Jesaia und Jeremia: Ihr Leben und Wirken aus ihren Schriften dargestellt [Reprint 2018 ed.] 9783111492339, 9783111125954


169 64 13MB

German Pages 192 [196] Year 1879

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Table of contents :
Icsaia und Jeremia. Ihr Lehen und Wirken
Inhaltsübersicht
Icsaia
I. Die Seit Astas und Iothams
II. Die Zeit des Mbas
III. Die Seit des Hskia
Schlutzbemerkungen
Ieremia
I. Die äußeren und inneren Verhältnisse des Reiches Juda von Hiskias bis Jofias Tod, c. 700-609 v. Chr.
II. Das Leben Jeremias und die Schicksale Judas vom Tod Jofias bis zum Beginn des babylonischen Exils
III. Ieremia als Schriftsteller
IV. Jeremias Auffassung des prophetischen Berufes
V. Jeremias prophetische Predigt
VI. Schluß
Anhang
I. Die Affyrer und ihre Zeitrechnung
II. Das Jesaiabuch
III. Das Jeremtabuch
IV. Zeittafel
Map
Recommend Papers

Jesaia und Jeremia: Ihr Leben und Wirken aus ihren Schriften dargestellt [Reprint 2018 ed.]
 9783111492339, 9783111125954

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Icsaia und Jeremia. Ihr Lehen und Wirken aus ihren Schriften dargestellt

Friedrich «östlin.

Mit einer Karte von Südpalästina.

Berlin.

Druck und Verlag von G. Reimer. 1879.

(X'ie zwei größten Propheten Israels in ihrem Wirken, Kämpfen und Leiden darzustellen, ihre herrlichen Worte, ihre erschütternden Bußpredigten, ihre schrecklichen Drohungen, ihre heiligen Thränen und flehenden Gebete, ihre begeisterten Heils­ hoffnungen im Rahmen der bewegten Geschichte ihrer Tage mit gewissenhafter Treue, doch in lesbarer Sprache wieder­ zugeben, ist der Zweck dieses, aus mehrjährigen Bibelstudien erwachsenen Buches. — Sein Gewand ist rein geschichtlich.

Die erhabenen Ge­

stalten eines fernen Alterthums mögen für sich selber sprechen. Ihre Worte mögen sich, wenn sie nach Anlaß und Ursache in die Zeitverhältnisse richtig eingereiht sind, ohne viele Aus­ deutungen dem verständigen Leser selbst erklären und empfehlen. Aber Israels Propheten haben nicht für ihre Zeit und für ihr Volk allein gesprochen und ihr Wort ist — von seiner großartigen geschichtlichen Bedeutung ganz abgesehen — heute noch werth, nicht nur gelesen und gehört, sondern auch beherzigt und befolgt zu werden.

Die Schäden ihres Zeit­

geschlechtes sind die eines in sittlichem Sinken begriffmen Volkes und die von diesen Männern lang vorher erschauten

IV

Folgen von Sünde und Verkehrtheit, unter denen es zu Grunde ging, müssen unerbittlich allüberall sich einstellen, wo dieselben giftigen Ursachen wuchernd um sich greifen. Mehr bedarf es nicht, um auf die Bedeutung der alten Prophetenworte auch für unser, jenem in mancher Hinsicht nicht unähnliches, Zeitgeschlecht hinzuweisen. Möge es wenigstens unserem theuren Baterlande nie­ mals an Männern fehlen, die wie Israels Propheten mit kraftvollem Geiste seine Schäden erkennen, ohne Menschenfurcht seine Gebrechen aufdecken, und mit dem Muth der Frömmigkeit, der Wahrheit und der Liebe sich dem herein­ brechenden Verderben entgegenstemmen! Möge wenigstens über unser Volk niemals der Tag kommen, wo den Besten nach fruchtlosem Ringen nichts übrig bleibt, als einem Jeremia gleich über zerbrochenen Trümmern in bitteren Thränen zu zerfließen.

Inhaltsübersicht. Sette

3 e f ö i ö.............................................. 1—98 L Die Zeit Usia« und Jotham-............................................................... Ueberblick.................................................................................................. Jesaia- Berufung E. VI.................................................................... Persönliche« über Jesaia........................................................................ Jesaia- erste Prophetenreden E. II—IV.......................................... Schriftstellerische Eigenthümlichkeit....................................................... E.V.....................................................................................

3 3 5 6 7 12 13

IL Die

Zeit de- Aha-.......................................................................... Aha-.......................................................................................................... Die Assyrer............................................................................................. Der syrisch-ephraemitische Krieg........................................................... Jesaia- Wirken in dieser Zeit ........................................................... Seine Reden IX, 7 — X, 4................................................ E. VII und VIII............................................................... Der Assyrereinsall..................................................................................... Seine Reden XVII,1—11................................................. Sacharia XI, 1.................................................................... Aha-' letzte Regierung-jahre................................................................ Jesaia VIII, 23 - IX. 6................................................... Sacharia X............................................................................

16 16 17 20 21 22 23 28 30 31 31 33 34

III. Die

Zeit de- Hi-tia........................................................................ 1) Hi-tia- Regierungsantritt . ........................................................ Seine reformatorischeThätigkeit............................................ Jesaia E. I............................................................................ 2) Die Politik de- Hi-kia und die äußeren Zeitverhältniffe. Satmanaffar und Sargon............................................................................ Jesaia L. XXIII................................................................ Samarien- Fall.................................................................... Jesaia E. XXVIII ........................................................ Micha I u. III....................................................................

36 36 37 38 41 45 47 48 51

VI

Inhalt-Übersicht. Seite

3 Sargou- philistäisch.agyptische Feldzüge.......................................... Jesaia XVIII .................................................................... Jesaia XIX........................................................................ Jesaia XX............................................................................ 4) Hi-kia» Krankheit und Merodach Baladan- Sendung................. 5) Sanherib und Hi-kia........................................................................ Die Vorbereitungen -um Krieg................................................... Jesaia XIV, 28-32 ........................................................... .. XXI, 11.12............................................................ „ XXI, 13-17........................................................... „ XV und XVI....................................................... „ XXIX-XXXII................................................... „ XXII, 15 25 Der Entscheidung-krieg................................................................ Der assyrische Bericht........................................................... Der biblische Bericht........................................................... Der ägyptische Bericht........................................................ Jesaia- Reden X, 5—34................................ XI................................................................ „ XIV, 24-26 ........................................... .. XVII, 12-14........................................... „ XXII. 1-14...................... .. XXXIII, 1-24....................................... Schlußbemerkungen.................................................................................................

53 55 56 59 60 63 64 65 66 67 67 69 77 79 79 81 85 86 88 90 91 91 93 95

Ieremia.....................................99-175 I. Dir äußeren und innere» Verhältnisse de» Reiche« Juda von Hi-kia- bi- Iosia- Tod.............................................................................101 König Manaffe und der AssyrerAssarhaddon........................................ 101 König Iosia . . 103 Da- Deuteronomium................................................................................. 104 Der Prophet Zephania.............................................................................105 Jeremia E. VI............................................................................................. 105 Iosia- Reform............................................................................................. 106 Iosia- Tod..................................................................................................107 II. Da- Leben Jeremia- und die Schicksale Juda- vom Tod Iosia- bi» zum Beginn de- babylonischen Exil-..........................108 Jeremia- Herkunft und Familie................................................................ 108 Jeremia- Berufung ((£. I)........................................................................ 108

Jnhalt-Überficht.

vn Seite

Jeremia und Joahas (L. XXII).......................................... 110 Jeremia und Jojakim (L XXII)...........................................110 Jeremia und die Tempelpriesterschast (T. VII u. XXVI, E. XIX).........................................................................112 Die Schlacht bei Karchemisch (Jer. XLVI u XXV)..........................113 Jeremia» erste» Buch (E. XXXVI)....................................................... 116 Nebukadnezar und Jojakim........................................................................ 117 Jojachin......................................................................................................118 Jeremia und Zidkija.................................................................................118 Jeremia» Leiden und Klagen....................................................................119 Die Belagerung von Jerusalem................................................................121 Jeremia bei Gedalja.................................................................................122 Jeremia in Aegypten................................................................................ 123 III. Jeremia al» Schriftsteller . . .... 124 Mehrfache schriftstellerische Thätigkeit....................................................... 125 Jeremia- Sprache und Stil.................................................................... 126 IV. Jeremia» Auffassung de» prophetischen Berufe-.......................... 128 Stellung der Propheten im Volk............................................................128 Jeremia« Aeußerungen über seinen Beruf (E XV. XVII. XX) . 129 Die Aufgabe de- Propheten (VI, 11. XIV, 19 ss.)..................... 131 Die Leben-führung desselben (XII, 5 XV, 19 s. XVI. LV) . . 135 Prophet und Wahrsager (XXVIII, 8.9)...............................................135 V. Jeremia- prophetische Predigt (nach ihrem Gedankeninhalt zu­ sammengestellt) ..................................................................................................... 136 1) Forderung der Treue geqen Jehova (II, 8 ss., V, 21 ss., XVII, 5-10)..................................................................................................... 136 2) Jeremia und da» Deuteronomium (XVII, 19—27. XXXIV, 8-22. VII, 22)................................................................................ 141 3) Jeremia und die Glück-propheten....................................................... 144 Habakuk.........................................................................................146 Sacharia XII und Jeremia VII...............................................147 Jeremia und Hananja (XXVII undXXVIII. XXIII) . 148 4) Jeremia- Urtheil über den sittlichen Zustand de- Volke- ((£. IX. V. VI. VII. XIV. XII)....................................................... 152 5) Jeremia- Strafdrohungen (XIV. IV. VIII. XV)............................156 6) Jeremias Bußpredigt (VI, 16. XXXV. XIII, 15. XIV. 8. III, 22. XXVII, 12)................................................................161 7) Jeremia- Zukunft-hoffnungen (XXX—XXXIII)......................... 166 VI. Schlußbemerkungen: Jefaia und Jeremia...................................................... 173

Iuhalt-Überficht.

▼in

Seite

Anhang.................................. ne I.

Ueber die Assyrer........................................................................................................176

II. Da- BuchJesaia....................................................................................................... 177 III. Da- BuchIeremia

...................................................................................................178

IV. Zeittafel.......................................................................................................................182 V. Kärtchen von Südprläftina.

3 e f , 10. 4) 2 Chron. 2(5, (5. 27,5.

5) Je,' 2, IG.

4

I. Die Zeit Usla« und Selbem».

Elath wieder als jüdische Hafenstadt erbaut hatte.

Die Wirren,

welche nach Jerobeams II. Tode über Ephraim kamen, waren in ihren nächsten Folgen der Machtcntwicklung Judas eher günstig. Eine ansehnliche Militärmacht stand dem König zu Gebot'), starke und zahlreiche Festungen, namentlich daS neubefestigte Jerusalem') waren die Zuversicht des Volkes, das in langer Friedenszeit wieder zu blühendem Wohlstand gelangt war'). Dieser äußeren Blüte entsprach nicht die sittliche Kraft des Volkes. Die trüben Schilderungen des Amos und Hosea, deren Hauptwirkungskreis Ephraim war, erstrecken sich auch auf Juda hin­ über '). Und was Jesaia in den letzten Zeiten des Jotham und in den ersten des Ahas den Großen und Kleinen in Jerusalem zu sagen hat, weist auf ein lang gereiftes, inneres Verderben. „Es war mehr und mehr eine Zeit vorherrschend materieller Interessen, die Zeit eines kurzsichtigen Leichtsinns. Der Wohlstand, der ins Volk ge­ kommen war, beförderte einen auf Gelderwerb und Genuß gerichteten Sinn, Habsucht, Ueppigkeit, Wollust, Hoffart, Leichtsinn, besonders beim weiblichen Geschlecht. Unheilbringende Vorliebe für ausländische Sitten und fremder Abcrglanbe kennzeichneten die höheren Stände. Die Ungerechtigkeit der Beamten war himmelschreiend, und auch der Priester that Unrecht ums Geld"'). Bei dieser Morschheit der socialen Zustände, bei dieser sittlichen Erschlaffung des Volkes ist nicht zu verwundern, daß beim Herein­ brechen von schweren Schicksalsschlägen die ganze Herrlichkeit in über­ raschend kurzer Zeit zusammenstürzte, sowie daß einem weiterschauen­ den und tiefer blickenden Auge die Zukunft in den düstersten Farben erscheinen mußte. So ist nicht im mindesten verwunderlich, daß der Prophet, dessen Reden und Thaten den Mittelpunkt dieses Geschichts­ bildes einnehmen sollen, gleich bei seiner Berufung das heilige, ihm von Jehova anvertraute Amt eines Gottessprechers als ein mühevoll drückendes fast ohne Hoffnung auf Erfolg antritt, mit dem einen Endzweck, wenigstens die Rettung eines gottgeweihten Restes anzu') *) 3) 4) b)

2 Ehron. 26, 13 wohl zn hohe Angabe. 2 Ehron 26, 15». cf. 2 Ehron. E 26 und 27 Jes. 2, 7 und 8. li. a. Am. 2, 4. 5. Hos. 5», 10. cf. Mich. 3. obiges nach Dillmann.

bahnen. Dies der Kern des Gesichtes, in welchem Jesaia seine Be­ rufung erzählt. Das Gesicht der Prophetemoeihe. 3ef. L VI.

Im Todesjahr des Königs Ufia — da sah ich den Herren fitzen auf hocherhabenem Thron und seine Schleppen füllten das Heiligthum. Seraphe stunden vor ihm — sechs Flügel hat jeder, mit zweien deckt er sein Antlitz, mit zweien deckt er die Füße, mit zweien schwebet er. Und einer ries zum andern: Heilig, heilig, heilig Jehova Zebaoth Alle Lande find seiner Ehre voll. Da bebten die Grundfesten der Schwellen vor des Rufenden Schalle und das Haus füllte sich mit Rauch. Und ich sprach: Weh mir, ich muß sterben, ich ein Mensch un­ reiner Lippen und wohnend inmitten eines Volkes mit unreinen Lippen, denn den König Jehova Zebaoth schauten meine Augen. Und einer der Seraphe schwebte zu mir — in seiner Hand ein Glühstein — mit der Zange hatte er ihn vom Altar genommen. Der berührte meinen Mund und sprach: Siehe dies hat deine Lippen berührt, so weicht deine Schuld und deine Sünde ist gesühnt. Und ich hörte des Herren Stimme rufen: Wen soll ich senden und wer will unser Bote sein? Da sprach ich: hier bin ich, sende mich. Er sprach: Geh und sag diesem Volk: Höret immerfort und versteht nicht, sehet immerfort und merket nicht. — Verfette das Herz dieses Volkes und beschwere seine Ohren, und seine Augen verklebe, damit es nicht mit seinen Augen sehe und mit seinen Ohren höre und mit seinem Herzen verstehe und zurückkehre, damit man es heile. Ich sprach: Wie lange, Herr? Er sprach: Bis zerstört find die Städte, leer von Bewohnern und die Häuser leer von Menschen, und das Feld zur Oede verwüstet, und Jehova entfernt die Menschen - und weit die Oede inmitten des Landes — und ist noch drin übrig der zehnte Theil, so wird er wieder ins Feuer müssen. Doch,

wie bei Eiche und Terebinthe im Fällen ein Wurzelstrunk übrig bleibt — heiliger Same ihr Wurzelstrunk.

PersSnliches über Jesaia.

Nachdem in seinem Bemfungsgeficht der Prophet mit seiner großartig tragischen Ausfaffung des Prophetenamtes eingeführt ist, wäre hier der Ort, die uns bekannten Züge aus seinem Lebensgang vorzubringen. Indeß ist es äußerst wenig, was wir sicher wiffen. Daß er im Todesjahr des Ufia seines Berufes gewiß wurde, sagt vorstehendes Gesicht. Daß er der Sohn eines weiter nicht bekannten Amoz war, meldet die Ueberschrift 1,1. Das er in Jerusalem wohnte, zeigen seine Schriften, daß er mit den Königen Ahas und Hiskia in nahe persönliche Berührung kam, werden wir lesen, desgleichen, daß er verheiratet war und im Verlauf der zu schildernden Zeit Vater mehrerer Kinder wurde. Von selbst ergibt sich, daß seine Wirksam­ keit sich hauptsächlich — fast ausschließlich — auf das öffentliche sittliche, religiöse und politische Leben des Volkes bezog. Sein Charak­ ter, seine Wirkungsart, seine persönlichen Eigenthümlichkeiten in Schrift und Rede spiegeln sich in seinen, der folgenden Darstellung eingereihten Worten, denen hier nicht vorgegriffen werden soll. Alles Weitere ist gänzlich unbekannt: Geburtsjahr, Herkunft, Erziehung und Lehrer, ftüherer oder beabsichtigter Lebensberus, Schicksal seiner Familie, seine eigenen Lebensgeschicke, sein Todesjahr, seine Todesart. Was darüber überliefert ist, entbehrt jeder sicheren Begründung. Wir folgen dem Propheten ohne Umschweif und lassen ihn selbst reden, wie er um die Zeit des Regierungswechsels zwischen Jotham und Ahas seine bisherige Thätigkeit schriftlich zusammenfaßt, wie er den Sünden seines Volkes als muthiger unbestechlicher Richter entge­ gengetreten, wie er ihre nichtigen Hoffnungen erbarmungslos zerstört, wie er ihnen das drohende göttliche Strafgericht in den glühendsten Farben und lebendigsten Bilder vor Augen hält, wie er ihnen die unabänderlichen Bedingungen zeigt, unter denen allein die alten Heilshoffnungen des Bundesvolkes Aussicht aus Erfüllung hätten.

Das Jetzt im Licht des alten Prophete»Wortes. (Zesaia

und hinterließ seinem unfähigen Sohn Ahns das gefährdete Reich. Seiner Rath- und Kopflosigkeit muß es in erster Linie zugeschrieben werden, daß die reichen Hilfsmittel, die Ufia und Jotham gesammelt, die Festungen, die sie gebaut und gebessert'), die Reichthümer, die sie erworben, Flotten und Heere, die sie gerüstet, auf einen Schlag verloren gingen. Nach 2 Chr. 28, 5. 6 war die Niederlage Judas vernichtend. „Darum gab ihn (den Ahas) Jehova, sein Gott in die Hand des Königs von Syrien, daß sie ihn schlugen und einen großen Haufen von den ©einigen gefangen nach Damaskon brachten. Auch ward er gegeben unter die Hand des Königs Israel, daß er eine große Schlacht an ihm thät. Denn Pekach, Remalja Sohn, schlug in Juda 120,000 auf einen Tag, die alle streitbare Männer waren, darum, daß sie den Herrn ihrer Väter Gott verließen". Unter den Gefallenen befand sich ein königlicher Prinz Maeseja und zwei königliche Minister, Asrikam und Elkana. — Nach diesem Sieg rückten die Verbündeten ungehindert durch die vielen Festungen, die sich im ersten Schrecken übergeben, gegen Jerusalem vor. In dem eroberten Lande hausten die Sieger „so greulich daß es in den Himmel reichet"; Ephraim vergißt die Blutsverwandschaft mit Juda so gänzlich, daß eine Menge weggetriebener Volksgenossen schon zum Los der Sklaverei bestimmt find, und nur durch einen Propheten, Namens Obed davor gerettet werden. In diesem allgemeinen Elend, Kopflosigkeit, Verzweiflung ist dem Propheten Jehovas, den man int Rausch des Glückes nicht ge­ hört, Gelegenheit zu einem energischen erfolgreichen Wirken gegeben. Er sucht auf den entmuthigten und gedemüthigten König und seine Räthe, wie auf das aus sorgloser Sicherheit plötzlich aufgescheuchte, völlig verwirrte und verhetzte Volk berathend, beruhigend, ermnthigend, aber auch strafend und drohend einzuwirken. — Iesaias Wirken im syrisch -ephraemitischen Krieg.

Schon zu Beginn des Kriegs, als die Absicht des so tief ge­ sunkenen, durch die letzten Ereignisse so schwer geschädigten ephraemi­ tischen Reiches kund wurde, sich durch einen Bruderkrieg gegen Juda ') 2 Ehr. 27. 4.

wieder aufzuhelfen, schleudert Jesaia ein drohendes Orakel (ein MafsL, Flugspruch) gegen die Anstifter dieses tollen Unternehmens. An einen geschichtlichen Rückblick reiht er einen prophetischen Ausblick. Israels Geschichte besteht und bestand aus fortwährenden Demüthigungen, die von Israel nicht verstanden und nicht beherzigt wurden, weßhalb neue schwere Gerichte hereinbrechen müssen. Bon den vier kunstvollen Strophen dieses Stückes stellt die erste dem grundlosen Uebermuth der Samarier die früheren, namentlich in letzter Zeit erlittenen De­ müthigungen gegenüber, die zweite weist auf das jammervolle Elend des Volks, die dritte ans die moralische Zerrüttung des Staatswesens und die vierte auf das in der Ferne drohende Wetter. Die ausgestreckte Hand Jehovas. (IX. 7-X, 4.)

I.

Ein Wort hat der Herr in Jakob gesandt und in Israel hat's eingeschlagen. Fühlen muß es das ganze Volk, Ephraim und der Bürger Samariens, der mit Uebermuth und Herzensüberhebung sagt: Backsteine sind eingestürzt, Quader bauen wir, Maulbeerbäume sind umgehauen, Gebern pflanzen wir nach. — Und doch hat Jehova den Drängern Rezins über ihm Macht gegeben, seine Feinde reizte er auf, die Syrer von vorn, die Philister von hinten, die fraßen Israel mit vollem Maul. Bei all dem läßt sein Zorn nicht ab Und noch ist seine Hand ausgestreckt. II.

Dies Volk kehrte nicht um zu dem, der es schlug, und Jehova Zebaoth suchten sie nicht. Und Jehova Zebaoth hieb ab von Israel Haupt und Schwanz, Palmzweig und Binse auf einen Tag. Und dieses Volkes Leiter sind Jrreführer und seine Geleiteten sind ver­ zehrte Leute. Darum hat der Herr keine Freude an seinen Jünglingen, seiner Waisen und Wittwen erbarmt er sich nicht. Denn alles ist gottlos und frevlerisch und jeder Mund redet Lästerung. Bei all dem läßt sein Zorn nicht ab Und noch ist seine Hand ausgestreckt.

III. Denn wie Feuer brennt der Frevel, Dorn und Gestrüppe frißtund zündet in den Aesten des Waldes, daß sie in Rauchsäulen auf­ wirbeln. Durch Jehova Zebaoths Zorn ist das Land verbrannt und das Volk ein Fraß des Feuers. Keiner erbarmt sich seines Bruders, man haut ein nach rechts und hungert, man frißt nach links und wird nicht satt, man frißt das Fleisch des eigenen Arms, Manaffe den Ephraim, Ephraim den Manaffe, die zusammen wider Juda — Bei all dem läßt sein Zorn nicht ab Und noch ist seine Hand ausgestreckt. IV. Wehe denen, die Sündenrath rathen, den Schreibern die Gewalt­ that schreiben, wegzudrängen vom Gericht die Gedrückten, zu rauben das Recht den Elenden meines Volkes, daß Wittwen ihr Raub werden und sie die Waisen plündern können. Und was thut ihr für den Tag der Vergeltung, für das Wetter, das von fern heraufzieht? Zu wem wollt ihr fliehen um Hilfe und wo wollt ihr eure Schätze hinterlegen? Nichts bleibt übrig als unter Gefeffelte sich ducken und unter Er­ mordete fallen. Bei all dem läßt sein Zorn nicht ab Und noch ist seine Hand ausgestreckt. Seine Wirksamkeit in dem belagerten Jerusalem schildert Jesaia selbst in C. VII u. VIII. 1) Geschichtliche Einleitung. (VII, 1. 2.)

In den Tagen Ahas', des Sohnes Jothams, des Sohnes Usias, Königs von Juda, zog herauf Rezin, der König von Aram und Pekach, der Sohn Remaljas, König von Israel, gegen Jerusalem, um wider es zu kämpfen (konnt's aber nicht bezwingen). Als dem Davidhause gemeldet wurde: Das Syrerheer hält Rasttag aus Ephraim, da bebte sein Herz und das Herz seines Volkes wie die Waldbäume vor dem Sturm.

2) Die Unterredung mit dem König. (VII, 3-9.)

Da sprach Jehova zu Jesaia: Mache dich auf Ahas entgegen, du und Schearjaschub, dein Sohn, ans Ende der Wasserleitung des oberen Teichs nach der Straße des Walkerfeldes hin. Und sag zu ihm: Nimm dich in Acht, sei ruhig und fürchte dich nicht, und dein Herz bebe nicht vor diesen zwei rauchenden Brandscheitstummeln, wenn der Zorn Rezins entbrennt und Arams und des Remaljasohns. Darum daß Aram Böses wieder dich sinnt, Ephraim und der Remaljasohn, und sagen: „Ziehen wir nach Juda und bedrängcns, reißens an uns und setzen als König den Sohn Tabeals') eilt" — so spricht Jehova: „nicht steh's und nicht gescheh's!" Denn Arams Haupt ist Damask, Damast Haupt Rezin, und Ephraims Haupt Samaria, und Samarias Haupt der Remaljasohn') — glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht! Schon in dieser ersten Anrede tritt klar hervor, welche Politik Jesaia als die einzig richtige anräth: Mnthiges Ausharren im Ver­ trauen auf Jehova und in klarer Erkenntniß der Machtlosigkeit der Feinde, deren Feuer ohnedies schon im Erlöschen ist. Dem klaren Blick des Propheten entgeht nicht, daß die jetzigen Bestrebungen der verbündeten Fürsten ganz hoffnungslos sind, während Zion-Jerusalem unter der einen Bedingung gläubig treuen Ausharrens des Schutzes Jehovas versichert sein darf. Arams Haupt Damask — Ephraims Haupt Samaria rc. zu ergänzen: Judas Haupt Zion, Zions Haupt Jehova, wozu dann das späterhin über den Zionsfels Gesprochene zu vergleichen ist, dessen Rettung einer der ersten Glaubenssätze für Jesaia ist. 3) Da» Zeichen Jehova« und seine Drohung. (VII, 10—17.)

Und Jehova fuhr fort zu Ahas zu reden: Fordere dir ein Zeichen von Jehova, deinem Gott. Greif tief bis zur Hölle oder greif hoch l) Ein Tabeal wird in Tiglatpileser» Inschriften öl« syrischer Fürst erwähnt. -) „Denn in aber 65 Jahren hört Ephraim auf ein Volk zu sein" — sinn» störende Glosse Aehnliche Glossen vgl. III, 1, IX, 14.

Ies. VII und vili.

nach oben. —

25

Und Ahas sprach: ich will nicht fordern nnd will

Jehova nicht versuchen. Und er sprach: Höret doch, Davidshaus, ists zu wenig für euch, Menschen zu ermüden, daß ihr auch meinen Gott ermüdet? Darum wird der Herr selbst euch ein Zeichen geben: Siehe, die Mannbare ist schwanger und gebiert einen Sohn und nennt seinen Namen „Gottmituns!') Rinnmilch und Honig wird er essen, bis er das Böse zu ver­ werfen und das Gute zu wählen weiß. Denn ehe der Knabe das Böse zu verwerfen und das Gute zu wählen weiß, wird das Land, vor dessen zwei Königen dir graut, verlassen sein. Jehova wird über dich und dein Volk und deines Vaters Haus Tage bringen, wie sie nicht gekommen sind seit Ephraim sich von Juda schied — den König von Affur! Du hoffst auf Affur, Affur wird kommen. Dies der drastische Schluß der Anrede an den König. Welcherlei Art die Zeichen waren, die Jesaia dem König anbot, läßt sich nicht sicher sagen. Am Jmmanuelzeichen selbst ist so viel klar: 1) daß der Immanuel nächstdem geboren wird; 2) daß derselbe mit seinem Namen in ähnlicher Weise Symbol der Rettung Jerusalems ist wie Schearjaschub die Rettung des Restes darstellt. (Ob der Knabe selbst der gehoffte Messias, ob die Mannbare eine junge Frau aus dem Davidhaus oder die des Propheten oder eine zufällig anwesende Schwangere ist, ist nicht zu entscheiden.) 3) daß in die Kindheitszeit dieses Knaben, d. h. in die nächstfolgenden Jahre der Untergang der jetzigen Feinde, zugleich aber die schreckliche Verheerung des Landes fällt, das zum Wcidplatz her­ unter kommt und seinen Bewohnern nur noch die Erzeugnisse der Wüste bietet. 4) Weitere Ausführung des kommenden Gerichts (wohl nicht mehr vor AhaS).

(Juda soll Kriegsschauplatz zwischen Affur und Aegypten werden.) (VII, 18-25)

Und an dem Tage, da zischt Jehova der Stechfliege an den Grenzen der Flüsse Aegyptens und der Biene im Lande Affur.

Und

sie kommen und sie alle lagern in den wüsten Thälern und in den Felsspalten und in allen Dorngehegen und in allen Triften. *) Immanuel.

An dem Tag scheert der Herr mit gedungenem Scheermeffer — mit denen von jenseits des Stromes (dem König von Affur) das Haupt und das Haar der Füße und auch den Bart scheert er ab. — An dem Tag hält einer ein Kühlein und ein paar Schafe und wegen der vielen Milch wird man Rinnmilch essen, ja von Rinnmilch und Honig nährt sich wer übrig ist im Lande. An dem Tag, da wird der Platz, auf dem tausend Weinstöcke, tausend Schekel Silber werth, stehen, zu Dorn und Gestrüpp; mit Pfeil und Bogen geht man dahin; denn Dorn und Gestrüpp bedeckt das ganze Land. Und auf die Berge, die mit der Hacke gehackt werden, kommt man nicht mehr aus Furcht vor Dorn und Gestrüpp, und es wird zur Trist fürs Vieh, zum Weidplatz für die Schafe. 5) MaherschalalchaschbaS. (Im weiteren Verlauf des Kriegs.) VIII, 1—4.

Und Jehova sprach zu mir: Nimm dir eine große Tafel und schreib darauf in gemeiner Schrift: dem Eilebeute Raubebald. Und ich nahm als zuverlässige Zeugen Uria, den Priester und Sacharja, den Sohn Jeberechjas. Und ich nahte der Prophetin und sie ward schwanger und gebar einen Sohn, und Jehova sprach zu mir: Nenne seinen Namen Eilebeute Raubebald (MaherschalalchaschbaS). Denn ehe der Knabe Vater und Mutter sagen kann wird man den Reichthum Damasks und die Beute Samariens vor den König von Affur bringen. Das Doppelzeichen des MaherschalalchaschbaS, das ein Beispiel ist, wie der Prophet seine Gedanken der Menge des Volkes nahe zu bringen und in bündig markigem Schlagwort einzuprägen weiß, weist mit noch größerer Bestimmtheit und für noch größere Nähe auf das Hereinbrechen der Assyrer über die beiden feindlichen Mächte hin. 6) Da» Siloahwasser und d«r Assurstrom. (VIII, 5-10)

Und Jehova sprach weiter, zu mir: Weil dies Volk die gelinde fließenden Wasser Siloahs verachtet, und gefällt sich beim Rezin und

Remaljasohn, darum siehe, der Herr führt über sie herauf die ge­ waltigen mächtigen Waffer des Stromes (den König von Affur und seine ganze Macht) und er kommt herauf über all seine Bache und tritt über all seine User, er ergießt sich über Juda und strömt weiter, bis zum Halse drängt er und die Dehnung seiner Flügel Mt die Breite deines Landes, Gott mit uns! Tobt, ihr Völker, und zittert und horchet alle Enden der Erde, gürtet euch und zittert, gürtet euch und zittert. Man sinnt einen Plan und er zerschellt, sprecht ein Wort und es besteht nicht, denn Gott mit uns! Manche nehmen zur Erklärung dieser Rede an, es habe im Volke eine Partei gegeben, die dem Davidhause ungünstig gesinnt, über die Fortschritte der feindlichen Waffen sich gefreut habe. Diesen Ver­ ächtern des Siloahwaffers, d. h. des Davidhauses, halte der Prophet ihre Thorheit und die nicht ausbleibende Strafe vor. Indeß scheint mir eine andere Erklärung mehr für sich zu haben. Der Schlußsatz wendet sich unzweifelhaft an fremde Völker, deren Plan scheitert, — natürlich an Ephraim und Strom, welche das kleine stille Juda, das durch den stillfließenden, aber sicheren Siloahquell dargestellt ist, ver­ achten, dafür aber vom Assurstrome überschwemmt werden, wobei freilich auch Juda das Waffer bis an den Hals reicht. Dagegen richtet sich die nächste Rede an das Volk von Jerusalem, besten Mißmuth und Mißtrauen rügend. 7) Drr lette Schrecken und der allein Schreckliche(VIII, 11—15.)

Also sprach Jehova zu mir, meine Hand ergreifend und mich abhaltend auf dem Wege dieses Volkes zu gehen: ihr sollt nicht alles Verschwörung nennen was dieses Volk Verschwörung nennt. Vor seinen Schreckniffen erschrecket nicht und fürchtet euch nicht. Jehova Zebaoth — den haltet heilig, Er sei's, vor dem ihr bebet, Er, den ihr fürchtet. Er wird zum Heiligthum — und auch zum Stein des Anstoßes, zum Fels des Strauchelns beiden Häusern Israel, zum Fallstrick und zur Schlinge dem Bürger Jerusalems. Viele von ihnen straucheln, fallen, werden zerschellt, verstrickt und gefangen. —

Die alte Erfahnmg in jedem unglücklichen Krieg, daß der ge­ meine Mann Verrath im eigenen Lager wittert, wo sich doch ein Strafgericht Gottes vollzieht. Weil weder Volk noch König sich lehren lassen, muß sich der Prophet bescheiden, innerhalb seiner Jüngergemeinde sein Zeugniß niederzulegen und mit den Seinen, der Prophetin, dem Schearjaschub, dem Maherschalalchaschbas, ein lebendiges Zeugniß des Vertrauens auf Jehova zu bilden. 8) Da» versiegelt« Zeugniß(VIII, 16-22.)

„Binde zusammen ein Zeugniß, versiegle eine Weisung unter meinen Jüngern."') Ich will harren auf Jehova, der sein Antlitz verbirgt vor dem Hause Jakob, und hoffen auf ihn. Siehe ich und die Kinder, welche mir Jehova gegeben, sind Zeichen und Mal in Israel vor Jehova Zebaoth, der thronet auf dem Zionberge. Und wenn man zu euch sagt: wendet euch an die Gespenster, die Hellseher, die Zirper und Murmler — wendet sich nicht ein Volk an seinen Gott? — für die Lebenden an die Todten? Zur Weisung und zum Zeugniß! — wahrlich so wird'S heißen, wenn keine Morgenröthe mehr.') Da geht man drin einher, gebückt und hungrig, und wenn der Hunger kommt, ergrimmt man und flucht seinem König und seinem Gott, und schaut nach oben und blickt zur Erde und siehe Drängniß und Dunkel, Finsterniß der Bedrückung, in Finsterniß gejagt?) Der AffyrereinfaU.

Gewiß haben die ennuthigenden Reden, Zeichen, Schriften des Propheten wesentlich dazu beigetragen, daß der Handstreich auf Je­ rusalem nicht gelungen ist und daß der Feind die Stadt besser vor­ bereitet traf, als bei der ersten Panik zu erwarten stand. Was er ') Wort Jehova«. Darauf folgt der Inhalt de« Zeugnisse«. -) Sehr schwere Stelle, ein wahre« Auslegerkreuz. Der Zusammenhang spricht dafür, daß der Prophet in trübster Stimmung sagen will, da« Soll werde erst zur Besinnung kommen, wenn'« zu spat sei. •') Fortsetzung S. 33.

aber vor allem anstrebte, hat der Prophet nicht erreicht. Als der schwache Ahas sah, wie die Errungenschaft der Vorfahren verloren ging, wie Rezin die jüdische Hafenstadt am rothen Meer einnahm, die jüdischen Einwohner vertrieb und Syrer dort ansiedelte (2. Kön. 16, 6), wie über das verheerte Land die bisherigen Vasallen raub­ gierig herfielen, — in dieser Noth, entblößt von ollen Hilfsmitteln, allen Muths, aller Energie baar, ohne Vertrauen auf Jehova, ergreift er den letzten verzweifelten Ausweg und wirst sich dem ländergierigen assyrischen Großkönig in die Arme. 2. Kön. 16, 7. „Ahas sandte Boten zu Tiglatpileser, dem König von Affur, und ließ ihm sagen: Ich bin dein Knecht und dein Sohn, komm herauf und hilf mir aus der Hand des Königs von Syrien und des Königs von Israel, die sich wider mich aufgemacht haben. Und Ahas nahm das Silber und Gold, das im Hause des Herm war, und die Schätze des Königs­ hauses und sandte sie dem König von Affur als Geschenk." Um den Preis assyrischer Vasallenherrschast erlangte er die gewünschte Hilfe: „Der König von Affur willfahrte ihm und zog heraus gen Damask und gewann sie und führte sie weg gen Kir und tödtete Rezin." 15, 29. „Zu den Zeiten Pekachs, des Königs von Israel, kam Tig­ latpileser, der König von Affur, und nahm Hion, Abelbethmaacha, Janoha, Kedes, Hazor, Gilead, Galiläa und das ganze Land Naphtali nnd führte sie weg gen Assyrien." Ueber diesen Feldzug, der nach den assyrischen Verwaltungslisten in das zwölfte Jahr Tiglatpilesers, 734 v. Chr., fällt, liegt ein assy­ rischer Bericht vor, der mit unsern biblischen Quellen völlig überein­ stimmt. Ich entnehme demselben folgende Stelle: „Das Land Omri (Samarien), das ferne (nahm ich ein), seine angesehensten Bewohner sammt ihrer Habe führte ich nach Assyrien ab. Pekach, ihren König, tödteten sie, den Hosea bestellte ich über sie. Zehn Talente Gold, tausend Talente Silber nahm ich von ihnen als Tribut in Empfang, nach Assyrien brachte ich sie." Erst nachdem Tiglatpileser den Pekach besiegt und so das mächtigere damascenische Reich isolirt hatte, wandte er sich gegen Rezin, zu dessen Bewältigung er die zwei Jahre 733 und 732 brauchte. Der Zug endete nach einer langen Belagerung mit Eroberung des Stadt Damask, Aufhebung des Reichs, Weg­ führung der Einwohner, Tödtung des Rezin als eines treulosen Vasallen.

Vor Damast ober in dieser Stadt selbst versammelte er seine Vasallen um sich, aus deren langer Reihe die folgenden syrischen und palästinensischen Fürsten zu erwähnen sind: Sibittibili von Byblus, Jnilu von Hamath, Sanibu von Ammon, Salman von Moab, Mitintu') von Asklon, Kosmelek von Edom, Hanno von Gaza und Ahas von Juda (Jahuazi Jahudai, Joahas von Juda). Von letzterem vgl. 2. Kön. 16,10: „Und der König Ahas zog entgegen Tiglatpileser, dem König von Affur gen Damast." Die Wegnahme der Nordgrenze und des Ostjordanlandes, die Belagerung und den nahenden oder schon geschehenen Fall von Damast begleitet Jesaia mit einem Wort, in welchem er auch für Israel noch weitere Strafgerichte in Aussicht stellt und als Ursache des tiefen Falls den Abfall von Jehova beklagt und das Haschen nach aus­ ländischem fremdem Wesen. Damaskus und Samaria. (3. Da» drohende Dericht.

alle Völker der Erde zersprengt') wie Spreu vor dem Wind der Wüste. Jehova wird sie nicht mehr hören, sie sollen seht nur zu den Göttern schreien, die sie erwählt.') Jetzt ist das Land rein abgeweidet wie das Fruchtfeld, über das Beduinen mit ihren Heerden gekommen'), wie der Weinberg, den der Winzer rein abgelesen.') Es ist verödet, verschwunden jedes Leben, verstummt die Stimme des Bräutigams und der Braut, ver­ stummt jeder Ton der Freude, kein Mühlstein bewegt sich mehr, und kein Schimmer eines Lichts wird mehr erblickt?) Ich schaue aufs Land, 's ist wüste und leer, Zum Himmel, sein Licht ist nicht mehr da, Ich schau auf die Berge, siehe sie beben, Und alle Hügel erzittern — Ich schaue mich um — und siehe kein Mensch! Und alle Vögel des Himmels find weggeflogen, Ich schaue um mich und siehe, das Gartenland ist Wüste Und all seine Städte zerbrochen vor Jehova, Vor der Gluth seiner Nase. (IV, 23 es.) *) In der zweifellosen Gewißheit, daß das alles bald eintreffen werde, stimmt bereits der Prophet seine Klagelieder an, in denen er seinem tiefbekümmerten, zerriffenen Herzen Lust macht, und giebt den Töchtern des Volkes den Rath, Trauerlieder zu lernen, die zu singen bald ihre einzige Beschäftigung sein werde.') (VIII, 21-23.)

Ob dem Riß meines Volkes bin ich zerriffen, Bin betrübt, Entsetzen hat mich ergriffen. Ist kein Balsam in Gilead, kein Arzt da? Warum wird kein Verband angelegt der Tochter meines Volkes? Ach daß mein Haupt zu Waffer würde Und mein Auge zu Thränenquellen, Daß ich Tag und Nacht beweinen könnte die Erschlagenen meines Volkes! 9, 16. -) 11, 12. 16, 13. 18, 17. 3) 12, 10. ‘) «ehnlich 9. 9. ') 9. 17. 10, 19.

«) 6. 9.

») 25. 10 u. -.

Noch nach Jahrtausenden kann man nicht, ohne innerlich ergriffen zu werden, diese Worte vernehmen, in denen der wärmste Vaterlandssreund sein Volk zum voraus beweint, und nicht ohne ergreifendes Mtgesühl kann man den Mann betrachten, der allein mit wachem Auge den ganzen Jammer Heraufziehen sieht, und so bei klarem Be­ wußtsein seines Volkes Sterben im eigenen Herzen fiihlt.

Weit entfernt in all dem Elend wie manche seiner Mitbürger in schwächlicher Klage') fremde Unbill zu erblicken, sieht er vielmehr in all dem die gerechte, rächende,') strafende Hand Gottes, Jehovas Zorn und Glut ist ausgegoffen über diesen Ort, auf Menschen und Vieh, auf die Bäume des Landes, die Früchte des Feldes, brennen solls und nicht verlöschen. (VII, 20.) Jehova, in dessen Nase sie Feuer angezündet haben'), ist es, der sein Volk mit Gistwaffer tränkt und mit Mermuth speist'). Er füllt die Bewohner des Landes mit Trunkenheit'), Er macht ihren Weg glatt, daß sie stürzen müssen °), Er schwingt ein fressend Schwert in seiner Hand7), und streitet wider sein Volk mit ausgereckter Hand und starkem Arm'). Er vergilt die Sünde der Väter in den Busen der Kinder'), so daß sie mit der eigenen Schuld die der Väter büßen. Er haut dem grünen, stattlichen Oelbaum, den er selbst gepflanzt, die Zweige ab,0). Er hat sein Haus verlassen, sein Erbtheil, seine Geliebte ausgegeben. Er fordert die fremden Krieger auf, den Krieg zu beginnen und Jerusalem zu belagern"), Er ruft seinen Knecht Nebukadrassor"), den fressenden Löwen, die Thiere des Feldes herbei, Er schleudert die Volksgenoffen hinaus in die Fremde, zerstreut sie unter die Völker, die sie nicht kennen und schickt ihnen das Schwert nach'"). Er verbietet dem Propheten für sie zu beten und sein stren­ ger Urtheilsspruch steht so fest, daß wenn die größten Gottesmänner der Vorzeit vor sein Angesicht flehend träten, ihre Bitte keine Erhörung finden könnte. >) 4, 13. -) 5, 9. 9, 9 u. a. 3) 4, 4. 7, 20 17, 4. 4) 9. 15. 23. 15. 13, 12. «) 23, 12. 7) 12, 12. «) 21, 5. *» 32, 18 '») 11, 16. "» 6, 4. 12, 9. ") 25, 9. 27, 6. ,3) 10, 17 9, 16.

6. 3trtmi«e Baßpr^igt.

161

(XV, 1.)

Wenn Mose und Samuel vor Mr stünden, Doch will Ich nichts von diesem Volke! Schaff fie fort, Mir ans bat Augen, Sie sollen gehen! Und sprechen fie zu Dir: Wohin sollen wir gehen? So sag zu ihnen: So spricht Jehova: Was dem Tod — dem Tod; Was dem Schwert — dem Schwert; Was dem Hunger — dem Hunger; Was dem Kerker — dem Kerker! 6.

Dies alles verkündet Jeremia fort und fort mit unermüdlichem Eifer von der Zeit seines Auftretens an bis zur schrecklichen Erfüllung. Er sucht seine Weissagungen aus mancherlei Weise durch sinnbildliche Handlungen und gleichnißartige Reden dem Volke nahe zu bringen und dem Gedächtniß einzuprägen. Am Morschwerden eines lcinernen Gürtels, der in einer feuchten Spalte am Wasser unbrauchbar ge­ worden, zeigt er dem Volk seinen traurigen Zustand, seine Werthlofigkeit vor Gottes Augen. An der Arbeit des Töpfers, der sich nicht besinnt, ein mißrathenes Stück umzuformen, zeigt er Jehovas Macht und Brauch in der Behandlung mißrathener Völker. Am Ausschütten des Waffers aus dem Krug stellt er das Ende von Rath und Weisheit dar, am Zerschellen desselben das Ende des Volkes selbst. Am Joch, das er sich auslegt, zeigt er die Nothwendigkeit der Unterwerfung unter die Fremden. Aber Jeremia spricht seine Weiffagungen nicht aus als ein Wahrsager, dem's drum zu thun ist. daß seine Sprüche in Erstellung gehen'), sondern immer bis zum letzten Augenblick mit dem ausge­ sprochenen Zweck, die Gesammtheit oder Einzelne damit zu erschüttenr imb so zur Unterwerfung unter Gottes Willen zu bewegen'). Er kennt freilich die Aussichtslosigkeit seiner Bemühungen, die Halsstarrigkeit und Verstocktheit seines Volkes, das dem ausge>) 17, 16. 28. 6.

-) 18, 11.

Kosllin, Jtsaia und Stremta.

brochenen Stoffe gleich blind ins Verderben hineinrennt'), er samt die Hurenstirn, die nicht erröthet'), die Frechheit, mit der man sich unschuldig hinzustellen wagt'). Er weiß, daß ihr Gesicht härter ist, als Stein'), daß ihre Ohren unbeschnitten find und sie darum nicht hören können'), daß ihnen das Gotteswort zum Hohn ist, dran sie kein Gefallen haben'), daß ihr Herz ist, wie Erz und Eisen'). Er kennt die Schwierigkeit der Umkehr, die so unmöglich scheint, wie daß ein Pardel seine Flecken, ein Mohr seine Haut wechselt'). Dennoch hört er nicht auf, sein Volk zur Buße zu rufen, und selbst von zartbesaitetem Gemüth braucht er, um seinen Zweck zu erreichen, Lockungen, die ebenso zatt sind, als seine Drohungen hatt. So mahnt er mit dem alten namentlich von Hosea gebrauchten Bild Israel an die Huld der Jugend, an die Liebe der Brautzeit, da es als holde Braut dem vettrauten Gatten durch die unbebaute Wüste folgte'). „Was hat denn Jehova euch zu leid gethan, daß Ihr ihn »erlasset? ist Er denn eine dürre Wüste für euch gewesen?"") Hat Er nicht vielmehr die herrlichsten Wohlthaten zu jeder Zeit aufs freundlichste erwiesen? Sie sollen an seine alten Liebesthaten denken, an seine Führung aus Aegypten"), an die Ansiedlung in diesem herr­ lichen Gattenlande"), wo Jehova Israel (in Jesaias Bild) gepflanzt als eine Edelrebe, lauter gut Gewächs"). Er mahnt an die Sen­ dung der Propheten, an die dringenden unablässigen Mahnungen Jehovas"), an die eigene langjähttge Thätigkeit"). Sollte nicht schon die Dankbatteit ein genügender Antrieb sein, wieder wahrhaft zu ihm zurückzukehren? Ader auch die Klugheit, ein verständiger Blick auf alte Erfahrungen: (VI, 16.)

Tretet auf den Weg und schauet, Fraget der Vorzeit Pfade, Wo ist doch der gute Weg? Wandelt drauf und sucht Ruhe für euch. Dann sucht er wieder auf manchfache Weise sein Volk zu be­ schämen. Er ladet den Nomadenstamm der Rechabiten, denen ihr ') 8. 6. ») 3, 3. 6, 15. ') 2. 35. *) (11, 8) 5, 3. s) 6. 10. 6, 28. ") 13, 23. 9) 2, 1 3. '») 2, 5. 31. ") 2, ti. y, 4. ") 2, 21. ») 6, 17 u. a. ,s) 25, 3. ’)

‘) 6, 10 '*) 2, 7.

163

6. Dir Büßpredigt.

Ahnherr Jonadab, Jehus Zeitgenosse und Mitkämpfer, für alle Zeit den Weingenuß und die feste Anfiedlung verboten hatte, zu einem Mahl in den Tempel ein, seht ihnen Wein vor und läßt sich von ihnen über die Satzungen Jonadabs belehren. Und nun tritt er vors Volk und ruft: „Diese halten Jonadabs Satzungen und ihr übertretet Gottes Gebote!"') Er erinnert an das beschämende Bei­ spiel heidnischer Völker, denen es nie einfalle, ihre Götter zu wech­ seln, die doch „Nichtse" seien, „und ihr vertauscht den lebendigen Gott mit todten Götzen!"') Er fragt, ob wohl eine Jungfrau ihren Schmuck vergeffe? Israel aber vergißt seinen schönsten Schmuck, seinen größten Reichthum, seine Ehre: seinen Gott!') Selbst die Thiere, selbst die leblose Natur beschämen sie, die Zugvögel halten ihre Zeit ein4), der Schnee aus dem Libanon bleibt liegen'), die „drängenden, wallenden, quellenden Bäche"') versiegen nicht, nur Israel hält keine Treue! Wie an die Wohlthaten, so mahnt er an die ©trafen, an Krieg und Dürre, an Pest und Schwert, die freilich alle umsonst gekommen. Mögen sie wenigstens sich wenden, ehe noch Schrecklicheres kommt: (xm, 16.)

Gebt Jehova eurem Gott die Ehre, Ehe es dunkel wird, Ehe eure Füße sich stoßen an die finsteren Berge, Ehe Er das ersehnte Licht in Nacht verwandelt, Es in Wolkendunkel verkehrt. iVI, 8.)

Laß dich warnen, Jerusalem, Daß meine Seele sich nicht von dir reiße, Daß Ich dich nicht zur Wüste mache, Zum unbebauten Lande. Aber es soll ja keine bloß äußerliche Buße sein. Sie soll nicht in Fasttagen, in Darbringung von Brand- und Schuldopfern be­ stehen, zu deren Darbringung das Volk stets bereit war'). Es soll nicht ein bloßer Nothschrei sein, wie etwa wenn ein ehebrecherisch >) 6. 35. °) 18. 14.

a) 2, 9 SS. 18, 12. ') 11, 15. 8 „SwßÄ Sl^Se g-e e® o e cg *5-^. A «AZ r- Dl O ul 3 332 e »

184

Anhang. - IV. Zeittafel.

e n

Verlag -von G-.Reimer in Berlin,

litK.Anst .v.Leoj Xraatz m Berlin