114 39 4MB
English Pages [200] Year 2020
LIT
Xin Hou
Jesuiten und Inkulturationsbemühungen des Christentums in China
orientalia – patristica – oecumenica herausgegeben von/edited by
Dietmar W. Winkler (Universität Salzburg)
Vol. 18
LIT
Xin Hou
Jesuiten und Inkulturationsbemühungen des Christentums in China Die Abhandlung zur „Nestorianischen Stele“ von Emmanuel Diaz (1574 – 1659)
LIT
Umschlagbild: Peter Paul Rubens, Porträt des flämischen Jesuitenmissionars Nicolas Trigault SJ (1577–1628) mit chinesischem Gelehrtentalar. Zeichnung 1617, Metropolitan Museum of Art, New York (public domain: https://www.metmuseum.org/art/collection/search/337844)
Gedruckt mit Unterstützung von
叨О Gedruckt auf alterungsbeständigem Werkdruckpapier entsprechend ANSI Z3948 DIN ISO 9706
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. ISBN 978-3-643-51011-2 (br.) ISBN 978-3-643-66011-4 (PDF)
©
LIT
VERLAG GmbH & Co. KG Wien 2020 Garnisongasse 1/19 A-1090 Wien Tel. +43 (0) 1-409 5661 Fax +43 (0) 1-409 56 97 E-Mail: [email protected] http://www.lit-verlag.at Auslieferung: Deutschland: LIT Verlag, Fresnostr. 2, D-48159 Münster Tel. +49 (0) 2 51-620 32 22, E-Mail: [email protected]
In Anerkennung des Mutes und der Leistungen der Jesuiten-Missionare
Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung.................................................................................................... 13 1.1 Inhalt des Projektes
14
1.2 Forschungsmethoden ............................................................................... 15 1.3 Wissenschaftliche Bedeutung ............................................................................ der Forschung........................................ 15 2 Historische Einführung.............................................................................. 16 2.1 Spuren der vermuteten christlichen Missionen vor der Ankunft der ostsyrischen Missionare ........................................................................ 16 2.1.1 Die Legende der Mission des heiligen Thomas in Indien........... 16 2.1.2 Aufzeichnungen von Giuseppe Simone Assemani ..................... 18 2.1.3 Die Hypothese der Ankunft des Christentums in China zur Zeit der drei Reiche..................................................................... 18 2.1.4 Aufzeichnungen von Arnobius ................................................... 19 2.1.5 Berichte in der ostsyrischen Kirche ............................................ 19 2.1.6 Aufzeichnungen in chinesischen Geschichtswerken .................. 19 2.1.7 Der Reisebericht von Cosmas..................................................... 20 2.1.8 Aufzeichnungen von Prokopios.................................................. 21 2.1.9 Die Grabinschrift „Zhai tusuo muzhi“ 翟突娑墓誌................... 21 2.2 Das Christentum in der Tang-Zeit in China .......................................... 22 2.2.1 Kirche des Ostens („Nestorianismus“) ....................................... 22 2.2.2 Die ostsyrische Mission in der Tang-Zeit ................................... 23 2.2.3 Die „Nestorianische Stele“ und ihre Bedeutung......................... 25 2.3 Das Christentum in der Yuan-Zeit......................................................... 27 2.3.1 Die ostsyrische Mission in der Yuan-Zeit................................... 27 2.3.2 Die katholische Mission in der Yuan-Zeit................................... 27 2.4 Das Christentum in China in der Ming-Zeit ......................................... 30 2.4.1 Historische und kulturelle Hintergründe..................................... 30 2.4.1.1 Europa............................................................................. 30 2.4.1.2 China............................................................................... 30 2.4.2 Die Jesuiten-Mission .................................................................. 33 2.4.2.1 Der Jesuitenorden ........................................................... 33 2.4.2.2 Ankunft der Jesuiten in China ........................................ 33 2.4.2.3 Missionspolitik und –praxis der Jesuiten in China ......... 34 2.4.2.4 Die Reaktion der Chinesen ............................................. 40 3 Die Abhandlung von Emmanuel Diaz zur „Nestorianischen Stele“ ...... 42 3.1 Emmanuel Diaz – Person und Werke.................................................... 42 3.1.1 Zur Person................................................................................... 42 3.1.2 Die Werke von Emmanuel Diaz.................................................. 44 3.2 Die Abhandlung .................................................................................... 45
3.2.1 Reaktionen auf die Entdeckung der „Nestorianischen Stele“..... 45 3.2.2 Der Zugang von Emmanuel Diaz zur „Nestorianischen Stele“ .. 46 3.2.3 Merkmale des Werkes................................................................. 47 3.2.3.1 Vermeidung der lateinischen phonetischen 3.2.3.2 Zitate Übersetzung.................................................................... aus der Bibel und anderen kirchlichen Schriften.. 49 48 3.2.3.3 Verwendung seiner bestehenden Werke.......................... 50 3.2.4 Quellen der Abhandlung von Emmanuel Diaz ........................... 50 3.2.4.1 Mingqing jian Yesuhuishi yizhu tiyao 明晴間耶穌會 士譯著提要 (Übersicht über die Werke der Jesuiten in den Ming und Qing Zeiten) von Xu Zongze .............. 51 3.2.4.2 Notices biographiques et bibliographiques sur les Jésuites de l’ancienne mission de Chine von Fr. Louis Pfister S.J........................................................................ 51 3.2.4.3 The Collection in the Jesuit Theologate Library at Fujen University: Background and Draft Catalogue, Artikel von Adrian Dudink............................................. 51 3.2.4.4 Katalog der chinesischen Bücher aus der Japanica Sinica Collection der Jesuiten von Albert Chan S.J. ...... 52 3.2.4.5 Les Adaptations Chinoises D’ouvrages Europeens von Henri Bernard S.J. .......................................................... 52 3.2.4.6 Zhongguo tianzhujiaoshi renwu zhuan 中國天主 教史人物傳 (Biographien der historischen Persönlichkeiten des Katholizismus in China) von Fang Hao ........................................................................ 53 4 Vollständige Übersetztung des Werkes 唐景敎碑頌正詮序.................... 54 5 5.1 Textanalyse Erklärungen zur Abhandlung zu den wichtigen vonBegriffen Diaz ................................................... 164 ............................................ 164 5.1.1 5.1.2 xingjia jing 經 性家 (Klassische (SchuleSchrift der Natur)................................................ und shengjing 聖經 (Heilige 164 5.1.3 gujiao Schrift)古教 ...................................................................................... (alte Lehre) und xinjiao (neue Lehre) 新教 .......... 165 166 5.1.4 5.1.5 zhi mingsi 質 (Stoff) 明司 (die undFunktion mo 模 (Form)............................................... des Verstandes), aisi 愛司 (die 169 5.1.6 Funktion seng 僧 (Bonze, der Liebe) Mönch), .................................................................. si 寺 (Tempel) und shi 士 170 5.1.7 5.1.8 5.1.9 yu (Gelehrter)................................................................................. sanlun sande 獄 (Gefängnis) 三德 三倫(Die (Diedrei drei ..................................................................... Tugenden)............................................... Grundordnungen) .................................. 172 173 175 176 5.2 5.1.10 Der Umgang shengren von聖人 Emmanuel (Heilige)........................................................... Diaz mit den Glaubenssätzen in 177 5.2.1 seiner Ausführlich Abhandlung............................................................................... behandelte Themen ............................................... 178 178
5.2.1.1 Erbsünde ....................................................................... 178 5.2.2 5.2.1.2 Ausweichend Mariologie behandelte ..................................................................... Themen 179 ............................................ 180 5.2.2.1 Die Dreifaltigkeit .......................................................... 180 5.2.2.2 Christologie................................................................... 182 6 Schlussfolgerung....................................................................................... 185 Literaturverzeichnis...................................................................................... 189
Vorwort Im Jahr 2015 besuchte ich einen katholischen Friedhof, in welchem auch die Jesuiten aus dem 17. Jahrhundert ihre letzte Ruhe gefunden haben, den ich unter großen Schwierigkeiten in Hangzhou (Ort der Verfassung und des ersten Drucks der Arbeit von Emmanuel Diaz zur Nestorianischen Stele) aufspüren konnte. Zu meiner großen Überraschung wurde mir dort die Möglichkeit gewährt, auch die Gedenkkapelle des Friedhofes mit den Urnen der Jesuiten zu betreten und zu besichtigen. Die Urnen waren mit den Gebeinen gefüllt, die von Gläubigen vor den Roten Garden während der Kulturrevolution gerettet wurden, die diesen Friedhof damals verwüstet hatten. Zur damaligen Zeit wurden die Gebeine unter Lebensgefahr bis zum heutigen Tag aufbewahrt. Es ist zwar nicht mehr herauszufinden, welche Gebeine der damals von Gläubi gen geretteten sterblichen Überreste welcher Person zuzuordnen sind. Dennoch bin ich davon ausgegangen, dass in diesem für mich sehr bewegenden Moment ich auch den Überresten von Emmanuel Diaz selbst gegenübergestanden bin. Die Tatsache, was die Jesuiten-Missionare damals alles durchgemacht haben, um ihren Glauben zu verbreiten, beginnend von den schwierigen Umständen in einem sehr fernen Land mit einer völlig anderen Kultur und Sprache bis hin zum Versuch der endgültigen Vernichtung ihrer sterblichen Überreste und ihrem damit verbundenen endgültigen Auslöschen, haben mich tief bewegt. Ebenso die Tatsache, was der Glaube alles bewirken und welche Kräfte er freisetzen kann, vom Erlernen der schwierigen fremden Sprache und dem Anpassen an die fremde Kultur beginnend bis hin zum Einsatz des Lebens von mutigen Gläubi gen zum Retten der sterblichen Überreste der Missionare. Mein Beitrag zur Ehrung und Würdigung der umfassenden Bemühungen der Jesuiten-Missionare liegt jetzt hier als Buch vor.
Eindrücke vom katholischen Friedhof in Hangzhou/Beisetzungsort der Jesuiten-Missionare
Gedenkkapelle mit Urnenraum
Gedenkbogen mit Ausblick auf die Kapelle
Nachbildung des Grabsteins von Em manuel Diaz (Original während der Kulturrevolution zerstört)
Urnenraum der Gedenkkapelle
1
Einleitung
Anfang des 17. Jahrhunderts wurde in Xi`an die berühmte sogenannte „Nestori anische Stele“ entdeckt, auf der die erste offizielle christliche Mission nach China und die ersten Inkulturationsbemühungen1 des Christentums in China dokumentiert sind. Das Ziel des Buches ist es, die zeitgenössische Interpretation dieser neu entdeckten christlichen Stele aus den damaligen kulturellen und reli giösen Perspektiven der Jesuiten zu untersuchen und zu erklären. Während der späten Ming-Zeit (15.-17. Jahrhundert) begannen die Jesuiten ihre Mission in China. Es war eine hochintellektuelle Gruppe von Männern aus ganz Europa, die unter dem diplomatischen Schutz Portugals, aber dennoch unter ständiger Lebensgefahr, den katholischen Glauben ausbreitete. Ihre Missionstä tigkeit war von Anfang an von großen Schwierigkeiten begleitet und stieß oft mals auf Misstrauen und Ablehnung bei der chinesischen Bevölkerung. Die Entdeckung der Steintafel über die nestorianische Mission in Xi‘an durch Bau arbeiter in der Tianqi-Ära 天啟2 war daher für die Jesuiten-Missionare ein gro ßes „Evangelium“. Durch die Stele wurde bestätigt, dass der christliche Glaube schon eine lange Tradition in China hatte. Obwohl es sich dabei aus damaliger katholischer Sicht eigentlich nur um eine „Häresie“ des Christentums handelte, berichteten die Jesuiten über die Stele mit voller Begeisterung nach Europa und versuchten den Inhalt der Stele den Chinesen verständlich zu machen. Im Laufe der Zeit wurde der Text der Stele in mehrere europäische Sprachen übersetzt.
bezeichnet das Einbringen von Verhaltensmustern, Gedanken über Dinge oder Ansichten von einer Kultur in eine andere. Aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Inkulturation; Ein im 20. Jahrhundert neu geprägter und vor allem von der katholischen Missionstheologie gebrauchter Begriff, der die innerste Verwurzelung und Aneignung des Christentums in einer bestimmten Kultur bezeichnet. Unterschiede dazu sind dort gegeben, wo Kulturen einander friedlich und dialogisch begegnen, aber einander fremd bleiben, oder wo nur Einzelheiten des christlichen Glau bensgutes in die Sprache einer anderen Kultur „übersetzt“ werden. Es handelt sich mehr um ein Programm als um ein bereits gelingendes Geschehen. Die theologischen Fragen um den universalen Anspruch des Christentums und die Legitimität nichtchristlicher Religionen sind erst gestellt. Von den nichteuropäischen Kulturen her gesehen würde wirkliche Inkulturation des Christentums bedeuten, daß diese Kulturen ihre Identität in keiner Hinsicht preisgeben würden. Kirchengeschichtlich ist noch genauer zu prüfen, was die Hellenisierung, die Inkulturation in Rom, Gallien, Franken, Angelsachsen usw. für die Identität des Christentums bedeuteten. Zwar ist von der Kirchenleitung her mit dem 20. Jahrhundert ein Ende des „Exports“ des europäisierten Christentums prinzipiell möglich geworden, doch wirken bestimmte Faktoren (z. B. die europäische und vor allem römische Ausbildung „einheimischer“ Bischöfe oder die uniforme Normierung durch einen „Weltkatechismus“) ausgesprochen „gegenläufig“. Aus: http://theologie_de.deacademic.com/358/Inkulturation 2 Tianqi 天啟 ist der Äraname der Regierungszeit des Kaiser Xizongs 熹宗 der Ming Dynastie und umfasst die Jahre 1621-1627. 1Inkulturation
14
Jesuiten und Nestorianismus
Jesuiten wie Jacques Rho 羅雅谷3, Nicolas Trigault 金尼閣4, und Emmanuel Diaz 陽瑪諾 haben sich mit der Steintafel intensiv auseinandergesetzt. Diese Arbeit konzentriert sich auf die von Emmanuel Diaz verfasste Abhand lung Jingjiao liuxing Zhongguo Bei Zhengquan 景教流行中國碑正詮 (Authen tische Erläuterung zur Stele der Verbreitung der „Strahlenden Lehre“ im Reich der Mitte), in der der Verfasser mit seinen hervorragenden Kenntnissen der chi nesischen Sprache und der klassischen chinesischen Kultur den Inhalt der „Nes torianischen Stele“ in Einklang mit der römisch-katholischen Theologie zu bringen versucht hat, um die Argumente der eigenen Missionstätigkeit zu ver stärken. Die wesentliche Bedeutung der Abhandlung von Emmanuel Diaz ergibt sich aus folgenden Aspekten: Erstens, der ganze Text wurde in klassischem Chinesisch verfasst und hatte das Ziel dem chinesischen Publikum zu dienen. Zweitens, durch diesen Text versuchten die Jesuiten bewusst, den Inhalt über die ostsyrische Tradition des Christentums an die römisch-katholische Richtung anzupassen und umzuschreiben. Drittens, mit der Verwendung von Begriffen und Elementen aus der klassischen chinesischen Kultur und Philosophie war dieser Interpretationsversuch selbst in Wirklichkeit auch eine neue Inkulturationsbemühung des Christentums. 1.1 Inhalt des Projektes Die Forschungsarbeit besteht aus folgenden Hauptteilen: •
•
Historische Einführung in die Begegnungen des christlichen Glaubens und der chinesischen Kultur im Laufe der Geschichte vor der Neuzeit und in die Missionspraxis der Jesuiten in China in der späten Ming Zeit. Der geschichtliche Kontext wird in diesem Teil erörtert und es werden die Adaptationsmethoden der Jesuiten untersucht. Ebenso wird hier eine kurze Biographie von Emmanuel Diaz erarbeitet sowie die Geschichte der „Nestorianischen Stele“ und ihre Bedeutung dargestellt. Vollständige Übersetzung von Emmanuel Diaz Abhandlung aus dem klassischen Chinesisch ins Deutsche. Da Emmanuel Diaz ausgezeichne te Kenntnisse in der klassischen chinesischen Kultur und Sprache be saß, konnte er verschiedene Termini und Begriffe aus der chinesischen Tradition einsetzen und ein bemerkenswert hohes literarisches Niveau erreichen. Daher ist für die Übersetzung auch eine umfangreiche Unter
Jacques Rho 羅雅谷 (1593-1638), Jesuiten-Missionar aus Italien. Er spielte eine we sentliche Rolle bei der Kalenderreform in der späten Ming-Zeit. 4 Nicolas Trigault 金尼閣 (1577-1629), Jesuiten-Missionar aus Frankreich. Er war der erste Europäer, der die chinesischen Klassiker in die lateinische Sprache übersetzte. 3
Xin Hou
•
•
15
suchung in den Bereichen Religion, Philosophie, Literatur und Sprache erforderlich. Textanalyse der Abhandlung von Emmanuel Diaz. In diesem Teil wird vor allem die Auslegung der „Nestorianischen Stele“ durch Diaz unter sucht. Wie und mit welcher Absicht Emmanuel Diaz die Inschrift der Steintafel zitiert und interpretiert hat, spielt eine wesentliche Rolle. Damit kann erst festgelegt werden, wie die Jesuiten die Lehre der ostsy rischen Tradition zugunsten der eigenen Missionstätigkeit in China verwendet haben. Durch diese Untersuchung läßt sich die Adaptations methode der Jesuiten bei ihrer Mission besser begreifen. Schlussfolgerungen der Forschung.
1.2 Forschungsmethoden Bei der Übersetzung und Bearbeitung des Textes von Emmanuel Diaz ist die Inhaltsanalyse eine unersetzbare Methode. Die Literaturrecherche erfolgt so wohl mit primärer Literatur wie der Bibel und den von den Jesuiten auf Chine sisch verfassten Werken, als auch mit den schon bestehenden Forschungsergeb nissen als sekundärer Literatur. 1.3 Wissenschaftliche Bedeutung der Forschung Mit diesem Forschungsprojekt wird der von Emmanuel Diaz verfasste Text zum ersten Mal in eine europäische Sprache übersetzt, und dadurch wird dieser wichtige Text auch zum ersten Mal dem europäischen Forschungskreis und Publikum zugänglich gemacht. Diese Forschung wird es ermöglichen, sich auf der Basis der Textanalyse seiner Abhandlung, den Wahrnehmungen und Kenntnissen der Jesuiten vom soge nannten „Nestorianismus“, oder besser gesagt, vom chinesischen Christentums der Tang-Zeit (7. bis 9. Jahrhundert) anzunähern.
2
Historische Einführung
Die heutige Ausprägung und Situation des christlichen Glaubens in China führt auf die Zeit des ersten Opiumkriegesvon 1840 zurück, alsChina den westlichen Mächten unterlag und unter Zwang die Tore für die christliche Mission wieder öffnen musste. Zwischen dem christlichen Glauben und der chinesischen Kultur hat es jedoch im Laufe der Geschichte davorbereits nachweislich drei Begeg nungen gegeben: Die ostsyrische Mission in der Tang-Zeit, das Christentum – ostsyrisch und katholisch – in der Yuan-Zeit (13. bis 14. Jahrhundert) und die katholische Mission vom Ende der Ming-Zeit bis zum Anfang der Qing-Zeit (16. bis 17. Jahrhundert), die mit Unterbrechungen und ohne Zusammenhang aufeinander folgten und alle drei aus verschiedenen Gründen letztlich geschei tert sind. Manche Spuren weisen allerdings auf noch frühere christliche Missio nen in China hin. 2.1
Spuren der vermuteten christlichen Missionen vor der Ankunft der ostsyrischen Missionare Durch die Ausgrabung der sogenannten „Nestorianischen Stele“ und den au thentischen Beweis chinesischer historischer Dokumente ist es unumstritten, dass das Christentum bereits zur Tang-Zeit in China verbreitet war. Allerdings, wie der chinesische Forscher Gong Fangzhen glaubte: „Im neunten Jahr von Zhenguan 貞觀5 (635) kam Aluoben 阿羅本6 nach China, aber wir können es nicht als sicher annehmen, dass das ganze Christentum erst in diesem Jahr Chi na erreicht hat…“7 Eigentlich findet man sowohl in der westlichen (in lateini schen, griechischen und syrischen Texten) als auch der chinesischen Literatur die Spuren christlicher Missionen bereits vor dieser Zeit. 2.1.1 Die Legende der Mission des heiligen Thomas in Indien Unter den indischen Christen war eine Legende sehr weit verbreitet: Der heilige Thomas, einer der zwölf Apostel, soll von Jerusalem aus nach Babylon in Me sopotamien gereist sein und soll weiter per Schiff Malabar, die reichste Küsten stadt Südindiens, erreicht haben. Er soll dort das Evangelium verkündet, das Königshaus und das Volkbekehrt und schließlich mit einem HandelsschiffChi na erreicht haben. Er soll Kirchengebäude in der Hauptstadt errichtet und den Glauben verkündet haben. Danach soll er nach Indien zurückgekehrt und von Brahmanen ermordet worden sein. Ein Bischof von Malabar schrieb in seinem 5
Zhenguan 貞觀 ist der Äraname der Regierungszeit des Kaiser Taizongs 太宗 der Tang-Dynastie und umfasst die Jahre 627-649. 6 Nach der Inschrift der „Nestorianischen Stele“ war Aluoben 阿羅本 ein Missionar der ostsyrischen Kirche, der zum ersten Mal die christliche Lehre nach China gebracht hat. 7 Gong Fangzhen, Tangdai daqin jingjiaobei gu xuliya wenzi kaoshi (Textforschung und Übersetzung der altsyrischen Inschrift auf der Nestorianischen Stele), in: Zhonghua wenshi luncong, Vol. 1, Shanghai 1983, S. 1.
Xin Hou
17
Werk „Geschichte der Chaldäer“: „Das Evangelium des himmlischen Reiches breitete sich überall aus, erreichte sogar China … Chinesen … konvertierten zur wahren Lehre. All das war das Verdienst des heiligen Thomas.“8 Hauptbeweis für diese Behauptung sind zwei Absätze eines auf Syrisch verfass ten Gebetbuches von der Kirche in Malabar: „Durch den heiligen Thomas haben die Inder ihrer Götzenverehrung abge schworen; durch den heiligen Thomas konvertierten Chinesen und Äthiopier zur wahren Lehre; durch den heiligen Thomas wurde ganz Indien durch das Licht der Wahrheit des Lebens erleuchtet; durch den heiligen Thomas erhob sich das himmlische Reich in China. Inder, Chinesen, Perser, Syrer, Armenier, Georgier und Rhomäer beteten unse ren Erlöser Jesus Christus durch das Gedächtnis an den heiligen Thomas an.“9 Die zur späten Ming-Zeit nach China gekommenen Jesuiten Franz Xaver 沙勿 略10 und Matteo Ricci 利瑪竇11 glaubten beide dieser Theorie. Auf dieser Basis schrieb Matteo Ricci: „Durch die Materialien, die wir in biblischen Handschrif ten aus Malabar, die in chaldäischer Sprache (Syrisch) verfasst waren, gesam melt hatten … hat der heilige Thomas den christlichen Glauben persönlich nach China gebracht und hat tatsächlich Kirchengebäude in diesem Land errichtet.“12 Die Entstehung der Legende über die Mission des heiligen Thomas in China basierte einerseits auf der Tatsache, dass es in China Christen der ostsyrischen Tradition gegeben hat und andererseits der heilige Thomas der für die orientali sche Kirche verantwortliche Missionsbetreiber war. In Wirklichkeit aber wird in diesen beiden Aufsätzen nicht direkt erwähnt, dass der heilige Thomas in China war und Kirchengebäude in China errichtet hatte. Aus folgenden Gründen ziehen die meisten Forscher die Authentizität dieser Ansicht in Zweifel: •
8
Die katholischen Missionare, die vor den Jesuiten bereits zur Yuan-Zeit nach China gekommen waren, wussten davon überhaupt nichts. Der Franziskaner Johannes von Plano Carpini, der vom Papst als Gesandter zu den Mongolen geschickt wurde, und der Gesandte des französischen Königs Wilhelm von Rubruk erreichten die mongolische Hauptstadt
Vgl. Gu Weiming, Jidujiao yu jindai zhongguo shehui (Das Christentum und die neu zeitliche chinesische Gesellschaft), Shanghai 1996, S. 25. 9 Henry Yule, Cathay and the Way Thither, Vol. 1, London 1915, S. 101. 10Franz Xaver 沙勿略(1506-1552), bekannt als Heiliger Franz Xaver, war Mitbegrün der des Jesuiten-Ordens und einer der Wegbereiter der christlichen Mission in Ostasien. 11Matteo Ricci 利瑪竇 (1552-1610), Jesuiten-Missionar aus Italien. Er legte den Grund stein für die Missionsstrategie der Jesuiten, die überaus stark vom Inkulturationsversuch geprägt war und wird als einer der größten Missionare Chinas angesehen. 12 Matteo Ricci, Li Madou Zhongguo zhaji (China in the 16th Century: The Journals of Matthew Ricci, 1583-1610), Beijing 1990, S. 123.
18
Jesuiten und Nestorianismus
1246 beziehungsweise 1253. Beide erwähnten die Thomasmission nicht in ihren Büchern, die ihre Reisen nach China beschrieben.13Johannes von Montecorvino, der ebenfalls Franziskaner und päpstlicher Gesand ter war, und im Jahr 1307 zum ersten Bischof von Peking berufen wur de, sprach in seinen nach Rom gesandten Berichten kein Wort über die Thomasmission in China, obwohl er sich auf seinem Weg nach China sogar in der Kirche des heiligen Thomas in Malabar aufgehalten hatte. Hingegen schrieb er in einem Brief: „In diesen Gebieten (China) hat noch nie ein Apostel oder ein Schüler der Apostel den Glauben verkün det.“14 •
In keinen historischen oder literarischen chinesischen Werken finden sich ähnliche Aufzeichnungen.
•
Aus modernen Studien wissen wir, dass das „Gebetbuch“ aus Malabar erst im 13. Jahrhundert, wenn nicht später, entstand.
•
Durch die Studien A. C. Moules wurde geklärt, dass die Legende der Mission des heiligen Thomas erst im 15. Jahrhundert in der katholi schen Kirche in Südindien entstand und die Formulierungen über China in diesen Schriften auch erst nach der Zeit der katholischen Mission in China in der Yuan-Zeit hinzugefügt wurden.
Allerdings ist durch die Forschung über die alten Steleinschriften aus Indien und die aus dem 3. Jahrhundert stammende Biographie der Thomasmission feststellbar, dass das Christentum zur apostolischen Zeit tatsächlich bis ins an China angrenzende Nordindien verbreitet war. 2.1.2 Aufzeichnungen von Giuseppe Simone Assemani Der italienische Orientalist des 18. Jahrhunderts G. S. Assemani15 erwähnt in seinem aus drei Bänden bestehenden Manuskript auch die Mission des heiligen Thomas in China und ebenfalls die Mission des heiligen Bartholomäus in Indien und China.16 2.1.3
Die Hypothese der Ankunft des Christentums in China zur Zeit der drei Reiche
In den Büchern Liu Zigao shiji 劉子高詩集 (Gedichtsammlung von Liu Zigao) und Shensi lu 慎思錄 (Protokoll über das sorgfältige Nachdenken) wurde er 13
Vgl. Nigel Camcron, Barbarians and Mandarins, New York 1970, S. 33-51. A. C. Moule, 1550 nian qian de Zhongguo Jidujiaoshi (Christians in China before the Year 1500), Beijing 1984, S. 134. 15 Giuseppe Simone Assemani (1687-1768), italienischer Orientalist. Er unternahm im päpstlichen Auftrag Reisen durch Ägypten, den Libanon und Syrien, auf denen er zahl reiche orientalische Handschriften, Münzen etc. für die vatikanische Bibliothek sam melte. 16 Henry Yule, Cathay and the Way Thither, Vol. 1, London 1915, S. 101. 14
Xin Hou
19
wähnt, dass man während der Regierungszeit Hongwu 洪武17 in Luling in der Provinz Jiangxi ein riesiges Eisenkreuz entdeckt hatte. Die Inschrift wurde mit dem Äranamen Chiwu 赤烏18 datiert, der auf das Wu-Reich aus der Zeit der „drei Reiche“ (220-280) zurückging. Ein Satz der Inschrift lautet: „Das Volk empfängt große Gnade.“ Manche Forscher glauben, dass sich dieser Satz genau auf die Erlösung durch die Passion Christi bezieht.19 2.1.4 Aufzeichnungen von Arnobius Der römische Schriftsteller Arnobius20 erwähnt in seinem Werk „Adversus Gen tes“, das zwischen 304 und 310 entstand, dass das Evangelium Christi sich in Indien, Persien und Seres (der griechisch-römischen Bezeichnung für China) ausgebreitet hat.21 2.1.5 Berichte in der ostsyrischen Kirche In der Kirche des Ostens wurde darüber berichtet, dass Archaeus, der Patriarch von Seleukia-Ktesiphon, zwischen 411 und 415 in Heart, Zentralasien, eine Diözese errichtet hat, unter der China und Indien zusammengefasst wurden, und ebenfalls darüber, dass der zwischen 505 und 530 regierende Patriarch Silos in China einen Bischofssitz errichtet hatte.22 2.1.6
Aufzeichnungen in chinesischen Geschichtswerken
Im chinesischen Geschichtswerk Luoyang qielan ji 洛陽伽藍記 (Bericht über die buddhistischen Klöster in Luoyang)23, heißt es: „[Der Kaiser] brachte die Ausländer aus dem Westen, die nach China kamen, in der Yanci Herberge unter, und schenkte ihnen dann Häuser im Muyi-Bezirk. Aus diesem Grund wanderten 17
Hongwu 洪武 ist der Äraname der Regierungszeit des Kaiser Taizus 太祖 der Ming Dynastie und umfasst die Jahre 1368-1398. 18 Chiwu 赤烏 ist einer der Äranamen der Regierungszeit des Kaisers Sun Quans 孫權 und umfasst die Jahre 238-251. 19 Wang Zhixin, Zhongguo Jidujiao shigang (Grundriss der Geschichte des Christentums in China), Hongkong 1993, S. 27. 20 Arnobius (? – ca. 330), römischer Schriftschteller. Zunächst war Arnobius ein eifriger Bekämpfer des Christentums gewesen, wurde durch ein Traumgesicht aber zum christli chen Glauben bekehrt. 21 Vgl. Zhang Xinglang, Zhongxi jiaotong shiliao huibian (Sammlung der historischen Dokumente über die Kommunikation zwischen China und dem Westen), Beijing 1977, S. 123. 22 Vgl. Gu Weimin, Yesu mentu Duomo laihua chuanshuo de zongjiao yiyi (Die religiö se Bedeutung der Legende über die Mission von hl. Thomas in China), in: Shanghai jiaoyu xueyuan xuebao, Vol. 2, Shanghai 1993. S. 43. 23 Luoyang qielan ji 洛陽伽藍記 ist ein buddhistisches Geschichtswerk aus dem 6. Jahrhundert, das den Umbruch der Gesellschaft zu jener Zeit darstellt. Die Inhalte be treffen Geschichte, Geographie, Religion und Literatur.
20
Jesuiten und Nestorianismus
Menschen aus hunderten Ländern und Städten, sogar auch aus dem sehr ent fernten Daqin24, mit großer Freude nach China ein.“25 Es heißt weiter: „Mehr als 3000 Mönche aus hundert Ländern [kamen nach China]. Die am weitesten entfernten kamen aus Daqin, das am westlichen Ende der Erde liegt.“26 In einem weiteren chinesischen Geschichtswerk Zizhi tongjian 資治通鑒 (Zu sammengefasster Zeitspiegel zur Hilfe in der Regierung)27 heißt es im Band 147: „Im achten Jahr [der Ära] Tianjian 天監28 (509) erblühte der Buddhismus in Luoyang. Neben den chinesischen Mönchen gab es auch mehr als 3000 [Mönche] aus dem Westen. Der Wei-Kaiser errichtete extra für sie den Yong ming-Tempel.“ 2.1.7 Der Reisebericht von Cosmas Der in Alexandria geborene ostsyrische Christ Cosmas29, reiste zwischen 510 und 515 in den Orient. Er besuchte Sri Lanka, Malabar und andere indische Regionen. Er hat dabei vor Ort selbst die ostsyrische Gemeinde erlebt. In sei nem Werk „Universal Topographia Christiana“ wurde auch China erwähnt und als Tzinistan genannt. Er schrieb dazu: „Tzinistan liegt im fernsten Gebiet der linken Seite der Erde und der Ozean umschließt seine linke Seite.“30 Gong Fangzhen hielt diese Aufzeichnung aus folgenden Gründen für sehr be deutend:
24
•
In Bezug auf die geographische Lage Chinas ist diese Aufzeichnung wesentlich exakter als alle anderen Aufzeichnungen aus dem Westen zu jener Zeit.
•
Der Name Tzinistan stimmt mit Sinistan, der syrischen Bezeichnung Chinas, wie sie in der „Nestorianischen Stele“ vorkommt, fast vollstä
Daqin 大秦 war ursprünglich die chinesische Bezeichnung für das römische Reich, später dann für das byzantinische Reich und auch für das Gebiet im Nahen Osten, das einst zum römischen Reich gehört hatte. In der „Nestorianischen Stele“ ist Daqin als das Herkunftsland der Lehre bezeichnet. 25 Luoyang qielan ji, in Band 3 unter dem Titel puti si 菩提寺 26 Luoyang qielan ji, in Band 4 unter dem Titel yongming si 永明寺 27Zizhi Tongjian 資治通鑒 ist ein chinesisches Geschichtswerk mit annalistischem Charakter. Das Werk entstand in den Jahren 1065 bis 1084 und behandelt den Zeitraum von ca. 5. Jh. v. Chr. bis 10. Jh. n. Chr. in chronologischer Reihenfolge. 28 Tianjian 天監ist der erste Äraname der Regierungszeit des Kaiser Liang Wudis 梁武 帝 aus der Zeit der “Nord- und Süd-Dynastien” und umfasst den Zeitraum 502-519. 29 Kosmas, bekannt als Kosmas Indikopleustes, war ein spätantiker Schriftsteller und Reisender aus Alexandrien und Zeitgenosse Kaiser Justinians I. 30 Gong Fangzhen, Tangdai daqin jingjiaobei gu xuliya wenzi kaoshi (Textforschung und Übersetzung der altsyrischen Inschrift auf der Nestorianischen Stele), in: Zhonghua wenshi luncong, Vol. 1, Shanghai 1983, S. 4-5.
Xin Hou
21
dig überein. Wahrscheinlich hat die Schreibweise Tsinistan im Griechi schen phonetisch besser entsprochen. Daher glaubte Gong Fangzhen, dass Cosmas entweder selbst in China gewesen sein musste oder dies zumindest von anderen ostsyrischen Christen, die nach China gereist waren, erfahren haben musste. Diesem Ansatz kann meines Er achtens durchaus viel abgewonnen werden. 2.1.8 Aufzeichnungen von Prokopios Der byzantinische Geschichtsschreiber Prokopios31 schrieb davon, dass zur Zeit des Kaisers Justinus (Justin I., 518-527) einige christliche Mönche, die aus In dien gekommen waren oder sich auch einige Zeit in China aufgehalten hatten, Seidenwürmer nach Konstantinopel gebracht haben.32 2.1.9 Die Grabinschrift „Zhai tusuo muzhi“ 翟突娑墓誌 Dieser Grabstein stammt aus der Sui-Dynastie (581-618). Es heißt darauf: „Sei ne Hoheit namens Tusuo, …der Vater namens Suomoke, war ein großer sa bao.“33 Für diese Inschrift gibt es verschiedene Erklärungen. Gong Fangzhen und Zhou Xiefan glauben, dass tusuo eine phonetische Übersetzung des persischen Wortes tarsa ist, das auf der „Nestorianischen Stele“ als Dasuo übersetzt war. Die ur sprüngliche Bedeutung des Wortes ist: „Einer, der Ehrfurcht vor Gott hat“. Spä ter wurde es für die Bezeichnung der Mönche in der Kirche verwendet. Daher kamen die zwei Forscher zum Schluss, dass Zhai Tusuo ein Christ war, der vor der Ankunft Aluobens in China lebte.34 Xiang Da allerdings hielt an der Mei nung fest, dass Tarsa ein Wort war, das Gläubige anderer, nicht-buddhistischer, Religionen bezeichnete. Zusätzlich ist Zhai Tusuos Vater ein „Großer sabao“ein mazdaistischer Bischof, daher musste er ein Anhänger des Mazdaismus gewesen sein.35 Obwohl keine absoluten Beweise der christlichen Mission in China vor der Tang-Zeit vorliegen, können wir auf Grundlage der oben erwähnten Materialien nicht ausschließen, dass es solche Missionen tatsächlich gegeben hat. 31
Prokopios von Caesarea (ca. 500- ca. 562) war ein spätantiker griechischer bzw. früh byzantinischer Historiker. Er gilt als der letzte große Geschichtsschreiber der Antike. 32 Vgl. Zhang Xinglang, Zhongxi jiaotong shiliao huibian (Sammlung der historischen Dokumente über die Kommunikation zwischen China und dem Westen), Beijing 1977, S. 51-52. 33 Vgl. Zhou Xiefan, Zhongguo de jidujiao (Christentum in China), Beijing 1996, S. 27 28. Sabao war die Bezeichnung für die Geistlichen des Mazdaismus. 34 Gong Fangzhen, Tangdai daqin jingjiaobei gu xuliya wenzi kaoshi (Textforschung und Übersetzung der altsyrischen Inschrift auf der Nestorianischen Stele), in: Zhonghua wenshi luncong, Vol. 1, Shanghai 1983, S. 3. 35 Xiang Da, Tangdai Chang’an yu xiyu wenmin (Chang´an in der Tang-Zeit und die Zivilisation in Serindien), Beijing 1957, S. 90-91.
22
2.2
Jesuiten und Nestorianismus
Das Christentum in der Tang-Zeit in China
2.2.1 Kirche des Ostens („Nestorianismus“) Die ostsyrische Kirche wird auch als „assyrische Kirche“ und heute allgemein als die „Kirche des Ostens“ (Church of the East) bezeichnet. Es ist ursprünglich die Kirche des Perserreiches. Heute hat sie ihren Mittelpunkt im Irak. Der grö ßere Teil von ihr hat sich im 16. Jahrhundert der katholischen Kirche ange schlossen und nennt sich „Chaldäische Kirche“. Der abwertende Begriff „Nes torianismus“ sollte heute nicht mehr verwendet werden. Mit der Lehre des Nes torius hat die Kirche des Ostens nur insofern etwas zu tun, als sie die Beschlüs se des Römischen Reichskonzils von Ephesus, das den Patriarchen Nestorius von Konstantinopel 431 absetzte und seine Lehre verurteilte, nicht rezipiert hat. Sie hatte sich als Kirche des Persischen Reiches schon zuvor, 424 in der Synode des Katholikos Dadisho von Seleucia-Ktesiphon, gegenüber der Römischen Reichskirche für selbständig erklärt. Und zwar vor allem aus politischen Grün den. Nestorius wurde in Syrien geboren. Er war sehr gebildet und redegewandt und strebte nach einem enthaltsamen Leben. Im Jahr 427 wurde er vom oströmi schen Kaiser Theodosius II. zum Patriarchen von Konstantinopel berufen. In Ägypten war die Verehrung Marias als Gottesgebärerin damals bereits sehr po pulär, und als ein ägyptischer Mönch diesen Titel auch in Konstantinopel pro pagierte, bestritt Nestorius dass Maria als „Mutter Gottes“ oder „Gottesgebäre rin“ verehrt werden dürfe, und wollte ihr als Mutter des Menschen Jesus nur den Titel „Christusgebärerin“ zugestehen. Das war Ausgangspunkt für die ge samte weitere Auseinandersetzung um die Christologie. Bischof Cyrill von Ale xandrien, der der Hauptgegner von Nestorius war, lehrte im Gegensatz dazu, dass sich die Gottheit und die Menschheit in Jesus Christus zu der einen Natur des fleischgewordenen Wortes vereinigt hätten. Christus sei wahrer Gott und zugleich wahrer Mensch. Da Jesus auch Gott ist, könne man Maria auch als „Mutter Gottes“ und „Gottesgebärerin“ bezeichnen. Ebenso ließen sich die Lei den und die Auferstehung Christi auch als Leiden und Auferstehung Gottes verstehen. Diese Sichtweise Cyrils wurde als rechtgläubig anerkannt und 451 durch das Konzil von Chalcedon im Sinne der hypostatischen Union der beiden fortbestehenden Naturen in einer einzigen Person modifiziert und verdeutlicht. Nestorius lehrte zwar auch, dass Christus wahrer Gott und zugleich wahrer Mensch ist. Er sah jedoch diese Einheit in der Vereinigung des ewigen Gottes sohnes nicht nur mit einer menschlichen Natur, sondern mit dem Menschen Jesus Christus begründet. Dadurch hatte er aber die Menschheit von der Gott heit Christi getrennt und verselbständigt. Seine Theorie scheint auf die Vereini gung von zwei verschiedenen Personen hinauszulaufen. Cyrill verbündete sich mit Papst Coelestin I., und es gelang ihm auch die Unter stützung des Kaisers zu erlangen. Im Jahr 431 wurde die Theorie von Nestorius
Xin Hou
23
beim Konzil von Ephesos als Häresie verurteilt. Nestorius wurde exkommuni ziert und im Jahr 435 in die Wüste Ägyptens verbannt.36 Die Anhänger des Nestorius wurden unterdrückt und vertrieben. Daher flüchte ten sie allmählich nach Osten und fanden Aufnahme in der ostsyrischen Kirche des Perserreiches. Die Lehre des Nestorius spielte dort zwar keine besondere Rolle, aber die Kirche Persiens hat die Beschlüsse des römischen Reichskonzils von Ephesus eben nicht übernommen und Nestorius sogar unter ihre Heiligen gezählt. Auf dieser Basis betonte die Kirche im Perserreich auch ihre Unabän gigkeit von der Kirche des Römischen Reiches. Von der übrigen Christenheit wurde sie daher als „nestorianisch“ und häretisch bezeichnet, so natürlich auch noch von den katholischen Missionaren. Das von ihr verkündete Christentum als „Nestorianismus“ zu bezeichnen ist abwertend und irreführend, war aber bis in jüngste Zeit üblich.37 Leider hat dieser polemische Begriff allgemein Eingang in die nicht-theologische wissenschaftliche Literatur gefunden. Die „Kirche des Ostens“, wie sie sich heute selbst nennt, war sowohl vor als auch nach der ara bischen Eroberung des Perserreiches im Bereich der christlichen Mission sehr aktiv. Im Laufe der Geschichte errichtete sie in Zentral- und Ostasien zahlreiche Diözesen. In ihrer Blütezeit war ihr Einfluss sogar allen anderen Richtungen des christlichen Glaubens weit voraus. Wir wollen die Begriffe „nestorianisch“ und „Nestorianismus“ im Folgenden nach Möglichkeit vermeiden und stattdessen von „ostsyrisch“ oder von der „Kirche des Ostens“ sprechen. Für die sogenann te „Nestoranische Stele“ könnte man auch den Begriff „Christliche Stele von Xi’an“ einführen. Aber aufgrund der Tatsache, dass sich der Begriff der „Nesto rianischen Stele“ in der Literatur allgemein durchgesetzt hat, werde ich diesen, unter Anführungszeichen gesetzt, auch in meiner Arbeit weiterhin verwenden. 2.2.2 Die ostsyrische Mission in der Tang-Zeit Im 7. Jahrhundert erreichte die von Persien ausgehende ostsyrische Mission schon ganz Zentralasien und verbreitete sich weiter nach Osten. Gemäß der Inschrift der „Nestorianischen Stele“ traf der Missionar Aluoben (der erste Mis sionar der ostsyrischen Kirche, der nach China gelangt ist) 635 schließlich in der damaligen chinesischen Hauptstadt Chang’an (Xi’an) ein. Aluoben wurde vom Kaiser Taizong sehr freundlich empfangen. Dieser schickte seinen Kanzler Fang Xuanling 房玄齡 in die Westvorstadt der Hauptstadt, um Aluoben von dort bis zum kaiserlichen Innenhof zu begleiten. Im Jahr 638 erließ der Kaiser ein Edikt, dem zufolge ein Daqin-Tempel38 im Yining- Bezirk der Hauptstadt errichtet wurde. Dies gilt als Beginn der ostsyri 36
Vgl. Zhu, Qianzhi: Zhongguo jingjiao (Nestorianismus in China), Beijing 1993, S. 1 28. 37 Erst 1994 wurde die Christologie der Kirche des Ostens von der Katholischen Kirche in einer gemeinsamen Erklärung offiziell als rechtgläubig anerkannt. 38 Daqin-Tempel war die Bezeichnung für die Kirchengebäude der ostsyrischen Kirche in der Tang-Zeit.
24
Jesuiten und Nestorianismus
schen Mission in China. Seit diesem Zeitpunkt wurde die ostsyrische Kirche von der Tang-Regierung offiziell anerkannt und toleriert und konnte dem kaiser lichen Edikt nach überall ausgeübt werden. Bis zur Zeit der Errichtung der „Nestorianischen Stele“ im Jahr 781 hat die ostsyrische Kirche eine mehr als 140jährige Geschichte in China hinter sich und hat dann ein goldenes Zeitalter erreicht39. Jedoch war dieser Erfolg nur oberflächlich. Statt von der christlichen Lehre in der Tat begeistert und überwältigt zu sein, ist der Grund für den prunkvollen Empfang für den ersten ostsyrischen Missionar Aluoben durch den Kanzler sowie die Bevorzugung durch mehrere Tang-Kaiser der ostsyrischen Kirche gegenüber eigentlich auf die politische Lage im damaligen Zentralasien zurück zuführen. Es ist anzunehmen, dass die ostsyrische Mission natürlich im Auftrag des Patriarchen in Seleukia-Ktesiphon erfolgte, aber gleichzeitig auch unter dem Schutz des persischen Schahs stand. Angesichts der rasanten islamischen Expansion zu jener Zeit, war es sowohl für Persien als auch für China von gro ßer Bedeutung, ein strategisches Bündnis gegen die gemeinsame Bedrohung zu schließen. Vermutlich war Aluoben nicht nur ein einfacher Missionar, der den christlichen Glauben im Reich der Mitte verkünden durfte, sondern zugleich ein diplomatischer Gesandter des letzten persischen Königs, Yazdegerds III. Nach dem das persische Sassanidenreich untergegangen war40 und die islamische Expansion Zentralasien erreicht hatte, verlor die ostsyrische Mission in China zunehmend an ihrer politischen und diplomatischen Bedeutung. 845 war die Kirche des Ostens mit einer dramatischen Änderung der chinesischen Religi onspolitik konfrontiert, an der sie letztlich im Reich der Mitte zugrunde ging. In diesem Jahr erließ der Kaiser Wuzong (Regierungszeit 840-846) sein bekann tes Edikt, in welchem der Buddhismus verboten wurde. Auch alle anderen Reli gionen, die eine ausländische Herkunft hatten, wie das ostsyrische Christentum, der Manichäismus usw. waren davon gleichermaßen betroffen. Seit dieser Zeit war die Spur der Kirche des Ostens in Zentralchina für mehr als 200 Jahre nicht mehr zu sehen, sie war nur mehr bei nationalen Minderheiten in den Grenzge bieten vertreten. Obwohl sich die ostsyrische Mission sehr bemüht hatte, sich an die chinesische Kultur anzupassen, hatte sie unter der einheimischen Bevölke rung nur einen geringen Einfluss entwickeln können.41 Aus der ostsyrischen Mission in der Tang-Zeit sind zahlreiche christliche Texte auf Chinesisch entstanden, darunter auch die berühmte „Nestorianische Stele“. Diese gelten als die ältesten christlichen Texte in China und sind wichtige Be 39
Vgl. mit der Inschrift der „Nestorianischen Stele“. Jing Jing, Daqin jingjiao liuxing Zhongguo bei, Xi’an, 2006. 40 Nach den Niederlagen gegen die Araber von 638 und 642 und der Ermordung Yadz degerds III. 651 fand der persische Hof Zuflucht und Aufnahme in China. Rückerobe rungsversuche blieben aber erfolglos. 41 Vgl. Zhu, Qianzhi: Zhongguo jingjiao (Nestorianismus in China), Beijing 1993, S. 29-68.
Xin Hou
25
weise für die ersten Inkulturationsbemühungen des christlichen Glaubens in China. 2.2.3 Die„NestorianischeStele“undihre Bedeutung Die vollständige Bezeichnung der „Nestorianischen Stele“ lautet: „Stele der Verbreitung der strahlenden Lehre im Reich der Mitte: Eulogie und Vorwort“. Die Stele wurde im Jahr 781 errichtet und wurde im Jahr 1622 oder 1625 in der Vorstadt von Xi’an wiederentdeckt.42 Die „Nestorianische Stele“ beinhaltet die wichtigsten christlichen Glaubenssät ze und Merkmale: Die Existenz Gottes – „Ewig und wahrhaft still, [war er] zu Urbeginn, [jedoch] ohne Ursprung; abgrundtief [als] All [wird er] zum letzten Ende von transzen denter Existenz [sein].“ Die Dreifaltigkeit – „[Wer könnte] dies sein außer der sublime Körper unserer Dreieinigkeit, [der, der] ohne Ursprung [ist und] der wahre Herr: aluohe?“. „Der Teilungskörper unserer Dreieinigkeit, der Lichtverehrte mishihe“ Die Schöpfung – „[Er] maß das Zeichen ‚Zehn’ aus und legte dadurch die vier [Himmels]richtungen fest; [er] hat den Uratem in Rührung gebracht und [dadurch] die beiden Grundprinzipien entstehen lassen. Dunkel und Leere wan deln sich, und Himmel und Erde öffnen sich; Sonne und Mond geraten in Be wegung, und Morgen und Abend werden [somit] erschaffen. Mit Geschick er schuf [er] die zehntausend Dinge, richtete den ersten Menschen auf, gewährte ihm insbesondere Zufriedenheit, machte [ihm] den Ozean der Schöpfung unter tan.“ Die Versuchung des Teufels und der Sündenfall – „Darauf säte Satan seine Falschheit aus, vermischte die Essenz [des Menschen], [und damit] bricht auf, dass der Friede in dieser Wahrheit [Gottes] groß ist, zeichnet sich ab, dass die Dunkelheit in jener Falschheit [Satans überall] in gleichem [Maße] ist.“ Die Inkarnation und die jungfräuliche Geburt – „Da wurde der Teilungskör per unserer Dreieinigkeit, der lichtverehrte Mishihe, seine verborgene wahre Macht entfaltend, gleich den Menschen [und] erschien in der Welt. Göttliche Wesen verkündeten die freudige Nachricht, [dass] ein unverheiratetes Mädchen im [Lande] Daqin einen Heiligen geboren [habe]. Ein strahlender Stern zeigte heilvolle Zeichen an, und Persien, als es das Strahlen gesehen hatte, kam um Gaben darzubringen.“
42
Anderen Quellen zufolge (nach dem französischen Jesuiten-Missionar Pater Etienne Faber (1597 – 1657) wurde auch behauptet, dass die Stele in der Kreisstadt Zhouzhi wiederentdeckt wurde. Die verschiedenen Angaben über Zeit und Fundorte der Wieder entdeckung basieren auf verschiedenen und gleichermaßen glaubwürdigen historischen Quellen. Daher ist deren Authentizität schwer zu verifizieren.
26
Jesuiten und Nestorianismus
Die Erlösung – „[Er] regelte den Heilsweg der acht Bereiche, läuterte Staub zur Wahrheit, stieß das Tor der drei Ewigkeiten auf, setzte das Leben ein, vernichte te den Tod. [Er] hing sich [als] strahlende Sonne [ans Firmament] um das Reich der Dunkelheit zu zerstören, und die teuflischen Lügen fielen darauf alle in sich zusammen. [Er] ruderte das Schiff des Mitleids hinauf in den Palast des Lichts, [und] die Seelenbegabten wurden daraufhin erlöst.“ Auferstehung und Himmelfahrt Christi – „[Nachdem er] das Mögliche dann vollbracht hatte, stieg [er] zur vollen Mittagsstunde zur Wahrheit auf.“ Des Weiteren beinhaltet sie andere Kennzeichen des christlichen Glaubens wie: Das Neue Testament – „An Heiligen Texten blieben siebenundzwanzig Grup pen zurück.“ Das Kreuz – „Als Siegel haben sie das Zeichen ‚Kreuz’“ Fasten – „[Ihre] Fasten[gewohnheiten bestehen im] Bezwingen ihrer Geistesak tivitäten Gebet und Gottesdienst – „Siebenmal [am Tage] verehren und lob preisen [sie und] sind ein großer Schutz für die Lebenden und die Toten, alle sieben Tage bringen [sie] Opfer dar, reinigen [sie ihren] Geist [und] bringen [diesen somit] zur Einfachheit zurück.“43 Außerdem wurde in der Stele die Geschichte der ostsyrischen Mission von 635 bis 781 aufgezeichnet. Unter allen Dokumenten von der ostsyrischen Mission, die auf Chinesisch verfasst wurden, ist die „Nestorianische Stele“ unumstritten das wichtigste. Sie hinterlässt nicht nur wichtige Aufzeichnungen über die Ge schichte der ostsyrischen Mission in China, sondern ist auch das früheste Er gebnis der Inkulturationsbemühungen des christlichen Glaubens in China. Da her stand sie seit ihrer Ausgrabung im Mittelpunkt des Forschungsinteresses. In der Forschung über die „Nestorianische Stele“ lassen sich zwei Richtungen unterscheiden: Die eine betrachtet die Stele eher aus einem archäologischen Blickwinkel und überprüft anhand der Untersuchung des Ausgrabungsortes, der Ausgrabungszeit sowie der Steleform und der Schriftart der Inschrift ihre Au thentizität. Die andere, zu der die meisten Forschungen gehören, erklärt den Inhalt der Stele aus Sicht der Linguistik, Theologie und besonders der Ge schichte und Kirchengeschichte. In der Stele wird der entscheidende Punkt, der den Unterschied zwischen der ostsyrischen Tradition und dem Mainstream des christlichen Glaubens angeb lich ausmacht, gar nicht behandelt, nämlich das Verhältnis zwischen der Gott heit und der Menschheit Christi. Daher sind auch keine Widersprüche zur rö misch-katholischen Lehre zu finden. Das ermöglichte es den Jesuiten, den In halt der Stele zugunsten der eigenen Mission zu verwerten und zu ergänzen (zum Beispiel durch das Hinzufügen der Marienverehrung). 43
Vgl. Gu Weimin, Jidujiao yu jindai zhongguo shehui (Das Christentum und die neu zeitliche chinesische Gesellschaft), Shanghai 1996, S. 32.
Xin Hou
27
Für die damaligen Jesuiten war die Entdeckung der sogenannten „Nestoriani schen Stele“ ein großes „Evangelium“. Die Stele konnte aus ihrer Sicht zu der Rechtfertigung der Jesuiten-Mission und zur Änderung der chinesischen Hal tung dem christlichen Glauben gegenüber dienen, da sich die Chinesen in ho hem Maße und mit großem Stolz an ihren alten Traditionen orientierten. 2.3 2.3.1
Das Christentum in der Yuan-Zeit Die ostsyrische Mission in der Yuan-Zeit
Nach ihrem Untergang in China am Ende der Tang-Zeit zieht sich die ostsyri sche Kirche ins Grenzgebiet von West- und Nordchina sowie nach Zentralasien zurück. Dies wurde durch Anfang des 20. Jahrhunderts von deutschen Expediti onen in Turfan entdeckte Dokumente sowie die in der heutigen Inneren Mongo lei und Xinjiang gefundenen Grabsteine ostsyrischer Christen belegt. Im 11. Jahrhundert konvertieren einige Mongolenstämme zum ostsyrischen christlichen Glauben. Darunter die mächtigen Kerait und Ongut. Seit der Zeit Dschingis Khans heirateten Mitglieder des Herrscherhauses oft Frauen der christianisierten mongolischen Stämme. Dadurch gewann die ostsyrische Kir che immer größeren Einfluss im Herrscherhaus der Mongolen. 1279 besiegten die Mongolen die von den Han-Chinesen gegründete südliche Song-Dynastie (1127-1279) und eroberten schließlich ganz China. Während des Eindringens der Mongolen verbreitete sich die ostsyrische Kirche wieder in China. Statt der in der Tang-Zeit verwendeten Bezeichnung jingjiao 景教 (Strahlende Lehre) wurde das Christentum der Kirche des Ostens während der von den Mongolen gegründeten Yuan-Dynastie als yelikewen (Arkagun)44 bezeichnet, was auf Mongolisch „Glückseligkeit besitzend“ hieß. Die Yuan-Regierung ge währte ostsyrischen Christen verschiedene Privilegien wie Steuererleichterun gen und Wehrdienstbefreiungen. Es wurde auch ein Amt mit der Bezeichnung chongfu yuan 崇福院 gegründet, um die Kirchenangelegenheiten zu verwalten. Mit der Unterstützung und Förderung des Herrscherhauses erfuhr die ostsyri sche Kirche wieder eine Blütezeit in China, und zahlreiche Kirchengebäude entstanden im ganzen Land.45 2.3.2 Die katholische Mission in der Yuan-Zeit Die immer weiter in den Westen reichende mongolische Eroberung war der Anlass der Ankunft der katholischen Missionare in China zu dieser Zeit. Beim 44
Manche Forscher wie Zhu Qianzhi glaubten, dass yelikewen 也裡可溫 eine phoneti sche Transkription auf Mongolisch ist, die aus dem hebräischen „Elohim“ (Gott) kommt. 45 Chen Yuan, Chen Yuan shixue lunzhuxuan (Gesammelte geschichtswissenschaftliche Abhandlungen von Chen Yuan), Shanghai 1981, S. 438-470.
28
Jesuiten und Nestorianismus
letzten Feldzug 1240-1241 eroberten die Mongolen Kiew und drangen in Polen, Schlesien, Ungarn und Österreich ein. Allein wegen innerer Streitigkeiten unter der Militärführung der Mongolen blieb Westeuropa verschont. Die Stärke der Mongolen erschreckte jedoch die Europäer. Europa befand sich zu dieser Zeit in einer sehr instabilen Phase: Die Spaltung in der Kirche, der Machtkampf zwi schen Päpsten und Kaiser, die Kreuzzüge gegen die Muslime im Osten – all das hat Europa geschwächt. 1243 wurde Innozenz IV. zum neuen Papst gewählt. Er forderte die christlichen Abendländer auf, sich zu verbünden, um sich gemeinsam gegen die Bedrohung der Mongolen zu verteidigen. Gleichzeitig sorgte er für die Erweiterung der Missionstätigkeit der Franziskaner und Dominikaner und bereitete die Kontakt aufnahme mit den heidnischen Stämmen und Ländern in Asien, insbesondere den Mongolen, vor. Damit sollte nicht nur die Gefahr weiterer Kriegszüge der Mongolen in Europa gebannt, sondern auch ein Bündnispartner gegen den im mer weiter vorrückenden Islam gefunden werden. Darum wurde 1245 bei der Synode von Lyon die Entscheidung getroffen, Franziskaner als Gesandte zu den Mongolen zu schicken. Der italienische Franziskaner Johannes von Plano Car pini46 wurde zu einem Gesandten berufen. Im Jahr 1253 schickte auch der französische König Ludwig IX. einen anderen Franziskaner, Wilhelm von Rubruk47, als Gesandten zu den Mongolen. Rubruk hat beim mongolischen Herrscher vergeblich angesucht, im Mongolischen Reich missionieren zu dürfen und musste wieder nach Europa zurückkehren. Der richtige Anfang der katholischen Mission im damals noch unter mongoli scher Herrschaft stehenden China geht auf die Ankunft von Johannes von Mon tecorvino 1294 in China zurück. Der Yuan-Kaiser hat es ihm genehmigt, in Chi na zu missionieren. 1307 wurde er von Papst Clemens V. zum Erzbischof von Peking ernannt. Später wurden auch andere Diözesen in verschiedenen Provin zen errichtet.48 Der Aufschwung der christlichen Lehre in China (ostsyrische und katholische Richtungen) zu dieser Zeit war aber eigentlich nur oberflächlich, da das christli che Denken und die chinesische Kultur kaum in Berührung gekommen sind. Der Grund dafür ist, dass die Yuan-Dynastie eine von den Mongolen, einer no madischen Minderheit, gegründete Herrschaft war, unter welcher die Mehrheit der Bevölkerung des Reiches, nämlich die Han-Chinesen, unterdrückt und dis kriminiert wurden. Die mongolischen Herrscher haben die gesamte Bevölke rung in vier Klassen eingeteilt: Die erste Klasse sind die Mongolen, die zweite 46
Johannes von Plano Carpini (1185-1252), italienischer Franziskaner, der vor allem durch seine Missionsreise in die Mongolei bekannt wurde. 47 Wilhelm von Rubruk (1215-1270), französischer Franziskaner und Forschungsreisen der, der als einer der ersten Europäer die Kultur der Mongolen studierte. 48 Vgl. A. C. Moule, 1550 nian qian de Zhongguo Jidujiaoshi (Christians in China be fore the Year 1500), Beijing 1984, S. 128-136.
Xin Hou
29
Klasse die semu-Menschen49, die dritte Klasse die han-Menschen50 und die vierte Klasse die Süd-Menschen51. Chinesen, die die absolute Mehrheit der Bevölkerung ausmachten, gehörten ausschließlich zu der 3. und 4. Klasse. Sie wurden wirtschaftlich, politisch und rechtlich systematisch benachteiligt und diskriminiert. Dadurch ist eine un überwindbare Barriere zwischen den mongolischen Herrschern und der Gesell schaft und Kultur der Chinesen entstanden. Aus den historischen Materialien ergibt sich eindeutig, dass die christliche Mis sion nur auf die führenden Mongolen und die semu-Menschen abzielte und der christliche Glaube nur unter ihnen verbreitet wurde. Von Inkulturationsbemü hungen und Mission in Bezug auf die Mehrheit der Chinesen finden sich zu dieser Zeit kaum Spuren. Die Begünstigung der Christen (ostsyrisch und katho lisch) in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht durch die mongolische Herr schaft hat viel zur Ablehnung des christlichen Glaubens beigetragen. Genau aus diesem Grund wurde der christliche Glaube von der Mehrheit der Chinesen als Verbündeter der „Barbaren“ (Mongolen und semu-Menschen) betrachtet. Es ist daher auch gut zu verstehen, dass der christliche Glaube als ein Bestand teil der barbarischen Kultur angesehen wurde und nach der Gründung der Ming Dynastie, die das Bestreben nach der Wiederherstellung der „wahren“ chinesi schen Kultur und Tradition repräsentiert, zufolge des Zerfalls der mongolischen Yuan-Dynastie aus dem Blick der Menschen verschwunden ist, bevor eine rich tige Begegnung und ein Austausch mit der Hauptströmung der chinesischen Kultur stattgefunden hatte. Der amerikanische Kirchenhistoriker Kenneth Scott Latourette hat den Misser folg der ostsyrischen und katholischen Mission in der Yuan-Zeit in seinem Buch A History of Christian Missions in China mit einem Satz zusammengefasst: Selbst wenn die ostssyrische Lehre China nicht erreicht hätte und die Franzis kaner nicht von der römisch-katholischen Kirche nach China gesandt worden wären, würden sich die Chinesen und die chinesische Kultur kaum von der heu tigen unterscheiden.52
49
semu 色目 bedeutet „farbige Augen“. Zu dieser Klasse gehören die anderen nomadi schen Stämme in Nordchina außer den Mongolen und Ausländer aus Zentral- und West asien, sowie Europa. 50 han-Menschen 漢人 bezieht sich auf Einwohner aus dem Jing-Reich 金 vor der mon golischen Eroberung. 51 Als Süd-Menschen 南人 werden Einwohner verstanden, die aus dem von Han Chinesen gegründeten Song-Reich 宋 in Südchina kommen und erst zuletzt von den Mongolen erobert wurden. 52 Vgl. Gu Weimin, Jidujiao yu jindai zhongguo shehui (Das Christentum und die neu zeitliche chinesische Gesellschaft), Shanghai 1996, S. 23.
30
2.4
Jesuiten und Nestorianismus
Das Christentum in China in der Ming-Zeit
2.4.1 Historische und kulturelle Hintergründe Ab dem 15. Jahrhundert änderte sich das gesamte Weltbild grundlegend. Die Osmanen eroberten 1453 Konstantinopel, wodurch das tausendjährige byzanti nische Reich zugrunde gegangen ist. So kamen die Osmanen in dauerhafte Be rührung und in Konflikte mit Europa. In Zentralasien entsteht unter dem bruta len Herrscher Timur Lenk ein von den islamisierten Mongolen gegründetes Riesenreich in dem alle anderen Religionen nicht toleriert und verfolgt wurden. Die traditionelle Route für Handel und Kulturaustausch, die Seidenstraße, war blockiert. Jedoch ermöglichten die Entwicklungen und Fortschritte in den Bereichen der Wirtschaft, Wissenschaft, Technologie sowie Politik und Religion sowohl in China als auch in Europa, dass trotz dieser Hindernisse der wirtschaftliche und kulturelle Austausch zwischen Europa und China in einem bis dahin noch nie gegebenen Ausmaß stattfanden. 2.4.1.1 Europa In Europa haben zufolge von Renaissance und Humanismus im 15. und 16. Jahrhundert grundlegende Veränderungen und rasante Entwicklungen in den Bereichen Kunst, Philosophie, Naturwissenschaft, Politik und Religion stattge funden. All das führte zur Entstehung einer neuen Lebensanschauung und einer neuen geistigen Kraft und war unabhängig von der traditionellen kirchlichen Autorität und mündete im 16. Jahrhundert in der Reformation. Der Einfluss der katholischen Kirche wurde durch die Reformation nicht nur im Bereich der Religion geschwächt, sondern auch in wirtschaftlicher und politi scher Hinsicht. Durch die Reformen innerhalb der katholischen Kirche versuch te sie ihre Autorität in Europa wiederherzustellen und ihren Verlust durch die Missionsbemühungen in außereuropäischen Ländern auszugleichen. Dieses Bestreben ergänzte sich ideal mit den wirtschaftlichen Ambitionen und Han delsinteressen der aufstrebenden Kaufmannszunft. So beginnt ein neues Zeitalter der spanischen und portugiesischen Kolonialbe strebungen, die gleichzeitig von wirtschaftlichen Interessen und religiösen Mo tiven gekennzeichnet waren. Die großen geographischen Entdeckungen ermöglichten den Europäern nun über das Kap der guten Hoffnung in den Orient zu gelangen. Die Sehnsucht nach der hoch entwickelten materiellen Zivilisation im Orient, die durch die Reiseberichte von Marco Polo ausgelöst wurde, ging schließlich in Erfüllung. 2.4.1.2 China Nach dem Zerfall der mongolischen Yuan-Dynastie strebte die neue Ming Herrschaft nach einer Wiederherstellung der chinesischen Kultur und Tradition.
Xin Hou
31
Durch die prächtigen Flotten von Admiral Zheng He gelang es ihr nicht nur, ihren Einfluss auf die südostasiatischen Länder auszuüben, sondern auch Kon takt mit dem indischen Subkontinent und sogar der ostafrikanischen Küste auf zunehmen. Jedoch war dieseoffizielle strategische Machtdemonstration nur von kurzer Dauer. Seit dem 15. Jahrhundert setzte das Ming-Regime für die Zivilbevölke rung ein strenges Generalverbot für Seefahrt und Überseehandel bis 1567 durch, das aus folgenden Überlegungen umgesetzt wurde: •
Japanische Piraten trieben ihr Unwesen vor der chinesischen Küste und die Diplomatie mit Japan versagte.
•
Man fürchtete die Restauration der ehemaligen nach Übersee geflüchte ten Separat-Regime.
Wegen der Vernachlässigung der Verteidigung musste diese Politik 1567 zum Teil geändert werden. Zur Zeit der Ankunft der Jesuiten befand sich China knapp vor einem Dynas tiewechsel von Ming zu Qing (Mandschu), einer chaotischen und instabilen Situation. Aber dieser Zeitabschnitt hat eine spezielle Bedeutung in der chinesi schen Geschichte. Es gelang China zu dieser Zeit, massive Fortschritte in Wirt schaft, Handel, Kultur, Wissenschaft und Technik zu erzielen. Der französische Sinologe Jacques Gernet hat diese Fortschritte zusammengefasst53: •
Rasante Entwicklung der auf Silberbarren als Zahlungsmittel basieren den Handelswirtschaft und des Überseehandels
•
Fortschritte der Produktionstechnik in fast allen Branchen (Landwirt schaft, Textil– und Porzellanproduktion, Drucktechnik usw.)
•
Gesellschaftliche Änderungen und Entwicklung des Stadtlebens, Ent wicklung der Händlerschicht
•
Blütezeit der chinesischen Literatur vor allem in den Bereichen der Romanliteratur und des Theaters
•
Zunahme wissenschaftlicher und technischer Abhandlungen
Außerdem trat eine durch die Anhänger der Donglin-Akademie repräsentierte neue Kraft, die voll kritischem und reformatorischem Geist war, in die Politik. Es war eine Zeit, die durch Neugier, Innovation und eine gewisse Meinungs freiheit gekennzeichnet war. Unter den Gelehrten, die im damaligen China die führende Rolle innegehabt haben, bestand großes Interesse an allen Wissen schaften und an der Technik, was zu einer großen Forschungswelle führte. Dadurch wurde für dieMissionare ein hervorragendes Umfeld geschaffen und die Möglichkeit eröffnet, den Chinesen die Wissenschaften, die Philosophie und den Glauben des Abendlandes zu vermitteln.
53
Jacques Gernet, Christus kambisnach China, Zürich/München 1984, S. 235.
32
Jesuiten und Nestorianismus
Zufolge der Ankunft der Jesuiten und ihrer Missionstätigkeit kamen die chinesi sche und europäische Kultur zum ersten Mal richtig in Berührung. Dadurch wurde ein umfassender Austausch zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Kulturen ermöglicht. Fang Hao schrieb dazu: „Von der Ankunft Matteo Riccis bis zum Religionsverbot für das Christentum in China im 18. Jahrhundert hatte sich der Kulturaustausch zwischen China und dem Westen schon in einem ge waltigen Maße vollzogen. Die moderne Astronomie, Kalender, Mathematik, Physik, Medizin, Philosophie, Geographie, Wasserwirtschaft, Architektur, Mu sik, Malerei usw. aus dem Westen – all diese wurden zu dieser Zeit nach China verbreitet. Andererseits fingen die Europäer auch zu dieser Zeit mit der Über setzung der chinesischen Klassiker an, erforschten die Entwicklung des Konfu zianismus und des chinesischen Kultursystems. Die Einflüsse aus China auf die Bereiche Politik, Literatur und auf das tägliche Leben in Europa traten auch zu dieser Zeit in großem Maße in Erscheinung.“54 Der chinesische Forscher Shen Dingping hat fünf Merkmale des Kulturaustau sches zwischen China und Europa zu dieser Zeit zusammengefasst55: •
Seine Auswirkungen betrugen mehr als zwei Jahrhunderte, nämlich von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Beginn der französischen Revo lution 1789.
•
Die Missionare, die von Europa nach China kamen, waren von großer Anzahl, und ihre Nationalitäten waren sehr repräsentativ.
•
Die Missionstätigkeit der Missionare beschränkte sich nicht nur auf die Hauptstädte56, den Süden und Zentralchina, die kulturell und wirtschaft lich weit entwickelt waren, sondern fand auch bis hin zu den abgelege nen Grenzgebieten statt. Ihre Auswirkungen erstreckten sich auf die meisten Gebiete Chinas.
•
Die Jesuiten, die zu dieser Zeit als Hauptträger des Kulturaustauschs gewirkt haben, verfügten über ein sehr hohes Bildungsniveau und aus serordentliche Kenntnisse in den Wissenschaften. Dies schuf die Grund lage für einen tiefgehenden Austausch. Obwohl dieser Austausch am Anfang durch materielle Sehnsüchte ge prägt war, erstreckte er sich jedoch später auf die Inkulturation auf der geistigen Ebene.
•
54
Fang Hao, Zhongguo tianzhujiaoshi renwu zhuan (Biographien der historischen Per sönlichkeiten des Katholizismus in China), Hongkong/Taizhong 1967, S. 7-9. 55 Shen Dingping, Mingqing zhiji zhongxi wenhua jiaoliou shi, Mingdai: tiaoshi yu huitong (Geschichte des Kulturaustauschs zwischen China und dem Westen in den Ming und Qing Zeiten, Ming Dynastie: Adaptation und Übereinstimmung), Beijing 2001, S. 136-155. 56 Zur Zeit der Ming-Dynastie hatte China mit Peking (Hauptsitz) und Nanking (Beisitz) zwei Hauptstädte.
Xin Hou
2.4.2
33
Die Jesuiten-Mission
2.4.2.1 Der Jesuitenorden Der Jesuitenorden wurde am 1. August 1534 von Ignatius von Loyola57 als Societas Jesu, SJ (Gesellschaft Jesu) gegründet und 1540 von Papst Paul III. genehmigt. Die Jesuiten spielten eine bedeutende Rolle bei der Gegenreforma tion. Als ein neu gegründeter Orden bot er der Reform innerhalb der katholi schen Kirche neue Kräfte und Geister an. Sie setzten sich intensiv für die For schung und Wissenschaft ein und wirkten intensiv im Kampf gegen die „Häre sie“. Sie strebten nach der Rückkehr der von Rom abgekehrten Länder und Ge biete und missionierten mit Begeisterung und Überzeugung in Übersee, um die durch die Reformation erlittenen Verluste für die katholische Kirche auszuglei chen. Für ihre Mission gründeten sie im Zuge der Gegenreformation Ordens häuser. Die Seelsorge in den Herrscherhäusern bescherte ihnen auch einen ge wissen politischen Einfluss. Die Ansprüche an das Bildungsniveau ihrer Mitglieder waren sehr hoch. Ein Jesuit musste, bevor er ein vollständiges Mitglied des Ordens werden konnte, eine fünfzehnjährige Ausbildung inklusive Praxis absolvieren. Der Inhalt dieser Ausbildung ging weit über das Studium der Bibel und Theologie hinaus und beinhaltete zahlreiche Fächer der Geistes- und Naturwissenschaften, weshalb sie anderen Orden gegenüber in vielen Bereichen überlegen waren. Vor allem bei der Mission in China hatten sie dadurch die Möglichkeit, die Führungs- und Oberschicht zu beeindrucken und auch zu beeinflussen, sowie einen Wissen schaftsaustausch voranzutreiben.58 2.4.2.2 Ankunft der Jesuiten in China 1542 landete der Mitbegründer des Jesuitenordens Franz Xaver im indischen Goa, das damals das wichtigste Missionszentrum und Bischofssitz war. Mit der Idee, den christlichen Glauben auch nach Fernost zu bringen, ging er von dort aus nach Japan. Während seines zweijährigen Aufenthaltes in Japan wurde ihm schließlich bewusst, dass Japan sehr von China abhängig war und seine Kultur auch tief in der chinesischen Kultur verwurzelt war, da er bei seiner Missionstä tigkeit in Japan oft mit der Frage konfrontiert wurde, warum die Chinesen nicht zum christlichen Glauben konvertiert seien. Dadurch realisierten die Jesuiten, dass China für die katholische Mission in Fernost von großer Bedeutung war. Sobald die Chinesen bekehrt wären, würde es bei der Bekehrug anderer Völker in dieser Region keine Schwierigkeiten mehr geben. Nach China zu kommen und in China zu missionieren, wurde zum wichtigsten Bestreben der Jesuiten in Fernost. 57
Ignatius von Loyola (1491-1556), geboren in einem baskischen Adelsgeschlecht, war der wichtigste Mitbegründer und Gestalter des Jesuitenordens. 58 Vgl. Peter C. Hartmann, Die Jesuiten, München 2001, S. 9-59.
34
Jesuiten und Nestorianismus
Jedoch haben auch Eroberer aus Portugal und Spanien versucht in China einzu dringen und dadurch bewirkt, dass eine große Abneigung und großes Misstrau en gegen die Europäer entstand. Damit wurde es auch für die Missionare sehr schwierig, nach China einzureisen, und so gelang es Franz Xaver nicht, in Chi na zu missionieren. Er starb 1552 auf einer kleinen Insel vor der chinesischen Küste. Mit dem Tod von Franz Xaver ging die Idee der Jesuiten, in China zu missionie ren, nicht unter. Sie bereiteten sich im damals von Portugal besetzten Macau auf ihre Mission vor und studierten dort die chinesische Kultur und Sprache. Die langjährigen Vorbereitungsarbeiten und Bemühungen waren die Basis dafür, dass es ihnen schließlich gelang, in China missionieren zu können – durch seine Gewandtheit in der chinesischen Sprache und seine ausgezeichneten Kommuni kationstechniken erhielt Ruggieri 1583 als erster Jesuit die offizielle Genehmi gung, sich in China aufzuhalten.59 2.4.2.3 Missionspolitik und –praxis der Jesuiten in China Nach ihrer Niederlassung in China waren die Jesuiten auch mit den hohen kul turellen Ansprüchen konfrontiert, genauso wie die Vermittler anderer Religio nen in der chinesischen Geschichte. Eine fremde Religion, die von außen ein dringen wollte, konnte sich nicht in China verwurzeln, wenn keine Anpassung an die Struktur der chinesischen Kultur stattfand. Anders als die von Gewalt und Zwang gekennzeichnete katholische Mission in anderen Ländern zu jener Zeit beruhte die Jesuiten-Mission in China auf einer friedlichen Methode. Die chine sische Kultur, der die Missionare begegneten, basierte auf einer langen Ge schichte und Tradition. Die Höhe und der Erfolg, die die chinesische Kultur bereits erreicht hatte, standen der westlichen Kultur um nichts nach. Das chine sische Denken über die Gesellschaft, die Geschichte und die Natur war sogar in vielerlei Hinsicht noch fortschrittlicher als das westliche. Dies unterschied sich erheblich von allen Erfahrungen, die die Missionare in anderen Gebieten der Welt gemacht hatten. Gegenüber einer so hoch entwickelten Kultur und Gesell schaft war es den Missionaren nicht möglich, mit denselben einfachen und oft auf Gewalt und Zwang beruhenden Methoden wie in anderen Ländern vorzuge hen. Die Jesuiten haben realisiert, dass wenn der christliche Glaube als eine fremde Ideologie in der chinesischen Gesellschaft verwurzelt und zum Keimen ge bracht werden sollte, man die chinesische Sprache, Kultur und Denkweise sys tematisch studieren muss. Die Jesuiten stellten sich dieser Herausforderung und entwickelten für China ein spezielles Missionskonzept. Sie setzten auf einen weitreichenden Kulturaus
59
Vgl. George H. Dunne, Cong Li Madou dao Tang Ruowang: Wanming de Jesuhui chuanjiaoshi (Generation of giants: The story of the Jesuits in China in the last decades of the Ming dynasty), Shanghai 2003, S. 3-16.
Xin Hou
35
tausch mit den chinesischen Gelehrten und waren damit allen anderen katholi schen Orden weit voraus. Forscher beobachteten diesen Kulturaustausch aus verschiedensten Perspektiven. Die dafür verwendeten Begriffe waren sehr viel fältig, wie folgende Beispiele verdeutlichen: Akkommodation, Adaptation, Ak kulturation, Inkulturation, Assimilisation, Synkretismus, Begegnung und so weiter. Das spezielle Konzept der Jesuiten ist im Einzelnen durch folgende Merkmale geprägt: 1) Meistern der chinesischen Sprache Chinesisch zu lernen war für die Jesuiten ein besonders wichtiges Anliegen. Dadurch wollten sie tiefe Einblicke in chinesische Kultur, Brauchtum, Tradition und Gesellschaftssysteme gewinnen, um eine Interaktion und eine erfolgreiche Kommunikation mit der herrschenden Gelehrtenklasse zu erreichen, die sie vom christlichen Glauben überzeugen wollten, und um das Evangelium im ganzen Land verkünden zu können. Aus dieser Motivation heraus scheuten sie keine Mühe, die chinesische Sprache und Kultur mit großem Fleiß sich anzueignen. Viele von ihnen konnten nicht nur die chinesischen Klassiker lesen, mit den chinesischen Gelehrten über Kultur, Philosophie usw. diskutieren, sondern sogar auch Artikel und Bücher auf gehobenem Niveau verfassen. Zahlreiche Jesuiten-Missionare hatten eine große Fertigkeit in der chinesischen Sprache erlangt. Matteo Ricci zum Beispiel war der chinesischen Sprache und Kultur so verbunden, dass er 1608, zwei Jahre vor seinem Tod, mehrere gram matikalische Fehler machte, als er einen Brief in seiner italienischen Mutter sprache verfasste.60 2) „Stumme Methode“ – Verfassen und Druck von Büchern Ein entscheidender Punkt, der die Jesuiten-Mission kennzeichnete und einige Zeit lang viel zu ihrem Erfolg beitrug, war das Verfassen und der Druck von zahlreichen Büchern. Diese seit Michele Ruggieri 羅明堅61 und Matteo Ricci eingesetzte Strategie war eine Folge der Anpassungsbemühungen der Jesuiten an die chinesische Kultur und Tradition. Bald nach ihrer Ankunft in China be merkten die Jesuiten schon, dass die Chinesen großen Wert auf Bücher legten, und Bücher spielten bei der Wissensverbreitung eine entscheidende Rolle. Alle philosophischen Denkrichtungen, verschiedene Religionen, die Regierung und Privatpersonen nutzten Bücher als das wirksamste Werkzeug, um ihre Ideen und Vorstellungen zu vermitteln. Sogar viele wichtige wissenschaftliche Debatten wurden über Bücher ausgetragen. Bücher und Artikel waren unter den chinesi schen Gelehrten auch eine wichtige Plattform, um Meinungen auszutauschen, 60
Jean Charbonnier, Zhongguo jidutushi (Histoire des Chrétiens de Chine), Beijing 1998, S. 3. 61 Michele Ruggieri 羅明堅 (1543-1607), Jesuiten-Missionar aus Italien, Verfasser des ersten Katechismus in der chinesischen Sprache, wird auch als einer der ersten europäi schen Sinologen angesehen.
36
Jesuiten und Nestorianismus
Verbindungen zu knüpfen, Gesinnungsgenossen zu finden und sogar Freund schaften zu schließen. Matteo Ricci hat diese Besonderheit der chinesischen Kultur sehr gut erkannt und schrieb dazu: „Die Chinesen sind sehr neugierig auf Bücher, die Neues beinhalten. Und andererseits besteht die chinesische Schrift aus Piktogrammen, wodurch bei den Chinesen Eleganz, Seriosität und eine besondere Kraft ihrer Sprache vermittelt wird.“62 „Alles was in Büchern gedruckt wird, wird in China für die Wahrheit gehalten.“63 Auch Pater Alfonso Vagnoni 王豐肅64, erkannte die wichtige Rolle, die das Buch damals spielte: „…bei den Chinesen haben Bücher mehr Überzeugungskraft und machen die Lehre verständlicher als Dis pute über unser Gesetz.“65 Für die Jesuiten waren Bücher daher noch wichtiger für die Verkündung der christlichen Lehre, die wegen ihrer Unbekanntheit und ihrem Unterschied zu der chinesischen Kultur von den Chinesen sehr bezweifelt wurde. Matteo Ricci schrieb: „Was die Lehre des katholischen Glaubens betrifft, reicht eine mündli che Vermittlung nicht aus. Die Chinesen glauben eher an Bücher.“66 Außerdem war die Missionstätigkeit der Jesuiten durch die chinesische Regierung auf gro ße Städte und die Kerngebiete des Kaiserreiches beschränkt. In den übrigen Gebieten bestand ein Reiseverbot für die Missionare. Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten der Missionare bei der Einreise, konnten Bücher diese Gebiete ohne Probleme erreichen. Die Macht der Bücher, die überall eindringen konn ten, war unvergleichlich. „Die Wahrheit des Glaubens konnte gut in den Text eingepackt werden und dringt ins Herz der Leser ein, und die Vermittlung ist noch wirksamer als auf mündlichem Wege.“67 Überdies wurde den Missionaren eine Tatsache bewusst: Vergleichbar mit der lateinischen Sprache im mittelalterlichen Europa, war das klassische Chinesisch auch eine Kultur- und Forschungssprache im gesamten ostasiatischen Raum. So sind die auf Chinesisch verfassten Bücher in Länder wie Korea, Japan und Viet nam gelangt.68 Daher war das Verfassen von Büchern auf Chinesisch von zu sätzlicher Bedeutung. 62
Matteo Ricci, Li Madou quanji (Fonti Ricciane), Taipei 1986, Band 1, S. 139. Matteo Ricci, Li Madou quanji (Fonti Ricciane), Taipei 1986, Band 1, S. 220. 64 Alfonso Vagnoni 王豐肅 (1566-1640), Jesuiten-Missionar aus Italien. Er verfasste zahlreiche Werke zu den Themen Theologie, Philosophie, Ethik und Naturwissenschaft in der chinesischen Sprache. 65 Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich / München 1984, S. 11. 66 Matteo Ricci, Li Madou quanji (Fonti Ricciane), Taipei 1986, Band 2, S. 531. 67 Henri Bernard-Maitre, Tianzhujiao shiliu shiji zaihua chuanjiaoshi (Aux portes de la Chine: les missionnaires du seizième siecl ), Taipei 1964, S. 109. 68 Vgl. Jean Charbonnier, Zhongguo jidutushi (Histoire des Chrétiens de Chine), Beijing 1998, S. 168. 63
Xin Hou
37
Aus den oben genannten Überlegungen verfassten die Jesuiten zahlreiche Bü cher. Diese Bücher beschränkten sich nicht nur auf theologische Themen, son dern behandelten auch viele andere Bereiche wie Philosophie, Ethik, Technik und Naturwissenschaft. Beim Verfassen von Artikeln und Büchern auf Chinesisch gab es bei den Missi onaren drei verschiedene Varianten: •
Missionare diskutieren und chinesische Gelehrte schreiben,
•
Missionare und chinesische Gelehrte schreiben gemeinsam als Co Autoren,
•
Missionare schreiben selbst und chinesische Gelehrte korrigieren.
Zu jener Zeit herrschten bei den Jesuiten auch sehr strenge Regeln für die Veröf fentlichung von Büchern. Alle Bücher durften erst nach dreimaliger Überprü fung gedruckt werden. Mit dieser „stummen“ Methode konnten die Jesuiten große Erfolge erzielen. Zahlreiche chinesische Gelehrte konvertierten zum „Herrn des Himmels“ nach dem sie die Bücher der Jesuiten gelesen hatten. 3) Ablehnung des Buddhismus und Übereinstimmung mit dem Konfuzia nismus Im Laufe ihres Aufenthaltes in China und durch ein sorgfältiges Studieren der chinesischen Gesellschaft wurde es den Jesuiten nach und nach bewusst, dass die konfuzianischen Gelehrten zu jener Zeit die herrschende Kraft in China waren. So haben sie sich entschlossen, der Lehre anderer Religionen keine Aufmerksamkeit zu schenken. Darüber hinaus haben sie vor allem dem Bud dhismus gegenüber eine überaus ablehnende und kritische Haltung eingenom men. Die von ihnen ausgehenden Angriffe und die Kritik gegen den Buddhismus hatte zwei Gründe: Einerseits die Konkurrenz und Unvereinbarkeit der Glau bensinhalte und andererseits das Streben nach Übereinstimmung mit dem ideo logischen Trend der damaligen chinesischen Gelehrtenklasse. Zu jener Zeit entstand unter vielen chinesischen Gelehrten69 die Meinung, dass die so genannte lixu 理學 (die Lehre der Prinzipien) kein richtiger klassischer Konfuzianismus wie im Altertum mehr ist und vom buddhistischen Einfluss „befleckt” wurde. Sie sehnten sich danach, die Lehre des klassischen Konfuzia nismus wiederzufinden. Die Jesuiten waren bemüht, durch eine möglichst starke Übereinstimmung mit der konfuzianischen Lehre und eine gleichzeitige Ableh nung des Buddhismus das Vertrauen und die Sympathie der chinesischen Ge lehrten zu gewinnen. Es war eine durchaus geschickte Strategie, dass die Jesuiten der konfuziani schen Lehre gegenüber tolerant blieben – ohne direkte und offene Kritik. Im 69
Vgl. Qian Maowei, Mingdai shixue de licheng, Peking 2003, S. 116
38
Jesuiten und Nestorianismus
merhin war der Konfuzianismus die offizielle Ideologie des damaligen China. Seine Autorität wurde von allen Schichten der chinesischen Gesellschaft aner kannt und war auch die bedeutendsteTradition des Landes, die entscheidenden Einfluss auf die chinesische Kultur ausübte. Angriffe und Kritik gegen den Kon fuzianismus bedeutete für die Chinesen zu jener Zeit auch eine Ablehnung der chinesischen Kultur. Hätten die Jesuiten diese Strategie nicht eingesetzt und gleichzeitig gegen alle in China verbreiteten Lehren bzw. Glaubensrichtungen opponiert, wären sie in eine wesentlich ungünstigere Lage geraten und die Mis sion wäre wahrscheinlich im Keim erstickt.70 Allerdings muss man auch die Tatsache anerkennen, dass die Jesuiten, die da mals sehr aktiv nach Übereinstimmungen zwischen der konfuzianischen Lehre und dem christlichen Glauben suchten, dies nicht nur ausOpportunismus für die Missionsarbeit getan haben, sondern dass viele von ihnen tatsächlich in gewis sem Maße Sympathie für den Konfuzianismus empfunden haben. Matteo Ricci schrieb dazu in einem Brief: „Das höchste Ziel und die Absicht des Konfuzia nismus liegt am Frieden und an der Ordnung des Landes. Ebenso werden die finanzielle Sicherheit der Familie und die moralische Entwicklung des Indivi duums erwartet. Alle Belehrungen weisen die Menschen zu diesem Ziel hin und entsprechen vollständig der wahren Lehre des christlichen Glaubens und dem Gewissen.“71 Die Ablehnung des Buddhismus durch die Jesuiten-Missionare war jedoch sehr subjektiv. Der französische Forscher Jacques Gernet schreibt dazu: „Es wäre jedoch unrichtig, zwischen Buddhismus, Daoismus und Konfuzianismus genau zu unterscheiden, wie das die Missionare taten, die dachten, es handle sich um verschiedene Religionen und Philosophien. Der Buddhismus wurde in China im Zeichen der klassischen Tradition verstanden und ausgelegt, und da den Chine sen der Sinn fürs Systematische fehlt, waren die Wände zwischen den verschie denen Lehren viel durchlässiger als im Abendland.“72 In Wirklichkeit hatte je doch vor allem die buddhistische Lehre mehr Übereinstimmung mit dem christ lichen Glauben. Nachdem die chinesischen Gelehrten mehr Kenntnisse über die christliche Lehre erlangt hatten, jubelten sie nicht mehr mit blinder Begeiste rung über die scheinbare Übereinstimmung zwischen ihrer konfuzianischen Lehre und dem aus dem fernen Westen kommenden neuen Glauben. Nach und nach haben sie festgestellt, dass es zwischen der christlichen und der buddhisti schen Lehre eine große Ähnlichkeit gab und glaubten dann: Das Christentum ist nur eine schäbige Kopie und eine Verdrehung des Buddhismus. 4) Benutzen von chinesischen Klassikern Den Jesuiten wurde nach und nach bewusst, dass die chinesischen Klassiker bei der Einführung des Christentums in China sehr hilfreich sein können. Viele 70
Vgl. Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich / München 1984, S. 31. Matteo Ricci, Li Madou quanji (Fonti Ricciane), Taipei 1986, Band 1, S. 104. 72 Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich / München 1984, S. 259. 71
Xin Hou
39
chinesische Gelehrte suchten damals nach dem „verlorenen Geheimnis“ aus dem Altertum, durch das die Gesellschaft, die Politik und die Religion gut funk tionierten. Die Missionare glaubten, dass sie Spuren der Offenbarung in den alten Klassikern gefunden hätten. Sie wollten sich dies zunutze machen und die chinesischen Gelehrten durch die „richtige“ Auslegung der chinesischen Ge schichte und Tradition des Altertums zum wahren Glauben führen. Einerseits suchten sie die Ideen der alten Klassiker heraus, die mit dem christli chen Glauben übereinstimmten, andererseits benutzten und adaptierten sie Be griffe und Ausdrücke aus den alten Klassikern, um die Überzeugungs– und An ziehungskraft der christlichen Lehre bei den chinesischen Gelehrten zu erhöhen. Der französische Jesuit Pater Joachim Bouvet 白晉73, der erst später nach China kam, schrieb 1697: „Nichts auf der Welt ist geeigneter, Herz und Geist der Chi nesen für unsere heilige Religion zu disponieren, als ihnen zu zeigen, wie sehr diese mit den Grundsätzen ihrer alten und klassischen Philosophie überein stimmt.“74 5) Vermittlung der europäischen Technologie und Wissenschaften Ein großes Verdienst der Jesuiten, durch das sie auch die Zuneigung und das Interesse der chinesischen Gelehrten gewannen, war die Vermittlung der westli chen Wissenschaft und Technik. Der Ausgangspunkt und die wichtigste Überlegung der Missionare waren dabei, durch die Seriosität und Präzision der westlichen Wissenschaften wie Mathema tik und Astronomie, die Glaubwürdigkeit der christlichen Lehre zu verstärken. Wenn die Theorien und Lehren, die sie über die Wirklichkeit vermittelt haben, verständlich und präzise sind, dann können die Chinesen auch an ihre Lehre über die Existenz des Schöpfergottes, Engel, Dämonen, Hölle und Paradies glauben. Aus der Sicht der Jesuiten sollten das weltliche Wissen und die geistige Lehre im Einklang stehen. 6) Bestreben nach positiver Interaktion mit der Oberschicht Die chinesischen Gelehrten stellten die wichtigste Zielgruppe der Jesuiten Mission dar. Nach einigen Jahren der Missionspraxis in China waren die Missi onare von einer Idee überzeugt: In der Anfangsphase waren qualitative Aspekte von wesentlich größerer Bedeutung als quantitative. Ebenso realisierten sie die große Bedeutung, die die konfuzianischen Gelehrten in der Gesellschaft hatten. Sie betonten die Notwendigkeit, zuerst einige hochrangige konfuzianische Ge lehrte zu bekehren, um durch deren Macht und Einfluss andere Menschen über zeugen zu können. Es gelang ihnen mit dieser Strategie auch tatsächlich, promi
73
Joachim Bouvet 白晋 (1656-1730), Jesuiten-Missionar aus Frankreich. 1684 wurde er vom französischen König Ludwig XIV auserwählt und als Gesandter und Missionar nach China geschickt. 74 Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich / München 1984, S. 37.
40
Jesuiten und Nestorianismus
nente Gelehrte wie Li Zhizao 李之藻75 oder Xu Guangqi 徐光啟76 zum Kon vertieren zu bewegen, die dannvielzur Akzeptanz und Verbreitung der christlichen Glaubenslehre in China beigetragen haben. 2.4.2.4 Die Reaktion der Chinesen Obwohl sich die Missionare bemüht haben, die christliche Lehre in Überein stimmung mit dem Konfuzianismus zu erklären, erwies sich dennoch der Unter schied in Kultur und Tradition, Gesellschaft und politischem System als un überwindbar groß. Ihre Missionstätigkeit konnte daher nur einen beschränkten Erfolg erzielen. Von Anfang an war die chinesische Reaktion zwiespältig. Die wenigen chinesischen Gelehrten, die zum christlichen Glauben konvertiert wa ren, sympathisierten deshalb mit den Christen, weil sie deren Lebensweise und ihre moralischen Bestrebungen sowie deren Wissensstand beeindruckten. Sie betrachteten auch alle technischen und wissenschaftlichen Errungenschaften des Abendlandes, die durch die Missionare nach China gelangten, als zur christlichen (westlichen) Lehre gehörig. Der christliche Glaube war für sie eine Quelle einer neuen kulturellen und moralischen Bewegung. Die Mehrheit der chinesischen Gelehrten lehnte den christlichen Glauben je doch aus folgenden Gründen ab:
75
•
Sie sahen im christlichen Glauben eine große Gefahr für die konfuziani sche Ethik. Vor allem kritisierten sie, dass der Herr des Himmels ein gemeinsamer Vater war und man somit mit der eigenen Obrigkeit und den Eltern gleichgestellt wurde. In diesem Punkt bestand ein grundle gender Unterschied zwischen dem christlichen Glauben und der chine sischen Kultur. Während im Christentum die Gleichgewichtigkeit aller Menschen vor Gott den wichtigsten ethischen Wert darstellt, bevorzugt die chinesische Ethik viel mehr die Bewahrung von Hierarchie und Ordnung.
•
Sie stützten sich auf die konfuzianische Kosmologie und beharrten da rauf, dass der Himmel ein Naturgott und kein Personengott war und kri tisierten heftig die „Unvernunft“ der christlichen Lehre, wie die Schöp fung oder die Dreifaltigkeit.
•
Ihre Wachsamkeit gegenüber einer kulturellen und religiösen Unter wanderung durch die Jesuiten machte sie sehr skeptisch. Dies hing mit den historischen Gegebenheiten der damaligen Zeit, nämlich den Ein
Li Zhizao 李之藻 (1571-1630), chinesischer Gelehrter und kaiserlicher Beamter der Ming-Dynastie. Er war einer der ersten chinesischen Konvertierten zum christlichen Glauben und Co-Autor zahlreicher von Jesuiten auf Chinesisch herausgegebener Werke. 76 Xu Guangqi 徐光啟 (1562-1633), chinesischer Gelehrter und Minister der Ming Dynastie. Er war einer der ersten chinesischen Konvertierten zum christlichen Glauben und enger Vertrauter und Unterstützer der Jesuiten-Missionare.
Xin Hou
41
dringungsversuchen der Kolonialmächte, wie Portugal, Spanien oder Holland zusammen. Bei der ersten richtigen Begegnung der westlichen und der chinesischen Zivili sation zwischen der Ming- und Qing-Zeit war es unvermeidbar für den christli chen Glauben, in Auseinandersetzungen mit der chinesischen Kultur zu geraten, da beide auch ihre Identität und Besonderheit zu bewahren hatten. Erik Zürcher bemerkte aus der damaligen chinesischen Perspektive, dass die christliche Mission in China zwei sich widersprechende Richtungen hatte. Ei nerseits versuchte die christliche Mission eine Übereinstimmung (Adaptation) mit dem Konfuzianismus zu erreichen. Andererseits verkündet das Christentum als Offenbarungsreligion eine teilweise außerhalb der Vernunft stehende mysti sche Lehre. Kern dieser Lehre ist der der personale Gott. Er übt direkten Ein fluss auf die Entwicklung der Menschheit aus. Obwohl die Missionare als Ver künder dieser Lehre unermüdlich bestrebt waren, gegenseitige Anerkennung mit den konfuzianischen Gelehrten zu erreichen, waren sie dabei dennoch an ihren Missionsauftrag gebunden. Erik Zürcher glaubte, dass dieser immanente Widerspruch und nicht die äußeren Umstände, wie die Abneigung chinesischer Gelehrter oder Beamter oder der Ritenstreit, dazu geführt hat, dass der christliche Glaube zu jener Zeit in China nur eine Außenseiterrolle gespielt hat.77
77
Erik Zürcher, Giulio Aleni et ses relations avec le milieu des lettres chinois au XVIIe siecle, in: Venezia e I'Oriente, Florenz 1987, S. 107-135.
3
3.1
Die Abhandlung von Emmanuel Diaz zur „Nestorianischen Ste le“ Emmanuel Diaz – Person und Werke
3.1.1 Zur Person Emmanuel Diaz wurde 1574 in Castel Blanco geboren. Er trat 1592 den Jesui ten bei. 1601 reiste er nach Goa, der ehemaligen portugiesischen Kolonie in Indien, dem katholischen Missionszentrum für Asien und erhielt dort seine theo logische Ausbildung. 1610 traf er in China ein. Zuerst unterrichtete er Theologie in Macau, wurde aber 1611 nach Shaozhou gesandt. Dort arbeitete er mit Pater Gaspard Ferreira 費奇觀78 zusammen. Aufgrund ihrer erfolgreichen Missionstätigkeit wurden die Jesuiten von den buddhistischen Mönchen und chinesischen Gelehrten beneidet, und sie zogen nach Nanxiong zurück und gründeten dort eine christliche Ge meinde. Bei der Christenverfolgung in Nanjing 1616 wurde Diaz zurück nach Macau ausgewiesen, aber im Jahr 1621 wieder nach Peking gesandt, wo er sich in der Villa von Xu Guanqi aufhielt. Um den Missionaren wieder den Weg nach Peking zu ermöglichen, empfahlen die bekehrten chinesischen Beamten im Kaiserhof dem Kaiser, Diaz und Nico las Longobardi 龍華民79 in den Kaiserhof zu holen, da sie bedeutende Kennt nisse in der Schusswaffenherstellung und beim militärischen Training besäßen. Bei ihrer Registrierung im Kriegsministerium bekannten sie jedoch offen, dass sie kein Interesse für Schusswaffenherstellung und Militärtraining hatten und ihre Pflicht in der Belehrung der Menschen und der Verehrung Gottes sahen. Sie wurden allerdings nicht von der kaiserlichen Regierung bestraft, und es wurde ihnen sogar genehmigt wieder zu missionieren. 1623 nach dem Tod von Pater Johannes de Rocha 羅如望80 wurde Diaz zum Vizeprovinzial von China ernannt. Genau zu dieser Zeit wurde die Vize-Provinz China des Jesuiten-Ordens, die bis dahin zur Provinz Japan gehörte, eine eigen ständige Provinz und war dadurch direkt unter der Führung des Generals der Jesuiten. Seine Fähigkeiten, Flexibilität, Toleranz, Geduld, Scharfsinn und au Gaspard Ferreira 費奇觀 (1571-1649), Jesuiten-Missionar aus Portugal. Jahrelang begleitete er Emmanuel Diaz während des Aufenthaltes in China. 79 Nicolas Longobardi 龍華民 (1559-1654), Jesuiten-Missionar aus Sizilien. Nach Matteo Ricci war er Anführer der Jesuiten in China und lebte 58 Jahre lang in China bis zu seinem Tod. 80 Johannes de Rocha 羅如望 (1566-1623), Jesuiten-Missionar aus Portugal. Er leitete die Diözese in Nanjing für eine lange Zeit und wurde später Vizeprovinzial der Jesuiten in China. 78
Xin Hou
43
ßergewöhnliche Menschenkenntnisse wurden vollständig ausgeschöpft. Er blieb als Oberhaupt dieser großen Missionsprovinz achtzehn Jahre lang im Amt, wur de von den Mitbrüdern und Gläubigen sehr geschätzt und verehrt und war zweimal der Anführer der Jesuiten in China (1623-1635 und 1650-1654). Seine umfassenden Kenntnisse der Theologie und der chinesischen Sprache wurden besonders geschätzt und anerkannt. Viele traten dem Glauben aufgrund seiner Unterweisungen oder seine Bücher bei. 1626 hielt er sich mit Pater Pedro Ribeiro 黎寧石81 in Nanjing auf, wurde aber 1627 von der lokalen Regierung wieder vertrieben. Er zog sich nach Songjiang (im heutigen Shanghai) zurück und missionierte dort weiter, wurde aber wieder von der dortigen lokalen Regierung verfolgt, und die christliche Gemeinde wur de mit konstruierten Vorwürfen bekämpft. So zog er sich in die Residenz von Xu Guangqi in Songjiang zurück. Die lokale Regierung in Songjiang gab nicht auf und versuchte weiter mehrmals, ihm Schwierigkeiten zu bereiten. Diaz beabsichtigte bei der lokalen Behörde eine Berufung einzureichen. Von diesem Vorhaben riet ihm jedoch Xu Guangqi ab und schlug ihm vor, zu Yang Tingyun 楊廷筠82 nach Hangzhou zu reisen. In Hangzhou ließ Diaz mit dem Spendengeld von Yang Tingyun ein mächtiges Kirchengebäude errichten und legte auch den Grundstein für den Bau eines Klosters. Danach reiste er nach Ningbo und verkündete dort die christliche Lehre. 1634 hielt er sich kurz in Nanchang auf. 1638 traf er in Fuzhou ein, wo sich ein von Pater Giulio Aleni 艾儒略83 errichtetes Missionsgebiet befand. Dort arbei tete er mit Pater Aleni zusammen. Durch ihre Bemühungen gewann die dortige Kirche einen immer größeren Einfluss und ein hohes Ansehen. Jedoch wurde dieser Erfolg von Zwischenfällen unterbrochen. Mehrere Missionare wurden nach Macau vertrieben. Auch Diaz selbst musste Fuzhou verlassen. Später kehr te er wieder kurz in die Provinz Fujian zurück. Seine letzte Zeit verbrachte er in Hangzhou und widmete sich der Bekehrung der Einheimischen und dem Verfassen zahlreicher wichtiger Werke der Jesuiten auf Chinesisch als Autor oder Zensor. Am 1. März 1659 starb er in Hangzhou und wurde in Dafangjing beigesetzt.84
81
Pedro Ribeiro 黎寧石 (1572-1640), Jesuiten-Missionar aus Portugal. Mehrere Jahre lang unterstützte er Pater Johannes de Rocha bei der Verwaltung der Diözese Nanjing. 82 Yang Tingyun 楊廷筠 (1557-1626), chinesischer Gelehrter und kaiserlicher Beamter der Ming-Dynastie. Mit 55 konvertierte er zum christlichen Glauben und unterstützte die Jesuiten-Missionare umfangreich mit Rat und Tat. 83 Giulio Aleni 艾儒略 (1582-1649), Jesuiten-Missionar aus Italien. Wegen seiner her vorragenden Kenntnisse in der chinesischen Kultur und Sprache wurde er von den chi nesischen Konvertierten als der „Konfuzius“ aus dem Westen bezeichnet. 84 Vgl. Fang Hao, Zhongguo tianzhujiaoshi renwu zhuan (Biographien der historischen Persönlichkeiten des Katholizismus in China), Hongkong/Taizhong 1967, S. 173-175.
44
Jesuiten und Nestorianismus
3.1.2 Die Werke von Emmanuel Diaz Emmanuel Diaz verfügte über herausragende Kenntnisse der chinesischen Sprache. Seine chinesischen Arbeiten gehören zu den herausragendsten linguis tischen Werken unter den von den europäischen Missionaren verfassten Arbei ten. Neben seiner Abhandlung zur „Nestorianischen Stele“ haben seine folgenden Werke ebenfalls eine wichtige Position in der Missionsgeschichte der Jesuiten in China eingenommen: Shengjing zhijie 聖經直解, Direkte Erklärungen zur Heiligen Schrift Tianzhu shengjiao shijie zhiquan 天主聖教十誡直詮, Direkte Erklärungen zu den zehn Geboten der Heiligen Lehre des Herrn des Himmels Qinzhu xiaoqin liyi 欽主孝親禮儀, Riten zur Verehrung des Herrn und zur Ach tung der Eltern Tianwen lue 天問略, Allgemeines zu astronomischen Fragen Shengruose xingshi 聖若瑟行實, Die Lebensgeschichte des heiligen Josef Shengruose daowen 聖若瑟禱文, Gebetstexte zum heiligen Josef Tianshen daowen 天神禱文, Gebetstexte zu den Engeln Bizui zhinan 避罪指南, Anweisungen zur Vermeidung von Sünden Dai yi lun 代疑論, Diskussionen über Zweifel Qingshi jinshu 輕世金書, Goldenes Buch zur Verachtung des irdischen Le bens85 Zusätzlich hat Emmanuel Diaz als Zensor oder Vizeprovinzial folgende Werke überprüft und genehmigt: Zongdu huiyao 總牘匯, Sammlungen aller wichtigen Dokumente (gemeinsam mit vier Ordensbrüdern zusammengestellt und überarbeitet). Tianzhu shizi xubian 天主實義續編, Fortsetzung zur wahren Bedeutung des Herrn des Himmels (Autor: Diego de Pantoja 龐迪我86) Shengren xingshi 聖人行實, Die Lebensgeschichte der Heiligen (Autor: Al fonso Vagnoni)
85
Vgl. Nicolas Standaert (Hrsg.), Xujiahui cangshulou mingqing tianzhujiao wenxian (Christliche Dokumente der Ming und Qing Zeiten aus der Zikawei Bibliothek), Taipei 1996, Band 3, S.1163-1164 und Fang Hao, Zhongguo tianzhujiaoshi renwu zhuan (Bio graphien der historischen Persönlichkeiten des Katholizismus in China), Hong kong/Taizhong 1967, S. 173-175. 86 Diego de Pantoja 龐迪我 (1571-1618), Jesuiten-Missionar aus Spanien. Er begleitete Matteo Ricci auf der Reise nach Peking.
Xin Hou
45
Shi wei 十慰, Zehn Kondolenzen (Autor: Alfonso Vagnoni) Shengze shi pian 則聖十篇, Zehn beispielhafte Heiligengeschichten (Autor: Alfonso Vagnoni) Tianzhu shengjiao shilu 天主聖教實錄, Wahre Aufzeichnungen der Heiligen Lehre des Herrn des Himmels (Autor: Michele Ruggieri, überarbeiteter Nach druck) Tianxue lüeyi 天學略義, Allgemeines über die Lehre des Himmels (Autor: Joao Monteiro 孟儒望87) Xiguo jifa 西國記法, Methoden des Merkens aus westlichen Ländern (Autor: Matteo Ricci) Huanyu shimo 寰宇始末, Das Universum vom Anfang bis zum Ende (Autor: Alfonso Vagnoni) Xingxue cushu 性學觕述, Allgemeines über die Lehre der Natur (Autor: Giulio Aleni) Tongyou jiaoyu 童幼教育, Kindererziehung (Autor: Alfonso Vagnoni) Xifang Wenda 西方問答, Fragen und Antworten über den Westen (Autor: Giu lio Aleni) Wushi yu yan 五十餘言, Gut fünfzig Worte (Autor: Giulio Aleni) Zhao mi jing 照迷鏡, Spiegel zur Erhellung der Verwirrungen, heißt auch Ti anxue si jing 天學四鏡, Vier Spiegel der Lehre des Himmels (Autor: Joao Mon teiro) Qijia xixue 齊家西學, Westliche Lehre der Familienordnung (Autor: Alfonso Vagnoni)88 3.2
Die Abhandlung
3.2.1 Reaktionen auf die Entdeckung der „Nestorianischen Stele“ Für die damaligen Jesuiten war die Entdeckung der „Nestorianischen Stele“ ein großes „Evangelium“. Die Stele konnte aus ihrer Sicht zur Rechtfertigung der Jesuiten-Mission und zur Umstellung der chinesischen Haltung dem christli chen Glauben gegenüber dienen. Dieser Fund entkräftete den Vorwurf der Chi nesen, die Missionare brächten etwas ganz Neues, ganz Fremdes in das Reich 87
Joao Monteiro 孟儒望 (1603-1648), Jesuiten-Missionar aus Portugal. Er war einer der drei Zensoren beim Druck der Abhandlung von Emmanuel Diaz zur „Nestoriani schen Stele“. 88 Vgl. Nicolas Standaert (Hrsg.), Xujiahui cangshulou mingqing tianzhujiao wenxian (Christliche Dokumente der MingundQing Zeiten aus der Zikawei Bibliothek), Taipei 1996, verschiedene Stellen.
46
Jesuiten und Nestorianismus
der Mitte. Die Stele bewies, dass der christliche Glaube schon vor langer Zeit in China Wurzeln geschlagen hatte. Aus diesem Grund war die Motivation der Jesuiten besonders hoch, den Text der Stele zu studieren und zu bearbeiten. Der älteste Bericht der Jesuiten über die „Nestorianische Stele“, der nach Euro pa gelangte, stammte vom italienischen Missionar Jacques Rho. Nach ihm ha ben andere Jesuiten wie Nicolas Trigault und Alvaro Semedo 曾德昭89 ebenfalls dem europäischen Publikum ausführlich über die „Nestorianische Stele“ berich tet. Alle diese Berichte wurden auf Latein oder in anderen europäischen Spra chen verfasst und haben starkes Interesse in Europa geweckt. Die erste von den Jesuiten erstellte Abhandlung über die „Nestorianische Stele“, die auf Chine sisch verfasst worden war, stammte jedoch von Emmanuel Diaz. Für die Chinesen der damaligen Zeit war der Inhalt der „Nestorianischen Ste le“ sehr schwer verständlich, da seit der Entstehung der Stele bereits 800 Jahre vergangen waren. Viele chinesische Gelehrte ordneten angesichts der Formulie rungen und Ausdrücke im Text die Stele sogar irrtümlich dem Buddhismus zu. Es war nicht nur wichtig und notwendig, diese Erklärungsarbeit zu leisten, um den chinesischen Gelehrten dieses Wissen zu vermitteln, sondern es wurde dadurch auch ein Nachfolgeverhältnis zwischen den nestorianischen Missiona ren und der Mission der Jesuiten hergestellt, was aus Sicht der Jesuiten für die Stimmung gegenüber der Missionsarbeit sehr hilfreich war. 3.2.2
Der Zugang von Emmanuel Diaz zur „Nestorianischen Stele“
Vor einer detaillierten inhaltlichen Analyse Diaz Abhandlung ist zu untersuchen, wie der Verfasser Zugang zum Originaltext der „Nestorianischen Stele“ erlang te. In der Einleitung seiner Abhandlung erklärte Diaz, dass er eine Abreibung der Originalinschrift vom chinesischen Gelehrten Zhang Gengyu 張庚虞90 aus der Provinz Shaanxi, dem Fundort der „Nestorianischen Stele“, erhalten hatte und von diesem beauftragt wurde, diese an den berühmten Bekehrten Li Zhizao weiterzureichen. Dies ist auch belegt durch einen Artikel von Li Zhizao „Nach dem Lesen der Nestorianischen Stele“. Er schreibt darin: „Als ich in Lingzhu in der Abge schiedenheit lebte, schickte mir mein aus Qiyang stammender Gesinnungsge nosse Zhang Gengyu eine Abreibung einer Stele aus der Tang-Zeit mit dem Titel: Eulogie zur Verbreitung der Religion der Strahlenden Lehre im Reich der Mitte. Man hat früher nie von dieser Lehre gehört. Ist das vielleicht die Lehre des Himmels, die Li Xitai 利西泰91 (Matteo Ricci) verkündet hat?“92 Dadurch Alvaro Semedo 曾德昭 (1585-1658), Jesuiten-Missionar aus Portugal. Er war der erste europäische Augenzeuge der „Nestorianischen Stele“ in Xi’an. 90 Zhang Gengyu 張庚虞 war ein chinesischer Gelehrter und Konvertierter in der Ming Dynastie. Er bekam als einer der Ersten eine Abreibung von der „Nestorianischen Ste le“. 91 Li Xitai 利西泰 war der Höflichkeitsname (字) von Matteo Ricci auf Chinesisch. 89
Xin Hou
47
ist erwiesen, dass die Arbeit von Diaz tatsächlich auf einer primären Quelle beruhte. Die Inschrift der „Nestorianischen Stele“ besteht aus vier Teilen: Allgemeine Beschreibung der christlichen Lehre; historische Erklärung über die Verbreitung des Christentums in China vom 7. Jahrhundert bis zur Errichtung der Stele im Jahr 781; Eulogie in Form von Poesie und die Namensliste der Geistlichen in Syrien und China. Emmanuel Diaz schenkte diesen vier Teilen nicht die gleiche Aufmerksamkeit und behandelte sie in seiner Abhandlung sehr unterschiedlich. Diaz maß dem ersten Abschnitt der Inschrift große Bedeutung bei. Beinahe vier Fünftel seiner Abhandlung befassen sich mit diesem Teil. Dabei machte er nicht nur vergleichende Interpretationen zu den Glaubenssätzen, die im Originaltext enthalten sind, wie zu Schöpfung, Sündenfall, Dreifaltigkeit, Erlösung, Aufer stehung und Taufe, sondern fügte auch geschickt Inhalte hinzu, wie die Mario logie, die große katholische Bedeutung haben. In diesem Abschnitt notierte er den Originaltext Satz für Satz. Für die entschei denden theologischen Begriffe wie Auferstehung, Dreifaltigkeit und Erlösung, fügte er darüber hinaus zusätzliche Erläuterungen hinzu. Seine Abhandlung zum zweiten Teil der Inschrift macht nur ein Fünftel seiner Arbeit aus. Diaz notierte den Originaltext hier nicht vollständig, und erwähnte lediglich die Anfangsworte jedes Paragraphen. Dennoch sind auch in diesem Abschnitt Ausführungen enthalten, die für die Erforschung des chinesischen Christentums der Tang-Zeit von Bedeutung sind. Diaz hielt es für unnötig, den Eulogieteil der Inschrift zu behandeln. Die Na mensliste der Geistlichen auf Chinesisch und Syrisch erwähnte Diaz in seinem Text nicht einmal. Eine Erklärung für seine Motivation könnte sein, dass Diaz hier die Aufdeckung der Unterschiede zwischen der ostsyrischen Tradition und dem katholischen Glauben vermeiden und gezielt ein Nachfolgeverhältnis zwi schen der christlichen Mission in der Tang-Zeit und der Jesuiten-Mission her stellen wollte. 3.2.3 Merkmale des Werkes Der Titel der Abhandlung verrät die Hauptmotivation dieser Abhandlung: Die religiöse Zugehörigkeit der „Nestorianischen Stele“ einzuordnen und vom Standpunkt des katholischen Glaubens aus den Inhalt des Textes zugunsten der Jesuiten-Mission zu interpretieren. Um dies zu erreichen hat Emmanuel Diaz folgende Strategien eingesetzt:
92
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianxue chuhan (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die Erste Sammlung von der Lehre des Him mels), Taipei 1965, S. 77.
48
Jesuiten und Nestorianismus
3.2.3.1 Vermeidung der lateinischen phonetischen Übersetzung Am Anfang der Jesuiten-Mission haben Michele Ruggieri und Matteo Ricci sich bemüht, mit Begriffen der chinesischen Klassiker und aus Vokabeln der chinesischen Sprache die entsprechenden Übersetzungen christlicher, theologi scher Begriffe zu entwickeln. Manche Begriffe wurden direkt aus den chinesi schen Klassikern (Himmel), und mit entlehnt, einer wie christlichen shangdi 上帝 Vorstellung (Kaiser neu in der interpretiert. Höhe) oder Andere tian天 Wortkonstruktionen wiederum, wie tianzhu 天主 (Herr des Himmels), sheng shen 聖神 (Heiliger Geist), shengmu 聖母 (Heilige Mutter), yuanzui 原罪 (Ur sünde), shengfu 聖父 (Heiliger Vater) oder shengzi 聖子 (Heiliger Sohn) waren Errungenschaften der Jesuiten. Die Begriffe haben nicht nur damals bei der Verbreitung und Erklärung des christlichen Glaubens eine wichtige Rolle ge spielt, sondern waren auch eine Bereicherung für die chinesische Sprache und haben Großteils bis heute Gültigkeit93. Unter den Jesuiten sind die Meinungen beim Einsatz der Begriffe damals jedoch auseinandergegangen. Nach dem Tod Matteo Riccis kam diese Uneinigkeit auch in der Öffentlichkeit zum Tragen. Eine Gruppe um das Matteo Ricci nachfol gende Oberhaupt der Jesuiten Nicolas Longobardi wollte viele der entwickelten Begriffe abschaffen und ausschließlich phonetische Transkriptionen aus dem Lateinischen einführen, wie dousi 陡斯 (deus), badele 罷得勒 (pater), feilüe 費 略 (filius) oder sibiliduosenduo 斯比利多三多 (spiritus sanctus). Eine andere Gruppe, darunter auch Emmanuel Diaz, wollte hingegen dem von Matteo Ricci eingeschlagenen Weg weiter folgen. In dieser Hinsicht nimmt die Abhandlung von Diaz zur „Nestorianischen Ste le“ eine Sonderstellung ein. Erwähnt Diaz in seinen früheren Werken neben den chinesischen Begriffen noch die lateinischen, so fehlen letztere in dieser Ab handlung komplett. Meines Erachtens ist dies auf zwei Gründe zurück zu füh ren:
93
•
Unter den Ordensbrüdern jener Zeit erreichte Diaz wahrscheinlich das höchste Niveau in der chinesischen Sprache und seine Kenntnisse über die chinesischen Klassiker und die chinesische Kultur waren außeror dentlich fundiert und wurden stets von den chinesischen Gläubigen und Gelehrten bewundert. Daher war er auch für diesen Adaptationsversuch, die Begriffe aus den chinesischen Klassikern für die Erklärung der christlichen Lehre heranzuziehen.
•
Die „Nestorianische Stele“ beinhaltet Transkriptionen hebräischer Be griffe und auch syrische Schrift. Eine zusätzliche Erwähnung auch noch der lateinischen Begriffe neben diesen hätte wahrscheinlich die chinesi schen Gelehrten in Zweifel gebracht und verwirrt und das Hauptmotiv von Diaz bei dieser Abhandlung, ein direktes Nachfolgeverhältnis der
Vgl. Shenxue cidian 神學辭典 (Lexikon der Theologie), Taipei 1996
Xin Hou
49
Jesuiten-Mission zu der ostsyrischen Mission in der Tang-Zeit herzu stellen, hätte dadurch gefährdet werden können. 3.2.3.2 Zitate aus der Bibel und anderen kirchlichen Schriften Unter den von den Jesuiten auf Chinesisch verfassten Werken, in denen der christliche Glaube behandelt wird, zeichnete sich diese Abhandlung von Em manuel Diaz wegen ihrer zahlreichen Zitate aus der Bibel und anderen kirchli chen Schriften besonders aus. Nach meiner Statistik kommen in seiner Abhandlung 142 Zitate vor. Darunter 46 in Form von Aussagen und Lebensgeschichten von Aposteln, alten Heiligen und Jesus, die direkt der Bibel zuzuordnen sind; weitere 10 Zitate in der Form von: „Die Heilige Schrift sagt oder zeichnet auf oder berichtet“; weitere 32 Zita te in der Form: „Die Schrift sagt oder berichtet oder erzählt“, die teilweise aus der Bibel, aber auch aus anderen Quellen wie beispielsweise Gebetsbüchern stammen; zusätzlich 54 Zitate mit Bezug zu Heiligen, meistens Kirchenlehrern. Die meisten darunter von Augustinus (17 Zitate), Thomas von Aquin (3 Zitate), Bernhard von Clairvaux (3 Zitate), Papst Leo dem Großen (ein Zitat), Hierony mus (ein Zitat), Ambrosius von Mailand (ein Zitat), Kyrill von Jerusalem (ein Zitat), Basilius von Caesarea (ein Zitat), Gregor dem Großen (ein Zitat) und weitere 25 nicht namentlich erwähnte Heiligenzitate. Diese zahlreichen Zitate zeigen, dass Emmanuel Diaz eine sehr fundierte theo logische Ausbildung erhalten hatte, was genau dem hohen Anspruch und Stan dard des Jesuitenordens bei der Ausbildung seiner Ordensmitglieder entsprach. Allerdings sind die zahlreichen Zitate der Bibeltexte auf Chinesisch zusätzlich darauf zurückzuführen, dass Diaz schon einige Jahre vor dem Schreiben dieser Abhandlung ein mehrbändiges Werk mit dem Titel Shengjing zhijie 聖經直解 (Direkte Erklärungen zur Heiligen Schrift) verfasst hatte, in welchem er den Hauptinhalt des Neuen Testamentes ins Chinesische übersetzt und erläutert hat te. Zur Zeit der Jesuiten-Mission bis zur erstmaligen vollständigen Bibelüber setzung ins Chinesische im 19. Jahrhundert galt dieses Werk von Diaz als einer der wichtigsten und inhaltsreichsten Bibeltexte in der chinesischen Sprache. Bei genauer Untersuchung der Bibelzitate von Diaz in seiner Abhandlung zur „Nestorianischen Stele“ und seinem mehrbändigen Werk über das Neue Testa ment sind feine Abweichungen bei den Formulierungen und Transkriptionen der Bezeichnungen zu erkennen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass es zur Zeit der Jesuiten-Mission noch keine offizielle, einheitliche Standardübersetzung der Bibel auf Chinesisch gab und Diaz für seine Zitate daher jeweils auf den lateini schen Standardbibeltext Vulgata zurückgreifen musste. An der Statistik der Zitate der Kirchenlehrer sieht man deutlich, dass das theo logische Denken von Augustinus und Thomas von Aquin für Diaz große Bedeu tung hatte. Dies entspricht auch genau der theologischen Ausbildung der katho lischen Kirche in diesem Zeitalter. Dadurch ist diese Abhandlung von Diaz sehr stark von den Besonderheiten dieser Zeit geprägt.
50
Jesuiten und Nestorianismus
3.2.3.3 Verwendung seiner bestehenden Werke Diaz hat in seiner Abhandlung einerseits viele Inhalte seiner anderen Werke fast wörtlich wiedergegeben, andererseits nur auf seine Werke verwiesen. Insgesamt wusste er seine bereits bestehenden Werke gut zu nutzen. Die in seiner Abhand lung am häufigsten zitierten eigenen Werke sind: Shengjing zhijie 聖經直解 (Direkte Erklärungen zur Heiligen Schrift) und Tianzhu shengjiao shijie zhiquan 天主聖教十誡直詮 (Direkte Erklärungen zu den zehn Geboten der Heiligen Lehre des Herrn des Himmels). 3.2.4 Quellen der Abhandlung von Emmanuel Diaz Meine Textanalyse basiert auf einer Kopie, die im 2. Band der Bücherreihe Ti anzhujiao dongchuan wenxian xubian 天主教東傳文獻續編 (Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten) enthalten ist. Die Nummerierungen in dem in meiner Arbeit enthaltenen chine sischen Text der Abhandlung von Emmanuel Diaz beziehen sich ausschließlich auf die Seiten- und Zeilenzahlen dieser Bücherreihe. Laut dem Vorwort von Fang Hao in dieser Bücherreihe wurde diese Kopie von ihm in Taipei entdeckt und ist keine vollständige Ausgabe, weil die ersten Seiten, nämlich das Vorwort von Diaz, fehlen. Das Vorwort der Abhandlung von Emmanuel Diaz habe ich dann aus der Buchreihe Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian für meine Ar beit ergänzt. Aus diesem Grund gibt es im Bereich des Vorworts keine Numme rierungen. Aus diesem Grund lautet der Titel dieser Kopie Jingjiao liuxing zhongguo bei song zhengquan 景教流行中國碑頌正詮. Diese Kopie besteht aus zwei Teilen: Die Folien 1-49 stellen den Kommentar von Diaz dar, die Folien 50 und 51 enthalten die Darstellung von zwei auf Stein gravierten Kreuzen, die in Fujian ausgegraben wurden, und eine Erklärung von Zhang Geng dazu. Daraufhin ging Fang Hao davon aus, dass diese Kopie ein Wiederdruck der Abhandlung von Diaz der Druckerei Tushanwan ist, die 1878 in Shanghai erschienen ist. Da diese Abhandlung immer schon ein sehr interessanter Forschungsgegenstand war, wurde sie in zahlreichen Bibliografien, Katalogen und Artikeln mit Angabe bezüglich Auflage, Format, Inhalt und Quellen erwähnt. Die wichtigsten davon sind:
Xin Hou
51
3.2.4.1
Mingqing jian Yesuhuishi yizhu tiyao 明晴間耶穌會士譯著提要 (Übersicht über die Werke der Jesuiten in den Ming und Qing Zeiten) von Xu Zongze Die betreffende Abhandlung von Diaz in diesem Buch ist eine Kopie, die zu mindest bis 1940 in der katholischen Bibliothek Zekawei in Shanghai aufbe wahrt wurde. Die Kopie hat ebenfalls den Titel Liuxing zhongguo beisong zhengquan 流行中國碑頌正詮 und wurde 1644 gedruckt und von Giulio Aleni, Gaspar Ferreira und Joao Monteiro überprüft. Über den Ort des Druckes gibt es allerdings keine Angabe. Außerdem ist in diesem Werk das Vorwort der Ab handlung von Diaz, das in der Buchreihe Tianzhujiao dongchuan wenxian xubi an nicht vorkommt, enthalten94, mit welchem ich den Text der Abhandlung von Emmanuel Diaz in meiner Arbeit ergänzt habe. 3.2.4.2
Notices biographiques et bibliographiques sur les Jésuites de l’ancienne mission de Chine von Fr. Louis Pfister S.J. Zwei unterschiedliche Ausgaben der Abhandlung von Diaz unter dem Titel Jingjiaobei Quan 景教碑詮 sind in diesem Buch erwähnt: Die Originalausgabe von 1644 in Hangzhou und der Wiederdruck der Druckerei Tushanwan von 1878 in Shanghai (Nummer 108 im Buchkatalog von 1917). Nach Pfister bein halten beide Ausgaben den gesamten Text der „Nestorianischen Stele“ und die Abbildung von drei Steingravuren von Kreuzen, die im Jahr 1638 in Quanzhou entdeckt wurden.95 3.2.4.3
The Collection in the Jesuit Theologate Library at Fujen Univer sity: Background and Draft Catalogue, Artikel von Adrian Dudink Obwohl diese Erklärung zu der Abhandlung von Diaz sehr kurz ist, ist sie den noch sehr informativ. Dudink’s Textforschung basiert auf einer Kopie, die ur sprünglich zur Sammlung der katholischen Bibliothek Zekawei gehörte und jetzt an der katholischen Universität Fujen in Taipei aufbewahrt wird. Diese Kopie hat den Titel Tang jingjiao beisong zhengquan 唐景教碑頌正詮 und wurde 1646 von der katholischen Kirche Wulin in Hangzhou herausgegeben. Der Text enthält insgesamt 63 Folien und besteht aus vier Teilen: Er beginnt mit drei Folien des Vorwortes, das Diaz 1641 geschrieben hat, dann acht Folien über den Originaltext der nestorianischen Inschrift, zwei Folien des Berichts über den Fund der Steingravuren mit Kreuzen in Fujian, und schließlich Anmerkun gen, die aus 49 Folien bestehen. Jede Halbfolie besteht aus acht Reihen und jede 94
Xu Zongze, Mingqing jian yesuhuishi yizhu tiyao (Übersicht über die Werke der Jesuiten in den Ming und Qing Zeiten), Taipei 1958, S.230-234. 95 Pfister, Louis S.J. Notices biographiques et bibliographiques sur les Jesuites de l’ancienne mission de Chine 1552-1773. Chinese Materials Center, INC. San Francisco, 1976, S. 109.
52
Jesuiten und Nestorianismus
Reihe aus 16 Zeichen. In einer Fußnote auf derselben Seite fügte Dudink zu sätzliche Informationen über die Ausgabe von 1878 hinzu. Er behauptete, dass dieser Wiederdruck nur den Kommentar von Diaz darstellte, der dasselbe Lay out wie die Ausgabe von 1644 hat. Die zwei Folien mit den nestorianischen Kreuzen sind an das Ende des Textes gestellt und die zwei Seiten über sie wur den umgedreht. Die Kopie, die er untersucht hat und die von ihm als ein Wie derdruck von 1878 deklariert wurde, ist diejenige, die in der Reihe Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian abgedruckt ist.96 3.2.4.4
Katalog der chinesischen Bücher aus der Japanica-Sinica Collec tion der Jesuiten von Albert Chan S.J. Unter den chinesischen Werken im Jesuiten-Archiv in Borgo Santo Spirito in Rom befinden sich zwei Kopien der Abhandlung von Diaz: Eine mit der Num merierung Jap-Sin I, 33, die andere mit der Nummerierung Jap-Sin I, 68. Die letzte ist ein Duplikat der ersten. Der Text hat den Titel Tang Jingjiao beisong zhengquan 唐景教碑頌正詮, ein Band aus chinesischem Bambuspapier, wurde von der katholischen Kirche 1644 von Wulin in Hangzhou herausgegeben. Nach Chan’s Beschreibung befindet sich nach der Titelseite ein Titelbild mit einem Kreuz. Die Inschriften lauten: pan shizi yi ding sifang 判十字以定四方 (durch das Kreuz wird die Welt gerichtet) und Tang jingjiao bei’e shizijia 唐景教碑額 十字架(das heilige Kreuz oben auf dem nestorianischen Monument). Außerdem gibt es ein Vorwort von Emmanuel Diaz, das im Jahr 1641 geschrieben wurde. Die Folien neun und zehn dieser Ausgabe beinhalten einen Beitrag von Zhang Geng über die Entdeckung des nestorianischen Kreuzes in Quanzhou und Wen ling in der Fujian-Provinz.97 3.2.4.5
Les Adaptations Chinoises D’ouvrages Europeens von Henri Ber nard S.J. Bernard erwähnte in seinem Artikel nur eine Ausgabe aus dem Jahr 1644, die in Hangzhou gedruckt wurde, mit dem Titel Tang jingjiao beisong zhengquan 唐 景教碑頌正詮.98
96
Dudink, Adrian. The Collection in the Jesuit Theologate Library at Fujen University: Background and Draft Catalogue, in Sino-Western Cultural Relations Journal XVIII (1996), S. 1-40. 97 Chan, Albert S.J. Chinese books and documents in the Jesuit archives in Rome, M.E. Sharpe, New York, 2002, S.28 und S.122. 98 Bernard, Henri S. J. Les Adaptations Chinoises D’ouvrages Europeens, in Monumen ta Serica X (1945)
Xin Hou
53
3.2.4.6
Zhongguo tianzhujiaoshi renwu zhuan 中國天主教史人物傳 (Bio graphien der historischen Persönlichkeiten des Katholizismus in China) von Fang Hao Auch Fang Hao erwähnte zwei Ausgaben: 1644 in Hangzhou und ein Wieder druck in Tushanwan, Shanghai 1878. Beide mit dem Titel Jingjiao liuxing zhongguo beisong zhengquan, die Radierungen der in Quanzhou gefundenen Kreuze beinhalten.99
99
Fang Hao. Zhongguo tianzhujiaoshi renwu zhuan vol. I, Taizhong : Guangqi chu banshe, 1967, S. 175.
4
Vollständige Übersetztung des Werkes 唐景敎碑頌正詮序
Vorwort zur authentischen Erläuterung der Stele der „Strahlenden Leh re“ der Tang-Zeit 旅人偕同志覲中朝也,幾周甲子於茲矣;一切賢者樂與遊,所著諸篇,詳 哉其述之也。乃問者往往以諾輩弗遠九萬梯航備曆,至卽如歸,不能無惑; 因嘗具述天主宏慈,惠茲士民, 默牗至是,導正辟邪,宜頌宜感。 Seitdem [ich] ein Reisender, mit den Gesinnungsgefährten zum „Hof der Mit te“100 gepilgert ist, sind wir bereits mehrere jiazi-Perioden101 hier. Mitallen Tugendhaften und Weisen befreunden [wir uns] gern. [In] den Büchern, die [von uns] verfasst wurden, wurden ihre Ansichten ausführlich dargestellt. Die Zweifelnden haben verständlicherweise ständig Fragen, weil Nuo102 und meine Kollegen eine 90000 [li]103 lange mühsame Seereise auf uns genommen104 und alle [Schwierigkeiten]105 erlebt haben, sobald wir angekommen sind, [Erde der Mitte] als Heimat betrachten. Infolgedessen 106 haben [wir] einst 107 ausführ-
100
zhongchao 中朝 (Hof der Mitte) ist wie zhongguo 中國 (Reich der Mitte) in der alten Zeit eine übliche Bezeichnung für China. Allerdings betont diese Bezeichnung mehr den Aspekt der Regentschaft. 101 jiazi 甲子 ist eigentlich die Bezeichnung des ersten Jahres imchinesischen Kalenderzyklus, der sich alle 60 Jahre wiederholt, wurde jedoch später häufig als Bezeich nung für den gesamten Kalenderzyklus verwendet. 102 Nuo 諾ist das letzte Zeichen von Yang Manuo 陽瑪諾, dem chinesischen Namen von Emmanuel Diaz. Diese Art des Ausdrucks war sehr üblich unter den chinesischen Gelehrten jener Zeit, um eine gewisse Bescheidenheit zu zeigen. 103 li 裡 ist die chinesische Maßeinheit der Entfernung. Die Werte sind zu unterschiedli chen Zeiten verschieden. Der Ausdruck 90000 li ist ein gängiger Ausdruck in der alten chinesischen Literatur, um eine große Entfernung zu beschreiben, bezieht sich daher nicht auf die tatsächliche Reiseentfernung der Jesuiten von Europa nach China. 104 tihang 梯航 ist eine abgekürzte Form von tishan hanghai 梯山航海 und bedeutet wörtlich „Berge besteigen und zur See fahren“. Der Dichter und Kalligraph Huang Tingjian 黃庭堅 (1045-1105) schrieb in seinem Gedicht He Zhongyushijun wanqiu kai Tianningjie daochang《和中玉使君晚秋開天寧節道場》: Hanghai tishan gong yijia 航海梯山共一家. 105 bei 備 sollte an dieser Stelle als „all, komplett“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Zuozhuan《左傳·成公十三年》: Zhuhou bei wen ciyan 諸侯備聞 此言. 106 yin 因 sollte an der Stelle als „infolgedessen, daher, deshalb“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Hou Hanshu《後漢書·張衡傳》: Yin yi fengji an 因以諷諫. 107 chang 嘗sollteandieser Stelleals„einst“ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus der Artikel Yueyanglou Ji《岳陽樓記》des Literaten Fan Zhongyan 范仲淹 (989 1052): Yu changqiu gurenren zhi xin 予嘗求古仁人之心.
Xin Hou
55
lich108 geschildert, dass es zu preisen ist und man dafür zu danken hat, dass die große Gnade des Herrn des Himmels den Menschen zugutekommt und [seine] stille Offenbarung äußerst aufrecht ist und das Gute leitet und das Böse ver treibt. 客謂默牗遠來,訓正吾士若民,洵足頌感;然曷弗於數代以前,俾吾先人 咸蒙接引,延迨今茲,誠所未解。諾輩時為太息曰:淺哉智慧,乃妄議天 主意如是乎?雖然,疑而思問,請容進其說。 Ein Besucher sagte: „Ihr seid unter der Offenbarung109 aus der Ferne herge kommen, belehrt unsere Gelehrten und110 unser Volk und berichtigt [unseren Glauben], dafür ist wirklich zu danken und zu preisen. Wieso aber nicht vor mehreren Generationen, damit auch unsere Vorfahren Erlösung finden können, sondern erst jetzt? Das ist wirklich nicht zu verstehen.“ Nuo und meine Kollegen bedauern [diese Aussage] ständig sehr und sagen: „So über die Absicht Gottes zu reden ist wirklich ein Zeichen mangelnder Weisheit. Dennoch, sollte diese Aussage toleriert werden, weil man sich Gedanken dar über macht und danach fragt“. 西聖奧斯定雲:富者濟貧,凡幾何遲速,提衡在彼,貧者不得預之;受濟 頌恩,乃其分也。今茲天主佑中土,俾聖敎遠來弗頌受,乃怨而責其後至 也;借如有鰥升聞,登庸三錫,顧責君寵奚遲,誠哉狂悖莫甚焉!且中賢 旣言之矣,孰先傳,孰後倦,賢師敎其弟子,與天主率厥下民,亦若是焉 爾。 Aosiding (Augustinus)111, ein Heiliger aus dem Westen, sagte: „Wenn ein Rei cher die Armen unterstützt, dann geht die Entscheidung immer von ihm aus – früher oder später – und die Armen sollen das nicht hinterfragen. Das sollte die Schuldigkeit [der Armen] sein, die Unterstützung zu empfangen und die Gnade [des Reichen] zu preisen. “ Und nun segnet der Herr des Himmels die „Erde (das Land) der Mitte“112 und ließ die Heilige Lehre aus der Ferne herbringen.
108
ju 具 sollte an dieser Stelle als „im Detail, ausführlich“ ausgelegt werden. Ein Bei spiel dazu aus dem Geschichtsbuch Shiji《史記·項羽本紀》: Sijian Zhangliang, jugao yi shi 私見張良, 具告以事. 109 you 牗 wurde an dieser Stelle mit dem Zeichen You 誘 vertauscht und ist daher als „führen, lehren“ zu verstehen. 110 ruo 若 sollte an dieser Stelle als „und, sowie“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem alten Klassiker Shangshu《書·召誥》: Lü wang ruo gong 旅王若公. 111 Die moderne Transkription von Augustinus in der chinesischen Sprache lautet Aogusiding 奥古斯丁. Hier handelt es sich um den Kirchenlehrer Augustinus von Hip po (354-430). 112 Diese Bezeichnung für China ist in den alten chinesischen Texten sehr häufig zu sehen, und drückt wie die Bezeichnung zhongguo 中國 (Reich der Mitte), die alte chi nesische Vorstellung aus, dass China in der Mitte der Welt liege.
56
Jesuiten und Nestorianismus
Statt [die Heilige Lehre]preisend anzunehmen, beschwert man sich jedoch113, warum sie erst so spät ankommt. Das ist wie ein verwitweter Mann, der vom Herrscher geschätzt wird, und mit hohen Titeln ausgezeichnet wird114, dieser sich aber darüber beschwert, dass die Gnade des Herrschers zu spät ankommt. Ist das nicht zu überheblich und widersinnig? Auch die chinesischen Tugend haften haben schon gesagt: „Was wird zuerst gelehrt? Was wird spät vernach lässigt?“115 Wie ein tugendhafter Gelehrter seine Schüler lehrt, ist vergleichbar damit, wie der Herr des Himmels die Menschen anführt. 天主敎人,先性敎,繼寵敎。性敎者,吾人因性光也;寵敎者,天主超性 光也;未能盡厥因性,頓冀超性,是未步,先望趨也,前此中土若性敎弗 遑,尙超性雲乎哉。 Der Herr des Himmels lehrt die Menschen zuerst die Lehre der Natur, danach die Lehre der Gnade.116 Die Lehre der Natur beruht auf dem Licht unserer menschlichen Natur und die Lehre der Gnade beruht auf dem Licht der überna türlichen (göttlichen) Natur des Herrn des Himmels. Wenn man schon die übernatürliche Natur ersehnt, bevor man die menschliche Natur vervollkommnen kann, ist es so, wie wenn einer, der noch nicht gehen kann, aber sich schon nach dem Laufen sehnt. Zuvor wurde nicht einmal die Lehre der Natur auf der „Erde der Mitte“ mit Muße117 [gelehrt werden], wie könnte dann schon von der übernatürlichen Natur der Rede sein? 抑聖經喩聖敎如日,其初出未曜普地,繇近逮遠,漸被厥光;被早固忻, 被遲勿憎,旋至旋被矣。西方距中土幾九萬,聖敎來滋遲固也;理論至此, 必不復惑;矧遡厥繇,又弗惟自今始。 Die Heilige Schrift beschreibt die Heilige Lehre als Sonne.118 Beim Sonnenauf gangbeleuchtetsie zunächst noch nicht die ganze Welt. Von nah bis fern wird
gu 顧 sollte an dieser Stelle als „aber, im Gegenteil“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Zhangguo Ce《戰國策·秦策一》: Gu Zheng yu rongdi 顧爭于戎狄. 114 sanxi 三錫 bedeutet „drei (kaiserliche) Belohnungen“. In den alten Zeiten wird xi 錫 oft mit ci 賜 (schenken, belohnen) vertauscht. Nach dem Klassiker Liji《禮記》 gibt es neun Arten von Belohnungen (jiuxi 九錫), die der Herrscher auf Grund großer Ver dienste an die Untertanen verteilt, die ausschließlich Statussymbolesind. 115 Dieser Satz stammt aus dem Klassiker Lunyu《論語·子張》: Shu xian chuan yan, shu hou juan yan 孰先傳焉、孰後倦焉. 116 Der Begriff xingjiao 性敎 (Lehre der Natur) wird im Kapitel V ausführlich behan delt. 117 Fuhuang 弗遑sollte an dieser Stelle als „nicht genug Zeit haben; etw. nicht in Ge mütsruhe tun können“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Shangshu 《書·無逸》: Buhuang xiashi 不遑暇食. 118 Das Zeichen yi 抑 am Anfang des Satzes ist in der alten chinesischen Literatur ein Einleitungswort ohne konkrete Bedeutung. Ein Beispiel dazu aus dem Werk Liu Hedong 113
Xin Hou
57
(die ganze Welt) nach und nach beleuchtet. Es ist erfreulich, wenn man früher beleuchtet wird, wenn man später beleuchtet wird, soll man sich auch nicht beschweren. Sobald [die Sonne] kommt, wird man begünstigt. Die Erde der Mitte ist beinahe neunzigtausend [li]119 vom Westen entfernt, selbstverständlich120 ist die Heilige Lehre spät da angekommen. Dies ist nicht wieder zu bezweifeln, nachdem wir alles bereits klargestellt haben. Zudem121 wenn man auf ihren (der Heiligen Lehre) Ursprung [in der Erde der Mitte] geht, hat sie auch nicht erst jetzt angefangen. 邇歲幸獲古碑,額題景敎,粵天主開闢迄降臨,悉著厥端。時唐太宗九年, 為天主降生後六百三十五年,至西鎬廣行十道,聖敎之來蓋千有餘歲矣。 是碑也,大明天啟三年,關中官命啟土於敗牆基下獲之,奇文古篆,度越 近代,置廓外金城寺中。 Glücklicherweise wurde in der jüngsten Vergangenheit122 eine alte Standtafel entdeckt, auf deren oberem Teil [die Schriftzeichen] jingjiao (Die strahlende Lehre) geschrieben stand. Von123 der Schöpfung vom Herrn des Himmels bis zu seinem Herabstieg – alles wurde genau beschrieben. Es war im neunten Jahr von [Kaiser] Tang Taizong der Tang[-Dynastie] - das sechshundertfünfunddrei ßigste Jahr nach der Geburt vom Herrn des Himmels, dass (Die Heilige Lehre) nach Xihao124 kam und sich weit in zehn Regionen125 ausbreitete.
Ji《柳河東集》 des Dichters Liu Zongyuan 柳宗元 (773-819): Yi you wenzhi 抑又聞 之. 119 „Neunzigtausend [Li]“ ist ein gängiger Ausdruck auf Altchinesisch, um eine extrem große Entfernung zu beschreiben. 120 gu 固 sollte an dieser Stelle als „natürlich, selbstverständlich“ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Jiao Zhanshou《教戰守》des Dichters Su Shi 蘇軾 (1037-1101): Tianxia fenlie, er tangshi gu yiwei 天下分裂,而唐室固以微矣. 121 shen 矧 sollte an dieser Stelle als „zudem, außerdem“ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Dijie《敵戒》des Dichters Liu Zongyuan 柳宗元: Shen jinzhiren, cengbu shisi 矧今之人,曾不是思. 122 ersui 邇歲 sollte als „letzte Jahre, jüngste Vergangenheit“ verstanden werden. Ein Beispiel dazu aus dem Gedicht Zhou Zhongxiang heshi zengyi qianyun《周仲翔和詩贈 以前韻》des Dichters Wang Shipeng 王十朋 (1112-1171): Er sui cong shi de wu you 邇歲從師得吾友. 123 yue 粵 hat die gleiche Bedeutung wie yu 於 in alten chinesichen Texten und sollte an dieser Stelle als „von, aus“ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Xunzi 《荀子·勸學》: Qing, qu zhi yu lan er qing yu lan 青,取之于藍而青于藍. 124 Xihao 西鎬 bezieht sich auf die alte Kaiserstadt Xi’an 西安, dem Fundort der „Nes torianischen Stele“. Xi 西 bedeutet „West“, Hao 鎬 ist die Bezeichnung der Hauptstadt der westlichen Zhou-Dynastie (1046-771 v. Chr.), deren Sitz in der Umgebung des heu tigen Xi’an liegt. 125 shidao 十道 bezieht sich auf die zehn Verwaltungsregionen der Tang-Dynastie (618 907).
58
Jesuiten und Nestorianismus
Seit der Ankunft der Heiligen Lehre sind schon über tausend Jahre vergangen. Diese 126 Stele wurde im dritten Jahr [der Ära] Tianqi der großen Ming[Dynastie]127 entdeckt, als ein Beamter in Guanzhong128 [die Arbeiter] anwies, Erde am Fundament einer zerfallenen Mauer auszugraben. Der Text [der Stele] ist bemerkenswert und in einer alten Schriftart verfasst und übertrifft die heuti ge Zeit, [die Stele] wurde im Jincheng-Tempel außerhalb der Stadtmauer unter gebracht. 岐陽張公賡虞,搨得一紙,讀竟踴躍,卽遺同志我存李公之藻雲:長安掘 地所得,名景敎流行中國碑頌,殆與西學弗異乎。李公披勘良然,色喜曰: 今而後,中土弗得咎聖敎來何暮矣。古先英辟顯輔, 朝野共欽, 昭燭特甚, 尙奚有今之人也。 Der ehrwürdige Herr Zhang Gengyu Qiyang129 machte eine Abreibung von der Stele und war begeistert, nachdem er [den Inhalt] gelesen hatte und übergab sofort [die Abreibung] dem gleichgesinnten ehrwürdigen Herrn Li Zhizao Wocun130 und sagte: „[Die Stele] wurde bei einer Ausgrabung in Chang‘an131 entdeckt. Sie trug den Titel „Stele von der Verbreitung der Jingjiao (Strahlende Lehre) im Reich der Mitte und Preisung.“ Beinahe132 gibt es keinen Unterschied zur Lehre des Westens“133.
126
shi 是 sollte an dieser Stelle als „dieses, jenes“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Shjing《詩·小雅·賓之初筵》: Shi wei fa de 是謂伐德. 127 Tianqi 天啟 ist der Äraname für die Regierungszeit des 13. Kaisers der Ming Dynastie, die die Jahre von 1621-1627 umfasst. Der Äraname diente zu monarchisti schen Zeiten in China zur Jahresbestimmung durch den jeweiligen Herrscher. Manche Ären währten nur ein Jahr, andere mehrere Jahrzehnte. Diese wurden dann nummeriert, um die Reihenfolge der einzelnen Jahre zu erhalten. 128 Guangzhong 關中 ist die Bezeichnung für den mittleren Teil der heutigen Provinz Shaanxi 陝西, das um die alte Kaiserstadt Xi’an herum liegt. 129 Qiyang 岐陽 ist Volljährigkeitsname (zi 字) von Zhang Gengyu 張賡虞, einem zum katholischen Glauben konvertierten Gelehrten aus der Provinz Shaanxi. Er ist von dem anderen Gläubigen Zhang Geng 張賡 aus der Provinz Fujian 福建 zu unterscheiden, dessen Erklärungen über zwei in der Provinz Fujian entdeckte nestorianische Kreuze in die Abhandlung von Diaz aufgenommen wurden. 130 Wocun 我存 ist der Volljährigkeitsname von Li Zhizao 李之藻. 131 Chang’an 長安 ist die historische Bezeichung von Xi’an 西安, der alten Kaiserstadt Chinas. 132 dai 殆 sollte an dieser Stelle als „beinahe, annähernd“ ausgelegt werden. Ein Bei spiel dazu aus dem Klassiker Mengzi《孟子》: Dai yu bu ke 殆於不可. 133 xixue 西學 (Lehre des Westens) bezieht sich an dieser Stelle auf den katholischen Glauben. Als ein Begriff umfasst xixue jedoch nicht nur die katholische Theologie, sondern die westliche Philosophie, Wissenschaft und Technologie, die die Jesuiten bei ihren Missionen nach China vermittelten.
Xin Hou
59
Der ehrwürdige Herr Li war glückselig, nachdem er [die Abreibung] studiert hat und es sich tatsächlich " * [um Lehre des Westens) handelte. Er sagte : „Von nun an dürfen die Gelehrten [ aus dem Reich] der Mitte sich nicht mehr darüber be schweren, warum die Heilige Lehre so spät ankam “ . Die Heilige Lehre war in der alten Zeit von den weisen Herrschern , von den mächtigen Beamten, von der Regierung und vom Volk in großem Maße angese hen . [Sie respektierten die Heilige Lehre] weit mehr als735 die Menschen von heute . 繼而 玄 扈 徐公光 啟 , 古
。
或
夫
猶 托 其
鴻 碑
較 著 詞,
大 明崇禎 辛巴
,
愛其載道之 文 , 朗 鑒
有 三 。
以 固 前惑 也 ( 1641 )
,
似 因弗
並 愛 其 紀 文字 畫 ,
複 鑄 金石 ,
勿更
贊 。
惟 碑 旨
,
避 膚
拙 ,
詮 厥 概 ,
淵 義 古 為 來
不敏 慮
者 享 券 雲
楷墓 千
覽 者 未
辨 ,
。
孟春 之 望 陽 瑪諾 題
Später hat der ehrwürdige Herr Xu Guangqi Xuanhu136 den Text der Stele wie der gravieren lassen – als ein Vorbild für die Ewigkeit, da er den die [ Heilige] Lehre beschreibenden Text und die Schriftart [ der Stele] sehr schätzte . Die große Stele ist unübersehbar und [die Merkmale der Heiligen Lehre] sind offensichtlich 137 2 worüber hier keine Worte gemacht werden sollten. Jedoch ist der Sinn der Stele tiefgründig und die Bedeutung ( der Wörter] alt und schwer 138 verständlich . [ich bin zwar] nicht scharfsinnig fürchte allerdings , dass die Leser [ die Merkmale der Heiligen Lehre] nicht erkennen können, oder die [ schwerverständlichen ] Wörter als Vorwand benutzen, um das bestehende Fehlwissen zu festigen . Aus diesem Grund, trotz meines Ungeschicks und mei
34 liangran sollte an dieser Stelle als „ tatsächlich so , wirklich so “ ausgelegt wer den. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Shiji 12:5119A ) : Yu shi qimu zhong, liangran , 135 shang sollte an dieser Stelle als „mehr als, übertreffen “ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Dongjing fu ( lt) des Literaten Zhang Heng 5615 (78-139 ) : Ze datingshi heyi shang zi IELA ? xi
sollte an dieser Stelle als „viel, wieviel“ ausgelegt werden. Beispiel dazu aus dem
Gedicht Gui qu lai xi ci (**** ) des Dichters Tao Yuanming B B (365-427) : Xi chouchang 13 . 36 Xuanhu ŽE ist der Volljährigkeitsnamevon Xu Guangqi X. 137 langjian bedeutet ursprünglich „ klarer Spiegel “. Ein Beispiel dazu aus dem Gedicht Junzi xing ( 2715 ) des Dichters Lu Ji Be Than (261-303 ) : Langjian qi yuan jia n . An dieser Stelle ist das Wort jedoch in einem übertragenen Sinn als „ eindeutig, offensichtlich “ zu verstehen . 138 bumin 7 bedeutet wörtlich „ nicht scharfsinnig, nicht gescheit “ und ist ein übli cher Ausdruck der Bescheidenheit im klassischen Chinesisch. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Mengzi (KFRIEE ) : Wo sui bumin, qing chang shi zhi FT 敏 , 請 嘗試之 ,.
60
Jesuiten und Nestorianismus
nes oberflächlichen [Wissens], erkläre ich es (den Inhalt der Stele) in groben Zügen. Für die Nachkommen scheue [ich] die Mühe139 nicht. Yang Manuo (Emmanuel Diaz) schrieb am Tag des Vollmonds140 im ersten Frühlingsmonat 141 des jisi-Jahres [der Ära] Chongzhen 142 des großen Ming [Reichs]. 653①景敎流行中國碑頌正詮143 ②泰西耶穌會士陽瑪諾注 Authentische Erklärung der Stele von der Verbreitung der „Strahlenden Lehre“ (jingjiao) im Reich der Mitte und Preisung Anmerkung durch den Gelehrten der Gesellschaft Jesu Manuel Diaz aus Taixi (dem fernen Westen)144 ④景敎。 jingjiao (Strahlende Lehre) 性家曰、物名指解物性、名義旣明、物性了然、因性家欲明解某物之⑤意、 立符物意之名首務也、景淨士將述聖敎、首立可名曰、聖敎、景敎也、識 ⑥景之義、聖敎之妙明矣、景者、光明廣大之義、 Die Schule der Natur (xingjia)145 behauptet, dass die Bezeichnung eines Dinges dessen Eigenschaft beschreibt und erklärt. Ist der Name schon deutlich, dann ist die Eigenschaft auch verständlich. Es ist daher die erste Aufgabe für die Schule 139
fuquan 孚券 ist vermutlich eine andere Schreibweise von fujuan 弗倦 und bedeutet „unermüdlich, unverdrossen“. 140 wang 望 ist die Bezeichnung des Vollmondtags im chinesischen Mondkalender und entspricht dem 15. Tag eines Monats. 141 mengchun 孟春 ist die Bezeichnung des ersten Frühlingsmonats. Nach dem chinesi schen Mondkalender besteht jede Jahreszeit aus drei Monaten, die der Reihenfolge nach meng 孟, zhong 仲, ji 季 genannt werden. 142 Chongzhen 崇禎 ist der Äraname der Regierungszeit des 14. Ming-Kaisers, umfasst die Jahre 1628-1644.jisi 己巳 ist eine Jahresbezeichnung nach dem Zyklus des chinesi schen Kalenders (ein Kalenderzyklus besteht aus 60 Jahren, jedem einzelnen Jahr des Kalenderzyklus wird eine eigene Bezeichnung zugeteilt). Das jisi-Jahr der Ära Chongz hen entspricht dem Jahr 1629. 143 song 頌 bezieht sich auf die poetische Eulogie nach dem Prosateil, der als „Vorwort“, xu 序, bezeichnet wird und durch die Nachstellung und etwas kleinerer Größe der Zei chen bing xu並序, dem epigraphischen Usus entsprechend, trotz ihrer Länge und Aus führlichkeit als von geringerer offizieller und literarischer Wertigkeit gekennzeichnet ist als die Eulogie. 144 Taixi 泰西 wurde manchmal auch als Taixi 太西 geschrieben. Als Bezeichnungen von einigen Herkunftsländern, verwendeten die Jesuiten auch oft die Begriffe wie Jixi 極西 und Xihai 西海. 145 Der Begriff xingjia 性家 (die Schule der Natur) wird im Kapitel V. ausführlich be handelt.
Xin Hou
61
der Natur, um die Bedeutung eines Dinges zu erläutern, eine seiner Bedeutung entsprechende Bezeichnung zu schaffen. Der Edelmann 146 Jingjing147 wollte über die Heilige Lehre148 erzählen, daher führte er zuerst eine möglichst [pas sende] Bezeichnung für die Heilige Lehre ein: „Strahlende Lehre“ (jingjiao). [Wenn man] die Bedeutung [des Zeichens] Jing erkennt, wird die Herrlichkeit der Heiligen Lehre dann auch offenkundig. Jing bedeutet „großes Licht“. ⑦古時人多述謬、背忘眞主、妄事土神、或認天象、日、月、星辰等無靈 之物、從⑧ 而祭之、不知天象、日、月、星辰等類、統惟天主所造、用 之以照臨下土者耳、654① 本無生、無覺、無靈、不祭其造之者、而祭其 受造者、正道不明、厥黯至矣、經② 曰、若太陽西沉、地昏入寐、夜行 者、槩多陷僕、旭日旣旦、地昭人寤、出作盡③ 利、昔先知聖人、仰求 天主降臨、乃曰、主來鑒茲、下民可憫、久若幽囚、死於④冥而弗覺、主 敎光明、祈主躬臨、解縛昭昏、俾履正道、以肇善行、 Es gab in den alten Zeiten viele widersinnige Erzählungen, die den wahren Herrn149 verleugneten und unsinnigerweise die Erdgötter (Götzen) anbeteten. Manche verehrten Himmelskörper: Die Sonne, den Mond, die Sterne usw., die gar keinen Geist besitzen, hingen diesen an und opferten ihnen. Sie wussten aber nicht, dass alle diese Himmelskörper, die Sonne, der Mond, die Sterne usw. ausschließlich vom Herrn des Himmels erschaffen wurden, damit durch sie die Erde beleuchtet werde. [Sie] haben selbst eigentlich kein Leben, keine Empfindung und keinen Geist. Statt ihrem Schöpfer zu opfern, brachte [man] den Erschaffenen Opfer dar. Der wahre Weg wurde nicht erkannt, und die Ver wirrung erreichte ihren äußersten Gipfel. Die Schrift150 besagt: Wenn die Sonne untergeht, wird es auf der Erde dunkel und die Menschen schlafen ein, und viele, die in der Nacht reisen, straucheln in der Dunkelheit. Aber sobald die Sonne aufgeht, wird die Erde erleuchtet, und die Menschen wachen auf. Dann
146
Dem Begriff shi 士 werden im Altchinesisch je nach Kontext und Zusammenhang sehr umfassende Bedeutungen zugesprochen. An dieser Stelle wird Shi als „Edel mann“ ausgelegt. 147 Jingjing 景淨 ist der Verfasser des Textes der „Nestorianischen Stele“. 148 Der Begriff shenjiao 聖敎 (die Heilige Lehre) ist eigentlich nicht nur für den christ lichen Glauben bestimmt, im Laufe der Geschichte haben auch Buddhismus, Konfuzia nismus und sogar Islam sich als Heilige Lehre bezeichnet. 149 zhenzhu 眞主 bedeutet wörtlich „wahrer Herr“ und wird häufig als Bezeichnung eines tugendhaften Kaisers verwendet. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Hou Hanshu 《後漢書·王常傳》:Jin liushi fuxing, ji zhenzhu ye 今劉氏復興,即眞主也. In der modernen chinesischen Sprache ist der Begriff Zhenzhu jedoch ausschließlich dem Islam vorbehalten als die Bezeichnung für Allah. 150 jing 經 (Schrift, Klassiker) bezieht sich auf die Heilige Schrift. Dieser Begriff wird im Kapitel V. ausführlich behandelt.
62
Jesuiten und Nestorianismus
ist es günstig zu reisen und zu arbeiten.151 Früher baten die heiligen Propheten den Herrn des Himmels herabzukommen und sagten: Herr, schau dir das an, die Menschen sind erbarmenswert. Wenn sie noch lange in der Finsternis gefangen bleiben, werden sie einfach in dieser Finsternis sterben, ohne es wahrzunehmen. Die Lehre des Herrn ist strahlend. [Wir] beten, dass der Herr herabkommt, [die Menschen] von ihren Fesseln befreit und die Dunkelheit erleuchtest, [die Men schen] den richtigen Weg gehen und gute Taten vollbringen lässt.152 ⑤ 又主謂宗徒曰、廣遊普地、敷吾敎、從者登、逆者墜、宗徒奉命流行、 聖敎始⑥ 周遐遠、經美宗徒曰、厥聲啟口、周地舉充、敎通八極、罔少 滯壅、主又喻曰、⑦ 吾敎猶網布海、漁諸鱗、迨充牣、厥容廣哉、靡鱗 弗存、經雲、主國、遠總東西⑧之海、廣涵南北之極、靡弗徧焉、旣光明、 且廣大、名之景故、 Überdies sagte der Herr den Vorfahren-Schülern (Aposteln): Reist überall hin und verbreitet meine Lehre. Wer diese Lehre verfolgt, wird aufsteigen, wer nicht, wird abstürzen.153 Die Vorfahren-Schüler kamen der Anweisung nach und verbreiteten [die Lehre]. Die Heilige Lehre wurde erst dann überall bis in die Ferne verbreitet. Die Schrift lobt die Vorfahren-Schüler: Ihre Stimmen wurden überall gehört, wenn sie ihre Münder öffneten. Die Lehre erreichte die Grenze aller acht Himmelsrichtungen fast ohne Hindernisse. 154 Der Herr stellte ein weiteres Gleichnis auf: Meine Lehre ist wie ein Netz im Meer, es fängt alle Fische. Wenn [es] voll gefüllt ist155, ist das Fassungsvermögen so groß, dass es keinen Fisch gibt, der nicht [in diesem Netz] gefunden werden kann.156 Die Schrift besagt: Das Reich des Herrn umfasst die Meere im Osten und im Wes
151
Vgl. Heilige Schrift Sir 43,2 Sobald die Sonne aufgeht, spendet sie die Wärme; wie staunenswert ist dieses Werk des Herrn! Sie setzt, wenn sie im Mittag steht, die Welt in Glut; wer kann vor ihrer Hitze dann bestehen? 152 Vgl. Is 33, 2 O Herr, sei uns gnädig, wir vertrauen auf dich, sei unser Arm an jegli chen Morgen, ja, unser Heil in der Drangsalzeit! Is 45,8 Träufelt, ihr Himmel, von oben, Wolken sollen rieseln Gerechtigkeit! Die Erde tue sich auf und sprieße das Heil, Gerechtigkeit treibe zugleich.... 153 Vgl. Mk 16,15-16 Und er sprach zu ihnen: „Geht hin in alle Welt und verkündet das Evangelium aller Kreaturen. Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden. 154 Vgl. Röm 10,18 ... über die ganze Erde ging aus ihr Schall, und bis an die Enden des Erdkreises ihre Worte. Vgl. auch Ps 19,5. 155 chongren 充牣 bedutet „voll gefüllt“. Ein Beispiel dazu aus dem berühmten Werk Zixu fu《子虛賦》des Literaten Sima Xiangru 司馬相如 (179-118 v. Chr.): Chongren qi zhong zhe, bu ke sheng ji 充牣其中者,不可勝記. 156 Vgl. Mt 13,47-48 Ferner ist das Himmelreich gleich einem Netz, das ins Meer ge worfen wurde und mancherlei einfing. Als es gefüllt war, zog man es ans Ufer, setzte sich hin und sammelte das Gute in Gefäße, das Schlechte aber warf man weg.
Xin Hou
63
157 ten, enthält die Gipfel im Süden und im Norden und reicht überall hin ."" [Weil] es strahlend und groß ist, wurde [die Heilige Lehre] mit jing bezeichnet. 655 1 215 +5 . Die Verbreitung im Reich der Mitte 據 碑 泪
考 年
、 當時 聖教 在
於 閩 之 泉州、 4)
唐 、
約
二百
都人士 、 莫 不順 旨 從 風風 、 爱 立碑 掘 土
豎 溫陵堂內 、 自
得 石 唐
、 距
上 明 、
勒 十字
載 、 累朝 欽 崇
、 聖堂 星
記、
、
用垂
聖 架 之
閱 今古 、
永休 形 、 又 閩 去
大
於 近 陝 、
又
布 明萬
、 (2) 絲 宰
地 得 石 亦然 、 極
西 東
官
、
感 崇禎 ( 3 間 、
、
今
並
乃 碑刻多
證 、 流行 ⑤ 惟 舊 、 於 滋 益 信 、 Aufgrund [ der Jahresangabe] der Stele hat sich damals die Heilige Lehre in der Tang- [Zeit] ungefähr zweihundert Jahre lang [verbreitet].Generation 158 für Gene waren wie ration wurde sie hochgeschätzt. Viele heilige Hallen (Kirchen) 159 Sterne (über das Land] zerstreut. Vom Kanzler und hohen Beamten bis zu hkeiten fügten sich alle dem [kaiserlichen ] Edikt und den großen Persönlic 161 162 Infolgedessen wurde die Stele errichtet, um [ dieses folgten den Sitten .
Ereignis ] im Gedächtnis zu behalten und ewigen Ruhm zu bewahren . In der [Zeit] zwischen [der Ära] Wanli 163 und [der Ära) Chongzheng des großen Ming [-Reiches ] wurde bei einer Ausgrabung in Quanzhou in [der Provinz ]
157 Vgl . Ps 72,8 Herrschen möge er von einem Meer bis zum andern , vom Euphrat bis an die Enden der Erde . Lk 13,29 Sie werden kommen von Osten und Westen , von Norden und Süden und zu Tische sitzen im Reich Gottes. 158 In der Inschrift der „ Nestorianischen Stele “ , wird das Kirchengebäude mit si # ( Tempel) bezeichnet. Jedoch vermied Diaz diesen stark buddhistisch bezogenen Begriff in seiner Abhandlung, und benannte die Kirchengebäude in die von den Jesuiten ausge wählte Bezeichnung Tang Ý (Halle) um. 159 you sollte an dieser Stelle als „ von , aus“ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Shui 《史記 ·文帝 本 紀 》 : Huo zi yuan qier fit you de xing 禍 自怨 起 而 福蘇德興 , ji
hat an dieser Stelle die Bedeutung „bis, als “ . Ein Beispiel dazu aus der Artikel
Liuguo lun ( AE ) des Literaten Su Xun ( 1009-1066) : Ji Mu yi chan zhu, Handan weijiun 泊 牧 以 讓 誅 , 邯鄲 為 郡 , 160 du * B sollte an dieser Stelle als „ groß, haupt “ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Lüshi chunqiu ( EEK4 ) : Jun jing er huai du shi 9 驚而懷都舍 , 161 feng sollte an dieser Stelle als „Sitte, Brauch“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Xunzi 《荀子 · 樂 論 》 : Yi feng yi sat 移風易俗 , 162 yuan sollte an dieser Stelle als ,,deshalb , infolgedessen“ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Shijing ( 5 ) : Letu letu, yuan de wo suo 樂土 樂土 , 爱 得 我 所 .. 163 Wanli u ist der Äraname der Regierungszeit des 13. Kaisers der Ming -Dynastie und umfasst die Jahre 1573-1620 .
64
Jesuiten und Nestorianismus
Min164 ein Stein entdeckt. Darauf war die Form eines heiligen Kreuzes ge schnitzt. Noch ein anderer ebensolcher Stein wurde in der Nähe gefunden. Heu te stehen beide in der Halle (Kirche) in Wenling165. Von der Tang[-Zeit] bis zur Ming[-Zeit] übersteht [die Heilige Lehre] Vergangenheit und Gegenwart. Von Min bis nach Shan166 durchdrang [die Heilige Lehre] den Westen und den Os ten. Das wird durch die Inschriften mehrerer Steintafeln bewiesen. Angesichts dessen ist es gut zu glauben, dass [die Heilige Lehre] einst so verbreitet war. ⑥ 碑頌。167 Stele, Preisung. 碑文體具二端、先序後頌、序者、序聖敎之宗、自初入華邦、以迄周彌⑦ 方域、修士冊名、列宗顯號、都邑著方、頌者、頌聖敎之奧紀、累朝弘獎、 用茲⑧ 傳徽不朽、太平有本、協和有原、盛美有自、 Die Inschrift besteht aus zwei Teilen: Am Anfang das Vorwort und zum Schluss die Preisung. Im Vorwort wird über die Herkunft der Heiligen Lehre erzählt168, von ihrer Ankunft im Land von hua (China)169 am Anfang, bis zu ihrer weiten Verbreitung in allen Gebieten, [über] die registrierten Namen der Vervoll kommnung suchenden Edelmänner (Geistlichen), die ruhmvollen Titel der Kai ser und die Städte in allen Regionen. Die Preisung preist die geheimnisvollen Taten(Mysterien)der Heiligen Lehre170 und [ihre] großen Ehrungen mehrerer Regierungszeiten. Damit wird die Unvergänglichkeit [der Heiligen Lehre] ver kündet. [In der Heiligen Lehre] findet der Friede seine Wurzel, die Harmonie ihre Quelle und die Blütezeit ihren Ursprung. 656 ① 大秦寺僧景淨述。 Verfasst von Jingjing, Mönch des Daqin-Tempels. 建碑之士、以厥名、厥國、厥職、首著其信、大② 秦者、中西一邦也、 乃天主降生救世之地、距中土三萬余裡、景淨來茲、緣③以厥邦名、名其 寺、其職傳景敎、 164
Min 閩 ist die kurzförmige Bezeichnung für die Provinz Fujian. Quanzhou 泉州 ist eine Stadt in dieser Provinz und war eine sehr bedeutende Hafen- und Handelsstadt im Altertum mit einer hohen Anzahl von Ausländern. 165 Wenling 溫陵 war eine andere Bezeichnung von der Hafenstadt Quanzhou. Die Jesu iten haben dort mehrere Kirchengebäude errichtet. 166 Shan 陝 ist die kurzförmige Bezeichnung für die Provinz Shaanxi. 167 An dieser Stelle hat Diaz allerdings zwei weitere Zeichen auf der Stele ausgelassen, nämlich: bing xu 並序 – „und Vorwort“. 168 xu 序hat an dieser Stelle die gleiche Bedeutung wie Xu 敘 „schildern, erzählen“. 169 hua 華 ist eine abgekürzte Form von huaxia 華夏, einer historischen Bezeichnung der chinesischen Nation. Bang 邦 bedeutet „Staat, Land“. Huabang 華邦 bedeutet daher Land von huaxia, also China. 170 aoji 奧紀 ist vermutlich eine andere Schreibweise von aoji 奧跡 und bezieht sich auf die Mysterien Gottes.
Xin Hou
65
Der ( Vervollkommnung suchende] Edelmann ( Jingjing), der diese Stele errich tete, schrieb seinen Namen, sein Herkunftsland und seinen Amtstitel an den Anfang der Inschrift.171 Daqin war ein Land im Westen , in dem der Herr des Himmels geboren wurde und die Welt erlöst hat. Es ist ungefähr dreißigtausend Li von der Erde der Mitte entfernt. Jingjing stammt aus diesem Land, deswegen wurden die Tempel nach dem Namen dieses Landes benannt . Das Amt ( von Jingjing] ist es , die Lehre des großen Lichtes zu verkünden . (4)或
疑 寺
、
類 、
當
朝(5) 廷 崇 獎
蒙
僧 、
為
釋 、 不知寺 、
6 景 士 名僧 者 、 當時 之 謂
日 ( 7) 僧
、
就當時
名 、 而 稱之 ( 8 ) 日 眾誰能 解 、 邪魔 人
震 之
無言 新教 、 法
浴 水
風、
試 詳 碑 原委 、
因 士 、
所名
本 官制 得名 、
以名
焉
削頂 存 須
而 名 之
如大理 、 太僕 、
光祿 、
鴻臚 之
、
耳
、 碑
中 顯 舉
、 猶 今
以
、
所居 之
離塵俗 修道 宇
、
而 謂 之 堂
、 通稱 亦 、
我 輩 之
士 、 日 儒 、 皆 學士 家 所 推重 、而別 凡俗 雲 爾 、 若 用 西 文 、
657( 1
義
所 雲 、 之 慈
無 元 真主 、
三
、 室
之 異 、
三
一
分(2)身
開生滅死
、
七 時
禮 (3) 讀 、
印 持 十字 、
同人
出 代
、 亭午
蘇斯 以 觀 、 眾 疑 昭 釋 、 綠舉 原文 、
女
誕 聖
七日
一 薦 、
升 4)
真 等
一
妙身
、
景
削 頂 存
開闢人物 之 始 生
宿 告
祥
須 、
、 種種 實
、
、 波斯 來 貢
、
白衣 示 淨 、 跡、
釋 教 悉 無
、
明 詮 如左 、
Manche zweifelten : [die Bezeichnungen) si ( Tempel) und seng (Mönch) sind eigentlich [von der Schule] shi (buddhistisch )."
[ Sie ] wussten aber nicht, dass
si ursprünglich eine Amtsbezeichnung war, wie zum Beispiel : dali [si] , taipu [si] , guanglu [si] , honglu [si] l73 usw .. Es muss wohl eine Ehrung durch die kai serliche Regierung gewesen sein, dass man [die Gebäude] so bezeichnen durfte. Die [ Vervollkommnung suchenden] Edelmänner der Lehre des großen Lichtes haben deswegen die Bezeichnung Seng übernommen , weil sie in der damaligen Zeit sich den Scheitel rasierten und sich einen Bart wachsen ließen, so wie es die Stele beschreibt. Da sie die irdische Welt verließen und das dao praktizierten (nach der Vervollkommnung strebten) , nannten sie sich (wie die buddhistischen Mönche] auch allgemein seng. Sie haben einfach die übliche Bezeichnung aus der damaligen Zeit entlehnt. Das ist so wie heutzutage die Gebäude, in denen [wir Geistlichen] leben, als tang (Halle) bezeichnet werden, und wir [Geistli
171 zhu sollte an dieser Stelle als „ schreiben, verfassen “ ausgelegt werden. Ein Bei spiel dazu aus dem Artikel Bao Renan shu ( 13 ) des Historikers Sima Qian a ] 172
( 145-90 v . Chr .): Pu cheng yi zhu ci shuXe shi * ist eine Abkürzng von Shijiamoni E ( Sekiamoni), Gründer des Bud
dhismus. Der Buddhismus in China wurde auch häufig als shijiao *** „ Lehre des Sekiamoni“ bezeichnet. 173 dali si XX
# war das höchste Gerichtsorgan in der kaiserlichen Regierung . taipu si
, war ein kaiserliches Amt, das für die Reiseangelegenheiten des Kaisers zustän
dig war. guanglu si tik war ein kaiserliches Amt, das für die Ernährung und die Mahlzeiten der kaiserlichen Familie zuständig war. honglu si # war ein kaiserli ches Amt , das für Hofzeremoniell und Empfang von Staatsgästen zuständig war.
66
Jesuiten und Nestorianismus
chen] uns [nach den chinesischen Bezeichnungen] shi (Gelehrter) oder ru (Kon fuzianer) nennen, die von der Gelehrtenschicht geschätzt und geachtet sind, um uns von den Laien zu unterscheiden. Wenn dabei westliche Sprachen verwendet würden, wer könnte das dann verstehen? Wenn man die Bedeutung der Steleninschrift studiert: Der wahre Herr ohne Anfang; der sublime Körper der Dreiteilung (Dreieinigkeit); die Erschaffung des Menschen und aller anderen Dinge; der Unwesen treibende Dämon und der Grund für die Schuld der Men schen;174 die Gnade des Teilungskörpers der Dreieinigkeit; das Wunder der Ge burt des Heiligen von der Jungfrau; die Glücksverheissung durch den strahlen den, großen Stern; Gabendarbringung aus Persien; die Neue Lehre ohne Worte; Einsetzung des Lebens und Beseitigung des Todes; Verehrung und Lobpreisung sieben Mal am Tage; Opferdarbringung alle sieben Tage; sich den Scheitel ra sieren und einen Bart wachsen lassen; mit weißer Kleidung die Reinheit zeigen; das Gesetz vom Baden in Wasser und Wind (heiliger Geist); das Kreuzzeichen als Siegel; die menschengleiche Erscheinung in der Welt; der Aufstieg zur Wahrhaftigkeit zur vollen Mittagsstunde usw. - alle diese Tatsachen hat die bud dhistische Lehre nicht -, angesichts dieser [Tatsachen] wird aller Zweifel beho ben. Daher führe [ich] den Originaltext [der Stele] an und erkläre wie links.175 659①粵若 Fürwahr 造端發語之辭也。 Das ist ein Einführungswort. ②常然真寂 ewig und wahrhaft still 景淨起詮天主之妙、曰眞者、葢眞、天主之本德也、寂者、天主之③本情 也、常然者、恒永而無變也、 Jingjing beginnt das mystische [Sein] des Herrn des Himmels zu erklären und beschreibt [ihn] als wahrhaftig, da Wahrhaftigkeit die Ursprungstugend des Herrn des Himmels ist und Stille ist die ursprüngliche Natur176 des Herrn des Himmels. Das Wort Changran bedeutet ewig und unwandelbar. ④ 聖經每稱天主、曰、其眞實、厥言眞實、確宜篤信、又雲、永永眞實、 厥言恒固、又雲、⑤ 眞實乃天主束儀、言約束吾人、無容妄動、主言為 眞實約、旣發厥口、永永弗爽、⑥伯鐸羅宗徒、語其徒曰、汝未入聖敎前、 te 慝 sollte an dieser Stelle als „Fehler, Schuld“ ausgelegt werden und bezieht sich auf den Sündenfall. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker GuoYu 《國語》: You guote zhi du 有過慝之度. 175 Im Altertum wurden chinesische Texte vertikal von rechts nach links geschrieben. 176 qing 情 ist an dieser Stelle nicht als „Emotion“ zu verstehen, sondern als „Natur, Wesen“. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Mengzi《孟子·滕文公上》: Fu wu zhi buqi, wu zhi qing ye 夫物之不齊, 物之情也. 174
Xin Hou
67
攸奉神悉偽妄、旣入後易心、從眞實主、⑦ 奧斯定聖人曰、眞與妄、如 光與暗、直與曲、弗信天主聖言之眞者、如求光於暗、⑧求直于曲、其將 能乎、天主之知、全知、因無欺於己、其善、全善、因無欺於人、是乃 660 ①其眞實之繇、人旣信天主惟眞、斯信厥敎並眞、從事尤易、 Über den Herrn des Himmels sagt die Heilige Schrift oft: Er ist wahrhaftig, seine Worte sind wahrhaftig und sind wirklich fest zu glauben. [Die Heilige Schrift] sagt auch: Er ist ewig wahrhaftig, seine Worte sind ewig unwandel bar177. [Die Heilige Schrift] sagt auch: Die Wahrhaftigkeit ist das verbindliche Gesetz178 des Herrn des Himmels, seine Worte halten uns Menschen in Schran ken und lassen uns nicht leichtsinnig vorgehen. Die Worte des Herrn sind eine wahrhaftige Vereinbarung [Testament]. Da [sie] von ihm ausgesprochen wur den, sind [sie] für immer unfehlbar. Der Vorfahren-Schüler (Apostel) Boduoluo (Petrus)179 sagte zu seinen Schülern: Alle Götter, denen ihr gedient habt, bevor ihr der [Gemeinschaft der] Heiligen Lehre beigetreten seid, sind falsch und un sinnig. Ändert eure Gesinnung und folgt dem wahren Herrn nach eurem Beitritt. Der heilige Aosiding (Augustinus) sagte: Wahrhaftigkeit und Falschheit sind so wie hell und dunkel oder gerade und gebogen. Diejenigen, die nicht an die Wahrhaftigkeit der Worte des Herrn des Himmels glauben, als ob sie nach Licht in der Dunkelheit und nach Geradem im Gebogenen suchen, wäre das möglich? Das Wissen des Herrn des Himmels ist ein vollkommenes Wissen, so täuscht [er] sich nicht. Seine Güte ist eine vollkommene Güte, so täuscht [er] die Men schen nicht. Das ist der Ursprung seiner Wahrhaftigkeit. Wenn [man] schon an die Wahrhaftigkeit des Herrn des Himmels glaubt, dann glaubt auch an die Wahrhaftigkeit seiner Lehre. So wird es besonders leicht, sich mit [seiner Leh re] zu befassen. ② 恒行恒寂、又惟天主、厥禦萬有、若視微蟲、靡有能棼厥寂、雅各伯 宗徒曰、天主③無變動、並無微影變動、經紀天主曰、惟吾眞實、惟吾無 變、聖人謂天主、猶石柱④ 砥江流、厥流弗息、或越柱、或方逮柱、或 猶未底柱、惟柱恒寂弗動、世物於天主⑤ 亦然、 Es ist nur der Herr des Himmels, der ewig bewegt und ewig still bleibt. Er herrscht über alles, wie [man] auf ein kleines Würmchen blickt180. Nichts kann 177
Vgl. Is 45,19 Nicht im Geheimen redete ich, an einem Platz im finstern Land, ich sprach nicht zum Samen Jakob: Such mich in der Öde; ich, der Herr, rede Heil, verkün dige mit Geradheit! Is 45,23 Ich schwur einen Eid bei mir selbst; aus meinem Munde ging Heil hervor, ein Wort, das nicht ohne Wirkung zurückkehrt: Jedwedes Knie beuge sich vor mir, jede Zunge schwöre es mir! 178 shuyi 束儀 sollte an dieser Stelle als „verbindliche Regel“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Mozi《墨子·天志中》: Li ci yi wei yi 立此以為儀. 179 Boduoluo 伯鐸羅 ist eine phonetische Transkription für Petrus. Die Moderne Tran skription in der chinesischen Sprache lautet Boduolu 伯多祿. 180 shi 視 ist eine seltene Schreibweise von shi 視 und bedeutet „sehen, blicken“.
68
Jesuiten und Nestorianismus
seine Stille stören181. Der Vorfahren-Schüler (Apostel) Yagebo (Jakob) sagte: Der Herr des Himmels ist unwandelbar - auch nicht im kleinsten Maß182. Die Schrift zeichnet die Aussage des Herrn des Himmels auf: Nur ich bin wahrhaf tig, nur ich bin unwandelbar183. Die Heiligen beschreiben den Herrn des Him mels als einen Fels inmitten eines reißenden Stromes. Der Strom hält nicht an, entweder überschwemmt [er] den Fels, oder erreicht gerade die Höhe des Fel sen, oder bleibt sogar niederiger als der Fels. Nur bleibt der Fels für immer still und unbewegt. So ist es auch zwischen dem Herrn des Himmels und den Din gen auf der Welt. ⑥或疑、天主因厥人有罪、怒欲加罰、厥人旣悔、天主息怒旋宥、曷雲蔑 變、曰、非然、⑦天主自無始之始、早見厥人罪、卽自無始之始、並早見 厥人悔、怒罰、矜宥、無始⑧悉定、未之少易、苐厥人攸為有先後、而天 主應隨之現耳、可悟人為之變、主自 661 ①無變、 Manche zweifelten: Der Herr des Himmels war wegen der Sünden eines Men schen zornig und wollte ihn bestrafen. Aber nachdem dieser Reue empfand, ließ er vom Zorn ab und vergab ihm gleich. Warum ist von Unwandelbarkeit die Rede? [Ich] sage: Es ist nicht so. Vom ursprungslosen Anfang an hat der Herr des Himmels die Sünden dieses Menschen erblickt, so erblickt [er] es auch vom ursprungslosen Anfang an, dass dieser bereuen wird. [Seine] Strafe mit Zorn, Vergebung mit Erbarmen184, alles wurde am ursprungslosen Anfang schon be stimmt, und wurde nicht im Geringsten verändert. Nur185 die Taten des Men schen haben eine Reihenfolge, und der Herr des Himmels antwortet nur ent sprechend darauf. Dadurch kann erkannt werden, dass die Taten des Menschen sich ändern, der Herr selbst ist jedoch unwandelbar. ②先先而無元。 (er war) zu Urbeginn, (jedoch) ohne Ursprung 無元者、天主無始之始也、是妙惟天主自有、厥妙靡窮、略③ 征於物、 如天神性、洎人性、亦肖天主之靈、苐厥無始之始、縱天神蔑有、矧人於 ④ 物乎、經曰、天主萬物始、是也、奧斯定聖人詮曰、物有三倫、下倫
181
fen棼 wurde an dieser Stelle mit dem Zeichen wen 紊 vertauscht und ist daher als „stören, verwirren“ zu verstehen. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Zuozhuan 《左 傳•隱公四年》: You zhi si er fen zhi ye 猶治絲而棼之也. 182 Vgl. Jak 1,17 Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben, vom Vater der Lichter, bei dem kein Wechsel ist oder ein Schatten von Veränderung. 183 Vgl. Is 44,6 …Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, außer mir gibt es keinen Gott! 184 Jin 矜 sollte an dieser Stelle als „vergeben, begnadigen“ ausgelegt werden. Ein Bei spiel dazu aus dem Klassiker Shijing《詩·小雅·巷伯》: Jin ci lao ren 矜此勞人. 185 di 苐 ist eine andere Schreibweise von di 第 und sollte an dieser Stelle als „lediglich, nur“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Shiji 《史記·孫子吳 起列傳》: Jun di zhong she, chen neng ling jun sheng 君第重射, 臣能令君勝.
Xin Hou
69
有始有終、如草⑤木、禽獸、魚蟲之屬、以逮人之形軀、斯厥存時、謂曰 流時、不免先後、修短、久暫之⑥ 殊、中倫有始靡終、如天神以逮人之 靈性、厥存謂曰永存弗敝、縱無先後修短⑦久暫之殊、苐厥始旣受賦於天 主、是厥存滅、蔑弗繇主、上倫蔑始蔑終、厥存弗⑧ 苐靡先後、修短、 久暫之殊、更蔑他物獲敝厥存、斯惟屬天主自存、是厥存也、全 662 ① 體渾焉、純一靡竟、永恆蔑限、絕無往來現在之別、洎出入加減之分、永 自成一、 [Die Beschreibung] wuyuan (Ohne Ursprung) bezieht sich auf den Anfang des Herrn des Himmels ohne Ursprung. Nur allein der Herr des Himmels hat dieses Mysterium von sich selbst aus, und dieses Mysterium ist unendlich. Wenn [man] etwa die Dinge erkundet, wie die Natur der Himmelsgeister und die Na tur der Menschen, sind diese auch dem Geist des Herrn des Himmels etwas ähnlich. Jedoch haben seinen ursprunglosen Anfang nicht einmal die Himmels geister und schon gar nicht die Menschen und die Dinge. Die Schrift sagt: Der Herr des Himmels ist der Ursprung der zehntausend Dinge. So ist das. Dazu erklärte der heilige Aosiding (Augustinus): Es gibt drei Arten von Dingen186: Die unterste Art hat sowohl einen Anfang als auch ein Ende, wie Pflanzen, Bäume, Vögel, Tiere, Fische, Würmer sowie der menschliche Körper. Die Zeit, in der sie existieren, wird als „fließende Zeit“ bezeichnet. Unvermeidlich gibt es bei ihnen Unterschiede zwischen früher und später, langem und kurzem Maß, langer und kurzer Dauer. Die mittlere Art hat einen Anfang aber kein Ende. Zum Beispiel wie die Himmelsgeister (Engel) sowie der Geist und die Natur der Menschen. Ihre Existenz wird als ewig und unsterblich187 bezeichnet. Es gibt bei ihnen keinerlei Unterschiede zwischen früher und später, langem und kur zem Maß, langer und kurzer Dauer. Ihr Anfang wurde jedoch vom Herrn des Himmels gewährt, daher ist ihre Existenz vom Herrn abhängig. Die oberste Art hat weder einen Anfang noch ein Ende. Für ihre Existenz gibt es nicht nur keine Unterschiede zwischen früher und später, langem und kurzem Maß, langer und kurzer Dauer, sondern keine anderen Dinge können188 ihre Existenz beeinträch tigen189. Das ist allein die eigenständige Existenz des Herrn des Himmels. Diese Existenz ist eine gesamte Einheit, die rein, allein, ewig und unendlich ist. [Bei der] gibt es überhaupt keinen Unterschied zwischen Vergangenheit und Gegen
186
Der Begriff sanlun 三倫 (drei Grundordnungen) wird im Kapitel V ausführlich be handelt. 187 bi 敝 sollte an dieser Stelle als „verwelken, sterben“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Hanshu 《漢書·張敞傳》: Li min diao bi 吏民凋敝. 188 huo 獲 sollte an dieser Stelle als „können“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Hou Hanshu《後漢書·馮異傳》:Jin piancheng huo quan 今偏 城獲全. 189 bi 敝 sollte an dieser Stelle als „verletzen, beeinträchtigen“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Zuozhuan 《左傳·僖公三十年》: Yin ren zhi li er bi zhi 因人之力而敝之.
70
Jesuiten und Nestorianismus
wart, und auch keinen Unterschied zwischen Zunahme und Abnahme oder zwi schen mehr und weniger. [ Sie] bleibt immer selbständig und einzig . 2
.
Abgrundtiefer [als das] All FÈZA. . 徹 厥 下 質
體 、 、
蔑
始 、
疇 容 (4 )
WEN
、
ft. FÈLE . ATA .
蔑 量
、
並
疑 武 、 昔有 蒙 者
徹 厥 日 、
化萬物 之 諸蘊 主 座 高遠 、
FÈEl . 5 1.
已 顧 弗克
知、
炎
患 、
验
人 禱
莫
逞
獨 萬物真主
、
#th .
蔑 終
定 聖人 日 、 A. 663
藉 厥 蔑 祈 、
凡 情理 之
知 、 烏克
悉
遂 之 而 疑 之 念
經 造 萬
神 、
乎 、
蔑
、 莫 甚
藉 厥 於
3
斯天主 之至 靈 、
亞獲知 人事 、
人
經 責 之
非 雲
2. El
(6) 有 、
、 今人 奉
、
弗
辨 真偽 、
知 、
認 有 真主
而 護 存 、
殊 盲 、
而 賞罰各 既 (7) 推
聲 、
競 若 冥頑 、
、 A.
盡 、
而 救 持
以至 靈 、
胡 為 天主 、 則 既 為 天主
恪 桌
奧 (8) 、
靡
斯 所
1
Das Wissen des Herrn des Himmels wird [ da] erklärt. [Das Zeichen] yao bedeu tet tief, xu heißt „ Reinheit ohne Vermischung “. Es beschreibt, dass der Geist des Herrn des Himmels allwissend ist und eine vollständige Einsicht über seine eigene Substanz [hat] 190 . Ohne Anfang, ohne Ende und unermesslich . [Er hat] auch eine vollständige Einsicht über [den Inhalt] aller von ihm geschaffenen Dinge. Der Herr des Himmels ist äußerst transzendent, das menschliche Wesen ist nicht primitiv, wer darf das [also] bezweifeln und [ dem Herrn des Him 192 mels] untreu sein? Früher sagte einmal ein Unwissender193 : Der Thron des Herrn ist hoch oben und weit fern, [er] kann das Leben der Menschen nicht erblicken und auch nicht davon wissen 194. Die Schrift tadelt diesen : Das ist eine Aussage eines Irren. Der Herr des Himmels schuf den Menschen, ließ diesen 195 sehen und hören können 2 er könnte aber selbst nicht sehen und hören? [Er]
190 che # sollte an dieser Stelle als „ verstehen , einsehen “ ausgelegt werden. Ein Bei spiel dazu aus dem Klassiker Liezi ( 5117. ) : Ru xin zhi gu, gu bu ke che itiliz 固 , 固 不可 徹 , 191 chou ist mit dem Zeichen chou vertauscht und sollte an dieser Stelle als „ wer“ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem alten Buch Fayan ( 1 ) : Yong xin bu gang, chou ke er CE , EN 192 yier et bedeutet ,,Zweifel und Untreue“ . Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Zhun Zhao Yashi Shangshut 《 准 語言 事 上書 》 des Literaten Ouyang Xiu 歐陽修 ( 1007 1072 ): Ze erguo you xi, zi xiang yier = BE , tot . 193 meng hat die gleiche Bedeutung wie meng und sollte an dieser Stelle als „ un wissend, dumm “ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Changyang Fu ) des Philosophen Yang Xiong 16 ! ( 53 v. Chr. - 18 n . Chr. ) : Nai jinri fa meng 19 ( 乃 今日 發蒙 , 194 Vgl . Ps 10,11 Jener spricht bei sich selbst: "Gott vergißt es ja, hat sein Antlitz ver hüllt, sieht es in Ewigkeit nie . " 195 bi sollte an dieser Stelle als „ lassen “ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem AÉ. Klassiker Shijing ( ## 13BELA @LAA ) : Bi Bi ye ye ke wang
71
Xin Hou
schuf den Menschen, ließ ihn wissen, wie könnte [er] selber aber nicht wissen? 196 Mit solch einer Unwissenheit, wie könnte [der Herr] die zehntausenden Ge gebenheiten
erschaffen und erhalten, [ sie) angemessen belohnen und bestra
fen , [ sie vor] Unheil retten, die Gebete der Menschen erhören und erfüllen ? Heute verehren die Menschen Götter, ohne zwischen Wahrem und Falschem zu unterscheiden , halten ( alle ) sogleich für äußerst transzendent und folgen [ ihnen] erfurchtsvoll ohne Vernachlässigung, zweifeln lediglich aber ausgerechnet am wahren Herrn der zehntausend Dinge ? Mit solch einer Unwissenheit, würde [er sich) nicht von den Blinden unterscheiden 198 , wie könnte [er] dann der Herr des Himmels sein? Der heilige Aosiding (Augustinus) sagte: Der allerschlimmste Gedanke, der der Wahrheit widerspricht, ist es, dass man zwar die Existenz des wahren Herrn erkennt, ihn aber als stumpfsinnig und unwissend verachtet. Da [ er] der Herr des Himmels ist, ist [ er] dann auch allwissend . [Das ] ist wahr. 199 25. BAUX 一覽 悉 具
、
3)
物之流 勢 、
4. *** 81 .
X *** @
-AZ 然 、
也 、 安安
, 而無
微
T. FÈT , BAS
Ě ZWI. E.
. X-,
弗 免 勞思 焦心、 主 之
ā . 1$ . 視
,
有 已往 、 未來 、 現在 之
勞 、
精 知 、
G
#
,
判 、 天主 至
R.
知 、
20, ,
無 時 停息 、 無不
WELL 視 、
凡人 念
7EBED. EENŠEZDE , 無
少 倦
、
一 照
而
物 之 當然 、 及
一 現 R.
uŹ 昭(6)
恒
所以然
、
了然
慮 、
語 PA
洞徹 、
弗 慮 ( 8) 微 謬 、 Ein Heiliger führte ein Gleichnis an : Unser Verstand ist so , wie man auf dem flachen Boden sitzt und nur sieht, [was ] vor den Augen [ ist] . Der Verstand des Herrn des Himmels ist so , wie [man] ein hohes Gebäude besteigt und alles [von oben] überblickt, ohne Grenze zwischen Nähe und Ferne.200 Die Lage der Dinge
ke È sollte an dieser Stelle als „können“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Shangshu (öt ) : Ke qin yu bang, ke jian yu jia 1t4 # 3 , 霈 16 wu sollte an dieser Stelle als „ wie “ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Lüshi Chunqiu ( EEFX899 ) : Wu wen zhiyue SME . 197 wanyou (zehntausend Gegebenheiten ) hat eine ähnliche Bedeutung wie der Begriff wanwu (zehntausend Dinge ) , ist ebenfalls ein Sammelbegriff für den Kosmos und alle Dinge, die sich darin befinden . 198 wangshu 254 bedeutet „ von etwas nicht unterscheiden , nicht anders als “ . Ein Bei spiel dazu aus dem Artikel Wu bi niu fu ( 5 ) des Dichters Huang Tao A (840-911): Shou men er zhi zhen wangshu #19 T #A451 15 # . 199 xin an dieser Stelle ist nicht als Verb „glauben “ zu verstehen, sodern als Adjektiv „ wahr“. Ein Beispiel dazu aus dem Klassker Dao de jing ( 2 ) : Xin yan bumei, mel pan bu xin 信 言 不 美 , 美言 不 信 , 2 erxia We wird auch häufig als xiaer e geschrieben und bedeutet „ Nähe und Ferne“. Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Hanshu ( Xiaer, guan guo zhi hui putem 16 .
W ) : Sifang
72
Jesuiten und Nestorianismus
ist wie ein fließender Strom, es gibt [bei ihnen] Unterschiede201 zwischen Ver gangenheit, Gegenwart und Zukunft. Die Allwissenheit des Herrn des Himmels ist ewig gegenwärtig und für immer ohne Unterschiede. Ein Heiliger erklärte auch das genaue Wissen des Herrn des Himmels: Unser Wissen ist manchmal ablässig, unterbrochen und fehlbar und kann das Wesen der Dinge nicht auf einen Blick durchschauen, [man] muss zuerst einen Teil erkennen, und darauf hin die weiteren. Auf Grund dessen, wie die Dinge sind, schlussfolgern [wir], warum sie sosind.Unvermeidlich zermartern[wir uns] das Hirn, und das Herz brennt. Das genaue Wissen des Herrn unterbricht nie und durchschaut alles. Alles, was die Menschen denken, sprechen und tun, ist in seiner Sicht. Es gibt gar keine Unklarheit, Vergesslichkeit und keine Fehler. Daher kann [er] die Güte und die Sünde der Menschen richtig belohnen und bestrafen. Ganz friedlich durchschaut er alles, ohne geringste Anstrengung und Müdigkeit. Durch einen Blick erkennt er klar, wie die Dinge sind und warum sie so sind, ohne einen kleinsten Fehler zu befürchten. 664①後後而妙有。 [wird er] zum letzten Ende von transzendenter Existenz [sein] 右晰蔑始者、惟一天主為萬有先先、斯晰蔑終者、惟一天② 主自為萬有 後後矣、厥性自有、靡他倚賴、永永恆有、絕異萬有之有、謂為妙有、③ 性家攸論、弗系於物以始、弗系於物以存、靡物獲竟厥終、斯理至昭、罔 勞苦④ 索、 Rechts wurde erklärt, dass der einzige Herr des Himmels, der keinen Anfang hat, der Ursprung des Anfangs der zehntausend Gegebenheiten ist. Hier wird erklärt, dass der einzige Herr des Himmels, der kein Ende hat, selbstverständ lich[auch] am Ende des Endes der zehntausend Gegebenheiten ist. Diese Natur hat [er] aus sich selbst und ist nicht von anderen abhängig. [Diese Natur] ist ein ewiges Sein und ist vom Sein der Zehntausend Gegebenheiten äußerst verschie den und wird als „transzendentes Sein“ bezeichnet. [Wie] die Schule der Natur behauptet: Der von [anderen] Dingen unabhängige Anfang und das von [ande ren] Dingen unabhängige Sein. Nichtskann[diesesSein] überdauern. Diese Wahrheit ist äußerst erleuchtend, [man] braucht danach nicht angestrengt su chen. ⑤總玄樞而造化。 Über den Angelpunkt [des Kosmos] waltend, erschuf [er die Welt] 經曰、天主發命、萬有鹹出、順命而顯、弗延須臾、旣晰天主為萬 ⑦物 斯示吾人宜信、天主以厥全能、于全無化有萬有、萬⑥有胥應命立顯、 主、斯晰萬物莫之違矣、 201
pan 判 ist an dieser Stelle als „Unterschied“ zu verstehen. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Zhaungzi《莊子·天下》: Pan tiandi zhi mei, xi wanwu zhi li 判天地之美, 析 萬物之理.
Xin Hou
73
Es wird darauf hingewiesen, dass wir daran glauben sollen, dass der Herr des Himmels mit seiner Allmacht die zehntausend Gegebenheiten aus dem völligen Nichtsein erschaffen hat. Nach der Anweisung [des Herrn] erschienen sofort alle zehntausend Gegebenheiten202. Die Schrift sagt: Der Herr des Himmels erteilte die Anweisung, dann erschienen all die zehntausend Gegebenheiten. [Sie] erschienen nach dem Befehl [des Herrn] ohne geringste Verzögerung203. Es wurde bereits erklärt, dass der Herr des Himmels der Herr der zehntausend Dinge ist. Hier wird erläutert, dass sich die zehntausend Dinge ihm nicht wider setzten. ⑧或疑、全無曷能生有、祭利聖人曰、物未有前、無物、則全無者、厥本 名也、斯地無 665 ① 草木昆蟲諸物、惟全無獲稱、克造物者、非人非神、 苐天主全能俾萬有出於全② 無、斯謂總玄樞、而造化萬有、 Manche zweifelten: Wie könnte Sein aus Nichtsein erschaffen werden? Der heilige Jili (Kyrill)204 sagte: Bevor die Dinge erschaffen wurden, gab es keine Dinge. Darum ist „Nichtsein“ die ursprügliche Bezeichnung dieses [Zustands]. Dort gab es keine solchen Dinge wie Pflanzen, Bäume, Insekten und wurde daher nur als „Nichtsein“ bezeichnet. Derjenige, der Dinge erschaffen kann, ist weder ein Mensch noch ein Geist205. Nur die Allmacht des Herrn des Himmels ließ die zehntausend Gegebenheiten aus dem Nichtsein entstehen. So heißt es daher „über den Angelpunkt [des Kosmos] waltend erschuf [er] die zehntausen den Gegebenheiten“. ③妙眾聖以元尊。206 verherrlicht die Heiligen durch [sein] sublimes Wesen207
202
xu 胥 sollte an dieser Stelle als “all, gesamt” ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Shijing《詩·小雅·角弓》: Er zhi jiao yi, min xu xiao yi 爾之教矣, 民胥 效矣. 203 Vgl. Ps 33,6 Die Himmel sind erschaffen durch das Wort des Herrn und all ihr Heer durch den Hauch seines Mundes. Ps 33,9 Denn so wie er sprach, geschah es, er gebot es, da stand es da. 204 Die Moderne Transkription von Kyrill in der chinesischen Sprache lautet Jililu 濟利 祿. Es handelt sich hier um den Kirchenlehrer Kyrill von Jerusalem (315-386). 205 shen 神 ist hier nicht im Sinne “Gott oder Gottheit” zu verstehen, sondern als “Geist”, und bezieht sich auf tianshen 天神 (Himmelsgeist), nämlich Engel. 206 Im Vergleich zum originalen Text der „Nestorianischen Stele“ fehlt allerdings zum Schluss dieses Satzes ein Zeichen zhe 者. Der originale Text lautet: Miao zhongsheng yi yuanzun zhe 妙眾聖以元尊者. 207 Diese Übersetzung habe ich nach der Erklärung von Diaz formuliert. Die Überset zung von Max Deeg (die in dieser Arbeit zitierten Übersetzungen der Nestorianischen Stele beruhen auf einer damals unveröffentlichten Arbeit von Max Deeg, die mir von Prof. Dr. Pater Roman Malek SVD empfohlen wurde.) an dieser Stelle lautet:„Der die Heiligen beseelt hat [und den sie] von Grund auf verehren“.
Jesuiten und Nestorianismus
74
Brily ,
if th . d
. FÈT
恩 、
斯 可信 厥 性 至尊 莫
俾本性 諸 蔑 弗絲 之 弗
、
葆
得 (6) 自
祿 聖徒
抑
傲者
,
日 、
驕 、 妄 雲絲 己 、 宜
惟 主導 、 吾言 善
、 ( 7)惟 主
EFÈ
尚
、
简 美
爾
形 神 收受
法古聖 識
啟 、 善念 善
、
FA
諸聖 、 恩 、
己 貧乏 惟 主
鹹 天主 授
日 、 吾
興 、
457
凡 諸聖 人 超 性
主
明(5) 德
爾 、
爾宜
善 悉 天主
寵 、
聖 佑 先予 、
俯
、 謝、
吾 行善 、
借予 、
隨 予
、
} [ Das Zeichen ] miao bedeutet " verherrlichen ” . yuanzun bezieht sich auf das sub lime Wesen Gottes208. Wenn man schon an die Allmacht des Herrn des Him mels, an die Gnade seiner Erschaffung der Dinge aus dem völligen Nichtsein am Anfang und der Schenkung ihres eigenen Wesens glaubt, dann kann [man auch ] glauben, dass sein Wesen allerhöchst ehrwürdig und nicht zu übertref fen 209 ist . Alle Heiligen wurden [durch sein Wesen ] verherrlicht. Keine der übernatürlich vortrefflichen Tugenden ? tº aller Heiligen sind davon unabhängig. Der heilige Schüler Baolu (Paulus) zügelte die Hochmütigen und sagte : All die Gnade , die ihr mit eurem Leib und mit eurem Geist empfangen habt, wurde euch vom Herrn des Himmels geschenkt. Ihr sollt das Haupt beugen und dafür danken . [Ihr] dürft nicht so hochmütig sein und anmaßend behaupten , dass alles von Euch selbst kommt? 11. Ihr sollt die Heiligen aus den alten Zeiten zum Vor bild nehmen : Sie nahmen ihre Mängel zur Kenntnis und sagten: All meine Güte ist eine Gnade des Herrn des Himmels. Ich tue Gutes nur durch die Führung des Herrn ; ich rede Gutes allein durch die Offenbarung des Herrn ; ich denke Gutes , nur durch die Veranlassung des Herrn . Der heilige Segen des Herrn war schon vor mir da, er ist mit mir und begleitet mich, daher bin ich gütig. 8 其 維 我
三
一 妙 身 。 無 元 真主
阿羅
訶
。
[wer könnte] dies sein außer der transzendente Körper unserer Dreieinigkeit, [der, der] ohne Ursprung [ ist und] der wahre Herr: Aluohe? WAF 身 者
666 1 =
、 天主 全體 也
、
-42 聖經 恒
,
用 ( 2 ) 人身之
ith 名
-
以 解 其 全體 、
試
t . Billy
解 罪人 之
靈 及
208 guiti ( sublimes Wesen ). Das Zeichen ti 99 wird häufiger auch als „ Körper “ oder „ Substanz“ übersetzt, jedoch ist es hier aus dem Kontext als „ Wesen “ zu verstehen. 209 moshang is sollte an dieser Stelle als „ nicht zu übertreffen “ ausgelegt werden. Ein Beispiel aus der Literatursammlung Fuzi ( 197 FC > des Literaten Fu Xuan 3 ( 217-278 ) : Li de zhiben , moshang hu zhengxin TEZĂ , FEU . 210 Der Begriff mingde 19 ( vortreffliche Tugend) kommt aus dem konfuzianischer Klassiker Liji (
)
# 9 :Daxue zhi dao, zai ming mingde
zi, #BABA
211 Vgl . 1 Kor 4,7 Denn wer gibt dir einen Vorrang ? Was hast du, das du nicht hättest empfangen ? Hast du also empfangen, was rühmst du dich , als hättest du nicht empfan gen ? 212 Im Vergleich zum Originaltext der Stele, fehlt zum Ende dieses Satzes das Zeichen yu Hik, das ohne eigene Bedeutung ist und in Altchinesisch häufig als Fragepartikel ver wendet wurde.
Xin Hou
75
身盡敗以罪、曰、罪人、盡敗其身、是也、③ 阿羅訶者、如德亞國、天 主降生救世之地、主本號也、斯示人識天主何體、謂厥④ 位三、厥體一、 實乃眞主、本號阿羅訶、天主三位一體、厥義淵深、蔑容名狀、天主⑤ 降世躬昭斯示、宗徒獲厥親承、累葉聖人、翼翼詮厥奧、本論具聖經直解、 茲弗⑥ 贅 、 Hier wird das unbeschreibliche Mysterium der „drei Personen aus einem Kör per“ (Dreifaltigkeit) erklärt. San (Drei) bezieht sich auf die drei Personen. yi (Eins) bezieht sich auf den einen Körper. miaoshen (der transzendente Körper) bezieht sich auf die gesamte Substanz des Herrn des Himmels. Die Heilige Schrift verwendet immer die Bezeichnung des Menschenkörpers, um die ge samte Substanz [des Herrn] zu erklären, und erklärt damit, dass der Körper und der Geist der Sünder durch Sünden völlig verdorben wurden. [Die Schrift] sagt: Die Sünder haben ihren Körper völlig verdorben. So ist das. Aluohe (Elohim) ist die ursprüngliche Bezeichnung des Herrn [im] Reich Rudeya (Judäa)213, wo der Herr des Himmels herabgekommen ist und die Welt erlöst hat. Da wird die Kenntnis der Menschen über die Substanz des Herrn des Himmels gezeigt: Drei Personen und ein Körper. [Er] ist wirklich der wahre Herr, sein ursprünglicher Name ist Aluohe. Die Bedeutung der Dreifaltigkeit des Herrn des Himmels ist tiefgründig und unbeschreiblich. Der Herr des Himmels ist herabgekommen und hat diese [Mysterien] selbst gezeigt. Die Vorfahren-Schüler (Apostel) haben [diese Mysterien] miterleben können. Die Heiligen vieler Generationen214 haben diese Mysterien behutsam erläutert. Darüber steht ausführlich im [Buch] „Shengjing zhijie“ (Authentische Erklärung zur Heiligen Schrift)215 geschrieben. Hier werden keine überflüssigen Worte gemacht. [Er] maß das Zeichen „Zehn“ aus und legte dadurch die vier [Him ⑦判十字以定四方。 mels]richtungen fest 判、分也、十字者、四極交羅之義也、天主化造坤⑧ 輿 、 肖十字四端形、 緣斯獲晰異敎立說大謬、彼謂多主造地、某主山、某主海、故 667 ① 茲 以十字詮天主化造之公、大地四極、統惟一主、是生是存、詎獲有他、 [Das Schriftzeichen] pan bedeutet teilen. Das Zeichen shi hat die Bedeutung der Kreuzung von vier Himmelsrichtungen. Der Herr des Himmels schuf die Er 213
Die moderne Transkription lautet Youtai 猶太. leiye 累葉 ist an dieser Stelle als “Generation für Generation“ zu verstehen. Ein Beispiel dazu aus dem Gedicht Yong qianyun xizeng yezhiyuan zhijiang《用前韻戲贈 葉致遠直講》 des Literaten Wang Anshi 王安石 (1021-1086): Guangai chuan Leiye 冠蓋傳累葉. 215 Das Buch Shengjing zhijie 聖經直解 (Direkte Erklärungen zur Heiligen Schrift) wurde ebenfalls von Diaz verfasst. Da es zu jener Zeit keine einheitliche und vollstän dige Bibelübersetzung auf Chinesisch gab, spielt dieses Werk von Diaz eine sehr bedeu tende Rolle bei der Missionstätigkeit in China. 214
76
Jesuiten und Nestorianismus
de216 ähnlich der Form der Richtungen des Zeichens „zehn“. Dadurch können wir erkennen, dass die Behauptungen des Heidentums große Irrtümer sind. Sie behaupten, dass die Erde von mehreren Herrn geschaffen wurde: Einer schuf die Berge, der andere die Meere. Deswegen wird hier mit dem Zeichen „zehn“ die Ausgewogenhenheit der Schöpfung des Herrn des Himmmels erklärt. Der ein zige Herr herrscht [bis] zum Ende aller vier Himmelsrichtungen der Erde. [Er] erschuf und erhält die [Dinge], könnte es denn217 noch andere [Götter] geben? ②鼓元風而生二氣。 [er] hat den Urwind in Rührung gebracht und [dadurch] die beiden Lüfte entste hen lassen 鼓、動也、元風者、萬物未分之前、其元料、中史所③ 謂渾淪是也、經 記、天主厥始、將造萬物、最先造天、次造水地二行、用之而鑄形④ 有 之萬有、二氣者、中儒所謂陰陽是也、氣居空際、分上、中、下、上分逼 日故熱、下⑤分返照亦熱、中分遠于上下故冷、因其雖本特一、原蔑能二、 但因含熱冷二情、⑥有二氣、有陰陽之稱、 [Das Zeichen] Gu bedeutet rühren. Mit yuanfeng (Urwind) sind die Ursubstan zen gemeint, die vor der Trennung der zehntausend Dinge bestanden. In der chinesischen Geschichtsschreibung wird [sie als] hunlun (Chaos)218 bezeichnet. Die Schrift zeichnet auf: Im Anfang ging der Herr des Himmels daran, zehntau send Dinge zu schaffen. Zuerst schuf er den Himmel, dann die anderen beiden Elemente, Wasser und Erde. Aus diesen [beiden Elementen] wurden zehntau send Gegebenheiten, die eine Form haben, geschaffen219. Die zwei Lüfte sind yin und yang, wie sie von den chinesischen Konfuzianern genannt wurden. Die Lüfte schweben [zwischen Himmel und Erde] und teilen sich in obere, mittlere und untere [Schichten]. Die obere Schicht liegt nahe bei der Sonne und ist daher
216
kunyu 坤輿 (Erde, Territorium) die ursprüngliche Bedeutung von yu ist „Wagen, Kutsche“. Diese Bezeichnung für Erde beruht auf der Vorstellung, dass die Erde wie ein Wagen die zehntausend Dinge trägt. kunyu als eine Bezeichnung für die Welt kommt sehr häufig in den Jesuitenwerken vor, zB. die von Matteo Ricci gezeichnete Weltkarte Kunyu wanguo quantu 坤輿萬國全圖 (Gesamte Zeichnungen der zehntausenden Län der der Welt). 217 ju 詎 wurde im Altchinesich häufig als Einleitungswort für rhetorische Fragen ver wendet und sollte an dieser Stelle als „denn“ ausgelegt werden. 218 hunlun 渾淪 könnte eventuell als „Chaos“ ins Deutsche übersetzt werden und ist eine Vorstellung aus der chinesischen Kosmologie und beschreibt den unklaren und ungetrennten Zustand vor der Entstehung des Universums. Vgl. Im daoistischen Klassi ker Liezi 《列子·天瑞》: Hunlun zhe, yan wanwu xiang hunlun er wie xiangli ye 渾淪 者,言萬物相渾淪而未相離也 219 Vgl. Gen 1.
Xin Hou
77
warm. Die untere reflektiert das Licht220 [der Sonne] und ist daher auch warm. Die mittlere Schicht liegt weit weg von oben und unten, daher ist sie kalt. Ei gentlich sind sie (die Lüfte) eine Einheit und könnten nicht zweierlei sein. Weil sie jedoch zwei Eigenschaften enthält - warm und kalt, gibt es [daher] die Be zeichnungen „zwei Lüfte“ oder „yin und yang“. ⑦暗空易而天地開。日月運而晝夜作。匠成⑧萬物。 Dunkel und Leere wandeln sich, und Himmel und Erde öffnen sich; Sonne und Mond geraten in Bewegung, und Morgen und Abend werden [somit] erschaffen. Mit Geschick erschuf [er] die Zehntausend Dinge 時始蔑光、天地蒙昧、天主生光、易晦成昭、乾坤乃曜、古昔天主默啟古 聖 668 ① 每瑟、命紀刱辟、貽示來茲、厥典僃載天地物始、洎厯代人族 統系、茲譯本、寰有② 詮、寰宇始末、萬物眞原等書、悉准聖典、業詳 厥槪、茲弗贅、 Im Anfang gab es kein Licht, Himmel und Erde waren noch finster und dunstig. Der Herr des Himmels erschuf das Licht, wandelte Finsternis in Helle. Dann wurden Himmel und Erde beleuchtet. Früher offenbarte sich der Herr des Him mels dem alten heiligen221 Meise (Mose), ließ ihn die Schöpfungsgeschichte aufzeichnen und [diese] den Nachkommenden überliefern und zeigen. Die Schriften [von Mose]222 zeichnen [alles] komplett auf - vom Anfang des Him mels, der Erde und der Dinge, bis zur Abstammung der Menschen aller Genera tionen. Die Übersetzung (dieser Schriften) wurde in den Büchern Huanyou quan (Erklärung zu allen Gegebenheiten der Welt), Huanyu shimo (Anfang und Ende der Welt) und Wanwu zhenyuan (Wahrer Ursprung der zehntausend Din ge)223 zusammengefasst und erläutert und alles entspricht genau der heiligen Schrift. Hier werden keine überflüssigen Worte gemacht. ③然立初人。別賜良和。令鎭化海。渾元之性④ 虛而不盈。素蕩之心。 本無希嗜。 [er] richtete den ersten Menschen auf, gewährte ihm insbesondere große Har monie, machte [ihm] die Welt untertan. Das ursprüngliche Wesen [des Men
220
zhao 照 ist vertauscht mit dem Zeichen zhao 昭 und sollte an dieser Stelle als “Licht, 雅·雲漢》: Strahlung” ausgelegt Zhuo bi yunhan, werden. zhao EinhuiBeispiel yu tian 倬彼雲漢, dazu aus dem 昭回於天. Klassiker Shijing《詩·大 221
Mit dem Begriff gusheng 古聖 (Heilige aus dem Altertum) bezeichnet Diaz die Pro pheten aus dem Alten Testament. 222 Gemeint an dieser Stelle sind die fünf Bücher Mose: Genesis, Exodus, Levitikus, Numeri und Deuteronomium. 223 Alle drei Bücher wurden von Jesuiten verfasst. Huanyou quan (Erklärung zur allen Gegebenheiten des Kosmos), Huanyu shimo (Anfang und Ende des Kosmos) und Wan wu zhenyuan (Wahrer Ursprung der zehntausend Dinge).
78
Jesuiten und Nestorianismus
schen] war leer und nicht übermäßig, [sein] reines Herz war von Grund auf ohne Gier224 前詮天主肇造無靈 ⑤ 之物、茲詮天主始生有靈之人、厥貴越物、 初人、 為人類始祖、厥名亞黨、譯言受⑥生於土、受生於赤、葢天主用赤土以成、 因名之如是、 Zuvor wurde erklärt, dass der Herr des Himmels die Dinge erschaffen hat, die keine Seele haben. Hier wird erklärt, dass der Herr des Himmels den Menschen erschaffen hat, der eine Seele besitzt. Seine Stellung ist über der aller Dinge. Der erste Mensch ist der Urahne der Menschheit, sein Name ist Yadang225 (Adam) und bedeutet übersetzt „der aus Erde geschaffene“ oder „der aus dem Roten geschaffene“. Da der Herr des Himmels ihn aus roter Erde geschaffen hat, so wurde er danach benannt. 天主賦之靈性、上下二分⑦之平、是曰良和、畀之獲禦庶有、寰海宇內、 統惟厥鎭、是曰令鎭化海、厥性本謙⑧而弗溢、渾焉純白、是名曰素、其 容宏洪、是名曰蕩、無邪可閑、是名曰本無希嗜、 Der Herr des Himmels schenkte ihm die geistige Natur. Die Ausgewogenheit zwischen dem oberen Teil und dem unteren Teil (der geistigen Natur), wird als „große Harmonie“226 bezeichnet. [Der Herr] schenkte227 [ihm die Macht] über alle Gegebenheiten zu herrschen, die ganze Welt228 war allein ihm untertan. Das ist die Bedeutung vom [Satz] „machte ihm die Welt untertan“. Sein Wesen war ursprünglich bescheiden und nicht übermäßig, einfach und unbefleckt, daher wird [es] als „rein“ bezeichnet. Der Inhalt [seines Wesens] ist groß und breit,
224
Die Übersetzung an dieser Stelle habe ich nach der Erklärung von Diaz geändert. Die Übersetzung von Max Deeg lautet: richtete den ersten Menschen auf, gewährte ihm insbesondere Zufriedenheit, machte [ihm] den Ozean der Schöpfung untertan. Das ur sprüngliche Wesen [des Menschen] war leer und [von nichts] angefüllt, [sein] reines Herz war von Grund auf ohne Gier. 225 Die moderne Transkription wird als Yadang 亞當 geschrieben. 226 Die Erklärung von lianghe 良和 ist ein sehr umstrittener Punkt. bei der Forschung der „Nestorianischen Stele“. Diaz erklärt hier lianghe als eine „feine Harmonie“ oder „Übereinstimmung“ zwischen Ober und Unterteil der Seele, was offensichtlich auf der Scholastik und aristotelischen Philosophie beruht. Aristotles behauptete in „De Anima“, dass die Seele sowohl vernünftige als auch nicht vernunftbezogene Aspekte enthält. 227 bi 畀 bedeutet „schenken, geben“. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Shijing 《詩·墉風·幹旄》: Bi shu zhe zi, he yi bi zhi 彼姝者子, 何以畀之. 228 Diaz hat hai 海 (Ozean, Meer) als huanhai 寰海augelegt. Das Wort Huanhai bedeu tet „vom Ozean umschlossen“ und drückt eigentlich die alte Vorstellung über die geo graphische Lage Chinas aus. Yunei 宇內 bezieht sich auf die ganze Welt. Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Guo Qin lun《過秦論》des Literaten Jia Yi 賈誼(200-168 v. Chr.): Zhen changce er yu yunei 振長策而禦宇內.
79
Xin Hou
daher wird es als „ unermesslich “ bezeichnet. Es gibt keine Übel zu verhüten229, daher wird es als „ von Grund auf ohne Gier“ bezeichnet. 669 1 義 也
442
、 天主
用 聖
有成 先導 、 而 美 恒 平
利 鹹 集 、
、
見
BRE .
寵 、
絲 是
前 滿 厥 靈 有 相陪
舉世 猛 毒
不 學 、
能 、 陪 奉 之
、
供
人 弗
.
慮 、 貴
主
. # .
不
物 、 希 荊棘 、
VERP Ä
、
3 奉 、
諸
祁寒暑 雨雨、 地 蔑
##
極 、 且
(2
有 臣 扈從 、
9. ŠA . ETA
知 、
厥愛欲
神
敏
礙 、
洞 燭 、 循
寵 特 至
、
聖龍者 、 厥
俾
義
敢 或
莫 煩 胖 胀
3 # .
、 譬 之 國君 將 出
.
下
如 相 臣
有
中 庶
霉
成 、 食
.
# 6
2 匯 、
、
原 義 、
厥天時 恒 毅 時
#
上天文 、
地理 、
且
S 百
Et , #
義 、
、
侵 、 、
16.
( 8 ) 羽翼 原
ET
原 義 之 先導 也
命 、 ( 4) 無
汗 勞 、
護 原
,
, 摩弗 精
陪 大君 然 耳 、
Die Heilige Schrift erwähnt die Reinheit seines Wesens und sagt : Als der erste Mensch erschaffen wurde, entstand das aufrichtige Wesen. Aufrichtigkeit ist die ursprüngliche Rechtschaffenheit. Der Herr des Himmels erfüllte den Geist [ des ersten Menschen ] bereits mit heiliger Gnade. Die Gnade des Herrn ist äußerst groß und beschützt die ursprüngliche Rechtschaffenheit. Das ist so wie wenn ein König reist, dann gibt es Wegbereiter, Geleitschutz durch das Gefolge und die Begleitung der Minister. Die heilige Gnade ist der Wegbereiter der ur sprünglichen Rechtschaffenheit. [Wenn ] die ursprüngliche Rechtschaffenheit vorhanden ist, dann versammeln sich das Schöne und die Gunst . Dadurch ste hen alle giftigen und wilden Dinge (Tiere) unter seinem Befehl und nichts wagt [ihn) anzugreifen. Das Wetter war immer mild und mäßig, extreme Kälte und Hitze sowie [unmässiger] Regen waren nicht zu sehen. Es gab keine Disteln und Dornen auf dem Feld , die Menschen mussten nicht schwitzend arbeiten und brauchten sich nicht [wegen der Feldarbeit] anzustrengen230. Das Getreide wur de rechtzeitig reif ,und es gab ständig genug zu essen und zu trinken . Man lebte in jener Zeit ohne Krankheiten und Sorgen . [Man] lebte lang, ruhig und behag lich231. [ Man] konnte zu Lebzeiten zum Himmel hinaufsteigen. Wie [kann ] es noch mehr als so viel Glück geben? Und durch den unschätzbaren Geleitschutz [der heiligen Gnade] kommen alle Tugenden zusammen . Die Einsichtsfähigkeit, die er (der erste Mensch) empfing, ist ständig von großem Glanz. Sein ur sprüngliches Wesen verfügte über eine große übernatürliche Weisheit. Er hatte
229 wu xie ke xian
JW
( kein Übel zu verhüten ). Dieser Ausdruck kommt aus dem
Klassiker Zhouyi 《周易 · 幹 》 : Xian xie cun qi cheng 開 邪 存 其 誠 , 230 pianzhi B#AE bedeutet eigentlich ,,Hornhaut auf Händen und Füßen“ . Wird häufig als Beschreibung für Mühe oder harte Arbeit eingesetzt . Ein Beispiel aus dem Gedicht Chuyao yong ( 5 ) des Dichters Qian Qi fete ( 710 - 782 ) : Buci shouzu jie FAIAE . pianzhi T ** 231 # bedeutet eigentlich ,,dösen “ oder „ in Kleidern schlafen “ und kommt aus jiamei 119UZA # > : Jiamei yong nang, weiyou yong dem Klassiker Shijing ( . Mit diesem Ausdruck beschreibt Diaz den behaglichen Le #EX, * lao benszustand des Menschen.
80
Jesuiten und Nestorianismus
Fähigkeiten ohne zu lernen, wusste [alles] ohne zu denken, war gescheit und schlagfertig und konnte [alles] durchschauen. Er war äußerst bewandert in [al len Wissensgebieten] über Himmel, Erde und alle Arten [von Gegebenheiten]232. [Durch] die unschätzbare Begleitung [der heiligen Gnade] blieb seine Liebe unbehindert. Er sehnte sich nach dem Guten und wich dem Bösen aus, alles nach seinem Willen. All die empfangene Gnade beflügelte die ursprüngliche Rechtschaffenheit, so wie Minister und Gefolge dem Herrscher zur Seite stehen. 670①或問、原義何、曰、渾焉內外之平、是也、人有上分悉和天主義令 行禁止、欣欣樂② 受、罔微礙焉、 天主緣報厥順命之善、錫厥下分亦悉 和厥上分、纖微罔逆、斯原③ 義之謂、 Manche fragen: Was ist die ursprüngliche Rechtschaffenheit? [Ich] sage: Es ist die harmonische Ausgewogenheit zwischen Innerem und Äußerem. [Der erste] Mensch hat einen oberen Teil [des Geistes]. Er stimmt immer mit der Recht schaffenheit des Herrn des Himmels überein: Auf Befehl vorwärts, bei Verbot halt und empfängt [Anweisungen des Herrn] mit Freude ohne geringste Hinder nisse. Um diesen Gehorsam zu belohnen, schenkte ihm (dem ersten Menschen) der Herr des Himmels die harmonische Übereinstimmung zwischen dem oberen Teil und dem unteren Teil [ihres Geistes], ohne geringste Widersprüche. Das ist die Bedeutung von „ursprüngliche Rechtschaffenheit“. ④經攸曰、主造首人、賦厥巨智、錫厥心明、天地物性、精微鹹徹、葢天 主之光盛貯⑤ 厥靈是也、 Das ist was die Schrift sagt: Der Herr des Himmels erschuf den ersten Men schen und schenkte ihm große Weisheit und Einsichtsfähigkeit. [Er] durch schaut die kleinsten Details von Himmel, Erde und dem Wesen aller Dinge233, da sein Geist vom Licht des Herrn des Himmels erfüllt wurde. ⑥洎乎娑殫妄施234。鈿飾眞235精。閑平大於此是⑦之中。隟冥同於彼非 之內。 Darauf säte Satan seine Falschheit aus, vermischte die Reinheit [des ursprüngli chen Wesens], [und damit] bricht auf, dass der Friede in dieser Wahrheit [Got tes] groß ist, und zeichnet sich ab, dass die Dunkelheit in jener Falschheit [Sa tans überall] in gleichem [Maße] ist.
232
shuhui 庶匯 bedeutet „alle Arten, Masse“. Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Wei Anpinggong xie chu Yanghai guanchashi biao《為安平公謝除兗海觀察使表》:Fu wei bixia jun tao shuhui 伏惟陛下鈞陶庶匯. Quantang Wen《全唐文》,Vol. 771. 233 Vgl. Gen 1,28 Gott segnete sie…. Gen 2,19 So bildete Gott der Herr aus der Erde allerlei Tiere des Feldes und alle Vögel der Luft und brachte sie zum Menschen, um zu sehen, wie er sie benennen würde; eben danach sollte ihr Name sein. 234 Im Originaltext der Stele statt wangshi 妄施 wird shiwang 施妄 geschrieben. 235 In Originaltext der Stele statt chunjing 眞精 wird chunjing 純精 geschrieben.
Xin Hou
泊 、
及
古書
81
也 、
彈 者
、
邪魔 本
與間 字
同 用 、
謂
間隔 也 、
奧
之 真性
、
平大
稱
、
譯
茲 詮
間隔 、
、
鋼
元 祖亞黨 厥 性
言(8 ) 罐 也
粹
掩飾 本
美
生人 、
既 予 性 美 、 欣欣 樂 生 、 何今吾 皆 不然 、 日
與 冥
之
飾 、 妝點 之 671 ( 1
真愛 仇隙 也
意
、
精 、
、 (2)或
開 字 緣 聽
、
魔 妄
疑 、 天主
厥
、 初
、 邪魔妄 施 厥 計、 註 ( 3 ) 元
祖 獲罪於 天主 、 吾人 敲 屬 厥 枝 、 厥 根 既 敞 、 枝 並 弗 榮 、 人 方 主 命 、 庶物 緣 遂 方 (4
人 、 世 難 並 集
、 鹹
人 自
招 、 弗 足 雲 異 、 236 ji bedeutet ,,bis auf" , und Sadan ( Satan )-5 ° ist die ursprüngliche Bezeichnung des bösen Dämons und bedeutet übersetzt „ Feind “. Dianshi bedeutet „ schmü cken “ . Das Zeichen jian
wird in alten Büchern gleich wie das Zeichen jian
verwendet und bedeutet „ abtrennen “. Hier wird erläutert, dass das Wesen des Urahnen Yadang (Adam) rein war. Da er auf die Falschheit des Dämons hörte und die ursprüngliche Schönheit verbarg, trennte er sich vom harmonischen aufrichtigen Wesen ab und entzweite sich von der ( mit dem Herrn des Himmels] in weitreichender Übereinstimmung stehenden wahren Liebe 237. Manche be zweifelten: Als der Herr des Himmels am Anfang den Menschen erschuf, schenkte er [ihm] ein herrliches Wesen, und [er] lebte glücklich mit Freude . Aber warum ist das jetzt mit uns nicht so? [Ich] sage : Der böse Dämon setzte unbesonnen seine List ein, täuschte den Urahnen und führte dazu, dass dieser gegen den Herrn des Himmels gesündigt hat . Wir gehören alle zu seinen (des Urahnen ) Zweigen , und wenn die Wurzel schon verdorben ist, können die Zweige auch nicht gedeihen. Der Mensch verstieß gegen das Gebot des Herrn 238 daher widersetzten sich alle Dinge dem Menschen. Der Mensch hat es selbst heraufbeschworen , dass alle Verhängnisse auf der Welt zusammenkom men . Es ist es gar nicht wert, sich darüber zu wundern . 5 )經
日 、 天主
既 造
滿
八 诞、 先 (6) 置
一
以 試
厥 順 、
無 靈感
物、
極樂 之 境
、
一 以 示
戒 雲 、 勿食 、 食 則 死 、
厥(7)福 之
繼 造 享
男女
兩人
厥 福 、 简
繇 、
、
締 以 夫婦 禮 、
命 廣
諸 草木 、 百卉 觀 美
匪 出於 人 、
鹹
縣天主 、
厥 類 、
用
、 果實 旨 甘 、
緣 禁
一
樹之
實
、
並 要 收受 諸 恩 、 8 ) 斯 吾 嚴 命 、 無何 、 魔 嫉 人 福 、
236 Nach der modernen Transkription wird es als Sadan geschrieben . 237 Die Bedeutung von mingtong pa ist in verschiedenen Übersetzungen und Abhand lungen der „ Nestorianischen Stele “ ganz umstritten . Meistens werden ming
als „ fins
ter, unheil“ und tong @ als „ gleich, genauso “ ausgelegt. Jedoch versteht Diaz mingtong im Sinne von ,, in weitreichender Übereinstimmung “, was in alten chinesischen Texten auch vorkommt wie z.B. im Buch Zhangzi shu # 7 - FAHE ) des daoistischen Philosophen Cheng Xuanying
(ca. 601-690) : Shengren mingtong wanjing
XA . Außerdem wurde die Vorstellung von tian ren heyi ( Vereinigung, Überein stimmung zwischen Menschen und Kosmos) auch von daoistischen Philosophen mit yu dao mingtong BORA ( in weitreichender Übereinstimmung mit dao ) beschrieben . 238 fangming tan sollte an dieser Stelle als “Befehl verweigern, gegen Gebot versto Ben “ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Hanshu ( ixty WT ) : Xiaojing lizheng, zhuhou fangming
ITE ,
5
.
82
Jesuiten und Nestorianismus
誑乃妻雲、視某樹實甘美、盍取食、渠雲、主誡予食必 672 ①死、無敢輒 動、矧食之、 Die Schrift sagt: Nachdem der Herr des Himmels alle Dinge geschaffen hatte, die ohne Geist sind, schuf er anschließend zwei Menschen - einen Mann und eine Frau, ließ sie sich durch die Ehe-Riten verbinden und ihre Art vermehren, damit sie [die Erde] bis in alle acht Enden239 dicht bevölkern können.240 Zu nächst wurden [sie] an einem Ort des äußersten Glücks untergebracht, [der Herr] ließ sie das Glück genießen. [Dieser Ort] war mit allen Pflanzen und Bäume ausgestattet. [Es gab] unterschiedliche schöne Blumen sowie süße und wohlschmeckende Früchte. Um einerseits ihren Gehorsam zu prüfen und ande rerseits [ihnen] zu zeigen, dass all ihr Glück nicht von den Menschen [selbst], sondern vom Herrn des Himmels kommt, hat [der Herr ihnen] die Früchte eines Baumes verboten und gewarnt: Esst nicht davon, sonst werdet ihr sterben und auch all die empfangene Gnade verlieren. Das ist einfach mein strenges Gebot, und dafür gibt es keine Begründung. Der Dämon neidete den Menschen das Glück, täuschte die Frau und sagte: Die Früchte eines Baumes sehen köstlich aus, warum gehst du sie nicht pflücken und essen. Sie241 sagte: Der Herr hat mich gewarnt: Wer die Früchte isst, muss sterben. Ich wage (die Früchte) nicht einmal zu berühren, schon gar nicht zu essen. 魔雲、汝誠愚甚、弗識斯實之能、食之能洞萬有等天主、主②言弗誠、弗 願汝夫婦輩輿齊、斯戒食故、渠緣魔誘、遂摘食、用一授厥夫、夫昵妻③ 柔、弗克忍而亦食、緣並方命、受厥約刑、吾人厥苗裔、並受遺累、斯邪 魔施妄、世④ 苦之繇、 Der Dämon sagte: Dumm bist du wirklich sehr. Du erkennst die Wirkung dieser Früchte nicht. Sobald [ihr] davon esst, werdet [ihr] die zehntausend Gegeben heiten durchschauen können, und mit dem Herrn des Himmels gleichgestellt sein. Die Worte des Herrn sind unehrlich, [er] will es nicht, dass ihr Ehepaar [ihm] gleichgestellt werdet. Das ist der Grund, warum [er] das Essen [dieser Frucht] verboten hat. Wegen der Verführung des Dämons hat sie [die Früchte] gepflückt und gegessen. [Sie] hat ihrem Mann auch ein Stück gegeben. Der Mann liebte die Zärtlichkeit seiner Frau, konnte nicht standhalten und hat dann auch [davon] gegessen. Daher verstießen die beiden gegen das Gebot und wur den dann wie vereinbart bestraft. Wir sind alle Nachkommen von ihnen und werden auch in Mitleidenschaft gezogen. Dass der Dämon seine Falschheit aussäte, ist der Ursprung aller Leiden auf der Welt. 239
bayan 八埏 bezieht sich auf die ganz fernliegenden Enden. Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Shiji《史記·司馬相如列傳》: Shangchang jiugai, xiache bayan 上暢 九垓,下坼八埏. 240 Vgl. Gen 1,27-28. 241 qu渠 wurde in alten chinesischen Texten als Personalpronomen für die dritte Person Singular verwendet, meistens männlich. Allerdings wurde qu in dieser Abhandlung als „sie“ gebraucht.
83
Xin Hou
5 )或
疑 、 ,
甚 、 樂
一果實 至
439 境
微 、 食
諸 果
、 盡 甘
任 食
克辭 乏 食 、 克雲 難從 、 大
負
主
恩 、
晰 厥 重 為
、
誠 、 -
驗 果實 之 厥 後
甚 細 、 主刑太
纏 受
多
龍 、
三 、 天主 而 (2 )
信
魔 妄
主 禁
弘 慈 擊 目
既 戒 雲 、
甚
**** , 能 、
、
嚴 、 未見 厥
#
慈 、
.
只(7) 一 、
厥 戒
日 、
非也 、
厥 罪
ELE, TA *
胡 輕 、
守
斯 匪 難 、
試
結
犯 絲 、
弗欽 故犯、 誠 乃 實 辭 、 厥 ( 8 辭 醜 、 厥 彎至矣 、 二 、
、
、
食 之
辱 主
方
直
謂
-2 , 3
IC
試 主
與 魔
、 六日、 希
與 主
並 、
言
心 感 守令、
顧 候 受偿 方
邪魔
食 之 無害 、
必死 、
命 、
欲
FĖ,
過
6 - . ##
輕
科、
縱 雲 、
可 貨 嚴刑 、
) , 9 ,
執 確 、 四日、 貪食 ( 4 )
斯 端 極
傲 、
允 屬 罪魁 、
惡 首
乃
四 、
16)$# i 節
、 673 ( 1 宜
厥
弗
以 主
罪 匪
命
一 、
) , 59 ,
、 五日、 害己 又 害 惟
傲 、 綠
- (5
果
翼
DAŹ ,
Jemand zweifelte: Eine Frucht ist äußerst unbedeutend , und der Fehler davon zu essen ist äußerst gering. Die Strafe des Herrn ist zu streng, seine Barmher zigkeit ist [ dabei] nicht zu sehen. [Ich] sage : Es ist nicht so . Diese Sünde ist äußerst schwer, und ſich] nenne etwa vier (Gründe ]: Erstens, es ist leicht, sich an dieses Gebot zu halten , daher ist der Verstoß be sonders schlimm . Der heilige Aosiding ( Augustinus) sagte : So sehr verwirrt war der Urahne. Er durfte alle Früchte im herrlichen Ort essen - beliebig viel . Der Herr hat ihm nur eine einzige [ Frucht] verboten . Wie leicht ist dieses Gebot, und es ist nicht schwer sich daran zu halten. Wenn nach dem Grund dieses Ver stoßes gefragt wird, könnte [der Urahne] sich damit ausreden : [Es gibt] nicht genug zu essen oder das Gebot war schwer zu befolgen ? [ Das] sind wirklich nur Ausreden, da der wissentliche Verstoß ohne Ehrfurcht (vor dem Herrn ]. Diese Ausreden sind widerlich , und diese Sünde 242 ist äußerst groß . Zweitens, [der Urahne ] hat sich der Gnade des Herrn als unwürdig erwiesen . Er empfing erst243 so viel Gnade, und die große Barmherzigkeit [hat er] auch in seiner Sicht, und [ er] hätte mit Dankbarkeit im Herzen sich fest an das Gebot 244 halten sollen . Jedoch verstieß er dagegen, als er soeben [die Gnade des Herrn] empfangen hatte, daher soll erkannt werden, dass es (die Sünde) sehr schwer ist . Drittens, der Herr des Himmels hat bereits davor gewarnt und gesagt, dass [sie] beim Essen [ der Frucht] sterben müssen . Der böse Dämon hetzte ( sie) auf und sagte , dass das Essen [ der Frucht] keinen Schaden anrichten würde. Und so hielten [sie] die Worte des Herrn nicht für ehrlich und glaubten der Falschheit
242 qian wird im Altchinesichen auch als qian šī geschrieben und bedeutet „ Fehler, Sünde “ . Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Zuozhuan ( DATA ) : Shi suo wei qian 失 所 為 , 243 ca te ist die alte Schreibweise von cai # und bedeutet "erst, gerade” . Ein Beispiel dazu aus dem Geschichtsbuch Hanshu 《 漢書 · 賈 才 傳 》 :Cat shu yule er 繼數 月 耳 , 244 shu 1 bedeutet „ schnell, geschwind “. Ein Beispiel dazu aus dem Buch Zhuangzi (#Ft ) : Shu ran er wang 1 TT 1 .
84
Jesuiten und Nestorianismus
des Dämons. [Das] war eine tiefe Verachtung des Gebots Gottes. Wie kann [diese Sünde] als leicht bezeichnet werden? Sollte [den Menschen] die strenge Strafe geschenkt werden?245 Viertens, diese Sünde ist keine einzelne, das heißt, [die Sünde] des Verstoßes besteht aus mehreren Tatbeständen246: Der erste ist das Misstrauen im Herzen gegen den Herrn; der zweite ist, sich der eigenen Frau zu fügen und den Herrn zu missachten; der dritte ist die unbesonnene Prüfung der Wirkung der Frucht und der Versuch, die Richtigkeit der Worte des Herrn und des Teufels zu ver gleichen; der vierte ist die Unersättlichkeit beim Essen ohne Mäßigkeit; der fünfte ist der Schaden an sich selbst und an den Nachkommen; der sechste ist der Versuch, dem Herrn gleichgestellt zu sein - dieser ist äußerst hochmütig und soll wirklich247 die Hauptsünde sein. Hochmut ist die schlimmste von allen Sünden. Durch eine einzige Frucht wollten [sie] dem Herrn des Himmels gleichgestellt sein - was für ein Hochmut war das? 奧斯定聖人曰、元祖多智、厥智猶暗、又、厥攸知、增減存⑥ 滅、惟主 是繇、乃自憎厥知、自厭厥下、冀俾無所弗知、至尊罔匹、致慢主命、厥 心⑦ 傲、厥迷哀、希擬主福、 喪現福焉、迨若魔計、抑又陋哉、罔己以 傲、罔人以傲、並莫⑧逃厥傲刑、 Der heilige Aosiding (Augustinus) sagte: Der Urahne war reich an Weisheit, jedoch war seine Weisheit düster. Und er wusste: Mehr oder weniger, Leben oder Tod, sind allein vom Herrn abhängig. Deswegen hasste er sein Wissen und verabscheute seine Unterlegenheit und wollte [sich] allwissend, am allerhöchs ten und unvergleichlich machen. Das führte dazu, dass das Gebot des Herrn missachtet wurde. Sein Herz war hochmütig und seine Verwirrung ist traurig. [Er] begehrte die Glückseligkeit des Herrn, verlor aber die vorhandene Glückse ligkeit. Was die List des Dämons betrifft - diese war bloß billig. Mit Hochmut schädigte [der Urahne] sich selbst und mit Hochmut schädigte [er] auch die [nachkommenden] Menschen und konnte dann von der Strafe für seinen Hoch mut auch nicht davonlaufen. 674 ①或問、傲惡奚居首、曰、緣貪而食、緣魔誘而貪、緣喪主寵被誘、 緣慢主致喪主寵、② 緣自尊輕主、傲惡存乎自尊、一入元祖心、大248主 dai 貸 sollte an dieser Stelle als „vergeben, verzeihen“ ausgelegt werden. Ein Bei spiel dazu aus dem Geschichtsbuch Jiu Tangshu 《舊唐書·王世充傳》: You xi yu zhe, jie nao fa daijian 有系獄者, 皆撓法貸減. 246 pi 辟 sollte an dieser Stelle als „Verbrechen, Tatbestand” ausgelegt werden. Ein Bei spiel aus dem Geschichtsbuch Hanshu 《漢書》: Xing shu zhe de pi 行殊者得辟. 247 yun 允 sollte an dieser Stelle als „wirklich, bestimmt” ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem Klassiker Shijing《詩·大雅·公劉》: Du qi xiyang, bin ju yun huang 度其夕 陽, 豳居允荒. 248 Meines Erachtens muss das Zeichen da 大 ein Druckfehler von tian 天 sein. Nämlich steht an dieser Stelle tianzhu (der Herr des Himmels) statt dazhu (der großer Herr), was sonst in dieser Abhandlung nirgendwo vorkommt. 245
Xin Hou
85
疾惡棄絕、斯晰傲誠惡首、故經③曰、傲矜居萬罪首、昔上古多彼亞聖人 訓厥子雲、戒之戒之、毋容傲氣入乃心、④ 毋得自尊入乃心、喪乃心、 而諸喪之首、斯罪之狀、莫克勝數、天主嚴刑奚異、 Manche fragten: Warum ist Hochmut die schlimmste von allen Sünden? [Ich] sage: Wegen Gier hat [er] gegessen; wegen der Versuchung des Dämons war er gierig; da er die Gnade des Herrn verlor, wurde er verführt; weil er den Herrn missachtete, hat er die Gnade des Herrn verloren; wegen des Stolzes missachte te er den Herrn. Die Sünde des Hochmuts bestand in [seiner] Selbstachtung. Sobald [Stolz] ins Herz des Urahns eindrang, verabscheute [ihn] der Herr des Himmels und ließ [ihn] fallen. Hier wird klargestellt, dass Hochmut wirklich die schlimmste aller Sünden ist. Daher sagt die Schrift: Hochmut ist die schlimmste der zehntausend Sünden.249 Früher belehrte der heilige Duobiya (Tobias)250 sei nen Sohn und sagte: Hüte dich davor, hüte dich davor! Lass Hochmut nicht in dein Herz eindringen, lass das Selbstachtung nicht in dein Herz eindringen! Der Verlust deines Herzen ist der größte von allen Verlusten251. Die Übel dieser Sünde sind nicht aufzuzählen, warum wundert man sich noch über die strenge Strafe des Herrn des Himmels. ⑤矧主用罰之際、旋施厥慈、經曰、元祖方命、天主旋示良方、 俾獲起、 時主語魔曰、⑥ 毒龍毋自妄誇、毋昂傲首、我于來時、 將生一女、踏汝 首、厥女之子大克汝、汝羣⑦乃大敗、良聖人詮曰、毒龍乃邪魔、女乃聖 母瑪利亞、其子旣降世、以攻以勝以⑧ 破魔惡計為職、 Außerdem erwies der Herr, bald nachdem [er] die Strafe verhängt hatte, seine Barmherzigkeit. Die Schrift sagt: Der Urahne verstieß gegen das Gebot, der Herr des Himmels zeigte [ihm] eine gute Lösung und ließ ihn Heil erlangen. Damals sagte der Herr zum Dämon: Giftiger Drache, prahle nicht und hebe deinen hochmütigen Kopf nicht. Ich werde in der kommenden Zeit eine Frau erschaffen; [sie] wird dir auf den Kopf treten, und der Sohn dieser Frau wird dich völlig besiegen und deine Anhänger werden vollständig geschlagen252. Der heilige Liang (Leo)253 erklärte dazu: Der giftige Drache bezieht sich auf den 249
Vgl. Spr 16: 5 Ein Greuel für den Herrn ist jeder Stolze; die Hand darauf: er bleibt nicht unbestraft. 250 Bei der modernen Transkription wird Tobias als Duobiya 多俾亞 geschrieben. Es handelt sich eigentlich um eine Belehrung, die Tobias von seinem Vater Tobit erhielt. 251 Vgl. Tob 4: 13 …Halte dich in deinem Herzen nicht zu erhaben vor deinen Verwand ten und den Söhnen und Töchtern deines Volkes,…, denn im Hochmut liegen Untergang und viel Unrast,… 252 Vgl. Gen 3:14-15 Da sprach Gott der Herr zur Schlange:” Weil du dies getan hast, sei verflucht aus allem Vieh und allem Getier des Feldes. Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Staub fressen dein Leben lang. Feindschaft will ich stiften zwischen dir und der Frau, zwischen deinem Samen und ihrem Samen; er wird dir nach dem Haupte trachten, und du wirst nach seiner Ferse schnappen.” 253 Es handelt sich hier um den Papst Leo den Großen (um 400–461).
86
Jesuiten und Nestorianismus
bösen Dämon, die Frau bezieht sich auf die heilige Mutter Maliya (Maria). Ihr Sohn kommt auf die Welt mit der Aufgabe, die böse List des Dämons zu be kämpfen, zu zerschlagen und zu besiegen. 聖經紀厥勝雲、逆賊勤守厥寨、安享厥財、忽巨勇突入、攻而勝 675 ① 之、必奪厥兵、抄厥輜重、以散本兵、解曰、逆賊、指邪魔、厥寨、指普 地、厥兵、指惡謀、② 巨勇、指吾主、吾主降世敵邪魔、殺厥力、破厥 謀、削厥權、 制厥勢、於是俾人棄魔③ 而向主、 Die Heilige Schrift zeichnet seinen Sieg auf: Ein Übeltäter bewacht seine Fes tung und genießt friedlich sein Eigentum. Plötzlich dringt ein großer Held ein, bekämpft und besiegt ihn. Er erobert bestimmt seine Armee, entzieht ihr die Ausrüstung und verteilt sie an seine eignenen Soldaten.254 Die Erklärung dazu: Übeltäter bezieht sich auf den bösen Dämon, seine Festung bezieht sich auf diese Welt, seine Armee bezieht sich auf die böse List, der große Held ist unser Herr. Unser Herr kam herab, bekämpfte den bösen Dämon, vernichtete seine Kraft, zerschlug seine List, entzog [ihm] seine Macht und hielt seinen Einfluss auf. So veranlasste [der Herr] die Menschen, den Teufel abzustoßen und ihm zu folgen. ④奧斯定聖人歎曰、幸哉人罪、緣主降世、成人贖人、大施靡竟之慈、昔 魔妄施、俾⑤ 人離地堂樂境、茲主降世、俾人登天上福堂、爾徒異主罰、 弗念主慈者、謬也、⑥ 奧斯定及多瑪兩聖人、評元祖夫婦罪、誰首誰從、雲、罪首屬妻、繇彼嫉 主福、疑⑦ 主言、推厥夫同陷者故、 Der heilige Aosiding (Augustinus) sagte mit Gefühlen: [Es war ein] Segen für die Sünde der Menschen, dass der Herr herabkam, Mensch wurde, die Men schen erlöste und [ihnen] unendliche Gnade erwies. Früher säte der Dämon seine Falschheit aus und brachte die Menschen dazu, den herrlichen Ort der Halle der Erde255 zu verlassen. Nun kam der Herr herab, ließ die Menschen in die Halle der Glückseligkeit im Himmel hinaufsteigen: Ihr wundert euch nur über die Strafe des Herrn und denkt nicht an die Barmherzigkeit des Herrn. [Das] ist falsch. Die beiden Heiligen Aosiding (Augustinus) und Duoma (Thomas)256 beurteilten die Sünden des Urahnenpaars [und erwogen], wer die Hauptschuld und wer die Nebenschuld [trug], und sagten: Die Hauptschuld liegt bei der Frau, da sie dem Herrn die Glückseligkeit neidete, die Worte des Herrn bezweifelte und ihren Mann auch mit hineingezogen hat. 254
Vgl. Mt 12:28-29 Treibe ich aber durch den Geist Gottes die Dämonen aus, so ist nunmehr das Reich Gottes zu euch gekommen. Oder wie kann einer in das Haus des Starken eindringen und seine Habe rauben, wenn er nicht vorher den Starken gefesselt hat? Dann erst wird er sein Haus plündern. 255 ditang 地堂 bedeutet wörtlich “Halle der Erde” und war eine gebräuchliche Be zeichnung des Gartens Eden. 256 Es handelt sich hier um den Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225-1274).
Xin Hou
87
XI ZĖ#
.
##
$
A ,
1.
### E
WF8
#.
18.
#
.
#
676
# . #tu .
Andere Heilige sagten: Die Schuld liegt hauptsächlich bei dem Mann . Da Yadang [Adam ] selbst das Gebot des Herrn empfing. Seine Frau erhielt [ das Gebot] durch ihren Mann . Der Mann ist das Haupt seiner Frau, das Haupt emp fing das Gebot des Herrn, das Haupt verstieß gegen das Gebot des Herrn und das Haupt rief das Leid aller Menschen hervor. Da er gegen das Gebot verstieß, wurde die Welt durch die Ursünde verunreinigt. Þaðsicht auf seine Frau geschoben werden , die schwere Schuld liegt beim Mann . Dieses Urteil ist zu treffender. 或
問、
元 祖 獲罪
元 祖 獲罪 、
厥 裔 共
、 受罰 宜 矣 3) 之
、 後人
胡 異 、
何 與
、
日 、 泉
濁 、
譬 之 發酵 、 合時 味甘 、
流 濁 、 本
傷 、
枝 傷 、
蹦 時 味酸 、
綠
###### TERE ,
18
,
#Fit
FG
Manche fragten : Der Urahne hat gesündigt, er sollte bestraft werden, [aber] was haben die Nachkommen damit zu tun ? [ Ich ] sage : ist die Quelle trüb , so auch der Strom; ist die Wurzel geschädigt, so auch die Äste . Der Urahne hat gesün digt, dann haben alle seine Nachkommen ohne Zweifel auch Anteil daran. Das ist so wie bei Sauerteig machen : Zur passenden Zeit, schmeckt [die Hefe] süß , (wenn die Zeit) überschritten wird , schmeckt ( sie) sauer und auch der Teig wird deswegen sauer. Der Urahne ist das Haupt von uns menschlichen Rassen . [Als er] gerade erschaffen wurde, war sein Wesen ursprünglich herrlich . Nachdem er gegen das Gebot verstoßen hatte , wurde sein Wesen stark verändert. Wir sind seine Nachkommen und haben unvermeidlich [ schon] bei der Geburt Anteil an einer Unreinheit. Daher heißte Ursünde. 聖賢 又 多
恩 、
甚 愛
紀 日 、 天主
汝 (7)
之 、 視若
初造 人 、
必 盡忠 奉
、
忠 裔 、
不(8) 然
與 約
如是 、 、 汝
誠雲 汝
、 雖 汝
乃 安 享
厥
或 心迷方 予
###### 677
功 、 賜 、 命
吾 徒手
次子 若
、 汝
赐 汝 本性 超 性
孫 咸 享
厥 賜 、
乃 蒙 叛逆 惡名 、 吾
吾 必
#####
識、 Und die Heiligen und Weisen zeichneten auf: [Als] der Herr des Himmels erst den Menschen erschuf, ſtraf er] eine Abmachung mit (ihm) und warnte: Ob ohl du keine Verdienste [hast] , gebe ich dir ohne Gegenleistung ein ursprüngliches Wesen mit viel übernatürlicher Gnade . Du musst aber treu und gehorsam sein . Im diesem Fall , kannst du die Gaben friedlich genießen . Deine Söhne und Enkel können diese Gaben auch genießen. Ich [werde] sie sehr lieben und werde [ sie] als Nachkommen eines Treuen betrachten. Andernfalls wenn du dich möglich erweise verirrst und gegen mein Gebot verstößt, dann wirst du einen üblen Leumund für Untreue tragen. Ich werde bestimmt zornig sein, und dich mit zehntausend Leiden bestrafen, bis zu [ deinem] Tode, und deine Söhne und En
88
Jesuiten und Nestorianismus
kel werden auch gleich wie du bestraft. Du sollst dir dessen bewusst sein und dich davor in Acht nehmen. 爐、 用 懲
元 祖弗 戒 、 候 忽 忘 命 、 厥
罪 、
先 失靈 性 之
昏迷 負約 而 犯 誠 焉 、
聖龍 、
後 罹 種種 世
映
天主 ( 2) 如 約始 降 多 罰 、.
、 並 吾子 孫輩
同 厥(3 累 焉
、
斯 晰 天 主罰 元 祖 、 並罰 吾輩 之 大義 、 O weh, der Urahne nahm sich [jedoch ) nicht davor in Acht und vergaß schon bald das Gebot. Verwirrt brach [er] die Abmachung und verstieß gegen das Ge bot. So verhängte der Herr des Himmels nach der Abmachung mehrere Strafen , um seine Sünde zu bestrafen. Zuerst verlor [er] die heilige Gnade von der geis tigen Natur, dann erlitt [er] allerlei Verhängnisse auf der Welt. Und auch wir Nachkommen wurden in Mitleidenschaft gezogen. Hier wird die große Gerech tigkeit erklärt, [warum ] der Herr des Himmels den Urahnen und auch uns be straft. 4 聖賢 又 設 喻 日 、 今 有 臣 、 未 建 尺寸 功 、 其君 先 予以 高爵 厚 祿 、 旋 戒 日 、 予 奪 舔 我 、 5 茲特 徒手 赐 汝 、 汝能 遵命 、 乃 終 厥 享 、
汝 裔 世 食 汝 享 、 不然 、
為 叛逆 、 吾 奪
君
戒 、
而遂
先 之
幹 憲
汝
而
罰( 6) 至 重
叛 焉 、 自取 放置 乎 、
#J ,
抑 異 其君 之
、 為
、
凡 汝 子孫恒 是
逆
裔 、
厥 子孫 、 視 無 祿 爵
法 譴 乎
、
用 是 推 之
、
如是
、 煩 苦
、
設 其 臣
如民 、
宜 異
弗 厥
可 ( 8 ) 無疑 義 、 是故人生 帶
TAJ
Heilige und Weise stellten ein anderes Gleichnis auf: Es gibt nun einen Unter tan, der nicht die geringsten Verdienste hat , jedoch gibt ( ihm ] seine Obrigkeit bereits hohes Amt und guten Lohn . Darauhin warnt [diese] : Geben oder Neh men, alles ist von mir abhängig. Da gebe [ ich] dir alles ohne Gegenleistung ( für nichts ). Wenn du gehorsam bist, dann [kannst] du [die Gaben ] bis zum Ende [des Lebens] genießen, und auch deine Nachkommen können Generation für Generation diese Gaben genießen. Andernfalls bist du ein Treubrüchiger und ich werde dir [alles] wegnehmen und [dich] schwerst bestrafen . All deine Söhne und Enkel bleiben für immer Nachkommen eines Treubrüchigen . Das ist das Gebot der Obrigkeit. Falls der Untertan sich nicht davor in Acht nimmt, sich untreu verhält, [dann ) führt er selbst dazu, fallen gelassen zu werden .
Seinen
Söhnen und Enkeln werden das Amt und der Lohn aberkannt, [ sie haben ] Sor gen und Leiden wie das normale Volk . Soll [ man ] sich über den Gesetzes 257 bruch des Vorfahren oder über die Strafe der Obrigkeit nach dem Gesetz wundern ? Durch dieses [Gleichnis ] , kann es dann keine Zweifel mehr geben . Daher ist es nicht am geringsten zu bezweifeln , dass Menschen bei der Geburt [ schon] die Ursünde in sich tragen . 678 1. TJJJAT 受 之 父
而 生
、
亦 ( 2) 無罪 、 原罪何 隙 入 之
. JE ,
XEFE,
、奧斯 定 聖人 答曰 、
7
今 有 人偶 陷
257 ganxian sollte an diese Stellle als „ Gesetz brechen, gegen Gesetz verstos sen “ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Buch Chongzhen chaoye ji ( *19 野 紀 》 : Gan xian dian er huai shifeng 幹 憲 典 而 壞 士 風 ,
Xin Hou
89
深坑、見者不速救、而徐責③ 其陷坑之人、必怪258之曰、汝宜速援吾出、 弗宜徐責吾入也、然則人旣偕入原罪④ 深坑、汝怪其入、奚益哉、宜求 天主施救、乃利矣、嗚呼、 久哉巨門大辟已259入、汝何⑤ 求小隙耶、 Es gab einmal einen Anhänger einer anderen Lehre (des Heidentums), der nicht glaubte, dass kleine Kinder bei der Empfängnis bereits die Ursünde in sich tra gen und sagte dann: Es ist keine Sünde, dass ein Vater seinem Sohn das Leben schenkt. Der Sohn empfängt das Leben vom Vater, das ist ebenfalls keine Sün de. Durch welche Lücke könnte die Ursünde eindringen? Der heilige Aosiding (Augustinus) antwortete: Nun stürzt jemand zufälligerweise in eine tiefe Grube hinein. Der, der das sieht - statt den Eingestürzten rasch zu retten – kritisiert diesen gemächlich wegen seines Sturzes. [Der Eingestürzte] wird ihn bestimmt tadeln: Du solltest mir helfen, schnell aus der Grube hinauszukommen, und mich nicht gemächlich wegen meines Sturzes kritisieren. Wenn die Menschen bereits mit in die tiefe Grube der Ursünde hineingestürzt sind, was nützt denn das, dass du [ihnen] wegen ihres Sturzes Vorwürfe machst? [Du] sollst den Herrn des Himmels um Rettung bitten, das ist dann nützlicher. O weh, die große Tür [der Erlösung] ist schon längst für den Eintritt weit geöffnet, warum suchst du nach einem kleinen Spalt? 葆祿聖徒明厥門曰、元祖之罪、引罪入世、罪旣入、死輒隨之、罪在彼⑥ 謂之本罪、在我謂之原罪、欲晰其流毒之遠、當知後人原系元祖之身、 如肢體⑦ 系元首然、彼代吾人首領主命、並代吾人首肯主約、則彼領、 卽吾領、彼守與犯、⑧ 卽吾守吾犯、彼受供命之賞、吾與共之、則彼受 犯命之罰、吾亦與之共之矣、原 679 ① 罪之流、不益信乎、 Der heilige Schüler Baolu (Paulus) erläuterte dazu: Die Sünde des Urahnen führte Sünden in die Welt ein. Da Sünden bereits eingedrungen sind, werden sie dann auch [den Menschen bis zum] Tode folgen260. Seine Sünde heißt für ihn (den Urahnen) Eigensünde. Für uns heißt sie Ursünde. Um ihre weitreichende verderbliche Wirkung klarzustellen, muss erkannt werden, dass die Nachkom men ursprünglich vom Leib des Urahnen abhängen, gleich wie Glieder und Rumpf vom Haupt abhängig sind. Er nahm zuerst für uns das Gebot des Herrn entgegen und anerkannte zuerst für uns die Abmachung mit dem Herrn. Dann ist sein Gebotsempfang auch unser Gebotsempfang, sein Einhalten [des Gebo tes] und Verstoß dagegen ist auch unser Einhalten und unser Verstoß. [Wie] er
Das Zeichen an dieser Stelle des Originaltextes der Abhandlung von Diaz ist nicht gut lesbar. Aus dem Kontext gehe ich davon aus, dass es sich hier um das Zeichen guai 怪 (tadeln, vorwerfen) handelt. 259 Das Zeichen yi 已 muss mit dem Zeichen yi 以 vertauscht worden sein und bedeutet an dieser Stelle „mit, durch“. 260 Vgl. Röm 5,12 Wie daher durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod. 258
90
Jesuiten und Nestorianismus
fur den Gehorsame ' belohnt wurder, hatten wir[ an der Belohnung ] tell . So auch [wie) er wegen des Verstoßes gegen das Gebot bestraft wurde, hatten wir dann auch daran tell . Soll [man] nicht an die Verbreitung der Ursunde glauben ? (2 ) 或 触
問 、 原罪 招致 多
內 靈 、
惡 之
難 、
請示 厥
繼 延 (3) 厥 身 、
原罪 在
、 荷弗 求 聖教善法 以 4
聖賢 謂 之
四 傷
、
一 、
傷
明
詳 、
日 、
厥患
屈指 莫
靈 、 不容聖寵 、 故
潔 除 、 司、
終 弗能 升天 、
二 、
傷 愛
馨 、
弟
厥 靈 甚
傷
略 、
則先
醜 穢 、 天主 甚
斯 一 患 為
司 、 ( 5)三 、
言 其
最 、
下 分之
別 有
罐
四 患 、
嗜 、
四 、
傷
下 分之 怒 、 Manche fragen: Die Ursünde hat viele Verhängnisse hervorgerufen, bitte erkläre die Details . [Ich] sage : Der Schaden kann an den Fingern nicht abgezählt wer den . Hier wird es lediglich kurz und bündig erwähnt: [Die Sünde] verdirbt vor allem den inneren Geist und dann weiter den Körper. Die Ursünde liegt im Geist und verträgt die heilige Gnade nicht, daher ist der Geist äußerst hässlich und dreckig. Der Herr des Himmels hasst und verabscheut diesen sehr. Wenn [man ] nicht nach dem guten Gesetze der heiligen Lehre strebt, um [die Sünde] abzuwaschen , wird [man ] schließlich nicht in den Himmel aufsteigen können . Das ist das größte Verhängnis. Es gibt noch vier andere Verhängnisse. Die Hei ligen nannten sie „ Vier Beschädigungen “ : Erstens , Beschädigung der Funktion des Verstandes; zweitens, Beschädigung der Funktion der Liebe , drittens, Be schädigung der Gier vom unteren Teil [ des Geistes] , viertens, Beschädigung des 262 Zorns Vom unteren Teil [des Geistes] . 6 傷
明
焉
羽 禽 (7) 弗
、
司何
、 奧斯定 學
而 認
發 時 弗知 就 乳 、 長 而 大智 、
師 心 矢
造 世
、
物 類
壽 甚
促
、 或
人 更為 之
誇
厥 母
、
無
弗 攜
居
喻
可 喻 吾人 之
而 識
就 哺 、
、
過 妄 半
680
弗 驚厥理 、 寧
、 飲食
0
患
、 夫
羽 禽
人 顧不然、 生
師 、 弗能 辨生死 之
彈 思
不 亦
宴 息
日 、
謬 雜 、 學士
人 雖
周知 、 促 、
詮
( 8) 無
論 、 尚 多
森森 、
促 其
聖人
向 、
雖
、 夫
與
蹟 、
謂 無知 、 庶 乎 允當 、 又 閒暇 居
半
、
務 學 之
時 、
人
甚
時弗知 其母、
形 神 貴賤 諸 理
勤 、 弗能悉 物 既至
雖 愚 、
准 、 經 日 學 (2) 宜 況生命 僅 惟
半
至
、 雖有 、 天主 長
本 促 暑 、
而年 、
3 可 識
甚淺 、 Was [bedeutet] „ Beschädigung der Funktion des Verstandes“? Der heilige Aosi ding (Augustinus) erklärte: Die Unwissenheit von uns Menschen ist mit keinem Gleichnis zu beschreiben . Obwohl die Vögel unwissend sind, gehen die Men schen bestimmt 263noch weiter. Ohne zu lernen , kennen Vögel die eigene Mut 261 gongmin #
bedeutet „ gehorchen, sich fügen “ . Ein Beispiel aus dem Buch Kongzi
jia pu 《 孔子 家 語 · 王 言 解 》 : Ze sihaizhi nei, gongining er yi yi 則 四海 之 內, 供 命 而 已矣 , 262 Die Begriffe mingsi B9 (Funktion des Verstandes) und aisi (Funktion der Liebe) werden im Kapitel V. ausführlich behandelt . 263 dai Fd sollte an dieser Stelle als „ bestimmt, sicher“ ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem Artikel Mei qin shi lun 《 美 芹 十 論 》 des Literaten Xin Qui 辛棄疾 ( 1140 1207 ): Shi dai yi di zi er wei di sheng er 是 殆 益 敵 資 而 遺 敵勝 耳 ,
Xin Hou
91
ter, ohne gehalten zu werden, wissen [sie] zu Essen zu kommen. Menschen jedoch nicht. Bei der Geburt kennen [sie] die Mutter nicht, bei Hunger wissen [sie] nicht Milch zu trinken. [Nachdem sie] aufgewachsen sind, können sie ohne Lehrer die Ziele des Lebens und die Wahrheiten über Leib, Geist und Werte nicht erkennen. Obwohl [sie] über große Weisheit verfügen, [ihre scheinbar] richtigen Urteile264 basieren nur auf eigenem Verstand265. Vieles davon ist doch fehlerhaft und wirr. Obwohl die Gelehrten fleißig sind, können sie doch nicht bei allem Recht haben. Die Schrift sagt: Der Herr des Himmels hat die Welt mit einer Fülle von [verschiedenen] Arten von Dingen geschaffen. [Selbst] wenn Menschen sich den Kopf zerbrechen, können sie sich auch nicht in allem aus kennen. Da die Dinge äußerst schwer verständlich sind, soll man auch äußerst lange lernen. Das Leben ist jedoch sehr kurz. [Wenn] man mit Allwissenheit prahlt, ist das nicht zu überheblich? Es wäre vielleicht passender, wenn man doch besser sagt, dass [man] nichts weiß. Außerdem ist das Leben an sich schon kurz, und die Menschen machen es noch kürzer: Rasten, Essen, Trinken und Freizeit decken die Hälfte [der Lebenszeit]. Es bleibt nur mehr die halbe Zeit für das Lernen. Was [man] erkennen kann, ist wirklich oberflächlich ist. 且④ 天主生人形軀、俾得盡力於善學、人反厥用、先身後性、五官為性 學門、狥五官⑤ 而性學喪焉、古賢歎曰、物質鹹助厥模、用修厥職、特 人質宜助厥靈、而反敗厥⑥職、聖經曰、肉軀重土、勢本墜落、牽靈偕落、 是也、明司固迷、斯傷至劇、若元祖未⑦ 犯命時、明司受有大光、用燭 物理、靡弗確當、旣犯命後、明司被傷、忒差莫計、 Und der Herr des Himmels erschuf den Körper der Menschen, damit [sie] mit aller Kraft fleißig lernen können. Menschen widersprechen diesem Zweck: [für sie] steht das Körperliche an erster Stelle, der Geist an zweiter. Die fünf Sinnes organe sind die Tür für die Lehre der Natur. [Wenn man sich] aber [den Bedürf nissen] der fünf Sinnesorgane fügt, dann geht die Lehre der Natur verloren. Ein Weiser266 aus der alten Zeit sagte wehmütig: Die Substanz eines Dings unter stützt dessen Form und verwirklicht dadurch dessen Funktion. Die Substanz der Menschen (Körper) soll [eigentlich] den Geist unterstützten, jedoch verdirbt [sie] die Funktion [des Geistes]. Die Heilige Schrift sagt: Der fleischliche Leib [ist wie] schwere Erde, neigt dazu abzustürzen und verwickelt auch den Geist mitzustürzen. So ist das. Die Funktion des Verstandes ist verwirrt, diese Be schädigung ist äußerst groß. Als der Urahne noch nicht gegen das Gebot versto ßen hatte, empfing seine Funktion des Verstandes großes Licht, was die Wahr 264
shi 矢 sollte an dieser Stelle als „richtig, korrekt“ ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem Artikel Xizhneg Fu 《西征賦》des Literaten Pan Yue 潘嶽 (247-300): Han shi yan er bu na 捍矢言而不納. 265 Der Ausdruck shixin 師心 stammt aus dem Klassiker Zhuangzi 《莊子·人間世》: Fu hu keyi ji hua, you shixin zhe ye 夫胡可以及化,猶師心者也, bedeutet “von eige nem Herz lernen, eigenem Verstand folgen“. 266 Der an dieser Stelle erwähnte Weise bezieht sich auf Aristoteles. Hier wird auch seine Vier-Ursachen-Theorie zitiert.
92
Jesuiten und Nestorianismus
heiten der Dinge erleuchtet . Nichts war ungenau und unpassend. Nach dem Verstoß gegen das Gebot wurde die Funktion des Verstandes beschädigt, und [es gab dann) unzählige Fehler. 8 傷 愛 方
司 何 、
日、 愛 之 偏 、
厥 愛
681 ( 1 ) 威 正
命 時 、
3. HEE 19.
如毒 恒
诞惡
帥 、 首 害人 心 、 俾 偏愛
和天主 、 愛憎 順 主
,
、
今
忘
己
主 、
私、 弗 弗
審
當
20 , RE , IUZA ,
A. # 2 ,
#3
,
E ,
3E,
同未 否 、
E
ET
EA
齊 、 尊 己 卑 人 、 種種 之 偏 、 皆 歸 愛 己 、 而 愛 司 至 傷 、 Was bedeutet dann „ Beschädigung der Funktion der Liebe“ ? [Ich] sage : Abwei chende Liebe ist wie giftiger Speichel und Alkohol, und schadet vor allem dem Herz des Menschen und lässt [ diesen] sich selbst bevorzugen . Es ist anders als vor dem Verstoß gegen das Gebot. Die Liebe war aufrecht und stimmte immer mit dem Herrn des Himmels überein . Liebe und Hass richten sich nach dem Herrn . Nun wird der Herr jedoch leicht vergessen . [Die Menschen] überlegen sich nicht , ob [ alles ] angemessen ist oder nicht , alles richtet sich allein nach der Gier. Der heilige Aosiding (Augustinus) erklärte dieses Unheil und sagte: Alle Gedanken , die den Geist zerfressen und im Herz brennen und alle Sorgen, Angst, Unzucht, Zorn so wie Eigennutz267, Unglaubwürdigkeit, Falschaussagen, Verschwörungen, Betrug, Diebstahl, Neid gegenüber Vorgesetzten , Überheb lichkeit gegenüber Untergeordneten, Hass gegen die Gleichgestellten268, Ach tung vor sich selbst und Erniedrigung der anderen, alle diese Abweichungen liegen an der Liebe zu sich selbst, und der Funktion der Liebe wird [dadurch] großer Schaden zugefügt. (4 ) 愛 之 甚
司 則 難 、
哉 愛
就理
既傷
、 循
善
惡(5) 惡 司 之 劣
、
避 惡 弗 、
詮
而
避之
声 其 弗
難 、
易 、 奈何愛
日 、 人性 ( 6 ) 含
如 負 、 猶 病 者 愛 生 惡疾 、
葆 祿 聖徒
理
、 惡 者
顧 辭 療疾 之
日 、 異
惡 互 、
爭
、 難易 相
理 之 劑、
哉 吾愛 司 、
反 也
愛 善
、
敵 、 勝負 莫
、 今人
而 甘 發 疾 之 食
趣 惡 若
而 行 辨 、 馳 、
也 、
Da die Funktion der Liebe beschädigt ist, ist es dann äußerst schwierig, das Gute zu befolgen und das Böse abzuhalten . Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte: Merkwürdig ist meine Funktion der Liebe , sie neigt zu dem Guten, je doch ist es schwer umzusetzen ; sie verabscheut das Böse , jedoch ist es nicht leicht abzuhalten . Hilflos kämpfen das Gute und das Böse , das Schwere und das Leichte gegeneinander, und der Sieg und die Niederlage sind nicht entschieden.
267 Der Begriff beigong bedeutet " eigennützig ” und stammt aus dem Artikel Hufa lun ( ) des Literaten Zhang Shangying 5 ( 1043-1121 ) : Jin beigong yingsi zhe qin yu but yi 今 背 公 營私 者 侵 漁 不已 ,. 268 tongji A sollte an dieser Stelle als „ gleichgestellt“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Zuozhuan EA= ( + = ) : BAA .
Xin Hou
93
So sehr schlecht ist die Funktion der Liebe [von mir ]269 .Die Erklärung (dazu) : Das menschliche Wesen enthält die Wahrheit. Das Böse ist das Gegenteil von der Wahrheit . Die heutigen Menschen rasen dem Bösen nach und nehmen die Wahrheit wie eine schwere Last an . Das ist so wie ein Kranker, der gerne seine schwere Krankheit hat, die Heilmittel gegen die Krankheit ablehnt und die krankheitserregende Speise liebt270 8)又
人 當
釋 、
故 經
傷
幼時 、 曰 、
、 奧斯定
幼
聖人
向善 甫 682 歎
日 、
始 、 0
章 靈 使
厥 行 弗 錯 履 、 百
定
、
修
忽 更
迄 耄弗知返 、
肢 、 (2) 或
作
變
、
惟
炎
巡 惡習 、
此之謂也
或 止 、 速
、
順 靡 達
皆
固 持
明 驗 愛
、 及
使
難 司 之
循 善 卒
難 、 時 順時否 、 來去 弗 定 、 可以 弗 定名 廠 定 、 赤 ( 3 ) 可 晰 愛 司 之 重傷 、 Und im Kindesalter fangen die Menschen gerade an , sich nach dem Guten zu sehnen. Ihr Benehmen ist nicht beständig und ändert sich schnell . Nur hin und wieder bleiben sie am Laster hängen27 ) , halten ( daran ] fest und können [es] sich schwer abgewöhnen. Darum sagt die Schrift: [Als] Kleinkind ist man auf den falschen Weg geraten272, und bis zum Greisenalter weiß [man ) nicht umzukeh ren. Genau das ist gemeint. Alles bestätigt die Beschädigung der Funktion der Liebe . Der heilige Aosiding ( Augustinus) sagte wehmütig: Der Geist verfügt über hundert Köperglieder, sich zu bewegen oder aufzuhören . [Die Köperglie der] folgen [der Anweisung] schnell und widersetzen sich nicht. Jedoch ist es schwierig [ die Menschen] das Gute befolgen zu lassen . Es läuft immer wech selhaft hin und her, manchmal wird das Gute befolgt und manchmal nicht. Dadurch kann [man ] auch die schwere Beschädigung der Funktion der Liebe erkennen . (4 ) 傷 下 分之嗜 何 元 祖 未
方
命 S 時 、
祿 聖徒 自 異 寐 、 謹 厲 吾
、 日 、 靈性 之下 分 、 嗜欲 之 敗 也 、 嗜欲 無度 、 原 義克制 逆
日 、 吾 不幸 ( 6 ) 人 兵
、
迎敵 接
萌 、 也
戰 、 齋 素
方 命 後
、 嗜欲 頻 鞭 達
、
、
則 如 駁 馬
跳樑
攻 吾心、 吾身 以 苦 吾身 、
以 人行獸、
、 羈 之
作 吾
敵 鋒 速
弗 得
、 葆
敵 、 吾
敢
挫 而
伏 命 、
269 Vgl . Röm 7,18-19 ...denn das Wollen liegt bei mir, das Vollbringen des Guten aber nicht. Denn nicht das Gute, das ich will, tue ich; sondern was ich nicht will, das Böse, das vollbringe ich . Röm 7 , 23 Aber ich sehe ein anderes Gesetz in meinen Gliedern , das dem Gesetz meiner Vernunft widerstreitet und mich gefangen hält unter dem Gesetz der Sünde, das in mei nen Gliedern ist. 270 gan ist mit dem Zeichen han # vertauscht und bedeutet an dieser Stelle " lieben , gerne tun “. 271 qunxun x sollte an dieser Stelle als „ hin und her gehen zaudern , hängen blei ben “ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Guo qin lun ( 6 ) des Literaten Jia Yi 賈誼 : Qunxun er blugan jun 浚 巡 而 不敢 進 , 272 Der Ausdruck cuolü Histammt aus dem Klassiker Yijing * ( *) : Lü cuo ran , jing zhi nander“.
i
Ź , und bedeutet ,, falscher Anfang, anfängliches Durchei
94
Jesuiten und Nestorianismus
Was bedeutet dann „Beschädigung der Gier vom unteren Teil [des Geistes]“? [Ich] sage: Der untere Teil der geistigen Natur wurde von der Begierde verdor ben. [Mit] zügelloser Begierde verhält man sich wie ein Tier. Als der Urahne noch nicht gegen das Gebot verstoßen hatte, hielt die ursprüngliche Rechtschaf fenheit den Keim des Widerspruchs zurück. Nach dem Verstoß gegen das Gebot war [die Gier] wie ein wildes springendes Pferd, nicht aufzuhalten273. Der heili ge Schüler Baolu (Paulus) wunderte sich und sagte: Ein elender Mensch bin ich, oft zerfrisst die Begierde mein Herz, und mein Köper wird mir ein mächtiger Feind. Wie kann ich es wagen zu schlafen? [Ich] mache mich behutsam kampf bereit und werfe mich dem Feind entgegen. [Durch] Fasten und Peitschen quäle ich meinen Körper. Dann werden dem Feind die Flügel gestutzt, und dann ist er wieder fügsam. 噫、聖如聖徒、尚患嗜欲之攻、必習苦以勝之、哀哉⑧吾人、不聖不德、 乃安意逸樂、藏賊於靈、不用微勞、妄希克敵、能乎、葢嗜欲者、悍 683 ① 僕也、逸之益悍、撻之斯降、又、炎火也、世味之薪、益增其炎、勞 之以苦、如水斯滅、② 又劇病也、縱口增病、戒口則療、聖徒之法、後 聖皆仿效焉、吾人舍是、奚法可師、 O weh, so heilig wie der heilige Vorfahren-Schüler fürchtete er sich noch vor Angriffen der Begierde und musste sie dann durch quälende Übungen besiegen. Es ist zu bedauern, dass wir, die nicht heilig und tugendhaft sind, jedoch nach einem ausschweifenden Leben trachten und den Feind im Geist stecken haben und vergeblich versuchen, den Feind ohne geringste Anstrengungen zu besie gen. Ist das möglich? Da die Begierde wie ein grimmiger Knecht ist, [sie] wird immer grimmiger, [wenn man] ihr gegenüber Nachsicht zeigt. [Sie] gibt auf, [wenn] sie gepeitscht wird. [Begierde ist] auch wie Feuer - das Brennholz des irdischen Lebens verstärkt die Flammen. [Wenn man] sie mit Leiden ermüdet, dann wird sie wie Feuer von Wasser gelöscht. [Begierde] ist auch wie eine schwere Krankheit, [wenn man sich] dem Essen ergibt, wird [man] kränker. [Wenn man] fastet, wird [man] geheilt. Alle nachkommenden Heiligen ahmen diese Methode des heiligen Vorfahren-Schüler [Baolu] nach. Wenn wir darauf verzichten, welche Methode können wir noch zum Vorbild nehmen? ③傷下分之怒何、曰、斯忿、怒踰節也、巴西略聖人曰、天主畀人以怒者、 將防患而④衛生也、如勇士防冦、如筋節防身、何方命後、顧以怒情傷人 之命、卸仁德之慈、⑤ 襲猛獸之暴、忿怒所發、噬人如犬、抵如牛、吼 如獅、殘如虎、靡所弗至、 悉怒情之⑥ 傷、 Was bedeutet dann „Beschädigung des Zorns vom unteren Teil [des Geis tes]?“ [Ich] sage: Zorn ist die übermäßige Wut. Der heilige Baxilüe (Basilius)274 273
tiaoliang 跳樑 bedeutet „hoch springen“ und stammt aus dem daoistischen Klassiker Zhuangzi 《莊子•逍遙遊》: Dongxi Tiaoliang, bubi gaoxia 東西跳樑,不辟高下 274 Es handelt sich hier um den Kirchenlehrer Basilius von Caesarea (auch als Basilius der Große, um 330-379).
Xin Hou
95
sagte: Der Herr des Himmels gibt den Menschen die Wut, damit [sie] Unheil vorbeugen und das Leben verteidigen [können], so wie tapfere Krieger den Feind abwehren, wie Muskel und Knochen den Körper verteidigen. Nach dem Verstoß gegen das Gebot jedoch beschädigt man mit dem Zorn das Leben von anderen, legt Gutherzigkeit und Mitleid ab und übernimmt die Grausamkeit der Raubtiere. Der Ausbruch des Zorns beißt wie ein Hund, widersetzt sich wie ein Stier, brüllt wie ein Löwe und ist brutal wie ein Tiger und durchdringt alles. All das ist die Beschädigung des Zorns. ⑦怒、害人多、自害弗少、緣怒而致重疾、弗計其數、厥苦弗堪、種種怒 病、人槩目擊、⑧ 奚煩更悉、 Der Zorn schadet den anderen sehr und schadet [einem] sich selbst nicht weni ger. Es gibt unzählige Fälle, dass Zorn zu schwerer Krankheit geführt hat. Die Leiden sind nicht zu ertragen. Verschiedene [durch] Zorn [erregte] Krankheiten hat man alle gesehen, wozu noch mehr Worte darüber? 684①又饑渴之害、人所莫免、士攻業、農力田、商經遠、工動作、 多難 之故、鹹以饑渴、天② 主欲罰元祖之罪、謂之曰、自茲以後、弗能坐食、 腹餒必勤耕、汗力反土、耘耔穡③ 事、食飮粗足、斯乃汝罪之刑、是也、 Und das Unheil von Durst und Hunger, kann niemand vermeiden. Aufgrund des Unheils müssen Gelehrte Vollendung erbringen, Bauern Feldarbeit verrichten, Kaufleute Geschäfte in der Ferne machen und Handwerker arbeiten, und alle sind mit Hunger und Durst konfrontiert. Der Herr des Himmels wollte die Sün de des Urahnen bestrafen und sagte ihm: Ab nun kannst du dich nicht mehr [nur] zurücklehnen und das Essen genießen. [Wenn du] Hunger hast, musst du fleißig Feldarbeit verrichten, dass dein Schweiß auf dem Feld vergossen wird. [Durch] die Feldbestellung und das Ernten275 bekommst du gerade genug zum Essen und zum Trinken. Das ist die Strafe für deine Sünde276. So ist das. ④又、多禽獸之害、元祖未方命時、禽獸百物、鹹順人命、方命後、物亦 方人、爪、牙、蹄、⑤ 角之屬、皆若共盟、利器毒人、職是之故、又、 多寒暑旱澇之害、元祖未方命、終歲⑥和平、雨暘時若、百物長春、方命 而後、水旱迭興、呼而弗應、 嚴冬酷暑、相迭難人、⑦ 經曰、諸天之變、 四時之乖、雷霆孛慧、災異駭人、空中諸象、皆如主兵、用征逆然、 Außerdem gibt es häufig Schäden durch wilde Tiere und Vögel. Als der Urahne noch nicht gegen das Gebot verstoßen hatte, waren wilde Tiere, Vögel und alle Dinge dem Menschen gegenüber fügsam. Nach dem Verstoß gegen das Gebot richten sich die Dinge auch wider den Menschen. Die Arten mit Krallen, Zäh 275
Der Ausdruck yunzi 耘耔 bezieht sich auf die Feldarbeit und stammt aus dem Klas siker Shijing《詩·小雅·甫田》: Huo yun huo zi 或耘或耔. 276 Vgl. Gen 3,17-19 ...darum soll der Ackerboden verflucht sein um deinetwillen; müh sam sollst du dich von ihm nähren alle Tage deines Lebens. Dornen und Gestrüpp soll er dir sprießen, und Kraut des Feldes sollst du essen. Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot verzehren,…
96
Jesuiten und Nestorianismus
nen, Hufen und Hörnern scheinen verbündet zu sein, schaden den Menschen mit scharfen Teilen. Darin liegt es begründet. Es gibt auch noch viel Unheil wie Kälte, Hitze, Dürre und Flut. Als der Urahne noch nicht gegen das Gebot ver stoßen hatte, war es das ganze Jahr hindurch mild und friedlich. Regen und Sonnenschein erschienen rechtzeitig und alle Dinge befanden sich immer in einem gedeihenden Zustand. Nach dem Verstoß gegen das Gebot, wechseln sich ständig Flut und Dürre ab, und der Ruf nach Hilfe wird nicht erhört. Eiskalte Winter und glühende Sommer quälen die Menschen abwechselnd. Die Schrift sagt: All solche Veränderungen des Wetters, Ungleichheiten der vier Jahreszei ten, Donnerschläge, [Erscheinen des] Kometen, erschreckende Abartigkeiten und Verhängnisse, all diese Erscheinungen am Himmel sind wie Krieger des Herrn, um die Untreue zu bekämpfen.277 ⑧又、生命之促、必臻於死、厥初天主化成長生樹、人啖其實、年延無損、 安度世期、685 ① 活能升天、弗經死苦、元祖方命、主謂之曰、識之識之、 為人為灰、昨出於灰、來歸② 於灰、必迨死亡、斯罰、為人世終罰、重 罰也、夫人莫不愛生怖死、今卒弗克、斯刑③ 誠極、經釋人命之短、設 多喻曰、 人生如牧者之蓬、朝成暮毀、如織者之經、未就④ 悉斷、如驛 者之倏至、如順風之發舟、如翬斯飛、如矢去弦、如朝榮夕枯之草、 Überdies ist das Leben von so kurzer Dauer, bis zum unvermeidlichen Tod. Am Anfang erschuf der Herr des Himmels den Baum des ewigen Lebens. [Wenn] man dessen Frucht isst, wird kein [gesundheitlicher] Schaden im zunehmenden Alter auftauchen, [man] verbringt die Lebenszeit friedlich und kann zu Lebzei ten in den Himmel aufsteigen und erlebt keine Leiden des Todes. [Als] der Ur ahne gegen das Gebot verstoßen hatte, sagte ihm der Herr: Erkennt es, erkennt es, dass Menschen Staub sind. Zunächst kamen [sie] aus Staub, zuletzt werden [sie] wieder zu Staub, und [alle] werden zum Tod kommen.278 Diese Strafe ist die endgültige Strafe der irdischen Welt und ist eine schwere Strafe. Es gibt keinen Menschen, der nicht am Leben hängt und sich nicht vor dem Tod fürch tet. Dass man schließlich doch nicht [immer am Leben bleiben kann], ist wirk lich die schwerste Strafe. Die Schrift erklärt die kurze Dauer des Menschenle bens und führt mehrere Gleichnisse an: Das Leben ist wie das Zelt der Hirten, am Morgen wird es errichtet und am Abend wird es abgebaut; wie die Kettfäden bei der Webern, [sie] reissen ab, bevor [das Stück] fertiggestellt werden kann; wie eine rasante Ankunft eines Kuriers; wie ein Schiffsstart mit Rückenwind;
277
Vgl. Is 13, 9-10 Der Herr kommt alsdann ohne Erbarmen daher, grimmig und glü hend vor Zorn, er wandelt die Erde zur Wüstenei, vertilgt die Sünder von ihr. Der Him mel und die Orionbilder daran lassen ihr Licht nicht leuchten, die Sonne ist duster bei ihrem Aufgang, der Mond lässt nicht glänzen sein Licht. 278 Gen 3,19 ... bist du zum Ackerboden wiederkehrst, von dem du genommen bist. Denn Staub bist du, und zum Staube sollst du heimkehren.
Xin Hou
97
wie der Flug des Buntfasan; wie Pfeile, die von der Sehne schnellen; wie Grä ser, die am Morgen gedeihen und am Abend verwelken279. ⑤或聞而異之曰、嘗覩多人至耄期、曷雲甚短、曰、若是人幾何、千伯一 二耳、餘或⑥ 幼亡、或壯逝、或鋒鏑橫暴、莫可勝舉、又況耄期、雖雲 齡久、較擬身後永時、弗啻⑦殀焉、特如俄頃、俄頃旣過、死期速臨、原 罪之罰、卒莫能避、⑧ 昔主以原罪之患規眾曰、譬之旅者、下山遭冦、 罄刼、斫傷、瀕死、 詮曰、旅從山下、686 ① 乃人性也、天主造時、並 錫多寵、先旣高矣、方命自招諸罰、後乃下焉、如自上而② 下者然、異 敎之人、弗解世患奚自、弗識原罪之故、 Manche hörten und bezweifelten das und sagten: Oft sehen [wir] Menschen, die ein betagtes Alter erreicht haben. Warum ist von kurz die Rede? [Ich] sage: Wie viele Menschen gibt es, wie diese? Nur einen oder zwei unter hunderttausend. Manche andere sterben entweder in der Kindheit, oder noch im besten Lebens alter, oder kommen durch Kriege280ums Leben, davon ist nicht aufzuzählen. Außerdem ist dieses sogenannte hohe Alter im Vergleich zur Ewigkeit nach dem Tod bloß ein Frühtod. Das [Leben] ist nur eine kurze Weile, nach dieser kurzen Weile kommt rasch die Zeit des Todes. Schließlich kann man der Strafe für die Ursünde nicht entkommen. Früher ermahnte der Herr die Massen mit dem Un heil der Ursünde und sagte: Das ist wie ein Reisender, der von einem Berg ab steigt, auf Räuber stößt, ausgeraubt und abgestochen wird und knapp am Tod ist281. Erklärung dazu: Bergab zu reisen bezieht sich eigentlich auf das mensch liche Wesen: Als der Herr des Himmels [die Menschen] schuf, schenkte [er ihnen] auch viel Gnade, daher waren [sie] zunächst hoch oben. [Durch] den 279
Vgl. Job 14,2 geht gleich der Blume auf und welkt, flieht wie ein Schatten und be steht nicht lang. Weish 5,9-12 Vorbeigegangen ist all das gleich wie ein Schatten, und wie eine vorüber eilende Botschaft, wie ein Schiff, das wogendes Wasser durch schneidet, nach dessen Durchfahrt keine Spur mehr zu finden ist, noch seines Kieles Pfad in den Wogen; oder gleich wie vom Vogel, der die Luft durchflog, kein Anzeichen seiner Bahn mehr sich findet; vielmehr wurde die leichte Luft – durch den Schlag der Schwingen gepeitscht und gespalten durch die sausende Kraft der bewegten Flügel – nur durchstoßen, und danach ward kein Anzeichen des Durchfluges mehr gefunden; oder es ist vorbeigegan gen wie ein Geschoß, das nach dem Ziele abgeschossen wird, wobei die zerteilte Luft sogleich wieder in sich zusammenfließt, da dass man seine Bahn nicht mehr erkennen kann. 280 fengdi 鋒鏑 bedeutet wörtlich „Messerklinge und Pfeilspitze“ ist ein Sammelbegriff für Kriegswaffen. Im übertragenen Sinne wird das Wort aber häufig als Bezeichnung für Kriege verwendet. Ein Beispiel dazu aus dem Artikel Guo Qin lun《過秦論》des Lite raten Jia Yi 賈誼: Xiao fengdi, zhu yi wie jinren shier 銷鋒鏑, 鑄以為金人十二, 以弱 天下之民. 281 Vgl. Lk 10,30 Da nahm Jesus das Wort und sprach: Es ging ein Mann von Jerusalem hinab nach Jericho und fiel unter die Räuber. Diese plünderten ihn aus, schlugen ihn wund, ließen ihn halbtot liegen und gingen davon.
98
Jesuiten und Nestorianismus
Verstoß gegen das Gebot riefen [sie] selbst verschiedene Strafen hervor, stürzten zuletzt ab, wie man von oben nach unten bergab geht. Die Anhänger der ande ren Lehren (Heidentum) verstehen es nicht, woher die Verhängnisse auf der Welt kommen, da sie die Ursünde nicht erkennen. ③或疑原罪染人、未有實證、故弗之信、不知聖敎敎人、不敢以難信者誣 人、姑舉④ 三條、用證厥眞、 Manche bezweifelten es, dass die Ursünde die Menschen befleckt hat, da es keine stichhaltigen Beweise gibt, und glaubten deswegen nicht daran. [Sie] wis sen aber nicht, dass die Heilige Lehre die Menschen so belehrt, ohne sie mit etwas Unglaubwürdigem zu täuschen. Ich nenne vorerst drei Punkte, um diese Wahrheit zu bestätigen. ⑤一、證聖經、葆祿聖徒曰、元祖一人、招罪入世、厥流綿延相染、斯罪 為吾世父遺⑥ 產、吾子輩鹹承受焉、如今之人子、承乃考之產然、苐斯 產也、陋矣哉、而斯承也、⑦ 哀矣哉、又曰、元祖於吾主互反、兩行甚 懸、元祖方命、蔑己性、並蔑厥後之性、驅⑧人悉供魔役、吾主承聖父命、 俾之鹹脫魔繩、複為天主子、元祖害己性、自致死 687 ①罰、並害吾輩、 鹹罹幹(於)282死、 Erstens: Beweis durch die Heilige Schrift. Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte: Der Urahne brachte alleine Sünde in die Welt, die endlos auf [seine Nachkommen] überströmt. Diese Sünde ist ein Erbe von unseren Vätern283, und wir Nachkommen tragen es alle, so wie heute ein Sohn das Eigentum von sei nem Vater erbt. Aber dieses Erbe ist so abstoßend und das Tragen [der Sünde] ist so traurig. [Der heilige Baolu] sagte weiter: Der Urahne und unser Herr ent zweiten sich, und gingen sich weit aus dem Weg. Der Urahne verstieß gegen das Gebot, befleckte sein eigenes Wesen und auch das Wesen seiner Nachkommen, und trieb alle Menschen dazu, sich vom Dämon knechten zu lassen. Unser Herr folgte der Anweisung des Heiligen Vaters, ließ [sie] alle von der Fessel des Dä mons befreien und wieder Söhne des Herrn des Himmels sein. Der Urahne be schädigte sein eigenes Wesen, rief selbst die Strafe des Todes hervor und riss uns alle auch mit in den Tod hinein. 吾主降世、以身受死、緣救萬民之死、俾吾靈性、仍獲厥② 生、經曰、 疇無罪、疇能自誇厥靈至潔無汙、彼初生之嬰、厥靈尚弗免垢、達未聖③ 王歎曰、異哉、予始胎、吾靈卽穢、吾母受孕、吾始有罪、斯罪非厥本罪、 為原罪明④ 矣、 Unser Herr ist herabgekommen und hat mit seinem Leib den Tod erlitten, um alle Menschen vom Tod zu erlösen und unsere geistige Natur wieder zu beleben. 282
Im Originaltext wurde das Zeichen 於 mit dem Zeichen 幹 verwechselt. Vgl. Röm 5,12 Wie daher durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod auf alle Menschen übergegangen ist, weil alle gesündigt haben. 283
99
Xin Hou
Die Schrift sagt: Wer hat keine Sünde? Wer traut sich zu rühmen , dass sein Geist äußerst rein und unbefleckt ist284 ? Selbst der Geist der neu geborenen Säuglinge ist unvermeidlich befleckt. Der heilige König Dawei ( David ) sagte wehmütig: Es ist merkwürdig, dass mein Geist bereits bei meiner Empfängnis 285 befleckt war. [Als] meine Mutter schwanger war, hatte ich bereits Sünde Diese Sünde ist nicht seine Eigensünde und ist eindeutig Ursünde . 5
= ,
蓋 主
IZ
人 原罪 之 者 、
. FÌBUDE
受 人性 、 緣 窄 死
(6 ) 吾人 之
、 又
日 、
厥 券 懸於 禁
樹之
# 既出
. 地堂
、
元
祖食
性 、 受洗 、 禁
樹(7 之
枝 、 吾主 緣 自
75X ** 如 發
配人
3 ITO
以
靈
、 受
方 命 、 吾人 均屬 方
X5 ,
TI
Žit .
彼
# 乃 敗 根
用 厥
皆
D
死、
緣 去
釘
688 Del
、
E,
吾
命 、 均屬 負 欠
懸於 ( 8 ) 十字 木架 之上 、
從 歌 本鄉然 、
SE
實
,
綠洗潔吾人 之
敗 枝 、
勾 免 、
用
TÈ
彼
#EA . Meit . #
敗
日 (2 )
.
TT
本 罪 、
.
Zweitens : Beweis durch die Worte der Heiligen . Die Heiligen sagten alle : Wozu stieg der Herr des Himmels herab, wurde Mensch, ließ sich taufen und erlitt den Tod ? Der Herr nahm das menschliche Wesen an , um unser Wesen zu heilen. Er ließ sich taufen , um unseren Geist zu reinigen . Er erlitt den Tod, um uns vom Tode wegen der Ursünde zu erlösen . ( Die Heiligen ] sagten weiter : Der Urahne hat die Frucht des verbotenen Baums gegessen und hat dadurch gegen das Ge bot verstoßen . Wir alle haben [ daher] auch gegen das Gebot verstoßen und sind alle Schuldige . Der Schuldschein hängt auf dem Ast des verbotenen Baums , daher hing unser Herr sich auf das Holzkreuz. Er hat (unsere Schuld ] durch die Nägel ausgelöscht und mit seinem heiligen Blut überstrichen . So erlangten [die Menschen] erst die Vergebung vom Heiligen Vater. [Die Heiligen] sagten wei ter : Am Anfang, nachdem das Ehepaar schnell gegen das Gebot des Herrn ver stoßen hatte, wurde es bald aus der Halle auf der Erde vertrieben, wie man von der eignen Heimat verbannt wird . Sie sind die verdorbene Wurzel und wir sind alle verdorbene Äste . Ihre Verderbnis heißt Eigensünde , unsere Verderbnis heißt Ursünde . O weh, unser Wesen hat Unglück ! Bevor wir geboren werden, ist der Geist schon befleckt. Bevor wir das Licht erblickt haben , ist der Geist bereits finster. Es ist wirklich zu glauben , dass die Menschen äußerst elend sind . 為 天主 蟲草 木
、 鹹 因
弗(5
造物 既能 各
極 厥
te
# 2
益微 、
全
造 之
、 简 物
妙 、
乃 今 人性 多 缺 、
造 人
物、
凡 以為 人 、
(6 ) 顧 弗
粹 精
必全無 缺 、
造 天全 、
是故 造 人
、 獨 界 靈性 、 超越萬物 、
、
達 未
BLOZ 明 悟 多 、 愛欲 多 偏 、 身
聖王 謂 主 to 50 € ,
造
日 、
地 全
主 造
、
造 昆
人 時
、
il te bly,
多 穢 (8行 多 醜 、
人 亦甚
284 Vgl. 1Joh 1,8 Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, so betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns . 285 Vgl . Ps 51 : 7 Fürwahr, ich bin geboren in Schuld , meine Mutter empfing mich in Sünde .
100
Jesuiten und Nestorianismus
拙矣、 曷造之雲工、可明斯拙、非繇天主手、特壞於吾人轉手也、689 ① 緣知自作其拙、乃原罪故、 Drittens: Beweis durch die Wahrheit. [Punkt] eins: Alle Dinge, die vom Herrn des Himmels geschaffen wurden, sind sicherlich vollkommen und fehlerfrei. Die Erschaffung des Himmels war vollkommen, die Erschaffung der Erde voll kommen, Insekten, Pflanzen, Bäume, nichts wurde unvollkommen erschaffen. Alle Dinge waren für den Menschen vorgesehen, daher wurde der Mensch er schaffen. Als einzigem wurde [ihm] die geistige Natur geschenkt, und [er] über trifft die zehntausend Dinge. Wenn [der Herr] alle Dinge schon äußerst ge schickt erschaffen konnte, ist es dann möglich, dass die Erschaffung der Men schen dennoch nicht vorzüglich war? Der heilige König Dawei (David) sprach über den Herrn: Als der Herr die Menschen schuf, brachte er seine Weisheit vollständig zum Ausdruck. Ich glaube, dass die Vorzüglichkeit der Erschaffung des menschlichen Leibs und des menschlichen Wesens, was [er den Menschen] geschenkt hatte, [einen] das Hirn zermartern lässt. Diese Schöpfung ist ge schickt, äußerst vorzüglich und äußerst fein286. Jedoch haben die heutigen Men schen ein schadhaftes Wesen, eine fehlerhafte Einsicht und eine abweichende Liebe, unreinen Leib, widerwärtiges Benehmen und Ungeschicklichkeit. Wie [kann man] noch von einer vorzüglichen Schöpfung reden? Es ist [daher] zu erkennen, dass diese Ungeschicklichkeit nicht von den Händen des Herrn des Himmels stammt, sondern erst durch unsere Hände verdorben wurde. Dadurch wissen [wir], dass die Ursünde der Grund ist, warum [die Menschen] selbst diese Ungeschicklichkeit geschaffen haben. ②二、為天主之義、至公無私、賞罰悉中、惡不累善、善不混惡、定法不 易、昔古敎人、③時有穢行、主亦時降厥罰、眾心執迷弗知厥非、相顧異 曰、異乎天主之義、先人④獲罪、而吾被其刑、如父嘗醯、子齒得酸、義 乎哉、 Zweitens, die Gerechtigkeit des Herrn des Himmels ist äußerst fair und selbstlos. All seine Belohnungen und Strafen sind angemessen. Das Böse kann die Guten nicht verwickeln, und die Guten werden auch nicht mit dem Bösen vermischt. Das festgelegte Gesetz bleibt unverändert. Früher benahmen sich die Anhänger der alten Lehre287 immer wieder widerwärtig. Der Herr hat auch häufig Strafen verhängt. Die Herzen der Massen waren verwirrt und erkannten ihre Fehler nicht. Sie sahen sich gegenseitig an und wunderten sich: Die Gerechtigkeit des Herrn des Himmels ist so eigenartig, die Vorfahren haben gesündigt, jedoch Vgl. Ps 139,14 Dir muss ich danken, denn furchtbar bist du, als Wunder bin ich er schaffen, und Wunder sind deine Werke! Meine Seele kennst du von jeher. Ps 139, 17-18 Wie schwer sind mir doch deine Gedanken, wie groß ist doch ihre Zahl! Wollte ich sie zählen, sie sind mehr als Staub; wäre ich zu Ende damit, bei dir weilte ich noch! 287 gujiao 古敎 (Alte Lehre) bezieht sich auf den jüdischen Glauben des Alten Testa ments. Diese Bezeichnung wird im Kapitel V. ausführlich behandelt. 286
Xin Hou
101
müssen wir bestraft werden. Das ist so wie ein Vater, der Essig gekostet hat, jedoch [schmerzen] die Zähne des Sohns durch die Säure, ist das dann gerecht? 天主甚惡斯喻、責之曰、悖義之⑤徒、為是悖義之喻、盛吾怒而用撃劇罰、 吾造先人、吾造厥裔、彼此之靈、吾造也、⑥吾義惟公、視厥行美惡、隨 賞罰之、弗問厥父與子、奧斯定聖人詮曰、主言顯示⑦世人咸有原罪、今 吾目覩世罰、多苦、多病、多逆、多難、以趨於死、明皆天主之刑、⑧如 使元祖方命、罔與吾人、混同彼罰、必傷主義、茲視吾罰、並視吾有原罪 矣、 Der Herr des Himmels verabscheute dieses Gleichnis sehr und tadelte [sie]: Widersinnige Menschen machen solch ein widersinniges Gleichnis. [Das] ver stärkt meinen Zorn und [ich] werde die Strafe verstärken. Ich schuf die Vorfah ren, ich schuf ihre Nachkommen. Der Geist von diesen und jenen wurde auch von mir erschaffen. Meine Gerechtigkeit ist fair. Je nach dem Benehmen, gut oder schlecht, werden [sie] belohnt oder bestraft, Vater oder Sohn, wer auch immer. Der heilige Aosiding (Augustinus) erklärte dazu: Die Worte des Herrn zeigen, dass die Menschen alle Ursünde haben. Wir sehen nun die Strafen auf der Welt: Viel Leiden, viele Krankheiten, viel Mißgeschick und viele Verhäng nisse, bis zum Tode. All das sind offensichtlich Strafen des Herrn des Himmels. Wenn es so wäre, dass durch den Verstoß gegen das Gebot vom Urahnen wir auch unschuldigerweise mit ihm vermischt und mitbestraft werden, dann würde die Gerechtigkeit des Herrn verletzt werden. Wir sollen unsere Strafe erkennen und auch erkennen, dass wir Ursünde haben. 690①或問、據聖賢喻、原罪染世、若洪水淹人、苐按經記、洪水之時、 尚有八人、倖免厥②害、則茲原罪之害、亦有倖免者乎、 曰、獲免斯者 鮮矣、僅有二人、餘無一免、其一③為吾主、以人性締天主性、降世成人、 本無原罪、本莫克染、葢凡繇人道生者、斯④有其染、吾主弗然、降世鹹 出天主之工、絶非幹於人道者故、其一、為聖母、論其⑤始胎於母、宜染 如眾、苐緣天主原選為吾主降生之母、愛之特甚、緣獲脫免、異⑥於凡人、 如將溺者、幸賴有力、先提倖免、故聖母始胎、天主以聖寵大滿厥靈、罔 ⑦使微隙、原罪無自可入、緣脫斯染、 Manche fragten: Nach den Gleichnissen der Heiligen, befleckt die Ursünde die Welt wie eine Flut die Menschen überschwemmt. Jedoch nach der Aufzeich nung der Schrift, gab es zur Zeit der Flut noch acht Menschen, die dem Ver hängnis entgangen sind288. Dann gibt es doch noch Menschen, die dem Unheil der Ursünde entgehen können. [Ich] sage: Kaum jemand wird davon befreit, nur zwei Personen, sonst niemand. Eine davon ist unser Herr, der das menschliche Wesen mit dem Wesen des Herrn des Himmels vereinigte, herabstieg und Mensch wurde. [Er] hat ursprünglich keine Ursünde und kann auch nicht be fleckt werden. Jedoch all die, die auf menschliche Weise geboren werden, sind 288
Vgl. Gen 7,13.
102
Jesuiten und Nestorianismus
dann davon befleckt. Unser Herr allerdings nicht. Seine Geburt war ein Werk des Herrn des Himmels und hatte mit der menschlichen Weise überhaupt nichts zu tun. Die andere ist die Heilige Mutter. Eigentlich hätte sie bei der Empfäng nis bei ihrer Mutter auch befleckt werden sollen, wie alle anderen. Weil der Herr des Himmels sie jedoch als Mutter für die Geburt unseres Herrn auser wählt hatte und sie besonders geliebt hatte, wurde sie davon befreit, anders als bei den gewöhnlichen Menschen. Das ist so wie ein beinahe ertrunkener Mensch, der glücklicherweise von einem Kräftigen herausgezogen wird und dem [Verhängnis] entgeht. Erst bei der Empfängnis der Heiligen Mutter erfüllte der Herr des Himmels ihren Geist voll mit heiliger Gnade, ließ keine winzige Lücke zu und die Ursünde konnte nirgendwo eindringen. Daher wurde [die Heilige Mutter] davon befreit. 聖賢廣征斯理、一曰、母勢貴賤榮辱、鹹系厥⑧子、孰有子而弗願榮貴厥 母、天主自能脫免聖母于原罪、卽弗染矣、二曰、元祖 691①夫婦二人之 位、與萬萬天神之位、擬較聖母、弗及萬一、彼輩皆為使役、其位有②限、 聖母則天主母皇、厥位靡對、元祖、天神、受造之時、尚皆無染、聖母之 益當無③染、信矣、諳德肋宗徒曰、天主選至淨之土造首人、選聖母至淨 無罪之胎、造厥④至淨之身、是也、 Die Heiligen und Weisen haben diese Wahrheit auf breiter Basis bestätigt: Ers tens, die Stellung einer Mutter, hoch oder niedrig, ehrenhaft oder unehrenhaft, alles ist vom Sohn abhängig. Welcher Sohn will nicht seine eigene Mutter ver ehren? [Daher] stellte der Herr des Himmels selbstverständlich die Heilige Mut ter von der Ursünde frei, dann wurde [sie] nicht befleckt. Zweitens, die Stellung des Urahnenpaars und die Stellung aller Himmelsgeister erreichen im Vergleich zur Heiligen Mutter nicht einmal ein Zehntausendstel (ihrer Stellung). Sie sind alle Diener und Knechte und ihre Stellung ist gering. Die Heilige Mutter jedoch ist die Mutter-Kaiserin des Herrn des Himmels, und ihre Stellung ist unver gleichlich. Selbst der Urahne und die Himmelsgeister waren [von der Ursünde] unbefleckt, als sie erschaffen wurden. Es ist dann zu glauben, dass die Heilige Mutter auch unbefleckt sein musste. Der Vorfahren-Schüler (Apostel) Andelei (Andreas) sagte: Der Herr des Himmels wählte die reinste Erde aus und schuf damit den ersten Menschen, er bewirkt auch die reinste, von Sünde befreite Empfängnis der Heiligen Mutter und schuf damit ihren reinsten Leib. So ist das. 三曰、聖經多喻聖母之淨雲、聖母之美、完全之美、厥光、太陽之⑤光、 全美者、言其無時得蒙罪汙也、太陽之光者、言其無時得蒙罪影也、四曰、 眾⑥聖人之言皆雲、聖母始胎、天主聖寵先貯厥靈、後來原罪莫得侵之、 又雲、聖母⑦ 聖靈、乃天主聖殿、無纖芥可掃、無半塵可拂、無微灰可 除、至潔至淨、卒世全精⑧者也、綜覽諸條、可無餘惑、 Drittens, die Heilige Schrift macht oft Gleichnisse über die Reinheit der Heili gen Mutter und sagt: Die Schönheit der Heiligen Mutter ist eine vollkommene
Xin Hou
103
Schönheit. Ihr Licht ist das Licht der Sonne289. Vollkommene Schönheit heißt, dass sie nie von der Sünde befleckt wurde. Das Licht der Sonne heißt, dass sie nie von der Sünde beschattet wurde. Viertens, alle Heiligen sagten: Bei der Empfängnis der Heiligen Mutter erfüllte zuerst der Herr des Himmels ihren Geist mit heiliger Gnade. Danach konnte die Ursünde dann nicht eindringen. [Die Heiligen] sagten weiter: Der Heilige Geist der Heiligen Mutter ist der hei lige Palast des Herrn des Himmels. Es gibt [darin] nicht das Winzigste zu keh ren und keinen feinsten Staub abzuwischen, nicht den geringsten Schmutz zu entsorgen. [Er] ist äußerst rein und sauber, und allervollkommendst bis zum Ende der Welt. Fasst man die Erklärungen zusammen, kann [man] keine weite ren Zweifel haben. 692①元祖夫婦二人、謂本罪、不謂原罪者、以厥始生為天主親造、 弗同 於眾、弗屬罪②人子、特惟自作之辜、故也、 Es heißt beim Urahnenpaar deswegen Eigensünde, nicht Ursünde, da sie am Anfang vom Herrn des Himmels selbst erschaffen wurden, nicht wie alle [ande ren], und sie sind keine Nachkommen von Sündern, sondern haben selbst ge sündigt. ③是以三百六十五種。肩隨結轍。競織法羅。 Deshalb stehen die dreihundertfünfundsechzig Arten [von Häresien aufgereiht] Schulter an Schulter [und hintereinanderstehend wie] Wagen in einer Spur [und] weben das „Netz des Gesetzes“ um die Wette. ④言異敎之眾、爭立門戶、若人悉力織網羅禽也、斯晰世人明悟之傷、迷 惑之至、⑤葢敎之眞、路之正、必有一而無二、柰何世人順從多岐、繇是 其種愈久而愈紛⑥矣、 Es wird davon gesprochen, dass die Massen andere Lehren (des Heidentums) und [verschiedene] Schulen um die Wette gründeten, ähnlich wie man mit vol ler Anstrengung das Netz für den Vogelfang anfertigt. Die Beschädigung der Einsicht der Menschen und ihre höchste Verwirrung werden dabei erklärt, da es die wahre Lehre und den richtigen Weg nur einmal gibt - ohne weitere. Leider folgen die meisten Menschen dem falschen Weg, daher gibt es im Laufe der Zeit immer mehr Arten [von anderen Lehren]. ⑦或指物以托宗。 manche sind auf die Dinge gerichtet, um damit einen Ursprung vorzutäuschen290
289
Vgl. Offb 12,1 Ein großes Zeichen erschien am Himmel: Eine Frau, mit der Sonne umkleidet, den Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt einen Kranz von zwölf Sternen. 290 Die Übersetzung an dieser Stelle habe ich nach der Erklärung Diazs korrigiert. Die Übersetzung von Max Deeg lautet: Manche [verwenden die Vorstellung von] Idee und Phänomen, um damit einen tieferen Sinn vorzutäuschen.
104
Jesuiten und Nestorianismus
人昧正道、錯認諸物、尊之若主、或奉日月、或奉鬥星、⑧弗悟斯皆天主 攸造之物、用以照臨吾人、緣引吾人推征厥造眞主、乃俱瞢然 693①指物 為宗、不綦惑歟、經曰、天主生日月星辰、布列於天、光美炫目耀心、人 宜以②為梯、漸引使上而識造之之主、不知緣物以征主、反用物以自穽、 大負天主生③物之意、 惜哉、 Den Menschen wird der richtige Weg verhehlt und [sie] verehren irrtümlicher weise verschiedene Dinge als den Herrn. Manche verehren die Sonne und den Mond, manche verehren die Sterne. Sie sehen es nicht ein, dass all diese Dinge vom Herrn des Himmels geschaffen wurden, damit sie uns erleuchten und uns zum wahren Herrn führen, der sie geschaffen hat. [Die Menschen] sind jedoch alle völlig wirrköpfig, auf die Dinge gerichtet und [erkennen diese als] den Ur sprung. Ist das nicht äußerst verirrt? Die Schrift sagt: Der Herr des Himmels schuf die Sonne, den Mond und die Sterne und stellte sie auf den Himmel. Die herrlichen Lichter erleuchten die Augen und Herzen.291 Man soll sie als Leiter betrachten, die nach oben führt und [man dadurch] den Herrn erkennt, der sie erschaffen hat. Statt den Herrn durch die Dinge zu erkennen, schränken sich [die Menschen] im Gegenteil mit den Dingen ein292. Das entwürdigt die Absicht der Erschaffung der Dinge des Herrn des Himmels so sehr, und ist zu bedauern. ④或空有以淪二。 Manche bringt das Sein in die Leere, um die Dualität vermischen zu lassen;293 淪、亂雜也、二者、空、有、也、斯晰釋非、葢雲物出於無、終⑤歸於無、 而有者實有、不得淪亂、今釋盡空諸有、淪此二端、良弗識萬有之主、厥 ⑥性妙有、眞實非虛、弗容或空也、 [Das Zeichen] lun bedeutet „vermischen“. zwei bezieht sich auf das Sein und die Leere. Hier werden die Fehler des Buddhismus klargestellt. Da [der Bud dhismus] behauptet, dass alle Dinge aus dem Nichtsein kommen und auch schließlich [wieder] zu Nichtsein werden. Jedoch gibt es das Sein tatsächlich und es darf nicht [mit dem Nichtsein] vermischt werden. Nun bringt der Bud dhismus alles in die Leere, vermischt die zwei Zustände und erkennt es wirklich nicht, dass das Wesen des Herrn aller Gegebenheiten ein transzendentes Sein
291
Vgl. Gen 1: 16-17 So machte denn Gott die beiden großen Leuchten: die größere, dass sie den Tag beherrsche, die kleinere zur Beherrschung der Nacht und dazu die Sterne. Gott setzte sie als Leuchten über die Erde an das Gewölbe des Himmels,… 292 Vgl. Dt 4, 19 Wenn du deine Blicke gen Himmel richtest und die Sonne, den Mond und die Sterne, das ganze Himmelsheer, betrachtest, sollst du dich nicht verführen las sen, dich vor ihnen niederzuwerfen und ihnen zu dienen. Der Herr, dein Gott, hat sie allen Völkern unter dem ganzen Himmelszelt zugeteilt. 293 Die Übersetzung an dieser Stelle habe ich nach der Erklärung Diazs korrigiert. Die Übersetzung von Max Deeg lautet: Manche [verwenden das Theorem von] ‚Leere und Sein’ um die Dualität verschwimmen zu lassen.
Xin Hou
105
ist, was wahrhaftig und nicht irreal ist, und nicht in die Leere gebracht werden darf. ⑦或禱祀以邀福。 Manche beten und opfern, um Glück zu erlangen294 斯晰人之淫祀邪神求福、謬妄弗悟、經曰、土神邪魔⑧之像、不見聞、不 言動、塊然如屍、弗能自佑、烏能佑人、禱祀之者、非徒無益、又獲 694①罪於眞主、是求福得禍也、 Da wird klargestellt, dass die Menschen den falschen Göttern (Götzen) nach hängen, ihnen opfern und um Segen beten. [Sie] sehen nicht ein, dass das falsch und unsinnig ist. Die Schrift sagt: Die Statuen der Erdgötter und der bösen Dä mon können nicht sehen, nicht hören, nicht sprechen und sich nicht bewegen, sie sind starr wie Leichen. [Sie] können nicht einmal sich selbst segnen, wie können sie dann die anderen segnen? Diejenigen, die ihnen opfern und [zu ihnen] beten, erlangen nicht nur keine Gunst, sündigen auch noch beim wahren Herrn. So betet [man] um Glück, bekommt aber Unheil295. ②或伐善以矯人。智慮營營。恩情役役。茫然③無得。煎迫轉燒。積昧 亡途。久迷休複。 Manche stellen ihre Tugenden heraus, um die Menschen zu korrumpieren. [Ih re] Spitzfindigkeiten [sind] unerschöpflich, [ihre] Liebe [ist] geschäftig. Ent täuscht und ohne Erfolg, gequält und völlig verbrannt, lange Zeit in Unwissen heit, sind sie vom Weg abgekommen, sind schon lange von der „Rückkehr zur Ruhe“ abgeirrt. 斯晰二氏④之妄、吾人無善可伐、異端立敎妄自尊大、矯誣眞理、俾人惑 於其說、營營役役、⑤茫無實得、其心煎迫、轉相燒害、久迷沉錮、失向 眞主、若盲者失路、永昧安止本⑥所也、 Hier wird die Falschheit von den zwei Schulen296 klargestellt. Es gibt nichts Gutes [von ihnen], womit wir prahlen können297. Die Häresien bauen ihre Lehre Die Übersetzung an dieser Stelle habe ich nach der Erklärung Diazs korrigiert. Die Übersetzung von Max Deeg lautet: manche beten und opfern, um [als Gegengabe] Reichtum zu bekommen. 295 Vgl. Ps 115,5-8 Sie haben einen Mund und können nicht reden, haben Augen und können nicht sehen. Sie haben Ohren und können nicht hören, eine Nase und können nicht riechen. Mit ihren Händen können sie nicht tasten, mit ihren Füßen können sie nicht gehen, sie geben keinen Laut mit ihrer Kehle. Ihnen gleich sollen werden, die sie verfertigten, jeder, der auf sie vertraut! 296 ershi 二氏 bezieht sich auf Buddhismus und Daoismus, die von den Jesuiten heftig kritisiert wurden. shi 氏 hat an dieser Stelle die gleiche Bedeutung wie jia 家 und ist eine Bezeichnung für Denkschule. 297 fashan 伐善 bedeutet übersetzt „prahlen“ und stammt aus dem Klassiker Lunyu 《論 語·公冶長》: Yuan wu fashan, wu shilao 願無伐善,無施勞. 294
106
Jesuiten und Nestorianismus
sehr eingebildet auf. Sie verdrehen die Wahrheit, täuschen sie vor und verwirren die Menschen mit ihrer Lehre. So treiben sich [die Menschen] unaufhörlich herum, gehen jedoch damit leer aus. Ihre Herzen brennen und drücken, als ob sie durch Feuer verbrannt298 [wären]. [Wenn man] lange darin verharrt, verliert man die Orientierung zum wahren Herrn, wie ein Blinder, der vom Weg ab kommt und für immer in Finsternis auf seiner Stelle bleibt. ⑦於是299我三一分身。景尊彌施訶戢隱眞威。⑧同人出代。 Da verbarg der Teilungskörper unserer Dreieinigkeit, der Lichtverehrte Mishihe, seine wahre Macht und erschien gleich den Menschen in der Welt. 斯晰天主降世之繇、天主降世、為救人罪、主曾自明厥來之故、695①設 為喻曰、昔牧童牧羊百、偶一離羣失路、牧童姑置九十九羊、往覓厥一、 覓旣②獲、抱懷至喜、攜入原羣、詮曰、牧者、吾主也、九十九羊者、天 神也、離失一羊者、世③人也世人獲罪、失天堂之路、天主降世成人、受 難救贖人罪、引之獲升天國、登④天神之位、如失羊之複羣然、 Da wird die Ursache des Herabstiegs des Herrn des Himmels klargestellt: Der Herr des Himmels stieg herab, um die Menschen von der Sünde zu erlösen. Der Herr erklärte einmal selbst den Grund seines Herabstieg und stellte dabei ein Gleichnis auf: Es gab einmal einen Hirtenknaben, der hundert Schafe hütete. Plötzlich verließ ein Schaf die Herde und verlief sich. Der Hirtenknabe stellte vorerst die neunundneunzig Schafe ab und ging das eine suchen. Bald fand er es. Mit äußerster Freude hielt er es in den Armen und brachte es zurück in dieselbe Herde300. Erklärung dazu: Der Hirte ist unser Herr, die neunundneunzig Schafe sind die Himmelsgeister und das verlorene Schaf sind die Menschen. Die Men schen haben gesündigt und verloren den Weg zum Himmel. Der Herr des Him mels stieg auf die Welt herab und wurde Mensch. [Er] erlitt den Tod, um die Sünde der Menschen zu tilgen. Er führte die Menschen und ermöglichte ihnen, in den Himmel aufzusteigen und die Stellung der Himmelsgeister einzunehmen, so wie das verlorene Schaf wieder in die Herde zurückkehrt.
298
Hier wird das schwer lösbare Binom zhuanshao 轉燒 aus dem Steletext von Diaz als zhuanxiang shaohai 轉相燒害 ausgelegt. Zhuanxiang ist meines Erachtens ein Syno nym und hat die gleiche Bedeutung wie bianxiang 變相 und bedeutet „verstellt in ab gewandter Form“. shaohai 燒害 bedeutet „durch Brand verunglückt“ und kommt häufig in buddhistischen Texten vor. Ein Beispiel aus der buddhistischen Sutra Miaofa liang hua jing《妙法蓮華經譬喻品第三》: Fang yi jiuji, ling wu shaohai 方宜救濟, 令無燒 害. 299 Im Originaltext der Stele gibt es an dieser Stelle einen Abstand von zwei Zeichen. 300 Vgl. Mt 18,12-13 Was dünkt euch? Wenn einer hundert Schafe hat und eines von ihnen verirrt sich: lässt er nicht die neunundneunzig auf den Bergen und geht hin, das verirrte zu suchen? Und wenn es ihm gelingt, es zu finden, wahrlich, ich sage euch: Er freut sich mehr über dieses als über die neunundneunzig, die sich nicht verirrten. Vgl. Lk 15,4-7.
Xin Hou
107
⑤又昔罪人就主聆敎、主以喜色與共食、時有惡口謗雲、與罪人同席、是 亦罪人、⑥主答曰、人強無疾、弗事迎醫、疾者必迎醫療、吾為神醫、罪 301人靈病、吾來匪醫義⑦人、端療罪人、
Und früher kamen die Sünder zum Herrn und lauschten seiner Lehre. Der Herr aß mit Freude mit ihnen zusammen. Dann verleumdete den Herrn ein böser Mund: [Wer] mit den Sündern am gleichen Tisch sitzt, ist auch ein Sünder. Der Herr antwortete: [Wenn] man gesund ist und keine Krankheit hat, braucht [man] keinen Arzt empfangen. Die Kranken empfangen bestimmt einen Arzt und [las sen sich] behandeln. Ich bin ein Wunderarzt und die Sünder sind krank in der Seele. Ich komme nicht, um die guten Menschen zu behandeln, sondern nur 302um die Sünder zu heilen303. ⑧聖人詮曰、詳主二喻、斯明吾人之罪、乃天主降世之故、緣救罪人、甘 取人性、欲 696①人升天、甘降為人、又曰、世人鹹緣罪失聖、天主降臨、 俾之獲返厥聖、又曰、吾主②為神醫、其寶血為神劑、若人靈無病、奚煩 主來、而傾灑其寶血耶、 Ein Heiliger erklärte dazu: Bei genauer Betrachtung der zwei Gleichnissen vom Herrn kann es klar sein, dass die Sünde von uns Menschen der Grund des Her abstiegs des Herrn des Himmels war. Um die Sünder zu erlösen, nahm [er] be reitwillig das menschliche Wesen an. Um die Menschen in den Himmel aufstei gen zu lassen, stieg [er] bereitwillig herab und wurde Mensch. [Der Heilige] sagte weiter: All die Menschen verloren die Heiligkeit wegen der Sünde. Der Herr des Himmels kam herab und ermöglichte ihnen die Rückkehr zu ihrer Hei ligkeit. [Der Heilige] sagte noch: Unser Herr ist ein Wunderarzt, sein kostbares Blut ist ein Wundermittel. Wenn die Menschen keine Krankheit an der Seele hätten, warum würde der Herr sich die Mühe machen, [herab] zu kommen und sein kostbares Blut zu vergießen? 三一③分身。者、乃天主第二位也、彌施訶。吾主聖號也、譯言天主先 許降④生救世主也、此乃天主三位之一、第二位聖子、為昔人攸望降來救 世之主、 Der „Teilungskörper der Dreieinigkeit“ bezieht sich auf die zweite Person des Herrn des Himmels. Mishike (Messaih) ist die heilige Bezeichnung unseres Herrn, und bedeutet übersetzt „Der Erlöser Herr, dessen Herabstieg und Geburt 301
Es handelt sich an der Stelle um einen Druckfehler des Originaltextes. Meines Erach tens sollte statt des Zeichens zui 罪 (Sünde) an dieser Stelle das Zeichen yi 醫 (behandeln) stehen. 302 zhuan 端 ist an dieser Stelle mit dem Zeichen zhuan 專 vertauscht und sollte als “nur, allein” ausgelegt werden. 303 Vgl. Lk 5,30-32 Darüber murrten die Pharisäer und Schriftgelehrten und sprachen zu seinen Jüngern: „Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern? “Da antwor tete ihnen Jesus: „Nicht die Gesunden bedürfen des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Umkehr.“
108
Jesuiten und Nestorianismus
zuvor vom Herrn des Himmels versprochen wurde“. Das ist eine der drei Perso nen des Herrn des Himmels - die zweite - der Heilige Sohn. Er ist der herabge kommene Erlöser Herr, der von den Menschen in der alten Zeit erwartet worden war. ⑤戢隱眞威。同人出代。者、言天主降世之時、斂藏聖威、出世⑥如人、 聖人詮曰、主隱聖威、如帷燈罩燭、燭燃於內、光映於外、論吾主天主之 性、⑦雖隱人性之內、人性莫掩厥光、隨時宣著、故奇行聖跡、昭灼於外、 俾人易信厥⑧為眞主、經曰、天主將往異域、乘輕雲而入、 Der Satz „[Er] verbarg seine wahre Macht und erschien menschengleich in der Welt“, drückt aus, dass als der Herr des Himmels herabstieg, verbag [er] die heilige Macht und kam als ein Mensch auf die Welt. Ein Heiliger erklärte dazu: Der Herr verbarg die heilige Macht so wie ein Lampenschirm die Kerze über deckt – die Kerze brennt drinnen, das Licht strahlt nach außen. Obwohl sich das göttliche Wesen unseres Herrn im menschlichen Wesen verbarg, konnte das menschliche Wesen das Licht [des göttlichen Wesens] nicht überdecken - [es] trat ständig in Erscheinung. Daher erschienen so viele Wunder und heilige Ta ten, die die Menschen leicht davon überzeugen konnten, dass er der wahre Herr ist. Die Schrift sagt: Der Herr des Himmels wollte an einen anderen Ort gehen und fuhr auf einer leichten Wolke dorthin304. 詮曰、吾主天主性、如太陽、其人性、如 697①輕雲、雲惟輕、日易顯、 吾主人性、 輕清無翳、透露厥內、含天主之性、以故一盼及②瑪竇、而 化貪為潔、竟列宗徒、口訓人士、而多方信從、頌聲丕播、手撫諸病、應 時③輒愈、罪人抱其聖足、而蒙赦、死者聆其聖音、 而立蘇、斯可信厥 為眞天主、並眞④人矣、 Erklärung dazu: Das göttliche Wesen unseres Herrn ist wie die Sonne, sein menschliches Wesen ist wie die leichte Wolke. Nur wenn die Wolke leicht ist, könnte die Sonne durchstrahlen. Das menschliche Wesen unseres Herrn ist rein und unbefleckt und zeigt, dass in ihm auch das göttliche Wesen enthalten ist. Deswegen verwandelte [der Herr] mit einem einzigen Blick auf den Madou (Matthäus)305, [seine] Habgier in Reinheit, und [dieser] kam sogar schließlich in die Reihe der Vorfahren-Schüler (Apostel). [Der Herr] belehrte die Menschen mündlich, viele glaubten und folgten ihm und das Lob über ihn verbreitete sich ganz weit. [Der Herr] strich mit der Hand über die Kranken, und [sie] wurden sofort geheilt; die Sünder umarmten seine heiligen Füße und wurden dann be 304
Vgl. Is 19: 1 ...Da, es fährt auf schneller Wolke der Herr und kommt nach Ägyp ten. ... Lk 21: 27 Dann werden sie den Menschensohn kommen sehen auf einer Wolke mit großer Macht und Herrlichkeit. 305 Vgl. Mt 9: 9 Als Jesus von da weiterging, sah er einen Mann am Zollhaus sitzen, Matthäus mit Namen, und er sprach zu ihm: "Folge mir nach!" Da stand er auf und folgte ihm nach.
Xin Hou
109
gnadigt; die Toten hörten seine heilige Stimme und erwachten sofort. Dadurch ist es zu glauben, dass [er] der wahre Herr des Himmels ist und zugleich wahrer Mensch. ⑤神天宣慶。 Himmelsgeister verkündeten die freudige Nachricht. 斯述天主降世之第一大奇、首提天神宣慶、以賀普地之大幸、⑥經記天神 降報約有三、一、為天主降孕之前、天神來報于至潔淨、至盛德童眞⑦女 之前、曰、申爾福童女、天主聖寵盛滿爾靈、主降世為人、豫選為母、童 女弗敢⑧違命、伏叩敬諾、于時天主聖子、降厥淨胎成人、為厥眞子、 Da wird über das erste große Wunder beim Herabstieg des Herrn des Himmels erzählt. Vor allem wird erwähnt, dass die Himmelsgeister die frohe Botschaft verkündeten und feierlich das große Glück der ganzen Welt begingen. Die Schrift erwähnt ungefähr drei Mal die Verkündung durch die Himmelsgeister. Das erste [Mal]: Bevor der Herr des Himmels [der Jungfrau] die Schwanger schaft schenkte, kam ein Himmelsgeist vor der reinsten und tugendhaftesten Jungfrau, um es zu verkünden und sagte: Gesegnet seist du, Jungfrau. Dein Geist wird voll von der heiligen Gnade des Herrn des Himmels erfüllt. Der Herr wird herabkommen und Mensch werden und [du] wirst zuvor als Mutter auser wählt. Die Jungfrau wagte nicht, sich der Anweisung zu widersetzen. Sie warf sich auf die Knie und nahm [die Anweisung] mit Ehrfurcht entgegen. In diesem Moment kam der Heilige Sohn des Herrn des Himmels in ihren reinen Leib und wurde Mensch und ihr wahrer Sohn306. 斯童女高位、為天主 698①母、厥名瑪利亞、譯言海星、自光照人、母德 之至、罄天神、與人之舌、靡揚萬一、縱②令天神、並諸聖人之德、統會 成一、較擬聖母之德、遠遠弗逮、經記達未聖王、神③目見天國聖城、深 歎曰、美麗哉、懸絶萬世之美麗、異哉厥址、世城之址、皆深埋④於地、 乃址至峻、夐然建諸崇山之上、 Diese Jungfrau [hat] eine hohe Stellung und ist die Mutter des Herrn des Him mels. Ihr Name ist Maliya (Maria) und bedeutet übersetzt „Seestern“. Ihr eige nes Licht erleuchtet die Menschen. Nicht einmal ein Zehntausendstel von ihrer äußersten mütterlichen Tugend können die Zungen aller Himmelsgeister und aller Menschen zusammen, lobpreisen. Würde die Tugend von allen Himmels geistern und allen Heiligen zusammengefasst werden, wäre sie bei weitem noch nicht mit der Tugend der heiligen Mutter zu vergleichen. Die Schrift erzählt, dass der heilige König Dawei (David) mit seinem geistigen Auge eine heilige Stadt im Himmelsreich sah, sich sehr wunderte und sagte: So schön [ist sie], die Schönheit unterscheidet sich mit größtem Abstand 307 von den Schönheiten 306
Vgl. Lk 1,26-38. xuanjue 懸絕 sollte an dieser Stelle asl „äußerst unterschiedlich“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Buch Mengzi jizhu《孟子集注·告子章句下》des neokon 307
110
Jesuiten und Nestorianismus
zehntausender Generationen. Das Fundament [dieser Stadt] ist einzigartig. Die Fundamente der irdischen Städte werden alle tief in der Erde vergraben, dieses Fundament ist jedoch äußerst hoch und steil und wurde weit308 oben auf einem hohen Berge errichtet.309 詮曰、 聖城者、聖母也、主安厥胎、若大君安⑤居堅城、始胎之際、乃 厥址也、建崇山之上者、是時攸受天主聖寵、遠越諸神聖⑥之表、經贊聖 母雲、凡天神聖人、皆勤集其神財、特爾財迭出諸財之上、⑦ Erklärung dazu: Die heilige Stadt ist die Heilige Mutter. Der Herr [sitzt] fried lich in ihrem Leib wie ein Herrscher friedlich in einer befestigten Stadt sitzt. Das Fundament bezieht sich auf den Moment der Empfängnis. Dass es auf ei nem hohen Berg errichtet wurde [bezieht sich darauf], dass [die Heilige Mutter] damals die heilige Gnade des Herrn des Himmels empfing und alle himmli schen Geister und alle Heiligen weit übertraf. Die Schrift lobpreist die Heilige Mutter und sagt: Alle Himmelsgeister und alle Heiligen sammeln fleißig ihren geistigen Reichtum, aber dein (Heilige Mutter) geistiger Reichtum übertrifft den geistigen Reichtum aller anderen. 聖賢恒言、聖母之奇、略似吾主、主如帝王出幸、先有諸臣清道、主未降、 時多豫⑧像、代有先知聖人、豫書其情、以示後來、聖母則如皇太后、其 未生亦先有多像、699①亦多先知聖人、 豫錄厥奇、伯爾納聖人曰、奇哉 聖母之大奇、早早於未生前、 天②主示元祖、而許其生、默啟先知聖人、 錫之豫識聖母、雖弗克以肉目覩、而神目③視之如在目前、愛之如母、仰 之如後、 奉之誠如天主聖母、④ Die Heiligen und die Weisen sagten immer: Das Wunder der Heiligen Mutter ist etwa unserem Herrn ähnlich. Bei dem Herrn war es wie bei der Inspektions reise der Kaiser und Könige - vorne geht das Gefolge, das den Weg räumt. Vor dem Herabstieg des Herrn gab es viele Vorzeichen, und heilige Propheten aus vielen Generationen zeichneten dieses Ereignis im Voraus auf, um es den Nachkommen anzukündigen. Die Heilige Mutter ist so wie eine Mutter Kaiserin. Es gab auch vor ihrer Geburt viele Vorzeichen. Viele heilige Prophe ten zeichneten auch ihr Wunder im Voraus auf. Der heilige Boerna (Bern
fuzianischen Meisters Zhu Xi 朱熹 (1130-1200): Yan qi xiang qu xuanjue, budan you qingzhong zhi cha eryi 言其相去懸絕, 不但有輕重之差而已. 308 xiong 敻 sollte an dieser Stelle als “weit, entfernt” ausgelegt warden. Ein Beispiel aus dem Artikel Diao gu zhanchang wen《吊古戰場文》 des Literaten Li Hua 李華 (? -766):Ping sha wuyin, xiong bu jian ren 平沙無垠,敻不見人. 309 Vgl. Ps 48:2-4 Groß ist der Herr und hoch zu preisen in unseres Gottes Stadt. Sein heiliger Berg in ragender Pracht ist die Wonne der ganzen Welt, der Sionsberg im äu ßersten Norden des Großkönigs Festung. Gott erweist sich in ihren Palästen als Schutz burg.
XinHou
111
hard)310 sagte: Das große Wunder der Heiligen Mutter ist so wunderbar. Lange vor ihrer Geburt zeigte [es] der Herr des Himmels dem Urahnen und versprach ihre Geburt. [Er] offenbarte es den heiligen Propheten in Stille und ließ sie im Voraus die Heilige Mutter erkennen. Obwohl [die heiligen Propheten sie] nicht mit leiblichen Augen sehen konnten, sahen sie sie mit dem geistigen Auge wie vor den [leiblichen] Augen. [Die heiligen Propheten] liebten sie als Mutter, achteten sie als Kaiserin und verehrten sie wirklich als Heilige Mutter des Herrn des Himmels. 又、其始胎之奇、略似吾主、主投聖母之胎、聖母仍是童身、 乃聖母之 母年已老、⑤胎已荒、得生聖母、與童女生子略似、又、吾主投胎、原罪 莫染、聖母始胎、原罪宜⑥染而弗染、亦略似焉、篤瑪及眾聖人皆曰聖母 高位、可稱無窮際、天神世人能⑦贊其美、莫能詳贊其美、⑧ Außerdem ist das Wunder ihrer Empfängnis auch etwas unserem Herrn ähnlich. Als der Herr des Himmels in den Leib der Heiligen Mutter kam, war die Heilige Mutter noch Jungfrau. Die Mutter der Heiligen Mutter stand schon im hohen Alter und war nicht mehr fruchtbar, [jedoch] konnte sie die Heilige Mutter ge bären. Daher ist es der Jungfrauengeburt etwas ähnlich. Außerdem wurde der Herr nicht von der Ursünde befleckt, als [er] in den Leib [der Heiligen Mutter] kam. Bei der Empfängnis der Heiligen Mutter, hätte [sie] von der Ursünde be fleckt werden sollen, wurde jedoch nicht befleckt, [das ist] auch (unserem Herrn) etwas ähnlich. [Der heilige] Duma311 (Thomas) und andere Heiligen sagten alle: Die hohe Stellung der Heiligen Mutter kann als unendlich bezeichnet werden. Himmelsgeister und Menschen können ihre Schönheit lobpreisen, jedoch nicht bis zum Letzten aufzählen. 二、乃經紀聖母旣懷吾主、未幾淨胎忽顯、若瑟淨夫、弗得其故、天神語 之曰、若 700①瑟、達未王裔、勿疑淨女、厥妊弗繇人道、悉天主聖神之 功、將生之嬰、名耶穌彼②贖人罪、救世之主、③ Das zweite [Mal] erzählt die Schrift: Nachdem die Heilige Mutter mit unserem Herrn schwanger war, kam die reine Empfängnis bald zum Vorschein. Der reine Mann Ruose (Josef) konnte den Grund nicht begreifen. Ein Himmelsgeist sagte zu ihm: Ruose, Nachkomme des Königs Dawei, verdächtige die reine Frau nicht, ihre Schwangerschaft ist nicht auf menschlicher Weise[enstanden], [das] ist vollständig ein Werk des Heiligen Geistes des Herrn des Himmels. Das bald auf die Welt kommende Kind namens Yesu (Jesus) wird die Sünde der Menschen tilgen, und ist der Herr der Erlösung der Welt312. 310
Die heutige chinesische Transkription der katholischen Kirche lautet: Boernaduo 伯 爾納鐸. Es handelt sich hier um den Kirchenlehrer und französischen Zisterzienser, Bernhard von Clairvaux (um 1090-1153). 311 Ich vermute, dass Duma 篤瑪 eine alte Schreibweise von Duoma 多瑪 (Thomas) ist. Damit ist Thomas von Aquin gemeint. 312 Vgl. Mt 1: 18-21 Mit der Geburt Jesu Christi verhielt es sich aber so: Als Maria, seine Mutter, mit Joseph verlobt war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie
112
Jesuiten und Nestorianismus
3,
22. SERIËTE ,
B88
,
te . ZEHE
中 天神 語 ( 4 日 、 母 驚 畏 來報 汝 福 幸 之 音 、 沈 也 、 通 國 也 、 咸宜 欣 樂 、 救世 之
主 、
頃 降
誕某
所、
5 往
躬 拜 、 牧童
如 命 往 見 、
悉 符
神 語 、
斯第一奇
跡 、 可 釋異教 之 疑 、 ( 6 Das dritte [Mal] erzählt die Schrift: Am Abend der heiligen Geburt unseres Herrn hüteten drei Hirtenknaben Schafe im Vorort und durchwachten die Nacht. Plötzlich strahlte ein großes Licht in ihre Augen und ein himmlischer Geist sprach im Licht: Fürchtet euch nicht , ſich] komme euch eine frohe Nachricht verkünden . Ihr und das ganze Land sollt froh und glücklich sein. Der Herr der Erlösung wird bald an einem bestimmten Ort auf die Welt kommen . Eilt hin und sucht [ ihn ] persönlich auf! Die Hirtenknaben suchten [den Herrn ] auf diese 313 Anweisung hin auf, und alles entsprach den Worten des Himmelsgeistes Dieses größte Wunder kann alle Zweifel der anderen Lehren (Heidentum ) behe ben . 據 經 所 紀 、 聖母 甚 貧 、 產 厥 子 於 廢 亭 、 队 以 馬槽 、 裹 以 薄 繪 、 勞勞 一 嬰 、 既長
、
恒
罹難 、
弗知 天主 降世 D
而欲 信 其
、 厥 (8) 旨 有 三 、
真 為 天主 、
一 則 贖 人
之 罪
真 為 救世 之
、 人 之 罪
概
奢 、
療 奢 、
念 、 貪愛 、 以怨
療 念 、
等
情 、
悉 愛
以淡薄 療 食
私 之
枝 、
餐 、 人
、 病根
誠 甚難 哉 、 贖 之
R. BASTA . .
主欲以 謙 ( 2 ) 療
法 主 苦
主 、
快樂 、 主 故
= BĚ7578 , BAR 701 1.
淫 、 乏
如是
傲 、
必 除 、
以真
療 淫
、
以
病 枝 (3 ) 自 散 、
Nach der Aufzeichnung der Schrift war die Heilige Mutter sehr arm . Sie gebar ihren Sohn in einer verfallenen Herberge ” , legte ihn in eine Krippe und hüllte ihn in ein dünnes Wickeltuch ein :" 5. Nachdem das einzige316 Kind aufgewach sen war, erlitt es hunderte Leiden. Aufgrund dessen kann [man] es nur sehr schwer glauben , dass [das Kind] wirklich der Herr des Himmels und wirklich der Herr der Erlösung ist . [Man] weiß aber nicht, dass der Herr des Himmels mit drei Zielen herabstieg: Erstens , um die Sünden der Menschen zu tilgen . Die Sünden der Menschen kommen ausschließlich aus dem ausschweifenden Leben ,
empfangen hatte vom Heiligen Geist . Joseph aber, ihr Mann , der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, gedachte, sie ohne Aufsehen zu entlassen . Als er diesem Ge danken nachging, siehe , da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sprach : „ Joseph, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen ; denn das in ihr Gezeugte stammt vom Heiligen Geist . Sie wird einen Sohn gebären ; dem sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk erlösen von seinen Sünden .“ 313 Vgl . Lk 2 : 8-16 . 314 Obwohl das Zeichen ting am häufigsten für ,,Pavillion“ gebraucht wird, sollte es hier mit der ursprünglichen Bedeutung „ Herberge , Gasthaus “ ausgelegt werden. 315 Vgl . Lk 2 , 7 und sie gebar ihren erstgeborenen Sohn , wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe , weil kein Platz war für sie in der Herberge . 316 Der Ausdruck qiongqiong Áš bedeutet „ allein, hilflos“ und kommt aus dem Klass ker Shijing ( # 11EA ) T.
: Youxin qiongqiong, nian wo wulu
OŠ
##
Xin Hou
113
daher tilgte sie der Herr durch [sein] Leiden. Zweitens, der Herr ist ein Wunder arzt, kam herab und heilte die Krankheiten der Sünder in der Seele. Die Wurzel der Krankheiten in der Seele liegt in der Selbstliebe. Die Laster wie Hochmut, Wollust, Verschwendung, Zorn, Habgier, Gefräßigkeit usw. sind alle Äste [von der Wurzel] der Selbstliebe. Der Herr wollte Hochmut mit Bescheidenheit, Wollust mit Keuschheit, Verschwendung mit Armut, Zorn mit Vergebung, Habgier und Gefräßigkeit mit Enthaltsamkeit heilen. [Wenn] man sich die Lei den des Herrn zum Vorbild nimmt, wird die Wurzel der Krankheiten bestimmt ausgerottet und die Ängste der Krankheit löschen sich von selbst aus. 三、則主乃神師、降世指人天國正路、阻厥路者、財也、樂也、傲也、此 主在世、④恒以神貧、身潔、心謙、三者勸人、主若弗貧、弗潔、弗謙、 胡為良師、胡為善誘、是其⑤多罹苦難、明征實有人性、若其明顯並有天 主之性、更多證實、伯爾納聖人曰、⑥吾主誕日、雖擇馬槽、母衣以繈、 若與世閑寠人無異、乃天神當時齊集欽承、奉⑦命而往告牧童、奉命遠報 異國之人、是皆證厥眞為天主、苐執迷者、故棄實證、⑧弗之肯信、雖弗 以予言信、宜以聖經信、葆祿聖徒曰、天主聖父、命厥聖子降世 702①成 人、並命天神降來、欽奉厥命、則宜信厥為眞人、兼眞主矣、② Drittens, der Herr ist ein wunderbarer Lehrer des Geistes. Er kam herab und zeigte den Menschen den richtigen Weg zum Himmelsreich. Die Hindernisse auf diesem Weg sind Reichtum, Vergnügung und Hochmut. Daher bewegte der Herr die Menschen ständig mit Armut im Geist, Keuschheit des Leibes und Bescheidenheit im Herzen, als er auf der Welt war. Wäre der Herr [selbst] nicht arm, nicht keusch und nicht bescheiden gewesen, wie hätte [er] ein guter Lehrer sein können und die anderen mit Geschick anleiten können. Dass er viele Lei den erlitt, beweist deutlich, dass er tatsächlich menschliches Wesen besitzt. Ebenso deutlich besitzt er göttliches Wesen, und dafür gibt es noch mehr Be weise. Der heilige Boerna (Bernhard) sagte: Obwohl am Tag der Geburt unse res Herrn eine Krippe ausgesucht wurde und [er] von der Mutter in ein Wickel tuch gehüllt wurde - nicht anders wie die armen Leute auf der Welt -, versam melten sich jedoch alle Himmelsgeister zu jener Zeit, stellten sich ihm ehrerbie tend zur Verfügung und verkündeten [seine Geburt] auf Anweisung [des Herrn des Himmels] den Hirtenknaben und den Menschen weit entfernt in anderen Ländern. All das beweist, dass er tatsächlich der Herr des Himmels ist. Aber die Eigensinnigen lehnen die festen Beweise ab und weigern sich, es zu glauben. [Wenn man] nicht an meine Worte glaubt, soll man doch an die Heilige Schrift glauben. Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte: Der Herr des Himmels, der Heilige Vater, ließ seinen Heiligen Sohn herabsteigen und Mensch werden und ließ die Himmelsgeister herabkommen und ihm zu Diensten stehen317. Daher soll man daran glauben, dass er wahrer Mensch und zugleich wahrer Herr ist.
317
Vgl. Röm 8: 3 ...Gott sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und ...
霈
Jesuiten und Nestorianismus
霈 ein unverheiratetes Mädchen im [Lande] Daqin einen Heiligen geboren [ habe ]. 霈 太陽 、 之 光
母 若 水晶 、 太陽 之 光
、 出於 其
人 以來 、
輪 、
而 輪 質 弗
、 透 入
透出 於 水晶、 而 水晶 無 ( 4 損 、 又 若 太陽
傷 、 又
若
未有 童女 生子 者 、
童女 ( 6 而 生子 、
地生
五穀 百卉 、
即 自 茲 以 迄 世界 窮盡 、
特 聖母 之至
奇 、 而 天主 自
作 之
而 廠 土
虧 、 自
( 5 )生
亦 再無 童女 生子 者 、
神 工 也
、 (7
Da wird über das zweite große Wunder von der Geburt des Herrn des Himmels erzählt, dass er durch den jungfräulichen Leib geboren wurde und der Leib noch völlig rein war. Die Schrift sagt: Der Herr ist wie die Sonne , die Mutter ist wie ein Kristall. Das Sonnenlicht strahlt durch den Kristall durch , der Kristall wird jedoch nicht beschädigt . Das ist so wie das Sonnenlicht über den Rand der Son ne hinauskommt, der Rand jedoch nicht beschädigt wird. Das ist auch so wie Getreide und Blumen in der Erde wachsen, jedoch [die Fruchtbarkeit] der Erde nicht beeinträchtigt wird. Seitdem die Menschen geschaffen wurden, hat es nie eine Jungfrauengeburt gegeben. Und von dieser an bis zum Ende der Welt wird auch nie wieder eine Jungfrauengeburt vorkommen . Die Jungfrauengeburt ist allein ein äußerstes Wunder der Heiligen Mutter und ist ein Wunderwerk, was der Herr des Himmels selbst geschaffen hat . 景宿 告祥波斯親耀 以來 貢 。 Ein strahlender Stern zeigte heilvolle Zeichen an , und Persien, als es das Strah len gesehen hatte , kam um Gaben darzubringen. 斯 述天主 降世 之 第三 大 主
誕時
獻 其
、
方
新星
奇
、
發 顯 、 導異國 之
景 宿 者
、 巨
人 、 恭請
光 之
星
70311 降
、 波斯 者 、 異國 之 名 誕之
所 、 俯伏
、
朝 禮 、
吾 而貢
物、 ( 2
Da wird über das dritte große Wunder von der Geburt des Herrn des Himmels erzählt . jingxiu bedeutet „ strahlender goßer Stern “ und Bosi (Persien) ist die Bezeichnung von einem fremden Land . Als unser Herr auf die Welt kam, er schien ein neuer Stern [ am Himmel] und führte die Menschen aus anderen Län dern zu dem Ort der Geburt. Sie warfen sich auf die Knie, bezeugten [dem Herrn ] Ehrerbietung und brachten ihre einheimischen Erzeugnisse dar. 或 問問 、 來 朝 為誰 、 人 有 幾 國 何方 、 貢何 物 、 之
王
、 共有 ( 3 ) 三人 、
三 、 黃金
一 、
乳香
廠 地 名福亞臘 彼 亞
一 、
沒(4) 藥
天主 降生 之 兆 、 收 貢 之 物 、 並
一 、
三 王
、
日 、 據 經 與 聖人 之 言 雲 、 有 土 距主
誕
處 、
皆 極 賢達 、 各
東 去
二 千餘 裡
譜 天文 、
、
咸 識
含 吾 ( 5 主 之 義 並 表 三 王 之 誠 、 黃金 、
厥貢 新星
為
王于五
霈 天主 雖死 、
性 、
故 貢
、
沒 藥
、
用 塗 人
聖 屍 復活 、 弗 至 腐朽 、
屍 、
存 久
故 貢 、 ( 8
弗 朽 、 王信吾 主
並
為 真人 、
將來
Xin Hou
115
Manche fragen: Wer sind die Pilger? Woher und aus wievielen Ländern sind sie gekommen? Was haben sie dargebracht? [Ich] sage: Nach der Schrift und den Worten der Heiligen waren es insgesamt drei Land besitzende Könige. Ihr Land heißt Fuyalabiya318 und liegt über zweitausend Li östlich vom Geburtsort des Herrn entfernt. Sie brachten drei Gaben: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Alle drei Könige waren äußerst tugendhaft und weise, alle sind in Sternkunde be wandert und erkannten den neuen Stern als Zeichen der Geburt des Herrn des Himmels. Alle Gaben enthielten die Bedeutung von unserem Herrn und drück ten die Treue der drei Könige aus: Gold ist der König unter den Metallen. Die Könige glaubten, dass unser Herr wirklich der König von Himmel, Erde und den zehntausend Dingen ist, daher brachten [sie] es dar. Weihrauch wird bei der Anbetung des Herrn des Himmels verbrannt. Die Könige glaubten, dass in unse rem Herrn auch das göttliche Wesen enthalten ist, daher brachten [sie] ihn dar. Myrrhe wird gebraucht, um Leichen zu beschmieren. [So können sie] lang er halten bleiben und verwesen nicht. Die Könige glaubten, dass unser Herr zu gleich wahrer Mensch ist, obwohl er sterben wird, wird der heilige Leichnahm dann wiederauferstehen und nicht verwesen. Daher brachten [sie] sie dar319. 或問、新星、何星、始顯何時、三王何識其為天主降誕之兆、 曰、斯星 非厯象列宿 704①間之星、列宿諸星、恒麗本天、鹹有厥度、太陽光出、 厥光悉隱、弗能顯於白晝、斯②星不然、苐游於空、東西南北、隨三王以 偕行偕止、乃天神攜之而動、又能弗避③太陽、晝夜皆顯、且厥光大過太 陽、俟主命旣訖、散弗複存、故吾主降誕之夜、新④星忽出、三王乍覩、 速乘駱駝啟行、厯期十三日乃至、三王皆古先知之裔、其於⑤一千五百餘 年之前、預錄遺書曰、來時新星必顯、實乃瑞征為救世者聖誕之⑥兆、三 王久習遺書、忽見斯星、偕約亟往、又仗天主默詔、俾能尋至主誕之所、 ⑦ Manche fragen: Was für ein Stern war dieser neue Stern? Wann erschien er zuerst? Warum erkannten die drei Könige ihn als das Zeichen der Geburt des Herrn des Himmels? [Ich] sage: Dieser Stern war kein Stern aus den Sternbil dern der Sternkunde. Die Sterne aus den Sternbildern scheinen immer herrlich am Himmel, und alle haben eigene Skalenwerte. [Wenn] die Sonne zu strahlen anfängt, wird all ihr Licht verborgen und [sie] können nicht am Tag erscheinen. Allerdings ist dieser Stern nicht so. Er wanderte nur am Himmel umher, im Osten, im Westen, im Süden und im Norden und begleitete die drei Könige beim Gehen und Anhalten. [Er] bewegte sich, weil die Himmelsgeister ihn zo gen. [Er] musste auch nicht vor der Sonne ausweichen, erschien Tag und Nacht und sein Licht war stärker als die Sonne. Als die Anweisung des Herrn beendet war, löste er sich auf und existierte nicht mehr. Am Abend der Geburt unseres Herrn erschien plötzlich der neue Stern, als die drei Könige ihn erst sahen, bra 318
Diese Transktiption bleibt leider unbekannt, ich vermute, dass Fuyalabiya 福亞臘彼 亞 möglicherweise aus dem Lateinischen Arabia (Arabien) kommt. 319 Vgl. Mt 2,1-12.
116
Jesuiten und Nestorianismus
chen [sie] sofort mit Kamelen auf. Es hat dreizehn Tage gedauert, bis sie dann ankamen. Alle drei Könige waren Nachkommen von den alten Propheten, die vor tausendfünfhundert Jahren [den Herabstieg des Herrn] im Voraus im Tes tament aufgezeichnet hatten: Wenn [er] kommt, wird bestimmt ein neuer Stern erscheinen. Das ist wirklich ein Glückszeichen und das Zeichen der Geburt des Erlösers. Die drei Könige studierten schon lange die überlieferten Bücher. [Als sie] plötzlich diesen Stern sahen, eilten [sie] miteinander hin und konnten unter der stillen Offenbarung des Herrn des Himmels den Geburtsort des Herrn finden. 圓廿四聖有說之舊法。理家國於大猷。 [Er] erfüllte das „Alte Gesetz“, das die vierundzwanzig Heiligen verkündet hatten, um Familien und Länder zu regulieren durch den „Großen Weg“ 圓者、⑧周全也、廿四聖者、古經內先知者、豫紀天主降世之情、約二十 四也、舊法者、古 705①經也、吾主自降誕以迄受難、凡厥言行、按之古 經、二十四先知者豫紀之言、一②一符合、周全罔缺、繇是聖敎之美、大 扶王化、而家國大猷、清和咸理有餘矣、③ yuan bedeutet „vollkommen“. „Vierundzwanzig Heilige“ bezieht sich auf die ungefähr vierundzwanzig Propheten in der „alten Schrift“ (im alten Testament), die die Umstände des Herabstiegs des Herrn des Himmels im Voraus aufge schrieben haben. „Altes Gesetz“ bezieht sich auf die „alte Schrift“. Von seiner Geburt bis zu seinem Tode stimmen all die Worte und Taten unseres Herrn mit der „alten Schrift“ und mit den Worten, die die vierundzwanzig Propheten im Voraus niedergeschrieben hatten, überein - vollkommen und ohne Abweichung. Seitdem unterstützt die Herrlichkeit der Heiligen Lehre die königliche Beleh rung320, und dann [reguliert] der Große Weg 321 die Familien und Länder höchst friedlich und harmonisch. 設322三一淨風無言之新敎。陶良用於正信。④ [und er] setzte die Neue Lehre ohne Worte des reinen Windes der Dreieinigkeit ein, formte den guten Nutzen323 durch wahren Glauben. 三一者、卽前所言天主三位一體也、淨風者、至潔無汙之化也、無言者、 其敎弗⑤系於口、弗希多言、特貴善行也、新敎者、吾主降世、易古敎之 規、而躬建新敎之⑥禮也、良用者、人性明愛之良能也、正信者、信用於
320
Der Ausdruck wanghua 王化 sollte als „königliche Belehrung“ ausgelegt werden. Ein Beispiel dazu aus dem Vorwort des Klassiker Shijing《毛詩序》: Zhengshi zhi dao, wanghua zhi ji 正始之道,王化之基. 321 dayou 大猷 bedeutet „Großer Weg“ und bezieht sich auf die Staatskunst. Dieser Ausdruck stammt aus dem Klassiker Shijing《詩·小雅·巧言》: Zhizhi dayou, shengren mo zhi 秩秩大猷,聖人莫之. 322 Im Originaltext der Stele gibt es an dieser Stelle ein Zeichen Abstand. 323 An dieser Stelle habe ich die Übersetung nach der Erklärung von Diaz geändert. Bei Max Deeg lautet es: Formte den guten Wandel durch wahren Glauben.
Xin Hou
117
正、不入於邪也、葢吾主降世、⑦明示天主三位一體至精至妙之義於人、 而躬建新敎、 非若古敎之難明、其首⑧重之大端、在信天主三位一體、 敎化之美至淨至聖、能化習俗之迷、陶鎔其性、706①俾明愛之良、用得 其正、信向一主、而無他岐之惑矣、② „Dreieinigkeit“ bezieht sich auf die vorher bereits erwähnte „die drei Personen in einem Körper“ (Trinität) des Herrn des Himmels. „Reiner Wind“ beschreibt das allerreinste und unbefleckte Wesen. „Ohne Worte“ weist darauf hin, dass diese Lehre sich nicht auf den Mund stützt und viel reden unerwünscht ist. [Sie] legt besonders viel Wert auf gute Taten. „Neue Lehre“ bezieht sich darauf, dass unser Herr herabkam, das Gesetz der alten Lehre änderte und selbst die Riten der neuen Lehre einsetzte. „Der gute Nutzen“ bezieht sich auf die guten Funkti onen des Verstandes und der Liebe aus dem menschlichen Wesen. „Wahrer Glaube“ bezieht sich darauf, dass man an das Wahre glaubt und nicht an die Falschen gerät. Der Herr zeigte den Menschen deutlich die äußerst mysteriöse und äußerst vorzügliche Bedeutung der Dreieinigkeit des Herrn des Himmels, dass unser Herr herabstieg und die neue Lehre selbst einsetzte, die nicht so schwer verständlich ist wie die alte Lehre. Der wichtigste Punkt, den [die neue Lehre] an erster Stelle schätzt, ist der Glaube an die „Dreieinigkeit“ des Herrn des Himmels. Die Herrlichkeit der Belehrung [durch die neue Lehre] ist äußerst rein und äußerst heilig. Sie kann die Verwirrung in den alten Sitten und Ge bräuchen beheben, gute Einflüsse auf das Wesen ausüben und [die Menschen] die guten Funktionen des Verstandes und der Liebe für das Richtige anwenden lassen und [man] glaubt dann an den einzigen Herrn ohne weitere Zweifel und Verwirrung. 制八境之度。煉塵成眞。 [Er] regelte den Heilsweg der acht Bereiche, läuterte Staub zur Wahrheit 八境之度者、聖敎眞福八端也、塵者、③惡人也、世物也、眞者、善人也、 天國之物也、聖敎迪人、特重眞福八端、神貧一、良④善二、泣涕三、嗜 義四、哀矜五、心淨六、和睦七、為義被窘難八、解見聖經直解第⑤十三 卷、⑥ „Die Heilswege der acht Bereiche“ bezieht sich auf die acht Arten von wahrem Glück (Seligkeiten) der Heiligen Lehre. chen (Staub) bezieht sich auf die bösen Menschen und die irdischen Dinge. zhen (Wahrheit) bezieht sich auf die guten Menschen und die Dinge aus dem himmlichen Reich. Die Belehrung der Heili gen Lehre legt besonders viel Wert auf die acht Arten von wahrem Glück. Ers tens Armut im Geist, zweitens Sanftmütigkeit, drittens Weinen (Trauer), vier tens Sehensucht nach Gerechtigkeit, fünftens Barmherzigkeit 324 , sechstens Reinheit des Herzens, siebtens Friedfertigkeit und achtens die Verfolgung erlei
324
aijin 哀矜 bedeutet „Mitleid, Barmherzigkeit“; kommt aus dem Klassiker Liji 《禮 記·大學》: Zhiqi suo qiqin er bi yan 之其所哀矜而辟焉.
Jesuiten und Nestorianismus
118
den, um der Gerechtigkeit willen325 . Die Erklärungen sieht man im Band drei zehn [ des Buches] Shenjing Zhijie ( authentische Erklärungen zur Heiligen Schrift). 或
問、
八 端 繫 苦
以為 真 、 世 之
需 、
、
謂 福 、
昌
謂 真
福
、
弗知 ) 凡 目 及 親戚 屬 有形 、 可用 而弗
可(8) 溺 者 也
為 不朽 者 、 性 生平
所寶
八 端
、
日 、 世人
咸歸易盡 、
茲 世 之後 、 世
70700 真
如 聲 、 第
視 目前 世
乃 天主 造 此 、
物 、
以 供 吾人 度
物 悉 無所 用 、 善人
所托 之
以
福 而已 、
Manche fragen: Alle acht Arten sind ausschließlich Leiden, warum werden ( sie] als Glück und [ sogar] wahres Glück bezeichnet ? [ Ich ] sage : Die Menschen sind wie Blinde, sie sehen nur die irdischen Dinge, die vor den Augen ( stehen) , und halten sie sofort für wahrhaftig. [ Sie] wissen nicht, dass alles , was man mit den Augen sieht, zu denjenigen gehört, die eine Form haben , welche alle bald das Ende erreichen . Der Herr des Himmels hat sie erschaffen , um den Lebensbedarf von uns Menschen zu decken . [Man) darf ( sie ) nutzen , aber nicht übermäßig. Nach diesem Leben sind dann alle irdischen Dinge nutzlos. Womit die guten Menschen unvergänglich sein können , sind nur die acht Arten von wahrem Glück, die sie im Leben geschätzt haben . 奧斯 定 聖人 (2) 世 天 福 、
福 、 真
日 、
真 福
八 端 者 、
富貴 安樂 、
暫 而且 險 、
天
鮮
者 、
永享 天國之
恒 、
厥 心 如月 、 盈虧 時 、
速
如塵
真 福 、
此謂 之 真
變 、 哀哉 、 其
福
也 、 世人
者 、
彼 謂 之 塵
明世
飛 、
惡人 在世 雲 散 、
、
識
內 者 真
輕 真 (4)福 者 變 、 故
經 又
若 聲 、 視 世 遍 之
福 之
絕 殊
福 、 貧窮患難 、
、
須 更易 面 、
也 、
與 天
躲
迷
永 罹
地獄 之
物若
造
禍 、 經
外 、
偽 之
、
福
內 、
福 、 逝 、
愛
務 員
日 、 惡人 厥 欲
見 善 固執、 至死弗
厥已逝 、 真
天
世
物 如 纖塵 、 厥 ( 6 值 至 享 、
繁 夫
福
忍 而 成功 、 世
者 、
善 (5) 人 異 是
日 、 世
起 滅 、 然後
外 者 優
、 世
微 、
也、 福 靡 變 、
厥 勢 速
啟 視 吾 之富貴 、
、 不已 晚 乎
、
Der heilige Aosiding (Augustinus) sagte : Die acht Arten von wahrem Glück stellen die riesigen Unterschiede zwischen dem irdischen Glück und dem himmlischen Glück klar. Das irdische Glück ist äußerlich und das himmlische Glück ist innerlich . Das irdische Glück (wie] Reichtum und Behaglichkeit, ist kurz und gefährlich. Das himmlische Glück [wie] Armut und Leiden, führt durch Erdulden zum Erfolg. Das irdische Glück ist falsch und das himmlische Glück ist wahr. Die Menschen erkennen kaum das Innere und Wahre und hän gen ausschließlich an dem Äußeren und Falschen . Bis dieses Leben vorbei ist , genießen diejenigen, die nach dem wahren Glück streben , das wahre Glück ewig im Himmel . Diejenigen, die das wahre Glück geringschätzen, leiden für immer unter den wahren Verhängnissen im unterirdischen Gefängis (Hölle ) . Die Schrift besagt : Die Begierde der bösen Menschen ist unbeständig, ihre Her zen sind wechselhaft wie die Zu- und Abnahme des Mondes , im Nu wechseln sie ihr Gesicht . Die guten Menschen sind nicht so . Sie halten am Guten fest, [ sobald sie] es sehen und bleiben unverändert bis zum Tode . Daher werden jene 325
Vgl . Mt 5,3-10
Xin Hou
119
(die Bösen) als „Staub“ bezeichnet und diese (die Guten) werden als „wahrhaf tig“ bezeichnet. Die Schrift sagt weiter: Die irdischen Dinge sind wie feiner Staub, ihr Wert ist äußerst gering, ihre Lage ändert sich rasant. O weh! Die bö sen Menschen sind wie Blinde auf der Welt und halten die irdischen Dinge für ewig genießbar. Erst bis sie verschwunden sind, erkennen [sie], dass die Dauer unseres Reichtums wie fliegender Staub ist, wie sich auflösende Wolken oder wie die Bildung und das Zerplatzen einer Luftblase. Erst dann klagen sie dar über, dass das Falsche das Wahre vortäuscht. Ist das dann nicht zu spät? 後世之物、 則不⑧然、皆眞實、永存不變、善人旣升天國、極戴主恩、 曰、 深謝主恩、錫予為王、予國靡 708①竟、予爵無疆、世苦痛哭諸患、 遐哉永離、莫侵予國、故彼曰塵、此曰眞、人入聖敎、②定志從守、弗問 善惡、僉受弘益、善人入敎、賴之日進厥善於粹精、奉持信德、修③眞福 八端、為每日善課、津津受聖敎、如弟子之于良師、惡人入敎、旣悔往非、 改④惡從善、鎔其渣滓、 用信德之火、習眞福八端、為熱心之薪、其就 聖敎如就爐冶、⑤ 又聖敎之益、尤能大改世物之觀、俾人視若微塵、獨 晰天上之物、誠重且眞、⑥ Die Dinge nach dem Leben (himmlische Dinge) sind jedoch nicht so. Sie sind alle wahrhaftig und bestehen ewig und unverändert. Die guten Menschen stei gen dann in das Himmelsreich auf und sind der Gnade des Herrn gegenüber voll Dankbarkeit und sagen: Tiefsten Dank für die Gnade des Herrn, dass er es uns schenkt, Könige zu werden. Unser Reich ist ohne Ende und unser Rang ist ohne Grenze. Die irdischen Verhängnisse, die Leiden, Schmerzen und Weinen (Trau er) sind für immer weit entfernt und können in unser Reich nicht eindringen. Darum werden jene (die Bösen) als Staub bezeichnet und diese (die Guten) als wahrhaftig. Man schließt sich der Heiligen Lehre an und ist festen Willens, [sie] zu befolgen und zu erhalten. Wer auch immer, Gute oder Böse, alle werden stark begünstigt. Die guten Menschen schließen sich der Lehre an, wodurch sie ihre Güte Schritt für Schritt vervollkommnen. [Sie] verfolgen die Tugend des Glaubens, führen die acht Arten von wahrem Glück aus, erweisen täglich Wohl taten und nehmen die Heilige Lehre mit großer Freude auf, wie Schüler bei einem guten Lehrer. Die bösen Menschen schließen sich der Lehre an, bereuen dann die Fehler aus der Vergangenheit, bessern die Übel aus, folgen den Guten und schmelzen den Abschaum mit dem Feuer der Tugend des Glaubens ab. Sie üben die acht Arten von wahrem Glück - als Brennholz für die Erwärmung des Herzens. Sie begeben sich zur Heiligen Lehre wie zum Schmelzofen. Der Nut zen der Heiligen Lehre kann die Wahrnehmung der irdischen Dinge stark ver ändern, lässt [die Menschen] [sie] als feinen Staub betrachten und erkennen, dass nur die himmlischen Dinge wirklich wichtig und wahrhaftig sind. 啟三常之門。開生滅死。 [Er] stieß das Tor der drei Ewigkeiten auf, setzte das Leben ein, vernichtete den Tod.
120
Jesuiten und Nestorianismus
三者、信、望、愛、超性三德也、常者、人人⑦宜保此以終也、 僃斯者、 升天國、喪斯者、墮永獄、啟厥門者、吾主也、生者、靈性之⑧神生、卽 天主之聖寵也、死者、亦靈性之神死、卽諸端之重罪也、吾主旣降、常生 709①之路開、永死之途滅、凡進三德之門、蔑不沐厥弘慈也、 „Drei“ bezieht sich auf die drei übernatürlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe. „Ewigkeit“ bezieht sich darauf, dass jeder sie bis zum Tode bewah rensoll.Wersiebesitzt, steigt ins Himmelsreichauf. Diejenigen, diesie verlieren, stürzen ins ewige Gefängnis (Hölle). Der, der das Tor geöffnet hat, ist unser Herr. „Leben“ bezieht sich auf das geistige Leben der geistigen Natur, nämlich die heilige Gnade des Herrn des Himmels. „Tod“ bezieht sich auch auf den geistigen Tod der geistigen Natur, nämlich all die schweren Sünden. Da unser Herr herabstieg, wurde der Weg zum ewigen Leben geöffnet, und der Weg zum ewigen Tode wurde beseitigt. Alle, die ins Tor der drei Tugenden eintreten, tauchen dann in seine (der Herr) große Barmherzigkeit ein. ②信德何、曰、神業之基、善程之始也、無斯德者、厥業無功、 厥程弗 上、天主不錄、雖③行弗克至天國、葆祿聖徒曰、主弗愛無信者、弗愛其 人、詎愛其功、④ Was ist die Tugend des Glaubens? [Ich] sage: Sie ist das Fundament des geisti gen Strebens. Sie ist der Anfang der Bewegung der Vervollkommnung. Wer diese Tugend nicht besitzt, erntet keinen Erfolg für sein Streben, seine [Ver vollkommnungs]Bewegung [bewegt sich] nicht aufwärts und der Herr des Himmels nimmt [ihn] nicht auf. Obwohl er sich fortbewegt, kann [er] dennoch das Himmelsreich nicht erreichen. Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte: „Der Herr liebt die nicht, die keinen Glauben haben. [Er] liebt die Menschen nicht, wie könnte [er] dann ihr Werk lieben? 或問、宜信何端、乃獲超性之信、曰、宜信天主、凡屬天主之降諭、或命 天神之降⑤誥、或示先知聖人之豫言、盡宜篤信、 總為出自天主也、倘 疑其非眞、更求別證、⑥是慢天主為不足信也、譬有忠信之士、口傳某事 眞實、為我目撃、苟聞者而弗⑦信之、不亦藐視厥士乎、慢侮天主、罪莫 Manche fragen: Woran soll man glauben, damit man den übernatürlichen Glau 大是、⑧ ben erlangen kann? [Ich] sage: [Man] soll an den Herrn des Himmels glauben. Alle Anweisungen, die der Herr des Himmels erteilt hat und die Anweisungen, die [er] die Himmelsgeister hat verkünden lassen sowie die Weissagungen, die [er] den Propheten offenbart hat, analldas sollman fest glauben, all das kommt vom Herrn des Himmels. Wenn man ihre Wahrhaftigkeit bezweifelt und andere Beweise dazu sucht, dann ist [es] eine Verachtung gegenüber dem Herrn des Himmels, und hält [ihn] für unglaubwürdig. Das ist so wie ein treuer und glaubwürdiger Gelehrter sagt: Das ist wahr, ich habe es mit meinen Augen be zeugt. Wenn der, der das hört, aber nicht daran glaubt, missachtet er diesen
Xin Hou
121
Gelehrten doch. Verachtung und Beleidigung des Herrn des Himmels, keine Sünde kann noch größer als diese sein. 或雲、奚據知其總為出自天主、曰、茲據約有三、一、為聖會眾人所信、 代相傳受、710①絡繹弗絶、眾之所言、可信出自天主、葆祿聖徒曰、聖 會乃美麗身、吾主為首、首②降施于肢、時相默喻、豈有差謬、二、為主 敎之士以萬計、精天學之賢以萬計、明③哲傑儒以萬計、羣集討論、定厥 信端、必宜確信、 吾主親許雲、凡有羣集討論聖④敎之理者、我在中焉、 而導引焉、如是而容有謬耶、⑤ Manche sagen: Wodurch weiß [man], dass alles vom Herrn des Himmels kommt? [Ich] sage: Es gibt ungefähr drei Beweise. Erstens, was die Massen der heiligen Gemeinde glauben, ist von Generation zu Generation laufend überlie fert worden. [Da] die Massen daran glauben, kann man glauben, dass [alles] vom Herrn des Himmels kommt. Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte: Die heilige Gemeinde ist ein schöner Leib, unser Herr ist das Haupt, und das Haupt befehligt die Glieder ständig mit sitllen Anweisungen, wie könnte es Abwei chungen geben326? Zweitens, die Edelmänner, die die [Heilige] Lehre ausüben, sind Zehntausende; die Weisen, die in der „Lehre des Himmels“ bewandert sind, sind Zehntausende; die vorzüglichen Gelehrten, die einsichtig und gescheit327 sind, sind Zehntausende. Sie versammeln sich, diskutieren und legen die Glau benssätze fest, [dann] soll [man daran] fest glauben. Unser Herr hat selbst ver sprochen: Immer wenn die Massen sich versammeln und über die Glaubensätze der Heiligen Lehre diskutieren, bin ich unter ihnen und führe sie328. Könnten so noch Fehler enthalten sein? 三、為敎皇代吾主居世、獲主殊寵、聖神默照、故其所決之疑、所定之信、 莫能少⑥欺、主語伯鐸羅宗徒、並後諸敎皇曰、 吾求聖父固汝信、魔雖 罄術相攻、竟弗克⑦動、聖賢曰、敎皇之信、乃聖敎神宮棟樑、命信者、 必信、命棄者必棄、厥命為天主⑧命、此謂聖敎眞實之信、711①
326
Vgl. Eph 1,22-23 …und ihn bestimmt zum Haupt über alles für seine Kirche, die sein Leib ist… Eph 4,16 Von ihm aus wird der ganze Leib zusammengefügt und zusammengehalten durch jedes Band der Dienstleistung, die sich nach der Krafteines jeden einzelnen Teiles richtet, und so vollzieht sich das Wachstum des Leibes, um sich aufzubauen in Lie be. 327 Der Ausdruck mingzhe 明哲 bedeutet „einsichtig und gescheit“ und stammt aus dem Klassiker Shijing《詩·大雅·烝民》: Ji ming qie zhe, yi bao qishen 既明且哲,以保其 身. 328 Vgl. Mt 18,19-20 Ferner sage ich euch: Wenn zwei von euch übereinstimmen auf Erden in irgendeiner Sache, um die sie bitten: es wird ihnen zuteil werden von meinem Vater im Himmel. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.
122
Jesuiten und Nestorianismus
Drittens, „Kaiser der Lehre“ (Päpste) sitzen in Vertretung unseres Herrn auf der Welt. Sie empfangen besondere Gnade vom Herrn, werden vom Heiligen Geist in Stille erleuchtet. Daher kann es keine geringste Täuschung geben bei den Beschlüssen, die sie über Zweifel gefasst haben, und bei den Glaubenssätzen, die sie festgelegt haben. Der Herr sagte zum Vorfahren-Schüler (Apostel) Boduolu (Petrus) und den nachfolgenden „Kaisern der Lehre“: Ich bitte den Heiligen Vater, euren Glaube zu festigen. Obwohl der Dämon mit allen Tricks angreift, kann [er] [euren Glauben] nicht erschüttern329. Die Heiligen und die Weisen sagten: Der Glaube der „Kaiser der Lehre“ ist der Firstbalken des Geis tespalasts der Heiligen Lehre. Was sie [uns] glauben lassen, müssen [wir] glau ben, was sie [uns] ablegen lassen, müssen [wir] ablegen. Ihre Anweisungen sind die Anweisungen des Herrn des Himmels. Das ist der sogannte wahre Glaube der Heiligen Lehre. 眞信之等、又分為二殊、一曰活信、一曰死信、聖寵、乃眞信之活、重罪、 乃眞信之死、②吾人靈性、無罪則活、有罪則死、雅各伯宗徒喻曰、無靈 之屍、與無善之信惟均、③葢言屍無靈、雖有耳、目、口、鼻、不能見、 聞、啖、臭、眞信而無善行以輔之、厥靈蒙罪、④任行多工、弗獲名功、 曰死者故、 葆祿聖徒曰、吾信雖至、可以移山、雖至行多奇⑤跡、倘靈 無聖寵、死信也、無益之信也、⑥ Es gibt jedoch verschiedene Stufen beim wahren Glauben. Einer ist der lebende Glaube, der andere ist der tote Glaube. Die heilige Gnade ist das Leben des wahren Glaubens. Schwere Sünden sind der Tod des wahren Glaubens. Ohne Sünden wird unsere geistige Natur leben, mit Sünden wird [sie] sterben. Der Vorfahren-Schüler (Apostel) Jagebo (Jakob) führte ein Gleichnis an und sagte: Eine Leiche ohne Geist ist genauso wie330 der Glaube ohne Güte331. Das heißt, obwohl die Leiche Ohren, Augen, Mund und Nase hat, kann sie ohne Geist nicht sehen, nicht hören, nicht essen und nicht riechen. [Beim] wahren Glauben ohne die Unterstützung von Wohltaten wird der Geist von Sünden befleckt. Unabhängig davon wie [man] sich bemüht, kann kein Erfolg erzielt werden. Daher wird [der Glaube] als „tot“ bezeichnet. Der heilige Schüler Baolu (Pau lus) sagte: Obwohl unser äußerst [fester] Glaube Berge versetzen kann, obwohl
Vgl. Lk 22,31-32 “Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, euch sieben zu dür fen wie den Weizen. Ich aber habe für dich gebetet, dass nicht nachlasse dein Glaube, und du dereinst wende dich hin und stärke deine Brüder.” 330 Der Ausdruck weijun 惟均 kommt aus dem Gesetzbuch Lüxing《呂刑》der West Zhou-Dynastie (1046 v.Chr.-771v.Chr.): Qi zui weijun, qi shen ke zhi 其罪惟均,其審 克之 und bedeutet „genauso wie, gleich wie“. 331 Vgl. Jak 2, 26 Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke Tot. 329
Xin Hou
123
unsere äußerst ( guten ] Taten zu bewundern sind, wenn im Geist keine heilige 332 Gnade vorhanden ist, ist das ein toter Glaube und ein Glaube ohne Nutzen 繇 是
可 識 靈魂 於 身 、 善行 於 信
效 厥 職
、
7
AK -
有 聖寵 之 , IT
信 、
雖
、 彼此之 行 微 善
、
, 8
義 定 獲
槃 均 、
龜
厥
謂 活 者
功 、
有
靈 存
、 五官 百
故 、
主
體 、
悉
日 、 濟貧 者 、
, 7121
Dadurch kann man es erkennen, dass die Seele für den Leib die gleiche Bedeu tung hat wie Wohltaten für den Glauben . Wenn der Leib eine Seele hat, dann entfalten all die fünf Sinnesorgane und all die hundert Glieder ihre Wirksamkeit. Wenn der Glaube mit heiliger Gnade ist, bekommt auch eine winzige Wohltat bestimmt ihr Verdienst. Daher wird [der Glaube] als „ lebend “ bezeichnet . Der Herr sagte : Die , die Armen nur mit einem Löffel kaltem Wasser unterstützen, 333 ihr Verdienst ist groß und auch die Belohnung wird großzügig sein 望 德
何 、
懈 倦
、
日 、
赣 工
靈性 之 2) 弗
也
前 、
惟
避 、 三軍 望 賞
、 效死 不
辭 其
祿 聖徒
肝 胀
、 葆
、 意志 望 德
( 3) 難 、 日 、
吾 善
之 鞭 也
能 堅定 傭 者
厥志 望
、 人 、 酬、
敵 神 ( 4) 罐 、
非
仰望
臨 難 弗
而 不惜 其 善
趨 德
功 報 、
移 、
厥 志
易 察 、 手足
如 商賈 望
利 、 險阻 不
汗 勞 、 農夫
路 、
望 獲 、
主 豫備 族 善 之
4th , ÈÉ, TREE, HELGII ,
而不
冕 、
吾
FR
试 之 以 悦 、 複 繼 厥 工 、 念 望 工 報 、 聖徒 之 忧苦 於 前 工 、 思 6 念 苦 報 、 乃 肯 奮
繼完工 、
斯 望 德 之
益 、 (7 )
Was ist die „ Tugend der Hoffnung“ ? [Ich] sage : Sie ist der Ankerstein für die geistige Natur und die Peitsche für die Nachlässigkeit des Willens . Wenn man 334 keine Hoffnung auf Verdienst und Belohnung hat, wird der Wille leicht träge die Hände und Füße werden faul, und [man] stellt die Arbeit ein und macht keine Fortschritte . Nur die „ Tugend der Hoffnung“ kann den Willen bekräftigen - unerschütterlich bei Schwierigkeiten. So wie Händler mit der Hoffnung auf Gewinn keiner Gefahr ausweichen ; wie Soldaten mit der Hoffnung auf Beloh nung nicht zögern das Leben zu opfern ; wie Diener mit der Hoffnung auf Ent gelt sich nicht scheuen schwitzend zu arbeiten ; wie Bauern mit der Hoffnung auf Ernte sich nicht scheuen eine Hornhaut [auf Händen und Füßen] zu be kommen . Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte : Ich bekämpfe den Feind des 335 Geistes behutsam und gehe vorsichtig auf dem Weg der Tugend . Der Herr hat
332 Vgl . 1 Kor 13,2 Und wenn ich Prophetengabe besitze und alle Geheimnisse weiß und alle Erkenntnis, und wenn ich allen Glauben habe, so , dass ich Berge versetze , aber Liebe nicht habe, so bin ich nichts. 333 Vgl . Mk 9:41 Wer euch einen Becher Wasser reicht zum Trinken daraufhin, weil ihr zu Christus gehört, wahrlich, ich sage euch, er wird nicht kommen um seinen Lohn. 334 duo B ist eine phonetische Entlenung für das Zeichen duo l' und bedeutet „ träge , faul“. 335 shan sollte an dieser Stelle als “ behutsam, vorsichtig" ausgelegt warden . Ein Beispiel dazu aus dem Klassiker Xunzi ( * 7.610 ) : Gong cha shan si lun buluan 公 察 善思 論 不 亂 ,.
124
Jesuiten und Nestorianismus
die Krone zur Auszeichnung der Güte336 vorbereitet. Wenn [die Mühe mit] mei ner Hoffnung erfolgt ist, setzt der Herr [die Krone] auf meinen Kopf. Der heili ge Ewolüe (Gregor)337 erklärte dazu: Der heilige Schüler vergleicht es mit einer anstrengenden Arbeit, [obwohl] Gesicht und Köper von Schweiß nass sind, man wischt ihn mit dem Taschentuch ab, arbeitet mit der Hoffnung auf Entgelt wei ter. Der heilige Schüler erträgt vorerst die Mühe bei der Arbeit, erhofft die Be lohung für diese Mühe, dann kann er weiter tatkräftig die Arbeit bis zum Ende fortsetzen. Das ist der Nutzen der Tugend der Hoffung. 或問、安得超性之望、曰、先建厥功而後望超性之眞善、是也、眞善有序、 眞望亦⑧然、其一、在望天主為其為萬物之向、宜為我眞望之故、葢望天 上之眞福、全在 713①獲享天主也、其二、 在望聖寵、以獲眞福之助、其 三、在望聖人為我轉祈天主、托②其功德、望天主速允吾求、速赦吾罪、 加吾德力、與凡靈性之需、其四、在望天主③賜吾世物、僃繕升天之程、 若人意止身家、無超性高志、不得謂超性之望、④ Manche fragen: Wie kann man die übernatürliche Hoffnung erlangen? [Ich] sage: [Man soll sich] zuerst Verdienste erwerben und dann auf die übernatürli che wahre Güte hoffen. Die wahre Güte hat eine Reihenfolge, so ist auch die wahre Hoffnung: Erstens, zu erhoffen, dass all die zehntausend vom Herrn des Himmels erschaffenen Dinge sich nach ihm richten. Das soll auch der Grund unserer wahren Hoffnung sein, da die Hoffnung nach dem wahren Glück im Himmel ganz daran liegt, sich des Herrn des Himmels zu erfreuen. Zweitens, die Hoffnung auf die heilige Gnade, um Unterstützung durch das wahre Glück zu erlangen. Drittens, die Hoffnung darauf, dass die Heiligen vor dem Herrn des Himmels für uns beten, auf ihre Verdienste stützend zu erhoffen, dass der Herr des Himmels schnell unser Gebet erhört, schnell unsere Sünden vergibt, unsere Tugend bekräftigt und [uns] alles schenkt, was die geistige Natur benötigt. Vier tens, die Hoffnung darauf, dass der Herr des Himmels uns die irdischen Dinge schenkt, damit wir die Reise des Hinaufstiegs zum Himmel vorbereiten [kön nen]. Wenn man sich nur über sich und die [eigene] Familie Gedanken macht und keinen großen übernatürlichen Willen hat, dann darf das nicht als „überna türliche Hoffnung“ bezeichnet werden. 或問、先建功、而後望者何、曰、不務建功而望、曰虛望、弗克遂厥所求、 先建功而⑤望、曰實望、天主乃允厥求、而弗孤攸望、雅各伯宗徒、謂弟 曰、多有求而不遂者⑥何、乃弗知善求故、解曰、有功之求、為善求、苐 天主因其善功、以時賜恩、賜恩遲⑦速、人不能知、何時為合當之時、稱 厥時宜、獨惟天主、⑧
336
jing 旌 sollte an dieser Stelle als “auszeichnen, loben” ausgelegt werden. Ein Bei spiel dazu aus dem Artikel Biao lun tian zhu gong《表論田疇功》des Strategen Cao Cao 曹操(155-220): Cheng yin chong shang, yi jing qi mei 誠應寵賞, 以旌其美. 337 Hierbei handelt es sich um den Kirchenlehrer Papst Gregor den Großen (540-604).
Xin Hou
125
Manche fragen: Was bedeutet „zuerst Verdienste erwerben, dann erhoffen“? [Ich] sage: Hoffnung ohne Erwerb von Verdiensten heißt „leere Hoffnung“ und kann nicht erfüllt werden. Zuerst Verdienste erwerben, dann erhoffen heißt „echte Hoffnung“. Der Herr wird dann die Gebete erhören und die Hoffnung nicht enttäuschen. Der Vorfahren-Schüler Jagebo (Jakob) sagte zu seinem jün geren Bruder: Der Grund, warum die Gebete vieler Menschen nicht erhört wur den liegt daran, dass sie nicht richtig beten können338. Erklärung dazu: Beten mit Verdiensten sind die richtigen Gebete. Jedoch wird der Herr des Himmels [einem] wegen [seiner] Verdienste zu einer bestimmten Zeit Gnade schenken ob [er] früher oder später Gnade schenkt, kann man nicht wissen. Wann die angemessene Zeit ist, [entscheidet] allein der Herr des Himmels. 愛德何、曰、斯諸德之後也、諸德之飾也、愛德在中、諸德不孤、衛之如 王、諸德賴 714①之皆光、天主乃樂視之、否則諸德黯冥、而弗能邀主之 Was ist die „Tugend der Liebe“? [Ich] sage: [Sie] ist die Königin aller Tugen 視、② den und der Schmuck aller Tugenden. Wenn die Tugend der Liebe vorhanden ist, sind alle Tugenden nicht einsam. [Die Tugend der Liebe] wird wie ein Kö nig von ihnen beschützt. Der Glanz aller Tugenden stützt sich auf sie, und [sie] werden dann vom Herrn des Himmels gern gesehen. Ansonsten sind alle Tu genden glanzlos und dunkel, können den Blick des Herrn nicht auf sich ziehen. 或問、宜何愛以獲超性之愛、曰、厥類不一、愛天主、其首也、為厥無量 能、無量知、③無量慈、無量善、種種所有之奇、皆屬無窮、非人言思之 所克竟、姑約言之、則曰④愛天主為其為天主、非止為其能酬善賜福而愛 之也、⑤ Manche fragen: Was soll man lieben, um die übernatürliche Liebe zu erlangen? [Ich] sage: Es ist unterschiedlich – an der ersten Stelle den Herrn des Himmels zu lieben - wegen seiner unendlichen Macht, seines unendlichen Wissens, sei ner unendlichen Barmherzigkeit und seiner unendlichen Güte. All [seine] ver schiedenen Wunder sind unendlich und können nicht mit menschlichem Denken und Worten vollständig [beschrieben] werden. Allgemein ist zu sagen, den Herrn des Himmels deswegen lieben, da er der Herr des Himmels ist, und ihn nicht nur deswegen lieben, da er [unsere] Wohltaten belohnen und uns segnen [kann]. 其次、愛己之靈也、凡人之靈、誰不自愛、然必勤務行善、乃獲升天、而 享天主、若⑥行之未善、弗成愛己、經曰、惡人必惡己靈、而自為之讎、 是也、⑦ Zweitens, den eigenen Geist zu lieben. Wer liebt den eigenen Geist nicht? Aber man muss unermüdlich gute Taten vollbringen, dann kann man in den Himmel 338
Vgl. Jak 4:3 Ihr betet und empfangt nicht, weil ihr in schlechter Absicht betet, um in euren Lüsten dahinzuleben.
126
Jesuiten und Nestorianismus
aufsteigen und sich des Herrn des Himmels erfreuen. Wenn man keine guten Taten vollbringt, dann ist es keine Liebe zum eigenen Geist. Die Schrift sagt: Böse Menschen hassen bestimmt den eigenen Geist und sind selbst dessen Feind. So ist das. 其次、愛己之身也、依莭存養、毋自損傷、身者、靈性之良友、助靈修德 行善、乃稱⑧良友之職、如徒佚樂飽飫、無輔厥靈、失厥本職、反為靈讎 靈害、身同害矣、烏謂 Drittens, den eigenen Leib 715①愛身、② zu lieben, [ihn] mässig zu erhalten, zu pflegen und nicht selbst zu beschädigen. Der Leib ist ein guter Freund der geistigen Natur. Er erfüllt seine Pflicht als guter Freund nur dann, wenn er dem Geist dabei hilft, gute Taten zu vollbringen und die Tugend zu vervollkommnen. Wenn er sich nur in Essen und Vergnügung ergibt und dem Geist nicht beisteht, dann verliert er seine ursprüngliche Pflicht und wird dann umgekehrt ein Feind und ein Schaden für den Geist. So wird der Leib [selbst] auch beschädigt, und wie kann dann von der Liebe zum [eigenen] Leib der Rede sein. 其次、愛人也、並愛吾之讎也、葢愛德至全、必含普地之人、 弗包仇人、 弗謂全也、③信、望、愛、三德、論至廣、不能僃述、斯之為德、吾主未 降之先、行者甚希、主降之後、④行者甚眾、謂啟三常之門故也、 Viertens, die anderen Menschen und auch unsere Feinde zu lieben. Weil die Tugend der Liebe äußerst vollkommen ist, umfasst sie bestimmt alle Menschen auf der Welt. [Wenn] die Feinde nicht umfasst wären, kann [die Tugend der Liebe] nicht als vollkommen bezeichnet werden. Die drei Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe sind äußerst umfangreich und können nicht vollständig beschrieben werden. Sie sind deswegen Tugenden, da sie kaum jemand vor dem Abstieg unseres Herrn ausgeübt hatte. Nach dem Herabstieg des Herrn, werden sie von vielen ausgeübt. Daher heißt es „[Er] stieß das Tor der drei Ewigkeiten auf.“ 開生滅死。 [Er] setzte das Leben ein, vernichtete den Tod. 斯乃主降世之首務也、⑤主謂眾曰、吾降為何、為致人之生、 為滅人之 死、經曰、自元祖方命、死若王王於⑥普地、人皆屬死、如屬於王、皆因 原罪、並有靈性之神死、吾主為善牧、勤牧厥羊、⑦俾獲無窮之生也、主 又規眾曰、吾乃萬民之生也、罪人者、死人也、彼願從我、我⑧存其靈、 俾永生焉、 Das war das Hauptziel des Herabstiegs des Herrn. Der Herr sagte den Massen: Warum bin ich herabgekommen? Um die Menschen zum Leben zu führen und den Tod der Menschen zu vernichten. Die Schrift sagt: Seitdem der Urahne
Xin Hou
127
gegen das Gebot verstieß, herrscht der Tod über die Welt wie ein König.339Alle Menschen gehören dem Tod, so wie [sie] einem König gehören - alles wegen der Ursünde. Es gibt auch den geistigen Tod der geistigen Natur. Unser Herr ist ein guter Hirte, [er] hütet die Schafe unermüdlich und lässt sie ein unendliches Leben erlangen340. Der Herr ermahnte auch die Massen: Ich bin das Leben aller Menschen. Die Sünder sind die Toten, wenn sie [aber] mir folgen, bewahre ich ihre Seelen auf und lasse [sie] ewig leben.341 奧斯定聖人解曰、阨襪也、聖母也、二者之殊、一可異、而一可 716①奇、 可異者、阨襪首為萬民之母、乃聽魔誘、大辟死門、引死入世、人皆屬死、 可奇②者、聖母領天主之命、大啟天堂之門、幸哉產吾主、以致萬民之神 生、以滅萬民③之神死、經曰、天主於降生之先、誚死勢之劣、曰、死乎 死乎、吾乃汝之死也、 葢言④吾將降而致汝、吾將受難而死、以吾之死、 贖世之罪、厥罪旣償、厥靈復活、死失⑤其權、吾之一死、實乃死之死也、 謂開生滅死者故、⑥ Der heilige Aosiding (Augustinus) erklärte dazu: Der Unterschied zwischen Ewa (Eva)342 und der Heiligen Mutter ist äußerst groß: Eine ist sonderbar, die andere ist bewundernswert. Es ist sonderbar, dass Ewa, die die erste Mutter aller Menschen war, auf die Verführung des Dämons hörte, das Tor des Todes weit öffnete und den Tod in die Welt einführte und alle Menschen gehören [dadurch] dem Tod. Es ist zu bewundern, dass die Heilige Mutter nach der Anweisung des Herrn des Himmels, das Tor des Himmelsreiches weit aufstieß. Glücklicher weise gebar [sie] unseren Herrn und führte damit zum Leben des Geistes aller Menschen und zur Vernichtung des Todes des Geistes aller Menschen. Die Schrift sagt: Bevor der Herr des Himmels herabkam, hatte er die Schwäche des Todes verspottet und sagte: Tod, Tod, ich bin dein Tod, da ich hinabkommen und dich beseitigen werde. Ich werde den Tod erleiden und mit meinem Tode die Sünden der Welt tilgen. Wenn die Sünden getilgt werden, werden die Geis ter wiederbelebt und der Tod wird seine Macht verlieren. Mein Tod ist eigent lich der Tod des Todes.343 Daher heißt es „[er] setzte das Leben ein, vernichtete den Tod.“ 339
Vgl. Röm 5:14 und doch herrschte der Tod von Adam bis Moses auch über jene, die nicht sündigten in der Art der Übertretung Adams, der ein Gegenbild ist des Kommen den. 340 Vgl. Röm 5:17 Denn wenn durch die Sünde eines einzigen der Tod herrschte durch den einen, werden um vieles mehr jene, die die Fülle der Gnade und der Gabe der Ge rechtigkeit empfangen haben, im Leben herrschen durch den einen, Jesus Christus. 341 Vgl. Joh 11:25-26 Jesus sprach zu ihr: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gestorben ist; und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird nicht sterben in Ewigkeit. Glaubst du das?" 342 Bei der modernen chinesischen Trankription wird Eva als Ewa 厄娃 geschrieben. 343 Vgl. Hos 13:14 Aus der Gewalt der Unterwelt sollte ich sie erlösen, vom Tode sie loskaufen? Wo bleiben nur deine Seuchen, o Tod, wo ist deine Pest, o Unterwelt? Mit leid verbirgt sich vor meinen Augen!
Jesuiten und Nestorianismus
128
懸 景 日 以破 暗 府 。 魔 妄於是乎 悉 摧 。 (Er) hing am großen hellen Tag, um den Sitz der Dunkelheit zu zerstören, und die teuflischen Lügen fielen darauf alle in sich zusammen . 景
日 者 、 光 7 大 之 日 、 即吾主 受難 之 日 也 、 吾主 既死、 聖靈 離 、 光昭 如 霈
霈 矣 、 魔 妄 者 、 對真主 而言 也 、 吾主 為 真 、 邪 (2 ) 魔 為 妄 矣 、 悉 摧 者 、 羣魔 驚吾主 贖 世 之
功 、
而 銳氣 摧 挫
、 弗克 當天 主
之
聖 威
、
魔 ( 3) 力至此 而
窮 也
、
4) Jingri bedeutet „ glänzender großer Tag “ und bezieht sich auf den Leidenstag unseres Herrn . Da unser Herr starb , verließ [ sein ] Heiliger Geist den Leib und [ sein] Glanz leuchtete wie die Sonne. Die dringende Aufgabe der Erlösung der Welt wurde vollzogen, [daher] war es ein glänzender großer Tag . Anfu ( Sitz der Dunkelheit) ist der Ort, wo sich die Heiligen aus der alten Zeit unter der Erde aufhalten . Nachdem der Herr den Tod erlitten hatte, kam [sein] Heiliger Geist an den Aufenthaltsort der Heiligen der alten Zeiten hinab . Dieser Ort wurde einst als „ Sitz der Dunkelheit “ bezeichnet, nun wurde die Dunkelheit beseitigt, und es wurde hell . mowang ( falscher Dämon ) ist das Gegenteil vom wahren Herrn . Unser Herrist wahrhaftig und der Damon ist falsch, cicult (alles zerstoren) bezieht sich darauf, dass die Massen des Dämons von der Leistung der Erlösung der Welt durch unseren Herrn erschüttert wurden . Ihnen wurden die Flügel ge stutzt, und [ sie) konnten die heilige Macht des Herrn des Himmels nicht aufhal ten. Seitdem ist die Kraft des Dämons erschöpft. 按 古 經典
、 及
聖賢
諸 解 、
皆
日 、
地中
有
四重大
、
最
下 者
、
大地 中心 、
謂之 地獄 、 乃 5 ) 惡鬼 與 惡人 所受 萬 苦 永 殃 之 冥 阱 、 稍 上 一 重 、 為 煉 罪苦 所 、 在教 之
人 、 幸
死後 姑 置
此
獲 善 ( 6) 終 、 或 所 、
以 鎊 其
淫
、
因 謝世 之 口 厥 靈
時 、 猶有 淨 、
宜
補 工夫
乃 獲 升天 、 又
、 未能 補 之
於在世 、
稍
為 歼
上
一 重
、
璃
之 所 、 是 所 無 苦 無 樂 、 為其 在世 孩童 ( 8 )無知 、 本 無 善惡 、 故 其所報 、 亦無 苦樂 、 但 所、 自
非 領 洗
、
因 有原罪 、 弗
元 祖 方 天主 命 、 天
門 因人
獲 升天 、
又
最
上 -718 ( 1) 重 、
罪
、 雖 古
聖人 莫能 自 進
而 閉塞
為 古 聖人 寄 、
2 天主
倒
霈 降 此 聖 之
以 攜 古聖 、 借出 升天 寄 (4) 所 、
是
也 、
、
謂 破
暗
府 者
故 、
信 經 第五
端
日 、
我
信 其
降 古
5
Nach den alten Klassikern und den Erklärungen der Heiligen und Weisen heißt es , dass es unter der Erde vier Schichten von großen Höhlen gibt . Die unterste [ Schicht] , der Kern der Erde, wird als „ das unterirdische Gefängnis “ (Hölle) bezeichnet und ist der dunkle Kerker, wo die bösen Teufel und bösen Menschen unter zehn tausend Verhängnissen für immer leiden . Eine Schicht darüber ist der bittere Ort, wo die Sünden geschmolzen werden (Fegefeuer). Unter den
Xin Hou
129
Anhängern der [Heiligen] Lehre, die glücklicherweise einen natürlichen Tod erlangen, haben manche jedoch bis zum Tode noch Werke nachzuholen, die [sie] im Leben nicht vollbringen konnten. Nach dem Tode werden [sie] vorerst an diesem Ort untergebracht, damit ihr Abschaum abgeschmolzen werden kann. Nachdem ihre Geister rein werden, können sie in den Himmel aufsteigen. Wie der eine Schicht darüber ist der Ort für die früh Verstorbenen (limbus puero rum). An diesem Ort gibt es weder Leiden noch Freude, da [die Bewohner die ses Ortes] auf der Welt unwissende kleine Kinder waren und weder böse noch gut waren. Daher ist die Vergeltung für sie weder mit Leiden noch mit Freude versehen. Allerdings wurden sie nicht getauft und können nicht in den Himmel aufsteigen, da sie die Ursünde haben. Und die oberste Schicht ist der Aufent haltsort der Heiligen aus den alten Zeiten [limbus patrum]. Seit dem Verstoß des Urahnen gegen das Gebot des Herrn des Himmels, wurde das himmlische Tor wegen der Sünden der Menschen verschlossen. Selbst die Heiligen aus den alten Zeiten konnten nicht hinein. Der Herr des Himmels ließ sie vorerst an diesem leidensfreien Ort unterbringen, bis der Herr auf die Welt herabstieg, den Tod erlitt und die Welt erlöste, dann wurde das himmlische Tor aufgestoßen. Daher kam der Heilige Geist unseres Herrn hinab an diesen Ort, um die Heili gen aus den alten Zeiten herauszuholen und gemeinsam in den Himmel aufzu steigen. Daher heißt das „den Sitz der Dunkelheit zu zerstören“. Der fünfte Ar tikel der „Glaubensschrift“ (des Glaubenbekenntnisses) lautet: Ich glaube, dass er an den Aufenthaltsort der Heiligen von den alten Zeiten hinabgekommen ist.344 So ist das. 棹慈航以登明宮。含靈於是乎旣濟。 [Er] ruderte das Schiff des Mitleids hinauf in den Palast des Lichts, [und] die Seelenbegabten wurden daraufhin erlöst. 此承上文、⑥言主降臨古聖寄所、拔其靈於暗府、棹其慈航、登之眞福之 明宮、而古聖之靈⑦久待而望濟者、於是而旣濟也、⑧ Da folgt es dem vorherigen Text und spricht davon, dass der Herr an den Auf enthaltsort der Heiligen aus den alten Zeiten hinabstieg und ihre Geister aus dem „Sitz der Dunkelheit“ herausholte, dann fuhr [er] sie mit dem „Schiff des Mitleids“ und ließ sie in den Lichtpalast des wahren Glücks hinaufsteigen. Die Geister der Heiligen aus den alten Zeiten, die sich schon lange nach Erlösung gesehnt hatten, wurden dann erlöst. 能事斯畢。亭午升眞。 Nachdem [er] das Mögliche dann vollbracht hatte, stieg [er] zur vollen Mittags stunde zur Wahrheit auf. 344
Vgl. Apostolisches Glaubensbekenntnis: ...gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage aufer standen von den Toten, aufgefahren in den Himmel..
130
Jesuiten und Nestorianismus
斯言吾主旣完贖世之工、死後第三日、聖 719①靈自古聖之寄所、回返聖 屍、復活如舊、後四十日、以厥本能、日午之時、當眾騰②空歸於天朝、 信經第六端曰、我信其升天、是也、③ 經解是端始末曰、吾主旣復活、四十日間、恒現宗徒、明示種種未來之事、 至期④各與撫慰、攜之登山、舉手降福、倏爾上升、同諸古聖、偕登於天、 天神齊降環衛、⑤音樂滿空、頌聲盈耳、漸升漸遠、聖徒目送而神馳、 時有彤雲、降遮、遂弗能見、宗⑥徒仰望、不忍下山、主遣二白衣天神、 降而諭之曰、仰誰耶、主今雖升天離汝、苐⑦至世末必複降、降時厥光灼 爍、於茲罔異、宗徒聞命以歸、主升諸天之上、安坐⑧聖父之右、統禦萬 物、厥國厥權、永弗易焉、720① Hier wird erzählt: Nachdem unser Herr das Werk der Erlösung der Welt voll bracht hatte, kehrte [sein] heiliger Geist am dritten Tag nach dem Tode vom Aufentshaltort der Heiligen aus den alten Zeiten in den heiligen Leichnam zu rück und ist wieder auferstanden. Vierzig Tage danach stieg er mit seiner ur sprünglichen Macht zur Mittagsstunde vor den Augen aller auf und kehrte ins Himmelsreich zurück. Der sechste Artikel der „Glaubensschrift“ lautet: Ich glaube, dass er in den Himmel aufgestiegen ist. So ist das. Die Schrift erklärte die Zusammenhänge dieses Artikels: Nachdem unser Herr wiederauferstanden war, erschien [er] innerhalb von vierzig Tagen ständig vor den Vorfahren Schülern und verkündete ihnen ausdrücklich verschiedene zukünftige Ereignis se. Als die Zeit [des Hinaufstieges] kam, tröstete er alle, bestieg gemeisam mit ihnen den Berg, hob die Hand und segnete [sie]. Auf einmal stieg [er] in die Luft auf und fuhr gemeisam mit den Heiligen aus den alten Zeiten in den Him mel. Die Himmelsgeister kamen gemeinsam herab und umhüllten [ihn]. Musik erfüllte den Himmel, die Ohren waren voll von den Stimmen der Lobpreisungen. [Sie] stiegen nach und nach immer weiter auf, die heiligen Schüler folgten ihnen mit den Augen voller Sehnsucht. Nun fiel eine rote Wolke herab und ver deckte [ihn], dann konnte [er] nicht mehr gesehen werden. Die Vorfahren Schüler blickten auf und konnten es nicht fertigbringen, vom Berg hinab zu gehen. Der Herr schickte zwei Himmelsgeister in Weiß herab und benachrich tigte sie: Zu wem schaut ihr hinauf? Obwohl der Herr nun in den Himmel auf gestiegen ist und euch verlassen hat, wird er zum Ende der Welt bestimmt wie der herabkommen. Wenn er [wieder] herabkommt, wird sein Glanz nicht anders als jetzt leuchten. Die Vorfahren-Schüler hörten die Anweisung und gingen daraufhin zurück. Der Herr stieg in den allerhöchsten Himmel, setzte sich fried lich auf die rechte Seite des Heiligen Vaters und herrschte über alle Dinge. Sein Reich und seine Macht bleiben unverändert für immer345.
345
Vgl. Mt 28:16-20; Mk 16:9-19; Lu 24:13-53; Apg 1:3-11.
Xin Hou
131
留 二十七 部 。
經
化
張 元
以 發
關 。
靈
An heiligen Texten blieben siebenundzwanzig Gruppen zurück, [in denen] die „ ursprüngliche Wandlung “ dargelegt ist , durch die der „ Pass des Geistes “ geöff net wird. 斯 舉 吾主 新教 ( 2 經典 之 數 、 二十 有 七 +
L ,
16
th ,
tit
未 開
、 正道 多
it
,
-
.
= ,
tit . 阻 、 異端
#
滿 路
PL , B1- ,
Et 46. 、
室 塞弗 通
、 吾主
*
部、
命 周 大地 、
方 、
始
隨
方 數
⑦ 正道 、
葆祿 聖
、 乃 聖 史 四 、 路加 聖 史 一 、
1631
#B , tit
既 降 、
躬
訓 ( 5) 本國、 性別
HE. #E ** = + 6+ 教 、
以 聖跡 去
而 始 行 大化 也 、
其
阻 、
以 實
理
辟 其
關 、
絲 是 天下
四
⑧
Da wird die Zahl der Schriften der neuen Lehre unseres Herrn erwähnt: Sie benundzwanzig, [davon ] heilige Geschichten vier [Bände ], ein [Band] heilige Geschichte von Lujia (Lukas) ein [Band] , heiliger Schüler Baolu (Paulus) vier zehn
[Bände ], Vorfahren - Schüler
Yagebo
( Jakob ) ein
[Band ],
Vorfahren
Schüler Boduoluo ( Petrus) zwei [ Bände] , Vorfahren - Schüler Ruowang (Johan nes ) vier [ Bände] , Vorfahren -Schüler Dadou (Thaddäus) ein [Band ].347 Yuan hua ( ursprüngliche Belehrung) bezieht sich auf die große Belehrung der Heili gen Lehre . Lingguan (Pass des Geistes) ist der Angelpunkt des richtigen Weges . Bevor unser Herr herabstieg, die große Belehrung war noch nicht durchgeführt, der richtige Weg war versperrt, Irrlehren waren überall auf diesem Weg, und der Weg war verstopft und nicht passierbar. Nachdem unser Herr herabgestie gen war, belehrte er selbst das eigene Land. Jedoch kannten die Menschen von den anderen Orten die Heilige Lehre nicht und verharrten noch in den alten Gebräuchen . Deswegen offenbarte der Herr den Vorfahren - Schülern die heili gen Geschichten in Stille , zusammengestellt als siebenundzwanzig Bücher von der Heiligen Schrift. [Er] ließ [die Vorfahren - Schüler] um die Welt reisen und überall die Lehre verkünden . Mit heiligen Taten entfernte [ er] die Hindernisse , mit wahrer Lehre öffnete [er] den Durchgang. [ Dann] sahen [die Menschen] überall in der Welt erst den richtigen Weg, und die große Belehrung wurde erst durchgeführt. 法 浴水風 。 涨浮華 而 潔 處 白 。 [ Ihrem ] Gesetz [ folgend] baden ( seine Anhänger] sich [in] Wasser und Wind, [wodurch ] sie unnützes Schmuckwerk abwaschen (und sich] zur Leerheit und Unbeflecktheit reinigen . 斯舉行聖水 之
禮 也
、
法 浴
#b, EB % , đã 似重 實 浮
、 人
躲
迷 焉 、
弗
7211 水
風 者 、
#,
JEFL ER ,
識真
福 之
領 洗 而入 教 也
、 浮華 者
、 今世 之
BR 25 CHẾVỀát , đE288 ,
路 、 吾主
制 立
聖 ( 3) 洗 之
禮 、
傳之
346 Im Originaltext der „ Nestorianischen Stele“ wird = + als # geschrieben . 347 Vier Bände heilige Geschichte bezieht sich auf die vier Evangelien
獲 去 罪
132
Jesuiten und Nestorianismus
垢、服從誡規、始輕視乎世榮之浮、而恒護其虛白之潔、經④紀聖洗之能、 至廣至大者故、⑤ Hier wird die Ausführung des Rituals des heiligen Wassers erwähnt. fayu shui feng ([Ihrem] Gesetz [folgend in] Wasser und Wind baden) bezieht sich darauf, dass [man] das heilige Bad (die Taufe) empfängt und sich der Lehre anschließt. Fuhua ist der oberflächliche Ruhm dieses Lebens, xubai (leer und weiß) bezieht sich darauf, dass beim Empfang der Taufe die Flecken der Sünde gleich entfernt werden. Der Geist ist dann sauber und rein. Der Ruhm dieses Lebens scheint zwar wichtig zu sein, ist aber in der Tat oberflächlich. Die Menschen sind alle davon besessen und erkennen den Weg des wahren Glücks nicht. Unser Herr hat das Ritual des heiligen Bades festgelegt und ließ sie (die Menschen) von den Flecken der Sünde befreien und die Gebote befolgen, und so wird (man) erst den eitlen Ruhm verachten und wird seine Reinheit bewahren. Daher erzählt die Schrift darüber, dass die Wirkungen des heiligen Bades äußerst groß und um fassend sind348. 約言聖洗之大能有三、一、洗原罪之汙、飾以聖寵、富以諸德、葢人受生 於其親、⑥而受人之性、因為人而有原罪、是為天主之讎、旣領聖洗、始 得為天主之子、而⑦後聖寵飾其神生、諸德之聚、繇是能致、二、盡獲本 罪之赦、三、全免諸罪之罰、領⑧洗之時、不論罪之輕重多寡、授洗之士、 不命領洗者行工、以刑戮抵其前非、卽 722①得厥赦、聖賢曰、未領洗者、 死人也、領洗始生、天主始紀其行、善者以之賞、惡者②以之罰、弗追其 未領洗之往失焉、③ Es gibt insgesamt drei große Wirkungen des heiligen Bades: Erstens, die Fle cken der Ursünde abwaschen, wobei [der Geist] mit der heiligen Gnade ge schmückt und mit allen Tugenden bereichert wird. Da man von den eigenen Eltern das Leben bekommt und das menschliche Wesen empfängt, hat [man] dann die Ursünde wegen dem Menschsein und ist auch deswegen ein Feind des Herrn des Himmels. Nachdem [man] das heilige Bad empfangen hat, kann [man] erst ein Sohn des Herrn des Himmels sein. Dann wird das geistige Leben durch die heilige Gnade geschmückt. So führt es dazu, dass sich alle Tugenden ver sammeln. Zweitens, die Eigensünde wird vollständig begnadigt. Drittens, die Strafe für alle Sünden wird völlig erlassen. Bei Empfang des Bades, gleichgültig ob die Sünden schwer oder leicht, viel oder wenig sind, wird der Empfänger des Bades sofort begnadigt, ohne dass der Badgebende (Täufer) ihn Werke leisten lässt oder ihn straft oder tötet, um seine früheren Fehler auszugleichen. Die Heiligen und Weisen sagten: Diejenigen, die kein Bad empfangen haben, sind Tote, [sie] leben erst nach dem Empfang des Bades, und der Herr des Himmels zeichnet erst dann ihre Taten auf. Die Guten werden danach belohnt und die Bösen wer
348
Vgl. Mk 16,16; Apg 2,38.
Xin Hou
133
den danach bestraft, ohne die früheren Fehler zu verfolgen, die sie vor dem Empfang des Bades begangen haben . 篤 瑪 聖人 日 、 上 三 能 、 解熱 也
、 受 ( 4) 聖 洗
歌 靈潔 6
無
皆 于 聖水 之 洗 切 應 、
者 、 並 受 聖龍 、
汗 、 受罪
罰之
赦 、
謝 德 之
厥 靈 免
水 之 為 物 、 光明 也 、 滌 垢 也 、
聚 、 厥 靈光 而無 黯
獄 火 之
熱 、 此
聖
、 受 往 罪 之
洗 有 取 于 水 之
赦 、
義 也
、
Der heilige Dauma [Thomas] sagte : All die drei oben [genannten ] Wirkungen entsprechen dem Baden mit dem heiligen Wasser . Als Ding ist das Wasser glänzend, schmutzentfernend und Hitze abkühlend. Die , die das heilige Bad empfangen , empfangen auch die heilige Gnade . Alle Tugenden teffen zusam men , ihre Geister sind glänzend und ohne Finsternis. [ Sie ] erlangen auch die Begnadigung von den früheren Sünden . Ihre Geister sind rein und unbefleckt. [ Sie) erhalten die Erlassung von der Strafe für die Sünden . Ihre Geister entge hen der Hitze des Feuers des [unterirdischen] Gefängnisses. Das ist die Bedeu tung des heiligen Bades , die vom Wasser kommt. 印 持 十字 。
融
四 照
” 以 合 無
拘 。
Sie bilden das Zeichen „ Kreuz “ ab und halten es , 350 [ welches] die „ vier strah lenden [Himmelsrichtungen ] “ verschmilzt und [ sie] ohne Beschränkung vereint. 斯 舉吾主 之
十字
寵 、 十字 聖 架
聖 架 也
、 其 四端 有
效法吾主 之
聖 愛
融
也 、 (2)
徹而
和睦
、 (7 主
、 無
命 教
四 極 之
內之
8)
拘 富貴 貧賤之
形、 等
、
人 、
恒
印 恒 持
凡 入教 者 、 宜 723 ( 1) 皆
必互
十字 、
以 保
奉 十字 愛
而
所受 之
聖 架 為 表
與 四方 普
聖
、
以
地 之 人
、
Hier wird das heilige Kreuz unseres Herrn erwähnt. Der Herr ließ die Anhänger der [Heiligen] Lehre immer das Kreuz als das Zeichen [in der Hand] halten, um die empfangene heilige Gnade zu bewahren . Die vier Enden des heiligen Kreu zes haben die Form von den vier Enden [der Himmelsrichtungen ). Die , die sich der Lehre anschließen , sollen das heilige Kreuz als ein Symbol erachten , um sich die heilige Liebe unseres Herrn zum Vorbild zu nehmen, ganz unbefangen von den Klassen wie reich und edel , arm und niedrig. Alle müssen sich gegen seitig lieben und mit allen Menschen überall auf der Welt vollständig friedlich und einträchtig [auskommen ). 或
問 、
和睦 關於 十字
絕 愛 、 弗克
3 相
聖 架 何 、
和 、 吾主
日 、 人
如 中人 、
方
主 命
、 為主 之
罐 、 被 主
惡
憎 、 彼此
降世 受難 於 十字 聖 架 、 為天下古今 罪人
獻 其 功 于 聖父 、 求 ( 4 ) 回 義 怒 、 複 垂 聖 慈 、 聖父 是 享受 吾主 之 功 愛
而
和 於
人 、
偉
祿 聖徒
其 寶血 傳 天 合
於 地 、 是
持 十字
時 、
聖 架 之
日 、 ( 5 )奇異 也 、
亞 難 推
人 思 厥愛
、
哉 、 吾主 之 大恩、
聖父 ( 6 為 十字
聖 架 之
而 和睦 於 人 、
又
自 甘
十字
聖 架 之
功 、 垂愛
於 我 、
苦 、 則 印
思 吾主 何故 受難 於 聖 架 、
349 Im Originaltext der ,Nestorianischen Stele
、
、即 垂 聖
wird 照 als 照 geschrieben .
350 Die Übersetzung an dieser Stelle habe ich nach der Erklärung von Diaz geändert. Die Übersetzung von Max Deeg lautet: Als Siegel haben sie das Zeichen „Kreuz “ .
134
Jesuiten und Nestorianismus
非為己、全為愛吾普世之人、吾人時時仰而思之、⑧聖架之形、恒在心目、 易效吾主愛、和睦之義、不切系乎、724① Manche fragen: Was hat Friede mit dem heiligen Kreuz zu tun? [Ich] sage: Die Menschen verstießen gegen das Gebot des Herrn, wurden Feinde des Herrn und vom Herrn verabscheut. Sie brachen die Liebe zueinander ab und konnten sich nicht aussöhnen. Unser Herr war wie ein Mittelsmann, [er] stieg herab und erlitt den Tod auf dem heiligen Kreuz, für die Sünder aller Zeiten auf der Welt brach te [er] dem Heiligen Vater dieses Verdienst dar, bat [ihn] darum, seinen gerech ten Zorn zurückzunehmen351 und [den Menschen] wieder die heilige Barmher zigkeit zu schenken. Der Heilige Vater erfreute sich des Verdienstes unseres Herrn, schenkte [den Menschen] dann gnädig die heilige Liebe und versöhnte sich mit den Menschen. Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte: Die große Gnade unseres Herrn ist bewundernswert. Er erlitt freiwillig die Leiden auf dem heiligen Kreuz. Sein kostbares Blut ließ den Himmel mit der Erde harmonie ren.352 So ist das. Wenn man daran denkt, dass der Heilige Vater uns gnädig die Liebe schenkt, wegen des Verdienstes [unseres Herrn] am heiligen Kreuz, ist es dann nicht schwierig diese Liebe abzuweisen, mit [anderen] Menschen zu harmonieren, während [wir] das heilige Kreuz als Zeichen halten? Es ist auch daran zu denken, warum unser Herr die Leiden am heiligen Kreuz erlitt? Nicht für ihn selbst, allein um uns Menschen auf der ganzen Welt zu lieben. Wir bewundern [ihn] und denken ständig an [ihn], und die Gestalt des heiligen Kreuzes ist immer in unseren Augen und Herzen. [Wir] sollen uns die Güte von Liebe und Frieden unseres Herrn zum Vorbild nehmen. Hängt es nicht eng zusammen? 擊木震仁惠之音。 [Sie] schlagen das Holz [und] rühren [damit] den Ton von Menschlichkeit und Barmherzigkeit. 擊木、鐸聲也、震、動也、斯以仁惠、明吾主之新敎②也、古敎甚嚴、戒 規繁而且厲、吾主降世、定為新敎、易從易守、若木鐸弘音、感發③人心、 而播其仁惠、④ „Mit Holz schlagen“ bezieht sich auf den Klang der Glocken. Zhen bedeutet auslösen. Mit Renhui (Menschlichkeit und Barmherzigkeit) wurde die neue Lehre unseres Herrn erklärt. Die alte Lehre war sehr streng, die Gebote und Regel sind mannigfaltig und rigoros. Unser Herr kam herab, setzte die neue 351
hui 回 ist eine alte Schreibweise vom Zeichen hui 回 und sollte an dieser Stelle als “zurücknehmen, ändern” ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem Artikel Yu Han Yu lun shiguan shu《與韓愈論史官書》vom Lieraten Liu Zongyuan 柳宗元 (773-819): Dao gou 352 zhi, sui si buke hui ye 道苟直, 雖死不可回也. Vgl. Kol 1:20 und durch ihn alles mit sich zu versöhnen, da er den Frieden wirkte durch sein Blut am Kreuze -, alles durch ihn, ob es auf Erden ist oder im Himmel.
Xin Hou
135
Lehre fest, die leicht zu befolgen und einzuhalten ist. Wie der prächtige Ton des Glockenklangs, berüht [die neue Lehre] die Herzen der Menschen und breitet ihre Menschlichkeit und Barmherzigkeit aus. 聖人解曰、經紀、天主降古敎之令、率每瑟聖人登山、授以古敎、時巨火 烏煙降⑤繞其山、颶風陡作、空中大變、雷轟霹靂、嚇聲弗止、聖人明其 故曰、古敎者、警人⑥之敎也、天主欲當時之人、畏厥威、懼厥罰、以守 厥戒、故懼者多、愛者寡、新敎始⑦興、卽有聖神降臨、聖神者、天主之 聖愛也、以示新敎乃仁惠之敎、吾主聖言為⑧仁惠之音、如木鐸之震擊然 也、主規厥徒曰、惟愛之一誡、總括吾敎、葆祿聖徒 725①亦雲、能愛天 主與愛人、乃為全守天主之敎、可知仁惠者故、② [Ein] Heiliger erklärte es: Die Schrift erzählt, dass der Herr des Himmels die Gebote der alten Lehre verkündete. [Er] führte den heiligen Meise (Mose) auf den Berg und lehrte ihn die „alte Lehre“. Zu dieser Zeit fielen riesige Feuer und schwarzer Rauch herunter und umschlssen den Berg, plötzlich wehte ein Sturm und es änderte sich stark im Himmel. Es donnerte und blitzte, und es gab pau senlos ein heulendes Geräusch353. Der Heilige erklärte den Grund und sagte: Die alte Lehre ist eine Lehre, die Menschen zu warnen. Der Herr des Himmels wollte, dass sich die Menschen jener Zeit vor seiner Macht und seiner Strafe fürchten, damit sie sich an die Gebote halten. Daher fürchteten sich viele vor [der alten Lehre] und nur wenige liebten [sie]. Erst als die neue Lehre entstand, kam der Heilige Geist sogleich herab. Der Heilige Geist ist die heilige Liebe des Herrn des Himmels. Dadurch wird gezeigt, dass die neue Lehre die Lehre der Menschlichkeit und der Barmherzigkeit ist und die heiligen Worte unseres Herrn der Klang der Menschlichkeit und der Barmherzigkeit sind, so wie das Holz die Glocken schlägt. Der Herr ermahnte seine Schüler: Allein das einzige Gebot der Liebe umfasst meine Lehre354. Der heilige Schüler Baolu (Paulus) sagte auch: [Wenn man] den Herrn des Himmels und die [anderen] Menschen lieben kann, dann hält [man sich] vollständig an die Lehre des Herrn des Him mels. So kann der Grund für Menschlichkeit und Barmherzigkeit erkannt wer den.355 東禮趣生榮之路。 [Sie] bringen dem Osten Verehrung dar [und] regen [dadurch] den Weg der ‚Eh re im Leben’ an. 斯言吾主在世之時、命人奉敬天主之禮、取向③東方、望獲天堂之常生、 眞福之光榮也、④
353
Vgl. Ex 19:16-19. Vgl. Mk 22:37-40. 355 Vgl. 1Joh 4:21 Und dieses Gebot haben wir von ihm: Wer Gott liebt, der liebe auch seinen Bruder. 354
136
Jesuiten und Nestorianismus
自古迄今、西國率以東向瞻禮天主、凡建天主聖堂聖台、厥向槩面西方、 瞻禮⑤者向東行禮、以示吾主如太陽東出、光照普地者然、吾主常曰、吾 為普地之太⑥陽、人從吾、弗陷於冥、 必獲常生之光、此東禮者故、⑦ Hier wird davon gesprochen, dass, als unser Herr auf der Welt war, [er] die Menschen beim Ritual der Ehrung des Herrn des Himmels sich nach Osten rich ten ließ und sich nach dem ewigen Leben im Himmelsreich und nach der Glorie des wahren Glücks sehnen ließ. Von früher bis heute richten sich die westlichen Länder bei der Ehrerbietung gegenüber dem Herrn des Himmels alle nach Osten und alle gebauten „heiligen Hallen“ (Kirchen) und „heiligen Tribünen“ (Altäre) richten sich nach Westen. Die der Ehrerbietung beiwohnen, beten Richtung Osten. Damit wird gezeigt, dass unser Herr wie die Sonne im Osten aufgeht und die ganze Welt beleuchtet. Unser Herr sagte oft: Ich bin die Sonne der ganzen Welt. Folgt [man] mir nach, wird [man] nicht in die Finsternis geraten und wird bestimmt das Licht des ewi gen Lebens erhalten.356 Das ist der Grund für die Ehrerbietung Richtung Osten. 存須所以有外行。削頂所以無內情。 [Sie] lassen [ihren] Bart stehen, da sie [noch] in der Welt handeln, [sie] rasieren den Scheitel, da sie keine inneren Leidenschaften [mehr] haben. 斯舉傳敎⑧之士、與受敎之人、厥益有七、斯條首舉其益之一、聖敎內修 士、勤治內外之神 726①功、槩存須削頂、自別于俗、聖人雲、伯鐸羅宗 徒首行此禮、其意有三、一則髪者、②身之余、意念之像也、修士剪一分、 留一分、以表專心事主、絶去累情、僅容少念、③以便身需、獲免饑寒、 利於修道、二則欲明修士、首戴吾主刺冠之像、以吾主攸④被之辱、戴為 吾榮、而首頂吾主受難之恩、三則示人宜欽厥位、識乃神王、伯鐸⑤羅宗 徒謂修士曰、爾皆天主選人也、皆聖人也、皆神王也、人宜欽者故、⑥ Hier werden die sieben Vorteile für die Edelmännern genannt, die die Lehre verkünden und von denen, die sich der Lehre angenommen haben. Dieser Satz nennt zuerst den ersten Vorteil: Die Vervollkommnung suchenden Edelmänner (Geistlichen) der Heiligen Lehre betreiben fleißig geistige Übungen im Inneren und nach aussen. Alle lassen sich den Bart wachsen und rasieren sich den Scheitel und unterscheiden sich von den Laien. Ein Heiliger sagte: Der Vorfah ren-Schüler Boduoluo (Petrus) hat als erster dieses Ritual ausgeführt. Es hat drei Bedeutungen: Erstens, Haare sind überflüssig für den Leib und sind ein Zeichen von Begierde. Die Vervollkommnung suchenden Edelmänner (Geistlichen) rasieren einen Teil weg und behalten einen Teil, um zu zeigen, dass sie mit gan zem Herzen dem Herrn dienen. [Sie] brechen überflüssige Begierden ab und lassen nur wenige Gedanken über die Bedürfnisse des Leibes zu, um nicht unter 356
Vgl. Joh 8:12 Abermals redete Jesus zu ihnen und sprach: "Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern gehen, sondern das Licht des Lebens haben."
Xin Hou
137
Hunger und Kälte zu leiden und die Vervollkommnung zu ermöglichen. Zwei tens, um klarzustellen, dass die Vervollkommnung suchenden Edelmänner auf dem Kopf das Symbol der Dornenkrone unseres Herrn tragen. [Sie] tragen die Schande, die unser Herr hingenommen hat, als unsere Ehre auf dem Kopf. So tragen [sie auch] die Gnade der Leiden unseres Herrn auf dem Kopf. Drittens, um zu zeigen, dass die Menschen die Stellung [der Vervollkommnung suchen den Edelmänner] achten sollen und erkennen, dass [sie] „Könige des Geis tes“ sind. Vorfahren-Schüler Boduoluo (Petrus) sagte zu den Vervollkommnung suchenden Edelmännern: Ihr seid vom Herrn des Himmels auserwählt, ihr seid alle Heilige und „Könige des Geistes“.357 Daher soll man [sie] achten. 不畜臧獲。均貴賤於人。 [Sie] halten keine Sklaven, machen keinen Unterschied bei den Menschen, [egal ob] niedrig [oder] hochstehend. 臧獲者、奴擄男女也、斯舉其宜之二、⑦西方敎人、從古及今、 毋得鬻 身、鬻妻、鬻子、與人為奴、惟傭工弗禁、斯不畜臧獲⑧者故、727① [Das Wort] Zanghuo bezieht sich auf die gefangenen Sklaven und Sklavinnen. Hier wird der zweite Vorteil genannt. Die Anhänger der [Heiligen] Lehre im Westen, von früher bis heute, dürfen weder sich selbst noch die Ehefrau, noch Kinder als Sklaven an andere verkaufen. Nur Lohndiener sind nicht verboten. Das ist der Grund für „halten keine Sklaven“. 敷敎之士、訓人無私、奬善責非、弗視貴賤、敎之如一、且敷敎至公、賢 愚僉受、主②語徒曰、爾輩太陽也、廣周普地、廣衍吾敎、從之者升、逆 之者降、解曰、太陽至公、③山谷並照、彼此均被、敷敎者效焉、又從敎 之眾品列勢殊、苐尊卑貴賤、各安厥④分、上弗陵下、下弗慢上、同等弗 欺、總如共父之子、視猶昆仲、斯又均貴賤者故、⑤ Die Edelmänner, die die Lehre verkünden, belehren die Menschen selbstlos. [Sie] belohnen die Güte und tadeln die Übel, egal ob [man] niedrig oder hoch stehend ist, [sie] belehren sie gleich. Ihre Verkündigung der Lehre ist auch äu ßerst gerecht und nimmt sowohl die Weisen als auch die Dummen auf. Der Herr sagte zu seinen Schülern: Ihr seid die Sonne, reist überall in die ganze Welt hin und verbreitet überall meine Lehre. Die, die sie befolgen, steigen auf; die, die widerstreben, stürzen ab358. Erklärung dazu: Die Sonne ist äußerst gerecht, be 357
Vgl. 1Petr 2:9 Ihr aber seid "ein auserwähltes Geschlecht", "eine königliche Priester schaft, ein geheiligtes Volk", "ein Volk, das dazu erworben wurde, damit ihr die Ruh mestaten dessen verkündet", der euch aus der Finsternis berufen hat in sein wunderbares Licht. 358 Vgl. Mt 5,14 Ihr seid das Licht der Welt. …. Mk 16,15-16 Und er sprach zu ihnen: „Geht hin in alle Welt und verkündet das Evange lium aller Kreatur. Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet werden; wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden.
138
Jesuiten und Nestorianismus
leuchtet sowohl den Berg als auch das Tal und erreicht diese und jene. Die, die die Lehre verkünden sind [der Sonne] ähnlich. Außerdem, sind die Massen der Anhänger der Lehre von der Stellung und Macht her verschieden, jedoch be nehmen sich alle anständig, die Hochstehenden sowie die Niedrigen. Die Obe ren demütigen die Unteren nicht und die Unteren missachten die Oberen nicht. [Alle] sind gleichgestellt und bedrängen sich nicht. Wie die Söhne von einem gemeinsamen Vater, betrachten [sie sich] als ältere und jüngere Brüder. Das ist der Grund von „machen keinen Unterschied zwischen Niedrigen und Hochste henden“ 不聚貨財。示罄遺於我。 [Sie] häufen keine Reichtümer an, zeigen gegen sich selbst Armut. 斯舉其益之三、聖敎內修士之工有⑥三、一救本靈、一救本身、 一救貧 人、旣入修會、非止弗私蓄斂、全以己有、周給貧⑦乏、⑧ Hier wird der dritte Vorteil genannt. Die Vervollkommnung suchenden Edel männer (Geistlichen) der Heiligen Lehre haben drei Bestrebungen: Eine ist, den eigenen Geist zu retten, eine andere ist, den eigenen Leib zu retten und eine andere ist, die Armen zu retten. Nachdem [man] der Gemeinschaft der Vervoll kommnung (Orden) beigetreten ist, hortet [er] nicht nur keine privaten Reich tümer mehr, sondern unterstüzt [er] auch die Armen mit allem, was [er] hat. 或問、貨財奚害于修、必以罄遺、曰、聖人皆雲、神貧之德、 輕己之身、 易遵修途、貨 728①財勢如重任桎梏、俾弗獲行、故修道者、棄絶貨財、 如捐重任、解桎梏、形神並輕、②修功若馳、 伯爾納聖人曰、神貧之德、 靈性之翼、如翬斯飛、弗煩漸習、 而一飛戾③天、斯之謂也、又修士以 周遊為職、弗去貨財、必圖存守、烏能脫然、克全本位、斯④又罄遺於我 者故、⑤ Manche fragen: Warum hindern Reichtümer die Vervollkommnung, sodass [man sie] unbedingt gänzlich wegschenken?359 [Ich] sage: Die Heiligen sagten alle: Die Tugend der Armut im Geist erleichtert den eigenen Köper und macht es leichter, den Weg der Vervollkommnung zu befolgen. Reichtümer sind wie eine schwere Last360 und Fesseln, lassen [einen] nicht vorangehen. Daher geben die nach Vervollkommnung Strebenden [ihre] Reichtümer auf, so wie man eine schwere Last ablegt und sich von [seinen] Fesseln befreit. Leib und Geist sind beide erleichtert, die Vervollkommnung [schreitet voran] wie der Galopp eines
359
wei 遺 sollte als „schenken, wegschenken“ ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem Geschichtsbuch Shiji《史記·魏公子列傳》: Yu hou wei zhi 欲厚遺之. 360 ren 任 sollte an dieser Stelle als „Last, Belastung“ ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem Klassiker Liji《禮記·祭義》: Banbaizhe buyi qi ren xinghu daolu 班白者不以 其任行乎道路.
Xin Hou
139
Pferdes361. Der heilige Boerna (Bernhart) sagte : Die Tugend der Armut im Geist ist der Flügel der geistigen Natur, so wie ein hui (bunter Fasan ) beim Fliegen, der keine Mühe scheut und nach und nach übt , und auf einmal hoch in den Himmel fliegt362. So ist das . Außerdem ist es die Aufgabe der Vervollkomm nung suchenden Edelmänner überall hin zu reisen . Wenn (sie] die Reichtümer nicht aufgeben, wollen [ sie sie) bestimmt horten und aufbewahren . Wie können [ sie] dann frei sein und das eigentliche Amt erfüllen ? Das ist der Grund dafür „ gegen sich selbst Armut zu zeigen “. 齋 以伏識而成 。 [Ihre] Fasten [ -Gewohnheiten bestehen im] Bezwingen ihrer Geistesaktivitäten 斯 舉 其
益 之
修士 、
齋
四、
乃 持齋 素
規 不一 、
、
有 終身 之
以 駛 本身 、 齋 、
雖 病
弗
弗
令 蕩 佚
違 、
、
有 半年 之
齋 、 有性 用 一 飯 一 水 之 齋 、 各依其 本 會 齋 規 、
以敗 (6 厥 靈 、 齋
、
有 惟
弟 聖教
用 菜羹 ( 7 之
以為 嚴守 、 8
Hier wird der vierte Vorteil genannt : Sich an das Fasten mit vegetarischem Es sen zu halten, um den eigenen Leib in den Griff zu kriegen , und ihn nicht ins Ausschweifende geraten zu lassen und dadurch den Geist nicht verderben zu lassen . Allerding sind die Fastenregeln bei den Vervollkommnung suchenden Edelmännern der Heiligen Lehre unterschiedlich. Es gibt lebenslanges Fasten, das bei Krankheitsfall auch nicht gebrochen wird; es gibt Fasten für ein halbes Jahr; es gibt Fasten nur mit Gemüsesuppe; es gibt Fasten nur mit ein Mal Essen und ein Mal Trinken [am Tag ], je nach den Fastenregeln der eigenen Gemein schaft, und daran halten ( sie] fest. 齋 之 為 益 、 廣 矣 難 悉 、 約 而言 之 、 正 諸 情 之 偏 、 乃 齋 之 本 德 也 、 如
不
馴 729( 1 之 馬
定 聖人 順 歸正 #
、
繼
以 繁
日 、
吾 龜 、
吾 聽 也
、
道 、
經
豐 育
僕
日 、
其
、
愈 悍 欲乘 而
、
則當
逆
而 難
正 行
其 逆
伏 、
、 彼 逆
、 (3)
斯之
減 其 而 謂 也
食 、
無
邪僻 、 我 、
解
人之 肉軀 、
弗
、 奧斯
強 以 齋 素 見 聖經 直
、
斯
解第四
4
Der Nutzen des Fastens ist zu umfangreich, um [ ihn vollständig] aufzuzählen. Allgemein ist zu sagen : Die ursprüngliche Tugend des Fastens ist, Abweichun gen aller Gefühle auszubessern . Der fleischliche Leib der Menschen ist wie ein 363 unzähmbares Pferd . Verwöhnt [man es) mit Gras und Getreide, [wird es]
361 Der Ausdruck ruochi # „ wie der Galopp eines Pferdes“ stammt aus dem daoisti schen Klassiker Zhuangzi ( 7FX7k ) : Wu zhi sheng ye, ruozhou ruochi #52E , 若驟 若馳。 362 Der Ausdruck litian F „ in den Himmel fliegen “ stammt aus dem Klassiker Shijing 《 詩 ·大雅 · 旱 麓 》 : huan feat litian 喬 飛 戾 天 , 363 huan bedeutet ,,mit (Getreide) füttern “ , chu heißt „mit Heu oder Grass füttern “ . Die zwei Zeichen kombiniert haben die Bedeutung von „ Vieh “ oder „ Fleisch vom Vieh “ wie zum Beispiel aus dem Klassiker Mengzi ( KFÉFE ) : Gu yili zhi yue woxin , you chuhuan zhi yue wokou # , SIA A. Jedoch wer den Sie an dieser Stelle von Diaz im Sinne von „Getreide und Gras“ verwendet .
140
Jesuiten und Nestorianismus
immer wilder und ungehorsamer und noch schwieriger zu zähmen. Verringert [man] sein Futter, wird [es] bestimmt gezähmt. Der heilige Aosiding (Augusti nus) sagte: Mein Leib ist mein Esel. [Ich] möchte auf ihm reiten und gerade gehen, [aber] er widerstrebt und geht schräg. Ich zwinge [ihn] mit Fasten mit vegetarischem Essen, dann kehrt er gehorsam wieder auf den richtigen Weg zurück“. Die Schrift sagt: [Wenn man] seine Knechte zügellos verwöhnt, dann [muss man] deren Ungehorsamkeit ertragen. So ist das. Die Erklärung dazu sieht man im dritten Band des [Buches] „Shengjing zhijie“ (Direkte Interpreta tion der Heiligen Schrift). 戒以靜愼364為固。 ihre Verhaltensregeln sind gefestigt in Ruhe und Aufmerksamkeit 斯舉其益之五、乃守聖敎之十誡也、十誡之目曰、一⑤欽崇一天主萬有之 上、二毋呼天主聖名以發虛誓、三守瞻禮之日、四孝敬父⑥母、五毋殺人、 六毋行邪淫、七毋偷盜、八毋妄證、九毋願他人妻、十毋貪他人財⑦物、 解見滌罪正規、解略諸書、⑧ Hier wird der fünfte Vorteil genannt: Sich an die zehn Gebote der Heiligen Leh re zu halten. Die Artikel der zehn Gebote sind: Erstens, den einzigen Herrn des Himmels verehren, der über zehntausende Gegebenheiten ist; zweitens, nicht den heiligen Namen des Herrn des Himmels für leere Schwüre rufen; drittens, sich an den Tag der Ehrerbietung halten; viertens, die Eltern ehren und achten; fünftens, nicht töten; sechstens, keine Unzucht begehen; siebtens, nicht stehlen; achtens, kein falsches Zeugnis [ablegen]; neuntens, die Frauen von anderen nicht begehren; zehntens, die Reichtümer von anderen nicht begehren. Die Erklärungen sieht [man] in den [Büchern] „Dizui zhengui“ (Richtige Regeln zum Abwaschen der Sünden) und „Jielüe“ (Bündige Erklärungen).365 或問、十誡為修士之工、在敎諸人亦共守否、曰、奚止在敎之人當守、雖 普地之 730①人盡攝焉、譬之大君禦宇、普天率土、莫逃厥制、苟或不服、 必屬刑誅、繇是觀之、②世人皆天主所生、十誡者、生人之度、盡屬其生、 卽盡惟其制矣、奚逃焉、③ Manche fragen: [Die Einhaltung] der zehn Gebote ist das Werk der Vervoll kommnung suchenden Edelmänner, sollen sich alle Anhänger der [Heiligen] Lehre auch gemeinsam daran halten? [Ich] sage: Nicht nur die Anhänger der [Heiligen] Lehre sollen sich daran halten, sondern auch die Menschen der gan zen Welt sind davon erfasst. So wie ein großer Herrscher, der über die ganze
364
In der Inschrift der „Nestorianischen Stele“ wird das Zeichen statt 愼 als 慎 ge schreiben. 365Jielüe 解略 sollte die Abkürzung vom Buchtitel Jiaoyao jielüe 教要解略 (Stichwort artige Erklärung der Grundglaubenssätze) sein. Das Buch wurde von Alfonso Vagnoni verfasst.
Xin Hou
141
Welt regiert. 366 Keiner auf der Welt367 kann seinen Gesetzen entgehen . Wenn jemand ( sie) nicht befolgt, wird er bestimmt bestraft. Dadurch sieht [man ], dass alle Menschen vom Herrn des Himmels erschaffen sind . Die zehn Gebote sind die Gesetze für die erschaffenen Menschen. Alle sind von ihm erschaffen, dann 369 befolgen 168 alle auch seine Gesetze wer kann [davon ] entkommen ? X,
IZ
ZRT .
MTTS
FÈ,
教 與否 、 盡 當 任重 、 或 入
恪 (5 守
緊束 難 卸 、
或 否
、
疇
INŽEŠ ,
能
、 聖人
A F
示警 外教 諸人
日 、
ŠIE , 6. #
£
、
爾 輩 母
從天主 生民 至今 、 ( 7 以 泊
.
* DMI 放 意自欺 、 母
弗 堪 其 ( 6 ) 負 、 吾 寧弗 入 其 教 、 籲 医 、 卸之
p
世 末
、
何
謂 十 識
、斯心斯計 、
人 何時 能
脱 天主
之 十誠乎 、 Außerdem hat jeder menschliche Geist eine gute [Urteilsfähigkeit] zwischen Recht und Unrecht. Das Recht soll eingesetzt werden und das Unrecht soll be hoben werden . Wenn [man] dem Unrecht folgt, dann handelt [man ] seinem Wesen zuwider und sündigt vor dem Herrn des Himmels. Die zehn Gebote sind alle äußerst angemessene Gesetze und stützen sich eigentlich auf das Licht des ursprünglichen Wesens der Menschen. Deswegen sollen sich alle , wer auch immer, Anhänger der Lehre oder Außenstehende, achtsam daran halten. Ein Heiliger warnte die Außenstehenden und sagte: Täuscht euch nicht selbst will kürlich, sagt nicht, dass die Last der zehn Gebote schwer, eng fesselnd und schwer abzulegen ist; dass [ihr] diese Last nicht ertragen könntet und lieber der 370 [Gemeinschaft] dieser Lehre nicht beitretet . Ach so dumm sind diese Gedan ken und Betrachtungen. Beitreten oder nicht beitreten, wie kann man [ die zehn Gebote ] ablegen? Von der Erschaffung der Menschen des Herrn des Himmels bis heute und bis zum Ende der Welt , wer kann den zehn Geboten des Herrn des Himmels entkommen und wann ? 8 論 守 經 日
誠 之 樂 、 心靜 而 安
、 厥
靈 安
7310 樂
、
、 時 煌 戒備
、 慎防將來 、 根本 益
如 坐 盛筵 、 珍奇
既 滿 、
固 、 益
難 撼 搖
虞 糖食 、 莫能 度 生
、
、 弗
366 Der Ausdruck yuyu 1
bedeutet „ über die Welt herrschen “ . Ein Beispiel aus dem
Geschichtsbuch Nanqishu ( TF ) : Fangjin shengli yuyu, chuixun wuqiong 方今 聖 曆 禦宇 , 垂 訓無窮 , 367 Der Ausdruck putian shuaitu * £ „ der ganze Himmel und die gesamte Er de“ stammt aus dem Klassiker Shijing ( 117. Ew ) : Putian zhixia mofei wangtu , shuaitu zhibin mofei wangchen EŽT, EF; * IZA , JIE . 368 wei le sollte an dieser Stelle als ,,befolgen " ausgelegt warden . Ein Beispiel dazu aus der Literatursammlung Guangyang zaji ( 15 * 4.2 ) : Daguo gou buyiweiran ye, ze yi weiming er 大 國 苟 不以為然 也 , 則 惟 命 耳 , 369 zhi # sollte an dieser Stelle als ,, Gesetz“ ausgelegt werden . Ein Beispiel aus dem Geschichtsbuch Shuyi 史 《 記· 禮 書 》 : Shan cuto dianzhi 擅 作 典 制 , 370 Der Ausdruck yujie I „ ach “ kam aus dem Klassiker Shijing ( # # # .cĘ ) : Yujie jiu xi, wushi sangshen S , BRU
142
Jesuiten und Nestorianismus
懼弗怯、威儀秩如、又若獅居劣②獸之羣、嶽鎭巨風之變、曾弗少動、安 哉、其守誡之樂乎、 Über die Freude der Einhaltung der Gebote: Das Herz ist ruhig und friedlich, [man] ist jederzeit nüchtern und wachsam und beugt sorgfältig für die Zukunft vor. Das Fundament wird immer fester, und [der Glaube] wird immer schwerer zu erschüttern. Die Schrift sagt: Der Geist ist friedlich und glücklich, wie bei einem üppigen Festmahl. Als es voll seltener Kostbarkeiten ist, warum macht [man] sich noch Sorgen darum, dass man mit dem schlechten Essen nicht über leben kann? [Man hat] keine Furcht und Angst, und das Gebaren ist imponie rend und würdevoll371. [Man ist] auch wie ein Löwe, der sich unter der Schar der unterlegenen Tiere befindet; wie ein großer Berg fest in einem starken Sturm sitzt und sich nicht im Geringsten bewegt372. So friedlich ist die Freude, sich an die Gebote zu halten. ③論犯誡之異、經曰、惡人入無畏之地、厥心恒悸、如在大畏之中、見害 微影、輒生④戰慄、視如實患、厥心猶恒沸不寕之海、猶恒飄弗止之風、 如犯王法者、聞衛士⑤之叩門、驚怖而無少寕、犯誡之危、不甚可驚耶、 Über das Unheil des Verstoßes gegen die Gebote sagt die Schrift: [Wenn] die bösen Menschen einen ungefährlichen Platz betreten, klopfen ihre Herzen stän dig mit Angst, wie wenn [man] sich mitten in großer Gefahr befindet. [Wenn sie] die geringste Spur sehen oder spüren, fangen [sie] sofort zu zittern an und be trachten [es] als tatsächliche Gefahr. Ihre Herzen sind wie siedendes und unru higes Meer; wie immer wehende und nicht aufhörende Winde; wie diejenigen, die gegen die königlichen Gesetze verstoßen haben, die Soldaten an die Tür klopfen hören, ängstlich und furchtsam ohne geringste Ruhe. Ist [es] nicht sehr erschreckend? ⑥七時禮贊。大庇存亡。 Siebenmal [am Tage] verehren und lobpreisen [sie und] sind ein großer Schutz für die Lebenden und die Toten 斯舉其益之六、言聖敎修士、旣登聖會品⑦級之尊、誦經之工、每日七次、 不得少缺、其誦經之益、不特施及在敎生人、並及⑧在敎亡者、或在煉所、 未獲升天、因賴修士禮贊之工、獲拯厥苦、信經第九端曰、732①諸聖相 通功、是也、 Hier wird der sechste Vorteil genannt: Nachdem die Vervollkommnung suchen den Edelmänner der Heiligen Lehre die Ehre eines Ranges in der heiligen Ge meinschaft angenommen haben, beten sie sieben Mal am Tag, was nicht ausge lassen werden darf. Der Nutzen ihres Gebetes wirkt sich nicht nur auf die le 371
weiyi zhiru 威儀秩如 wird auch häufig als weiyi zhizhi 威儀秩秩 geschrieben. Die ser Ausdruck kommt ebenfalls aus dem Klassiker Shijing《詩·大雅·假樂》: Weiyi yiyi, deyin zhizhi 威儀抑抑,德音秩秩. 372 Vgl. Spr 30,30 der Löwe, der Held aller Tiere, der auch vor niemandem kehrtmacht.
Xin Hou
143
benden Anhänger der Lehre aus, sondern auch auf die verstorbenen . Manche befinden sich am Ort des Abschmelzens ( Fegefeuer) und dürfen nicht in den Himmel aufsteigen . Daher sind [ sie] auf die Ehreerbietung und Lobpreisung von den Vervollkommnung suchenden Edelmännern angewiesen, um von ihrem Leiden erlöst werden zu können . Der neunte Artikel der „ Glaubensschrift“ lau tet : Die Verdienste aller Heiligen verbinden sich miteinander (die Geimein schaft der Heiligen) . So ist das . (2 昔 達 未 聖王 、
解 通
功之
端 、
每 行善 功 、 (3 ) 厥 功 廣 厥 根 厥
吸 潤 、
引貫 百
脈相通、
枝 、
聖教 善人 、
竊 自
忻幸
、
呼主
日、
我 幸
者
哉 、 彼 畏 主 者
、
溢 、 以及 于 吾、 解 日 、 聖 會如 茂樹 、 善人 乃 厥 枝 也 、
並
受其
厥 等
雖
利 、又如美 大 之
殊 、
通(5) 功之
軀 、 善人 為
利、
一 而已 矣
肢 、 肢 雖 匪
一 、
、
Früher erkannnte der heilige König Dawei (David) , dass die Verdienste sich miteinander verbinden , schätzte sich insgeheim glücklich, rief den Herrn und sagte: Ich bin ja ein glücklicher Mensch ! Immer wenn die , die vor dem Herrn Ehrfurcht haben , gute Taten vollbringen , fließt ihr Verdienst über und begüns tigt auch mich . Erklärung dazu : Die heilige Gemeischaft ist wie ein gedeihender Baum , die guten Menschen sind die Zweige . Die Wurzel saugt Feuchtigkeit auf, fihirt [ sie] durch die hundert Zweige und [ die Zweige] werden auch davon be günstigt. [Die heilige Gemeinschaft) ist auch wie ein großer schöner Leib . Die guten Menschen sind die Glieder. Obwohl es mehrere Glieder gibt, verbinden sich ihre Arterien und Venen miteinander. Die Stellungen der guten Menschen in [der Gemeinschaft] der Heiligen Lehre sind zwar unterschiedliche, aber die Gunst der „ Verbindung der Verdienste “ ist [bei allen] gleich . ( 6 ) 廣 哉 通 功之利 、
弗 弟 及 于 生人 、 煉 所 之 靈 、 並 受其 益 、 善人 為 煉所 之 靈 、
獻 功 於
厥 苦 、
7 主 、 克
而 升天
愈
近 、 或
速 拔 之
、 傳
得
升 也
、
So weitreichend ist die Gunst der „ Verbindung der Verdienste “ . [ Sie] erreicht nicht nur die lebenden Menschen , sondern auch die Geister am Ort des Ab schmelzens . Die guten Menschen erbringen vor dem Herrn Verdienste für die Geister am Ort des Abschmelzens. Dadurch kann ihr Leiden verringert werden und ( sie) nähern sich immer mehr dem Aufstieg in den Himmel , oder sie wer den rasch ausgewählt und können ( in den Himmel] aufsteigen. 8 ) 又 聖 會 善士 、 並 通天 國 聖人 之 功 、 聖人 在 天主 之前 、恒 為 彼 析 、 天主 因 聖人 功 733 (1 德 、 而恒 允 之 、 (2 或 問
、 通 功 之利 、
殊 、 禍福 自 必弗能 真 立 能 通 、
通
功 於 人
百 肢 長
超性 之
愛
、
突 獨 益 夫 聖 會 之 善人 、
別 、 ( 3 )在教 善
功 、 、
以 申佑寿 、
外人
、
既不
( 4 ) 非 真善 、 能共用善 ( 5 ) 人 之
養 、 聖 會 之中 、 愛德 自 斷 筋脈之
連
、
烏
領 洗 則其 善
而 等 罪人 弗 與 、
不 信天主 聖教 、 先 自 究 歸於
功 、 益
博
削 聖人
如 筋 、 善 (6 人
能 與 共通
功之
惡 、 又
互 愛 、
恩平
、
日、 絕 其
在教 惡人 、 日 、
筋 連 百
因共通 愛德 之
善惡 既 萬 善 無
之
根 、
功 於
己 、
肢 、 氣血 乃 功 、 罪人 自
絕 、
在 人心 、 有如
144
Jesuiten und Nestorianismus
湧泉、滿而洋溢、善人能通其流、俾無所阻、引而受潤、惡人⑧反是、罪 塞其流、靈自枯槁、弗獲受潤、奚異乎、 Außerdem verbinden sich die guten [Vervollkommnung suchenden] Edelmän ner der heiligen Gemeinschaft auch mit den Verdiensten der Heiligen im Him melreich. Die Heiligen beten ständig vor dem Herrn des Himmels für sie, und der Herr des Himmels erhört auch immer die Gebete und segnet [sie] wegen der Verdienste der Heiligen. Manche fragen: Warum begünstigt der Nutzen der „Verbindung der Verdiens te“ allein die guten Menschen der heiligen Gemeinschaft, aber das normale Volk und die Sünder nicht? [Ich sage]: Weil die Guten und die Bösen sich von einander unterscheiden, unterscheiden sie sich auch im Glück und Unheil. Da die Außenstehenden kein [heiliges] Bad empfangen haben und nicht an die Hei lige Lehre des Herrn des Himmels glauben, schneiden sie zuerst selbst ihre Wurzel zu allem Guten ab und können bestimmt nicht wirklich gute Verdienste leisten. Da es keine richtige Güte ist, gehört ihre Güte schließlich zu den Übeln. Die bösen Menschen in der [heiligen Gemeinschaft] der Lehre wiederum, haben nicht einmal Verdienste für sich selbst, wie können sie dann Verdienste mit den anderen verbinden und die Verdienste der guten Menschen mitgenießen? Der heilige Angboxiao (Ambrosius)373 sagte: Die Sehne verbindet hundert Glieder, dann können Luft (Energie) und Blut erst durchgehen und die hundert Glieder werden ständig versorgt. Innerhalb der heiligen Gemeinschaft ist die „Tugend der Liebe“ wie die Sehne. Die guten Menschen lieben sich gegenseitig, daher verbinden sich auch ihre Verdienste. Die Bösen haben selbst die „übernatürliche Liebe“ abgebrochen und die Verbindung der Sehne abgeschnitten. Wie können sie dann die Gnade der Verbindung der Verdienste mitgenießen? Die „Tugend der Liebe“ im Herzen der Menschen ist wie eine sprudelnde Quelle, [sie] ist voll und strömt über. Die guten Menschen können ihre Ströme [miteinander] verbinden und lassen diese nicht versperren, leiten [sie zu sich] ab und werden dann befeuchtet. Bei den Bösen ist es umgekehrt, die Sünden versperren die Ströme, der Geist wird natürlich verwelken und kann nicht angefeuchtet werden. Worüber wundert man sich? 734① 七日一薦洗心反素。 alle sieben Tage reinigen [sie ihren] Geist [und] bringen [diesen somit] zur Ein fachheit zurück. 斯舉其益之七、言瞻禮之主日也、聖敎內②每七日之一日、謂之主日、在 大統厯、日遇房、虛、昂、星、太陽之日、是也、 薦者、獻祭③也、聖 敎內有獻天主聖祭之禮、其能利之大、湔滌司祭之心、俾存其潔、而無汙
373
Bei der heutigen chinesischen Transkripton in der katholischen Kirche wird dieser Name als Anbo 安博 übersetzt. Hier handelt es sich um den Kirchenlehrer Ambrosius (um 340 - 397), Bischof von Mailand.
Xin Hou
145
④也、七日一薦者、特指主日之公祭、集眾瞻禮而言也、若司祭之士、每 晨奉祭、不⑤必眾集、謂私祭焉、 Hier wird der siebte Vorteil genannt: Es wird vom „Tag des Herrn“ für die Ehr erbietung erzählt. In der Heiligen Lehre wird der Tag aller sieben Tage als „Tag des Herrn“ bezeichnet. Nach dem „Datong-Kalender“374 sind [diese Tage] die hellsten Tage375, an den die Sonne [in den Steinbildern] von fang, xu, ang, xing376 steht. jian bedeutet „Opfer darzubringen“. In der Heiligen Lehre gibt es das Ritual, dem Herrn des Himmels heilige Opfer darzubringen. Der Nutzen und die Gunst [der Darbringung] sind so groß, dass das Herz des Opferführers (Priesters) gereinigt wird und seine Reinheit ohne Flecken verwahrt wird. „Alle sieben Tage ein Mal Opfer darzubringen“ bezieht sich besonders auf das „öf fentliche Opfern“ am Tag des Herrn, bei dem die Massen sich versammeln und Ehrerbietung abhalten. Wenn die Opferführer jeden Morgen [dem Herrn] opfern, müssen sich die Massen nicht versammeln, [dann] heißt es „privates Opfern“. ⑥或問、聖敎主日者何義、眾集攸行者何工、曰、主日之義淵矣、敎眾之 工、善矣、主⑦日者、乃天主始造天地人物之日也、 敎人是日當謝造成 之恩、至日槩罷俗務、⑧蚤趨聖堂、瞻禮致謝、可識是日為大賚之日矣、 奧斯定聖人曰、今世之首日、主 735①日也、又古敎之眾被擄、而久羈異 國、天主脫之於擄、命還本國、時有大海阻前、②眾不得渡、天主分濤成 路、眾乃得行、猶履平地、此開海之日、主日也、又古敎之③眾、行路之 時、途中絶糧、無法濟餒、天主從空降食、厥味至飴、眾藉以飽、此降食 ④之首日、主日也、又吾主聖誕之日、及復活之日、及聖神降臨之日、皆 為主日、卽⑤今世終末之日、亦必在於主日、是貴主日者故、 Manche fragen: Was ist die Bedeutung des Tages des Herrn der Heiligen Lehre? Was wird bei der Versammlung der Massen geleistet? [Ich sage]: Die Bedeu tung vom Tag des Herrn ist tiefgründig und das Werk der Massen der [Heiligen] Lehre ist gut. Der Tag des Herrn ist der Tag [an dem] der Herr des Himmels den 374
Der Datong-Kalender 大統厯 ist der von der Gründung der Ming-Dynastie bis An fang Qing-Zeit geltende OffizialKalender in China, dessen Ursprung auf den Shoushi Kanlendar 授時曆 vom Yuan-zeitlichen Astronomen Guo Shoujing 郭守敬 (1231-1316) zurückführt. Als Ergänzung zum Datong-Kalender wurde in der Ming-Zeit auch der arabische Huihui-Kalender 回回曆 anerkannt. Wegen immer häufigerem Auftreten von Fehlberechnungen beim Datong-Kalender engagierte die chinesische Regierung ab Ende der Ming-Zeit die Jesuiten-Missionare zur Sanierung des Kalendersystems. 375 Aus dem Kontext sollte taiyang 太陽 an dieser Stelle nicht als „Sonne“ ausgelegt werden, sondern als „am hellsten, am wärmsten“. Diese Bedeutung war im Altchinesi schen gebräuchlich. Ein Beispiel dazu aus einem Artikel des Literaten Dong Zhongshu 董仲舒 (179-104 v. Chr.) Chunqiu Fanlu《春秋繁露·陰陽終始》:Gu zhichun shayang…zhixia taiyang 故至春少陽….. 至夏太陽. 376 fang 房 (Zimmer), xu 虛 (Leere), ang 昂 (haariger Kopf), xing 星 (Stern) sind Be zeichnungen von Sternbildern der traditionellen chinesischen Astronomie, bei welcher insgesamt 28 Sternbilder vorkommen.
146
Jesuiten und Nestorianismus
Himmel, die Erde, die Dinge und die Menschen erst [komplett] erschaffen hat. Die Anhänger der Lehre sollen sich an diesem Tag für die Gnade der Schöpfung bedanken. An diesem Tag hören alle mit den gewöhnlichen Arbeiten auf, eilen früh377 in die „heiligen Hallen“, halten Ehrerbietung ab und bedanken sich. Es ist zu erkennen, dass dieser Tag der Tag der großen Schenkung ist. Der heilige Aosiding (Augustinus) sagte: Der ertse Tag dieser Welt war ein „Tag des Herrn“. Und die Massen [der Anhänger] der „alten Lehre“ wurden [einmal] gefangen genommen und wurden lange in [einem] fremden Land angehalten. Der Herr des Himmels befreite sie aus der Gefangenschaft und ließ sie zurück ins Heimatland kehren. Dann lag das Meer als Hindernis vor [ihnen], und die Massen konnten nicht übersetzen. Der Herr des Himmels teilte die Wellen und machte einen Weg daraus, dann konnten die Massen erst durchgehen, wie auf ebenem Boden378. Dieser Tag, an dem das Meer geteilt wurde, war ein „Tag des Herrn. Und als die Massen der „alten Lehre“ fort maschierten, ging [ihnen] unterwegs das Essen aus, und [sie] konnten den Hunger nicht mehr stillen. Der „Herr des Himmels“ ließ Essen von Himmel hinabfallen, dessen Geschmack äußerst süß war, und damit wurden die Massen satt.379 Der erste von diesen Tagen, an dem das Essen vom Himmel hinabfiel, war ein Tag des Herrn. Au ßerdem sind der Tag der heiligen Geburt und der Tag der Auferstehung unseres Herrn, sowie der Tag des Herabstiegs des Heiligen Geistes alle „Tage des Herrn“. Selbst der Tag des Endes dieser Welt wird bestimmt auch an einem „Tag des Herrn“ sein. Das sind die Gründe, warum der „Tag des Herrn“ so ge schätzt wird. ⑥在敎眾人、每遇主日、槩歇百工、恭詣聖殿瞻禮、與祭、聽講聖道、誦 經、祈禱或為⑦君親、或為仕民、或為親友、並祈天主垂賜佑庇、凡在敎 者、為己滌靈、為人祈福、⑧皆主日之工、可識其善、736① Die Anhänger der Lehre hören alle mit den Arbeiten auf immer wenn der Tag des Herrn kommt. [Sie] suchen respektvoll die „heilige Halle“ auf, halten Ehr erbietung ab, nehmen am Opfern teil, hören sich die Auslegung der Heiligen Lehre an, lesen Gebete vor und beten entweder für Herrscher und Eltern oder für Beamte und Volk oder für Verwandte und Freunde. Auch bitten [sie] den Herrn des Himmels um Segen und Schutz. Den eigenen Geist zu reinigen, Se gen für andere zu erbitten, diese sind für alle Anhänger der Lehre das Werk am Tag des Herrn. Dadurch ist der Nutzen [des Tages des Herrn] zu erkennen.
377
zao 蚤 „Floh“ ist eine phonetische Entlehnung für das Zeichen zao 早 und bedeutet „früh“. 378 Vgl. Exo 14:8-29. 379 Vgl. Exo 16:3-18.
Xu
員 警
147
之 道
。
妙而
難 名
。
功用 昭彰。
強 稱 景教 。
Der wahrhafte, ewige Weg (dao) ist sublim [und] schwer nennbar, [sein ] vor teilhafter Wandel klar und deutlich – [man ) nennt ihn notwendigerweise „ Strah lende Lehre " . 詳 聖教 七 益 之
槃 、 茲 約 其
之 道 (3)為
真
道 、
為
永 嘗
種種 聖 情
、
非 ( 4 )名言 之
The
不息 之 克 竞
、
5t
妙 、 蓋 言 聖教為 真主 道
、
厥
且 厥
妙 難 名
用光 光大
、 自
、
建 之
三
一之
奧
凡世間 所有 之
教 、 惟 真主 聖教 、
以迄
稱 名
、
分身 之 槃
奇
、
難 克肖 、
. Z. 6
Nachdem die sieben Vorteile der Heiligen Lehre allgemein erklärt wurden , werden hier ihre Mysterien kurzerwähnt. Das heißt, die Heilige Lehre ist die Lehre , die vom wahren Herrn gegründet worden ist . Nur der Weg der Heiligen Lehre des wahren Herrn ist der wahre Weg und auch der Weg, der ewig [ besteht] und niemals aufhört. Ihre Mysterien lassen sich schwer beschreiben – vom Mysterium der Dreieinigkeit bis zum Wunder des Teilungskörpers, all diese Heiligkeiten können nicht vollständig mit Worten und Bezeichnungen [be schrieben ] werden . Außerdem ist ihr Nutzen so glänzend und großartig, dass alle Bezeichnungen , die es auf der Welt gibt , ihr nicht entsprechen können . Gezwungenermaßen nennt [man] sie Jingjiao ( Strahlende Lehre ), mit der Be deutung von „ Licht und groß “ . (H)
381
754.
t.
## . #TAA .
Allein, der Weg ohne Heiligen verbreitet sich nicht, [ aber auch ] der Heilige ohne Weg wird nicht groß - [wenn aber) der Weg ( und der] Heilige sich ver bünden, [dann ist] Kultiviertheit und Klarheit in der Welt. 言 國 主 助 聖教 之 廣 、 聖教 助 國 主 之 光 、 茶 聖教 流行 之 益 、 綠 帝王 從 奉 、 居 8110. tin
TX , Mt. 7371
Es wird davon gesprochen , dass die Herrscher des Landes die Verbreitung der Heiligen Lehre fördern und die Heilige Lehre den Glanz der Herrscher fördert, da die zunehmende Verbreitung der Heiligen Lehre darauf beruht, dass die Kai er und die Könige [s
] befolgen und (s
noben fördern . Der große Weg
verbreitet sich, und mit der Unterstützung des Gesetzes der [Heiligen] Lehre wird die kaiserliche Ordnung882 glänzend verwirklicht. 或 問 、 帝王 益 而 多
阻 者
善法 以
、
禦 之
聖教 者 2) 一
、
期民
何
、
日 、
則舊 習
難
割、
3
於 善
、
聖賢 皆雲 、 帝王 者 、 一
則 欲 情 恣肆 、
不甚難 乎
、
用善法
一
行道 之
車
貪利味 則 理
以 禦 之
者
善 也
、
凡人 或
聞
教
非 帝王
用
、 若能 躬行
其
、 苟
380 TË werden in der Inschrift der „ Nestorianischen Stele“ als 1 geschrieben . Im Vergleich zur Inschrift der „ Nestorianischen Stele“ fehlt an dieser Stelle das Zei chenwe11 , wa , ur, allein, aber“ bedeutet. 382 Ein ähnlicher Ausdruck wie huangyou xizou findet sich auch im Ge schichtsbuch Songshi ( # # ++ ) : Wangdao tantan , huangyou xixi II 19 18 , e
381
148
Jesuiten und Nestorianismus
道以帥之、尤善之善也、帝④王之勢、譬之宗動天然、晝夜恒運、樞紐九 重、力能帶下、 強之同動、熱落聖人曰、⑤上者、民帥也、敎善、而民 善、民之太陽也、體光、而地光、民之書楷也、模端、而字端、⑥民之明 鑒也、光徹、而容徹、民之表度也、本正、而影正、此帝王從守聖敎、上 行下⑦效、而異端邪說、不得而阻之也、 Manche fragen: Wie können die Kaiser und Könige die Heilige Lehre begünsti gen? [Ich sage]: Die Heiligen sagten alle, dass Kaiser und die Könige die Wä gen sind, zum Fahren auf dem Weg. Manche vom einfachen Volk haben von der Lehre gehört, dennoch gibt es viele Hindernisse [sie zu befolgen]. Einerseits können (sie sich) alte Bräuche nicht abgewöhnen, anderseits wegen der zügello sen Begierde und Gelüste, anderseits wegen der Gier nach Vorteilen und [Hand lungen] gegen die Wahrheit. Ist es nicht ganz schwer, vom Volk zu erwarten, den Guten zu folgen, wenn Kaiser und Könige sie nicht mit guten Gesetzen regieren? Es ist gut, wenn [Kaiser und Könige] das Volk mit guten Gesetzen regieren. Es ist noch besser, wenn [sie] selbst diesen Weg befolgen und dem Volk ein Vorbild sein können. Die Macht von Kaisern und Königen ist wie „die Sphäre der ersten Bewegung“ (primu mobile)383. Sie bewegt sich ständig, Tag und Nacht, ist der Drehpunkt der neuen Schichten [Sphären], und [ihre] Kraft kann die unteren [Schichten] antreiben und drängt sie, sich mitzubewegen. Der heilige Reluo (Hieronymus)384 sagte: Herrscher sind Lehrer des Volkes. Lehren 383
In seinem anderen Werk Tianwen lüe 天問略 (Allgemeines zu astronomischen Fra gen) stellt Emmanuel Diaz auch dieses Bild des Kosmos vor. Dieses frühmittelalterliche Bild der Planetensphären findet sich bereits bei Chalcidius in der Spätantike. Von der sublunaren Welt, d. h. der Erde aus gesehen folgte als erstes die Sphäre des Mondes und dann die der Sonne, die so genannten lichtgebenden Gestirne. Darüber standen die Pla neten. Darauf folgte nach Platon nur noch die Fixsternsphäre, der Sitz der Sterne. Aus der Bibel folgerten die meisten Gelehrten die Existenz zweier weiterer Sphären außer halb der Fixsternsphäre. Die Kristallsphäre wurde aus der Genesis hergeleitet, in der von „den Wassern über der Erde und den Wassern unter der Erde“ die Rede ist. Die Kristallsphäre wurde als die himmlischen Wasser gedeutet und galt als Ursprung aller Bewegung der darunterliegenden Sphären. Die Kristallsphäre galt oft als Sitz der Seli gen und Heiligen. Die darauffolgende zehnte und äußerste Sphäre, das Empyreum, wurde als Sitz Gottes und der Engel verstanden. Auch für den griechischen Astronomen Claudius Ptolemäus, (um ca. 70 - 147), war die Erde Mittelpunkt des Sonnensystems. Seiner Theorie zufolge ruht die Erde im Zentrum des Universums, das aus einzelnen konzentrischen Kugeln oder Sphären besteht, auf denen sich die Himmelskörper bewe gen (siehe auch bei Aristoteles). Seine zehnte Sphäre spielt eine besondere Vermitt lungsrolle zwischen der Unbewegtheit Gottes und den sich bewegenden Sphären. Sie galt als das "erste Bewegbare" (primum mobile) und man schrieb ihr eine ununterbro chene, schnellste Bewegung zu, die über weitere Vermittlungsinstanzen wie Engel, Geister und Intelligenzen an die niederen Sphären mitgeteilt wurde. Dahinter dann ver mutete man das Reich Gottes, das Empyreum. 384 Die heutige chinesische Transkription lautet: Reluonimo 熱羅尼莫. Es handelt sich hier um den Kirchenlehrer der Spätantike, Hieronymus (347-419).
149
Xin Hou
[ sie] etwas Gutes, dann wird das Volk gut; [sie] sind die Sonne des Volkes . Leuchtet ſihr] Köper, dann leuchtet die Erde; [ sie) sind die Schreibvorlage des Volkes. Ist die Vorlage aufrecht, dann werden die Schriften aufrecht; [ sie] sind klare Spiegel des Volkes . Ist das Licht hell, wird das Antlitz hell ; [sie] sind die Sonnenuhr des Volkes. Ist der Zeiger aufrecht, dann wird der Schatten aufrecht. Wenn Kaiser und Könige die Heilige Lehre befolgen und sich daran halten , machen die Untertanen nach, was sie tun , und so können Häresie und Irrlehre sie (die Heilige Lehre ) nicht mehr behindern. 8 ) 又問 不
率
、 聖 教益 帝王者何 、
、 生 而
738( 1 尊榮 、
2. FTXAA . l
日 、 帝王 既 從 聖教 、 聲名 洋溢 、 遐 荒 裔 域 、 沒 而 不朽、
國人 遵
教 、
忠 愛 其
上 、
親
遜
同 風 、
. 2
[Manche] fragen noch : Was ist die Gunst für Kaiser und Könige durch die Hei lige Lehre ? [Ich] sage : Da Kaiser und Könige die Heilige Lehre befolgen , strömt ihr Ruf über, [bis zu ] fernen und unkultivierten Grenzgebieten, alle ste hen unter ihrem Befehl. Zu Lebzeiten werden ( sie) geehrt und gepriesen, und nach dem Tod bleiben ( sie] dann unvergänglich. Wenn das Volk die Lehre be folgt, lieben sie die Vorgesetzten und bleiben ihnen treu , und Liebenswürdigkeit und Bescheidenheit werden zur festen Gewohnheit. „ [Wenn] der Weg (das dao ) [und der] Heilige sich verbünden, [dann ist] Kultiviertheit und Klarheit in der Welt“ . Das ist wirklich zu glauben ! 太宗 文 皇帝 。 云云 Der „ Kultivierte “ Kaiser Taizong usw. Kib. XII . 以致 弗 惑 矣 #
信 者 、
因之 得 信 、 覽 者
、 太宗 以下 諸帝 5751
、 及
臣
試思
事 證多端 、
房玄齡 、
郭子儀 、
3 **
弗 得 弗 真 、 俱
詳 唐史 、
VIZU , EF ,
有 上 德阿( 6 羅 本 者 、 像 、
計吾主 降世 後 、
以 賓
禮 、 居
之 大
內 、
自大 秦國 、 航海 歷險 、 六百 三十 五年
至於 中國 、
也 、 太宗
翻 經 問道 、 ( 8 辯 其 真正 、
E. MÉPFRÉTEZI +
$ .
亦可(4 ) 以 無 纖 茲 不
穀
、 阿羅 本
TEXH 貞觀 九年 、 首 獻 經
命宰臣 房玄齡 出 故
. --82 .
於 十二年
秋 、
郊迎入 詔示
! 7391Ë , PË = + -
、
臣民
接 、
ax
2
Hier werden das Herkunftsland der Heiligen Lehre und auch viele Zusammen hänge [über ihre Ankunft] erwähnt: Die Zeit , die Edelmänner [der Lehre ), der Kaiser und das Ereignis . Alles wurde wahrheitstreu niedergeschrieben, so dass die, die zweifelten , dadurch auch glauben mussten . Die Leser überprüfen und betrachten die Beweise von vielen Ereignissen. Es kann nicht unwahr sein, und [ die Leser] können auch nicht den geringsten Zweifel mehr haben . [ Der Kaiser] Taizong und die nachfolgenden Kaiser sowie die Minister Fang Xuanling und
150
Jesuiten und Nestorianismus
Guo Ziyi385, alle werden in Ausführlichkeit in der Geschichte der Tang-Zeit dargestellt. Hier werden keine überflüssigen Worte [über sie] gemacht. Aluoben ist der Name des ersten Edelmanns (Geistlichen), der die Heilige Lehre in die Erde der Mitte gebracht hat. Die Bedeutung von Wangquan sieht man im [Buch] „Zhangzi“. [Darüber] werden auch keine überflüssigen Worte gemacht. Zur Zeit des [Kaisers] Taizong kam der „hohe Tugendhafte“ Aluoben vom Reich Daqin unter Gefahren durch die Seereise über das Meer im Reich der Mitte an. Im neunten Jahr [der Ära] Zhengguan brachte [er dem Kaiser] zum ersten Mal Schriften und Statuen, umgerechnet im sechshundertfünfunddreißigsten Jahr nach der Geburt unseres Herrn. [Der Kaiser] Taizong ließ den Kanzler Fan Xuanling sich in die Vorstadt begeben, [Aluoben] empfangen und in die [Hauptstadt] bringen. [Der Kaiser] ließ [Aluoben] als Gast aufnehmen und im „großen Inneren“ (Kaiserpalast) unterbringen. [Der Kaiser] ließ [ihn] die Schrif ten übersetzen, befragte [ihn] nach dem Dao und erkannte die Wahrheit. Daher erließ der Kaiser den Untertanen ein Edikt im Herbst des zwölften Jahres [der Ära] Zhengguan, [damit] der Herrscherhof und das gemeine Volk [die Heilige Lehre] ehren und befolgen. Sogleich wurde eine heilige Halle im Bezirk Yining der Hauptstadt erbaut, und einundzwanzig Opferführer wurden dort unterge bracht. 宗周德喪。云云 Die Tugend der altehrwürdigen Zhou[-Dynastie] schwand usw. 青駕西升、謂老聃也、言周德喪、而道人西去、唐道光③而眞敎乃東來、 於是命工繪帝眞容、置之聖殿壁、姿彩廣耀、昭朗光大之門、永④輝眞法 之界也、⑤ Qingjia xisheng (die schwarze Kutsche stieg gen Westen) bezieht sich auf Lao dan386 und erklärt, dass die Zhou[-Dynastie] die Tugend verlor und die Tugend haften in den Westen gingen. Der Weg (das dao) glänzte in der Tang[-Zeit], dann kam die wahre Lehre in den Osten. So wurden Arbeiter angewiesen, das wahre Antlitz des Kaisers zu zeichnen und [das Bild] an der Wand der heiligen Halle anzubringen. Das prächtige Aussehen [des Kaisers] erstrahlte weit und breit, erleuchtete das „große strahlende Tor“ und ließ auf ewig den Bereich des wahren Gesetzes erstrahlen. 案西域圖記。云云 Gemäß des „Illustrierten Berichts der westlichen Regionen“ usw.
Fan Xuanling 房玄齡 (579-648) war Kanzler am Anfang der Tang-Dynastie. Guo Ziyi 郭子儀 (698-781) war General in der Mitte der Tang-Zeit. Beide waren berühmte Persönlichkeiten wegen großer Verdienste und laut der Schilderung der Stele, Sympa thisanten der „Strahlenden Lehre“. 386 Laodan 老聃 ist eine andere Bezeichnung für Laozi 老子 (ca. um 7. Jh. v. Chr.), Gründer der daoistischen Schule. 385
Xin Hou
151
珊瑚海、紅海也、返魂香、奇香也、樹極香、油能療⑥傷、使瘡速合無痕、 本名巴爾撒木香、人受重傷者、用此療之、槩得大效、謂返魂⑦者、甚言 其效之速、以美其名、非眞能使人魂之複返也、⑧ Das „Korallenmeer“ bezieht sich auf das Rote Meer. Das „Seelen zurückkehren lassende Räucherwerk“ ist ein wunderbares Räucherwerk. Der Baum [dieses Räucherwerks] duftet stark, und das Öl [des Baums] kann Wunden heilen, lässt sie schnell ohne Narben zusammenziehen. Seine ursprüngliche Bezeichnung ist baersamu (Balsam)387 Räucherwerk. Wenn man schwer verletzt ist, wird damit behandelt und [es] erzielt meistens große Heilwirkungen. [Dass das Räucher werk] als „Seelen zurückkehren lassend“ bezeichnet wird, übertreibt etwas die Schnelligkeit seiner Heilwirkung, um seinen Ruf zu verherrlichen. [Es] kann nicht wirklich Seelen der Menschen zurückkehren lassen. 高宗大帝。云云 Der große Kaiser Gaozong usw. 大法主者、眾司祭之首、統理聖敎之事者也、十道者、740①十省也、高 宗卽位之元年、乃吾主降世後六百五十一年也、高宗托阿羅本鐸②敎之任、 統理司祭諸士、並在敎諸人、此時聖敎流行、聖殿滿城、國家隆平、受其 ③美利、④ „da fazhu“ (großer Gesetzesmeister) ist das Oberhaupt von allen Opferführern und leitet alle Angelegenheiten der Heiligen Lehre. „shidao“ (die zehn Regie rungsbezirke) sind die zehn Provinzen [der Tang-Zeit]. Das erste Jahr der Thronbesteigung [des Kaisers] Gaozong ist das sechshunderteinundfünfzigste Jahr nach der Geburt unseres Herrn. [Der Kaiser] Gaozong beauftragte Aluoben mit der Aufgabe, die[Angelegenheiten] der Lehre zu beaufsichtigen, alle Opfer führer und Anhänger der Lehre zu führen. Zu dieser Zeit verbreitete sich die Heilige Lehre, die Städte waren voller „heiliger Hallen“, und der Staat und die Familien waren wohlhabend und friedlich388 und waren von ihrer Herrlich keit389 begünstigt. 聖厯390年。云云 In den Jahren [der Regierungszeit] Shengli391 usw. 387
baersamu ist anscheinend eine phonetische Übersetzung von Balsam. Aus der Pflan ze Boswellia, die zur Familie der Balsambaumgewächse gehört, wird Weihrauch ge wonnen. 388 longping 隆平 sollte an dieser Stelle als „wohlhabend und friedlich“ ausgelegt warden. Ein Beispiel dazu aus dem daoistischen Werk Baopuzi《抱樸子內篇·明本》: You yu zhishi longping, ze weizhi youdao 又于治世隆平,則謂之有道. 389 文言》: Der Ausdruck Qian shineng meiliyi美利 meili„Herrlichkeit“ li tianxia 幹始能以美利利天下. stammt aus dem Klassiker Yizhuan《易傳· 390
In der Inschrift der „Nestorianischen Stele“ wird 厯 als 曆 geschrieben. Shengli 聖厯 ist einer der Äranamen der Regierungszeit der Kaiserin Wu Zetian und umfasst die Jahre 698-700. 391
152
聖
Jesuiten und Nestorianismus
感之
元年
七百
、
乃吾主 降世 後 六百 九十 九年 也
一 十二年
、
此言 魔 嫉 聖教 之 7 眾 齊
特
用 壯 騰 行 、
口 二 義 見 引 釋 輩
、 使
強 、 隨地 肆 謗 、 十四年
出 護 僧 、
同
噬
、 先天 之 末
周易 、 下士大笑 、 皆 盡力 馨
之
期、
聖教 、 奈何 教 根 未
其
計
以 阻 之
口 不止、
固 、 多 輩
、
見 道德 經 、 不待 詮 、 、 至聖 感 年
又 先天 之 動搖
乃吾主 降世 後
年
而蜂起 、
依
、 無知 小 儒 、
、 而 聖教 之
幹 、 幾 為之
7411 Das erste Jahr [ der Ära] Shengli ist das sechshundertneunundneunzigste Jahr nach der Geburt unseres Herrn . Das Ende [ der Ära] Xiantian392 ist das sieben hundertzwölfte Jahr nach der Geburt unseres Herrn . Die Bedeutungen von yongzhuang (sich in die Brust werfen ) und tengkou ( verleumden ) sieht [man ] im [Buch] „ Zhouyi“. „ Xiashi daxiao“ (niedrige Gelehrte erheben großes Ge lächter) sieht [man) im Buch „ Daodejing“ , und [ sie] bedürfen keiner Erklärung. Hier wird erklärt, dass der Dämon die Verbreitung der Heiligen Lehre beneidete und die Massen von Buddhisten in Versuchung führte. Er ließ [ sie] alle mit aller Kraft und allen Tricks die Heilige Lehre aufhalten . In den Jahren [der Ära] Shengli schwärmten [sie] dann wie Bienen aus und verleumdeten [ die Heilige Lehre) überall skrupellos, sich auf ihre große Vielzahl und ihre Kraft stützend. Für eine Zeit von vierzehn Jahren haben ihre Münder nicht aufgehört. In den Jahren [ der Ära] Xiantian traten dann unwissende junge Konfuzianer gemein sam auf, verteidigten die [ buddhistischen ] Mönche und verspotteten gemeinsam die Heilige Lehre. Leider war das Fundament der Heiligen Lehre noch nicht gefestigt, viele [ Anhänger] wankten , und der Stamm der Heiligen Lehre wurde beinahe erschüttert . 或 疑 、 當時 聖教 、 .
既 為 朝野 欽 崇 、
又 敢騰 口 者 誰 、
TENA , UTT
. KEBt . Dit
Źl .
B.
3.
3A,
據此 碑
稱 釋 子
則 此景
教 、
騰
口 、
教 明 為 正
日 、 欲禁 驚 訟 之 口 、 難
不得
EU , DA
F. 4 以 景 淨 士
稱
僧 妄
疑 矣
、
5
Manche zweifelten : Wenn damals die Heilige Lehre vom Herrscherhof und gemeinem Volk verehrt und befolgt wurde, wer wagte dann noch, [ sie] zu ver leumden ?“ [Ich] sage : Es ist schwer ungezügelte und streitsüchtige Münder393 zu verbieten . Unser Herr tadelte einmal die Bösen und sagte: Wenn man Unta ten begeht, verabscheut man dann bestimmt das Sonnenlicht, da das Licht seine 394 Untaten offensichtlich macht. So wie die , die verschwommene Augen haben je heller das Sonnenlicht ist , desto verschwommener sind ihre Augen . Warum wundert man sich , dass die Häresie häufig [ die Heilige Lehre] verdammt.
392 Xiantian ## ist einer der drei Äranamen der Regierungszeit des Kaisers Xuanzong der Tang- Dynastie und währte 712-713 . 393 Der Ausdruck xiaosong A ,, streitige Münder“ stammt aus dem Klassiker Shangs hu ( ### ) : Yu ! Xiaosong, kehu ? ! A , AJ ? 394 Vgl . Joh 3,20 Jeder nämlich, der Schlechtes tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Lichte, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden .
Xin Hou
153
Dieser Stele nach verleumdeten die Buddhisten [die Heilige Lehre]. Es ist dann eindeutig, dass diese „Strahlende Lehre“ Jingjiao die richtige Lehre ist [und sich vom Buddhismus unterscheidet]. [Man] soll es nicht deswegen bezweifeln, dass der Edelmann Jingjing sich als „seng“ (Bonze, buddhistischer Mönch) bezeich net hat. 有395僧首羅含大德及烈。云云 Es gab [aber] solche wie das Mönchsoberhaupt Luohan und den bhadanta Jilie 羅含、及烈、上德二士之名⑥也、當時阿羅本已逝、而羅含膺命為司祭首、 與大德士及烈共掌敎事、此二士⑦皆自西方巨室、 絶棄世務、而來傳敎、 因景淨曰、是時聖敎為魔裂、如斷綱絶紐、⑧得羅含、及烈是勳貴臣、名 家士一心合力、振而維之聖敎複顯、而流行如故、742① Luohan und Jilie sind die Namen von zwei „hohen Tugendhaften“ (shangde). Zu dieser Zeit ist Aluoben bereits verstorben, und Luohan wurde auf Anwei sung [des Kaisers] zum Oberhaupt der Opferführer. Er leitete gemeinsam mit dem „großen Tugendhaften“ (dade) Jilie die Angelegenheiten der Lehre. Beide Edelmänner stammten aus vornehmen Familien aus dem Westen, legten die weltlichen Angelegenheiten ab und kamen [ins Reich der Mitte], um die Lehre zu verbreiteten. Daher schrieb Jingjing: Dass die Heilige Lehre damals vom Dämon gespalten wurde wie eine abgerissene Hauptleine und ein durchge schnittener Knoten. Weil solche Edelmänner wie Luohan und Jilie, die aus ade ligen und angesehenen Familien [stammten] und verdienstvolle Würdenträger waren, sich mit vereinten Kräften einsetzten, [die Heilige Lehre] voranbrachten und erhielten, wurde die Heilige Lehre wieder glorreich und breitete sich aus wie zuvor. 玄宗至道皇帝。云云 Der Kaiser des Perfekten Dao, Xuanzong usw. 玄宗卽位之元年、乃吾主降世後七百一②十四年也、此言玄宗宣寕國、等 五王、躬詣天主聖堂、更新建台、而聖敎棟石複③得其正也、④ Das erste Jahr der Thronbesteigung des [Kaisers] Xuanzong ist das siebenhun dertvierzehnte Jahr nach der Geburt unseres Herrn. Hier wird davon gesprochen, dass [der Kaiser] Xuanzong den Prinzen Ningguo und weitere vier Prinzen an wies, die „heilige Halle“ des Herrn des Himmels persönlich aufzusuchen und einen neuen Altar zu errichten. Und der First und der [Grund]stein der Heiligen Lehre wurden wiederaufgerichtet. 天寶。云云 [die Ära] Tianbao. Usw.
395
Im Vergleich zur Inschrift der Stele, fehlt an dieser Stele das Zeichen ruo 若, was „aber, je“ bedeutet.
154
Jesuiten und Nestorianismus
天寶 元年 、
乃 吾主 降世 後 七百 四十 三年 也 、 此言 、 玄宗 命
內 臣
⑤ 高力士 送
先 朝 五帝 之 容 於 聖殿 之 內 、 備 極 禮儀 、 慶賀 之 盛 也 、 6 Das erste Jahr [ der Ära] Tianbao ist das siebenhundertdreiundvierzigste Jahr nach der Geburt unseres Herrn . Hier wird davon gesprochen , dass [der Kaiser] Xuanzong den „ inneren Beamten “ ( Eunuch ) Gao Lishi
anwies, die Porträts
der fünf vorangegangenen Kaiser in die heilige Halle“ hinzubringen - [mit] höchstem Ritual und prunkvoller Feier. 龍寶雖遠 。 云云 Auch wenn der Bart des Drachen entfernt ist usw. 龍
弓
道 顯著 異
劍、
中史
蹤 、
紀黃帝
升 雲天 事
今 也 玄宗
** .
也 、
令 繪 五帝 之
容
事 雖
誕 、 景
淨 姑
、 置 之 聖殿 、
人 視 其
借
言 之
謂 古 帝
容
、 ( 8)
如
修 親炙
, TIERER U. 7431
longran gongjian (der Bart des Drachen; Bogen und Schwert) bezieht sich auf die Legende der Himmelsfahrt des „ Gelben Kaisers “ (Huangdi) 397, die in der chinesischen Geschichte niedergeschrieben wurde. Die Geschichte ist zwar grotesk, wurde aber von Jingjing für den Moment verwendet, um die glorrei chen, ungewöhnlichen Errungenschaften der alten Kaiser beim Vervollkomm nen (nach der Heiligen Lehre] zu beschreiben . Nun ließ [der Kaiser] Xuanzong die Antlitze der fünf [ vorangegangenen ] Kaiser zeichnen und in der „ heiligen Halle“ anbringen. Wenn man ihre Antlitze sah, [war es] , wie wenn man wirk lich persönlich von ihrem Glanz bestrahlt würde. Daher heißt es , „ die Sonnen hörner entfalten [ ihren ] Glanz, die Gesichter des Himmels sind nahe “ . 三 載大秦
有 僧
传
和 。 云云
Im dritten Jahr [ der Ära Tianbao ] gab es im Reiche Daqin einen Mönch Jihe USW. 三 載 者 、 天寶 三年 有 西士 估 司祭 之 士 親
題
和、 、
膀 額 、
也 、
乃 吾主降世 後 七百 四十五年 也 、
自大 秦國來 同 于 禁宮
、
蒙 玄宗 詔 資 ( 3 ) 之 隆 、
頒 聖經 、
大 顯 光耀 、 其
恩
而 行 修道 之 如 山 、
其
澤
事 、 如 海 也
命 羅 含 及
當 (4 ) 時 聖旨 、
此言 天寶 三年 普
論 等
、
、
共 十七
諭裝飾 聖堂 、
5
sanzai (das dritte Jahr) bezieht sich auf das dritte Jahr [der Ära] Tianbao, und ist das siebenhundertfünfundvierzigste Jahr nach der Geburt unseres Herrn . Hier wird davon gesprochen, dass im dritten Jahr [ der Ära] Tianbao, ein westlicher
396 Gao Lishi
+ (690-762 ) war der Lieblingseunuch des Kaisers Xuanzong und
bekam von diesem den Titel „ Großgeneral “ verliehen. 397 Der Gelbe Kaiser Huangdi ist eine legendäre Figur in der chinesischen Ge schichte und wird bis heute als Stammvater der gesamten chinesischen Nationen ange sehen. 398 Im Vergleich zur Inschrift der „ Nestorianischen Stele “ fehlt an dieser Stelle das Zei chen guo , was „ Land, Reich“ bedeutet.
Xin Hou
155
Edelmann Jihe aus dem Reich Daqin herkam und vom [Kaiser] Xuanzong durch Edikt mit großzügigen Schenkungen gewürdigt wurde. [Der Kaiser Xuanzong] wies Luohan, Pulun und andere – zusammen siebzehn Opferführe an, mit [Jihe] im „verbotenen Palast“ die Heilige Schrift zu verkünden und die Tätigkeiten der Vervollkommnung durchzuführen. Zu dieser Zeit wurde durch kaiserliches Edikt befohlen, heilige Hallen zu schmücken. [Der Kaiser] verfass te persönlich die Aufschrift der Schrifttafel [für die heiligen Hallen]. In vollem Maß werden der Glanz und die Ehre bewiesen. Diese Gnade ist wie ein Berg und die Gunst ist wie das Meer. 肅宗文明皇帝。云云 Der kultivierte und erleuchtete Kaiser Suzong usw. 肅宗卽位之元年、乃吾主降世後七百五⑥十七年也、言肅宗于靈武等五郡、 重建新堂、更益舊數、大開諸福之門、而皇極⑦克建也、⑧ Das erste Jahr der Thronbesteigung [des Kaisers] Suzong ist das sienbenhun dertsiebenundfünfzigste Jahr nach der Geburt unseres Herrn. Hier wird davon gesprochen, dass [der Kaiser] Suzong in Lingwu und weiteren fünf Präfekturen neue [heilige] Hallen wiedererrichtete - mehr als vorher. Das Tor aller Glückse ligkeiten wurde weit geöffnet und das erhabene kaiserliche Gesetz konnte ein gesetzt werden399. 代宗文武皇帝。云云 Der kultivierte und kriegerische Kaiser Daizong usw. 代宗卽位之元年、乃吾主降世後七百六 744①十四年也、降誕之辰、吾主 聖誕本日也、言代宗每於聖誕之日、勤僃異香、送於②聖堂、謝主賜佑、 得成禦眾之功、命僃禦膳、以給司祭之士、顯其隆情、又言天主③美利益 人、廣生萬物之品、代宗體主行敎、錫福於民、而亭之毒之也、亭毒義見 Das erste Jahr der Thronbesteigung [des Kaisers] Daizong ist das siebenhun ④老子、⑤ dertvierundsechzigste Jahr nach der Geburt unseres Herrn. Jiangdan Zhiri (Tag der Geburt) bezieht sich auf den Tag der heiligen Geburt unseres Herrn. Hier wird davon gesprochen, dass [der Kaiser] Daizong oftmalig am Tag der heiligen Geburt ein exotisches (Räucherwerk) vorbereitete, in die heiligen Hallen brin gen ließ und sich für den geschenkten Segen des Herrn bedankte, dass er das Volk erfolgreich regieren400 konnte. [Er] ließ die kaiserlichen Speisen vorberei ten, um sie den Opferführern zu überreichen und seine tiefe Verbundenheit zu zeigen. Hier wird auch davon gesprochen, dass die Herrlichkeit des Herrn des 399
Der Ausdruck huangji kejian皇極克建 (erhabenes kaiserliches Gesetz konnte einge setzt werden) kommt aus dem Klassiker Shangshu《尚書·洪範》: Ci wu yue jiangyong huangji 次五曰建用皇極. 400 Der Ausdruck yuzhong 禦眾 (das Volk regieren) kommt ebenfalls aus dem Klassiker Shangshu 《尚書·大禹謨》: Lingxia yi jian, yuzhong yi kuan 臨下以簡,禦眾以寬.
156
Jesuiten
Nestrian
Himmels die Menschen begünstigt und [ er] alle Arten von zehntausenden Din gen erschuf. Den Herrn zum Vorbild nehmend^0 ! befolgte [ der Kaiser] Daizong die Lehre , schenkte dem Volk Glück, sorgte für es und erzog es . Die Bedeutung von Tingdu ( Sorgen für, erziehen ) sieht [man) im [Buch) „ Laozi “. 40277 *
.
Unser heiliger, göttlicher, kultivierter und kriegerischer Kaiser ( der Ära] Jianz hong usw. 德宗 化 通
即位 建中 元年 幽 玄
、
其
祝 無
、
乃吾主 降 矯
、
6 世
可 無愧
後 七百
八十
也
8
心
、
一年 也
、 此言德宗
勤業
明理 、
43 Das erste Jahr [der Ära] Jianzhong, in dem [der Kaiser] Dezong denThron bestieg, ist das siebenhunderteinundachzigste Jahr nach der Geburt unseres Herrn . Hier wird davon gesprochen, dass [der Kaiser] Dezong fleißig in Staats angelegenheiten war, die Wahrheit und das Tiefgründige erkannte und das 405 44 Transzendente durchdrang Seine Gebete waren ohne Falschheit? und [ er]
konnte ein reines Gewissen haben . Esti
. Za
die Aufrichtigkeit [der Lehre ) ist groß und dann ist [man ] bescheiden
Nun 406 USW.
此言 聖教修道 之 善 貸
功 、
、 篤行哀矜 、 .
38.
尊 主 用彼
. TFÈ
識 方
義 廣大 、
以 自修 .
、
用此
E
又 以 勸 眾
745 ( 1 也 、 又 T.
不 自
賢 、 愛人 猶
己 、
明 聖教( 2 ) 之 能 、
ALIFÈ
廣 能使
慈 雨
azu
PAT te . 4
Hier wird von den guten Verdiensten bei der Vervollkommnung [nach] der Heiligen Lehre gesprochen. (Man] befolgt die Gebote des Herrn und die Auf
41 Das Wort ti fa sollte an dieser Stelle als “ nacheifern, zum Vorbild nehmen “ ausgelegt werden . Ein Beispiel dazu aus dem daoistischen Werk Huainanzi (17 ) : Dizhe ti taiyu 帝 者 體 太 一 . 42 Im Gegensatz zur Inschrift der „ Nestorianischen Stele“ fehlt an dieser Stelle das Zeichen wo # was hier „ mein, unser“ bedeutet. 43 Der Kaiser Dezong wurde in der Inschrift der Stele mit dem Äranamen als 3 • * # (Heiliger, göttlicher, kultivierter und kriegerischer Kaiser [ der Ära] Jianzhong) bezeichnet . Da er zur Zeit der Errichtung der Stele noch am Leben war , konnte er nicht mit dem Tempelnamen genannt werden . 404 youxuan et sollte an dieser Stelle als Transzendenz ausgelegt werden . Ein Bei spiel dazu aus der berihmten Gedichtsammlung Yuefit shiyi 《 樂府 詩集 · 燕 射 歌辭 一 正 Etx ) : Yu ling heqi, tong de youxuan 51A , . 405 Jiaowu ramane sollte an dieser Stelle als Falschheit, Vortäuschung ausgelegt werden und stammte aus dem Klassiker Shangshu ( . 14eZ : Xiawang youzui, jiaowu shangtian 夏王 有罪 , 橋上天 , 406 Die Übersetzung hier habe ich nach der Erklärung von Diaz geändert, die Übeset zung von Max Deeg lautet: Nun das Eckigeist .
Xin Hou
157
richtigkeit und die Rechtschaffenheit sind umfassend und groß407. Außerdem prahlt [man]408 nicht mit [seiner] Weisheit und Tugend und liebt die anderen wie sich selbst. Mit unendlichem Mitleid und gütigen Almosen übt [man] tat kräftig [das wahre Glück] der Barmherzigkeit aus409. Dadurch vervollkommnet man sich und überzeugt die Massen. Außerdem wird die Wirkung der Heiligen Lehre klargestellt: Sie kann Regen und Sonnenschein rechtzeitig [auftreten] lassen, die Menschen gesund und friedlich leben lassen und die Gegenstände im Überfluss vorhanden sein lassen. Den Lebenden, den Toten, jedem wird der ihm gebührende Platz eingeräumt. Allen, die zum Herrn beten, sobald die Gedanken entstehen, wird alles schnell erfüllt und sie erlangen alle den Segen des Herrn des Himmels410. 或問、修道首謙著者何、曰、聖人雲、人始修道、如謀累千仞之台、必先 厥基、如謀升⑤九重之殿、必繇厥級、謙者、修道之始基也、初級也、能 謙、斯有基而弗傾、拾級而⑥能上、否則不免頹落也、經戒善士曰、爾位 益高、爾謙宜益甚、天主乃亭爾謙、而⑦佑爾行、⑧ Jemand fragt: Warum ist Bescheidenheit das allerwichtigste bei der Vervoll kommnung? Ich [sage]: Ein Heiliger sagte: [Wenn] man anfängt, sich zu ver vollkommnen, ist das wie wenn [man] plant ein tausend Ren411 hohes Gebäude zu errichten - zuerst muss das Fundament errichtet werden; es ist wie wenn man versucht eine neunstöckige Palasthalle zu besteigen - man muss bestimmt über die Stufen [gehen]. Bescheidenheit ist das Fundament und die erste Stufe der Vervollkommnung. Kann [man] bescheiden sein, fällt das Fundament nicht um, [und man] kann dann über die Stufen nach oben gehen, ansonsten stürzt [man] unvermeidlich ab. Die Schrift ermahnt die gütigen Edelmänner: Je höher eure Stellung ist, umso bescheidener solltet ihr sein, und der Herr des Himmels er freut sich eurer Bescheidenheit und segnet eure Taten.
407
Der Ausdruck fangyi 方義 sollte an dieser Stelle als „umfassende Rechtschaffenheit ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem Klassiker Zuozhuan《左傳·隱公三年》: Jiao zhi yi yifang, fu na yu xie 教之以義方.弗納於邪. 408 Der Ausdruck zixian 自賢 „mit eigener Weisheit prahlen“ stammt aus dem daoisti schen Klassiker Zhuangzi 《莊子·外篇·山木》: Xingxian er qu zixian zhi xing, an wang er buai zai 行賢而去自賢之行,安往而不愛哉. 409 記·中庸》: Der Ausdruck Boxueduxing zhi, shengwen 篤行 „tatkräftig zhi, shensi ausüben“ zhi, mingbian stammt zhi, aus duxing dem Klassiker zhi 博學之,審 Liji《禮 問之,慎思之,明辨之,篤行之. 410 zhaoge 昭格 sollte an dieser Stelle als Segen ausgelegt warden. Ein Beispiel aus dem Propogandaartikel des Dichters Chen Ziang 陳子昂 (661-702) für die Thronbesteigung der Kaiserin Wu Zetian 武則天 Dazhou shouming song《大周受命頌》: Zhuozai shenming, zhaoge shangxia 卓哉神明,昭格上下. 411 ren 仞 ist eine Maßeinheit aus der alten Zeit in China und entspricht ungefähr 1,7 bis 1,8 Meter.
158
或
疑
Jesuiten und Nestorianismus
、
所 雲 念 生
# FĖ , the .
回應
7461
、
情 發自
TES ##B7 È
誠 、 聖教 之
B. 1 $ 28
BAIN BAB
人 求 弗 得 、 弗知善 求
、 先 改
汝
啟 口吻 、
3 FT . 厥 惡
吾 速 傾耳 、
如是
、
胡 為
FĖ,
教中
之
人 、
恒
A
有 求 B
* FETTE BENE ,
、
古 教 之 時 、 有 異 天主 弗尤 其 求 者 、 求 、
能 TTE ,
te
. * th , 2016
而後 致 濤 、
4
乃 為 善 求
,
、 收 求
乃 獲 、 昔
主 命 聖人 告 之 曰 、 汝 ⑤ 聽 吾命 、 吾 聽 汝
南陽
、 年
穀 長
稳 、
稼
一 稽 百
、
汝 倉
-6 歲
而 充 、 汝 及 僕 畜 、 皆 足 皆 餘 、 蘇斯 以 觀 、 天災 人 害 、 種種 患難 、 皆 人 自 招 、 苟 奉
聖 ( 7) 教
而 敬
承 主
命 、
改
惡 遷善 、
勉 焉
日 孜 、 又笑 有 求
而弗 獲
者
哉 、
Jemand bezweifelte das sogenannte „ niansheng xianying, qing fazi cheng “ . ( [Die Wünsche] werden erfüllt, sobald die Gedanken gebildet sind, und das Gefühl kommt aus der Aufrichtigkeit) [und sagte ] : Wenn die Wirkung der Hei ligen Lehre so ist, warum gibt es immer Anhänger der [Heiligen] Lehre, deren 412 Gebete nicht erhört wurden ? [ Ich ] sage : Änderungen des Wetters und Miss geschicke bei Ereignissen im menschlichen Lebens sind alle vom Herrn des Himmels abhängig. die , die davon befreit werden wollen, sollen zum Herrn des Himmels beten, [ und ] nicht unsinnigerweise zu den Götzen beten, das steht fest. Hinsichtlich des Grundes, warum es Gebete gibt, die nicht erhört wurden , sagte ein Heiliger : Die menschliche Untat ist der Grund. Die Gnade des Herrn ist wie ( ein ) ewig fließender Fluss . Die Sünde der Menschen hindert den Strom, und so werden [die Gebete) nicht erhört. Es gibt nichts zu wundern . Der Vorfahren Schüler Yagebo (Jakob) sagte : Die Gebete der Menschen werden nicht erhört, weil [man] nicht richtig zu beten weiß414 . Zuerst das Übel ausbessern , dann beten, so betet [man] richtig, und die Gebete werden dann erhört. Früher, zur Zeit der alten Lehre, wunderte sich einer, dass der Herr des Himmels sein Gebet nicht erhörte. Der Herr wies einen Heiligen an ihm auszurichten: Gehorchst du meinen Anweisungen, erhöre ich deine Gebete . [ Sobald] du deinen Mund auf machst, richte ich meine Ohren schnell [ zu dir] . Regen und Sonnenschein ſtre ten] nicht abweichend auf, es gibt das ganze Jahr hindurch immer gute Getrei deernten “ 15. Baust [ du] ein Mal an, erntest [ du] hundertfach. Deine Kornkammer wird schon nach einem Jahr gefüllt - genug für dich, für [ deine] Knechte und für
412 Der Ausdruck tianshi #sollte an dieser Stele als „ Wetterlage“ ausgelegt werden und kommt aus dem Klassiker Mengzi ( 771FMT ) : Tianshi buru dili, dili buru renhe FATBOEFIJ, I FIT BAIFA . 413 Ein ähnlicher Ausdruck von renshi zhiguai \ $ 3 ITE (Missgeschicke bei Ereignis sen im menschlichen Leben) findet sich auch im Vorwort des Gedichts Da Pangcanjun ( 9 ) vom Literaten Tao Yuannming B & B (um 365-427) : Renshi haoguai I $ 57 TTE . 414 Vgl . Jak 4 , 3 Ihr betet und empfangt nicht , weil ihr in schlechter Absicht betet , um euren Lüsten Befriedigung zu verschaffen . 415 Ein vergleichbarer Ausdruck zu niangu changren #ke „ große Ernte mit dem Jahresgetreide “ findet sich im politischen Kommentarwerk aus der Tang -Zeit Zhenguan zhengyaoT( » : Niangu fengren , baixing anlei #
2,
* .
159
Xin Hou
[deine] Tiere , und [es ] bleibt noch etwas über. Daher ist es ersichtlich, dass die Menschen alle Verhängnisse -Naturkatastrophen und menschliches Unheil selbst hervorgerufen haben. Wenn [man aber] die Heilige Lehre befolgt, sich an die Anweisung des Herrn respektvoll hält, sich vom Bösen zum Guten wen det416 und sich jeden Tag fleißig bemüht, wie könnte es noch sein, dass die Ge bete nicht erhört werden. 8 或
疑 、 求 土
正 者 惟有
神者
、 嘗 有
靈 應
-747 ( 1) 天主 、
、
易 雲 無益 而不 當 求
則 邪 者 盡皆 王
神 、
正 者
、
日 、
益 人
、
邪正
不得 並
邪 者 害人 、
也 、
或 求 天
主 而 不應 者 、 非 天主 不顧 ( 2 ) 其 人 也 、 天 主顧 之 有 過 其 求 者 、如 子 求 父母 以 物 、 父母或 不 與之 、 之
、 適 為害 之
或 有
與 者
、
不 甚善 平 、
彼 或
求 土
識
凡
所 降 賜 、
而 竊天主 之 映 、
將 欲
懲 吾
神
皆
土
( 3) 其 子
也
歸 天主 、
、
正 慮 時 不宜
而 增 吾 來 善 亦非 真 土
而 安
以其
非徒 無益 、
也
神 之
、
與 而 與之 、 不足
引人 而又
入 被 其
吾 ( 5 ) 知主旨 、 速
靈 、
效 歸於 土 神
力 、 狡計多端 、
神 者 、
、
共 父 、 其 為 吾 ( 4 慮 、 大 過人親 之 慮 其 子 為 往 非
而 有 應 者 、
功 、 以為 己
此 ( 8 ) 所謂 求
古教人、 日 生
、 天主 乃 吾人
而弗
躲 不
求
非父母 不 愛
而果
、 彼
也、
奉 (7
邪、
竟
致 獲罪 天主 、
重 害
也
、 戒
哉 戒
、
於 遷改 、
愛 (6)其 人 乘 人 之
利
人 己 、
率 受
永
哉 、 普天 主
、 獨 748 ( 0 吾乃 真主 、 人 之 生死 、 特 系 於 吾 、 吾欲 厥 生 、
、 吾欲 厥 死
、
死
天主 呼
一先知聖人 、
案 為 往
禱 土
王乃 背
吾 向
、 經 令 速 过
神 、 彼 似 真 彼
(5 ) 夫
鑫天主 之
得其
禍 、
、 病 論
必甚 、
壶 (6) 深 醒 乎
記 、
一 惡 王
王 使
、
責 之
而實 假 、 耳 無 、 未幾
與 經 之
必亡
所 記 、
病 (2
劇、
日 、
聞 、 目
命 內臣
至
土 神廟 求 佑
國 中 ( 3 )自有 真主 、 無 見 、 鼻 無 臭
、 先知 者 土 神 之 無能 信
既傳
、 盡
主
命 、
王 果
、
求 之 者
、
方 行 、
能 愈 王族 、 4 惟 土 偶 、
如其
、 不得 其
言而死、 福 、 反
、 ( 7
Jemand zweifelte: Es ist oft wirksam , [wenn] man zu den Erdgöttern betet . Wa rum ist davon die Rede , dass es keinen Nutzen [bringt ] und [man] nicht [zu ihnen ] beten soll ? [ Ich ] sage : Wahrhaftig und falsch können nicht nebeneinan derstehen, wahrhaftig ist der einzige Herr des Himmels, falsch sind dann alle Erdgötter . Der Wahrhaftige hilft den Menschen, die Falschen fügen den Men schen Schaden zu . Dass die Gebete von Manchen zum Herrn des Himmels nicht erhört wurden, heißt nicht, dass der Herr des Himmels diese Menschen nicht berücksichtigt, sondern der Herr des Himmels berücksichtigt sie mehr, als wo für sie gebetet haben . So wie ein Kind die Eltern um eine Sache bittet , und die Eltern sie ihm aber nicht geben, heißt es nicht, dass die Eltern ihr Kind nicht lieben . Sie überlegen sich nur, wenn sie [die Sache] ihm in einem unangemes senen Moment geben , wird es ihm keinen Vorteil bringen und ihm lediglich schaden . Der Herr des Himmels ist der gemeinsame Vater von uns Menschen , und er denkt für uns mehr als Eltern für ihre Kinder. Manchmal werden die Gebete nicht erhört, [da der Herr] unsere früheren Untaten bestrafen und unsere
416 Ein vergleichbarer Ausdruck zu gai'e qianshang 2 „ sich vom Bösen zum Guten wenden findet sich im neokonfuzianischen Werk Zhuuzi yulei 《朱子 語 類 ·卷三 十四 》 : Qianshangaiguto 遷善 改過 ,
160
Jesuiten und Nestorianismus
Wohltaten in der Zukunft fördern will. Wir erkennen den Willen des Herrn, wäre es dann nicht sehr gut, dass wir uns schnell bessern? Manche anderen ha ben zu den Erdgöttern gebetet, und es war wirksam. [Es] ist auch nicht [so], dass die Erdgötter tatsächlich erwiesen sind und [sie] diese Menschen wirklich lieben. All [diese] Menschen erkennen es nicht, dass all die Gaben vom Herrn des Himmels [kommen], und sprechen unsinnigerweise Erdgöttern diese Wirk samkeit zu. Diese (Erdgötter) nutzen es aus, dass die Menschen ihnen dienen, erschleichen das Werk des Herrn des Himmels als eigenen Verdienst. [Mit] verschiedenen Listen führen [sie] die Menschen in die Irre und führen dazu, dass [die Menschen] beim Herrn des Himmels Anstoß erregen und ewig unter Unheil leiden. Daher ist davon die Rede: Wenn man zu Erdgöttern betet, ist es nicht nur nutzlos, auch schwer geschadet wird ihm auch. Hütet euch davor! Hütet euch davor! Früher verkündete der Herr des Himmels den Anhänger der alten Lehre: Nur ich bin der Wahre Herr, Leben und Tod des Menschen sind allein von mir ab hängig. Wenn ich ihm das Leben wünsche, lebt er sofort, wenn ich ihm den Tod wünsche, stirbt er sofort. Die Schrift zeichnet auf: Ein böser König war schwer krank, wies einen „inneren Beamten“ (Eunuchen) an, sich in den Tempel der Erdgötter zu begeben und um Segen zu bitten. Als [der Eunuch] gerade auf brach, rief der Herr des Himmels einen heiligen Propheten, ließ ihn schnell dem Gesandten des Königs entgegenkommen, ihn tadeln und sagen: Es gibt selbst verständlich den wahren Herrn im Land, der die Krankheit des Königs heilen kann, warum geht [ihr] Erdgötter anbeten? Sie scheinen echt zu sein, sind je doch in der Tat unecht. Die Ohren hören nicht, die Augen sehen nicht, die Na sen riechen nicht, alle sind nur tönerne Figuren. Der König verleugnet mich und neigt zu denen und wird bestimmt noch kränker und wird sicher bald sterben. Nachdem der Prophet die Anweisung des Herrn verkündet hatte, starb der Kö nig tatsächlich so wie er gesagt hatte417. Nach dem Gebot des Herrn des Him mels und der Aufzeichnung der Schrift darf man nicht an die Erdgötter glauben. Die, die zu diesen beten, erlangen keinen Segen, im Gegenteil bekommen sie Unheil. Warum denkt [man] nicht tief darüber nach? 大施主金紫光祿大夫。云云 Der große Gabenherr, der „Große Herr des Strahlenden Glücks, [Träger] des goldenen [Siegels] und des purpurnen [Bandes]“ usw.
417
Vgl. 2. Kg 1, 2-4 Achasjas war durch das Gitter seines Obergemaches in Samaria gefallen und leidend. Er schickte Boten ab mit der Weisung: „Geht hin und fragt den Baal Sebub, den Gott von Ekron, ob ich von dieser Krankheit genesen werde.” Doch ein Engel des Herrn sprach zu Elias aus Tisbe: “ Mache dich auf, gehe den Boten des Kö nigs von Samaria entgegen und sage ihnen: Gibt es denn keinen Gott in Israel, dass ihr hingehen müsst, den Baal Sebub, den Gott von Ekron, zu befragen? Darum spricht also der Herr: Von der Lagerstatt, die du bestiegen hast, sollst du nicht mehr aufstehen, denn du musst mit Bestimmtheit sterben.” Dann ging Elias fort.
Xin Hou
161
伊斯者、司祭者之名也、王⑧舍者、西郡之名也、此言伊斯繇小西王舍之 郡來入中國、其德高、其學僃、其藝 749①精、効節榮名、僃極眷寵也、 達娑者、釋氏之名、當時有掌賓之職、因接眾而蒙慈②惠之稱者也、舉此 以明伊斯之美、大勝其人、而聞所未聞、見所未見也、葢惟聖③敎之內、 有哀矜之行十四端、 而食饑、衣裸、顧病、葬死、皆其行之最著者、當 時哀④矜之行、伊斯倡之、而大人君子如郭汾陽者、皆樂効之、繇是聖敎 之美行、表白⑤於人目也已、序之以此終者、葢欲人識聖敎之功、本其愛 天主之心、推以愛人、⑥其德並立而不孤也、碑文止是、後頌不過總括序 言以贊之、首惟眞宰、次美⑦列宗、明國祚之所繇、而以為聖敎之弘功、 弗可弗志也、義旨顯白、故弗更贅、⑧ Yisi ist der Name eines Opferführers (Priester). Wangshe ist die Bezeichnung einer Präfektur im Westen. Hier wird davon gesprochen, dass Yisi von der westlichen Präfektur Xiao Xi Wangshe418 ins Reich der Mitte kam. Seine Tu gend war hoch, sein Wissen war umfassend, seine Geschicklichkeit war vorzüg lich. Er diente [dem Staat] mit Ergebenheit, wurde in der Amtsliste registriert und wurde äußerst hochgeschätzt. dasuo ist eine buddhistische Bezeichnung419. Damals gab es ein Amt, [dessen Inhaber] für den Gäste[empfang] verantwort lich war. Da [er] die Massen [der Gäste] empfing, wurde er mit [dieser] lie benswürdigen Bezeichnung genannt. Die Bezeichnung [Dasuo] wird erwähnt, um klarzustellen, dass die Sittlichkeit von Yisi die der anderen weit übertraf, wovon [man] zuvor noch nie gehört und gesehen hatte. Da es nur bei der Heili gen Lehre vierzehn (Wohl) Taten der Barmherzigkeit gibt - die Hungernden zu sättigen, die Unverhüllten zu kleiden, die Kranken zu behandeln und die Toten zu bestatten sind die wichtigsten davon. Damals wurden die Wohltaten der Barmherzigkeit von Yisi gefördert. Alle großen Persönlichkeiten und Ehren männer wie Guo Fenyang420 machten sie gerne nach. Seitdem hatten die Men schen die gütigen Taten der Heiligen Lehre vor Augen. Das Vorwort endet deswegen an dieser Stelle, da es gewünscht ist, dass die Menschen die Ver dienste der Heiligen Lehre erkennen. Mit dem Herz, das den Herrn des Him
418
Wangshe 王舍 üblicher als Wangshe Cheng 王舍城, bedeutet wörtlich „die Stadt des Königshauses“.Inden chinesischen Geschichtstexten kommen zweiStädte Wangshe vor: Eine ist das zentralindische Rajagriha, das unter buddhistischem Einfluss steht, die andere ist das tocharische Balkh, das vor dem 13. Jahrt. einer der vierundzwanzig Patri achsitze war. Zum Unterscheiden von Rajagriha wird Balkh häufig als „kleines Wangs he“ Xiao Wangshe 小王舍 bezeichnet. 419 Diaz hat das Wort dasuo 達娑 nicht richtig ausgelegt. Dasuo ist eine phonetische Übersetzung vom persischen Wort Tarsa. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes war: „Einer, der Ehrfurcht vor Gott hat“. Später bezog es sich auf die Geistlichen in der ost syrischen Kirche. 420 Guo Fenyang 郭汾陽 bezieht sich auf den berühmten General der Tang-Zeit, Guo Ziyi, der sich bei der Niederschlagung der Anshi-Rebellion große Verdienste erworben hatte.
162
Jesuiten und Nestorianismus
mels liebt, erblüht daraufhin auch die Liebe zu den anderen, und die Tugenden stehen nebeneinander und sind nicht alleine. Die Inschrift der Stele endet hier, und die anschließende Preisung fasst bloß das Vorwort zusammen und lobpreist darauf: Vor allem ein Gedächtnis an den wahren Herrn, dann die Bewunderung von den vorangegangenen [Kaisern], und stellt klar, wovon das Glück des Reichs421 abhängt, und hält es für notwendig, die großen Verdienste der Heili gen Lehre aufzuzeichnen. Die Absicht und die Bedeutung sind eindeutig, daher werden [über die Eulogie] keine überflüssigen Worte gemacht. 諾不敏、為是詮也、懼夫虛前賢之志、錮後學之迷、按碑弗辨、摭入他門、 爰 750①舉碑序實義、乃他敎不能解、不能竊者、表而出之、考據聖敎諸 西來原本、②稍釋其下、匪敢自任一斑、庶令千載上下、要歸一致、而無 疑爾、於戲、巨唐③累朝、聖敎光昭、君臣弘獎、房郭諸公、中史推美、 旣乃顯列、今時學者、稽古④多勤、苟詳斯序、聖敎流行、其來舊矣、今 之所傳、無二於昔、信好之望、存乎⑤博洽、若國朝治隆三代、道軼漢唐、 諾輩於茲、⑥沐浴四朝、翻經譯義、編編足考、然而⑦聖德未鐫、頌音 莫繼、則請俟之今日房郭焉、區區渴懷、跂予望之、 [Ich], Nuo (Emmanuel), bin nicht gescheit, und habe diese Abhandlung verfasst, aus der Sorge, dass der Wille der weisen Vorfahren nicht erfüllt wird und die Verwirrungen der nachkommenden Gelehrten befestigt werden, [sodass sie] bei der Prüfung der Stele nicht [richtig] erkennen und [die Stele] in die anderen Schulen einordnen. Daher führe [ich] die wahre Bedeutung des Vorwortes der Stele an - was die anderen Lehren nicht erklären und stehlen können - schreibe sie auf und veröffentliche sie. [Mit] Textforschung von den Originaltexten der Heiligen Lehre aus dem Westen habe [ich den Text der Stele] etwas ausgelegt wie unten.422 [Ich] habe nicht gewagt, das Geringste von mir aus frei zu [erklä ren] und hoffe, dass die wichtigen Punkte nach tausend Jahren ohne Zweifel identisch [bleiben]. O weh,423 der Glanz der Heiligen Lehre leuchtete Generati on für Generation in der großen Tang[-Dynastie] und wurde von Herrschern und Untertanen hoch geschätzt. Die Ehrenmänner wie Fang [Xuanling] und Guo [Ziyi], werden in der Geschichte [des Reichs] der Mitte bewundert und gehören zu den einflussreichen [Persönlichkeiten]. Die heutigen Gelehrten un tersuchen fleißig die Geschichte, und wenn sie sich dieses Vorwort [der Stele] genau anschauen, [dann erkennen sie], dass die Verbreitung der Heiligen Lehre schon seit langem stattfindet. Was heute verkündigt wird, ist nichts Anderes als 421
guozuo 國祚 bedeutet „das Glück des Landes“. Ein Beispiel aus dem Geschichts werk Chenshu《陳書·吳興王胤傳》:Huangsun chu dan, guozuo fang xi 皇孫初誕, 國祚方熙. 422 Es geht hier wiederum um die Druckweise der alten chinesischen Bücher, nämlich darum, dass die Bücher vertikal und von rechts nach links gelesen werden. Demnach ist „unten“ hier wie heute üblich als oben zu verstehen. 423 Die Zeichen 於戲 sollte als wuhu ausgesprochen werden, und ist eine wortähnliche Lautäußerung, mit der eine Empfingdung von Wehmut ausgedrückt wird.
Xin Hou
163
früher. Die Hoffnung für den richtigen Glauben liegt bei den viel Wissenden (Gelehrten)424, wie [die Gelehrten] der drei Generationen von Zhi Long425 der Staatsdynastie (bestehenden Dynastie)426, deren Tugend die Han und Tang [Zei ten] übertrifft.427 Nuo (ich) und meine Gefährten werden hier schon seit vier Regierungszeiten [von der kaiserlichen Gnade] überflutet428, übersetzen Schrif ten und erklären deren Bedeutungen, alle mit voller Textforschung. Jedoch wurde die heilige Tugend noch nicht eingraviert, und die preisende Stimme [für die Heilige Lehre] nicht mehr fortgesetzt. Das lässt uns dann auf die heutigen Fang [Xuanling] und Guo [Ziyi] warten. Nach [der Erfüllung] dieses bescheide nen Wunsches sehne ich mich.429 ⑧景敎流行中國碑頌正詮 終 Authentische Erläuterung zur Stele der Verbreitung der „Strahlenden Leh re“ im Reich der Mitte Ende
Der Ausdruck boqia 博洽 (viel wissend, gelehrt) kommt aus dem daoistischen Buch Wenzi 《文子·下德》:Fu lu jie dao, boqia er wusi 覆露皆道,博洽而無私. 425 Zhi 治 ist die Abkürzung von Hongzhi 弘治, der Äraname vom 9. Kaiser der Ming Dynastie. Long 隆steht für Longqing 隆慶, der Äraname des 12. Ming-Kaisers. Die Regierungszeiten der insgesamt vier Kaiser von drei Generationen umfasst die Zeit von 1488-1572. 426 guochao 國朝 „Staatsdynastie“ war eine übliche Bezeichnung für die bestehende Herrschaft. 427 yi 軼 sollte an dieser Stelle als „übertreffen, übersteigen“ ausgelegt werden. Ein Beispiel aus dem daoistischen Klassiker Zhuangzi《莊子·徐無鬼》: Chao yi jue chen 超軼絕塵. 428 Wörtlich bedeutet der Ausdruck muyu 沐浴 „baden“, wird allerdings häufig im über tragenen Sinne als „Gnade oder Segen Empfangen“ auszulegen. Ein Beispiel aus dem Artikel Wei jingzhaofu qing fu zunhao biao《為京兆府請複尊號表》:Muyu hongze zhe, gan huai guike zhi an 沐浴鴻澤者,敢懷晷刻之安. 429 風·河廣》: Der Ausdruck Shui wei qi yu song wang yuan zhiqi跂予望之 yu wang zhi kommt 誰謂宋遠, aus dem 跂予望之. Klassiker InShijing《詩·衛 einem übertra 424
genen Sinn wird dieser Ausdruck auch mit der Bedeutung „nach etwas sehnen“ verwen det.
5
Textanalyse zur Abhandlung von Diaz
Für die Textanalyse ist es vorerst von Bedeutung, die wesentlichsten Begriffe der Abhandlung einer tiefgehenderen Erörterung zu unterziehen. Auch wenn zahlreiche Begriffe bereits im Rahmen der Übersetzung erläutert wurden, ist es für das Verständnis der Arbeit wesentlich, sich mit den entscheidenden Begrif fen weitergehend auseinander zu setzen. Es kann davon ausgegangen werden, dass Emmanuel Diaz Begriffe nicht beliebig ausgewählt hat, sondern sich um fassend mit deren genauer Bedeutung auseinandergesetzt hat. Danach ist auf den Umgang von Emmanuel Diaz mit den Glaubenssätzen in seiner Abhandlung einzugehen. Dabei ist festzustellen, dass er bestimmte Themen überproportional betont und in den Vordergrund gestellt hat, während andere Bereiche heruntergespielt wurden. Auch diese Vorgangsweise war wohlüberlegt und Bestandteil einer umfassenden Strategie seiner Inkulturationsbemühungen für den christlichen Glauben in China. 5.1
Erklärungen zu den wichtigen Begriffen
5.1.1 xingjia 性家 (Schule der Natur) Der in der Abhandlung Emmanuel Diaz vorkommende Begriff xingjia ist mei nes Erachtens mit zwei weiteren von den damaligen Jesuiten häufig verwende ten Begriffen, nämlich xingxue 性學 (Lehre der Natur) und xingjiao 性教 (Glaube der Natur oder Lehre der Natur) fast bedeutungsgleich, da jia, jiao und xue in der chinesischen Vorstellung eng verwandte Begriffe sind, die jeweils einen bestimmten Aspekt in den Vordergrund rücken. Ein Beispiel aus dem Konfuzianismus: Während rujia 儒家 in erster Linie den Aspekt des Konfuzia nismus als Denkschule betont, konzentriert sich der Begriff ruxue 儒學 mehr auf das Wissen bzw. die Lehre. Mit dem Begriff rujiao 儒教 hingegen stellt man die Riten und die Glaubensfunktion des Konfuzianisms dar. Die Bezeichnung von xingxue (Lehre der Natur) erscheint erst im auf Chine sisch verfassten Werk der Jesuiten Huanyouquan 寰有詮 (Erklärung zum Uni versum). Dort wird gleichzeitig von der Lehre der Natur und der Lehre des Himmels gesprochen. Die Lehre des Himmels wird als die „übernatürliche Lehre“ bezeichnet und beschäftigt sich mit dem Wissen über den Herrn des Himmels. Die Lehre der Natur wird als „der Natur entsprechende Lehre“ bezeichnet, geht von der Natur aus und beschäftigt sich mit der Herkunft und den Prinzipien allen Seins.430 430
Huanyouquan (Erklärung zum Universum) ist ein Werk, das sich mit der Kosmolo gie befasst und auf Aristoteles Lehren beruht. Das Buch war ursprünglich auf Latein verfasst und war ein Vorlesungsskriptum an der Universität Coimbra, das vom Jesuiten Missionar Francois Furtado 傅泛際 (1587-1653) ins Chinesische übersetzt wurde.
Xin Hou
165
In einem anderen Buch Minglitan 名理探 (Untersuchung der Bezeichnungen und Prinzipien) wird die Lehre der Natur wiederum in zwei Kategorien unter teilt. Die eine ist die formbezogene Lehre der Natur, die sich mit allen Gegen ständen, die eine bestimmte Form besitzen, beschäftigt, was in der westlichen Welt eigentlich als Physik bezeichnet wird.431 Die andere ist die formübersteigende Lehre der Natur, die die Prinzipien außer halb der Formen der materiellen Welt untersucht, nämlich die Metaphysik. In diesem Sinn ist die „Lehre der Natur“ eine allgemeine Bezeichnung für Phi losophie, die die Naturphilosophie (Physik) und Metaphysik umfasst. Jedoch wird in diesen beiden Büchern „Lehre der Natur“ als Bezeichnung für Naturphi losophie verwendet. Das heißt, das „Formbezogene“ steht im Vordergrund. Zum Beispiel heißt es bei der „Erklärung zum Universum“, dass die „Lehre der Na tur“ eine Lehre ist, die sich mit der Form und mit der Natur beschäftigt. Die Lehre der Natur wurde jedoch von den Jesuiten nicht sehr oft als Überset zung für Philosophie verwendet. In Werken anderer Jesuiten wird diese Be zeichnung auch mit anderen Inhalten erfüllt. Zum Beispiel bezieht sich im Buch Xingxue cushu 性學粗述 (Allgemeines über die Lehre der Natur) von Giulio Aleni die Lehre der Natur nur mehr auf die Lehren von Aristoteles und Thomas von Aquin über die Seele und die menschliche Natur.432 In manchen Texten der Jesuiten wird die konfuzianische Lehre ebenfalls als Lehre der Natur bezeich net. Darauf wird weiter unten ausführlich eingegangen. 5.1.2 jing 經 (Klassische Schrift und shengjing 聖經 (Heilige Schrift) Als die Jesuiten in China ankamen, waren sie mit einer Gesellschaft konfron tiert, die durch eine starke Tradition im Bereich des Schreibens und klassischer Werke geprägt war. So sahen sich die Jesuiten gezwungen, sich an dieses Umfeld anzupassen. Sie verwendeten den Begriff jing, was auf Chinesisch „Klassiker“ oder „Religiöse kanonische Schriften“ bedeutete, zur Bezeichnung der christlichen Schriften, was sich am deutlichsten in ihrer Missionsstrategie der Adaptation zeigt. Durch diesen Begriff wollten die Jesuiten den Chinesen einerseits verdeutlichen, dass es im Westen auch Klassiker gab, andererseits versuchten sie dadurch für die christlichen Schriften in der chinesischen Gesellschaft denselben Status zu er reichen, wie die konfuzianischen Klassiker und die buddhistischen Sutras.
431
Das Buch Ming li tan (Untersuchung der Bezeichnungen und Prinzipien) wurde ebenfalls von Francois Furtado ins Chinesische übersetzt und befasste sich mit der Dia lektik von Aristoteles, was als Grundlage für die mittelalterliche Scholastik angesehen wird. 432 Xu Zongze (Hrsg.), Mingqing jian yesuhuishi yizhu tiyao (Übersicht über die Werke der Jesuiten in den Ming- und Qing-Zeiten), Taipei 1958, S. 213.
166
Jesuiten und Nestorianismus
In Wirklichkeit bezeichneten die Jesuiten mit dem Begriff jing nicht nur die Heilige Bibel, sondern alle christlichen Schriften, wie zum Beispiel Gebetstexte und Glaubensbekenntnisse. Obwohl die Jesuiten 1615 die Erlaubnis für die Übersetzung der Heiligen Schrift ins Chinesische erhielten, haben sie jedoch aus verschiedenen Gründen diese Gelegenheit verpasst, und eine systematische und vollständige Überset zung der Bibel ins Chinesische ist nicht zustande gekommen. Allerdings hat es mehrere Versionen von Übersetzungen von Textabschnitten der Bibel ins Chine sische gegeben. Diese Übersetzungen haben verschiedene Formen, die vom jeweiligen Verwendungszweck abhängig waren. Die Evangelien werden manchmal in Form einer chronologischen Darstellung der Lebensgeschichte Christi übersetzt und manchmal in Form einer Sonntags lesung. In seinem Buch Shengjing zhi jie 聖經直解 (Direkte Erklärung zur Heiligen Schrift) erklärte Emmanuel Diaz selbst die Bedeutung von shengjing (Heilige Schrift): „Im Originaltext heißt es ewanrilue 厄萬日略 (Evangelium) und be deutet übersetzt „frohe Nachrichten“. Das ist die neue Lehre, welche der Herr des Himmels nach seinem Herabstieg selbst den Menschen verkündet hat.“433 An einer anderen Stelle dieses Buches schreibt er: „shengjing ist die allgemeine Bezeichnung. [Der Inhalt] wurde entweder vom Herrn des Himmels selbst ver kündet oder durch die Engel oder durch die Offenbarung des Herrn des Him mels an die Propheten und Heiligen. Aber nur die Aufzeichnungen über die heiligen Worte und heiligen Taten, die unser Herr auf der Erde gesagt bezie hungsweise vollbracht hat und die in die heilige Geschichte eingegangen sind und die Nachkommen belehren, wurden als „ewanrilue“ bezeichnet und sind ein Bestandteil von „shengjing“.“434 Für Emmanuel Diaz und die Jesuiten seiner Zeit bezog sich der Begriff shengjing (Heilige Schrift) also lediglich auf das Neue Testament bzw. die vier Evangelien. 5.1.3 gujiao 古教 (alte Lehre) und xinjiao (neue Lehre) 新教 Emmanuel Diaz erläuterte die Unterscheidung nach der neuen Lehre (xinjiao und gujiao): „Alt und neu bedeuten hier früher und später.“ „Die beiden sind weit voneinander entfernt und sind nicht miteinander ver gleichbar.“ „Erstens, die alte Lehre wurde von den Engeln auf Befehl Gottes an Meise (Mose) weitergegeben. Und Meise vollbrachte selbst die Gebote Gottes und belehrte damit seine Landsleute. Die neue Lehre hingegen wurde vom Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die dritte Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1972, S. 1558. 434 Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die dritte Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nachOsten), Taipei 1972,S.1567. 433
Xin Hou
167
Herrn des Himmels selbst den Menschen auf der Welt verkündet. Zweitens, die alte Lehre ist eine vergängliche Lehre. Die neue Lehre ist eine ewige Lehre.“435 Durch diese Formulierung ist es bereits offensichtlich, dass die Jesuiten die Begriffe „alte Lehre“ für den jüdischen Glauben eingesetzt haben und „neue Lehre“ für den christlichen. Über diese Unterscheidung hinaus haben die Jesuiten in anderen auf Chinesisch verfassten Werken drei Entwicklungsstufen des Glaubens dargestellt, welche die Zusammenhänge zwischen Konfuzianismus, Judentum und christlichem Glau ben herstellen sollte. In seinem Buch Tianxue Lueyi 天學略義 (Allgemeines über die Lehre des Himmels) schreibt der Jesuit Missionar Joao Monteiro (Emmanuel Diaz war Zensor dieses Buches): „Die Lehre des Herrn des Himmels ist zwar einzigartig, hat jedoch drei Entwicklungsstufen durchlaufen. Zuerst die Lehre der Natur, dann die Lehre des Schreibens, dann die neue Lehre. Die Lehre der Natur heißt, von der eigenen Natur aus Ehrfurcht vor dem Schöpfergott zu haben und nicht gegen die himmlischen Regeln zu verstoßen. All dies kommt natürlicher Weise aus dem menschlichen Herzen und wird vom Herrn des Himmels in das menschliche Herz hineingeprägt. Daher wird sie als Lehre der Natur bezeichnet. Die Lehre des Schreibens bezieht sich auf die zehn Gebote und andere Riten. Die Menschen auf der Welt verloren den Herrn des Himmels aus dem Gedächt nis und vernachlässigten die Lehre der Natur. Nur das Land Rudeya (Judäa) diente mit ganzem Herzen dem Herrn des Himmels und wurde nicht von der Ketzerei angesteckt. Der Herr des Himmels zeigte dem heiligen Mose die zehn Gebote, ließ ihn sie aufschreiben und dann das Volk belehren. Den Kern der zehn Gebote kann man in zwei Punkten zusammenfassen. Nämlich den Herrn des Himmels über alles zu lieben und seine Mitmenschen wie sich selbst zu lieben. Das ist die sogenannte Lehre des Schreibens, die auch als die alte Lehre bezeichnet wird. Die neue Lehre beruht auf den Bestimmungen (Gesetzen) der Lehre der Natur und der Lehre des Schreibens. Die neue Lehre ist die vom Herrn des Himmels selbst verkündete Lehre, nachdem er herabgestiegen war. Sie ist die Lehre, die heute verbreitet wird und wird auch Lehre der Gnade genannt, da der Herr des Himmels herabkam und die Sünden der Menschen auf sich nahm. Dies war eine große Gnade. Diese Gnade basierte nicht auf den Verdiensten der Menschen, sondern nur auf der Liebe des Herrn des Himmels zu den Menschen. Daher wird die neue Lehre auch als Lehre der Liebe bezeichnet.”436
Wu Xiangxiang (Hrsg.), wie oben S.1559-1560. Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 900 901. 435 436
168
Jesuiten und Nestorianismus
Die Lehre der Natur wurde jedoch von den Jesuiten auch benutzt, um die Ei genschaften der konfuzianischen Lehre zu beschreiben. Dazu schrieb Joao Mon teiro: „Am Anfang des Buches Zhong Yong 中庸 wird das Mandat des Himmels als xing 性 (Natur) bezeichnet. Das Streben nach Vervollkommnung wird als jiao 教 (Lehre) bezeichnet, da es die Menschen das in der eigenen Natur ange borene Gute ausschöpfen lassen möchte und sich dieser Gabe des tiandi 天帝 (himmlischen Kaisers) nicht als unwürdig erweisen möchte. So ist die konfuzi anische Lehre eigentlich die Lehre der Natur des Herrn des Himmels.“437 Er schrieb weiter: Nachdem der Herr des Himmels herabgestiegen war, schaffte er die alten Riten ab und legte das Neue fest. Das ist sowie ein Herrscher, der eine Inspektionsreise unternimmt und dabei den vorher ausgegebenen Befehl nach Überprüfung der Realität neu überdenkt und abändert. Sollen in so einem Fall das Gefolge und das Volk sich an die neuen Befehle halten, die der Herrscher persönlich festgelegt hat oder sich unverändert an den alten orientieren? Dadurch wird es deutlich, dass, nachdem unser Herr selbst die neue Lehre ver kündet hat, man sich nicht mehr an die Riten der Lehre der Natur und der Lehre des Schreibens halten muss und diese abschaffen kann.“438 Dieses Beispiel zeigt deutlich die widersprüchlichen Einstellungen der Missio nare zu jener Zeit. Einerseits streben sie nach einer möglichst großen Überein stimmung zwischen der chinesischen Tradition und dem christlichen Glauben. Und zwar aus der Notwendigkeit für die Missionstätigkeit, die gegen die Jahr tausende alte chinesische Tradition orientiert nicht vorstellbar gewesen wäre, aber auch aus einer gewissen Sympathie zur chinesischen Kultur. Andererseits konnten sie der christlichen Prägung nicht entkommen und andere Lehren und Vorstellungen nicht objektiv beurteilen und richtig akzeptieren. Daher wurde die konfuzianische Lehre der „niedrigsten Stufe“ der Lehre des Herrn des Himmels, der Lehre der Natur, zugeordnet. Obwohl es die Missionare vermieden hatten, die konfuzianische Lehre und den christlichen Glauben als Gegensätze darzustellen, wichen sie jedoch nicht vom höchsten Ziel ihrer Mis sion ab, nämlich das Reich der Mitte mit dem christlichen Glauben zu bekehren. “Zwar beruhen die Lehre der Natur und die Lehre des Schreibens auf der Wahr heit, jedoch ist die Lehre der Natur zu verschwommen und die Lehre des
437
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 901. 438 Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 903 904.
Xin Hou
169
Schreibens zu streng. Nur die neue Lehre ist hell und voll Liebe und erklärt auch, was die beiden anderen nicht erklärt haben.“439 5.1.4
zhi 質 (Stoff) und mo 模 (Form)
Die Begriffe zhi 質 (Stoff) und mo 模 (Form) stammen aus dem Vier-Ursachen Schema von Aristoteles. Die vier Ursachen sind: Die Materialursache (Stoff-Ursache), der Stoff, aus welchem ein Ding gefertigt wird; die Wirkursache (Bewegursache), die Quelle für Bewegung, Entstehung oder Veränderung; die Formursache, die Form, Art oder Typus angibt; und die Zweckursache (Zielursache), das Ziel, z. B. die volle Entwicklung eines Individuums oder die geplante Funktion eines Gebäudes bzw. einer Erfindung. So z. B. besteht ein junger Löwe aus Gewebe und Orga nen, seine Materialursache; die Wirkursache sind seine Eltern, die ihn zeugten; die Formursache wird von der Gattung des Löwen bestimmt und die Zweckur sache besteht in seinem angelegten Drang, sich zu einem erwachsenen Löwen zu entwickeln. In unterschiedlichen Zusammenhängen werden die vier gleich bleibenden Ursachen analog angewendet. Somit ist die Materialursache einer Statue der Marmor, aus dem sie gehauen wurde, die Wirkursache ist der Bild hauer, die Formursache ist die vom Bildhauer erzielte Gestalt (z.B. Hermes oder Aphrodite) und die Zweckursache besteht in ihrer Funktion, ein Werk der schö nen Künste darzustellen.440 Auf diese Theorie wurde von den Jesuiten-Missionaren zurückgegriffen, um den chinesischen Gelehrten den christlichen Glauben zu erläutern. Nach Matteo Ricci sind Form und Stoff die richtigen Bestandteile des Seins, während die bewegende Ursache und der Zweck außerhalb des Seins stehen. Wenn man über die Schöpfung Gottes spricht, ist zu erkennen, dass Gott für die bewegende Ursache und den Zweck verantwortlich ist.441 Joao Monteiro schrieb dazu in seinem Buch Zhaomi jing 炤迷鏡 (Spiegel zur Erhellung der Verwirrungen, Emmanuel Diaz war Zensor des Buches): Stoff und Form sind voneinander abhängig. Eine Form kann den Bedarf eines Stoffes erfüllen, ein Stoff kann auch den Bedarf einer Form erfüllen. Eine Form richtet sich nach (genau) einem Stoff und ein Stoff richtet sich nach (genau) einer Form.”442 „Die Form richtet sich nach dem eigenen Stoff und der Stoff richtet
439
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 902. 440 Vgl. Aristoteles, Physikvorlesung (Übes. Hans Wagner), Berlin 1967, S. 460. 441 Vgl. Matteo Ricci, Tianzhu shiyi (Wahre Bedeutung des Herrn des Himmels), Kapi tel 1. 442 Nicolas Standaert (Hrsg.), Xujiahui cangshulou mingqing tianzhujiao wenxian (Christliche Dokumente der Ming und Qing Zeiten aus der Zikawei Bibliothek), Taipei 1996, Band 2, S. 885.
170
Jesuiten und Nestorianismus
sich nach der eigenen Form. Die Seele ist die Form und der Körper ist der Stoff.”443 Der äußere Anschein dieser Theorie vermittelteinen aufBeobachtung und em pirischer Wissenschaft basierenden Eindruck. Wesentliche Punkte dieser Theo rie wurden dabei allerdings a priori festgelegt. Wenn man die Entstehung und Entwicklung des Seins betrachtet, darf man jedoch nicht auf das Innere des Seins schauen, sondern man findet die endgültige Erklärung erst bei einem übernatürlichen Gott. 5.1.5
mingsi 明司 (die Funktion des Verstandes), aisi 愛司 (die Funktion derLiebe) Obwohl Emmanuel Diaz in seinen Abhandlungen nur über die Funktion des Verstandes und die Funktion der Liebe der geistigen Natur gesprochen hat, ist in seinen anderen Werken und den Werken seiner Ordensbrüder von den drei Funktionen die Rede. Die drei Funktionen der Seele (der geistigen Natur) sind dabei Liebe, Verstand sowie Gedächtnis (jihansi 記含司)444. Joao Monteiro schrieb in seinem Buch Tianxue lueyi 天學略義 (Grundlagen der Lehre des Himmels) dazu: „Obwohl die Seele (die geistige Natur) eine Einheit ist, hat sie dennoch drei Funktionen. Nämlich [Funktion der] Liebe, [Funktion des] Verstandes und [Funktion des] Gedächtnisses. Die Funktion des Verstan des, um die Substanz der Dinge zu begreifen, die Funktion des Gedächtnisses, um die Prinzipien der Dinge zu speichern und die Funktion der Liebe, um die Güte der Dinge zu lieben445.“ Monteiro setzte in seinem Buch die drei Funktionen sogar mit den Mysterien der Dreifaltigkeit in Verbindung und stellte dadurch auch die Zusammengehö rigkeit zwischen der Funktion des Verstandes undder Funktion des Gedächtnis ses klar: „Der Herr des Himmels ist der Einzige und Vollkommene, enthält aber drei Personen: Den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist. Die menschliche Seele ist eine Wiederspiegelung von Gott. Die erste Person versteht die unendli che Transzendenz ihrer eigenen Natur und erzeugt die zweite Person. Die erste und die zweite Person lieben die unendliche Transzendenz ihrer eigenen Natur, und dadurch entsteht die dritte Person. Den Verstand betreffend sind Vater und Sohn wesensgleich.446 443
Nicolas Standaert (Hrsg.), wie oben, S. 891. Vgl. Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die dritte Samm lung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1972, S. 2139, 2423, 2849. 445 Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 858. Emmanuel Diaz war Zensor dieses Buchs. 446 Wu Xiangxiang (Hrsg.), wie oben S. 858-860. 444
Xin Hou
171
Ein ähnliches Gleichnis stellte Emmanuel Diaz in seinem Werk „Direkte Erklä rung zur Heiligen Schrift“ dar. Die Funktion des Verstandes [des Vaters] erzeugt ein Ebenbild und liebt ihn und so lieben Vater und Sohn sich gegenseitig. Dadurch entsteht der Heilige Geist. Die drei Personen unterscheiden sich ge nauso wie die drei Funktionen der geistigen Natur in keinerlei Weise in der Größe und in zeitlicher Hinsicht.“447 Durch die obige Beschreibung wird die Zusammengehörigkeit der Funktion des Verstandes, der Liebe und des Gedächtnisses klargestellt. Im Buch „Direkte Erklärung zur Heiligen Schrift“ kommt ein Bibelzitat vor: „Ein Gelehrter, der sich mit der Schrift gut auskennt, prüft ihn mit der Frage: „Meister, welches Gebot ist das größte in der Schrift?“ Er antwortet: „Das aller größte und allerwichtigste ist, mit den drei Funktionen der Liebe, des Verstan des und des Gedächtnisses den Herrn des Himmels zu lieben.“448 Dieser frei übersetzte Abschnitt stammt ursprünglich aus dem Matthäusevange lium (Mt. 22,34-37): „Und einer von ihnen, ein Lehrer des Gesetzes, fragte ihn, um ihn zu versuchen: „Meister, welches ist das größte Gebot im Gesetze?“ Er sprach zu ihm: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, mit deinem ganzen Herzen, deiner ganzen Seele und deinem ganzen Denken.“ Durch den Vergleich der beiden Texte wird es ersichtlich, welche Begriffe die Jesuiten mit den „drei Funktionen der geistigen Natur“ gleichsetzten. Weitere Jesuiten haben ebenso versucht, dieses Thema zu bearbeiten, jedoch mit einer anderen Betonung. So versuchte der erste in China ankommende Jesuit, Michele Ruggieri, in seinem auf Chinesisch verfassten Katechismus zu erklä ren: „Alle, die über eine geistige Natur verfügen, haben Verstand und Liebe. Die Steuerungsfunktion des Verstandes führt die Menschen hin und lässt die Men schen alles begreifen. Die Funktion der Liebe folgt nach und lässt die Menschen alles umsetzen. Ohne Verstand wird man töricht. Man weiß nicht, was man tun soll. Ohne Liebe (Wille) ist man zu schwach, das eigene Wissen einzusetzen. Beide sind voneinander abhängig.“449 Später erläutert Diego de Pantoja ausführ lich die drei Funktionen: „All die, die eine geistige Natur besitzen, haben Ver nunft, Liebe und Neigungen und haben daher auch alle die Fähigkeit, Verstand und Liebe zu steuern. So wie die Menschen sehen und hören können, wobei die Augen für die Steuerung des Sehens oder die Ohren für die Steuerung des Hö rens zuständig sind. Die Seele versteht die Wahrheit und liebt das Schöne und 447
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die dritte Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1972, S. 2160 2164. 448 Wu Xiangxiang (Hrsg.), wie oben S. 2325. 449 Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 803 804.
172
Jesuiten und Nestorianismus
Gute und hat daher auch die Steuerungsfunktion für die Liebe und den Verstand und ist die Wurzel von Liebe und Verstand … was zur Vernunft gehört, wie glauben oder nicht glauben, richtig oder falsch, wird der Funktion des Verstan des zugeordnet. Was zu den Neigungen gehört, wie Gier, Zorn, Überheblichkeit und Neid, wird der Steuerfunktion der Liebe zugeordnet.450 5.1.6 seng 僧 (Bonze, Mönch), si 寺 (Tempel) und shi 士 (Gelehrter) Ganz am Anfang ihrer Mission in China haben die Jesuiten sowohl die Be zeichnung als auch Äußerlichkeiten von den buddhistischen Mönchen über nommen. Sie bezeichneten sich gerne als xiseng 西僧 (Bonze oder Mönch aus dem Westen). Das erste Kirchengebäude, das die Missionare in Zhaoqin errich tet hatten, wurde auch als Xianhua si 鮮花寺 (Tempel der Wunderblumen) be zeichnet. 1588 wurde selbst der Titel „Papst“ in einem Brief als da seng 大僧 (großer Bonze oder großer Mönch) bezeichnet, den Matteo Ricci im Namen des Papstes Sixtus V. dem chinesischen Kaiser eingereicht hat.451 Die Jesuiten hofften, dass sie dadurch für die Chinesen leichter zu akzeptieren sind und die Chinesen schneller bekehren können. Aber nachdem sie dies einige Zeit praktiziert hatten und Erfahrungen gesammelt hatten, sind sie darauf ge kommen, dass der sehr bescheidene Sozialstatus, den die buddhistischen Mön che in der chinesischen Gesellschaft und unter den chinesischen Gelehrten in nehatten, nicht mit dem Status der Geistlichen in Europa vergleichbar ist. Sie bekamen ein tieferes Verständnis dafür, welchen Eindruck die chinesischen Mönche zur Bezeichnung Seng hatten. Matteo Ricci schrieb darüber in einem Brief: „Da wir den Namen Bonze von uns gewiesen haben – bei ihnen gilt er gleich viel wie bei uns Frater, aber in einem niedrigeren und entwürdigenderen Sinn.“ Erst im Jahr 1595, zwölf Jahre nachdem sie die Bezeichnungen und die Äußer lichkeiten der buddhistischen Mönche übernommen hatten, fingen die Jesuiten an, die Gewänder der konfuzianischen Gelehrten zu tragen und ließen sich als ru 儒 (Gelehrter) oder shi 士(Edelmann) bezeichnen. Endlich war es ihnen be wusst, dass, wenn sie die Anerkennung und Akzeptanz der oberen Schicht der chinesischen Gesellschaft erhalten möchten, sie sich als Laien oder als Gelehrte aus dem Westen geben und auf dieser Basis den Kontakt zu den chinesischen Gelehrten aufbauen müssen. In seiner Abhandlung erklärte Diaz den Grund für die Anwendung der Begriffe seng und si in der „Nestorianischen Stele“. Er erwähnte dabei gar nicht, dass die Jesuiten-Mission am Anfang auch einmal solche Begriffe verwendet hatte, ob wohl jene Zeit nicht weit vor seiner Ankunft in China lag. Jedoch können wir davon ausgehen, dass er sich der Thematik vollkommen bewusst war: Im ersten auf Chinesisch verfassten Katechismus „Die wahre Aufzeichnung der Heiligen 450 451
Wu Xiangxiang (Hrsg.), wie oben, S. 206-207. Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich/München 1984, S. 266.
Xin Hou
173
Lehre des Herrn des Himmels“, der vom italienischen Jesuiten Michele Ruggie ri verfasst wurde, bezeichnet sich der Verfasser in der Originalausgabe von 1584 selbst als seng (Bonze) und bezeichnet das Herkunftsland des christlichen Glaubens mit Tianzhu 天竺 (altchinesische Bezeichnung für Indien) – das Her kunftsland des Buddhismus. Zwischen 1634 und 1641 wurde dieses Buch neu aufgelegt. In dieser zweiten Auflage wurden alle Bezeichnungen, die auf den Buddhismus hinwiesen, gestrichen. Diaz war ausgerechnet einer der drei für die Neuauflage zuständigen Revisoren.452 Im Gegensatz zur behutsamen Vorgangsweise von Emmanuel Diaz ging einer der bekanntesten chinesischen Konvertierten, Li Zhizao, ein enger Vertrauter von Emmanuel Diaz, in seinem Artikel Du jingjiaobei shu hou 讀景教碑書後 (Nach dem Lesen der Nestorianischen Stele) wesentlich offener mit diesem Thema um, und erklärte den Grund für die Übernahme der buddhistischen Be zeichnung für die Geistlichen durch die Missionare: „Der Grund, warum die Gelehrten von der Lehre des Himmels sich als seng bezeichnet haben, liegt darin, dass die Männer sich in jenem Land den Kopf rasieren, ohne Unterschied zwischen Geistlichen und Laien. Die Chinesen erkannten sie willkürlich als Seng und die Missionare konnten dem nicht widersprechen. Selbst als Matteo Ricci zuerst in Wuyang 453ankam, vermischte er sich auch für einige Jahre mit den buddhistischen Mönchen. Später, als er Qu Taisu 瞿太素454 traf, behauptete er, dass er kein seng sei und ließ sich die Haare wachsen und bezeichnete sich als ru (Konfuzianer, Gelehrter).“455 5.1.7 sanlun 三倫 (Die drei Grundordnungen) Der Begriff „die drei Grundordnungen“ wurde häufig vom Konfuzianismus für den Ausdruck von menschlichen Beziehungen oder Verpflichtungen verwendet. Am häufigsten wurde damit das Verhältnis zwischen Herrscher und Gefolge, Vater und Sohn sowie Ehemann und Ehefrau bezeichnet. Manchmal sprach man auch von wulun (fünf Grundordnungen)456. Zu den drei oben genannten kom men noch die Verhältnisse zwischen Freunden und Brüdern hinzu. All diese Verhältnisse wurden als Fundament für die Sozialordnung betrachtet und sind Ausgangspunkt für die konfuzianische Ethik und Moral. 452
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 25. 453 Wuyang 五羊 ist eine alte Bezeichnung der südchinesischen Stadt Guangzhou. 454 Qu Taisu 瞿太素 (1549-1612) war einer der ersten zum christlichen Glauben konver tierten chinesischen Gelehrten. Er war ein sehr enger Vertrauter von Matteo Ricci. 455Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianxue chuhan (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die Erste Sammlung von der Lehre des Him mels), Taipei 1965, S. 84-85. 456 Wulun nachzuschlagen in Fang, Yi 方毅 (Hrsg.): Ciyuan 辭源 (Das etymologische Wörterbuch), Shanghai 1947
174
Jesuiten und Nestorianismus
In der Abhandlung von Emmanuel Diaz wurde allerdings dieser Begriff ent lehnt, um die drei verschiedenen Arten der Dinge zu beschreiben. Nämlich die Dinge mit Anfang und Ende, diejenigen mit Anfang und ohne Ende und diejeni gen ohne Anfang und ohne Ende. Diese Einteilung der Dinge wurde von den Jesuiten sehr häufig gebraucht. Diego de Pantoja erwähnte z.B. in seinem Werk „Fortsetzung zur wahren Bedeutung des Herrn des Himmels“ auch eine ähnli che Einteilung: „Es gibt drei Arten von Dingen: Mit Anfang und Ende, wie die Pflanzen und Tiere. Der Anfang und das Ende ihrer Seele folgen ihrem Körper. Auch die menschlichen Gefühle und Sinne wie Sehen, Hören, Liebe und Hass haben einen Anfang und ein Ende. Die Zeit, in der sie existieren, wird als flie ßende Zeit bezeichnet. Mit Anfang, aber ohne Ende: Engel, Dämonen und die menschliche Seele werden als Ewo 厄窩 bezeichnet und bestehen für immer. Sie sind alle vom Schöpfergott abhängig. Sie werden von ihm geschaffen und können daher nicht als „ohne Anfang“ bezeichnet werden. Ohne Anfang und ohne Ende: Der Schöpfergott, der sich als Edeernida 厄得爾泥達 bezeichnet, was übersetzt ewig und endlos bedeutet.457 Bei der Einteilung der Dinge gab es jedoch auch unter den Jesuiten unterschied liche Perspektiven. Im Buch „Wahre Bezeichnung der Heiligen Lehre des Herrn des Him mels“ spricht Michele Ruggieri von zwei Kategorien von Dingen. Die einen sind selbständig, die anderen sind abhängig. Dinge, deren Existenz sich nicht auf andere stützt, sind selbständig. Dinge, die nicht alleine existieren und sich auf andere stützen müssen, sind abhängig. Manche von den Selbständigen sind mit Form. Zum Beispiel: Erde, Himmel, der menschliche Körper und so weiter. Manche sind ohne Form, wie die Himmelsgeister (Engel) und die menschliche Seele. Ebenso verhält es sich bei den Abhängigen. Manche sind mit Form und stützen sich auf die Selbständigen mit Form, wie die Farben. Andere Abhängige sind ohne Form und stützen sich auf Selbständige ohne Form, so wie die fünf konstanten Tugenden und die sieben Emotionen.“458 In der Einleitung seines Werkes „Allgemeines über die Lehre der Natur“ geht Giulio Aleni dieses Thema wiederum anders an und teilte alle Dinge in vier Kategorien ein: „Alle zehntausend Dinge können vier Arten zugeordnet werden. Es gibt Dinge, die Form und Stoff haben, aber nicht wachsen wie die vier Ele mente - der Himmel, die Erde, Metall und Stein. Es gibt Dinge, die Form und Stoff haben und wachsen, jedoch keine Sinne haben, wie Getreide, Früchte, Gras und Bäume. Es gibt auch Dinge, bei denen Form, Stoff, Wachsen und Sin ne vorhanden sind, jedoch keine geistige Natur (Vernunft), wie Vögel, Fische
457
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 157 158. 458 Wu Xiangxiang (Hrsg.), wie oben, S. 804.
XinHou
175
und die anderen Tiere.Alldie drei Kategorien sind mit Form. Es gibt auch formübersteigende und rein geistige Dinge, nämlich die Himmelsgeister (En gel). Nur der Mensch besitzt sowohl Form, Stoff, Wachstum und Sinne als auch eine geistige Natur. Sie sind nur niedriger als die Himmelsgeister, sind aber die obersten der zehntausendDinge.459 Bei der Einteilung der Dinge findet man teilweise auch Ähnlichkeiten zur Ein teilung der Seele, die in zahlreichen Werken der Jesuiten vorkommt. Matteo Ricci erwähnte dieseTheorie in seinen Büchern als erster: „Es gibt drei Ränge unter den Seelen. Die niedrigste ist die Seele des Wachsens, wie bei den Pflan zen. Sie fördert die Pflanzen beim Wachsen. Wenn sie verwelkt sind, ver schwindet auch die Seele.Die mittlereheißt Seeleder Sinne, so wie beiden Tieren. Die Tiere können damit sehen, hören, fressen und riechen, nicht jedoch nach der Wahrheit suchen. Wenn die Tiere tot sind, verschwindet auch ihre See le. Die oberste heißt Seele des Geistes, nämlich die menschliche Seele. Diese enthält die Seele des Wachsens und die Seele der Sinne, fördert das Wachstum, entwickelt die Sinne des Menschen. (Die Menschen) besitzen dadurch Vernunft und können nachdenken und nach der Wahrheit suchen. Wenn sie tot sind, exis tiert die Seele ewig weiter.460 5.1.8 yu 獄 (Gefängnis) Im Laufe der Zeit entstand durch die Etablierung des Buddhismus in China und seiner Vermischung mit den einheimischen Glaubensrichtungen die Vorstellung von Hölle, was auf Chinesisch als diyu 地狱 (unterirdisches Gefängnis) be zeichnet wurde. Auf dieser Grundlage übernahmen die Jesuiten diesen Begriff, um die christliche Vorstellung der gesamten unterirdischen Welt zu bezeichnen. Im ersten auf Chinesisch verfassten Katechismus beschrieb Michele Ruggieri die unterirdische Welt: „Unter der Erde gibt es vier große Höllen. Die erste und auch die tiefste ist das Gefängnis, wohin der Herr des Himmels die Dämonen und die bösen Menschen aller Zeiten verbannt. Weniger tief ist der Ort, wo sich die guten Menschen aufhalten, die vor dem Tod ihre Sünden noch nicht kom plett getilgt haben (Fegefeuer). Sie erhalten da ihre Strafe. Nachdem die Sünde getilgt ist, dürfen sie in den Himmel aufsteigen. Wieder weniger tief halten sich die nicht getauften Kleinkinder auf (limbus puerorum). Da sie weder Gutes noch Böses getan haben, sollten sie weder das Glück im Himmel genießen noch die Leiden der tiefsten Hölle ertragen. Da der Urahne Yadang (Adam) die Ur sünde hinterläßt, werden sie an diesem Ort unterbracht. Ohne Glück und ohne Strafe. Wieder weniger tief halten sich die Heiligen der alten Zeiten auf (limbus paterum). Eigentlich sollten diese nach ihren Verdiensten sofort in den Himmel aufsteigen können, jedoch ist das himmlische Tor durch die Sünde von Yadang geschlossen. Daher halten sich die Seelen der alten Heiligen an diesem Ort nach 459
Xu Zongze, Mingqing jian yesuhuishi yizhu tiyao (Übersicht über die Werke der Jesuiten in den Ming und Qing Zeiten), Taipei 1958, S. 213. 460 Matteo Ricci, Tianzhu shiyi (Wahre Bedeutung des Herrn des Himmels), Kapitel 3.
176
Jesuiten und Nestorianismus
dem Tod auf und warteten auf das Leiden Christi und die Herabkunft [nach seinem Tod], um von ihm geführt, in den Himmel aufzusteigen. Diese Beschreibung des „unterirdischen Gefängnisses“ traf auf große Ableh nung bei den chinesischen Gelehrten. Vor allem haben sie heftige Kritik an der Darstellung des limbus puerorum und des limbus paterum geübt. Ein chinesi scher Gelehrter schrieb dazu: „Welches Alter, fragte ich sie, legt ihr für jene fest, die ihr Kinder nennt? Je nach Intelligenz, sagten sie. Intelligent ist, wer als Kind schon handelt, als sei er älter. Dumm ist, wer noch als Großer wie ein Kind handelt. Unter diesen Umständen müßte man bei der Geburt eines Kindes wün schen, es solle jung sterben und schwachsinnig sein, und es wäre besser, schwachsinnig zu sein und vorzeitig zu sterben als hundert Jahre alt und intelli gent. Ist das von gesundem Menschenverstand?“461 Diese heftige Kritik und Ablehnung, hat dazu geführt, dass die Jesuiten behutsamer mit diesem Thema umgingen. So schreibt Giulio Aleni im Buch Wanwu zhenyuan 萬物真源 (Der wahre Ursprung der zehntausend Dinge) über das „unterirdische Gefängnis“: „Drinnen gibt es drei unterschiedliche Ebenen. Die tiefste ist im Zentrum (Kern) des Untergrundes und ist das Gefängnis des ewigen Leidens und ist für Dämonen und böse Menschen, [die] nie begnadigt [werden]. Die zweittiefste Ebene ist das Gefängnis der Abschmelzung der Sünden (Fegefeuer) und ist für die guten Menschen, die zu ihren Lebzeiten Fehler gemacht haben und zu Leb zeiten keine Zeit zur Wiedergutmachung hatten. Sie erhalten da ihre Strafe und können in den Himmel hinaufsteigen, nachdem die Sünden abgeschmolzen sind. Die höchste Ebene ist das Gefängnis des kurzen Aufenthalts. Dort gibt es weder Sorge noch Freude. Vor der Erlösung des Herrn des Himmels war der Weg zum Himmel nicht geöffnet. Die Tugendhaften hielten sich kurz hier auf und stiegen mit dem Herrn des Himmels gemeinsam nach der Erlösung hinauf. Dieses Gefängnis ist nun leer.“462 Die Vorstellung von limbus puerorum war bei Aleni also bereits getilgt. 5.1.9 sande 三德 (Die drei Tugenden) Die drei Tugenden beziehen sich in der chinesischen Kultur ursprünglich auf die drei Methoden, wie ein Herrscher über sein Volk herrschen kann. Im alten Klas siker Shang Shu 尚書 heißt es: „Die drei Tugenden sind: • • •
Das Falsche korrigieren Beseitigung durch Härte (Ungehorsame unterdrücken) Beseitigung durch Sanftheit (Gehorsame belohnen)
Im konfuzianischen Klassiker Zhouli 周禮 (Riten der Zhou-Zeit) beziehen sich die drei Tugenden hingegen auf 461
Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich/München 1984, S. 201-202. Nicolas Standaert (Hrsg.), Xujiahui cangshulou mingqing tianzhujiao wenxian (Christliche Dokumente der Ming und Qing Zeiten aus der Zikawei Bibliothek), Taipei 1996, Band 1, S. 206. 462
Xin Hou
• •
•
177
die höchste Tugend – die Tugend der Harmonie oder Mäßigkeit, die Tugend des Scharfsinns – Verhaltensprinzip: Ständig die Entwick lungen spüren und nach der Gerechtigkeit sein eigenes Verhalten anpas sen, Tugend der Pietät – Verehrung der eigenen Verwandten, Liebe zu den Eltern.
Die Bezeichnung „Drei Tugenden“ war schon vor der Ankunft der Jesuiten in der Kultur der Chinesen verankert. Diese wurde dann von den Jesuiten über nommen und mit neuem Inhalt erfüllt. Nämlich mit Glaube, Liebe und Hoff nung - den drei Kardinaltugenden im christlichen Glauben. 5.1.10 shengren 聖人 (Heilige) Ursprünglich war die Bezeichnung shengren lediglich eine allgemein übliche Bezeichnung für diejenigen, die über eine gewisse Weisheit verfügen, hatte jedoch noch keinen Bezug auf eine vorbildliche Persönlichkeit. Erst zur Zeit des Konfuzius wurde der Begriff shengren für die Bezeichnung eines höchsten Vor bilds weiterentwickelt. Aus der Sicht der Konfuzianer sind Heilige die Verkör perung eines Ideals und sind auch die Autorität im Hinblick auf Werte sowie Träger ihres moralischen und politischen Strebens. Im Laufe der Geschichte hat die Heiligenverehrung im Konfuzianismus eine sehr wichtige Rolle gespielt. Es war für sie ein bedeutendes Ziel, dem dao der Heiligen zu folgen. Diese Vorstellung über Heilige bietet den Menschen nicht nur eine Quelle von Werten und Idealen, sondern ermutigt und führt sie auf den Weg zur eigenen geistigen und moralischen Vervollkommnung.463 Die Jesuiten haben diesen Begriff übernommen und auf eigene Heilige ange wandt, um eine Übereinstimmung bei der moralischen Vorstellung zwischen dem christlichen Glauben und der konfuzianischen Ideologie zu erreichen. Ei nerseits sollte dies zum leichteren Verständnis und Akzeptieren der Heiligenver ehrung beitragen, andererseits stellt dies einen Versuch dar, eine gleichgewich tige Stellung mit dem Konfuzianismus zu erlangen. Wie bei dem Begriff jing (Klassiker) haben die Jesuiten durch die gezielte Übernahme des Begriffs shengren für die eigenen Heiligen versucht, die eige nen Traditionen mit der chinesischen Kultur vergleichbar zu machen und als gleichwertig darzustellen.
463
Vgl. Zhongguo Ruxue baikequanshu (Encyclopedia of Confucianism in China), Beijing 1997.
178
Jesuiten und Nestorianismus
5.2
Der Umgang von Emmanuel Diaz mit den Glaubenssätzen in seiner Abhandlung
5.2.1
Ausführlich behandelte Themen
5.2.1.1 Erbsünde Die Erläuterung der Erbsünde machte einen wesentlichen Teil der Abhandlung von Diaz aus. Er hat dabei folgende Punkte klargestellt: •
Die Entstehung der Erbsünde
•
Das mit der Erbsünde verbundene Unheil
•
Alle Menschen sind mit der Erbsünde befleckt
Mit der Erbsünde hat sich Diaz deshalb so intensiv auseinandergesetzt, weil es damals für die Missionstätigkeit wichtig war, dadurch den Menschen die Not wendigkeit der Erlösung und damit auch die Notwendigkeit des Konvertierens zum christlichen Glauben zu vermitteln. Ohne die Erbsünde wäre bei den Chi nesen, die aus der eigenen Kultur nach Vervollkommnung strebten und hohe moralische Ansprüche hatten, diese Notwendigkeit nicht einleuchtend gewesen. Diaz verwendete das Argument der Erbsünde auch als Grundlage für die Erklä rung der Funktion der Taufe. Er vermied es jedoch, darüber zu diskutieren, ob der Glaubenssatz der Erbsünde gerecht oder vernünftig ist. Der Grund für die Betonung der Erbsünde liegt darin, dass es große Unterschie de zwischen christlichen und chinesischen Vorstellungen in Bezug auf den Zu sammenhang zwischen Tat und Strafe gibt. Bei der Erlösung spielt aus christli cher Sicht der Glaube die Kernrolle. Die Gnade der Erlösung wird in erster Li nie aufgrund des Glaubens geschenkt, und aufgrund der eigenen Tat. Aus chine sischer Sicht war diese Vorstellung sehr ungerecht: Ein Wohltäter, der nicht an den Herrn des Himmels glaubt, wird bestraft. Im Gegenteil wird ein Verbrecher, der vor seinem Tod zum christlichen Glauben konvertiert, von all seinen Sünden befreit. Die Bemühungen des Einzelnen spielen keine Rolle und die Erlösung kann nicht allein durch Selbstvervollkommnung und moralische Entwicklung aus eigener Kraft erreicht werden. Nach dieser Vorstellung würden alle großen Persönlichkeiten in der chinesischen Geschichte, da sie nichts vom Herrn des Himmels wussten, mit dem Feuer der Hölle bestraft, was für die Chinesen völ lig absurd erschien. Eigentlich könnte eine etablierte chinesische Vorstellung zum Verstehen der Erbsünde sehr hilfreich gewesen sein, nämlich die göttliche Vergeltung wegen der Untaten der Vorfahren gegen die Nachkommen. Allerdings wurde diese Vorstellung von den Jesuiten als unhaltbarer Aberglaube zurückgewiesen. So kritisiert Giulio Aleni in seinem Buch Sanshan lunxue 三山論學 (Diskussion über die Lehre in Sanshan) die chinesische Vorstellung, dass für die Untaten und Schulden der Vorfahren eine göttliche Vergeltung gegen die Nachkommen be steht. Er meinte: „Die Wohltaten und Untaten der Nachkommen verdienen ihre
Xin Hou
179
eigene Belohnung und Strafe. Ein übler Vater mit einem tugendhaften Sohn oder ein tugendhafter Vater mit einem üblen Sohn – (ihre Taten) haben mitei nander nichts zu tun. Wie kann man für die Untaten des Vaters die Tugenden des Sohnes bestrafen? Und wie mit den Tugenden des Vaters die Unfähigkeit des Sohnes überdecken? Außerdem gibt es viele, die keine Nachkommen haben – an wen wird in diesen Fällen die Belohnung oder Bestrafung ihrer Taten über tragen?“464 Diese Einstellung wurde von den chinesischen Gelehrten sehr häufig zitiert und als starkes Argument gegen die Theorie der Erbsünde eingesetzt. 5.2.1.2 Mariologie Für Diaz war es offensichtlich ein besonderes Anliegen, die Marienverehrung in seiner Abhandlung ausführlich zu behandeln, obwohl die Originalinschrift der „Nestorianischen Stele“ nur eine einzige kurze Bemerkung über Maria aufweist - das unverheiratete Mädchen gebar den Heiligen - und nicht einmal der Name Marias erwähnt wurde. Diaz hat diesen kurzen Satz dafür genutzt, folgende Hauptdogmen der Mariologie detailliert darstellen zu können: •
Die unbefleckte Empfängnis
•
Die Jungfräulichkeit Marias
•
Marias Stellung als Mutter Gottes
Im Laufe seiner Erläuterungen vermittelte Diaz viele zum damaligen Zeitpunkt in der Kirche bereits gebräuchliche Vorstellungen über Maria, wie zum Beispiel: •
Maria ist die zweite Eva. Die erste hat den Tod in die Welt gebracht, die zweite hat den Menschen die Hoffnung gebracht.
•
Die Tugend Marias ist vollkommen.
Diese ausführliche Behandlung der Mariologie beruhte meines Erachtens auf folgenden Überlegungen:
464
•
Es wird damit die Identität des katholischen Glaubens betont. Dies war seit der Zeit der Reformation für die katholischen Missionare von be sonderer Bedeutung.
•
Es sollte damit auch der theologische Unterschied zwischen der katholi schen und der ostsyrischen Tradition neutralisiert werden. Es gab einen wesentlichen Unterschied in der Betrachtung der Stellung Marias. Die ostsyrische Kirche betrachtete Maria nur als Mutter des Menschen Jesus und bezeichnete sie daher statt als „Mutter Gottes“ nur als „Mutter Christi“. Diese Streitigkeit um den Begriff Theotokos musste den
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 455.
180
Jesuiten und Nestorianismus
•
•
5.2.2
durchwegs gut gebildeten Jesuiten, die im Rahmen ihres Aufenthaltes in Indien, in Goa, höchstwahrscheinlich den ostsyrischen Christen selbst begegnet waren, bewusst sein. Diaz geht dennoch in seinen Erläuterun gen nicht auf die minimale Erwähnung im Originaltext der Stele ein, sondern verschweigt bei seiner ausführlichen Behandlung, dass die Stellung Marias einen Streitpunkt gegenüber der ostsyrischen Tradition darstellte, da er eine Nachfolgestellung der Jesuiten-Mission zur vor 800 Jahren vor seiner Zeit beginnenden Ausbreitung des christlichen Glaubens in China herstellen wollte. Im Vergleich zu anderen schwerer zu verstehenden christlichen Dog men, wie zum Beispiel dem Mysterium der Dreifaltigkeit, war die Vor stellung der Mutter Gottes leichter zu verstehen und akzeptieren, da die Vorstellung von einer „Mutter-Göttin“ in China fast schon immer vor handen war - von der uralten Legende über die Erschaffung der Men schen durch die Göttin Nüwa 女媧 bis zu der seit dem 11. Jahrhundert populären Darstellung von der Bodhisattva Guanyin 觀音. Als Ignatius von Loyola den Jesuitenorden gründete, hat er sich der Marienverehrung gewidmet. Daher betont der Jesuitenorden ganz be sonders die Bedeutung der Heiligen Mutter. Ausweichend behandelte Themen
5.2.2.1 Die Dreifaltigkeit Obwohl die Dreifaltigkeit ein zentrales Wesensmerkmal des christlichen Glau bens ist, was auch in der „Nestorianischen Stele“ mehrmals vorkommt und auch von Diaz wörtlich als „wichtigster Bestandteil des christlichen Glaubens“ er wähnt wird, hat er dieses Thema in seiner Abhandlung dann nur kurz gestreift und damit zu einem Nebenthema abgestuft. Er benutzte zwar die Begriffe „Hei liger Vater“, „Heiliger Sohn“ und „Heiliger Geist“, erläuterte diese jedoch kaum und sagte nichts über ihr Verhältnis zueinander. Die minimalen Erläuterungen blieben oberflächlich und undeutlich. Diese Vorgangsweise in Bezug auf die Lehre der Dreifaltigkeit beruhte auf den Erkenntnissen der Jesuiten aus ihrer Missionspraxis. Bereits im ersten auf Chinesich verfassten katholischen Katechismus von Mi chele Ruggieri wurden die Mysterien der Dreifaltigkeit sehr ausführlich erklärt: „Der einzige Herr des Himmels enthält drei Personen. Die westlichen Gelehrten nennen das bosuoya 波索亞 (ousia). Die erste heißt badele 罷得勒 (pater); die zweite heißt feilüe 費略 (filius); die dritte heißt sibiliduosanduo 斯比利多三多 (spiritus sanctus). Die drei unterschiedlichen Personen vereinigen sich mitei nander zum einzigen Herrn des Himmels. Es ist zu erkennen, dass diese drei
Xin Hou
181
sich nicht in Größe, Stärke und Entstehungszeit unterscheiden“. 465 Weiter schrieb er: „Sie unterscheiden sich eigentlich nicht voneinander, sondern haben nur drei Personen, da [zwischen ihnen] ursprünglich ein Verhältnis zwischen Geben und Nehmen bestand. Der Gebende heißt badele – die erste Person. Der Nehmende heißt feilüe – die zweite Person. Da der Vater seinen geborenen Sohn erkennt, ist es unmöglich, dass er ihn nicht liebt, und der Sohn erkennt den Vater, der ihn geboren hat. Ist es dann noch möglich, dass er ihn nicht liebt? Vater und Sohn lieben sich gegenseitig. Dadurch entsteht die Liebe. Da diese Liebe aus demInnerendes Herrn des Himmels kommt, muss sie vomselben Wesen sein und dieselbe Macht und dasselbe Wissen haben und weist keinen Unterschied zu den anderen auf. Da diese die natürliche Liebe des Herrn des Himmels ist, gibt es bei ihr keinen Anfang und kein Ende, kein Früher und kein Später und keine Veränderungen. Da sie durch die gegenseitige Liebe zwischen den ersten beiden Personen entstanden ist, wird sie die dritte Person und wurde als sibiliduosanduo (spiritus sanctus) bezeichnet. So sind die „Drei Personen in einem Körper“ (Dreifaltigkeit) des Herrn des Himmels. Man vergleicht sie oft mit Wasser: Kommt aus der Quelle, fließt im Fluss und versammelt sich im See. Quelle, Fluss und See sind zwar drei, aber es gibt nur ein Wasser. Badele ist der Ursprung ohne Ursprung, nämlich die Quelle. feilüe stammt aus badele, ist nämlich der Fluss. sibiliduosanduo entsteht durch badele und feilüe, ist nämlich der See, wo die Quelle und der Fluss sich versammeln. So wie der Herr des Himmels zwar drei Personen enthält, aber nur ein Wesen ist. Dies ist äußerst mystisch und ist mit Worten nicht zu beschreiben.“466 Diese originalgetreue, ausführliche Erläuterung der Dreifaltigkeit stieß jedoch bei den Chinesen auf große Ablehnung, und die Missionstätigkeit wurde dadurch erheblich erschwert. Seither wurde es in der Missionspraxis der Jesuiten vermieden, die Dreifaltig keit ausführlich und zu einem frühen Zeitpunkt zu vermitteln. Viele Forscher gehen davon aus, dass diese große Ablehnung bei den Chinesen darauf beruhte, dass für diese Vorstellung im chinesischen Denken keine Wurzel zu finden ist. Diese Vorstellung kam vielen Chinesen sehr unvernünftig und geradezu lächerlich vor, weil es ihnen nicht bewusst war, dass die Mysterien des christlichen Glaubens die menschliche Vernunft übersteigen und daher auch unkritisierbar waren. 465
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 803. 466 Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966, S. 806 807.
182
Jesuiten und Nestorianismus
Meines Erachtens steht jedoch noch ein anderer Aspekt im Vordergrund. Auch im Buddhismus gibt es nämlich die Vorstellung der drei Körper von Buddha. Darauf wird bereits in der „Nestorianischen Stele“ bei der Erklärung der Drei faltigkeit Bezug genommen. Die Vorstellung der Dreifaltigkeit ist den Chinesen also nicht ganz fremd. Was zur chinesischen Tradition mehr im Widerspruch stand, war die Unvereinbarkeit mit der chinesischen Hierarchie und Gesell schaftsordnung. Dass sich die drei Personen nicht in Macht, Größe und Stärke unterschieden und Vater und Sohn auf einer Ebene standen, war unvorstellbar. So wurden aus chinesischer Sicht Obrigkeit und Untertanen gleichgestellt. Da rin sahen sie eine erhebliche Verletzung der Sozialordnung. 5.2.2.2 Christologie Im Zuge seiner Abhandlung zur „Nestorianischen Stele“ hat Diaz an einigen Stellen Christus erwähnt, zum Beispiel, dass Christus zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Ebenso sind manche Taten Christi erwähnt: Die Bekehrung von Matthäus oder die Heilung von Kranken. Die zentralen Punkte der Christologie wurden jedoch im Gegensatz zur Mario logie in dieser Abhandlung nicht ausführlich behandelt. Dass der Heilige Sohn vom Vater „gezeugt und nicht erschaffen“ wurde und die göttliche und mensch liche Natur Christi als „unvermischt, unveränderlich, ungetrennt und unteil bar“ erkannt wird, wird in seiner Abhandlung nicht erwähnt. Dieser Umgang mit diesem Thema steht in starkem Kontrast zu seiner Vor gangsweise in einem anderen Werk von Emmanuel Diaz, nämlich: Shengjing zhijie 聖經直解 (Direkte Erklärungen zur Heiligen Schrift), wo Diaz die beiden Naturen Christi umfassend erörtert, wie folgende Passage zeigt: „Unser Herr verfügt über die menschliche und die göttliche Natur. Seine menschliche Natur kommt von der Heiligen Mutter und hat nichts Unterschied liches im Vergleich zum Verhältnis von anderen menschlichen Nachkommen zu ihren Müttern. Seine göttliche Natur ist jedoch ohne Anfang und ohne Ende.“467 Im gleichen Buch schrieb er weiter: „Manche sagen, wenn die göttliche Natur und die menschliche Natur bei unserem Herrn vereinigt wären, hätte die göttli che Natur auch den Tod erlitten, als die menschliche Natur den Tod erlitten hat. [Ich] sage dazu: Nein, da die göttliche Natur selbst keinen Tod erleiden kann. Obwohl sie mit der menschlichen Natur vereinigt ist, verliert sie nicht ihre eige ne Existenz. So wie die Seele und der Körper. Obwohl sie eng miteinander ver einigt sind, kann der Körper beschädigt werden, die Seele jedoch nicht. So wie das Licht, das einen Baum beleuchtet, kann eine Axt den Baum fällen, das Licht jedoch nicht. Die göttliche Natur unseres Herrn ist wie das Licht und die menschliche Natur ist wie der Baum.“ 467
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian xubian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die dritte Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1972, S. 1655.
Xin Hou
183
„Manche sagten wieder: Wenn die göttliche Natur den Tod nicht erleiden kann, warum ist davon die Rede, dass der Herr des Himmels den Tod erlitten hat? Ich sage: Obwohl die göttliche Natur und die menschliche Natur sehr unterschied lich sind, nachdem sie sich vereinigt haben, können sie wechselseitig verwendet werden. Deswegen sagt man über unseren Herrn (die menschliche Natur), dass er allwissend und allmächtig ist und sagt über die göttliche Natur, dass der Herr des Himmels Mensch geworden ist und der Herr des Himmels den Tod erlitten hat … obwohl die göttliche Natur den Tod nicht erlitten hat, kann man über die Leiden unseres Herrn auch sagen, dass Gott den Tod erlitten hat.“468 Meines Erachtens wollte Diaz auf dieses umstrittene Thema hier nicht eingehen. Mit der Bezeichnung der Kirche des Ostens oder auch der Stele von Xi’an als „nestorianisch“ wird eigentlich eine falsche Lehre über die Einheit von Gottheit und Menschheit in Jesus unterstellt. Nestorius, der am Konzil von Ephesus 431 als Patriarch von Konstantinopel abgesetzt wurde, aber in der Kirche des Ostens bis heute als Heiliger gilt, hatte den Titel „Gottesgebärerin“ für Maria abgelehnt und wollte sie nur „Christusgebärerin“ nennen, weil sie nur die Menschheit Jesu, nicht aber seine Gottheit geboren hätte. Die als rechtgläubig angenomme ne Lehre über die beiden Naturen Christi, die als Grundlage für die katholische Christologie gilt, wurde 20 Jahre nach dem Urteil gegen Nestorius, auf dem Konzil von Chalcedon im Jahr 451 festgelegt. Tatsächlich spielt die christologi sche Frage aber in der Stele von Xi’an überhaupt keine Rolle. Und von „Nesto rianismus“ im eigentlichen Sinn findet sich darin auch nicht die geringste Spur. Es bestand daher auch gar keine Notwendigkeit, darauf einzugehen. Außerdem verschwieg Diaz in seiner Abhandlung die Passionsgeschichte Chris ti. Diese Missionsstrategie wurde seit der Zeit Matteo Riccis von den Jesuiten mit Sorgfalt praktiziert und beruhte auf dem unterschiedlichen Verständnis der Menschen der westlichen Welt und der Chinesen. Für die chinesischen Gelehrten, die immer großen Wert auf Hierarchie und Ordnung gelegt hatten, war Jesus ein überheblicher und hinterlistiger Verbre cher, der das Volk aufhetzt und die Sozialordnung stark bedroht. Die Tatsache, dass er durch das Gesetz seines Landes zum Tode verurteilt wurde, war ein gro ßer Skandal. Diese schändliche Strafe, die er bekommen hatte, konnte nicht mit der allerhöchsten Würde des Herrn des Himmels in Einklang gebracht wer den.469 Das Ziel des sorgfältigen Umgangs mit der Lebensgeschichte Jesu war, Miss verständnisse und Misstrauen der Chinesen zu vermeiden und die Missionstä tigkeit in China zu erleichtern. Matteo Ricci hat den Generaloberen des Jesui
Wu Xiangxiang (Hrsg.), Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dongchuan wenxian sanbian (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die dritte Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1972, S. 2021 2022. 469 Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich/München 1984, S. 264. 468
184
Jesuiten und Nestorianismus
tenordens in einem Brief gebeten, dass bei Jesusdarstellungen, die nach China geschickt werden, keine Leiden Christi vorkommen sollten. Erst als der deut sche Missionar Adam Schall von Bell 湯若望470 1619 nach China kam, reichte er dem kaiserlichen Hof drei Darstellungen über die Leiden Christi ein. Dadurch haben die Chinesen endlich vollständig von seinen Leiden erfahren.471 Die obenstehende Textanalyse soll nicht nur zum besseren Verständnis der Ab handlung von Emmanuel Diaz beitragen, sondern auch die Entwicklung bei den Inkulturationsbemühungen der Jesuiten aufzeigen. Bemerkenswert ist insbeson dere die Erkenntnis, dass eine strategische Planung für die Inkulturationsbemü hungen nicht nur von Anfang an erkennbar ist, sondern diese von den Jesuiten einem ständigen Anpassungsprozess im Sinne einer „Effizienzsteigerung“ un terzogen wurde.
470
Adam Schall von Bell 湯若望 (1591-1666), Jesuiten-Missionar aus Köln. Er war einer der bekanntesten Missionare in der chinesischen Geschichte und jahrelang der Leiter des kaiserlichen astronomischen Instituts. 471Gu Weimin, Jidujiao yu jindai zhongguo shehui (Das Christentum und die neuzeitli che chinesische Gesellschaft), Shanghai 1996, S. 41.
6
Schlussfolgerung
Im Zuge ihrer Missionstätigkeit in China waren die Jesuiten, zusätzlich zu den sprachlichen und kulturellen Barrieren, häufig mit einem großen Problem kon frontiert: Der christliche Glaube wurde von der chinesischen Bevölkerung meis tens als eine neu entstandene Glaubensrichtung betrachtet und dadurch auch strikt abgelehnt. Im damaligen China, wo Tradition und historisches Erbe äu ßerst wichtig waren, wird eine Sache kaum geachtet, die keine kulturellen und historischen Wurzeln hat. Obwohl die Jesuiten stets bemüht waren, sich an die traditionelle chinesische Kultur anzupassen und durch ihre Belesenheit und Kultiviertheit Respekt und Wohlwollen bei einer beträchtlichen Zahl von chine sischen Gelehrten gewonnen haben, hatten die meisten Chinesen jedoch große Bedenken bei der Konvertierung zum christlichen Glauben. Eine immer wieder auftauchende Frage lautete: Warum haben unsere Vorfahren diesen Glauben nicht angenommen? Angesichts dieser übermäßigen Verehrung der Vorfahren sowie dem Festhalten an der eigenen Kultur und Tradition bei den Chinesen, begannen die Jesuiten schon seit der Zeit Matteo Riccis, eifrig nach den Spuren der Verbreitung des christlichen Glaubens vor ihrer Ankunft in China zu suchen. Diese Suche blieb jedoch erfolglos. Für sie war dann die Ausgrabung der „Nestorianischen Ste le“ ein Hoffnungsschimmer in einer langen dunklen Nacht. Sie erkannten sofort, dass diese Entdeckung für die Verbreitung der frohen Botschaft Christi von großem Wert sein könnte: Die Inschrift der Stele hält fest, dass der christliche Glaube bereits in der von späteren Generationen groß gefeierten Tang-Dynastie in China verbreitet war, und von einer Reihe berühmter Kaiser in der Geschich te geschätzt wurde; und zwar bereits 900 Jahre vor der Ankunft der Jesuiten in China. Damit könnte schließlich, so glaubten die Jesuiten, die immer wieder auftauchende Frage bei den Chinesen bestens beantwortet werden. Die Aufgabe der Auslegung fiel fast selbstverständlich Emmanuel Diaz zu, der damals eine leitende Rolle unter den Jesuiten spielte und mit Abstand die besten Kenntnisse in der chinesischen Sprache besaß. Emmanuel Diaz kam bei seinen Kenntnissen in der chinesischen Sprache, Geschichte und Kultur den chinesi schen Gelehrten seiner Zeit beinahe gleich, zudem verfügte er noch über eine fundierte theologische Ausbildung. All das ermöglichte ihm, den Inhalt der „Nestorianischen Stele“ exakter auszulegen, als die chinesischen Gelehrter. Diaz erkannte auch seine Stärke und nannte seine Abhandlung „authentische Erklärung“, und seine Abhandlung gilt bis heute als renommierteste Auslegung der „Nestorianischen Stele“ in der chinesischen Sprache. In seiner Abhandlung wurden die Unterschiede zwischen der ostsyrischen Tra dition und dem katholischen Glauben komplett verschwiegen, und bei der Er klärung der im Stelentext vorkommenden Glaubenssätze orientierte sich Em manuel Diaz auch an der Missionspraxis der Jesuiten in China: Einerseits streb te er durch die Anwendung von Ausdrücken aus den Klassikern weiter nach einer Anpassung an die chinesische Kultur, anderseits versuchte er nach der
186
Jesuiten und Nestorianismus
Erfahrung mit den chinesischen Gelehrten die einzelnen Punkte der Glaubenss ätze entweder ausführlich zu erläutern oder sich behutsam zu enthalten. In diesem Sinne ist die Abhandlung von Emmanuel Diaz zur „Nestorianischen Stele“ ein erhellendes Beispiel für den Anpassungsversuch der Jesuiten. Er äu ßert in seinem Schlusswort behutsam und unaufdringlich den größten Wunsch der Jesuiten, nämlich, dass ihre Lehre vom herrschenden Gelehrtenkreis akzep tiert wird. Wie jedoch Jacques Gernet aufgezeigt hat, beruhten der auffallende Erfolg am Anfang der Jesuiten-Mission und die gegenseitige Sympathie zwischen den Missionaren und den chinesischen Gelehrten eigentlich auf einem Missver ständnis. „So wie gewisse Missionare dachten, die chinesischen Gelehrten seien für den Glauben empfänglich, so fanden die Gelehrten, die Missionare müssten ihre falschen Vorstellungen und den Glauben an einen Schöpfergott aufgeben und könnten dann ganz gute Konfuzianer werden.“472 Die Anwendung der chinesischen Ausdrücke und Begriffe aus den alten Klassi kern erweckte bei den Chinesen den Eindruck, dass die christliche Lehre mit der konfuzianischen Tradition übereinstimme. Nachdem die chinesischen Gelehrten immer vollständigere Kenntnisse über die christliche Lehre bekamen, fingen sie an, die Lehre der Missionare zu bezweifeln. Sie waren der Meinung, dass es in Wirklichkeit die Absicht der Missionare war, die chinesische Tradition umzu deuten und sie von innen zu unterwandern. Zudem war die chinesische Vorstellung von Glauben ähnlich wie ein Pantheis mus. Es gibt eine Gottheit für die Erde, für die Berge, für die Flüsse und so weiter. Aber gegenüber all diesen Gottheiten haben die Chinesen eine gleichgül tige Einstellung. Wenn man hundert Götter verehrt, bekommt man auch hun dertfaches Glück. Genau diese sehr pragmatische Einstellung macht die Chine sen tolerant in Glaubensfragen. Diese Toleranz der Chinesen war für das Abend land schwer verständlich und nicht vorstellbar. Es kam im Bewusstsein der Chi nesen überhaupt nicht vor, dass es nur eine einzige Orthodoxie und einen einzi gen wahren Glauben geben darf, wie es der christlichen Vorstellung entspricht. Die radikale ablehnende Haltung der christlichen Missionare gegenüber anderen Glaubensrichtungen stand im krassen Widerspruch zur pragmatischen Herange hensweise der Chinesen, die mit einer toleranten und weltoffenen Haltung im mer Kompromisse zwischen den Glaubensrichtungen gesucht haben. Ange sichts dieses Unterschieds war der Mißerfolg der Missionstätigkeit in China vorprogrammiert. Gernet schreibt dazu: „Die Missionare konnten keinen dauerhaften Erfolg ha ben, auch dann nicht, wenn ihnen die chinesische Regierung keinerlei Hinder nisse in den Weg gelegt hätte. Das Christentum ist nicht deshalb in China er folglos geblieben, weil man es unterdrückt hat, schuld daran sind vielmehr die Unterschiede in der Weltanschauung, in der Philosophie, in der Lebensauffas 472
Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich/München 1984, S. 49.
Xin Hou
187
sung, im Empfinden, in den gesellschaftlichen und religiösen Traditionen und so weiter.“473 Der chinesische Forscher Tang Yi betrachtete die Entwicklung der christlichen Mission in China im Rückblick und schrieb dazu: „Wenn man einen Vergleich zwischen dem christlichen Glauben, der die Hauptströmung im Westen darstellt, und der chinesischen Tradition zieht, die durch ihre kulturellen Besonderheiten in vielerlei Hinsicht im Gegensatz dazu steht, kann es besser erklärt werden, warum es seit der Zeit Matteo Riccis trotz der Bemühungen mehrerer Generati onen in China keine christliche Theologie gab, die ein Niveau wie der Bud dhismus erreicht hat.“ Tang Yi beurteilt im selben Artikel drei theoretisch mögliche Wege der Entwick lung des Christentums in China: •
Die vollständige Christianisierung Chinas
•
Das Christentum wird vollständig von der chinesischen Kultur absor biert wie der Buddhismus
•
Das Christentum behält seine westliche Eigenheit bei und existiert als eine Subkultur in China, gleichermaßen als Ergänzung der chinesischen Kultur.
Aus seiner Sicht ist der dritte Weg der wahrscheinlichste und der mit den größ ten Erfolgsaussichten.474 Diese Ansichten und Einschätzungen von Jacques Gernet und Tang Yi über die Inkulturationsbemühnungen der Jesuiten finde ich sehr zutreffend und kann mich diesen beiden Forschern anschließen. Zusammenfassend möchte ich vor allem festhalten, dass es erfreulich wäre, wenn das vorliegende Buch die Funktion eines Wegbereiters für zuküftige For scher erfüllen könnte. Die Übersetzung des Werkes von Emmanuel Diaz ins Deutsche erfolgte hier zum ersten Mal. Die Bearbeitung der Zitate aus den chinesischen Klassikern war sehr anspruchsvoll und zeitintensiv, da es erforderlich war, aus der altchine sischen Sprache zu übersetzen und zugleich die entsprechenden Quellen aus der chinesischen Literatur zu finden und korrekt zuzuordnen. Hier ist zu bedenken, dass gleiche chinesische Begriffe unterschiedliche, teilweise sogar gegensätzli che Bedeutungen aufweisen können und daher war eine große Behutsamkeit und Sorgfalt in der Übersetzung und Zuordnung vonnöten. Im Zuge der Über setzung war es auch eine große Herausforderung, alle angeführten Bibelzitate und Zitate der Kirchenlehrer zu identifizieren und zuzuordnen, zumal es zur Zeit von Emmanuel Diaz noch keine offizielle einheitliche Übersetzung der 473
Jacques Gernet, Christus kam bis nach China, Zürich / München 1984, S. 176. Tang Yi, Zhongguo jidujiao de fazhan (Die Entwicklung des Christentums in China), in: Zhongguo yanjiu zazhi, 1991 Band 2, S. 7-8. 474
188
Jesuiten und Nestorianismus
Bibel auf Chinesisch gab. Es wäre sehr erfreulich, wenn es auf dieser Grundlage in Zukunft zu weiteren vertiefenden Forschungen zu den bearbeiteten Themen käme. Die Textanalyse wurde hier hauptsächlich aus geschichtswissenschaftlicher und linguistischer Perspektive vorgenommen. Die Arbeit kann und sollte jedoch noch tiefer und zwar insbesondere aus philosophischer und theologischer Sicht von den entsprechenden Fachexperten ausgewertet werden.
Literaturverzeichnis Nachschlagewerke Shenxue cidian 神學辭典 (Lexikon der Theologie), Taipei 1996. Tianzhujiao jiaoli 天主教教理 (Die katholischen Dogmen), Hongkong 1996. Zhongguo Ruxue baikequanshu 中國儒學百科全書 (Enzyklopädie des Konfu zianismus in China), Beijing 1997. Ding, Fubao 丁福保 (Hrsg.): Foxue da cidian 佛學大辭典 (Lexikon des Bud dhismus), Beijing 1984. Fang, Yi 方毅 (Hrsg.): Ciyuan 辭源 (Das etymologische Wörterbuch), Shang hai 1947. Feng, Qi 馮契 (Hrsg.): Zhexue da cidian 哲學大辭典 (Lexikon der Philoso phie), Shanghai 2001. Hu, Fuchen 胡孚琛 (Hrsg.): Zhonghua daojiao dacidian 中華道教大辭典 (Großes chinesisches Wörterbuch des Daoismus), Beijing 1995. Luo, Zhufeng 羅竹風 (Hrsg.): Hanyu da cidian 漢語大詞典 (Großes Wörter buch der chinesischen Sprache), Shanghai 1990. Ren, Jiyu 任繼愈 (Hrsg.): Zongjiao cidian 宗教辭典 (Lexikon der Religio nen), Shanghai 1981. Shu, Xincheng 舒新城 (Hrsg.): Cihai 辭海 (Das Wortmeer), Shanghai 1947. Unger, Ulrich, Glossar des klassischen Chinesisch, Wiesbaden 1989. Wang, Li 王力 (Hrsg.): Guhanyu zidian 古漢語字典 (Wörterbuch des klassi schen Chinesisch), Beijing 2000. Zhang, Zhizhe 張志哲 (Hrsg.): Daojiao wenhua cidian 道教文化辭典 (Wör terbuch der Kultur des Daoismus), Jiangsu 1994.
Quellen Bernard-Maitre, Henri 裴化行 (Übers. Xiao, Junhua 蕭浚華): Tianzhujiao shiliu shiji zaihua chuanjiaozhi 天主教十六世紀在華傳教志 (Aux portes de la Chine: les missionnaires du seizie e sie le), Taipei 1964. Chen, Yuan 陳垣: Chen Yuan shixue lunzhuxuan 陳垣史學論著選 (Gesammel te geschichtswissenschaftliche Abhandlungen von Chen Yuan), Shanghai 1981. D’elia, Pasquale 德禮賢: Zhongguo Tianzhujiao chuanjiaoshi 中國天主教傳 教史 (Katholische Missionsgeschichte in China), Shanghai 1933. Dunne, George H. 鄧恩 (Übers. Yu, Sanle 余三樂, Shi, Rong 石蓉): Cong Li Madou dao Tang Ruowang: Wanming de Jesuhui chuanjiaoshi 從利瑪竇到湯
190
Jesuiten und Nestorianismus
若望: 晚明的耶穌會傳教士 (Generation of giants: The story of the Jesuits in China in the last decades of the Ming dynasty), Shanghai 2003. Dudink, Adrian: „The Zikawei Collection in the Jesuit Theologate Library at Fujen University: Background and Draft Catalogue“. In: Sino-Western Cultural Relations Journal XVIII, Waco 1996, S.1-40. Fang, (Biographien Hao 方豪: der Zhongguo historischen tianzhujiaoshi Persönlichkeiten renwudes zhuan Katholizismus 中國天主教史人物傳 in China), Hongkong/Taizhong 1967. Gernet, Jacques (Übers. Christine, Mäder-Virágh): Christus kam bis nach Chi na – Eine erste Begegnung und ihr Scheitern, Zürich/München 1984. Hamp, Vinzenz; Meinrad, Stenzel und Josef, Kürzinger (Übers. und Hrsg.): Die Heilige Schrift des Alten und Neuen Testamentes, Aschaffenburg 1961. Moule, A. C. 阿·克·穆爾 (Übers. Hao Zhenhua 郝鎮華): 1550 nian qian de Zhongguo Jidujiaoshi 1550 年前的中國基督教史 (Christians in China before the Year 1500), Beijing 1984. Ricci, Matteo 利瑪竇 (Übers. Liu, Junyu 刘俊余, Wang, Yuchuan 王玉川 und Luo Yu 羅漁): Li Madou quanji 利瑪竇全集 (Fonti Ricciane), Taipei 1986. Ricci, Matteo 利瑪竇 (Übers. He, Gaoji 何高濟): Li Madou Zhongguo Zhaji 利瑪竇中國劄記 (China in the 16th Century: The Journals of Matthew Ricci, 1583-1610), Beijing 1990. Standaert, Nicolas 鐘鳴旦, Dudink, Adrian 杜鼎克, Huang, Yinong 黃一農, Zhu, Pingyi 祝平一 (Hrsg.): Xujiahui cangshulou mingqing tianzhujiao wen xian 徐家匯藏書樓明清天主教文獻 (Christliche Dokumente der Ming und Qing Zeiten aus der Zikawei Bibliothek), Taipei 1996. Wu, Xiangxiang 吳相湘 (Hrsg.): Zhongguo shixue congshu, Tianxue chuhan 中國史學叢書 天學初函 (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die Erste Sammlung von der Lehre des Himmels), Taipei 1965. Wu, Xiangxiang 吳相湘 (Hrsg.): Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dong chuan wenxian 中國史學叢書 天主教東傳文獻 (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1965. Wu, Xiangxiang 吳相湘 (Hrsg.): Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dong chuan wenxian xubian 中國史學叢書 天主教東傳文獻續編 (Buchreihe der chinesischen Geschichtswissenschaft, Die zweite Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1966. Wu, Xiangxiang 吳相湘 (Hrsg.): Zhongguo shixue congshu, Tianzhujiao dong chuan wenxian sanbian 中國史學叢書 天主教東傳文獻三編 (Buchreihe der
Xin Hou
191
chinesischen Geschichtswissenschaft, Die dritte Sammlung der Dokumente über die Ausbreitung des Katholizismus nach Osten), Taipei 1972. Xu, Zongze 徐宗澤: Mingqing jian yesuhuishi yizhu tiyao 明清間耶穌會士譯 著提要 (Übersicht über die Werke der Jesuiten in den Ming und Qing Zeiten), Taipei 1958. Xu, Zongze 徐宗澤: Zhongguo tianzhujiao chuanjiaoshi gailun 中國天主教傳 教史概論 (Einführung in die katholische Missionsgeschichte in China), Shang hai 1990. Zhang, Xinglang 張星烺: Zhongxi jiaotong shiliao huibian 中西交通史料彙 編 (Sammlung der historischen Dokumente über die Kommunikation zwischen China und dem Westen), Beijing 1977.
Sekundärliteratur Adelhelm, Jann: Die katholischen Missionen in Indien, China und Japan, Pa derborn 1915. Aristoteles: Physikvorlesung (Übers. Wagner, Hans), Berlin 1967. Baum, Wilhelm und Winkler, Dietmar W.: Die Apostolische Kirche des Os tens – Geschichte der sogenannten Nestorianer, Klagenfurt 2000. Cameron, Nigel: Barbarians and Mandarins: Thirteen centuries of Western travelers in China, New York 1970. Chan, Albert: Chinese books and documents in the Jesuit archives in Rome, New York 2002. Charbonnier, Jean 沙百里 (Übers. Geng Sheng 耿升, Zheng Dedi 鄭德弟): Zhongguo jidutushi 中國基督徒史 (Histoire des Chrétiens de Chine), Beijing 1998. Chen, Yuan 陳垣: Chen Yuan xueshu lunwenji 陳垣學術論文集 (Werkauswahl der wissenschaftlichen Arbeiten von Chen Yuan), Beijing 1982. Covell, Ralph: Confucius, the Buddha and Christ, A History of the Gospel in Chinese, Maryknoll 1986. Criveller, Gianni: Preaching Christ in Late Ming China, The Jesuits’ presenta tion of Christ from Matteo Ricci to Giulio Aleni, Taipei 1997. Dudink, Adrian: „The Japonica-Sinica Collections I-IV in the Roman Archives of the Society of Jesus, an overview“, in: Monumenta Serica, Journal of Orien tal Studies, Vol. L, Sankt Augustin-Nettetal 2002, S. 481-536. Fang, Hao 方豪 (Hrsg.): Ma Xiangbo xianshen wenji 馬相伯先生文集 (Werk auswahl von Herrn Ma Xiangbo), Beijing 1947. Feng, Chengjun 馮承鈞: Jinjiaobei kao 景教碑考 (Textuntersuchung zur Nes torianischen Stele), Shanghai 1931.
192
Jesuiten und Nestorianismus
Figl, Johann und Klein, Hans-Dieter (Hrsg.): Der Begriff der Seele in der Religionswissenschaft, Würzburg 2002. Foster, John: The Church of the T’ang Dynasty, London 1939. Fülöp-Miller, Rene: The Power and Secret of Jesuit, London 1930. Ge, Chengyong 葛承雍: Tangyun-huyin yu wailai wenming 唐韻胡音與外來 文明 (Tracing exotic civilization in Tang’s rhyme and Hu’s melody), Beijing 2006. Gernet, Jacques 謝和耐 (Übers. Geng, Sheng 耿升): Zhongguo yu jidujiao, Zhongxi wenhua de shouci zhuangji 中國與基督教 —— 中西文化的首次撞擊 (Chine et Christianisme), Shanghai 2003. Gong, Fangzhen 龔方震: Tangdai daqin jingjiaobei gu xuliya wenzi kaoshi 唐 代大秦景教碑古敘利亞文字考釋 (Textforschung und Übersetzung der altsyrischen Inschrift auf der Nestorianischen Stele), in: Zhonghua wenshi luncong 中華文史論叢, Vol. 1, Shanghai 1983. Gu, Weimin 顧衛民: Yesu mentu Duomo laihua chuanshuo de zongjiao yiyi 耶 穌門徒多默來華傳説的宗教意義 (Die religiöse Bedeutung der Legende über die Mission des hl. Thomas in China), in: Shanghai jiaoyu xueyuan xuebao 上 海教育學院學報, Vol. 2, Shanghai 1993. Gu, Weimin 顧衛民: Jidujiao yu jindai zhongguo shehui 基督教與近代中國 社會 (Das Christentum und die neuzeitliche chinesische Gesellschaft), Shang hai 1996. Gu, Yulu 顧裕祿: Zhongguo Tianzhujiao de guoqu yu xianzai中國天主教的過 去與現在 (Vergangenheit und Gegenwart des Katholizismus in China), Shang hai 1989. Hayward, Victor E. W.: Christians in China, Dublin 1974. Hiyane, Yasusada 比屋根安定: Shina kirisutokyo shi 支那基督教史 (Ges chichte des Christentums in China), Tokyo 1940. Holm, Frits: My Nestorian Adventure in China. A Popular Account of the Holm-Nestorian Expedition to Sian-Fu and its Results, New York/Chicago/London/Edinburgh 1923. Hou, Jingwen 侯景文: Zhongguo Tianzhujiaoshi 中國天主教史 (Geschichte des Katholizismus in China), Taipei 1970. Jiang, Wenhan 江文漢: Mingqing jian zaihua de Tianzhujiao Yesuhuishi 明清 間在華的天主教耶穌會士 (Jesuiten in China in den Ming und Qing Zeiten), Shanghai 1987. Klein, Hans-Dieter (Hrsg.): Der Begriff der Seele in der Philosophiegeschich te, Würzburg 2005.
Xin Hou
193
Kung, Hans und Ching, Julia: Christianity and Chinese Religions, Doubleday, New York 1989. Latourette, Kenneth Scott: A History of Christian Missions in China, London 1929. Latourette, Kenneth Scott: A History of Expansion of Christianity, Vol. 1-7, New York/London 1937-1945. Latourette, Kenneth Scott: The Thousand Years of Uncertainty - A History of the Expansion of Christianity, New York/London 1938. Li, Kuanshu 李寬淑: Zhongguo jisujiao shilue 中國基督教史略 (Abriss über die Geschichte des Christentums in China), Beijing 1998. Li, Wenchao: Die christliche China-Mission im 17. Jahrhundert, Stuttgart 2000. Li, Xisuo 李喜所 (Hrsg.): Wuqian nian zhongwai wenhua jiaoliushi 五千年中 外文化交流史 (Geschichte des fünftausendjährigen Kulturaustausches zwi schen China und dem Ausland), Beijing 2002. Liang, Gong 梁工 (Hrsg.): Jidujiao wenxue 基督教文學 (Christliche Litera tur), Beijing 2001. Lin, Wushu 林悟殊: Tangdai jingjiao zai yanjiu 唐代景教再研究 (Neue Stu dien zum Nestorianismus der Tang-Zeit), Beijing 2003. Liu, Xiaofeng 劉小楓 (Hrsg.): Dao yu yan, Huaxia wenhua yu jidu wenhua xiangyu 道與言 —— 華夏文化與基督文化相遇 (Dao und Wort, die Begeg nung der chinesischen und christlichen Kulturen), Shanghai 1995. Malek, Roman: „Index der Biographie in Fang Haos Zhongguo Tianzhujiao shi renwu Zhuan“, in: Sino-Western Cultural Relations Journal XXVIII, Waco 2006, S. 38-57. Pfister, Louis: Notices biographiques et bibliographiques sur les Jesuites de l’ancienne mission de Chine 1552-1773, San Francisco 1976. Saeki, Yoshiro (Forschung über 佐伯好郎: das Christentum ShinainKirisutokyo China), Tokyo no 1944. kenkyu 支那基督教の研究 Shen, Dingping 沈定平: Mingqing zhiji zhongxi wenhua jiaoliou shi, Mingdai: tiaoshi yu huitong 明清之際中西文化交流史 —— 明代:調適與會通 (Ges chichte des Kulturaustauschs zwischen China und dem Westen in den Ming und Qing Zeiten, Ming Dynastie: Adaptation und Übereinstimmung), Beijing 2001. Shi, Antang 施安堂 (Übers.): Lading xila jiaofu shenxue xuanji 拉丁希臘教父 神學選集 (Enchiridion Patristicum), Taipei 1972. Shi, Antang 施安堂 (Übers.): Xila lading jiaofu lingxiu xuanji 希臘拉丁教父 靈修選集 (Enchiridion Asceticum), Taipei 1977.
194
Jesuiten und Nestorianismus
Standaert, Nicolas (Hrsg.): Handbook of Christianity in China, Vol 1., Lei den/Boston/Köln 2001. Standaert, Nicolas: Yang Tingyun, Confucian and Christian in Late Ming Chi na, His Life and Thought, Brill/Leiden 1988. Tang, Li: A Study of the History of Nestorian Christianity in China and Its Literature in Chinese, Frankfurt a.M./Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien 2002. Tang, Yi 唐逸 (Hrsg.): Jidujiao shi 基督教史 (Geschichte des Christentums), Beijing 1993. Tang, Yi 唐逸: Zhongguo jidujiao de fazhan 中國基督教的發展 (Die Entwick lung des Christentums in China), in: Zhongguo yanjiu zazhi 中國研究雜誌, Band 2, Beijing 1991, S. 7-8. Thon, Nikolaus: „Nestorianische Kirche“, in: Volker Drehsen (Hrsg.), Wörter buch des Christentums, München 1995, 866b - 867b. Vermander, Benoit: “The Impact of Nestorianism on Contemporary Chinese Theology”, in: Roman Malek (Hrsg.), Jingjiao – The Church of the East in Chi na and Central Asia, Sankt Augustin - Nettetal 2006, S. 180-194. Wang, Zhilai 王治來: Zhongya shi 中亞史 (Geschichte Zentralasiens), Beijing 1980. Wang, Zhixin 王治心: Zhongguo Jidujiao Shigang 中國基督教史綱 (Grund riss der Geschichte des Christentums in China), Hongkong 1993. Weng, Shaojun 翁紹軍: Hanyu jingjiao wendian quanshi 漢語景教文典詮釋 (Kommentar zu den nestorianischen Dokumenten in chinesischer Sprache), Beijing 1996. Whyte, Bob: Unfinished Encounter: China and Christianity, Glasgow/London 1988. Xiang, Da 向達: Tangdai Chang’an yu xiyu wenmin 唐代長安與西域文明 (Chang´an in der Tang-Zeit und die Zivilisation in Serindien), Beijing 1957. Xu, Longfei: Die nestorianische Stele in Xi’an – Begegnung von Christentum und chinesischer Kultur, Bonn 2004. Yang, Changdong 楊昌棟: Jidujiao zai zhonggu Ouzhou de gongxian 基督教 在中古歐洲的貢獻 (Beiträge des Christentums im mittelalterlichen Europa), Beijing 2000. Yule, Henry: Cathay and the Way Thither, Vol. 1, London, 1915. Zetzsche, Jost O.: „Indigenizing the ‘Name above All Names’: Chinese Trans literations of Jesus Christ“, in: Roman Malek (Hrsg.), The Chinese Face of Je sus Christ, Vol. 1, Sankt Augustin - Nettetal 2002, S. 141-155.
Xin Hou
195
教士與歐洲漢學 Zhang, Guogang(Die 張國剛: Missionare Ming Qing der Ming chuanjiaoshi und Qing yuZeiten Ouzhou und hanxue die Sinologie 明清傳 in Europa), Beijing 2001. Zhou, Jinglian 周景濂: Zhongpu waijiaoshi 中葡外交史 (Geschichte der dip lomatischen Beziehung zwischen China und Portugal), Shanghai 1936. Zhou, Weichi 周偉馳: Jiyi yu guangzhao, Aogusidin shenzhexue yanjiu 記憶與 光照 —— 奥古斯丁神哲學研究 (Erinnerungen und Lichtstrahlen, Forschun gen über die Theologie und Philosophie Augustinus), Beijing 2001. Zhou, Xiefan 周燮藩: Zhongguo de jidujiao 中國的基督教 (Christentum in China), Beijing 1996. Zhu, Qianzhi 朱謙之: Zhongguo jingjiao 中國景教 (Nestorianismus in China), Beijing 1993. Zhuo, Xinping 卓新平: Jidu zongjiao lun 基督宗教論 (Darlegung des christli chen Glaubens), Beijing 2000. Zürcher, Erik: Giulio Aleni et ses relations avec le milieu des lettres chinois au XVIIe siecle, in: L. Lanciotti (Hrsg.), Venezia e I’Oriente, Florenz 1987, S.107 135.
Weiterführende Literatur Brockey, Liam Matthew: "Journey to the East: the Jesuit mission to China, 1579–1724", Harvard University Press, 2007. Holm, Frits: My Nestorian Adventure in China. A Popular Account of the Holm-Nestorian Expedition to Sian-Fu and Its Results. With an introduction by Abraham Yohannan. Hutchinson, London 1924 (Nachdruck: Gorgias Press, Piscataway NJ 2001. Jami, Catherine und Saraiva, Luís: "The Jesuits, the Padroado and East Asian science (1552–1773)", World Scientific, 2008. Needham, Joseph: “Chinese astronomy and the Jesuit mission: an encounter of cultures", China Society, 1958. Pelliot, Paul: Recherches sur les chrétiens d'Asie centrale et d'Extrême-Orient. Band II/1: La stèle de Si-ngan-fou. Maisonneuve, Paris 1984. Pelliot, Paul: L'Inscription nestorienne de Si-ngan-fou. Edited with Supple ments by Antonino Forte. Scuola di Studi sull'Asia Orientale u. a., Kyoto 1996. Rodrigues, Francisco: “Jesuitas portugueses astrónomos na China, 1583– 1805", Tipografia Porto Medico, 1925. Saeki, P. Y.: The Nestorian Monument in China. Society for Promoting Christi an Knowledge, London 1916.
orientalia – patristica – oecumenica hrsg. von Prof. Dr. Dietmar W. Winkler (Universität Salzburg) Li Tang; Dietmar W. Winkler (Eds.) Artifact, Text, Context Studies on Syriac Christianity in China and Central Asia This volume is a collection of papers highlighting recent researches on Syriac Christianity in China and Central Asia. The topics range from artifacts to texts and their historical contexts, covering the period from the 7th to the 18th century. As the studies on Syriac Christianity in China and Central advance, focus has shifted from a general historical survey and textual translation to a more micro and meticulous study of specific concepts and terms and particular names of persons and places. Bd. 17, 2020, 278 S., 34,90€, br., ISBN 978-3-643-91195-7
Alina P˘atru (Ed.) Meeting God in the Other Studies in Religious Encounter and Pluralism in honour of Dorin Oancea on the occasion of his 70th birthday The present volume unites 44 studies to honor Prof. Dr. Dorin Oancea, Romanian-Orthodox theolo gian and religious studies scholar, well known as a bridge-builder between Eastern and Western Chri stian Traditions. The manifold studies reflect upon the fundaments of interfaith and inter-confessional openness, offer insightful examples from past and present, or point to the loci where this openness can and should be achieved today. A meaningful collection for all those interested in present day ecume nical theology, in inter-confessional studies or theology of religions. Bd. 16, 2019, 618 S., 64,90€, br., ISBN 978-3-643-91192-6
Mark Dickens Echoes of a Forgotten Presence Reconstructing the History of the Church of the East in Central Asia Bd. 15, 2020, 400 S., 49,90€, gb., ISBN 978-3-643-91103-2
Jasmine Dum-Tragut; Dietmar W. Winkler (eds.) Monastic Life in the Armenian Church Glorious Past – Ecumenical Reconsideration Monasticism is a vital feature of Christian spiritual life and has its origins in the Oriens Christianus. The present volume contains studies on Armenian Monasticism from various perspectives. The task is not only to produce historical studies. The aim is also to contribute to and reflect on monasticism today. Authors come from the Armenian Apostolic Catholicosate of ¯Ejmiacin, the Holy See of Cili cia, the Armenian Patriarchate of Jerusalem, and the Armenian-Catholic Church as well as from the Benedictine and Franciscan Orders of the Catholic Church. The experts reflected on the glorious past of Armenian monasticism and agreed to evaluate future challenges ecumenically to give more insight into both past and present Armenian monasticism. Bd. 14, 2018, 224 S., 29,90€, br., ISBN 978-3-643-91066-0
Andreas Schmoller (Ed.) Middle Eastern Christians and Europe Historical Legacies and Present Challenges Bd. 13, 2018, 266 S., 34,90€, br., ISBN 978-3-643-91023-3
Max Deeg Die Strahlende Lehre Die Stele von Xi’an Bd. 12, 2018, 304 S., 34,90€, br., ISBN 978-3-643-50844-7
Rüdiger Feulner Christus Magister Gnoseologisch-didaktische Erlösungsparadigmen in der Kirchengeschichte der Frühzeit und des Mittelalters bis zum Beginn der Reformation mit einem theologiegeschichtlichen Ausblick in die Neuzeit Bd. 11, 2016, 418 S., 54,90€, gb., ISBN 978-3-643-50776-1
LIT Verlag Berlin – Münster – Wien – Zürich – London Auslieferung Deutschland / Österreich / Schweiz: siehe Impressumsseite
Dietmar W. Winkler (Hg.) Syrische Studien Beiträge zum 8. Deutschen Syrologie-Symposium in Salzburg 2014 Bd. 10, 2016, 372 S., 39,90€, br., ISBN 978-3-643-50743-3
Li Tang; Dietmar W. Winkler (eds.) Winds of Jingjiao Studies on Syriac Christianity in China and Central Asia Bd. 9, 2016, 448 S., 49,90€, br., ISBN 978-3-643-90754-7
Wolfgang Schmidinger (Hg.) Valentin P. Svencickij – Dialoge Apologie des Glaubens und Wege zu einem spirituellen Leben Bd. 8, 2015, 272 S., 34,90€, br., ISBN 978-3-643-50657-3
Joachim Jakob Ostsyrische Christen und Kurden im Osmanischen Reich des 19. und frühen 20. Jahrhunderts Bd. 7, 2014, 240 S., 34,90€, br., ISBN 978-3-643-50616-0
Diliana Atanassova; Tinatin Chronz (Hg.) SYNAXIS KATHOLIKE Beiträge zu Gottesdienst und Geschichte der fünf altkirchlichen Patriarchate für Heinzgerd Brakmann zum 70. Geburtstag Bd. 6, 2014, 920 S., 89,90€, br., ISBN 978-3-643-50552-1
Li Tang; Dietmar W. Winkler (Eds.) From the Oxus River to the Chinese Shores Studies on East Syriac Christianity in China and Central Asia Bd. 5, 2013, 480 S., 44,90€, br., ISBN 978-3-643-90329-7
Grigorios Larentzakis Die orthodoxe Kirche Ihr Leben und ihr Glauben Bd. 4, 3. Aufl. 2012, 256S., 24,90€, br., ISBN 978-3-643-50457-9; 29,90€, gb., ISBN 978-3-643-50516-3
Wolfgang Schmidinger (Hg.) Alexander Men – Gespräche über Glaube und Kirche Bd. 3, 2010, 224 S., 19,90€, br., ISBN 978-3-643-50244-5
Dietmar W. Winkler (Hg.) Diakonat der Frau Befunde aus biblischer, patristischer, ostkirchlicher, liturgischer und systematisch theologischer Perspektive Bd. 2, 2. Aufl. 2013, 160S., 19,90€, br., ISBN 978-3-643-50181-3
Dietmar W. Winkler; Li Tang (Eds.) Hidden Treasures and Intercultural Encounters Studies on East Syriac Christianity in China and Central Asia Bd. 1, 2. Aufl. 2014, 400S., 39,90€, br., ISBN 978-3-643-50045-8
LIT Verlag Berlin – Münster – Wien – Zürich – London Auslieferung Deutschland / Österreich / Schweiz: siehe Impressumsseite
Für die Jesuiten war die Ausgrabung der 781 errichteten und 1622/1625 wiederentdeckten „Nestorianischen Stele“ ein Hoffnungs schimmer in einer langen dunklen Nacht. Sie erkannten umgehend, dass diese Entdeckung für die Verbreitung des Christentums in Chi na von großem Wert ist. Die Abhandlung von Emmanuel Diaz SJ gilt als erste und bis heute renommierteste Auslegung der Stele in chinesischer Sprache und ist zugleich ein erhellendes Beispiel für die Inkulturationsbemühungen der Jesuiten. Das vorliegende Buch führt in den historischen Kontext der Jesuitenmission in China ein, legt erstmalig eine Übersetzung des Werkes von Emmanuel Diaz in einer westlichen Sprache vor und bietet eine vornehmlich aus geschichtswissenschaftlicher und linguistischer Perspektive vorge nommene Textanalyse. Xin Hou ist nach Studienabschlüssen in China und Österreich an der Universität Salzburg promovierte Historikerin.
978-3-643-51011-2
LIT www.lit-verlag.at