitisierungen sind nicht gleichartig. Das heißt, die Klitisierung des Poss-Morphems an das übergeordnete Nomen ist kategoriegebunden, während für die Klitisierung des Nominativmorphems an die untergeordnete, benachbarte Kategorie nur die lineare Nachbarschaft relevant ist. Erstere erfolgt durch Bewegung, d.h. B-R, wie in (88)a, letztere dagegen durch A-R wie in (88)b:

(88) a.

DET

B-R

In Konfiguration i) besteht eine Kongruenzrelation zwischen KP und T. Die Merkmale von KP entsprechen denjenigen, die von NP zu K perkolieren. Doch die N-Merkmale, die für Perkolation relevant sind, können von Sprache zu Sprache verschieden sein. Z.B. perkolieren im Englischen die Merkmale für Numerus und Person, im Koreanischen nur das Merkmal für Honorifikation.

117 b.

DET

\

A-R

'Hut-Sg.-Poss.3.Sg.-N.'

Peter

tj

In (88) erfüllt die Suffigierungsordnung das Mirror Principle von Baker (1985). In bezug auf die Restrukturierungsprozesse sieht man einen eindeutigen Unterschied zwischen der Klitisierung von K2 an NI und der von K j an N j , die im nächsten Abschnitt besprochen wird. Wenn dieser Unterschied tatsächlich existiert, muß die Annahme in bezug auf die Klassifizierung der Restrukturierungen revidiert werden. Es wurde bereits angenommen, daß B-R unter den folgenden Bedingungen erfolgen kann: i) es besteht zwischen den betreffenden Kategorien eine M-Selektionsbeziehung, sie sind also miteinander kategoriegebunden; ii) die Grenze des morphologischen Komplexes ist hinsichtlich der Merkmale fließend. Die zweite Bedingung gilt für die Komplexbildung in der ungarischen Nominalphrase nicht mehr. Demzufolge ist zu vermuten, daß die erste Bedingung notwendig und hinreichend für B-R ist, die zweite dagegen ein abgeleitetes Phänomen zu sein scheint. 4.3.3. Bewegung innerhalb der Nominalphrase In diesem Abschnitt wird erörtert, wie die Bewegung aus NP von den Restrukturierungsprozessen für die morphologische Komplexbildung abhängt. Zunächst zur Extraktion aus NPj (Vgl.(87)). Man kann annehmen, daß das Demonstrativum in der KP i-SPEC-Position aus NPj extrahiert ist, weil in der KP-SPEC-Position nichts basisgeneriert werden kann.41 Auf der S-Struktur (88)b ist NPj keine Barriere, da sie vom lexikalischen Komplex Nj-K^ Lmarkiert wird. N\' ist keine Minimalitätsbarriere bezüglich der Spur von ez, da der MechaAufgrund dieser Annahme kann man verallgemeinern, daß die bewegten Phrasen im Ungarischen eine von ihrer ursprünglichen Position morphologisch unterschiedliche Form gewinnen. Z.B.: i) Das Demonstrativum azon/ezen erscheint in der KP-SPEC-Position ohne adjektivisches Suffix -en. ii) Die PP für Agens tritt in der Adjunktionsposition an der KP ohne adjektivisches Suffix -/' auf (Vgl. (83)).

118

nismus der erweiterten Kettenbildung anwendbar ist. Damit erfüllt diese Extraktion das ECP. Wie steht es mit der Extraktion aus NP2? Zwischen K2 und N2 erfolgt keine Restrukturierung, daher wird N?2 nicht L-markiert. Sie ist eine Blockierende Kategorie und eine LM-Barriere. Das wird tatsächlich durch die Ungrammatikalität von (89)a bestätigt. (89)

a.

ez a fiu könyv-ei-^dies DET Junge Buch-Pl-Poss,3.P.,Sg.-N. 'die Bücher dieses Jungen 1

b.

A-R

Buch-Pl-Poss.3.Sg.-N

B-R

Die Struktur (89)b zeigt die Ableitungsprozesse von (89)a. In (89)b wird das Demonstrativum ez,· in die KP2-SPEC-Position bewegt. K2 bildet nicht mit N2 einen morphologischen Komplex, sondern mit NI. Deshalb bleibt N?2 als LM-Barriere: Die Spur tj kann nicht antezedens-regiert werden. Die Ungrammatikalität von (89)a ergibt sich also aus einer Verletzung des ECP. Die Analyse sagt vorher, daß der Barrierenstatus von N?2 aufgehoben wird, wenn das Kasusmorphem von K2 an das Komplementsnomen N2 klitisiert. Das ist tatsächlich der Fall: Im Ungarischen kann die N-Position morphologisch leer bleiben, ohne mit einer phonetischen Matrix versehen zu sein, wenn das Nomen schon bekannt ist und nicht mehr wiederholt werden muß. (90)

a.

A jo könyv-nek több az olvasoja, mint a rossznak DET gut Buch(Sg.)-D. mehr DET Leser, als DET schlecht(Sg.)-D. 'Das gute Buch hat mehr Leser als das schlechte.1

119

b.

Magyarorszägot, a sz^pet, szeretem. Ungarn- . DET schön-A. lieben- 1. P., Sg., Präs. 'Ich liebe Ungarn, das schöne.'

c.

En a fekete kocsival meggyek, ö pedig a pirossal ich DET schwarz Auto-mit gehen- 1. P., Sg., Präs, er aber DET rot-mit 'Ich fahre mit dem schwarzen Auto, aber er mit dem roten.'

In (90) sind die adjektivischen Attribute mit Suffixen versehen, die im unmarkierten Fall an das Nomen angefügt werden. Dieses Phänomen ist der elliptischen Nominalphrase im Deutschen sehr ähnlich, wie die entsprechenden deutschen Übersetzungen zeigen. Doch während die elliptische Nominalphrase im Deutschen durch SPEC-Head-Kongruenz der KP abgeleitet wird, kann diese Ableitung im Ungarischen nicht angewendet werden, weil zwischen Adjektiv und Nomen keine Kongruenzbeziehung besteht. Vielmehr wird die elliptische Struktur durch A-R abgeleitet. In der elliptischen Nominalphrase des Ungarischen trägt der morphologisch leere Kopf N das grammatische Merkmal für Numerus. Diesbezüglich kann man sagen, daß der lexikalische Inhalt oder das Antezedens mit Hilfe der grammatischen Merkmale, die das Nomen behält, aus dem Kontext ermittelt wird. Die grammatischen Merkmale, die für die Wiederauffindbarkeit ("Recoverability") des Antezedensnomens relevant sind, können von Sprache zu Sprache verschieden sein. Im Ungarischen z.B. ist nur das Numerusmerkmal wichtig, im Deutschen dagegen die Merkmale für Numerus und Genus42. Die elliptische Nominalphrase in (90)a hat folgende D-Struktur:

(91)

KP s

^

K' ^

N1

DET

l

a

K

/ \

AP N l [Sg.] rossz |

[Dat.] nak

In (91) werden das Null-Morphem für Singular von N und das Dativmorphem -nak aufgrund der linearen Nachbarschaft hintereinander an das Adjektiv w.v.vz suffigiert, was durch A-R erfolgt. (92)

42

A jo könyv-am-nak több az olvasoja, mint a rossz-am-nak gut Buch-Sg.-Poss, l .P. ,Sg.-D. schlecht-Sg.-Poss, l .P. ,Sg.-D. 'Mein gutes Buch hat mehr Leser als mein schlechtes.' Vgl. Bhatt (1990:173).

120

(92) zeigt, daß das Poss-Morphem auch an das Adjektiv suffigiert wird. Das heißt, die Morpheme, die im unmarkierten Fall als Suffixe des Nomens auftreten, klitisieren in der elliptischen Nominalphrase alle an das benachbarte Adjektiv. Wenn AP nicht vorkommt, werden die Suffixe an den Artikel angefügt wie in (93)43. (93)

az-