Josepha Dominica von Rottenberg (1676–1738): Ihr Leben und ihr geistliches Werk 9783050068657, 3050021594, 9783050021591


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Table of contents :
Vorwort
Inhalt
Abkürzungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Teil I. Lebensbeschreibung
1. Einführung
2. Voraussetzungen
3. Bausteine Einer Lebensbeschreibung
Teil II. Texterschließung
4. Erschließung der Schriften Dominica von Rottenbergs
5. Quellentexte zur Biographie
6. Textbeispiele aus den Geistlichen Schriften Dominica von Rottenbergs
Register
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Josepha Dominica von Rottenberg (1676–1738): Ihr Leben und ihr geistliches Werk
 9783050068657, 3050021594, 9783050021591

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Günter Eßer

JOSEPHA DOMINICA VON ROTTENBERG (1676-1738)

Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens.

Neue Folge Band 2

Im Auftrag der Dominikanerprovinz Teutonia herausgegeben von Isnard W. Frank OP (Federführender Herausgeber) Kaspar Elm Ulrich Horst OP Walter Senner OP

Günter Eßer

JOSEPHA DOMINICA VON ROTTENBERG

(1676-1738)

Ihr Leben und ihr geistliches Werk

Akademie Verlag

Günter Eßer Dominikanerkloster Walberberg Postfach 6120 5303 Bornheim 3 Bundesrepublik Deutschland

Gedruckt mit Unterstützung der Dominikanerprovinz Teutonia

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Eßer, Günter: Josepha Dominica von Rottenberg : (1676-1738); Ihr Leben und ihr geistliches Werk / Günter Eßer. - Berlin : Akad. Verl., 1992 (Quellen und Forschungen zur Geschichte des Dominikanerordens ; N.F., Bd. 2) Zugl.: Fribourg, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-05-002159-4 NE: GT

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 1992 Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der VCH Verlagsgruppe. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form - by photoprinting, microfilm, or any other means - nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. Satz, Druck und Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, 0-5820 Bad Langensalza Printed in the Federal Republic of Germany

Diese These wurde als Dissertation von der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg, Schweiz, genehmigt in der Sitzung vom 27.11.1990 auf Antrag der Herren Professoren Dr. Josef Siegwart (erster Referent) und Dr. Servais Pinkaers (zweiter Referent und gleichzeitig Dekan).

VORWORT

Die hier vorgelegte Arbeit über Leben und Werk der Dominikanerin Josepha Dominica von Rottenberg geht in ihren Vorüberlegungen auf den verstorbenen Schweizer Dominikaner-Historiker Pater Dr. Dominikus Planzer zurück. Des öfteren hatte er in früheren Jahren Prof. Josef Siegwart auf die Bedeutung dieser Ordensfrau in ihrer Zeit und für die Ostschweiz hingewiesen. Dank der helfenden und stets ermutigenden Begleitung durch Prof. Siegwart kann nunmehr dieses Forschungsergebnis als Doktorthese im Fach Kirchengeschichte an der Theologischen Fakultät der Universität Fribourg vorgelegt werden. Neben der 1989 publizierten ausführlichen Arbeit A. Knoepflis über Klosterbau und Kunstschätze von St. Katharinental, in der auch das historische und kirchliche Umfeld zur Lebenszeit Dominica von Rottenbergs in der gebotenen Kürze behandelt wird, beschäftigen sich nur einige wenige ältere Veröffentlichungen auch mit dem geistlichen Leben dieser Ordensfrau.1 Die meisten Publikationen - in der Regel Kunst- oder Reiseführer - weisen nur mit einer Nebenbemerkung auf die spirituelle Bedeutung Schwester Dominicas hin. Hier wird erstmals ihr geistliches Gesamtwerk erschlossen und anhand autobiographischer Texte sowie Auszüge ihrer geistlichen Schriften ein Lebensbild gezeichnet und der Öffentlichkeit vorgestellt. Da sich diese Darstellung auf bisher unveröffentlichte Handschriften stützt, treten Fragen auf, deren Beantwortung für Psychologen, Mediziner oder Sprachwissenschaftler sicher von Interesse wäre. Diese Arbeit kann solche Antworten nicht geben. Der Verfasser versteht sie als einen Beitrag zur Kirchengeschichtsforschung des 18. Jahrhunderts; mit ihr will er einen kleinen Stein in das große Mosaik der Kirchen- und Spiritualitätsgeschichte einfügen. Es gilt an dieser Stelle zu danken: indirekt Pater Dr. Dominikus Planzer für seine Anregungen, die lebendig geblieben sind. Sie haben es ermöglicht, Dominica von Rottenberg neu zu „entdecken". Der Dank gilt Herrn Prof. Josef Siegwart, ohne dessen fachliche und brüderliche Mitsorge diese Arbeit sicher nicht hätte fertiggestellt werden können, aber auch Herrn Prof. Servais Pinckaers für die Mühe des Zweitgutachtens.

' Genannt seien nur KUHN, K.: Thurgovia Sacra, Frauenfeld 1883; WILMS, H.: Geschichte der deutschen Dominikanerinnen, Dülmen 1920.

7

Zu danken gilt es meinen dominikanischen Mitschwestern in Weesen und den benediktinischen Mitbrüdern des Stiftes Einsiedeln, in deren Archiven ich problemlos an den Handschriften arbeiten durfte; meiner Ordensprovinz und meinem Konvent St. Andreas in Köln, die mir den nötigen Studienfreiraum ermöglichten; Frau Irmgard Asdonk, die nicht nur die sorgfältige Computer-Druckvorlage erstellt hat, sondern manche weiterführende Vorstellungen in diese Arbeit mit einbrachte; den Herausgebern für die Aufnahme in die „Quellen und Forschungen zur Geschichte des Domikanerordens". Mein erster und wichtigster Dank aber gilt Gott, dem Herrn der Geschichte. Wie Dominica von Rottenberg und ihre Zeitgenossen zu seiner Ehre lebten und wirkten, so möge auch unser Tun dazu beitragen, daß sein Reich komme. Köln, im September 1992

8

fr. Günter Eßer OP

INHALT

Vorwort Inhaltsverzeichnis Abkürzungen Quellen- und Literaturverzeichnis

7 9 13 15

1.

27

Einführung

Teil I Lebensbeschreibung 2.

Voraussetzungen

30

2.1. 2.1.1 2.1.1.1 2.1.1.2 2.1.1.3 2.1.2 2.1.2.1

Die politische Situation zu Lebzeiten Dominica von Rottenbergs Die politische Situation in der Schweizer Eidgenossenschaft Die politische Staatsstruktur der Eidgenossenschaft Die Eidgenossenschaft im konfessionellen Streit Außenpolitik zwischen französischem Einfluß und Neutralität .... Zur politischen Situation im Thurgau Spannungen in der Zeit zwischen Reformation und Toggenburger Krieg Die kirchliche Situation zur Zeit Dominica von Rottenbergs Die Bedeutung der Jesuiten und Schweizer Benediktiner für die nachtridentinischen Reformbemühungen Die katholische Eidgenossenschaft und die tridentinischen Reformbemühungen Ausdrucksformen barocker Frömmigkeit Eucharistiekult und Brautmystik Marien- und Heiligenverehrung Theologische und spirituelle Engführungen Jansenismus und Gnadenlehre Quietismusstreit und antimystische Tendenz Das dominikanische Umfeld Die vortridentinische Observanzbewegung im Predigerorden

30 31 31 33 35 35

2.2. 2.2.1 2.2.2 2.2.3 2.2.3.1 2.2.3.2 2.2.4 2.2.4.1 2.2.4.2 2.3. 2.3.1

35 36 36 39 40 41 41 43 43 45 46 47 9

2.3.2 2.4.

Die neue Provinz „Saxonia" Zur Geschichte des Klosters St. Katharinental

50 53

3.

Bausteine einer Lebensbeschreibung

56

3.1. 3.1.1 3.1.2

Äußere Biographie Josepha Dominica von Rottenbergs Jugend, Klostereintritt, Noviziat Ekstasen und Offenbarungen - Die damit verbundenen Komplikationen Krankheiten und .wunderbare'Heilungen Die Priorin Geistliche Grundlage: Das Leben der ,Braut' ermöglichen Örtliche Grundlage für die Reform: Der Klosterneubau Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Reform Die Reform einiger Frauenklöster im St. Galler Land und im Toggenburg Kirchneubau und offizielle Errichtung der strengen Klausur Die Familie von Rottenberg Die Eltern Die Geschwister Neffen Innere Biographie Josepha Dominica von Rottenbergs Einleitung Geistliche Lebensphasen Dominica von Rottenbergs, anhand ihrer geistlichen Erfahrungen nachgezeichnet Die Zeit des geistlichen Wachsens Die Zeit der Prüfung und Zuversicht Die Zeit der geistlichen Bestätigung Die Zeit der ,hohen Liebe' Die Zeit der praktischen Liebe' Inhaltliche Struktur der Inneren Biographie Dominica Josepha von Rottenbergs Hinführung Die Struktur von Dominica von Rottenbergs Liebe Die Struktur von Dominica von Rottenbergs demütiger Selbsterkenntnis Ausblick Eine Frau des Barock Aus welchen geistlichen Quellen schöpfte Dominica von Rottenberg? Würdigung

56 56

3.1.3 3.1.4 3.1.4.1 3.1.4.2 3.1.4.3 3.1.4.4 3.1.4.5 3.1.5 3.1.5.1 3.1.5.2 3.1.5.3 3.2. 3.2.0 3.2.1 3.2.1.1 3.2.1.2 3.2.1.3 3.2.1.4 3.2.1.5 3.2.2 3.2.2.0 3.2.2.1 3.2.2.2 3.3. 3.3.1 3.3.2 3.3.3 10

60 66 71 72 76 78 86 92 95 95 97 99 101 101 104 105 112 120 121 126 129 129 133 144 152 152 153 157

Teil II Texterschließung 4.

Erschließung der Schriften Dominica von Rottenbergs

4.0 4.1. 4.2. 4.3. 4.4. 4.4.0 4.4.1

Einführung 161 Der Weg der Schriften nach der Auflösung des Klosters 162 Ordnungsversuche 163 Originale und Abschriften 164 Bestand-Aufnahme der Schriften 165 Einführung 165 Die Schriften Dominica von Rottenbergs nach der Auflistung von P. Joachim Kurz O P ( 1768) 166 Weitere geistliche Schriften Dominica von Rottenbergs 198 Schriften zur Biographie und Aufzeichnungen P. Hohenbaum van der Meers 205 Geistliche Schriften mit unsicherer Verfasserschaft 209 Schriften über Klosterämter 209 Schriften von (über, an) Dominica von Rottenberg an anderen Standorten 215

4.4.2 4.4.3 4.4.4 4.4.5 4.4.6

161

5.

Quellentexte zur Biographie

217

5.0. 5.1. 5.1.1 5.1.1.1 5.1.1.2 5.1.1.3 5.1.2 5.1.2.1 5.1.2.2 5.1.2.3 5.1.2.4 5.1.2.5 5.1.3 5.1.3.1 5.1.3.2 5.1.4 5.1.5

Einführung Autobiographische Fragmente „Von Antretung des geistlichen Standes" „Von der Haubt-Ursach ihres (geistlichen) Berufs" „Wie wunderbarlich sie in das Closter Catharinenthal gekommen" „Was sich in dem Novitiat zugetragem" „Von ihrer Liebe zu Gott" „Von dem Anfang und ersten Antrib zur Liebe Gottes" „Von dem zweiten Antrieb zur Liebe Gottes" „Von dem tritten Antrieb zur göttlichen Liebe" „Von der Inbrunst ihrer Liebe zu Gott" „Wie ihre Liebe nur auf Gott allein und zu seiner Ehr abziele" .... „Von der Beicht und heiligen Communion" „Vom Haß der Sünd" „Von Reüh und Leid" „Von dem Gebett und Vertrauen auf Gott" „Von der Demut"

217 218 218 218 223 224 227 227 230 236 239 257 259 259 262 266 268 11

5.1.6 5.1.7 5.2. 5.2.1 5.2.2 5.2.3 5.2.4 5.2.5 5.3. 5.3.1 5.3.2 5.3.3

„Von innerlichen Verlassenheiten" „Von ausserordentlichen Gnaden" Kranken- und Heilungsbericht Gichtanfall und Heilung Die dreimalige Blindheit Knochenbruch und Heilung Gallenkolik, Knochenbruch und Gicht Erneuter Kniescheibenbruch Geistliche Erfahrungen Aufzeichnungen der Jahre 1700-1705 Aufzeichnungen der Jahre 1716-1725 Aufzeichnungen der Jahre 1725-1737

270 275 282 282 284 289 296 297 300 300 313 326

6.

Textbeispiele aus den geistlichen Schriften Dominica von Rottenberg

330

Über den Empfang der Eucharistie Einführung Der Text Von der Liebe Gottes Einführung Der Text Gespräch mit Gott Einführung Der Text Auslegung der hohen Lieder Salomonis Einführung Der Text Textbeispiele zum Thema Demut Einführung Die Textbeispiele Aus der „Regel eines Noviziates" Aus der „Regel eines vollkommenen geistlichen Lebens" Aus der „Auslegung des Vater unser und Ave Maria"

330 330 333 358 358 361 378 378 380 388 388 393 414 414 417 418 426 431

6.1. 6.1.0 6.1.1 6.2. 6.2.0 6.2.1 6.3. 6.3.0 6.3.1 6.4. 6.4.0 6.4.1 6.5. 6.5.0 6.5.1 6.5.1.1 6.5.1.2 6.5.1.3

Register

12

437

ABKÜRZUNGEN

Außer den hier aufgeführten Abürzungen folgt diese Arbeit der „Theologischen Realenzyklopädie, Abkürzungsverzeichnis", zusammengestellt von SCHWERTNER, S„ Berlin - New York 1976. AFP

Archivum Fratrum Praedicatorum, (= Veröffentlichungen des hist. Institutes des Dominikanerordens, Rom) Deutsche Thomas-Ausgabe DThA Exp. Explicit Fußnote(n) Fn. GLA Badisches General-Landesarchiv. Karlsruhe GRIMM Deutsches Wörterbuch, hg. v. GRIMM, J. u. W„ Bd. I-XVI HOHENBAUM-Geschichte HOHENBAUM VAN DER MEER, M.: Geschichte des Gotteshauses St. Katharinental (1792) HOHENBAUM-Urkundenbuch ders.: Urkundenbuch des Gotteshauses St. Katharinental (1792) HOHENBAUM-Abhandlungen ders.: Geistliche Abhandlungen Dominica von Rottenbergs (1794) HOHENBAUM-Baugeschichte ders.: gedruckter Anhang zu: FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte des Gotteshauses St. Katharinental Incipit Inc. JOHANNES VOM KREUZ JOHANNES VOM KREUZ, Sämtliche Gesamtausgabe Werke, Bd. I-V, hg. v. ALTHOFER, A., u. a. 13

KRANKENBERICHT LThK niederl. MA R

StaAFra StAStG StAE TB 1, TB 2

THERESIA VON AVILA Gesamtausgabe Vision(en)

WELZ-RUEF

Aus den Aufzeichnungen von R Guinandus Primus (5.2.) Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Auflage niederländisch Mittelalter Handschriften des Rheinauer Archivs (= Abteilung Des Stiftarchivs Einsiedeln) Staatsarchiv Frauenfeld Stiftsarchiv St. Gallen Stiftsarchiv Einsiedeln Tagebuch des Fürstabtes Joseph von Rudolfi, Bd. I (1717-1726), Bd. II (1727-1740) THERESIA VON JESUS, Sämtliche Schriften, hg. v. ALKOFER, A„ Bd. I-VI Aus den Aufzeichnungen der Geistlichen Erfahrungen D. v. Rottenbergs nach P.G.Primus u. Schw.M.Th.Püntener (5.3.) WELZ, K„ u. RUEF, E.: Geschichte der Deutschen und hernach Sächsischen Provinz Pred. Ordens

WE-Rtb

Klosterarchiv Weesen, Handschriftenbände D. v. Rottenbergs

Z.

Zeile(n).

14

QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS

I. Quellen: 1. Geistliche Schriften Dominica von Rottenbergs, Klosterarchiv Weesen und Stiftsarchiv Einsiedeln (s. Kapitel 4. bis 4.4.5) 2. Schriften von (über, an) Dominica von Rottenberg außerhalb des Klosterarchivs Weesen und des Stiftsarchivs Einsiedeln (Rheinauer Archiv) (s. Kapitel 4.4.6). 3. Sonstige Archivalien. BADISCHES GENERAL-LANDESARCHIV, Karlsruhe Lehens- und Adelsarchiv Abt. 44: (Urkunden) - 44-8201 Lehensbrief Adam Wolfgang von Rottenbergs, 16.1.1714. Abt. 72: (Akten) - 1 Brief vom 21. 2.1705 - 4 Brief vom 30.12.1705 - 5 Kopie eines Vertrages vom 24. 1.1713 -6 Brief vom 2. 8.1718 - 8 Urkundenkopie vom 16.1.1714 - 10 Kopie eines Auszuges aus dem Totenregister in BadenBaden, beglaubigt in Freiburg am 28. 1.1738 (Tod Adam Wolfgangs von Rottenbergs am 29. 3.1737) -13 Brief vom 15.4.1737 -16 Brief vom 2. 3.1763 - 17 Kopie des Lehensbriefes vom 2. 7 1763 -18 Auszug Totenbuch Waldkirch, Franz Karl von Rotten berg vom 2. 7.1763 - 20 Kopie des Lehensbriefes vom 7. 8.1764. 195-1502 Bitte des Stiftspropstes v. Rottenberg in Familienangelegenheiten nach Wien und Einsiedlen reisen zu dürfen. - 1 Brief Johann Anton Wolfgang v. Rottenbergs an den Markgrafen von Baden vom 13.10.1734. - 3 Brief Adam Wolfgang v. Rottenbergs an den Markgrafen vom 31.10.1735. 15

195-1503 - 3 195-1493

- 1 - 4

"Des Herrn Probsten von Rottenberg Wiener Reuß" Brief des Propstes an den Markgrafen vom 28.10.1735. Präsentation und Investitur des Johann Anton Wolfgang v. Rottenberg zum Propst des Collegiatstiftes Baden. Brief der Markgräfin Sybilla von Baden-Baden an den Bischof von Speyer vom 19. 2.1723. Examen des Propstes J. A. W. v. Rottenberg vor Kardinal von Schönborn in Bruchsal am 31. 5.1723.

GRAF VON KAGENECK Informationen zur Familie von Rottenberg (auf Anfrage zugesandt am 9.11.1983). REGESTUM

Litterarum Ordinationum alierumque Disposititionum, Ordensarchiv Rom, S. Sabina. IV/200 IV/216 IV/218 IV / 230.

TOTENBUCH der Stifts-Pfarrkirche St. Peter und Paul, Baden-Baden, Bd. I (1689-1782). WELZ, K„ u. RUEF, E.: Geschichte der Deutschen und hernach Sächsischen Provinz Pred. Ordens, Handschrift in 3 Bänden von 1810, Bistumsarchiv Augsburg (HsK 90).

II. Literatur: ALFARO, J.: Ziel, in: LThK X, Freiburg 21965, 1367-1369. AUGUSTINUS, A„ Bekenntnisse, hg. v. Bernhart, J., München21960. BAADER, R.: Das Frauenbild im literarischen Franreich, WdF 611, Darmstadt 1988. BERNHARD VON CLAIRVAUX: Das Hohelied (86 Ansprachen über die beiden ersten Kapitel des Hohenliedes Salomons), hg. v. Friedrich, E., Gesamtausgabe in dt. Sprache, V, Wittlich 1937; VI, Wittlich 1938. 16

BETZ, J.: Eucharistie, in: HTTL II, Freiburg 1972, 226-241. BIAUDET, J.-C.: Der modernen Schweiz entgegen. Regeneration, in: Handbuch der Schweizer Geschichte, II, Zürich 21980, 841-867. BLANK, W.: Die Nonnenviten des 14. Jahrhunderts, Engen 1962. - Umsetzung der Mystik in den Frauenklöstern, in: Mystik am Oberrhein, Freiburg 1978, 25-36. BLOMMESTIJN, H.: Die Schlängelwege der Mystik, in: Mystik I, Düsseldorf 1983,58-70. BRAUBACH, M.: Vom Westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution, dtv- Ausgabe von Gebhardts Handbuch der Deutschen Geschichte, X, München 8 1988. BREVIARIUM iuxta Ritum Ordinis Praedicatorum, Rom 1957. BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE, Wiesbaden 171966-1974. BÜCHI, A.: Zur tridentinischen Reform der thurgauischen Klöster, in: ZSKG, 1, Stans 1907, 1-19; 211-214. CASSUTT, L.: Einigung, in: LThK III, Freiburg21959, 759. COGNET, L.: Gottes Geburt in der Seele, Freiburg 1980. DECKER, O.: Die Stellung des Predigerordens zu den Dominikanerinnen (1207 bis 1267), QGDOD 31, Vechta 1935. DENZIGER, H./SCHÖNMETZER, A.: Enchiridion Symbolorum et Declarationum de rebus fidei et morum, Freiburg 361976. DEUTSCHE THOMAS-AUSGABE - Bd. I (Gottes Wesen und Dasein, kommentiert v. Siemer, A. u. Christmann, H.) Salzburg 31934. Fotomechan. Nachdruck: Graz 1982. - Bd. II (Gottes Leben, sein Erkennen und Wollen), Salzburg 1934. - Bd. XXI (Tapferkeit, Maßhaltung, 1. Teil, kommentiert v. Groner, J. F.) Heidelberg 1964. - Bd. XXIII (Besondere Gnadengaben und die zwei Wege des Menschen,kommentiert v. von Balthasar, U.), Heidelberg 1954. DICTIONNAIRE DE SPIRITUALITE, hg.v. VILLER, M. u.a., Bd. I-XIV (noch nicht abgeschlossen), Paris 1937-1990. DÖRRER, A.: Allerseelentag, in: LThK I, Freiburg 21957. 349-350. DREWERMANN, E.: Tiefenpsychologie und Exegese, I, Traum, Mythos, Märchen, Sage und Legende, Ölten 1984. DUDEN, Bd. I-VI, Mannheim 1976-1981. DUFRENE, M.: Die auserlesniste Andacht zu dem Allerheil. Sacrament des Altars in dem hohen Tugend-Wandel der Dienerin Gottes Maria Dominica Josepha von Rottenberg, Augsburg 1751. DUFT, J.: Die Glaubenssorge der Fürstäbte von St. Gallen im 17. und 18. Jahrhundert, Luzern 1944. 17

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23

TEIL I Lebensbeschreibung

1.

EINFÜHRUNG

„Gott hat nicht nur starke Söhne",1 so lautet ein Buchtitel von Catharina Halkes, mit dem sie einer breiten Leserschar ihre Vorstellungen über feministische Theologie nahebringen will. „Gott hat nicht nur starke Söhne" - sondern auch starke Töchter, sollte man wohl ergänzen. Starke Töchter, die, erfüllt von der Liebe zu ihrem Glauben und ihrer Kirche, die ihnen geschenkten Begabungen und Fähigkeiten einzusetzen bereit waren und sind zum Aufbau des Reiches Gottes. Zu diesen starken Töchtern Gottes sind Frauen zu zählen, die die Politik der Päpste zu beeinflussen wußten wie Brigitta von Schweden oder Caterina von Siena; die Priestern und Ordensleuten unmißverständlich ihr Fehlverhalten vorhielten und sie zur Umkehr mahnten, wie es eine Hildegard von Bingen konnte. Oder auch eine Theresia von Avila, unermüdlich unterwegs, um ihren Orden zu reformieren und neue Klöster zu gründen. Ihr charismatischer Geist und ihr Lebensrealismus sind bis heute lebendig geblieben und helfen Menschen, ihr geistliches Leben zu gestalten. Solche großen Frauengestalten hatten und haben Ausstrahlung auf die Gesamtkirche. Sie sind Vorbilder für viele, die ihren Platz suchen in der Kirche, die um ihren Platz kämpfen in einer geschwisterlichen Kirche für morgen. Die in dieser Arbeit vorgestellte Dominikanerin Josepha Dominica von Rottenberg gehört sicher nicht zu diesen großen Frauen der Kirchengeschichte, dazu war ihr Einfluß zu gering, ihr Aktionsradius zu beschränkt und ihre geistliche Ausstrahlung zu sehr auf die Epoche beschränkt, in der sie lebte und wirkte. Aber auch sie hat ein Stück Kirchengeschichte geschrieben! Vorliegende These will ihr Leben in den vorgegebenen historischen Rahmen hineinstellen und die Quellen für jede künftige Arbeit über sie und ihr umfangreiches Schrifttum erschließen. Damit soll ein Beitrag geleistet werden zur Geschichte des Dominikanerordens und zur Kirchengeschichte der Schweiz im 18. Jahrhundert. Neben einer ausführlichen Betrachtung der historischen Voraussetzungen, ohne die Dominica von Rottenbergs Leben und Wirken nicht zu verstehen und einzuordnen sind (Kapitel 2), wird in einem Zweierschritt ein Lebensbild dieser Ordensfrau gezeichnet: Die ÄUSSERE BIOGRAPHIE trägt ihre Lebensdaten und ' HALKES, C.: Gott hat nicht nur starke Söhne. Grundzüge der feministischen Theologie, übers, v. Krattinger-van Grinser, U., Gütersloh211980. 27

wichtige Lebensereignisse zusammen, soweit diese zugänglich sind; die INNERE BIOGRAPHIE versucht, ihr geistliches Leben in seinen Entwicklungsstufen und Eigenheiten aufzuzeigen und zu erhellen (Kapitel 3). Zu diesem Zweck werden nach der Gesamtaufnahme ihrer Werke in Originalen und Abschriften, soweit diese auffindbar waren (Kapitel 4), wichtige Ausschnitte aus ihren Schriften erstmals veröffentlicht. Die biographischen Texte, darunter ein großer Teil autobiographischer Fragmente (Kapitel 5), werden durch ausgewählte Auszüge aus ihren anderen geistlichen Werken ergänzt (Kapitel 6). Kurz und knapp kann Dominica von Rottenbergs Lebensgeschichte unter dem Merksatz zusammengefaßt werden: Eine Frau setzt sich durch! Wobei dieses „sich" immer zu verstehen ist im Zusammenhang mit dem göttlichen Plan, den zu verwirklichen sie Dienerin und Werkzeug sein will. Drei wichtige geistliche Erfahrungen prägen und leiten ihr Leben und Schaffen: 1. Durch die politischen Ereignisse des ausgehenden 17. Jahrhunderts im süddeutschen Raum bedingt, konnten französische geistliche Strömungen auch im deutschsprachigen Raum Fuß fassen. Franz von Sales' bewußt gewählte ,via media' zwischen einem extremen Augustinismus, wie ihn die Jansenisten vertraten und der Betonung des freien Willens und der menschlichen Initiative durch einige Jesuiten, beeinflußten sie dabei genauso wie seine Liebesspiritualität und die zeitbedingten Engführungen in der Frömmigkeitspraxis, besonders bei Beichte und Eucharistie. 2. Das Durchsetzen ihres Lebensplanes, im eigenen Konvent eine Klosterreform durchzuführen, war für sie eine göttliche Sendung; die ihr geschenkten Gotteserfahrungen bestärkten sie darin. Es ist sicher nicht überinterpretiert, wenn sie sich als eine Art „dominikanische Wiedergeburt" der großen heiligen Theresia von Avila betrachtete. 3. Für ihren geistlichen Weg war das Brautmotiv entscheidend. Die Ordensfrau als geistliche Braut in der Tradition des Hohenliedes hat alles daranzusetzen, ihrer Berufung gerecht zu werden. Das schließt unbedingten Gehorsam gegenüber den Ordensoberen ein, die für sie die Stelle Gottes vertreten, das bedingt aber umgekehrt auch unbedingten Gehorsam der Oberen gegenüber ihrem Auftrag, den Ordensfrauen ein solches Leben zu ermöglichen. So sind auch ihr eigenes Gehorsamsverhalten und ihr persönliches Engagement zu verstehen. Was 150 Jahre nach dem Konzil von Trient an Ordensreformen in St. Katharinental durch die Vertreter der „Männerkirche" nicht verwirklicht werden konnte, 28

schaffte Dominica von Rottenberg. Es geschah in einer Zeit, in der der Frau „jede moralische und intellektuelle Stärke" abgesprochen wurde. 2 Man darf natürlich nicht der Versuchung erliegen, diese Reform, mit der sie ihre Mitschwestern zur strengen Klausur und zur Ursprünglichkeit der Ordenssatzungen zurückführen wollte, mit heutiger Theologie und geistlicher Praxis beurteilen zu wollen. Sie so durchzuführen, wie es Dominica und ihren Vorgesetzten gelang, lag in der geistlichen Auffassung der Zeit und bildete einen Schlußpunkt hinter den Reformbestrebungen des tridentinischen Konzils. Ihre Bedeutung und Größe liegen wohl besonders darin, daß sie trotz vieler innerer und äußerer Widerstände an ihrem Lebensziel unverrückbar festhielt. Wer ihr Leben betrachtet und es nach einem psychologischen Modell deuten wollte, wird unvermeidlich zur Lösung greifen: Aus Widerstand gegen den Vater trat sie in ein Kloster ein, rang damit die Autorität des Vaters in sich nieder, um dann bis zur Hörigkeit einer anderen Autorität zu „verfallen": nämlich der Kirche und den Ansichten ihres Beichtvaters. Aber das ist eben nur die eine Seite dieser Frauengestalt. Die Beschäftigung mit ihren Texten läßt unterschiedliche Ebenen zutage treten: geistliche Enge und Angst, aber auch mystische Erfahrungen in einer barock-ausladenden Braut-Spiritualität; eigene Autorität und persönliche Überzeugungskraft, Leidensfähigkeit und ein durchaus selbstbewußtes Sendungsbewußtsein mit charismatischer Berufung. Das Geheimnis Dominica von Rottenbergs liegt wohl darin, daß sie an dieser Spannung zwischen den unterschiedlichen Lebensebenen in ihr nicht zerbrochen ist, sondern ihren Weg getreu zu gehen wußte und genau darin für viele Gottsuchende ihrer Zeit zum Vorbild wurde. Dominica von Rottenberg ist sicher nicht Theologin im heutigen Sinn, wie sollte sie auch, da ihr als Frau die Beschäftigung mit der Theologie als Wissenschaft verwehrt war; sie ist auch nicht unter die großen mystischen Gestalten zu zählen, deren geistliche Erfahrungen heute noch Wegweisung geben können. Aber ihr umfangreiches Schrifttum, von dem hier nur ein sehr geringer Teil vorgestellt werden kann, spiegelt fast die ganze Spiritualität ihrer Zeit wider. So kann sie in ihrem Ordensleben und in ihrem geistlichen Tun als Zeitzeugin angesehen werden für Kirche und Orden in den letzten Jahrzehnten einer alten Zeit, bevor sich mit der französischen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts Gesellschaft und Kirche grundlegend zu verändern begannen.

2

BAADER, R.: Das Frauenbild im literarischen Frankreich, WdF 611, Darmstadt 1988, 2. 29

2.

VORAUSSETZUNGEN

2.1.

Die politische Situation zu Lebzeiten Dominica von Rottenbergs

Sechsundzwanzig Jahre liegen zwischen dem Ende des Dreißigjährigen Krieges und dem Geburtsjahr Dominica von Rottenbergs (1676). Nach Schätzungen verlor Deutschland in den Kriegsjahren 40% seiner Land- und 30% seiner Stadtbevölkerung. Landwirtschaft und Viehzucht lagen am Boden, die allgemeine Verschuldung wuchs, außerdem waren die Menschen dem wirtschaftlichen Einfluß des Auslandes preisgegeben.1 Nur mühsam erholten sich die deutschen Länder von dieser Katastrophe, wenn sich auch Reich und Reichsstände bald anschickten, eine lebbare Ordnung (wieder-)herzustellen. So waren es in Würzburg, der Geburtsstadt Dominica von Rottenbergs, vor allem die Fürstbischöfe der Familie von Schönborn, die für die Neubelebung des Frankenlandes Sorge trugen und der Stadt ihr barockes Aussehen gaben.2 Eine Friedenszeit wurden die Lebensjahre Dominica von Rottenbergs allerdings nicht. Bis in die zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts hinein belasteten Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen die Menschen in Europa schwer: Neben der anhaltenden Bedrohung der christlichen Welt durch die Türken3 und die Expansionsabsichten der Schweden, waren es die Hegemonieansprüche Ludwigs XIV., die große Teile Deutschlands in Mitleidenschaft zogen4. Besonders die rechtsrheinischen Gebiete Südwestdeutschlands waren immer wieder bedroht. ' Vgl. HUBASCH, W.: Das Zeitalter des Absolutismus, Braunschweig 3 1970, 47-49. Vgl. RAAB, H.:Schönborn, in: LThK IX, 451-454 3 Ein entscheidender Sieg wurde am 12.9.1683 am Kahlenberg bei Wien errungen. 4 Zu erwähnen ist hier u. a. der Pfälzer Krieg (1688-1697), in dem Ludwig XIV. versuchte, das Erbe seiner Schwägerin Lieselotte von der Pfalz an sich zu reißen. Als sich der König einer mächtigen Allianz gegenüber sah (Kaiser, ein großer Teil der Reichsfürsten, Spanien, Großbritannien und Savoyen), entschloß er sich zum Rückzug der,verbrannten Erde': Städte wie Bingen, Worms, Speyer, Mannheim und Heidelberg sanken in Schutt und Asche. Aber die Interessen der im Kampf gegen Frankreich verbündeten Länder waren so unterschiedlich, daß es nicht gelang, die Macht Ludwigs zu brechen. Im Frieden von Rijswijk (30. 10. 1697) mußte sich der Kaiser damit begnügen, Freiburg, Breisach, Kehl und Philippsburg zurückzuerhalten. (Vg. BRAUBACH, M.: Vom westfälischen Frieden bis zur Französischen Revolution, dtv-Ausgabe von Gebhardts Handbuch der Deutschen Geschichte X, München "1988, 76-82). 2

30

Freiburg z. B. war 1677 französisch geworden und kam erst 20 Jahre später, durch den Frieden von Rijswijk (1697), an Habsburg zurück. Während der französischen Okkupation mußte die vorderösterreichische Regierung, der Dominica von Rottenbergs Stiefvater seit 1690 als Vizekanzler angehörte5, nach Waldshut ausweichen. Und noch einmal geriet der habsburgische Breisgau in große Nöte, als die Stadt Freiburg während des Spanischen Erbfolgekrieges (1701-1714) im Herbst 1713 der wohl schlimmsten Belagerung ihrer Geschichte ausgesetzt war und trotz der heldenhaften Verteidigung durch österreichische Soldaten von den Truppen Ludwigs erobert wurde. Nur der baldige Friede von Rastatt zwischen dem Kaiser und Ludwig (6. März 1714) ermöglichte eine baldige Wiederherstellung der ursprünglichen Besitzverhältnisse.6

2.1.1

Die politische Situation in der Schweizer Eidgenossenschaft

2.1.1.1

Die politische Staatsstruktur der Eidgenossenschaft

Mit dem Westfälischen Frieden von 1648 schied die Föderation der Schweizer ,Orte' aus dem Verband des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation aus, das heißt, durch die vom Kaiser anerkannte „Exemtion" wurde dieser Zusammenschluß von Städten und Landschaften, der sich seit dem 13. Jahrhundert in mehreren historischen Schritten herausgebildet hatte, völkerrechtlich unabhängig.7 Zu diesem Zeitpunkt bildeten 13 ,Orte' den eigentlichen Kern der Schweizer Eidgenossenschaft: Die Urkantone Schwyz, Unterwaiden und Uri, die am 9. Dezember 1315 den Landfriedensvertrag von Brunnen geschlossen hatten, erweiterten sich noch im selben Jahrhundert zu den sogenannten ,Acht alten Orten' durch den Beitritt von Luzern und Glarus (1332), Zürich (1351), Zug (1352) und Bern (1353) zum Bund. Bis 1513 (Beitritt Appenzells) war die Erweiterung auf nunmehr »Dreizehn Orte' abgeschlossen, nachdem sich Freiburg im Uechtland und Solothurn (1481) sowie Basel und Schaffhausen (1501) der Eidgenossenschaft angeschlossen hatten.8 5

6

7

8

Vgl. 3.1.5.1 - Wir wissen aus den Autobiographischen Fragmenten (5.1.1.1 Z. 6-7), daß die Schwester Dominicas auf der Schule französisch gelernt hatte, was bei der andauernden französischen Bedrohung sicher lebensnotwendig war. RICKER, L.A.: Freiburg - aus der Geschichte einer Stadt, unverändeter Nachdruck der 1964 erschienenen Ausgabe, Freiburg 1982, 83-86. Vgl. dazu STADLER, P.: Das Zeitalter der Gegenreformation; - die westfälischen Friedensschlüsse und die formelle Loslösung der Eidgenossenschaft vom Reich, in: Handbuch der Schweizer Geschichte I, Zürich 2 1980, 640-642. Vgl. im Überblick IM HOF, U.: Geschichte der Schweiz, Stuttgart '1980, 28-41. 31

Neben dieser Kerngruppe von Orten und Landschaften gehörten zum Verband die sogenannten ,Zugewandten Orte'. 9 Es waren die Städte St. Gallen, Biel, Mühlhausen, Rottweil, Genf sowie die beiden geistlichen Territorien, das Fürstbistum Basel und die Fürstabtei St. Gallen, die sich, ähnlich wie das Fürstentum Neuenburg, in einer gewissen Zwitterrolle befanden,10 aber Bündnispartner waren oder in einem Schutzverhältnis zu den Eidgenossen standen." Das Wallis und das heutige Graubünden, damals die ,Drei Bünde', waren der Eidgenossenschaft nahestehende, aber selbständige Republiken. Gemeinsam traf man sich seit 1400 auf sogenannten Tagsatzungen, Bundesversammlungen zu denen jeder der Orte seine Vertreter schickte. Die dort gefallenen Entscheidungen mußten dann von den einzelnen Regierungen ratifiziert werden. Fester Verhandlungsort dieser Tagsatzungen blieb unter dem Vorsitz Zürichs bis zum ,Vierten Landfrieden' (1712) die Stadt Baden, danach wurde er nach Frauenfeld verlegt. Neben den regierenden ,Dreizehn Orten' und den verbündeten oder schutzsuchenden »Zugewandten Orten' existierten auf dem Gebiet der heutigen Schweiz noch die sogenannten ,Gemeinen Herrschaften',12 Territorien, die von mehreren ,Orten' gemeinsam verwaltet wurden: Die fünf,Deutschen Gemeinen Herrschaften' waren: Baden, das Freiamt, Thurgau, das Rheintal und Sarganz; die vier ,Ennetbirgischen"3 oder ,Italienischen': Lugano, Mendrisio, Locarno und Valle Maggia. Neun ,Gemeine Vogteien', in deren Verwaltung sich nur zwei oder drei 9

Zugewandt = verbündet. (Vgl. GRIMM XVI, 425) Neuenburg war seit 1504 im Besitz des Hauses Orléans-Longueville, 1512-1529 von Bern, Solothurn, Freiburg und Luzern besetzt. 1707 wählten die drei Stände den König von Preußen zu ihrem Herrn. - Bistum Basel und Stift St. Gallen blieben als geistl. Territorien Teile des Reiches. Im Zusammenhang mit den politischen und religiösen Unruhen schloß der Abt von St. Gallen noch am 28.7.1702 mit dem Kaiser einen Geheimvertrag, in dem die Zugehörigkeit der Stiftslande zum Deutschen Reich ausdrücklich hervorgehoben wurde, was in der ganzen Eidgenossenschaft nach Bekanntwerden einen Sturm der Entrüstung hervorrief. (Vgl. SALZGEBER, J.: Die Klöster Einsiedeln und St. Gallen im Barockzeitalter, Münster 1966, 217-218. " Beide St. Gallen erhielten 1667 endgültig Sitz und Stimme auf der Tagsatzung, während der Sitz von Biel noch bis ins 18. Jahrhundert gelegentlich von den katholischen Orten angefochten wurde. (Vgl. IM HOF, U., Ancien Régime, in: Handbuch der Schweizer Geschichte II, 676, Anm. 3).

10

12

13

32

Gemein = mehrere, die eine Herrschaft in gemeinschaftlichem Besitz haben. (Vgl. GRIMM IV. 1,3.200). Ennetbirgisch (ennen, ennet = jenseits) = jenseits des Gebirges (vgl. GRIMM III, 488), von den Ständen der Eidgenossenschaft nördlich der Alpen her gesehen.

,Orte' teilten, rundeten das Bild ab.14 Das Kloster St. Katharinental gehörte zur ,Gemeinen Herrschaft' des Thurgau.

2.1.1.2

Die Eidgenossenschaft im konfessionellen Streit

Zur Leb- und Wirkungszeit Dominica von Rottenbergs als Priorin von St. Katharinental hatten sich die eidgenössischen Stände in zwei konfessionsbedingte Lager aufgespalten, die bis ins 18. Jahrhundert hinein konfessionelle und davon nicht lösbare machtpolitische Konflikte austrugen.15 Der,Zweite Landfriede' vom 20. 11. 1531 hatte den katholischen Orten eine Vorherrschaft in der Gesamteidgenossenschaft gebracht, das heißt, sie besaßen in allen ,Gemeinen Herrschaften' die überwiegende Mehrheit in der Verwaltung und konnten sich auch bei den Tagsatzungen mit ihrer Politik durchsetzen. Den katholischen Kantonen der Innerschweiz: Schwyz, Uri, Unterwaiden, Luzern und Zug mit Freiburg und Solothurn, stand die Minorität der vier evangelischen Städte Zürich, Bern, Basel und Schaffhausen gegenüber. Glarus und Appenzell waren konfessionell paritätisch.16 Dieses katholische Übergewicht zu brechen, war ein Hauptanliegen der reformierten ,Vororte' Zürich und Bern. In St. Gallen regierte der Fürstabt ein konfessionell gespaltenes Land. Es gab das katholisch gebliebene oder rekatholisierte Fürstenland, die ,Alte Landschaft', gleichzeitig aber auch das Toggenburg. Das Toggenburg, die Heimat Zwingiis, war zum überwiegenden Teil reformiert geworden. Als Dominica von Rottenberg am 2. April 1712 Priorin in St. Katharinental wurde, kam eine weitere kriegerische Auseinandersetzung in der Eidgenossenschaft zum Höhepunkt: Schon 1688 war von den Toggenburgern gefordert worden, sie sollten sich an den Grenzbefestigungen im ,Fürstenland' beteiligen, was sie mit der Begründung ablehnten, sie hätten mit der ,Alten Landschaft' nichts gemein außer dem Fürsten.17 Jetzt verlangte der absolutistisch herrschende Fürstabt Leodegar Burgisser (1696-1717) von den Bewohnern des Toggenburg Fronarbeit zum Bau einer Verbindungsstraße über den Rickenpaß.

" 15

16

17

Vgl. im Überblick IM HOF, U.: Geschichte der Schweiz, a.a.O. 47-52. Die letzte große konfessionell bedingte Auseinandersetzung mit dem Sonderbund der katholischen Kantone im 19. Jahrhundert bleibt hier unerwähnt. Vgl. dazu auch unter 4.0 und 4.1 über das Schicksal der Handschriften D. v. Rottenbergs. Vgl. IM HOF, U.: Geschichte der Schweiz, a.a.O. 58-59; ders.: Handbuch der Schweizer Geschichte II, a.a.O. 692-694. Vgl. THÜRER, G.: St. Galler Geschichte I, St. Gallen 1953, 513.

33

Die freiheitsliebenden Toggenburger lehnten dies entschieden ab und erhielten Unterstützung durch Zürich und Bern. Die beiden reformierten ,Vororte' sahen durch eine solch strategisch wichtige Verbindung der katholischen Orte eine Bedrohung ihrer eigenen Sicherheit. Diese Straße garantierte dem katholischen Konfessionsteil bei eventuellen militärischen Auseinandersetzungen praktisch unerschöpfliche Nachschubreserven, besonders aus den habsburgischen Landen, wohingegen „ein freies, dem neuen Glauben günstig gesinntes Toggenburg ... die Brücke von Zürich nach Appenzell Außerrhoden, der Stadt St. Gallen und ins Rheintal schließen sowie dem Weg nach Graubünden und Glarus die Flanke decken" konnte.18 Die Auseinandersetzungen zogen sich fünf Jahre hin (1707-1712), bis sich schließlich in der Schlacht von Villmergen (25. Juli 1712) das Blatt zu ungunsten der Katholiken wendete. Die katholischen ,Orte' mußten im ,Vierten Landfrieden' vom 11. August 1712 massive Herrschafts- und Einflußeinbußen in Kauf nehmen, so zum Beispiel die Beteiligung Berns an der Mitregierung der alten ,Gemeinen Herrschaften' der Ostschweiz; Zürich erhielt die kirchliche Aufsicht über alle reformierten Gemeinden im Ostschweizer Gebiet, was über das rein Religiöse hinaus einen großen Einflußzuwachs bedeutete. Die Durchführung wirklicher Parität in den gemischt-konfessionellen Herrschaften und Vogteien Baden, Thurgau, Rheintal und Sarganz sollte die Gleichberechtigung bei der Entscheidung kritischer Fragen in bezug auf Kirchen, Schulen und Verwaltungsangelegenheiten sichern, wo bisher die katholischen Einwohner einseitig bevorzugt waren.19 Zwischen Abtei und aufständischem Toggenburg kam es erst zu einer Einigung, nachdem der Nachfolger Leodegar Burgissers, Joseph von Rudolfi, den Toggenburgern weitgehende innere Selbstverwaltung und vor allem Religionsfreiheit zugesichert hatte. Der Friede von Baden machte das Toggenburg zu einer konstitutionellen Monarchie'.20 Diese letzte Machtverschiebung auf konfessionellem Hintergrund schrieb bis zu den napoleonischen Veränderungen die innerschweizerischen Verhältnisse fest. Das alte Bundessystem blieb zwar funktionsfähig, aber es gab gemeineidgenössisch nicht mehr viel zu bestimmen. „Jeder Kanton schaute eben für sich selbst, und die Konföderation fuhr sich in einem gewissen Immobilismus fest, garantiert durch die bestehende, alten Ordnungen günstige Gesamtverfassung des europäischen Staatensystems".21

18

" 20 21

34

Vgl. THÜRER, G.: St. Galler Geschichte I, a.a.O. 517. Vgl. IM HOF, U.: Handbuch der Schweizer Geschichte II, a.a.O. 690-700. Vgl. THÜRER, G.: St. Galler Geschichte I, a.a.O. 518-530. IM HOF, U.: Geschichte der Schweiz, a.a.O. 78.

2.1.1.3

Außenpolitik zwischen französischem Einfluß und Neutralität

Außenpolitisch gesehen versuchte die Eidgenossenschaft, den Weg der bewaffneten Neutralität' zu gehen, wenn das in dieser kriegsfreudigen Zeit auch nicht immer einfach war. Schweizer Söldner gerieten daher immer wieder zwischen die Mühlsteine der europäischen Politik. Einen entscheidenden Einfluß auf die Politik der Eidgenossenschaft übte Frankreich aus, dessen Botschaft in Solothurn sich teilweise wie eine zweite Regierung benahm. Die Erneuerung des Bündnisvertrages mit Ludwig XIV. 1663 in Paris sicherte dem französischen König den Löwenanteil der für den Söldnerdienst zur Verfügung stehenden Schweizer Soldaten, was die beschworene Neutralität ziemlich durcheinanderbrachte. Erst als der französiche König mit seiner expansiven Eroberungspolitik begann, die auch vor den Schweizer Verbündeten nicht halt machte, brach die innerschweizerische französische Liga auseinander. Die Abtei St. Gallen hatte bereits 1677 für Österreich Partei ergriffen; und nach Aufhebung des Ediktes von Nantes gewährten Bern und Zürich den durchziehenden Hugenotten nicht nur Exil, sondern die reformierten ,Orte' schlössen auch Soldverträge mit Österreich und den Niederlanden, so daß nunmehr die Hälfte der eidgenössischen Soldaten in antifranzösischen Armeen kämpfte. Diese Neutralitätshaltung konnte sich aber auch negativ auswirken, wenn zum Beispiel - wie 1709 bei der Schlacht von Malplaquet - französische und niederländische Schweizertruppen aufeinandertrafen. Nach Ende des spanischen Erbfolgekrieges mit seinen Friedensverträgen von Utrecht und Rastatt (1713/14) war die Eidgenossenschaft als neutraler Staat allgemein anerkannt.22 2.1.2

Zur politischen und Situation im Thurgau

2.1.2.1

Spannungen in der Zeit zwischen Reformation und ,Toggenburger Krieg'

Der zweite Kappeler Krieg (1531) brachte den Katholiken Vorteile in der Herrschaft über die Gemeinen Vogteien. „Katholische Minderheiten konnten Wiederherstellung ihres Gottesdienstes verlangen, evangelische Minderheiten waren rechtlos."23 22 23

Vgl. IM HOF, U.: Geschichte der Schweiz, a.a.O. 72-73. MURALT, L.: Renaissance und Reformation, in: Handbuch der Schweizer Geschichte, I, Zürich 2 1980, 525; zu den religiösen Bestimmungen des .Zweiten Landfriedens' v.

35

Wegen des Mangels an Toleranz vertieften religiöse Streitigkeiten den Graben zwischen den beiden Konfessionen. Es wurden Menschen gezwungen, die Konfessionen zu wechseln24, und auch in Gottesdienst und Predigt ging man nicht gerade zimperlich miteinander um.25 Einer für den 8. 11. 1644 nach Frauenfeld einberufenen Konferenz gelang es nicht, die vielfältigen Konflikte zu beseitigen. Der erste Villmerger Krieg (1656) endete mit großen Verlusten der reformierten ,Vororte'. Die Fronten verhärteten sich seither.

2.2.

Die kirchliche Situation zur Zeit Dominica von Rottenbergs

Die Kulturepoche des Barock, in der Dominica von Rottenberg lebte und wirkte, ist zu einem wesentlichen Teil verbunden mit dem Wiedererstarken der katholischen Kirche nach dem Drama der Glaubensspaltung, dem Reformkonzil von Trient (1545-1563) und dem großen Krieg von 1618-1648; dies gilt besonders für den deutschsprachigen Raum.

2.2.1

Die Bedeutung der Jesuiten und Schweizer Benediktiner für die nachtridentinischen Reformbemühungen

Der Dominikanerorden in seinem männlichen Zweig hatte in den Wirren der Reformation große Einbußen erlitten. Deshalb waren die Dominikanerinnen zu einem nicht unwesentlichen Teil auf die geistliche Kompetenz anderer Ordensgemeinschaften angewiesen. Eine wichtige Rolle bei den Bemühungen um das Wiedererstarken der katholischen Konfession und die Durchsetzung der Konzilsbeschlüsse des Tridentinums spielten neben den Kapuzinern, die einen großen Einfluß bei der einfachen Bevölkerung hatten, besonders die Jesuiten und die Benediktiner der Schweiz.

24

25

36

1531 vgl. auch PUPIKOFER, J. A.: Geschichte der Landgrafschaft Thurgau II, Frauenfeld 2 1889. Die freie Wahl der Konfession ist garantiert; der katholische Kult ist auf Anfrage wiederherzustellen; nach Anteil der Konfessionszugehörigkeit in gemischten Gemeinden sollen die Kirchgüter und Pfründe aufgeteilt werden; es soll niemand wegen seines Glaubens von der anderen Konfession beschmutzt oder geschmäht werden, wer es dennoch tut, soll vom Vogt deswegen bestraft werden. (355-356). J. A. PUPIKOFER berichtet u. a. davon, daß der protestantische Gerichtsherr und Verwalter von Weinfelden seine katholischen, der katholische Besitzer der Gerichtsherrschaft Griessenberg seine evangelischen Lehensleute zum Wechsel des Bekenntnisses zwang. (Geschichte der ... II, a.a.O. 365). Ebd.

Die J e s u i t e n hatten ihren größten Einfluß durch ihre Beweglichkeit und damit eine fast unbegrenzte Einsatzfähigkeit sowie durch ihre Schulen. Wie im Barock ein Palast oder eine Klosteranlage völlig bestimmt ist von mathematisch berechneten Proportionen und großzügigen Perspektiven, so ist der Jesuitenorden, die Gesellschaft Jesu, ein Bild rationaler, zentralistischer Ordnung. Aber innerhalb dieses fast militärischen (und damit berechenbaren !) Systems besitzt der Einzelne oft eine weitgehende Entscheidungsfreiheit und auch einen bedeutsamen Spielraum in Spiritualität und Organisation. Sie legen den Schwerpunkt ihrer pastoralen Arbeit in der Schweiz auf eine vom katholischen Geist geprägte Ausbildung des Priesternachwuchses und einflußreicher Laien. Studienkollegien in Luzern, Freiburg, Solothurn und Pruntrut wurden zu geistlichen Zentren. Durch Predigt, Katechese, Exerzitien und die seit etwa 1565 bestehenden, Marianischen Kongregationen' bemühen sie sich, die ihnen anvertrauten Menschen im Glauben zu erziehen und zu stärken. Die erste Biographie über Dominica von Rottenberg wurde 1748 ebenfalls von einem Jesuiten, Pater MAXIMILIAN DUFRENE, verfaßt. Die Klöster der B e n e d i k t i n e r waren ein anderer wichtiger Pfeiler der katholischen Erneuerung. Die Bedeutung der St. Galler Äbte für die Glaubenssorge im nachreformatorischen Zeitalter ist besonders hervorzuheben (vgl. weiter unten 2.2.2). „Im Laufe von mehreren Generationen gelang es ihnen, einen den Aufgaben gewachsenen, sittenstrengen Seelsorgeklerus in St. Gallen ... heranzubilden." 26 Die Benediktinerstifte selbst erfuhren Reformen, die ihre geistliche Ausstrahlung erneuerten. Sicher ist die „eigentliche, tiefgreifende Wende" in den Schweizer Benediktinerklöstern in der Hauptsache auch einer „jesuitischen Inspiration" zu verdanken, die junge Benediktinermönche von ihren Studienaufenthalten an Lehranstalten der Gesellschaft Jesu mitbrachten und in die Gemeinschaften hineintrugen. 27 Keines der Klöster konnte sich im Laufe der Zeit diesem neuen Geist entziehen. Das jesuitische Denken brachte auch ein erneuertes Bild des Abtes, der für jeden seiner Konventualen geistlich verantwortlich war und von dem Gott einst Rechenschaft verlangen würde. Wichtigste Voraussetzung für diese geistliche Leitung des Abtes war eine wirkliche ,vita communis' unter seiner Aufsicht, die ein strenges Beachten der Klausurbestimmungen nötig machte. Die Klausur half dem Mönch, sich vor den Einflüssen der Welt zu bewahren; er wurde durch seinen Eintritt in die klösterliche Gemeinschaft ein anderer, was mit der Namensänderung symbolisiert wurde, die sich seit dem 17. Jahrhundert durchsetzte. 28 26 27 28

HELVETIA SACRA, III. 1.2., Bern 1986, 1220. Vgl. HELVETIA SACRA, III. 1.1., a.a.O. 106. Vgl. a.a.O. 108-109.

37

Schickten die Klöster ihre Ordensstudenten zunächst noch zu den Jesuiten, setzten sich seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts eigene Hausstudien durch.29 Um wissenschaftlich effizienter arbeiten zu können, kam immer wieder auch der Wunsch nach einer gemeinsamen Hochschule auf, die aber im Bereich der Schweizer Benediktinerkongregation nie zustande kam. Auch bei der am 11. Oktober 1622 gegründeten Salzburger Benediktiner-Hochschule, die besonders von den süddeutschen Klöstern getragen werden sollte, hielten sich die Schweizer auffallend zurück.30 Die Ausbildung der Ordensstudenten im eigenen Haus bedingte die Sorge um eine gute Bibliothek. Häretisches oder häresieverdächtiges Schriftgut wurde abgeschafft oder vernichtet, eigene Druckereien ermöglichten die Veröffentlichung eigener Werke oder standen für die Publikationen der katholischen Erneuerung zur Verfügung.31 Seelsorge war nicht denkbar ohne eine zeitgemäße Frömmigkeit. Hier lehnten sich die Benediktiner treu an jesuitisch-gegenreformatorische Vorgaben an, indem sie gerade diejenigen Formen besonders förderten, die von den Protestanten abgelehnt wurden: Rosenkranz, Marien- und Heiligenverehrung, Ablaß und Reliquien, Wallfahrten.32 Für den inneren Zusammenhalt der Schweizer Klöster war die Gründung der Schweizer Benediktinerkongregation von großer Bedeutung, der von 1602 bis 1647 alle Benediktinerklöster der Eidgenossenschaft beitraten.33 Dieser Zusammenschluß sollte einerseits die äußere Existenz der Klöster sichern, andererseits aber die angestrebten Reformbemühungen durchsetzen helfen.34 Für Dominica von Rottenberg hatten die Benediktiner von Einsiedeln und Rheinau besondere Bedeutung. Aus europäischer Sicht sind die katholischen Gegenden von St. Gallen und dem Thurgau konservativ geblieben. Sie haben von der Aufklärung, dem französischen 29

» 11

12 53 34

38

Vgl. a.a.O. 110-111. Vgl. a.a.O. 127. 1635 richtete St. Gallen eine eigene Druckerei ein; hier entstand 1666 bis 1669 der bekannte „Cursus Theologicus Sangallensis", das für die Theologenausbildung der Schweizer Benediktiner maßgebliche Werk (2. Auflage 1670). Ähnlich bedeutend war die Stiftsdruckerei Einsiedeln. Hier verlegte man nicht nur Wallfahrtsdevotionalien und religiöse Kleinschaften, sondern auch ein breites theologisches Sortiment (vgl. HELVETIA SACRA, III. 1.1., a.a.O. 112). D. v. Rottenbergs Schrift über die „12 Staffeln der Demut" erschien dort 1707 anonym. Vgl. HELVETIA SACRA, III. 1.1., a.a.O. 112. Vgl. a.a.O. 115-116. So war der Austausch von Mönchen möglich, besonders die Einbindung von Konventualen aus „reformierten Klöstern" in solche Abteien, „die Anlaß zu Klagen gaben". (Vgl. a.a.O. 119).

Rationalismus und späten Klassizismus, vom Aufschwung der Naturwissenschaften und der Mathematik, sowie von der irenischen Haltung pietistischer Kreise und der friedfertigen Spiritualität eines Fénélon sehr wenig übernommen. Man könnte hier von einer geistig-geistlichen Stilverspätung sprechen. Dies hat aber Entfaltung der Frömmigkeit und der Nachblüte der humanistischen Spiritualität von Franz von Sales bis Bérulle (humanisme dévot) nicht geschadet.

2.2.2

Die katholische Eidgenossenschaft Reformbemühungen

und

die

tridentinischen

Dominica von Rottenberg konnte die Einführung der Klausur in den Frauenklöstern im St. Gallischen nur im Auftrag und unter der Autorität des Fürstabtes durchsetzen (vgl. 3.1.4.4). Die Sorge der Äbte um die Erhaltung und Stärkung des katholischen Glaubens führte zu einem langen Streit mit dem Bischof von Konstanz. Schon vor der Visitationsreise des Mailänder Erzbischofs Karl Borromäus im Jahre 1570 hatte der Abt von St. Gallen die mangelnde Bereitschaft des Bischofs von Konstanz beklagt, sich um die Zustände seiner weiten Diözese zu kümmern. 1565 erklärte Abt Othmar Kurz, er werde selbst die Kirchen seines Territoriums visitieren, wenn dies die bischöfliche Behörde nicht wolle oder könne.35 Der so entstandene Konflikt konnte erst nach langjährigen Verhandlungen an der römischen Rota durch den Abschluß des Konkordates zwischen Konstanz und St. Gallen am 21. März 1613 bereinigt werden. Dem Abt wurde in dieser Übereinkunft das Recht der Visitation in seinem Herrschaftsgebiet sowohl über Personen als auch über Sachen zugesprochen, wobei der Bischof von Konstanz selbst das Recht behielt, alle fünf Jahre im St. Galler Gebiet zu visitieren.16 In Verbindung mit den Kirchenvisitationen fand meist auch jene der St. Galler Frauenklöster statt, sei es durch den Abt persönlich oder durch den „visitator Ordinarius monialium". 37 Diese quasi-bischöflichen Rechte erklären auch das konsequente Vorgehen des Abtes Joseph von Rudolfi im Zusammenhang mit der Klosterreform Dominica von Rottenbergs, wobei hier sicher neben dem unbestrittenen Reformwillen des Abtes auch seine Rolle als weltlicher Herrscher hineinspielt; 38 die Einheit der Konfession als ,Staatsreligion' gehörte ja zu den Charakteristika des absolutistischen 35

36 37 38

Vgl. DUFT, J.: Die Glaubenssorge der Fürstäbte von St. Gallen im 17. und 18. Jahrhundert, Luzem 1944, 45. Vgl. a.a.O. 47-49. A.a.O. 66, Anm. 1. Zur Frage der Klosterreform vgl. 3.1.4.4.

39

Systems. Konnte dies durch das Ausscheren des aufständischen und stark protestantisch durchsetzten Toggenburg schon nicht politisch erreicht werden, so war zumindest konfessionsintern eine straffe Führung empfehlenswert, um den katholischen Bevölkerungsteil besser unter Kontrolle halten zu können. Die Bedeutung von Einsiedeln lag weniger auf politischer Ebene, dafür war das Herrschaftsgebiet der Abtei zu klein und zu weit verstreut, sondern in der Marienwallfahrt, die, dem Geschmack der Zeit entsprechend, gerade in der Barockzeit einen ungeheuren Aufschwung erlebte. Die Pilgerzahlen schnellten rapide in die Höhe. „Um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert zählte man über 150.000 im Jahr, 1710 waren es sogar 260.000".39 Auch das äußere Gesicht der Abtei änderte sich: 1674 begann Hans Georg Kuen mit dem barocken Neubau des Mönchschores.40 Dominica von Rottenberg war sicher zweimal selbst in Einsiedeln und hat in bestimmten Anliegen immer wieder Wallfahrten dorthin verrichten lassen. Zu Beginn des 18. Jahrhunders ist „die katholische Schweiz ... zu einem Müsterland der katholischen Reform geworden, das anderen - etwa Bayern - in nichts nachstand."4'

2.2.3

Ausdrucksformen barocker Frömmigkeit

Die Kirche im Zeitalter des Barock ist nicht zu trennen vom absolutistischen Staat der Monarchen oder dem zur Oligarchie neigenden Patriziat in den meisten ,Orten' der Eidgenossenschaft. Thron und Altar bilden eine Einheit im Staatskirchentum der Epoche. Und was für das Zur-Schau-Stellen des ,Gottesgnadentums' galt, mußte umso mehr für die Repräsentation der Gottheit auf Erden gelten. Geblieben ist die für die Gläubigen jeder Zeit so wichtige und „von der Kirche stets gewahrte Rücksicht auf die natürliche Anlage des Menschen zum Sinnfälligen und Bildhaften im Gottesdienst, in den Bildern der Heiligen bis herab zum bescheidenen Votiv- und Andachtsbild ... zum Schauen, namentlich im eucharistischen Kult... und in den Szenenprozessionen des Kirchenjahres".42 Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier einige wichtige Ausdrucksformen barocker Frömmigkeit genannt, die auch im Leben Dominica von Rottenbergs eine wichtige Rolle spielten. N 40 41 42

40

Vgl. SALZGEBER, J.: Die Klöster Einsiedeln und St. Gallen ... a.a.O 41. JEHNY, H.: Kunstführer der Schweiz I, Bern 61975, 590. IM HOF, U.: Geschichte der Schweiz, a.a.O 65. VEIT, A., u. LENHART, L.: Kirche und Volksfrömmigkeit im Zeitalter des Barock, Freiburg 1956, 43.

2.2.3.1

Eucharistiekult und Brautmystik

Bis zum Hochbarock zeigte die eucharistische Frömmigkeit eine antiprotestantische Tendenz. Höhepunkte waren dabei die theophorischen Prozessionen, zum Beispiel am Fronleichnamsfest. 43 Die von Frankreich kommende Herz Jesu-Verehrung der Margareta Maria Alacoque (gestorben 1650) wurde bei den ersten Vertretern der deutschen Sprache mit der Verehrung des Altarsakramentes verbunden.44 So wird auch Dominica von Rottenberg die Verehrung übernommen haben.45 Intimer Gegenpol der prunkvollen katholischen Glaubensdemonstrationen war eine besonders in den Klöstern gepflegte Weiterführung der mittelalterlichen Brautmystik. Der himmlische Bräutigam Christus wurde dabei durchaus mit dem eucharistischen Christus zusammengesehen. In Ihrem Kommentar zum Hohenlied greift Dominica von Rottenberg diese Zusammenschau auf, wenn sie schreibt: „... Es gibt viele andere, die auf das Rufen und Anklopfen des Bräutigams hin ihn zu suchen beginnen. Aber sie suchen ihn nicht an den Orten, wo er zu finden ist... weil er sich nicht dort aufhält, wo er vom größten Teil der Menschen gesucht wird: nicht auf den Märkten, nicht in den Wirtshäusern, nicht im Essen und Trinken, nicht im Bett der Wollüste des Fleisches ... Deshalb versuchen viele Menschen vergeblich Gottes Gnade und Gegenwart zu genießen, weil sie sich nicht dem Ort zuwenden, wo er sich aufhält, wo er seinen Tempel und seine Wohnung hat, nämlich im allerheiligsten Sakrament des Altares. Dort ist er zu finden." 46

2.2.3.2

Marien- und Heiligenverehrung

Neben die eucharistische Frömmigkeit rückt eine verstärkte Marienverehrung, „sozusagen als Antwort auf die Schmähungen, denen die Gottesmutter als Jungfrau ausgesetzt war".47 41

44 45 46 47

In München z. B. wurde auf einem Wagen die Hölle dargestellt; derb-komische Teufelsgestalten fuhren mit und warfen Mist unter die Zuschauer. Oder es war ein St. Georg dabei, der auf einem Papierdrachen stand und ihn derart bearbeitete, daß das (Ochsen-) Blut herausspritzte. Da machten sich die neun Engelchöre, die bei der Mainzer Fronleichnamsprozession vor dem Allerheiligsten schritten, geradezu langweilig aus. (Vgl. VEIT, A„ u. LENHART, L.: Kirche und Volksfrömmigkeit..., a.a.O. 85-87). So bei SCHWALLER, Th„ in: DSp XIV, 448. Vgl. 6.1.1, Z. 205-210 6.4.1, Z.469-488 VEIT, A„ u. LENHART, L.: Kirche und Volksfrömmigkeit..., a.a.O. 60.

41

Die marianischen Kongregationen der Jesuiten, kleine und große Wallfahrtsorte wie Einsiedeln, zeigen den außerordentlichen Platz, den die Gottesmutter in der Frömmigkeit einnahm. Auch die Hilfe Marias in der Türkengefahr und das Vertrauen , das Päpste und Fürsten in sie setzten, ließen die Mutter Jesu zur strahlenden Herrscherin werden, zur „Führerin der Heere" und „Erzstrategin", wie Kaiser Ferdinand II. sie betitelte.48 Dominica von Rottenberg war eine glühende Verehrerin der Muttergottes von Einsiedeln, bei der sie nicht nur die entscheidenden Impulse für ihren Klostereintritt erhielt49, sondern von der sie auch Heilung ihrer Krankheiten erwartete und zu erhalten glaubte.50 Der Bau einer Einsiedler Kapelle schon vor dem barocken Klosterneubau, gestiftet von Verwandten ihrer Mitschwester und Vertrauten, Maria Theresia Püntener, als Dank für eine Krankenheilung," sprechen von einer kindlichen Verehrung Mariens. Nach dem Neubau der Klosterkirche von St. Katharinental wurde eine Kopie des Einsiedler Gnadenbildes feierlich in die neue Kapelle übertragen, die in den barocken Kirchbau integriert ist.52 Dominica von Rottenberg sagt von sich, sie sei immer ein Kind Mariens gewesen.53 Auch die große Heiligenverehrung war sicher eine katholische Reaktion auf die kühle Distanz der reformatorischen Kirchen, die doch sehr schnell den Verdacht der Götzendienerei äußerten. Als eine Besonderheit des Barock sei hier die Flut der ,Katakombenheiligen' genannt: Als im 18. Jahrhundert in Rom alte Friedhöfe aus antiker Zeit wiederentdeckt wurden, hielt man die dort Begrabenen allesamt für frühchristliche Märtyrer. Die Wünsche fast eines jeden Klosters oder jeder größeren Gemeinde nach eigenen Reliquien konnten durch diese überraschenden Funde zu einem großen Teil erfüllt werden. Auch St. Katharinental erhielt 1741 die Gebeine zweier solcher ,Katakombenheiliger', die Columba und Benedictus genannt wurden.54

48 49 50 51 52

51 54

42

Ebd. Vgl. Äußere Biographie (3.1.1). Vgl. Äußere Biographie (3.1.3). Vgl. ebd. Vgl. 3.1.3 u. FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte des Klosters St. Katharinental, in: Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Heft 66, Frauenfeld 1929, 1-176. DUFRENE, M.: Die auserlesniste Andacht..., a.a.O. 8. KNOEPFLI, A.: Schweizerischer Kunstführer St. Katharinenthal, 3 1974, 6.

2.2.4 Theologische und spirituelle Engführungen Aber w i e alles, so hatte auch die wiedererstarkte Frömmigkeit des Barock ihre Schattenseiten. Theologische Engführungen gewannen an Einfluß, und bestimmten weite Bereiche von Lehre und geistlicher Praxis.'

2.2.4.1

Jansenismus und Gnadenlehre

Dominica von Rottenberg schreibt über verschiedene Arten der Gnade, so über die ,gratia sufficiens' 5 5 oder die heiligmachende Gnade 56 . Sie führt dabei aus, daß sie ohne Zwang wirkt 57 , der freie Wille aber mit der Gnade arbeiten soll, 58 denn bei Untreue kann die Gnade auch in Strafe umschlagen. 5 9 D i e Willensfreiheit, die bei den Rigoristen weitmöglichst vermindert wird, stellt D o m i n i c a zwar fest 60 aber da dieser sich so oft g e g e n den Willen Gottes richtet61, neigt sie angesichts der menschlichen Schwachheit durchaus zu einer Art Heilspessimismus 6 2 , w a s sie in die N ä h e des Jansenismus rückt.61 55 56 57 58 59 60 61 62

63

Vgl. WE-Rtb 33, Abschnitt a und WE-Rtb 34a. Vgl. R 533 Abschnitt e. Vgl. WE-Rtb 33 Abschnitt e und R 554 Abschnitt f. Vgl. WE-Rtb 51,11. Vgl. a.a.O. Abschnitt e und g. Vgl. WE-Rtb 38 Abschnitt b. Vgl. a.a.O. Abschnitt e und g. Vgl. a.a.O. Abschnitt e: Die Frage, warum trotz der großen Gnade der Berufung so viele verlorengehen. Ein Vergleich mit den Auffassungen Saint-Cyran's läßt Ähnlichkeiten in der Lehre erkennen, so im Synergismus der Gnade, in der Betonung der Konkupiszens und der daraus folgenden Demütigung; die Unterwürfigkeit des Menschen; die Notwendigkeit der Herzenswärme oder daß die Beichte den Stolz vernichtet u.a. (vgl. DSp XIV, 146-149). Diese Lehren decken sich in etwa mit dem, was Dominica von Rottenberg schreibt. Festzuhalten ist jedoch, daß mit Ausnahme der DEMUT, die neben der Liebesmystik das Hauptthema ihrer geistlichen Abhandlungen ist, ihre Spiritualität stärker von ihrem Leben als von ihrer ausdrücklichen Lehre geprägt ist. Es ist nachgewiesen, daß Saint-Cyran in diesem Lebensabschnitt nicht der Häresie verdächtigt werden kann. Um so wichtiger ist es aber festzuhalten, daß alle diese Lehren aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert stammen, was einen Rückschluß auf Dominica von Rottenbergs Bibliothek gibt. Später kommen nur einzelne Heilige mit ihren konkreten Lebensvollzügen hinzu (z.B. M.M. Alacoque oder Marie de l'Incarnation).Dominica von Rottenberg hat sicher nichts direkt von frühen Jansenisten übernommen, es bleibt aber die Frage gewisser rigoristischer Tendenzen. 43

Der Jansenismus ist eine geistliche Bewegung, die sich von Cornelius Jansenius, einem belgischen Theologen, herleitet.64 Durch die Ursünde, so die Lehre der Jansenisten, wurden Adam und seine Nachkommen der Begierde ausgeliefert und bleiben immer bestimmt durch diese „sieghafte Konkupiszenz"65, die entweder von der Gnade oder vom Kreatürlichen erregt wird. Die Gnade, die „himmlische Liebe", ist die einzige Weise, wie Gott geliebt werden kann, zu dem es keine „natürliche Liebe" gibt. Neben ihr gibt es nur die „lasterhafte Begierde", der die ganze Menschheit unterworfen ist als „massa damnata". Die extremsten Formulierungen in der jansenistischen Theologie erscheinen in Gedanken wie: Der Mensch erlangt seine Freiheit durch das Erlösungsgeschehen nicht einfach wieder, denn Gnade gewährt Gott nur einigen wenigen Auserwählten. Das heißt dann: Auch Jesus ist nur für die wenigen Auserwählten gestorben, die anderen, eben die „massa damnata", bleiben in der ewigen Verwerfung. Ein solches Denken vom Auserwähltsein gegenüber einer geächteten Masse wirkte sich einschneidend auf das geistliche Leben und den praktischen religiösen Vollzug aus: Rigorismus in der Sakramentenpraxis war die Folge, besonders die Kommunionbedingungen wurden verschärft. Gegen den von den Jesuiten propagierten „Probabilismus", d. h. der Lehre, daß in Zweifelsfällen eine Handlung erlaubt ist, wenn gute Gründe dafür sprechen, setzten sie scharfe Kirchenzucht und ethische Strenge. Damit verbunden war der Ruf nach Reform der Kirche und Rückkehr zur ursprünglichen Zucht. Kardinal de Bérulles66 geistlicher Weg der „Verdemütigung des Menschen vor Gott im Leiden", die fast einer Fixierung gleichkommende Liebe zur patristischen Tradition, die Überlegenheit der Herzensmystik über die Wissenschaft und die Philosophie, das theoretische Unge64

Cornelius JANSENIUS, d. J. (1585-1638). Professor der Theologie und Exegese, 1636 Bischof von Ypern, widmete sich mit seinem Freund Duvergier in Frankreich intensiv dem Studium der Patristik und konzipierte eine Reform der kirchlichen Dogmatik und Moral. Jansenius' Unterwerfung unter das Lehramt steht außer Zweifel. Er gilt als frommer und beispielhafter Priester und Bischof, der von Reformeifer erfüllt war. (Vgl. WILLAERT, L.: Jansenius d. J„ in: LThK V, 869).

65

Konkupiszenz = Begierde, Verlangen. Kardinal BERULLE (1575-1629), 1599 Priester; die Exerzitien, die er 1601 bei den Jesuiten in Verdun machte, wurden entscheidend für seinen weiteren W e g und seine christozentrische Frömmigkeit. Nach dem Scheitern der Hugenottenmissiön, für die er sich eingesetzt hatte, sah er den Schwerpunkt seiner seelsorglichen Tätigkeit in der Ausbildung des Klerus nach den Vorschriften des Tridentinums; dies führte 1611 zur Gründung der Oratorianer. 1627 wurde er zum Kardinal ernannt.

66

(Vgl. TANS, J. A. G.: Bérulle, in: LThK II, 285-286).

44

nügen der „atritio", d. h. der unvollkommenen Reue,67 fanden in den verschiedenen Strömungen der jansenistischen Idee bereitwillige Aufnahme und Verbreitung.6" Wie stark der religiöse Rigorismus das Denken geistlicher Menschen dieser Zeit beeinflussen konnte, auch wenn sie sicher nicht dem Jansenismus zuzurechnen sind, zeigen auch hier Textausschnitte Dominica von Rottenbergs. Der Kampf um die „himmlische Liebe", die reine und ausschließliche Liebe Gott gegenüber und damit das Bekämpfen der „lasterhaften Begierden" gegenüber den Mitmenschen, „Creaturen", wie sie schreibt, wird thematisiert; 69 ebenso wird eine panische Angst vor dem Sündigen deutlich, ja, vor dem kleinsten Fehler, die sie erst verliert, wenn sie gebeichtet hat.70 Aufgrund vermeintlicher Sünde glaubt sie, von Gott verworfen zu sein, nicht in seiner Gnade zu stehen, mit anderen Worten, eben nicht zum Kreis der Auserwählten zu gehören, für die Christus gestorben ist, sondern zu der unweigerlich verlorenen Masse: „Ich leide wegen meiner Sünden, daß ich mir oft nicht vorstellen kann, es gebe einen größeren Sünder auf der Welt als mich. Ja, die Sünden aller Menschen scheinen mir gegenüber den meinigen als Nichts. Ich meine, Gott könne mich nicht lieben."71

2.2.4.2

Quietismusstreit und antimystische Tendenz

Es ist möglich, daß die Anschuldigungen im kirchlichen Verfahren gegen Dominica (1700-1705) mit Quietismusverdächtigung in Zusammenhang standen; wir können es nicht beweisen. Aber ähnlich, wie man im 16. Jahrhundert viele Mystiker als ,Illuminaten' verketzerte, so ist der Quietismusverdacht im 17. Jahrhundert als Standardanklage zu werten. Der wichtigste Fall war der in Rom geführte Inquisitionsprozeß gegen den 67

68 69 70 71

Unvollkommene Reue im Unterschied zur vollkommenen Reue. - Die vollkommene Reue ist jene Reue über die eigene Sündhaftigkeit aus Liebe zu Gott ohne die Angst vor Strafen oder dem göttlichen Gericht; das Motiv zu diesem Akt der Reue ist also Gott selbst. Die unvollkommene Reue dagegen ist jene Abscheu vor einer begangenen Sünde als Beleidigung Gottes. Es ist ein moralisch guter und zur Rechtfertigung disponierender Akt, führt aber selbst noch nicht zur Rechtfertigung, dazu ist das Bußsakrament erforderlich, während ein Akt der vollkommenen Reue auch vor dem Empfang des Bußsakramentes rechtfertigt (z. B. in der Todesstunde). - Vgl. VORGRIMLER, H.: Reue, in: LThK VIII, 1261-1265. Vgl. WILLAERT, L.: Jansenius d. J„ a.a.O. 869. Vgl. 5.1.2.1, Z. 66-81, Vgl. 5.1.3.1, Z. 3-49. Biographie V, autobiographische Fragmente, 43.

45

spanischen Priester Miguel de MOLINOS, der als Seelenführer großes Ansehen hatte, dem man aber vorwarf, er habe nicht nur übertriebene passive Haltungen und Praktiken gelehrt, die zur „contemplatio acquisita" ( = erworbene, erarbeitete Kontemplation im Gegensatz zur gnadenhaft-geschenkten) führen, sondern Eingeweihten darüber hinaus gewagte esoterische Unterweisungen gegeben. Ja, man warf ihm sogar damit verbundene schwere moralische Perversionen vor. Nach seiner Verurteilung 1687 erhob sich besonders in Italien und später auch in Frankreich, bedingt durch den Streit zwischen Fenelon und Bossuet, eine starke antimystische Welle, die nach dem Sieg Bossuets zur Folge hatte, daß besonders in Frankreich die mystische Literatur bis ins 19. Jahrhundert hinein fast völlig verschwand.72

2.3.

Das dominikanische Umfeld

Wie alle anderen geistlichen Gemeinschaften war auch der Predigerorden durch die Glaubensspaltung stark in Mitleidenschaft gezogen worden. In der einst blühenden Saxonia, deren Gebiet von Holland bis Brandenburg reichte, hatten nur sechs Konvente überlebt. Sie wurden 1601 der Teutonia angeschlossen.73 Auch die Schweizer Klöster der Prediger-Brüder fielen den Umwälzungen zum Opfer. Nach Zeiten der Unruhe und Unsicherheiten war es das Bestreben der Ordensleitung, die desolate Provinz zu reorganisieren und zu erneuern. Dies bezog sich sowohl auf die Vereinheitlichung der Verwaltung als auch auf die Einheit der klösterlichen Lebensform. Hatten in den Reformationswirren die alten Gegensätze zwischen Konventualen und Observanten74 kaum mehr eine Rolle gespielt, so setzte sich bei den Erneuerungsbestrebungen die Observanzidee durch. Nicht zuletzt war es Pius V., der die Observanz eindeutig förderte und so die Konventualen immer mehr zurückgedrängt wurden. 1601 wurden die noch bestehenden Konvente der Konventualen mit der Teutonia verbunden.75 Ganz entscheidend für die Erneuerung der Teutonia war die Visitation, die Tomaso Marini im Auftrag des Ordensmeisters Secchi 1617-1619 in der Teutonia 72

13

74 75

46

1699 wurden einige Thesen aus Fenelons Buch „Maximes des Saints" auf Betreiben Ludwigs XIV. von Papst Innozenz XII. verurteilt. Vgl. dazu: FRANK, I.: Zur nachtridentinischen Erneuerung der deutschen Dominikaner, in: Papsttum und Kirchenreform, FS für Georg Schwaiger, hrsg. v. Weitlauff M. und Hausberger K„ St. Ottilien 1990, 443-476; hier: 4 4 3 ^ 4 4 . Zur Auseinandersetzung von Observanten und Konventualen vg. 2.3.1. Vgl. FRANK I. a.a.O. 444-446.

durchführte. Er setzte drei Schwerpunkte bei seiner Reformtätigkeit: Die Einführung der Klausur, besonders in den Nonnenklöstern, die Wiederherstellung der regulären Observanz und die Sorge für die Ausbildung des Nachwuchses.76 Abschluß und Zusammenfassung der Visitation war das Reformkapitel, das im April 1619 unter Vorsitz des Visitators in Freiburg stattfand. Es wurde mit seinen Beschlüssen wegweisend für die Zukunft der Provinz.77

2.3.1

Die vortridentinische Observanzbewegung im Predigerorden

Die Observanzbewegung im Predigerorden des 14./15. Jahrhunderts ging auf den Wunsch einer breiten Schicht von Ordensangehörigen zurück, nach mehr als zweihundert Jahren Ordensgeschichte zur ursprünglichen Strenge und Regeltreue des Anfangs zurückzukehren.78 Treibende Kraft im Gesamtorden war Caterina von Siena (1347-1380). Ihr „verlängerter Arm" wurde Raimund von Capua (1330-1399), der sechs Jahre lang ihr Beichtvater und theologischer Berater war. Das Generalkapitel von 1380 wählte ihn zum Ordensmeister. Als solcher konnte er im Bereich der Teutonia zuerst Konrad von Preußen und 30 Brüder in einem Observanzkonvent zu Kolmar zusammenführen.79 Die Reform glückte in Kolmar, Nürnberg und bei den Schwestern in Schönensteinbach, wohin Konrad unter anderen auch geeignete Schwestern aus St. Katharinental hatte kommen lassen,80 mußte aber auch gegen massive Widerstände ankämpfen.

76

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79 80

Vgl. hierzu ausführlich: KORDEL, A.: Die Visitation der Dominikanerprovinz Teutonia durch Tomaso Marini (1617-1619) I. Teil AFP 58, Rom 1988, 265-359; II. Teil AFP 60, Rom 1990, 3 7 5 ^ 6 2 . Vgl. KORDEL, A.: II. a.a.O. 392-405. Die Akten des Reformkapitels sind im Dokumententeil abgedruckt bei KORDEL, A.: II. a.a.O. 4 1 3 ^ 4 9 . Vgl. dazu den ausführlichen Artikel von HILLENBRAND, E.: Die Observanzbewegung in der deutschen Ordensprovinz der Dominikaner, in: Reformbemühungen und Observanzbestrebungen im spätmittelalterlichen Ordenswesen, hg. v. Elm, K. (Berliner hist. Studien 14, Ordensstudien VI), Berlin 1989, 219-271. Hier sei besonders verwiesen auf die chronologische Darstellung der Refom (225-239) und deren Ergebnisse (262-270). Vgl. a.a.O. 227. Vgl. KUHN, K.: Thurgovia Sacra, Geschichte der kathol. kirchlichen Stiftungen des Kantons Thurgau, III, Geschichte der thurgauischen Klöster, 3. Lieferung, Die Thurgauischen Frauenklöster, Frauenfeld 1883, 137. 47

Nach dem Tod Raimunds (5. 10. 1399 während einer Visitation in Nürnberg) kam die Reform zum Stillstand. Erst ein Vierteljahrhundert später griff Ordensmeister Bartholomäus Texier (1426-1449) die Observanzidee wieder auf und brachte sie schließlich zum Erfolg.81 Die Zahl der Reformkonvente in der Teutonia nahm unter Ordensmeister Martial Auribelli (1453-1462) allmählich stark zu, so daß sie sich von den Konventualen82 klar abgrenzten und auf einer Zusammenkunft am 8. September 1465 in Wimpfen mit Pater Innozenz Ringelhamer aus dem Wiener Konvent einen eigenen Generalvikar wählten. Die Observanten bildeten somit eine eigene Kongregation, die zur Amtszeit des Provinzials Petrus Wellen ihm noch unterstellt blieb, nach seinem Ausscheiden aus dem Amt aber unter der direkten Autoriät des Ordensmeisters selbständig werden sollte.83 Ringelhamer blieb vicarius generalis bis zu seinem Tod 1473, dann bestellte man anstelle des einen vier Vikare, entsprechend den vier .naciones', in die die große Teutonia unterteilt war.84 Seit dem Provinzkapitel zu Eßlingen 1475 bildeten die Observanten die Mehrheit. Auf diesem Kapitel wählten die Observanten Jacobus von Stubach aus ihren Reihen zum Provinzial, die Konventualen Heinrich Wemael. Der Ordensgeneral bestätigte Jakob von Stubach als Provinzial und bestimmte den Kandidaten der Konventualen auf deren Bitte hin zum vicarius. Damit waren die Rollen getauscht. Mit dem Jahre 1475 war die Teutonia „offiziell observant". Sie blieb, so Lohr, „das 15. Jahrhundert hindurch die einzige Provinz des Ordens, in der die Observanten die Mehrheit haben und die Konventualen in der Minderheit und vom Provinzregiment zurückgedrängt sind".85 Der Unterschied zwischen den Observanten und Konventualen läßt sich an zwei Hauptpunkten aufzeigen: Klausur und Besitzlosigkeit. Die Dominikaner und Dominikanerinnen der Reform suchten die verhältnismäßig lockere Form der Klausurbestimmungen zu verschärfen und Nicht-Ordensangehörigen, das betraf also nicht nur die Besucher des jeweils anderen Geschlechts, den Zugang und Aufenthalt in den Konventsmitgliedern vorbehaltenen Räumen zu verwehren. 81

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48

Vgl. LOHR, G.: Die Teutonia im 15. Jahrhundert. Studien und Texte, vornehmlich zur Geschichte ihrer Reform, Q G D O D 19, Leipzig 1924, 1. Konventuale = Bezeichnung für die Nichtobservanten bzw. nicht reformwilligen Klöster und Mitbrüder. Die Amtszeit von Petrus Wellen als Provinzal lief 1469 ab. Die ,naciones' der Teutonia waren: Alsatia, Brabantia, Suevia und Bavaria. Die Bavaria war im Spätmittelalter de facto geteilt in die portio superior (=Bayern) und die portio inferior (=Austria). (Vgl. LOHR, G.: Die Teutonia im 15. Jahrhundert ..., a.a.O. 16-17). Vgl. a.a.O. 17.

„Auch der Ausgang wird sehr eingeschränkt, so unter anderem der Besuch der öffentlichen Bäder strengstens verboten." Die Observanten sollen darüber hinaus „jeden überflüssigen Verkehr mit der Außenwelt abbrechen, der Geist der Sammlung soll wieder in die Klosterräume und die Herzen der Insassen einziehen.86 Aber wesentlich wichtiger noch waren den Schwestern und Brüdern der Reform die Fragen um die Besitzlosigkeit. Zwar waren vom Kirchenrecht her gesehen alle Ordensangehörigen zum Gelübde der Armut verpflichtet, praktisch jedoch sah das ganz anders aus. Die einzelnen verfügten ziemlich frei über ihre Einkünfte, machten Testamente nach ihren Vorstellungen, und die ,termini' der Klöster87 wurden an die Meistbietenden verkauft.88 In der Frage des persönlichen Besitzes blieb es in der Reformbewegung bei der angestrebten Strenge; beim Besitz der Gemeinschaft kam es dagegen zu einem Kompromiß. Wollte Raimund von Capua noch kategorisch jeden festen Besitz für die Konvente der Reform ablehnen, so mußte General Texier einsehen, daß dadurch das Reformwerk gefährdet werden könnte. „In der Überzeugung, daß ohne einen gewissen gemeinsamen Besitz die Reform keine Fortschritte machen könne und das vollkommene gemeinsame Leben für die meisten zu schwer sei, ließ er sich vom Papst Vollmacht geben, vom Besitzverbot dispensieren zu dürfen und auf diese Weise den bereits bestehenden Besitz zu legalisieren." In Zukunft sollte es aber darum gehen, den Besitz der Gemeinschaft besser zu verwalten und der Anklage entgegenzuwirken, die man gegen die Nichtobservanten erhob, nämlich daß sie „den Besitz verschleuderten oder die Bestimmungen nicht einhielten".89 Neben dem, was direkt dem Schutz der Gelübde dient, Klausur und Besitz-Verzicht, war den Reformern auch daran gelegen, die Regelungen bezüglich des geistlichen Lebens in eine neue Ordnung zu bringen: Würdige Gestaltung des Chorgebetes und die Verpflichtung zur Teilnahme aller im Konvent, soweit sie nicht ausdrücklich davon dispensiert sind; die Beobachtung des Stillschweigens; gemeinsame Kleiderkammer und Mahlzeiten, strenges Fasten und der Verzicht auf Fleischspeisen gehörten zu den wichtigen Programmpunkten der Reform.90

86 87

88 89 90

A.a.O. 3. Der Dominikanerorden gehört zu den Bettelorden, das heißt, er bestritt seinen Lebensunterhalt zu einem guten Teil von den Spenden der Gläubigen. Der Orden hatte deshalb (ähnlich wie die Franziskaner auch) sog. ,Terminierbezirke' geschaffen, in denen jeweils nur ein Kloster diese Spendensammlungen durchführen durfte. (Von termini (pl.) = Gebiet). Vgl. LOHR, G.: Die Teutonia im 15. Jahrhundert..., a.a.O. 3. A.a.O. 5. Vgl. a.a.O. 6.

49

Das Verhältnis zwischen beiden Ordensauffassungen gestaltete sich von Anfang an äußerst schwierig und gespannt. Der ernsthafte Versuch der Konventualen, das Provinzkapitel 1484 zu sprengen und den Provinzial zu stürzen, mißlang zwar vollständig,91 vertiefte aber nur den Graben zwischen den beiden Richtungen. Es scheint wie ein Wunder, daß der Predigerorden nicht an dieser zentralen Frage des Ordenslebens auseinandergebrochen ist, wie dies beim Orden des hl. Franzisus der Fall war. Die Wirren der bald einsetzenden Reformation in Deutschland und die vielen kriegerischen Auseiandersetungen haben die alten Gegensätze erst einmal zurückgedrängt. Aber schon bald nach der Reformation im Zuge der Erneuerung der Teutonia und bei den Überlegungen zur Errichtung der neuen süddeutschen Provinz „Saxonia" wurden sie wichtig.

2.3.2

Die neue Provinz „Saxonia"

Nachdem auf dem Generalkapitel zu Bologna (1706) über die Errichtung einer neuen Provinz verhandelt worden war - der Antrag der Teutonia war von den Fürsten und Bischöfen der betreffenden Gebiete befürwortet worden92 - errichtete der Ordensmeister Antonius Cloche 1709 die neue süddeutsche Provinz unter dem Namen und mit den Privilegien der alten „Saxonia".93 Die Generalregesten des Ordensarchivs in Rom lassen erkennen, daß die Initiative zur Errichtung der neuen Provinz von den Dominikanern Schwabens, Bayerns und Frankens ausging, und zwar, um ein vollkommenes Gemeinschaftsleben zu ermöglichen.94 Auf dem Provinzkapitel in Würzburg (1709) kam es zur formalen Trennung der beiden Provinzen. Am 28. April wurde dort Pater Joseph Dusacker zum ersten Provinzial der neuen „Saxonia" gewählt. Er gehörte zum Würzburger Konvent, war Prior in Eichstätt und sollte die Provinz von 1709 bis 1713 leiten. Er starb " 92 93

94

50

A.a.O. 26-27. Vgl. MOFPH XIII, 357. Über Namen und Privilegien der neuen Provinz unter dem Namen der in der Reformation untergegangenen Saxonia vgl. WALZ, A.: Statistisches über die Süddeutsche Ordensprovinz, QGDOD 23, Leipzig 1927, 9-11. „Postquam Patres Sueviae, Bavariae et Franconiae, saepius ob communitatem perfectam introducendam institerunt Provinciae divisio in superiorem et inferiorem ut fiat, tandem, in Capitulo Provinciali Herbipolensi ... Authoritate Reverendissimi, dictam divisionem faciunt...." (WALZ, A: Statistisches ..., a.a.O. 8, in Bezugnahme auf die Generalregesten für die Jahre 1709-1809, IV, 200, Teut. 5-7). Damit haben die Generalkapitel den Geist und die klare Priorität der Augustinusregel wieder aufgenommen.

1715 in seiner elsässischen Heimatstadt Schlettstadt als Generalvikar der aus politischen Gründen 1690 zur ,Elsässischen Kongregation' zusammengefaßten Konvente.95 Fortan gehörten zur neuen Provinz die Konvente der Brüder in Augsburg, Bamberg, Konstanz, Eichstätt, Freiburg i. Br., Schwäbisch-Gmünd, Würzburg, Kirchheim bei Mindelheim/Schwaben, Landshut, Obermediingen, Mergentheim, Regensburg, Rottweil und Wimpfen sowie die Frauenklöster von Altenhohenau, Bamberg, Gotteszell bei Schwäbisch-Gmünd, Kirchberg bei Horb, Regensburg, Gnadental bei Hechingen, Augsburg, Freiburg i. Br., Würzburg, Löwental bei Friedrichshafen, Maria Mödingen bei Dillingen, Schwarzhofen bei Regensburg, Siessen bei Saulgau, sowie die beiden Schweizer Dominikanerinnenklöster Schwyz und St. Katharinental.96 Das Augsburger Kloster wurde Sitz des Provinzials. Die Gründung durch den Ordensmeister wurde auf den Generalkapiteln 172197 und 172598 bestätigt. Für die Klosterreform in St. Katharinental unter Dominica von Rottenberg war der Provinzial Andreas Roth entscheidend, der bereits 1701-1704 Provinzial der Teutonia war. Er leitete die Saxonia von 1717 bis 1721. Schon als Prior von Augsburg (1705-1714) versuchte er, seine Vorstellungen eines vollkommenen Gemeinschaftslebens und die Durchführung der Ordensobservanzen im eigenen Konvent durchzusetzen. Ihm gelang dies mit viel Geschick, so daß St. Magdalena zu Augsburg „als das vornehmste Predigerkloster der neuen Saxonia angesehen" wurde und nach den Worten des Ordenschronisten „,ein Formular und Spiegel unserer Provintz abgeben'" konnte.99 Sein Plan war es aber auch, die Klosterreform bei den Dominikanerinnen einzuführen. So versuchte er die Nonnen des Augsburger Frauenklosters St. Katharina für seinen Plan zu gewinnen und „eine Reform im vollsten Sinne des Wortes durchzuführen; die dortigen Klosterfrauen sollten auf den Buchstaben der Regel mit Beobachtung aller Strengheiten in den Fasten und in der beständigen Abstinenz von Fleischspeisen nebst anderen klösterlichen Übungen zurückgehen".100 Er konnte auf ein Dekret Papst Clemens' XI. (1700-1721) hinweisen, durch das dem Ordensmeister aufgetragen und den Provinziälen ernsthaft befohlen wurde, in 95

96 97 98 99 100

Vgl. WALZ, A.: Statistisches ..., a.a.O. 7, u. SIEMER, P.: Geschichte des Dominikanerklosters St. Magdalena in Augsburg, QGDOD 33, Vechta 1936, 144. Vgl. WALZ, A.: Statistisches ..., a.a.O. 9. Vgl. MOFPH XIII, 407. MOFPH XIV. 78. SIEMER, P.: Geschichte des Dominikanerklosters St. Magdalena ..., a.a.O. 168. A.a.O. 169. 51

jeder Provinz z w e i Klöster zu bestimmen, die nach der strengen Observanz, d. h. nach der ersten Ordensstrenge und nach d e m Buchstaben der Ordenssatzungen zu leben bereit waren; dieses Dekret wurde v o m Generalkapitel 1706 aufgenommen. 1 0 1 Pater Roths Vorschlag ging dahin, entweder die Reform in St. Katharina selbst durchzuführen oder für diesen Zweck eine Neugründung auf den Besitzungen des Klosters in Wörishofen vorzunehmen. 102 Nach langwierigen Überlegungen und Verhandlungen konnte sich schließlich im Jahr 1718 eine Mehrheit der Schwestern dazu entschließen, in Wörishofen ein solches Reformkloster zu gründen. 1719 wird dort der Grundstein gelegt; der Klol0

' Vgl. MOFPH XIII, 342-343. Über die Verhandlungen Andreas Roths und die Bedeutung Dominica von Rottenbergs für die Durchsetzung der von Papst Clemens XI. und den Generalkapitelsakten von 1706 festgesetzten Observanzbestimmungen gibt ein Dokument Aufschluß, das sich im Klosterarchiv zu Wörishofen befindet; es berichtet von den Verhandlungen mit St. Katharina: „Von Seiten des neuen Pater Provinzials gab den ersten Anlaß die wohlehrwürdige Frau M. Dominica Josepha von Rottenberg, Priorin des jungfräulichen Klosters Katharinenthal. Diese, nicht zufrieden mit ihrem neuen, durch sie in vollkommensten Stand gesetzten materialischen Klosterbau, suchte auch ein neues, sittliches, der göttlichen Majestät noch angenehmeres Gebäu, nämlich eine vollständige klösterliche Regularität, nach der ersten Observanz allda aufzuführen. Sie berathete sich deswegen mit dem P. M. Provinzial und vermog ihn dahin, daß er ihren eifrigen und großmüthigen Entschluß bei dem P. M. General Antonin Cloche mit Nachdruck unterstützte und auch dessen väterliche Gutheißung ohne Anstand erhielt, doch unter der Bedingniß, daß P. Provinzial die gedachten Klosterfrauen Katharinenthal niemals zur strengen Observanz, als zum Beispiel zur steten Abstinenz von Fleischspeisen zwingen soll, welches auch genau ist befolget worden.

1112

Die Verordnung ist allein dahin ergangen, daß diejenigen, welche sich nicht freywillig zur strengen Observanz entschließen wollten, im Refectorium auf der linken Seite und Tafeln ihre Fleischspeisen genießen sollten, die anderen aber ihre Fastenspeise auf der rechten Seite, welches soviel vermochte, daß nur etwelche von den alten Rathsmüttern und zwey von den jüngern die Observanz ausgeschlagen und vermöge der Päbstlich. Dispensation im Fleischessen fortgefahren, die aber vor allen Observantinnen das Zeitliche gesegnet und in wenigen Jahren in die Ewigkeit abgefordert worden sind. Nach deren Hintritt blieb das ganze löbliche Convent im ersten Eifer ganz Gott vergnügt, im geistlichen und zeitlichen wohl gesegnet, wegen ungezwungener, auserlesener Klosterdisziplin, Liebe und Einigkeit der Gemüther. Zwar mußte dieses Werk auch noch manchen Anstoß leiden, aber Gott machte immer diejenigen zu Schanden, welche durch heimliche Kunstgriffe, mittels ihrer am römischen Hof stehenden angesehener Befreundter, diese Observanz abzustellen sich bemühen ...." (Manuskript 51 a o. J.). 52

sterbau war unter der Leitung P. Roths am 18. März 1721 weitgehend errichtet, er selbst wurde nach Ablauf seines Provinzialates zum Spiritual in Wörishofen ernannt, wo er auch am 22. Januar 1735 im Alter von 81 Jahren starb, drei Jahre vor Dominica von Rottenberg.103

2.4.

Zur Geschichte des Klosters St. Katharinental

Als Dominica von Rottenberg im Jahre 1694 ihren Weg nach St. Katharinental fand,104 konnte das Kloster schon auf eine über 450jährige Geschichte zurückblicken. St. Katharinental entstand als eine „Sammlung" frommer Frauen, die unter Führung der Williburga von Hünikon auf Wunsch des Pfarrers Hugo von Winterthur in seine Gemeinde nach Diessenhofen übersiedelten. Sie wohnten zuerst in der Stadt selbst, nahmen aber bald das Angebot der Grafen Hartmann von Kyburg an, wenige Kilometer rheinabwärts eine neue klösterliche Niederlassung zu gründen; die Überlassungsurkunde ist auf den 1. Juli 1242 datiert. Zu Beginn des Jahres 1245 konnten 14 Frauen in St. Katharinental einziehen.105 Die Schwesterngemeinschaft von St. Katharinental gehörte zu den klösterlichen Frauengemeinschaften, die sich in die geistliche Obhut des neugegründeten Predigerordens drängten. Schon im Juli 1245 wurde der Konvent in den Ordensverband aufgenommen 106 , nachdem Papst Innozenz IV. die „curia monialium" ausdrücklich empfohlen hatte.107 Eine wichtige Rolle spielten die Schwestern auch im geistlichen Leben des 13. und 14. Jahrhunderts. Meister Eckhart als Vikar des Ordensmeisters für die Schwesternklöster am Oberrhein108 und Heinrich Seuse, der sich seit 1330 intensiv der Schwesternseelsorge widmete, waren beide in St. Katharinental 109 . Aus dieser 103

Vgl. SIEMER, P.: Geschichte des Dominikanerklosters St. Magdalena ..., a.a.O. 170171. 104 Vgl. dazu 3.1.1. 105 Vgl. KUHN, K.: a.a.O. 79-81. 106 Vgl. DECKER, O.: Die Stellung des Predigerordens zu den Dominikanerinnen (12071267), QGDOD 31, Vechta 1935, 94; auch: KUHN, K.: a.a.O. 84-85. 107 Vgl. DECKER, O.: a.a.O. 90-91. ms Ygj ¿je jsjotiz bei LANGER, O.: Mystische Erfahrung und spirituelle Theologie, München 1987,43, und auch die Zusammenfassung bei BLANK, W.: Die Nonnenviten des 14. Jahrhunderts, Engen 1962, 72 Anm. 1. 109 Vgl. BLANK, W.: Umsetzung der Mystik in den Frauenklöstern, in: Mystik am Oberrhein, Freiburg 1978,26 (Katalog der Ausstellung), und COGNET, L.: Gottes Geburt in der Seele, Freiburg 1980, 140-142. Cognet weist allerdings daraufhin, daß die Annahme, Seuse sei bei der Ausweisung der Predigerbrüder aus Konstanz während des Inter-

53

Zeit sind auch jene sogenannten ,Nonnenviten' oder ,Schwesternbücher' überliefert, die über das mystische Leben der Dominikanerinnen berichten.110 Mit Ausbruch der Reformationsunruhen begann eine schwere Zeit für das Kloster. Am Palmsonntag des Jahres 1529 wurden die Heiligenbilder der Stadtpfarrkirche von Diessenhofen durch Anhänger der Reformation zerstört. Als in derselben Woche etwa 30 Bürger der Stadt auch im nahegelegenen St. Katharinental ihr Zerstörungswerk fortsetzen wollten, protestierte die Priorin mit Erfolg beim Rat der Stadt. Aber ein Jahr später half den Schwestern auch kein weiterer Protest. Am Gründonnerstag 1530 wurde in der Klosterkirche mit Gewalt alles vernichtet, was an katholischen Kult und Gottesdienst erinnerte. Nach erneuten Einschüchterungsversuchen mußten die Schwestern schließlich einen reformierten Prediger akzeptieren: Am 1. Juni 1530 schickte Zwingli Marcus Ammann aus Bludenz als reformierten Klosterpfarrer nach St. Katharinental. Da sich die Voraussetzungen für ein geregeltes Ordensleben mehr und mehr verschlechterten, entschlossen sich die Schwestern schließlich zur Flucht. Nur die Prokuratorin, die für die wirtschaftlichen Belange des Klosters zuständig war, und einige Laienschwestern blieben zurück. Die Flucht führte zuerst in das drei Stunden entfernte Engen, von dort über Aach im Nellenburgischen nach Villingen, wo das Kloster Besitzungen hatte. Die Lage für die Schwestern im Exil entspannte sich nach der Schlacht von Kappel, als auf der Tagsatzung am 15.12.1531 die Wiederherstellung der Thurgauischen Klöster beschlossen wurde. Schon bald nach der Jahreswende, am 5. Januar 1532, kehrten sie in ihr Kloster zurück, errichteten sofort nach ihrer Ankunft einen Altar, ließen sich von jenseits des Rheins einen Priester kommen, der ihnen nach so langer Zeit „freilich ,das erste Mal mit Furcht und Zittern' die Messe las.""1 Das Kloster mußte nach dieser schweren Zeit keinen schlechten Ruf gehabt haben, denn sonst wären nicht Ordensfrauen zur Wiedergründung des Zisterzienser-

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diktes (1336-1349) mit einem Teil seiner Mitbrüder nach St. Katharinental gegangen, möglich, aber nicht abgesichert ist (a.a.O. 141). Eine Zusammenfassung bietet: WILMS, H.: Geschichte der deutschen Dominikanerinnen, Dülmen 1920, 101-104; BLANK, W.: Die Nonnenviten ..., a.a.O. 72-74. Eine Gesamtschau der Dominikanerinnenmystik dieser Zeit anhand der Schwesternbücher (auch der Nonnenviten von St. Katharinental) gibt WILMS, H.: Das Tugendstreben der Mystikerinnen, Vechta 1927, u. LANGER, O.: Mystische Erfahrung und spirituelle Theologie, München 1987. Vgl. KUHN, K.: a.a.O. 157.

klosters Frauental bei Zug" 2 und des Stiftes Säckingen" 3 am Rhein angefordert worden. Freilich blieben auch Mängel: Schon vor den verschärften Klausurbestimmungen des Konzils von Trient hatte 1520 der Generalvikar von Konstanz versucht, die Schwestern zur strengeren Einhaltung der Klausur zu drängen, aber mit wenig Erfolg. Die Klosterfrauen durften nicht nur bei Krankheitsfällen zum Arzt, sondern auch Bäder aufsuchen oder Ferien an anderen Orten machen, Freiheiten, die sie sich nicht nehmen lassen wollten. Auch das Betreten des Klosters war in gewissen Räumen für Angehörige und Dienstpersonal sowie für den Spiritual gestattet. Ein ungelöstes Problem, mit dem sich dann in der nachtridentinischen Zeit Legaten und Visitatoren auseinanderzusetzen hatten114 und das erst unter Dominica von Rottenbergs Reform endgültig gelöst werden konnte, wobei auch sie mit massiven Widerständen kämpfen mußte."5

112

Nachdem sich ein großer Teil des Konventes Frauental der Reformation angeschlossen hatte, stand das Kloster leer. 1551 beschloß der Rat der Stadt Zug, das Kloster wiederherzustellen. Man trat an die Priorin von St. Katharinental heran, die allerdings nur ungern und „im Gehorsam" Schwester Anna von Fulach nach Frauental entließ. Diese leitete das Zisterzienserinnenkloster als Äbtissin obwohl sie Dominikanerin blieb, bis zu ihrem Tod 1566. (Vgl. KUHN, K.: Thurgovia Sacra III, a.a.O. 166-167).

113

Ebenfalls im Jahre 1551 wechselte Schwester Agatha Hegenzer als Äbtissin nach Säckingen. (Vgl. KUHN, K.: Thurgovia Sacra III, a.a.O., 167). Vgl. 3.1.4.3. Für den Geschichtsabschnitt der Reformations- und Nachreformationszeit vgl. KUHN, K.: Thurgovia Sacra III, a.a.O. 144-167.

1,4 115

55

3.

BAUSTEINE EINER LEBENSBESCHREIBUNG

Um das Lebensbild eines Menschen zu entwerfen, genügt es nicht, nur ein Skelett nüchterner Fakten zusammenzutragen - dies ergäbe nur die Abfolge aneinandergereihter geschichtlicher Daten. Die Tiefe eines Menschenlebens wird erst erfahrbar, wenn Einblick gewährt wird auch in das Innenleben mit seinen Entwicklungen, Rück- und Fortschritten, mit seinen Krisen- und Erfolgszeiten. Die Lebensbeschreibung Dominica von Rottenbergs will beide Bereiche erfassen: In einer ÄUSSEREN BIOGRAPHIE werden die nachprüfbaren Daten und Ereignisse ihrer Lebensgeschichte aufgezeigt und in den Rahmen des sozio-kulturellen und historischen Umfeldes eingefügt. Die in Kapitel 2 genannten 'Voraussetzungen' sind dabei mit berücksichtigt. Die INNERE BIOGRAPHIE versucht, anhand der autobiographischen und biographischen Aufzeichnungen (Kapitel 5) sowie anderer geistlicher Texte (Kapitel 6) Phasen und Schwerpunkte ihres geistlichen Lebens aufzuzeigen. Nur beide zusammen geben erst ein ehrliches Bild dieser Frau und helfen, geistliche Entwicklung und Ausstrahlung für ihre Zeit ein Stück weit zu verstehen.

3.1.

Äußere Biographie Josepha Dominica von Rottenbergs

3.1.1

Jugend, Klostereintritt, Noviziat

Die überprüfbaren Daten aus Kindheit und Jugendzeit Dominica von Rottenbergs sind außerordentlich dürftig. Geboren am 14. Oktober 1676 in Würzburg als ANNA MARIA MÜLLER.1

' Geburtsdatum nach DUFRENE, M.: Die auserlesniste Andacht..., Augsburg 1751, 2. Die Angabe ist nicht verifizierbar, da ein großer Teil der Taufmatrikel im Frühjahr des Jahres 1945 durch Kriegseinwirkung vernichtet wurde. (Mitgeteilt vom Diözesan-Archiv des Bistums Würzburg mit Schreiben v. 6.12.1983 und bestätigt vom katholischen Matrikelamt Würzburg mit Schreiben v. 30.12.1983) Geburtsbriefe sind in Würzburg nur bis 1622 erhalten, und die Bürgerbücher weisen zwischen 1614 und 1738 eine Lücke auf. (So das Stadtarchiv Würzburg mit Schreiben v. 20.10.1983). 56

Nach dem frühen Tod des Vaters entschloß sich die Mutter, EVA PHILIPPINA, zu einer zweiten Ehe mit ADAM WOLFGANG VON ROTTENBERG, Vizekanzler der vorderösterreichischen Regierung in Freiburg im Breisgau.2 Die späteren autobiographischen Aufzeichnungen Dominica von Rottenbergs beginnen mit Erinnerungen an die Zeit, als sie etwa sechszehn Jahre alt war. Eine ihrer Schwestern, die die Armen Seelen als Nothelfer verehrte3, überredete sie zum Kommunionempfang am Allerseelentag.4 Nach der Kommunion muß ihr ein Gedanke gekommen sein, den sie als gotteslästerlich empfand und der lange und schwere Gewissensnöte bei ihr auslöste.5 Welcher Art dieser „gotteslästerliche Gedanke" war, der sie über Jahre furchtbar quälte, wird nicht erwähnt. Zu vermuten ist allenfalls, daß die Schwester sie mit rigoristischer französischer Spiritualität beeinflußte, die sie sicher mit dem Erlernen der französischen Sprache in der Klosterschule kennenlernte. Die junge Anna Maria mußte eine menschlich harte Zeit durchleiden. Mit niemandem konnte sie über dieses so drängende seelische Problem reden. Selbst bei der Beichte fehlte ihr der Mut, sich dem Priester zu offenbaren.6 Sie unternahm Wallfahrten, fastete, trug einen Bußstrick, den sie so eng um den Leib schlang, daß sie offene Wunden am Körper bekam, gab Almosen, mied den Umgang mit ihren Freunden,7 aber all das löste ihr Problem nicht. Schließlich entschloß sie sich, in ein Kloster einzutreten, um dieser „höllischen Marter" ein Ende zu bereiten. Doch ihr Leidenszustand verschlimmerte sich noch, denn neben die seelischen Qualen „ohne alle Hilf und Trost" traten äußerliche Leiden und Unverständnis ihrer Fami2 1

4

5 6 7

Vgl. 3.1.5.1. Folgende Überlegungen liegen dieser ,Armen Seelen-Verehrung' zugrunde: Die ,Armen Seelen' sind zwar in einem Zustand der Läuterung, d.h. aber zugleich, sie sind in keinem Fall verdammt und von der Vollendung bei Gott ausgeschlossen. Sie sind also dem Zustand der Heiligen schon sehr nahe. Wenn auch in solchen Überlegungen kein Verstoß gegen eine Glaubenslehre vorliegt, so hat sich die Kirche, was die Verbreitung der Verehrung der,Armen Seelen' angeht, doch sehr zurückgehalten (vgl. dazu ausführlich z.B. POHLE, J.: Lehrbuch der Dogmatik III, Paderborn 5 1912, 767). Der Allerseelentag geht auf Abt Odilo von Cluny zurück, der im Jahre 998 für alle seine Klöster den Tag nach dem Allerheiligenfest als Gedächtnis aller Verstorbenen bestimmte. Odilo war von 994 bis 1048 Abt von Cluny. Dieser ,Allerseelentag' sollte mit Messen, Psalmengebet und Almosen begangen werden. 1311 wurde das Totengedenken in Rom erwähnt. (Vgl. DÖRRER, A.: Allerseelentag, in: LThK I, 349-350). Vgl. 5.1.1.1, Z. 4-33. Vgl. 5.1.1.1, Z. 37-42. Vgl. 5.1.1.1, Z. 51-76. 57

lie hinzu. Die Eltern lehnten das von ihr gewünschte strenge Kloster ab, sie aber wollte „mit Gewalt in ein Clausur". Dieser Streit um den richtigen geistlichen Weg dauerte wenigstens zwei bis drei Jahre.8 Die Wende in dieser verfahrenen Situation kam unverhofft. In einem Traum sah sie sich in der Gnadenkapelle von Einsiedeln knien, als plötzlich zwei Dominikanerinnen vom Altar stiegen und sie küßten.9 Aufgrund des Traumes, schreibt sie, änderte auch der Vater seine starre Haltung und riet ihr zu nochmaliger Wallfahrt zum Gnadenort von Einsiedeln. Der Beichtvater, dem sie dort ihren Klosterwunsch vortrug, dabei sicher auch die Schwierigkeiten mit den Eltern bezüglich der rechten Ortswahl erwähnte und von ihrem Traumerlebnis erzählte, sagte ihr, „daß er keinen besseren Ort für sie erkenne als das Kloster St. Katharinental", von dem weder sie noch die Eltern vorher je gehört hatten.10 Dem Vater berichtete sie vom Vorschlag des Einsiedler Beichtvaters. Dieser, sicher froh, den jahrelangen Streit beenden zu können, gab nach einem persönlichen Besuch in St. Katharinental seine Einwilligung zum Eintritt. So wurde Anna Maria am Fest des hl. Josef (19. März) 1694 von der Klostergemeinschaft als Kandidatin aufgenommen. Sie war damals achtzehn Jahre alt." In der Oktav des Festes Maria Himmelfahrt (das Fest wird am 15. August gefeiert) trat sie in St. Katharinental ein.12 Mag sie auch gedacht haben, ein Klostereintritt, ein Leben in Buße und Gebet, einzig ausgerichtet auf Gott, sei ein Heilmittel gegen seelische Bedrängnis, so bedeutete doch die Aufnahme in die Schwesterngemeinschaft nicht das Ende ihrer Leiden. Der Konflikt mit den Eltern hatte zwar mit ihrem Eintritt in St. Katharinental ein Ende gefunden, aber ihre inneren Bedrängnisse schienen sich durch das Neue 8 9

10 11 12

58

Vgl. 5.1.1.1, Z. 77-105. Vgl. 5.1.1.2, Z. 4-7. Zum Problem des Traumes vgl. DREWERMANN, E.: Tiefenpsychologie und Exegese, I., Ölten 1984, 107-116. Er stellt fest, daß neben den geistlichen Gestalten und Einflüssen, die unbewußt „das Ich seit den Tagen der Kindheit zu Heil oder Unheil auf schicksalhafte Weise bestimmen und lenken", die Träume auch erkennen lassen, „welche Lösungsansätze in die Zukunft hinein das Unbewußte des Träumenden bereithält, und ihr prognostischer Wert wird wohl durch nichts besser bestätigt als durch die nicht selten zu ersehende Tatsache, daß Menschen, oft genug nach Jahren, gerade so zu handeln sich veranlaßt gezwungen sehen, wie sie es schon damals voller Furcht oder Hoffnung im Traum vor sich sahen". (115-116). Vgl. 5.1.1.2, Z. 17-20. Vgl. 5.1.1.2, Z. 25-27. Vgl. 5.1.1.2, Z. 28-31.

und Ungewohnte des klösterlichen Lebens sogar noch zu verstärken.13 Sie lösten sich erst durch den Kommunionempfang am Fest der hl. Rosa von Lima, als sie von dieser Angst befreit wurde.14 Vor ihrer Einkleidung durfte sie noch einmal eine Wallfahrt nach Einsiedeln unternehmen, die sie trotz Strapazen und Schwierigeiten als großes geistliches Erlebnis erfuhr. Nach vielen vergeblichen Versuchen in den Jahren vorher fand sie bei dieser Wallfahrt schließlich auch den Mut, mit einem Priester über ihr inneres Leiden zu reden. Sie wurde getröstet, daß sie nicht gesündigt habe. Ein Fehler aber sei es gewesen, so lange zu schweigen.15 Am Dreifaltigkeitsfest des Jahres 1695 empfing sie das Ordenskleid des heiligen Dominikus. Mit der Einkleidung erhielt sie auch ihren Ordensnamen: JOSEPHA DOMINICA A TRINITATE und begann ihr Noviziatsjahr.16 Etwa nach einem halben Jahr im Noviziat erkrankte Dominica schwer. Die Ursache lag in ihrer übersteigerten geistlichen Praxis, die sich katastrophal auf ihren Gesundheitszustand auswirkte. Als sie, um ein Beispiel zu nennen, zur Herbstzeit für Stunden in der demütigen und anbetenden Haltung der Venia17 auf dem Boden lag und einschlief bis die Glocke zum Chorgebet rief18, traten Herzbeschwerden auf. Sie konnten von den Ärzten nicht geheilt werden; keine Medizin wollte anschlagen. Die Ärzte meinten, es sei ein „drückendes Fieber", das sie mit einem Pulver zu heilen versuchten. Dominica fand nicht den Mut, diese offensichtliche Fehldiagnose aufzuklären und den wahren Sachverhalt zu schildern.19 Schließlich, als sich absolut keine Heilung einstellen wollte, faßte der Konvent den Beschluß, sie aus dem Noviziat zu entlassen und nach Hause zurückzuschicken. Den Schwestern war diese junge Novizin nicht geheuer; einige glaubten sogar, sie sei verhext.20 Es schmerzte sie sehr, wie eine vom Teufel Besessene aus dem Kloster verwiesen zu werden.21 Was konnte sie tun in dieser ausweglosen Situation? Wieder war es Einsiedeln, auf das sie all ihre Hoffnung setzte.22 Sie ließ eine Wallfahrt dorthin verrichten, und die von ihr erwartete Hilfe trat auch tatsächlich ein: 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

Vgl. 5.1.1.1, Z. 109-119. Vgl. 5.1.1.1, Z. 121-124. Vgl. 5.1.1.1, Z. 125-130. HOHENBAUM-Geschichte 423; DUFRENE, M.: Die Andacht..., a.a.O. 7. Zu Venia s. Kapitel 5., Fn. 16. Vgl. 5.1.1.3, Z. 5-9. Vgl. 5.1.1.3, Z. 10-20. Vgl. 5.1.1.3, Z. 21-26. Vgl. 5.1.1.3, Z. 26-30. Über die Bedeutung der Muttergottes von Einsiedeln für ihr Leben vgl. 3.2.1.1, INNERE BIOGRAPHIE. 59

Ein zufällig vorbeireisender Arzt stellte die richtige Diagnose und verordnete das richtige Heilmittel: Nach einem Aderlaß wurde sie wieder gesund.23 Obwohl wegen der langen Krankheit das Noviziat verlängert werden sollte, entschloß sich der Konvent doch, Dominica am Dreifaltigkeitsfest die Profeß ablegen zu lassen. Dem stimmte sie mit großer Freude zu.24 Am 17. Juni 1696 legte sie in die Hände ihrer Priorin die Gelübde ab und weihte sich und ihr Leben somit ganz Gott im Orden des Hl. Dominikus.25 3.1.2

Ekstasen und Offenbarungen Die damit verbundenen Komplikationen

Schon kurz nach ihrer endgültigen Annahme durch die Schwesterngemeinschaft von St. Katharinental begann das, was Dominica von Rottenberg selbst mit „von mir selbst kommen"26 bezeichnet: geistliche Erlebnisse und Erfahrungen, die Ekstasen und Visionen, Offenbarungen und göttliche Eingebungen umschließen.27 Sie selbst bringt diese Ereignisse mit ihrer „inbrünstigen Liebe zu Gott" in Verbindung, die gerade in den ersten Jahren ihres geistliche Lebens so stark gewesen ist, daß sie es nicht verbergen konnte.28 Wie viele Menschen, die solch intensive geistliche Erfahrungen machen,29 war die junge Nonne aus St. Katharinental nicht unumstritten. Ihre Oberen verlangten ausführliche Berichte, um die Echtheit zu überprüfen. Dominica schreibt in ihren Aufzeichnungen, daß sie auf Befehl des Provinzials der Mitschwester, der sie am Anfang ihres Klosterlebens emotional so eng verbunden war,30 ihre geistlichen Eingebungen diktieren mußte.31 23 24 25

26 27 28 29

30 31

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Vgl. 5.1.1.3, Z. 31-33. Vgl. 5.1.1.3, Z. 34-37. Das Datum der Profeß differiert zwischen DUFRENES Angabe (26. Juni) und dem in Weesen aufbewahrten Profeßzettel Dominica von Rottenbergs. Für diese Arbeit wurde das Datum des Profeßzettels übernommen. 5.1.7, Z. 2. Vgl. die Auswahl der geistlichen Erfahrungen und Erlebnisse unter 5.3. Vgl. 5.1.2.4, Z. 48-50. Theresia von Avila, Caterina von Siena, Crescentia von Kaufbeuren, um nur diese drei zu nenen, mußten sich teilweise harten Prüfungen stellen, in denen die Echtheit ihrer Erfahrungen bewiesen werden sollte. Vielfach wurden diese wunderlichen Umstände auch mit dem Teufel in Verbindung gebracht, so z. B. bei Crescentia von Kaufbeuren, die als „Hexe" und „Gleißnerin", d. h. als Heuchlerin abqualifiziert wurde (vgl. MILLER, A. M.: Crescentia von Kaufbeuren, Stein '1985, 120-159). Vgl. 5.1.2.1, Z. 15-47. Vgl. 5.1.2.4, Z. 51-60. 5.1.7, Z.. 16-21.

Diese Mitschwester war MARIA THERESIA PÜNTENER, 32 die auch eine Reihe anderer geistlicher Schriften von Schwester Dominica diktiert bekam oder - der fast unleserlichen Handschrift wegen - abschrieb. 31 Die Spannungen, die um Dominicas geistliches Leben entstanden waren, klingen in einem Brief an, den Schwester M. Thresia am 24. Oktober 1703 an ihren Bruder ANTON schrieb: „wollte lieber, daß uns nit müssen durch diesen harten Weg geholfen werden. Underwerfe mich aber mit diefster Demuth den unerforschlichen und allerweisesten Anordnungen Gottes; ... . Doch bitte (ich), so viel es seyn kann, ohne Nachtheil der Ehre Gottes, die Sachen so mild als möglich zu führen ,.."34 „Diesen harten Weg" und „die Sachen", die hier angesprochen werden, meinen eine kirchenamtliche Untersuchung, der Dominica von Rottenberg unterzogen werden sollte. JOSEF ANTON PÜNTENER wurde hier um Vermittlung gebeten, denn er erhielt von seinem Bruder, PATER AMBROSIUS aus Einsiedeln, die Nachricht, „das Geschäft also auszurichten, daß der Herr Nuntius dem Pater Provincial den Befehl ertheilen möchte, diese Untersuchung vorzunehmen." 35 Im März des folgenden Jahres schaltete sich der Ortsbischof in die Auseinandersetzung ein: In einem Schreiben vom 4. März 1704 mahnte JOHANN FRANZ VON STAUFENBERG 36 den Apostolischen Legaten in Luzem, „auf die Klosterfrau Dominica Josepha de S. Trinit. aufmerksam zu sein, von welcher Klagen eingekommen, ihrer besonderen Lebensarth, Erscheinungen, Offenbarungen, Pro32

Püntener (seit dem 17. Jahrhundert von Braunberg) vgl. HISTORISCH-BIOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ, V, Neuenburg 1929, 496-497,: a) Pater Karl P„ Benediktiner in Fischingen, gestorben 1701; b) Pater Ambrosius P., Benediktiner in Einsiedeln, Apostolischer Protonotar, Professor der Philosophie (1656-1713); c) Josef Anton II. P. (1660-1748), Oberst in kaiserlichen und spanischen Diensten, Landammann von Uri 1701, 1702, 1705-06, 1713-14, 1723-24, 1729-30, 1734-35; er suchte (ohne Erfolg) den zweiten Villmerger Krieg zu verhindern. Von den weiblichen Mitgliedern dieser Familie wird nichts erwähnt. - Über Maria Theresia P. vgl. PÜNTENER, A.: Die Püntener, Chronik eines Urner Geschlechts, Altdorf 1990, 65 und Anhang Tafel 5.

33

Hohenbaum führt einen Brief Maria Theresia Pünteners an ihren Bruder Josef Anton vom 24.12.1701 an, in dem sie „berichtet, daß sie beständig müsse Schriften verfassen für den P. Provincial, welche vermutlich Abschriften waren von der Frau Dominica, welche sehr unlesbar schrieben, auch ihr vieles diktierte" (HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 4).

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Original: WE-Rtb 306, zit. nach HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 7-8. Original: WE-Rtb 306, zit. nach HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 9. Johann Franz Schenk von Staufenberg, geboren 1658, seit 1704 Fürstbischof von Konstanz, gestorben 1740. (Tel. Auskunft des Stadtarchivs Konstanz am 16.10.1987).

35 36

61

phezeiungen, vielen Schriften, theils ihrer Hand, theils andictieret (wegen). (Der Bischof) bittet derohalben, er möchte durch den P. Provincial Dominicanerordens die Sache untersuchen lassen."37 Der Nuntius reagierte prompt. Mit Schreiben vom 11. März 1704 forderte er den Provinzial ANDREAS ROTH38 auf, „die Geistsachen der Fr. Dominica zu untersuchen und davon seinen Bericht und sein Gutachten zu ertheilen und alles durch sie oder durch andere Geschriebene zuzuschicken".39 Briefe des Provinzials an Herrn von Püntener mit der Bitte um Weiterleitung der Untersuchungsergebnisse an den Nuntius, den Abt von Einsiedeln und Pater Ambrosius sind vom 6. April 170440 und 5. Mai 170441 nachgewiesen; „... dieses alles in möglichster Stille oder Geheim-(haltung) abgehalten wurde, bis daß man die Sicherheit hat, ob ein Betrug in solcher Sach zu förchten seye".42 Und am 27. August 1704 bat Pater Ambrosius Roth nochmals um Mithilfe des Einsiedler Benediktinermönchs Pater Ambrosius. In seinem Brief an Herrn Püntener in Uri heißt es, Pater Ambrosius möge doch nach Luzern reisen, um „theils die Schriften der Schw. Josepha Dominica zu überbringen, theils mündliche Abredung43 zu thuen ... damit dem gnäd. Befehl oft gedachten Hr. Nuntii möchte Satisfaction44 geschehen".45 Am 23. Januar 1705 befahl der Provinzial Dominica von Rottenberg, einen Bericht über ihr Leben zu schreiben. „Nun sind wir an der Arbeith", schreibt Theresia von Püntener.46 Gemeint sind hier wohl Aufzeichnungen über den Inhalt ihrer 37

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Italienische Abschrift des Briefes im Klosterarchiv Weesen (WE-Rtb 306); hier zit. nach HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 9-10. Zur Person: PATER ANDREAS ROTH, geboren in Weissenhorn/Schwaben, Profeß in Augsburg 19.8.1677; Regens des Generalstudiums in Bozen, dann Prior in Eichstätt und Vikar der ganzen deutschen Provinz; 1.5.1701 Wahl zum deutschen Ordensprovinzial; 1707 Prior in Augsburg; 25.4.1717 Provinzial der Süddeutschen Ordensprovinz „Saxonia". Er starb als Beichtvater in Wörishofen am 23.1.1735 (nach: WELZ-RUEF I, 341343. Andreas Roth war entscheidend an den Reformbemühungen in der Saxonia im 18. Jahrhundert beteiligt. Kopie des lat. Briefes WE-Rtb 306, hier zit. nach HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 10. Original: WE-Rtb 306; HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 11. Ebd. Zitiert aus Brief vom 6. April 1704, vgl. HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 11. Abredung: im Sinne von 'in Abrede stellen', 'bestreiten'. Hier wohl gemeint: Die Vorwürfe gegen Dominica von Rottenberg bestreiten und eine Verurteilung abwenden. Satisfaction = Genugtuung, Genügen. Original: WE-Rtb 306, zit. nach HOHENBAUM-Geschichte, 435. Brief Sr. Th. Pünteners an Josef Anton Püntener v. 29. Jan. 1705; HOHENBAUM, WERtb 305, 64.

Visionen und Offenbarungen, die in einer Handschrift Maria Theresia Pünteners vorliegen und den Zeitraum 1700 bis 1704 umfassen.47 Noch ein letztes Mal wurde Herr von Püntener in Sachen Dominica von Rottenberg vom Orden in Anspruch genommen. Im Februar 1705 ersuchte der Provinzial ihn, weitere Unterlagen an die Nuntiatur zu befördern „mit derzeit letztem Gutachten über die Schriften der Frau Dominica".48 Die Meinungen über die geistlichen Erfahrungen der jungen Dominikanerin waren geteilt: Es gab Ablehnung. In Rom werden ihre Sachen für „Gleissnereien"49 gehalten, schrieb der Provinzial.50 Und auch in Luzern, am Sitz des päpstlichen Legaten, urteilten viele verächtlich, böse und spottend.51 Schließlich schrieb Dominica von Rottenberg selbst an den Ordensgeneral, um ihm ihren geistlichen Zustand darzulegen. Theresia von Püntener weiß zu berichten, daß er eine „sehr höfliche und väterliche Antwort geschickt" habe.52 Zwar gibt die vorliegende Aktenlage keinen Hinweis auf einen Abschluß des Verfahrens, aber eine Verurteilung Dominica von Rottenbergs muß wohl mit großer Sicherheit auszuschließen sein, denn sonst hätte sich Pater Ambrosius von Püntener wohl kaum mit dem Gedanken getragen, einige ihrer Werke drucken zu lassen, wie Theresia schreibt: „... nämlich von dem Heil. Rosenkranz, von den 12 Staffeln der Demuth und von den Hohen Liederen Salomonis".53 Es ist nicht nachprüfbar, ob eine solche Veröffentlichung unter Dominicas Verfasserschaft zustande kam. Interessant ist aber, daß in eben dem Jahr 1707, aus dem die Notiz über einen eventuellen Druck datiert ist, in Einsiedeln ein Buch ohne Verfasserangabe erscheint mit dem Titel: „Himmlischer Ausfluss der Demuth aus dem Göttlichen Gnadenmeer des Allerheiligsten Hertzens Jesu ...", das, von wenigen, unbedeutenden sprachlichen Änderungen abgesehen, den „Zwölf Staffeln der Demut" von Dominica von Rottenberg entspricht.54 Vielleicht war es ein Gebot der Klugheit, die Schriften zwar drucken zu lassen, aber sie nicht

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Vgl. 5.3.1. Brief v. 15. Febr. 1705, Original: WE-Rtb 306; HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 21. Gleissnereien = Heucheleien, Scheinheiligkeiten. Brief v. 16. Mai 1705; HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 29. Th. Püntener an Josef Anton Püntener am 1. Mai 1705, Original: WE-Rtb 306; HOHENBAUM, WE-Rtb, 305, 29. Theresia Püntener an Josef Anton Püntener am 7. Juni 1705, Original: WE-Rtb 306; HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 30-34. Brief v. 8. April 1707, Original: WE-Rtb 306, hier zit. nach HOHENBAUM, WE-Rtb 305,41. Gefunden im Franziskanerinnenkloster Maria Mödingen bei Dillingen. 63

mit ihrem Namen in Verbindung zu bringen, um nicht weitere Auseinandersetzungen zu provozieren. Ein weiteres Indiz dafür, daß keine schwerwiegenden Bedenken hinsichtlich der Echtheit ihrer Gotteserfahrungen mehr befürchtet wurden, waren die Anfragen an Dominicas Mittlerschaft in politischen Auseinandersetzungen der Zeit. Innerschweizerisch 1712 im Toggenburger Krieg zwischen katholischen und reformierten ,Orten'; auf europäischer Ebene im Spanischen Erbfolgekrieg, in den Josef Anton Püntener als Offizier verwickelt war und schon 1703 für den französichen Prinzen Philipp ein Schweizerregiment von 2.000 Mann angeworben hatte.55 Auf ausdrückliche Anweisung Dominicas schrieb Theresia von Püntener an ihren Bruder, er solle sich zwischen Österreich und Savoyen um den Frieden bemühen.56 Gott lasse ein Widersetzen seines Befehl nicht ungestraft. Er habe selbst geoffenbart und befohlen, „durch das Gebot der Liebe, den Feinden zu verzeihen, sich ohne alle Rachgierigkeit zu versöhnen ... Solches Gebot (ist) bey diesen jetzigen Kriegsläufen also schwerlich verletzet worden, ja gleichsam mit Füßen getreten (worden), daß Gott, der Allmächtige, nicht mehr länger ohne große Straf diese widerspenstige Freiheit des menschlichen Willens dulden (wird), sondern (er) wird einen schweren Streit führen, den harten Willen in den Gehorsam zu treiben, (um) dasjenige zu tun, was Gott selbst geboten (hat), nämlich die Versöhnung mit den Feinden (herbeizuführen). (Dieses) Gebot auf kein andere Weis kann erfüllet werden, als daß sich die christliche Häupter57 durch einen allgemeinen Friedensschluß vereinbaren, einer gegen den anderen suchen, den Weg zu machen, damit die christliche Lieb hervorgezeigt werde, welche bis dahin unterdrückt gelegen .,.".58 Daß Dominica mit ihrem Appell 'Frieden um jeden Preis' bei den Kriegsparteien, die einen Sieg für sich suchten, auf wenig Gegenliebe stieß, war fast vorauszusehen. Herr von Püntener, dem die Friedensbotschaft nicht paßte, schrieb an seine Schwester, er bezweifle die Echtheit der Dictur;5" aber Dominica änderte ihre Meinung nicht: „Sie ermahnt aufs neue zum Frieden und bekräftigt die Dictur, sonst käme eine große Strafe von Gott durch den Krieg",60 wie auch Pater Ambrosius bei einem

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64

Vgl. HOHENBAUM-Geschichte, 472. Vgl. Brief v. 2. Januar 1708 nach HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 45. Christliche Fürsten und Regenten. HOHENBAUM-Urkundenbuch, 45. HOHENBAUM-Geschichte, 474-475. Ebd.

Besuch in St. Katharinental und während eines Gesprächs mit der Klosterfrau bestätigt bekam.61 Dominica von Rottenberg selbst stand diesen 'Offenbarungen' und 'göttlichen Eingebungen' nach wie vor skeptisch gegenüber. Sie hatte immer Angst, vom 'Bösen Feind' verführt zu werden,62 wobei hier sicher die vorangegangenen Jahre der Untersuchungen sie vorsichtig haben werden lassen. Pater Ambrosius dagegen war sich sicher. „Gewiß ist," schreibt er an den Bruder, „daß diese Frau in so hohen Verdiensten bey dem lieben Gott ist, der noch wunderbarliche Sachen durch sie wird ausführen ,..".63 Allerdings sollten diese „wunderbarlichen Sachen" nicht zum politischen Orakel werden. Dominicas Kriegs- und Friedensoffenbarungen blieben ungehört; auch ihre Prophezeiung zugunsten Österreichs, dem nach einem Friedensschluß die Krone Spaniens zufallen sollte, wie sie glaubte,64 erfüllte sich nicht. HOHENB AUM kommentiert dieses augenscheinliche Versagen jedoch eher positiv, wenn er schreibt: „Gott hat solches zur Vermehrung ihrer Demütigung zugelassen, derer sie sich keineswegs gescheut hat, wiewohl ihre gegebenen Lehren und Mahnungen zum Frieden den guten Geist angezeiget. Vielleicht ist diese Irrung vielmehr denjenigen zuzumessen, welche so wichtige zukünftige Dinge wissen wollten ,..".65 Doch nicht nur in den Auseinandersetzungen hoher europäischer Politik, auch im regionalen Konflikt eines erneuten drohenden Schweizer Konfessionskrieges, mahnte sie zum Ausgleich, der auch ein Nachgeben, eine gewisse Flexibilität der katholischen Position gegenüber den Forderungen der Reformierten einschloß.66 HOHENBAUM wertete Dominicas Friedensappelle in diesen konfessionell-politischen Auseinandersetzungen allerdings eher kritisch: Zugeständnisse an die Protestanten um des Friedens willen, mußte das nicht heißen: ein weiteres Zurückweichen der Katholiken vor der Macht des Protestantismus? Noch schwingt die Zeit der Gegenreformation nach. Wer hätte diesen Rat von einer frommen Klosterfrau erwartet? In dieser Zeit versuchten die katholischen Eidgenossen mit politischen Mitteln, unterstützt von Papst und Klerus, den neuen Glauben weitmöglichst in Schranken zu halten. Wer hätte glauben können, daß 61

62 63 64 65 66

Brief v. P. Ambrosius Püntener an seinen Bruder Anton vom 12. Februar 1708. Original: WE-Rtb 306; HOHENBAUM, WE-Rtb 305,47. Ebd. Ebd. Vgl. HOHENBAUM-Geschichte, 479-480. Ebd. Vgl. Th. v. Püntener an ihren Bruder Anton, Brief v. 13.9.1708, Original: WE-Rtb 306, hier zit. nach HOHENBAUM, WE-Rtb 305, 47. 65

sie, eine so angefragte Klosterfrau „als eine himmlische Offenbarung den Katholiken geradezu das Gegenteil vorstellen würde: nachzugeben, einen Vergleich auch mit Schaden zu suchen...? War dies nicht ebensoviel, wie den katholischen Kriegern allen Mut nehmen?"67 3.1.3

Krankheiten und ,wunderbare Heilungen'

Eine Lebensbeschreibung der Schwester Dominica von Rottenberg in ihren äußeren Daten und Ereignissen bliebe unvollständig, erwähnte man nicht ihre Kranheiten und Beschwerden, die vom Noviziat an ihr Ordensleben begleiteten. Die schwere Krankheit während ihres Noviziats, verursacht durch eine übersteigerte geistliche Praxis, konnte durch den „fremden Medicus" geheilt werden,68 aber nur kurz dauert diese unbeschwerte Zeit. Schon bald nach der Profeß wurde sie von schmerzhafter Gicht heimgesucht, unter der sie fast zwei Jahre zu leiden hatte.69 Die Ärzte glaubten sogar an Epilepsie und wußten kein Mittel, ihr zu helfen.70 Da sich der Krankheitszustand zusehends verschlechterte, sie sich dem Tode nahe sah, alle natürlichen Kräfte versagten, blieb für die junge Ordensfrau allein übernatürliche Hoffnung': „Da hat man abermals eine Wallfahrt auf Einsiedeln lassen verrichten",71 heißt es. Wie so oft bei anscheinend unlösbaren Problemen und ausweglosen Situationen suchte Dominica Zuflucht bei der Gottesmutter. Einsiedeln war eben für sie der Ort der Gnade. Wenn also Hoffnung wider alle Hoffnung, wenn ein 'Wunder', dann erwartete Dominica es von dort. Und in der Tat war es wieder die Gottesmutter von Einsiedeln, die nach ihrer und der Mitschwestern Überzeugung das Steuer der tödlichen Krankheit herumriß: „Als die Person, so die Wallfahrt verrichtete," heißt es, „nach Einsiedeln kommen, bin ich am Fest des Hl. Mathäus im September völlig gesund geworden, keine Gicht mehr gespürt."72 Der heutige Mensch mag einer solche 'wunderbaren Heilung' skeptisch oder sogar ablehnend gegenüberstehen; desgleichen werden Mediziner, die vom jetzigen Stand ihrer Wissenschaft solche Krankheitszustände betrachten, nach natürlichen Erklärungen suchen, sie vielleicht sogar finden. 67 68 69 70 71 72

66

HOHENBAUM-Geschichte, 488-489. Vgl. 3.1.1. Vgl. 5.2.1, Z. 1-5. Vgl. 5.2.1, Z. 6-11. S. 5.2.1, Z. 15. 5.2.1, Z. 25-28.

Aber hier geht es - und das muß immer wieder betont werden - um Menschen des 17./18. Jahrhunderts, die nur aus ihrem zeitgeschichtlichen Kontext her beurteilt werden dürfen. Für eine Kranke der damaligen Zeit, nach dem Stand der Medizin aufgegeben, wie die Ärzte ja bezeugen, bedeutete eine solche plötzliche positive Wandlung des Krankheitsbildes in der Tat ein Wunder. Jedenfalls betrachteten nicht nur die Mitschwestern diese Heilung als etwas Außergewöhnliches, denen Unerfahrenheit in medizinischen Fragen und vielleicht sogar eine gwisse Einfältigkeit bezüglich solcher „wunderbarer Heilungen" zugesprochen werden muß, sondern auch der behandelnde Arzt, obendrein ein Protestant, der allem Mirakulös-Katholischen erst einmal skeptisch gegenübergestanden haben mag.73 Krankheiten gehörten zum Leben dieser Ordensfrau. Von Gichtanfällen, Gallenkoliken, Knochenbrüchen wird berichtet,74 die auch in späteren Jahren ihren Handlungsspielraum einschränkten. Als Fürstabt JOSEPHUS VON RUDOLFI Dominica von Rottenberg nach Wil beorderte, um das dortige Dominikanerinnenkloster zu reformieren,75 notierte er in sein Tagebuch: „Weilen die Fr. Priorin von St. Catharinathal nicht können in der latiern76 reisen, ist sie heut umb 2 Uhr nachmittag ins Closter zu Wyl im Tragsessel gebracht worden ...",77 sie war also gesundheitlich so geschwächt, daß sie nur mit Mühe die Strapazen der Reise auf sich nehmen konnte. In den Visionen und Zwiesprachen, die Gott ihr immer wieder schenkte, haben auch solche Krankheiten und Leiden ihren Platz: „Du mußt viel leiden," sagte ihr der Herr, „aber dein Krön wird unaussprechlich werden, du wirst unter den Märtyrern sein, nächst meinem Herzen";78 oder an anderer Stelle: „Ich habe dich der Welt zum Heil gegeben, aber dein ganzes Leben muß ein Leiden sein".79 Für Dominica war das Ertragen körperlicher und seelischer Leiden, dieses Aushalten mancher unerträglicher Schmerzen, ein Zeichen der Liebe. Solidarität im Leiden forderte Christus von ihr ein, nur so konnte sie ihm gleichförmig werden: „Ich muß durch dieses Kreuz dich mir gleichförmig machen",80 „Du wirst noch viel tötliche Anstoß leiden",81 aber „du mußt dies leiden, weil ich dich liebe ..."82 75 74 75 76 77 78 79 80 81 82

5.2.1, Z. 30-37. So in den Exerzitien im November 1722, vgl. 5.2.4, Z. 180 f. Vgl. 3.1.4.4. Latiern (von franz.: litière) = Sänfte. TB 1, 756. 5.3.2 (Vision 44). 5.3.2 (Vision 137). 5.3.2 (Vision 49). 5.3.2 (Vision 103). 5.3.2 (Vision 122).

67

Bereitschaft, in menschlich-geschöpflichem Leiden den Kreuzweg des menschgewordenen Gottessohnes nachzugehen, gehörte somit zum Kern ihrer Berufung. Aber immer wieder war da auch Hoffnung auf Heilung durch ihr unerschütterliches Vertrauen zu Maria, und der Leser ihrer biographischen Aufzeichnungen erfährt, daß dieses Vertrauen nicht enttäuscht wird. Zwei ausführliche Krankheitsberichte legen Zeugnis davon ab: Zum einen ist es eine „dreimalige Blindheit", die sie durchzustehen hatte und von der sie durch die Fürbitte Mariens geheilt wurde: Schon während des Noviziates wollte sie dem Vorbild Mariens als der demütigen Magd Gottes nacheifern. Freilich mußte die junge Ordensfrau ein Auseinanderfallen von Anspruch und Wirklichkeit schmerzhaft erfahren. Eine solche „Selbsterkenntnis" brachte sie zur typisch barocken „starken Zähervergießung", einem heftigen Weinen über diese eigene Schwachheit.83 Dies, so vermutete sie, war die Ursache des Augenleidens. Ein Arzt diagnostizierte „schwarzer Star", der nicht mehr zu heilen war;84 eine Wallfahrt, wieder nach Einsiedeln, brachte ihr Heilung, dem ganzen Konvent zur großen Freude.85 Aber dann erkrankte sie kurze Zeit danach erneut, was sie „unbeschreiblich betrübt", und zwar nicht so sehr wegen des persönlichen Leidens, sondern vielmehr, weil sie befürchtete, „die Einsiedlische Mutter hab jetzt ihr Ehr verloren, weil jedermann glaubte, sie habe mir geholfen und jetzt (ist es) ... umgeschlagen".86 Da Dominica während der langwierigen Krankheit im Noviziat schon beschuldigt worden war, durch einen Liebestrank verhext worden zu sein,87 war ihre Betrübnis und Sorge durchaus verständlich. Sie konnte sich nur einer vertrauten Schwester öffnen.88 War diese erneute Blindheit nun ,vom Teufel' oder ein Zeichen, mit dem Gott oder Maria etwas mitteilen wollten? Sollte hier beim Kloster ein Ort der Verehrung für die Einsiedler Madonna geschaffen werden? Die von Dominica ins Vertrauen gezogene Mitschwester versprach in einem Gelübde, durch ihren Bruder eine Marienkapelle errichten zu lassen, wenn der

83

84 85 86 87 88

68

Vgl. 5.2.2, Z. 15. Bei D. v. Rottenberg findet sich solche „Zähervergießung" öfter, so u. a. in den autobiographischen Aufzeichnungen: 5.1.2.1, Z. 52; 5.1.2.2; Z. 69; 5.1.3.2, Z. 13, u. ö. Vgl. 5.2.2, Z. 30-31. Vgl. 5.2.2, Z. 34-44. Vgl. 5.2.2, Z. 53-54. Vgl. 5.1.1.3, Z. 21-25. Es war wieder M. Th. Püntener.

Erkrankten das Augenlicht wiedergegeben würde,89 was am selben Tag noch geschah.90 Während des Kapellenbaus dann büßte sie zum dritten Mal ihr Augenlicht ein. Dominica von Rottenberg blieb blind von Mariä Geburt bis zum Fest Kreuzerhöhung, als die erste Messe in der neuerbauten Kapelle gefeiert wurde, zu der man sie hinführte. Bei der Wandlung konnte sie auf einmal wieder sehen. Der ganze Konvent und auch viele Christen, die der Meßfeier beiwohnten, bezeugten dies.91 Für Dominica von Rottenberg war der Zusammenhang von Kranheit und Kapellenbau klar. In ihrer Reflexion darüber schreibt sie: „Wie wunderbarlich die göttliche Anordnung zur Gewährung meiner Bitte (auch sie wünschte sich eine solche Kapelle zu Ehren der Muttergottes von Einsiedeln), hat müssen mein Augenblindheit als ein Mittel gebraucht werden";92 sie verstand sich als eine Art Medium' zur Realisierung göttlicher Anweisungen. Das gab ihr Mut, auch die Visionen und Offenbarungen Gottes nicht zurückzuweisen. Der zweite Krankheits- und Heilungsbericht handelt von den Komplikationen um eine gebrochene Kniescheibe: Am Abend des 14. Novembers 1711 zwischen acht und neun Uhr hielt sie sich im Chor auf, um dort ihr persönliches Gebet zu verrichten. Als sie hörte, daß eine Mitschwester den Chor verließ, eilte sie dieser nach aus Angst, über Nacht in der Kirche eingesperrt zu werden. Durch einen Sprung über zwei kleine Treppen versuchte sie die Tür zu erreichen, fiel aber so unglücklich, daß dadurch ihre Kniescheibe brach. Dies verursachte unbeschreibliche Schmerzen. D. von Rottenberg schrie laut um Hilfe, was schließlich von anderen Schwestern gehört wurde. Da sie unfähig war zu gehen, mußte man sie ins Bett tragen. Nachts noch holte man den Barbier, der über den schweren Sturz entsetzt war.93 Doch damit nicht genug: Auftretende Gichtbeschwerden verschlimmerten ihren Gesundheitszustand. Alles zusammen verursachte einen „unleidentlichen Schmerz". 94 In dieser Not nahm sie wieder Zuflucht bei der Einsiedler Madonna. Eine Wallfahrt, die sie verrichten ließ, schenkte ihr wenigstens soviel Erleichterung, daß die Schmerzen auszuhalten waren, aber der Knochenbruch heilte nicht. Im Gegenteil, es hatte sich ein Eiterherd in der Wunde gebildet, der den Bruch nicht zuwachsen 89 90 91 92 93 94

Vgl. 5.2.2, Z. Vgl. 5.2.2, Z. Vgl. 5.2.2, Z. Vgl. 5.2.2, Z. Vgl. 5.2.3, Z. Vgl. 5.2.3, Z.

73-82. 83-85. 150-153 140-143 1-31. 32-36. 69

ließ. Schließlich versuchte man, mit einem dicken, nassen Leder, einer Art Preßverband, die Knochen mit Gewalt zusammenzubringen, aber auch das half nicht.95 Schließlich gaben die Barbiere auf. Allenfalls mit Krücken würde Dominica noch ein wenig laufen können, damit aber bis zu ihrem Lebensende ein Krüppel bleiben müssen.96 In ihrer Trostlosigeit bat sie den Beichtvater eines Tages, sie während des Mittagessens ihrer Mitschwestern zur Einsiedler Kapelle tragen zu lassen. Dort allein gelassen, versuchte sie , ob sie nicht doch auf ihren kranken Füßen stehen könnte. Aber sie stürzte unglücklich und hatte keine Kraft, um sich selbst aufzurichten. Auch war niemand in der Nähe, um ihr zu helfen. In ihrer Not schrie sie zur Mutter Gottes, sie nicht zu verlassen und ihr zu helfen. Mit letzter Kraft schaffte sie es doch, sich wieder aufzurichten. Wie sie dann allerdings allein zur Kapelle gehen konnte, wußte sie nicht zu sagen. Hier zog sie sich am eisernen Gitter empor und betete mit großem Glauben und Vertrauen: Ich gehe nicht eher weg, bis mir meine liebste Mutter geholfen hat. Dann wandte sie sich zum Allerheiligsten, das nahebei aufbewahrt wurde. Ihr einziges Gebet war: O großer Gott! O wunderbarer Gott! Zur festgesetzten Zeit kamen die Schwestern um sie auf ihre Zelle zurückzubringen. Dominica ging ihnen zur Kirchentür entgegen. Als die Schwestern sie sahen, schlugen sie erschrocken die Hände zusammen, denn daß die Barbiere sie ja aufgegeben hatten, war allen bekannt, und niemand glaubte mehr, daß sie jemals wieder würde gehen können. Mit den Mitschwestern ging sie ins Refektorium, wo der ganze Konvent zu einer Fastnachtsrekreation zusammensaß. Da hörte man nichts anderes als: Die Muttergottes hat ein Wunder gewirkt.97 Aber immer noch war das Knie verbunden, die Bruchstelle nicht gesehen und von den behandelnden Fachleuten begutachtet worden. Dominica von Rottenberg hatte Angst vor diesem Augenblick der Wahrheit. Angst und Furcht, „die Mutter Gottes möge an ihrer Ehr Schaden leiden";98 das will heißen: Angst, daß sich das an ihr Geschehene gar nicht als das große Wunder herausstellte, als das es von all ihren Mitschwestern angesehen wurde. Schließlich mußte sie ja auch nach der ersten Heilung ihres Augenleidens einen Rückschlag hinnehmen, obwohl auch hier zuvor von einem großen Wunder die Rede war.

95 96 97 98

70

Vgl. 5.2.3, Z. 37-68. Vgl. 5.2.3, Z. 69-75. Vgl. 5.2.3, Z. 84-158. 5.2.3, Z. 178-183.

Doch die Angst war unbegründet. Als das Knie schließlich untersucht wurde, konnten weder der Arzt noch die beiden Barbiere irgendwelche Krankheitssymptome feststellen. Betont wurde in diesem Krankheitsbericht, daß es sich bei den behandelnden Personen um Protestanten gehandelt hat, wohl um das wunderbare Tun Gottes auf die Fürsprache der Muttergottes von Einsiedeln noch zu bekräftigen.9' Der hier gekürzt wiedergegebene Krankheits- und Wunderbericht wird beschlossen mit der Feststellung: „Den anderen (zweiten) April darauf, als das große Wunderwerk geschehen, bin ich zu einer Priorin gewählt worden".100

3.1.4

Die Priorin

Im Alter von 36 Jahren wurde Dominica von Rottenberg von ihren Mitschwestern zur Oberin der Klostergemeinschaft von St. Katharinental gewählt. Sie übte dieses Amt 25 Jahre aus, bis zu ihrem Tod am 30. Januar 1738. Da die Schwestern alle drei Jahre über eine Neu- bzw. Wiederwahl der Priorin zu befinden hatten, konnte sie insgesamt neunmal die Mehrheit der Konventsstimmen auf sich vereinen.101 Was die Dominikanerinnen bewogen haben mag, gerade ihr das Priorat anzuvertrauen, ist nur zu vermuten. Da wird ihre Herkunft eine Rolle gespielt haben; immerhin war ihr Stiefvater ein hoher Beamter der vorderösterreichischen Regierung. Aber ausschlaggebend war sicher ihr bisheriges Ordensleben: Die Offenbarungen und Visionen, die ihr zuteil wurden, die Krankheiten und wunderbaren Heilungen auf die Fürsprache der Einsiedler Madonna, die letzte lag ja erst kurze Zeit zurück. All das war für die Katholiken der Barockzeit, besonders für Klosterfrauen, Ausdruck besonderer Erwählung durch Gott. Die Stimmung des Konventes, wohl noch ganz von der wunderbaren Krankenheilung geprägt, gibt Maria Theresia Püntener gut wieder. In einem Brief an ihren Bruder Anton vom 4. Februar 1712 berichtete sie, „... daß das Los auf die Schw. Dominica Josepha gefallen" sei, „und zwar mit solchen Umständen, daß man die wunderbarliche Anordnung und Allmacht Gottes mit Händen hat greifen können « Vgl. 5.2.3, Z. 189-197. 5.2.3, Z. 216-219. 101 Vgl. in den Generalregesten op: IV/200.6 am 24.11.1714; IV/200.84 am 5.3.1718; IV/200.114 am 22.2.1721; IV/200.133 am 1.4.1724; IV/200.144 am 18.4.1727; IV/216.36 am 10.6.1730; IV/216.58 am 25.7.1733; IV/218.89 am 21.4.1737, Ordensarchiv, S. Sabina, Rom. 100

71

und sich nunmehr erfüllet befindet, was vor 9 Jahren schon ihr geoffenbart worden ...'V02 Mit dieser Offenbarung meinte sie eine Vision, die Dominica erlebt hatte und die von Schwester Theresia unter dem Datum 12. Juli 1703 aufgezeichnet wurde: „Während eines Gebets zum Hl. Dominikus hört sie: 'Schw. Dominica, du bist von mir erwählt zu einer Priorin dieses Ortes ... Bereite dich, daß du seiest ein Glanz und Licht aller Tugend; liebe die Einsamkeit, das strenge Stillschweigen, Demut... .I03 Dazu berichtete sie dem Bruder ausführlich vom Unglücksfall der zerbrochenen Kniescheibe und der wunderbaren Genesung, die an der Einsiedler Kapelle des Klosters geschah,'04 die Herr von Püntener hatte errichten lassen. Durch all dies sei sie von Gott vorbereitet worden „zu diesem", d.h. zu diesem Amt als Priorin von St. Katharinental. 3.1.4.1

Geistliche Grundlage: Das Leben der ,Braut' ermöglichen

Wie hat sie nun selbst ihr Amt verstanden, wie mit Inhalt gefüllt? Wenn Willi FLEMMING als Charateristika des Barockmenschen „Aktivität", j a „Aktivismus" und „atemberaubender Kampf" 05 nennt, so trifft diese Kennzeichnung sicher auf Dominica von Rottenberg zu. Obwohl als Ordensfrau auf ein konplemtatives Leben verpflichtet, war ihr Leben doch auch ganz ,actio' - Tat, Handeln, so als gelte es eine Mission zu erfüllen und, wie ihr das in verschiedenen Visionen angekündigt wurde,106 „große Dinge zu tun". Die ihr von Gott gestellte Aufgabe war eine Erneuerung des Ordenslebens, so wie es Papst und Generalkapitel des Dominikanerordens forderten; dieser Aufgabe widmete sie ihre ganze Schaffenskraft.107 „Einsamkeit, strenges Stillschweigen, Demut",108 - dazu war sie vom Herrn für ihr persönliches Ordensleben verpflichtet worden; zurück zur Strenge, Abgeschlossenheit und Kargheit der Anfänge, - dorthin will sie ihren Konvent führen. 102

Original: W E - R t b 3 0 6 ; hier zit. nach H O H E N B A U M , W E - R t b 305, 52.

m

5.3.1 (Vision 20).

,M

Vgl. 5.2.3.

105

Vgl. F L E M M I N G , W . : Die Auffassung des Menschen im 17. Jahrhundert, in: Dt. Vierteljahrsschrift f. Literaturwissenschaft u. Geistesgeschichte, 6. Jg., Halle 1928, 4 0 3 446.

m 107

Vgl. Vision 8,. 18 u. ö. Über die Reformbewegung im 18. Jahrhundert vgl. 2.3.2; St. Katharinental und Wörishofen waren als die beiden Observanzkonvente der Ordensprovinz Saxonia bestimmt.

108

72

5.3.1 (Vision 20).

Das geistliche Bild, das die Priorin vor Augen hatte, war das der Braut des Hohenliedes. Seit der glühenden Jesusmystik des BERNHARD VON CLAIRVAUX war dieses Brautmotiv ein wesentlicher Bestandteil klösterlicher Spiritualität. Ursprünglich ein weltliches Liebeslied, wurde es geistlich interpretiert, um die enge Beziehung anzudeuten, zuerst zwischen Gott und seinem Volk Israel, dann aber, sehr früh schon in christlicher Deutung, zwischen „der nach liebender Vereinigung mit Gott schmachtenden Einzelseele"109 und Christus. Dies kommt der „wachsenden Neigung zur Individualisierung"110™ Zeitalter des Barock sehr entgegen. Wenn die Ordensfrau, sagt, „Ich habe gefunden, den meine Seele liebt, ich will ihn nicht mehr loslassen",1" dann setzt dieses „Gefundenhaben" zweierlei voraus: einmal daß der, den sie liebt, nämlich Christus, durch ihre Sünde verlorengegangen war, und sie sich deshalb der Mühe des Suchens unterwerfen muß (S. I).112 Der Geliebte läßt sich aber nur (wieder)finden, wenn sich die Braut auf die drei Wege des vollkommenen geistlichen Lebens einläßt: auf den Weg der Reinigung, der Erleuchtung und der Vereinigung"3 (S. 2). Ein solches vollkommenes geistliches Leben ist aber, das haben die Ordensleute erkannt, nicht in einem allgemeinen Weltleben zu verwirklichen (S. 6); hier laufen sie stets Gefahr, Gott zu .verlieren'. Um einem solchen Verlust zu entgehen, haben sie sich in die klösterliche Einsamkeit begeben und sich mit den drei Gelübden der Armut, Keuschheit und des Gehorsams an Gott gebunden."4 109

Vgl. WOLFS KEHL, M.-L.: Die Jesusminne in der Lyrik des Barock, Gießen 1934, 11. "" A.a.O. 15. 1,1 Hld 3,4. "2 Nachfolgende Zusammenfassung der Geistlichen Grunglagen der Reformordinationen von Wattwil (WE-Rtb 52). - Die Übersetzung folgt der Seitenangabe des Originaltextes. 113 Ziel des geistlichen Lebens ist es, die Seele zur vollkommenen Vereinigung mit Gott zu führen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß sie verschiedene Stadien durchschreiten. Es ist ein langsames, allmähliches Aufsteigen der Seele „bis zu den höchsten Gipfeln der Vollkommenheit" (vgl. TANQUEREY, A.: Grundriß der aszetischen und mystischen Theologie, Paris 1935,445). Aus dem Neuplatonismus des Proklos entlehnt, erlebte diese für die christliche Aszetik und Mystik wichtige Dreiteilung (Weg der Reinigung, der Erleuchtung und der Einigung) ihren Durchbruch in der geistlichen Lehre des Dionysius Areopagita (vgl. MAGER, A.: Mystik als Lehre und Leben, Innsbruck 1934, 98). 114 D. v. Rottenberg steht hier - zeitbedingt - in der Tradition der Ordenstheologie, für die das klösterliche Leben gegenüber einem Leben "in der Welt' mehr Sicherheit bietet, die eigene Seele zur Vollkommenheit zu führen. 73

Entscheidend ist für die Ordensfrau aber nicht das Suchen und Gefundenhaben, das sie durch ihre Ordensprofeß besiegelt, sondern, daß sie ihren Geliebten nicht mehr loslassen will, wie es die Braut des Hohenliedes ausdrückt"5 (S. 8). Dies allerdings ist eine Frage der Beharrlichkeit116 Denn, so formuliert sie: Nicht dem Anfänger, nicht dem Fortgeschrittenen, sondern demjenigen, der beharrlich bleibt, wird die Krone der Glorie verliehen (S. 10). Die Beharrlichkeit verhilft zum Glauben, daß Gott in seiner Gnade nicht verloren werden kann und dadurch die ewige Seligkeit gewiß ist"7 (S. 10). Um diese Beharrlichkeit zu erkämpfen, müssen Voraussetzungen geschaffen werden. Es ist notwendig und unerläßlich, den einmal angetretenen Bußweg nicht mehr zu verlassen, sondern ein ganzes Leben auf ihm weiterzugehen. Das kann aber dem einzelnen Klostermitglied nicht allein überlassen bleiben, hier ist die ganze Gemeinschaft in die Pflicht genommen. Für Dominica von Rottenberg galt als unverzichtbare Grundlage für ein geregeltes Ordensleben die strenge Klausur, so wie sie schon vom Konzil von Trient gefordert wurde; sie durchzusetzen war bisher durch den massiven Widerstand der Klosterfrauen gescheitert."8 1,5

' Vgl. Hld 3,4b. D. v. Rottenberg legt starkes Gewicht auf die Beharrlichkeit (perseverantia); diese „besagt das Ausharren des gerechtfertigten Menschen in der empfangenen Rechtfertigungsgnade, sei es bis zum Lebensende (p. finalis oder perfecta), sei es für eine gewisse (längere) Zeit (p. temporalis oder imperfecta)". (Vgl. JÜSSEN, K.: Beharrlichkeit, in: LThK II, 123). Zur 'perseverantia' bedarf es aber nach THOMAS der Hilfe durch die Gnade. STh IIII q 137 a 4, Corpus articuli: „Von Beharrlichkeit spricht man in doppeltem Sinn: Einmal als Gehaben der Beharrlichkeit, insofern sie Tugend ist. In dieser Weise aufgefaßt, bedarf sie des Geschenkes ... der Gnade wie auch die anderen eingegossenen Tugenden. - Zum anderen kann sie als Akt der Beharrlichkeit aufgefaßt werden, der bis zum Tod dauert. In diesem Sinne bedarf sie nicht nur des Gehabens der Gnade, sondern auch der frei gewählten Hilfe Gottes, der den Menschen im Guten bewahrt bis zum Ende des Lebens ... Da nämlich das Entscheidungsvermögen von sich aus wandelbar ist und ihm durch das Gehabe der Gnade (per habitualem gratiam) des gegenwärtigen Lebens nicht genommen wird, steht es nicht in der Macht des Entscheidungsvermögens - selbst dann nicht, wenn es durch Gnade wiederhergestellt ist -, unwandelbar im Guten festzustehen ..." (Vgl. DThA XXI (1964), 217). 111 Theologisch zu rechtfertigen ist diese sehr pointiert ausgedrückte Heilsgewißheit nur insofern, als von der unwiderruflichen Liebe Gottes ausgegangen werden muß, die sich in Leben und Schicksal Jesu Christi manifestiert. Das dadurch dem Menschen angebotene Heil ist gewiß. Ob der Mensch jedoch dieses Heilsangebot Gottes annimmt, ist in seine Freiheit gesetzt und geschieht nie automatisch. Es bleibt das Geschöpfsein, das die Unvollkommenheit mit einschließt. 118 Vgl. ausführlich 3.1.4.3. 116

74

Die Klausur garantierte in den Augen ihrer Befürworter den durch die Gelübde gefaßten Beschluß, den Bräutigam nicht mehr loszulassen (S. 7). Eine solche strenge Klausur notfalls auch gegen Widerstände einzuführen," 9 sind die Oberen in ihrem Gewissen verpflichtet, „weil Gott mit strenger Rechenschaft die Seelen der Untergebenen von den Händen aller Vorgesetzten fordern wird. Und soweit sich (deren) Gewalt erstreckt, ist es eine Gewissensschuldigkeit, daß von Seiten der Obrigkeit das Möglichste getan wird, die Sünde und das Laster auszureißen (und) die Tugend einzupflanzen; die dazu erforderlichen Mittel können ergriffen werden und sollen ergriffen werden. Kein stärkeres Mittel (aber) gibt es als allen bösen Gelegenheiten den Boden zu entziehen. Und das kann die Klausur erreichen."120 Diese Klausur erst garantiert klösterliche Einsamkeit, damit die Schwestern Gott ungehindert dienen können. Sie hilft ihnen, die „Vergnügung des Herzens", nämlich „ihren Gott zu genießen."121 „Daher", so folgert sie, „darf man die Klausur nicht als Tyrannei oder Einkerkerung betrachten, wie man sich einbilden könnte, sondern als ein großes göttliches Gnadengeschenk."122 Die Ordensfrauen sollen es annehmen zum Zeichen der unverfälschten, Gott schuldigen Liebestreue. Die Annahme der strengen Klausur, so schreibt sie den Kapuzinerinnen in Wattwil, hilft ihnen, allen Sündengefahren auszuweichen und damit auch dem Bruch ihrer Gelübde zu entgehen. (S. 8). - Die strenge Klausur also als unverzichtbare Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Ablauf des klösterlichen Lebens, vor allem aber als Garantie der Sicherheit gegen die Sündengefahren des Weltlebens. Mit dieser Einstellung wurde Dominica eine gute Mitstreiterin ihres Provinzials ANDREAS ROTH, der sich in der neugegründeten süddeutschen Ordensprovinz sehr für die Erneuerung des Ordenslebens einsetzte.123 DUFRENE schreibt, daß sie bald schon, nachdem sie zur Priorin gewählt war, den festen Entschluß faßte, die alte Ordensobservanz für St. Katharinental wieder einzuführen.124

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In Wil wurde die Priorin wegen massiver Widerstände gegen die angestrebte Reform vom Fürstabt kurzerhand abgesetzt. Vgl. TB 1, 763. Dominica von Rottenberg: Brief an einen Missionar, undatiert, S. 2 (Postulationsarchiv Josefa Dominica von Rottenberg, Standort: Ordensarchiv X 1677, Rom, S. Sabina). A.a.O., 4-5. A.a.O., 6. Vgl. ausführlich 2.3.2. Vgl. DUFRENE, M.: Die auserlesniste Andacht..., a.a.O. 60. 75

3.1.4.2

Örtliche Grundlage für die Reform: Der Klosterneubau

Strenge Klausur als Grundbedingung für ein Ordensleben nach ursprünglichen, nicht durch Zugeständnisse gemilderten Bedingungen, war nach Dominicas Meinung im alten Klostergebäude nicht möglich. So entschloß sie sich, den fast 500jährigen Klosterbau durch einen Neubau zu ersetzen, der es auch ermöglichte, die steigende Zahl der eintretenden Schwestern aufzunehmen.125 Zwei weitere Überlegungen mögen sie vielleicht auch zu diesem Entschluß beeinflußt haben: Zum einen hatten sich die Dominikanerinnen von St. Katharina zu Augsburg entschlossen, für die reformwilligen Schwestern ihrer Gemeinschaft ein neues Kloster zu gründen.126 Zum anderen war etwas Neues, Ungewohntes und Schweres sicher in neuer Umgebung besser einzuführen und durchzuhalten, wo nicht alles und jedes an die alten Zeiten erinnerte. Dies alles zusammengenommen mag sie zur Realisierung ihres Planes gedrängt haben. Nachdem sie die - hauptsächlich finanziellen - Bedenken sowohl ihrer Mitschwestern als auch des Provinzials ausgeräumt hatte, besonders Kosten für die Beschaffung des Baumaterials, machte den Schwestern Sorgen,127 konnte sie am 10. Oktober 1714 im Beisein des Beichtvaters und des Ordensprovinzials, Pater BALTHASAR MEYER, einen positiven Konventsbeschluß herbeiführen.128 Dominica von Rottenberg wurde „von guten Freünden ermahnet, sie sollte wenigstens eine kleine Zeit mit der Arbeit zuwarten, weilen die ersten 3 Jahre ihres Priorats in wenigen Wochen zu Ende gehen würden, da sonsten zu besorgen wäre, die Wahl möchte änderst ausfallen, indem die Klosterfrauen mit allem Gewalt dem Bau sich widersetzten",129 denn es war kein Barvermögen vorhanden, so daß die Bauarbei125

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Vgl. KUHN, K.: Thurgovia Sacra III, a.a.O. 175. - Ausführliche Schilderung von Kloster- und Kirchbau vgl. FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte des Klosters St. Katharinental, in: Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Heft 66, Frauenfeld 1929, 61-94, und KNOEPFLI, A.: Kunstdenkmäler der Schweiz, Thurgau IV. Vgl. 2.3.2. KUHN, K.: Thurgovia Sacra, Geschichte der kathol. kirchlichen Stiftungen des Kantons Thurgau, III, Geschichte der thurgauischen Klöster, 3. Lieferung: Die thurgauischen Frauenklöster, Frauenfeld 1833, 175. FREI-KUNDERT: Zur Baugeschichte des Klosters St. Katharinental, in: Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte, Heft 66, Frauenfeld 1929, 64; P. Balthasar Meyer (oder Mayr) war der zweite Provinzial der neugegründeten süddeutschen Ordensprovinz der Dominikaner (Saxonia). Er leitete die Provinz 1713 bis 1715 (vgl. dazu WALZ, A. OP: Statistisches über die Süddeutsche Ordensprovinz, QGDOD 23, 47). Hohenbaum-Baugeschichte, Anlage zu FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 161.

ten hätten begonnen werden können. Der Provinzial ordnete sogar an, nicht eher mit dem Bau zu beginnen, bis ihm „mehrere 1000 Gulden vorgezehlet werden".130 All das aber ängstigte sie nicht. Im Gegenteil: „Dieses habe ich unerschrocken angehöret und geantwortet: Dass, wann ich wüßte, dass mich die Menschen zu einer Priorin gemacht hätten oder inskünftig machen würden, ich keinen Augenblick bleiben wollte. Ich aber glaube, dass mich Gott gemacht; und wann er mich verlangt, wi(e)der machen wird, sonst wollt ich es nicht annehmen; weil ich allein bey disem Amt bleibe, seinen Willen zu erfüllen, und also förchte keinen Menschen."131 Hier wird das Auserwähltsein von Gott zu diesem Amt von ihr selbst zur Sprache gebracht, wie es in der Vision vom 12. Juli 1703 bereits zum Ausdruck kam.132 „... Bin also fortgefahren bis auf die letzte Stund meines Amts in meinen Baugeschäften und hab lassen über mich ergehen, wie es gekommen ist. Dessen ohngeacht, da(ß) ich ein Dorn in den Augen gewesen, ist die Wahl einhellig erfolget."133 Nach diesen Anfangsschwierigkeiten kam der Bau zügig voran: 16. April 1715 Grundsteinlegung und bereits fünf Monate später, am 30. September, wurde mit dem Aufrichten des Dachstuhls über dem ersten Konventsflügel begonnnen.134 Im folgenden Jahr Baubeginn für den zweiten Konventsflügel, so daß bereits im Frühjahr 1717 der Neubau bezugsfertig war und durch den Beichtvater als Vertreter des Provinzials amWeißen Sonntag dieses Jahres eingeweiht werden konnte.135 Mit dem Umzug in die neuen Wohnräume begann dann für die Schwestern das neue klösterliche Leben; obwohl das Kloster noch nicht vollständig fertiggestellt und die strenge Klausur noch nicht offiziell errichtet worden war, wurden die Klosterfrauen dazu angehalten. „Von dieser Zeit an", schreibt die Priorin, ist „niemand mehr eingelassen worden, da doch das Kloster ... nicht halb ausgebauet gewesen, unangesehen viele fromme Standespersonen angehalten".136 „Ich hab von vielen Geistlichen gehört", fährt sie fort, „daß keine Klausur seie, solange man bauet; ich hab aber meine untergebene Seelen in der Sicherheit zu halten gesucht und mich nicht lassen überwinden in meinem Vorsatz, die Klausur 130 131 132 135

134 135

136

Ebd. Ebd. Vgl. 5.3.1 (Vision 2). Hohenbaum-Baugeschichte, Anlage zu FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 161. Vgl. FREI-KUNDERT, K„ a.a.O. 66-67. A.a.O. 68. KUHN gibt als Einweihungsdatum den 4. April an; FREI-KUNDERT folgt Hohenbaum (Hohenbaum-Baugeschichte, Anlage, a.a.O. 162). HOHENBAUM-Geschichte, 557.

77

zu halten;'37 hab auch meine eigene Fr. Mutter nicht in das neubewohnte Kloster hineingelassen, auf alles Bitten und Betlen.138 Ein Jahr später, 1718, waren auch die anderen Räumlichkeiten bezugsfertig: Refektorium, „gemeine Stub",139 Krankenzimmer, Vestarium,140 Pfortenstube, Küche und Redezimmer, so daß am Fest des Hl. Dominikus auch dieser Bereich der neuen Klosteranlage in die Klausur mit einbezogen werden konnte.141 „In diesem Jahre (1718), den 19.ten Junij, ist die Frau Dominica Josepha zum drittenmal (zur) Priorin erwählt worden, in Gegenwarth des P.Provincials, welcher die Wahl bestätiget ... Sie selbsten bemerket, daß dies Geschäfte im neüen Gebäude und im Refectorio zum erstenmal vorgenommen worden ... ,"142 Damit waren die äußeren Bedingungen geschaffen, und Dominica von Rottenberg konnte daran gehen, die Reform inhaltlich zu gestalten. Um das Gelübde der Armut konsequenter halten zu können, hatte sie im neuen Klostergebäude eine allgemeine Kleiderkammer (Vestarium) einrichten lassen, die sie „Communität" nannte. „Sie ist innerhalb 3 Tagen so eingerichtet worden, daß am vierten Tag, als am Fest der Hl. Theresia,143 das erstemal denen Closterfrauen die Kleider gegeben worden, welches in 500 Jahren nicht geschehen, indem jede vor sich selbst gehauset und gelebet ...".l44 Das Fest der großen Ordensreformatorin des Karmel war von D. v. Rottenberg sicher mit Bedacht gewählt worden, galt ihr doch THERESIA VON AVILA für ihr persönliches geistliches Leben wie auch für das angestrebte Reformwerk als Vorbild und Wegweiserin.145 3.1.4.3

Schwierigkeiten bei der Durchsetzung der Reform

Dominica von Rottenberg, die mit großer Energie und im Bewußtsein einer heiligen Sendung an das Reformwerk heranging, hatte gegen große Widerstände zu kämpfen, an denen schon 150 Jahre zuvor päpstliche Visitatoren in St. Katharinental gescheitert waren: 137 138 139

140 141

142 143 144 145

78

Brief an einen Missionar, vgl. Fn. 120 HOHENBAUM-Geschichte, 558. „gemeine Stub" wohl von gemeinsam; Aufenthaltsort der Gemeinschaft, z. B. für gemeinsame Arbeiten oder andere Veranstaltungen. Vestarium = Kleiderkammer. Vgl. Hohenbaum-Baugeschichte, Anlage zu FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 163. Ebd. 15. Oktober. HOHENBAUM-Geschichte, 563. An ihrem Fest im Jahre 1702 erschien ihr Theresia in einer Vision und ermutigte sie zu ihren geistlichen Schriften. Theresia versprach ihr: „Ich will deine Mutter sein und hel-

Nuntius FELICIAN NINGUARDA aus dem Dominikanerorden146 beklagte sich bei einem Vortrag vor dem Rat in Luzern am 6. Juli 1579: „In den Frauenklöstern beobachte man das Gelübde der Armut und der Klausur nicht. Nicht nur Weibs-, sondern auch Mannspersonen werde gestattet, im Kloster zu übernachten. Die Klosterfrauen machen Ausgänge und haben teilweise gesonderten Tisch."147 Das Nichtbeachten der Klausur und des Armutsgelübdes bemängelte er auch bei seinem Besuch in St. Katharinental im August 1578.148 Als ein Jahr später sein Nachfolger JOHANN FRANZ BONHOMINI 149 als erster eigentlicher Nuntius bei der Eidgenossenschaft St. Katharinental visitierte, mußte er feststellen: „Jede Nonne erhalte wöchentlich 16 große Brotlaibe, was für den Unterhalt von vier Personen ausreichen würde, und ein großes Quantum Wein,... bei den vielen Jahrzeiten150 werden unter den Nonnen Einkünfte verteilt wie das sonst bei Chorherren üblich sei".151 Den vom Nuntius aufgrund seiner Beanstandungen erlassenen Verordnungen „besonders über schärfere Handhabung der Klausur und des Zusammenlebens"152 widersetzten sich die Klosterfrauen erbittert. „Es sei", sagte ein Teil der Frauen, „so etwas seit Menschengedenken nie von ihnen verlangt worden und im Widerspruch mit den päpstlichen Privilegien".153

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fen ..." (Vision 26); und ein Jahr später wurde Dominica von der Karmelitenheiligen MAGDALENA DE PAZZIS in einer Vision ermahnt, die Verehrung Theresias nicht zu vergessen, da sie eine große Fürsprecherin am Throne Gottes sein (Vision 33). FELICIAN NINGUARDA OP, geboren 1524 im Veltlin, gestorben 5.6.1595 als Bischof in Como, war 1568 - 1578 als apostolischer Kommissar, 1578 - 1583 als Nuntius und als Klostervisitator für die Durchsetzung der tridentinischen Reform tätig (vgl. JEDIN, H.: Ninguarda, in: LThK, VII. 1007-1008). MAYER, I. G.: Das Konzil von Trient und die Gegenreformation in der Schweiz, I, Stans 1901,217. Vgl. BÜCHI, A.: Zur tridentinischen Reform der thurgauischen Klöster, in: ZSKG, 1, Stans 1907, 212. GIOVANNI FRANCESCO BONHOMINI, geboren 6. 12.1536 in Cremona, gestorben 25.2.1587 in Lüttich, Freund des hl. Karl Borromäus, 1579 Nuntius in der Schweiz, erhielt 1584 die neu errichtete Nuntiatur in Köln; er bemühte sich sehr um den Erhalt des Katholizismus am Niederrhein (vgl. WODKA, J.: Bonhomini, in: LThK, II. 587). Jahrzeiten = jährlich wiederkehrender Gedenktag oder Fest, besonders die Jahrzeiten zum Andenken Verstorbener an deren Todes- oder Begräbnistag. Eine solche Jahrzeit wird vor allem durch eine Messfeier begangen, in der der Verstorbenen gedacht und für deren ewiges Leben gebetet wird. (Vgl. GRIMM IV.2, 2249). BÜCHI, A.: Zur tridentinischen Reform ..., a.a.O. 213; 215. Die Verordnungen sind abgedruckt als Beilage Nr. 4 bei BÜCHI, A.: Zur tridentinischen Reform ..., a.a.O. 271; 275. KUHN, K.: Thurgovia Sacra III, a.a.O. 168. 79

Auch Tomaso Marini, der im Auftrag des Ordensmeisters 1617-1619 die Teutonia visitierte, konnte die Nonnen nicht zur Einführung der Klausur bewegen. Sie legten sogar auf Anraten einflußreicher Verwandter beim Kaiser Einspruch gegen die Forderung des Visitators ein.154 So waren die Widerstände gegen die Verschärfungen des Ordenslebens, wie sie Dominica von Rottenberg mit dem Umzug in den Klosterneubau durchzusetzen versuchte, verständlich. Besonders die Abstinenz von Fleischspeisen stieß sowohl bei den Klosterfrauen als auch bei Außenstehenden auf harte Kritik. So heißt es im Reformbericht bei HOHENBAUM: „Es haben die Doctores selbst geglaubt, die Klosterfrauen werden solches nicht ein Winterjahr ausstehen können; das Größte war die allgemeine Aussage, die Leut würden nicht mehr zu bekommen sein, welches auch eine ziemliche Zeit gedauert, daß von Zähren ist erzählt worden, wann die Observanz nicht wäre, wollten sie hier Klosterfrau werden ... Endlich ..., daß die Klosterfrauen selbst sehr übel zufrieden gewesen und ihr ins Gesicht gedroht, sie wollen keine solche Priorin mehr haben ... Das Klagen dauerte bis ins 9te. Jahr ..."l55, also etwa bis zum Jahr 1727. Unterstützung in ihrer Sorge um die Einführung der strengen Observanz erhielt D. von Rottenberg vom Ordensgeneral der Dominikaner. Ein Brief des nach dem Tod von ANTONIN CLOCHE mit der Ordensleitung betrauten Generalmagisters AUGUSTIN PIPIA (1721 - 1725)156 an die beiden Reformklöster Wörishofen und St. Katharinental vom 28. Juni 1721157 heißt die erneuerte strenge Lebensweise ausdrücklich gut: „... Da wir nun die gegründete Hoffnung haben und uns dadurch eine ausnehmende Freude und Trost erwächst, so erfordert es auch unsere pflichtgemäße Amtsverwaltung, Eurem ersten Eifer und löblichst gemachten Anfang hilfreiche Hand zu biethen und die notwendigen Mittel zur Unterstützung desselben umso fürsichtiger vorzukehren, je schwächer zu dessen Fortdauer die Werkzeuge sind ..." (S. 68/69). Der General nennt des weiteren die Punkte, die in den beiden Klöstern besonders streng zu beachten sind: Der tägliche Gottesdienst ist ohne Dispensmöglicheit so zu verrichten, wie es die Ordenssatzungen festlegen, ebenso die 154

155 156 157

80

Vgl. dazu KORDEL, A.: Die Visitation der Dominikanerprovinz Teutonia durch Tomaso Marini op (1617-1619), I. Teil AFP 58, Rom 1988, 305-306. Die Kapitelsakten von Freiburg beschäftigen sich in zwei „concessiones" mit den reformunwilligen Nonnen: KORDEL, II. Teil, AFP 60, Rom 1990, 401-402 und 447-448. HOHENBAUM-Geschichte, 566-567. Vgl. WALZ, A.: Wahrheitskünder, Essen 1960, 83-98. In deutscher Übersetzung in der Bibliothek des Dominikanerinnenklosters Wörishofen, Manuskript Nr. 519,66-86; Briefauszug im Ordensarchiv Rom, vermerkt unter IV/200, 115.

vorgeschriebenen Betrachtungen (S. 72); die Anordnungen der Oberin sind anzunehmen, als spräche sie Gott selber aus (S. 73); Gespräche mit auswertigen Besuchern, seien sie weiblich oder männlich, werden auf wichtige Angelegenheiten beschränkt, und dann ist immer die Erlaubnis der Priorin einzuholen (S 75). Der General äußert sich zum kirchlichen Nachtgebet (S. 76), zur Gewissenserforschung und zum großen Stillschweigen, das besonders für Refektorium und Chor gelten soll: Ein „ewiges Stillschweigen", das nicht aufgehoben werden kann und dessen Übertretung harte Strafen nach sich zieht, die „gewöhnlicherweise nur vom Pater Provincial erlassen werden können" (S. 77). Zum observanten Klosterleben gehören der Nachtchor, d. h. das mitternächtliche Chorgebet der Schwestern (S. 77) genauso wie jährliche verpflichtende zehntägige Exerzitien und die geistliche Führung, die dem Klosterspiritual anvertraut ist (S. 78). Die Wiedereinführung des Fleischverzichts, den Dominica von Rottenberg als besondere Observanz erwähnt und der auf so massive Gegnerschaft gestoßen war, schärft der General ein (S. 72/73 und 80 f.); ja er gibt Anweisungen, wie mit den Gegnern umgegangen werden soll: „... Nichtsdestoweniger, da fern wider Verhoffen einige in diesen jungfräulichen Klöstern entweder aus Schwachheit des Geistes oder aus Sinnlichkeit des nicht abgetödteten Leibes ... oder aus andren derley Ursachen verlangten und begehrten von dieser standesmäßigen Abstinenzbürde entbunden zu leben und folglich von jener strengen Observanz heilig zugethaner geistlichen Gemeinde abgesondert zu bleiben; diese sollen niemal in dem Refectorium oder ordinari Speiszimmer mit der Gemeinde, sondern von solcher abgesönderet im Krankenzimmer speisen mit dem beygefügten ernstlichen Verboth unter schwerer Strafe, sich zu erfrechen, eine von den Observantinnen an sich zu ziehen und ... selbe vom Hl. Berufe und Vorhaben abzuführen" (S. 80/81). Diese außerordentlich strenge Maßregel gegenüber den Schwestern, die an der eingeführten Reform Kritik übten, und diese von höchster Stelle ausgesprochen, lassen den Verweigerinnen dieses erneuerten und strengen Ordenslebens in St. Katharinental kaum eine Chance. Klug hatten sich die Schwestern in Augsburg verhalten, die den Observanzforderungen mit der Gründung des Reformkonventes in Wörishofen entgegenkamen und damit Leberecht für beide Ordensrichtungen ermöglichten.158 Eine solche Teilung der Konventsgemeinschaft war für St. Katharinental, soweit die Quellenlage dies beurteilen läßt, nie in Erwägung gezogen worden, hätte wohl auch der missionarischen Einstellung Dominica von Rottenbergs in dieser Frage ganz widersprochen. Für sie war die Observanzfrage in ihrer Gemeinschaft mit der Frage nach der Glaubwürdigkeit des Ordenslebens überhaupt verknüpft.159 So 158 159

Vgl. 2.3.2. Vgl. den oben (Fn. 120) bereits zitierten Brief D. v. Rottenbergs an einen Missionar bzgl. der Klausurfrage.

81

mußte es für sie eine Genugtuung gewesen sein, in diesem Punkt die höchste Ordensautorität auf ihrer Seite zu wissen, denn noch einmal und mit aller Deutlichkeit wandte sich der Ordensmeister in besagtem Brief vom 28. Juni 1721 gegen die Ablehnerinnen, wenn er schrieb: „Darum laßt uns, geliebte Kinder, von solchen falschen und unglückseligen Wahrsagerinnen, denen ein rechtschaffen klösterliches Leben, die Beobachtung der Satzungen und eine wohlgeordnete Disziplin und Zucht ein Greuel in den Augen ist, keineswegs unbehutsamerweise betrügen oder von dem löblich angefangenen Werk der strengen Observanz abführen. Und seyd versichert, daß wir keinem von erwähnten zweyen, der strengen Observanz gewidmeten und unserer Botmäßigkeit unterworfenen Klöstern die Zurückkehr zu den Fleischhäfen, Sinnlichkeiten, Ausgelassenheiten und andere dergleichen sträflichen Ausschweifungen zu eröffnen, jemals gestatten werden..." (S. 82). Trotz dieser Unterstützung blieb es bei einem langen, schwelenden Konflikt, der erst 1728 endgültig beigelegt werden konnte. Erst am 2. Juni 1728 wurde der Ordensgeneral vom Provinzial, der Priorin Dominica von Rottenberg und den die Petition unterzeichnenden Schwestern gebeten, die erstellten Ordinationen nebst einem beigefügten Zusatz160 über die Observanz zu konfirmieren. Dies geschah mit Schreiben vom 22. Januar 1729.161 Der Zusatz, den der Provinzial anläßlich einer Visitation verfaßt hatte, deckte sich im wesentlichen mit den im Generalsbrief von 1721 aufgeführten Reformpunkten. In diesem Zusatz wurde noch einmal betont, daß die Observanz „ohne Widerred, sondern mit freimietigen Herzen, Gott allein zu Lieb und Ehr aufs genaueste gehalten werde, damit es heisse und wahr werde, was geschrieben steht, daß nicht den Anfangenden, sondern allein den Verharrenden das Heil versprochen ist".162 Die Vorstellungen Dominicas für ihren eigenen Konvent werden nicht wesentlich von den Reformbedingungen für Wil abgewichen sein.163 Dort beginnt sie mit einem geistlichen Prolog zu einem Verse aus dem Hohenlied: ,¡Meine Schwester, du bist wie ein verschlossener Garten, ein versiegelter Brunnen."164 Der himmlische Bräutigam, so führt sie aus, hat sich durch das große Geheimnis seiner Menschwerdung zum Bruder der Sünder gemacht. Es ist somit ein geistliches Verwandtschaftsverhältnis entstanden, das zugleich einen Erbanspruch auf das Reich des Himmels einschließt (S.l).165 160

161 162 165 164 165

82

Der Zusatz befindet sich in lateinischer und deutscher Fassung im Postulationsarchiv, Akte Dominica von Rottenberg, X 1677. Generalregesten IV/216.18, Ordensarchiv Rom, S. Sabina. Vgl. Ordinationen v. Wattwil, WE-Rtb 52, 10. Vgl. WE-Rtb 51. Hld.4,12. Die Seitenangabe bezieht sich auf die Handschrift WE-Rtb 51.

Diese Liebesverwandtschaft bedingt äußere und innere Gleichförmigkeit mit dem menschgewordenen Bräutigam: in der äußeren, d. h. menschlichen Gestalt und im menschlichen, aber auch durch Anteil an seinem göttlichen Leben. Um sich dieser geistlichen Verwandtschaft mit Christus würdig zu erweisen, wird von den Ordensleuten Nachfolge Christi gefordert, weil sie unter Tausenden von Gott zu einer solchen Gnade auserwählt worden sind. Diese Berufung zur Nachfolge ist nach der Taufe das größte Gnadengeschenk Gottes und darf nicht mißbraucht werden, damit die Gnade nicht zu Strafe wird (S. 2). Von den Ordensleuten wird G e h o r s a m gefordert, damit sie ihre Berufung leben können. Denn der Gehorsam tötet den Eigenwillen so ab, daß sie „wie tot" weggetragen werden können. Ob verächtliche Dienste oder Ehrenämter, ob besondere Gunsterweise oder Verachtung, alles ist im Gehorsam anzunehmen. Die Vollkommenheit besteht für die Ordensleute darin (S. 3), in keiner Sache mehr nach dem eigenen Willen zu handeln, so daß sie in Wahrheit sagen können:"Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir."166 Der himmlische Bräutigam fügt hinzu: „Du bist wie ein verschlossener Garten." Damit meint er nichts anderes als das, was die Regel des hl. Augustinus befiehlt, in der es heißt: Ihr sollt ein Herz und eine Seele in Gott sein.167 Und das meint: Nichts anderes lieben als Gott allein. Zu diesem Zweck sollen die Herzen der Ordensleute durch das Einhalten der „engelgleichen Keuschheit" zu einem verschlossenen Garten gemacht werden (S 4). Sie sollen nichts anderes suchen als Gott zu gefallen und nichts mehr fürchten als ihm zu mißfallen. Im Unterschied zu einem verschlossenen Garten hat zu einem offenen Feld jedermann Zutritt; alles kann geraubt oder von wilden Tieren gefressen werden (S. 5). Das gilt auch für die Früchte der guten Werke und für die blühenden Blumen der Tugend. Das klösterliche Leben, besonders wenn die Klausur eingehalten wird, bewahrt sie vor solchen Verlusten (S. 6). Dem himmlischen Bräutigam gefällt dies, wie er selbst bezeugt: „Meine Schwester, du bist mir ein verschlossener Garten", so als wolle er sagen: Durch deine reine Treue und Liebe hast du mir das Herz verwundet. Wie du mich liebst, bin auch ich gezwungen, dich zu lieben (S. 7). Es ist notwendig, einen solchen Brunnen fruchtbar zu halten. Zu diesem Zweck muß sich der himmlische Bräutigam selbst im Herzen der Braut, einem Brunnen 166 167

Gal 2,20. „ D a s ist es, was wir euch im Kloster gebieten. Das erste Ziel eures gemeinschaftlichen Lebens ist, in Eintracht zusammenzuwohnen und ein Herz und eine Seele in Gott zu haben." (Die Regel des hl. Augustinus, 1. Kap., bei V O N B A L T H A S A R , H. U.: Die großen Ordensregeln, Einsiedeln 3 1974, 101). 83

gleich,168 einfinden, damit die wachsenden Früchte der Tugend nicht von der Hitze der Eigenliebe und auch nicht von der Liebe zu den Kreaturen verdorben werden. Es darf also kein Mangel an Gnadenwasser herrschen. Der Bräutigam wird daher selbst verlangen, den Garten mit seinem „Gnadenwasser" zu begießen, wodurch die Notwendigkeit deutlich wird, die Reinheit durch die Gnade zu erhalten, wie Paulus bezeugt: „Was ich bin, bin ich durch die Gnade".169 (S. 9). So notwendig es aber ist, daß der Garten verschlossen bleibt, genauso notwendig ist es auch, durch ein strenges Bußleben die Hindernisse, die der Gnade im Wege stehen zu beseitigen, damit die Keuschheit erhalten bleibt (S. 10). Dominica von Rottenberg geht dann auf das Anliegen der Reform ein. Sie mahnt zum ehrlichen Eingeständnis, wie weit sie sich vom Ziel ihrer klösterlichen Berufung entfernt und somit unwürdig gemacht hätten, den Namen einer Schwester des allerhöchsten Gottes zu tragen, wobei sie sich selbst in diese Kritik mit einschließt (S. 11). Es genügt eben nicht, schreibt sie, die Welt zu verlassen, es muß auch der Eigenwille abgelegt werden, d. h., es ist ohne Murren und Klagen den Befehlen der Oberen Gehorsam zu leisten. In der Stimme der Vorgesetzten hört man die Stimme Gottes. Wird sie verachtet, verachtet man Gott. Wer aber Gott verachtet, muß als sein Feind betrachtet werden und darf nicht vom himmlischen Bräutigam erwarten zu hören, seine Seele sei eine in der Liebe ihm verbundene Schwester.170 Wer Gott mit geteiltem oder besser gesagt, mit verlorenem Herzen gedient und sich an die Kreaturen oder egoistisch an sich selbst gehängt hat, vollbringt seine Werke ohne Liebe. Damit sind sie tot und nichts vor Gott, wie groß und heilig sie auch scheinen mögen (S. 13). Wenn nicht Gott allein geliebt wird, so reißt das eheliche Band der gelobten Keuschheit zwischen Gott und der Seele entzwei. Und sobald das Herz kein verschlossener Garten mehr ist, hält es sich ganz in dem auf, was Gott mißfällt, und Gott zieht seine Liebe zurück (S. 14). 168

m 170

84

,Brunnen', ,ein bewässerter Garten',,Wasser' gehören auch zu den Bildern, die THERESIA VON AVILA gebraucht. Bei der Erklärung der dritten Stufe des Gebetes z. B. schreibt sie vom Bewässern des Gartens der Seele durch das Wasser der Gnade: Gesamtausgabe I (Leben) 150.1, oder sie gebraucht Wasser als Bild für die Tröstungen, die Gott gewährt, im Anschluß an Joh 4,13: „Wer von diesem Wasser trinkt, der wird nie mehr Durst haben.": Gesamtausgabe VI (Weg der Vollkommenheit), 102.3 u. 103.5. 1 Kor 15,10. Vgl. dazu STENGEL, Georg, SJ (1584-1651); er lebte auch einige Zeit im Jesuitenkolleg von Pruntrut. Stengel betonte besonders die Demut: Von ihr komme alle Heiligkeit (DSp XIV, 1208). SAINT-CYRAN (= Jean-Ambroise Duvergier de Hauranne, 15811643) bezeichnet den Seelenführer als den „sichtbaren Gott". Die Begegnung mit ihm ist bereits Anerkennung der Berufung (DSp XIV, 114-145).

Wer also kein Feind Gottes sein will, darf in der Liebe Gott nichts vorziehen. Nicht im Getümmel der Welt, sondern in Stille und Einsamkeit vollzieht sich die Heimsuchung Gottes. Deshalb muß auch die Liebe Gottes in der Einsamkeit des Herzens gesucht werden. Dies geschieht, indem alles verlassen wird, was außer Gott noch geliebt wurde. Der verschlossene Garten bedeutet ein Leben in Keuschheit für den himmlischen Bräutigam, dem die Ordensfrau die Treue geschworen hat. Dominica von Rottenberg betont, sie fühle sich vor Gott im Gewissen verpflichtet, ihren Mitschwestern durch das ihr aufgetragene Reformwerk zu ermöglichen (S. 15), für Christus ein solch verschlossener Herzensgarten zu sein und weder von den Geschöpfen, noch von der Welt abhängig zu werden. Bisher seien Gottes Liebesfreigebigkeit und seinen Gnadengeschenken nur Haß und feindliche Taten entgegengestellt worden, denn wer sündigt (S. 16) kann nichts anderes vollbringen als Werke eines Feindes Gottes. Es sei aber nicht vorstellbar, daß jemand gefallen daran finde, ein Feind Gottes zu bleiben. Er wird alles daran setzen, sich zu ändern, wann nur ein Funke der göttlichen Liebe dazu antreibt. Daraus folgt notwendigerweise der Vorsatz, nicht mehr zu sündigen. Von den alten Sünden und bösen Gewohnheiten gilt es sich abzuwenden und mit David ausrufen: „Ich habe gesündigt, aber es soll nicht mehr geschehen."171 Sündigen ist menschlich, aber in der Sünde verharren ist vom Teufel. Es ist immer möglich, mit dem verlorenen Sohn durch Reue und Buße zurückzulaufen und zu sagen: „Ich habe Böses getan, daß ich gegen dich gesündigt habe." 172 Haltet euch in tiefer Demut für unwürdig, weitere Gnaden zu empfangen und unter die Zahl der Kinder Gottes gerechnet zu werden. Dadurch erhaltet ihr neue Gnaden zur Besserung (S. 17), und ihr bleibt somit eurem himmlischen Bräutigam ein verschlossener Garten der getreuen und unverfälschten Liebe des Herzens, ein versiegelter Brunnen im Leben der göttlichen Gnade und Freundschaft ... (S. 18). Sie greift offenbar auf das Urbild des Paradieses zurück. Wer darin den Garten pflegt, schöpft aus dem Urquell des Brunnens, der Gemeinschaft stiftet wie eine Ehe (versiegelter Brunnen). Das offene Feld dagegen ist wie ein Wall der Sünde und Untreue. Was den Garten schützend umgibt - sie schreibt weder von Zaun noch Mauer - bewahrt den inneren Frieden vor äußerem Angriff und Schaden; das ist in Dominicas Augen die Klausur. Nach dieser geistlichen Vorrede behandelt sie in dreizehn Punkten konkrete Fragen des klösterlichen Alltags.173 171 172 173

Vgl. 2 S a m 12,13. Vgl. Lk 15,11-32. (1) „Von dem göttlichen Dienst", behandelt Fragen des Gottesdienstes (S.19-47). (2) „Von den Beicht- und Communiontagen" (S.48-51). (3) „Wie das Noviziat soll gehal85

Dominica von Rottenberg konnte nach vielen Spannungen schließlich doch die strenge Observanz in St. Katharinental durchsetzen. Dies lag sicher nicht zuletzt an der Reform von vier Frauenklöstern, die sie im Auftrag des Abtes von St. Gallen in dessen Territorium zwischen 1725 und 1727 durchführte.

3.1.4.4

Die Reform einiger Frauenklöster im St. Gallener Land und im Toggenburg

Wie kam es zu dieser Reform, die die Priorin für drei Jahre aus der von ihr so geforderten klösterlichen Abgeschiedenheit herauszwang? Hier sei kurz auf die Bemühungen der Äbte von St. Gallen hingewiesen, in der nachreformatorischen Zeit den katholischen Glauben zu stärken und verlorengegangene Gebiete zurückzugewinnen.174 Da sich die Bischöfe von Konstanz schwer taten, die Beschlüsse und Anweisungen des Reformkonzils von Trient in ihrem Sprengel durchzusetzen, zu dem sowohl der Thurgau als auch St. Gallen gehörten, erklärte bereits im Jahre 1565 Abt Othmar Kurz, daß er die Kirchen in seinem ten werden" (S.51-60). (4) „Was einer Layenschwester-Meisterin obliegt". Sie ist zuständig für die Novizinnen und Profeßschwestern. Laienschwestern, im Gegensatz zu den Chorfrauen, wurden zu niederen Haus- und Feldarbeiten eingesetzt. Sie hatten nicht die vollen Rechte innerhalb der klösterlichen Gemeinschaft (S. 62-77). (5) „Von der Erwählung einer Priorin". Hier wird auch über das Amt der Subpriorin geschrieben (S.78-98). (6) „Wie man sich zu verhalten hat mit allen übrigen Ämtern": Schaffnerin, zuständig für Verwaltung und Finanzen, Kellermeisterin: für Nahrungsmittel, Ernteund Wein, Küchenmeisterin, Pförtnerin, Krankenwärterin, Küsterin, Gewandmeisterin werden hier behandelt (S.99-123). (7) „Wie die Clausur soll gehalten werden" (S. 124-132). (8) „Wie der Regular-Tisch soll gehalten werden", hier legt Dominica von Rottenberg die Bestimmungen über die Verpflichtung zu gemeinsamen Mahlzeiten fest (S.133-141). (9) „Von der Recreation", d.h. den Erholungszeiten (S. 142-146). (10) „Von der Arbeit": auch die Chorfrauen sollen neben den Gottesdienstverpflichtungen zu gemeinsamer Arbeit herangezogen werden (S.147-160). (11) „Von dem Silentium" schärft die Orte und Zeiten des Stillschweigens ein, regelt die Kontrolle der Schwestern und die Bestimmungen über die Redeerlaubnis mit Gästen (S.161-171). (12) Vom Gelübde der Armut": hier geht es um einen zweifachen Tod, der gestorben werden muß, einen leiblichen und einen geistlichen Tod. Ordensleute müssen so leben, daß sich der Eigenwille nirgendwo ausbreiten kann (S172-190). (13) „Von dem Gelübde des Gehorsams": Alle Oberen stehen an Gottes Statt; ihre Befehle müssen als Gottes Befehle angesehen werden nach dem Wort Jesu: „Wer euch hört, hört mich" (Lk 10,16), (S.191 - Ende). 174

86

Vgl. ausführlich DUFT, J.: Die Glaubenssorge der Fürstäbte von St. Gallen im 17. und 18. Jahrhundert, Luzern 1944, 44-48.

Gebiet visitieren wolle, wenn es schon nicht durch die bischöfliche Behörde geschehe.175 Nach andauernden Auseinandersetzungen wurde schließlich Abt Bernhard II. Müller 1596 „vorläufige Jurisdiktion"176 zugesprochen. Es dauerte aber noch weitere 17 Jahre, bis der Streit endgültig beigelegt werden konnte. In einer Vereinbarung vom 21. März 1613 wurde dem Abt das Visitationsrecht über Personen und Sachen innerhalb seines Herrschaftsbereiches zugesprochen. Der Bischof konnte zwar alle fünf Jahre das Gebiet St. Gallens visitieren, aber dies änderte nichts an den quasi-bischöflichen Rechten, die dem Fürstabt jetzt eingeräumt waren.177 Abt Joseph von Rudolfi war also der kirchenrechtlich verantwortliche Obere oder die „hohe Obrigkeit", wie Dominica von Rottenberg sich ausdrückte, und als solcher zuständig für die zur Reform anstehenden vier Klöster: das Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Wil sowie die drei Kapuzinerinnenklöster St. Maria zu den Engeln in Wattwil, St. Maria in Notkersegg und St. Scholastika bei Rorschach; er war aber gleichzeitig auch barocker Landesherr eines Reichsfürstentums. Im Krieg um die Freiheitsrechte des Toggenburg (1712) hatte die fürstäbtliche Regierung politische und religiöse Zugeständnisse machen müssen.178 Dennoch blieb auch nach dem Friedensschluß die patriarchalisch-landesväterliche Einstellung bestimmend, aufgrund des "Gottesgnadentums' für Schutz und Wohl der Kirche Sorge zu tragen und möglichst weitgehende Einheit in Glaube und Glaubensvollzug anzustreben. Diese barock-absolutistische Einstellung eines fürstlichen Benediktinerabtes schmälerte sicher nicht dessen geistliche Verdienste, aber es war nicht immer säuberlich zu trennen, ob der Abt von St. Gallen in seiner geistlichen Sorge als Oberhirte oder als Landesherr die Reform durchsetzen wollte; jedenfalls forderte er absoluten Gehorsam. Die widerspenstige Priorin von Wil wurde am 23. August 1725 nach vorheriger Visitation durch den Abt kurzerhand abgesetzt, und schon einen Tag später fand die Neuwahl statt, der der Statthalter des Fürstabtes vorstand.179 Dieser Statthalter 175 176

177 178

179

Vgl. ders., a.a.O. 45. Jurisdiktion = Hirtengewalt in Fragen der Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung. Der Jurisdiktionsträger hat Weisungsbefugnis gegenüber den ihm unterstehenden Personen und Institutionen. (Vgl. dazu MÖRSDORF, K.: Jurisdiktion, in: LThK, V. 1220). Vgl. DUFT, J.: Die Glaubenssorge ..., a.a.O. 48/49. Das galt für den Abt von St. Gallen, der im Badener Frieden (1718) den reformierten Christen des Toggenburg freie Religionsausübung zugestehen mußte, nachdem die katholische Vorherrschaft in der Eidgenossenschaft durch die Niederlage der katholischen 'Orte' im Krieg von 1712 verlorengegangen war (Vgl. THÜRER, G.: St. Galler Geschichte I, St. Gallen 1953, 518-530). TB 1,763. 87

war Priestermönch der Abtei St. Gallen und vertrat den Fürsten als Landesherrn in der Stadt Wil. Nach dem Bericht HOHENBAUMs begann die Klosterreform recht unreformatorisch mit einem Seelsorgefall. In seiner „Abhandlung von der Reform der Frauenklöster im St. Gallischen Gebiete"180 (im folgenden zitiert: Abh. und Seitenangabe) berichtet er von einer im Dominikanerinnenkloster zu Wil lebenden Klosterfrau, die „sehr ungetröstet" und weder von den Beichtvätern noch vom Fürsten selbst „zurechtzubringen" war (Abh. 3). Als Pater Fintan Ledergerber Beichtvater bei den Dominikanerinnen in Wil wurde, wandte er sich an die Priorin von St. Katharinental um Hilfe; sein Vater war dort Stiftsverwalter.181 Pater Fintan konnte dem Abt nach Briefen und Gesprächen mit Dominica von Rottenberg Hoffnung auf eine Lösung machen, wies aber Joseph von Rudolfi auch auf ein Schreiben der Priorin hin, in welchem sie den Spiritual von St. Katharina ermahnte, auf den Fürsten von St. Gallen einzuwirken, eine Reform in den ihm unterstellten Klöstern durchzuführen (Abh. 4-5). Der Abt sollte wenigstens aus Liebe zu seinem ewigen Seelenheil sich bemühen, daß die Sünder ausgerottet und die Gelegenheit zu den Lastern hinweggenommen würden (Abh. 6).182 Der Abt war von einer Klosterreform anfänglich nicht besonders angetan, nicht zuletzt auch, „weilen es von einer Klosterfrau herkommen", von deren Meinung er nicht viel hielt (Abh. 6). Er spielte eher mit dem Gedanken, diese Schwester von Wil nach St. Katharinental zu schicken, wie Pater Fintan der Priorin bei einem Besuch im Auftrag des Fürsten vorschlug. Dieser Vorschlag des Abtes wurde 180

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182

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Die „Abhandlung von der Reform der Frauenklöster, welche von der gottseeligen Frau Dominica Josepha von Rottenberg vorgenommen wurde", ist ein Nachtrag zum Abschnitt „Von der Reform der Ordens Satzungen" in HOHENBAUM-Geschichte, 561-572. Mangels genügender Information blieb dieser Abschnitt über die Klosterreform sehr vage. HOHENB AUM schreibt selbst: „Ich mus mich demnach mit wenigem, was ich sonst von dieser merckwürdigen Sache beifunden habe (begnügen), damit es nicht etwan auch verloren gehe." (562). Erst nach Beendigungen der „Geschichte des Gotteshauses St. Catharinenthals" erhält er Informationen aus dem Stiftsarchiv St. Gallen, so daß er diesen Bericht erstellen kann. Über P. Fintan (Franz Michael) Ledergerber vgl. HENGGELER, R. OSB, in: Monasticon-Benedictinum Helvetiae I, Einsiedeln 1929, 358-359; in einem Brief an P. Meinrad schreibt D. v. Rottenberg davon, daß sie „drei Jahre unter Benedictinergehorsam" gestanden habe. Unter Anmerkung (a) fügt HOHENB AUM an: „Von dem Jahre 1725 bis 1728, da der Herr P. Fintan von St. Gallen in der Reformazion der Klöster ihr Beichtvater gewesen" (Brief XXIX. von 1733). S. HOHENBAUM-Urkundenbuch, 407-410. Vgl. Brief an einen Missionar, a.a.O. (s. o. Fußnote 120).

jedoch von Dominica von Rottenberg mit Nachdruck abgelehnt: Es könne unmöglich eine fremde Klosterfrau in ein bereits „geschlossenes" Kloster hineingenommen werden (Abh. 7).183 Schließlich war der Abt doch zur Reform in Wil zu bewegen, die die Priorin von St. Katharinental in seinem Auftrag durchführen sollte, „damit sie Gelegenheit hätte, die offt gemelte184 Klosterfrau in Gegenwahrt185 zurechtzubringen". Am 14. März 1725 schrieb er an den päpstlichen Legaten Domenico Passionei,186 er möge der Priorin befehlen, sich wegen der Reform nach Wil zu begeben (Abh. 10). Nachdem er noch einmal eine Entscheidung des Legaten durch Brief vom 28. April187 angemahnt hatte, erhielt Dominica schließlich mit Datum vom 30. April 1725188 die Erlaubnis. Aber erst nach Genehmigung durch den Ordensgeneral, die ihr mit Schreiben ihres Provinzials Dominikus Widmann189 vom 17. Juni 1725190 übermittelt wurde, brach sie nach Wil auf. In Begleitung ihres Beichtvaters, Pater Guinandus Primus, einer Schwester von Pater Ledergerber, die Konventualin von St. Katharinental war, und des „Capellan Rienberger", den der Abt zur Begleitung der Priorin geschickt hatte,191 machte sie sich auf den Weg. (Abh. 17-18). Der Fürstabt, der schon seit dem 12. Juli wegen der anstehenden Reform in Wil weilte,192 hatte am folgenden Tag mit Dominica von Rottenberg eine Unterredung, „wie das Geschäft anzugreifen sey". Er hielt den Schwestern am 14. Juli eine „Exhortation"193 (Abh. 18), und kehrte, „nachdem er im St. Katharinenkloster zu 183

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D. v. Rottenberg stand zu dieser Zeit mitten in den internen Auseinandersetzungen um die Reform im eigenen Konvent. Mit dem Umzug in die neuen Klostergebäude waren für sie die Voraussetzungen für ein „geschlossenes", d. h. streng klausuriertes Kloster gegeben. Für sie war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Klausur auch offiziell durch einen kirchenrechtlichen Akt errichtet werden konnte. Eine fremde Schwester wäre eine zusätzliche Belastung gewesen. „gemelte" = gemeldete, genannte. „in gegenwahrt" = in ihrer Gegenwart. Domenico Passionei (1682-1761) war von 1714 - 1716 Legat, von 1721 - 1730 Nuntius in der Schweiz. Er war berühmt als Jesuitenfeind in Europa. (Vgl. REPGEN, K.: Passionei, in: LThK, VIII. 151). TB 1, 748-749, vom 28.4.1725. StaAFra 7'44'106. Dominikus Widman(n), Prior in Augsburg und Provinzvikar, wurde auf dem Kapitel zu Augsburg am 14.9.1721 zum Provinzial gewählt; er leitete die Saxonia bis 1725. (Vgl. WALZ, A.: Statistisches über die Süddeutsche Ordensprovinz, a.a.O. 47). StaAFra 7'44'106. TB 1,756. TB 1,753. Exhortation = Ermahnung. 89

Wyl unterschiedliche Anstalten zur Reformation gemacht (hatte)", einen Tag später nach St. Gallen zurück.194 Die Priorin konnte mit ihrem Reformwerk beginnen. Auch hier in Wil mußte Dominica von Rottenberg - wie in ihrem eigenen Konvent - zuerst gegen massive Widerstände der Priorin und einer Schwesterngruppe ankämpfen. Der Abt sah sich genötigt, erneut nach Wil zu reisen, um eine Visitation durchzuführen. Die Priorin wurde abgesetzt.195 Trotz der Widerstände gelang es ihr in knapp zwei Monaten, die Schwestern auf die Übernahme der strengen Klausur vorzubereiten, die vom Abt feierlich errichtet wurde.196 Sie blieb den Winter über in Wil und erarbeitete die Reformbestimmungen, die oben bereits zusammengefaßt vorgestellt wurden197 und die Abt Joseph am 15. Mai 1726 in Kraft setzte. Mit beendeter Reform in Wil wäre der Priorin Auftrag eigentlich erfüllt gewesen, und sie hätte in ihren Heimatkonvent zurückkehren können, was ihre Mitschwestern in einem Brief an den Abt auch forderten (Abh. 30). Sie wandten sich sogar an den Ordensgeneral in Rom mit der Bitte, Dominica von Rottenberg nach St. Katharinental zurückzubeordern.198 Der Abt jedoch erreichte über den päpstlichen Legaten einen Befehl, so berichtet HOHENBAUM, durch den die Priorin angehalten wurde, auch die anderen Frauenklöster im Herrschaftsbereich der Fürstabtei St. Gallen der Klosterreform zuzuführen, „was immer für Ordens sie seyen" (Abh. 35-36). Dieser Intervention konnte oder wollte sich auch der Ordensmeister der Dominikaner nicht verschließen. In einem Brief vom 13. Juli 1726 nahm Thomas Ripoll199 ausdrücklich seine vorher anderslautende Anweisung zurück, verwies auf den Befehl des Papstes und erteilte ihr für das weiter durchzuführende Reformwerk seinen väterlichen Segen;200 mit Schreiben vom 27. Juli 1726 wurde davon auch Fürstabt von Rudolfi in Kenntnis gesetzt.201

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TB 1,756. TB 1,763. TB 1,767. Original: Stiftsarchiv St. Gallen (StAStG) C 694; Kopie im Dominikanerinnenkloster Weesen, WE-Rtb 51. Die Generalregesten nennen zwei Briefe des Ordensmeisters an den Fürstabt, dieses Problem betreffend: v. 27. April 1726, IV/200.142, und v. 18. Mai 1726, IV/200.143. Zu Thomas Ripoll vgl. WALZ, A: Wahrheitskünder, a.a.O. 85. StAFra 7'44'106. Vgl. Generalregesten IV/200.143.

Unter dem Datum vom 17. September 1726 vermerkte das äbtliche Tagebuch, daß die Priorin von St. Katharinental nach „St. Maria bey Liechtensteig, die Clausur einzurichten ordiniert"202 wurde.203 Vier Monate widmete sie sich dort dem gleichen Reformanliegen, von dem ausführlich die Chronik des Klosters St. Maria der Engel berichtet.204 Auch hier entstanden Reformbestimmungen. Am 22. Januar 1727 verließ Dominica von Rottenberg Wattwil,205 um sich nach St. Maria bei Notkersegg zu begeben; hier hielt sie sich sicher bis zum April auf, denn am 4. April 1727 wurde dort die strenge Klausur eingeführt.206 Mit einem Brief des Abtes vom 24. September 1727 wurde den Schwestern von St. Scholastika bei Rorschach das Kommen der Priorin angekündigt. Sie solle ihrem Kloster „zu einer bequemmen207 Clausur einzurichten helfen, und daß sie Ihr in der B. Profession versprochenen Regul und Statuten vollkommentlich zu halten einrichten".208 Schon einen Monat später konnte ein Vertreter des Abtes in St. Scholastika die Klausur errichten.209 Auch für das Kloster in Rorschach wurden Bestimmungen erlassen, die das nunmehr reformierte Klosterleben regeln helfen

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Ordiniert = hier im Sinne von eingesetzt, bestimmt. TB 1, 816. Die Kapuzinerinnen des Klosters St. Maria der Engel bei Wattwil waren ursprünglich im Kloster Pfanneregg, unweit von Wattwil, beheimatet. Mit Unterstützung der Kapuziner gelang es hier Elisabeth Spitzlin eine Reform durchzuführen, der viele Frauenklöster beitraten, die der Regel des Hl. Franziskus folgten. Trotz Beobachtung der Klausur war es Elisabeth Spitzlin aber nicht möglich, die Reformbestimmungen des Tridentinums voll einzuhalten. Sie plante daher einen Klosterneubau, der jedoch nicht zustandekam. Erst nach ihrem Tod konnte an einem anderen Ort 1600-1616 das Kloster Maria der Engel errichtet werden, das am 16. 6. 1620 durch Brand vernichtet wurde. Der Wiederaufbau war schon 1621 fertiggestellt. Aber erst D. v. Rottenberg konnte die Klausur im Sinne des Tridentinums durchführen. (Vgl. SCHEINWILER; A.: Elisabeth Spitzlin. Ein Beitrag zur Gegenreformation der Schweiz, in: ZSKG 11, Stans 1917, 204-220; 279-287). Zum 350-Jahr-Jubiläum (1622-1972) erschien gedruckt eine Auswahl der Chronik, „Bilder aus der Klosterchronik St. Maria der Engel Wattwil"; vgl. hier S. 1-20: „Fundament und Ausbau". Pater Fintan gibt in einem Brief an P. Guinandus Primus v. 15.1.1727als Abreisedatum den 22. Januar an (bei DUFRENE, 85), Abt Rudolf! als Ankunftstag in Notkersegg den 30. Januar (TB 2, 5). Vgl. TB 2, 19. Bequem = im Sinne von zweckmäßig, passend, keine Mühe oder Schwierigkeiten verursachen. Vgl. StAFra 7'44' 106. Nach TB 2, 42, am 21.11.1727.

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sollten; sie stimmen bis auf unwesentliche Feinheiten mit denen von Wattwil überein. Der Abt bestätigte sie am 19. April 1728.210 Damit war das Reformwerk Dominica von Rottenbergs vollendet. Nachdem sie wegen Schwierigkeiten bei den Schwestern in Rorschach die Heimreise nochmals verschieben mußte, konnte sie schließlich nach dem Fest Christi Himmelfahrt 1728 nach St. Katharinental zurückkehren.2" Es ist anzunehmen, daß die erfolgreiche Reformarbeit auch die Stimmung im eigenen Konvent beeinflußt hat. Dominica von Rottenberg konnte nach vielen Jahren des Ringens nunmehr in verhältnismäßig kurzer Zeit die für sie so wichtige strenge Observanz durchsetzten und vom Ordensmeister bestätigen lassen. 3.1.4.5

Kirchenneubau und offizielle Errichtung der strengen Klausur

Das neue Kloster war gebaut, der Reformauftrag erfüllt, was der barocken Klosteranlage von St. Katharinental noch fehlte war das Herzstück: die Kirche. Aber das war nicht zuletzt wieder eine Finanzfrage. Mehr als zwölf Jahre brauchte der Konvent, um die Bauschulden von 90.000 bis auf 6.000 Gulden abzubezahlen. Als schließlich auch dieser Restbetrag von der Klostergemeinschaft aufgebracht war, führte die Priorin das Geld nicht an die Gläubiger ab, sondern plante, dieses Geld als Kapitalgrundstock für den Kirchneubau zu verwenden, den sie schon gleich nach Vollendung des Klosterbaus mit ihrem Baumeister Franz Beer anvisiert hatte.212 Konvent und Provinzial zögerten lange, dem Wunsch der Priorin nachzugeben, aber schließlich konnte sie doch am 18. Juni 1731 einen zustimmenden Beschluß der Schwestern und des Provinzials erreichen.2'3 Die Realisierung des Bauvorhabens erfolgte dann sehr rasch: Am 31. Januar 1732 schloß Dominica von Rottenberg mit dem Sohn des inzwischen verstorbenen Klosterbaumeisters Franz Beer, Johann Michael Beer von Bleichten, einen Bauakkord214 ab,215 und noch im selben Frühjahr konnten die Bauarbeiten beginnen. Die alte Kirche wurde bis auf den Schwesternchor abgerissen, der für den Völksgottesdienst hergerichtet wurde; die Dominikanerinnen erhielten für diese Übergangszeit eine Notkapelle im Kreuzgang ihres Klosters.216 2,0 211 212 213 214 2,5 216

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StAStG C 695. Brief des Abtes an D. v. Rottenberg v. 10.4.1728, StAFra 7'44' 106. Vgl. FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 77. Vgl. FREI-KUNDERT, K.: (Hohenbaum-Baugeschichte), a.a.O. 169. Akkord, hier = Vertrag Vgl. FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 77. Vgl. a.a.O. 80.

Am 24. Juni 1732, dem Fest des hl. Johannes des Täufers, legte der Abt von Rheinau den Grundstein der Kirche, deren Bau rasch vorwärts ging: „Wenn das Wetter kein Hindernis machet", schrieb die Priorin, „so hoffe, solchen (Kirchbau) diesen Sommer unter Dach zu bringen".217 Dies wurde tatsächlich möglich, so daß die Priorin für den glücklich vollendeten Rohbau der Klosterkirche eine Dankwallfahrt nach Einsiedeln durchführen lassen konnte.218 Am Fest Mariä Heimsuchung219 „konnte ,mit großer Feierlichkeit und Prozession' der Einzug in die neue Kirche vorgenommen werden. ,Der P.Beichtvater trug das hochwürdigste Sacrament in die Kirche und 2 Jungfrauen das Muttergottesbild in die neue Kapelle'".220 Diese neue Marienkapelle zu Ehren der Muttergottes von Einsiedeln, ließ die Priorin als Ersatz für die alte errichten, die dem Kirchneubau weichen mußte; der Grundstein zu dieser Marienkapelle war vom Provinzial am 1. Juni 1732 gelegt worden.221 Nicht unwesentlich wurde der Kirchneubau durch finanzielle Hilfen hochgestellter Persönlichkeiten unterstützt. So konnte Dominica von Rottenberg einen kostbaren Ring für über 1.000 Gulden verkaufen, der ihr der 1732 verstorbene Kurfürst und Erzbischof von Mainz, Franz-Ludwig von Pfalz-Neuburg, vermacht hatte; auch ein hohes Mitglied des österreichischen Kaiserhauses versprach Unterstützung für den ihr so am Herzen liegenden Neubau.222 Der 12. August 1735 war der Tag der Kirchweihe,223 und noch einmal, ein knappes Jahr später: am 1. Mai 1736, konnte Dominica von Rottenberg für ihr Reformwerk in St. Katharinental den Schlußpunkt setzen. Was in den von ihr im St. Gallischen reformierten Klöstern durch den Abt oder einen Stellvertreter bereits geschehen war, stand für ihr eigenes Kloster noch aus: die feierliche Errichtung der strengen Klausur. Als der Weihbischof von Konstanz mit einer päpstlichen Kommission das Kloster St. Katharinental besuchte, um die Umstände eines Wunders zu prüfen, das auf die Fürsprache der seligen Katharina de Ricci geschehen sein sollte,224 nahm er in Ver217 218

219 220 221 222

223 224

Ders. (Hohenbaum-Baugeschichte), a.a.O. 167. Ders.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 81; vgl. auch Brief an P. Meinrad, XXXIII. (Hohenbaum-Urkundenbuch, 419). 2.7.1734. FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 85. Vgl. FREI-KUNDERT, K. (Hohenbaum-Baugeschichte), a.a.O. 167. Brief an P. Meinrad, XXI und XXIII (Hohenbaum, Urkundenbuch), WE-Rtb 301, 389, 395; s. auch KUHN, K.: Thurgovia Sacra III, a.a.O. 180-181. Vgl. FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 85. Darauf nimmt ein Brief des Generals an D. v. Rottenberg Bezug, der am 19. Mai von der Generalskurie abgesandt wurde (Generalregesten IV/216.90). Bezüglich dieses Wunders hält das Ordensarchiv eine sehr rege Korrespondenz fest; Briefe an den Provinzial, an D. v. Rottenberg, P. Guinandus Primus und den Prior von

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tretung des Bischofs diesen feierlichen Akt vor, wie er von H O H E N B A U M ausführlich geschildert wurde. 225 Nur gut eineinhalb Jahre waren ihr vergönnt, im nunmehr vollendeten Klosterund Kirchneubau und in kirchlich errichteter strenger Klausur ihre Ordensberufung zu leben, so wie sie es immer angestrebt hatte. A m 3 0 . Januar 1 7 3 8 starb Dominica von Rottenberg, nachdem sie fünfundzwanzig Jahre ihrem Konvent als Priorin vorgestanden hatte. Sie ist „vor ihrem End mit allen heiligen Sacramenten wohl versehen worden und nach einer schönen Vorbereitung, bey vollkommnem Gebrauch des Verstandes, in dem Herrn seelig und

225

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Konstanz als dem nächstgelegenen Konvent. Sie sind registriert unter: Generalregesten IV/216.57 v. 11.7.1733; .58 am 25.7.33; .61 am 22.8.33; .64 am 1.5.34; .66 am 31.7.34; .68/69 am 30.10.34; .72 am 19.3.35; .74 am 14.5.35; .75 am 18.6.35; .76 am 2.7.35; .77 am 9.7.35; .78 am 29.7.35; .81 am 20.8.35; .82 am 17.9.35; .84 am 19.11.35; .85 am 14.1.36; .87 am 30.4.36, und IV/216.93 am 23.7.1736. Dominica erwähnt dieses Wunder auch in einem Brief an P. Meinrad, L X X I I (Hohenbaum-Urkundenbuch, 507). HOHENBAUM-Geschichte, 561, übernommen von FREI-KUNDERT, K.: Zur Baugeschichte ..., a.a.O. 70-71: „Im Jahre 1736, den l.Mai, ist die Klausur mit großer Solemnität geschlossen worden vom Hr. Weihbischofen ... welcher das Amt gehalten, nachmalen aber in einer Proceßion das Hoch würdigsten Gut in dem ganzen Kreuzgang herumgetragen ... Diesem sind nach dem hochwürdigsten Gut gefolget 3 Domherren, 2 Domkapläne und mehr andere Geistliche mit brennenden Kerzen, nebst einer großen Anzahl weltlicher Leuten, man- und weiblichen Geschlechts, welche alle zur Klosterthür hineingegangen, und die Litanei von dem Namen Jesu gesungen. An den Porten nächst bei der Thür der Winden ist ein kleines Tischlein gestanden, auf welches das Venerabile darnieder gesetzt worden, und so lang stehend verbleiben, bis alles Volk aus dem Kloster hinaus wäre ... Als aber die Klosterfrauen zu der Porten kommen, und sich auf beiden Seiten in zwei Reihen gestellt, ist der Weihbischof mit allen Geistlichen hinausgegangen. Auf welches der Herr Doctor Retich als Fiscal des Fürsten von Konstanz im Namen seines gnädigen Herren von dem Papier heruntergelesen das Verbott, krafft dessen unter der Excommunication keiner Klosterfrau ohne genügsame Ursache und Vorwissen des Ordinary aus der Klausur zu gehen erlaubt, auch Niemand unter solcher Straf ohne nothwendige Ursach hineinzugehen vergönnt sein solle. Nachdem solches vorbei wäre, und der Weihbischof die offene Pforten mit großer Gewalt zugeschlossen hatte, sind die Klosterfrauen in den Chor, die Weltlichen hingegen sammt den Geistlichen in Begleitung des höchsten Gutes in die Kirchen gegangen, allwo von den Klosterfrauen das Te Deum laudamus gesungen worden. Nach dessen Vollendung hat sich der Herr Weihbischof zu der Chortür, welche offen gestanden, verfüget, selbe wie die Porten geschlossen und nachdem er den Klosterfrauen und allen Anwesenden in der Kirchen mit dem hochwürdigsten Gut die Benediction gegeben, hat er diese Ceremonie mit der Oration beschlossen ...".

sanfft entschlaffen".226 „Ihr Leichnam ist in dem inneren Chor an eben demienigen Ort, in Mitte der Kirchen, vor dem Allerheiligsten Sacrament begraben worden, an welchem sie in derselben brinneifrigen227 Anbetung bey Tag und bey Nacht, vile tausend Stunden in ihren Lebs-Zeiten zugebracht hatte."228

3.1.5

Die Familie von Rottenberg

Die ÄUSSERE BIOGRAPHIE Dominica von Rottenbergs soll mit einem Blick auf die Familie abgeschlossen werden, der sie durch Briefe und Besuche in St. Katharinental stets verbunden blieb. Dieser Überblick muß notgedrungen sehr unvollkommen bleiben, weil Quellen und Literatur über die Familie von Rottenberg äußerst dürftig sind. Sie wird in den Adelslexika entweder überhaupt nicht erwähnt oder aber mit gleichnamigen Familien verwechselt.229

3.1.5.1

Die Eltern

Die Eltern Dominica von Rottenbergs wurden bereits im Zusammenhang mit ihrer Jugendzeit und den Schwierigkeiten um ihren Klostereintritt kurz vorgestellt.230 EVA PHILIPPINA, die Mutter, heiratete nach dem frühen Tod ihres ersten Ehegatten, eines Herrn Moller (oder Müller), ADAM WOLFGANG VON ROTTENBERG. Wo die Eheschließung stattfand, ist nicht nachprüfbar. Die Traumatrikel der Münsterpfarre zu Freiburg weisen keine Eintragung auf,231 und evtl. entsprechende Vermerke in Würzburg, dem Geburtsort Dominicas, sind durch Kriegseinwirkun-

226

227 228 229

250 231

Der Provinzial teilt dem Ordensgeneral Todes- und Begräbnisdatum (1.2.1738) mit; in einem Brief an den Provinzial nimmt der General darauf Bezug (Generalregesten IV 218.6, vom 22.2.1738). Brinneifrig = im Sinne von inbrünstig. DUFRENE, 104. Neben den Texten HOHENB AUMS greift dieser Abschnitt zurück auf das Lehens- und Adelsarchiv im Badischen Generallandesarchiv Karlsruhe, Abt. 44 (Urkunden) und 72 (Akten) - zit.: GLA 44 und GLA 72. Eine wertvolle Zusammenstellung verfaßte ausserdem der inzwischen verstorbene ALFRED GRAF KAGENECK mit seinem Schreiben vom 9.11.1983. Vgl. 3.1.1. Mitteilung des Münsterpfarramts Freiburg/Breisgau v. Januar 1983. 95

gen vernichtet.232 Da allerdings Graf KAGENECK bei seinen biographischen Angaben über den ältesten Sohn, FRANZ JOSEF ANTON, in den UniversitätsMatrikeln von 1701/1702 den Zusatz „aus Würzburg" gefunden hat, liegt eine Eheschließung zumindest im unterfränkischen Raum nahe. Aus einem Gutachten der vorderösterreichischen Regierung vom 30.12.1705 geht hervor, daß ADAM WOLFGANG VON ROTTENBERG 1690 in den österreichischen Staatsdienst getreten ist.233 Am 2. Mai 1690 wurde er Vizekanzler.234 Das Gutachten hält fest, daß er aus Franken stamme und „mit drey Herren Söhnen und vier Freylein Döchteren gesegnet seye." Durch kaiserlich-königlichen Erlaß wurde ihm die Obervogtei Waldkirch235 verliehen mit dem Hinweis, daß er „selbe auch seinem älteren Sohn dahin substituieren236 möge.237 Am 24. Januar 1713 kam es zu einem Kaufvertrag zwischen Herrn von Rottenberg und den Vettern Philipp Jacob und Johann Friedrich Kippenheim aus Straßburg, die Landbesitzungen im Elztal, nordwestlich von Freiburg abstoßen wollten.238 Da diese Ländereien zum habsburgischen Besitz gehörten, mußte der jeweilige Inhaber auf das Haus Habsburg den Lehnseid ablegen; in diesem Fall geschehen mit Lehensbrief vom 16. Januar 1714 durch Adam Wolfgang von Rottenberg im eigenen Namen und in dem seines Rechtsnachfolgers, seines Sohnes Franz Josef Anton.239 Später muß das Ehepaar von Rottenberg in das Herrschaftsgebiet des Markgrafen von Baden-Baden umgezogen sein. In einem Brief an den Markgrafen Ludwig vom 31. Oktober 1735 bat Adam Wolfgang von Rottenberg den Landesherrn um Verständnis für das länger als geplante Ausbleiben seines Sohnes JOHANN WOLFGANG ANTON, Stiftspropst zu Baden-Baden, der wegen einer ihm zustehenden, aber gefährdeten Pension in seinem Auftrag in Wien bei den kaiserlichen Behörden verhandeln mußte.

232

Dies gilt schon für das Geburtsdatum D. v. Rottenbergs, vgl. Fn. 1 ds. Kap. " Über die vorderösterreichische Regierung vgl. OLDENDORF, K.-H.: Die Errichtung des vorderösterreichischen Regiments in Freiburg nach dem Dreißigjährigen Krieg, in: Veröffentlichungen des Alemannischen Instituts, 31, Freiburg in der Neuzeit, BrühlBaden 1972:, 24-47. 234 GLA 72, Nr. 4. 235 Waldkirch, an der Elz gelegen, etwa 15 km nordöstlich v. Freiburg, heute zum Kreis Emmendingen gehörig. 236 Substituieren = jemanden an die Stelle setzen, als Ersatzerben benennen. 237 Kopie eines Briefes v. 21.2.1705, GLA 72, Nr. 1. 238 Kopie des Kaufvertrages, s. GLA 72, Nr. 5. 2,9 GLA 44-8201; Aktennotiz GLA 72, Nr. 8. 2

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In diesem Brief verwies er außerdem auf die treuen Dienste, die er dem markgräflichen Hause seit der Vergebung der Landvogtei Ottenau240 geleistet habe und bis zu seinem Tod leisten wolle.241 Adam Wolfgang von Rottenberg starb am 29. März 1737 in Baden-Baden im Alter von 84 Jahren.242 Von einem Besuch bei seiner Stieftochter in St. Katharinental erfahren wir aus einem Brief vom 2. September 1718 an seine Dienststelle in Freiburg: Er habe sich „wegen Fuess im Staiffleeg"243 ins Kloster Diessenhofen tragen lassen müssen.244 Von der Mutter wird eine Auseinandersetzung mit der Regierung in Freiburg nachgewiesen. Sie sollte nach dem Tod ihres Gatten den Lehensbrief nach Freiburg übersenden. Eva Philippina von Rottenberg lehnte die Herausgabe dieses Dokumentes mit der Begründung ab, es sei die einzige Hinterlassenschaft ihres verstorbenen Mannes von Wert, er habe ihr weder sonstige Güter noch Barvermögen vermacht.245 Über einen Besuch Frau von Rottenbergs in St. Katharinental nach dem Tod ihres Mannes berichtete die Priorin an Pater Meinrad in Einsiedeln am 23. September 1737.246 Das Totenbuch der Stiftskirche zu Baden-Baden vermerkt als ihren Todestag den 19. Dezember 1742 im Alter von 82 Jahren.247 3.1.5.2

Die Geschwister

Von den im o.g. Schreiben der vorderösterreichischen Regierung genannten Geschwister, erwähnt Dominica von Rottenberg den Besuch des ältesten Bruders FRANZ JOSEPH ANTON in St. Katharinental in einem Brief an P. Meinrad. Er war auf dem Weg zu Exerzitien, die Pater Meinrad ihm in Einsiedeln halten sollte. Die Priorin schreibt dazu: „Mein Bruder, den Obervogt betreffend, wegen den Exercitien, wünsche mir ein solcher Jagdhund zu seyn, dies in der Welt-Gestrüpp verkrochene Gewild aufzusuchen, Ihro Hochwürden zu dem Seelenfang in das Garn zu jagen ,..".248 240 241 242 243

244 245 246 247 248

Die Ortenau, am Rande der Oberrheinebene gelegen zwischen Offenburg und Rastatt. GLA 195-1502, Nr. 3. Beurkundet im Totenbuch der Stiftskirche Baden-Baden, Bd. 1,91. „Fuess im staifleeg", wohl: Der Fuß mußte ruhig gestellt werden, vermutlich wegen eines Knochenbruchs. GLA 72, Nr. 6. GLA 72, Nr. 13. Brief LXXVIII (HOHENBAUM-Urkundenbuch), WE-Rtb 301, 523. Totenbuch der Stiftskirche Baden-Baden, Bd. 1,109. Brief XLVII (HOHENB AUM-Urkundenbuch), WE-Rtb 301, 455-456.

97

JOHANN WOLFGANG ANTON: Als Student in Freiburg immatrikuliert, 1723 theologisches Bakkalaureat, dann Doktorat.249 Am 31. Mai 1723 legte er als Propst des Chorherrenstiftes zu Baden-Baden vor Kardinal von Schönborn250 und einer Zeugenkommission seinen Amtseid ab.251 Vom 13. Otober 1734 ist ein Brief an den Markgrafen datiert, in dem JOHANN WOLFGANG ANTON um Reiseerlaubnis nach Wien und Einsiedeln bat. Er wollte sich in Wien um die gefährdete Pension seines Vaters bemühen, die drohte von den kaiserlichen Behörden gestrichen zu werden.252 Im Zusammenhang mit der Wienreise 1734/35 wird auch der Besuch des Propstes in St. Katharinental anzusetzen sein, von dem Dominica an Pater Meinrad in zwei Briefen berichtete. Im zweiten Brief erwähnte sie auch die Exerzitien in Einsiedeln, die der Bruder zu machen beabsichtigte, und bat Pater Meinrad, „ihn von dem Wein fernzuhalten, der sein ärgster Feind sei".253 Johann Wolfgang von Rottenberg starb am 23. Februar 1760, nachdem er 36 Jahre dem Stift Baden-Baden als Propst vorgestanden hatte.254 Von den weiblichen Geschwistern ist JOHANNA PIA zu nennen, die ebenfalls Dominikanerin von St. Katharinental war,255und MARIA CLEOPHA CLARA. Letztere war verheiratet mit Johann Adolf von ANETHAN, der bis zu seinem frühen Tod nach nur elfjähriger Ehe256 im Dienst des Fürsten zu Schwarzenberg257 stand und Oberamtmann zu Tiengen im Klettgau war. Nach dem Tod ihres Mannes zog sie mit ihren Söhnen nach Baden-Baden, wo diese die Schule der Jesuiten

249 250

251 252 253 254 255

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257

98

Graf KAGENECK-Informationen v. 9.11.1983. Damian Hugo von Schönborn, geb. 19.9.1676 in Mainz, 1715 Kardinal, 1719 Fürstbischof von Speyer (und damit Ordinarius für die Markgrafschaft Baden), 1740 Fürstbischof von Konstanz, gest. 17.8.1743 in Bruchsal, das er zur fürstlichen Residenz ausbaute. (Vgl. RAAB, H.: Schönborn, in: LThK IX, 451-454). GLA 195-1493, Nr. 4. GLA 195-1502, Nr. 1. Brief XLV und Brief L (HOHENBAUM-Urkundenbuch), We-Rtb 301, 443-444; 461. Beurkundet im Totenbuch der Stiftskirche Baden-Baden, Bd. 1, 269. Brief XLVIII und Brief LXVII (HOHENBAUM-Urkundenbuch), WE-Rtb 301, 457, und 495-496. Eheschließung 14.6.1708 in Freiburg (Graf KAGENECK-Informationen); Tod des Ehemanns am 15.10.1719. FERDINAND WILHELM VON SCHWARZENBERG erheiratete 1688 die Landgrafschaft Klettgau, etwa identisch mit dem Tal der Wutach, die oberhalb von Waldkirch in den Rhein mündet. Der Klettgau schneidet die nordwestliche Grenze des Kantons Schaffhausen (vgl. HERDERs KONVERSATIONSLEXIKON VII, Freiburg 2 1907, 1384-1386).

besuchten.258 Mit ihren beiden jüngeren Söhnen besuchte sie St. Katharinental.259 Frau von Anethan starb am 2. Mai 1733 in Baden-Baden.260 Dominica von Rottenberg teilt dies Pater Meinrad in einem Brief vom 17. Mai 1733 mit.261 3.1.5.3

Neffen

Von der Generation der Geschwisterkinder waren für Dominica die beiden jüngeren Söhne262 ihrer Schwester Maria Cleopha Clara von Interesse. ADOLPH, der spätere PATER HEINRICH, der jüngere der beiden, zeigte schon mit 15 Jahren Interesse am geistlichen Leben; er wollte unbedingt Benediktiner werden und wurde nach Rheinau empfohlen.26' Tatsächlich trat Adolph im Jahre 1732 in die Benediktinerabtei Rheinau ein, doch zögerte sich seine Einkleidung immer wieder hinaus, weil sich der junge Adolph in seiner Berufung sehr unsicher war,264 ja, er hielt sich sogar für zwei Wochen zur Berufsabklärung in St. Katharinental auf. Es war zu befürchten, daß der Abt ihn wieder fortschickte.265 Schließlich konnte er doch am 12. September 1733, zusammen mit Moritz Hohenbaum van der Meer, sein Noviziat beginnen266 und ein Jahr später auch Profeß ablegen. Bei der Profeß am 12.9.1734 erhielt er seinen Ordensnamen Heinrich.267 Über diesen HEINRICH vermerkt HOHENBAUM: „... Er hat auch seiner Tante in dem Abschreiben ihrer sonst unlesbaren geistlichen Aufsätze vieles gedient268 ... 258 259

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261 262

263 264 265 266 267

268

Brief XVI, hier Anm. (e) (HOHENB AUM-Urkundenbuch), WE-Rtb 301, 379-380. Ebd.; der Brief ist ohne Datum. Da aber der Brief XXI von 1732 datiert ist und vom Eintritt des späteren P. Heinrich in Rheinau handelt, muß jener Brief vorher, um 1730/31, anzusetzen sein. Beurkundet im Totenbuch der Stiftskirche Baden-Baden, Bd. 1, 82; auch Graf KAGENECK-Informationen. Brief XX (HOHENBAUM-Urkundenbuch), WE-Rtb 301, 387. Der älteste Sohn, LEOPOLD, starb während des Krieges in Italien, vgl. Brief XVI, Anm. (c), HOHENBAUM-Urkundenbuch, 379-380. Ebd. Brief XXI; Brief XXII, HOHENBAUM-Urkundenbuch, 389 u. 391. Brief XXXII, HOHENBAUM-Urkundenbuch, 415. Brief XXXV, Anm. (b), HOHENBAUM-Urkundenbuch, 421 -422. Brief LI v. 14.9.1734, Anm. (b), HOHENBAUM-Geschichte, 302; HOHENBAUMUrkundenbuch, 463; s. auch Monasticon-Benedictinum Helvetiae II, a.a.O. 333-334. Geboren 12.7.1717 in Thiengen im Klettgau, 12.9.1734 Profeß, 23.9.1741 Priesterweihe. Brief LXVI v. 12.8.1735 od. 1738, Anm. (d), HOHENBAUM-Geschichte, 417-418; HOHENBAUM-Urkundenbuch, 493: „Ihr Neffe, der P.Heinrich zu Rheinau hat viele schon abgeschrieben, die P.Maximilian Dufrene bekommen hat." 99

Mir sagte er einigemale, daß diese seine Tante einen Briefwechsel führe mit der Dienerin Gottes, der Schw. Crescentia, welche zu dieser Zeit zu Kaufbeuren in dem Kloster auch in dem Ruf der Heiligkeit lebte."269 Pater Heinrich starb am 22. März 1761 als Pfarrer in Balterschwil.270 Der Eintritt des älteren der beiden Anethan-Söhne, des späteren PATER BONIFATIUS in Einsiedeln, war von der Priorin zwar erhofft worden, aber dann doch überraschend für sie. So schrieb sie an Pater Meinrad 1733271: „Wider alles Verhoffen, am Fest der Hl. Catharina,272 kriegte meiner Schwester selig ihr Sohn von Anethan als ein ausstudiertes Weltkind mit einer wunderlichen Resolution, ein Benediktiner zu werden, seinem Bruder, der zu Rheinau in dem Noviziat, nachzufolgen. Mein lang gehabte Begird scheint von Gott erfüllt zu werden, daß etwan auch für diesen, der unter Fahne der 3 Hauptfeinde273 wider Gott glaublich, vielmehr gestritten, möchte gut finden zu dem Heil seiner Seele durch die vielmögende Fürbitt Euer Hochwürden bei Ihr".274 Mehrfach erkundigte sie sich bei Pater Meinrad nach seinem Befinden und geistlichem Fortkommen, so im Brief vom 17.5.1734: „was lebt der Anethan, wird der Geist Christi bald victorisiert haben und er zur Creutzfahne schwören, so mein größte Freud und Trost ist, wenn (ich) dies glückselige Stund erlebe".275 Ende 1734 wurde der Propst in Baden erwartet, der bezüglich der Aufnahme in Einsiedeln helfen sollte;276 am 31. Juli 1735 legte er Profeß ab.277

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Crescentia von Kaufbeuren (20.10.1682-5.4.1744). Im Archiv des Crescentia-KIosters Kaufbeuren liegt nach Anfrage keine Korrespondenz zwischen den beiden Ordensfrauen vor. Im Badischen gibt es unweit von Jestetten einen Ort Baltersweil. Brief XXXV (HOHENBAUM-Urkundenbuch), WE-Rtb 301, 421-422. Vgl. Monasticon-Benedictinum Helvetiae III, Eisiedeln 1933,405-406: Geboren 28.4.1714 als Sohn des Johann Adolf d'Anethan. 31.7.1735 Profeß; 31.5.1738 Priesterweihe. Komödiendichter, viel unterwegs. 29. April, wenn die hl. Caterina von Siena, 29. November, wenn die hl. Katharina von Alexandrien gemeint ist. Die drei Hauptfeinde: Fleisch, Teufel und Welt, werden von ihr gerne genannt, so z. B. in den Ordinationen von Wattwil (WE-Rtb 52, 19). „Ihr" - damit ist die Muttergottes von Einsiedeln gemeint. Brief XXXIX, HOHENBAUM-Urkundenbuch, 301,431. Brief XLV, a.a.O. 443-444. Vgl. Fußnote 271.

100

3.2.

Innere Biographie Josepha Dominica von Rottenbergs

3.2.0

Einleitung

Um die geistliche Entwicklung Dominica von Rottenbergs aufzuzeigen, schöpfen wir aus zwei Quellen: den autobiographischen Fragmenten278 und den Aufzeichnungen ihrer Visionen und geistlichen Erlebnisse, die Pater Guinandus Primus, der Beichtvater von St. Katharinental, und Schwester Maria Theresia Püntener überliefern.279 Alle diese Dokumente werden auf ausdrücklichen Befehl der kirchlichen Vorgesetzten verfaßt.280 Das betrifft sowohl die Berichte über die bei ihr bekannt gewordenen außerordentlichen Phänomene der frühen Ordenszeit (1700 bis 1705), die zu den oben geschilderten Untersuchungen führten,281 als auch die vielen geistlichen Erlebnisse, die Pater Guinandus Primus von 1716 an festhält.282 Es ist unvermeidlich, daß diese sehr persönlichen Erlebnisse Dominica von Rottenbergs, durch die sie als ,Auserwählte' erscheint und in denen der Überschwang ihrer Liebesmystik zum Ausdruck kommt, viele Deutungen zulassen. Wer sie nicht lange analysiert und vergleicht, findet unüberbrückbare Gegensätze: Die Rede vom eigenen Nichts,283 die ständige Überbetonung der Demut284 stehen neben 278 279 280 281 282

283 284

Vgl. 5.1. Vgl. 5.3. Vgl. 5.1.2.1, Z. 1; 5.1.7, Z. 20, u. ö. 3.1.2. In einem Vorwort heißt es: „L.J.Chr., kurzer Auszug von Schriften P. Guinandi Primi seiner eigenen Hand geschrieben, was die in Gott ruehende Frau Josepha Dominica von Rottenberg ihme als Beichtvatter miessen offenbahren, , was sie zu underschidlichen Zeiten, absonderlich wie sie communiciert vor (= für) innerliche Offenbarungen gehabt. - Nach meinem Dodt die Obrikeith in die Verwahr soll nemen. Niemandt anderen underhandt soll lassen aus erhöblichen Ursachen." (WE-Rtb 72). Vgl. 5.3.1 (Visionen 8, 13 u. ö). Visionen 21, 23, 26; besonders die Muttergotteserscheinung v. 7.11.1702 (Vision 29): „Lieber will ich dich ohne Hoffnung als ohne Demut", u. ö. Die 'Theologie des Nichts' hat eine lange Tradition in der Spiritualitätsgeschichte. Bei Meister Eckhart und auch Johannes vom Kreuz steht das Nichts im Sinne eines „Leerwerdens" des Menschen neben der unfaßbaren Fülle der Gottheit. Das Nichtswerden, der Verzicht auf alles geschöpfliche Wollen (Johannes vom Kreuz spricht von der Nacht der Sinne und der Nacht des Geistes) ist Voraussetzung für das mystische Beschenktwerden durch Gott, bei dem der Mensch ganz Empfangender ist. D. v. Rottenbergs „Nichts" im Gegensatz zum göttlichen „Alles" resultiert eher aus der Erkenntnis der menschlichen Unvollkommenheit und Sünden. 101

Ausdrücken wie: „Mit keiner Kreatur bin ich so vereinigt wie mit dir".285 Solche Widersprüchlichkeiten, die dem heutigen Leser kaum vermittelbar sind, gehören freilich zum geistigen Bild dieser Epoche des Barock;286 ebenso gilt es, die besonders starke Empfänglichkeit des Menschen der damaligen Zeit für Visionen, Ekstasen, Wunder und sonstige übernatürliche Erfahrungen zu berücksichtigen. Nicht von ungefähr spricht man von einer „Wundersucht" des Barock;287 und die Wahl Dominica von Rottenbergs zur Priorin von St. Katharinental kurz nach der „wunderbaren Heilung" ihres Knochenbruchs vor dem Einsiedler Muttergottesbild des Klosters lag ganz auf dieser Linie.288 Es gibt keinen Anlaß, an der Wahrhaftigeit ihrer persönlichen Erfahrungen zu zweifeln. Die Echtheit ihrer Berufung und die geistlichen Erfahrungen, so wie sie die Quellen überliefern, widersprechen einander nicht. Der Begriff der Echtheit ist allerdings nicht eindeutig und muß abgeklärt werden. Sind ihre geistlichen Erfahrungen psychosomatischen Ursprungs und von ihr nur als Gotteserfahrung interpretiert, so sind sie damit noch nicht unecht; das wären sie nur, wenn sie Jesus etwas in den Mund legte, was dieser später widerrufen müßte. Sie selbst schreibt von ihnen mit großer Zurückhaltung und Angst. Im Abschnitt über die „außerordentlichen Gnaden" der autobiographischen Fragmente heißt es zum Beispiel: „Es ist viel dergleichen gewesen, das ich verworfen und nicht geglaubt habe .. Ich habe alles für nichts erachtet und vergessen, weil ich mich nicht daran erinnern kann, jemals den Gedanken gehabt zu haben, dies sei Verzückung, Offenbarung oder gar eine Gotteserscheinung ... Mir ist eher, als hätte ich einen Traum gehabt289 von einer Erfahrung, die so nicht war. So fühle ich mich vor Gott als entschuldigt, denn ich will nicht der Grund dafür sein, daß man von

285 286

287 288 289

5.3.2 (Vision 42); in ähnlichen Formulierungen erscheint dieser Gedanke öfter. Z. B„ wenn LOUIS-MARIE GRIGNON DE MONTFORT von Gott spricht als „unendlich zärtlich und unendlich streng" (Rey-Mermet, Th.: Louis-Marie Grignon de Monfort, Paris 1984, 27). Vgl. FRIEDRICH, C. J.: Das Zeitalter des Barock, Stuttgart 1954, Vgl. 5.2.3. Zu Traum: Typisch barock ist das Innewerden des letztlich schon entschiedenen göttlichen Willens gegen alle erlebten menschlichen Zwänge und Entscheidungen. Real ist eigentlich nur die viel später öffentlich werdende Entscheidung, die bestätigt, daß Gottes Wille dahintersteht. Dominica deklariert ihre Erfahrungen als „Traum", weil sie keine anderen Kategorien findet, denn Verzückung wäre zu exzentrisch, Offenbarung nur für eine Großgruppe. Epiphanie setzt eine besondere Berufung und Privilegierung voraus. ,Traum' ist hier das Unrealistischste, obwohl es für sie Realität ist. Auch hier gilt es, den barocken Zeitgeist zu beachten, der Überirdisches und Unterirdisches für realistischer genommen hat als das Realistische selbst.

102

all dem etwas glaubt. Ich schreibe allein unter dem Zwang des Gehorsams und mit großer Ängstigkeit". 290 Aber jenseits der Frage, ob echt oder eingebildet, ob Traum oder Wirklichkeit, bleibt die Tatsache, daß diese Erfahrungen Dominicas geistlichen Lebensweg entscheidend gewandelt und geprägt haben. „Deine Liebe verwundet mich",291 „Du hast meine Macht an dich gezogen"292 oder ähnliche Aussprüche wollen keinen Vollkommenheitsgrad ihres geistlichen Lebens darstellen, sondern sie zeigen die Individualisierung der Berufung, wie sie schon seit dem 14./15. Jahrhundert erscheint, und das Auseinanderklaffen von göttlicher Heilszusage an die kirchliche Gemeinschaft sowie das persönliche Erlebnis der Unwürdigeit zuläßt. Eine solche geistliche Haltung schließt selbst ein gelassenes Ertragen der Verstoßung durch Gott ein. Für das 16. Jahrhundert ist typisch, daß alle äußeren Bereiche abgebrochen werden und sich der Blick allein auf Gott richtet. Ein völliges Auseinanderklaffen von Beurteilung der Kirche (Gesellschaft) und der persönlichen Beurteilung des Mystikers in geistlichen Fragen wird zur Kreuzeserfahrung, die im Schicksal Jesu vorausgebildet ist: Auch er wurde von allen menschlichen Instanzen verurteilt, auch er wurde entäußert bis zur Nacktheit am Kreuz. Der Skandal des Kreuzes läßt sich nicht auflösen. Eine solche Kreuzeshaltung findet sich bei allen Heiligen des 16. Jahrhunderts. Der Barock hat diese Erfahrung noch einmal theatralisch übersteigert. Der Mensch dieser Zeit sieht sich im Kampf, überirdische Mächte und Widersacher bestimmen ihn; umgekehrt aber gibt Gott dem, der in seiner Berufung treu bleibt, Kraft, die bittere Kreuzerfahrung als Voraussetzung für kommende Erlösung zu verstehen. Für Dominica lag der positive Schwerpunkt ihres geistlichen Lebens sicher in diesem außerordentlich intensiven Gottes Verhältnis. Es ist ein Liebesverhältnis, das in dieser Form nur möglich war nach intensiver Meditation des Hohenliedes, wie die damalige Theologie und Spiritualität dies vorgab,293 und auf dem Hintergrund leidvoller Erfahrungen von Kranheit, Schwäche, Ablehnung und Verdächtigungen. In diesem Spannungsverhältnis bekam ihr Leben durch die subjektiv-intensive Erfahrung des Brautverhältnisses im Nachvollzug der HoheliedFrömmigeit seine geistliche Mitte. „In meinen Kleinmütigkeiten, innerlichen Verlassenheiten, größten Betrübnissen, die nicht zu zählen sind, bin ich oft in Eksta290 291 292 293

5.1.7, Z. 138-142. 5.3.2 (Vision 43 u. ö.). 5.3.1 (Vision 13). Allegorische Schriftauslegung mit dem seit BERNHARD VON CLAIRVAUX verstärkt aufkommenden Individualismus in der Frömmigkeitsgeschichte: Bräutigam und Braut des Hohenliedes auf Christus und die Einzelseele bezogen.

103

se entrückt und in einem Augenblick getröstet worden. Hierin habe ich wieder Kraft zum Leiden bekommen. Wenn diese Hilfe nicht gewesen wäre, hätte ich unmöglich soviel leiden können".294 Der Schlüssel zur Echtheit ihres geistlichen Lebens, soweit dies nach über 200 Jahren heute überhaupt zu beurteilen ist, liegt also nicht in der Beantwortung der Frage, ob sie nach Anzahl und Inhalt ihrer geistlichen Erfahrungen objektiv zu den „Großen" der Spriritualitätsgeschichte zu zählen ist. - Dominica selbst hatte Angst, vom Teufel besessen zu sein295 und daß die Welt durch sie betrogen werde.296 Diese Angst, verbunden mit Eingebungen wie: „An dieses Kreuz wird dich die Obrigkeit schlagen",297 sowie die sich immer wiederholenden Demutsaufforderungen298 relativieren die Vorstellung, sie sei „die Größte", selbst wenn das im Überschwang ihrer Liebessprache so klingen mag. Entscheidend ist wohl, daß diese geistlichen Erlebnisse für Dominica durch alle Zweifel hindurch innere Bestätigung waren, den für sie richtigen geistlichen Weg zu gehen, sei es in ihrer sehr ausgeprägten emotionalen Christusbeziehung, deren ausufernde äußere Formen sie selbst mehr als einmal als „närrisch" bezeichnete,299 sei es im Vorhaben der Klosterreform, das sie wie eine Mission verfolgte, und sei es schließlich im Abfassen ihres umfangreichen Schrifttums.

3.2.1

Geistliche Lebensphasen Dominica von Rottenbergs, anhand ihrer geistlichen Erfahrungen nachgezeichnet

Über die Häufigkeit der ihr geschenkten geistlichen Erfahrungen schreibt Dominica in der Reflexion über „ausserordentliche Gnaden": „Bisweilen kommt es noch vor, daß ich in Ekstase gerate; manchmal nach dem Kommunionempfang oder auch sonst, so daß ich nicht mehr mündlich beten kann. Aber das ist kein Vergleich mit der Zeit, als es anfing. Da ist es alle Tage geschehen. Ich konnte keine Messe bis zum Schluß mitfeiern, weil ich in Ekstase geraten bin, ausgenommen die Zeiten, in denen ich verstört300 war. Es hat oft Stunden gedauert, und ich war 294 2,5 296 297 298 299 300

5.1.7, Z. 84-92. 5.1.6, Z. 43-46. 5.1.6, Z. 54-55. 5.3.1 (Vision 12). Fn. 284. Z. B. 5.1.2.4, Z. 1-5. Verstört (verstören), veraltet für zerstören, vernichten, vertilgen; ältere Bedeutung: aufstöbern, auseinandertreiben, verscheuchen; allgemein: stören, beunruhigen, hindern, verwirren; heute gebräuchlich: verstört, verwirrt im Gemüt. (Vgl. GRIMM XII. 1, 1.772-76).

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am ganzen Leib starr wie ein Stock. Ich konnte kein Kleid bewegen, hätte ich damit auch den Himmel gewonnen. Ich kann nicht zählen, wie oft dies geschah".301 Die vorliegenden Quellen bezeugen die Vielzahl dieser Erfahrungen. Der Überschaubarkeit wegen mußte eine Auswahl getroffen werden, die sich ausschließlich auf ihr persönliches geistliches Leben bezieht, aber diese Auswahl umfaßt schon über einhundertfünfzig Einzelberichte. Die Schriftzeugen Dominica von Rottenbergs, Pater Guinandus Primus und Schwester Maria Theresia Püntener (= M. Th. Püntener), halten zwei Erfahrungszeiträume fest: die Jahre zwischen 1700 und 1705 und dann die Zeit, beginnend mit der zweiten Prioratsperiode bis wenige Monate vor ihrem Tod, 1716 bis 1737. Legt man diese Aufzeichnungen und die autobiographischen Fragmente zugrunde, so lassen sich fünf geistliche Lebensphasen Dominica von Rottenbergs unterscheiden, die in den nachfolgenden Kapiteln (3.2.1.1 bis 3.2.1.5) herausgearbeitet werden. 1. Die Zeit des geistlichen Wachsens 2. Die Zeit der Prüfung und der Zuversicht 3. Die Zeit der geistlichen Bestätigung 4. Die Zeit der „hohen Liebe" 5. Die Zeit der „praktischen Liebe". 3.2.1.1

Die Zeit des geistlichen Wachsens

Diese erste geistliche Lebensphase umfaßt den Zeitraum der Jugend, den Ordenseintritt und die ersten Jahre als Ordensfrau, soweit dies von den Quellen her erschließbar ist, bis 1700 die Aufzeichnungen über ihre Visionen einsetzen.302 Die autobiographischen Texte berichten ausführlich von den Umständen, die sie zum Entschluß brachten, Befreiung von ihren geistlichen Nöten in einem Klostereintritt zu suchen.303 Die Fixierung auf ein streng klausuriertes Kloster gegen den Willen ihres Stiefvaters - außergewöhnlich für ein Eltern-Kind-Verhältnis im 17. Jahrhundert - deutet nicht nur auf eine eigenwillige Persönlichkeit hin, die es auf einen langjährigen 301

5.1.7, Z. 2-15. Unser heutiges liturgisches Verständnis ist nicht mit dem des Barock zu vergleichen. Während in der Liturgie nach dem Vaticanum II das Gemeinschaftsgefühl des Volkes Gottes im Mittelpunkt steht, sieht sich der Barockfromme mehr als Individuum vor Gott. Die Ekstasen während einer Messe sind dafür nur besonders starker Ausdruck.

302

Vgl. 3.1.1. Vgl. 5.1.1.1.

303

105

Konflikt ankommen läßt, um sich durchzusetzen, sondern auch auf einen Charakterzug, der sich in ihrem weiteren Leben noch entfalten wird: Sie duldet in nichts ein Mittelmaß. Sie sucht das Vollkommene mit einer kaum zu verwirklichenden Radikalität nötigenfalls sogar zu erzwingen. Von dem gotteslästerlichen' Gedanken während des Kommunionempfangs am Allerseelentag, unter dem sie so furchtbar leidet, kann es nach ihrer Vorstellung wenn überhaupt - nur durch eine adäquat extreme Lebens- und Bußform Befreiung geben: indem sie als Ordensfrau in ein streng klausuriertes, d. h. von allen weltlichen Einflüssen abgeschlossenes Kloster eintritt. Ein tiefgreifendes inneres Erlebnis (ob Vision oder - wie es in den autobiographischen Texten heißt - Traum), bei dem sie sich in der Gnadenkapelle zu Maria Einsiedeln sieht, ist für ihren weiteren Lebensweg entscheidend. Es ändert ihre Lebenssituation so, daß ein Klostereintritt möglich wird.304 Sicher ist St. Katharinental, auf das sie bei einer Wallfahrt nach Einsiedeln der Beichtvater aufmerksam macht, keineswegs das klausurierte Idealkloster, um das es bei ihrem Kampf mit den Eltern ging,305 doch scheint der im Beichtstuhl gefundene Kompromiß für sie wichtiger zu sein als das Beharren auf einer Extremlösung. Für Dominica ist allerdings die Klausur als notwendige Grundvoraussetzung für ein 'vollkommenes' Ordensleben durch den Eintritt in St. Katharinental keineswegs aufgehoben. Dies zeigen ihre bald nach dem Prioratsbeginn einsetzenden Reformbestrebungen für ihren Konvent.306 Im Zusammenhang mit der Berufungsgeschichte wird zum ersten Mal von der Bedeutung der Gottesmutter von Einsiedeln für ihr geistliches Leben berichtet. Wenn die autobiographischen Texte und die Aufzeichnungen der geistlichen Erfahrungen auch einen christozentrischen Schwerpunkt ihrer Spiritualität aufzeigen, so soll und darf an dieser Stelle ihre Marienfrömmigkeit nicht unerwähnt bleiben. „Mein ganzes Leben aber war eine beständige Liebe zu Maria", notiert Pater Guinandus Primus von ihr.307 Ist vielleicht zu vermuten, daß durch die Auseinandersetzung mit den Eltern, besonders mit dem Vater, die ,Beziehungsperson' auf die Muttergottes von Einsiedeln hin übertragen wurde im Sinne einer spiritualisierten Mutterbindung? Jedenfalls ist diese Liebe zu Maria überaus stark und drückt sich in einem grenzenlosen Vertrauen auf die Hilfe der Einsiedler Madonna aus - auch ein Ausdruck dieses Vollkommenheitsdenkens, das ihr eigen ist. Aber in ihrem kindlichen Hoffen auf die Hilfe der Gottesmutter sieht sie sich wirklich nicht enttäuscht: In den vielen schmerzhaften Krankheiten, die sie erleiden muß, erwartet 304

S. 3.1.1 u. 5.1.1.2. Vgl. oben den Überblick über die Geschichte St. Katharinentals, 2.4. 3< * S. 3.1.4 (S. 19-41). 307 P. GUINANDUS PRIMUS, Leben, WE-Rtb 72. II, 6. 305

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Dominica durch sie Heilung - und erhält sie auch.308 Und wenn es in der geradlinigen Beziehung von Krankheit, erwünschter und erhaltener Heilung eine Verzögerung oder gar eine Krise gibt, wie bei einem nach erfolgter Heilung erneut ausbrechenden Augenleiden, schreibt sie, sie sei unbeschreiblich betrübt, „nicht so sehr wegen meiner Blindheit, sondern weil ich glaubte, die Mutter von Einsiedeln habe ihre Ehre verloren. Denn jeder glaubt, daß sie mir geholfen hat, und jetzt ist es wieder umgeschlagen". 309 Konsequent auch das Vertrauen auf die Unterstützung in anderen wichtigen Lebensbereichen: Die Einsiedler Mutter ist Anstoß für ihr Schriftenapostolat, denn sie hatte am Einsiedler Fest zum ersten Mal eine Verzückung, in deren Folge sie mit der Abfassung ihrer geistlichen Schriften begann. All diese Schriften schreibt sie der Muttergottes von Einsiedeln als ihrer „himmlischen, göttlichen Lehrmeisterin" zu.310 Zusammenfassend stellt sie fest: „Meine Unwissenheit in allen geistlichen Sachen war groß, als ich ins Kloster kam. Ich wußte nicht, daß der Teufel die Menschen versucht, denn ich war ein so eitles Weltkind, daß ich keine Lust hatte, geistliche Bücher zu lesen. So kann ich mit Wahrheit vor Gott sagen: Was ich geschrieben habe, das ist durch die Gnade geschehen, die ich durch niemanden anders glaube erhalten zu haben als durch die Einsiedler Mutter". 3 " Und schließlich ist Maria auch eines der Vorbilder für ihre sehr stark ausgeprägte Demutsspiritualität: „Als ich einstmals über die Worte ,Siehe ich bin eine Dienstmagd des Herr, mir geschehe nach deinem Wort'312 nachdachte, bin ich von der tiefen Demut Mariens so bewegt worden, die sich, obwohl zur göttlichen Mutterschaft berufen, dennoch eine Dienstmagd nannte, daß ich mich entschloß, ihr in Demut nachzufolgen". Ihrem Charakter entsprechend heißt es dann weiter: „Ich bin mit solcher Gewalt auf diese Tugend losgegangen, daß ich alle meine geistlichen Übungen darauf gerichtet habe. Ich habe nichts anderes mehr gelesen, ich habe um nichts anderes mehr gebetet als um die Demut. Meine Betrachtung war die Selbsterkenntnis, durch die ich so stark zum Weinen kam, daß dies, so glaube ich, Ursache meiner ersten Blindheit war".313 Die Marienerscheinung vom 7. November 1702 bestätigt später den eingeschlagenen Weg: „Lieber will ich dich ohne Hoffnung als ohne Demut sehen".314 308 309 3,0 311 3.2 3.3

3.4

A.a.O. 8; 13; 18; 20. A.a.O. 7; s. auch 5.2.2, Z. 45-54. P. GUINANDUS PRIMUS, a.a.O. 26. A.a.O. 26-27. Lk 1,38. P. GUINANDUS PRIMUS, Leben, WE-Rtb 72. II, 6. Zum Thema Demut vgl. hier 3.2.2.2: Struktur von Dominica von Rottenbergs demütiger Selbsterkenntnis. 5.3.1 (Vision 29).

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Dominicas Marienfrömmigkeit ist so ausgeprägt, daß sie den Entschluß faßt, nach Abschluß des 'normalen' Noviziates in der neuerbauten Einsiedlerkapelle des Klosters, die von einem Bruder M. Th. Pünteners als Dank für die Heilung ihrer Augenkrankheit errichtet worden ist,315 ein neues Noviziat zu beginnen; diesmal mit der Einsiedler Mutter als Novizenmeisterin.316 Eine im Barock weitverbreitete Frömmigkeitsform ist die der 'Geistlichen Sklavenschaft', das heißt, der bedingungslosen Übergabe an Christus oder Maria.3'7 Sie paßt in Dominicas geistliches Bild. So überliefert PATER GUINANDUS PRIMUS: „Meine ganze Andachtsübung ist das Rosenkranzgebet gewesen. An allen Marienfesten habe ich hundert (Rosenkränze ?) gebetet.318 Sie waren mir wie eine Fessel,3'9 mit der ich mich der Muttergottes als leibeigener Sklave und Übeltäter, einen Strick um den Hals, zu Füßen geworfen und lange Zeit bei einem Marienbild zugebracht habe. Dies ist auch an allen Tagen mit Kommunionempfang geschehen. Viele Jahre hindurch habe ich diese Übung fortgesetzt. Mehrmals bin ich dabei aber mit so großen Tränenbächen schmerzlicher Reue über meine Sünden überhäuft worden, daß ich, wie ich glaube, die größten Gnaden bei solcher Andacht der Leibeigenschaft erhalten habe".320 Mit dieser Radikalität, die kein Mittelmaß kennt, versucht Dominica von Rottenberg auch zwischenmenschliche Beziehungen im Kloster zu leben. In der Refle3.5 3.6 317

318 319 320

Vgl. P. GUINANDUS PRIMUS, Leben, WE-Rtb 72. II, 8. A.a.O. 9. Am Anfang des 16. Jahrhunderts gründete INES VOM HL. PAULUS eine .Bruderschaft der Sklaven von der Muttergottes'. JOHANNES VON DEN ENGELN ofm. hat diese Bruderschaft stark verbreitet. KARDINAL BERULLE machte das Gelübde des Sklavendienstes an Maria und hat die Oratorianer und Karmeliten in Frankreich zu gleichem Tun bewegt. Bérulle hat später ein ähnliches Sklavengelübde Jesus gegenüber formuliert; auch das haben Franziskaner und Karmeliten übernommen: die Bereitschaft, alles zu tun, was Jesus verlangt. - Das Sklavengelübde an Maria fand weite Verbreitung (so DUPUY, M., in der Einführung zu: Une Amitié Spirituelle au Grand Siècle; Lettres de Mère Mectilde de Bar à Marie de Châteauvieux, Paris 1989, 53-54. MERE MECTILDE hat in ihren Briefen Mme. Chateauvieux zu diesem Gelübde Jesus gegenüber ermutigt: « J e vous prie de bien chérir cette sainte captavité, où Notre Seigneur vous fait entrer. Oh bienheureux esclavage! Ne vous en retirez pas. Laissez-vous lier et garotter des chaînes au pur a m o u r . » (A.a.O.). - „Ich bitte Sie, diese heilige Gefangenschaft sehr zu lieben, in die unser Herr Sie eintreten läßt. O glückliche Sklavenschaft! Ziehen Sie sich daraus nicht zurück. Lassen Sie sich binden und erwürgen durch die Ketten reiner Liebe." Hundert steht hier nicht für eine feste Zahl, sondern für,unzählige'. Im Original: Fangband. P. GUINANDUS PRIMUS, Leben, WE-Rtb 72. II, 9.

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xion über die „Drei Antriebe zur göttlichen Liebe"321 schreibt sie über die Freundschaft zu einer Mitnovizin, die sie in eine schwere Berufungskrise führt. Unfähig, eine solche Freundschaft mit der nötigen Distanz zu leben, sieht sie ihren Emotionsfreiraum durch diese Beziehung immer mehr eingeengt: „Ich liebte diese Person so stark, daß ich ohne sie nicht sein konnte. War sie nicht da, hatte ich keine Ruhe. Ich hing gleichsam Tag und Nacht an ihr, um ihr jeden Wunsch von den Augen abzulesen. Aus närrischer Liebe war mir nichts zu schwer".122 Daß diese Mitschwester ihre „schreckliche Liebe", wie sie selbst bekennt, als unerträglich empfindet, ist verständlich.321 Dominica von Rottenberg erliegt der in diesen engen Freundschaften liegenden Gefahr der Exklusivität. Die Folgen sind massive Eifersuchtsprobleme124 und innere Kämpfe. So sieht sie eine Mitschwester, der sich die Freundin im Kloster zuwendet, nur als Rivalin, auf die ihr Temperament massiv reagiert: „Meiner Natur nach", so schreibt sie, „hätte ich sie ums Leben bringen können, solchen Widerwillen habe ich empfunden, nur wegen der Eifersucht".325 „Höllische Pein"326 ist die Folge - und die Einsicht, daß sie „die Sache nicht bestehen kann" trotz der vielfältigen Bemühungen, die sie anstellt.327 Sie erkennt, daß diese ihre Charaktereigenschaft des 'Alles oder nichts', mit der sie in eine solche Freundschaft hineingeht, ja, sich ihr ausliefert, nicht zu vereinbaren ist mit dem anzustrebenden Ziel ihres Ordenslebens, nämlich Gott zu lieben nach dem geistlichen Vorbild der Braut des Hohenliedes. In einer Selbstbesinnung drückt sie es so aus: „Was leidest du für eine höllische Marter wegen deiner Liebe;328 du kannst sie nicht ertragen, aber deine Natur muß lieben, das weißt du ... Diese Liebe wird dich verdammen, wenn sie weiterhin auf Kreaturen329 gesetzt bleibt. Du mußt deiner 521 322 323 324

325 326 327 328 329

5.1.2.1-5.1.2.3. 5.1.2.1, Z. 18-23. 5.1.2.1, Z. 34-35. „Eifersucht ist ein Konflikt zwischen dem Besitzanspruch des Liebenden dem Geliebten gegenüber und der Befürchtung, der Alleinbesitz werde durch einen Dritten gefährdet." Es geht also um einen Dreierkonflikt. Die Wurzel ist im Erlebnis des Einsseins zu suchen. Es schließt eine Gegenseitigkeit ein: ein Liebesobjekt ganz zu eigen haben zu wollen und sich selbst ganz zu eigen zu geben. Wird diese Fixierung durch einen Dritten gestört, so entsteht der „Wundschmerz der Eifersucht", die Angst der Vereinsamung durch die Schuld eines Dritten. (Vgl. REVERS, W. J.: Eifersucht, in: Lexikon der Pädagogik I, Freiburg 5 1967, 847-848). 5.1.2.1, Z. 44-46. 5.1.2.1, Z. 46. 5.1.2.1, Z. 48-59. ... zu einer Mitnovizin. Kreaturen, hier = Menschen.

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Liebe freien Lauf lassen können; das ist bei Menschen nicht möglich. Liebe zu Menschen kannst du nicht genießen solange du willst".330... „Ich erkannte, daß es unmöglich sei, bei der Liebe zu den Kreaturen die Vollkommenheit zu erreichen".331 Und nach Vollkommenheit zu streben ist besondere Pflicht der Ordensleute, die sich schwer versündigen, wenn sie sich dieser Pflicht entziehen.332 Diese Angst vor der Verfehlung ihres Lebenszieles als Ordensfrau, diese Angst auch, sich zu versündigen, führen Dominica von Rottenberg zu einem Wendepunkt in ihrem emotionalen Verhalten: „Also muß ich etwas suchen und haben,... was meiner Liebe nicht entgegensteht und wo man sich nicht fürchten braucht, der Liebe freien Lauf zu lassen".333 Dieser Wendepunkt in ihrem Leben ist eine ,geistliche Konversion', in der allzumenschliche Beziehungen abgebrochen werden; es ist eine Umkehr, die sie wegführt von einer Liebe, die auf die 'Kreaturen' gerichtet ist und sie nur immer tiefer in Eifersucht und Abhängigkeit verstrickt hätte. In Zukunft will sie ihre Liebe allein auf den 'Schöpfer' richten, auf Gott selbst.334 Die Ordensfrau als christlich gedeutete Braut des Hohenliedes kann nicht ihrem Bräutigam Christus in ungeteilter Treue anhangen und nachfolgen, solange ihr Herz geteilt ist,335 es muß sich ungeteilt dieser bräutlichen Liebe hingeben. „Ein 330 351 132

333 334

335

5.1.2.1, Z. 69-78. 5.1.2.1, Z. 55-57. Tanquerey zitiert ALFONS VON LIGUORI, der erklärt, daß Ordensleute schwer sündigen, wenn sie nicht den festen Vorsatz fassen, nach Vollkommenheit zu streben, oder sich gar nicht darum kümmern. Sie verstoßen damit schwer gegen ihre Standespflichten, die gerade im Streben nach Vollkommenheit besteht (Tanquerey, A.: Grundriss der Aszetischen und Mystischen Theologie (ins Deutsche übertragen von Sternaux, J.), Paris, 1931, Nr. 367-376); vgl. auch 3.2.2.1: Die Struktur von Josepha Dominica von Rottenbergs Liebe. 5.1.2.1, Z. 82-86. Vgl. 5.1.2.1, Z. 89-101. Ähnliche Reaktionen wie bei PHILIPP NERI. Es lag in der Zeit, daß in der Beziehung Gott - Mensch, wenn sie als Liebes-Beziehung gewollt und erlebt wurde (Brautmystik), das Sinnliche mitschwang. Bei Dominicas expressiver Frömmigkeit ist es klar, daß ihr Körper diese Liebe ausdrückt bzw. in ,Leidenschaft' gezogen wird. Der Körper wird durch ihre leidenschaftliche Art überbeansprucht. Vgl. den Prolog zu den Reformordinationen für das Dominikanerinnenkloster Wil, die D. v. Rottenberg unter die Auslegung von Hld 4,12 stellt („Meine Schwester, du bist wie ein verschlossener Garten, ein versiegelter Brunnen"), WE-Rtb 51, 9-13; auch: 3.1.4.3. Ähnlich in den Reformvorschriften für Wattwil, WE-Rtb 52, 20-21. Der Wille muß „nicht mehr das ergreifen, was er schon einmal verlassen hat... die Kreaturen, um in einer Partikularfreundschaft Zeitvertreib genießen zu wollen. Wenn die Keuschheit

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Leben kann durch nichts anderes göttlich gemacht werden als durch eine solche vollkommene Liebe, damit in Wahrheit gesagt werden kann: ,Mein Gott und meine Alles!' - Es ist also keine Kleinigkeit, Gott das Herz ... zu entziehen, weil eben das es ist, was Gott zu seinem Wohlgefallen allein vorbehalten ist ,..",336 schreibt sie später, nachdem ihre Liebe zu Gott durch viele Stürme und Engführungen hindurchgegangen und zur Reife gelangt ist. In diesen ersten Ordensjahren sieht diese Liebesbeziehung zu Gott freilich erst einmal ganz anders aus. Zwar zieht sie sich mit ihren Gefühlen von den Menschen ab und wendet sich ihm zu: „So ist denn nichts anderes für dich als Gott, den kannst du lieben wie du willst und brauchst dich nicht zu fürchten. Du kannst dir's wohl sein lassen beim Lieben, darfst tun, wie du willst, kannst zu ihm, wann und sooft du willst, mit ihm reden, wann es dir gefällt. All das kann bei den Menschen nicht sein", heißt es in ihrer Selbstbesinnung, und sie schließt: „Nun, mein Gott, so mußt du denn in Zukunft mein Liebesvergnügen sein".337 Aber die Formen dieser nun auf Gott hin ausgerichteten Liebe ändern sich nicht. Auch hier findet sie nicht das richtige Maß, wie sie bekennen muß: „Gleich wie es bei mir in keiner Sache ein Mittel(maß) gibt, so bin ich auch in der Liebe zu Gott ein rechter338 Narr gewesen, so daß ich mich selbst über das schämen muß, was ich angefangen habe".339 Im Nachhinein erscheint ihr all das wie eine Komödie gewesen zu sein, die sie aus lauter Verliebtheit aufgeführt hat,340 so wenn sie beispielsweise das verliebte Verhalten von ihr bekannten Menschen zueinander auf sich und Gott versucht anzuwenden - die autobiographischen Texte bieten da einige Kostproben.341 Doch es gilt bei all dem diese Ausdrucksformen vom eigentlichen Kern ihrer Spiritualität zu trennen. Denn diese für uns kaum mehr verständlichen Emotionsausbrüche sind nicht nur Zeichen ihres personenbedingten Liebesüberschwanges, sondern auch Zeichen einer zeitbedingten Leib-Geist-Beziehung, die in den abgeschlossenen Klöstern noch einmal eine Verstärkung erfahren.342

336 337 338 339 340 341 342

gehalten werden soll, muß der Wille sich frei machen, um denjenigen zu empfangen und festzuhalten, den die Braut gefunden hat und nicht mehr loslassen will (vgl. Hld 3,4), und dieses ist Gott". Reformvorschriften für Wattwil, a.a.O. 34-35. 5.1.2.1, Z. 95-96. Im Original: lauter. 5.1.2.4, Z. 2-5. 5.1.2.4, Z. 7-8. Z. B. 5.1.2.4, Z. 19-46. Schon seit dem Mittelalter entwickelt sich diese Klostermystik, wie das in den Nonnenviten, geistlichen Berichten und Briefen überliefert wird, teilweise mit eigenartigen bis zu skurilen Formen.

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Der Kern ihrer Spiritualität beginnt sich schon in dieser Frühphase ihres geistlichen Lebens herauszuschälen: Gottes Liebe nachzuspüren mit ihrem ganzen Wesen, sich dieser Liebe mit allen Kräften des Leibes, der Seele und der Sinne zu öffnen, und in Demut, d.h. im Wissen um die eigene Geschöpflicheit und Sündhaftigkeit, von Gott alles zu erwarten; ihm umgekehrt aber auch alles zu geben. Dieser Kern mußte sich erst in einem manchmal recht schmerzhaften Prozeß herausschälen. Sie muß zuerst lernen, daß Gott nicht mit den Kräften des Willens erfahren werden kann. Sie muß die Geduld erlernen, auf das Geschenk der Gotteserfahrung zu warten. Ihre zu aktive Einstellung, Gottes Handeln durch ihr Beten und Tun erzwingen zu wollen, die Radikalität ihrer Gesinnung343 im Geben und Erhalten, die inneren Kämpfe, die sie durchleiden muß, weil sie schmerzhaft erfährt, daß Vollkommenes von einem unvollkommenen Menschen nicht erreichbar ist - und sie selbst erkennt sich immer wieder in ihrer Schwachheit - machen die nicht auflösbare geistliche Spannung aus, in und mit der diese Frau leben muß. Einerseits ist diese Spannung ungemein fruchtbar, weil viel Energie freigesetzt wird, die sie umzusetzen weiß in Reformwerken und im geistlichen Schrifttum, andererseits aber auch ungemein blockierend, weil sie in ihrem ständigen Überdas-Mittelmaß-Hinauswollen ihre Grenzen umso schmerzlicher erfahren muß. Sie erfährt sie körperlich durch die fast ununterbrochen andauernden Krankheiten und seelisch durch die ihr geistliches Leben begleitenden Ängste, die immer wieder ihren Ausdruck finden in schriftlichen Zeugnissen wie: „Ich bin der schlimmste Sünder"344 oder: „Ich kann unmöglich glauben, daß ich Zeit meines Lebens ein Gott wohlgefälliges Werk getan habe".345 Es gehört wohl zum geistlichen Phänomen Dominica von Rottenberg, daß diese beiden Pole ihres geistlichen Lebens, das Strahlen der Liebesmystik und der dunkle Abgrund vermeintlichen Liebesentzugs, durch eigene Schuld selbst verursacht, wie sie oft schreibt, nicht zum Lebensbruch führen, sondern zu einem gelungenen Lebensentwurf, der für viele geistliche Menschen ihrer Generation und Zeit zum Lebens-Vorbild wird.

3.2.1.2

Zeit der Prüfung und der Zuversicht

Unter dem Datum des 15. August 1700 hält M. Th. Püntener die erste Vision Dominica von Rottenbergs fest: Während des Hochamtes „wurde sie verzückt und sah in einer Erscheinung den Heiland mit Maria, der allerseligsten Jungfrau, der 345 344 345

S. 5.1.2.4. 5.1.5, Z. 16-17. 5.1.5, Z. 19-22.

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sich mit folgenden Worten mit ihr vermählte, während er ihr einen Ring mit einem blauen Stein346 an den Finger steckte: ,Ich vermähle mich mit dir in beständiger Treue'".347 Dieses erste schriftlich festgehaltene geistliche Erlebnis ist insoweit interessant, als es in der normalen Abfolge mystisch-geistlicher Erfahrungen nicht den Anfangs- sondern den Endzustand markiert. Nach dem klassischen DreiWege-Schema der Läuterung (via purgativa), der Erleuchtung (via illuminativa) und der Einigung (via unitiva) setzen die geistlichen Meister ein langsames, allmähliches Aufsteigen der Seele „bis zu den Gipfeln der Vollkommenheit" an.348 Und erst nach diesem mühsamen Aufstieg ist die Seele bereit zu einem solch bewußten Innewerden Gottes, das „in verschiedenen Phasen als Nähe und Einigung erfahren wird",349 wie an den großen mystischen Vorbildern, z. B. Caterina von Siena oder Theresia von Avila deutlich wird. Soll dieses Dreierschema des geistlichen Lebens auf Dominica von Rottenberg angewandt werden, so hieße das, sie habe schon im frühen Alter von 24 Jahren und nach nur fünf Ordensjahren diesen mystischen Höhepunkt erreicht. Dies wäre sicher nicht unmöglich, aber doch ungewöhnlich. Der Schlüssel zum Verständnis dieses so wichtigen Erlebnisses liegt vielleicht in der ihr eigenen Interpretation der „Drei Wege", wie sie in den Reformbestimmungen für die Kapuzinerinnen von Wattwil viele Jahre später (1727) zum Ausdruck kommt. Ihre Aufgabe ist es hierbei, eine geistliche Grundlage für die kurz zuvor eingeführte strenge Klausur zu schaffen. Dominica von Rottenberg stellt dieses Werk unter einen Vers des Hohenliedes: „Ich habe gefunden, den meine Seele liebt, ich will ihn nicht mehr loslassen" (Hld 3,4), den sie wie folgt auslegt:350 Den Bräutigam (Christus) gefunden zu haben, wie es im Hohenlied heißt, setzt zweierlei voraus: ihn durch die Sünde verloren und danach mit viel Mühe und Arbeit gesucht zu haben. Zum Suchen angetrieben wurde die Seele durch das Licht der Gnade, in dem sie nicht nur die Größe des Verlustes erkannt hat, nämlich Gott, sondern auch verspürte, daß sie „wie der Hirsch nach dem kühlen Was346

347

348 349 350

Farbensymbolik: Blau als Bezeichnung des Himmels und auch als Wunsch der Vereinigung mit ihm. (Vgl. LEXIKON DER CHRISTLICHEN IKONOGRAPHIE II, hg. v. Kirschbaum, E.: Farbensymbolik I, Freiburg 1970, 10). 5.3.1 (Vision 1). Die geistliche Vermählung ist Höhepunkt der Brautmystik. Gleichzeitig aber auch Beginn einer kontinuierlichen Zwiesprache. Erst so bekommt sie gleichsam das Recht, ihren Geliebten ständig anzusprechen. Vermählung ist die definitive Antwort des Himmels (= blauer Stein im Ring) und der Beginn eines Liebesweges. So TANQUEREY, A.: Grundriss ..., a.a.O. Nr. 445. Vgl. CASUTT L.: Einigung, in: LThK III, 759. Im folgenden: Zusammenfassung der Seiten 1-5 der Reformordinationen von Wattwil. (WE-Rtb 52).

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serbrunnen"351 nach der Gegenwart ihres Geliebten dürstet. Das Licht der Gnade war ihr ein Wegweiser, um den Geliebten zu finden und so auch die Früchte des mühseligen Suchens zu genießen. Um aber den Geliebten überhaupt finden zu können, hat die Braut die drei Wege eines vollkommenen geistlichen Weges angetreten, die Wege der Reinigung, der Erleuchtung und der Vereinigung. Sie hat ihr Suchen begonnen auf dem Weg der Reinigung durch das schmerzliche Wehklagen der Reue, weil sie den Geliebten treulos verlassen hat. Sie hat sorgfältig ihre schwere Sündenlast durch ein vollkommenes Sündenbekenntnis abgelegt, ja, sie hat mit allem Fleiß ihr Gewissen durchforscht, um dort etwas zu finden, was den göttlichen Augen mißfällt. Sie tut all dies aus keinem anderen Grund als um den Geliebten auch wirklich finden zu können. So mischt sich in den Trauergesang über den Verlust des Geliebten die Freudenstimme der Braut auf dem angetretenen Bußweg: „Ich habe gefunden, den meine Seele liebt." Auf dem Weg der Erleuchtung hat die Braut den Geliebten ebenfalls gesucht und ihn, den „vermenschten Gott",352 im tiefen Tal der Demut gefunden, dem Willen des Vaters gehorsam, zum Tod am Kreuz bereit. Die Braut hat ihren Geliebten schließlich auch auf dem Weg der Vereinigung gesucht mit dem Propheten353 und Gott dadurch die Bereitwilligeit ihres Herzens und Willens deutlich gemacht, so daß sie ihn mit dem Apostel Paulus fragen kann: „Was willst du, das ich tun soll?"354 So macht sie ihren Willen dem göttlichen gleichförmig und unterläßt nichts, um den Geliebten zu finden. Die Braut bekennt, daß sie auf diesen drei Wegen (Reue und Bekenntnis, Demut und den eigenen Willen dem Willen Gottes gleichförmig machen) „den gefunden hat, den ihre Seele liebt". Sie glaubt, daß dies auch nur durch diese drei Wege möglich ist, weil sich der Geliebte nach dem Verlust durch die Sünde nur durch Buße und Reue und in der Nachfolge seines göttlichen Lebens finden läßt. Diese eigenwillige Interpretation des Drei-Wege-Schemas klingt geistlich-pragmatisch. Während bei der Übergabe des Ringes die Initiative bei Christus liegt, der sich ihr vermählt, steht hier die Aktivität der Braut im Mittelpunkt. Die Betonung 351 352

353

354

Ps. 42,2. Der „vermenschte Gott" steht für den menschgewordenen Gottessohn. In der Regel für ein Noviziat für junge Geistliche (= Noviziat) schreibt sie unter der Überschrift: „Der große Gott in der Krippe": „Ist denn das nicht das Größte, das der menschgewordene Gott im Kleinsten uns vorstellt: sich als Kind in der Krippe betrachten zu lassen, das nichts Göttliches zeigt, sondern den Glanz der Gottheit verbirgt...". (WE-Rtb 26, 3). Die Braut sucht den Geliebten „mit dem Propheten". Hier z. B. Arnos 5,4: „Ja, so spricht der Herr zum Haus Israels: Sucht mich, dann werdet ihr leben"; Jes 26,16: „Herr, in der Not suche ich dich ...". Apg 22,10: Verteidigungsrede des Paulus nach seiner Verhaftung. Sie steht im Zusammenhang mit seiner Bekehrungsvision, Apg 9,5-6.

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der Treue gibt ihr Heilszuversicht. Dominica sieht im 'Drei-Wege-Schema' den Weg der Braut realistisch als geistlichen Prozeß zur Erreichung der Vollkommenheit. Die Unsicherheit liegt allein in der eigenen Schwäche, die verhindert, die Schritte, die dieses Schema erfordert, auch in der notwendigen Konsequenz zu gehen. Die ersten Schwierigkeiten kommen aus ihren inneren Anlagen. Die mystische Vermählung ist Dominica eine erste und entscheidende Gabe der Zuversicht, um eigene Harmonie zu finden, die Anfechtungen der kirchlichen Untersuchungen zu bestehen und später nach außen wirken zu können. Der Ring bedeutet Vorausnahme der ,via unitiva'. Auf diesem Hintergrund muß dann auch die Erfahrung der geistlichen Vermählung Dominica von Rottenbergs gesehen werden: Sie ist die Konsequenz ihres bisherigen Weges, der über die ,Konversion' zur absoluten Bereitschaft führte, sich dem göttlichen Willen gleichförmig zu machen. Diese erste Vision ist somit weniger mystischer Höhepunkt, sondern spiritueller Ausgangspunkt ihrer bräutlich verstandenen Christusbeziehung und in dessen Folge ihrer vielfältigen Aktivitäten. Aber diese zweite geistliche Lebensphase ist, wie die Überschrift sagt, auch Zeit der Prüfung: Zeit der Prüfung, denn sie hat in diesen Jahren die Untersuchungen über die Echtheit ihres geistlichen Lebens zu durchstehen. 355 Am 26. April 1701 wird ihr in einer Verzückung ein großes Kreuz gezeigt mit dem Kommentar: „An dieses Kreuz wird dich deine Obrigkeit schlagen";356 und zwei Jahre später, Ostern 1703, während das ,victimae paschali' gesungen wurde, hört sie diese Worte: „Mein Kind, zu dieser Glorie und Herrlichkeit steigt man auf. Die Wege dahin sind aber Grein und Schmerzen, Leiden und Trübsal. Willst du also dahin gelangen, so gehe mit mir zuvor auf den Kalvarienberg, da warte ich auf dich."357 Der auferstandene und verklärte Christus, der ja gleichzeitig der gekreuzigte Jesus ist, führt seiner von Liebe erfüllten Braut die notwendige Bewährung dieser Liebe vor Augen, und die geschieht nur durch das Mit-Leiden bzw. durch die Bereitschaft, selbst das Kreuz zu nehmen und den bitteren Weg nach Golgotha zu gehen. „Am St. Ursulatag (21. Otober) 1702 erlebte sie große Verlassenheit und Anfechtung, so daß sie glaubte, ganz von Gott verlassen zu sein. Dieser Zustand dauerte vier Tage. Da hörte sie diese Worte: ,Mein Kind, warum bist du so zaghaft? Glaubst du, daß dich dein Vater verlassen wird? Habe ich dir nicht gesagt, ich will dich mir gleichförmig machen? Das aber kann nicht geschehen, wenn du es nicht tust! Du mußt das Leiden spüren, nicht nur wollen.'" 358 355 356 357 358

Vgl. 3.1.2. 5.3.1 (Vision 12). 5.3.1 (Vision 30), vgl. auch Fußnote 668. 5.3.1 (Vision 27).

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Liebe und Leiden gehören also zusammen wie Kreuz und Auferstehung. Sich dem Willen Gottes in allem gleichförmig machen als Ziel des geistlichen Weges und damit als Ziel der Vereinigung schließt das Leiden ein, klammert es nicht aus. Auch darin hat sie ja große geistliche Vorbilder. Wenn sie im Übersprühen ihrer Liebesgefühle beten kann: „O Liebe, o Liebe, wer läßt mich sterben? O wenn ich doch so viel Leben hätte, wie es Tropfen im Meer gibt, Sandkörnchen an den Bergen oder Blätter an den Bäumen, diese unzählbaren Leben müßte ich (aus Liebe) durch die grausamsten Marter hingeben. Wer gibt mir all das zu leiden, was alle Märtyrer gelitten haben? ... O meine Liebe, o liebster Schatz, laß mich leiden!",359 dann wird Dominica durch die harte Realität ihres Lebens beim Wort genommen. Weniger überschwänglich, eher verhalten, zumindest nur soweit, wie sie es menschlich verkraften kann, führt Gott sie dem Leiden zu. Dadurch aber nimmt er sie ernst, weil er ihre Liebe ernst nimmt - und sie einfordert. Im Verhältnis zu den nachfolgenden Lebensphasen wird Dominica von Rottenberg sehr oft in den geistlichen Erlebnissen zur Demut aufgerufen, zum Erkennen des eigenen Nichts, zur Selbstverachtung. Dies ist aber nie reine Negation ihrer Persönlichkeit, wie es in ihren autobiographischen Texten oft zum Ausdruck kommt, wo sie nichts Gutes, sondern nur Sünde an sich entdeckt und sich verdammt fühlt.360 Vielmehr sind hier die Demutsforderungen entweder mit ihrer Liebe zu Gott oder mit dem einsetzenden Apostolat verbunden: „Begehre von mir, was du willst, denn du hast meine Macht und Gewalt durch deine Liebe an dich gezogen", sagt ihr der Herr am 1. Mai 1701, das will heißen: Letztlich geht jeder Machtwille in die Liebe über. Macht teilen bedeutet hier bereits, Liebe verschenken. Gleichzeitig aber heißt es auch: „Erscheine allezeit vor meinem Angesicht in der Erkenntnis deines Nichts, im Abgrund deiner Armseligeit, mit geneigtem Haupt und niedergeschlagenen Augen; dadurch bezeuge deine Unwürdigkeit."361 Oder: „Den 25. September (1702), während der hl. Messe, als sie sich in einem hohen Akt der Liebe Gott gegenüber übte, hörte sie diese Worte: 'Meine Tochter, sei demütig! Steige nicht zu solch hoher Liebe auf ohne Demut. Sei demütig, deine Liebe steht niemals besser als in der Demut und im Abgrund des Nichts. Mir ist die Liebe angenehm, aber die Demut viel mehr. Die Demut zieht die Gnade von mir weg, wenn sie mit der Liebe verbunden ist.362 Dränge nicht mit Gewalt zu solcher starken Liebe, sondern übe dich vielmehr in der Demut...'". M. Th. Püntener 159 360 361 362

5.1.2.4, Z. 187-198. Vgl. 5.1.6. 5.3.1 (Vision 13). Das heißt soviel wie: Die Demut absorbiert gleichsam die Gnade, weil sie der Haltung des demütigen Gottessohnes (Menschwerdung, Hingabe am Kreuz) nahekommt.

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merkt dazu an: „Diese Lehre hat Gott ihr erteilt zu einer Zeit, da sie sehr angefochten war wegen gewisser Gnaden, von denen sie glaubte, sie würden einer anderen Seele mehr mitgeteilt als ihr."363 Eine notwendige Korrektur, vergleicht man sie mit den Selbstzeugnissen der autobiographischen Texte, die in ihren kühnen Ausdrucksformen alle Grenzen zu sprengen scheinen, und das selbst bei barock-spiritueller Großzügigkeit! „Ich habe danach verlangt, meines Lebens ... ja des Himmels selbst beraubt zu werden, zur Vergrößerung deiner göttlichen Ehre und Glorie. Die höllische Qual bin ich begierig auszustehen, nur um dir, meinem Gott, Ehre zu machen."364 Immer wieder ist es ein Anflug von Eifersucht, der sie zu überspannt klingenden Liebesbeteuerungen hinreißen läßt: „Ich sage oft zu Gott, es ist nicht wahr, daß dich jemand mehr liebt als ich. Ich kann dies nun einmal nicht glauben, o mein Gott, es kann nicht sein."365 ... „Ich gebe zu, daß ich (was die Liebe angeht) auch bei den Heiligen nicht nachgeben kann. Daß mir in der Liebe jemand zuvorkommen sollte, ich kann das einfach nicht glauben. Der Muttergottes allein gebe ich nach, sonst aber reichen alle Engel und Heiligen nicht an meine Liebesbegierden heran. Ich hätte kein Vergnügen, Gott so zu lieben, wie alle Heiligen und Engel ihn lieben, wenn ich nicht darüber hinaus käme ,..".366 Diese Textbeispiele zeigen, wie sehr die junge Ordensfrau von Gott erst noch in die,Schule der Liebe' geführt werden muß, in der sie zu lernen hat, vom barocken Himmel ihrer Gefühle herabzusteigen und ihre Liebesbereitschaft zu ,erden', d.h. sie in Prüfungen, Anfechtungen, Zweifeln an Gott und an sich selbst zu stählen und somit für sich selbst und andere fruchtbar zu machen. Dominica von Rottenberg muß in dieser ihrer zweiten geistlichen Lebensphase eine doppelte Prüfung durchstehen: Sie wird einmal durch die äußeren Untersuchungen der kirchlichen Oberen bezüglich ihrer Rechtgläubigkeit und, damit verbunden, durch innere Bedrängnisse so sehr angefochten, daß sie Gott mehr als einmal bittet, er möge sie von weiteren geistlichen Erfahrungen verschonen.367 Aber 363 364 365 366

367

5.3.1 (Vision 25). 5.1.2.5, Z. 3-8. 5.1.2.4, Z. 565-567. 5.1.2.4, Z. 536-545. Diese Aussage in ihren autobiographischen Texten meint eine erfahrbare, tätige, spürbare Liebe; diese will sie gleichsam mit ,Holz, das ihr Liebeswille ist', anheizen. Es ist sowohl Selbstzuspruch als auch Ansporn, wie Paulus schreibt: „Wißt ihr nicht, daß die Läufer im Stadion zwar alle laufen, daß aber nur einer den Siegespreis gewinnt? Lauft so, daß ihr ihn gewinnt" (1 Kor 9,24). Für Dominica heißt dies: Wenn schon, will sie Siegerin sein im Wettkampf um die Liebe Gottes. Eine natürlich sehr anthropomorphe und diesseitsgeprägte Sicht von der göttlichen Liebe. 5.3.1 (Vision 8 oder Vision 34).

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sie wird nicht verschont: „Mein Kind, wenn du micht liebst, so lasse dich brauchen in meinem Dienst, um der Welt die Gnaden meiner Liebe mitzuteilen".368 Die zweite Prüfung trifft den tiefsten und innersten Kern ihrer geistlichen Persönlicheit, trifft ihre Treue zu der Liebe, die theoretisch in so ausgeprägten Worten und Bildern von ihr beschworen wird, sie aber bei der Umsetzung in die Wirklichkeit an ihre physischen und psychischen Grenzen führt. Die zweite Prüfung ist Anfrage an ihre Bereitschaft, diese und keine emotional noch so sehr erträumte Liebe mit ihrem Leben zu erwidern. Ihr Ja, nicht in Treueschwüren öffentlich gemacht, wird sich auf ihre Lebenszukunft hin als fruchtbar erweisen.Wie so manche ihrer geistlichen Vorbilder läßt sie sich trotz der Erfahrung von Kreuz und Leid auf den göttlichen Auftrag ein: „Den 23. April (1704), als sie Gott inständig bat, er möge doch die ihr geschenkten Gnaden verborgen halten und dasjenige, was man schon von ihr wisse, verbergen oder als unecht erweisen, hörte sie die Antwort: „Begehre sonst von mir, was du willst, aber diese Bitte kann ich dir nicht gewähren. Wenn du mich liebst und meine Ehre und das Heil vieler Seelen suchst, so sollst du vielmehr begehren und zufrieden sein, daß meine Gnaden offenbar werden ...".369 Und ihre Auftrag wird sein: „Schreibe alles auf'.370 - „Im August (1702)... fällt sie während des Hochamtes in Verzückung und sieht in einer Vision Christus, der eine Feder in der Hand hält. Er übergibt ihr diese Feder mit den Worten: 'Du wirst von großen Geheimnissen Gottes schreiben, denn du wirst eine Ehre und Glorie der Heiligsten Dreifaltigkeit sein.3.11 Gott der Heilige Geist hat dich mit seiner Gnade umschattet. Deinen Lehrer Thomas von Aquin372 und die Heilige Caterina von Siena gebe ich dir bei deinem Schreiben zur Seite.'"373 In späteren Visionen wird

368 369 370 171

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373

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5.3.1 (Vision 34). 5.3.1 (Vision 35). 5.3.1 (Vision 13). Hinweis auf den Zusatz zu ihrem Ordensnamen: Josepha Dominica von der allerheiligsten Dreifaltigkeit (lt. ihrem Profeßzettel, aufbewahrt im Archiv der Dominikanerinnen von Weesen). Im Original heißt es: „Den englischen Lehrer Thomas ...". Englisch meint,engelhaft' Hinweis auf den Ehrentitel des hl. Thomas v. Aquin: ,doctor angelicus'. 5.3.1 (Vision 22). Gemeint sind sicher nicht wissenschaftliche Abhandlungen auf der gleichen theologischen Ebene wie bei Thomas, sondern eher liegt der Berührungspunkt bei den geistlichen Erfahrungen. Bei Thomas war es die dominikanische Sendung der theologisch-akademischen Lehre, bei Caterina von Siena die Observanzbewegung und in deren Folge die strenge Klausur, die über ihren geistlichen Sohn, Raimund von Capua nach Deutschland kam. Dominica von Rottenberg steht - auch in ihrem praktischen Vollzug - in dieser Tradition.

ihr auch die Hilfe der großen heiligen Theresia von Avila zugesagt,374 die ja selbst Autorin umfangreicher und anerkannter geistlicher Werke war.375 Durch diese Ordensautoritäten gestärt, wird sie mitten in den Auseinandersetzungen um ihren geistlichen Weg zum 'Schriftenapostolat' berufen, das ganz in der Tradition des Predigerordens liegt. Einen gewissen Höhepunkt erfährt sie am Ende dieser konfliktreichen Jahre, als 1707 in Einsiedeln - freilich anonym - ihr Werk über die „12 Staffeln der Demut" im Druck erscheint.376 Nicht das Ende der Untersuchungen und Anfechtungen, aber doch zwei geistliche Erlebnisse mit besonders positiv-aufleuchtender Zukunftsperspektive sind die ihr geschenkten Pfingstvisionen des Jahres 1701: „Am heiligen Pfingsttag nach der Kommunion hörte sie diese Worte: 'Du wirst Priorin dieses Klosters werden. Dich habe ich dazu erwählt, es zu reformieren. Dir allein will ich meine Gnade dazu geben.'"377 Ankündigungen, die in späteren Jahren Wirklichkeit werden sollten, denn 1712 wird sie zur Priorin gewählt und behält dieses Amt bis zu ihrem Tod im Jahre 1738. Und auch die hier erstmals angekündigte Klosterreform wird sie nach vielen Widerständen und im Zusammenhang mit dem Neubau von St. Katharinental verwirklichen können.378 Ein Jahr später, am 12. Juli 1702, erhält diese Prioratsankündigung die Autorität des Ordensgründers Dominikus: „Ich habe dich zur Priorin erwählt. Bereite dich, daß du ein Glanz und Licht aller Tugend seiest. Liebe die Einsamkeit, das strenge Stillschweigen, Armut und Demut."379 Die zweite Pfingstvision ist eine Muttergotteserscheinung, mit der ihr der positive Ausgang der gegen sie angestrengten Untersuchungen geoffenbart wird: „Am Pfingstmontag, als sie vor dem Bild der Muttergottes von Einsiedeln betete, sagte die Muttergottes zu ihr: 'Sei getröstet, dein Geist wird öffentlich bestätigt wer-

374

375

376 377 378 379

Wenn Jesus so zu ihr spricht, paßt er sich ganz ihrer Mentalität an; das heißt aber auch: Solche Aussagen müssen ganz in ihrem Kontext beurteilt werden. Der Versuch, solche Aussagen zu objetivieren, führt in die Irre. 5.3.1, (Vision 26): Erscheinung der hl. Theresia selbst, und Vision 33, bei der die hl. Magdalena von Pazzis sie warnt, die hl. Theresia entzöge ihr die Hilfe, falls D. v. Rottenberg sie nicht mehr verehre. Erste deutsche Ausgabe der Schriften der hl. Theresia v. Avila erschien 1640 in Würzburg, eine weitere 1701 in Köln. Vgl. 3.1.2, Fn. 53 u. 54. 5.3.1 (Vision 14). Vgl. 3.1.4. 5.3.1 (Vision 20).

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den.'"380 ... „,Sei getröstet', sagte unser Herr zu dieser Zeit zu ihr,,warte nur noch eine kleine Weile, ich will dich bald erlösen'."381 Dominica von Rottenberg muß freilich nach diesen mutmachenden Erfahrungen noch wenigstens drei Jahre warten, bis die kirchlichen Prüfungen ein Ende finden. In der Zwischenzeit erlebt sie weiterhin Licht und Dunkel in ihrem Leben. Die oben bereits erwähnte Aufforderung, über geistliche Dinge zu schreiben, werden mit gleichzeitigem Aufruf zur Demut wiederholt. Dennoch wird es sicher nicht überinterpretiert sein, wenn mit diesen Pfingstvisionen eine Zeit vorsichtiger Zuversicht neben die Prüfungen tritt, eine Zuversicht, ohne die sie vielleicht ihren geistlichen Weg nicht hätte weitergehen können. 3.2.1.3

Die Zeit der geistlichen Bestätigung

Die Aufzeichnungen der Schwester M. Th. Püntener über die geistlichen Erfahrungen Dominica von Rottenbergs enden im Frühjahr 1705. Erst mehr als zehn Jahre später, mit dem Fest Christi Himmelfahrt 1716, beginnt Pater Guinandus Primus mit weiteren Berichten über ihr außerordentliches geistliches Leben.382 Zwischen 1705 und 1716 liegen entscheidende Jahre, so daß man sie mit Recht als die Zeit der „geistlichen Bestätigung" bezeichnen kann: Die kirchlichen Untersuchungen gegen sie werden eingestellt, und im Verlaufe dieser positiven Entwicklung ihres geistlichen Lebens kann sich die Druckerei des Benediktinerstiftes Einsiedeln mit der (anonymen) Herausgabe ihrer „12 Staffeln der Demut" beschäftigen.383 In den Kriegswirren zu Beginn des 18. Jahrhunderts wird sie von verschiedenen Seiten um Hilfe angegangen: Sie solle den göttlichen Willen für die Kriegsparteien in Erfahrung bringen. Sowohl für den Toggenburger Krieg als auch in den Auseinandersetzungen um die spanische Thronfolge mahnt Dominica von Rottenberg zum Frieden, um nicht den Zorn Gottes herabzubeschwören, der ein Widersetzen seines Friedensbefehls nicht ungestraft sein lassen werde.384 Im April 1712 wird Dominica nach einer,wunderbaren' Heilung ihrer Kniescheibe zum ersten Mal zur Priorin von St. Katharinental gewählt.385 Schon bald danach denkt sie an die von ihr gewünschte Klosterreform, die sie in engem Zusammenhang sieht mit der Einführung der strengen Klausur als unverzichtbare Vor380 381 382 383 384 385

5.3.1 (Vision 15). 5.3.1 (Vision 16). S. 5.3.2 (Vision 37). S. Fußnote 376 mit den dort. Verweisen. S. 3.1.2 u. die dortigen Fn. 66-70. Vgl. 5.2.3, Z. 217-219.

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aussetzung dafür, daß die Ordensfrauen als ,Bräute' des Bräutigams Christus ihre Liebe leben können.386 Da dies aber nach ihrer Meinung im alten Klosterbau nicht oder nur sehr schwer möglich ist, entschließt sie sich zu einem Klosterneubau, der am 10. Otober 1714 durch ihren Konvent genehmigt wird; wenig später erfolgt die Wahl zur zweiten Amtsperiode als Priorin.387 Am 16. April 1715 wird der Grundstein zum neuen Konventsgebäude gelegt. Der Bau geht zügig voran, so daß bereits im Frühjahr 1717 der Neubau bezogen werden kann.388

3.2.1.4

Die Zeit der „hohen Liebe"

Der geistliche Schwerpunkt dieser so aktiven vierten Lebensphase Dominica von Rottenbergs liegt eindeutig in ihrer Liebesbeziehung zu Christus. Die Phase der Prüfung ist abgelöst, das Aushalten, Weiterlieben in Leid und Anfechtung verschwindet zwar nicht, wird aber in den Hintergrund gedrängt durch eine klare Beziehung. Sie hat die Prüfung bestanden, sie hat den Bräutigam mit der Braut des Hoheliedes nicht nur gefunden, sondern alles daran gesetzt, ihn nicht mehr loszulassen. Das meint: in dem, was ihr von Gott aufgetragen ist, trotz Widerwärtigkeiten zu beharren, es weiterzudenken und zu beginnen, es in die Tat umzusetzen.389 Dominica verwirklicht in ihrem eigenen Ordensleben, was sie später den Ordensfrauen der Reform mit auf den erneuerten geistlichen Weg gibt: „Es reicht nicht aus, daß ihr mit der Braut euren Geliebten auf dem dritten Weg der Liebesvereinigung gesucht und gefunden und euch mit gutem Willen entschlossen habt, die Gelübde der Armut, der Keuschheit und des Gehorsams zu halten bis in den Tod. All dies bewahrheitet sich erst dann, wenn ihr euren Geliebten, den ihr gefunden habt, auch nicht mehr loslassen wollt. Und dies geschieht (allein) durch die Beharrlichkeit. Denn nicht dem Anfänger und auch nicht dem Fortgeschrittenen wird die Krone der Glorie verliehen, sondern nur demjenigen, der beharrlich bleibt.390 Dominica erscheint in dieser Phase ihres geistlichen Lebens als eine in und an der Liebe gereifte Ordensfrau. Wenn in der Vision vom Fronleichnamstag 1716 der Herr zu ihr sagt, indem er die Worte der Braut des Hohenliedes aufnimmt und auf sich bezieht: „Du hast mich schon oft verwundet,391 (aber) wenn du nachläßt, wer386 387 388 389 350 391

Vgl. 3.1.4.1. Vgl. 3.1.4.2. Vgl. ebd. Z. B. die angestrebte Reform. Ordinationen Wattwil, WE-Rtb 52, 10. Hld 4,9 vg.

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de (auch ich) nachlassen",392 so setzt das eine lang geübte und vertiefte Meditation des Hohenliedes voraus, die von Gott viel erwarten kann und alles erhält.393 Die von der jungen Ordensfrau so stürmisch geforderten Zeichen der Liebe als Sicherheit, Gottes Herz erreicht zu haben und von ihm wiedergeliebt zu werden,394 beginnen im konkreten Ordensalltag aufzuscheinen. So, wenn ein guter Teil der visionären Ankündigungen früherer Jahre Wirklichkeit werden. Das gibt ihr Sicherheit in ihrer Sendung, und diese Sicherheit prägt ihr Verhältnis zum geliebten Bräutigam. Das Verliebtsein und Schwärmen des Anfangs, die teilweise nicht nachvollziehbaren Gebete und Liebesschwüre, wie sie in den autobiographischen Texten begegnen, sind abgelöst durch ein fast schon partnerschaftliches Miteinander. Ein Blick auf die vielen geistlichen Erlebnisse dieser Zeit, die diese Liebe ins Wort bringen, macht das deutlich. In einem großen Teil dieser 'Liebesvisionen' ist Dominica von Rottenberg der aktive Teil. Christus läßt sich von ihrer Liebe zwingen395 und überwinden.396 Er verspricht der Welt Gnade aufgrund ihrer Intervention,397 und immer wieder und in Variationen steht das Brautthema im Mittelpunkt der geistlichen Zwiesprache: Du,398 Deine Liebe,399 Deine Zäher,400 Deine Selbstüberwindung401 haben mich verwundet. Höhepunkte dieser Liebesbezeugungen sind Aussagen wie: „Was du verlangst, will ich dir geben",402 oder: „Wegen deiner zarten Liebe muß ich tun, was du willst".403 Die Liebe des Menschen, hier die Liebe Dominicas, ist so stärk, so unwiderstehlich, daß sich Gott dieser Liebe gefangen gibt, sich ihr ausliefert. „Das liebende Herz hat solche Gewalt, daß Gott mit all seiner Macht und Stärke zu schwach ist, sich aus dem Arm der Liebe herauszureißen", schreibt sie den Nonnen von Wattwil.404 In den Augen des heutigen Betrachters sind dies extrem erscheinende Formulierungen, aber sie steht damit keineswegs allein in der Fröm-

392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404

5.3.2 (Vision 39). So am Fest der hl. Rosa, 23.8.1716, s. 5.3.2 (Vision 46). Vgl. 5.1.2.4, bes. Z. 199-461. 5.3.2 (Vision 38 u. ö.). 5.3.2 (Vision 51 u. ö.). 5.3.2 (Vision 87 u. ö.). 5.3.2 (Vision 53 u. ö.). 5.3.2 (Vision 42 u. ö.). 5.3.2 (Vision 47 u. ö.). 5.3.2 (Vision 67). 5.3.2 (Vision 75). 5.3.2 (Vision 98). Ordinationen Wattwil (WE-Rtb 52, 21).

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migkeitsgeschichte. THERESIA VON AVILA,405 MARIE DE L' INC ARN ATION406 und JOHANNES VOM KREUZ,407 um nur drei heilige Vertreter der Liebesmystik zu nennen, gebrauchen ähnliche Bilder, um auszusagen, was eigentlich nicht aussagbar ist, weil es zum intimsten Bereich des Menschen gehört,408 der von Gott geliebt wird und ihn wieder liebt. Der Verdacht unstatthafter Exklusivität legt sich nahe, oder der nicht vertretbare Versuch, Gottes Uneinschränkbarkeit in eine mystische Zweierbeziehung zu pressen. Worte wie: „Mit keiner Kreatur bin ich so vereinigt wie mit dir",409 und: „Du bist der Augapfel meiner Liebe"4'0 scheinen dies nur zu bestätigen. Bei der kritischen Betrachtung einer solchen Liebesmystik muß allerdings die Subjektwende berücksichtigt werden, die seit BERNHARD VON CLAIRVAUX die Spiritualität, besonders die in den Frauenklöstern, eindeutig beherrscht. Die Kirche - bzw., eingeschränkt gesagt, die religiöse Gemeinschaft - bildet nur den Rahmen, bietet nur die notwendigen Voraussetzungen, damit die Ordensfrau diesem höchsten Ideal nachstreben kann: die Liebesvereinigung mit dem himmlischen Bräutigam zu erreichen. Bernhard von Clairvaux läßt die mystische Braut sprechen: „Es ist gut, viele Seelen zu retten; doch entrückt und beim Wort zu sein,

405

406

407

408

409 410

Vgl. THERESIA VON AVILAs Gedicht: Sehnsucht nach dem ewigen Leben, VI (Weg der Vollkommenheit), 272-273, 2. Strophe: „Die Gottesstadt hienieden Durch die Lieb', in der ich lebe, übergibt mir Gott gefangen. Während sie mein Herz befreit. Schmerzlich ist es mir zu sehen, Gott in meinen engen Banden, Denn ich sterb, weil ich nicht sterbe ..." Noch deutlicher kommt dies im spanischen Urtext zum Ausdruck, wo es heißt: „... Ver a Dios mi prisionero". MARIE DE L'INCARNATION: Zeugnis bin ich dir, Stein 2 1981, 100-104: „Das ewige Wort wollte ihr Gefangener sein; 104-105: im 'Brautlied der Seele': „... Ach, du wirst mein Sklave sein ...". JOHANNES VOM KREUZ schreibt davon, daß die Seele die mystische Vermählung erfährt in einer „Umarmung", Gesamtausgabe III (Lebendige Liebesflamme), 138. (Sie) „erfährt hier jene göttliche Herablassung, jenes zärtliche Herniedersteigen, in dem sich Gott aus Liebe zu ihrem Sklaven macht, um sie zu liebkosen und zu erfreuen", Gesamtausgabe IV (Geistlicher Gesang), 215. Zur Unaussprechlichkeit der mystischen Erfahrung vgl. WAAIJMAN, K.: Noch einmal: Was ist Mystik?, in: Mystik I, Ihre Strutur und Dynamik, Düsseldorf 1983, 50. 5.3.2 (Vision 42). 5.3.2 (Vision 73), in diesen oder ähnlichen Worten sehr oft.

123

ist noch wonnesamer".411 Und an einer anderen Stelle: „Ich bitte, klagt nicht über Anmaßung, wo die Liebe drängt ... stürmische Liebe kümmert sich um kein Gericht, läßt sich durch keinen Rat mäßigen, nimmt von keiner Ehrfurcht Zügel an und unterwirft sich keiner Vernunft."412 In diese geistliche Tradition reiht sich Dominica von Rottenberg ungebrochen ein und übersetzt die vorgegebenen Frömmigkeitsformen in das Denken und Sprechen ihrer barocken Zeit. Die heutige, weite Sicht von Kirche als Volk Gottes und Heilsgemeinschaft ist die Sicht des Zweiten Vatikanums, das damit den engen Heilsindividualismus aufgebrochen hat. Zur Lebenszeit Dominicas steht der Weg des Einzelnen im Interesse von Spiritualität und Theologie. Diese Sichtweise schlägt sich auch in den Neugründungen religiöser Gemeinschaften dieser Epoche nieder. Die Gesellschaft Jesu des IGNATIUS VON LOYOLA und die ihr folgenden Kongregationen erscheinen eher als Interessengemeinschaften von Einzelkämpfern, die nur wenig das gemeinsame Leben und Tun betonen. Geistliche Erfahrungen, die Dominica von Rottenberg an die notwendige Demut erinnern, kommen in dieser Zeit verhältnismäßig selten vor. Die in den autobiographischen Schriften so oft formulierte Forderung der ,Selbstvernichtung' (bzw. Selbstverachtung o. ä.) als Übung der Demut413 wird in dieser dritten Phase nur ein Mal erwähnt,414 und die Hinweise auf das Aushaltenmüssen von Leid und Krankheit sind hingeordnet auf das große Leitthema der Liebe. So wird die im Leid Liebende in der Offenbarung Gottes an sie zur Märtyrerin, die seinem Herzen nahe ist,415 zum Opfer, das viel erleiden muß.416 Und die in all ihren Krankheiten ihr Kreuz trägt, soll dadurch dem kreuztragenden Christus gleichförmig werden,417 um somit zur vollkommenen Liebe aufzusteigen. An den meisten geistlichen Meistern, die intensive Erfahrungen mystischer Liebe machen, läßt sich ein überaus aktiver Lebenszug feststellen, der die intime Zweisamkeit aufsprengt, ohne sie zu zerstören. Ähnlich wie in einer gelungenen zwischenmenschlichen Beziehung nach der notwendigen Phase der Exklusivität eine Öffnung geschieht auf gemeinschaftliche Bezüge, so setzt die beglückend und erfüllend erfahrene Gottesbeziehung Energien frei, die umgesetzt werden wollen. 411

412

4,3 414 4,5 416 417

BERNHARD VON CLAIRVAUX, Gesamtausgabe in dt. Sprache VI (85. Ansprache zum Hohenlied), Wittlich 1938, 319. BERNHARD VON CLAIRVAUX, Gesamtausgabe in dt. Sprache V (9. Ansprache zum Hohenlied), Wittlich 1937, 59. Vgl. 5.1.3.2 u. 5.1.5. 5.3.2 (Vision 48). Vgl. 5.3.2 (Visionen 44, 55, 56, 107). Vgl. 5.3.2 (Visionen 86 u. 92). Vgl. 5.3.2 (Visionen 49 u. 53).

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Für THERESIA VON AVILA ist es die Reform des Karmel, die diese zutiefst von Gott ergriffene Frau zu einer unermüdlichen Reisenden werden läßt; JOHANNES VOM KREUZ tut Gleiches beim männlichen Zweig dieses Ordens, ist dabei Oberer verschiedener Konvente und Schwesternseelsorger. MARIE DE L'INCARNATION, die mystische Ursuline, verläßt ihre Heimat Frankreich, um ihrem Orden im französischsprachigen Kanada als Lehrerin zu dienen. Dominica von Rottenbergs Leben zeigt Ähnliches. Neben dem unbestrittenen Schwerpunkt der Visionen, die die Liebe zum Inhalt haben, rücken immer mehr auch Aussagen über ihren Auftrag, ihr von Gott gewolltes Apostolat, in den Blick.418 Dabei wird sie in ihrer Sendung als Frau angesprochen: „Ich will zeigen, was ich in einem schwachen Weibsbild kann",419 und: „Kein Weibsbild hat für die Seelen mehr getan als du".420 Die Zeit dieser vierten geistlichen Phase ist auch geprägt von den Auseinandersetzungen um die Reform in St. Katharinental.421 So nehmen die Visionen, die sie in diesem Vorhaben bestärken wollen, einen wichtigen Platz ein. Die erste in diesem Zeitraum wird ihr am 29. Januar 1717 gewährt, wenige Monate bevor das neue Konventsgebäude bezugsfertig ist: „Du wirst dein Kloster noch in eine Ordnung bringen und seine Stifterin sein";422 die letzte in dieser Lebensphase am 18. Oktober 1724, kurz bevor sie aus ihrem Heimatkonvent aufbricht, um die Klöster im Herrschaftsgebiet des Fürstabtes von St. Gallen der Reform zuzuführen: „So wahr ich Gott bin, du wirst die Communität423 noch einführen".424 Allerdings wird sie erst nach erfolgreichem Abschluß dieses Reformwerkes im eigenen Konvent die Neuerungen durchsetzen können.425 Nur viermal insgesamt wird sie in den Jahren zwischen 1716 und 1725 als geistliche Schriftstellerin angesprochen.426 Es ist anzunehmen, daß sie die Zeit zwischen der Fertigstellung des Klosterbaues und der Reformreise ins St. Gallische, durch Gotteserlebnisse bestärkt, an der Abfassung ihrer vielen geistlichen Texte weiter gearbeitet hat; notwendige Ergänzung der göttlichen Liebeserfahrung und Erfül418 419 420 421 422 423

424 425 426

So am 13. Juni 1716, 5.3.2 (Vision 40). 5.3.2 (Vision 126). 5.2.3 (Vision 132). Vgl. 3.1.4.3. Vgl. 5.3.2 (Vision 62). „Communität einführen" ist bei D. v. Rottenberg der Ausdruck für eine Reform, die die bisher geübte ,vita privata' der Schwestern zugunsten eines allen gemeinsamen Lebensstils abschaffen sollte. 5.3.2 (Vision 126). 3.1.4.3. 10. Okt. 1720, 5.3.2 (Vision 94). 28. Okt. 1722 (Vision 99). Dann kurz hintereinander am 30. Jan. (Vision 101) u. am 19. Febr. 1723 (Vision 102).

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lung des göttlichen Auftrages als Zeugnis der Echtheit des mystischen Lebens. Die fünfte Lebensphase als Zeit der 'praktischen Liebe' wird entscheidend dadurch geprägt sein. In einer ihrer Abhandlungen, die überschrieben ist: „Von der göttlichen Liebe", vergleicht Dominica von Rottenberg unvollkommene und vollkommene Liebesbereitschaft des Menschen mit dem Bild vom kleinen Kind und dem erwachsenen Sohn. Wer unvollkommen liebt, schreibt sie, ist wie ein kleines Kind, das vom Vater Zuc^kerstückchen erbettelt und ihn wegen dieser erhaltenen Geschenke liebt. Der erwachsene Sohn dagegen kann auf diese Formen der väterlichen Zuneigung verzichten. Er liebt den Vater, weil er der Vater ist. Und diese Liebe zeigt sich darin, daß er sich in fremde Länder schicken läßt, ohne eine Belohnung dafür zu erwarten.427 Vergleicht man Dominica von Rottenbergs Lebensgeschichte mit dieser theoretischen Abhandlung, so liegt es nahe, daß sie ihre eigene geistliche Entwicklung hier ins Wort bringt und weitergeben will. Zunächst ist sie wie das Kind, das um die Gnadengeschenke bittet, um einen Beweis der göttlichen Liebe zu haben. Später dann ist sie dem erwachsenen Sohn gleich, der bereit ist, Gott um seiner selbst willen zu lieben. Auch sie läßt sich „gebrauchen", wie ja Christus wörtlich von ihr fordert,428 und sie läßt trotz der Leidenserfahrung nicht davon ab. Auch sie sieht das zeigen die vielen Gotteserfahrungen gerade in dieser geistlichen Lebensphase -, daß sie durch ihre Bereitschaft, Gott vollkommen zu lieben und sich mit allen ihren Kräften ihm zur Verfügung zu stellen, Gottes Herz verwundet hat.

3.2.1.5

Die Zeit der praktischen Liebe'

Dieser fünfte geistliche Zeitraum im Leben Dominica von Rottenbergs setzt die in der vorigen Lebensphase schon verstärkt eingesetzte Wirksamkeit im Auftrag Gottes fort und bringt sie zum Abschluß. Er umfaßt die Jahre 1725 bis zu ihrem Tod 1738. In dieser Zeit ist sie drei Jahre unterwegs, um Klöster im Fürstenland und im Toggenburg zu reformieren.429 Erneut zur Priorin gewählt, gelingt es ihr schließlich, auch im eigenen Konvent die Reform durchzusetzen,430 und trotz finanzieller 427 428 429 430

Vgl. ausführlich 6.2. Vgl. 5.3.1 (Vision 34). Vgl. 3.1.4.4. Vgl. 3.1.4.3. Am 2. Juni 1728 geht das Gesuch an den Ordensgeneral mit der Bitte, die aufgestellten Reformbestimmungen zu bestätigen.

126

Schwierigkeiten gibt sie den Neubau der Klosterkirche in Auftrag, die am Fest Maria Heimsuchung, am 2. Juli 1734, eingeweiht wird.431 Die Krönung und der Abschluß ihres Ringens um die Ordensreform in St. Katharinental ist die feierliche Errichtung der strengen Klausur, die der Weihbischof von Konstanz am 1. Mai 1736 vornimmt. Eineinhalb Jahre später, am 30. Januar 1738, stirbt sie. Beim Betrachten der Gotteserfahrungen in dieser Zeit fällt auf, daß die Berichte über die Liebesbezeugungen Gottes gegenüber der dritten Lebensphase sehr zurückgegangen sind. Interessant ist die Vision vom 18.5. 1725: „Nach der Kommunion: ,Die Herzschmerzen kommen alle von den Exzessen der Liebe Gottes her'".432 Hier scheint noch einmal ein Rückfall in die Formen unkontrollierter Liebesbegierde vorzuliegen, weist andererseits aber auch wohltuend auf die Menschlicheit Dominica von Rottenbergs hin, die bei allem ,Erwachsensein in der Liebe' in ihren Emotionen wohl noch immer unkontrollierte Ausbrüche erfährt - und aushalten muß. Sonst bleibt es mit wenigen Varianten beim ,Herz-Verwunden',433 der Beteuerung der göttlichen Liebe434 oder der schon früher oft gemachten Erklärung, daß Gott durch sie der Welt Gnade schenkt.435 Wie ein großer Bogen zur allerersten aufgezeichneten Vision im Jahre 1700 und wie eine Treueerklärung Gottes nach 29 Jahren intensiven geistlichen Lebens mit vielen Höhen und Tiefen erscheint die Vision vom 26. Juni 1729: „Ich habe dich meinem Herzen vermählt, und du wirst ewig meine Braut sein ,..".436 Die geistlichen Ereignisse, die vom Leiden sprechen, greifen die Aussagen der vorherigen Lebensphase auf, wenn der Herr ihr sagt, daß Leiden Teilhabe an seiner Liebe bedeute,437 oder, sie ihm durch ihr Leiden ein angenehmes Opfer sei,438 wobei dies ja die theologische 'sympathia', das Mitleiden am Leiden Jesu meint: ein Mitgehen seines Kreuzweges und ein Sich-mit-Jesus-kreuzigen-Lassen, um die Welt zu retten. Der Schwerpunkt der Visionen in dieser letzten Lebensphase Dominicas sind die Klosterreform und ab 1728 die Abfassung der geistlichen Schriften. Es ist eine reife Zeit. Sie kann die Früchte ernten, für deren Wachstum sie so viel Energie eingesetzt hat. 431 432 433 434 435 436 437 438

Vgl. 3.1.4.5. 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision

133). 135 u. 149). 152 u. 153). 135 u. 150). 147). 149). 139). 127

Der Herr begleitet sie bei ihrem Reformwerk: „Du wirst Wil und noch andere Orte reformieren", heißt es am 20. Mai 1725,439 gesprochen in der Zeit, als sie auf die Erlaubnis des Ordensgenerals wartet, um nach Wil aufzubrechen.440 „Ich will dir Gnade geben zur Reformation" - am 17. Juni 1725.44' An diesem Tag trifft die Erlaubnis des Ordensgenerals ein.442 „Deine Reform hat noch kein Ende", hört sie am 12. Mai 1728,443 obwohl sie offiziell beendet scheint, denn nach Wil, Wattwil, Notkersegg ist St. Scholastika bei Rorschach am Bodensee das letzte der Frauenklöster, das Dominica von Rottenberg auf Wunsch des Fürstabtes Joseph von Rudolfi reformiert.444 Nach dem Fest Christi Himmelfahrt 1728 kann sie dann nach St. Katharinental zurückkehren.445 Entweder meint diese Vision die Verschiebung der ursprünglich direkt nach Ostern geplanten Heimreise auf Christi Himmelfahrt, oder aber ihr soll Mut zugesprochen werden, das Reformwerk jetzt auch im eigenen Konvent zum Abschluß zu bringen, denn der Brief an den Ordensmeister, der die nunmehrige Reformbereitschaft des Konventes signalisiert, ist drei Wochen später, unter dem Datum des 2. Juni, verfaßt. Zumindest liegt die Vermutung nahe, daß nach dem erfolgreichen Abschluß der Reformreise, die mit der vollen Autorität des Fürstabtes durchgeführt wurde, die letzten Widerstände und Zweifel unter den Schwestern ausgeräumt werden konnten. Am 4. Juli 1728 wird ihr durch den Herrn bestätigt: „Deine Werke in den vier Klöstern sind göttliche Werke".446 Ab Oktober 1728 wird sie dann verstärkt unterstützt im Schriftenapostolat: „Wer in deinen Schriften arbeitet, denen will ich die ewige Seligkeit geben",447 oder: „Durch deine Schriften wird viel Gutes geschaffen werden".448 Und es klingt wie eine göttliche Vollendung, wenn der Herr ihr im Jahr vor ihrem Tod sagt: „Du hast göttlich geschrieben. Ich will deine Schriften zu meiner Ehre gebrauchen".449 Diese letzte Vision von 1737 zeigt, daß sich Dominica von Rottenberg noch bis kurz vor ihrem Tod „gebrauchen läßt" in der ,Praxis der Liebe', um das Vertrauen, das Gott in sie gesetzt und durch viele Zeichen seiner Liebe bestätigt hat, nicht zu enttäuschen. 439 440 441 442 443 444 445

446 447 448 449

128

5.3.3 (Vision Vgl. 3.1.4.4. 5.3.3 (Vision Vgl. 3.1.4.4. 5.3.3 (Vision 3.1.4.4. Ebd. 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision 5.3.3 (Vision

134). 136). 138).

141). 143). 144). 155).

3.2.2

Inhaltliche Struktur der inneren Biographie Dominica von Rotten bergs

3.2.2.0

Hinführung

Neben den Entwicklungsphasen im geistlichen Leben Dominica von Rottenbergs läßt sich anhand des Quellenmaterials auch eine inhaltliche Struktur der INNEREN BIOGRAPHIE herausarbeiten, die sich an den beiden Eckpfeilern ihrer Spiritualität festmacht: Liebesmystik und demütige Selbsterkenntnis in ihren vielfältigen Varianten. Diese beiden Pole erleben in der zu Extremen neigenden Barockzeit eine besondere Ausprägung, so daß ein scharf abgesetztes Schwarzweiß-Bild entsteht von schwindelndem Höhenflug der Liebe und dem abrupten Absturz in Vernichtungsängste, ausgelöst durch die Betrachtung der im eigenen Leben feststellbaren Sünden und UnVollkommenheiten; eine Vermittlung scheint kaum möglich. Es gehört zu den herausragenden Charaktereigenschaften Dominica von Rottenbergs, eindeutige Entscheidungen zu treffen, sei es im Bezug auf ihren persönlichen Lebensentwurf,450 sei es für das Leben der klösterlichen Gemeinschaft.451 Es gehört zu ihrem Verständnis von Ehrlicheit und Verantwortung, diese einmal gefallenen Entscheidungen auch unter allen Umständen zu verwirklichen,452 sie gibt sich kaum einen Spielraum. Umso mehr leidet sie an dem scheinbar unversöhnlichen Gegenüber von Liebeserfahrung und Sündhaftigkeit. Wie sind Aussagen wie: „Es ist nicht wahr, daß dich jemand mehr liebt als ich"453 und: „Ich leide wegen meiner Sünden ..., so daß ich mir öfters einbilde, es gäbe keinen größeren Sünder in der Welt als mich, ja, die Sünden aller Menschen erscheinen mir gegenüber meinen als nichts"454 miteinander zu verbinden? Ist es vermessen, hier von einer Art .geistlichem Dualismus' zu sprechen? Viele geistliche Meister sehen allerdings in diesen beiden, bei Dominica von Rottenberg auseinandergerückten Grunddaten des Ordenslebens notwendige und logisch begründbare Ergänzungen. 450

451

452

453 454

Hingewiesen sei hier auf ihren Wunsch, gegen den Willen ihres Vaters in ein geschlossenes Kloster einzutreten (vgl. 3.1.1), und auf ihre 'Konversion' im Sinne einer radikalen Abkehr von der Liebe zu den Geschöpfen (vgl. 3.2.1.1). Z. B. Einführung der Klosterreform in St. Katharinental, Kirchneubau trotz mangelnder Finanzmittel (3.1.4.1; 3.1.4.2; 3.1.4.3; 3.1.4.5). Vgl. Brief D. v. Rottenbergs an einen Kapuziner, die Reform, besonders die Klausur betreffend. (S. 3.1.4.1, vgl. Fn. 120). 5.1.2.4. 5.1.6, Z. 66-70. 129

THERESIA VON AVILA beispielsweise weist in der „Inneren Burg" eindrücklich darauf hin, es sei ein Irrtum, daß Seelen, „denen sich der Herr auf so besondere Weise mitteilt,455 schon so sicher seien, immer sich seiner zu erfreuen, daß sie nichts mehr zu befürchten hätten und ihre Sünden nicht mehr beweinen müßten ... denn die Sünden schmerzen nur umso mehr, je mehr uns von Gott geschenkt wird".456 Einer ihrer modernen Interpreten schreibt von „Mystischer Reue", denn durch die Gnaden der Vereinigung mit Gottes Größe konfrontiert, erfährt der geistliche Mensch umso lebendiger die eigene Sündhaftigkeit: „Diese Einsicht erweckt in ihm eine überwältigende und qualvolle Reue".457 Eine Reue, die die Sünden wie den „Schlamm auf dem Grund einer Lache" erfährt, „denn immer wieder werden sie von der Erinnerung aufgewühlt. Und das ist eine schreckliche Qual".458 Und auch bei ihr, Dominicas großer Lehrmeisterin, gipfelt die Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit im Bekenntnis, „die Schlechtigkeit keines anderen Menschen könne der ihrigen gleichkommen".459 Das ist, nur wenig abgewandelt, Dominica von Rottenbergs Selbstanklage, sie sei die größte Sünderin der Welt.460 Hein BLOMMESTIJN zeigt in seinem Beitrag, „Die Schlängelwege der Mystik"461 drei Phasen „im dynamischen Prozeß persönlicher Erfahrung" auf, in dem die von Gott ergriffenen Personen gewandelt werden auf diese mystische Einigung hin: 1. die Phase des Durchbrechens, in der die von Gott zu diesem Weg Berufenen zum ersten Mal diese neue Identität erfahren; 2. die Phase der Identifikation mit dem Geliebten; 3. die Phase der Vereinigung oder der Interiorisation. Zu allen drei Phasen gehören aber auch Perioden des Abbruchs und damit des Bewußtwerdens der eigenen Sündhaftigeit. Ist es in der ersten Phase die Erkenntnis, wie „unecht" oder „oberflächlich" das eigene Leben ist, wie sehr „gefangen in sinnlichem Genuß", bevor dann „unangekündigt ein neues Bewußtsein" durchbricht,462 so erfährt der Mystiker in der Phase der Identifikation zuerst einmal ein 455 456

457 458

459

460 461 462

Das meint die mystischen Gnadengeschenke. Teresa von Avila, Die innere Burg, VI. Wohnung, 7. Kapitel (zit. nach der Übers, v. VOGELSANG, F., Zürich 1979, 153). Vgl. LAPAUW, C. OCD: Teresa von Avila. Wege nach innen, Innsbruck 1983, 181. Teresa von Avila, Die innere Burg ... (zit. nach der Übers, v. VOGELSANG, F., a.a.O. 154.) Theresia von Avila „spricht hier von einer Person, die nicht nur sterben wollte, um Gott zu schauen, sondern sich auch nach ihrem Ende sehnte, um nicht ständig von dem Gedanken gequält zu werden, wie undankbar sie gegen den gewesen war, dem sie immer so viel verdankte und noch verdanken sollte" - damit meint sie sich selbst. (Ebd.). 5.1.6, Z. 68 u. ö. BLOMMESTIJN, H.: Schlängelwege der Mystik, in: Mystik I, a.a.O. 58-70. A.a.O. 62-63.

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Tief: „Das Gefühl der Verliebtheit zerbröckelt allmählich in der Alltäglicheit des Lebens. Das neue Bewußtsein verliert seinen Glanz und seine übermütige Selbstsicherheit. Zweifel und Unsicherheit schlagen wieder zu. ... Alles scheint dazu angetan zu sein, die Erfahrung des Durchbruchs auf die Ausmaße eines hysterischen Anfalls zu reduzieren: eine plötzliche und unkontrollierte Periode der Überspanntheit." 463 Und auch das, was dem außenstehenden Betrachter als mystischer Höhepunkt erscheint und es im geistlichen Prozeß sicher auch ist: die dritte Phase der Vereinigung, vollzieht sich nicht ohne den dunklen Gegenpol. Blommestijn umschreibt die Periode des Abbruchs hier als „Form einer Entwöhnung und Abwesenheit". 464 Und diese Abwesenheit, diese Einsamkeit nach tiefen Erlebnissen liebender Nähe, scheut er sich nicht, „würgende Hölle" zu nennen:465 „Es gibt kein Bild mehr, das Richtung gibt. Befindet er sich auf dem richtigen Weg? Es gibt kein Signal mehr, das einen Ausweg anzeigt. Nichts und Nirgends. Er fällt in eine unermeßliche Leere, in Angst und Verzweiflung .,.".466 Dominica von Rottenbergs Selbstzeugnisse ihrer „Inneren Verlassenheiten" passen sich wie Mosaiksteine ein in dieses mystische Bild, das Blommestijn zu zeichnen versucht. Auch in der psychologischen Beurteilung ist ihm dabei zuzustimmen, wenn er hier eine Gradwanderung beschreibt und darauf hinweist, daß eine solche „Nacht des Geistes", wie Johannes vom Kreuz diesen Zustand beschreibt,467 zu einer „völligen Psychose" führen kann.468

461 464 465 466 467

468

A.a.O. 63. A.a.O. 65. A.a.O. 66 Ebd. Vgl. JOHANNES VOM KREUZ: Die dunkle Nacht. Hildegard WAACH schreibt dazu: „Die ,Dunkle Nacht' ist zunächst ein Durchgangsstadium, das alle Seelen durchlaufen müssen, die den Weg zu Gott vollenden wollen. Ohne Nacht gibt es keine Vereinigung mit Gott" (a.a.O. 123). - „Gott, der für die noch nicht gereinigte Seele eine ,Nacht' ist, reinigt die Seele und gestaltet sie um. Er reinigt zuerst den sinnlichen Seelenteil, indem er ihm große Trockenheiten und Überdruß schenkt, die Seele daher in die Lage versetzt, ohne sinnliche Befriedigung in Beschwerden und Überdruß doch das Gute zu wirken, also den Verstand herrschen zu lassen. Er reinigt dann den geistigen Seelenteil, indem er sie ihrer gewöhnlichen Betätigungen enthebt. Dadurch gibt er der Seele die Möglichkeit, den reinen Glauben zu betätigen. Der reine Glaube aber ist es, mittels dessen sich Gott der Seele vereinigt. ER ist das einzige Mittel der göttlichen Selbstmitteilung auf Erden. ... Die ,Nacht', die die Seele zu durchstehen hat, ist also eine Art .Erzieherin zum reinen Glauben'." (WAACH, H.: Johannes vom Kreuz, München 1954, 131-132). BLOMMESTIJN, H.: Schlängelwege der Mystik, a.a.O. 66.

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Natürlich darf nicht unerwähnt bleiben, daß eine positiv gewollte Demutshaltung umkippen kann, wenn der Mensch versucht, durch massive Demutsäußerungen oder asketische Übungen Gottes Gnade erzwingen zu wollen. Josef SUDBRACK weist eindrücklich auf eine solche Gefahr hin: „Weil einer weiß, daß Gott die Demut so überreich belohnt, wird er demütig und will nichts, will keine Belohnung, sondern ist mit Schmerz und Leid zufrieden."469 Auch Dominica von Rottenbergs autobiographische Texte sind nicht frei von solchen Tendenzen.470 Es sind Ausdrucksformen ihrer Liebe, die sie durch solche Demuts-,Angebote'verstärken will, um Gottes Gegenliebe zu provozieren, wie sie selber zugibt,471 aber dieses Zwingen-Wollen wird ihr in der späteren Reflexion dann zur Narretei.472 Ihr geistliches Leben zeigt, daß sie weder an der Gegensätzlichkeit dieser beiden Pole zerbrochen ist, noch die Kreuzestheologie und Leidensmystik verbannt oder zur „mystischen Askese" umdeutet, das heißt, in einer Art geistlichen Genußsucht nicht mehr Gott, sondern sich selbst in den Mittelpunkt stellt.473 Gerade die tiefen körperlichen und seelischen Leiden, die sie zu durchstehen hat, die Ablehnungen und Verleumdungen, die ihr begegnen, lassen das Kreuz unübersehbare Realität werden. Damit wird Demut ganz konkret, und die Lippenbekenntnisse der Autobiographin werden durch das Leiden eingeholt; damit wird aber auch der barocke Überschwang der Liebesäußerungen auf ein erträgliches Maß hin geläutert. Liebe und demütige Selbsterkenntnis gehen eine Symbiose ein. Sie paralysieren sich nicht, sondern sie setzen im Gegenteil schließlich fruchtbare Kräfte frei für das, was als ,praktische Liebe' bezeichnet wurde: die notwendige Ergänzung intensiver Gotteserfahrung mit einer missionarischen Sendung. Auch hier ist THERESIA VON AVILA das große Vorbild: „Wenn ich Seelen erblicke, die sich emsig bemühen, das Gebet zu erfassen, und mit niedergeschlagenen Augen und fest verschlossenem Gesicht darin verharren (so daß es scheint, als wagten sie nicht, sich zu rühren oder ihre Gedanken in Bewegung geraten zu lassen, damit ihnen ja kein bißchen Wonne und Andacht entgehe), so zeigt mir das, wie wenig sie von dem Weg wissen, auf dem man zur Vereinigung gelangt. 469 470

471 472 473

SUDBRACK, J.: Erfahrungen einer Liebe, Freiburg 2 1979, 90. Z. B. 5.1.2.4, Z. 113-116: „Wann sich eine Gelegenheit bietet mich abzutöten oder etwas zu tun, was mich hart ankommt, hat mich das noch mehr angespornt, den Widerstand größer zu machen", oder: „Wer gibt mir zu leiden, was alle Märtyerer gelitten haben ... Ich bitte dich, verschone mich mit dem Himmel und all deinen Gnaden. Ich verlange nichts von dir als daß du mich verdammst. Und dies zu keinem anderen Ziel und Ende, daß du mir damit Gelegenheit gibst, dir zu zeigen, daß ich dich liebe." (5.1.2.4, Z. 193-194; 230-235). Z.B. 5.1.2.4, Z. 230-278 u.ö. Z. B. 5.1.2.4, Z. 4 u.ö. Vgl. SUDBRACK. Erfahrungen ..., a.a.O. 91.

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Sie glauben, hierin besteht die ganze Arbeit, die von ihnen erwartet wird. Nein, Schwestern, nein! Werke will der Herr! ... Dies ist die wahre Vereinigung mit seinem Willen."474 Und diese Werke sieht Dominica von Rottenberg, in Anlehnung an ihre große geistliche Meisterin, in den Klosterreformen, die sie durchführt, und in der Abfassung des umfangreichen Schrifttums, wozu sie sich berufen fühlt.

3.2.2.1

Die Struktur von Dominica von Rottenbergs Liebe

„Sie ist nichts als Feuer und Feuer",475 mit dieser Aussage eines protestantischen Arztes über Dominica von Rottenbergs Natur läßt sich am besten ihre Liebe charakterisieren: Liebe, die wie ein Feuer ist, die kein Mittelmaß kennt,476 die sich in Eifersucht verzehrt;477 Liebe, die sich nicht teilen läßt, sondern sich mit geballter Kraft auf eine Sache oder Person hin ausrichtet, dabei alles andere beiseite läßt.478 Diese Exlusivität der Liebe durchlebt sie im Verhältnis zu der Mitnovizin im Kloster,479 aus deren Enge sie schließlich ausbricht, sie durchleidet sie später ebenfalls im Liebesverhältnis zu Gott.480 Liebe, die auf Partnerschaft angelegt ist, und diese Partnerschaft fordert sie von Gott wie selbstverständlich ein.481 Sie fordert Zeichen, die ihr die Echtheit nicht ihrer Liebe beweisen sollen, denn davon ist sie überzeugt,482 sondern Gottes Liebe; besonders in den autobiographischen Texten der frühen Klosterzeit ist das immer wieder Thema.483 Später fühlt sie sich dann durch die Visionen bestätigt, in denen die Liebesäußerungen und Liebesbestätigungen ihr geistliches Leben bestimmen. Wenn diese Liebe auch geläutert und gereinigt wird im Laufe der Jahre und viel von ihren für den heutigen Betrachter kaum noch annehmbaren Verkrümmungen und Schwülstigkeiten verliert, weil sie zur praktischen Liebe' kanalisiert wird, so behält sie doch ihr Feuer. 474 475 476 477 478 479 480 481 482 483

Teresa von Avila, Die innere Burg ... (zit. nach VOGELSANG, F., a.a.O. 101). 5.1.2.2, Z. 123-124. 5.1.2.4, Z. 116-118. 5.1.2.2, Z. 139-154. 5.1.2.2, Z. 155-164. 5.1.2.1, Z. 15-47. 5.1.2.4, Z. 462-553. 5.1.2.2, Z. 155-164. 5.1.2.4, Z. 163-167 u.ö. 5.1.2.4, Z. 199-200; 203-204; 220-224 u. ö.

133

Dominica von Rottenberg steht damit nicht allein, sie ist nur ein Glied in der langen Kette geistlicher Menschen, die vor und nach ihr diese urpersönlichen Erfahrungen mit Gott als intensiv erlebtes Liebesgeschehen deuten und bei denen der menschliche Affekt eine große Rolle spielt:484 „denn es ist eine gänzliche Umgestaltung der Seele in den Geliebten, bei denen beide Partner sich einander hingeben durch völlig gegenseitigen Besitz. Die Liebesvereinigung kommt hier zu einer gewissen Vollendung. Die Seele wird vergöttlicht und ist Gott durch Teilnahme, soweit das in diesem Leben möglich ist", so JOHANNES VOM KREUZ,485 der damit die intimen Selbstaussagen Dominica von Rottenbergs von seiner Theologie und Theopraxis her bestätigt. Natürlich ist ein solch mystisches Liebesgeschehen nicht von der Person zu trennen, die versucht, eigentlich Unsagbares ins Wort zu bringen.486 Aber hinter aller person- und epochebedingter Sprache und Ausdrucksform liegt der bei allen von Gott ergriffenen Menschen gleiche Erfahrungskern der Vereinigung: „Nicht nur Gott liebt, sondern Gott und Mensch sind füreinander Geliebte".487 Doch wie soll und kann über diese Liebeserfahrung überhaupt gesprochen, geschrieben werden, wenn nicht in der Sprache der Liebe? Dominica tut es in ihren autobiographischen Texten in der ihr eigenen Art und Weise - und sie schämt sich bei der späteren Reflexion, kommt sich närrisch vor und nennt ihren Umgang mit Gott in dieser verliebten Zweisamkeit eine Komödie.488 Dabei sind ihre Worte und Formulierungen nur Ausdrucksformen einer Liebe, die den von ihr entzündeten Menschen zu einem bis in die kleinsten Fasern der Empfindungen brennenden Feuer macht. Auch THERESIA VON AVILA sagt von sich: „Manchmal bin ich außer mir vor Liebe daß ich nicht weiß, was ich rede."489

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Vgl. STEGGINK, O.: Wie affektiv ist Mystik, wie mystisch ist Affektivität, in: Mystik I, a.a.O. 119. Johannes vom Kreuz: Geistlicher Gesang, zit. nach STEGGINK, O., a.a.O. 122-123. „Der Mystiker spielt Wörter, die an sich nicht ausreichen, seine Erfahrung auszudrücken ... Eine neue Welt erwacht in ihm. Aber diese Welt hat noch eine ,Sprache'. Denn die Sprache, die der Mystiker spricht, ist die Sprache der alten Wirklichkeit, die von jedem gekannte Sprache. Diese Sprache kennt er. Oft sehr gut. Aber die neue Erfahrung, die sich in sein Dasein einbrannte hat diese alte Welt mitsamt ihrer alten (verständlichen) Sprache jetzt gerade abgebrochen. Sprachlos steht er da - angespannt von einem unaussprechlichen Erfahrungskern. Und er muß sprechen. Und gerade das ist die Spannung, in der er sich befindet..." (WAAIJMAN, K.: Noch einmal: Was ist Mystik?, in: Mystik I, Düsseldorf 1983, 50). STEGGINK, O.: Wie affektiv ..., a.a.O. 123. 5.1.2.4, Z. 7. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe I (Leben), 34.6.

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Sicher ist Antoine VERGOTE zuzustimmen, der, die Reformatorin des Karmel zitierend, sagt: „Es kann nur eine Liebe geben",490 die sich in ihrer menschlichen oder mystischen Ausfaltung auch nur der einen Sprache der Liebe bedient.491 Als ein Beispiel für viele: HADEWICH, 492 die in einem ihrer Briefe formuliert: „Gott lasse dich wissen, liebes Kind, wer er ist und wie er mit seinen Dienern und besonders mit seinen Mägden umgeht. Und er verschlinge dich in sich. Wo die Tiefe seiner Weisheit ist, dort wird er dich lehren, was er ist und wie wunderbar süß der eine Liebende im anderen wohnt und den anderen so durchwohnt, daß keiner von beiden sich selbst noch erkennt. Aber sie besitzen einander gegenseitig im Genuß, Mund in Mund und Herz in Herz und Leib in Leib, und sie sind beide eins miteinander, bleiben aber zugleich doch sich selbst, ja, bleiben es immer."493 Liebeserfahrung, ausgedrückt in einer Sprache der Liebe; Sehnsucht nach Vereinigung. - Menschen, die für eine solche Weise der Gottesbegegnung offen sind, suchen nach einem von Gott geschenkten und autorisierten Vorbild. Sie fanden und finden es, schon mehrfach wurde darauf hingewiesen, im „Lied der Lieder", dem „Hohenlied der Liebe", so wie es seit BERNHARD VON CLAIRVAUX verstanden und interpretiert wurde bis in unser Jahrhundert hinein: Bräutigam und Braut, gedeutet auf Christus und die ihn liebende Seele des je einzelnen Menschen. Wie für ihre großen geistlichen Vorbilder ist auch für Dominica von Rottenberg dieses Brautmotiv bestimmend für ihr Leben als Ordensfrau. Wenn, wie oben zitiert, ein protestantischer Doktor ihre Natur „Feuer und Feuer" beschreibt, so hört der Kundige hierin die Braut im Abgesang des Liedes der Lieder: „Stark wie der Tod ist die Liebe ... Ihre Gluten sind Feuersgluten, gewaltige Flammen".494 490

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„Zwischen der Begierde der Liebe im religiösen Sinn einerseits und der Begierde und der menschlichen Liebe andererseits besteht nicht nur eine einfache Analogie. Es ist die tatsächliche Äußerung der menschlichen Begierde, die in die Beziehung zu Gott übertragen und auf sie ausgedehnt wird. Wie Teresia von Avila sagt, gibt es nur eine Liebe." (VERGOTE, A.: Religionspsychologie, Ölten 1970, 179, zit. nach Steggink, O.: Wie affektiv ..., a.a.O. 125). STEGGINK, O., a.a.O. 125. HADEWICH (auch HADEWYCH), flämische Dichterin, lebte als Begine in der Mitte des 13. Jhs. Diese große lyrische Dichterin des niederl. Sprachgebietes im MA bildet mit dem jüngeren, bereits unter ihrem Einfluß stehenden Meister der Prosa, RUUSBROEC, den Höhepunkt der niederl. Mystik. In ekstatischen, visionären Strophen spricht sie von ihrer Minne zu Gott. Für den Ausdruck ihrer mystischen Unruhe (furor amoris) findet sie in ihrer oft dunklen, symbolreichen Sprache fast allzumenschliche Akzente. (Vgl. BE VIII, 29). HADEWICH, 9. Brief, zit. b. VEKEMAN, H.: Erotik und bräutliche Liebe bei Hadewich, in: Mystik I, a.a.O., 179. Hld 8,6.

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Und wenn sie von den Gelehrten schreibt, die besorgt waren, „ihr Herz wolle zerspringen": denn „unaussprechliche Gewalt habe ich gelitten, es war mir nicht anders, als wenn mein Herz mit Gewalt auseinandergesprengt würde. Ein unerträglicher Schmerz war dies und doch (auch) angenehm. Ich empfand öfter einen solchen Schmerz im Herzen, als wenn darin eine empfindliche Wunde wäre, die mich sehr quälte",495 so steht hier im Hintergrund das großartige Wort des Bräutigams ob der Liebe der Braut: „Vulnerasti cor meum" - „Du hast mein Herz verwundet".496 Das von den Liebespfeilen der Braut verwundete Herz des himmlischen Bräutigams gehört zu den oft gebrauchten geistlichen Bildern Dominicas in ihrem eigenen geistlichen Leben,497 so in ihrer später verfaßten Schrift „Von der Liebe Gottes"498 sowie in den geistlichen Grundsatztexten der Reformordinationen von Wattwil.499 Auch hier steht sie nicht allein. THERESIA VON AVILA „scheint die Liebe ein vom Willen entsendeter Pfeil zu sein, der in aller Wahrheit die göttliche Majestät

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5.1.2.4, Z. 61-70. Hld 4,9 vg. Z. B. in den autobiographischen Texten: 5.1.2.4, Z. 323-326; in den Visionen (5.3.2:) 39, 42,43, 53, 60, 67, 81, 82, (5.3.3:) 135 u. 149 („Du hast mich oft verwundet") u. ö. Nachdem sich Menschen aus Liebe zu Gott haben „gebrauchen" lassen zu seiner Ehre und zum Heil der Menschen, heißt es: Das durchdringt das innerste Mark des göttlichen Herzens und verwundet es so sehr in der Liebe zu einem solchen Menschen, daß Gott sich selbst bei einer solchen Seele beklagt: ,Du hast mir das Herz verwundet'. (6.2.1, Z. 344-345). Reformbestimmungen für Wattwil (WE-Rtb 52): D. v. Rottenberg schreibt hier u. a. über die Keuschheit, dieses Gelübde sei dazu da, um Gott mit den beiden Armen des guten Willens und des Herzens als Symbol der Liebe zu umfangen (S. 18). Das liebende Herz habe solche Gewalt, daß Gott mit all seiner Stärke zu schwach sei, sich aus diesem Arm der Liebe herauszureißen (S. 21). Anfang und Fortgang der göttlichen Liebe im Menschen sei aber nicht möglich, wenn sich das Herz nicht von den Kreaturen zurückzieht; sonst ist es nicht stark genug, Gott festzuhalten (S. 23). Es kann jedoch argumentiert werden, daß Jesus selbst Johannes mehr geliebt hat als andere (S. 24). Dominica entkräftet diesen Einwand, indem sie sagt: Die Liebe Jesu zu Johannes habe keine natürliche Ursache, denn Johannes habe die Tugend der „engelhaften Reinheit" gehabt, die bewirkte, daß der Jungfräuliche (Christus) einen Jungfräulichen liebte. Christus sah sich selbst in Johannes wie in einem Spiegel, der die göttlichen Eigenschaften wiedergab (S. 29). Dieses Bild von der Liebe zwischen Christus und Johannes im Gleichnis des Spiegels überträgt D. v. Rottenberg auf die Liebe zwischen Christus und der Seele: Solange der Spiegel der Seele das Ebenbild Gottes widergibt, wird sie von Gott geliebt, so wie er durch sein eigenes Bekenntnis die Wahrheit bekräftigt: ,Du hast mir das Herz verwundet...' (S. 30).

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verwunden muß",500 und bei MARIE DE L' INCARNATION ist es sogar das Herz des göttlichen Vaters, das durch ihre Gebete und Seufzer, glühenden Pfeilen gleich, berührt wird.501 Gegenüber der Erfahrung mit der Liebe Gottes verblassen die zwischenmenschlichen Liebeswünsche. Im geistlichen Brautverhältnis erhebt die göttliche Liebe ihren Absolutheitsanspruch. Dominica von Rottenberg selbst bricht radikal in ihrem emotionalen Umgehen mit der Mitschwester. Sie tut es aus der unglücklichen Erfahrung einer sie immer mehr einengenden Freundschaftsbeziehung,502 um der all ihre Sinne besetzenden Eifersucht zu entgehen503 und damit ihre Berufung als Braut Christi zu retten, in dessen Liebe sie sich aufgehoben weiß und bei dem sie vor allem ohne alle Ängste ihrer Liebe freien Lauf lassen kann.504 Es versteht sich von selbst, daß Dominica von Rottenberg zwischen der bräutlichen Liebe und der Nächstenliebe, der Caritas, unterscheidet. Die Nächstenliebe stellt sie nicht in Frage, wie sie den Nonnen von Wattwil zu verstehen gibt,505 dann aber erklärt sie sich unmißverständlich zur bräutlichen Liebe, wie sie sie versteht und wünscht, daß sie gelebt wird: „Gottes Gebot der Nächstenliebe ist aber nicht so zu verstehen, daß sich das Herz, also die Liebe, wie das Pech da und dort 500 501 502 503 504 505

THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe V (Auslegung zum Hohenlied), 283. Vgl. MARIE DE L'INCARNATION: Zeugnis bin ich dir, Stein 21981, 198. S. 5.1.2.1, Z. 15-33. S. 5.1.2.1, Z. 34-47. 5.1.2.1, Z. 66-101. Reformbestimmungen für Wattwil (WE-Rtb 52): „... Es ist wahr, daß Gott selbst ein solches Gebot gegeben hat, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Und zwar angeschlossen an das größte Gebot: 'Du sollst Gott über alles lieben'. Ein solches (Gebot) soll aber und kann nicht anders erfüllt werden als in der Liebe zum Nächsten. Denn der, der sagt, er liebe Gott und nicht den Nächsten, der ist ein Lügner. Man muß allerdings wissen, was für eine Liebe gemeint ist, die Gott von einem geistlichen Christen dem Nächsten gegenüber verlangt. Erstens soll der Nächste geliebt werden, weil er das Ebenbild Gottes, die unsterbliche Seele, in sich trägt, für die Gott das Leben hingegeben hat... Zweitens soll der Nächste geliebt werden um Gottes willen. Ihm soll Hilfe in aller leiblichen Not gegeben werden, in der Betrübnis soll er getröstet, bei Krankheit besucht, ihm in der Armut beigestanden werden, und wenn Notleidende fehlen, tue man, was möglich ist. Drittens soll man den Nächsten (so) lieben, daß ihm kein Übel zugefügt wird durch Ehrabschneidung, falsche Anklage, Verurteilung, Argwohn, Haß und Neid, Widerwillen, Zank und Streit... Viertens soll der Nächste um der Tugend willen geliebt werden ...." (Sn. 24-27). 137

anklebt, des eigenen Nutzens wegen, weil diese oder jene Person aufgrund ihrer Eigenschaften angenehm ist, weil es eine Freude ist und ein Genuß, sich mit ihr auszusprechen, oder weil man Gegenliebe zurückempfängt. Die Liebe soll nicht so weit gehen, daß man sich mit solchen Personen Tag und Nacht abgibt und sie wie einen Abgott anbetet, daß man glaubt, man könne ohne sie nicht leben, und jede Stunde zu kurz wird, in der die geliebte Kreatur genossen, Gott aber verlassen, für nichts erachtet wird".506 Forderungen, die sie so oder in ähnlichen Formulierungen oft wiederholt.507 Die Grundlage dieses Absolutheitsanspruches der göttlichen Liebe liegt in der Heilsgeschichte Gottes mit den Menschen verborgen. Altes und Neues Testament durchziehen die Botschaft von Gott, der in Liebe und Treue zu seinem Volk steht, auch wenn die Menschen in ihrer Schwachheit immer wieder den Gottesbund brechen.508 Diese Geschichte der treuen Liebe Gottes erreicht ihren Höhepunkt in Leben und Schicksal Jesu von Nazareth, in dessen Hingabe sich Gott selbst in die Waagschale der Geschichte wirft, um Erlösung zu ermöglichen.509 Auf dieses unüberbietbare Geschenk Gottes hat zunächst einmal jeder Glaubende mit seinem Leben und seinen menschlichen Möglichkeiten Antwort zu geben. Darüber hinaus gilt die Verpflichtung zur liebenden Antwort noch einmal verstärkt für Menschen, die in und für ihr Leben das Geschenk der Gottesliebe in einer derart dichten Form erfahren, daß sie sich ganz und total dieser Liebe zur Verfügung stellen müssen.

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Reformbestimmungen für Wattwil (WE-Rtb 52, 27-28). Vgl. 3.1.4.3. Zusammenfassung der geistlichen Grundlagen für Wil: „Wenn Gott nicht allein geliebt werden kann, so wird das eheliche Band der gelobten Keuschheit zwischen Gott und der Seele zerrissen, sie kann nicht mehr die Braut des himmlischen Bräutigams sein." (S. 14) In der „Regel eines vollkommenen geistl. Lebens" (vgl. 6.5.1.2, Z. 65-68). „Um zur göttlichen Liebe aufzusteigen, hüte sich die Seele davor, einen Beichtvater zu lieben und sich auf Partikularfreundschaften einzulassen." (S. 3) Abhandlung „Von der Liebe Gottes" (vgl. 6.2.1, Z. 208-215; Z. 185-189): Es gibt zwei Hauptpunkte, die der Mensch erfüllen muß, um zur göttlichen Liebe aufzusteigen: Abtötung, Selbstüberwindung und „Alles verlassen, was außer Gott geliebt wird." / 28 / . . . „Wenn der Mensch nichts anderes liebt als Gott allein, wenn er sich von allen geschaffenen Dingen gelöst hat, so muß er notwendigerweise in Gott verwandelt werden." /27 / In den autobiographischen Texten (vgl. 5.1.2.2, Z. 67-71): Reflexion über die Untreue des Menschen gegenüber Gott, der allein Freund in der Not ist...: „Hinweg, ihr schnöden Kreaturen! Ich verfluche diese Liebe! ... Nie mehr, o mein Gott, will ich mein Herz auf ein Geschöpf setzen ...". 508 Vgl. z. B. Hos 11, 8 u. 9; 1 Kor 1,9; 2 Kor 1,18; 2 Tim 2,13 u. ö. 5Ü " Vgl. Joh 3,16. 507

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„Die Liebe ist so mächtig, daß sie den Menschen hinter sich herzieht. Sein Herz überschreitet sich selbst und bringt ihn dorthin, wo seine Liebe ist", schreibt FRANCISCO DE OSUNA, der geistliche Lehrmeister Theresia von Avilas.510 Und THERESIA selbst in ihrer von Liebe durchglühten Sprache: „O wunderbare Güte Gottes! So läßt du dich von Augen schauen, die vorher so strafbar umhergesehen, wie die Augen meiner Seele getan! Möchten doch diese Augen nach diesem Schauen sich gewöhnen, nichts Gemeines mehr anzusehen und an nichts mehr ein Vergnügen zu finden außer an dir! Aus Erfahrung weiß ich, daß es wahr ist, was ich sage, und daß man nur das wenigste von dem aussprechen kann, was du an einer Seele tust, mit der du in solcher Weise verkehrst... Sehet doch, wie Gott in Wahrheit sich denen hingibt, die um seinetwillen alles verlassen ... Was man aber empfindet, wenn Gott seine Geheimnisse und Herrlichkeiten der Seele offenbart, das kann ich nicht in Worten ausdrücken. O was ist das für eine Wonne! Sie ist so sehr erhaben über alle irdische Wonnen, daß sie uns ganz billig mit Abscheu vor den Freuden dieses Lebens erfreut, die ja doch alle zusammengenommen im Vergleiche mit ihr nichts als Unrat sind."5" Zum Absolutheitsanspruch der göttlichen Liebe tritt für das geistliche Leben der christlichen Braut die Forderung des Strebens nach Vollkommenheit, wie es im Evangelium grundgelegt ist: „Ihr sollt vollkommen sein, wie auch euer himmlischer Vater vollkommen ist",512 oder: „Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkauf deinen Besitz und gib das Geld den Armen, ... dann komm und folge mir nach!"513 Dominica von Rottenberg mußte bei ihrer ,Konversion' schmerzhaft 5,0 511 5,2 513

Zit. nach der Textauswahl „Versenkung", hg. v. LORENZ, E„ Freiburg 2 1982, 122. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe I (Leben), 255.12. Mt 5, 48. Mt 19,21; eine theologische Erklärung gibt TANQUEREY, A.: (Grundriß der aszetischen und mystischen Theologie, Paris 1931.) „Ein Mensch ist in der natürlichen Ordnung vollkommen (per-fectus), wenn er vollendet ist ... Darin besteht die absolute (unbedingte) Vollkommenheit. Es gibt aber auch noch eine andere nämlich die relative (bedingte) und fortschreitende. Sie besteht in der allmählichen Annäherung des Wesens an seine Bestimmung ... (Nr. 306)... Die Bestimmung des Menschen ist Gott... Da wir von ihm erschaffen wurden, sind wir notwendigerweise für ihn geschaffen worden ... (denn) Gott ist die unendliche Vollkommenheit. Also Quelle selbst jeder Vollkommenheit. Der Mensch ist demnach umso vollkommener, je mehr er sich Gott nähert und von dessen Vollkommenheit etwas an sich hat... Auf Gott müssen wir also all unsere Handlungen richten ... (Nr. 307)... Nur insofern wir uns beständig ihm nähern, machen wir Fortschritte in der Vollkommenheit. Da uns das aber nicht möglich ist, ohne uns mit Jesus zu vereinigen, der allein der Weg zum Vater ist, so wird unsere Vollkommenheit darin bestehen, daß wir für Gott in Vereinigung mit Jesus Christus leben ... (Nr. 308)..."

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erfahren: „Der Wunsch war, Gott zu lieben und ihm recht zu dienen. Ich erkannte, daß es nicht möglich war, bei der Liebe zu den Kreaturen die Vollkommenheit zu erreichen."514 Dieses Streben nach Vollkommenheit aber gehört zu den unumstößlichen Standespflichten der Ordensleute.515 In ihren Reformbestrebungen wird sie nicht müde, darauf hinzuweisen. Zwar ist es eine Hauptschuldigkeit eines jeden Christen, zu einem christlichen Leben aufzusteigen und Gott nicht mehr zu verlieren, aber „ein vollkommenes geistliches Leben zu führen betrifft besonders eine gottgeweihte Klosterfrau, ja alle Ordenspersonen, damit diese sagen können: ,Ich habe gefunden, den meine Seele liebt, ich will ihn nicht mehr loslassen.'" So sagt sie es den Kapuzinerinnen von Wattwil. „In einem allgemeinen Weltleben war es nicht möglich, einen solchen Willensabschluß vollkommen einzuhalten, daher haben sich die Ordensleute, nachdem sie... die Gefahr erkannt hatten, Gott zu verlieren, in die klösterliche Einsamkeit begeben, um einen solchen Verlust zu verhindern."516 Aber dieses Klosterleben verpflichtet eben die Ordensfrau mit der Braut des Hohenliedes, den Geliebten nicht nur zu finden, sondern auch festzuhalten und nicht mehr loszulassen.5'7 Die Ordensfrau, die .christliche Braut', ist somit Zeichen der gelebten Gottesliebe in dieser Welt und für die Welt. Ihre Aufgabe ist es zu lieben: „Ach, meine Kinder, so liebt den Gott, bezahlt ihm die Liebe mit Liebe. Schafft euch selbst den Himmel auf Erden durch die Liebe, denn sie allein kann euch geben, was euer Herz vergnügen kann, weil sie euch als Gottes Eigentum in sein Herz einschließt. Ihr liebt nicht umsonst, sondern um den Lohn des Himmels."5'8 Die heilige THERESIA VON AVILA hat dem „Weg der Vollkommenheit" ein eigenes Buch gewidmet. Darin geht sie auch in zwei Kapiteln auf die Liebe ein, die Dominica von Rottenberg meint und die einer Ordensfrau aufgetragen ist, will sie ihre Berufung nicht aufs Spiel setzen: „Eine Seele ..., der der Herr die wahre Weisheit eingegossen hat, achtet eine Liebe, die nur für dieses Leben dauert, nicht höher, als ihr Wert ist, ja noch geringer. Für jene, die am Genüsse der Dinge dieser Welt... Gefallen haben, mag eine solche Liebe etwas wert sein ... wer aber dies

514 515 516 517 518

Das Wesen der Vollkommenheit besteht nach THOMAS VON AQUIN (STh IIIlq 184.3) in der Liebe zu Gott und dem Nächsten, den man um Gottes willen liebt (vgl. Nr. 309). „Manche Christen wollen sich auf vollkommenere Weise Gott hingeben und mit größerer Sicherheit ihre Seele retten und treten deshalb in den Ordensstand ... (Nr. 367)." 5.1.2.1, Z. 54-57. Vgl. Fn. 332. Reformbestimmungen für Wattwil (WE Rtb 52, 6-7). A.a.O. 7. A.a.O. 37.

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alles verabscheut, kümmert sich wenig oder gar nicht darum. Wenn also solche Seelen lieben, so arbeiten sie leidenschaftlich dahin, daß die von ihnen geliebte Seele Gott liebt, damit diese auch von ihnen geliebt werde; denn sie wissen ... daß anders ihre Liebe ... von keiner Dauer sein wird."519 „Diese Liebe ist ein Nachbild jener Liebe, die Jesus, der wahre Liebhaber, zu uns getragen hat. Daher schaffen auch jene, denen sie eigen ist, großen Nutzen; sie nahmen alle Mühe auf sich, damit andere ohne Mühe den Vorteil davon haben."520 „Diese Liebesweise möchte ich in unserem Besitz sehen. Sollte sie auch anfänglich nicht vollkommen sein, so wird der Herr sie doch vervollkommnen. Beginnen wir nur mit der Mittelstufe "

521

Liebe strebt nach Gegenliebe!522 Diese Feststellung Dominicas macht schon die große Theresia, wenn sie im „Weg der Vollkommenheit" den Schwestern schreibt, der Herr schenke der Seele eine solche Freundschaft, „daß er ihr nicht bloß ihren Willen wieder läßt, sondern ihr auch den seinen dazugibt... er gewährt der Seele, die alles tut, was er befiehlt, auch seinerseits alles, um was sie ihn bittet, und zwar weit besser, als sie zu bitten wagt."523 Liebe nach dem Vorbild der Braut des Hohenliedes meint also notwendigerweise - bei aller Einsicht in die Unterschiedlichkeit von Gott und Mensch - auch eine Betonung des Partnerschaftlichen in diesem Verhältnis. Diese Vorstellung von der Liebespartnerschaft zwischen Gott (Christus) und der Ordensfrau, die sich durch die Gelübde an Gott gebunden hat, gehört ganz wesentlich in Dominica von Rottenbergs geistliches Leben. Begründet ist sie sicher einmal durch die Liebesaufforderung, die durch visionäre Erfahrungen an sie ergeht, so wenn Christus zu ihr sagt: „Liebe mich, dann liebe ich dich auch",524 und zum anderen - und wohl im Wesentlichen - durch den aktiven Teil, den sie in dieser Partnerschaft zu spielen glaubt und aufgrund dessen sie die liebende Antwort Gottes nicht nur zu erhalten hofft, sondern erwartet: „Zeige mir jetzt, ob ich dich wirklich in die Liebe getrieben (habe). Das will ich glauben, wenn ich von dir solche Zeichen sehe nach Art der Verliebten: Wenn du tust, was ich will. Denn das ist die eigentliche Liebesprobe, daß man des Liebenden Willen tut. Wenn du mir jetzt (ein solches) Zeichen gibst, wenn du tust, was ich jetzt von dir begehre, verspreche ich dir zu glauben, daß du mich liebst."525 Sie selbst ist, zumindest verbal, 5,9 520 521 522 523 524 525

THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe VI (Weg der Vollkommenheit), 51. A.a.O. 53. A.a.O. 54. 5.1.2.2, Z. 155-156. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe VI (Weg der Vollkommenheit), 170. 5.3.1 (Vision 11 am 23.4.1701). 5.1.2.4. Z. 327-336.

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bereit zu einer solchen radikalen Liebe: „Wenn es dir so ist wie mir, daß du ohne mich nicht sein kannst, wie ich nicht ohne dich, und du tun mußt, was ich will, wie auch ich dir gegenüber stehe; wenn ich wüßte, was du von mir begehren würdest, ja wenn Himmel und Erde in meiner Gewalt (wären), so müßte ich sie dir geben. Wenn du von mir begehrtest, ich sollte mir (bei lebendigem Leib) ein Messer ins Herz stoßen, mich selbst ermorden, ich könnte es dir nicht abschlagen."526 Hier scheint Gott geradezu überrumpelt zu werden von einer aus den Grenzen geratenen Liebesbegierde. Und wenn sie darauf formuliert: „Jetzt, was kannst denn du tun? Wie kannst du lieben? Denn ohne Gegenliebe ist keine Möglichkeit zu leben",527 klingt das, in die Richtung Gottes bzw. des himmlischen Bräutigams gesprochen, klagend und fordernd zugleich. Eine solche Haltung Dominica von Rottenbergs ist eine schwer zu verstehende Mischung von traditioneller Hoheliedmystik, eigenen, sehr stark ausgeprägten emotio-nalen Liebeswünschen, ihrem starken Charakter und einem fast schon modern anmutenden Verständnis von Gleichberechtigung in einer Partnerschaft. Für sie ist es eine eheliche Partnerschaft mit Christus, zu der sie sich durch die Profeß verpflichtet hat. Sie setzt voraus, daß Christus seinerseits diese Partnerschaft genauso ernst nimmt, daß also gleiche Rechte und Pflichten bestehen zwischen Braut und Bräutigam. Aus ihrem Denkmodell heraus konsequent, kann sie daher in einer Liebesekstase zu Gott sagen: „Was in deinem Gehorsam steht, soll auch in meinem stehen, sonst wäre es der ehelichen Pflicht zum höchsten Nachteil, weil eine Ehefrau durch das Band der Ehe ebenso große Gewalt zu befehlen hat wie der Herr. Sie erhält diese Gewalt von ihrem Herrn (Gemahl). Deshalb sollte auch ich meine Gewalt von dir, meinem Gott, erhalten, weil (ich) dir durch das eheliche Band verbunden bin."528 Das sind starke Worte, die ihr, ähnlich wie bei anderen Liebesreden, später Angst einjagen.529 Aber berücksichtigt man Dominica von Rottenbergs stürmische Art, mit ihren Gefühlen umzugehen, wie immer diese auch zu bewerten ist, und berücksichtigt man des weiteren die üppig-ausladenden Lebensformen, von denen Sprache und Lebensgefühl nur Teilbereiche sind, so ist im Kern ihrer Liebesfrömmigkeit sicher Josef SUDBRACK zuzustimmen, der im Blick auf THERESIA VON AVILA schreibt: „... Der Liebende weiß, daß seine individuelle Erfahrung das Höchste und Richtigste ist. Er mißt alles an ihr und zweifelt nicht, daß alles hinter dieser Erfahrung zurückbleibt... Teresia ist von der Begegnung mit Gott so ergriffen, daß sie gar nicht daran zweifeln kann, daß dieses der Gipfel des christlichen Lebens ist."530 526 527 528 529 530

5.1.2.4, Z. 354-363. 5.1.2.4, Z. 368-370. 5.1.4, Z. 56-68. Vgl. 5.1.6, Z. 51-65. SUDBRACK, J.: Erfahrungen einer Liebe, a.a.O. 103.

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Vielleicht ist nur von dieser Sichtweise her der geradezu arrogant wirkende Anspruch eines Sonderstatus' ihrer Liebe zu verstehen, mit der sie sich über Engel und Heilige gesetzt wissen will. Dabei unterscheidet sie zwischen notwendiger Aktion und ebenso notwendiger Kontemplation. Nicht im Tun großer Werke will sie sich über die Heiligen gestellt wissen, „ich weiß wohl, daß ich ihre Schatten nicht erreichen werde",531 sondern in der Kontemplation. Dieses Hinstreben und Hinsehnen auf die ,unio mystica' mit Gott sieht sie bei sich auf dem von einem Menschen überhaupt erreichbaren höchstmöglichen Gipfel, den nur noch Maria überragt: „Ich gestehe also, daß ich ... den Heiligen nicht nachgeben kann. Ich kann nicht glauben, daß mir jemand in der Liebe vorgeht. Der Muttergottes allein gebe ich nach, im übrigen (aber bedeutet) mir alles andere nichts. Alle Engel und Heiligen sind (gegenüber) meiner Liebesbegierde viel zuwenig."532 Die Tatsache, daß im Laufe ihres Ordens- und geistlichen Liebeslebens die hier sich voneinander zu entfernen scheinenden Lebenselemente von Kontemplation und Aktion dann doch zu einer lebbaren Einheit zusammenfinden können, wurde weiter oben versucht aufzuzeigen.533 Die menschliche Seite einer solchen mystischen Partnerschaft zeigt sich also als außerordentlich stark. Im Geheimnis dieser inneren Erfahrung, die Dominica von Rottenberg wie andere von Gott beschenkte Menschen auch ins Wort zu fassen sucht, schreibt sie sogar von der Gefangenschaft des durch ihre Liebespfeile verwundeten Gottes.534 Aber auch hier bestätigen sie andere Zeugen ähnlicher tiefer geistlicher Erlebnisse. JOHANNES VOM KREUZ muß hier genannt werden, der die innerste Begegnung zwischen Gott und Mensch als „jenes zärtliche Herniedersteigen" beschreibt, „in dem Gott sich aus Liebe zu ihrem (d. h. der Seele) Sklaven macht, um sie zu liebkosen und zu erfreuen."535 Er schreibt von einer „gänzlichen Umgestaltung der Seele in ihren Geliebten", so daß es zu einer gegenseitigen liebenden Hingabe von Gott und Seele kommt".536

5.1.2.4, Z. 546-547. 5.1.2.4., Z. 536-541. Vgl. 3.2.1.5. 5.1.2.4, Z. 583-584. JOHANNES VOM KREUZ, Gesamtausgabe II (Geistlicher Gesang), 215. JOHANNES VOM KREUZ, a.a.O. 178.

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MARIE DE L'INCARNATION537 und FRANCISCO DE OSUNA,538 um nur diese beiden zu nennen, gebrauchen dieselben Bilder im innersten Kern ihrer geistlichen Lehre.

3.2.2.2

Die Struktur von Dominica von Rottenbergs demütiger Selbsterkenntnis

Schon ganz am Anfang ihrer tiefen visionären Christus-Erfahrungen, in denen die bräutliche Liebe die zentrale Rolle spielt, wird Dominica von Rottenberg zur Demut ermahnt und aufgefordert: „Meine Tochter, sei demütig, steige nicht auf zu solcher hohen Liebe ohne die Demut."539 Ein wohl notwendiges Korrektiv, damit die durchaus nicht ungefährliche Mischung von spiritueller Tradition, persönlichen Erfahrungen und Charaktereigenschaften bei ihr nicht zu einer geistlichen Katastrophe führen. Die Quellentexte, die die Liebe zum Thema haben, weisen zumindest daraufhin, daß Grenzen gesetzt werden müssen, weil der Grad zwischen einer vielleicht als exzentrisch einzustufenden, aber vertretbaren Liebesfrömmigkeit und dem Abgleiten in nicht mehr akzeptierbare Schwärmerei sehr schmal ist. Von diesem Standpunkt aus gesehen, waren die kirchlichen Untersuchungen, denen sie sich ausgesetzt sah, keineswegs unberechtigt und dienten der Klärung. Dominica von Rottenberg erlebt dieses Korrektiv als schwarzen Schatten, als dunklen Gegenpol zu den strahlenden Erfahrungen ihrer Liebe, als emotionalen Einbruch, der ihren geistlichen Höhenflug zum radikalen Absturz umzukehren droht. Das, was oben bereits als eine Grundstruktur der Mystik aufgezeigt wurde, eine Art „mystischer Reue",540 tritt neben das glänzende Bild der mit göttlicher Liebe überhäuften mystischen Braut und hebt mit scharfen Konturen die Geschöpflicheit 537

538

539 540

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„Obwohl sich meine Seele schon so reich fühlte im Genuß des unendlichen Gutes, wollte dieses Ewige Wort doch durch eine milde Herablassung ihr Gefangener sein." Und im „Brautlied der Seele": „Ach, du wirst mein Sklave sein. Ich will dich nimmer lassen. Ganz nach Gefallen wirst Du mein sein, und immer wirst Du meine süße Liebe bleiben." (MARIE DE L' INC ARN ATION: Zeugnis ..., a.a.O. 104). „Die Seele nimmt Gott gefangen, fesselt ihn, um ihn zu entführen, mit den Banden der Liebe und Leidenschaft, denn Gott vermag sich der Liebe nicht zu entziehen. Eher gibt er sich besiegt wie ein Reiher, wennn sich der Falke auf ihn stürzt..." (FRANCISCO DE OSUNA: Versenkung, hg. v. Lorenz, E„ Freiburg 2 1984. 92). 5.3.1 (Vision 25 am 25.9.1702). Vgl. Fn. 458.

des Menschen Dominica von Rottenberg mit all ihren Brüchen und Fehlern hervor: Ihre starke Eifersucht gehört in dieses Schattenbild genauso hinein wie die Reue über alles, was mit Sünde in Verbindung steht und bei ihr zu einem geistlichen Einbruch führt: „Keine Betrachtung ist mir angenehmer als die Selbsterkenntnis und (die Erkenntnis) meiner großen Sünden, die einen solchen Reueschmerz nach sich zieht, daß ich mehrmals glaubte, das Herz müsse mir zerspringen."541 Sie verbohrt sich in die Vorstellung, „der größte unter allen Sündern" zu sein.542 Aber diese dunkle Vision teilt sie mit vielen anderen, die gerade durch die intensive Gottesbegegnung die Unvollkommenheiten in ihrem Leben umso erdrückender erfahren. „Ich hielt mich für das geringste seiner Geschöpfe. Er flößte mir einen immer größeren Haß meiner Selbst ein543 ... Ich konnte mich nicht ohne Verachtung ansehen und halte mich für den größten Feind,"544 schreibt MARIE DE L'INC ARNATION in ihrer Autobiograhie. Und auch die mit Dominica von Rottenberg zeitgleich lebende selige schwäbische Franziskanerin CRESCENTIA VON KAUFBEUREN bekennt von sich: „Ich kann nichts als sündigen".545 Diese Erfahrungsgegenüberstellung, als schwacher Mensch von Gottes Vollkommenheit berührt zu werden, führt zur Erkenntnis,546 daß neben der Größe und Erhabenheit Gottes der Mensch nichts hat547 und ein Nichts ist, „weil er ohne die Gnade auch nicht das kleinste gute Werk tun kann. Hingegen ist der Mensch ein Alles in der Sünde, denn was durch die Gnade nicht als etwas Gutes geschieht, muß notwendigerweise böse geschehen. Nichts aber ist böse, nur die Sünde."548 541 542 543 544 545

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547 548

5.1.3.2, Z. 7-12. 5.1.3.2, Z. 21-22; 5.1.5, Z. 16-17. MARIE DE L'INCARNATION, a.a.O. 46. A.a.O. 76. MILLER, A. M.: Crescentia von Kaufbeuren, a.a.O. 185; JOHANNES VOM KREUZ beschreibt in „Die dunkle Nacht" verschiedene Arten von Peinigung, so, wenn die Seele ganz neu ihr Elend und ihre Unvollkommenheit erfährt. „Sie fühlt sich derart verabscheuungswürdig, daß es ihr scheint, ,als sei Gott ihr und sie Gottes Feind. Dies bereitet ihr so große Schmerzen und solche Betrübnis, daß sie glaubt, von Gott wirklich verstoßen zu sein."' (Zit. nach WAACH, H.: Johannes vom Kreuz, a.a.O. 80). Sie sieht auch ganz klar, daß sie aus sich heraus sich nicht helfen kann. Daher ist sie in großer Furcht, Gottes nie mehr würdig zu werden und seine Gnadenschätze eingebüßt zu haben." (A.a.O. 235). MARIE DE L'INCARNATION: „Wer die Majestät Gottes in sich erlebt... wer in der Erfahrung seiner Klarheit sein eigenes Nichts und seine grundlose Unwürdigkeit erkannt hat, dem ist die Sünde eine unerträgliche Qual."(A.a.O. 20-21 u. ö.). Vgl. 5.1.2.5, Z. 13-17. Vgl. 6.5.1.3, Z. 28-35. 145

Die Sünde aber, aus der das menschliche Nichts resultiert, so erklärt Dominica von Rottenberg in ihren Texten über die Demut, liegt in der erbsündlichen Verfaßtheit des Menschen.549 Mit den Urverfehlungen des Ur-Paares der Menschheit, Adam und Eva, wurde gewissermaßen ein „Zündel" für alle Sündenmöglicheiten in den Menschen hineingelegt.550 Wir bewahren in uns „sogar nach unserer Wiedergeburt so tief eingewurzelte Neigungen zur Sünde, ja zu allerlei Sünde, daß wir es nach dem Zeugnis des HL. AUGUSTINUS551 nur der Gnade Gottes verdanken, wenn wir nicht alle Sünden der Welt begingen".552 Das heißt: Außerhalb von Gottes Gnadenzuwendung ist und bleibt der Mensch ein Nichts.553 Wie nun kann der Mensch diese Gnadenzuwendung Gottes erfahren, um aus dem Nichts der Sünde empor zu steigen? Dominica von Rottenberg schreibt: „Wenn also der Mensch erkennt, daß er selbst das große Übel der Sünde in sich trägt, von dem er nicht frei ist, muß er notwendigerweise aus dieser Selbsterkenntnis einen Haß gegen sich selbst entwickeln wie gegen einen Feind. Nur so kann er der Sünde, also dem größten Übel, entgegentreten, damit er durch sie nicht zur ewigen Verdammnis gelangt.554 ... Diese Selbsterkenntnis aber bringt als Frucht die Demut hervor, eine Tugend, die zur Erlangung der Seligkeit höchst notwendig ist."555 MARIE DE L' INC ARN ATION bestätigt mit ihren Worten Dominica von Rottenberg: „Im Zustand dieser glühenden Sehnsucht (nach Vereinigung) wurde mir plötzlich der erste Vers des Psalmes ,Nisi Dominus aedificaverit domum ,..'556 in die Seele gesenkt. Zugleich leuchtete mir ein tiefes Verstehen auf für das Nichts der Geschöpfe und seine Unfähigkeit, aus sich selbst sich zu Gott zu erheben und auf seinem Gnadenweg voranzuschreiten. Ich sah, daß alles Verlangen nach seinem Besitz nichts wert ist, wenn nicht Er selbst ,das Haus baut' und es seiner hohen Bestimmung entsprechend ausstattet. Dieses Nichts des Geschöpfes stand so erschütternd und mit solcher Gewißheit vor meiner Seele, daß ich seine Tiefe nicht fassen konnte. Sein Anblick versetzte mich in einen Zustand großen Selbst 519 550 551

552 555 554 555 556

6.5.1.3, Z. 5-11. 6.5.1.3, Z. 21-24. AUGUSTINUS: Bekenntnisse, 2. Buch, 7. Kap.: „Deiner Erbarmung rechne ich es zu, daß du meine Sünden wie Eis hinweggeschmolzen hast. Deiner Gnade rechne ich auch das Nichttun des Bösen zu: denn wozu sonst noch wäre ich imstande gewesen, ich, der ich die Sünde sogar ohne Entgeld liebe! Und alles ist mir vergeben: was ich Böses ganz aus mir getan und was ich Böses nur dank deiner Führung nicht getan." (A.a.O 89). TANQUEREY, A.: Grundriß ..., a.a.O. Nr. 1129 C. Vgl. 6.5.1.3, Z. 41-46. Vgl. 6.5.1.3, Z. 53-59. Vgl. 6.5.1.3, Z. 60-64. Ps. 127 (126). 1: „Wenn nicht der Herr das Haus baut, müht sich jeder umsonst, der daran baut."

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vergessens und verlieh mir eine hochherzige Demut, die nichts von sich, aber alles von Gott erwartet."557 Ein Mensch, der ehrlich mit sich selbst umgeht und seine Geschichte überdenkt, die ja aufgrund seiner geschöpflich-unvollkommenen Verfaßtheit eine Heils-, d.h. Erlösungsgeschichte, aber gleichzeitig auch eine Unheils-, weil Sündengeschichte ist, hat gar keine andere Wahl, als sich in Demut der alles schenkenden göttlichen Gnade zu öffnen, um so zu einem neuen Menschen zu werden. Verstärkt wird diese geistliche Idee vom göttlichen Alles und dem menschlichen Nichts durch die nachtridentinische Sünden- und Beichtlehre, die weniger das Sakrament der Versöhnung als die Befreiung von den (Höllen-Strafen) ins Blickfeld rückte und dadurch sehr viel Angst hervorrief.558 Dominica von Rottenberg, die, voll in diese geistliche Tradition eingebunden, der ganzen Büß- und Beichtpraxis eine große Bedeutung beimißt,559 will auch im persönlichen Vollzug einen Weg gehen, der kein Mittelmaß kennt, wenn sie sich durch ein Versprechen verpflichtet fühlt, auch nicht mehr eine läßliche Sünde zuzulassen,560 was natürlich in dieser Vollkommenheit keinem unvollkommenen Menschen gelingt. Ähnlich wie in ihrer Liebesbeziehung zu Gott, ist sie auch hier von dieser Vollkommenheitsidee geradezu besessen und versucht, durch häufiges Beichten diesen Zustand zu erzwingen.561 Theologische Theorie und durch persönliche Charaktereigenschaften geprägte geistliche Praxis machen aus Dominica von Rottenberg sicher eine Skrupulantin, die durch die kleinsten Unebenheiten in ihrem religiösen Leben verängstigt und verunsichert ist: „Es ist unglaublich, welche Marter ich aus Furcht vor der Sünde ausgestanden habe. Wenn ich mir nur einbilde, etwas könnte Sünde sein oder aus des Beichtvaters Rede schließe, daß ich gesündigt habe, oder wenn er auch nur sagt, ich habe gefehlt, ist es mir, als würde mir das Herz durchgeschnitten. Die bloße Einbildung der Sünde kann mich so betrüben, daß ich mich ganz schwach und krank weinen könnte."562 Und diese Haltung belastet sie nicht nur in den ersten Jahren ihres Ordenslebens. Als Priorin beschreibt sie ihre Bußpraxis in der Zeit, bevor sie in dieses Amt gewählt wurde, als eine beständige Gewissenserforschung, die selbst ihren Beichtvätern als übertrieben erscheint. So unerträglich waren ihr selbst die kleinsten Sünden (gegen die sie

557 558 559 560 561 562

MARIE DE L'INCARNATION: Zeugnis ..., a.a.O. 66-67. Vgl. 5.1.3. Vgl. 6.1. Vgl. 5.1.3.1, Z. 88-92. Vgl. 5.1.3.1, Z. 93-96. 5.1.3.1, Z. 3-11.

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ankämpfte), daß ihre Beichtväter besorgt nachfragten, ob sie denn kein Mensch mehr sein wollte.563 Natürlich steht sie auch mit dieser harten Auseinandersetzung um Sünde und Buße nicht allein in der geistlichen Geschichte. Es läßt sich von ihrem barocken Sündenverständnis der Bogen zurückschlagen zu den MÖNCHSVÄTERN, die die Buße dahingehend interpretierten, „die Sünden, die unser Gewissen martern und für die wir büßen, fortan nicht mehr zu tun".564 Und die große THERESIA mahnt ihre Schwestern im „Weg der Vollkommenheit", den Rat zu befolgen, den sie ihnen gibt, „den Herrn nicht zu beleidigen, ... daß ihr lieber tausendmal das Leben verlieren, als eine Todsünde begehen wolltet, und mit großer Sorgfalt auch die läßlichen Sünden meidet!".565 Auch mahnt sie vor der Gefahr falscher Sicherheit, weil das Geschenk der mystischen Gnade nicht vor möglicher Untreue bewahrt.566 Aber Dominica von Rottenbergs Lebensdevise des ,Alles oder Nichts' läßt sie die Einbrüche und Menschlichkeiten ihres Lebens umso tiefer und schmerzhafter, ja, aussichtsloser erfahren. Selbst wenn zeitbedingte barocke Sprach- und Lebensformen berücksichtigt werden, bleibt das Sündenbewußtsein in diesen extremen Ausmaßen der kaum vermittelbare, dunkle Gegenpol in ihrem geistlichen Leben, ihr,Stachel im Fleisch',567 der auf der anderen Seite ihr ebenfalls zum Extrem neigendes Liebesverlangen abzubremsen vermag. In den späteren geistlichen Schriften, in denen Dominica von Rottenberg versucht, ihre Erfahrungen weiterzugeben, erfahren Selbsterkenntnis und Demut allerdings auch eine positive Wendung und werden vom reinen Sündendenken abgerückt. Hier begründet sie die Demut biblisch. Ausgehend von Mt 11,29: „Lernt von mir, ich bin demütig und sanftmütig von Herzen",568 stellt sie die ,Kenosis', die Entäußerung Gottes in der Menschwerdung, als Anfang der göttlichen Lehre von der Demut dar: 569 „Er hat seine Stärke mit Schwachheit, seine Weisheit mit Unwissenheit verdeckt.570 So ist vom ersten Augenblick seines Eingangs in diese Welt bis zum letzten im göttlichen Lebensspiegel57' nichts anderes zu sehen als eine tiefe 561 564

565 566 567 568 569 570 571

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5.1.3.1, Z. 76-82. ABBAS PINUFIUS über die Buße, Sühne und die Ruhe des Gewissens. Aus der Auswahl v. CASSIAN, J.: II (Ruhe der Seele), hg. v. Sartori, G. u. T„ Freiburg 1984, 106. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe VI (Weg der Vollkommenheit), 210. Vgl. Teresa von Avila, Innere Burg, II. Wohnung, zit. nach LAPAUW, C., a.a.O. 181. Vgl. 2. Kor 12,7. Vgl. 6.5.1.1, Z. 4-8. 6.5.1.1, Z. 9-36. Vgl. Phil 2,6-11. Das Beispiel des Spiegels gebraucht D. v. Rottenberg auch in den Anweisungen für Wattwil, vgl. Fn. 500.

Demut."572 Grund für eine solch tiefe göttliche Demut, die die Göttlichkeit verläßt und die die dreiunddreißig Lebensjahre Jesu von Nazareth durchzieht,573 ist allein die Liebe, nicht irgendeine Not oder Schuldigkeit dem Menschen gegenüber.574 Das Ziel einer solchen göttlichen Demut: Gott will dem Menschen zeigen, daß es ihm gefällt, wenn der Mensch dem Beispiel des liebenden Gottes folgt, sich ebenfalls verdemütigt und sich ihm so gleichförmig macht.575 „Die Demut ist die Wurzel, die die Liebe fruchtbar erhält, ja, ihr solche Kraft gibt, daß aus ihr alle Tugendwerke beständig hervorgehen."576 Hier klingt das Loblied der WÜSTENVÄTER auf die Demut an: „Die Demut... ist die Lehrmeisterin aller Tugenden, sie ist das feste Fundament des himmlischen Bauwerkes, die eigentliche Gnadengabe des Erlösers. Und wer seinem sanftmütigen Herrn in seiner Geduld und Demut nachzueifern strebt, der könnte sogar Wundertaten vollbringen, die Christus gewirkt hat, ohne deshalb überheblich zu werden."577 Denn Demut und Liebe liegen so dicht beieinander, daß für Dominica von Rottenberg das Allerhöchste der Liebe im Allerkleinsten liegt, d.h. in der Demut, und daß Jesu Lehrunterweisung in Mt 11,29 dahingehend zu verstehen sei, daß die tiefste Demut zugleich die höchste göttliche Liebe meine.578 Welche Möglichkeiten hat nun der Mensch, diese Demut zu erlernen und somit dem demütigen und liebenden Christus nachzufolgen? Hier schlägt Dominica von Rottenberg den Bogen zurück zur Selbsterkenntnis, die zu erreichen ist, indem das göttliche Leben, also Jesu Leben, mit dem eigenen Leben verglichen wird. Ergebnis eines solchen Vergleiches des demütigen Gott-Menschen Jesus Christus mit der eigenen, schwachen Existenz führt zum Haß gegen sich selbst,579 durch den auch die Eigenliebe abgetötet wird.580 Dieser Haß gegen sich selbst ist eine Wirkung der Demut,581 der schon von Anfang an alle Laster vernichten kann,582 indem er sie gar nicht erst zuläßt. Ist das geschehen, betrachtet der Mensch Gottes Barmherzigkeit und die eigenen Sünden, mit denen er Gott beleidigt hat. Die dann durch die Selbsterkenntnis in der Gewalt der Liebe herausgepreßten Tränen machen den Menschen zu einer zweiten ,Magdale572 573 574 575 576 577 578 579 580 581 582

6.5.1.2, Z. 22-25. 6.5.1.1, Z. 106-114. 6.5.1.1, Z. 120-126. Vgl. 6.5.1.1, Z. 129-132. 6.5.1.1, Z. 171-175. Auswahl v. CASSIAN, J.: III (Ruhe der Seele), a.a.O. 43-44. Vgl. 6.5.1.1, Z. 11.57. Vgl. 6.5.1.3, Z. 53-59. 6.5.1.3, Z. 65-107. 6.5.1.3, Z. 47-59. 6.5.1.3, Z. 102-104.

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na', die zu Füßen Christi sitzt und seine Worte vernimmt: „Dir werden viele Sünden vergeben, weil du viel geliebt hast."583 Die Selbsterkenntnis allein reicht natürlich nicht aus. Die Tugend der Demut will geübt sein, was besonders in Buße und Beichtsakrament geschieht, da Gott nichts so sehr mißfällt als die Sünde.584 Buße und Beichte, eines von Dominica von Rottenbergs großen Themen, ist somit der aktive Teil der Demut, der gewissermaßen die notwendige Selbsterkenntnis sakramental besiegelt. Darin weist sie dem ,guten Vorsatz', der zu jeder Beichte gehört, eine besondere Rolle in der Liebe zu Gott zu: „Nicht mehr zu sündigen heißt, Gott vollkommen lieben und auch von Gott geliebt werden. So ist also die göttliche Liebe auf keine andere Weise schneller und besser zu erlernen als durch die Verachtung der Sünden, denn das ist die eigentümliche Wirkung der göttlichen Liebe, die den Himmel ermöglicht."585 So versucht also der dem demütigen Gottessohn nachfolgende Christ, auf diesen Wegen weiterzugehen und Gott durch eine demütige Lebenshaltung zu gefallen: „Die Demut aber ist die Mutter aller Tugend",586 denn „in unserer Seele kann unmöglich das Gebäude der Tugenden errichtet werden, wenn nicht vorher in unserem Herzen das Fundament wahrer Tugend gelegt wurde. Denn nur ein ganz solides Fundament der Demut kann das ganze Haus bis zur Dachspitze der Vollkommenheit und Liebe tragen ,.."587 Anregung zur Nachfolge in der Demut findet Dominica von Rottenberg auch im Verhalten Marias bei der Verkündigung. Pater Guinandus Primus überliefert: „Als ich einstmals über die Worte betrachtete: ,Siehe, ich bin eine Dienstmagd des Herrn, mir geschehe nach seinem Wort.',588 wurde ich tiefbewegt durch die tiefe Demut Mariens, die, obwohl sie doch zur göttlichen Mutterschaft erwählt war, sich dennoch eine Dienstmagd nannte. Ich entschloß mich, ihr in der Demut nachzufolgen ,.."589 Auch bei diesem Vorhaben bedient sie sich der Selbsterkenntnis als geistlicher Übung, und zwar in der ihr eigenen Art und Weise, so daß sie später vermutet, durch die vielen Reuetränen bedingt, sei ihre erste Blindheit entstanden, unter der sie im Noviziat zu leiden hatte.590 583 584 585 586 587 588 589 590

6.5.1.2, Z. 40-49. 6.5.1.2, Z. 50-64. 6.5.1.2, Z. 102-108. 6.5.1.2, Z. 109; vgl. auch Auswahl v. CASSIAN, J.: III (Ruhe der Seele), a.a.O. 90. Auswahl v. CASSIAN, J.: I (Spannkraft der Seele), a.a.O. 95. Vgl. Lk 1,38. P. GUINANDUS PRIMUS: Leben (WE-Rtb 72. II, 6). Vgl. ebd. Zur Blindheit vgl. 5.2.2 Z. 13-18.

150

Dominica von Rottenberg ist eine Frau mit starkem Willen, mit stark ausgeprägter Liebesfähigkeit - und, umgekehrt, mit einer Übersensibilität für das, was sie als Sünde erfährt und was sie durch demütige Selbsterkenntnis, durch Buße und Reue zu überwinden versucht, um ihr geistliches Leben möglichst vollkommen zu gestalten. Aber zur Struktur der Demut in ihrem Leben gehören auch Bereiche, die sie nicht durch Aktivismus erzwingen kann, sondern die sie in einer demütigen Haltung ertragen und erleiden muß: die Untersuchungen über die Rechtgläubigkeit ihres geistlichen Lebens,591 die Anfeindungen und Beschuldigungen im Zusammenhang mit der Klosterreform in St. Katharinental592 und eines zu eng geglaubten Verhältnisses mit dem Beichtvater durch ihre Mitschwestern, die ihr sogar eine „Liebschaft" anhängen wollen,593 und schließlich die vielen schmerzhaften und oft langwierigen Krankheiten,594 die ihre Vitalität sehr beschränken und viel Geduld und demütiges Ertragen von ihr fordern. Hier sind ihr die außerordentlichen Gotteserfahrungen nicht nur Gnadengeschenke, die sie an ihrer Berufung nicht irre werden lassen, sondern auch wirkliche Kraftquellen, ohne die sie, wie sie selbst zu verstehen gibt,595 die innerlichen und äußerlichen Anfechtungen nicht hätte aushalten und in den Krankheiten nicht durchhalten können. Hier im Leiden erfüllt sich das Jesuswort von der Kreuzesnachfolge596 mit ihrem Leben; hier erfüllt sich aber auch ihre mystische Brautschaft, in der sie mit dem leidet, den sie leiden mag: „Du hast mir das Herz in Liebe verwundet, so kann ich dir nichts anderes als das Kreuz geben", sagt Christus zu ihr am Anfang gerade der Zeit der ,hohen Liebe'.597 THERESIA VON AVILA mahnt ihre geistlichen Töchter: „Wer große Liebe ihm entgegenbringt, den hält er für fähig, viel für ihn zu leiden; wer aber nur eine geringe Liebe zu ihm hat, von dem weiß er, daß er nur wenig leiden kann. Um zu bemessen, ob einer ein großes oder ein kleines Kreuz tragen kann, dient meines Erachtens als Maßstab die Liebe. Wenn ihr darum, meine Schwestern, diese besitzt, so achtet wohl darauf, daß die Worte, die ihr zu einem so großen Herrn sprecht, nicht bloße Komplimente seien! Vielmehr ermutigt euch zu leiden, soviel die göttliche Majestät euch zu leiden geben will!"598 Dominica von Rottenberg ist 551 592 593 594 595 596 597 598

5.3.1 (Visionen 12 u. 17). Vgl. 3.1.4.3. Vgl. 5.1.6, Z. 96-105. Vgl. 5.2. Vgl. 5.1.7, Z. 84-92. Vgl. Mt 10,38 f. u. 16,24 par. 5.3.2 (Vision 53 am 1. Sept. 1716). THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe VI (Weg der Volkommenheit), 167. 151

sicher im Lieben wie im Leiden eine ihrer großen Schülerinnen geworden, die bereit ist, sich dem göttlichen Willen zu opfern,599 als Märtyrerin aus Liebe600 zum gekreuzigten und auferstandenen Bräutigam Christus. Was sie Gott in überschwänglicher Liebessprache am Anfang ihres intensiven geistlichen Lebens anbietet: „Ich bitte dich, verschone mich mit dem Himmel und all deinen Gnaden, ich verlange nichts von dir, als daß du mich verdammst, zu keinem anderen Ziel und Ende, als daß mir dadurch die Gelegenheit gegeben wird, dir zu zeigen, daß ich dich liebe ... um dir, meinem liebevollen Herrn, eine vollkommene Probe der Liebe zu geben",601 fordert Gott in der Weise von ihr ein, daß er ihr zu verstehen gibt: „Du mußt leiden, weil ich dich liebe."602 Wegweisend für ihr Leben, und diese beiden in ihm so ausgeprägten Pole von Liebe und demütiger Selbsterkenntnis wie eine große Klammer zusammenhaltend, mag wohl dieses Wort des Auferstandenen gewesen sein, das er mitten in den Jubel des Ostermorgens hinein zu ihr spricht: „Mein Kind, zu dieser Glorie und Herrlichkeit steigt man auf. Die Wege dahin sind aber Grein und Schmerzen, Leid und Trübsal. Willst du also dahin gelangen, so gehe zuvor mit mir auf den Calvarienberg, dort warte ich auf dich."603 Dieser Gedanke des Mit-Leidens, der ihr schon ziemlich früh in ihrem Leben aus der Nähe Gottes mitgeteilt wurde, zieht sich wie ein Leitmotiv durch ihr äußerlich sichtbares Leben als Dominikanerin. Und nur unter diesem Aspekt des liebenden Mit-Leidens, zu dem sicher auch ihr überwaches Gewissen und das zum skrupulösen hinneigende Sündenverständnis gehören, lassen sich diese auseinanderstrebenden Kräfte ihrer Frömmigkeitsgeschichte nicht nur zusammenbinden, sondern darüber hinaus fruchtbar machen für den ihr von Gott zugedachten Auftrag der Verkündigung. 3.3.

Ausblick

3.3.1

Eine Frau des Barock

„Eine Frau setzt sich durch!" - Unter diesem Merksatz wurde versucht, ein Lebensbild der Dominikanerin Dominica von Rottenberg zu zeichnen. Sicher sind Fragen geblieben, die diese Biographie und auch die ihr zugrunde liegenden Texte nicht beantworten konnten. Entstanden ist aber eine ehrliche Lebensbeschreibung, die auch die Schattenseiten nicht verschweigt. 599 600 601 602 603

152

5.3.2 (Vision 72) u. 5.3.3 (Vision 139). 5.3.2 (Visionen 44, 55 u. 56). 5.1.2.4, Z. 230-242. 5.3.2 (Vision 122). 5.3.1 (Vision 30 am 13. April (Ostern) 1703).

Es galt, die verschiedenen Ebenen dieses Ordenslebens zu einer Einheit zusammenzufassen. Dabei mußten das historische, kirchliche und kulturelle Umfeld des 17. und 18. Jahrhunderts genauso berücksichtigt werden wie die geistlichen Traditionen, in die Dominica von Rottenberg eingebunden war und aus denen sie lebte. So ist nochmals betont festzuhalten, daß Schwester Dominica eine Frau des BAROCK war. Denken, Fühlen und die Frömmigkeitsformen dieser Epoche bestimmten ihr Leben und Handeln. Ohne Beachtung dieses Hintergrunds ist vieles in ihrem Leben nicht verständlich: weder die ausladende, teilweise schwülstige Ausdrucksweise ihrer Frömmigkeitsformen, noch die Ängstigkeit, ja, das Skrupulöse des ganzen Bereichs der Sünde, Beichte und Buße. Hier verbindet sich eine rigoristisch verengte Beichtpraxis mit gefährlichen Tendenzen des Jansenismus. Beide Strömungen und die persönlichen Charaktereigenschaften Dominica von Rottenbergs, die kein Mittelmaß zulassen, führen den Betrachter von heute bis an die Grenze des Erträglichen. Barockes Lichtspiel von hell und dunkel: Im geistlichen Leben Schwester Dominicas sind es die beiden Pole von überschwenglicher Liebesmystik und demütiger, finsterer Selbsterkenntnis. Erkenntnis der eigenen Geschöpflichkeit, der Endlichkeit, der Abqualifizierung des Leiblichen. - Es ist fast wie ein dualistisches Auseinanderdividieren von Seele und Leib, wobei dem Leib nur die vergängliche Funktion einer „Durchgangsstation" zukommt. Das Entscheidende ist die Seele; in ihr, nicht im ganzen Menschen, wird Gottes Spiegelbild gesehen. Die schmerzhafte Erfahrung der Menschen von nie endenden Kriegen und Seuchen muß hier sicher mitbedacht werden. Aber kann die Geringschätzung alles Leiblichen nicht auch eine verspätete Reaktion sein auf das ganzheitliche Menschenbild der Renaissance und des Humanismus, denen die Angst vor der Schönheit des Körpers fremd war? Und die Überbetonung von Demut und Erkenntnis des menschlichen Nichts vor der Größe des göttlichen Alles? Vielleicht schwingt unausgesprochen die Angst mit, der Mensch könnte sich von seinem Schöpfer „emanzipieren"; Angst und kirchliche Abwehr gegen aufklärerische Tendenzen, die Frankreich zur Zeit Dominica von Rottenbergs längst durchdrungen hatten und auf den deutschsprachigen Raum übergriffen; Angst, das kirchliche Weltbild und damit eine von der Obrigkeit garantierte Lehre und Glaubensstruktur geriete ins Wanken. 3.3.2

Aus welchen geistlichen Quellen schöpfte Dominica von Rottenberg?

Grundlage für das ganze Ordensleben war ihr das BRAUTIDEAL in Anklang an das HOHELIED, das seit BERNHARD VON CLAIRVAUXs Auslegung zur Mit153

te klösterlicher Frömmigkeit geworden war. All ihr Mühen galt dem Ziel, den ,Bräuten Christi', d.h. ihren Mitschwestern, das Leben einer Braut zu ermöglichen. Ihr ganzes Reformbestreben und ein großer Teil ihrer Schriften sind darauf abgestimmt. Ausgehend von diesem Fundament der geistlichen Brautschaft, sind auch die beiden Eckpfeiler ihrer persönlichen Frömmigkeit einzuordnen: LIEBESMYSTIK und DEMÜTIGE SELBSTERKENNTNIS. Dieses Lebensprogramm wurde ihr auch zur Lebensmission. Die Beschäftigung mit ihrer Biographie und den geistlichen Texten zeigt dabei kaum direkte Verbindungslinien zu geistlich-verwandten Strömungen auf, die müssen meist aus dem Zusammenhang geschlossen werden. Eine Hilfe geben dabei die Visions- und Auditionsaufzeichnungen (5.3). Die Autorität des Ordensgründers DOMINIKUS604 und die des Theologen THOMAS VON AQUIN605 gaben ihr bei allen Auseinandersetzungen Sicherheit, auf dem rechten Weg zu sein bei ihrem Vorhaben der Reform und des Schriftenapostolats. Wie Konkretisierungen ihrer Lebensberufung waren ihr wohl die Erscheinungen CATERINA VON SIENAs606 und THERESIA VON AVILAs,607 beides Frauen, die für die Observanzbewegungen ihrer Ordensgemeinschaften eine überragende Rolle spielten. Ohne Caterina wäre die Reform im Predigerorden nicht denkbar gewesen - auch die nicht, die zur Zeit Dominicas einsetzte. Und ohne Theresia von Avila hätte es die Erneuerung des Karmel nicht gegeben. Aber nicht nur der Wille und die Kraft zur Reform waren für Dominica Vorbild. Wenn auch ohne direkte Verweise, so war doch das Leben der beiden Frauen für sie wichtige geistliche Grundlage: Wenn z.B. Dominica von Rottenbergs Leben charakterisiert wird: „Sie ist Feuer, nichts als Feuer!"608' dann findet sich Ähnliches bei Caterina auch.609 Die Veranschaulichung des „Vulnerasti cor meum" (Hld 4,9 vg) durch den PFEIL DER LIEBE610 findet man bei Theresia in geradezu klassischer Form vorgebildet,61'ebenso die Formulierung des ABSOLUTHEITSANSPRUCHS DER LIEBE612 und die Erfahrung, daß Liebe stets zur GEGENLIEBE strebt;613 Dominica geht bis hinein 604 605 606 607 608 609 610 611 612 613

5.3.1 (Vision 20). 5.3.1 (Vision 13). 5.3.1 (Vision 13). 5.3.1 (Visionen 13 und 26). 5.1.2.2, Z. 123-124. 5.1.2.2., Fn 35. Z.B. 5.1.2.4, Z.323-326. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe V (Auslegung zum Hohenlied) 283. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe I (Leben) 255.12. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe VI (Weg der Vollkommenheit) 130.

154

in eine (fast) gleichberechtigte Partnerschaft. Ja, selbst die INDIVIDUELLE ERFAHRUNG DER LIEBE ALS SUBJEKTIV NICHT MEHR ZU ÜBERBIETENDEN HÖHEPUNKT findet sich bei der Reformerin des Karmel wieder.614 Um bei dem einen großen geistlichen Pol in Dominicas Ordensleben zu bleiben: Ihre Art BRAUTMYSTIK zu leben und zu vermitteln, läßt auch Verbindungslinien zu anderen geistlichen Meistern zu. So spielt das Thema FEUER, HITZE, die äußerliche, KÖRPERLICHE WAHRNEHMUNG der mystischen Liebe bei PHILIPP NERI genauso eine Rolle6'5 wie bei GERTRUD DER GROSSEN616 und MECHTHILD VON MAGDEBURG;617 und die für den Leser ihrer Biographie kaum mehr vermittelbare Übersteigerung, AUS LIEBE sogar DIE HÖLLE ERTRAGEN ZU WOLLEN, findet man in ähnlichen Worten schon in FRANZ VON SALES' Gottesliebe.618 Auch die uns fremde GEISTLICHE SKLAVENSCHAFT, die Dominica an einer Stelle ihrer biographischen Aufzeichnungen erwähnt,619 hat in KARDINAL BERULLE und Mutter MECHTHILD DE BAR, der Gründerin der Benediktinerinnen von der ewigen Anbetung, ihre Vorbilder.620 Wesentlich stärker sind die Bezüge, wenn es Dominica darum geht, das Ziel der liebenden Vereinigung des Menschen mit Gott aufzuzeigen. Wenn sie schreiben kann: „Was du bist, das bin ich und was ich bin, das bist du"621, dann geht es - recht verstanden - um eine VERGÖTTLICHUNG DER SEELE, die sowohl MEISTER ECKHART, JOHANNES TAULER622 und JOHANNES VOM KREUZ623 thematisieren. Dominica von Rottenberg hat dabei keine Schwierigkeiten, diese x Verwandlung des Menschen in Gott' auch durch den Empfang der Eucharistie anzunehmen.624 Und GOTT ALS GEFANGENER DER LIEBENDEN SEELE sieht JOHANNES VOM KREUZ625 genauso wie MARIE DE L' INC ARN ATION626 und FRANCISCO DE OSUNA627, das große geistliche Vorbild Theresia von Avilas. 614 615 616 617 618 619 620 621 622 623 623 625 626 627

So charakterisiert Sudbrack Theresia in: Erfahrungen einer Liebe, a.a.O. 103. Vgl. 5.1.1.3, Fn 18 und 35. Vgl. 6.1.1, Fn 48. Vgl. 5.1.2.4, Fn 60 und 75. Vgl. 5.1.2.4, Fn 61. P. GUINANDUS PRIMUS; Leben, WE-Rtb 72.11,9. Vgl. 3.2.1.1, Fn 317. Vgl. 5.1.2.4.Z.575-576. Vgl. 6.1.1, Fn 73. Ebd. und 5.1.2.4, Fn 82. Vgl. 6.1.1, Z.410-411. Vgl. 5.1.2.4, Fn 69 u.ö. Vgl. 3.2.2.1, Fn 537. Vgl. 3.2.2.1, Fn 538. 155

Auch Dominicas »geistlicher Schatten', die Erfahrung des geschöpflichen NICHTS vor dem göttlichen Alles, hat Vorläufer und Hinführer, wenn sie auch, wie in der INNEREN BIOGRAPHIE dargestellt und in der Textauswahl aufgezeigt, die sie prägenden Eigenakzente setzt. Die „Theologie des Nichts" findet sie bei MEISTER ECKHART ebenso vor wie bei JOHANNES VOM KREUZ628, wobei die Akzentverschiebung darin besteht, daß Dominica eher vom Sündenbewußtsein ausgeht, weniger vom Leerwerden, um die Fülle der Gottheit zu empfangen. Doch genau dieses übergroße SÜNDENBEWUSSTSEIN findet sich bei THERESIA VON AVILA629, CRESCENTIA VON KAUFBEUREN, JOHANNES VOM KREUZ630, MARIE DE L' INC ARN ATION631 und bei AUGUSTINUS632, um nur diese wenigen herauszugreifen. Die daraus erwachsene Angst, auch mit der kleinsten Sünde Gott zu beleidigen, die sie mit THERESIA und MARIA DE L' INC ARN ATION u. v. a. teilt633 wird durch die nachtridentinische Beicht- und Bußpraxis nochmals verstärkt, wobei der Bogen gespannt werden kann bis zurück zu den frühen geistlichen Vätern, wie CASSIAN überliefert.634 Es ist bezeichnend, wenn THERESIA VON AVILA formuliert: „ ... daß ihr lieber tausendmal das Leben verlieren, als eine Todsünde begehen wolltet, und mit großer Sorgfalt auch die läßlichen Sünden meidet!"635 Selbsterkenntnis und Sündenbekenntnis haben aber auch etwas Positives; sie verhelfen dem Menschen zur DEMUT, wie MARIE DE L' INC ARN ATION, Dominica von Rottenberg gleich, feststellt.636 Die Demut als Voraussetzung für die Nachfolge Jesu sieht Dominica in zweifacher Weise BIBLISCH BEGRÜNDET: einmal in der KENOSIS GOTTES durch die Menschwerdung.637 Mittelpunkt der Betrachtungen ist dabei Mt 11,29. Auch das Verhalten Jesu im Abendmahlssaal, der sich nicht bedienen läßt, sondern den Jüngern die Füße wäscht (Joh 13,1-20), wird als tätige Demut, als „Dien-Mut" von ihr interpretiert.638 Dominica kann

628 629 630 631 632 633 634 635 636 637 638

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

156

6.4.1, Fn 197 und 200. 3.2.2.0, Fn 456. 3.2.2.2, Fn 545. 3.2.2.2, Fn 546. 3.2.2.2, Fn 551. 5.1.3.1, Fn 85. 3.2.2.2, Fn 564. 3.2.2.2, Fn 565. 3.2.2.2, Fn 557. 6.5.1.1 6.1.1, Z.514-539.

somit im Rückgriff auf CASSIAN von der „Demut als Mutter aller Tugend" schreiben.639 Fragt man nach weiteren BIBLISCHEN VERWEISEN, so fallen in der Auswahl der Schriften neben PSALMVERSEN und dem genannten Hohenlied besonders das JOHANNESEVANGELIUM und die PAULUSBRIEFE auf; aber erwähnt werden muß sicher auch der „praktische" JAKOBUSBRIEF, der vom „Tun" spricht und der bei vielen Abschnitten von Dominicas Schriften im Hintergrund steht, wo es darum geht, daß der Glaube Werke hervorbringen muß, will er nicht tot sein.640 Sicher nicht ohne Einfluß auf Dominicas geistliches Leben war schließlich die SELIGE KATHARINA DE RICCI (1522-1590). Mit ihr teilt sie die Schwierigkeiten um den Ordenseintritt, aber auch die Energie zur Erneuerung des Ordenslebens und das Schreiben geistlicher Werke. Wie Dominica war auch Katharina viele Jahre Priorin ihres Klosters. Ein Wunder, das auf die Fürsprache Katharinas in St. Katharinental geschehen war, wurde von einer päpstlichen Kommission unter Leitung des Weihbischofs von Konstanz im Konvent untersucht. Während dieses Besuchs - auch das war sicher zeichenhaft - wurde am 1. Mai 1736 die strenge Klausur feierlich errichtet.641

3.3.3

Würdigung

Diese Arbeit hatte zum Ziel, Dominica von Rottenberg neu „zu entdecken", wie es im Vorwort heißt. Der Leser wird nach dem Studium der Biographie und des ausgewählten Textmaterials fragen, was von dieser Ordensfrau über ihren eng zu steckenden Zeitrahmen des 18. Jahrhunderts an gültigem geistlichen Wert bleibt. Sicher sind es nicht die konkreten Ausformungen ihres geistlichen Lebens; sie entsprechen wohl kaum den geistlichen Vorstellungen einer Kirche unserer Zeit. Es bleiben drei Lebenszüge, die Dominica bei allen zeitbedingten Grenzen und persönlichen Engführungen vorbildhaft machen, auch über ihre Lebenszeit hinaus: Es ist ihre bedingungslose Bereitschaft, sich von Gott in Dienst nehmen zu lassen.

639 640 641

Vgl. 6.5.1.2, Z.110; vgl. auch 6.5.0, Fn 263. Vgl. 6.1.1, Z.415-446. Vgl. 3.1.4.5, Fn 224. 157

Es ist der offensive Mut, als Frau einen wesentlichen Beitrag zu einer im 18. Jahrhundert anstehenden Ordensreform zu leisten. Es ist das unerschütterliche Gottvertrauen, mit dem sie die anstehenden Aufgaben angeht, die jahrelangen Auseinandersetzungen, Anfeindungen und Widerstände erträgt und das sie die bis zur physischen und psychischen Erschöpfung beeinträchtigenden Krankheiten und Zweifel erdulden läßt. Dominica von Rottenbergs geistliches Leben war ein Weg, der kein Mittelmaß zulipß. Sie forderte alles: von sich selbst, von ihren Mitschwestern - und auch von Gott. Aber sie gab auch alles - sie gab sich selbst, sie gab ihr Leben radikal in die Hand Gottes, um es von Christus, ihrem himmlischen Bräutigam, neu und gewandelt zurückzuerhalten.

Abschließende Ergänzung: Es ist ausdrückliche Auffassung von Prof. Siegwart, daß die Biographie der französischen Mystikerin Margareta Maria ALACOQUE Berufung und Ordensleben Dominica von Rottenbergs stark beeinflußt hat. Dies gilt sowohl für die Frömmigkeitsform der Herz-Jesu-Verehrung als auch für die gelebte Spiritualität als Ordensfrau. Thaddäus Schwaller, Mönch von Einsiedeln, verbreitete als erster im deutschen Sprachraum ihre Lehre (1695 erschien in Einsiedeln sein Werk: „Kurtzer Begriff von der wahren Andacht zum Hochw. Hertzen Jesu, unseres Welt-Heylandes"). Durch die enge geistliche Beziehung D. v. Rottenbergs zu Einsiedeln, hält Prof. Siegwart eine solche Beeinflussung für sehr wahrscheinlich.

158

TEIL II Texterschließung

ERSCHLIESSUNG DER SCHRIFTEN DOMINICA VON ROTTENBERGS

4.

4.0

Einführung

Französische Revolution, Helvetik1 und Mediation2 sind Stichworte, durch die umfassende Umwälzungen in der Eidgenossenschaft gekennzeichnet werden können. In vielen inneren Auseinandersetzungen suchte man einen Weg für die Zukunft. Restauration und Liberalismus, letzterer mit oft antiklerikalen Tendenzen, rangen um die Vorherrschaft. So kam es, daß die religiösen Auseinandersetzungen immer wieder aufflammten. Höhepunkt war die Gründung des „Sonderbundes" am 11.12.1845, der den Schutz der sich bedroht fühlenden katholischen Kantone sichern sollte.3 Die realen Machtverhältnisse (ca. 400.000 Einwohner im katholischen Sonderbund standen etwa zwei Millionen der übrigen Kantone gegenüber) gaben dem politischen Überleben jedoch kaum eine Chance. Schon nach zwei Jahren setzte sich die „liberale" Schweiz durch: Nach einem nur 26tägigen Novemberkrieg 1847 mußten die Katholiken aufgeben. 1

2

3

Helvetik: Nach dem Sieg der revolutionären Kräfte in der Eidgenossenschaft Gründung der .Helvetischen Republik' als „Schwesterrepublik" Frankreichs (12.4.1798). Sie brachte in vielen Bereichen eine Ablösung des alten Regierungssystems; bewußt wollte man mit der aristokratischen Oberschicht brechen und dem Volk die Souveränität in allen Fragen des Gemeinwohls zusprechen. Zentralisierung der Verwaltung und eine teilweise Neueinteilung des Staatsgebietes waren die einschneidendsten Vorgänge. (Vgl. STAEHELIN, A.: Helvetik, in: Handbuch der Schweizer Geschichte II, a.a.O. 785-836). Mediation: eigentlich Vermittlung eines Staates im Streit zwischen zwei anderen Mächten. Hier geht es darum, daß innerschweizerische Auseinandersetzungen zwischen radikalen und restaurativen Kräften Napoleon Bonaparte Anlaß zum Eingreifen boten und er gleichzeitig das Bild der Eidgenossenschaft nach seinen Vorstellungen zu verändern wußte. Die revolutionäre Helvetik paßte nicht in das Bild des napoleonischen Imperiums. Die von ihm in der Mediationsakte vom 19.2.1803 garantierte neue Verfassung war (bis auf wenige Änderungen) Restauration: zurück vom Einheitsstaat zum Staatenbund mit großer Selbständigkeit der Kantone. Auch die Tagsatzungsbeschlüsse waren nicht mehr als freiwillige Übereinkünfte zwischen den Kantonen. Das eigentlich Neue der Mediation war die Veränderung der territorialen Verhältnisse. Zu den bereits während der Helvetik aus ehemaligen Untertangebieten entstandenenKantonen Thurgau, Waadt und Tessin traten St. Gallen, Aargau und Graubünden. (Vgl. FREI, D.: Mediation, in: Handbuch der Schweizer Geschichte II, a.a.O. 841-867). Vgl. ausführlich: BIAUDET, J.-C.: Der modernen Schweiz entgegen. Regeneration, in: Handbuch der Schweizer Geschichte II, a.a.O. 918-970). 161

Einfluß hatte die Niederlage der katholischen Kantone auf die ein Jahr später durchgeführte Verfassungsreform der Schweiz. Die neue Bundesverfassung atmete liberalen Geist, der sich in manchen Kantonen gegen Kirche und kirchliche Einrichtungen wandte; besonders die Klöster waren unmittelbar betroffen. Im Thurgau gingen alle noch bestehenden Klöster unter; auch St. Katharinental teilte dieses Schicksal - wenn auch zeitversetzt: Seit 1838 unter staatlicher Verwaltung stehend, rettete nicht die erst 1842 gegründete Schule das Kloster vor der 1848 allgemein durchgefühlten Klosteraufhebung, sondern die umfangreichen Besitzungen St. Katharinentals im Badischen. Diese Klostergüter wären nach der Schließung des Klosters an den Großherzog von Baden gefallen. Nachdem die Regierung des Thurgau durch eine zwischenstaatliche Vereinbarung 1856/57 dieses Hindernis beiseite räumen konnte, war dann die Aufhebung nur eine Frage der Zeit. Am 20. Januar 1868 setzte sich im Verfassungsrat eine Mehrheit von 63 gegen 36 Stimmen durch, die Aufhebung St. Katharinentals in die neue Verfassung aufzunehmen. Nach erbittert geführten öffentlichen Auseinandersetzungen und mehrfachen Petitionen der Klosterfrauen um Erhalt ihrer geistlichen Heimat stimmte das Thurgauer Volk dieser Verfassung mit dem Klosterparagraphen am 28. Februar 1868 zu. Damit war der Untergang St. Katharinentals besiegelt.4 4.1.

Der Weg der Schriften nach der Auflösung des Klosters

Am 3. März 1862 hatte der Große Rat des Kantons Zürich die Aufhebung der Benediktinerabtei Rheinau beschlossen. Nachdem am 22. April 1862 zu diesem Beschluß ein Aufhebungsgesetz erlassen war, kam es schon einen Monat später (6./7. Mai) zur offiziellen Übergabe an die kantonalen Behörden. Am 22. August verließ Rheinaus letzter Abt LEODEGAR INEICHEN, das Kloster und fuhr nach St. Katharinental, wo er bis zur Auflösung 1869 als Spiritual der Dominikanerinnen wirkte. Die mit der Übernahme befaßten Beamten gestanden jedem Konventualen zu, aus den beweglichen Gütern der Abtei Gegenstände mitzunehmen. Abt Leodegar konnte daher u. a. große Teile des Klosterarchivs vor dem Zugriff der Zürcher Behörden retten; noch von St. Katharinental aus sandte er einen Teil der mitgenommenen Archivalien nach Einsiedeln. Nach der Aufhebung St. Katharinentals begleitete Abt Leodegar die Nonnen nach Schänis, wo sie in einem 1811 aufgelösten Damenstift Unterkunft fanden und ihr klösterliches Leben fortsetzen konnten. Er starb dort am 11. September 1876; seinen Nachlaß hatte er testamentarisch dem Stift Einsiedeln vermacht. 4

KNOEPFLI, A.: Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau IV. Das Kloster St. Katharinenthal, Basel 1989, 15-23.

162

Zu diesem Nachlaß von Abt Ineichen gehören 34 Bände geistlicher Schriften Dominica von Rottenbergs, die er wohl bei der Auflösung St. Katharinentals an sich genommen hatte. Sie bilden heute einen Teil des sog. „Rheinauer Archivs" im Stift Einsiedeln.5 Die beiden letzten Konventualinnen von St. Katharinental wurden 1906 von den Dominikanerinnen in Weesen aufgenommen. Neben einer Fülle von Kunstschätzen6 brachten sie auch einen Teil der Handschriften aus ihrem aufgehobenen Kloster mit, darunter Originale und Abschriften der Werke Dominica von Rottenbergs. Diese Handschriften befanden sich bis 1984 in einer großen Holzkiste auf dem Speicher des Klosters in Weesen. Inzwischen wurde auf Anregung des Verfassers dieser Arbeit ein eigener Archivraum eingerichtet, so daß die Manuskripte geordnet und mit einer Signatur versehen werden konnten. 4.2.

Ordnungsversuche

Im Auftrag des Provinzials der Saxonia, Joachim Kurz,7 wurde im Oktober 1768 ein erstes Verzeichnis angefertigt, das sich jetzt im Postulationsarchiv des Dominikanerordens in Rom befindet. Es enthält vierundzwanzig, teilweise mehrbändige Werke Dominica von Rottenbergs und die damals bekannten Abschriften.8 Der Sozius des Provinzials Joachim Kurz, Pater GEORG LIENHARD, hatte in derselben Zeit den Auftrag, die ungeordneten und oft schwer lesbaren autobiographischen Fragmente abzuschreiben und zu ordnen. Zwischen 1792 und 1794 verfaßte Pater MORITZ HOHENBAUM VAN DER MEER drei Foliobände: a) die Geschichte des Klosters St. Katharinental mit einem ausführlichen Abschnitt, der Leben und Werk Dominica von Rottenbergs zum Inhalt hat (1792), b) eine Urkundensammlung zur Bestätigung der Klostergeschichte (1792) und c) Auszüge aus den geistlichen Schriften Dominica von Rottenbergs (1794). Zum letztgenannten Folioband mußte van der Meer einige ordnende Vorarbeit leisten: in einem 20seitigen Heftchen gibt er eine Inhaltsübersicht des Bandes, und in einem weiteren Heft von 78 Seiten faßte er den Inhalt von 78 Briefen (meist von Schwester Theresia Püntener) aus den Jahren 1701-1712) zusammen. 5

6

7 8

Vgl. HENGGELER, R.: Das Rheinauer Archiv in Einsiedeln, in: Archivalia et Histórica, Festschrift für Prof. Largiadér, Zürich 1958, 51-60. A. KNOEPFLI führt 60 Einzelstücke an und verweist auf weitere mögliche Werke katharinentalischer Herkunft. (Vgl. ders.: Die Kunstdenkmäler ..., a.a.O. 208-218). Vgl. Walz, A.: Statistisches über die Süddeutsche Ordensprovinz, QGDOD 23, 48. Vgl. a.a.O. 61-63. 163

4.3.

Originale und Abschriften

Neben der schwer lesbaren Handschrift Dominica von Rottenbergs sind besonders die Manuskripte MARIA THERESIA PÜNTENERs zu erwähnen, die sowohl Originale Dominica von Rottenbergs abgeschrieben als auch Diktate von ihr aufgenommen hat. Dazu schreibt Hohenbaum: „Die Frau Theresia war ein unzertrennliche Gehilfin der Fr. Dominica und fast gleichen Alters, indem sie ihre Profession a. 1694 abgelegt und nur zwey Jahre vor dieser, 1736, gestorben. Ihr innerlicher Zustand war ihr zum besten bekand, welchen sie aus ihrem eigenen deutschen Aufsatz in das Französische verdolmetschte und dem P. General nach Rom überschickt. Sie wurde von ihr immer in dem Schreiben gebraucht und pflegte ihr gemeiniglich zu dictieren. Wir können also keine bessere und sichere Nachricht von der Beschaffenheit der Frau Dominica als durch die Frau Theresia haben." (Briefrecension 3-4) BALTHASAR LEDERGERW (Ledergerb, Ledergerber), Hofmeister zu St. Katharinental, „welcher in den eüsserlichen Geschefften, in dem Bauwesen wohl ihre rechte Hand hat können genennet werden. Er bliebe immer in dem ledigen Standt, gab nach ihrem Tode die Beamtung auf, zöge sich mit seinen zweyen frommen Schwesteren nach Diessenhofen in sein eigenthumliches Hause. Er hatte drey Gebrüder, davon der erste unser Abbt Benedickt wäre,9 der zweite P. Fintan, Dekan zu St. Gallen10 und der dritte Leib-Medicus und Geheimer Rath des Kurfürsten von Mainz." Die drei jüngsten Söhne des Letztgenannten wurden nach dessen frühem Tod von ihrem Onkel in Diessenhofen erzogen. Balthasar Ledergerw, der älteste der drei Neffen, überlebte Onkel und Tanten und erhielt in der Erbschaft diese Schriften, die er Hohenbaum übergab (vgl. HOHENBAUM, M.: Inhalt der geistlichen Schriften, 5-7). Der ehemalige Hofmeister hat über 1.200 Seiten der geistlichen Schriften Dominica von Rottenbergs übertragen. HOHENB A U M in den Briefrecensionen, 70-71: „... sie sind von einer gedreüen Feder unter ihrer Aufsicht aus den Originalien abgeschrieben worden. Ich habe solche in zwey Bände in 4to abtheilen lassen. Die Jahrzahl manglet, könen aber nicht wohl vor 1720 geschriebn worden sein." Pater GUINANDUS PRIMUS OP, Beichtvater und Spiritual von St. Katharinental. Von ihm stammen hauptsächlich Aufzeichnungen zur Vita, teilweise direkt von ihr aufgenommen. In einer Abschrift wurde als Schreiberin SCHWESTER MARIA HYACINTHA von Zeisingen vermerkt. 9

10

Vgl. HENGGELER, R. (Hg.): Monasticon Benedictinum Helvetiae, II, der Benediktinerabtei U. L. Frau zu Rheinau (Pfäfers, Fischingen), Einsiedeln 1931, 232-233). Vgl.ders. (Hg.): Monasticon Benedictinum Helvetiae, I (St. Gallen), Einsiedeln 1929, 358-359).

164

4.4.

Bestand-Aufnahme der Schriften

4.4.0

Einführung

Zur Übersicht wurde die Erschließung der Schriften Dominica von Rottenbergs nach den folgenden Unterpunkten vorgenommen. Anschließend werden die so aufgeführten Schriften in den entsprechenden Gliederungspunkten (4.4.1 - 4.4.6) im einzelnen dargestellt. 1. Geistliche Schriften nach der von P. Joachim Kurz veranlaßten Auflistung von 1768, (die jeweilige Angabe dieser Auflistung wurde der Erschließung der Werke vorangestellt) 2. Weitere geistliche Werke Dominica von Rottenbergs, die nicht unter die Auflistung von 1. fallen 3. Schriften zur Biographie und Aufzeichnungen Hohenbaum van der Meers 4. Geistliche Schriften mit unsicherer Verfasserschaft 5. Schriften über Klosterämter 6. Schriften an anderen Standorten. Der Rottenberg-Nachlaß in Weesen war bisher nicht katalogisiert. Folgende Signatur wurde vom Verfasser der Arbeit eingeführt: WE-Rtb (= Weesen-Rottenberg) und die Nummern 1-200 für die geistlichen Schriften Dominica von Rottenbergs inkl. Biographie, WE-Rtb und die Nummern 201-300 für die geistlichen Schriften mit unsicherer Verfasserschaft, WE-Rtb und die Nummern 301-400 für die Manuskripte über Dominica von Rottenberg und die, die sie inhaltlich betreffen (Hohenbaum), WE-Rtb und die Nummern 401-500 für Schriften über Klosterämter. Die Manuskripte in Einsiedeln sind Teile des „Rheinauer Archivs". Die Katalogisierung wurde mit R 533-554 a bereits vorgenommen. Die Aufnahme der Schriften folgt dieser Signatur. Folgende Vereinfachungen werden bei der Aufnahme der Schriften eingeführt: - Geistliche Widmungen, die zu Beginn fast jedes Manuskriptbandes stehen (z. B.: Jesus, Maria, Josef; Alles zur größeren Ehre Gottes) werden nicht eigens erwähnt. - Die Beschaffenheit der Manuskripteinbände wird wie folgt schematisiert: Pappe mit Pergamentrücken und Pergamentverstärkungen an den Kanten, 4 weiße Stoff- oder Lederbänder sind in den Einband eingelassen, Einband A 1: ohne Stoff- oder Lederbänder,

Einband A:

165

Einband B:

Pappe mit Lederrücken und Lederverstärkungen an den Kanten, 4 grüne Stoffbänder sind in den Einband eingelassen, Einband B 1: ohne grüne Stoffbänder, Einband C: Leder mit 2 Lederschnallen und Metallverschlüssen, Einband D: Pappe mit Pergamentrücken und Pergamentverstärkungen an den Kanten, 4 grüne Stoffbänder sind in den Einband eingelassen. - Zur Seitennummerierung: p. = Paginierung; alle 2 Doppelseiten bzw. - blätter meint: 8 beschriebene Seiten; o. p. = ohne Paginierung, d. h. keine Seitennummerierung. - Die einzelnen Bände sind in ( ) durchnummeriert. 4.4.1

Die Schriften Dominica von Rottenbergs nach der Auflistung von P. Joachim Kurz OP (1768)

Num. 1. Von denen 15 Geheimnissen des heiligen Rosenkranzes: Schul der Ewigen Weisheit, in welcher das göttliche Tugend Leben in der Lieb zu erlehrnen in der Lieb erwiesen wird, in 3. Theil bestehend, und zweiymahl abgeschrieben: gebunden. (1) WE-Rtb 1

(Original); alte Signatur auf Buchrücken (ziemlich beschädigt): Nr. 1; auf Buchdeckel aufgeklebt: Dom. Jos. Nr. 16; auf Seite 1: Nr. 2; auf Pergamentrücken: Jos. Dom. 16; Titel: Schule der ewigen Weisheit, 1. Teil. Einband: A; auf Pergamentrücken rote Notenlinien, schwarze Choralnote und gotische Buchstaben erkennbar. 22 x 17 cm, Dicke 4 cm. Tinte teilweise stark verblaßt, Schrift sehr schwer zu entziffern, p. alle 2 Doppelblätter (1-50); eingeklebt auf Seite 1: Erstes Buch, erster Theil. Inc.-Exp.: „Erstes Geheimnis. Von dem Hl. Geist empfangen - Betrachtung des ersten Tags. Erster Punkt: Gott ist worden ein Mensch ... Wan die Seel nicht soll verlohren gehen, ist das nodwen(d)igste, sich allda underwurf in Selbstnichthung, so die Lähr für (?) die Weibsbilder."

(2) R 553

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 1, Schuoll der ewigen Weisheit 2ter Theill. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 2. Teil. Einband: A; 22,4 x 16,4 cm, Dicke ca. 3,9 cm; p. alle 2 Doppelblätter (51-113); eingeklebt auf Seite 1: Erstes Buch, anter Theil. Inc.-Exp: „Zu ihrem Heyl zu beobachten ... so durch die Gnad muss empfangen werden. Amen."

166

(3) R553

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 1, Schuoll der ewigen Weisheit, 3ter Theill. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 3. Teil. Einband: A; auf Pergamentrücken rote Notenlinien, schwarze Noten und gotische Buchstaben erkennbar. 22,4 x 17,5 cm, Dicke ca. 4,3 cm; p. alle 2 Doppelblätter (115-176); Seite 1 im unteren Teil stark beschädigt, oben rechts: N. 2; eingeklebt: Erstes Buch, 3ter teil. Inc.-Exp.: „Das 6. Geheimnus des bludigen Schweiss, des segsten Tags erste Betragtung. 1. Punkt. Ein erschröckliches Gericht... zu ihrer Hertzensvergnügung sich zu einen Gunst erteihlt."

(4) WE-Rtb 2

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 1, Schuoll der ewigen Weisheit, 4ter Theil. Auf Buchrücken: Dom. Jos. 9; auf Buchdeckel aufgeklebt: Dom. Jos. No. 9. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 4. Teil. Einband: A, ziemlich abgegriffen; auf Pergamentrücken, rote Notenlinien, schwarze Choralnoten und gotische Buchstaben, goldenes Initial - verdeckt durch aufgeklebte Zettel (Dom. Jos. No. 9), blaues Initial B gut erkennbar. 22,5 x 17 cm, Dicke ca. 4,5 cm; eingeklebt S. 1: Erstes Buch, 4ter. Theil; Blätter sehr ausgefranst, Schrift teilweise verblaßt, oft kaum lesbar. P. alle 2 Doppelblätter (177-248). Inc.Exp.: „Ist denn ein solche Belehrung nicht genug, dass menschliche Hertz zur lib zu zihen ... zu einer göttlichen Regierung alls ist in der Lib richten, Sanftmuht in der unüberwindlichen Geduld."

(5) WE-Rtb 3

(Original); alte Signatur auf dem Buchrücken: No. 1, Schuoll der ewigen Weisheit (stark beschädigt), 5ter Theil. Auf Buchrücken: Dom. Jos. 10; auf Buchdeckel aufgeklebt: Dom. Jos. No. 10. Eingeklebt auf dem ersten Blatt: Erstes Buch, 5ter Theil. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 5. Teil. Einband: A, ziemlich abgegriffen; auf Pergamentrücken doppelter roter Notenstreifen sichtbar; 22,5 x 16,5 cm, Dicke ca. 4,5 cm. P. alle 2 Doppelblätter (249-309). Blätter ausgefranst, Schrift teilweise verblaßt, schwer lesbar. Inc.-Exp.: „Das 10. Geheimnus Der Kreützigung. 1. Betrachtung 1. Punkt Ein herrlicher Einzug wahr gewessen dess Profeten Elias ... in der Lib sich ofenbahr zu machen." 167

(6)

R553

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 1, Schuoll der ewigen Weisheit, 6ter theill. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 6. Teil. Einband: A, Pappeinband; Pergamentrücken: rote Notenlinien, schwarzes und rotes Initial (teilweise) schwarze Choralnoten erkennbar. 22,1 x 16,7 cm, Dicke 4,3 cm; p. alle 2 Doppelblätter (310-380), aber nicht hintereinander gebunden (letzte Zählung: 343). Aufgeklebt auf S. 1: Erstes Buch, 6ter theil. Inc.-Exp.: „Auch allen erschaften Ding dahin gericht ... überall zu geniessen, in der göttlichen Anschauhung ewig zu leben."

(7) R553

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 1, Schuoll der ewigen Weisheit, 7ter theill. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 7. Teil. Einband: A, Pappeinband, 22,9 x 17,3 cm, Dicke ca. 5,6 cm. P. alle 2 Doppelblätter (356-464). S. 1, oberer Rand beschädigt; aufgeklebt: Erstes Buch, 7ter theil. Inc.-Exp.: „Erste Betrachtung der Sendung des hl. Geist. 1. Punkt. Ein wunderbahrliche Freüd ist gewessen ... ein göttlich Lährunderweissung in dissem Stuk der ewigen Weissheit. Amen."

(8) WE-Rtb4

(Abschrift); alte Signatur auf dem Buchrücken: No. 1, Schuol der ewigen Weisheit fier die Exercitien, in welchen die Kunst der göttlichen Lieb gelehrt wierdt. 1. Teil. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 1. Teil. Einband: B; 21,2 x 15,8 cm, Dicke ca. 5,5 cm; rot gesprenkelter Schnitt; p. 1-764; 762-764 nicht mehr beschrieben. Inc.-Exp.: „Schull der ewigen Weisheit In welcher das göttlich Tugendleben ... Erster Tag, erstes Geheimnus von dem heilligen Geist empfangen. Betrachtung. Erster Punct. Gott ist worden ein Mensch. Was ist das? ... als ist der Weg der Armuth, so vor Gott schezbahrer ist als alle Kleinod."

(9) WE-Rtb 5

(Abschrift evtl. P. Guinandus Primus). Titel: Schule der ewigen Weisheit ... . Einband: C, gut erhalten; p. 765-973, ca. 1/3 des Gesamtbandes. 20,8 x 15,8 cm, Dicke ca. 4,5 cm; Schrift bis auf die letzten 25 Seiten gut lesbar; blau-rot gesprenkelter Schnitt. Inc.-Exp.: „Neuntes Geheimnus. Für uns das Creütz getragen hat. Erste Betrachtung des neunten Tags: Erster Punct: Ein grosses Wunder wird der Welt vorgestellt ... in der göttlichen Anschauung ewig zu leben."

168

(10) WE-Rtb 6

(Abschrift: P. Guinandus Primus); alte Signatur auf dem Buchrücken: No. 1, Schuel der ewigen Weisheith, 3. Theil. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 3. Teil. Einband: C; 21,6 x 15,5 cm, Dicke ca. 3,8 cm; Rotschnitt; die ersten 8 und die letzten 4 Seiten schlecht zu lesen, weil Tinte durchgeschrieben ist; sonst gut lesbar. Inc.-Exp.: „Erstes Buech 4ter Theil; Erste Betrachtung: Die Sendung des Hl. Geists 1. Punct: Ein wunderbarliche Freydt ist gewessen in dem Herzen der Muetter Gottes ... Zu einem vollkommenen heiligen Leben aufzusteigen ist geben ein göttlich Lehrunderweysung diser Schuel der ewigen Weisheit. Amen."

(11) WE-Rtb 7

(Abschrift: P. Guinandus Primus); alte Signatur auf dem Buchrücken: Schuel der ewigen Weisheith 1. Deil No. 1; Titel: Schule der ewigen Weisheit, 1. Teil. Einband: C, etwas abgegriffen, am unteren Rand des vorderen Einbandes kommt Holz durch. 20,4 x 15,5 cm, Dicke ca. 4,4 cm; Rotschnitt; p. (1-298); gut lesbar. Inc.-Exp.: „Erstes Buch, erster Theil ... Soll der ewigen Weisheit des göttlichen Tugendlebens ... als ist das von Gott schätzbare Kleinodt der Armuet."

(12) WE-Rtb 8

(Abschrift evtl. P. Guinandus Primus); alte Signatur auf dem Buchrücken: No. 1, Schuel der ewigen Weissheit fier die Exercitien, 3ter Theil. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 3. Teil. Einband: B; Rotschnitt; 21,6 x 17 cm, Dicke ca. 4,3 cm; p. (7521011); obwohl teilweise Tinte etwas schwach, gut lesbar. Inc.Exp.: „Erste Betrachtung des 12. Geheimnus: Das gröste Wundterwerkh Gottes last sich ansehen ... Zu einem vollkommenen heilligen Leben aufzusteigen ist geben ein göttliche Lehrundterweissung in disser Schuell der Ewigen Weissheit. Amen."

(13) WE-Rtb 9

(Abschrift evtl. P. Guinandus Primus); alte Signatur auf dem Buchrücken: No. 1, Schuel der Ewigen Weissheit für die Exercitien zu welchen die Kunst der göttlichen Lieb gelährt wirdt. Erster Theil. Titel: Schule der ewigen Weisheit, 1. Teil. Einband: B. Heller Rotschnitt; 22 x 16,8 cm, Dicke ca. 5,5 cm. P. 1527; gut lesbare Schrift. Inc.-Exp.: „Schull der ewigen Weisheit. Das göttlich Tugendleben in der Kunst der Lieb gelährt wirdt... Erster Tag. Erste Geheimnus von dem Heilligen Geist empfangen. Betrachtung. Erster Punct: Gott ist wordten ein Mensch ... als ist das von Gott schetzbahre Kleinodt die Armuoth." 169

2.

Für die geistliche Exercitien, eine Bußleither zum vollkomn(e)n Leben aufzusteigen, in welchem wohl zu sterben verliehen wird. Zweymahl abgeschrieben und in besonderen Büchern gebunden.

(14) WE-Rtb 10 (Original); alte Signatur auf dem Buchrücken: No. 2, Für die Exercitien eine Buessleydter zu einem vollkommenen Leben aufzusteigen. Erster Theil (stark beschädigt); auf Buchrücken: Dom. Jos. 14; aufgeklebt auf Einband: Dom. Jos. 14. Titel: Bußleiter für die Exerzitien, 1. Teil. Einband: A; 23,2 x 17,4 cm, Dicke ca. 5,5 cm; p. alle 2 Doppelseiten (1-71); eingeklebt auf S. 1: 4tes Buch, erster Theil. Inc.-Exp.: „Alles, wass Gott erschaffen mit seiner allmächtigen Hand .... Gott sich solchem Glauben ihn seinen göttlichen Eigenschaften zu grossen Wunderwerken mittheilt, die". (15) R 552

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 2, Buoßleydter, 2ter theill. Titel: Bußleiter für die Exerzitien, 2. Teil. Einband: A; Pergamentrücken: rote Notenlinien und schwarze gotische Schrift erkennbar; 23 x 17,5 cm, Dicke ca. 5,3 cm; p. alle 2 Doppelseiten (72-173); auf S. 1 aufgeklebt: 4tes Buch, anter theil. Inc.-Exp.: „Gröste aber sein disse ein solche Buss ... kan ihn den Himmel steigen, ewig glükseelig zu läben. Amen."

(16) WE-Rtb 11 (Abschrift R Guinandus); alte Signatur auf Buchrücken: No. 2, Für die Exercitien eine Buessleydter zu einem vollkommnen Leben aufzusteigen. Titel: Bußleiter für die Exerzitien. Einband: D; roter, leicht vergilbter Schnitt, sonst gut erhalten; 22 x 16,5 cm, Dicke 6,7 cm; p. 1-862. Inc.-Exp.: „Alles was Gott erschaffen mit seiner allmächtigen Hand .... auf solcher kan in den Himel steigen, ewig glückselig zu leben. Amen." (17) WE-Rtb 12 (Abschrift, Verfasser ?); alte Signatur auf Buchrücken: Für die Exercitien eine Buossleydter zu einem vollkommenen Leben aufzusteigen. Titel: Bußleiter für die Exerzitien. Einband: D; blauer, leicht vergilbter Schnitt, sonst gut erhalten. 21,8 x 16,7 cm, Dicke ca. 5 cm; p. 1-796. Inc.-Exp.: „Vorred auf welche eine bueßbegierige Seel zu der Bueß-Laiter einbeglaitet wird. Alles, was Gott erschaffen ... in den Himel steigen kan, ewig glückhselig zu leben. Amen." 170

3.

Auslegung des Vatter unser, und Englischen Grusses, in welcher die Unterweisung zu einem christlichen Lebenswandl, und zur rechten Busse, einfolglich die Seeligkeit sicher zu stellen gegeben wird. In Folio abgeschrieben, und gebunden.

(18) R 551

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 3, Auslegung des Vatter unsser und Ave Maria. Erster theill. Titel: Auslegung des Vater unser und Ave Maria, 1. Teil. Einband: A; 16,7 x 22,2 cm, Dicke ca. 4,1 cm; p. 1-480 (später vorgenommene p.); auf erster Seite links oben: No. 5; eingeklebt: 5tes Buch, erster theil. Inc.Exp.: ...Was zu einer rächten Buss christlichen Läben die Seligkeit sicherzuställen erforderet wird. 1. Punkt Der Anfang, das Mittel und das End ... solche allso umbsonst, den Verlust under welchen dass".

(19) R 55 a

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 3, Auslegung des Vatters Unsser und Ave Maria, 2ther theill (später hinzugefügt: 5. B.) Titel: Auslegung des Vater unser und Ave Maria, 2. Teil. Einband: A; auf Pergamentrücken rote Notenlinien und schwarze gotische Buchstaben erkennbar. 16,7 x 22,1, Dicke ca. 3,5 cm; p. (später hinzugefügt): 481-958; auf erster Seite eingeklebt: 5tes Buch, ander theil. Inc.-Exp.: „Sträkt den natürlichen Libslauf den göttlichen Libslauf ... und Gott empfangen kan, den mehr kan Gott nicht geben."

(20) WE-Rtb 13 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 3, der Rest so beschädigt, daß nicht mehr lesbar; auf Buchrücken Dom. Jos. 17; auf Buchdeckel Dom. Jos. IV. (?) 17. Auf der ersten Seite aufgeklebt: 5tes Buch, 3ter Theil. Titel: Auslegung des Vater unser und Ave Maria, 3. Teil. Einband: A; auf Pergamentrücken rote Notenlinien, schwarze Choralnoten und gotische Buchstaben erkennbar; 22 x 16,3 cm, Dicke ca. 4 cm; p. alle 2 Doppelseiten (121-180); auf S. 1 aufgeklebt: 5tes Buch, 3ter Theil. Inc.-Exp.: „alls sich selbst, und dies ist dass täglich göttliche Himmelsbrod ... so wird disser alles erhalten von Gott, was ihn kan zeitlich und ewig glükselig machen. Amen." (Ende des Ave-Maria-Kommentars) (21) WE-Rtb 14 (Abschrift Ledergerw); Loseblattsammlung; p. 1-1243; enthält verschiedene Abhandlungen: - Was zu einer rechten Bueß christlichen Lebens, die Seligkeit sicher zu stellen erfordert würdt (p. 1-94), 171

- 2ter Punct von der Vorberait- undt Empfahnung des hlgst. Sacrament des Altars (p. 95-179), - 180- 184 nicht beschrieben, - Auslegung des Vater unser (p. 185-931), - Auslegung des Ave Maria (p. 932-1045), - 1046-1050 nicht beschrieben, - Von der Liebe Gottes (p. 1051-1111), - Von der Traurigkeit des Geistes etc. (p. 1111-1144), - p. 1145-1150 nicht beschrieben, - Über den Willen Gottes (p. 1151-1200), - Von der wirkenden Gnade (p. 1201-1243). Die Loseblattsammlung wird in einem Holzkasten aufbewahrt: 30,5 x 22,5 x 8 cm, Kasten bemalt. Auf Vorderseite aufgeklebt: Dom. Jos. 45; auf dem Rücken aufgeklebt (gedruckt): Briefe der F. P. Dominica im Kathrinental. (22) R 551

4.

Tag-Reisen in die Ewigkeit, wie diese an zustellen seynd, auch die Kunst wohl zu sterben: in ein wöchentliche Tag-Ordnung abgetheilet, zweymahl abgeschrieben, und gebunden.

(23) R 550

172

(Abschrift M. Th. Püntener); alte Signatur auf Buchrücken: (ziemlich zerstört): No. 3: Auslegung des Vatter unser und Ave Maria. 3. Titel: Auslegung des Vater unser und Ave Maria. Einband: A, beschädigt; 35,6 x 21,7 cm, Dicke ca. 3,2 cm; p. je Doppelblatt (= 4 Seiten beschrieben) 1-109; auf Seite 1 rechts oben: Num. 5. Inc.-Exp.:... „Was zu rechter Buos christlichen Leben die Seligkeit sicher zu stellen erfordert wird. 1. Punct. Der Anfang, Mitel und das End ... Was in der Zeit und Ewigkeit glückhselig machen kan. Amen. Ein Ave Maria für den Schreiberlohn."

(Original); alte Signatur: No. 4, Tagreyssen in die Ewigkeit, Kunstlehr woll zu sterben. Titel: Tagreise in die Ewigkeit. Einband: A; Pergamentrücken; rote Notenlinien und schwarze gotische Buchstaben erkennbar. 22,1 x 16,9 cm, Dicke ca. 3,8 cm; p. alle 2 Doppelblätter 1-55; auf Seite 1, rechts oben: No. 1; eingeklebt: 7tes Buch. Inc.-Exp.: ..."Tagreyss der zukünftige Ewigkeit wie disse anzustellen, auch zu erlahmen die Kunst wohl zu sterben. Soll in eine wochendliche Tagordnung abgeteihlt werden. Eingang in diesses Werks. Was ist der Mensch ... allda dein Gott ewig in der Glory kanst anschauhen. Ammen."

(24) WE-Rtb 15 (Abschrift, Verfasser ?). Titel: Tagreise in die Ewigkeit. Inc.Exp.: „Eingang dises Werckhs: Was ist der Mensch? Staub und Aschen ... weilen die Liebe alles überwindet. Amen." (25) WE-Rtb 16 (Abschrift, Verfasser ?); alte Signatur auf Buchrücken: No. 4: Tagreis in die Ewigkeit künftig wohl zu sterben. Titel: Tagreise in die Ewigkeit. Einband: B. Inc.-Exp.: „Eingang dises Werckh. Was ist der Mensch, Staub und Aschen ... allda du Gott ewig in der Glori kanst anschawen. Amen." 5.

Himlischer Tugend Spiegl zu Christlicher Kinderzucht: eingebunden.

(26) R 549

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 5, Himmlischer Tugentspiegel, christlicher Kindter Zucht. Titel: Himmlischer Tugendspiegel und christliche Kinderzucht. Einband: A 1; 23,4 x 17,3 cm, Dicke ca. 4,8 cm; p. alle 2 Doppelseiten, 1-65; 35 Blätter nicht beschrieben. Inc.-Exp.: „Himlischer Tugendspigel christlicher Kinderzucht in welchen sich die Elteren zu ersehen ihre Kinder zu dem göttlichen Wohlgefallen zu erzihen. Nichts ist zu finden ... an welchem ein ewige Glükseligkeit hangt."

(27) WE-Rtb 17 (Abschrift, Verfasser ?); alte Signatur auf Buchrücken: Christliche Kinderzucht. Titel: Himmlischer Tugendspiegel und christliche Kinderzucht. Einband: B ; 22,6 x 17,5 cm; p. 1-106. Inc.Exp.: „Das erste Capitel Von groser Notwendigkeit einer gueten Kinderzucht 1. Nichts ist zue finden, welches dem christlichen Gesatz ... und zuer Haltung derselbigen andere anfieren. Amen." 6.

Von dem Amt eines Visitatoris zur Reformation deren Manns Klöstern. In Folio abgeschrieben und gebunden.

(28) WE-Rtb 18 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 6, sehr zerstört, zu entziffern: noch ... erhalten ... Erster Theil; auf Buchrücken: Dom. Jos. 7; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 7; auf erster Seite aufgeklebt: 6tes Buch, Erster Theil. Titel: (aus dem Inhalt geschlossen) Reform der Männerklöster, 1. Teil Einband: A; 23 x 16,5 cm, Dicke ca. 5 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-85). Inc.Exp.: „Das Ambt eines Visitators ... ihn den Gehorsamb dess man sich der (?) endgegengesetzt. In" 173

(29) R 536

7.

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 6, Von der Reformation der Mans Clöster 2ter theill. Titel: Reform der Männerklöster, 2. Teil Einband: A; Pergamentrücken: rote Notenlinien, schwarze Choralnoten, rote und blaue Initialen, schwarze gotische Buchstaben erkennbar; Einband leicht abgegriffen; 22,0 x 17,2 cm, Dicke ca. 5,4 cm; p. alle 2 Doppelblätter, 86-170; auf erster Seite aufgeklebt: 6tes Buch, anderer Theil. Inc.-Exp.: „Der (?) ... dass man sich mit den Weltlichen ... übereinklingt, Gott in dem Himmel anstimmmen. Amen."

Von der Visitation: wie sich ein Visitator insonderheit deren Frauen Klöstern zu verhalten habe. In Folio geschrieben, und gebunden.

(30) R 537

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 7, Von der Reformation der Frauwen Clöster, wie sich ein Visitator zu verhalten, Erster Theill. Titel: Reform der Frauenklöster; 1. Teil. Einband: A; Pergamentrücken: rote Notenlinien, rote und blaue Initialen, schwarze Noten und Buchstaben erkennbar 5,5 x 1,7 cm, Dicke ca. 3 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-54); auf Seite 1: rechts oben No. 7; eingeklebt: 3tes Buch, erster Theil. Inc.-Exp.: ... „Wie sich ein Provincial in der Visitation zu verhalten, in Sonderheit der Frauen Clösteren. Ein regularische Visitation ist und kan gleich gehalten werden ... dass kein Besserung mehr underhand geschehen kan."

(31) R 537

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 7, Von der Reformation der Frauwen Clöster, 2ter Theill. (später hinzugefügt: 3. B.) Titel: Reform der Frauenklöster, 2. Teil. Einband: A; Pergamentrücken: schwarze Noten und Buchstaben erkennbar. 22,5 x 17,4 cm, Dicke ca. 4,3 cm; p. alle 2 Doppelblätter (56-116); auf Seite 1 eingeklebt: 3tes Buch, ander Theil. Inc.-Exp.: „Wan nicht Gott mit... (?)... Gnaden die Hilf zieht... so ihn allso richte zeitlich und ewig zu genissen."

(32) R 537

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 7, Von der Reformation der Frauwen Clöster 3ter theill. Titel: Reform der Frauenklöster, 3. Teil. Einband: A; Pergamentrücken: rote Notenlinien, blaues Initial, schwarze Noten und Buchstaben erkennbar. 22,6 x 17,4 cm, Dicke ca. 5,8 cm; p. alle 2 Doppelblätter (117-202); eingeklebt auf Seite 1: 3tes Buch, 3ter theil.

174

Inc.-Exp.: „Wass dem Ambt eines Beichtvatter obligt... dass können Ursach wass mehrers zu begehren geben wird." (33) R 538

8.

(Abschrift M. Th. Püntener); alte Signatur auf Buchrücken: No. 7, Von der Reformation der Frauwen Closter, wie sich ein Visitator zu verhalten. 7. Titel: Reform der Frauenklöster. Einband: B 1, stark beschädigt; 35,5 x 21,0 cm, Dicke ca. 5,2 cm; p. jeweils 1 Doppelseite (= 4 beschriebene Blätter), 1-147; Seite 1: rechts oben Num. 13. Inc.-Exp.: „Jenes ... Wie sich ein Visitator in der Visitation zu verhalten, in Sonderheit der Fr. Klöster. Ein Regularische Visitation ist und kann gleich gehalten ... das kein Ursach, etwas andres zu begehren gegeben wird."

Himlisches Hofleben, in welchem allen Vorstehern, und Regenten des geist- und weltlichen Standes erkläret wird, wie ein Gott gefällige Regierung geführt werden solle, dabey die Seel ohne gefahr des Untergangs zu erhalten. 2. Theil: Zweymahl abgeschrieben, und gebunden.

(34) WE-Rtb 19 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 8, Himlisches Hofleben von den hochen Haubteren allen Vorgesetzten ein Gott wohlgefehlige Regierung kan gefiehrt werden. Erster Theil; auf Buchrücken: Dom. Jos. 12; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 12. Titel: Himmlisches Hofleben, 1. Teil. Einband: A, gewellt und abgegriffen; auf Pergamentrücken: rote Notenlinien, schwarze Choralnoten, schwarze und rote gotische Buchstaben sind erkennbar. 23,0 x 17,0 cm, Dicke ca. 4,5 cm; p. alle 2 Doppelblätter, 1-70. Inc.-Exp.: „Gott alls die ewige Weisheit in allen seinen Werken ... kann zu einer wahren Buss gut gemacht werden, nicht mehr zu sündigen." (35) R 548

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 8, Himmlisches Hofleben 2.ter theil. Titel: Himmlisches Hofleben, 2. Teil. Einband: A; auf Pergamentrücken: rote Notenlinien, rote Initialen, schwarze Noten und gotische Buchstaben erkennbar; 17,5 x 23 cm, Dicke ca. 4,5 cm; p. alle 2 Doppelblätter (71-138). Inc.Exp.: „Ist allso dass Zihl und End ... sowohl wider die Gerechtigkeit zu würckhen alls was zu wenig under". 175

(36) R 548

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 8, Himmlisches Hofleben 3ter theill. Titel: Himmlisches Hofleben, 3. Teil. Einband: B, aber mit 4 Lederbändem; auf Pergamentrücken: rote Notenlinien, rote und schwarze Initialen, schwarze Noten und gotische Buchstaben erkennbar. 17,6 x 23,1 cm, Dicke ca. 4,5 cm; p. alle 2 Doppelblätter (139-200). Inc.-Exp.: „gehe nicht abstraft... dass von Gott durch die". (37) WE-Rtb 20 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 8, Himlisches Hofleben 4.ter Theil; auf Buchrücken: Dom. Jos. 13; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 13. Titel: Himmlisches Hofleben, 4. Teil. Einband: A, abgegriffen; auf Pergamentrücken: rote Notenlinien, schwarze Choralnoten, schwarze und rote gotische Buchstaben erkennbar. 23,5 x 16,5 cm, Dicke ca. 5 cm; p. alle 2 Doppelblätter (201-275). Inc.-Exp.: „Und nicht können geschieden werden... ... dissen lieben, loben, anbetten ohne End mit allen Englen, Heiligen, Erwöhlten Gottes dess gantzen himlischen Hof. Amen." (38) WE-Rtb 23 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken; sehr verwaschen, daher kaum lesbar: Himlisches Hofleben ... 1. Theil. Titel: Himmlisches Hofleben, 1. Teil. Einband: B 1; 22,4 x 16,8 cm, Dicke ca. 4,4 cm; rot-gesprenkelter Schnitt; p. 1-58. Inc.Exp.: „Gott als die ewige Weisheit in alen seinen Werckhen ... sich alle Menschen müessen würdig machen, mit dem Himmel von Gott belonet zu werden." (39) WE-Rtb 22 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: No. 8, Himlisches Hofleben wie von den hochen Häubteren allen Vorgesetzten ein Gott wollgefellige Regierung kan gefiehrt werden. Anderer Theill. Titel: Himmlisches Hofleben, 2. Teil. Einband: A; hell-blau gesprenkelter Schnitt; 22,3 x 16,7 cm, Dicke ca. 4,7 cm; p. 493-1116. Inc.-Exp.: „Das 10. Capittel Wie der göttlich Will von den hochen Häubteren in der Gerechtigkeit soll erfihlt werden. Wie dise in den Gerichten von selbigen soll erhalten werden. Ist allso die Frag, wie dan die Gerechtigkeit... mit allen Englen, Heilligen, Auserwöhlten Gottes des gantzen himlischen Hofs. Amen." 176

(40) WE-Rtb 21 (Abschrift von ?). Titel: Himmlisches Hofleben. Einband: B; blau-rot gesprenkelter Schnitt. 22,4 x 17 cm, Dicke ca. 3,8 cm; p. 1-492; am Schluß: 2 Seiten Register. Inc.-Exp.: „Gott als die ewige Weissheit in allen seinen Werckhen ... mit dem Himmel von Gott belohnt zu werden." 9.

Schriften zur Reformation für die Praelaturn. 2. Theil. eingebunden.

(41) WE-Rtb 24 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 9, (Rest zerstört, bis auf ganz wenige Fragmente; lesbar:)... Reformation ...; auf Buchrücken: Dom. Jos. 11; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 11. Titel: Reform der Prälaturen. Einband: A, stark abgegriffen; auf Pergamentrücken: rote Notenlinien erkennbar. 22x 16,5 cm, Dicke ca. 4,3 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-59); auf S. 1: N. 3. Inc.-Exp.: „Ist und soll sein das Zihl und End einer Reformación, die nichts anders muss ihn das Werk richten ... dass sich der eigne Will muess verlassen, abtöden." (42) R 534

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 9, Reformation der Prelaturen, 2ter Theill; 9. Titel: Reform der Prälaturen, 2. Teil. Einband: A; auf Pergamentrücken: rote Notenlinien erkennbar. 22,2 x 16,6 cm, Dicke ca. 4,3 cm; 2 Schutzblätter vorne und hinten; auf der 1. Seite eingeklebter Zettel: „2tes Buch, anter Theil"; p. alle 2 Doppelblätter (60-113). Inc.-Exp.: „Da mus (?) ihn sein Urteihl gefangen geben ... Ihn dass Werk muess gericht werden."

(43) R 534

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 9, Reformation der Prelaturen, 3ter Theill; 9. Titel: Reform der Prälaturen, 3. Teil. Einband: A; stark abgegriffen; 22,2 x 16,6 cm, Dicke 4,3 cm; 2 Schutzblätter vorne und hinten; p. alle 2 Doppelblätter (114-211). Inc.-Exp.: „7. Punct. Das Novitziat betrefend, Der Wohl und Übelstand eines gantzen Ordens ... ihn so grossen Leyden, Angst um der Freüd des Himmels."

(44) R 534

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 9, Reformation der Prelaturen, 4ter Theill; 9 Titel: Reform der Prälaturen, 4. Teil. Einband: A; 22,8 x 16,8 cm, Dicke ca. 5,7 cm. p. alle 2 Doppelblätter (212-315). Inc.-Exp.: „Um gegen die allergröste ... der Himmel verlangt wird, so muess geschehen." 177

(45) R 534

(Abschrift - Püntener); alte Signatur auf Buchrücken, ziemlich beschädigt: ... Reformation für die Praelaturen; eingebunden in 4 Theil; N. 9. - aufgeklebt auf Einband: No. 9, Von der Reformation der Prelaturen, Erster Theil. Titel: Reform der Prälaturen, 1. Teil. Einband: B, aber mit 4 Lederbändern; abgegriffen; Rücken beschädigt, p. (nachträglich), 1-641. Inc.-Exp.:"... ist und soll sein das Zihl und End einer Reformation ... aber der Friden in das Werckh gericht werden." Letzte Seite: Inhaltsangabe. Innerer Einband: lat. Bleistifteintragungen.

(46) WE-Rtb 25 (Abschrift - Püntener); alte Signatur auf Einband: No. 9, Von der Reformation der Prelaturen, 2ter Theil, aufgeklebt. Aufgeklebt: Dom. Jos. 44. Titel: Reform der Prälaturen, 2. Teil. Einband: B; 22 x 16,5 cm, Dicke ca. 8 cm; p. 1-1204 (1085-1087 nicht beschrieben); letzte beiden Seiten (nicht nummeriert). Inhaltsverzeichnis. Auf innerem Buchdeckel mit Bleistift Bemerkungen zum Kodex. Inc.-Exp.: „85. 7. Punct Das Novitziat betreffent. Der Wohl, und Übelstand eines gantzen Ordens nimbt seinen Anfang von einem gutten und nicht gutten Noviciat... so muessen solche Werckh geschehen, die sich des Himmels wirdig machen." 10.

Regl eines Novitiat für junge Geistliche wohl nach dem Geist zu ziehen, wie auch die Unterweisung zum Betrachten kann geben werden. In einem Buch gebunden.

(47) R 546

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 10, Regel eines Noviciat für junge Geistliche woll nach dem Geist zu ziechen, wie auch die Undterweissung zu Betrachten kan geben werdten. Titel: Regel eines Noviziats. Einband: A. 24x 17 cm, Dicke ca. 4,8 cm. P. alle 2 Doppelblätter (1-76), teilweise sehr schlecht lesbar! Auf Seite 1, rechts oben: N. 4. Inc.-Exp.: „Auss Gehorsamb. Rägel eines Novitziat für junge Geistlich .... Weillen alles Unheyl seinen Ursprung ... mit Jesum und Maria ewig ihn dem Himmel glückselig läben. Amen."

(48) WE-Rtb 26 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: Regul eines Noviciat vier junge Geistlich, woll nach dem Geist zu ziehen 178

fier die Underweisung zur Betrachtung geben werden. Titel: Regel eines Noviziates. Einband B 1, gut erhalten; hell-roter Schnitt, leicht vergilbt. 21,2 x 15,7 cm, Dicke ca. 2,2 cm. P 1352. Auf Seite 1, links oben: Renovii 1731,29. Octobris; auf der letzten Seite (352), ganz unten: finivi describendo Renovii 1732, 11. Januarii. Laudetur Jesus Christus et Maria in aeternum. Inc.-Exp.: „Regel eines Novitiat für junge Geistliche wohl in dem Geist zu ziehen, und wie die Underweysung zu dem Betrachten kan gegeben werden ... und also mit Jesu und Maria ewig in dem Himell glückhseelig leben. Amen." 11.

Unterweisung zur Betrachtung für angehende Geistliche. In ein Buch gebunden.

(49) WE-Rtb 27 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 11, Wie die Novitzen in der Betrachtung des Innerlichen Gebett sollen undterwiessen werdten. 18; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 18. Titel: Noviziatsunterweisung über die Betrachtung. Einband: A, abgegriffen; auf Pergamentrücken: rote Notenlinien; schwarze Noten, schwarze und rote gotische Buchstaben (vergilbt) erkennbar; 22,5 x 16,8 cm, Dicke ca. 3 cm; p. alle 2 Doppelseiten (1-33); auf der letzten Seite von Dominica von Rottenberg vermerkt: „Lährunderweissung der Betragtung für die angehende Geistlich". Inc.-Exp.: „Wie die Novizen ihn der Betragtung dess Innerlichen Gebätt sollen underwissen werden. Wass dass stärkste und auch dass schwägste ihn der Welt bey allen Menschen zu finden ... nicht allein zeitlich, sonder ewig glückselig zu läben. Amen." (50) WE-Rtb 28 (Abschrift evtl. von P. Fintan Ledergerw). Alte Signatur auf Buchrücken: nur No. 11 lesbar, sonst vergilbt. Titel: Noviziatsunterweisung über die Betrachtung. Einband: B, vorne unten beschädigt; hell-rot gesprenkelter Schnitt. 22,3 x 16,8 cm, Dicke ca. 2 cm; p. 1-231, restliche Seiten nicht paginiert. Auf der Seite vor 1, rechts unten: P. Fintan. S. Galli Prae. 1728. Inc.Exp.: „Wie die angehente junge Geistliche in der Betrachtung des Innerlichen Gebett sollen undterwissen werdten. Was das sterckheste und auch das schwächeste ... wie du mich dorth in der Ewigkeit haben wilst." 179

12.

3. unterschiedliche Weeg der demuth für die Gelehrte(n). item grundRegl eines vollkommenen Lebens für die Religiösen. Mehr Regl für die Klosterfrauen. In einem Buch gebunden: zweymahl abgeschrieben.

(51) R 545

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 12, 3 undterschiedtliche Weg der Demuoth fir die Gelehrte. Mehr Grundregel eines vollkomnen Leben für die Religiösen; Regel für die Closterfrauwen in einem Buoch zusammbengebundten. Titel: Drei Wege der Demut u. a. Einband: A; 22,7 x 16,5 cm, Dicke ca. 7,3 cm. a) Auf Seite 1, rechts oben: Num. 11; „Lähmt von mir, ich bin sanftmühtig, demüdig von Hertzen, seind die Word der ewigen Wahrheit, in welchen der Welt ist geben die Lähr, das Exempel in dem Werk Christo nachzuvolgen. 1. Weg Sosich stelt in die Demuht. Wan wird angesehen ... im Himmel und auf Erden. Ammen." b) Auf Seite 1, rechts oben: Num. 89: „Sye, ich bin ein Dienstmagt dess Herrn, mir gesche nach deinem Word, meine (?) die allerseeligste Jungfrau alls sye durch den göttlichen abgesandten Ertzengl. ... ich bin sanftmühtig, demüdig von Herten. Amen." (Nach einer Leerseite nochmals eine beschriebene Seite mit eingebunden). . c) Auf Seite 1, rechts oben: Num. 88, ..."Die Grund oder Grundsatz eines wahren (?) Religiösen eines vollkommen läben besteht in den worden des Apostel Paulo: Ich läbe nicht mehr, sonder Christus läbt ihn mihr. Der Word ist dass Läben (?)... wass Gott in der Hl. Profession vorlebt (?) worden: armb, gehorsamb, keysch liss ihn dem Word zu läben. Amen." d) Seite 1, links oben: Num. 92, ... „Regl einer geistlichen Ordensperson, in welcher die Hauptpunkten eines vollkommen Läben bestehen, die Seligkeit... Gott allein soll seye hinfüro allso üben ... ihn welchen dan dass gantze Gesetz erfüllt wird." Eingelegt hinten: 4 lose Faszikel.

(52) WE-Rtb 29 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken, ziemlich vergilbt: Lehr der Demueth in einem 3fachen Weg vorgestellt. No. 12. Titel: Drei Wege der Demut. Einband: B 1, leicht beschädigt; rot gesprenkelter Schnitt; 21,2 x 16,3 cm, Dicke ca. 1,7 cm; p. 1-163. Auf Seite 1, links oben vermerkt: ... 17. 180

Decemb. 1729; auf der letzten Seite (163): finivi, 1730. 8. Febr. ... Inc.-Exp.: „Lehrnet von mir, ich bin sanftmüethig, demüethig von Hertzen, seind die Wort der ewigen Wahrheit... damit solche findest als den grösten Schatz in dem Himmel und auf Erden. Amen." (53) WE-Rtb 30 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: 12, Lehr der Demuoth in einem 3fachen Weg vorgestehlt; Dom. Jos. 40; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. IV. 40. Titel: Drei Wege der Demut. Einband: A 1, gut erhalten; rot gesprenkelter Schnitt; 21,5 x 16,7 cm, Dicke ca. 2,3 cm. Titel-Blatt vor eigentlichem Textbeginn: Unum in Tribus, Tria in una, Eins in Drey, Drey in Einem, das ist: Einfälthige Lehr der Demueth in einem 3fachen Weeg vorgestehlt; p. 1-173 (= die Hälfte dieses Bandes, der Rest ist leer und nicht paginiert.) Auf der Seite 1, links oben: „Incepi oboeido: 17. Decemb. 1729." Inc.-Exp.: „Lehrnet von mir, ich bin sanftmüethig demüethig von Hertzen, seindt die Wortt der heiligen Wahrheit ... damit solche findtest als den grösten Schatz in dem Himell undt auf Erdten. Amen." 13.

Von unterschiedlichen Materien: des göttlichen Willens, Gaben des heiligen Geistes: Lob und Barmherzigkeit Mariae. In ein Buch zusam(men) gebunden.

(54) R 544

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 13, Von Undterschidtliche Matteri des göttlichen Willen; Gaben des hl. Geists; Lob und Barmhertzigkeit Mariae. In einem Buoch zusammengebundten. Titel: Unterschiedliche Schriften. Einband: A; 22,9 x 15,8 cm, Dicke ca. 4,2 cm; p. nicht durchgängiga) ... „Allen erschafenen Creaturen ist gesetzt ein Zihl ... der glückseligen Ewigkeit. Amen." b) ... „Unfählbahre Grundrägel dess geistlichen Läben, den göttlichen Willen ungezweiflet zu erkännen und zu vollzihen geschehen kan. Erste Grundrägel Der nuhr will nachvolgen ... so muss nodwendig das Gelübt dess Gehorsamb ungüldig (?) gebeten werden". Letzte Seite: Num. 49, Unfehlbahre Grundregeln des geistlichen Lebens, den götlichen Willen ungezweiflet zu erkennen. Ist abgeschrieben. 181

c) Letzte Seite: Num. 36, Wie der göttliche Will in jedem Menschen wird herumgetragen als der kostbarste Schatz, der mitkeinem Wehrt zu vergleichen. Ist Abgeschrieben. ... „Wie der göttliche Will... (s. letzte Seite) Der göttlich Will als der Ausfluss der göttlichen Weisheit... sonder auss Lib, weill ehr selbst würdig ist." d) „Veni, veni, veni Sancte Spiritus Damit ich schreiben nach dem Befelch ... mir von dem Sohn Gottes selbst gezeigt wird." e) „Komme, o Gott Hl. Geist, erfülle ... und in disser Anfächtung gestanden." f) „Veni, veni... Damit ich schreibe nach dem Befelch ... welche mir gezeigt wird." g) ..."Steht mir bey zu vollzihen, was mir geschehen, daß ich schreibe von dem Lob Mariae. Gleich wie Maria das gröste Werk... Daß du auch mich samb allen Menschen undter dem Gewählt der selben leben und stutzen ... (vier Worte nicht lesbar). Amen." (55) WE-Rtb 31 (Abschrift P. Guinandus Primus); alte Signatur auf Buchrücken: No. 13, Von dem Lob und Barmhertzigkeit Maria: auch dem geheimen Leben Jesu, Maria und Joseph. Titel: Unterschiedliche Schriften. Einband: A; blau gesprenkelter Schnitt; 20,6 x 16,5 cm, Dicke ca. 3,5 cm. a) Von der Barmhertzigkeit Mariae, so sey den Sündern erzeigt (p. 1-69); „Gross ist die Barmherzigkeit Gottes... uns sterben fiehren wollest zum ewigen Leben. Amen." b) Beschreibung von dem Lob Mariae (p. 1-91); „Gleich wie Maria das gröste Werckh ... dich ewig loben. Amen." c) Beschreibung der Weis und Manier dess vereinigten Leben Jesu, Maria, Joseph (p. 1-64); „Stelle vor in dem allerheiligisten Willen Gott ... das Leben hier und dorth in Ewigkeit. Amen." d) Erklärung der Erkantnus Gottes und des Menschen (p. 1-62); „Wie notwendig die Erkantnus zur Vollkommenheit... mein Gunst und Gnad zu suechen." e) Erklärung der göttlichen Weisheit, wie dise sich nattürlich und ibernattürlich dem Menschen mittheilt (p. 1-27); „Mein Gott, du ewige Weisheit... das mueß geschehen hier und ihn alle Ewigkeit." 182

f) Von den Urtheill Gottes und Urtheill des Menschen (p. 1-11); „Groß und unbegreiflich seindt, o Gott, deine Urtheill ... einer vollkommenen, wirkhenten Buess." g) Von der Tugent der Demueth, selbsteigne Erkantnus, wie notwendig dise, der Hoffart zue entgehen (o. p.); „Gleich wie die Eigenschafft des nattürlichen Wassers ... dem höchsten Einfluß aller Schezen, Gaben und Gnaden." h) Von den 3 t(h)eologischen Tugenten, Glaub, Hoffnung und Lieb (o. p.); „Die menschliche Seel... dis kan ich in Wahrheit versicheren." (56) R 542

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: Von hochen Lieder Salomonis No. 16. Titel: Vom Hohenlied Salomons. Einband: B; 21,3 x 16,6 cm, Dicke ca. 1,9 cm; p. alle 2 Doppelblätter (128). Inc.-Exp.: „Mein himlisch und göttlich Lehrmaisterin Muedter Gottes Maria ... hingegen alle andtere verworfen. Von dem".

(57) WE-Rtb 32 (teils Original, teils M. T. Püntener); alte Signatur auf Buchrücken: No. 14, Auslegung über die hohen Lieder Salomonis, von eigner Handt; Dom. Jos. 22; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. IV. 22. Titel: Vom Hohenlied Salomons. Einband: B; 23,6 x 16,1 cm, Dicke ca. 4,4 cm: Vorgeschaltet sind 3 Bögen (= 24 Seiten, davon 21 beschrieben), von M. T. Püntener; auf p. 24 handschriftlich D. v. Rottenberg: „Eingang der hohen Lyderen Salomonis, 3 Bögen. Der Text Pünteners ist teilweise von D. v. Rottenberg korrigiert. Inc.-Exp.: (Die ersten 14 Zeilen durchgestrichen, dann:) „Gottes Allmacht, welche nicht allein stell... zu Euch geschehen muess". (Die letzten 2 Worte von D. v. Rottenberg, die beiden letzten Zeilen durchgestrichen). Es folgt teilweise Handschrift D. v. R's, aber der meiste Text ist von M. T. Püntener geschrieben. Inc.-Exp.: „Erstes Capitel, erster Vers: Ehr küst mich mit dem Kuss seines Mundtes. Ein verwunderlicher Eingang disses Salomonischen Tex (D. v. Rottenberg)... des thiefen der Gewissen (?) vorgestelt wird." 15.

Von der Gnad, auch anderen unterschiedlichen Materien hohre Sachen: Beantwortung deren Fragen der gelehrten wegen einigen Einwürffen. In ein Buch zusam(men) gebunden. 183

(58) WE-Rtb 33 (verschiedene Abschriften); alte Signatur: no. 15, Von der Gnadt und der Seil; Auslegung der vollkommnen und unvollkommenen Reuw undt Leidt. Titel: Von der Gnade (u. a.). Einband: D; blau gesprenkelter Schnitt; 21,6 x 17 cm, Dicke ca. 3,7 cm. Sammlung verschiedener Abhandlungen: a) Von der genuogsamben Gnadt, wie disse zu verstehen. b) Wie die genuogsamme Gnad zu verstehe seye, die einem jeden Menschen geben. Und aber bey dem wenigsten Theill genuogsammb ist zur Seelligkeit. Mitten in der Abhandlung beginnt Paginierung (1-15). c) Ihr Wohlken thauwet herab und ergiest den Gerechten (p. 17111).

d) Es hat auch Gott in den 4 Theillen der Erde seine Gnadten dem Menschen gesendt (p. 113-147). e) Die Freyheit des Willens neben der Gnad, ohne Zwang (p. 148-263). f) Handlet von dem freyen Willen des Menschen (o. p.). g) Auslegung des freyen Willen wegen der Sindt (o. p.). h) Wie die Gnadt in ihrer Wirkhung gross odter klein zu erkönnen bey den geschehenen Mirakien (o. p.). Incipit und Explicit des Gesamtbandes: „Von der genuogsamben Gnadt wie disse zu verstehen Gott erfile mit seiner Gnadt die Hertzen aller Menschen ... was allso geschehen soll, das muess sein und bleiben in alle Ewigkeit. Amen." 16.

Beantwortung deren fragen: Erklärung der Einwürffen der Gelehrten wegen einigen Schriften von unterschiedlichen Materien. In 7 Büchern eingebunden.

(59) WE-Rtb 34 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 29 (später), underschidliche hohe Fragen, No. 16. Auf dem Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 29. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 22,8 x 16,8 cm, Dicke ca. 1 cm. R alle 2 Doppelblätter, aber nicht durchgehend. Inc.-Exp.: „Wie die Gnad ihn ihrer Würkung gross oder klein zu erkännen in geschehenen Miraculen. Erstlich ist die Frag in wass ein Miracul bestöht... soll das nicht sein und bleiben in alle Ewigkeit. Amen." 184

(60) WE-Rtb 34a (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 26 (später), Underschiedliche Lehren und Fragen No. 16. Auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 26. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 22,7 x 16,8 cm, Dicke ca. 2,3 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-44). Inc.-Exp.: „Erste Frag In was bestöht die genugsamme Gnad zur Seligkeit? Wie disse zu erkönnen, wenngleich das Zihl und End nicht erreicht wird. Die Gnad wird geben durch ein ... und ziht dan endgüllig in den Himmel. Amen." (61) WE-Rtb 35 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 30 (später), ... 2 verwaschene Zeilen ... No. 16. Dom. Jos. 30 (später). Auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 30. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 22,3 x 16,5 cm, Dicke ca. 2 cm. Auf Deckblatt von D. v. Rottenberg: „Wie ein guter Geist zu erkännen ihn der übernatürlichen Gnad des beschaulichen Gebätt. Offenbahrung." (31 Bögen ist durchgestrichen.) Ist abgeschrieben. Inc.-Exp.: „Gott, welcher alles anwendt, das menschliche Hertz zu seiner Liebe zu zihen ... so in der Gnad soll empfangen werden. Amen." (62) WE-Rtb 36 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 23 (später), Hohe Fragen No. 16. Auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 23. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 22,6 x 16,2 cm, Dicke ca. 3,6 cm; p. alle 2 Doppelblätter (158). Inc.-Exp.: „Ist die Frag, wahrumb keiner weiss, ob ehr der Lib oder Hass würdig. Die Gnadenwahl ist ein freywillige göttlich Libsschenkung ... das himlische Reich als sein Eigendumb in alle Ewigkeit zu besytzen. Amen." (63) R 543

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: Hoche Lehren No. 16. Titel: Hohe Lehren (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 21,7 x 16,4 cm, Dicke ca. 5,2 cm; o. p. Inc.-Exp.: ..."Wenn ein König oder grosser Mensch ... fyr zeitlich und ewig glükselig kan läben. Amen."

(64) WE-Rtb 38 (M. T. Püntener); alte Signatur auf Buchrücken: Underschidliche Lehren No. 16; Dom. Jos. 32 (später). Auf Einband aufge185

klebt: Dom. Jos. N. 32. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 22,1 x 16,2 cm, Dicke ca. 1,5 cm. a) Das die Barmherzigkeit Gottes über alle seine Werck (D. v. Rottenberg ergänzt: ist abgeschrieben). (Erste Seite, Num: 23). b) Gott, so dem Menschen geben einen freyen Willen ... (Erste Seite, Num: 20). c) Erleitherung von der Verzuckhung der Seel, ob selbige durch die Verzuckhung widerumb erlange die erste Reinigkeit. Zum anderen, ob sey widerumb in das jenige verfället, das sey vor ihrer Erschaffung gewesen (Letzte Seite: Num. 50). d) Henkhet von dem innerlichen Seelenstand die Weis und Manier selbigen zur Vollkommenheit zu führen. e) Erklöhrung der grossen Gnaden des Beruoffs und warumb das so vill zugrund gehen in dem geistlichen Ordensstand, unangesehen es ein so grosse Gnad (Letzte Seite: Num. 22; D. v. Rottenberg: ist abgeschrieben doplet). f) Wunderbahrlich o Gott seind deine Werckh (Letzte Seite: Num. 29; D. v. Rottenberg: ist abgeschrieben). g) Von Versuchungen (Letzte Seite: 16. Sept. 1703, Num. 113; D. v. Rottenberg ergänzt: ist abgeschrieben). h) Von der Vollkommenheit in Liebe, Hoffnung und Glauben durch die Demueth (Letzte Seite: Num. 41; Dom. v. Rottenberg: ist abgeschrieben). i) Erste Seite: Num. 44, Jesus, Maria, 4 Bögen von der Demuet so dictiert (D. v. Rottenberg: ist abgeschrieben). k) Jesus Maria, Erklährung zwischen dem materialischen Feüer und dem höllischen Feüer. 1) Num. 30, Von der Wircklichkeit der Grösse göttlicher Liebs (D. v. Rottenberg ergänzt auf letzter Seite: Ist abgeschrieben). Incipit und Explizit nur für das Gesamtwerk: „Dein Barmhertigkeit o Gott... der göttlichen Liebe vorstellet und presentieret." (65) WE-Rtb 39 (M. Th. Püntener), alte Signatur auf Buchrücken: Hohe Lehren No. 16. Auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 42. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 20,3 x 15,8, Dicke ca. 0,7 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-13); Schlußblatt: 186

Num. 46 (durchgestrichen). Das Leben Jesu, Mariae und Joseph mehr übernatürlich als natürlich. (D. v. Rottenberg: 13 Bögen). Inc.-Exp.: „Jesus Maria und Joseph, zu euch erhebe mein Hertz ... so da gibt das Leben hier und in Ewigkeit." (66) WE-Rtb 37 (1. Teil: M. Th. Püntener, 2. Teil (?)); alte Signatur auf Buchrücken: Erkantnus Gott und seiner selbst. No. 16. Auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 37. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 23,3 x 17,1 cm, Dicke ca. 1 cm. Erster Teil: p. alle 2 Doppelseiten (1-7). Auf der letzten Seite von 7 schreibt M. T. Püntener: Von Erkentnis Gottes und Erkentnis seiner selber. D. v. Rottenberg: Ist abgeschrieben. Zweiter Teil: p. 1-41. Inc.-Exp.: 1. Teil: „Mein Gott und Herr, du Fiehr ... das mich gezwungen, mein Gennus und Gnad zu suochen." 2. Teil: „Tägliche Betrachtung und zu Ehren der 15 Geheimnussen des Hl. Rosenkrantzes ... eines solchen Streyts aus Lieb gegen Gott, welcher alles iberwindt." (67) WE-Rtb 40 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: Hoch Fragen No. 16. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; blau gesprenkelter Schnitt; 22,5 x 17,2 cm, Dicke ca. 1 cm. Inc.-Exp.: „Ist die Frag, was umb keine Weiss ob er der Lieb oder dess Hass wirdig ... Die Gnadenwahl ist ein freywillige ... das himlisch Reich als sein Eigenthumb in alle Ewigkeit zu besitzen." (68) WE-Rtb 41 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: Hohe Lehren No. 16. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: B; 21,2 x 16,2, Dicke ca. 1,8 cm; blau-gesprenkelter Schnitt; p. 125-201 = 1. Teil, 5 leere Seiten o. p.; p. 1-161 = 2. Teil. Inc.-Exp.: 1. Teil: „Der Grundsatz eines wahren Religiösen eines vollkommenen Lebens besteht in den Worthen des H. Apostels Pauli: Ich lebe nicht mehr, sonder Christus lebt in mir. Der Dott ist das Leben der Vollkommenheit... arm, gehorsam, keusch bis in den Dott zu leben. Amen." 2. Teil: „Lehrnth von mir, ich bin sanftmiethig undt demiethig von Hertzen, seindt die Worth der ewigen Weisheith, in weclher ist geben die Lehr des Exempel in dem Werckh Christo nachufolgen. Erster Weg so sich stehlt in die Demueth: Wan wirdt angesehen, was das gröste ... den grösten Schatz im Himel undt auf Erden. Amen." 187

(69) WE-Rtb 42 (Abschrift von P. Guinandus ?); alte Signatur auf Buchrücken, sehr beschädigt: Underschidliche Fragen und Behauptungen No. 16. Titel: Hohe Fragen (Teil einer 7bändigen Sammlung). Einband: D; 23 x 17,5 cm, Dicke ca. 2,7 cm; hell-blau gesprenkelter Schnitt; letztes Fünftel nicht beschrieben. Inc.-Exp.: „Frag: In was die Meinung besteht? Die Meinung ist ein Wirckhung des Willens ... das der Himel solchen Gehorsamb zur Belohnung kan geben werden. Amen." (70) R 541

188

(Sammelkodex). Alte Signatur auf Buchrücken: Hoche Fragen, No. 18. Titel: Hohe Fragen. Einband: B; 12,2 x 15,4 cm, Dicke ca. 1,2 cm. a) (Schrift ?); Abhandlung; p. alle 2 Doppelblätter (2-4); „Frucht zur Hoffnung ... Einfluß aller Schäzen, Gaben und Gnaden." b) (Original); unterschiedliche Größe der Blätter; p. je Doppelblatt (1-8); auf Seite 1, rechts oben: Num. 32; auf der letzten Seite Titel: Wie die Seel von Gott zu einer Nisung der Lib erwöhlt und die Übung derselben ihn der höchsten Vollkommenheit an ihr zeigen. Ist abgeschriben. „Die Seel welche aus Gott... der lehren so der seind noch verborgt (?)." c) (Schrift ?), letzte Seite Titel: Num. 4 Von dem Urtheil Gottes, „ist abgeschriben." d) (Schrift ?), letzte Seite Titel: Num. 116: Von dem Urtheil Gottes und Urtheil des Menschen, „ist abgeschriben." e) (Schrift ?); Ansprach von der göttlichen Liebe. f) (Schrift ?), letzte Seite Titel: Num. 31: Von dem göttlichen Schluß, von Ewigkeit des göttlichen Willen, „ist abgeschriben." g) (M. Th. Püntener), Seite 1, rechts: Num. 19: „Die Erschaffung der Seel steht aliso in der Gleichheit Gottes ... genugsam kan geehrt, geschetz und glorificiert werden." h) (Original); Titel auf abgerissenem Blatt, beigebunden: Wie die Hoffnung auf Gott von der Demuth muss aussgehen, selbsteigene Erkandnus. „Jesus ... Die wahre Demuht gibt den Glauben ... kan hinwäg nähmen." i) (M. Th. Püntener); „Warhaftig der ... zu dem geistlichen Stand."

k) (Original), Seite 1, rechts oben: Num. 73, „Die menschlich Seel alls das wahrhafte Ebenbild Gottes ... die Creützigung Christi, aus welcher gezogen worden die menschliche Erlösung." 17.

Unterschiedliche Reformations Schrifften: Unterweisung deren Exercitien: Einrichtung der Bibliothec, und Communitaet deren Manns Klöstern: Unterweisung von der Communion der neu angehenden Geistlichen. In fünf Bücher eingebunden.

(71) R 533

(Sammelkodex, a) = Original); alte Signatur auf Buchrücken: Josepha a Rottenberg. Titel: Verschiedene Reformschriften. Einband: Pappe, Lederrücken; 24,5 cm x 16,5 cm, Dicke: ca. 3,7 cm. Braune Schutzblätter vorn und hinten, linker Schutzumschlag vorn: alte Signatur: R 557. Eingeklebte Seite: Verschiedene Reformationsschriften von Josepha a Rotenberg etc., eingeklebter Zettel: Wie die Comunitet in einer gantzen Provintz einzurichten. a) (Original); p. alle 2 Doppelblätter (1-13), auf Seite 1, rechts oben: Num. 86., „Die Communität alls ein Haubtschuldigkeit des geistlichen Ordensstand ... alles anders ein vergeblich Arbeyd, lähres Zeitverlihren." b) (Abschrift von ?); „Ein Communitet fir ein gantze Provintz einzurichten. Wie die Mittlen einer Suma Gelt in die Handt zu bringen auf folgendte Weis: 1. Punct. aller Conventer der gantzen Provintz ... das solches nothwendig." c) (Abschrift von ?); „Discursus Patheticus de Sacrificio Amoris Dei." Pro Jubilaeo Rmi. Dni. D. Geroldi 2di, Abbatis Rhenoviensis ab Venerabiii Matre Dominica Josepha a Rotenberg, Priorissa Monrii. Vallis S. Catharinae in Dießenhoven formato. 31. Octobris Anno 1723. „Was der grose Prophet Jeremias ... undt gebe dir ewige Ruohe. Amen." P. (1-41), dazwischen ein anderer Faszikel eingebunden, 8 p., Septembri 1723 und eine lat. Schrift vom 27. Sept. 1723). d) (Abschrift von ?); Ordinationes, so von M. Dominica Josepha a Rottenberg, Priorissa vallis S. Catharinae, dem Reformierten Closter in Wihl gemacht hat. Anno 1726. ..."Mein Schwester, du bist mir ein verschlossener Gartten, ein versigleter Bronnen. Also sagt der himlische Bräutigamb ... wie solche läzlich angefangen werden." P. (1-181). 189

e) (Abschrift von ?); ... „Ist die Frag, in was die heilligmachendte Gnadt bestehen, wie sie in ihrer Würckhung zue erkennen und ob solche nodtwendig oder nicht zur Seligkeith seye. - Ein Baum, der nicht guethe Früchten bringt... welches in dem Willen hat." P. (81-164). f) (Abschrift von ?); „Wie die genuegsambe Gnadt zu verstehen seye, die einem jedem Menschen gegeben. Und aber bey dem wenigisten Theill genuegsamb ist zur Seeligkeit. - Gott hat bey Erschaffung eines jeden Menschen... muess geglaubt werden." P. (1-47). (72) R 535

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: Einrichtung der Comunitet vor die Mans Clöster. No. 17. Titel: Verschiedene Reformschriften. (Von der Reform der Männerklöster). Einband: B; 22,8 x 15,9 cm; Dicke ca. 1,7 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-26). Inc.-Exp.: „Wass ist von Gott zu glauben ... Zu dem Eingang des Himmels alls zu dem ewigen Läben. Amen."

(73) R 540

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: Von der Comunionunderwaissung der ney-angehenten Geistlichen. No. 17. Titel: Verschiedene Reformschriften. (Kommunionunterweisung). Einband: B; 22,7 x 16,4 cm, Dicke ca. 2,8 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-38). Inc.-Exp.: „1. Kapitel Wie die Lährunderweissung der Weltlichen auch Geistlichen zur Hl. Comunion soll geben werden, wie sich zu verhalten haben. Nichts grösser Gott der Welt geben ... mit allen Englen und Heiligen zu liben und zu loben. Amen."

(74) WE-Rtb 43 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 33 (später), Wie ein Reformation anzufangen. No. 17; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 33. Titel: Verschiedene Reformschriften. (Wie eine Reform anzufangen ist). Einband: B; 21,9 x 16,4 cm; Dicke ca. 2,3 cm. Inc.-Exp.: „Wie ein Reformacion anzufangen und zu füren geschehen soll um die Gewüssens-Früchten verlangt werden zu geniessn. Als .. (?). suchen beyden Wahrheiten ... zu einem gewüssen End zu bringen. Amen." 190

(75) WE-Rtb 44 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 27 (später), Underweissung in der Revormation. No. 17; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 27. Titel: Verschiedene Reformschriften: (Unterweisung in der Reform). Einband: B; 22,4 x 16,5 cm, Dicke ca. 1,8 cm; a) „Mein Schwester, du bist mir ein verschlossener Garden, ein versigleter Brunnen"; letzte Seite: Exercitien zu dem Eingang der Ordenation so zur Reformacion dess Closters Wihl beschiden worden. b) „Ich hab gefunden, den mein Seel libt, ich will ihn nicht mehr endlassen, seind die Word der Braud"; letzte Seite: Exercitien für die Reformacion zu dem Eingang der Ordenation beschieden der ney Clöster der triden Rägel des hl Francisci. c) „Mirabilis Deus - wunderbahrlicher Gott Das Word ist Fleisch worden und hat ihn uns gewohnt"; letzte Seite: Ledigen Exercitien so von den Priesteren verlangt worden. d) „Alle, die ihr vorübergeht, sehet, ob ist ein Schmerz wie der meinige". Inc.-Exp. für den Gesamtband: „Mein Schwester... Allso sagt der himmlische Bräudigamb ... Ich will liben über alles. Amen." (76) WE-Rtb 45 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 25 (später), Underweissung, wie die Exercitien zu machen. No. 17; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 25. Titel: Verschiedene Reformschriften. (Unterweisung, wie die Exerzitien zu machen sind.) Einband: B; 22,9 x 17 cm, Dicke ca. 1,5 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-22). Inc.-Exp.: „Capitel Wie die Underweissung zu geben für die Exercitien, disse nützlich zu machen. Ein Perspektiv wird gekauft und diend dem Menschen zumb Bossen ... Gott soll mein will sein jetzt und ihn alle Ewigkeit. Amen." (77) WE-Rtb 46 (Original); alte Signatur auf Buchrücken, Einrichtung der Pibliothekh. No. 17; auf dem Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 38. Titel: Unterschiedliche Reformschriften. (Einrichtung der Bi191

bliothek). Einband: B; 22,3 x 16,7 cm, Dicke ca. 1,5 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-18). Inc.-Exp.: „Ein ihn dem Closter wohl eingerichtete Bibliodek... Gott, dass disser ihr Lehrer ewig sein wird. Amen." (78) WE-Rtb 59 (Original); alte Signatur auf Buchrücken, Undterschidliche Reformationsschriften. No. 2. Dom. Jos. 21 (später); auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 21. Titel: Unterschiedliche Reformschriften. Einband: B; Inhalt: 3 verschnürte Schriftenbündel je ca. 21,9 x 16,6 cm. 1. Rägel eines geistlichen Läben so einem Priester geschrieben worden. 2. No. 9 Schriften zur Reformation fir die Prelaturen von eigener Hand, 378 Bögen. 3. Num. 67. „In wass Gefahr der Beichtstull einen Beichtvatter stellen kann, in Sonderheit was die Unlauhterkeit Erstlich wan ein Natur ... wird möglich sein in das Werk zu richten." (79) WE-Rtb 47 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: No. 17 Underweissung von der Communion. Titel: Unterschiedliche Reformschriften. (Kommunionunterweisung). Einband: B; 22 x 16,3 cm, Dicke ca. 1,3 cm; hell-blau gesprenkelter Schnitt; p. 1104; 32 Seiten o. p. Inc.-Exp.: „Capitell: Wie die Lehrunderweisung den Weltlichen, auch Geistlichen zur Hl. Communion soll geben werdten. Wie sich dise zu verhalten haben. Nichts grösseres Gott der Welt geben ... mit allen Englen und Heiligen zu lieben und zu loben. Amen." (80) WE-Rtb 48 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken, Wie die Underweisung von der Comunion zu geben. No. 17. Titel: Unterschiedliche Reformschriften. (Kommunionunterweisung). Einband: B; 20,6 x 15,9 cm; Dicke ca. 1,4 cm; hell-blau gesprenkelter Schnitt; p. 1-161. Inc.-Exp.: „Wie die Lehr undt Undterweisung denen Weltlichen auch Geistlichen zur hl. Communion soll geben werden, wie sich disse zu verhalten haben: Nichts grösseres hat Gott der Welt geben ... mit allen Englen undt Heiligen zu lieben undt zu loben. Amen." 192

(81) WE-Rtb 49 (Abschrift von P. Guinandus Primus); alte Signatur auf Buchrücken: No. 17 Von der Reformation der Mansclöster die Comunität erlangt. Titel: Unterschiedliche Reformschriften. (Von der Reform der Männerklöster). Einband: B; hell-blau gesprenkelter Schnitt; 22,8 x 17 cm, Dicke ca. 1,3 cm. Inc.Exp.: „Von dem Gelibt der Hl. Armuoth, Einrichtung der Communitet, Was ist dan Gott zu glauben ... Zue dem Eingang als zue dem ewigen Leben. Amen." (82) WE-Rtb 50 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken, Underweisung wie Exercitien zu machen. No. 17. Titel: Unterschiedliche Reformschriften. (Unterweisung, wie Exerzitien zu machen sind). Einband: B; hell-blau gesprenkelter Schnitt; 21,7 x 16,6 cm, Dicke ca. 1,2 cm; p. 1-128. Inc.-Exp.: „Undterweissung wie die Exercitien nutzlich können gemacht werdten zu einer solchen Buoßleydter ohnfehlbar sicher auf solcher in den Himel zu steigen. Ich muoß sterben, weiß nicht wan ..Ich leb, weiß nicht wie lang. Alles, was Gott geschaffen ... so mueß du die Gelegenheit meidten." (83) WE-Rtb 61 (Original, M. Th. Püntener u. a. Abschriften); alte Signatur auf Buchrücken: Dom. Jos. 28 (später), Underschidliche Lehren. No. 18; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 28. Titel: Unterschiedliche Schriften. Einband: B; 23,5 x 17,3 cm, Dicke ca. 1,5 cm; Inhalt: a) Erste Betrachtung von dem Zihl und End, warumb der Mensch erschaffen: allein seinen Gott zu lieben und zu dienen. b) Reüh und Leyd, Glaub, Hofnung und Lieb ... c) Gnadenmittel und Weiss die rächte Libe Gottes zu bekennen durch die Erkandnuss: Gott ist alles und der Mensch nichts. (Letztes Blatt: Num. 2, ist abgeschrieben.). d) Einer grossen Liebe Gottes wirdt erforderet... e) Ein Baum, der nicht gute Früchten bringt, soll ausgehauen und in das Feür geworfen werden. (Letztes Blatt: Num. 2, ist abgeschrieben.). f) Die Ursachen innerlicher Verlassenheit und Truckenheit des Geists. (Letztes Blatt: Num. 58, ist abgeschrieben; Num. 58 auch auf erstem Blatt oben.). 193

Inc.-Exp. des Gesamtbandes: „Eine Betrachtung... Was ist Gott als ein unendtliches Wessen, so Himmel und Erden Übertrift... Übergab dess eigenen in den göttlichen Willen." (84) R 554

18.

(Sammelkodex unter 1.: Fragmente von M. Th. Püntener); alte Signatur auf Buchrücken: Institution, Ascetica. Titel: Unterschiedliche Reformschriften. Einband: Pappe; Rücken: Leder; 36,4 x 24 cm, Dicke ca. 1,2 cm; braune Schutzblätter vorne und hinten; Inneneinband alte Signatur: R 800. Inhaltsverzeichnis: unter 1.: Josepha von Rotenberg: Unterschiedliche Reformationsschriften. a) Erste Seite oben: Num. 81, „Ein heiliges j a göttliches Leyden ist... in Erzeigung der Werchken." Dann folgt: „Ein Communitet fir ein gantze Provinz einzurichten ... 1. Punct Alle Conventer der gantzen Provintz ... Ich kenne euch nicht." b) „Mein Gott, ich bitte dich... nichts menschliches darbey finde." c) „Was der gantzen Kirchen zum Flor und Aufnahm geschehen kan, ist die Reformation aller geistlichen Ordensständ. Die Ursach der vor Augen schwebenten grossen Gefahren ... zu sehen den Seelen, wie sie der Holl zufahren." d) „Wie ein Reformation anzufangen, fortzufiehren geschehen soll, wan die gewiste Fliehten verlangt werden zu geniessen. Als Moyses zu dem brünnenten Dornbusch wollte ... so ist das Gesetz erfüllt, mehr verlangt Gott nicht. Amen." e) (Nicht M. Th. Püntener), „Die Communitet als ein Haubtschuldigheit... es ist ein ..." f) „Was eines aus den nothwendigsten Stuckten, so zu einer Reformation soll und muos gezogen werden, ist der weltlich Priesterstand. Ein Vöstung vor dem Feind zu verwahren ... durch alles kann meglich gemacht werden."

Schriften zur Unterweisung die innerliche Gemüthsruhe zu erhalten. Zweymahl geschrieben, und gebunden.

(85) WE-Rtb 53 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: No. 18, Schriften zur Undterweissung wie die Innerliche Gemuethsrueh zu erhalten. 194

Dom. Jos. 8 (später); auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 8. Titel: Wie die Innerliche Gemütsruhe zu erhalten ist. Einband: A, aber mit roten Stoffbändern; 23 x 17 cm, Dicke ca. 5,7 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-88). Inc.-Exp.: „Capitel Wie die Underweissung soll geben werden zu erhaltung der Innerlichen Gemühtsruh und was für Mittel da zu gebrauchen. Ein sichere Schiffahrt auf dem Mehr ... in einer ewigen Glükseligeit werden geniessen. Amen." (86) WE-Rtb 54 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: No. 18, Schriften zur Undterweissung wie die Innerlich Gemuethsruh zu erhalten. Titel: Wie die innerliche Gemütsruhe zu erhalten ist. Einband: D; rot gesprenkelter Schnitt; 20,8 x 16,2 cm, Dicke ca. 2,5 cm. Inc.-Exp.: „Unterweisung zu der Erhaltung der innerlichen Gemüths-Ruhe und was für Mittel zu gebrauchen? Gleichwie eine sichere Schiffahrth auf dem Meer ... in seiner ewigen Glickseligkheit werden genüessen. Amen." Letzte Seite: Register. (87) WE-Rtb 55 (Abschrift R Guinandus Primus); alte Signatur auf Buchrücken: No. 18, Schriften zur Undterweissung wie die Innerliche Gemuethsrueh zu erhalten. Titel: Wie die innerliche Gemütsruhe zu erhalten ist. Einband: D; hell-roter Schnitt; 22 x 16,7 cm, Dicke ca. 4,3 cm. 1. Teil Regel eines Noviziat fir junge Geistlich woll nach dem Geist zu ziehen und auch die Undterweisung zu betrachten kann geben werdten. R 1-300 Inc.-Exp.:. „Weillen alles Unheill seinen Ursprung von einer üblen Zucht ... ewig in dem Himmel glücksellig leben. Amen." 2. Teil: Capitel - Wie die Undterweissung geben werdten zu Erhaltung der Innerlichen Gemiethsruoh und was fir Mittel zu gebrauchen. P. 1-147 (p. nur jede 2. Seite). Inc.-Exp.: „Ein sichere Schiffahrt auf dem Meer ... in einer ewigen Glückhselligkeit werden geniessen. Amen." 20.

Schrifften, welche die Frau Dominica Josepha in dem letzten Jahr ihres Novitiats, und gleich darnach zweyen Klosterfrauen dictiret hat, in etwelchen Bögen bestehend. 195

(88) R 554 a

(Original, M. Th. Püntener u. a.); alte Signatur, aufgeklebt auf Einband: No. 20 Alls die in Gott ruehendte Frau Muetter Priorin Dominica Josepha von Rottenberg des leste Jahr sich noch in dem Noviciat befände, hat sie dise Schriften heimlich 2 ihr verdrauten Closterfrauen dicdiert vor der alten Crucifixdaffl, die in der Kirchen bey dem Comunionstiellein zu finden. Mit disen ihren Schriften ein Anfang gemacht. Titel: Verschiedene Schriften der frühen Ordensjahre. Einband: Pappumschlag: 36 x 24,4 cm; p. (später eingeführt) 1-130. a) (M. Th. Püntener); Datierung Seite 1, links oben: 6. August 1705. „Mein Gott, du ewige Weisheit... der Liebe gegen Gott und den Menschen" (1-31). b) (M. Th. Püntener);, Seite 1, rechts oben: Num. 38. „Mein Gott und alles, alles bistu in dem Liecht meines Glaubens ... so woll in dem Neuwen als Alten Testament". Letzte Seite: Deus Omnia, Von dem göttlichen Alles und Wirckhung der göttlichen Lieb. 5 Bögen. (33-52). c) (Original); „Mein Gott, du ewige Weisheit ... weill Gott nichts mehr verlangt." Letzte Seite: Num. 115, handlet von der Beicht und Anzeigung der Zall in dem nattürlichen und ubernattürlichen Liecht. (53-60). d) (Abschrift?); „Ich sihe die Hochheit Gottes ... von der allerheiligsten Dreyfaltigeit, dise". (61-68). e) „Stelle ich vor in ihrer selbst... seines göttlichen Willens". (69-75). f) Seite 1, oben: Num. 24. ..."Die Freyheit des Willens nebent der Gnad ohne Zwang zu brobieren, wird durch volgente Gleichnussen dem Verstand zu fassen vorgestelt ... damit sich der Mensch des Himmels wirdig macht." (77-84).

196

g) ..."Alle die ihr vorübergeht, sehet ob auch ein Schmertz wie der meinige. Dise Thrauer oder Klagstim ... chne die Gnad aber ist nicht meglich, selig zu werden." (85-100). (Lose Faszikel) h) (M. Th. Püntener); „Mein Gott, du ewige Weisheit, wie hoch und unbegreiflich sihe ich dich .... das muoss geschehen hier und in alle Ewigeit." (103-112). S. 114: Num. 119: Erlährung über die Weüsheit des hl. Thoma von Aquin. 3 Bögen. - Ist abgeschriben. i) (Abschrift); „Die Freyheit des Willens nebent der Gnad ohne Zwang zu probieren, wirdt durch volgende Vergleichnussen dem Verstand zue fassen vorgestellt ... damit sich der Mensch des Himels würdig macht." (89) WE-Rtb 404 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken, sehr beschädigt und kaum lesbar: ... Examen zu einer Generalbeicht. No. 21. Titel: Examen zur Generalbeichte. Einband: Pappeinband (abgegriffen), 4 weiße Stoffbänder in Einband eingezogen zum Verschliessen; 22,2 x 17 cm, Dicke ca. 2,4 cm: p. 1-141,2. Hälfte ohne p. Inc.-Exp.: „Capitell Die Underweyssung zur Beicht von einer LeyenschwesterenMeysterin für die Weltlichen, so in das Closter kommen, geschehen soll. Eines aus den nothwendigsten ... helfe mihr Gott Vatter, Sohn undt heilliger Geist. Amen." 22.

Staffl der Demuth.

(90) WE-Rtb 63 (M. Th. Püntener); alte Signatur auf Buchrücken: 12 Staffel der Demueth. No. 22; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 41. Titel: 12 Staffel der Demut. Einband: B; 21,5 x 16,3 cm, Dicke ca. 1,5 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-19). Inc.-Exp.: „O Jesu, du alainige Liebe meines Hertzens Ich fange an in deinem allerheiligisten Namen ... wird dein Hertz ein unzerstehrlichen Friden und Ruoh gemessen. Amen. Jesus Maria Joseph." 23.

Ursprung der Einsiedler Capell zu S. Catharina Thal. 197

(91) WE-Rtb 69

24.

Mit was unterschied die Regl, und Statuten zu verstehen. Siehe dazu: unter 4.4.2: (92) - R 547, z. unter 4.4.2: (100) - WE-Rtb 64, X.

4.4.2 (92) R 547

198

v Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken (sehr verblaßt, daher schwer zu lesen): No. 23, ... der Einsidler Capel zu St. Catharinathall, darbey eine ... von Maria Einsidlen Gnaden angezeigt. Auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 43. Titel: Die Einsiedler Kapelle in St. Katharinental. Einband: B; blau-rot gesprenkelter Schnitt; 21,5 x 15,5 cm, Dicke ca. 4 cm. Inc.Exp.: „1736 Gelobt sei Jesus Christ. Amen. Wahrhafter Bericht wes Ursprungs der Gnadenreichen Capel... als auch Liebe zu dem Nechsten vorgenohmen." (Nur 29 Seiten, der Rest ist nicht beschrieben.)

Weitere geistliche Schriften Dominica von Rottenbergs Titel: Ansprachen und Betrachtungen. Einband: B, abgegriffen; 22,5 x 15,7 cm, Dicke 9,4 cm; enthält: Einzelfaszikel (Originale). a) Capitel auf dass Fest der hl. Weihnächten im Jahr 1720. „Sye, ich bin ein Diener dess Herrn, mir gesche nach deinem Word. In der Lib allein wird dass Gesetz erfült. So eüg (= euch) und mir von Hertzen wünschen ... könen leyden ... ihn ..." (schwer lesbar). b) Unterschiedliche Texte, lat. und deutsch, beginnend: Anno 1715 in festo omnium Sanctorum; mehrere Losblätterfaszikel ohne Titel. c) Capitel auf das Fäst Allerheiligen im Jahr 1727. d) Capitel auf dass Weihnachtsfäst im Jahr 1727. e) Capitel im Jahr 1719 auf dass Fest der hl. Weihnächten. f) Capitel im Jahr 1732 auf das Fäst der Weihnachten (Fragment; 1. Seite, Nr. 4: Capitel für Allerheiligen 1728). g) Capitl auf dass Weihnachtsfäst im Jahr 1721. h) Capitl auf dass Fest Allerheiligen im Jahr 1720. i) Capitl im Jahr 1734 auf dass Weihnachtsfäst. k) Das Vierde Capitl in dem Jahr 1715 auf heilige Weihnachtsfäst.

1) Capitl im Jahr 1732 auf dass Fäst Allerheiligen. m)Das vierde Capitl in dem Jahr 1713, so gehalten worden auf dass Fest Allerheiligen, n) Capitl auf dass Fäst der Weihnächten im Jahr 1728. o) „Gedenke, o Mensch, an deine ... (?)... so wirstu ewig nicht sündigen" (1737). p) Capitl auf dass Weihnachtsfäst im Jahr 1730. q) Capitl auf dass Fäst Allerheiligen im Jahr 1730. r) Capitl auf dass Fäst Allerheiligen im Jahr 1735. s) Capitl auf dass Fäst Allerheiligen im Jahr 1734. t) Capitl auf dass Fäst Allerheiligen im Jahr 1733. u) Capitel auf dass Weihnachtsfäst im Jahr 1736 (ungeordnete Blätter, Hinweis: Capitl auf Fäst Allerheiligen im Jahr 1717). v) Capitl auf dass Fäst Allerheiligen im Jahr 1731. w)Das 13. Capitl in dem neühen Closter in dem Jahr 1717 auf das Fäst der hl. Weihnächten, x) Capitl auf das Weihnächtsfest im Jahr 1736. y) Capitl auf dass Fäst der Weihnächten im Jahr 1724. z) (Num. 85), Mit wass für einen Underschied die Rägl und Statuta zu verstähen..." (93) WE-Rtb 51 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken, aber sehr verwaschen, nur lesbar: Frauencloster Dominicanerordens. Titel: Reformordination St. Katharina Wil. Einband: B 1; 21,4 x 16,4 cm, Dicke ca. 1,7 cm; p. 1-209. Auf Inneneinband: „Wer nach diesen Lehren und Vorschriften sein Leben einrichtet; eine solche Seule muß am Ende als eine auserwählte Braut Jesu aufgenommen werden. Rheinau den 13.ten Mai 1820 Januar DG." Auf Deckblatt: „Dises gehört auf S. Catharinenthall in der Schweitz; Thürgau." Inc.-Exp.: „Mein Schwester, du bist mir ein verschlossener Garten, ein versigleter Brunnen Allso sagt der himlische Breitigamb ... zu euwer Freudt, die niemandt mehr von euch kan nemen. Amen." Anlage: Bestätigung der Übernahme der Reform und Namensauflistung aller Schwestern. (94) WE-Rtb 52 (Schrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: Ordinationen für die Schwestern der 3ten Regel des heilligen Vatters Francisci. Titel: Reformordinationen Wattwil. Einband: B; rot-blau ge199

sprenkelter Schnitt; 21,7 x 16,6 cm, Dicke ca. 1,8 cm; p. 1-290. Inc.-Exp.: „Ich hab gefunden, den meine Sehl liebt, ich will ihn nicht mehr entlassen, seynt die Wort der Braut in den Hohen Liedern Salomonis... ohne Endt lieben, loben in dem Himmell. Amen." Anlage: Bestätigung der Übernahme der Reform mit Datum: 30. Eismonath 1726; Konventssiegel und Unterschrift aller Schwestern. Anlage II. Von der Erwöhlung einer Muetter. (95) WE-Rtb 60 (Original); alte Signatur auf Buchrücken ist zerstört, nur noch ein Fragment zu entziffern: Unter ...; Dom. Jos. 15 (später); auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 15. Titel: Unterschiedliche Schriften. Einband: A, abgegriffen; 22,6 x 17,2 cm, Dicke ca. 4,5 cm. Enthält: unterschiedliche Schriften Dominica von Rottenbergs (original). a) Wie Gott alls die höchste Würdigkeit von den Menschen soll gelibt werden (Seite 1: Num. 3; letzte Seite: ist abgeschrieben.). b) Auslägung der selbst eigenen Erkandnus. Wie nodwendig disse, zu vollkommner göttlichen Lieb aufzusteigen. (Letzte Seite: Num. 7; ist abgeschrieben). c) „Ihn dem ... (?)... verstähe ich die göttliche Eigenschaften ... (Seite 1: Num. 17). d) „Von der Gnad (letztes Blatt: Num. 18, ist abgeschrieben.). e) Schreiben von der Gnad (letztes Blatt, ist abgeschrieben). f) Auslägung von der Gnad (letztes Blatt: Num. ...1, ist abgeschrieben); 37 Bögen. g) Auslägung der Gnad aus einem Einwurf wass in anderen Schriften geschrieben worden von disser Matery. h) Von der Gnad des Berufs des geistlichen Ordensstand (letztes Blatt: Num. 5, ist abgeschrieben). i) Erklärung: Der Underschid zwüschen den 3 Ordensgelübten und dem Clausur gelibt. (Letzte Seite: Num. 84, ist abgeschrieben). k) Fraag: In was die Meinung besteht. (Seite 1: Num. 75; letztes Blatt; ist abgeschrieben). 1) Auslägung der Reüh und Leyd ... (letzte Seite: Num. 21, ist abgeschrieben). 200

m)Fraag: In was die Dispensation bestehe. (Seite 1: Num. 76; letztes Blatt: ist abgeschrieben), n) Wan angesehen wird in dem übernatürlichen Licht, was die göttliche Lib: warum selbige ein göttlich Tugendgnad. (Seite 1: Num. 77). o) Die Fraag des H. Thomae Was ist Gott, wird beantwortet. (Letztes Blatt: Num. 6, ist abgeschrieben), p) Erklärung so von den Gelahrten verlangt über gewüsse Schriften. (Letztes Blatt: Num. 69; ist abgeschrieben), q) Ob möglich sein kan, die Communion einem anderen zu schänken zu einer Gunst. (Seite 1: Num. 74). Lose Bögen beigefügt, r) Ausslägung dess freyen Willen ... s) Erlärung des nattürlichen Fewers und des höllischen, so von den Gelährten verlangt worden. (Letztes Blatt: Num. 109, ist abgeschrieben). t) Von 3 theologischen Dugenden, so eine von den ersten Schriften gewässen auss Befälg eines Provincial geschriben worden. (Ist abgeschrieben). Inc.-Exp. des Gesamtbandes (ohne lose Bögen): „Die Frag meines englischen Lähr Thomas zu beandworden, Was ist Gott... So in dem Hl. Sacrament des Alltahrs alls dess Sacrament der Lib geschigt." (96) WE-Rtb 62 (Original); alte Signatur auf Buchrücken: Undterschidliche Capitl Nr. 2, Dom. Jos. 20 (später); auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 20. Titel: Unterschiedliche Kapitel. Einband: Loser Pappeinband mit 4 weißen Stoffbändern; 24 x 17,2 cm. 3 unterschiedlich große, verschnürte Schriftenbündel mit folgenden Titeln jeweils auf dem ersten Blatt: - Capitel auf das Fäst St. Dominici im Jahr 1728. - Pfingsten 1734. - Capitel auf das Pfingstfäst im Jahr 1737. (97) WE-Rtb 66 (Original); alte Signatur auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 6 (später), Beschreibung von eigner Handt der in Gott ruehendten Frau Dominica Josepha von Rottenberg, was sich bey dem neyen Closter und Kürchenbau, auch bey Einrichtung der Observanz zuegedragen. Titel: Klosterbaubericht und Rosenkranzgeheimnisse. Einband: Heft mit Pappeinband, Rücken 201

verschlissen; 19,2 x 15,5 cm. Inc.-Exp. „Das erste Geheimnis, von Gott dem hl. Geist empfangen. Das erste Jahr. Disser Closterbuch wird gefürt... damit sye ewig können glückselig in dem Himmel läben. Amen." (98) WE-Rtb 65 (Abschrift: P. Guinandus Primus). Titel: Klosterbaubericht und Rosenkranzgeheimnisse. Einband: B, mit blauen Stoffbändern; 20,9 x 15,8 cm, Dicke ca. 1,2 cm; o. P.; Auf Innenblatt: „Das erste Geheimnus: Von Gott dem hl. Geist empfangen, das erste Jahr. Dises Closterbuech wird gefiert zue Ehren der 15 Geheimnussen dess hl. Rosenkranz; solang dises Bauh wert, soll jährlich einem Geheimnus der Ordtnung nach zue Ehren geschehen, weihlen durch das Gebet des Hl. Rosenkranz alle Gnadenhilf von Gott erhalten werdte." Inc.-Exp.: „Zur grösseren Ehr undt glory Gottes beschreibe eigenhendig, wie der Anfang des neyen Closterbau gemacht wordten ... damit sye ewig können glickselig in dem Himel leben. Amen." (Nur ca. zur Hälfte beschrieben). (99) WE-Rtb 67 (Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken, sehr vergilbt, nur teilweise zu entziffern: Von unterschiedlicher Materie, Capitel gehalten... Allerheiligen; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 36. Titel: Unterschiedliche Schriften. Einband: Ledereinband mit 4 Lederbändern; 21 x 17 cm, Dicke ca. 3,5 cm; p. 181, dann nicht mehr. Inc.-Exp.: „Erste Exhortation von der Liebe des Menschen für den Hl. Pfingsttäg. Gott lieben über alles ... wan ihr ewer Haubtschuldtigeit des göttlichen Dienst woll in Acht nembt." (100) WE-Rtb 64 (Abschrift: P. Guinandus Primus); alte Signatur, auf dem Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 35. Titel: Verschiedene Schriften. Einband: C; roter Schnitt; 21,5 x 16,4 cm, Dicke ca. 3,3 cm. Inhalt: a) Grundtmittl und Weis, die rechte Liebe Gottes zu bekommen durch die Erkandtnus: Gott ist alles und der Mensch nichts. (1-38). b) Rey und Laidt und glaub, Hoffnung undt Lieb, den Kranckhen vorzuetrachen. (39-66). 202

c) Von Erkandtnus Gottes und seiner selbsten. (67-115). d) Wie Gott als die höchste Würdigkeit von dem Menschen soll geliebt werden. (1-44). e) Der Underschid zwischen den 3 Ortensgelübten und Clausurgelibt ist also zu verstehen nemblich. (45-51). f) Frag, in was die Meinung bestehe. (52-67). g) Auslegung der Rey undt Laydt, wie die vollkommne undt unvollommne Rey undt Laydt zue verstehen ist. (68-77). h) In was die Dispensation besteht odter was dieselbige ausweist, ist die Frag. (78-93). i) Die Frag des Hl. Thomae: Was ist Gott wird beantwortet. (94-97). k) Erklerung so von den Gelerthen verlangt. (98-106). 1) Über materialische und Feuer der Hölle. (107-108). m) Auslegung des freyen Willen wegen der Sindt. (109-117). n) Von den 3 teologischen Tugenten. (o. P.) o) Wie ein guetter Geist zu erkennen in der ibernatürlichen Gnaden des Beschauwens. (o. P.). p) Die Skrupolositet odter Engstigkeit des Gewissens ist ein Geissei Gottes. (18-22). q) Von Abtöttung der Passionen, was zue einem vollkomenen Leben erforderet wirdt. (23). r) Von Abdöttung der Passionen. (1-46). s) Erster Tag, erste Betrachtung von dem Gelübt der Hl. Armut (1-4; 5+6 leer). 203

t) Kurzer Begriff eines geistlichen Leben in welchem die Seligkeit kan sichergestelt werdten. (7-15). u) Die Früchten den Nuzen so aus einer vollbrachten geistlichen Exercitien sollen gezogen werdten. (36-41). v) Erneyerung der gemachten Exercitien, so wöchentlich (42-43). w) Was die Ursachen der Truckhenheit des Geistes, innerlicher Verlassenheit... (O. P.). x) Mit was für einem Undterschid die Regul undt Statuta zu verstehen. (O. p.; Schrift nicht von P. Guinandus, nur die letzten beiden Seiten). y) Wie der göttliche Wil dem Menschen als sein Zihl und Endt gesetzt... (O. p.; Schrift nicht von P. Guinandus), z) Regel für einen Priester geschrieben worden. (O. P.) Inc.-Exp. für den Gesamtband: „Grundmittel und Weis... Ein grosse Liebe Gottes wird erforderet... wan das guete Leben verlaufft. Amen. Gelobt sei Jesus Christus in Ewigeit. Amen." (101) WE-Rtb 68 (Abschrift von ?); alte Signatur, auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 34. Titel: Regel eines vollommenen geistlichen Lebens. Einband: A 1 (alte Buchstaben sind verblaßt, aber noch erkennbar); 21,5 x 16,5 cm; o. P. Inc.-Exp.: „Erster Puncth von der göttlichen Lieb Gott allein soll sie hinfiero lieben ... in welchem dann das gantze Gesatz erfült wirdt. Amen." (102) WE-Rtb 70 Alte Signatur, auf Einband geklebt: Uneingebundene Briefe, Schriften, Offenbarungen, Abhandlungen betreffend die gottselige Frau Maria Dominica Josepha von Rottenberg, Priorin des Gotteshauses St. Catharinenthal. Dom. Jos. 2 (später). Titel: Uneingebundene Briefe und Schriften Dominica von Rottenbergs. Einband: Pappeinband mit 2 Stoffbändern; 36 x 24 cm. Inhalt: a) 3 gebündelte, 1 loses Bündel Abhandlungen. 204

b) Mehrere Bögen, beschrieben von Hohenbaum; 33 x 21 cm; Titel: Original Schriften und Briefe betreffend der Gottseeligen Fr. Priorin Dominica Josepha von Rottenberg zu St. Catharinenthal, aus dem Haus-Archiv der edlen Herren Püntener von Brauneg zu Uri. enthölt: 12 Briefe; c) Abschrift eines geistlichen Traktates über den Rosenranz. (103) WE-Rtb 71 (Püntener); Signatur von Hohenbaum auf dem 1. Blatt: Willen Gottes - LXXVII. Titel: Wille Gottes. 29 Bögen, 19,7 x 15,5 cm, über ein geistliches Thema, nicht gebunden. Inc.-Exp.: „Mein Gott, du bist das unbegreiflichste ... ein Wollstand, hier zeitlich und dort ewig." 4.4.3

Schriften zur Biographie und Aufzeichnungen P. Hohenbaum van der Meers

(104) WE-Rtb 72 Titel: Biographie. Ein in Papier eingeschlagenes Aktenbündel enthält die Aufschrift, Leben: I-IV. Inhalt: I. Gebundenes Aktenbündel, 22 x 12 cm, mit folgender Notiz: Leben I. „Diese Lebensbeschreibung (offenbar eine Abschrift von P. Georg Lienhart O. Praed.) ist von der gottsei. Dominica Josepha selbst verfaßt, aber vom Abschreiber (einer Notiz auf dem Original zu folgen) ,in bessere Ordnung gebracht.' Vermutlich ... hat sie ihr Leben auf Befehl für die Untersuchung bei der Nuntiatur von 1704 geschrieben ... fehlen aber S. 131-138; gerade der wichtigste Theil. Einer Mitteilung von H. Pfarrer Fraerd in Scheenis zufolge ist der Teil von H. Dekan Kuhn in Frauenfeld und einem Pater in Einsiedel zur Einsicht zugeschickt worden. 4. August 1897. P. Weiß." (Enthält die Abschrift von P. Georg Lienhart.) Das Aktenbündel enthält 198 durchnummerierte Quartseiten; der Text wurde laut Notiz auf dem Schlußblatt am 29. Juli 1767 fertiggestellt. Auf der ersten Seite Überschrift: „Lebensbeschreibung der gottseeligen Frau Dominica Josepha von Rottenberg aus ihren eigenhändigen Schriften herausgezogen." 205

II. Leben II. „Leben oder Abschrift von eigner Handt der in Gott ruehendten Frau M. Priorin Dominica Josepha von Rottenberg, so vill nach dem Dodt des gottseel. P. Guinandi Primi damahligen Beichtvatters, der es in Verwahr gehabt, noch gefunden worden in seinem Zimmer, aus erhöblichen wichtigen Ursachen soll die Obrikeith nach meinem Dodt disses niemahlen aus Henden lassen." (Enthält 206 Seiten seiner Aufzeichnungen über die Lebensgeschichte Dominica von Rottenbergs und ihre Visionen.) III. Leben III. Verfassung des Lebens der in Gott ruehendten Frau Priorin Dominica Josepha von Rottenberg - Der Auetor ist gewessen der hochwürdige Pater Maximilien Dufréne S. Jesu. Dises ist das erste Werkhlein, das in Druckh gelegt worden (Handschrift Dufréne (?)) IV. Leben IV. Lateinische Übersetzung des Werkes von Dufréne V. Ein gesonderter Pappumschlag, folgende Notiz ist aufgeklebt: Einige Schriften, Verordnungen, Confirmationes, Brieff, Privilegien, welche bei angefangener Observanz von undterschidlich hier unterzeüchneten P. P. Magistri Generalis unsserem Convent St. Catharinathall gegeben, verordnet, confirmiert, und vor allzeit bestethiget. Alls nemlich von: - P. M. General Antonius Cloche bei verliehender Observanz und Communität den Anfang genommen Anno 1719. - P. M. General Augustinus Pipia nebst unseren Verordnungen Anno 1721. - P. M. Thomas Ripoll, mit welchen auch die Ordination des P. M. Hördtlein zugleich confirmiert worden. Ao. 1729. Enthält: a) in eigenem Einband: drei Bündel mit autobiographischen Fragmenten,. b) in eigenem Einband: Abschriften von P. Guinandus Primus, 1716 - 1737, aus dem Leben Dominica von Rottenbergs, 206

c) verschnürtes Bündel, 5 Bögen, Bericht über die Offenbarungen D. v. Rottenbergs, 1700 - 1706, aufgezeichnet von M. Th. Püntener. (105) WE-Rtb 301

(Hohenbaum u. a.); Signatur auf Einband: Dom. Jos. 3. Titel: Urkundenbuch von St. Katharinental. Folioband: Ledereinband, abgegriffen und beschädigt; 2 Lederschnallen mit Metall Verschlüssen; Goldverzierungen auf Einband und Rücken. 34,7 x 20,7 cm, Dicke ca. 4,5 cm. Titelblatt: Urkunden zur Bestättigung der Geschichte des Gotteshauses St. Katharinenthal aber auch Schriften und Briefe der gottseligen Frau Priorin Dominica Josepha von Rottenberg. Endlich Abhandlung ihrer unternommenen Reformation der Frauen-Klöster im St. Gallischen Gebiethe, alles aus den Originalien genommen und mit Anmerkungen beleüchtet. 1792. P. 1-527; 1-130. Inc.-Exp.: „Vorbericht. Bey gegenwärtigem Zeitlauf... Gegeben in unserem Stifte und Gotteshause St. Gallen, den 15.ten May 1726. Josephus Abbas."

(106) WE-Rtb 302

(Hohenbaum); alte Signatur, auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 4. Titel: Geschichte des Klosters St. Katharinental. Folioband: Einband B, stark abgegriffen und besonders an den Rändern beschädigt; 36,5 x 22 cm, Dicke ca. 5 cm; p. 1-632; 1-37. Titelblatt: Geschichte des Gotteshauses St. Catharinenthal; nächste Seite: NB. Ist der erste Aufsatz, welcher hernach von mir besser abgeschrieben worden. (Ist nicht ins Verzeichnis eingetragen). (1792). Inc.-Exp.: „Erstes Haubtstück Ursprung des Gotteshauses St. Catharinenthal, Erster Abschnitt, wird von Winterthur und Diessenhofen hergeleitet... hinter 4 Mauern verschlossen könte werden."

(107) WE-Rtb 303

(Hohenbaum); alte Signatur auf Buchrücken: Geistliche Schriften P. Hochenbaums; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 5. Titel: Geistliche Abhandlungen Dominica von Rottenbergs. Folioband: Einband: B 1, Leder: Rotschnitt; 35 x 207

22 cm, Dicke ca. 4,5 cm; p. 1-588. Titelblatt: Abhandlungen von zerschiedenen geistlichen Gegenständen. Gezogen aus den Schriften der Gottseligen Frau Priorin zu St. Catharinenthal Dominica Josepha von Rottenberg 1794. Inc.-Exp.: „Vorerinnerung Da ich mehrere Schriften von dieser andächtigen ... und alles aus ihm ansprechen." (108) WE-Rtb 304

(Hohenbaum). Titel: Inhaltsverzeichnis des Bandes von Hohenbaum: Geistliche Schriften Dominica von Rottenbergs. Einband: 4 Doppelbögen, gebunden, 21 x 16,5 cm; auf erster Seite: „Geistreiche Schriften der gottseligen Frau M. Dominica Josepha von Rottenberg. Priorin des Gotteshauses St. Catharinenthal Predigerordens, welche selig gestorben den 30. Jan. 1738. Erster Band." Inc.-Exp.: „Vorbericht. Das Leben dieser berühmten... Diese Abhandlung scheint nicht ganz abgeschrieben zu sein."

(109) WE-Rtb 305

(Hohenbaum); alte Signatur, auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. 46. Titel: Briefe, 1701 - 1712. Gebundenes Heft, 23 x 18 cm; p. 1-78 (nachträglich). Ex libris auf innerem Schutzumschlag: Ad Abbatiam Rhenoviensem. Schutzblatt: Gehören zu den Schriften „S. Catharinatal" in Wesen, Kt. St. Gallen. Titelblatt: „Recension der Brieffen welche von den jüngeren Jahren der gottseligen Frau M. Dominica Josepha von Rottenberg handien. Nachmaliger Priorin zu St. Catharinenthal und geschrieben worden von Anno 1701 bis 1712." Inc.-Exp.: „Erinnerung. Was wir von den eigenen Schriften ... und sich nicht zu erheben habe."

(110) WE-Rtb 306

Alte Signatur auf Einbandrücken: Schriften der Frau Priorin aus dem Catharinenthal. Auf dem Einband aufgeklebt. Dom. Jos. 39. Titel: Briefsammlung Püntener. Pappschachtel mit 4 durchgezogenen Kordeln im Einband zum Verschließen. Kanten mit Leder verstärkt; Rücken: Leder; 23,5 x 18,5 x 5,7 cm. Inhalt: 77 Briefe, in der überwiegenden Zahl von Maria Theresia Püntener an ihren Bruder, Josef Anton von Püntener.

208

4.4.4

Geistliche Schriften mit unsicherer Verfasserschaft

(111) WE-Rtb201

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: ... Buch Noviziat N Titel: Rosenkranzgeheimnisse. Einband: A; roter Schnitt; 16,4 x 10,8 cm, Dicke ca. 2,8 cm. Inc.-Exp.: „Täglich Betrachtung und Übung zu Ehren der 15 Geheimnussen des heiligen Rosenkranz in 15 Tag abgetheilt. Damit die Lehr kan vollkommen geben werden ... die augenblicklich die Sünden bereuen. Amen."

(112) WE-Rtb 202

(Abschrift ?). Titel: Regel der Reformierten Straßenräuber. Einband: B; roter Schnitt; 21,3 x 16,1 cm, Dicke ca. 3,8 cm; p. 1-476. Inc.-Exp.: „Warumben seyn wir kommen, daß wir eins Sinns sayen... wan sie mit niemandem in heiligem Frieden und Einigkeit leben."

4.4.5

Schriften über Klosterämter

(113) WE-Rtb 58

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: N. 21; Prioratbuech Dom. Jos. N. 19 (später); auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 19. Titel: Prioratsbuch. Einband: Pappeinband mit 4 grünen Stoffbändern; 22,6 x 17 cm, Dicke ca. 8 cm. Erste Seite, links oben: N. 9. Inc.-Exp.: „Gott als der Erschafer aller Ding ... solche sicher in den Himmel einfüren. Amen."

(114) WE-Rtb 411

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: St. Catharinenthall Prioratsbuech Erster Theill. Titel: Prioratsbuch, 1. Teil. Einband: A; blauer Schnitt; 23,2 x 17,2 cm, Dicke ca. 5,2 cm; p. 1-741. Inc.-Exp.: „Gott als der Erschaffer aller Ding ... aüssere der Gefahr sicher gestehlt wordten."

(115) WE-Rtb 412

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: St. Cath.thall, Prioratbuech 2ter. Theill. Titel: Prioratsbuch, 2. Teil. Einband: A; blauer, vergilbter Schnitt; 22,2 x 17 cm, Dicke ca. 2,2 cm; p. 719-877, rechte Seiten o. p. Inc.-Exp.: „29. Capitl Von dem Gelübt dess Gehorsams Der geschwind will vollkommen werden ... ich lebe nicht mehr, sonder Christus lebt in mir." 209

(116) WE-Rtb 418

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Einband: Underweissung wie sich ein Priorin in ihrem Ambt zue verhalten. Darbey einige Lehren von einer Subpriorin und Underrichtung wie sich eine Piblioteck-Meisterin zu verhalten, zum Archiv zu verwahren. Neuere Signatur: I B 1. Titel: Prioratsbuch. Folioband, Einband B; 33,6 x 20,9 cm, Dicke ca. 7 cm; Schnitt: hell-rot. Inc.-Exp.: „Gott, welcher der Erschaffer... sondern Christus lebt in mier, Amen."

(117) WE-Rtb 423

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken nicht mehr lesbar. Titel: Prioratsbuch. Einband: C; 20,9 x 16,5 cm, Dicke ca. 2,5 cm; p. 1-77, restliche 3/4 des Buches o. p. Inc.Exp.: „Gott alls der Erschaffer aller Ding ... underlassen, was disem missfahlt."

(118) WE-Rtb 56

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: Subprioratbuch No. 19, Dom. Jos. 24; auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 24. Titel: Subprioratsbuch. Einband: B; p. alle 2 Doppelblätter (1-4); 21,2 x 16,4 cm, Dicke ca. 2,7 cm. Auf Seite 1, links oben: Num. 88. Inc.-Exp.: „Gott alls der Erschafer aller Ding glükselig in dem Himmel ewig mit imme läben, Gott liben und loben. Amen."

(119) WE-Rtb 57

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken (verwaschen):, Was ein Subpriorin zu beobachten. No. 19; aufgeklebt auf Einband: Was ein Subpriorin in ihrem Amt zu beobachten. Titel: Subprioratsbuch. Einband: B; rot-vergilbter Schnitt; 20,5 x 15,3 cm, Dicke ca. 2 cm; p. 1-221. Inc.-Exp.: „Was einer Subpriorin obligt in ihrem Ambt zue verrichten, wird aus folgentem zu ersehen sein: Gott als der Erschaffer aller Ding ... mit ihrem Leben, Gott lieben und loben. Amen."

(120) WE-Rtb 413

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: St. Catharinathal: Subbrioratsbuoch. Titel: Subprioratsbuch. Einband: A; hell-blau gesprenkelter Schnitt; 22,7 x 17,2 cm, Dicke ca. 4,7 cm. Inc.-Exp.: „Was einer Suppriorin obligt ihn ihrem Ambt zu verrichten wird aus folgendtem zu ersehen sein.

210

Gott als der Erschaffer aller Ding ... Ich lebe nicht mehr, sondern Christus lebt in mihr. Amen." (121) WE-Rtb 414

(Abschrift von ?) Titel: Subprioratsbuch. Einband: C; 21,2 x 16 cm, Dicke ca. 4 cm; p. 1-402; 1-178. Inc.-Exp.: „Was einer Subpriorin obligt... Gott alls der Erschaffer aller Ding ... ich lebe nicht mehr, sondern Christus lebt in mir. Amen."

(122) R 539

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: 20. Underwaissung der Layenschwestern 1. theil No. 20. Titel: Unterweisung der Laienschwestern. 1. Teil. Einband: B; 23,2 x 17,1 cm, Dicke ca. 5,6 cm; p. nicht durchgängig. Inc.-Exp.: „1. Capitel, Von dem Gelübt der hl. Armuht. Wie sich ein Leyenschwester Meisterin zu verhalten ... Der ewige Sohn Gottes alls er den Anfang seiner Lahr ... liben und loben. Amen."

(123) R 539

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: 20. Underweissung der Leyenschwesteren 2. theil No. 20. Titel: Unterweisung der Laienschwestern. 2. Teil. Einband: B; 23,1 x 16,8 cm, Dicke ca. 6,1 cm; p. alle 2 Doppelblätter (1-57). Inc.-Exp.: „Erstes Capitel, Wie sich ein Leyenschwöster Meysterin zu verhalten mit den Weltlichen und allen Schwästern wägen der Arbeyd. Einen Closter alls Gelingen (?) dess zeitlich in guten Stand zu erhalten ... in kein Gefahr sich begeben, dass die ordinary Leben (?) ungiltig geschehen können."

(124) We-Rtb 403

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken sehr beschädigt und unleserlich. Titel: Unterweisung der Laienschwestern. Einband: B, blau gesprenkelter Schnitt; 22,1 x 16,5 cm, Dicke ca. 1,5 cm; p. 1-119. Inc.-Exp.: „Capitel: Wie die Underweissung geschehen soll fir die Leyenschwesteren, wie die Ordensstrengheiten zu halten Der Ordensstandt als ein Vollkomner Standt... als wihe Geistliche kinnen leben undt sterben."

(125) WE-Rtb 402

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken, sehr beschädigt: ... Underweysung der Layenschwesteren. 211

Titel:Unterweisung der Laienschwestern. Einband: B, beschädigt; 21,7 x 16,3 cm, Dicke 8 cm; p. 1-679. Inc.-Exp.: „Der Ordten als eini gethreye sorgfähltige Muotter... zu dissem helfe mir Gott Vatter, Sohn und heiliger Geist. Amen." (126) WE-Rtb420

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Einband: Lehr und Underweissung wie sich eine Maisterin der Layenschwesteren und Weltlichen zue verhalten. Im Archiv zu verwahren. Neuere Signatur: I.B.3. Titel: Unterweisung der Laienschwestern. Folioband: Einband B; 33,2 x 21,4 cm, Dicke ca. 5,6 cm; p. 1-756. Inc.-Exp.: „Der Orden als ein getreue sorgfällige Muetter ... soll mein Willen seyn ietzundt, und in alle Ewigkeit. Amen." Es folgt ein Register.

(127) WE-Rtb 405

(Original); alte Signatur auf Buchrücken: Nr. 11 Kierchenbuoch; Dom. Jos. 31 (später); auf Einband aufgeklebt: Dom. Jos. N. 31; No. 19 Kirchenbuech: Wie sich ein Oberküsterin zu verhalten. Titel: Kirchenbuch. Pappeinband mit 4 Stoffbändern; 22,8 x 17,6 cm, Dicke ca. 1,2 cm. Inc.-Exp.: „Punkt Was mit der Kürchen zu beachten ist Dass Jahr 2 mahl soll die Kirchenküsterin ... auf dem hohen Altahr gestält sollen Licht Stük 4."

(128) WE-Rtb 401

(Abschrift von ?); Titel: Wie sich eine Oberküsterin zu verhalten hat. Einband: C; rot-vergilbter Schnitt; 22 x 17,5 cm, Dicke ca. 3 cm; p. 1-123, eingelegt: Register. Inc.-Exp.: „Das Rath gehört der Oberküsterin ... auch am Carfreitag tuett mann ... (?)... ohn Docht hinaus."

(129) WE-Rtb 406

(Abschrift von ?); Titel: Das Krankenwärteramt. Einband: B, rot-vergilbter Schnitt; 22,9 x 17 cm, Dicke ca. 2,3 cm; p. 1408. Inc.-Exp.:"Das Krankhenwaerderambt, ein gettlicher Dienst... aus den nothwendigisten Stuckhen, die Sterbende belangent."

(130) WE-Rtb 407

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: St. Cath.thall Kranckhenbuch. Titel: Das Krankenwärteramt.

212

Einband: D, vergilbter Rotschnitt; 21,4 x 16,7 cm, Dicke ca. 4 cm; p. 1-246. Inc.-Exp.: „Das Krankhenambt ein Göttlicher Dienst... aus den notwendigsten Stuckhen die Sterbendten belangt." (131) WE-Rtb422

(Abschrift von ?); alte Signatur, auf Einband aufgeklebt: Lehr und Undterweissung wie sich ein Kranckhenwartherin in ihrem Ambt zue verhalten. Im Archiv zu verwahren. Titel: Das Krankenwärteramt. Folioband, Einband B, roter Schnitt; 32,6 x 21 cm, Dicke ca. 1,9 cm; p. 1-114; ca. der halbe Band ist unbeschrieben. Inc.-Exp.: „Das Kranckhenwardtnerambt, ein göttlicher Dienst... nach dem selbigen widerum aufbehalt."

(132) WE-Rtb 408

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: Kornhausbuech St. Cath.thall. Titel: Kornhausbuch. Einband: D, blauer Schnitt; 22 x 16,5 cm, Dicke ca. 2,4 cm; p. 1-250, die restlichen Seiten o. p. Inc.-Exp.: Was eine Oberkornmeysterin obliegt ihrem Ambt nach Schultigeit vorzustehen ... gebihrt dem Bodtshaus vollkommend." (Es folgen Abrechnungen.)

(133) WE-Rtb 409

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: St. Cath.thall Noviciat Buech 1. Theill. Titel: Noviziatsbuch, 1. Teil. Einband: D, roter Schnitt; 21,2 x 16,8 cm: p. 1-321; Register am Schluß. Inc.-Exp.: „ Die grossen Monarchen und Fürsten der Welt... aus Liebe gegen Gott, die alles überwindet."

(134) WE-Rtb 410

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: St. Cath.Thall 2. Theill des Noviziatbuechs. Titel: Noviziatsbuch, 2. Teil. Einband: D, roter Schnitt; 21,5 x 16,5 cm, Dicke ca. 3,4 cm; p. 322-737. Inc.-Exp.: „Das Dreyzehende Capitl: Wie der Anfang des geistl. Lebens in der göttlichen Lieb soll gemacht werdten... dort ewig glückhseelig können leben. Amen."

(135) WE-Rtb 419

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Einband: Im Archiv zu verwahren: Lehr- und Underwaissung wie sich eine Novi213

zenmaisterin zue verhalten. Neuere Signatur: I.B.2. Titel: Noviziatsbuch. Folioband, Einband: B; 33,6 x 21,8 cm, Dicke ca. 4,8 cm; p. 1-587. Inc.-Exp.: „Die große Monarchen und Fürsten der Welt... und dorthen ewig glückseelig können leben. Amen." (136) WE-Rtb 415

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: Kuechen Ambt St. Catharinathall. Titel: Küchenamt-Buch. Einband: D, blauer Schnitt, vergilbt; 22,6 x 17,5 cm, Dicke 4,9 cm; p. 1-669. Inc.-Exp.: „Dem Liebenden gereicht alles zum besten ... Wird geben ein Supen."

(137) WE-Rtb 416

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: St. Catharinathall Porttenbuech. Titel: Pfortenbuch. Einband: D, blauer Schnitt; 21,3 x 17,1 cm, Dicke ca. 3,5 cm; p. 3-430. Inc.Exp.: Das Portenambt in einem Closter... kein Zinsbroth schuldig."

(138) WE-Rtb 421

(Abschrift von ?); alte Signatur, auf Einband aufgeklebt: Lehr und Undterweissung wie sich ein Portnerin zu verhalten. In Archiv zu verwahren. Neuere Signatur: I.B.4. Titel: Pfortenbuch. Folioband, Pappeinband mit 4 braunen Bändern, Lederrücken; 36 x 24 cm, Dicke ca. 2,4 cm. Innenseite des Einbandes: Fraefeld Pfarrer, Schennis donavit Instruction für eine Portnerin im ehem. Frauenkloster St. Catharinatal O.S.D. bei Diessenhofen/a. Rhein Ct. Thurgau. 254 Seiten. P. 1-254, die letzten 18 Seiten o. p. Inc.-Exp.: „Das Portenamt in einem Closter... ohn welches ist man ein Zinsbrodt schuldig."

(139) WE-Rtb 417

(Abschrift von ?); alte Signatur auf Buchrücken: Undterschidlich Ordnung in St. Catharinathall. Aufgeklebt auf Einband: Underschiedlich gewohnliche Ordnungen in unsserem Closter St. Catharinathall. Titel: Verschiedene Ordnungen. Einband: B, Schnitt: blau gesprenkelt; 21 x 16,5 cm, Dicke ca. 1,7 cm. Inhalt: a) Über das Amt der Subpriorin, b) Bibliotheksordnung, c) Büchermeisterin (Bibliothekarin), d) Über die Ordnung im Chor, u. a. m.

214

4.4.6

Schriften von (über, an) Dominica von Rottenberg an anderen Standorten

1. Stiftsarchiv St. Gallen StAStG. B272A Tagebuch Abt Joseph von Rudolfi, Bd. 1 (1717- 1726). B 272B Tagebuch Abt Joseph von Rudolfi, Bd. 2 (1727-1740). C 694 Reformordinationen für das Dominikanerinnenkloster St. Katharina Wil, genehmigt durch Abt Joseph am 15.5.1726. C 695 Reformordinationen für das Kapuzinerinnenkloster St. Scholastika bei Rorschach, genehmigt durch Abt Joseph am 19.4. 1728.

2. Staatsarchiv Frauenfeld unter Akte Nr. 7'44' 106 (StAFra) a) Briefe von Abt Joseph: - 3. 9.1726 an D. v. Rottenberg - 24. 9.1727 an Kloster St. Scholastika, Rorschach - 25.11.1727 an D. v. Rottenberg - 1.12.1727 an D. v. Rottenberg - 10. 4.1728 an D. v. Rottenberg - 24. 4.1728 an D. v. Rottenberg - 23. 9.1728 an D. v. Rottenberg - 25.11.1728 an D. v. Rottenberg. b) Briefe des Nuntius Passionei: - 30. 4.1725 an D. v. Rottenberg - 22. 8.1726 an D. v. Rottenberg. c) Briefe des Ordensmeisters Thomas Ripoll: - 13. 7.1726 an D. v. Rottenberg - 27. 3.1728 an D. v. Rottenberg. d) Brief des Provinzials Dominikus Widmann: - 17. 6.1725 an D. v. Rottenberg.

3. Zentralbibliothek Zürich - Msc. Rh.Hist. 20 R Moritz Hohenbaum van der Meer, Geschichte des Gotteshauses St. Catharinenthal. - Msc.Rh.Hist.20a. dgl. Bd. II (Urkundensammlung). 215

4. Thurgauer Kantonsbibliothek Frauenfeld Msc.Y 204 P. Moritz Hohenbaum van der Meer, Geschichte des Gotteshauses St. Catharinental, Abschrift von P. Josef Schaufenbühl, Rheinau. 5. Klosterarchiv der Dominikanerinnen St. Katharina in Wil Geschichte des Gotteshauses St. Catharinathal nach P. M. Hohenbaum von der Meer, abgeschrieben von P. Josephus Schaufenbühl, Rheinau; wiederum abgeschrieben von Fischli, „administrator monasterii de Frauenfeld". 6. Postulationsarchiv des Dominikanerordens bei S. Sabina, Rom X 1677, neben o. g. Aufstellung i. A. von P. Joachim Kunz von Interesse: - Brief Dominica v. Rottenbergs an einen Missionar (undatiert) - Postulation an den General zur Einführung der Observanz vom 2.6.1728.

216

5.

QUELLENTEXTE ZUR BIOGRAPHIE

5.0.

Einführung

Nach Sichtung der im Dominikanerinnenkloster Weesen unter der Signatur WERtb 72 aufgeführten umfangreichen autobiographischen Aufzeichnungen sollen in diesem Abschnitt erstmals wichtige Auszüge des Quellenmaterials zur Biographie Dominica von Rottenbergs veröffentlicht werden. Diese Veröffentlichung gliedert sich in drei Abschnitte: 1. Autobiographische Fragmente' (in Auswahl). Die beim Auffinden völlig ungeordneten und teilweise schwer zu entziffernden Fragmente der autobiographischen Aufzeichnungen wurden anhand der "Lebensbeschreibung der gottseeligen Frau Dominica Josepha von Rottenberg", die Pater Georg LIENHARD OP aus den Handschriften zusammengestellt hat (Biographie I, abgeschlossen am 29. Juli 1767), rekonstruiert. Bei den (selten) vorkommenden Textabweichungen wurde nach Möglichkeit der Originaltext Dominica von Rottenbergs verwandt. Textabschnitte, die nicht in den autobiographischen Fragmenten, wohl aber bei Pater Guinandus Primus vorkommen und von dort bei Lienhard übernommen sind, werden nach der Lienhardschen Fassung wiedergegeben. Überschriften und Kapiteleinteilung sind vom Verfasser der Arbeit in Anlehnung an Lienhard eingeführt worden. 2. Die Texte über Krankheiten und Heilungen unter der Überschrift ,Krankenund Heilungsbericht' folgen den Aufzeichnungen von Pater GUINANDUS PRIMUS OP (Biographie II). 3. Die Auflistung der ,Geistlichen Erfahrungen' ist ein Auszug wichtiger Visionen und Auditionen, die P. GUINANDUS PRIMUS (Biographie II und V) und Schwester Maria Theresia PÜNTENER (Biographie) aufgezeichnet haben. zur Vereinfachung wird zitiert: Vision + Nummer. Entsprechend diesen drei Abschnitten wird in den folgenden Kapiteln 5.1. bis 5.3 das zur Veröffentlichung ausgewählte Quellenmaterial vorgestellt. 217

Die Schriftweise der Manuskripte wurde weitgehend im Barockdeutsch belassen, auch in der manchmal unterschiedlichen Schreibweise derselben Worte. Lediglich Zeichensetzung und Groß- bzw. Kleinschreibung wurden dem heutigen Deutsch angepaßt, ebenso ,das', ,daß' sowie der Gebrauch des Abschluß-,s' bzw. -,ß'. Erklärungen zum Wortverständnis, z. B. ,sey' (= sei) oder Textergänzungen werden in ( ) eingeführt, ebenso die Zeilennumerierung zur späteren Zitation.

5.1.

Autobiographische Fragmente

5.1.1

„Von Antretung des geistlichen Standes"

5.1.1.1

Von der Haubt-Ursach ihres (geistlichen) Berufs

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Was die Haubursach gewessen, das mich zum geistlichen Stand beruft: als mein Schwester aus dem Closter kommen, woh sye die fra(n)cösische Sprag gelähr(n)t, auch in geistlichen Sachen gahr wohl underricht (worden). Wiewohl sye junger an Jahren, doch weiht mehr gewist als ich, dan ich ein Tihr gegen ihr gewessen, was das Geistliche anlangt. Disse sagte mir einsmahl, was die Armen Seelen im Fegfeüher für grosse Nothelfer; erzelte mir, was ihr begegnet. Sie hat mich überred, daß am Allerseelendag mit ihr gangen zu communicieren. Nach der Communion fallt mier ein gottslästerigen Gedanken ein; das ist mir so erschröcklich gewessen, daß ich ein solche Reüh bekommen, daß communiciert hab. Diesser Gedanken engstiget mich jehe länger jehe mehr, fyle mir auch immerzu stärker ein, wüste für lauhter Angst und Noth nicht, (was) solte anfangen. Ich glaubte, daß kein Mensch in der Welt dergleichen gehabt. Vermeinde nichts anders, als daß (es) ein grosse Sünd (sei). Ich glaubte, daß (ich) der gröste Sünder in der Welt sein

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muß, dan ich wüste nicht, daß der Deüfel ein Menschen versuchen kund oder dergleichen verurSachen. In dieser Unwissenheit bin ich gestanden bis in das Closter gangen, so im 18. Jahr geschehen, in der Octav Maria Himmelfahrt. Disser Gedanken plagte mich allso erschröcklieh, daß in der Kirchen den Angstschweiß ausgetriben. Ich künde solches Leyden keinem Menschen ofenbahren, auch keinem Beichtvatter, wiewohl von einer Beicht zur ander resolviert:1 jetzt will ich es sagen. Aber umbsonst, sobald in den Beichtstuhl kommen, wahr mir nichts möglich und hab allein gebeicht, daß Lästergedanken gehabt. Darbey (habe ich) so vill innerliche Angst und Pein, ohne eintzigen menschlichen Trost ausgestanden, daß all mein sonst gehabtes Leyden gegen dissen nichts gewessen. Disses Creütz ist mein Heyl gewessen, sonst glaube nicht, daß mein in die Welt vertiftes verliebtes Gemüht und Hertz zum geistlichen Stand können gezogen werden. Das Creütz ist ein Ursach gewessen, daß mich zum Gebett gewendt, so allein gescheen in der Meinung, damit mir der Gedanken nimmer soll kommen. Ich auf alle Wahlfahrten geloffen, 2 mahl auf Einsidel, aber umbsonst. Ich hab gefast gantze Täg, ich hab den Armmen geben, hab Strik umb meinen Leib bunden, daß ofene Seyden (= Seiten) bekommen; wie mehr gute Werk ich gethan, wie erger der Gedanken kommen.2 Ich hat keine Freüd

Resolvieren = einen Beschluß fassen. (Vgl. SANDER: Wörterbuch der Deutschen Sprache II. 1 (1876), 738). Den „lästerhaften Gedanken" durch Bußleistungen und gute Werke .fortzwingen' wollen - hier klingt eine Haltung der Werkgerechtigkeit an, die den Katholiken von den Protestanten vorgeworfen wurde, deren ,sola fide'-Prinzip im krassen Gegensatz dazu stand, denn „sola fide bedeutet Verzicht auf jedes eigene Werk" (vgl. HAENDLER, K.: Solafide-Prinzip, in: LThK IX, 860-861). 219

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mehr bey den Companeyen3 im Spatzierengehen, ich mögt nichts mehr in der Welt. Ich tähte mein Zeit allein in den Hausgeschäften in der Kiechen (= Küche) zubringen mit villen Weinen, daß mein Frau Mutter sagte: Woh fählt es doch dir mit deinem Weinen; aber nichts können herausbringen. Ich bekamme den Nammen einer Betschwester, weillen die Hofard und Eydelkeit nicht mehr gelibt, so nicht gescheen währ, daß mich auf solche weis können zuruckzihen, so das grosse Leyden nicht gewessen. Ich glaubte, daß kein unglückseeliger Creatur auf Erden. Wann ein armes Bettelkind gesehen, so hab mir gewünschet, daß in dissem Stand wäre. Endlich gedachte, Geistlich(e) zu werden; und ist das Creütz ein Ursach, daß in disser Resolution4 in so starken Gegensätzen allso beständig (ge)beliben, daß mich selbst in meinen Leben nichts Verwunderliches vorkommpt, als wie es möglich gewessen, ein so grosseß Leyden ausszustehen: Innerlich bin ich geplagt gewessen von dissem Gedancken, daß wohl kan sagen, ein höllische Marter ohne alle Hilf und Trost, weillen nichts geofenbahrt; eysserlich hab gelitten wegen des geistlichen Stand, daß in 8 oder 9 Clöster aufgenommen, in keines können kommen. Solche Widerwährtigkeit die erschröklich gewessen: woh ich hab hinwohlen, da haben meine Eltern nicht gewohlt, woh meine Elteren hinwohlen, da hab ich nicht gewohlt, weillen sye keine Clausur wohlen, ich aber mit Gewalt in ein Clausur.

Companeyen (von lat. consortium) = Gemeinschaft, Gesellschaft. Resolution = Entschluß.

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Da bin in Ungnad meines Herrn Vatter gefallen, daß mich haben lassen gehen, nichts gered ein lange Zeit. 100

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Allso hab ein, 2 Jahr wenigst gelitten in dissem innerlichen Creütz mehr als in allen anderen Creützen. Auf wenigs 2 oder 3 Jahre gestritten, unaufhörlich gebetten für den geistlichen Stand. Gott hat mich wohl durch ein erschröcklichen Weg dazu gefürt. Wie wunderlich in dies Closter kommen, wird schon beschriben sein.5

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Hate allso dises Creütz beständig, bis und so lang in das Closter kommen. Ich hab in der Welt glaubt, es werde besser, aber umbsonst, sonder 8 Tag lang aussgestanden in dem Closter, daß ich disse Marter nicht beschreiben kund. Ich gedachte, jetzt bistu in dem Closter innerlich noch beständig gepeiniget, wie will ich das ausstehen. Alles wahr in dem Closter gegen mein Natur, als wann in ein neühe Welt kommen; so massleydig, schwermüdig (bin ich geworden), daß vermeind, mich zu Tod (zu) weinen. Habs vor den Closterfrauen verborgen.

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An dem Fest der Hl. Rosa6 hab das erste mahl in dem Closter communiciert, da ist mir mein Creütz mit dissen Gedanken weggenommen worden, daß in grosser Ruh und Trost desswegen gelebt. Und vor meiner Einkleidung7 (bin ich) zu Ein-

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5 6 7

In der Fassung von LIENHARD folgt dies unter 5.1.1.2 dieses Kapitels. Fest der hl. Rosa von Lima. Früher am 30. August, heute: 23. August. Einkleidung ist die feierliche Übergabe des klösterlichen Gewandes an den/die Ordensbewerber/in. Mit ihr beginnt die gesetzliche Probezeit, das Noviziat, in der Regel und Satzungen der Gemeinschaft sowie das klösterliche Leben kennengelernt werden sollen. Zur Gültigkeit ist ein volles, zusammenhängendes Jahr erforderlich. (Vgl. KÖSTER, L.: Noviziat, in: LThK VII, 1064-1065, und FEHRINGER, A.: Einkleidung, in: LThK III, 760.

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siedel bey der Muttergottes (gewesen).8 Dem Beichtvatter alles können sagen wie und was gewessen. Disser hat mich getrost, daß nicht gesündigt, doch gefählt, weillen so lang geschwiegen.... Auch vill hundert gute Werk gescheen und glaube noch nicht, daß stark genug gewessen, den geistlichen Stand anzunehmen, dieses Creütz (zu) erkennen, das mir so vill genutzet, daß nicht allein das mündliche Gebett, sonder auch das innerliche9 gelährnet.

Über diese Wallfahrt nach Einsiedeln vor der Einkleidung schreibt Pater GUINANDUS PRIMUS in seinen Aufzeichnungen über das Leben Dominica von Rottenbergs: „ • • • noch ist beyzubringen, daß man der Weltlichen vor der Einkleidung wieder nach Haus geschickt, teils um den Geist zu erproben, als auch um Abschied von den Eltern zu nehmen. Indessen: anstatt aber zu meinen Eltern zu gehen, hab mir vom Konvent, der Priorin und dem Beichtvater die Gnad erbeten, wegen meiner Aufnahme in den Orden nach Einsiedeln zu gehen. Dazu habe ich die Erlaubnis erhalten. Die Reise hab ich ohne Aufzug zu Fuß für mich gemacht. Weil ich aber das Gehen nicht gewohnt und ausserdem etwas kränklich war, hab ich am ersten Tag einen weiteren Weg zurückgelegt, als meine Kräfte ertrugen, daß ich in die Nacht hineingegangen bin mit solchen Fußschmerzen, daß mich 2 Personen in ihren Armen fortgeschleift haben und ich schließlich zu einem Wirtshaus gekommen bin. Da konnte ich nicht mehr gehen noch stehen, so stark waren die Füße geschwollen. Die Leute des Wirtes und auch der Barbier sagten, es verwundere sie, daß ich bei einem solchen Gewicht (der angeschwollenen Füße) auch nur einen Schritt gehen könnte, sie als starke Leute könnten das nicht. Obwohl Lutheraner, hatten sie doch so großes Mitleid mit mir, daß sie am darauf folgenden Tag ein Pferd aus dem Stall holen ließen, um mich fortzubringen, weil ich ausserstande war zu gehen. Sobald das Pferd aber nur ein wenig Wasser kommen sah, (scheute es und) legte sich mit mir hin, ich kann nicht sagen, wie oft, und ich habe große Angst ausgestanden. So bin ich nach Rapperswil gekommen. In guter Zeit und ohne Hilfe bin ich den großen Berg, der Ezel genannt wird, hinaufgegangen. Da ich am Morgen nicht habe gehen noch stehen können, sondern auf ein Pferd gehoben werden mußte und getragen worden bin, ist es der Mutter von Einsiedeln zuzuschreiben, die mir abermals auf solche Weise ihre Hilfe gereicht hat... In Einsiedeln eingetroffen, war ich völlig gesund geworden und konnte zu Fuß nach Hause zurückkehren." (WE-Rtb 72, P. GUINANDUS PRIMUS: Biographie II, a.a.O. 27-28). Innerliches (oder auch betrachtendes) Gebet ist „eine Art innerliches Gespräch mit Gott, das sich nach außen nicht bemerkbar macht... Jeder innere Akt, welcher bezweckt, uns durch Erkenntnis und Liebe mit Gott zu vereinigen, geistige Sammlung, Erwägung, Vernunftentschluß, Erforschung, Vertrauen, Beschauung, Erhebung des Herzens zu Gott, kann man betrachtendes Gebet nennen ..." (TANQUEREY, A.: Grundriß der aszetischen und mystischen Theologie, a.a.O. 510).

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5.1.1.2

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war allso des morgens, wann alles noch geschlafen, aufgestanden, für ein Muttergottesbild in dem Cell (= Zelle) niderknied; da bin unter dem mündlichen Gebett10 gahr oft mit solchen Tröstung überschüd worden, das Buch müssen beyseyten legen, nicht mündlich mehr betten können. Hat zwar nicht lang gewährt. Auch in dissen Creütz in dem weltlichen Stand, ohne das gewist, was betrachten (ist), (ich habe) gelährnet, das Leyden Christi (zu) betrachten, ich weiß selbst nicht wie. Allso ist das Creütz mein Heyl gewessen. Wie wunderbarlich sie in das Closter Catharinathal gekommen" Einsmahl käme mier in disem meinem betruebten Stand vohr in dem Schlaf, als wan ich zu Einsidlen in der Capell bettete, als dan 2 Closterfrauen Dominicanerordens von dem Altar gestigen und mich küßeten. Mein Herr Vatter wurdte auch gantz verändert und sagte, daß ich noch einmahl zu der Muettergottes auf Einsidlen gehen soll und Gott bitten, daß er mier meinen Beruef woll zu erkennen geben. Wan ich alsdan noch werdt beständig bleiben, wolle er mier alle Hilf reichen. Binn allso voller Friden zu meiner Einsidlisehen Muetter zu Fueß hineingegangen. In dem Beichtstuhl hab ich meine Resolution eröffnet. Diser Beichtvatter sagte mier, daß kein Orth vor mich tauglicher erkenne als das Closter Catharinathal, von welchem (weder) ich noch meine Elteren kein Wort gehört und gewußt.

Mündliches Gebet „äußert sich durch Worte und Gebärden. ... Es geschieht, um Gott nicht nur die Huldigung unserer Seele, sondern auch unseres Leibes und besonders der Sprache darzubringen ..." (TANQUEREY, A.: Grundriß ..., a.a.O. 511). Dieser Abschnitt ist auch bei P. GUINANDUS PRIMUS zu finden. (Vgl. Biographie II, a.a.O. 2) 223

Als ich solches meinem Herrn Vatter eröfnet und zugleich gesagt, daß mein Leyden dahin seye, ist er dessen nit allein zufriden geweßt, sonder selbst in dises Closter gantz fremd und unbekant gereist, worauf ich an dem Fest des hl. Joseph 12 einfällig 13 mit iedermänniglicher Verwunderung bin angenommen wordten. Nach welchem sich nichts Widriges mehr ereignet, sonder in der Octav Maria Himmelfahrt,14 in dem 18. Jahr meines Alters in das alhisige Closter eingegangen.

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5.1.1.3

Als ungefehr 5 oder 6 Monath Novitz, bin ich erkrancket, daß ein halbes Jahr in der Kranckenstueben mießen bleiben. Der Ursprung dieser Kranckheit ist gewesen, daß ich auf dem Boden ligend in der Veni(a)16 ent-

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Was sich in dem Novitiat zugetragen15

Fest des hl. Joseph: 19. März. Einfällig, wohl .einfaltig' gemeint, aber nicht in dem eher negativen Sinn von schlicht, einfach, sondern:,einstimmig'. Oktav ist die liturgische „Nachfeier eines Festes mit Abschluß am achten Tag". Im 4. Jahrhundert ist bereits eine Osteroktav bezeugt. Vorbilder gibt es schon im Alten Testament, so z. B. Lev 23,36: (Der achte Tag zum Abschluß des Laubhüttenfestes), und 1 Makk 4,56: „Acht Tage feierten sie die Altarweihe ...", u. a. m. (Vgl. LÖWENBERG, B.: Oktav, in: LThK VII, 1127). Dieser Abschnitt auch bei GUINANDUS PRIMUS. (Vgl. Biographie II, a.a.O. 3-5). Venia (von lat. venia, ae, f., mit den Bedeutungen: a) Gefälligkeit, Gunst, Gnade, Nachsicht; b) Erlaubnis; c) Verzeihung, Vergebung, Straflosigkeit) = besonders im Dominikanerorden gepflegte klösterliche Übung als Zeichen des Gehorsams, z. B. wenn vom Oberen eine Anordnung ausgesprochen wurde; Versetzungen gehörten dazu, oder als Zeichen der Bitte um Verzeihung, wenn man sich gegen die Satzungen und Statuten der Gemeinschaft verfehlt hatte. - Bei der Venia legte man sich flach ausgestreckt auf den Boden. Erst auf ein Wort des Oberen hin durfte man aufstehen. Hier ist Venia eher als Akt der Unterwürfigkeit und Anbetung verstanden. Das Gebet in dieser Körperhaltung, lang ausgestreckt vor dem Altar, geht auf den Ordensstifter selbst zurück. Es gehört zu den „Neuen Gebetsweisen des Hl. Dominikus". Über die Zweite Gebetsweise heißt es: „Oft betete der hl. Dominikus, indem er sich ganz ausgestreckt auf den Boden warf, das Gesicht der Erde zugekehrt. Dann war sein Herz

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schlafen auf d e m Angesicht, daß ich mehrmalen nit erwacht, bis man in die Metten 17 gelitten (= geläutet), und das zur Herbst-Zeit. Dahero das Gebluet zu dem Hertzen gelofen, in

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dem Lauf gestockt und mir ein großes Trucken über das Hertz verursachet. Die Doctores vermeinten, es seye ein druckendes Fieber und haben es mit einem Pulver zu curieren gesucht; so aber keine Beßerung folgen können, weilen die widrige Mittel ergrifen wordten. Ich aber zu meiner Schult g e s c h w i g e n und nichts gesagt als wie es zu spat und die Natur schon verderbt gewesen, weilen dan kein Medicin wollen anschlagen.

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S o ist der Schluß gemacht wordten, daß ich wider in die Welt soll. Einige haben geglaubt, daß ich in der Welt einen Liebstrunck bekommen (habe). D i e erschrecklichsten Urteil seind gefällt wordten zu meiner Pein und Marter, so

15

von tiefer Reue gerührt, und er erinnerte sich der Worte des Evangeliums, die er oft so laut vor sich hersagte, daß man sie gut verstehen konnte: , 0 Gott, sei mir armem Sünder gnädig!' (Lk 18,13). Und wieder sprach er voll Ehrfurcht und Hingabe die Worte Davids: ,Ich bin es, der vor dir gesündigt und ungerecht gehandelt hat.' (Ps 50,51).... Manchmal, wenn er die Brüder lehren wollte, wie sie mit Ehrfurcht beten sollten, sagte er ihnen: ,Als die Weisen, jene ehrfürchtigen Könige, das Haus betraten, fanden sie das Kind mit seiner Mutter, und sie warfen sich nieder und huldigten ihm.' (Mt 2,11). Auch wir wissen, daß wir ihn gefunden haben, Gott und Mensch, mit Maria, seiner Magd ... Die jüngeren Brüder ermahnte er mit den Worten: ,Wenn ihr eure Sünden nicht beklagen könnt, weil ihr keine habt, dann denkt an die vielen Sünder, die der Barmherzigkeit und Liebe zugeführt werden können ...'." (Zitiert nach Koudelka, V. J. (Hg.): Dominikus, Ölten 1983, 114-115). 17

Mette (von lat. matutinus: morgendlich, der Morgen) = ursprünglich das kirchliche Morgengebet, später auf die vorausgehende Nachthore bezogen und diese umfassend. Die Mette ist der Lesegottesdienst innerhalb des von den Ordensleuten zu feiernden Chorgebetes. Dieser umfaßt Lesungen aus der hl. Schrift, Texte der Kirchenväter, Heiligenviten und Psalmen. (Vgl. JUNGMANN J. A.: Mette, in: LThK VII, 375). Der Zeitpunkt der Mette in St. Katharinental läßt sich nicht mehr ausmachen. Die beiden Reformstatuten für das Dominikanerinnenkloster St. Katharina in Wil und für die Kapuzinerinnen von St. Maria der Engel in Wattwil schreiben Mitternacht vor. (Vgl. WE-Rtb 51, 24; WE-Rtb 52, 43). 225

mier alleß ofenbahr wordten, daß ich geglaubt, ich werde als ein mit dem Teufel Beseßene wi(e)der in die Welt gestoßen werden. Was das für ein Leyden gewesen, ist nicht zu beschreiben.'8

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In diser eüseristen Noth hab ich mein Zuflucht zu der Einsidlichen Muetter genommen, ein Wahlfahrt dahin laßen verrichten. Da hat Gott geschickt, daß ein frembder Medicus kommen, der hat erkent, daß es kein Fiber, sonder vom Gebluet, eine Aderläß befohlen; alsdan ich wider frisch und gesund wordten bin.

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Die Profeßion19 hat der Convent wegen langer Kranckheit wollen aufziehen, 20 daß der Schluß gemacht wordten, noch ein Jahr Novitz zu bleiben; zu welchem mich gantz willig ergeben, daß nach dem göttlichen Willen alles geschehe, hab auch kein anderen Gedanckhen mehr gehabt. Als aber das Fest der hl. Treyfaltigkeit herangenahet, an welchem mier das Ordenskleid ist

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angelegt wordten, bin ich wider alles Verhofen von meiner Novitzenmeisterin21 befragt wordten, 18

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Liebestrunk - im Sinne von: Besessensein von Liebe bis in körperliche Reaktionen hinein. - Von PHILIPP NERI wird ein einschneidendes geistliches Erlebnis berichtet (Pfingsten 1549), das sich ebenfalls körperlich ausdrückte: „Als er nun eines Tages im Jahre 1544 wieder voller Hingabe betete, spürte er plötzlich in seinem Herzen einen solchen Sturm der überwältigend großen Liebe des Hl. Geistes, daß ihm das Herz in der Brust so heftig aufsprang, daß man dies auch äußerlich wahrnehmen konnte ...". Philipp sah „eine feurige Kugel in seinen Mund eindringen und spürte dann, wie sich seine Brust über dem Herzen ausweitete ...". (TÜRKS, P.: Philipp Neri oder Das Feuer der Freude, Freiburg 1986, 32-33). Profeßion = Profeß. Kirchenrechtlicher Akt, bei dem Ordenskandidat(inn)en öffentlich oder wenigstens vor zwei Zeugen dem Oberen oder einem Vertreter bekunden, daß sie bereit sind, von diesem Zeitpunkt an gemäß den Ordenssatzungen arm, ehelos und gehorsam zu leben. Aufziehen - im Sinne von aufhalten, hinhalten, aufschieben, verschieben. (Vgl. GRIMM I, 784). Die Novizenmeisterin ist die im Auftrag einer Schwesterngemeinschaft für die Ausbildung Verantwortliche.

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ob ich willens seye, die Profeßion auf dises Fest abzulegen, so 14 Täg iber das Jahr hinausgefallen. Hab ich mit gröster Hertzensfreid dise Gnad angenommen, daß ohne weitere Verhindernus die Profeßion auf obgemeltes Fest geschehen.

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5.1.2

Von ihrer LiebezuGott

5.1.2.1

Von dem Anfang und ersten Antrib zur Liebe Gottes Aus Gehorsam fange an, mein Lieb zu beschreiben, wie selbige ihren Anfang zu Gott genommen: In der Welt hab ein eintzige Mans-Person geübt. Habs eüsserlich nicht erzeigt, doch hab grosse Gefahr gehabt, wann Gott niht wunderbahrlich mich erhalten. Diesse Person urblötzig (= urplötzlich) vordkommen, glaube aus sonderbahrer Schikung,22 sonst häts können fahlen23 Ich vermeinde, daß mier das Hertz müß brechen für (= vor) Betruebtnus.

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Kamme darauf in das Closter. Da hänkte mein Lieb an ein Closterfrau, zu allem Glück in dem Noviciat.24 Disse Person libte allso stark, daß ohne sye niht sein kund. Sobalt sye niht da gewessen, kein Ruh gehabt. Ich hänkte gleichsamb Tag und Nacht an ihr, daß, wan nur gewist, ihr Augenwink zu erfüllen.

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Schikung = Schickung; hier gebraucht für: plötzliche Fügung. (Vgl. GRIMM VIII,

2.665). 23

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„... sonst häts können fählen" im Sinne von: Die Liebe zu diesem Mann hätte mich so ausgefüllt, daß für eine Liebe zu Gott kein Raum mehr gewesen wäre. MARIA THERESIA PÜNTENER, ihre spätere Vertraute, der sie viele geistliche Texte diktierte.

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Aus närrischer Lib wahr mier nichts zu schwär. Mein Natur, ihr zu gefallen, allso undertruket: wan gewist, daß seye (etwas) niht leyden könen, daß mier den grösten Gewählt anthun müssen. Sye zihte mich zum Geistlichen, sonst währ um (mich) gescheen gewest. Mein Lib wahr jehe länger j ehe hytziger, daß, wan mier nuhr eingebild, disse Closterfrau hat etwas wider mich, so mich allso betrübt, daß kein Mensch mich trösten könen, ja, niht nuhr einmahl krank worden.

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Mein erschrökliche Lib wahr disser Closterfrau auf die Lest (= zum Schluß) unerträglich, in Sonderheit wegen der Eifersucht, daß, wan ein gewisse junge Closterfrau, auch ihn dem Novitiat, nuhr mit disser gered oder allein beysammen gestanden, da hab vermeind, ich müst in die Luft springen. So bin kommen, daß wan ich disse Person, woh ich mit ihr geeifert, hät könen aus dem Closter bringen oder gestorben währ, die gröste Freüd gehabt. Meiner Natur nach hät sye könen umb das Leben bringen, solchen Widerwillen empfunden wegen der eintzigen Eifersucht. Ein hölische Pein hab aussgestanden, doch niht könen helfen.

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Ich hab gesehen, daß die Sach niht bestehen kan. Ich mögt mich gehrn änderst machen, Dag und Nach gearbeyd, unablässig Gott allso erschröklich gebettet, daß mein Crucifix vill mahl mit meinen Zäheren25 gewaschen, er sol mein Hertz von Creaturen abzihen. Die Begyrd wahr, Gott zu liben, im rächt zu dienen. Erkande (= erkannte), daß niht möglich, bey der Libe der Creaturen, die Vollkommenheit zu erreichen. Kunde mein Natur niht enderen, mein Hertz von disser Closterfrau hinwegbringen.

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Zäheren (Zähren) = Tränen. (Vgl. GRIMM XV, 190-201).

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Die Eifersucht hab endlich erstritten durch die Demut. Wan selbige (die Eifersucht) vermerkt, so hab mich selbst allso angered: Was vertriest dich, daß andere geübt werden? Hast ein Lib verdiend? Es ist billig, daß alle dier in der Lib vorgezogen. Ich sähe meinen unglückseeligen Stand mit betrübten Hertzen an; ich redet mich selbst allso an: Mein Dominica, was leydest jetz für ein höllisehe Martter wegen deiner Lib? Disse kanst niht ertragen, dein Natur muß gelibt haben, das weist du. Dein Lib ist unmenschlich, weilen solche niehmand ertragen kan. Diesse wird dich verdammen, so sye auf die Creaturen solte gesetzt beleiben. Du must etwaß liben, das deiner Lib kanst den Lauf lassen. Bey den Menschen ist niht möglich; disse kanst niht genissen solang du willst; darbey bist gemarttert. Und wan du schon selbige geniesest, so gibts Gegensätz.26 Du kanst niht liben wie du willst; niht genug liben, ist niht für dich. Allso must ich etwas suechen und haben, so mier die Vergnügung geben kan, so meiner Lib nichts entgegensteht, sonst ist kein Freüd zu liben, woh man sich vörgten (= fürchten) muß, der Lib den Lauf zu lassen. Das ist allezeit bey den Creaturen, woh die Lieb ihr fryen (= freien) Lauf niht haben kan. So ist dan nihts für dich als Gott, da kanstu liben nach Genügen, hastu dich niht zu förchten. Da kanst dir wohl sein im Liben, tarfst thun wie du willst, kanst zu ihm, wan, so oft du willst, mit ihm reden wan dir gefeit (= gefallt), so bey den Menschen niht sein kan. „.... so gibts Gegensätz" = Es gibt unterschiedliche Auffassungen, wie diese Liebe zu leben ist. 229

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5.1.2.2

Sye dein Nahrheit (= Narrheit)! Was du Tag und Nacht gesuecht zu liben, all dein Sinn und Gedanken dahin gericht. Was hastu gehabt an dem Menschen? Nichts als ein handvoll Staub und Aschen, Gefäß der Wührm, ein stinkendes A(a)s, ein unbeständigeß Abrylen-Wetter (= Aprilwetter). Allso (ist) der Mensch, der heüt mit dier dein bester Freündt, morgen dein ergster Feind, so ein eintziges Word kan in das Werk richten. Was ist der Mensch, den du so nährisch verlibt umfangen? Ein faules Bred (= Brett), so man sich an selbiges will anlähnen, zu Boden falt: -ein Mehrrohr (= Meerrohr, Schilfrohr), so von allen Winden hin und heer getriben, in dem kein Bestand zu finden.28 Was ist, das dir der Mensch thun kan? Nichts! Wan seine Hilf am mehrsten (= meisten) von Nöhten, ist nichts zu finden. Was nutzen dich jetzt deine beste Freünd: ich bin betrüebt, leyde an Seel und Leib, woh ist ein Hilf für mich? Gehe jetzt zu deinen Freünden, laß dich

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Von dem zweiten Antrib zur Liebe Gottes Der ander27 Trib ist gewessen, daß ich betragtet (= betrachtet), was die Creaturen (sind), die ich allso närrisch gelibt. Mier selbst allso zugesprochen:

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Nuhn, mein Gott, so must du dan in des Künftige meiner Lib die Vergnügung (sein). Dich allein, kein Creatur mehr in Ewigkeit, (will ich lieben). Des ist gewessen der erste Trib zur göttlichen Lib, damit ich meiner Lib kan den Lauf lassen, genug liben kan, daß mir nihts endgegensteht.

Der ander = der zweite. (Vgl. GRIMM I, 305 ff.). Anlehnung an Mt 11,7.

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trösten, die niht wissen wie es umb dich steht. Und bis du ihnen solches in frömbte (= fremdes) Land schreibest, kanst hundertmahl sterben. Syst jetzt, was von dem Menschen zu hof(f)en? Die Untreüh hastu erfahren auch von deinen besten Freünden. Wan sye schon geern wohlten helfen, so könen sye niht: wan du in das Todbett wirst kommen, was werden dich allsdan deine libsten Freünd nutzen? Wan die Hilf mehrsten von Nöhten, da könen sye dir zum wenigsten geben. Keiner kan dein Leben ein Augenblick verlängeren: wan du daligst, niht mehr reden, sehen und hören (kannst), woh wird ein Trost sein für dein bis in (den) Dot beengstigte Seel? Alles weicht von dir! Die du hytzig gelibt, verlassen dich in der grösten Noht. Jetzt lähme, was Menschen sein (= sind), wie wenig auf disse zu bauhen und zu trauhen. Warum suche ich niht Gott, der allein ein Freünd in der Noht?29 Wan mich alles verlasset, so beleibt Gott getreüh. In der grösten Noht ist er der beste Freünd. Wan alles weicht in dem Todbett, ist nihts als Gott, so helfen kan. Warum lib ich niht dissen treüsten Freünd, der mich trösten kan in allen meinen Betrübtnussen? Wan alle Menschen sich abzihen, so ist Gott der eintzige, so beständig beleibt in der Threü und Lib bis an das End. Dissen kanst bey dir haben in allen deinen Trübseeligkeiten. In seinen Gewählt steht, dir zu helfen, so vill du vonnöhten und wünschen kanst. Was hastu dan mehr zu förchten? Wan du Gott hast, die gantze Welt, die gantze Holl kanstu trutzen! Vgl. Ps 32,7; 34,7, u. ö. 231

So libe den(n) dissen, der dich libet, der dir in allen deinen Anligen kan helfen. So must dan in das Künftige nihts als Gott gelibt sein, weilen nihts in der Welt, so meiner Lib würdig erkenne.

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Hinweg ihr schnöde Creaturen! Ich verfluge (= verfluche) disse Lib! O daß ich solches mit blutigen Zäheren kund beweinen. Nimmer, o mein Gott, nimmer will ich mein Hertz auf einiges (= ein einziges) Geschöpf setzen; du must meine Lib alles in allem sein. Es ist einmahl Zeit, daß ich dich umbfang, für mein Lib allein erwähl.

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In dissen hab stark gearbeyd, daß mier die Creaturen kan erleyden. Was ich von selbigen Verächtliches gewist (= gewußt), das hab betragt (= betrachtet), so mier ein starken Trib gewessen zur göttlichen Lib, in Sonderheit, was ich von einem Beichtvatter erfahren in der Untreüh.30 Disser hat mich endlich von der Closterfrau abgezogen, die ich so närrisch gelibt, daß ich anfangs sehr vill Gutes zu meiner Verbesserung gezogen, nach und nach hab ich das Liben wi(e)der angefangen, woh ichs gelassen.

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O wunderbahrlicher Gott, wie ich da hab wollen anfangen zu liben, der mich allso gelibt, daß er öfter sagte: In Ewigkeit werde mich niht verenderen, urblötzlich sich umbkerd, daß er nihts mehr von mir hat hören wohlen, wie ich schon weihtläufig geschriben.31 Dis ist alles in dem Novitziat gescheen oder gleich darnach.32

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Gemeint sind hier nicht Mitteilungen aus den Beichten anderer Personen, sondern hier ist eher an eine geistliche Unterweisung gedacht. Dominica meint hier, daß sie Gott nicht „erfährt" in ihrem geistlichen Leben. Um das Jahr 1695.

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Disse Verenderung hat mir mehr genutzet (als) alles anderes. Das hat mich rächt zu Gott getriben, daß den Creaturen den Abschid geben. Von disser Zeit her an kein eintzige mehr gehänkt als daß mein Lib bey Gott beliben. Das seind die 3 Personen, so in meinem Leben gelibt: in der Welt eine, in dem Closter 2, die mir mehr zu leyden geben als die Martterer, so ein Verdienst," hof(f)en under die Zahl der Martterer kund gezähl werden. Ist alles mein Nutz gewessen. Mir ist leyd, daß mein Hertz jemahl auf ein Creatur gesetz, doch wohlen niht, daß es niht gescheen währ, weillen mich solches dermahlen desto stärker bey Gott halten thut. Mein Glük gewessen, daß Gott mich alles versuchen lassen, damit den Underschid zu machen weiß, was ist, Gott liben, und was ist, die Menschen liben. Von beden kan nihmand grössere Zeügnus geben aus der Erfahrenheit als, glaube, ich, weillen schwärlich ein solche ungestimme (ungestühme) Lib wird zu finden sein gleich wie die meinige,

Verdienst im antireformatorisch-tridentinischen Sinne. Nach MARTIN LUTHER hat der Mensch keine Möglichkeit, vor Gott Verdienste zu sammeln, denn die menschliche Natur ist durch die Erbsünde und die Begierlichkeit grundsätzlich verdorben; sie kann auch durch die Rechtfertigung nicht verwandelt werden. Des weiteren widerspricht nach Luther jedes Reden von den Verdiensten des Menschen vor Gott dem Glauben, Gott wirke allein und in völliger Souveränität das Heil. Verdienst ist danach allein das Opfer Jesu am Kreuz, mit dem er Genugtuung für Sünde und Schuld der Menschheit leistet. Demgegenüber betont die kath. Lehre von der Rechtfertigung, daß der Mensch durch sie gnadenhaft innerlich umgewandelt wird. Durch diese Umwandlung ist er in der Lage, nun selbst vor Gott Wertvolles zu tun und Verdienste zu sammeln. Es gilt aber auch hier festzuhalten, daß die Verdienste des Menschen immer rückgebunden sind an die Verdienste Christi. „In der Teilhabe und Teilnahme des Menschen am Verdienst und Werk Christi als Sohn im Sohne wandelt sich im Vollzug der menschlichen Freiheit die vom Menschen angenommene Gnade in sein ,Verdienst'." (Vgl. MOLINSKI, W.: Verdienst, in: HTTL VIII, 41-46). 233

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die ohne Mit(t)eP steht, woh sye hingeht, daß ohnlängst ein Dok(t)or mir gesagt, er glaube, daß ich im Mutterleib schon ein Feüher gewessen. Ein ander, lut(h)erischer Doktor, sagte von meiner Natur: Sye ist nichts als ein Feüher und Feüher.35 Ein geistreicher gelährter Man(n) sagte disse Word: Kein grössere Barmhertzigkeit Gottes erkenne er, als daß Gott mein Lib angezogen, sonst wurde ich verdambt - auch vill Seelen (würde ich) verfürt haben. Er sagte, die Hytz ist so groß bey ihr, daß in ihrer Gewählt niht steht, in dem Mittel36 zu beleiben. Disser wahr für den Gelährtesten (Dominikaner) in der Profintz gehalten, so mir vill geholfen wegen meines Geist, weilen i(h)m mein innerlichen Stand zu erkennen (gegeben habe). Der hat

Mittel, hier vielleicht = Gleichmäßgikeit zwischen zwei entgegengesetzten Seiten; im Mittel stehen, dazwischen stehen. (Vgl. GRIMM VI, 2.384-2.385). ,Feuer' ist eines der großen Themen CATERINA VON SIENAs. In einem Brief aus dem Jahr 1374 heißt es: „O glühendstes Feuer, das immer brennt, du bist, gerade aufsteigend, ein einziges Feuer! So schien der Mund der Wahrheit es auszusprechen: ,Ich bin das Feuer, und ihr seid die Funken.' Er sagt: ,Das Feuer will stets zu seinem Ursprung zurückkehren, deshalb richtet es sich immer nach oben.' O unaussprechlich geliebte Liebe, wie wahr hast du gesagt, daß wir die Funken sind. Doch willst du uns demütig: denn wie der Funke sein Dasein aus dem Feuer empfängt, so verdanken wir unser Dasein dem ersten Ursprung ... O teure Mutter der Liebe! Könnte doch keiner so verhärtet und befangenen Sinnes sein, daß er nicht erwachte und zerschmölze vor solchem Liebesfeuer! ..." (Brief an Fr. Bartolomeo Dominici OP nach der Auswahl von GNÄDIGER, L.: Caterina von Siena, Ölten 1980, 73-74). ,Feuer' gehört auch zu den wesentlichen Elementen der Spiritualität PHILIPP NERIS. Die innere Glut, die seinen ganzen Körper erhitzte und die ihm sein ganzes Leben zu schaffen machte, war ein äußeres Faktum des ,Pfingstereignisses' von 1544 (vgl. Fn. 18). Philipp litt zwar „keine körperlichen Schmerzen. Aber das Feuer, das über ihn gekommen war, hat ihn nie mehr losgelassen. Einmal, so wird berichtet, warf er sich zu Boden und bat: ,Ich kann nicht soviel ertragen, mein Gott, ich kann soviel nicht aushalten. Sieh doch, ich geh' daran zugrunde.' Danach habe sich dann die Stärke dieser Erschütterung vermindert..." (TÜRKS, P.: Philipp Neri..., a.a.O. 36-37). Mittel, s. Fn. 34.

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mich getrost in aller Verlassenheit, daß ich niht von dem Teüfel betrogen ... Allso erschröklich war mein Lib, daß ich glaube, wan selbige auf ein Person ausser dem Closter gesetzt wie auf disse Closterfrau, in dem Closter niht beleiben können. Ich gedachte mehrmahlen, wan in dem Ehestand währ, so wurde ein Man(n) ein lebendiger Martterer bey mir gewessen wegen der Eifersucht, und weill niht wie andere Weiber tat könen zu Haus beleiben, sonder mit müssen in allen Reyssen (= Reisen). Ich hab mehrmahlen die Tugend betragt (= betrachtet) so viller Weiber, die auch ein menschliche Lib hab(en), daß seye könen ohne ihre Männer leben. Ich, wan in dissen Stand währ, wurde das niht thun können. Allso hat wohl Gott vor mir behüt (= hat mich Gott davor behütet), dann ich kein Mensch in der Lib hät(t)e, auch kein Mensch solche ertragen könen, weilen wähter (= weder) Himmel noch Holl was nachgefragt. Es ist niht balt erhört (= noch nicht gehört) worden, daß ein Lib ohne Gegenlib bestehen kan. Ich weiß, daß mein Hertz niht könen enderen in der Lib. Wan schon gewist, daß ich von denen Personen niht mehr gelibt werden, wan alle Kräften angespand, sonder hab gelibt, bis Gott den Bruch gemacht wunderbahrlich. Mein Lib ist niht zerteihlt, so nuhr auf ein Sach geht. Sobalt etwas ergreife, so lasse alles anders fah-

Hoher Anspruch an die Liebe. Eifersucht Gottes als spezielle Berufung? Es gilt hier den finalen Zweck nicht außer Acht zu lassen: Gott kann auch extremes Verhalten (übersteigerte Eifersucht) zum Guten wenden. 235

5.1.2.3

Der 3. Trib zuer göttlichen Lieb ist gewessen, so mier sehr vill genutzet zu meiner SelbstEigenüberwindung, als das, was ich aus närrischer Lib für die Creaturen gethan. Da mich allso selbst zu schaden gemacht.38 Wann mier kommen, ich solte länger bey meinen Gott beleiben, den Schlaf brechen, hab kein Lust empfunden, liber in das Bett gangen, da wieder mich in anderen Sinnlichkeiten zu mortificieren, daß mich so hard ankommen, da hab mihr allso zugesprochen: Dominica, du bist die gewessen, so alles können thun aus Lib der Creaturen; (du) weißt, wie leicht dich ankommen, halbe, gantze Nächt bey denen auf dem Bett sitzen, die du gelibt hast, kein Beschwärnus hast gefunden, ist dir ein Freüd gewest. Ja, alles, es sey gewest, was der wohlt (= wollte), dich ist nichts hard ankommen, denen, so du gelibt, hast zu Gefallen zu thun, wens das Leben kost hät. O der Schand! Sol(lte) den(n) ein Mensch mehr Dienst bey dir haben als ein Gott? Hat disser weniger umb dich verdiend als der Mensch? Es ist wahr, daß du es niht thuen kanst!39 Hast für die Menschen könen dein Schlaf brechen, allso mortificieren, warumb niht für Gott? Endwähter libst du niht, oder du must thun für Gott, was (du) für die Menschen (tust). Bey dir ist nichts unmöglich.40

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Von dem tritten Antrib zur göttlichen Liebe

„mich selbst zu schaden gemacht" = etwas getan, was zum Schaden gereicht. Sie vergleicht ihre Liebe zu Gott mit menschlicher Liebe und muß erkennen, daß sie Gott weniger Liebe geschenkt hat, als ihm zusteht. Anlehnung an die Bilder des Propheten Hosea, besonders da, wo er von Gottes Treue und des Menschen Untreue spricht. Eigentlich biblisch (Lk), hier auf Dominica hin umgewandelt: Die Gnade vorausgesetzt, ist mir nichts unmöglich. Das meint wohl, daß sie keine obere Grenze ihrer Liebesentfaltung sieht. Die typisch barocke Ausdehnung ins Unendliche spiegelt sich hier sprachlich wider.

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Wan du ein libe Creatur tätest in der Kirgen (= Kirche) dasten (= dastehen sehen), ja, währ wurd dich hinderhalten könen, Tag und Nacht bey ihr zu beleiben? und seye (= siehe): Gott, dein bester Freund, dein liebster Schatz, steht da in dem Venerable41 mit seiner Gott- und Menschenheit. Er wardet (= wartet) deiner gantze Täg, ganze Nächt, kanst i(h)n denn verlassen, daß du niht bey i(h)m beleibest?42 Was du keiner Creatur thun wirst, ist dir doch möglich, dich absonderen von deinem libvollen Gott? Ist er denn niht mehr währt zu thun als das? Auch wie undankbar du so deinen Gott kanst verlassen, selbigen ohne Ansprach, ohne Aufwahrt (= Aufwartung) da lassen stehen, woh die Weltkinder ihr gröste Freüd, Ehr und Glory setzen, bey ihren König oder Fürsten Audienz zu haben, mit selbigem Ansprag zu halten. Ist Gott niht mehr? Solt mein Freüd niht mehr in dissem stehen, bey einen Gott zu stehen in seiner Gegenwahrt als bey einen Weltfürsten?43

Venerable (von lat. venerabilis) = ehrwürdig, verehrungswürdig; hier auf das Altarssakrament bezogen. Wenig originelle Tabernakelfrömmigkeit, die im Extrem heißt: den einsamen Gott im Tabernakel trösten wollen. Sie ist in Verbindung zu bringen mit der sich im Barock stark ausbreitenden Herz-Jesu-Frömmigkeit, die entsprechend einer Vision von MARGARETA MARIA ALACOQUE einen starken Zug zur Sühne hin zeigte: „Sieh da, dieses Herz, das die Menschen so sehr geliebt hat, daß es nichts sparte, sondern sich ganz verzehrte und erschöpfte, um ihnen seine Liebe kundzutun. Und zum Lohn empfange ich von den meisten nur Undank durch ihre Unehrerbietigkeit und Lästerung, durch die Kälte und Verachtung, die sie mir in diesem Sakramente der Liebe bezeigen. Noch schmerzlicher aber ist es mir, daß Herzen, die mir geweiht sind, mich also behandeln." (RICHSTÄTTER, K.: Die Herz-Jesu-Verehrung des deutschen Mittelalters, Regensburg 1924, 370). Gegenwart Gottes im barock-anthropomorphen Bild des himmlischen Königs mit Hofstaat. Die barocke Kirche mit dem herausgehobenen Hochaltar, der das Tabernaculum birgt, den Thron Gottes, ist auf die Eucharistie hin zentriert. 237

Auf disse Weis hab mich angespott,44 bei Gott zu beleiben, in dem Venerable, welches so weiht getriben, daß mein mehrste (= meiste) Zeit da zugebaracht. Den gantzen Tag alleda gewessen, wan niht der Gehorsamb anderes befehlen. Zu keiner Recreation45 selten mehr gangen. Wan andere lustig gewessen, bin ich davon gangen; halbe, ja gantze Nächt villfältig in der grösten Kält bey Gott zubracht in dem Gebett, daß ich alles beyseydten gesetzt.

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Etliche Jahr nichtß getahn als mit Gott umbgangen, kein Arbeyd mehr verricht. Hab mich mit dissen aussgered, weillen so blöde Augen. Daß ich niht gahr müssig gehe, so seye gezwungen, dem Gebett obzuligen, denn meinen Augen schonen muß, damit das Previer (= Brevier) noch betten kan.46 Ist aber niht wahr gewest, ich niht mehr können von dem Venerable wegbeleiben. Hab kein Ruh gehabt, wan niht dagewessen. Wan in mein Zell gangen, vermeind etwas zu thun für die höchste Noth, ist gleich die Begyrd dagewest, widerumb zu (meinem Gott) hinunder(zugehen).47 Zu dissen hab mich in kurtzer Zeit bracht, daß mein gröste Freüd gewessen, bey Gott zu sein, daß ich so wenig mit den Menschen gered, daß meine Word vill in dem Examen48 zu zählen gewessen.

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Angespott, muß heißen: .beschimpft' Recreation (von lat. recreare: von neuem erschaffen, wieder beleben, erquicken; se recreare: sich erholen) = klösterliche Erholungszeit; in strengen Klöstern auch die Zeit, in der das strenge Stillschweigen aufgehoben wird. D. v. Rottenberg war Chorfrau; ihre Hauptaufgabe lag in der feierlichen Verrichtung des Gottesdienstes. Für die Hausarbeiten gab es Laienschwestern. Von der Zelle in die Kirche. Examen = Partikularexamen: Gewissenserforschung und Schuldbekenntnis; es hat in der jesuitischen Spiritualität eine große Bedeutung. - Man sieht hier den Einfluß der Jesuiten auch auf die Frömmigkeit in einem Dominikanerinnenkloster.

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Von der Inbrunst ihrer Liebe zu Gott Gleichwie bey mier in keiner Sach ein Mittel,49 allso bin in der göttlichen Lieb ein lauhter Nahr (= Narr) gewessen, daß mich selbst schämen, was ich angefangen. Sobalt von den Creaturen völlig aufgelöst (= innerlich gelöst), so ist die Comedi mit Gott angangen,50 daß, wan alles beschriben kund, so wurde es für ein Recreation taugen. Meine Sinn und Gedanken stunden Tag und Nacht, mein Lib in Gott zu treiben, was ich tun wohl(te). Zu diessen hab mich bediend, was Verliebte in der Welt gehört. Auch in dem Closter; sobalt etwas gesehen, gleich (gedacht), das ist gut für mich, geschwind zu Gott, habs nachgemacht So verlibt (bin ich) gewessen. Ich sähe in dem Closter, daß ein Ehefrau ihren Herren (Gemahl) an das Hertz küsset, weillen sye so klein gewessen. Das hat mier so wohl gefallen, gedachte gleich: ich wills auch so machen in meiner Cell. Hat(t)e ein so grosses Crucifix, daß i(h)m niht weihter gehe als an das Hertz. Wir oft bin zu dem Crucifix gelofen, gesagt: Mein Schatz, diesse Frau muß ihren Man(n) niht mehr thun als ich dir! Hab das Hertzküssen so lang getriben wegen dem eintzigen, so ich gesehen von disser Frau. Allso, was ich gehört, hat all(e)s zu Gott müssen. Ein lauhter Nahrheit! Ich bin so weiht kommen, daß niht gewist, was ich thue. Öfter auß der Kirgen (= Kirche) gelofen, in den Gar-

Vgl. Fn. 34. Comedi = Komödie, Theater als ein Charakteristikum des Barock. Eifersuchtsszenen gehörten zu den beliebten Einlagen, besonders in den Lustspielen des Rokoko (vgl. Rossini, Mozart). 239

den hinaus, daß mier das Hertz wohlen zerspringen, geschryen: O mein Gott, ich muß sterben ich muß mich zu (Tode) lib(en). In dissen Wuht bin zu Zeiten in die Cell gelofen, mein Crucifix in das Bett gelegt und (meinen) Kopf darzu, damit nuhr lauht können reden, daß man niht gehört hat. Da ist nihts gewessen als küssen und truken, daß die Crucifix zerbrochen, das Blut zum Mauhl herausgelofen vom Küssen. Ich kan niht anders von mier sagen als von einem Menschen, der unsinnig. So bin gewessen gleich in den angehenden Jahren meines geistlichen Stantz. Wan der Gewählt so groß gewessen in der Lib, so habs nimmer können verbergen.5'

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Aus Befeig (= Befehl) des Pater Provincial, dem alles anzeigt worden, hat mich die Closterfrau, so anfänglich allso gelibt, in ein abgesünderst (= abgesondert) Ord genommen, daß (= da) hab könen auslassen; welche Befeig gehabt von der hohen Obrigkeit, alles zu schreiben, was ich zu disser Zeit gered, bissweillen von den högsten Sachen gewesen, zu Zeiten nihts als von der Lib, daß ich niht weis, oder ich hab geschriben, allsdan ist mier wohl worden.

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Es haben sich die Gelährten besorgt, das Hertz möge zerspringen, wie ich auch glauben, wan niht hat könen auslassen. Unaussprächlichen Gewählt hab gelitten; es wahr mier niht änderst, als wan mein Hertz mit Gewählt müst zersprengt werden.

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Unleydentlich wahr disser Schmertz, doch angenäm. Ich empfunde öfter ein solchen Schmert51

Hier wieder starke Anlehnung an die Spiritualität PHILIPP NERIs.

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zen in dem Hertzen als wan ein empfindliche Wunden währ, das mich sehr quelt.52 Dissen grossen Schmertzen zu curieren ist gewessen, daß mich ein wenig von Gott müssen absünderen,53 nasse Tüger (= Tücher) über das Hertz legen, das hat mier ein grosse Linderung geben; disse in das eysskalte Wasser eingedunkt, ist doch selbst gleich beim Führ (= Feuer) gewessen, allso erschröklich ist die Hytz gewessen. Bey dem Disch bin öfter gesessen, wan die Gewählt der Lib so groß gewessen, daß ich niht gewist, was ich esse. Ich hab solches öfter unmöglich könen verbergen. Zu Zeiten, ia gahr vill ich schon geschriben, allso stark von mier selbst kommen, daß ich an dem gantzen Leib gewessen wie Stuck Holtz, allso erstahret. Es stunde niht in meinen Gewählt, öfter ein Finger zu bewegen. Ich weiß, daß man mich gestossen hat, ist aber kein Bewegung dagewessen. Ich hab dan alles gewust, aussgenommen das Gehör ist in keinen vollkommen Stand gebeliben; nichts gesehen, die Augen hab müssen zuhalten, unmöglich, ein Word zu reden. Und das ist in einen Augenblik gescheen, daß mich hinweggenommen hat als wan kein Leben mehr.54 Vgl. Hld 4,9 (vg.). Du hast mein Herz verwundet... - Anlehnung an die Liebespfeilvision der hl. THERESIA VON AVILA. (Gesamtausgabe I (Leben), 280-281. 15). Absünderen = absondern; trennen, scheiden. Hier werden Phänomene der Ekstase aufgezeigt. Nach SATURA lassen sich folgende Besonderheiten feststellen: „1. Der Verlust des Realitätsbezuges. Der Ekstatiker nimmt die Umwelt nicht wahr, ist unfähig, sogar starke Reize von außen zu registrieren. 2. Das Empfinden des eigenen Körpers wird ausgeschaltet, man spürt z. B. keinen körperlichen Schmerz. 3. Der Schwerpunkt des Erlebens liegt im seelischen Bereich ... . 4. Dieses gewaltige innere Erleben entzieht sich der üblichen bewußten Ich-Steuerung. Das Innere wird hingerissen, überwältigt." - Ekstase auch als Schutzmechanismus zu verstehen, weil die Ergriffenheit sonst nicht auszuhalten wäre (vgl. THERESIA VON AVILA: Gesamtausgabe I (Leben), 261-272). (SATURA, V.: Ekstase, in: Wörterbuch der Mystik, hg. v. Dinzelbacher, P., Stuttgart 1989, 132-134).

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Das ist gescheen niht allein in der starken Libsempfindlichkeit, sonder auch in grosser Trübseeligkeit, innerlicher Verlassenheit. Wans so weiht mit mier kommen, daß vemeind, unmöglich mehr zu leyden, so bin ich allso von mier selbst kommen und wi(e)der Stärke erhalten zum Leyden, sonst währ unmöglich gewessen, daß ich in solchem Leyden leben könen. Bey mier ist gewessen ein beständiger Wekssel (= Wechsel): balt in grösten Hytz der Lib, balt in der eüssersten Kleinmühtigkeit, innerlichen Verlassenheit, als ob mein Lebtag nihts von Gott gewist. Die Lib, so zu Gott gehabt, ist in der Weis und Manier niht wohl zu beschreiben .... Die gröste Hytz, so ich empfunden, ist gewessen, daß Gott in dem Werk kan zeigen, wie ich i(h)n lib. Wan sich ein Gelegenheit ereignet, mich zu mortificieren55 oder etwas zu thun, das mich hard ankommen, da hab mich noch angereytz, daß dem Widerstand grösser könen machen. Hab mier vor Augen gesteh dan Wohlust56 mit dissen Wordten: Seye (= siehe), jetzt kanst deinen Leib lassen ruhen, ist kein Vähler (= Fehler); du syst (= siehst) disse Speis, es gelust dich, selbe zu essen, steht dir vor Augen, wie ander deine Begyrd zu erfüllen; kanst bey den Lustbahrkeiten dich einfinden. Du kanst dich jetzt entschuldigen, dein Ehr suchen, aber Stillschweigen, anderen alles lassen, ist dir erschröklich. In deinen Reden die Verachtung suchen, ist deiner Natur so zuwider. Das Stillschweigen auf solche Weis halten, wan

Mortificieren = abtöten. Wohlust = Wollust - ohne spezifischen Nebensinn - soviel wie: Freude, Vergnügen. (Vgl. G R I M M XIV. 2, 1.385).

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andere lustig und frölich, ist meiner hard. In der Kälte verfryren (= frieren), da ich mit anderen kan die Währme genissen, ist mier erschröklich. Sye (= Siehe), mein Gott, was mein Natur empfind, wie erschröklich der Gegensatz, wie begyrig, solches zu genissen, wie unmöglich scheinet mier, (mich) zu überwinden. Sye (= Siehe) und erkenn, was ich leyde für ein Gewählt, mier währ liber der Tod. O mein Gott, du eintzige Lib meines Hertzen, jetzt weißt du wie mir ist. Wan du mein Überwindung willst annemmen als das gröste Zeigen (= Zeichen) der Lib zu dir, und wan du gantz ungezweiflet glauben willst, daß ich dich lib, so du mier das versprechen willst, so will ich das thun, so mich so hard ankompt, allein desswegen, dir ein Brob (= Probe) der Lib zu geben, sonst umb nichts. Ja, wan du mier schon den Himmel tähtest versprächen, ich kund mich niht überwinden. Alle anderen Gnaden und Belohnung achte niht, allein wan du es auf disse Weis wilst annemmen als ein Zeigen (= Zeichen) meiner Lib, so muß es sein, soll es den ersten Augenblik das Leben kosten. Allso hab mich mehren Teihl (= meistenteils) bis in Tod resolvieren57 müssen, mein Natur zu undertruken, dahin hab so stark gezihlt, nährisch (= närrisch), daß Gott kan den Glauben geben, daß ich i(h)n lib, als wan er's niht wüste. Ich fragte i(h)n oft, ob er jetzt wohl glauben oder noch zweiflen kan. Ich sagte öfter, er solt mier doch glauben, daß ich ihn lib, er sol's doch nuhr einmahl erkennen, sonst währ mier ja unmöglich gewessen, das zu thun, so

Resolvieren, s. Fn. 1. 243

mich so hard ankommen. Er soll doch einmahl ja sagen, daß er glaube, daß ich i(h)n libe. Ich wünschte mier alle Marter auszustehen. 170

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Mein Weis in der gleichen wahr allso gewessen:58 Wievill hundertmahl hab ich könen sagen: Mein hertziger Gott,59 du bist mein Lib; o hertzige Lib, ich hab nichts als dich. O wan mich nuhr zu Tod kund an dir erliben, wan dir nuhr Dag und Nacht an dem Haitz hangen mit taussend Küssen. Sag doch nuhr nimmer, daß ich dich niht libe. Ist den möglich, daß ein Creatur dich stärker lieben kan? Ich kan dis niht glauben. Gelt, aber es ist niht! Du bist allein mein, gehest niehmand nichts an! Du bist, was ich bin. Lasse mich doch einmahl genug an dir erliben, o Jesus. Ich kan nimmer, mein Hertz kan nimmer, o ich muß sterben .... O Lib, o Lib währ gibt mier, daß ich sterbe? O daß ich so vill Leben hat als Tropfen in dem Mehr (= Meer), als Sandkörnlein an den Bergen, als Beleter (= Blätter) an den Bäuhmen. Disse alle unzahlbahre (= unzählige) Leben durch die grausambste Martter darzugeben währ. Währ (= wer) gibt mir zu leyden als was alle Martterer gelitten? Währ (= wer) gibt ein Pein in die ander ausstehen? O mein Lib, o libster Schatz, lasse mich leyden! Erkäne meine hytzige Begyrd, die mich allso quelet. Verübter Gott, kanstu niht liben?

Mein Verhalten in dieser Liebe war folgendes:. Herzig = typisch alemannisch als kosende Bezeichnung: zu Herzen sprechend, anmutend; schweizerisch: herzig; was man von Herzen liebt. (Vgl. GRIMM IV. 2, 1.249).

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Ach, sye (= siehe), mier ist unmöglich, ohn deine Lib zu leben. Lib mich doch, den(n) sonst tödest mich vor der Zeit. Oder steht dein Freüd in dem, mich allso umbzubringen? Das kanstu thun, sage nuhr, du libst mich (nicht), so hast mir schon den Stoß zum Tod geben. Hastu den(n) noch ein Hertz, das sich kan zum Liben bewegen lassen, so höre meine hertzbrächende Seüffzer; sye (= siehe) mein verübte Zäher, die in dein Hertz flyssen ohn underlaß, luder (= lauter) feüerige Flüß aus meinem in dich verübten Hertzen.60 Kanst dich dan weigeren, mich zu liben, so muß es niht wahr sein, daß du üben kanst. Ach, sye (= siehe) doch mit einem Mitleyden an mein grosse Betrübtnus, mein unleydenen Schmertzen, so mir die Begyrd verursacht, von dir geübt zu werden. Ich kan nimmer änderst, du must mich üben, den(n) sonst ist mein Leben hin. Ich muß von dir geübt werden, so(nst) ist kein Trost mehr für mich. Sage nuhr ja, du wohlest mich üben, sonst verlange nihts. Den Himmel achte niht, deine Gnaden verlange niht: wan du schon ein Gott bist, so hastu doch nihts, das mich vergnügen kan als dein Lib, daß ich ihn (= in) deinen Armen kan ligen mit unablässigen Libsküssen umbfangen. Ich bitte dich, verschone mier mit dem Himmel und allen deinen Gnaden, den(n) ich verlange nihts von dir als daß du mich verdammest, zu

Die feurigen Flüsse der Liebe - auch ein Bild, das MECHTHILD VON MAGDEBURG in ihren Offenbarungen gebraucht: „... die erworbene Krankheit, die von dem fließenden Feuer der göttlichen Minne verherrlicht und durchleuchtet wird ...", oder: „Ich begehre auch, daß ich Dich in fließender Minne Deiner vollen Gabe verkosten darf. Gib mir, Herr, in Fülle von Deinem Gegenfluß, der meinen Mund erfüllen möge ... ." (MECHTHILD VON MAGDEBURG: Das fließende Licht der Gottheit, eingeführt von Schmidt, M., Einsiedeln 1955, 218 u 341). D. v. Rottenberg sieht sich allerdings hier als den aktiven Teil in der göttlich-menschlichen Liebesbeziehung.

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keinen anderen Zihl und End, als mir durch solches die Gelegenheit an die Hand zu geben, daß dir kan zeigen, daß dich libe, niht wegen des Himmels, noch wegen deiner Gnaden, sonder wegen dir allein. Wan dich kan genissen, in der Holl zu sein, ist mier ein grössere Begyrd als in dem Himmel under den Engel zu stehen, damit dir, meinem libvollen Herren, ein vollkommen Brob (= Probe) der Lib geben (kann).61 Wie groß mein Vergnügung an dir allein, daß ich wähter (= weder) Himmel noch Holl achte; ja, dir zu zeigen, wie ich dich libe, so verlasse den Himmel freywillig und bitte dich, daß mich dessen auf ewig berauben wohlest, alle(r) Glory der Ehr so es möglich währ, selbige allein zu genissen, als was ein Trost und Freüd bringen kan. So wähle an dessen statt die höllische Pein für mich, so groß, daß ich allein verlange zu leyden, was alle Täufel, alle Verdambten in der Holl ausstehen, dir, o libster Schatz, zu zeigen, was ich aus verlibter Lib für dich gedahn, wie kein Martter, die mier zu groß, so niht mit Freüden annemme, nuhr dardurch zu zeigen, was ich für dich bin.62 Erkenne mein Lib, die Himmel und Mehr (= Meer) niht achtet als ein Ahnmeyssen (Ameise),63 deren eintzige Begeyrd ist, alle Gnaden, alle Belohnung auf ewig beraubt sein.

Anlehnung an FRANZ VON SALES: „Sie (die gleichmütige Seele) würde die Hölle mit dem Willen Gottes mehr lieben als das Paradies ohne Gottes Willen; ja, sie würde selbst die Hölle dem Paradies vorziehen, wenn sie wüßte, daß es in jener ein klein wenig mehr göttliches Wohlgefallen gäbe als in diesem. Ja, wenn wir uns das Unmögliche vorstellen, daß sie wüßte, ihre Verdammung sei Gott ein klein wenig lieber als ihr Heil, so würde sie ihr Heil lassen und zu ihrer Verdammung eilen." (FRANZ VON SALES: Abhandlung über die Gottesliebe II, Eichstätt 1960, 130). Ausdruck totaler Hingabe. Ameise, hier als Symbol der Winzigkeit, der Anonymität in der großen Masse.

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Dir mein Vergnügung zu zeigen, o mein Gott, wan nuhr dich genissen in der höllischen Qual, ist mier schon Lust genug. Es freüd mich, allda zu wohnen bey allen Verdambten, wan nuhr dir kan sagen, daß ich leyde alle höllische Pein aus Lib deiner; wan dir kan sagen, daß ich alle Freüd und Glükseeligkeit, zeitlich und ewig, verlassen, aus Lib deiner; in dissen dir ein Brob (= Probe) meiner Lib zu geben.64 In der höllischen Pein (zu sein) ist mier weit begyriger als in dem Genuß des Himmels. Desswegen empfinde keine Begyrd zum Himmel, weillen allda dir niht zeigen kan, was mein Lib für dich, wie vergnügt an dir allein; wan schon kein Himmel noch Holl währ, ich dich niht weniger liben kund. Erkenne, o mein Gott, erkenne, wie hoch du von mier geschätzet, wie alles andere bey mier nihts geacht, wie all mein Begyrd in dissem steht, dir mein verlibte Libstreüh zu zeigen, so nihts suchet, als dich. Wan nuhr dich genissen kan, sonst verlange nihts, den Himmel nit, all seine Glükseeligkeit, so ich würklich gemessen täht, wohlt verlassen nuhr für ein augenbliklichen Genuß deiner Lib, daß bey dir sein kan, sonst kanst mier nihts mehr geben noch thun, so mich freyen (= freuen) kan als wan dich genissen kan.65 Wan du, mein Gott, in der Höllen währst und ich in dem Himmel, so springe (ich) aus dem Himmel zu dir in die Holl. Unmöglich währ, ein Augenblik ohn dich mehr zu leben.66

Entfernte Anklänge an die .Nacht' bei JOHANNES VOM KREUZ: Liebe in der Trostlosigkeit. Hier erreicht Dominikas Sehnsucht nach Gott einen Höhepunkt; stärker kann sie nicht lieben: absoluter Verzicht auf alles Vergnügen, nur selbstloses Leiden aus Liebe. Genießen im Sinne von: Anteil haben. Sehr lokale (= typisch barocke), sehr plastische Vorstellung von Himmel und Hölle.

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O mein Gott, wie leyde ich ein Qual, ein hölische Martter wegen deiner Lib. Du weist, daß niht ohn dich mehr sein kan, weilen schon in dich zu stark verübt und hab kein Sicherheit, dich unablässig zu genissen. Allso bitte für nihts! Gib mier nihts, alle(in) (aber) verspräche mier, daß dich niht verlihren soll; das (ist) alles, so du mier zu meiner Vergnügung geben kanst. Gib deinen Heiligen, was du willst, von natürlichen und ibernatürlichen Gnaden sovill du willst, mache selbige groß in dem Himmel und auf Erden solang du willst, dem frage (ich) allen nihts nach; allein dich zu geniessen, dein Lib an mich zu zihen, ist mier über alles, was du in deiner göttlichen Gewählt hast zu geben. Wan (du) mich niht liben kanst, so wirst mich mit nihts könen erfreyen. Wan du mich zu einen Gott tättest machen,67 bemühe dich niht, mier ein ander Vergnügung zu geben, es ist alles umbsonst. Hab kein Sorg für mich, es ist schad, wan du mier etwas tuhst, dan ich halt auf allen nihts als auf dein Lib und daß ich dich genissen kan nach meinen Verlangen, ohnablässig. Gib mier doch sonst nihts als allein, was mich erfreyen kan, das bist du! So zeige mier jetzt, was du liben kast, ob dein Hertz auch zu verwunden sey, auf welches das meinige so vill Libspfeil schiesen thut, ob du auch in der Lib zu endzünden, wo mein Hertz allezeit Für (= Feuer) gibt auf das deinige.68

Anlehnung an die Versuchungsgeschichte in Gen 3, 5. Vgl. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe V (Die Seelenburg), 283: „Mir scheint die Liebe ein vom Willen entsendeter Pfeil zu sein. Fliegt dieser mit all der in ihm liegenden Kraft, frei von allen irdischen Dingen, nur allein auf Gott zielend, dahin, so muß er in aller Wahrheit die göttliche Majestät verwunden, so daß er, in Gott selbst, der die Liebe ist, versenkt, von da mit außerordentlichem Gewinn wieder zurückkehrt."

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Zeige mier jetz, ob (ich) dich in die Lib getriben. Das will ich glauben, wan von dir werde sehen solche Zeigen (= Zeichen) nach aller Verlibten Manier, wan du tuhst, was ich will.69 Dan das ist eigentlich Brob (= Probe) der Lib, daß man des übenden Willen tuht. Wan du mier jetzt das Zeigen (= Zeichen) gibst, dessgleichen thuest, was ich jetzt von dir begehre, darnach verspräche dir, daß (ich) will glauben, daß mich lib hast. Es ist mier niht umb das, was du mier gibst, sonder daß ich durch solches kan ein Zeigen (= Zeichen) deiner Lib haben. Wan du mier nihts zu gefallen thuen kanst, so kan ich niht glauben, daß mich lib hast, dahero bis in Tod betrübt. Wan mich niht gahr wilst umb das Leben bringen, so must mier (ein) Zeigen (= Zeichen) geben, daß dein Lib kan erkennen, auf ein solche Weis, wie es bey den Verübten bräugig (= gebräuchlich). Disse haben ihr gröste Freüd, einander etwas zu gefallen zu thun. Das ist die Eigenschafft der rächtschafene Lib, wan eins thun muß, was die Libende wohlen, daß man seiner nimmer mächtig, sonder in des Libenden Gewählt leben. So must gegen mier sein, mein hertziger Schatz, dan will ich glauben, du kanst liben: Wan es dir ist wie mier, daß niht ohn mich sein kanst, wie ich niht ohn dich, und daß du thun must, was ich will, gleich wie ich gegen dir stehe.

In der höchsten Einheit der Mystik: Umkehrung der Verhältnisse. Vgl. dazu JOHANNES VOM KREUZ, Geistlicher Gesang, Anm. zur 27. Strophe: „So weit geht die Zärtlichkeit und Innigkeit der Liebe, mit der der unermeßliche Vater deine demütige und liebeglühende Seele erfreut und erhöht. Um sie groß zu machen, unterwirft er sich ihr so vollkommen, als wäre er ihr Diener und sie der Herr. Es ist ihm soviel daran gelegen, sie zu erfreuen, als wäre er ihr Sklave und sie Gott..." (JOHANNES VOM KREUZ, Gesamtausgabe IV (Geistlicher Gesang), 215).

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Wan ich wüste, was du von mier würdest begehren, ia, wan Himmel und Erden in meiner Gewählt, so müste (ich dir) dis geben. Wan du von mier würdest begehren, ich solte mier lebendig ein Messer in das Hertz stossen, mich selbst ermorden, ich künde dis niht abschlagen. Allso seyest (= siehest) du wie ich gegen dir stehe daß dir zu lib durch ein Führ (= Feuer) tähte laufen.70 Nihts so schwär, daß niht tun wohlt, wan nuhr weiß, daß du es gehrn hättest. Jetzt, was kanst den du thun? Wie kanstu liben, denn ohne Gegenlib ist kein Möglichkeit zu leben? Ach, mein Gott, wan dir doch währ (wie) mier; wan du mich doch so übtest wie ich dich, ja nuhr den hundertsten Teihl, so währ ich vergnügt, daß niht ohn mich sein kanst, und daß du die Sünder liben kanst, under welchen ich der gröste, so gib mier solches jetzt zu erkennen; dan will ich glauben, wan du jetzt meinen Willen erfülst, mier disse Gnad thuest. Wan mier solches abschlägst, so wirst mich bis in Tod betrüben. Verschone mier wegen der Betrübnus; du weißt, daß (ich) es niht kan ausstehen, wan mier mehr einbilde, du libst mich nit. Du weißt, daß solches für mich ein höllische Martter. So mustu ein übriges mit mier thun, dan mit mier kanst niht mehr umbgehen wie du willst, sonder wie (ich) es ertragen kan. Allso weistu ja, daß mein Leben und Tod an deiner Lib hangt. Ich muß von dir Zeigen (= Zeichen) der Lib haben, sonst kan ich unmöglich getrost werden. Wan alle Heiligen, alle heiligen Menschen mich wohlten trösten, so ist alles umbsonst. Woh ich

Für jemanden durchs Feuer gehen = jemanden so schätzen, daß man für ihn alles tun würde. 250

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den Glauben deiner Lib niht hab, weiß schon, was ich bin. Allso muß mier ein verübte Manier zeigen, die ich sehen kan, sonst bin niht mit dir zufryden. Wan du niht thun kanst, was mier gefehlt, so kan ich in Ewigkeit niht glauben, daß mich liben thust, dan das muß sein bey allen Verübten.7' Allso will ich auch dein Lib genissen wie du die meinige. Du weist schon wie ich gegen dir stehe, allso must auch mich liben. An das Unempfindlich(e) aber, unsichbahre Wessen (= Wesen) kan ich niht allein kommen. Du muest mier etwas zu gefallen (tun), was ich kan fassen und jetzt, was ich sag, darnach will glauben und nimmer zweifeien an deiner Lib, und das musß sein: Ohne deine Libszeigen (= Liebeszeichen) kund ich unmöglich mein Leben erhalten, dan ich lib dich vill zu stark.72 Wan ich kein Gegenlib von dir solte haben, so bringt mich (das) fahst umb. Was hastu denn von disser Freüd, wan mich vor Zeit tödest, da du mier doch so wohl hätest helfen können. Es kompt dich ja niht schwär an, du kanst ja mein Willen mit (ge)ringer Müh erfüllen. Wan du thun muest wie ich gegen dir mit grosser Gewählt, dan währ es anders. Aber jetzt (ist es) nichts Grosses, bey dir ist gleich zu thun und nicht zu thun. Was ich will, es kost dich kein Müh, mier ist aber hard, deiner Hilf beraubt (zu) sein, die dich so (ge)ring ankompt. Lasse mich niht so lang warden, thue mihr geschwind. Du weist schon wie ich bin, daß niht wahrten kan, sonst ist gescheen wegen meiner

Hier zeigt sich, daß sie auf äußere Zeichen der Liebe angewiesen ist. Sie braucht die für sie angemessene Zärtlichkeit Gottes, sie will Gott in der Rolle des liebenden Bräutigams sehen. D. v. Rottenberg sieht sich in der Rolle der liebenden Braut, die ein Anrecht hat auf Liebesbeweise. 251

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Betrübtnus, dan ich muß glauben, du thuest mier nichts. Allso den Schluß machen, du hast kein Lib zu mier, sonst währ es ohnmöglich, daß (du) allso stehen kündest. So gib mier jetzt aber geschwind, damit ich getrost sein kan, was mein Hertz begehrt von dem deinigen, damit an deiner Lib niht zeweifelen kan, dan du weißt, daß sonst schwag (= schwach) und kränklich. Allso must mier vor- und nachgeben, mier zeigen, daß ich dich in meinen Gewählt, daß (du) niht mehr thun kanst, was du willst. So mögt (= möchte) (ich) es haben, dan wurdest mich vergnügen, wan ich nuhr von dir die Zeigen (= Zeichen) der rächt Verübten hät und ... das allein in dis(em) (besteht, daß) eins thun muß, was das ander will und in seinen Gewählt niht mehr steht, änderst zu thun. Wan du mier helfen willst in meiner Libskrankheit, so must auf solche Weis mit mihr umbgehen, sonst ist kein Mittel für mich. Wan ich es erkennen kund, so währ mier nihts darumb, du mögtest mier geben oder abschlagen, sonder weill ich nihts kan ausstehen, so must mier helfen mit deiner Lib. Ich hab ja sonst nihts, in keiner eintzigen Sach ein Freud mehr als in deiner Lib. Der Mensch muß doch auch etwas haben. Allso must niht so hard gegen mier sein, (mich) auf solche Weis peinigen, daß mier kein Zeigen (= Zeichen) deiner Lib geben73 willst. Für mich erfreüd mich nihts, wan du mier die gantze Welt tädest schänken, als wan solches für dich dein Ehr wi(e)der kan anwenden und aus dissen ein Zeigen (= Zeichen) haben, deiner Lib, daß mier etwas zu gefallen thun kanst.

Hier hat sie sympathisch-unverdorben Menschliches bewahrt.

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Das ist mein jetzige Manier74 in der Hytz der Lib,75 wie ich mit Gott rede, gantze Stunden kan ich allso schwetzen und weinen. So in dissem Punkt steht, daß er mich liben soll, da ist ein solche empfindliche Hytz, daß die Martter nihts währ (und eher wäre) auszustehen die höllische Pein. Ich vermeine, solches mit Gewählt zu erzwingen. Das hab erst etliche Jahr so stark angefangen, hab mihr oft eingebild, es seye niht rächt. Der ander (= zweite) Punkt, daß Zeigen (= Zeichen) (seiner Liebe) mögt (= möchte), daß er mich libe nach meinen Gefallen. Dis zihe von der nährischen (= närrischen) Weltmanier. Dahero ist ein unaussprechliche Hytz, das meine, ich wohlt (= wolle) Gott zwingen, daß er verlibt werden soll. So keck bin (ich), daß wähter (= weder) Himmel noch Holl achte, wan nuhr sein Hertz verwunden kan in der Lib. Ich tähte oft in diessen Punkten das Unmenschlichste; wan er kein Gott währ, so künde solches niht ertragen.76 Der tride Punkt ist, daß ich mit solcher Hytz und Begyrd die Holl wünsche auszustehen, daß kein Mensch ein solche Begyrd zu dem kan haben als ich ihn (= in) die Holl, damit mein Lib sich kan zeigen, daß ich Gott über alles libe und eben darumb die höllische Martter ausstehe, aus keiner anderen Ursach als aus Lib, welche frey willig angenommen, damit i(h)m ein Brob (= Probe) kan geben wie ich libe.

Hier beginnt die Reflexion über ihre Art, mit Gott in Liebe umzugehen. ,Hitze der Liebe' - vgl. MECHTHILD VON MAGDEBURG: „O Feuers Glut, entzünde mich ... „ (a.a.O. 86), „Wer im heißen Feuer der Liebe brannte, kann es nicht ertragen ... „ (a.a.O. 164). Liebe im Sinne einer leidenschaftlichen Verliebtheit mit allen Ausdrucksweisen, deren sich eine solche Verliebtheit bedienen kann. 253

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In dissen verzähre vill Zeit, daß nihmand kan glauben, was für ein Freüd mier die Holl, wan ich nuhr Gott bey mier haben kan und bestädig zu i(h)m sagen, erkenne jetzt mein Lib, wie stark diesse gegen dier, was ich leyde.77 Glaube jetzt, daß ich mit dier allein vergnügt, dich allein lib wegen deiner, sonst würde das niht gethan haben. In dissem kan mein hytzige Begyrd zum meresten (= am meisten) vergnügen. Wan ich schon Gott in dem Himmel mehr lib als alle Seravinen, als alle Heiligen, ist kein Kunst, das kan mein Hytz niht dämmen, dieweillen der Genuß des Wohlust (= Wollust)78 da ist, so die Libe anzeicht und liben machen musst; aber in der Holl sytzen, kein Genuß von Gott haben, doch liben, das ist pur für Gott. Darumb hab ich kein Verlangen in dem Himmel, weill mein hytzige Lib kein Gelegenheit find zur Vergnügung. Man ergere sich niht an mier, mein gröste Begyrd ist in die Holl, da ich mein hytzige Libesbegyrd auslassen, wan ich leyde die hölische Pein. Kein Genuß von Gott habe anders als daß er bey mier, das muß sein, so achte ich den Himmel niht. Die Holl ist mier weiht angenämmer, wan nuhr Gott bey mier und daß i(h)m ein solche Brob (= Probe) der Liebe geben kan, woh kein Heilige in dem Himmel thun kann.79

Hölle sehr örtlich gemeint im Sinne von Wüste, geistiger Trockenheit: Gefühl von Gottverlassenheit, durchaus diesseitig gemeint. Wollust, s. Fn. 56. Hier wird noch einmal das Bildhafte ihrer Höllenvorstellung deutlich. Es geht also nicht um eine Verdammnis, sondern um einen Zustand des absoluten Nichts-Fühlens. Sie, die in diesem ganzen Textabschnitt so sehr Zeichen der göttlichen Liebe wünscht, um sich dieser Liebe sicher zu sein, versteht unter Hölle eigentlich den ,absoluten' Glauben, der von allem irdisch-sinnenhaften Trost leer ist. Sie ist bereit, auf alles Emotionale in ihrer Gottesbeziehung zu verzichten, wenn sie sich nur Gottes Nähe sicher sein kann. Könnte D. v. Rottenbergs ,Hölle' nicht parallel zur „dunklen Nacht" des Johannes vom Kreuz gesehen werden, wenn auch in ihrer barock-bildhaften Sprache?

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In dissen steht mein Lib die gröste Hytz dermahlen, daß ich solches niht kan zu verstehen geben wie mier ist. Ich hylte es für die gröste Gnad wan heüht in die Holl hinunder kund und allso Gott mein Lib zeigen, wan nuhr er bey mier beleibt, sonst frage nihts darnach; wan schon tausend Höllen müst ausstehen. Das ist mein jetziges Leben: in dem Anfang, da die Lib in Gott getriben, hab ich gesucht, durch die Übung der Tugend der Mortificacion, aber jetzt finde in nihts ein Vergnügung als ein solche Brob (= Probe) der Libe zu geben, die niht grösser sein kan. Ich (ge)stehe allso, daß auch den Heiligen niht kund nachgeben. Kans niht glauben, daß möglich, daß in der Lib mier etwas solte vorlaufen. Der Muttergottes allein gebe nach, im Übrigen ist mier alles nihts, alle Engel und Heiligen sind in meiner Libsbegyrd vill zu wenig. Wan ich schon Gott täht liben allein wie i(h)n alle Heiligen und Engel liben, alle übende Hertzen auf Erden, ist kein Vergnügung bey mier, wan niht darüber hinaus kan kommen. Daß die Heilige grössere Werk getahn, das lasse alles gelten, weiß wohl, daß ich den Schat(t)en niht werde erreichen. Darumb80 in der Lib niht, da währ mier erschröklich, wan müst glauben, daß mier ein Creatur täht vorzihen, daß ich villeigt (= vielleicht) allso verbelend, mier solches einbilde, daß mier keiner zukomme in der Libe, in der Gleichheit. Tröste mich, Gott, lasse mier disse Meinung, damit ich getrost sein kan und (mich) niht so nährisch betrübe. Ich förgte mier doch, es mögt wieder die Demut sein. Kan doch niht anders, in

Darumb = darum im Sinne von: Wenn schon in den Werken nicht, so aber in der Liebe, wobei Liebe hier nicht Caritas meint, sondern - wie in dem ganzen Abschnitt - nuptiale bräutliche Liebe.

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der Lib muß (ich nun) einmahl den Vorzug haben. Hofe, daß vor Gott etwan niht sündige, weillen niht weiß, was ich oft in disser Hytz thu. Es kompt mier kein Gedanken eines Fähler bis die Wuht vorbey. Da schäme mich oft vor mier, was die L(e)üht wissen, was für ein Nahr (= Narr), ich türfte mich nimmer sehen lassen. Ich sage oft zu Gott, es ist niht wahr, daß dich jemand mehr libt als ich, kan dies einmahl niht glauben; o mein Gott, es kan niht sein. Wan ich sol(l) sagen, was du mier bist, mein Gott, ach, nichts anders als die innerste Libsader meines Hertzens, die eintzige Lib meines Hertzens, der Schatz meiner Seelen. Du bist der Kuß meines Munds, die Lust meiner Augen, die Lieblichkeit meines Geruchs, die Freüd meines Gehörs, das Leben meines Lebens.81 Was du bist, das bin ich und was ich bin, das bist du.82 Währ (= wer) mich will wissen (= finden), muß bey dir suchen.

D. v. Rottenberg gebraucht eine blumenreiche Bildsprache, um ihr emotionales Verhältis zu und mit Gott auszudrücken. - FIGURA schreibt dazu: „Bildsprache (= B.) ist eine wesensgemäße Ausdrucksform der Mystik. Sie weist darauf hin, daß das erfahrungshafte Erkennen Gottes grundsätzlich jede menschliche Möglichkeit, davon zu sprechen, übersteigt. ... Mystische B. kann als eine Mystik der geistlichen Sinne angesehen werden, in der die Bild-, Ton-, Fühlwelt der menschlichen Sinne des Sehens, Hörens, Fühlens so sehr verinnerlicht ... wird, daß der äußere Reichtum des Bildes sich übersteigt zur Erfahrung Gottes ..." (FIGURA, M.: Bildsprache, in: Wörterbuch der Mystik, a.a.O. 61-63). Durchdringung von Gott und Mensch. PAULUS in Gal 2,20: „Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir." Nach der Lehre des hl. JOHANNES VOM KREUZ ist „das Ziel des geistlichen Lebens ... die mystische Liebesvereinigung der Seele mit Gott. Dieses Ziel bedeutet eine Umgestaltung der Seele in Gott... Gott ist es, der sich in der Seele eine Ruhestatt bereitet, indem er sie so ,vergöttlicht', daß sie dadurch fähig ist, ihn selbst besitzen zu können" (WAACH, H.: Johannes vom Kreuz, München 1954, 100); sie scheint in der Liebesvereinigung mit Gott „mehr Gott zu sein als Seele", wenn sie auch nicht in einer pantheistischen Weise in Gott aufgeht, sondern ihr von Gott verschiedenes (d. h. geschöpfliches) Sein behält. (Vgl. JOHANNES VOM KREUZ: Gesamtausgabe I (Aufstieg zum Berge Karmel), 91). D. v. Rottenberg versucht hier, diese Liebesbeziehung mit Gott, die bei ihr außerordentlich emotional geprägt ist, ins Wort zu fassen.

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5.1.2.5

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Ich hab nichts als dich, du hast nichts als mich, denn du gehörst dir nimmer, sonder bist mein libster Schatz. Bistu so arm und ich so reich, du hast nichts mehr, ich alles, den du bihst in meiner Gefangenschaft, in der Schlafkamer meines Hertzens, da ist dein Ruhbett, da bistu mein Eigenthumb. Sage nuhr nit, daß mehr etwas hast, den es ist nicht. Ich lasse dir nihts mehr, du must mein sein. Ich lasse dich nimmer. Seye (= siehe), ein Hertz, so dich libt, so da brind (= brennt) in den Rammen deiner Lib. Was begehrst von mier? Tausend Leben für dich zu geben ist mein Begyrd, o mein Lib, o mein Alles, o mein Hertz, das bistu mier, o mein Gott, du hertzige Lib. Wie ihre Liebe nur auf Gott allein und zu seiner Ehr abziele Ich bin und hab mein Leben und mein Tod, ja des Himmels selbst verlange beraubt zu sein, zu Vergrösserung deiner göttlichen Ehr und Glory. Die hölische Qual bin höchst begyrig auszustehen, dir, meinen Gott ein Ehr und Glory zu machen. Nichts in der grossen Welt zu finden, so nichts zu thun, bereyd dein Ehr und Glory zu beförtteren (= vermehren). Nichts ist so zu leyden, nicht begyrig, dir ein Ehr zu machen. Was willstu mehr, was kan ich mehr sagen, als daß all mein Freid, all mein Lust, all mein Begyrd in dem steht, daß du, mein Gott, alles hast, ich aber nichts83 und darumb allein nichts verlange, damit du alles haben kanst.

Als ein Beispiel für viele, die sich in ihrer menschlichen Selbsterkenntnis Gott gegenübersehen, MARIE DE L'INCARNATION: „... und in meiner liebenden Hingabe sang meine Seele ihm das Lied: ,Meine keusche Liebe, es ist meine Ehre, daß Du alles bist und daß ich nichts bin ...'." (MARIE DE L'INCARNATION: Zeugnis bin ich dir, Stein 2 1981, 126). 257

Allso verschone mier mit einer anderen Belohnung als allein mit dissen eintzigen, der Vergrösserung deiner göttlichen Ehr und Glory.84 Mit nichts kanst mich mehr erfreyen noch vergnygen als mit dissem allein. Alle deine Gnaden achte nichts, es sey den, daß du den Genuß habest.

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Allso bitte dich, disse eintzige Bitt zu gewähren: Gib mier nicht zu meinem Nutzen und Wohlstand, sonder alles, was du mier gibst, das richte auf dich, daß du deiner niht vergessest, deines Nutzen, deiner Ehr, deiner Glory. Ich bitte, wan du mich libst, so vergisse meiner und behalte alles für dich, sonst hab kein Freüd.Ich mag nichts; du hast nichts, das mich vergnügen kan als allein, daß du alles behaltest zu deiner Selbst-eignen-Hochschätzung.

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Verschone mier, dan sonst begehre keine Gnad von dir. Nuhr nichts zu meinem Lob, daß mier die Menschen etwas könen zumessen. Verbelende ihren Verstand, daß sye nichts in mier erkennen, sonder dich allein. Mache mier disse Freid (= Freude), daß ich nihts habe, du aber alles; daß ich alles, was mein Lebtag gethan, in deiner göttlichen Majestätt kan anschauen als dein Eigenthumb, ein immerwährenden Vergrösserung deiner göttlichen Ehr und Glory; sonst nichts, mein Gott, als daß allein ist, was mein threülibendes Hertz von dir begehrt, so du mir ia nichts wirst abschlagen könen, weilen du ja selbst würdig bist, alles für dich zu geben. Ich aber begehre nichts für mich, sonder alles für dich. So gewähr mich meine Bitte, lasse mein Begyrden erfült werden.

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Ausdruck einer jesuitisch geprägten Spiritualität:, Alles zur größeren Ehre Gottes ...".

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5.1.3

Von der Beicht und heiligen Communion

5.1.3.1

Vom Haß der Sünd

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Was für ein Martter ich ausstehe wegen der Vorgt (= Furcht) der Sünd, ist unglaublich; wan mier nuhr einbilde, es kan ein Sünd sein oder aus des Beichtvatters Reden schließe, er erkend, daß ich gesündiget, oder wan er nuhr sagt, ich habe gefehlt, ist, wan mier das Hertz durchschneid, daß disse blosse Einbildung der Sünd mich allso betrüben kan, daß mich gantz schwag (= schwach) und krank kan weinen.85 Oder wan mier zuzeiten grösseren Büß wird auferlegt, da bilde mier ein, meine Sünden müssen jetzt grösser sein, daß wegen dem einzigen (Fall mich) unglaublich betrübt hab. Solang ich Geistlich (= Ordensfrau), ist das mein gröste Martter gewessen, die Vorgt (= Furcht) der Sünden und der Schmertz der Reüh und Leyd. Ja, der kleiste Vähler (= Fehler) hat mich mehr könen peinigen als die grösten Todsünden. Ja, nur die Empfindlichkeit der Pasionen - woh doch kein Willen darbey, sonder mehr ein Pein, daß solches niht hab könen enderen (= ändern), ist alles zu einer Martter gewessen, so niht beschreiben kan; allso daß (ich) damahlen würklich in dem Stand war, daß ein Beichtvatter mich künde töden, wan er mier nuhr grosse Sünden wurdte sagen, das ich begangen.

Furcht vor der Sünde, vgl. auch THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe VI (Vollkommenheit), 209-210.4; Vgl. auch MARIE DE L'INCARNATION, Vision über die eigenen Sünden, Fehler und Unvollkommenheiten am 24. März 1620: „... Ich glaube, ich wäre vor Entsetzen gestorben, hätte Gottes Güte mich nicht gehalten. So schrecklich und grauenhaft ist der Anblick auch der kleinsten Sünde." (MARIE DE L'INCARNATION: Zeugnis bin ich dir, a.a.O. 126).

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Sobalt ein Sünd getahn oder wan mier nuhr einbilde, daß ein (Sünde) gewessen, so hab kein Ruh mehr, bis gebeicht oder dem Beichtvatter sonst gesagt. Die Anklag meiner Sünden muß mit solchen ausstrücklichen Worden gescheen, sonst ist kein Ruh in meinen Gewissen, bis und solang ich stehe wie ein Kind, das nichts weiß. Allsdan ist mier rühig (= bin ich ruhig). Da hilft kein Trost, solang das Gewissen nicht reyhn. Allso stehe dermahlen in dem Beichten, so gemeiniglich über den 2. Tag oder zuzeiten alle Tag geschiht.

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Es kompt bisweilen mich hart an, so gar alles zu sagen, weillen auch weiß, daß niht nöhtig, kan aber kein Rueh haben. Ich muß sehen, daß meine Beichtvätter wissen und erkennen alles, was ich begangen habe, und wan mier einbilde, sye haben es niht rächt verstanden, so ist kein Ruh. In dissen steht mein gröste Ruh und Trost, wan ich glaube, daß meine Sünden und Vähler (= Fehler) dem Beichtvatter offensteht.

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(Ich) bitte oft Gott, er solle solches zu erkennen geben, wie ich in meinen Sünden stehe vor dem Angesicht Gottes. Das ist mein gröste Begyrd, mein gröste Freüd, wan ein Beichtvatter sagt, er wisse meine Sünden alle und kenne meine bösse Natur. Ich bitte sye, daran mögte (möchten sie) gedenken (und) meine gebeichte Sünden niht vergessen. Das ist, so (ich) über alles libe: der Beichtvätter Gedächtnus meiner Sünden. Ich hab auch kein grösser Vergnügung, als wan sye mier mein Sünden sagen und Capitel halten;86 allein das eintzige, das mich die Reüh

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Capitel halten (lat. verbis castigare: durch Wörter rügen, strafen) = capiteln, jemandem das Capitel lesen (vgl. GRIMM II, 606), von: klösterliches Schuldkapitel abhalten.

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und Leyd (verursacht, ist), daß (ich) Gott allso beleydiget. (Das ist es), so schmertzlich (mich) betrübt. 70

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Es betrübt mich oft, daß solches niht verbergen kan. Aus disser Ursach, die Beichtvätter mögten (= möchten) in das Künftige schweigen und mier niht mehr sagen, wegen meines Weinens und Betrübtnus, damit sye meiner Gesundheit niht schaden. Ehe und zuvor in das Ambt kommen,87 ist zu sagen, mein Leben ein beständiges Examen88 gewessen. Was ich getahn ist gleich gewessen ... seind die Gewissenserforschung gewessen, daß die Beichtvätter mier gesagt, ob ich den(n) kein Mensch mehr wohlt sein, allso unerträglich seind mier die kleinste Sünden gewessen. Tag und Nacht seind mier mehrste (= die meisten meiner) Gedanken dahingangen, dem Sündigen zu endgehen. Wan ich solches nach meiner Hytzen niht können in das Werk richten, da bin ich kleinmühtig gewessen und betrübt. Ich erinnere mich, daß in einer Hytz an einem Fest, das ich niht mehr zu nennen weiß, nach einer Generalbeicht vor dem Venerable Gott ein Gelübt getahn, daß niht mehr ein lässige (= läßliche) Sünd thun wohlt.... Allso hab gemeind, ich wohls erzwingen, daher hab durch das Beichten gesucht, mich so villfältig zu reinigen, dazu durch die öfter wi(e)derholte Generalbeichten. Dan hab allzeit solche Resolution89 gemacht, gar nihts mehr sündigen, sonder ein neühes Leben anzufangen; das ist beständig gewessen. „... in das Ambt kommen" = ich in das Amt der Priorin gewählt worden bin (1712). Examen = Partikularexamen, s. Fn. 48. S.Fn.4.

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5.1.3.2

Mit einem Word: in dissem hab gearbeyd wie ein Vieg (= Vieh), daß alle Kräften Leibs und der Seelen angespand. Ich hab mehr wohlen (= gewollt) als möglich gewessen, dahero kein Trost gehabt, sonder ein lautere Betrübnus darbey; darzu (hatte ich) mehrmahlen Beichtvätter, die mier niht helfen könen, noch mein wunderliche Manier vassen (= fassen) könen.

Von der Reüh und Leid Die Reüh und Leyd über meine Sünden ist, solang ich in dem Closter (bin), mein gröste Übung gewessen, auf welches mich zum mersten gelegt, das zu glauben, meine erste Blindheit von meinem villen Weinen herkommen.90

5

Kein Betragung (= Betrachtung) ist mier angenemmer als die Erkandnus meiner selbst, meiner grossen Sünden, aus welchen den Schmerten (von) Reüh und Leyd allso starck ziehe, daß mehrmalen vermeine, das Hertz müsse mier zerspringen.

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Das starke Weinen mier solche Hertzstöß gibt, daß den gantzen Leib bewegt. Mein gröste Begyrd und Gebett, so ich in dem Schmertzen der Reüh und Leyd empfinde, ist, zu sterben. Vor der Beicht, sobald meine Sünden angeschaut, ein kurtze Zeit halte mich auf in der Reüh und Leyd auf disse und dergleichen Weis: O mein Gott, wehe mier, daß ich gesündiget, (daß ich) der gröste under allen Sünderen (bin).... Alle meine Sünden, wie sye stehen vor deinem göttlichen Angesicht, bereühe in der Bitterkeit

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Vgl. 5.2.2, Z. 13-18.

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meines Hertzens. Würdige mich eines eintzigen barmhertzigen Anblicks, gleichwie du gethan dem Schäger (= Schächer) an dem Krütz.91 Weillen aber dessen aller unwürdig, ein Gnad und Barmhertzigkeit zu erlangen, so bitte dich, mein Gott, daß du anstatt aller Gnaden im legsten Abtruck92 mich als den grösten Sünder anschauest mit den Augen deiner Barmhertzigkeit, darduch mein Hertz zu vollkommen Reüh und Leyd beweg(s)t. Wan ich ein Gnad von dir, o Gott meines Hertzens, erhalten kan, so besser gescheen, daß ich keines anderen Dods ersterbe, als schmertzlichen Reüh und Leyd. Lasse deiner göttlichen Gerechtigkeit den Gewählt, mier auf solche Weis das Leben zu nemmen, daß in den letzten Augenblick meines Lebens kein anderen Schmertzen niht empfinden, als daß dich, meinen Gott, beleydiget. Disser Schmertzen allein mier das Hertz brechen, den legsten (= letzten) Hertzstoß geben, daß (ich) meinen Geist in den Zäheren der schmertzlichen Reüh gantz reyn in diessen gewaschen, aufgebe. Ist doch niht möglich, daß dissen Augenblick kan sterben in diss(en) meinen bitteren Schmertzen. Hab doch ein Mittleyden mit meinem Schmertzen, der mein Hertz quelet, allein, daß dich beleydiget. Mich betrübt nihts in der gantzen Welt als meine Sünden, daß dich, mein Gott, verlassen, dein Hertz betrübt. O daß ich blutige Zäher künde weinen, alle Tropfen Blut, so ihnen (= innen; drinnen in) in meinem Leib durch die Zäher ausgissen. In das Mark, in meinem Gebein verzähret (= verzehrt) werde.

Vgl. Lk 23,42 f. „legsten Abtruck" = letzter Abdruck im Sinne von: der letzte Augenblick; abdrücken = sterben. (Vgl. GRIMM I, 21). 263

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Sye (= siehe) mein Gott, was für ein Schmertzen ich empfinde; gantz im Verborgen weine zu dir, meine Zäher betten zu dir, schreyen zu dir in den Himmel So es möglich, daß die Sünder, gleich wie ich, etwas von dir erhalten können, so gib mier selbst zu erkennen. Erhöre mich in meiner Bitt, wende ab dein Angesicht von meinen Sünden und verzeihe mier die selbige. Liber tausendmahl zu sterben als dich mehr (= weiterhin) beleydigen mit der kleinsten Sünd. Mein Gott, sehe mich als den grösten Sünder in der Welt ligen bey deinen Füssen.93 (Ich) erkenne und bekenne, daß ich gesündiget, dich beleydiget. Nicht stosse mich von dissen (Füssen) hinweg, weillen kein andere Gnad begehren, als die Verzeihung. Deinen Zohrn gegen mier lassest sinken, mich niht strafest in den Flammen deines Zohrnes, auch niht die gantze Welt. Wegen meinen Sünden verschon, dessetwegen meine (ich dies), damit sye mein Sünden niht muß byssen (= die Welt) weillen die Ursach, die gantze Welt zu strafen wegen meiner grausamen Sünden. Tausend Höllenstrafen erkenne zu wenig für mich, mein Gott, der du doch keinen Sünder verworfen. Sye (= siehe) mich als den grösten (Sünder) ligen bey deinen Fyssen, als ein andere Magdalene, dein Füß mit meinen Zäheren zu waschen, niht mit meinen Harren (= Haaren), aber wohl mit meinen Hertzen abzutrucknen.94 Mit disser meiner Hertzenslib trucke deine, mit meinen Zäheren gewaschene Fyß in mein verübtes Hertz. (Laß) doch meine Zäher dein Hertz erweigen (= erweichen) zum Mittleyden!

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Vgl. Lk 7,36-50 par. Nach einer alten geistlichen Tradition wird die in Lk 7,36-50 par. nicht näher genannte „Sünderin" mit Maria aus Magdala gleichgesetzt. Exegetisch ist dies aber nicht zu verifizieren.

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Es ist kein Schmertz, so dem meinigen zu vergleichen. Ach, erkene, was ich leyde für ein Qual, wie dein Lib mich betrübt, damit dich niht verlihre. Alle Martter, alle Tormenten,95 so alle Marter(er), alle Menschen gelitten, in was du, mein Gott, selbst gelitten, kommen über mich. Allein das nicht, daß dich verlihre. Für das Eintzige bitte (ich), so mier unerträglich, sonst verlange nichts mehr, als daß du mier in diessem eintzigen Stuck verschonest, daß dich niht verlihre und ihn (= in) deinem Zohrn und Haß muß leben. Nuhr das niht, mein Gott, sonst alles, was du willst. Den Himmel verlange niht, die Holl will mit Freyden ausstehen, wan nuhr du bey mier belibest (= bleibst), das ist alles, was du mier thun kanst, das mich kan vergnügen und trösten, daß du mich libhast und niht von mier weichest, weillen mehr als andere leyden muß in deme ohne dich niht mehr sein kan. In deinen Gewählt steht es, mein Leben zu erhalten oder hinwegzunemmen, wie du, mein Gott, jetzt dich erzeigest, dein Lib oder deinen Haß. Wan (ich) wüste, einen Augenblick in deinen Haß zu stehen, so müste sterben den ersten Augenblik, so von dir abgesönderet müst leben. Allso bitte, bringe mich doch niht vor der Zeit umb das Leben, verschone meinen verübten Herten. Das ist die ordenary Weis und Manier vor und nach der Beicht, vor und nach der Communion der Reüh und Leyd so von mier geübt. Allso bette zu Gott in meinen Zäheren, daß ich kein verstöhte (= verstörte) Gedanken niht mehr habe, wöhter (= weder) an dem Himmel noch Holl gedenke, wie ich geschriben.

Tormenten (Formente) aus dem lat. formentum: Druck, Marter, Tortur, Plage, Leid.

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Von dem Gebett und Vertrauen auf Gott Als ich von dem starcken und villen Knien eine Geschwulst bekommen an einem Knie, hab ich solches verschwigen, damit man mier das Knien niht verbid und niht sagen die Closterfrauen, daß mit so villem Knien mich verderbt. Leyde grosse Schmertzen ein vierdel Jahr ungefähr. Brauchte heimlich Pflaster, aber alles umbsonst. Endlich gedachte, daß vielleicht ein Matery % in dissem Geschwulst, schneidet mit der Scheer darein und lieffe das helle Blut97 heraus. Mier wahr (= war) angst und bang wegen unsseren Leühten, wie sie thun werden, weilen (ich) darein geschniden. Liffe in disser Noht mit dem blutigen Knie zu dem Venerable und bettete (zu) Gott so inständig, er soll mier wi(e)der helfen, weillen mich jetzt so verdult98 den grossen Schmertzen, von dissem Schnid gelitten. In wenig Stunden wahr (= war) mein Knie völlig geheilt und keinen Schmertzen mehr darin empfunden; auch kein Beschwernus der gantze Zeit mehr in den Knien darangehabt, daß ich doch

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Allso ist, was ich in mier empfinde, zur Zeit, da mein Hertz in dem Schmertzen der Reüh und Leyd steht. Ich bette niht mündlich, sonder allein mit dem Hertzen, aber auf solche Weis, wie geschriben, wie es kommpt, ohne nachdenken. Das ist mein Vorbereydung zuer Beicht und Communion, allso daß vermeinde, niht rächt zu beichten und communicieren als in den Zäheren der Reüh und Leyd.

Matery = Materie; hier allgemein für Stoff, Untersuchungsgegenstand, Sache. (Vgl. GRIMM VI, 1.751-1.753). Helles Blut = hier ist wohl Eiter gemeint. Verdult = verdulden, duldend ertragen: stärker als das einfache Dulden. (Vgl. GRIMM, XII. 1,257).

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halbe Nächte (ge)kniet, bissweilen schyr gantze. Auch an den Communiontägen beständig vill Zeit in der Kirgen (= Kirche) beliben (= geblieben), hat mier nihtzt (= nichts) mehr getahn.

Wann (ich) zuzeiten in gröster Betrüebtnus, Angst und Noht gewessen, weillen (ich) kein Gelt gehabt, soweiht mehrmahlen kommen, daß keinen Gulden in die Hand (zu nehmen) gewust. Mit weinden Augen zu dem Venerable gangen, Gott gebetten; allso unverhofter Weis Gelt kommen, daß (ich) noch niemahlen bin zuschanden worden von der Ausswerdigen. (Ich) muste allso den grossen Bauh füren" und wist niht woh das Gelt zu nemmen. Mein Gebett ist zu Gott, daß er solle ihm (= dem Bau) helfen, ich weiß im (= ihm) nihts zu thun. Das erste Jahr hat der Bauh über 13.000 Gulden kost (und) mehr niht in den Händen gehabt als etwan 50 Gulden, (so habe ich) in wenig Mohnat angefangen. Gott hat geholfen, daß kein Schulden als (= außer) was ich ohne Zins von Augsburg empfangen.100

An dem Freydag nach der Aufahrt, als morgenß umb 5 Uhr das Venerable aussgesetzt worden,'01 99 100

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Gemeint ist der Neubau des Klosters St. Katharinental. Vgl. WE-Rtb 302, HOHENBAUM, M.: Geschichte des Gotteshauses St. Katharinental, 545: St. Katharina in Augsburg schenkte 500 Gulden und gab 10.000 Gulden ohne Zins für den Neubau. Die Dominikanerinnen von St. Katharina trugen sich zur selben Zeit mit dem Gedanken, in Wörishofen ein Reformkloster zu gründen. Das Venerable ausgesetzt = Das Allerheiligste ausgesetzt: Die während der Messe konsekrierte Hostie wird in einem Schaugefaß (Monstranz) zur Verehrung und Anbetung öffentlich sichtbar gemacht. Normalerweise sind die konsekrierten Hostien in einem Tabernakel verschlossen.

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da bin von mier selbst kommen bis 6 Uhr, daß ich das Venerable niht ein Augenblick könen anschauen. Under disser Stund wahr (= war) ich allso närrisch in der Lib, daß ich allso zu (Gott) geredt: Es ist gantz billig und soll niht änderst sein, daß mier underworfen die Elementen, weilen sye auch dier (gehorsam sind), den(n) was in deinem Gehorsam steht, soll auch in meinem stehen, sonst währ (wäre) es der eheligen (= ehelichen) Pflicht zum höchsten Nachteihl, weillen ein Ehefrau durch das Band der Ehe ebenso grossen Gewählt zu befählen als der Herr. Sye zihet dissen Gewählt von ihrem Herren. Allso auch ich das haben soll, mein Gewählt von dier, meinem Gott zihe, weillen (ich) dier durch das eheliche Band verbunden, allso kan ich befählen, was du. Sagte disse Word: Hyrmit befähle dier, du Element, das Wasser, durch das verübte Hertz meines Gottes, daß hergebest der Erden einen Rähen (= Regen), der fruchtbahr, und das geschwind. Ich wahr (= war) als närrisch; mit dissem die gantze Stund zugebracht, ist mihr wie ein Augenblik gewessen. In disser Stund bin (ich) in der Lib allso curiert worden, daß ich alle Kräfte bekommen, da doch so schwag (= schwach) in die Kirgen (= Kirche) gangen....

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Von der Demut Absonderlich102 meine selbsteigne Verachtung zu suochen (und) weillen ich allein ietzt ihn (= in) das 15. Jahr an der Demut gearbeyd (und an) meiner selbsteignen Erkandnus, so ist mein gantzes Leben ihn (= in) meiner selbsteignen

Absonderlich, hier = besonders. (Vgl. GRIMM I, 121).

Verachtung gestanden. Dahero ich so weit kommen durch das beständige Betrachten meiner Vähler (= Fehler), daß ich keinen Streitt noch etwas mehr leyde, sonder alles gedenket mich nihts, ia klein, was andere reden, was sye thun gegen dem, so in mier erkenne.

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Allso bewegt mich selten oder nihts zur Ungedult oder Vertruß, weillen meine Augen ihn (= in) mier mit Sünden und Laster allso angefüllt, daß mier würklich niht kan einbilden, daß ein grösserer Sünder als ich, noch, daß es möglich, (daß) mier Gott eine Gnad könne mitteihlen. Mier ist ohnmöglich zu glauben, daß ich die Täg meines Lebens Gott ein wohlgefälliges Werk gedahn, noch das sol(l) möglich sein, mier Gott ein Belohnung zu geben. Allso stehe ihn (= in) dissem Licht mein Hertz ihn (= in) dem Schmertzen der Reüh, die Augen aber ihn (= in) die villen Zäher vergissen, daß ich mich glückseelig schätzen wohl (= wollte), wan nuhr die eintzige Gnad von Gott kund erhalten, die Verzeihung meiner Sünden. Ich erkenne keine Gnaden ihn (= in) mier, und (wan) ich solches merke bey anderen, ist mier zu einer neühen Betruebtnus, dan glaube ich niht, sonder bilde mier ein, ich verfüer (= verführe) die Leüht und meine Beichtvätter. Disse Sünden ist mier ein Schwärd (= Schwert) in meinem Hertzen, nemlich die Kleissnerey103 und Verfürung, daß man etwas Gutes von mier glaubt. Mit Wahrheit kan ich sagen, ich weiß niht mehr von mier als das, so mich kan demüti gen und betrüben. Alles, was man mier zum Trost sagen thut, kan ich niht fassen, sonder (muß es) gantz blind glauben. Mein innerliches Gebett ist mehrenteihl eine beständige Verachtung meiner selbst.

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Kleißnerey = Gleißnerei - Heuchelei, besonders im religiösen Bereich. (Vgl. GRIMM

IV. 1.4, 8.314). 269

Dan stelle mich vor Gott als ein Tohr (= Tor) oder ein Übeltähter, oder ich lege mich gleich einem Hund zu seinen Füssen, der seinem Herrn die Treüh erzeigt sowohl schlafend als wachend, das ist meine Meinung.

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5.1.6

Von innerlichen Verlassenheiten Betrefend alle meine gute Werk, so ich mein Lebtag getahn, ist bey mier als ob ich nihts getahn. In meinen Gewählt steht niht, einige Gedanken hervorzubringen, daß etwas Verdinstlichs zu hofen; kan mich auch niht erinneren, daß etwas getahn aus Begyrd der himmlischen Glory oder aus Vorgt (= Furcht) der Höllen. Disse Leyden künden mich zu nihts bewegen; gedenke niht daran, sonder allein aus Lib gegen Gott, im (= ihm) die Zeigen (= Zeichen) meiner Treüh zu geben, wahr (= war) mein ordenary Meinung und Antrib in allen meinen Werken.

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In disser Trostlossigkeit stehe beständig, daß mier nihts kan einbilden, daß etwas von mier gescheen, so Gott gefalt. Darzu gedunket mich, von Gott gantz verlassen (zu sein), allso daß mit bitteren Zäheren mein Unglückseelichkeit so vill beweine, das (ist) Gott allein bekand. Ich glaube, daß kein unglückseeligere Creatur auf Erden als ich.

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(Ich) stehe in solchen innerlichen Verlassenheiten, daß schon zimmliche Jahr her, von keiner Süssigkeit mehr weiß und keinen anderen Trost (habe), als wan der Beichtvatter mier sagt, es seye niht allso, Gott libe mich und thue mier so vill Gnaden; allsdan wird mier ein wenig wohl und lebe wi(e)der in der Ruh. Etwan104 (wenn) es wohl geht und bett (das)

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Etwan, vom Wortzusammenhang = bisweilen, irgendwann einmal.

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Vatter unsser oder glaube, niht ein halbe, (nur ein) vierdel Stund ein wenig Freüd empfinde, dan ist wi(e)der alles aus. Es gedunket mich auch, daß mein Gebett vor nihts werde angesehen, auch (daß ich) nihts von im (= ihm) erhalten kan. Wan dan niht gleich geschiht, was von ihme begehre, so leyde ich ein hölische Pein, weilen glaub, daß es darumb gescheen, weillen er mich niht libe. Das ist mein gröste Qual, daß mier einbilde, Gott lib mich niht. Wan ein Unglück geschiht, (meine ich), daß meine Sünden ein Ursach, was schon allgemeine Strafen sind. Ich stehe in solchem Stand, innerlich verlassen, ohn allen Trost von Gott; erkenne keine Gnaden, sonder das übernatürliche Wessen (= Wesen) glaube, mehr von dem Teüfel (zu sein).105 Ist mier zu keinem Trost, wohl aber zu einer unbeschreiblichen Martter, weilen in meiner Gewählt niht steht, ein Gedanken hervorzubringen, daß Gott mier solt was ofenbahren können. Was ich aus dissen Sachen in Gehorsamb thun muß, ist mier, wan von einem Thraum reden muß. Ich kan niht fassen, was doch Grosses erkend wird. Es engstiget mich, daß die Welt durch mich betrogen (werden könnte). Darumb glaube, daß die Ursach meiner Widerffardigkeit (= Widerwärtigkeit) in Eröfnung disser Sachen (besteht), so mehrmahlen mit Vertruß geschiht, mein Unglauben (ist), daß, wan (ich) den Gehorsamb niht allso liben thät, so währ (= wäre) mier unmöglich, solches zu thun.106 „Erkenne ... von dem Teüfel (zu sein)". Gemeint ist: Sie glaubt, die übernatürlichen Erfahrungen seien nicht von Gott, sondern vom Teufel. „Darum glaube ... zu thun" - vielleicht: ,Darum glaube ich, daß die Ursache meiner Widerwärtigkeit in der Offenlegung dieser Dinge besteht, zu der ich trotz großer innerer Widerstände oft verpflichtet bin. Ich glaube nicht, daß ich dies tun könnte, wenn ich nicht den Gehorsam so sehr liebte.'

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Es gedunket mich, daß niht in der Gnad Gottes, daher der Teüfel solchen Gewählt über mich; ich glaube, kein Mensch hab weniger als ich von Gott, noch sey unglückseeliger als ich.

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Ich leyde wegen meinen Sünden, wie schon gemelt (= berichtet), daß mehrmahlen mier niht kan einbilden, daß ein grösser Sünder in der Welt als ich, ja, aller Menschen Sünden gegen den meinigen gedunken mich nihts. Ich vermeine, Gott könne mich niht liben. Ich leyde ein höllische Pein in disser eintzigen Einbildung, ich möcht Gott verlihren un kan (doch) ohn ihn niht sein. Das ist mein gröste Martter, so ich dermahlen sagen kan.

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Ein schwagen (= schwachen) Leib habe, dissen tarf niht das geringste thun ohne Erlaubtnus, niht ein Trunk Wasser begehren, noch ein armen Suben (= Armensuppe); muß den Beichtvatter fragen, sonst bin ich geengstigt.

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Ich leyde solche innerliche Verlassenheiten, daß mier ist, als ob kein Möglichkeit, ein Hilf mehr von Gott zu haben, noch ein Erlösung sein wird. Von dissem zu schreiben, mach (= mag) mich niht einlassen ; daß sich ein Stein erbarmen soll, was hab aussgestanden. Das seind meine tägliche innerliche Creütz, die mich gleichsamb täglich plagen.

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Zu dissen kommen die bösse Urteihl und Argwohn der Menschen. Es geisslen mich die Zungen zwar allso, daß mehrmahlen mein, das Hertz will brechen; daß ich (auch) niht fröhlich bei dem Beichtvatter ein Hilf, Trost suchen (kann, sondern) mich muß förgten (= fürchten), gleich wie mir gescheen in eine Exercitien in dissem Ambt:107 2 mahl ausser der Beicht gangen in

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In diesem Amt als Priorin.

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gröster innerlicher Seelenbetrübnus zu dem Beichtvatter, ein Hilfe zu suchen. Darnach kommpt ein Closterfrau, die sonst mier vertrauht, bittet mich, ich soll doch nimmer zu dem Beichtvatter gehen, die Closterfrauen legen mier solches so übel aus, sagen: Jetzt sehe man, daß nihts als ein Libschaft, weillen keine zeitlichen Geschäften dermahlen habe, doch des Beichtvatters niht endhalten (wollte).108 Dis wohlte mier das Hertz brechen, daß mein Undergebene vill ein Ursach wegen der Verandwordung, so mein betrübte Seel quelt, weil so unbarmhertzig gegen mier, kein Hilf für mein innerliche Martter geschaffen.109 Ist das mein Lohn für mein Müh und Arbeyd, daß ich ihn (= in) diessem Ambt niht als ein Obrigkeit sonder ein Magt (mich gefühlt habe)? Beieibe allso in meiner Zell bey den Füssen meines Crucifix in eine unglaubliche Betrübtnus; allso thut mier so weh, daß mich beständig vörgten (= fürchten) muß, ein Hilf bei einem Beichtvatter zu suchen, da doch solches niehmahl änderst von mier geschiht, damit mich kan in die Ruh stellen, daß in dem Gebett kan vordkommen, niht erkranke, daß dem gemeinen Wessen(= Gemeinwesen) kan vorstehen. Ich kan micht niht erinneren daß ein eintziges mahl für mein Recreation110 gangen.... Es wird niht nühtig (= nötig) sein, aussfürlich zu beschreiben die Gegensätz, sonder sage allein, wie ein betrübte Seel ich bin, daß ich

Auf dem Hintergrund der bisherigen autobiographischen Aufzeichnungen heißt das: Sie ist wohl in ihrer Sündenangst so oft zu ihrem Beichtvater gegangen, daß die Mitschwestern glaubten, sie hätte mit ihm ein Verhältnis. „Dis wohlte ... geschaffen." - vielleicht zu übersetzen: ,Es wollte mir das Herz brechen, weil meine Untergebenen, für die ich Verantwortung trage, Ursache dafür waren, daß sich meine betrübte Seele so quälte. Sie waren so unbarmherzig mir gegenüber und boten keine Hilfe gegen meine innerliche Marter.' Recreation, hier im Sinne von Vergnügen. 273

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doch kein Trost änderst suche als damit Gott kan dienen, dem gemeinen Wessen (= Gemeinwesen) vorstehen, doch bey dissem mich noch muß förgten (= fürchten) und so vill zu leyden hab, daß mier mehrmahlen das Hertz müst brechen. Allso ist dermahlen mein Leben (gewesen); wende meine Augen in diser Welt wohin ich will, finde nihts zu meinem Trost, weillen mich nihts mehr erfreyen kan, kein Freud noch Lustbahrkeit.... Nihts ist in der Welt zu finden, daß mihr den kleinsten Trost kund bringen. Wende meine Augen in die Ewigkeit, so hab nihts als Betrübtnus wegen meinen Sünden; wende mich zu Gott, bei im (= ihm) ein Trost zu suchen, ist die Betrübtnus öfter grösser, weillen mier nihts änderst vor Augen schweb als daß von im (= ihm) verlassen, daher mein Creütz lauhter Strafen. Ich bin verlassen, woh mich hinwende, suche bey dem Beichtvatter Hilf, muß es wi(e)der büssen, da doch noch das eintzige ist, so die Auffendhaltung meines Lebens, sonst wurde in kürtzer Zeit um (mich) gescheen sein, weillen (ohne) alles Trost mehrenteihl muß leben. Ich (bin) mier selbst zur Martter durch meine stark Einbildung. Ja sogar peinigen mich die Vähler (= Fehler) und Mängel unsser Leühten, als ob die Schuld mein, weillen Gott kein Gnad der Besserung erteihlen kan wegen meinen Sünden, daß, wan ich ein rächte Obrigkeit, alles niht währ (= wäre); ich füre (= führe) das Exempel niht fohr (= vor), weillen selbst nihts nutze.1" Darumb gehe es allso: Lauter Martter, woh mich anschaue.

"' D. v. Rottenberg glaubt, daß sie ein schlechtes Beispiel als Priorin gibt im geistlichen Leben und deshalb schuld ist an der fehlenden Besserung ihrer Mitschwestern.

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Ich wünsche mier öfter, daß nuhr (= nur) sterben kund, aber dabey kompt mier wi(e)der kein Trost. Allso weiß nihts, das ich sagen kan mehr von mier, als mein gantzes Leben ist eine beständige trostlose Martter. Wohlt mich niht beklagen, wan nuhr dissen eintzigen Trost haben kund, daß Gott mich liben täht und daß solchen niht verlihren werd. Es scheinet, wan Gott all sein göttliche Anordnung (und) Sorg dahin richte damit ich kein Trost noch Freüd haben soll, und wan ich etwas hab, so muß ichs wi(e)der büssen mit Leyden. Aussfürlich alles zu beschreiben, was mein leydendes Leben, will niht hoffen, daß begehrt wird, ein aussfürliches Bericht zu geben, weillen die Zeit mier manglen tuht und dan, wan die Wahrheit sagen muß, die Massleydigkeit,112 daß mich gedünkt, der Müh niht währt (= wert), ein vergäbliche Arbeyd, das Gott nihts nutzen wird. Von ausserordentlichen Gnaden Daß von mir selbst kommen, ist zuzeiten noch, bisweilen nach der Communion; auch sonst, daß (ich) niht mündlich beten kan. Aber (das ist) kein Vergleichnus mehr wie vor Zeiten in dem Anfang, da es alle Tag gescheen. Kein Messen gantz auf ein Zeit mehr können aussbetten (= zu Ende beten), daß niht von mier selbst bin kommen, aussgenommen (ich) wahr (= war) verstürht (= verstört) gewessen. (Das) hat zuzeiten gantze Stunden (und) länger könen währen, daß gewessen an dem gantzen Leib erstahrt wie ein Stock. Wan den Himmel hät könen gewinen, kein Kleid bewegen; das kund niht zählen wie oft.113

Massleydigkeit (?) - wohl im Sinne von Mißmut, ungutes Gefühl. Zur Ekstase vgl. Fn. 54. 275

In dissem (Zustand) hat es von Anfang (an) so vill hohe Sachen gered."4 Weillen in solchem Stand gewessen, hab ich selbst von solchen Sachen gered, so ich emfand, so aus Befeig der hohen Obrigkeit geschriben worden. Under anderem weiß (ich), daß einst gewessen: ich sehe die Hoheit Gottes. Woh es ist, das weiß ich niht, nihmahlen selbst geacht.115

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Auch hab ich mier selbst zu dissem von mier selbst Kommen Ursach geben, daß, wan etwas an dem Leib, ein Schmertzen empfunden, so bin nuhr geschwind zum Venerable gelofen, hab mich mit meinen Gedanken in Gott versunkt, so bin gleich von mier selbst kommen, daß kein Leibsschmertzen mehr empfunden. Wan dan wi(e)der zu mier selbst kommen, hab nihts mehr empfunden, was mier zuvor hat we(h) getahn.

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Das hab Jahr lang Zeit allso gemacht, daß vermeind, es müste so sein. Hab nihts anders gedacht, sobalt mier der Kopf weh getahn oder an dem Leib schwag (= schwach) gewessen, als zu Gott zu laufen, daß ich kan von mier selbst kommen. Sogahr an einem hl. Cahrfrydag, daß ich wegen des Fasten so schwag (= schwach) und hungrig gewessen, mier auch (gewesen), daß

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Hier schreibt D. v. Rottenberg von ,Auditionen' (von lat. audire: hören). Es geht um das innere Wahrnehmen von Offenbarungen, die Gott bestimmten Menschen zuteil werden läßt. In der Mystik haben Auditionen neben Visionen (oft sind beide nicht voneinander zu trennen) einen großen Stellenwert (vgl. LANCZKOWSKI, J., Audition, in: Wörterbuch der Mystik, a.a.O. 35). „Hoheit Gottes" ist, für sich genommen, ein sehr abstrakter Begriff. Evtl. zu verstehen als ,Gott auf seinem Himmlischen Thron' oder der .Verklärte Christus'. Sie versucht, das Unaussprechliche einer geistlichen Erfahrung in einem Ausdruck ihrer Sprache wiederzugeben, der auch von Beispielen barocker Kunst inspiriert sein kann (Kirche als Thronsaal Gottes). Theologisch gesehen, sind auch Annäherungen an die Apokalypse denkbar (Offb. 4).

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wi(e)der alle Stärke bekommen, als (sei ich) von einer Mahlzeit aufgestanden. In dissen hab ein rächte Maisterlestigkeit116 verübt, daß meinen Leib einen manchen Schmertzen hinweggenommen.

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Sonst weiß nihts von dissen mehr zu schreiben als wie mier ist. wan ich so von mier selbst komm, allezeit wohl. Es ist kein Verwirrung, kein Verstäherung,117 nihts bey mier. Wan ich zuvor auch bissweilen so verstähert gewessen, daß niht können betten, ja sogahr von meinen Pasionen"8 allso angriffen worden, absonderlieh von dem Zohrn, so hat es mich in einer Geschwinde"9 hinweggenommen, daß bin von mier selbst kommen. Demjenigen mich wi(e)der in rächten Stand gesteh, (wo ich) noch sonst zu schwag (= schwach) gewessen und in meinen empfindlichen Pahsionen gesündigt, daß nimmer hät können überwinden. Das ist in meinem Bericht eines aus den grösten Barmhertzigkeiten Gottes gewessen, mich von dem Sündigen zu erhalten, aus allen Anfächtung, in allen Pasionen, woh nihts an Gott können dänken, heraussreyssen, das ist wider den ordenary Lauf, daß von sich selbst komen kan. Sonst niht wohl anders gescheen als in dem Gebett, in den guten Gedanken von Gott.

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Ich habe einstmahl in einer Eifersucht ein Streitt über die Person, so ich so stark libte, allerhand Argwohl und Urteilh, daß (ich) in vollem Vertruß aus meiner Zell wohlen laufen, ihr solches verweissen;120 da bin ich ur-

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"6 Maisterlestigkeit im Sinne von Meisterleistung. Verstäherung - wohl von Versteinerung: starr wie Stein werden. 118 Pasionen = Passionen = Leidenschaften. (Vgl. GRIMM VII, 1.489-1.490. 119 Geschwinde = Geschwindigkeit. 120 Verweissen = verweisen; hier: nachweisen, aufmerksam machen. (Vgl. GRIMM XII. 1,2.189-2.190).

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plötzlich von mier selbst kommen, in der Zell gestanden wie ein Stock, kein Tritt können hinaussgehen, so gehalten, bis mier alles vergangen. Das ist mehrmahlen gescheen in underschidlichen Sachen, daß mich Gott mit solchen Gewählt hinderhalten (= zurückgehalten hat), daß der Sünd endgangen. In meinen Kleinmüdigkeiten, innerlichen Verlassenheiten, grösten Betrübnussen, künde kein Zahl herbeybringen, wie oft mich in dissen Leyden vordgenommen,121 daß bin von mier selbst kommen, alsdan in einem Augenblick (ge)tröst worden und wi(e)der Stärke bekommen zum Leyden; sonst währ (= wäre es) unmöglich gewessen, daß so vill könen leyden, wan disse Hilf niht gewessen. Hat zwar niht lang gewährt, denn ich hab mich gleich wi(e)der verwird (= verwirrt), allso daß alles zu meiner Verstöhrung gewessen, alls (= als) ob dergleichen Sachen von dem Teüfel, so mier ein unaussprechliche Marter verursacht, was mier ist vorkommen zur Zeit, als von mier selbst gewessen. Neben den lichteren hohen Sachen122 und Underweissung ist gewessen, daß mich noch erinneren kenen (an) ein Crucifix; da hab ich Gott gesehen in einer erkältlichen (wohl: kläglichen)123 Gestalt, so mier mehr als alles anders, was mier mier vorkommen, zu Hertzen gangen: absonderlich die Händ, so an das Creütz geschlagen, so gantz blau, und die Finger aufgeschwollen.

„in dissen Leyden vordgenommen" = in Ekstase geraten. „lichteren hohen Sachen" = licht von dem, was durch die Sonne, durch Feuer oder in innerer Klarheit erglänzt (s. auch Mt 17,5). (Vgl. GRIMM VI, 8.56). Erkältlichen (wahrscheinlich Schreibfehler), wohl für erkenntlichen, d. h. erkennbaren, oder erkläglichen (= kläglichen) Gestalt.

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Das ist so stark in mein Gedächtnus eingetrukt worden, daß es niht vergessen (kann).124 Mehr ist mier vorkommen, Gott in der Gestalt als ein niht menschliche Gestalt, sonder so halb gewakssen (= gewachsen), schön in dem Angesicht, geflammete Harren (= Haare), so auf der Ackssel aufgelegen.125 Ein Vermählung ist auch gescheen zu einer Zeit, daß ich niht mehr weiß wan. Dabei so vill mich noch erinneren kan, die Muttergottes, St. Dominicus; St. Thomas von Aquin ist auch einmahl vorkommen, so vill ich weiß, ein Feder in die Hand gelegen.126 Das Reden so dabey gewessen ist, daß das Schreiben angangen, daß vill dergleichen thun muß, kan niht mehr alles sagen.127 St. Theresia ist mier auch einmahl vorkommen mit dem Ordenshabit.'28 Und einmahl weiß mich noch zu erinneren, als wan mier Gott ein Kus geben.129 Es (ist) vill dergleichen gewessen, so ich das verworfen, nihts glaubt und noch beständig, daß kein Gedanken desswegen mögen (= möchte) machen. Dahero alles (für) nihts geacht und vergessen, weillen mich niht erinneren kan, daß mier ein Gedanken kommen mit einem Glauben, als ob ein Verzückung oder Ofenbahrung, noch Erscheinung von Gott. Das steht nicht in meiner Gewählt zu

Vgl.: Von Johannes vom Kreuz ist die bekannte Tuschzeichnung des Gekreuzigten Uberliefert, mit der er die gewaltige Vision des Gekreuzigten, die er erleben durfte, wiedergibt. „geflammete Harren" = flammende Haare: strahlend, funkelnd, leuchtend rote Haare. Mystische Vermählung, vgl. u. a. SCHENKER, A. (Hg.): Die heilige Katharina von Siena (Legenda maior des Raimund von Capua), Düsseldorf 1965, 91. Vgl. 5.3.1 Vision 17. Vgl. 5.3.1 Vision 21. Vgl. Hld 1,2.

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gedenken, sonder ist mier, als ob ich ein Trauhm gehabt, daß ein Sach währ (= wäre) so niht wahr. Dahero vor Gott will endschuldiget sein, daß kein Ursach geben will, daß man etwas glaubt, weilen ich solches allein aus Zwang des Gehorsamb schreibe, mit gröster Engstigkeit, in deme nihts kan glauben. In Sonderheit, daß mich noch erinneren kan, als einsmahl in der Venia'30gelegen vor dem Venerable des nachts, ich weiß niht, ob es ein Traum gewessen, ist mier gewessen als wan däteh (= als würde ich) fügen in die Höh. Ich wüste wohl, daß niht mehr auf der Erden, (sondern) sehr hoch in den Lüften.131 Ich empfunde wohl, daß zuzeitten wi(e)der gesunken; da hab gemeind, eß müsste niht sein, dan wie höher ich über sich (= mich) kommen, wie wöhler mier gewessen, daß mein Lebtag niht besser gewessen als dazumahl. Sovill noch in meiner Gedächtnus, so bin ich vill höher gewessen, als eines Manns hoch. Das weiß ich, sonst kan ich von nihts sagen wie mier gangen, ob ich geschlafen oder was es gewessen. Einmahl ist wohl gewes, daß hat, glaube (ich), länger als ein Stund gewährt; ist niht einmahl gescheen, sonder mehr, kan aber nimmer sagen wie oft. An dem Himmel hab auch einsmahl etwas gesehen mit leiblichen Augen, so die Muttergottes soll gewessen sein, gantz schneeweiß (und/oder) ein Creütz.

Venia, vgl. Fn. 16. Levitationen - oder auch Schweben von Personen oder Sachen kennen Mystik und Parapsychologie. „Im Gebiet der Mystik ist Lévitation fast immer die psychologische Auswirkung der Vehemenz inneren Erfaßtwerdens in der Ekstase." (Vgl. V. BROCKHUSEN, G., Lévitation, in: Wörterbuch der Mystik, a.a.O. 321-322).

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Der Ring in der Vermählung hat gehabt ein blauen Stein.132 So nihts, was mier von dissen und dergleichen vorkommen, mit leiblichen Augen gesehen, darumb bin so vorchtsamb (= furchtsam) zu schreiben, es müste niht wahr sein, weilen dergleichen Sachen allezeit gescheen, so niht bey mier selbst gewessen, dan nihmahl wird mier etwas vorkommen noch reden als zur Zeit, da niht bey mier selbst. Und zuzeitten hat es auch gered in der schmertzlichen Reüh und Leyd, doch allezeit so vill in Gott vertieft, daß mündlich niht kund betten. Allso wan es etwas will reden, ich an nihts gedänke, so ist als wie ein Blitzen, so mich hinwegnimmpt, daß die Zung niht mehr kan bewegen, kein Word aussprächen, dan red es so, so bissweilen niht länger währt, daß ich niht in meiner Gewählt, als lang (solange) das Reden, so in keinem langen Geschwetz steht. Was zu mier red in solchen Worden, die allso ineinander gericht, daß ein jedes sein Sach, das, wan (ich) schon geern wohlte, so kan es niht vergessen. So ein Zeitlang, ein Tag oder länger. So bosshaftig bin oft gewessen, daß nihtmögen daran gedänken, damit es vergesse und dem Beichtvatter niht sagen tarf. Ist sich aber zu verwunderen, daß, obschon muhtwilligerweis ge-

Der blaue Stein am mystischen Vermählungsring. - Bei Caterina von Siena: Reif mit vier Perlen, Scheitel mit einem prachtvollen Diamanten besetzt (vgl. SCHENKER, A.: Die heilige Katharina von Siena, a.a.O. 91); bei Crescentia von Kaufbeuren hat der Ring der mystischen Vermählung einen roten und einen blauen Edelstein (vgl. MILLER, A. M.: Crescentia von Kaufbeuren, Stein 3 1985,195).

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sucht die Vergessenheit, so ist doch niht dahinder beliben, so wi(e)der alles in die Gedächtnus kommen, so es müssen sagen; so gemeiniglich mit Vertruß gescheen. Wan ich solches niht rächt gesagt, den Willen gehabt zu verschweigen, da mein Gehorsamb gewessen zu ofenbahren. Da bin in solches Leyden kommen, innerlichen Verlassenheit, daß vermeind, gar zu verzweifelen; ich hab mier nimmer gewust zu helfen. Da ist mier endlich eingefallen, ich soll das Ding sagen, so ich verschwigen. Sobalt es eröfnet, in einem Augenblick alles Leyden hingewessen als ob niemahl nihts gewessen.133 Allso ist mier auch ergangen, wan niht wohlen mier Einfluß und Lichter schreiben. Mein gröstes Leyden erkenne jetzt, ist kommen von meiner Widerwärdigkeit in dissen Sachen, daß niht wohlen ofenbahren. Das grosse Leyden, so mier aus dissem endspringt, hat mich dermassen in ein solche Vorcht (= Furcht) getriben, daß kein rächte Resolución mehr fassen tarf zu schweigen, weillen gleich muß büssen ...."

.2.

Kranken- und Heilungsbericht

.2.1

Gichtanfall und Heilung

5

„Nach der Profession134 ein kurze Zeit die Gesundheit gedauert. (Dann) mit einem solche erschrecklichen Gichtzustand angegriffen worden, das bis 2 Jahre gedauert (hat). Psychische Bedrückung, wenn sie die offenbarten Dinge verschweigt. Probleme lösen sich, wenn sie darüber redet. Ähnlich z. B. bei Hildegard von Bingen. Profession - vgl. Fn. 20.

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(Ich habe) nicht können curiert werden, sonder von einer Zeit zur anderen (ist es ) ärger geworden, (so) daß die Doctores solchen Zustand in das nächste135 bey der hinfallenden Krankheit136 glaubten; auch kein Mittel mehr gewißt zu helfen. Als aber die Gicht so stark zugenommen, (hat mich das) nicht allein zu Bett geworfen, sondern (ich habe) in Todesgefahr gestanden. Da hat man abermals eine Wallfahrt auf Einsiedeln lassen verrichten. Ich war nicht bei völligem Verstand, doch das hab gewußt mit der Wallfahrt. Und ist mir, wie ich glaube, in der Fantasey'37 gewesen, als wenn ich zu Einsiedeln in der Hl. Capell. Auch (habe ich) in meinen Gedanken beständig geführt (und) in Worten ausgesprochen: , 0 Muttergottes, mach groß deinen Namen.' Das, sonst nichts, ist in meinem Verstand geblieben. Als diese Person, so diese Wallfahrt verrichtete, nach Einsiedeln kommen, (bin ich) am Fest des Hl. Mathäus im September'38 völlig gesund geworden, kein Gicht mehr gespührt. Das (hat) nicht allein der ganze Convent das augenscheinlich Mirakel139 erkent,140 sondern (auch) der Lutheraner Doctor, so mich der Kur141 gehabt, selbst sich also einsetzt, daß er mich gefragt, ob (ich) nichts mehr empfinde.142 (Ich habe) ihm nein gesagt. Er be„in das nächste" = von den Krankheitssymptomen her als eine Art.... Einfallende Krankheit", auch „hinfallende Sucht" - für Epilepsie. (Vgl. GRIMM, IV, 2, 1429). Fantasey = Einbildung; hier aber vielleicht Fieberphantasie, Traumzustand. Fest des hl. Matthäus: 21. September. Augenscheinlich = offenbar, offensichtlich, deutlich. „Das ... erkent" = Dies hat nicht allein der ganze Konvent als deutliches Wunder erkannt. Kur - im Sinne von Heilbehandlung. (Vgl. GRIMM V, 2.781-2.782). „ob ... empfinde" = ob ich keine Schmerzen mehr empfinde.

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kante öffentlich, daß solches etwas Wunderbares (sei und hat) mich lange Zeit mit Stillschweigen angeschaut. Nach solcher wunderlicher Begebenheit sind Einsiedler Herren'43 kommen, zu welchen ich geführt worden (bin) mit dem Namen eines mirakulösen Kindes.144 Als man selbigen, absonderlich dem P. Ambrosii145 umständlich alles erzählt, wie die Doctores mich curiert, (habe ich) diese Worte gehört: Es ist das größte Mirakel, daß sie noch lebt; diese starke Medizin allein sollte sie um das Leben gebracht haben, es wäre für die Pferd zuviel gewesen."

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5.2.2

„Als ich aber einstmals über die Worte betrachte: „Siehe ich bin eine Dienstmagd des Herrn mir geschehe nach seinem Wort",146 (bin ich) also bewegt worden über die tiefe Demut Mariens, die sich, obwohl zur göttlichen Mutterschaft berufen, dennoch eine Dienstmagd nannte, (daß ich mich) entschlossen, ihr in der Demut nachzufolgen. (Ich bin) mit solcher Gewalt auf diese Tugend losgegangen, daß alle meine Übungen dahin gereichten. (Über) nihts anders (habe ich) mehr gelesen, noch für mich gebeten als um die Demut. Meine Betrachtung war die Selbsterkenntnis,147 durch die ich zu so starker Zähervergießung148 kommen, daß - glaube

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Die dreimalige Blindheit

„Einsiedler Herren" = Mönche der Abtei Einsiedeln. „Mirakulöses Kind" = Kind, an dem ein Wunder geschieht. P. AMBROSIUS PÜNTENER, Bruder von Schwester Maria Theresia Püntener. (Vgl. 3.1.2, Fn. 39). Vgl. Lk 1,38. Vgl. ausführlich 3.2.2.2. Die Gabe der Tränen ist ein in der geistlichen Praxis üblicher Ausdruck von ,Reue und Zerknirschung' (vgl. SCHULTE, R.: Tränen, in: LThK X, 305). Im auf das Sinnenhafte ausgerichtete Barockzeitalter erhält die „Zähervergiessung" eine gesteigerte Bedeutung.

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ich - (dies) ein Ursach meiner ersten Blindheit (war), so in dem Noviziat den Anfang genommen auf folgende Weise:

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Den 7. Mai, als in dem Orden das Fest der Krönung Christi gehalten wird, morgens, als ich aufstehen wollte, empfand ich einen großen Kopfschmerz. Wandte mich in solchen Gedanken zu Gott, daß ich glaubte, daß (er) mich also der schmerzlichen Krönung in etwas will teilhaftig machen. Als ich das Brevier lesen wollte, da konnte ich die Buchstaben nicht gelesen, auch (nur) mit harter Mühe die Personen erkennen wer sie waren. Man beschickte einem in der Augenkunst erfahrenen Medicus, der sagte, daß der schwarze Star,149 so nicht mehr zu kurieren (sei), doch (sind) aber alle Mittel angewandt worden, aber umbsonst. In diesem großen Kreuz meine Zuflucht zu der Einsiedlischen Mutter genommen, eine Wallfahrt lassen verrichten. Während dieser Zeit (habe ich) meine Gebete verrichtet, auch von den steinernen Marienbildnusl50eins in das Wasser gelegt, meine Augen damit gewaschen, so mir unter währender Wallfahrt das Gesicht'51 mit aller Verwunderung wieder(ge)bracht. Der ganze Konvent hat sich dessen gefreut (und) der Mutter Gottes zu Einsiedeln (ist) das große Wunder zugeschrieben worden. In kurzer Zeit danach, als (ich) in den Exerzitien (war), da wurde ich wieder mit offenen Schwarzer Star: - Vom »schwarzen Star' sprach man früher bei Erblindung durch Erkrankungen der tiefen Teile des Auges oder der Sehbahn, weil hierbei die Pupille unverändert schwarz erscheint. Vgl. Art. Star, in: BROCKHAUS ENZYKLOPÄDIE XVIII, 20. Vermutlich eine kleine Statue des Gnadenbildes von Einsiedeln. Gesicht = Sehkraft, Sehvermögen. (Vgl. GRIMM, IV, 1.2., 4087). 285

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Augen blind und der erste Zustand (war wieder) zugegen, was mich unbeschreiblich betrübt (hat). Nicht so viel wegen meiner Blindheit, als daß ich geglaubt, die Einsiedlische Mutter hab jetzt ihre Ehr verloren, weil jedermann glaubt, sie habe mir geholfen und jetzt (ist es) als umgeschlagen. Dahero mir nicht getraut, solches zu offenbaren, als einer aus meinen vertrauten Mitschwestern. Zu dieser auf das Essen zu ihr in die Zell gangen, mit bitteren Zähern meinen unglückseligen Stand beklagt. So mich gestärkt, daß mich nicht also bekümmern soll wegen der Ehr der Muttergottes, sie wurde ihr schon wieder helfen.152 Diese Mitschwester, als von ihr hinweggangen, hat mir erzählt, daß ihr eingefallen, wie wir in dem Garten einstmals ein Gespräch geführt, daß eine Einsiedler Kapelle schön dastünde, wie sie wüßte (daß es) in einem anderen Closter auch seye. Wir fingen an unter einer Haselnußstaude einen Tisch zu stellen (und) ein Einsiedler Bild darauf. Die Anschläge153 waren daß man ein so kleines Kapellchen dahin mit Holz bauen könnte. Eben das Concept in Gedanken, fällt diese Closterfrau der Einsiedlischen Mutter in ihrer Zelle zu Füßen, begehrt von ihr, sie soll zeigen, was sye verlange durch meine unverhoffte154 Blindheit. Wan etwa das Kapellelein sollte gebaut werden (und) mir (dadurch) das Gesicht wieder (ge)geben (werden), so wolle sye durch ihren „sie wurde ... helfen" = sie wird Ihnen schon wieder helfen. Anschläge = Anschlag, Plan, Vorhaben, Absicht. (Vgl. GRIMM I, 440). Unverhofft = überraschend, nicht erwartet; aber hier negativ gemeint.

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Bruder als Landhauptmannn Püntener,155 zu Ury lassen erbauen.

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Sobald, ohne mein Wissen, von solcher Closterfrau das Versprechen geschehen, zur Vesperzeit schon wieder können das Brevier beten. Als mit größter Freud zu solcher gangen, ihr das große Wunder gesagt, (hat sie) mir die Antwort geben: ich habe jetzt das Gesicht, sie aber die Schuld und also den ganzen Verlauf erzählt, um welches alles (ich) nichts gewußt. Das große Wunderwerk ist schriftlich verfaßt (und) im Beisein des Provincial in das Fundament gelegt worden, dessen Socius anstatt des Provincial den ersten Sein gelegt, weil er wegen eines Zustand an dem Fuß nicht können hin. Der erste Stein ist gelegt worden in der Vigil Mariä Heimfahrung.156 Was sich wunderbarlich in Erbauung dieser Capell (ereignet hat), weil diese hat sollen in den Garten hinausgesetzt werden: Der Provincial selbst (hat) sein eigene Pferdt hergeben, den Stein zu führen.'57 Als aber in der ersten Fuhr die Räder tief in die Erdten gefallen, die Pferd ingleichen158 des aufsteigenden Rain,159 da ist der Schluß gemacht worden, daß kein Fundament zu graben möglich, noch ein Capell zu bauen geschehen kann, das wußte niemand, daß der Rain so weit hinaufkommen als damals. Man wußte nicht, (wo) diese Capell kund hingebaut werden. Da begehrte eine einfeltige Layenschwester, so in dem Garten (zur Arbeit ab)geordnet gewesen, zum Provincial begehrte sie, er solle befehlen,

Vgl. 3.1.2, Fn. 39. 14. August. „die Steine zu führen" = die Steine herbeizuschaffen. Ingleichen = in gleicher Weise, auf gleiche Art. (Vgl. GRIMM, IV, 2, 2.116). Rain = Grasstreifen zwischen zwei Äckern. 287

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daß die Capell, so in dem Garten soll gesetzt werden in die Bereichen,160 gebaut (werden)., daß auch Messen darin können gelesen werden, die Closterfrauen auch jederzeit können genießen. Das gefiel dem Provincial. Er beschickte161 die obgemeldete Closterfrau, so die Capell versprochen, ob sye dessen zufrieden. Die sagte ja. So war alsobald die Anstalt zu dem Bau gemacht, so auf das Fest Kreuzerhöhung162 unter das Dach kommen, daß an diesem Tag die erste Mess darin gelesen wordten. Die Layenschwester, so den Ausschlag mit dem Bau gegeben, hat lange Zeit die Muttergottes gebeten, daß ein Capell zu ihrer Ehr möcht gebaut werden an diesem Ort, allso das erstemal ihr Bildnus in dem Garten unter der Haselnußstrauchen aufgericht worden (ist). Ebenfalls ich mit diesem Beten bey der Einsiedlischen Mutter gesucht, die Gnad zu erhalten, wenn mein Noviziat vollendet, daß ein Capell zu meinem neuen Noviziat wolle erbauen, als solches zu völligem Dienst der Einsiedlischen Mutter soll gehalten werden. Gedachte, selbige für mein Novizenmeisterin, himmlisch Lehrmeisterin anzunehmen (und) mich in der Tugend zu unterweisen. Wie wunderbarlich die göttliche Anordnung, zur Gewährung meiner Bitte hat müssen mein Augenblindheit als ein Mittel gebraucht werden. Während des Capellenbaus wurde ich abermals stark blind mit zugeschlossenen Augen. Und also verblieben von Mariä Geburt an163 bis auf Kreuzerhöhung, als die erste Mess in der ney-

„in die Bereichen" = in dem Bereich des Klostergeländes. Beschickte = beschicken, bestellen, holen lassen. (Vgl. GRIMM, I, 1565). 14. September. 8. September.

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erbauten Capell gelesen, zu welcher man mich geführt. Zur Elevation164 die Augen können eröffnen, meinen Gott anzuschauen in Gegenwart des ganzen Konvent, auch vielen Weltlichen, so der Hl. Meß beigewohnt. Da hat alles Gott und seine liebe Mutter gelobt, das Te Deum laudamus165 gesungen zur Danksagung." Knochenbruch und Heilung „Als (ich) den 14. November im Jahre 1711166 des abends zwischen 8 und 9 Uhr in dem Chor mein Gebet verlieht, da geht eine Klosterfrau aus dem Chor. (Aus) Sorge, sye möchte mich einsperren, weil sonst niemand dagewesen, habe nicht wollen schreyen, sondern vermeind,'67 die Tür zu erreichen. Durch das starke Springen in solchem schnellen Lauf über 2 kleine Treppen gesprungen, mit solcher Gewalt daruntergefallen, daß gewesen, (als) wenn man mich in der Mitte genommen, danieder gedrückt, daß also die Kniescheiben entzweygefallen, das eine Stück unten, das andere oben gelegen. Mit unbeschreiblichen Schmerzen und lautem Schreyen (bin ich) auf dem Oberchor'68 gehört worden, (so) daß man (hin)zugelaufen (ist).

Elevation (von lat. elevare: aufheben, emporheben). Bei der Meßfeier hebt der Priester nach den Wandlungsworten Brot und Wein, nach katholischem Glauben Jesu Leib und Blut, für die Gläubigen gut sichtbar zur Verehrung und Anbetung hoch. Te Deum laudamus (Dich, Gott, loben wir) = die ersten Worte des sog. „Ambrosianischen Lobgesanges", der zu besonders festlichen Anlässen gesunden wird. Dieser Gesang hat von daher seinen Namen: ,Te Deum'. P. GUINANDUS PRIMUS gibt das Jahr 1712 an, das kann aber mit der Zeitangabe ganz am Ende dieses Abschnittes nicht übereinstimmen. Dort wird auf die Heilung Bezug genommen und die erste Prioratswahl erwähnt. Vermeind = meinte, glaubte. Die neue, barocke Klosterkirche, bei der Gottesdienstraum des Volkes und Nonnenchor durch den Hochaltar getrennt waren, war noch nicht gebaut. Der Schwesternchor 289

Weil ich von der zuletzt hinausgegangenen Closterfrau wirklich eingesperrt gewesen, daß, wenn Gott nicht andere zugeschickt (hätte), so noch nicht sich zum Schlaf begeben, die ganze Nacht auf dem Boden müssen liegen bleiben, ja, glaube ich, in einer Ohmacht des Todes bleiben müssen. Weil kein Tritt können gehen noch stehen, sonder getragen worden in das Bett.169 Des nachts um 10 Uhr, als die Balbierer'70 kommen, über diesen grausamen Fall sich entsetzt, sagten, seye wollten lieber, das Knie wäre 2mal brochen, nachdem mich verbunden.

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Vor Grösse des Schmerzes seind die Gicht in die zerfallene Kniescheibe kommen, so der Fuß in die Höhe geworfen, welches dann ein unleidentliehen171 Schmerz verursacht, daß überlaut geschrien. In dieser Not (habe ich) mein Zuflucht zu der Einsiedlischen Mutter genommen, ein Wallfahrt lassen verrichten. So viel Hilfe erhalten, daß die Schmerzen sich gemildert und sich ziemlichermaßen gebessert. Weilen aber, wie die Balbierer ausgeben, ein Feuchtigkeit in das Knie gesetzt,172 dahero keine Heilung zugelassen, sondern so oft, daß solches aufgebunden worden, zwischen dem Bug173 allzeit ein Finger oder 2 können gelegt werden. Es bekennen die Balbierer, daß ihnen ihr Lebtag mit keinem Patienten also ergangen; (sie) sag-

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befand sich demnach, wie bei vielen älteren Klosterkirchen heute noch (z. B. Dominikanerinnenkloster Weesen), auf der Höhe einer Orgelempore im hinteren Teil der Kirche und konnte von den Kirchbesuchern nicht eingesehen werden. „... sonder ... Bett" = mußte ich ins Bett getragen werden. Baibier = Barbier; aus dem mittelalterlichen Frankreich stammende Bezeichnung für Bartpfleger und Bartscherer (vgl. BROCKHAUS, II, 299); auch Bader oder Stübner (von mhd.: Stube für heizbarer Raum), Inhaber einer Badestube. Unleidentlich = hier: nicht mehr auszuhalten, nicht mehr leiden können. Meint hier wohl: nässende Wunde oder Eiter. Bug = Biegung des Knies. (Vgl. GRIMM, II, 494).

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ten, daß ganze Nächte sie ungeschlafen lägen. Man hat die Kniescheibe stark geschüttelt (und) endlich ein dickes, nasses Leder darüber geschlagen, daß ich gleich einem Horn worden, so mit Gewalt zusammengedruckt. Was das für ein Schmerz gewesen, ist Gott allein bekannt. Alle angewandten Mittel waren umsonst, was die Balbierer und (ein) in den Beinbrüchen erfahrener Medicus angewandt, die Heilung zuwege zu bringen. Nach verflossenen 6 Wochen wollte man mich stellen, aber es war kein Möglichkeit, allein auf den Füssen zu stehen, noch viel weniger einen Tritt zu gehen, sondern ihrer 2 haben mich das Zimmer auf- und abgeschleift. Es haben auch die Balbierer das Knie nicht können aufbinden wegen des unheilbaren Bruchs. Ich mußte mich gezwungener(maßen) wieder in das Bett bgeben mit noch größeren Schmerzen, daß also 10 Wochen unbeweglich auf dem Rücken gelegen. Endlich ist es so weit kommen, daß die Balbierer mich aufgeben, daß sie meiner (nicht) können helfen, sonder mein Lebtag ein Krüppel muß (bleiben); daß endlich mit den Krücken ein wenig gehen kan. Auf Anraten der Balbierer hat man mir wirklich die Krücken in dem Bett angemessen. Als ich alle Wort in dem Bett gehört: daß die Balbierer mich aufgeben, kein Hoffnung mehr zu helfen, ist solches mir nicht allein zu Herzen gangen, sondern (ich habe) die halbe Nacht viel bittere Zäher ausgetrieben, nicht so viel wegen meiner Person, als daß in so jungen Jahren, als mit 34 Jahre, dem Convent ein solch Beschwernus sein muß. 291

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In dieser Betrübnis gedachte meine Hilf bei der Einsiedlischen Mutter allein zu suchen in unserer hiesigen Capell. Schickte zu dem Pater Beichtvater um die Erlaubnis zu erhalten, mich, wenn der Convent bey dem Tisch, in der Still zu unserer Capell tragen zu lassen. Dessen war der Beichtvater zufrieden, aber nicht länger als ein halbe Stund, weil die Kälte groß. So geschehen den 7. Februar, an einem Monats-sonntag, als mich während des Tisches die Kuchenschwestern zur Capell getragen, im Beisein der Kuchenmeisterin,174 die mich mit großer Mühe aus dem Bett in den Tragsessel geschleift. (Ich habe) keinen Tritt stehen noch gehen könnnen. Sobald ich das Bildnus meiner liebsten Muetter von Einsidlen ersehen auf dem Altar, (ist es mir) nicht anders gewesen, als wenn sie leibhaft da stund, so groß war die Bewegung des Herzens, die Lieb und Andacht mit Zähern vermischt. Die Schwestern, so mich dahin getragen, sagten, daß (sie) nicht können bey mir bleiben wegen großer Arbeit in der Kuchen. Hieße diese gehen, sollen aber nach verflossener halben Stunde wiederkommen, wie die Erlaubnus oder (der) Befehl des Pater Beichtvater (lautete), und mich in das Krankenzimmer tragen. Nach welchem mich ganz allein auf dem Sessel befunden, kommt mich eine Begierde an, zu probieren, ob (ich) nicht auf den Füßen stehen kan. Fange (an), von dem Sessel zu rucken, daß ich endlich für sich gefallen,175 (und) der Sessel nachgefallen (ist). Da hab (ich) die Kraft

Küche = Dialektform von Küche; Kuchenmeisterin = die für den gesamten Küchenbereich verantwortliche Schwester. „das ... gefallen" = bis ich schließlich (aus dem Sessel) herausgefallen bin.

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nicht gehabt, mir zu helfen und kein Mensch war da. Gedachte, jetzt ist (es) gar geschehen um dich, fange an zu schreyen (zu) der Einsiedlischen Mutter, mich nicht zu verlassen, sondern zu helfen. Alsbald habe (ich) die Kräfte gehabt, mich aufzurichten, der Sessel ist hinter sich kommen.176 (Ich) weiß nicht wie (es geschehen ist), daß, als (ich) dann allein zur Capell hab können hingehen, an dem allda eisenen Gatter mich gehebt mit so großem Glauben und Vertrauen, daß (ich) gesagt: Ich gehe nicht hinweg, bis mir mein liebste Mutter gar hilft. Doch nicht können bey ihr bleiben, sonder zu dem Venerabile, so das nächst dabei (gewesen), hingangen, nichts anderes können sagen als: „O großer Gott, o wunderlicher177 Gott." (Ich habe) an dem ganzen Leib gezittert wie ein Laub; (ich habe) nicht gewußt wo (ich bin). Was noch verwunderlicher: (ich) hab die Binden, so über dem Knie gewesen, wie weit nachgeschleift: wo disse aufgelöst, das ist durch keine menschliche Hand geschehen. Als die bestimmte Zeit da, kommen die Layenschwestern,178 (und die) Kuchenmeisterin, mich

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„der Sessel ist hinter sich kommen" = Der Sessel ist hinter mich gekommen. (Durch den Sturz war der Sessel auf sie gefallen und hatte das Aufrichten zusätzlich erschwert.). Wunderlich = Verwunderung, Staunen erregend, bis zur Wende 17./18. Jahrhundert im Sinne von wunderbar verwandt, um das Wesen, die Eigenschaften oder das Handeln Gottes zu kennzeichnen. (Vgl. GRIMM, XIV, 2, 1903). In St. Katharinental - wie auch in anderen Frauenklöstern - unterschied man zwischen Chorfrau und Laienschwester. Die Hauptaufgabe der Chorfrauen bestand darin, wie der Name schon sagt, das feierliche Chorgebet der Klostergemeinschaft abzuhalten. Nur die Chorfrauen hatten Sitz und Stimme im Hauskapitel und konnten in die Hausämter gewählt werden. Die Laienschwestern waren für die einfachen Aufgaben in Haus, Hof und Stall vorgesehen. Sie waren nicht zum (lateinischen) Chorgebet verpflichtet, sondern hatten ihre

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heimzutragen. Denen gehe ich zur Kirchentür entgegen, die alle erschrocken, die Händ zusammengeschlagen, weil wenige Täg zuvor die Balbiere mich, wie dem ganzen Convent bekant, aufgeben, daß also kein Mensch mehr geglaubt, auf die Füße zu komme. Mit diesen, so mich wollen tragen, absonderlich179 (mit) der Kuchenmeisterin, in das Refectory180 gangen, da der ganze Convent bey dem Tisch gesessen, so ein Recreation'8' gehabt wegen der Fastnacht. Was für ein Freud, Verwunderung, ist nicht auszusprechen. Da hat man nichts anderes gehört als: Die Muttergottes hat ein Mirakel gewirkt. Ungefähr ein oder 2 Tag nachdem solches geschehen, seindt die 2 Balbiere kommen, mich zu verbinden, die man in die Clausur gelassen, nichts gesagt als (ich) ihnen entgegen gangen. (Sie haben) die Händ zusammengeschlagen mit diesen Worten: Das ist ein Wunderwerk Gottes; dem großen Gott, so das gewirkt, ist alles zuzuschreiben, wir rühren das Knie nicht mehr an. (Sie) gehen von mir hinweg und haben, wer (ihnen) beim Hinausgehen (aus) der Klausur be-

eigenen Frömmigkeitsformen, z. B. das Rosenkrangebet; auch führten sie in bewußter Absetzung von den Chorfrauen ein Eigenleben - mit eigenen Erholungszeiten beispielsweise. Im Dominikanerorden war der Unterschied auch an der Kleidung erkennbar: Während das Ordenskleid der Chorfrauen ganz weiß war (vom schwarzen Chormantel einmal abgesehen), trugen die Laienschwestern ein schwarzes Skapulier (= ein ca. 40 cm breiter, über Brust und Rücken bis zu den Füßen herabfallender Tuchstreifen) als Teil des Ordenskleides. Dieser Unterschied, auch mit den rechtlichen Einschränkungen, wurde nach dem II. Vatikanischen Konzil aufgehoben. In den Männerklöstern gab es einen ähnlichen Unterschied zwischen den Patres und Brüdern. Absonderlich, vgl. Fn. 102. Refectory = Refektorium (von lat. refectio: Erfrischung, Mahlzeit), Speisesaal eines Klosters. Recreation, vgl. 5.1., Fn. 45.

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gegnet, gesagt: O wohl, was wunderliches haben wir gesehen. Nach welchem wollte der Beichtvater auch nicht, daß man mich sollte aufbinden, sondern mich 14 Tag gehindert und (ich) mit starken Binden über das Knie herumbgehen (mußte). Ist sich zuverwundern, daß kein Schmerz mehr gemacht, was doch zuvor in dem Bett soviel Schmerzen verursacht. Endlich seind diese Balbiere wiederkommen, sey möchten das Knie gern sehen, ob auch der Bruch verwachsen. So (ich) dies gehört, war mir Angst, aus Furcht, die Mutter Gottes möge an ihrer Ehre Schaden leiden. Dahero solches inständig gebetten , daß sie doch wollt machen, daß der Bruch verwachsen von den Barbieren gefunden wird. Der Tag wahr bestimmt, das Knie aufzubinden. Der Mediciner, so mich auch in der Kur gehabt samt den 2 Barbieren waren in die Clausur eingelassen. Im Beisein des Pater Beichtvater (und) auch des Convents war das Knie aufgebunden. Der Doctor verlangt von mir auf alle Seiten mich zu legen, so alles nach seinem Befehl (habe) tun können. Entlich sagte er, daß er nicht mehr sehen kann, warum das Knie solle verbunden sein, er finde nichts mehr. So ein Erzketzter gewesen.182 Die 2 Balbiere, so auch Lutheraner,183 kamen auch, griffen hin und her wegen dem niemals zugeheilten Bruch, können nichts mehr finden.

Erzketzer meint hier: überzeugter Protestant. Daß überhaupt ein nicht-katholischer Arzt zur Pflege in die Klausur eines Frauenklosters eingelassen werden durfte, lag sicher auch an der besonderen Situation des Thurgau als paritätischer Gemeiner Herrschaft. (Vgl. 2.2.3). Lutheraner, hier = generelle Bezeichnung für Protestanten. 295

Die bekennen, daß ihnen weit wunderbarlicher (erscheint), daß der Bruch verwachsen, als daß ich gehen kann. 205

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Da haben die Balbierer für gut befunden wegen langem Liegen Eingeder Salb184 zu brauchen, so geschehen. Aber (dies hat) nicht allein große Schmerzen verursacht, sondern (es hat) auch ein Ausschlagung sich gezeigt, daß gezwungen, solches müssen unterwegen lassen (= unterlassen). Als anstatt dieser Salb alle Tag zu der Capell gangen, das Öl aus der Ampel, so da brennt, mich gesalbet, so mir die völlige Gesundheit gebracht für das gefallene Knie, daß (ich) mehr Stärke gehabt in dem zerfallenen als in dem anderen Knie. Den anderen April185 darauf, als das grosse Wunderwerk geschehen, bin ich zu einer Priorin erwählt worden."

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„Als im Jahr 1722, auf das Fest Allerheiligen ann die Exerzitien gegangen, den 4; d. h. an dem Fest des Hl. Caroli,186 stößt mich in der Nacht wider mein Natur ein starkes Erbrechen an mit einem schmerzlichen Gallengreinen,187 daß (ich) dachte, mich dem Tod näher als dem Leben zu glauben.

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Nachdem solcher Zustand sich gebessert, alsdann dieses war in der Nacht, (habe ich mich) in

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Gallenkollik, Knochenbruch und Gicht

Eingeder Salbe = Salbe zum .Einreiben', oder von einem Ortsnamen her so genannt? „Den anderen April" = den 2. April. 4.11.: Fest des hl. Karl Borromäus. Gallengreinen = greinen, hier im Sinne von leiden, belästigen. (Vgl. GRIMM, IV, 1.6, 62).

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eine Betrachtung von dem Leiden Christi vertieft, auch zugleich eine Begierde zum Leiden empfunden. Absonderlich ist mir zu Herzen gegangen wie Christus durch den Bach Cedron geschleift,188 davon nicht mein Lebtag betrachtet, wo mich erinnern kann, daß solches gelesen habe. Wußte nicht, wo diese Gedanken herkämen.

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Als von dem Ort, wo ich gesessen, wollte aufstehen, da empfang ich auf der einen Seite in dem Fuß und (dem) ganzen Bein eine Lähmung, konnte nicht stehen aus dieser Ursach, daß kein Kraft in dem Fuß. So hab solchen so lange hin und hergewälzt, daß entlich der Knochen auseinander mit größtem Schmerzen und grosser Geschwulst, daß die Krankenwärterin bekänt, daß (sie) vermeinte vor Schrecken niderzufallen in Ansehung solcher in wenig Vater unser lang aufgehendes Geschwulst. Es kommen 4 Balbiere, keiner hat erkant, daß der Knochen nicht in dem rechten Ort. Als wie es zur Sprach gewesen, da seind die Augen aufgangen. Der Schmerz war unleidentlich, weil die Gichtersucht auch dazu geschlagen, durch die starke Pflaster zugezogen worden, wie man geglaubt hat."

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Erneuter Kniescheibenbruch „3 Wochen nachdem das Unglück geschehen, des ausgetretenen Knochens, (ist) in meinem eigenen Zimmer die vor 10 Jahren zerfallene Kniescheibe wieder voneinandergefallen und zwar wieder ein Stück unten, das andere oben gelegen.

Bezieht sich auf den Gang Jesu vom Ort des Abendmahlsaales auf dem Zion zum Garten am Ölberg, der ihn durch das Kidrontal führte. (Vgl. Joh 18,1 f.).

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Nachdem der Baibier beschickt, sich nicht genugsam können verwundern, ohne Fall und Stoß die Kniescheiben soll voneinander fallen, so er für ein unnatürlich Sach gehalten, so nicht zu fassen. Er wollt diese curieren mit den stärksten Dörbänder.189 Vermeinte anfänglich, solche zusammenzutreiben. Nachdem aber solches 3 Wochen angestanden, allzeit das alte in dem Verbinden gefunden worden, daß kein Zusammenwachsen sich im Geringsten nicht zeigt. Der Baibier hat keine Hoffnung mehr, diesen alten Schaden zu curieren, sagte öffentlich, daß, wenn hundert Doctor und Balbierer, da kein Möglichkeit mehr zu helfen. Als ich hörte, daß kein menschlich Hilf mehr zu finden, zu meiner Einsiedlischen Mutter meine Zuflucht genommen mit inständigem Gebet, großem Glauben und Vertrauen. Von der Krankenwärterin verlangt, mir von dem Öl zu bringen, so in der Ampel der Capell brennt, mit welchem das Knie bestrichen. Nach wenig Tagen, als der Baibier zu dem Verbinden kommen, war die Kniescheiben zusammengewachsen, über welches sich der Baibier verwundert, daß er öffentlich, im Beysein der Closterfrauen bekennt, daß solches miraculös. Nachdem solches geschehen, hat der Baibier wieder frische Pflaster aufgelegt, weil er solches nicht allein für gut, sondern höchst notwendig befunden, daß er glaubt, wenn kein Pflaster sollte gebraucht werden, ein Glid Schwamm190 abgeben würde, also müsse man die Feuchtigkeit Dörbänder - von dörren, austrocknen (vgl. GRIMM II, 1302) = Bänder, die Feuchtigkeit aus der Wunde ziehen. Schwamm = Geschwulst am menschlichen Körper. (Vgl. GRIMM, IX, 2, 2.198).

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nicht lassen unaufgetrocknet, wenn nicht ein größeres Übel erfolgen soll. Als aber das Pflaster wieder aufgelegt, ich große Schmerzen bekommen. Wie der Baibier nach einigen Tagen wiederkommen, hat die Kniescheiben ein Druck gezeigt, daß nicht mehr wie zuvor beysammen, so der Baibier gleich gesehen und selbst die Wort ausgesprochen, die Kur hat ein Dallen'91 daß wieder voneinander gewichen. Die ordinary192 Pflaster wurden von dem Baibier abermals aufgelegt. Weil aber der Schmerz immerzu größer, der Pater Beichtvater befohlen, die Pflaster hinwegzulegen. Wiewohl voller Angst und Forcht, mich überwunden aus Lieb des Gehorsambs, denn ich hab glaubt, was der Baibier gesagt, das grosse Geschwulst zu förchten. Dessen ungeacht den Befehl des Beichtvaters vollzogen, das Pflaster hinweggelegt. Wie der Baibier kommen zu dem Verbinden, war das Knie beysammen wie in dem Anfang, so er gleich wieder gesehen und solches mit seinen eigenen Worten bekant. Man sagte dem Ballbier nicht, daß kein Pflaster auf dem Knie, weil einige Bedenken sind gemacht worden wegen dem Glauben, es möchte mehr zu einem Gespött gezogen werden, also das ungefähr 2 oder 3 Wochen der Baibier ist also herumgezogen worden, daß, wenn er wollen kommen, seind die Pflaster aufgelegt worden, wenn er fort, in der Still abgelegt worden. Man hat auch nicht getraut, einer Closterfrau etwas zu sagen, ausgenommen der Krankenschwester. Unter währender Zeit aber, so oft der Baibier kommen zu dem Dallen (oder dahlen, dalen) = kindische, läppische Dinge reden und tun (vgl. GRIMM, II, 696); „hat ein Dallen" = hier im Sinne von: ist unsinnig, ergebnislos, überflüssig. Ordinary = gewöhnlich.

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Verbinden, allzeit gesagt, das Knie wird ihr länger je besser.193 Entlich wird von dem Baibier durch die Krankenschwester verlangt, daß er möchte die Sach schriftlich verfassen, wie er selbst bekant, öffentlich, was seine Meinung gewesen wegen des Zusammenwachsens dieser voneinandergefallenen Kniescheiben. So ist auch geschehen auf folgende Weise: Daß der Baibier, obwohl ein Lutheraner, bey seinem Gewissen bezeugt, wie er die Kniescheiben gefunden und (auf) miraculöse Weis zusammenkommen, so natürlicherweise nicht geschehen können, so durch die Muttergottes müßte geschehen (durch) dero Fürbitt, weil an mir vermerkt, das große Vertrauen der Andacht zu selbiger. Also hat der Baibier eigenhändig solches schriftlich von sich geben, so in fremde, weit entlegende Orte verschickt worden, das große Wunder zur Ehr der Einsiedlischen Mutter offenbar zu machen."

3.

Geistliche Erfahrungen

3.1

Aufzeichnungen der Jahre 1700 - 1705

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(1) „Den 15. Augusten 1700 am Fest der Himmelfahrt Mariae under dem Ambt der hl. Mess ward sey verzuckht und sähe innerlich in dem Gesicht unser lieber Hl. (= Heiland), sambt Maria der allerseligsten Jungfr., welcher sich mit ihr vermählet und einen Ring mit einem blauen Stein an den Finger steckht mit disen Worthen: Ich vermähle mich mit dir in beständiger Treuw." ,ihr länger je besser" = je länger je besser.

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(2) „Den 4. November 1700 hat sey Gott instendig gebetten, er wolle doch niht zulassen, daß sey ihne mehr mit einiger Sünd beleydige. In disem (Augenblick) käme sey von sich selbst, sähe ihr Hertz offen und in selbigem den gecreützigten Jesum gantz schön am Creütz hangen. (Er) sagte dise Worth zu ihr: Dis dein Hertz hab ich mir geheiliget; nimmer wird solches einige194 Creatur ohne Sünd besützen (= besitzen)." (3) „Vor dem Fest Maria Geburth (8. September 1700) ward ihr öfters angezeigt, daß sey aufs selbiges Fest sterben würde. Ist auch starckh erkranckht und so weith komen, daß man sey mit allen hl. Sacramenten195 versehen. Fiengen an das Gesicht196 zu verliehren sambt der Sprach. Nachdem sey die hl. Communion am Fest Maria Geburth ... empfangen, finge an von 8 Uhr bis 12 mit dem Dod zu ringen, im Beysein des gantzen Conventen. Auch alle Anfechtungen des bösen Geistes zu empfinden und erwartte den letzten Sentenz.197 In diser eüssersten Angst hörte sey innerlich ganz unverhofft ein Stimm, welche dise Wortt zu ihr sagte: Durch das Fürbitt Mariae ist der Sentenz deines Dods gewendet zum Heil viller Seelen ... befleisse dich, deine Hl. Regel und Satzungen gantz eifrig und fleissig zu halten; übe dich in thieffester Demuott, Gehorsame und Reinigkeit des Hertzens." (4) „Im Mertzen 1701 ... am St. Josephstag (19.3.), als sey sich zur hl. Communion beEinige = hier: eine unbestimmte kleine Anzahl von, etliche, ein paar. Sacrament der Krankensalbung als „letzte Ölung" verstanden, ebenso die Kommunion als „letzte Wegzehrung". Gesicht verlieren = Sehkraft verlieren. Sentenz = Spruch, Ausspruch; in der älteren Sprache überwiegend im Sinn von Urteilsspruch, richterlicher Entscheid gebraucht. (Vgl. GRIMM, X, 1, 613).

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reithete, hörte sey dise Worte: Mein Dochter, gewüss wirstu sterben, dein Zeit ist verloffen, mein Stund ist kommen, das ich mich mit dir ewig will vermählen. Und dis soll dir zu einem gewissen Zeichen sein: Daß du nach der hl. Communion stockhblind wirst werden. - ist auch allso stockblind worden." (5) Am Carfreytag (1701), als man sey als blind das Creütz zu küssen führte und allso des Tods erwartete, befände sey sich mit Begird gethriben, sich gäntzlich in dem Willen Gottes zu resignieren198 zum Leben und Sterben, mit ihr zu machen, was seinen Hl. Willen. Als man das Vexila199 sangen und Jesum ins Grab legte, hörte sey dise Wort: Durch Anhalten Mariae hab ich den Sentenz deines Dods wider gewent, den ich will noch wunderliche Ding mit dir wirckhen."

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(6) (7. März 1701. Aufzeichnungen P. G. PRIMUS) „Halte dich gleich einem Kinde, welches sich umb nichts bearbeitet als allein umb die Liebe der Mutter. Allso wirffe du auch alle Sorg auf mich. Bekimmere dich umb nichts als allein umb die Liebe deines Breitigambs." (7) (Ostern 1701. Aufzeichnungen P.G. PRIMUS) Meine Tochter, ich will, daß du mir nachfolgest in der höchsten Reinheit und Vollkommenheit, erstlich in der tiefisten Demuet und vollkomniste Gehorsamb in der höchsten Vereinigung meines Willens in der ... Liebe ..."

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(8) „Als man das Fest der Verkündigung Mariae hielte (25. März 1701), nach der hl. Communion waren dise Wortt zu ihr gerett: Du wirst grosse Ding durch mich thuon und in der Welt bekant werden ... Über dise Reden erschracke sey allso

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Resignieren = sich in etwas ergeben, fügen, sich mit etwas abfinden. Vexila: Vexilla Regis prodeunt - Des Königs Banner wallt empor.

sehr und batte (= bat) Gott mit weinerten Augen, er solle sey doch vor disem behieten. (Sie) hate auch ein so grossen Widerstand, sich bekant zu sehen und kam in so grosse Erkentnuss ihres Nichts und eigne Verachtung, daß sey lang nie thieffer gestanden; erkante so klahr ihre Bosheit. Bähte auch Gott... er solle ihr doch keine Gnaden mehr thuon, sonder anderen; statt (dessen) Verachtung geben, damit sey vor der Welt gantz veracht sein mechte. Weil ja - sagte sey zu Gott - er ihr versprochen, sey ihme gleichförmig zu machen, so solle er es halten, indeme er nichts als Verachtung und Leyden gelebt. Auf dises gab er ihr zur Antwortt: Gleich wie ich 2 Theil gehabt, Ehr und Verachtung, allso sollstu es auch haben ..." (9) „Den 6. April 1701, als sey under dem Gebett des hl. Rosenkrantzes ... von ihr selbst komen vor einen Muetter Gottes Bild, hörte sey dise Wortt: Sey getrost mein Künd. Ich verlasse dich niht. Bald wirstu mein Hilff sehen mit grosser Macht. Sey gethreuw mir und meinem Sohn in dem herbeynahenden Streüth und Leyden. Du wirst veracht, verfolgt und verlachet werden, aber alles wird gereichen zu deiner Glory. Förchte dir niht, dan der Geist Gottes führet dich. Sey demuetig, gedultig, gehorsam; dis ist die Lection, so dir auff geben." (10) „Den 11. April (1701), als sey abents umb 10 Uhr von der Kirchen in ihr Zellen käme, willens sich in die Ruoh zu begeben. Indeme sie wolte das Fenster zumachen, schauwet sey den Himmel an, und gantz bewegt kneyet sey under dem Fenster nider. Mit auffgehebten Händen bähte sey Gott um Verzeihung ihrer Sünden. Alsbald ward ihr Hertz bewegt... und sähe an dem Himmel urpletztlich einen schön hellglantzen Stern spillen und Figuren von sich werffen. Darauff war diser Stern gantz gross, und er-

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schine inmitten desselben ein Weibsbild, weiss gekleydet und geschleyeret in einen grossen Glantz, welche eine Zeit lang allso verblieb. Aisdan verschwand das Bild und theilte sich der Stern in Form eines halb Ellen langes Creutzes.

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(11) „Den 29. Appril 1701, als sey vor einer gnadenreichen Jesuskindlein gebetten, ist sey verzukht worden. Dises (Jesuskind) sagte zu ihr: Liebe mich, dan ich liebe dich auch. Wüsse, daß für die grosse Gnaden, so ich dir erzeige, nicht als Verachtung und Verlasung (= Verlassenheit) von anderen empfange. Wen ich dich niht allso sehr liebte, hete ich sey dir schon lengsten entzogen. Aber es wird ein Zeit komen, das mein Wortt und Offenbahrungen bey dir und anderen eine grosse Ehrentbiehtung und Forcht werden verursachen ..."

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(12) „Den 26. Appril (1701)... ward ihr in der Verzuckhung ein grosses Creütz gezeigt, welches 2 Engel oberhalb hielten und werden dise Wortt zu ihr gesagt: An dis Creütz wird dich dein Obrigkeit schlagen." (13) „Den 1. Mai 1701, als sey ... in dem Gebett begriffen für die Elektion eines neuen Provinciais, so auff selbigen Tag erwählt wurde ... Schreibe wi(e)der alles auff, dan es ist der Willen deiner hochen Obrigkeit. Begehre von mir, was du wilst, dan du hast mein Macht und Gewalt durch dein Liebe gantz an dich gezogen. Die Gnad des Hl. Geists wird so stark in dich komen, daß du noch (als) ein Spiegel der Vollkommenheit vor allen erscheinen wirst. - Erscheine allezeit vor meinen Angesicht in der Erkentnuss deines Nichts, in dem Abgrund deiner Armseligkeit, mit geneigtem Haubt, niedergeschlagenen Augen. Dardurch bezeige deine Unwirdigkeit."

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(14) Am Hl. Pfingstag (1702) nach der hl. Communion hörte sey dise Wortt: Du wirst Priorin werden dises Klosters. Dich hab ich erwählt, solches mir zuo reformieren. Dir allein will ich mein Gnad darzu geben. (15) Am Pfingstmontag 1702 ... als sey vor Maria Einsidlen gebetten,200 sagte die Muotter Gottes zu ihr: Sey getrost, dein Geist wird öffentlich approbiert201 werden." (16) „Sey getrost, sagte unser Herr zu diser Zeit (1702) zu ihr, und harre nur noch eine kleine Zeit. Ich will dich bald erlösen. Du sagst, du liebest mich, was verdenkhestu mihr dan, wan ich dich auch wi(e)der liebe. Ich aber liebe die Meinigen nur mit Thriebsall und Creütz. Am allermeisten liebe ich dich und bin zu nechsten (= ganz nahe) bey dir, wan du meinst, ich habe dich verlassen." (17) „... den 5. Juny (1702) seind ihr sehr hohe Sachen gezeigt worden, die 3 theologische Tugenden202 betreffent. In disem Namen ihr unversehens vor die höllischen Geister mit starkhen ... Wortten. Under anderen sagten sey zu Ihr: Du bist uns jetz wi(e)der ubergeben worden von Gott. Jetz wollen wir den Muoht ob dir erküehlen,203 dich allso engstigen und peinigen, bis wir dich haben wo wir wollen. Auff welches Name sey wi(e)der zu ihr selbsten, sehr angsthaft." (18) „Den 8. Juni (1702) gleich nach der hl. Communion ... hörte sey dise Wortt: Mein Doch-

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Vor einem Bild oder einer Statue der Mutter Gottes von Einsiedeln. Approbieren = bestätigen, genehmigen. Drei theologische Tugenden: D. v. Rottenberg meint hier die in 1 Kor 13,13; 1 Thess 1,3; 5,8 u. ö. genannten sog. „göttlichen Tugenden": Glaube, Hoffnung und Liebe. Den Mut kühlen = seine Wut, seinen Zorn an jemandem auslassen. 305

ter, wunderbahrliche Sachen will mit dir wirckhen. Ein solches newes Liecht wird in dir auffgehen der Weüsheüt, darvon dir die gantze Welt wird erleichtet werden. Dan du mit einer ubernattürlichen Weüsheit von mir wirst begnadet werden." (19) „Den 7. Juni (1702), am Tag ihrer hl. Profession hate sey sich nach der Metten gegen dem liebreichen Hertzen Jesu verbunden mit einem Gelübt, allen Bevelh (= Befehl) des Gehorsambs ihrer Obrigkeit zu vollziehen ohne Widerreden, auch mit schweigentem Mund, er sey gleich so schwehr und grausam als er imer wolle. Das sagte Gott zu ihr: Dir wird dises Gelübt vonöthen sein, dan von dir verlange keine so grosse Strengheiten des Leibs, aber woll (= wohl) des Geists, welche allso gross bey dir sein muoss, daß du mir gantz gleichförmig werdest in der Vereinigung des Willens und Abdödung des eignen (Willens), sambt allen deinen Begierlichkeiten. Du muost mit dem Appostel Paulo dein Fleisch creützigen dem Geist nach.204 Darumb will ich dich setzen in alle nattürliche Empfintlichkeiten, auff daß dein Leben seye ein stätter (= steter) Streüth (= Streit) und Kampf." (20) „Den 12. Juli (1702) als sey bey St. Dominico gebetten, hörte sey dise Wortt: Schw. Dominica, du bist von mir erwählt zu einer Priorin ... bereithe dich, daß du seyest ein Glantz und Liecht aller Thugent; liebe die Einsamkeit, das strenge Stillschweigen, Armuoht und Demuot." (21) „Den 31. Juli (1702) als sey sich verthieffet in Betrachtung ihres sündlichen Le-

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ben sich als die gröste Sünder geglaubt, gantz forchtsam zur hl. Communion gangen, aus Engstlichkeit, sey mechte Gott vileicht unwirdig gemessen. Gleich nach Niessung205 ward ihr von Gott ihr Hertz gezeigt mit disen Wortten: Mein Dochter, sihe dis dein Hertz hab ich mihr zu meiner Wohnung vorbehalten. Allso angenehm ist mir die Demuott, daß ein demiethiges Hertz mich mit Gewalt in sich ziehet." (22) „(Am 24. August 1702) als sey under dem Ambt der Hl. Mess begriffen in einer Verzuckhung, käme ihr im innerlichen Gesicht vor: Unser Herr, ein Fäder (= Feder) in der Hand haltend. Gab selbige in ihre Hand mit disen Wortten: Du wirst schreiben von den Geheimnussen Gottes, dan du wirst sein ein Ehr und Glory der Hl. 3faltigkeit. Gott der Hl. Geist hat dich mit seiner Gnad umbschattet. Den englischen Lehrer206 Thomam von Aquin und die Hl. Catharina von Senis gib dir in deinem Schreiben auff die Seyten." (23) „(Am Fest der Hl. Rosa, 30. August 1702) als sey von Gott begehrte, den sichersten Weg zu wüssen zur Vollkommenheit, bekäme sey dise Antwort: Diser ists, wo ich dich fihre, der Demuott, Erkentnuss seiner selbsten und stätter (= steter) Suochung seiner Verachtung. Dise Underweisung gib ich fir dich und andere in dem Weg der Vollkommenheit fortzugehen. Jetz wirstu erlangen von meiner Muotter die Frucht deines Gebets, Buosswerkh und Fasten, so du vor langer Zeit umb dise Thugent der Demuot gethan. Mein Dochter Dominica, du sol(s)t werden ein solches Violblümlein207 der Demuot, in Ansehung dessen

Niessung = Genuß, hier: nach dem Kommunionsempfang. „Doctor angelicus" = Ehrentitel des hl. Thomas. Veilchen.

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sich mein Hertz und Augen erlustigen.208 In dir missfalt mihr nichts als dein hartter Will, der sich mir niht in allem will ergeben. Du wirst noch kommen in gleiche Heiligkeit der Hl. Catharina von Senis, obschon niht ihr Werckh thuon wirst. Durch die Demuot wirstu dahin gelangen und auffsteigen." (24) (als sie daran ging, die Auslegung des Hohenliedes aufzuschreiben) auf Maria Geburth (8. September 1702): ... Ich liebe dich. Zweyffle niht an meiner Liebe. Mehr als du kanst glauben. Dermahlen209 ist kein Mensch, so als du von mir geliebt wird. Dis soll dir ein Zeichen sein, daß ein solches Liecht der ubernattürlichen Weüsheit in dich wird komen, welches niemal in das weiblich Geschlecht komen." (25) „Den 25. September (1702) under der Hl. Mess, als sey sich in hohen Acten der Liebe gegen Gott geübt, horte sey dise Wortt: Mein Dochter, sey demietig; steige niht auff zu solcher hohen Liebe ohne die Demuott. Sey demietig, dein Liebe steht niemals besser als in der Demuot und (im) Abgrund deines Nihts. Mihr ist Liebe angenehm, aber die Demuot vill mehr. Dise ziehet die Gnaden von mir, wan sey mit der Lieb vereiniget. - Thrienge (= dringe) niht mit Gewalt zu solcher starckhen Liebe, sonder übe dich vill mehr in der Demuot.... sei demietig, mein Kind, gehe niemals von diser Thugent, dass da will ich dich lehren. - Diese Lehre hat Gott ihr erteilt zu einer Zeit, da sie sehr angefochten war wegen gewisser Gnaden, von denen sie glaubte, sie würden einer anderen Seele mehr mitgeteilt als ihr."

Erlustigen, hier = erfreuen. Dermahlen = dermalen: gegenwärtig. (Vgl. GRIMM, II, 1019).

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(26) „Am Fest der Hl. Theresia (15. Oktober 1702). Under dem Ambt der Hl. Mess in eine Verzuckhung käme dise Hl. Muotter (= die hl. Theresia von Avila) zu ihr und sagte: Mein Dochter, du weist, daß (ich) dir vor einem Jahr gesagt, daß Gott dich zu villem Schreiben erweit und die brob (= Probe) deines Geists geben werde. Fahre fort und schreib von der Hochheit der Demuot wie du angefangen .... Ich will dein Muotter sein und helffen in disen Schriften, welche alle andere, so du geschriben, abrobieren. Wüsse, mein liebe Dochter, daß ich sehr spatt (= spät) in meinem Leben die Hochheit der Demuot erlangt.210 Desentwegen (bin) ich das gröste Wunderwerkh und Mirackhel, daß Gott ein solchen grossen Gnaden in mir kan wirckhen. Du weist niht, was fir ein Schatz du besitzest, wirst auch solches mit leiblichen Augen niht zu sehen bekomen. Kein Weibsbild soll in den Schriften so weith komen sein als du." (27) „Auf St. Ursula Tag (21. Oktober 1702), kam sey in so grosse Verlassenheit und Anfechtung, daß sey vermeinte, sey sey (= sie sei) gantz von Gott verlasssen. Dis wehrte 4 Teg (= Tage). Da hörte sey dise Wortt: Mein Kind, warumb bistu so zaghaft? Glaubstu, daß dich dein Vatter verlassen werde? Hab ich dir niht gesagt, ich wolt dich mihr gleichförmig machen? Solches kan ohne das Werckh niht geschehen. Du muost empfinden und niht nur begehren zu leyden. Mein Kind, ich fihre dich den sichersten Weg und gib dir alle Zeichen eines guotten Geists."

Anspielung auf das .Bekehrungserlebnis' der hl. THERESIA vor einer Statue des leidenden Jesus (vgl. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe I (Leben), 93-98); sie war bereits vierzig Jahre alt, als durch dieses geistliche Erlebnis ihr Ordensleben radikal geändert wurde. 309

(28) „Den 6. November, als sey im Ambt der hl. Mess von sich kommen, in disem von Gott instendig begert zu wüssen, welcher ime ( = ihm) die angenembste Werckhe seyen. Als sey sehr lang im 325

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Gebett angehalten, hörte sey dise Wortt: Mein Kind, die angenembste Werckh seind dise, welche in mir geschehen.211 Die Werckh in mir aber seind dise so da geschehen in Erkentnuss eigener Schwachheit, im Glauben und Zuversicht auff mich allein. Dich, mein Dochter, will ich leh-

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ren 6 Staffel,212 wie du zu ihrer Zuversicht kanst komen, auf welche du mit der Zeit deine Undergebene fiehren sollst: Der erste Staffel ist die Erkentnuss eigner Schwachheit, der ander Staffel die Erkantnuss Gottes in seiner

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Allmacht und Giehtigkeit. Der 3te Staffel: die menschlich Hilff nicht suochen; so aber solche gesuocht wird, sollen die Augen auff Gott allein gerichtet sein. Der 4.: alle Hilf und Trost und Beystand von Gott hoffen und er-

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wartten. Der 5.: Sich selbst verlassen und alle Creaturen, und Hoffnung zu ihnen ubersteigen. Der 6: In Gott steigen mit dem Glauben, daß er derjenige (ist), so alles vermag. In solcher Hoffnung stehe, daß nichts, so solcher entgegengelegt werde in der Welt (sei). In solcher Hoffnung stehend geschehen mir die angenembste Werckh..."

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(29) Den volgenten ( = folgenden) Tag (7. November), als sey bey der Capel vor der Muotter Gottes gebetten, in disem käme sey in die Verzuckhung. Da redte sey die Muottergottes allso an: Du hast zwar eine grosse Hoffnung zu Gott, aber ... keine Hoffnung, so gross sey immer ist, wan schon solcher nihts widersteht in der Welt, ist genuog, die Werckh derselben zu er-

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„in mir geschehen" meint hier wohl: in meiner Gnade, in meinem Geist.

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Staffel = Stufe, Sprosse.

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langen, wan solche niht steiget aus der Thieffe seiner selbst. Lieber will ich dich sehen ohne Hoffnung als ohne Demuot... mit diser soll(st) du alle deine Thugenten üben, solche halte stetz in den Händen als ein Instrument, mit welchem du alle kostlich Kunststickh der Thugenten soll(st) formieren. Sihe, ich bin der Spiegel der Demuot." (30) „Den 13. April, am Ostertag - 1703, als man das Victimae paschalis213 gesungen, hörte sey dise Wortt: Mein Kind, zu diser Glory und Herrlichkeit steigt man auff. Und seind die Weg der Grein2'4 und Schmertzen, Leyden und Thriebsall. Willstu dahin gelangen, so gehe zuvor mit mir auff den Calvariberg.215 Da Warthe ich dein." (31) „Am Fest der hl. Catharina von Siena (29. April) 1703, als sey in Anhörung ihrer gewolten Strengheiten ein gross Verlangen gethragen, auch in disen ihr nachzufolgen216..., hörte sey dise Wortt: Mir ist angenehmer die Verleugnung deines eignen Willens als Buoswerckh und Strengheit des Leibs." (32) „Am Pfingsttag (1703 ?), under der Ambtmess, als sey von ihr selbst gewessen, hörte sey dise Wort: Mein liebes Kind, wan dich mein

Victimae paschali laudes = Ostersequenz in der Messe am Ostersonntag und in der Osteroktav. Grein, greinen = knurren, zanken, weinen. (Vgl. GRIMM IV. 1. 6, 52-53). Kalvarienberg = Kaivaria, Kreuzigungsstätte Jesu. Calvaria (= Schädel): Übersetzung des aramäischen ,golgolta', daraus die verkürzte Form Golgotha (vgl. Mt 27,33; Mk 15, 22; Lk 23, 33; Joh 19,17 - Schädelstätte). Im AT wahrscheinlich der Hügel Garab (Jer 31,39). Der Name kommt von dem schädelförmigen Felsen her, nicht von herumliegenden Schädeln Hingerichteter oder vom Schädel Adams, der hier begraben sein soll. (Vgl. MADER, E.: Kalvarienberg, in: LThK V '1933, 759-760). Vgl. SCHENKER, A.: Die heilige Katharina von Siena, a.a.O. 57-62 (Kap. 5 der Vita des Raimund von Capua: Harte Buße).

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Hertz durch die Liebe zu mihr zihet und erhebt, geschiht solches durch die Demuot. Sihe, mein Kind, dir will ich ein Geheimnuss offenbahren, wie du mein Hertz dir zu helfen bewegen und Gnad mitzutheilen es zwingen kanst. Niht ist genuog die Demuot allein, (um) grosse Gnaden von mir zu erlangen. Weilen sey ist ein wirckhlieh und nattürlich Thugent, (ist sie) zu dem Ubernattürlichen allein zu schwach, wan niht die Hoffnung solcher wird beygesetzt. Dan gleich wie die Hoffnung ohne die Demuot von mir nihts kan erlangen, allso auch die Demuoth ohne die Hoffnung allein nihts ... .Die Demuoth ist einem Rohr gleich. Wan aus disem die Pfeil der Hoffnung auff mich werden geschossen, so verwunden sey alsbald mir mein Hertz ..." (33) „Am Fest der Hl. Magdalena de Pazzis (29. Mai 1703 ?)217 hörte sey von selbiger dise Wortt: Wan du mein Hl. Muotter Theresia niht mehr wirst verehren, so wird sey dise ihre Hilf entziehen. Verehre Theresia! Ruoffe sey an und vergiss ihrer niht mehr, wie bisher geschehen, dan sey ist ein grosse Vorbitterin bey dem Thron Gottes. Wan du wüstest, wie ein starkhe Vorbitterin sey fir (= für) dich (ist), so wurdest nimmer ab den Kneyen (von den Knien) komen, ihr Danckh zu sagen." (34) „Den 20. Dezember (1703 ?), als sey begert, verborgen zu bleiben, auch alle ihre Sachen, hörte sey disse Wortt: Mein Kind, wan du mich liebst, so lasse dich brauchen in meinem Dienst, der Welt die Gnaden meiner Liebe mit-

MARIA MAGDALENA DE PAZZI, Mystikerin, gestorben 25.5.1607 in Florenz. In qualvollen körperlichen und seelischen Leiden wurde ihre Seele, die sich nach Leiden sehnte, zur mystischen Gottesvereinigung geführt und mit Visionen begnadet. Im Mittelpunkt ihrer geistlichen Erfahrungen standen die Geheimnisse der Dreifaltigkeit und Menschwerdung. (Vgl. MERTENS, G.: Maria Magdalena de Pazzi, in: LThK VII, 39).

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zutheilen. Warumb erzeigstu dich so widerspentzig (= widerspenstig), da ich dich doch zu meiner Ehr und Glory brauchen will?" (35) „Den 23. April (1704 ?), als sey von Gott instendig begert und gebetten, er wolle ihre Gnaden in Verborgen halten und dasjenige, so man schon wisse, von ihr wi(e)der zu verbergen oder machen, daß man nihts darauff halte, hörte sey dise Andwort: Begehre sonst von mir, was du wilst, aber dise Bitt kan ich dich niht gewähren. Wan du mich liebst und mein Ehr und das Heil viller Seelen suchest, so soltu (= solltest du) villmehr begehren und zufrieden sein, daß meine Gnaden offenbahr werden, dan du hast schon von mir ein so grosse Gnad und starckhe Kraft empfangen, daß dis dir nicht mehr schaden kann." (36) Auff ein andere Zeit (Januar 1705 oder später), als sey wegen ihren Sachen Gott bähte (= bat), daß er doch niht wolle zulassen, daß Gott durch dieselbige beleidiget werde, hörte sey dise Wortt zum öffteren (des öfteren): Deine Schriften will ich offenbahr haben und auff alle Einwirff (= Einwürfe) antwortten. Halte bey meinem Hertzen an, und ich will alles aufflössen und beantwortten, was darnider wird eingeworffen werden. Ich bin der höchste Theologus und werde den letzten Sentenz geben."

Aufzeichnungen der Jahre 1716 -1725 (37) „In Festo Assenzio (Christi Himmelfahrt (1716): Dominica, du solst dich glikhlich (= glücklich) schätzen, weihlen de facto in der Welt kein Creator mein Lieb also geneigt wie du."

(38) Am Pfingstfäst (1716) nach der Communion: Sage deinem Beichtvater, du bist ein Zwingerin und Beherrscherin meines Herzens; kein Creatur obsiget218 also iber mich wie du." 10

(39) „Am Fäst Corporis Christi (1716): Du hast mich schon offt verwuntet. Wan du wirst nachlassen, wirdt (= werde) ich nachlassen." (40) „Den 13. Junio (1716) nach der Comonion: Ich hab dich zue wundterbarlichen219 Sachen erwält, nemblich zur Stifftung eines neyen Ordten220 zum Heyl der Welt... Kein Creatur kan mehr erhalten als du ..."

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(41) „Am Fäst Johannes Baptist (24. Juni 1716): Ich hab dich gesetz zumb Hayl der Welt. Solang du in meinen Armen ligst, thue ich der Welt Guetes."

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(42) „Den 30. Juni 1716: Dein Begirdt und Lieb verwundtet mich also, daß ich keiner Creatur also vereiniget bin wie dir." 25

(43) „Am Fäst der Heimsuchung Mariae (2. Juli 1716): Dein Lieb hat mich also verwundtet, daß, wan ich schon die Welt straffen (= strafen) will, du mich zurückhaltest. Du bist der Armb der Welt, so mich zurückhaltet."

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(44) „Am Fest Mariä Himelfart (15. August 1716): Du muest vill leyden, aber dein Cron wirdt unaussprechlich werdten. Du wirst undter den Mardtern (= Märtyrern) sein, negst (= nächst) bey meinem Hertzen."

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Obsigen = veraltete Form für: jemanden besiegen, überwinden. Wunderbarlich = bis zum Ende des 17. Jhdts. bevorzugt gebraucht für wunderbar. (Vgl. GRIMM, XIV, 2, 1853). Stiftung eines neuen Ordens meint hier die Erneuerung von St. Katharinental nach den Vorstellungen der Observanz.

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(45) „An St. Bartolomey (Bartholomäus: 24. August 1716): Dein Gebett vermag vill. Wan du im Gebett nachlassest, lassen auch meine Gnaden nach ... Sage deinem Beichtvatter, was er durch dich begert, wirdt er erhalten. Ich hab dich erält zur grossen Lieb meines Herzen(s)." (46) „Am Fäst St. Rosa (23. August 1716): Du bist die gröste Lieb meines Hertzens, du khanst alles erhalten."

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(47) „In Fästo Anuntiato (25. März 1716): ... Du bist die Lieb meines Herzens, mein Dominica. Mit deinen Zähern hast du mein Herz verwundt. Mein Herz ist dein eigen (= eigen). Begere von mir, was du wilst, ich lib dich allein." (48) „Am Sontag nach Ostern (1716): Du hast vill Verzuckhungen, Erscheinungen und Gnaden gehabt, aber du hast es muetwilliger Weis verworffen. Wan dein Demuett nit so gross were (= wäre), mieste ich dich straffen." (49) „Den 28. Aprill (1716) ... Ich muess durch dise Creütz dich mir gleichförmig machen. Förchte dich nit wegen der Blindheit. Du wirst nit mehr blindt werdten, sondteren ibernathürlicherweis erhalten ..." (50) „ Am Fäst St. Vilip und Jacobi (Philipp und Jakob, 3. Mai 1716): Förchte dir nit, du wirst nit mer aus meiner Lieb fallen, dan ich (habe) dich also in solcher gegrindet, daß du sollche ewig werdtest gemessen." (51) „Am 3. Sondtag nach Ostern (1716): Förchte dir nit, deine Zäher iberwinden mich. Ich muess thun, was du begerest..." (52) „Den 19. May (1716): ... Du hast ein solche Gewalt iber mich, daß ich nit kan thun, was 315

ich will. Wie ein Creatur der andteren undterworffen also bin ich dir undterworffen."

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(53) „Anno 1716: Du hast mir das Hertz in Lieb verwundt als(o) kan ich dir nihts andters als Creütz geben." (54) „Am Fast St. Teresia (15. Oktober 1716): ... Du bist mit der seraphischen221 Teresia in meinem Hertzen eingeschlossen."

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(55) „Am Fäst... (1716): Nach der Comonion: Du hast mich mit deiner Lieb also eingenohmen, daß ich ehendter Himel und Erdten lassen will als dich. Sage deinem Beichtvater, er soll ihm (sich) nicht förchten. Solang du lebest will ich helffen. Wan du recht betest, kanst alles erhalten. Du bist teglich (= täglich) ein Marterin; du bist der Augapfel meiner Lieb. Du gefallest mir mit deinem Leydten."

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(56) „Den 4. Oktober (1716): Du bist ein Marterin im Geist. Deinem General soll offenbar gemacht werdten, daß kein Creatur kein grössere innerliche Verlassenheit bei so grossen Gnaden und eiserlichen (= äußerlichen) Verfolgungen geliten (hat) als du."

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(57) „In Festo St. Nicolaii (6. Dezember 1716): Dein Lieb ist der Efect222 deiner Reinigkeith." 95

(58) „In festo St. Barbara (4 Dezember 1716): ... Du bist das Kleinodt meines Herzens dergleichen nit in der Welt." (59) „In fästo Conceptione (Unbefleckte Empfängnis, 8. Dezember 1716): nach der Comonion, Seraphisch = zu den Engeln gehörend; engelgleich. Effekt = Wirkung, Auswirkung, Erfolg.

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als sye ihre Sindt (= Sünden) bereyete, hörte sye: Ich hab dich in meinem Bluett reiner gewaschen als einen Engel. Sage deinem Beichtvater, er soll dich bewahren als ein Kleinodt meines Herzen, so ich ihme anvertraut." (60) „Den 11. Dezember (1716): nach der Comonion: Dein Lieb hat mich verwundet. Sey (sie) ist ein lauteres Feyr (= Feuer). Wan ich dich nit erhallete, kundtest du nit leben." (61) „Den 18. Dezember (1716): Dein Lieb wirdt noch höcher als keiner Creatur. Sey ist ein Feür, so alle Feichtigkeit in dir verzäret (= verzehrt)." (62) „Den 29. January (1717): Du wirst dein Closter annoch (= auch noch) in ein Ordtnung bringen undt die Stiffterin sein223 ..." (63) „In fästo St. Joseph (19. März 1717): ... Dein Herz, was es verlangt, hat mein Herz gethan. Was dein(em) General verborgen, wirdt mein Weisheit offenbaren." (64) „In fästo Anuntiatio (Verkündigung, 25. März 1717): Ich hab dich ausserwält zue disem Bau. Keine wirdt wegen deiner in disem neyen Closter verdambt, sie werdten sich wenigst vor ihrem Endt bekeren..." (65) „Den 18. Aprill (1717): Du hast mein Eigenschaft gezwungen zue thuen wie du will(st)." (66) „Den 27. Aprill (1717): Du wirst mit deinem Provincial grosse Sachen thuen. Ich will offenbar haben undt nichts soll entgegenstehen können."

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(67) „Den andteren (= 2.) May (1717): ... Dein Vernichtigung (= Selbstvernichtung) hat mich also verwundt, daß mich kein Creatur der gantzen Welt elender iberwindten kan als du." (68) „Den 1. Junio (1717): Du wirst noch alles erlangen, was du begerst, aber es ist die Zeit noch nicht komen. Stelle dich in die Demuet, damit das Lob der Menschen dich nit erhebe. Dein Beichtvater soll an deinem Geist nit zweiflen. Ich fihre dich einen Weg nit nach der Mensche Sin." (69) „Den 9. Julio (1717): Wer dich andreht (= anrührt), der rihreht mein Augapl an."

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(70) „Den 22. August (1717): ... Du hast mich iberwunden, daß ich dein Begirdt muess erfillen. (71) „Den 3. September (1717): Dein Provincial soll deinen Geist bald probieren, dan ich will der Welt noch vill Gnaden durch dich geben." (72) „Den 5. September (1717): Du muest mir ein Opfer sein. Es ist kein Creatur, welche bey so iberschwenglichen Gnaden so grosse Verlassenheit leydet wie du."

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(73) „29. September (1717): Deine Zäher haben mich überwunden,... du bist der Augapfel meiner Liebe, mit welchem ich der Welt Guettes thue." (74) „Den 8. October (1717): Ich hab dich erwält zu einer Obri(g)keit." (75) „24. October (1717): Was du verlangst, daß will ich dir geben. Dein Provincial wird nach deiner Regel sich richten und regieren

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(76) „28. October (1717):... Ich will noch grosse Sachen durch dich thuen." (77) „1. November (1717): Du bist reiner als ein Engel vor meinen Augen. Dein Buesszäher waschen nit allein deiner, sondter auch der Welt Sindten (= Sünden) ab." (78) „Am Fäst der Ordenshl. (= 7. November 1717): Dein Gebett hat mich iberwundten. Du hast die Reformation erbeten."

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(79) „2. Juli 1718: Dein Marter gereicht dir zur grossen Glory. Ich will dich erhalten und der Welt zeigen, daß du die Creatur (bist), so ich lieb. Ich bereite dich durch Krankheit zue grossen Sachen. Ich will dir die Gesundheit wiedter geben. Die Medici können nichts vermögen. Dominica, du hast mich iberwundten. Ich will dir helfen, wan du nur ein grösseren Glauben hättest." (80) „Am Fäst St. Thomae (7. März 1719) war sye gegen Gott - wie jederzeit - sehr verliebt, daß sye von sich selbst kommen undter dem Hochambt. Da ist ihr Christus in schönem Glanz erschinen. Seine Ha(a)r waren etwas gakrauset undt wie die Sonnenstrahlen. Sye sähe sein Hertz ganz roth offen, auch das ihrige. Darauff hat Christus sein Herzen das ihrige geschlossen undt gesagt: Sage deinem Beichtvatter dis. Sie zweiflete, ob dis ein Einbildung undt Fantasey. Weihlen ihr aber das Herz sehr wallete und auffstosse, daß sye Schmerzen in den Rip(p)en hate, ist nit zu zweiflen ... Ihr Leben wirdt von der hefftigen Lieb völlig aufgezärt und wan Gott sye nit erhaltete, häte sye schon lengsten miessen sterben..." (81) „4. February (1719): Du hast mir mein Herz verwundt. Ich kan dir nihts abschlagen." 319

(82) „13. Marty 1719: Du hst mein Herz verwundt, daß ich der Welt verschone undt nit strafe." (83) „Den 25. Marty (1719): Du bist ein Wundter. Du erhaltest mich in der Lieb gegen der Welt." (84) „1. Aprill (1719): ... Du wirst keines andtren Totts sterben als der Liebe; nach deinem Tott wirdt mann es findten." (85) „5. Aprill (1719): Dein Sitz ist undter den Seraphinen." (86) „Paschale (Ostern 1719): Deine Zäher haben mich also bewegt, daß ich würdt mein Herz zertheillen undt dir geben wollte. Aber du mußt vill leyden: Es wirdt dir kein Doctor helfen. Ich trage dich als ein Kleinodt in meinem Herzen, ich will dich durch kein Doctor curiert haben. Du hast mein Herz in deinen Händten. Du muest noch vill leiden und meiner Glory deilhaftig werden..." (87) „August 1719: ... Wegen deiner thue ich der Welt Gnaden geben ... solange Du lebst, wirst du Vorsteherin anstatt meiner sein." (88) „September 1719: Sage deinem Beichtvater, die ganze Welt wird mich nit also bewegen wie du." (89) „Den 11. November (1719) nach der Hl. Comonion hat sye Christum gesehen in unbeschreiblicher Schönheit ungefehr im 20 Alter, wie er hindterruckhs ihr an sein Herz getruckht. Hernach nahm er sein Herz und truckht es an ihr Herz so starkh, daß ihr ein unbeschreibliche Siessigkeit durch Seel undt Leib gienge."

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(90) „12. May (1720): In ihrem Triebsahl hat sye gehört: Lass nur alles gehen, ich will dir threy (= treu) sein." (91) „24. May (1720): Warumb bist also verzagt, du hast mein Hilf gewiß? Brauche alles zu Erhalthung deines Leibs, sonst kanst nit lang bestehen." (92) „Den 11. August (1720): Du bist der Sitz der Weisheit; dergleichen kein Weibsbild nit gehabt. Dein Leben wird alle Tag miraculoserweis erhalten. Weihl ich dich lieb, so muest du vill leydten. Dein Cron wirdt gross sein im Himel." (93) „(11. August 1720): Ich liebe dich."

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(94) „Den 10. October (1720): Du hast mich in deinem Gewalt. Ich thue was dir gefalt, so nit widter dein Heyl ist... Deine Schryfften hab ich dir aus meinem Herzen geben." (95) „den 7. Juny (1720): Sage deinem Beichtvater, er soll dich im Lieben nur lauffen lassen. Du stirbst desswegen nit ehenter. Du wirst durch ein Liebsstoss sterben." (96) „In Fästo Trinitatis (1720): Sage deinem Beichtvater, du liebst mich unmenschlich." (97) „12. August (1720): Sage deinem Beichtvater, du hast den sichersten Zuegang zue meinem Herzen. Deine Fähler komen nit vom Willen, sonder von der Nathur her." (98) „23. October (1721): Ich muess thuen, was du wilst wegen deiner zarten Lieb gegen mir. Ich will wegen deiner der Welt zeigen mein Allmacht." 321

(99) „28. Oct. (1721): ... Dein Arbeith ist mir so angenehm, daß, wan du kein guetts Werckh gethan hätest, wolt ich das bekänen. Du bist schon von mir undter die Lehrer gezölt, wirst mit deinem hl. Brueder Tomas ein gleiche Glory gemessen." (100) „3. October (1721): Ich will dich nit verlassen. Ich hab dich noch niemahl verlassen." (101) „30. January (1723): Ich hab dich der Welt zum Heill geben. Ich will dich in disen Schriften offenbar machen." (102) „19. February (1723): Deine Schriften will ich brauchen zue der Seelen Hayel; es seindt meine Gnaden." (103) „14. Mary (= März 1723) nach der Comonion: Du wirst noch vill töttliche Anstöss leyden, dan ich muess dich zue grossen Sachen bereiten." (104) 25. (März 1723): Ich will dich mir ganz gleichförmig machen, aber du must noch vill leyden." (105) 29. May (1723): Ich hab dich zue meiner Lieb erwält. Ich sihe nit deine Werckhen, sondter dein Herz, wie du mich liebst. Kein Creatur hat de facto einen solchen Gewalt, mich zue halten, wie du. Die Teiffel (= Teufel) suechen auff alle Weis, dich zue beunruhigen undt von meiner Lieb zu verhindteren." (106) „4. Juny (1723): Du wirst Priorin bleiben solange du lebest, bist du alles vollzogen hast."

300

305

310

315

(107) „Den 18. Juny (1723):... Als sye in ihr Zell komen, sagt sye zue Gott vor lauter Lieb: Gib mir dein Herz! Ich will dein Herz haben! Und Christus ist ihr erschinen in schne(e)weissen Priesterkleydt und ihr ein grosse hl. Hostie vorgezeigt, ganz an ihr Angesieht, sagent: Niht allein mein Herz, sondtern mich selbst hast hier. Sye ist in Lieb also entzucket wordten, daß alles in ihr geziteret, getobet und geschlagen und kein Aug nit mer eröffnen könen. Als nach einer Stund ales vorbey, hat sye die Augen widter können auffthuen undt ihre Händt schne(e)weiß gefundten. Nach der Comonion hörte sye: Dein Leben wirdt in grosser Schwachheit erhalten." (109) „Den 27. (Juli 1723) nach der Comonion hörte sye: Ich habe dich der Kirchen zue einem neyen Liecht geben. Du wirst wunderliche Sachen sehen."

320

(110) „Den 18. October (1723): Ich will von dir geliebt werdten und hab mein Freydt, dich zue lieben odter von dir geliebt zue werdten."

325

(111) „14. (September 1723): Ich hab dir noch vill Gnaden vorbehalten, so ich dir in deinem Leben noch geben will. Wegen deiner Lieb erzeige ich der gantzen Welt meine Barmherzigkeith." (112) „18. Dezember (1723) nach der hl. Comonion: Du bist deiner Seligkeit versichert, dan mein Gnad hat dich also umbfangen, daß du nit mehr daraus fallen kanst."

330

(113) „13. January 1724 nach der hl. Comonion: Wegen deines Geberts habe ich Gnad gegeben ... Sage deinem Beichtvater, er soll aus meinem Mündt sagen, daß du mir die liebste Creatur in 323

335

der Welt seyest. Es freyet mich, wan ich dir etwas Liebs odter Angenehmes thuen kan." (114) „23. January (1724) nach der Comonion: Sage deinem Beichtvater. Du bist mir die liebst Creatur in der Welt."

340

345

350

355

(115) „24. (Januar 1724) als sye wegen ihrer Einbildtung ihrer Sindten sehr weindte, hörte sye nach der Comonion: Ich siehe deine Sindten nit also, dan dein Demuet vernichtet solche vor meinen Augen ... Sage deinem Beichtvater, es wird mit der Zeit noch alles geschehen, was ich dir offenbart habe." (116) „29. (Januar 1724) weihl sye allzeit förchtete, sye sey nit würdig zue comonicieren, also hat sye oft, wan das gantze Convent gangen, nit comonicieren wollen. Ich aber befahle ihr solliches öfter (schreibt P. GUINANDUS PRIMUS). Dahero hörte sye nach der hl. Comonion: Dein Beichtvater hat von mir einen Lehr, daß er dich zumb Comonicieren treibet, dan ich keine angenehmere Wohnung habe als in deinem demietigen Herzen." (117) „4. February (1724)... Du muest sterckher beten, wan es ihrer Seelenhayl nutzen soll. Deine Kranckhheiten seindt meine Liebsstreich."

360

365

324

(118) „am Ostertag (1724) hat sye die Wundten Jesu am Herzen gesehen. Sye konte mir (= P. GUINANDUS) nit genueg sagen, was vor ein schöner Leib Christi gewesen." (119) „8. Juny (1724): Du hast wegen der Reformation vill erbeten, wirst baldt den Efect sehn."

370

(120) „24. (Juni 1724) nach der hl. Com.: So vill Buchstaben du schreibest wegen der Reformation und Comonitet, so vill Glory wirst du im Himel haben..."

375

(121) „Den 8. August (1724) nach der Com.: Wegen deiner verschon ich der Welt, dan sonsten wurdte ich sehr straffen. Wohl tuest (du), daß du also arbeitest wegen der Reformation, meinen Zorn zueruckhzuehalten." (122) „22. August 1724 nach der Com. hörte sye: Du muest dis leydten, weil ich dich lieb. Du wirst widterumb erhöhet werdten."

380

385

(123) „1. October (1724)... als sye gantz betriebt war, ob sye etwan von Gott solte in der Ewigkeit abgesönderedt sein, hat sye nach der hl. Com. gehört: Mein Kind, dis were (= wäre) widter mein Barmherzigkeith, dan ich keinen Menschen verlassen kan, der mich liebt..." (124) „13. October (1724) nach der Com. Du muest noch vill leyden, dan ich will dich zue grossen Gnaden erheben." (125) „15. Oct. (1724)... Du wirst ein Reformiererin sein."

390

395

(126) „18. Oct. (1724): Post Com.: So wahr ich Gott bin, du wirst die Comunidät noch einfiehren. Ich will zeigen, was ich in einen schwachen Weibsbildt khan." (127) „21. (Oktober 1724) nach der Com. ... Dein Lieb haltet meine Zornflamen zueruckh. Du sindtigest nit. Also es komen deine Fahler nur aus Schwachheit der Nathur odter des Leibs her." 325

400

(128) „24. Oct. (1724) nach der Com.: Wegen deiner hab ich die Straf gegen der Welt ingehalten (= zurückgehalten)." (129) „9. Nov. (1724): Du wirst noch grosse Sachen thuen, dergleichen noch keine gethan hat."

405

410

415

5.3.3

5

(130) „17. Novembris (1724) nach der Comonion: Förchte dir nit, dan mein Gnad hat dich also erhöbt (= erhoben), daß dir alles Zeitliche nihts schaden kan." (131) „29. (November 1724): Mein liebste Dominica, du bist mir die Allerliebste auff der Welt. Wegen deiner threyen Lieb verschone ich der Welt." (132) „30. (Dezember 1724): ... Die meiste Männer seindt von mir gewichen. Ich will ihn(en) ... durch ein schwaches Weibsbild - durch dich - soll ich es ersezen. Kein Weibsbild hat für die Seelen mer gethan als du."

Aufzeichnungen der Jahre 1725 - 1737 (133) „(18. May 1725) nach der Com: Sage deinem Beichtvater, es seindt lauter töttliche Schwachheiten. Ich will der Welt zeigen mein Allmacht. Die Herzenschwachheit komen alle von den Excessen der Lieb Gottes (= der Liebe gegen Gott) her." (134) „20. May (1725) nach der Com: Du wirst Weihl (= Wil) undt denen Ordten (= den Orden) noch reformieren."

10

326

(135) „30. May (1725) nach der Com.: Du hast mir das Herz verwundt, daß ich der ganzen Welt muess Gnaden geben. Grosse Sachen wirst noch thuen."

15

20

(136) „22. (Juni 1725): Will dir Gnad geben zur Reformation." (137) „Den 24. Juny (1725) post Com.: In ihren grossen Schwachheithen des Leibs, als sie nach Weill (= Wil) das Closter zu reformieren solte reisen, hörte sie: Ich hab dich der Welt zum Heil geben, aber dein ganzes Leben mues ein Leiden sein." (138) „Anno 1728, den 12. May, post Com.: Dein Reformation hat noch kein Endt."

25

30

(139) „Den 14. May (1728): Dein Leben wegen der grossen Schwerheithen ist ein bestendiges Wunderwerckh. Alle Augenblickh seindt kostbar. Du bist mir ein angenehmes Opfer. Du ganst mir khein grösseres Wollgefallen duehn, alls wan du in Driebsallen dich in meinen Willen ergibest." (140) „Den 30. May (1728): Es hat de facto khein Creatur in der Welt solche Gnaden wie du." (141) „1728, den 4. Julio: Deine Werkh in den 4 Klöstern seindt göttliche Werckh."224

35

(142) „28. (September 1728):... Ich will mich durch dich offenbaren." (143) „October (1728) post communion: Wer in deinen Schriften arbeittet, dissen will ich die ewige Seligkeit geben."

40

(144) „Den 14. (Oktober 1728): Durch deine Schriften wird vill Guets geschaft werden." (145) „Welche deine Buech lesen, will ich Gnad geben, dan dises hab ich der Welt zu ihren Heil gegeben." Die Reform im Dominikanerinnenkloster Wil und in den drei Kapuzinerinnenklostern Wattwil, Notkersegg und Rorschach.

327

45

50

55

60

(146) „Den 16. Febr. (1729) als die Frau Priorin das Buech pro Exercitiis225 vollendt, da hat sie ein schlechten Lust, mehr zu schreiben. Gott zeigte ihr aber, daß er soliches haben solte, den ihr Zustandt, nemlich die Brustwassersuecht name so starkh zue, daß der Medicus selbst sagte, die Sach khöne nicht allso bestehen. Alls sie aber ... hat wi(e)der angefangen störckher zu schreiben an den Buech der Hoffhaltung,226 hat in einer halben Stundt sich der Zuestandt gebesseret und von der Gefahr erlöst worden ..." (147) „Den 26. Junio (1729) post Com.: Ich habe dich meinem Herz vermelth (= vermählt) und du wirst mein Brauth ewig sein in der Glon. Aber dein Leben ist noch nit an kheinem Endt." (148) „30. (Januar 1730): Deine Schriften seindt die lezte Gnad so ich der Welt gib."

65

70

(149) „3. (März 1730): Sie hatte unbeschreibliche Schmerzen in Rueckhen odter Glideren. Sie hörte die Stimm: Dein Lieb hat mir das Herz verwundet, daß ich dich meines Leiden theilhaftig mache..." (150) „1733, 25. Jan. (= Januar) alls sie fill (= viel) Inerl. und Eisserliches gelitten an div. (= an unterschiedlichen Schmerzen): Ich lasse alles zu zu deiner Reinigung und Vergrosserung deines Leiden ... Du bist in meinem Herzen geschriben. Wegen deiner verschone ich der Welt." „Für die geistliche Exercitien, eine Bußleither zum vollkomn(e)n Leben aufzusteigen, in welchem wohl zu sterben verliehen wird", (Originale vgl. WE-Rtb 10 und R 552). „Himlisches Hofleben, in welchem allen Vorstehern, und Regenten des geist- und weltlichen Standes erkläret wird, wie ein Gott gefällige Regierung geführt werden solle ...,„ (Originale, vgl. WE-Rtb 19 (= 1. Teil), R 548 (für den 2. und 3. Teil), WE-Rtb 20 (= 4. Teil).

328

75

80

85

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227

228

(151) „In 1. Julio (1733) als wegen der Reabilidation227 der General und in Diffinitorio capituli228 widersprochen, hörte sie: Du muest Priorin bleiben biss ans Endt." (152) „In Junio (1733): Du wirst Priorin bleiben solange du lebtst. Dein Lieb wirdt mein Lieb nit iberwinden." (153) „In oct. Corporis Christi (Fronleichnamsoktav 1734): Siehe, mein Dominica, wie du mich zu lieben gezogen hast, daß, wan ich dich nicht erschaffen hätt, es noch geschehen mieste. Ich hab dich erwölt, noch grosse Sachen vor mihr zu duehn (= tun). (154) „14. (Juli) 1736: Du, mein Khindt, förchte dir nit. Du bist alles, was mein Herz liebt. Was du wirst thun, das wird niemandt änderst duehn (= tun)." (155) „Du hast Göttliches geschriben allso, hab ich niemahl einen (= einem Menschen) gebe. Item (= ebenfalls): ich will dise Schriften zu meiner Ehr brauchen. Item: Ich will dich groß vor der Welt machen."

Reabilidation = Rehabilitaton; Wiedereinsetzung in einen früheren Stand, hier: Bestätigung einer erneuten Wahl zur Priorin. Nach den Ordensgesetzen des Dominikanerordens tritt alle vier Jahre ein Provinzkapitel zusammen, auf dem der Provinzial gewählt wird und wichtige Entscheidungen für die gesamte Provinz getroffen werden. Das Plenum des Kapitels (Hausobere der einzelnen Klöster und Delegierte) wählt vier Diffinitoren, die nach Abschluß des Plenums die Entscheidungen des Kapitels in Ordensgesetze definieren. Während dieser Zeit hat das Diffinitorium alle Rechte, die sonst einem Provinzial zustehen (z. B. das Versetzungsrecht).

329

6.

TEXTBEISPIELE AUS DEN GEISTLICHEN SCHRIFTEN DOMINICA VON ROTTENBERGS

Das umfangreiche Schrifttum Dominica von Rottenbergs erlaubt bei dieser Erschließungsarbeit nur einen Überblick. Entscheidend für die Auswahl der Textbeispiele waren dabei die Themen der zeitbedingten barocken Frömmigkeit, von denen sie in ihrem geistlichen Leben geprägt war, so daß der Bogen gespannt werden kann zwischen ihrer Biographie und ihren geistlichen Schriften. Die Seiten der Ledergerwschen Handschrift werden in der Textwiedergabe zwischen / / angegeben. Texteinfügungen zum besseren Verständnis erfolgen in ( ). Zusammenfassungen einzelner Textabschnitte in heutigem Deutsch sind eingerückt und mit *) gekennzeichnet. Die Seitenangaben in den einführenden Zusammenfassungen beziehen sich auf die Paginierung der Original-Handschriften. 6.1.

Über den Empfang der Eucharistie.

6.1.0

Einführung

Von den 179 Seiten der Abhandlung Dominica von Rottenbergs über Buße und Eucharistie nimmt der Abschnitt über das Altarsakrament mit 85 Seiten knapp die Hälfte des Gesamttextes ein.1 Wie das Bußsakrament, so gehört auch die Eucharistie, das Altarsakrament, zu den umstrittensten Glaubensfragen in der Auseinandersetzung mit den Reformatoren, wobei diese selbst in der Lehre untereinander uneins waren. Hauptstreitpunkte waren: Der Opfercharakter der Messe2 und die theologische Deutung der Wandlung.3 1

2

3

„2ter Punct: Von der Vorberait- undt Empfahnung des heiig. Sacrament des Altars" (Teil der geistlichen Sammlung der Vater unser- und Ave Maria-Auslegung). Original, StAE (Rheinauer Archiv), R 551; Abschrift Püntener ebd.; Abschrift Lerdergerw, Dominikanerinnenkloster Weesen, WE-Rtb 14, 94-179. Vgl. dazu: DS 1738-1749; NR 596-605; Die Lehrsätze dazu: DS 1751-1759; NR 6 0 6 bis 614. Vgl. dazu: DS 1635-1648; NR 567-576; Die Lehrsätze dazu: DS 1651-1661; NR 577 bis 587.

330

Während ZWINGLI und CALVIN die Realpräsenz in den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein ganz ablehnten, die Feier des Abendmahles also reines Gedächtnismahl zur Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern ist, sprach LUTHER von Konsubstantiation4 und wirklicher Gegenwart Christi im Augenblick des Genusses. Das Tridentinum präzisiert nun, daß „der Leib und das Blut Jesu nicht nur dem Zeichen und der Kraft nach, sondern wahrhaft, wirklich und wesenhaft kraft Transsubstantiation"5 in der Eucharistie enthalten sind. Was bleibt, sind nur die rein materiell, den leiblichen Augen sichtbaren Zeichen von Brot und Wein.6 Des weiteren gilt, und das ist für die nachtridentinisch wiedererstarkte eucharistische Frömmigkeit in ihrer barocken Formung von entscheidender Wichtigkeit, daß in jedem Teil, also in Brot und Wein, bzw. im Brot oder im Wein der ganze Christus zugegen ist. Nicht nur für die Dauer des Genusses, sondern auch vorher und nachher.7 Diese abgegrenzte und für die Glaubenspraxis klar definierte Sakramentslehre bildet den theologischen Hintergrund für den spirituellen Text Dominica von Rottenbergs über den Empfang der Eucharistie, der überschrieben ist: „Von der Vorberait- undt Empfahnung des heiig. Sacrament des Altars". Einleitend weist sie auf die Bedeutung des Beichtsakramentes für den Empfang des Altarsakramentes hin. Sie sind beide wie unverzichtbare Kanäle, durch die heilbringende, göttliche Gnade in das Herz des Menschen fließen kann. Mit ihrer reichen Bildersprache führt sie weiter aus: Diese Gnade ist wie eine kostbare Medizin, die die Krankheiten der Seele heilen kann, um zum göttlichen Hochzeitsmahl zugelassen zu werden (vgl. S. 94-96). Neben die Beichte als sakramentale Vorbereitung tritt der Glaube an die Realpräsenz Christi im Sakrament des Altares (vgl. S. 102-105), damit greift sie die klassisch-tridentinische Sakramentslehre auf. Ziel der Stiftung dieses Sakramentes ist es, das Gedächtnis des Leidens und Sterbens Christi als Zeichen der göttlichen Liebe real-präsent zu halten, einer Liebe, die Gott arm macht, um den Menschen reich zu machen. 4

5 6 7

Leib und Blut Christi verbinden sich mit den Gestalten von Brot und Wein, ohne jedoch ihre Substanz zu verändern. Wesensverwandlung. Vgl. BETZ, J.: Eucharistie, in: HTTL II, 236. Ebd.

331

Damit ist Dominica von Rottenberg beim Hauptthema, das alle ihre geistlichen Texte wie ein Leitmotiv durchzieht: Die Bedeutung der Liebe im Leben mit Gott, im besonderen als Ordensfrau in der Nachfolge des Bräutigams Christus, so wie es die allegorische Auslegung des Hohenliedes vorgibt (vgl. S. 107-112). Alles, was die göttliche Liebe an Vollkommenheiten und Eigenschaften bereithält, ist konzentriert im Altarsakrament. Hier gibt sich Gott so schutzlos den Menschen preis, daß er - einem Gefangenen der Liebe gleich - bereit ist, in die Herzen der Menschen einzugehen. Gott läßt sich von der Liebe zwingen, auch in die Herzen der Sünder einzugehen (vgl. S. 113-117). So ist das Sakrament der Eucharistie Zeichen der Ohnmacht des liebenden Gottes. Zeichen der Ohnmacht, weil dieser Gott, der die Liebe ist, bewußt auf seine göttliche Allmacht verzichtet. Die Kriterien, die Paulus im Hohenlied der Liebe (1 Kor 13) vorgibt, verwirklicht Gott im Sakrament der Liebe in einzigartiger Weise, denn er verzichtet auf Gerechtigkeit, auf seine Allmacht und Weisheit (vgl. S. 117119). Es ist gewissermaßen die Torheit der Liebe, die in diesem Sakrament wirken will. Dies freilich übersteigt die Vorstellungen des Verstandes; hier ist der Glaube gefragt, der die Gnade übernatürlicher Erkenntnis vermittelt. Aber Liebe drängt nach liebender Antwort, nach „Gegenliebe" (vgl. S. 119123). Diese konkretisiert sich nun nicht im luftleeren Raum eines von allem Diesseitigen abgehobenen Glaubens, sondern in einer lebendigen Glaubenspraxis im Tun guter Werke. Liebe muß sichtbar werden, greifbar. Modern formuliert, könnte man es eine ,Empirie der Liebe' nennen, um die es Dominica von Rottenberg geht, und zwar auch in ihrem eigenen Liebesverhältnis zu Gott, wenn sie oft um ein Zeichen seiner Gegenliebe bittet. Ein Glaube, der keine guten Werke hervorbringt, berechtigt auch nicht zur Hoffnung auf das ewige Heil; und wo keine Hoffnung ist, da ist auch keine Liebe (vgl. S. 124-125). Letztgemeintes verdeutlicht sie mit folgendem Bild: So wie das Feuer, das ein Künstler in ein Bild hineinkomponiert hat, wie echt wirkt, aber keine Wirkung zeigen kann, weil es eben nur Farbe ist, Echtheit nur vortäuscht, so ist auch eine Liebe, die totem Glauben entspringt, einem Glauben also, der sich nicht durch Werke der Liebe lebendig erwiesen hat, leblos und damit nutzlose Tünche (vgl. S. 129). 332

Liebe muß also durch das Tun die Echtheit des Glaubens bezeugen.8 Dominica von Rottenberg verweist auf das Tun Jesu und führt als Beispiel die Fußwaschung im Abendmahlssaal an. Im Hintergrund dieses Beispiels, das als Akt der Demut in des Wortes Urbedeutung als ,Dien-Mut' verstanden werden muß, mag der geistliche Gedanke gestanden haben, daß Jesus während der ganzen Zeit seines öffentlichen Wirkens den Worten seiner Verkündigung Taten hat folgen lassen (Krankenheilungen, Totenerweckungen, Speisung von Hungernden), um deutlich zu machen, was es heißt, Gott will das Heil der Menschen. Die Fußwaschung weist somit auf den tätigen ,Dien-Mut' Jesu hin, der im Abendmahlssaal und dann im Kreuzweg bis nach Golgotha seinen Höhepunkt erreichte; und nichts anderes will ja das Sakrament der Eucharistie gegenwärtig setzen. Für die Jünger und alle Glaubenden gilt, sie haben diesem ,Dien-Mut' ihres Herrn nachzueifern, das heißt, selbst Werke eines lebendigen Glaubens zu vollbringen, wollen sie Nachfolge ernstnehmen (vgl. S. 140-144). So gehört Demut, verstanden als ,Dien-Mut', wesentlich zum Glauben, der sich durch das Tun guter Werke als lebendig erweist. Und ein lebendiger Glaube ist notwendig für eine gute Vorbereitung auf den Empfang der Eucharistie. Mangelnde Vorbereitung, und damit schließt dieser Abschnitt, zeugt von einem mangelnden Glauben an die Gegenwart Gottes im Sakrament des Altares. Im Lebensgefüge eines Barockmenschen, eingebunden in sein absolutistisches Umfeld, sind die Konsequenzen eines fehlerhaften Umgangs mit Gott nicht auszudenken; denn wenn schon ein irdischer Fürst von Gottes Gnaden in voller Prachtentfaltung seine Macht auslebt und von seinen Untertanen Ehrfurcht, Anerkennung und kindliche Zuneigung erwarten kann, um wieviel mehr muß Dominica von Rottenberg einen makellosen Umgang des Menschen mit Gott als dem höchsten König des Himmels und der Erde voraussetzen, um diese göttliche Majestät nicht zu beleidigen (vgl. S. 164).

6.1.1

Der Text „2ter Punct: Von der Vorberait- undt Empfahnung des heiig. Sacrament des Altars > EINLEITUNG < Von der Vorberait- undt Empfahnung des heiig.

5 8

Sacrament des Altars Vgl. für ihr eigenes Leben den Überstieg von der Zeit der ,Hohen Liebe' zu dem, was man Zeit der .Praktischen Liebe'nennen kann: 3.2.1.4.

333

10

15

20

25

9

Die gröste Gnad, die Seeligkeit gewüss zu machen, fliest dem Menschen zuo durch den Canal der heiig. Sacramenten der Beicht und Communion. 9 Wan änderst ein solche Vorbereitung gemacht würdt, dardurch sich der Mensch würdig macht, den so grossen Schatz der Gnade zu empfangen, der ihm bereitsteht zu seinem ewigen Heil in dem Sacrament der Beicht und Communion, daß mehr nit nothwendig, den Himmel zu erkhaufen,10 als sich in den Standt stellen, daß die heilige Sacramenten können ihre Würckhung haben, in der Gnad sich ausgiessen, so der Werdt, durch welchen alle Sündenschulden bezahlt werden."

>BEICHTE UND EUCHARISTIE SIND UNVERZICHTBARE KANÄLE DER GÖTTLICHEN GNADE < *) Die von den Sakramenten ausfliessende Gnade ist eine so kostbare Medizin, daß sie alle Seelenkrankheiten heilen kann." Fehlt es an diesen beiden Sakramenten, ist dem Menschen nicht zu helfen. Es müssen also Mittel und Wege gesucht werden, damit die Gnade durch den Kanal der Sakramente fließen kann.

„Seeligkeit gewüss zu machen..." - Heilssicherheit durch den Empfang der beiden Sakramente Beichte und Eucharistie ist sehr stark formuliert, aber Ausdruck nachtridentinischer Theologie und geistlicher Praxis. 10 Den Himmel „erkhaufen" weist auf die Bedeutung des Tuns hin, d.h. auf die aktive Beteiligung des Christen an der Umsetzung des Glaubens (vgl. Jak 2, 14-26); es ist ein bewußtes Absetzen vom ,sola fide' der Reformatoren. " Anlehnung an die biblischen Berichte der Krankenheilungen und Sündenvergebungen (vgl. Mt 9, 1-8); das Bild vom .Göttlichen Arzt' dann oft bei den Kirchenvätern, z.B.: „Hast du nun auf diesem Weg gefunden, daß die Liebe zu uns Menschen ein besonderes Merkmal der göttlichen Natur ist, so hast Du damit auch den Grund, warum Gott unter den Menschen weilte. Es bedurfte des Arztes unsere kranke Natur... (GREGOR VON NYSSA, Große Katechese 14, zitiert nach: Texte der Kirchenväter II, München 1963, 61), - oder: „Erst, wenn die Seele einmal in jene Stadt der Heiligen gekommen ist, kann sie ohne Drangsal und Versuchungen sein ... Ist doch der Herr mitten unter ihnen ... Er heißt Arzt, weil er himmlische, göttliche Arztnei reicht und die Leidenschaften der Seele heilt..." (PSEUDO-MAKARIUS, Geistliche Homilien 26, 19-23, a.a.O. 32). 334

30

35

Zum Empfang dieser Gnade müssen aber entsprechende Vorbereitungen getroffen werden. Wenn es um den Empfang des Altarsakramentes geht, reicht das Gebet aus (frommen) Büchern nicht aus. Die göttliche Speise wird entweder zum Leben oder zum Tode genossen.12 (S. 94-96) >DIE BEICHTE IST DIE PFORTE ZUM TISCH DES HERRN < „Die Beicht und Bueß ist die Porten13 der Eingang zum Disch des Herren, zur Empfahnung des heiligen Sacrament des Altars zu gehen.

40

45

50

Weil dises Orth so heilig, des vor Augen stehenden berännenden14 Dornbusches, der gegenwärtigen Gott- und Menschheit in dem heilig. Sacrament mueß geglaubt werden, daß also allen denjenigen, welche verlangen, dahin zu gehen, eben das zuogerufen würdt, was dem Moises (zugerufen wurde), daß er zuvor die Schuoh soll ausziehen, mit blossen Füessen erscheinen soll.'5 Was ist under solchem zu verstehen? Nichts anders, als ein Abziehung der Schuoh aller bösen Neigungen, vorderist des Herzens, wo dises angebunden in der Lieb gegen den Creaturen, bey den Schätzen undt Reichthumben, Ehr und Würden. Ein solches Herz' 6 , als ist die Lieb, mit den bösen Begierlichkheiten, mueß abgezogen werden

12 13

14 15

16

Vgl. 1 Kor 11,29. Pforte, Tor, Tür: Biblisches Bild, Eingang zum Reich Gottes, vgl. Lk 13,24f.; Joh 10,7; Offb 4,1. Berännender = brennender. Vgl. Ex 3,5 = Brennender Dornbusch und Altarsakrament: atl. und ntl. ,Orte' der Gegenwart Gottes. Die Wortverknüpfung „das Herz als ist die Lieb" ist bei D. v. Rottenberg häufig zu finden. Sie weist auf die Bedeutung der Herz-Jesu-Verehrung hin, der sie sich in der Verbindung mit der Eucharistie in ihrer Spiritualität besonders verbunden weiß (vgl. RICHSTÄTTER, K.: Die Herz-Jesu-Verehrung des deutschen Mittelalters, Regensburg 2 1924, hier besonders 5. und 6. Punkt, 278 ff. 335

als kotige17 Schuoh;18 mit disen soll das heilige Orth nit betretten werden, noch den Menschen tragen vor das Angesicht / 98 / Gottes, als ist der Will undt Verstand.

55

Was dise Füeß noch antragen,19 die mit Kod besudlete Schuoh der sündtlichen fleischlichen Dienstbarkeit, so ist nit erlaubt, also zu disem in dem heil. Sacrament stehenden göttlichen Dornbusch hinzugehen, noch vill weniger in das Herz, mit solchen kotigen Füessen des fleischlichen Willens und Verstandes20.

60

65

Es mueß der alte sündtliche Mensch durch Reuw, Beicht und Bueß abgelegt werden, der neüwe, durch den gueten Willen eines starckhen Vorsatz angelegt werden.21 17

18

19 20

21

Kotig, Kot = lat. stercus, menschl./tierische Ausscheidungen, Dreck, Schmutz; Überhaupt gebraucht für das Nichtswerte, Geringste, Verächtlichste, auch für Sünde, Schuld, Verbrechen (vgl. GRIMM V, 1890-95). Der kotige Schuh muß abgezogen werden... vgl. RHABANUS MAURUS, Allegoriae in Sacram Scripturam, zu: Ex 3,5: „Solve calceamenta de pedibus tuis," id est, projice Opus mortis de affectibus tuis." (= Entferne das tötliche Wirken von deinen Neigungen). (PLCXII, 8 8 0 D - 8 8 1 A). Antragen = (anhaben, tragen): an sich tragen, am Leibe tragen (vgl. GRIMM I, 502). Zu Wille: Da es eine allgemein anerkannte Definition dessen, was unter ,Wille' genau verstanden werden soll, nicht gibt, schlägt P. ROHNER vor, vom Kontext auszugehen und die Bedeutung so zu bestimmen. Das von ihm unter Punkt 1 Genannte: Wille als Wollen im Sinne von Wählen, Streben, Begehren etc., scheint im Kontext der Texte D. v. Rottenbergs am ehesten zuzutreffen. (Vgl. ROHNER, P.: Wille, in: HTTL VIII 170/71). Zu Verstand: Zu unterscheiden ist zwischen ,intellectus' und ,ratio'; intellectus als Fähigkeit, äußere Eindrücke aufzunehmen und zu verarbeiten, also Inbegriff theoretischer und praktischer Fähigkeiten (vgl. GRIMM XII. 1, 1.523-1.549); ratio als höhere geistige Tätigkeit, Denken, die bewußte, vernünftige Überlegung; konkret: die der Geistestätigkeit zugrunde liegende höhere Geisteskraft, das Denkvermögen, die Vernunft, Einsicht, Klugheit (vgl. GEORGES,.., II, 2202-2206). D. v. Rottenberg stellt hier nebeneinander: Reue, Beichte, Buße. Sie bezieht alles auf das Sakrament der Versöhnung mit seinen für die Gültigkeit notwendigen Bestandteilen: Bekenntnis, Reue, Guter Vorsatz; dazu kommt dann die persönlich zugesprochene Vergebung durch den Priester.

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>BUSSE UND BEICHTE ALS HOCHZEITLICHES GEWAND - VORAUSSETZUNG FÜR DIE ZULASSUNG ZUM GÖTT LICHEN FESTMAHL < Das ist das hochzeitliche Kleid, so da müessen antragen alle diejenigen, so verlangen, an der Dafel zu sitzen, die Speis des Lebens zu gemessen in dem heiig. Sacrament des Altars:22 nit der aüsserliche Aufbutz, 23 kostbare Klayder würdt erforderet, sondern der innerliche. Ein solches hochzeitliches Klayd soll antragen die Gespons 24 / 99 / des Bräutigams, als ist die Seel, so zur Hochzeit würdt eingeladen, dem durch die Geniessung des heiligen Sacraments vermehlet, mit dem Band der Liebe verbunden zu werden, daß sie nit mehr von ihm soll geschaidt werden 25 ... Aber solches mueß geschehen durch Anlegung des hochzeitlichen Klayds eines neüwen Menschen 26 , das ist: nicht mehr sündigen, nit mehr die alte Gewohnheit suechen, nit mehr sich in den

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Vgl. Mt 22,11-14: Hochzeitliches Kleid meint, daß dem Eintritt in das Reich Gottes die Umkehr des Sünders vorausgehen muß. Aufbutz = Aufputz (lat. ornatus), von aufputzen (lat. ornare) = ordnen, schmücken. (Vgl. GRIMM I, 701-02). Gespons (lat. sponsus od. sponsa) = die/der Verlobte, der/die Gemahl(in). (Vgl. GRIMM IV.1.2., 4157-58). Das hochzeitliche Kleid der Umkehr als Grundbedingung für die Zulassung zum Reiche Gottes überträgt D. v. Rottenberg von jetzt ab auf das biblische Bild von Braut und Bräutigam. In Anlehung an das Hld und seiner christl.-spirituellen Auslegungspraxis seit BERNHARD VON CLAIRVAUX sind es Einzelseele und Christus, die hier zur Einheit zusammenwachsen. Noch einmal einen eigenen Akzent bekommt dieses Hochzeitsbild durch seine Verbindung mit der Eucharistie, der auf die zentrale Bedeutung der euch. Frömmigkeit in der nachtridentinischen Kirchenperiode des Barock hinweist. Der neue Mensch: Häufig bei Paulus die Gegenüberstellung vom alten (= sündigen) und dem neuen (= von Christus erlösten) Menschen, (vgl. Eph. 4,24, Kol 3,10, Rom 5,1221 u.ö.) 337

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fleischlichen Wohllüsten ersetigen27, nit mehr den Lustbarkeiten abwarten,28 nit mehr die Hofart, Eitelkeitten suechen, bey der Welt in Ehren stehen, geliebt, gelobt zu werden, nit mehr in den Geitz, den Schätzen undt Reichtumben nachlaufen, nit mehr den Haß und

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Neyd in dem Herzen tragen, wegen seinem zuogefüegten Schaden sich gegen dem Menschen zu rächen suechen, nit mehr anderen die Ehr undt gueten Namen / 1 0 0 / abschneiden, nit mehr fluechen und schw(ö)hren, nit mehr ungerechts

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Guet an sich ziehen, durch solche Diebstöll, daß die Arme(n) zu hart getruckht, die Herrschaften überforteilt oder nit nach Pflicht und Leyden den Nutzen zu befürderen gesuecht würdt, aus aigner Schuld ein mercklicher Schad zuogefüegt würdt, nit mehr ofentlich, noch verborgne Diebstöll begehn, sowohl des zeitlichen Guets als auch der Ehr des gueten Namens 29.

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Ein solchen neuwen Menschen, ein solches hochzeitliches Klayd ist nothwendig, das der Braut,

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das ist die Seel, wird angelegt, ehe und zuevor dise vor das Angesicht des Breutigams soll erscheinen, dessen in dem heiligen Sacrament gegenwärtigen Gott und Mensch 30 mit dem Band der Lieb vermehlet zu werden.

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Dise, dise undt keine andere werden zu / 101 / solcher hohen Würdigkeit erhebet, bey der göttlichen Dafel zu sitzen, welche da antragen des hochzeitliche Klayd, die Abziehen des alten Menschen, bösen Willen, alle Pahsionen;3' hin-

27

Ersetigen = ersättigen, lat.saturare, satisfacere: befriedigen, sättigen (vgl. G R I M M III, 949; Georges I, 2 5 0 5 ) .

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Abwarten = hier auf etwas acht haben, etwas pflegen (vgl. G R I M M I, 147). Neben dem eingeforderten Tugendkatalog in Anklang an Gal 5.22-26 oder Eph 5,22-32, mahnt Dominica von Rottenberg auch soziale Gerechtigkeit an.

30

Katholische Eucharistielehre mit starker Betonung der Realpräsenz, typisch nachtridentinische Absetzung gegen reformatorische Abendmahlsauffassung.

31

Pahsionen - Passionen, hier, nach franz. passion: Leidenschaft, leidenschaftlicher Hang, A f f e k t , Begierlichkeit, (vgl. G R I M M V I I , 1489-90).

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gegen durch Anlegung eines neüwen Menschen, las ist, welches den Breütigam anzieht zur Lieb gegen seiner Gespons, der Seel. Wan dise also nach dem Wohlgefallen Gottes undt göttlichen Augen aufgebutzt, alsdan vermehlet er sich mit neüwer Lieb. Eben diser Aufbutz ist gewesen der Liebspfeil, 32 so das Herz des Breütigams also verwundt, daß er selbst solches mit disen Worten bekennt in dem Anschauwen der Schönheit der Braut: Du hast mihr das Herz verwundt.33 ..."

32

Liebespfeil. - Im Zusammenhang mit Liebesmystik und Herz Jesu-Mystik gebrauchtes Bild in Anlehnung an Hld 4,9 vg.: „Vulnerasti cor meum". Bedeutendes Beispiel ist die mystische Erfahrung THERESIA VON AVILAs bei der Transverberation mit dem glühenden Pfeil der göttlichen Liebe (vgl. THERESIA VON AVILA, Gesamtausgabe I (Leben), 280-282); oder: MERLO HORTIUS' in seinem Gebetbuch, Paradies der christlichen Seele: „Sei gegrüßt, gnadenreiche Wunde des Herzens meines Herrn! Verwunde, ich bitte dich, mit dem Pfeil deiner Liebe mein Herz, daß es dich in allem und über alles in tiefer Ehrfurcht verehre" (zitiert nach RICHSTÄTTER, K.: Die Herz-Jesu-Verehrung ..., a.a.O. 307); oder: der hl. GERTRUD der GROSSEN, Gesandter der göttlichen Liebe: „Vom Pfeil der Liebe: Einst sagte ein Bruder, der in der Kapelle predigte, unter anderem: ,Die Liebe ist ein goldener Pfeil; was der Mensch mit ihm durchbohrt, das eignet er sich selber gewissermaßen an. Deshalb ist ein Tor, wer seine Liebe auf das Irdische richtet und darüber das Himmlische vernachlässigt'. Bei diesen Worten aufflammend sagte sie zum Herrn: O hätte ich doch diesen Pfeil! Ohne Verzug wollte ich dich, den einzigen Geliebten meiner Seele, durchbohren, um dich immerdar zurückzubehalten. Als sie dies sagte, sah sie den Herrn einen goldenen Pfeil gegen sie halten und hörte ihn also antworten: Du hast vor, mich zu verwunden, wenn du einen goldenen Pfeil hättest; ich habe ihn, und darum will ich dich so tief durchbohren, daß du nie mehr zur früheren Gesundheit zurückkehrst. ..." (Der Hl. Gertrud der Großen Gesandter der göttlichen Liebe, hg. v. WEISSBRODT, J„ Beuron 1979, 608-609).

33

Nach der Vulgataübersetzung von Hld 4,9: „Vulnerasti cor meum". Für die Spiritualität D. v. Rottenbergs ist dieses Zitat aus dem Hld, das sie auf alle Ordensfrauen als geistliche Bräute oft anwendet, von großer Wichtigkeit. Es weist auf die Macht der Liebe hin, die auch den (göttlichen) Bräutigam treffen kann, ja er kann sogar zum „Gefangenen der Liebe" werden: „Du mußt mir nachgeben, mir zeigen, daß ich dich so in der Gewalt habe, daß du nicht mehr tun kannst, was du willst" (5.1.2.4, Z. 435-443); „... Du bist in meiner Gefangenschaft" (5.1.2.4, Z. 582-584); „Zeige mir jetzt, ob dein Herz auch verwundbar ist, auf das mein Herz so viele Liebespfeile schießt" (5.1.2.4, Z. 323-326). 339

>DER GLAUBE AN DIE GÖTTLICHE GEGENWART IST DIE ZWEITE WICHTIGE VORAUSSETZUNG FÜR DEN EMPFANG DES ALTARSAKRAMENTES < 135

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*) Neben der Beichte ist der lebendige Glaube an die göttliche Gegenwart des menschgewordenen Gottes im Sakrament der Eucharistie eine wichtige Vorbereitung für deren Empfang. Der Glaube setzt dort ein, wo das Geheimnis den Verstand übersteigt; das trifft besonders auf das größte Geheimnis, das eucharistische Brot, zu. Der Glaube ist von Gott eingegeben, übersteigt die Möglichkeiten des Verstandes, der die verborgenen Geheimnisse Gottes nicht zu erkennen vermag. Durch den Glauben betrachtet der Verstand Gott wie durch ein „Perspektiv",34 so daß er schließlich nach dem verlangt, was der Glaube ihm vorstellt. Wenn Gott also durch das Glaubenslicht35 erkannt, vom Willen verlangt und vom Verstand geschätzt wird, so muß er notwendigerweise auch vom Herzen geliebt werden. Sobald aber der Glaube keine Wirkung zeigt, kann sich auch der Verstand nicht über das rein natürliche Erkennen erheben. Was aber nicht erkannt wird, das kann auch das Herz nicht lieben.36 (S. 1 0 2 - 1 0 5 )

Perspectiv = Fernrohr. (Vgl. GRIMM VII, 1.568). Glaubenslicht im Gegensatz bzw. in Ergänzung zum ,Licht der Vernunft'; vgl.dazu FRANZ VON SALES: „So wie die Sehkraft der Eule zwar hinreicht, um das schwache Licht einer sternhellen Nacht zu schauen, nicht aber die Helle des Mittags, weil ihre schwachen und trüben Augen das grelle Licht nicht vertragen, so hat auch unser Verstand genug Kraft, natürliche Wahrheiten durch Schlußfolgern und übernatürliche Wahrheiten durch das Licht des Glaubens zu schauen..." (Abhandlung über die Gottesliebe, hg. v. REISINGER, F., u.a., I, Eichstätt 1957, 196). Zur Frage von Erkenntnis und Liebe, vgl. FRANZ VON SALES: Abhandlung über die Gottesliebe II, Eichstätt 1960, 246-247: „Da Gott aber den Christen mit einer besonderen Gunst bereichern wollte, ließ er auf der höchsten Spitze seines Geistes einen übernatürlichen Quell entspringen, den wir Gnade nennen. Diese schließt wohl den Glauben und die Hoffnung ein, besteht aber letztlich aus der Liebe. Diese reinigt die Seele von allen Sünden, schmückt und ziert sie sodann mit sehr anziehender Schönheit und ergießt

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>DAS GEDÄCHTNIS DES LEIDENS IST ZEICHEN DER LIEBE
GOTT LÄSST SICH DURCH DIE LIEBE ZWINGEN
DIE OHNMACHT GOTTES IN DER EUCHARISTIE DIE EUCHARISTIE ALS FEUER DER LIEBE ENTZÜNDET D A S HERZ ZUR GEGENLIEBE < 390

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„Weilen dan Gott den Glauben, ja das Werckh vorstelt, daß er nichts mehrers liebt als das menschliche Herz,71 so mueß das Herz aus der Eigenschaft der Lieb seiner Natur nichts mehrers lieben als Gott. Ein Lieb zieht die ander, ein Lieb bezahlt für die ander die Schuld, ein Lieb macht sich der anderen zu einem Schuldner. Wan Gott den Menschen liebt, so macht er das Herz zu einem Schuldner; wan der Mensch Gott liebt, macht er das göttliche Herz in der Gegenlieb zu einem Schuldner.72 Der Anfang der Lieb ist ein Glauben, daß mann geliebt würdt, undt das stelt vor das heilige Sacrament des Altars, das ist ein solches Feur der Lieb, so das menschliche Herz mueß anzünden, wan disem der Glauben sagt, daß es von Gott geliebt, daß er verlangt, bey ihme zu sein als ein Speis, sich mitzutheilen, damit das Leben der Seelen ewig in der Anschauwung Gottes kan fortlaufen."

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*) Der würdige Empfang der Eucharistie verwandelt den Menschen in Gott73 und schenkt ihm das Glück,

Glaube und Werk: das Sichtbarwerden der göttlichen Liebe; so etwas wie,Glaube zum Anfassen'. Aus dem bräutlichen Verhältnis heraus eine fast partnerschaftliche Gegenseitigkeit der Liebe. Die Verwandlung des Menschen in Gott, die D. v. Rottenberg hier beim Kommunionempfang sieht, verlegen die Mystiker in die geistliche Erfahrung der ,'Vermählung'. Dazu JOHANNES VOM KREUZ: „Das Wesen dieser mystischen Vermählung besteht in einer gänzlichen Umgestaltung der Seele in den Geliebten, in welcher sich beide, der Sohn Gottes und die Seele, durch völligen, gegenseitigen Besitz einander hingeben, und zwar durch eine gewisse Vollendung der Liebesvereinigung. Dadurch wird die Seele vergöttlicht, ja Gott selbst durch Teilnahme, soweit es hienieden möglich ist." (JOHANNES VOM KREUZ, Gesamtausgabe IV (Geistlicher Gesang) 178). JOHANNES TAULER, u. a. in seiner 33. Predigt zu Joh 6,55 (über die Eucharistie): „Du magst darüber so tief, so hoch ... nachdenken, wie du immer willst: alle die Übugen (der Frömmigeit), die der Mensch aus eigner Kraft vorzunehmen vermag, sind

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das zu erfahren, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört, was aber Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.74 (S. 122-123) 415

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>NACHFOLGE IN DER LIEBE IST NACHFOLGE MIT GUTEN WERKEN < „Ist also nit genueg zu glauben, (es gäbe) ein(en) Gott der Lieb, (und) was diser gethan, die Lieb vollkommen zue machen, sonder es würdt zu dem lebendigen Glauben der göttlichen Gegenwarth in dem heilig. Sacrament als Würckhung der stärckhesten Lieb Gottes gegen dem Menschen erforderet ein solchen Glauben, daß ein ieder Mensch, so ein Christ sein will auch soll führen ein Leben eines Christen, das sich mit dem Haubt, als ist Christus, vergleiche, wie diser das Exempel vorgeführt.75 Das mueß geglaubt werden, daß ein Christ schuldig in seinem Leben, dem göttlichen nachzufolgen. Ohne die Werckh eines christlichen Lebens ist der Glaub dodt, kan kein Würckhung zur Seeligkheit gehen."76 >OHNE GLAUBE, DER WERKE HERVORBRINGT, IST KEINE HOFFNUNG AUF DAS EWIGE HEIL
WO KEINE HOFFNUNG IST, DA IST AUCH KEINE LIEBE
GOTT SOLL UM SEINER SELBST WILLEN GELIEBT WERDEN
DAS MEER DER GÖTTLICHEN LIEBE U N D DIE AUS FLÜSSE DER GNADE < „Um dise Lieb aber vollkommen zu machen, wäre (es) nothwendig, daß Gott sich nit allein der

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In einer Ausgabe des Katholischen Katechismus von 1801 heißt es unter der Überschrift „Schriftmäßige Bewährung des Kleinern Katechismus P. Petri Canisii: „Von der Liebe. Was ist und heißt die Liebe? Die Liebe ist eine gnadenreiche, von Gott eingegossene Tugend, durch welche wir Gott den Herrn als das höchste Gut, um seiner selbst willen, unseren Nächsten aber um Gottes Willen recht und christlich lieb haben. ... Sind wir schuldig, Gott zu lieben? Ja. „Du sollst Gott deinen Herrn lieben, das ist das erste und größte Geboth." Matth. 22. K. 37. und 38. V. Und wenn es Gott schon nicht befohlen hätte: so wären wir es dennoch schuldig. Wie soll man Gott lieben? Aus ganzem Herzen ... Was heißt: Gott lieben aus ganzem Herzen? Es heißt soviel, als Gott über Alles lieben, das ist: Gott allen anderen Dingen vorziehen, so, daß man lieber alles verlieren, und den Tod selbst leiden wolle, als Gott beleidigen. Wie Paulus und andere Heiligen gethan haben. „Weder der Tod, noch das Leben, noch eine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes." Rom. 8. K. 38. u. 39. V. Warum soll man Gott lieben? Wegen seiner selbst; das ist, weil er in sich das allerhöchste und unendliche Gut ist, welche alle Vollkommenheiten in sich begreift. Niemand ist gut, als Gott allein. (Nämlich unendlich gut, und von sich selbst.) Luk 18. K. 19. V." (Katholischer Catechismus, aus gnädigstem Befehl Seiner Kurfürstlichen Gnaden Joannis Friderici Caroli, Erzbischofs und Kurfürsten von Mainz ..., Aschaffenburg 1801,97-98). 363

35

Mittel gebrauchte (= bediente),""sondern sich in seiner Würdigkheit dem menschlichen Hertz, in allem dem was Gott in seiner gantzen Substantz und Weesenheit allso vorstellte in der höchsten Vollkommenheit, daß die Lieb als das menschliche Hertz, nit weitergehn kan noch sich in denen wenigen aufhalte als ist, was von Gott als ein kleiner Thayl empfangen würdt, (denn) die underschidliche Gnaden, so nit änderst anzusehen als Flüß, so aus dem unergründtlichen Meer seiner Gottheit"5 hervorlaufen, / 1055 / in welchem aber zu verstöhn seine höchste Würdigkeit."6 Dise ist das Meer, in welchem das Hertz Gottes selbstversunckhen sich befindt undt allso zu unaufhörlicher, unverenderlicher Lieb angefüllt, daß Gott allein sich selbst vollkommen lieben an, weillen er sich allein in seiner höchsten Würdigkheit vollkommen erkennen kan. (Da) Gott aber, allzeit so in seiner Würdigkheit unverenderlich (ist), so mueß die Lieb auf gleiche Weiß fortgehn.

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Weilen aber Gott sich nit allein nach seiner Würdigkheit allso liebt, sonder dem menschlichen Hertz so vill durch die Gnad geben, sich 114 115

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Das heißt, der Gnadengeschenke an den Menschen. Meer als Symbol von Unendlichkeit und Größe, in Verbindung gebracht mit Gott. (Vgl. GRIMM VI, 1.244) MARIE DE L'INCARNATION: „In der geistlichen Vermählung wandelte sich der Zustand meiner Seele vollständig ... Sie gehörte der Liebe, und die Liebe gehörte ihr. Sie fühlte sich in diesem Ozean verloren, wo sie - vernichtet - alles wurde ..." (Zeugnis bin ich dir, a.a.O. 105). Dieser nicht ganz einfache Textabschnitt ist am besten folgendermaßen im heutigen Deutsch wiederzugeben: Um diese Liebe vollkommen zu machen, ist es notwendig, daß Gott sich dem menschlichen Herzen nicht allein durch die Gnadengeschenke (= Mittel) offenbart, sondern in seiner ganzen Wesenheit. Denn nur dadurch wird sich die (menschliche Liebe) nicht nur mit dem kleinen Teil der Gnadengaben zufriedengeben; diese sind nämlich nichts anderes als Flüsse, die aus dem unergründlichen Meer der Gottheit herausfließen.

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ebenfals in dem Meer seiner Würdigkheit /1056 / zu versenckhen,... daß die Lieb unverenderlich kan stehn, wan der Mensch Gott anschauwt als die höchste Würdigkheit geliebt zu werden, und wie er disen glauben kan, sich allein mit dem Verstand anheftet, was Gott warhaft ist: der Würdigste, geliebt zu werden undt nit in die Ausflüß seiner Gnaden anbindet, daß Gott allein geliebt würdt eignes Nutzens wegen als ein Guetthätter, so an die Lieb des menschlichen Hertz unverenderlich sich erhalten (in) einer beständigen getreüwen Lieb gegen Gott." >NUR WENN GOTT UM SEINER SELBST WILLEN GELIEBT WIRD, IST DIE LIEBE DES MENSCHEN VOLLKOMMEN
GOTT ZIEHT SICH ZURÜCK, UM DEN MENSCHEN VOM LOHNDENKEN ABZUHALTEN < Wan ein Hofher(r)e, Bedienter, seinem König ein grosse Lieb erweyst, ihme eine schwehre Dienstbarkheit, dardurch sein Treüw zu zaigen oder ein angenemes Present verehrt, nichts darfür verlangt, das verbindt einen solchen Weltfürsten zu einer verdopleten Belohnung. Allso auch, wan der Mensch Gott als dem König des Himmels in einer solchen Lieb in schwährer Arbeith dienet, zu Bezeigung seiner Treüw, da verbindt / 1064 / Gott sich in einer weith grösseren Freygebigkheit zu geniessen zu geben einer hundertfeltigen Belohnung, als wan diser etwas zu einer Belohnung von Gott verlangt. (Denn) das seindt knechtliche Dienstleistungen, auch wan Gott nit so geschwind solche ihm geleiste Dienst bezahlt mit der verlangten Gnaden, daß sich der Mensch dessen betrüobt, übel zufriden, im Gueten nachlast. Das ist nit Gott lieben wegen seiner, sonder eignes Nutzens wegen. Ein solch unvollkommne Lieb macht sich keiner so grossen Belohnung würdig, wie mehrmahlen von dem Menschen verlangt würdt. So dan öfter die Ursach, warumb Gott seine Gnaden zuruckhziecht, weil dieser als ein knecht-

Abgängig, in allen Bedeutungen von abgehen. (GRIMM I, 43). Ankleben = anhängen, anhaften. (GRIMM I, 382). 367

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licher Lohn verlangt würdt; / 1065 / (um) den Menschen von solcher eignen Lieb abzuziehen, in die göttliche vollkommen zu führen, suecht (er) solchen von der unnothwendigen Sorgfalt124 zu hinderhalten mit disen Wortten: Euwer Vatter, der in dem Himmel ist, weist, daß ihr dessen bedürftig seindt.125 Als wolt Gott sagen, seindt allein sorgfeltig, mich über alles zu lieben, so werdet ihr euch aller Gnaden würdig machen, weith mehr, als was ihr immer für eüweren zeitlich undt ewigen Wohlstand in eigner Person werden erarbeitten. Den weitteren Sorgen (solltet ihr euch) enthalten zu eüweren Trost, der allein von oben herab muoß kommen.126 Wan der Mensch von Gott nit empfangt, was er von solchem durch sein Gebett treüw gelaister / 1066 / Diensten verlangt, hat sich nit Ursach zu beklagen: erstlich, weil ihm Gott nichts schuldig; für das andere, weil sich Gott ihm selbst in seiner Würdigkheit zur Lieb als sein Zihl undt Endt gesezt. Solches zu erreichen, ihme geben ein Hertz, das lieben kan. Das ist so vill als ein Gewalth, mit welchem der Mensch seinen Gott überwinden kan, zu aller Hilf zwingen. Dahero ist alles das, was der Mensch von Gott verlangt undt begehren kan, weniger, als was er schon würckhlich von solchem empfangen undt ihn der Besitzung hat; dan nichts Grösseres kan Gott geben als sich selbst undt das ist, was der Mensch zu seinem Aigenthumb kan glauben, daß er Gott hat als seinen grösten Schatz. / 1067/.../ 1068-1071 / ....

Unnothwendige Sorgfalt = im Sinne von .überflüssige Sorge'. Mt 6,32. Vgl. den gesamten Abschnitt: Mt 6,19-34: „Von der falschen und der rechten Sorge."

>EINE VOLLKOMMENE LIEBE VERWANDELT IN GOTT < 185

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Wan allso der Mensch nichts mehr liebt als Gott allein, von allen erschafnen Dingen ausgangen,127 so mueß er nothwendig in Gott allso verwandlet werden, sich in disem allso verkehrt,128 / 1072 / in dem, was ihm noch natürlieh anhängig gewesen, gleich einem Tropfen Wasser, wan solcher in ein Fäß Wein gegossen: als wan'29 der gröste Theil den Vorzug (hat), allso (hat) bey solchen Menschen, der so hoch in der Lieb gestigen, allein Gott den Vorzug in seinem Verstand, Gedechtnus undt Willen, daß dise Kräften der Seelen völlig mit Gott angefüllt undt sich in disem verkehren gleich einem Tropfen Wasser in einem Faß Wein, daß ein solcher Mensch nichts anders mehr verlangen kan, als was er voll ist; so dan die warhaftiste Kennzeichen einer solchen vollkommnen Lieb, die allein in Gott ruhet, daß solche (Liebe) den gantzen Menschen in Gott verwandlet, zu /1073 / einem Geist macht, dem das Natürliche zu keiner Vergnüegung mehr kan annemmen, sonder in dem Übernatürlichen allein solche Frucht zu finden, nemblich Gott. Dahin aber zu kommen, mueß die Gnad das Gröste beytragen, so geschehen würdt, wan der Mensch auch das Seinige beytragt durch die Mitwürckhung, so fürnemblich in disen 2 Hauptstuckhen bestehet, erstlich130 die Mortification, Abdödtung, Überwindung seiner selbst, nachmahls: Alles verlassen, was ausser Gott geliebt.,../1074/... .

Ausgehen = im Sinne von sich entledigen, von sich weisen, abtun. Sich verkehren = in etwas anderes verwandelt werden. (GRIMM XII. 1,628). Als wan = mit ,so wie' wiedergeben. Erstlich ... nachmahls = erstens, zuerst (lat.: primo, primum, initio, GRIMM III, 1.014/1.015)... zweitens, sodann (GRIMM VII, 94).

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Das seindt die Sprossen,131 so der Mensch ihn selbst mueß machen ein solche Layter zu verfertigen in die Höche solcher vollkommnen Lieb undt allso zu seinem Gott aufzusteigen,132 sich disem gleichförmig zu machen, zu welchem dan Gott durch seine Gnad die mehr als genuegsame Hilf 33 würdt ertheilen, daß ein Mensch die Unmöglichkheit soll glauben, zu solcher vollkommnen Lieb aufsteigen, Gott allein zu lieben, weil er solches würdig ist. Diser Warheit macht den Schluß134 der Apostel Paulus: Ich vermag alleß in dem, der mich stärckht.135 >DAS GLEICHNIS VOM UNMÜNDIGEN KIND UND VOM ERWACHSENEN SOHN GOTT ALS „SORGENDE BRUTHENNE" - AUS LIEBE DAS KREUZ ALS SICHERSTES ZEICHEN DER GÖTTLICHEN LIEBE < Das Beste aber undt das Sicherste, so Gott dem Menschen zu seinem Heyl / 1095 / kan geben, ist das Creütz, weil solches eins aus den wahrhaften Zeichen der göttlichen Lieb undt allso auch der Gnadenwahl (ist). So kan nichts mehr von dem Menschen verlangt werden, von seinem Gott in der Lieb zu empfangen, was er nit würckhlich in der höchsten Vollkommenheit geniest. So bleibt dem Mensche auch nichts übrig, als ein solche Gegenlieb Gott zu zeichen, disen allein über alles zu lieben, allein, weil er solches würdig ist. Amen."

6.3.

Gespräch mit Gott

6.3.0

Einführung

Im nachfolgenden Abschnitt aus dem Ave-Maria-Kommentar will Dominica von Rottenberg dem Leser eine Unterweisung zur Betrachtung geben; die Betrachtung als das nicht an eine feste Form gebundene Gespräch mit Gott. Verschiedene Weisen dieses Gespräches schlägt sie vor: - Der Glaubende kann sich Gott gegenüber verhalten wie ein Kind zum Vater. - Man kann mit Gott aber auch reden, wie es zwei Verliebte tun, wenn sie zusammenkommen. - Schließlich kann das Gespräch mit Gott so gehalten werden wie das Gespräch mit einem Seelenarzt, der das Gewissen erforscht und dem alle Kranheiten der Seele vorgetragen werden. (S. 1026-1030) 378

Der Anfang einer jeden Betrachtung soll in der Demut und der Erkenntnis des eigenen Nichts vor der Größe des göttlichen Alles gemacht werden - eines der geistlichen Hauptthemen Dominica von Rottenbergs. Die demütige Selbsterkenntnis der eigenen Brüchigkeit führt zur Reue über das sündige Verhalten und hilft, auf dem Weg der Reinigung (via purgativa) voranzukommen; der Weg der Reinigung aber ist der sicherste Weg zum Himmel. So soll also der Mensch täglich das Brot der Selbsterkenntnis essen, d. h. seine Sünden betrachten, damit er sie vor dem Angesicht Gottes abwaschen und auslöschen kann. (S. 1030-1031) Noch ein weiteres gilt es zu bedenken: Wer die Betrachtung richtig erlernen will, muß sie täglich üben; ebenso ist es wichtig, daß der Verstand in ständiger geistlicher Verbindung zu Gott steht. So wie der Prediger auch nicht erst mit dem Studium beginnt, wenn er auf die Kanzel steigt, soll auch derjenige, der betrachten möchte, nicht erst seine Gedanken zu sammeln beginnen, wenn es Zeit zur Betrachtung ist. Wer mit Gott in ständigem Gespräch ist, braucht keine Angst vor Zerstreuung zu haben. Wenn der Mensch hingegen zur Betrachtung geht wie beispielsweise zum Essen, so darf er sich nicht wundern, wenn er keine Forschritte macht und er lange Zeit benötigt, bis er seine Gedanken geordnet hat. (S. 10311034) Um daher eine fruchtbare Betrachtung sicherzustellen, das heißt, um dem Verstand eine andauernde geistliche Verbindung mit Gott zu ermöglichen, schlägt Dominica von Rottenberg eine Tagesordnung nach den 15 Gesetzen des Rosenkranzes vor: Von 6 Uhr morgens bis 9 Uhr abends soll jede Stunde einem Geheimnis des Rosenkranzes zugeordnet werden.159 (S. 1034-1045) Diese Ausfaltung des geistlichen Lebens in gleichzeitiger Systematisierung ist typisch für die Zeitepoche,160 typisch auch für Dominica, die eine Reihe ihrer geistlichen Themen in einen festgefügten Ordnungsrahmen stellt.161 159

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Eine andauernde geistliche Verbindung mit Gott suchen ist das große Anliegen ostkirchlicher Frömmigkeit im .Immerwährenden Jesusgebet'. Vgl. weiterführend: JUNGCLAUSSEN, E. (Hg.): Aufrichtige Erzählungen eines russischen Pilgers, Freibug 111981; WARE, K./JUNGCLAUSSEN, E.: Hinführung zum Herzensgebet, Freiburg 2 1984. Vgl. VEIT, A./LENHART, L.: Kirche und Volksfrömmigkeit im Zeitalter des Barock, Freiburg 1956, 131-143. Z. B.: Schule der Ewigen Weisheit (WE-Rtb 1-3; R 553 u. ö.), Bußleiter zum vollkommenen geistlichen Leben (WE-Rtb 10; R 552 u. ö.), Tagreisen in die Ewigkeit (R 550 u. ö.).

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Dominica will mit dieser Gebetsordnung eine Hilfe sowohl für das mündliche als auch für das betrachtende Gebet an die Hand geben; eine praktische Anleitung zum persönlichen geistlichen Leben, gewachsen aus der eigenen Gebetspraxis und daher ein wichtiges Zeugnis ihrer Frömmigkeit. Der folgende Textabschnitt umfaßt bei LEDERGERW die Seiten 1026-1045.

6.3.1

Der Text > EINLEITUNG
MIT GOTT REDEN WIE MIT EINEM VATER < Es kan der Mensch sich verhalten als wie ein Kind mit dem Vatter redet, zum Exempell: ,Mein Gott undt allerliebster Vatter. Du weist mein Schwachheit in dem Leyden, wie mihr solches so schwehr, daß mihr selbst nit helfen kan. Ich kan meiner bösen Natur nit Maister werden. Ich bin verlassen von allen Menschen, weiß nit, wo ich mich soll hinwenden als zu dihr, mein himmBetrachtung angenehm machen = im Sinne von ,gerne machen' (lat. acceptus). (GRIMM I, 347-348). Ansprach = Ansprache, Anrede, hier: mit Gott im Gespräch sein. (GRIMM 1,467).

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lischer Vatter. Ich leyde Manggel an den Lebens Mittlen. Vater, hilf, ich bin dein armes Kind, verlaß mich nit in der Noth. Weil du mein Vatter bist, also komme / 1028 / ich zu dihr mit kintlichem Vertrauwen; glaube, du werdest mich nit vertrösten,...'. > MIT GOTT REDEN WIE MIT EINEM VERLIEBTEN < Zum anderen kan man mit Gott reden als wie die Verliebte miteinander reden, wan sie zusammenkommen. Welches das Erste ist, daß ihnen die Lieb zu probieren vorstelt, eins von dem anderen begehret zu wüssen, was ihme das Angenemiste. Allso soll auch der Mensch sagen: ,Mein Gott, du weist, daß ich dich lieb, was willst du, daß ich thuen soll. Mein Hertz ist dein, gleichwie das deinige mein; nichts in der Welt ist mihr genueg, alles ist mihr ein Bit(t)erkheit. Du allein bist, der mein Herz vergnüegt. Wan würdt aber die Zeit kommen, dich allein zu lieben, daß nichts Erschaf(f)enes mich mehr kan von dihr abziehen, o mein Gott? Wan werde können sagen: Mein Gott und Alles, ich verlange aufgelöst zu werden undt mit Christo zu sein'. /1029/ > MIT GOTT REDEN WIE MIT EINEM SEELENARZT
DER VERSTAND SOLL ZU ANDAUERNDEM GESPRÄCH MIT GOTT GEFÜHRT WERDEN < (Noch eine) Lehr, so noch zu geben nothwendig, / 1032 / die Kunst der Betrachtung wo(h)l zu erlehrnen, ist, daß solche täglich soll undt mueß geüebt werden. Es ist zu spath, wan ein Prediger erst will anfangen studieren, wan er soll auf die Cantzel steigen. Allso ist es, wan der Mensch niemahl an Gott gedenckht, noch sich dessen befleist, als wan172 die Zeit zum Betrachten vorhanden, so er ihm gesezt, alsdan erst die Gedanckhen versammlen. Der Verstand mueß sich zu aller Zeit befleissen, in allem so er ansieht, sich zu Gott zu erheben, disen in allen seinen Geschöpfen zu erkennen; allso vor der Betrachtuing die Gedächtnus mit gueten Gedanckhen anfüllen, Ja, mit Gott selbst, daß diser zur Betrachtung würdt getragen. Asdan braucht es nit vill mehr Müeh in der innerlichen Gemüetsversammlung'73 zu stehn, mit Gott ein lange Ansprach / 1033 / zu halten, ohne Beschwernus der Zerstreüwung der Gedanckhen undt des Hertzens. Es würdt dises geschwind entzündt werden, wan vor der Zeit der Betrachtung alle Verhindernus174 aus den Gedanckhen hinweggeräumt würdt. Wan aber der Mensch zu der Betrachtung geht gleich wie zum Disch oder Recreation,175 ohne

Als wan, wiedergeben mit: erst, wenn. Gemüetsversammlung = Versammlung, versammeln, entspricht auch unserem heutigen (geistigen) Sammeln. (GRIMM XII. 1, 1.039). Verhindernus = Störung, was die Ausführung zurückhält; im 16./17. Jh. häufig, im 18. Jh. verdrängt durch .Verhinderung'. (GRIMM XII. 1, 570). Recreation, vgl. Kap. 5, Fn. 110 u. ö.

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Vorbereitung, da ist sich nit zu verwunderen, daß man nit kan fortkommen, so vill zu schaf(f)en gibt, die böse, eitle Gedanckhen auszuschlagen, daß in disem Streitten die Zeit verfliest, ohne daß man die Betrachtung anfangt. Ein oder mehr Stunden können verfliessen, eh man die Gedanckhen, so hin undt wider176 fliegen, kan versammlen. Das aber gechieht aus eigner Schuld, weil man so wenig oder gar nit sich befleist, öfters das Gemüeth zu Gott zu erheben mit kurtzen / 1034 / Schutzgebetlein177 undt heiliger Gedanckhen der Reüw undt Layd undt dergleichen, welches ein höchst nothwendige Sach ist, in dem der Mensch nichts mehrers thuen, als über seine Sündt, Reüw undt Layd erweckhen. Dis ist das beste Mitel zu seinem ewigen Hayl. >GEISTLICHE TAGESORDNUNG NACH DEN ROSENKRANZGESETZEN ALS HILFE ZUR BETRACHTUNG < Zu disem Zihl undt Endt sollen wir durch die 15 Geheimnussen, welche ein grosse Beyhilf geben,178 ein Vorbereithung machen, als ein Tagordnung zu betrachten, austheilen,179 wie auch das tägliche Gebett des Psalters180 beysetzen. Des morgens umb 6 Uhr anfangen, hernach alle Stund ein Gesätzlein des Psalters betten mit den Geheimnussen nach der Ordnung, bis nachts umb 9 Uhr, so 15 Stund macht.

Hin und wider, im Sinne von: hin und her. (Vgl. G R I M M IV. 2, 1.374). Schutzgebetlein = Stoßgebete. Beyhilf geben (lat. adiumentum), hier: Unterstützung sein. (GRIMM I, 1.375). Austheilen (lat. distribuere), hier im Sinne von einteilen, ordnen verstanden. Psalter = Gesamtbezeichnung für die 150 Psalmen der Bibel. Im übertragenen Sinn wird Psalter auch für den Rosenkranz gebraucht (Marienpsalter). Laienschwestern und -brüder, die früher in den Klöstern nicht zum (lateinischen) Chorgebet verpflichtet waren, auch nicht verpflichtet werden konnten, weil sie der lateinischen Sprache nicht mächtig waren, beteten stattdessen zur Zeit des Stundengebets der klösterlichen Gemeinschaft eine festgesetzte Anzahl von Rosenkranzgebeten.

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Ist aber ein Gesätzlein / 1035 / etwan zu vill, so kan endtlich ein Ave Maria gebetet werden mit Erweckhung einer Reüw und Leydt, Fürsatz, nit mehr zu sündigen, auch die geistliche Communion181 so darauf folgt, welche mit einem sehr grossen Nutzen der Seelen kan gebraucht werden. Zu welcher geistlichen Communion genuegsam ist, ein Begird undt Verlangen (zu) tragen, seinen Gott allso zu empfangen, geisticher Weis, gleich wie solches sacramentalischer Weis geschehen thuet. Ein solche Tagordnung würdt so vill nutzen bringen, daß der Mensch gedenckhen mueß auf das Geheimnus, so zu solcher Stundt gesezt, in welcher er lebt, daß alsdan durch solches Mitel der guete Gedanckhen erzwungen in ein Gewonheit kommen, welche dan als ein Vorbereithung zu künftiger Betrachtung gemacht würdt. /1036 / In allen Geheimnussen zeigt sich die Grösse der Liebe des göttlichen Herzens Jesu in der grösten Würckhung, sie auch182 in der Lieb des Nechsten, (in) der Freygebigkheit, (wie) sich zu gemessen gibt; allso zu schuldigem Danckh soll billich183 disem göttlichen Hertzen, von welchem die 15 Geheimnussen ausgangen, sich in seinem natürlichen Leben ofenbahr gemacht zu Erlösung des menschlichen Geschlechts, dise Übung verrichtet wird, dieweil dis göttliche Hertz den Wehrt zu unserer Erlösung darge-

Geistliche Kommunion: Frömmigkeitsübung als Ersatz, wenn ein sakramentaler Empfang der Eucharistie nicht möglich ist (z. B. bei Kranken, Todsündern mit Reue vor der Absolution, Christen in Diasporasituationen, wenn Teilnahme an einer Meßfeier nicht möglich ist.) Aus der Möglicheit für den Ausnahmefall entstanden, besonders in der vom Jansenismus geprägten Frömmigkeitshaltung, Engführungen, die bis zum skrupulösen Ablehnen häufigen Kommunizierens führten. (Vgl. SCHLETTE, H. R.: Geistliche Kommunion, in: LThK IV, 622-623). Wie auch, wiedergeben mit: Die göttliche Liebe zeigt sich auch .... Billich (lat. aeque), hier im Sinne von ,in gleichem Maße'. (GRIMM II, 27-28).

schlössen,184 aus zarter Liebe die Schuld der Sünd für alle Menschen zu bezahlen. Dis würdt in ieder Geheimnus vor Augen gesteh. .../ 1037-1044/... . > AUSKLANG
GOTT MISSFÄLLT NICHTS MEHR ALS DIE SÜNDE. DIESE GILT ES MIT ALLEN MITTELN ZU VERHINDERN < Gott mißfalt nichts also314 als die Sindt. So ferchte (= fürchte) seye solches über alles und weiche / 4 / aller bößen Gelegenheit, liebe die Einsamkeit als die hoste (= höchste) Sicherheit, stelle sie ihr öfter die Sindt als das gröste Übell der Welt (vor), weiß sie zuo leiden, achte (alles für nichts, wan allein der Sündt endtgang(en) wirdt, dan des ist einem ewigen Leiden entgehen. Alles in klein, ja nichts zu halten, was ausser der Sündt gelieten (= gelitten) wirdt, weill des mit der Zeith vergeht. Aber Sündigen ist: ein ewiges Leiden suochen und verlangen. So betrieb (= betrüben) sie sich in keiner Sach, wan allein die Sündt nicht geschehen muoß, so ist alles änderst Nichts zuo.315 Es gehe die Welt (zu)end über Bindung an Maria Theresia Püntener, die sie erst durch eine radikale „Konversion" zu Gott hin überwinden konnte (Vgl. 5.1.2). Sie schreibt hier also durchaus auf dem Hintergrund eigener Erfahrungen. Als dem: wörtlich nicht verständlich. Wiedergeben mit: „So tue sie ...". Mehreres, hier: Ausdruck eines höheren Grades. (GRIMM VI, 1.885). Nichts also = nichts so sehr. „So ist alles änderst Nichts zuo", etwa wiederzugeben: So ist alles andere nicht so schlimm.

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sich kan ihr nichts schatten (= schaden) als die Sündt, weill disse allein von Gott abzieht, das starckhe Liebsbandt zwischen dissem und der Seel endtzweyschnoidt. Nicht mehr sündigen ist Gott vollkommen lieben und auch von Gott geliebt werden. So ist die göttliche Lieb auff kein Weis geschwinter und beßer zuo erlehren, als die Sindt verachten (verachten). Dan das ist die eigenthumbliche Wirckhung der göttl. Lieb, so den Himel gewiß macht.316 >DIE DEMUT IST DIE MUTTER ALLER TUGENDEN
DIE ERBSÜNDLICHE VERFASSTHEIT DES MENSCHEN IST URSACHE DER SÜNDE