Internationales Zivilprozessrecht [6. neu bearbeitete Auflage] 9783504382162

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German Pages 957 Year 2006

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Internationales Zivilprozessrecht [6. neu bearbeitete Auflage]
 9783504382162

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Nagel · Gottwald Internationales Zivilprozessrecht

.

Nagel· Gottwald

Internationales

Zivilprozessrecht Begründet von

Dr. jur. Heinrich Nagelt V!zepdlsident des OLG Bremen aD. Honorarprofessor an der Universität Göttingen Ab der 4. Auflage fortgeführt und neu bearbeitet von

Dr. jur. Peter Gottwald o. Professor ftlr Biligerliches Rech~ Verfahrensrecht und Internationales Privatrecht an der Universität Regensburg

6. neubearbeitete Auflage

2007

oUs

\erlag

Dr.OttoSchmidt Köln

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Interne.t über abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel.: 02 21/9 37 38-01, Fax: 02 21/9 37 38-9 43 e-mail: [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 10: 3-504-47096-8 ISBN 13: 978-3-504-47096-8 © 2007 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Umschlaggestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Textformatierung: A. Quednau, Haan Druck und Verarbeitung: Kösel, Altusried-Krugzell Printed in Germany

Vorwort Mit der Einführung des Europäischen Vollstreckungstitels hat das europäische Zivilprozessrecht einen „Quantensprung“ gemacht; ein erster Schritt für einen einheitlichen europäischen Justizraum ist getan. Die verbesserte Eheverordnung („Brüssel IIa“) hat die Zusammenarbeit in Europa zum 1.5.2005 auf alle Sorgerechtsverfahren einschließlich der Rückführungsverfahren nach Kindesentführung erstreckt. Zur Europäischen Gerichtsstandsverordnung, zur Europäischen Zustellungsverordnung und zur Europäischen Beweisverordnung ist jeweils umfangreiches Schrifttum erschienen und sind erste Entscheidungen ergangen. Auch die Richtlinie über Mindestanforderungen an die Gewährung von Prozesskostenhilfe in grenzüberschreitenden Fällen hat die Rechtslage verändert. Diese Neubearbeitung geht umfassend vom Vorrang des Europäischen Rechts und des sonstigen Vertragsrechts aus. Nach dem Aktionsplan des Europäischen Rates vom 17.6.2005 soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Zivilsachen in den nächsten Jahren weiter verstärkt werden. Ein Europäisches Mahnverfahren steht kurz vor der Einführung. Ein grenzüberschreitendes Verfahren für geringfügige Streitigkeiten ist ebenso in Vorbereitung wie eine Verordnung über die Zuständigkeit und Vollstreckung in Unterhaltssachen. Diese will erstmals eine grenzüberschreitende unmittelbare Lohn- oder Kontenpfändung zulassen. Auf alle diese Vorhaben wird in der Neuauflage bereits hingewiesen, soweit dies nach dem derzeitigen Stand möglich war. Dementsprechend enthält das Buch viele neue Abschnitte, alle anderen Teile sind umfassend aktualisiert, insbesondere die zahlreichen rechtsvergleichenden Hinweise zu ausländischen Rechtsordnungen. Die Neubearbeitung gibt die Rechtslage zum 1.10.2006 wieder. Literatur und Rechtsprechung sind insoweit verarbeitet, zum ausländischen Recht im Rahmen der Verfügbarkeit. Die Darstellung will weiterhin Praktikern wie Theoretikern eine zuverlässige Information über alle Fragen der grenzüberschreitenden Prozessführung geben, von Vorüberlegungen über das mögliche Forum, Abwägungen der Schwierigkeiten der Prozessführung, das Dickicht von Zustellungs- und Beweisproblemen, bis hin zu Fragen der Anerkennung und Vollstreckung, des einstweiligen grenzüberschreitenden Rechtsschutzes, der Schiedsgerichtsbarkeit und der eigentlichen grenzüberschreitenden Zwangsvollstreckung. Meiner Sekretärin Christine Scherbaum danke ich wiederum sehr für ihre große Mühe bei der Bewältigung der umfangreichen Änderungen. Regensburg, im Oktober 2006

Peter Gottwald V

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungs-/Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen zum internationalen Zivilprozessrecht . . . . . . . . . .

§1 I. II. III.

§2 I. II. III.

§3 I. II. III.

§4 I. II. III. III.

§5 I. II. III. IV.

V XI XXXV XLVII

Einführung Allgemeine Grundfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europäisches und internationales Zivilprozessrecht . . . . . . . . . . . . Prozessrechtsvergleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 22 30

Grenzen der Gerichtsbarkeit Die Staatsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Immunität von Diplomaten und Konsuln . . . . . . . . . . . . . . . . Die Immunität internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . .

33 53 60

Internationale Zuständigkeit Europäisches Zivilprozessrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Autonomes deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten . . . . . . . . . . . . . 204

Ausländer als Verfahrensbeteiligte Der prozessuale Status des Ausländers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prozesskostenhilfe und Prozesskostenvorschuss . . . . . . . . . . . . . . Der Ausländer und die deutsche Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

232 250 261 269

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . . . . Ausländische Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmen gegen ausländische Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internationales Anwaltsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

274 301 319 326

VII

Inhaltsübersicht Seite

§6 I. II. III.

§7 I. II. III. IV. V. VI.

§8 I. II. III. IV. V. VI.

§9 I. II. III. IV.

Internationale Rechtshilfe Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 333 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 334 Internationale Rechtshilfe und Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 340

Internationale Zustellungen Die Zustellung im Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Zustellungsverordnung der Europäischen Union vom 29.5.2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965 . . . . . . Zustellungen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustellungen außerhalb von Staatsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . Bilaterale Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

347 361 369 385 388 390

Internationale Beweisaufnahmen Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970 . . . . . . . . . . . Beweisaufnahmen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autonomes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bilaterale Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

396 399 406 425 436 441

Internationales Beweisrecht Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit und Zulässigkeit der Beweisaufnahme . . . . . . . . . Beweiswürdigung und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die einzelnen Beweismittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

447 462 466 471

§ 10 Behandlung ausländischen Rechts I. II. III.

Rechtshilfeverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 503 Autonomes deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 Die Ermittlung ausländischen Rechts in anderen Staaten . . . . . . 521

§ 11 Anerkennung ausländischer Entscheidungen I. II. VIII

Europäisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 528 Autonomes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560

Inhaltsübersicht Seite

§ 12 Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel I. II. III.

Der Europäische Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 602 Die Vollstreckbarerklärung nach europäischem Recht . . . . . . . . . . 615 Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht . . . . . . . . . . . 637

§ 13 Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht I. II. III. IV. V.

Allgemeine multilaterale Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterhaltsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übereinkommen für besondere Sachgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Vollstreckung von Kostenentscheidungen nach dem Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954 . . . . Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen . . . . . . .

649 652 666 671 675

§ 14 Anerkennung und Vollstreckung im Ausland I. II.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 692 Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 694

§ 15 Internationaler einstweiliger Rechtsschutz I. II. III. IV.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europäisches Recht und Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Autonomes deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten . . . . . . .

726 727 735 753

§ 16 Internationale Schiedsgerichtsbarkeit I. II. III. IV. V. VI. VII. VIII. IX.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internationale Schiedsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Schiedsverfahrensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das in der Sache anzuwendende Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis staatliches Gericht – internationales Schiedsgericht . . Einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufhebung inländischer Schiedssprüche sowie Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht . . . . . . . . . . . Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

769 774 786 798 803 809 811 823 841

IX

Inhaltsübersicht Seite

§ 17 Internationale Zwangsvollstreckung I. II. III. IV. V.

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen der internationalen Zwangsvollstreckung . . . . . Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die einzelnen Vollstreckungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwangsvollstreckung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

849 854 858 858 872

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 873

X

Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungs-/Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXXV Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen zum internationalen Zivilprozessrecht . . . . . . . . . . . I. Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Internationaler Rechtsverkehr und Rechtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . IV. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XLVII XLVII XLVII XLIX LI LIII

§ 1 Einführung Rz. Seite

I. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Allgemeine Grundfragen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bezeichnung als IZPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt des IZPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsquellen des IZPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis des IZPR zum Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Gegenseitigkeit im IZPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterschiede zwischen IZPR und IPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

II. Europäisches und internationales Zivilprozessrecht 1. Prozessrechtsvereinheitlichung in Europa und weltweit . . . . 2. Europäischer Gerichtshof und Europäisches Gericht erster Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erstinstanzliche Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorabentscheidungsverfahren nach Art 68, 234 EGV . . . . . 3. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einheitliche Standards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Prozessrechtsvergleichung 1. Allgemeine Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozesskultur, Chancen und Risiken der Prozessführung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 10 15 24 32 38

1 2 5 6 11 14 16

54

22

62 62 63 64 73 73 74

25 25 26 27 29 29 29

75

30

77

30 XI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

§ 2 Grenzen der Gerichtsbarkeit I. 1. 2. 3. 4.

Die Staatsimmunität Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Immunität ausländischer Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Immunität ausländischer Staatsoberhäupter, Regierungsmitglieder, Staatsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Immunität von Personen des öffentlichen Rechts und Staatsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Wirkung der Immunität im Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . a) Zustellung der Klage an den ausländischen Staat . . . . . . . b) Tätigkeit des Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidung unter Verstoß gegen Immunität . . . . . . . . . 7. Fehlende Klagbarkeit kraft Besatzungsrechts . . . . . . . . . . . . . 8. Arrestverfahren und Zwangsvollstreckung gegen fremde Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Die Immunität von Staatsschiffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Immunität von Diplomaten und Konsuln 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Immunität von Mitgliedern der diplomatischen Missionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Unverletzlichkeit des Gesandtschaftsgebäudes . . . . . . . 4. Die Immunität von Mitgliedern der konsularischen Vertretungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wirkungen der Immunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. 1. 2. 3.

Die Immunität internationaler Organisationen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgestufte Immunität internationaler Organisationen . . . . . Die Rechtsstellung ausländischer Streitkräfte, insb von NATO-Truppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 4

33 36 36

27

45

30 32 33 39 41 42

46 47 47 49 50 51

43 44

51 51

50

53

51 61

54 56

63 70

57 59

74 75

60 61

92

64

1 4 9 9 10 11

70 74 76 76 77 77

§ 3 Internationale Zuständigkeit I. 1. 2. 3.

XII

Europäisches Zivilprozessrecht Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einheitliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Autonome Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auslegung der EuGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

d) Auslegung des bisherigen EuGVÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auslegung des Lugano-Übereinkommens . . . . . . . . . . . . . . 4. Das System der direkten Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Der Wohnsitzgerichtsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die Ausschaltung der exorbitanten Gerichtsstände . . . . . . . . 8. Die besonderen Zuständigkeiten nach Art 5–7 . . . . . . . . . . . . a) Art 5 Nr 1 (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) . . . . . . . . . . b) Art 5 Nr 2 (Gerichtsstand für Unterhaltssachen) . . . . . . . . c) Art 5 Nr 3 (Gerichtsstand für unerlaubte Handlungen) . . . d) Art 5 Nr 4 (Gerichtsstand für Adhäsionsklagen) . . . . . . . . . e) Art 5 Nr 5 (Gerichtsstand der Niederlassung) . . . . . . . . . . . f) Art 5 Nr 6 (Gerichtsstand für trust-Klagen) . . . . . . . . . . . . . g) Art 5 Nr 7 (Gerichtsstand für Berge- und Hilfelohn) . . . . . . h) Art 6 Nr 1 (Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Art 6 Nr 2 (Gerichtsstand der Gewährleistungs- oder Interventionsklage) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Art 6 Nr 3 (Gerichtsstand der Widerklage) . . . . . . . . . . . . . k) Art 6 Nr 4 (dinglicher Gerichtsstand für Vertragsklagen kraft Sachzusammenhangs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . l) Art 7 (Haftungsbeschränkung des Schiffseigentümers) . . . . 9. Die Zuständigkeiten in Versicherungssachen . . . . . . . . . . . . . a) Klagen gegen den Versicherer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Klagen des Versicherers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Weitere Sonderregeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Die Zuständigkeiten in Verbrauchersachen . . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Klagen gegen den Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Klagen gegen den Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Die Zuständigkeiten für individuelle Arbeitsverträge . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) EuGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) LugÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Formvorschriften für Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . . (1) Schriftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Mündliche Vereinbarung mit schriftlicher Bestätigung (halbe Schriftlichkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Den Gepflogenheiten der Parteien entsprechende Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

13 16 17 20 28 36 39 40 57 65 77 78 85 87

78 79 79 80 83 86 87 87 95 98 102 103 105 105

90

106

97 100

108 109

102 103 104 105 109 110 112 113 121 123 126 126 127 130 132 132 133 145 146

110 111 111 112 113 113 114 114 118 118 119 119 120 122 122 122 123 127 128

148

129

149

130 XIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

(4) Vereinbarung nach Handelsbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Elektronischer Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Form nach CMR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Wirkungen der Vereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Subjektive Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschränkungen der Prorogationsfreiheit . . . . . . . . . . . . . 13. Die rügelose Einlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Die ausschließlichen Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Amtsprüfung der Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Zuständigkeit für Streitigkeiten über Gemeinschaftsmarken 17. Zuständigkeit für Streitigkeiten über den Sortenschutz . . . . 18. Zuständigkeiten für Streitigkeiten über Gemeinschaftspatente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Zuständigkeiten in Ehe- und Sorgerechtssachen . . . . . . . . . . a) Ehetrennungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sorgerechtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuständigkeit bei Kindesentführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 20. Zuständigkeiten in Familienvermögens- und Erbschaftssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

150 153 154 155 161 166 170 178 201 202 204

130 132 132 132 134 135 136 138 146 146 148

205 206 208 216 223

148 149 151 154 157

227

158

300 301 302

160 163 163

316 319 320 322 332 340 353 354 356 362 363 388 393 393 394 395 396 397

167 168 168 169 173 176 180 180 181 184 185 192 194 194 194 194 195 195

II. Autonomes deutsches Recht 1. 2. 3. 4.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Begriff der internationalen Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . Die Regelung der internationalen Zuständigkeit gemäß §§ 12ff ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wohnsitz des Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewöhnlicher Aufenthalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gerichtsstände einer juristischen Person . . . . . . . . . . . . . . d) Gerichtsstand des Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Gerichtsstand des Erfüllungsortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gerichtsstand für Haustürgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Gerichtsstand der Erbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Gerichtsstand der unerlaubten Handlung . . . . . . . . . . . . . i) Ausschließliche internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . 5. Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Rügelose Einlassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Internationale Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs . . . a) Streitgenossen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anspruchskonkurrenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Notzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

9. Rechtsmittelzuständigkeit in internationalen Fällen . . . . . . . 10. Die internationale Zuständigkeit in Ehe- und Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidungszuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Heimatzuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Aufenthaltszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Einseitige Aufenthaltszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verbundzuständigkeit für Folgesachen . . . . . . . . . . . . . . 11. Die internationale Zuständigkeit in Kindschaftssachen . . . . . 12. Die internationale Zuständigkeit in Lebenspartnerschaftssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

399

196

400 400 402 403 404 411 414 421 422

197 197 197 199 199 200 201 203 203

425

204

500 501

205 208

505 514 514 517 519 520 524 525 527 528 529

210 214 214 214 215 216 217 218 218 219 219

530 531 532 533 534 535 536 537 539 540 541 542 543

219 220 220 221 221 221 221 222 223 223 223 224 224

III. Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haager Übereinkommen über Zuständigkeitsvereinbarungen von 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abweichende Gerichtsstandskonzeptionen . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwesenheit im Gerichtsstaat (Presence of Person) . . . . . . b) Vorübergehende Anwesenheit (transient jurisdiction) . . . . c) Place of Incorporation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Laufende Geschäftstätigkeit (doing business) . . . . . . . . . . . e) Service out of the jurisdiction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gerichtsstand der Niederlassung oder Geschäftsstelle . . . . g) Gerichtsstand des Vertragsschlusses (forum actoris) . . . . . h) Klägergerichtsstand nach Erbringung der Gegenleistung . . i) Gerichtsstand der Streitgenossen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Zuständigkeit gegenüber Konzernmuttergesellschaften (Durchgriffszuständigkeit) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) „Non-economic activity within the forum“ . . . . . . . . . . . . l) „Foreseeable effect within the state“ . . . . . . . . . . . . . . . . . m) Sachzusammenhang mit economic activities . . . . . . . . . . . n) Deliktstreitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . o) Forum legis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . p) Admirality jurisdiction in rem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . q) Quasi in rem jurisdiction – Arrestgerichtsstand . . . . . . . . . r) Heimatgerichtsstand (Art 14, 15 franz. Code Civil) . . . . . . s) Gerichtsstand des früheren Wohnsitzes . . . . . . . . . . . . . . . t) Klägergerichtsstand (Art 638 belg. B.W.) . . . . . . . . . . . . . . . u) Gerichtspflichtigkeit nach Due Process . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XV

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

6. Forum non conveniens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 7. Rücksichtnahme auf Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567

227 231

§ 4 Ausländer als Verfahrensbeteiligte I. Der prozessuale Status des Ausländers 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zugang zu Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Parteifähigkeit von Ausländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Parteifähigkeit von Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Parteifähigkeit ausländischer Staaten und internationaler Organisationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Die Prozessfähigkeit von Ausländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Postulationsfähigkeit; Zustellungsbevollmächtigter; Inlandsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Die Prozessführungsbefugnis im IZPR . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 7 12 18

232 233 234 235 237

26 32

242 244

40 45

246 247

51 52

250 250

95 96 96 106 108 109 113 118 126

261 261 261 264 264 264 265 267 268

129 130 134 137 138 139

269 269 271 272 272 272

II. Sicherheitsleistung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Sicherheitsleistung für Prozesskosten . . . . . . . . . . . . . . . III. Prozesskostenhilfe und Prozesskostenvorschuss 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozesskostenhilfe in internationalen Fällen . . . . . . . . . . . . . a) Prozesskostenhilfe für Ausländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Haltung des Auslandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grenzüberschreitende PKH-Anträge zwischen EU-Staaten (1) Aus dem Ausland eingehende Anträge . . . . . . . . . . . . . (2) Ausgehende Gesuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Anträge nach den HZÜ 1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prozesskostenvorschuss in internationalen Fällen . . . . . . . . IV. Der Ausländer und die deutsche Sprache 1. 2. 3. 4. 5. 6.

XVI

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fremdsprachige Dokumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sprache im Rechtshilfeverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dolmetscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

§ 5 Inlandsverfahren mit Auslandsbezug I. Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Rechtsschutzformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Klagearten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Europäisches Bagatellverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Drittbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Prozessprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Prozesshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Inhalt des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Divergierende Rechtsschutzformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Formen der Prozessbeendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . k) Grenzüberschreitende Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbandsklagen, Klagen im öffentlichen Interesse . . . . . . . . . 4. Grenzüberschreitende Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Mahnverfahren mit Auslandsbezug . . . . . . . . . . b) Europäisches Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Drittbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Unklagbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Klagefristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Forderungen aus internationalen Devisenverträgen . . . . . . 8. Fremdwährungsklagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Internationale Familien- und Kindschaftsverfahren . . . . . . . . a) Eheverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Scheidungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Rechtshängigkeit in Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kindschaftssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 2 3 4 6 7 8 15 16 17 28 29 30 35 36 41 42 50 58 60 61 64 74 75 86 94 96

274 275 275 276 277 277 277 278 279 279 279 282 282 283 284 285 286 286 288 290 290 291 291 294 295 298 300 301

200 201 201 210

301 304 304 308

212 223 230

309 312 314

231

314

II. Ausländische Rechtshängigkeit 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtshängigkeit nach europäischem Zivilprozessrecht . . . . a) Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ehe- und Sorgerechtssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ausländische Rechtshängigkeit nach autonomem deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . 5. Perpetuatio fori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Materiellrechtliche Wirkungen der ausländischen Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

7. 8. 9. 10.

Internationale Rechtshängigkeit nach Einzelverträgen . . . . . Parallelverfahren im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abgabe oder Verweisung ins Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit eines ausländischen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Prozessunterbrechung durch ausländisches Insolvenzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

233 237 242

315 316 318

243

318

244

318

300 301 307 308 311 311 312 315 316 317

319 320 322 323 323 323 324 324 325 325

400 401 406 420 430

326 327 328 330 331

I. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

333

II. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Maßnahmen gegen ausländische Verfahren 1. 2. 3. 4. 5.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antisuit injunctions . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterlassungs- und Schadenersatzklagen . . . . . . . . . . . . . . . Negative Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blocking statutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Europäische Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Andere Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IV. Internationales Anwaltsrecht 1. 2. 3. 4. 5.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwaltsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inlandstätigkeit ausländischer Rechtsanwälte . . . . . . . . . . . . Auslandstätigkeit deutscher Rechtsanwälte . . . . . . . . . . . . . Anwaltskosten und Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 6 Internationale Rechtshilfe

2

334

Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsgrundlagen der Rechtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen der internationalen Rechtshilfe . . . . . . . . . Form der Erledigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 6 16 21

334 335 339 340

III. Internationale Rechtshilfe und Völkerrecht . . . . . . . . . . . . .

23

340

1. 2. 3. 4.

XVIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

§ 7 Internationale Zustellungen I. Die Zustellung im Rechtsvergleich 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zustellungsmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ersatzzustellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 29

347 349 358

45 46 48 49

361 362 363 363

58 60 62 63

366 367 368 368

Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Die Übermittlungswege für Zustellungsersuchen . . . . . . . . . . 79 Ablehnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Schutzvorschriften für den Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 Die Auswirkung von Art 15 HZustÜ auf EuGVO und LugÜ . 109 Zustellungen von Versäumnisurteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 Heilung von Zustellungsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

369 373 380 381 384 384 385

IV. Zustellungen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

385

V. Zustellungen außerhalb von Staatsverträgen . . . . . . . . . . . . . 121

388

II. Die Zustellungsverordnung der Europäischen Union vom 29.5.2000 1. 2. 3. 4. 5.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendigkeit der Auslandszustellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zustellung im Rechtshilfeverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Direktzustellung durch diplomatische oder konsularische Vertretungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Direktzustellung durch die Post . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Unmittelbare Zustellung im Parteiauftrag . . . . . . . . . . . . . . . 8. Heilung von Zustellungsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

VI. Bilaterale Besonderheiten 1. Das deutsch-türkische Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das deutsch-griechische Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das deutsch-britische Abkommen vom 20.3.1928 über den Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 . . . . . . . . . . . 5. Deutsch-marokkanischer Vertrag über internationale Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zustellungen im Verhältnis zu den europäischen Kleinstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

128 129

390 390

131 136

391 392

142

394

145

394 XIX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

§ 8 Internationale Beweisaufnahmen I. Einführung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Beweiszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen . . 1. Ersuchen um Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht . . . . . . . . . . . . a) Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Art und Weise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verweigerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Bestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2

396 398

6

399

9 15 15 16 20 22

400 402 402 402 404 405

23

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27 27 29 31 32 34 37 42 46 48

406 406 407 407 408 408 410 412 413 414

54 59 77 81

416 418 424 425

82 83 87

425 425 427

93 94 96

428 429 429

III. Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970 1. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vertragsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Qualifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Fakultatives Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Übermittlungswege für Rechtshilfeersuchen . . . . . . . . . . . . . 3. Ablehnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfahren des ersuchten Gerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zeugnisverweigerungsrechte und Privilegien . . . . . . . . . . . . 6. Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Beweisaufnahme durch Beauftragte („commissioners“) . . . . 8. Andere gerichtliche Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beweisaufnahmen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 1. Übermittlungswege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anzuwendendes Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schwierigkeiten beim Zeugenbeweis . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des Zeugen von der Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schwierigkeiten bei Parteivernehmungen und Parteieiden d) Das bei der Vorlage von Urkunden anzuwendende Recht XX

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e) Körperliche Untersuchungen und medizinische Eingriffe im Wege der internationalen Rechtshilfe . . . . . . . . . . . . . . 98 f) Der Sachverständigenbeweis im Rechtshilfeverfahren . . . . 99 3. Ablehnungsgründe für Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 4. Beweisaufnahmen durch diplomatische und konsularische Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

430 430 431 435

V. Autonomes Recht 1. Beweisaufnahme im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland . . . . . . . . . . . . . . . a) Auslandszeuge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sachverständige Beweiserhebung im Ausland . . . . . . . . . . c) Augenschein im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Urkunden im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Anhörung und Vernehmung der Auslandspartei . . . . . . . . . 3. Beweisaufnahme für das Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119 122 123 126 128 129 130 131

436 437 438 439 439 440 440 441

132 133

441 441

135 143

442 444

145 146

445 445

1 2

447 449

16 18 19 24 28 29 31

454 455 456 459 460 460 461

VI. Bilaterale Besonderheiten 1. Das deutsch-türkische Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das deutsch-griechische Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das deutsch-britische Abkommen vom 20.3.1928 über den Rechtsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 . . . . . . . . . . . 5. Der deutsch-marokkanische Vertrag über internationale Rechtshilfe vom 29.10.1985 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Beweisaufnahmen in europäischen Kleinstaaten . . . . . . . . . .

§ 9 Internationales Beweisrecht I. Einführung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beweisverfahren und lex fori . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Prozessuale Aufklärungs- und Informationspflichten (discovery) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beweismittelvorlage zum Schutz geistigen Eigentums . . . . b) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) England, Schottland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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II. Notwendigkeit und Zulässigkeit der Beweisaufnahme 1. Recht auf den Beweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Prozessuale Beweisbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Materielle Qualifikation ausländischer Beweisbeschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beweisbedürftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vermutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Selbständige Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Beweisthemenverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Unerlaubt erlangte Beweismittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32 34

462 462

35 37 38 40 41 46

462 463 464 464 464 465

48 52 62

466 467 469

70 71

471 471

72 72 92 104 104 105 109 111 116 118 118

471 471 475 478 478 479 480 480 482 482 482

139 163 182 196

487 493 499 501

1

503

III. Beweiswürdigung und Beweislast 1. 2. 3. 4.

Beweismaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Freie Beweiswürdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Regeln über die Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweislastumkehr als Folge pflichtwidrigen prozessualen Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Beweisführungslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die einzelnen Beweismittel 1. Der Beweis durch Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zeugenfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeugnisverweigerungsrecht, Privilegien . . . . . . . . . . . . . . 2. Parteivernehmung, Parteieid, gerichtliches Geständnis . . . . a) Parteivernehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorrang der Parteivernehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Parteieid . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Geständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Beweis durch Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Beweiskraft der Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die prozessuale und die materiellrechtliche Vorlagepflicht von Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Der Beweis durch Augenschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Beweis durch Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Fama pública . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

§ 10 Die Behandlung ausländischen Rechts I. Rechtshilfeverträge 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Londoner Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.1968 und Auslands-Rechtsauskunftsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Deutsch-marokkanischer Vertrag über Rechtshilfe und Rechtsauskunft vom 29.10.1985 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Autonomes deutsches Recht Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das besondere Beweisverfahren für ausländisches Recht . . . . Der Sachverständigenbeweis über ausländisches Recht . . . . . Die Ermittlung ausländischen Rechts im Versäumnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ausländisches Recht und einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . 8. Nichtfeststellbarkeit des ausländischen Rechts . . . . . . . . . . . 9. Die Revisibilität ausländischen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

Die Ermittlung ausländischen Rechts in anderen Staaten Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Russland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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60 62 67 69 70 73 74 75 76 77 78 80

521 521 522 523 524 525 525 525 526 526 526 527

1 3 16 28 29 33 34 38

528 530 534 537 538 541 541 543

§ 11 Anerkennung ausländischer Entscheidungen I. 1. 2. 3. 4.

Europäisches Recht Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anerkennungsverfahren und Anerkennungswirkung . . . . . . . Versagung der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ordre public-Verstoß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verletzung rechtlichen Gehörs bei Verfahrenseinleitung . . (1) Art 34 Nr 2 EuGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Art 27 Nr 2 LugÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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c) Unvereinbarkeit mit Entscheidung des Anerkennungsstaates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unvereinbarkeit mit der früheren Entscheidung eines anderen Mitglieds- oder Drittstaats . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Kollisionsrechtlicher Vorbehalt (Art 27 Nr 4 LugÜ) . . . . . 5. Bindung des Zweitrichters an die Zuständigkeitsentscheidung des Erstrichters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verbot der révision au fond . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Anerkennung von Entscheidungen in Ehe- und Sorgerechtssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Anerkennung von „Europäischen Titeln“ zum Umgangsrecht und zur Rückgabe des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Anerkennung von Entscheidungen in Güterstands- und Erbschaftssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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578 578 580 581

171 172 173 176 185 217 217

581 581 582 583 586 593 593

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594

220 222 223

594 595 595

II. Autonomes Recht 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Art und Weise der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wirkungen der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anerkennungsfähige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anerkennungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerichtsbarkeit des ausländischen Staates . . . . . . . . . . . . b) Anerkennungszuständigkeit (§ 328 I Nr 1 ZPO) . . . . . . . . c) Rechtliches Gehör bei Verfahrenseinleitung (§ 328 I Nr 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Schutz für den Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Heilung von Zustellungsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Pflicht zur Einlegung von Rechtsmitteln . . . . . . d) Keine Unvereinbarkeit mit anderen Entscheidungen (§ 328 I Nr 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verstoß gegen den ordre public (§ 328 I Nr 4) . . . . . . . . . . (1) Materielle Rechtsverstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Verstoß gegen rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze . f) Gegenseitigkeit (§ 328 I Nr 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Folgen der Nichtanerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ausländische Entscheidung als Beweismittel . . . . . . . . . . b) Rückforderung von Leistungen auf nicht anerkannte Entscheidungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Brüssel IIa-Verordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Autonomes deutsches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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§ 12 Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel I. Der Europäische Vollstreckungstitel 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abschaffung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens . . . . . . . . 3. Voraussetzungen für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Titel über eine „unbestrittene Forderung“ . . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen für eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Mindestvorschriften für das Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . d) Heilung von Zustellungsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsbehelf bei schuldloser Nichtverteidigung . . . . . . . . . f) Bestätigung deutscher Titel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vollstreckung des Europäischen Vollstreckungstitels . . . . . . . a) Keine Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vorzulegende Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollstreckung nach nationalem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verweigerung der Vollstreckung wegen Unvereinbarkeit mit einer früheren Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung . . . . . . . f) Vollstreckungsabwehrklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entscheidungen zum Umgangsrecht und zur Rückgabe des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Weitere Europäische Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2

602 604

6 6

605 605

8 12 18 19 20

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1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

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II. Die Vollstreckbarerklärung nach europäischem Recht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vollstreckung aus öffentlichen Urkunden und Prozessvergleichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Öffentliche Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Prozessvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Verhältnis von EuGVO und LugÜ zu anderen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entscheidungen über die elterliche Verantwortung und Kosten in Ehesachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Entscheidungen über das Umgangsrecht und Anordnungen zur Rückgabe des Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht

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2. Die Vollstreckungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3. Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . 231 4. Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen nach dem Auslandsunterhaltsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234

638 645 646

§ 13 Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht I. Allgemeine multilaterale Übereinkommen 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Übereinkommen der Haager Konferenz . . . . . . . . . . . . . a) Das Haager Übereinkommen von 1971 . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Entwurf eines Haager Übereinkommens von 1999 . . c) Das Haager Übereinkommen über die Vereinbarung gerichtlicher Zuständigkeiten von 2005 . . . . . . . . . . . . . . d) Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen und Ehetrennungen von 1970 . . . . . . . . . 3. CIEC-Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Übereinkommen der Mercosur-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 2 3

649 649 649 649

4

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5 6 7

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657 657 657 658 659 660 661 662

II. Unterhaltsentscheidungen 1. Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (HUVÜ 1973) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kreis der Berechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Unterhaltsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung f) Das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung . . . . . 2. Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958 (HUVÜ 1958) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Der vertragliche Zuständigkeitskatalog . . . . . . . . . . . . . . . d) Schutzvorschriften für den Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . e) Weitere Versagungsgründe für die Anerkennung . . . . . . . f) Die Abänderung ausländischer Unterhaltsentscheidungen g) Verfahrensvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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3. Das New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (UNUÜ 1956) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Regelung der Verwaltungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Auslandsunterhaltsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das Römische EG-Übereinkommen über die Vereinfachung der Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen vom 6.11.1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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104 110 113

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200 201 203 219

671 671 671 674

III. Übereinkommen für besondere Sachgebiete 1. 2. 3. 4. 5.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden . . . . . Haftung der Inhaber von Kernenergieanlagen . . . . . . . . . . . . . Haftung der Inhaber von Reaktorschiffen . . . . . . . . . . . . . . . . Streitigkeiten aus Beförderungsverträgen im internationalen Straßengüterverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Sorgerechtsentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Seegerichtliche Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Vollstreckung von Kostenentscheidungen nach dem Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954 1. 2. 3. 4.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu anderen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . .

V. Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen 1. Das deutsch-belgische Abkommen vom 30.6.1958 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 2. Das deutsch-britische Abkommen vom 14.7.1960 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen . . . . . . . 330 3. Der deutsch-griechische Vertrag vom 4.11.1961 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 380

675

676

676

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4. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20.7.1977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gründe für die Versagung der Anerkennung . . . . . . . . . . . d) Die Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das deutsch-italienische Abkommen vom 9.3.1936 über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Der deutsch-niederländische Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 30.8.1962 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 17.6.1977 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Restgeltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Der deutsch-österreichische Vertrag vom 6.6.1959 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Das deutsch-schweizerische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2.11.1929 . . . . . . 10. Der deutsch-spanische Vertrag über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 14.11.1983 . . . . . . . . . . . . . . 11. Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 über Rechtsschutz, Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anerkennungszuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Versagungsgründe für die Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . e) Das Vollstreckungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXVIII

400 400 401 404 410

677 677 677 678 679

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684

530 530 531 534 547 554

685 685 685 686 688 690

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§ 14 Anerkennung und Vollstreckung im Ausland I. Einführung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anerkennungsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Keine Anerkennungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gegenseitigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Révision au fond . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1 2 2 4 7

II. Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten 1. Deutsche Urteile in den USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Common Law-Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3. Anerkennung in Lateinamerika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4. Anerkennung in civil law-Staaten des europäischen Rechtsraums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 5. Anerkennung und Vollstreckung in ost- und südosteuropäischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 6. Anerkennung in arabischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 7. Anerkennung in Ostasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112

692 693 693 693 694

694 702 707 710 714 720 722

§ 15 Internationaler einstweiliger Rechtsschutz I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

726

Europäisches Recht und Staatsverträge Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Europäisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 3 20

727 729 733

III. Autonomes deutsches Recht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Arreste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung . . . . . . . . . . . . c) Weitere Arrestgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Der Arrestanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Arrestverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Arrestvollziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Internationale einstweilige Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vollzug der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Schadenersatz nach § 945 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23 24 24 27 30 33 37 40 44 44 47 48

735 736 736 737 737 738 739 740 741 741 742 742

II. 1. 2. 3.

XXIX

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d) Besondere Probleme der Befriedigungsverfügung . . . . . . . 4. Einstweilige Anordnungen im Familienrecht . . . . . . . . . . . . a) Internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die einzelnen Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Elterliche Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unterhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Ehewohnung, Hausrat, Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, Kontaktverbote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Prozesskostenvorschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zugewinnausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Unterhalt im Kindschaftsprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Selbständiges Beweisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Inländisches Beweissicherungsverfahren für Beweismittel im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Selbständiges Beweisverfahren ohne Hauptsachezuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Verwertung des ausländischen Beweises . . . . . . . . . . . . . . d) Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vollstreckung ausländischer einstweiliger Maßnahmen im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.

Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Großbritannien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Niederlande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Preliminary injunction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Temporary Restraining Order . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Attachment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 54 55 57 57 59

743 744 744 745 745 745

61 64 68 70 71

746 747 748 749 749

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73 74

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79

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83 85 86 92 99 105 106 109 110 114 115 116 117 118

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1 2

769 772

§ 16 Internationale Schiedsgerichtsbarkeit I. Einführung 1. Allgemeines Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsnatur der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit . . . . XXX

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

3. Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3 5

773 774

II. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.

Internationale Schiedsvereinbarungen Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Objektive Schiedsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Subjektive Schiedsfähigkeit, Immunität . . . . . . . . . . . . . . . . . Bindung Dritter an die Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . Mehrparteienschiedsgerichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 12 17 28 39 40 42

774 777 778 782 785 785 786

III. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Das Schiedsverfahrensrecht Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Bestellung der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Schiedsrichtervertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Sitz des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahren vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kostenvorschuss, Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beweisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beschlussfassung, Abfassung eines Schiedsspruchs . . . . . . . . . Rechtskraft, Registrierung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . Schiedsgerichts- und Schlichtungsordnungen . . . . . . . . . . . . .

44 45 52 53 55 60 61 63 64 65

786 788 790 791 791 793 794 795 795 796

IV. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8.

Das in der Sache anzuwendende Recht Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtswahl der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtswahl des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lex mercatoria . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tronc commun . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Handelsbräuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eingriffsnormen von Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ermittlung des anwendbaren Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66 67 70 71 73 75 77 79

798 799 800 801 802 802 802 803

V. Verhältnis staatliches Gericht – internationales Schiedsgericht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Schiedseinrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Kompetenz-Kompetenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4. Anti-suit Injunction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 5. Aufrechnung vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6. Ersatzbestellung von Schiedsrichtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 7. Abberufung von Schiedsrichtern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 8. Verfahrensverzögerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 9. Hilfestellung bei der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100

803 804 805 806 807 808 808 808 809 XXXI

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

VI. Einstweiliger Rechtsschutz 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 2. Einstweiliger Rechtsschutz vor dem staatlichen Gericht . . . 102 3. Einstweiliger Rechtsschutz durch das Schiedsgericht . . . . . . 104

809 810 810

VII. Aufhebung inländischer Schiedssprüche sowie Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung und Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Voraussetzungen für Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs in Deutschland . . . . . . . . . . . 4. Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Versagungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Ausländische Schiedsvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Doppelexequatur des Schiedsspruch-Exequatururteils . . . . .

109

811

114

813

116 120 122 126 146 148

814 815 815 816 822 823

149

823

156 176

826 832

183

834

186 187 188 188 189 191 194 195 196 197

836 836 836 836 837 837 838 838 839 839

200

840

VIII. Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht 1. Das New Yorker UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (UNÜ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (EuÜ) . . . . . . 3. Genfer Protokoll und Genfer Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Weltbank-Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten vom 28.3.1965 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM) und über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr (CIV) vom 7.2.1970 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. UN-Übereinkommen über das Recht der See . . . . . . . . . . . . 7. Bilaterale Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das deutsch-schweizerische Abkommen vom 2.11.1929 . b) Das deutsch-italienische Abkommen vom 9.3.1936 . . . . . c) Das deutsch-belgische Abkommen vom 30.6.1958 . . . . . . d) Der deutsch-niederländische Vertrag vom 30.8.1962 . . . . e) Der deutsch-österreichische Vertrag vom 6.6.1959 . . . . . . f) Der deutsch-griechische Vertrag vom 4.11.1961 . . . . . . . . g) Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 . . . . . . . . h) Das deutsch-amerikanische Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsabkommen vom 29.10.1954 . . . . . . . . . . . . . .

XXXII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

i) Das deutsch-sowjetische Handels- und Schifffahrtsabkommen vom 25.4.1958 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

840

IX. Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

841

§ 17 Internationale Zwangsvollstreckung I. Einführung 1. 2. 3. 4.

Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundsätze der internationalen Zwangsvollstreckung . . . . . . Inlandsvollstreckung gegen Ausländer . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckung von Fremdwährungsverbindlichkeiten . . . . . .

1 2 9 12

849 851 853 853

Vollstreckbarerklärung des ausländischen Titels im Inland . . Europäischer Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keine Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inlandswirkung der Vollstreckung im Ausland . . . . . . . . . . . .

13 15 16 23

854 854 855 857

III. Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . .

25

858

28 28 31 36 38 38 41

858 858 859 859 860 860 860

44

861

50 51 52 53 58 58

862 862 862 863 864 864

72

867

II. Voraussetzungen der internationalen Zwangsvollstreckung 1. 2. 3. 4.

IV. Die einzelnen Vollstreckungsarten 1. Internationale Sachpfändung und Herausgabevollstreckung . a) Sachpfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Herausgabevollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Immobiliarvollstreckung gegen ausländische Schuldner . . . . 3. Internationale Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung . a) Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung . . . . . . . b) Vollstreckung vertretbarer Handlungen . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollstreckung unvertretbarer Handlungen oder Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Europäische Entscheidungen über die elterliche Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unterlassungsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Schadenersatz wegen Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Offenbarungsversicherungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Internationale Forderungspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Belegenheit der Forderung im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Pfändung einer im Ausland zahlbaren Forderung bei der inländischen Niederlassung einer Bank? . . . . . . . . . . . . . . .

XXXIII

Inhaltsverzeichnis Rz. Seite

c) Grenzüberschreitende Lohn- und Kontenpfändung in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Freezing Injunction . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Unpfändbarkeit der Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Pfändung sonstiger Rechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Grenzüberschreitende Gläubigeranfechtung . . . . . . . . . . . . .

74 78 80 82 84

868 870 870 871 871

V. Zwangsvollstreckung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

872

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXXIV

873

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis1 aA Abs AcP ADSp Adolphsen AEntG

aF AG AGB AJP AktG AmJCompL AmtsG Anm AnwK-BGB

ArbInt AsylVfG

Aufl AUG AusfG AVAG

AVR

anderer Ansicht Absatz Archiv für die civilistische Praxis Allgemeine Deutsche Spediteurbedingungen Europäisches und internationales Zivilprozessrecht in Patentsachen, 2005 Arbeitnehmer-Entsendegesetz vom 26.2.1996 (BGBl I 227), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.4.2006 (BGBl I, 926) alte Fassung Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktuelle Juristische Praxis (Zeitschrift, St. Gallen) Aktiengesetz vom 6.9.1965, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.9.2005 (BGBl I, 2802) American Journal of Comparative Law Amtsgericht Anmerkung Anwaltskommentar zum BGB, Bd 1 Allg. Teil mit EGBGB (hrsg von Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack), 2005 Arbitration International. The Journal of LCIA Arbitration International Asylverfahrensgesetz vom 26.6.1992 idF der Bek. vom 27.7.1993 (BGBl I, 1361), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.8.2005 (BGBl I, 2354) Auflage Auslandsunterhaltsgesetz vom 19.12.1986 (BGBl I, 2563) Ausführungsgesetz Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen vom 19.2.2001 (BGBl I, 288), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.1.2005 (BGBl I, 1162) Archiv des Völkerrechts

_______________

1

Detaillierte Literaturhinweise finden sich zu Beginn eines jeden Paragrafen.

XXXV

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

BAG Batiffol/Lagarde

Bundesarbeitsgericht Droit international privé, T. I 8ième ed. 1993, T. II, 7ième ed. 1983 Baumbach/Lauterbach/ Kommentar zur Zivilprozessordnung, 64. Aufl 2006 Albers/Hartmann BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BB Betriebsberater BerDGVR Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Beschl Beschluss BfJG Gesetz über die Errichtung des Bundesamts für Justiz (E vom 15.6.2006, BT-Drucks 16/1827) BGB Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.4.2006 (BGBl I, 866) BGBl Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des BGH in Zivilsachen BörsG Börsengesetz vom 21.6.2002 (BGBl I, 2010), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.8.2005 (BGBl I, 2437) BRD Bundesrepublik Deutschland Burgstaller Internationales Zivilverfahrensrecht, Wien 2000 BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bzw beziehungsweise cc CCP Cheshire & North CIEC CIF CIM CISG CIV CMLR CMR

Coester-Waltjen XXXVI

französischer Code civil Code of Civil Procedure Private International Law (by North and Fawcett), 13th ed. London 1999 Commission Internationale de l’Etat Civil Costs, Insurance, Freight (Klausel aus den Incoterms) Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern Convention on Contracts for the International Sale of Goods vom 11.4.1980 (BGBl 1989 II, 588) Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck Common Market Law Review Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19.5.1956 (BGBl 1961 II, 1119) Internationales Beweisrecht, 1983

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

COTIF CPLR CPR cprc. CR DB DEuFamR DGVZ Dicey & Morris DRiZ DZWIR ECC EG EGBGB EGMR EGV

EheGVO

Einf Einl E.L.Rev. EMRK

EO ERPL

Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 9.5.1980 (BGBl 1985 II, 133) Civil Practice Law and Rules Civil Procedure Rules (England) (italienischer) Codice di procedura civile Computer und Recht (Zeitschrift) Der Betrieb (Zeitschrift) Deutsches und Europäisches Familienrecht (Zeitschrift) Deutsche Gerichtsvollzieher Zeitung The Conflict of Laws (by L. Collins), 2 Vol., 13th ed. 2000, (14th ed. 2006) Deutsche Richterzeitung Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht European Commercial Cases Europäische Gemeinschaften Einführungsgesetz zum BGB Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Konsolidierte Fassung mit den Änderungen durch den Vertrag von Amsterdam vom 2.10.1997, zuletzt geändert durch EU-Beitrittsakte 2003 vom 16.4.2003 (ABl EG Nr. L 236/33) Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der V erordnung (EG) Nr. 1347/ 2000 vom 27.11.2003 (ABl EG 2003 Nr. L 338/1) („Brüssel IIa“) Einführung Einleitung European Law Review Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl 1952 II, 686, 953) (österr.) Exekutionsordnung vom 27.5.1896, RGBl Nr. 79 European Review of Private Law XXXVII

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

ESÜ

EU EuBewVO

EuGH EuGHE EuGVO

EuGVÜ

EuInsVO

EuLF EuLRev EuMahnVO EuRAG

EuÜ

EuUVO

XXXVIII

Luxemburger Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgerechts vom 20.5.1980 (BGBl 1990 II, 220) Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedsstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen (ABl EG Nr. L 174/1 vom 27.6.2001) Europäischer Gerichtshof Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der EG und des Europäischen Gerichts Erster Instanz Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12. 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl EG 2001 Nr. L 12 S 1) („Brüssel I“) EG-Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl 1972 II, 773) idF des 4. Beitrittsübereinkommens vom 16.7.1998 (BGBl 1998 II, 1411) („Brüssel I“) Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5. 2000 über Insolvenzverfahren (ABl EG Nr. L 160/1 vom 30.6.2000) The European Legal Forum (Zeitschrift) European Law Review Verordnung (EG) … über das Europäische Mahnverfahren Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland vom 9.3.2000 (BGBl I, 182), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.10.2003 (BGBl I, 2074) Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl 1964 II, 425), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.10.2003 (BGBl I, 2074) Verordnung (EG) … über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentschei-

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

EuVTVO

EuZustVO

EuZW EVÜ

EWG EWR EWS

FamRÄndG

FamRZ FernUSG FF FGG

FOB FPR FRCP FS Gebauer/Wiedmann Geimer/Schütze

dungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, Vorschlag vom 15.12.2005, KOM (2005) 649 endgültig Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl EG Nr. L 143/15 vom 30.4.2004) Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29.5. 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedsstaaten (ABl EG Nr. L 160/ 37 vom 30.6.2000) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht EG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19.6. 1980 (BGBl 1986 II, 810) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften vom 11.8.1961 (BGBl 1961 I, 1221), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.4.2006 (BGBl I, 866) Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Fernunterrichtsgesetz vom 4.12.2000, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.3.2005 (BGBl I, 931) Forum Familienrecht Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit vom 17.5.1898 (RGBl 1898, 189), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.9.2005 (BGBl I, 2809) Free on bord (Klausel aus den Incoterms) Familie, Partnerschaft, Recht (Zeitschrift) Federal Rules of Civil Procedure (USA) Festschrift Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005 Internationale Urteilsanerkennung I, 1. Halbband, 1983, 2. Halbband 1984, Band II, 1971 (zit. I/1, I/2 und II) XXXIX

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

Geimer/Schütze Geimer/Schütze

Geimer IZPR GG

GP GPR GS GVG

HBÜ

HdbIZVR HGB

HKÜ

hM v. Hoffmann/Thorn HUVÜ 73

HUVÜ 58

HZÜ HZustÜ

XL

EuZVR Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl 2004 IRV Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, (29. Lfg.) 2005 Internationales Zivilprozessrecht, 5. Aufl 2004 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949, zuletzt geändert durch Gesetz vom 26.7.2002 (BGBl I, 2863) Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln im Handelsverkehr vom 24.8.1923 (RGBl 1925 II, 47) Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gedächtnisschrift Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877, in der Fassung vom 9.5.1975 (BGBl I, 1077), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.4.2006 (BGBl I, 866) Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18.3.1970 (BGBl 1977 II, 1472) Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd I 1982, Bd II/1 1994, Bd III/1 1984, Bd III/2 1984 Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl, 219), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12.7.2006 (BGBl I, 1461) Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung vom 25.10.1980 (BGBl 1990 II, 207) herrschende Meinung Internationales Privatrecht, 8. Aufl 2005 Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (BGBl 1986 II, 826) Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4. 1958 (BGBl 1961 II, 1006) Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954 (BGBl 1958 II, 577) Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15.11.1965 (BGBl 1977 II, 1452)

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

ICLQ IDR IHK ILA ILM. ILPr Incoterms IntFamRVG IntGesR InvG

IPR IPRG

IPRax iS IZPR IZVR JAmt

International and Comparative Law Quarterly, London Journal of International Dispute Resolution (Beilage zum BB) Internationale Handelskammer in Paris International Law Association International Legal Materials (Zeitschrift) International Litigation Procedure (Zeitschrift), London International Commercial Terms, 1953 von der IHK veröffentlicht, Neufassung 1980 Internationales Familienrechtsverfahrensgesetz vom 26.1.2005 (BGBl I, 162) Internationales Gesellschaftsrecht Investmentgesetz vom 15.12.2003 (BGBl I, 2676), zuletzt geändert durch Gesetz vom 1.9.2005 (BGBl I, 2676) Internationales Privatrecht Gesetz über das internationale Privatrecht (Schweiz. Bundesgesetz vom 18.12.1987; Italien. Gesetz Nr. 218 vom 31.5.1995) Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) im Sinne Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht

JbItalR JBl JDI JIEL JIntArb JN JPIL JPS JR JW JZ

Das Jugendamt (früher: Der Amtsvormund) (Zeitschrift) Jahrbuch für italienisches Recht Juristische Blätter, Wien Journal du Droit International (Clunet), Paris Journal of International Economic Law Journal of International Arbitration Juridiktionsnorm (Österreich) vom 1.8.1895 Journal of Private International Law Jahrbuch für die Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit Juristische Rundschau Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

Kegel/Schurig

Internationales Privatrecht, 9. Aufl 2004 XLI

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

KG Kropholler Kropholler IPR KSÜ

KWG

Layton/Mercer LEC

LG Linke L.Q.Rev LuftVG

LugÜ

Kammergericht Europäisches Zivilprozessrecht – Kommentar zu EuGVO und Lugano-Übereinkommen 8. Aufl 2005 Internationales Privatrecht, 5. Aufl 2004 (6. Aufl 2006) Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19.10.1996 Kreditwesengesetz (idF v. 9.9.1998, BGBl I, 2776), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.9.2005 (BGBl I, 2809) European Civil Practice, 2004 Ley de Enjuiciamiento, Spanisches Prozessgesetz vom 7.1.2000, (Gesetz 1/2000, Boletín Oficial Nr. 7 vom 8.1.2000) Landgericht Internationales Zivilprozessrecht, 4. Aufl 2006 Law Quarterly Review Luftverkehrsgesetz (idF v. 27.3.1999, BGBl I, 550), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.5.2006 (BGBl I, 1223) Lugano-Übereinkommen vom 16.9.1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl 1994 II, 2658)

Musielak

Europäisches Zivilprozessrecht, 2006 Monatsschrift für Deutsches Recht Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen vom 5.10. 1961 (BGBl 1971 II, 219) Münchener Kommentar zur ZPO, 3 Bde., Aktualisierungsband 2002; 3. Aufl 2007 ZPO, 4. Aufl 2004 (5. Aufl 2006)

NATO NCPC NILR NJ

North Atlantic Treaty Organization Nouveau Code de procédure civile (Frankreich) Netherlands International Law Review Neue Justiz (Zeitschrift)

Mayr/Czernich MDR MSA

MüKo/ZPO

XLII

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

NJOZ NJW NTS

Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift NATO-Truppenstatut vom 19.6.1951 (BGBl 1961 II, 1183)

O OHG OLG

Order Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht

Palandt PatG

Kommentar zum BGB, 65. Aufl 2006 Patentgesetz (idF v. 16.12.1980, BGBl 1981 I, 1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.6.2006 (BGBl I, 1318) Richtlinie des Rates vom 27.1.2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl EG Nr. L 26 S 41) Prozessrechtsberater

PKH-RiLi

ProzRB r RabelsZ Rahm/Künkel

Rauscher Rauscher RB RdC RDIPP Rdn Rev crit Rev int belge RG RGBl RGZ

rule Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Handbuch des Familienverfahrensrechts, Kap. VIII: Verfahren mit Auslandsberührung (bearb. von Breuer und Paetzold), 4. Aufl 1994 (Stand 2005) Internationales Privatrecht, 2. Aufl 2002 EuZPR Europäisches Zivilprozessrecht, 2004 (2. Aufl 2006) Rättegångsbalk, schwedisches Prozessgesetz vom 1.1.1948 Receuil des Cours de L’Académie de Droit International de La Haye Rivista di diritto internazionale privato e processuale Randnummer Revue critique de droit international privé, Paris Revue de Droit international et de Droit comparé (Bruxelles) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen XLIII

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

RHDI RIDC Riezler RIW (AWD)

Rosenberg/Schwab/ Gottwald Rz Schack SchiedsVfG SchiedsVZ SchlHA Schlosser Schütze IZPR

Schütze Schwab/Walter Scoles/Hay/Borchers/ Symeonides SeeGVG

Revue Hellénique de Droit International Revue international de droit comparé, Paris Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, 1949 Recht der Internationalen Wirtschaft, Betriebs-Berater International (früher: Außenwirtschaftsdienst des Betriebsberaters) Zivilprozessrecht, 16. Aufl 2004 Randziffer Internationales Zivilverfahrensrecht, 4. Aufl 2006 Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22.12.1997 (BGBl I, 3224) Zeitschrift für Schiedsverfahren Schleswig-Holsteinische Anzeigen EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl 2002 Deutsches Internationales Zivilprozessrecht unter Einschluss des Europäischen Zivilprozessrechts, 2. Aufl 2005 Rechtsverfolgung im Ausland, 3. Aufl 2002 Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl 2005 Conflict of Laws, 3rd ed. 2000

Seegerichtsvollstreckungsgesetz vom 6.6.1995 (BGBl I, 786), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.1.2002 (BGBl I, 564, 565) SKAufG Streitkräfteaufenthaltsgesetz vom 20.7.1995 (BGBl II, 554), zuletzt geändert durch Gesetz vom 30.7.2004 (BGBl I, 1950, 2007) Soergel/Kegel Kommentar zum BGB, Bd. 10, Einführungsgesetz, 12. Aufl 1996 Soergel/Kronke Kommentar zum BGB, Bd. 10, Anh. IV nach Art 38: Internationales Verfahrensrecht, 12. Aufl 1996 Staudinger/Spellenberg Kommentar zum BGB, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen, 14. Bearb. 2005 StAZ Das Standesamt (Zeitschrift) Stein/Jonas Kommentar zur Zivilprozessordnung, 21. Aufl 1993/ 99, 22. Aufl 2002ff Szászy International Civil Procedure, 1967 SZIER Schweizerische Zeitschrift für internationales und europäisches Recht SZW/RSDA Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht XLIV

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

Thomas/Putzo/ Hüßtege

Kommentar zur ZPO, 27. Aufl 2005

Übers UKlaG

Übersicht Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen idF vom 27.8.2002 (BGBl I, 3422, ber. 4346), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.5.2005 (BGBl I, 1389) New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl 1961 II, 123) Urteil United States Code Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 3.7. 2004 (BGBl 2004 I, 1414), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.4.2006 (BGBl I, 866, 887)

UNÜ

Urt USC UWG

v VAG

vgl VO Vorbem VVG

WA

Walder Walter wbl Wieczorek WM WpHG

WRP

vom Versicherungsaufsichtsgesetz vom 6.6.1931 (RGBl I, 315, 750); zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.4. 2006 (BGBl I, 866, 889) vergleiche Verordnung Vorbemerkung Versicherungsvertragsgesetz vom 30.5.1908 (RGBl 263), zuletzt geändert durch Gesetz vom 2.12.2004 (BGBl I, 3102) Warschauer Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 12.10.1929 (RGBl 1933 II, 1039) Einführung in das internationale Zivilprozessrecht der Schweiz, 1989 Internationales Zivilprozessrecht der Schweiz, 3. Aufl 2002 wirtschaftsrechtliche blätter (Zeitschrift, Wien) Kommentar zur ZPO, 3. Aufl 1994ff Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Wertpapierhandelsgesetz (idF vom 9.9.1998, BGBl I 2708), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22.5.2005 (BGBl I, 1373, 1390) Wettbewerb in Recht und Praxis (Zeitschrift) XLV

Abkürzungs-/Literaturverzeichnis

ZAG ZANTS zB ZBB ZErb ZEuP ZEV ZfRV ZHR ZIP Zöller ZPO

ZRHO

ZSR ZUM ZVglRWiss zZ ZZP ZZPInt

XLVI

Zusatzabkommen zum Warschauer Abkommen von Guadalajara vom 18.9.1961 (BGBl 1963 II, 1159) Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut vom 3.8.1959 (BGBl 1961 II, 1218) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Steuer- und Erbrechtspraxis Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht, Wien Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO, 25. Aufl 2005 (deutsche) Zivilprozessordnung (in der Fassung vom 5.12.2005, BGBl I 3202), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.4.2006 (BGBl I, 866, 875) Rechtshilfeordnung in Zivilsachen vom 9.10.1956 in der Fassung vom 26.2.1976, mit Änderungen zuletzt vom November 1999 Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft zur Zeit Zeitschrift für Zivilprozess Zeitschrift für Zivilprozess International

Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen zum internationalen Zivilprozessrecht

I. Gerichtsbarkeit 1. United Nations Convention on Jurisdictional Immunities of States and Their Property (Resolution by the General Assembly 59/38 of 16 December 2004) 2. Baseler Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16.5.1982 (BGBl 1990 II, 35) 3. Wiener UN-Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WÜD) vom 18.4.1961 (BGBl 1964 II, 958) 4. Wiener UN-Übereinkommen über konsularische Beziehungen (WÜK) vom 24.4.1963 (BGBl 1969 II, 1587) 5. New Yorker UN-Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13.6.1946 (BGBl 1980 II, 943) 6. New Yorker UN-Übereinkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21.11.1947 (BGBl 1954 II, 640) 7. Pariser Allgemeines Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen des Europarats vom 2.9.1949 (BGBl 1954 II, 493) mit Zusatzprotokoll vom 6.11.1952 (BGBl 1954 II, 501) 8. Londoner Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NATO-Truppenstatut) vom 19.6.1951 (BGBl 1961 II 1190) mit Bonner Zusatzabkommen hinsichtlich der in der Bundesrepublik Deutschland stationierten ausländischen Truppen vom 3.8.1959 (BGBl 1961 II, 1218) 9. Brüsseler Internationales Abkommen zur Einheitlichen Feststellung von Regeln über die Immunität der Staatsschiffe vom 10.4.1926 (RGBl 1927 II, 484)

II. Internationale Zuständigkeit 10. Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO) (ABl EG Nr. L 12/1 vom 16.1.2001) XLVII

Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen

11. Brüsseler EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom 27.9.1968 (BGBl 1972 II, 774) i.d.F. des 4. Beitrittsübereinkommens vom 16.7.1998 (BGBl 1998 II, 1411) 12. Protokoll (zum EuGVÜ) vom 27.9.1968 (BGBl 1972 II, 808) i.d.F. des 4. Beitrittsübereinkommens vom 16.7.1998 (BGBl 1998 II, 1411) 13. Luxemburger Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof vom 3.6.1971 (BGBl 1972 II, 846) i.d.F. des 4. Beitrittsübereinkommens vom 16.7.1998 (BGBl 1998 II, 1411) 14. Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (EheGVO, „Brüssel IIa“) (ABl EG Nr L 338 S 1) 15. Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten („Brüssel II“) (ABl EG Nr. L 160/19 vom 30.6.2000) 16. Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19.10.2005 (ABl EG Nr. L 299/62 vom 16.11.2005) 17. Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ) vom 16.9.1988 (BGBl 1994 II, 2660) 18. Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29.5.2000 über Insolvenzverfahren (EuInsVO) (ABl EG L 160/1 vom 30.6.2000) 19. Genfer Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19.5.1956 (BGBl 1961 II, 1120) 20. Warschauer Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (WA) vom 12.10.1929 (RGBl 1933 II, 1040) 21. Zusatzabkommen von Guadalajara zum Warschauer Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die von einem anderen als dem vertraglichen Luftfrachtführer ausgeführte Beförderung im internationalen Luftverkehr (ZAG) vom 18.9.1961 (BGBl 1963 II, 1161) 22. Montrealer Übereinkommen vom 28. Mai 1999 zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen LuftXLVIII

Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen

verkehr (BGBl 2004 II, 458) mit Durchführungsgesetz vom 6.4.2004 (BGBl I, 550) 23. Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 9.5.1980 (COTIF) (BGBl 1985 II, 133) mit Anhang A (Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck/CIV) und Anhang B (Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Gütern/CIM) 24. Internationales Übereinkommen zur Vereinheitlichung der Regeln über die zivilgerichtliche Zuständigkeit bei Schiffszusammenstößen vom 10.5.1952 (BGBl 1972 II, 653; 1973 II, 169) 25. Internationales Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über den Arrest in Seeschiffe vom 10.5.1952 (BGBl 1972 II, 653; 1973 II, 172) 26. Pariser Übereinkommen über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie vom 29.7.1960 (BGBl 1976 II, 308)

III. Internationaler Rechtsverkehr und Rechtshilfe 27. Haager Übereinkommen über den Zivilprozess (HZÜ) vom 1.3.1954 (BGBl 1958 II, 577) 28. Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen (HZustÜ) vom 15.11.1965 (BGBl 1977 II, 1453) 29. Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedsstaaten (EuZustVO) (ABl EG Nr. L 160/37 vom 30.6.2000) 30. Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivilund Handelssachen (HBÜ) vom 18.3.1970 (BGBl 1977 II, 1472) 31. Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten bei der Beweisaufnahme in Ziviloder Handelssachen (EuBewVO) (ABl EG Nr. L 174/1 vom 27.6.2001) 32. Entscheidung des Rates vom 28.5.2001 über die Errichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (2001/470/ EG) (ABl EG Nr. L 174/25 vom 27.6.2001) 33. (Geänderter)Vorschlag für eine Verordnung (EG) … des Europäischen Parlaments und des Rates … zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens vom 7.2.2006, KOM (2006) 57 34. Deutsch-belgische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 25.4.1959 (BGBl 1959 II, 1524) XLIX

Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen

35. Deutsch-dänische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.6.1910 (RGBl 1910, 873) 36. Deutsch-französische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 6.5.1961 (BGBl 1961 II, 1040) 37. Deutsch-luxemburgische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.8.1909 (RGBl 1909, 907) 38. Deutsch-niederländischer Vertrag zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 30.8.1962 (BGBl 1964 II, 468) 39. Deutsch-norwegische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 17.6.1977 (BGBl 1979 II, 1292) 40. Deutsch-österreichische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des rechtlichen Verkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 6.6.1959 (BGBl 1959 II, 1523) 41. Vereinbarung zwischen Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen zur weiteren Erleichterung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.1954 über den Zivilprozess vom 14.12.1992 (BGBl 1994 II, 361) 42. Deutsch-schwedische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.2.1910 (RGBl 1910, 455) 43. Deutsch-schweizerische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 30.4.1910 (RGBl 1910, 674) 44. Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928 (RGBl 1928 II, 623) 45. Deutsch-griechisches Abkommen über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handelsrechts vom 11.5.1938 (RGBl 1939 II, 848) 46. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik vom 2.2.2000 zur weiteren Erleichterung des Rechtshilfeverkehrs (BGBl 2001 II, 1211) 47. Deutsch-türkisches Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.1929 (RGBl 1930 II, 6) 48. Deutsch-tunesischer Vertrag vom 19.7.1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl 1969 II, 889) 49. Londoner Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.1968 (BGBl 1974 II, 938) L

Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen

50. Zusatzprotokoll vom 15.3.1978 zum Europäischen Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht (BGBl 1987 II, 60) 51. New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (UNUÜ) vom 20.6.1956 (BGBl 1959 II, 150) 52. Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 29.10.1954 (BGBl 1956 II, 488, 763) 53. Abkommen über allgemeine Fragen des Handels- und der Seeschifffahrt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken vom 25.4.1958 (BGBl 1959 II, 222)

IV. Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen –

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen s o Nr. 9

54. Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl EG Nr L 143/15 vom 30.4.2004) –

Brüsseler EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom 27.9.1968/14.7.1998 s o Nr. 10



Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (s o Nr. 14)



Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung s o Nr. 15



Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ) vom 16.9.1988, s o Nr. 14

55. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (HUVÜ 1973) (BGBl 1986 II, 826) 56. Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958 (HUVÜ 1958) (BGBl 1961 II, 1006) 57. Luxemburger Europäisches Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und LI

Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen

die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses (ESÜ) vom 20.5.1980 (BGBl 1990 II, 220) 58. Revidierte Rheinschiffahrtsakte vom 17.10.1868 (Mannheimer Akte) (BGBl 1969 II, 598) 59. Internationales Übereinkommen über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden (Neufassung des Internationalen Übereinkommens von 1969) vom 25.5.1984 (BGBl 1988 II, 825) 60. Übereinkommen über die Haftung der Inhaber von Reaktorschiffen vom 25.5.1962 (BGBl 1975 II, 977) 61. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30.6.1958 (BGBl 1959 II, 766) 62. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 4.11.1961 (BGBl 1963 II, 110) 63. Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 14.7.1960 (BGBl 1961 II, 301) 64. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20.7.1977 (BGBl 1980 II, 925, 1531) 65. Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9.3.1936 (RGBl 1937 II, 145) 66. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 30.8.1962 (BGBl 1965 II, 27) 67. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 17.6.1977 (BGBl 1981 II, 341) 68. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6.6.1959 (BGBl 1960 II, 1246) LII

Übersicht über europäische Rechtsakte und die wichtigsten Übereinkommen

69. Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2.11.1929 (RGBl 1930 II, 1066) 70. Deutsch-schweizerisches Abkommen über das Verfahren bei Anträgen auf Vollstreckbarerklärung der in Art 18 des Haager Abkommens bezeichneten Kostenentscheidungen vom 24.12.1929 (RGBl 1930 II, 1) 71. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 14.11.1983 (BGBl 1987 II, 35) –

Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, s o Nr. 43

V. Internationale Schiedsgerichtsbarkeit 72. New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) vom 10.6.1958 (BGBl 1961 II, 122) 73. Genfer Europäisches Übereinkommen über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (EuÜ) vom 21.4.1961 (BGBl 1964 II, 425) 74. Pariser Vereinbarung über die Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 17.12.1962 (BGBl 1964 II, 449) 75. Genfer Abkommen zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (GA) vom 26.9.1927 (RGBl 1930 II, 1068) 76. Genfer Protokoll über die Schiedsklauseln (GP) vom 24.9.1923 (RGBl 1925 II, 47)

LIII

§ 1 Einführung Inhaltsübersicht I. Allgemeine Grundfragen 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 2. Bezeichnung als IZPR . . . . . . 3. Inhalt des IZPR . . . . . . . . . . . 4. Rechtsquellen des IZPR . . . . 5. Verhältnis des IZPR zum Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . 6. Die Gegenseitigkeit im IZPR 7. Unterschiede zwischen IZPR und IPR . . . . . . . . . . . . . . . .

.. 1 .. 2 . 10 . 15 . .

24 32

.

38

II. Europäisches und internationales Zivilprozessrecht 1. Prozessrechtsvereinheitlichung in Europa und weltweit . . . . .

54

2. Europäischer Gerichtshof und Europäisches Gericht erster Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . b) Erstinstanzliche Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vorabentscheidungsverfahren nach Art 68, 234 EGV 3. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte . . . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . b) Einheitliche Standards . . . . III. Prozessrechtsvergleichung 1. Allgemeine Ziele . . . . . . . . . . 2. Prozesskultur, Chancen und Risiken der Prozessführung im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . .

62 62 63 64 73 73 74 75

77

I. Allgemeine Grundfragen 1. Schrifttum Adolphsen, Europäisches und internationales Zivilprozessrecht in Patentsachen, 1 2005; The American Law Institute, Restatement of the Law Third, The Foreign Relations Law of the United States, 2 Vol., 1987; v. Bar/Mankowski, Internationales Privatrecht, Bd I, 2. Aufl 2003; Basedow, Qualifikation, Vorfrage und Anpassung im internationalen Zivilverfahrensrecht, in: Schlosser (Hrsg), Materielles Recht und Prozessrecht, 1992, 131; Batiffol/Lagarde, Droit international privé, 7e ed 1983; S. Baumgartner, Is transnational litigation different?, U.Pa.J.Int’L Econ.L. 25 (2004), 1297; Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2000, S 1ff; J.Carruthers, Substance and Procedure in the Conflict of Laws, A continuing debate in relation to damages, ICLQ 53 (2004), 691; A. Colman, Encyclopedia of International Commercial Litigation, 1994ff; Dicey/Morris, The Conflict of Laws, 13th ed, London, 1999; Ehricke, The impact of the European Convention for the protection of human rights and fundamental freedoms on civil procedure, Tel Aviv Univ Studies in Law 12 (1994), 115; J. Fawcett, The Interrelationships of Jurisdiction and Choice of Law in Private International Law, Current Legal Problems 1991, 39; J. Fellas/H. Hubbard & Reed, Transnational Litigation: A Practitioner’s Guide (3 Vol, Looseleaf), 2001; Furrer, Internationales Zivilprozessrecht im Wandel, SJZ 98 (2002), 141; Geimer, Menschenrechte im internationalen Zivilverfahrensrecht, in: Aktuelle Probleme des Menschenrechtsschutzes, 1994, S 213; ders, Verfassung, Völkerrecht und internationales Zivilverfahrensrecht, ZRVgl 5 (1992), 321 u. 401; Gerber, The Substance-Procedure Distinction in United States Law, in: Schlosser (Hrsg), Materielles Recht und Prozess-

1

§1

Einführung

recht, 1992, 113; Grundmann, Qualifikation gegen die Sachnorm, 1985 (S 85ff); Grunsky, Lex fori und Verfahrensrecht, ZZP 89 (1976), 241; Heldrich/Kono (Hrsg), Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994; J. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, 3rd ed., 2005; v Hoffmann/Thorn, Einführung in das internationale Privatrecht, 8. Aufl 2005 (§ 3); A. Huet, Procédure Civile et Commerciale dans le Rapports Internationaux, Compétence de la „lex fori“, Juris-Cl. Procédure civile Fasc. 57–10, 2001; Jaeckel, Die Reichweite der lex fori im internationalen Zivilprozessrecht, 1995; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge als Problem des Völkerrechts, 1957; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht, 9. Aufl 2004, (§ 22); R. Kreindler/J. Holdsworth, Transnational Litigation, 3 Vol., 1997; Kropholler, Internationales Privatrecht, 5. Aufl 2004; Leipold, Lex fori, Souveränität, Discovery, Grundfragen des Internationalen Zivilprozessrechts, 1989; Leipold/Carrington/ Aoyama, Problems in International Litigation, in: The International Symposium on Civil Justice in the Era of Globalisation, Tokyo 1993, 3 et seq.; J. Lookofsky/K. Hertz, Transnational litigation and commercial arbitration, 2d ed., 2001; A. Lowenfeld, International Litigation and the Quest for Reasonableness, Rec.d.Cours 245 (1994 I), 9; ders, International Litigation and Arbitration, 3rd ed. 2006; I. Meier, Privatrecht und Prozessrecht, in: Schlosser (Hrsg), Materielles Recht und Prozessrecht, 1992, 1; Meili, Das internationale Civilprozessrecht, Zürich, 1906; Meili/Mamelok, Internationales Privat- und Zivilprozessrecht, Zürich, 1911; Morelli, Diritto processuale civile internazionale, Padova, 1954; ders, Studi di diritto processuale civile internazionale, Milano, 1961; V. Musin, The principle of international comity in the sphere of civil procedure, FS Boguslavskij, 2004, S 223; Nagel, Chancen des internationalen Zivilprozessrechts beim Ausgleich von Schwierigkeiten aus Rechtsordnungen unterschiedlicher Weltanschauung, ZZP 82 (1969), 360; ders, Auf dem Wege zu einem europäischen Prozessrecht, 1963; Neuhaus, Internationales Zivilprozessrecht und internationales Privatrecht, eine Skizze, RabelsZ 20 (1955), 201; L.W. Newman/ D. Zaslowsky, Litigating International Commercial Disputes, 1996; Niederländer, Materielles Recht und Verfahrensrecht im IPR, RabelsZ 20 (1955), 1; G. Panagopoulos, Substance and procedure in private internatonal law, JPIL 1 (2005), 69; Rauscher, Internationales Privatrecht, 2. Aufl 2002; H. Rixen, Die Anwendung ausländischen Verfahrensrechts im deutschen Zivilprozess, Diss. Regensburg 1999; H. Roth, Die Reichweite der lex-fori-Regel im internationalen Zivilprozessrecht, FS Stree u. Wessels, 1992, S 1045; A. Svetlanov, The international civil process and conflict of laws, FS Boguslavskij, 2004, S 199; Szászy, International Civil Procedure, 1967; ders, Conflict of Laws in the Western, Socialist and Developing Countries, Budapest, 1974; Tarko, Ein Europäischer Justizraum, Österr JZ 1999, 401; Vlas, The Principles of Fair Trial in International Civil Litigation, Essays in Honour of Voskuil, 1992, 391; Walter, Neuere Entwicklungen im internationalen Zivilprozessrecht, FS G. Lüke, 1997, S 921.

2. Bezeichnung als IZPR 2 Die Begriffe „internationales Zivilprozessrecht“, „international“ oder „transnational litigation“ stehen nicht für ein fest gefügtes Regelwerk, sondern sind eine Kurzbezeichnung für die verschiedensten Fragen, die als Folge „internationaler“, grenzüberschreitender Elemente eines Rechtsstreits entstehen. Die Bezeichnung „international“ bezieht sich darauf, dass das IZPR alle 2

Allgemeine Grundfragen

§1

prozessualen Regeln für auslandsbezogene Sachverhalte umfasst.1 Eine Auslandsbezogenheit kann begründet werden durch die Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz, den gewöhnlichen oder einfachen Aufenthaltsort einer oder beider streitenden Parteien, durch die prozessuale Ermittlung ausländischen materiellen Rechts, durch Probleme der internationalen Rechtshilfe, durch die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, durch den Parteiwillen bei einer Gerichtsstandsvereinbarung, durch die belegene Sache (Streitgegenstand), durch den Tatort einer unerlaubten Handlung, durch den Sitz einer juristischen Person oder einer Gesellschaft. Grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten beschäftigen in zunehmendem 3 Maße Wirtschaftsexperten, Rechtsanwälte und Richter. Fragen des IZPR’s können teilweise bei Vertragsschluss geklärt werden, lange bevor ein Verfahren eingeleitet oder eine Entscheidung getroffen wird. Seit Meili zu Beginn unseres Jahrhunderts sein groß angelegtes Werk veröffentlichte, setzte sich die Bezeichnung des internationalen Zivilprozessrechts im deutschsprachigen Gebiet durch. Die Bezeichnung wurde fast wortgetreu in andere Sprachen übersetzt. Riezler und Guldener haben diese Benennung als unzutreffend, unbestimmt und wenig glücklich kritisiert, weil sie weder der Herkunft noch dem Inhalt dieses Rechtszweiges gerecht werde. Sie haben allerdings keine bessere Bezeichnung gefunden. Das IZPR ist bislang noch weitgehend Teil des jeweiligen nationalen Rechts, 4 auch wenn europäische Verordnungen, Übereinkommen, bilaterale Staatsverträge und international erarbeitete Modellgesetze oder Regeln für eine gewisse Vereinheitlichung bzw. Abstimmung gesorgt haben2 und der Trend zu einer weiteren Vereinheitlichung ungebrochen ist.3 „Principles of Transnational Civil Procedure“ sind nach breiter internationa- 5 ler Diskussion gemeinsam von ALI und UNIDROIT 2004 verabschiedet worden (s u Rz 55, 59). Sie sind bisher aber nicht in staatliches Recht umgesetzt worden. Soweit nichts anderes angegeben, wird nachfolgend also das deutsche IZPR dargestellt. Das deutsche IZPR ist ein Teil des Zivilprozessrechts.4 Es ist wie dieses in 6 der ZPO und dem GVG direkt oder indirekt geregelt; hinzu kommen zahlreiche internationale Übereinkommen und Verträge. _______________

1 Riezler, IZPR, S 1; Walter S 47; Rauscher S 1; Szászy, International Civil Procedure, S 9: „International civil procedure regulates the international aspects of civil procedure.“ 2 Zum Einfluss der Haager Konferenz für IPR s Schack RabelsZ 57 (1993), 224. Für stärkere Ausbildung von Sonderregeln S. Baumgartner U.Pa.J.Int’L Econ.L. 25 (2004), 1297. 3 Vgl A. Schnyder, Zur Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts – international, in: Zivilprozessrecht, Arbeitsrecht, Kolloquium zu Ehren von A. Staehelin, 1997, S 59. 4 Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 4.

3

§1

Einführung

Da in vielen Ländern keine besonderen Arbeitsgerichte bestehen, werden Arbeitsstreitigkeiten mit behandelt.5 7 Das IZPR ist gleichzeitig Teil des IPR.6 Die IPR-Definition des amerikanischen Restatement, Conflict of Laws 2d (1971) passt ohne weiteres auch für das IZPR: „Conflict of laws is that part of the law of each state which determines what effect is given to the fact that the case may have a significant relationship to more than one state.“ Außerdem wird die Grenze zwischen materiellem Recht und Rechtsschutz von Land zu Land verschieden gezogen, gleiche Sachfragen werden ähnlich, aber konstruktiv verschieden behandelt. Viele Fragen lassen sich daher nur durch eine Art funktionaler Ganzheitsbetrachtung vernünftig lösen. Die IPR-Darstellungen enthalten daher regelmäßig zu Recht Grundzüge des IZPR.7 8 Vielfach wird vom internationalen Zivilverfahrensrecht gesprochen. Diese Bezeichnung erfasst auch die freiwillige Gerichtsbarkeit8 und das internationale Insolvenzrecht.9 Diese Rechtsgebiete sollen hier nicht behandelt werden. Im Folgenden wird deswegen nur vom IZPR gesprochen und dieses dargestellt. Es sei aber darauf hingewiesen, dass viele Staaten Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht oder anders als in Deutschland abgrenzen. 9 Der von Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann gewählte Ausdruck „zwischenstaatliches Zivilprozessrecht“ (Einl V) ist irreführend. Denn es geht nicht um die Prozessführung zwischen Staaten und zum anderen bilden Staatsverträge und multilaterale Übereinkommen zwar einen wichtigen Teil des IZPR. Der größte Teil ist aber nach wie vor (im Einzelnen divergierendes) nationales Recht.

_______________

5 Für eine vertiefte Darstellung s Prütting, in: Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl 2004, Einl K, Rz 220ff. 6 Vgl Schack, IZVR, Rz 23ff. 7 Vgl Kropholler, IPR, 5. Aufl 2004, §§ 56ff; v Hoffmann/Thorn, IPR, 8. Aufl 2005, § 3; Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl 2004, § 22; v Bar/Mankowski, IPR, Bd I, 2. Aufl 2003, § 5; Siehr, IPR, 2001, §§ 54ff. 8 Zum internationalen Kindschaftsrecht s Henrich/Kropholler/Pirrung, in: Staudinger, EGBGB/IPR, Art 18 EGBGB (Neubearb 2003), Art 19–24 (Neubearb 2002); F. Mitzkus, Internationale Zuständigkeit im Vormundschafts-, Pflegschafts- und Sorgerecht, 1982; zum internationalen Nachlassrecht s Staudinger/Dörner, BGB (Neubearb 2000), Rz 773ff, 792ff; Ferid/Firsching/Dörner/Hausmann, Internationales Erbrecht, 2005; Berenbrok, Internationale Nachlassabwicklung, 1989; Pinckernelle/Spreen DNotZ 1967, 195. 9 Vgl dazu Gottwald, Insolvenzrechtshandbuch, 3. Aufl 2006 (Kap. XI); Wimmer, Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, 4. Aufl 2005, Anh I Art 102 EGInsO.

4

Allgemeine Grundfragen

§1

3. Inhalt des IZPR Die weitreichende Auslandsbezogenheit macht es erforderlich, alle für den 10 Zivilprozess in Frage kommenden Normen und die entsprechenden Staatsverträge zu behandeln. Dazu gehören: – – – – – – –

– –

die Grenzen der deutschen Gerichtsbarkeit; die internationale Zuständigkeit; das zivilprozessuale Fremdenrecht; Auswirkungen der unterschiedlich ausgestalteten Beweisrechte in verschiedenen Staaten auf das IZPR; die prozessuale Behandlung ausländischen Rechts; die internationale Rechtshilfe bei Zustellungen und Beweiserhebung; die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile nach – der EuGVO, der EheGVO und der EuVTVO – sowie hilfsweise den Vorschriften der ZPO und nach Art 7 § 1 FamRÄndG; Verträge bzw Übereinkommen und EU-Verordnungen betreffend die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile; die internationale Schiedsgerichtsbarkeit (Schiedsvereinbarungen, Schiedsverfahren und Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche).

Es werden nicht behandelt: – –

– – – –

11

die das IZPR betreffenden Verträge zwischen ausländischen Staaten, an denen Deutschland nicht beteiligt ist; die Staatsverträge betreffend die Schifffahrt und die besonderen Schifffahrtsgerichte gemäß § 14 GVG; nämlich die Revidierte Rheinschifffahrtsakte vom 17.10.1868 sowie das Moselschifffahrtsabkommen vom 27.10.1956;10 das IZVR auf dem Gebiet der FG, soweit es nicht von der EheGVO (Brüssel IIa) erfasst ist; die Anerkennung ausländischer öffentlicher Urkunden; das internationale Insolvenzrecht; internationale Strafverfahren und Verwaltungsverfahren.

Wie weit der Inhalt des IZPR geht, ist weitgehend eine Frage der Qualifika- 12 tion, ob nämlich eine Vorschrift dem Prozessrecht oder dem materiellen Recht zugeordnet werden muss. Es muss damit gerechnet werden, dass grundsätzlich das angerufene Gericht die Qualifikation nach seiner lex fori vornehmen wird.11 Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass die Grenzlinie zwischen prozessualem und materiellem Recht nicht überall gleich ge_______________

10 Vgl Wolff, HdbIZPR Bd III/2, S 515. 11 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, 1995, S 43; Rauscher S 2.

5

§1

Einführung

zogen wird. Vorschriften des ausländischen Verfahrensrechts, die zur Verwirklichung einer materiellen Anspruchsnorm unentbehrlich sind, können deshalb international als materielles Recht qualifiziert werden (materiellrechtliche Qualifikation).12 Deshalb können bestimmte Vorschriften in dem einen Land als materiellrechtlich, in dem anderen als prozessrechtlich eingeordnet werden.13 13 Die Folgen lassen sich einfach am Beispiel der Verjährung verdeutlichen. Nach deutscher Auffassung wird sie dem materiellen Recht zugeordnet, sie gehört also nicht zu dem Inhalt des IZPR’s. In einem Fall mit Auslandsberührung muss also der deutsche Richter feststellen, ob bei der Einrede der Verjährung der geltend gemachte Anspruch nach dem in Frage kommenden materiellen Recht verjährt ist.14 Nach common law neigt man dazu, die Verjährungsvorschriften dem Prozessrecht zuzuordnen. Die Frage der Verjährung wird also nach der lex fori des angerufenen Gerichts entschieden.15 Die Probleme, die sich aus der unterschiedlichen Qualifikation ergeben, sind aber weitgehend gesetzlich oder durch Rechtsprechung gelöst worden (s u § 5 Rz 44ff). 14 Zum Inhalt des IZPR’s gehören ebenfalls nicht die Regeln der Beweislastverteilung. Das englische Recht geht auch insoweit von einer Zuordnung zur lex fori aus, verschließt sich aber nicht der Anwendung der lex causae, wenn diese die Beweislast aus materiellen Gründen besonders regelt.16 Eindeutig geregelt ist die Frage in Art 14 I EVÜ (bzw Art 32 III 1 EGBGB). Danach regelt das Vertragsstatut die Beweislastverteilung. Auch die meisten Staaten neigen dazu, diese Frage dem materiellen Recht zuzuordnen.17 4. Rechtsquellen des IZPR Schrifttum: Schütze, Die Bedeutung der Rechtsprechung als Rechtsquelle im deutschen internationalen Zivilprozessrecht, ZVglRwiss. 92 (1993), 29.

15 Das deutsche IZPR ist (anders als etwa in der Schweiz im IPRG 1987) nicht kodifiziert. Sonderregeln für internationale Sachverhalte finden sich verstreut im gesamten Prozessrecht, teilweise in Sondergesetzen. Vielfach ist es den Gerichten überlassen, Regeln doppelfunktionell anzuwenden (s u Rz 17). Durch die Überlagerung mit zahlreichen multilateralen und bilateralen _______________

12 Vgl Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl 1979, Einl Rz 738, 739; Burgstaller Rz 1.3 (funktionale und teleologische Einordnung). 13 Vgl Grundmann, Qualifikation gegen die Sachnorm, 1985, S 85ff. 14 BGH NJW 1960, 1721. 15 Dicey & Morris, 13th ed Vol 1, Rule 17 (7) (S 180). 16 Dicey & Morris, Conflict of Laws, Vol 1, 13th ed, Rule 17 (3) S 166f (no 7–026). 17 Für Frankreich Batiffol/Lagarde, no 706; für Italien Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, S 187.

6

Allgemeine Grundfragen

§1

Staatsverträgen ist die Regelung insgesamt relativ unübersichtlich.18 Soweit der Gesetzgeber Sachfragen nicht geregelt hat, kommt der Rechtsprechung und Lehre entscheidende Bedeutung zu.19 Die §§ 18 bis 20 GVG schreiben vor, welche Personen der deutschen Ge- 16 richtsbarkeit nicht unterworfen sind. Es kommen hinzu: – – – – –

das Wiener Übereinkommen vom 18.4.1961 über diplomatische Beziehungen;20 das Wiener Übereinkommen vom 24.4.1964 über konsularische Beziehungen;21 das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16.5.1972;22 das Nato-Truppenstatut vom 19.6.1951;23 das Völkergewohnheitsrecht und eine Reihe weiterer Verträge.

Für die deutsche internationale Zuständigkeit sind die Vorschriften der ört- 17 lichen Zuständigkeit (§§ 12ff ZPO) doppelfunktionell anzuwenden, soweit nicht, wie in Familiensachen (§§ 606a, 640a II ZPO), ausdrückliche Regeln bestehen. Vorrangig sind jedoch die Gerichtsstände der EuGVO bzw LugÜ sowie der neuen EheGVO („Brüssel IIa“) zu berücksichtigen. Das prozessuale Fremdenrecht wird behandelt in den §§ 50, 51, 55, 110 ZPO, 18 § 188 GVG. Es kommen einige Sätze des Völkergewohnheitsrechts hinzu. Die prozessuale Behandlung ausländischen Rechts ergibt sich aus § 293 ZPO. 19 Es kommt hinzu das Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 betr Auskünfte über ausländisches Recht (s u § 10).24 Hinsichtlich der internationalen Rechtshilfe ist zu unterscheiden:

20

Für Zustellungen im Ausland gelten die §§ 183, 184 ZPO. Einzelheiten ergeben sich aus –

der neuen Europäischen Verordnung (EG) Nr 1348/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke,25



dem Haager Übereinkommen vom 15.11.1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen26 und

_______________

18 19 20 21 22 23 24 25 26

v Bar/Mankowski, IPR, Bd 1, § 5 Rz 5ff. Vgl Schütze ZVglRwiss. 92 (1993), 29; Linke, IZPR, Rz 10. BGBl 1965 II, 147. BGBl 1969 II, 1585. BGBl 1990 II, 35. BGBl 1961 II, 1183. BGBl 1974 II, 937. ABl EG Nr L 160/37. BGBl 1977 II, 1452.

7

§1

Einführung



der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen (ZRHO) vom 19.10.1956 (idF vom Februar 1976 mit Ergänzungen, zuletzt vom Februar 1992).



Auf Beweisaufnahmen im Ausland weist generell § 363 ZPO hin. Vorrangig zu beachten sind



die Verordnung (EG) Nr 1206/2001 des Rates vom 28.5.2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (s u § 8 Rz 6ff),



das Haager Beweisübereinkommen von 1970 (s u § 8 Rz 27ff) und



die §§ 16ff, 36ff, 82ff ZRHO.

21 Sowohl für Zustellungen als auch für Beweisaufnahmen im Ausland gelten: –

Das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954;27



die deutsch-belgische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 25.4.1955;28



die deutsch-dänische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.6.1910 in der Fassung vom 6.1.1932;29



die deutsch-französische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.1954 über den Zivilprozess vom 6.5.1961;30



die deutsch-luxemburgische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.8.1909;31



die deutsch-niederländische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 31.7.1909;32



der deutsch-niederländische Vertrag zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 1.3.1954 vom 30.8.1962;33



die deutsch-österreichische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des rechtlichen Verkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 6.6.1959;34



die deutsch-polnische Vereinbarung zur weiteren Erleichterung des Rechtsverkehrs nach dem Haager Übereinkommen vom 14.12.1992;35



die deutsch-schwedische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 1.2.1910;36

_______________

27 28 29 30 31 32 33 34 35 36

8

BGBl 1958 II, 577. BGBl 1959 II, 1525. RGBl 1932 II, 20. BGBl 1961, 1041. RGBl 1909 II, 910. RGBl 1909 II, 908. BGBl 1964 II, 469. BGBl 1959 II, 1523. BGBl 1994 II, 361. RGBl 1910 II, 456.

Allgemeine Grundfragen

§1



die deutsch-norwegische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 17.6.1977;37



die deutsch-schweizerische Vereinbarung zur weiteren Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs vom 30.4.1910;38



das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928;39



das deutsch-griechische Abkommen über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handelsrechts vom 11.5.1938;40



der deutsch-tschechische Vertrag zur weiteren Erleichterung des Rechtshilfeverkehrs vom 2.2.2000;41



das deutsch-türkische Abkommen über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.1929;42



der deutsch-tunesische Vertrag über Rechtsschutz, Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966.43

Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile ist im autono- 22 men deutschen Recht in den §§ 328, 722, 723 ZPO und in Art 7 § 1 FamRÄndG geregelt. Es gelten aber vorrangig: – – – –

EuGVO EuVTVO EheGVO das Brüsseler EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) vom 29.9.1968 idF vom 29.11.199644 und



das Luganer Übereinkommen (LugÜ) vom 16.9.1988;45



das deutsch-schweizerische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen vom 2.11.1929;46



das deutsch-italienische Abkommen über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9.3.1936;47

_______________

37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47

BGBl 1979 II, 1292. RGBl 1910 II, 674. RGBl 1928 II, 624. RGBl 1939 II, 849. BGBl 2001 II, 1211; vgl BT-Drucks 14/6101 vom 17.5.2001 und 14/6534 vom 3.7.2001. RGBl 1930 II, 7. BGBl 1969 II, 890. BGBl 1998 II, 1411. BGBl 1994 II, 2658. RGBl 1930 II, 1065. RGBl 1937 II, 145.

9

§1

Einführung



das deutsch-belgische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, Schiedssprüche und öffentlicher Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 30.6.1958;48



der deutsch-österreichische Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 6.6.1959;49



das deutsch-britische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 14.7.1960;50



der deutsch-griechische Vertrag über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen, Vergleiche, Schiedssprüche und öffentlicher Urkunden vom 4.11.1961;51



der deutsch-niederländische Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 30.8.1962;52



der deutsch-tunesische Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966;53



der deutsch-israelische Vertrag vom 20.7.1977 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen;54



der deutsch-norwegische Vertrag vom 17.6.1977 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen;55



der deutsch-spanische Vertrag über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden zu Zivil- und Handelssachen vom 14.1.1987;56



das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.195857 und dasjenige nach dem UVÜ;

_______________

48 49 50 51 52 53 54 55 56 57

10

BGBl 1959 II, 765. BGBl 1960 II, 1246. BGBl 1961 II, 301. BGBl 1963 II, 109. BGBl 1965 II, 26. BGBl 1969 II, 890. BGBl 1980 II, 925. BGBl 1981 II, 342. BGBl 1987 II, 34. BGBl 1961 II, 1006.

Allgemeine Grundfragen



§1

das Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973.58

Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit unterliegt nach autonomem deut- 23 schem Recht keinen besonderen Regeln. Für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche wird nach der Reform des Schiedsrechts ganz auf das UNÜ 1958 verwiesen (§ 1061 ZPO). Zu beachten sind folgende Staatsverträge: –

Das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (UNÜ 1958);59



das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (EuÜ);60



die Pariser Vereinbarung über die Anwendung des Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 17.12.1962;61



das Genfer Protokoll vom 24.9.1923 über die Schiedsklauseln;62



das Genfer Abkommen vom 26.9.1927 zur Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche.63



Schließlich garantieren einige bilaterale Abkommen (s o Rz 22) die Anerkennung von Schiedssprüchen.

5. Verhältnis des IZPR zum Völkerrecht Die vielen zweiseitigen und mehrseitigen Staatsverträge zeigen die Verbin- 24 dung des IZPR’s zum Völkervertragsrecht deutlich auf. Insoweit steht das IZPR unter dem völkerrechtlichen Gebot „pacta sunt servanda“. Da zu erwarten ist, dass das Netz der völkerrechtlichen Verträge in Zukunft noch enger geknüpft wird, wirkt das Vertragsrecht in zunehmendem Maß auf das IZPR ein. Ein Teil des IZPR, die Gerichtsbarkeit, die in § 2 behandelt wird, wird von 25 dem Völkerrecht in besonderer Weise beeinflusst. Hier wird auch das Völkergewohnheitsrecht von Bedeutung. Das allgemeine Völkerrecht könnte durchaus Grundregeln für die Regelung 26 in Lebensverhältnissen mit Auslandsberührung aufstellen. Bisher gibt es solche Regeln nach hM jedoch nicht. Der Geltungsbereich des eigenen Rechts _______________

58 59 60 61 62 63

BGBl 1986 II, 826. BGBl 1961 II, 122. BGBl 1964 II, 426. BGBl 1964 II, 449. RGBl 1925 II, 47. RGBl 1930 II, 1068.

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§1

Einführung

bleibt im Wesentlichen dem nationalen Recht überlassen.64 Völkerrechtliche Bindungen ergeben sich primär aus Staatsverträgen zum IPR und IZPR.65 Außerhalb vertraglicher Bindung begrenzt das Völkerrecht die Gestaltungsfreiheit der einzelnen Staaten. Jeder Staat hat bei der Gestaltung seines Kollisionsrechts und bei der Regelung der internationalen Zuständigkeit seiner Gerichte auf die Belange anderer Staaten Rücksicht zu nehmen. Er darf die Zuständigkeit der Gerichte nicht auf Fälle ausdehnen, die keinerlei Inlandsbeziehung haben, und er darf die Anwendung fremden Rechts nicht generell ausschließen, muss also gewisse Kollisionsregeln aufstellen. Missbräuchlich sei etwa eine Zuständigkeit aufgrund der einmaligen Lieferung eines fehlerhaften Produkts in den Formstaat oder aufgrund eines kurzfristigen Aufenthalts.66 27 Schon frühzeitig ist ein Völkerrechtssatz des Inhalts anerkannt worden, dass die Gerichte eines Staates auch ausländischen Klägern, die sich in ihm aufhalten, zur Verfügung stehen.67 Durch den Aufenthalt des Ausländers wird eine Beziehung zum Urteilsstaat geschaffen. Die deutsche ZPO macht bis auf gewisse Ausnahmen, die unter dem zivilprozessualen Fremdenrecht behandelt werden, keine Unterschiede zwischen In- und Ausländern. Es sind auch immer mehr Staaten dazu übergegangen, Ausländern ihre Gerichte in gleichem Maß zur Verfügung zu stellen wie Inländern. Als Beispiele seien einige Zivilprozessordnungen aus den letzten Jahren erwähnt: Art 3 der griechischen ZPO, Art 1 franz. NCPC vom 1.1.1976. Art 6 I EMRK bestätigt diese Entwicklung. Danach hat innerhalb der Vertragsstaaten „jedermann“ ohne Rücksicht auf seine Staatsangehörigkeit Anspruch auf ein unparteiisches Gerichtsverfahren. 28 Unterschiedliche Auffassungen werden darüber vertreten, in welchem Umfang eine Beziehung des Ausländers zu dem Urteilsstaat gegeben sein muss. Reicht schon das Vermögen des ausländischen Beklagten im Inland aus, um gegen ihn einen inländischen Gerichtsstand zu begründen? § 23 ZPO bejaht das. Andererseits ist § 23 ZPO als international „unerwünschter“ Gerichtsstand bezeichnet worden.68 International unerwünschte Gerichtsstände finden sich auch in den Zivilprozessordnungen anderer Staaten. Sie sind allerdings im Verhältnis der EWG-Staaten zueinander durch das EWG-Übereinkommen ausgemerzt worden. Dennoch kann nicht gesagt werden, dass es völkerrechtswidrig sei, wenn Staaten ihre Zuständigkeitsregeln auch auf international unerwünsch_______________

64 Dahm/Delbrück/Wolfrum Bd I/1, 2. Aufl 1989, § 3 I 3 (S 33). 65 Dahm/Delbrück/Wolfrum, § 47 III 3 c (S 323); Stein/Jonas/Schumann, 20. Aufl, Einl Rz 735. 66 Dahm/Delbrück/Wolfrum S 324. 67 Van Praag, Jurisdiction et droit international public, Den Haag, 1915, 98. 68 Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge, 1957, 221.

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Allgemeine Grundfragen

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te Gerichtsstände ausgedehnt haben. Eine Beziehung zum Urteilsstaat wird auch durch das Vermögen des Ausländers im Inland hergestellt. Eine Beziehung zum Urteilsstaat wird ferner dadurch geschaffen, dass der ausländische Beklagte, der überdies noch im Ausland wohnt, sich rügelos auf einen Prozess im Inland einlässt. Eine Beziehung zum Urteilsstaat kann auch durch den Willen der Parteien geschaffen werden, indem sie die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts prorogieren. Einige Staaten knüpfen die Derogation ihrer Gerichte allerdings an gewisse Voraussetzungen. Besteht also eine – wenn auch nur lose – Beziehung des ausländischen Klägers zu dem Urteilsstaat, so würde dieser völkerrechtswidrig handeln, wenn er dem Kläger seine Gerichte nicht zur Verfügung stellt. Das Problem der Rechtsverweigerung tritt auf, wenn ein Kläger in keinem Staat einen Gerichtsstand für seine Klage finden würde. Mit der Frage der Zurverfügungstellung inländischer Gerichte auch für aus- 29 ländische Kläger hängt eng die Frage nach dem „freien und ungehinderten Zugang“ der Ausländer zu inländischen Gerichten zusammen. Hierbei handelt es sich darum, dass Ausländer persönlich vor Gericht erscheinen können. Der Staat des Urteilsgerichts darf ihnen also weder die Einreise verweigern noch sie daran hindern, an den Sitzungen des Gerichts persönlich teilzunehmen, noch ihre Ausreise behindern (s u § 4 Rz 10f). Riezler spricht insoweit von einem Satz des Völkergewohnheitsrechts.69 Dieser Ansicht muss schon deshalb zugestimmt werden, weil die Staaten sich mit ihrem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen würden, wenn sie einerseits Ausländern bei einer gewissen Beziehung ihre Gerichte zur Verfügung stellen müssen, ihnen andererseits nicht den „freien und ungehinderten“ Zugang zu den Gerichten verwehren dürfen.70 Die Staaten dürfen also in ihrem IZPR nicht Vorschriften aufnehmen, die dem Völkergewohnheitsrecht zuwiderlaufen. Hinsichtlich des Zugangs von Ausländern zu ihren Gerichten dürfen die Staaten mithin auch nicht die Verbürgung der Gegenseitigkeit fordern. Vgl insoweit die Ausführungen zur Bedeutung der Gegenseitigkeit für das IZPR. Ausnahmen von dem Satz des Völkergewohnheitsrechts, wonach Staaten 30 Ausländern bei einer gewissen Beziehung ihre Gerichte zur Verfügung stellen müssen, werden allgemein anerkannt, wenn es sich um Ehescheidungen von Ausländern oder um andere Statussachen für Ausländer handelt. § 606a ZPO bietet hierfür ein treffendes Beispiel. Die Beziehung des Mannes oder der Frau durch den gewöhnlichen Aufenthalt in der BR Deutschland reicht für die Begründung der deutschen internationalen Zuständigkeit nicht aus. Es wird darüber hinaus die Anerkennung des deutschen Urteils durch das _______________

69 Riezler, IZPR, S 413. 70 Vgl Verdross RdC 37 (1931 III) 353; Kipp, Das Verbot der Diskriminierung im modernen Völkerrecht, AVR 1961, 149.

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§1

Einführung

Heimatrecht des Mannes oder der Frau gefordert. Die Ausnahmeregelung wird dadurch verständlich, dass bei Statussachen die Interessen verschiedener Staaten besonders hart aufeinander stoßen. Jeder Staat nimmt insoweit die Zuständigkeit seiner Gerichte für die Belange seiner Staatsangehörigen in Anspruch. Auf internationaler Ebene kann es nur begrüßt werden, wenn die Staaten bei der Ausgestaltung der Vorschriften ihres IZPR’s auf die Interessen anderer Staaten Rücksicht nehmen. Insoweit ist die Ausnahmebestimmung nicht nur verständlich sondern auch gerechtfertigt. 31 Schließlich ergeben sich aus der Verfassung (Art 1ff, 101, 103 GG) und der EMRK (Art 6 I) Rechtsschutzansprüche, Rahmenbedingungen und Grenzen für die Ausübung grenzüberschreitender Gerichtsbarkeit,71 auch wenn im deutschen und europäischen Recht bisher – anders als in den USA – nicht versucht wurde, konkrete Grenzen für die Ausübung von jurisdiction aus der Verfassung abzuleiten. 6. Die Gegenseitigkeit im IZPR 32 Das deutsche IZPR stellt an zwei Stellen auf die Verbürgung der Gegenseitigkeit ab: in § 328 I Nr 5 ZPO ausdrücklich, in der Neufassung von § 110 II Nr 1 u. 2 ZPO indirekt. Die Gegenseitigkeit war bereits bei Erlass der CPO umstritten. In der entscheidenden Kommissionssitzung vom 8.6.1875 hat sich der Abgeordnete Struckmann für die Verbürgung der Gegenseitigkeit mit der Begründung eingesetzt, das internationale Recht beruhe auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit.72 Später sprach man von der Gegenseitigkeit als einer „perennial idea“.73 Trotz aller Angriffe hat der deutsche Gesetzgeber im Verein mit vielen anderen Staaten sich nicht entschließen können, das Erfordernis der Gegenseitigkeit im Interesse des internationalen Handels und Verkehrs ganz aus dem IZPR zu streichen. Dabei hatte L. von Bar bereits 1862 davor gewarnt, den Verkehr mit dem Ausland dadurch zu erschweren, dass man ausländischen Urteilen mangels Gegenseitigkeit die Anerkennung versage, weil dadurch nur Nachteile für die eigenen Staatsangehörigen und Fremde entständen. Ähnliche Argumente sind in den folgenden Jahren immer wieder – aber leider – vergeblich vorgebracht worden. Ohne Rücksicht auf die Rechtsuchenden wird lediglich aus politischen Gründen, um noch Trümpfe in der Hand zu haben, an der Verbürgung der Gegenseitigkeit im IZPR festgehalten. 33 Dabei wird dem deutschen Richter die schwierige Aufgabe überlassen, festzustellen, ob im Einzelfall die Gegenseitigkeit verbürgt ist oder nicht. An_______________

71 Vgl Th. Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit, 1995, S 337ff, 368ff. 72 Hahn, Materialien zur Civilprozessordnung von 1877, II. Abtlg, 1880, 887. 73 Lehnhoff, Reciprocity, North Western L. Rev 1955, 756.

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Allgemeine Grundfragen

§1

dere Staaten wie zB Österreich (§ 79 II EO), Liechtenstein, die Türkei verlangen, dass die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge oder Verordnungen bzw durch Regierungserklärungen festgestellt ist.74 Die Schwierigkeiten sind für den deutschen Richter um so größer, als der Inhalt der Gegenseitigkeit bei den einzelnen Vorschriften ein anderer ist. Nach § 110 ZPO wird lediglich darauf abgestellt, ob von deutschen Klägern in anderen Staaten auf Verlangen des Beklagten eine Prozesskostensicherheit verlangt werden kann oder nicht. Kann sie nicht verlangt werden, so ist die Gegenseitigkeit verbürgt. Auf andere Tatsachen, zB ob der deutsche Kläger Vermögen in dem ausländischen Staat hat, wird nicht abgestellt. Es wird also eine volle Gegenseitigkeit verlangt.75 Das Gesetz das das Armenrecht durch die Prozesskostenhilfe ersetzt hat,76 hat die Verbürgung der Gegenseitigkeit als Voraussetzung der Kostenhilfe abgeschafft. Bei der Verbürgung der Gegenseitigkeit, wie sie in § 328 I Nr 5 ZPO aufgeführt ist, handelt es sich nicht um etwas Gleiches, das von einem anderen Staat gefordert wird, sondern es kommt darauf an, dass der andere Staat keine wesentlich anderen Bedingungen für die Anerkennung deutscher Urteile stellt. In beiden Fällen wird von anderen Staaten also ein entsprechendes Verhalten, eine aktive Handlung, gefordert. Rein wörtlich genommen setzen die deutschen Vorschriften eine Vorleistung seitens aller anderen Staaten, zu denen keine Verträge bestehen, voraus. Soweit Staaten es lediglich dulden, dass andere Staaten fremde Gerichts- 34 handlungen auf ihrem Staatsgebiet vornehmen, sei es, dass Gerichte Briefe an Personen im Ausland senden, oder dass Konsuln oder diplomatische Vertreter in ihren Bezirken Ladungen vornehmen bzw Zeugen, Sachverständige oder die Parteien hören, leisten sie internationale Rechtshilfe durch ein rein passives Verhalten. Dieses verträgt sich aber nicht mit dem Prinzip der Reziprozität, wie sie im IZPR gefordert wird. Soweit internationale Rechtshilfe also durch „Duldung“ gewährt wird, scheidet die Gegenseitigkeit aus. Nach alledem führt die Verbürgung der Gegenseitigkeit im IZPR zu einer 35 bedauerlichen Rechtsunsicherheit. Diese ist durch das RG noch gefördert worden, wenn es in dem Urteil vom 8.2.1924 heißt, die Voraussetzung der Gegenseitigkeit sei es, dass die Prozesslage für den deutschen Gläubiger in der Schweiz im Allgemeinen nicht ungünstiger sei als für die schweizerischen Gläubiger.77 Auf die Interessen der hinter dem Urteil stehenden Personen kommt es bei der Anerkennung gar nicht an. _______________

74 Matscher, Zuständigkeitsvereinbarungen im österreichischen und internationalen Zivilprozessrecht, 1967, S 68. 75 Niboyet RdC 52 (1935 II), 271 spricht von einer „réciprocité symétrique“. 76 BGBl 1980 I, 677. 77 RGZ 107, 308.

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§1

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36 Die in fast allen Zweigen des internationalen Rechts auftretende Gegenseitigkeit beruht auf der Comitas gentium, wie sie von den Holländern Ulrich und Johannes Voet und Huber entwickelt worden ist, um das starre territoriale Souveränitätsprinzip zu mildern.78 Über die „courtoisie internationale“ ist viel geschrieben worden. Man hat optimistische und pessimistische Meinungen darüber vertreten. Comity ist allerdings kein Recht im strengen Sinn, sondern hat lediglich „Konventionalregeln in einer Mittelschicht zwischen dem Recht im eigentlichen Sinne des Wortes und der unverbindlichen Sitte“ zum Inhalt.79 Courtoisie werde aus freiem Willen geübt; es besteht keine Rechtspflicht zu ihrer Befolgung. Ihre Missachtung ist also keine völkerrechtswidrige Handlung, die völkerrechtliche Sanktionen auslösen könnte. In der Staatenpraxis werden Comity-Regeln vielfach nur bei Gegenseitigkeit angewendet; ihre Anwendung aber versagt, wenn sie nicht gewährleistet ist. 37 Ist die Gegenseitigkeit durch einen Staatsvertrag verbürgt, so ist sie sicherlich unter das vertragliche Völkerrecht einzuordnen. Wo die Gegenseitigkeit aber durch ein tatsächliches Verhalten verbürgt wird, gehen die Staaten nicht so sehr von einem „do ut des“ aus. Der eine Staat wartet vielmehr, dass der andere vorangehe, damit dann eine Gegenseitigkeitslage festgestellt werden kann. Der Gegenseitigkeitsgedanke kann sich auch im Verhältnis zu Lasten von Bewohnern von Drittstaaten nachteilig auswirken.80 7. Unterschiede zwischen IZPR und IPR 38 Das IPR enthält Regeln für Privatrechtsverhältnisse, die ein internationales, grenzüberschreitendes Element enthalten. Meist handelt es sich um rein nationale Regeln, zunehmend aber (auf der Grundlage von Übereinkommen) um in den Vertragsstaaten geltendes internationales Einheitsrecht. Das IZPR ist zunächst ebenso zu definieren, als Regeln für Prozessrechtsverhältnisse, die ein grenzüberschreitendes Element aufweisen. Diese Sonderregeln sind weitgehend nationaler Art; auch hier findet sich zunehmend eine Vereinheitlichung durch Staatsverträge. 39 Der Hauptunterschied besteht in Deutschland in der Regelungstechnik. Art 3 I 1 EGBGB definiert IPR im engeren Sinne als Kollisionsregeln, die bei Sachverhalten mit einer Verbindung zum Recht eines ausländischen Staates angeben, welche Rechtsordnung anzuwenden ist.81 Diese Definition ist freilich unvollständig und ungenau. Denn das IPR enthält auch direkt anwendbare (besondere) Sachnormen, etwa Eingriffsnormen, und schon im klassi_______________

78 79 80 81

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Mejers RdC 49 (1934 III), 663. Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht I/1, S 74. Kropholler, Völkerrechtlicher Vertrag und Drittstaaten, BerDGVR 1988, 106. Kropholler IPR, 5. Aufl, § 1 I 3.

Allgemeine Grundfragen

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schen Kollisionsrecht lassen sich die allgemeinen methodischen Regeln, wie Kollisionsnormen anzuwenden oder nicht anzuwenden sind, selbst nicht ohne weiteres als Kollisionsnormen verstehen. Das Schwergewicht liegt aber bei Kollisionsnormen, die bestimmen, welches inländische oder ausländische Recht sachgerechterweise einen Fall regeln soll. Das deutsche IZPR regelt primär das Verfahren vor den eigenen, nationalen 40 Gerichten und enthält dazu besondere, unmittelbar anwendbare Sachnormen des eigenen Rechts. Streitig ist freilich, ob dieser Unterschied nur relativ ist, ob also auch das 41 IZPR Kollisionsnormen enthalten kann und enthält. Das Verfahren vor den eigenen Gerichten kann aus praktischen Gründen grundsätzlich nur nach der eigenen Prozessordnung, der lex fori, abgewickelt werden.82 In Deutschland und in den meisten Ländern wird das lex fori-Prinzip als selbstverständlich unterstellt.83 Ausdrücklich festgehalten ist es in Art 12 italien. IPRG 1995 sowie in Art 8.2 span. Código Civil. Die lex fori-Regel folgt weder aus dem Völkerrecht noch dem Territorialitätsprinzip oder dem öffentlichrechtlichen Charakter des Prozessrechts, sondern ist primär Folge der Erfordernisse von Rechtssicherheit und Prozessökonomie.84 Vor staatlichen Gerichten handelt es sich nie um die Wahl der anwendbaren Prozessordnung selbst, sondern nur darum, ob einzelne Elemente eventuell kollisionsrechtlich zu beurteilen sind. Eine generelle kollisionsrechtliche Verknüpfung der lex judicarii mit dem zu beurteilenden Rechtsverhältnis, wie sie Szaszy vorgeschlagen hatte,85 ist für staatliche Gerichte letztlich nicht durchführbar und sachgerecht. Man kann das Service-Unternehmen „Justiz“ nicht für den jeweiligen Einzelkunden anders führen. Möglich und nötig ist lediglich eine Anpassung des „Service“ an besondere Bedürfnisse des Kunden, also eine Modifizierung „sachrechtsbezogener“ Verfahrensnormen. Unterstellt man das materielle Recht Kollisionsnormen und damit ggf. aus- 42 ländischem materiellem Recht, das Verfahren aber der lex fori, so entstehen Spannungen, wenn beide Rechtsordnungen – –

(1) jeweils prozessuale und materielle Begriffe verwenden, (2) „substance“ und „procedure“ unterschiedlich abgrenzen,86

_______________

82 OLG Koblenz RIW 1997, 328; vgl v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 5ff; Kegel/ Schurig § 22 III (S 1055f); Leipold S 25ff; Coester-Waltjen, Internationales Beweisrecht, 1983, Rz 83ff; Schütze Rz 51ff. 83 BGH NJW 1985, 552, 553; BGHZ 78, 108, 114 = NJW 1981, 126, 127. Für Frankreich s Huet Juris-Cl. Droit Intern. Fasc. 582–10, 582–20, 582–30 (2001). 84 Jaeckel, Die Reichweite der lex fori, S 27ff, 51; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 322; Schack, IZVR, Rz 40ff; v Bar/Mankowski, IPR, Bd 1, § 5 Rz 78. 85 International Civil Procedure, S 255. 86 Vgl Gerber, in: Schlosser, 113; Carruthers ICLQ 53 (2004), 691; Panagopoulos JPIL 1 (2005), 69.

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§1 –

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(3) das anzuwendende Recht in verfahrensrechtlichen Formen zu verwirklichen ist, die die lex fori an sich nicht kennt, oder umgekehrt die prozessuale lex fori Anforderungen stellt, die ganz auf Besonderheiten des eigenen materiellen Rechts zugeschnitten sind.

43 Diese Fragen sind durch vernünftige rechtsschutzfreundliche Auslegung (funktionelle Qualifikation) der einschlägigen Normen,87 notfalls durch Anpassung der lex fori an die Bedürfnisse des materiellen Rechts zu lösen.88 44 Kollisionsnormen könnte das Prozessrecht enthalten, soweit es ausdrücklich oder sinngemäß auf ausländisches Recht verweist.89 Nach § 50 ZPO ist etwa parteifähig, wer rechtsfähig ist. Für Ausländer wird damit sinngemäß auf ihr Personalstatut verwiesen. Nach § 52 ZPO ist prozessfähig, wer selbst (ohne Vertreter) Verträge abschließen kann. Für Ausländer wird damit wieder (vorbehaltlich des § 55 ZPO) auf das Personalstatut verwiesen. Hieraus (und aus anderen Regeln) hat man zum Teil abgeleitet, dass es auch im Prozessrecht Kollisionsnormen gebe, wenngleich seltener.90 45 Dagegen wird eingewandt, es handele sich nur um eine Anpassung des deutschen Verfahrens an ausländische Sachverhalte, nicht aber um (räumliche) allseitig zu denkende Kollisionsnormen.91 Indes leitet selbst eine allseitig formulierte Kollisionsnorm nur die Rechtsanwendung des inländischen Richters (bzw eines inländischen Juristen).92 Auch Kollisionsrecht ist nur nationales Recht; viele Kollisionsnormen enthalten nur Sachverweisungen. Richtig ist allerdings, dass stets nur die Prozessfähigkeit vor den eigenen Gerichten, nicht die im Ausland in Rede steht usf. 46 Jedoch gibt es zwei Bereiche, in denen das Prozessrecht Kollisionsnormen im vollen sonstigen Sinn verwendet, nämlich bei Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsvereinbarungen. Nach welcher Rechtsordnung die Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung, die Vereinbarung eines Verfahrensstatuts und des Sitzes des Schiedsgerichts zu beurteilen ist, ist eine „offene“ kollisionsrechtliche Frage. Bei Gerichtsstandsvereinbarungen legen zwar die gewählte und abgewählte Verfahrensordnungen fest, unter welchen Voraussetzungen dies möglich ist. Aber die Fragen der vertraglichen Einigung bleiben Fragen des

_______________

87 Vgl Basedow S 131ff; Schütze Rz 57ff. 88 Vgl Looschelders, Die Anpassung im IPR, 1995; Jaeckel, Die Reichweite der lex fori, 1995, S 134ff; Linke Rz 44f; v Hoffmann/Thorn § 3 Rz 9f; Stein/Jonas/Schumann Einl Rz 737. 89 Vgl Schack, IZVR, Rz 4ff. 90 Pagenstecher ZZP 64 (1951), 249; Grunsky ZZP 89 (1976), 249; Szaszy, International Civil Procedure, S 227; auch Kropholler, IPR, § 56 IV 5. 91 S v Bar/Mankowski, IPR I, § 5 Rz 76, 84ff; Jaeckel, Reichweite der lex fori, S 146ff, 155. 92 Schack, IZVR, Rz 7.

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Allgemeine Grundfragen

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allgemeinen internationalen Vertragsrechts.93 In Sonderbereichen kennt daher auch das Prozessrecht Kollisionsnormen. Über rein begriffliche Unterscheidungen ist zudem zu bedenken: Das klassi- 47 sche common law kennt keine materiellen Kollisionsnormen, sondern regelt, wann personal jurisdiction besteht, und ordnet, wenn diese bejaht wird, grundsätzlich die Anwendung des eigenen materiellen Rechts an. Wird ausländisches Recht als Tatsache behandelt, so ändert auch eine Beachtung solcher „Tatsachen“ nichts daran. „The only law applied by the judge ist the law of the forum“.94 (In den USA haben sich die modernen IPR-Theorien, zB der better law-approach, freilich von diesem einfachen Ausgangspunkt teilweise entfernt.)95 Ob man aus den jurisdiction Regeln verdeckte Kollisionsnormen ableiten kann,96 stehe dahin. Wichtig ist, dass die prozessualen Regeln über internationale Zuständigkeit und Urteilsanerkennung für streitig entschiedene Fälle eine Art „zweite Kollisionsrechtsordnung“ aufstellen.97 Akzeptiert ein Gericht seine Zuständigkeit, so bestimmt dies die weitere kollisionsrechtliche und materielle Rechtsanwendung, Inhalt und Wirkung der Entscheidung. IPR und IZPR müssen deshalb, soweit erforderlich, auf gleichen Wertungen aufbauen und aufeinander abgestimmt sein. Schließlich sind die Schwierigkeiten ausländischen Rechts zu ermitteln, dieselben, ob es nun per echter Kollisionsnorm oder nur als Element der eigenen Verfahrensnorm anzuwenden ist. Ein anderer Weg, sachliche Widersprüche bei der Anwendung der prozessua- 48 len lex fori und eines ausländischen Sachstatuts zu vermeiden, ist der der Qualifikation als materiellrechtlich oder prozessual.98 Regeln des ausländischen Verfahrensrechts werden teleologisch dem materiellen Recht zugerechnet, andere Regeln als unbeachtliches Verfahren gewertet. Beweislast und Verjährung werden idR materiell qualifiziert, Beweismittelverbote, Zeugnisverweigerungsrechte usw als prozessual. Unterschiedliche Ansichten bestehen, nach welcher Rechtsordnung zu qualifizieren ist: nach der eigenen lex fori, nach der lex causae oder nach Mischformen. Regeln, nach denen das Gericht verfährt, sind – um alle Parteien gleich zu behandeln – stets nach der lex fori zu qualifizieren. Im Ausgangspunkt sind IPR- und IZPR-Normen als Teil des eigenen Rechts auch nach der lex fori zu qualifizieren (bzw auszulegen).99 Im Einzelnen kann aber differenziert werden: Normen, die das Parteiverhalten regeln, müssen ebenfalls prozessuale Gleichberechtigung ge_______________

93 94 95 96 97 98 99

Vgl Gottwald, FS Henckel 1995, S 295. Cheshire & North, Private international law, 13th ed 1999, p. 9. Vgl Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, § 2.18ff, 2.26. Vgl Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 13 IV 1, § 25 (versteckte Rückverweisung). v Bar/Mankowski, IPR, Bd 1, § 5 Rz 134, 139. Vgl Linke Rz 46ff. So hM; Jaeckel S 57ff; Schack, IZVR, Rz 49ff; auch Restatement, Conflict of Laws 2d, § 7 (2).

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währleisten und sind daher meist ebenfalls nach der lex fori zu qualifizieren. Im Einzelfall kann aber nach Sinn und Zweck einer Regelung dieses Ziel auch und besser durch Anwendung der lex causae erreicht werden,100 sog materiellrechtsfreundliche Qualifikation.101 Zweifel ergeben sich vor allem im Beweisrecht, inwieweit Regeln, die die Wahrheitsermittlung beschränken, als materiellrechtlich zu qualifizieren und der lex causae zu entnehmen sind (s u § 9 Rz 35). Nur nach der lex causae ist nur ausnahmsweise zu qualifizieren, etwa wenn das Wirkungsstatut einer Gleichbehandlung aller seiner Staatsangehörigen verlangt, damit eine Entscheidung anerkannt wird.102 Eine allgemein gültige Abgrenzung ist danach nicht möglich, vielmehr ist nach Fallgruppen zu unterscheiden. 49 Verfahrensnormen sind häufig ganz auf inländische Sachverhalte hin abgefasst (sachrechtsbezogene Verfahrensnormen). In internationalen Fällen ist jeweils in teleologischer Auslegung zu bestimmen, ob der inländische Sachverhalt durch ein ausländisches Äquivalent ersetzt werden kann (Substitution).103 Die Anerkennung einer entsprechenden Entscheidung (nach § 328 ZPO, Art 26ff EuGVO oder § 16a FGG) ist für die Substitution weder erforderlich noch ausreichend. Entscheidend ist, ob die ausländische Rechtstatsache nach Sinn und Zweck der inländischen Sachnorm geeignet ist, die inländische Rechtstatsache zu ersetzen. Ist Rechtshängigkeit im Ausland zu beachten, und ab wann? (S u § 5 Rz 200ff) Steht dem (zB in Dänemark) registrierten gleichgeschlechtlichen Partner das Zeugnisverweigerungsrecht eines Ehegatten (§ 383 Nr 1 u 2 ZPO) zu (s u § 9 Rz 92ff)? 50 Keine Probleme entstehen, soweit das inländische Verfahrensrecht selbst die Berücksichtigung bzw Anwendung ausländischen (Prozess-)Rechts vorschreibt (ausdrückliche Verweisung), zB in § 606a I Nr 4 ZPO oder in Art 9 II HBÜ. 51 Größere Schwierigkeiten ergeben sich, wenn im deutschen Verfahren Rechtsinstitute nach materiellem ausländischem Recht zu verwirklichen sind, die das deutsche Recht nicht oder nicht in dieser Form kennt. Da den Parteien auch in diesen Fällen kraft Verfassungsrecht Rechtsschutz zu gewähren ist, ist das Verfahren hier soweit anzupassen, dass die ausländische lex causae im deutschen Verfahren verwirklicht werden kann. Als Grenze wird die sog wesenseigene Zuständigkeit angesehen: Vom deutschen Richter können Tätigkeiten nicht verlangt werden, die ihm vollständig fremd sind.104 In die_______________

100 101 102 103

Grundmann, Qualifikation gegen die Sachnorm, 1985, S 85ff. Vgl Jaeckel S 65ff; Stein/Jonas/Schumann Einl Rz 738. Grundmann S 89. Vgl Hug, Die Substitution im IPR, 1983; Schulz, Die Subsumtion ausländischer Rechtstatsachen, 1997; Geimer, IZPR, Rz 324; Mansel, FS W. Lorenz, 1991, S 689; Staudinger/Sturm (2003) Einl zum IPR, Rz 228. 104 Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 57 II; Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969, S 255ff; Soergel/Kronke Art 38 Anh IV Rz 17.

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sen Grenzen sind aber Anpassungen zulässig und geboten.105 Allgemein anerkannt ist etwa, dass deutsche Gerichte die Trennung ausländischer Ehegatten von Tisch und Bett aussprechen können,106 obwohl dies weder in § 23b GVG noch in § 606 ZPO vorgesehen ist. Auch eine Vertragsaufhebung durch Urteil gemäß Art 1184 franz. Code civil kommt in Betracht.107 Unterschiede zwischen IPR und IZPR bestehen hinsichtlich des Prinzips der 52 Gegenseitigkeit. Im IPR hat sich die Idee durchgesetzt, dass internationale Gerechtigkeit am besten durch allseitige Kollisionsnormen verwirklicht werden kann, ohne Rücksicht darauf, wie andere Staaten, zu denen der Fall Beziehungen hat, anknüpfen. Im IZPR hat der deutsche Gesetzgeber dagegen aus fremdenrechtlichen Gründen überwiegend daran festgehalten, dass Ausländern voller Rechtsschutz nur bei gleicher Behandlung Deutscher durch den Heimatstaat gewährt wird. Dies gilt im Grundprinzip weiterhin für die Sicherheitsleistung für Prozesskosten (§§ 110ff ZPO) und für Urteilsanerkennung und -vollstreckung (§§ 328 I Nr 5; 723 II 2 ZPO). Für die Prozesskostenhilfe ist die Gegenseitigkeit 1980 glücklicherweise aufgegeben worden. Die Gegenseitigkeitsregel wird aufgestellt, damit der ausländische Staat sich ebenfalls fremdenfreundlich verhalten kann und Gleichbehandlung im Ausland gewährleistet ist. Kann oder will ein ausländischer Gesetzgeber aber nicht reagieren (etwa weil er kein ausreichendes Bedürfnis dafür sieht), so behindert das Erfordernis den Rechtsschutz konkreter Parteien, sinnwidrig auch der eigenen Staatsbürger, die dadurch eigentlich geschützt werden sollten. Die Parteien können diese objektive Hürde nur zum Teil durch Gerichtsstands- oder Schiedsvereinbarung überwinden. In der Praxis ist die Gegenseitigkeit mit den meisten Staaten gewährleistet. 53 Lücken des Systems erweisen sich aber gerade deshalb als bittere „Überraschung“. Zu Recht wird schließlich betont, dass Zivilrechtsschutz nicht primär als begünstigendes Staatshandeln, sondern als Dienstleistung für die Parteien zu begreifen ist, die das Gericht erbringen soll, das dazu am sachnächsten oder -kundigsten ist. Die Gründe, die im IPR gegen die Gegenseitigkeit sprechen, haben daher auch im IZPR Gültigkeit.108 Gerichte sollten Rechtsanwendung und Rechtsschutz nicht von der Haltung des jeweiligen Auslandes abhängig machen. Kurz gesagt: „The effect of lack of reciprocity seems a political rather than a legal question.“109 _______________

105 Vgl v Bar/Mankowski, IPR, Bd 1, § 5 Rz 84, 93. 106 BGHZ 47, 324 = NJW 1967, 2109, 2111 = JZ 1967, 671 (Heldrich); BGH FamRZ 1994, 825; Staudinger/Spellenberg Vorbem zu §§ 606a, 328 ZPO Rz 56f; Stein/ Jonas/Schumann Einl Rz 743. 107 Vgl v Hoffmann/Thorn, IPR, 8. Aufl, § 3 Rz 11; Stein/Jonas/Schumann Einl Rz 743. 108 Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 60 IV 6; v Bar/Mankowski, IPR, Bd 1, § 5 Rz 60ff; Gottwald ZZP 103 (1990), 257, 279ff; Siehr, IPR, § 53 IV 1 c. 109 Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, § 24.34 (p. 1190).

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II. Europäisches und internationales Zivilprozessrecht 1. Prozessrechtsvereinheitlichung in Europa und weltweit 54 Schrifttum: Europa: Baviati, Is flexibility a way to the harmonization of civil procedural law in Europe?, in Carpi/Lupoi, Essays on transnational and comparative civil procedure, 2001, S 85; Carpi, Riflessioni sull’armonizzazione del diritto processuale civile in Europa in relazione alla convenzione di Bruxelles del 1968, Riv.trim.dir.proc.civ 67 (1993), 1037; (= in engl. Sprache) FS Mancini, Vol II, 1998, S 111; Frattini, European Area of Civil Justice, ZEuP 2006, 225; Fuchs, Aktuelles zur justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, ERA-Forum 2/2005, S 162; Gilles, Vereinheitlichung und Angleichung unterschiedlicher nationaler Rechte – Die Europäisierung des Zivilprozessrechts als ein Beispiel, ZZPInt 87 (2002), 3; Hakenberg, Vorschläge zur Reform des Europäischen Gerichtssystem, ZEuP 2000, 860; Heß, Die „Europäisierung“ des internationalen Zivilprozessrechts durch den Amsterdamer Vertrag, NJW 2000, 23; ders, Aktuelle Perspektiven der europäischen Prozessrechtsangleichung, JZ 2001, 573; ders, The integrating effect of European civil procedure law, EurJLawReform 4 (2002), 5; ders, Neue Rechtsakte und Rechtssetzungsmethoden im Europäischen Justizraum, ZSR 124 (2005) II, 183; A. Junker, Das internationale Privat- und Verfahrensrecht im Zugriff der Europäischen Union, FS Sonnenberger, 2004, S 417; Kerameus, Procedural Harmonization in Europe, AmJCompL 43 (1995), 401; ders, Political Integration and Procedural Convergence in the European Union, AmJCompL 45 (1997), 919; ders, Une Procédure civile sans frontières – Harmonisation et unification du droit procédural, RHDI 52 (1999), 515; ders, Angleichung des Zivilprozessrechts in Europa, RabelsZ 66 (2002), 1; ders, Quelques limites à l’harmonisabilité de la procédure civile, FS Nemeth, 2003, S 439; ders, Some reflections on procedural harmonisation, Uniform L.Rev. 8 (2003), 443; ders, Der Zivilprozess und die internationale Rechtsentwicklung, ÖJZ 2004, 661; H. Koch, Einwirkungen des Gemeinschaftsrechts auf das nationale Verfahren, EuZW 1995, 78; ders, Procédure civile nationale et exigences communitaires, Études à J. Normand, 2003, 253; ders, Konvergenzen der Rechte im Europäischen Zivilprozeß, FS Beys, 2002, S 753; K. Kreuzer, Vom bilateralen Staatsvertrag zum Einheitsgesetz, FS Sonnenberger, 2004, S 823; Leible, Die Angleichung der nationalen Zivilprozessrechte – Vom „Binnenmarktprozess“ zu einer europäischen ZPO?“, in: Müller-Graff, Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, 2005, S 55; Leisle, Dependenzen auf dem Weg vom EuGVÜ, über die EuGVVO zur EuZPO, 2002; Lubinski, Unifying trends in the progress of the law of civil procedure, Comparative Law Review Ed. Nich. Copernicus Univ 8 (1998), 93; Münzberg, Das Verfahren des EuGH im Vergleich zum deutschen Zivilprozess: Ansätze für einen europäischen Prozess?, Symposium Baur, 1992, 69; Pfeiffer, Die Vergemeinschaftung des Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrechts, in: Müller-Graff, Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, 2005, S 75; Prütting, Die Entwicklung des europäischen Zivilprozessrechts, 1992; ders, Die Strukturen des Zivilprozesses unter Reformdruck und europäische Konvergenz?, FS Schumann, 2001, S 309; Rehm, Auf dem Weg zu einer Europäischen Zivilprozessordnung und Instanzgerichtsbarkeit?, FS Heldrich, 2005, S 955; van Rhee, Civil procedure: a European Ius Commune?, ERPL 2000, 589; ders, European Tradition in Civil Procedure, 2005; H. Roth, Grundfreiheiten des EGVertrages und nationales Zivilprozessrecht, in: Müller-Graff/Roth, Recht und Rechtswissenschaft, 2001, S 351; ders, Die Vorschläge der Kommission für ein europäisches Zivilprozessgesetzbuch, ZZP 109 (1996), 271; Schlosser, Neue Dimensionen der grenz-

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überschreitenden Zusammenarbeit in der Ziviljustiz, FS W. Lorenz, 2001, S 409; A. Schnyder, Zur Vereinheitlichung des Zivilprozessrechts – international, Kolloquium für A. Staehelin, 1997, S 59; Stadler, Die Europäisierung des Zivilprozessrechts, Festgabe BGH, Bd 3, 2000, S 645; Storme, Rapprochement du droit judiciaire de l’Union européenne, 1994; ders, Das Prozessrecht in Europa, FS Drobnig, 1998, S 177; ders, L’unification de la Procédure Civile en Union Européenne, FS Broniewicz, 1998, S 397; ders, L’apport de la doctrine et de la science de la procédure civile pour l’harmonisation un Union Européenne, FS Nemeth, 2003, S 809; ders, Un rêve de bâtisseur de cathédrales: Une procédure civile pour l’Europe, Liber amicorum Raymond Martin, 2004, S 197; Stürner, Die Struktur des deutschen und des europäischen Zivilprozesses, FS Broniewicz, 1998, S 417; ders, Der europäische Zivilprozess, Symposium für Baur, 1992, 1; ders, Die Struktur des europäischen Zivilprozesses, FS Schumann, 2001, S 491; Tarzia, L’harmonisation des règles de procédure civile dans les pays de la communauté européenne, FS Mitsopoulos, 1993, S 1255; Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, 2003; Walter, Zum Entwurf einer Europäischen Zivilprozessordnung, ASP/PJA 1994, 425; M. Wolf, Abbau prozessualer Schranken im europäischen Binnenmarkt, Symposium Baur, 1992, S 35. Weltweit: American Law Institute/UNIDROIT, Principles of Transnational Civil Pro- 55 cedure von 2004. Hazard/Taruffo, Cornell Intern.L.J. 30 (1997), 493; K. Kerameus, Une procedure civile sans frontières – Harmonisation et unification du droit procédure, RHDI 52 (1999), 515; Nakamura, Auf dem Weg zu einer Globalisierung des Zivilprozessrechts, Dike Int. 2001, 813; Pfeiffer, Harmonising Transnational Civil Procedure, Rev. dr. unif. 2001, 1015; van Rhee, Towards a procedural ius commune?, in: J. Smits/G. Lubbe, Remedies in Zuid-Afrika en Europa, 2003, S 217; Stürner, The Principles of Transnational Civil Procedure, RabelsZ 69 (2005), 201; Taruffo, Drafting Rules for Transnational Litigation, ZZPInt 2 (1997), 449; S. Vrellis, Major problems of international civil procedure as compared to the ALI/UNIDROIT principles and rules, RHDI 56 (2003), 91; ders, Un juriste Grec face au projet de procedure civile transnationale d’ALI/UNIDROIT, Mélanges en l’honneur de Lagarde, 2005, S 817; G. Walter, Regeln für internationale Zivilprozesse, ZZP 112 (1999), 204; G. Walter/Baumgartner, Improving the Prospects of the Transnational Rules of Civil Procedure Project, ZZPInt 5 (2000), 477; dies, Utility and Feasibility of Transnational Rules of Civil Procedure, Texas Int.L.J. 33 (1998), 463; G. Walter/F. Walther, International Litigation: Past Experiences and Future Perspectives, 2000; D. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure, 2006.

An der systematischen Zuordnung und dem strukturellen Inhalt des IZPR 56 ändert sich nichts, wenn es sachlich auf europäischer Ebene, teilweise auch darüber hinaus durch Staatsverträge oder auf der Grundlage von Modellgesetzen vereinheitlicht wird.110 Die Rechtsvereinheitlichung erleichtert aber die Rechtsverfolgung in internationalen Fällen innerhalb eines einheitlichen Wirtschaftsraumes ganz entscheidend. Über die Brüssel I und II-Verordnungen bzw das EuGVÜ bzw LugÜ hinausgehende Bestrebungen, die nationalen Prozessordnungen zu vereinheitlichen oder ganz oder teilweise durch eine _______________

110 Vgl Storme, FS Matscher 1993, S 495; Kerameus AmJCompL 43 (1995), 401.

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europäische Prozessordnung zu ersetzen,111 stehen wohl erst in den Anfängen. Allerdings kann sich in Einzelfällen bereits jetzt aus den Grundfreiheiten des EG-Vertrages in Verbindung mit dem Diskriminierungsverbot (Art 12 EGV) ein Zwang zur Vereinheitlichung nationaler Vorschriften ergeben.112 57 Art K 1 Nr 6 des Unions-Vertrages von 1992 (Maastricht-Vertrag) sah (über Art 293 EGV nF hinausgehend) eine generelle justizielle Zusammenarbeit der Unionsstaaten in Zivilsachen vor.113 Art 65 EGV (idF des Amsterdamer Vertrages vom 2.10.1997) hat die grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen erneut auf eine neue Grundlage gestellt.114 Auf dieser Grundlage wurden inzwischen die EG-Verordnung Nr 44/2001 („Brüssel I“), die Verordnung Nr 1347/2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen („Brüssel II“), die zum 1.3.2005 durch die Verordnung Nr 2201/2003 („Brüssel IIa“) abgelöst wurde, die Europäische Zustellungsverordnung Nr 1348/2000, die Europäische Beweisaufnahmeverordnung Nr 1206/2001 und die VO über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen Nr 805/2004 erlassen. 58 Auf seiner Sondertagung in Tampere am 15./16.10.1999 hatte der Europäische Rat auch einen „besseren Zugang zum Recht in Europa“ gefordert. Dazu sollten ua „besondere gemeinsame Verfahrensregeln für vereinfachte und beschleunigte grenzüberschreitende Gerichtsverfahren bei verbraucherund handelsrechtlichen Klagen mit geringem Streitwert sowie bei Unterhaltsklagen und bei unbestrittenen Forderungen“ verabschiedet werden.115 Diese Forderungen sind in einem Maßnahmenprogramm des Rates zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30.11.2000116 konkretisiert worden. Inzwischen sind diese Pläne im Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union vom 4./5.11.2004 fortgeschrieben117 worden. Auf dieser Grundlage hat der Europäische Rat am 17.6.2005 einen Aktionsplan gebilligt.118 Außerdem wurde durch Entscheidung des Rates vom 28.5.2001 ein Europäisches Justizielles Netz für Zivil_______________

111 Vgl Storme, Rapprochement… 1994; Walter/Walther S 33ff; krit H. Roth ZZP 109 (1996), 271. 112 Vgl H. Roth, in: Recht und Rechtswissenschaft, S 351; Walter/Walther S 8ff; R. Koch EuZW 1995, 78. 113 Zur derzeitigen Lage s D. McIntosh/M. Holmes, Civil Procedures in EC Countries, 1991. 114 Vgl Tarko, österr JZ 1999, 401; Heß NJW 2000, 23; Leible/Staudinger Art 65 EGV im System der EG-Kompetenzen, EuLF 2000/01, 225. 115 „Schlussfolgerungen des Vorsitzes Europäischer Rat“, NJW 2000, 1925. 116 ABl EG C 12/1 = IPRax 2001, 163. 117 ABl EU 2005, C 53/1. 118 ABl EU 2005, C 198/1; vgl dazu Wagner IPRax 2005, 494.

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und Handelssachen errichtet119 (s u § 6 Rz 11), um die grenzüberschreitende Zusammenarbeit generell und im Einzelfall zu erleichtern.120 Die Vereinheitlichung des Prozessrechts macht nicht an den Grenzen der 59 Europäischen Gemeinschaft halt. Unter Führung von G. Hazard und M. Taruffo hat das American Law Institute zusammen mit UNIDROIT Principles of Transnational Civil Procedure 2004 verabschiedet, die zu einer Harmonisierung des Prozessrechts der sog common law-Staaten, insbesondere der USA, und der sog civil law-Staaten beitragen sollen.121 Dem gleichen Ziel dienten die Verhandlungen über ein weltweites Haager 60 Übereinkommen über internationale Zuständigkeit und Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen (s u § 3 Rz 513 u. § 13 Rz 3), die leider gescheitert sind. Im Bereich des Schiedsverfahrensrechts bemühen sich vor allem UNCI- 61 TRAL, UNIDROIT und die International Bar Association um einheitliche Regeln, insb. für Schlichtungsverfahren, Schiedsvereinbarungen und für Beweisaufnahmen in internationalen Schiedsverfahren.122 2. Europäischer Gerichtshof und Europäisches Gericht erster Instanz a) Schrifttum Berger, Beweisaufnahme vor dem Europäischen Gerichtshof, FS Schumann, 2001, 62 S 27; Carpi, Diritto processuale comunitario, 2. Aufl 2000; A. Dashwood/A. Johnston, The Future of the Judicial System of the European Union, 2001; Dauses, Empfiehlt es sich, das System des Rechtsschutzes und der Gerichtsbarkeit in der Europäischen Union … weiterzuentwickeln?, Gutachten D für den 60. DJT, 1994; Gündisch, Rechtsschutz durch die europäischen Gerichte, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, Kap. 33, S 1585; Hakenberg, Vorschläge zur Reform des europäischen Gerichtssystems, ZEuP 2000, 860; Hakenberg/Stix-Hackl, Handbuch zum Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof, 1997; G. Hirsch, Der Europäische Gerichtshof, MDR 1999, 1; ders, Europäischer Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht, NJW 1997, 2457; N. Hunnings, The European Courts, 1996; Jung, Das Gericht erster Instanz, 1991; Kirschner/Klüpfel, Das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, 2. Aufl 1998; Kovar, Communautes Europeennes, Cour de Justice, Juris Classeur, Droit Intern. Fasc. 161-C (1988); ders, Cour de Justice, Recours préjudiciel en interprétation et en appreciation de validité, Juris-Cl., Droit Intern. Fasc. 161–26–1 (1991); C. O. Lenz, Die Gerichtsbarkeit in der Europäischen Gemeinschaft nach dem Vertrag von Nizza, EuGRZ 2001, 433; Lipp, Entwicklung und _______________

119 ABl EG Nr L 174/25–31 vom 27.6.2001; zum Vorschlag der Kommission vgl ABl EG C 29E/281 vom 30.1.2001. 120 Vgl Schlosser, FS W. Lorenz, S 409, 410. 121 Vgl Stürner RabelsZ 69 (2005), 201. 122 Vgl Böckstiegel, Beweiserhebung in internationalen Schiedsverfahren, 2001; Raeschke-Kessler, in: Gottwald, Revision des EuGVÜ – Neues Schiedsverfahrensrecht, 2000, S 211, 231ff; ders, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 641.

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Zukunft der europäischen Gerichtsbarkeit, JZ 1997, 326; ders, Europäische Justizreform, NJW 2001, 2657; Pirrung, Zur Zukunft der europäischen Gerichtsbarkeit in Zivilsachen, FS H. Stoll, 2001, S 647; R. Plender, Procedure in the European Courts: Comparisons and Proposals, RdC 267 (1997), 9; ders, European Courts Procedure, 2000; Rabe, Zur Reform des Gerichtssystems der Europäischen Gemeinschaften, EuR 2000, 811; Rengeling/Middeke/Gellermann, Handbuch des Rechtsschutzes in der Europäischen Union, 2. Aufl 2003; Rigaux, Tribunal de Premiere Instance, Juris Classeur, Droit Intern. Fasc. 161–20 (1991); Fasc. 161–20–1 (1993); J. Sack, Zur künftigen europäischen Gerichtsbarkeit nach Nizza, EuZW 2001, 77; K. Schmidt, Vorlageverfahren nach Art 177 EGV und Zivilprozessordnung, FS G. Lüke, 1997, S 721; Schweitzer/ Hummer, Europarecht, 5. Aufl 1996, S 133ff; Wienhues/Horvath, Änderungen im Verfahrensrecht der Gerichte der Europäischen Union, EWS 2006, 358.



Satzung des Gerichtshofs, Protokoll B zum Vertrag von Nizza zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union vom 26.2.2001, ABl 2002 EG C 325/167.



Verfahrensordnung des Gerichtshofs der EG vom 19.6.1991, ABl EG L 176/7 mit Änderung vom 11.3.1997, ABl EG L 103/1.



Zusätzliche Verfahrensordnung des Gerichtshofs der EG vom 4.12.1974, ABl EG Nr L 350/29, geändert am 11.3.1997, ABl EG Nr L 130/4.



Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz der EG vom 2.5.1991, ABl EG Nr L 136/1, geändert ABl EG 1999 L 135/92.

b) Erstinstanzliche Zuständigkeiten 63 Das Gericht erster Instanz der EU (EuG) ist nach Art 225 EGV in folgenden Fällen für den unmittelbaren Individualrechtsschutz natürlicher und juristischer Personen zuständig:123 (1) Klagen der Beamten und sonstigen Bediensteten gegen Organe und nachgeordnete Einrichtungen der Gemeinschaft (Art 236 EGV), (2) Nichtigkeitsklagen und Untätigkeitsklagen (Art 230, 232 EGV), (3) Schadenersatzklagen wegen außervertraglicher Haftung der Gemeinschaft, unabhängig davon, ob der Schaden durch administratives oder normatives Handeln entstanden ist (Art 235 EGV), (4) Schiedsklagen aus vertraglichen Rechtsbeziehungen der Gemeinschaft, die aufgrund einer Schiedsklausel anstelle der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit der Zuständigkeit des Gerichtshofs unterstellt sind (Art 238 EGV). Der Europäische Gerichtshof wird in diesen Fällen nur als Rechtsmittelgericht gegen Entscheidungen des Gerichts erster Instanz tätig.124 _______________

123 Vgl Lenz EuGRZ 2001, 433, 436. 124 Vgl J. Molinier Juris-Cl. Droit Intern. Fasc. 161–24 (2000).

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c) Vorabentscheidungsverfahren nach Art 68, 234 EGV Schrifttum: Brück, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Europäischen Gerichts- 64 hof, 2001; Dauses, Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art 177 EG-Vertrag, 2. Aufl 1995; Everling, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, 1986; Gündisch, Gemeinsamer Rechtsschutz durch die deutschen Gerichte und den Europäischen Gerichtshof, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Kap 35, 2005, S 1621; Hess, Rechtsfragen des Vorabentscheidungsverfahrens, RabelsZ 66 (2002), 470; J. Kokott/Th. Henze/ Ch. Sobotta, Die Pflicht zur Vorlage an den Europäischen Gerichtshof und die Folgen ihrer Verletzung, JZ 2006, 633; Kropholler/von Hein, Eine Auslegungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs jenseits des EuGVÜ, FS Großfeld, 1999, S 615; Prütting, Grundprobleme und neue Entwicklungstendenzen des Vorabentscheidungsverfahrens nach Art 177 EWG-Vertrag, Dike Int. 1994, 1; Reichelt, Vorabentscheidungsverfahren, 1998; Schima, Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH, 2. Aufl 2005; M. Schmid, Die Grenzen der Auslegungskompetenz des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art 234 EG, 2005; F. Triantaphyllou-Albanidou, Effect of the Preliminary Ruling of the European Court, Dike Int. 2001, 672.

Ähnlich wie das deutsche Bundesverfassungsgericht nach Art 100 GG ent- 65 scheidet der Europäische Gerichtshof im Wege der Vorabentscheidung über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten, um die Rechtseinheit in der Europäischen Union zu sichern. Nach Art 234 EGV entscheidet der Gerichtshof a) über die Auslegung des EG-Vertrages, b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft (Einzelentscheidung oder Verordnung) und der EZB, c) über die Auslegung der Satzungen der durch den Rat geschaffenen Einrichtungen, soweit diese Satzungen dies vorsehen. Vorlageberechtigt ist nach Art 234 II EGV jedes Gericht (nicht nur letzt- 66 instanzliche), gleichgültig in welcher Verfahrensart das Ausgangsverfahren stattfindet, nicht jedoch private Schiedsgerichte.125 Soweit es um die Auslegung von Maßnahmen nach Titel IV des EG-Vertra- 67 ges (Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr) geht, enthält Art 68 I EGV (zur Entlastung des EuGH) eine Sonderregelung. „Wird eine Frage der Auslegung dieses Titels sowie der Gültigkeit und der Auslegung von auf diesen Titel gestützten Rechtsakten der Organe der Gemeinschaft in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten _______________

125 EuGHE 2005, I-923 (Guy Denuit v Transorient – Mosaique Voyages) = RIW 2005, 454; EuGHE 1999, I-3055 (Rz 34) (Eco Swiss v Benetton); vgl Kokott/Henze/ Sobotta JZ 2006, 633f.

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werden können, so legt dieses Gericht dem Gerichtshof die Frage zur Entscheidung vor, wenn es eine Entscheidung darüber zum Erlass eines Urteils für erforderlich hält.“

Letztinstanzliche Gerichte in diesem Sinne sind nicht nur die Obersten Gerichte, sondern alle im konkreten Verfahren letztinstanzlich entscheidenden Gerichte. Dennoch bleibt die Regelung etwa für Vorlagen zur Auslegung der EuGVO hinter dem Auslegungsprotokoll zum EuGVÜ zurück und führt uU zu unnötigen Verlängerungen des Verfahrens.126 Von dieser Regelung sind insbesondere Vorlagen zur Auslegung der neuen EuGVO und der EheGVO betroffen, da im Rahmen der Verfahren nach Art 33ff EuGVO und Art 21ff EheGVO in Deutschland nur der BGH vorlegen kann. 68 Ergänzend sieht Art 68 III EGV ein „objektives“ Auslegungsverfahren auf Antrag des Rates, der Kommission oder eines Mitgliedstaates vor, ähnlich der bisher nie genutzten Divergenzvorlage nach dem Auslegungsprotokoll zum EuGVÜ,127 doch hat eine Entscheidung des EuGH dann keine Auswirkung auf abgeschlossene innerstaatliche Verfahren (Art 68 III 2 EGV). 69 Nach Art 234 III EGV sind nur letztinstanzliche Gerichte zur Vorlage verpflichtet. Alle anderen Gerichte können über die Vorlage nach ihrem Ermessen entscheiden (sofern sie überhaupt vorlageberechtigt sind). Kommt gegen eine Entscheidung nur eine Zulassungsrevision oder eine Rechtsbeschwerde in Betracht, so ist das Oberlandesgericht vorlagepflichtig, solange es sich nicht für eine Zulassung entschieden hat. 70 Gegenstand der Vorlage kann jede Frage der Auslegung oder Gültigkeit des Gemeinschaftsrechts sein, sofern das vorliegende Gericht berechtigte Zweifel hinsichtlich der Lösung hegt. Eindeutige oder eindeutig auslegbare Regelungen bedürfen keiner Vorlage. Soweit der Europäische Gerichtshof eine Frage bereits entschieden hat, bedarf es einer erneuten Vorlage nur, wenn das Gericht erhebliche Zweifel gegen die bisherige Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof hat, diese selbst auslegungsbedürftig ist oder seither in der Literatur ernstliche Zweifel an der Auslegung aufgekommen sind. 71 Die Vorabentscheidung muss für das Ausgangsverfahren entscheidungserheblich sein. Der Europäische Gerichtshof ist an die Vorlage aber gebunden, kann freilich offensichtlich unberechtigte Vorlagen zurückweisen. Bedarf die Vorlagefrage aus der Sicht des EuGH keiner erneuten Entscheidung, kann nunmehr darüber in einem „beschleunigten Verfahren“ entschieden werden.128 _______________

126 Krit Leible/Staudinger EuLF 2000/01, 225, 226. 127 Vgl Jayme, in: Reichelt, Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft, 1998, S 43. 128 Lenz EuGRZ 2001, 433, 435.

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Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die Auslegung des 72 Gemeinschaftsrechts hat Bindungswirkung gegenüber dem mit dem Ausgangsverfahren befassten Gericht. Eine absolute Bindungswirkung für andere Verfahren und dritte Parteien besteht dagegen nicht. Auch ist es dem Gerichtshof selbst möglich, von seiner Entscheidung auf eine erneute Vorlage hin abzuweichen. Entscheidet der Europäische Gerichtshof über die Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht, so fehlt eine § 31 II BVerfGG entsprechende Bindung. Stellt der Gerichtshof freilich die Ungültigkeit einer Handlung eines Gemeinschaftsorgans fest (Einzelentscheidung oder Verordnung), so kann jedes nationale Gericht diese Handlung als ungültig ansehen. 3. Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte a) Schrifttum Adolphsen, Aktuelle Fragen des Verhältnisses von EMRK und Europäischem Zivil- 73 prozessrecht, in: Renzikowski, Die EMRK im Privat-, Straf- und öffentlichen Recht, 2004, S 39; Geimer, Menschenrechte im internationalen Zivilverfahrensrecht, BerDGesVR 33 (1993), 213; S. Haß, Die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, 2006; Hess, EMRK, Grundrechte-Charta und europäisches Zivilverfahrensrecht, FS Jayme, 2004, S 339; Mayer-Ladewig/Petzold, Der neue ständige Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, NJW 1999, 1165; Pache, Der Grundsatz des fairen gerichtlichen Verfahrens auf europäischer Ebene, EuGRZ 2000, 601; Papier, Umsetzung und Wirkung der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus der Perspektive der nationalen deutschen Gerichte, EuGRZ 2006, 1; Schlette, Europäischer Menschenrechtsschutz nach der Reform der EMRK, JZ 1999, 219; M. Wolf, Zivilprozessuale Verfahrensgarantien in Art 6 I EMRK als Grundlage eines europäischen Zivilprozessrechts, FS Söllner, 2000, S 1279.

b) Einheitliche Standards Einheitliche Standards des Zivilrechtsschutzes in Europa ergeben sich aus 74 den Verfahrensgarantien des Art 6 I EMRK. Diese Norm garantiert ein faires Verfahren, auch vor den Zivilgerichten der Mitgliedstaaten.129 Entscheidungen der EuGHMR binden nach Art 46 EMRK. Sie sind im Inland zu beachten, führen aber nicht unmittelbar zur Durchbrechung der Rechtskraft.130 Künftig garantiert auch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Rechte auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches _______________

129 Vgl Pache EuGRZ 2000, 601; Adolphsen, in: Renzikowski, S 39. 130 Vgl BVerfGE 111, 307 = FamRZ 2004, 1857 (Rixe); S. Haß, S 129ff; Papier, EuGRZ 2006, 1.

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Gericht einschließlich des Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.131

III. Prozessrechtsvergleichung 1. Allgemeine Ziele 75 Schrifttum: A. Ateia, Le regroupement des families juridiques en droit judiciaire, in: Andolina, Transnational Aspects of Procedural Law, 1998, S 627; Gerber, Comparing procedural systems, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 665; Gilles, Prozessrechtsvergleichung, 1996; Gilles u. Lubinski, Eigenheiten der Prozessrechtsvergleichung, in: Andolina, Transnational Aspects of Procedural Law, 1998, S 967 u. 1091; Goldstein, The Utility of the Comparative Perspective in Understanding, Analyzing and Reforming Procedural Law, Oxford 1999 (= Comparative Law Review Japan 33 (1999), 87; Gottwald, Zum Stand der Prozessrechtsvergleichung, FS Schlosser, 2005, S 227; Habscheid, Introduzione al diritto processuale comparato, 1985; B. Hess, Effektiver Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten aus deutscher und vergleichender Sicht, in: Gottwald, Effektivität des Rechtsschutzes, 2006, S 121; Ishikawa/Mikami, Legal Families in Procedural Law, Keio Law Review 1995 (8), 21; J. Jolowicz, On the comparison of procedures, in: Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 721; ders, Civil Procedure in the Common and Civil Law, in: Doeker-Mach/Ziegert, Law, Legal Culture and Politics in the 21st Century, 2004, S 55; Koch, Neuordnung der Rechtsfamilien im Prozessrecht; in Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, S 119; T. Kojima, Legal families in procedural law revisited, in: Andolina, Transnational Aspects of Procedural Law, 1998, S 567; G. Miller, The Legal-Economic Analysis of Comparative Civil Procedure, AmJCompL 45 (1997), 905; van Rhee, European Traditions in Civil Procedure, 2005; ders, English and continental civil procedure: similarities today and in the past, Studies in honour of W. Litewski, 2003, S 201; Stürner/Stadler, Eigenarten der Prozessrechtsvergleichung, in: Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, S 263; P. Taelman, Civil Procedure: International Encyclopedia of Laws, 1991ff; A. Uzelac, Kann die Effizienz der Justiz gemessen werden?, in: Gottwald, Effektivität des Rechtsschutzes, 2006, S 41.

76 Bereits de lege lata sollte bei der Auslegung der Normen des IZPR einer Auslegung der Vorrang gegeben werden, die zu einer harmonischen Zusammenarbeit zwischen den Staaten und zu einer Harmonisierung der Rechtsordnungen beiträgt. Der gegenseitigen Information, dem Kennenlernen von Gemeinsamkeiten und Unterschieden, aber auch der Erarbeitung von Vorschlägen zur Rechtsangleichung dienen Grundlagenstudien der Prozessrechtsvergleichung. 2. Prozesskultur, Chancen und Risiken der Prozessführung im Ausland 77 Schrifttum: O. Chase, Law, Culture and Ritual, 2005; ders, American „Exceptionalism“ and Comparative Procedure, AmJCompL 50 (2002), 277; V. Gessner, Foreign _______________

131 Vgl ABl EG Nr C 364/1 vom 18.12.2000.

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Prozessrechtsvergleichung

§1

Courts, Civil Litigation in Foreign Legal Cultures, 1996; ders, Europas holprige Rechtswege – die rechtskulturellen Schranken der Rechtsverfolgung im Binnenmarkt, FS Reich, 1997, S 263; B. Hess, Aktuelle Brennpunkte des transatlantischen Justizkonflikts, AG 2005, 897; Th. Ingenhofen, Prozessuale Gestaltungsmöglichkeiten ausländischer Unternehmen im Forum London, Diss. Tübingen 1999; R. Marcus, Putting Americas Procedural Exceptionalism into a Globalized Context, AmJCompL 53 (2005), 709; Maxeiner, Die Gefahr der Übertragung des deutschen Rechtsdenkens auf den USamerikanischen Zivilprozess, RIW 1990, 440; R. Michaels, US-Gerichte als Weltgerichte, DAJV-NL 2006, 46; P. Nouel, International Practice of Law, Liber amicorum Th. Bär und R. Karrer, 1997, S 183; W. Posch, „Amerikanisierung“ oder „Verwilderung der Sitten“?, FS Jelinek, 2002, S 209; Reitz, Grundlegende Unterschiede zwischen dem deutschen und dem US-amerikanischen Zivilprozessrecht, ZZP 104 (1991), 381; Schütze, Konzeptionelle Unterschiede der Prozessführung vor US-amerikanischen und deutschen Gerichten, WM 1983, 1078; ders, Rechtsverfolgung im Ausland, 2. Aufl 1998; ders, Internationales Zivilprozessrecht und Politik, FS Georgiades, 2005, S 577; Stürner, U.S.-amerikanisches und europäisches Verfahrensverständnis, FS Stiefel, 1987, S 763; ders, Prozessrecht und Rechtskulturen, in: Gilles/Pfeiffer, Prozessrecht und Rechtskulturen, 2004, S 31; ders, Class actions und Menschenrechte, FS Georgiades, 2005, S 1299; M. Taruffo, Legal cultures and models of civil justice, FS Nakamura, 1996, S 621.

Ein Prozess im Ausland ist wegen seiner internationalen Dimension (Zustel- 78 lungszeiten, Postlauf, Übersetzungen, Befassung in- und ausländischer Anwälte) häufig zeitlich und finanziell erheblich aufwendiger als ein Inlandsverfahren.132 Nationale Prozessordnungen enthalten vielfach vergleichbare Regelungen. 79 Dennoch darf keine Partei erwarten, dass Institute des nationalen Verfahrensrechts im Ausland in gleicher Weise gehandhabt würden. Vielmehr bestehen in der Praxis erhebliche praktische und konzeptionelle Unterschiede hinsichtlich des Verfahrensablaufs, etwa weil sich die Rollenverteilung zwischen den Beteiligten und die Ziele des Verfahrens beträchtlich unterscheiden. Dies gilt insb hinsichtlich des Beweisrechts zwischen Verfahren kontinentaleuropäischen Zuschnitts und dem US-amerikanischen Zivilprozess, aber auch gegenüber Verfahren in Japan.133 Unterschiede bestehen hinsichtlich der Möglichkeit der Vollstreckung aus nicht rechtskräftigen Entscheidungen134 und der Dauer des Verfahrens. Hinzuweisen ist auf die Risiken von Sammelklagen (class action) und Klagen 80 auf Ersatz von punitive damages,135 das Discovery-Verfahren und die Ziviljury, die generelle American rule fehlender Kostenerstattung,136 die höheren _______________

132 Vgl Schermers, Essays in honour of Voskuil, 1992, 279. 133 Vgl Yamauchi/Cohen, Understanding the incidence of litigation in Japan, Int.Lawyer 25 (1991), 443. 134 Vgl Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 102f. 135 Vgl Schütze RIW 2004, Heft 7 (Erste Seite); Stürner, FS Georgiades, S 1299. 136 Vgl S. Neufang, Kostenverteilung im US-amerikanischen Zivilprozess, 2002, S 31ff.

31

§1

Einführung

Anwaltskosten und die Dauer des Prozesses in den USA.137 Regelmäßig zwingen diese Gründe zu einem Vergleich;138 nur ein minimaler Prozentsatz der anhängig gemachten Verfahren erreicht ein trial. Ein Kläger, der die Wahl zwischen einem Prozess in den USA und Deutschland hat, hat diese Unterschiede im konkreten Fall gegeneinander abzuwägen; die beste Lösung ist dann evtl. ein „midatlantic-settlement“.139 Gleichwohl locken die Hoffnung auf hohen Schadenersatz nach einem jury trial und die Möglichkeit der class action viele Kläger zu einem Verfahren in den USA. 81 Das IPR der jeweiligen lex fori bestimmt das in der Sache anwendbare Recht. Da das IPR nicht vereinheitlicht ist, können sich aus der Wahl des Gerichtsstaates erhebliche Vorteile (forum shopping) oder Nachteile ergeben.140 82 Schließlich ist zu bedenken, ob aus der Entscheidung tatsächlich vollstreckt werden kann, dh ob der Beklagte Vermögen im Gerichtsstaat hat oder die Entscheidung in Staaten, in denen Vollstreckungsobjekte belegen sind, anerkannt werden kann.141

_______________

137 Vgl R. Weintraub, The United States as a Magnet Forum, in: Goldsmith, International Dispute Resolution, 1997, S 213ff; Ch. Platto, Economic Consequences of Litigation Worldwide, 1999. 138 Vgl Heidenberger RIW 1997, 464. 139 Silva, Texas Int’lL.J. 28 (1993), 479, 495ff. 140 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 103f. 141 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 102f.

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§ 2 Grenzen der Gerichtsbarkeit Inhaltsübersicht 9. Die Immunität von StaatsI. Die Staatsimmunität schiffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 2 II. Die Immunität von Diplomaten 3. Die Immunität ausländischer und Konsuln Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Immunität ausländischer 2. Die Immunität von Mitgliedern Staatsoberhäupter, Regierungsder diplomatischen Missionen mitglieder, Staatsorgane . . . . . 27 3. Die Unverletzlichkeit des 5. Die Immunität von Personen Gesandtschaftsgebäudes . . . . . des öffentlichen Rechts und 4. Die Immunität von Mitgliedern Staatsunternehmen . . . . . . . . 30 der konsularischen Vertretun6. Wirkung der Immunität im gen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erkenntnisverfahren . . . . . . . . 32 5. Wirkungen der Immunität . . . a) Zustellung der Klage an den ausländischen Staat . . . . . . 33 III. Die Immunität internationaler Organisationen b) Tätigkeit des Gerichts . . . . 39 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . c) Entscheidung unter Verstoß 2. Abgestufte Immunität intergegen Immunität . . . . . . . . 41 nationaler Organisationen . . . . 7. Fehlende Klagbarkeit kraft 3. Die Rechtsstellung ausländiBesatzungsrechts . . . . . . . . . . 42 scher Streitkräfte, insb von 8. Arrestverfahren und ZwangsNATO-Truppen . . . . . . . . . . . vollstreckung gegen fremde Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

44

50 51 61

63 70

74 75

92

I. Die Staatsimmunität 1. Schrifttum a) Allgemeines: E. Bankas, The State Immunity Controversy in International Law, 1 2005; Barnhoorn, The Service of Process on a foreign state, Essays in Honour of Voskuil, 1992, 1; Baumgartner, Human rights and civil litigation in US courts, Washington Univ.L.Q. 80 (2002), 835; J. Bertele, Souveränität und Verfahrensrecht, 1998; Beys, Die Staatenimmunität im Lichte des Grundsatzes der Achtung und des Schutzes der Menschenwürde, FS Geimer, 2002, S 67; Boguslawskij, Die Regelung der Staatenimmunität in der Gesetzgebung der GUS-Staaten, IPRax 2002, 43; Born, International Civil Litigation in United States Courts, 3. Aufl 1996 (S 335–560); Bourel, Conflits de Juridictions, Immunités de juridiction et d’exécution, Juris-Cl. Droit intern. Fasc. 581–50 (1993); Dahlhoff, Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen exterritoriale Schuldner in Deutschland, BB 1997, 321; Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht, Bd I/1, 2. Aufl 1989; Damian, Staatenimmunität und Gerichtszwang, 1985; G. Delaume, Law and Practice of Transnational Contracts, 1988 (S 223–280); Dörr, Staatliche Immunität auf dem Rückzug?, AVR 41 (2003), 201; J. Donoghue, The public face of private international law: prospects for a convention on foreign state immunity, Law and

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§2

Grenzen der Gerichtsbarkeit

contemp. problems 57 (1994), 305; Dormann Bessenich, Der ausländische Staat als Kläger, 1993; Esser, Klagen gegen ausländische Staaten, 1990; Feldmann, The US Foreign Immunities Act of 1976, ICLQ 35 (1986), 302; H. Fox, The law of State Immunity, 2002; R. Garnett, State immunity in Employment Matters, ICLQ 46 (1997), 81; Geiger, Staatenimmunität: Grundsatz und Ausnahme, NJW 1987, 1124; Gordon, Foreign state immunity in commercial transactions, 1991; Grabinski, Staatenimmunität im Erkenntnisverfahren, IPRax 1992, 35; Gramlich, Staatliche Immunität und Zugriff auf iranische Konten in der Bundesrepublik, NJW 1981, 2618; C. Hailer, Menschenrechte vor Zivilgerichten – die Human Rights Litigation in den USA, 2006; Hausmann, Ausländische Staaten als Darlehens- oder Anleiheschuldner vor deutschen Gerichten, FS Geimer, 2002, S 289; van Hecke, Nochmals: Der ausländische Staat als Kläger, IPRax 1992, 205; Heidenberger, Die Praxis von US-Gerichten zur Staatenimmunität Deutschlands, ZVglRWiss 97 (1998), 440; Heß, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992; ders, Zur Zustellung von Klagen gegen fremde Staaten, RIW 1989, 254; ders, Zur Zustellung von Klagen gegen fremde Staaten, RIW 1989, 254; M. Holstein, Act of State im US-amerikanischen Recht, 1998; International Law Association, Final Report on Developments in the Field of State Immunity, Report of the 66th Conference, 1994, S 452; K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl 2004 (§ 26 IV); Karczewski, Das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität, RabelsZ 54 (1990), 533; Kilgus, Zur Intervention der Bundesrepublik in Zivilverfahren aus völkerrechtlichen Gründen, RIW 1997, 14; Kren Kostkiewicz, Staatenimmunität im Erkenntnisverfahren und im Vollstreckungsverfahren nach schweizerischem Recht, 1998; Kronke, Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität, IPRax 1991, 141; Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, 1989; Ph. Leboulanger, Présentation de la Convention des Nations Unies du 17 janvier 2005 sur les immunités juridictionelles des états et de leurs biens, Rev arb 2005, 803; M. Lüke, Die Immunität staatlicher Funktionsträger, 2000; F. Matscher, Zur prozessualen Behandlung der inländischen Gerichtsbarkeit, FS Schlosser, 2005, S 561; Pfeiffer, Die Berücksichtigung des völkerrechtlichen Notstandseinwands im deutschen Zivilprozess, FS Nemeth, 2003, S 687; I. Pingel, Observations sur le convention du 17 janvier 2005 sur les immunités juridictionelles des États et de leurs biens, JDI 132 (2005), 1045; Rensmann, Staatenimmunität und völkerrechtswidrige Hoheitsakte, IPRax 1998, 44; Ress, Entwicklungstendenzen der Immunität ausländischer Staaten, ZaöRV 40 (1980), 217; Restatement of the Law Third, The Foreign Relations Law of the US, 1987 (§§ 451ff, §§ 464ff); St. Riesenfeld/M. Feldman/E. Singer, The Foreign Sovereign Immunities Act: Ten Years Later, Vanderbilt J.Transn.L. 19 (1986), 1; T.S. Roeder, Grundzüge der Staatenimmunität, JuS 2005, 225; Schlosser, Das völkerrechtswidrige Urteil nach deutschem Prozessrecht, ZZP 79 (1966), 164; v Schönfeld, Die Immunität ausländischer Staaten vor deutschen Gerichten, NJW 1986, 2980; Schreuer, State Immunity: Some Recent Developments, 1988; ders, Die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen ausländische Staaten, österr. JZ 1991, 41; Seidl-Hohenveldern, Neue Entwicklungen im Recht der Staatenimmunität, FS Beitzke, 1979, S 1081; ders, Staatenimmunität gegenüber Dienstnehmerklagen von Botschaftspersonal, IPRax 1993, 190; Stein/v. Buttlar, Völkerrecht, 11. Aufl 2005; D.R. Stewart, The UN Convention on Jurisdictional Immunities of States and their Property, AmJIntL 2005, 194; B. Stern, Immunités et doctrine de l’Act of State, JDI 133 (2006), 63; Strebel, Staatenimmunität: Die Europakonvention und die neuen Gesetze der Vereinigten Staaten und Großbritannien, RabelsZ 44 (1980), 66; Trooboff, Foreign State Immunity, RdC 200 (1986 V), 235; Vischer, Der ausländische Staat als Kläger, IPRax 1991, 209; E. Voyiakis, Access to Court v State Immunity, ICLQ 52 (2003), 297; P. de Waart u. Y. Schrevelius, Em-

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Die Staatsimmunität

§2

bassy employees and state immunity, in: W. Heere, International law and The Hague’s 750th anniversary, 1999, S 111; G. Walter, Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, FS Waseda Universität, 1988, S 771; P.-F. Walter, Gibt es eine Beweislastverteilung bei der Immunität von Staaten?, RIW 1984, 9; V. Yarkov, The evolution of jurisdictional immunity doctrine, FS Boguslavskij, 2004, S 231. – United Nations Convention on Jurisdictional Immunities of States and Their Property (Resolution adopted by the General Assembly 59/38 of 16 December 2004) (abgedruckt in Rev arb 2005, 806 m Einführung Leboulanger S 803); dazu Denza, Fox, Gardiner, Hall, Dickinson u. McGregor ICLQ 55 (2006), 395ff; – Baseler Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16.5.1972 (BGBl 1990 II, 35). b) Menschenrechtsverletzungen: Bröhmer, State Immunity and the Violation of Human Rights, 1997; Cremer, Entschädigungsklagen wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen und Staatenimmunität vor nationaler Zivilgerichtsbarkeit, AVR 41 (2003), 201; Gebauer/Schulze, Kalifornische Holocaust-Gesetze zugunsten von NSZwangsarbeitern und geschädigten Versicherungsnehmern und die Urteilsanerkennung in Deutschland, IPRax 1999, 478; Heß, Staatenimmunität und völkerrechtlicher Rechtsschutz bei politischem Mord, IPRax 1993, 110; ders, Staatenimmunität bei Menschenrechtsverletzungen, FS Schütze, 1999, S 269; ders, Entschädigung für NSZwangsarbeit vor US-amerikanischen und deutschen Zivilgerichten, AG 1999, 145; ders, Kriegsentschädigung aus kollisionsrechtlicher und rechtsvergleichender Sicht, in: Entschädigung nach bewaffneten Konflikten, 2003, S 107; Hobe, Durchbrechung der Staatenimmunität bei schweren Menschenrechtsverletzungen – NS-Delikte vor dem Areopag, IPRax 2001, 368; Oberhammer/Reinisch, Zwangsarbeiter vor deutschen Gerichten, IPRax 2001, 211; Rau, Schadenersatzklagen wegen extraterritorial begangener Menschenrechtsverletzungen: der US-amerikanische Alien Tort Claims Act, IPRax 2000, 558; ders, Haftung privater Unternehmen für Menschenrechtsverletzungen?, IPRax 2001, 372; Reinisch, NS-Verbrechen und „potitical questions“, IPRax 2000, 32; Rensmann, Internationale Verbrechen und Befreiung von staatlicher Gerichtsbarkeit, IPRax 1999, 268; Safferling, Zwangsarbeit vor US-amerikanischen Gerichten, NJW 2000, 1922; Scheffler, Die Bewältigung hoheitlich begangenen Unrechts durch fremde Zivilgerichte, 1997; Tomuschat, Rechtsansprüche ehemaliger Zwangsarbeiter gegen die Bundesrepublik Deutschland?, IPRax 1999, 237. c) Staatsoberhäupter: J. Dellapenna, Sueing foreign governments and their corporations, 1988; Gornig, Immunität von Statsoberhäuptern, FS Rauschning, 2001, S 457; G. Hokema, Immunität von Staatsoberhäuptern, 2002; Ch. Tangermann, Die völkerrechtliche Immunität von Staatsoberhäuptern, 2002; A. Watts, The legal position in international law of heads of states, heads of governments and foreign ministers, Rec.d.Cours 247 (1994 III), 9. d) Staatsunternehmen: Busl, Ausländische Staatsunternehmen im deutschen Vollstreckungsverfahren, 1992; Esser, Zur Immunität rechtlich selbständiger Staatsunternehmen, RIW 1984, 577; Gramlich, Staatliche Immunität für Zentralbanken?, RabelsZ 45 (1981), 545; Herz, Die Immunität ausländischer Staatsunternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit, 1996; Krauskopf/Steven, Immunität ausländischer Zentralbanken im deutschen Recht, WM 2000, 269; C.-P. Martens, Doctrine of State Immunity concerning State Enterprises, in: Rodriguez/Prell, International Judicial Assistance, 1999, S 221.

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§2

Grenzen der Gerichtsbarkeit

2. Einführung 2 Jeder Staat besitzt die Justizhoheit und damit grundsätzlich die Befugnis, auf seinem Hoheitsgebiet Recht zu sprechen. Insoweit steht ihm die Gerichtsbarkeit zu. Aus der Tatsache, dass alle Staaten für sich eine solche Gerichtsbarkeit in Anspruch nehmen, folgt bereits ein negativer Satz des Völkerrechts, dass kein Staat auf dem Gebiet eines anderen seine Gerichtsbarkeit ausüben darf und dass keinem Staat die Gerichtsbarkeit über einen anderen Staat zusteht. Die inländische Gerichtsbarkeit (facultas iurisdictionis) findet ihre Grenze also an der Immunität fremder Staaten. Diese können demnach grundsätzlich nicht vor einem inländischen Gericht verklagt werden. Die Immunität der Staaten beruht auf dem Völkergewohnheitsrecht.1 Von vielen ist immer wieder der Satz wiederholt worden „par in parem non habet imperium“. Genau genommen beruht die Immunität der Staaten auf den drei Grundsätzen des Völkerrechts: der Unabhängigkeit, der Gleichheit und der Würde der Staaten. Soweit sich ein ausländischer Staat in Ausübung seiner Hoheitsgewalt betätigt, unterliegt er nicht der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates.2 3 Der Staat darf aber indirekt oder direkt im Wege der Rechtshilfe (s u §§ 6ff) gegenüber Parteien oder Dritten handeln, die sich im Ausland aufhalten. Seine Gerichte dürfen Vorgänge beurteilen, die sich im Ausland ereignet haben, sofern ihre internationale Entscheidungszuständigkeit besteht (s u § 3). Soweit sich ein Staat hoheitlich betätigt, sind seine Handlungen allein deshalb der Jurisdiktion anderer Staaten entzogen (funktionelle Immunität). Dagegen besteht heute keine allgemeine völkerrechtliche Immunität, wenn sich der Staat oder sein Repräsentant privatrechtlich betätigt („acta iure gestionis“). Der Gerichtsstaat kann aber auch insoweit Immunität als persönliches Vorrecht gewähren.3 Zudem macht die Abgrenzung zwischen beiden Bereichen gewisse Schwierigkeiten. 3. Die Immunität ausländischer Staaten 4 § 20 GVG lautet: „Die deutsche Gerichtsbarkeit erstreckt sich auch nicht auf andere als die in den §§ 18 und 19 genannten Personen, soweit sie nach den allgemeinen Regeln des Völkerrechts, aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen oder sonstiger Rechtsvorschriften von ihr befreit sind.“

Nach den Regeln des allgemeinen Völkerrechts sind fremde Staaten von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Bei Bundesstaaten sind grundsätzlich _______________

1 BGH NJW 1979, 1101. 2 Ipsen/Epping, Völkerrecht, § 26 Rz 17; Stein/v. Buttlar Rz 717. 3 Dahm/Delbrück/Wolfrum § 71 II, S 453.

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Die Staatsimmunität

§2

auch die einzelnen Gliedstaaten immun.4 Dies gilt nicht im Anwendungsbereich von Art 28 Europ. Übereinkommen (s u Rz 18). a) Lange Zeit wurden Staaten als „absolut immun“ angesehen. Kein Staat 5 konnte gegenüber einem anderen Staat Gerichtsbarkeit ausüben. Seitdem sich die Staaten aber direkt oder indirekt durch Untergliederungen, Agenturen, Behörden oder sonstige Organisationen am internationalen Handel und Wirtschaftsverkehr beteiligen, ließ sich diese Ansicht aus praktischen Gründen nicht mehr aufrechterhalten. Vor allem die sozialistischen Staaten unter Führung der ehemaligen Sowjetunion hatten lange Zeit an der Lehre von der absoluten Souveränität des Staates und der absoluten Staatenimmunität festgehalten.5 Ursprünglich sollten danach auch Handelsvertretungen und Außenhandelsorganisationen an der staatlichen Immunität teilhaben. In den 80er Jahren wurde diese Ansicht dagegen im Interesse geordneter internationaler Wirtschaftsbeziehungen aufgegeben und die rechtliche Selbständigkeit sozialistischer staatlicher Unternehmen und damit ihre Gerichtspflichtigkeit betont.6 Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, der Auflösung des Ostblocks und dem sukzessiven Übergang zu marktwirtschaftlichen Ordnungen ist aber davon auszugehen, dass die meisten ehemals sozialistischen Staaten für ihre Handelsbeziehungen heute keine Immunität mehr beanspruchen.7 Art 401 russ. ZPO von 2002 sieht für allgemeine Zivilsachen immer noch eine absolute Staatsimmunität als Grundsatz vor. Art 251 russ. APO von 2002 gewährt Staatenimmunität nur für Tätigkeiten in hoheitlicher Funktion.8 Die heute bei weitem vorherrschende Lehre von der restriktiven Staats- 6 immunität unterscheidet danach, ob ein Staat hoheitsrechtlich (acta iure imperii) tätig geworden ist, oder ob er sich wie ein Privater am Wirtschaftsleben beteiligt hat (acta iure gestionis). Im ersten Fall ist der ausländische Staat jeder Gerichtsbarkeit eines anderen Staates entzogen. Wegen Bombenschäden, die seine Luftwaffe anderen zugefügt hat, kann er daher nicht im Ausland verklagt werden (s aber Rz 13).9

_______________

4 Soergel/Kronke, Anh IV Art 38 Rz 8; Geimer, IZPR, 5. Aufl Rz 567ff. 5 Reß ZaöRV 40 (1980), 217, 230ff; Heß, Staatenimmunität, S 189ff. 6 Enderlein RIW 1988, 333; für China vgl Wang, China’s Attitude toward State Immunity, in: International Symposium in Commemoration of the Centennial of The Japanese Association of International Law, 1997, S 168. 7 Vgl Boguslawskij IPRax 2002, 43, 45. 8 Boguslawskij, in Boguslawskij/Trunk, Reform des Zivil- und Wirtschaftsprozessrechts in den Mitgliedstaaten der GUS, 2004, S 19, 31. 9 Österr. OGH IPRax 1996, 41; Seidl-Hohenveldern, Staatenimmunität bei Kriegshandlungen, IPRax 1996, 52.

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§2

Grenzen der Gerichtsbarkeit

7 b) Nach inzwischen hM im Völkerrecht ist der ausländische Staat dagegen nicht immun, soweit er sich wie eine Privatperson betätigt, insbesondere Handel treibt. Da sich der moderne Wohlfahrtsstaat aber vielfach aus politischen Gründen wirtschaftlich betätigt, ist die konkrete Abgrenzung im Bereich der staatlich kontrollierten Wirtschaft zweifelhaft und wird in der Staatenpraxis nicht völlig einheitlich beantwortet.10 8 Bei privatwirtschaftlicher Betätigung (commercial transaction) können sich die Staaten nicht auf eine Immunität berufen, sondern unterliegen der Gerichtsbarkeit anderer Staaten (so ausdrücklich Art 10 UN-Convention). Das BVerfG hat mehrfach ausgesprochen, dass es keine Regel des allgemeinen Völkerrechts gibt, wonach die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat auch in Bezug auf seine nicht hoheitliche Tätigkeit in jedem Fall ausgeschlossen sei.11 Der ausländische Staat kann daher auf Bezahlung des Werklohns aus einer Reparatur an seinem Botschaftsgebäude verklagt werden.12 9 Keine Immunität besteht auch für Streitigkeiten zwischen einem Staat und einem privaten Arbeitnehmer, der seine Arbeit in einem anderen Staat leistet.13 Sowohl nach Art 11 I UN-Convention als nach Art 5 I EuStImmÜ kann der Arbeitnehmer den ausländischen Staat verklagen. Dies gilt jedoch nicht, soweit der Arbeitnehmer hoheitliche Funktionen für den ausländischen Staat ausübt,14 Diplomaten- oder Konsulstatus hat, Staatsangehöriger des ausländischen Staates ist, der Prozess die Sicherheitsinteressen des ausländischen Staates beeinträchtigen würde oder die Zuständigkeit der Gerichte im Arbeitsvertrag (soweit zulässig) schriftlich ausgeschlossen wurde. 10 Ob im Einzelfall ein Hoheitsakt oder eine privatrechtliche Tätigkeit vorliegt, ist nach der Natur der staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses zu entscheiden. Für die Qualifikation ist die nationale lex fori des angerufenen Gerichts maßgeblich.15 Freilich muss dabei zumindest auf den Kernbereich dessen Rücksicht genommen werden, was nach überwiegender Ansicht der Staaten hoheitliche bzw nicht hoheitliche Tätigkeit ist.16 Verschiedene Oberlandesgerichte haben inzwischen bestätigt, dass ausländische Staaten der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegen, sofern sie sich im Inland privatrechtlich betätigen. So hat das OLG Frankfurt in seinem Urteil _______________

10 Vgl Reß ZaöRV 40 (1980), 217ff; Stein/v Buttlar Rz 719f. 11 BVerfGE 15, 25 = NJW 1963, 435; BVerfGE 16, 27 = NJW 1963, 1732 (Reparatur an Heizung des Botschaftsgebäudes); vgl Heß, Staatenimmunität, S 39ff, 146ff, 292ff; v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 19f. 12 BVerfGE 16, 27 = NJW 1963, 1732; Kropholler, IPR, § 57 I 3 a; Soergel/Kronke, Anh IV Art 38 Rz 4. 13 Vgl P. de Waart S 111ff u. Y. Schrevelius S 127ff. 14 ArbG Köln RIW 1999, 623 m Anm Kollatz. 15 BVerfGE 16, 27 = NJW 1963, 1732; Soergel/Kronke, Anh IV Art 38 Rz 5. 16 Verdross/Simma, Universelles Völkerrecht, 3. Aufl 1984, § 1173.

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Die Staatsimmunität

§2

vom 30.6.1977 ausgesprochen, die Tätigkeit der staatlichen spanischen Verkehrsämter sei privatrechtlicher Natur, auch wenn diese Verkehrsämter als Behörden organisiert seien.17 Das OLG München hat in seinem Urteil vom 19.12.1974 bestätigt, dass keine Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit gegeben ist, wenn eine nicht hoheitliche Betätigung eines ausländischen Staates vorliegt. Der beklagte Staat hatte ein Grundstück zur Errichtung eines Generalkonsulats erworben. In dem Rechtsstreit ging es um die Maklergebühr.18 Als nicht hoheitlich sind qualifiziert worden: der Kauf von Waffen, das Betreiben einer Staatsreederei oder einer Omnibuslinie durch die Staatsbahn, der Betrieb eines (Atom-)Kraftwerkes zur Energieversorgung,19 der Bau eines Staudammes,20 die Übernahme einer Bürgschaft oder Garantie für eine privatrechtliche Verbindlichkeit, die Ausgabe von Staatsanleihen oder Anleihen einer Zentralbank, Verträge über Pipelines und Gasleitungen, das Betreiben eines public relations-Instituts.21 Auch für Verkehrsunfälle22 und Produkthaftungsklagen besteht keine Immunität.23 c) Von den USA ausgehend wird zunehmend behauptet, gegenüber Klagen 11 wegen Menschenrechtsverletzungen bestehe auch bei hoheitlichem Handeln des Staates keine Immunität.24 Soweit ersichtlich wurde bisher zwar die Immunität des Staates respektiert,25 aber der einzelne Amtsträger, der insoweit nicht kraft Amtes, sondern deliktisch gehandelt habe, in Anspruch genommen.26 Seit 1997 sind gemäß § 1605 (a) (7) FSIA Schadenersatzklagen in den USA gegen ausländische Staaten zulässig, die den Terrorismus gefördert haben. Allerdings muss ein US-Bürger Verletzter und ein schiedsgerichtliches Streitbeilegungsverfahren gescheitert sein.27 In der Literatur wird teilweise eine generelle Ausnahme von der Immunität für Schadenersatzklagen wegen Menschenrechtsverletzungen gemacht. In Europa wurden Schadenersatzklagen wegen Menschenrechtsverletzungen 12 gegen ausländische Staaten und ihre Amtsträger meist nicht zugelassen, doch ist Deutschland 1997 in Griechenland zunächst zum Schadenersatz wegen _______________

17 18 19 20 21 22 23 24

RIW/AWD 1977, 720. RIW/AWD 1977, 49. Heß, Staatenimmunität, S 154ff. OLG Frankfurt IPRax 1999, 247, 249 (dazu Hau S 232). Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 583 m.w.N. Heß, Staatenimmunität, S 152f. U.S Court of Appeals (5th Cir.), [1996] ILPr 515. Vgl Stephens/Ratner, International Human Rights Litigation in U.S Courts, 1996; Bröhmer, State Immunity and the Violation of Human Rights, 1997; C. Hailer, Menschenrechte vor Zivilgerichten, 2006; Baumgartner Washington U.L.Rev. 80 (2002), 835. 25 U.S. Court of Appeals, D.C., RIW 1994, 771; vgl Rensmann IPRax 1999, 268. 26 Vgl Heß, FS Schütze, S 269, 272ff; Gibbons/Myers/Dolzer RIW 2004, 899, 900. 27 Vgl Heß, FS Schütze, S 269, 274.

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eines SS-Massakers aus dem Jahre 1944 verurteilt worden.28 Erst der griechische Oberste Sondergerichtshof hat schließlich die Staatsimmunität für unerlaubte Handlungen bewaffneter Kräfte bejaht.29 Das BVerfG hat die Abweisung einer nochmals in Deutschland erhobenen Klage auf Verfassungsbeschwerde bestätigt und dabei ausgeführt, dass ein Staat nach geltendem Völkerrecht für hoheitliches Verhalten von der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates befreit sei.30 Nach dem Völkerrecht haben Einzelpersonen bei völkerrechtswidrigem Verhalten keinen eigenen Ersatzanspruch, lediglich ihr Heimatstaat kann selbst auf diplomatischem Wege Wiedergutmachung für seine Bürger verlangen und den Ersatz an die Betroffenen verteilen.31 In der Literatur wird die Ansicht vertreten, bei Scheitern diplomatischer Streitbeilegungsversuche könne der Einzelne in seinem Heimatstaat klagen; für diese Klage sei eine Notzuständigkeit zu eröffnen.32 Allgemein anerkannt dürfte diese These von der eingeschränkten Immunität bei Hoheitsakten aber noch nicht sein.33 13 Art 18 Abs 3 des Haager Entwurfs eines Zuständigkeits- und Anerkennungsübereinkommens vom 30.10.1999 sah dementsprechend vor, dass die Verfolgung von Schadenersatzklagen wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch das Übereinkommen nicht eingeschränkt werden soll (wobei über Einzelfragen keine Einigung erzielt wurde). 14 Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob verletzte Privatpersonen Ansprüche gegen private Unternehmen geltend machen können, die einen Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen haben.34 Lange Zeit wurde die Geltendmachung von Ersatzforderungen von NS-Zwangsarbeitern gegen deutsche Unternehmen im Hinblick auf das Londoner Schuldenübereinkommen vom 27.2.195335 als ausgeschlossen angesehen. Das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ vom 2.8.200036 sieht vor, dass ehemalige Zwangsarbeiter und andere von natio_______________

28 Court of First Instance of Levadia, [1998] AJIL 765 (Bantekas); vgl Hobe IPRax 2001, 368; Ipsen/Epping § 26 Rz 20ff. 29 Dike International 2002, 1382 (deutsche Übersetzung); vgl auch BGHZ 155, 279 = NJW 2003, 3488. 30 BVerfG, Beschl vom 15.2.2006, 2 BvR 1476/03. 31 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 135ff. 32 Heß, FS Schütze, S 269, 283. 33 Hobe IPRax 2001, 368, 371f. Zu Entschädigungsklagen von Folteropfern ausländischer Staaten s aber Cremer AVR 41 (2003), 137, 164. 34 Bejaht von LG Stuttgart IPRax 2001, 240 (dazu Oberhammer/Reinisch S 211); vgl Safferling NJW 2000, 1922; Reinisch IPRax 2000, 32 und Rau IPRax 2000, 558 (zu Klagen in USA); ders IPRax 2001, 372; Heß DAJV-NL 1999, 33; ders AG 1999, 145; Gebauer/Schulze IPRax 1999, 478 (zu kalifornischen Holocaust-Gesetzen). 35 BGBl II, 331; vgl Heß DAJV-NL 1999, 33, 37; ders AG 1999, 145, 150f. 36 BGBl I, 1263.

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nalsozialistischem Unrecht Betroffene aus einem kollektiven Fonds, der vom Bund und der deutschen Wirtschaft finanziert wird, entschädigt werden sollen. Nach § 16 dieses Gesetzes sollen weitergehende Ansprüche „im Zusammenhang mit nationalsozialistischem Unrecht“ ausgeschlossen sein. Diese kollektive Abgeltung ist inzwischen auch von einem New Yorker Gericht akzeptiert worden.37 Wieder eine andere Frage ist, ob Zwangsarbeiter wegen Amtshaftungsdelik- 15 ten, die NS-Machthaber begangen haben, die Bundesrepublik in Deutschland verklagen können. Solche Ansprüche werden durch § 8 BEG-SchlG ausgeschlossen.38 Das LG Bonn hat eine Schadenersatzklage wegen der deutschen Beteiligung an einem NATO-Luftangriff auf Jugoslawien 1999 nur als unbegründet abgewiesen.39 Im Beschluss vom 4.5.198240 wurde weiterhin die Frage der sachlichen Im- 16 munität geprüft und dabei erörtert, ob kraft Völkergewohnheitsrecht die Zuordnung der Ausnutzung der Erdölvorkommen zum inneren Bereich der staatlichen Souveränität gehöre. In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage geprüft, ob der Gerichtsstand des Vermögens, § 23 ZPO, überhaupt heranzuziehen sei. Das OLG lehnte in allen Fällen eine persönliche oder sachliche Immunität ab.41 Freilich ist noch nicht endgültig geklärt, was im Einzelfall zum Kernbereich der staatlichen Souveränität gehört. Auch der Betrieb eines Atomreaktors wurde im Fall Tschernobyl als nichthoheitliche Tätigkeit eingestuft.42 Art 13 (e) des Pariser Übereinkommens über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie vom 29.7.196043 sieht ausdrücklich vor, dass sich eine Vertragspartei für Klagen, die unter das Übereinkommen fallen, für das Erkenntnisverfahren nicht auf Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen kann. d) Act of State-Doktrin. Mit der Immunität verwandt, aber nicht gleichzu- 17 setzen ist die von den common law-Staaten anerkannte Lehre, dass fremde Hoheitsakte zu beachten sind und die Gerichte eines Staates nicht über Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit von Hoheitsakten eines anderen Staates, sei es als Haupt- oder als Vorfrage entscheiden können, wenn dieser Hoheitsakt in Ausübung ausschließlicher Zuständigkeiten im öffentlichen _______________

37 Vgl Vagts/Murray, Entschädigungsklagen der Zwangsarbeiter, ZZPInt 7 (2002), 333; Schütze, Internationales Zivilprozessrecht und Politik, FS Georgiades, 2005, S 577. 38 Vgl OLG Köln IPRax 1999, 251, 253 (dazu Tomuschat S 237). 39 LG Bonn JZ 2004, 572 (dazu Dörr). 40 OLG Frankfurt IPRax 1983, 68. 41 Krit Albert IPRax 1983, 55; Gramlich NJW 1981, 2619. 42 AmtsG Bonn IPRax 1988, 351 (dazu Gundling S 338); Schack, in: Umweltschutz im Völkerrecht und Kollisionsrecht, 1992, 315, 322. 43 BGBl 1976 II, 308.

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Interesse ergangen ist.44 Mit der Act of state-Doktrin kann aber auf extraterritoriale Wirkungen fremder Hoheitsakte, auch auf Enteignungen aus politischen Gründen oder auf schwere Menschenrechtsverletzungen nicht sinnvoll reagiert werden.45 Diese Doktrin muss daher ihre Grenzen am inländischen ordre public finden. Auch darf geprüft werden, ob der Akt dem Recht des erlassenden Staates entspricht.46 Die Act of state-Doktrin ist kein Bestandteil des Völkergewohnheitsrechts, die deutschen Gerichte haben sie nicht anerkannt.47 18 e) Im Europäischen Übereinkommen über die Staatenimmunität vom 16.5. 197248 wurde kasuistisch festgelegt, wann einem Staat keine Immunität zukommt.49 Die grobe Unterscheidung zwischen acta jure imperii und acta iure gestionis wurde in dem Übereinkommen aufgegeben. Gliedstaaten sind nicht immun (Art 28 I). Das Übereinkommen gilt bisher für Belgien, Deutschland, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweiz, das Vereinigte Königreich und Zypern. Der ausländische Staat ist danach gerichtspflichtig, – – – – – – – – –

wenn er sich ausdrücklich der Gerichtsbarkeit unterworfen hat (Art 2) oder rügelos auf das Verfahren einlässt (Art 3). Er ist grundsätzlich gerichtspflichtig für vertragliche Ansprüche, die im Gerichtsstaat zu erfüllen sind (Art 4), für Arbeitsstreitigkeiten im Gerichtsstaat (außer mit eigenen Staatsangehörigen) (Art 5), für Streitigkeiten aus der Beteiligung an einer Gesellschaft (Art 6), aus Handelsgeschäften (Art 7), aus gewerblichen Schutzrechten (Art 8), aus unbeweglichem Vermögen oder Erbschaften im Gerichtsstaat (Art 9, 10) sowie bei Klagen auf Ersatz von Personen- oder Sachschäden, die im Gerichtsstaat eingetreten sind (Art 11).

Da Deutschland eine Erklärung gem. Art 24 I abgegeben hat, unterliegen ausländische Staaten hier für actae iure gestionis wie bisher der inländischen Gerichtsbarkeit.50 _______________

44 Vgl Restatement of Foreign Relations Law (Third), 1987, § 443; Born/Westin S 489ff; Hailbronner, in: Graf Vitzthum, Völkerrecht, 1997, 3. Abschn Rz 75; Heß, Staatenimmunität, S 51ff; Holstein, Act of State, passim; Stern JDI 133 (2006), 63. 45 Vgl Geimer ZRvgl 5 (1992), 321, 333. 46 Dahm/Delbrück/Wolfrum, § 75 III 2 (S 486). 47 Dahm/Delbrück/Wolfrum § 75 III 4 (S 490); vgl A. Scheffler, Die Bewältigung hoheitlich begangenen Unrechts durch fremde Zivilgerichte, 1997. 48 BGBl 1990 II, 34. 49 Vgl Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 666ff, 668; Heß, Staatenimmunität, S 210ff. 50 Schack, in: Umweltschutz im Völkerrecht, 1992, 315, 323.

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f) Auch neuere nationale Gesetze, wie der US Foreign Sovereign Immunities 19 Act (FSIA) 1976,51 der britische State Immunity Act 1978,52 der Sovereign Immunity Act 1981 von Südafrika, der kanadische State Immunity Act 1982 oder der Foreign States Immunities Act 1985 von Australien folgen bei Unterschieden im Detail demselben restriktiven Ansatz.53 Nach 28 USC § 1330 sind amerikanische Bundesgerichte nur dann für eine Klage gegen einen ausländischen Staat zuständig, wenn nach dem FSIA keine Immunität besteht.54 Dementsprechend hat der U.S Supreme Court „subject matter jurisdiction“ für eine Klage in Amerada Hess Shipping Corp. gegen die Republik Argentinien verneint, womit Schäden eingeklagt werden sollten, die Schiffe der Klägerin durch argentinische Luftangriffe im Rahmen des Krieges um die Falkland-Inseln erlitten hatten.55 28 USC § 1605 (a) (2) verlangt außerdem, dass der Fall „caused a direct effect in the United States“, damit eine Klage zulässig ist. Bei Streitigkeiten aus internationalen Anleihen genügte es, dass dadurch der Status von New York als internationaler Finanzplatz gefestigt wurde.56 „Commercial activities“, für die keine Immunität besteht, definiert 28 USC 20 § 1603 (d) als „either a regular course of commercial conduct or a particular commercial transaction or act. The commercial character of an activity shall be determined by reference to the nature of the course of conduct or particular transaction or act, rather than by reference to its purpose“.57 Der Vertrag eines Opernsängers mit einem Stadttheater ist danach kommerzieller Natur.58 Wird ein Staat aus Anlass einer wirtschaftlichen Aktivität verklagt, so trifft 21 ihn die Beweislast, wenn er sich darauf beruft, in Wirklichkeit handele es sich um Folgen hoheitlicher Tätigkeit, für die er Immunität genieße.59 Auf eine bestehende Immunität kann der ausländische Staat ausdrücklich 22 oder durch Einlassung auf den Rechtsstreit verzichten.60 Der Beklagte kann _______________

51 Vgl Republic of Austria v Altmann, 124 S.Ct. 2240 (June 7, 2004); Shapiro v Rep. of Bolivia, 930 F.2d 1013 (2nd Cir. 1991); Esser S 25ff; Heß, Staatenimmunität, S 79ff; Ipsen/Epping § 26 Rz 25. 52 Vgl Fox ICLQ 43 (1994), 193; Esser S 61ff; Jacob, Private International Litigation, 1988, S 291ff; Heß, Staatenimmunität, S 120ff. 53 Rechtsvergleichender Überblick bei BVerfGE 64, 1, 24ff = NJW 1983, 2766; vgl Heß, Staatenimmunität, S 135ff. 54 Vgl Reimann IPRax 1995, 123, 126. 55 488 U.S 428 (1988); Amerada Hess Shipping Corp. v Argentine Rep., 638 F.Supp. 73 (S.D.N.Y. 1986); dazu W. Webster Hasting L.J. 39 (1988), 1109. 56 Weltover v Rep. of Argentina, 941 F.2d 145, 153 (2nd Cir. 1991). 57 Vgl Federal Insurance Co v Richard Rubin, U.S Court of App., 3rd Civ., [1996] I.L. 434; Shapiro v Republic of Bolivia, 930 F. 2d. 1013 (2nd Cir. 1991). 58 Bybee v Oper der Stadt Bonn, [1997] ILPr 42. 59 Vgl P.-F. Walter RIW 1984, 9. 60 Schack IZVR Rz 162f; Esser S 161f; Soergel/Kronke Anh IV Art 38 Rz 6.

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sich in diesem Fall voll verteidigen und auch eine konnexe Widerklage erheben (Art 1 II Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität). Ferner besitzt der ausländische Staat als Grundstückseigentümer keine Immunität gegenüber rein dinglichen Klagen (Art 9 Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität).61 Der Verzicht muss freilich eindeutig erfolgen. Aus einer Einlassung des Staates als Verwalter eines Fremdvermögens folgt kein Verzicht für ein Verfahren gegen den Staat selbst.62 Aus der Unterwerfung unter ein Erkenntnisverfahren folgt freilich nicht, dass sich der Staat auch der Zwangsvollstreckung unterwirft (Art 23 Europäisches Übereinkommen). Allerdings ist eine Vollstreckung in Wirtschaftsvermögen des Staates auch ohne eine derartige Unterwerfung zulässig.63 23 Anders als vor dem staatlichen Gericht besitzt der Staat vor dem Schiedsgericht keine Immunität, da diese nur gegenüber der Hoheitsgewalt eines anderen Staates besteht.64 Jedoch unterwirft sich ein Staat durch Abschluss eines Schiedsvertrages nicht ohne weiteres Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs oder gar der anschließenden Zwangsvollstreckung.65 24 Die Immunität hindert den ausländischen Staat nicht, selbst als Kläger aufzutreten. Mit seiner Klage unterwirft sich der Staat – soweit nötig – der Gerichtsbarkeit. Über eine solche Klage ist daher nach allgemeinen Regeln zu verhandeln und zu entscheiden.66 Dies gilt auch für Widerklagen und selbständige Abwehrklagen (zB nach §§ 767, 771 ZPO).67 Zur Parteifähigkeit des Staates s u § 4 Rz 26. 25 Jedoch kann der ausländische Staat auf die Rechtshilfe der Gerichte eines anderen Staates – vorbehaltlich abweichender staatsvertraglicher Regelung – nur zur Durchsetzung privatrechtlicher Ansprüche vertrauen; ausländische hoheitliche Ansprüche werden grundsätzlich nicht durchgesetzt. Über die Abgrenzung sollte freilich nicht nach einer rein innerstaatlichen Qualifikation (lege fori), sondern nach den Bedürfnissen einer internationalen Koope-

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61 Vgl Verdross/Simma § 1174. 62 Drexel Burnham Lambert Group Inc. v Committee of Receivers for A.W. Galadari, US Court of Appeals, 2nd Cir., [1994] ILPr 655. 63 BVerfGE 64, 1, 40 = NJW 1983, 2766; BVerfGE 46, 342, 388 = NJW 1978, 485; Verdross/Simma § 1175. 64 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, 51ff; Berger RIW 1989, 956. 65 Langkeit S 203ff; vgl Fox, State immunity and enforcement of arbitral awards, ArbInt 12 (1996), 89. 66 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 19 Rz 17; für England: Jacob, Private International Litigation, 1988, S 309. 67 Schack Rz 163.

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ration entschieden werden.68 Unterhaltsregressansprüche öffentlicher Stellen sind deshalb stets klagbar.69 Ansprüche aus öffentlichen Anleihen, die ein ausländischer Staat direkt oder 26 durch seine Zentralbank ausgegeben hat, gehören zu den wirtschaftlichen Staatsaktivitäten, so dass sich weder Staat noch Zentralbank auf eine Immunität berufen können.70 Auch eine bestehende Staatsinsolvenz hindert nicht die Rechtsverfolgung kraft völkerrechtlichen Notstands.71 4. Die Immunität ausländischer Staatsoberhäupter, Regierungsmitglieder, Staatsorgane Die Immunität des Staates erstreckt sich auf die Staatsoberhäupter. Sie ge- 27 nießen „funktionelle“ Immunität für ihr amtliches Handeln und als Person „persönliche“ Immunität.72 Sie sind damit im gleichen Umfang wie der Staat selbst von der Zivilgerichtsbarkeit befreit. Diese Immunität besteht für amtliches Handeln auch nach dem Ende der Amtszeit, auch für amtlich begangene Verbrechen.73 Persönliche Immunität bei offiziellen Reisen genießen auch die Familienangehörigen des Staatsoberhauptes, die es begleiten, sowie die Mitglieder seiner Suite.74 Die Immunität endet mit Ende der Amtszeit. Ab diesem Zeitpunkt kann das frühere Staatsoberhaupt wegen privater Handlungen auch rückwirkend verklagt werden.75 Für frühere Amtshandlungen besteht die Immunität nach bisher hM fort, doch hat das englische House of Lords dem ehemaligen chilenischen Präsidenten Pinochet die Immunität im Hinblick auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit abgesprochen.76

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68 Vgl A. Dormann Bessenich, Der ausländische Staat als Kläger, 1993, S 147ff; G. Delaume, Sovereign Immunity and Public Debt, Int.Lawyer 23 (1989), 811; F. Mann, FS Kegel 1987, S 365, 374ff; weitergehend: St. Roloff, Die Geltendmachung ausländischer öffentlicher Ansprüche im Inland, 1994. 69 Frank RabelsZ 34 (1970), 70; Brückner, Unterhaltsregress im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 1994, S 145ff. 70 US Supreme Court, Rep. of Argentina and Banco Central v Weltover, Inc., 113 S.Ct. 1471 (1993); Vorinstanz: 941 F. 2d 145 (2nd Cir. 1991); dazu G. Delaume AmJIntL 88 (1994), 257; Esser S 186, 201, 221, 237, 258; vgl Krauskopf/Steven WM 2000, 269. 71 LG Frankfurt JZ 2003, 1010 m Anm Reinisch. 72 Dahm/Delbrück/Wolfrum § 29 III, IV; vgl G. Hokema, Immunität von Staatsoberhäuptern, 2002; Ch. Tangermann, Die völkerrechtliche Immunität von Staatsoberhäuptern, 2002; Gornig, FS Rauschning, 457, 480. 73 Vgl Rensmann IPRax 1999, 268, 269; M. Lüke S 92ff. 74 Dahm/Delbrück/Wolfrum § 29 III 2 (S 253). 75 Ipsen/Epping § 26 Rz 35; Stein/v. Buttlar Rz 725. 76 House of Lords, ILM 1999, 581; Stein/v. Buttlar Rz 726; vgl M. Lüke S 250ff, 277ff.

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28 Die Immunität gilt nicht nur für den Staat selbst, sondern auch für seine Organe, durch die er gehandelt hat (Regierung, Minister, Beamte etc).77 Immunität genießen danach der Staat mit seinen Behörden, aber auch Zentralbanken,78 Behörden für Zivilluftfahrt, staatliche Presseorgane oder Kulturinstitute, jeweils soweit sie hoheitlich tätig sind. 29 Nach dem Völkergewohnheitsrecht sind Regierungsmitglieder den Staatsoberhäuptern und Diplomaten nicht ohne weiteres gleichgestellt. Diplomatische Immunität genießt ein Regierungsmitglied nur, wenn es „als diplomatischer Vertreter seines Staates in besonderer Mission“ zu betrachten ist. Soweit Regierungsmitglieder ihre Staaten bei internationalen Organisationen und deren Sitzungen vertreten, ist ihnen idR vertraglich Immunität zugestanden. Aber auch außerhalb des Vertragsrechts besteht im Rahmen amtlicher Auslandsreisen dienstliche Immunität.79 Soweit sie sich auf amtliche Einladung in Deutschland aufhalten, genießen sie mit ihrer Begleitung Immunität nach § 20 I GVG.80

5. Die Immunität von Personen des öffentlichen Rechts und Staatsunternehmen 30 Selbständige juristische Personen des öffentlichen Rechts, Provinzen, Gemeinden, Körperschaften und öffentliche Stiftungen genießen nach hM keine Immunität,81 zunehmend wird aber auf die Funktion abgestellt, die das Staatsunternehmen erfüllt.82 Dies gilt insb für die Immunität von Zentralbanken.83 31 Ausländischen Staatsunternehmen und Staatshandelsgesellschaften wird idR keine Immunität gewährt, soweit sie nicht im konkreten Fall hoheitlich gehandelt haben.84 Es kommt also nicht darauf an, ob ein Staatsunternehmen rechtlich selbständig ist oder nicht, sondern nur, ob es als Organ des aus-

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77 78 79 80 81 82

BGH NJW 1979, 1101 (Leiter von New Scotland Yard); M. Lüke S 103ff. Vgl Krauskopf/Stevens WM 2000, 269; Gramlich RabelsZ 1981, 545. Dahm/Delbrück/Wolfrum § 30 II 2; Ipsen/Epping § 26 Rz 36. MüKo/Wolf § 20 GVG Rz 3, 5. Dahm/Delbrück/Wolfrum § 71 IV 3; Heß, Staatenimmunität, S 70ff. Schack Rz 153ff; vgl Kuwait Airways Corp. v Iraqi Airways Co., [1995] 1 W.L.R. 1147 = [1996] ILPr 339 [H.L.]; Rensmann IPRax 1998, 44; P. de Sena, Diritto internazionale e immunita funzionale degli organi statale, 1996; Esser, 164ff, 258f; Heß, Staatenimmunität, S 60ff; Soergel/Kronke, Anh IV Art 38 Rz 8. 83 Schack Rz 157ff; Esser, 170, 258f; Krauskopf/Steven WM 2000, 269. 84 BVerfGE 64, 1, 23ff = NJW 1983, 2766; OLG Frankfurt RIW 1982, 439; Esser RIW 1984, 577; Ipsen/Epping § 26 Rz 33f.

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ländischen Staates gehandelt hat und dieser für die Handlung Immunität genießen würde.85 6. Wirkung der Immunität im Erkenntnisverfahren Besondere Probleme ergeben sich hinsichtlich der Zustellung der Klage an 32 einen ausländischen Staat, der Vertretung des ausländischen Staates im Verfahren, bei der Durchführung der Beweisaufnahme, bei der etwa erforderlichen Urteilsvollstreckung und schließlich beim einstweiligen Rechtsschutz, insb beim dinglichen Arrest gegen Vermögen des ausländischen Staates.86 Es ergeben sich also Fragen, ob der fremde Staat Immunität genießt bzw in welchem Umfang diese gegeben ist, ob gewisse Personen eine Exemtion, dh eine Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit, genießen, ob die Exterritorialität von Teilen des deutschen Staatsgebietes einer Klage im Wege stehen. Die Frage der Zuständigkeit eines deutschen Gerichts wird erst berührt, wenn die Gerichtsbarkeit gegeben ist, denn die internationale Zuständigkeit setzt die Gerichtsbarkeit voraus.87 a) Zustellung der Klage an den ausländischen Staat Eine Klage gegen einen ausländischen Staat ist dem nach seinem internen 33 Recht zuständigen Organ auf dem in den §§ 199, 202 ZPO vorgeschriebenen Weg zuzustellen. Vorrangig ist im Wege der internationalen Rechtshilfe nach den einschlägigen Übereinkommen (Haager Übereinkommen von 1954 oder HZÜ 1965) zuzustellen. Wegen der Bedeutung der Sache ist idR auf diplomatischem Wege zuzustellen (§ 35 ZRHO). Die Justizverwaltung darf die Weiterleitung eines Zustellungsersuchens nicht mit der Begründung ablehnen, dem ausländischen Staat stehe Immunität zu. Denn hierüber entscheidet das Gericht; außerdem kann sich der ausländische Staat auf das Verfahren einlassen und auf seine Immunität verzichten. Diese Chance darf dem Kläger nicht von vornherein genommen werden.88 Weigert sich der beklagte Staat, die Zustellung entgegenzunehmen, kommt eine öffentliche Zustellung nach § 185 Nr 2 u. 3 ZPO in Betracht.89 _______________

85 Kuwait Airways v Iraqi Airways, House of Lords, [1996] ILPr 339, 349ff; Verdross/ Simma § 1176; Herz, Die Immunität ausländischer Staatsunternehmen, 1996; Esser S 239ff; C.-P. Martens S 221ff. 86 Vgl OLG Frankfurt IPRax 1982, 71 (dazu Hausmann S 51); OLG Frankfurt RIW 1981, 484 und IPRax 1983, 68 (dazu Albert S 55). Vgl auch Draft Articles on Jurisdictional Immunities of States and their Property, adopted by International law Commission 1991, ILM 30 (1991), 1565 und Revised Draft Articles for a Convention on State Immunity, Report of the 66th Conference, ILA 1994, S 22. 87 Hausmann IPRax 1982, 52. 88 So zu Recht F. Mann NJW 1990, 618. 89 OLG Köln IPRax 1987, 223 (dazu Mansel S 212); Heß RIW 1989, 254ff.

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34 Staatsvertraglich geregelt ist die Zustellung an ausländische Staaten nur in Art 16 des Baseler Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität.90 Nach Art 16 II ist das das Verfahren einleitende Schriftstück (in Deutschland: die Klageschrift oder der Mahnbescheid) in Urschrift oder Abschrift dem Außenministerium des beklagten Staates auf diplomatischem Weg zur Weiterleitung an die zuständige Behörde gemeinsam mit einer Übersetzung in eine Amtssprache des beklagten Staates zu übermitteln. Zwischen den Vertragsstaaten hat dieses Verfahren ausschließliche Geltung und Vorrang vor dem HZustÜ 1965.91 Nach Art 16 III gilt die Zustellung als bewirkt mit Eingang beim Außenministerium des beklagten Staates. Art 16 IV gewährt dem beklagten Staat eine Einlassungsfrist von mindestens zwei Monaten ab diesem Zeitpunkt. Das Gericht darf keine kürzere Einlassungsfrist bestimmen (Art 16 V). Beteiligt sich der ausländische Staat am Verfahren, gilt die Zustellung als genehmigt (Art 16 VI). Ein Versäumnisurteil darf gegen den Staat nur ergehen, wenn die Zustellung ordnungsgemäß erfolgt und die Einlassungsfrist abgelaufen ist (Art 16 VII). 35 Nach US-amerikanischem Recht ist einem ausländischen Staat, einer seiner politischen Untergliederungen, einer Behörde oder sonstigen Einrichtung eine Klage gemäß 28 USC § 1608 und FRCP 4 (j) auf diplomatischem Weg zuzustellen. Die Zustellung an den Staat, ein staatliches Unternehmen oder eine andere staatliche Einrichtung gilt als erfolgt mit der Ablieferung einer Kopie der Ladung und der Klage an den jeweiligen „chief executive officer“ oder nach einer Zustellung entsprechend den Zustellungsregeln im Empfangsstaat. 36 Soweit die Zustellung nach den Haager Übereinkommen zu bewirken ist, darf sie nach HZPÜ 1954 (Art 4) bzw HZustÜ 1965 (Art 13 I) abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Was unter Gefährdung der Hoheitsrechte und der Sicherheit der BR Deutschland oder eines deutschen Landes zu verstehen ist, ist in der ZRHO beispielhaft aufgezählt. Es handelt sich dabei ua um Anträge auf Zustellung einer Klage, eines Zahlungsbescheides, einer Streitverkündung gegen die BR Deutschland oder gegen ein deutsches Land (§ 59 ZRHO). 37 Bei der Erkenntnis der Tatsache, dass die Staaten sich weitgehend am Wirtschaftsleben beteiligen und dass die Immunität daher durchlöchert ist, wird die deutsche Haltung in der ZRHO schwer verständlich. Es kann deshalb nicht erstaunen, wenn andere Staaten sich ähnlich verhalten. Besondere Schwierigkeiten tauchen immer wieder bei den ordnungsgemäßen Zustel_______________

90 Jayme/Hausmann, 12. Aufl, Nr 142. 91 Barnhoorn, FS Voskuil, 1992, S 1, 10.

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lungen auf. Das OLG Köln92 hat dazu entschieden: „Ist bei einer Klage gegen einen fremden Staat lediglich zweifelhaft, ob die Weiterleitung des Zustellungsersuchens durch das auswärtige Amt erfolgen werde, so liegen die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nicht vor; es sei dem Kläger zuzumuten, zunächst zu klären, ob eine Auslandszustellung durchführbar sei.“ – Der Kläger verlangte von der UdSSR, vertreten durch die zuständige Behörde, 700 DM wegen Schäden an seiner Gartenanlage durch den Reaktorunfall des Kernkraftwerkes Tschernobyl. – Zunächst hatte der Kläger das Passivrubrum so gewählt, dass der Botschafter der UdSSR in Bonn als Vertreter der Beklagten benannt war. Der zuständige Landgerichtspräsident hatte die Weiterleitung des Gesuchs abgelehnt unter Bezugnahme auf einen Erlass des Justizministers. Nach Änderung des Rubrums meinte das OLG Köln, es sei noch zweifelhaft, ob nunmehr eine Weiterleitung des Gesuchs erfolgen werde. – UE wird deutschen Klägern schon von deutschen Gerichten und Behörden vieles zugemutet. Ein Kläger sollte vielmehr belehrt werden, dass mit einer Annahme der Zustellung schon nach § 59 ZRHO kaum zu rechnen sei. Bei einer öffentlichen Zustellung müsse weiter damit gerechnet werden, dass aus einem Versäumnisurteil in dem fremden Staat nicht mit einer Vollstreckung gerechnet werden könne.93 Die Folge davon ist es, dass eine ordnungsgemäße Zustellung nicht bewirkt 38 werden kann. Sicher, es bleibt die Möglichkeit einer öffentlichen Zustellung gemäß § 185 Nr 2 ZPO. Bei dieser handelt es sich um eine Fiktion. Es fragt sich, ob der deutsche Richter unter solchen Umständen gegen die nicht erschienene Partei – einen fremden Staat – ein Versäumnisurteil erlassen wird. Zumindest wird er gemäß § 139 ZPO alle diese Schwierigkeiten, auch die einer möglichen Vollstreckung aus einem dennoch ergehenden Versäumnisurteil, mit der klagenden Partei erörtern müssen. Liegt wirklich ein Fall der Immunität vor, so wird der Richter auf einen sachdienlichen Antrag hinwirken, der dahin geht, dass die Klage zurückgenommen wird. Ist die Immunität des beklagten Staates zweifelhaft, so muss ein Versäumnisurteil ergehen, falls das Gericht der Überzeugung ist, der Beklagte habe iure gestionis gehandelt. Dann bleibt nur der Weg über den Einspruch. Kommt dagegen das Gericht zu der Überzeugung, der Beklagte falle unter die Immunität, so muss es die Klage als unzulässig abweisen. b) Tätigkeit des Gerichts Gegen einen Gerichtsbefreiten darf das Gericht nicht tätig werden. Zustel- 39 lung der Klage, Terminsbestimmung94 oder schriftliches Vorverfahren sind _______________

92 Beschl vom 23.3.1987, IPRax 1987, 233. 93 Vgl hierzu Pfennig, Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988, 119; Hess, Zur Zustellung von Klagen gegen fremde Staaten, RIW 1989, 254. 94 So OLG Hamburg MDR 1953, 109.

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danach unzulässig, wenn die Immunität nach Aktenlage zweifelsfrei besteht.95 Diese Wirkung der Immunität ist mit Art 6 I EMRK vereinbar.96 40 In einer Zeit der eingeschränkten Immunität ist jeder Richter aber in Zweifelsfällen gehalten, bei Eingang einer Klage gegen einen Exterritorialen den Zivilprozess in Gang zu setzen.97 Er muss also entweder gemäß § 275 ZPO einen frühen ersten Termin anberaumen oder ein schriftliches Vorverfahren gemäß § 276 ZPO einleiten. Auch über das Bestehen oder Nichtbestehen von Immunität kann nur im ordentlichen Verfahren entschieden werden. c) Entscheidung unter Verstoß gegen Immunität 41 Übersieht das Gericht die Immunität, so liegt eine Verletzung des Rechts und damit ein „error in procedendo“ vor. Ein Fall der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 223 ZPO bietet sich schon deswegen an, weil der Beklagte ohne sein Verschulden eine Frist versäumt hat, denn er brauchte sich als nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegend gar nicht auf ein Verfahren einzulassen. Macht der Beklagte von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, so mag in solchen Ausnahmefällen ein völkerrechtswidriges Urteil hingenommen werden. Man mag dann von einer Wirkungslosigkeit des Urteils sprechen.98 Besser sollte von einem fehlerhaften Urteil die Rede sein.99 Dasselbe gilt für Entscheidungen gegenüber Staatsoberhäuptern, ihren Familienmitgliedern und Bediensteten. Eine Sachentscheidung, die unter Verstoß gegen eine objektiv bestehende Immunität erlassen wird, ist nichtig und wirkungslos;100 dies gilt auch für Entscheidungen, die günstig für den Gerichtsbefreiten sind.101 Gegen das Urteil kann aber Rechtsmittel eingelegt werden. Bejaht das Gericht rechtskräftig die Gerichtsbarkeit, so sind inländische Organe daran gebunden.102 Eine ausländische Entscheidung unter Verstoß gegen eine Immunität wird im Inland nicht anerkannt (s u § 11 Rz 151). _______________

95 So Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, S 360; Soergel/Kronke Anh IV Art 38 Rz 13; Jauernig, Das fehlerhafte Zivilurteil, 1958, S 161, geht von einer Prozesswirksamkeitsvoraussetzung aus, deren Mangel zu einer Abweisung „a limine“ führe; Wieczorek/Schreiber § 18 GVG Rz 5. 96 Holland v Lampen-Wolte, [2001] ILPr 773, 778 (H. L.). 97 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 19 Rz 14; aA lediglich für formlose Terminsmitteilung und abgesonderte Verhandlung in Zweifelsfällen Linke, IZPR, 4. Aufl Rz 69. 98 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 19 Rz 15, § 62 Rz 22. 99 Habscheid FamRZ 1972, 214. 100 Kegel/Schurig, IPR, § 22 I (S 894); Baumbach/Lauterbach/Albers Einf §§ 18–20 GVG Rz 2; Stein/Jonas/Schumann Einl Rz 679; MüKo/Wolf § 18 GVG Rz 5. 101 Wieczorek/Schreiber § 18 GVG Rz 10. 102 Schack Rz 161.

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Die Staatsimmunität

§2

7. Fehlende Klagbarkeit kraft Besatzungsrechts Nach der Aufhebung des Besatzungsstatuts durch den Moskauer Vertrag 42 vom 12.9.1990 gibt es nur noch wenige Beschränkungen der deutschen Gerichtsbarkeit. Eine Fortwirkung des Überleitungsvertrages idF vom 23.10. 1954103 wird etwa weiterhin hinsichtlich von den Alliierten beschlagnahmten deutschen Vermögens angenommen,104 nicht aber für Ansprüche von Zwangsarbeitern.105 8. Arrestverfahren und Zwangsvollstreckung gegen fremde Staaten Die Frage wurde akut, als auf Antrag amerikanischer Gläubiger Bankgutha- 43 ben eines iranischen Staatsunternehmens mit Arrest belegt wurden. Das Gericht hatte zu prüfen, ob dieses sich auf die Immunität berufen konnte.106 Das OLG führte im Beschluss vom 11.5.1981107 ua aus, die Frage, ob einem fremden Staat Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit zu gewähren sei, sei getrennt für das Erkenntnisverfahren und das Zwangsvollstreckungsverfahren zu beantworten. Für das Zwangsvollstreckungsverfahren bestehe eine allgemeine Regel des Völkerrechts dahin, dass gegen einen fremden Staat aus einem Vollstreckungstitel, der über ein nicht hoheitliches Verhalten dieses Staates ergangen ist, in der BR Deutschland in dort befindliche Gegenstände dieses Staates nicht vollstreckt werden darf, soweit diese im Zeitpunkt des Beginns der Vollstreckungsmaßnahmen hoheitlichen Zwecken des fremden Staates dienen108 (s u § 17 Rz 16ff). 9. Die Immunität von Staatsschiffen Kriegs- und Staatsschiffe, ausländische Streitkräfte, Militärflugzeuge etc sind, 44 soweit sie sich im Hoheitsgebiet eines anderen Staates aufhalten, nicht exterritorial, also nicht Teil des ausländischen Staatsgebiets, sondern nehmen lediglich an der Immunität des ausländischen Staates teil.109 Befinden sich Staatsschiffe fremder Staaten in den Häfen oder Küstengewässern der BR Deutschland, so kann diese keine amtlichen Handlungen auf ihnen vornehmen. Zustellungen und Ladungen können also ohne Zustimmung des Kapitäns nicht bewirkt werden. Arreste, Beschlagnahmen, Durchsuchungen, _______________

103 BGBl 1955 II, 405. 104 Vgl OLG Köln VIZ 1998, 213; BVerfG IPRax 1998, 482; dazu Fassbender NJW 1999, 1445. 105 Vgl LG Stuttgart IPRax 2001, 240 (dazu Oberhammer/Reinisch S 211); s o Rz 15. 106 OLG Frankfurt IPRax 1982, 71; OLG Frankfurt RIW/AWD 1981, 484; OLG Frankfurt IPRax 1983, 68. 107 RIW/AWD 1981, 484 = NJW 1981, 2650. 108 BVerfGE 46, 342 = NJW 1978, 485ff. 109 Vgl Dahm/Delbrück/Wolfrum § 74 II, III; Verdross/Simma § 1027; Menzel, Die Immunität der Staatsschiffe, 1981.

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§2

Grenzen der Gerichtsbarkeit

Zwangsversteigerungen dürfen nicht vorgenommen werden. Die Art 95, 96 UN-Seerechtsübereinkommen 1982 regeln nur die Immunität von Kriegsschiffen oder anderen im Staatsdienst (nicht für Handelszwecke) genutzten Schiffen auf Hoher See. 45 Diese Grundsätze waren bereits in dem am 10.4.1926 in Brüssel unterzeichneten Abkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Immunität von Staatsschiffen enthalten.110 Vertragsstaaten waren damals das Deutsche Reich, Belgien, Brasilien, Dänemark, Island, Spanien, Estland, Frankreich, das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland, Indien, Ungarn, Italien, Japan, Lettland, Mexiko, Norwegen, die Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, Schweden.111 46 Nach Art 1 werden die einem Staate gehörenden oder von ihm verwendeten Schiffe grundsätzlich den gleichen Regeln über die Verantwortlichkeit und den gleichen Verbindlichkeiten wie private Schiffe, Ladungen und Schifffahrtsunternehmungen unterworfen. Ebenso wird nach Art 2 grundsätzlich die gleiche Zuständigkeit der Gerichte und der gerichtlichen Verfahren wie für die einer Privatperson gehörenden Handelsschiffe oder wie bei privaten Ladungen bejaht. Nach Art 3 sind hiervon jedoch ausgenommen: Kriegsschiffe, Staatsjachten, Schiffe des Überwachungsdienstes, Hospitalschiffe, Hilfsschiffe, Proviantschiffe und andere Fahrzeuge, die einem Staate gehören oder von ihm verwendet werden und die zur Zeit des Entstehens der Forderung ausschließlich für einen staatlichen Dienst und nicht für Handelszwecke bestimmt sind und verwendet werden. Es heißt ausdrücklich: „diese Schiffe werden nicht zum Gegenstand einer Beschlagnahme, Arrestierung oder Zurückbehaltung durch irgendeine gerichtliche Maßregel gemacht und unterliegen keinem gerichtlichen Verfahren ‚in rem’.“ 47 Nach Art 3 § 1 II können die Beteiligten aber gewisse Ansprüche bei den zuständigen Gerichten des Staates, dem das Schiff gehört oder der es verwendet, geltend machen, ohne dass dieser Staat sich auf eine Immunität berufen kann. Dabei handelt es sich um folgende Ansprüche: „1. Ansprüche aus Anlass von Schiffszusammenstößen oder anderen Schifffahrtsunfällen, 2. Ansprüche aus Anlass von Hilfeleistung und Bergung in Seenot oder großer Havarie, 3. Ansprüche aus Anlass von Ausbesserungen, Lieferungen oder anderen das Schiff betreffenden Verträgen.“

Nach Art 3 § 2 finden die gleichen Regeln Anwendung auf Ladungen, die einem Staat gehören und an Bord der genannten Schiffe befördert werden. _______________

110 RGBl 1927 II, 484; vgl Heß, Staatenimmunität, S 206ff. 111 Vgl Hoog AVR 20 (1982), 314.

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Die Immunität von Diplomaten und Konsuln

§2

Nach Art 3 § 3 sind auch Ladungen, die einem Staat gehören und an Bord von Privatschiffen für staatliche und nicht für Handelszwecke befördert werden, nicht Gegenstand einer Beschlagnahme, Arrestierung oder Zurückbehaltung durch irgendeine gerichtliche Maßnahme und unterliegen keinem gerichtlichen Verfahren „in rem“. Wegen der in Art 3 § 1 II aufgezählten Ansprüche gelten wiederum Ausnahmen. In dem am 24.5.1934 in Brüssel unterzeichneten Zusatzprotokoll zu dem in- 48 ternationalen Abkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Immunität von Staatsschiffen112 sind gewisse Begriffsbestimmungen festgelegt worden. Abraham113 meint, das Abkommen von 1926 beschränke im Hinblick auf den Kredit staatlicher Handelsschiffe und staatlicher Ladungen deren Immunität gegenüber privatrechtlichen Ansprüchen. Colombos114 weist zu Recht darauf hin, dass das Brüsseler Abkommen von 1926/1934 die gefährliche Möglichkeit einer in der Praxis unterschiedlichen Auslegung in sich birgt, weil die von einem diplomatischen Vertreter des betreffenden Staates ausgestellte Bescheinigung den Beweis über die Art des Dienstes, für den das Schiff bestimmt ist, erbringt. Der auf der Genfer Seerechtskonferenz im Jahre 1958 angenommene Grund- 49 satz, dass die einem Staat gehörenden oder von ihm betriebenen und nur nichtgewerblichen Regierungszwecken dienenden Schiffe die volle Immunität von der Gerichtsbarkeit aller anderen als ihres Flaggenstaates haben, enthält insofern eine Weiterentwicklung des Brüsseler Abkommens von 1926/ 1934, als er auch für Staaten gilt, die nicht Vertragsstaaten der Brüsseler Abkommen sind. Soweit Seeschiffe mehr wirtschaftlichen Zwecken dienen, müssen die subjektiven Anwendungsgrenzen des Brüsseler Übereinkommens vom 10.5. 1952 über den Arrest von Seeschiffen berücksichtigt werden.115

II. Die Immunität von Diplomaten und Konsuln 1. Schrifttum Bolewski, Les privilèges diplomatiques dans la pratique, Rev.int.belge 2005, 295; 50 Brown, Diplomatic Immunity; State Practice under the Vienna Convention, ICLQ 37 (1988), 53; Denza, Diplomatic Law, 2. Aufl 1998; Hecker/Müller-Chorus, Handbuch der konsularischen Praxis, 2005; Leipold, Immunität versus Rechtsschutzgarantie, FS G. Lüke, 1997, S 353; Lewis, State and Diplomatic Immunity, 2. Aufl 1985; Massicci/ _______________

112 113 114 115

RGBl 1936 II, 303. Das Seerecht, 1974, 20. Colombos, Internationales Seerecht, 1963, S 221. Kerameus, FS Nagel, 1987, S 133.

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§2

Grenzen der Gerichtsbarkeit

Garcimartin Alférez, Grundrechte und Immunität der Angehörigen ausländischer diplomatischer Missionen, IPRax 1997, 129; Nahlik, Development of Diplomatic Law, RdC 1990 III, 187; Richtsteig, Wiener Übereinkommen über diplomatische und konsularische Beziehungen, 1994; Seidenberger, Die diplomatischen und konsularischen Immunitäten und Privilegien, 1994.

2. Die Immunität von Mitgliedern der diplomatischen Missionen 51 § 18 GVG lautet: „Die Mitglieder der im Geltungsbereich dieses Gesetzes errichteten diplomatischen Missionen, ihre Familienmitglieder und ihre privaten Hausangestellten sind nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 (BGBl 1964 II, 957ff) von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Das gilt auch, wenn ihr Entsendestaat nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist; in diesem Falle findet Art 2 des Gesetzes vom 6. August 1964 zu dem Wiener Übereinkommen vom 18. April 1961 über diplomatische Beziehungen (BGBl 1964 II, 957) entsprechende Anwendung.“

52 Zum Verständnis des § 18 GVG muss also das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.4.1961 herangezogen werden. In diesem Übereinkommen wird an verschiedenen Stellen von der Immunität von der Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Empfangsstaates gesprochen. Immunität bedeutet nicht, dass der Diplomat exterritorial oder nicht den allgemeinen Rechtsregeln unterworfen wäre, sondern nur Freistellung von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats, primär wegen seiner Amtstätigkeit (funktionelle Immunität). Als Repräsentant seines Staates genießt der Diplomat aber auch persönliche Immunität. Der Diplomat darf nicht gegen seinen Willen verklagt oder sonst in ein Verfahren verwickelt werden. Er braucht daher auch nicht als Zeuge (Art 31 II WÜD) oder Sachverständiger auszusagen, kann aber dazu (ohne Ladung) aufgefordert werden.116 Zwangsmaßnahmen, auch Arreste und einstweilige Verfügungen sind mit der Immunität unvereinbar.117 Diese Vorrechte bestehen ab der Einreise in den Empfangsstaat bis zur Ausreise (Art 39 WÜD). 53 Die zivilgerichtliche Immunität der Diplomaten kennt nach Art 31 I WÜD drei Ausnahmen. Zulässig sind danach: „a) dingliche Klagen in Bezug auf privates, im Hoheitsgebiet des Empfangsstaats gelegenes unbewegliches Vermögen, es sei denn, dass der Diplomat dieses im Auftrag des Entsendestaates für die Zwecke der Mission in Besitz hat; b) Klagen in Nachlasssachen, in denen der Diplomat als Testamentsvollstrecker, Verwalter, Erbe oder Vermächtnisnehmer in privater Eigenschaft und nicht als Vertreter des Entsendestaats beteiligt ist; _______________

116 Verdross/Simma § 903; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 21. Aufl, § 377 Rz 14; M. Lüke S 74ff. 117 Dahm/Delbrück/Wolfrum § 35 I 4.

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Die Immunität von Diplomaten und Konsuln

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c) Klagen im Zusammenhang mit einem freien Beruf oder einer gewerblichen Tätigkeit, die der Diplomat im Empfangsstaat neben seiner amtlichen Tätigkeit ausübt“.

Die letzte Ausnahme steht in einem gewissen Widerspruch zu Art 42, wonach ein Diplomat im Empfangsstaat keinen freien Beruf und keine gewerbliche Tätigkeit, die auf persönlichen Gewinn gerichtet ist, ausüben darf. Offenbar wird davon ausgegangen, dass sich nicht alle Diplomaten an das Verbot des Art 42 halten. Begünstigte der diplomatischen Immunität. Nach Art 37 I WÜD genießen 54 die zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder die gleiche Exemtion von der deutschen Gerichtsbarkeit. Es wird allerdings eine Ausnahme gemacht: die Familienmitglieder des Diplomaten dürfen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Nach Art 37 II genießen die Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission und die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind, die Immunität für Handlungen, die sie in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit vorgenommen haben – die sog Amtsexemtion.118 Dieselbe Amts-Exemtion genießen die Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals der Mission, die weder Angehörige des Empfangsstaates noch in demselben ständig ansässig sind (Art 37 III). Nach Art 38 I genießen Diplomaten, die Angehörige des Empfangsstaates oder in demselben ständig ansässig sind, ebenfalls nur eine Amtsexemtion.119 Private Hausangestellte von Mitgliedern der Mission genießen grundsätzlich 55 überhaupt keine Exemtion. Eine solche und deren Umfang muss der Empfangsstaat besonders zugelassen haben (Art 37 IV WÜD). Art 40 gewährt durchreisenden, in Drittstaaten akkreditierten Diplomaten, 56 ihren Familienmitgliedern und dem Personal dieselben Befreiungen wie zu Rz 54ff ausgeführt ist. Dies gilt auch für diplomatische Kuriere im Durchreiseverkehr (Art 40 III, 27 V, VI WÜD). Die Exemtion hindert die betreffenden Personen nicht, ihrerseits Klagen vor 57 den Gerichten des Empfangsstaates zu erheben. In diesen Fällen können sie sich allerdings nicht auf die Exemtion von dessen Gerichtsbarkeit berufen, wenn die beklagte Partei eine Widerklage, die mit der Hauptklage in unmittelbarem Zusammenhang steht, erhebt (Art 32 III WÜD). Im Übrigen kann der Entsendestaat auf die Exemtion von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaates verzichten. Ein solcher Verzicht muss jedoch ausdrücklich erklärt werden. Er gilt nicht zugleich als Verzicht auf die Exemtion von der Urteils_______________

118 Ipsen/Fischer § 35 Rz 54f. 119 Vgl Ipsen/Fischer § 35 Rz 52.

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§2

Grenzen der Gerichtsbarkeit

vollstreckung. Hierfür wird ein besonderer Verzicht des Entsendestaates gefordert (Art 32 I, II, IV WÜD). Die geschützte Person kann also durch rügelose Einlassung nicht auf die Exemtion verzichten. 58 Die Exemtion von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaates befreit die betreffenden Personen nicht von der Gerichtsbarkeit des Entsendestaates (Art 31 IV WÜD). Diese Vorschrift entspricht § 15 ZPO, wonach Deutsche, die das Recht der Exterritorialität genießen, sowie die im Ausland beschäftigten deutschen Angehörigen des öffentlichen Dienstes den Gerichtsstand ihres letzten inländischen Wohnsitzes behalten. Wenn sie einen solchen Wohnsitz nicht hatten, haben sie ihren allgemeinen Gerichtsstand am Sitz der Bundesregierung. Danach können also alle unter die Exemtion von der deutschen Gerichtsbarkeit fallenden Personen in ihren Heimatländern verklagt werden.120 59 Durch das Europäische Übereinkommen über die Staatenimmunität scheint in die persönlichen Exemtionen der Diplomaten Bewegung zu kommen. Der OGH von Österreich hat die Immunität der Vereinigten Staaten verneint, als es um den Schaden ging, der aus einem Verkehrsunfall anlässlich einer Dienstfahrt einer US-Botschaft entstanden war.121 Die Mitglieder von ständigen diplomatischen Vertretungen bei solchen Organisationen, Mitglieder von Delegationen zu einem Organ oder zu einer Konferenz der Organisation genießen Vorrechte und Immunitäten wie die bei einem Staat akkreditierten Diplomaten.122 60 Zusätzlich ist nach Völkergewohnheitsrecht die Immunität von diplomatischen Mitgliedern von Spezialmissionen, die mit dem Empfangsstaat vereinbart sind, anzuerkennen.123 Die UN-Konvention über Spezialmissionen vom 16.12.1969 ist von Deutschland jedoch nicht ratifiziert worden. 3. Die Unverletzlichkeit des Gesandtschaftsgebäudes 61 Im Interesse eines geordneten und guten diplomatischen Verkehrs zwischen den Staaten sind die Räume der diplomatischen Missionen sowie die Wohnungen der Diplomaten (Art 30 WÜD) mit allen dazu gehörenden Einrichtungen unverletzlich (Art 22 I WÜD), dh vor dem Zugriff der Behörden des Empfangsstaates geschützt. Sie werden freilich nicht so behandelt, als wären sie exterritorial, lägen also quasi außerhalb des Empfangsstaats. Die Unverletzlichkeit schließt Vollstreckungsakte gegen oder in den geschützten _______________

120 121 122 123

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Vgl Leipold, FS G. Lüke, S 353, 360ff. Zustimmend Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 586. Verdross/Simma § 939. Ipsen/Fischer § 36 Rz 1ff, 8; zum Fall Tabatabai vgl BGHSt 32, 275 = NJW 1984, 2048.

Die Immunität von Diplomaten und Konsuln

§2

Räumen aus, deren Durchsuchung und die Durchsuchung der darin befindlichen Personen (Art 22 III WÜD). Unzulässig ist die Zustellung von Ladungen oder von Urteilen außerhalb des diplomatischen Verkehrs.124 In dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen hat man 62 sich gemäß Art 22125 auf folgenden Begriff der Exterritorialität, sofern man noch von einer solchen sprechen will, geeinigt: „(1) Die Räumlichkeiten der Mission sind unverletzlich. Vertreter des Empfangsstaats dürfen sie nur mit Zustimmung des Missionschefs betreten. (2) … (3) Die Räumlichkeiten der Mission, ihre Einrichtung und die sonstigen darin befindlichen Gegenstände sowie die Beförderungsmittel der Mission genießen Immunität von jeder Durchsuchung, Beschlagnahme, Pfändung und Vollstreckung.“

Nach Art 24 WÜD sind die Archive und Schriftstücke der Mission jederzeit unverletzlich, wo immer sie sich befinden. Ebenso ist die amtliche Korrespondenz der Mission unverletzlich (Art 27 II WÜD). Das diplomatische Kuriergepäck darf nicht geöffnet und zurückgehalten werden (Art 27 III WÜD). Art 30 WÜD betrifft die Privatwohnungen der Diplomaten. Diese werden ebenso geschützt wie die Räumlichkeiten der Mission. Papiere, Korrespondenz und Vermögen der Diplomaten sind ebenfalls unverletzlich. 4. Die Immunität von Mitgliedern der konsularischen Vertretungen § 19 GVG lautet:

63

„Die Mitglieder der im Geltungsbereich dieses Gesetzes errichteten konsularischen Vertretungen einschließlich der Wahlkonsularbeamten sind nach Maßgabe des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen vom 24.4.1963 (BGBl 1969 II, 1585) von der deutschen Gerichtsbarkeit befreit. Dies gilt auch, wenn ihr Entsendestaat nicht Vertragspartei dieses Übereinkommens ist; in diesem Falle findet Art 2 des Gesetzes vom 26.8.1969 zu dem Wiener Übereinkommen vom 24.4.1963 über konsularische Beziehungen entsprechende Anwendung. Besondere völkerrechtliche Vereinbarungen über die Befreiung der in Abs 1 genannten Personen von der deutschen Gerichtsbarkeit bleiben unberührt.“

Die Einzelheiten ergeben sich aus dem Wiener Übereinkommen über konsu- 64 larische Beziehungen. Nach Art 43 I WÜK unterliegen Konsularbeamte und Bedienstete des Verwaltungs- oder technischen Personals wegen Handlungen, die in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben vorgenommen worden sind, weder der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats noch Eingriffen seiner Verwaltungsbehörden. Bei Zivilklagen werden zwei Ausnahmen gemacht: _______________

124 Dahm/Delbrück/Wolfrum § 38 I 3, II 2; Verdross/Simma § 895. 125 BGBl 1964 II, 971.

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Grenzen der Gerichtsbarkeit

a) wenn diese aus einem Vertrag entstehen, den ein Konsularbeamter oder Bediensteter des Verwaltungs- oder technischen Personals geschlossen hat, ohne dabei ausdrücklich oder sonst erkennbar im Auftrag des Entsendestaats zu handeln; b) wenn diese von einem Dritten wegen eines Schadens angestrengt werden, der aus einem im Empfangsstaat durch ein Land-, Wasser- oder Luftfahrzeug verursachten Unfall entstanden ist (Art 43 II WÜK). Im Gegensatz zu den Diplomaten genießen Konsuln nur Amtsimmunität,126 keine persönliche Immunität.127 Die Familienmitglieder der Konsularbeamten unterliegen anders als bei Diplomaten voll der inländischen Gerichtsbarkeit.128 65 Der Konsul untersteht grundsätzlich der Jurisdiktion des Aufenthaltsstaates. Er hat daher einer Ladung als Zeuge Folge zu leisten, auszusagen und muss sich vereidigen lassen (Art 44 I WÜK).129 Bei der Vernehmung sind jedoch die Bedürfnisse des konsularischen Dienstes zu berücksichtigen (Art 44 II WÜK). Zeugnis über Angelegenheiten, die mit der Wahrnehmung ihrer amtlichen Aufgaben zusammenhängen, brauchen Mitglieder einer konsularischen Vertretung nicht zu geben; diesbezügliche amtliche Korrespondenzen und Schriftstücke brauchen sie nicht vorzulegen. Sie sind auch berechtigt, die Aussage als Sachverständige über das Recht des Entsendestaates zu verweigern (Art 44 III WÜK). 66 Hinsichtlich der Widerklage und des Verzichts auf die Immunität von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaats gilt das Gleiche wie unter Rz 57 und 58 ausgeführt worden ist (Art 45 I, II, III, IV WÜK). 67 Nach Art 58 WÜK gilt für Wahlkonsulatsbeamte dasselbe, was für gewöhnliche Konsularbeamte (Rz 63ff) ausgeführt worden ist. Werden konsularische Aufgaben durch eine diplomatische Mission wahrgenommen, so bleibt es bei den diplomatischen Vorrechten (Art 70 IV WÜK). 68 Zu einer Reihe von Staaten bestehen Konsularverträge,130 die durch das Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen nicht berührt werden, gegenwärtig aber keine weiterreichenden Immunitäten als nach dem WÜK vorsehen.131

_______________

126 127 128 129 130 131

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Vgl LG Hamburg NJW 1986, 3034; M. Lüke S 88ff. Dahm/Delbrück/Wolfrum § 44 II 1; Schack Rz 137f. MüKo/Wolf, 2. Aufl, § 19 GVG Rz 4. Stein/Jonas/Berger, ZPO, 21. Aufl, § 377 Rz 21. Vgl Baumbach/Lauterbach/Albers § 19 GVG Rz 3. Vgl Steinmann MDR 1965, 708.

Die Immunität von Diplomaten und Konsuln

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Nach dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen sind 69 die konsularischen Räumlichkeiten, die konsularischen Archive und Schriftstücke unverletzlich (Art 31 und 33).132 5. Wirkungen der Immunität Soweit Diplomaten und Konsuln Immunität genießen, ist eine Klage gegen 70 sie im Empfangsstaat unzulässig. Von der generellen Immunität gibt es aber Ausnahmen, und zwar gemäß Art 31 I des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (s o Rz 54). Selbst in diesen wenigen Ausnahmefällen bereitet eine Klage vor einem Gericht der BR Deutschland große Schwierigkeiten, da die das Verfahren einleitende Ladung und andere Zustellungen nicht in den Räumlichkeiten der diplomatischen Mission bewirkt werden können. Es bleibt nur die Möglichkeit über eine Zustellung im Wege der internationalen Rechtshilfe oder eine öffentliche Zustellung, sofern die erste Alternative versagt.133 Soweit sich privates unbewegliches Vermögen des geschützten Personals oder bei Klagen in Nachlasssachen bewegliches oder unbewegliches Vermögen im Gebiet der BR Deutschland befindet, haben Klagen vor einem Gericht der BR Deutschland durchaus Aussicht auf Erfolg, weil auch die Vollstreckung gewährleistet erscheint. Die weitreichende persönliche Exemtion der Diplomaten und der diesen 71 gleichgestellten Personen lässt dingliche Klagen nur in beschränktem Ausmaß zu. Dies bestätigte der BGH in seinem Urt vom 31.1.1969,134 wenn er ausführt, aus der den Diplomaten eingeräumten persönlichen Immunität könnte auch bei Anwendung von Art 31 I des Wiener Übereinkommens vom 18.4.1961 nicht auf einen entsprechenden Umfang der Immunität des Entsendestaates geschlossen werden. Der BGH entschied, dass der Klage gegen den Entsendestaat auf Einwilligung in die Berichtigung des Grundbuchs eine Immunität nicht entgegenstehe. Der Antrag auf Grundbuchberichtigung und ein Zahlungsantrag (Nutzungsentschädigung) beeinträchtige auch nicht die diplomatischen Funktionen. Aus dieser Entscheidung folgt weiterhin, dass Klagen gegen einen fremden Staat in weiterem Maße zulässig sind als gegen einen Diplomaten. Diese Tatsache wird auch den Gegebenheiten gerecht, denn die Diplomaten handeln gewöhnlich als Vertreter ihres Entsendestaates. Soweit sie Verhandlungen über Grundstücke führen oder solche abschließen, ist Partei des entsprechenden Vertrages der von ihnen vertretene Staat. Hinsichtlich der Frage, ob sie sich hoheitsrechtlich betätigt haben oder nicht, wird in den ver_______________

132 BGBl 1969 II, 1595. 133 Vgl Heß RIW 1989, 254. 134 MDR 1970, 222.

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Grenzen der Gerichtsbarkeit

schiedenen Staaten allerdings eine unterschiedliche Qualifikation vorgenommen. Sonnenberger135 weist darauf hin, dass Erwerbsverträge über Grundstücke in Frankreich als „actes de puissance publique“ betrachtet würden, während die deutsche Rechtsprechung zu einer privatrechtlichen Qualifikation neige. 72 Steinmann136 weist zu Recht darauf hin, dass bei Klagen von deutschem Personal gegen eine ausländische diplomatische Mission, deren Leiter oder deren Entsendestaat die deutschen Gerichte vielfach an einer Nachprüfung gehindert seien, da eine solche das interne Funktionieren der fremden Vertretung berühren könnte. 73 Bei allen unter II behandelten Möglichkeiten ist die Frage, ob im Einzelfall die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist, von den Gerichten in jeder Instanz besonders und unabhängig von der Frage nach der internationalen Zuständigkeit zu prüfen.137

III. Die Immunität internationaler Organisationen 1. Schrifttum 74 Bender, Die Immunität der NATO als internationaler Organisation im Zivilprozess, IPRax 1998, 1; H. Berger, Die Verfahrensstandschaft für die Stationierungsstreitkräfte, 1995; Börner, Probleme der internationalen Zuständigkeit und der Immunität in Arbeitsstreitigkeiten zwischen örtlich rekrutierten Mitarbeitern der Liga Arabischer Staaten und ihrem Arbeitgeber, in Islamisches und arabisches Recht als Problem der Rechtsanwendung, Symposium für Elwan, 2001, S 73; Dominicé, L’immunité de jurisdiction d’exécution des organisations internationales, RdC 187 (1984-IV), 145; ders, La nature et l’étendue de l’immunité de juridiction des organisations internationales, FS Seidl-Hohenveldern, 1988, S 93; E. Gaillard/I. Pingel-Lenuzza, International organisations and immunity from jurisdiction, ICLQ 51 (2002), 1; E. Habscheid, Die durch Art 6 I EMRK beschränkte Immunität internationaler Organisationen im Erkenntnisverfahren, IPRax 2001, 396; ders, Immunität internationaler Organisationen und Art 6 I EMRK, FS Geimer, 2002, S 255; W. Habscheid, Immunität internationaler Organisationen, FS Heini, 1995, S 147; ders, Die Immunität internationaler Organisationen im Zivilprozess, ZZP 110 (1997), 269; M. Koster, Immunität internationaler Richter, 2002; Kraatz, Durchsetzbarkeit zivilrechtlicher Forderungen und Schuldtitel aus Vertrags- und Schadenersatzrecht gegen die Mitglieder der Stationierungsstreitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland, NJW 1987, 1126; Kunz-Hallstein, Privilegien und Immunitäten internationaler Organisationen im Bereich nicht hoheitlicher Privatrechtsgeschäfte, NJW 1992, 3069; A. Reinisch, International Organizations Before National Courts, 2000; Ch. Sato, Immunität internationaler Organisationen, 2004; _______________

135 AcP 162, 509. 136 MDR 1965, 796. 137 So statt vieler Rosenberg/Schwab/Gottwald § 19 Rz 14; vgl Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 643f.

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Die Immunität internationaler Organisationen

§2

Seidl-Hohenveldern, Die Immunität internationaler Organisationen in Dienstrechtsstreitfällen, 1981; ders, Immunität der Arabischen Liga im Arbeitsstreit mit örtlich rekrutierten Bediensteten, IPRax 1999, 273; Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der Internationalen Organisationen, 6. Aufl 1996; Wenckstern, Verfassungsrechtliche Fragen der Immunität internationaler Organisationen, NJW 1987, 1113; ders, Die Immunität internationaler Organisationen, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd II/1, 1994.

2. Abgestufte Immunität internationaler Organisationen Die Vertretungen anerkannter internationaler Organisationen und ihre Ver- 75 treter genießen die gleichen Rechte wie diplomatische Vertretungen und Diplomaten, freilich nur funktional für ihre amtliche Tätigkeit und amtliche Reisen.138 Allerdings besteht diese Immunität nur in Staaten, die die Organisation anerkannt haben.139 Die Bediensteten in den Büros solcher Organisationen werden idR für „amtliche“ Zwecke tätig, können also grundsätzlich nicht die staatlichen Gerichte am Arbeitsort anrufen. Die internationale Organisation muss deshalb eine eigene „Gerichtsbarkeit“ für solche Fälle bereitstellen.140 Soweit eine internationale Organisation eine Schiedsvereinbarung schließt, gilt das für die Staaten Ausgeführte entsprechend (s o Rz 23).141 Die Mitglieder von ständigen diplomatischen Vertretungen bei solchen Orga- 76 nisationen, Mitglieder von Delegationen zu einem Organ oder zu einer Konferenz der Organisation genießen Vorrechte und Immunität wie die bei einem Staat akkreditierten Diplomaten.142 Für die Vereinten Nationen, ihre Unterorganisationen, ihre Bediensteten gilt 77 Folgendes: Art 105 der Charta der Vereinten Nationen143 schreibt vor: „Die Organisation genießt im Hoheitsgebiet jedes Mitglieds die Vorrechte und Immunitäten, die zur Verwirklichung ihrer Ziele erforderlich sind. – Vertreter der Mitglieder der Vereinten Nationen und Bedienstete der Organisation genießen ebenfalls die Vorrechte und Immunitäten, deren sie bedürfen, um ihren mit der Organisation zusammenhängenden Aufgaben in voller Unabhängigkeit nachgehen zu können.“

_______________

138 Dahm/Delbrück/Wolfrum § 41 II 3, 4; Klein, in: Graf Vitzthum, Völkerrecht, 1997, 4. Abschn Rz 106ff. 139 Vgl Wenckstern, in: HdbIZVR, Bd II/1, 1994, Rz 76ff. 140 Börner S 77, 79ff. 141 Ferner Dominicé, FS Lalive 1993, S 483; Habscheid, FS Heini, 1995, S 147. 142 Verdross/Simma § 939. 143 BGBl 1973 II, 497.

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§2

Grenzen der Gerichtsbarkeit

78 Die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen bestimmen sich im Einzelnen nach dem entsprechenden Übereinkommen vom 13.2.1946 (Art 1 des Zustimmungsgesetzes vom 16.8.1980).144 Nach Art IV Abschnitt 11 (a) des Übereinkommens genießen „die Vertreter der Mitglieder bei den Haupt- und Nebenorganen der Vereinten Nationen und auf den von den Vereinten Nationen anberaumten Konferenzen … während der Wahrung ihrer Aufgaben und während ihrer Reisen nach und von dem Tagungsort a) Immunität von jeder Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen …“

Nach Abschnitt 12 wird ihnen diese Immunität „auch dann noch gewährt, wenn sie nicht mehr Vertreter von Mitgliedern sind“. Diese Immunitäten gelten aber nicht im eigenen Heimatstaat (Abschnitt 15). Die Immunität ist kein persönliches Vorrecht. Deshalb ist der vertretene Staat verpflichtet sie aufzuheben, „wenn sie … verhindern würde, dass der Gerechtigkeit Genüge geschieht“, und wenn „sie ohne Schädigung des Zweckes, für den sie gewährt wird, aufgehoben werden kann“ (Art IV Abschnitt 14). 79 Die Bediensteten der Organisation der Vereinten Nationen genießen Amtsimmunität (Art V Abschnitt 18 [a]), der Generalsekretär und die beigeordneten Generalsekretäre mit Ehegatten und minderjährigen Kindern diplomatische Immunität (Art V Abschnitt 19). Auch Sachverständige, die Aufträge der UN durchführen, genießen insoweit Amtsimmunität (Art VI Abschnitt 22 [b]). 80 Für die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen und ihre Bedienstete bestimmen sich die Immunitäten nach dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der UN vom 21.11.1947.145 Der Anwendungsbereich wird durch Rechtsverordnung näher festgelegt;146 darin kann auch diplomatische Immunität zuerkannt werden (Art 3 des ZustG147). Nach Art III § 4 des Abkommens über die Vorrechte sind die Sonderorganisationen selbst von der Gerichtsbarkeit befreit. 81 Nach Art V § 13 genießen Vertreter der Mitglieder auf den durch eine Sonderorganisation einberufenen Tagungen während der Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeiten und auf ihren Reisen Amtsimmmunität: Befreiung von der Verhaftung und Festnahme und von der Beschlagnahme ihres persönlichen Gepäckes in Bezug auf Handlungen, die sie in amtlicher Eigenschaft vornehmen; nach § 14 Befreiung von der Gerichtsbarkeit in Bezug auf ihre _______________

144 145 146 147

62

BGBl II, 941. BGBl 1954 II, 640. Vgl zuletzt Bek v 20.1.2003 (BGBl II 122). IdF vom 16.8.1980, BGBl II, 942.

Die Immunität internationaler Organisationen

§2

mündlichen und schriftlichen Äußerungen und Handlungen, die sie in Ausübung ihres Amtes vornehmen. Nach Art VI § 19 (a) sind Beamte der Sonderorganisationen von der Gerichts- 82 barkeit in Bezug auf die von ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft vorgenommenen Handlungen befreit. Nach Art VI § 21 genießen der Leiter jeder Sonderorganisation sowie jeder in seinem Namen während seiner Abwesenheit tätige Beamte für sich selbst, seinen Ehegatten und seine minderjährigen Kinder die diplomatischen Immunitäten. Sachverständige der Internationalen Arbeitsorganisation148 genießen wiede- 83 rum nur Befreiung von jeder gerichtlichen Verfolgung wegen der von ihnen in Ausübung ihrer Amtsgeschäfte vorgenommenen Handlungen. Bedienstete der Organisationen der Vereinten Nationen genießen somit nur 84 eine Amtsexemtion. Der diplomatische Status einer weitergehenden Exemtion wird nur den Leitern der Organisationen, deren Stellvertretern bei Abwesenheit der Leiter, deren Ehefrauen und minderjährigen Kindern gewährt. Eine solche Exemtion genießt danach auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen einschließlich seiner Familienangehörigen. Das gilt auch für die Richter des Internationalen Gerichshofes. Im Einzelnen ist insoweit das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18.4.1961 (s o Rz 50ff) heranzuziehen. Für die Exemtion der Europäischen Gemeinschaften (Europäischen Union) 85 ist das Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften zu beachten.149 In den ersten beiden Artikeln wird auf die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten und Gebäude und der Archive der Gemeinschaften hingewiesen. Den Mitgliedern der Versammlung steht nach Art 10 während der Dauer der Sitzungsperiode der Versammlung im Hoheitsgebiet ihres eigenen Staates die den Parlamentsmitgliedern eingeräumte Unverletzlichkeit zu. Im Hoheitsgebiet jedes anderen Mitgliedstaates können sie weder festgehalten noch gerichtlich verfolgt werden. Danach genießen die Mitglieder der Versammlung insoweit für sich persönlich volle Exemtion von der Gerichtsbarkeit eines anderen Mitgliedstaates. Nach Art 11 werden Vertretern der Mitgliedstaaten während der Ausübung 86 ihrer Tätigkeiten die üblichen Vorrechte und Befreiungen gewährt. Beamte genießen gemäß Art 12 Befreiung von der Gerichtsbarkeit bezüglich der von ihnen in ihrer amtlichen Eigenschaft vorgenommenen Handlungen. In beiden Fällen handelt es sich wiederum nur um eine Amtsexemtion. Diese wird gemäß Art 21 auch den Richtern, Generalanwälten, dem Kanzler und den Hilfsberichterstattern der Europäischen Gerichtshöfe gewährt. _______________

148 BGBl 1954 II, 653. 149 BGBl 1965 II, 1482.

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Grenzen der Gerichtsbarkeit

Das 7. Protokoll zum Vertrag über die Europäische Union vom 7.2.1992 hat die Vorrechte auf die Europäische Zentralbank erstreckt. 87 Vorrechte und Befreiungen ergeben sich aus dem Protokoll über Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Atomenergiekommission.150 88 Die Europäische Zentralbank besitzt Immunität entsprechend den UN-Sonderorganisationen.151 89 Für den Europarat und seine Unterorganisationen gilt das Gesetz über den Beitritt der BR Deutschland zum Allgemeinen Abkommen vom 2.9.1949 über die Vorrechte und Befreiungen des Europarates mit Zusatzprotokoll vom 6.11.1952.152 Es wird wiederum differenziert: Vertreter im Ministerkomitee sind gemäß Art 10 von der Gerichtsbarkeit für Handlungen, die sie in Ausübung ihres Amtes vorgenommen haben, befreit. 90 Abgeordnete der Beratenden Versammlung genießen gemäß Art 13 während der Dauer der Tagungen Schutz gegen jede Verhaftung und gerichtliche Verfolgung. Beamte des Rates erfreuen sich nur einer Amtsexemtion (Art 18). Nur der Generalsekretär und sein Stellvertreter genießen für sich selbst, für ihre Ehegatten und minderjährigen Kinder die Immunitäten, Vorrechte und Befreiungen, die nach dem Völkerrecht diplomatischen Vertretern zugebilligt werden. Im Dritten Protokoll zum Übereinkommen sind Immunitäten des Wiedereingliederungsfonds des Europarats festgelegt.153 91 Eine Diplomaten vergleichbare Immunität genießen auch die Richter der internationalen Gerichtshöfe, wie des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, des Internationalen Gerichtshofs und des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag.154 3. Die Rechtsstellung ausländischer Streitkräfte, insb von NATO-Truppen 92 a) Die NATO ist von der deutschen Zivilgerichtsbarkeit nach §§ 1, 3 NATOVorrechteVO iVm Teil II Art 5 und Teil V Art 24 (a) NATO-StatusÜ befreit.155 Bei zivilen Rechtsgeschäften wird idR ein Schieds- oder Schlichtungsverfahren zur Beilegung vereinbart.156 _______________

150 151 152 153 154 155 156

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BGBl 1957 II, 1212. VO vom 22.10.1998, BGBl II, 2744. BGBl 1954 II, 493. BGBl 1963 II, 238. Vgl M. Koster, Immunität internationaler Gerichte, 2002. Bender IPRax 1998, 1, 2; Wenckstern Rz 226. Bender IPRax 1998, 1, 6ff; Wenckstern Rz 463, 473, 478.

Die Immunität internationaler Organisationen

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Soweit sich ausländische Truppen auf fremdem Gebiet mit Einverständnis 93 des Empfangsstaats aufhalten, ist ihre Jurisdiktionsunterworfenheit idR vertraglich näher geregelt.157 Mangels einer Regelung sind ausländische Streitkräfte nicht „exterritorial“, sondern unterstehen dem Recht des Aufenthaltsstaats. Als hoheitlich tätige Organe des Entsendestaates genießen sie als solche aber Immunität. Das Gleiche gilt für das dienstliche Verhalten der Truppenmitglieder; privates Handeln außerhalb der Kasernen und sonstigen Truppenanlagen unterliegt dagegen der Gerichtsbarkeit.158 Damit der einzelne Bürger gegenüber Schäden, die NATO-Truppen verursa- 94 chen, nicht rechtlos gestellt ist, kann er diese gegen die Bundesrepublik Deutschland als Prozessstandschafter geltend machen (s u Rz 96). b) Im Einzelnen geregelt ist die Stellung der NATO-Truppen. Das Gesetz 95 zum NATO-Truppenstatut (NTS) vom 18.8.1961159 und das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (ZANTS) vom 3.8.1959160 enthalten eine Reihe von besonderen Bestimmungen hinsichtlich des IZPR.161 NTS Art VIII (5) – (7) regelt im Detail, wie Privatpersonen Ansprüche gegen 96 NATO-Truppen, Mitglieder der Truppe oder eines zivilen Gefolges aus Ausübung des Dienstes oder aus privatem Verhalten geltend machen können. Ansprüche aus dienstlichem Verhalten gegen einen Entsendestaat sind nach Art 41 ZANTS und Art 6ff Gesetz zum NTS bei der deutschen Verteidigungslastenverwaltung anzumelden. Erkennt die Verwaltung den Anspruch nicht an, so hat der Berechtigte die Bundesrepublik Deutschland vor den ordentlichen Gerichten als Prozessstandschafterin für den Entsendestaat zu verklagen (Art 12 I, II; 25 Gesetz z. NTS).162 c) Entsprechendes gilt für die Verfolgung von Ansprüchen aus Schäden, die 97 Streitkräfte anderer Staaten, die im Rahmen des Übereinkommens mit der NATO an „der Partnerschaft für den Frieden“ teilnehmen nach Art 2 I des Gesetzes zum PfP-Truppenstatut vom 9.7.1998.163 Mitglieder ausländischer Streitkräfte, die sich vorübergehend in Deutschland aufhalten, unterliegen der deutschen Zivilgerichtsbarkeit (§ 7 I SkAufG),164 soweit sie außerdienstliche Schäden verursachen. Solche Ansprüche werden nach Art 2 II G zum PfP-Truppenstatut gemäß Art 2 S 1 mit § 16 V SkAufG abgewickelt.

_______________

157 158 159 160 161 162 163 164

Vgl Dahm/Delbrück/Wolfrum § 74 IV. Dahm/Delbrück/Wolfrum § 74 V 1, 4, 5; MüKo/Wolf § 20 GVG Rz 9. BGBl 1961 II, 1183. BGBl 1961 II, 1218. Vgl Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 64. Aufl 2006, Schlussanh III. Vgl Heß, Staatenimmunität, S 235ff. Zum Geltungsbereich s IPRax 1999, 398. BGBl 1995 II, 554.

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98 d) Art 31 ZANTS betrifft das Armenrecht (jetzt: Prozesskostenhilfe) und die Sicherheitsleistung für Prozesskosten: „Die Mitglieder einer Truppe oder eines zivilen Gefolges genießen hinsichtlich des Armenrechtes und der Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten die Rechte, die in den auf diesen Gebieten zwischen der BR Deutschland und dem betreffenden Entsendestaat geltenden Abkommen festgesetzt sind. Die dienstliche Anwesenheit der genannten Personen im Bundesgebiet gilt für die Anwendung dieser Abkommen als ständiger Aufenthalt.“

Mit den Vertragsstaaten des Zusatzabkommens: Belgien, Frankreich, Kanada, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, sowie mit den Vereinigten Staaten bestehen seitens der BR Deutschland entsprechende Verträge, so dass die Gegenseitigkeit sowohl hinsichtlich der Prozesskostensicherheit als auch der Prozesskostenhilfe verbürgt ist. 99 Art 32 ZANTS betrifft Zustellungen: „(1) a) Eine Klageschrift oder eine andere Schrift oder gerichtliche Verfügung, die ein nichtstrafrechtliches Verfahren vor einem deutschen Gericht oder einer deutschen Behörde einleitet, wird Mitgliedern einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder Angehörigen über eine Verbindungsstelle zugestellt, die von jedem Entsendestaat errichtet oder bestimmt wird. Die deutschen Gerichte und Behörden können die Verbindungsstelle um Durchführung der Zustellung anderer Schriftstücke in solchen Verfahren ersuchen. b) Die Verbindungsstelle bestätigt unverzüglich den Eingang jedes Zustellungsersuchens, das ihr von einem deutschen Gericht oder einer deutschen Behörde übermittelt wird. Die Zustellung ist bewirkt, wenn das zuzustellende Schriftstück dem Zustellungsempfänger von dem Führer seiner Einheit oder einem Beauftragten der Verbindungsstelle übergeben ist. Das deutsche Gericht oder die deutsche Behörde erhält unverzüglich eine Urkunde über die vollzogene Zustellung. c) i) Hat das deutsche Gericht oder die deutsche Behörde binnen 21 Tagen, gerechnet vom Ausstellungsdatum der Eingangsbestätigung durch die Verbindungsstelle an, weder eine Urkunde über die vollzogene Zustellung nach Buchstabe b) noch eine Mitteilung darüber erhalten, dass die Zustellung nicht erfolgen konnte, so übermittelt das Gericht oder die Behörde eine weitere Ausfertigung des Zustellungsersuchens der Verbindungsstelle mit der Ankündigung, dass 7 Tage nach Eingang bei ihr die Zustellung als bewirkt gilt. Mit Ablauf der Frist von 7 Tagen gilt die Zustellung als bewirkt. ii) Die Zustellung ist jedoch nicht als bewirkt anzusehen, wenn vor Ablauf der Frist von 21 oder gegebenenfalls von 7 Tagen die Verbindungsstelle dem deutschen Gericht oder der deutschen Behörde mitteilt, dass sie die Zustellung nicht durchführen konnte. Die Verbindungsstelle teilt dem deutschen Gericht oder der deutschen Behörde die Gründe mit, die sie an der Zustellung gehindert haben. iii) In dem unter Ziffer ii) vorgesehenen Fall kann die Verbindungsstelle auch bei dem deutschen Gericht oder der deutschen Behörde unter Angabe der Gründe eine Fristverlängerung beantragen. Entspricht das deutsche Gericht oder die deutsche Behörde

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Die Immunität internationaler Organisationen

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diesem Verlängerungsantrag, so finden die Ziffern i) und ii) auf die verlängerte Frist entsprechende Anwendung. (2) Stellt ein deutsches Gericht oder eine deutsche Behörde ein Urteil oder eine Rechtsmittelschrift zu, so wird eine Abschrift des Schriftstückes, falls der betreffende Entsendestaat im Einzelfall oder allgemein darum ersucht, der Verbindungsstelle dieses Staates unverzüglich übermittelt, sofern nicht die Verbindungsstelle selbst in Anwendung von Abs 1 Buchstabe a) Satz 2 um die Zustellung ersucht wird.“

Es handelt sich bei Art 32 I nur um solche Zustellungen, durch die ein ge- 100 richtliches Verfahren eingeleitet wird. Auch wenn diese Zustellungen nicht nach den Vorschriften der ZPO erfolgen, obwohl sie auf deutschem Staatsgebiet bewirkt werden, kann nicht von einer Beschränkung der deutschen Gerichtsbarkeit gesprochen werden. Baumbach/Lauterbach/Hartmann165 weisen zu Recht darauf hin, dass die deutsche Gerichtsbarkeit in Zivilsachen 1955 in vollem Umfange wiederhergestellt wurde. Die Sonderstellung, die Deutschland den auf ihrem Staatsgebiet stationierten NATO-Truppen ausdrücklich durch Vertrag eingeräumt hat, ändert daran nichts. Diese Sonderstellung zeigt sich etwa in Art 33, wonach Mitgliedern einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder Angehörigen keine Nachteile entstehen dürfen, wenn sie wegen dienstlicher Obliegenheiten oder einer rechtmäßigen Abwesenheit vorübergehend in nicht strafrechtlichen Verfahren, an denen sie beteiligt sind, am Erscheinen verhindert sind. Die Verhinderung ist den deutschen Stellen ohne schuldhaften Aufschub mitzuteilen. Nach Art 36 können deutsche Gerichte und Behörden Zustellungen an Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und an Angehörige nicht durch öffentliche Zustellung bewirken. Hierdurch werden die Mitglieder der Truppen besonders geschützt, wenngleich die zuständige Behörde einem deutschen Zustellungsbeamten, der ein Schriftstück an eine Person, die sich in einer Anlage der Truppe befindet, zustellen soll, helfen soll, damit die Zustellung durchgeführt werden kann. Nach Art 37 tragen die Militärbehörden dafür Sorge, dass Mitglieder einer Truppe, die zu einem Gerichtstermin geladen sind, auch erscheinen, soweit nicht militärische Erfordernisse dem entgegenstehen. Art 38 und 39 betreffen Besonderheiten bei der Vernehmung eines Mitglie- 101 des der Truppe als Zeuge oder Sachverständiger. Art 38: „(1) Ergibt sich im Verlauf eines strafrechtlichen oder nichtstrafrechtlichen Verfahrens oder einer Vernehmung vor einem Gericht oder einer Behörde einer Truppe oder der Bundesrepublik, dass ein Amtsgeheimnis eines der beteiligten Staaten oder beider oder eine Information, die der Sicherheit eines der beteiligten Staaten oder beider schaden würde, preisgegeben werden könnte, so holt das Gericht oder die Behörde vorher die schriftliche Einwilligung der zuständigen Behörde dazu ein, dass das Amtsge_______________

165 Schlussanh III Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut Einl Rz 1.

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Grenzen der Gerichtsbarkeit

heimnis oder die Information preisgegeben werden darf. Erhebt die zuständige Behörde Einwendungen gegen die Preisgabe, so trifft das Gericht oder die Behörde alle in ihrer Macht stehenden Maßnahmen, einschließlich derjenigen, auf die sich Abs 2 bezieht, um die Preisgabe zu verhüten, vorausgesetzt, dass die verfassungsmäßigen Rechte einer Partei dadurch nicht verletzt werden. (2) Die Vorschriften des deutschen GVG (§§ 172 bis 175) über den Ausschluss der Öffentlichkeit von Verhandlungen in strafrechtlichen und nichtstrafrechtlichen Verfahren und die Vorschriften der deutschen StPO (§ 15) über die Möglichkeiten der Übertragung von Strafverfahren an das Gericht eines anderen Bezirks werden in Verfahren vor deutschen Gerichten oder Behörden, in denen eine Gefährdung der Sicherheit einer Truppe oder eines zivilen Gefolges zu besorgen ist, entsprechend angewendet.“

102 Art 39: „Die Rechte und Vorrechte der Zeugen und Sachverständigen bestimmen sich nach dem Recht der Gerichte oder der Behörden, vor denen sie erscheinen. Das Gericht oder die Behörde berücksichtigt jedoch die Rechte und Vorrechte angemessen, welche Zeugen und Sachverständige, wenn sie Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder Angehörige sind, vor einem Gericht des Entsendestaates, und wenn sie nicht zu diesem Personenkreis gehören, vor einem deutschen Gericht haben würden.“

Das Bemerkenswerte an dieser Vorschrift bleibt die Feststellung, dass der deutsche Richter nicht an seine lex fori hinsichtlich der Zeugeneigenschaft oder des Zeugnisverweigerungsrechts gebunden ist, sondern diese Vorrechte prüfen muss im Verhältnis zu denen, die der Entsendestaat Zeugen oder Sachverständigen einräumt, um diese angemessen zu berücksichtigen. Der deutsche Richter wird zumindest angewiesen, ausländisches Verfahrensrecht zu berücksichtigen. 103 Die Art 34 und 35 betreffen die Vollstreckungshilfe seitens der Militärbehörden bei der Durchsetzung vollstreckbarer Titel deutscher Gerichte in nichtstrafrechtlichen Verfahren und die Vollstreckung in Zahlungsansprüche. Zu beachten ist auch Art VIII (5) (g) des NATO-Statuts.166 Danach darf ein Mitglied einer Truppe oder eines zivilen Gefolges einem Verfahren zur Vollstreckung eines Urteils nicht unterworfen werden, das in dem Aufenthaltsstaat in einer aus der Ausübung des Dienstes herrührenden Angelegenheit gegen die betreffende Person ergangen ist. Schwenk167 will hieraus ableiten, dass Klagen gegen Schädiger, deren unerlaubte Handlungen im Dienste begangen sind, unzulässig seien, weil es an einem Rechtsschutzinteresse fehle. Diese Ansicht steht jedoch nicht im Einklang mit dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung. Wird aber die Vollstreckung aus einem deutschen Urteil untersagt, so wird auch insoweit die deutsche Gerichtsbarkeit begrenzt. _______________

166 BGBl 1961 II, 1212. 167 NJW 1976, 1562.

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§ 3 Internationale Zuständigkeit I. Europäisches Zivilprozessrecht Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einheitliche Auslegung . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . b) Autonome Auslegung . . . . . . . c) Auslegung der EuGVO . . . . . . . d) Auslegung des bisherigen EuGVÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Auslegung des Lugano-Übereinkommens . . . . . . . . . . . . . . 4. Das System der direkten Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 6. Der Wohnsitzgerichtsstand . . . . . 7. Die Ausschaltung der exorbitanten Gerichtsstände . . . . . . . . . . . 8. Die besonderen Zuständigkeiten nach Art 5–7 . . . . . . . . . . . . . . . . a) Art 5 Nr 1 (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) . . . . . . . . . . . . b) Art 5 Nr 2 (Gerichtsstand für Unterhaltssachen) . . . . . . . . . . c) Art 5 Nr 3 (Gerichtsstand für unerlaubte Handlungen) . . . . . d) Art 5 Nr 4 (Gerichtsstand für Adhäsionsklagen) . . . . . . . . . . e) Art 5 Nr 5 (Gerichtsstand der Niederlassung) . . . . . . . . . . . . f) Art 5 Nr 6 (Gerichtsstand für trust-Klagen) . . . . . . . . . . . . . . g) Art 5 Nr 7 (Gerichtsstand für Berge- und Hilfelohn) . . . . . . . . h) Art 6 Nr 1 (Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft) . i) Art 6 Nr 2 (Gerichtsstand der Gewährleistungs- oder Interventionsklage) . . . . . . . . . . . . . j) Art 6 Nr 3 (Gerichtsstand der Widerklage) . . . . . . . . . . . . . . . k) Art 6 Nr 4 (dinglicher Gerichtsstand für Vertragsklagen kraft Sachzusammenhangs) . . . . . . .

. . . .

1 4 9 9 10 11 13 16 17 20 28 36 39 40 57 65 77 78 85 87 90

97 100

102

l) Art 7 (Haftungsbeschränkung des Schiffseigentümers) . . . . . 9. Die Zuständigkeiten in Versicherungssachen . . . . . . . . . . . a) Klagen gegen den Versicherer . b) Klagen des Versicherers . . . . . c) Weitere Sonderregeln . . . . . . . 10.Die Zuständigkeiten in Verbrauchersachen . . . . . . . . . . . . . a) Anwendungsbereich . . . . . . . b) Klagen gegen den Unternehmer c) Klagen gegen den Verbraucher d) Gerichtsstandsvereinbarungen 11.Die Zuständigkeiten für individuelle Arbeitsverträge . . . . . . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . b) EuGVO . . . . . . . . . . . . . . . . . c) LugÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12.Gerichtsstandsvereinbarungen . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendungsbereich . . . . . . . c) Formvorschriften für Gerichtsstandsvereinbarungen . . . . . . (1) Schriftlichkeit . . . . . . . . . (2) Mündliche Vereinbarung mit schriftlicher Bestätigung (halbe Schriftlichkeit) (3) Den Gepflogenheiten der Parteien entsprechende Form . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vereinbarung nach Handelsbrauch . . . . . . . . . . . . . . . (5) Elektronischer Vertragsschluss . . . . . . . . . . . . . . . (6) Form nach CMR . . . . . . . . d) Wirkungen der Vereinbarung . e) Subjektive Reichweite . . . . . . f) Beschränkungen der Prorogationsfreiheit . . . . . . . . . . . . 13.Die rügelose Einlassung . . . . . . 14.Die ausschließlichen Zuständigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

103 104 105 109 110 112 113 121 123 124 126 126 127 130 132 132 133 145 146

148

149 150 153 154 155 161 166 170 178

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§3 15.Amtsprüfung der Zuständigkeit . 16.Zuständigkeit für Streitigkeiten über Gemeinschaftsmarken . . . . 17.Zuständigkeit für Streitigkeiten über den Sortenschutz . . . . . . . . . 18.Zuständigkeiten für Streitigkeiten über Gemeinschaftspatente . . . . .

Internationale Zuständigkeit 201 19.Zuständigkeiten in Ehe- und Sorgerechtssachen . . . . . . . . . . . a) Ehetrennungsverfahren . . . . . 202 b) Sorgerechtsverfahren . . . . . . . c) Zuständigkeit bei Kindes204 entführung . . . . . . . . . . . . . . . 205 20.Zuständigkeiten in Familienvermögens- und Erbschaftssachen

206 208 216 223 227

1. Schrifttum 1 a) Zur neuen EuGVO: Adolphsen, Europäisches und internationales Zivilprozessrecht in Patentsachen (§ 13), 2005; C. Ambrose, Arbitration and the free movement of judgements, ArbInt 19 (2003), 3; Badelt, Aufrechnung und internationale Zuständigkeit, 2004; P. Beaumont, The Brussels Convention becomes a regulation, in: Reform and Development of Private International Law, Essays in honour of Peter North, 2002, 9; Beraudo, Le Reglèment (CE) du Conseil du 22 décembre 2000 concernant la compétence judiciaire, la reconnaissance et l’exécution des décisions en matière civile et commerciale, JDI 128 (2001), 1033; Berger, Gerichtspflichtigkeit infolge Internetpräsenz, in: Bauknecht/Brauer/Mück, Informatik 2001, S 1002; F. Blobel/P. Späth, The tale of multilateral trust and the european law of civil procedure, E.L.Rev. 30 (2005), 528; A. Briggs/P. Rees, Civil Jurisdiction and Judgments, 4th ed. 2005; E. Bruhns, Das Verfahrensrecht der internationalen Konzernhaftung, 2006; J. Bukow, Verletzungsklagen aus gewerblichen Schutzrechten, 2003; A. Calva Caravaca u.a., Brussels I Regulation, 2007; Coester-Waltjen, Some reflections on Forum Selection Clauses in the International Scene, FS Gülören Tekinalp, 2003, S 147; dies, Parteiautonomie in der internationalen Zuständigkeit, FS Heldrich, 2005, S 549; Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Kurzkommentar Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, 2. Aufl 2003; Droz/Gaudemet-Tallon, La transformation de la Convention de Bruxelles du 27 Septembre 1968 en Réglement du Conseil concernant la competence judiciaire …, Rev crit 90 (2001), 601; Ebner, Markenschutz im internationalen Privat- und Zivilprozessrecht, 2003; Fentiman, Civil Jurisdiction and Third States: Owusu and after, CMLR 43 (2006), 705; Finger, EuGVVO – Eine erste Übersicht über die neue Regelung, MDR 2001, 1394; N. Ganssauge, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht bei Verbraucherverträgen im Internet, 2004; Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005; Geimer, Salut für die Verordnung (EG) Nr 44/2001 (Brüssel IVO), IPRax 2002, 69; Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivilsachen, Erläuterungen zur VO Nr 44/2001 (Lfg 28, 2005), S 540.35ff; dies, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl 2004; Gottwald, Gerechtigkeit und Effizienz internationaler Gerichtsstände – Gedanken zur Reform des Brüsseler Übereinkommens, Ritsumeikan L.Rev. 2000, 61; ders, Das Wetterleuchten des Forum non conveniens, FS Jayme, 2004, S 277; Häcker, Europäisch-zivilverfahrensrechtliche und international-privatrechtliche Probleme grenzüberschreitender Gewinnzusagen, ZVglRWiss 103 (2004), 464; Hausmann, Die Revision des Brüsseler Übereinkommens von 1968, European Legal Forum 2000/01, 40; F. Herget, Die internationale Zuständigkeit im Electronic Commerce in der Europäischen Union, 2006; Hess, Die allgemeinen Gerichtsstände der Brüssel I-Verordnung, FS Lindacher, 2007; A. Huet, Convention de Vienne … sur les contrats de vente internationale … et compétence des tribunaux en droit judiciaire Européen, Mélanges en l’honneur de Lagarde, 2005, S 417; Jametti Greiner, Die Revi-

70

Europäisches Zivilprozessrecht

§3

sion des Brüsseler und des Lugano-Übereinkommens, AJP/PJA 1999, 1135; Jayme, Ein internationaler Gerichtsstand für Rechtsstreitigkeiten um Kunstwerke, FS Mußgnug, 2005, S 517; Kennett, The Brussels I Regulation, ICLQ 2001, 725; P. Kindler, Gesellschafterinnenhaftung in der GmbH und internationale Zuständigkeit nach der Verordnung (EG) Nr 44/2001, FS P. Ulmer, 2003, S 305; Kohler, Stadler u. Kerameus, in: Gottwald (Hrsg), Revision des EuGVÜ, 2000; Kreuzer, Zu Stand und Perspektiven des Europäischen Internationalen Privatrechts, RabelsZ 70 (2006), 1; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl 2005; Layton/Mercer, European Civil Practice, 2. Aufl, 2004; Leible, Internationale Zuständigkeit bei Klagen gegen ausländische Gesellschaften mit deutschem Verwaltungssitz, in: Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschften, 2005 (§ 11), S 331; Mankowski, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, FS Heldrich, 2005, S 867; A. Markus, Revidierte Übereinkommen von Brüssel und Lugano: Zu den Hauptpunkten, SZW/RSDA 1999, 205; Mayr/ Czernich, Europäisches Zivilprozessrecht, 2006; H.-W. Micklitz/P. Rott, Vergemeinschaftung des EuGVÜ in der Verordnung (EG) Nr 44/2001, EuZW 2001, 325; R.M. Moura Ramos, The new EC Rules on jurisdiction and the recognition and enforcement of judgments, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 199; M. Neumayr, Grundlegendes zur Brüssel I-Verordnung, vor allem zur internationalen Zuständigkeit, ERA-Forum 2005, 172; Nuyts/Watté, International Civil Litigation in Europe and Relations with Third States, 2005; É. Pataut, Qu’est-ce qu’un litige „intracommunautaire“?, Études à Normand, 2003, S 365; Piltz, Vom EuGVÜ zur Brüssel I-Verordnung, NJW 2002, 789; A. Pontier/E. Burg, EU principles on jurisdiction and recognition and enforcement of judgments in civil and commercial matters, 2004; Rauscher/Fehre, Das Ende des forum non conveniens unter dem EuGVÜ und der Brüssel I-VO?, ZEuP 2006, 459; H. Schack, Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Zivilverfahrensrecht, SchlHA 2006, 115; I. Scheuermann, Internationales Zivilverfahrensrecht bei Verträgen im Internet, 2004; P. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl 2003; ders, Unzulässige Diskriminierung nach Bestehen oder Fehlen eines EG-Wohnsitzes im europäischen Zivilprozessrecht, FS Heldrich, 2005, S 1007; U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht in der Praxis, 2004; Schoibl, Vom Brüsseler Übereinkommen zur Brüssel-I-Verordnung: Neuerungen im europäischen Zivilprozessrecht, (österr)JBl 2003, 149; Staudinger/Hausmann, Internationale Zuständigkeit; Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, Anh II zu Art 27–37 EGBGB, 2001; R. Wagner, Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel I-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75; ders, Scheinauslandsgesellschaften im Europäischen Zivilprozessrecht, in: Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, S 223. b) Zum bisherigen EuGVÜ: Anton/Beaumont, Civil Jurisdiction in Scotland, 2nd ed 2 1995; Aull, Der Geltungsanspruch des EuGVÜ (Zur Auslegung von Art 17 Abs 1 EuGVÜ), 1996; Bachmann, Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im Internet, IPRax 1998, 179; Bajons/Mayr/Zeiler, Die Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 1997; Banniza von Bazan, Der Gerichtsstand des Sachzusammenhangs im EuGVÜ, dem Lugano-Abkommen und im deutschen Recht, 1995; Basedow, Europäisches Zivilprozessrecht, HdbIZVR, Bd I, 1982, 99; Ph. Bauer, Die internationale Zuständigkeit bei gesellschaftsrechtlichen Klagen unter besonderer Berücksichtigung des EuGVÜ, 2000; Bauerreiss, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 2001; Beaumont, Jurisdiction under the Brussels Convention in Contract, Tort, Delict and Quasi-Delict, in: Carey Miller et Beaumont, The Option of Litigating in Europe, 1993, 13; Beraudo, Convention de Bruxelles du 27 Septembre 1968, Juris-Classeur Procédure

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Internationale Zuständigkeit

Civile Fasc. 52–10 (Généralités), 1996; Fasc. 52–20 (Champs d’application), 1996; Fasc. 52–30 (Compétence), 1999; Fasc. 52–34, 52–36 (Règles ordinaires de compétence), 1999; M. Bogdan, The Brussels Jurisdiction and Enforcement Convention, 1997; Brödermann, Der europäische GmbH-Gerichtsstand, ZIP 1996, 491; Brückner, Bindungswirkung an die Entscheidungen des EuGH im EuGVÜ, in: Hommelhoff/Jayme/ Mangold, Europäischer Binnenmarkt, 1995, S 263; F. Maronqui Buonaitti, Forum non conveniens facing the prospective Hague Convention and e.C. Regulation on Jurisdiction …, Riv dir Eur 1 (1999), 3; Byrne, The European Union and Lugano Convention on Jurisdiction and the Enforcement of Judgements, 1994; Coester-Waltjen, Die Bedeutung des EuGVÜ und des Luganer Übereinkommens für Drittstaaten, FS Nakamura, 1996, S 89; dies, Die Aufrechnung im internationalen Zivilprozessrecht, FS G. Lüke, 1997, S 35; dies, Internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, FS Schütze, 1999, S 175; A. Conrad, Qualifikationsfragen des Trust im Europäischen Zivilprozessrecht, 2001; de Cristofaro, Il foro delle obbligazioni, 1999; Drews, Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Gebührenstreit eines deutschen Anwalts mit ausländischer Mandantschaft, TransportR 1999, 193; Erwand, Forum non conveniens und EuGVÜ, 1996; Fasching/Simotta, Zivilprozessgesetze, Bd 1, 2. Aufl 2000; Fawcett, A new approach to jurisdiction over companies in private international law, ICLQ 37 (1988), 645; Fentiman, Jurisdiction, Discretion and the Brussels Convention, Cornell Intern.L.J. 26 (1993), 59; R. Fentiman/ A. Nuyts/H. Tagaras/N. Watté, L’espace judiciare européen en matières civile et commerciale, 1999; Gaudemet-Tallon, Le „forum non conveniens“, une menace pour la convention de Bruxelles?, Rev.crit. 80 (1991), 491; dies, Les Conventions de Bruxelles et de Lugano, 1993; Gebauer, Drittstaaten- und Gemeinschaftsbezug im europäischen Recht der internationalen Zuständigkeit, ZEuP 2001, 943; Geimer, Fehlen des Gerichtsstandes der Mitgliedschaft als gravierender Mangel im Kompetenzsystem der Brüsseler und der Luganer Konvention, FS Schippel, 1996, S 869; ders, The Brussels Convention – sucessful model and old-timer, EurJLawReform 4 (2002), 19; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997; Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, (Loseblatt) Nr 606, 1ff (Stand 2000); Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Internationale Zuständigkeit und Urteilsanerkennung in Europa, 1993; P. Grolimund, Drittstaatenproblematik des europäischen Zivilverfahrensrechts, 2000; Haubold, Internationale Zuständigkeit für gesellschaftsrechtliche und konzernrechtliche Haftungsansprüche nach EuGVÜ und LugÜ, IPRax 2000, 375; Hertz, Jurisdiction in Contract and Tort under the Brussels Convention, 1998; J. Hill, The law relating to international commercial disputes, 1994; Huber, Forum non conveniens und EuGVÜ, RIW 1993, 977; ders, Die englische Forum-non-conveniens-Doktrin und ihre Anwendung im Rahmen des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens, 1994; Jayme (Hrsg), Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992; ders, Die internationale Zuständigkeit bei Haustürgeschäften, FS Nagel, 1987, S 123; ders, Der Gerechtigkeitsgehalt des EuGVÜ, in: Reichelt, Europäisches Kollisionsrecht, 1993, S 23; Jaspert, Grenzüberschreitende Unternehmensverbindungen im Zuständigkeitsbereich des EuGVÜ, Diss. Bielefeld 1995; Kannengießer, Die Aufrechnung im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 1998; Kaye, Law of the European Judgments Convention, Vol 1–3, 1999; Kohler, Integration und Auslegung – Zur Doppelfunktion des EuGH, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992, S 28; ders, Anpassung und Entwicklung des EuGVÜ nach dem Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens zur Europäischen Union, NIPR Special 1996, 1; Kreuzer/Wagner, Europäisches Internationales Zivilverfahrensrecht, in: Dauses, Handbuch des EU-

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Europäisches Zivilprozessrecht

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Wirtschaftsrechts, Bd 2, Teil Q, 2000; H. Kronke, Reform des internationalen Zivilprozessrechts in Europa; Grundfragen der Regelung internationaler Zuständigkeit, in: Beiträge zum IPR für G. Broggini, 1997, S 223; Lasak/Stone, Conflict of Laws in the European Community, 1987, S 149ff, 197ff; Lechner/Mayr, Das Übereinkommen von Lugano, 1996; Lenenbach, Gerichtsstand des Sachzusammenhangs nach Art 21 EuGVÜ?, EWS 1995, 361; Linke, Der „Kleineuropäische“ Niederlassungsgerichtsstand (Art 5 Nr 5 EuGVÜ), IPRax 1982, 46; Lohse, Das Verhältnis von Vertrag und Delikt (Art 5 Nr 1 und Art 5 Nr 3 GVÜ), 1991; Lüpfert, Konnexität im EuGVÜ, 1997; Lutz/Neumann, Auslegung der Art 13ff EuGVÜ auf Realkredite, RIW 1999, 827; Mankowski, Spezialabkommen und EuGVÜ, EWS 1996, 301; Mayr, EuGVÜ und LGVÜ, 2001; A. Mennie, The Brussels Convention and Third States: A British Perspective, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992, S 173; Möllers, Internationale Zuständigkeit bei der Durchgriffshaftung, 1987, S 79ff; Newman, The 1968 Brussels Convention and Subsequent Developments, in: Carey Miller & Beaumont (ed), The Option of Litigation in Europe, 1993, 1; Niegisch, Die Doktrin forum non conveniens und das EuGVÜ im Vereinigten Königreich, 1996; North, The Brussels Convention and Forum non conveniens, IPRax 1992, 183; Otte, Umfassende Streitentscheidung durch Beachtung von Sachzusammenhängen, 1998, S 649ff; Otto, Der prozessuale Durchgriff, 1993; Pichler, Internationale Gerichtszuständigkeit im Online-Bereich, in: Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht (Teil 31), 1999; Piroddi, Competenza Giurisdizionale e Legge Applicabile alle Locazioni Immobiliari nelle Convenzioni di Bruxelles e di Roma, Riv.dir.int.priv.proc. 31 (1995), 41; v Rönn, Die Anwendung des EuGVÜ im Vereinigten Königreich, 1996; N. Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters (Ch. 2), 2004, S 55ff; H. Roth, Aufrechnung und internationale Zuständigkeit nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, RIW 1999, 819; Rudisch, Grenzüberschreitender Verbraucherschutz, in: Schnyder, Internationales Verbraucherschutzrecht, 1995, S 191; Schack u. Walter, Wechselwirkungen zwischen europäischem und nationalem Zivilprozessrecht, ZZP 107 (1994), 279; Th. Scheich, Exorbitante Gerichtsstände im Lichte des EuGVÜ, 1994; Schlosser, Zum Begriff „Zivil- und Handelssachen“ in Art 1 I EuGVÜ, IPRax 1981, 154; ders, Jurisdiction in International Litigation, Riv.dir.int. 74 (1991), 5; Schnyder, Produkthaftung international – kollisions- und verfahrensrechtliche Aspekte, FS Walder, 1994, S 385; Schoibl, Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Verfahrens nach dem Brüsseler und dem Luganer Übereinkommen, FS Schütze, 1999, S 777; ders, Adhäsionsverfahren und Europäisches Zivilverfahrensrecht, FS Sprung, 2001, S 321; Th. Senff, Wer ist Verbraucher im internationalen Zivilprozess?, 2001; Simons, Die Prozessaufrechnung im europäischen Zivilprozessrecht, Forum des internationalen Rechts 1996, 24; Spahl, Die positive Forderungsverletzung und der Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte im IPR und internationalen Zivilprozessrecht, 2001; Spellenberg, Das EuGVÜ als Kern eines europäischen Zivilprozessrechts, EuR 1980, 329; Stadler, Die internationale Durchsetzung von Gegendarstellungsansprüchen, JZ 1994, 642; Stauder, Die internationale Zuständigkeit in Patentverletzungsklagen, FS Schricker, 2005, S 917; Stolz, Zur Anwendbarkeit des EuGVÜ auf familienrechtliche Ansprüche, 1995; Taylor/Cooper, European Litigation Handbook, 1995; Valloni, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Lugano- und Brüsseler Übereinkommen, 1998; P. Veron, Trente ans d’application de la Convention de Bruxelles à l’action en contrefaçon de brevet d’intention, JDI 128 (2001), 805; Wadlow, Enforcement of intellectual property in European and international law, 1998; Wagner, Ehrenschutz und Pressefreiheit im europäischen Zivilverfahrens- und Internationalen Privatrecht,

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Internationale Zuständigkeit

RabelsZ 62 (1998), 243; ders, Die Aufrechnung im Europäischen Zivilprozess, IPRax 1999, 65; Wandt, Produkthaftung mehrerer und Regress, Allgemeiner Teil: Internationales Zivilprozessrecht, in: Schmidt-Salzer, Kommentar EG-Produkthaftung, Bd 2 Ausland und Regress (Teil 23), 1992; J. Weiß, Die Konketisierung der Gerichtsstandsregeln des EuGVÜ durch den EuGH, 1997.

3 c) Zum Luganer Parallel-Übereinkommen: Bajons, Das Luganer Parallelübereinkommen zum EuGVÜ, ZfRV 34 (1993), 45; Beraudo, Convention de Lugano, J.-Cl., Procédure Civile, Fasc. 53–2ff, 1991; Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2000, S 25ff; F. Cometta/P. Volken u a, La Convenzione di Lugano nella pratica forense e nel suo divenire, 2002; Donzallaz, La convention de Lugano, Bd I/II, 1996; Heerstrassen, Die künftige Rolle von Präjudizien des EuGH im Verfahren des Luganer Übereinkommens, RIW 1993, 179; M. Jametti Greiner, Der Begriff der Entscheidung im schweizerischen internationalen Zivilverfahrensrecht, 1998; Killias, Die Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem Lugano-Übereinkommen, 1993; Mäder, Die Anwendung des Lugano-Übereinkommens im gewerblichen Rechtsschutz, 1999; F. Walther, Die Schweiz und das europäische Zivilprozessrecht – quo vadis?, ZSR 124 (2005) II 301.

2. Einführung 4 Das Brüsseler EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.19681 ist für Deutschland am 1.2.1973 in Kraft getreten. Seither ist das Übereinkommen viermal geändert worden. Das 1. Beitrittsübereinkommen mit Dänemark, Irland und dem Vereinigten Königreich vom 9.10.19782 gilt für Deutschland seit 1.11.1986. Das 2. Beitrittsübereinkommen mit Griechenland vom 25.10.19823 gilt für Deutschland seit 1.4.1989. Das 3. Beitrittsübereinkommen (von Donostia-San Sebastian) mit Portugal und Spanien ist von Deutschland am 20.4.1994 ratifiziert worden4 und am 1.12.1994 für Deutschland in Kraft getreten. Das 4. Beitrittsübereinkommen (mit Österreich, Finnland und Schweden) ist in Brüssel am 29.11.1996 unterzeichnet worden.5 Für Deutschland6 ist es am 1.1.1999 in Kraft getreten. 5 Das Parallel-Übereinkommen von Lugano vom 16.9.1988 mit den EFTAStaaten (damals: Norwegen, Schweden, Finnland, Island, Schweiz und Österreich)7 ist ebenfalls ratifiziert worden8 und für Deutschland am 1.3.1995 im Verhältnis zu Finnland, Island (zum 1.12.1995), Norwegen, Österreich (zum _______________

1 2 3 4 5 6 7

BGBl 1972 II, 774. BGBl 1983 II, 803. BGBl 1988 II, 453. BGBl II, 518. ABl EG Nr C 15 vom 15.1.1997. BGBl 1998 II, 1411. Dazu Pirrung, in: Stoll, Stellungnahmen und Gutachten zum Europäischen Internationalen Zivilverfahrens- und Versicherungsrecht, 1991, S 161. 8 BGBl 1994 II, 2658.

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1.9.1996), Schweden und der Schweiz in Kraft getreten.9 Liechtenstein als neues EFTA-Mitglied hat das Übereinkommen noch nicht ratifiziert. Finnland, Österreich und Schweden sind zum 1.1.1995 Mitglied der Europäischen Union geworden und sind inzwischen dem EuGVÜ direkt beigetreten. Das Übereinkommen galt seit 1.2.2000 auch im Verhältnis zu Polen,10 bis Polen der EU (am 1.4.2004) beigetreten ist. Durch Art 65 EGV (idF des Amsterdamer EG-Vertrages vom 2.10.1997) wur- 6 de die justizielle Zusammenarbeit der Staaten in Zivilsachen zu einer echten Gemeinschaftsangelegenheit.11 Als Folge davon hat die EU das EuGVÜ in revidierter Fassung als Rechtsverordnung (EG) Nr 44/2001 des Rates neu erlassen.12 Diese EuGVO trat zum 1.3.2002 im Verhältnis zu allen EU-Mitgliedstaaten (ausgenommen Dänemark) an die Stelle des bisherigen Brüsseler Übereinkommens (Art 68, 76 EuGVO). Sie gilt seit dem Beitritt am 1.4.2004 auch im Verhältnis zu den zehn neuen Mitgliedstaaten Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern.13 Mit ihrem für den 1.1.2007 vereinbarten Beitritt zur EU wird die Verordnung auch im Verhältnis zu Bulgarien und Rumänien gelten.14 Durch Abkommen der EG mit Dänemark über die gerichtliche Zuständig- 7 keit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 19.10.200515 wurde inzwischen vereinbart, dass die EuGVO (Brüssel I-VO) auf die Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und Dänemark anzuwenden ist.16 (Das Abkommen wird in Kürze gemäß seinem Art 12 in Kraft treten.) Das EuGVÜ ist weiterhin für die Gebiete der Mitgliedsstaaten anzuwenden, für die das Gemeinschaftsrecht nach Art 299 EGV nicht gilt (EuGVO Erwägungsgrund 23).17

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9 Zum Verhältnis beider Übereinkommen s N. Watté, Les relations des conventions de Bruxelles et de Lugano, in: Fentiman, L’espace judicaire europeen, 1999, 3. 10 BGBl 2000 II, 1246; vgl R. Wagner WiRO 2000, 47; Martiny/Ernst IPRax 2001, 29. 11 Vgl Besse ZEuP 7 (1999), 107; Müller-Graff/Kainer DRiZ 2000, 350; Leible/ Staudinger EuLF 2000/01, 225; K. Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, 2003. 12 ABl EG Nr L 12/1 vom 16.1.2001; vgl Hausmann EuLF 2000, 40ff; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325; Beraudo JDI 128 (2000), 1033. 13 Vgl. Hess IPRax 2004, 374. 14 ABl EU 2005 L 157/11 vom 21.6.2005. 15 ABl EU Nr. L 299/62; ratifiziert durch Beschluss des Rates vom 27.4.2006, ABl EU L 120/22. Zu den Ergänzungen des AVAG s. BR-Drucks. 547/06 vom 11.8.2006. 16 Auf Angaben zum EuGVÜ wird deshalb nachfolgend verzichtet. 17 Vgl Jayme/Kohler IPRax 2005, 481, 486; Schoibl JBl 2003, 149, 152.

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Internationale Zuständigkeit

Ein entsprechendes Abkommen mit den EFTA-Staaten18 wird nicht mehr lange auf sich warten lassen, nachdem sich der EuGH mit Gutachten 1/03 vom 7.2.2006 dahin geäußert hat, dass die Europäische Gemeinschaft die ausschließliche Kompetenz zum Abschluss eines solchen neuen Übereinkommens hat. 8 Den EU-Staaten ist es mit dem EuGVÜ bereits vor über 30 Jahren gelungen, sich auf einen einheitlichen Zuständigkeitskatalog hinsichtlich der internationalen – zum Teil auch der örtlichen – Zuständigkeit zu einigen. Damit ist für die internationalen Zuständigkeiten eine einheitliche Ordnung geschaffen worden. Dies kann nicht hoch genug bewertet werden. Dadurch ist zugleich die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen innerhalb des Gebietes der Vertragsstaaten so sehr gefördert worden, dass man von der „Freizügigkeit“ der Urteile in Zivil- und Handelssachen innerhalb der Gemeinschaft sprechen kann. Insoweit ist es berechtigt, von einem „Europäischen Zivilprozessrecht“ zu sprechen.19 Die Einigung auf einen gemeinsamen Gerichtsstandskatalog für die internationale Zuständigkeit war nur dadurch möglich, dass das EuGVÜ in die nationalen Gerichtsstandskataloge der Vertragsstaaten eingriff und sie in den Grenzen des Übereinkommens beiseite schob. Bei jedem auslandsbezogenen Fall muss also zunächst geprüft werden, ob von der Zuständigkeitsregelung des Übereinkommens oder von den autonomen Zuständigkeitsbestimmungen der betreffenden Vertragsstaaten ausgegangen werden muss. Nicht vereinheitlicht wurde bisher das Kollisionsrecht,20 so dass ein forum shopping teilweise möglich ist. 3. Einheitliche Auslegung a) Schrifttum 9 M. Audit, L’Interpretation autonome du droit international privé communautaire, JDI 131 (2004), 789; Beraudo, Convention de Bruxelles du 27 Septembre 1968, JurisClasseur Procédure Civile Fasc. 53 (Interpretation), 1989; Hess, Methoden der Rechtsfindung und Rechtsanwendung im Europäischen Internationalen Zivilprozessrecht, IPRax 2006, 348, 351ff; Kropholler, Die Auslegung von EG-Verordnungen zum Internationalen Privat- und Verfahrensrecht, in: Aufbruch nach Europa, 2001, S 583; Martiny, Autonome und einheitliche Auslegung im Europäischen Internationalen Zivilprozessrecht, RabelsZ 45 (1981), 427; J. Newton, The uniform interpretation of the Brussels and Lugano Conventions, 2002; Pfeiffer, Grundlagen und Grenzen der auto_______________

18 Vgl Wagner IPRax 2005, 494; ders, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit, 2004, S 249, 266; Jametti Greiner, Neues Lugano-Übereinkommen, in: Spühler, Internationales Zivilprozess- und Verfahrensrecht II, 2003. 19 Vgl Spellenberg EuR 1980, 329. Zum heutigen Stand vgl. Leisle, Dependenzen auf dem Weg vom EuGVÜ, über die EuGVVO zur EuZPO, 2002. 20 Vgl Mankowski, FS Heldrich, 2005, S 867.

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nomen Auslegung des EuGVÜ, Jb junger Rwiss. 1991, 71; E. Scheibeler, Begriffsbildung durch den Europäischen Gerichtshof, 2004; Schlosser, Vorabentscheidungsverfahren und neues justizielles Europarecht, FS Nemeth, 2003, S 777; Schmidt-Parzefall, Die Auslegung des Parallel-Übereinkommens von Lugano, 1995; I. Scholz, Das Problem der autonomen Auslegung des EuGVÜ, 1998; Schwander, Das Lugano-Übereinkommen, 1990; Tebbens, Die einheitliche Auslegung des Lugano-Übereinkommens, in: Reichelt, Europäisches Kollisionsrecht, 1993, S 49.

b) Autonome Auslegung Auszulegen sind EuGVO und LugÜ in autonomer, einheitlicher Weise,21 10 andernfalls wäre eine Rechtseinheit letztlich nicht zu erzielen. Auch der EuGH folgt grundsätzlich der autonomen, rechtsvergleichenden Auslegung.22 Lediglich für die Bestimmung des Erfüllungsorts in Art 5 Nr 1 aF hat er aus Gründen der Rechtssicherheit an einer Verweisung auf die lex causae festgehalten (s u Rz 44f). c) Auslegung der EuGVO Die Zuständigkeit des EuGH für die Auslegung der neuen EuGVO ergibt 11 sich unmittelbar aus Art 68 EGV. Art 68 I EGV schränkt die Befugnis zur Vorlage aber auf konkret letztinstanzliche Gerichte ein, deren Entscheidung nicht mehr mit innerstaatlichen Rechtsmitteln angefochten werden können.23 In Verfahren der Art 33, 38ff EuGVO ist nur der BGH vorlagebefugt. Vorzulegen ist dem EuGH eine Frage zur Auslegung der EuGVO, wenn das Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich hält. Unabhängig von jedem konkreten Einzelfall können daneben nach Art 68 II 12 EGV der Rat, die Kommission oder ein Mitgliedstaat dem Gerichtshof eine Frage der Auslegung der EuGVO zur Entscheidung vorlegen.24 Eine darauf ergehende Entscheidung hat keine Wirkung gegenüber bereits rechtskräftigen Urteilen der Mitgliedstaatengerichte. Eine solche abstrakte Vorlage ist bisher nicht erfolgt.

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21 Martiny RabelsZ 45 (1981), 427; Pfeiffer Jb junger Rwiss. 1991, 71; Schack, IZVR, Rz 93; M. Audit JDI 2004, 789; Newton, The uniform interpretation, 2002; Hess IPRax 2006, 348, 351. 22 EuGHE 1993, I-4075, 4102 (Mulox v Geels) = IPRax 1997, 110 (dazu Holl S 88). 23 EuGHE 2002, I-3383 (Marseille Fret); EuGHE 2002, I-3393 (Tilly Reichling); Kropholler, in: Aufbruch nach Europa, 2001, S 583, 587; Schlosser, FS Nemeth, S 777; Dietze/Schnichels EuZW 2003, 581, 582; krit Schack, IZVR, Rz 106c. 24 Vgl Kohler/Knapp ZEuP 2001, 116, 118.

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d) Auslegung des bisherigen EuGVÜ 13 Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) entscheidet über die Auslegung des EuGVÜ nach dem Luxemburger Protokoll betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen durch den Gerichtshof vom 3.6.1971.25 Deutschland hat dazu ein Ausführungsgesetz vom 7.8.1972 erlassen.26 Es ist wesentlich, dass nur die im Protokoll bezeichneten Gerichte der Vertragsstaaten dem EuGH eine Auslegungsfrage zur Vorabentscheidung vorlegen können. Das sind in Deutschland: die obersten Gerichtshöfe des Bundes, andere Gerichte, sofern sie als Rechtsmittelinstanz entscheiden, und die Oberlandesgerichte, sofern sie nach Art 37 EuGVÜ entscheiden. Die obersten Gerichte sind zur Vorlage verpflichtet, andere Gerichte nur berechtigt (Art 3 des Protokolls). In dem Beschluss, mit dem die Auslegungsfrage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt wird, ist die auszulegende Vorschrift zu bezeichnen sowie die zu klärende Auslegungsfrage darzulegen. Ferner ist der Sach- und Streitstand, soweit dies zur Beurteilung der Auslegungsfrage erforderlich ist, in gedrängter Form darzustellen (Art 2 Ges vom 7.8.1972).27 14 In Art 4 des Auslegungsprotokolls ist ferner ein objektives Vorlageverfahren bei divergierenden rechtskräftigen Entscheidungen (ohne Einfluss auf die Entscheidung, die Anlass dazu gegeben hat) vorgesehen. Zuständige Stelle in Deutschland für diese Divergenzvorlage ist der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (Art 3 des ZustG vom 7.8.1972).28 Von diesem Verfahren ist allerdings bislang kein Gebrauch gemacht worden. 15 Die Entscheidung des EuGH bindet das anrufende Gericht bei der zu treffenden eigenen Endentscheidung. Eine allgemeine Bindungswirkung wie in § 31 I BVerfGG ist für EuGH-Entscheidungen dagegen nicht angeordnet. Nach hM ist die Entscheidung daher allgemein nur eine faktische Autorität, der im Interesse einer einheitlichen Auslegung zu folgen ist. Die Gerichte sind jedoch nicht gehindert, die gleiche Frage erneut vorzulegen, wenn sie der Entscheidung nicht folgen wollen.29 Andere meinen dagegen, die Auslegungsentscheidung habe allgemeine Bindungswirkung; eine Neuvorlage identischer Rechtsfragen käme dann nur bei einer Änderung der gesellschaftlichen und rechtlichen Lage in Betracht.30

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25 26 27 28

BGBl 1972 II, 846. BGBl 1972 II, 845. BGBl II, 845. BGBl II, 845. Dessen Zuständigkeit soll auf das zu errichtende Bundesamt für Justiz übergehen (BT-Drucks 14/1827 v 15.6.2006). 29 Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl, Einl Rz 38. 30 So Brückner, Bindungswirkung, S 263, 267ff.

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

e) Auslegung des Lugano-Übereinkommens Grundsätze für die einheitliche Auslegung des Lugano-Übereinkommens 16 enthält das Protokoll Nr 2 vom 16.9.1988.31 Eine einheitliche Auslegungsinstanz ist danach nicht vorgesehen. Die zum parallelen Brüsseler Übereinkommen ergangenen Entscheidungen des EuGH sowie die neuen Entscheidungen der Gerichte der Vertragsstaaten sind zu beachten.32 4. Das System der direkten Zuständigkeit Im Gegensatz zu anderen von der BR Deutschland mit anderen Staaten abge- 17 schlossenen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen, folgen EuGVÜ/ LugÜ und die neue EuGVO dem System der direkten Zuständigkeit.33 Dieses System zwingt den Richter jedes Mitglieds- bzw Vertragsstaates, bei der Prüfung seiner Zuständigkeit von dem Zuständigkeitskatalog der EuGVO bzw des LugÜ auszugehen. Den Zuständigkeitskatalog seiner eigenen ZPO, also die „lex fori“, darf er nicht berücksichtigen. Man spricht insoweit von Befolgungsregeln.34 Dieses System begründet nach kontinentaler Tradition feste Zuständigkei- 18 ten. Die Gerichte haben kein Ermessen, eine gegebene Zuständigkeit aus Gründen der Zweckmäßigkeit („forum non conveniens“) nicht auszuüben und dürfen den Kläger nicht an ein sachnäheres Gericht verweisen,35 auch nicht wenn als alternatives Forum nur ein Drittstaatgericht in Frage kommt.36 Die Frage der Anerkennung und Vollstreckung seiner Entscheidung im Aus- 19 land berührt den Erstrichter nicht, sie wird erst für den Zweitrichter, der über die Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Entscheidung befinden soll, von Bedeutung. Da nach Art 35 EuGVO bzw Art 28 LugÜ vor dem Zweitrichter grundsätzlich nicht mehr über die internationale Zustän_______________

31 ABl EG 1988 Nr L 319, S 31; vgl Kreuzer/Wagner Q 55ff; Report on the national case-law relating to the Lugano-Convention, IPRax 2001, 262. 32 Vgl Heerstrassen RIW 1993, 179; Schmidt-Parzefall, Die Auslegung des LuganoParallelübereinkommens, 1995; MüKo/Gottwald, ZPO, Schlussanh Nr 1 k; ferner: Report on the national case law relating to the Lugano convention, IPRax 2001, 262. 33 Vgl Kropholler, 8. Aufl, Einl Rz 19; Vor Art 2 Rz 1; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, Vor Art 1 EuGVO Rz 2. 34 Anlehnung an Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge, 1957, S 116. 35 Huber RIW 1993, 977; Kohler, FS Matscher, 1993, S 251; Schack Rz 502; Ch. Erwand S 185ff, 206; aA Fentiman Cornell Intern.L.J. 26 (1993), 59; North IPRax 1992, 183; für Einführung einer Verweisungsmöglichkeit de lege ferenda McGuire ZfRV 2005, 83. 36 EuGHE 2005, I-1383 (Owusu v. Jackson) = IPRax 2005, 244 (dazu Heinze/Dutta S 224) = JZ 2005, 887 (A. Bruns) = ZZPInt 10 (2005), 277 (Huber/Stieber); vgl Ch. Thiele RIW 2002, 696; Gottwald FS Jayme, 2004, S 277; F. Blobel GPR 2005, 140; Rauscher/Fehre ZEuP 2006, 459; krit Fentiman CMLR 43 (2006), 705.

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§3

Internationale Zuständigkeit

digkeit gestritten werden darf, ist diese vor dem Erstrichter von besonderer Bedeutung. Die internationale Zuständigkeitsregelung der EuGVO bzw des LugÜ geht als Sonderregelung den entsprechenden Vorschriften der ZPO vor.37 Als Gemeinschaftsrecht hat die EuGVO stets Vorrang vor nationalem Recht. Gleiches galt und gilt auch für das EuGVÜ/LugÜ. Über die Rechtsnatur des EuGVÜ wurden zwar unterschiedliche Auffassungen vertreten: primäres Gemeinschaftsrecht oder gewöhnlicher völkerrechtlicher Vertrag.38 Aber auch wer das Übereinkommen nur als völkerrechtlichen Vertrag einordnete, sah einen Vorrang vor früheren und späteren nationalen Vorschriften.39 5. Anwendungsbereich 20 Nach Art 1 I ist die EuGVO bzw das LugÜ nur auf Zivil- und Handelssachen anzuwenden. Dieser Begriff ist vertragsautonom auszulegen.40 „Nach ständiger Rechtsprechung ist der Begriff der Zivilsache in Art 1 als autonomer Begriff zu verstehen, für dessen Auslegung zum einen die Ziele und der Aufbau des Übereinkommens und zum anderen die sich aus der Gesamtheit der nationalen Rechtssysteme ergebenden allgemeinen Grundsätze heranzuziehen sind.“41

Der Begriff ist danach weit zu fassen; Einschränkungen, die auf nationalen Besonderheiten beruhen, sind für das EuGVO bzw LugÜ irrelevant. Die deutsche Abgrenzung von Zivil- und Verwaltungsrechtsweg (§ 13 GVG und § 40 VwGO) ist nicht übertragbar. Arbeitssachen sind sämtlich Zivilsachen. 21 Ansprüche, die aus der Ausübung hoheitlicher Befugnisse einer Behörde entstanden sind, sind danach ausgeschlossen. Ein Gebührenanspruch, den eine Behörde einseitig für die Inanspruchnahme von Diensten festlegt, ist danach keine Zivilsache.42 Im Urteil vom 16.12.1980 hat der EuGH entschieden: Der Begriff „Zivil- und Handelssachen“ im Sinne von Art 1 I EuGVÜ umfasst nicht eine Rechtsstreitigkeit, die vom Verwalter der öffentlichen Wasserstraßen angestrengt wird, um von dem kraft Gesetzes Haftpflichtigen den Ersatz der Kosten für die Beseitigung eines Wracks zu erlangen, die der Verwalter in Ausübung hoheitlicher Befugnisse hat vornehmen lassen.43 Der _______________

37 38 39 40

Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl, Einl Rz 19. Geimer/Schütze I, 50. Kreuzer/Wagner Q 87. EuGH (18.5.06, C-343/04, Land Oberösterreich v „ EZ) RIW 2006, 624 (Rz 22); EuGHE 1976, 1541 (LTU Eurocontrol) = NJW 1977, 489; EuGHE 1993, I-1963 (Sonntag v Waidmann) = NJW 1993, 2091 = IPRax 1994, 37 (dazu Hess S 10) = ZZP 108 (1995), 241 (dazu Haas, S 219); Kreuzer/Wagner Q 28ff; Soltész, Der Begriff der Zivilsache im europäischen Zivilprozessrecht, 1998. 41 EuGHE 1993, I-1963 (Rz 18) (Sonntag v Waidmann) = NJW 1993, 2091; vgl Geimer IPRax 2003, 512. 42 EuGHE 1976, 1541 = NJW 1977, 489, 490 (m Anm Geimer). 43 EuGHE 1980, 3807 (Niederlande v Rüffer) = IPRax 1981, 169 (dazu Schlosser S 154).

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

Anspruch eines ausländischen Anwalts auf Zahlung seines Honorars ist dagegen eine Zivilsache, auch wenn er in Strafsachen oder öffentlichrechtlich tätig war.44 Der Anspruch eines deutschen Notars auf Kostenerstattung ist dagegen öffentlich-rechtlicher Natur.45 Ansprüche aus Staatshaftung (zB nach Art 34 GG) sind keine Zivilsache, 22 wohl aber Ansprüche gegen öffentliche Unternehmen, solange sie nicht hoheitlich tätig wurden. Im Urteil vom 21.4.199346 hat der EuGH einen Amtshaftungsanspruch gegen einen deutschen beamteten Lehrer als Zivilsache angesehen, da zwischen der Haftung des Lehrers an einer Privatschule und einer öffentlichen Schule kein Unterschied bestehen könne.47 Unterhaltsregressforderungen öffentlicher Behörden sind nur dann Zivil- und Handelssachen, wenn der unveränderte Anspruch auf die öffentliche Hand übergegangen ist, nicht dagegen, soweit die öffentliche Stelle besondere Befugnisse hat.48 Verbandsklagen nach §§ 1ff UKlaG gehören zu den Zivilsachen.49 Unter EuGVO/LugÜ fallen auch Entscheidungen der Strafgerichte in Adhäsionsverfahren (vgl Art 5 Nr 4). In Art 1 II sind ausdrücklich die Gebiete aufgezählt, auf die die EuGVO bzw 23 das LugÜ nicht anzuwenden sind. Die in Art 1 II ausgeschlossenen Rechtsgebiete sind autonom zu bestimmen.50 Ausgeschlossen ist der Streitgegenstand nur, wenn er unmittelbar das relevante Rechtsgebiet betrifft; eine Vorfragenkompetenz bleibt bestehen. Im Einzelnen handelt es sich um (1) Statusfragen, die ehelichen Güterstände51 (einschl. Versorgungsausgleich),52 das Erbrecht.53 Für Ehesachen und Sorgerechtsstreitigkeiten gilt inzwischen

_______________

44 45 46 47

48

49 50 51 52 53

LG Paderborn EWS 1995, 248; Zöller/Geimer Art 1 EuGVVO Rz 21. Kropholler Art 1 Rz 7. EuGHE 1993, I-1963 (Sonntag v Waidmann) = IPRax 1994, 37 (dazu Hess S 10). Abschlussentscheidung: BGHZ 123, 268 = NJW 1993, 3269 = JZ 1994, 254 (Eichenhofer) = IPRax 1994, 118 (dazu Geimer S 82); Haas ZZP 108 (1995), 219; Kubis ZEuP 1995, 854. EuGHE 2002, I-10489 (Gemeente Stenbergen v Baten) = IPRax 2004, 237 (dazu Martiny S 195) = ZZPInt 2002, 317 (Rauscher); EuGHE 2004, I-981 (Freistaat Bayern v Blijdenstein) = NJW 2004, 1439 = IPRax 2004, 240 (dazu Martiny S 195). BGH RIW 1990, 63 (früher §§ 13, 22 AGBG). EuGHE 1979, 733 (Gourdain v Nadler) = RIW 1979, 273; Kropholler Art 1 Rz 16. Vgl Hausmann FamRZ 1980, 418. Vgl Burgstaller Rz 2.20; krit. Henrich IPRax 1998, 396f. Die Groupe Européen de Droit International Privé hat 1993 einen Vorschlag eines Brüssel III-Übereinkommens unterbreitet; abgedruckt in IPRax 1994, 67. Nach dem Aktionsplan zum Haager Programm der EG vom 17.6.2005 (ABl EU 2005, C 198/1) sollen in absehbarer Zeit auch Regelungen zum Scheidungsrecht sowie zum Erbrecht erlassen werden (vgl Wagner IPRax 2005, 494, 495; Bajons, FS Heldrich, 2005, S 493); s u Rz 227.

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§3

Internationale Zuständigkeit

ergänzend die Verordnung (EG) Nr 2201/2003 vom 27.11.200354 (EheGVO; Brüssel II a) über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung (s u Rz 206ff). Unterhaltsklagen fallen nach Art 5 Nr 2 unter die EuGVO bzw das Übereinkommen. Das hat zur Folge, dass § 23a ZPO subsidiär zum europäischen Recht ist. EuGVO bzw LugÜ sind ohne weiteres anwendbar auf alle vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten, die keinen Zusammenhang mit der Ehe aufweisen.55 24 (2) Konkurse,56 Vergleiche, Anfechtungsklagen des Insolvenzverwalters gehören zum Konkurs- bzw Insolvenzrecht,57 ebenso Haftungsklagen gegen GmbH-Geschäftsführer im Insolvenzfall,58 nicht aber Eigenkapitalersatzklagen59 und Haftungsklagen gegen Gesellschafter wegen Unterkapitalisierung60 oder Schadenersatzklagen wegen existenzvernichtenden Eingriffs61 sowie Gläubigeranfechtungsklagen (außerhalb der Insolvenz) nach dem AnfG62 und Schadenersatzklagen gegen den Insolvenzverwalter.63 Streitigkeiten über Masseforderungen sind ebenfalls keine Insolvenzsachen.64 25 (3) die die soziale Sicherheit betreffenden Fälle. Regressforderungen nach Leistung von Unterhalt sowie Ausbildungsförderung fallen nicht unter die soziale Sicherheit iS von Art 1 II Nr 3, soweit Grundlage des Regresses die allgemeinen Regeln über Unterhaltspflichten bilden65 und _______________

54 ABl EG L 338 S 1; durch sie wurde die VO (EG) Nr. 1347/2000 vom 29.5.2000 mit Wirkung zum 1.3.2005 aufgehoben. 55 Vgl Stolz, Zur Anwendbarkeit des EuGVÜ auf familienrechtliche Ansprüche, 1995. 56 Vgl OLG Zweibrücken (30.6.92, 3 W 13/92) EWS 1993, 264; OLG München RIW 2002, 66, 67; ferner: F. Strobel, Die Abgrenzung zwischen EuGVVO und EuInsVO im Bereich insolvenzrechtlicher Einzelentscheidungen, 2006. 57 BGH RIW 1990, 221 = NJW 1990, 990; Flessner/Schulz IPRax 1991, 162; M. v. Campe, Insolvenzanfechtung in Deutschland, 1996, 349; Haas NZG 1999, 1148; aA OLG Frankfurt ZIP 2006, 769 = ZInsO 2006, 715 (ablehn. Ringe S 700); zust. Thole ZIP 2006, 1383; Geimer/Schütze Art 1 Rz 131. 58 EuGHE 1979, 733 (Gourdain v Nadler) = RIW 1979, 273; Geimer/Schütze Art 1 Rz 89; MüKo/Gottwald Art 1 EuGVO Rz 18; aA Kindler, FS Ulmer, 2003, S 305, 308. 59 G. Schwarz, FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät, S 503, 513f; Kropholler Art 1 Rz 35. 60 OLG Köln ZIP 2005, 322, 324. 61 Vgl Mankowski RIW 2005, 561, 569; Rauscher/Mankowski Art 1 Brüssel I-VO Rz 20. 62 Burgstaller Art 1 EuGVO Rz 15; Rauscher/Mankowski Art 1 Brüssel I-VO Rz 19; Schlosser IPRax 1991, 29. 63 Kropholler Art 1 Rz 37. 64 Burgstaller Art 1 EuGVO Rz 15; Rauscher/Mankowski Art 1 Brüssel I-VO Rz 20; Kropholler Art 1 Rz 37. 65 EuGHE 2002, I-10489 (Gemeente Steenbergen v Baten) = IPRax 2004, 237 (dazu Martiny S 195) = ZZPInt 7 (2002), 317 (Rauscher).

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

(4) die Schiedsgerichtsbarkeit,66 Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungs- 26 rechtliche Angelegenheiten. Die Ausnahme für Schiedssachen erstreckt sich auch auf Hilfsentscheidungen des staatlichen Gerichts, die dem Schiedsverfahren dienen sollen, zB die Ernennung von Schiedsrichtern,67 Hilfe bei der Beweisaufnahme und alle dazu ergehenden Kostenentscheidungen.68 Die Klage aus einer Bürgschaft für eine Zollforderung ist eine von der EuGVO erfasste Zivilsache.69 Vorrang haben die besonderen Regelungen für Spezialgebiete (Art 71 EuGVO 27 bzw Art 57 LugÜ). Hierzu zählen –

die CMR70

6. Der Wohnsitzgerichtsstand Die EuGVO bzw das LugÜ folgen der Grundregel: actor sequitur forum rei, 28 weil sie dem Beklagten die Verteidigung erleichtert.71 Für Personen mit Wohnsitz bzw Sitz in einem Vertragsstaat ist daher als allgemeiner internationaler Gerichtsstand die Zuständigkeit dieses Vertragsstaats vorgesehen (Art 2 I). Die örtliche Zuständigkeit ist nicht geregelt, sondern bestimmt sich nach nationalem Recht. Auf die Staatsangehörigkeit der Parteien kommt es nicht an. Gleichgültig ist auch, wo der Kläger seinen Wohnsitz/Sitz hat, in einem Mitgliedsstaat oder in einem Drittstaat,72 soweit nicht die Regeln der EuGVO bzw des EuGVÜ/LugÜ ausnahmsweise selbst voraussetzen, dass der Kläger seinen Wohnsitz/Sitz in einem Vertragsstaat hat. Dem Aufenthaltsort wird grundsätzlich die Fähigkeit abgesprochen, eine in- 29 ternationale Zuständigkeit zu begründen. Insoweit verdrängen EuGVO bzw _______________

66 Vgl Haas IPRax 1992, 292; Thomas, The Arbitration Exclusion, JIntArb 1990, 43; Monaco, FS Lalive 1993, S 587; Weigand EuZW 1992, 529; Hascher ArbInt 12 (1996), 233; Killias EurJLawReform 4 (2002), 119; Besson, Études en l’honneur de Poudret, 1999, 329; Beraudo, The Arbitration Exception of the Brussels and Lugano Conventions, JIntArb 18 (1) (2001), 13; C. Ambrose ArbInt 19 (2003), 3. Für Entwicklung eines einheitlichen europäischen Schiedsrechts M. Gómez Jene IPRax 2005, 84. 67 EuGHE 1991, I-3855 (Marc Rich v Societá Italiana Impianti PA) = NJW 1993, 189 = IPRax 1992, 312 (dazu Haas S 292); Walter, IZPR in der Schweiz, 3. Aufl, S 173f. 68 OLG Hamburg RIW 1996, 862; Burgstaller Rz 2.24f. 69 EuGHE 2003, I-4867 (Préservatrice Foncière v Staat der Nederlanden) = IPRax 2003, 528 (dazu Geimer S 512). 70 EuGHE 2004, I-10327 (Nürnberger Allgemeine v Portbridge) = NJW 2005, 44 = IPRax 2006, 256 (dazu Haubold S 224); BGH IPRax 2006, 257; BGH RIW 2003, 722. 71 EuGHE 2000, I-5925 (Rz 34) (Josi Group Reinsurance) = NJW 2000, 3121 = RIW 2000, 787, 788 = IPRax 2000, 520 (dazu Staudinger S 483) = ZZPInt 6 (2001), 187 (Geimer). 72 EuGHE 2000, I-5925 (Rz 59ff) = NJW 2000, 3121 = RIW 2000, 787, 789 = IPRax 2000, 520 (dazu Staudinger S 483f); Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann Kap 26 Rz 10.

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§3

Internationale Zuständigkeit

LugÜ die grundsätzlich mit der örtlichen verknüpfte deutsche internationale Zuständigkeitsregelung. Von den allgemeinen Gerichtsständen der §§ 12ff ZPO kann also nur noch der Wohnsitz des Beklagten die allgemeine internationale Zuständigkeit iS des Übereinkommens begründen. 30 a) Den Begriff des Wohnsitzes natürlicher Personen bestimmt die „lex fori“, wenn der Beklagte im Gerichtsstaat wohnt (Art 59 Abs 1 EuGVO bzw Art 52 Abs 1 LugÜ). Wohnt der Beklagte in einem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat, so wird der Wohnsitz nach dem Recht dieses Staates bestimmt (Art 59 Abs 2 EuGVO bzw Art 52 Abs 2 LugÜ).73 Diese Regelung ist zum Schutz des Beklagten insbesondere bei Versäumnisurteilen getroffen worden.74 Da der Wohnsitz nach der jeweiligen lex fori zu bestimmen ist, kann eine Person den Wohnsitz in mehreren Staaten haben, unabhängig davon, ob diese intern einen Doppelwohnsitz anerkennen.75 31 b) Bei juristischen Personen und Gesellschaften ist auf deren Sitz abzustellen.76 Nach Art 53 I 1 EuGVÜ war bzw ist hierzu der Sitz nach dem IPR am Sitz des angerufenen Gerichts zu bestimmen. Unterschiede ergaben bzw ergeben sich vor allem zwischen Ländern, in denen der Registrierungsort den Sitz bestimmt, und denen, die auf den Ort des tatsächlichen Sitzes der Hauptverwaltung abstellen.77 Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, sieht Art 60 Abs 1 der neuen EuGVO vor, dass sich der „Wohnsitz“ von juristischen Personen alternativ (1) am satzungsmäßigen Sitz, (2) am Sitz der Hauptverwaltung oder (3) am Sitz der Hauptniederlassung befindet. Fallen diese Anknüpfungen auseinander, hat der Kläger die freie Wahl.78 Im Vereinigten Königreich und in Irland ist unter dem satzungsmäßigen Sitz das „registered office“ zu verstehen. Hilfsweise ist auf den place of incorporation (Ort der Erlangung der Rechtsfähigkeit), nochmals hilfsweise auf den Ort, nach dessen Recht die formation (Gründung) erfolgt ist, abzustellen (Art 60 II EuGVO).79 32 Der Sitz eines trust ist wie bisher nach dem IPR des angerufenen Gerichts zu bestimmen (Art 60 III EuGVO). _______________

73 Vgl Grunsky RIW/AWD 1977, 4; Kreuzer/Wagner Q 97f; Beraudo JDI 128 (2000), 1033, 1039f; Grolimund Rz 61ff. 74 So zu Recht Habscheid ZfRV 1973, 265. 75 Rauscher S 24. 76 Vgl A. Schnyder, Der Sitz von Gesellschaften im internationalen Zivilverfahrensrecht, FS Schütze, 1999, S 767; O. Olano, Der Sitz der Gesellschaft im internationalen Zivilverfahrens- und Insolvenzrecht der EU und der Schweiz, 2004. 77 Vgl St. Travers, Der Beweis des Anknüpfungskriteriums „tatsächlicher Sitz der Hauptverwaltung“, 1998; BGH RIW 2003, 877 (Luxemburger Briefkastenfirma). 78 Hausmann EuLF 2000, 40, 43; Micklitz/Rott EuZW 201, 325, 327; Markus SZW/RSDA 1999, 205, 209; krit Wagner, in: Lutter S 223, 244. 79 Vgl D. King v Crown Energy Trading AG [2003] ILPr 28 (p 489).

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

Für Parteien kraft Amtes (Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter) ist nicht 33 auf deren persönlichen Wohnsitz, sondern auf Wohnsitz oder Verwaltungssitz des verwalteten Vermögens abzustellen (vgl § 19a ZPO).80 Die internationale Zuständigkeitsregelung von EuGVO bzw LugÜ findet 34 keine Anwendung, wenn der Beklagte keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitglieds- bzw Vertragsstaates hat. Dann bleibt also die autonome deutsche internationale Zuständigkeitsregelung, abgesehen von den Vorschriften des Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ, bestehen (Art 4 I).81 Die Art 2ff EuGVO bzw LugÜ finden aber bereits Anwendung, wenn zwar beide Parteien ihren Wohnsitz in demselben Mitglieds- bzw Vertragsstaat haben, das Forum aber in einem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat liegt.82 Art 2 EuGVO/LugÜ gilt auch, wenn beide Parteien im Forumstaat wohnen und nur der Fall selbst Verbindungen zu einem Drittstaat hat. Der Bezug zu einem zweiten Mitgliedsstaat ist nicht erforderlich.83 Daher scheiden nur reine Inlandssachverhalte aus. Gerichtsstandsvereinbarungen gemäß Art 23 EuGVO bzw 17 LugÜ gelten auch gegenüber Personen mit Wohnsitz außerhalb der Hoheitsgebiete der Vertragsstaaten, weil danach nur auf den Wohnsitz einer Partei innerhalb dieser Hoheitsgebiete abgestellt wird.84 Zu Recht wird gefordert, die Zuständigkeitsregeln auch auf Beklagte mit Wohnsitz in Drittstaaten zu erstrecken, weil dadurch eine einheitliche Regelung für alle grenzüberschreitenden Sachverhalte erreicht würde.85 In Ländern, die wie Frankreich und Luxemburg in ihrem autonomen Recht 35 auf die Staatsangehörigkeit abstellen, gewinnt der Wohnsitz damit an Bedeutung. Um die Ausländer mit den Inländern gleichzustellen, gibt Art 4 II EuGVO/LugÜ den Personen, die ihren Wohnsitz in den betreffenden Ländern haben, die Möglichkeit, gegen Beklagte, die keinen Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet der Mitglieds- bzw Vertragsstaaten haben, diese nach den in den betreffenden Ländern geltenden Zuständigkeitsregeln zu verklagen (Frankreich und Luxemburg Art 14 und 15 cc). Insoweit führen EuGVO bzw LugÜ in diesen Ländern zu einer Erweiterung der internationalen Zuständig_______________

80 AA Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 2 Rz 2. 81 Vgl Pataut, Études à Normand, S 365; Grolimund Rz 58; Schlosser, FS Heldrich, S 1007. 82 Aull S 90ff; Grolimund Rz 344ff; Gebauer ZEuP 2001, 949, 952. 83 EuGHE 2005, I-1383 (Owusu v Jackson) = IPRax 2005, 244 (dazu Heinze/Dutta S 224); vgl Mankowski RIW 2005, 561, 564; Burgstaller Art 1 EuGVO Rz 25f, Art 2 EuGVO Rz 10; Geimer/Schütze Art 2 Rz 111ff. 84 EuGHE 2000, I-9337 (Rz 16ff) (Coreck Maritime) = NJW 2001, 501 = ZIP 2001, 213, 215; Samtleben NJW 1974, 1590; v Hoffmann RIW/AWD 1973, 58; Geimer/ Schütze/Auer, Art 17 Rz 19ff; Gebauer ZEuP 2001, 949; Grolimund S 71ff, 151f; Piltz NJW 2002, 789, 790. 85 Kreuzer RabelsZ 70 (2006), 1, 71ff.

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Internationale Zuständigkeit

keit.86 Ein deutscher Kläger mit Wohnsitz in Paris könnte also seinen Geschäftspartner mit Wohnsitz in New York vor dem Gericht in Paris verklagen, auch wenn dies von den Parteien weder ausdrücklich noch stillschweigend vereinbart worden ist. 7. Die Ausschaltung der exorbitanten Gerichtsstände 36 Alle anderen Gerichtsstände (gemäß Art 5–24 EuGVO bzw Art 5–18 LugÜ) sind nur als enumerative Ausnahmen vom Beklagtengerichtsstand zugelassen (Art 3 I EuGVO/LugÜ). Zum Schutze der schwächeren Partei kennen EuGVO bzw LugÜ ausnahmsweise auch Klägergerichtsstände.87 Jedoch ergibt sich aus der Systematik der Regelungen, dass Klägergerichtsstände die Ausnahme bleiben sollen und dem Kläger nicht generell ein Gericht an seinem Wohnsitz/Sitz zur Verfügung stehen soll. Bereits aus Art 3 I ergibt sich, dass andere (nationale) Zuständigkeiten in der EU bzw in den LugÜVertragsstaaten keine Geltung haben.88 37 Lediglich zur Klarstellung („insbesondere“) listet Art 3 II im Einzelnen aufgeführte „exorbitante“ Gerichtsstände auf, die gegen eine in einem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat wohnende Person nicht mehr geltend gemacht werden dürfen. Darunter fällt ua der Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 23 ZPO. Ein in Frankreich wohnender Beklagter, der Vermögen innerhalb der BR Deutschland besitzt, kann also nicht gestützt auf § 23 ZPO vor deutschen Gerichten verklagt werden. Mit der Ausmerzung der „exorbitanten“ Gerichtsstände hat das EuGVÜ einen Markstein für die allgemeine Entwicklung der internationalen Zuständigkeit gesetzt. 38 Weitergehende „nationale“ Gerichtsstände bleiben aber gegenüber Beklagten mit Wohnsitz/Sitz in einem Drittstaat anwendbar (Art 4 EuGVO/LugÜ).89 Die in einem solchen Gerichtsstand ergangenen Entscheidungen sind zudem in allen Mitglieds- bzw Vertragsstaaten anzuerkennen bzw zu vollstrecken. Wohnt ein Drittstaatsangehöriger dagegen in einem Mitglieds- bzw Vertragsstaat, genießt er den Schutz der Art 2, 5ff EuGVO bzw LugÜ. Die exorbitanten Zuständigkeiten bleiben auch innerhalb des einstweiligen Rechtsschutzes anwendbar (Art 31 EuGVO) (s u § 15 Rz 6ff).

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86 Kritik dagegen von Nadelmann, Jurisdictionally improper fora in treaties, 67 Col.L.Rev. (1967), 995. 87 EuGHE 2000, I-5925 (Rz 38ff) (Group Josi) = NJW 2000, 3121 = RIW 2000, 787, 788. 88 Geimer/Schütze, 606.41. 89 Krit. zur entspr. Diskriminierung Rauscher S 26; zur Verteidigung dieser Lösung s Geimer IZPR, 5. Aufl, Rz 1383f.

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

8. Die besonderen Zuständigkeiten nach Art 5–7 Nach der EuGVO bzw dem LugÜ soll der Beklagte grundsätzlich bei dem für 39 seinen Wohnsitz zuständigen Gericht verklagt werden. Diese Regelung deckt sich mit dem allgemeinen Gerichtsstand der §§ 12, 13 ZPO. Die Besonderheiten der europäischen Zuständigkeitsordnung zeigen sich bei den besonderen Gerichtsständen, unter denen der Kläger frei wählen kann. Umgekehrt hat jede Partei einen festen Anspruch darauf, dass das Gericht über die in einem zulässigen Gerichtsstand erhobene Klage sachlich entscheidet. Für eine Abweisung, weil ein anderes Gericht über die Sache günstiger bzw sachnäher entscheiden könne (forum non conveniens), ist nach dem Gerichtsstandssystem der EuGVO bzw des LugÜ kein Raum.90 Art 5 setzt in allen Fällen voraus, dass eine Person, die ihren Wohnsitz in einem Staat hat, in einem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat verklagt werden soll. a) Art 5 Nr 1 (Gerichtsstand des Erfüllungsortes) Schrifttum: Bajons, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes, FS Geimer, 2002, S 15; 40 Czernich, Der Erfüllungsort im neuen Europäischen Zuständigkeitsrecht, wbl 2002, 337; Girsberger, The Internet and Jurisdiction based on Contracts, EuJLRef 2002, 615; Gottwald, Streitiger Vertragsschluss und Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art 5 Nr 1 EuGVÜ), IPRax 1983, 13; Hager/Bentele, Der Lieferort als Gerichtsstand, IPRax 2005, 73; Hau, Der Vertragsgerichtsstand zwischen judizieller Konsolidierung und legislativer Neukonzeption, IPRax 2000, 354, 357; V. Heuzé, De quelques infirmités congénitales du droit uniforme: l’exemple de l’article 5.1 de la Convention de Bruxelles, Rev.crit. 89 (2000), 595; J. Hill, Jurisdiction in matters relating to a contract under the Brussels Convention, ICLQ 44 (1995), 591; Holl, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß Art 5 Nr 1 EuGVÜ, WiB 1995, 462; Kadner, Gerichtsstand des Erfüllungsortes im EuGVÜ, Jura 1997, 240; Kienle, Eine ökonomische Momentaufnahme zu Art 5 Nr 1 lit b EuGVVO, IPRax 2005, 113; Klemm, Erfüllungsortvereinbarungen im Europäischen Zivilverfahrensrecht, 2005; Kropholler/v Hinden, Die Reform des europäischen Gerichtsstands am Erfüllungsort (Art 5 Nr 1 EuGVÜ), GS Lüderitz, 2000, S 401; Leipold, Internationale Zuständigkeit am Erfüllungsort, GS Lüderitz, 2000, S 431; Th. Lynker, Der besondere Gerichtsstand am Erfüllungsort in der Brüssel I-Verordnung (Art 5 Nr 1 EuGVVO), 2006; Martiny, Internationale Zuständigkeit für „vertragliche Streitigkeiten“, FS Geimer, 2002, S 641; Piltz, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach EuGVÜ, NJW 1981, 1876; Rauscher, Zuständigkeitsfragen zwischen CISG u Brüssel I, FS Heldrich, 2005, S 933; G. Schwarz, Internationalzivilverfahrensrechtliche Probleme grenzüberschreitender Eigenkapitalersatzklagen, FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät, 2002, S 503; v.d. Seipen, Italienische Aktionäre vor deutschen Gerichten – Treuepflicht des Gesellschafters und Art 5 Nr 1 EuGVVO, FS Jayme, 2004, S 859; Spellenberg, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes im europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, ZZP 91 (1978), 38; _______________

90 EuGHE 2005, I-1383 (Owusu v Jackson) = IPRax 2005, 244; Huber RIW 1993, 977; s o Rz 10.

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Internationale Zuständigkeit

Stoll, Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Art 5 Nr 1 EuGVÜ bei streitigem Vertragsschluss, IPRax 1983, 52; W. Theiss/F. Bronnen, Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes im europäischen Zivilprozessrecht unter besonderer Berücksichtigung des Werklieferungsvertrages, EWS 2004, 350; Wernicke/Hoppe, Die neue EuGVVO – Auswirkungen auf die internationale Zuständigkeit bei Internetverträgen, MMR 2002, 643.

41 (1) Dieser Gerichtsstand steht zur Verfügung, „wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden“. Unstreitig sind die Begriffe „Vertrag“ oder „Ansprüche aus Vertrag“ autonom für EuGVO bzw LugÜ zu definieren.91 Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH erfassen diese Begriffe nur Verpflichtungen, die eine Partei gegenüber der anderen freiwillig eingegangen ist.92 Vertraglich einzuordnen sind Klagen eines Vereins, einer juristischen Person oder einer Gesellschaft gegen Mitglieder bzw Gesellschafter auf Zahlung von Beitragsleistungen oder um die Wirksamkeit eines Vertrages93 oder einer GmbH gegen ihren Geschäftsführer wegen Verletzung von Geschäftsführerpflichten.94 Zu Klagen aus einem Vertrag gehören auch Klagen aus einer Gewinnzusage (§ 661a BGB), wenn es nicht zu einer Warenbestellung gekommen ist.95 Zu den Vertragsansprüchen gehören auch solche aus Nichterfüllung, Vertragsverletzung, Rückabwicklungsverhältnissen96 oder auf Vertragsauflösung wegen Schlechterfüllung.97 Auch Ansprüche auf Leistung einer Vertragsstrafe98 oder auf Rückzahlung gemäß §§ 32a, 32b GmbHG99 zählen dazu.

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91 EuGHE 1998, I-6511ff (Réunion européenne) = IPRax 2000, 210 (dazu Koch S 186); EuGHE 1988, 1539 (Arcado v Haviland) = IPRax 1989, 227 (dazu Mezger S 207); Martiny, FS Geimer, S 641, 667; Fasching/Simotta § 88 JN Rz 76ff; Schack, IZVR, Rz 261. 92 EuGHE 1992, I-3967 (Rz 10) (Handtke); EuGHE 2002, I-7357 (Rz 19) (Sacconi); EuGHE 2004, I-1543 (Rz 24) (Frahuil) = ZZP Int 9 (2004), 168 (Lehmann). 93 EuGHE 1983, 2503 (Gerling v Amministrazione del tesoro) = IPRax 1984, 259 (dazu Hübner S 237). 94 OLG München IPRax 2000, 416, 417 (dazu Haubold S 375). 95 EuGHE 2005, I-481 (Rz 29, 60) (Engler v Janus Versand) = NJW 2005, 811 (dazu Leible S 796) = IPRax 2005, 239 (dazu S. Lorenz/Unberath S 219); BGHZ 165, 172, 175 = NJW 2006, 230, 231 = RIW 2006, 144 = JZ 2006, 519 (C. Schäfer) = Report 2006, 250 (Felke). 96 Holl IPRax 1998, 120; Geimer/Schütze Art 5 Rz 18; Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 14; Schlosser, EuGVÜ, Art 5 Rz 5; aA für Leistungskondiktion House of Lords [1997] 4 All ER 641; Kreuzer/Wagner Q 158. 97 Agnew v Länsförsäkringsbolagens A.B. [2001] ILPr 345, 354ff (H.L.). 98 Bilbao Court of First Instance, [1996] ILPr 240. 99 OLG Bremen RIW 1998, 63; OLG Koblenz NZG 2001, 759 (Schwarz); Zöller/ Geimer Art 5 EuGVVO Rz 13; krit Schwarz, FS 600 Jahre Würzburger Juristenfakultät, 2002, S 503, 516ff.

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Der Gerichtsstand gilt für die Vertragsparteien und ihre jeweiligen Rechts- 42 nachfolger, auch bei Legalzession.100 Er gilt auch für und gegen den Insolvenzverwalter.101 Nicht zu den vertraglichen Ansprüchen gehören nach Ansicht des EuGH sol- 43 che aus vorvertraglichen Schuldverhältnissen, soweit es an einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung fehlt.102 Es ist deshalb zweifelhaft, ob Ansprüche aus der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten weiterhin unter Art 5 Nr 1 fallen.103 Eine vertragliche Qualifikation ist freilich allenfalls möglich, wenn es zum Vertragsschluss gekommen ist. Zweifelhaft ist danach, ob Ansprüche aus Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte unter Art 5 Nr 1 fallen.104 Im Fall der Schadenersatzklage des Empfängers von Ware gegen den tatsächlichen Verfrachter und nicht gegen den Aussteller des Konnossements hat der EuGH nur eine deliktische Anspruchsgrundlage gesehen.105 Jedoch betont der BGH gerade, dass die Verpflichtung gegenüber dem Dritten auf einer Vertragsauslegung, also einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung beruht. Dies würde eher für eine vertragliche Qualifizierung sprechen. Nicht zu den vertraglichen Ansprüchen gehören weiter sonstige Bereicherungsansprüche, Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag,106 nicht der Regressanspruch des Bürgen gegen den Gläubiger, wenn dieser der Bürgschaft nicht zugestimmt hat,107 sowie sonstige gesetzliche Ausgleichsansprüche und Ansprüche aus Verlöbnisbruch.108 Ansprüche gegen ein herrschendes Konzernunternehmen aus §§ 302, 303 AktG fallen ebenfalls nicht unter Art 5 Nr 1.109 (2) Wie der vertragliche Erfüllungsort zu bestimmen ist, war für das EuGVÜ 44 streitig.110

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100 Österr. OGH IPRax 2006, 489 (dazu Hau S 507). 101 OLG Bremen RIW 1998, 63; Fasching/Simotta § 88 JN Rz 83. 102 EuGHE 2002, I-7357 (Tacconi v HWS) = NJW 2002, 3159 = IPRax 2003, 143 (dazu Mankowski 127); Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Kap 26 Rz 41. 103 U. Schmidt Rz 84; ähnlich Schlosser Art 5 EuGVVO Rz 5; Rauscher/Leible Art 5 Rz 27; Kropholler Art 5 Rz 18; Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 26; für vertragliche Qualifikation des Vertragsinteresses Schack, IZVR, Rz 263. 104 Ablehn Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 25. 105 EuGHE 1998, I-6511 (Réunion européenne v Spliethoff’s Bevrachtingskantoor) (Rz 20ff) = IPRax 2000, 210 (dazu Koch S 186). 106 OLG Düsseldorf IPRax 1998, 210; Fasching/Simotta § 88 JN Rz 82. 107 EuGHE 2004, I-1543 (Frahuil) = ZZPInt 9 (2004), 168 (Lehmann). 108 So BGHZ 132, 105ff = JZ 1997, 88 (Gottwald). 109 OLG Frankfurt IPRax 2000, 525 (dazu Kulms S 488). 110 Vgl Spellenberg ZZP 91 (1978), 38ff; Schack, Der Erfüllungsort im deutschen, ausländischen und internationalen Privat- und Prozessrecht, 1985.

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Internationale Zuständigkeit

Der EuGH hat schon 1976 entschieden, dass es dabei auf den Erfüllungsort der streitigen Verpflichtung ankommt, die den Gegenstand der Klage bildet; eine einheitliche Anknüpfung an den Ort der vertragscharakteristischen Leistung lehnte er ab.111 Nebenansprüche sind im Gerichtsstand des Hauptanspruchs geltend zu machen.112 Bei einer Feststellungsklage kommt es auf den Erfüllungsort der streitigen Leistungspflicht,113 bei einer Klage auf Rückerstattung oder Schadenersatz auf den Erfüllungsort der ursprünglichen Hauptleistungspflicht114 an. Enthält ein Vertrag mehrere Hauptleistungspflichten mit Erfüllungsorten in verschiedenen Staaten, so besteht keine Gesamtzuständigkeit.115 Der Erfüllungsort für einen Scheck ist nicht identisch mit dem für die zugrunde liegende Kaufpreisschuld.116 45 Der EuGH hat stets auf das nach dem IPR des angerufenen Gerichts anzuwendende materielle Recht abgestellt.117 46 In der Tessili-Entscheidung118 heißt es hierzu: „Der Ort, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre iS von Art 5 Nr 1 des Übereinkommens …, bestimmt sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgebend ist“.119 Nach deutschem IPR bestimmt sich der Erfüllungsort nach Art 27, 28 EGBGB; bei Vereinbarung des Erfüllungsortes ist auch Art 31 II EGBGB zu beachten.120 Das materielle deutsche Recht regelt den Erfüllungsort in §§ 269, 270 BGB. Bei einem Handelsvertretervertrag kann der Schadenersatzanspruch des Handelsvertreters wegen Vertragsbruchs des Prinzipals an dem Ort erhoben werden, an dem dieser den Han_______________

111 EuGHE 1976, 1497 (De Bloos v Bouyer) = NJW 1977, 490 (m Anm Geimer) = RIW 1977, 42 m Anm Linke; ebenso: BGH NJW 1996, 1819; BGH EuZW 1992, 518, 520; OLG Karlsruhe RIW 1994, 1046/47. 112 Banniza von Bazan S 96ff, 107f; Holl WiB 1995, 462, 464. 113 OLG Stuttgart IPRax 1999, 103 (dazu Ch. Wolf S 82). 114 Burgstaller/Ritzberger Rz 2.57; Kropholler Art 5 Rz 22, 32; Geimer/Schütze Art 5 Rz 62. 115 EuGHE 1999, I-6747 (Leathertex v Bodetex) = NJW 2000, 721 = ZZPInt 5 (2000), 266 (Otte) = IPRax 2000, 402 (dazu Hau, S 354); Cour de Cass. [2001] ILPr 82 (Erfüllungsort des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters unabhängig von dem der Handelsvertreterpflichten); ähnl. Cour de Cass. [2001] ILPr 28. 116 BGHZ 157, 224 = ZIP 2004, 428, 431. 117 Zuletzt in EuGHE 1999, I-6307 (GIE Groupe Concorde) = IPRax 2000, 399. Ebenso BGH EWS 1993, 260, 261; KG IPRax 2000, 405; OLG Frankfurt RIW 2004, 864; OLG Karlsruhe RIW 1994, 1046/47; Geimer/Schütze/Auer Art 5 EuGVÜ Rz 49ff; kritisch Schlosser NJW 1977, 459; Spellenberg ZZP 91 (1978), 46, die an einer vertragsautonomen Qualifikation festhalten wollen. 118 EuGHE 1976, 1473 (Tessili v Dunlop) = NJW 1977, 491 (Geimer) = RIW 1977, 40 (Linke); EuGHE 1976, 1497 (De Bloos v Bouyer) = NJW 1977, 490 (Geimer). 119 Vgl auch LG Köln RIW 1988, 644/45. 120 Vgl OLG Karlsruhe RIW 1994, 1046/47.

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Europäisches Zivilprozessrecht

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delsvertreter mit Waren zu versorgen gehabt hätte.121 Bei einem Rechtsanwalt ist nach Ansicht des BGH sein Kanzleisitz nicht Erfüllungsort.122 Bei Online-Dienstleistungen, die auch online abgerechnet werden, soll der 47 Kunde, der seine Gegenleistung erbracht hat, Schadenersatz wegen Nichtoder Schlechterfüllung an seinem eigenen Wohnsitz einklagen können.123 Im Anwendungsbereich des UN-Übereinkommens über Verträge über den 48 internationalen Warenkauf vom 11.4.1980 (CISG)124 ist der Erfüllungsort danach zu bestimmen.125 Der Kaufpreis kann danach am Ort der Niederlassung des Verkäufers eingeklagt werden (Art 57 I [a] CISG).126 Gleiches gilt für das zuvor geltende EKG (Art 59).127 In der Stawa-Metallbau-Entscheidung128 hat der EuGH – entgegen den Schlussanträgen des Generalanwalts – ausdrücklich an der kollisionsrechtlichen Bestimmung des Erfüllungsortes festgehalten und eine autonome Interpretation insoweit abgelehnt.129 Diese Rechtsprechung ist in der Literatur vielfach kritisiert worden: der Weg 49 für das IPR sei nicht nur umständlich, er führe überdies meist auch zu einem Klägergerichtsstand, was mit dem Regel-Ausnahme-Verhältnis der Art 2 und Art 5 Nr 1 nicht vereinbar sei. Plädiert wurde deshalb für eine autonome, einheitliche prozessuale Bestimmung des Erfüllungsorts. Diese Ansicht hat sich bei der Revision des EuGVÜ in erheblichem Umfang durchgesetzt. Der gefundene Kompromiss ist aber weder konzeptionell noch praktisch wirklich überzeugend.130

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Cour d’appel de Paris, [1996] ILPr 299. BGHZ 157, 20 = FamRZ 2004, 98 (krit Gottwald). Boele-Woelki BerDGVR 39 (2000), 307, 324. Abgedruckt in Jayme/Hausmann, 12. Aufl, Nr 77. OLG Düsseldorf RIW 1993, 845. Dies soll nicht mehr für die Klage eines Zessionars gelten, dessen Niederlassung sich in einem anderen Staat befindet; OLG Celle IPRax 1999, 456 (dazu Gebauer S 432). EuGHE 1994, I-2913 (Custom Made v Stawa Metallbau) = RIW 1994, 876 = IPRax 1995, 31 (krit. dazu Jayme S 13) = NJW 1995, 183 = JZ 1995, 244 m Anm Geimer = ZEuP 1995, 244 (krit. Schack); dazu auch P. Huber ZZPInt. 1996, 167; Koch RIW 1996, 379; BGH EWS 1994, 177, 178. EuGHE 1994, I-2913 = NJW 1995, 183. Aus Gründen der Rechtssicherheit bestätigt in EuGHE 1999, I-6342 (Rz 17ff, 32) (GIE Group Concorde) = NJW 2000, 719 u. in EuGHE 1999, I-6747 (Rz 33) (Leathertex) = NJW 2000, 721, beide abgedruckt in IPRax 2000, 399 (dazu Hau S 354), letztere auch in ZZPInt 5 (2000), 279 (Hau); krit. zu GIE Group Concorde: Kubis ZEuP 2001, 742. Vgl Leipold, GS Lüderitz, S 431, 445; Kropholler/v Hinden, GS Lüderitz, S 401, 403; Schoibl JBl 2003, 149, 158 (verunglückter Kompromiss); Schack, IZVR, Rz 273, 273b.

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Internationale Zuständigkeit

50 (3) Art 5 Nr 1 b) der neuen EuGVO legt den Erfüllungsort iS der Nr 1 a) für Ansprüche aus einem Vertrag (vorbehaltlich abweichender Vereinbarung des prozessualen Erfüllungsortes) wie folgt fest: –



Für den Verkauf beweglicher Sachen an dem Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen; für die Erbringung von Dienstleistungen an dem Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen.

Der Erfüllungsort ist danach „autonom“,131 dh wie im französischen Recht, rein faktisch, losgelöst vom anwendbaren materiellen Recht zu ermitteln. Abzustellen ist auf den realen Ablieferungsort.132 Freilich dürfte damit doch nicht der Bestimmungsort eines Transports oder der Auslieferungsort der Ware gemeint sein. Denn Art 5 Nr 1 b stellt auf den Ort der Lieferung nach dem Vertrag ab, so dass sich beim Versendungskauf nichts am Verkäufergerichtsstand ändert.133 Wird Ware an den Wohnsitz des Käufers geliefert, so steht diesem für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag ein Klägergerichtsstand zur Verfügung.134 Wird nicht geleistet, ist der hypothetische Erfüllungsort ebenfalls primär nach den faktischen Absprachen zu bestimmen.135 Im Zweifel ist der Vertrag wohl wie bisher nach der lex causae auszulegen.136 Wird Direktlieferung an den Abnehmer des Käufers usf vereinbart, so ist aus dem Vertrag sinngemäß die Vereinbarung zu entnehmen, dass der tatsächliche Ablieferungsort nicht Erfüllungsort sein soll, sondern der rechtliche Erfüllungsort beim Versendungskauf maßgebend sein soll. Wird der Bestimmungsort erst während des Transports festgelegt oder abgeändert,137 so scheidet eine Anknüpfung an den realen Ablieferungs- oder Aufenthaltsort der Ware wohl ebenfalls aus. Den „autonomen“ Erfüllungsort nach Nr 1 (b) gibt es überdies nur, wenn der reale Ablieferungsort innerhalb eines Mitgliedstaats liegt. Liegt er in einem Drittstaat, so bleibt es bei der kollisionsrechtlichen Anknüpfung nach Nr 1 (a),138 was zu wenig überzeugenden Ergebnissen führt. _______________

131 OLG Köln RIW 2005, 778. 132 OLG Hamm IPRax 2006, 290; Kropholler/v Hinden, GS Lüderitz, S 401, 405, 406ff; Hau IPRax 2000, 354, 358; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 328; Beraudo JDI 128 (2000), 1033, 1042; zweifelnd Markus SZW/RSDA 1999, 205, 212f. 133 Piltz NJW 2002, 789, 793. 134 Krit. Kubis ZEuP 2001, 742, 749f. 135 Kropholler/v Hinden, GS Lüderitz, S 401, 409f; aA Rauscher/Leible Art 5 Brüssel I-VO Rz 42 (bei Nichterfüllung „rechtlicher“ Erfüllungsort). 136 Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 15. 137 Krit. Kubis ZEuP 2001, 742, 750. 138 Kubis ZEuP 2001, 742, 751; anders nach dem Vorentwurf, vgl Hau IPRax 2000, 354, 360.

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Europäisches Zivilprozessrecht

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Unter Dienstleistungen sind (ebenso in autonomer Bestimmung)139 alle Arten gewerblicher oder freiberuflicher Dienste (abhängige Arbeit ausgenommen), Werklieferungen, Werkleistungen und Geschäftsbesorgungen zu verstehen (s Art 50 EG).140 Kreditverträge werden zwar als Finanzdienstleistungen bezeichnet, sind aber kaum Dienstleistungen iS des Art 5 Nr 1.141 Anders als bisher ist dieser Erfüllungsort für alle Ansprüche aus dem Vertrag 51 einheitlich nach der charakteristischen Leistung zu bestimmen; das bisherige Abstellen auf die jeweilige Hauptpflicht entfällt.142 War die Dienstleistung in zwei verschiedenen Mitgliedsstaaten zu erbringen (und ist dort erbracht worden), kommt es darauf an, wo der örtliche Schwerpunkt der Dienstleistung war, da ein einziger Gerichtsstand für alle Klagen aus dem Dienstleistungsvertrag zu bestimmen ist. Wird ein Anwalt mit der Vertretung der Partei vor einem Schiedsgericht mit Ort der mündlichen Verhandlung in einem anderen Mitgliedsstaat beauftragt, so wird der Schwerpunkt der Tätigkeit zumeist in der vorbereitenden Sachbearbeitung am Kanzleisitz liegen.143 Art 5 Nr 1 b EuGVO lässt aber ausdrücklich abweichende Parteivereinbarungen des zuständigkeitsbegründenden Erfüllungsorts zu144 (s u Rz 54). (4) Für Ansprüche aus Verträgen anderer Art, aber auch in Fällen, die zur Zu- 52 ständigkeit eines Drittstaates führen,145 bleibt es gemäß Art 5 Nr 1 c) ausdrücklich bei der Anwendung von Nr 1 a). Dies kann nur bedeuten, dass insoweit wie bisher zu Art 5 Nr 1 EuGVÜ der Erfüllungsort kollisionsrechtlich zu bestimmen ist146 (s o Rz 44f). Art 5 Nr 1a bleibt also die Grund- und Auffangnorm.147 Eingewandt wird allerdings, man müsse nunmehr zumindest auch für diese Verträge einen einheitlichen Erfüllungsort und nicht mehr einen Erfüllungsort für jede Hauptpflicht vereinbaren.148 Verletzt der Beklagte eine vertragliche, weltweit geltende Unterlassungspflicht, so kann der Kläger nicht etwa in jedem beliebigen Land seiner Wahl klagen; nach Ansicht des EuGH lässt sich hier kein konkreter Erfüllungsort _______________

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BGH NJW 2006, 1806, 1807; OLG Köln RIW 2005, 778, 779. Leipold, GS Lüderitz, S 431, 446; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 328. AA Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 328. BGH NJW 2006, 1806, 1807; LG München II IPRax 2005, 143, 144 (dazu Kienle S 113); Kropholler/v Hinden, GS Lüderitz, S 401, 406; Hau IPRax 2000, 354, 359; Markus SZW/RSDA 1999, 205, 212; Musielak/Weth, 4. Aufl, Art 5 EuGVO Rz 7; U. Schmidt Rz 90. BGH NJW 2006, 1806, 1808. Krit. Leipold, GS Lüderitz, S 431, 449f. Leipold, GS Lüderitz, S 431, 450f; Kropholler/v Hinden, GS Lüderitz, S 401, 411. Musielak/Weth Art 5 EuGVO Rz 7; krit. Leipold, GS Lüderitz, S 431, 451 („innerer Bruch“); Kropholler/v Hinden, GS Lüderitz, S 401, 409; Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 7. Kropholler/v. Hinden, GS Lüderitz, S 401, 408; Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 20. Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 329.

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Internationale Zuständigkeit

bestimmen, so dass Art 5 Nr 1 ganz ausscheide und auf Art 2 zurückzugreifen sei.149 53 (5) Wird Schadenersatz geltend gemacht, so ist zu prüfen, ob der Anspruch auf Vertrag oder Delikt gestützt wird. Im Gerichtsstand des Erfüllungsortes können nach hM nur vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden.150 Eine Annexkompetenz für deliktische Ansprüche besteht nach hM nicht.151 Ansprüche eines Nichtkäufers gegen den Warenhersteller aus (gesetzlicher) Produkthaftung fallen nicht unter Art 5 Nr 1.152 Ansprüche wegen Transportschäden, die nicht gegen den Aussteller des Konnossements, sondern gegen den tatsächlichen Verfrachter geltend gemacht werden, sind deliktischer Natur.153 Wie im autonomen deutschen Recht sollte aufgrund der Interessenlage der Parteien bei Anspruchsgrundlagenkonkurrenz auch für Art 5 Nr 1 EuGVO eine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs für alle Anspruchsgrundlagen anerkannt werden.154 54 (6) Die Vereinbarung des Erfüllungsortes durch die Parteien wird durch Art 5 Nr 1 EuGVO bzw LugÜ nicht ausgeschlossen. Nach Ansicht des EuGH155 muss die Form des Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ nicht eingehalten werden. Es kommt vielmehr auf das nach den Kollisionsregeln anwendbare materielle Recht an.156 Für eine sog abstrakte Erfüllungsortvereinbarung, durch die kein realer Leistungsort, sondern nur ein Gerichtsstand bestimmt werden soll, gilt dies dagegen nicht. Sie sind nach Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ zu beurteilen.157 Dies gilt auch innerhalb des neu gefassten Art 5 Nr 1 b EuGVO.158 55 Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Art 5 Nr 1 EuGVO bzw LugÜ steht dem Kläger auch dann zur Verfügung, wenn der Abschluss des Vertra_______________

149 EuGHE 2002, I-1699 (Rz 48ff) (Besix v Kretzschmar) = NJW 2002, 1407 = IPRax 2002, 392 (dazu Heß S 376) = ZZPInt 7 (2002), 207 (Hau); krit Mankowski EWiR Art 5 EuGVÜ 1/02, 519. 150 Cour de Cassation, Urt vom 16.5.1977, Rspr Übers, Folge 3, 1979, Nr 95. 151 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 184; s u Rz 63. 152 EuGHE 1992, I-3967 (Handtke v TMCS) = EWS 1994, 245 = JZ 1995, 90 m Anm Pfeifer; Kreuzer/Wagner Q 157; krit. Hartley EurLRev. 18 (1993), 506; Cass. [1996] ILPr 133. 153 EuGHE 1998, I-6511 (Réunion européenne) = IPRax 2000, 210 (dazu Koch S 186). 154 Banniza von Bazan S 141ff; Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S 520ff.; Geimer/Schütze Art 5 Rz 34; Soergel/Kronke Art 38 Anh IV Rz 63; auch Kropholler Art 5 Rz 79; aA Holl WiB 1995, 462, 463. 155 EuGHE 1980, 89 (Zelger v Salinitri) = IPRax 1981, 89. 156 BGH WM 1980, 70; Kropholler Art 5 Rz 35f; Spellenberg IPRax 1981, 75; Klemm S 85ff; Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Kap 26 Rz 44. 157 EuGHE 1997, I-911, 932 (MSG, Mainschifffahrts-Genossenschaft) = JZ 1997, 839 (Koch) = ZZPInt. 2 (1997), 161 (P. Huber) = RIW 1997, 415 (Holl); BGH RIW 1997, 871 = IPRax 1999, 34 (dazu Kubis S 10); Klemm S 97ff, 202ff; aA für generelle Irrelevanz Schlosser, EuGVÜ, Art 5 Rz 11. 158 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 328; zweifelnd Leipold, GS Lüderitz, S 431, 448.

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ges, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird, zwischen den Parteien streitig ist.159 Für Beklagte mit Wohnsitz bzw Sitz in Luxemburg gilt der Vorbehalt gem 56 Art 63 EuGVO bzw des Protokolls Nr 1 zum LugÜ. Danach kann sich der im Gerichtsstand des Erfüllungsortes Beklagte die Unzuständigkeit des Gerichts geltend machen;160 lässt sich der Beklagte nicht auf das Verfahren ein, erklärt sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig. Nach Ansicht des BGH gilt die Luxemburg-Klausel aber nicht für Luxemburger Briefkastenfirmen.161 b) Art 5 Nr 2 (Gerichtsstand für Unterhaltssachen) Zur Erleichterung der Rechtsverfolgung stellt Art 5 Nr 2 für den Unterhalts- 57 berechtigten als die generell „schwächere“ Partei einen Klägergerichtsstand zur Verfügung. Statt im Staate seines Wohnsitzes (Art 2) kann der Unterhaltsschuldner nach Art 5 Nr 2 auch an dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten verklagt werden. Der Wohnsitz des Berechtigten ist gemäß Art 59 I EuGVO bzw Art 52 I LugÜ nach der lex fori des angerufenen Gerichts zu bestimmen, in Deutschland also nach den §§ 7ff BGB. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist wie bei Art 4 Haager Unterhaltsübereinkommen v 2.10.1973 zu bestimmen.162 Art 5 Nr 2 EuGVO/LugÜ bestimmt zugleich die örtliche Zuständigkeit, Abweichungen gegenüber der deutschen ZPO ergeben sich daraus nicht.163 Seit dem Beitrittsübereinkommen von 1978 enthält Art 5 Nr 2 auch eine 58 Annexzuständigkeit, wenn der Unterhalt im Verbund mit einer Statussache (Scheidung, Vaterschaftsfeststellung) geltend gemacht wird und die Statuszuständigkeit auf der Staatsangehörigkeit beider Ehegatten beruht. Bedauerlicherweise ist keine derartige Annexkompetenz für den Fall des gemischtnationalen Ehepaares eröffnet.164 Hieran hat die EuGVO nichts geändert. Die Verbundzuständigkeit besteht in Deutschland gemäß §§ 621, 623 ZPO sowie nach § 643 ZPO; sie ist auch für den Trennungsunterhalt des Ehegatten eröffnet.165 _______________

159 EuGHE 1982, 825 (Effer v Kantner) = IPRax 1983, 31 (hierzu Gottwald S 13 und Stoll S 52). 160 Vgl OLG Düsseldorf RIW 2006, 633. 161 BGH RIW 2003, 877 = IPRax 2005, 142 (dazu Lehmann S 109). 162 MüKo/Gottwald, 2. Aufl, Art 5 EuGVÜ Rz 27; Fasching/Simotta § 76a JN Rz 29. 163 MüKo/Bernreuther § 621 Rz 165. 164 Zu Recht krit. Jayme JuS 1989, 387, 390; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 193; Fasching/Simotta § 76 JN Rz 34. 165 Geimer in: Geimer/Schütze EuZVR Art 5 Rz 186; Thomas/Putzo/Hüßtege Art 5 Rz 14; aA KG FamRZ 1998, 564 = IPRax 1999, 37 (ablehn Schulze S 21).

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59 Der Begriff der Unterhaltssache ist autonom auszulegen. Unterhalt erfolgt meist in wiederkehrenden Leistungen, doch gilt Art 5 Nr 2 auch, wenn der Unterhalt durch Zahlung eines Pauschbetrages oder durch Übertragung von Eigentum an bestimmten Gegenständen abgegolten werden soll.166 Art 5 Nr 2 EuGVO bzw LugÜ ist auch für vertragliche und deliktische Unterhaltsansprüche anwendbar,167 wenn sie auf einem familienrechtlichen Status beruhen. Er gilt auch, wenn der Kläger erstmals Unterhaltsklage erhebt und der Klagegrund streitig ist.168 Er gilt weiterhin für einstweilige Anordnungen in einem Ehescheidungsverfahren, durch die einer der Parteien des Scheidungsstreites ein monatlicher Unterhaltsbetrag zuerkannt wird.169 Der Anspruch auf Leistung eines Prozesskostenvorschusses gehört zum Unterhalt, auch wenn es sich um eine nicht von EuGVO bzw LugÜ erfasste Familiensache handelt.170 Unterhalt kraft Erbrechts fällt nach Art 1 II lit a EuGVO/ LugÜ aus dem Anwendungsbereich des europäischen Rechts heraus. 60 Streitig ist, inwieweit der Klägergerichtsstand des Art 5 Nr 2 nicht nur dem ursprünglichen Unterhaltsberechtigten, sondern auch für Regressklagen gegen den Unterhaltsschuldner zur Verfügung steht. Regressansprüche der öffentlichen Hand, zB nach § 91 I BSHG, § 94 SGB XII, § 37 BAföG oder § 7 UnterhVG, auf die der nach BGB bestehende Unterhaltsanspruch übergegangen ist, sind zwar weiterhin Zivilsachen iS des Art 1 I EuGVO/LugÜ,171 die öffentliche Hand kann ihren Regressanspruch aber nur im Wohnsitzstaat des Schuldners (Art 2), nicht aber nach Art 5 Nr 2 am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten verfolgen.172 Zur Begründung verweist der EuGH darauf, dass die öffentliche Hand nicht schutzbedürftig sei, im Gegenteil das Gericht am Wohnsitz des Unterhaltsschuldners dessen Leistungsfähigkeit besser beurteilen könne. Beruht der Regressanspruch auf einer „eigenen, besonderen Befugnis“ der öffentlichen Hand, handelt es sich nicht mehr um eine „Zivilsache“.173 61 Nicht entschieden hat der EuGH, ob private nachrangige Unterhaltspflichtige, die Unterhalt geleistet haben, ihren Regressanspruch gegen den vorrangig _______________

166 EuGHE 1997, I-1147 (van den Boogard v Laumen) = IPRax 1999, 35 (dazu Weller S 14); Fasching/Simotta § 76a JN Rz 22. 167 Geimer in: Geimer/Schütze EuZVR Art 5 Rz 165ff. 168 EuGHE 1997, I-1683 (Farrell v Long) = IPRax 1998, 354 (dazu Fuchs S 327). 169 EuGHE 1980, 731 (de Clavel v de Clavel) = IPRax 1981, 19 (dazu Hausmann S 5). 170 MüKo/Gottwald Art 5 Rz 26; Geimer/Schütze Art 5 Rz 130; aA Schlosser Art 5 Rz 12. 171 EuGHE 2002, I-10489 (Gemeente Stenbergen v Baten) = IPRax 2004, 237 (dazu Martiny S 195) = ZZPInt 7 (2002), 317 (Rauscher). 172 EuGHE 2004, I-981 (Freistaat Bayern v Blijdenstein) = IPRax 2004, 240 (dazu Martiny S 195) = JZ 2004, 407 (Schlosser) = NJW 2004, 1439 = ZZPInt 9 (2004), 155 (Rauscher). 173 EuGHE 2004, I-981 = IPRax 2004, 240, 242 (Rz 20).

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Verpflichteten im Gerichtsstand des Art 5 Nr 2 verfolgen können. Privaten Zessionaren wird der Gerichtsstand zT auch nach den Entscheidungen des EuGH zugebilligt.174 Sieht man den Zweck des Art 5 Nr 2 freilich nur im Schutz des Unterhaltsberechtigten, so ist es konsequent auch den privaten Regressgläubiger auf den allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten zu verweisen.175 Abzustellen ist dann auf den Wohnsitz oder Aufenthalt des ursprünglichen Unterhaltsgläubigers.176 Art 5 Nr 2 EuGVO bzw LugÜ ist auch bei Klagen gegen den Unterhalts- 62 berechtigten anzuwenden. Der Unterhaltsberechtigte kann also verklagt werden im Staate seines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsorts, aber auch vor dem Gericht, das nach der nationalen Zuständigkeitsordnung für den Statusprozess zuständig ist, sofern der Unterhaltsanspruch im Verbund mit dem Statusprozess entschieden wird.177 Für eine Abänderungsklage gelten keine besonderen Zuständigkeitsregeln.178 63 Die Zuständigkeit ist also nach Art 5 Nr 2 neu zu bestimmen.179 Zum Beispiel kann eine unterhaltsberechtigte in Italien wohnende Frau die Erhöhung des Unterhalts nach ihrer Wahl vor italienischen Gerichten (Art 5 Nr 2 EuGVO) oder am Wohnort des Mannes in Deutschland (Art 2 EuGVO) geltend machen. Art 5 Nr 2 EuGVO wird voraussichtlich zum 1.1.2008 abgelöst durch Art 3 64 der EuUVO,180die für Unterhaltspflichten an die Stelle der EuGVO treten sollen (E Art 48 I). Nach Art 3 EuUVO soll in Unterhaltssachen alternativ das Gericht (1) am gewöhnlichen Aufenthalt des Antragsgegners, (2) am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten, (3) das Gericht der Personenstandssache, mit der der Unterhaltsanspruch verbunden ist (es sei denn, dessen Zuständigkeit beruhe nur auf der Staatsangehörigkeit der Parteien) oder (4) das Gericht der Sorgerechtsklage, wenn damit die Unterhaltsklage verbunden ist, zuständig sein. Zugelassen sind auch Gerichtsstands_______________

174 175 176 177

So Geimer, in: Geimer/Schütze, Art 5 Rz 162f. So auch Rauscher/Leible Art 5 Rz 67. Rauscher S 33. Geimer/Schütze Art 5 Rz 136; MüKo/Gottwald Art 5 Rz 31; Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 39; Schlosser Art 5 Rz 13; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 194; aA Kropholler Art 5 Rz 64; Fasching/Simotta § 76a JN Rz 36; Rauscher/Leible Art 5 Brüssel I-VO Rz 65. 178 OLG Frankfurt IPRax 1981, 136 (dazu Schlosser S 120); Schlosser Art 5 Rz 13. 179 OLG Köln NJW-RR 2005, 876; Geimer/Schütze Art 5 Rz 195. 180 Vorschlag vom 15.12.2005, KOM (2005), 649 endgültig, abgedruckt in JDI 2006, 771; dazu Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses, ABl EG C 2006, 185/35; zum Kollisionsrecht vgl R. Wagner FamRZ 2006, 979; Looschelders/Boos FamRZ 2006, 374.

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vereinbarungen (Art 4) und die rügelose Einlassung (Art 5), letztere aber nicht in Fällen der Gerichtsstandsvereinbarung. Hilfsweise sind die Gerichte des Staates zuständig, dem Unterhaltsberechtigter und -verpflichteter angehören (Art 6 lit a) und für Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten oder ehemaligen Ehegatten die Gerichte des Mitgliedsstaates des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts, sofern dieser erst im letzten Jahr vor Antragstellung aufgegeben wurde (Art 6 lit b). c) Art 5 Nr 3 (Gerichtsstand für unerlaubte Handlungen) 65 Schrifttum: Berger, Die internationale Zuständigkeit bei Urheberrechtsverletzungen in Internet-Websites, GRURInt 2005, 465; J. Bukow, Verletzungsklagen aus gewerblichen Schutzrechten, 2003, S 29ff; V. Fricke, Der Unterlassungsanspruch gegen Presseunternehmen zum Schutz des Persönlichkeitsrechts im IPR, 2003, S 286; Grabinski, Zur Bedeutung des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens (Brüsseler Übereinkommen) und des Lugano-Übereinkommens in Rechtsstreitigkeiten über Patentverletzungen, GRURInt 2001, 199; Hager/Hartmann, Internationale Zuständigkeit für vorbeugende Immissionsschutzklagen, IPRax 2005, 266; Hausmann, Die Verletzung gewerblicher Schutzrechte im europäischen internationalen Privat- und Verfahrensrecht, EuLF 2003, 278; v. Hein, Deliktischer Kapitalanlegerschutz im europäischen Zuständigkeitsrecht, IPRax 2005, 17; C. Hootz, Durchsetzung von Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechten bei grenzüberschreitenden Verletzungen in Europa, 2004, S 176ff; R. Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen Internationalen Zivilprozessrecht, 2005; Kieninger, Internationale Zuständigkeit bei der Verletzung ausländischer Immaterialgüterrechte: Common Law auf dem Prüfstand des EuGVÜ, GRURInt 1998, 280; G. Kosmehl, Welchen Wert hat der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung im europäischen Zivilprozessrecht?, Liber americorum Rauscher, 2005, S 79; Körner, Internationale Rechtsdurchsetzung von Patenten und Marken nach europäischem Prozessrecht, FS Bartenbach, 2005, S 401; Kubis, Internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechtsverletzungen, 1999; P. Lange, Der internationale Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach dem EuGVÜ bei Verletzungen von nationalen Kennzeichen, WRP 2000, 940; Leipold, Neues zum Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach europäischem Zivilprozessrecht, FS Nemeth, 2003, S 631; D. Možina, Persönlichkeitsverletzungen im Internet – die internationale Zuständigkeit, Slovenian Law Rev. 1 (2004), 77; Pansch, Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung bei der grenzüberschreitenden Verletzung gewerblicher Schutzrechte, EuLF 2000/01, 353; Reber, Die internationale gerichtliche Zuständigkeit bei grenzüberschreitenden Urheberrechtsverletzungen, ZUM 2005, 194; Schack, Internationale Urheber-, Markenund Wettbewerbsverletzungen im Internet (IZPR), MMR 2000, 135; Stadler, Vertraglicher und deliktischer Gerichtsstand im europäischen Zivilprozessrecht, FS Musielak, 2004, S 569; Stauder, Die internationale Zuständigkeit in Patentverletzungsklagen, FS Schricker, 2005, S 917; L. Uhl, Internationale Zuständigkeit gemäß Art 5 Nr 3 des Brüsseler und Lugano-Übereinkommens, ausgeführt am Beispiel der Produktehaftung, 2000; Wehdeking, Internationale Zuständigkeit der Zivilgerichte bei grenzüberschreitenden Immissionen, DZWIR 2003, 323.

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Der Begriff der unerlaubten Handlung ist autonom auszulegen.181 Erfasst 66 sind Deliktstatbestände, Fälle der Gefährdungshaftung, der cic, jedenfalls soweit es um reine Schutzpflichtverletzungen geht, auch entsprechende Ansprüche aus „Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte“,182 Schadensersatzansprüche wegen Kapitalanlagebetrug,183 Produkthaftungsansprüche von Nichtvertragspartnern, Unterlassungsansprüche wegen Eigentumsbeeinträchtigung184 und sonstige negatorische Ansprüche jeweils einschließlich vorbereitender Auskunftsansprüche.185 Deliktisch einzuordnen sind auch Klagen zur Verhinderung des Eintritts von Schäden (durch kollektive Arbeitskampfmaßnahmen).186 Die Haftung aus einer (mündlichen) Gewinnzusage hat der BGH ursprünglich als deliktisch eingeordnet.187 Deliktisch zu qualifizieren sind schließlich Ansprüche gegen GmbH-Gesellschafter wegen materieller Unterkapitalisierung oder wegen existenzvernichtenden Eingriffs.188 In Fällen der Anspruchsgrundlagenkonkurrenz ist das Gericht der Delikts- 67 klage nach hM nicht zuständig im Wege des Sachzusammenhangs auch über konkurrierende Ansprüche (aus Vertrag, Geschäftsführung ohne Auftrag, Bereicherung etc) zu entscheiden.189 Diese Trennung wird den Interessen der Parteien nicht gerecht.190 Während § 32 ZPO auf den Ort abstellt, an dem die unerlaubte Handlung be- 68 gangen worden ist, knüpft Art 5 Nr 3 an den Ort an, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Im Ergebnis läuft das aber auf dasselbe hinaus, denn der Beklagte kann nach Wahl des Klägers vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verletzung eingetreten ist (Erfolgsort), oder vor dem Gericht des Ortes des dem Schaden zugrunde liegenden ursächlichen Geschehens (Handlungsort) verklagt werden.191 Bei Transportschäden ist als Erfolgsort der Ort anzu_______________

181 EuGHE 2002, I-8111 (Verein für Konsumenteninformation v Henkel) = NJW 2002, 3617, 3618 (Rz 35); EuGHE 1992, I-3967 (Handtke v TMCS) = JZ 1995, 90 (Peifer). 182 Spahl S 159ff, 163ff; s aber Rz 43. 183 OLG Köln IPRax 2006, 479 (dazu von Hein S 460). 184 BGH RIW 2006, 310 = IPRax 2006, 502 (Jayme). 185 Rauscher S 34. 186 EuGHE 2004, I-1417 (DFDS Torline v LO Landesorganisationen) = RIW 2004, 543 = IPRax 2006, 161 (dazu Franzen S 127). 187 BGH NJW 2003, 426; dazu Häcker ZVglRWiss 103 (2004), 464; zur Haltung des EuGH s Rz 41. 188 Vgl Mankowski RIW 2005, 561, 569. 189 EuGHE 1988, 5565 (Kalfelis v Schröder) = NJW 1988, 3088 m Anm Geimer; BGH IPRax 2006, 40, 43 (dazu Looschelders S 14, 15); zustim. Lohse S 25ff; Kreuzer/ Wagner Q 173; Schack, IZVR, Rz 290; krit. Gottwald IPRax 1989, 272; s o Rz 48. 190 Ebenso Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 504ff, 520ff; Banniza von Bazan S 141ff; Fasching/Simotta § 92a JN Rz 27; Geimer/Schütze Art 5 Rz 163; Soergel/ Kronke Art 38 Anh Rz 66. 191 EuGHE 1976, 1735 (Bier v Mines de Potasse d’Alsace) = RIW 1977, 356 m Anm Linke, ebenso Geimer/Schütze/Auer Art 5 Rz 107ff; Kubis, S 120f.

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sehen, an dem der tatsächliche Verfrachter die Ware auszuliefern hatte. Keine Zuständigkeit besteht dagegen an dem sonstigen Ort, an dem ein Transportschaden erstmals festgestellt wird.192 Bei der Beteiligung an fremder unerlaubter Handlung oder der Haftung für Verrichtungsgehilfen ist als Handlungsort der Ort der Haupttat bzw der Tat des Verrichtungsgehilfen anzusehen.193 Die Zuständigkeit ist begründet, wenn der Eintritt der Verletzung an dem entsprechenden Ort behauptet wird und dies nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Die Zuständigkeit ist dagegen nicht davon abhängig, ob eine Verletzung tatsächlich eingetreten ist.194 69 Bei einer ehrverletzenden oder kreditschädigenden Presseveröffentlichung ist der Gerichtsstand am Sitz der Druckerei, am Sitz der Niederlassung des Verlages (für den gesamten Schaden) oder an jedem Verbreitungs- bzw Verkaufsort (begrenzt auf den in diesem Land erlittenen Schaden) gegeben.195 Bei einer pflichtwidrigen Weitergabe vertraulicher Informationen entsteht der Schaden an jedem Ort, an dem ihr berechtigter Inhaber sie gewerblich nutzen wollte, insb. für seinen Inlandsmarkt an seinem Sitz.196 Bei unerlaubter Veröffentlichung von Fotos ist Handlungsort der Ort der Veröffentlichung, nicht der Ort der Fotoaufnahme (§ 22 Kunst-UrhG).197 Bei sittenwidrigem Telefonverkauf von Börsenpapieren ist Erfolgsort der Wohnsitz des Geschädigten.198 Bei falschen Anschuldigungen ist Erfolgsort der Ort der Anschuldigung, nicht der Ort, an dem der Beschuldigte davon Kenntnis erlangt.199 70 Bei territorial beschränkten Immaterialgüterrechten muss der Verletzungsort im Schutzstaat liegen.200 Der Ort der Machtbeeinflussung in einem Nichtschutzstaat genügt nicht.201 Die Verletzungshandlung kann dagegen

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192 EuGHE 1998, I-6511 (Rz 33f) (Réunion européenne) = IPRax 2000, 210, 213 (dazu Koch S 186); Burgstaller/Ritzberger Rz 2.83. 193 Vgl Weller IPRax 2000, 202, 208. 194 BGH RIW 2005, 465 = JZ 2005, 736 (Ohly). 195 EuGHE 1995, I-415 (Fiona Shevill v Press Alliance) = NJW 1995, 1881; dazu Rauscher ZZPInt. 1996, 145; P. Huber ZEuP 1996, 300; Wagner RabelsZ 62 (1998), 243, 261ff; Kubis S 121ff, 150ff, 226ff (für Anknüpfung an Handlungsort; gegen Unterscheidung von Handlungs- und Erfolgsort); Fricke S 296ff; krit. Kreuzer/ Wagner Q 176; Kosmehl, Liber amicorum Rauscher, S 79, 90ff; Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 53; Schack, IZVR, Rz 306. 196 English High Court, Ch., 21.1.1994 (Kitechnology v Unicor) [1994] ILPr 560. 197 AmtsG Hamburg RIW 1990, 319f. 198 OLG Düsseldorf RIW 1996, 681. 199 Vgl Alfred Dunhill Ltd v Diffusion Internationale [2002] ILPr 128. 200 Kreuzer/Wagner Q 177; Bukow S 45ff, 73f, 124. 201 Bukow S 83ff.

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(entgegen einer wohl hM) auch von einem Nichtschutzstaat aus erfolgen.202 Werden Schutzrechte mehrerer Mitgliedstaaten verletzt, so besteht an einem Verletzungsort keine umfassende Kognitionsbefugnis für alle verletzten Rechte.203 Mögliche Verletzungshandlungen von Kennzeichen sind die in § 14 III, IV MarkenG untersagten Verhaltensweisen.204 Für Patentverletzungsklagen gilt Art 22 Nr 4 EuGVO bzw Art 16 Nr 4 LugÜ nicht (s u Rz 196). Bei Persönlichkeits-, Wettbewerbs-, Marken- oder Urheberrechtsverletzun- 71 gen im Internet ist Handlungsort am Ort des Uploading des Täters oder am Belegenheitsort des Servers, weil die verletzenden Informationen dort gespeichert und abrufbar sind. Erfolgsorte sind grds alle Orte der Abrufbarkeit, was zu weltweiten Erfolgsorten führen kann. Allerdings sollten nur Erfolgsorte relevant sein, die zum objektiv bestimmungsgemäßen Verbreitungsgebiet oder zum umworbenen Markt gehören.205 Bei Klagen auf Ersatz von primären Vermögensschäden fallen zuständig- 72 keitsbegründender Erfolgsort als Ort der Rechtsgutverletzung und Schadensort zusammen.206 Keine Gerichtspflichtigkeit besteht dagegen an einem Ort, an dem ein Vermögensschaden als Folge eines in einem anderen Vertragsstaat erlittenen Erstschadens eingetreten ist207 oder an dem ein mittelbar Geschädigter einen Schaden erlitten hat.208 Erfolgsort ist aber nur ein Ort, mit dem der Handelnde rechnen musste. Bei einem Telefongespräch von einem fingierten Ort aus, ist der wirkliche Gesprächsort nicht Erfolgsort.209 Ob der Gerichtsstand auch für eine vorbeugende Unterlassungsklage, insb. 73 bei Wettbewerbsverstößen, eröffnet ist, war für Art 5 Nr 3 EuGVÜ zweifel-

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202 Pansch EuLF 2000/01, 353, 355ff mNachw; Otte IPRax 2001, 315, 316ff; Adolphsen, Patentsachen, Rz 559; Hye-Knudsen S 69ff; aA OLG Düsseldorf IPRax 2001, 336; Grabinski GRUR Int 2001, 199, 204; wohl auch Schack, IZVR, Rz 303 (kein vom Handlungsort verschiedener Erfolgsort); vgl Stauder, Grenzüberschreitende Verletzungsverbote im gewerblichen Rechtsschutz, IPRax 1998, 317; Lange WRP 2000, 940, 944ff. 203 Adolphsen, Patentsachen, Rz 566; Bukow S 96ff. 204 Lange WRP 2000, 940, 941f. 205 Hye-Knudsen S 78ff; Pichler, Jb junger Rechtswiss. 1998, 229, 248f; vgl Koch CR 1999, 121; Mankowski RabelsZ 63 (1999), 203; Bachmann IPRax 1998, 179, 182ff. 206 LG Dortmund IPRax 2005, 542 (dazu Mäsch S 509). 207 EuGHE 1995, I-2719 (Marinari v Lloyds Bank) = JZ 1995, 1107 m Anm Geimer = EuZW 1995, 765 m Anm Holl; EuGHE 2004, I-6009 (Kronhofer v Maier) = IPRax 2005, 32 (dazu v. Hein S 17) = ZZPInt 9 (2004), 197 (Junker); (krit Mankowski RIW 2005, 561f); Blobel EuLF 2004, 190; Kreuzer/Wagner Q 175; Kiethe NJW 1994, 222; zur italien. Rspr s Davì IPRax 1999, 484. 208 EuGHE 1990, I-49, 74 (Dumez France v Hessische Landesbank) = EuZW 1990, 34. 209 OLG München EuZW 1994, 191 = NJW-RR 1994, 190.

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haft,210 ist aber nach dem Sinn und Zweck zu bejahen.211 Art 5 Nr 3 EuGVO stellt nunmehr ausdrücklich klar, dass die Klage auch dort erhoben werden kann, wo das „schädigende Ereignis … einzutreten droht“.212 Dies gilt auch bei der Gefahr der Erstbegehung.213 Ob es einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gibt, bestimmt freilich die anwendbare lex causae. 74 Vorbeugende Unterlassungsklagen privater Verbraucherverbände, zB auf Untersagung der Verwendung missbräuchlicher AGB-Klauseln fallen ebenfalls unter Art 5 Nr 3 EuGVO.214 75 Die Gefährdungshaftung wird in Art 5 Nr 3 mitumfasst.215 76 Der Gerichtsstand kann von dem Verletzten, dessen Rechtsnachfolger oder vom Rückgriffsberechtigten geltend gemacht werden.216 Die Klage kann sich gegen jeden Schuldner eines deliktischen Anspruchs oder seinen Rechtsnachfolger richten.217 Das nationale Recht des angerufenen Gerichts entscheidet darüber, ob die Versicherung vor dem Gericht verklagt werden kann, vor dem die Klage gegen den Versicherten (Schädiger) anhängig ist.218 Ob ein Anspruch aus unerlaubter Handlung gegeben ist, ist nach der „lex causae“, die das IPR des angerufenen Gerichts bestimmt, zu ermitteln.219 d) Art 5 Nr 4 (Gerichtsstand für Adhäsionsklagen) 77 Schadenersatz- oder Restitutionsklagen, die auf einer strafbaren Handlung aufbauen, können danach auch vor dem zuständigen Strafgericht eingeklagt werden, soweit dies nach seinem autonomen Recht über zivilrechtliche Ansprüche entscheiden kann. Diese Zuständigkeit hat selbständige Bedeutung, wenn sie nicht mit der nach Art 2 oder Art 5 Nr 3 zusammenfällt.220 Adhäsionsklagen sind im romanischen Rechtskreis weit verbreitet. In Deutschland kann der Verletzte oder sein Erbe seine Ansprüche im Strafverfahren vor dem Amtsgericht geltend machen (§§ 403ff StPO). Nach § 405 _______________

210 BGH RIW 1994, 591. 211 Behr GRUR Int 1992, 604; Kreuzer/Wagner Q 172; Kubis S 112; Mankowski EWS 1994, 305; Schack IZVR Rz 292. 212 Vgl Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 329. 213 BGH NJW 2006, 689 (dazu H. Roth LMK 2006, 176147); Hye-Knudsen S 112f. 214 EuGHE 2002, I-8111 (Verein für Konsumenteninformation v Henkel) = IPRax 2003, 341 (dazu Michailidou S 223) = ZZPInt 7 (2002), 277 (Stadler); Micklitz/ Rott EuZW 2001, 325, 329; Schoibl JBl 2003, 149, 158f. 215 Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 74; Kreuzer/Wagner Q 170. 216 Kropholler Art 5 Rz 93; Geimer/Schütze Art 5 Rz 178. 217 Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 93; MüKo/Gottwald, 2. Aufl, Art 5 Rz 44; Fasching/ Simotta § 92a JN Rz 30. 218 Geimer/Schütze I/1 619. 219 Geimer/Schütze I/1 616. 220 Krit. Leipold, FS H. Stoll, 2001, S 625, 643; auch Schoibl FS Sprung, S 321, 324, 328.

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StPO kann das Gericht aber von einer Entscheidung absehen. In diese Regelung greift Art 5 Nr 4 nicht ein. Besonders zu beachten ist Art 61 EuGVO bzw Art 2 II des Zusatzprotokolls vom 27.9.1968, wonach eine Entscheidung, die über den Anspruch aus einem Rechtsverhältnis des Zivilrechts ergangen ist, in den anderen Vertragsstaaten weder anerkannt noch vollstreckt zu werden braucht, wenn der Angeklagte der Anordnung, persönlich vor Gericht zu erscheinen, nicht gefolgt ist und sich nicht hat verteidigen können.221 e) Art 5 Nr 5 (Gerichtsstand der Niederlassung) Bei dieser Vorschrift wird vorausgesetzt, dass die Person oder Gesellschaft, 78 die hinter der Niederlassung steht, ihren Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, aber in einem anderen Mitgliedstaat verklagt wird. Im Gegensatz zu § 21 ZPO ist der Kreis der Niederlassungen weiter gezogen. Der Begriff der sonstigen Niederlassungen ist nicht auf kaufmännische Unternehmungen beschränkt, sondern erfasst auch die freien Berufe.222 Die Begriffe „Niederlassung, Zweigniederlassung, Agentur“ sind autonom 79 auszulegen. Verlangt wird ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit, der auf eine gewisse Dauer als Außenstelle des Stammhauses auftritt und mit eigener Geschäftsführung befugt ist, Geschäfte mit Dritten zu betreiben.223 Die Zweigniederlassung einer ausländischen Bank iS des § 53 I 1 KWG erfüllt zweifellos diese Voraussetzungen. Eine „virtuelle“ Niederlassung durch Betreiben eines Servers im Gerichtsstaat genügt nicht.224 Die Klage muss sich auf eine Streitigkeit aus dem Betrieb der Niederlassung 80 beziehen. Erfasst sind vertragliche und außervertragliche Ansprüche.225 Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Verpflichtung aus diesen Verträgen in dem Vertragsstaat zu erfüllen ist, in dem sich die Zweigniederlassung befindet.226

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221 Vgl EuGHE 2000, I-1935 (Krombach v Bamberski) = JZ 2000, 723 (v Bar); Kropholler, 8. Aufl, Art 61 Rz 3; Geimer/Schütze, Bd I 1638; s u § 11 Rz 26, 50. 222 Geimer WM 1976, 146; Fasching/Simotta § 87 JN Rz 54; Burgstaller Art 5 EuGVO Rz 67. 223 EuGHE 1978, 2183 (Somafer v Saar-Ferngas) = RIW/AWD 1979, 56; Geimer/ Schütze/Auer, Art 5 EuGVÜ Rz 147, 151ff. 224 Pichler, Hdb. Multimediarecht, Kap 31 Rz 168. 225 MüKo/Gottwald Art 5 EuGVÜ Rz 56; Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 110; Geimer/ Schütze/Auer Art 5 EuGVÜ Rz 160. 226 EuGHE 1995, I-961 (Lloyd’s Register of Shipping v Campenon) = RIW 1995, 585 = EuZW 1995, 409; Kreuzer/Wagner Q 185; vgl Durbeck GmbH v Den Norske Bank ASA [2003] ILPr 27 (p 473).

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Jedoch muss es sich um Streitigkeiten mit externen Kunden handeln. Der Streit von Zahlungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft am Ort der Niederlassung ist nicht erfasst.227 81 Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk sich die Niederlassung befindet. Der Gerichtsstand wird nicht nur durch die unselbständige Niederlassung oder Agentur eines ausländischen Unternehmens begründet, sondern nach dem Sinn des Art 5 Nr 5 auch über eine gleichnamige selbständige Gesellschaft mit identischer Geschäftsführung, die praktisch wie eine Außenstelle auftritt.228 Dies gilt auch, wenn es zwar an einer identischen Geschäftsführung fehlt, die selbständige Außenstelle aber sämtliche Geschäfte für die im anderen Vertragsstaat ansässige juristische Person abwickelt.229 82 Eine bloße Kontakt- oder Anlaufadresse („c/o“) begründet keine Niederlassung, wenn dort keine Geschäftstätigkeit von gewisser Selbständigkeit stattfindet.230 83 Nach EuGH231 liegen die Merkmale einer Zweigniederlassung oder Agentur gemäß Art 5 Nr 5 nicht vor, wenn ein Handelsvertreter selbständig und frei seine Tätigkeit entfaltet, der Unternehmer ihm die gleichzeitige Vertretung von konkurrierenden Unternehmen nicht untersagen kann und seine Tätigkeit auf die bloße Weiterleitung von Aufträgen an das Stammhaus beschränkt ist.232 In diesem Sinne hat das LG Frankfurt233 entschieden, dass ein Agentur-Gerichtsstand nicht schon dadurch begründet werde, dass ein Handelsvertreter in Deutschland für eine ausländische Firma tätig werde. Alleinvertriebshändler, Handelsmakler und Tochtergesellschaften sind grundsätzlich nicht als Zweigniederlassung anzusehen.234 Die juristische Selbständigkeit schließt freilich nicht aus, eine Firma als Zweigniederlassung anzusehen,235 wenn sie Dritten gegenüber als Niederlassung auftritt, also ein entsprechender Rechtsschein besteht.236

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227 Societe des Etablissements J. Verdier v da Silva, Cour de Cass. [2001] ILPr 34. 228 EuGHE 1987, 4905 (SAR Schotte v Parfums Rothschild) = NJW 1988, 625 = RIW 1988, 136 m Anm Geimer S 220; vgl Otto S 141ff. 229 OLG Düsseldorf RIW 1995, 769 = EWS 1995, 280; vgl E. Bruhns, Das Verfahrensrecht der internationalen Konzernhaftung, 2006. 230 LG Wuppertal NJW-RR 1994, 191. 231 EuGHE 1981, 819 (Blanckaert & Willems v Trost) = RIW 1981, 341 = IPRax 1982, 64. 232 Linke IPRax 1982, 46. 233 IPRax 1982, 250. 234 Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 104ff.; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 204. 235 OLG Düsseldorf RIW 1995, 769 u. RIW 1996, 681, 682. 236 EuGHE 1987, 4905 (SAR Schotte v Parfums Rothschild) = NJW 1988, 625; Fasching/Simotta § 87 JN Rz 65; vgl Mankowski RIW 1996, 1001, 1004; Wagner, Scheinauslandsgesellschaften, S 223, 254ff.

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Hat ein Unternehmen lediglich eine Zweigniederlassung, nicht aber seinen 84 Hauptsitz in einem Mitglieds- bzw Vertragsstaat, so ist Art 5 Nr 5 nach dem Eingangssatz des Art 5 nicht anzuwenden.237 In Deutschland gilt dann § 21 ZPO. Aus dem Sinn von EuGVO bzw LugÜ ergibt sich, dass der Gerichtsstand der Zweigniederlassung usw nur in Frage kommt, wenn Klagen gegen den Inhaber der Zweigniederlassung gerichtet sind. Er gilt also nicht für Aktivprozesse des Inhabers der Zweigniederlassung.238 Ausnahmen bestehen für Streitigkeiten aus Versicherungssachen, Art 9 II EuGVO bzw Art 8 II LugÜ. f) Art 5 Nr 6 (Gerichtsstand für trust-Klagen) Für Binnenstreitigkeiten zwischen Begründer, trustee und Begünstigten 85 eines trust (nach dem Recht von Großbritannien und Irland) kennt Art 5 Nr 6 einen besonderen Gerichtsstand vor den Gerichten des Staates, in dessen Gebiet der trust seinen Sitz hat. Diese Sonderregelung erfolgte, weil der trust selbst nicht rechtsfähig ist und daher nicht nach Art 2 verklagt werden kann und eine Zuständigkeit am Wohnsitz des trustee zu Schwierigkeiten bei dessen Wohnsitzwechsel führt.239 Die Zuständigkeit ist nicht ausschließlich. Im Außenverhältnis tritt der trustee für den Trust als gewöhnlicher Rechts- 86 inhaber auf. Für Streitigkeiten des trustee mit Dritten gelten die allgemeinen Regeln, nicht Art 5 Nr 6.240 g) Art 5 Nr 7 (Gerichtsstand für Berge- und Hilfelohn) Nach Art 7 Brüsseler Übereinkommen über den Arrest in Seeschiffe vom 87 10.5.1912 kann wegen Seeforderungen aus Hilfeleistung oder Bergung in dem Staat prozessiert werden, in dem das Schiff mit Arrest belegt worden ist. Diese Regelung hat nach Art 67 EuGVO bzw Art 57 LugÜ Vorrang vor dem europäischen Zuständigkeitsrecht. Art 5 Nr 7 ergänzt das Brüsseler Übereinkommen von 1952 durch einen Gerichtsstand am Ort, an dem die Ladung des Schiffes oder Frachtforderungen mit Arrest belegt worden sind oder dafür Bürgschaft oder Sicherheitsleistung erbracht worden sind. Inhabern von Seeforderungen soll also ein vorrangiger _______________

237 Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 100; Geimer/Schütze I, 541; Fasching/Simotta § 87 JN Rz 56. 238 So zu Recht Geimer/Schütze I 543; Kropholler Art 5 Rz 101; MüKo/Gottwald Art 5 EuGVÜ Rz 57. 239 Vgl Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 114, 119; A. Conrad, Qualifikationsfragen des Trust im Europäischen Zivilprozessrecht, 2001. 240 Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 117.

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Zugriff auf diese wirtschaftlichen Werte gesichert werden, wenn der Wert des Schiffes nicht mehr ausreicht oder das Schiff selbst nicht gerettet werden konnte. 88 Art 5 Nr 7 gilt nur für Schiffsgläubiger, die ein Haftungsvorrecht an Ladung und Frachtansprüchen haben, nicht für Streitigkeiten aus einem Bergungsoder Hilfeleistungsvertrag; insoweit gilt Art 5 Nr 1.241 89 Der Gerichtsstand ist nach seinem Sinn nur für Klagen gegen den Schuldner des Berge- und Hilfelohns eröffnet, nicht für Klagen des Schuldners gegen den Gläubiger.242 h) Art 6 Nr 1 (Gerichtsstand der passiven Streitgenossenschaft) 90 Schrifttum: Albicker, Der Gerichtsstand der Streitgenossenschaft, 1996; Auer, Die internationale Zuständigkeit des Sachzusammenhangs im erweiterten EuGVÜ-System, 1996; Banniza v. Bazan, Der Gerichtsstand des Sachzusammenhangs, 1995; Brandes, Der gemeinsame Gerichtsstand, 1998; J. Bukow, Verletzungsklagen aus gewerblichen Schutzrechten, 2003, S 135ff; Geimer, Fora connexitatis, WM 1979, 350; Knöfel, Gerichtsstand der prozessübergreifenden Streitgenossenschaft gemäß Art 6 Nr 1 EuGVVO?, IPRax 2006, 503; Otte, Umfassende Entscheidung durch Beachtung von Sachzusammenhängen, 1998, S 649ff; Schurig, Der Konnexitätsgerichtsstand nach Art 6 Nr 1 EuGVVO, FS Musielak, 2004, S 493.

91 Die Regel betrifft den Fall, dass mehrere Beklagte in verschiedenen Mitgliedsstaaten wohnen. Dann kann der Kläger alle vor einem Gericht verklagen, in dessen Bezirk einer von ihnen bei Prozesseinleitung seinen Wohnsitz hat. Die Zustellung an den die Zuständigkeit begründenden Beklagten muss nicht vor der an die anderen Beklagten erfolgen.243 Ähnliche Regeln finden sich in vielen Staaten,244 ua in England (CPR r. 6.20 [3]) und in Österreich (§ 93 I JN). Das autonome deutsche Recht kennt dagegen keine allgemeine internationale Zuständigkeit gegenüber (notwendigen) Streitgenossen. Die §§ 59, 60 ZPO regeln nur die Zulässigkeit der subjektiven Klagehäufung, begründen aber keine selbständige Zuständigkeit. Eine gemeinsame Zuständigkeit kann aber im Rahmen des § 36 Nr 3 ZPO durch gerichtliche Bestimmung herbeigeführt werden. 92 Der Text von Art 6 Nr 1 EuGVÜ/LugÜ enthält unmittelbar keine Mindestanforderungen an die passive Streitgenossenschaft. Der EuGH hat aber 1988 in der Sache Kalfelis/Schröder zu Recht entschieden, dass zwischen den Klagen „ein Zusammenhang bestehen [muss], der eine gemeinsame Entscheidung geboten erscheinen lässt, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfah_______________

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Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 125; Geimer/Schütze Art 5 Rz 274. Geimer/Schütze Art 5 Rz 275; aA Kropholler, 8. Aufl, Art 5 Rz 126. Canada Trust Co. v Stolzenberg [2001] ILPr 631 (H.L.). Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 665ff.

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ren widersprechende Entscheidungen ergehen“,245 also das Konnexitätskriterium des Art 22 III EuGVÜ (jetzt Art 28 III EuGVO) auf Art 6 Nr 1 übertragen.246 Im Fall einer negativen Feststellungsklage besteht ein solcher Zusammenhang mit einer Klage gegen einen weiteren Beklagten nur, wenn dieser bereits Ansprüche gegen den Kläger geltend macht.247 Für die einfache Streitgenossenschaft ist zusätzlich erforderlich, dass gleichartige Pflichtverletzungen vorliegen.248 Art 6 Nr 1 greift auch dann, wenn gegen die im Forumstaat wohnhafte Partei ein Klageverfahren wegen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht durchgeführt werden kann.249 Art 6 Nr 1 begründet keine Zuständigkeit für eine Schadenersatzklage, wenn die Haftung gegen einen Beklagten auf Vertrag, gegen den anderen aber auf Delikt gestützt wird.250 Bei der Verletzung nationaler gewerblicher Schutzrechte durch gleichartige 93 Verletzungshandlungen mehrerer Verletzer in den Mitgliedsstaaten ergibt Art 6 Nr 1 keine Zuständigkeit für eine Bündelung aller Verletzungsklagen am Sitz eines Verletzers.251 Dies gilt bei Verletzungen paralleler Schutzrechte im Rahmen eines europäischen Patents selbst dann, wenn die Verletzer zu einem Konzern gehören und die Handlungen auf einer gemeinsamen Geschäftspolitik beruhen, die eine Gesellschaft ausgearbeitet hat.252 Art 6 Nr 1 ist auch dann nicht anwendbar, wenn die Klage in diesem Gerichtsstand nur erhoben wird, um einen anderen Beklagten der Gerichtsbarkeit seines Wohnsitzstaates zu entziehen (arg. Art 6 Nr 2).253 Die Neufassung von Art 6 Nr 1 EuGVO nimmt die Formel der EuGH-Ent- 94 scheidung direkt in ihren Wortlaut auf. Die Bestimmung ist damit ausdrücklich als forum connexitatis ausgestaltet. _______________

245 EuGHE 1988, 5565 (Kalfelis v. Schröder) = NJW 1988, 3088 (Geimer) = IPRax 1989, 288 (dazu Gottwald S 272) = RIW 1988, 987 (Schlosser); vgl Cour de Cass. (27.6.2000), EuLF 2000/01, 363 (v Hein) (keine Konnexität zwischen Hauptforderung und Garantie im Rückforderungsprozess). 246 Vgl Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 706ff. Der englische Court of Appeal hat dem EuGH den Fall Watson v. First Choice Holidays, ILPr [2002] 8, zur weiteren Konkretisierung vorgelegt. 247 So Lord Woolf, M.R., in Messier-Dowty Ltd. v Sabena SA., [2001] ILPr 38, 50ff (Rz 43ff, 50). 248 Irish Supreme Court, [1994] ILPr 405; aA Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 206f (alle Fälle der einfachen Streitgenossenschaft). 249 EuGH (13.7.2006, C-103/05, Reisch AG v Kiesel GmbH), RIW 2006, 683 (Rz 26ff, 31). 250 EuGHE 1998, I-6511 (Réunion européenne) = IPRax 2000, 210, 214 (Rz 50) (dazu Koch S 186). 251 Bukow S 135ff, 167; 202. 252 EuGH (13.7.06, C-539/03, Roche Nederland BV v Primus u. Goldenberg) RIW 2006, 685 (Rz 27ff, 33ff) = EuZW 2006, 573; vgl Bukow S 167ff, 179; Grabinski GURInt 2001, 199, 206f. 253 Kropholler Art 6 Rz 15; Geimer/Schütze Art 6 Rz 23.

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95 Auch in der Neufassung greift Art 6 Nr 1 nur, wenn ein Beklagter an seinem Wohnsitz verklagt wird. Soll er an einem anderen vereinbarten Gerichtsstand verklagt werden, so können die anderen (durch keine entsprechende Vereinbarung gebundenen) Beklagten nicht in diesen Prozess hineingezogen werden.254 96 Art 6 Nr 1 setzt voraus, dass alle Beklagten ihren Wohnsitz in einem Mitglieds- bzw Vertragsstaat haben. Doch sollte die Regel auch gegenüber Beklagten mit Sitz in einem Drittstaat analog angewendet werden.255 i) Art 6 Nr 2 (Gerichtsstand der Gewährleistungs- oder Interventionsklage) 97 Art 6 Nr 2 sieht (nach dem Vorbild der romanischen Prozessordnungen)256 den besonderen Gerichtsstand der Gewährleistungs- oder Interventionsklage vor. Um eine einheitliche Entscheidung zu erreichen, kann danach einem Regresspflichtigen nicht nur wie in Deutschland der Streit verkündet werden (§ 71 ZPO), sondern er kann direkt am Gerichtsstand des Hauptprozesses verklagt werden,257 es sei denn die Hauptklage wäre nur erhoben, um den Regresspflichtigen seinem sonst zuständigen Gericht zu entziehen.258 Diese Zuständigkeit gilt weder in Deutschland noch in Österreich und in der Schweiz.259 Ein entsprechender Vorbehalt findet sich in Art 65 I EuGVO und Art V (1) Protokoll Nr 1 zum LugÜ. Der Vorbehalt gilt jedoch nicht, soweit Personen, die in diesen Staaten wohnen, vor Gerichten anderer Vertragsstaaten verklagt werden.260 Deutsche können also auf der Grundlage von Art 6 Nr 2 vor den Gerichten der anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaaten ohne weiteres verklagt werden261 (selbst eine Zuständigkeit nach autonomem Recht bei einem Hauptprozess gegen einen Drittstaatsangehörigen soll genügen),262 können aber selbst keine Regressklage auf dieser Grundlage erheben, so dass der Ausschluss sich eher nachteilig auswirkt.263 Grundlage für eine Zuständigkeit gegenüber dem deutschen Dritten kann jede Zuständigkeit für den Hauptprozess, insbesondere Art 5 Nr 1 sein. Anders als bei _______________

254 So Geimer/Schütze/Auer Art 6 Rz 7, 22f. 255 Kropholler Art 6 Rz 7; MüKo/Gottwald Art 6 Rz 3; Grabinski GRUR Int. 2001, 199, 206; einschränkend Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Kap 26 Rz 61 (nur wenn Zuständigkeit nach EuGVO); zweifelnd Grolimund S 153ff. 256 In Frankreich: Art 331–338 NCPC; in Italien: Art 32, 106, 269 cpc. 257 M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994, S 116ff. 258 Vgl EuGHE 2005, I-4509 (GIE Réunion européenne) = IPRax 2005, 535, 536 (Rz 25ff) (dazu Rüfner S 50). 259 Zur Gewährleistungsklage in Genf und Waadt s Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 209. 260 Geimer/Schütze I 390. 261 Kropholler, 8. Aufl, Art 6 Rz 20. 262 Wieczorek/Schütze/Hausmann Art 6 Rz 21. 263 Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 729f.

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einem third party complaint nach US-amerikanischem Recht müssen die allgemeinen Zuständigkeitsregeln gegenüber dem Drittbeteiligten nicht erfüllt sein. Der Antrag darf nicht abgelehnt werden, weil der Dritte seinen Wohnsitz oder Aufenthalt in einem anderen Vertragsstaat als dem des Hauptprozesses hat.264 Im Übrigen kann der Antrag auf Zulassung einer Gewährleistungsklage aber nach dem nationalen Prozessrecht abgelehnt werden. Der Hauptbeklagte kann im Gerichtsstand des Art 6 Nr 2 nur Regress- 98 ansprüche, nicht aber eigene Schadenersatzansprüche gegen Dritte geltend machen, selbst wenn sie auf demselben Lebenssachverhalt (zB Unfall) beruhen.265 Der Dritte soll im gleichen Prozess zwar Regress gegen einen Vierten erheben,266 nicht aber Gegenangriffe gegen den Beklagten verfolgen können.267 Aber diese Beschränkung erscheint nicht zutreffend. Da der Dritte eine volle Beklagtenstellung einnimmt, muss er auch Widerklage gegen den (Haupt-)Beklagten gemäß Art 6 Nr 3 erheben können. Art 6 Nr 2 begründet keine ausschließliche Zuständigkeit. Die Gerichts- 99 pflichtigkeit aufgrund des Art 6 Nr 2 entfällt daher, wenn zwischen der regressbegehrenden Hauptpartei und dem Dritten eine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung besteht. Eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung schließt den Gerichtsstand des Art 6 Nr 2 auch ohne ausdrückliche Erwähnung sinngemäß aus.268 j) Art 6 Nr 3 (Gerichtsstand der Widerklage) Nach Art 6 Nr 3 ist der Gerichtsstand der Widerklage bei dem Gericht gege- 100 ben, bei dem die Klage anhängig ist, sofern die Widerklage auf denselben Vertrag oder Sachverhalt wie die Klage gestützt wird.269 Art 6 Nr 3 ist analog anzuwenden, wenn der Kläger seinen Wohnsitz in einem Nichtmitgliedsbzw Nichtvertragsstaat hat.270 Inkonnexe Widerklagen sind freilich zulässig, soweit sich eine Zuständigkeit aus anderen Gründen ergibt.271

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264 EuGHE 1990, I-1845 (Kongress-Agentur Hagen v Zeehage) = NJW 1991, 2621 = IPRax 1992, 310 (dazu Coester-Waltjen S 290). 265 Wieczorek/Schütze/Hausmann Art 6 Rz 22. 266 Geimer/Schütze, EuZVR, Art 6 Rz 34. 267 Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 730. 268 Vgl Geimer/Schütze Art 6 Rz 45; Wieczorek/Schütze/Hausmann Art 6 Rz 27f; v. Hoffmann/Hau RIW 1997, 89. 269 Vgl Rosenberg/Schwab/Gottwald § 95 Rz 17f; Kropholler, 8. Aufl, Art 6 Rz 38; im Einzelnen Geimer/Schütze I 520. 270 Geimer/Schütze I 211; Kropholler, 8. Aufl, Art 6 Rz 37; Kreuzer/Wagner Q 195; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 211; aA BGH NJW 1981, 2644 = RIW 1981, 703. 271 Dänischer Højesteret [2002] ILPr 53.

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101 Art 6 Nr 3 EuGVO/LugÜ bezieht sich nur auf Widerklagen. Er regelt nicht die Voraussetzungen der Prozessaufrechnung; diese bestimmen sich nach nationalen Regeln über Verteidigungsmittel.272 Der BGH ging insoweit in ständiger Rspr. davon aus, dass über eine Aufrechnungsforderung nur entschieden werden darf, wenn das Gericht für diese Forderung international zuständig ist,273 hat sich nunmehr aber für konnexe Forderungen davon distanziert.274 Da aber für die Aufrechnung als Verteidigungsmittel keine Zuständigkeitsvoraussetzungen bestehen, dürfte es eher zutreffen, dass in europäischen Fällen kein Zuständigkeitserfordernis besteht.275 k) Art 6 Nr 4 (dinglicher Gerichtsstand für Vertragsklagen kraft Sachzusammenhangs) 102 Das ursprüngliche EuGVÜ sah keine Möglichkeit vor, dingliche und vertragliche Ansprüche vor einem Gericht geltend zu machen. Diese Lücke wurde mit der Einfügung von Art 6 Nr 4 durch das 3. Beitrittsübereinkommen von 1989 geschlossen. Die EuGVO hat den Gerichtsstand unverändert übernommen. Danach können (ähnlich wie gemäß § 25 ZPO) im dinglichen Gerichtsstand des Art 22 Nr 1 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ neben dinglichen Ansprüchen auch konkurrierende vertragliche Ansprüche geltend gemacht werden. Der Gerichtsstand ist fakultativ, so dass die vertraglichen Ansprüche auch in den Gerichtsständen nach Art 2 oder 5 Nr 1 eingeklagt werden können. Die Verbindung der vertraglichen mit den dinglichen Ansprüchen setzt voraus, (1) dass sie sich gegen denselben Beklagten richten und (2) dass die Klagen verbunden werden können. Es muss daher ein enger Sachzusammenhang bestehen, dessen konkrete Ausformung sich nach dem Prozessrecht am Ort des dinglichen Gerichtsstands, in Deutschland nach § 25 ZPO, richtet.276 Der häufigste Fall betrifft die Verbindung von Darlehensklage oder Leibrentenklage mit der Klage auf Duldung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück aus Hypothek, Grundschuld oder Reallast. _______________

272 EuGHE 1995, I-2053 (Rz 18) (Danvaern Production v Schuhfabriken Otterbeck) = EuZW 1995, 639 m Anm Geimer = IPRax 1997, 114 (dazu Philip S 97); vgl. H. Roth RIW 1999, 819, 823; Kannengiesser S 145ff; Badelt, Aufrechnung und internationale Zuständigkeit, 2005; Bork, FS Beys, 2003, S 119. 273 BGH NJW 1993, 2753 = ZZP 107 (1994), 211 (Leipold); OLG Celle IPRax 1999, 456, 457 (dazu Gebauer S 432); LG München I IPRax 1996, 31, 32/33; Wagner IPRax 1999, 65, 72ff; krit. Kropholler, 8. Aufl, Art 6 Rz 42ff; aA LG Berlin IPRax 1998, 97 (dazu Gebauer S 79); s u Rz 149. 274 BGHZ 149, 120, 127 = JZ 2002, 605 (Hess/Müller). 275 Busse MDR 2001, 729, 731; MüKo/Gottwald, 2. Aufl, Art 17 EuGVÜ Rz 72; Geimer/Schütze Art 6 Rz 76ff; Rauscher/Leible Art 6 Brüssel I-VO Rz 32; Coester-Waltjen, FS Lüke, S 35, 46ff; zweifelnd Kropholler Art 6 Rz 45. 276 Kropholler, 8. Aufl, Art 6 Rz 51.

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l) Art 7 (Haftungsbeschränkung des Schiffseigentümers) Art 7 EuGVO bzw Art 6a LugÜ eröffnet eine Zuständigkeit kraft Sachzu- 103 sammenhangs für die selbständige Klage, mit der ein Schiffseigentümer seine Haftung gegenüber Anspruchsprätendenten (etwa geschädigten Ladungseigentümern) beschränken will. Ohne diese Regelung könnte der Schiffseigentümer diese Feststellungsklage idR nur in Gerichtsständen nach Art 2 und 6 Nr 1 erheben. Umgekehrt können die Geschädigten den Schiffseigentümer aber an seinem Wohnsitz am Deliktsort oder in einem vereinbarten Forum verklagen. Art 7 EuGVO gibt dem Schiffseigentümer die Möglichkeit, seine Klage auf Haftungsbegrenzung (gemäß dem Londoner Übereinkommen über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen vom 19.11.1976)277 vor jedem Gericht geltend zu machen, vor dem er wegen der Haftpflicht verklagt werden kann. Dieser Gerichtsstand ist nicht ausschließlich, kann also durch Vereinbarung gemäß Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ derogiert werden.278 9. Die Zuständigkeiten in Versicherungssachen Schrifttum: Fricke, Internationale Zuständigkeit und Anerkennungszuständigkeit in 104 Versicherungssachen, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch (§ 3), 2004, S 69 sowie in VersR 1997, 399; Geimer, Die Sonderrolle der Versicherungssachen im Brüssel I-System, FS Heldrich, 2005, S 627; Heiss, Gerichtsstandsfragen in Versicherungssachen nach europäischem Recht, ZSR Beiheft 34 (2000), 105; T. Hub, Internationale Zuständigkeit in Versicherungssachen nach der VO 44/01/EG (EuGVVO), 2005; Looschelders, Der Klägergerichtsstand am Wohnsitz des Versicherungsnehmers, IPRax 1998, 86.

Die Art 8 bis 14 EuGVO bzw Art 7 bis 12a LugÜ regeln die Zuständigkeit für Versicherungssachen abschließend. Nach den Grundsätzen des Art 1 Abs 2 sind von dieser Regelung ausgenommen die öffentlich-rechtlich ausgestalteten Versicherungsverhältnisse sowie die Sozialversicherung.279 Es werden nur private Versicherungen betroffen. Nicht erfasst sind Rückversicherungen280 und der Rückgriff des Versicherers gegen den Schädiger281 oder dessen Versicherer.282

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277 278 279 280

BGBl 1986 II, 786. Kropholler, 8. Aufl, Art 7 Rz 5; MüKo/Gottwald Art 6a EuGVÜ Rz 1. Kreuzer/Wagner Q 203; Hub S 59ff. EuGHE 2000, I-5925 (Rz 65ff) (Group Josi Reinsurance) = NJW 2000, 3121 = RIW 2000, 787, 789 = ZZPInt 6 (2001), 187 (Geimer); vgl Staudinger IPRax 2000, 483; Koch NVersZ 2001, 66; Hub S 63ff; Geimer/Schütze/Auer Art 7 Rz 16. 281 Vgl Geimer/Schütze/Auer Art 7 Rz 20; im Einzelnen Geimer/Schütze I 401. 282 EuGHE 2005, I-4509 (GIE Réunion européenne) = IPRax 2005, 535 (dazu Rüfner S 500); LG Bremen VersR 2001, 782 = JuS 2001, 1026 (Hohloch).

111

§3

Internationale Zuständigkeit

a) Klagen gegen den Versicherer 105 Nach Art 9 und 10 EuGVO bzw Art 8 und 9 LugÜ können Versicherer, die ihren Wohnsitz in dem Gebiet eines Vertragsstaats haben, verklagt werden283 vor: 1. dem für ihren Wohnsitz oder der tätig gewordenen Zweigniederlassung zuständigen Gericht; 2. dem für den Wohnsitz des Versicherungsnehmers, Versicherten oder Begünstigten284 zuständigen Gericht; 3. falls es sich um einen Mitversicherer handelt, vor dem für den federführenden Versicherer geltenden Gerichtsstand;285 4. Hat der Versicherer keinen Wohnsitz in dem Gebiet der Mitgliedstaaten, so wird fingiert, als hätte er einen solchen, falls er in dem Gebiet eines Vertragsstaates eine Zweigniederlassung, eine Agentur oder sonstige Niederlassung hat. In solchen Fällen muss es sich um Streitigkeiten aus dem Betriebe der Zweigniederlassung usw handeln.286 5. Handelt es sich um eine Haftpflichtversicherung oder um eine solche für unbewegliche Sachen, so kann der Versicherer auch vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden (Art 10 EuGVO bzw Art 9 LugÜ).287 Diese Regelung gilt für Klagen aus Individualverträgen und aus Gruppenverträgen.288 106 Bei diesen Klagen gegen den Versicherer wird vorausgesetzt, dass es sich um einen auslandsbezogenen Fall handelt. In den Fällen des Art 9 I (a) EuGVO bzw Art 8 I Nr 1 LugÜ ist nur die internationale, nicht auch – wie in den übrigen Fällen – die örtliche Zuständigkeit festgelegt. Ist auf diese Weise die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben, so ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus den §§ 12 ZPO, 48 VVG, 109 VAG.289 107 Soweit das anwendbare Recht eine Direktklage des Geschädigten gegen den Versicherer vorsieht, sind hierfür ebenfalls die Gerichtsstände der Art 9, 10 EuGVO bzw Art 8, 9 LugÜ eröffnet (Art 11 II EuGVO bzw Art 10 II LugÜ).290 _______________

283 284 285 286 287 288 289 290

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Vgl Hub S 72ff. Zur Auslegung dieser Begriffe s Rauscher/Staudinger Art 9 Brüssel I-VO Rz 5. Vgl Hub S 97ff. Vgl Corte di Cass. v 13.2.1995, Forum des internationalen Rechts, 1996, 124; Hub S 36ff. Vgl Hub S 106ff; Rauscher/Staudinger Art 10 Brüssel I-VO Rz 2. Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 330; Geimer/Schütze Art 9 Rz 7. So Geimer/Schütze/Auer, Art 8 Rz 5; Bericht zu dem EG-Übereinkommen, Art 8. Vgl J. Bauerreiss, Das französische Rechtsinstitut der action directe, 2001; Kropholler, 8. Aufl, Art 11 Rz 4; Rauscher/Staudinger Art 11 Brüssel I-VO Rz 5f; Hub S 194ff.

Europäisches Zivilprozessrecht

§3

Klagt ein Geschädigter gegen einen haftpflichtversicherten Schädiger, so 108 kann dieser den Haftpflichtversicherer nach Art 11 I EuGVO bzw Art 10 I LugÜ im Wege der Interventionsklage vor das Gericht des Haftpflichtprozesses laden. Nach Art 65 I EuGVO bzw Art V (1) des 1. Protokolls zum LugÜ kann diese Zuständigkeit nicht in Deutschland, Österreich und der Schweiz geltend gemacht werden. Die in diesen Ländern mögliche Streitverkündung wird durch Art 11 III EuGVO bzw Art 10 III LugÜ ausdrücklich zugelassen.291 b) Klagen des Versicherers Art 12 EuGVO bzw Art 11 LugÜ regelt die Zuständigkeit bei Klagen des 109 Versicherers. Der Versicherer kann nur vor den Gerichten des Vertragsstaates klagen, in dem der Beklagte, sei es der Versicherungsnehmer, der Versicherte oder Begünstigte, seinen Wohnsitz hat. Wiederum handelt es sich nur um die Regelung der internationalen Zuständigkeit. Für die deutschen Gerichte sind bei gegebener internationaler Zuständigkeit danach die §§ 12 ZPO und 36 VVG für die örtliche Zuständigkeit maßgebend. Über Art 8 u. Art 5 Nr 5 EuGVO kann der Versicherer auch am Gericht der Zweigniederlassung des Versicherungsnehmers klagen, wenn der Streit zu dieser Bezug hat.292 c) Weitere Sonderregeln Die Bestimmung des Art 12 II EuGVO bzw Art 11 II LugÜ über die Wider- 110 klage modifiziert die Widerklagemöglichkeit nach Art 6 Nr 3 für alle Beteiligten.293 Zum Schutze des Versicherten lassen Art 13 EuGVO bzw Art 12 LugÜ eine 111 Gerichtsstandsvereinbarung (abweichend von Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ) nur in beschränktem Maße zu.294 Eine solche Vereinbarung zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer, mit der die Gerichte des gemeinsamen Wohnsitzstaates vereinbart werden, bindet nicht den begünstigten Versicherten, wenn das schädigende Ereignis im Ausland eingetreten ist.295 Uneingeschränkt zulässig sind Gerichtsstandsvereinbarungen bei Versicherungen von Schiffen, Luftfahrzeugen und anderen Großrisiken gemäß Art 13 Nr 5 und 14 EuGVO bzw Art 12 Nr 5 und Art 12a LugÜ.296 _______________

291 292 293 294 295

Vgl Hub S 118ff. Hub S 114f; Rauscher/Staudinger Art 12 Brüssel I-VO Rz 4. Rauscher/Staudinger Art 12 Brüssel I-VO Rz 5. Vgl Hub S 158ff. EuGHE 2005, I-3707 (Société industrielle et financière du Peloux) = IPRax 2005, 531 (dazu Heiss S 497); aA Hub S 141. 296 Vgl Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 330; Hub S 170ff.

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§3

Internationale Zuständigkeit

10. Die Zuständigkeiten in Verbrauchersachen 112 Schrifttum: de Bra, Verbraucherschutz durch Gerichtsstandsregelungen, 1992, 121ff; Fetsch, Grenzüberschreitende Gewinnzusagen im europäischen Binnenmarkt, RIW 2002, 936; N. Ganssauge, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht bei Verbraucherverträgen im Internet, 2004, S 39ff; B. Heiderhoff, Zum Verbraucherbegriff der EuGVVO und des LugÜ, IPRax 2005, 230; J. Mörsdorf-Schulte, Revisibler internationaler Verbrauchergerichtsstand für den bloßen Gewinner, ZZPInt 8 (2003), 407; Mronz, Rechtsverfolgung im weltweiten E-Commerce, 2004; R. Nagel, Neue Anforderungen an internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, BKR 2002, 146; J. Øren, International Jurisdiction over Consumer Contracts in e-Europe, ICLQ 52 (2003), 665; Reich/Gambogi Carvalho, Gerichtsstand bei internationalen Verbraucherstreitigkeiten im e-commerce, VuR 2001, 169; Rösler/Siepmann, Der Beitrag des EuGH zur Präzisierung von Art 15 I EuGVO, EuZW 2006, 76; M. Roth, Der Schutz des Verbrauchers im internationalen Privat- und Verfahrensrecht bei Internet-Verträgen, FS Rechberger, 2005, S 471; K. Sachse, Der Verbrauchervertrag im Internationalen Privat- und Prozessrecht, 2006; Schaltinat, Internationale Verbraucherstreitigkeiten, 1998; Scheuermann, Internationales Verfahrensrecht bei Verträgen im Internet, 2004; Schoibl, Die Zuständigkeit für Verbrauchersachen nach europäischem Zivilverfahrensrecht, JBl 1998, 700 u. 767; Spindler, Internationales Verbraucherschutzrecht im Internet, MMR 2000, 18; Teuber, Die internationale Zuständigkeit bei Verbraucherstreitigkeiten, 2003; R. Wagner, Internationale und örtliche Zuständigkeit in Verbrauchersachen, WM 2003, 116.

a) Anwendungsbereich 113 Die Art 13 bis 15 EuGVÜ/LugÜ wurden durch das 1. Beitrittsübereinkommen neu gefasst und auf Verbrauchersachen erweitert. Die Art 15 bis 17 EuGVO enthalten erneut eine revidierte, den prozessualen Verbraucherschutz verallgemeinernde Fassung. Art 15 I EuGVO erfasst nunmehr Streitigkeiten aus Verträgen jeder Art, die ein Verbraucher abgeschlossen hat, auch den Streit über Bestehen oder Nichtbestehen des Vertrages und die Rückabwicklung des Vertrages.297 Nach hM gelten die Regeln nur für vertragliche Ansprüche, nicht für konkurrierende deliktische Anspruchsgrundlagen.298 Im Urteil vom 11.7.2002299 hat der EuGH die vertragliche Zuständigkeit lediglich auf „andere Klagen“ erweitert, „die zu diesem Vertrag eine so enge Verbindung aufweisen, dass sie von ihm nicht getrennt werden können“.

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297 Rauscher/Staudinger Vorbem Art 15–17 Brüssel I-VO Rz 3; Burgstaller Vor Art 1 EuGVO Rz 20. 298 Rauscher/Staudinger Vorbem Art 15–17 Brüssel I-VO Rz 4; aA Geimer/Schütze Art 15 Rz 26. 299 EuGHE 2002, I-6367 (Rz 56) (Gabriel) = NJW 2002, 2697 = IPRax 2003, 50 (dazu Leible S 28).

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

Verbraucher ist (in autonomer Auslegung) jede natürliche Person, die den Vertrag zur Deckung ihres privaten Eigenbedarfs, dh zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.300 Die Regeln gelten nicht für Verbandsklagen von Verbraucherschutzvereinigungen.301 Die Regeln sind dagegen anwendbar, wenn der Verbraucher über einen professionellen Vermögensverwalter handelt.302 Nicht geschützt wird der Verbraucher, wenn der Vertragsgegenstand oder die Dienstleistung auch zu beruflichen Zwecken verwendet wird.303 Neben Streitigkeiten (1) aus dem Kauf beweglicher Sachen auf Teilzahlung, (2) aus einem in Raten zurückzuzahlenden Darlehen oder anderem Kreditgeschäft, das zur Finanzierung des Kaufs beweglicher Sachen bestimmt ist, erfasst Art 15 I (c) nunmehr Streitigkeiten (3) aus allen anderen Fällen, bei denen der Vertragspartner (i) im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt, oder (ii) seine derartige Tätigkeit von außen auf diesen oder weitere Mitgliedstaaten ausrichtet und der Vertrag in diesen Tätigkeitsbereich fällt. Buchstabe (c) enthält also eine Generalklausel, die die Fälle (1) und (2) eigentlich mit umfasst. Die bisherigen zusätzlichen Anforderungen, die Art 13 I Nr 3 EuGVÜ an das Zustandekommen des Vertrages stellte, und die Schwierigkeiten, die sich aus dem Abstellen auf Dienstleistungen ergeben,304 sind zu Recht fallen gelassen worden, weil sie den heutigen Möglichkeiten des Vertragsabschlusses, insb durch Telekommunikationsmittel nicht mehr gerecht wurden.305 Wer seine Produkte in deutscher Sprache auf einer Internetseite anbietet, „richtet“ seine Tätigkeit auf Deutschland „aus“ und ist hier nach Art 15 I lit c EuGVO gerichtspflichtig.306 Nach Ansicht des EuGH ist auch eine einseitige Gewinnzusage (§ 661a BGB), die einem Verbraucher im

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300 EuGHE 2005, I-481 (Engler v Janus Versand) = NJW 2005, 811, 812; EuGHE 1999, I-2277 (Mietz v Intership Yachting Sneek) (dazu Wolf EuZW 2000, 11; Heß IPRax 2000, 370); BGH NJW 2006, 1672, 1673; OLG Nürnberg IPRax 2005, 248 (dazu Heiderhoff S 230); vgl Ganssauge S 43ff. 301 EuGHE 2002, I-8111, 8138 (Verein für Konsumenteninformation) = IPRax 2003, 341; Rauscher/Staudinger Art 15 Brüssel I-VO Rz 2. 302 OLG Hamburg IPRax 2005, 251 (dazu Heiderhoff S 230). 303 EuGHE 2005, I-439 (Gruber v BayWa) = NJW 2005, 653 = IPRax 2005, 537 (dazu Mankowski S 503 sowie RIW 2005, 563). 304 Hausmann EuLF 2000, 40, 45. 305 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 331; Jametti Greiner AJP/PJA 1999, 1135, 1138; Ganssauge S 53ff. 306 OLG Dresden IPRax 2006, 44 (dazu von Hein S 16).

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§3

Internationale Zuständigkeit

Rahmen der Vertragsanbahnung gemacht wird, wie ein Vertrag zu behandeln.307 Erforderlich ist aber weiterhin, dass der Vertragspartner unabhängig von dem konkreten Vertrag eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausübt.308 114 Ausgenommen sind nach Art 15 III EuGVO reine Beförderungsverträge; Reiseverträge, die eine Beförderung und Unterbringung zu einem Pauschalpreis vorsehen, sind dagegen erfasst.309 Auch Timesharing-Verträge iS der Richtlinie 94/47/EG fallen unter Art 15 I, III EuGVO.310 115 Beim elektronischen Rechtsverkehr wird der Anbieter, der über eine sog aktive Website Verträge schließt, in den in Art 16 EuGVO vorgesehenen Gerichtsständen gerichtspflichtig. Bloße Werbung mit einer rein passiven Website ist dagegen nicht als „Ausrichten“ der gewerblichen Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers zu werten und fällt nicht unter Art 15 I (c) EuGVO.311 116 Art 13 LugÜ ist (wie das EuGVÜ) enger und kasuistischer gefasst.312 Erfasst sind Verträge mit nicht gewerblichen Endverbrauchern, und zwar (1) Teilzahlungskäufe beweglicher Sachen, (2) Ratendarlehen und Kauffinanzierungen, (3) andere Dienstleistungs- und Lieferverträge.313 Ausgenommen sind Beförderungsverträge aller Art (Art 13 III). Der dadurch definierte Begriff des Verbrauchervertrages ist autonom auszulegen.314 Erforderlich ist jeweils ein ausreichender Inlandsbezug zum Wohnsitzstaat des Verbrauchers: Angebot oder Werbung müssen im Inland erfolgt sein und zusätzlich muss der Verbraucher seine eigene Vertragserklärung im Inland abgegeben haben.315 Wertpapiere sind nicht als bewegliche Sachen anzusehen; Verträge zur Finanzierung von Wertpapierkäufen fallen daher nicht unter Art 13 I Nr 2 _______________

307 EuGHE 2002, I-6367 (Gabriel) = NJW 2002, 2697 = ZZPInt 7 (2002), 264 (Koch); ebenso BGHZ 153, 82 = NJW 2003, 426 (dazu Häcker ZVglRWiss 103 (2004), 464; Leible NJW 2003, 407; Mörsdorf-Schulte ZZPInt 8 (2003), 407; krit Fetsch RIW 2002, 936, 942f); s aber jetzt BGH NJW 2006, 230, 231. 308 BGH NJW 2006, 1672, 1673 = RIW 2006, 464. 309 Entsprechend dem Ziel der Pauschalreiserichtlinie 90/314/EWG; vgl Micklitz/ Rott EuZW 2001, 325, 330. 310 Hausmann EuLF 2000, 40, 45; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 330; Markus SZW/RSDA 1999, 205, 213. 311 Hausmann EuLF 2000, 40, 45; Berger, in: Informatik 2001, S 1002, 1003f; Markus SZW/RSDA 1999, 205, 214; Rauscher/Staudinger Art 15 Brüssel I-VO Rz 14f. 312 Vgl Schaltinat S 47ff; Fasching/Simotta Vor §§ 83a u. 83b JN Rz 101ff. 313 Vgl EuGHE 1999, I-1597 (Trasporti Castelletti v Trumpy) = IPRax 2000, 411 (dazu Heß S 370). 314 Thorn IPRax 1995, 294, 295f. 315 Vgl de Bra S 130ff; Kreuzer/Wagner Q 222.

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

LugÜ,316 (wohl aber jetzt unter Art 15 I EuGVO). Warentermingeschäfte sind von Art 13 I LugÜ erfasst, soweit eine Partei nicht-termingeschäftsfähig ist.317 Die Verbindung von Kauf- und Finanzierungsvertrag dürfte für den deut- 117 schen Juristen keine Schwierigkeiten mit sich bringen. Der EuGH hat eine Vorlagefrage wie folgt beantwortet: „Der Begriff des Kaufs beweglicher Sachen auf Teilzahlung iS von Art 13 erstreckt sich nicht auf den Kauf einer Maschine, den eine Firma mit einer anderen Firma zu einem Preis vereinbart, der durch Wechsel mit abgestuften Verfallszeiten beglichen werden soll.“318 In dieser Entscheidung hat der EuGH ua ausgesprochen, dass der privilegierte Gerichtsstand ausschließlich schutzbedürftigen Käufern vorbehalten sei. Nach Ansicht der Cour d’appel de Colmar ist ein Darlehen zum Zwecke der 118 Eigenheimfinanzierung als Dienstleistung iS des Art 13 LugÜ anzusehen.319 Der Rechtsnachfolger eines Verbrauchers kann sich nicht auf Schutz und 119 Zuständigkeiten des Art 15 EuGVO bzw des Art 13 LugÜ berufen.320 Die Verbraucherschutzregeln sind nicht anzuwenden bei Verträgen, die sich auf die gegenwärtige oder künftige321 berufliche oder gewerbliche Tätigkeit beziehen. Kauft ein Arzt eine Schreibmaschine, so ist entscheidend, ob er diese für seine Praxis oder privat benutzt.322 Im Übrigen spielen Fragen des Eigentumsvorbehalts und der Übergabe der Ware keine Rolle. Der Schutz nach Art 15 EuGVO bzw Art 13, 14 LugÜ greift nur gegenüber 120 einem Verkäufer mit Sitz in einem Vertragsstaat oder einer Zweigniederlassung in einem Vertragsstaat (Art 15 II EuGVO bzw Art 13 II LugÜ); sie gilt dagegen nicht, wenn der ausländische Verkäufer seine Geschäfte über ein selbständiges Tochterunternehmen mit Sitz in der EG abwickelt.323 Für Widerklagen gilt Art 6 Nr 3. _______________

316 LG Darmstadt IPRax 1995, 318 (dazu Thorn S 294). 317 EuGHE 1993, I-139 (Shearson v TVB Treuhandgesellschaft) = NJW 1993, 1251; OLG Düsseldorf RIW 1996, 681 (dazu Mankowski S 1001, 1005); Dannhoff, Das Recht der Warentermingeschäfte, 1993, S 209ff; vgl OLG Düsseldorf RIW 1996, 681, 682f. 318 Urt vom 21.6.1978, Rspr Übers, Folge 3, 1979, Nr 105. 319 Cour d’appel de Colmar ZIP 1999, 1209 (Reich) = IPRax 2001, 251 (dazu Neumann/Rosch S 257). 320 EuGHE 1993, I-139 (Shearson v TVB Treuhand) = RIW 1993, 420; BGH RIW 1993, 670; vgl Koch IPRax 1995, 71. 321 EuGHE 1997, I-3767 (Benincasa v Dentalkit) = RIW 1997, 775 = JZ 1998, 896 (Mankowski). 322 Geimer/Schütze I 404. 323 EuGHE 1994, I-4275 (Brenner u Noller v Dean Witter Reynolds) = EWS 1994, 353 = RIW 1994, 1045 = IPRax 1995, 315 (dazu Rauscher S 289); BGH RIW 1995, 150 = EuZW 1995, 190; OLG Schleswig RIW 1997, 955 (krit. dazu Mankowski S 990).

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§3

Internationale Zuständigkeit

b) Klagen gegen den Unternehmer 121 Nach Art 16 I EuGVO bzw Art 14 I LugÜ kann der „andere Vertragspartner“ mit Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten (1) vor den Gerichten des Staates, in dem der Unternehmer seinen Wohnsitz hat, oder (2) vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, verklagt werden. Die erste Alternative regelt nur die internationale Zuständigkeit, die zweite auch die örtliche. Dem inländischen Wohnsitz/Sitz gleichgestellt ist die EG-Niederlassung eines Nicht-EG-Anbieters (Art 15 II EuGVO bzw Art 13 II LugÜ).324 Doch soll Art 15 II EuGVO bzw Art 13 II LugÜ nur anwendbar sein, wenn sich die Niederlassung und der Wohnsitz des Verbrauchers in verschiedenen Vertragsstaaten befinden.325 Ob eine Niederlassung vorliegt, hängt nicht davon ab, ob diese rechtlich selbständig oder unselbständig organisiert ist, sondern allein davon, ob die handelnde Stelle für den Kunden als „Außenstelle“ des Vertragspartners erscheint.326 Teilweise wird freilich zusätzlich verlangt, dass der Prozessgegner diesen Rechtsschein zurechenbar gesetzt habe.327 122 Soweit nur die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte festgelegt ist, bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit aus §§ 12, 13, 16, 17 ZPO.328 Aufgrund der zweiten Alternative des Art 16 I EuGVO bzw Art 14 I LugÜ erhält der Verbraucher aber stets einen Klägergerichtsstand an seinem Wohnsitz.329 c) Klagen gegen den Verbraucher 123 Nach Art 16 II EuGVO bzw Art 14 II LugÜ kann der „andere Vertragspartner“ den Verbraucher nur vor den Gerichten des Staates verklagen, in dem dieser seinen Wohnsitz hat. Diese Bestimmungen regeln nur die internationale Zuständigkeit. Die örtliche Zuständigkeit ergibt sich in Deutschland aus §§ 12, 13 ZPO, ggf auch aus § 16 oder § 20 ZPO.330 _______________

324 Vgl Wach/Weberpals AG 1989, 193; Mankowski RIW 2005, 561, 570. 325 OLG München RIW 1994, 59; aA Kreuzer/Wagner Q 126; Geimer/Schütze Art 13 EuGVÜ Rz 12. 326 LG Darmstadt EWiR Art 15 EuGVVO 2/04 (Mankowski); LG Bad Kreuznach EWiR Art 15 EuGVVO 1/05 (Mankowski); aA OLG München RIW 1994, 59. 327 So OLG Koblenz RIW 2006, 311, 312. 328 LG Konstanz IPRax 1994, 448 (dazu Thorn S 426); für analoge Anwendung von Art 14 I EuGVÜ Schack, IZVR, Rz 279. 329 LG Darmstadt ZIP 2004, 1924 = EWiR Art 15 EuGVVO 1/04 (Geimer); KG IPRax 2001, 44 (dazu Mankowski S 33); Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 331; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 970. 330 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 332; Geimer/Schütze Art 16 Rz 12.

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Europäisches Zivilprozessrecht

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d) Zum Schutze des Verbrauchers sind Gerichtsstandsvereinbarungen wie in 124 Versicherungssachen nur in beschränktem Maße zulässig.331 Gerichtsstandsvereinbarungen sind erst nach Entstehung der Streitigkeit frei (Art 17 Nr 1 EuGVO; Art 15 Nr 1 LugÜ). Zuvor darf lediglich dem Verbraucher ein zusätzlicher Gerichtsstand eingeräumt werden (Art 17 Nr 2 EuGVO; Art 15 Nr 2 LugÜ). Art 17 Nr 3 EuGVO bzw Art 15 Nr 3 LugÜ betreffen zunächst reine Inlandsfälle. Verbraucher und sein Vertragspartner haben ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Vertragsstaat und vereinbaren die Zuständigkeit der Gerichte dieses Staates, und zwar für den Fall, dass einer von ihnen seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem prorogierten Staat verlegt. Damit wird eine Auslandsbeziehung geschaffen. Art 17 Nr 3 EuGVO bzw Art 15 Nr 3 LugÜ erkennen die Gerichtsstandsvereinbarung für diesen Fall an, es sei denn, sie sei nach dem Recht des vereinbarten Staates unzulässig. Nach § 38 III Nr 2 ZPO kann eine Gerichtsstandsvereinbarung für den Fall getroffen werden, dass die zu verklagende Partei nach Vertragsschluss ihren gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegen oder der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort des Beklagten im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht bekannt ist. Auch in Verbrauchersachen kann die internationale Zuständigkeit aber 125 durch rügelose Einlassung nach Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ begründet werden.332 11. Die Zuständigkeiten für individuelle Arbeitsverträge 126

a) Schrifttum V. Behr, Internationale Zuständigkeit in Individualarbeitsrechtsstreitigkeiten im Europäischen Verfahrensrecht, GS W. Blomeyer, 2004, S 15; Beraudo, Convention de Bruxelles du 27 Septembre 1968, Règles de compétence spéciale, Le contrat de travail, Juris-Classeur Procédure civil Fasc. 52–32, 1999; Birk, Die internationale Zuständigkeit in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten nach dem EuGVÜ, RdA 1983, 143; Däubler, Die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte, NZA 2003, 1297; Franzen, Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen in Arbeitsverträgen, RIW 2000, 81; Junker, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in Arbeitssachen, ZZPInt 1998, 179; ders, Gewöhnlicher Arbeitsort und vorübergehende Entsendung im IPR, FS Heldrich, 2005, S 719; ders, Internationale Zuständigkeit für Arbeitssachen nach der Brüssel I-Verordnung, FS Schlosser, 2005, S 299; D. Leipold, Einige Bemerkungen zur Internationalen Zuständigkeit in Arbeitssachen nach Europäischem Zivilprozessrecht, GS W. Blomeyer, 2004, S 143; Mankowski, Der gewöhnliche Ar_______________

331 Vgl Schaltinat S 102ff; Ganssauge S 65ff. 332 OLG Koblenz IPRax 2001, 334; Kropholler, 8. Aufl, Art 24 Rz 16; Rauscher/ Staudinger Art 17 Brüssel I-VO Rz 1; Ganssauge S 71ff; aA für Passivprozesse gegen den Verbraucher: Mankowski IPRax 2001, 310, 312ff.

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Internationale Zuständigkeit

beitsort im internationalen Privat- und Prozessrecht, IPRax 1999, 332; F. Mosconi, La giurisdizione in materia di lavoro nel regolamento (CE) n. 44/2001, FS Sonnenberger, 2004, S 549; C. Müller, Die internationale Zuständigkeit deutscher Arbeitsgerichte und das auf den Arbeitsvertrag anwendbare Recht, 2004; A. Nuyts, La compétence en matière de contrat de travail, in: Fentiman, L’espace judiciaire européen, 1999, 33; Polivka, Die gerichtliche Zuständigkeit in arbeitsrechtlichen Streitigkeiten nach revidiertem Lugano-Übereinkommen, 2001; Rauscher, Arbeitnehmerschutz – ein Ziel des Brüsseler Übereinkommens, FS Schütze, 1999, S 695; Simons, Gerichtsstand und Vertragsstatut im komplexen Arbeitsverhältnis, EuLF 2003, 183; Trenner, Internationale Gerichtsstände in grenzüberschreitenden Arbeitsstreitigkeiten, 2001; A. Winterling, Die Entscheidungszuständigkeit in Arbeitssachen im europäischen Zivilverfahrensrecht, 2006.

b) EuGVO 127 Die neue EuGVO regelt die internationale Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge in einem neuen Abschnitt 5 (Art 18–21). Unterschieden wird nun ähnlich wie in Verbrauchersachen zwischen der Klage des Arbeitnehmers und der des Arbeitgebers.333 Dem Arbeitnehmer wird die Rechtsverfolgung erleichtert. Nach Art 19 EuGVO kann er den Arbeitgeber verklagen (1) vor den Gerichten des Staates, in dem dieser seinen Wohnsitz bzw Sitz (iS der Art 59, 60 EuGVO) hat, (2) in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich arbeitet oder gearbeitet hat. Hat der Arbeitnehmer gewöhnlich nicht nur in einem Staat gearbeitet, kann er auch vor dem Gericht des Ortes klagen, an dem sich die Niederlassung, die ihn eingestellt hat, befindet oder befand. Diese Regelung entspricht der sich bisher aus Art 2 und 5 Nr 1 EuGVÜ ergebenden Rechtslage. Der Begriff des „gewöhnlichen Arbeitsortes“ ist autonom auszulegen.334 Das Bordpersonal von Flugzeugen hat keinen gewöhnlichen Arbeitsort; abzustellen ist nach hM auf den Ort der einstellenden Niederlassung, nicht auf den Registerstaat des Flugzeugs.335 Arbeitet der Arbeitnehmer in mehreren Staaten (zB als Auslandskorrespondent), ist Arbeitsort der Ort, der den tatsächlichen Mittelpunkt der Berufstätigkeit bildet oder

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333 Vgl Hausmann EuLF 2000, 40, 46. 334 Rauscher/Mankowski Art 19 Brüssel I-VO Rz 4. 335 Vgl BAG NZA 2002, 734, 736 = IPRax 2003, 258 (aA Franzen S 239); aA Rauscher/ Mankowski Art 19 Brüssel I-VO Rz 10.

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von dem aus er den wesentlichen Teil seiner Arbeitspflichten aus erfüllt.336 Wird ein Arbeitnehmer für zwei Arbeitgeber tätig, so kann der erste Arbeitgeber auch an dem Ort verklagt werden, an dem der Arbeitnehmer für den zweiten Arbeitgeber arbeitet, wenn der erste Arbeitgeber bei Abschluss des zweiten Vertrages ein Interesse an der Erfüllung dieses Vertrages hatte.337 Die Regelung ist halbzwingend: Von ihr kann durch Vereinbarung nur nach Entstehen der Streitigkeit oder zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (Art 21 EuGVO). Zum Schutz von in einen anderen EU-Staat entsandten Arbeitnehmern sieht Art 6 der Entsende-Richtlinie 96/71/EG einen zusätzlichen Gerichtsstand (Art 67 EuGVO) für Klagen des Arbeitnehmers vor. In Deutschland ist Art 6 durch § 8 AEntG umgesetzt worden.338 § 8 AEntG lautet: „Ein Arbeitnehmer, der in den Geltungsbereich dieses Gesetzes entsandt ist oder war, kann eine auf den Zeitraum der Entsendung bezogene Klage auf Gewährung der Arbeitsbedingungen nach §§ 1, 1a und 7 auch vor einem deutschen Gericht für Arbeitssachen erheben. Die Klagemöglichkeit besteht auch für eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien nach § 1 Abs 3 in Bezug auf die ihr zustehenden Beiträge.“

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer dagegen nur vor den Gerichten 128 seines Wohnsitzstaates verklagen sowie auf Arbeitnehmerklage Widerklage erheben (Art 20 EuGVO). Eine Klage am gewöhnlichen Arbeitsort ist grds unzulässig. Diese Regelung schützt den Arbeitnehmer stärker als bisher, wenn Wohnsitz und Staat des gewöhnlichen Arbeitsorts auseinanderfallen. Auch diese Regel ist halbzwingend. Von ihr kann wiederum durch Vereinbarung nur nach Entstehen der Streitigkeit (s u Rz 166) und nur zugunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden. Verstöße sind allerdings im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren unbeachtlich (Art 35 I EuGVO).339 Die neuen Regeln gelten nach Art 18 Abs 1 EuGVO nur vorbehaltlich der 129 Art 4 und Art 5 Nr 5. Sie gelten also nicht, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Drittstaat hat. Handelt es sich um Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, so können Klagen nach Art 5 Nr 5 EuGVO von Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor dem Gericht des Ortes der Zweigniederlassung erhoben werden. Hat der Arbeitgeber in einem EU-Mitgliedstaat keinen Sitz, sondern nur eine Zweigniederlassung, so ist diese für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb als Wohnsitz zu behandeln (Art 18 II EuGVO). _______________

336 EuGHE 1997, I-57 (Rutten v Cross Medical) = IPRax 1999, 365, 367 (Rz 22ff) (dazu Mankowski S 332). Ein Arbeitsort auf dem Festlandsockel vor einem Mitgliedstaat wird als Ort innerhalb des Hoheitsgebiets behandelt, so EuGHE 2002, I-2013 (Weber v Universal Ogden Services) = IPRax 2003, 45 (dazu Mankowski 21) = ZZPInt 7 (2002), 220 (Junker). 337 EuGHE 2003, I-3573 (Pugliese v Finmeccanica) = IPRax 2004, 336 (dazu Krebber S 309) = RIW 2004, 133 (Mankowski) = ZZPInt 8 (2003), 486 (Junker). 338 Vgl Schlachter, in ErfK, 5. Aufl 2005, Nr 30 AEntG § 8 Rz 1; Trenner, S 16. 339 Hausmann EuLF 2000, 40, 47; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 332.

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Allerdings bleiben neben den Art 18ff EuGVO auch Art 6 Nr 1 EuGVO sowie nach hM bei deliktischen Ansprüchen des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer Art 5 Nr 3 EuGVO anwendbar.340 c) LugÜ 130 Für Streitigkeiten aus einem individuellen Arbeitsvertrag waren nach der Ergänzung von Art 5 Nr 1 EuGVÜ durch das 3. Beitrittsübereinkommen einheitlich die Gerichte des gewöhnlichen Arbeitsortes zuständig. Liegt dieser Arbeitsort außerhalb eines Vertragsstaats, so richtet sich die Zuständigkeit nach Art 2 nach dem Wohnsitz des Beklagten341 bzw ganz nach autonomem Recht. Arbeitet der Arbeitnehmer regelmäßig in mehreren Vertragsstaaten, so kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber auch vor den Gerichten des Ortes verklagen, an dem sich die Niederlassung befindet oder befand, die den Arbeitnehmer eingestellt hat (Art 5 Nr 1, 2. Hlbs EuGVÜ). 131 Das Luganer GVÜ weicht bei der Arbeit in mehreren Vertragsstaaten vom EuGVÜ ab und eröffnet diese Wahl nur für den Ort, an dem sich die Niederlassung noch bei Prozessbeginn befindet. 12. Gerichtsstandsvereinbarungen 132 a) Schrifttum (1) Zur EuGVO: M. Boccatoschi, Zuständigkeits- und Gerichtsstandsvereinbarungen im deutschen und italienischen Recht, 2005; Frauenberger-Feiler, Der „reine Binnensachverhalt“, Art 23 EuGVVO und der öOGH, FS Rechberger, 2005, S 125; Horn, Einwand des Rechtsmißbrauchs gegen eine Gerichtsstandsvereinbarung iS des Art 23 EuGVO?, IPRax 2006, 2; Lindacher, Internationale Gerichtsstandsklauseln in AGB unter dem Geltungsregime von Brüssel I, FS Schlosser, 2005, S 491; Lindenmayr, Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit und das darauf anwendbare Recht, 2002; L. Merrett, The enforcement of jurisdiction agreements within the Brussels regime, ICLQ 55 (2006), 315; Mülbert, Gerichtsstandsklauseln als materielle Satzungsbestandteile, ZZP 118 (2005), 313; C. Parenti, Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen: Lex fori oder lex causae Anknüpfung?, ZfRV 2003, 221; Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 6. Aufl 2004, Rz 2963ff; M. Stürner, Gerichtsstandsvereinbarungen und Europäisches Insolvenzrecht, IPRax 2005, 416; R. Welter, Bankgeschäfte und Neuigkeiten zum Europäischen Internationalen Verfahrensrecht, FS Hadding, 2004, S 1191. (2) Zu EuGVÜ/LugÜ: Beraudo, Convention de Bruxelles du 27 September 1968, Prorogation volontaire de compétence, Juris-Cl. Droit Intern. Fasc. 631–31, 1999; R. Fentiman, Exclusive jurisdiction and Article 17, in: Fentiman, L’espace judiciaire _______________

340 Rauscher/Mankowski Art 18 Brüssel I-VO Rz 2; aA Rauscher, FS Schütze, S 695, 706. 341 EuGHE 1989, 341 (Six Constructions v Humbert) = RIW 1990, 139 = IPRax 1990, 173 (dazu Rauscher S 152).

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européen, 1999, 127; Gebauer, Zur Drittwirkung von Gerichtsstandsvereinbarungen bei Vertragsketten, IPRax 2001, 471; Gottwald, Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Henckel, 1995, S 293; Haß, Zur internationalen Gerichtsstandsvereinbarung in einer Patronatserklärung, IPRax 2000, 494; E. Hernández-Breton, Internationale Gerichtsstandsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, 1993; Killias, Die Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem LugÜ, 1993; ders, Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen mittels Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben?, Liber discipulorum Siehr, 2001, S 65; Kim, Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, 1995; Kröll, Gerichtsstandsvereinbarungen aufgrund Handelsbrauchs im Rahmen des GVÜ, ZZP 113 (2000), 135; Leipold, Zuständigkeitsvereinbarungen in Europa, Symposium für Schwab, 2000, S 51; Lindenmayr, Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit, 2002; R. Nagel, Neue Anforderungen an internationale Gerichtsstandsvereinbarungen, BKR 2002, 146; Pfeiffer, Gerichtsstandsklauseln und EGKlauselrichtlinie, FS Schütze, 1999, S 671; ders, Handbuch der Handelsgeschäfte, 1999 (§ 22); Rabe, Drittwirkung von Gerichtsstandsklauseln nach Art 17 EuGVÜ, TranspR 2000, 389; Rauscher, Gerichtsstandsbeeinflussende AGB im Geltungsbereich des EuGVÜ, ZZP 104 (1991), 271; Reiser, Gerichtsstandsvereinbarungen nach IPR-Gesetz und Lugano-Übereinkommen, 1995; E. Sachpekidou, Substantive requirements and effects of jurisdiction agreements, in: Fentiman, L’espace judiciaire européen, 1999, 69; Saenger, Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen nach EuGVÜ und LugÜ, ZZP 110 (1997), 477; ders, Wirksamkeit internationaler Gerichtsstandsvereinbarungen, FS Sandrock, 2000, S 807; ders, Gerichtsstandsvereinbarungen nach EuGVÜ in international handelsgebräuchlicher Form, ZEuP 2000, 656; Samtleben, Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen nach dem EuGVÜ und nach der Gerichtsstandsnovelle, NJW 1974, 1590; ders, Europäische Gerichtsstandsvereinbarungen und Drittstaaten – viel Lärm um nichts?, RabelsZ 59 (1995), 670; Sandrock, Die Prorogation der internationalen Zuständigkeit eines Gerichts durch hilfsweise Sacheinlassung des Beklagten, ZfVRwiss. 1979, 77; M. J. Schmidt, Kann Schweigen auf eine Gerichtsstandsklausel in AGB einen Gerichtsstand nach Art 17 EuGVÜ/LuganoÜ begründen?, RIW 1992, 173; O. Sieg, Internationale Gerichtsstands- und Schiedsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, RIW 1998, 102; Ch. Soulard, Les conditions de forme des clauses atributives de jurisdiction, in: Fentiman, L’espace judiciaire européen, 1999, 57; Spellenberg, Die Vereinbarung des Erfüllungsortes und Art 5 Nr 1 des EuGVÜ, IPRax 1981, 25; M. Staehlin, Gerichtsstandsvereinbarungen im internationalen Handelsverkehr Europas, 1994; Stöve, Gerichtsstandsvereinbarungen nach Handelsbrauch, Art 17 EuGVÜ und § 38 ZPO, 1993; Vial, Die Gerichtsstandswahl und der Zugang zum internationalen Zivilprozess im deutsch-italienischen Zivilprozess, 1999.

b) Anwendungsbereich Gerichtsstandsvereinbarungen müssen sich auch nach der EuGVO bzw dem 133 LugÜ auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis beziehen. Dieses kann bereits entstanden oder noch künftig sein, doch muss es ausreichend individualisiert sein. Im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen kann eine generelle Vereinbarung für Geschäfte einer bestimmten Gattung geschlossen werden.342 Das wirksam vereinbarte Gericht ist auch zuständig, wenn die Par_______________

342 OLG Oldenburg IPRax 1999, 458 (dazu Kindler/Haneke S 435).

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teien über die Wirksamkeit des Vertrages streiten, dessen Bestandteil die Gerichtsstandsvereinbarung ist.343 Nach Art 23 EuGVO bzw Art 17 I LugÜ kann ein konkretes, örtlich und international zuständiges Gericht vereinbart werden. Es genügt aber, lediglich die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines Landes zu fixieren. Die örtliche Zuständigkeit ist dann nach dem nationalen Prozessrecht des prorogierten Staates zu bestimmen.344 Zulässig ist auch, alternativ die Zuständigkeit der Gerichte in mehreren Mitgliedstaaten zu vereinbaren.345 Über die Vereinbarung hinaus bedarf es keines besonderen Inlandsbezuges der Streitsache zu dem prorogierten Staat; Art 17 lässt daher die Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes zu.346 134 Auf reine Binnensachverhalte ist Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ nicht anzuwenden.347 Vereinbaren die im gleichen Mitgliedstaat wohnenden Parteien die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats, so ist Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ einschlägig; ein Inlandsfall liegt nicht mehr vor.348 135 Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ ist auch dann anzuwenden, wenn die Prorogation eines Gerichts eines Vertragsstaates zur Derogation der Gerichte eines anderen Vertragsstaats führt. Beispiel: ein Deutscher mietet von einem anderen Deutschen einen PKW. Sie vereinbaren die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts. Der Mieter verursacht mit dem Wagen in Frankreich einen Unfall. Der Deliktgerichtsstand des Art 5 Nr 3 EuGVO bzw LugÜ wäre derogiert; die EuGVO bzw das LugÜ ist anwendbar.349 136 Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ setzen voraus, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz in einem der Mitgliedsstaaten hat. Schwierigkeiten bestehen nicht, wenn beide Parteien der Vereinbarung in verschiedenen Mitgliedsstaaten wohnen, zumal dadurch eine hinreichende Auslandsbeziehung besteht. Wohnen aber beide Parteien in demselben Mitgliedsstaat und vereinbaren sie die Zuständigkeit eines oder der Gerichte eines anderen Mit_______________

343 EuGHE 1997, I-3767 (Benincasa v Dentalkit) = JZ 1998, 896 (Mankowski); BGH NJW 2006, 1672, 1673. 344 LG Mainz EWiR Art 23 EuGVVO 1/05, 825 (Schulte-Hillen/Friedl); MüKo/ Gottwald Art 17 Rz 51. 345 Killias S 108. 346 EuGHE 1980, 89, 97 (Zelger v Salinitri) = IPRax 1981, 89, 91; F. Sandrock, Die Vereinbarung eines „neutralen“ internationalen Gerichtsstandes, 1997, S 275ff; Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 12. 347 Aull S 103ff; Killias S 52ff; MüKo/Gottwald Art 17 Rz 4; Mülbert ZZP 118 (2005), 313, 324. 348 Aull S 125ff; Jayme/Aull IPRax 1989, 80; Frauenberger-Feiler, FS Rechberger, S 125; MüKo/Gottwald Art 17 EuGVÜ Rz 2; aA öOGH JBl 2004, 187 (abl Klicka); OLG Hamm IPRax 1999, 244 (dazu Aull S 226); Killias S 69. 349 Aull S 113ff; Kohler IPRax 1983, 266; Killias S 74ff.

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gliedsstaates, so wird dadurch ebenfalls eine ausreichende Auslandsbeziehung geschaffen (s o Rz 134). Von Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ wird auch der Fall erfasst, dass die „nationale“ Gerichtsstandsvereinbarung eine Zuständigkeit in einem anderen Mitglieder- bzw Vertragsstaat derogiert.350 Vereinbaren die in den Vertragsstaaten wohnenden Parteien die Zuständig- 137 keit eines Gerichts, das keinem Mitglieds- bzw Vertragsstaat angehört, so findet Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ nach dem klaren Wortlaut des Abs 1 keine Anwendung. Dagegen umfasst die Vorschrift den Fall, dass eine Partei in einem Mitglied- 138 staat wohnt, die andere in einem Drittstaat, und beide die Zuständigkeit eines Gerichts des Mitgliedsstaates, in dem die eine Partei wohnt, (unter Derogation der Zuständigkeit im Drittstaat) vereinbaren.351 Danach ist Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ auch dann anzuwenden, wenn eine in der BR Deutschland ansässige Firma mit ihrem New Yorker Geschäftspartner einen Gerichtsstand in der BR Deutschland vereinbart.352 Diese Ansicht wird durch Erwägungsgrund (8) zur EuGVO bestätigt. Den Vertretern der Gegenmeinung ist entgegenzuhalten, dass es bei EuGVO bzw LugÜ auch um die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen unter den Mitglieds- bzw Vertragsstaaten geht. Im gegebenen Fall müsste das deutsche Urteil in anderen Vertragsstaaten anerkannt werden, Art 33 EuGVO bzw Art 25 LugÜ. Dafür spricht insbesondere auch die Tatsache, dass die Formvorschriften für eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ strenger sind als nach § 38 ZPO. Das gegebene Beispiel lässt sich erweitern. Befindet sich der New Yorker Geschäftspartner der Bremer Firma vorübergehend in Bremen und schließen die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung, nach der die Bremer Gerichte zuständig sein sollen, so liegt kein reiner Binnenfall vor. Eine Auslandsbeziehung besteht in der Person des zufällig in Bremen anwesenden Geschäftspartners. Auch auf diesen Fall muss Art 33 EuGVO bzw Art 17 LugÜ angewendet werden, weil eine Partei im Hoheitsgebiet eines Mitglieds- bzw Vertragsstaats wohnt. Es kann also nicht _______________

350 Auer, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Art 17 Rz 27. 351 Eingehend: Grolimund S 71ff, 151f, 185ff; das besagt auch der Jenard-Bericht zu dem EG-Übereinkommen, Art 17: „desgleichen bei Vereinbarungen zwischen einem in einem Vertragsstaat und einer außerhalb der Gemeinschaft wohnenden Person, sofern die Zuständigkeit eines Gerichts eines Vertragsstaates vereinbart worden ist“. 352 EuGHE 2000, I-5925 (Group Josi Reinsurance) = NJW 2000, 3121 = IPRax 2000, 520 (dazu Staudinger S 483, 484); EuGHE 2000, I-9337 (Rz 16ff) (Coreck Maritime v Handelsveem) = NJW 2001, 501 = ZIP 2001, 215 = EuZW 2001, 122; Aull S 164ff; Burgstaller/Ritzberger Rz 2.138; Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 5; Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Kap 26 Rz 110; Geimer/Schütze/Auer Art 17 Rz 21; Killias S 54ff; MüKo/Gottwald Art 17 EuGVÜ Rz 6f; Schlosser Art 17 Rz 6; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 239f; aA Samtleben NJW 1974, 1593; Arnold RIW/AWD 1969, 90; Stein/Jonas/Bork § 38 ZPO Rz 24.

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stimmen, dass durch die Prorogation eines deutschen Gerichts immer ein Gericht eines anderen Mitgliedstaates derogiert sein muss.353 Der Rechtsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten wird auch durch die Anerkennung und Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen geregelt. Nach einem Inkrafttreten des Haager Übereinkommens über Gerichtsstandsvereinbarungen (s u Rz 505ff) würde sich der Vorrang von Art 23 EuGVO/ Art 17 LugÜ auf intra-gemeinschaftliche Sachverhalte beschränken (Art 26 VI HaagerÜbk).354 139 Maßgeblicher Zeitpunkt für das Wohnsitzerfordernis ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses;355 es genügt aber, wenn die Voraussetzungen nachträglich bei Klageerhebung (oder noch genauer bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung) vorliegen.356 140 Haben beide Parteien ihren Wohnsitz in einem Drittstaat, ist die Derogationswirkung der Vereinbarung in jedem Vertragsstaat nach Art 23 III EuGVO bzw Art 17 I 3 LugÜ zu beachten. Zulässigkeit und Wirksamkeit der Prorogation richten sich jedoch nach autonomem Recht.357 141 Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ schließt es aus, dass in ihrem Geltungsbereich hinsichtlich der Gerichtsstandsvereinbarungen auf Regelungen in den nationalen Zivilprozessgesetzen zurückgegriffen wird. Die Prorogationsfreiheit darf also nicht erweitert werden (wie zB nach § 38 I ZPO), noch darf sie beschränkt werden. Nach EuGH358 steht es den Mitgliedstaaten nicht frei, zusätzlich zu den Formvorschriften des Übereinkommens – etwa durch Sprachvorschriften – weitere Formvorschriften festzulegen.359, 360 142 Da Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ keinen Unterschied zwischen Gerichtsstandsvereinbarungen unter Kaufleuten und solchen unter Nichtkaufleuten machen, könnten zwei in Deutschland wohnende Nichtkaufleute die Zuständigkeit eines Gerichts in Paris vereinbaren. Es wird auch nicht darauf abgestellt, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort nach Vertragsschluss ins Ausland verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klageerhebung nicht mehr bekannt ist. _______________

353 Ebenso Coester-Waltjen, FS Nakamura, S 89, 112; aA Piltz NJW 1979, 1071. So auch Sandrock/Jung, 810; wie hier: Geimer/Schütze I 257 und 891. 354 Vgl Kreuzer RabelsZ 70 (2006), 1, 52f. 355 Geimer IZPR 5. Aufl Rz 1645. 356 Kropholler Nr 23 Rz 11; Mülbert ZZP 118 (2005), 313, 325. 357 Coester-Waltjen, FS Nakamura, S 89, 112. 358 EuGHE 1981, 1671 (Elefanten Schuh v Jacqmain) = IPRax 1982, 234. 359 Zustimmend Leipold IPRax 1982, 124. 360 Zu internationalrechtlichen Problemen bei Prorogation und Derogation vgl im Einzelnen Roth ZZP 93 (1980), 156.

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Ob eine Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt, ist autonom zu bestimmen. 143 Danach sind statutarische Gerichtsstandsklauseln grundsätzlich zulässig. Die Satzung einer Aktiengesellschaft kann deshalb für Ansprüche der Aktionäre untereinander eine entsprechende „Vereinbarung“ enthalten.361 Zulässig soll es auch sein, in der Satzung einen Gerichtsstand für Streitigkeiten der Aktionäre gegen die Gesellschaft aus dem Erwerb, dem Halten oder der Aufgabe der Beteiligung eines Aktionärs zu regeln.362 Ob im Einzelfall eine wirksame Vereinbarung vorliegt, ist hinsichtlich Zu- 144 lässigkeit, Form und Wirkung nach Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ (als der lex fori), hinsichtlich des Abschlusstatbestandes (Geschäftsfähigkeit, Vollmacht, Fehlen von Willensmängeln) und der Wirksamkeit der Vereinbarung dagegen grundsätzlich nach der kollisionsrechtlich zu bestimmenden lex causae zu beurteilen.363 Allerdings wird zT aus der Rspr des EuGH abgeleitet, dass Konsens- und Formfragen weitgehend verschmolzen sind und die Unterscheidung nicht aufrecht erhalten werden kann.364 Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ verdrängen daher die lex causae auch für das Zustandekommen der Einigung zumindest in den Fällen der Gepflogenheiten zwischen den Parteien und der Handelsbräuche.365 c) Formvorschriften für Gerichtsstandsvereinbarungen Die Parteien können eine Gerichtsstandsvereinbarung in schriftlicher (1), in 145 mündlicher, schriftlich bestätigter Form (2), in einer den Gepflogenheiten der Parteien entsprechenden Form (3) oder in einer Handelsbräuchen entsprechenden Weise (4) vereinbaren.366 Die Einhaltung der Form soll gewährleisten, dass die Einigung zwischen den Parteien tatsächlich besteht.367 Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist nur wirksam, wenn sie einer dieser Formen genügt. _______________

361 EuGHE 1992, I-1745 (Powell Duffryn v Petereit) = NJW 1992, 1671 = IPRax 1993, 32 (dazu Koch IPRax 1993, 19); BGHZ 123, 347 = WM 1993, 2123; KarréAbermann ZEuP 1994, 142; Bork ZHR 157 (1993), 48. 362 Mülbert ZZP 118 (2005), 313ff. 363 Gottwald, FS Henckel, 1995, S 293; Killias S 9ff, 13ff; Staehelin S 159ff, 178ff; Kropholler Art 23 Rz 28; Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 10, 41; Schlosser Art 23 Rz 3; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 237, 242; Adolphsen ZZPInt 4 (1999), 243, 246f; G. Wagner, Prozessverträge, 1998, S 384; vgl Lindenmayr, Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit und darauf anwendbares Recht, 2002. 364 Grolimund, in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 24. 365 So Kröll ZZP 113 (2000), 135, 143ff; Saenger, FS Sandrock, S 807, 809ff, 815ff; Parenti ZfRV 2003, 221, 223; vgl auch Kubis IPRax 1999, 10, 11f. 366 Vgl LG München I IPRax 1996, 266 (dazu Trunk S 249). 367 EuGHE 2000, I-9937 (Coreck Maritime) = NJW 2001, 501; EuGHE 1992, I-1745 (Powell Duffryn) = NJW 1992, 1671, 1672; BGH NJW 2006, 1672.

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Internationale Zuständigkeit

(1) Schriftlichkeit 146 Schriftlichkeit liegt vor, wenn in beiden Vertragserklärungen ein Hinweis auf die Gerichtsstandsabrede oder eine direkte Bezugnahme auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Gerichtsstandsklausel vorsehen, enthalten ist.368 Unterschrieben müssen die Erklärungen nicht sein; die Parteien müssen auch nicht dieselbe Sprache verwendet haben. Insbesondere bei Sprachdivergenzen ist es Tatfrage, ob sich die Parteien geeinigt haben.369 Nicht ausreichend ist die bloße Beifügung der AGB zu einem Vertragsangebot oder die mittelbare Verweisung auf ein Klauselwerk, das seinerseits erst die Gerichtsstandsklausel enthält und das Schweigen darauf.370 Es genügt aber, wenn im Vertragstext deutlich sichtbar auf die „umseitigen“ AGB Bezug genommen wird, die die Gerichtsstandsvereinbarung enthalten.371 Im Urkundentext selbst muss die Gerichtsstandsabrede nicht enthalten sein.372 Es genügt, wenn die Klausel in AGBs enthalten ist, die der Auftragsbestätigung beigefügt sind und diese vom Kunden unterschrieben oder nochmals gegenbestätigt wird.373 Die konkrete Textseite mit der Gerichtsstandsklausel muss nicht unterschrieben sein.374 Im kaufmännischen Verkehr ist die Beifügung des Textes der AGB, die die Gerichtsstandsklausel enthalten, entbehrlich, wenn sich der Gegner diesen Text unschwer beschaffen kann.375 Nach der Art der Gestaltung und Bezugnahme kann aber die Bezugnahme auf AGBs überraschend und dann auch bei autonomer Auslegung unwirksam sein.376 Der bloße Hinweis oder die Bezugnahme nur in der Annahmeerklärung führen dagegen nicht zu einer Vereinbarung und genügen nicht dem Erfordernis der Schriftform.377 Nicht genügt auch die bloße Erklärung, man habe von den Klauseln der Gegenseite Kenntnis erhalten.378 Die auf einem Formular des Gläubigers abgegebene Bürgschaftserklärung des Bürgen enthält keine Erklärung des Gläubigers, auch wenn sein Stempel auf dem Kopf der Erklärung abgedruckt ist; eine Vereinbarung über einen in der Bürgschaftserklärung vorgesehenen Gerichtsstand liegt daher nicht vor.379 Die Bank muss die Bürgschaftsverklärung daher annehmen. _______________

368 EuGHE 1976, 1831 (Estasis Salotti v Rüwa) = RIW 1977, 104; BayObLG ZIP 2001, 1564. 369 Vgl Geimer/Schütze Art 23 Rz 93, 125. 370 LG Düsseldorf RIW 1996, 774ff; Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 16. 371 BayObLG RIW 2001, 699. 372 OLG Köln NJW 1988, 2182. 373 Cour de Cass., 18.10.1994 [1996] ILPr 133; OLG Hamm RIW 1994, 877, 878. 374 Cour de Cass. [2001] ILPr 164. 375 Schlosser Art 23 Rz 20; MüKo/Gottwald Art 17 Rz 24. 376 OLG Düsseldorf RIW 1990, 577. 377 BGH RIW 1994, 508, 509; vgl MüKo/Gottwald Art 17 EuGVÜ Rz 24. 378 BGH RIW 2004, 938, 939. 379 BGH RIW 2001, 456, 457 = IPRax 2002, 124 (dazu krit Kröll S 113); Kropholler Art 23 Rz 33; krit Welter, FS Hadding, S 1191, 1196ff.

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Europäisches Zivilprozessrecht

§3

Dem schriftlichen Vertrag gleichgestellt ist die Satzung einer Aktiengesell- 147 schaft. An eine darin enthaltene Gerichtsstandsklausel für Streitigkeiten zwischen AG und Aktionären ist jeder Aktionär gebunden, unabhängig davon, ob er der Klausel zugestimmt hat.380 Trust-Bedingungen stehen nach Art 23 IV EuGVO bzw Art 17 II LugÜ einer Vereinbarung gleich, so dass die Begünstigten ohne ihre Mitwirkung gebunden sind.

(2) Mündliche Vereinbarung mit schriftlicher Bestätigung (halbe Schriftlichkeit) Halbe Schriftlichkeit verlangt, dass der mündlichen Einigung über die Ge- 148 richtsstandsabrede eine schriftliche Bestätigung von einer (beliebigen) Seite nachfolgt.381 Diese Form ist damit nicht gewahrt, wenn eine Annahmeerklärung erstmals einen Bezug auf AGBs enthält und anschließend Ware abgenommen und damit konkludent die Annahme angenommen wird.382 Sie ist auch nicht gewahrt, wenn der Kläger das schriftliche Angebot der anderen Seite konkludent annimmt.383 Nichts anderes gilt bei laufenden Geschäftsbeziehungen. Auch hier muss festgestellt werden, dass der Vertrag aufgrund der konkludenten, mit aus der Geschäftsbeziehung folgenden Einigung zu den AGBs mit der Gerichtsstandsklausel abgewickelt werden sollte.384 Eine Gerichtsstandsklausel, die erstmals in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben enthalten ist, genügt dieser Form nicht, führt aber ggf zu einer Einigung nach Handelsbrauch (s u Rz 141). Wird ein Vertrag mit schriftlicher Gerichtsstandsklausel nach Zeitablauf formlos festgesetzt, so ist die Gerichtsstandsklausel weiterhin wirksam, wenn der Vertrag nach dem anwendbaren Recht formlos verlängert werden kann oder wenn der mündlichen (konkludenten) Vereinbarung die schriftliche Bestätigung einer Seite nachgefolgt ist und der Gegner nicht widersprochen hat.385

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380 EuGHE 1992, I-1756 (Powell Duffryn v Petereit) = NJW 1992, 1671 = IPRax 1993, 32 (dazu Koch S 19). 381 Heiss ZfRV 2000, 202, 207ff. 382 EuGHE 1976, 1851 (Segoura v Bonakdarian) = NJW 1977, 495; BGH BB 2004, 853 = NJW-RR 2004, 1292. 383 Haß IPRax 2000, 494, 495 gegen LG Berlin IPRax 2000, 526. 384 BGH RIW 1994, 508/10. 385 EuGHE 1986, 3337 (Iveco Fiat v Van Hool) = NJW 1987, 2155; Kropholler, 8. Aufl, Art 23 Rz 44, 50.

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§3

Internationale Zuständigkeit

(3) Den Gepflogenheiten der Parteien entsprechende Form 149 Nach der durch das 3. Beitrittsübereinkommen 1989 gefundenen Fassung, die in die EuGVO übernommen wurde, ist eine Gerichtsstandsvereinbarung auch dann wirksam, wenn sie den Gepflogenheiten entspricht, die zwischen den Parteien entstanden sind. Diese Formulierung lehnt sich bewusst an Art 9 I CISG (das UN-Kaufrecht) an. Gepflogenheiten entstehen innerhalb einer andauernden Geschäftsverbindung. Praktisch erfasst wird damit wohl regelmäßig nur die stillschweigende, mündliche Verlängerung einer abgelaufenen Vereinbarung sowie die Vereinbarung aufgrund Schweigens auf ein Bestätigungsschreiben.386 In Betracht kommt auch die konkludente Billigung des einseitig vom Gegner unterschriebenen Textes.387 Ob zwischen den Parteien Gepflogenheiten entstanden sind, ist unter Beachtung aller Umstände zu entscheiden. Auf eine solche Übung kann bei einer längerdauernden Geschäftsbeziehung vor allem dann geschlossen werden, wenn diese bisher auf der Grundlage von Musterbedingungen eines Verbandes etc. abgewickelt wurden, die branchenüblicherweise verwendet werden.388 Die „Gepflogenheiten“ ersetzen in jedem Fall nur die Schriftform, nicht die Einigung der Parteien.389 Da der Nachweis entsprechender Gepflogenheiten im Einzelfall problematisch sein kann, empfiehlt es sich dringend, den Gerichtsstand eindeutig schriftlich zu vereinbaren. (4) Vereinbarung nach Handelsbrauch 150 Die ursprünglich allein vorgesehene Schriftform hatte zu praktischen Schwierigkeiten geführt. Deshalb wurde Art 17 EuGVÜ aF durch das 1. Beitrittsübereinkommen ergänzt und im 3. Beitrittsübereinkommen neu gefasst. Danach kann die Vereinbarung eines Gerichtsstands im internationalen Handel auch in einer Form erfolgen, die einem in der betreffenden Branche für Verträge dieser Art üblichen Handelsbrauch entspricht, den die Parteien kannten oder kennen mussten. Diese Regel ist in Art 23 I (c) EuGVO übernommen worden. Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben kann deshalb zu einer Vereinbarung führen, wenn der Handelsbrauch dem Schweigenden bekannt sein musste.390 Eine vertragsmodifizierende Wirkung hat das Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben nach hM insbesondere im Anwendungsbereich von Art 9 II CISG.391 _______________

386 387 388 389 390 391

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Killias S 176ff. LG Karlsruhe RIW 2001, 702, 704. Rauscher ZZP 104 (1991), 271, 286. BGH RIW 2004, 938 = IPRax 2005, 338 (dazu Hau S 301). Stöve S 121ff; Heiss ZfRV 2000, 202, 210; krit. Killias S 184ff. Stöve S 125ff; vgl Schlosser, FS Medicus, 1999, S 543.

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§3

Nach Ansicht des EuGH kann das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben, das eine Gerichtsstandsklausel enthält, zu einer Vereinbarung nach Handelsbrauch führen, wenn eine entsprechende Bindung (1) einem Handelsbrauch im Bereich des internationalen Handelsverkehrs entspricht, (2) die Parteien in diesem Bereich tätig sind und (3) ihnen dieser Handelsbrauch bekannt ist oder als ihnen bekannt angesehen werden muss. Dies sei insbesondere der Fall, wenn der Brauch in diesem Geschäftszweig allgemein befolgt wird. Die Kenntnis wird auch unterstellt, wenn die Parteien früher untereinander oder in dem Geschäftszweig mit anderen Partnern solche Geschäfte geschlossen haben, bei denen diese Übung befolgt wurde, das Verhalten also in dem Geschäftszweig als konsolidierte Praxis angesehen werden kann.392 Das entsprechende Parteiverhalten braucht nicht für bestimmte Länder oder gar alle EU-Staaten nachgewiesen werden. Relevant ist nur die internationale Übung; nationale Besonderheiten sind nur dann beachtlich, wenn sie allgemein bekannt sind.393 Ob ein Handelsbrauch besteht ist Tatfrage, keine § 293 ZPO unterstellte Rechtsfrage.394 Bestätigt ein Kunde Bestellungen ausdrücklich unter Hinweis auf seine AGBs, die unabänderlich seien und in klarer Weise eine Gerichtsstandsregelung enthalten, so kommt eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Handelsbrauch zustande, wenn der Lieferant nicht widerspricht; eine schriftliche Bestätigung seinerseits ist nicht erforderlich.395 Dem Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben ist ein 151 Schweigen auf eine modifizierte Annahmeerklärung („Auftragsbestätigung“) dagegen nicht gleichzusetzen.396 Schließlich kann ein Gerichtsstand gegebenenfalls nach Handelsbrauch auch 152 durch Abdruck einer entsprechenden Klausel auf einer Faktura (Warenrechnung) vereinbart werden, wenn diese widerspruchslos entgegengenommen und honoriert wird. Anders als im deutsch-österreichischen Anerkennungsvertrag (s u § 13 Rz 468) ist der österreichische Fakturengerichtsstand (§ 88 II JN) in Anh I zu Art 3 EuGVO nicht als exorbitant ausgeschlossen worden. Sofern in der betreffenden Branche daher ein entsprechender Handelsbrauch

_______________

392 EuGHE 1997, I-911 (Mainschiffahrts-Genossenschaft v Le Gravières Rhénanes Sarl) = NJW 1997, 1431 = JZ 1997, 839 (m Anm H. Koch) = ZZPInt 2 (1997), 161 (P. Huber) = IPRax 1999, 31 (dazu Kubis S 10); EuGHE 1999, I-1597 (Trasporti Castelletti v Hugo Trumpy) = ZZPInt 4 (1999), 233 (Adolphsen); dazu auch Saenger ZEuP 2000, 656; Girsberger IPRax 2000, 87. 393 Kropholler, 8. Aufl, Art 23 Rz 55. 394 Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 32; aA Thomas/Putzo/Hüßtege Art 23 Rz 14. 395 Hanomag v Payant, Grenoble Court of Appeal, [1996] ILPr 71, 76. 396 BGH RIW 1994, 508/10 = JR 1995, 456 m Anm Dörner.

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§3

Internationale Zuständigkeit

besteht, kommt deshalb auch der Fakturengerichtsstand in Betracht.397 Auch ein Fall des Art 23 I 3 lit. b EuGVO (s o Rz 148) kommt in Betracht.398 (5) Elektronischer Vertragsschluss 153 Art 23 II EuGVO stellt Vertragserklärungen, die elektronisch, etwa per e-mail, übermittelt werden, ausdrücklich der Schriftform gleich, sofern die Art der Übermittlung eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglicht. Man wird aber auch Art 17 I 2 (a) LugÜ in gleicher Weise auslegen können.399 (6) Form nach CMR 154 Genügt eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht den Anforderungen des Art 23 I EuGVO bzw nach Art 17 EuGVÜ/LugÜ, so muss noch geprüft werden, ob das angerufene Gericht aufgrund eines anderen Übereinkommens international zuständig ist. So hat das LG Aachen die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung mangels Form nach Art 17 verneint, sie aber aufgrund von Art 31 des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) bejaht, weil diese Vereinbarung gemäß Art 57 EuGVÜ (bzw jetzt nach Art 71 EuGVO) als „lex specialis“ fortgelte.400 Danach bedarf es für eine Zuständigkeitsvereinbarung keiner besonderen Form. Eine deutsche Reederei machte die Unzuständigkeit der belgischen Gerichte geltend und berief sich auf eine in dem Konnossement enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung, wonach die deutschen Gerichte zuständig sein sollten. Das belgische Gericht führte aus, nach Art 31 CMR könne der Kläger die Klage nicht nur vor den durch Parteivereinbarung bestimmten Gerichten, sondern auch vor den Gerichten des Staates erheben, in dem die Güter übernommen oder abgeliefert werden sollten. Von dieser Bestimmung könne gemäß Art 41 CMR nicht durch Parteivereinbarung abgewichen werden, die CMR gehe als „lex specialis“ vor. d) Wirkungen der Vereinbarung 155 Eine internationale Zuständigkeitsvereinbarung nach Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ führt grundsätzlich zu einer ausschließlichen Zuständigkeit des vereinbarten Gerichts. Nach Art 23 I 2 EuGVO können die Parteien aber Abweichendes vereinbaren. Was gilt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Glei_______________

397 398 399 400

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Stöve S 171ff. Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 21. Boele-Woelki BerDGVR 39 (2000), 307, 322. RIW/AWD 1976, 588; vgl auch OLG Düsseldorf RIW 1990, 752.

Europäisches Zivilprozessrecht

§3

ches gilt im Rahmen von Art 17 I 1 LugÜ.401 Hierfür spricht auch Art 17 IV LugÜ. Ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nämlich nur zugunsten einer der Parteien getroffen worden, so behält diese das Recht, jedes andere Gericht anzurufen, das aufgrund des LugÜ zuständig ist.402 Die Wirkung der Gerichtsstandsvereinbarung steht unter dem Vorbehalt der 156 rügelosen Einlassung nach Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ.403 Weder Art 23 I EuGVO noch Art 17 I LugÜ regeln, ob die Gerichtsstands- 157 vereinbarung auch bei Unwirksamkeit des materiellen Hauptvertrages Bestand hat. In gleicher Weise wie bei einer Schiedsklausel ist auch von der rechtlichen Selbständigkeit der Gerichtsstandsvereinbarung auszugehen.404 Dies schließt nicht aus, die Wirksamkeit der Vereinbarung an der lex causae zu messen. Die Gerichtsstandsvereinbarung schließt sinngemäß eine Widerklage vor 158 einem anderen Gericht aus (vorbehaltlich der rügelosen Einlassung). Nach hM ist auch die Prozessaufrechnung mit einer aktiv in einem anderen Staat oder vor einem Schiedsgericht zu verfolgenden (streitigen) Forderung nur zulässig, wenn sich der Kläger auf die Aufrechnungsforderung rügelos einlässt. Die Aufrechnung mit einer streitigen, inkonnexen Gegenforderung ist danach nur zulässig, wenn das Prozessgericht dafür international zuständig ist.405 M.E. kann aus einer Gerichtsstandsvereinbarung nicht ohne weiteres auf ein Aufrechnungsverbot geschlossen werden.406 Eine Gerichtsstandsvereinbarung schließt eine Streitverkündung vor einem 159 anderen Gericht nicht aus, zumal diese nach deutschem Recht nicht voraussetzt, dass das Gericht für eine Entscheidung gegenüber dem Streitverkündungsempfänger zuständig ist.407 Die Gerichtsstandsvereinbarung begründet eine gerichtliche Zuständigkeit 160 oder derogiert sie. Sie enthält aber kein schuldrechtliches Versprechen der Parteien vor keinem anderen Gericht zu klagen. Eine (auch aus der Sicht des angerufenen Gerichts) prorogationswidrige Klage führt auf Rüge oder im Fall _______________

401 Vgl EuGHE 1978, 2133 (Meeth v Glacetal) = RIW 1978, 814; Gottwald IPRax 1987, 82. 402 Vgl BGH IPRax 1999, 246 (dazu G. Schulze S 229); LG Trier IPRspr. 1975 Nr 145. 403 EuGHE 1981, 1671 (Elefanten Schuh v Jacqmain) = IPRax 1982, 234 (dazu Leipold S 222). 404 Geimer/Schütze Art 23 Rz 94. 405 BGHZ 149, 120, 127ff = JZ 2002, 605 (Hess/Müller); BGH IPRax 1994, 115 (dazu Geimer S 82); aA (zu Recht) LG Berlin IPRax 1998, 97 (dazu Gebauer S 79); Schlosser Vor Art 2 Rz 15; Wagner IPRax 1999, 65, 72ff; Fasching/Simotta § 104 JN Rz 325; krit. Coester-Waltjen, FS G. Lüke, 1997, S 35, 46ff; Kannengiesser S 145ff, 181; Gottwald IPRax 1986, 10; s o Rz 95. 406 S auch Rauscher/Mankowski Art 23 Brüssel I-VO Rz 69. 407 Rauscher/Mankowski Art 23 Brüssel I-VO Rz 74.

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§3

Internationale Zuständigkeit

der Säumnis (Art 26 EuGVO) lediglich zur Klageabweisung. Die Kosten einer prorogationswidrigen Klage können aber nicht als Schadenersatz geltend gemacht werden.408 e) Subjektive Reichweite 161 Die Vereinbarung bindet die Vertragsparteien und ihre Rechtsnachfolger.409 Eine vom Schuldner wirksam geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung bindet auch den Insolvenzverwalter; keine Bindung besteht jedoch für neu entstandene Anfechtungsansprüche und für Masseverbindlichkeiten.410 Ein Subunternehmer ist an eine Gerichtsstandsvereinbarung des Hauptunternehmers nicht gebunden; ein entsprechender Handelsbrauch besteht nicht.411 Bei Vertragsketten muss also in jedem Verhältnis eine besondere Vereinbarung geschlossen werden. 162 Die Gerichtsstandsklausel in einem Konnossement ist allenfalls zwischen Frachtführer und Befrachter vereinbart, wenn beide sich über die Konnossementbedingungen (mit der Gerichtsstandsklausel) schriftlich geeinigt haben, oder die Klausel Gegenstand einer früheren Vereinbarung war und das Konnossement des Verfrachters als schriftliche Bestätigung dieser Vereinbarung anzusehen ist oder wenn die Konnossementbedingungen im Rahmen laufender Geschäftsbeziehungen vereinbart waren.412 Doch kann die Gerichtsstandsklausel in einem Konnossement der Form internationaler Handelsbräuche genügen.413 Besonders wichtig ist, dass nach Handelsbrauch auch der Empfänger der Ware im Verhältnis zum Verfrachter an die Gerichtsstandsklausel im Konnossement gebunden ist. Nach Ansicht des EuGH ist der Drittinhaber des Konnossements an die zwischen Verfrachter und Befrachter vereinbarte Gerichtsstandsklausel aber nur gebunden, wenn er nach dem anwendbaren nationalen Recht Rechtsnachfolger des Befrachters ist oder wenn er der Klausel selbst zugestimmt hat.414 _______________

408 Krit aus englischer Sicht L. Merrett ICLQ 55 (2006), 315; vgl auch Pfeiffer, Die Absicherung von Gerichtsstandsvereinbarungen durch Vereinbarung eines materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruchs, FS Lindacher, 2007; Schlosser, Materiellrechtliche Wirkungen von (nationalen und internationalen) Gerichtsstandsvereinbarungen?, FS Lindacher, 2007. 409 BayObLG ZIP 2001, 1564; Gebauer IPRax 2001, 471. 410 Vgl M. Stürner IPRax 2005, 416. 411 Pulkowski IPRax 2001, 306, 307; Kropholler, 8. Aufl, Art 23 Rz 63. 412 EuGHE 1984, 2417, 2433/34 (Tilly Russ v Nova) = RIW 1984, 909 m Anm Schlosser. 413 EuGHE 1999, I-1597 (Trasporti Castelletti v Trumpy) = IPRax 2000, 119 (dazu Girsberger); Kropholler/Pfeifer, FS Nagel, S 157, 164; Stöve S 162ff. 414 EuGHE 2000, I-9337 (Coreck Maritime v Handelsveem) = NJW 2001, 501 = ZIP 2001, 215; Kropholler, 8. Aufl, Art 23 Rz 66f; Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 52ff; vgl Rabe TranspR 2000, 389; weitergehend für generelle Bindung des Dritten: Stöve S 170f.

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Europäisches Zivilprozessrecht

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Der Drittbegünstigte aus einem Vertrag zugunsten Dritter ist grundsätzlich 163 ebenfalls ohne eigene Mitwirkung an die darin enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gebunden.415 Für Versicherungsverträge ist dies in Art 13 Nr 2 EuGVO bzw Art 12 Nr 2 LugÜ ausdrücklich vorgesehen.416 Gebunden ist schließlich der Dritte bei der action directe.417

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Nicht gebunden ist der gesetzliche oder der rechtsgeschäftliche Vertreter 165 einer Partei in eigener Person. Dagegen wird teilweise die Ansicht vertreten, der falsus procurator sei selbst an den vollmachtlos vereinbarten Gerichtsstand gebunden; eine Berufung darauf, er habe nicht für sich gehandelt, sei arglistig.418 Bestehen oder Nichtbestehen einer Vertretungsmacht ändern jedoch nichts daran, dass der Vertreter keine eigene Verpflichtungserklärung abgibt. Die Haftung nach § 179 BGB ist auch keine vertragliche, sondern eine gesetzliche Haftung. Eine persönliche Bindung an eine selbst initiierte Gerichtsstandsklausel besteht daher nicht. f) Beschränkungen der Prorogationsfreiheit Nach Art 23 V EuGVO bzw Art 17 III LugÜ haben Vereinbarungen bzw ent- 166 sprechende Trust-Bedingungen keine Wirkung, wenn sie gegen Art 13, 17 und 21 EuGVO bzw Art 12, 15 LugÜ verstoßen oder in ausschließliche Zuständigkeiten nach Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ eingreifen. Gerichtsstandsvereinbarungen in Arbeitssachen sind nur noch eingeschränkt 167 zulässig. In individuellen Arbeitsverträgen sind sie nur zulässig, wenn sie nach Entstehung der Streitigkeit getroffen werden oder wenn dadurch dem Arbeitnehmer ein zusätzliches Forum neben dem Wohnsitz des Beklagten oder dem Gerichtsstand des Erfüllungsorts (Art 5 Nr 1) eingeräumt wird. Dies ergibt sich für die EuGVO aus Art 21, 23 V. Nach Art 17 V LugÜ sind dagegen in Arbeitssachen nur nachträgliche Ge- 168 richtsstandsvereinbarungen zulässig.419 Diese Regel gilt im Verhältnis zu EFTA-Staaten (Art 54b LugÜ). Sonstige nationale Prorogationsbeschränkungen finden innerhalb von Art 23 169 EuGVO bzw Art 17 LugÜ keine Anwendung.420 Eine Missbrauchskontrolle von europäischen Gerichtsstandsvereinbarungen anhand der §§ 305ff BGB _______________

415 Mankowski IPRax 1996, 427, 430ff; MüKo/Gottwald, 5. Aufl, § 328 BGB Rz 101; Rauscher S 62. 416 Vgl Kropholler, 8. Aufl, Art 23 Rz 65; s aber EuGHE 2005, I-3707 (SFIP) (Rz 42). 417 Cour de Cass. Rev.crit. 2000, 224; dazu Gebauer IPRax 2001, 471. 418 So Rauscher IPRax 1992, 146; Geimer IZPR 5. Aufl, Rz 1731a. 419 Vgl Killias S 129ff. 420 So zum BörsG: LG Darmstadt IPRax 1995, 318 (dazu Thorn S 294, 298); Gottwald, FS Firsching, S 103; Rauscher ZZP 104 (1991), 271, 295ff; Schlosser Art 23 Rz 32.

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§3

Internationale Zuständigkeit

findet nicht statt.421 Entsprechend gibt es auch keinen allgemeinen Missbrauchseinwand gegenüber Gerichtsstandsvereinbarungen.422 13. Die rügelose Einlassung 170 Schrifttum: Geimer, Unterwerfung des Beklagten als Basis internationaler Zuständigkeit, FS Rechberger, 2005, 155; Th. Richter, Die rügelose Einlassung des Verbrauchers im Europäischen Zivilprozessrecht, RIW 2006, 578; Schulte-Beckhausen, Internationale Zuständigkeit durch rügelose Einlassung im europäischen Zivilprozessrecht, 1994.

171 Die internationale Zuständigkeit wird schließlich durch rügelose Einlassung begründet (Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ), wenn der Beklagte nicht den Mangel der Zuständigkeit geltend macht. Ein Verhandeln zur Hauptsache ist abweichend von § 39 ZPO nicht erforderlich. Durch die rügelose Einlassung wird das Gericht international zuständig; anders als nach der Doktrin vom „forum non conveniens“ oder nach Art 6 schweiz. IPRG darf es seine Zuständigkeit nicht ablehnen. 172 Aus dem Wortlaut von Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ ergibt sich nicht, dass die Parteien in einem oder mehreren Vertragsstaaten wohnen müssen. Wegen des Sachzusammenhangs ist der Anwendungsbereich von Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ aber in gleicher Weise wie der über die Gerichtsstandsvereinbarung auszulegen.423 Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ ist danach anwendbar, wenn nur eine Partei ihren Wohnsitz/Sitz in einem Vertragsstaat hat.424 Wenn ein Kläger aus New York aufgrund von § 23 ZPO einen Beklagten aus Bukarest vor einem Bremer Gericht verklagt, fehlt es dagegen an einer ausreichenden Beziehung zum europäischen Prozessrecht. Wohnt aber der Kläger in Bremen und lässt sich ein Beklagter mit Wohnsitz in Bukarest vor einem Bremer Gericht rügelos zur Hauptsache ein, so ist nach dem oben Gesagten (Rz 135, 137) Art 24 EuGVO anzuwenden.425 173 Die rügelose Einlassung ist von einer stillschweigenden Prorogation zu unterscheiden, weil eine Gerichtsstandsvereinbarung den ausdrücklichen Willen der Parteien voraussetzt.426 Die rügelose Einlassung beruht dagegen auf dem Präklusionsprinzip,427 ohne dass die Partei die Rechtsfolge gewollt haben muss. _______________

421 Kropholler Art 23 Rz 19; Rauscher/Mankowski Art 23 Rz 12; Geimer/Schütze Art 23 Rz 72; vgl G. Wagner, Prozessverträge, 1998, S 380ff. 422 Horn IPRax 2006, 2. 423 Stein/Jonas/Bork § 39 ZPO Rz 15. 424 AA BGH IPRax 1999, 367, 369 (krit. dazu Dörner/Staudinger S 338, 340). 425 Geimer/Schütze/Auer Art 18 EuGVÜ Rz 11ff; aA Schulte-Beckhausen S 117ff, 130. 426 So zu Recht Geimer WM 1977, 66; aA der Jenard-Bericht zu Art 18 EuGVÜ. 427 Schulte-Beckhausen S 68ff, 90ff.

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Europäisches Zivilprozessrecht

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Die Einlassung zur Hauptsache betrifft immer nur die internationale, nicht auch die sachliche Zuständigkeit. In einem auslandsbezogenen Fall muss aber im Zweifel davon ausgegangen werden, dass der Beklagte mit dem Bestreiten der Zuständigkeit die internationale Zuständigkeit meint. Erhebt der Beklagte daher die Schiedseinrede in einem international bezogenen Fall bestreitet er im Zweifel auch die internationale Zuständigkeit des Gerichts.428 Eine rügelose Einlassung liegt vor, wenn der Beklagte sich gegenüber dem 174 Gericht in irgendeiner Weise mündlich oder schriftlich verteidigt oder verhandelt, gleichgültig ob sich das Vorbringen auf das Verfahren oder auf die Sache selbst bezieht, sofern er nicht zuvor (oder gleichzeitig) die internationale Zuständigkeit rügt.429 Bloße Ankündigungen, wie die Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gemäß § 276 I 1 ZPO, oder die Mitteilung von der Bestellung als Prozessbevollmächtigter für den Beklagten, sind noch keine Einlassung.430 Keine Einlassung liegt auch in discovery-Begehren des Beklagten.431 Keine Einlassung liegt schließlich in einem nach Klageerhebung vom Beklagten selbst gestellten Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens (§ 485 ZPO), denn dieses ist bewusst als eigenständiges Verfahren konzipiert.432 Keine Einlassung liegt schließlich in einem PKHAntrag des Beklagten.433 Eine Einlassung liegt dagegen vor, wenn der Beklagte an einem Gütetermin (§ 278 II ZPO) teilnimmt, ohne die internationale Zuständigkeit zu rügen.434 Nach Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ muss die Zuständigkeitsrüge vor der 175 sonstigen Stellungnahme abgegeben werden, die nach nationalem Recht als Verteidigungsvorbringen anzusehen ist.435 Nach hM wird damit im Detail durch die lex fori bestimmt, bis zu welchem Zeitpunkt die Rüge erfolgen kann oder ob sie ggf präkludiert ist.436 Im deutschen Recht muss sie spätestens in der (ersten) Klageerwiderung erfolgen.437 Die Rüge ist danach bereits im schriftlichen Vorverfahren zu stellen. Es ist aber zweifelhaft, ob sie nach _______________

428 So auch Geimer/Schütze/Auer Art 18 EuGVÜ Rz 27; Wieczorek/Hausmann § 39 ZPO Rz 22. 429 OLG Frankfurt IPRax 2000, 525 (dazu Kulms S 488, 493). 430 Schulte-Beckhausen S 151ff, 166ff; Rauscher/Staudinger Art 24 Brüssel I-VO Rz 4. 431 Schulte-Beckhausen S 171. 432 AA Schulte-Beckhausen S 171. 433 Schulte-Beckhausen S 171f. 434 Rauscher/Staudinger Art 24 Brüssel I-VO Rz 6ff. 435 EuGHE 1981, 1671/1686 (Elefanten Schuh v Jacqmain) = IPRax 1982, 234 (dazu Leipold S 222). 436 MüKo/Gottwald Art 18 EuGVÜ Rz 5; aA Schulte-Beckhausen S 186: EuGVÜ legt Zeitpunkt autonom fest. 437 OLG Hamm RIW 1999, 540.

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§3

Internationale Zuständigkeit

§§ 282 III, 296 III ZPO vor einer Einlassung präkludiert sein kann.438 Vor dem Amtsgericht tritt die Wirkung des Art 24 EuGVO auch ein, wenn das Gericht nicht gemäß § 504 ZPO auf seine Unzuständigkeit hingewiesen hat.439 176 Hilfsweise Stellungnahmen zur Hauptsache begründen keine rügelose Einlassung.440 Bereits zu dem missverständlichen Wortlaut des Art 18 S 2 LugÜ („nur“) hat der EuGH klargestellt, dass ein vorsorgliches Bestreiten zur Hauptsache neben der vorrangigen Zuständigkeitsrüge nicht schadet.441 Eine vorbehaltlose Einlassung liegt auch nicht vor, wenn die Zuständigkeitsrüge zuvor endgültig zurückgewiesen wurde.442 In dem neu gefassten Art 24 S 2 EuGVO fehlt das Wort „nur“, so dass das hilfsweise Einlassen zur Hauptsache keinesfalls schaden kann. 177 Eine rügelose Einlassung des Beklagten begründet die internationale Zuständigkeit auch, wenn die Parteien eine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung oder eine Schiedsvereinbarung geschlossen hatten oder wenn ein Gericht nach den Art 8ff, 15ff oder 18ff EuGVO zuständig wäre.443 Die rügelose Einlassung hat jedoch keine Wirkung, wenn ein anderes Gericht aufgrund des Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ ausschließlich zuständig ist. 14. Die ausschließlichen Zuständigkeiten 178 Schrifttum: L. Barnich, Les droits réels immobiliers et les locations de vacances, in: Fentiman, L’espace judiciaire européen, 1999, 85; Bauer, Die internationale Zuständigkeit bei gesellschaftsrechtlichen Klagen, 2000; G. Hager/F. Hartmann, Internationale Zuständigkeit für vorbeugende Immissionsabwehrklagen, IPRax 2005, 266; Hölder, Grenzüberschreitende Durchsetzung Europäischer Patente, 2004; Hüßtege, Ferienwohnungen im Ausland als Spielball der Gerichte, IPRax 2001, 31; R. HyeKnudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen Internatonalen Zivilprozessrecht, 2005, S 21ff; Mankowski, Timesharing und internationale Zuständigkeit am Belegenheitsort, EWS 1996, 177; Schack, Abwehr grenzüberschreitender Immissionen im dinglichen Gerichtsstand?, IPRax 2005, 262; Schillig, Die ausschließliche internationale Zuständigkeit für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten vor dem Hintergrund der Niederlassungsfreiheit, IPRax 2005, 208; Vivant, Das EuGVÜ und die gewerblichen Schutzrechte, RIW 1991, 26; Wadlow, Enforcement of intellectual property in European and international law, 1998, S 104ff; Wenner, Grundstückseigentum im Ausland – Gerichtsstand im Inland?, FS Jagenburg, 2002, S 1013.

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438 439 440 441

Vgl Schulte-Beckhausen S 191ff. Rauscher/Staudinger Art 24 Brüssel I-VO Rz 14ff. BGH RIW 2005, 776, 777; BGH NJW 1999, 2442; Schulte-Beckhausen S 206ff. Ebenso EuGHE 1981, 2431 (Rohr v Ossberger) = IPRax 1982, 238 (zustimmend Leipold S 223). 442 Tribunale di Pinerolo RIW/ADW 1976, 107. 443 Zur rügelosen Einlassung in Verbrauchersachen s Richter RIW 2006, 578.

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Europäisches Zivilprozessrecht

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Die in Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ vorgesehenen ausschließlichen Zu- 179 ständigkeiten sind zwischen den Mitglieds- bzw Vertragsstaaten abschließend. Soweit nach dem nationalen Recht des jeweiligen Vertragsstaates weitere ausschließliche Zuständigkeiten bestehen, sind diese im europäischen Rechtsraum nicht mehr anzuwenden. Die Ausschließlichkeit der Zuständigkeiten nach Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ schließt Klagen im Wohnsitzgerichtsstand (Art 2), sinngemäß aber auch Vereinbarungen des Erfüllungsortes (Art 5 Nr 1), Zuständigkeitsvereinbarungen und die rügelose Einlassung in diesem Bereich aus.444 Art 22 ist stets anwendbar, gleichgültig ob der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat oder nicht. Denn im Eingangssatz von Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ heißt es ausdrücklich: „Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig …“.445 Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ regelt nur die internationale Zuständigkeit; 180 die örtliche Zuständigkeit wird durch das autonome nationale Recht bestimmt.446 a) Der dingliche Gerichtsstand, Art 22 Nr 1 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ. 181 Erfasst sind zunächst Klagen wegen dinglicher Rechte an einer unbeweglichen Sache. Ob dies der Fall ist, ist nicht nach der jeweiligen lex rei sitae, sondern autonom rechtsvergleichend zu bestimmen.447 Da die Regel eine ausschließliche Zuständigkeit begründet und zur Folge haben kann, dass in einem Staat zu klagen ist, in dem keine Partei ihren Wohnsitz hat, ist die Anknüpfung eng auszulegen.448 Sie erfasst nicht alle Klagen, die national dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, sondern nur solche, die darauf gerichtet sind, Umfang oder Bestand der unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran zu bestimmen und den Inhabern dieser Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern.449 Die Klage muss auf das dingliche Recht an der Sache, nicht auf einen persönlichen Anspruch gegen den Schuldner gestützt sein. Erfasst ist die Herausgabeklage aus Eigentum, nicht dagegen die Herausgabeklage zur Erfüllung eines Grund_______________

444 EuGHE 1977, 2383 (Sanders v van der Putte) = RIW 1978, 336; Kropholler, 8. Aufl, Art 22 Rz 3; MüKo/Gottwald Art 16 EuGVÜ Rz 1. 445 Vgl Coester-Waltjen, FS Nakamura, S 89, 102ff; Schlosser Art 16 Rz 15; Fasching/ Simotta Vor §§ 83a, 83b JN Rz 156. 446 Kropholler Art 22 Rz 1; Geimer/Schütze Art 16 Rz 20ff; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 218. 447 EuGH (18.5.06, C-343/04, Land Oberösterreich v „ EZ) RIW 2006, 624; EuGHE 1990-I, 27, 41 (Rz 8) (Reichert v Dresdner Bank) = IPRax 1991, 45 (dazu Schlosser S 29); EuGHE 2001, I-2771 (Gaillard v Chekili) = EWS 2001, 451 = [2001] ILPr 474 (Nr 13). 448 EuGHE 2000, I-393 (Rz 21) (Dansommer v Götz), NJW 2000, 2009 = EWS 2000, 173 = IPRax 2001, 41 (dazu Hüßtege S 31) = ZZPInt 5 (2000), 240 (Rauscher). 449 EuGH (18.5.06, C-343/04, Land Oberösterreich v „ EZ) (Rz 28ff) RIW 2006, 624 (Knöfel); EuGHE 2000, I-393 (Rz 11); Kreuzer/Wagner Q 106.

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Internationale Zuständigkeit

stückskaufvertrages,450 auch nicht eine Immissionsabwehrklage.451 Eine Klage auf Auflösung eines Grundstückskaufvertrages ist nicht betroffen,452 ebenso nicht eine Klage auf Veräußerung eines Treuhandeigentums und Herausgabe des Erlöses,453 auch nicht eine Klage auf Löschung eines Nießbrauchs an einem Grundstück wegen Verletzung des Bestellungsvertrags.454 Unterlassungsansprüche wegen unzulässiger Immissionen dürften eher deliktisch einzuordnen sein.455 182 Liegt das Grundstück in einem Drittstaat, so geht von Art 22 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ eine Reflexwirkung zugunsten des Drittstaats aus. Beansprucht der Drittstaat selbst eine ausschließliche Zuständigkeit in diesen Fällen, so hat sich das Gericht eines Mitglieds- bzw Vertragsstaates in Analogie zu diesen Regeln für unzuständig zu erklären, auch wenn gegen den Beklagten eine Zuständigkeit nach Art 2 bestünde.456 183 Unterlassungsansprüche nach § 1004 BGB und Ausgleichsansprüche nach § 906 BGB betreffen nicht dingliche Rechte.457 Eine Klage wegen Gläubigeranfechtung fällt ebenfalls nicht unter Nr 1.458 Nicht unter Nr 1 fallen weiter Klagen auf Zahlung von Nutzungsentschädigung nach nichtiger Eigentumsübertragung459 und auf Feststellung, dass jemand eine unbewegliche Sache als „trustee“ hält.460 184 Art 22 Nr 1 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ erfasst weiter alle Klagen aus Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen. Liegt ein Miet- oder Pachtobjekt ausnahmsweise im Gebiet mehrerer Vertragsstaaten, so ist jeder Staat nur für den auf seinem Territorium liegenden Teil des Miet- oder Pachtobjekts zuständig.461 Sachlich gehören hierher Klagen auf Zahlung von Miet- oder _______________

450 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 220. 451 EuGH (18.5.06, C-343/04) (Rz 31ff.) RIW 2006, 624 (Knöfel) (Land Oberösterreich v „ EZ). 452 EuGHE 2001, I-2771 (Gaillard v Chekili) = EuLF 2000/01, 362 = [2001] ILPr 474; vgl Jayme/Kohler IPRax 2001, 501 u. 506. 453 Pollard v Ashurst, English High Court [2001] ILPr 74. 454 BGH RIW 2004, 783 = MDR 2005, 138 = ZZPInt 9 (2004), 206 (Mankowski). 455 Vgl Schack IPRax 2005, 262ff; Hager/Hartmann IPRax 2005, 266. 456 So Kreuzer/Wagner Q 103; Kropholler, 8. Aufl, Art 22 Rz 7; MüKo/Gottwald Art 16 Rz 6; Schlosser Art 16 Rz 14; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 80; aA Grolimund Rz 507; Wenner, FS Jagenburg, S 1013, 1022ff; Geimer/Schütze Art 16 Rz 13; vgl Fasching/Simotta § 81 JN Rz 26; Vor §§ 83a, 83b JN Rz 158. 457 Schack, in: Umweltschutz im Völkerrecht, 1992, 315, 329. 458 EuGHE 1990, I-27 (Rz 10ff) (Reichert v Dresdner Bank) = IPRax 1991, 45 (dazu Schlosser S 29). 459 EuGHE 1994, I-2535 (Lieber v Göbel) = EWS 1994, 246. 460 EuGHE 1994, I-1717 (Webb v Webb) = RIW 1994, 590 = IPRax 1995, 314 (dazu Kaye S 286). 461 EuGHE 1988, 3791 (Scherrens v Maenhout) = IPRax 1991, 44 (dazu Kreuzer S 25); aA Kreuzer/Wagner Q 110 (Zuständigkeit des Staates, in dem Hofstelle liegt).

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Pachtzins, auf Ersatz verursachter Schäden,462 auf Besitzverschaffung oder auf Räumung (Herausgabe) der Miet- oder Pachtsache. Unter Art 22 Nr 1 EuGVO fallen auch Streitigkeiten an dinglich oder schuldrechtlich (ohne wesentliche Dienstleistungsanteile) ausgestalteten Timesharing-Verträgen; nicht erfasst sind dagegen vereins- oder gesellschaftsrechtliche Gestaltungen oder durch Dienstleistungen wesentlich geprägte Modelle.463 Für die neue EuGVO hat aber insoweit der erweiterte Verbraucherschutz nach Art 15 EuGVO Vorrang.464 Ansprüche, die nur mittelbar an die Sachnutzung anknüpfen, fallen nicht unter Nr 1.465 Nicht unter Nr 1 fallen danach Ansprüche wegen Nutzungsentschädigung bei Unwirksamkeit des Mietvertrages,466 für eine unwirksam übertragene Eigentumswohnung467 und ein Vertrag über die Verpachtung eines Ladengeschäfts.468 Ansprüche aus der Vermietung eines Schiffes werden nur erfasst, wenn es nach dem anwendbaren Recht wie ein Grundstück behandelt wird.469 Erfasst von Nr 1 sind auch Klagen wegen kurzfristig gemieteter Ferienhäuser 185 bzw -wohnungen.470 Wohnen beide Vertragspartner in dem gleichen, anderen Mitgliedsstaat, ist diese ausschließliche Zuständigkeit unpraktisch. Der Möglichkeit einer teleologischen Reduktion hat sich der EuGH leider verschlossen. Im Luganer Übereinkommen und im 3. Beitrittsübereinkommen mit Spa- 186 nien und Portugal sind Streitigkeiten über Ferienwohnungen bzw -häuser in unterschiedlichem Umfang aus dem Anwendungsbereich von Art 16 Nr 1 EuGVÜ herausgenommen worden.

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462 EuGHE 2000, I-393 (Rz 23ff) (Dansommer v Götz) =NJW 2000, 2009 = EWS 2000, 173 = IPRax 2001, 41 (dazu Hüßtege S 31). 463 Vgl EuGH (Rs C-73/04 v 13.10.05) (Klein v Rhodos Management) IPRax 2006, 159 (dazu Hüßtege S 124) = ZZPInt 10 (2005), 305 (Mankowski) (Immobilie nur nach Typ und Ort festgelegt; Tausch des Nutzungsrechts möglich); LG Darmstadt EWS 1996, 191 = RIW 1996, 422 (dazu Mankowski EWS 1996, 177); OLG Koblenz NJW-RR 2001, 490; Schlosser Art 22 Rz 10; krit Rauscher/Mankowski Art 22 Brüssel I-VO rz 17; offen gelassen in BGHZ 135, 124 = NJW 1997, 1697, 1698. 464 Hausmann EuLF 2000, 40, 45; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 330. 465 EuGHE 1985, 99 (Rösler v Rottwinkel) = IPRax 1986, 97 (dazu Kreuzer S 75); Hüßtege NJW 1990, 622. 466 OGH IPRax 1999, 471 (dazu Hüßtege S 477). 467 EuGHE 1994, I-2535 (Lieber v Göbel) = NJW 1995, 37 = IPRax 1995, 99 (dazu Ulmer S 72). 468 EuGHE 1977, 2383 = NJW 1978, 1107. 469 OLG Düsseldorf MDR 2005, 165, 166; Geimer Art 22 Rz 47. 470 EuGHE 1985, 99 (Rösler v Rottwinkel) = IPRax 1986, 97 (dazu Kreuzer S 75); Rauscher NJW 1985, 892; Hüßtege NJW 1990, 622.

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Internationale Zuständigkeit

187 Nach Art 16 Nr 1 EuGVÜ waren die Gerichte im Wohnsitzstaat des Beklagten konkurrierend zuständig, wenn die Miete oder Pacht zu vorübergehendem privaten Gebrauch für längstens sechs Monate erfolgte und zusätzlich der Eigentümer und der Vermieter bzw Verpächter natürliche Personen sind und ihren Wohnsitz in demselben Vertragsstaat haben. 188 Art 22 Nr 1, 2. Abs EuGVO weicht hiervon insoweit ab, als es genügt, dass der Mieter oder Pächter eine natürliche Person ist; Vermieter kann also auch ein Unternehmer sein. 189 Nach dem Luganer Übereinkommen müssen die Vertragsparteien nicht im gleichen Vertragsstaat wohnen; es genügt, dass beide ihren Wohnsitz nicht im Staat der belegenen Sache haben (Art 16 Nr 1 b LugÜ). 190 Art 22 Nr 1 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ erfasst aber nur Miet- oder Pachtverträge, nicht dagegen Beherbergungsverträge (über Hotelzimmer) oder Verträge über die Vermietung von Konferenzräumen unter Bereitstellung von Verpflegung,471 sowie Reiseverträge bzw Reisevermittlungsverträge, wenn diese sich auch auf eine Wohnung oder ein Ferienhaus beziehen.472 Der Reiseveranstalter ist dagegen an den Gerichtsstand gebunden, wenn er aus abgetretenem Recht des Vermieters klagt.473 Nicht unter Art 22 Nr 1 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ fallen auch Verbandsklagen nach §§ 1ff UKlaG, die sich gegen AGBs bei der Vermietung von Ferienhäusern oder Ferienwohnungen in einem anderen EG-Staat richten.474 191 b) Klagen über den Bestand von Gesellschaften und über die Wirksamkeit von Gesellschaftsbeschlüssen sind zwingend am Sitz der Gesellschaft zu erheben, Art 22 Nr 2 EuGVO, Art 16 Nr 2 LugÜ. Der Gesellschaftssitz ist hier nicht nach Art 60 I EuGVO, sondern nach Art 22 I Nr 2 S 2 EuGVO nach dem IPR des jeweils angerufenen Gerichts zu bestimmen.475 Diese Regel betrifft kontradiktorische Verfahren, welche die Gültigkeit, Nichtigkeit oder die Auflösung einer Gesellschaft oder juristischen Person oder die Gültigkeit der Beschlüsse ihrer Organe zum Gegenstand haben, nicht dagegen einseitige Löschungsverfahren nach FGG.476 Zu den Gesellschaften iS dieser Vorschrift gehören nicht nur Kapitalgesellschaften, sondern auch die OHG und KG nach deutschem Recht.477 Die Anwendung der Norm auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts war dagegen streitig. Nachdem der BGH aber _______________

471 OLG Karlsruhe IPRax 2000, 30. 472 EuGHE 1992, I-1111, 1127 (Hacker v Euro-Relais) = NJW 1992, 1029 = IPRax 1993, 31 (dazu Jayme S 18); Fasching/Simotta § 83 JN Rz 14. 473 EuGHE 2000, I-393 (Rz 36f) (Dansommer v Götz) = NJW 2000, 2009 = ZZPInt 5 (2000), 241 (Rauscher) = IPRax 2001, 41 (dazu Hüßtege S 31). 474 BGHZ 109, 29, 32 = RIW 1990, 63; Kreuzer/Wagner Q 113. 475 Zu den Folgen s Schillig IPRax 2005, 208, 216ff. 476 Rauscher S 50; Schillig IPRax 2005, 208, 213, 215. 477 Geimer/Schütze Art 16 Rz 180ff, 183.

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die Rechtsfähigkeit der BGB-Außengesellschaft anerkannt hat478 und diese damit selbst Unternehmensträger sein kann, erscheint es konsequent, Streitigkeiten über die Auflösung der BGB-Gesellschaft Art 22 Nr 2 EuGVO bzw Art 16 Nr 2 LugÜ zuzuordnen.479 Auf reine Innengesellschaften, zB eine stille Gesellschaft (§ 230 HGB) ist Art 22 Nr 2 EuGVO nicht anwendbar.480 Ob eine Gesellschaft den Sitz in dem betreffenden Staat hat, ist nach dem anwendbaren Gesellschaftsrecht, nicht nach dem neuen Art 60 EuGVO zu beurteilen.481 Nicht restlos geklärt ist, wann es sich um Organbeschlüsse handelt, die 192 unter Nr 2 fallen. Erfasst sind sicher Klagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse einer AktG. Manche wollen aber sogar die Verhängung von Vereinsstrafen, zB eine Dopingsperre im Sport, unter Nr 2 subsumieren.482 Hiergegen spricht aber, dass der Organbeschluss insoweit keine Außenwirkung hat und erst der Vollzugsakt den Sportler belastet. Nicht unter Art 22 Nr 2 EuGVO bzw Art 16 Nr 2 LugÜ fallen Klagen der 193 Gesellschafter gegen die Gesellschaft auf Auszahlung des Gewinns, Ansprüche der Gesellschaft gegen die Gesellschafter, zB auf Zahlung von Einlagen,483 Klagen der Gesellschaft gegen ihre Organe, Klagen auf Ausschließung eines Gesellschafters oder der Entziehung der Vertretungsrechte.484 Erfasst sind nur kontradiktorische Verfahren, nicht einseitige Amtsverfahren, zB auf Löschung nach den §§ 144, 144a FGG.485 c) Art 22 Nr 3 EuGVO bzw Art 16 Nr 3 LugÜ betrifft Klagen, welche die 194 Gültigkeit von Eintragungen in öffentliche Register zum Gegenstand haben. Davon werden vornehmlich Grundbücher und Handelsregister betroffen. Es sind international ausschließlich zuständig die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Register geführt werden.486 Die ausschließliche Zuständigkeit betrifft nicht die Reichweite materiellrechtlicher Wirkungen, die von Eintragungen ausgehen.487 _______________

478 BGHZ 146, 341ff = JZ 2001, 655 (m Anm Wiedemann). 479 Vgl Geimer/Schütze Art 16 Rz 184. 480 Geimer/Schütze Art 22 Rz 147; aA Rauscher/Mankowski Art 22 Brüssel I-VO Rz 28. 481 Hausmann EuLF 2000, 40, 43. 482 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 229. 483 Fasching/Simotta § 83b JN Rz 13; Rauscher/Mankowski Art 22 Brüssel I-VO Rz 35. 484 Geimer/Schütze I 696ff; krit. Geimer, FS Schippel, 1996, S 869; aA Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 229; Kropholler, 8. Aufl, Art 22 Rz 37 (extensive Anwendung erwägenswert). 485 Kropholler Art 22 Rz 34; Rauscher/Mankowski Art 22 Brüssel I-VO Rz 34. 486 Vgl In re Hayward, decd [1996] 3 WLR 674 (ChD). 487 Geimer/Schütze EuZPR Art 16 Rz 218.

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195 d) Art 22 Nr 4 EuGVO bzw Art 16 Nr 4 LugÜ betreffen die Eintragung oder Gültigkeit von Patenten, Marken (Warenzeichen), Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, wie das Sortenschutzrecht.488 Nicht erfasst ist der Firmenschutz.489 Es sind international ausschließlich zuständig die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt. Dabei müssen berücksichtigt werden: das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Fabrik- und Handelsmarken vom 14.4.1891, das Haager Abkommen über die Hinterlegung gewerblicher Muster oder Modelle vom 6.11.1925, das Münchener Patentübereinkommen vom 5.10.1973 und das Luxemburger Patentübereinkommen vom 15.12.1975.490 Die beiden letzteren Übereinkommen enthalten für Teilbereiche besondere Zuständigkeitsund Anerkennungsregeln, die nach Art 71 I vor der EuGVO Vorrang haben.491 Art 22 Nr 2 EuGVO bzw Art 16 Nr 4 LugÜ ist also nur anwendbar, soweit diese Vertragswerke nicht eingreifen.492 Für europäische Patente (also inhaltlich gebündelte nationale Patente) sieht Art 22 Nr 4 Unterabs 2 EuGVO vor, dass Klagen wegen der Erteilung oder Gültigkeit des Patents ohne Rücksicht auf den Wohnsitz der Parteien nicht nur vor dem Europäischen Patentamt, sondern vor den Gerichten eines jeden Mitgliedsstaats erhoben werden können, für den ein Patentschutz erteilt ist und für den er bekämpft werden soll.493 196 Klagen auf Unterlassung oder Schadenersatz wegen Verletzung eines der genannten Schutzrechte fallen nicht unter Nr 4, weil die von der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit erfassten Klagen abschließend aufgeführt sind.494 Auch Vertragsstreitigkeiten aus Lizenzverträgen oder Rechtsübertragungen sind nicht erfasst.495 197 In Deutschland sind die Zuständigkeiten für Verletzungs- und Nichtigkeitsklage getrennt geregelt. Ganz überwiegend wurde angenommen, dass die Zuständigkeit für den Verletzungsstreit nicht entfällt, wenn der Beklagte darin _______________

488 489 490 491 492

Vgl Wadlow Rz 2-101ff, 3-78ff; Hye-Knudsen S 21ff. Kreuzer/Wagner Q 121; Kropholler, 8. Aufl, Art 22 Rz 52. Vgl im Einzelnen Geimer/Schütze/Safferling Art 16 Rz 24. Kropholler, 8. Aufl, Art 22 Rz 56. Eine EG-Verordnung über das Gemeinschaftspatent ist in Vorbereitung; vgl Vorschlag des Rates, KOM (2000) 412 endg. v 1.8.2000. 493 Vgl Körner, FS Bartenbach, 2005, S 401, 404; Kropholler, 8. Aufl, Art 22 Rz 56. 494 EuGH (13.7.06, C-4/03, GAT v LuK) RIW 2006, 688 (Rz 16) = EuZW 2006, 575; EuGHE 1983, 3663 (Duijnstee v Goderbauer) = IPRax 1985, 92 (dazu Stauder); Geimer/Schütze Art 16 Rz 224; vgl Kieninger GRUR Int. 1998, 280; P. Veron JDI 128 (2001), 805; Wadlow EuLRev 10 (1985), 305; ders Rz 3-42ff. 495 Geimer/Schütze Art 16 Rz 227; Fasching/Simotta § 83c JN Rz 33.

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den Nichtigkeitseinwand erheben kann und erhebt;496 der Verletzungsprozess sei aber nach § 148 ZPO auszusetzen, bis über die Gültigkeit des Klagepatents entschieden ist. Soweit nach nationalen Rechten über den Nichtigkeitseinwand im Rahmen des Verletzungsprozesses entschieden werden kann, dürfe das Verletzungsgericht über die Gültigkeit eines ausländischen Schutzrechts vorfrageweise entscheiden, ohne gegen Art 22 Nr 4 EuGVO bzw Art 16 Nr 4 LugÜ zu verstoßen.497 Wird der Nichtigkeitseinwand erhoben, dürfe sich das Verletzungsgericht in diesem Fall auch nicht nach Art 25 EuGVO bzw Art 19 LugÜ für unzuständig erklären.498 Der EuGH hat aber in der Rechtssache GAT v LuK mit Urteil vom 13.7.2006499 entschieden, dass Art 22 Nr 4 EuGVO bzw Art 16 Nr 4 EuGVÜ alle Arten von Rechtsstreitigkeiten über die Eintragung oder die Gültigkeit eines Patents betrifft, unabhängig davon, ob die Frage klageweise oder einredeweise aufgeworfen wird (Rz 25ff, 31). Das Verletzungsgericht darf also über den Nichtigkeitseinwand nicht inzident entscheiden und muss sein Verfahren aussetzen. Es ginge aber zu weit, die Verletzungsklage selbst nach Art 25 EuGVO bzw Art 19 EuGVÜ/LugÜ abzuweisen, obwohl das Gericht für diese international zuständig ist. e) Nach Art 22 Nr 5 EuGVO bzw 16 Nr 5 LugÜ sind für Verfahren, welche 198 die Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll oder durchgeführt worden ist, international ausschließlich zuständig. Davon werden ua betroffen die Drittwiderspruchsklage,500 die Vollstreckungs- 199 gegenklage501 und die Erinnerung gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung. Die Zuständigkeit nach Art 22 Nr 5 EuGVO bzw Art 16 Nr 5 LugÜ kann nicht dazu genutzt werden, um eine Gegenforderung einzuwenden, die selbst nach Art 2ff in einem anderen Gerichtsstand geltend gemacht werden müsste.502 Dazu gehören auch Anträge zur Einstellung und Beschränkung der Vollstreckung.503 _______________

496 Vgl Grabinski GRUR Int 2001, 199, 208f. 497 Bukow S 207ff, 233; Adolphsen, Europäisches und internationales Zivilprozessrecht in Patentsachen, 2005, Rz 503–522. 498 Bukow S 234ff, 243. 499 EuGH (Rs C-4/03) RIW 2006, 688 = EuZW 2006, 575. 500 OLG Hamm IPRax 2001, 339 (dazu H. Roth S 323); Fasching/Simotta Vor §§ 83a, 83b Rz 165. 501 OLG Hamburg IPRax 1999, 168 (dazu Geimer S 152, 154). Eine lediglich negative Feststellungsklage zur Abwehr der drohenden Zwangsvollstreckung hat der österr. OGH von Art 16 Nr 5 ausgenommen, OGH IPRax 1999, 47 (ablehn. H. Roth S 50). 502 EuGHE 1985, 2267, 2273 (AS-Autoteile v Malhé) = NJW 1985, 2892 = IPRax 1986, 232 (dazu Geimer S 208); vgl eingehend Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, 2000, S 367ff. 503 Geimer/Schütze Art 22 Rz 271; Rauscher/Mankowski Art 22 Rz 56.

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200 Nicht erfasst von Art 22 Nr 5 sind Abänderungsklagen, Gläubigeranfechtungsklagen,504 Klagen auf Schadenersatz wegen ungerechtfertigter Vollstreckung,505 Klagen des Dritteigentümers auf Auskehrung des durch Zwangsvollstreckung unberechtigt Erlangten,506 die Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ507 sowie die Zuständigkeiten für die eigentlichen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen508 und für das Offenbarungsverfahren.509 Nicht erfasst sind auch Klagen auf Zustimmung bzw Einwilligung in die Herausgabe einer zugunsten mehrerer Personen bei Gericht hinterlegten Sache oder Geldsumme.510 15. Amtsprüfung der Zuständigkeit 201 Jedes Gericht eines Mitgliedsstaats hat von Amts wegen zu prüfen, ob Gerichte eines anderen Mitgliedsstaats nach Art 22 EuGVO (bzw Art 16 LugÜ) ausschließlich zuständig sind. Ist dies der Fall hat sich das Gericht von Amts wegen für unzuständig zu erklären, Art 25 EuGVO bzw Art 19 LugÜ.511 Im Übrigen prüft das Gericht seine Zuständigkeit nach EuGVO bzw LugÜ von Amts wegen nur, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren nicht einlässt (Art 26 I EuGVO bzw Art 20 I LugÜ). Beruht die Zuständigkeit auf einem Spezialübereinkommen iS von Art 67 EuGVO bzw Art 57 LugÜ, findet die Amtsprüfung in gleicher Weise statt.512 16. Zuständigkeit für Streitigkeiten über Gemeinschaftsmarken 202 Schrifttum: M. Ebner, Markenschutz im internationalen Privat- und Zivilprozessrecht, 2003, S 249; R. Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen Internationalen Zivilprozessrecht, 2005 (Kap 4), S 134ff; R. Knaak, Die Rechtsdurchsetzung der Gemeinschaftsmarke, GRURInt 1997, 865; E. Schaper, Durchsetzung der Gemeinschaftsmarke. Internationale Zuständigkeit, anwendbares Recht, Diss Bayreuth 2004. _______________

504 EuGHE 1992, I-2149 (Reichert v Dresdner Bank) = EuZW 1992, 447; dazu Schlosser IPRax 1993, 17. 505 MüKo/Gottwald Art 16 Rz 38; Rauscher/Mankowski Art 22 Rz 59; Fasching/ Simotta Vor §§ 83a, 83b JN Rz 166. 506 OLG Hamm IPRax 2001, 339 (dazu H. Roth S 323, 324). 507 EuGHE 1994, I-117 (Owens Bank v Bracco) = IPRax 1995, 240 (dazu Kaye S 214). 508 Treibmann, Die Vollstreckung von Handlungen und Unterlassungen, 1994, S 114ff. 509 Geimer/Schütze Art 22 Rz 273; MüKo/Gottwald Art 16 EuGVÜ Rz 30; aA Rauscher/Mankowski Art 22 Rz 57. 510 Vgl Jayme, FS Mußgnug, 2005, S 517, 521f. 511 Vgl Schoibl, Die Prüfung der internationalen Zuständigkeit nach Europäischem Verfahrensrecht, ZZPInt 10 (2005), 123ff. 512 EuGHE 2004, I-10329 (Nürnberger Allgemeine Versicherung v Portbridge) = NJW 2005, 44.

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Titel X der Verordnung (EG) Nr 40/94 des Rates vom 20.12.1993 über die 203 Gemeinschaftsmarke regelt die Zuständigkeit und das Verfahren für Klagen, die Gemeinschaftsmarken betreffen.513 Nach Art 90 MarkenVO (VO (EG) 40/94) gilt auch für Streitigkeiten über Gemeinschaftsmarken grds die EuGVO.514 Für Streitigkeiten über die Verletzung und Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarken regelt Art 93 MarkenVO die internationale Zuständigkeit wie folgt: „(1) Vorbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung sowie der nach Artikel 90 anzuwendenden Bestimmungen des Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens sind für die Verfahren, welche durch eine in Artikel 92 genannte Klage oder Widerklage anhängig gemacht werden, die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz oder – in Ermangelung eines Wohnsitzes in einem Mitgliedstaat – eine Niederlassung hat.(2) Hat der Beklagte weder einen Wohnsitz noch eine Niederlassung in einem der Mitgliedstaaten, so sind für diese Verfahren die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem der Kläger seinen Wohnsitz oder – in Ermangelung eines Wohnsitzes in einem Mitgliedstaat – eine Niederlassung hat. (3) Hat weder der Beklagte noch der Kläger seinen Wohnsitz oder eine Niederlassung in einem der Mitgliedstaaten, so sind für diese Verfahren die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem das Amt seinen Sitz hat. (4) Ungeachtet der Absätze 1, 2 und 3 ist a) Artikel 17 des Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens anzuwenden, wenn die Parteien vereinbaren, dass ein anderes Gemeinschaftsmarkengericht zuständig sein soll. b) Artikel 18 des Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens anzuwenden, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren vor einem anderen Gemeinschaftsmarkengericht einlässt. (5) Die Verfahren, welche durch die in Artikel 92 genannten Klagen und Widerklagen anhängig gemacht werden – ausgenommen Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung einer Gemeinschaftsmarke –, können auch bei den Gerichten des Mitgliedstaats anhängig gemacht werden, in dem eine Verletzungshandlung begangen worden ist oder droht oder in dem eine Handlung im Sinne des Artikels 9 Absatz 3 Satz 2 begangen worden ist.“

Daneben sind für Klagen wegen Verletzung einer Gemeinschaftsmarke die Gerichte des Mitgliedstaats international zuständig, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz, hilfsweise seine Niederlassung hat (Art 93 II). Hilfsweise sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dem der Kläger seinen Wohnsitz, hilfsweise eine Niederlassung hat (Art 93 III), hilfsweise sind die _______________

513 ABl EG vom 14.1.1994, Nr L 11/21ff. 514 Vgl Kohler, Kollisionsrechtliche Anmerkungen zur Verordnung über die Gemeinschaftsmarke, FS Everling, Bd 1, 1995, S 651, 653ff; Kropholler, 8. Aufl, Art 22 Rz 58; Kreuzer/Wagner Q 233ff; Schulte-Beckhausen WRP 1999, 300.

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Gerichte des Staates zuständig, in dem das „Amt“ seinen Sitz hat (Art 93 IV).515 Außerdem sind Prorogation eines Gemeinschaftsmarkengerichts (Art 23 EuGVO) und rügelose Einlassung vor einem solchen Gericht (Art 24 EuGVO) zulässig (Art 93 IV VO Nr 40/94). Eine Verletzungsklage iS des Art 92 MarkenVO ist nach Art 100 MarkenVO auszusetzen, wenn vor einem anderen Gemeinschaftsmarkengericht die Rechtsgültigkeit der Gemeinschaftsmarke angefochten worden ist oder wenn beim zuständigen Amt ein Nichtigkeitsantrag gestellt worden ist.516 17. Zuständigkeit für Streitigkeiten über den Sortenschutz 204 Die internationale Zuständigkeit für derartige Streitigkeiten ist in Art 94ff der Verordnung (EG) Nr 2100/94 des Rates vom 22.7.1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz geregelt.517 Art 101 II dieser Verordnung stellt zur Verfolgung der in Art 94ff normierten Verletzungsansprüche folgende Gerichte bereit: (a) das Gericht des Staates, in dem der Beklagte Wohnsitz oder Sitz, hilfsweise eine Niederlassung hat; (b) hilfsweise des Staates, in dem der Kläger Wohnsitz oder Sitz, hilfsweise eine Niederlassung hat, (c) weiter hilfsweise die Gerichte des Staates, in dem das Gemeinschaftliche Sortenschutzamt seinen Sitz hat. Diese Gerichte dürfen über alle in einem Mitgliedstaat begangenen Verletzungshandlungen entscheiden (Art 101 II 2). Der Verletzte kann wegen Ansprüchen aus Verletzungshandlungen auch die Gerichte am Ort des schädigenden Ereignisses anrufen, doch sind diese nur für die in diesem Mitgliedstaat begangenen Handlungen zuständig (Art 101 III). Im Übrigen verweist die VO auf das LugÜ (Art 101 I). Dadurch soll erreicht werden, dass der Klägergerichtsstand nach Art 101 II (b) nicht über Art 4 II EuGVO zu Lasten von Angehörigen der Lugano-Vertragsstaaten anwendbar ist.518 18. Zuständigkeiten für Streitigkeiten über Gemeinschaftspatente 205 Die EU-Staaten beabsichtigen, ein Gemeinschaftspatent als EU-einheitliches Recht einzuführen. Sowohl das Übereinkommen über das europäische Patent vom 15.12.1975 (GPÜ) als auch die Vereinbarung vom 21.12.1989 über das Gemeinschaftspatent sind aber nicht in Kraft getreten. Derzeit liegt der Vorschlag der Kommission vom 1.8.2000 für eine Verordnung des Rates über _______________

515 Vgl Kohler, FS Everling, S 651, 657ff; Schulte-Beckhausen WRP 1999, 300; HyeKnudsen S 142ff. 516 Vgl Hye-Knudsen S 191ff. 517 ABl EG vom 1.9.1994, L 227/1; vgl Kreuzer/Wagner Q 237ff. 518 Kreuzer/Wagner Q 237.

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das Gemeinschaftspatent vor.519 Zu dem Regelungskomplex gehört auch die Einführung eines Gemeinschaftsgerichts für geistiges Eigentum, das für Verletzungsklagen und Streitigkeiten über die Gültigkeit eines Gemeinschaftspatents ausschließlich zuständig sein soll. Diese Verfahrensregeln sind (bisher) in dem Streitregelungsprotokoll zum GPÜ520 enthalten. Solange das Gemeinschaftspatent selbst nicht eingeführt ist, wird davon abgesehen, Einzelheiten der Streitregelung darzustellen.521 Entsprechendes gilt für den an das Gemeinschaftspatent angelehnten Vorschlag für eine Verordnung (EG) über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster.522 19. Zuständigkeiten in Ehe- und Sorgerechtssachen Schrifttum: a) zu „Brüssel IIa“: Andrae, Zur Abgrenzung von räumlichem An- 206 wendungsbereich von EheGVO, MSA, KSÜ und autonomem IZPR/IPR, IPRax 2006, 82; A. Borrás u.a., Brussels II bis Regulation, 2007; M. Coester, Kooperation statt Konfrontation: Die Rückgabe entführter Kinder nach der Brüssel IIa-Verordnung, FS Schlosser, 2005, S 135; Coester-Waltjen, Die Berücksichtigung der Kindesinteressen in der neuen EU-Verordnung „Brüssel IIa“, FamRZ 2005, 241; Dilger, Die Regelung zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der VO (EG) Nr 2201/2003, 2004; Dörner, Verordnung (EG) Nr 2201/2003, in: Saenger, Hk-ZPO, 2005, S 2127; ders, Internationale Scheidungszuständigkeit und Anerkennung von Scheidungsurteilen nach der EG-Verordnung Nr 2201/2003, in: Großfeld/Yamauchi (Hrsg), Probleme des deutschen, europäischen und japanischen Rechts, 2006, S 17; M. Ekström, Child protection within the European Union – Council Regulation (EC) No 2201/2003 on parental responsibility, The Judges’ newsletter X (2005), 42; D. Finger, Internationale gerichtliche Zuständigkeit in kindschaftsrechtlichen Streitverfahren nach Brüssel IIa, FamRBint 2005, 13; M. Fleige, Die Zuständigkeit für Sorgerechtsentscheidungen und die Rückführung von Kindern nach Entführungen im Europäischen IZVR, 2006; Frank, EuEheVO 2005, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Kap 27, 2005, S 1185; Gottwald, Probleme der Vereinheitlichung des Internationalen Familienverfahrensrechts ohne gleichzeitige Kollisionsrechtsvereinheitlichung, in: Freitag u a, Internationales Familienrecht für das 21. Jahrhundert, Symposium Spellenberg, 2005, S 55; Gruber, Die neue EheVO und die deutschen Ausführungsgesetze, IPRax 2005, 293; Gruber, Andrae u Benicke, Europäische Ehe- und Sorgerechtsverordnung, in: Anwaltkommentar BGB, Bd 1, Anhang I zum III. Abschnitt EGBGB, 2005, S 1867; Klinkhammer, Internationale Verweisung von Kindschaftsverfahren nach der Brüssel IIa-VO, FamRBint 2006, 88; V. Kress, Internationale Zuständigkeit für elterliche Verantwortung in der Europäischen Union, 2006; D. Looschelders, Die _______________

519 KOM (2000) 412 endg., ABl EG C 337 E vom 28.11.2000. 520 BGBl 1991 II, 1358; vgl Kreuzer/Wagner Q 228–232. 521 Zur Diskussion s Tilmann, Die Zukunft der Patent-Streitregelung in Europa, GRUR 2001, 1079; J. Karcher, Arbeiten zur Errichtung einer Zivilgerichtsbarkeit auf Gemeinschaftsebene – Erweiterung des Europäischen Gerichtshofs um eine Patentgerichtsbarkeit, SchlHA 2006, 122. 522 ABl EG 1994 C 29/20; vgl Kreuzer/Wagner Q 241–244.

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Europäisierung des internationalen Verfahrensrechts für Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, JR 2006, 45; P. McEleavy, Brussels II bis: Matrimonial Matters, Parental Responsibility, Child Abduction an Mutual Recognition, ICLQ 53 (2004), 503; K. Meyer-Götz/K. Noltemeier, Internationales Verfahrensrecht für Familiensachen in der Europäischen Union, FamRZ 2004, 29; F. Mohs, Brüssel IIa – Die neue EG-Verordnung zum internationalen Familienverfahrensrecht, FamPra.ch 2005, 39; Pabst, Gerichtsstandsvereinbarungen im Sorgerechtsstreit?, Liber amicorum Rauscher, 2005, S 115; Pirrung, Haager Kinderschutzübereinkommen und Verordnungsentwurf „Brüssel IIa“, FS Jayme, 2004, S 701; ders, Internationale Zuständigkeit in Sorgerechtssachen nach der Verordnung (EG) 2201/2003, FS Schlosser, 2005, S 695; Rausch, Elterliche Verantwortung – Verfahren mit Auslandsbezug vor und nach „Brüssel IIa“, 1. Teil, FuR 2005, 53; S. Schlauß, Das neue Gesetz zum internationalen Familienrecht, 2005; Schlosser, Neue Perspektiven der Zusammenarbeit von Gerichten verschiedener EG-Staaten im Kindschaftsrecht, FS D. Schwab, 2005, S 1255; A. Schulz, Die Verordnung (EG) Nr 2201/2003 (Brüssel IIa) – eine Einführung, NJW 2004, Beil zu Heft 18, S 2; dies, Internationale Regelungen zum Sorge- und Umgangsrecht, FPR 2004, 299; Solomon, „Brüssel IIa“ – Die neuen Regeln zum internationalen Verfahrensrecht in Fragen der elterlichen Verantwortung, FamRZ 2004, 1409; Staudinger/Spellenberg, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen, 14. Bearb 2005, S 1. – European Commission, Practice guide for the application of the new Brussel II Regulation (Council Regulation (EC) No 2201/2003 of 27 November 2003) (up-dated version 1 June 2005). b) zu „Brüssel II“: Ancel/Muir Watt, La desunion européenne: le Réglement dit „Bruxelles II“, Rev.crit. 2001, 403; Beaumont/Moir, Brussels Convention II, EuLRev. 20 (1995), 268; A. Borrás, Erläuternder Bericht zu dem Übereinkommen … über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen, ABl EG Nr C 221/27 (v 16.7.1998); D. Coester-Waltjen, „Brüssel II“ und das „Haager Kindesentführungsübereinkommen“, FS W. Lorenz, 2001, S 305; dies, Die internationale Zuständigkeit und Anerkennung von Sorgerechtsentscheidungen in der Europäischen Union, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen und internationalen Zivilverfahrensrechts, 2002; J. Dilger, Die Regelungen zur internationalen Zuständigkeit in Ehesachen in der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000, Diss Köln 2003/04; H. Gaudemet-Tallon, Le Règlement no 1347/2000 du Conseil du 29 mai 2000, JDI 128 (2001), 381; A. Gördes, Internationale Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, 2004; Ch. Hajnczyk, Die Zuständigkeit für Entscheidungen in Ehesachen und in anderen Familiensachen aus Anlass von Ehesachen, 2003; Hau, Das System der internationalen Entscheidungszuständigkeit im europäischen Eheverfahrensrecht, FamRZ 2000, 1333; Hausmann, Neues internationales Eheverfahrensrecht in der Europäischen Union, EuLF 2000/01, 275; Hohloch, Internationales Verfahrensrecht in Ehe- und Familiensachen, FF 2001, 45; Jäntera-Jareborg, Marriage Dissolution in an Integrated Europe, Yearbook of Private Intern. Law 1 (1999), 35; Kohler, Status als Ware: Bemerkungen zur EG-Verordnung über das internationale Verfahren in Ehesachen, in Mansel, Vergemeinschaftung des Europäischen Kollisionsrechts, 2001; Lupoi, Brussels II: New rules for transnational matrimonial disputes, in Carpi/Lupoi, Essays on transnational and comparative civil procedure, 2001, S 105; P. McEleavy, The Brussels II Regulation: How the European Community has moved into Family Law, ICLQ 51 (2002, 883; Mosconi, Giuridizione e riconoscimento delle decisioni in materia matri-

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moniale, Riv.dir.proc. 61 (2001), 376; R. Moura Ramos, The new EC rules on jurisdiction and the recognition and enforcement of judgments, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 199; B. Mulch, Deutsch-italienische Scheidungssachen im Hinblick auf die Rechtsakte der Europäischen Union …, Diss. Heidelberg 2000/01; MüKoZPO/Gottwald, 2. Aufl 2001, Schlussanh Nr 1 n, S 2209; F. Paulino Pereira, La reconnaissance mutuelle des décisions de divorce et de responsabilité parentale dans l’union Européenne, Rev. d. Marche commun 1999, 484; B. Ploeckl, Umgangsrechtsstreitigkeiten im deutsch-französischen Rechtsverkehr, 2003; K. Polyzogopoulos, Internationale Zuständigkeit und Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen in der Europäischen Union, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen und internationalen Zivilverfahrensrechts, 2002, S 133; Puszkajler, Das internationale Scheidungs- und Sorgerecht nach Inkrafttreten der Brüssel II-Verordnung, IPRax 2001, 81; Rausch, Neue internationale Zuständigkeiten in Familiensachen, FuR 2001, 151; Schack, Das neue internationale Eheverfahrensrecht in Europa, RabelsZ 65 (2001), 615; G. Shannon/T. Kennedy, Jurisdictional and recognition and enforcement issues in proceedings concerning parental responsibility under Brussels II Convention, IFL 2000, 111; Simotta, Die internationale Zuständigkeit für Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten, FS Jelinek, 2002, S 291; Spellenberg, Die Zuständigkeit für Eheklagen nach der EheGVO, FS Geimer, 2002, S 1257; B. Sturlèse, Compétence, reconnaissance et exécution des décisions en matière matrimoniale et en matière de responsabilité parentale des enfants communs, Juris-Cl. Procedure Civile Fasc. 910–10, 2001.

Durch die Verordnung (EG) Nr 1347/2000 des Rates vom 29.5.2000 über die 207 Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten523 wurde die Entscheidungszuständigkeit in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung vereinheitlicht.524 Diese Verordnung ist mit genereller Wirkung zum 1.3.2005 durch die Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 („Brüssel IIa“) ersetzt worden. Nach einem Vorschlag des Rates vom 17.7.2006 sollen die Zuständigkeiten für Ehescheidungen geändert werden.525 a) Ehetrennungsverfahren Die EheGVO gilt für die in Art 1 I lit a aufgelisteten Eheverfahren, nicht für 208 die Auflösung von registrierten Lebenspartnerschaften.526 Außer den Sorgerechtsverfahren (s u Rz 216) erfasst sie auch keine Scheidungsfolgesachen.527

_______________

523 524 525 526 527

ABl EG vom 30.6.2000, Nr L 160/19ff. Zur Gesetzesgeschichte s McEleavy ICLQ 51 (2002), 883, 891ff. KOM (2006) 399 endgültig. Gruber IPRax 2005, 293; Dilger Rz 104ff; Dörner S 17, 19f. Staudinger/Spellenberg (2005) Art 1 EheGVO Rz 9.

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Nach dem Wortlaut der Art 1 I lit a, 3 I EheGVO sind Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe ebenfalls nicht erfasst.528 209 Art 3 EheGVO stellt alternativ sieben internationale Entscheidungszuständigkeiten für Ehetrennungsverfahren zur Verfügung:529 (1) den gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der Eheleute, (2) den letzten gemeinsamen Aufenthalt, wenn sich noch einer von ihnen dort aufhält, (3) den gewöhnlichen Aufenthalt des Antragsgegners, (4) bei gemeinsamem Antrag den gewöhnlichen Aufenthalt eines Ehegatten, (5) den gewöhnlichen Aufenthalt des Antragstellers seit mindestens einem Jahr vor Antragstellung, (6) bei eigenen Staatsangehörigen des EU-Mitgliedstaats den gewöhnlichen Aufenthalt des Antragstellers seit mindestens sechs Monaten,530 und (7) die Gerichte des gemeinsamen Heimatstaats beider Ehegatten. Ein gewöhnlicher Aufenthalt setzt voraus, dass die Person dort ihren Lebensmittelpunkt hat und zwischen Person und Ort eine dauerhafte Beziehung besteht. Eine Mindestdauer (sechs Monate) ist nur ein Indiz für einen gewöhnlichen Aufenthalt, aber nicht zwingend vorausgesetzt.531 Eine Rangfolge zwischen diesen Zuständigkeiten besteht nicht; der Antragsteller kann unter ihnen frei wählen und ggf forum shopping betreiben.532 Diese Zuständigkeiten sind ausschließlich, soweit der beklagte Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-Mitgliedstaat (ohne Dänemark) hat oder Staatsangehöriger eines dieser Mitgliedstaaten ist (Art 6 EheGVO). Diese Sperrwirkung ist problematisch, wenn der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt in einem Drittstaat ist und die Ehegatten dadurch zwingend an die Gerichte des Drittstaats verwiesen werden.533 Haben die Ehegatten keinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist uU überhaupt kein Staat international zuständig. _______________

528 Dilger Rz 131–155; Staudinger/Spellenberg Art 1 EheGVO Rz 8; aA Rauscher/ Rauscher Art 1 Brüssel II-VO Rz 2; Schlosser Art 1 EuEheVO Rz 2. 529 Dilger Rz 181–257. 530 Vgl AG Leverkusen FamRZ 2006, 1384, 1385 (Nationalität u. Aufenthalt des Antraggegners irrelevant); AG Leverkusen FamRZ 2006, 950. 531 Dilger Rz 185–204. 532 Hau FamRZ 2000, 1333, 1334; Gottwald, Symposium Spellenberg, S 55, 59ff; Polyzogopoulos S 140f; Baumbach/Lauterbach/Albers, 64. Aufl, Anh I § 606 ZPO, Art 2 EheGVVO Rz 1; MüKo/Gottwald Art 2 EheGVO Rz 2; Lupoi, S 116f. 533 Dilger Rz 208; krit Gottwald, Symposium Spellenberg, S 55, 65f; Schack, IZVR, Rz 370.

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Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach autonomem Recht, in 210 Deutschland also nach § 606 ZPO. Eine Verbundzuständigkeit kennt die EheGVO nicht, schließt die Anwendung der §§ 623 I, 621 II ZPO daher auch nicht aus. Der Katalog des Art 3 EheGVO weicht teilweise von § 606a ZPO ab. Eine 211 einseitige Heimat- bzw Staatsangehörigkeitszuständigkeit und eine sog Antrittszuständigkeit (für einen früheren eigenen Staatsangehörigen) sind darin nicht vorgesehen,534 doch gibt es stattdessen in der Regel Aufenthaltszuständigkeiten. Fall (1) (gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort) ist neben Fall (3) (gewöhnlicher Aufenthaltsort des Antragsgegners) überflüssig. Am letzten gemeinsamen Aufenthaltsort kann der Antragsteller sofort535 Scheidung begehren (Fall 2), nach Rückkehr in seinen Heimatstaat kann er nach sechs Monaten klagen (Fall 6), bei Wechsel in einen anderen EU-Staat erst nach zwölf Monaten (Fall 5). Bei gemeinsamem Scheidungsantrag536 kann ebenfalls sofort an jedem gewöhnlichen Aufenthaltsort geklagt werden (Fall 4). Die damit verbundene Privilegierung der Zuständigkeit des Heimatstaats bei einem Aufenthaltswechsel nach der Trennung der Eheleute ist problematisch und könnte gegen das Diskriminierungsverbot des Art 12 I EGV verstoßen.537 Auch die Privilegierung von Ehen gleicher Staatsangehörigkeit gegenüber gemischt nationalen Ehen durch Fall (7) im Verhältnis zu den Fällen (5) und (6) könnte gegen Art 12 I EGV verstoßen.538 Gerichtsstandsvereinbarung und rügelose Einlassung sind bisher nicht zugelassen.539 Nach dem Änderungsvorschlag der Kommission vom 17.7.2006540 sollen schriftliche Gerichtsstandsvereinbarungen (in E Art 3a) zugelassen werden, wenn ein enger Bezug zu dem vereinbarten Mitgliedsstaat besteht. Eine in den Fällen 5 und 6 vorzeitig erhobene Klage soll nicht als unzulässig abgewiesen, sondern bis zum Fristablauf ausgesetzt werden. Eine vor Fristablauf in einem bereits offenen Gerichtsstand erhobene Klage muss aber Vorrang haben.541 Fälle der mehrfachen Staatsangehörigkeit sind nicht besonders geregelt; 212 daher kann es nur darauf ankommen, ob der Antragsteller (auch) die Staats-

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534 Vgl Dilger Rz 370–381; krit Gottwald, Symposium Spellenberg, S 55, 64, 67; Staudinger/Spellenberg (2005) Art 3 EheGVO Rz 14. 535 Baumbach/Lauterbach/Albers Art 2 EheGVVO Rz 5. 536 Es genügt sachliches Einvernehmen über die Scheidung, Dilger Rz 235ff. 537 So Schack RabelsZ 65 (2001), 615, 623; Hausmann EuLF 2000/01, 345, 352; vgl Dilger Rz 408, 422ff. 538 Hausmann EuLF 2000/01, 345, 352; vgl Dilger Rz 409, 440ff; Dörner S 17, 23. 539 Dilger Rz 210; krit Gottwald, Symposium Spellenberg, S 55, 68ff. 540 KOM (2006) 399 endgültig = BR-Drucks. 531/06 v. 2.8.2006. 541 So Gruber IPRax 2005, 293, 295.

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angehörigkeit des Gerichtsstaats besitzt, ob diese „effektiv“ ist oder nicht, ist irrelevant.542 213 Ein nach Art 3 EheGVO zuständiges Gericht ist auch für Gegenanträge zuständig, Art 4 EheGVO.543 214 Hat ein Gericht ein Ehetrennungsurteil erlassen, ist es stets zuständig, dieses in ein Scheidungsurteil umzuwandeln, Art 5 EheGVO.544 215 Auf die internationale Zuständigkeit nach § 606a ZPO darf nur zurückgegriffen werden, soweit sich aus den Art 3–6 EheGVO überhaupt keine Zuständigkeit ergibt.545 Diese sog Restzuständigkeit nach Art 7 EheGVO greift gegenüber Angehörigen von Drittstaaten.546 In diesen Fällen kommt eine Heimatzuständigkeit (§ 606a I 1 Nr 1 ZPO) oder eine Zuständigkeit kraft Aufenthalts eines Ehegatten (§ 606a I 1 Nr 4 ZO) in Betracht. Gegenüber Angehörigen eines Mitgliedstaats mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Drittstaat greift die Regelung nicht, da gegen sie nach Art 6 (b) EheGVVO ein Verfahren in einem Mitgliedstaat nur auf eine Zuständigkeit nach Art 3 bis 5 gestützt werden darf.547 Die Sperrwirkung des Art 6 soll künftig ganz entfallen. Auch die Restzuständigkeit (Art 7) soll neu gefasst werden und künftig (ohne Rückgriff auf das autonome Recht) in dem Mitgliedstaat bestehen, (1) in dem die Ehegatten für mindestens drei Jahre ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten, oder (2) dessen Staatsangehörigkeit einer der Ehegatten besitzt. Die vermögensrechtlichen Folgen der Ehe werden von der EheGVO nicht erfasst. Unterhaltsstreitigkeiten fallen unter Art 5 Nr 2 EuGVO. Für Streitigkeiten über güterrechtliche Folgen gilt bisher nur autonomes Recht; eine sog Brüssel III-Verordnung ist aber in Vorbereitung. b) Sorgerechtsverfahren 216 Für Verfahren über die elterliche Verantwortung ist die internationale Zuständigkeit in Art 8 EheGVO geregelt. Während die Verordnung Nr 1347/2000 in Art 3 nur die Zuständigkeit für Sorgerechtsverfahren für ein gemeinsames Kind im Zusammenhang mit der Ehescheidung regelte, erfasst die neue VO Nr 2201/2003 nach Art 1 I b, II _______________

542 543 544 545 546

Baumbach/Lauterbach/Albers Art 2 EheGVVO Rz 10; Dilger Rz 466ff, 492. Dilger Rz 264ff. Dilger Rz 258–263. OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1043; Dörner S 17, 25ff. Vgl Polyzogopoulos S 143 (griech.-türk. Ehepaar lebt in Türkei; nach Trennung zieht Grieche nach Deutschland und beantragt dort die Scheidung). 547 Gruber IPRax 2005, 293, 295; Dilger Rz 268–288.

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und Art 2 Nr 7 alle Verfahren über „die Zuweisung, die Ausübung, die Übertragung sowie die vollständige oder teilweise Entziehung der elterlichen Verantwortung“. Unter diese Definition fallen Verfahren über das Sorgerecht, das Umgangsrecht, die Unterbringung des Kindes in einem Heim oder in einer Pflegefamilie sowie Maßnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.548 Als Grundregel sind im Kindesinteresse die Gerichte des Mitgliedsstaats zuständig, in dem das Kind zZ der Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art 8 I EheGVO).549 Dieser Aufenthalt ist nach den bisher im Rahmen des Art 1 MSA550entwickelten Kriterien (unabhängig vom Wohnsitz und Aufenthalt der Eltern) zu bestimmen.551 Die EheGVO hat nach Art 60 lit a Vorrang vor dem MSA im Verhältnis zwischen den Mitgliedsstaaten der EU, so dass Art 1 MSA nur noch im Verhältnis zu Vertragsstaaten gilt, die nicht der EU zugehören. Ist der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes nicht feststellbar, sind hilfsweise 217 die Gerichte des einfachen Aufenthalts zuständig, sofern eine Zuständigkeit nicht über eine Vereinbarung im Zusammenhang mit einem Ehescheidungsverfahren nach Art 12 EheGVO besteht (Art 13 I EheGVO).552 Ergänzend gilt der Grundsatz der perpetuatio fori. Ein Wegzug des Kindes 218 lässt daher die Zuständigkeit nicht sogleich entfallen.553 Trotz eines rechtmäßigen Wegzugs in einen anderen Mitgliedsstaat unter Begründung eines neuen gewöhnlichen Aufenthalts bleibt die internationale Zuständigkeit des bisherigen Aufenthaltsstaats nach Art 9 I EheGVO noch drei Monate lang für eine Änderung der bisherigen Umgangsentscheidung erhalten, wenn sich der umgangsberechtigte Elternteil weiterhin im bisherigen Staat des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes aufhält.554 Diese Zuständigkeit entfällt aber, wenn der umgangsberechtigte Elternteil die Zuständigkeit der Gerichte des neuen Aufenthaltsstaates anerkennt, indem er sich an einem dortigen Verfahren beteiligt, ohne die Unzuständigkeit zu rügen (Art 9 II EheGVO). Allerdings kann das zuständige Gericht das Verfahren von Amts wegen oder 219 auf Antrag an das Gericht eines anderen Mitgliedsstaates „verweisen“, das _______________

548 Gruber IPRax 2005, 293, 296. 549 Coester-Waltjen FamRZ 2005, 241, 242; Fleige S 209ff; Rausch FuR 205, 53, 56; Kress S 106ff; Finger FamRBint 2005, 13, 14. 550 Das neue Haager Kinderschutzübereinkommen vom 19.10.1996 (abgedruckt in Jayme/Hausmann, 12. Aufl, Nr 55) ist von Deutschland noch nicht ratifiziert worden; vgl The Judges’ Newsletter Vol X (2005), S 4-66. 551 Looschelders JR 2006, 45, 46. 552 Vgl Kress S 129ff. 553 Vgl Gruber IPRax 2005, 293, 297; Looschelders JR 2006, 45, 46. 554 Gruber IPRax 2005, 293, 297; Feige S 223ff; Finger FamRBint 2005, 13, 16f; Kress S 114ff; krit Coester-Waltjen FamRZ 2005, 241, 244.

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den Fall besser beurteilen kann (Art 15 EheGVO).555 Die Regel ist der „forum non conveniens“-Doktrin des common law nachgebildet.556 Die „Verweisung“ kann auf zweierlei Weise erfolgen: (1) Das Gericht setzt sein Verfahren ganz (oder teilweise) aus und lädt die Parteien ein, das besser geeignete Gericht des anderen Mitgliedsstaates innerhalb einer bestimmten Frist anzurufen (Art 15 I 1 lit a, IV EheGVO). (2) Das Gericht ersucht das besser geeignete Gericht des anderen Mitgliedsstaates selbst sich für zuständig zu erklären und den Fall zu übernehmen.557 Erklärt sich das Gericht des anderen Mitgliedsstaats innerhalb von sechs Wochen nach seiner Anrufung für zuständig, so erklärt sich das zuerst angerufene Gericht für unzuständig (Art 15 V 1 EheGVO). Erklärt sich das angerufene Gericht für unzuständig, bleibt untätig oder wird von den Parteien nicht angerufen, so bleibt das zuerst angerufene Gericht zuständig (Art 15 IV 2, V 3 EheGVO). Damit die „Verweisung“ effektiv gehandhabt wird, sollen die beteiligten Gerichte direkt (per Telefon oder Email) oder über die Zentralbehörden (soweit Dolmetscher nötig sind) zusammenarbeiten (Art 15 VI EheGVO). 220 In engen Grenzen sieht Art 12 EheGVO auch eine Gerichtsstandsbegründung durch Einverständnis der Beteiligten vor, wenn (1) in einem Mitgliedstaat bereits eine Ehesache anhängig ist (Art 12 I EheGVO) oder (2) wenn mit einem anderen Mitgliedstaat eine wesentlich engere Verbindung des Kindes besteht (Art 12 III EheGVO).558 (1) Das Gericht der Ehesache ist für das Verfahren über die elterliche Verantwortung als Annexverfahren zuständig, wenn wenigstens einer der Ehegatten die elterliche Verantwortung für das Kind hat, die Ehegatten bzw die Träger der elterlichen Verantwortung mit der Zuständigkeit einverstanden sind und dies dem Wohl des Kindes entspricht (Art 12 I EheGVO).559 Diese Zuständigkeit wird praktisch, wenn sich das Kind in einem anderen Mitgliedsstaat oder einem Drittstaat aufhält und das Verfahren dort schwieriger durchführbar ist.560 Die Zuständigkeit endet mit rechtskräftigem Abschluss der Ehesache, ist zu diesem Zeitpunkt das Sorgerechtsverfahren bereits anhängig, aber erst mit seinem rechtskräftigen Abschluss. Die Zuständigkeit endet auch mit der sonstigen Beendigung von Ehe- bzw Sorgerechtsverfahren (Art 12 II EheGVO). _______________

555 Vgl KG (10.7.2006, 16 UF 90/06), FamRZ 2006, 1618; Klinkhammer FamRBint 2006, 88. 556 Gruber IPRax 2005, 293, 297; Kress S 135ff. 557 Fleige S 272ff. 558 Fleige S 237ff; Gruber IPRax 2005, 293, 298; Kress S 127ff; Finger FamRBint 2005, 13, 15; Papst, Liber amicorum Rauscher, S 115, 120ff. 559 Coester-Waltjen FamRZ 2005, 241, 242; Kress S 119ff. 560 Looschelders JR 2006, 45, 47.

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(2) Eine Zuständigkeit kraft engerer Verbindung des Kindes besteht insb, wenn der Träger der elterlichen Verantwortung seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Mitgliedsstaat hat oder wenn das Kind deren Staatsangehöriger ist. Die Zuständigkeit wird dann begründet, wenn alle Parteien die Zuständigkeit bei Anrufung des Gerichts „anerkennen“ und dies in Einklang mit dem Kindeswohl steht (Art 12 III EheGVO). Hat das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Drittstaat, der nicht Vertragsstaat des Haager Kindesschutzübereinkommens vom 19.10.1996 ist, und ist im Drittstaat ein Sorgerechtsverfahren unmöglich, so wird vermutet, dass ein auf Art 12 EheGVO gestütztes Verfahren dem Kindeswohl entspricht (Art 12 IV EheGVO). Auch für Sorgerechtsverfahren besteht nach Art 14 EheGVO hilfsweise eine 221 Restzuständigkeit nach autonomem nationalem Recht. Voraussetzung dafür ist, dass sich aus den Art 8 bis 13 EheGVO keine Zuständigkeit ergibt.561 In Betracht kommt im Wesentlichen eine Zuständigkeit kraft Staatsangehörigkeit. Eine Kindeswohlprüfung ist nicht erforderlich.562 Für einstweilige Maßnahmen besteht für dringende Fälle ergänzend stets 222 eine Zuständigkeit nach autonomem Recht, soweit dies zum Schutz einer Person oder von Vermögensgegenständen, die sich in dem Staat befinden, erforderlich ist (Art 20 I EheGVO). Solche Maßnahmen treten aber außer Kraft, wenn das nach der EheGVO für das Hauptsacheverfahren zuständige Gericht Maßnahmen erfasst, die es für angemessen hält (Art 20 II EheGVO). Als Beispiel wird die einstweilige Unterbringung eines Kindes genannt, wenn die Eltern bei einem Verkehrsunfall in einem Durchreiseland handlungsunfähig verletzt worden sind.563 Ist in der Hauptsache das Gericht eines Drittstaates zuständig, ist nicht Art 20 EheGVO anwendbar, sondern greifen die Art 11ff KSÜ.564 c) Zuständigkeit bei Kindesentführung Wird ein Kind widerrechtlich in einen anderen Mitgliedstaat verbracht oder 223 dort zurückgehalten, so bleiben die Gerichte des Mitgliedsstaates, in dem das Kind zuvor seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, für Verfahren über die elterliche Verantwortung so lange zuständig, bis das Kind in einem anderen Mitgliedsstaat einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt erlangt hat (Art 10

_______________

561 Kress S 131ff; Finger FamRBint 2005, 13, 16. Zu den Schwierigkeiten der Feststellung s Coester-Waltjen FamRZ 2005, 241, 243f. 562 Gruber IPRax 2005, 293, 299; krit Coester-Waltjen FamRZ 2005, 241, 244. 563 Vgl Gruber IPRax 2005, 293, 299. 564 Coester-Waltjen FamRZ 2005, 241, 245.

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EheGVO). Eine Zuständigkeit des Zufluchtsstaates besteht nicht, solange die Gerichte des „Entführungsstaates“ zuständig sind.565 224 Die Gerichte des neuen Aufenthaltsstaates werden nur zuständig, wenn (1) jede sorgeberechtigte Person oder Stelle dem Vorbringen oder Zurückhalten zugestimmt hat, also kein Entführungsfall (mehr) vorliegt, oder (2) sich das Kind bereits mindestens ein Jahr in dem neuen Staat aufhält, der Sorgeberechtigte seinen Aufenthalt kennt und sich das Kind in der neuen Umgebung eingelebt hat, sofern zusätzlich kein Antrag auf Rückgabe des Kindes innerhalb eines Jahres ab Kenntnis vom Aufenthaltsort des Kindes gestellt,566 ein gestellter Antrag zurückgenommen und nicht neu gestellt, ein Rückgabeverfahren nach Art 11 VII ergebnislos abgeschlossen oder von den Gerichten des bisherigen Aufenthaltsstaates eine (neue) Sorgerechtsentscheidung ohne Rückgabeanordnung erlassen wurde. 225 Hat der Herkunftsstaat besondere Vorkehrungen zum Schutz des Kindes getroffen, besteht grundsätzlich eine Rückführungspflicht. Diese kann nach Art 13 I lit b HKÜ nur verweigert werden, wenn eine schwerwiegende Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind besteht oder durch die Rückführung eine unzumutbare Lage entstünde.567 226 Einzelheiten des Verfahrens zur Rückgabe des Kindes ergeben sich aus Art 11 EheGVO, den Artikeln 12 und 13 des Haager Kindesentführungsübereinkommens von 1980 sowie aus den §§ 37ff IntFamRVG.568 20. Zuständigkeiten in Familienvermögens- und Erbschaftssachen 227 Schrifttum: Bajons, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht in grenzüberschreitenden Erbrechtsfällen innerhalb des europäischen Justizraums, FS Heldrich, 2005, S 493; H. Blum, Das Grünbuch der Europäischen Kommission zum internationalen Erbrecht, ZErb 2005, 170; Deutsches Notarinstitut, Internationales Erbrecht in der EU, 2004; Dörner/Lagarde, Étude de droit comparé sur les règles de conflits de juridictions et de conflits de lois relatives aux testaments et successions dans les Etats membres de l’Union Européenne, Rapport Final, (DNotI) 2002; Haas, Der europäische Justizraum in „Erbsachen“, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit, 2004, S 43; D. Lehmann, Stellungnahme zum Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zum Erb- und Testamentsrecht, ZErb 2005, 320; ders, Die Reform des internationalen Erb- und Erbprozessrechts im Rahmen der geplanten Brüssel IV-Verordnung, 2006; Lipp, Inhalte und Probleme einer _______________

565 Coester-Waltjen FamRZ 2005, 241, 245; Fleige S 290ff; Rausch FuR 2005, 53, 57; Kress S 149ff. 566 Zu Art 3 I Brüssel II-VO s insoweit BGHZ 163, 248, 259ff = FamRZ 2005, 1540, 1543f = NJW 2005, 3424. 567 Vgl Mohs FamPra.ch 2005, 39, 47ff; Kress S 158ff. 568 Vgl A. Dutta/J. Scherpe, Die Durchsetzung von Rückführungsansprüchen nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen durch deutsche Gerichte, FamRZ 2006, 901.

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„Brüssel III-Verordnung“ im Familienvermögensrecht, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit, 2004, S 21. Grünbuch über anwendbares Recht und Zuständigkeit in Scheidungssachen vom 14.3.2005, KOM (2005) 82 endgültig; Stellungnahme des Europ. Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch“, ABl EU C 24/20 vom 31.1.2006. Grünbuch zu den Kollisionsnormen im Güterrecht unter besonderer Berücksichtigung der gerichtlichen Zuständigkeit und der gegenseitigen Anerkennung vom 17.7.2006, KOM (2006), 400 endgültig = BR-Drucks. 532/06 v. 3.8.2006. Grünbuch zum Erb- und Testamentsrecht vom 1.3.2005, KOM (2005) 65 endgültig; Stellungnahme des Europ. Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch“, ABl EU C 28/1 vom 3.2.2006.

Derzeit gibt es für vermögensrechtliche Folgesachen der Ehetrennung und 228 für Erbrechtssachen keine europäische Zuständigkeitsregeln. Solche Regeln („Brüssel III“ und „Brüssel IV“) sind aber in Vorbereitung. Für Erbsachen wird eine internationale Zuständigkeit des Gerichts am letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers vorgeschlagen (für den Gesamtnachlass). Eine Zuständigkeit am Belegenheitsort für Immobilien soll nur bestehen, sofern das jeweilige Belegenheitsrecht einen besonderen nationalen Erbschein erfordert.569 Daneben sollen ein einheitlicher europäischer Erbschein und einheitliche Zeugnisse für Fremdverwalter eingeführt werden, die in allen Mitgliedsstaaten der EU anzuerkennen sind.570 Für deren Erteilung soll künftig ebenfalls das Gericht bzw der Notar am letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers zuständig sein. Frei

229–299

II. Autonomes deutsches Recht Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Begriff der internationalen Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Regelung der internationalen Zuständigkeit gemäß §§ 12ff ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wohnsitz des Beklagten . . . . . .

300 301 302

316 319

b) Gewöhnlicher Aufenthalt . . . c) Gerichtsstände einer juristischen Person . . . . . . . . . . . . . d) Gerichtsstand des Vermögens e) Gerichtsstand des Erfüllungsortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gerichtsstand für Haustürgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . .

320 322 332 340 353

_______________

569 Vgl Deutsches Notarinstitut, Les successions internationales, S 183, 194ff. Zur Diskussion dieses Vorschlags s H. Gaudemet-Tallon u. E.-M. Bajons, ebda,, S 445 u. 465. 570 Vgl Deutsches Notarinstitut (Fn 569), S 225ff. zur Diskussion dieses Vorschlags s M. ten Wolde u. M. Revillard, ebda., S 503 u. 519.

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§3 g) Gerichtsstand der Erbschaft . . . h) Gerichtsstand der unerlaubten Handlung . . . . . . . . . . . . . . . . i) Ausschließliche internationale Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . 5. Gerichtsstandsvereinbarungen . . 6. Rügelose Einlassung . . . . . . . . . . 7. Internationale Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs . . . . . . . . . a) Streitgenossen . . . . . . . . . . . . . b) Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . c) Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . d) Anspruchskonkurrenz . . . . . . . 8. Notzuständigkeit . . . . . . . . . . . . 9. Rechtsmittelzuständigkeit in internationalen Fällen . . . . . . . . .

Internationale Zuständigkeit 354 10.Die internationale Zuständigkeit in Ehe- und Familiensachen . . . a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 356 b) Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . c) Entscheidungszuständigkeiten 362 (1) Heimatzuständigkeit . . . . 363 (2) Aufenthaltszuständigkeit . 388 (3) Einseitige Aufenthaltszuständigkeit . . . . . . . . . . 393 (4) Verbundzuständigkeit für 393 Folgesachen . . . . . . . . . . . 394 395 11.Die internationale Zuständigkeit in Kindschaftssachen . . . . . . . . . 396 397 12.Die internationale Zuständigkeit in Lebenspartnerschaftssachen . 399

400 400 402 403 404 411 414 421 422 425

1. Schrifttum 300 a) Allgemein: Bertele, Souveränität und Verfahrensrecht, 1998; Bittighofer, Der internationale Gerichtsstand des Vermögens, 1994; B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz im Recht der internationalen Zuständigkeit, 1998; Busse, Aufrechnung bei internationalen Prozessen vor deutschen Gerichten, MDR 2001, 729; Coester-Waltjen, Die Aufrechnung im internationalen Zivilprozessrecht, FS G. Lüke, 1997, S 35; dies, Internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen, FS Schütze, 1999, S 175; dies, Parteiautonomie in der internationalen Zuständigkeit, FS Heldrich, 2005, S 549; K. Cornils, Der Begehungsort von Äußerungsdelikten im Internet, JZ 1999, 394; Dorsel, Forum non conveniens, 1996; Eickhoff, Inländische Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit für Aufrechnung und Widerklage, 1985; Fricke, Der Gerichtsstand des Vermögens, IPRax 1991, 159; ders, Neues vom Vermögensgerichtsstand, NJW 1992, 3066; Gebauer, Die Aufrechnung nach italienischem Recht vor deutschen Gerichten, JbItalR 12 (1999), 31; Geimer, „Doing business in Germany“ als Basis deutscher internationaler Zuständigkeit, RIW 1988, 221; ders, Verfassungsrechtliche Vorgaben bei der Normierung der internationalen Zuständigkeit, FS Schwind, 1993, S 17; ders, Reflexionen über ausschließliche internationale Zuständigkeiten, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 187; ders, Die internationale Zuständigkeitsordnung des autonomen deutschen Rechts, NJW 2005, Sonderheft BayObLG, S 31; O. Hartwieg, Forum shopping zwischen Forum non Conveniens und „hinreichendem Inlandsbezug“, JZ 1996, 109; Haunhorst, Die wesenseigene (Un-)Zuständigkeit deutscher Gerichte, 1994; Heldrich, Internationale Zuständigkeit und anwendbares Recht, 1969; Jayme, Die internationale Zuständigkeit bei Haustürgeschäften, FS Nagel, 1987, S 123; Junker, Internationales Vertragsrecht im Internet, RIW 1999, 809; Kannengießer, Die Aufrechnung im internationalen Privat- und Prozessrecht, 1988; Kleinstück, Due-Process-Beschränkungen des Vermögensgerichtsstandes durch hinreichenden Inlandsbezug und Minimum Contacts, 1994; R. Koch, Zur Vereinbarung des Erfordernisses „hinreichender Inlandsbezug des Rechtsstreits“ gemäß § 23 ZPO mit dem Gemeinschaftsrecht, IPRax 1997, 229; Kropholler, Internationale Zuständigkeit, Hdb IZPR, Bd I, 1982; S. Kubis, Internationale Zuständigkeit bei Persönlichkeits- und Immaterialgüterrechtsverletzungen, 1999; Ch. Kuner, Internationale Zuständigkeits-

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Autonomes deutsches Recht

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2. Einführung Während die Probleme der Gerichtsbarkeit nur einen kleinen Teil der Ver- 301 tragsgestaltung und der Prozessvorgänge betreffen, hat die Bedeutung der internationalen Zuständigkeit in den letzten Jahren sehr stark zugenommen, weil die Fälle mit Auslandsberührung durch den Wirtschaftsverkehr, den ins riesige gewachsenen Tourismus und durch familiäre Beziehungen stetig ansteigen. Schon vor einer Vertragsgestaltung muss überlegt werden, vor welchem Gericht geklagt werden muss, falls Streitigkeiten entstehen sollten. Schon dabei muss erwogen werden, ob aus einem Urteil eines deutschen Gerichts auch im Ausland vollstreckt werden kann, oder ob man sich sogleich entscheiden sollte, im Ausland zu klagen. Dabei sind wiederum spezifische Schwierigkeiten zu erwägen. Vorrangig stellt sich die Frage nach der deutschen internationalen Zuständigkeit. Die beste Klage ist als unzulässig abzuweisen, wenn es an einem internationalen Gerichtsstand in Deutschland fehlt. 3. Begriff der internationalen Zuständigkeit In Deutschland unterscheidet man zwischen Gerichtsbarkeit und internatio- 302 naler Zuständigkeit.571 Bei der Gerichtsbarkeit geht es darum, ob ein Staat seine Gebiets- bzw Personalhoheit gegenüber anderen Staaten und ihren Repräsentanten sowie internationalen Organisationen ausüben darf (s o § 2). Mit der Begrenzung der internationalen Zuständigkeit entscheidet der Staat autonom, ob und in welchem Umfang er seine grundsätzlich bestehende Jurisdiktionshoheit in grenzüberschreitenden („internationalen“) Fällen ausüben will.572 Den Begriff der internationalen Zuständigkeit hat Neuner 1929 eingeführt. 303 Die deutsche Rechtsprechung und Lehre hat ihn allgemein angenommen. Die internationale Zuständigkeit unterscheidet sich erheblich sowohl von der Gerichtsbarkeit als auch von der örtlichen, sachlichen und funktionalen Zuständigkeit.573 Diese Unterscheidung liegt auch dem Europäischen Recht (EuGVO/LugÜ) zugrunde. Das anglo-amerikanische Recht unterscheidet nicht in dieser Weise, sondern 304 fragt stets, ob ein Staat personal jurisdiction bzw in völkerrechtlicher Terminologie „jurisdiction to adjudicate“574 ausüben darf. Völkerrechtlich geht es danach um einen Souveränitätsausgleich zwischen den beteiligten Staaten, _______________

571 Vgl Heß, Staatenimmunität, 1992, S 387ff; Rosenberg/Schwab/Gottwald, 16. Aufl, §§ 19, 31. 572 Gottwald, FS Habscheid, S 119; Heß, Staatenimmunität, 1992, S 380; Soergel/ Kronke Art 38 Anh Rz 2. 573 Vgl H. Roth ZVerglRWiss 90 (1991), 298. 574 Vgl Restatement Foreign Relations Law [Third], § 421.

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wobei gegenwärtig nur gesagt werden kann, dass der Rechtsstreit eine „vernünftige Beziehung“ bzw „minimum contacts“ zum Gerichtsstaat haben muss. Allerdings kann es nicht (nur) um sinnvolle Machtausübung des Staates gehen, sondern es geht primär darum, in grenzüberschreitenden Fällen sinnvoll zuständige Gerichte bereitzustellen.575 Zweifelsfreie konkrete völkerrechtliche Grenzen sind hierzu bisher nicht entwickelt worden.576 305 Aus dem deutschen Grundgesetz folgt lediglich ein allgemeiner Justiz(gewährungs)anspruch. International lässt sich daraus ein Verbot des deni de justice (s u Rz 316ff) und die Pflicht des Staates ableiten, seine Gerichte zu öffnen, soweit der Streitgegenstand Inlandsbezug hat. Konkretere Grenzen lassen sich aus dem Grundgesetz dagegen nicht ableiten.577 306 Die internationale Zuständigkeit muss unterschieden werden von der örtlichen, sachlichen und funktionellen Zuständigkeit. Dabei ist die Unterscheidung von der örtlichen Zuständigkeit deswegen besonders wichtig, weil die internationale an die örtliche Zuständigkeit in mancher Hinsicht angeknüpft wird. Das Zivilprozessreformgesetz vom 27.7.2001 ordnet zwar in den §§ 513 II, 545 II ZPO an, dass Berufungs- bzw Revisionsgericht nicht prüfen, ob das Gericht erster Instanz „seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat“. die Kontrolle der internationalen Entscheidungszuständigkeit hat aber einen anderen Zweck und einen anderen Stellenwert und wird daher auch weiterhin nicht ausgeschlossen.578 307 In allen Instanzen muss das Gericht daher von Amts wegen prüfen, ob die Gerichtsbarkeit besteht und ob es für die Entscheidung international zuständig ist. Sowohl beim Fehlen der deutschen Gerichtsbarkeit als auch beim Fehlen einer internationalen Zuständigkeit muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden. Soweit die internationale Zuständigkeit von Tatsachenbehauptungen abhängt, deren Vorliegen zur Begründetheit der Klage führt (sog doppelrelevante Tatsachen), ist deren Richtigkeit für die Zulässigkeit der Klage zu unterstellen.579 Übersieht das Gericht, dass ihm die Gerichtsbarkeit gar nicht gegeben war, so liegt ebenso ein Fehlurteil vor, als wenn es seine internationale Zuständigkeit verkennt. Der wesentliche Unterschied kommt darin zum Ausdruck, dass beim Fehlen der Gerichtsbarkeit dem Gericht die „facultas jurisdictionis“ gar nicht gegeben ist, während durch _______________

575 576 577 578

Geimer ZfRV 5 (1992), 321, 334f. Schack, FS Nakamura, S 491, 506. Geimer, FS Schwind, 1993, S 17, 30ff; vgl Pfeiffer S 335ff, 433ff. BGHZ 153, 82 = NJW 2003, 426 = JZ 2003, 850 (Staudinger); Prütting, GS Blomeyer, S 803. 579 BGHZ 124, 237 = NJW 1994, 1413, dazu Gottwald IPRax 1995, 75; Schack, IZVR, Rz 387; Schumann FS Nagel, 1987, 420; K. Ost, Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht, 2002; enger Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1825ff; ablehn. Mankowski IPRax 2006, 454.

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das Fehlen der internationalen Zuständigkeit die Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht beeinflusst wird. Durch eine Verweisung an das örtlich zuständige Gericht gem § 281 ZPO wird keine internationale Zuständigkeit begründet; die Verweisung bindet also nicht hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit.580 Zu unterscheiden ist weiter zwischen ausschließlicher internationaler und 308 konkurrierender internationaler Zuständigkeit, je nachdem, ob ein Staat für gewisse Fälle die ausschließliche internationale Zuständigkeit seiner Gerichte beansprucht oder ob für denselben Streitfall die Gerichte mehrerer Staaten zuständig sein können. Aus der Ausschließlichkeit der örtlichen Zuständigkeit folgt nicht ohne weiteres die der internationalen, vielmehr ist zu prüfen, ob besondere öffentliche Interessen auch international eine Ausschließlichkeit erfordern.581 Zu der Begriffsbestimmung der internationalen Zuständigkeit gehört eine ir- 309 gendwie geartete internationale Bezogenheit des zu entscheidenden Falles. Fehlt diese, so erübrigt sich die Prüfung der internationalen Zuständigkeit von vornherein. Den Parteien steht es aber grundsätzlich frei, die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines beliebigen „neutralen“ Staates zu vereinbaren, mit dem der Fall sonst keine Beziehung hat. Wird die Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart, so hat sich das deutsche Gericht sachlich mit der Klage zu befassen und darf die Parteien nicht an die Gerichte eines ausländischen Staates verweisen, mit dem der Streit nähere Berührungspunkte hat.582 Die gegenteilige Lehre vom „forum non conveniens“ ist auf das deutsche 310 Recht nicht übertragbar.583 Sie ist eine Reaktion darauf, dass Gerichtsstände zu weit gefasst sind, etwa der Kläger durch Zustellung der Klageschrift an den Beklagten während dessen zufälligen Anwesenheit am Ort der Zustellung einen Gerichtsstand begründen kann.584 Einzelne Entscheidungen,585 die die Parteien aus Zweckmäßigkeitsgründen an ausländische Gerichte verwiesen haben, haben sich zu Recht nicht durchgesetzt. Nach deutschem Recht hat der Kläger einen Justizanspruch, sofern eine internationale Zuständigkeit besteht; mit diesem unbedingten Anspruch ist die forum non _______________

580 581 582 583

Schütze RIW 1995, 630. Geimer, Liber amicorum Böckstiegel, S 187, 193. AA LG Hamburg, RIW/AWD 1976, 228. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1957; Kropholler, IZVR, Bd I Kap. III Rz 204; v Hoffmann, IPRax 1982, 222; Pfeiffer, Festgabe BGH, S 617, 628ff; Schack Rz 499ff; ders RabelsZ 58 (1994), 40; Schütze Rz 125; für „behutsame Anwendung“ dagegen Soergel/Kronke Art 28 Anh Rz 26. 584 Schlosser, Bericht z. 1. Beitrittsübereinkommen zum EuGVÜ, ABl-EG, 5.3.1973, Nr C 59, 97f Nr 78; ders IPRax 1983, 285 u. OLG Frankfurt IPRax 1983, 294. 585 ZB AmtsG Eggenfelden IPRax 1982, 78 oder LG Hamburg RIW 1976, 228.

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conveniens-Doktrin nicht vereinbar.586 Die Prorogation deutscher Gerichte erfordert keine besondere Inlandsbeziehung. Ansätze zu forum non conveniens-Überlegungen bestehen nur für FG-Verfahren, etwa bei Entscheidungen über die elterliche Sorge (vgl Art 15 EheGVO; § 47 FGG). 311 Sind nach Sachlage die Gerichte mehrerer Staaten international zuständig, so steht es dem Kläger nach deutschem Recht frei, in dem Land zu klagen, in dem die Prozessführung für ihn am einfachsten ist oder in dem er sich aufgrund der unterschiedlichen Verfahrensgestaltung oder der zu erwartenden materiellrechtlichen Rechtsanwendung die meisten Vorteile erwartet.587 Aus deutscher Sicht ist sog forum shopping legitim.588 Common law-Staaten versuchen dagegen, Vorteile aus forum shopping zu begrenzen und auf ihre „Legitimität“ durch Versagung einer Sachentscheidung aus forum non conveniens-Gesichtspunkten zu kontrollieren (s u Rz 549ff).589 Solche Überlegungen sind gewiss legitim, soweit sie die Prozessführung betreffen (insb Lage der Beweismittel). Die Versagung des Rechtsschutzes wegen materiellen forum shoppings erscheint aber problematisch, weil sie leicht in nationale Diskriminierung einmünden kann (zur Einschränkung des Vermögensgerichtsstands, s u Rz 336). Die Suche nach einem „idealen“ Gericht ist in grenzüberschreitenden Fällen ein vergebliches Bemühen.590 Grenze der Wahl zwischen Gerichtsständen ist die Zuständigkeitserschleichung. Bei den meisten Gerichtsständen ist aber schwer vorstellbar, wie der Kläger deren Tatbestand arglistig herbeiführen kann.591 312 Andererseits kann es trotz hinreichender Inlandsbeziehung in einem im Übrigen auslandsbezogenen Fall an der internationalen Zuständigkeit fehlen. Das ist der Fall, wenn zwei Deutsche vor einem inländischen Gericht über dingliche Rechte an einem im Ausland gelegenen Grundstück streiten wollten, oder wenn es bei dem Streit um ausländische Patente oder Marken geht.592 Einige haben versucht, einen Völkergewohnheitsrechtssatz dahingehend nachzuweisen, dass Grundstücksangelegenheiten grundsätzlich durch das Gericht der „lex rei sitae“ zu entscheiden seien.593 Richtigerweise han_______________

586 Pfeiffer S 381ff, 421. 587 Vgl Hau, Positive Kompetenzkonflikte im internationalen Zivilprozessrecht, 1996. 588 Vgl Jasper, Forum shopping in England und Deutschland, 1990, S 91ff; Vischer, FS v. Overbeck, 1990, S 349, 350ff; Pfeiffer S 487ff; Schütze Rz 115ff; Schack Rz 222. 589 Vgl F. Juenger 63 Tul.L.Rev. 553 (1989); C.J. van Lynden, Forum shopping, 1998. 590 Vgl F. Juenger, FS Voskuil, 1992, S 137; Hill, International Commercial Disputes, 1994, § 6.4.1. 591 Vgl Vischer, FS v Overbeck, 1990, S 349, 355. 592 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 31 Rz 17ff; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 994ff, 1002 spricht in solchen Fällen von einem Ausschluss der deutschen internationalen Zuständigkeit ratione materiae. 593 Schröder S 372; Wengler, Völkerrecht II, 945; aA Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 394, 869.

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delt es sich nur um eine einfachgesetzliche Zurückhaltung. Art 5 italien. IPRG 1995 sagt ausdrücklich, dass die internationale Zuständigkeit italienischer Gerichte für Streitigkeiten über dingliche Rechte an ausländischen unbeweglichen Sachen nicht gegeben ist. Der Rechtsanwalt, den eine Partei wegen eines internationalen Streitfalls 313 um Rat fragt, hat seine Partei auch über Fragen der internationalen Zuständigkeit zu beraten.594 Schließlich ist die inländische Gerichtstätigkeit nicht gegeben, wenn das 314 vom IPR berufene ausländische Sachrecht vom Richter eine Tätigkeit verlangt, die ihm nach deutschem Verständnis „wesensfremd“ ist (sog „wesenseigene Zuständigkeit“). Es geht also um die Grenze, jenseits derer eine Anpassung an das Auslandsrecht nicht möglich ist und eine Tätigkeit verweigert werden darf.595 Im Allgemeinen ist man heute zu einer weitgehenden Anpassung des inländischen Verfahrens bereit, um ausländische Rechte zu verwirklichen. In jüngster Zeit ist die Grenze „wesenseigener Zuständigkeit“ mehrfach im Zusammenhang mit Privatscheidungen nach religiösen Rechten diskutiert und teilweise bejaht worden (s u § 5 Rz 74ff). Abgesehen von § 606a I Nr 4 ZPO (s u Rz 414f) hängt die internationale Zu- 315 ständigkeit nicht davon ab, ob der Staat, dessen Recht in der Sache angewendet wird, die internationale Zuständigkeit des Entscheidungsstaates anerkennt.596 4. Die Regelung der internationalen Zuständigkeit gemäß §§ 12ff ZPO In der ZPO finden sich nur für Familiensachen Vorschriften, die die interna- 316 tionale Zuständigkeit direkt regeln. Nach der hM regeln aber die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit in auslandsbezogenen Fällen zugleich die der deutschen internationalen Zuständigkeit.597 Die Regeln über die örtliche Zuständigkeit sind grundsätzlich doppelfunktional anzuwenden.598 Fehlt danach eine Zuständigkeit, kann aber auch ein ausländisches Gericht nicht angerufen werden, so ist ggf eine Notzuständigkeit (s u Rz 318) zu eröffnen. In der Praxis wird es nur selten zu einer Notzuständigkeit kommen. In vielen Fällen, in denen die Literatur auf eine Notzuständigkeit ausweicht, _______________

594 OLG Koblenz RIW 1990, 218. 595 Heldrich, Internationale Zuständigkeit, S 255ff; Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 57 II; Haunhorst, Die „wesenseigene (Un-)Zuständigkeit“ deutscher Gerichte, 1994. 596 Heldrich, Internationale Zuständigkeit, S 199ff. 597 BGHZ 94, 156, 157f = NJW 1985, 2090; BGHZ 115, 90ff = RIW 1991, 856; BGHZ 119, 392, 393; 120, 334, 337 = NJW 1993, 1073; BGH NJW 1997, 2245; OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 567; OLG München RIW 1990, 226; Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 31 Rz 3. 598 Vgl Pfeiffer, Festgabe BGH, S 617, 623f; Thomas/Putzo Vorbem § 1 Rz 6; Rauscher S 82; Soergel/Kronke Art 38 Anh IV Rz 20.

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besteht schon eine gesetzliche Zuständigkeit, etwa nach § 23 ZPO, nach § 16 ZPO oder nach § 32 ZPO. 317 Ein in der Theorie vielfach vertretener Gleichlauf von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht ist für das deutsche Recht nicht anzuerkennen.599 Weder wird die internationale Zuständigkeit durch die Anwendbarkeit deutschen Rechts in der Sache begründet noch entfällt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wegen der Anwendbarkeit ausländischen Rechts. 318 Die Verbindung der örtlichen mit der internationalen Zuständigkeit erweist sich also in der Praxis als eine durchaus befriedigende Lösung. In den Fällen, in denen die §§ 12ff ZPO keinen Gerichtsstand zur Verfügung stellen, ist die Beziehung zu einem anderen Staate grundsätzlich so stark, dass eine ausländische internationale Zuständigkeit gegeben ist. Wir halten aber eine Notzuständigkeit der deutschen Gerichte für gegeben, wenn andernfalls eine Justizverweigerung gegeben wäre.600 Der vom BAG entschiedene Fall führte infolge von Kriegsereignissen im Libanon zum Wiederaufleben der deutschen internationalen Zuständigkeit.601 a) Wohnsitz des Beklagten 319 Die deutsche internationale Zuständigkeit knüpft in erster Linie an den Wohnsitz des Beklagten an, §§ 12, 13 ZPO iVm §§ 7ff BGB. In Unterhaltssachen kann nach § 23a ZPO am Wohnsitz des Klägers geklagt werden, wenn der Beklagte keinen inländischen Gerichtsstand hat. Ob ein Ausländer Wohnsitz in Deutschland hat, richtet sich nur nach §§ 7ff BGB.602 Nach deutschem Recht kann eine Partei auch mehrere Wohnsitze (auch im Inund Ausland) haben (anders Art 20 II 1 schweiz. IPRG). b) Gewöhnlicher Aufenthalt 320 Im streitigen Zivilprozess knüpft das deutsche Recht die internationale Zuständigkeit nur ausnahmsweise an den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland an.603 Bei Haustürgeschäften kann mangels Inlandswohnsitz des Kunden am Gericht seines gewöhnlichen Aufenthalts geklagt werden (§ 29c I ZPO). In Sorgerechtssachen stellt Art 1 MSA dagegen primär auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes ab. _______________

599 Vgl Heldrich, passim; Pfeiffer S 91ff; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1041ff; Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 58 II 3 (S 595); Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 25. 600 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 960, 1024ff. 601 Urt vom 29.6.1978, JZ 1979, 647. 602 BGH FamRZ 1992, 794, 795; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 13 Rz 2; Jaeckel, Die Reichweite der lex fori, 1995, S 87ff. 603 Vgl D. Baetge, Der gewöhnliche Aufenthalt im IPR, 1994.

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Eine Aufenthaltszuständigkeit oder eine Zuständigkeit am letzten Inlands- 321 wohnsitz ist nach § 16 ZPO nur eröffnet, wenn der Beklagte überhaupt keinen Wohnsitz (im In- oder Ausland) hat.604 Ob ein Wohnsitz im Ausland besteht, ist nach dem ausländischen Recht zu beurteilen.605 Ob ein Deutscher einen Auslandswohnsitz hat, will Hartmann dagegen nach deutschem Recht beurteilen.606 § 16 ZPO enthält aber eine Auffangzuständigkeit, wenn kein regulärer allgemeiner Gerichtsstand besteht. Danach kann nur das jeweilige Auslandsrecht entscheiden, ob dies der Fall ist.607 Für ausländische Saisonarbeiter, Studenten, Praktikanten etc. besteht ebenfalls eine internationale Zuständigkeit am Aufenthaltsort (§ 20 ZPO). c) Gerichtsstände einer juristischen Person (1) Der allgemeine Gerichtsstand einer juristischen Person oder eines sonsti- 322 gen parteifähigen Gebildes wird durch den Sitz bestimmt. Als Sitz gilt im Zweifel der Ort der Hauptverwaltung (§ 17 ZPO). (2) Der Gerichtsstand der gewerblichen Niederlassung eines ausländischen Unternehmers im Inland betrifft nur Klagen gegen den Inhaber der inländischen Zweigniederlassung, § 21 ZPO. Die Zweigstelle teilt nämlich das rechtliche Schicksal der ausländischen Gesellschaft. Die Zweigstelle besitzt keine eigene Rechtsfähigkeit, ist also auch nicht parteifähig.608 Der Inhaber des ausländischen Unternehmens kann aber aus den von und mit einer Zweigniederlassung geschlossenen Verträgen unter der Firma der inländischen Zweigniederlassung klagen und verklagt werden.609 Ausländische Versicherungen müssen einen inländischen Hauptbevollmächtigten bestellen, der das Versicherungsunternehmen auch vor Gericht vertreten kann (§§ 106 III 3, 110d II 2 VAG). Ausländische Banken und Finanzdienstleistungsunternehmen müssen zwei Geschäftsleiter mit derartigen Befugnissen bestellen (§ 53 Nr 1 KWG). Ausländische Investmentgesellschaften müssen einen Repräsentanten im Inland bestellen, der die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich vertritt (§§ 136 I Nr 2, 138 I 1 InvG). Eine Niederlassung besteht nur, wenn diese selbständig alle üblichen Ge- 323 schäfte abschließen kann; eine bloße Agentur, Annahmestelle, Repräsentanz etc. zur Kontaktpflege und Vermittlung von Vertragsofferten begründen keinen Gerichtsstand. Eine „virtuelle“ Niederlassung in Form eines inländi_______________

604 605 606 607 608 609

Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 16 Rz 1. Zöller/Vollkommer § 16 ZPO Rz 4. Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 16 Rz 1. Jaeckel, Die Reichweite der lex fori, 1995, S 90ff. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 43 Rz 7. Baumbach/Hopt, 31. Aufl, § 13 Rz 4.

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schen Servers genügt nicht.610 Jedoch ist auf den Rechtsschein gegenüber Dritten abzustellen. Erweckt ein Unternehmen den Anschein, ein inländisches „Büro“ sei eine Zweigniederlassung, so muss es sich auch an dessen Ort verklagen lassen.611 Ansonsten findet aber kein Zuständigkeitsdurchgriff in einem Konzern über die Tochter- auf die ausländische Muttergesellschaft kraft „doing business in Germany“ statt.612 324 Zum Schutz inländischer Kunden ist der Niederlassungsgerichtsstand teilweise zwingend. Für die inländische Zweigniederlassung einer ausländischen Bank kann der Gerichtsstand des § 21 ZPO nicht vertraglich ausgeschlossen werden (§ 53 III KWG) (soweit sich nicht aus EuGVO bzw LugÜ etwas anderes ergibt). Eine ausländische Investmentgesellschaft kann zwingend vor dem Gericht verklagt werden, in dessen Bezirk ihr inländischer Repräsentant seinen Wohnsitz oder Sitz hat (§ 138 II InvG). 325 (3) Eine weitergehende Regelung zugunsten eines Versicherungsnehmers enthält § 48 VVG. Danach ist für Klagen aus dem Versicherungsverhältnis gegen den Versicherer zwingend ein Gerichtsstand auch an dem Ort eröffnet, an dem der Versicherungsagent, der den Vertrag vermittelt oder abgeschlossen hat, seine gewerbliche Niederlassung, hilfsweise seinen Wohnsitz zur Zeit der Vermittlung oder Schließung hatte. 326 (4) In letzter Zeit hat die Auslegung von Art 28 I des Warschauer Abkommens zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr vom 12.10.1929,613 welcher dem § 21 ZPO gleicht, die Gerichte beschäftigt. Die Bestimmung lautet: „Die Klage auf Schadenersatz muss in dem Gebiet eines der Hohen Vertragschließenden Teile erhoben werden, und zwar nach Wahl des Klägers entweder bei dem Gericht des Ortes, wo der Luftfrachtführer seinen Wohnsitz hat oder wo sich seine Hauptbetriebsleitung oder diejenige seiner Geschäftsstellen befindet, durch die der Vertrag abgeschlossen worden ist, oder bei dem Gericht des Bestimmungsortes.“

Die Regel betrifft ausschließlich die internationale Zuständigkeit.614 Vor deutschen Gerichten begründen diese Orte über § 56 III LuftVG auch örtliche Zuständigkeiten.615 _______________

610 Pichler, Hdb, Teil 31 Rz 85; Berger, in Bauknecht, Informatik 2001, S 1002, 1005. 611 BGH WM 1987, 1089 = RIW 1987, 790 m Anm Geimer RIW 1988, 221; vgl auch H. Müller, Gerichtspflichtigkeit wegen „doing business“, 1992, S 138ff, 163; Otto S 135ff. 612 Geimer RIW 1988, 221, 223; vgl aber Ch. Möllers, Durchgriffshaftung, S 58ff. 613 RGBl 1933 II, 1039. 614 Koller, Transportrecht, 5. Aufl 2004, Art 28 WA 1955 Rz 1; MüKo/Gottwald, 2. Aufl, WA, ZAG Rz 2; vgl Wenzler Art 28 Abs 1 WA in der Rspr US-amerikanischer Gerichte, TransportR 1990, 414. 615 Koller Art 28 WA 1955 Rz 5.

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Der BGH hat entschieden, dass als „Geschäftsstelle“ einer ausländischen 327 Luftfahrtgesellschaft auch eine selbständige inländische Agentur anzusehen ist, derer sich die ausländische Fluggesellschaft regelmäßig beim Abschluss von Luftfrachtverträgen bedient.616 Damit gelangt man meist zu einer Zuständigkeit am Ort des Vertragsschlusses, wenn nicht am Wohnsitz des Flugpassagiers.617 Die deutsche internationale Zuständigkeit ist damit ausgedehnt worden, nachdem der BGH eine eigene Rechtspersönlichkeit einer inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Versicherungsgesellschaft bereits anerkannt hatte.618 Art 28 WA soll für Luftverkehrsunfälle durch eine Zuständigkeit am Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort des Fluggastes ergänzt werden.619 Ergänzt wird Art 28 WA durch Art VIII des Zusatzabkommens zum War- 328 schauer Abkommen von Guadalajara vom 18.9.1961 (ZAG)620. Dieser lautet: „Eine Klage auf Schadenersatz im Sinne des Artikels VII muss nach Wahl des Klägers entweder bei einem der Gerichte erhoben werden, bei denen eine Klage gegen den vertraglichen Luftfrachtführer nach Artikel 28 des Warschauer Abkommens erhoben werden kann, oder bei dem Gericht des Ortes, wo der ausführende Luftfrachtführer seinen Wohnsitz hat oder wo sich seine Hauptbetriebsleitung befindet.“

Auch diese Regel betrifft nur die internationale Zuständigkeit. Sie erweitert die Gerichtsstände um die des Wohnsitzes oder der Hauptbetriebsleitung des ausführenden Luftfrachtführers. Nach Art VII ZAG kann an jedem dieser Gerichtsstände sowohl gegen den vertraglichen als auch gegen den ausführenden Frachtführer geklagt werden.621 (5) Das neue Montrealer Übereinkommen von 1999622 integriert die bisheri- 329 gen Gerichtsstände von WA und ZAG und eröffnet in Art 33 Abs 2 bei Tod oder Verletzung eines Passagiers zusätzlich einen Gerichtsstand vor den Gerichten des Staates, in dem der Passagier zur Zeit des Unfalls seinen primären ständigen Aufenthalt hat, sofern das Luftfahrtunternehmen in diesem Staat Flüge veranstaltet und durch eigene oder die Niederlassung eines verbundenen Luftfahrtunternehmens in diesem Staat Geschäfte betreibt.623 _______________

616 617 618 619 620 621 622

IPRax 1984, 27 (dazu Nagel S 13). Otto S 145f. NJW 1979, 1785. Jayme/Kohler IPRax 1996, 377, 383. BGBl 1963 II, 1159. Koller, Transportrecht, Art VII ZAG Rz 1; MüKo/Gottwald, WA, ZAG Rz 4. Convention for the Unification of Certain Rules for International Carriage by Air, signed at Montreal on 28 May 1999; BGBl 2004 II, 458, 473. 623 Vgl Saenger, Harmonisierung des internationalen Luftprivatrechts, NJW 2000, 169, 174; F. Reuschle, Übereinkommen zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr (Montrealer Übereinkommen), 2005; Schmid/Müller-Rostin NjW 2003, 3516, 3520; Müller-Rostin TransportR 1998, 229.

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Art 33 lautet:

„Gerichtsstand (1) Die Klage auf Schadensersatz muss im Hoheitsgebiet eines der Vertragsstaaten erhoben werden, und zwar nach Wahl des Klägers entweder bei dem Gericht des Ortes, an dem sich der Wohnsitz des Luftfrachtführers, seine Hauptniederlassung oder seine Geschäftsstelle befindet, durch die der Vertrag geschlossen worden ist, oder bei dem Gericht des Bestimmungsorts. (2) Die Klage auf Ersatz des Schadens, der durch Tod oder Körperverletzung eines Reisenden entstanden ist, kann bei einem der in Absatz 1 genannten Gerichte oder im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats erhoben werden, in dem der Reisende im Zeitpunkt des Unfalls seinen ständigen Wohnsitz hatte und in das oder aus dem der Luftfrachtführer Reisende im Luftverkehr gewerbsmäßig befördert, und zwar entweder mit seinen eigenen Luftfahrzeugen oder aufgrund einer geschäftlichen Vereinbarung mit Luftfahrzeugen eines anderen Luftfrachtführers, und in dem der Luftfrachtführer sein Gewerbe von Geschäftsräumen aus betreibt, deren Mieter oder Eigentümer er selbst oder ein anderer Luftfrachtführer ist, mit dem er eine geschäftliche Vereinbarung geschlossen hat. (3) Im Sinne des Absatzes 2 bedeutet a) „geschäftliche Vereinbarung“ einen Vertrag zwischen Luftfrachtführern über die Erbringung gemeinsamer Beförderungsdienstleistungen für Reisende im Luftverkehr mit Ausnahme eines Handelsvertretervertrags, b) „ständiger Wohnsitz“ den Hauptwohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt des Reisenden im Zeitpunkt des Unfalls. Die Staatsangehörigkeit des Reisenden ist in dieser Hinsicht nicht entscheidend. (4) Das Verfahren richtet sich nach dem Recht des angerufenen Gerichts.“

330 Ergänzend ist § 56 LuftVG zu beachten. Haftpflichtklagen, die auf das LuftVG gestützt werden, können nach § 56 I auch beim Gericht des Unfallortes erhoben werden. Auf den Luftbeförderungsvertrag gestützte Klagen können zusätzlich am Gericht des Bestimmungsorts erhoben werden (§ 56 II 1). Bei einer Beförderung durch einen Dritten kann die Klage gegen den Dritten auch im Gerichtsstand des Luftfrachtführers und gegen den Luftfrachtführer im Gerichtsstand des Dritten erhoben werden (§ 56 II 2). Bei einer internationalen Luftbeförderung, die dem WA und dem ZAG unterliegt, bestimmt sich der Gerichtsstand nur nach diesen Abkommen (§ 56 III LuftVG). 331 (6) Für Streitigkeiten aus grenzüberschreitenden Speditions- und Landfrachtverträgen ist ua zwingend eine Klage am Gericht der Hauptniederlassung oder am Gericht der Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle zulässig, durch deren Vermittlung der Beförderungsvertrag geschlossen wurde (Art 31 I CMR) (s u Rz 346). Wie bei Art 28 WA ist auch eine selbständige Agentur als Geschäftsstelle anzusehen, wenn sich der Frachtführer ihrer regelmäßig zum Vertragsschluss bedient.624 _______________

624 Thume/Demuth, CMR, 1995, Art 31 Rz 21; nur bei Rechtsschein MüKoHGB/ Basedow, 1997, Art 31 CMR Rz 21.

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d) Gerichtsstand des Vermögens Innerhalb der Zuständigkeitsregelung nimmt § 23 ZPO eine Sonderstellung 332 ein. Dabei handelt es sich um den besonderen Gerichtsstand des Vermögens und des Streitgegenstandes. § 23 ZPO lautet: „Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Bei Forderungen gilt als der Ort, wo das Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Schuldners und, wenn für die Forderungen eine Sache zur Sicherheit haftet, auch der Ort, wo die Sache sich befindet.“

Auf die Staatsangehörigkeit der Parteien kommt es bei § 23 ZPO ebenso wenig an wie bei den Gerichtsständen gemäß §§ 12ff ZPO. Klagt zB ein Inländer gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, so stehen ihm wahlweise die Gerichtsstände der §§ 16 und 23 ZPO zur Verfügung, sofern die weitere Voraussetzung gegeben ist, dass der Beklagte Vermögen im Inland hat. Wählt der Kläger den Gerichtsstand des Vermögens, so liegt ebenso wenig eine Auslandsbeziehung vor, wie wenn er den Gerichtsstand des § 16 ZPO gewählt hätte. Die Auslandsbezogenheit tritt bei § 23 ZPO erst auf, wenn der Beklagte sich im Ausland aufhält. Auf die Tatsache, ob er im Ausland einen Wohnsitz hat, kommt es nicht an.625 Der Gerichtsstand geht auf das forum arresti zurück und hat damit Paralle- 333 len zur quasi in rem jurisdiction nach common law (s u Rz 529f). Die Kommission für das Zivilprozessrecht hatte vorgeschlagen, den Gerichtsstand einzuschränken. Er sollte nur gegeben sein, wenn der Beklagte ein Grundstück im Gerichtsbezirk besitzt oder in bewegliches Vermögen ein Arrest vollzogen ist.626 Dieser Vorschlag ist aber nicht aufgegriffen worden. § 23 ZPO verlangt keine vorherige Beschlagnahme des Vermögensgegenstandes und beschränkt die Zuständigkeit auch nicht auf die Höhe des Inlandsvermögens.627 § 23 ZPO richtet sich nicht direkt gegen Ausländer, denn er trifft jeden Be- 334 klagten ohne allgemeinen inländischen Gerichtsstand, gleichgültig, ob deutscher oder ausländischer Staatsangehörigkeit. Dennoch ist er im Rahmen der internationalen Zuständigkeit als „unerwünschter“ oder „exorbitanter“ Gerichtsstand bezeichnet worden.628 Man hat vorgeschlagen, § 23 ZPO auf inländische Kläger, Fälle der Notzuständigkeit oder der sonstigen Sachnähe _______________

625 Im Einzelnen Schröder, Internationale Zuständigkeit, S 377. 626 Bericht der Kommission für das Zivilprozessrecht, 1977, S 68. 627 Fricke IPRax 1991, 159; Schumann ZZP 93 (1980), 408; dafür Kleinstück, Due process-Beschränkungen, 1994, S 199ff. 628 Vgl Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S 523ff.

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deutscher Gerichte zu beschränken. Andere wollen die Zuständigkeit durch den Wert des belegenen Vermögens begrenzen.629 335 Im Rahmen der EuGVO bzw des EuGVÜ/LugÜ ist § 23 ZPO gemäß Art 3 II ausgeschlossen. Dies mag dadurch zu erklären sein, dass er gegen Beklagte, die sich im Ausland aufhalten, einen zu einfach zu erreichenden Gerichtsstand für die Kläger bereitstellt. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies: Kläger und Beklagter wohnen in New York. Der Beklagte hat Vermögen im Gerichtsbezirk Bremen. Die Bremer Gerichte sind damit international zuständig, obwohl alle Beweismittel möglicherweise in New York sind. Der obsiegende Kläger hat allerdings den Vorteil, dass er aus dem deutschen Urteil in das Vermögen des Beklagten vollstrecken kann, sofern es diesem nicht gelingt, dieses noch rechtzeitig fortzuschaffen. Da § 23 ZPO nur im Verhältnis zu den westeuropäischen Staaten ausgeschlossen ist, bleibt seine Bedeutung bestehen,630 wenngleich der Kläger sich vor Augen halten sollte, dass ein auf § 23 ZPO begründetes Urteil in vielen Staaten nicht anerkannt und die Vollstreckung im Ausland ausgeschlossen wird. 336 Die anhaltende Kritik an § 23 ZPO hat den BGH veranlasst, den Vermögensgerichtsstand auf Fälle mit hinreichendem Inlandsbezug zu beschränken631 und ihn damit amerikanischen Konzeptionen von due process und einer Zuständigkeit bei reasonable connections, vor allem als Folge von doing business, anzunähern.632 Wann danach ein ausreichender Inlandsbezug besteht, hat der BGH offen gelassen. Problemlos ist dies der Fall, wenn sich der Rechtsstreit aus formbezogenen Vorgängen oder dem Vermögensgegenstand selbst ergibt. Als genereller Gerichtsstand kommt § 23 ZPO in dieser Auslegung primär in Betracht bei dauerhafter, formbezogener Geschäftstätigkeit.633 Freilich muss der Vermögensgerichtsstand auch eröffnet bleiben, wenn Urteile alternativ möglicher Gerichtsstaaten in Deutschland nicht anerkannt werden (vgl § 328 I Nr 5 ZPO). Andernfalls wäre das Recht des Klägers auf eine effektive Zwangsvollstreckung verletzt.634 Zweifelhaft ist auch, ob die Einschränkung des § 23 ZPO mit dem Diskriminierungsverbot des

_______________

629 Vgl Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, S 532ff; krit Schütze Rz 160. 630 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1346ff, 1356ff; krit. Schlosser, FS Kralik, 1986, 293. 631 BGHZ 115, 90 = NJW 1991, 3092 = JZ 1992, 51 (Schack) = IPRax 1992, 160 (Schlosser) = ZZP 105 (1992), 314 (W. Lüke); vgl Mansel, FS Jayme, S 561. 632 Zustim. OLG Brandenburg RIW 1997, 424, 425; ablehn. Billighofer S 168ff, 239ff, 257; krit. auch Hartwieg JZ 1996, 109; Koch IPRax 1997, 229; Pfeiffer S 545ff, 620ff; ders, Festgabe BGH, S 617, 626ff; Schack Rz 330; ders, FS Nakamura, S 491; Schütze DZWir 1991, 243 u. IZPR Rz 163. 633 Vgl T. Kleinstück, Due process-Beschränkungen, 1994, S 188ff, 217. 634 Geimer NJW 1991, 3072; Schütze DWiR 1991, 239 u. FS Ishikawa, S 493, 495; vgl auch Lurger ZfRV 1995, 61.

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Art 6 EGV vereinbar ist.635 Nicht anerkannt hat das OLG Düsseldorf eine Zuständigkeit, die auf einer unbegründeten Forderungsabtretung beruht.636 Hinsichtlich des „Vermögens“ ist eine reichhaltige Rechtsprechung entstan- 337 den. Das RG war zunächst sehr weit gegangen und hatte den Gerichtsstand des § 23 ZPO auch dann als gegeben angenommen, wenn der Kläger sich zum Schuldner seines ausländischen Beklagten gemacht hatte, indem er gegen den Ausländer eine Klage erhob, mit dieser wegen fehlenden Gerichtsstandes abgewiesen und dadurch zum Kostenschuldner des Ausländers wurde.637 Solche Gerichtsstandserschleichungen werden nicht mehr geduldet.638 Nach hM genügt jeder Vermögensgegenstand. Es ist nicht Voraussetzung, 338 dass er sich zur Befriedigung für den Kläger eignet oder dazu ausreicht; auch geringwertige oder unpfändbare Vermögenswerte sollen daher den Gerichtsstand eröffnen.639 Manche möchten lediglich übliches Reisegepäck ausnehmen.640 Das amerikanische Schrifttum spricht deshalb kritisch von der sog umbrella-rule. An dieser Rechtsprechung sollte nicht mehr festgehalten werden. Vermögen ist vielmehr nur ein der Zwangsvollstreckung unterliegendes Vermögen, aus dem nach Abzug der Vollstreckungskosten eine gewisse Befriedigung möglich ist.641 Vermögen eines fremden Staates darf nicht sachlich immun sein, darf also nicht hoheitlichen Zwecken dienen (s u § 17 Rz 16f).642 Sonderregelungen des Vermögensgerichtsstandes finden sich im Geschmacks- 339 mustergesetz und im Markengesetz. Diese lauten: § 58 (3) GeschmMG: „Der Ort, an dem ein nach Absatz 1 bestellter Vertreter seinen Geschäftsraum hat, gilt im Sinne des § 23 der Zivilprozessordnung als der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet; fehlt ein solcher Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, an dem der Vertreter im Inland seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem das Deutsche Patent- und Markenamt seinen Sitz hat.“ § 96 (3) MarkenG: „Der Ort, an dem ein nach Absatz 1 bestellter Vertreter seinen Geschäftsraum hat, gilt im Sinne des § 23 der Zivilprozessordnung als der Ort, an dem sich der Vermögensgegenstand befindet. Fehlt ein solcher Geschäftsraum, so ist der Ort maßgebend, an dem der Vertreter im Inland seinen Wohnsitz, und in Ermangelung eines solchen der Ort, an dem das Patentamt seinen Sitz hat.“ _______________

635 636 637 638 639

Koch IPRax 1997, 145. OLG Düsseldorf RIW 1996, 598, 610f. RGZ 16, 393. Zöller/Vollkommer § 23 ZPO Rz 8. BGHZ 115, 90, 93 = NJW 1991, 3093; OLG Celle RIW 1990, 320, 321; v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 45. 640 Bittighofer, Der Gerichtsstand des Vermögens, S 156f, 256; Schütze, FS Ishikawa, S 493, 503. 641 OLG Celle IPRax 2001, 338 (ablehn. Wollenschläger S 320); Zöller/Vollkommer § 23 ZPO Rz 7, 7a; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1371ff; gegen Beschränkung auf Wert der Klageforderung: Schütze, FS Ishikawa, S 493, 503. 642 OLG Frankfurt RIW 1999, 461 = IPRax 1999, 247, 249 (dazu Hau S 232).

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e) Gerichtsstand des Erfüllungsortes 340 Der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO: „(1) Für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis und über dessen Bestehen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist. (2) Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort begründet die Zuständigkeit nur, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind.“

Zur Begründung der internationalen Zuständigkeit nach dieser Vorschrift ist vor allem die Frage der Qualifizierung und der Vereinbarung über den Erfüllungsort von Bedeutung. 341 Der Gerichtsstand steht nur für Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis zur Verfügung. Darunter sind alle schuldrechtlichen Vereinbarungen zu subsumieren, auch Versorgungsansprüche aus Arbeitsverhältnissen.643 Dingliche Verträge, gesetzliche Schuldverhältnisse, zB aus GoA oder Bereicherung, aber auch aus einem Verlöbnis fallen nicht darunter.644 342 Der Erfüllungsort wird für die konkret streitige Verpflichtung nach dem nach deutschem IPR anwendbaren materiellen Recht bestimmt.645 Ein vom materiellen Leistungsort gelöster, rein prozessualer Erfüllungsort646 ist trotz praktischer Schwierigkeiten nicht anzuerkennen. Denn im Regelfall erscheint es angemessen, dass an dem Ort, an dem die vertragliche Leistung gefordert wird, auch deren prozessuale Durchsetzung betrieben werden kann. Bei Anwendung deutschen Rechts entscheiden generell die §§ 269, 270 BGB über den Erfüllungsort.647 Nach dem deutschen IPR ist zu ermitteln, welches materielle Recht anzuwenden ist. Der Erfüllungsort wird also nicht nach der lex fori, sondern nach der lex causae bestimmt.648 Im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts (CISG vom 11.4.1980) ist der Erfüllungsort danach zu bestimmen.649 343 Es muss dabei in Kauf genommen werden, dass der Erfüllungsort für die Vertragsparteien nach zwei verschiedenen Rechten bestimmt wird, sofern nicht Umstände dafür sprechen, dass ein einheitlicher Erfüllungsort gegeben ist. Als Beispiele können Abladegeschäfte mit der CIF-Klausel genannt werden. Der ausländische Verkäufer hat zwei Hauptpflichten zu erfüllen, die Abladung der Ware im Abladehafen und die Andienung der Dokumente am _______________

643 644 645 646

BAG AP ZPO § 38 Internationale Zuständigkeit Nr 21 (Mankowski). BGHZ 132, 105 = NJW 1996, 1411 = FamRZ 1996, 601 = JZ 1997, 88 (Gottwald). BAG IPRax 2006, 254f (dazu Franzen S 221). Hierfür Schack, Der Erfüllungsort im deutschen, ausländischen und internationalen Privat- und Zivilprozessrecht, 1985; ders, FS Kegel, 1987, S 505. 647 So Zöller/Vollkommer § 29 ZPO Rz 24; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 36 Rz 13. 648 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1482. 649 OLG Düsseldorf RIW 1993, 845.

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Wohnsitz bzw an der geschäftlichen Niederlassung des Käufers.650 Daraus werden gewohnheitsrechtlich zwei verschiedene Erfüllungsorte für den Verkäufer hergeleitet.651 Bei der weiteren Klausel Kasse gegen Dokumente liegt der Erfüllungsort für beide Parteien am Wohnsitz bzw an der geschäftlichen Niederlassung des Käufers, denn der Verkäufer hat dort die Dokumente anzudienen, der Käufer dort zu zahlen. Soll durch die vertragliche Vereinbarung über den Erfüllungsort die Zustän- 344 digkeit des besonderen Gerichtsstandes unabhängig vom tatsächlichen Erfüllungsort begründet werden, so liegt in Wirklichkeit eine Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien vor (zu Art 5 Nr 1 EuGVO bzw LugÜ s o Rz 54). Die Parteien weichen also von der gesetzlichen Regelung ab. Im Interesse der rechtsuchenden Bevölkerung hat der Gesetzgeber die Parteiautonomie bewusst eingeschränkt. Nach § 29 II ZPO können nur noch Kaufleute, juristische Personen des 345 öffentlichen Rechts und öffentlich-rechtliche Sondervermögen durch eine Vereinbarung über den Erfüllungsort eine besondere Zuständigkeit begründen. Wer Kaufmann ist, bestimmt sich nach den §§ 1ff HGB. Da hierauf besonders Bezug genommen wird, müsste die Kaufmannseigenschaft eines Ausländers oder einer ausländischen Firma ebenfalls nach diesen Grundsätzen beurteilt werden. Das verträgt sich jedoch nicht mit den Belangen des internationalen Handels. Die Kaufmannseigenschaft muss in solchen Fällen deshalb nach dem entsprechenden ausländischen materiellen Recht qualifiziert werden. Dies ist umso mehr gerechtfertigt, als das deutsche Prozessrecht auch auf materielles Recht verweist. Ausländische Nichtkaufleute können über § 29 II ZPO allerdings keine Gerichtsstandsvereinbarung begründen, denn „die Zulässigkeit und Wirkung einer vor dem Prozess getroffenen internationalen Gerichtsstandsvereinbarung beurteilen sich nach deutschem Prozessrecht …“.652 Anders ist es mit dem Zustandekommen dieser Vereinbarung. Diese richtet sich gemäß derselben BGH-Entscheidung nach deutschem oder ausländischem bürgerlichen Recht. Ist auf das Zustandekommen einer Vereinbarung über den Erfüllungsort ausländisches Recht anzuwenden, so muss berücksichtigt werden, dass die deutsche Rechtsprechung hinsichtlich des Schweigens auf ein Bestätigungsschreiben oder eine Auftragsbestätigung nicht ausschlaggebend sein wird. Nach Art 31 I CMR kann der Frachtführer oder Spediteur nicht nur am Ort 346 seines gewöhnlichen Aufenthalts, seiner Hauptniederlassung oder tätig gewordenen Zweigniederlassung, sondern auch am Ort der tatsächlichen Übernahme des Frachtgutes oder am vertraglich vereinbarten Ablieferungsort verklagt werden. Diese Zuständigkeit kann nicht abbedungen werden (Art 31 I _______________

650 Vgl Staub/Koller, HGB-Großkomm., 4. Aufl 1985, Vor § 373 Rz 13ff. 651 Haage, Das Abladegeschäft, 1958, 44. 652 So BGHZ 59, 23 = NJW 1972, 1622 m Anm Geimer.

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2 CMR). Art 31 I CMR regelt die internationale Zuständigkeit653 und hat nach Art 71 EuGVO Vorrang vor dem europäischen Recht,654 findet aber nicht nur bei vertraglichen, sondern auch bei der Geltendmachung außervertraglicher Ansprüche Anwendung.655 Die örtliche und sachliche Zuständigkeit muss nach autonomem Recht begründet sein. In Deutschland ergibt sie sich aus Art 1 a CMR-G, der nicht Teil der CMR ist. Die örtliche Zuständigkeit kann sich daneben ggf auch aus den §§ 12, 13, 17, 21, 38, 39 ZPO ergeben.656 Durch eine Veränderung des Aufbewahrungsorts nach Schadenseintritt wird keine neue Zuständigkeit nach Art 1a CMR-G begründet.657 347 Ergänzend besteht für Regressansprüche eine internationale Zuständigkeit nach Art 39 II CMR.658 Diese Bestimmung lautet: „1Ein Frachtführer, der sein Rückgriffsrecht gerichtlich geltend machen will, kann seinen Anspruch vor dem zuständigen Gericht des Staates erheben, in dem einer der beteiligten Frachtführer seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch deren Vermittlung der Beförderungsvertrag abgeschlossen worden ist. 2Ein und dieselbe Rückgriffsklage kann gegen alle beteiligten Frachtführer gerichtet werden.“

348 Außerhalb des Anwendungsbereichs der CMR ist § 440 HGB zu beachten. Die Bestimmung lautet: „(1) Für Rechtsstreitigkeiten aus einer Beförderung, die den Vorschriften dieses Unterabschnitts unterliegt, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung des Gutes vorgesehene Ort liegt. (2) Eine Klage gegen den ausführenden Frachtführer kann auch in dem Gerichtsstand des Frachtführers, eine Klage gegen den Frachtführer auch in dem Gerichtsstand des ausführenden Frachtführers erhoben werden.“

Mit Absatz 1 wird für CMR und HGB eine einheitliche Zuständigkeitsordnung geschaffen. Abs 2 gibt einen zusätzlichen Gerichtsstand, wenn ein ausführender Frachtführer (§ 437 HGB) eingeschaltet wird.659 349 Werden die ADSp (1999)660 vereinbart, so ist deren Ziff 30 zu beachten: „30.1. Der Erfüllungsort ist für alle Beteiligten der Ort derjenigen Niederlassung des Spediteurs, an die der Auftrag gerichtet ist. _______________

653 Koller, Transportrecht, 5. Aufl 2004, Art 31 CMR Rz 1, 2; Herbert/Piper, CMR, 1996, Art 31 Rz 9ff; MüKoHGB/Basedow, 1997, Art 31 CMR Rz 16ff; Staub/ Helm, HGB, Bd VII/2, 4. Aufl 2002, Art 31 CMR Rz 17. 654 EuGHE 2004, I-10327 (Nürnberger Allgemeine VersicherungsAG v Portbridge) = NJW 2005, 44 = EWiR Art 57 EuGVÜ 1/04, 1219 (Vogl) = IPRax 2006, 256 (dazu Haubold S 224); BGH RIW 2003, 722. 655 BGH RIW 2001, 941, 942. 656 Koller Art 31 CMR Rz 6; Staub/Helm Art 31 CMR Rz 17. 657 OLG Karlsruhe RIW 1996, 428. 658 Staub/Helm Art 39 CMR Rz 5, 6. 659 Vgl M. u. G. Vollkommer, GS Helm, 2001, S 365, 366ff. 660 Vgl Koller, Transportrecht, 5. Aufl 2004, S 711ff.

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30.2. Der Gerichtsstand für alle Rechtsstreitigkeiten, die aus dem Auftragsverhältnis oder im Zusammenhang damit entstehen, ist für alle Beteiligten, soweit sie Kaufleute sind, der Ort derjenigen Niederlassung des Spediteurs, an die der Auftrag gerichtet ist; für Ansprüche gegen den Spediteur ist dieser Gerichtsstand ausschließlich. 30.3. Für die Rechtsbeziehungen des Spediteurs zum Auftraggeber oder zu seinen Rechtsnachfolgern gilt deutsches Recht.“

Hieraus ergibt sich, dass das Gericht des Ortes der Niederlassung, an die der Speditionsauftrag gerichtet ist, international und örtlich zuständig ist. Andere Gerichte sind für Klagen gegen den Spediteur nicht zuständig, kommen aber für Klagen des Spediteurs selbst in Betracht.661 Im Geltungsbereich von Art 31 CMR ergibt sich die internationale Zuständigkeit aus dieser Norm. Der in Ziff 30.2 ADSp statuierte, ausschließliche örtliche Gerichtsstand ist nur von Bedeutung, soweit gem Art 31, 39, 41 CMR die internationale Zuständigkeit zu bejahen ist.662 Vorrang haben nach Art 31 Nr 1 CMR die von den Parteien anderweitig vereinbarten bestimmten Gerichte von Vertragsstaaten der CMR; aus Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ folgt die internationale Zuständigkeit nur, soweit Vertragsstaaten dieser Übereinkommen nicht solche des CMR sind, da dieses nach Art 67 EuGVO bzw Art 57 EuGVÜ Vorrang besitzt.663 Eine ähnliche, aber zwingende Regelung des Gerichtsstands sieht Art 21 350 UN-Convention on the Carriage of Goods by Sea vom 31.3.1978664 vor. In Verfahren, die Seefrachtverträge betreffen, die unter das Übereinkommen fallen, kann der Kläger klagen (a) am Sitz der Hauptniederlassung oder hilfsweise dem gewöhnlichen Aufenthaltsort des Beklagten, (b) am Ort des Vertragsschlusses, wenn der Beklagte dort eine Niederlassung, Zweigniederlassung oder Agentur hat, von der aus der Vertrag geschlossen wurde, (c) am Ort des Ladehafens oder des Entladehafens, oder (d) an einem anderen Ort, der dazu im Seefrachtvertrag vorgesehen ist. Außerdem kann an jedem Hafenort eines Vertragsstaats geklagt werden, an dem das Transportschiff oder ein anderes Schiff desselben Eigentümers mittels Arrest beschlagnahmt wurde.665

_______________

661 662 663 664 665

Koller, Transportrecht, ADSp Ziff 30 Rz 3. Koller ADSp Ziff 30 Rz 5; vgl Staub/Helm Art 31 CMR Rz 27. Vgl OLG Dresden IPRax 2000, 121 (dazu Haubold S 91). ILM 17 (1978), 608, 622. Vgl Mankowski TransportR 1992, 301, 304ff.

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351 Für Ansprüche aus Eisenbahn-Personen/Gepäck-Verträgen und EisenbahnFrachtverträgen ist die internationale Zuständigkeit in Art 52 §§ 1,2 CIV sowie Art 56 CIM geregelt.666 352 Eine zwingende Sonderregelung des Gerichtsstands des Erfüllungsortes enthält schließlich § 138 II InvG vom 15.12.2003667 Diese Bestimmung lautet: „Für Klagen gegen eine ausländische Investmentgesellschaft, eine Verwaltungsgesellschaft oder eine Vetriebsgesellschaft, die auf den öffentlichen Vertrieb von Investmentanteilen im Geltungsbereich dieses Gesetzes Bezug haben, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Repräsentant seinen Wohnsitz oder Sitz hat. Dieser Gerichtsstand kann durch Vereinbarung nicht ausgeschlossen werden.“

f) Gerichtsstand für Haustürgeschäfte 353 Für Klagen gegen einen Verbraucher aus einem Haustürgeschäft nach § 312 BGB ist das Gericht am Wohnsitz, hilfsweise am Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Verbrauchers ausschließlich zuständig (§ 29c I ZPO). Eine abweichende Vereinbarung ist zulässig für den Fall, dass der Verbraucher seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort ins Ausland verlegt oder dass beides bei Klageerhebung nicht bekannt ist (§ 29c II ZPO). Diese Norm regelt auch die internationale Zuständigkeit.668 Für Klagen des Verbrauchers gegen den Vertragspartner bietet § 29c ZPO nur einen zusätzlichen Gerichtsstand. g) Gerichtsstand der Erbschaft 354 Der besondere Gerichtsstand der Erbschaft (§ 27 ZPO) besteht vor dem Gericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten allgemeinen Gerichtsstand, also meist seinen letzten Wohnsitz hatte (§§ 12, 13 ZPO; 7 BGB). Hatte ein deutscher Erblasser keinen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, kann an seinem letzten allgemeinen inländischen Gerichtsstand, hilfsweise am Sitz der Bundesregierung geklagt werden (§ 27 II ZPO). 355 Vorrang vor dieser Regelung hat § 15 deutsch-türkisches Nachlassabkommen.669 Danach sind Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Erbschaftsansprüche, Ansprüche aus Vermächtnissen oder Pflichtteilsansprüche zum Gegenstand haben, soweit es sich um beweglichen Nachlass handelt, _______________

666 Vgl MüKo/Gottwald, IZPR, Nr C 1c; MüKoHGB/Mutz Bd VII 1997; Kreuzer/ Wagner Q 251ff. 667 BGBl I, 2676. 668 Ganssauge S 85; Stein/Jonas/Roth § 29c Rz 15. 669 Anlage zu Art 20 deutsch-türkischer Konsularvertrag vom 28.5.1929, RGBl 1930 II, 758.

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ausschließlich vor den Gerichten des jeweiligen Heimatrechts, bezüglich des unbeweglichen Nachlasses im Belegenheitsstaat zu erheben.670 Nach Art 30 türk. IPRG können in der Türkei Prozesse, die sich auf eine Erbschaft beziehen, vor den Gerichten des letzten Wohnsitzes des Erblassers und, wenn er diesen nicht in der Türkei gehabt hat, vor dem Gericht des Ortes geführt werden, an dem sich Nachlassgegenstände befinden.671 Hat der Erblasser kein Vermögen in der Türkei hinterlassen, so fehlt ein zuständiges Gericht. Im Wege der Notzuständigkeit (s u Rz 397) ist deshalb auf § 27 ZPO zurückzugreifen. Auch im Übrigen widerspricht es dem Anspruch auf Rechtsschutz, Beteiligte, die häufig sämtlich und langjährig im Inland leben, für Erbstreitigkeiten an entfernte Heimatstaatgerichte zu verweisen.672 h) Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (1) Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung ist eröffnet, sobald eine un- 356 erlaubte Handlung in Betracht kommt.673 § 32 ZPO lautet: „Für Klagen aus unerlaubten Handlungen ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.“

Die Regel ist international vor allem bei Verkehrsunfällen, aber auch bei Distanzdelikten von Bedeutung. Eine Handlung kann begangen sein sowohl an dem Ort, an dem der Täter gehandelt hat, als auch an dem Ort, an dem der schädigende Erfolg eingetreten ist.674 Beide Orte begründen (nach Wahl des Klägers) eine deutsche internationale Zuständigkeit.675 Als Prozessvorschrift entscheidet also nach § 32 ZPO die „lex fori“, was unter einer unerlaubten Handlung und unter deren Begehung zu verstehen ist. Das gilt auch hinsichtlich der Gefährdungshaftung.676 Hängt die örtliche und damit die internationale Zuständigkeit davon ab, ob die Voraussetzungen des § 32 ZPO gegeben sind, so muss nach der hM zumindest ein Teilakt der Verletzungshandlung im Bezirk des angerufenen Gerichts begangen sein.677 Dieses Gericht kann auch nur feststellen, was als Verletzungshandlung zu qualifizieren ist.

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670 Vgl OLG Köln IPRspr 1986, Nr 109. 671 IPRax 1982, 257. 672 Krit. auch Dörner ZEV 1996, 90, 96; Atali, Internationale Zuständigkeit im deutsch-türkischen Rechtsverkehr, 2001, S 122. 673 BGH EuZW 1995, 190, 192. 674 So BGHZ 40, 391 = NJW 1964, 969. 675 Kropholler, IPR, 5. Aufl, 2004, § 58 III 3 a. 676 BGHZ 80, 1, 3 = NJW 1981, 1516 = IPRax 1982, 158. 677 Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl 2006, § 14 Rz 14.

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Bei Mittätern oder anderen Tatbeteiligten (§ 830 BGB) werden die von anderen Beteiligten erbrachten Tatbeiträge auch zur Begründung der internationalen Zuständigkeit zugerechnet.678 357 Der Gerichtsstand des § 32 ZPO ist auch international für die vorbeugende Unterlassungsklage eröffnet. Tatort ist dann der Ort, an dem die unerlaubte Handlung ernstlich droht.679 358 (2) Für Wettbewerbsverstöße gilt der Gerichtsstand des § 14 UWG. Dieser lautet: „(1) Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat. Hat der Beklagte auch keinen Wohnsitz, so ist sein inländischer Aufenthaltsort maßgeblich. (2) Für Klagen auf Grund dieses Gesetzes ist außerdem nur das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Satz 1 gilt für Klagen, die von den nach § 8 Abs 3 Nr. 2 bis 4 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigten erhoben werden, nur dann, wenn der Beklagte im Inland weder eine gewerbliche oder selbständige berufliche Niederlassung noch einen Wohnsitz hat.“

Insoweit gilt das zu § 32 ZPO Ausgeführte.680 Sittenwidrige Wettbewerbsverstöße sind unerlaubte Handlungen, für deren Beurteilung im Allgemeinen das am Begehungsort herrschende Recht maßgebend ist.681 Dieser Grundsatz wird aber aus der Natur der Wettbewerbsverstöße modifiziert. Im Urteil vom 30.6.1961 hat der BGH daher ausgeführt: „Der Grundsatz, dass der Begehungsort einer unerlaubten Handlung jeder Ort ist, an dem zumindest ein Tatbestandsmerkmal dieser Handlung verwirklicht ist, bietet bei Wettbewerbsverstößen deshalb in der Regel keinen sicheren Anhaltspunkt für das anzuwendende Recht, weil im Gegensatz zu der Mehrzahl anderer unerlaubter Handlungen die Tatbestandsmerkmale der Wettbewerbsverstöße in den Rechtsordnungen der verschiedenen Länder unterschiedlich geregelt sind“.682 Unlauterer Wettbewerb wird in der Regel nur dort begangen, wo wettbewerbliche Interessen der Mitbewerber aufeinanderstoßen.683 Erfolgsortzuständigkeit bedeutet insoweit Marktortzuständigkeit.684 Nach dem Recht des Ortes dieses Staates ist zu entscheiden, ob ein Wettbewerbsverstoß vorliegt und damit die internationale Zuständigkeit des § 14 II UWG gegeben ist. Deswegen hat der BGH auch entschieden, es bestehe keine allgemeine Pflicht inländischer Gewerbetreibender, sich bei ihrem Wettbewerb auf dem _______________

678 679 680 681 682 683 684

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BGH EuZW 1995, 190, 192 = NJW 1995, 1225, 1226. Schack, IZVR, Rz 292; Zöller/Vollkommer § 32 Rz 16. Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 14 Rz 13. BGHZ 40, 391, 393f = NJW 1964, 969. BGHZ 35, 329, 333 = NJW 1962, 37. BGH Urt vom 23.10.1970, RIW/AWD 1971, 39. Lindacher, FS Nakamura, S 321, 329ff.

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Auslandsmarkt schlechthin an die Regeln des deutschen Wettbewerbsrechts zu halten.685 Ist eine wettbewerbswidrige Internet-Werbung in Deutschland bestimmungsgemäß abrufbar, so ist die wettbewerbswidrige Handlung iS des § 14 II UWG am Abrufort begangen.686 Es sollte noch berücksichtigt werden, dass ausländische Schutzrechte wegen des Territorialitätsprinzips grundsätzlich nur im Ausland verletzt werden können.687 (3) Für Schäden durch Umwelteinwirkungen, die von Anlagen ausgehen, die 359 vom Umwelthaftungsgesetz erfasst sind, sieht § 32a S 1 ZPO (vom 10.12.1990) einen ausschließlichen Gerichtsstand am Ort der Anlage vor. Dieser Gerichtsstand regelt auch die internationale Zuständigkeit.688 Er hat insoweit freilich nur noch ausnahmsweise Bedeutung, da inzwischen für alle näheren Nachbarstaaten die EuGVO bzw das LugÜ gelten. (4) Für Schadenersatzklagen wegen falscher, irreführender oder unterlassener 360 Kapitalmarktinformation sieht § 32b I ZPO für inländische Emittenten oder Anbieter eine ausschließliche Zuständigkeit an deren Sitz vor.689 (5) Für weitere Sonderfälle unerlaubter Handlungen sind zu beachten:

361

(1) Wegen Ansprüchen aus Schiffszusammenstößen kann der Kläger gemäß Art 1 des Übereinkommens vom 10.5.1952 zur Vereinheitlichung der Regeln über die zivilgerichtliche Zuständigkeit bei Schiffszusammenstößen690 nach seiner Wahl klagen: (1) vor dem Gericht, in dessen Bezirk der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder seine Niederlassung hat, (2) vor dem Gericht, in dessen Bezirk ein Arrest in das Schiff des Beklagten vollzogen oder durch Sicherheitsleistung gehemmt worden ist, (3) vor dem Gericht, in dessen Bezirk der Zusammenstoß stattfand, wenn er sich in einem Hafen oder Binnengewässern ereignet hat. Zulässig sind Gerichtsstandsvereinbarungen (Art 2). Außerdem können kraft Sachzusammenhangs mehrere Beteiligte vor dem gleichen Gericht verklagt werden (Art 3). (2) Für die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie sind nach Art 13 (a), (b) des Pariser Übereinkommens vom 29.7.1960691 die _______________

685 BGHZ 40, 391 = NJW 1964, 969; im Einzelnen auch Deutsch, Wettbewerbstatbestände mit Auslandsbeziehung, 1962, 49. 686 Kuner CR 1996, 453, 455; Pichler, Hdb. Multimediarecht, Teil 31, Rz 132ff. 687 Vgl Hye-Knudsen S 67ff. 688 Pfeiffer ZZP 106 (1993), 159; krit. v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 54. 689 Vgl Haß/Zerr RIW 2005, 721, 726f. 690 BGBl 1972 II 663; vgl Kreuzer/Wagner Q 258f. 691 BGBl 1985 II, 967; vgl Kreuzer/Wagner Q 260.

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§3

Internationale Zuständigkeit

Gerichte des Staates zuständig, in dem das nukleare Ereignis eingetreten ist, hilfsweise des Staates, in dem die Kernanlage gelegen ist. (3) Für Ansprüche gegen den Inhaber von Reaktorschiffen wegen nuklearer Schäden sind nach Art X (1) des Übereinkommens vom 25.5.1962692 nach Wahl des Klägers die Gerichte des Genehmigungsstaates oder des Staates zuständig, in dem der Schaden eingetreten ist. (4) Nach Art IX (1) des Internationalen Übereinkommens von 1992693 sind für Klagen wegen Ölverschmutzungsschäden oder Schutzmaßnahmen die Gerichte des oder der betreffenden Staaten zuständig; für Streitigkeiten auf Schadenersatz oder Aufwendungsersatz bei Ölverschmutzungsschäden ist nach Art XI Nr 1 des Gesetzes zum Internationalen Übereinkommen vom 29.11.1969694 auch das Gericht zuständig, „in dessen Bezirk sich das schädigende Ereignis zugetragen hat oder der Verschmutzungsschäden eingetreten ist oder Schutzmaßnahmen … ergriffen oder angeordnet worden sind“. i) Ausschließliche internationale Zuständigkeit 362 Eine ausschließliche internationale Zuständigkeit besteht, wenn Streitigkeiten den deutschen Gerichten vorbehalten bleiben sollen und weder das ausländische Verfahren noch ein ergangenes ausländisches Urteil beachtet werden darf.695 Dies ist in vermögensrechtlichen Angelegenheiten anzunehmen, soweit eine ausschließliche örtliche Zuständigkeit besteht. Unstreitig ist dies in den Fällen der §§ 24 und 29a ZPO der Fall sowie in allen Zwangsvollstreckungsstreitigkeiten, für die § 802 ZPO ausschließliche Zuständigkeiten festlegt. Dies gilt aber nicht für die Klage auf Leistung des Interesses gemäß § 893 II ZPO.696 In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten folgt dagegen aus der ausschließlich örtlichen keine ausschließliche internationale Zuständigkeit.697 Aus § 24 ZPO leitet die Rspr aber nicht die Unzuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über Rechte an ausländischen Grundstücken ab, jedenfalls wenn sich der Beklagte iS des § 39 ZPO rügelos eingelassen hat698 (zu Art 22 Nr 1 EuGVO s o Rz 179). _______________

692 693 694 695 696

BGBl 1975 II, 983. BGBl 1996 II, 671, 680; vgl Kreuzer/Wagner Q 261. BGBl 1996 II, 671, 680. Vgl Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 91. KG IPRax 1997, 340; G. Vollkommer IPRax 1997, 323; aA BGH NJW 1997, 2245; s u § 17 Rz 47. 697 Vgl §§ 606, 606a I 2 ZPO. 698 BGH IPRax 1999, 45, 46 (krit. dazu H. Stoll S 29); ebenso Wenner, FS Jagenburg, S 1013, 1022ff; aA v Hoffmann, IPR, § 3 Rz 58.

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§3

5. Gerichtsstandsvereinbarungen § 38 ZPO lautet:

363

„(1) Ein an sich unzuständiges Gericht des ersten Rechtszuges wird durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung der Parteien zuständig, wenn die Vertragsparteien Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts oder öffentlich-rechtliche Sondervermögen sind. (2) Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges kann ferner vereinbart werden, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden. Hat eine der Parteien einen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so kann für das Inland nur ein Gericht gewählt werden, bei dem diese Partei ihren allgemeinen Gerichtstand hat oder ein besonderer Gerichtsstand begründet ist. (3) Im Übrigen ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur zulässig, wenn sie ausdrücklich und schriftlich 1. nach dem Entstehen der Streitigkeit oder 2. für den Fall geschlossen wird, dass die im Klageweg in Anspruch zu nehmende Partei nach Vertragsschluss ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verlegt oder ihr Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt im Zeitpunkt der Klagerhebung nicht bekannt ist.“

Die Regeln über die Zuständigkeit der Gerichte, §§ 38ff ZPO, sind auf die internationale Zuständigkeit anzuwenden.699 § 38 ZPO ist aber nur einschlägig, soweit nicht Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ eingreifen (s o § 3 Rz 132ff). Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte kann in drei Fall- 364 gruppen prorogiert oder derogiert werden. Nach § 38 I ZPO wird dem Parteiwillen ein weiter Rahmen eingeräumt. Dieser wird nur durch § 40 ZPO eingeengt. Danach hat eine Vereinbarung keine rechtliche Wirkung, wenn sie nicht auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis und die aus ihm entspringenden Rechtsstreitigkeiten sich bezieht. Eine Gerichtsstandsvereinbarung ist auch unzulässig, wenn der Rechtsstreit nichtvermögensrechtliche Ansprüche betrifft, die den Amtsgerichten ohne Rücksicht auf den Streitwert zugewiesen sind, oder wenn für die Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist. Die weitere Beschränkung auf Kaufleute, juristische Personen des öffentlichen Rechts und öffentlichrechtliche Sondervermögen entspricht der Regelung des § 29 II ZPO hinsichtlich der Vereinbarung über den Erfüllungsort (s o Rz 245). Vor allem im internationalen Rahmen wird den Parteien damit eine weitreichende Möglichkeit gegeben, die internationale Zuständigkeit für entstandene und in Zukunft entstehende Streitigkeiten zu bestimmen. _______________

699 BGH NJW 1979, 1104 (krit. Geimer, S 1784).

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§3

Internationale Zuständigkeit

Gerichtsstandsvereinbarungen über Streitigkeiten aus Börsentermingeschäften sind zumindest seit der Neufassung von § 61 BörsG wirksam, soweit der Kunde termingeschäftsfähig ist.700 Private Anleger können die Termingeschäftsfähigkeit nach § 53 II BörsG durch Aufklärung erlangen, so dass gegen Gerichtsstandsvereinbarungen idR keine Bedenken mehr bestehen dürften.701 365 Da der internationale Handel und Verkehr fast ausschließlich von Kaufleuten betrieben wird, ist allein deren Wille für die Begründung der internationalen Zuständigkeit von ausschlaggebender Bedeutung. Danach ist es irreführend, in der Regelung des § 38 ZPO ein grundsätzliches Verbot von Gerichtstandsvereinbarungen zu sehen. Den Kaufleuten wird vielmehr die grundsätzliche Freiheit eingeräumt, nationale oder internationale Zuständigkeitsvereinbarungen zu treffen. Von dem Kaufmann wird erwartet, dass ihm bewusst ist, welche Risiken er bei einer Prorogation, insb bei der eines oder der Gerichte eines fremden Staates, eingeht.702 Vielfach übersieht er dabei allerdings, welche Schwierigkeiten im Einzelnen auf ihn zukommen können. Ein ausländisches Gericht wird grundsätzlich nach seiner „lex fori“ verfahren. Schon daraus ergeben sich schwer vorherzusehende Hindernisse.703 Dabei reicht es aus, dass die Kaufmannseigenschaft der Parteien bei Abschluss der Gerichtsstandsvereinbarung vorhanden war, ihr späterer Wegfall ist ohne Bedeutung. Bei dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis braucht es sich nicht um ein Handelsgeschäft iS des § 343 HGB zu handeln.704 366 Die deutsche internationale Zuständigkeit kann auch dann durch Parteivereinbarung begründet werden, wenn die Parteien überhaupt keine Beziehung zu Deutschland haben. Deutsche Kaufleute können die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts begründen, zu dessen Staat sie keinerlei Beziehungen haben.705 Das LG Hamburg706 hat eine solche Parteivereinbarung nicht genügen lassen. Jedoch lässt der Gesetzgeber die Begründung der deutschen internationalen Zuständigkeit allein durch den Parteiwillen zu. Dieser schafft selbst eine hinreichende Inlandsbeziehung. Ein zusätzlicher objektiver Inlandsbezug ist entgegen manchen Stimmen in der Literatur707 nicht erforderlich. Öffentliche Interessen stehen dem nicht entgegen. Der Zulässig_______________

700 701 702 703 704 705

706 707

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Dannhoff, Das Recht der Warentermingeschäfte, 1993, S 212ff. Vgl BGHZ 138, 338 = NJW 1998, 2358, 2359. Vgl Stein/Jonas/Bork § 38 Rz 4. Im Einzelnen Nagel, Durchsetzung von Vertragsansprüchen im Auslandsgeschäft, 1978, S 177ff. Stein/Jonas/Bork § 38 Rz 16. In diesem Sinne Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1084, 1745ff; F. Sandrock S 91ff, 285ff, 298ff; ebenso Matscher, Zuständigkeitsvereinbarungen im österreichischen und internationalen Zivilprozessrecht, 1967, S 37; Kralik ZZP 74 (1961), 42. RIW/AWD 1976, 228. G. Wagner, Prozessverträge, 1998, S 558ff.

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§3

keit ein neutrales Forum zu bestimmen entspricht der Auffassung im IPR, wonach die Parteien grundsätzlich, dh bei Auslandsbeziehung, auch ein neutrales Recht wählen können, zu dem der Sachverhalt überhaupt keine Verbindung hat.708 Ist die internationale Zuständigkeit eines oder der Gerichte der BR Deutsch- 367 land prorogiert worden, so hängt die Zulässigkeit einer solchen Gerichtsstandsvereinbarung nicht davon ab, ob das deutsche Urteil in dem Staat, dessen Gerichte derogiert sind, anerkannt wird und ob aus ihm vollstreckt werden kann.709 Das deutsche Gericht prüft vielmehr nur, ob nach seinem Verfahrensrecht eine zulässige internationale Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt. Wollte man vom Richter fordern, dass er die Parteien bereits im Erkenntnisverfahren darauf hinweist, ob die Anerkennung und Vollstreckung aus dem von ihm gefällten Urteil im Ausland möglich ist,710 so wäre er überfordert. Die internationale Gerichtsstandsvereinbarung eines ausländischen Gerichts 368 darf nicht so weit gehen, dass sie auf einen Verzicht auf Rechtsschutz hinausläuft.711 Die Derogation deutscher Gerichte durch Gerichtsstandvereinbarung ist dann unwirksam, wenn sie eine Rechtsverweigerung zur Folge hätte,712 weil das vereinbarte Gericht tatsächlich nicht tätig werden kann oder will713 oder ein rechtsstaatliches Verfahren vor ihm nicht gewährleistet wäre.714 Dass das Verfahren im Ausland teuer ist und die Partei die Kosten nicht aufbringen kann, sollte kein Grund sein, einer zunächst gültigen Gerichtsstandsvereinbarung die Wirksamkeit abzuerkennen.715 Auch die Unmöglichkeit der Vollstreckung aus dem Urteil hat keinen (nachträglichen) Einfluss auf die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung.716 Die Gerichtsstandsvereinbarung ist ein Prozessvertrag,717 weil ihre Haupt- 369 wirkung (Prorogation bzw Derogation) prozessualer Art ist. Der BGH spricht _______________

708 OLG München IPRax 1986, 178; Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl, § 18 I 1 c (S 653); F. Sandrock S 287ff. 709 So zu Recht Stein/Jonas/Bork § 38 Rz 22; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1750. 710 So Kallmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, 1946, 37. 711 So BGHZ 49, 124, 128 = NJW 1968, 356; vgl. G. Wagner, Prozessverträge, 1998, S 360ff (Frage des ordre public). 712 BAG, JZ 1979, 647 m Anm Geimer. 713 Vgl OLG Koblenz IPRax 2006, 469 (dazu Weller, S 444). 714 BGH ZZP 88 (1975), 318; BAG NJW 1979, 1119, 1120; OLG Frankfurt IPRax 1999, 247, 250 (dazu Hau S 232, 235); Stein/Jonas/Bork, 22. Aufl, § 38 Rz 22; vgl Schütze, IZPR, Rz 173f; Weller, Ordre public-Kontrolle internationaler Gerichtsstandsvereinbarungen im autonomen Zuständigkeitsrecht, 2005. 715 Vgl die Befürchtungen von Schütze RIW 2006, Heft 6, Erste Seite. 716 Schütze, IZPR, Rz 175; aA v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 87; Schröder, Intern. Zuständigkeit, 1971, S 460. 717 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 37 Rz 2; Stein/Jonas/Bork § 38 ZPO Rz 47.

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§3

Internationale Zuständigkeit

dagegen von einem bürgerlichrechtlichen Vertrag über prozessuale Beziehungen.718 Beide Formulierungen widersprechen einander nicht.719 Denn unstreitig beurteilen sich die Zulässigkeit und Wirkung einer Zuständigkeitsvereinbarung ausschließlich nach dem Prozessrecht.720 Dagegen richtet sich das Zustandekommen und die materielle Wirksamkeit der Vereinbarung nach materiellem Recht einschließlich des Kollisionsrechts.721 370 Auch die Auslegung der internationalen Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich nach dem Vertragsstatut.722 Aus einer Rechtswahlklausel für den Hauptvertrag lässt sich im Zweifel keine Prorogation der Gerichte des Staates der gewählten Rechtsordnung ableiten.723 371 Wie im internationalen Schuldrecht können die Parteien ihre Vereinbarung einer bestimmten Rechtsordnung unterstellen. Das scheinbar berufene Recht entscheidet wie sonst auch über die Wirksamkeit der Rechtswahl und der Vereinbarung insgesamt.724 Weil das deutsche Prozessrecht keine Vorschriften über das Zustandekommen von Verträgen enthalte, werde stillschweigend auf die Bestimmungen des bürgerlichen Rechts verwiesen. Anders verhält es sich mit der Form der Prorogation, denn diese ist im deutschen Prozessrecht ausdrücklich geregelt. Nur wenn man die internationale Gerichtsstandsvereinbarung derart in das Vertragsrecht einbindet, lässt sich ihre Wirksamkeit vor Prozessbeginn einigermaßen zuverlässig beurteilen. 372 Unter Kaufleuten lässt § 38 I ZPO nicht nur eine örtliche, sondern auch eine internationale Prorogation formlos zu;725 die Parteien können eine solche Vereinbarung also auch mündlich schließen. Hiervor ist jedoch dringend zu warnen, denn im Rechtsstreit wird der Kläger eine derart geschlossene internationale Prorogation kaum beweisen können. Es kommt der Schutz des Beklagten vor einer zu weit reichenden internationalen Zuständigkeitsvereinbarung hinzu.

_______________

718 BGHZ 49, 384 = NJW 1968, 1233; BGHZ 59, 23 = NJW 1972, 1622; Baumbach/ Lauterbach/Hartmann § 38 Rz 2. 719 Gottwald, FS Henckel, 1995, S 295, 299. 720 OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 567, 568; v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 80ff; G. Wagner, Prozessverträge, 1998, S 358. 721 BGHZ 59, 23 = NJW 1972, 1622 m Anm Geimer; OLG Köln RIW 1997, 233; OLG Rostock RIW 1997, 1042, 1043; Hausmann, FS W. Lorenz, 1991, S 359, 364ff; v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 73ff; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 31f; G. Wagner, Prozessverträge, S 350, 367; vgl Lindenmayr, Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit und darauf anwendbares Recht, 2002. 722 BGH RIW 1997, 149, 151. 723 Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 34; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1674. 724 Vgl Art 31 I EGBGB; Gottwald, FS Henckel, 1995, S 295, 300f. 725 v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 83; Schütze, IZPR, Rz 169.

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Autonomes deutsches Recht

§3

Ist die Gerichtsstandsklausel in AGBs enthalten, müssen diese wirksam in 373 den Vertrag einbezogen worden sein (§ 305 II BGB). Hieran fehlt es, wenn AGBs nur auf der Rückseite von Warenrechnungen abgedruckt sind, ohne dass im Text darauf verwiesen wurde; der Abdruck nur auf der Rechnung genügt nicht, um den Vertrag entsprechend abzuändern.726 Da hinsichtlich des Zustandekommens der Gerichtsstandsvereinbarung auf 374 das anzuwendende materielle Recht abgestellt wird, ist die Wirksamkeit einer (konkludenten) Annahme nach Art 31 II EGBGB bzw Art 8 II EVÜ im Wege der Sonderanknüpfung nach dem Heimatrecht des Annehmenden zu beurteilen.727 Ist dies deutsches Recht, so kann eine Gerichtsstandsvereinbarung auch dadurch zustande kommen, dass diese in den allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist, die eine Partei der anderen mit einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben übersendet, worauf letztere schweigt.728 Das Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben der deutschen Partei führt nur dann zur Bindung des ausländischen Vertragspartners, wenn auch dessen Heimatrecht dem Schweigen rechtsbegründende Bedeutung beimisst.729 Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben muss grundsätzlich in der Sprache gehalten sein, in der mündlich verhandelt worden ist.730 Schweigen auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben bedeutet dann keine Zustimmung, wenn es von der mündlichen Vereinbarung so erheblich abweicht, dass dessen Absender vernünftigerweise nicht mit einer Billigung rechnen kann.731 Trotz Auslandsbezug kann nach § 38 ZPO nur die örtliche Zuständigkeit 375 eines Gerichtsstandes von den Parteien vereinbart werden. Dazu der BGH:732 „Die Bestimmung der Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B, dass sich – sofern die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsvereinbarung nach § 38 ZPO vorliegen und nichts anderes vereinbart ist – der Gerichtsstand für Streitigkeiten aus dem Vertrag nach dem Sitz der für die Prozessvertretung des Auftraggebers zuständigen Stelle richtet (§ 18 Nr 1 S 1), gilt nur für die örtliche Zuständigkeit, nicht auch für die internationale Zuständigkeit“. Der BGH begründete das aus dem von den Parteien gewünschten Interessenausgleich. So kann im konkreten Fall zwar die örtliche, nicht aber die internationale Zuständigkeit vorliegen. _______________

726 OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 567, 568. 727 OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 567, 568; MünchKomm/Martiny, 4. Aufl, Vor Art 27 EGBGB Rz 100f. 728 Palandt/Heinrichs, 65. Aufl, § 148 BGB Rz 8. 729 OLG Koblenz, IPRax 1982, 20. 730 OLG Frankfurt, IPRax 1982, 242. 731 BGH BB 1952, 843. 732 IPRax 1987, 305 (dazu Nicklisch S 286).

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Internationale Zuständigkeit

376 Gerichtsstandsvereinbarungen sind auch nach Art 31 I CMR zulässig. Diese Regel ist unabdingbar (Art 41 I CMR) und geht der EuGVO (Art 67) bzw EuGVÜ/LugÜ (Art 57) vor. Art 31 I CMR bezieht sich aber nur auf die internationale Zuständigkeit. Diese kann danach formfrei vereinbart werden, so dass auf § 38 ZPO abzustellen ist.733 Werden in einem Speditionsvertrag die ADSp als AGB vereinbart, so gilt die Gerichtsstandsabrede nach ADSp Ziff 30. Nach Art 31 I CMR steht der vereinbarte Gerichtsstand nämlich stets alternativ und nicht als ausschließlicher Gerichtsstand zur Verfügung.734 377 Weitere Sonderregelungen enthalten § 26 II FernUSG, § 29c ZPO, § 13 Abs 3 KWG und § 109 I VAG. 378 Die Gerichtsstandsvereinbarung ist nach § 138 BGB unwirksam, wenn eine Partei ihre wirtschaftliche oder soziale Überlegenheit ausgenutzt hat, um die andere zum Abschluss der Vereinbarung zu nötigen.735 Durch die Gerichtsstandswahl darf auch nicht die Anwendung zwingenden deutschen Rechts umgangen werden. Soweit nach der Neufassung von § 53 II BörsG Börsentermingeschäftsfähigkeit gegeben ist, bestehen gegen die Wahl eines ausländischen Gerichtsstands aber keine Bedenken mehr.736 379 Ist die Zuständigkeitsvereinbarung als Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Partei enthalten, so fragt es sich, wieweit die richterliche Inhaltskontrolle nach den §§ 305ff BGB stattfindet. Da ein Kaufmann, aber auch ein Privatmann mit einer Gerichtsstandsklausel rechnen muss, wird es sich in der Regel nicht um eine überraschende Klausel (§ 305c BGB) handeln. Jedoch ist eine Inhaltskontrolle – auch gegenüber Kaufleuten – nach § 307 BGB möglich.737 Eine unangemessene Benachteiligung kann aber nur aus dem konkreten Klauselinhalt, nicht aus der Gerichtsstandsvereinbarung selbst folgen. 380 § 38 II ZPO lässt internationale Gerichtsstandsvereinbarungen auch unter Nichtkaufleuten zu, wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Damit kommt der Gesetzgeber den Bedürfnissen des internationalen Handels und Verkehrs entgegen. Ein Nichtkaufmann mit Doppelwohnsitz im In- und Ausland darf nach hM keine Vereinbarung abschließen.738

_______________

733 Thume/Demuth, CMR, 1994, Art 31 Rz 28ff. 734 Vgl Koller, Transportrecht, 5. Aufl 2004, Art 31 CMR Rz 5, 6. 735 BGH ZZP 88 (1975), 318; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1602; vgl Hausmann, FS W. Lorenz, 1991, S 359, 372. 736 Vgl de Lousanoff, FS Nirk, 1992, S 607, 627, 633f. 737 Stein/Jonas/Bork § 39 Rz 10. 738 BGH NJW 1986, 1438 (krit. Geimer) = IPRax 1987, 168 (dazu Roth S 141).

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Autonomes deutsches Recht

§3

Die Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Nichtkaufmann muss nach § 38 II 381 2 ZPO schriftlich geschlossen oder, falls sie mündlich geschlossen wird, schriftlich bestätigt werden.739 § 38 III ZPO lässt in drei Fällen eine ausdrückliche und schriftliche Ge- 382 richtsstandsvereinbarung zu, wobei die erste Möglichkeit der Vereinbarung nach Entstehen der Streitigkeit kaum praktische Bedeutung hat. Der 2. Fall sieht eine Prorogation vor unter der Voraussetzung, dass die beklagte Partei ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort nach Vertragsschluss ins Ausland verlegt. Auch dadurch entsteht nach Vertragsschluss eine Auslandsbeziehung. Diese Möglichkeit, die ebenfalls für Kaufleute und Nichtkaufleute gilt, können die Parteien bereits bei oder vor Vertragsschluss als zukünftige Gerichtsstandsbegründung vorsehen. Da die Schriftform ausdrücklich gefordert wird und eine schriftliche Gegenbestätigung nicht ausreicht, entfällt bei dieser Variante die Aufnahme einer entsprechenden Vereinbarung in allgemeine Geschäftsbedingungen, es sei denn, dass diese bei Vertragsschluss von beiden Parteien unterzeichnet werden. Die 3. Variante sieht den Fall vor, dass der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthaltsort der beklagten Partei bei Klageerhebung nicht bekannt ist. Hierbei braucht es sich allerdings nicht unbedingt um einen auslandsbezogenen Fall zu handeln, obwohl auch diese Möglichkeit im Vordergrund steht. Da nach § 331 I 2 ZPO bei Säumnis des Beklagten das mündliche Vorbrin- 383 gen des Klägers zur Zuständigkeit des Gerichts gemäß §§ 29 II und 38 ZPO nicht als zugestanden anzunehmen ist, muss der Kläger eine internationale Prorogation beweisen. Schon aus Beweisgründen sollten auch Vollkaufleute grundsätzlich die Schrift- oder halbe Schriftform wählen. Wirkungen. Nach autonomem deutschem Recht besteht keine Vermutung 384 für die Ausschließlichkeit der Vereinbarung; vielmehr entscheidet die Auslegung der konkreten Vereinbarung.740 Für eine Ausschließlichkeit des vereinbarten Forums spricht, wenn die Gerichte materiell ihr eigenes Recht anwenden sollen.741 In Angleichung an Art 23 I 2 EuGVO bzw Art 17 I 1 LugÜ sollte zudem im Zweifel künftig von der Ausschließlichkeit ausgegangen werden. Eine Prorogation bezüglich aller Ansprüche aus einem Vertrag erfasst idR auch die konkurrierenden Ansprüche, insb aus unerlaubter Handlung.742 _______________

739 Vgl OLG Düsseldorf IPRax 1999, 38 (dazu Hau S 24) (Bestätigung in der Annahmefrist des § 147 II BGB erforderlich). 740 Vgl OLG Frankfurt IPRax 1998, 35 (dazu Pfeiffer S 17); für Österreich vgl Oberhammer JBl 1997, 434. 741 OLG Düsseldorf RIW 1990, 220. 742 v Falkenhausen RIW 1983, 420; aA OLG Hamburg RIW 1982, 669.

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§3

Internationale Zuständigkeit

385 Der BGH743 hat entschieden, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, wonach ein bestimmtes Gericht eines ausländischen Staates oder andere Gerichte dieses Staates für alle Streitfälle zuständig sind, in der Regel dahin auszulegen ist, dass jedenfalls für Ansprüche gegen die Vertragspartei, deren Heimatgerichte zuständig sein sollen, die ausschließliche Zuständigkeit dieser Gerichte vereinbart ist. Die ausländische (ausschließliche) Zuständigkeit kann auch nicht durch eine inländische Aufrechnung mit der prorogierten Forderung umgangen werden. Da über die Aufrechnungsforderung rechtskräftig entschieden wird (§ 322 II ZPO), muss das Prozessgericht nach hM für eine inkonnexe Aufrechnungsforderung international zuständig sein.744 386 Die ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung hindert eine Widerklage mit einer konnexen Forderung, wenn die Klage an einem für die Widerklage international unzuständigen Gericht erhoben wird.745 387 Die Gerichtsstandsvereinbarung hat lediglich prozessuale Verfügungswirkung (Prorogation bzw Derogation), enthält aber keine (zusätzlich) schuldrechtliche Verpflichtung (nur) am prorogierten Ort zu klagen bzw eine anderweitige Klage zu unterlassen. Die Kosten der Verteidigung gegen eine prorogationswidrige Klage im Ausland werden deshalb allenfalls prozessual erstattet, können aber (ohne zusätzlich Vereinbarung) in Deutschland nicht im Wege materiellen Schadenersatzes wegen vertraglicher Pflichtverletzung (§ 280 BGB) eingeklagt werden. Allenfalls in Extremfällen kommt eine Haftung nach § 826 BGB in Betracht.746 6. Rügelose Einlassung 388 Nach § 39 ZPO wird die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Bei dieser rügelosen Einlassung des Beklagten handelt es sich nicht um eine stillschweigende Zuständigkeitsvereinbarung, denn sonst wäre die Neufassung des § 39 ZPO unverständlich.747 389 In internationalen Fällen wird durch die rügelose Einlassung des Beklagten („general appearance“) zugleich die internationale Zuständigkeit eines deut_______________

743 NJW 1973, 422. 744 BGHZ 149, 120, 127 = JZ 2002, 605 (Hess/Müller); BGH NJW 1993, 2753 = IPRax 1994, 115 (dazu Geimer S 82); Wagner IPRax 1999, 65, 72ff; aA Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1778ff; v Falkenhausen RIW 1982, 386, 388; Gebauer JbItalR 12 (1999), 31, 50ff; s o Rz 93 u. 149. 745 v Falkenhausen RIW 1982, 386, 388. 746 Vgl Sandrock RIW 2004, 809 (der der internationalen Gerichtsstandsvereinbarung materielle Wirkung beimessen will). 747 So zu Recht Stein/Jonas/Bork § 39 Rz 1; Geimer WM 1977, 66; aA Schütze ZZP 90 (1977), 75.

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schen Gerichts begründet. Hierbei handelt es sich um eine reine Prozesshandlung, die ausschließlich nach deutschem Prozessrecht zu beurteilen ist. Im Gegensatz zur Gerichtsstandsvereinbarung taucht hierbei die Frage nach dem Zustandekommen einer Vereinbarung gar nicht auf. Der Beklagte unterwirft sich vielmehr kraft seiner Dispositionsfreiheit für den zu entscheidenden Fall der internationalen Zuständigkeit des betreffenden deutschen Gerichts. Dass eine solche Unterwerfung nicht immer zugelassen wird, ergibt sich aus 390 § 504 ZPO. In dem Verfahren vor den Amtsgerichten muss der Richter den Beklagten auf die Folgen einer rügelosen Einlassung hinweisen. Unterlässt er dies, so wird durch eine rügelose Einlassung des Beklagten weder die sachliche, noch die örtliche, noch die internationale Zuständigkeit des vom Kläger angerufenen deutschen Gerichts begründet.748 Im Übrigen setzt die rügelose Einlassung des Beklagten – abgesehen von der Vertragsnatur – dieselben Erfordernisse voraus wie die Prorogation.749 Unter mündlicher Verhandlung zur Hauptsache ist das Verhandeln des Beklagten über den sachlich zur Entscheidung anstehenden Anspruch, nicht über die Prozessvoraussetzungen zu verstehen.750 Die Nichtrüge innerhalb der Klageerwiderungsfrist (§§ 282 III, 296 III ZPO) führt noch nicht zur rügelosen Einlassung.751 Ist der Beklagte aber im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 296 I ZPO mit Verteidigungsmitteln ausgeschlossen, so kann er auch die internationale Zuständigkeit nicht mehr rügen.752 Die internationale Zuständigkeit ist in jeder Lage des Prozesses von Amts wegen zu prüfen.753 Rügt der Beklagte die internationale Zuständigkeit, so fehlt es an einer 391 „rügelosen Einlassung“. Es schadet dem Beklagten aber nicht, wenn er neben dieser Rüge „hilfsweise“ sich auch sachlich gegen die Klage verteidigt. In einer solchen „begrenzten Einlassung“ liegt ebenso wie nach heutigem englischem Recht (CPR r. 10.2, 11 [5], 12.3 [1]) keine rügelose Einlassung. Das kalifornische Prozessrecht (Cal. C.C.P. § 418.10 [a]) verlangt dagegen eine auf die Zuständigkeitsrüge begrenzte „special appearance“; auch die hilfsweise Einlassung begründet volle Zuständigkeit.754

_______________

748 OLG Frankfurt RIW/AWD 1979, 640. 749 Schütze RIW/AWD 1979, 591. 750 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 37 Rz 26; MünchKomm/Patzina, ZPO, 2. Aufl, § 39 Rz 6. 751 BGHZ 134, 127 = ZZP 110 (1997), 353 (Pfeiffer) = IPRax 1999, 367, 369 (dazu Dörner/Staudinger S 338, 340). 752 Vgl BGH RIW 1997, 149. 753 Kropholler, HdbIZPR, Bd I, 1982, Kap III Rz 216. 754 California Dental Ass. v American Dental Ass., 23 Cal. 3d 346, 590 P. 2d 401 (1979).

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392 Die in erster Instanz erhobene Zuständigkeitsrüge muss in der Rechtsmittelinstanz nicht wiederholt werden.755 7. Internationale Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs Eine ausdrückliche Regelung in der ZPO fehlt. Bei der doppelfunktionellen Anwendung der §§ 12ff ZPO ergeben sich Schwierigkeiten. a) Streitgenossen 393 Das autonome deutsche Recht kennt eine Streitgenossenzuständigkeit nur bei der Unterhaltsklage des Kindes gegen beide Eltern, § 35a ZPO. Ansonsten kann nach § 36 I Nr 3 ZPO für eine Klage gegen Streitgenossen ein örtlich zuständiges Gericht bestellt werden, wenn diese verschiedene allgemeine Gerichtsstände im Inland haben, aber kein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand besteht. Hat einer der Beklagten seinen allgemeinen Gerichtsstand im Ausland, ist die Regel nicht anwendbar. Eine Ausnahme wird jedoch gemacht, wenn für diesen Beklagten ein besonderer Gerichtsstand im Inland besteht.756 Nach dem lex fori-Prinzip gilt das Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung auch in Fällen mit Auslandsberührung.757 Gegenüber EUbzw EFTA-Staaten gilt Art 6 Nr 1 EuGVO bzw LugÜ; s o Rz 91ff. b) Widerklage 394 Das für eine Klage zuständige Gericht ist nach § 33 I ZPO auch zuständig, über eine konnexe Widerklage zu entscheiden. Diese Regel gilt auch für die internationale Zuständigkeit (ebenso ausdrücklich Art 8 schweiz. IPRG 1987). Streitig ist, ob dieser Gerichtsstand durch eine abweichende (ausschließliche) Gerichtsstandsvereinbarung oder eine Schiedsvereinbarung für die Gegenforderung ausgeschlossen ist. Der BGH bejaht in beiden Fällen einen Vorrang der Vereinbarung (s o Rz 158, 386), es sei denn der Kläger würde sich auf die Widerklage rügelos einlassen (§§ 39, 1032 I ZPO).758 c) Aufrechnung 395 Entsprechendes gilt für die Aufrechnung mit einer Gegenforderung, für die internationale Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts oder eines Schieds_______________

755 OLG Frankfurt RIW 1997, 600. 756 BGH NJW 1971, 196; BGH NJW 1988, 646; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 36 Rz 19. 757 BGH FamRZ 1990, 1235; Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 36 Rz 18; Zöller/ Vollkommer § 36 Rz 2a. 758 Vgl. BGH NJW 1981, 2644; Pfaff ZZP 96 (1983), 334.

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gerichts ausschließlich vereinbart ist. Selbst wenn zwischen den Forderungen ein Sachzusammenhang besteht, darf das deutsche Gericht nicht über die streitige Gegenforderung entscheiden, sofern sich der Kläger nicht rügelos auf die Aufrechnung einlässt (s o Rz 158, 385). Freilich wird darauf hingewiesen, dass die Aufrechnung nur greift, wenn die Klageforderung besteht. Mit ihr besitze der Kläger aber Inlandsvermögen, so dass für die gegen ihn gerichtete Aufrechnung im autonomen Recht stets eine internationale Zuständigkeit bestehe.759 Jedoch gilt dies nicht bei einer abweichenden ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung oder einer entsprechenden Schiedsvereinbarung. In beiden Fällen meint der BGH, der Wille der Parteien sei zu respektieren; eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung oder eine Schiedsvereinbarung schließe regelmäßig (trotz des unpraktischen Ergebnisses) eine anderweitige streitige Aufrechnung mit der betroffenen Forderung gegen den Willen des Betroffenen aus.760 Durch eine prozessuale Zurückweisung der Aufrechnung verliert der Beklagte aber eine nach materiellem Recht bestehende insolvenzfeste, verjährungsunabhängige und abtretungssichere Position. Es ist daher wenigstens nach § 148 ZPO vorzugehen und die Entscheidung über die Klageforderung auszusetzen, bis die Entscheidung des ausländischen Gerichts über die Gegenforderung vorliegt.761 Allerdings ist dann dem Beklagten eine Frist zur Klageerhebung im Ausland zu setzen. d) Anspruchskonkurrenz In Fällen der Anspruchskonkurrenz besitzt nach hM nur das Gericht des all- 396 gemeinen Gerichtsstandes eine umfassende Prüfungskompetenz; für alle besonderen Gerichtsstände hat der BGH dagegen eine Annexkompetenz zur Prüfung anderer konkurrierender Anspruchsgrundlagen kraft Sachzusammenhangs im Anschluss an ein Urteil des EuGH verneint.762 8. Notzuständigkeit Besteht nach den §§ 12ff ZPO keine inländische Zuständigkeit, besteht aber 397 ein negativer internationaler Kompetenzkonflikt763 oder kann aber ein an sich zuständiges ausländisches Gericht nicht oder nur in unzumutbarer Wei_______________

759 So Piekenbrock RIW 2000, 751, 752ff. 760 BGH NJW 1979, 2477; Eickhoff S 185; aA zu Recht Coester-Waltjen, FS Lüke, S 35, 39ff; Soergel/Kronke Art 38 Anh IV Rz 21; krit. auch Geimer, IZPR, 5. Aufl Rz 1777ff (Auslegung im Einzelfall erforderlich). 761 Vgl Rüssmann, FS Ishikawa, S 455, 468ff. 762 BGH NJW 1996, 1411, 1413 = FamRZ 1996, 601, 603 mN zum Streitstand; vgl auch Spellenberg ZZP 95 (1982), 17. 763 Milleker, Der negative internationale Kompetenzkonflikt, 1975; Schütze Rz 126ff.

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se angerufen werden, so ist im Inland eine internationale Notzuständigkeit zu eröffnen.764 Eine inländische Entscheidungszuständigkeit ist insb anzunehmen, wenn eine ausländische Entscheidung wegen eines ordre publicVerstoßes765 oder fehlender Gegenseitigkeit766 nicht anerkannt wird. Entgegen der Prorogation ausländischer Gerichte ist eine inländische Notzuständigkeit aber nur zu eröffnen, wenn im Ausland kein rechtsstaatlicher Rechtsschutz erhältlich ist (s o Rz 367). Das deutsche Recht enthält zwar anders als Art 3 schweiz. IPRG 1987 oder sec. 3136 Civil Code von Quebec keine gesetzliche Regelung. Die Notzuständigkeit folgt aber aus dem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Rechtsschutz. Die Notzuständigkeit ist zu eröffnen, wenn der Fall einen ausreichenden Inlandsbezug hat.767 Die Sicherung der Anwendung des maßgeblichen deutschen Rechts muss dabei nicht im Vordergrund stehen.768 398 Die örtliche Zuständigkeit sollte dann ähnlich wie in Art 3 schweiz. IPRG an dem Ort eröffnet werden, mit dem der Inlandsbezug besteht. Kann etwa ein vereinbartes ausländisches Gericht wegen Bürgerkriegs nicht angerufen werden, so sollten die abgewählten Gerichtsstände wieder aufleben. Nur wenn sonst keine Anknüpfung besteht, ist die Klage am Gerichtsstand der Bundesregierung (§ 15 I 2 ZPO) zu erheben. 9. Rechtsmittelzuständigkeit in internationalen Fällen 399 In „internationalen“ Streitigkeiten, die beim Amtsgericht begonnen haben, ist nach § 119 I Nr 1b, c GVG das Oberlandesgericht Berufungsgericht. Erfasst sind die Fälle, in denen eine Partei im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit ihren Wohnsitz im Ausland hatte (lit. b) und die, in denen das Amtsgericht in der Sache ausländisches Recht angewendet und dies in der Entscheidung ausdrücklich festgestellt hat (lit. c).769 Hat eine Partei einen Auslandswohnsitz, kommt es nicht darauf an, ob über Fragen des IPR zu entscheiden oder ausländisches Recht anzuwenden war.770 § 119 I Nr 1 b GVG ist nicht anwendbar, wenn die Partei zwar tatsächlich einen Auslandswohnsitz hat, dort aber als Diplomat Immunität genießt und deshalb nach § 15 I 1 ZPO ihren inländischen Wohnsitz behält.771 Bei Streitgenossen genügt es, wenn einer _______________

764 Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPR, § 31 Rz 20f; Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 58 II 1 d; Pfeiffer S 451, 463ff; Schütze, IZPR, Rz 128ff u. FS Rechberger, 2005, S 567. 765 Pfeiffer S 753ff. 766 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1029, 1030; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 27. 767 Schack, IZVR, Rz 397; Linke, IZPR, Rz 204f; aA wohl Kropholler IPR § 58 II 1 d – jedes Land ist zuständig. 768 AA wohl Heldrich, Internationale Zuständigkeit, S 172. 769 Vgl v. Hein ZZP 116 (2003), 335; Brand/Karpenstein NJW 2005, 1319. 770 BGH NJW 2003, 1672. 771 BGH NJW 2006, 1810.

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einen Auslandswohnsitz hat.772 Verlegt eine Partei ihren Wohnsitz erst während des Verfahrens im Ausland, bleibt es bei der ursprünglichen Rechtsmittelzuständigkeit.773 Ist streitig, ob eine Partei einen Inlands- oder Auslandswohnsitz hat, trifft den Rechtsmittelkläger die Beweislast für die funktionelle Zuständigkeit des von ihm angerufenen Berufungsgerichts. Ein in erster Instanz unbestrittener ausländischer oder inländischer Wohnsitz kann in zweiter Instanz nicht mehr bestritten werden.774 10. Die internationale Zuständigkeit in Ehe- und Familiensachen a) Schrifttum M. Andrae, Internationales Familienrecht, 1999, Rz 120ff; Atali, Die internationale 400 Zuständigkeit im deutsch-türkischen Rechtsverkehr, 2001, S 125ff; Becker-Eberhard, § 606a ZPO – ein Tatbestand mit zu minimalen Inlandsbezügen?, FS Schütze, 1999, S 85; Gamillscheg, Die „wesenseigene Zuständigkeit“ bei der Scheidung von Ausländern, FS Dölle II, 1963, S 288; Graf, Die internationale Verbundszuständigkeit, 1984; Henrich, Internationales Scheidungsrecht, 2. Aufl 2005; Jayme, Fragen der internationalen Verbundszuständigkeit, IPRax 1984, 121; Kilian, Aktuelle Probleme der internationalen Zuständigkeit in Ehesachen, IPRax 1995, 9; Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl 2004 (I 1114ff); Staudinger/Spellenberg, EGBGB, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen, 14. Bearb. 2005; Südmeier, § 606a I S 1 ZPO. Öffentliche Klagezustellung und deutsche internationale Zuständigkeit, 1995.

Im autonomen deutschen Recht ist die internationale Zuständigkeit in den 401 §§ 606a, 621, 640a II geregelt. Vorrangig zu beachten ist im Verhältnis zu den EG-Staaten jedoch die neu gefasste EheGVO (Brüssel IIa) vom 27.11. 2003 (s o Rz 186ff). Während bei der Regelung der örtlichen und damit auch der internationalen Zuständigkeit nach §§ 12ff ZPO die Staatsangehörigkeit der Parteien keine Rolle spielt, ist dies wesentlich anders bei Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung einer Ehe, auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen Parteien oder auf Herstellung des ehelichen Lebens. Bei Ehe- und Statussachen wird nicht nur an dem Territorialitätsprinzip zur Begründung der internationalen Zuständigkeit festgehalten, sondern es tritt die Personalbezogenheit in der Form der Staatsangehörigkeit der Parteien entscheidend in den Vordergrund. b) Rechtsgrundlagen § 606a ZPO

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„(1) Für Ehesachen sind die deutschen Gerichte zuständig, 1. wenn ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Eheschließung war, _______________

772 BGHZ 155, 46 = NJW 2003, 2686. 773 BGH NJW 2006, 2782 = BB 2006, 1822. 774 BGH RIW 2006, 466 = NJW 2006, 1808.

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2. wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, 3. wenn ein Ehegatte Staatenloser mit gewöhnlichem Aufenthalt im Inland ist oder 4. wenn ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, es sei denn, dass die zu fällende Entscheidung offensichtlich nach dem Recht keines der Staaten anerkannt würde, denen einer der Ehegatten angehört. Diese Zuständigkeit ist nicht ausschließlich. (2) Der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung steht Abs 1 Satz 1 Nr 4 nicht entgegen, wenn ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in dem Staat hatte, dessen Gerichte entschieden haben. Wird eine ausländische Entscheidung von den Staaten anerkannt, denen die Ehegatten angehören, so steht Absatz 1 der Anerkennung der Entscheidung nicht entgegen.“ § 621 ZPO Zuständigkeit des Familiengerichts; Verweisung oder Abgabe an Gericht der Ehesache „(1) Für Familiensachen, die 1. die elterliche Sorge für ein Kind, soweit nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs hierfür das Familiengericht zuständig ist, 2. die Regelung des Umgangs mit einem Kind, soweit nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs hierfür das Familiengericht zuständig ist, 3. die Herausgabe eines Kindes, für das die elterliche Sorge besteht, 4. die durch Verwandtschaft begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 5. die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 6. den Versorgungsausgleich, 7. Regelungen nach der Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats, 8. Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, auch wenn Dritte am Verfahren beteiligt sind, 9. Verfahren nach den §§ 1382 und 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 10. Kindschaftssachen, 11. Ansprüche nach den §§ 1615l, 1615m des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 12. Verfahren nach § 1303 Abs 2 bis 4, § 1308 Abs 2 und § 1315 Abs 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 13. Maßnahmen nach den §§ 1 und 2 des Gewaltschutzgesetzes, wenn die Beteiligten einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen oder innerhalb von sechs Monaten vor Antragstellung geführt haben, betreffen, ist das Familiengericht ausschließlich zuständig. (2) Während der Anhängigkeit einer Ehesache ist unter den deutschen Gerichten das Gericht, bei dem die Ehesache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war, ausschließlich zuständig für Familiensachen nach Absatz 1 Nr. 5 bis 9; für Familiensachen nach Absatz 1 Nr. 1 bis 4 und 13 gilt dies nur, soweit sie betreffen 1. in den Fällen der Nummer 1 die elterliche Sorge für ein gemeinschaftliches Kind einschließlich der Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge wegen Gefährdung des Kindeswohls auf einen Elternteil, Vormund oder Pfleger,

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2. in den Fällen der Nummer 2 die Regelung des Umgangs mit einem gemeinschaftlichen Kind der Ehegatten nach den §§ 1684 und 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder des Umgangs eines Ehegatten mit einem Kind des anderen Ehegatten nach § 1685 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 3. in den Fällen der Nummer 3 die Herausgabe eines Kindes an den anderen Elternteil, 4. in den Fällen der Nummer 4 die Unterhaltspflicht gegenüber einem gemeinschaftlichen Kind mit Ausnahme von Vereinfachten Verfahren zur Abänderung von Unterhaltstiteln, 5. in den Fällen der Nummer 13 Anordnungen gegenüber dem anderen Ehegatten. Ist eine Ehesache nicht anhängig, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach den allgemeinen Vorschriften. (3) Wird eine Ehesache rechtshängig, während eine Familiensache der in Absatz 2 Satz 1 genannten Art bei einem anderen Gericht im ersten Rechtszug anhängig ist, so ist diese von Amts wegen an das Gericht der Ehesache zu verweisen oder abzugeben. § 281 Abs 2, 3 Satz 1 gilt entsprechend.“

Nach der geplanten FG-Reform findet sich die internationale Zuständigkeit in § 112 FamFG. c) Entscheidungszuständigkeiten Die deutsche internationale Zuständigkeit in Ehesachen ist nunmehr streng 403 getrennt von der ausschließlichen örtlichen Zuständigkeit nach § 606 ZPO. In Ehesachen gibt es keine ausschließliche deutsche internationale Zuständigkeit mehr. Die konkurrierende deutsche internationale Zuständigkeit nimmt damit Rücksicht auf die Zuständigkeitsregelungen anderer Staaten. Die Regelung greift freilich nur noch, soweit die Art 3ff EheGVO nicht vorrangig eingreifen (s o Rz 206ff). (1) Heimatzuständigkeit Andererseits wird an dem Grundsatz festgehalten, dass die deutschen Ge- 404 richte immer zuständig sind, wenn einer der Ehegatten Deutscher ist oder bei Eheschließung war. Die deutsche Staatsangehörigkeit wird nach deutschem Recht beurteilt. Es kommt also auf die „lex fori“ an. Es kommt nicht darauf an, ob die betreffende Person außer der deutschen 405 noch eine andere Staatsangehörigkeit hat oder welches die effektivere ist (Art 5 I 2 EGBGB). Den deutschen Staatsangehörigen werden gleichgestellt die nicht einge- 406 bürgerten Deutschen iS des Art 116 GG.775 Gleichgestellt werden heimatlose Ausländer und Flüchtlinge. Insoweit sind das Gesetz über die Rechts_______________

775 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 164 Rz 18.

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stellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25.4.1951776 und das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 (Art 16 II777) zu berücksichtigen.778 Gemäß dem UN-Übereinkommen über die Rechtsstellung von Staatenlosen vom 28.9.1954779 bestimmt sich das Personalstatut eines Staatenlosen nach den Gesetzen des Landes seines Wohnsitzes oder, wenn er keinen Wohnsitz hat, nach den Gesetzen seines Aufenthaltes. 407 Nach Art 16 werden die Staatenlosen auch hinsichtlich der deutschen internationalen Zuständigkeit den Deutschen gleichgestellt. Für Staatenlose ist die internationale Zuständigkeit in § 606 a I Nr 3 ZPO besonders festgelegt. Eine sog Antrittszuständigkeit (Staatenlosigkeit bei Eheschließung) ist danach ausgeschlossen. Soweit es sich um die Scheidung von Kontingentflüchtlingen handelt, wird die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht eingeschränkt. 408 Anerkannte Asylberechtigte werden den Flüchtlingen gleichgestellt (§ 2 I AsylVerfG 1992). Für sämtliche Flüchtlinge und Gleichgestellte besteht keine Antrittszuständigkeit.780 409 Auf die frühere deutsche Staatsangehörigkeit der Ehefrau kommt es nicht mehr an. Entscheidend ist allein, ob ein Ehegatte Deutscher ist oder bei der Eheschließung war. Insoweit wird die deutsche Staatsangehörigkeit noch in die Zeit zurückversetzt, als die Eheschließung erfolgt ist (sog Antrittszuständigkeit). 410 Mit Hilfe des Anknüpfungspunktes der deutschen Staatsangehörigkeit an nur einen der beiden Ehegatten und der Gleichstellung vieler anderer Personen mit den deutschen Staatsangehörigen wird die deutsche internationale Zuständigkeit in Ehe- und Statussachen sehr weit ausgedehnt. Zweifelhaft ist etwa, ob eine Antrittszuständigkeit erforderlich ist, soweit jemand die deutsche Staatsangehörigkeit freiwillig aufgegeben hat.781 (2) Aufenthaltszuständigkeit 411 International zuständig sind deutsche Gerichte nach § 606a I Nr 2 ZPO weiter, wenn beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Die Zuständigkeit ist maßgebend für alle Ausländer und die in Rz 304 bis

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776 777 778 779 780 781

200

BGBl 1951 I, 269. BGBl 1953 II, 559. Vgl Lass, Der Flüchtling im deutschen IPR, 1995, S 177ff. BGBl 1976 II, 474. Kilian IPRax 1995, 9, 10. Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 58 V 2 a.

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306 aufgeführten Personen. Auf die Anerkennung der Scheidung im Heimatstaat oder die lex causae kommt es in diesem Fall nicht an.782 Der gewöhnliche Aufenthaltsort ist nach deutschem Recht und nicht nach 412 Heimatrecht zu bestimmen783 und muss vom Wohnsitz unterschieden werden. Bei letzterem kommt es auf die subjektive Seite, den Willen einer Person an. Bei dem gewöhnlichen Aufenthalt ist nur auf die objektive Seite und den Zeitfaktor zu achten. Er wird durch das zeitliche Maß von einer gewissen Dauer (in der Regel 6 Monate) begründet. Streitig ist, ob für den gewöhnlichen Aufenthaltsort die Freiwilligkeit eine Rolle spielt. So wird angenommen, dass ein längerer Aufenthalt einer Person im Gefängnis den gewöhnlichen Aufenthalt begründen kann.784 Die bloße Eintragung in eine Einwohnerliste genügt nicht; andererseits steht die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts nicht entgegen.785 Zweifelhaft ist, inwieweit Asylbewerber einen gewöhnlichen Aufenthalt im 413 Inland haben. Da zunehmend Personen Asyl verweigert, ihr Aufenthalt im Inland aber doch geduldet wird, kann diesen Personen ein inländischer Rechtsschutz in Ehe- und Familiensachen nicht generell verweigert werden. Nach einem etwa sechsmonatigem Inhaltsaufenthalt dessen Abbruch nicht konkret bevorsteht, sollte daher für Asylbewerber ein gewöhnlicher Inlandsaufenthalt nach § 606a I Nr 2 ZPO anerkannt werden.786 (3) Einseitige Aufenthaltszuständigkeit Hat nur ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so wird die 414 deutsche internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach § 606a I Nr 4 ZPO begründet, es sei denn, die zu fällende Entscheidung wird nach dem Recht oder den Rechten der Staaten, dem die Ehegatten angehören, offensichtlich nicht anerkannt (sog negative Anerkennungsprognose).787 Dieser Fall tritt nicht selten ein, wenn die Heimatstaaten eine ausschließliche Scheidungszuständigkeit in Anspruch nehmen.788 Es genügt, wenn ein Land die deutsche Entscheidung vermutlich anerkennen wird. Bei Mehrstaatern ist auf die Anerkennung im Land der effektiven Staatsangehörigkeit abzustellen.789 Im Einzelfall können sich freilich gegen die Verweisung auf die _______________

782 783 784 785 786

OLG Stuttgart NJW-RR 1989, 261; Rauscher S 85. KG NJW 1988, 650. Spellenberg IPRax 1988, 1ff. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 299a. Kilian IPRax 1995, 9, 10f; Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 606 Rz 28; ähnlich Scoles/ Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, (§ 4.30, p. 263) (personal jurisdiction independent of visa status or being illegally and deportable). 787 OLG Celle FamRZ 1993, 439, 440; krit. Geimer ZfRV 5 (1992), 321, 329. 788 Rauscher S 86. 789 Kilian IPRax 1995, 9, 11f.

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Heimatstaatgerichte des anderen Ehegatten Bedenken aus dem Justizanspruch ergeben.790 415 Das Kriterium der Offensichtlichkeit ist nicht beweisrechtlich, sondern materiellrechtlich zu verstehen.791 Es kommt also nicht primär darauf an, ob die Frage nach Durchsicht gängiger Werke entscheidbar ist, sondern ob die Anerkennung ausnahmslos ausscheidet792 oder ob die Rechtslage objektiv unklar oder unübersichtlich ist. (Sachgerechter erscheint § 76 II Nr 3 österr. JN nF, der auf dieses vage Anerkennungserfordernis ganz verzichtet.) Muss die Klage an den Gegner öffentlich zugestellt werden, so scheidet eine Urteilsanerkennung nach US-amerikanischem Recht nur aus, wenn zuvor nicht versucht wurde, die Adresse zu ermitteln bzw an die letzte bekannte Adresse oder einen bekannten Arbeitsplatz zuzustellen.793 Mit dieser Regelung geht das deutsche Recht weiter als viele andere Rechtsordnungen. New York (CPLR § 302 [b]) nimmt in Ehe- und Unterhaltssachen jurisdiction über einen nicht mehr anwesenden Beklagten nur in Anspruch, wenn der Familienwohnsitz vor der Trennung in New York war, der Beklagte den Kläger in New York verlassen hat oder die Klage nach New Yorker Recht zu beurteilen ist. 416 Wie sehr das deutsche internationale Zivilprozessrecht auch abhängig ist von der Entwicklung ausländischer zivilprozessrechtlicher Vorschriften, soll anhand einiger Beispiele erörtert werden: Peru hat mit einer IPR-Reform und dem Zivilgesetzbuch von 1984 die ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte für Scheidungen von Peruanern beseitigt. Deutsche Scheidungsurteile werden nunmehr in Peru anerkannt und deutsche Gerichte können auch peruanische Eheleute scheiden.794 Das AG Hamburg hat dementsprechend eine Ehe von Peruanern geschieden.795 417 Die Türkei nimmt seit Erlass von Art 28 türk. IPRG 1982 keine ausschließliche Zuständigkeit für die Scheidung türkischer Staatsangehöriger mehr in Anspruch.796 418 Hinsichtlich Afghanistan weist Krüger797 überzeugend nach, dass deutsche Gerichte international zuständig sind, afghanische Ehen zu scheiden, wenn _______________

790 791 792 793 794

Pfeiffer S 499ff. Kilian IPRax 1995, 9, 12. So Südmeier, Öffentliche Klagezustellung, S 34ff, 198ff. Südmeier, Öffentliche Klagezustellung, S 229ff. Samtleben IPRax 1987, 96; das neue IPR ist in Übersetzung abgedruckt in RabelsZ 1985, 486. 795 Urt vom 4.12.1985, IPRax 1987, 120. 796 Atali, Internationale Zuständigkeit im deutsch-türkischen Rechtsverkehr, 2001, S 136; Nomer, FS Kitagawa, 1992, S 771; Krüger IPRax 1985, 304. 797 IPRax 1985, 151.

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das materielle afghanische Recht berücksichtigt werde. Deutsche Scheidungsurteile werden in Afghanistan anerkannt. Die in Ehesachen sehr weit gefasste deutsche internationale Zuständigkeit 419 kann nicht um ein zusätzliches forum legis erweitert werden, wenn nach dem deutschen IPR deutsches materielles Recht angewendet werden müsste.798 Internationale Gerichtsstandsvereinbarungen sind in Ehe- und Statussachen 420 gemäß § 40 ZPO nicht zulässig.799 (4) Verbundzuständigkeit für Folgesachen Zur Verbundzuständigkeit für Familiensachen s u § 5 Rz 82, 88ff.

421

Besteht eine internationale Zuständigkeit für die Ehesache, so besteht auch eine (aber nicht ausschließliche) Verbundzuständigkeit für die Folgesachen.800 11. Die internationale Zuständigkeit in Kindschaftssachen Für Kindschaftssachen iS von § 640 ZPO regelt § 640a ZPO die örtliche und 422 internationale Zuständigkeit. § 640a ZPO lautet nunmehr: „(1) Hat der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk eine der Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder der Kläger seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Ist auch für diesen kein Gerichtsstand begründet, so ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin zuständig. (2) Die deutschen Gerichte sind zuständig, wenn eine der Parteien 1. Deutscher ist oder 2. ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Diese Zuständigkeit ist nicht ausschließlich.“

Abs 1 stellt darauf ab, dass der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Ge- 423 richtsstand hat, dh keinen Wohnsitz, keinen Aufenthaltsort oder letzten Wohnsitz hat (§ 16 ZPO). Dann wird abgestellt auf den gewöhnlichen Aufenthalt einer der Parteien oder den allgemeinen Gerichtsstand des Klägers. Hierbei handelt es sich um die örtliche Zuständigkeit. Abs 2 regelt ausdrücklich die deutsche internationale Zuständigkeit in 424 Kindschaftssachen. Diese ist keine ausschließliche.801 _______________

798 Heldrich, Internationale Zuständigkeit und Anwendbares Recht, 1969, 189; Schröder, Internationale Zuständigkeit, 513. 799 Schwab/Maurer I 1124. 800 Schwab/Maurer I 1129. 801 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann § 640a ZPO, Rz 3; MüKo/CoesterWaltjen, 2. Aufl, § 640a Rz 4; Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 640a Rz 19.

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Internationale Zuständigkeit

Nach der geplanten FG-Reform findet sich die internationale Zuständigkeit für Kindschaftssachen in § 113 FamFG. 12. Die internationale Zuständigkeit in Lebenspartnerschaftssachen 425 Für Lebenspartnerschaftssachen sind die deutschen Gerichte gemäß §§ 661 III, 606a ZPO international zuständig. Diese Zuständigkeit besteht über § 606a ZPO hinaus immer, (a) wenn einer der Lebenspartner seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, oder (b) wenn die Lebenspartnerschaft vor einem deutschen Standesbeamten begründet worden ist. Auf die Anerkennung der deutschen Entscheidung in den Heimatstaaten kommt es nicht an, sondern bei Aufenthalt nur einer Seite im Inland darauf, ob der Register führende Staat (der die Partnerschaft registriert hat) die Entscheidung anerkennt (§ 661 III ZPO) (künftig: § 117 FamFG). 426–499

Frei

III. Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haager Übereinkommen über Zuständigkeitsvereinbarungen von 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Abweichende Gerichtsstandskonzeptionen . . . . . . . . . . . . . . . a) Anwesenheit im Gerichtsstaat (Presence of Person) . . . . . . . . . b) Vorübergehende Anwesenheit (transient jurisdiction) . . . . . . . c) Place of Incorporation . . . . . . . d) Laufende Geschäftstätigkeit (doing business) . . . . . . . . . . . . e) Service out of the jurisdiction . f) Gerichtsstand der Niederlassung oder Geschäftsstelle . . . . g) Gerichtsstand des Vertragsschlusses (forum actoris) . . . . . h) Klägergerichtsstand nach Erbringung der Gegenleistung . i) Gerichtsstand der Streitgenossen . . . . . . . . . . . . . . . . .

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500 501

505 514 514 517 519 520 524 525 527 528 529

j) Zuständigkeit gegenüber Konzernmuttergesellschaften (Durchgriffszuständigkeit) . . . k) „Non-economic activity within the forum“ . . . . . . . . . . . . . . . l) „Foreseeable effect within the state“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . m) Sachzusammenhang mit economic activities . . . . . . . . n) Deliktstreitigkeiten . . . . . . . . o) Forum legis . . . . . . . . . . . . . . p) Admiralty jurisdiction in rem q) Quasi in rem jurisdiction – Arrestgerichtsstand . . . . . . . . r) Heimatgerichtsstand . . . . . . . s) Gerichtsstand des früheren Wohnsitzes . . . . . . . . . . . . . . t) Klägergerichtsstand . . . . . . . . u) Gerichtspflichtigkeit nach Due Process . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Gerichtsstandsvereinbarungen . 6. Forum non conveniens . . . . . . . 7. Rücksichtnahme auf Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

530 531 532 533 534 535 536 537 539 540 541 542 543 557

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

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§3

Internationale Zuständigkeit

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

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207

§3

Internationale Zuständigkeit

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2. Einführung 501 Aufgrund seiner Personal- und Territorialhoheit kann jeder Staat auf seinem Gebiet Jurisdiktion ausüben. Sofern eine gewisse Sachnähe besteht, können seine Gerichte auch mit extraterritorialer Wirkung entscheiden. Das Restatement Foreign Relations Law (Third) von 1987 sagt dazu in § 421 (1): „A state may exercise jurisdiction through its courts to adjudicate with respect to a person or thing if the relationship of the state to the person or thing is such as to make the exercise of jurisdiction reasonable.“

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

Wann die Ausübung der internationalen Zuständigkeit „vernünftig“ ist, ist freilich zweifelhaft. Im praktischen Ergebnis bestimmt deshalb jeder Staat selbst, in welchen Fällen seine Gerichte in internationalen Fällen entscheiden. Viele Staaten legen generell vernünftige Anknüpfungen gesetzlich fest und schaffen damit Rechtssicherheit. Andere, wie etwa die USA räumen den Gerichten die Befugnis ein, im Einzelfall über die Sachgerechtigkeit der Ausübung von jurisdiction zu entscheiden (s u Rz 399ff). Der größeren Einzelfallgerechtigkeit steht dann freilich ein erhebliches Maß an Unberechenbarkeit und Rechtsunsicherheit gegenüber.802 Ähnliche Vorbehalte gelten gegenüber der russischen Lösung, wonach eine internationale Zuständigkeit der Arbitragegerichte (Wirtschaftsgerichte) gegeben ist, wenn das streitige Rechtsverhältnis eine enge Verbindung mit dem russischen Territorium aufweist.803 Die verschiedenen Grundmodelle einer gerechten internationalen Zuständigkeitsordnung804 divergieren im Einzelnen, ohne dass die Grenzen prozessualer Gerechtigkeit eindeutig abzugrenzen wären. Da der Staat auch Ausländern einen angemessenen Rechtsschutz gewährleisten muss (s u § 4 Rz 7ff), darf er ihnen den Zugang zum Gericht nicht verschließen. Grundsätzlich steht es jedem Staat frei, die internationale Zuständigkeit 502 seiner Gerichte zu bestimmen, obgleich die Staaten im Interesse der Rechtsuchenden aufeinander Rücksicht nehmen sollten. Einstweilen herrscht noch der Souveränitätsgedanke. Eine rühmliche Ausnahme macht das europäische Zivilprozessrecht, dessen System Italien 1995 mit der IPR-Reform auch für das autonome Recht übernommen hat.805 Im Übrigen sind durch die verschiedenen staatlichen Regelungen Überschneidungen von Zuständigkeiten der Gerichte einzelner Staaten unvermeidbar. Da jeder Richter grundsätzlich sein eigenes Prozessrecht anwendet, prüft er seine internationale Zuständigkeit ausschließlich anhand seiner nationalen Zivilprozessordnung. Ihn interessiert grundsätzlich nicht die Frage, ob sein Urteil in einem fremden Staat anerkannt und die Zwangsvollstreckung aus ihm bewilligt werden kann. Von seiner internationalen Zuständigkeit muss also die Anerkennungszuständigkeit scharf getrennt werden. In international gelagerten Fällen sollten die Rechtsanwälte und Parteien 503 von einer anderen Betrachtungsweise ausgehen. Hat eine Partei im Inland keinen Gerichtsstand, so muss sie sich entscheiden, ob sie im Ausland klagen will. Dabei muss sie natürlich berücksichtigen, ob sie in dem betreffenden Land einen Gerichtsstand hat. Der Schuldner müsste berücksichtigen, ob er sich vor einem ausländischen Gericht überhaupt einlassen soll. Das _______________

802 803 804 805

Krit. Juenger, A shoe unfit for globetrotting, U.C.Davis Law Rev. 28 (1995), 1027. Vgl Boguslawskij S 19, 24. Vgl Pfeiffer S 199ff. Pesce RIW 1995, 977, 978f.

209

§3

Internationale Zuständigkeit

sollte er uE dann, wenn er damit rechnen muss, dass aus dem ausländischen Urteil im Inland vollstreckt werden kann. 504 Hat der Kläger im Inland einen Gerichtsstand, so sollte er bereits bei Einreichung der Klage darüber nachdenken, ob ein deutsches Urteil im Ausland anerkannt und die Vollstreckung aus ihm gewährt werden wird. Dabei muss er berücksichtigen, dass der ausländische Zweitrichter wiederum anhand seines Gerichtsstandskataloges prüft, ob der deutsche Erstrichter international zuständig gewesen ist. Die verschiedenen sich ergebenden Möglichkeiten sollten bereits bei einer Vertragsgestaltung mit ausländischen Partnern überlegt werden, wobei Gerichtsstandsvereinbarungen eine zentrale Bedeutung erhalten. 3. Haager Übereinkommen über Zuständigkeitsvereinbarungen von 2005 505 Schrifttum: a) Zum Übereinkommen von 2005: R. Brand, Forum selection and forum rejection in US courts: one rationale for a global choice of court convention, Essays in honour of Peter North, 2003, S 51; ders, The Hague Convention on Choice of Court Agreements, ILM 2005, 1291; Dogauchi/Hartley, Draft Report on the Preliminary Draft Convention on Exclusive Choice of Court Agreements, 2004; Fricke, Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, VersR 2006, 476; Hess, The Draft Hague Convention on Choice of Court Agreements, in: Nuyts/Watté, International Civil Litigation, 2005, S 263; C. Kessedijan, L’élection de for – Vers une nouvelle convention de La Haye, FS Schlosser, 2005, S 367; dies, La Convention de la Haye du 30 juin 2005 sur l’élection de for, JDI 133 (2006), 813; T. Kruger, The 20th Session of the Hague Conference: A new choice of court convention and the issue of EC membership, ICLQ 55 (2006), 447; S. Luginbühl/H. Wollgast, Das neue Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen, GRURInt 2006, 208; G. Röhl, Das Haager Übereinkommen über die Vereinbarung gerichtlicher Zuständigkeiten: Rückschritt oder Fortschritt?, IPRax 2005, 410; L. Teitz, The Hague Choice of Court Convention, AmJCompL 53 (2005), 543.

506 b) Zum Entwurf des Haager Zuständigkeitsübereinkommens 1999/2001: S. Baumgartner, The proposed Hague Convention on jurisdiction and foreign judgments, 2003; P. Beaumont, A United Kingdom Perspective on the Proposed Hague Judgments Convention, Brooklyn J.Int.L. 1998, 75; R. Brand, Jurisdictional common ground in search of a global convention, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 11; St. Burbank, Jurisdictional equilibration, the purposed Hague Convention and progress in national law, AmJCompL 49 (2001), 203; Einstein/Phipps, Trends in International Commercial Litigation, Part II, IPRax 2005, 365, 368ff; H. Gaudemet-Tallon, De quelques raisons de la difficulté d’un entente au niveau mondial sur les règles de compétence judiciaire internationale directe, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 45; Gottwald, Internationale Zuständigkeit kraft „business activities“ im geplanten Haager Übereinkommen, FS Geimer, 2002, S 231; Grabau/Hennecka RIW 2001, 569; Kessedjian, Vers une convention a vocation mondiale, Rev.dr.unif. 1997, 675; A.T. v Mehren, La rédaction d’une convention universallement, Rev.crit. 90 (2001), 85 = AmJCompL 49 (2001), 191 (in Englisch); P. Nygh, Arthur’s baby: the Hague negotiations for a world-wide judgments convention, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 151; F. Pocar, The draft-

210

Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

ing of a world-wide convention on jurisdiction and the enforcement of judgments, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 191; Schack, Entscheidungszuständigkeiten in einem weltweiten Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, ZEuP 1998, 931; Schlosser, A New Hague Convention and the United States, U.Kansas L.Rev. 45 (1996), 39; L. Silberman/A. Lowenfeld, The Hague Judgments Convention – and perhaps beyond, Essays in honor of A. v. Mehren 2002, S 121; R. Wagner, Die Bemühungen der Haager Konferenz für IPR um ein Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und ausländische Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 533; Zekoll, The role and status of American Law in the Hague Judgments Convention Project, Albany L.Rev. 61 (1998), 1283.

Am 30.6.2005 wurde ein neues Haager Übereinkommen über die Vereinba- 507 rung gerichtlicher Zuständigkeiten vereinbart.806 Das neue Übereinkommen erfasst nur ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarungen in internationalen Zivil- und Handelssachen (Art 1 I). (1) Verlangt eine tatsächliche Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Parteien. Ob eine solche vorliegt, entscheidet sich nach dem Recht des vereinbarten Gerichts. Die Vereinbarung muss sich auf eine bereits entstandene oder auf künftige Streitigkeiten aus einem bestimmten Rechtsverhältnis beziehen. Wird ein Gericht oder werden Gerichte eines Vertragsstaats vereinbart, so wird vermutet, dass die Vereinbarung ausschließlich ist, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist (Art 3 lit b). (2) Die Vereinbarung muss schriftlich oder auf andere, eine spätere Bezug- 508 nahme ermöglichende Weise geschlossen worden sein. Ein Abschluss per Email oder Fax genügt. Die Vereinbarung muss nicht besonders hervorgehoben oder besonders unterschrieben worden sein. Auch die Vereinbarung in einer fremden Sprache oder in AGBs ist wirksam. (3) Eine Zivil- und Handelssache ist international, es sei denn, beide Parteien 509 haben ihren Wohnsitz in demselben Staat und die streitige Beziehung hat nur Bezug zu diesem Staat (Art 1 II). Vereinbaren Parteien für eine nationale Angelegenheit dennoch die Zuständigkeit der Gerichte eines anderen Vertragsstaats, so fällt diese Vereinbarung nicht unter das Übereinkommen. (4) Nicht erfasst sind

510

(i) Verbrauchergeschäfte, (ii) Verträge des individuellen und kollektiven Arbeitsrechts. Nicht erfasst sind auch Verträge über (i) den Personenstand, (ii) Unterhaltspflichten und familienrechtliche Angelegenheiten, _______________

806 Franz. Text abgedruckt in JDI 133 (2006), 419; vgl C. Kessedijan, FS Schlosser, S 367.

211

§3

Internationale Zuständigkeit

(iii) Fragen des Erb- und Testamentsrechts, (iv)

Fragen des Insolvenzrechts,

(v)

den Transport von Passagieren oder Gütern,

(vi)

Fragen des Kartellrechts,

(vii) die Haftung für nukleare Schäden, (viii) Rechte an unbeweglichen Sachen, (ix)

das Bestehen oder die Auflösung juristischer Personen und die Gültigkeit der Entscheidungen ihrer Organe,

(x)

die Gültigkeit von Eintragungen in öffentliche Register,

(xi)

Ansprüche natürlicher Personen wegen Verletzung der körperlichen Unversehrtheit,

(xii) deliktische Ansprüche wegen der Beschädigung beweglicher Sachen, (xiii) Ansprüche wegen Meeresverschmutzung, (xiv) Fragen im Zusammenhang mit der Haftungsbeschränkung wegen Kollisionen, Schleppen und Bergen von Schiffen in Notfällen, (xv) Fragen der Gültigkeit und Verletzung von Immaterialgüterrechten. Das vereinbarte Gericht darf über Fragen des zweiten Kataloges aber als Vorfrage entscheiden. Wegen dieser weitreichenden Ausschlüsse wird das Übereinkommen kaum größere Bedeutung erlangen.807 511 (5) Das vereinbarte Gericht muss den unterbreiteten Rechtsstreit sachlich entscheiden, darf die Klage also nicht als forum non conveniens abweisen (Art 5 II).808 Jeder Vertragsstaat kann sich nach Art 19 zusätzlich vorbehalten, Klagen abzuweisen, die außer der Gerichtsstandsvereinbarung selbst keine Verbindung zu ihm haben. Das vereinbarte Gericht darf die Sachprüfung darüber hinaus nur ablehnen, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung nach einem eigenen Recht unwirksam ist oder wenn es innerstaatlich funktional oder sachlich unzuständig ist. 512 (6) Gerichte anderer Vertragsstaaten müssen die Gerichtsstandsvereinbarung respektieren und einen bei ihnen anhängig gemachten Prozess aussetzen oder die Klage als unzulässig abweisen, selbst wenn sie nach ihrem autonomen Recht zuständig wären (Art 6).809 Ausnahmen bestehen nur, wenn die Vereinbarung unwirksam ist oder ihre Berücksichtigung zu offensichtlichen Ungerechtigkeiten oder zu einem Ver_______________

807 Krit Schack, IZVR, Rz 111d (wertlos). 808 Rühl IPRax 2005, 410, 412. 809 Rühl IPRax 2005, 410, 413.

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

stoß gegen den ordre public des angerufenen Gerichts führen würde, wenn die Vereinbarung wegen außergewöhnlicher, den Parteieinfluss entzogener Umstände nicht durchgesetzt werden kann oder wenn es das vereinbarte Gericht abgelehnt hat, den Fall zu entscheiden. c) Der weiterreichende Entwurf eines Haager Übereinkommens über Zustän- 513 digkeit und ausländische Urteile in Zivil- und Handelssachen810 ist leider gescheitert. Der letzte Entwurf vom Juni 2001 legte in den Art 3–16 eine Reihe internationaler Entscheidungszuständigkeiten fest, die in allen Vertragsstaaten gelten sollen. Dazu gehören der Beklagtengerichtsstand (Art 3), der Gerichtsstand kraft Zuständigkeitsvereinbarung (Art 4), kraft rügeloser Einlassung (Art 5), des Erfüllungsortes bei Lieferung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen (Art 6), ein Verbrauchergerichtsstand (Art 7), der Gerichtsstand für Einzelarbeitsverträge (Art 8), der Gerichtsstand der Niederlassung (Art 9), der Deliktsgerichtsstand (Art 10) sowie ein ausschließlicher Gerichtsstand in Art 12, der weitgehend Art 22 EuGVO bzw Art 16 EuGVÜ/LugÜ entspricht. Diese Gerichtsstände sind aber nicht abschließend; ein Rückgriff auf Gerichtsstände des autonomen Rechts ist aber zulässig (Art 17), sofern diese nicht auf der Verbotsliste des Art 18 stehen. Danach sind untersagt die Gerichtsstände des Vermögens, der Staatsangehörigkeit des Klägers oder des Beklagten, des Wohnsitzes oder des Aufenthalts des Klägers im Gerichtsstaat, der allgemeine Gerichtsstand der Geschäftstätigkeit des Beklagten im Gerichtsstaat, der Zustellung im Gerichtsstaat, der einseitigen Forumbestimmung durch den Kläger, der vorübergehenden Anwesenheit des Beklagten im Gerichtsstaat und der Gerichtsstand am Ort des Vertragsschlusses. Einzelheiten waren aber äußerst umstritten.811 Der interim text vom Juni 2001 führte etwa auch die Zuständigkeit wegen „transacting business“812 und den Vermögensgerichtsstand unter den „weißen“ Gerichtsständen auf (s auch § 13 Rz 3).

_______________

810 Preliminary Draft of 30 October 1999; Summary of the outcome of the Discussion in Commission II of the Conference of 6–20 June 2001, Interim Text; dazu R. Wagner IPRax 2001, 533; vgl auch Kessedjian, Vers une convention a vocation mondiale, Rev.dr.unif. 1997, 675; Zekoll, The role and status of American Law in the Hague Judgments Convention Project, Albany L.Rev. 61 (1998), 1283; Schlosser, A New Hague Convention and the United States, U.Kansas L.Rev. 45 (1996), 39. 811 Vgl P. Beaumont Brooklyn J.Int.L. 1998, 75; St. Burbank AmJCompL 49 (2001), 203; R. Wagner IPRax 2001, 533; A.T. v Mehren Rev.crit. 90 (2001), 85 = AmJCompL 49 (2001), 191; Grabau/Hennecka RIW 2001, 569; Gottwald, FS Geimer, 2002, S 231; Schack ZEuP 1998, 931. 812 Vgl R. Wagner IPRax 2001, 533, 539.

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4. Abweichende Gerichtsstandskonzeptionen a) Anwesenheit im Gerichtsstaat (Presence of Person) 514 Englische und US-amerikanische Gerichte haben personal jurisdiction lange Zeit nur auf personal presence gestützt (sog power-Theorie).813 Denn nach der Grundidee konnte Hoheitsgewalt nur gegenüber einer Person geübt werden, die im Gerichtsstaat anwesend ist. Diese Konzeption erwies sich freilich als zu eng. 515 Bei juristischen Personen ist „presence“ stets nur im übertragenen Sinn möglich. Man verlangte, dass die juristische Person einen Bevollmächtigten im Gerichtsstaat bestellt, später behandelte man sie als durch ihre Angestellten, ihr Büro, ihre Bankkonten als „gegenwärtig“ und schließlich wurde die Geschäftstätigkeit im Gerichtsstaat selbst als Form der Anwesenheit angesehen.814 516 Auch bei natürlichen Personen gerät das Konzept schnell in Schwierigkeiten, wenn die Partei den Gerichtsstaat nach Klageerhebung verlässt, dort zwar ihren Wohnsitz hat, tatsächlich aber abwesend ist oder den Gerichtsstaat nach Verkehrsunfällen wieder verlassen hat. Regelmäßig wurde die „Anwesenheit“ mit Hilfe eines Zustellungsbevollmächtigten fingiert. Auf dieser Grundlage entwickelte sich das Konzept, dass es weniger auf Anwesenheit als auf ausreichende Kontakte zum Gerichtsstaat ankommt. Welcher Kontakt ausreichend ist, wurde von den Einzelstaaten in sog longarm statutes näher festgelegt.815 b) Vorübergehende Anwesenheit (transient jurisdiction) 517 Trotz dieser Abstrahierung und Wandlung der ursprünglichen Konzeption haben die common law-Staaten daran festgehalten, dass auch die bloß vorübergehende Anwesenheit im Gerichtsstaat ausreicht, um gegen diese Person jurisdiction auszuüben. Englische Gerichte haben bekräftigt, dass eine persönliche Zustellung im Inland stets jurisdiction gegenüber dem Beklagten begründet (CPR 2000 r 6.4 [1] [3]).816 Bei einer company genügt Zustellung an eine Person „holding a senior position“ (r 6.4 [4]), bei einer partnership die persönliche Zustellung an einen „partner“ oder eine Person, die „the control or management of this _______________

813 814 815 816

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Vgl Pfeiffer S 311ff. James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, 5th ed 2002, § 2.5 (S 70). Vgl Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 693ff; Pfeiffer S 320ff. Maharanee of Baroda v Wildenstein [1972] 2 QB 283 (C.A.); Dicey & Morris, Conflict of Laws, Rule 24 (S 291ff); Hill, International Commercial disputes, 1994, § 6.1.1.1.

Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

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partnerships business at its principal place of business“ ausübt (r 6.4 [5]).817 Gleiches gilt in Irland.818 Im Rahmen von EuGVO (Art 3 Abs 2 iVm Anh I) und LugÜ ist diese Doktrin jedoch nicht anwendbar. Auch in den USA wird daran festgehalten, dass die vorübergehend anwesen- 518 de Person im Gerichtsstaat allgemein gerichtspflichtig ist und mit der Zustellung personal jurisdiction begründet wird.819 Die Kritik an der „transient jurisdiction“,820 die auch vom Restatement 3rd Foreign Relations Law (§ 421 II [a] 1987) aufgegriffen wurde, hat sich in der Praxis nicht durchgesetzt. In Burnham v Sup. Court of California wurde dem in New Jersey wohnenden Ehemann die Scheidungsklage in Kalifornien, dem neuen Wohnsitzstaat der Frau, zugestellt, als er sich dort für wenige Tage geschäftlich und zum Besuch seiner Kinder aufhielt. Dieses Vorgehen ist nach Ansicht des US Supreme Court mit der due process-Garantie des 14. Amendments vereinbar.821 Nach Maßgabe des Rechts des Einzelstaates kann zumeist auch an eine ausländische Gesellschaft oder juristische Person durch Übergabe an einen im Forumstaat persönlich anwesenden Manager oder Direktor zugestellt werden.822 Üblicherweise erkennen die meisten US-Staaten eine Zustellungsimmunität an, wenn sich eine Person lediglich als Anwalt oder Zeuge im Gerichtsstaat aufhält.823 c) Place of Incorporation Dem Wohnsitz bei natürlichen Personen entspricht der Sitz bei juristischen. 519 Im Unterschied zum deutschen Recht behält nach angloamerikanischem Recht die juristische Person aber einen allgemeinen Gerichtsstand im Gründungsstaat, selbst wenn sie dort kein Büro (mehr) unterhält und dort keine

_______________

817 Vgl Cheshire & North, Private International Law, 13th ed 1999, p. 288. 818 Binchy, Irish conflicts of law, 1988, S 124f. 819 Vgl Grace v McArthur, 170 F.Supp. 442 (E.D.Ark. 1959) (Zustellung beim Überfliegen des Gerichtsstaats); Burnham v Superior Court of California, 495 US 604, 109 LEd 2d 631; Casad, Jurisdiction, § 2.02 (2–12ff); Born/Jestaedt RIW 1990, 675; Schmidt-Brand S 26f. 820 Vgl Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, § 6.2. 821 495 U.S 604, 109 L.Ed. 2d 631, 110 SCt. 2105 (1990); vgl Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 700f; Born/Vollmer, 150 F.R.D. 221, 227 (1994); Schütze RIW 2005, 579, 582f. 822 Vgl Born, International Civil Litigation in United States Courts, 3rd ed 1996, 764, 831ff. 823 Vgl Restatement of the Law Second, Conflict of Laws, 1971, § 83 Comment b; Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, § 11.15 (p. 495).

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Internationale Zuständigkeit

Geschäfte tätigt.824 Jurisdiction wird stets angenommen, wenn die juristische Person nach dem Recht dieses Staates organisiert ist.825 d) Laufende Geschäftstätigkeit (doing business) 520 Ist eine Person nicht im Gerichtsstand anwesend, so kann sie nach der „due process“-Garantie des Fifth Amendment der US-Verfassung dort nur verklagt werden, wenn „minimum contacts“ zum Gerichtsstaat gegeben sind bzw eine „sufficient relationship“ zwischen Beklagtem und forum besteht.826 Die Zustellung allein begründet keine jurisdiction. Diese Beziehungen sind von den meisten Bundesstaaten in sog „long arm-statutes“ näher und weit festgeschrieben worden. Die Regelung der Einzelstaaten ist teilweise sehr detailliert, teilweise besteht sie in einer reinen Generalklausel, wie in Kalifornien (Cal. CCP § 410.10). Laufende Geschäftstätigkeit im Urteilsstaat („continuous and systematic contacts“) begründet danach überall einen allgemeinen Gerichtsstand im Gerichtsbezirk der Geschäftstätigkeit, und zwar gleichermaßen für Einzelkaufleute, Handelsgesellschaften (und ihre Gesellschafter) sowie juristische Personen. Dies ist problemlos, soweit der Handeltreibende dort seine Hauptniederlassung hat oder eine Zweigniederlassung unterhält (für die von dort aus getätigten Geschäfte) oder er sich der Zuständigkeit freiwillig unterwirft und einen Zustellungsbevollmächtigten im Gerichtsbezirk bestellt. 521 Zweifelhaft ist dagegen, wann eine Geschäftstätigkeit als solche („doing business“ oder „transacting business“) bezogen auf den Gerichtsort ausreichend intensiv ist, um eine allgemeine Gerichtspflichtigkeit zu rechtfertigen.827 Das US-amerikanische Recht behandelt jemand, der sich in einem Staat „continuous and systematic“ geschäftlich betätigt, so, als habe er sich den Gerichten des Geschäftsortes generell unterstellt828 bzw als sei er in dem Staate anwesend. 522 Das Restatement of Foreign Relation Law (§ 421 II [h] [i] von 1987) formuliert:

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824 Schmidt-Brand S 41. 825 Restatement 3rd Foreign Relations Law, 1987, § 421 (2) (e); Dicey & Morris, Conflict of Laws, Rule 23 (2) (S 294ff). 826 Metropolitan Life Insurance Company v Robertson-Ceco Corp., 84 F. 3rd 560 (2nd Cir. 1996); Omni Capital International, Ltd. v Rudolf Wolff & Co., 484 US 97, 104 (1987); vgl Casad, Jurisdiction, § 4.02 (4–22ff); G. Haugen Boston Int’lL.J. 11 (1993), 109; Degnan/Kay Kane Hastings L.J. 39 (1987–88), 799, 801ff; R. Weintraub U.C. Davis L. Rev. 28 (1994), 531. 827 Vgl Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 696ff; H. Müller S 19ff; M. Otto S 40ff; SchmidtBrand S 119ff. 828 Vgl Scoles/Hay 3rd ed 2000, §§ 5.10 and 5.13, § 6.9; Gottwald, FS Geimer, S 231.

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„In general, a state’s exercise of jurisdiction to adjudicate … is reasonable, if, at the time jurisdiction is asserted, the person … (h) regularly carries on business in the state; (i) … had carried on activity in the state, but only with respect to such activity“,

unterscheidet also zwischen allgemeiner Gerichtspflicht bei einer „continuous and systematic“ betriebenen Geschäftstätigkeit und spezieller Gerichtspflicht bei gerichtsstaatsbezogener Geschäftstätigkeit.829 New York CPLR § 302 (a) (1) unterwirft jeden der jurisdiction „who in person or through an agent … transacts any business within the state or contracts anywhere to supply goods or services in the state“. Die Gerichtspflichtigkeit wird weit gezogen. Sie erfasst vertragliche und de- 523 liktische Ansprüche. In Bryant v Finnish National Airline wurde die Zuständigkeit New Yorker Gerichte für Ansprüche aus einem Unfall bejaht, der sich auf einem französischen Flughafen ereignete, weil die finnische Fluggesellschaft ein (kleines) (Vermittlungs-)Büro (ohne eigene Geschäftstätigkeit) unterhielt.830 Internationale Zuständigkeit wird in Produkthaftungsfällen auch bejaht, wenn der Hersteller die Ware zwar nicht selbst in den Gerichtsstaat liefert, wohl aber weiß, dass sein Abnehmer damit einen bestimmten Markt versorgt („stream-of-commerce-jurisdiction“).831 Die Entscheidungen ergehen unter Abwägung aller Gesichtspunkte des Einzelfalles, sind also vielfach nicht eindeutig vorhersehbar.832 e) Service out of the jurisdiction Hat der Fall eine sachliche Beziehung zu England, so dass England als geeig- 524 netstes Forum erscheint, so kann das Gericht den Beklagten seiner jurisdiction unterwerfen, auch wenn er nicht im Gerichtsstaat anwesend ist. Nach CPR 2000 r 6.19 kann die Klage dem Beklagten ohne gerichtliche Genehmigung im Ausland zugestellt werden, wenn das Gericht aufgrund der europäischen Regeln (EuGVO, LugÜ) zuständig ist. Ansonsten bedarf es gemäß CPR 2000 r 6.20 der Genehmigung des Gerichts für eine Auslandszustellung. Die Genehmigung kann erteilt werden, wenn einer der Gründe der Absätze 1 bis 18 dieser Regel erfüllt ist, England also in deutscher Terminologie die internationale Zuständigkeit in Anspruch nimmt. Soweit diese Besonderheiten enthalten, wird hierauf bei den sachlichen Zuständigkeits_______________

829 Vgl Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed §§ 5.10–5.13. 830 260 N.Y.S 2d 625 (1965), vgl Scoles/Hay, 3rd ed, § 5.13 (notes 19 to 22), § 6.9 (notes 20 to 22). 831 Vgl auch zu Grenzen Asahi Metal Industry v Superior Court, 480 U.S 102 (1987); Dethloff NJW 1988, 2160. 832 Krit. etwa Cameron/Johnson, Death of a Salesman? Forum Shopping and Outcome Determination under International Shoe, U.C. Davis L.Rev. 28 (1994), 769, 772. Zur Rechtslage in Alberta/Kanada s Hull v Wilson, Court of Appeal of Alberta, [1996] ILPr 307.

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gründen hingewiesen. Dem Antrag auf Genehmigung der Auslandszustellung sind schriftliche Beweismittel beizufügen, aus denen sich (1) der Zuständigkeitsgrund, (2) die Überzeugung des Klägers von einer hinreichenden Erfolgsaussicht und (3) die Anschrift des Beklagten ergeben (CPR r 6.21 [1]). f) Gerichtsstand der Niederlassung oder Geschäftsstelle 525 Nach deutschem (§ 21 I ZPO) und europäischem (Art 5 Nr 5 EuGVO bzw LugÜ) Recht können in diesem Gerichtsstand nur Klagen mit Bezug auf die Niederlassung oder Geschäftsstelle erhoben werden. Andere Länder gehen hier möglicherweise weiter. 526 In Japan kann eine ausländische Gesellschaft bzw Stiftung am Ort ihrer japanischen Geschäftsstelle, ihres Büros bzw am Wohnsitz der Person verklagt werden, die mit den Geschäften der Gesellschaft, Körperschaft etc im Wesentlichen betraut ist (Art 4 V jap. ZPO nF). Nach der Rechtsprechung und der Literatur begründet diese Regel über die örtliche Zuständigkeit eine internationale Zuständigkeit für Klagen, die einen Zusammenhang mit Geschäften in Japan aufweisen. Auch wird eine internationale Zuständigkeit in Japan begründet, falls der Ort der unerlaubten Handlung (Art 5 Nr 9) oder der Erfüllungsort (Art 5 Nr 1 jap. ZPO) Japan ist. Wird eine internationale Zuständigkeit aber allein dadurch entschieden, ob irgendeine Regelung der inländischen örtlichen Zuständigkeit der japanischen ZPO auf das Inland verweist, so führt das zu exorbitant jurisdiction. Daher wird zusätzlich noch das Kriterium „besondere Umstände“ angewandt. Unter „besonderen Umständen“ fällt der Verstoß gegen Fairness des Verfahrens gegenüber den Parteien oder der Verstoß gegen Geeignetheit und Schnelligkeit des Verfahrens. Liegen besondere Umstände vor, so wird die internationale Zuständigkeit des japanischen Gerichts verneint, auch wenn sie einer Vorschrift der japanischen ZPO nach bejaht wird.833 g) Gerichtsstand des Vertragsschlusses (forum actoris) 527 Manche Länder oder Staatsverträge sehen anstelle oder neben dem Gerichtsstand des Erfüllungsortes den eher archaischen Gerichtsstand des Vertragsschlusses vor, so zB England,834 Brasilien835 und Schweden.836 Bei Distanz_______________

833 Urteil des japanischen Obersten Gerichtshofes vom 11.11.1997, Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen, Bd 51, H 10, S 4055; Ishikawa ZZPInt Bd 1 (1996), 287, 288ff. 834 CPR 2000 r 6.20 (5) (a); Dicey & Morris, Conflict of Laws, Rule 27 (4) (i) (S 329). 835 Art 88 III brasil. CPC; vgl Samtleben, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Länderbericht Brasilien, S 1023.6 u. OLG Düsseldorf RIW 1995, 947, 948. 836 RB Kap. 10 § 4. Das neue spanische LEC 2000 kennt den Gerichtsstand des Vertragsschlusses nicht mehr.

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verträgen ist der Vertrag in England geschlossen, wenn bei einem Briefwechsel die Annahme dort erklärt wurde („posted“). Bei Abschluss per Telefon oder Fax ist der Vertrag geschlossen, wo die Annahme empfangen wird.837 Entsprechendes gilt, wenn der Vertrag durch einen Vertreter („agent“) abgeschlossen wird. In Brasilien genügt es, wenn das Angebot zum Vertragsschluss dort abgegeben wurde (Art 1087 brasil. ZGB). Ähnlich ist es im autonomem niederländischem Recht (Art 126 [3] R.V.).838 h) Klägergerichtsstand nach Erbringung der Gegenleistung Nach Art 7 (c) des MERCOSUR-Protokolls von Buenos Aires über interna- 528 tionale Zuständigkeit für Schuldverträge vom 5.8.1994839 kann der Kläger an seinem Sitz oder Wohnsitz klagen, wenn er nachweist, dass er seine eigene Leistung aus dem gegenseitigen Vertrag erbracht hat.840 i) Gerichtsstand der Streitgenossen Der in Art 6 Nr 1 EuGVO bzw LugÜ geregelte Gerichtsstand der Streitgenos- 529 sen ist teilweise auch im autonomen Recht der EU-Staaten,841 aber auch im Recht weiterer Staaten vorgesehen. j) Zuständigkeit gegenüber Konzernmuttergesellschaften (Durchgriffszuständigkeit) An die doing business-Zuständigkeit knüpft die internationale Zuständig- 530 keit gegenüber einer Konzern-Muttergesellschaft am Sitz der Tochtergesellschaft an. Grundsätzlich trennt das US-amerikanische Recht zwar zwischen den einzelnen Konzerngesellschaften.842 Ein Zuständigkeitsdurchgriff findet aber statt, wenn die Tochter nach außen als „alter ego“, als „mere department“ oder „instrumentality“ der Muttergesellschaft erscheint. Damit sind die Fälle erfasst, die materiellrechtlich einen Haftungsdurchgriff rechtfertigen.843 Soweit die Mutter aber ihre Produkte über die amerikanische Tochtergesellschaft in den USA veräußert oder ihre Dienstleistungen über sie an_______________

837 Hill, International Commercial Disputes, 1994, p. 173. 838 Vgl De Boer/Kotting, in: Chorus/Gerver, Introduction to Dutch Law, 3rd ed 1999, S 269f. 839 Abgedruckt in IPRax 1999, 127, 128; vgl Samtleben IPRax 2005, 376, 379. 840 Vgl Samtleben IPRax 1995, 129, 131; ders RabelsZ 63 (1999), 1, 43; Pabst, Mercosul – IZVR in Südamerika, in: Jayme, Das Recht der lusophonen Länder, 2000, S 43, 45. 841 Für England s. CPR 6.20 (3); 6.21 (2A); vgl Note, Joinder of parties located overseas, CJQ 20 (2001), 290. 842 Cannon v Cudahy, 267 U.S 337, 69 L.Ed. 642. 843 Otto S 60ff.

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bietet, wird das Tochterunternehmen als eine Art Stellvertreter (agent) angesehen. Die Muttergesellschaft bringe ihre Produkte bewusst in den Handel in den USA, und zwar mit Hilfe der Kontrolle über die am Forum ansässige Tochter; sie ziehe daraus Vorteile und sei daher dort gerichtspflichtig.844 Ob diese Argumentation mit der due process-Garantie vereinbar ist, ist zweifelhaft.845 Eine Anerkennung der Durchgriffszuständigkeit nur im Missbrauchsfall ist jedoch kaum praktikabel. Da die Muttergesellschaft als Inhaberin der Geschäftsanteile der Tochtergesellschaft idR (erhebliches) Vermögen im Gerichtsstaat besitzt, ist gegen die Zuständigkeit letztlich wenig einzuwenden.846 Die Praxis wendet den Durchgriff meist bei ausländischen Autoherstellern an.847 k) „Non-economic activity within the forum“ 531 Das common law kannte ursprünglich keinen Deliktsgerichtsstand. Mit zunehmender Mobilität ließ sich dieser Standpunkt nicht aufrechterhalten. In den USA behalf man sich anfangs mit der Fiktion, dass in der Benutzung der Highways eine Unterwerfung unter die Gerichtsbarkeit des Lageortes liegt. Inzwischen begründet jede „activity in the state“ personal iudication für damit zusammenhängende Klagen.848 Auf die generelle Gefahrträchtigkeit der Tätigkeit kommt es nicht (mehr) an.849 l) „Foreseeable effect within the state“ 532 Das US-amerikanische Recht formuliert keinen allgemeinen Deliktsgerichtsstand, sondern knüpft personal jurisdiction allgemein an Aktivitäten im Gerichtsstaat an (s o [c]). Da aber auch Handlungen von außerhalb im Gerichtsstaat Rechtsfolgen auslösen können, muss dieses Konzept für diese Fälle ergänzt werden. Nach dem Restatement 3rd Foreign Relations Law 1987, § 421 (2) (i) begründet jede Aktivität außerhalb des Gerichtsstaates personal jurisdiction im Gerichtsstaat, soweit sie dort einen „substantial, direct, and foreseeable effect“ hatte.850 Bei vorsätzlichem Handeln ist dies stets der Fall. Zweifelhaft ist jurisdiction aber, wenn der Handelnde mit Auswirkungen im Gerichtsstaat nicht rechnen musste.851 _______________

844 Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 701ff; Otto S 79ff; Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000 § 10.16 und 10.17. 845 Vgl Toepke, FS Stiefel, 1987, S 785; H. Müller S 33ff. 846 Vgl Grothe, in: Heldrich/Kono, S 209, 217ff. 847 Vermeulen v Renault, 985 F. 2d 1534 (11th Cir. 1993). 848 Restatement 3rd, Foreign Relations Law, § 421 (2) (h). 849 World-Wide Volkswagen v Woodson, 444 U.S 286 (1980); Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed § 7.2. 850 Ähnlich New York CPLR § 302 (a) (3). 851 Vgl Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed, § 7.2.

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m) Sachzusammenhang mit economic activities In Fällen von market share liability hat ein New Yorker District Court we- 533 gen des Sachzusammenhangs seine Zuständigkeit auch gegenüber Herstellern von DES bejaht, die weder in New York ansässig waren noch dort irgendwelche Geschäfte getätigt hatten.852 n) Deliktstreitigkeiten Für Deliktstreitigkeiten kann neben dem Gericht am Tatort, Erfolgsort oder 534 dem Wohnsitz/Sitz des Schadensverursachers im spanischen Recht auch das Gericht am Wohnsitz des Geschädigten angerufen werden (Art 52 No. 12 LEC 2000). o) Forum legis Teilweise wird die Zuständigkeit auf einen Gleichlauf von forum und lex 535 causae gestützt, da die Gerichte das Recht ihres eigenen Landes am besten anwenden können. Ein forum legis kennt England für vertragliche Ansprüche (CPR 2000 r 6.20 [5] [c]).853 In den USA hat der Supreme Court dagegen einen Gleichlauf von forum und ius verneint.854 Teilweise wird im IPR auch ein umgekehrter Gleichlauf vertreten: immer wenn ein Gericht international zuständig ist, wendet es sein eigenes Recht an. p) Admirality jurisdiction in rem Nach s. 20 Supreme Court Act ist der High Court in England zuständig, über 536 Seerechtsstreitigkeiten „in rem“ zu entscheiden, wenn der writ in England einer Sache (zumeist einem Schiff oder einer Schiffsladung) zugestellt wird. Ein Urteil kann nur gegen diese Sache vollstreckt werden, bindet aber jede Person, die ein Recht an der Sache hat. Verteidigt der Eigentümer die Sache gegen die Klage, so unterwirft er sich nach englischem Recht persönlich der englischen Zuständigkeit, so dass das Gericht gegen ihn auch ein Urteil in personam erlassen kann.855 Regelmäßig wird die Sache (Schiff) auch mit Arrest belegt, um die Vollstreckung des Urteils zu sichern. Der Arrest wird auf

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852 853 854 855

In re DES cases, 789 F.Supp. 552, 569–589 (EDNY 1992). Vgl Vischer, FS v Overbeck, 1990, S 349, 365. Shaffer v Heitner, 433 U.S 186, 215 (1977); vgl P. Hay ICLQ 28 (1979), 161, 163. Dicey & Morris, Conflict of Laws, 13th ed, Vol 1, 2000, Rule 33; Hill, International Commercial Disputes, 1994, § 8.1.1.

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Internationale Zuständigkeit

Antrag aufgehoben, wenn der Eigentümer der Sache ausreichend Sicherheit leistet und sich der jurisdiction in personam unterwirft. Die reine action in rem hat danach nur Bedeutung, wenn der Eigentümer seine Sache nicht verteidigt. Das amerikanische Recht kennt für Schiffe, Flugzeuge oder andere registrierte Fahrzeuge den Gerichtsstand des Registrierungsortes.856 q) Quasi in rem jurisdiction – Arrestgerichtsstand 537 Die Grundfrage, in welchem Umfang Vermögen im Gerichtsstaat eine Zuständigkeit begründet, wird unterschiedlich beantwortet. Traditionellerweise kennt das US-amerikanische Recht eine quasi in rem-Zuständigkeit. Personal jurisdiction wurde ursprünglich ohne sonstige Beziehungen des Staates zum Streitgegenstand durch Beschlagnahme von Schuldnervermögen im Gerichtsstaat begründet, allerdings beschränkt auf den Wert des beschlagnahmten Vermögens.857 Seit Shaffer v Heitner858 wird jedoch verlangt, dass zusätzlich minimum contacts bestehen, die die due process-Anforderungen erfüllen oder dass kein anderes forum zur Verfügung steht. Die Doktrin hat daher neben personal jurisdiction nur noch selbständige Bedeutung im Bereich des Seerechts (s o Rz 536), und in Fällen, in denen der Einzelstaat keine erschöpfenden long arm-Statutes erlassen hat.859 In den Niederlanden kann der Gläubiger eine Klage nach Art 767 R.V. bei dem Gericht erheben, in dessen Bezirk Vermögen des Schuldners gemäß Art 700ff, 765 R.V. per Arrest beschlagnahmt wurde. Art 767 R.V. enthält eine selbständige internationale Zuständigkeit (soweit diese nicht bereits aus anderen Gründen besteht).860 538 Die Schweiz kennt (außerhalb des LugÜ) den internationalen Gerichtsstand der Arrestprosequierung (Art 4 IPRG 1987). Sofern keine andere Inlandszuständigkeit besteht, kann der Kläger im „forum arresti“ wegen beliebiger Forderungen prozessieren. Dieser Gerichtsstand fällt unter die exorbitanten Gerichtsstände des Art 3 LugÜ. Nicht erforderlich ist, dass das verarrestierte Vermögen die Forderung deckt; der Titel kann auch in evtl. weiteres Inlandsvermögen vollstreckt werden.861 _______________

856 857 858 859

Restatement 3rd, Foreign Relations Law, 1987, § 421 (2) (f). Vgl Casad/Richman, Jurisdiction in civil actions, 3rd ed 1998, Vol 1, S 2ff. 433 U.S 186 (1977). Vgl Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 704f; Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, § 10.6. 860 De Boer/Kotting, in: Chorus/Gerver, Introduction to Dutch Law, 3rd ed 1999, S 291f. 861 Volken, IPRG-Kommentar, 1993, Art 4 Rz 11.

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

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r) Heimatgerichtsstand (Art 14, 15 franz. Code Civil) In vertraglichen Streitigkeiten kann ein Franzose nach Art 14 CC jeden Aus- 539 länder vor einem französischen Gericht verklagen und kann jeder Franzose vor einem französischen Gericht verklagt werden.862 Die Gerichte haben beide Regeln auf jede Art von Streitigkeiten erweitert. Beide Regeln sind auch auf juristische Personen anwendbar. Abgestellt wird auf die Nationalität bei Klageerhebung. Flüchtlinge und Staatenlose werden Franzosen gleichgestellt. Bei einer Forderungsabtretung wird auf die Staatsangehörigkeit des Zessionars abgestellt. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach allgemeinen Regeln. Hat der Beklagte keinen Wohnsitz oder Aufenthalt in Frankreich, ist der Wohnsitz des Klägers, hilfsweise das von ihm gewählte Gericht anzurufen. Die Art 14, 15 CC sind nur anwendbar, wenn keine andere Zuständigkeit in Frankreich besteht.863 Im Rahmen von EuGVO (Art 3 II iVm Anh I) bzw LugÜ (Art 3 II) ist der Gerichtsstand ausgeschlossen.864 s) Gerichtsstand des früheren Wohnsitzes In Schweden kann ein Schwede auch dann verklagt werden, wenn er dort 540 zwar nicht mehr wohnt, aber früher seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt hatte (RB Kap 10 § 3). Dadurch sollen negative Kompetenzkonflikte vermieden werden, wenn ein Schwede in keinem Land einen Wohnsitz hat.865 Diese Regel ist im Rahmen der EuGVO ausgeschlossen (Art 3 II mit Anh I). Die Türkei stellt ihre Gerichte für Scheidungsverfahren nach Art 9 II türk. ZPO auch an dem Ort des (früheren) Wohnsitzes zur Verfügung, den die Eheleute zuletzt mindestens sechs Monate lang gemeinschaftlich innegehabt haben.866 t) Klägergerichtsstand (Art 638 belg. B.W.) Ebenfalls bedenklich ist die Regelung, dass ein Beklagter ohne Inlandswohn- 541 sitz oder gewöhnlichem Aufenthalt am Wohnsitz des Klägers verklagt werden kann.867 Als allgemeine Regel ist der Klägergerichtsstand durch Art 3 EuGVO bzw LugÜ ausgeschlossen.

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862 863 864 865 866

Vgl eingehend A. Huet Juris-Cl. Droit Intern. Fasc. 581–30, 581–31, 581–32 (2002). Cass., Clunet 1986, 719. Vgl G. Delaume, Transnational Contracts, 1988, S 131ff. So Bogdan, in: Tiberg/Sterzel/Cronhult, Swedish Law, 1994, S 572. Vgl Rumpf IPRax 2001, 158, 159; Atali, Internationale Zuständigkeit im deutschtürkischen Rechtsverkehr, 2001, S 165f. 867 Delaume, Transnational Contracts, 1988, S 136.

223

§3

Internationale Zuständigkeit

u) Gerichtspflichtigkeit nach Due Process 542 Nachdem der U.S Supreme Court die jurisdiction-Regeln der Einzelstaaten an der Due Process Clause des 14. Amendment zur US-Verfassung überprüft hat,868 haben einige US-Staaten long-arm statutes erlassen, die den Beklagten ohne Wohnsitz im Gerichtsstaat einfach innerhalb der Grenzen von due process gerichtspflichtig machen, zB in New Jersey, N.J.Sup.Ct.R. 4:4–4 (c) (1).869 5. Gerichtsstandsvereinbarungen 543 In internationalen Handelsverträgen sind (ausschließliche) Gerichtsstands(oder Schieds-)vereinbarungen allgemein üblich. In den meisten Staaten werden sie heute anerkannt, wenn sie wirksam vereinbart und in dem vereinbarten Gericht grundsätzlich effektiver Rechtsschutz möglich ist. Das Haager Übereinkommen über Gerichtsstandsvereinbarungen vom 25.11.1965 hat sich nicht durchgesetzt. Gleiches gilt von dem amerikanischen Model Choice of Forum Act von 1968.870 Dem neuen Haager Übereinkommen vom 30.6.2005 (s o Rz 505ff) ist hoffentlich ein besserer Erfolg beschieden. 544 Eine Reihe von Staaten lassen eine Derogation ihrer Gerichte nicht zu oder beschränken diese in gewissem Umfang. Im Folgenden werden nur einige markante Fälle erwähnt. Die islamischen Staaten verbieten Gerichtsstandsvereinbarungen teilweise ausdrücklich, soweit dadurch die Zuständigkeit ihrer Gerichte derogiert wird.871 Dasselbe gilt für Algerien, denn für Streitigkeiten aus einem Vertrag sind immer die algerischen Gerichte zuständig. Krüger hält eine anderweitige Regelung nur bei Verträgen mit erheblichem Gegenstandswert für möglich.872 545 Nach dem irakischen Zivilgesetzbuch873 kann ein Iraker in jedem Fall vor einem irakischen Gericht klagen und verklagt werden. Art 14, 15 ZGB874 lautet: Art 14: „Die irakischen Gerichte sind für Ansprüche, die sich aus einer Verpflichtung eines Irakers ergeben, zuständig, selbst für solche, die im Ausland entstanden sind.“ _______________

868 International Shoe Co. v Washington, 326 U.S 310, 66 SCt. 154, 90 L.Ed. 95 (1945). 869 Vgl Weber v Jolly Hotels [1999] ILPr 169, 172 (DCNJ). 870 Vgl Reese AmJCompL 17 (1969), 292. 871 Krüger, in: Böckstiegel, Vertragspraxis, S 61ff. 872 Böckstiegel/Krüger, Vertragspraxis, S 41. 873 Krüger/Küppers IPRax 1988, 180. 874 Gesetz Nr 40/1951 IPRax 1988, 183.

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

Art 15: „Die irakischen Gerichte sind für einen Ausländer in folgenden Fällen zuständig: a) wenn er sich im Irak aufhält; b) wenn der Rechtsstreit einen Anspruch betrifft, der mit einer im Irak belegenen Immobilie oder mit einer zz der Klageerhebung im Irak befindlichen Sache zusammenhängt; c) wenn der Gegenstand des Rechtsstreits ein Vertrag ist, der im Irak geschlossen wurde oder im Irak ausgeführt werden sollte, oder der Rechtsstreit einen Vorfall betrifft, der sich im Irak ereignet hat.“

Er kann sich aber auch freiwillig der Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts unterwerfen. Im Verhältnis zu Großbritannien sind Gerichtsstandsvereinbarungen heute 546 nach Art 23 EuGVO zu beurteilen (s o Rz 131ff). Das autonome englische Recht wird in Deutschland nur noch relevant, soweit Drittstaatsvereinbarungen zu beurteilen sind (s o Rz 137, 138). Danach kann sich jedermann ausdrücklich durch Vertrag der Gerichtsbarkeit eines sonst unzuständigen Gerichts unterwerfen.875 Implizite, stillschweigende Vereinbarungen werden im Allgemeinen nicht anerkannt.876 Aus der Wahl eines englischen Vertragsstatuts allein folgt keine Unterwerfung unter die englische Gerichtsbarkeit.877 Nach der „Regla de Buenos Aires“ sollen Ladungsstreitigkeiten vor dem 547 Gericht des Bestimmungshafens ausgetragen werden. Dem entgegenstehende Gerichtsstandsklauseln in Konnossementen werden als nichtig betrachtet.878 Italien lässt im autonomen Recht eine Prorogation italienischer Gerichte 548 durch schriftliche Vereinbarung oder durch rügelose Einlassung zu (Art 4 I IPRG vom 31.5.1995). Eine Derogation italienischer Gerichte zugunsten eines ausländischen staatlichen Gerichts oder eines ausländischen Schiedsgerichts ist in schriftlicher Vereinbarung zulässig, wenn der Fall disponible Rechte zum Gegenstand hat (Art 4 II IPRG). Die Vereinbarung ist unwirksam, wenn das durch Prorogation bestimmte Gericht oder Schiedsgericht seine Gerichtsbarkeit verneint oder, aus welchem Grund auch immer, nicht über den Fall entscheiden kann.879 In der Schweiz werden internationale Gerichtsstandsvereinbarungen (außer- 549 halb des LugÜ) gemäß Art 5 IPRG anerkannt. Danach darf eine Partei nicht missbräuchlich einem Gerichtsstand des schweizerischen Rechts entzogen werden (Abs 2). Außerdem kann das Gericht seine Zuständigkeit ablehnen, _______________

875 Für den High Court: CPR 2000 r 6.20 (5) (d); Dicey & Morris, Rule 32 (2) (S 442ff). 876 Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433. 877 Acrow (Automation) v Rex Chainbelt [1971] 1 WLR 1676, 1683 (C.A.); vgl Hill, International Commercial Disputes, 1994, § 6.5. 878 Hoffmeyer, Gerichtsstandsklausel im Konnossement, 10 und 77. 879 Vgl Pocar IPRax 1997, 145.

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§3

Internationale Zuständigkeit

wenn der Rechtsstreit keine Beziehung zur Schweiz hat, weder im Hinblick auf eine der Parteien noch den Streitgegenstand (Art 5 III). 550 Andere Staaten machen die Derogation ihrer Gerichte davon abhängig, dass Urteile des prorogierten Gerichts in dem derogierten Staat anerkannt werden.880 551 In den USA werden internationale Gerichtsstandsvereinbarungen seit der Entscheidung des US Supreme Court in The Bremen v Zapata Off-Shore Co.881 grundsätzlich anerkannt. Ausnahmen kommen nur in Betracht, wenn das ausländische Gericht seine Zuständigkeit nicht wahrnimmt oder der amerikanischen Partei im prorogierten Ausland kein „fair and complete hearing“ zuteil wird.882 Allerdings unterliegt jede Gerichtsstandsvereinbarung richterlicher Kontrolle auf „fundamental fairness“. Die Vereinbarung kann unwirksam sein, wenn sie das Ergebnis einer Täuschung, Drohung, Übervorteilung oder Ausnutzung einer übermächtigen Verhandlungsposition ist.883 Doch ist der US-Supreme Court offensichtlich sehr großzügig. Für Streitigkeiten aus einer Kreuzfahrt von Los Angeles Richtung Mexiko hat er es als vernünftig angesehen, dass die Reederei in ihren Geschäftsbedingungen die Gerichte an ihrem Sitz in Miami/Florida als ausschließlich zuständig bezeichnet hatte, weil der Verbraucher mit einer entsprechenden Klausel rechnen müsse.884 Im Recht der Einzelstaaten bestehen aber Unterschiede.885 552 In Kalifornien sieht Cal. CCP § 410.40 vor, dass ein nicht anwesender Ausländer oder eine ausländische juristische Person in Kalifornien wegen vertraglicher Ansprüche aufgrund der Rechtswahl kalifornischen Rechts und einer Gerichtsstandsvereinbarung verklagt werden kann, wenn der Geschäftswert des Vertrages insgesamt nicht weniger als 1 Mill. Dollar beträgt. Vereinbarungen eines Gerichtstands außerhalb Kaliforniens wegen Werkleistungen in Kalifornien („for the construction of a public or private work of improvement in this state“) werden nicht anerkannt (Cal. CCP § 410.42).

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880 Schröder, Internationale Zuständigkeit, S 460. 881 407 U.S 1, 29 SCt 1907 (1972). 882 Sandrock, FS Stiefel, 1987, S 625, 636; Delaume, Transnational contracts, 1988, 182ff; Ochsenfeld RIW 1995, 633. 883 Vorpeil IPRax 1995, 405. 884 Carnival Cruise Lines, Inc. v Eulala Shute, 111 SCt. 1522 (1991) = 59 U.SL.W. 4323 (1991); krit. C. Peterson IPRax 1993, 421; vgl M. Solimine, Forum-Selection Clauses, Cornell Int’lL.J. 25 (1992), 51; H. Maier, The US Supreme Court and the „User Friendly“ Forum Selection Clause, in Guldsmith, International Dispute Resolution, 1997, S 53. 885 Zu sec. 5–1402 NY’s General Obligations Law s Newman/Burrows, Practice of International Litigation, 2nd ed 1998, VI-27ff.

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

Im Zweifel hat eine Gerichtsstandsvereinbarung auch nach US-Recht keine ausschließliche Wirkung.886 Argentinien lässt internationale Gerichtsstandsklauseln seit 1981 für inter- 553 nationale Sachverhalte vermögensrechtlicher Natur zu, soweit dadurch nicht eine ausschließliche Zuständigkeit der argentinischen Gerichte derogiert wird (Art 1 Codigo de proc. civil y comercial).887 Brasilien akzeptiert internationale Prorogationen; eine Derogation wird nur 554 anerkannt, soweit keine ausschließliche Zuständigkeit brasil. Gerichte bzw nicht der brasil. ordre public entgegensteht.888 Die Prorogation der Gerichte oder eines Gerichts eines ausländischen 555 Staates wird vielfach dadurch begrenzt, dass sie an unterschiedliche Formvorschriften geknüpft wird. Dabei ist davon auszugehen, dass Gerichtsstandsvereinbarungen der Schriftform bedürfen. Solche Vereinbarungen sollten sich auf einen bestimmten Vertrag beziehen. Durch Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben, welches eine Gerichtsstandsklausel enthält, kommt keine Gerichtsstandsklausel zustande.889 Japan lässt inländische Gerichtsstandsvereinbarungen in Schriftform für 556 Klagen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis zu, sofern kein ausschließlicher Gerichtsstand besteht (§§ 25, 27 jap. ZPO). Diese Regeln werden analog auf internationale Vereinbarungen übertragen.890 Keine Einigkeit besteht, ob die materielle Wirksamkeit der Vereinbarung nach der lex fori oder der lex causae zu beurteilen ist. Die prozessualen Wirkungen bestimmen sich dagegen für japanische Gerichte einhellig nach japanischem Recht.891 6. Forum non conveniens a) Schrifttum: Berger, Zuständigkeit und forum non conveniens im amerikanischen 557 Zivilprozess, RabelsZ 41 (1977), 39; F. Blobel/P. Späth, Zum Entwicklungsstand der Lehre vom „forum non conveniens“ in England, RIW 2001, 598; R. Brand, Forum Selection and Forum Rejection in US Courts, Essays in honour of Peter North, 2002, S 51; Dorsel, Forum non conveniens – Richterliche Beschränkung der Wahl des Gerichtsstandes im deutschen und amerikanischen Recht, 1996; J. Fawcett, Declining jurisdiction in private international law, 1995; Huber, Die englische Forum-nonconveniens-Doktrin, 1994; F. Juenger, Judicial control of improper forum selection, in: International Dispute Resolution (14th Sokol Colloquium), 1997, 311; ders, Forum non conveniens – Who needs it?, FS Schütze, 1999, S 317; Schütze, Forum non con_______________

886 John Boutari v Attiki Importers, U.S Court of Appeals, 2nd Cir. [1995] ILPr 488; vgl Vorpeil IPRax 1995, 405, 406. 887 Hernández-Breton, Internationale Gerichtsstandsklauseln, S 190ff. 888 Hernández-Breton S 207ff. 889 Vgl Sandrock/Jung, 834ff. 890 H. Matsumoto, FS G. Lüke, 1997, S 449, 455. 891 H. Matsumoto, FS G. Lüke, 1997, S 449, 457ff.

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Internationale Zuständigkeit

veniens und Rechtschauvinismus, FS Jayme, 2005, S 849; Walter, Lis alibi pendens und forum non conveniens, FS Schumann, 2001, S 559; R. Weintraub, International Litigation and Forum non conveniens, Texas Intern.L.J. 29 (1994), 321; Weintraub ua, Judicial Regulation of Improper Forum Selections, in Goldsmith, International Dispute Resolution, 1997, S 213.

558 b) Nach dieser in den common law-Staaten vertretenen Lehre steht die Wahrnehmung jeder gesetzlichen Zuständigkeit (personal jurisdiction) unter dem Vorbehalt, dass der Fall ausreichende Inlandsbeziehung hat. Teilweise dient diese Ermessensprüfung auch dazu, zu weit gefasste Zuständigkeiten zu korrigieren und unerwünschte Fälle eines „forum shopping“ zu verhindern.892 559 c) Ist England ein „inappropriate forum“, so kann das Gericht jedes anhängige Verfahren einstellen oder abweisen, vorausgesetzt, es gibt ein Gericht in einem anderen Staat, das eindeutig besser als das englische Gericht geeignet ist, den Fall in einer Weise zu verhandeln und zu entscheiden, der den Interessen der Parteien und den Anforderungen sachgerechten Rechtsschutzes gerecht wird.893 Die Möglichkeit, rasch einen Haupttermin zu erhalten, ist dabei ein wichtiger Faktor.894 Allerdings muss der Beklagte innerhalb der Frist für das Vorbringen von Verteidigungsmitteln beantragen, dass das Gericht seine Zuständigkeit nicht ausübt. Unterlässt er einen solchen Antrag, gilt dies als rügelose Einlassung (CPR 2000 r 11 [1] [b], [4] [5] [b]). 560 d) Ähnliches gilt in den USA. Nach fast allgemeiner Ansicht versuchen viele Parteien einen Prozess vor ein US-Gericht zu bringen, weil dies für den Kläger mit Kostenvorteilen verbunden ist und die Chance eines höheren Prozessgewinns besteht. Es sei aber nicht immer fair und gerecht, dem Kläger diese Chancen zu eröffnen; insb müssten amerikanische Beklagte gegen Klagen von Ausländern wegen Unfällen im Ausland geschützt werden. Überwiegend gilt auch hier ein zweistufiger Prüfungsmaßstab. 1. ist zu prüfen, ob ein anderes Gericht ein „suitable place“ für das Verfahren ist. Wenn nein, muss das Gericht seine Zuständigkeit ausüben. 2. Gibt es ein anderes forum, so sind Bequemlichkeiten für die Parteien und öffentliche Interessen an der Prozessführung gegeneinander abzuwägen.895 Eine einheitliche Regelung oder Rechtsprechung existiert jedoch nicht und teilweise wird kritisiert, _______________

892 Vgl Hill, International Commercial Disputes, 1994, § 6.4.1; Fawcett, Declining Jurisdiction, 1995. 893 Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982, sec. 47; Lubbe v Cape plc (U.K.) [2000] 1 W.L.R. 1545 (H.L.) = [2001] ILPr 140; Muchlinski, Corporation in International Litigation, ICLQ 50 (2001), 1; Blobel/Späth RIW 2001, 598; P. Beaumont, in: Fawcett, Declining jurisdiction, S 207ff; Dicey & Morris, The Conflict of Laws, 13th ed 2000, Vol 1, Rule 31 (1) S 385ff; P. Huber, Die englische Forumnon-conveniens-Doktrin, 1994, S 81ff; Schlosser RdC 284 (2000), 70ff. 894 XN Corp. Ltd. v Point of Sale Ltd. [2001] ILPr 525 (High Court, Ch.). 895 Stangvik v Shiley Inc., 819 P. 2d 14, 17 (Cal. 1991); vgl Schlosser RdC 284 (2000), 56ff.

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

dass letztlich nach „uncontrolled discretion“ entschieden wird.896 Ein bestimmender Faktor ist ua, dass die Gerichte des in der Sache anwendbaren Rechts den Fall besser entscheiden können.897 § 1.05 Uniform Interstate and International Procedure Act 1962, den Ar- 561 kansas, District of Columbia, Massachusetts, Michigan, Pennsylvania und Virgin Islands übernommen haben, lautet: „When the court finds that in the interest of substantial justice the action should be heard in another forum, the court may stay or dismiss the action in whole or in part on any conditions that may be just.“

Ebenso Cal. CCP § 410.30. Danach werden (1) die persönlichen Interessen der Parteien, (2) der Zugang zu den Beweismitteln, (3) die Möglichkeit Zeugenaussagen zu erzwingen, (4) die Kosten der Beweisaufnahme und andere Fragen einer effizienten Verfahrensabwicklung sowie (5) die Vollstreckbarkeit der Entscheidung im Einzelfall gegeneinander abgewogen.898 Der Supreme Court of Texas hat zwar entschieden, dass die Doktrin in Schadenersatzklagen kein Bestandteil des Rechts von Texas ist.899 Doch diese Entscheidung ist kritisiert und vom Gesetzgeber korrigiert worden.900 Das Gericht kann das Verfahren einstellen („stay“) oder die Klage ganz oder 562 teilweise unter Bedingungen abweisen, die ihm gerecht erscheinen (so New York CPLR § 327 [a]). Die Abweisung wegen „forum non conveniens“ kann das Gericht von der Unterwerfung des Beklagten unter ein „convenient forum“, dem Verzicht auf die Verjährungseinrede und ähnliche „billige“ Umstände abhängig machen.901 Die bisherigen Fälle zeigen, dass im Ergebnis US-Kläger geschützt und Klagen gegen US-Beklagte eher ans Ausland verwiesen werden, wobei die Maßstäbe nicht ganz einheitlich sind! In Louisiana und Florida ist die forum-non-conveniens-Doktrin bei ansässigen Beklagten dagegen weitgehend ausgeschlossen.902 In New York darf eine Klage _______________

896 D. Robertson Texas Intern.L.J. 29 (1994), 353; vgl Blanco v Banco Industrial de Venezuela, U.S Court of Appeals (2nd Cir.) [1996] ILPr 110. 897 Bybee v Oper der Stadt Bonn, U.S District Court SD.N.Y, [1997] ILPr 42, 50. 898 Gulf Oil Corp. v Gilbert, US Supreme Court, 330 U.S 501 (1947); Piper Aircraft Co. v Reyno, 454 U.S 235 (1981); W. Freedman, Foreign plaintiffs in product liability actions, the defense of forum non conveniens, 1988; Casad/Richman, Jurisdiction in civil actions, 3rd ed 1998, § 1.04; Fammler RIW 1990, 808. 899 Dow Chemical Comp. v Domingo Castro Alfaro, 786 SW. 2d, 674 (1990), cert. den. 498 U.S 1024 (1991). 900 Texas Civ. Prac. & Rem. Code § 71.051 (1993); vgl Silberman Texas Int’lL.J. 28 (1993), 501, 519; Weintraub Texas Intern.L.J. 29 (1994), 321, 346ff. 901 Vgl In re Union Carbide Corp., 809 F. 2d 195 (2nd Cir. 1987); W. Kolvenbach, Internationale Umwelthaftung, DWiR 1992, 322. 902 La. Code Civ. Proc. Art 123 (B)-(C) (1993); Houston v Caldwell, 359 So. 2d 85, 861 (Fla. 1978).

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§3

Internationale Zuständigkeit

beim Streit über 1 Mill. $ nicht abgewiesen werden, wenn die Parteien New Yorker Recht gewählt haben.903 563 e) In Kanada gilt ebenfalls die Doktrin vom forum non conveniens. Nach sec. 3135 Civil Code of Quebec904 kann das an sich zuständige Gericht ausnahmsweise auf Antrag einer Partei seine Zuständigkeit verneinen, wenn es glaubt, dass die zuständigen Behörden eines anderen Landes besser geeignet sind, den Fall zu entscheiden. Ontario stellt darauf ab, ob die Klage ein „real and substantial connection“ mit dem Forum hat.905 Anders als sonst gestattet Art 13 Court Jurisdiction and Proceedings Transfer Act sogar eine „Verweisung“ ins Ausland.906 564 f) In Australien wird die Doktrin nur zurückhaltend angewandt. Eine Klage wird nicht abgewiesen, auch wenn es einen geeigneten Gerichtsstand gibt, sofern Australien selbst als Gerichtsort geeignet („appropriate“) ist. Wenn kein anderes Forum zugänglich ist, wird auch auf dieses Erfordernis verzichtet. Sind zwei parallele Verfahren anhängig, stellt Australien nicht auf die Priorität ab, sondern überprüft, in welchem Forum die Verfahren besser erledigt, verbundene Verfahren besser gemeinsam verhandelt werden können.907 565 g) In Japan wenden die Gerichte die Regeln über die örtliche Zuständigkeit (ähnlich wie in Deutschland) doppelfunktionell an, verneinen die internationale Zuständigkeit aber, wenn nach den Umständen des Einzelfalles prozessuale Fairness, Durchführbarkeit der Beweisaufnahme, sonstige Leichtigkeit des Verfahrens und ähnliche forum non conveniens-Überlegungen dagegen sprechen.908 566 h) In den kontinentalen europäischen Staaten ist die internationale Zuständigkeit durch forum-non-conveniens-Kriterien nur in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit beschränkt, so in den Niederlanden gemäß Art 429 (c) R.V.909

_______________

903 CPLR § 327 (b); Schack, Einführung, S 35. 904 RabelsZ 60 (1996), 339, 348. 905 Frymer v Brettschneider [1996] ILPr 138; Topp v Row [1997] ILPr 60; Smith & Nephew v Marriott’s Castle Harbour [2001] ILPr 91. 906 Vgl Schlosser RdC 284 (2000), 73ff. 907 Vgl Nygh, Liber amicorum Siehr, 2000, 511–526. 908 Matsuo IntLawyer 23 (1989), 6, 7; Taniguchi, in: Baum/Drobnig, Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 1984, S 641, 684; Dogauchi, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen, 1994, S 163, 167ff; T. Kojima, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 59, 67. 909 De Boer/Kotting, in: Chorus/Gerver, Introduction to Dutch Law, 3rd ed 1999, S 272.

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Die internationale Zuständigkeit anderer Staaten

§3

7. Rücksichtnahme auf Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Die in diesen Verträgen enthaltenen Gerichtsstandskataloge geben Auskunft 567 darüber, wann der Zweitrichter die internationale Zuständigkeit des Erstrichters akzeptiert. Danach sollten Parteien und Rechtsanwälte sich bereits beim Verfahren vor dem Erstrichter richten, falls sie an einer Vollstreckung vor dem Zweitrichter interessiert sein könnten. Für vermögensrechtliche Streitigkeiten handelt es sich um folgende Artikel: Art 2 des deutschschweizerischen, Art 2 des deutsch-italienischen, Art 3 des deutsch-belgischen, Art 4 des deutsch-niederländischen, Art 2 des deutsch-österreichischen, Art IV des deutsch-britischen, Art 3 des deutsch-griechischen, Art 31 des deutsch-tunesischen, Art 7 des deutsch-israelischen, Art 8 des deutschnorwegischen Vertrages. Die genannten Artikel greifen ein, soweit nicht die EuGVO bzw das LugÜ gelten. In allen Fällen sollte beachtet werden, dass eine ausschließliche Zuständig- 568 keit grundsätzlich eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht zulässt.

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§ 4 Ausländer als Verfahrensbeteiligte Inhaltsübersicht 2. Die Sicherheitsleistung für I. Der prozessuale Status des Ausländers Prozesskosten . . . . . . . . . . . . . 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . 2 III. Prozesskostenhilfe und Prozess3. Zugang zu Gericht . . . . . . . . . . 7 kostenvorschuss 4. Die Parteifähigkeit von Aus1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 2. Prozesskostenhilfe in inter5. Die Parteifähigkeit von Gesellnationalen Fällen . . . . . . . . . . schaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 3. Prozesskostenvorschuss in 6. Die Parteifähigkeit ausländiinternationalen Fällen . . . . . scher Staaten und IV. Der Ausländer und die deutsche internationaler Organisationen 26 Sprache 7. Die Prozessfähigkeit von Aus1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 2. Schriftsätze . . . . . . . . . . . . . 8. Postulationsfähigkeit; Zustel3. Mündliche Verhandlung . . . . lungsbevollmächtigter; Inlands4. Fremdsprachige Dokumente . vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 5. Sprache im Rechtshilfeverkehr 9. Die Prozessführungsbefugnis im 6. Dolmetscher . . . . . . . . . . . . IZPR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 II. Sicherheitsleistung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . .

52

95 96 126

129 130 134 137 138 139

51

I. Der prozessuale Status des Ausländers 1. Schrifttum 1 Th. Baumgarten, Der richtige Kläger im deutschen, französischen und englischen Zivilprozess, 2001; Beys, Neue Wege zur Bestimmung der Rechts- und Parteifähigkeit, FS Schütze, 1999, S 117; Berndt, Die Rechtsfähigkeit US-amerikanischer Kapitalgesellschaften im Inland, JZ 1996, 187; Binz/Mayer, Die Rechtsstellung von Kapitalgesellschaften aus Nicht-EU/EWR/USA-Staaten mit Verwaltungssitz in Deutschland, BB 2005, 2361, Bungert, Das Recht ausländischer Kapitalgesellschaften auf Gleichbehandlung im deutschen und US-amerikanischen Recht, 1994; Cebecio™ lu, Stellung des Ausländers im Zivilprozessrecht, 2000; Dammann, Amerikanische Gesellschaften mit Sitz in Deutschland, RabelsZ 68 (2004), 607; Ebke, Gesellschaften aus Delaware auf dem Vormarsch: Der BGH macht es möglich, RIW 2004, 740; Fragistas, Die Prozessstandschaft im IZPR, FS Lewald, 1953, S 471; Furtak, Die Parteifähigkeit in Zivilverfahren mit Auslandsberührung, 1995; Geimer, Menschenrechte im internationalen Verfahrensrecht, in: Aktuelle Probleme des Menschenrechtsschutzes, 1994, S 213; ders, Verfassung, Völkerrecht und internationales Zivilverfahrensrecht, ZRvgl 1992, 321; Gottwald/Klamaris, Die Stellung des Ausländers im Prozess, in: Habscheid/Beys, Grundfragen des Zivilprozessrechts, 1989, S 1; B. Heß, Staatenimmunität bei Menschenrechtsverletzungen, FS Schütze, 1999, S 269; R.-A. Hirth, Das „Registered Office“ in Singapur und Malaysia, FS Schütze, 1999, S 287; Jaeckel, Die Reichweite

232

Der prozessuale Status des Ausländers

§4

der lex fori im internationalen Zivilprozessrecht, 1995; Kralik, Die Prozessfähigkeit des Ausländers, ZfRV 11 (1970), 161; Lindacher, Wettbewerbsprozess und Staatenimmunität, WRP 1999, 54; Luther, Zum Rechtsschutz des Ausländers in der deutschen Rechtspflege, FS Bosch, 1976, S 559; Matscher, Die Verfahrensgarantien der EMRK in Zivilrechtssachen, österr ZöRV 31 (1980), 1; T. Oda, Überlegungen zur Prozessfähigkeit von Ausländern, FS Konzen, 2006, S 603; Pagenstecher, Werden die Partei- und die Prozessfähigkeit eines Ausländers nach seinem Personalstatut oder nach den Sachnormen der „lex fori“ beurteilt?, ZZP 64 (1951) 249; Ratka, Sitzverlegung von Gesellschaften in der EU, 2002; Rinne, Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen im deutschen Kollisions- und Sachrecht, 1998; A. Schnyder, Der Sitz von Gesellschaften im Internationalen Zivilverfahrensrecht, FS Schütze, 1999, S 765; Smid, Prozessführungsbefugnis des gemeinschuldnerischen Unternehmensträgers in den konkursgerichtlichen Reorganisationsverfahren in Italien, DZWIR 2003, 57; Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis, 2005; Stalev, Die Fremde im Zivilprozess, in: Zeitgenössische Fragen des IZVR, 1972, 31; G. Wagner, Scheinauslandsgesellschaften im Europäischen Zivilprozessrecht, in: Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften in Deutschland, 2005, 223; Wenckstern, Inländische Briefkastenfirmen im deutschen internationalen Gesellschaftsrecht, FS Drobnig, 1998, S 465; M. Wolf, Abbau prozessualer Schranken im europäischen Binnenmarkt, Symposium Baur, 1992, S 35.

2. Einführung Da sich in Deutschland (Ende 2004) ständig knapp 7,3 Millionen Ausländer 2 aufhalten, überdies der Handels- und Reiseverkehr unentwegt zunimmt, bedarf es einer besonderen Prüfung, in welchem Maß und Umfang Ausländer in einem Zivilprozess in gleicher Weise oder anders behandelt werden wie Inländer. Ausländer ist jeder, der eine fremde Staatsangehörigkeit besitzt. Ist eine Per- 3 son mit anderen Staatsangehörigkeiten auch Deutscher, so ist sie im Inland nur als Deutsche zu behandeln (Art 5 I 2 EGBGB). Wie Inländer zu behandeln sind Flüchtlinge, Staatenlose und Asylberech- 4 tigte. Nach Art 12 des Genfer UN-Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 18.7.1991,1 Art 12 des New Yorker UN-Übereinkommens über die Rechtsstellung der Staatenlosen vom 28.9.19542 bzw § 2 I AsylVfG 1992 bestimmt sich ihr Personalstatut nach den Gesetzen des Landes, in dem sie ihren Wohnsitz, hilfsweise ihren Aufenthalt haben. Nach Art 16 I des Flüchtlings-Abkommens, Art 16 I des Staatenlosen-Übereinkommens bzw § 2 I AsylVfG 1992 haben diese Personen freien und ungehinderten Zugang zu Gericht; nach Art 16 II Flüchtlings-Abkommen, Art 16 II Staatenlosen-Übereinkommen bzw § 2 I AsylVfG genießen sie Inländerbehandlung _______________

1 BGBl 1953 II, 560. 2 BGBl 1976 II, 474.

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hinsichtlich des Zugangs zu Gericht, des Armenrechts (Prozesskostenhilfe) und der Befreiung von der Sicherheitsleistung für Prozesskosten.3 5 Grundsätzlich sind Inländer und Ausländer im Zivilprozess gleich zu behandeln. Dies folgt bereits aus Art 3 I GG. Der Gleichheitssatz schließt aber sachlich gebotene Sonderregeln nicht aus. Das Wort „Ausländer“ bzw „Angehörige fremder Staaten“ kommt in der ZPO nur an wenigen Stellen vor, zB in den §§ 55, 110, 606ff ZPO. In anderen Vorschriften wie zB bei § 328 ZPO wird nicht mehr auf die deutsche Staatsangehörigkeit abgestellt. Der deutsche Gesetzgeber hat mithin der Forderung Jherings entsprochen, dass „der Prozess für die Parteien die Anerkennung ihrer prinzipiellen rechtlichen Gleichheit enthält und seine ganze Einrichtung darauf berechnet ist, Licht und Sonne gleichmäßig zu verteilen“.4 6 Wenn dennoch gewisse Unterschiede von Einheimischen und Fremden im Zivilprozess gemacht werden, so hat Isay eine solche unterschiedliche Behandlung mit dem Grundsatz des Äquivalentes zu erklären versucht: wenn schon ein Staat auch Fremden gerichtlichen Schutz gewähre, so könne er von den Fremden ein gewisses Verhalten verlangen und für sie insoweit besondere Prozessvorschriften erlassen.5 De lege ferenda könnten viele dieser besonderen Vorschriften abgebaut werden, wenn sich alle Staaten entschließen würden, auf das Erfordernis der Gegenseitigkeit im Zivilprozess zugunsten aller Rechtsuchenden zu verzichten. Davon sind wir leider immer noch weit entfernt (s o § 1 Rz 32ff). 3. Zugang zu Gericht 7 Schon nach allgemeinem Völkerrecht hat der Ausländer ein Recht auf Zugang zu Gericht. Ihm steht der innerstaatliche Rechtsweg offen.6 In einigen multilateralen Übereinkommen und bilateralen Staatsverträgen ist das Recht auf Zugang zu Gericht besonders festgehalten, so in Art 16 UN-FlüchtlingsAbkommen 1951, Art 16 UN-Übereinkommen über Staatenlose 1954, Art 7 Europäisches Niederlassungsabkommen 1955, Art VI (1) des deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrages und Art 8 II deutsch-persisches Niederlassungsabkommen 1929. 8 Ein Anspruch auf Rechtsschutz ist Inländern und Ausländern auch verfassungsrechtlich garantiert. Art 24 der italienischen Verfassung sieht dies explizit vor. _______________

3 4 5 6

Vgl auch Lass, Der Flüchtling im deutschen IPR, 1995, S 174ff. Der Zweck im Recht, 1877, Bd I, 387. Das deutsche Fremdenrecht, Ausländer und Polizei, 1923, 56. BVerfGE 60, 253, 303f = NJW 1982, 2425, 2430; Verdross/Simma § 1213; Schütze, IZPR, Rz 183.

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Der prozessuale Status des Ausländers

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Aber auch nach dem Grundgesetz hat jedermann (aus dem Rechtstaatsprinzip) einen Anspruch auf Justiz (oder Justizgewährung), insb stehen die Rechte aus Art 101 I 2 GG und Art 103 I GG auch jeder ausländischen Person zu.7 Zugang zu Gericht bedeutet für den Kläger das Recht, Klage erheben und für 9 den Beklagten, sich effektiv verteidigen zu können. Dieses Verfassungsrecht auf Justiz darf nicht von der Verbürgung der Gegenseitigkeit abhängig gemacht werden.8 Recht auf persönliches Erscheinen vor Gericht. Soweit vor Gericht münd- 10 lich verhandelt wird, hat die ausländische Partei aufgrund ihres Rechts auf Justiz und Zugang zu Gericht (Art 103 I GG) auch die Befugnis, persönlich an der Verhandlung teilzunehmen, dh in den Verfahrensstaat (Deutschland) einzureisen, an der Gerichtssitzung teilzunehmen und ungehindert wieder auszureisen.9 Ein solches Recht entspricht nicht dem allgemeinen Völkerrecht. Danach genügt es, dass der Zugang zu Gericht durch einen frei gewählten Prozessbevollmächtigten ausgeübt werden kann. Dieser darf nicht zurückgewiesen werden, weil die Partei nicht persönlich erscheint. Freies Geleit. Ein Recht auf freie Ein- und Ausreise garantieren die Rechts- 11 hilfeverträge nur für Zeugen und Sachverständige (so zB Art 20 Haager Übereinkommen zur Erleichterung des internationalen Zugangs zu Gericht von 1980). Der BGH hat die Möglichkeit freies Geleit auch für Parteien zu gewähren auf eine analoge Anwendung von § 295 StPO gestützt.10 Sicheres Geleit kann danach jedem Verfahrensbeteiligten in allen Verfahren unter Abwägung des Beweisinteresses und des Strafverfolgungsinteresses des Staates gewährt werden. In eindeutigen Fällen kann ein solches Recht darüber hinaus als Teil des Justizanspruchs angesehen werden; auch Art 6 I EMRK bildet eine Rechtsgrundlage.11 Droht bei einer Einreise zur Teilnahme am Gerichtsverfahren jedoch eine Verhaftung, so hat die betroffene Partei soweit möglich das Recht auf Antrag per Video-Live-Schaltung an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen.12 4. Die Parteifähigkeit von Ausländern Nach § 50 I ZPO ist parteifähig, wer rechtsfähig ist. Unter der Parteifähig- 12 keit versteht man die Fähigkeit, als Kläger oder Beklagter, als Nebeninter_______________

7 8 9 10

BVerfGE 64, 1, 11 = NJW 1983, 2766; Geimer ZfRV 5 (1992), 321, 326. Geimer ZfRV 1992, 321, 328 Fn 57. Nagel ZZP 75 (1962), 408, 426. BGH NJW 1991, 2500; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2390; G. Bauer, Das sichere Geleit unter besonderer Berücksichtigung des Zivilprozessrechts, 2006, S 193ff. 11 Geimer, in: Aktuelle Probleme des Menschenrechtsschutzes, 1993, S 213, 223. 12 House of Lords (Polanski v Condé Nast Publ. Ltd.) RIW 2006, 301 (Knöfel).

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venient, Antragsteller oder -gegner in einem Prozess aufzutreten. Nach § 253 II Nr 1 ZPO muss die Klageschrift die Bezeichnung der Parteien enthalten. Die ZPO geht also davon aus, dass der Kläger die Parteien benennt. Das Gericht prüft von Amts wegen, ob die Parteifähigkeit der Parteien, die in der Klageschrift bezeichnet sind, gegeben ist (§ 56 I ZPO). Stellt sich heraus, dass es eine Partei nicht gibt oder dass sie nicht parteifähig ist, so muss die Klage durch ein Prozessurteil abgewiesen werden.13 13 a) Bei natürlichen Personen bestehen keine Schwierigkeiten. Insoweit können die Parteifähigkeit und die Rechtsfähigkeit als Synonyme betrachtet werden. Der prozessuale Begriff der Parteifähigkeit wird dem materiellen Recht des BGB entnommen. 14 Nach heute hM ist die Parteifähigkeit einer ausländischen natürlichen Person nach ihrem Heimatrecht zu bestimmen. Das deutsche IZPR verweist mithin nicht auf die Regeln des materiellen Rechts über die Rechtsfähigkeit, sondern die des Prozessrechts des Heimatstaates über die Parteifähigkeit,14 auch wenn beides bei natürlichen Personen meist zusammenfällt.15 In der Schweiz ist parteifähig, wer nach Schweizer Recht, also der lex fori rechtsfähig ist.16 15 Eheleute können unabhängig voneinander klagen und verklagt werden. Cal. CCP §§ 370, 371 stellt ausdrücklich klar, dass Eheleute unabhängig voneinander verklagt werden können und dass ihre Parteirechte bei gemeinsamer Klage unabhängig voneinander sind. 16 b) Nichtrechtsfähige Vereine. Die Parteifähigkeit deckt sich aber nicht immer mit dem materiellen Begriff der Rechtsfähigkeit. Das folgt bereits aus § 50 II ZPO, wonach der nicht rechtsfähige Verein verklagt werden kann. Er nimmt in der Rolle des Beklagten die Stellung eines rechtsfähigen Vereins ein, ist also passiv parteifähig, obgleich er nicht rechtsfähig ist. Nachdem der BGH der BGB-Außengesellschaft jedoch Rechts- und Parteifähigkeit zuerkennt,17 ist diese Regel obsolet. Denn auf den nichtrechtsfähigen Verein finden nach § 54 BGB die Regeln über die BGB-Gesellschaft Anwendung.18 17 Nach skandinavischer Tradition besitzen auch nichteingetragene Vereine die Rechts- und Parteifähigkeit. Einem solchen Verein ist für die Klage in _______________

13 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 41 Rz 22, § 43 Rz 5, 45, 47. 14 Für Abstellen auf die jeweilige lex fori Schütze, IZPR, Rz 186. 15 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2202; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 43 Rz 3; Kropholler, IPR, 5. Aufl 2004, § 56 IV 5; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl 2004, § 50 Rz 50; vgl Furtak, Parteifähigkeit in Zivilverfahren, 1995, S 54ff, 120ff; M. Wolf, Symposium Baur, S 35, 45. 16 Vgl Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 266. 17 BGHZ 146, 341, 347 = NJW 2001, 1056; BGH NJW 2002, 1207. 18 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 43 Rz 21.

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Der prozessuale Status des Ausländers

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Deutschland die aktive Parteifähigkeit zuzuerkennen.19 Parteifähig ist also bereits, wer nach Heimatrecht nur parteifähig ist. Zur Erleichterung des inländischen Rechtsverkehrs ist § 50 ZPO aber auch direkt gegenüber Ausländern anzuwenden: Parteifähig ist danach auch, wer nach Heimatrecht nur rechtsfähig ist.20

5. Die Parteifähigkeit von Gesellschaften a) Für deutsche Handelsgesellschaften ist die Parteifähigkeit im HGB unmit- 18 telbar geregelt. Nach § 124 I HGB kann eine OHG unter ihrer Firma klagen und verklagt werden. Sie ist aktiv und passiv parteifähig, obwohl sie keine juristische Person ist.21 Ihr wird auch die materiellrechtliche Fähigkeit verliehen, unter ihrer Firma Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen. Dasselbe gilt nach § 161 II HGB für die Kommanditgesellschaft, nach § 493 III HGB für die Reederei,22 nach § 7 II PartGG für die Partnerschaftsgesellschaft sowie nach Art 1 II EWIVVO für die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung. b) Die Parteifähigkeit ausländischer juristischer Personen und Personenge- 19 sellschaften und sonstiger Vereinigungen wird gemäß § 50 ZPO implizit nach ihrem Heimatrecht beurteilt.23 Zweifelhaft ist freilich, auf welches Recht abzustellen ist, wenn eine Gesellschaft Beziehungen zu mehreren Staaten hat. Während zur Bestimmung des Sitzes für die internationale Zuständigkeit nach Art 60 I EuGVO alternativ (a) auf den satzungsmäßigen Sitz, (b) den Ort der Hauptverwaltung oder (c) den Ort der Hauptniederlassung abzustellen ist, war die Anknüpfung der Rechts- und Parteifähigkeit Gegenstand erheblichen Streits. Das deutsche IPR und Prozessrecht knüpfte beide nach der sog Sitztheorie an das Recht des Staates an, in dem der Sitz der Hauptverwaltung, der tatsächliche Verwaltungssitz liegt.24 Der effektive Verwaltungssitz liegt dort, wo die grundlegenden Unternehmensentscheidungen getroffen werden; die

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19 Ekelöf, Rättegång, 4. Aufl 1974, Bd. II, 43; Munch/Petersen in: Leske/Loewenfeld I. Bd 1933, 459 für Dänemark; Alten in: Leske/Loewenfeld, 486 für Norwegen. 20 Wieczorek/Hausmann § 50 Rz 73. 21 Baumbach/Hopt, HGB, 32. Aufl, § 124 Rz 42. 22 Schaps/Abraham, Seerecht, 4. Aufl 1977, § 489 HGB, Rz 14. 23 Vgl aber T. Schemmann, Parteifähigkeit im Zivilprozess, 2002, S 126ff. 24 So BGHZ 97, 269, 271 = NJW 1986, 2194; KG RIW 1997, 597 = IPRax 1998, 360; OLG Hamm RIW 1997, 236, 237 = IPRax 1998, 358; zu beiden Bungert IPRax 1998, 339; Stein/Jonas/Bork § 50 Rz 36; Zöller/Vollkommer § 50 Rz 21; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2208ff; MüKo/Kindler, IntGesR, Rz 400, 433ff, 540, 562; Staudinger/Großfeld, IntGesR, 14. Bearb 1998, Rz 26, 85.

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Ausländer als Verfahrensbeteiligte

Abwicklung lediglich sekundärer Verwaltungstätigkeiten oder die bloße Registrierung beim Handelsregister genügen grundsätzlich nicht.25 Hat eine im Ausland gegründete Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz jedoch von Anfang an in Deutschland (sog Scheinauslandsgesellschaft) oder verlegt sie ihn später hierher, so sollte sie danach ihre Rechtsund (aktive) Parteifähigkeit verlieren, wenn sie nicht nach deutschem Gesellschaftsrecht neu gegründet wurde.26 Auf diese Weise sollte erreicht werden, dass der inländische Standard an Gläubigerschutz für alle im Inland tätigen Gesellschaften gilt. Mit dem prozessualen Grundprinzip eines freien Zugangs zum Recht war und ist die reine Sitztheorie dagegen nicht vereinbar. (1) Für Gesellschaften, die in der Europäischen Union gegründet sind, hat der EuGH mehrfach entschieden, dass die Sitztheorie mit der Niederlassungsfreiheit nach Art 43, 48 EG nicht vereinbar sei. Danach gilt eine sog europarechtliche Gründungstheorie:27 Jede in einem EU-Staat wirksam gegründete Gesellschaft behält danach die im Gründungsstaat erworbene Rechts- und Parteifähigkeit bei ihrer Geschäftstätigkeit auch in anderen EU-Staaten, und zwar gleichgültig, ob sie eine Geschäftstätigkeit auch im Gründungsstaat oder von Anfang an nur eine Geschäftstätigkeit im „Niederlassungs“-Staat unterhält. Konsequenterweise entfallen dann Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit mit der Löschung der Gesellschaft im Gründungsstaat.28 Diese Theorie beruht vor allem auf drei Entscheidungen: (i) Im Centros-Urteil vom 9.3.199929 entschied der EuGH, dass eine im England von Dänen gegründete plc (eine reine Briefkastenfirma) eine „Zweigniederlassung“ in Dänemark errichten kann, um ausschließlich von dort aus ihre Geschäfte zu führen.

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25 LG Essen NJW 1995, 1500 – Time Sharing Anbieter, registriert auf der Isle of Man; ebenso OLG München NJW-RR 1995, 703, luxemburgische Societé Anonyme; vgl. R. Werner, Der Nachweis des Verwaltungssitzes ausländischer juristischer Personen, 1998. 26 So BGH (30.3.2000) ZIP 2000, 967 = EuZW 2000, 412 (Vorlage an den EuGH); OLG Zweibrücken RIW 2001, 373. 27 Vgl MüKo/Kindler, 4. Aufl 2005, IntGesR Rz 343. 28 Vgl AG Duisburg IPRax 2005, 151 (dazu Borges S 134). 29 EuGHE 1999, I-1459 = NJW 1999, 2027; dazu Kindler NJW 1999, 1993; Sonnenberger/Großerichter RIW 1999, 721; Behrens IPRax 1999, 32; EuGHE 1999, I-1459 = ZIP 1999, 438 = NJW 1999, 2027; dazu G. Roth ZIP 1999, 861 u. Werlauff ZIP 1999, 867; Höfling DB 1999, 1206 u. EuZW 2000, 145; Leible NZG 1999, 298; Kindler NJW 1999, 1993; Geyrhalter EWS 1999, 201; Ebke u. Ulmer JZ 1999, 656 u. 662; Meilicke DB 1999, 627; Behrens IPRax 2000, 384; Timme/Hülk JuS 1999, 1055; Steindorff JZ 1999, 1140; Sonnenberger/Großerichter RIW 1999, 721; Brödermann ZZPInt 4 (1999), 259, 269; Puszkajler IPRax 2000, 79.

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Der prozessuale Status des Ausländers

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(ii) Im Fall „Überseering“ entschied der EuGH am 5.11.2002,30 dass eine niederländische GmbH („B.V.“), die ihren Verwaltungssitz nach Deutschland verlegt, aufgrund der Niederlassungsfreiheit der Art 43 und 48 EG auch im Zuzugsstaat ihre Rechts- und Parteifähigkeit als niederländische Gesellschaft behalten muss. (iii) Im Urteil „Inspire Art“ vom 30.9.200331 hielt es der EuGH u.a. für unvereinbar mit der Niederlassungsfreiheit, dass eine englische Gesellschaft (mit ausschließlicher Tätigkeit in den Niederlanden) eine Zweigniederlassung nur unter der ausdrücklichen Angabe, es handele sich um eine ausländische Gesellschaft errichten dürfe. Ob diese Entscheidungen der deutschen Sitztheorie innerhalb der EU vollständig den Boden entzogen haben,32 ist hier nicht zu entscheiden. Jedenfalls ergibt sich aus diesen Urteilen, dass die in einem EU-Staat erworbene (und fortbestehende) Rechts- und Parteifähigkeit in jedem anderen EU-Staat ohne Einschränkungen anzuerkennen ist.33 (2) Gleiches gilt gemäß Art 31 EWR-Abk. für Gesellschaften, die in einem EWR-Staat gegründet worden sind. Dies hat der BGH mit Urteil vom 19.9.2005 für eine liechtensteinische Aktiengesellschaft anerkannt,34 die ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat. (3) Die Rechts- und Parteifähigkeit nach dem Gründungsrecht besteht auch für in den USA nach dortigem Recht gegründete Gesellschaften nach Art XXV (5) des deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrages vom 7.5.1956.35 Satz 2 dieser Bestimmung lautet: „Gesellschaften, die gemäß den Gesetzen und sonstigen Vorschriften eines Vertragsteils in dessen Gebiet errichtet sind, gelten als Gesellschaften dieses Vertragsteils; ihr rechtlicher Status wird in dem Gebiet des anderen Vertragsteils anerkannt.“

In den USA inkorporierte Gesellschaften sind danach in Deutschland anzuerkennen, unabhängig davon, wo sich ihr tatsächlicher Verwaltungssitz befindet (Gründungsrechtstheorie).36 Davon will die Rspr eine Ausnahme für _______________

30 EuGHE 2002, I-9919 = NJW 2002, 3614 = RIW 2002, 945 (dazu Leible/Hoffmann S 925) = ZZPInt 7 (2002), 293 (Pfeiffer) = IPRax 2003, 65 (dazu W.H. Roth S 117). 31 EuGHE 2003, I-10155 = NJW 2003, 3331; dazu Altmeppen NJW 2004, 97; Behrens IPRax 2004, 20. 32 Dagegen MüKo/Kindler, IntGesR Rz 106, 112ff. 33 BGH ZIP 2005, 805 = DB 2005, 1047; BGH GmbHR 2003, 527 (Überseering) (14.3.2005 – II ZR 5103); KG DB 2003, 2695. 34 BGHZ 164, 148 = DB 2005, 2345 = RIW 2005, 945 (Leible/Hoffmann) = ZIP 2005, 1869 = MDR 2006, 105 (Haack). 35 BGBl 1956 II, 487, 500. 36 Vgl. BGHZ 153, 353 = NJW 2003, 1607 = RabelsZ 68 (2004), 770 (dazu Dammann S 607) = RIW 2004, 787 (dazu Ebke RIW 2004, 740); BGH ZIP 2004, 2230 = RIW 2005, 147.

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reine Briefkasten- und Scheingesellschaften machen.37 Das Erfordernis eines „genuine link“ zu den USA legt der BGH aber eng aus; nur Missbrauchsfällen soll dadurch entgegen gewirkt werden.38 20 (4) Im Verhältnis zu anderen Drittstaaten soll dagegen die bisherige Sitztheorie anwendbar bleiben. In Deutschland wird die Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft nach dem Recht des Gründungsstaates danach teilweise nur anerkannt, wenn sich dort auch der Verwaltungssitz befindet.39 Schwierigkeiten können sich aber selbst dann aus den Anforderungen für einen Nachweis der (aktuellen) Existenz der Gesellschaft ergeben. 21 (5) Hat die im Drittstaat gegründete Gesellschaft ihren tatsächlichen Verwaltungssitz aber im Inland oder verlegt sie ihn später hierher, ohne dass eine Neugründung nach deutschem Recht erfolgt, so folgt daraus entgegen der früheren Ansicht des BGH40 nicht das Fehlen von Rechts- und Parteifähigkeit. Denn eine Gesellschaft ohne Gesellschafter gibt es nicht. Führt die Sitzverlegung aber zu einem Statutenwechsel, so ist die Gesellschaft eben als deutsche Gesellschaft anzusehen. Betreibt die Gesellschaft ein Handelsgewerbe, so ist sie mangels abweichender Vereinbarungen als offene Handelsgesellschaft zu behandeln und daher rechts- und parteifähig (§ 124 HGB).41 Betreibt sie kein Handelsgewerbe, so handelt es sich nach deutschem Recht um eine BGB-Gesellschaft.42 Soweit diese eine Außengesellschaft ist, ist sie nach der neuesten Rechtsprechung des BGH ebenfalls rechts- und parteifähig.43 Im Ergebnis sollte die Sitztheorie daher auch gegenüber einer Partei aus einem Drittstaat jedenfalls für Fragen der Parteifähigkeit aufgegeben werden.44

_______________

37 OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 1124 = JuS 1995, 1037 (Hohloch); krit. J. Berndt JZ 1996, 187; vgl auch Ebenroth/Kemner/Willburger ZIP 1995, 972; Ebenroth/Bippus NJW 1988, 2137, 2138ff. 38 BGH IPRax 2005, 339 (dazu M. Stürner S 305) = JZ 2005, 303 (Rehm); BGH ZIP 2004, 2230 = RIW 2005, 147 = NZG 2005, 44 = IPRax 2005, 340 (dazu M. Stürner S 305) = JZ 2005, 298 (Ebke). 39 Vgl. KG DB 2005, 1158, 1159; Wagner, Scheinauslandsgesellschaften, S 223, 229f. Vgl dagegen de lege ferenda: Sonnenberger/Bauer RIW 2006, Beil 1, S 3 (Anknüpfung an Registerrecht). 40 BGH ZIP 2000, 967 = EuZW 2000, 412 (Vorlage an EuGH). 41 MüKo/Kindler, IntGesR, Rz 352. 42 BGHZ 151, 204 = MDR 2002, 1382 (Haack) = NJW 2002, 3539; vgl W.-H. Roth ZIP 2000, 1597, 1600; Binz/Mayer BB 2005, 2361. 43 BGHZ 146, 341ff = NJW 2001, 1056; dazu K. Schmidt NJW 2001, 993; Ulmer ZIP 2001, 585, 590; Timme/Hülk JuS 2001, 536; Hadding ZGR 2001, 712, 729ff; BGH ZIP 2002, 614. 44 Ebenso Stein/Jonas/Bork § 50 Rz 51; Rehm JZ 2005, 304; weitergehend Paal RIW 2005, 738.

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Der prozessuale Status des Ausländers

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(6) Sonderstellung inländischer Zweigniederlassungen ausländischer Unter- 22 nehmen. Die inländische Zweigniederlassung eines ausländischen Unternehmens teilt grundsätzlich das rechtliche Schicksal der ausländischen Firma, weil die Zweigniederlassung keine eigene Rechtsfähigkeit besitzt.45 Der ausländische Unternehmer kann aus den von und mit einer Zweigniederlassung geschlossenen Rechtsgeschäften unter der Firma der inländischen Zweigniederlassung klagen und verklagt werden.46 Die inländische Zweigstelle einer Bank mit Sitz in einem anderen Staat gilt 23 nach § 53 I 1 KWG als Kreditinstitut; nach § 53 III KWG darf für Klagen mit Bezug auf diesen Geschäftsbetrieb der Gerichtsstand der Niederlassung nicht ausgeschlossen werden (s o § 3 Rz 224). Diese Regel gilt allerdings nicht gegenüber Banken aus EU-bzw EWR-Staaten (§ 53b I 2 KWG), da die Rechtsverfolgung in einem dieser Staaten gegenüber der Klage im Inland als gleichwertig gilt. Nach § 53c Nr 2 KWG kann das Bundesministerium der Finanzen eine Freistellung von § 53 KWG auch für Unternehmen mit Sitz in bestimmten Drittstaaten durch Rechtsverordnung anordnen. In seinem Urteil vom 2.4.197047 hat der BGH wegen eines besonders gelager- 24 ten Falles anders entschieden: „Ist für eine Zweigstelle eines ausländischen Kreditinstituts ein Abwickler bestellt worden, so ist das Kreditinstitut ohne Rücksicht auf sein rechtliches Schicksal im Ausland für den Geschäftsbereich des Abwicklers parteifähig und wird in diesem Umfang vom Abwickler gesetzlich vertreten.“ Dabei wurde ausdrücklich der Grundsatz wiederholt, dass sich die Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit einer juristischen Person nach dem Recht ihres Sitzes richte. Etwas anders müsse aber für den Sonderfall gelten, wenn es sich um eine Zweigstelle eines Kreditinstituts handele, weil der Gesetzgeber eine solche im Inland befindliche Zweigstelle als selbständiges Kreditinstitut fingiere, das der Aufsicht des Bundesaufsichtsamts unterworfen sei. c) Für juristische Personen und andere parteifähige Gebilde wird die Partei- 25 fähigkeit primär aus der Rechtsfähigkeit nach Heimatrecht abgeleitet.48 Für problematische Fälle ist aber direkt auf das Personalstatut abzustellen.49 Soweit solche Einrichtungen nach Heimatrecht nur parteifähig, nicht aber rechtsfähig sind, wie die englische partnership, ist auch dies im Wege der _______________

45 So BGH MDR 1952, 99; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 43 Rz 7; Stein/Jonas/Bork § 50 Rz 54. 46 BGHZ 4, 62; Staub/Hüffer, HGB-Großkommentar, 4. Aufl 1983, Vor § 13 Rz 20; Baumbach/Hopt, HGB, 30. Aufl § 13 Rz 4. 47 BGH NJW 1970, 1187. 48 BGHZ 159, 94, 100 = NJW 2004, 2523; BGHZ 154, 185, 190 = NJW 2003, 1461: MüKo/Kindler, IntGesR, 4. Aufl, Rz 331ff, 447ff, 562. 49 MüKo/Kindler, IntGesR, Rz 562; Staudinger/Großfeld, IntGesR, 14. Bearb, Rz 289ff; v Bar/Mankowski IPR I Rz 367; vgl Furtak, Parteifähigkeit, S 159ff.

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Lückenfüllung anzuerkennen.50 Parteifähig ist also, wer nach Heimatrecht rechtsfähig oder/und parteifähig ist. Schließlich ist die Parteifähigkeit solcher Gebilde anzuerkennen, die im Inland den Rechtsschein der Rechtsfähigkeit gesetzt haben.51 Für Personen, Anstalten und Behörden des öffentlichen Rechts gilt nach § 89 BGB Entsprechendes. In einer Reihe von bilateralen Freundschafts- und Niederlassungsabkommen ist die Parteifähigkeit ausländischer Gesellschaften nach Heimatrecht ausdrücklich festgelegt (zB in Art 2 I dt.-niederl. Vertrag über gegenseitige Anerkennung der Aktiengesellschaften).52 6. Die Parteifähigkeit ausländischer Staaten und internationaler Organisationen 26 a) Ausländische Staaten sind als juristische Personen parteifähig. Ein nicht anerkannter Staat ist für den Gerichtsstaat an sich nicht existent und wäre damit nicht parteifähig.53 Dieses Ergebnis wäre aber für den Rechtsschutz der Gegenpartei häufig fatal. Der englische Court of Appeal hat deshalb für die Republik Ciskei (ein von England nicht anerkanntes Homeland) angenommen, tatsächlich handele es sich um ein Organ der anerkannten Republik Südafrika, das unter seinem Namen letztlich für Südafrika handeln könne.54 Das japanische Recht geht ebenfalls von der völkerrechtlichen Anerkennung aus, billigt einem „effektiven Staat“ (zB Taiwan) aber (bezogen auf sein tatsächliches Herrschaftsgebiet) ebenfalls Parteifähigkeit zu.55 Dieser pragmatischen, an den Bedürfnissen des Zivilrechtsverkehrs orientierten Lösung ist für das deutsche Recht zu folgen. 27 b) Die Parteifähigkeit internationaler Organisationen (mit öffentlichrechtlichen Funktionen) ist zum Teil ausdrücklich festgelegt. (1) Die Vereinten Nationen sind nach Art I Abschn 1 des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der UN vom 13.2.194656 parteifähig, _______________

50 BGH IPRax 2000, 21, 22 (dazu H. Roth S 11); Staudinger/Großfeld, IntGesR, 14. Bearb., Rz 292; MüKo/Kindler, IntGesR, Rz 331ff, 447ff, 562. 51 BGH NJW 1960, 1204/05. 52 Eine vollständige Übersicht findet sich bei MüKo/Kindler, 4. Aufl, IntGesR Rz 308–310. 53 Vgl Jacob, Private international litigation, 1988, S 309f. 54 GUR Corporation v Trust Bank of Africa, [1987] Q.B. 559. 55 Tsutsui ICLQ 37 (1988), 325, 328f. 56 BGBl 1980 II, 943.

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Sonderorganisationen der UN sind parteifähig nach dem Abkommen über ihre Vorrechte und Befreiungen vom 21.11.1947 (Art II § 3 [c]).57 (2) Die Europäische Gemeinschaft ist parteifähig gemäß Art 282 EGV; sie 28 wird von der Kommission vertreten. (3) Andere internationale Organisationen, die am Welthandel teilnehmen, 29 haben idR einen Sitz und Rechts- und Parteifähigkeit im Staat ihres Sitzes. Dies gilt sowohl für den International Tin Council (London) wie für den Arab Monetary Fund (Abu Dhabi).58 Sollte eine internationale Organisation ohne nationale Anbindung am Wirtschaftsleben teilnehmen, so wäre ihr – zur Gewährleistung umfassenden Rechtsschutz – ebenfalls Parteifähigkeit zuzuerkennen.59 (4) Die Parteifähigkeit internationaler „non governmental organizations“.

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Für internationale nichtstaatliche Organisationen (außerhalb des Wirtschaftsbereichs) gelten generell die allgemeinen Regeln über die Rechts- und Parteifähigkeit juristischer Personen, in Deutschland also die Sitztheorie (mit Anknüpfung an den effektiven Verwaltungssitz). Diese Anknüpfung wird den Bedürfnissen von Organisationen mit international operierender Geschäftsführung oder rotierendem executive office nicht gerecht. Bei ihnen passt aber auch die Gründungsrechtstheorie nur bedingt, da der faktive Gründungsort vielfach zufällig ist. Soweit solche Organisationen freilich nach außen tätig werden und Vermögen besitzen, sollte ihre allgemeine Parteifähigkeit entsprechend der der BGB-Außengesellschaft allgemein, unabhängig von einer mehr oder weniger gewollten Sitzanknüpfung anerkannt werden.61 Das Europarats-Übereinkommen über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit internationaler nichtstaatlicher Organisationen vom 24.4.198662 folgt der Gründungstheorie; Deutschland hat es bisher nicht ratifiziert. Im deutschen Zivilprozess ist die Parteifähigkeit von Amts wegen zu prü- 31 fende Prozessvoraussetzung. Es findet aber keine Amtsaufklärung statt. Trägt die Partei daher keine ausreichenden Tatsachen vor, damit ihre Parteifähigkeit (positiv) beurteilt werden kann, so wird ihre Klage als unzulässig abgewiesen.63 _______________

57 BGBl 1954 II, 641. 58 Vgl Arab Monetary Fund v Hashim (no. 3) [1991] 2 A.C. 114 (H.L.); Hill, International Commercial Disputes, 1994, 18ff. 59 Vgl aber Staudinger/Großfeld, IntGesR, 14. Bearb, Rz 730. 60 Vgl F. Blum, Anerkennung von NOGs (nichtstaatlichen Organisationen) im IPR, Diss. Regensburg 2001. 61 F. Blum (Fn 60), S 160; Staudinger/Großfeld, IntGesR, 14. Bearb, Rz 722ff, 726. 62 Annuaire Européen 34 (1988), 35. 63 LG Essen TransportR 1997, 37, 38 („IATA“ mit angeblichem Sitz in Kanada).

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7. Die Prozessfähigkeit von Ausländern 32 Der prozessuale Begriff der Prozessfähigkeit wird wiederum in Beziehung gesetzt zu dem materiellrechtlichen Begriff der Geschäftsfähigkeit, § 51 ZPO. Darüber hinaus bestimmt Art 7 I 1 EGBGB, dass die Geschäftsfähigkeit einer Person nach den Gesetzen des Staates beurteilt wird, dem sie angehört. In diesem Falle meint Pagenstecher,64 § 55 ZPO setze voraus, dass es eine (geschriebene oder ungeschriebene) deutsche Kollisionsnorm gebe, wonach sich die Prozessfähigkeit eines Ausländers nach seinem Personalstatut richte.65 Wie bei der Parteifähigkeit wird auch hier wiederum mit einer prozessualen Kollisionsnorm gearbeitet. Geschäftsfähigkeit und Prozessfähigkeit können auch auseinanderfallen, wie die Beispiele der §§ 607, 640b ZPO zeigen. Schon deswegen empfiehlt es sich, von einer prozessualen Kollisionsnorm auszugehen. Pagenstechers Ansicht hat sich daher zu Recht weit gehend durchgesetzt;66 da die Prozessfähigkeit auf die Geschäftsfähigkeit abstelle, so sei auch diese maßgebend dafür, ob ein Ausländer prozessfähig sei.67 33 Die Prozessfähigkeit natürlicher Personen bestimmt sich nach ihrem Personalstatut.68 Steht ein Ausländer im Inland unter Betreuung mit Einwilligungsvorbehalt (§ 1903 BGB) und wird diese Anordnung im Heimatstaat nicht anerkannt, so ist er im Inland gleichwohl als prozessunfähig zu behandeln.69 34 Gesetzlicher Vertreter. Wer die prozessunfähige Partei vertritt, bestimmt nicht das Heimatrecht des Betroffenen, sondern (soweit keine staatsvertragliche Sonderregelung besteht)70 das Statut, das für die elterliche Sorge bzw für Betreuung und Vormundschaft maßgeblich ist.71 Soweit es danach einen generellen gesetzlichen Vertreter mit umfassender Vertretungsbefugnis gibt, etwa die Eltern für Kinder, wie nach § 1629 BGB, sind diese Regeln heranzuziehen. Es gibt jedoch Länder, in denen das Gericht im Einzelfall einen besonderen Prozessvertreter zu bestellen hat. Nach CPR r 21.2 müssen Kinder und „patients“ in England im Gerichtsverfahren aktiv und passiv durch einen _______________

64 ZZP 64 (1951), 278. 65 MüKo/Kindler, IntGesR, Rz 449; Staudinger/Großfeld, IntGesR, 14. Bearb, Rz 295. 66 So Rosenberg/Schwab/Gottwald § 44 Rz 4; Geimer IZPR Rz 2029; Stein/Jonas/ Bork § 55 ZPO Rz 1; auch Soergel/Kegel Art 7 Rz 9; Jaeckel, Die Reichweite der lex fori, 1995, S 92ff; aA BGHZ 19, 240 = JZ 1956, 535; Oda, FS Konzen, S 603, 613ff. 67 Ebenso Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 55 ZPO Anm 1; M. Wolf, Symposium Baur, 1992, S 35, 45. 68 Schack Rz 535. 69 Oda, FS Konzen, S 603, 616. 70 Vgl Stein/Jonas/Bork, ZPO, § 55 Rz 8. 71 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2220; Schack Rz 538.

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„litigation friend“ vertreten werden. Dieser wird durch das Gericht bestellt (CPR r 21.6ff); ohne eine solche Bestellung kann der Betreuer eines „patient“ oder jede kompetente Person ohne gegenläufige Interessen als „litigation friend“ nach Maßgabe von CPR r 21.4 und 21.5 auftreten. Die Prozessfähigkeit juristischer Personen, von nicht rechtsfähigen Handels- 35 gesellschaften, nicht rechtsfähigen Vereinen und nicht rechtsfähigen Vermögensmassen richtet sich nach dem Recht des Sitzes der Hauptverwaltung des jeweiligen Gebildes. Dieses „Heimatrecht“ entscheidet auch darüber, welches Organ bzw welche 36 gesetzlichen Vertreter das entsprechende Gebilde vor Gericht vertreten.72 Die OHG wird im Prozess durch ihre vertretungsberechtigten Gesellschafter vertreten.73 Das hat der BGH in seinem Urt vom 4.5.1955 LM, Nr 1 zu § 51 ZPO, ausdrücklich bestätigt, wenn er darauf hinweist, im Rechtsstreit müsse die OHG durch die nach dem Gesellschaftsvertrag erforderliche Anzahl von vertretungsberechtigten Gesellschaftern vertreten werden; in derselben Richtung liegt die Entscheidung des BGH,74 wonach die gesetzliche Vertretung des ausländischen Fiskus nach den Gesetzen des ausländischen Staates bestimmt wird. Ob ein ausländischer Staat durch die „richtige“ Regierung bzw das richtige 37 Organ vertreten ist, entscheidet grds ebenfalls das Recht dieses Staates. Wird eine „Regierung“ aber vom Gerichtsstaat diplomatisch nicht anerkannt, so kann sie den ausländischen Staat nicht vertreten.75 Ist ein Ausländer im Ausland entmündigt worden, so ist er nach seinem 38 Heimatrecht grundsätzlich prozessunfähig. Die ausländische Entmündigung wird nach § 16a FGG regelmäßig im Inland anerkannt. Eine prozessuale Schutzvorschrift, vergleichbar der materiellrechtlichen Kol- 39 lisionsnorm des Art 12 EGBGB, enthält § 55 ZPO. Danach gilt „ein Ausländer, dem nach dem Recht seines Landes die Prozessfähigkeit mangelt, als prozessfähig, wenn ihm nach dem Recht des Prozessgerichts die Prozessfähigkeit zusteht“. Diese Prozessfähigkeit kraft lex fori kennt auch § 33 jap. ZPO nF oder § 3 österr ZPO. Die Lösung führt aber nicht unbedingt zu einer Vereinfachung des Rechtsstreits. Wird nämlich der Inlandsprozess ohne den nach Heimatrecht erforderlichen gesetzlichen Vertreter durchgeführt, so wird das Urteil im Heimatstaat möglicherweise nicht anerkannt und voll_______________

72 Soergel/Lüderitz, 12. Aufl, Anh Art 10 Rz 38, 92; MüKo/Kindler, IntGesR, Rz 443; Staudinger/Großfeld, IntGesR, 14. Bearb, Rz 279. 73 Staub/Habersack, HGB, 4. Aufl, § 124 Rz 27. 74 BGHZ 40, 197 = NJW 1964, 203. 75 Vgl Republic of Somalia v Woodhouse Drake & Carey (Suisse) S.A. [1993] Q.B. 54.

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streckt.76 Sinnvoll ist die Lösung daher nur, solange es keiner Vollstreckung im Heimatstaat bedarf. 8. Postulationsfähigkeit; Zustellungsbevollmächtigter; Inlandsvertreter 40 Von der Postulationsfähigkeit spricht man, wenn es um die Frage geht, ob eine Partei sich selbst vor Gericht vertreten kann oder aber sich eines bei Gericht zugelassenen Rechtsanwalts bedienen muss. Hierüber entscheidet ausschließlich die „lex fori“ des angerufenen Gerichts. In deutschen Anwaltsprozessen (§ 78 ZPO) muss sich auch der Ausländer eines bei dem Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalts bedienen. Er kann sein prozessuales Handeln nur mit und durch ihn bewirken. Die ausländische Partei kann sich auch innerhalb der EU77 nicht darauf berufen, dass vor dem vergleichbaren Gericht ihres ausländischen (Wohn-)Sitzes kein Anwaltszwang herrscht. Davon abgesehen steht es der ausländischen Partei frei, einen ausländischen Anwalt zu den Gerichtsverhandlungen mitzubringen. Das Gericht lässt auch Fragen oder Ausführungen eines ausländischen Anwalts zu, wenn der postulationsfähige deutsche Rechtsanwalt das beantragt. 41 Wenn ein Ausländer sich in einem Anwaltsprozess nur durch einen bei dem deutschen Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen kann, so folgt bereits hieraus, dass die Prozessvollmacht nach deutschem Recht zu beurteilen ist.78 Der BGH79 hat entschieden, nach deutschem IZPR sei für die Rechtsbeständigkeit und die Rechtswirkungen einer Prozessvollmacht das deutsche Recht maßgebend, wenn die Prozessvollmacht für einen im Inland zu führenden Zivilprozess erteilt worden ist. Dabei behandelt der BGH die Prozessvollmacht als eine Prozesshandlung und wendet schon deswegen die „lex fori“ an.80 Der Umfang der Prozessvollmacht richtet sich stets nach der lex fori des Prozessgerichts, nicht nach dem Sitz der beauftragten Anwaltskanzlei.81 Ob ein Vertreter einer ausländischen Gesellschaft Vertretungsmacht hatte, dem deutschen Anwalt Prozessvollmacht zu erteilen, ist dagegen nach dem Recht des Sitzes der Gesellschaft bzw der Niederlassung, von der aus gehandelt wird, zu beurteilen.82 42 Eine nicht im Inland wohnende Partei hat nach §§ 183 I Nr 1, 2; 184 II ZPO auf Anordnung des Gerichts einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestel_______________

76 Vgl Gottwald, Der Ausländer im Prozess, in: Habscheid/Beys, Grundfragen des Zivilprozessrechts, 1987/91, S 3, 74. 77 AA M. Wolf, Symposium Baur, S 35, 48f. 78 Vgl BGH IPRax 1991, 247; OLG Hamm IPRax 1996, 33, 35; Jaeckel, Die Reichweite der lex fori, 1995, S 103ff. 79 ZZP 71 (1958), 471. 80 Ebenso Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 55 Rz 9. 81 AA wohl Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 271. 82 BGH RIW 1990, 833.

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len, sofern sie nicht bereits durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist. Die Bestellung hat bei der nächsten mündlichen Verhandlung, oder (vorher) in dem ersten eigenen Schriftsatz zu erfolgen. Unterbleibt die Benennung, so können alle Zustellungen an die Partei durch Aufgabe zur Post ausgeführt werden, ohne dass es auf den tatsächlichen Empfang ankäme. Da es sich um eine fiktive Inlandszustellung handelt, stehen EuZustVO und HZustÜ (s u § 7 Rz 11, 48, 66) nicht entgegen. Nach der Neufassung von § 184 II ZPO muss das Gericht die Auslandspartei in der Anordnung auf die Rechtsfolgen der fehlenden Bestellung des Zustellungsbevollmächtigten hinweisen. Nach Ansicht des BGH braucht das nach §§ 183, 184 ZPO zugestellte Urteil aber nicht in die Sprache des Empfängers übersetzt zu werden.83 Nach § 31 EuRAG hat der dienstleistende europäische Rechtsanwalt einen deutschen Rechtsanwalt als Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen; hilfsweise gilt der Einvernehmensanwalt als Zustellungsbevollmächtigter. Andere Länder kennen ähnliche Regeln. Nach New York CPLR § 303 liegt 43 im Auftreten eines Anwalts für eine nicht der jurisdiction unterliegende Partei seine Bestellung als Zustellungsbevollmächtigter. Erscheint für die Partei kein Anwalt, gilt der clerk des Gerichts als Bevollmächtigter. Nach CPLR § 318 kann jede Partei in New York schriftlich gegenüber dem clerk des Gerichts für drei Jahre einen Zustellungsbevollmächtigten bestellen. In vielen Ländern gibt es für natürliche Personen keinen Anwaltszwang. In New York müssen sich nur corporation und „voluntary association“ durch Anwalt vertreten lassen (NY CPLR § 321 [a]). Inlandsvertreter. Nach § 96 I MarkenG darf ein Inhaber einer Marke, der im 44 Inland weder Wohnsitz, Sitz noch Niederlassung hat, Markenrechte vor dem Patentamt oder Patentgericht nur geltend machen, wenn er einen inländischen Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Vertreter bestellt. Gleiches gilt nach § 16 GeschmMG für den ausländischen Inhaber eines geschützten Musters oder Modells sowie entsprechend nach § 25 PatG und § 20 GebrMG. Dadurch soll der Verkehr mit Beteiligten im Ausland erleichtert werden. Die Regelungen stellen nicht auf die Staatsangehörigkeit, sondern nur auf Wohnsitz/Sitz im Ausland ab. 9. Die Prozessführungsbefugnis im IZPR Schrifttum: Bernstein, Gesetzlicher Forderungsübergang und Prozessführungsbefugnis 45 im IPR, FS Sieg, 1976, S 49; Birk, Die Einklagung fremder Rechte im internationalen Privat- und Prozessrecht, ZZP 82 (1969), 70; Fragistas, Die Prozessstandschaft im internationalen Prozessrecht, FS Lewald, 1953, S 471; Hausmann, Zur Anerkennung der _______________

83 So zu §§ 174, 175 ZPO aF: BGH FamRZ 1996, 347 m abl. Anm Bachmann FamRZ 1996, 1276.

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Befugnisse eines englischen administrator in Verfahren vor deutschen Gerichten, FS Heldrich, 2005, S 649; Schack, Subrogation und Prozessstandschaft, IPRax 1995, 158.

Parteifähigkeit und Prozessführungsbefugnis decken sich in den meisten Fällen. Wer behauptet, ihm stehe ein Anspruch zu, ist als Kläger und damit als Partei zugleich zur Führung des Prozesses befugt. Die Prozessführungsbefugnis kann aber auch den Rechtsträgern entzogen und auf dritte Personen übergegangen sein. Dabei scheint Einigkeit darüber zu bestehen, dass die Prozessführungsbefugnis eine Prozessvoraussetzung ist. Bei ihrem Fehlen muss die Klage als unzulässig abgewiesen werden.84 Daraus folgt, dass sich die Prozessführungsbefugnis auch in Fällen mit Auslandsberührung grundsätzlich nach der „lex fori“ beurteilt.85 46 Nun wird die Prozessführungsbefugnis vielfach Parteien kraft Amtes gewährt, wie dem Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Zwangsverwalter usw. Das ausländische Insolvenzstatut etc bestimmt über die Befugnisse des Verwalters oder der sonstigen Amtsperson.86 Diese Befugnisse sind im Inland anzuerkennen, sofern das Auslandsinsolvenzverfahren, die Nachlassverwaltung etc im Inland anzuerkennen sind.87 Ebenso bestimmt das ausländische Insolvenzrecht, ob und inwieweit der ausländische Insolvenzverwalter seinerseits Dritten eine Ermächtigung zur Prozessführung erteilen kann.88 47 Soweit die Prozessführungsbefugnis auf materiellem Recht beruht, muss ebenfalls nach dem aufgrund des deutschen IPR ermittelten Recht (lex causae) entschieden werden, ob eine solche Befugnis für die im Prozess auftretende Person vorliegt. Dies ist zB der Fall, wenn ein Ehegatte aufgrund einer Gütergemeinschaft Rechte des anderen Ehegatten geltend macht, wenn ein Miteigentümer Rechte aus dem gesamten Eigentum geltend macht, wenn ein Mitgläubiger eine unteilbare Forderung einklagt usw. 48 Beruht die Prozessführungsbefugnis aber lediglich auf einer Prozessvorschrift, so ist diese nach der jeweiligen „lex fori“ zu beurteilen.89 Ein solches Beispiel findet sich in § 265 II ZPO. Während des Rechtsstreits hat die Veräußerung der im Streit befangenen Sache bzw die Abtretung der geltend gemachten Forderung keinen Einfluss auf die Parteistellung des Klägers. Die Veräußerung bzw Abtretung selbst ist nach dem nach IPR anwendbaren _______________

84 So Rosenberg/Schwab/Gottwald § 46 IV 1; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2234. 85 BGHZ 125, 196 = NJW 1994, 2549. Vgl Th. Baumgarten, Der richtige Kläger im deutschen, französischen und englischen Zivilprozess, 2001. 86 BGHZ 125, 196, 200. 87 BGHZ 125, 196, 200; 95, 256, 269f; M. Wolf, Symposium Baur, 1992, S 35, 46f. 88 BGHZ 125, 196 = NJW 1994, 2549, 2550 = IPRax 1995, 168 (dazu Gottwald S 157). 89 BGHZ 125, 196, 199 = IPRax 1995, 168; vgl Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 272.

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Recht zu beurteilen. Welches Recht insoweit anzuwenden ist, ist aber für die Prozessführungsbefugnis nach § 265 II ZPO unerheblich.90 Im Ausland bestehen teilweise andere Unterscheidungen. In Kalifornien ver- 49 langt Cal. CCP § 367, dass die „real party in action“ klagt. Danach ist der Zessionar, nicht der Zedent der richtige Kläger. Ein executor, administrator oder trustee kann ohne Mitwirkung des Begünstigten klagen (Cal. CCP § 369). In England wird die Ansicht vertreten, dass Fragen der Prozessführungsbefugnis des Klägers bei der Abtretung oder Eigentumsübertragung nicht prozessual, sondern materiellrechtlich zu qualifizieren seien. Nicht die lex fori, sondern die lex causae entscheide, ob der Rechtsnachfolger selbst klagen könne.91 Englische Gerichte erkennen die Prozessführungsbefugnis ausländischer Konkursverwalter, receiver und Vormünder nach comity an, nicht aber den ausländischen administrator für das Eigentum eines Verstorbenen oder einer abwesenden Person.92 Bei der Prozessführungsbefugnis des Beklagten wird in partnership-Fällen unterschieden, ob der Beklagte nach der lex causae haftet oder nicht. Haftet er nicht, so kann er (anders als nach englischem Recht) nicht (mit Wirkung für die Gesellschaft) verklagt werden.93 Gewisse Schwierigkeiten gibt es hinsichtlich der gewillkürten Prozessfüh- 50 rungsbefugnis. Nach Fragistas94 beruht die gewillkürte Prozessstandschaft auf einem reinen Prozessgeschäft, es sei daher nach der „lex fori“ zu beurteilen. Es wird jedoch darauf ankommen, ob die vom ursprünglichen Rechtsträger gegebene Ermächtigung sich nur auf die Befugnis erstreckt, die fremde Forderung im Prozess einzuklagen, oder ob der Zedent seine Gläubigerstellung aufgibt, wie bei der verdeckten Inkassozession. Je nachdem, ob die prozessuale oder die materiellrechtliche Stellung überwiegt, ist zu entscheiden, ob die „lex fori“ oder aber das zugrunde liegende ausländische Recht hinsichtlich der gewillkürten Prozessführungsbefugnis heranzuziehen ist.95 Soweit nach deutschem Recht hinsichtlich der Einziehungsermächtigung ein eigenes Interesse des Ermächtigten an der Prozessführungsbefugnis gefordert wird, entscheidet die „lex fori“ über deren Zulässigkeit.96 Österreich lässt eine Klage im Wege gewillkürter Prozessstandschaft nicht zu.97

_______________

90 91 92 93 94 95 96 97

Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2242. Cheshire & North, Private International Law, 13th ed 1999, p. 79. Kamouh v Associated Electrical Industries [1980] Q.B. 199. Cheshire & North, Private International Law, 13th ed 1999, p. 80f. FS Lewald, 483. Henckel, FS Larenz, S 643. Vgl OLG Hamburg RIW 1996, 862, 863. OGH IPRax 1999, 383 (dazu Kieninger S 390).

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II. Sicherheitsleistung 1. Schrifttum 51 Bajons, Aktorische Kaution und gemeinschaftsrechtliches Diskriminierungsverbot, öJZ 2002, 581; Böhmer, Prozesskosten-, Beratungs- und Sozialhilfe bei Gerichts- und Verwaltungsverfahren im Ausland, IPRax 1993, 223; Foerste, Neues Recht für Prozessbürgschaften von Auslandsbanken, ZBB 2001, 483; Rohlfs, Die Anwendbarkeit des § 110 ZPO bei Klagen natürlicher und juristischer Personen des EU-Auslands, NJW 1995, 2211; Rützel, Ausländersicherheit und Nebenintervention, NJW 1998, 2086; Schack, Prozesskostensicherheit im Verhältnis Deutschland – USA, FS Schütze, 1999, S 745; Schütze, Zur Befreiung ausländischer Kläger von der Prozesskostensicherheitspflicht nach § 110 Abs 2 Nr 2 ZPO, RIW 2002, 299; ders, Zur Neuregelung der cautio iudicatum solvi in Deutschland, RIW 1999, 10; ders, Die Ausländersicherheit im internationalen Zivilprozessrecht, in: Toward Comparative Law in the 21st Century, 1998, S 737; ders, Zur Prozesskostensicherheit (§ 110 ZPO) von Angehörigen ehemaliger Ostblockstaaten, NJW 1995, 496; Siehr, Security for Costs: A Valuable Defence or a Burdensome Relic?, Essays in honour of Voskuil, 1992, 291 Stürner, Zur Einrede der Prozesskostensicherheit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, IPRax 2004, 513; Wilske/Kordts, Sicherheitsleistung durch deutschen Kläger mit gewöhnlichem Aufenthalt außerhalb der EU oder des EWR, IPRax 2005, 116.

2. Die Sicherheitsleistung für Prozesskosten 52 § 110 ZPO lautet: „(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit. (2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein: 1. wenn aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann; 2. wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten aufgrund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde; 3. wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt; 4. bei Widerklagen; 5. bei Klagen die aufgrund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.“

53 Prozesskostensicherheit wird nur auf Verlangen des Beklagten angeordnet. Der ausländische Kläger hat also keine Veranlassung, von sich aus eine Prozesskostensicherheit zu leisten. In der Praxis wird diese Schutzbestimmung für den Beklagten häufig übersehen. Es handelt sich dabei um eine Rüge, die die Zulässigkeit der Klage betrifft (§ 282 III ZPO). Sie muss in erster Instanz vor der Verhandlung zur Hauptsache bzw in der Klageerwiderungsfrist erhoben werden.98 In der zweiten Instanz kann sie nach § 531 II Nr 3 ZPO nur er_______________

98 OLG Hamm RIW 1999, 541.

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hoben werden, wenn sie in erster Instanz ohne Nachlässigkeit nicht geltend gemacht wurde. Eine solche Rüge führt nicht zur Abweisung der Klage als unzulässig, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen zu der Anordnung der Sicherheitsleistung durch das Gericht. Kommt der Kläger dieser Anordnung innerhalb der ihm gesetzten Frist nicht nach, so wird auf Antrag des Beklagten die Klage für zurückgenommen erklärt, bzw ein Rechtsmittel des Klägers verworfen (§ 113 ZPO). Wird die Frist durch Zwischenurteil (§ 303 ZPO) gesetzt, kann sie nicht verlängert werden.99 Der Beklagte soll wegen der von ihm aufgewendeten Kosten sichergestellt werden, falls die Klage abgewiesen wird. Er soll also nicht damit belastet werden, seine Kostenforderung gegen den ausländischen Kläger im Ausland vollstrecken zu müssen. Kostensicherheit kann nur der Beklagte, nicht auch ein einfacher Nebenintervenient verlangen.100 Wird die Einrede durch Zwischenurteil zurückgewiesen, so kann der Beklagte dagegen nach §§ 280 II 1, 511ff ZPO Berufung einlegen. Gibt das Gericht der Einrede jedoch statt, so ist das Zwischenurteil für den Kläger nicht selbständig anfechtbar.101 Nach § 108 I 1 ZPO ist die Sicherheit nach Art und Höhe nach Ermessen des 54 Gerichts zu leisten. Ohne gerichtliche Bestimmung und abweichende Parteivereinbarung ist die Sicherheitsleistung nach der Neufassung von § 108 I 2 ZPO durch das Zivilprozessreformgesetz 2001 durch eine schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines „im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts“ oder durch Hinterlegung von Geld oder mündelsicheren Wertpapieren zu leisten. Die Bankbürgschaft ist also nunmehr als Regelsicherheit ohne Gestattung im Einzelfall zulässig. Die Beschränkung auf „Großbanken“, die die Rechtsprechung bislang vorgenommen hatte, ist aufgegeben.102 Tauglicher Bürge ist jede Bank, die im Inland Geschäfte betreiben darf. Das 55 ist jede Bank mit Sitz im Inland einschließlich selbständiger Tochterunternehmen ausländischer Banken, auch eine Zweigniederlassung einer ausländischen Bank, die eine Erlaubnis nach § 53 II Nr 5 S 1 KWG besitzt oder EWR-Unternehmen nicht bedarf (§ 53b KWG).103 Banken mit Sitz in einem Drittstaat (ohne Inlandsniederlassung) sind nicht befugt, im Inland Bankgeschäfte zu tätigen, scheiden also im Regelfall als Bürge aus;104 nach § 108 I 1 ZPO kann das Gericht aber im Einzelfall eine solche Bürgschaft zulassen.105 _______________

99 100 101 102 103 104 105

LG Hamburg IPRax 1998, 276 (dazu Rabe/Dißars S 249). OLG Hamburg RIW 1990, 754. BGHZ 102, 232 = NJW 1988, 1733; OLG Saarbrücken RIW 1999, 406. Foerste ZBB 2001, 483, 484. Foerste ZBB 2001, 483, 484f. Foerste ZBB 2001, 483, 485. Foerste ZBB 2001, 483, 487.

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§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

56 Nach dem Wortlaut des § 110 ZPO kommt es nur auf den gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers außerhalb des EWR-Raums, bei Gesellschaften auf deren tatsächlichen Verwaltungssitz106 an. Die Staatsangehörigkeit des Beklagten ist irrelevant. Es ist auch gleichgültig, ob der Beklagte im Inland oder im Ausland wohnt oder sich dort aufhält. Die Schutzvorschrift begünstigt daher jeden Beklagten. 57 Die Prozesskostensicherheit beschwert Angehörige fremder Staaten, die als Kläger auftreten. Damit wird der Ausländer betroffen, ganz gleich, wo er sich aufhält. In den heutigen Zeiten des internationalen Handels und Verkehrs handelt es sich um ein überholtes Relikt falsch verstandenen Schutzes (primär) eigener Staatsangehöriger, das mit dem Diskriminierungsverbot (nach Art 3 I GG) kaum voll vereinbar ist.107 Befreit ist der ausländische Kläger nur, wenn die voraussichtlichen Prozesskosten durch inländisches Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen gedeckt sind (§ 110 II Nr 3 ZPO). Besitzt der ausländische Kläger sonstiges Vermögen im Inland und wohnt dort seit langem, so muss er dennoch auf Verlangen des Beklagten, der möglicherweise Ausländer ist und im Ausland wohnt, die Prozesskostensicherheit leisten. Schon danach lässt sich die Begründung, der Beklagte solle im Falle seines Obsiegens vor Schwierigkeiten hinsichtlich der Vollstreckung seiner Kostenforderung gegen den Kläger bewahrt werden, nicht halten.108 Danach müsste jeder Gastarbeiter, der als Kläger auftritt, grundsätzlich die Prozesskostensicherheit leisten, wenn nicht die vielen Ausnahmebestimmungen den Grundsatz durchlöchert hätten. Ein Deutscher ist gem Art 5 I 2 EGBGB nicht zur Prozesskostensicherheit verpflichtet, selbst wenn er neben der deutschen noch eine andere Staatsangehörigkeit besitzt. 58 Nach § 110 II Nr 4 ZPO ist der Kläger von der Pflicht zur Sicherheitsleistung bei Widerklagen befreit. Die Pflicht zur Sicherheitsleistung entfällt aber auch in allen Fällen des einstweiligen Rechtsschutzes. Denn § 110 I ZPO verlangt, dass jemand „als Kläger“ auftritt. Außerhalb des ordentlichen Klageverfahrens besteht also keine Pflicht zur Sicherheitsleistung. Dies gilt für das Mahnverfahren, das selbständige Beweisverfahren, die Beschlussverfahren zur Vollstreckbarerklärung von Urteilen und Schiedssprüchen sowie für alle Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Arrest, einstweilige Verfügung, einstweilige Anordnung).109 _______________

106 OLG Düsseldorf IPRax 2001, 228 (dazu Schütze S 193). 107 Vgl Gottwald, Der Ausländer im Prozess, in: Habscheid/Beys, Grundfragen des ZPRs, 1987/91, S 3, 43ff; Siehr, Essays for Voskuil, 291, 299. 108 Diese Begründung wird von Stein/Jonas/Bork § 110 ZPO Rz 1, ausdrücklich angeführt. 109 Vgl Stürner IPRax 2004, 513; aA Schütze, IZPR, Rz 423.

252

Sicherheitsleistung

§4

Beim Mahnverfahren entsteht die Pflicht mit Übergang ins ordentliche streitige Verfahren (§§ 696, 697 ZPO). Die Pflicht entsteht nicht bei Anordnung mündlicher Verhandlung über den 59 Antrag im selbständigen Beweisverfahren, zur Vollstreckbarerklärung oder über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Das Gebot effektiven Rechtsschutzes verbietet es hier, die gerichtliche Entscheidung von der Sicherheitsleistung abhängig zu machen und das Rechtsschutzgesuch auf Antrag der Gegenseite mangels Sicherheitsleistung gem § 113 ZPO zu verwerfen.110 Nach der Gegenmeinung ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes Sicherheit auf Antrag zu leisten, wenn es zur mündlichen Verhandlung kommt111 oder der Gegner eine Schutzschrift einreicht. Aber diese Verfahren gehen nicht mit der mündlichen Verhandlung in ein Klagverfahren zur Hauptsache über. Es besteht daher kein Grund, § 110 I 1 extensiv auszulegen. Zusätzlich kann das Gericht Arrest und einstweilige Verfügung selbst von der Anordnung einer Sicherheitsleistung abhängig machen (§§ 921 II, 936 ZPO);112 nach § 641d ZPO kann angeordnet werden, dass der Mann dem Kind Sicherheit für den Unterhalt zu leisten hat. Der Schutz des Antragsgegners/Beklagten erfordert deshalb nicht, bereits die Sachentscheidung mit der Sicherheitsleistung zu verknüpfen. Staatenlose müssen die Prozesskostensicherheit nur erbringen, wenn sie 60 ihren Wohnsitz nicht in einem EU-Staat oder einem Staat der EWR haben (§ 110 I ZPO). Nach Art 16 II UN-Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen113 sind diese von der Verpflichtung zur Leistung der Prozesskostensicherheit bereits befreit, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Von der Verpflichtung zur Leistung der Prozesskostensicherheit gibt es eine 61 große Anzahl von Ausnahmen. Personen mit Wohnsitz in einem EU-Staat sind nach § 110 I ZPO (idF vom 1.10.1998) von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit. Der deutsche Gesetzgeber hat damit auf Entscheidungen des EuGH reagiert, wonach eine unterschiedliche Behandlung von EU-Bürgern

_______________

110 Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 64. Aufl, § 110 Rz 9; Stein/Jonas/Bork, 22. Aufl, § 110 Rz 14; Zöller/Herget, 25. Aufl, § 110 Rz 3; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPR, 16. Aufl, § 86 Rz 6. 111 OLG Köln IPRax 1986, 368 (dazu Schütze S 350); Ahrens, FS Nagel, 1987, S 1; Leible NJW 1995, 2817; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2006f; Münch-Komm/Belz, 2. Aufl, § 110 Rz 35. 112 OLG Hamm WRP 1989, 116; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl 2002, § 25 Rz 32. 113 BGBl 1976 II, 474.

253

§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

gegen den EGV verstieß.114 Gleiches gilt für Kapitalgesellschaften mit Sitz in der EU.115 Eine Gesellschaft mit Sitz in überseeischen Gebieten iS von Art 299 III EG ist nicht befreit.116 Die Befreiung gilt dagegen nicht für Deutsche oder für Staatsangehörige von EU-Staaten mit Wohnsitz außerhalb der EG.117 62 Während nach der bis 1998 geltenden Fassung stets faktische Gegenseitigkeit zur Befreiung eines ausländischen Klägers von der Pflicht zur Sicherheitsleistung genügte, entfällt die Verpflichtung nach § 110 II Nr 1 ZPO jetzt nur noch, wenn aufgrund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheitsleistung verlangt werden kann oder wenn deutsche Kostentitel im Heimatland des Klägers auf vertraglicher Grundlage vollstreckt werden. Die Tatsache, dass deutsche Kläger in dem entsprechenden Land von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit sind, genügt also nicht mehr.118 Die Pflichten von Klägern mit Aufenthalt in Drittstaaten (außerhalb) der EU sind auf diese Weise vielfach verschärft worden. 63 Nach der Neufassung des § 110 II Nr 1 sind etwa Bewohner des Iran oder von Panama als Kläger in Deutschland zur Sicherheitsleistung verpflichtet.119 64 Soweit Gastarbeiter betroffen sind, liegen überwiegend Staatsverträge vor, so dass die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Vgl Art 17 Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954;120 Art 2 des deutsch-türkischen Abkommens vom 28.5.1929;121 Art 3 des deutsch-tunesischen Vertrages vom 19.7.1966.122 Im Übrigen kann die Prozesskostensicherheit auch dann vom Beklagten im Wege der Einrede geltend gemacht werden, wenn beide Parteien Ausländer sind und dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen. _______________

114 EuGHE 1993, I-3777 = NJW 1993, 2431 (dazu Ch. Wolf RIW 1993, 797; Schlosser EuZW 1993, 659; Streinz/Leible IPRax 1998, 162; vgl auch Uff, Civil Justice Q. 15 (1996), 193); EuGHE 1996, I-4661 = NJW 1996, 3407 = ZZPInt 2 (1997), 149 (Ahrens) = MDR 1997, 772 (Brödermann); EuGHE 1997, I-163 = RIW 1997, 419 = EuZW 1997, 280 = ZZPInt 2 (1997), 151 (H.J. Ahrens); EuGHE 1997, I-5325 (Saldanha v MTS Securities) = NJW 1997, 3299; Schack Rz 565; vgl OLG Saarbrücken EWS 1996, 76; s. aber Jäger EWS 1997, 37. 115 LG Münster RIW 1996, 965; Bungert EWS 1993, 315; Rohlfs NJW 1995, 2211. 116 OLG Oldenburg RIW 2005, 149. 117 LG Karlsruhe IPRax 2005, 145 (dazu Wilske/Kordts S 116); LG Darmstadt EWS 1996, 404. 118 BGH NJW 2001, 1219. 119 BGH NJW 2001, 1219 = RIW 2001, 369; OLG Düsseldorf RIW 1999, 970. 120 BGBl 1958 II, 577. 121 RGBl 1930 II, 6. 122 BGBl 1969 II, 889.

254

Sicherheitsleistung

§4

Die Gegenseitigkeit ist im Verhältnis der BR Deutschland zu einer Anzahl 65 von Staaten ganz oder teilweise aufgrund multilateraler bzw bilateraler Verträge verbürgt. Dazu gehören das Haager Abkommen vom 17.7.1905 und das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954.123 Nach Art 17 dieses Übereinkommens darf „den Angehörigen eines der Vertragsstaaten, die in einem dieser Staaten ihren Wohnsitz haben, und vor den Gerichten eines anderen dieser Staaten als Kläger oder Intervenienten auftreten, wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden“.

Nach Art 14 des deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr 66 vom 20.3.1928124 sind Angehörige der anderen Vertragspartei von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit, wenn sie ihren Wohnsitz im Inland haben.125 Diese Regelung hat neben § 110 I ZPO also keine Bedeutung mehr. Das Haager Übereinkommen über den Internationalen Zugang zur Justiz 67 vom 25.10.1980 (Art 14) ist von Deutschland nicht ratifiziert worden. Das Gleiche gilt hinsichtlich der Geltendmachung von Unterhaltsan- 68 sprüchen im Ausland gemäß dem Übereinkommen vom 20.6.1956126 (Art 9 II), dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973127 (Art 16) sowie dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958128 (Art 9 II für die durch die Übereinkommen erfassten Verfahren). Nach dem Europäischen Niederlassungsabkommen vom 13.12.1955129 (Art 9 I) brauchen natürliche Personen ebenfalls keine Prozesskostensicherheit zu leisten. Nach Art 31 (5) CMR brauchen Angehörige der Vertragsstaaten, die ihren 69 Wohnsitz oder eine Niederlassung in einem Vertragsstaat haben, dort keine Sicherheit für Prozesskosten in Verfahren leisten, die wegen einer der CMR unterliegenden Beförderung eingeleitet werden.130 Zu folgenden Staaten ist die Gegenseitigkeit hinsichtlich der Prozesskosten- 70 sicherheit verbürgt, teilweise verbürgt bzw nicht verbürgt: _______________

123 BGBl 1958 II, 577; vgl Fasching/Bajons, Zivilprozessgesetze, Bd 1, 2. Aufl 2000, Anh A §§ 38–40 JN Rz 27ff. 124 RGBl II, 623. 125 Vgl OLG Düsseldorf IPRax 2001, 228, 229. 126 BGBl 1959 II, 150. 127 BGBl 1986 II, 826. 128 BGBl 1961 II, 1006. 129 BGBl 1959 II, 997. 130 Herber/Piper, CMR, 1996, Art 31 Rz 35.

255

§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

Ägypten ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Äthiopien nein Afghanistan nein Albanien nein Algerien für Unterhaltsansprüche ja, Art 9 UNUÜ 1956 Andorra nein Angola nein Anguilla nein131 Antigua und Barbuda nein Argentinien ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956 Armenien ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Aserbeidschan nein Australien in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 71 Bahamas nein132 Bangladesch nein Barbados in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Belarus ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956 Belgien ja, § 110 I ZPO Benin nein Butan nein Bolivien nein Bosnien-Herzegowina ja, Art 17ff HZPÜ 1954, Art 9 UNUÜ 1956 Botswana nein Brasilien in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Bulgarien nein Burkina Faso in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Burma nein Burundi nein 72 Chile in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 China (Volksrepublik) nein China (Taiwan) in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Costa Rica nein Cuba nein 73 Dänemark ja, § 110 I ZPO _______________

131 Vgl BGH ZIP 2004, 2013. 132 Vgl OLG Düsseldorf IPRax 2001, 228 (dazu Schütze S 193).

256

Sicherheitsleistung

§4

Dominikanische Republik nein Dubai nein Ecuador in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Elfenbeinküste nein El Salvador nein Estland ja, § 110 I ZPO; HZPA 1905; Art 9 UNUÜ 1956

74

Fidschi nein Finnland ja, § 110 I ZPO Frankreich ja, § 110 I ZPO

75

Gabun nein Gambia nein Georgien ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Ghana nein Griechenland ja, § 110 I ZPO Großbritannien ja, § 110 I ZPO Guatemala in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Guinea nein Guayana nein

76

Haiti in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Honduras nein Hongkong (Sonderverwaltungszone der Volksrepublik China) nein

77

Indien nein 78 Indonesien nein Irak nein Iran nein Irland ja, § 110 I ZPO Island ja, § 110 I ZPO Israel ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung nach Art 1, 23 deutsch-israelischer Vertrag; Art 9 UNUÜ 1956 Italien ja, § 110 I ZPO Jamaika nein Japan ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Jemen nein Jordanien nein Jugoslawien (ehem.) ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956

79

257

§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

80 Kamerun nein Kanada nein Kap Verde in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Kasachstan ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Kenia nein Khmer-Republik nein Kirgisistan ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Kolumbien nein Kongo, Volksrepublik nein Korea (Süd) nein Kroatien ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956 Kuwait nein 81 Lesotho nein Lettland ja, § 110 I ZPO; Art 17ff HZPÜ 1954 Libanon ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Liberia nein Libyen nein Liechtenstein ja, § 110 I ZPO Litauen ja, § 110 I ZPO Luxemburg ja, § 110 I ZPO 82 Madagaskar nein Malawi nein Malaysia nein Mali nein Malta ja, § 110 I ZPO Marokko ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 14 deutsch-marokkanischer Rechtshilfevertrag vom 29.10.1985; Art 9 UNUÜ 1956 Mauretanien nein Mauritius nein Mazedonien ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956 Mexiko in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Moldau ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Monaco in Unterhaltssachen Art 9 UNUÜ 1956 83 Nepal nein Neuseeland in Unterhaltssachen, Art 9 UNUÜ 1956 Niederlande ja, § 110 I ZPO Niger in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 258

Sicherheitsleistung

§4

Nigeria nein Nikaragua nein Norwegen ja, § 110 I ZPO Österreich ja, § 110 I ZPO

84

Pakistan in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Panama nein Paraguay nein Peru nein Philippinen in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Polen ja, § 110 I ZPO; Art 17ff HZPÜ 1954; Art 16 HUVÜ 73, Art 9 UNUÜ 1956 Portugal ja, § 110 I ZPO

85

Quatar nein

86

Rumänien ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956 Russische Föderation ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Ruanda nein

87

Sambia nein San Domingo nein San Marino nein Saudi-Arabien nein Schweden ja, § 110 I ZPO Schweiz ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 16 HUVÜ 73; Art 9 II HUVÜ 58; Art 9 UNUÜ 1956 Senegal nein Serbien-Montenegro ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956 Sierra Leone nein Singapur nein Slowakei ja, § 110 I ZPO; Art 17ff HZPÜ 1954; Art 16 HUVÜ 73; Art 9 II HUVÜ 58; Art 9 UNUÜ 1956 Somalia nein Spanien ja, § 110 I ZPO Sri Lanka in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Südafrikanische Republik nein Sudan nein Surinam ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 II HUVÜ 58; Art 9 UNUÜ 1956 Swasiland nein Syrien nein

88

259

§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

89 Tansania nein Thailand nein Togo nein Trinidad und Tobago nein Tschad nein Tschechische Republik ja, § 110 I ZPO; Art 17ff HZPÜ 1954; Art 16 HUVÜ 73; Art 9 II HUVÜ 58; Art 9 UNUÜ 1956 Türkei ja, Art 17ff HZPÜ 1954; Art 16 HUVÜ 73; Art 9 II HUVÜ 58; Art 9 UNUÜ 1956; Art 2 deutsch-türkischer Rechtshilfevertrag; Art 9 Europäisches Niederlassungsübereinkommen Tunesien ja, Art 3 deutsch-tunesischer Anerkennungsvertrag; Art 9 UNUÜ 1956 90 Uganda nein Ukraine ja, Art 17ff HZPÜ 1954 Ungarn ja, § 110 I ZPO; Art 17ff HZPÜ 1954; Art 9 II HUVÜ 58; Art 9 UNUÜ 1956 Uruguay in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Usbekistan ja, Art 17 HZPÜ 1954 91 Vatikan Art 17 HZPÜ 1954; Art 9 UNUÜ 1956 Venezuela nein Vereinigte Arabische Emirate nein Vereinigte Staaten von Amerika nein.133 Art VI iVm Nr 6 des Protokolls des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrags vom 29.10.1954 befreit US-Amerikaner in ihrer Eigenschaft als Kläger oder Nebenintervenienten nur dann von der Pflicht zur Sicherheitsleistung, soweit sie ihren ständigen Aufenthalt bzw ihre Niederlassung in Deutschland haben oder in Deutschland ausreichendes Immobiliarvermögen zur Deckung der Prozesskosten vorhanden ist.134 92 Weißrussland ja, Art 17ff HZPÜ 1954 93 Zaire nein Zentralafrikanische Republik in Unterhaltssachen ja, Art 9 UNUÜ 1956 Zypern ja, § 110 I ZPO; Art 9 UNUÜ 1956 94 Es wird die Ansicht vertreten, die Prozesskostensicherheit könne auch von einem ausländischen Schiedskläger im Schiedsgerichtsverfahren gefordert werden, weil es sich bei einer solchen Forderung um eine Schutzvorschrift _______________

133 Vgl Schack, FS Schütze, 1999, S 745, 747f. 134 Vgl BGH WM 2003, 47 (Mankowski EWiR § 110 ZPO 1/03, 191); Reimann IPRax 1998, 250, 251.

260

Prozesskostenhilfe und Prozesskostenvorschuss

§4

für den deutschen Beklagten handele.135 Diese Ansicht verkennt den privaten Charakter des Schiedsgerichtsverfahrens (s u § 16 Rz 58). Den Parteien steht es frei, in ihrem Schiedsgerichtsvertrag zu bestimmen, nach welchen Verfahrensregeln vorgegangen werden soll. Bestimmen sie, dass nach deutschem Verfahrensrecht zu entscheiden ist, so wollen sie nur, dass die Regeln der ZPO im Allgemeinen eingehalten werden. Haben sie wegen des Verfahrens keine besondere Bestimmung getroffen, so findet § 1042 IV 1 ZPO Anwendung. Die Anordnung einer Prozesskostensicherheit für den Schiedskläger liegt dann im Ermessen des Schiedsgerichts.

III. Prozesskostenhilfe und Prozesskostenvorschuss 1. Schrifttum Brenn, Europäischer Zivilprozess, 2005, Rz 219ff; Gottwald, Prozesskostenhilfe für 95 grenzüberschreitende Verfahren in Europa, FS Rechberger, 2005, S 173; ders, Freier „Zugang zum Recht“ für Ausländer, IPRax 1989, 249; Jastrow, Grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe in Zivilsachen, MDR 2004, 75; S.-D. Jastrow/D. Mirow, Europäische Prozesskostenhilferichtlinie, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (Kap 32), 2005, S 1563; Mankowski, Fiscus non conveniens – oder: Einzug der Lehre vom forum non conveniens in das deutsche Recht der Prozesskostenhilfe?, IPRax 1999, 155; Rellermeyer, Rechtspflegergeschäfte nach dem EG-Prozesskostenhilfegesetz, Rpfleger 2005, 61; U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, 2004, Rz 376ff; Schoibl, Gemeinsame Mindestvorschriften für die Europäische Prozesskostenhilfe in Zivilsachen, JBl 2006, 142 u. 233; Volken, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, 1996 (S 203ff: Die Kostenhilfe).

2. Prozesskostenhilfe in internationalen Fällen a) Prozesskostenhilfe für Ausländer Mit dem Gesetz, durch welches das Armenrecht durch die Prozesskostenhil- 96 fe ersetzt worden ist, ist das Erfordernis der Verbürgung der Gegenseitigkeit entfallen.136 Ausländern (natürlichen Personen) wird seitdem in gleichem Maße Prozesskostenhilfe gewährt wie Inländern, und zwar unabhängig vom Aufenthalt im Inland oder Ausland.137 Sind deutsche Gerichte international zuständig, darf Prozesskostenhilfe nicht mit der Begründung versagt werden, der Kläger könne zulässigerweise auch in seinem Wohnsitzstaat (mit ggf geringeren Kosten) klagen.138 Denn die internationale Zuständigkeit gibt dem Kläger nach deutschem Recht auch einen Justizgewährungsanspruch. _______________

135 136 137 138

Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl 2005, Kap 16 Rz 23. Gesetz vom 13.6.1980, BGBl 1980 I, 677. OLG Düsseldorf RIW 1994, 879. OLG Zweibrücken IPRax 1999, 475; Mankowski IPRax 1999, 155; aA OLG Celle IPRax 1999, 191.

261

§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

Gleiches gilt für die Gewährung von Beratungshilfe.139 Staatsverträge, die den Angehörigen des jeweils anderen Staates Inländerbehandlung bezüglich der Prozesskostenhilfe (des Armenrechts) zusichern, wie zB Nr 7 des Protokolls zum Deutsch-amerikanischen Freundschaftsvertrag vom 7.5.1956,140 sind für Inlandsverfahren seither irrelevant. 97 Bei Ausländern mit Auslandswohnsitz ergeben sich aber gewisse Schwierigkeiten, soweit § 115 ZPO auf Ecksätze des SGB VIII verweist, die von Inlandsverhältnissen ausgehen. Die Lösung kann nur darin bestehen, die Tabelle an die tatsächlichen Verhältnisse im Aufenthaltsstaat sachgerecht anzupassen.141 Das Recht des Gerichts amtliche Auskünfte einzuholen (§ 118 II 2 ZPO) besteht auch gegenüber ausländischen Behörden. Verweigern diese die Mitwirkung und kann der Antragsteller seine Anspruchsvoraussetzungen nicht anderweitig nachweisen, so geht dies zu seinen Lasten. 98 Nach § 116 S 1 Nr 2 ZPO werden ausländische juristische Personen und parteifähige Vereinigungen benachteiligt, denn die Prozesskostenhilfe kann nur inländischen juristischen Personen und parteifähigen Vereinigungen gewährt werden. Es lässt sich gut vertreten, dass diese Diskriminierung juristischer Personen ungerechtfertigt, gegen Art 3 I GG verstößt und damit unwirksam ist.142 99 Die Staatsverträge sind daher wegen ausländischer juristischer Personen und parteifähigen Vereinigungen zu beachten. Das gilt vor allem hinsichtlich des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 1.3.1954.143 Nach Art 20 werden „in Zivil- und Handelssachen die Angehörigen eines jeden Vertragsstaates in allen anderen Vertragsstaaten ebenso wie die eigenen Staatsangehörigen zum Armenrecht nach den Rechtsvorschriften des Staates zugelassen, in dem das Armenrecht nachgesucht wird“. Zu den Angehörigen gehören auch die ausländischen juristischen Personen und parteifähigen Vereinigungen.144 100 Die in § 114 ZPO verlangte Erfolgsaussicht ist großzügig im Hinblick auf das anzuwendende ausländische Sachrecht zu beurteilen. Sie ist etwa gegeben, wenn der Antragsteller an einem klagabweisenden Scheidungsurteil interessiert ist, weil dieses nach dem Scheidungsstatut die Grundlage dafür

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139 BVerfG NJW 1993, 383. 140 BGBl II, 502. 141 Schuster/Streinz, Probleme der Prozesskostenhilfe für im Ausland wohnende Ausländer, SGb 1988, 534. 142 So Bungert, Das Recht ausländischer Kapitalgesellschaften, 1994, S 469. 143 BGBl 1958 II, 577. 144 Bülow, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Art 17 HZPÜ Fn 72 (S 101.16); Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 114 ZPO Anhang Rz 1.

262

Prozesskostenhilfe und Prozesskostenvorschuss

§4

bildet, dass er nach Ablauf einer Frist eine verschuldensunabhängige Scheidung verlangen kann.145 Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung besteht nicht, wenn der Antragsteller 101 die Auflösung einer Scheinehe mit einem Ausländer begehrt. Hat er für die Eingehung der Scheinehe eine finanzielle Gegenleistung erhalten, so fehlt aber die Bedürftigkeit, wenn er daraus keine Rücklage für die Prozesskosten gebildet hat.146 Prozesskostenhilfe für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung eines aus- 102 ländischen Titels (nach Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ) gibt es für jede Partei, der im Ursprungsstaat Kostenhilfe gewährt wurde, und damit auch für ausländische juristische Personen gem Art 50 EuGVO bzw Art 44 LugÜ.147 Art 9 des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958148 bezieht sich ebenfalls auf das Armenrecht. „Ist einer Partei in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, das Armenrecht gewährt worden, so genießt sie es auch in dem Verfahren, durch das die Vollstreckung der Entscheidung erwirkt werden soll.“

Dasselbe gilt aufgrund des Übereinkommens vom 20.6.1956 über die Gel- 103 tendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland149 (Art 4 II) und des Europäischen Niederlassungsabkommens vom 13.12.1955150 (Art 8). Im deutsch-tunesischen Vertrag vom 19.7.1966 ist die Gewährung des Ar- 104 menrechts in den Artikeln 3 bis 7 geregelt. Prozesskostenhilfe gibt es aber nur für gerichtliche Verfahren. Ein ausländi- 105 scher Unterhaltsberechtigter, dessen Antrag nach dem AUG in Deutschland eingeht, erhält hier für die Unterhaltsklage Prozesskostenhilfe nach § 9 AUG; für das Justizverwaltungsverfahren nach dem Auslandsunterhaltsgesetz (AUG)151 oder dem UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland152 (s u § 13 Rz 70ff) kann einem inländischen Antragsteller dagegen keine Prozesskostenhilfe gewährt werden.

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145 OLG Celle FamRZ 1998, 758; OLG Hamm FamRZ 1999, 1352. 146 OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1410; FamRZ 2002, 890; OLG Frankfurt FamRZ 2004, 1882. 147 Stein/Jonas/Bork, 22. Aufl, § 116 Rz 29f. 148 BGBl 1961 II, 1006. 149 BGBl 1959 II, 150. 150 BGBl 1959 II, 997. 151 KG FamRZ 2006, 1210; KG FamRZ 1992, 1318 = IPRax 1993, 241 (dazu Böhmer S 223). 152 LG Memmingen DAVorm 1994, 430.

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§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

b) Haltung des Auslandes 106 Das Schweizer Bundesgericht hat mit Urteil vom 31.5.1994153 entschieden, dass ein Ausländer selbst mit Wohnsitz im Ausland aus Art 4 BV einen verfassungsmäßigen Anspruch auf Gewährung unentgeltlicher Rechtspflege hat. Der Grundsatz der „Waffengleichheit“ verbiete eine unterschiedliche Behandlung je nach Staatsangehörigkeit und Wohnsitz. Teilweise wird ein solcher Anspruch auch aus Art 6 Nr 1 EMRK abgeleitet. 107 In den nachfolgenden (Nicht-EU-)Staaten wird Ausländern Prozesskostenhilfe in demselben Maß zugebilligt wie den Inländern, ohne dass die Gegenseitigkeit verbürgt sein muss. Das ist der Fall bei Ägypten, einigen Staaten von Australien, Ceylon, Chile, Costa Rica, Ecuador, Indien, Iran, Irland, Israel, Japan, Kanada, Libyen, Pakistan, Syrien und einigen Staaten der USA.

c) Grenzüberschreitende PKH-Anträge zwischen EU-Staaten 108 Durch die EG-Richtlinie 2002/8/EG vom 27.1.2003154 und ihre Umsetzung im EG-PKH-Gesetz vom 15.12.2004155 sind für Deutschland eingehende und ausgehende grenzüberschreitende PKH-Anträge erheblich erleichtert worden.

(1) Aus dem Ausland eingehende Anträge 109 Die ausländische Partei kann in ihrem EG-Wohnsitzstaat einen Antrag für grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe für die geplante Inlandsklage ausfüllen und bei der Übermittlungsbehörde seines Staates oder direkt bei der deutschen Empfangsbehörde einreichen (Art 13 I RiLi). Zulässig ist aber auch, dass der Antrag wie in Inlandsfällen direkt beim zuständigen Gericht gestellt wird.156 Das Antragsformular ist in deutscher Sprache als der Sprache des Empfangsstaats auszufüllen; beigefügte Unterlagen sind in die deutsche Sprache zu übersetzen (Art 13 II RiLi; § 1078 I 2 ZPO). Die Übermittlungsbehörde des Wohnsitzstaates soll den Antragsteller bei der Beschaffung der Übersetzungen unterstützen (Art 13 IV 2 RiLi). eine Legalisation darf nicht verlangt werden (§ 1078 I 3 ZPO).

_______________

153 154 155 156

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BGE 120 I a 217. ABl EG L 26/41 vom 31.1.2003. BGBl I 3392. Gottwald, FS Rechberger, S 173, 178.

Prozesskostenhilfe und Prozesskostenvorschuss

§4

Die Bewilligungsvoraussetzungen richten sich nach der deutschen lex fori,157 wobei Art 5 RiLi Mindestanforderungen an den Bewilligungsumfang stellt, denen das deutsche Recht gerecht wird. Unterschiedliche Lebenshaltungskosten in den einzelnen Mitgliedstaaten verbieten eine direkte Anwendung der Regeln über den Einsatz von Einkommen und Vermögen nach § 115 ZPO. Nach § 1078 III ZPO ist dem Antragsteller, der nach inländischen Sätzen nicht PKH-berechtigt wäre, dennoch PKH zu gewähren, wenn er nachweist, dass er wegen der unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten in seinem Wohnsitzstaat die Prozesskosten nicht oder nur in Raten aufbringen kann. Wird dem ausländischen Antragsteller PKH gewährt, so ist ihm wegen der 110 Schwierigkeit der grenzüberschreitenden Rechtsverfolgung idR ein Anwalt beizuordnen (§ 121 I, II ZPO); zusätzlich kann der „örtliche Rechtsanwalt“ am Wohnsitz des Antragstellers als Verkehrsanwalt beigeordnet werden (§ 121 IV ZPO). Ist grenzüberschreitende PKH gewährt worden, so gilt ein entsprechender 111 PKH-Antrag für jeden weiteren Rechtszug, sinngemäß auch für die Zwangsvollstreckung,158 als gestellt (§ 1078 IV ZPO). Verliert die „arme“ Auslandspartei den Prozess, so hat sie dem inländischen 112 Gegner nach § 123 ZPO die vollen Kosten zu erstatten. Aus Art 3 II 2 RiLi ergibt sich nichts anderes, da Erwägungsgrund (12) klar stellt, dass sich die Auswirkungen auf die Gegenpartei nach dem Recht des Prozessstaates bestimmen. (2) Ausgehende Gesuche Im Vorfeld der Auslandsklage kann die inländische Partei vorprozessuale 113 Rechtsberatung zur außergerichtlichen Streitbeilegung (§ 10 I Nr 1 BerHG) oder Beratungshilfe für die Unterstützung für einen ins Ausland gerichteten PKH-Antrag (§ 10 I Nr 2 BerHG) beantragen. Unklar ist, ob Deutschland die Kosten für die Vorbereitung der Auslandsklage nach Art 8 lit a RiLi stets zu tragen hat, wenn der Antragsteller im ausländischen Gerichtsstaat PKH erhält oder nur, wenn die finanziellen Voraussetzungen des § 1 II BerHG (PKH ohne Kostenbeitrag) erfüllt sind.159 Kommt es zu keiner Einigung ist der Antrag für grenzüberschreitende PKH 114 für die geplante Auslandsklage entweder bei der deutschen Übermittlungsbehörde, der Empfangsbehörde des Gerichtsstaates oder direkt bei der sonst _______________

157 Vgl Schoibl JBl 2006, 233, 239. 158 Vgl Gottwald, FS Rechberger, S 173, 183. 159 Vgl Gottwald, FS Rechberger, S 173, 177f.

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§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

zuständigen Stelle einzureichen.160 Da das Amtsgericht den Antragsteller als Übermittlungsbehörde zu unterstützen und insb erforderliche Übersetzungen auf Staatskosten zu beschaffen hat (§ 1077 I, IV ZPO), wird der Antragsteller seinen Antrag idR dort einreichen. 115 Ob freilich die Einreichung des Antrags bei der inländischen Übermittlungsbehörde die Verjährung des Anspruchs hemmt, ist zweifelhaft. Da die RiLi nach dem Vorbild des Europäischen Übereinkommens vom 27.1.1977 geschaffen wurde, die in Art 1 Derartiges vorsieht, spricht manches dafür. Eine explizite Regelung fehlt aber und auch die deutsche Anleitung zum Ausfüllen des Standardantrags spricht eher dagegen.161 116 Das Standardformular ist nach Art 16 I RiLi in der Sprache des Empfangsstaates auszufüllen. Das dazu nach § 1077 II ZPO eingeführte Formular ist allerdings nur in deutscher Sprache abgefasst und enthält keinen Hinweis auf ein Ausfüllen in fremder Sprache. Immerhin ist die deutsche Übermittlungsstelle nach § 1077 IV ZPO verpflichtet, die Eintragungen im Standardformular und die beigefügten Unterlagen in die Amtssprache des Gerichtsstaates zu übersetzen und Originale und Übersetzungen der Empfangsstelle des Gerichtsstaates zu übermitteln (§ 1077 V ZPO). Irreführend ist der Hinweis in der Ausfüllanleitung, der Antragsteller könne seinen Antrag direkt an die zuständige Stelle des anderen Mitgliedsstaates senden, weil damit nicht gewährleistet ist, dass der Antrag in der vorgeschriebenen Gerichtssprache gestellt ist. 117 Wird der PKH-Antrag im Ausland wegen der persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers (nach den dortigen Maßstäben) abgelehnt oder die Ablehnung angedroht, so stellt die deutsche Übermittlungsstelle (durch den Rechtspfleger) auf Antrag eine Bedürftigkeitsbescheinigung aus, dass der Antragsteller nach deutschen Maßstäben bedürftig ist und übersendet sie (mit Übersetzung) zur Ergänzung des ursprünglichen Antrags an die Empfangsstelle des Gerichtsstaates (§ 1077 VI ZPO).162 Soweit ein Gefälle hinsichtlich der Lebenshaltungskosten bzw der Grenzwerte für die Gewährung von PKH von vornherein ersichtlich ist, sollte die Übermittlungsbehörde eine solche Bescheinigung freilich zur Beschleunigung auf Antrag bereits dem ursprünglichen Antrag beifügen. Nach § 1077 III 1 ZPO (Art 13 III lit a RiLi) darf die Übermittlungsbehörde die Übermittlung offensichtlich unbegründeter Anträge (durch den Rechtspfleger) ablehnen.163 _______________

160 161 162 163

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Vgl Schoibl JBl 2006, 233, 236. Krit Gottwald, FS Rechberger, S 173, 179. Vgl Rellermeyer Rpfleger 2005, 61, 63. Vgl Rellermeyer Rpfleger 2005, 61, 62; Schoibl JBl 2006, 233, 237.

Prozesskostenhilfe und Prozesskostenvorschuss

§4

d) Anträge nach den HZÜ 1954 Im Anwendungsbereich der Haager Zivilprozessübereinkommen von 1954 118 kann eine im Ausland lebende Partei kann ihren PKH-Antrag mit Unterlagen bei den Behörden ihres Landes einreichen, die ihn auf konsularischem Weg der zuständigen Stelle des Gerichtsstaats „übermitteln“ Art 23 I HZÜ 1954. Die Anträge werden in Deutschland vom Landgerichts- oder Amtsgerichtspräsidenten entgegengenommen, in dessen Bezirk Prozesskostenhilfe gewährt werden soll (§ 9 AusfG zum HZÜ 1954). In den bilateralen Zusatzvereinbarungen zum HZÜ 1954 bzw zum HZÜ 119 1905 ist der Geschäftsverkehr vereinfacht: Im Verhältnis zu Belgien darf der Konsul des Heimatstaats den Antrag beim zuständigen Gericht einreichen (Art 11 ZV). Mit Dänemark (Art 1 ZV), Frankreich (Art 12 ZV), Luxemburg (Art 1 ZV), den Niederlanden (Art 11 ZV), Norwegen (Art 12 ZV), Österreich (Art 9 ZV), Polen (Art 12 ZV), der Schweiz (Art 1 ZV) und der Tschechischen Republik (Art 8 ZV) ist unmittelbarer Geschäftsverkehr zwischen den zuständigen Gerichten vereinbart. Die ausländische Partei muss den Antrag samt Unterlagen in der Gerichts- 120 sprache einreichen. Mit Belgien (Art 12 ZV), Frankreich (Art 13 ZV) und den Niederlanden (Art 12 ZV) ist vereinbart, dass die Unterlagen in der Sprache des Ausgangsstaates beigefügt werden dürfen. Wirksam gestellt ist der Antrag in allen Fällen erst mit dem Eingang bei der zuständigen Stelle des Empfangsstaates. Ergänzende Auskünfte über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse 121 des Antragstellers gemäß Art 22 II HZÜ 1954 dürfen im Verhältnis zu Belgien (Art 13 ZV), Frankreich (Art 14 ZV), den Niederlanden (Art 12 ZV), Norwegen (Art 13 ZV), Polen (Art 13 ZV) und der Tschechischen Republik (Art 9 ZV) unmittelbar bei den zuständigen Behörden des anderen Staates eingeholt werden. War die Partei in anderen Fällen nicht in der Lage, den Antrag direkt (unter 122 Einschaltung bezahlter oder kostenlos tätiger Anwälte) zu stellen, so ist ihr – soweit möglich – Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.164 Verjährungsfristen etc. werden aber durch den Antrag im Ausland nicht gewahrt. Günstiger gestellt ist eine ausländische Partei im Geltungsbereich des Straß- 123 burger Europäischen Übereinkommens über die Übermittlung von Anträgen auf Verfahrenshilfe vom 27.1.1977,165 das nicht in Deutschland, wohl aber für Belgien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechen_______________

164 Gottwald IPRax 1989, 249, 250. 165 Text in österr BGBl 1982, 945; vgl Schlosser RdC 284 (2000), 221.

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§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

land, Irland, Italien, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei und das Vereinigte Königreich gilt. Nach Art 1 des Übereinkommens kann der PKHAntrag im Heimatstaat und in der eigenen Sprache wirksam gestellt werden. Der Heimatstaat hilft dem Antragsteller notwendige Übersetzungen zu erlangen (Art 3 I 2). In Österreich beschafft die Übermittlungsstelle diese Übersetzungen von Amts wegen und auf Staatskosten (§ 3 III österr. DurchführG). 124 Eine ähnliche Verbesserung der Rechtsstellung der ausländischen Partei bringt das Haager Übereinkommen über die Erleichterung des internationalen Zugangs zu den Gerichten vom 25.10.1980,166 dessen Ratifikation vom Bundesrat 1987 abgelehnt wurde,167 offiziell weil kein Bedürfnis bestehe, tatsächlich aber aus kaum verständlichen finanziellen Gründen. Das Haager Übereinkommen gilt inzwischen für Bosnien-Herzegowina, Estland, Finnland, Frankreich, Jugoslawien, Kroatien, Mazedonien, Niederlande, Polen, Schweden, Schweiz, Slowenien, Spanien und Weißrussland. 125 Mitwirkung deutscher Gerichte zur Erlangung der Prozesskostenhilfe im Ausland. Umgekehrt sind von der deutschen Partei Armenrechtsanträge gemäß Art 23 I HZÜ 1954 beim Amtsgericht des gewöhnlichen Aufenthalts einzureichen; der Antrag kann dort auch zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden (§ 10 AusfG zum HZÜ 1954). Das OLG Braunschweig hat entschieden, dass für die zur Vollstreckung eines deutschen Unterhaltstitels in Kalifornien notwendige Klage in Kalifornien der deutschen Klägerin durch ein deutsches Gericht keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.168 Sachgerechter wäre es, den Rechtsgedanken des Art 44 EuGVÜ dahin zu erweitern, dass ein deutsches Gericht, welches einer Partei Prozesskostenhilfe gewährt hat, diese Hilfe weiter ausdehnt auf die Übersetzung von Urkunden, die erforderlich sind, um die Vollstreckung des Urteils im Ausland zu erreichen. 3. Prozesskostenvorschuss in internationalen Fällen 126 Eine Partei ist nicht bedürftig iS des § 114 ZPO, wenn sie vom Gegner einen Vorschuss auf die Prozesskosten als Unterhaltsleistung verlangen kann. Ein solcher Anspruch kann auch zwischen Parteien mit ausländischer Staatsangehörigkeit bestehen. Für Unterhaltsverfahren sieht § 127a ZPO vor, dass das Gericht die Vorschusspflicht unter den Parteien durch einstweilige Anordnung regeln kann. _______________

166 Text in RabelsZ 46 (1982), 768. 167 BT-Drucks. 182/87. 168 OLG Braunschweig IPRax 1987, 236 (dazu Nagel S 218).

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Der Ausländer und die deutsche Sprache

§4

Diese Regelung korrespondiert im deutschen Recht mit der entsprechenden materiellen Verpflichtung in § 1360 IV BGB für Ehegatten und in § 1610 II BGB für Verwandte (der entsprechend ausgelegt wird). Nach heute hM enthält § 127a ZPO selbst keine Anspruchsgrundlage, son- 127 dern regelt nur die prozessuale Durchsetzbarkeit.169 Der Prozesskostenvorschuss wird also nicht prozessrechtlich, sondern unterhaltsrechtlich qualifiziert.170 Ob ein Anspruch besteht, bestimmt daher das nach Art 18 EGBGB anwendbare Unterhaltsstatut.171 Ist für die materielle Unterhaltspflicht ein ausländisches Unterhaltsstatut 128 maßgebend, so kann die Zahlung daher nur angeordnet werden, wenn das Unterhaltsstatut den Unterhaltspflichtigen jedenfalls in der Sache zur Zahlung der Prozesskosten als Teil des Unterhalts verpflichtet.172 Kann der Berechtigte nach dem anwendbaren Recht aber keinen Unterhalt erhalten, so ist nach Art 18 II EGBGB deutsches Recht anzuwenden. Folgt man dem, so gelangt man hilfsweise doch zu einem Prozesskostenvorschussanspruch nach deutschem Recht.173

IV. Der Ausländer und die deutsche Sprache 1. Schrifttum R. Ingerl, Sprachrisiko im Verfahren, 1988; Jeßnitzer, Dolmetscher, 1982; Kowalska- 129 Jaschek u. Vultejus, Kommunikation mit Ausländern vor Gericht, in: Die Rechtssprache, Loccumer Protokoll, 1998, S 52; Leipold, Zum Schutz der Fremdsprachigen im Zivilprozess, FS Matscher, 1993, S 287; Schütze, Probleme der Übersetzung im Zivilprozessrecht, FS Sandrock, 2000, S 871.

2. Schriftsätze Nach § 184 GVG verhandeln die Parteien mündlich und schriftlich mit dem 130 Gericht in deutscher Sprache. Schriftsätze in fremder Sprache wahren nach _______________

169 Baumbach/Lauterbach/Hartmann § 127a Rz 2; Stein/Jonas/Bork, § 127a Rz 5; aA Kallenborn, Die Prozesskostenvorschusspflicht unter Ehegatten, 1968, S 135ff. 170 v Bar, Prozesskostenvorschuss und Haager Unterhaltsstatutsabkommen, IPRax 1988, 220; Henrich, Internationales Scheidungsrecht, 2. Aufl 2005, Rz 164ff. 171 Kropholler, IPR, § 15 II 4 a (S 118f) sieht hier einen Fall der „Mehrfachqualifikation“ und will je nach Sachlage das Ehewirkungs-, Ehegüter- oder Unterhaltsstatut anwenden. 172 Vgl für die Türkei Rumpf, Zur Fortbildung „türkischen Unterhaltsrechts durch deutsche Gerichte“, IPRax 1983, 114; zu Italien KG FamRZ 1988, 167 = IPRax 1988, 234. 173 So Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl 2000, S 189; Jayme IPRax 1986, 265, 268.

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§4

Ausländer als Verfahrensbeteiligte

hM keine Frist.174 Nach § 112 I PatG ist die Berufung in Patentnichtigkeitssachen zu verwerfen, wenn die Berufungsschrift nicht in deutscher Sprache abgefasst ist. Nach § 126 S 2 PatG werden Eingaben vor dem Patentgericht in anderer Sprache nicht berücksichtigt; sie werden nicht zurückgegeben, haben aber keine rechtswahrende Wirkung. 131 Im Allgemeinen sind fremdsprachige Eingaben nicht völlig unbeachtlich. Das Gericht hat den Betroffenen vielmehr auf die Notwendigkeit hinzuweisen, eine deutsche Übersetzung beizubringen. Gegebenenfalls ist bereits zu diesem Zweck Prozesskostenhilfe zu gewähren. Auch kommt eine Anforderung einer Übersetzung von Amts wegen nach § 144 I ZPO in Betracht.175 Wer infolge unzureichender Sprachkenntnisse eine Frist versäumt, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erhalten.176 Dies gilt nicht, wenn der Ausländer die Frist kennt oder weiß, dass er einen Schriftsatz in deutscher Sprache einreichen muss und ihn dennoch dem Gericht in seiner Muttersprache zuleitet.177 132 Mit dieser Regelung bleibt das Prozessrecht freilich hinter dem Verwaltungsverfahren zurück, das in § 23 II–IV VwVfG bzw § 19 II SGB X vorsieht, dass fremdsprachige Schriftsätze beachtlich sind und Fristen wahren, vom Gericht freilich erst bearbeitet werden, wenn die Partei innerhalb einer angemessenen Frist eine Übersetzung beibringt. § 19 II 1 SGB X sieht zudem vor, dass die Vorlage einer Übersetzung nur verlangt wird, wenn die Behörde nicht in der Lage ist, die Anträge oder Schriftsätze zu verstehen. Nach § 19 II 4 SGB X kann die Behörde notfalls selbst eine Übersetzung beschaffen und hierfür Ersatz ihrer Aufwendungen in angemessenem Umfang verlangen. Das Diskriminierungsverbot des Art 3 III GG legt es nahe, diese Regelung analog im Zivilprozess anzuwenden.178 Die hM will dagegen aus Art 103 I GG bislang keine Erleichterungen für Ausländer ableiten.179 133 Sachgerecht erscheint es immerhin, dem Deutschunkundigen zwar eine Mitwirkungslast (Veranlassung von Übersetzungen, Beauftragung eines sprachkundigen Vertreters) aufzuerlegen, ihn darüber hinaus aber von dem aus eigener Kraft nicht zu bewältigenden Sprachrisiko zu befreien.180 Sofern die Erklärung nicht unter Mitwirkung eines Dolmetschers zu Protokoll in deutscher Sprache wiederholt werden kann, hat das Gericht selbst für die _______________

174 BGH NJW 1982, 532; Kissel/Mayer, GVG, 4. Aufl, § 184 Rz 5; aA für EG-Angelegenheiten FG Saarland NJW 1989, 3112. 175 OLG Hamm NJW 1989, 2203. 176 BVerfGE 40, 95, 100 = NJW 1975, 1597; Kissel/Mayer § 184 Rz 7. 177 BVerwG NJW 1990, 3103. 178 Leipold, FS Matscher, 1994, S 287, 292ff. 179 Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann, GG, 1988, Art 103 I Rz 121; Dreier/SchulzeFielitz, GG, 2000, Art 103 I Rz 53; v. Mangoldt/Klein/Starck/Nolte, GG, 5. Aufl 2005, Art 103 I Rz 76. 180 Ingerl, Sprachrisiko im Verfahren, 1988, S 83ff, 101ff, 309.

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Der Ausländer und die deutsche Sprache

§4

Übersetzung fremdsprachlicher Anträge, Rechtsbehelfsschriften usw zu sorgen und der sprachunkundigen Partei bei zwischenzeitlicher Fristversäumung nach § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu erteilen.181 3. Mündliche Verhandlung Fremdsprachigen muss freilich nach hM die Möglichkeit gegeben werden, 134 sich in der mündlichen Verhandlung vor Gericht ihrer eigenen Sprache zu bedienen. § 185 GVG verpflichtet deshalb die Gerichte (als Ausformung der Garantie des Art 103 I GG)182, Dolmetscher zur Verhandlung hinzuzuziehen. Die sich daraus ergebenden Nachteile müssen von den Beteiligten hingenommen werden. Der Dolmetscher nimmt in solchen Verfahren eine besondere Stellung ein. Er wird zum Richtergehilfen, ist aber nicht Sachverständiger. Das folgt aus § 191 GVG, wonach auf den Dolmetscher die Vorschriften über die Ausschließung und Ablehnung der Sachverständigen entsprechend anzuwenden sind. Es bedarf keiner Hervorhebung, dass der Fremde mit Hilfe eines Dolmetschers selbstverständlich Erklärungen abgeben kann, Schriftstücke bei Gericht einreichen lassen, Fragen stellen und Aussagen machen kann. Die Zuziehung eines Dolmetschers darf nicht schon unterbleiben, wenn das Gericht eine Zeugenaussage für unerheblich hält. Denn ohne Einschaltung eines Dolmetschers kann idR nicht beurteilt werden, ob der Zeuge die gestellten Fragen richtig verstanden hat und bei besserem Verständnis Wesentliches hätte bekunden können.183 Nach hM handelt das Gericht stets in deutscher Sprache. Seine Entscheidun- 135 gen werden in Deutsch verfasst, ebenso Ladungen und Rechtsmittelbelehrungen. Art 6 III (a) EMRK, der verlangt, dass eine Anklageschrift verständlich übersetzt wird, sei im Zivilprozess nicht einschlägig. Auch Art 103 I GG verlange nicht, dass der ausländischen Partei Schriftstücke im Zivilprozess in einer ihr verständlichen Sprache (bzw mit Übersetzung) übermittelt werden.184 Diese Haltung widerspricht freilich dem Schutz, der für Deutsche gegenüber ausländischen Klagen bzw Entscheidungen beansprucht wird, deren Zwangszustellung ohne Übersetzung nicht wirksam ist.185 Zumindest ist der ausländischen Partei Wiedereinsetzung zu gewähren, 136 wenn sie infolge fehlender Sprachkenntnisse zunächst keine sachgerechten _______________

181 Ingerl, Sprachrisiko, S 282ff; vgl auch Gottwald, Der Ausländer im Prozess, in: Habscheid/Beys, S 5, 31ff; strenger Kissel/Mayer § 184 Rz 7. 182 BVerfG NJW 1983, 2762. 183 OLG Düsseldorf MDR 2006, 532. 184 BGH FamRZ 1996, 347 mit abl Anm Bachmann S 1276; Kissel/Mayer, GVG, § 184 Rz 10. 185 Gottwald, in: Habscheid/Beys, S 5, 39f; s u § 7 Rz 86.

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Ausländer als Verfahrensbeteiligte

Schritte unternimmt.186 Jedoch ist auch von der sprachunkundigen Partei zu verlangen, dass sie sich in angemessener Frist über den Inhalt einer ihr zugestellten Klage, Ladung, Entscheidung oder sonstigen Verfügung erkundigt.187 4. Fremdsprachige Dokumente 137 Günstiger ist die Lage der Parteien, soweit es um die Berücksichtigung anderer fremdsprachiger Dokumente, insb von Urkunden geht. Fremdsprachige Urkunden sind auch ohne deutsche Übersetzung vom Gericht zu beachten (arg. Art 103 I GG). Nach seinem Ermessen kann das Gericht aber von den Parteien die Vorlage einer Übersetzung verlangen (§ 142 III ZPO). Unbeachtlich wird die Urkunde erst, wenn die Partei der Aufforderung nicht nachkommt. Damit das Gericht sachgerecht über die Übersetzungsanordnung entscheiden kann, müssen die Parteien schlüssig darlegen, inwieweit das fremdsprachige Dokument entscheidungserheblich ist.188 5. Sprache im Rechtshilfeverkehr 138 Die Sprache im Rechtshilfeverkehr richtet sich nach den Übereinkommen. Außerhalb von Vereinbarungen ist es üblich, die Sprache des ersuchenden Staates zuzüglich einer Übersetzung in eine Amtssprache des ersuchten Staates zu verwenden.189 6. Dolmetscher 139 Jeder Praktiker weiß, dass Verfahren, bei denen Dolmetscher hinzuziehen sind, zeitraubend und umständlich verlaufen. Gerichte, die viel mit Auslandsfällen zu tun haben, sollten daher nach Möglichkeit so besetzt sein, dass sie besondere Sprachkenntnisse besitzen. Dadurch könnte vermieden werden, dass nicht alle eingereichten Unterlagen ins Deutsche übersetzt werden müssen. Es sollte auch den Richtern erlaubt sein, gemäß § 185 II GVG direkt mit den Parteien in ihrer Sprache zu verhandeln, auch wenn die Rechtsanwälte, Protokollführer oder Zuhörer diese Sprache nicht beherrschen. Wesentlich ist allerdings, dass das Ergebnis einer solchen Verhandlung – gewöhnlich ein gerichtlicher Vergleich – in deutscher und fremder Sprache im Protokoll erscheint. Auch hat der Richter über den Inhalt der fremdsprachigen Verhandlung den anderen Anwesenden zu berichten. Auf die Problematik hat im Einzelnen hingewiesen Jeßnitzer, Dolmetscher, 1982. _______________

186 187 188 189

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Vgl Ingerl, Sprachrisiko, S 276ff. Maunz/Dürig/Schmidt-Aßmann Art 103 I GG Rz 120. BVerwG NJW 1996, 1553. Kissel/Mayer, GVG, § 184 Rz 18.

Der Ausländer und die deutsche Sprache

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Die Dolmetscherkosten trägt nach hM die kostenpflichtige Partei als Teil 140 der Gerichtskosten (§ 91 ZPO). Kostenfreiheit für den Dolmetscher ist nur im Strafprozess vorgesehen (GKG KV Nr 9005 Anmerkung (4)) (aA arg. Art 3 III, 103 I GG190). Nach hM verlangt auch Art 19 IV GG keine Befreiung des deutschunkundigen Beteiligten von den Kosten der Sprachmittlung, vom Fall der Mittellosigkeit abgesehen.191 Dolmetscher- und Übersetzungskosten, die bei der Vorbereitung einer Klage 141 anfallen, gehören zu dem nach §§ 249ff BGB ersatzfähigen Nichterfüllungsbzw Verzugsschaden, nicht dagegen entsprechende Kosten für die parteiinterne Willensbildung bis zum Verfassen des Mahnschreibens.192

_______________

190 Leipold, FS Matscher, 1994, S 287, 296. 191 Ingerl, Sprachrisiko im Verfahren, 1988, S 136ff, 310. 192 LG Dortmund RIW 2002, 69; dazu Blase/Dornhegge RIW 2002, 55.

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§ 5 Inlandsverfahren mit Auslandsbezug I. Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Rechtsschutzformen . . a) Klagearten . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Europäisches Bagatellverfahren . c) Mediation . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Drittbeteiligung . . . . . . . . . . . . . e) Prozessprinzipien . . . . . . . . . . . f) Prozesshandlungen . . . . . . . . . . g) Inhalt des Urteils . . . . . . . . . . . h) Zinsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i) Divergierende Rechtsschutzformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Formen der Prozessbeendigung . k) Grenzüberschreitende Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbandsklagen, Klagen im öffentlichen Interesse . . . . . . . . . . . . . .

1 2 2 3 4 6 7 8 15 16 17 28 29 30

4. Grenzüberschreitende Mahnverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Deutsches Mahnverfahren mit Auslandsbezug . . . . . . . . . . . . . b) Europäisches Mahnverfahren . . 5. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Drittbeteiligung . . . . . . . . . . . . . 7. Unklagbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . a) Klagefristen . . . . . . . . . . . . . . . b) Forderungen aus internationalen Devisenverträgen . . . . . . . . . . . 8. Fremdwährungsklagen . . . . . . . . 9. Internationale Familien- und Kindschaftsverfahren . . . . . . . . . . . . . a) Eheverfahren . . . . . . . . . . . . . . b) Scheidungsfolgen . . . . . . . . . . . c) Rechtshängigkeit in Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Kindschaftssachen . . . . . . . . . .

35 36 41 42 50 58 60 61 64 74 75 86 94 96

1. Schrifttum 1 R. Bertrams, Set-off in private international law, Essays in honour of KokkiniIatridou, 1994, S 153; R. Birk, Die Einklagung fremder Rechte im internationalen Privat- und Prozessrecht, ZZP 82 (1969), 70; P. Böhm, Die Rechtsschutzformen im Spannungsfeld von lex fori und lex causae, FS Fasching, 1988, S 107; O. Elias, Judicial Remedies in the Conflict of Laws, 2001; R. Graef, Die Vorbereitung und Durchführung des Haupttermins im deutschen und englischen Zivilprozess, ZVglRwiss 95 (1996), 92; W. Habscheid, Zur Aufrechnung (Verrechnung) gegen eine Forderung mit englischem Schuldstatut im Zivilprozess, FS Neumayer, 1985, S 263; Ch. Hodges, Multiparty actions, 2001; G. Hohloch, Auskunftsansprüche im Spannungsfeld zwischen anwendbarem Recht und Verfahrensrecht, Essays in honour of D. Kokkini-Iatridou, 1994, S 213; ders, Die Abänderung ausländischer Unterhaltstitel im Inland, DEuFamR 2000, 193; A. Jack, European Small Claim Procedure, (2005) NLJ 1135; E. Jayme, Auskunftsanspruch und Stufenklage bei ausländischem Ehegüterrechtsstatut, IPRax 1982, 11; M. Kallenborn, Die Prozesskostenvorschusspflicht unter Ehegatten, 1968; M. Kannengießer, Die Aufrechnung im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 1998; St. Kilgus, Zur Intervention der Bundesrepublik Deutschland in Zivilverfahren aus völkerrechtlichen Gründen, RIW 1997, 14; A.-K. Koberg, Zivilprozessuale Besonderheiten bei Sachverhalten mit Auslandsberührung, 1992; H. Koch, Streitverkündung und Drittklage im amerikanisch-deutschen Prozess, ZVglRWiss 87 (1986), 11; ders, In-

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

§5

ternationaler Unterlassungsrechtsschutz zwischen materiellem Recht und Prozessrecht, Liber amicorum Siehr, 2000, S 341; ders, Non-Class Group Litigation under EU and German Law, Duke J.Comp. & Int.L. 11 (2001), 355; B. Kraft, Grenzüberschreitende Streitverkündung und Third Party Notice, 1997; C. Kulaksiz, Die Teilklage im deutschen und türkischen Zivilprozessrecht, 2004; Leipold, Vom nationalen zum europäischen Zivilprozessrecht – Rechtshängigkeit, Rechtskraft und Urteilskollision, in: Kroeschell/Cordes, Vom nationalen zum transnationalen Recht, 1995, S 67; Mansel, Streitverkündung und Interventionsklage im Europäischen internationalen Zivilprozessrecht (EuGVÜ/Lugano-Übereinkommen), in: Hommelhoff/Jayme/Mangold, Europäischer Binnenmarkt, Internationales Privatrecht und Rechtsangleichung, 1995, S 161; H.-P. Mayer/J. Lindemann, Der Vorschlag für ein europäisches Bagatellverfahren, AnwBl 2006, 121; R. McGuire, Forum shopping und Verweisung, ZfRV 2005, 83; M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994; E. Milleker, Inlandswirkungen der Streitverkündung im ausländischen Verfahren, ZZP 80 (1967), 288; ders, Formen der Intervention im französischen Zivilprozess und ihre Anerkennung in Deutschland, ZZP 84 (1971), 91; Otte, Amicus curiae: Drittbeteiligung ohne Interventionswirkung auch in Deutschland?, DAJV-NL 3/90, S 37; ders, „Verfolgung ohne Ende“, IPRax 1993, 209; Ritter, Zur unfreiwilligen Beteiligung an fremdem Rechtsstreit nach deutschem und italienischem Zivilprozessrecht, in: Juristische Beiträge (der deutsch-italienischen Vereinigung) 1971, 61; H. Rixen, Die Anwendung ausländischen Verfahrensrechts im deutschen Zivilprozess, Diss. Regensburg 1999; Rott/von der Ropp, Stand der grenzüberschreitenden Unterlassungsklage in Europa, ZZPInt 9 (2004), 3; Schlosser, Extraterritoriale Rechtsdurchsetzung im Zivilprozess, FS W. Lorenz, 1991, S 497; Schober, Drittbeteiligung im Zivilprozess, 1990; M. Schoch, Klagbarkeit, Prozessanspruch und Beweis im Licht des internationalen Rechts, 1934; K. Siehr, Ausländische Unterhaltsentscheide und ihre Abänderung im Inland wegen veränderter Verhältnisse, FS Bosch, 1976, S 927; Simons, Die Prozessaufrechnung im europäischen Zivilprozessrecht, Forum des internationalen Rechts 1996, 24; U. Spellenberg, Abänderung ausländischer Unterhaltsurteile und Statut der Rechtskraft, IPRax 1984, 304; ders, Drittbeteiligung im Zivilprozess, ZZP 106 (1993), 283; Wegen, Vergleich und Klagerücknahme im internationalen Prozess, 1987; Ph. Wood, English and International Set-Off, 1989.

2. Allgemeine Rechtsschutzformen a) Klagearten Die zulässigen Klagearten, insbesondere die Formen einstweiligen Rechts- 2 schutzes, richten sich grundsätzlich nach der lex fori. Die Zulässigkeit der Feststellungsklage (§ 256 ZPO),1 einer Leistungsklage vor Fälligkeit (§§ 257ff ZPO),2 einer Stufenklage (§ 254 ZPO), einer (vorbeugenden) Unterlassungsklage,3 einer Teilklage bzw der Bindung an den Antrag (§ 308 ZPO), der Zulässigkeit von Widerklage und Prozessaufrechnung4 oder der Abänderungs_______________

1 Schoch S 77ff. 2 Schoch S 68ff, 107f. 3 Vgl Koch, Liber amicorum Siehr, S 341, 347 (für „funktionale“ Qualifikation); Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2635ff; Rott/von der Ropp ZZPInt 9 (2004), 3. 4 Vgl Wood S 233ff.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

klage (§ 323 ZPO) richten sich im Inland damit ausschließlich nach der ZPO. Gleiches gilt für die Frage, ob es für Bagatellforderungen,5 für Verbraucherstreitigkeiten, Handelsstreitigkeiten, Familiensachen oder Urkundsprozesse jeweils besondere Prozessarten gibt.6 b) Europäisches Bagatellverfahren 3 Allerdings bereitet die Kommission die Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen vor.7 Das Verfahren steht für Geldforderungen in Zivil- und Handelssachen bis zu 2000 Euro (ohne Zinsen, Kosten und Auslagen) (Art 2 I) alternativ zu innerstaatlichen Verfahren zur Verfügung (Art 1 I 2). Forderungen, die die in Art 1 II EuGVO genannten Angelegenheiten betreffen, sind ausgenommen (Art 2 II). Zur Einleitung füllt der Antragsteller ein Formular aus und reicht es beim zuständigen Gericht direkt, per Post, Fax oder Email ein (Art 3 I). Ein Anwaltszwang besteht nicht (Art 8). Das Gericht trägt das Formular in eine Liste ein; dadurch wird die Verjährungsfrist wie bei einer Klageerhebung gehemmt (Art 3 IV). Das Verfahren wird schriftlich abgewickelt (Art 4 I). Das Gericht füllt den Teil I des Antwortformulars aus und stellt dem Gegner Antrags- und Antwortformular innerhalb von acht Tagen zu (Art 4 II). Der Gegner kann innerhalb eines Monats nach Zustellung durch Ausfüllen von Teil II des Antwortformulars und Rücksendung an das Gericht oder durch Erhebung formloser Einwendungen bei Gericht antworten (Art 4 III). Macht der Gegner eine Gegenforderung im Wert über 2000 Euro geltend, wird diese nur berücksichtigt, wenn sie aus demselben Rechtsverhältnis stammt und das Gericht das small claim-Verfahren für angemessen ansieht (Art 4 VI). Nach Eingang der Antwort des Antragsgegners und/oder des Antragstellers erlässt das Gericht (1) entweder innerhalb von sechs Monaten eine Entscheidung, oder (2) fordert innerhalb einer Frist weitere Auskünfte von den Parteien, oder (3) lädt die Parteien zu einer Verhandlung (Art 5 I). Antwortet der Gegner nicht fristgerecht, ergeht gegen ihn Versäumnisurteil (Art 5 II). Das Gericht hat das Recht auf ein faires Verfahren zu achten (Art 9 I) und sich in geeigneten Fällen um eine gütliche Einigung zu bemühen (Art 9 III). Verhandlung und Beweisaufnahme können auch durch Video- oder Telefonkonferenz erfolgen (vgl Art 6, 7). _______________

5 Schoch S 125ff. 6 Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 124; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2633. 7 Vorschlag für eine VO vom 15.3.2005, KOM (2005) 87 endgültig; dazu Mayer/ Lindemann AnwBl 2006, 121 u. 207; A. Jack (2005) NLJ 1135; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses des BT v 31.5.2006, BT-Drucks 16/1684.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

§5

Die Entscheidung ist sofort ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar (Art 13). Die Entscheidung wird in jedem EU-Mitgliedsstaat ohne Vollstreckbarerklärung vollstreckt, wenn sie gemäß Art 18 als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist. c) Mediation Auch eine Richtlinie über bestimmte Aspekte der Mediation in Zivil- und 4 Handelssachen soll verabschiedet werden.8 Danach soll das Gericht die Parteien auf ein Mediationsverfahren verweisen können (Art 3). Eine dort erzielte Streitschlichtung soll auf Antrag vom Gericht bestätigt und dadurch zum Vollstreckungstitel werden (Art 5). Mediatoren sollen in Zivilverfahren nicht über Tatsachen, die sie während der Mediation erfahren haben, vernommen werden können (Art 6). Die Vereinbarung der Mediation oder die Verweisung des Gerichts soll die Verjährung bis zur Beendigung des Mediationsverfahrens hemmen (Art 7). In Deutschland stehen alle Klagearten unabhängig von Nationalität und 5 Wohnsitz/Sitz der Parteien zur Verfügung. Auch ein Mahnverfahren findet in grenzüberschreitenden Fällen statt (s Rz 36ff). d) Drittbeteiligung Die lex fori bestimmt, ob und in welcher Weise sich Dritte aus eigenem 6 Antrieb am fremden Verfahren beteiligen können (zB durch Nebenintervention) und inwieweit sie ohne oder gegen ihren Willen zwangsweise in ein Verfahren einbezogen werden können (zB durch Streitverkündung, third party complaint oder Beiladung) (s u Rz 50ff). e) Prozessprinzipien Die lex fori bestimmt über die anwendbaren Prozessprinzipien, insbesondere 7 darüber, ob die Parteien den Sachverhalt vortragen müssen oder ob das Gericht den Sachverhalt selbst aufklären kann und muss.9 Dies gilt in der EG auch dann, wenn der Beibringungsgrundsatz dazu führt, dass mangels Parteivortrags zwingendes Gemeinschaftsrecht nicht angewandt wird.10

_______________

8 KOM (2004) 718 endgültig; zum vorherigen Grünbuch s Duve IDR 2002, 6; Eidenmüller IDR 2002, 14. 9 Sorgel/Kronke Art 38 Anh Rz 124. 10 EuGHE 1995, I-4705 (van Schijndel, van Veen) = EuZW 1996, 542; EuGHE 1995, I-4599 (Peterbroeck) = EuZW 1996, 636; krit. Cahn ZEuP 1998, 974, 978.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

f) Prozesshandlungen 8 Die lex fori processualis bestimmt, welche Anforderungen an Klageschrift und Klageerwiderung gestellt werden,11 in welcher Form eine Prozesshandlung vorzunehmen ist und wann sie mit fristwahrender Wirkung vorgenommen worden ist. 9 Die lex fori bestimmt somit auch, ob und inwieweit die mündliche Verhandlung in Form einer transnationalen Videokonferenz stattfinden kann oder zumindest einzelne Beteiligte durch Videokonferenz zugeschaltet werden können.12 Innerhalb der EU ist insoweit auch Art 17 IV 3 EuBewVO zu beachten. 10 Auch die wirksame Erteilung einer Prozessvollmacht untersteht damit der jeweiligen lex fori (s u Rz 403).13 11 Das deutsche Recht stellt bei Prozesshandlungen gegenüber dem Gericht, auch in internationalen Verfahren, vielfach auf den Eingang bei Gericht ab. Eine Regel wie Art 12 schweiz. IPRG, dass für die Fristwahrung durch eine Person im Ausland der Eingang bei einer diplomatischen oder konsularischen Vertretung innerhalb der Frist genügt, kennt das deutsche Recht nicht. 12 Auch bei Beteiligung von Parteien mit ausländischem Wohnsitz/Sitz gelten grundsätzlich die allgemeinen Fristen für die Vornahme von Prozesshandlungen. Wählt das Gericht ein schriftliches Vorverfahren, so hat das Gericht die Frist zu bestimmen, innerhalb der der Beklagte mit Wohnsitz/Sitz im Ausland seine Verteidigungsbereitschaft anzuzeigen hat (§ 276 I 1, 3 [1. Hs.] ZPO). Ist ein Versäumnisurteil im Ausland zuzustellen, bestimmt das Gericht eine angemessene Einspruchsfrist (§ 339 II ZPO). Bei der Bestimmung von Erwiderungsfristen (§§ 275 III, IV, 276 I 2, 277 III ZPO) ist ebenfalls auf den ausländischen Wohnsitz Rücksicht zu nehmen. 13 Die ausländische Partei unterliegt den allgemeinen Sorgfaltspflichten im Prozess. Wird ihr eine (nicht ordnungsgemäß zugestellte) Entscheidung faktisch bekannt, so muss sie sich unverzüglich um die Einlegung eines Rechtsmittels bemühen, damit ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO) gewährt werden kann.14 14 Zur Unterbrechung des Verfahrens durch Eröffnung eines ausländischen Insolvenzverfahrens s u § 5 Rz 244f. _______________

11 Ob etwa wie nach §§ 253 II Nr 2, IV, 130 Nr 3, 4, 5 ZPO bereits konkrete Sachverhaltsbehauptungen mit Beweisangeboten erforderlich sind oder wie nach FRCP 8a eine Kurzangabe zum Streitgegenstand mit Klageantrag genügt. Vgl J.W. Reinhard, Klageerhebung und Beklagtenschutz nach US-amerikanischem und deutschem Zivilprozessrecht, 2006. 12 Für das deutsche Recht s § 128a ZPO. 13 OLG Hamm IPRax 1996, 33, 35; v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 106. 14 BGH FamRZ 1995, 1136.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

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g) Inhalt des Urteils Der Inhalt des Urteils kann auf Leistung oder Unterlassung im Inland oder 15 Ausland lauten.15 Die Verurteilung zur Vornahme einer vertretbaren Handlung im Ausland kann mit der Ermächtigung zur Ersatzvornahme auf Kosten des Schuldners (§ 887 ZPO) verbunden werden16 (s u § 17 Rz 40). Durch das Urteil wird nur der Beklagte persönlich verpflichtet; ein Übergriff in ausländische Hoheitsrechte liegt mithin nicht vor.17 Lediglich zur realen Vollstreckung im Ausland bedarf es der Hilfe der ausländischen Gerichte. Unterbleiben sollte aber eine Verurteilung zu einer Handlung im Ausland, die dort verboten ist. § 441 (1) (a) Restatement Foreign Relations Law (Third) verlangt nur eine angemessene Berücksichtigung des ausländischen Rechts unter Abwägung aller Interessen. Jedoch kann wohl generell von einer Person nicht verlangt werden, dass sie in ihrem Wohnsitzstaat gegen dessen Gesetze verstößt.18 h) Zinsen Ob und wie viel Zinsen verlangt werden können, ist nach deutschem Recht 16 eine Frage des Schuldstatuts. Dies gilt auch für Rechtshängigkeitszinsen (§ 262 S 1 ZPO). Die festgesetzten Kosten sind stets nach § 104 I 2 ZPO (ohne Rücksicht auf das Schuldstatut) zu verzinsen. In anderen Ländern wird die Verzinsung teilweise prozessual qualifiziert. In den USA richten sich Grund und Höhe der Zinsen vor Urteilserlass nach dem Schuldstatut; die Urteilssumme ist dagegen mit dem Zinssatz des Urteilsstaates zu verzinsen (so Uniform Foreign Money Claims Act 1989, § 9). i) Divergierende Rechtsschutzformen Zweifelhaft ist aber, wie vorzugehen ist, wenn eine Rechtsfolge nach der lex 17 causae durch Rechtsgeschäft, nach der lex fori dagegen durch Urteil herbeizuführen ist (oder umgekehrt). Entscheidend muss im Ausgangspunkt sein, welche Gestaltungsformen das materielle Recht vorsieht. Der Gesetzgeber kann aber die Einhaltung von Inlandsformen zwingend vorschreiben, etwa die Scheidung durch Gerichtsurteil (Art 17 II EGBGB) trotz möglicher Privatscheidung. Verlangt auch die lex causae zwingend die Einhaltung ihrer Form, so sind beide Formen einzuhalten und (sofern möglich) zu kombinieren, wenn eine hinkende Rechtsfolge vermieden werden soll (s u Rz 71ff). _______________

15 BGH RIW 1979, 419; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 396; Schlosser, FS W. Lorenz, S 497, 499. 16 OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487; Gottwald, FS Habscheid, S 119, 121. 17 Vgl Gottwald, FS Habscheid, 1989, S 119. 18 Gottwald, FS Habscheid, S 119, 122; Mann, FS Mosler, 1983, S 529, 542.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

18 Die lex fori entscheidet weiter, ob und inwieweit ausländische öffentlichrechtliche Ansprüche im Inland eingeklagt werden können. Primäransprüche sind in Deutschland freilich vor den Verwaltungsgerichten einzuklagen; vor den Zivilgerichten können Regressansprüche öffentlicher Kassen wegen geleisteten Unterhalts, uU auch ein Regressanspruch einer Privatperson eingeklagt werden.19 Ein US-Bundesgericht hat entsprechend entschieden, dass US-Gerichte nicht für Klagen gegen Deutschland auf Zahlung von Entschädigung für NS-Unrecht zuständig sind.20 19 Schwierigkeiten ergeben sich häufig bei internationalen Unterhaltsprozessen. Ob eine Stufenklage zulässig ist, entscheidet die lex fori, ob aber ein klagbarer Auskunftsanspruch besteht, richtet sich dagegen nach der lex causae,21 dem Unterhaltsstatut.22 20 Kennt die lex causae keinen Auskunftsanspruch, wohl aber eine entsprechende Amtsermittlung im Inlandsprozess, so ist im Wege der Anpassung ein Auskunftsanspruch zuzuerkennen.23 21 Teilweise wird auch versucht, das ausländische Recht fortzubilden und darin im Wege der Lückenfüllung einen Auskunftsanspruch zu entwickeln. Doch genügt die Amtsermittlung nicht, um für Fälle mit Auslandsberührung einen solchen Anspruch zu unterstellen. Vorgeschlagen wird schließlich, nicht einen speziellen Auskunftsanspruch zu entwickeln, sondern die eigene lex fori abzuändern und, soweit nötig, die Verfahrensregeln des Hauptstatuts mit anzuwenden, dh im Unterhaltsprozess den Untersuchungsgrundsatz wie im Land des Unterhaltstatuts anzuwenden.24 Die Folge davon ist, dass dann insoweit eine Auskunftsklage unzulässig ist. 22 Diese Art der Anpassung hilft aber nicht weiter, wenn im Ausland weder der Untersuchungsgrundsatz herrscht noch das ausländische Unterhaltsstatut einen materiellen Auskunftsanspruch kennt, wohl aber eine (funktional vergleichbare) prozessuale Pflicht zur Auskunft im Wege des (pre-trial) discovery oder disclosure. Man könnte – um den Normenmangel zu beheben – diese discovery-Pflicht in einem deutschen Prozess materiellrechtlich qualifizie_______________

19 Vgl St. Roloff, Die Geltendmachung ausländischer öffentlichrechtlicher Ansprüche im Inland, 1994; H. Baade, Operation of Foreign Public Law, IntEncCompL Vol. III/12, 1991, no. 12–66 et seq. 20 U.S Court of Appeal D.C., RIW 1994, 771. 21 Böhm, FS Fasching, 1988, S 107, 123; vgl M. Kentgens, Der Auskunftsanspruch im Familienrecht, 1992. 22 BGH IPRax 1983, 184. 23 Jayme IPRax 1982, 11; so im Falle eines griechischen Unterhaltsschuldners vgl OLG Hamm IPRax 1988, 108; Jayme/Bissias, Auskunftsanspruch und ausländisches Ehegüterrechtsstatut, IPRax 1988, 94, 95; für das türkische Recht OLG Hamm FamRZ 1993, 69; für Japan: OLG Stuttgart IPRax 1990, 113, 114. 24 So G. Hohloch, Liber amicorum Kokkini-Iatridou, 1994, S 213, 228ff.

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ren.25 Problematisch hieran ist jedoch, dass die Discoverypflicht teilweise erheblich über inländische Vorstellungen hinausgeht und jedenfalls in extremen Fällen mit dem deutschen ordre public (Art 6 EGBGB) kollidiert. Deshalb ist es im Ergebnis praktikabler, im Wege der Anpassung im Inland im Rahmen einer Stufenklage einen Auskunftsanspruch analog dem deutschen materiellen Recht gemäß §§ 1580, 1605 BGB (als Annex zum Prozessrecht) zu gewähren.26 Die Zulässigkeit einer Entscheidung über eine Aufrechnungsforderung be- 23 stimmt die lex fori; Voraussetzungen und Wirkungen der Kompensation sind dagegen der lex causae zu entnehmen.27 Soweit die Aufrechnung nach dem Schuldstatut prozessrechtlich geregelt ist, kann sie nicht in der ausländischen Prozessform erklärt werden, vielmehr ist das ausländische Prozessrecht auf seinen materiellen Gehalt zu befragen. Im Inland wird die Aufrechnung also prozessual als Verteidigungsmittel geltend gemacht; sie kann aber nur beachtet werden, soweit das ausländische „Prozessrecht“ eine Verrechnungswirkung zulässt.28 Obgleich die Aufrechnung prozessual ein Verteidigungsmittel ist, lässt der 24 BGH in ständiger Rspr die Aufrechnung mit einer streitigen Forderung nur zu, wenn die deutschen Gerichte zur Entscheidung über die Aufrechnungsforderung international zuständig sind.29 Hieran fehlt es, wenn die Aufrechnungsforderung aufgrund einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung im Ausland30 oder aufgrund einer Schiedsvereinbarung vor einem Schiedsgericht einzuklagen ist. Dies soll auch dann dem Willen der Parteien entsprechen, wenn zwischen Haupt- und Gegenforderung ein Sachzusammenhang besteht. Die jeweilige lex fori entscheidet auch, ob und unter welchen Voraussetzun- 25 gen eine Gegenforderung mittels Widerklage oder Prozessaufrechnung geltend gemacht werden kann.31 Bei der Abänderungsklage ist streitig, inwieweit die Abänderungsmöglich- 26 keit ausschließlich der lex fori oder Anlass, zeitlicher und sachlicher Umfang der Abänderung der lex causae (dem Unterhaltsstatut) zu entnehmen sind. Die Praxis tritt hier überwiegend für eine vollständige Anwendung von § 323, insbesondere von Abs 3 ZPO, ein. Überzeugender erscheint aber, dass _______________

25 So St. Morweiser IPRax 1992, 65. 26 H. Eidenmüller IPRax 1992, 356; OLG Bamberg IPRspr 1983 Nr 59, S 145; so wohl auch G. Hohloch, Liber amicorum Kokkini-Iatridou, 1994, S 230. 27 Vgl Habscheid, FS Neumayer, 1985, S 263. 28 BGH NJW 1960, 1720. 29 BGH IPRax 1994, 114 und 115 (dazu Geimer S 82). 30 AA v Falkenhausen RIW 1982, 386, 388. 31 Vgl Wood S 233ff; zum Verhältnis von gerichtlicher Aufrechnung nach italienischem Recht und Widerklage s Gebauer JbItalR 12 (1999), 31, 41ff, 54ff.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

ein nach ausländischem Recht (lex causae) bestehender Anspruch auf Erhöhung der Unterhaltsforderung bzw auf Verminderung der Unterhaltsschuld auch im Inland zeitlich uneingeschränkt eingeklagt werden kann.32 Folgt man dem, findet die Abänderung im prozessualen Rahmen des § 323 ZPO statt, für Art und Höhe der anzupassenden Unterhaltsleistung bleibt aber das dem abzuändernden Titel zugrunde liegende Sachrecht maßgebend, sofern kein Statuswechsel stattgefunden hat.33 27 In Ländern, in denen es keine besondere Abänderungsklage gibt, wie etwa in Österreich, ist je nach Sachlage Leistungsklage, negative Feststellungsklage oder Oppositionsklage (Vollstreckungsabwehrklage) unter Beachtung der allgemeinen Rechtskraftpräklusion zu erheben.34 In den USA wird eine Abänderung nach dem Recht des Erstgerichts, bei einem Wandel des Unterhaltsstatuts aber eine Abänderung nach dem neuen Recht des Forumstaats zugelassen.35 j) Formen der Prozessbeendigung 28 Die lex fori entscheidet schließlich über mögliche Formen der streitigen oder konsensualen36 Beendigung des Verfahrens. k) Grenzüberschreitende Verweisung 29 Eine grenzüberschreitende (das Zweitgericht bindende) Verweisung ist bisher, auch zwischen den Mitgliedsstaaten der EU nicht vorgesehen.37 Ansätze finden sich freilich für Sorgerechtssachen in Art 15 EheGVO („Brüssel IIa“).38 Um ein forum shopping zu vermeiden, mehren sich die Stimmen, die für eine Einführung de lege ferenda plädieren.39 _______________

32 Vgl MüKo/Gottwald § 323 ZPO, 3. Aufl, Rz 130ff; Staudinger/Mankowski, 14. Bearb. 2003, Art 18 EGBGB Anh I Rz 43ff; Hohloch DEuFamR 2000, 193, 204; Gottwald FamRZ 1992, 1374, 1375f; Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, 2000, S 269; aA OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 1344; OLG Celle IPRax 1993, 103, 104; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl 2003, § 323 ZPO Rz 54; Schack IZVR Rz 1012; Jaeckel, Reichweite der lex fori, 1995, S 112ff, 121; offen gelassen in BGH FamRZ 1993, 43. 33 KG IPRax 1994, 455, 458; aA Baumann IPRax 1994, 435, 438; vgl Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl 2004, I Rz 1026, IV Rz 1314ff. 34 Fasching, Zivilprozessrecht, 2. Aufl 1990, Rz 1532; Rechberger/Simotta, Grundriss des österreichischen Zivilprozessrechts, 5. Aufl 1999, Rz 401. 35 Vgl Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed, § 15.35 (pp. 652ff). 36 Vgl Stürner, Formen der konsensualen Prozessbeendigung, in: Symposium für Schlosser, 2001, S 5. 37 Zur Verweisung in Mehrrechtsstaaten s A. Schulz RabelsZ 69 (2005), 419. 38 Zur „Verweisung“ nach der EuInsVO s AG Hamburg ZIP 2006, 1105, 1107. 39 Vgl McGuire ZfRV 2005, 83.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

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3. Verbandsklagen, Klagen im öffentlichen Interesse Schrifttum: H.-J. Ahrens, Die internationale Verbandsklage in Wettbewerbssachen, 30 ZPR 1994, 649; Brönneke, Kollektiver Rechtsschutz im Zivilprozess, 2001; St. Eichholtz, Die US-amerikanische Class Action und ihre deutschen Funktionsäquivalente, 2002; B. Heß, Entschädigung für NS-Zwangsarbeit vor US-amerikanischen und deutschen Zivilgerichten, AG 44 (1999), 145; ders, Das geplante Unterlassungsklagengesetz, in Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft u Schuldrechtsreform, 2001, S 527; H. Hirte, Sammelklagen – Fluch oder Segen?, FS Leser, 1998, S 335; Koch, Die Verbandsklage in Europa, ZZP 113 (2000), 413; ders, Prozessführung bei komplexen Verfahren in Europa, in: Storme, Procedural laws in Europe, 2003, 373; Lakkis, Der kollektive Rechtsschutz der Verbraucher in der Europäischen Union, 1997; dies, Globale Märkte – Globaler Rechtsschutz? – Grenzen des grenzübergreifenden kollektiven Rechtsschutzes für Verbraucher, Jahrb. junger Rechtswiss. 1998, 255; W. Lindacher, Die internationale Verbandsklage in Wettbewerbssachen, FS G. Lüke, 1997, S 377; K. Maurer, Grenzüberschreitende Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzverbänden, 2001; Micklitz/Stadler, Das Verbandsklagerecht in der Informations- und Dienstleistungsgesellschaft, 2005; A. Stadler, Musterverbandsklagen nach künftigem deutschen Recht, FS Schumann, 2001, S 465; dies, Das neue Gesetz über Musterfeststellungsklagen im deutschen Kapitalanlegerschutz, FS Rechberger, 2005, S 663.

In Umsetzung der EG-Richtlinie 98/27/EG sind Verbraucherverbände, die in 31 einem Mitgliedstaat der EU registriert sind, auch vor deutschen Gerichten klageberechtigt (§ 3 I Nr 1, § 4 UKlaG vom 26.11.2001). Entsprechendes gilt für deutsche Verbände in den anderen EU-Staaten. Bei Klagen, die auf eine Verwendung von AGB im Ausland gestützt werden oder die sich gegen verbraucherschutzwidrige Handlungen im Ausland richten, sind aber die entsprechenden ausländischen Normen Anspruchsvoraussetzung. Konsequenterweise bestimmt ausschließlich die jeweilige lex fori, ob Klagen 32 im öffentlichen Interesse zulässig sind. Verbandsklagen (zB nach §§ 1ff UKlaG, § 8 Abs 1, 3 Nr 2–4 UWG 2004) sind nur in Deutschland zulässig, stehen aber auch vergleichbaren ausländischen Verbänden offen.40 Hat die Klage Bezug zu einem ausländischen Markt, so besteht dennoch eine Verbandsklagebefugnis im Inland, wenn das anwendbare ausländische Recht eine entsprechende Sachlegitimation vorsieht.41 Eine class action (nach Rule 23 FRCP der USA) kann in Deutschland nicht 33 erhoben werden, auch wenn amerikanisches Sachrecht anwendbar ist.42 Eine _______________

40 BGH GRUR 1988, 453; Ahrens WRP 1994, 653, 654. 41 Ahrens WRP 1994, 653, 655; Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, 1995, S 720ff; vgl Lindacher, FS G. Lüke, 1997, S 377. 42 Mark EuZW 1994, 239; Schack, IZVR, Rz 556; Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, 1995, S 728ff.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

class action in den USA kann allerdings auch Wirkung für und gegen ausländische Beteiligte haben.43 34 Für Schadenersatzklagen wegen fehlerhafter Kapitalmarktinformationen oder Ansprüche nach dem WpÜG sieht § 32b I 1 ZPO einen ausschließlichen Gerichtsstand am Sitz des betroffenen Emittenten, Anbieters oder der Zielgesellschaft vor. Durch diese Regelung soll auch erreicht werden, dass Kapitalanleger-Musterverfahren gegen deutsche Emittenten in Deutschland an deren Sitz stattfinden. Dieses Ziel kann aber nicht erreicht werden. Denn einmal hat Art 5 Nr 3 EuGVO für Geschädigte in EU-Staaten Vorrang vor § 32b ZPO und zu anderen legt jeder Staat seine internationale Zuständigkeit selbst fest. § 32b ZPO schließt über § 328 I Nr 1 ZPO lediglich die Anerkennung einer Drittstaatentscheidung aus.44 4. Grenzüberschreitende Mahnverfahren 35 Schrifttum: Busl, Deutsches „internationales“ Mahnverfahren, IPRax 1986, 270; Einhaus, Die internationale Reichweite des deutschen Mahnverfahrens im Anwendungsbereich des EuGVÜ, AnwBl 2000, 557; Hintzen, Zuständigkeit bei Auslandsmahnverfahren, Rpfleger 1996, 117; Hintzen/Riedel, Das deutsche internationale Mahnverfahren, Rpfleger 1997, 293; Hök, Das grenzüberschreitende Mahnverfahren, JurBüro 1991, 1145, 1303, 1441 und 1605; ders, Das grenzüberschreitende Mahnverfahren, MDR 1988, 186; Müller/Hök, Das grenzüberschreitende Mahnverfahren, JurBüro 1987, 1447; Schack, IZVR, 3. Aufl, Rz 334ff; J. M. Schmidt, Das deutsche Mahnverfahren mit Auslandsbezug, ZAP 1995, 1279; K. Schmidt, Mahnverfahren für Fremdwährungsforderungen?, NJW 1989, 65; Wagner, Verfahrensrechtliche Probleme im Auslandsmahnverfahren, RIW 1995, 89. Brenn, Europäischer Zivilprozess, 2005, Rz 186ff; J.P. Correa Delcaso, La proposition de règlement instituant une procédure européenne d’injonction de payer, Rev.int.dr.comp. 57 (2005), 143; E. Gundlach, Europäische Prozessrechtsangleichung – dargestellt am Beispiel des Mahnverfahrens, 2005; B. Hess, Strukturfragen der europäischen Prozessrechtsangleichung, dargestellt am Beispiel des Europäischen Mahnund Inkassoverfahrens, FS Geimer, 2002, S 339; ders, Vereinfachte Verfahren und Mahnverfahren in Europa, in: Storme, Procedural law in Europe, 2003, 323; G. Kodek, Auf dem Weg zu einem Europäischen Mahnverfahren?, FS Rechberger, 2005, S 283; A. Perez-Ragone, Europäisches Mahnverfahren, 2004; Rechberger/Kodek, Orders for Payment in the European Union, 2001; E. Schollmeyer, Europäisches Mahnverfahren, IPRax 2002, 478; Sujecki, Europäisches Mahnverfahren, ZEuP 2006, 124; ders, Europäisches Mahnverfahren – Geänderter Verordnungsvorschlag, EuZW 2006, 330.

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43 Vgl V. Hoppe, Die Einbeziehung ausländischer Beteiligter in US-amerikanische class actions, 2005. 44 Vgl v. Hein RIW 2004, 602.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

§5

a) Deutsches Mahnverfahren mit Auslandsbezug Zugunsten eines Auslandsgläubigers (Antragstellers) findet ein Mahnverfah- 36 ren immer statt; ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht Schöneberg in Berlin (§ 689 II 2 ZPO). Gegen einen Schuldner mit Auslandswohnsitz/Sitz findet ein Mahnverfah- 37 ren statt, soweit an ihn dennoch im Inland zugestellt werden kann, zB an einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten. Soweit der Mahnbescheid im Ausland zuzustellen ist, ist das Verfahren nur zulässig, wenn die Zustellung in einem Mitgliedstaat der EU, einem Vertragsstaat des LugÜ sowie in Israel oder in Norwegen erfolgen muss (§ 688 III ZPO iVm § 32 AVAG [idF vom 19.2.2001]). Eine Zustellung in einen (Nur-)Vertragsstaat des HUVÜ 1973 ist nicht zulässig (§ 39 AVAG).45 Die Zustellung des deutschen Mahnbescheids ins Ausland erfolgt nach der Europäischen Zustellungsverordnung bzw nach dem HZustÜ 1965 sowie den ergänzenden bilateralen Vereinbarungen (zum HZÜ 1954) (s u § 7 Rz 45ff, 64ff). Hat der Antragsgegner (Schuldner) im Inland zwar keinen allgemeinen, wohl 38 aber einen besonderen Gerichtsstand, so ist der Mahnantrag (abweichend von § 689 II 1 ZPO) nicht am Wohnsitzgericht des Antragstellers, sondern nach § 703d II ZPO bei dem örtlich zuständigen Amtsgericht zu stellen. Diese Regelung gilt aber nur für den Antragsgegner, der keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat.46 Die internationale und (soweit geregelt) örtliche Zuständigkeit erfolgt aus Art 5ff EuGVO/LugÜ, außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Übereinkommen aus §§ 12ff ZPO.47 Diese Zuständigkeit ist durch Belege nachzuweisen (so § 32 II AVAG für die Zuständigkeitsvereinbarung).48 Die Zuständigkeitskonzentration für Mahnverfahren gilt dabei entsprechend, auch im Anwendungsbereich des europäischen Prozessrechts.49 Die Gebühren für einen „europäischen“ Mahnbescheid richten sich eben- 39 falls nach GKG-KV Nr 1100 (0,5 Gebühren – min. 18 Euro). Hinzu kommen aber Übersetzungskosten und eine Prüfungsgebühr wegen der erforderlichen Auslandszustellung.50

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45 Vgl Wagner RIW 1995, 89, 90. 46 BGH NJW 1995, 3317 = RIW 1995, 1028. 47 Stein/Jonas/Schlosser, 21. Aufl § 689 Rz 11; Zöller/Vollkommer, 25. Aufl, § 703d Rz 2; Wagner RIW 1995, 89, 91ff. 48 Einhaus AnwBl 2000, 557, 560. 49 BGH IPRax 1994, 447 (dazu Pfeiffer S 421). 50 Einhaus AnwBl 2000, 557, 559.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

40 Ein Schweizerischer Zahlungsbefehl kann nach § 66 III, IV SchKG stets auch an den im Ausland wohnenden Schuldner zugestellt werden.51 Seine Zustellung hemmt die Verjährung wie ein deutscher Mahnbescheid.52 b) Europäisches Mahnverfahren 41 Die Europäische Kommission hat am 22.3.2004 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens vorgelegt.53 Nach diesem Vorschlag sollte das europäische Verfahren nicht nur grenzüberschreitende, sondern auch rein nationale Fälle erfassen. Dies ist aber auf Widerstand gestoßen.54 Die Kommission hat daher am 7.2.2006 einen geänderten Vorschlag vorgelegt.55 Das Europäische Mahnverfahren wird darin auf grenzüberschreitende Fälle beschränkt. Anders als das deutsche Verfahren soll das Verfahren einstufig ausgestaltet werden. Sofern die Voraussetzungen vorliegen, wird nicht erst eine bloße „Zahlungsaufforderung“ erlassen, sondern sogleich ein „Europäischer Zahlungsbefehl“ (Art 12 EuMahnVO). Legt der Schuldner fristgerecht (innerhalb von 30 Tagen ab Zustellung) Widerspruch ein (Art 16 EuMahnVO), wird das Verfahren in den ordentlichen Zivilprozess übergeführt, sofern der Antragsteller hierauf nicht verzichtet hat. Mangels Widerspruchs ist der Europäische Zahlungsbefehl ohne Vollstreckbarerklärung (wie ein Europäischer Vollstreckungstitel) in allen EU-Staaten vollstreckbar (Art 19 EuMahnVO). Innerhalb von 30 Tagen ab Zustellung kann der Antragsgegner beim Gericht des Ursprungsstaates eine Überprüfung des Zahlungsbefehls verlangen (Art 20 EuMahnVO), wenn er von der Zustellung keine Kenntnis erlangte oder sonst in Folge höherer Gewalt gehindert war, rechtzeitig Widerspruch einzulegen. Das Europäische Mahnverfahren soll noch 2006 verabschiedet werden. 5. Verjährung 42 Schrifttum: P. Hay, Die Qualifikation der Verjährung im US-amerikanischen Kollisionsrecht, IPRax 1989, 197; H. Linke, Die Bedeutung ausländischer Verfahrensakte im deutschen Verjährungsrecht, FS Nagel, 1987, S 209; Looschelders, Anpassung und Substitution bei der Verjährungsunterbrechung durch unzulässige Auslandsklage, IPRax 1998, 296; Schlosser, Ausschlussfristen, Verjährungsunterbrechung und Auslandsklage, FS Bosch, 1976, S 859; J. Taupitz, Verjährungsunterbrechung im Inland durch unfreiwillige Beteiligung am fremden Rechtsstreit im Ausland, ZZP 102 (1989), 288; M. Wolf, Die grenzüberschreitende Verjährung zwischen internationalem und europäischem Privat- und Prozessrecht, FS Beys, 2003, S 1741. _______________

51 52 53 54

Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd I, 3. Aufl, 1984, § 17 Rz 24. BGH RIW 2002, 557. KOM (2004) 173 endgültig; vgl dazu Sujecki EuZW 2005, 45 und ZEuP 2006, 124. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages v 1.16.2004, BT-Drucks 15/4415. 55 KOM (2006), 57; vgl Sujecki EuZW 2006, 330.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

§5

Ob ein Anspruch mit Zeitablauf untergeht (Ausschlussfrist), wird allgemein 43 nach der lex causae beantwortet. Für Verjährungsfristen ist die Lösung dagegen streitig. Die civil law-Staaten 44 beurteilen die Verjährung ebenfalls nach der lex causae. Dieser Lösung folgt auch Art 10 (1) (d) EVÜ. Dagegen ordnet das common law die beschränkte Durchsetzbarkeit eines Anspruchs als Folge der Verjährung grundsätzlich prozessual ein und wendet die limitation rules der lex fori und nicht die der fremden lex causae an. Belässt man es bei dieser Lösung, so gelangt man zu teilweise ungerechten Ergebnissen.56 Zur Unklagbarkeit wegen Zeitablaufs s u Rz 60. Das englische Recht bietet nunmehr aber in sec. 1 (1) Foreign Limitation 45 Periods Act 1984 eine gesetzliche Lösung. Danach sollen englische Gerichte bei ausländischem Sachstatut auch die ausländischen Verjährungsregeln anwenden.57 Soweit bei Deliktsklagen die common law-Regeln noch anwendbar sind, zB bei defamation, darf der Anspruch aber weder nach dem Deliktsstatut noch nach englischem Recht verjährt sein.58 In den USA ist die Rechtslage von Staat zu Staat im Detail verschieden. Der 46 Uniform Conflict of Laws – Limitation Act 1982 sieht vor, dass bei ausländischem Sachstatut auch die ausländischen Verjährungsregeln gelten (§ 2), sofern dem Kläger dadurch nicht jede faire Klagemöglichkeit genommen würde (§ 4). Dieser Uniform Act ist bisher von Arkansas, Colorado, Montana, North Dacota, Oregon und Washington übernommen worden. Die meisten der anderen Staaten haben im Detail verschiedene sog „borrowing statutes“ erlassen, die ebenfalls die Anwendung der Verjährungsregeln des Sachstatuts vorsehen. Schließlich haben auch die Gerichte die prozessuale Qualifikation bei Geltung ausländischen Sachstatuts praktisch korrigiert. Entweder haben sie Verjährungsfristen bei Ansprüchen, die dem common law unbekannt sind, als „substantive“ behandelt („built into“), oder sie dann angewendet, wenn sie direkt auf eine bestimmte Klageart zugeschnitten waren („specificity test“).59 Die Verjährungsfrist wird nach hM auch durch eine Auslandsklage ge- 47 hemmt, wenn die Entscheidung voraussichtlich im Inland anerkannt werden kann. Es soll sich insoweit nicht anders als bei der Anerkennung der ausländischen Rechtshängigkeit verhalten.60 Andere wollen diese Wirkung (zu Recht) unabhängig von der Gegenseitigkeit eintreten lassen und dem Kläger _______________

56 Rechtsvergleichend s E. Hondius, Extinctive Prescription, 1995; Schoch S 110ff. 57 Forsyth, Conflict of Laws, 4th ed 1993, p 37; Dicey & Morris, Conflict of Laws, 12th ed 1993, Rule 17 (7) (S 186ff). 58 Sec. 1 (2); vgl J. Hill, International Commercial Disputes, 1994, S 450; Cheshire & North p 73. 59 Vgl Hay IPRax 1989, 197. 60 RGZ 129, 395; OLG Düsseldorf RIW 1979, 59.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

im Fall sonstiger Anerkennungshindernisse, insb bei einer Klage vor einem unzuständigen Gericht, durch eine analoge Anwendung von § 204 II BGB (Fristwahrung bei neuer Klage innerhalb von 6 Monaten) helfen.61 Tritt die Hemmungs- bzw Unterbrechungswirkung nach der lex causae eines Drittstaates ein, so ist entscheidend, ob die Entscheidung vom Drittstaat anerkannt würde. Unter diesen Voraussetzungen kann die Verjährung auch durch eine Streitverkündung im Ausland gehemmt werden.62 Bei anderen Unterbrechungstatbeständen ist zu prüfen, ob der ausländische Verfahrensakt mit anerkannten deutschen Tatbeständen gleichwertig ist.63 48 Nach deutschem Recht wird die Verjährung nicht durch die Verteidigung gegen eine negative Feststellungsklage gehemmt.64 Nichts anderes gilt im Rahmen des Art 27 EuGVO bzw Art 21 LugÜ, da die negative Feststellungsklage zwar die internationale Zuständigkeit auch für die nachfolgende Leistungsklage bestimmt, diese aber nicht ausschließt. 49 Die Einreichung einer Klage in Deutschland wahrt auch dann nach § 167 ZPO die Verjährungsfrist, wenn die Zustellung im Ausland längere Zeit beansprucht. Notwendig ist lediglich, dass der Kläger das Notwendige getan hat, damit die Zustellung durch Gericht und Justizverwaltung ausgeführt werden kann. Ein besonderer Antrag auf Auslandszustellung oder auf Ausführung in einer besonderen Art muss nicht gestellt werden.65 6. Drittbeteiligung 50 Schrifttum: Götze, Vouching in und Third Party Practice, 1993; v. Hoffmann/Hau, Probleme der abredewidrigen Streitverkündung im Europäischen Zivilrechtsverkehr, RIW 1997, 89; J. Korf, Die Garantieklage im italienischen Zivilprozessrecht, 2004; Kraft, Grenzüberschreitende Streitverkündung und Third Party Notice, 1997; W. Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozess, 1993; Mansel, Streitverkündung und Interventionsklage im Europäischen internationalen Zivilprozessrecht, in: Hommelhoff/Jayme/Mangold, Europäischer Binnenmarkt, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung, 1995, S 161; ders, Streitverkündung (vouching in) und Drittklage (third party complaint) im US-Zivilprozess und die Urteilsanerkennung in Deutschland, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 63; M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994; Stürner, Die erzwungene Intervention Dritter im europäischen Zivilprozess, FS Geimer, 2002, S 1307. _______________

61 Looschelders IPRax 1998, 296, 299f; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2827ff; für Verjährungsunterbrechung durch jede Auslandsklage Linke, FS Nagel, 1987, S 209, 221ff. 62 Vgl Taupitz ZZP 102 (1989), 288; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 ZPO Rz 157; s u Rz 42f. 63 Linke, IZPR, Rz 43. 64 BGHZ 72, 23, 28 = NJW 1978, 1975; Palandt/Heinrichs, 65. Aufl, § 204 Rz 3; MüKo/Grothe, 4. Aufl, Bd 1a, § 204 Rz 4. 65 BGH RIW 2004, 147.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

§5

Die jeweilige lex fori bestimmt, wie weit der Rechtsstreit von einer Einzel- 51 partei oder von einer Parteienmehrheit (Streitgenossen) geführt werden kann und muss sowie darüber, ob und in welchen Formen Dritte sich am Rechtsstreit beteiligen können. Die deutsche Streitverkündung und Nebenintervention sind danach un- 52 abhängig davon zulässig, in welchem Land der Dritte seinen Wohnsitz/Sitz hat.66 Art 65 I 2 EuGVO bzw Art V (1) S 2 des Protokolls Nr 1 zum LugÜ sehen ausdrücklich vor, dass die anderen Vertragsstaaten die in Deutschland eintretende Interventions- und Streitverkündungswirkung anerkennen. Umgekehrt ist eine Interventionswirkung in einem ausländischen Vorprozess im Inland anzuerkennen, wenn die Voraussetzungen des § 328 I Nr 2 ZPO gegenüber dem Dritten erfüllt sind und die Entscheidung selbst im Inland anzuerkennen ist.67 Die Streitverkündung ist unzulässig und ohne Wirkung, wenn sie durch Par- 53 teivereinbarung ausgeschlossen wurde.68 Eine Gerichtsstandsvereinbarung schließt die Streitverkündung vor einem anderen Gericht grds. nicht aus. Der Streitverkündung des deutschen Rechts entspricht in den USA das 54 vouching-in (tender/notice of defense).69 Der Dritte (vouchee) wird unabhängig von seinem Verhalten und seinem Willen im Verhältnis zur benachrichtigenden Partei an die Urteilsfeststellungen gebunden;70 diese Wirkung (issue preclusion) ist im Inland anzuerkennen,71 und zwar entsprechend dem Recht des Entscheidungsstaates.72 Entsprechendes gilt für Garantieklageurteile in Frankreich oder Urteile auf 55 third party complaint in den USA bzw third party notice in Großbritannien.73 Nach Art 65 II EuGVO bzw Art V (2) S 1 des 1. Protokolls zum LugÜ sind Entscheidungen gegenüber Dritten aufgrund einer Gewährleistungsoder Interventionsklage in Deutschland anzuerkennen. Entsprechendes gilt auch für das autonome deutsche Recht: War das Gericht für den Hauptprozess zuständig, so kommt es für die Anerkennung des Urteils gegenüber dem _______________

66 Vgl OLG Köln RIW 2003, 73; Mansel, in: Hommelhoff, S 161, 187ff. 67 Koch ZVglRWiss 85 (1986), 11, 57; Milleker ZZP 80 (1967), 288; Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994, S 167ff; v Hoffmann/Hau RIW 1997, 89, 93; s u § 11 Rz 22ff. 68 v Hoffmann/Hau RIW 1997, 89, 90; zum türkischen Recht s Pekcanitez ZZP 105 (1992), 469. 69 Vgl W. Lüke, Die Beteiligung Dritter im Zivilprozess, 1993; Götze, Vouching in und Third Party Practice, 1993. 70 Mansel, in: Heldrich/Kono, S 63, 64ff. 71 Mansel, in: Heldrich/Kono, S 73. 72 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 153, 154. 73 Rechtsvergleichender Überblick bei M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994, S 9–134; B. Kraft, Grenzüberschreitende Streitverkündung und Third Party Notice, 1997.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

Dritten nicht darauf an, ob ihm gegenüber ein Gerichtsstand unabhängig vom Hauptprozess begründet war. Jedoch muss dem Dritten die Klage ordnungsgemäß zugestellt worden sein (§ 328 I Nr 2 ZPO).74 56 Manche Länder sehen auch eine Beteiligung des Staatsanwalts in Zivilsachen vor. In Deutschland ist diese seit der Reform des Eheschließungsrechts durch Gesetz vom 4.5.1998 nicht mehr vorgesehen. Doch kann die zuständige Verwaltungsbehörde nunmehr Eheaufhebungsklage erheben (§ 1316 I BGB). 57 Eine Beteiligung Dritter am Verfahren im Allgemeininteresse ist zT für Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vorgesehen (§§ 77, 94 BVerfGG). Das BVerfG hört aber darüber hinaus Fachverbände (im Rahmen einer Beweisaufnahme) an. Eine Beteiligung Dritter als „amicus curiae“, wie sie in den USA üblich ist, ist in Deutschland nicht zulässig.75 Eine Intervention der Bundesrepublik in Zivilverfahren aus völkerrechtlichen Gründen ist in der deutschen ZPO nicht vorgesehen, möglicherweise aber im Ausland.76 In geeigneten Fällen kann das Gericht freilich das Auswärtige Amt um amtliche Auskunft (§ 273 II Nr 2 ZPO) ersuchen. 7. Unklagbarkeit 58 Schrifttum: Ebke, Die Rechtsprechung zur Unklagbarkeit gemäß Art VIII Abschn 2 (b) S 1 IWF-Übereinkommen, WM 1993, 1169; Fuchs, Auf dem Weg zur engen Auslegung des Art VIII 2 b) IWF-Abkommen, IPRax 1995, 82; Gehrlein, Ausschluss der Klagbarkeit einer Forderung kraft IWF-Übereinkommen, DB 1995, 129; Schoch, Klagbarkeit, Prozessanspruch und Beweis im Licht des internationalen Rechts, 1934.

59 Bei der Unklagbarkeit ist entscheidend, ob sie eine rein prozessuale Sperre der Rechtsverfolgung sein soll oder ob es sich (wie zumeist) nur um eine Abschwächung des materiellen Anspruchs handelt. Letztere ist nach der lex causae zu beurteilen.77 a) Klagefristen 60 Das deutsche Recht kennt Klagefristen (neben den Verjährungsfristen) im Allgemeinen nicht. Lediglich in einzelnen internationalen Übereinkommen sind Klagefristen enthalten, zB in Art 29 WA 1955 (zwei Jahre ab Ankunft des Luftfahrzeugs am Bestimmungsort oder Abbruch der Beförderung), Art _______________

74 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 ZPO Rz 154; M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, S 146ff. 75 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 51 Rz 38; vgl Hirte, Der amicus curiae-Brief, ZZP 104 (1991), 11; Heidenberger RIW 1996, 918; Otte DAJV-NL 1990, 37. 76 Kilgus RIW 1997, 14. 77 Böhm, FS Fasching, 1988, S 107, 124; Rauscher S 2; vgl Schoch S 59ff.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

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VIII S 2 Intern. Übereinkommen von 1984 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden78 sowie in Art 20 I UN-Convention on the Carriage of Goods by Sea (vom 31.3.1978).79 b) Forderungen aus internationalen Devisenverträgen Verstoßen diese gegen die Bestimmungen eines Mitglieds des internationa- 61 len Währungsfonds, so sind sie nach Art VIII (2) (b) des IWF-Abkommens „unenforceable in the territories of any member“. Nach der bisher herrschenden Meinung ist das Wort „unenforceable“ als Unklagbarkeit iS des Fehlens einer Prozessvoraussetzung zu verstehen.80 Nach neuerer Ansicht sollte der Terminus dagegen materiellrechtlich iS von 62 Vertragsnichtigkeit81 oder einer unklagbaren obligatio naturalis ausgelegt werden.82 Auf diese Weise würde die deutsche Auslegung sich stärker dem noch engeren Verständnis dieser Bestimmung durch die amerikanischen und englischen Gerichte annähern, die den Einwand nur auf Einrede beachtet.83 Unabhängig davon hat der BGH den Anwendungsbereich von Art VIII 2 (b) 63 IWF-Übereinkommen eingeschränkt. Danach sind nur Geschäfte des laufenden Zahlungsverkehrs, nicht aber Kapitalübertragungen zur Investition von der Regelung erfasst.84 Außerdem beziehe sich die Bestimmung nur auf Devisenkontrollbestimmungen, die mit Zustimmung des Internationalen Währungsfonds eingeführt worden seien.85 8. Fremdwährungsklagen Schrifttum: F. Arend, Zahlungsverbindlichkeiten in fremder Währung, 1989, S 146ff; 64 Bachmann, Fremdwährungsschulden in der Zwangsvollstreckung, 1994; V. Black, Foreign Currency Obligations in Private International Law, RdC 302 (2003), 9; Foreign Currency Judgments, 1985 Report of the Committee on Foreign and Comparative Law, 18 Inl.L. & Politics [1986], 791; H. Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, 1999, S 678ff.; P. Hay, Fremdwährungsansprüche und -urteile nach dem US-amerikanischen Uniform Act, RIW 1995, 113; Schefold, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd. III, 2. Aufl 2001, S 3879; K. Schmidt, Fremdwährungs_______________

78 BGBl 1988 II, 825, 833. 79 ILM 17 (1978), 608, 621. 80 BGHZ 116, 77, 84 = NJW 1991, 3095 = ZZP 104 (1991), 449 mit Anm H. Roth; Ehricke RIW 1991, 365, 370f; Gehrlein DB 1995, 129, 131ff; vgl Unteregge, Ausländisches Devisenrecht und internationale Kreditverträge, 1991, S 49ff. 81 So Mann JZ 1981, 327, 328. 82 So Ebke RIW 1991, 1, 6; ders JZ 1991, 335; ders RIW 1993, 613, 624f. 83 Vgl Ehricke RIW 1991, 365, 370; Klein, FS Lalive, 1993, S 261. 84 BGH RIW 1994, 151 = IPRax 1995, 110 (dazu Fuchs S 82); vgl Ebenroth/Müller RIW 1994, 269. 85 BGH RIW 1994, 327.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

schuld und Fremdwährungsklage, ZZP 98 (1985), 32; St. Steenken, Fremdwährungsschulden im deutschen und englischen Recht, 1992, S 85ff, 172ff.

65 Ob auf Leistung in einer Auslandswährung geklagt werden kann, entscheidet die jeweilige lex fori. In den USA mussten lange Zeit alle Klagen auf US-Dollar lauten.86 New York hat sein Recht als erster US-amerikanischer Bundesstaat 1987 geändert und lässt seither Klagen und Urteile in ausländischer Währung zu (N.Y.Jud.Law § 27 [b]).87 Die Umrechnung in US-Dollar findet auf den Tag des Urteilserlasses („judgment date rule“) statt. Die meisten US-Staaten folgen inzwischen der New York rule.88 66 Andere US-Staaten stellen auf den Tag ab, an dem die Zahlung hätte geleistet werden sollen („breach day rule“). Der Uniform Foreign-Money Claims Act von 1989 sieht ebenfalls vor, dass auf Leistung in einer bestimmten Fremdwährung geklagt und ein entsprechendes Urteil ergehen kann. Die Umrechnung in Dollar findet aber in Abkehr auf den Tag der Zahlung („payment day rule“), genauer: zu der banküblichen „spot rate of exchange“ gegen Geschäftsschluss am Tag vor der Zahlung oder Aufrechnung statt (§§ 1 [3]; 7 [d] Foreign Money Claims Act). Dieses Modellgesetz gilt inzwischen in Kalifornien, Colorado, Connecticut, Hawai, Illinois, Minnesota, Montana, Nevada, New Jersey, New Mexico, North Dakota, Oregon, Utah, Virgin Islands, Virginia, Washington und Wisconsin.89 67 In England und Schottland sind Klagen und Urteile in Fremdwährung schon seit einiger Zeit allgemein zulässig.90 68 Das deutsche Recht kennt keine Einschränkungen für Klage und Urteil auf Zahlung in einer ausländischen Währung.91 Bei einfachen Fremdwährungsschulden, die auch in Inlandswährung erfüllt werden können, genügt ein Klageantrag, der der Ersetzungsbefugnis nach § 244 I BGB Rechnung trägt, dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 II Nr 2 ZPO.92 Bei effektiver Fremdwährungsschuld kann und muss der Klageantrag auf fremde Währung lauten.93 _______________

86 87 88 89 90

91 92 93

Mann, The legal aspects of money, 3. Aufl 1982, S 298. Vgl J. Freeman Int.Lawyer 23 (1989), 737. Newman/Burrows, Practice of International Litigation, 2nd ed 1998, IV–37. Uniform Laws Ann Vol 13, Cum. Annual Pocket Part 1994, 42; vgl Hay RIW 1995, 113, 114. Miliangos v George Frank Textiles [1976] A.C. 443 (H.L.); Bachmann S 29ff; Dicey & Morris, 13th ed, Rule 211 (1), S 1604ff; Jacob, Private international litigation, 1988, S 267ff; Steenken S 173ff; Maher ICLQ 44 (1995), 72. K. Schmidt ZZP 98 (1985), 32, 41; Grothe S 679ff. Bachmann, Fremdwährungsschulden, S 26f; Schefold § 115 Rz 362, 369f. Schefold § 115 Rz 364.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

§5

Ein Mahnbescheid kann dagegen grundsätzlich nur in inländischer Währung 69 beantragt werden (§ 688 I ZPO). Ein Anspruch in ausländischer Währung kann aber für das Mahnverfahren in inländische Währung umgerechnet geltend gemacht werden.94 Ist der Mahnbescheid in einem Mitgliedstaat der EU bzw in einem Vertragsstaat zuzustellen, auf das das AVAG nach § 1 anzuwenden ist, so kann darin auch Zahlung in deren Währung verlangt werden (§ 688 III ZPO; § 32 I 2 AVAG). Außer gegenüber den EU- und den EFTAStaaten besteht diese Möglichkeit daher gegenüber Israel, in Unterhaltssachen auch gegenüber Polen, der Slowakei, Tschechien und der Türkei als Vertragsstaaten des HUVÜ 1973. Nach § 244 I BGB kann der Schuldner im Inland im Zweifel statt in auslän- 70 discher auch in inländischer Währung leisten. Lautet die Klage auf Zahlung in einer ausländischen Währung, so darf das Gericht nach § 308 I 1 ZPO nicht zur Zahlung in Euro95 oder in einer anderen ausländischen Währung96 verurteilen. Der Fremdwährungsgläubiger erhält also bei begründeter Klage stets einen Fremdwährungstitel.97 Der Gläubiger kann natürlich auch eine Verurteilung beantragen, wonach dem Schuldner nachgelassen wird, statt in Fremdwährung in Euro zu zahlen.98 Verlangt der Kläger Zahlung in schuldfremder Währung, ist die Klage unbegründet. Ein nachträglicher Übergang zu einer anderen (der richtigen) Währung ist (sachdienliche) Klageänderung (§ 263 ZPO). Gegebenenfalls hat das Gericht auf Stellung eines sachdienlichen Antrags hinzuwirken (§ 139 ZPO).99 Bei einem Urteil auf Leistung in ausländischer Währung ist ggf entgegenstehendes ausländisches Devisenrecht zu beachten, da der Schuldner nicht zu einer unmöglichen Leistung verurteilt werden darf.100 Wird eine Zahlungsklage in einer bestimmten Währung rechtskräftig abgewiesen, so ist der Kläger nicht gehindert, aufgrund desselben Sachverhalts Leistung in einer anderen Währung zu verlangen.101 Der Streitwert der Klage ist stets durch Umrechnung in Euro nach dem Kurs 71 zz der Einreichung der Klage zu bestimmen (§§ 3, 4 I ZPO). Sicherheit kann grundsätzlich auch in ausländischer Währung gestattet werden (§ 108 ZPO); eine Hinterlegung von Devisen ist aber wegen Kursschwankungen und des entstehenden Zinsverlustes unzweckmäßig. _______________

94 BGHZ 104, 268, 273 = NJW 1988, 1964; vgl Grothe S 683ff; Schefold § 115 Rz 380ff. 95 Noch zur DM: BGH IPRax 1994, 366; MüKo/Lüke, 2. Aufl, § 253 ZPO Rz 98; Arend S 148ff. 96 Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, IPRax 1994, 346/47. 97 Grothe S 689. 98 Grothe S 690. 99 Grothe S 712ff. 100 Arend, Zahlungsverbindlichkeiten, S 163ff. 101 Arend S 163ff.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

72 Die Zulässigkeit einer Aufrechnung bzw Verrechnung im Prozess zwischen währungsverschiedenen Forderungen hängt dagegen davon ab, ob es sich um einfache Fremdwährungsschulden (dann ja) oder um effektive Valutaschulden (dann nein) handelt.102 Zweifelhaft ist freilich, ob die Forderungen zum Kurs am Tag der Urteilsverkündung (bzw der letzten mündlichen Verhandlung) oder am Tag des Eintritts der Aufrechnungslage zu verrechnen sind.103 73 Währungsbeschränkungen. Sie können Einfluss auf die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Verbindlichkeit und die Möglichkeit ihrer Erfüllung haben. Solche Regeln sind grundsätzlich zu beachten. Der Gläubiger kann Erfüllung entsprechend den Währungsgesetzen des Landes des Erfüllungsortes verlangen; der Schuldner kann sich grundsätzlich nicht darauf berufen, dass der amtliche Kurs oder die sonstigen Beschränkungen nicht den realen Wertverhältnissen entsprechen. Grenzen ergeben sich lediglich aus dem ordre public-Vorbehalt (Art 6 EGBGB).104 9. Internationale Familien- und Kindschaftsverfahren 74 Schrifttum: M. Andrae, Internationales Familienrecht, 1999; Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozess (Kap. II 20), 15. Aufl 2006; Einhorn, Jewish Divorce in the International Arena, Liber amicorum Siehr, 2000, S 135; Elwan/Ost, Die Scheidung deutschjordanischer Ehen vor deutschen Gerichten, IPRax 1996, 389; Gamillscheg, Die „wesenseigene Zuständigkeit“ bei der Scheidung von Ausländern, FS Dölle, Bd II, 1963, S 289; Gottwald, Deutsche Probleme internationaler Familienverfahren, FS Nakamura, 1996, S 187; Graf, Die internationale Verbundszuständigkeit, 1984; Grasmann, Relevanz ausländischen Prozessrechts in Ehesachen, ZZP 83 (1970), 214; Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl 2000; ders, Internationales Scheidungsrecht, 2. Aufl 2005; Ch. Herfarth, Die Scheidung nach jüdischem Recht im internationalen Zivilverfahrensrecht, 2000; Hohloch/Androulidakis-Dimitriadis ua, Internationales Scheidungs- und Scheidungsfolgenrecht, 1998; Jacob, Private International Litigation, 1988, S 371ff; Jayme, Religiöses Recht vor staatlichen Gerichten, 1999; Kilian, Aktuelle Probleme der internationalen Zuständigkeit in Ehesachen, § 606a ZPO, IPRax 1995, 9; Klingelhöffer, Ehelichkeitsanfechtung im deutsch-österreichischen Verhältnis, IPRax 1993, 167; Koutsouradis, Die Ehestreitigkeiten nach griechischem Zivilprozessrecht, FS Mitsopoulos, 1993, S 737; Lüderitz, „Talaq“ vor deutschen Gerichten, FS Baumgärtel, 1990, S 333; D. MacDougall, Transnational Litigation in Family Matters, in: N. Lowe/G. Douglas, Families across Frontiers, 1996, 63; Marcks, Daten internationaler Abkommen zum Familienrecht, 1994 (S 253ff); Oellrich, Familiensachen mit Auslandsberührung, 1992; Passauer, Rechtsprobleme in Familiensachen mit polnischen Parteien, FamRZ 1990, 14; Rahm/Künkel, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, 4. Aufl (Loseblatt) (VIII. Kap. Verfahren mit Auslandsberührung, bearb. von Breuer und Paetzold); Schnorr, Grenzüberschreitende Familienverfahren, IPRax 1994, 340; Schwab/Maurer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl _______________

102 Vgl Grothe IPRax 1994, 346, 349; K. Schmidt ZZP 98 (1985), 32, 39. 103 Vgl Steenken, Fremdwährungsschulden, S 74ff, 154ff. 104 Vgl BGH FamRZ 1990, 292 = ZZP 103 (1990), 471 (Geimer); W. Ebke, Internationales Devisenrecht, 1991; differenzierend: Grothe S 763ff.

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2004 (Teil I L – Internationales Verfahrensrecht); Siehr, Die Berücksichtigung religiösen Rechts bei gerichtlicher Scheidung jüdischer Ehepaare, FS Schlosser, 2005, S 877; Staudinger/Spellenberg, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen, 14. Bearb 2005; K. Wähler, Islamische talaq-Scheidungen vor deutschen Gerichten, in: Islamisches und arabisches Recht als Problem der Rechtsanwendung, Symposium für Elwan, 2001, S 113; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl 2004 (§ 7: Auslandsberührung).

a) Eheverfahren Auch für internationale Scheidungsverfahren gilt der Grundsatz der lex 75 fori.105 Das Verfahren wird folglich durch Antrag eingeleitet. Jedoch ist das Verfahren soweit nötig an ein ausländisches Scheidungsstatut anzupassen, damit nach Möglichkeit eine im Heimatstaat wirksame Scheidung erfolgt.106 Die Einhaltung einer Versöhnungsfrist für eine einverständliche Scheidung (zB nach Art 1776 franz. CC) ist zu beachten, wenn davon die Anerkennung des Scheidungsurteils im Heimatstaat (§ 606a I Nr 4 ZPO) abhängt.107 Der Sühneversuch, der in manchen Staaten zwingend vorgesehen ist, hat 76 nicht nur materiellen, sondern vorwiegend verfahrensrechtlichen Charakter. Er muss deshalb im Inland nicht notwendig durchgeführt werden. Hängt jedoch die Anerkennung der deutschen Entscheidung im Heimatstaat davon ab, so ist der formelle Sühneversuch, ggf unter Bestellung eines „Verteidigers der Ehe“ (Verwaltungsbehörde) durchzuführen.108 Vorzunehmen ist auch eine nach dem Scheidungsstatut erforderliche (ergebnislose) Aufforderung zur Rückkehr in das eheliche Heim.109 Die Aussetzung des Verfahrens als Mittel der Wiederversöhnung ist (soweit zwingend) ebenfalls zu beachten.110 Gleiches gilt für eine etwa nach Heimatrecht erforderliche Mitwirkung des 77 Staatsanwalts.111 Soweit notwendig ist dazu die nach § 1316 I Nr 1 BGB durch Landesrecht bestimmte Verwaltungsbehörde beizuladen.112 Anders als früher ist die Mitwirkung in Italien113 und Portugal keine Voraussetzung für die Anerkennung des deutschen Scheidungsurteils mehr.

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105 106 107 108 109 110 111 112 113

Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 144. Schwab/Maurer I 1169ff. Grundmann, Qualifikation gegen die Sachnorm, 1985, S 165ff. OLG Bremen IPRax 1985, 47; Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 144f; Gamillscheg, FS Dölle II, S 289, 303f. Vgl Gamillscheg, FS Dölle II, S 289, 305. Gamillscheg, FS Dölle II, S 289, 306. Vgl OLG Frankfurt FamRZ 1984, 59; Gottwald, Der Ausländer im Prozess, in: Habscheid/Beys, Grundfragen des ZPR, 1987/91, S 1, 89f. Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 606a Rz 15. OLG Karlsruhe IPRax 1982, 75.

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78 Soweit nach dem Scheidungsstatut ein Schuldausspruch vorgesehen ist, ist dieser in den Tenor des Scheidungsurteils aufzunehmen.114 Grasmann115 führte einen anderen Fall an: Lediglich um die Anerkennung eines deutschen Scheidungsurteils in Belgien zu erreichen, wurde auf die Kinder der Eheleute als Zeugen verzichtet.116 79 Wird ein Scheidungsurteil nach Heimatrecht erst mit der Eintragung in ein Register wirksam, so müssen die Parteien diese Eintragung selbständig betreiben. Das deutsche Scheidungsurteil wird im Inland nach allgemeinen Regeln rechtskräftig und damit wirksam. Die Parteien sind aber darauf hinzuweisen, dass sie die Registrierung, ggf innerhalb bestimmter Fristen, betreiben müssen, damit das Urteil auch im Heimatstaat Wirksamkeit erlangt.117 80 Eine nach der Scheidung ggf zu beachtende Wartefrist für eine Wiederverheiratung ist nicht in das Scheidungsurteil aufzunehmen.118 81 Eine einverständliche Scheidung ist entsprechend den Anforderungen des Scheidungsstatuts durchzuführen.119 § 630 ZPO gilt bei Auslandsberührung daher nur, soweit sich die Scheidung nach deutschem Recht richtet.120 Gilt ausländisches Scheidungsstatut, sind dessen Voraussetzungen maßgebend.121 Nach Art 230 franz code civil bedarf es einer Scheidungsvereinbarung, die von den Parteien, den Prozessbevollmächtigten und dem Richter zu unterschreiben ist. Diese materielle Form kann nach Art 11 I EGBGB auch durch die Ortsform ersetzt werden. Nach § 1587o II 1, 2 BGB kann eine Parteivereinbarung über den Versorgungsausgleich im Zusammenhang mit der Scheidung entweder in notarieller Form oder in der Form eines Prozessvergleichs (§ 127a BGB; §§ 160 III Nr 1, 278 VI ZPO) abgeschlossen werden. 82 Verfahren zur Trennung von Tisch und Bett, die ein ausländisches Ehelösungsstatut als Vorstufe oder als Ersatz für die Scheidung vorsieht, sind im

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114 BGH FamRZ 1987, 793; OLG Karlsruhe FamRZ 1995, 738; OLG Zweibrücken FamRZ 1997, 430; Stein/Jonas/Schlosser Vor § 606 Rz 17b; Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 145. Zum Vorgehen bei unterlassenem Schuldspruch s OLG Hamm IPRax 2000, 308 (dazu H. Roth S 292). 115 ZZP 83 (1970), 219. 116 Vgl dazu Habscheid FamRZ 1975, 79. 117 Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 145; Schwab/Maurer/Borth, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl 2004, Teil I Rz 1124. 118 Schwab/Maurer/Borth (Fn 117), Teil I Rz 1125. 119 Gamillscheg, FS Dölle II, S 289, 306. 120 Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 146. 121 AmtsG Hamburg IPRax 1983, 74; Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl 2003, § 630 ZPO Rz 20; MüKo/Finger, 2. Aufl, § 630 Rz 4; aA Bergerfurth/Rogner, Der Ehescheidungsprozess, 14. Aufl 2003, Rz 225 (S 322f).

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Inland nach den Regeln über Scheidungsverfahren abzuwickeln.122 Die früher vertretene Ansicht von der „Wesensverschiedenheit“ der Ehetrennung, die deutsche Gerichte nicht aussprechen könnten, ist mit dem Justizanspruch des Ausländers nicht vereinbar. Im Verhältnis zu EU-Staaten widerspricht sie Art 1 I lit a EheGVO. Nach Art 17 II EGBGB kann eine Ehe im Inland nur durch gerichtliches Ur- 83 teil geschieden werden, auch wenn das Scheidungsstatut eine Privatscheidung vorsieht. Soweit eine rein vertragliche Ehelösung zulässig ist, wie etwa in Japan (Art 763ff jap. BGB), werden die Parteien kaum ein deutsches Scheidungsverfahren betreiben. Die Praxis hatte bisher „talaq“-Scheidungen und Rabbinats-Scheidungen vorzunehmen. Da die Ehescheidung als solche von deutschen Gerichten ausgesprochen wird, handelt es sich grundsätzlich um keine „wesensfremde“ Tätigkeit, die aus der Zuständigkeit der deutschen Gerichte herausfiele.123 Wie bei einer talaq-Scheidung vorzugehen ist, ist streitig. Vereinzelt wurde 84 die Ehe aufgrund der vom Ehemann in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Verstoßungserklärung geschieden.124 Die einseitige Verstoßung durch den Mann ist aber mit Art 3 II GG und dem deutschen ordre public nur schwer vereinbar. Deshalb ist zunächst das Einverständnis der Ehefrau mit der Scheidung vor deren Ausspruch durch Urteil festzustellen oder zu prüfen, ob eine Scheidung auch nach deutschem Recht möglich wäre. Eine gleichzeitige Scheidung in den Formen des Heimatrechts ist nicht erforderlich. Wollen die Eheleute sicherstellen, dass sie auch im Heimatland geschieden sind, so können und müssen sie das entsprechende Verfahren außerhalb und parallel zum inländischen Scheidungsverfahren betreiben.125 In Zweifelsfällen kann das inländische Verfahren zudem zunächst nach § 614 II bzw § 148 ZPO ausgesetzt werden. Ganz verweigert werden darf die Inlandsscheidung jedoch nicht.126 Für den Fall der Rabbinats-Scheidung hat das KG dagegen ein Vorgehen ohne 85 Rücksicht auf die Formen des Scheidungsstatuts abgelehnt. Das jüdische Scheidungsstatut entscheide auch über die Scheidungsform; Sachrecht und Verfahren (Übergabe des Scheidebriefs unter Aufsicht des Rabbinatsgerichts) dürften nicht getrennt werden. Das deutsche Gericht könne die Scheidungs_______________

122 BGHZ 47, 324 = NJW 1967, 2109 = JZ 1967, 671 (Heldrich); BGH IPRax 1985, 40 (Jayme S 23). 123 So aber für die talaq-Scheidung Beitzke IPRax 1993, 231, 234. 124 OLG München IPRax 1989, 238, 241 (Jayme S 223). 125 Vgl MüKo/Winkler v Mohrenfels, 4. Aufl 2006, Art 17 EGBGB Rz 108f; Wähler, Symposium Elwan, S 113, 119; Staudinger/Mankowski (2003) Art 17 EGBGB Rz 63ff. 126 So aber KG IPRax 2000, 126 (Scheidung nach iran. Recht durch talaq, hilfsweise durch den Sharia-Richter) (dazu krit. Herfarth S 101).

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

zeremonie als statusändernden Akt nicht herbeiführen, dieser sei als religiöse Handlung dem deutschen Gericht „völlig wesensfremd“; deshalb entfalle die an sich nach § 606a I Nr 2 ZPO gegebene Zuständigkeit.127 Sachgerechter erscheint auch hier, die Zulässigkeit des Verfahrens zu bejahen, das Scheidungsurteil aber erst zu erlassen, wenn die religiöse Scheidung bereits vorliegt.128 b) Scheidungsfolgen 86 Zweifel bestehen in der Praxis, in welcher Verfahrensart und vor welchem Gericht über familienrechtliche Ansprüche nach ausländischem Recht zu entscheiden ist, die nicht in den §§ 606, 621 ZPO bzw § 23b GVG aufgeführt sind. Ob ein Verfahrensgegenstand Familiensache iS des § 23b GVG ist, bestimmt die deutsche lex fori.129 Weitgehend unstreitig ist, dass auf Ehetrennung („Trennung von Tisch und Bett“) geklagt werden kann,130 das Verfahren als eine Art Vorstufe zur Scheidung als Ehesache zu behandeln ist131 und insoweit mit Folgesachen auch ein Verbundverfahren analog § 623 ZPO stattfindet.132 87 Im Inland kann auch auf Auflösung einer im Ausland wirksam registrierten Lebenspartnerschaft geklagt werden.133 Zumindest seitdem das deutsche Recht selbst Verfahren zur Aufhebung einer Lebenspartnerschaft kennt (§ 661 I Nr 1 ZPO), bestehen hiergegen keine Bedenken. 88 Auch bei den anderen Familiensachen sind funktional vergleichbare Streitigkeiten ebenfalls als Familiensache einzuordnen. Der Anspruch auf Leistung einer Morgengabe ist danach als Familiensache zu behandeln.134 89 Zweifelhaft ist, ob der Anspruch auf Rückgabe in die Ehe eingebrachter persönlicher Gegenstände eine güterrechtliche Streitigkeit (§ 23b I 2 Nr 9 GVG bzw § 621 I Nr 8 ZPO) ist. Die hM verneint dies,135 obwohl das Familiengericht ausdrücklich zuständig ist, bei Anhängigkeit einer Familiensache eine _______________

127 KG FamRZ 1994, 839. 128 Vgl New York State, Domestic Relations Law § 253. Für eine ähnliche „Anpassungslösung“ im deutschen Recht Herfarth S 245ff; vgl auch Gamillscheg, FS Dölle II, S 289, 313ff; Einhorn, Liber amicorum Siehr, S 135. 129 OLG Hamm FamRZ 1993, 211. 130 BGHZ 47, 324 = NJW 1967, 2109; BGH FamRZ 1987, 792; s o Rz 69. 131 MüKo/Bernreuther, 2. Aufl, § 606a ZPO Rz 6ff. 132 OLG Frankfurt FamRZ 1994, 715; Stein/Jonas/Schlosser § 623 Rz 21; Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 147; aA OLG Frankfurt FamRZ 1995, 375; Schwab/Maurer, 4. Aufl, I 44, 1104; für Verbund auf Antrag: Rahm/Künkel/ Breuer VIII 156. 133 Ablehn. noch Nordhues DRiZ 1991, 136. 134 MüKo/Bernreuther, 2. Aufl, § 621 ZPO Rz 108. 135 OLG Frankfurt FamRZ 1989, 75; OLG Hamm FamRZ 1993, 211; OLG Stuttgart FamRZ 1997, 1085; krit. Krüger, GS Lüderitz, 2000, S 415, 416.

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Besonderheiten von Klagen mit Auslandsbezug

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entsprechende einstweilige Anordnung zu erlassen (§ 620 Nr 8 ZPO). Nicht in die Zuständigkeit des Familiengerichts fallen nach türkischem Recht bestehende Ansprüche auf Zuweisung von Hausratsgegenständen nach Scheidung noch ein Anspruch auf Herausgabe der Aussteuer.136 In die Zuständigkeit der allgemeinen Zivilgerichte fallen auch Ansprüche aus dem Widerruf von Schenkungen unter Ehegatten.137 Schließlich ist ein deutsches Gericht nicht für eine Klage auf Trennungsunterhalt zuständig, wenn darüber ein französisches Tribunal de Grande Instance bereits eine ordonnance de non conciliation contradictoire erlassen hat.138 Der Unterhaltsanspruch des Kindes kann in Fällen mit Auslandsberührung 90 vom Ehegatten nicht stets in gesetzlicher Prozessstandschaft nach § 1629 III BGB eingeklagt werden, sondern nur soweit deutsches Recht Unterhaltsstatut ist (Art 18 VI Nr 2 EGBGB; Art 10 Nr 2 HUÜ 1973). Generell entscheidend ist danach, wer nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes dieses vertreten kann.139 Ob es eine Wohnungszuweisung nach Scheidung gibt (§ 23b I Nr 8 GVG), 91 richtet sich grundsätzlich nach dem Scheidungsstatut (Art 17 EGBGB).140 Doch sollte die Wohnungszuweisung stets im Verbundverfahren (im Zusammenhang mit der Unterhaltsregelung oder der güterrechtlichen Auseinandersetzung) möglich sein, unabhängig davon, wie der Anspruch nach dem Scheidungsstatut eingeordnet wird.141 Verbundzuständigkeit. Ist ein deutsches Gericht für die Ehesache internatio- 92 nal zuständig, so ist es über § 621 II, III ZPO auch für andere Familiensachen im Rahmen eines möglichen Verbundverfahrens international zuständig. Nach der ausdrücklichen Einschränkung in § 621 II ZPO ist diese Zuständigkeit aber international nicht ausschließlich. Vorrang haben zudem europäische Regeln oder internationale Übereinkommen, etwa für Unterhaltssachen Art 5 Nr 2 EuGVO bzw LugÜ142 und für Sorgerechtssachen die EheGVO (Art 12 I) und, soweit diese nicht eingreift, das Haager Minderjährigenschutzabkommen (MSA). Soweit danach keine Zuständigkeit besteht, ist der Verbund aufgehoben.143 _______________

136 137 138 139 140 141

OLG Köln FamRZ 1994, 1476. BGH NJW 1980, 193; OLG Köln FamRZ 1995, 236. OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 1477. Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 199. Vgl Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 191f. OLG Düsseldorf FamRZ 1995, 1280; Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 192; Gottwald, FS Nakamura, S 188, 197f; vgl aber OLG Karlsruhe IPRax 2001, 51 (mit Anm D.H.). 142 Vgl Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Aufl 2004, § 165 Rz 41f. 143 Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 205; Rauscher S 88.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

93 Auch in Familiensachen mit Auslandsberührung findet nach § 623 ZPO ein Verbundverfahren iS einer Zuständigkeitskonzentration statt.144 Dagegen richtet sich der Umfang des konkreten Entscheidungsverbundes nach dem Scheidungsstatut.145 Sinngemäß ist daher auch über dem deutschen Recht unbekannte Scheidungsfolgen im Verbund zu entscheiden.146 Das Scheidungsstatut entscheidet auch darüber, ob der Verbund von Amts wegen oder nur auf Antrag eintritt.147 c) Rechtshängigkeit in Familiensachen 94 Für die Beachtung der Rechtshängigkeit im Ausland ist zwischen dem europäischen und dem autonomen deutschen Recht zu unterscheiden. Im Rahmen von Art 19 EheGVO sperrt jedes zuerst eingeleitete Verfahren jedes weitere, auch wenn es um verschiedene eheliche Ansprüche geht (Art 19 I EheGVO). Lediglich bei Streit um die elterliche Sorge ist Anspruchsidentität erforderlich (Art 19 II EheGVO) (s u Rz 210).148 Im Bereich des autonomen Rechts ist die Rechtshängigkeit im Ausland dagegen nach allgemeinen Regeln zu beachten.149 Der dabei notwendigen Anerkennungsprognose steht Art 7 § 1 FamRÄndG nicht entgegen.150 Die Sperrwirkung tritt danach nur zum gleichen Streitgegenstand ein. Ein ausländisches Ehenichtigkeitsverfahren hindert daher nicht ein inländisches Scheidungsverfahren.151 Beachtlich ist auch die ausländische Rechtshängigkeit bei einem religiösen Gericht, wenn das Scheidungsstatut eine Privatscheidung vorsieht.152 Ist aber deutsches Recht Scheidungsstatut, so scheidet die Anerkennung einer Privatscheidung nach IPR aus; die „Rechtshängigkeit“ des Scheidungsverfahrens vor einem religiösen Gericht ist dann irrelevant.153 95 Ausnahmsweise kann die Sperrwirkung der ausländischen Rechtshängigkeit gegenüber einem inländischen Scheidungsbegehren entfallen, wenn der deutsche Ehegatte sonst eine unzumutbare Beeinträchtigung seines Rechtsschutzes erleiden würde.154 _______________

144 OLG Frankfurt FamRZ 1983, 728; Schwab/Maurer I 1152; zum Versorgungsausgleich s R. Wagner, Versorgungsausgleich mit Auslandsberührung, 1996, Rz 14ff. 145 Grundmann, Qualifikation gegen die Sachnorm, 1985, S 159; s o Rz 77. 146 MüKo/Finger, 2. Aufl, § 623 Rz 5. 147 Stein/Jonas/Schlosser § 623 Rz 22. 148 Vgl Gruber, in: AnwK-BGB, Anh I zum III. Abschnitt EGBGB, Art 19 EheVO 2003 Rz 1ff, 7f, 11f. 149 BGH FamRZ 1994, 434; 1992, 1058/59; s u Rz 200ff. 150 BGH IPRax 1984, 152. 151 OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 47; Zur Sperrwirkung eines ausländischen Verbundverfahrens s OLG München IPRax 1992, 174 (dazu Linke S 159). 152 Vgl BGH IPRax 1995, 111 (dazu Henrich S 86). 153 BGH FamRZ 1994, 434 – Rabbinatsgericht. 154 BGH IPRax 1984, 152 (krit. Luther S 141); Schumann IPRax 1986, 14.

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§5

Ausländische Rechtshängigkeit

Die Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens im Ausland sperrt nicht inländische Regelungen anderer Familiensachen, solange diese nicht selbst im Ausland in anerkennungsfähiger Weise rechtshängig sind.155 d) Kindschaftssachen Die Vaterschaftsfeststellung findet in Deutschland ausschließlich nach der 96 lex fori statt. Im Heimatland (lex causae) geltende Verbote der Vaterschaftsfeststellung oder Beschränkungen, wie zB nach Art 340 II franz. NCPC, wonach der Nachweis der nichtehelichen Vaterschaft nur erbracht werden kann, wenn nach der Klage schwerwiegende (Anfangs-)Vermutungen bzw Indizien dafür sprechen, sind in Deutschland unbeachtlich. Bei einem ausländischen Kind kann es entgegen § 653 ZPO keine Verbin- 97 dung von Vaterschaftsfeststellung mit der Verurteilung zur Zahlung des Regelbetrags-Unterhalts geben, wenn das Unterhaltsstatut das Institut des Regelbetrags-Unterhalts nicht kennt.156 Frei

98–199

II. Ausländische Rechtshängigkeit Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtshängigkeit nach europäischem Zivilprozessrecht . . . . a) Zivil- und Handelssachen . . . b) Ehe- und Sorgerechtssachen . . 3. Ausländische Rechtshängigkeit nach autonomem deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . 5. Perpetuatio fori . . . . . . . . . . . . .

. 200 . 201 . 201 . 210

. 212 . 223 . 230

6. Materiellrechtliche Wirkungen der ausländischen Rechtshängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Internationale Rechtshängigkeit nach Einzelverträgen . . . . . . . . . 8. Parallelverfahren im Ausland . . 9. Abgabe oder Verweisung ins Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit eines ausländischen Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11.Prozessunterbrechung durch ausländisches Insolvenzverfahren . .

231 233 237 242

243 244

1. Schrifttum a) Allgemein: Bäumer, Die ausländische Rechtshängigkeit und ihre Auswirkungen auf 200 das internationale Zivilprozessrecht, 1999; A. Buschmann, Rechtshängigkeit im Aus_______________

155 BGH NJW 1986, 662. 156 Vgl OLG Düsseldorf FamRZ 1993, 983 (zu § 643 ZPO aF).

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

land als Verfahrenshindernis, 1996; M. Dogauchi, Parallele Verfahren in Japan und den USA, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilprozessrechts, 1994, S 163; Dohm, Die Einrede ausländischer Rechtshängigkeit im deutschen internationalen Zivilprozess, 1996; Fritze, Doppelte Rechtshängigkeit in USA und Deutschland, FS Vieregge, 1995, S 241; Gaudemet-Tallon, La litispendance internationale dans la jurisprudence française, Mélanges à Holleaux, 1990, S 121; R. Geimer, English Substituted Service and the Race to the Courthouses, FS Schütze, 1999, S 205; ders, Entscheidungsharmonie in Europa per Entscheidungsstop, IPRax 2001, 191; Grolimund, Human rights and jurisdiction: general observations and impact on the doctrines of forum non conveniens and forum conveniens, EurJLawReform 4 (2002), 87; Haas, Rechtshängigkeitssperre und Sachzusammenhang, FS Ishikawa, 2001, S 165; Habscheid, Zur Berücksichtigung der Rechtshängigkeit eines ausländischen Verfahrens, RabelsZ 1967, 254; ders, Bemerkungen zur Rechtshängigkeitsproblematik im Verhältnis der BRD und der Schweiz einerseits und den USA andererseits, FS Zweigert, 1981, S 109; Hau, Positive Kompetenzkonflikte im Internationalen Zivilprozessrecht, 1996, S 112ff; B. Heiderhoff, Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit in Ehescheidungsverfahren, 1998; A. Jaksic, Die Beachtung ausländischer Rechtshängigkeit in Ehesachen, ZfRV 2001, 161 (Jugoslawien); Kaiser/Prager, Rechtshängigkeit im Ausland nach ausländischem Prozessrecht?, RIW 1983, 677; Kerameus, Rechtsvergleichende Bemerkungen zur internationalen Rechtshängigkeit, FS Schwab, 1990, S 257; Kono, Internationale Rechtshängigkeit durch japanische Schlichtungsverfahren?, IPRax 1990, 93; Krusche, Entgegenstehende ausländische Rechtshängigkeit prozessuale Nachteile für deutsche Kläger, MDR 2000, 677; Lagarde, Perpetuatio fori et litispendance en matière internationale, Mélanges à Holleaux, 1990, S 237; Leipold, Internationale Rechtshängigkeit, Streitgegenstand und Rechtsschutzinteresse, GS Arens 1993, S 227; ders, Vom nationalen zum europäischen Zivilprozessrecht, Rechtshängigkeit, Rechtskraft und Urteilskollision, in: Kroeschell/Cordes, Vom nationalen zum transnationalen Recht, 1995, S 67; Linke, Anderweitige Rechtshängigkeit im Ausland und inländischer Justizgewährungsanspruch, IPRax 1994, 17; Mansel, Inländische Rechtshängigkeitssperre durch ausländische Streitverkündungen, IPRax 1990, 214; E. P. Nygh, Forum Non Conveniens and Lis Alibi Pendens: the Australian Experience, Liber amicorum Siehr, 2000, S 511; Pfennig, Zur Vorwirkung bei „Demnächst“-Zustellungen ins Ausland, NJW 1989, 2172; Schlosser, Jurisdiction and international judicial and administrative co-operation, RdC 284 (2000), 53ff; Schütze, Die Wirkungen ausländischer Rechtshängigkeit im inländischen Verfahren, ZZP 104 (1991), 136; Schulte, Die anderweitige (ausländische) Rechtshängigkeit im US-amerikanischen Zivilprozessrecht, 2001; Schumann, Internationale Rechtshängigkeit (Streitanhängigkeit), FS Kralik, 1986, S 301; Teitz, Taking Multiple Bites of the Apple: A proposal to resolve Conflicts of jurisdiction and multiple proceedings, Intern. Lawyer 26 (1992), 21; N. Trocker, Declining Jurisdiction in civil and commercial matters: lis pendens and forum non conveniens, in: Italian National Reports to the XIVth Intern. Congress of Comparative Law, 1994, S 177; O. Vogel, Rechtshängigkeit und materielle Rechtskraft im internationalen Verhältnis, schweizJZ 1990, 77; G. Walter, Lis alibi pendens und forum non conveniens: Von der Konfrontation über die Koordination zur Kooperation, FS Schumann, 2001, S 559; Widmer/Maurenbrecher, What’s Negative about Negative Declarations?, Liber amicorum Th. Bär und R. Karrer, 1997, S 263; M. Wittibschlager, Rechtshängigkeit in internationalen Verhältnissen, 1994.

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Ausländische Rechtshängigkeit

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Leuven/London Principles on Declining and Referring Jurisdiction in Civil and Commercial Matters, International Law Association, Report of the 69th Conference London 2000, 13–18. b) Europäisches Zivilprozessrecht: Beraudo, Convention de Bruxelles du 27 Septembre 1968, Règles de procédure ayant une incidence sur la compétence, Juris-Cl. Procédure Civile Fasc. 52–40, 2000; Berti, Gedanken zur Klageerhebung vor schweizerischen Gerichten nach Artikel 21–23 des Lugano-Übereinkommens, FS Walder, 1994, S 307; A. Gardella/L. Radicati di Brozolo, Civil Law, Common Law and Market Integration: The EC Approach to Conflicts of Jurisdiction, AmJCompL 51 (2003), 611; R. Geimer, Das europäische „Windhundprinzip“. Einige Bemerkungen zu Art 21 EuGVÜ/LugÜ, FS Schweizer, 1999, S 175; ders, Lis pendens in der Europäischen Union, FS Sonnenberger, 2004, S 357; ders, Windhunde und Torpedos unterwegs in Europa, IPRax 2004, 505; Goebel, Europäische Rechtshängigkeit und zivilprozessuales Rechtsmittelrecht nach der ZPO-Reform 2002, ZZPInt 7 (2002), 39; U. P. Gruber, Die „ausländische Rechtshängigkeit“ bei Scheidungsverfahren, FamRZ 1999, 1563; ders, Die neue „europäische Rechtshängigkeit bei Scheidungsverfahren“, FamRZ 2000, 1129; Haas, Rechtshängigkeitssperre und Sachzusammenhang, FS Ishikawa, 2001, S 165; T. Hartley, How to abuse the law and (maybe) come out on top: bad faith proceedings under the Brussels Jurisdiction and Judgments Convention, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 73; ders, Choice-of-court agreements, lis pendens, human rights and the realities of international business: reflections on the Gasser case, Mélanges en l’honneur de Lagarde, 2005, S 383; Hau, Positive Kompetenzkonflikte im internationalen Zivilprozessrecht, 1996, S 112ff; Herzog, Brussels and Lugano, Should you race to the courthouse or race for a judgment?, AmJCompL 43 (1995), 379; Isenburg-Epple, Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit nach dem EuGVÜ, 1992; W. Kennett, Lis alibi pendens – A view from the UK, in: Fentiman, L’espace judiciaire européen, 1999, 103; Koch, Unvereinbare Entscheidungen iS des Art 27 Nr 3 und 5 EuGVÜ und ihre Vermeidung, 1993; Lenenbach, Gerichtsstand des Sachzusammenhangs nach Art 21 EuGVÜ?, EWS 1995, 361; Lüpfert, Konnexität im EuGVÜ, 1997; Lupoi, The new lispendens provisions in the Brussels I and II Regulations, ZZPInt 7 (2002), 149; Makridou, The institutions of lis pendens and related actions according to the Regulation 44/2001, FS Beys, 2003, S 941; M.-R. McGuire, Verfahrenskoordination und Verjährungsunterbrechung im Europäischen Prozessrecht, 2004; dies, Forum Shopping und Verweisung, ZfRV 2005, 83; E. Mittenzwei, Die Verhinderung von Verfahrenskollisionen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 2006; Moustaïra, Forum non conveniens, 1995; A. Nieroba, Die europäische Rechtshängigkeit nach der EuGVVO, 2006; Otte, Umfassende Streitentscheidung durch Beachtung von Sinnzusammenhängen, 1998, S 341ff; ders, Verfahrenskoordination im EuGVÜ: Zur angemessenen Gewichtung von Feststellungs- und Leistungsklage, FS Schütze, 1999, S 619; Otte/Prütting/Dedek, The Grotius Program: Proposals for Amending Article 21 and 22 of the Brussels Convention, EuRPrL 2 (2000), 257; S. Otto, Die subjektiven Grenzen der Rechtshängigkeitssperre im deutschen und europäischen Zivilprozessrecht, Diss. Freiburg 2006; K. Polyzogopoulos, Internationale Zuständigkeit und Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen in der Europäischen Union, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen und internationalen Zivilverfahrensrechts, 2002; H. Prütting, Die Rechtshängigkeit im europäischen Zivilprozessrecht, GS Lüderitz, 2000, S 623; Safferling, Rechtshängigkeit in deutsch-französischen Scheidungsverfahren, 1996; Schütze, Lis pendens and related actions, EurJLawReform 4 (2002), 57; Schütze/Kratzsch, Aussetzung des Verfahrens wegen konnexer Verfahren

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nach Art 22 EuGVÜ, RIW 2000, 939; Simons, Die Identität von Streitgegenstand und Parteien in Art 21 EuGVÜ, Forum des internationalen Rechts 1996, 61; ders, Grenzüberschreitende „Torpedoklagen“, EuLF 2003, 289; Stafyla, Die Rechtshängigkeit des EuGVÜ, 1998; St. Tiefenthaler, Die Streitanhängigkeit nach Art 21 Lugano-Übereinkommen, ZfRV 1997, 67; Wittwer, Einwendungen und Kompensation unter Art 21 EuGVÜ, ELR 2003, 310; Ch. Wolf, Rechtshängigkeit und Verfahrenskonnexität nach EuGVÜ, EuZW 1995, 365; M. Wolf, Einheitliche Urteilsgeltung im EuGVÜ, FS Schwab, 1990, S 561; Zeuner, Zum Verhältnis zwischen internationaler Rechtshängigkeit nach Art 21 EuGVÜ und Rechtshängigkeit nach den Regeln der ZPO, FS G. Lüke, 1997, S 1003; ders, Beobachtungen und Gedanken zum Verhältnis zwischen europarechtlichen Normen und nationalem Recht, FS Bydlinski, 2002, S 495.

2. Rechtshängigkeit nach europäischem Zivilprozessrecht a) Zivil- und Handelssachen 201 Im europäischen Bereich ist die Beachtlichkeit der ausländischen Rechtshängigkeit in den Art 27ff EuGVO bzw Art 21ff LugÜ geregelt. Sowohl Art 27 EuGVO als auch Art 21 LugÜ sehen vor, dass die Klage in einem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat zwischen denselben Parteien wegen desselben Anspruchs stets zu beachten ist. Da die EuGVO bzw LugÜ die Anerkennung des späteren Urteils generell sicherstellen, kommt es auf die internationale Zuständigkeit des ersten Gerichts nicht an, auch ist eine Prüfung der Anerkennungsprognose entbehrlich.157 Nach Art 27 I EuGVO bzw Art 21 I LugÜ setzt das spätere angerufene Gericht sein Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht. Erst wenn diese feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht für unzuständig und weist die Klage ab. Verneint das zuerst angerufene Gericht dagegen seine Zuständigkeit, ist das zweite Verfahren sachlich fortzusetzen. Das Gericht darf ein bei ihm anhängiges Verfahren nicht nach forum non conveniens-Überlegungen an Gerichte eines anderen Staates „abgeben“ (s o § 3 Rz 18). Die Pflicht zur Beachtung der Rechtshängigkeit besteht auch dann, wenn das später angerufene Gericht aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung ausschließlich zuständig ist und das Verfahren in dem zuerst angerufenen Staat unvertretbar lange dauert.158

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157 Otte, Umfassende Streitentscheidung, 1998, S 403f; Geimer IPRax 2001, 191, 192; Piltz NJW 2002, 789, 790. 158 EuGHE 2003, I-14693 (Gasser v MISAT) = IPRax 2004, 243 (dazu Grothe S 205) = ZZPInt 2003, 510 (Otte); J P Morgan Europe v Primacom, English Hight Court, [2006] I.L.Pr. 238; vgl Schilling IPRax 2004, 294; Hartley, Mélanges Paul Lagarde, S 383, 387ff; Thiele RIW 2004, 285.

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Der Begriff „derselbe Anspruch“ ist vertragsautonom auszulegen;159 der EuGH 202 geht also von einem besonderen „europäischen Streitgegenstand“ aus.160 In Gubisch/Palumbo hat er entschieden: „Der Begriff der Rechtshängigkeit im Sinne von Art 21 EuGVÜ umfasst den Fall, dass eine Partei vor dem Gericht eines Vertragsstaats die Feststellung der Unwirksamkeit oder die Auflösung eines internationalen Kaufvertrags begehrt, während eine Klage der anderen Partei auf Erfüllung desselben Vertrags vor dem Gericht eines anderen Staates anhängig ist.“161 Das gleiche gilt, wenn mit der zweiten Klage Rückgewähr erbrachter Leistungen wegen Unwirksamkeit des Vertrages geltend gemacht wird162 (sog Kernpunkttheorie).163 Diese Lehre hat auch für Art 27 EuGVO Gültigkeit. Auf dieser Linie liegt es, dass eine negative Feststellungsklage (sog Torpedo- 203 klage) – anders als nach autonomem deutschem Recht – eine spätere Leistungsklage (vor einem anderen Gericht) sperrt.164 Wechselseitige Klagen auf Aufhebung desselben Vertrages und Schadenersatz haben ebenfalls „denselben Anspruch“.165 Der EuGH hat die Kernpunkttheorie entwickelt, um soweit als möglich den Erlass einander widersprechender Entscheidungen in verschiedenen Mitgliedstaaten (Art 34 Nr 3, 4 EuGVO bzw Art 27 Nr 3, 5 LugÜ) zu verhindern. Aus der Kernpunkttheorie folgt eine Konzentrationslast für alle Verfahren, die in Sachzusammenhang stehen, bei dem zuerst angerufenen Gericht. Für Rechtshängigkeit und Rechtskraft gilt danach im europäischen Bereich jeweils ein anderer Streitgegenstand.

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159 OLG München RIW 2000, 712, 713; Kropholler, 8. Aufl, Art 27 Rz 3; Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 400; Rauscher/Leible Art 27 Brüssel I-VO Rz 8. 160 Wolf EuZW 1995, 365, 367; Gottwald, Symposium Schwab, S 85, 86ff. 161 EuGHE 1987, 4861 (Gubisch v Palumbo) = NJW 1989, 665 = IPRax 1989, 157 (dazu Schack S 140). 162 BGH EWS 1995, 169, 170 = EuZW 1995, 378 (mit Anm Geimer) = IPRax 1996, 192 (dazu Hau S 177). 163 Vgl Gottwald, Symposium Schwab, S 85, 86ff; Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 405ff; Prütting, GS Lüderitz, S 623; Geimer/Schütze Art 27 Rz 29ff; Rauscher/Leible Art 27 Brüssel I-VO Rz 10; Zeuner, FS Bydlinski, S 495, 507ff. 164 EuGHE 1994, I, 5439 (Tatry v Maciej Rataj) = JZ 1995, 616 (dazu P. Huber S 603 u Ch. Wolf EuZW 1995, 365; Schack IPRax 1996, 80); Messier-Dowty Ltd. v Sabena S.A. [2001] I.L.Pr. 38 (English C.A.); OLG Hamm IPRax 1995, 104 (dazu Rüßmann S 76, 78ff; zustim. Hau S 137); BGH ZIP 2002, 725; BGH ZIP 2002, 725; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2694f; krit. Schlosser Art 27 Rz 4; T. Hartley, Mélanges Paul Lagarde, 2005, S 383, 387; ders, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 73; vgl Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen, 2005, S 176ff. 165 OLG München RIW 2000, 712, 713f.

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Trotz der Kritik hieran wegen der langen Verfahrensdauer in manchen Mitgliedsstaaten hat der EuGH an dieser Lehre festgehalten. Die Sperrwirkung entfällt auch nicht bei überlanger Verfahrensdauer.166 204 Art 27 EuGVO bzw Art 21 LugÜ greift ein, unabhängig davon, ob die Parteien in beiden Verfahren in gleicher oder wechselnder Parteirolle auftreten.167 Die Regelung ist auch anwendbar, wenn die Rechtshängigkeit nicht durch Klage, sondern durch Interventionsklage oder durch Streitverkündung nach der jeweiligen lex fori eingetreten ist.168 Ein Hilfsantrag wird bereits mit dem Hauptantrag und nicht erst mit Bedingungseintritt rechtshängig.169 Keine Rechtshängigkeit entsteht dagegen durch Errichtung eines seerechtlichen Haftungsbeschränkungsfonds.170 Auch Einwendungen gegen eine Klage, insb die Erhebung der Aufrechnungseinrede, führen nicht zur Rechtshängigkeit der erhobenen Einwendung.171 205 Zu Art 21 EuGVÜ hatte der EuGH entschieden, dass maßgeblicher Zeitpunkt der Rechtshängigkeit erst die „endgültige“ Rechtshängigkeit nach dem jeweiligen nationalen Prozessrecht ist,172 diese in Deutschland also erst mit Zustellung der Klage an den Beklagten (§ 253 I ZPO) eintritt. Wegen der Schwierigkeiten einer Auslandszustellung eröffnete sich dem Beklagten damit die Möglichkeit, die zuerst eingereichte Klage (von der er formlos Kenntnis hatte) durch Klageerhebung in einem anderen Vertragsstaat, dessen Prozessrecht auf die Einreichung bei Gericht abstellt, zu „überholen“. Diesem ggf missbräuchlichen forum shopping bereitet Art 30 EuGVO ein Ende.173 Danach gilt das Gericht einheitlich bereits als angerufen (1) mit Einreichung der Klage bei Gericht, oder (2) mit Einreichung bei der für die Zustellung an den Beklagten zuständigen Stelle, wenn die Klage erst nach der Zustellung bei Gericht einzureichen ist. In beiden Fällen ist weitere Voraussetzung, dass der Kläger alle ihm obliegenden Maßnahmen trifft, damit die „endgültige Rechtshängigkeit“ herbeigeführt werden kann.

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166 EuGHE 2003, I-14693 (Gasser v MISAT) = IPRax 2004, 243 (dazu Grothe S 205) = ZZPInt 2003, 510 (Otte); aA (arg. Art 6 EMRK) Rauscher/Leible Art 27 Brüssel IVO Rz 18. 167 BGH EWS 1995, 169, 170 = EuZW 1995, 378. 168 Vgl Mansel IPRax 1990, 214, 215. 169 Vgl Vorlagebeschluss OLG Düsseldorf ILPr [2002], 35. 170 EuGHE 2004, I-14693 (Maersk v de Haan) = Rev crit 2005, 118 (Pataut) = IPRax 2006, 262 (dazu Smeele S 229). 171 EuGHE 2003, I-4207 (Gantner v Basch) = IPRax 2003, 443 (dazu Reischl S 426) = ZZPInt 2003, 499 (Hau); vgl Wittwer ELR 2003, 310. 172 EuGHE 1984, 2397 (Zelger v Salinitri) = NJW 1984, 2759. 173 Vgl Markus SZW 1999, 205, 214ff.

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Ausländische Rechtshängigkeit

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Art 27 EuGVO bzw Art 21 LugÜ bezieht sich nur auf anhängige Erkenntnis- 206 verfahren, nicht auf Verfahren der Vollstreckbarerklärung nach Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ.174 Art 28 EuGVO bzw Art 22 EuGVÜ/LugÜ eröffnet die Möglichkeit der Ver- 207 bindung mehrerer im Zusammenhang stehender Klagen, wenn dies nach dem Recht des zuerst angerufenen Gerichts zulässig ist.175 Das zweite Gericht kann sein Verfahren nach seinem Ermessen176 aussetzen (Art 28 I EuGVO bzw Art 22 I LugÜ) und sich für unzuständig erklären (Art 28 II EuGVO bzw Art 22 II LugÜ). Voraussetzung für letzteres ist, dass das konkrete zuerst angerufene Gericht zur Entscheidung des Rechtsstreits zuständig ist. Art 28 EuGVO bzw Art 22 LugÜ enthalten aber keine Regelung der internationalen Zuständigkeit.177 Außerdem muss ein (autonom zu bestimmender) Sachzusammenhang zwi- 208 schen beiden Verfahren bestehen, der eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung als geboten erscheinen lässt, weil sonst die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen entsteht178 (Art 28 III EuGVO bzw Art 22 III LugÜ). Die Verfahren müssen nicht denselben Anspruch und nicht dieselben Parteien betreffen.179 Ein Zusammenhang besteht etwa, wenn Kaufpreisansprüche aus Warenlieferungen geltend gemacht werden, denen Sachmängelansprüche gegenüberstehen.180 Während Art 6 Nr 3 Widerklagen betrifft, die vor demselben Gericht eines Vertragsstaats erhoben werden, erfasst Art 28 III EuGVO bzw Art 22 III LugÜ Klagen, die vor Gerichten von zwei oder mehreren Vertragsstaaten erhoben werden. Der Begriff des Zusammenhangs ist daher in beiden Fällen nicht identisch.181 Nach dem Text des Art 22 LugÜ kommt eine Aussetzung nur in Betracht, 209 wenn das andere Verfahren ebenfalls in erster Instanz schwebt. Doch halten die Cour de Cassation und das OLG Stuttgart dieses Erfordernis zu Recht für verfehlt und haben auch ausgesetzt, wenn Ansprüche erstmals in zweiter Instanz geltend gemacht werden.182 Art 28 EuGVO sieht zu Recht von diesem _______________

174 Zu Art 31ff EuGVÜ: EuGHE 1994, I-117 (Owens Bank v Bracco) = IPRax 1995, 240 (dazu Kaye S 214). 175 Vgl Jose Cardoso de Pina v Ms „Birka“ Beutler Schiffahrts KG, [1994] ILPr 694 (High Court, Q.B.); Schütze RIW/AWD 1975, 543; Geimer WM 1979, 359. 176 OLG Frankfurt IPRax 2001, 227 (dazu Geimer S 191). 177 Cour de Cass., 18.10.1994, [1996] ILPr 133; Cour de Cass. [2001] ILPr 34. 178 Vgl OLG München RIW 2002, 66, 68; Otte, Umfassende Streitentscheidung, S 306ff. 179 OLG Frankfurt IPRax 2001, 227 (dazu Geimer S 191); vgl Ch. Wolf EuZW 1995, 365, 366. 180 Cour d’appel Versailles, EWS 1996, 366. 181 EuGHE 1995, I-2113 (Hengst Import v Campese) = NJW 1996, 42. 182 OLG Stuttgart RIW 2000, 954 (dazu Schütze/Kratzsch S 939); ablehn. OLG München RIW 2002, 66, 68.

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Erfordernis ab und gestattet eine Aussetzung auch, wenn sich das erste Verfahren bereits in einer höheren Instanz befindet.183 b) Ehe- und Sorgerechtssachen 210 Eine einheitliche europäische Regelung der Rechtshängigkeit besteht auch nach Art 19 EheGVO.184 Unter mehreren anhängigen Ehetrennungs- und Sorgerechtsverfahren hat danach das zeitlich erste Verfahren Vorrang. Das zweite Gericht hat sein Verfahren zunächst auszusetzen und sich für unzuständig zu erklären, bis die Zuständigkeit des ersten Gerichts feststeht (Art 19 I, II, III S 1 EheGVO).185 Einer Anerkennungsprognose bedarf es nicht mehr. In Übereinstimmung mit Art 30 EuGVO wird der Zeitpunkt der (ersten) Rechtshängigkeit einheitlich in Art 16 EheGVO festgelegt; entscheidend ist danach die Anhängigkeit von Klage bzw Antrag, dh je nach Verfahrensrecht die Einreichung bei Gericht oder bei der die Zustellung zu bewirkenden Stelle, sofern der Antragsteller alles getan hat, dass der Antrag bzw die Klage zugestellt werden kann.186Die Einleitung eines Sühneverfahrens (in Frankreich requête en divorce) genügt, um Rechtshängigkeit iS der Art 16, 19 EheGVO zu begründen.187 Der Rechtshängigkeitseinwand setzt nicht gleiche Streitgegenstände iS des deutschen Rechts voraus, vielmehr ist nach wohl hM die sog Kernpunkttheorie des EuGH maßgebend.188 Allerdings unterscheidet Art 19 EheGVO in Abs 1 und 2 zwischen Anträgen „auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands und Ungültigerklärung einer Ehe“ und solchen „wegen desselben Anspruchs“ in Sorgerechtssachen, so dass der Anspruchsbegriff zwar in einem engeren Sinn verwendet wird, aber die Rechtshängigkeit über denselben Anspruch hinaus beachtlich ist.189 Einer nach deutschem Recht zulässigen Klage auf Feststellung des Nichtbestehens einer Ehe kommt, da von der EheGVO nicht erfasst, keine Sperrwirkung zu.190

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183 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325, 333; Walter, FS Schumann, S 559, 572f. 184 Vgl Dilger Rz 326–361; (zu „Brüssel II“) Polyzogopoulos, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen, S 144ff; Hausmann EuLF 2000/01, 345. 185 Vgl OLG Zweibrücken FamRZ 2006, 1043. 186 Vgl Dilger Rz 341ff; Gruber FamRZ 2000, 1129, 1133; Hausmann EuLF 2000/01, 345, 346f. 187 Vgl Chorley v Chorley [2005] 1 WLR 1469 (CA); Jayme/Kohler IPRax 2005, 481, 491; Dilger Rz 337. 188 Baumbach/Lauterbach/Albers, Anh I § 606a, Art 11 EheGVVO Rz 6. 189 Vgl AnwK-BGB/Gruber Art 19 Rz 7f. 190 Hausmann EuLF 2000/01, 345, 346; aA AnwK-BGB/Gruber Art 1 Rz 9, Art 19 Rz 10.

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Ausländische Rechtshängigkeit

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Sperrwirkung iS einer Konzentrationslast hat das erste Verfahren, solange es anhängig ist, und zwar auch dann, wenn das Zweitverfahren vor dem Erstgericht noch gar nicht durchgeführt werden kann.191 Die Rechtskraft beurteilt sich weiterhin nach nationalem Recht des Entscheidungsstaates. Nach Abschluss des Erstverfahrens kann also ggf doch im Zweitstaat geklagt werden.192 Die Konkurrenz zwischen Klagen wegen der Verletzung einer Gemein- 211 schaftsmarke und einer nationalen Marke regelt Art 105 der Verordnung (EG) Nr 40/94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke.193 3. Ausländische Rechtshängigkeit nach autonomem deutschen Recht Nach § 261 I ZPO wird die Rechtshängigkeit der Streitsache durch die Er- 212 hebung der Klage begründet und hat die Rechtshängigkeit ua die Wirkung, dass während ihrer Dauer die Streitsache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden kann. Die sog Einrede der Rechtshängigkeit ist als negative Prozessvoraussetzung von Amts wegen zu beachten. Das Problem ist, ob eine Klage vor einem ausländischen Gericht im Inland 213 Rechtshängigkeitswirkungen haben kann. Die Frage hängt eng mit der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen zusammen. Fehlt es zB an der Verbürgung der Gegenseitigkeit zu dem betreffenden Staat, können dessen Urteile in Deutschland mithin nicht anerkannt und vollstreckt werden, so kann derselbe Kläger denselben Beklagten wegen desselben Streitgegenstandes zugleich im Ausland und im Inland verklagen. Die ausländische Rechtshängigkeit steht dann einer zweiten Klage im Inland nicht im Wege. Das Ergebnis könnte sein, dass der Beklagte im In- und Ausland zur Leistung verurteilt würde; es lägen mehrere Titel gegen ihn vor. Erst in der Zwangsvollstreckung kann sich der Beklagte damit verteidigen, dass er aufgrund eines der Titel bereits geleistet habe. Zu diesem Ergebnis führen die deutsche Rechtsprechung und die Lehre. Nach hM ist die Rechtshängigkeit im Ausland von deutschen Gerichten zu 214 beachten, wenn der erste Prozess vor einem ausländischen Gericht schwebt und die Entscheidung dieses Gerichts gemäß § 328 ZPO in Deutschland anerkannt wird.194 Die Wirkungen der ausländischen Rechtshängigkeit sind schon dann zu berücksichtigen, wenn keine ernstlichen Bedenken gegen die Anerkennung des künftigen ausländischen Urteils bestehen. Dazu ist zu prüfen, ob beide Verfahren den gleichen Streitgegenstand haben,195 das Verfah_______________

191 192 193 194 195

Baumbach/Lauterbach/Albers, Anh I § 606a, Art 11 EheGVVO Rz 11. Hausmann EuLF 2000/01, 345, 347. ABl EG 1994 L 11/1. BGH FamRZ 1994, 434; 1992, 1058. Vgl OLG Karlsruhe FamRZ 1994, 47.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

ren im Ausland früher rechtshängig geworden ist, ob die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts gegeben196 und die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Ist das der Fall, so ist im Wege einer generellen Prognose zu prüfen, ob ausnahmsweise gegenüber dem möglichen ausländischen Prozessergebnis der „ordre-public-Vorbehalt“ eingreift.197 Danach wird nur eine prima facie-Prüfung hinsichtlich der Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Urteils vorgenommen, wobei die Voraussetzungen des § 328 I Nr 3 ZPO, da noch unbekannt, unberücksichtigt bleiben.198 Ist das einleitende Schriftstück der Auslandsklage nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, ist die dortige Rechtshängigkeit unbeachtlich.199 215 Eine ausdrückliche Regelung für einen Sonderfall enthält § 738a I HGB.200 Diese Bestimmung lautet: „Ist eine Klage auf Schadenersatz, die auf die Vorschriften dieses Titels oder auf entsprechende ausländische Rechtsvorschriften gestützt wird, bei einem ausländischen Gericht anhängig, so hat die Klage die in § 263 II Nr 1 der Zivilprozessordnung bestimmte Wirkung der Rechtshängigkeit, wenn die Zuständigkeit des Gerichts auf einer dem § 738 I entsprechenden Regelung beruht und wenn das Gericht des Staates, vor dem die Klage auf Schadenersatz anhängig ist, im Falle einer vor einem deutschen Gericht anhängigen Klage die Wirkungen der Rechtshängigkeit anerkennen würde.“

Eine weitere Regelung enthält Art 21 IV UN-Convention on the Carriage of Goods by Sea vom 30.3.1978. 216 Die ausländische Rechtshängigkeit ist negative Prozessvoraussetzung. Sie ist von Amts wegen und nicht nur auf Einrede zu beachten; sie unterliegt nicht der Parteivereinbarung.201 217 Die Sperrwirkung des ausländischen Verfahrens kann nach der Rspr ausnahmsweise entfallen, wenn die deutsche Partei sonst eine unzumutbare Beeinträchtigung ihres Rechtsschutzes erleiden würde.202 218 Gegen die vom deutschen Richter erwartete Prognose wendet sich vor allem Schütze.203 Dabei übersieht er nicht, dass von dem deutschen Richter auch gemäß § 606 a eine Prognose hinsichtlich der Anerkennung eines deutschen Scheidungsurteils nach dem Heimatrecht der Ehegatten erwartet wird. _______________

196 Vgl Hau, Positive Kompetenzkonflikte, S 169ff (zur ausschließlichen Zuständigkeit). 197 Vgl OLG Oldenburg FamRZ 2006, 950, 951f (Zwang an „Get-Scheidung“ mitzuwirken). 198 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 97 Rz 6. 199 AmtsG Landstuhl FamRZ 1994, 837. 200 Krit Schütze, IZPR, Rz 396f. 201 Hau IPRax 1995, 80, 81; aA AmtsG Landstuhl FamRZ 1994, 837. 202 So für ein ausländisches Scheidungsverfahren: BGH NJW 1983, 1269 = IPRax 1984, 152; krit. Luther S 141; Schumann IPRax 1986, 14; KG FamRZ 1995, 1074. 203 NJW 1963, 1486; RabelsZ 1967, 244; MDR 1973, 905.

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Ausländische Rechtshängigkeit

§5

Die negative Feststellungsklage im Ausland sperrt (außerhalb des EuGVO/ 219 LugÜ-Bereichs s o Rz 203) nicht eine spätere Leistungsklage im Inland.204 Umgekehrt schließt die negative Feststellungsklage im Inland die nachfolgende Leistungsklage im Ausland (außerhalb des europäischen Prozessrechts) nicht aus.205 Auch eine im Ausland erklärte Prozessaufrechnung schließt eine inländische Leistungsklage aus der Aufrechnungsforderung nicht aus.206 Eine nur bevorstehende Auslandsklage ist unbeachtlich.207 Natürlich ist es schwierig vorauszusagen, ob eine deutsche Entscheidung im 220 Ausland oder ein ausländisches Urteil im Inland anerkannt werden wird, zumal im Augenblick der Vorhersage in beiden Fällen die Entscheidung noch nicht einmal vorliegt. Andererseits besteht bei der vorherigen Rechtshängigkeit im Ausland ein Bedürfnis, doppelte oder sogar entgegengesetzte Urteile zu vermeiden. Eine bloße Missbrauchskontrolle gegen eine doppelte Prozessführung genügt nicht.208 Solange im betreffenden Ausland keine Entscheidung vorliegt, hat das deutsche Gericht eine abstrakt-generelle Anerkennungsprognose zu stellen.209 Unbeachtlich ist danach die Rechtshängigkeit eines Scheidungsverfahrens vor einem religiösen Gericht, wenn deutsches Recht Scheidungsstatut ist.210 Nicht zu beachten ist danach wohl die unfreiwillige Einbeziehung Deut- 221 scher in eine class action nach US-Recht. Dagegen besteht kaum ein Anlass, US-Bürgern eine Inlandsklage gegen einen Deutschen zu ermöglichen, obwohl gegen ihn bereits eine class action in den USA anhängig ist.211 Im Verhältnis zu den Staaten, zu denen keine Staatsverträge bestehen, er- 222 weist sich die Barriere der Gegenseitigkeit als erster Prüfstein. Dabei scheidet bereits eine große Anzahl von Staaten aus. Zweifel hinsichtlich der Verbürgung der Gegenseitigkeit bestehen nur zu einer verhältnismäßig kleinen Anzahl von Staaten. Dabei muss im Zweifel angenommen werden, dass das ausländische Urteil nicht anerkannt werden wird. Soweit die Gegenseitigkeit verbürgt ist, muss geprüft werden, ob das ausländische Gericht unter Zugrundelegung der deutschen Vorschriften international zuständig ist. Im Übrigen sollte es Aufgabe der Partei, die die Einrede der Rechtshängigkeit vor einem ausländischen Gericht erhebt, sein, darzulegen, dass keine Hin_______________

204 205 206 207 208 209 210 211

Krause-Ablass/Bastuck, FS Stiefel, 1987, S 445, 450. AA Schütze, IZPR, Rz 401f. Krause-Ablass/Bastuck S 451. Hau, Positive Kompetenzkonflikte, S 168f. AA Schütze ZZP 104 (1991), 136, 149. Habscheid, FS Zweigert, 1981, S 109, 113; Hau IPRax 1995, 80, 81. BGH FamRZ 1994, 434. Mark EuZW 1994, 238, 240f.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

dernisse bestehen, das ausländische Urteil anzuerkennen. Hierbei muss die grundsätzliche deutsche Haltung, wonach ausländische Entscheidungen anzuerkennen sind, berücksichtigt werden. Die ausländische Rechtshängigkeit kann also nicht unberücksichtigt bleiben.212 Es kann insbesondere nicht darauf ankommen, dass in anderen Ländern, wie zB früher in England und Frankreich, die Einrede der Rechtshängigkeit vor einem ausländischen Gericht nicht berücksichtigt wird.213 4. Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit 223 Nach § 261 III Nr 1 ZPO tritt das Prozesshindernis mit Rechtshängigkeit, nicht bereits mit Anhängigkeit der Klage ein. Erhoben ist eine Klage vor einem deutschen Zivilgericht erst mit Zustellung, § 253 I ZPO. Lediglich materiellrechtliche Wirkungen werden nach § 167 ZPO bereits an die Einreichung der Klage geknüpft. Hilfsansprüche werden mit der Klage vor Eintritt der jeweiligen Bedingung rechtshängig.214 224 Nach Art 31 II CMR ist bereits die Anhängigkeit in einem anderen Vertragsstaat zu beachten.215 225 Wann Rechtshängigkeit eintritt, ist von Land zu Land verschieden. England verlangt grundsätzlich die Zustellung der „claim form“ an den Beklagten,216 New York „service of a summons“ (CPLR § 304), Österreich die Zustellung an den Beklagten.217 In anderen Staaten tritt die Rechtshängigkeit teilweise früher ein, etwa mit Einreichen einer Klageschrift bei Gericht (zB Cal.CCP § 350 „An action is commenced … when the complaint is filed“). In der Schweiz tritt Rechtshängigkeit bereits mit der Einleitung eines Sühneverfahrens ein, soweit dieses kantonal obligatorisch ist.218 Nach Art 9 II schweiz. IPRG 1987 tritt Rechtshängigkeit für die Zwecke des Art 9 I IPRG ebenfalls bereits mit Einleitung des Sühneverfahrens ein. In Japan wird die Scheidung bereits durch Einleitung des Schlichtungsverfahrens vor dem Familiengericht rechtshängig.219

_______________

212 OLG Düsseldorf MDR 1974, 1023. 213 Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, S 454. 214 Zur Stufenklage vgl BGH NJW-RR 1995, 513; Zöller/Greger, ZPO, 25. Aufl, § 254 Rz 1. 215 Fremuth/Thume, Kommentar zum Transportrecht, 2000, Art 31 CMR Rz 17. 216 CPR 7.2 u CPR 6.13; vgl. Andrews, in: Birks, English Private Law, Vol II, 2000, No 19.74ff. 217 Vgl OGH IPRax 1999, 386 (dazu Heiderhoff S 392). 218 Vgl Habscheid, Schweizer. Zivilprozess- und Gerichtsorganisationsrecht, 2. Aufl 1990, Rz 337ff; Vogel/Spühler, Grundriss des Zivilprozessrechts, 7. Aufl 2001, § 39 Rz 34ff. 219 Vgl Kono IPrax 1990, 93; gegen Anerkennung OLG Stuttgart IPRax 1990, 113.

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Ausländische Rechtshängigkeit

§5

Die Frage ist deshalb, ob man zulassen will, dass ein inländisches Verfahren 226 vor der förmlichen Zustellung der Klage bzw Entscheidungssachen der Antragsschrift an den Gegner durch nachträgliche Einleitung eines ausländischen Parallelverfahrens überholt wird. Diese Situation kann leicht eintreten, weil die inländische Klage formell im Ausland zuzustellen ist, während die parallele ausländische Klage rascher durch fiktive Inlandszustellung rechtshängig wird. Die Frage ist also, ob und inwieweit der inländische Justizgewährungsanspruch geschützt werden kann. Allgemeiner formuliert geht es um die Frage, wie der Begriff Rechtshängigkeit zu qualifizieren ist. Eine Reihe von Gerichten haben zum Schutze des deutschen Klägers den 227 Eintritt der Rechtshängigkeit im Ausland nach der deutschen lex fori bestimmt.220 Freilich kann nur die jeweilige lex fori bestimmen, wann nach ihrer eigenen Regelung ein Prozess rechtshängig wird. Im Anwendungsbereich des autonomen deutschen Rechts ist deshalb der Beginn der ausländischen Rechtshängigkeit nach der ausländischen lex fori zu bestimmen. Dies ist zu Recht die heute hM.221 Streitig ist allein, ob der ausländischen Rechtshängigkeit ohne weiteres Inlandswirkung zukommt, oder ob die Inlandswirkung der ausländischen Rechtshängigkeit einer zwei- oder doppelspurigen Beurteilung unterliegt.222 Danach ist die ausländische Rechtshängigkeit nicht in jedem Fall zu respektieren, sondern nur soweit dadurch nicht ein zeitlich vorrangig eingeleitetes inländisches Verfahren abgebrochen werden müsste. Die hM hat dagegen bisher am internationalen Entscheidungseinklang in diesem Fall festgehalten und eine „Kontrolle“ der ausländischen Rechtshängigkeit aus Billigkeitsgründen abgelehnt.223 Innerhalb der EU wird das Problem durch den neuen Art 30 EuGVO (s o 228 Rz 205) und Art 16 EheGVO (s o Rz 210) gelöst. Danach gilt das Gericht (je nach anwendbarem Prozessrecht) einheitlich bereits mit Einreichung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks bei Gericht oder mit Einreichung bei der für die Zustellung zuständigen Stelle als angerufen, sofern der Kläger die ihm obliegenden Maßnahmen trifft, damit die Klage tatsächlich zugestellt bzw bei Gericht eingereicht wird. Soweit ein berechtigtes Interesse besteht, kann das zweite Verfahren vor 229 dem deutschen Richter mit Rücksicht auf die Rechtshängigkeit vor dem ausländischen Gericht analog § 148 ZPO ausgesetzt werden.224

_______________

220 221 222 223

ZB OLG Köln RIW 1973, 339. Geimer/Schütze, Bd I/2, S 1652ff; Kaiser/Prager RIW 1983, 677ff. Hierfür Linke IPRax 1994, 17, 18; bereits IPRax 1982, 229, 230. BGH IPRax 1989, 104 = FamRZ 1987, 580 (m Anm Gottwald) = NJW 1987, 3083 (m Anm Geimer). 224 BGH NJW 1986, 2195/96; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 97 Rz 6; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2712, 2724.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

5. Perpetuatio fori 230 Der Grundsatz der perpetuatio fori gemäß § 261 III Nr 2 ZPO gilt auch für die internationale Zuständigkeit,225 und zwar auch innerhalb der EuGVO bzw des LugÜ.226 Veränderungen der tatsächlichen Verhältnisse nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit lassen daher nicht die einmal begründete Zuständigkeit entfallen. Eine zunächst fehlende Zuständigkeit kann aber nachträglich begründet werden. 6. Materiellrechtliche Wirkungen der ausländischen Rechtshängigkeit 231 Welche materiellrechtlichen Wirkungen die Rechtshängigkeit hat, richtet sich grundsätzlich nach dem Sachstatut (vgl § 262 S 1 ZPO).227 Dieses entscheidet also über Verjährungsunterbrechung, eine Haftungsverschärfung oder die Pflicht zur Zahlung von Prozesszinsen. Ist deutsches Recht anwendbar, treten diese Wirkungen auch bei einer Auslandszustellung erst mit Klageerhebung ein (§ 262 S 2 ZPO). Die Vorwirkungen des § 167 ZPO (Fristwahrung und Hemmung der Verjährung) bei Demnächst-Zustellungen gelten ebenfalls bei Auslandszustellungen, sofern dabei auftretende Verzögerungen nicht auf einer Nachlässigkeit des Klägers/Antragstellers beruhen.228 Der Kläger muss nicht sogleich eine förmliche Zustellung beantragen, damit die Vorwirkungen erhalten bleiben.229 232 Für die Frage, ob die Erhebung einer Klage vor einem ausländischen Gericht die Verjährung hemmt, kommt es zunächst auf das anzuwendende materielle Recht an.230 Der Fall liegt also ähnlich wie bei der Tatbestandswirkung eines ausländischen Urteils hinsichtlich der Verjährung nach § 197 I Nr 3 BGB (s u § 11 Rz 132). Ist § 204 I BGB anzuwenden, so hemmt die Erhebung der Klage vor einem ausländischen Gericht die Verjährung dann, wenn das ausländische Urteil anzuerkennen ist.231 Gleiches gilt für die Einleitung eines dem Mahnverfahren vergleichbaren Verfahrens232 oder die Forderungsanmeldung in einem _______________

225 v Hoffmann/Thorn, IPR, 8. Aufl, § 3 Rz 70; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1830ff, 1835f; aA Damrau, FS Bosch, 1976, S 103ff. 226 Kropholler, 8. Aufl, Vor Art 2 Rz 14f. 227 BGH RIW 1999, 456, 457. 228 BGHZ 25, 250, 255 = NJW 1957, 1838; Pfennig NJW 1989, 2972. 229 AA OLG Schleswig NJW 1988, 3104. 230 Schütze MDR 1973, 905 u IZPR, Rz 414; MüKo/Spellenberg, 4. Aufl, Art 32 EGBGB Rz 99. 231 So auch RGZ 129, 385, 389; Palandt/Heinrichs, 65. Aufl, § 204 Rz 3; Staudinger/ Magnus (2002) Art 32 EGBGB Rz 69; Schütze, IZPR, Rz 415f; vgl auch Ferid, Im Ausland erfüllte Tatbestandsmerkmale inländischer Sachnormen, GRUR Int 1973, 472, 477. 232 Verneint für den Zahlungsbefehl nach Schweizer SchKG OLG München IPRax 2001, 579 (ablehn. Walter S 547).

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Ausländische Rechtshängigkeit

§5

anzuerkennenden ausländischen Insolvenzverfahren.233 Ist das ausländische Urteil voraussichtlich nicht anzuerkennen, so ist § 204 II BGB entsprechend anzuwenden, dem Kläger steht also eine „Nachfrist“ von sechs Monaten zu, um eine Inlandsklage oder ein anerkennungsfähiges Auslandsverfahren einzuleiten.234 7. Internationale Rechtshängigkeit nach Einzelverträgen Die internationale Rechtshängigkeit wird auch in einigen bilateralen Aner- 233 kennungs- und Vollstreckungsverträgen besonders geregelt. Zu beachten sind: (1) Art 15 deutsch-belgisches Abkommen 1958, soweit EuGVO und EheGVO nicht anwendbar sind; (2) Art 18 I deutsch-griechischer Vertrag 1961, soweit EuGVO und EheGVO nicht anwendbar sind; (3) Art 11 deutsch-italienisches Abkommen 1936, soweit EuGVO und EheGVO nicht anwendbar sind; (4) Art 18 I deutsch-niederländischer Vertrag 1962, soweit EuGVO und EheGVO nicht anwendbar sind; (5) Art 21 I deutsch-norwegischer Vertrag 1977, soweit das LugÜ nicht anwendbar ist; (6) Art 17 deutsch-österreichischer Vertrag 1959; soweit EuGVO und EheGVO nicht anwendbar sind; (7) Art 21 I deutsch-spanischer Vertrag 1983, soweit EuGVO und EheGVO nicht anwendbar sind; (8) Art 44 I deutsch-tunesischer Vertrag 1966. Nach diesen Verträgen ist die zweite Klage zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand unzulässig;235 teilweise ist auch vorgesehen, dass das Gericht das Verfahren in geeigneten Fällen zunächst nur aussetzt. Zusätzlich wird teilweise eine positive Anerkennungsprognose verlangt. Außerdem ist die Rechtshängigkeit im Ausland zu beachten nach Art 31 II 234 CMR. Diese Bestimmung lautet: _______________

233 Linke, FS Nagel, 1987, S 209, 216; vgl auch Taupitz, Verjährungsunterbrechung im Inland durch unfreiwillige Beteiligung am fremden Rechtsstreit im Ausland, ZZP 102 (1989), 288. 234 Looschelders, Die Anpassung im IPR, 1995, S 301ff; MüKo/Spellenberg Art 32 EGBGB Rz 106f; aA Schulz, Die Subsumtion ausländischer Rechtstatsachen, 1997, S 160. 235 Dohm, Einrede ausländischer Rechtshängigkeit, S 210.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

„Ist ein Verfahren bei einem nach Abs 1 zuständigen Gericht wegen einer Streitigkeit im Sinne des genannten Absatzes anhängig oder ist durch ein solches Gericht in einer solchen Streitsache ein Urteil erlassen worden, so kann eine neue Klage wegen derselben Sache zwischen denselben Parteien nicht erhoben werden, es sei denn, dass die Entscheidung des Gerichtes, bei dem die erste Klage erhoben worden ist, in dem Staat nicht vollstreckt werden kann, in dem die neue Klage erhoben wird.“

Danach greift die Einrede der Rechtshängigkeit wegen derselben Sache zwischen denselben Parteien (unabhängig) von der Parteirolle, wenn das erste Verfahren vor einem nach Art 31 I CMR international zuständigen Gericht erhoben ist.236 Ausdrücklich ausgenommen ist der Fall, dass die Entscheidung des Erststaates im Zweitstaat nicht vollstreckt werden kann. Gleichwohl hat eine Leistungsklage im Rahmen des Art 31 II CMR (abweichend vom europäischen Recht) Vorrang vor einer zeitlich früheren negativen Feststellungsklage.237 235 Für Streitigkeiten über europäische Patente gilt Art 8 des Protokolls über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen über den Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents (Anerkennungsprotokoll) vom 5.10.1973. 236 Eine Reihe weiterer Verträge sieht die frühere Rechtshängigkeit im Zweitstaat als Anerkennungshindernis gegenüber der ausländischen Entscheidung vor, so Art 5 Nr 3 HUVÜ 1973 und Art 2 Nr 4 HUVÜ 1958. 8. Parallelverfahren im Ausland 237 Die ausländische Rechtshängigkeit wird in Europa nach Art 27ff EuGVO bzw Art 21, 22 LugÜ beachtet (s o Rz 201ff). Nach autonomem Recht ist sie in Frankreich relevant.238 In der Schweiz ist sie nach Art 9 IPRG, in Italien ist sie nach der Neuordnung des IPR im Jahre 1995 gemäß Art 7 Legge n. 218/95 ebenfalls zu beachten.239 238 In common law-Staaten bildet die ausländische Rechtshängigkeit dagegen kein striktes Verfahrenshindernis. Die Prozessführung in den USA hat bei Schadenersatzklagen für den Kläger Vorteile im Hinblick auf (1) pre trial discovery, (2) jury-Beteiligung, (3) höherer Schadenersatz, und (4) Zulässigkeit der Vereinbarung eines Erfolgshonorars. Die Gerichte entscheiden nach ihrem Ermessen, ob sie (1) parallele Verfahren zulassen, (2) das eigene Verfahren einstellen oder abweisen oder (3) gar auf Antrag eine anti-suit injunc_______________

236 Koller, Transportrecht, 5. Aufl 2004, Art 31 CMR Rz 8; Herber/Piper, CMR, 1996, Art 31 Rz 24ff. 237 BGHZ 157, 66, 71 = NJW 2004, 1455 = IPRax 2006, 260 (dazu Haubold S 224). 238 Cour de Cass., Clunet 1975, 108. 239 Vgl Walter, FS Schumann, S 559, 560ff.

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Ausländische Rechtshängigkeit

§5

tion gegen die Fortsetzung des ausländischen Verfahrens erlassen.240 Über den Regelfall gehen die Meinungen auseinander. Scoles/Hay241 meinen: Hat das ausländische Gericht „jurisdiction“, so könne ein amerikanisches Gericht davon absehen, die eigene Gerichtsbarkeit auszuüben und könne die Klage zugunsten des ausländischen Verfahrens abweisen. Born und Del Luca/ Zaphiriou sind dagegen der Ansicht, amerikanische Bundesgerichte würden überwiegend parallele Verfahren akzeptieren.242 Das amerikanische Verfahren wird keinesfalls eingestellt, wenn in den USA ein öffentliches Interesse im Spiel ist und entsprechender Rechtsschutz im Ausland nicht verfügbar ist.243 In England sieht man (außerhalb des EuGVO-Bereichs) die Verdoppelung der 239 Verfahren und die Gefahr unterschiedlicher Entscheidungen nicht als zwingenden Grund für die Einstellung des später (oder früher) begonnenen englischen Verfahrens an. Über Fortgang oder Einstellung des Verfahrens wird vielmehr im Einzelfall nach Ermessen des Gerichts, nach Kriterien des forum (non) conveniens entschieden.244 Auch hier wird – außerhalb des EUBereichs – die ausländische Prozessführung ggf durch injunction untersagt.245 Der Entwurf eines Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit von 240 1999 sah in Art 21 eine Art 30 EuGVO ähnliche Regel zur Beachtung der ausländischen Rechtshängigkeit vor; nach Art 21 Abs 6 sollte eine negative Feststellungsklage aber keine Sperrwirkung auslösen; das erste (Feststellungs-)Verfahren soll vielmehr vor dem zweiten Gericht der Leistungsklage fortgeführt werden.246 Ausnahmsweise soll das erste Gericht auf seine Zuständigkeit verzichten, wenn der Fall vor einem anderen Gericht wesentlich besser verhandelt werden kann. Das erste Gericht soll sein Verfahren aber wieder aufnehmen, wenn der Kläger nicht innerhalb einer festgesetzten Frist vor dem zweiten _______________

240 Gannon v Payne, 706 S.W. 2d 304 (Tex 1986); L. Del Luca/G. Zaphiriou AmJCompL 42 (Suppl.) (1994), 245, 268f; Born, International Civil Litigation in US Courts, 3rd ed 1996, 459f; R. Weintraub, Parallel litigation and forum-selection clauses, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 229. 241 Conflict of Laws, 3rd ed 2000, § 1111. (Note 8) (S 485). 242 AmJCompL 42 (Suppl.) 1994, 245, 270; Born, International Civil Litigation in US Courts, 3rd ed 1996, 460. 243 Vgl Fritze, FS Vieregge, 1995, S 241. 244 De Dampierre v De Dampierre [1988] AC 92 (H.L.); In re Harrods (Buenos Aires) Ltd [1991] 3 W.L.R. 397; Cheshire & North, Private international law, 13th ed 1999, p 333f; Cromie S 430ff; Dicey & Morris, Conflict of laws, Vol 1, 12th ed 1993, 397ff; Wittibschlager S 32ff; Hau S 117ff; vgl M. Niegisch, Mehrspurigkeit des Internationalen Zivilverfahrensrechts in den Mitgliedstaaten der EG – Die Doktrin forum non conveniens und das EuGVÜ, Diss. Heidelberg 1993. Für Kanada s Püschmann v UBS Bank (Canada) [2002] ILPr 123. 245 Vgl L. Collins, FS Jayme, 2004, S 131. 246 Vgl Walter, FS Schumann, S 559, 568f.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

Gericht klagt oder dieser seine Zuständigkeit verneint. Der Entwurf des Haager Übereinkommens sah also eine modifizierte forum non conveniensRegelung vor.247 Diese ist auch in Art 15 EheGVO übernommen worden. 241 In Japan ist streitig, ob ausländische Rechtshängigkeit beachtlich oder unbeachtlich ist. Manche wollen die ausländische Rechtshängigkeit gar nicht, manche nur beachten, wenn das japanische Gericht forum non conveniens ist, andere wenn die Wahrscheinlichkeit der künftigen Anerkennung des ausländischen Urteils besteht. Die Entscheidungen der unteren Instanzen sind nicht einheitlich. Die beiden letzteren Meinungen führen zu Schwierigkeiten, da die jap. ZPO keine Vorschrift kennt, wonach ein Verfahren bei Rechtshängigkeit ausgesetzt werden kann. Das japanische Gericht kann die inländische Klage vielmehr nur abweisen. Im Einzelnen dürfte die Rechtslage damit offen sein.248 9. Abgabe oder Verweisung ins Ausland 242 Im streitigen Verfahren ist weder eine Abgabe des Verfahrens an das Ausland (wie in Sorgerechtssachen nach Art 15 EheGVO bzw Vormundschaftssachen nach § 47 FGG) noch eine förmliche Verweisung vorgesehen (s o § 3 Rz 18). 10. Aussetzung wegen Vorgreiflichkeit eines ausländischen Verfahrens 243 Ein inländischer Prozess ist auszusetzen, wenn seine Entscheidung von dem Ausgang eines vorgreiflichen ausländischen Verfahrens abhängt (§ 148 ZPO). Voraussetzung dafür ist, dass die zu erwartende ausländische Entscheidung eine Bindungswirkung für den Inhalt der inländischen Entscheidung hat und voraussichtlich im Inland anerkannt werden kann.249 11. Prozessunterbrechung durch ausländisches Insolvenzverfahren 244 Ein im Inland anzuerkennendes ausländisches Insolvenzverfahren unterbricht einen inländischen Zivilprozess nach § 240 S 1 ZPO.250 Nach § 240 S 2 ZPO gilt Entsprechendes, wenn im Insolvenzeröffnungsverfahren die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Schuldnervermögen auf einen vorläufigen Verwalter übergeht. Der BGH251 hatte zunächst abweichend entschieden, hat sich aber von dieser Ansicht wieder distanziert. Auf _______________

247 248 249 250

Vgl. Walter, FS Schumann, S 559, 575ff. Dogauchi, in: Heldrich/Kono, S 163, 176ff; Ishikawa ZZPInt Bd 1 (1996), 287, 288ff. OLG Frankfurt NJW 1986, 1443. OLG München ZIP 1996, 385; OLG Karlsruhe ZIP 1990, 665; Riegel RIW 1990, 546; Grasmann KTS 1990, 157, 171; weitergehend E. Habscheid KTS 1990, 403 (jeder faktische Übergang der Verfügungsbefugnis beachtlich). 251 BGHZ 95, 256 = NJW 1988, 3096.

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§5

Maßnahmen gegen ausländische Verfahren

Vorlage an den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes252 haben sich alle beteiligten Gerichte der Ansicht des vorlegenden Senats angeschlossen, dass die Eröffnung eines grundsätzlich anzuerkennenden ausländischen Insolvenzverfahrens einen im Inland anhängigen Prozess unterbricht, der die Masse betrifft, sofern nach dem betreffenden ausländischen Recht der Insolvenzverwalter die ausschließliche Prozessführungsbefugnis besitzt. Art 15 EuInsVO253 sieht lediglich vor, dass sich die Wirkungen eines Insol- 245 venzverfahrens auf einen anhängigen Rechtsstreit über einen Gegenstand oder ein Recht der Masse ausschließlich nach dem Recht des Mitgliedsstaats richten, in dem der Rechtsstreit anhängig ist; in Deutschland bleibt es also bei der Geltung von § 240 ZPO. Frei

246–299

III. Maßnahmen gegen ausländische Verfahren Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 2. Antisuit injunctions . . . . . . . 3. Unterlassungs- und Schadenersatzklagen . . . . . . . . . . . . . 4. Negative Feststellungsklage .

. . . 300 . . . 301 . . . 307 . . . 308

5. Blocking statutes . . . . . . . . . a) Europäische Gemeinschaft b) England . . . . . . . . . . . . . . . c) Frankreich . . . . . . . . . . . . . d) Andere Staaten . . . . . . . . . e) Deutschland . . . . . . . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

311 311 312 315 316 317

1. Schrifttum Ambrose, Can Anti-suit Injunctions survive European Community Law?, (2003) ICLQ 300 401; Baer, Injunctions against the prosecution of litigation abroad, Stan.L.Rev 37 (1984), 155; H. Baum, Inländische Abwehrklagen gegen US-amerikanische Produkthaftungsklagen?, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 185; G. Bermann, The use of Antisuit Injunction in international litigation, Col.J.Transn.L. 28 (1990), 589; Berti, Englische Anti-suit Injunctions im europäischen Zivilprozessrecht, Liber amicorum Siehr, 2000, S 33; Beythe, The Extraterritorial Impact of the Antitrust Laws: Protecting British Trading Interests, AmJCompL 31 (1983), 99, 118ff; A. Briggs, Anti-suit injunctions and utopian ideals, LQR 120 (2004), 529; Collins, Blocking and Clawback Statutes: The United Kingdom Approach, in: Essays in international litigation, 1994, 333; ders, The Institut de droit international and anti-suit injunctions, FS Jayme, 2004, S 131; D. Fuchs, Die Zuständigkeit US-amerikanischer und europäischer Gerichte zur Feststellung der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer (Internet-)Entscheidungen, RIW 2006, 29; _______________

252 BGH WM 1998, 43. 253 Verordnung (EG) Nr 1346/2000, ABl EG L 160/1.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

Hartley, Comity and the use of Antisuit Injunctions in International Litigation, AmJCompL 35 (1987), 487; Hau, Positive Kompetenzkonflikte im internationalen Zivilprozessrecht, 1996, S 190ff; Krause-Ablaß/Bastuck, Deutsche Klagen zur Abwehr amerikanischer Prozesse?, FS Stiefel, 1987, S 445; Kurth, Inländischer Rechtsschutz gegen Verfahren vor ausländischen Gerichten, 1989; ders, Inländischer Rechtsschutz bei ausländischen Produkthaftungsverfahren – Antisuit Injunction nach deutschem Recht, PHI 1990, 143; Lange/Leyendecker, Der Justizkonflikt zwischen den USA und Europa am Beispiel des Falles „Laker“, in: Habscheid, Der Justizkonflikt mit den USA, 1986; Lenenbach, Antisuit injunctions in England, Germany and the United States, Loyola of Los Angeles Int. & Comp.L.J. 20 (1998), 257; Maack, Englische antisuit injunctions im europäischen Zivilrechtsverkehr, 1999; Mansel, Grenzüberschreitende Prozessführungsverbote (antisuit injunctions) und Zustellungsverweigerung, EuZW 1996, 335; Paulus, Kann Forum Shopping sittenwidrig sein?, FS Georgiades, 2005, S 511; ders, Abwehrstrategien gegen unberechtigte Klagen in den USA, RIW 2006, 258; Rauscher, Unzulässigkeit einer anti-suit injunction unter Brüssel II, IPRax 2004, 405; Ch. Schmidt, Anti-suit injunctions im Wettbewerb der Rechtssysteme, RIW 2006, 492; Schröder, The right not to be sued abroad, FS Kegel, 1987, S 523; Schütze, Klagen vor US-amerikanischen Gerichten – Probleme und Abwehrstrategien, RIW 2005, 579; Smith, Antisuit Injunctions, Forum non conveniens und International Comity, RIW 1993, 802; Spickhoff, Die Klage im Ausland als Delikt im Inland, FS Deutsch, 1999, S 327; Thiele, Antisuit injunctions im Lichte europäischen Gemeinschaftsrechts, RIW 2002, 383; A. Vollmer, U.S. Federal Courts Use of the Antisuit Injunction to Control International Forum Selection, in Goldsmith, International Dispute Resolution, 1997, S 237.

2. Antisuit injunctions 301 In common law-Staaten besteht die Möglichkeit, sich gegen eine belastende Prozessführung vor einem ausländischen Gericht mit Hilfe einer sog antisuit-injunction zu wehren: Durch eine einstweilige Verfügung wird dem Kläger des ausländischen Verfahrens verboten, dieses Gerichts- oder Schiedsverfahren einzuleiten oder fortzusetzen. Diese Untersagungsanordnung richtet sich gegen die Partei, greift aber indirekt doch in die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts ein und wird deshalb nur zur Abwehr schwerwiegender Verstoße gegen den inländischen ordre public, zur Abwehr eines Rechtsmissbrauchs oder zur Verhinderung erheblicher Nachteile für Parteien und Zeugen verhängt.254 Dies ist etwa der Fall, wenn die Auslandsklage unter Verletzung einer ausschließlichen Gerichtsstands- oder Schiedsvereinbarung erfolgt,255 oder wenn das ausländische Gericht Ansprüche, die auf öffentlichrechtlichen Ordnungsvorstellungen beruhen, nicht durchsetzen würde.256 Die Verbotsverfügung kann auch erlassen werden, wenn der inländischen Partei durch das Verfahren im Ausland ein unersetzlicher Schaden entstehen _______________

254 SNI Aerospatiale v Lee Kui Jak [1987] A.C. 871. 255 Youell v Kara Mara Shipping Co. Ltd., [2001] ILPr 481 (High Court, Q.B.); Donohue v Armco Inc [2001] ILPr 733; Society of Lloyd’s (No 1 and 2) [2002] ILPr 85 u 104 (High Court Q.B.). 256 Vgl Bermann Col.J.Transnat.L. 28 (1990), 589, 623ff.

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Maßnahmen gegen ausländische Verfahren

§5

würde oder wenn die Einstellung des ausländischen Verfahrens im öffentlichen Interesse liegt. Der Erlass der Verfügung liegt im Ermessen des Gerichts.257 Das englische House of Lords erlässt Verfügungen gegen die Fortsetzung ausländischer Verfahren aber nur, wenn das englische Gericht daran ein ausreichendes Interesse hat.258 Die Verbotsverfügung kommt weiter in Betracht, um die unterlegene Partei 302 an einer Rückforderung („claw back“) zu hindern (s u Rz 313) oder um eine Verbindung sachlich zusammenhängender Verfahren zu erreichen. Sogar eine „counter-injunction“ kann erlassen werden, um dem Gegner das Betreiben des Anti-Verfügungsverfahrens im Ausland zu verbieten.259 US-Gerichte haben nicht nur Abwehrverfügungen, sondern auch eine order 303 compelling arbitration erlassen, mit der die Mitwirkung an einem ausländischen Schiedsverfahren angeordnet wurde.260 Nach Ansicht des englischen Court of Appeal kann einer Partei mittels anti- 304 suit injunction das Weiterbetreiben einer prorogationswidrigen Klage auch im Anwendungsbereich der EuGVO bzw des EuGVÜ untersagt werden.261 Hiergegen spricht aber, dass das angerufene Gericht seine internationale Zuständigkeit nach Art 27f EuGVO bzw 20, 21 LugÜ von Amts wegen zu prüfen hat und das Ergebnis dieser Prüfung gemäß Art 35 EuGVO bzw Art 28 LugÜ grundsätzlich in allen EU- bzw LugÜ-Staaten anzuerkennen ist.262 Mit dieser Regelung wäre die Möglichkeit des Erlasses einer Verfügung gegen die weitere Prozessführung unvereinbar.263 Verallgemeinert man diesen Ansatz, sind antisuit injunctions keinesfalls zwischen Staaten zuzulassen, die durch vereinbarte internationale Gerichtsstandsregeln verbunden sind.264 _______________

257 Vgl Laker Airways v Sabena, 713 F. 2d 909 (D.C.Civ 1984); Lange, in: Habscheid, Der Justizkonflikt mit den Vereinigten Staaten von Amerika, 1986, S 65ff; J. Kurth S 13ff, 36ff; Smith RIW 1993, 802ff; Jacob, Private International Litigation, 1988, S 54ff. 258 Airbus Industrie v Patel [1999] 1 A.C. 119, 134ff (H.L., E.); dazu Schlosser IPRax 1999, 115. 259 Born, International Civil Litigation, 3rd ed, S 475. 260 NIOC v Ashland Ail Inc. 817 F. 2d 326 (1987); Schlosser, FS W. Lorenz, 1991, S 497, 502. 261 In re Harrods (Buenos Aires) Ltd. [1992] Ch. 72; Eli Lilly v Novo Nordisk [2000] ILPr 73; Ace Insurance v Zurich Insurance [2001] ILPr 667 (C.A.); Turner v Grovit, [1999] 3 W.L.R. 794, 804 (C.A.) (in case of abuse of process); Continental Bank v Aekos Compania Naviera, [1994] ILPr 413. 262 Bell, L.Q.Rev 110 (1994), 204; Berti, Liber amicorum Siehr, S 33, 41. 263 EuGHE 2004, I-3565 (Turner v Grovit) = IPRax 2004, 425 (dazu Rauscher S 405) = ZZPInt 9 (2004), 186 (Hau); Dutta/Heinze ZEuP 2005, 428; Thiele RIW 2002, 386; Krause RIW 2004, 533. 264 The Leuven/London Principles on Declining and Referring Jurisdiction in Civil and Commercial Matters, in: ILA, Report of the 69th Conference, 2000, S 18, 153, 165 (Nr 7.1).

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

305 Auch in Deutschland hat man verschiedentlich aus den §§ 823, 826 BGB und § 8 UWG nF einen Anspruch abgeleitet, nicht im Ausland verklagt zu werden, der dann durch einstweilige Verfügung gesichert werden könnte.265 Freilich ist zu bezweifeln, ob eine solche Verfügung nicht doch unzulässig in die Tätigkeit des ausländischen Gerichts eingreift.266 Nach hM hat eine (ausschließliche) Gerichtsstandsvereinbarung zudem nur prozessuale Verfügungswirkung, begründet jedenfalls keinen materiellrechtlichen Unterlassungsanspruch, der durch einstweilige Verfügung gesichert werden könnte.267 Auch ist es nach hM nicht rechtswidrig, eine nach ausländischem Recht gegebene Zuständigkeit und die dadurch eröffneten materiellrechtlichen Möglichkeiten (sog forum shopping) auszunutzen.268 Die verschiedenen Gerichtsstände sind jedenfalls im Regelfall eröffnet, weil der Fall Verbindung zu mehreren Staaten hat; solange dies der Fall ist, handelt der Kläger legitim, wenn er sich das Gericht mit der für ihn günstigsten Rechtsanwendung aussucht. Problematisch wird forum shopping erst bei Klagen in beziehungsarmen bzw sog exorbitanten Gerichtsständen. 306 Für eine Abwehr des ausländischen Prozessergebnisses muss daher idR die Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung nach § 328 I Nr 4 ZPO bzw Art 34 Nr 1 EuGVO bzw 27 Nr 1 LugÜ, ggf auch ein Anspruch auf Geldersatz nach § 826 BGB genügen.269 Jedoch kann eine Inlandsmitwirkung beim Erlass der antisuit injunction nicht verlangt werden. Die Inlandszustellung einer antisuit injunction, durch die das Weiterbetreiben eines deutschen Verfahrens untersagt werden soll, wird daher wohl zu Recht abgelehnt.270 3. Unterlassungs- und Schadenersatzklagen 307 Entsprechend ist auch kein Raum für eine inländische Unterlassungsklage (nach §§ 823, 826 BGB) gegen das ausländische Verfahren.271 Gleiches gilt für Schadenersatzklagen.272

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265 So Schröder, FS Kegel, 1987, S 523; Kurth S 60ff; Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit, 1995, S 766ff. 266 Gottwald, FS Habscheid, 1989, S 119, 122f. 267 So Schack, IZVR, Rz 771. 268 Baum, in: Heldrich/Kono, S 185, 196; Mc Lachlan, Declining & Referring Jurisdiction in International Litigation, in: ILA, Report of the 69th Conference, 2000, S 137, 139ff. 269 Schack Rz 773; Baum, in: Heldrich/Kono, S 185, 197; vgl Paulus, FS Georgiades, 511. 270 OLG Düsseldorf EuZW 1996, 351 (dazu Mansel S 335); s u § 7 Rz 74. 271 Baum, in: Heldrich/Kono, S 185, 194ff; Spickhoff, FS Deutsch, S 327, 336, 340; Rauscher S 80. 272 Vgl Th. Köster, Haftung wegen Forum Shopping in den USA, 2001. S aber Paulus RIW 2006, 258, 259f; Schütze, IZPR, Rz 180.

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Maßnahmen gegen ausländische Verfahren

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4. Negative Feststellungsklage Zweifelhaft ist hier bereits, ob ein Gerichtsstand iS von § 32 ZPO in 308 Deutschland besteht.273 Naheliegender erscheint, ein Rechtsschutzinteresse zu verneinen, wenn im Ausland bereits eine Leistungsklage anhängig ist. Eine vorbeugende negative Feststellungsklage ist zwar zulässig, deren Nut- 309 zen ist aber von begrenztem Wert, wenn das Ausland die inländische Rechtshängigkeit nicht beachtet und die später im Ausland erhobene Leistungsklage doch durchgeführt wird.274 Der vorbeugenden Feststellungsklage kann aber im Einzelfall ein gewisser Wert bei einer vergleichsweisen Bereinigung des Streits zukommen. Teilweise wird angenommen, der Beklagte eines ausländischen Verfahrens 310 müsse im Inland eine negative Feststellungsklage erheben können, dass die (künftige) ausländische Entscheidung im Inland nicht anerkannt und vollstreckt werden kann.275 Eine solche eingeschränkte vorsorgliche Abwehr gegen ein ausländisches Verfahren sollte aus denselben Gründen wie eine antisuit injunction nicht zugelassen werden. 5. Blocking statutes a) Europäische Gemeinschaft Die EG hat mit der Verordnung Nr 2271/96 vom 22.11.1996276 ein Instru- 311 ment zur Abwehr der Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von Rechtsakten von Drittstaaten erlassen. Derzeit dient die Verordnung der Abwehr von Auswirkungen der US-Gesetze über Wirtschaftssanktionen gegen Kuba, den Iran und Libyen (s Anhang zur Verordnung). Entscheidungen, die auf solchen Gesetzen beruhen, werden in der EG nicht anerkannt (Art 4 der VO). EG-Angehörige iS des Art 11 der VO haben nach Art 6 der VO einen Anspruch auf Schadenersatz (einschl. Ersatz der Prozesskosten) für Schäden, die sie durch die Anwendung der genannten Sanktionsgesetze erleiden. Nach Art 6 III der VO sind solche Entscheidungen in der EG gemäß dem EuGVÜ vollstreckbar.

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273 274 275 276

Ablehn. Baum, in: Heldrich/Kono, S 185, 198ff. Vgl Baum, in: Heldrich/Kono, S 185, 203ff. Hierfür D. Fuchs RIW 2006, 29, 38ff. ABl EG 1996 L 309/1.

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§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

b) England 312 Der englische Protection of Trading Interests Act 1980 (c. 11) soll jedermann, der im Vereinigten Königreich Handel treibt, vor ausländischen Auskunftsverlangen, Verboten oder Urteilen schützen. Nach sec. 1 (3) kann der Secretary of State jedem, der im Vereinigten Königreich geschäftlich tätig ist, die Befolgung von ausländischen Auskunftsanordnungen oder Verboten untersagen, wenn dies angemessen erscheint, um Schaden von den Handelsinteressen des Vereinigten Königreichs abzuwenden. Nach sec. 2 kann der Secretary of State die Vorlage jedes im Vereinigten Königreich belegenen Handelsdokuments oder von Informationen jeder Art für ein ausländisches Gericht, Tribunal oder eine ausländische Behörde oder die von einem solchen Staat angeordnete Veröffentlichung untersagen, wenn diese Handlung (1) die Souveränität oder die Sicherheit des Vereinigten Königreichs beeinträchtigen würde, oder (2) wenn die Unterlagen nicht für Zivil- oder Strafverfahren im Ausland bestimmt sind, oder (3) wenn jemand unspezifische Unterlagen in seinem Besitz, seiner Kontrolle oder Verfügungsmacht vorlegen soll. Ein solches Verbot kann generell oder im Einzelfall, unbedingt oder bedingt erlassen werden. Ein Verstoß wird als Vergehen bestraft (sec. 3). Rechtshilfeersuchen ausländischer Gerichte um entsprechende Beweiserhebungen können abgelehnt werden (sec. 4). 313 Nach sec. 5 werden ausländische Urteile in England weder anerkannt noch vollstreckt, die (i) auf multiple damages lauten, (ii) die gegen Wettbewerbsbeschränkungen verstoßen, die das secretary of state angeordnet hat, oder (iii) die über einen Beitrag zu einer entsprechenden Schadenersatzpflicht ergangen sind.277 314 Am schärfsten ist aber der sog claw back-Anspruch nach sec. 6 des Gesetzes. Danach kann jeder Bürger des Vereinigten Königreichs oder jeder dort geschäftlich Tätige einen im Ausland auf ein Urteil auf multiple damages bezahlten Betrag zurückverlangen, soweit er den tatsächlich auszugleichenden Schaden übersteigt.278 c) Frankreich 315 Das französische Gesetz über die Mitteilung von Unterlagen und Auskünften wirtschaftlicher, kommerzieller … Art an ausländische natürliche oder juristische Personen (Loi No. 80–538 vom 16.7.1980) verbietet ebenfalls jedem Franzosen, jeder Person mit Wohnsitz in Frankreich und jedem Leiter _______________

277 Vgl Dicey & Morris, Rule 52, S 547ff. 278 Vgl Brinkhaus, Das britische Abwehrgesetz von 1980, 1989.

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Maßnahmen gegen ausländische Verfahren

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einer dortigen juristischen Person, einer ausländischen Behörde Unterlagen herauszugeben oder Auskünfte zu geben, deren Mitteilung die Souveränität, Sicherheit oder Wirtschaftsinteressen Frankreichs je nach Anordnung der Behörden beeinträchtigt. Außerdem wird jedermann verboten, nach solchen Unterlagen zu forschen oder diese ins Ausland weiterzuleiten, wenn sie zu Beweiszwecken für gerichtliche oder behördliche ausländische Verfahren dienen oder im Zusammenhang damit stehen.279 d) Andere Staaten Auch andere Staaten, wie Kanada, die Niederlande und die Schweiz besitzen 316 ähnliche Abwehrgesetze.280 Hauptanlass für die Anwendung bzw Erlass der blocking statutes waren Antitrust-Verfahren in den USA. Durch einen Vertrag zwischen den USA und der EG über Zusammenarbeit und Koordinierung in Kartellangelegenheiten vom 23.9.1991281 ist dieser Anwendungsfall vermutlich entschärft bzw beseitigt worden. e) Deutschland Deutschland hat im autonomen Recht nur eine sehr versteckte derartige 317 Regelung, die bisher in der Praxis keine Rolle gespielt hat. § 11 des Gesetzes über die Aufgaben des Bundes auf dem Gebiet der Seeschifffahrt vom 26.7.1977282 lautet: „§ 11. Der Bundesminister für Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Übermittlung von Unterlagen, die sich auf das Schifffahrtsgeschäft beziehen (insbesondere Verträge, Protokolle, Briefe, Studien, Marktberichte, Statistiken, Gutachten) und die Erteilung von Auskünften hierüber an Behörden und sonstige Stellen des Auslandes zu verbieten oder von einer Genehmigung abhängig zu machen, soweit dies erforderlich ist, um die deutsche Seeschifffahrt in der Freiheit ihrer wirtschaftlichen Betätigung zu schützen.“

Eine entsprechende „Verordnung über die Übermittlung schifffahrtsgeschäftlicher Unterlagen an ausländische Stellen“ trat am 15.12.1966 in Kraft.283 Frei

318–399

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279 Vgl Großfeld, Internationales und europäisches Unternehmensrecht, 2. Aufl 1995, § 5 III S 273. 280 Vgl Großfeld, Internationales und europäisches Unternehmensrecht. 2. Aufl 1995, S 271ff. 281 CMLR 4 (1991), 823. 282 BGBl I, 1315, 1317. 283 BGBl 1966 II, 1542.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

IV. Internationales Anwaltsrecht Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 2. Anwaltsvertrag . . . . . . . . . . . . . . 401 3. Inlandstätigkeit ausländischer Rechtsanwälte . . . . . . . . . . . . . . 406

4. Auslandstätigkeit deutscher Rechtsanwälte . . . . . . . . . . . . . 5. Anwaltskosten und Kostenerstattung . . . . . . . . . . . . . . . . .

420 430

1. Schrifttum 400 Adamson, Free movement of lawyers, 2nd ed 1998; Bachelin, Die Zusammenarbeit von Rechtsanwälten in Europa, 2002; H. Böker, Die Stellung des Anwalts im brasilianischen Recht, 2000; Bunsen, Deutscher Rechtsanwalt erstmalig als Gaikokuho-JimuBengoshi in Tokio zugelassen, BRAK-Mitt. 1992, 21; Cromie, International Commercial Litigation, 1990, S 256ff; Donald-Little, Cross Border Practice Compendium, 1991 (mit Angaben zu 23 europäischen Staaten); K. Drews, Zur internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Gebührenstreit eines deutschen Anwaltes mit ausländischer Mandantschaft, TransportR 1999, 193; C. Eisenberg, Das Internationale Privatrecht der Anwaltshaftung, 1998; E. Ewig, Internationaler Dienstleistungshandel und neue Tätigkeitsfelder für die Anwaltschaft (GATS-Abkommen), NJW 1995, 434; Franz, Neues Niederlassungsrecht für europäische Rechtsanwälte, BB 2000, 989; R. Goebel, Professional qualification and educational requirements for law practice in a foreign country, Tulane L.Rev 63 (1989), 443; Grunewald/Müller, Ausländische Rechtsberatungsgesellschaften in Deutschland, NJW 2005, 465; W. Hau, Globalisierungstendenzen der Rechtsberatungsmärkte – Rahmenbedingungen, Rechtstatsachen und Regelungsbedarf, Jahrbuch junger Rechtswiss. 1998, S 207; Hellwig, Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland, 2002; K. Hempel, Die rechtsberatenden Berufe im Europarecht, 1996; Henssler, Anwaltliche Tätigkeit in Europa, 1994; ders, Die Zulassung ausländischer Anwaltsgesellschaften in Deutschland, FS Busse, 2005, S 217; Henssler/Prütting, EuRAG, in BRAO, 2. Aufl 2004; St. Hofmann, Internationales Anwaltsrecht, 1991; A. Ishikawa, Über die Stellung der ausländischen Rechtsanwälte in Japan, FS Ress, 2005, S 1437; A. Kaffsack, Die Stellung des Rechtsanwalts und der Rechtsanwaltschaft in Japan, 1996; Kespohl-Willemer/Errens, Niederlassungsmöglichkeiten deutscher Rechtsanwälte im Ausland, 1994; Kilger, Freie Advokatur international, FS Busse, 2005, S 203; Kilian, Das Abkommen über den freien Personenverkehr zwischen der Europäischen Union und der Schweiz. Neue Betätigungsmöglichkeiten für Europas Rechtsanwälte, ZEuP 8 (2000), 601; ders, Erfolgshonorare im Internationalen Privatrecht, AnwBl 2003, 452; Kilimnik, GATS fördert internationale Rechtsberatung in Deutschland, IPRax 1995, 410; Klein/Ott/Zerdick, Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland, 2002; O. Knöfel, Grundfragen der internationalen Berufsausübung von Rechtsanwälten, 2005; ders, Anwalts-Kollisionsrecht, AnwBl 2003, 3; Lach, Die Möglichkeiten der Niederlassung europäischer Rechtsanwälte in Deutschland, NJW 2000, 1609; H. Lang, Zur Eignungsprüfung von EGAnwälten, BRAK-Mitt. 1990, 13; Q. Loh, The Duty of Counsel before an Alternative Dispute Resolution Tribunal, FS Schütze, 1999, S 437; Ch. Louven, Die Haftung des deutschen Rechtsanwalts im internationalen Mandat, VersR 1997, 1050; P. Mankowski, Obergrenze für das erstattungsfähige Honorar eines ausländischen Verkehrsanwalts?, NJW 2005, 2346; ders, Ausländische Verkehrsanwälte und

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Internationales Anwaltsrecht

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deutsche Honorargrenzen, AnwBl 2005, 705; H. Merle, Freizügigkeit für Rechtsanwälte in der Europäischen Union, 1995; Nakamura, Die Rechtsanwaltschaft in Japan, FS Schütze, 1999, S 579; Nerlich, Kooperation zwischen europäischen Rechtsanwälten, 1994; Niessen, Frankreichs Anwaltschaft, 1994; Obernheim, Die Eignungsprüfung für EU-Anwälte, NJW 1994, 1846; M. Odenbach, Spanisches Anwaltsrecht, 1994; M. Passarge, Rechtsanwalts-Aktiengesellschaften in ausländischen Rechtsordnungen, RIW 2005, 881; H. Prütting, Die rechtliche Situation der Rechtsberatung aus deutscher und europäischer Sicht, in: Schlosser (Hrsg), Integritätsprobleme im Umfeld der Justiz, 1994, S 1; Rabe, Binnenmarkt für Rechtsanwälte, ZEuP 1996, 1; G. Raiser, Die Haftung des deutschen Rechtsanwalts bei grenzüberschreitender Tätigkeit, NJW 1991, 2049; F. Rothenbühler, Freizügigkeit für Anwälte (Zürich), 1995; J. Schepke, Das Erfolgshonorar des Rechtsanwalts, 1998; M. J. Schmidt, Die internationale Durchsetzung von Rechtsanwaltshonoraren, 1991; O. Sieg, Internationale Anwaltshaftung, 1996; K. Siehr, Der Anwalt und das IPR, Collisio legum, Beiträge zum IPR für G. Broggini, 1997, S 537; G. Siskind, Freedom of Movement for Lawyers in the New Europe, Intern. Lawyer 26 (1992), 899; L. Spedding, Transnational Legal Practice in the EEC and the United States, 1987; A. Tyrell/Z. Yagub, The Legal Professions in the New Europe, 2nd ed 1996; M. Wagner, Rechtsformen für internationale Rechtsanwaltsgesellschaften, 2006; Walter, Professional Ethics and Procedural Fairness, 1991; H. Weil, Die Eignungsprüfung für EG-Anwälte, BRAK-Mitt. 1991, 15; F. Graf v. Westphalen, Einige international-rechtliche Aspekte bei grenzüberschreitender Tätigkeit von Anwälten, FS Geimer, 2002, S 1485.

2. Anwaltsvertrag Beauftragt eine Partei einen deutschen Anwalt mit der Beratung in einer in- 401 ternationalen Streitsache und einer entsprechenden Klageerhebung, so muss der Anwalt auch über die internationale Zuständigkeit des anzurufenden Gerichts sachgerecht beraten; klagt er (ohne Weisung) vor dem unzuständigen Gericht, haftet er seinem Mandanten ggf aus positiver Vertragsverletzung.284 Allgemein zur Haftung in internationalen Fällen s O. Sieg, Internationale Anwaltshaftung, 1996 u Ch. Louven VersR 1997, 1050. Beauftragt eine inländische Partei einen ausländischen Anwalt, so untersteht 402 der Anwaltsvertrag mangels abweichender Rechtswahl in der Regel dem Recht am Kanzleisitz (vgl Art 28 EGBGB). Rechte, Pflichten und Haftung des Anwalts richten sich also nach dem Ort seiner Niederlassung.285 Die Prozessvollmacht untersteht der jeweiligen lex fori. Sie bestimmt die 403 Form der Erteilung286 und deren Umfang, insbesondere auch, ob der Anwalt mit der Prozessführung verbundene materielle Erklärungen für seinen Mandanten abgeben kann und ob er für die Hauptsache Inkassovollmacht besitzt. _______________

284 OLG Koblenz RIW 1990, 218. 285 Vgl eingehend Knöfel, Grundfragen, S 248ff, 254ff. 286 Zum russischen Recht s Peterson/Wedde, Prozessvollmachten im russischen Recht, WiRO 2002, 12.

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Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

404 Der Anwalt kann auch nach seinem Heimatrecht seine Gebühren liquidieren. Dabei muss die deutsche Partei damit rechnen, dass die Gebühren im Ausland regelmäßig höher sind als im Inland. Für ein Verfahren im Ausland kann der deutsche Kläger ein Erfolgshonorar vereinbaren, wenn dies am Sitzstaat des Anwalts zulässig ist, wie zB in England287 oder in den USA.288 Diese Vereinbarung ist gültig, auch wenn sie mit einem deutschen Anwalt für Inlandstätigkeiten nach § 49b II BRAO (idF vom 5.5.2004) unzulässig und nichtig wäre.289 Bei hinreichendem Auslandsbezug der Tätigkeit kann auch der deutsche Rechtsanwalt ein Erfolgshonorar verlangen.290 405 Der Anwalt kann sein Honorar gegen seinen Mandanten nach allgemeinen Regeln verfolgen. Nach Ansicht des BGH ist der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (§ 29 ZPO) nicht am Kanzleisitz begründet.291 Im Anwendungsbereich von Art 5 Nr 1b EuGVO kann das Honorar freilich an dem Ort eingeklagt werden, an dem die Dienste erbracht worden sind. 3. Inlandstätigkeit ausländischer Rechtsanwälte 406 Ein Ausländer, der die allgemeinen Voraussetzungen erfüllt (§§ 4ff BRAO), wird unabhängig von seiner Staatsangehörigkeit zur deutschen Rechtsanwaltschaft zugelassen. 407 Ein Angehöriger eines EU-Mitgliedstaates ist außerdem nach §§ 1, 2ff EuRAG vom 9.3.2000292 berechtigt, als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt in Deutschland tätig zu sein. Voraussetzungen sind (1) die Zulassung zur Anwaltschaft im Herkunftsland, (2) die Aufnahme in die zuständige deutsche Rechtsanwaltskammer und (3) die Ausübung der Tätigkeit unter der heimatlichen Berufsbezeichnung. Unter diesen Voraussetzungen darf der niedergelassene europäische Rechtsanwalt im Inland alle Tätigkeiten eines deutschen Rechtsanwalts gemäß §§ 1 bis 3 BRAO ausüben (§ 2 I EuRAG). Drittstaatsangehörigen, die in einem EU-Staat zur Anwaltschaft zugelassen sind, steht diese Möglichkeit nicht offen. 408 Die volle Eingliederung in den deutschen Berufsstand des Rechtsanwalts kann der niedergelassene europäische Rechtsanwalt nach dreijähriger Tätig-

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287 Graef RIW 1995, 549; Schepke S 21ff. 288 Vgl Weinschenk RIW 1990, 435; Kilian AnwBl 2003, 452. 289 Vgl Mankowski AnwBl 2005, 705; krit. Schepke, Das Erfolgshonorar des Rechtsanwalts, 1998. 290 Krapfl IPRax 2002, 380; vgl LG Essen IPRax 2002, 396; enger OLG Frankfurt IPRax 2002, 399. 291 BGHZ 157, 20 = NJW 2004, 54 = FamRZ 2004, 98 (krit Gottwald); zustim Knöfel, Grundfragen, S 277. 292 BGBl I, 182.

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Internationales Anwaltsrecht

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keit auf dem Gebiet des deutschen Rechts gemäß §§ 11ff EuRAG erwerben. Er kann dann seinen Beruf als deutscher Rechtsanwalt ausüben.293 Wie bisher kann ein Angehöriger eines Mitgliedstaats der Europäischen 409 Union bzw des Europäischen Wirtschaftsraums daneben (mit oder ohne praktische Tätigkeit im Inland) zur deutschen Rechtsanwaltschaft zugelassen werden, wenn er sich erfolgreich einer Eignungsprüfung, jetzt gemäß §§ 16ff EuRAG, unterzogen hat. Ein Anwalt aus einem EU-Staat darf in Deutschland auch ohne inländische 410 Niederlassung gemäß §§ 25ff EuRAG vorübergehend als dienstleistender europäischer Rechtsanwalt unter seiner heimatlichen Berufsbezeichnung tätig werden, muss dabei aber kumulativ das Standesrecht seines Herkunftsstaates und das deutsche Standesrecht (§ 27 II EuRAG) beachten.294 Die beratende und geschäftsbesorgende Tätigkeit ist frei. Nach § 27 I 1 EuRAG darf der dienstleistende europäische Anwalt Mandanten auch vor Gericht oder Behörden vertreten. Im Rahmen des Anwaltszwangs bedarf er aber des Einvernehmens eines deutschen Rechtsanwalts (§ 28 EuRAG). Anwälte aus anderen Mitgliedstaaten der Welthandelsorganisation haben in 411 Deutschland Zugang zur Rechtsbesorgung nach § 206 I BRAO (idF vom 9.3.2000).295 Sie dürfen sich unter ihrer heimatlichen Berufsbezeichnung in Deutschland niederlassen, wenn sie auf Antrag in die Rechtsanwaltskammer des Orts der Niederlassung aufgenommen worden sind. Ihre Befugnis zur Rechtsbesorgung beschränkt sich auf das Recht ihres Herkunftsstaates und das Völkerrecht. Welche Berufe bzw Länder erfasst sind, wird durch Rechtsverordnung bestimmt (§ 206 I 2 BRAO). Eine Verordnung für US-amerikanische Anwälte soll in Vorbereitung sein.296 Angehörige anderer Staaten dürfen Rechtsbesorgung, beschränkt auf das 412 Recht ihres Herkunftsstaates in Deutschland betreiben, aber nur, wenn die Gegenseitigkeit mit dem Herkunftsstaat verbürgt und durch Rechtsverordnung im Einzelnen festgelegt worden ist (§ 206 II BRAO). Die „internationale“ Rechtsberatung in internationalen Sozietäten wird mit 413 dieser Regelung nur unzureichend erfasst.297 Ausländische Anwaltgesellschaften aus EU-Staaten dürfen aufgrund der europäischen Niederlassungs-

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293 Vgl MüKo/Gottwald, ZPO, Bd 3, 2. Aufl, § 11 EuRAG Rz 1ff; Henssler/Prütting/ Lörcher, BRAO, 2. Aufl 2004, § 11 EuRAG Rz 1ff. 294 Vgl Knöfel, Grundfragen, S 210ff. 295 BGBl I, 190. 296 Ewig NJW 1995, 434, 435; zur Gegenseitigkeit im Verhältnis zu New York s BRAK-Mitt. 1992, 87 u IntLawyer 27 (1993), 227. 297 Vgl Knöfel, Grundfragen, S 201ff.

329

§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

freiheit in Deutschland Zweigniederlassungen errichten oder ihren Sitz hierher verlegen. Eine Zulassung kann analog §§ 59c ff BRAO erfolgen.298 414–419

Frei

4. Auslandstätigkeit deutscher Rechtsanwälte 420 Das EuRAG v 9.3.2000 dient der Umsetzung der Richtlinie 87/5/EG vom 1.2.1998.299 Soweit die Richtlinie in den anderen Mitgliedstaaten der EU umgesetzt worden ist, haben deutsche Rechtsanwälte dort ebenfalls das Recht zur Niederlassung oder zur vorübergehenden Dienstleistung. 421 Im Verhältnis zu Drittstaaten steckt die Freizügigkeit anwaltlicher Dienstleistungen erst in den Anfängen. Einheitliche Regeln bestehen nicht. 422 Einige Staaten der USA sind recht großzügig. Anwalt kann in den USA jeder werden, der das Bar-Examen besteht.300 Als foreign legal consultant kann ein ausländischer Anwalt in 16 Staaten der USA (darunter New York, California und Florida) tätig werden und im Recht seines Heimatstaates sowie im internationalen Recht beraten. Die Beratung im Recht von Drittstaaten oder im amerikanischen Recht ist überwiegend unzulässig. Unzulässig ist die Vorbereitung von Urkunden, die Vertrautheit mit amerikanischen Gegebenheiten voraussetzt und die Vertretung vor Gericht oder Behörden.301 Außerdem ist die Tätigkeit auf maximal fünf Jahre begrenzt.302 423 Noch eingeschränkter ist der Umfang zulässiger Dienstleistungen deutscher Anwälte in Japan. Wegen der strengen Einschränkung wurde der Umfang zulässiger Dienstleistungen ausländischer Anwälte in Japan lange kritisiert. Durch das Gesetz über Sondermaßnahmen für Rechtsangelegenheiten eines ausländischen Rechtsanwalts,303 das inzwischen mehrfach reformiert wurde, wurde der Umfang der zulässigen Tätigkeit eines ausländischen Rechtsanwalts allmählich erweitert. Nach 3-jähriger Praxis im Heimatland kann dem ausländischen Rechtsanwalt die Zulassung in Japan erteilt werden (Art 10 Abs 1). Er muss sich mindestens 180 Tage im Jahr in Japan aufhalten. Der Umfang seiner Tätigkeit ist grundsätzlich auf die Rechtsangelegenheiten bezüglich seines Heimatrechts beschränkt (Art 3 Abs 1). Er kann insoweit vor japanischen Gerichten oder Behörden auftreten (Art 3 Abs 1 Nr 1), Gut_______________

298 Henssler, FS Busse, S 127, 144ff. 299 ABl EG L 77/36 vom 14.3.1998. 300 Zum Bar-Examen in New York s Harrer/Paschos, Das New Yorker Bar Exam, DAJV-NL 1996, 25. 301 Ewig NJW 1995, 434, 436. 302 Zur extraterritorialen Geltung US-amerikanischen Berufsrechts s Knöfel, Grundfragen, S 496ff. 303 Gaikoku bengoshi ni yoru horitsujimu no toriatsukai ni kansuru tokubetsusochiho, 1989, Gesetz Nr 66.

330

Internationales Anwaltsrecht

§5

achten oder sonstige Auffassungen über Anwendung oder Auslegung von anderen Rechten als das Heimatrecht vorlegen (Art 3 Abs 1 Nr 3), und eine Partei bei der Unterwerfung unter die Zwangsvollstreckung in einer notariellen Urkunde vertreten (Art 3 Abs 1 Nr 5). Sind die Voraussetzungen (Art 16) erfüllt, kann er sich auch mit dem Recht eines Landes, das nicht sein Heimatland ist, beschäftigen (Art 5). Im Bereich des Familien- oder Erbrechts, bei Beteiligung eines japanischen Staatsangehörigen und in Grundstücksangelegenheiten ist eine Zusammenarbeit mit einem japanischen Rechtsanwalt erforderlich (Art 3 Abs 2). In internationalen Schiedsverfahren (einschließlich der Vergleichsverfahren) kann der ausländische Anwalt in Japan uneingeschränkt (ohne Rücksicht auf das anwendbare Recht) auftreten (Art 5.3, Art 58.2). In Liechtenstein kann die Regierung ausländische Rechtsanwälte seit 1968 424 im Einzelfall zulassen. Frei

425–429

5. Anwaltskosten und Kostenerstattung Die lex fori entscheidet, ob die unterliegende Partei auch die Partei- und 430 Anwaltskosten des Gegners, wie nach § 91 ZPO bezahlen muss304 oder nicht, wie grds in den USA. Ob in Fällen mit Auslandsberührung die Zuziehung eines Verkehrsanwalts 431 notwendig ist, ist in Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen,305 aber wohl idR zu bejahen.306 Der ausländischen Partei sind Verkehrsanwaltskosten nach denselben Grundsätzen wie einer inländischen Partei zu erstatten.307 Die Rspr übt bei ausländischen Großunternehmen mit inländischer Zweigniederlassung zu Recht Zurückhaltung308 und erstattet die Kosten des Korrespondenzanwalts nur bis zur Höhe von Reisekosten der Partei zur Information ihres Anwalts.309 Der in Deutschland residierende Verkehrsanwalt kann eigene Reisekosten ins Ausland jedenfalls (in erstattungsfähiger Weise) in Rechnung stellen, wenn sie zur Information der Partei im Ausland notwendig und billiger waren als entsprechende Reisen der ausländischen Partei nach Deutschland.310 _______________

304 305 306 307 308 309 310

Vgl Schack Rz 580c. OLG Koblenz RIW 1990, 65. Schack Rz 580d. OLG München RIW 1997, 963. OLG Düsseldorf RIW 1996, 1044. OLG Düsseldorf RIW 1999, 69. OLG Koblenz RIW 1990, 65, 66.

331

§5

Inlandsverfahren mit Auslandsbezug

432 Generell darf ein Anwalt für eine Tätigkeit in seinem Niederlassungsstaat nach dessen Recht abrechnen.311 Bei der Beauftragung eines ausländischen Verkehrsanwalts312 oder eines ausländischen Beweisanwalts313 hat der Gegner aber nur die Kosten zu erstatten, die bei Beauftragung eines inländischen Rechtsanwalts angefallen wären. Der im Inland tätige EG-Anwalt darf gegenüber inländischen Mandanten nach dem RVG abrechnen.314 Die Kosten eines neben dem ausländischen Prozessbevollmächtigten tätigen deutschen Einvernehmensanwalts sind stets erstattungsfähig.315 433 Zur Frage, ob einem ausländischen Klienten die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung gestellt werden darf, s Hansch.316 434 War der Prozess im Inland zu führen, so sind deutsche Gerichte nach Art 5 Nr 1b, 2. Strich EuGVO bzw Art 5 Nr 1 LugÜ für den Gebührenrechtsstreit des deutschen Anwalts gegen seinen ausländischen Mandanten zuständig, sofern keine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung vorliegt. Für § 29 ZPO hat der BGH eine Zuständigkeit am Sitz des Anwalts verneint (s o Rz 405).317 435 Wird ein ausländischer Titel (nach Vollstreckbarerklärung) im Inland vollstreckt, so sind die entstehenden Anwaltskosten als Kosten der Zwangsvollstreckung (§ 788 ZPO) vom Schuldner zu erstatten, auch wenn im Ursprungsland (insoweit) keine Kostenerstattung stattfindet.318 436 Zu den Anwaltskosten in England vgl Hurst.319 Zu den Honoraren in Österreich vgl Wrabetz/Bertrams.320 Zu den Anwaltskosten in den USA vgl Weinschenk321 und L.-U. Pera.322

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311 Supreme Court of British Columbia (McLeod v Amiras) [2001] ILPr 585. 312 BGH RIW 2005, 467 = NJW 2005, 1373; OLG München FamRZ 2004, 1803; krit Mankowski NJW 2005, 2346. 313 BGH RIW 2005, 774, 775. 314 LG Hamburg RIW 1999, 466. 315 EuGHE 2003, I-15075 (Amok Verlag v AZR Gastronomie) = NJW 2004, 833 = ZZPInt 2003, 527 (Anm Adolphsen). 316 AnwBl 1987, 527. 317 BGHZ 157, 20 = NJW 2004, 54 = FamRZ 2004, 98 (krit Gottwald). 318 OLG Düsseldorf RIW 1990, 500. 319 ZZPInt 10 (2005), 39, 44. 320 AnwBl 1987, 505. 321 RIW 1990, 435. 322 Der deutsche Rechtsanwalt und der US-amerikanische „attorney-at law“ und ihre Honorarforderungen, Diss. Münster 1995.

332

§ 6 Internationale Rechtshilfe Inhaltsübersicht I. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsgrundlagen der Rechtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 2

3. Voraussetzungen der internationalen Rechtshilfe . . . . . . 4. Form der Erledigung . . . . . . . .

16 21

6

III. Internationale Rechtshilfe und Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Schrifttum Andolina, Ricerche sul processo, Vol III: Cooperazione internazionale in materia 1 giudiziaria, 1996; ders, La cooperazione internazionale nel processo civile, in: Transnational Aspects of Procedural Law, 1998, S 313; Arnold, Die Rechtshilfeordnung in Zivilsachen, MDR 1957, 385; ders, Die Problematik von Rechtshilfeabkommen, NJW 1970, 1478; Böckstiegel/Schlafen, Die Haager Reformübereinkommen über die Zustellung und Beweisaufnahme im Ausland, NJW 1978, 1073; Böhmer, Spannungen im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr in Zivilsachen, NJW 1990, 3049; D. Campbell/S. Rodriguez/B. Prell, International Judicial Assistance in Civil Matters, 1999; Capatina, L’entraide judiciaire internationale en matière civile et commerciale, RdC 179 (1983-I), 305; Carrington ua, The Hague Conference on Private International Law, Law and Contemp. Problems 57 (1994) (3), 1ff; Chen, International Judicial Assistance in China, Intern. Lawyer 26 (1992), 387; Dunboyne, Service and evidence abroad, ICLQ 1961, 295; Fasching/Bajons, Zivilprozessgesetze, Bd 1, 2. Aufl 2000 (Anh zu §§ 38–40 JN: Internationale Rechtshilfe); Greger, Verfassung und internationale Rechtshilfe, Erlanger FS Schwab, 1990, S 331; Harwood, Service and evidence abroad, ICLQ 1961, 284; Hecker, Handbuch der konsularischen Praxis, 1982, S 367ff (Rechtshilfeverkehr); B. Heß, Neue Formen der Rechtshilfe in Zivilsachen im Europäischen Rechtsraum, GS W. Blomeyer, 2004, S 617; ders, Neue Rechtsakte und Rechtssetzungsmethoden im Europäischen Justizraum, ZSR 124 (2005) II, 183; Jones, International judicial assistance: Procedural chaos and a program for reform, Yale L.J. 1953, 62 und 515; Junker, Der deutsch-amerikanische Rechtsverkehr in Zivilsachen, JZ 1989, 121; Ma, Chinesische internationale Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen, IPRax 1997, 52; Meyer, Zum Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen mit einigen Staaten Osteuropas, in: Wirtschaft und Recht in Osteuropa 1997, 215; Nagel, Nationale und internationale Rechtshilfe im Zivilprozess, 1971; ders, Die Bedeutung der internationalen Rechtshilfe im Zivilverfahren für die Entwicklung des Völkerrechts, Thesaurus Acroasium, Vol IV (1977), 1; Y. Ohara, Judicial assistance to be afforded by Japan for Proceedings in the United States, Int.Lawyer 23 (1989), 10; Pfeiffer, Internationale Zusammenarbeit bei der Vornahme innerstaatlicher Prozesshandlungen, in: Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, S 77; Pfeil-Kammerer, Deutschamerikanischer Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, 1987; Pocar, L’assistenza giudiziaria internazionale in materia civile, Padova 1967; Puttfarken, Rechtshilfe und Dritte Gewalt, NJW 1988, 2155; Ristau, International Judicial Assistance (Civil & Commercial) (2 Vol), 1984; Schabenberger, Der Zeuge im Ausland im deutschen Zivilprozess, 1995;

333

§6

Internationale Rechtshilfe

Schlamann/Blechat, Mitwirkung des Rechtspflegers im Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland, Rpfleger 1999, 469; Schlemmer, Internationaler Rechtshilfeverkehr, 1970; Schlosser, Internationale Rechtshilfe und richterliche Unabhängigkeit, GS Constantinesco, 1982, S 653; E. Scoles/P. Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000 (Chap 12 I–IV); Simon-Depitre, Droit internationale judiciaire, Juris-Classeur, Procédure civile, 1985, Fasc. 124; A. Trunk, Rechtshilfe in Zivilsachen im Ostseeraum, SchlHA 2006, 119; P. Volken, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, 1996; Vollkommer, Disharmonien und Spannungen im internationalen Rechtshilfeverkehr zwischen den USA und Deutschland, ZZP 80 (1967), 248.

II. Einführung 1. Begriff 2 Die Rechtshilfeordnung in Zivilsachen (ZRHO) vom 19.10.19561 definiert Rechtshilfe in § 2 I wie folgt: „Rechtshilfe ist jede gerichtliche oder behördliche Hilfe in einer bürgerlichen Rechtsangelegenheit, die entweder zur Förderung eines inländischen Verfahrens im Ausland oder zur Förderung eines ausländischen Verfahrens im Inland geleistet wird; Rechtshilfe kann auch durch Zustellung von Schriftstücken geleistet werden, die nicht oder noch nicht im Zusammenhang mit einem Verfahren stehen.“

3 § 5 ZRHO unterscheidet fünf Arten von Ersuchen: 1. um Zustellung (s u § 7); 2. auf Vornahme einer Beweisaufnahme (s u § 8) oder einer anderen gerichtlichen Handlung (irreführend „Rechtshilfeersuchen“ genannt); 3. um Verfahrenshilfe, zB Akten oder Urkunden zu übersenden, amtliche Auskünfte zu erteilen oder Zeugen oder Berechtigte zu ermitteln; zB nach dem Europäischen Übereinkommen betreffend Rechtsauskünfte (s u § 10 Rz 2ff); 4. um Verfahrensüberleitung, zB nach § 47 II FGG; 5. um Vollstreckungshilfe, zB nach Art 18, 19 HZÜ 1954 (s u § 13 Rz 201ff). Die Rechtshilfe in Strafsachen (nach dem IRG 19822 und dem Europäischen Übereinkommen vom 20.4.19593) und in Verwaltungssachen (etwa nach

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1 Neufassung von 1976 (mit Erg, zuletzt Nov 2005), abgedruckt in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, G I, S 900.1ff sowie in Piller/Hermann, Justizverwaltungsvorschriften, Nr 3 g. Zur Rechtsnatur s Stein/Jonas/Schumann Einl Rz 855. 2 Vgl E. López y López, The judicial co-operation in criminal matters, 1. Europäischer Juristentag, 2001, 251; Lagodny/Schomberg, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, in: Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, 43. 3 BGBl 1964 II, 1369.

334

Einführung

§6

dem Europäischen Übereinkommen vom 15.2.19784 und dem deutsch-österr. Vertrag vom 31.5.1988) soll hier nicht behandelt werden. Der Sammelbegriff „Rechtshilfe“ hat sich international durchgesetzt. Im 4 französischen Recht spricht man von „entraide judiciaire internationale“,5 im italienischen von „assistenza guidiziaria“, im schwedischen von „internationell rättshjälp“.6 Im Einzelnen sind die Begriffe freilich mit der „Verfahrenshilfe“ iS von „Prozesskostenhilfe“ bzw Armenrecht verwechslungsfähig. Im englischen Sprachraum wird der Begriff „legal assistance“7 kaum verwendet; „service of process“ und „obtaining evidence“ bleiben meist ohne Oberbegriff. Teilweise spricht man auch von einer internationalen gerichtlichen Zusam- 5 menarbeit8 und bezieht dann auch die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen mit ein.9 Aber eine solche Begriffsbildung vermischt unterschiedliche Tatbestände. Bei der Rechtshilfe im engeren Sinne geht es um die Zusammenarbeit mit anderen Gerichten und die Hilfe für eine Verfahrensabwicklung im Ausland. Bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen handelt es sich dagegen um die Freizügigkeit von Vollstreckungstiteln. Entsprechend trennt auch die internationale Vertragspraxis zumeist zwischen Rechtshilfe auf der einen und Anerkennung und Vollstreckung auf der anderen Seite. 2. Rechtsgrundlagen der Rechtshilfe Primäre Rechtsgrundlage sind europäische Verordnungen sowie multi- und 6 bilaterale Staatsverträge. EuZustVO, EuBewVO, das HZÜ 1954 sowie das HZustÜ 1965 und das HBÜ 1970 sowie die dazu bestehenden Zusatzvereinbarungen enthalten das für Deutschland relevante Recht. Bilaterale Rechtshilfeverträge bestehen weiter mit Großbritannien (mit Geltung für viele weitere Commonwealth-Staaten), Griechenland, Marokko, der Türkei und Tunesien.

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4 5 6 7 8

BGBl 1981 II, 553. Monin-Hersant, Juris-Cl., Droit internationale, Fasc. 589-B-1. Rättshjälplag 1972: 429. S. Szaszy S 643. So etwa das MERCOSUR-Protokoll von Las Leñas von 1992; vgl Samtleben IPRax 2005, 376, 381. 9 So Schröder, Die internationale Zuständigkeit, 1971, 748; Andolina, Le cooperazione internazionale nel processo civile, in: Andolina, Transnational aspects of procedural laws, Vol 1, 1998, 313; vgl auch Pfeiffer, in: Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, S 77, 102ff.

335

§6

Internationale Rechtshilfe

Die Rechtshilfeverträge der früheren DDR sind erloschen; zumeist wurde mit dem jeweiligen Vertragsstaat eine entsprechende Verständigung herbeigeführt.10 Im Einzelnen gilt Folgendes: 7 Das HZÜ 1905 gilt noch im Verhältnis zu Island. 8 Das HZÜ 1954 gilt im Verhältnis zu Ägypten, Argentinien, Armenien, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Dänemark, Finnland, Frankreich, Georgien, Israel, Italien, Japan, Kasachstan, Kirgisistan, Kroatien, Lettland, Libanon, Litauen, Luxemburg, Macao, Marokko, Mazedonien, Moldawien, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Serbien/Montenegro11, Slowakei, Slowenien, Spanien, Surinam, Tadschikistan, Tschechische Republik, Türkei, Ukraine, Ungarn, Usbekistan, Vatikanstaat, Weißrussland und Zypern (seit 1.3.2001). 9 Zusatzübereinkommen über die Vereinfachung des Geschäftsverkehrs bestehen mit – – – – – – – – – – –

Belgien (vom 25.4.1959),12 Dänemark (vom 1.10.1910 idF vom 6.1.193213 und vom 1.6.191414), Frankreich (vom 6.5.1961),15 Luxemburg (vom 1.8.1909),16 den Niederlanden (vom 30.8.1962),17 Norwegen (vom 23.11.1979),18 Österreich (vom 6.6.1959),19 Polen (vom 14.12.1992),20 Schweden (vom 1.2.1910),21 der Schweiz (vom 30.4.191022 und vom 24.12.192923) und der Tschechischen Republik (vom 2.2.2000).24

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10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Krit. Sturm, FS Serick, 1992, S 351. Vgl Schweisfurth IPRax 1996, 9. BGBl II, 1524. RGBl II, 20. RGBl 205. BGBl II, 1040. RGBl 907, 910. BGBl 1964 II, 468. BGBl II, 1292. BGBl II, 1523. Zu Einzelheiten s Fasching/Bajons, Zivilprozessgesetze, Bd 1, 2. Aufl 2000, Anh B §§ 38–40 JN Rz 51ff. BGBl 1994 II, 361. RGBl 455. RGBl 674. RGBl 1930 II, 1. BGBl 2001 II, 1211; vgl BT-Drucks 14/6101 vom 17.5.2001 u BT-Drucks 14/6534 vom 3.7.2001.

336

Einführung

§6

Außerdem ist das Ausführungsgesetz zum Haager Übereinkommen 1954 vom 18.12.195825 zu beachten. Das Haager Zivilprozessübereinkommen 1954 ist im Verhältnis zu den Ver- 10 tragsstaaten ersetzt worden durch das Haager Zustellungsübereinkommen 1965 (s u § 7 Rz 64ff) und das Haager Beweisübereinkommen 1970 (s u § 8 Rz 27ff). Die Zusatzvereinbarungen zum HZÜ 1905 bzw HZÜ 1954 gelten gemäß Art 24 HZustÜ 1965 und Art 31 HBÜ 1970 auch für die neuen Übereinkommen weiter. In der Europäischen Union ist die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen 11 nun in Art 65ff EGV vorgesehen.26 Zur Realisierung dienen folgende Rechtsakte: –

Für Zustellungen innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (außer Dänemark) die Verordnung über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke (EuZustVO) vom 29.5.2000.27



Für Beweisaufnahmen innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (außer Dänemark) gilt ab 1.1.2004 die Verordnung (EG) Nr 1206/2001 über die Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen vom 28.5.2001 (EuBewVO). Die europäischen Verordnungen lassen die Geltung der bilateralen Zusatzvereinbarungen (zum HZÜ 1954) unberührt (Art 20 II EuZustVO; Art 21 II EuBewVO), soweit die Zusatzvereinbarungen den bilateralen Verkehr weiter vereinfachen. Beide Verordnungen gelten nur für den Rechtshilfeverkehr zwischen den Mitgliedstaaten; im Verhältnis zu Drittstaaten gilt jeweils autonomes Recht.28



Zur praktischen Erleichterung der Zusammenarbeit hat der Rat durch Entscheidung vom 28.5.2001 zusätzlich ein Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen errichtet.29 Danach benennt jeder EUStaat eine oder mehrere Kontaktstellen (Art 2 II), die ua für die reibungslose Abwicklung von Verfahren mit grenzüberschreitenden Bezügen und die Erleichterung der Ersuchen um justizielle Zusammenarbeit (Art 3 II [a]) zu sorgen haben.

Das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.192830 12 gilt im Verhältnis zu Australien, Bahamas, Barbados, Bermuda, Britische Jungfern-Inseln, Dominika, Falkland-Inseln, Fidschi, Gambia, Grenada, Guyana, Jamaika, Kanada, Kenia, Lesotho, Malawi, Malaysia, Malta, Mauri_______________

25 26 27 28 29 30

BGBl I, 939. Vgl Ilia, 1. Europäischer Juristentag, 2001, S 293. ABl EG Nr L 160/37 vom 30.6.2000. Vgl Kreuzer RabelsZ 70 (2006), 1, 34. ABl EG Nr L 174/25 vom 27.6.2001. RGBl II, 823.

337

§6

Internationale Rechtshilfe

tius, Nauru, Neuseeland, Nigeria, Salomonen, Sambia, Seychellen, Sierra Leone, Singapur, St. Lucia, St. Vincent und Grenadinen, Swasiland, Tansania, Trinidad und Tobago, dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland selbst sowie im Verhältnis zu Zypern.31 13 Zu beachten sind weiter –

das deutsch-griechische Abkommen vom 11.5.1938 über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handelsrechts,32



die deutsch-liechtensteinische Vereinbarung vom 17.2./29.5.1958 über den unmittelbaren Geschäftsverkehr in Zivil- und Strafsachen,33



der deutsch-marokkanische Rechtshilfe- und Rechtsauskunftsvertrag in Zivil- und Handelssachen vom 29.10.1985,34



der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 über Rechtsschutz und Rechtshilfe (Art 1–26) mit Ausführungsgesetz vom 29.4.1969,35



das deutsch-türkische Abkommen vom 28.5.1929 über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen.36

14 Besondere Rechtshilfeverträge bestehen für die Geltendmachung von Unterhaltsforderungen und die Durchsetzung von Unterhaltstiteln. Hier gilt –

das UN-Übereinkommen vom 20.6.1956 über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (s u § 13 Rz 70ff).



Das Römische EWG-Übereinkommen über die Vereinfachung der Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen vom 6.11.1990 (s u § 13 Rz 90) wird voraussichtlich nicht mehr in Kraft treten.

15 Darüber hinaus gewähren sich die Staaten sog vertragslose Rechtshilfe. Nach Völkerrecht ist kein Staat zur Leistung von Rechtshilfe verpflichtet. Diese wird vielmehr im Rahmen von „comity“ bzw „courtoisie internationale“ erbracht.37 Die Rechtshilfe wird danach in der Erwartung gegenseitiger Hilfe auf Rechtshilfeersuchen (letter of request; commission rogatiore) hin erbracht. Diese generelle Erwartung ist jedoch von einem strengen Gegenseitigkeitserfordernis zu unterscheiden. Rechtshilfe ist daher ohne Prüfung der Gegenseitigkeit zu leisten.38 Eine Einschränkung ist allenfalls zulässig, wenn der ersuchende Staat deutsche Rechtshilfeersuchen generell ablehnen würde. _______________

31 32 33 34 35 36 37

Vgl Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 520.1, 2ff. Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, S 430. Geimer/Schütze S 450.1. BGBl 1988 II, 1055 (in Kraft seit 23.6.1994, BGBl II, 1192). Geimer/Schütze S 515.1. Geimer/Schütze S 517.1. Schack Rz 170; Schabenberger, Der Zeuge im Ausland, S 56ff; Burgstaller/ Christian, Internationales Zivilverfahrensrecht, Rz 8.10. 38 Pfennig S 23ff; Schack Rz 170; Schabenberger, Der Zeuge im Ausland, S 58ff.

338

Einführung

§6

3. Voraussetzungen der internationalen Rechtshilfe Generell ist die internationale Rechtshilfe nicht von der Gegenseitigkeit ab- 16 hängig. Internationale Rechtshilfe hängt auch nicht davon ab, ob das ersuchende 17 Gericht international zuständig iS des ersuchten Staates ist. Es kommt vielmehr ausschließlich darauf an, ob ein Prozessgericht für die Durchführung eines bei ihm anhängigen Verfahrens um Rechtshilfe ersucht.39 Rechtshilfe ist daher auch dann zu gewähren, wenn der ersuchte Staat für den Rechtsstreit selbst die eigene ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte beansprucht. Einzelne gegenteilig entschiedene Fälle sollten diesen Grundsatz nicht in Frage stellen.40 Im gleichen Sinne hat der italienische Kassationshof entschieden, dass die Ausführung eines Rechtshilfeersuchens nicht davon abhängt, ob ein im ausländischen Verfahren ergehendes Urteil später in Italien anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden kann.41 Wie jede internationale Zusammenarbeit, kann auch die internationale 18 Rechtshilfe im Einzelfall aus ordre public-Gründen abgelehnt werden. Der ordre public-Verstoß ergibt sich freilich nur selten aus der begehrten Rechtshilfe selbst, sondern idR aus dem letztlich damit verfolgten Rechtsschutzziel (s u § 7 Rz 95ff). Über die Gewährung von Rechtshilfe entscheidet die Exekutive, nicht das 19 Gericht.42 Über die Beziehungen zu ausländischen Staaten entscheidet die Bundesregierung (Art 32 GG). Sie entscheidet daher letztlich darüber, ob und unter welchen Voraussetzungen Rechtshilfeersuchen an das Ausland weitergeleitet und eingehenden Gesuchen grundsätzlich entsprochen wird. Die Prüfung der ein- und ausgehenden Gesuche durch die Gerichtspräsidenten als Prüfungsstellen (§ 9 ZRHO) ist insoweit delegierte Verwaltungstätigkeit und nicht Rechtsprechung. Die positive oder negative Entscheidung der Prüfstelle ist deshalb Justizver- 20 waltungsakt; ihre Rechtmäßigkeit kann im Verfahren nach §§ 23ff EGGVG überprüft werden.43

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39 Geimer, IZPR, Rz 2015; bereits Meili/Mamelok, Internationales Privat- und Zivilprozessrecht, S 1911. 40 Vgl OLG Nürnberg IPRspr. 1958/59, 628. 41 Pocar, L’assistenza giudiziaria, 164. 42 BGHZ 87, 385, 389 = NJW 1983, 2769; Geimer, IZPR, Rz 2126f. 43 BVerfGE 91, 335 = NJW 1995, 649 = JZ 1995, 716; OLG München RIW 1989, 483; OLG Köln RIW 1988, 55; Wieczorek/Schreiber, 3. Aufl, § 23 EGGVG Rz 26.

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§6

Internationale Rechtshilfe

4. Form der Erledigung 21 Rechtshilfehandlungen jeder Art werden vom ersuchten Gericht grundsätzlich nach seiner eigenen lex fori ausgeführt. 22 Jedoch können auf besonderes Gesuch auch ausländische Formen berücksichtigt werden. Art 11 II schweiz. IPRG lautet: „Auf Begehren der ersuchenden Behörde können auch ausländische Verfahrensnormen angewendet oder berücksichtigt werden, wenn es für die Durchsetzung eines Rechtsanspruchs im Ausland notwendig ist und nicht wichtige Gründe auf Seiten des Betroffenen entgegenstehen.“

Das deutsche Recht kennt keine ausdrückliche allgemeine Regel dieses Inhalts. Art 5 (1) (b) HZustÜ 1965 und Art 9 (2) HBÜ sehen jedoch vor, dass Rechtshilfe in besonderen Formen erbeten werden kann. Dies gilt auch im vertragslosen Zustand, sofern die erbetene Handlung nicht mit dem deutschen Recht unvereinbar ist.

III. Internationale Rechtshilfe und Völkerrecht 23 Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsentscheidungen ist zwar Teil der internationalen Zusammenarbeit, gehört aber nicht zum Bereich der internationalen Rechtshilfe. Letztere besteht darin, dem Prozessgericht Hilfe bei Zustellungen oder Beweisaufnahmen in einem anderen Staat zu leisten. Zustellungen ins Ausland können nicht ohne eine Mitwirkung des Empfangsstaates bewirkt werden. Allerdings kann der Empfangsstaat sein generelles Einverständnis erklären, dass ausländische Gerichte in seinem Gebiet per Post durch Konsuln oder durch Privatpersonen zustellen. Eine solche generelle Zustimmung besteht in den Staaten des angloamerikanischen Rechtskreises. Auch innerhalb der EU dürfen Zustellungen jetzt gemäß Art 14 EuZustVO unmittelbar durch die Post erfolgen, in Deutschland nach § 1068 ZPO freilich nur durch Einschreiben mit Rückschein. Auf diese Regelung nimmt § 183 I Nr 1 ZPO Bezug. Danach erfolgt die Zustellung ins Ausland per Posteinschreiben, soweit dies völkerrechtlich vereinbart ist. Soweit dies nicht der Fall ist, bleibt es bei der traditionellen Form des Ersuchens des Vorsitzenden des Prozessgerichts an die Behörden des fremden Staates oder an die deutsche diplomatische oder konsularische Vertretung in dem betreffenden Staat (§ 183 I Nr 2 ZPO). Ist eine Zustellung auf diesem Wege nicht möglich oder verspricht sie keinen Erfolg, kann die 340

Internationale Rechtshilfe und Völkerrecht

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Zustellung im Inland durch öffentliche Bekanntmachung (öffentliche Zustellung) nach § 185 Nr 2 ZPO erfolgen. Ähnlich liegt es bei Beweisaufnahmen im Ausland. In solchen Fällen hat der 24 Vorsitzende gemäß § 363 ZPO die zuständige Behörde um Aufnahme des Beweises zu ersuchen. Kann die Beweisaufnahme durch einen Bundeskonsul erfolgen, so ist das Ersuchen an diesen zu richten. Wird die erbetene Hilfe nicht geleistet, so können die Beweisaufnahmen nicht durchgeführt werden. Das Prozessgericht muss aber trotzdem entscheiden nach den Regeln der Beweislastverteilung. Bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Ent- 25 scheidungen hat das Prozessgericht dagegen bereits entschieden. Durch die Verweigerung der Anerkennung und Vollstreckung kann ein ausländischer Staat lediglich verhindern, dass ein deutsches Urteil in seinem Gebiet durchgesetzt werden kann. Diese Unterscheidung der internationalen Rechtshilfe und der Anerkennung 26 und Vollstreckung ausländischer Urteile wird nicht immer scharf gesehen (s o Rz 5). Eine strenge Unterscheidung beider Gebiete des IZPR ist aber von großer praktischer Bedeutung, denn dadurch wird unterstrichen, dass die internationale Rechtshilfe nicht mit dem Problem der Gegenseitigkeit belastet sein darf. Die meisten zweiseitigen Übereinkommen behandeln die Gebiete der inter- 27 nationalen Rechtshilfe getrennt von der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile. Als Beispiele seien angeführt folgende Vereinbarungen über die Vereinfachung des Rechtshilfeverkehrs: die deutsch-belgische vom 25.4.1959, die deutschdänische vom 6.1.1932, die deutsch-französische vom 6.5.1961, die deutsch-luxemburgische vom 1.8.1909, die deutsch-niederländische vom 30.8.1962, die deutsch-österreichische vom 6.6.1959, die deutsch-schwedische vom 1.2.1910, die deutsch-schweizerische vom 30.4.1910, die deutsch-britische vom 20.3.1928, die deutschgriechische vom 11.5.1938, die deutsch-türkische vom 29.5.1929. Dem stehen folgende Abkommen bzw Verträge über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen gegenüber: das deutsch-italienische vom 9.3.1936, das deutsch-belgische vom 30.6.1958, das deutsch-österreichische vom 6.6.1959, das deutsch-britische vom 14.7.1960, das deutsch-griechische vom 4.11.1961, das deutsch-niederländische vom 30.8.1962, das deutsch-schweizerische vom 2.11.1929; der deutsch-israelische Vertrag vom 20.7.1977 und der deutsch-norwegische Vertrag vom 17.6.1977; der deutsch-spanische Vertrag vom 14.11.1983/20.1.1987. Lediglich der deutsch-tunesische Vertrag über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 19.7.1966 behandelt mehrere Gebiete des IZPR. 341

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Internationale Rechtshilfe

28 Für die besondere Behandlung der internationalen Rechtshilfe spricht auch ein in allen Staaten immer deutlicher hervortretendes Interesse an der Aufklärung des dem Rechtsstreit zugrunde liegenden wahren Sachverhalts. Nach der deutschen ZPO kann das Gericht alle ihm erforderlich erscheinenden Beweise von Amts wegen erheben mit der einzigen Ausnahme des Zeugenbeweises. Der neue französische cprc unterstreicht besonders die aktive Rolle des Richters im Zivilprozess. Bei der Beweiserhebung geht das französische Prozessrecht sogar noch einen Schritt weiter als das deutsche, denn es erlaubt dem Gericht auch, Zeugen vom Amts wegen zu hören.44 Auch das neue belgische Zivilprozessrecht gibt dem Gericht eine weitreichende Macht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären.45 Für die sozialistischen Staaten galt der Grundsatz, die objektive Wahrheit in jedem Zivilprozess erforschen zu müssen. Mit diesem Prinzip ist eine unvernünftige Beschränkung der Beweisführung unvereinbar.46 29 Im anglo-amerikanischen Prozess herrscht zwar das „adverserial principle“System, es wird jedoch ein fairer Prozess gefordert. Ein solcher ist nicht möglich, wenn die Ladung an einen Beklagten im Ausland nicht durchgeführt werden kann oder wenn die Durchführung einer Beweisaufnahme im Ausland ungebührlich beschränkt würde.47 Danach würden die Staaten sich mit ihrem eigenen Verhalten in Widerspruch setzen, wenn sie einem Prozessgericht – wo immer es gelegen sei – keine internationale Rechtshilfe leisten würden. 30 Die territoriale Bezogenheit der Gerichtshoheit führt zu einem negativen Satz des Völkergewohnheitsrechts, wonach kein Staat auf dem Gebiet eines anderen ohne dessen Zustimmung gerichtliche Handlungen vornehmen darf.48 Das bezieht sich auch auf Zustellungen, Ladungen und Beweisaufnahmen im Ausland. Bei strenger Durchführung dieses Grundsatzes wird es bereits fraglich, ob das Prozessgericht eigene Staatsangehörige im Ausland durch einfachen oder eingeschriebenen Brief zu einem Termin laden darf (hierauf nimmt das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954 Bezug, wenn es vorsieht, dass den Mitgliedstaaten bei Auslandszustellungen durch Postbriefe ein Widerspruchsrecht zusteht). 31 Das Verbot, in einem anderen Staat ohne dessen Erlaubnis hoheitlich tätig zu werden, schließt freilich nicht aus, dass die inländische Prozesspartei freiwillig im Inland Anordnungen eines ausländischen Gerichts befolgt oder _______________

44 Parodi, L’esprit général et les innovations du NCPC, 1976, 47. 45 Krings ZZP 90 (1977), 245. 46 Stalev, Fundamental guarantees of litigants in civil proceedings, in: Cappelletti/ Tallon, Les garanties fondamentales des parties dans le procès civil, Milano, 1973, 411. 47 Vélu, La convention européenne des droits de l’homme, in: Cappelletti/Tallon, Les garanties fondamentales des parties dans le procès civil, Milano, 1973, 327. 48 Gottwald, FS Habscheid, 1989, S 119, 123ff.

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Internationale Rechtshilfe und Völkerrecht

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discovery-Pflichten nachkommt. In der Teilnahme eines ausländischen Anwalts an einer solchen „freiwilligen“ Beweiserhebung liegt ebenfalls kein unzulässiges Verhalten, insb keine Amtsanmaßung nach § 132 StGB.49 Unter dem Einfluss von Savigny und Mancini wurde die strenge Auffassung 32 des Souveränitätsbegriffs abgemildert. In der völkerrechtlichen Gemeinschaft unabhängiger Staaten sah man zugleich eine große Rechtsgemeinschaft. Aus dieser leitete Meili50 zu Beginn unseres Jahrhunderts noch eine gegenseitige völkerrechtliche Obligation ab, wonach zivilisierte Staaten verpflichtet seien, einander internationale Rechtshilfe zu leisten. Diese große Rechtsgemeinschaft der Völker ist mit dem Ersten Weltkrieg zerbrochen. Szászy51 hat gefragt, ob nicht die hM in der Literatur dahin gehe, dass man 33 eine völkerrechtliche Gewohnheitsregel annehmen könne, wonach die Staaten zumindest bei der Verbürgung der Gegenseitigkeit verpflichtet seien, einander Rechtshilfe zu leisten. Der Grundsatz der Verbürgung der Gegenseitigkeit beruhe letztlich auf der Erwägung des „do ut des“. Demgegenüber muss immer wieder hervorgehoben werden, dass die internationale Rechtshilfe sich ihrer ganzen Natur und Aufgabe nach nicht mit der Verbürgung der Gegenseitigkeit verträgt. Bei der harten Einstellung der sozialistischen Staaten zu dem Prinzip der Gegenseitigkeit im IZPR ist einstweilen nicht damit zu rechnen, dass internationale Rechtshilfe allgemein auch ohne eine Verbürgung der Gegenseitigkeit gewährt werden wird. Andere Staaten wie zB Schweden leisten internationale Rechtshilfe auch ohne staatsvertragliche Verpflichtung.52 Dabei wird vielfach übersehen, dass das Prinzip der Verbürgung der Gegen- 34 seitigkeit auch eine negative Seite hat. Diese zeigt sich darin, dass sie einer Entwicklung des Völkergewohnheitsrechts entgegensteht. Es wird allgemein angenommen, dass die Verbürgung der Gegenseitigkeit, sofern sie nicht vertraglich abgesichert ist, nur als Regel der internationalen Höflichkeit (courtoisie internationale) gewertet wird.53 Sie löst keine völkerrechtliche Verpflichtung aus, sondern lässt allenfalls die Retorsion als Antwort auf eine unbillige Härte zu. Solange man mit der Gegenseitigkeit im herkömmlichen Sinne arbeitet, kann sich also kein Völkergewohnheitsrecht bilden. Im Zusammenhang mit der internationalen Rechtshilfe muss die Lehre von 35 der „Comitas gentium“ aber anders aufgefasst werden. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit besteht nämlich in etwas Positivem. Durch positives Verhalten will der eine Staat den anderen veranlassen, sich _______________

49 50 51 52 53

Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 2. Aufl, S 51f. Das internationale Civilprozessrecht, Zürich 1906, 45. International Civil Procedure, 1967, 649. Bogdan, Svensk internationell privat- och processrätt, 1980, 253. Vgl Dahm/Delbrück/Wolfrum, Völkerrecht I/1, 2. Aufl 1989, S 74.

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Internationale Rechtshilfe

entsprechend zu verhalten. Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe spielt jedoch das „Dulden“ fremder Gerichtshandlungen eine bedeutende Rolle. Fast alle Staaten dulden es, dass sich ein fremdes Prozessgericht durch Postbriefe an Parteien, Zeugen oder Sachverständige in ihrem Staatsgebiet wendet. 36 Auf ein solches Dulden stellen sogar viele Prozessordnungen ab. Hat eine Partei, die nicht im Inland wohnt, keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt, so können gemäß § 183 I 2 ZPO alle späteren Zustellungen in der Art bewirkt werden, dass das zuzustellende Schriftstück unter der Anschrift der Partei nach ihrem Wohnort zur Post gegeben wird. Nach der Neuordnung des Zustellungsrechts setzt diese Zustellung an die Auslandspartei voraus, dass das Gericht bei der förmlichen Auslandszustellung nach § 187 I Nr 2 und 3 ZPO ausdrücklich anordnet, dass die Partei einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten innerhalb einer angemessenen Frist bestellt. Außerdem muss das Gericht in dieser Anordnung ausdrücklich auf die Folgen der Nichtbestellung hinweisen (§ 184 I 1, II 3 ZPO). Diese Neufassung trägt daher der Kritik an der früheren Regelung des § 175 ZPO aF Rechnung. Nach § 184 II 1 ZPO gilt das Schriftstück nicht mehr sogleich mit der Absendung, sondern erst zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt. In geeigneten Fällen kann das Gericht auch eine längere Frist bestimmen (§ 184 II 2 ZPO). Durch diese Regelung soll soweit möglich verhindert werden, dass ein Verhandlungstermin stattfindet, bevor die Partei davon benachrichtigt worden ist. 37 Ähnliches gilt für Staaten, die – wie Frankreich – bei der Zustellung an eine im Ausland wohnende Partei auf die „remise au parquet“ abstellen. Die „remise“ bewirkt die Zustellung als im Inland erfolgt. Doch muss der „Huissier“ dem Empfänger durch eingeschriebenen Brief eine Kopie der erfolgten Zustellung übersenden (Art 684 und 686 NCPC). 38 Noch stärker als bei Zustellungen wirkt sich das Dulden ausländischer gerichtlicher Handlungen zugunsten des Prozessgerichts bei Beweisaufnahmen aus. Hierbei spielt die Praxis in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises eine bedeutende Rolle. Es ist allgemein üblich, dass „commissioners“ als „special examiners“ damit betraut werden, im Ausland Zeugen oder Sachverständige zu hören oder Augenscheinsaufnahmen durchzuführen.54 Die mit dieser Praxis vertrauten Staaten dulden solche gerichtlichen Handlungen ausländischer Gerichte nicht nur innerhalb ihres Staatsgebietes, sondern sie sind sogar darüber erstaunt und empört, wenn die Staaten des kontinental-europäischen Rechtskreises dafür kein Verständnis zeigen wollen.55 _______________

54 Dunboyne ICLQ 1961, 295. 55 Jones Yale L.J. 1953, 515, 536.

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Internationale Rechtshilfe und Völkerrecht

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Überdies dulden es viele Staaten, dass Rechtshilfeersuchen um Vernehmung von Zeugen durch die betreffenden diplomatischen oder konsularischen Vertreter der ersuchenden Staaten ausgeführt werden. Wird internationale Rechtshilfe durch ein rein passives Verhalten, durch ein 39 Dulden fremder Gerichtshandlungen auf dem eigenen Staatsgebiet, geleistet, so scheidet dabei die Verbürgung der Gegenseitigkeit aus. Das Prinzip der Reziprozität setzt nämlich in jedem Fall voraus, dass sich ein anderer Staat ausdrücklich, zumindest aber durch schlüssiges Verhalten ebenso verhält wie der eigene. Ein rein passives Verhalten schafft noch keine Gegenseitigkeitslage. Entfällt aber die Gegenseitigkeit, so sperrt sie infolge ihrer negativen Seite auch nicht mehr die Fortentwicklung von Völkergewohnheitsrecht. Dass Gewohnheitsrecht auch durch ein „Dulden“ entstehen kann, hat be- 40 reits Puchta nachgewiesen.56 Es bedarf keines Beweises mehr, dass das unter Rz 43ff ausgeführte „Dulden“ zu einer ständigen Übung unter den betreffenden Staaten geworden ist. Dass eine Bildung von Gewohnheitsrecht auf dem Gebiet des Völkerrechts 41 schwierig ist, bedarf keiner besonderen Erwähnung. Zu der ständigen Übung muss die Rechtsüberzeugung hinzukommen. Eine solche Rechtsüberzeugung folgt schon daraus, dass eine große Anzahl von Zivilprozessordnungen direkt oder indirekt auf die ständige Übung Bezug nimmt. Demgegenüber kann nicht eingewandt werden, dass es sich bei keinem der erwähnten Fälle um Zustellungen im eigentlichen technischen Sinne handele. § 184 I 1 ZPO nF setzt voraus, dass die erste den Prozess einleitende Verfügung dem Beklagten im Wege der internationalen Rechtshilfe zugestellt worden ist. Bei den Staaten, die der „remise au parquet“ folgen, ist es nicht anders. Die 42 Zustellung selbst wird zwar im Inland bewirkt. Der „Huissier“ wird aber auch als Beamter tätig, wenn er den Beklagten im Ausland durch eingeschriebenen Brief von der erfolgten „remise“ unterrichtet. Dieser Mitteilung durch eingeschriebenen Brief mit Rückschein wird jedoch ausdrücklich die Wirkung einer Zustellung beigelegt. Die Rechtsüberzeugung wird nicht nur durch die Unterstützung nationaler Zivilprozessgesetze gebildet. Sie ergibt sich auch aus der allgemeinen Überzeugung, dass die internationale Rechtshilfe unentbehrlich ist für die Durchführung eines geordneten und fairen Zivilverfahrens. Es kann daher bereits von einem Satz des Völkergewohnheitsrechts gespro- 43 chen werden, wonach fremde Staaten verpflichtet sind, Postsendungen in ihrem Gebiet zu dulden, wodurch Prozessgerichte oder Behörden Parteien, _______________

56 Dazu Nagel, Thesaurus Acroasium, 8.

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Internationale Rechtshilfe

Zeugen oder Sachverständigen Mitteilungen über Zustellungen oder Ladungen machen. Soweit Staaten es erlauben, dass ausländische Konsuln auf ihrem Staatsgebiet Dienst tun, kann aus einer solchen Erlaubnis die weitere Regel des Völkergewohnheitsrechts hergeleitet werden, dass sie implicit damit einverstanden sind, dass die Konsuln Zustellungen an Angehörige des Entsendestaates in den ihnen zugewiesenen Bezirken vornehmen. Dies entspricht auch der Regelung in Art 8 HZustÜ 1965 sowie in Art 13 EuZustVO. Im Übrigen verweist § 13 II ZRHO darauf, dass eine deutsche Auslandsvertretung einen Zustellungsantrag nur dann selbst erledigen darf, wenn sie im Empfangsstaat dazu befugt ist. 44 Das Gleiche gilt, soweit die Staaten es dulden, dass diplomatische Vertreter oder Konsuln die Angehörigen des Entsendestaates, die freiwillig vor den Vertretern erscheinen, als Zeugen vernehmen. Innerhalb der Staaten des anglo-amerikanischen Rechtskreises hat sich weiteres partikuläres Völkergewohnheitsrecht gebildet. Das gilt hinsichtlich der Beweisaufnahmen durch „commissioners“ als „special examiners“.57

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57 So im Wesentlichen auch Pfennig, Die internationale Zustellung, 1988, S 35.

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§ 7 Internationale Zustellungen Inhaltsübersicht I. Die Zustellung im Rechtsvergleich 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Zustellungsmethoden . . . . . . . . 2 3. Ersatzzustellungen . . . . . . . . . 29

5. Die Auswirkung von Art 15 HZustÜ auf EuGVO und LugÜ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 6. Zustellungen von Versäumnisurteilen . . . . . . . . . . . . . . . . 111 7. Heilung von Zustellungsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . . 112

II. Die Zustellungsverordnung der Europäischen Union vom 29.5.2000 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 46 IV. Zustellungen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen 3. Notwendigkeit der Auslandsvom 1.3.1954 . . . . . . . . . . . . . . zustellung . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. Zustellung im RechtshilfeV. Zustellungen außerhalb von verkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Staatsverträgen . . . . . . . . . . . . 5. Direktzustellung durch diploVI. Bilaterale Besonderheiten matische oder konsularische 1. Das deutsch-türkische AbVertretungen . . . . . . . . . . . . . 58 kommen . . . . . . . . . . . . . . . 6. Direktzustellung durch die Post 60 2. Das deutsch-griechische Ab7. Unmittelbare Zustellung im kommen . . . . . . . . . . . . . . . Parteiauftrag . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Das deutsch-britische Ab8. Heilung von Zustellungskommen vom 20.3.1928 über mängeln . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 den Rechtsverkehr . . . . . . . . III. Das Haager Zustellungsüberein4. Der deutsch-tunesische Verkommen vom 15.11.1965 trag vom 19.7.1966 . . . . . . . . 1. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 64 5. Deutsch-marokkanischer Ver2. Die Übermittlungswege für trag über internationale Zustellungsersuchen . . . . . . . 79 Rechtshilfe in Zivil- und 3. Ablehnungsgründe . . . . . . . . . 95 Handelssachen . . . . . . . . . . . 4. Schutzvorschriften für den 6. Zustellungen im Verhältnis zu Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . 98 den europäischen Kleinstaaten

113 121

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I. Die Zustellung im Rechtsvergleich 1. Schrifttum Allgemein: Andolina, Ricerche sul processo, Vol III: Cooperazione internationale in 1 materia giudiziaria, 1996; E. Bajons, Internationale Zustellung und Recht auf Verteidigung, FS Schütze, 1999, S 49; Bindseil, Öffentliche Zustellung bei Wohnsitz des Antragsgegners im Ausland, NJW 1991, 3071; Th. Bischof, Die Zustellung im internationalen Rechtsverkehr in Zivil- oder Handelssachen, 1997; Böhmer, Spannungen im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr in Zivilsachen, NJW 1990, 3049; Born/ Westin, International Civil Litigation in United States Courts, 3. Aufl 1996; Born/ Vollmer, The Effect of the Revised FRCP on Personal Jurisdiction, Service, and Discovery in International Cases, 150 FRD 221 (1994); Brand/Reichhelm, Fehlerhafte

347

§7

Internationale Zustellungen

Auslandszustellung, IPRax 2001, 173; Braun, Einlassungszwang bei einer Klage auf Zahlung von 17 Mrd. Dollar?, ZIP 2003, 2225; Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2000, S 397; D. Campbell/S. Rodriguez/B. Prell, International Judicial Assistance in Civil Matters, 1999; Conférence de La Haye, Actes et documents de la 10me session 1964, T. III Notification, 1965; L. Cooper, International service of process by mail under the Hague Service Convention, Michigan J.Int’lL. 13 (1992), 698; Cromie, International Commercial Litigation, 1990, S 401ff; Fasching/Bajons, Zivilprozessgesetze, Bd 1, 2. Aufl 2000 (Anh zu §§ 38–40 JN: Internationale Rechtshilfe), S 593ff; Fleischhauer, Inlandszustellung an Ausländer, 1996; G. Geimer, Neuordnung des internationalen Zustellungsrechts, 1999; Greger, Verfassung und internationale Rechtshilfe, Erlanger FS Schwab, 1990, S 331; Hailbronner, Zulässigkeit und Verfahren der Zustellung gerichtlicher Verfügungen an zwischenstaatliche Organisationen, ZZPInt 7 (2002), 63; Heidenberger, Zustellung amerikanischer Punitive-damagesKlagen weiterhin ein Problem, RIW 1995, 705; T. Heidrich, Amts- und Parteizustellungen im internationalen Rahmen: status quo und Reformbedarf, EuZW 2005, 743; Heß, Zur Zustellung von Klagen gegen fremde Staaten, RIW 1989, 254; ders, Transatlantischer Rechtsverkehr heute: Von der Kooperation zum Konflikt?, JZ 2003, 923; Hök, Zur Zustellung durch Aufgabe zur Post im internationalen Rechtsverkehr, JurBüro 1989, 1217; Hopt/Kulms/von Hein, Rechtshilfe und Rechtsstaat. Die Zustellung einer US-amerikanischen class action in Deutschland, 2006; dies, Zur Zustellung einer US-amerikanischen class action in Deutschland, ZIP 2006, 973; P. Huber, Playing the same old song – German courts, the „Napster“case and the international law of service of process, FS Jayme, 2004, S 361; A. Huet, Procédure Civile et Commerciale dans les Rapports Internationaux, Notifications Internationales, Juris-Cl. Droit Intern. Fasc. 583–10, 583–20 (2001); B. Jacklin, Service of process by mail in international civil action as permissible under Hague Convention, 112 ALR Fed 241 (1993); Juenger u. Reimann, Zustellung von Klagen auf punitive damages, NJW 1994, 3274; W. Kennett, The Enforcement of Judgments in Europe, 2000, 173ff; Kiethe/Groeschke, Die Zustellung von Urteilen im Ausland – keine gerichtliche Hinweispflicht, RIW 1999, 249; Koch/Horlach/Thiel, US-Sammelklage gegen deutsches Unternehmen?, RIW 2006, 356; B. G. Koenig, The Hague Convention on the service abroad of judicial and extrajudicial documents, in: Rodriguez/Prell, International Judicial Assistance, 1999, S 227; Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, 1996; ders, Die „konsularische Zustellung durch die Post“, RIW 1996, 722; M. Lin, Chinesische internationale Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen, IPRax 1997, 52; W. Lindacher, Klageerhebung durch grenzüberschreitende postalische Direktzustellung, in: Ünnepi Tanulmányok, L. Gáspárdy zum 60. Geburtstag, 1997, S 247; Linke, Die Probleme der internationalen Zustellung, in: Gottwald, Grundfragen der Gerichtsverfassung, 1999, S 95; M. Maack, Englische antisuit injunctions im europäischen Zivilrechtsverkehr, 1999, S 70ff; Mansel, Zustellung einer Klage in Sachen „Tschernobyl“, IPRax 1987, 210; ders, Grenzüberschreitende Prozessführungsverbote (antisuit injunctions) und Zustellungsverweigerung, EuZW 1996, 335; Manteuffel, Zustellung von Klageschriften von Deutschland in die USA, IDR 2005, 37; Mark, Amerikanische class action und deutsches Zivilprozessrecht, EuZW 1994, 239; Matscher, Sprache der Auslandszustellung und Art 6 EMRK, IPRax 1999, 274; D. McClean, International Judicial Assistance, 1992 (S 6–55); Merkt, Abwehr der Zustellung von „punitive damages“-Klagen, 1995; Monin-Hersant, Entraide judiciaire internationale, Notification des actes à l’étranger, Juris-Classeur, Procédure civile, 1989, Fasc. 124–1; Morisse, Die Zustellung US-amerikanischer Punitive-damages-Klagen in Deutschland, RIW 1995, 370; Newman/Burrows, The Practice of International Litigation, 2nd

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Die Zustellung im Rechtsvergleich

§7

ed 1998 (Teil III); Otto, Der prozessuale Durchgriff, 1993, S 83ff, 157ff; Pfeiffer, Internationale Zusammenarbeit bei der Vornahme innerstaatlicher Prozesshandlungen, in: Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, S 77; Pfeil-Kammerer, Deutsch-amerikanischer Rechtshilfeverkehr in Zivilsachen, 1987; Pfennig, Die internationale Zustellung in Zivil- und Handelssachen, 1988; Prütting, Ein neues Kapitel im Justizkonflikt USA – Deutschland, FS Jayme, 2004, S 709; Reisenfeld, Service of United States Process Abroad, Int.Lawyer 24 (1990), 55; Rigaux, La signification des actes juridiques à l’ètranger, Rev crit 1963, 447; Ristau, Service of Process Abroad: The Practice in the United States, in: Gottwald, Grundfragen der Gerichtsverfassung, 1999, S 71; H. Roth, Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Rechtsverkehr, FS Gerhardt, 2004, S 799; Rüfner, Zustellung per e-mail im US-amerikanischen Zivilprozess, RIW 2002, 616; Schabenberger, Der Zeuge im Ausland im deutschen Zivilprozess, 1995; Schack, Einheitliche und zwingende Regeln der internatonalen Zustellung, FS Geimer, 2002, S 931; Schlosser, Legislatio in fraudem legis internationalis, FS Stiefel, 1987, S 683; ders, Die internationale Zustellung zwischen staatlichem Souveränitätsanspruch und Anspruch der Prozesspartei auf ein faires Verfahren, FS Matscher, 1993, S 387; ders, EuGVÜ (mit HZÜ 1965), 1996; ders, Jurisdiction and international judicial and administrative co-operation, RdC 284 (2000), 89ff; Schmitz, Fiktive Auslandszustellung, 1980; Schütze, Formlose Zustellung im internationalen Rechtsverkehr, RIW 2000, 20; ders, Zur Zustellung US-amerikanischer Klagen in Deutschland, FS Boguslavskij, 2004, S 325; ders, Klagen vor US-amerikanischen Gerichten – Probleme und Anwehrstrategien, RIW 2005, 579; Stürner, Förmlichkeit und Billigkeit bei der Klagzustellung im Europäischen Zivilprozess, JZ 1992, 325; ders, Die verweigerte Zustellungshilfe für U.S.-Klagen oder der „Schuss übers Grab“, JZ 2006, 60; Volken, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, 1996; J. Weis, Service by Mail is the Stamp of Approval from the Hague Convention always enough?, Law & Contemp. Probl. 57 (1994), 165; Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, 1993; Wölki, Das Haager Zustellungsabkommen und die USA, RIW 1985, 530; Yessiou-Faltsi, Versäumnisverfahren und Versäumnisurteil nach griechischem Recht bei Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks im Ausland, FS Schütze, 1999, S 997.

2. Zustellungsmethoden Die Zustellung eines Schriftstücks besteht aus dessen Bekanntgabe an einen 2 Empfänger (oder einen Vertreter) verbunden mit einem gewissen urkundlichen Nachweis der erfolgten Mitteilung (§§ 166 I, 175, 182 ZPO).1 Sie dient dazu, die erfolgte Übergabe an den Empfänger förmlich nachzuweisen. Die Bundesrepublik Deutschland sieht in jeder amtlichen Zustellung einen Hoheitsakt.2 Die Zustellung unmittelbar durch eine ausländische Justizbehörde oder in deren Auftrag wird daher im Inland nur aufgrund einer Einwilligung im Rahmen des EG-rechtlichen, vertraglichen oder vertragslosen Rechtsverkehrs gestattet. Deutschland sah in einer Zustellung im Inland grundsätzlich _______________

1 IdF des Zustellungsreformgesetzes vom 25.6.2001, BGBl I, 1206. 2 BVerfGE 91, 335 = NJW 1995, 649f; Otto S 158ff; krit. Schack Rz 589 u. FS Geimer, S 931, 936; vgl Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 99f; G. Geimer S 129.

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Internationale Zustellungen

einen Eingriff in seine Souveränität und hat daher jeder Inlandszustellung auf direktem Wege (ohne Inanspruchnahme seiner Rechtshilfe), sei es durch die Post (oder private Zusteller), sei es durch ausländische Diplomaten oder Konsuln (ausgenommen an Angehörige des betreffenden Staates) widersprochen. Letztlich wird dadurch aber nur die effektive Benachrichtigung des Beklagten im Inland über das gegen ihn eingeleitete Auslandsverfahren verhindert, der beabsichtigte Schutz des Inländers aber nicht erreicht, da das Ausland auf die verweigerte Mitwirkung einfach mit fiktiven Inlandszustellungen reagieren kann3 (s u Rz 11ff). Auch § 328 I Nr 2 ZPO und Art 34 Nr 2 EuGVO bzw Art 27 Nr 2 LugÜ zeigen, dass nicht eine objektive Verletzung einer Hoheitssphäre sanktioniert wird, sondern die Zustellung lediglich subjektive, disponible Interessen des Beklagten schützen soll.4 3 Nach deutschem Recht besteht die Zustellung in der Bekanntgabe eines Schriftstückes an eine Person, den Empfänger (§ 166 I ZPO). Die Zustellung wird als Hoheitsakt angesehen.5 Zwar wird dabei grundsätzlich eine Zustellungsurkunde angefertigt (§ 182 ZPO). Doch sieht das Gesetz die Beurkundung nicht mehr als Teil der Zustellung selbst an.6 4 In England sieht man in der Zustellung die Möglichkeit für das Gericht, jurisdiction gegenüber dem Beklagten zu üben. Jede Auslandszustellung außerhalb des Europäischen Rechtsraums muss vom Gericht genehmigt werden (CPR r 6.19, 6.20). 5 In den USA wird die Zustellung als reine (private) Mitteilung von der Klageerhebung angesehen, die der Kläger selbst zu besorgen hat (FRCP 4 [c] [1]). Sie kann und wird daher durch private Zusteller ausgeführt;7 soweit nicht eine gerichtliche subpoena-Anordnung zugestellt werden soll, ist sie kein Hoheitsakt. 6 Erfolgt die Zustellung für ein ausländisches Verfahren durch eine Privatperson oder durch die inzwischen privatisierte Post, so liegt darin wohl kein Hoheitsakt. Gleichwohl sind derartige Zustellungen in Deutschland idR kraft gesetzlicher Anordnung (zB aufgrund der Widersprüche gem Art 8 II und 10 HZÜ und § 1071 ZPO) unzulässig. 7 Nach (dem neu gefassten) autonomen deutschen Recht erfolgt die Zustellung im Ausland entweder durch die Post per Einschreiben mit Rückschein _______________

3 Vgl Schack IZVR, Rz 590f. 4 Schack IZVR, Rz 594. 5 BVerfGE 63, 343, 372 = NJW 1983, 2757 (insoweit nicht abgedruckt); BGHZ 58, 177, 179 = NJW 1972, 1004; Schabenberger, Der Zeuge im Ausland im deutschen Zivilprozess, S 162. 6 Coenen DGVZ 2002, 5. 7 Ristau, in: Gottwald, Grundfragen, S 71, 81; Born, International Civil Litigation in US Courts, 3rd ed 1996, 757; G. Geimer S 99.

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Die Zustellung im Rechtsvergleich

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(soweit der direkte Postverkehr völkerrechtlich vereinbart ist) oder auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch die Behörden des fremden Staates oder die dortige diplomatische oder konsularische deutsche Vertretung (§ 183 I Nr 1, 2 ZPO). An Deutsche, die Immunität genießen oder zu einer deutschen Auslandsvertretung gehören, wird auf Ersuchen des Vorsitzenden des Prozessgerichts durch das (deutsche) Auswärtige Amt zugestellt (§ 183 I Nr 3 ZPO). Die Zustellung wird entweder durch den (postalischen) Rückschein oder das Zeugnis der ersuchten Behörde nachgewiesen (§ 183 II ZPO). Die Beweiskraft des § 418 ZPO kommt auch dem ausländischen Zustellungszeugnis zu.8 Um sicherzustellen, dass ausgehende Ersuchen um Rechtshilfe zur Weiter- 8 leitung geeignet sind, müssen die Ersuchen grundsätzlich über die Prüfstellen gehen. Das sind die Präsidenten der Amts-, Land- und Oberlandesgerichte (§ 9 ZRHO). Ausgehende Gesuche werden von den deutschen Prüfstellen im Rahmen des HZÜ 1965 direkt an die Zentrale Behörde des ersuchten Staates geleitet. Soweit ein dezentraler unmittelbarer Verkehr (nach der EuZustVO bzw aufgrund von Zusatzvereinbarungen) zulässig ist,9 sind ausgehende Gesuche trotzdem stets über die deutschen Prüfstellen zu leiten (§§ 27, 57 ZRHO).10 Die Prüfstelle kann die Weiterleitung des Gesuches aus diplomatischen Gründen (Art 32 I GG) ablehnen.11 In Art K 1 des Maastricht-Vertrages war eine engere Zusammenarbeit der 9 EU-Staaten im Bereich der Ziviljustiz vorgesehen. Hierzu gab es Pläne, den Zivilgerichten die Ladung der Parteien und ihrer Anwälte ohne Einschaltung einer Verwaltungsstelle innerhalb der Europäischen Union unmittelbar zu gestatten.12 Die Realisierung dieser Idee wäre ein großer Fortschritt. Die neue EG-Verordnung Nr 1348/2000 über die Zustellung (in Kraft seit 31.5.2001) hält grundsätzlich wie das Haager Zustellungs-Übereinkommen von 1965 an der Zustellung durch Einschaltung von Übermittlungs- und Empfangsstellen in den beteiligten Mitgliedstaaten fest (Art 2, 4ff EuZustVO), lässt aber in Art 14 EuZustVO nunmehr zwingend auch eine direkte Postzustellung (ohne Beteiligung von Behörden des Empfangsstaats) zu. Nach § 183 III 2 ZPO und § 1068 ZPO wird die direkte Postzustellung unter Mitwirkung deutscher Stellen für eingehende oder ausgehende Zustellungen auf die Versandform „Einschreiben mit Rückschein“ beschränkt. Art 15 EuZustVO schließt nicht aus, dass jeder Beteiligte im Empfangsstaat der zuständigen Behörde oder Amtsperson einen direkten Zustellungsauftrag _______________

8 9 10 11 12

Vgl BGH NJW 2002, 521. Vgl Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 106. Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 112. Wiehe S 37f; aA Puttfarken NJW 1988, 2157. Bohnen DRiZ 1996, 411, 414; Schmidt-Jortzig, recht 3/97, S 36, 37.

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Internationale Zustellungen

erteilt, doch kann jeder Mitgliedstaat dem widersprechen.13 Nach § 1071 ZPO ist eine Zustellung nach Art 15 EuZustVO in Deutschland unzulässig. Zur Zustellung an ausländische Staaten s o § 2 Rz 33ff. 10 Entscheidungen der Zentralen Behörde über die Gewährung von Rechtshilfe durch Auslandszustellung können als Justizverwaltungsakte im Verfahren nach §§ 23ff EGGVG angefochten werden.14 Antragsgegner ist die Zentrale Behörde, nicht das ausführende Amtsgericht. 11 Nach deutschem Recht ist eine förmliche Auslandszustellung auf die verfahrenseinleitenden Schriftstücke beschränkt. Benennt der Beklagte danach keinen inländischen Zustellungsbevollmächtigten, kann fiktiv im Inland durch Aufgabe zur Post (§ 184 ZPO)15 zugestellt werden. Soweit eine öffentliche Zustellung in Betracht kommt (§§ 185ff ZPO), werden auch die verfahrenseinleitenden Schriftstücke fiktiv (durch Aushang einer Benachrichtigung an der Gerichtstafel zuzüglich Veröffentlichung dieser Benachrichtigung im Bundesanzeiger) zugestellt (§§ 186 II, 187 ZPO). Die Zustellungswirkung tritt, sofern das Gericht keine längere Frist bestimmt, einen Monat seit dem Aushang der Benachrichtigung ein (§ 188 ZPO). Die öffentliche Zustellung kommt bei Auslandswohnsitz aber nur in Betracht, wenn die mögliche förmliche Zustellung unausführbar ist oder keinen Erfolg verspricht (§ 185 Nr 2 ZPO).16 12 Die Zustellung durch Aufgabe zur Post kann die Anerkennung der Entscheidung im Ausland gefährden. Auf Antrag der betroffenen Partei sollte daher zusätzlich eine reale Auslandszustellung bewilligt werden,17 zumindest sollte das zugestellte Schriftstück in geeigneten Fällen zusätzlich formlos mitgeteilt werden.18 Allerdings hat das Zustellungsreformgesetz die Wirkungen der Aufgabe zur Post abgemildert. Denn nach § 184 II 1 ZPO gilt das Schriftstück erst zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt. Nach § 184 II 2 ZPO kann das Gericht zudem eine längere Frist bestimmen. Dadurch kann grundsätzlich erreicht werden, dass Rechtsmittelfristen nicht zu laufen beginnen, bevor die Auslandspartei Kenntnis von der Entscheidung erlangt. 13 Das französische System folgt nach wie vor der sog „remise au parquet“.19 Zugestellt wird durch Niederlegung von zwei Kopien des Schriftstücks durch _______________

13 Krit. Heß NJW 2001, 15, 19, 21f. 14 OLG Düsseldorf NJW 1992, 3110; OLG München NJW 1992, 3113; Baumbach/ Lauterbach/Albers, EGGVG § 23 Rz 3; Wiehe S 41, 124ff. 15 Vgl zu §§ 174, 175 ZPO aF: BGH FamRZ 1988, 827; BGH JZ 1999, 414 mit Anm H. Roth; BGH NJW 2000, 3284; dazu auch Kiethe/Groeschke RIW 1999, 249; Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 101f. 16 Vgl Bindseil NJW 1991, 3071. 17 Linke Rz 227; Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 185 Rz 3; aA Wiehe S 32. 18 Schack Rz 596. 19 Vgl Schack Rz 597; G. Geimer S 31ff.

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Die Zustellung im Rechtsvergleich

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den Gerichtsvollzieher bei der französischen Staatsanwaltschaft. Bereits mit der Niederlegung wird die Zustellung bewirkt. Sie vollzieht sich also auch gegenüber einer sich im Ausland aufhaltenden Person immer im Inland. Die Staatsanwaltschaft versieht das Original mit einem Sichtvermerk und leitet die Kopien an das Justizministerium zur Übermittlung weiter. Der Gerichtsvollzieher muss dem Empfänger eine Kopie über die erfolgte Zustellung – signification – durch eingeschriebenen Brief noch am selben Tag, spätestens am nächsten Werktag zusenden (Art 686 NCPC).20 Jedoch hat der Richter keine Urkunde darüber in Händen, dass der Empfänger das zuzustellende Schriftstück tatsächlich erhalten hat. Deswegen kann der Richter alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass dem Empfänger die Zustellung bekannt geworden ist (Art 687 NCPC). Nach Ansicht des OLG Karlsruhe21 benachteiligt dieses System den ausländischen Beklagten und widerspricht deshalb dem Diskriminierungsverbot des Art 12 EGV (idF von Amsterdam). Diesem französischen System folgen Belgien, die Niederlande, Luxemburg, 14 Italien und Griechenland.22 Daneben wird bei Personen, die ihren Aufenthalt oder Sitz im Ausland haben, die Zustellung auch in den vom ausländischen Recht vorgeschriebenen Formen und durch die von ihm bestimmten Organe vorgesehen. Das System der „remise au parquet“ ist vielfach kritisiert und modifiziert worden, um die Interessen des Empfängers zu wahren.23 Im Übrigen unterscheidet sich die Zustellung im Inland dadurch, an wel- 15 chem Ort sie erfolgen muss bzw kann. Während nach § 177 deutsche ZPO nF die Zustellung an jedem Ort erfolgen kann, wo die Person, der zugestellt werden soll, angetroffen wird, kann sie nach § 4 österr. Zustellgesetz nur in der Wohnung oder sonstigen Unterkunft, der Betriebsstätte, dem Sitz, Geschäftsraum, der Kanzlei oder dem Arbeitsplatz des Empfängers vorgenommen werden.24 Auch bezüglich der Verweigerung der Annahme gehen die einzelnen Prozessordnungen von unterschiedlichen Voraussetzungen und Kundbarmachungen aus.25

_______________

20 Vgl EuGH (C-522/03 v 13.10.2005, Scania Finance France v Rockinger) (Rz 9), NJW 2005, 3627 = RIW 2005, 940, 941. 21 RIW 1999, 538 = [2001] ILPr 208. 22 Vgl Heß NJW 2001, 15, 18; für Griechenland: Yessiou-Faltsi, Civil Procedure in Hellas, 1995, no. 233ff; für die Niederlande: Stein, in: Chorus/Gerver, Introduction to Dutch Law, 3rd ed 1999, S 248. 23 Vgl dazu im Einzelnen Nagel, Nationale und internationale Rechtshilfe, 99ff; Rigaux Rev.crit. 1963, 447, 463; Pocar L’assistenza giudiziaria internazionale, 1967, 254; Normand Rev.crit. 1966, 388, 395. 24 Vgl Mayr/Broll, Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl 2000, S 938. 25 Nagel, Nationale und internationale Rechtshilfe, 111.

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Internationale Zustellungen

16 Das englische Zustellungssystem unterscheidet sich dadurch wesentlich von dem der kontinental-europäischen Länder, dass die Zustellungen auf privatem Wege bewirkt werden. Bei „actions in personam“ kann die Zustellung an den Beklagten grds nur im Jurisdiktionsbereich des englischen High Court, dh in England und in Wales, bewirkt werden. Nach CPR 2000 r 6.19 kann ohne gerichtliche Genehmigung auch an einen Beklagten mit Wohnsitz in einem Staat des europäischen Rechtsraums (EuGVO, LugÜ) zugestellt werden. Befindet sich der Beklagte außerhalb dieses Gebietes, so muss der Kläger beim High Court die Erlaubnis für eine Zustellung erwirken (permission to serve a writ out of jurisdiction). Gemäß CPR r 6.20 kann das Gericht nach seinem Ermessen die Zustellung an den außerhalb seines Bezirks sich aufhaltenden Beklagten in besonders aufgezählten Fällen erlauben (zB wenn der Streitgegenstand Land innerhalb des Jurisdiktionsbezirks des High Court betrifft; wenn es sich um vertragliche Verpflichtungen oder die Verwaltung eines Grundstücks handelt; wenn es sich um einen Anspruch aus einem innerhalb des Jurisdiktionsbezirks geschlossenen Vertrag handelt, oder wenn auf den Vertrag englisches Recht anzuwenden ist; wenn ein Anspruch aus einer innerhalb des Jurisdiktionsbezirks begangenen unerlaubten Handlung geltend gemacht wird; wenn es sich um einen Anspruch aus dem Carriage by Air Act von 1932 handelt). Bei seinem Antrag muss der Kläger versichern, (1) dass ein Genehmigungsgrund nach r 6.20 vorliegt, (2) die Klage nach seiner Ansicht hinreichende Erfolgsaussicht hat und (3) die Anschrift des Beklagten oder zumindest in welchem Land sich dieser (wahrscheinlich) aufhält (CPR r 6.21). CPR r 6.22 und 6.23 sehen nach Ländergruppen längere Fristen für die Bestätigung der Ladung und das Einreichen einer Klageerwiderung (defence) vor, um das rechtliche Gehör des Beklagten sicherzustellen. Soweit dem Beklagten nicht persönlich zugestellt werden kann, wird wegen der Ersatzzustellungen auf das Recht des Landes, in dem zugestellt werden soll, oder auf ein gültiges Zustellungsübereinkommen abgestellt (CPR r 6.24 [1] [a], [c]). 17 In den USA erfolgt die Klageerhebung durch Einreichung der Klage bei Gericht, in der Zustellung liegt eine bloße Benachrichtigung von dieser Tatsache, die durch jedermann und formlos, durch Übergabe, Zusendung per Post, oder auf andere Weise, zB mittels E-mail,26 erfolgen kann. Man hat deshalb zunächst versucht, auch an die ausländische Partei möglichst einfach zuzustellen: Entweder versucht man, die Auslandszustellung durch eine Inlandszustellung zu umgehen27 oder eine Auslandszustellung einfach ohne Rücksicht auf die Haltung des Heimatstaates auszuführen.28 Aber ein sol_______________

26 Vgl Th. Rüfner, Zustellung per E-mail im US-amerikanischen Zivilprozess, RIW 2002, 616. 27 Vgl Born, International Civil Litigation in US Courts, 3. Aufl 1996, S 763f; Fleischhauer, Inlandszustellung an Ausländer, 1996. 28 Hierfür nach wie vor Smit, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 25, 36.

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Die Zustellung im Rechtsvergleich

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ches Vorgehen greift zu kurz, weil nur die vom Heimatstaat anerkannte Zustellung die Anerkennung eines späteren Urteils sichert. Diese Ansicht hat sich auch in den USA durchgesetzt. Die USA sind Vertragsstaat des HZustÜ. Gleichwohl ist hier immer wieder versucht worden, gleichsam am Übereinkommen „vorbei“ zuzustellen. Denn die Zustellung nach dem Übereinkommen ist aus US-Sicht unbefriedigend: Sie ist überaus formell ausgestaltet, ist (wegen der erforderlichen Anträge und Übersetzungen) zu teuer und dauert viel zu lang. Auch gibt das Übereinkommen der ausländischen Partei eine gewisse Sonderstellung. Nach langer streitiger Diskussion sind die Zustellungsregeln für die Bundesgerichte zum 1.12.1993 neu gefasst worden. Obwohl schon im Gesetzgebungsverfahren umstritten,29 wurde das Zustel- 18 lungswesen dadurch vereinfacht, dass der förmlichen Zustellung, wenn es der Kläger will, allgemein ein „waiver of service of process“-Verfahren nach FRCP 4 (d) vorausgeht. Dieses Verfahren wurde auch im Hinblick auf Auslandsparteien eingeführt, weil hier die Zustellung besonders zeitraubend und teuer ist.30 Um unnötige Kosten zu vermeiden, wird danach die Klageschrift unter Mitteilung der Klageerhebung bei einem bestimmten Gericht (ohne Ladung!) durch die Post oder „other reliable means“ (wie Fax oder Kurier) mit einem vorbereiteten schriftlichen Empfangsbekenntnis zugesandt. Unterschreibt der Empfänger dies und sendet es mittels des beigefügten Freiumschlags an das Gericht zurück, so verzichtet er auf formelle Klagezustellung, verliert aber nicht die Möglichkeit, venue oder jurisdiction des Gerichts zu rügen (FRCP 4 [d] [1]). Der Beklagte wird per Formblatt über das Verfahren informiert. Im Ausland ansässige Beklagte haben 60 Tage nach Absendung der Bitte um Zustellverzicht Zeit, die Verzichtserklärung zurückzusenden. Neben den geringeren Kosten erhält der Beklagte quasi als Gegenleistung eine längere Einlassungsfrist. Der ausländische Beklagte muss die Klage erst innerhalb von 90 Tagen (statt sonst 20) beantworten (FRCP 4 [d] [3]; 12). Nach FRCP 4 (d) (2) sind natürliche Personen, juristische Personen und Ver- 19 einigungen (corporation, association) verpflichtet, unnötige Zustellkosten zu vermeiden. Das „waiver“-Verfahren findet ausdrücklich Anwendung auch auf Zustellungen an natürliche Personen, Corporations und Associations mit Auslandssitz/-wohnsitz. Bei corporations muss das Verzichtsbegehren an einen bestimmten „officer or agent“ adressiert sein; eine Zusendung an die _______________

29 Vgl Walker, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 183, 195. 30 Wright/Miller, Federal Practice and Procedure, Civil 2d, Vol 4 A, 1995 Pocket Part, § 1092.1; Ristau, in: Gottwald, Grundfragen, S 71, 81ff; Newman/Burrows III–100; G. Geimer S 100ff.

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Internationale Zustellungen

juristische Person unter ihrer allgemeinen Anschrift genügt nicht.31 Nicht anwendbar ist es bei Zustellungen an Kinder oder andere prozessunfähige (incompetent) Personen (Rule 4 [g]) sowie an ausländische Staaten, ihre Einrichtungen, Gemeinden, Gebietskörperschaften usf (Rule 4 [j]). Weigert sich ein inländischer Beklagter, einen „waiver“ zu unterschreiben, so soll ihm das Gericht die letztlich anfallenden Zustellkosten auferlegen, sofern er sein Verhalten nicht durch „good cause“ gerechtfertigt erscheint (Rule 4 [d] [2] letzer Satz). Ausländische Beklagte sind von dieser Regel ausdrücklich ausgenommen. Dadurch wollte man Protesten gegen eine Aushöhlung des HZustÜ Rechnung tragen. 20 Schon vor Erlass der neuen Regelung wurde auch eingewandt, das Verfahren verstoße gegen Art 10 (a) HZustÜ, wonach jeder Staat die Übersendung gerichtlicher Schriftstücke per Post untersagen könne.32 Auch wenn Art 10 (a) HZustÜ seinem Wortlaut nach jedes „Übersenden“ betrifft, kann die Regel ihrem Sinn nach nur Sendungen erfassen, von denen unfreiwillige Rechtswirkungen gegenüber dem Empfänger ausgehen. Die Bedenken sind daher nicht stichhaltig, da die Partei auf eine (amtliche) Zustellung verzichten kann.33 Es wäre zwar angemessener, wenn solche Erleichterungen der internationalen „Zustellung“ vertraglich festgelegt würden. In der Sache ist der Versuch einer Vereinfachung aber zu begrüßen.34 21 Rule 4 (b) sagt nichts über die Sprache, in der die Bitte um Zustellverzicht („waiver“) und die eigentlich zuzustellenden Schriftstücke übersandt werden. Eine Übersetzung ist deshalb (wie bei einer freiwilligen Entgegennahme gem Art 5 [2] HZustÜ) nicht erforderlich; sie kann aber hilfreich sein, damit der Beklagte den „waiver“ unterzeichnet.35 22 Für eine danach erforderliche förmliche Zustellung sind im Verfahren vor den Bundesgerichten gegenüber Vertragsstaaten die Wege des Haager Zustellungsübereinkommens 1965 bzw der Interamerican Convention of May 8, 1974 einzuhalten. Gegenüber natürlichen Personen folgt dies aus FRCP 4 f (1).36 Kindern oder nicht voll Geschäftsfähigen ist nach dem Recht des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder entsprechend dessen Antwort auf ein Zustellungsgesuch zuzustellen (FRCP 4 [g]). _______________

31 Siegel, USCA, Pocket Part 1995, FRCP 4, p 50. 32 Vgl Burbank, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 103, 117; Born/Vollmer, 150 FRD 221, 229–239 (1994); s u Rz 63. 33 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HZÜ Rz 19. 34 Eher krit. Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 3. Aufl 2003, S 40. 35 So ausdrücklich Siegel, USCA, Pocket Part 1995, FRCP 4, p 54. 36 Siegel, 28 USCA, FRCP, Cumulative Annual Pocket, 1995, C 4–24; Ristau, in: Gottwald, Grundfragen, S 71, 83; G. Geimer S 103ff.

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Die Zustellung im Rechtsvergleich

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An juristische Personen (foreign corporations), Handelsgesellschaften (partner- 23 ships) oder sonstige Vereinigungen (unincorporated association) kann innerhalb der USA an einen „officer, managing or general agent“ oder an einen gewillkürten oder gesetzlichen Zustellungsbevollmächtigten zugestellt werden (FRCP 4 [h] [1]).37 Teilweise ist die Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten Voraussetzung für die Aufnahme der inländischen Geschäftstätigkeit.38 Zur Zustellung an Tochterunternehmen s u Rz 70. Bei einer Auslandszustellung ist wie bei natürlichen Personen das Haager ZustÜ einzuhalten (FRCP 4 [h] [2]). Durch diese Regelung sollen früher mögliche Konflikte mit Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens, die die Zustellung hoheitlich qualifizieren, ausgeschaltet werden.39 An einen ausländischen Staat, eine staatliche Stelle oder Behörde darf nur 24 nach Maßgabe von sec. 1608 FSIA zugestellt werden.40 Sofern zwischen den Parteien keine besondere Zustellungsform vereinbart ist, ist danach nach den internationalen Verträgen, also dem HZustÜ, hilfsweise durch die Post und nochmals hilfsweise auf diplomatischem Wege zuzustellen. Zur Zustellung an ausländische Staaten s o § 2 Rz 33ff. Aus dem Ausland eingehende Zustellungsanträge werden in den USA vom 25 Department of State als Zentraler Behörde entgegengenommen (28 USC § 1781 [a] [1]). Außerhalb der staatsvertraglichen Bindung ist die Zustellung zulässig (a) 26 nach dem Recht des amerikanischen Zustellortes, (b) nach ausländischem Recht, und (c), sofern nicht im Empfangsstaat untersagt, durch persönliche Zustellung (durch einen privaten process server) oder postalisch durch Rückschein („any form of mail requiring a signed receipt“) (Rule 4 [f], [h] FRCP). Schließlich kann durch das Gericht jede andere Form der Zustellung zugelassen werden, die nicht durch internationale Vereinbarung untersagt ist (Rule 4 [f] (3) FRCP). Auf dieser Grundlage wurden Direktzustellungen per Telex oder Telefax zugelassen.41 In einer dieser Formen kann auch in einen Vertragsstaat der Inter-American Convention on Letters Rogatory vom 30.1.1975 zugestellt werden, da dieses Übereinkommen nicht als zwingend angesehen wird.42 _______________

37 Vgl Otto S 95ff. 38 Schack Rz 598; s u Rz 45. 39 Vgl K. Otte, DAJV-Newsletter 1/94, S 19; Ristau, in: Gottwald, Grundfragen, S 71, 81. 40 Vgl Bybee v Oper der Stadt Bonn, [1997] ILPr 42, 46; Ristau, in: Gottwald, Grundfragen, S 71, 85. 41 Ristau, in: Gottwald, Grundfragen, S 71, 84. 42 D. Clark AmJCompL 42 (Suppl.) (1994), 23, 27.

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Internationale Zustellungen

27 Die Gerichte der Einzelstaaten befolgen ähnliche Regeln, die aber vielfach noch der früheren FRCP 4 (i) entsprechen. Für die Zustellung von State Courts sind deren Regeln maßgeblich. Für Kalifornien schreibt Cal. CCP § 413.10 ausdrücklich eine Zustellung nach Maßgabe des HZustÜ vor. 28 Auch nach der Neufassung der FRCP entscheidet das U.S.-amerikanische Recht, ob eine Inlands- oder Auslandszustellung erforderlich ist. Ähnlich wie bei der Zuständigkeit kann sich daraus auch ein „Zustellungsdurchgriff“ an eine ausländische Muttergesellschaft durch Zustellung an die inländische Tocher als „involuntary agent“ ergeben.43 Da jeder Staat selbst darüber entscheidet, ob eine Inlands- oder eine Auslandszustellung erforderlich sind, ist insoweit eine Rüge, ein solcher „Zustellungsdurchgriff“ verstoße gegen das HZustG, nicht begründet. Nach New York CPLR § 328 (b) kann eine Zustellung in New York zugunsten eines Verfahrens vor einem ausländischen Gericht ohne Gerichtsbeschluss erfolgen. 3. Ersatzzustellungen 29 Größere Unterschiede ergeben sich bei Ersatzzustellungen. Als Ersatzpersonen gelten nach deutschem Recht Familienangehörige und Angestellte sowie der Leiter einer Gemeinschaftseinrichtung, in der der Adressat wohnt, sofern diese Personen nicht als Gegner an dem Rechtsstreit der Partei, an welche die Zustellung erfolgen soll, beteiligt sind (§§ 178 ZPO). Ist die Zustellung auf diese Weise nicht ausführbar, so kann das zuzustellende Schriftstück nunmehr in einen zur Wohnung oder zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten (oder eine ähnliche Vorrichtung) gelegt werden. Auf diese Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 ZPO). Nur wenn die Zustellung auf diese Weise nicht ausführbar ist, kann das Schriftstück auf der Geschäftsstelle des Amtsgerichts oder bei der Post am Ort der Zustellung niedergelegt werden. Über die Niederlegung ist eine Mitteilung in der bei Briefen üblichen Weise zu hinterlassen oder an der Wohnungstür anzuheften. Zugestellt ist mit Abgabe dieser schriftlichen Mitteilung (§ 181 ZPO). 30 Bei juristischen Personen und Gesellschaften jeder Art ist an den gesetzlichen Vertreter bzw den Leiter zuzustellen; bei Mehrpersonenvertretung genügt die Zustellung an einen Vertreter, § 170 ZPO. Wird der gesetzliche Vertreter bzw Leiter in den Geschäftsräumen nicht angetroffen, so kann an jede _______________

43 Vgl Schlunk v Volkswagenwerk AG, 503 N.E. 2d 1045 (Ill.App. 1986), aff’d 486 US 694, 108 S.Ct. 2104, 2111, 100 L.Ed. 2d 722 (1988); Otto S 100ff; Heidenberger/ Barde RIW 1988, 683.

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Die Zustellung im Rechtsvergleich

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dort beschäftigte Person zugestellt werden (§ 178 I Nr 2 ZPO).44 Wird die Annahme unberechtigt verweigert, kann das Schriftstück mit Zustellungswirkung in dem Geschäftsraum zurückgelassen werden (§ 179 ZPO). Das österreichische Recht hat größere Sicherheiten eingebaut. Klagen dürfen 31 nur zu Händen des Beklagten oder seines zur Empfangnahme ermächtigten Vertreters zugestellt werden. Ist das nicht möglich, so wird der Empfänger schriftlich aufgefordert, zu einer bestimmten Zeit am Ort der Zustellung anwesend zu sein. Erst wenn der Empfänger dieser Aufforderung nicht entspricht, kann eine Hinterlegung des Schriftstücks und eine schriftliche Mitteilung über die Hinterlegung erfolgen (§ 16 Zustellungsgesetz, § 103 öZPO). Das schwedische Recht kennt die gleichen Ersatzpersonen wie das deutsche 32 oder österreichische Recht (RB Kap 33 § 7). Es ist diesen gegenüber aber misstrauisch und ordnet für den Fall einer Ersatzzustellung immer eine schriftliche Mitteilung auf dem Postwege an den Empfänger an (RB Kap 33 § 8). Das polnische Recht kennt eine ähnliche Ersatzzustellung wie das deutsche. 33 Kann an eine Ersatzperson nicht zugestellt werden, so wird das Schriftstück auf dem Postamt oder auf dem Präsidium des zuständigen Nationalrats niedergelegt und darüber an der Tür der Wohnung oder im Briefkasten des Empfängers eine Benachrichtigung hinterlassen (Art 138, 139 poln. ZPO). Das griechische Recht kennt fast den gleichen Personenkreis, an den ersatz- 34 weise zugestellt werden kann. Wird eine Ersatzperson nicht angetroffen, so wird das zuzustellende Schriftstück im Beisein eines Zeugen an die Wohnungstür geheftet, überdies wird eine Abschrift an den Vorsteher des Polizeireviers, die Polizei oder den Pfarrer ausgehändigt. Diese Personen sind verpflichtet, den Empfänger von der Zustellung in Kenntnis zu setzen (Art 129 griechische ZPO). In Frankreich erstrecken sich die Ersatzpersonen bis auf die Nachbarn des 35 Empfängers. Nehmen diese Personen die Zustellung nicht an, so hinterlegt der „huissier“ eine Kopie auf der Bürgermeisterei und benachrichtigt darüber den Empfänger durch einfachen Brief (Art 653ff NCPC). Die italienische Lösung gleicht der französischen (vgl Art 139 c.p.c.45).

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Nach spanischem Recht haben nahe Verwandte und Nachbarn die Verpflich- 37 tung, der Justiz bei der Ausführung von Zustellungen zu helfen. Sie müssen die zuzustellenden Schriftstücke für den Empfänger entgegennehmen und ihn davon benachrichtigen.46 _______________

44 Die Zustellungsurkunde beweist nicht, dass die Übergabeperson Angestellter des Empfängers war; vgl BGH NJW 2004, 2386, 2387 = IPRax 2006, 47 (dazu Hau S 20). 45 Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, 1965, S 158. 46 Prieto-Castro, Derecho Procesal Civil I, 1964, S 511.

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Internationale Zustellungen

38 Nach englischem Recht kann jedes „document“ zugestellt werden: (1) durch persönliche Übergabe; ist ein zustellungsbevollmächtigter Solicitor bestellt, muss an diesen zugestellt werden (CPR r 6.2 (1) (a); 6.4), (2) durch „first class post“ (CPR r 6.2 [1] [b]), (3) durch Zurücklassen des Dokuments am Ort der Zustelladresse (CPR r 6.2 [1] [c], 6.5), (4) durch Dokumentaustausch gemäß einer relevanten „practice direction“ (CPR r 6.2 [1] [d]), oder (5) durch Fax oder ein anderes elektronisches Kommunikationsmittel gemäß „practice direction“ (CPR r 6.2 [1] [e]). Bei der Zustellung einer „claim form“ muss zusätzlich die Anschrift des Beklagten bzw seines zustellungsbevollmächtigten Solicitors angegeben sein (CPR r 6.13). 39 An Gesellschaften kann außerdem zugestellt werden (CPR r 6.2 [2]) (1) durch Zurücklassen oder Postzusendung am autorisierten Ort, (2) bei „Overseas companies“ durch Zustellung an den dem Register benannten Bevollmächtigten oder Postzusendung unter dessen angegebener Anschrift (sec 695 Companies Act 1985), und (3) bei ausländischen Gesellschaften mit Niederlassung in Großbritannien durch Zustellung an diese. 40 Sofern es dafür einen hinreichenden Grund („good reason“) gibt, kann das Gericht auf Antrag eine andere Form der Zustellung zulassen (CPR r 6.8). 41 In Vertragsstreitigkeiten können die Parteien zudem die Art der Zustellung festlegen (CPR r 6.15). Bei einer Zustellung ins Ausland gelten die Zustellmöglichkeiten des Auslandes (CPR r 6.24). Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten ist das Haager Zustellungsübereinkommen 1965 zu beachten (CPR r 6.25). Sonderregeln gelten für Klagen gegen einen ausländischen Staat (CPR r 627). 42 In den USA kann innerhalb des Landes an natürliche Personen auch durch Übergabe von Klage und Ladung am Wohnhaus oder gewöhnlichen Aufenthaltsort des Empfängers an eine dort wohnende vertrauenswürdige Person geeigneten Alters zugestellt werden oder durch Übergabe an einen rechtsgeschäftlich oder gesetzlich ermächtigten Zustellungsbevollmächtigten (FRCP 4 [e] [2]). 43 Die Regeln der Einzelstaaten unterscheiden sich davon teilweise. In Kalifornien kann die persönliche Zustellung durch Zustellung an eine im Büro des

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Empfängers verantwortliche Person ersetzt werden; gleichzeitig muss Klage und Ladung nochmals an die gleiche Adresse (by first class mail) geschickt werden. Stattdessen kann eine Kopie von summons und complaint am Wohnoder Aufenthaltsort des Empfängers an seinem gewöhnlichen Arbeitsplatz oder seiner üblichen Postanschrift (Schließfach ausgenommen) einer mindestens 18 Jahre alten Person unter Information über den Inhalt übergeben und danach nochmals per Post an diese Anschrift geschickt werden. In beiden Fällen tritt die Zustellungswirkung 10 Tage nach der Aufgabe zur Post ein (Cal. CCP § 415.20; ähnlich in New York CPLR § 308 [2]-[4]). In New York kann das Gericht auch eine andere Form der Ersatzzustellung anordnen (CPLR § 308 [5]). Ist eine Zustellung danach nicht ausführbar, so kann die Klage und Ladung 44 öffentlich nach dem auch für Bundesgerichte anwendbaren (FRCP 4 [e] [1]) Recht des Einzelstaats zugestellt werden. In Kalifornien hat das Gericht eine öffentliche Zustellung zu bewilligen, wenn (1) eine andere Zustellung mit vernünftigem Aufwand nicht möglich ist und (2) die Zustellung gegen die Partei zur Rechtsverfolgung erforderlich ist. Die Zustellung erfolgt durch Veröffentlichung der Ladung in einer im Staat verbreiteten Zeitung; außerdem ist an den Empfänger zuzustellen, falls seine Anschrift während der Wartefrist für die Veröffentlichung bekannt wird (Cal. CCP § 415.30; ähnlich NY CPLR §§ 315–317).

II. Die Zustellungsverordnung der Europäischen Union vom 29.5.2000 45

1. Schrifttum Burgstaller, Europäische Zustellungsverordnung, in: Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht, Kap 81, 2001; R. Emde, Zulässigkeit von Direktzustellungen ausländischer Prozessbevollmächtigter an deutsche Parteien nach Art 14 EuZVO?, NJW 2004, 1830; Gebauer/Wiedmann/Jastrow, Europäisches Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005, S 1269; G. Geimer, Neuordnung des internationalen Zustellungsrechts, 1998, S 205ff; Gottwald, Sicherheit vor Effizienz? – Auslandszustellung in der Europäischen Union in Zivil- und Handelssachen, FS Schütze, 1999, S 225; Gsell, Direkte Postzustellung an Adressaten im EU-Ausland, EWS 2002, 115; Heß, Die Zustellung von Schriftstücken im europäischen Justizraum, NJW 2001, 15; ders, Neues deutsches und europäische Zustellungsrecht, NJW 2002, 2417; ders, Noch einmal: Direktzustellungen nach Art 14 EuZVO, NJW 2004, 3301; Jastrow, Auslandszustellungen im Zivilverfahren, NJW 2002, 3382; W. Kennett, Service of documents in Europe, in: Fentiman, L’espace judiciaire européen, 1999, 199; dies, The Enforcement of Judgments in Europe, 2000, 201; G. Kuntze-Kaufhold/St. Beichel-Benedetti, Verjährungsrechtliche Auswirkungen durch das Europäische Zustellungsrecht, NJW 2003, 1998; Lindacher, Europäisches Zustellungsrecht, ZZP 114 (2001), 179; Linke, Die Probleme der internationalen Zustellung, in: Gottwald, Grundfragen der Gerichtsver-

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fassung, 1999, S 99; ders, Europäisches Zustellungsrecht, ERA-Forum 2/05, S 205; A. Mävers, Die Modifikation der Zustellungsverordnung (EG) Nr. 1348/00 durch die Mitgliedsstaaten, IPRax 2006, 198; J. Meyer, Europäisches Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke, IPRax 1997, 401; A. Panzarola, La notificazione degli atti giudiziaria ed extragiudiziali negli Stati membri dell’Unione Europea, Le nuove Leggi Civili 23 (2000), 1161; S. Rahlf/ F. Gottschalk, Das Europäische Zustellungsrecht, EWS 2004, 303; Rauscher/Heiderhoff, Europäisches Zivilprozessrecht, 2004, S 779; Rösler/Siepmann, Zum Sprachenproblem im Europäischen Zustellungsrecht, NJW 2006, 475; dies, Die geplante Reform der europäischen Zustellungsverordnung, RIW 2006, 512; P. Schlosser, EUZivilprozessrecht, 2. Aufl 2003, S 520ff; C. Schneider, Grenzüberschreitende Zustellung und Beweisaufnahme in Europa, ProzRB 2003, 250 u. 280; Schütze, Übersetzungen im europäischen und internationalen Zivilprozessrecht, Probleme der Zustellung, RIW 2006, 352; D. Sharma, Zustellungen im europäischen Binnenmarkt, 2003; Stadler, Neues europäisches Zustellungsrecht, IPRax 2001, 514; Tsikrikas, Probleme der Zustellung durch die Post im europäischen Rechtsverkehr, ZZPInt 8 (2003), 309.

2. Einführung 46 Die Europäische Zustellungsverordnung will die Zustellung zwischen den EU-Staaten verbessern und beschleunigen. In der Anlage folgt sie aber weitgehend dem Modell des Haager Zustellungsübereinkommens von 1965.47 Ihr wesentlicher Inhalt wurde gemäß Art K 3 des Maastrichter EG-Vertrages am 26.5.1997 zunächst als Übereinkommen gezeichnet.48 Nach In-Kraft-Treten des Amsterdamer Vertrages sollte die Regelung dann als Richtlinie erlassen werden.49 Sie wurde schließlich auf der Grundlage von Art 65 EGV als (ab 31.5.2001) unmittelbar geltende Verordnung in Kraft gesetzt.50 Sie gilt in allen EU-Staaten, auch den 2004 beigetretenen, (ausgenommen Dänemark).51 Ähnlich wie die EuGVO wird auch die Europäische Zustellungsverordnung durch Staatsvertrag vom 19.10.2005 auf Dänemark erstreckt werden.52 Die EuZustVO hat im Verhältnis der EU-Staaten zueinander Vorrang vor anderen multilateralen oder bilateralen Zustellungsregelungen (Art 30 I EuZustVO), weiter reichende bilaterale Vereinfachungen werden aber beibehalten und können auch neu vereinbart werden (Art 20 II EuZustVO).

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47 48 49 50 51 52

Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 183; krit. Heß NJW 2001, 15, 19. ABl EG Nr C 261/1 vom 27.8.1997; vgl Meyer IPRax 1997, 401. Vgl Vorschlag der Kommission, ABl EG C 247 E, S 11 (vom 31.8.1999). ABl EG Nr L 160/37 vom 29.5.2000. Vgl Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 182. Vgl Vorschlag für … den Abschluss eines Abkommens …, KOM (2005) 146 endg. vom 18.4.2005; Jayme/Kohler IPRax 2005, 481, 486. Das Europäische Parlament hat dem Entwurf zugestimmt (P6-TA (2006) 106). Der Rat hat das Abkommen am 26.4.2006 genehmigt, ABl EU L 120/23.

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Am 11.7.2005 hat die Europäische Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Zustellungsverordnung vorgelegt.53 In Verwaltungssachen gilt das Europäische Übereinkommen über die Zustel- 47 lung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland vom 24.11.1977.54 3. Notwendigkeit der Auslandszustellung Die EuZustVO regelt nur das Verfahren bei einer grenzüberschreitenden Zu- 48 stellung in der EU (Art 1 I EuZustVO), wenn die Anschrift des Empfängers bekannt ist, nicht aber, ob eine solche überhaupt erforderlich ist55 oder durch eine fiktive Inlandszustellung ersetzt werden kann. Wie die Art 15, 16 HZustÜ 1965 sieht Art 19 EuZustVO lediglich vor, dass bei der „Übermittlung“ eines verfahrenseinleitenden Schriftstücks in einen anderen Mitgliedstaat ohne Einlassung des Beklagten das Verfahren auszusetzen ist, bis eine Zustellungsbescheinigung vorliegt oder wenigstens sechs Monate vergangen sind. Ob aus dieser Regelung (zusammen mit Art 6 I EMRK und dem Diskriminierungsverbot des Art 12 EGV) abgeleitet werden kann, dass die Übermittlung eines im Wege der „remise au parquet“ zugestellten Schriftstücks noch zur Zustellung gehört,56 erscheint zweifelhaft. Nach hM werden fiktive Inlandszustellungen, insb die Zustellung per „remise au parquet“ von der EuZustVO nicht erfasst.57 4. Zustellung im Rechtshilfeverkehr a) Wie nach dem HZustÜ 1965 erfolgen auch die Zustellungen in Zivil- und 49 Handelssachen zwischen den EU-Staaten grundsätzlich im Wege der Rechtshilfe über Übermittlungs- und Empfangsstellen in den beteiligten Staaten (Art 2 EuZustVO). Schriftstücke werden nach Art 4 I EuZustVO zwischen diesen Stellen im dezentralen unmittelbaren Behördenverkehr übermittelt.58 Ob eine Zivil- und Handelssache vorliegt, ist entsprechend Art 1 I 2 EuGVO (ohne die dort genannten Ausnahmen) zu entscheiden.59 Die Übermittlung soll so schnell wie möglich erfolgen. Zulässig ist jeder geeignete Übermitt_______________

53 KOM (2005) 305 endgültig/2; vgl Sujecki EuZW 2006, 1; Rösler/Siepmann RIW 2006, 512; Bericht der Kommission vom 1.10.2004, KOM (2004) 603 endgültig; dazu Bericht des Europäischen Parlaments vom 2.2.2006 (A6-0024/2006). 54 BGBl 1981 II, 533, 535. 55 Rauscher/Heiderhoff Vorbem EG-ZustellVO Rz 17, 20. 56 Hierfür Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 189f. 57 U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 295; Geimer/Schütze, EuZVR, Art 1 VO (EG) Nr 1348/2000, Rz 34; Rauscher/Heiderhoff, Vorbem EG-ZustellVO Rz 20, Art 19 EGZustellVO Rz 3ff. 58 Vgl Stadler IPRax 2001, 514, 517; Meyer IPRax 1997, 401, 403; G. Geimer S 211ff. 59 Rauscher/Heiderhoff Art 1 EG-ZustellVO Rz 1ff.

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Internationale Zustellungen

lungsweg, „sofern das empfangene Dokument mit dem versandten Dokument inhaltlich genau übereinstimmt und alle darin enthaltenen Angaben mühelos lesbar sind“ (Art 4 II EuZustVO). Eine Übermittlung auf elektronischem Wege ist also zulässig und möglich, vorausgesetzt die Übermittlungsund Empfangsstellen besitzen die erforderlichen technischen Einrichtungen.60 Die Speicherung der zu übermittelnden Schriftstücke in versandfähigen Dateien sollte heute problemlos möglich sein. Die Schriftstücke werden zusammen mit einem Formblatt-Antrag übermittelt (Art 4 III EuZustVO); sie selbst bedürfen keiner Beglaubigung (Art 4 IV EuZustVO). Allerdings sind ausgehende Ersuchen wie bisher über die Prüfungsstelle zu leiten (§ 27 ZRHO).61 50 Die EuZustVO will die grenzüberschreitende Zustellung beschleunigen. Die erforderlichen Schritte sind „so bald wie möglich vorzunehmen“. Kann die Zustellung innerhalb eines Monats nach Eingang nicht ausgeführt werden, ist dies der Übermittlungsstelle förmlich mitzuteilen und das Schriftstück zurückzusenden (Art 7 II EuZustVO). Nach dem Änderungsvorschlag soll die Monatsfrist künftig allgemein verpflichtend werden. 51 Um die reibungslose Abwicklung von Ersuchen um justizielle Zusammenarbeit zu erleichtern, hat die EG durch Entscheidung des Rates vom 28.5.2001 auch für Zivil- und Handelssachen ein Europäisches Justizielles Netz geschaffen.62 Danach werden in jedem Mitgliedstaat Kontaktstellen geschaffen (Art 2 I [a]), die, unbeschadet der Zuständigkeiten nach der EuZustVO, versuchen sollen, Lösungen für Probleme zu finden, die sich im Zusammenhang mit einem Ersuchen um justizielle Zusammenarbeit stellen (Art 5 II [b]). 52 b) Eher symbolische Bedeutung hat es, dass der Empfangsstaat eine Zustellung (anders als nach Art 13 I HZustÜ) nicht mehr aus Gründen des nationalen ordre public ablehnen darf.63 53 c) Liberalisiert wurde das Übersetzungserfordernis: Art 8 I (b) EuZustVO sieht vor, dass die Empfangsstelle den Empfänger darüber belehrt, dass er die Annahme verweigern darf, wenn das Schriftstück (a) nicht in einer Sprache des Empfangsstaats verfasst oder mit einer entsprechenden Übersetzung versehen ist, oder (b) in einer Amtssprache des Übermittlungsstaates abgefasst ist, die der Empfänger versteht. Verweigert der Empfänger die Annahme eines fremdsprachigen Schriftstücks, so ist die Übermittlungsstelle des Ursprungsstaats davon unverzüglich in Kenntnis zu setzen (Art 8 II, 10 EuZustVO). _______________

60 Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 184; Rauscher/Heiderhoff Art 4 EG-ZustellVO Rz 6f. 61 Rauscher/Heiderhoff Art 4 EG-ZustellVO Rz 5; krit Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 125. 62 ABl EG Nr L 174/25. 63 Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 184; Stadler IPRax 2001, 514, 515.

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Nach § 1070 ZPO darf der Adressat einer Zustellung von Deutschland ins Ausland die Annahme aufgrund der verwendeten Sprache innerhalb von zwei Wochen ab der Zustellung verweigern. Wird die Annahme berechtigt verweigert, muss das Schriftstück mit Übersetzung neu zugestellt werden.64 Über die Berechtigung zur Annahmeverweigerung entscheidet das Prozessgericht, bei dem die Klage eingereicht wurde.65 Doch prüft auch der Vollstreckungsstaat im Rahmen des Art 34 Nr 2 EuGVO, ob ordnungsgemäß zugestellt worden ist.66 Verweigert der Empfänger die Annahme zu Recht, ist die Zustellung schwebend unwirksam. Der Mangel wird aber rückwirkend geheilt, wenn nachträglich (innerhalb eines Monats nach Mitteilung an die Übermittlungsstelle des Ursprungsstaates) eine Übersetzung übersandt wird.67 Art 8 I (b) EuZustVO ist ein erster, aber unzureichender Schritt einer sprachlichen Liberalisierung.68 Nicht geregelt ist, auf wessen Sprachkenntnisse bei der Zustellung an juristische Personen oder Gesellschaften abzustellen ist (auf die Kenntnisse des Vertretungsorgans im Prozess kann es nicht ausschließlich ankommen). Nicht geregelt ist weiter, welches Niveau die Sprachkenntnisse haben müssen. Und schließlich fehlt jede Bereichsausnahme für Handelsbeziehungen, die in der Sprache eines Drittstaats (etwa in Englisch oder Französisch) abgewickelt worden sind. Künftig soll der Empfänger belehrt werden, dass er die Annahme sofort oder innerhalb einer Woche nach Zustellung mit Hilfe eines Formblattes verweigern kann (E Art 8 I).69 Entsprechend der EuGH-Rechtsprechung soll die Zustellung unter Beifügung einer Übersetzung wiederholt werden können. Wirksam zugestellt ist dann erst mit Zustellung der Übersetzung, Fristen sollen aber durch den ersten Zustellungsversuch gewahrt werden (E Art 8 III 3).70 d) Nicht vereinheitlicht sind Zustellungsort, der Kreis der Empfangsberech- 54 tigten und die Möglichkeiten der Ersatzzustellung. Nach Art 7 I EuZustVO ist insoweit nach dem nationalen Recht des Empfangsstaats zuzustellen.71 _______________

64 HkZPO/Saenger § 1070 Rz 5; Brand NJW 2004, 1138, 1139. 65 Meyer IPRax 1997, 401, 403; krit Schütze RIW 2006, 352, 353 (eigene Entscheidung des Adressaten). 66 OLG Celle IPRax 2005, 450, 451 (dazu H. Roth S 438, 439). 67 EuGH (Urt v 8.11.2005, C-443/03, Götz Leffler v Berlin Chemie) NJW 2006, 491 = JZ 2006, 248 (Rauscher) = IPRax 2006, 151 (dazu Stadler S 116); vgl Schütze RIW 2006, 352, 354; Rösler/Siepmann NJW 2006, 475. 68 Vgl Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 185, 187; Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 124; Stadler IPRax 201, 514, 517f; G. Geimer S 93ff; Rauscher/Heiderhoff Art 8 EG-ZustellVO Rz 3ff. 69 Vgl Rösler/Siepmann RIW 2006, 512, 513. 70 Vgl Rösler/Siepmann RIW 2006, 512, 514. 71 Rauscher/Heiderhoff Art 7 EG-ZustellVO Rz 1. Für Vereinheitlichung Heß NJW 2001, 15, 22.

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Die Übermittlungsstelle des Ursprungsstaats kann aber (wie nach Art 5 I b HZustÜ 1965) um die Zustellung in einer besonderen Form ersuchen (die mit dem Recht des Empfangsstaats vereinbar sein muss). 55 e) Zustellungszeitpunkt. Wann zugestellt ist, folgt aus dem Recht des Empfangsstaats (Art 9 I EuZustVO), also kommt es zum Schutze des Empfängers auf sein „Umwelt“-recht an.72 Linke schließt hieraus, dass Zustellungsfiktionen nach dem System der remise au parquet innerhalb der EU nunmehr ausgeschlossen sind.73 Muss die Zustellung aber nach dem Recht des Ursprungsstaats innerhalb bestimmter Fristen erfolgen, zB zur Hemmung der Verjährungsfrist, so bestimmt sich das Datum der Zustellung nach dem Recht des Ursprungsstaats (Art 9 II). Doch besteht die Möglichkeit, für fünf Jahre von beiden Regelungen abzuweichen (Art 9 III EuZustVO).74 56 f) Über die Erledigung der Zustellung ist eine Bescheinigung entsprechend dem Formblatt zu Art 10 EuZustVO auszustellen und an die Übermittlungsstelle zu übersenden. 57 g) Grundsätzlich kann kein Mitgliedstaat von einem anderen die Erstattung von Gebühren oder Auslagen für die Ausführung einer Zustellung verlangen (Art 11 I EuZustVO). Der Verfahrensbeteiligte hat jedoch Auslagen zu bezahlen oder zu erstatten, wenn im Empfangsstaat eine Amtsperson (insb ein Gerichtsvollzieher) bei der Zustellung mitwirkt75 oder eine besondere Zustellform eingehalten wird (Art 11 II EuZustVO). Hier soll künftig Verhältnismäßigkeit der Kosten vorgeschrieben werden. 5. Direktzustellung durch diplomatische oder konsularische Vertretungen 58 Eine Übermittlung auf konsularischem oder diplomatischem Weg bleibt zulässig, soll aber auf Ausnahmefälle beschränkt werden (Art 12 EuZustVO). 59 Nach Art 13 I EuZustVO dürfen Diplomaten oder Konsuln des Ursprungsstaates, die im Empfangsstaat akkreditiert sind, dort direkt ohne Anwendung von Zwang zustellen. Entsprechend dem in Art 13 II EuZustVO möglichen Vorbehalt lässt Deutschland solche Zustellungen nur zu, soweit der Adressat des zuzustellenden Schriftstücks Staatsangehöriger des Übermittlungsstaates (Ursprungsstaates) ist (§ 1067 ZPO).

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72 Meyer IPRax 1997, 401, 403; G. Geimer S 213. 73 Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 126, zustim. Stadler IPRax 2001, 514, 519. 74 Zur Lösung der einzelnen Mitgliedsstaaten s. Rauscher/Heiderhoff Art 9 EGZustellVO Rz 10. Krit zur Unsicherheit, ob § 167 ZPO bei „europäischen“ Zustellungen gilt, Kuntze-Kaufhold/Beichel-Benedetti NJW 2003, 1998; Brand NJW 2004, 1138. 75 Vgl Heß NJW 2002, 2422; Jastrow NJW 2002, 3382.

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6. Direktzustellung durch die Post Nach Art 14 I EuZustVO kann jeder Mitgliedstaat jeder Person mit Wohn- 60 sitz in einem Mitgliedstaat gerichtliche Schriftstücke auch unmittelbar durch die Post zustellen lassen, was die Zustellung regelmäßig beschleunigt und dadurch dem Kläger die Rechtsverfolgung erleichtert.76 Diese postalische Zustellung ist gleichrangig neben der Zustellung im Rechtshilfeweg zugelassen.77 Wird ein Schriftstück sowohl im Rechtshilfeverkehr (nach Art 4ff EuZustVO) als auf postalische Weise (Art 14 EuZustVO) zugestellt, so treten die an die Zustellung anknüpfenden Rechtsfolgen mit der ersten wirksam bewirkten Zustellung ein.78 Als wichtige Neuerung gegenüber dem HZustÜ 1965 kann die Direktzustellung durch die Post (unter Postaufgabe im Ursprungsstaat) nicht mehr ausgeschlossen werden. Art 14 II EuZustVO lässt lediglich die Bekanntgabe modifizierender Bedingungen zu.79 Deutschland lässt dementsprechend Direktzustellungen durch die Post nach Deutschland nur in der Versandform des Einschreibens mit Rückschein zu (§ 1068 I ZPO). Zusätzlich muss in Deutschland das zuzustellende Schriftstück in Deutsch 61 abgefasst oder es muss eine Übersetzung in die deutsche Sprache beigefügt sein (§ 1068 II Nr 1 ZPO). Ist der Adressat (Empfänger) Staatsangehöriger des Ursprungsstaats, so genügt eine Abfassung in einer Amtssprache dieses Staates oder die Beifügung einer Übersetzung in eine der Amtssprachen (§ 1068 II Nr 2 ZPO).80 Ähnliche Regelungen haben auch die anderen EU-Staaten erlassen. Zum Teil findet sich eine Gleichstellung mit den Anforderungen in Art 8 I EuZustVO.81 Wird durch die Post im Ausland zugestellt, ohne dass der Sendung eine Übersetzung beigefügt ist oder der Empfänger (soweit zulässig) über die nötigen Sprachkenntnisse verfügt, ist die Zustellung nicht ordnungsgemäß. Analog § 1070 ZPO muss der Empfänger allerdings den Mangel innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung rügen. Fehlt eine Belehrung über die Frist ist ggf Wiedereinsetzung zu gewähren.82

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76 Vgl Tsikrikas ZZPInt 8 (2003), 309, 311. 77 EuGH (Urt v 9.2.2006 – C-473/04) (Plumex v Young Sports) NJW 2006, 975; OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 130, 131; Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 185; Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 123 („Regelform“); Stadler IPRax 2001, 514, 519; aA Heß NJW 2001, 15, 19f. 78 EuGH (Urt v 9.2.2006 – C-473/04) (Plumex v Young Sports) NJW 2006, 975. 79 Meyer IPRax 1997, 401, 404; G. Geimer S 213. 80 Da das Einschreiben verschlossen zugestellt wird, kann der Empfänger freilich nicht prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind; krit. Stadler IPRax 2001, 514, 520. 81 Vgl Tsikrikas ZZPInt 8 (2003), 309, 322ff. Zu der niederländischen Regelung s OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 130, 131. 82 OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 130, 132 = IPRax 2006, 270 (dazu Rösler/Siepmann S 236); vgl HkZPO/Saenger § 1070 Rz 2.

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Internationale Zustellungen

Die Möglichkeit der Annahmeverweigerung soll künftig in der Verordnung ausdrücklich analog zur Zustellung im Rechtshilfeverkehr geregelt werden (E Art 15a). 7. Unmittelbare Zustellung im Parteiauftrag 62 Wie schon das HZustÜ 1965 (Art 10 [c]) sieht auch Art 15 EuZustVO eine Direktzustellung im Empfangsstaat im Parteiauftrag vor, lässt aber zu, dass die Mitgliedstaaten diese Zustellform für ihr Hoheitsgebiet ausschließen. Eine entsprechende Erklärung hat Deutschland abgegeben. § 1071 ZPO stellt klar, dass Parteizustellungen aus dem Ausland in Deutschland unzulässig sind. Zu beachten ist allerdings Art 7 des deutsch-britischen Abkommens über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928,83 der eine Direktzustellung durch Beamte des Empfangsstaats zulässt. Kläger aus Großbritannien können danach direkt einen deutschen Gerichtsvollzieher mit der Zustellung beauftragen. Durch Änderung von Art 15 EuZustVO soll die Direktzustellung künftig zwingend eröffnet, die Möglichkeit der Annahmeverweigerung dabei analog zur Zustellung im Rechtshilfeverkehr (E Art 15a) geregelt werden. Die Parteien eines deutschen Verfahrens können derzeit auch die in anderen EU-Staaten zulässige Direktzustellung nicht nutzen, da das deutsche Zivilprozessrecht nur die Amtszustellung kennt (§ 166 II ZPO) und eine Möglichkeit einer Delegation der Zustellung auf die Partei nicht vorsieht.84 8. Heilung von Zustellungsmängeln 63 Ebenso wie das HZustÜ 1965 regelt die EuZustVO nicht direkt, ob ein Zustellungsmangel heilt, wenn der Empfänger das Schriftstück tatsächlich erhalten hat.85 Eine angemessene Lösung ergibt sich aber ab 1.3.2002 aus dem neu gefassten Art 34 Nr 2 EuGVO. Denn danach kommt es für die Anerkennung eines Versäumnisurteils nur noch darauf an, ob das verfahrenseinleitende Schriftstück so rechtzeitig zugestellt wurde, dass sich der Empfänger verteidigen konnte. Außerdem darf es dem Beklagten nicht möglich gewesen sein, gegen die Entscheidung die ihm zugestellt wurde, ein Rechtsmittel einzulegen (s u § 11 Rz 34ff).86 Entsprechendes folgt sinngemäß auch aus Art 19 I lit b EuZustVO.87 Formelle Fehler bei der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks werden künftig meist also irrelevant sein. Auch im _______________

83 RGBl II 623; Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 186. 84 Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 186; krit. Heß NJW 2001, 15, 21. 85 U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 309; krit. Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 120f, 129ff; Stadler IPRax 2001, 514, 520. 86 Lindacher ZZP 114 (2001), 179, 192; Gottwald, FS Schumann, 2001, S 149, 155ff. 87 U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 310.

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Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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Rahmen des Art 15 I (b), II (c) EheGVO kommt es nicht mehr auf die formelle Ordnungsmäßigkeit der Zustellung an. Verstöße gegen das Übersetzungserfordernis können durch Nachreichung einer Übersetzung heilen (s o Rz 53).

III. Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965 1. Einführung Das HZustÜ 196588 ist für die BR Deutschland am 26.6.1979 in Kraft getre- 64 ten.89 Vertragspartner des Zustellungsübereinkommens sind neben Deutschland: Ägypten, Antigua und Barbuda, Argentinien (seit 1.12.2001), Bahamas, Barbados, Belgien, Botsuana, Bulgarien (seit 1.8.2000), China, Dänemark, Estland (seit 1.10.1996), Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Israel, Italien, Japan, Kanada, Korea (seit 1.8.2000), Kuwait (seit 1.12.2002), Lettland, Litauen (seit 1.6.2001), Luxemburg, Malawi, Mexiko (seit 1.6.2000), die Niederlande, Norwegen, Pakistan, Polen (1.9.1996), Portugal, Rumänien (seit 21.8.2003), Russische Föderation (seit 1.12.2001), San Marino (seit 1.11.2002), Schweden, Schweiz, Seychellen, Slowakische Republik, Slowenien (seit 1.6.2001), Spanien, Sri Lanka (seit 1.6.2001), Tschechische Republik, Türkei, Ukraine (seit 1.12.2001), Ungarn (seit 1.4.2005), Venezuela, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland (zugleich für Anguilla, Bermuda, British Honduras, British Salomon Islands Protectorate, British Virgin Islands, Cayman Islands, Central and Southern Line Islands, Falkland Islands, Fiji, Gibraltar, Gilbert and Ellise Islands, Guernsey, Isle of Man, Jersey, Montserrat, Pitcairn, St. Christopher and Nevis, St. Helena, St. Lucia, St. Vincent, Turks and Caicos Islands), Vereinigte Staaten von Amerika (auch für Guam, Puerto Rico, Virgin Islands und Nördliche Marianen), Weißrussland (seit 1.2.1998), Zypern. Das HZustÜ gilt nach Art 1 I für die Zustellung gerichtlicher und außerge- 65 richtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen, der streitigen wie der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Gerichtliche Schriftstücke rühren aus einem eingeleiteten Verfahren her oder dienen seiner Einleitung; außergerichtliche Schriftstücke stehen mit keinem Gerichtsverfahren in Verbindung, dürfen aber dennoch nur amtlich übermittelt werden.90

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88 BGBl 1977 II, 1453. 89 BGBl 1979 II, 779. 90 Beispiele bei Pfeil-Kammerer S 44ff.

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§7

Internationale Zustellungen

66 Das Haager Zustellungsübereinkommen findet nur auf Auslandszustellungen Anwendung. Jeder Staat entscheidet frei nach seinem eigenen Prozessrecht (lex fori), ob eine Auslandszustellung notwendig ist oder nicht.91 67 Die Regeln über die öffentliche Inlandszustellung gelten nach § 185 ZPO nur (1) bei unbekanntem Aufenthalt, (2) wenn die notwendige Auslandszustellung unausführbar oder nicht erfolgversprechend ist,92 (3) wenn die Wohnung einer immunen Person Zustellungsort wäre. Unbekannt ist der Aufenthalt nur, wenn auch eine Anschrift im Ausland nicht bekannt und in zumutbarer Weise nicht ermittelbar ist. Nicht ausführbar ist die Auslandszustellung, wenn der Wohnsitzstaat keine Rechtshilfe gewährt. Die bloße Langwidrigkeit der Auslandszustellung allein rechtfertigt das Ausweichen auf die öffentliche Zustellung nicht. Zustellfristen bis zu zwei Jahren sind hinzunehmen.93 68 Eine Auslandszustellung ist entbehrlich, wenn die Partei einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten besitzt. Ausländische Autohersteller, die Kfz in die USA importieren, haben für Klagen des Attorney General wegen Sicherheitsmängeln gem 49 USC § 30163 (vom 5.7.1994) einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen (49 USC § 30164). Solche Klagen werden dann an den Bevollmächtigten, hilfsweise an den Secretary of Transportation zugestellt. Schon zur früheren Regelung nach 15 USC § 1399 (e) war entschieden worden, dass sich diese Regelung nur auf Streitigkeiten nach diesem Gesetz bezieht, es sich aber nicht um einen allgemeinen Zustellungsbevollmächtigten handelt.94 69 In ähnlicher Weise kann in Deutschland nach § 184 I 2, II ZPO an die Auslandspartei, die keinen inländischen Zustellungsbevollmächtigten bestellt, durch Aufgabe zur Post zugestellt werden.95 Nach § 184 I 1 ZPO muss die Bestellung des Zustellungsbevollmächtigten aber ausdrücklich gerichtlich angeordnet werden. Außerdem ist die Auslandspartei nach § 184 II 3 ZPO nunmehr auf diese Folgen der Untätigkeit hinzuweisen. Die von § 184 II 2

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91 Otto, Der prozessuale Durchgriff, S 111f; Schlosser RdC 284 (2000), 93; ders, EUZivilprozessrecht, Art 1 HZÜ Rz 5ff. 92 Vgl Bindseil NJW 1991, 3071. 93 AmtsG Bad Säckingen FamRZ 1997, 611. 94 Law v BMW AG, 449 NYS 2d 733 (1982). 95 Vgl BGHZ 98, 263 = IPRax 1988, 159; Pfeil-Kammerer S 41f; Schabenberger, Der Zeuge im Ausland, S 163.

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Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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ZPO angeordnete Zustellungsfiktion verstößt nicht gegen das Diskriminierungsverbot des Art 12 I EGV.96 Geht der Brief verloren oder kommt nur mit erheblicher Verzögerung an, so ist der Partei freilich aus rechtsstaatlichen Gründen Wiedereinsetzung zu gewähren; das Unterlassen der Bestellung des Zustellungsbevollmächtigten schadet nicht.97 Überwiegend wird in den USA angenommen, im Wege des „piercing the 70 corporate veil“ könne die Zustellung an eine ausländische Gesellschaft zur Begründung eines inländischen Verfahrens an eine Tochtergesellschaft als involuntary agent im Inland erfolgen.98 Das Haager Zustellungsabkommen wollte die prinzipiellen Unterschiede 71 zwischen der Einordnung der Zustellung als Hoheitsakt oder als Privatakt überwinden, den alten konsularischen Weg des Übereinkommens von 1954 durch einen kürzeren ersetzen, den Belangen des anglo-amerikanischen Rechtskreises stärker entgegenkommen, und Nachteile beseitigen, die einem Beklagten im Ausland durch das System der „remise au parquet“ entstehen können (dabei handelt es sich ua um Frankreich, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Italien, Griechenland99). Gegenüber dem diplomatischen oder konsularischen Weg ist die Zustellung 72 über „Zentrale Behörden“ oder im direkten Behördenverkehr sicherlich ein Fortschritt gewesen. Jedoch wird das Übereinkommen heute weder den Bedürfnissen des interna- 73 tionalen Handels- und Wirtschaftsverkehrs noch der Praxis der internationalen Nachrichtenübermittlung durch Telefax, E-mail oder online-Verbindungen gerecht. Die vorgeschriebenen Förmlichkeiten, insb die Notwendigkeit alle Dokumente in die Sprache des Empfängerstaates zu übersetzen, verursachen hohe, vielfach unnötige Kosten. Soweit kein direkter Behördenverkehr vereinbart ist, sind die Übermittlungswege bei weitem zu langsam.100 Es ist deshalb kein Wunder, dass der internationale Handel auf Schiedsgerichte ausweicht, bei denen alle diese Hürden nicht bestehen und dennoch am Ende eine Vollstreckung des Schiedsspruchs durch ein staatliches Gericht garantiert wird (s u § 16 Rz 3ff, 55). Wird auf elektronischem Wege ein Groß-

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96 Vgl BGH NJW 1999, 1871, 1872. 97 BGH NJW 2000, 3284, 3285. 98 So gebilligt vom US Supreme Court, in Volkswagen AG v Schlunk, 486 US 694, 108 S.Ct. 2104, 56 USLW 459 (1988); vgl Scoles/Hay Conflict of Laws, S 404; Volken, Liber amicorum Droz, 1996, 521, 529ff; krit. Gottwald, FS Habscheid, 1989, S 119, 124; Schütze RIW 2005, 579, 581f; s o Rz 24, 28. 99 Vgl Gavalda Rev.crit. 1964, 15, 20; Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, 1965, S 159; Art 135 und 137 griech. ZPO. 100 Vgl Rahm/Künkel/Breuer, Handbuch des Familiengerichtsverfahrens, 4. Aufl (Lfg 31, 1997), Rz VIII 42.

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§7

Internationale Zustellungen

teil der Handelskorrespondenz und des internationalen Zahlungsverkehrs abgewickelt und können Schriftsätze (Klagen) bei Gericht per Fax eingereicht werden, so müssen auch die nächsten prozessualen Schritte an die veränderten Verhältnisse angepasst werden.101 74 Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten tritt das Haager Zustellungsübereinkommen an die Stelle der Artikel 1 bis 7 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 1.3.1954 (Art 22). Nach Art 24 sind Zusatzvereinbarungen zu dem Haager Abkommen bzw Übereinkommen auch bei dem Haager Zustellungsübereinkommen anzuwenden, es sei denn, dass die beteiligten Staaten etwas anderes vereinbaren. Das ist von deutscher Seite nicht geschehen.102 Da im Verhältnis Deutschlands zu Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich, Polen, der Schweiz und der Tschechischen Republik der unmittelbare Geschäftsverkehr besteht, wird der internationale Zustellungsverkehr, auch nachdem alle genannten Staaten dem Haager Zustellungsübereinkommen beigetreten sind, in den meisten Fällen nicht über die Zentrale Behörde, sondern auf direktem Weg (aber unter Einschaltung der Prüfungsstelle für ausgehende Ersuchen) abgewickelt. Nach Art 25 bleiben von dem Haager Zustellungsübereinkommen andere Übereinkommen, denen die Vertragsstaaten angehören, unberührt (s u Rz 128ff). 75 Direkten Behördenverkehr bei der Zustellung zwischen EU-Staaten sieht nunmehr Art 4 I EuZustVO vor. 76 Das Haager Zustellungsübereinkommen gilt für Zivil- oder Handelssachen. Dieser Begriff ist im Haager Zustellungsübereinkommen selbst nicht definiert. Zweifelhaft ist daher, ob der Begriff nach dem Recht des ersuchenden oder des ersuchten Staates zu verstehen ist oder beide Rechte kumulativ anzuwenden sind. In der Praxis hat es Probleme gegeben. Die USA sehen auch Verwaltungsstreitigkeiten als „Zivilsachen“ an,103 während die europäischen Staaten zB Zustellungen von Klagen der „Environmental Protection Agency“ oder der „International Trade Commission“ abgelehnt haben. Umgekehrt sieht Ägypten Familiensachen nicht als Zivilsachen an.104 Um zufällige Ergebnisse zu vermeiden, erscheint eine vertragsautonome Auslegung am sachgerechtesten, obgleich es keine zentrale Auslegungsinstanz gibt.105 Diese legt jedenfalls eine liberale Praxis nahe. Eine Klage vor einem U.S.-Gericht auf Leistung von punitive damages fällt danach unter das _______________

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Vgl Gottwald, FS Schütze, S 225. BT-Drucks 8/217 vom 22.3.1977, 41. Pfeil-Kammerer S 33ff. Vgl Clark AmJCompL 42 (Suppl.) (1994), 23, 28. Expertenkommission der Haager Konferenz, RabelsZ 54 (1990), 364, 366; für alternative Qualifikation Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HZÜ Rz 2.

Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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Haager Zustellungsübereinkommen;106 ebenso eine class action nach FRCP 23.107 Für Verwaltungssachen ist die Rechtshilfe bei der Zustellung geregelt im 77 Europäischen Übereinkommen vom 24.11.1977 über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland,108 im Verhältnis zu Österreich gilt der Deutsch-österreichische Vertrag vom 31.5.1988 über Amtsund Rechtshilfe in Verwaltungssachen.109 Der Begriff der Zustellung wird ebenfalls nicht definiert. Der deutsche Text 78 spricht von der „Zustellung“, der englische von „service“, der französische von „signification“ und „notification“. Die doppelte französische Bezeichnung ist notwendig mit Rücksicht auf die der „remise au parquet“ folgenden Länder. Das Übereinkommen erfasst danach nicht nur die eigentliche Zustellung, sondern auch die Übermittlung („notification“) der Abschrift eines per „remise au parquet“ zugestellten Schriftstücks, zB in Frankreich nach Art 684 NCPC.110 Der in Art 15, 16 HZustÜ vorgesehene Beklagtenschutz setzt die Anwendbarkeit des HZustÜ auf die notification voraus.111 Allerdings dient die Absendung einer Kopie per Post an den Empfänger nur der Information des Empfängers, Fehler bei der Briefübersendung beeinträchtigen nicht die Zustellung.112 2. Die Übermittlungswege für Zustellungsersuchen Primär erfolgt die Zustellung mittels Ersuchen an die ausländische Be- 79 hörde.113 Im Gegensatz zu dem Haager Übereinkommen 1954 ist ein neuer Übermittlungsweg dadurch geschaffen worden, dass jeder Vertragsstaat verpflichtet ist, eine Zentrale Behörde – für Bundesstaaten mehrere – einzurichten, die Zustellungsanträge aus anderen Vertragsstaaten entgegennimmt und das Erforderliche veranlasst. Durch Vereinheitlichung des Übermittlungsweges und der dabei einzuhaltenden Formen sollte die Zustellung gegenüber dem diplomatischen oder konsularischen Weg vereinfacht und beschleunigt werden. Der durch bilaterale Zusatzabkommen vereinbarte direkte Verkehr zwischen den Justizbehörden (s u Rz 113) bleibt ebenfalls weiter zulässig. In _______________

106 BVerfG NJW 1995, 649; OLG Düsseldorf RIW 2006, 629; OLG München NJW 1992, 3113 = ILPr 5 (1994), 7. 107 OLG Frankfurt RIW 1991, 417; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HZÜ Rz 3; Koch/Horlach/Thiel RIW 2006, 356, 358ff; aA OLG Koblenz IPRax 2006, 25 (abl Piekenbrock S 4, 7f); s u Rz 92. 108 BGBl 1981 II, 535. 109 BGBl 1990 II, 357. 110 Pfeil-Kammerer S 39ff. 111 OLG Koblenz RIW 1988, 476; Otto S 113ff. 112 Vgl OLG Oldenburg EuZW 1992, 64. 113 Pfeil-Kammerer S 85ff.

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Internationale Zustellungen

Deutschland hat jedes Land eine Zentrale Behörde eingerichtet (§ 1 AusfG). Meist ist dies das Landesjustizministerium, teilweise ist die Zuständigkeit delegiert, etwa in Bayern auf den Präsidenten des Oberlandesgerichts München, in Bremen auf den Präsidenten des Landgerichts, in Hamburg auf den Präsidenten des Amtsgerichts.114 Die deutschen Prüfstellen (§ 9 I, II ZRHO) senden Zustellungsersuchen direkt auf dem Postweg an die Zentrale Behörde des Landes, in dem zugestellt werden soll, soweit nicht der direkte Behördenverkehr vereinbart ist (Art 11 HZustÜ) (s u Rz 115). 80 Der Zustellungsantrag wird nach Art 3 I HZustÜ von der zuständigen Behörde oder dem zuständigen Beamten des Ursprungsstaats gestellt. Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Recht des Prozessgerichts. Nach § 202 I ZPO wird das Ersuchen vom Vorsitzenden des Prozessgerichts erlassen. In den USA sind die Anwälte selbst antragsberechtigt.115 81 Eine wesentliche Verbesserung liegt darin, dass die Zustellungsanträge nach einem einheitlichen Muster (Art 3 I HZustÜ) gestellt werden.116 Nach Art 7 müssen die Formblätter in englischer oder französischer Sprache abgefasst sein. Sie können außerdem in einer Sprache des Ursprungsstaates abgefasst sein. Diesen formularmäßigen Ersuchen werden die zuzustellenden Schriftstücke beigefügt. Die Zentrale Behörde stellt entweder selbst zu oder veranlasst die Zustellung nach den Vorschriften des ersuchten Staates oder auf Wunsch des Ursprungslandes in einer besonderen Form, wenn diese mit den Gesetzen des ersuchten Staates vereinbar ist (Art 5 HZustÜ). Insoweit hat sich hinsichtlich der Ausführung der Zustellung gegenüber dem Haager Übereinkommen nichts geändert. 82 Eine weitere wesentliche Verbesserung gegenüber früheren Verträgen liegt darin, dass die Zentrale Behörde über die erfolgte Zustellung ein Zustellungszeugnis nach einem festgelegten Muster erteilt, das sie der ersuchenden Stelle unmittelbar zusendet (Art 6 HZustÜ). Für dieses Muster gelten dieselben Sprachvorschriften wie für die Zustellungsersuchen. Stellt die Zentrale Behörde formelle Mängel fest, so muss sie das der ersuchenden Stelle sofort mitteilen. Auch wenn dies nicht geschieht, macht die Erteilung des Zustellungszeugnisses eine sonst unwirksame Zustellung nicht gültig.117 An die Stelle der Legalisation des Zeugnisses tritt die Apostille, die die zuständige Behörde des Errichtungsstaates auf der Urkunde anbringt. Das Zustellungszeugnis wird der ersuchenden Stelle direkt übersandt (Art 6 IV HZustÜ). _______________

114 Auflistung der deutschen Zentralen Behörden mit Anschriften bei MüKo/Wenzel, ZPO, 2. Aufl, Anh § 202 Rz 20. 115 Vgl Pfeil-Kammerer S 93ff. 116 Schlosser RdC 284 (2000), 97. 117 BGH EWS 1993, 258, 259 = RIW 1993, 673.

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Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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Die Zustellung kann formlos erfolgen, wenn der Empfänger persönlich oder 83 ein Zustellungsbevollmächtiger118 zur Annahme bereit ist (Art 5 HZustÜ);119 Entsprechendes gilt für die Annahme durch einen rechtsgeschäftlich bestellten Vertreter (§ 171 ZPO).120 Bei formloser Zustellung wird die Zustellung wirksam durch einfache Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks bewirkt; einer Übersetzung des zuzustellenden Schriftstücks in die deutsche Sprache bedarf es dann nicht121 (Art 5 II HZustÜ; § 3 AusfG v 22.12.1977122). Die formlose Zustellung ist stets zulässig, wenn die ersuchende Behörde kei- 84 ne andere Art der Zustellung gewünscht hat (Art 5 II HZustÜ). Die formlose Zustellung setzt aber eine freiwillige Entgegennahme durch den Empfänger oder seinen Bevollmächtigten voraus. Da der Empfänger dazu zum Gericht vorgeladen und ihm Gelegenheit gegeben werden muss, sich das Schriftstück anzusehen (§ 69 III ZRHO), ist die Regelung unnötig kompliziert. Warum der Empfänger die Annahme verweigert, ist irrelevant; er muss keine billigenswerten Gründe vorbringen.123 Bleibt die formlose Zustellung mangels Annahmebereitschaft erfolglos, so muss die Auslandszustellung wiederholt werden, sofern eine förmliche Zustellung nicht von Anfang an hilfsweise beantragt wurde.124 Wesentlich praktikabler ist das österreichische Recht. Danach wird auch ein 85 ausländisches, fremdsprachiges Schriftstück durch die Post mit Rückschein zugestellt (§§ 12 I, 5 I ZustG). Die Annahmebereitschaft des Empfängers wird dabei gemäß § 12 II (2. Halbs) ZustG unterstellt, „wenn er nicht binnen drei Tagen gegenüber der Behörde, die das Schriftstück zugestellt hat, erklärt, dass er zur Annahme nicht bereit ist; diese Frist beginnt mit der Zustellung zu laufen und kann nicht verlängert werden.“

Die Zustellung kann förmlich erfolgen, und zwar in einer Form, die das 86 Recht des ersuchten Staates für Inlandszustellungen kennt (Art 5 [1] [a]).

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OLG Saarbrücken RIW 1993, 419. Vgl Schütze RIW 2000, 20. Otto S 167f. BGH NJW 1991, 641; OLG Saarbrücken RIW 1993, 418, 419; OLG Düsseldorf RIW 1999, 464. 122 BGBl I, 3105. 123 LG München II IPRax 1998, 477 (dazu Hau S 456). 124 Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 117. Um Zeitverlust und eine drohende Verjährung zu vermeiden, empfehlen Brand/Reichhelm IPRax 2001, 173, 177, diesen Antrag stets zu stellen.

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Internationale Zustellungen

Wird der Empfänger nicht angetroffen, erscheint er nicht bei Gericht oder verweigert er die Annahme, so muss förmlich zugestellt werden. Die Zustellung an eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person ist stets Ersatzzustellung (§ 178 I Nr 2 ZPO). Gleiches gilt, soweit eine inländische Gesellschaft kraft Rechtsscheins als Geschäftslokal der ausländischen Muttergesellschaft erscheint, für Zustellungen an die Mutter.125 87 Die förmliche Zustellung ist nur zulässig und wirksam, wenn ihr in allen Fällen Übersetzungen der zuzustellenden Schriftstücke in die deutsche Sprache beigefügt sind (§ 3 AusfG z. HZustÜ). Fehler der Übersetzung sind so lange unschädlich, als der Empfänger erkennen kann, wer mit dem Schriftstück welchen Zweck verfolgt und was er dagegen zu seiner Verteidigung tun kann.126 Auf die Sprachkenntnisse des Empfängers kommt es nach hM nicht an.127 Manche Autoren sehen es freilich als unbeachtlichen Rechtsmissbrauch an, wenn ein sprachkundiger Adressat die Entgegennahme ohne Übersetzung ablehnt.128 Das zwingende Übersetzungserfordernis wird den Bedürfnissen des internationalen Handels- und Wirtschaftsverkehrs freilich in keiner Weise gerecht. Ein solcher Schutz international tätiger Unternehmen ist sachwidrig, verursacht sinnlose Kosten und verzögert das Verfahren. Von US-Seite wird dies zu Recht betont.129 Zu Recht wird darauf verwiesen, dass es jedenfalls im Handelsverkehr genügen müsse, wenn die übliche Geschäftssprache benutzt wird oder eine Zusammenfassung des wesentlichen Inhalts der Klage in Übersetzung beigefügt werde. Da solche überzogenen Schutzregeln für Schiedsverfahren nicht bestehen (s u § 16 Rz 3, 55), ist es kein Wunder, dass Parteien soweit möglich auf die Schiedsgerichtsbarkeit ausweichen. 88 Die Zustellung kann förmlich erfolgen, und zwar auf Wunsch der ersuchenden Stelle in einer anderen „besonderen gewünschten Form“, es sei denn, diese sei mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar (Art 5 [1] [b] HZustÜ). Auch diese Regelung ist unnötig kompliziert und erschwert eine klare Beurteilung, ob eine bestimmte Zustellung ausgeführt werden wird und ob sie ordnungsgemäß ausgeführt wurde. Verlangt das ausländische Gericht eine besondere Form der Zustellung nach Art 5 I (b) HZÜ 1965, so sind diese voll einzuhalten; eine Übersetzung ist _______________

125 Otto S 170ff. 126 OLG Nürnberg IPRax 2006, 38 (dazu Wilske/Krapfl S 10). 127 Vgl BGHZ 120, 305, 310 = NJW 1993, 598, 599; BGH RIW 1990, 1010; OLG Koblenz RIW 1991, 860f; OLG Düsseldorf RIW 1999, 464 = IPRax 2000, 307 (dazu Hüßtege S 289); vgl Pfeil-Kammerer S 99ff; G. Geiger S 89ff. 128 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 5 HZÜ Rz 7. 129 Vgl Bankston v Toyota Motor Corp., 889 F. 2d 172 (8th Cir. 1989) – Übersetzung englischer Dokumente ins Japanische.

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Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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mit zuzustellen.130 Die freiwillige Empfangnahme nach Art 5 II HZÜ 1965 durch einen Prozessbevollmächtigten heilt den Mangel nicht.131 Nach Art 8 steht es jedem Vertragsstaat frei, Personen, die sich im Ausland 89 befinden, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang zustellen zu lassen. Jeder Staat kann allerdings erklären, dass er einer solchen Zustellung in seinem Hoheitsgebiet widerspricht, außer wenn das Schriftstück einem Angehörigen des Ursprungsstaates zuzustellen ist. Diesen Widerspruch haben neben Deutschland (§ 6 S 1 AusfG) Ägypten, Belgien, Bulgarien, China, Frankreich, Griechenland, Korea, Mexiko, Luxemburg, Norwegen, Pakistan, Portugal, Slowakei, Tschechische Republik und die Türkei erklärt. Danach können Konsuln in Deutschland nur an eigene Staatsbürger zustellen; eine zusätzliche deutsche Staatsangehörigkeit schadet nicht.132 Die deutschen Konsulate in den USA dürfen dagegen allgemein auch an USBürger oder corporations zustellen.133 Statt durch die Zentralen Behörden kann jeder Vertragsstaat ein gericht- 90 liches Schriftstück den Behörden des anderen Vertragsstaats auch auf konsularischem Weg (Art 9 I HZustÜ) oder, in außergewöhnlichen Fällen, auf diplomatischem Weg (Art 9 II HZustÜ) übermitteln (indirekter konsularischer oder diplomatischer Weg134). Nach Art 10 wird, sofern der Bestimmungsstaat keinen Widerspruch erklärt, 91 nicht ausgeschlossen, „a) dass gerichtliche Schriftstücke im Ausland befindlichen Personen unmittelbar durch die Post übersandt werden dürfen, b) dass Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Ursprungsstaates Zustellungen unmittelbar durch Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Bestimmungsstaates bewirken lassen dürfen, c) dass jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte Zustellungen gerichtlicher Schriftstücke unmittelbar durch Justizbeamte, andere Beamte oder sonst zuständige Personen des Bestimmungsstaates bewirken lassen darf.“135

Leider hat die BR Deutschland von dem Widerspruchsrecht Gebrauch gemacht (§ 6 S 2 AusfG) und damit einen in der Praxis häufigen und bequemen Zustellungsweg für unzulässig erklärt.136 Der deutsche Vorbehalt wollte der _______________

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Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 5 HZÜ Rz 5. Vgl BGH MDR 1976, 310. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 8 HZÜ. Vgl Pfeil-Kammerer S 114; s u Rz 89. Vgl Pfeil-Kammerer S 114ff. Zur Auslegung s Jacklin 112 ALR Fed 241 (1993). Vgl OLG Düsseldorf RIW 2004, 389 = IPRax 2005, 148; OLG Hamm FamRZ 2004, 1593 (abl Schack) = IPRax 2005, 146; aA Fogt/Schack IPRax 2005, 118.

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§7

Internationale Zustellungen

früheren amerikanischen Praxis, Zustellungen durch einfachen Postbrief vorzunehmen, vorbeugen. Danach ist eine Zustellung durch Übersendung durch die Post in Deutschland unzulässig.137 Hieran hat das Zustellungsreformgesetz vom 25.6.2001 nichts geändert; der Vorbehalt gegenüber Art 10 a) HZÜ ist bisher nicht zurückgenommen worden.138 Japan hat zwar einen Widerspruch nur zu b) und c) erklärt; aber die japanische Regierung hat als offizielle Meinung im Jahr 1989 erklärt, „Art 10 (a) HZusÜ bedeutet nur, dass eine Zusendung durch die Post als Beeinträchtigung des japanischen Hoheitsrechts nicht angesehen wird, nicht aber dass die japanische Regierung die Zusendung durch die Post als eine neue Art der wirksamen Zustellung anerkennt“. Trotz dieser Erklärung ist es unklar, ob die direkte Übersendung der Klageschrift durch die Post völlig unzulässig ist. Zumindest könnte die Zusendung durch die Post nicht als zulässige Zustellung angesehen werden, wenn der Klageschrift keine Übersetzung beigelegt ist, oder wenn der japanische Beklagte nicht rechtzeitig von der Einleitung des Verfahrens Kenntnis erlangen kann.139 Art 10 wollte den Gepflogenheiten der anglo-amerikanischen Praxis entgegenkommen, Zustellungen auf privatem Wege zu bewirken. Da Deutschland aber nicht zulassen will, dass Zustellungen in seinem Hoheitsgebiet auf den in Art 10 aufgeführten Wegen bewirkt werden, verbleibt es im Verhältnis zu dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland bei den Ausführungen zu Rz 130ff. Es kommt aber der Weg über die Zentralen Behörden hinzu. Ist die Postzustellung nach dem Recht des Prozessgerichts zulässig, verletzt aber wegen des deutschen Widerspruchs das HZustÜ, so kann dieser Fehler bereits vor dem Prozessgericht gerügt werden. Wird trotzdem ein Versäumnisurteil erlassen, scheitert dessen Inlandsvollstreckung an § 328 I Nr 2 ZPO bzw an Art 34 Nr 2 EuGVO, resp. Art 27 Nr 2 LugÜ (s u § 11 Rz 34ff, 38 und 161ff). 92 Die USA haben einer Postzustellung nicht widersprochen. Nach der Reform des deutschen Zustellungsrechts kann eine Klage auch per Post an einen USEmpfänger gesandt werden. Nach § 183 I Nr 1 u. 2 ZPO erfolgt die Auslandszustellung entweder (Nr 1) durch die Post per Einschreiben mit Rückschein, oder (Nr 2) im Rechtshilfewege (a) durch die Behörden des fremden Staates oder (b) durch die diplomatische oder konsularische Vertretung des Bundes. _______________

137 Vgl BGHZ 120, 305, 309 = NJW 1993, 598; OLG Karlsruhe RIW 1994, 1046/48; OLG Köln VersR 1991, 247 = RIW 1990, 668; Pfeil-Kammerer S 119ff. 138 Hierfür Linke, in: Gottwald, Grundfragen, S 95, 123. 139 Kojima, Law and Contemp. Problems, 57 (1994), 59, 72; Takeshita ZZPInt Bd 1 (1996), 305, 312.

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Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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Wird ein deutscher Konsul ersucht, darf er die Klage per US-Post an den Beklagten schicken und stellt darüber ein Zustellungszeugnis (§ 183 II 2 ZPO) aus.140 Beide Arten der Zustellung werden in den USA anerkannt.141 Nach der Zulassung der direkten Postzustellung hat das Gericht darüber zu befinden, ob die Wahl des konsularischen oder gar diplomatischen Weges im Einzelfall sachgerechter erscheint. Allerdings wurde in Bankston v Toyota Motor Corp.142 entschieden, dass 93 Art 10 (a) HZustÜ keine „Zustellungen“ gestattet. Denn darin sei nur von „Übersenden“ („send“) die Rede, nicht aber wie sonst im Übereinkommen von „Zustellung“ („service“). Das Gericht sah deshalb die Übersendung der Klageschrift per Einschreibbrief mit Rückschein (ohne Übersetzung ins Japanische) von Arkansas nach Tokio als unwirksam an, obwohl Japan dem Verfahren nach Art 10 (a) HZustÜ nicht widersprochen hat. Das Gericht war der Ansicht, Art 10 (a) HZustÜ gestatte nur die Übersendung späterer Schriftstücke auf diese Weise, nicht aber die Zustellung einer Klage. Die Haltung der US-Gerichte ist insgesamt aber gespalten.143 De lege ferenda wird der Vorbehalt gegenüber der Postzusendung weiterhin (zu Recht) kritisiert.144 In den Vereinigten Staaten wird die Zustellung nicht als ein hoheitlicher 94 Akt angesehen. Es ist deshalb früher wiederholt versucht worden, an deutsche Beklagte in der BR Deutschland durch einfachen Postbrief zuzustellen. Inzwischen hat sich in den USA zwar die Ansicht durchgesetzt, dass förmliche Zustellungen im Ausland gegenüber Vertragsstaaten nur auf den im Haager Zustellungsübereinkommen vorgesehenen Wegen ausgeführt werden dürfen.145 Durch die Neufassung von FRCP 4 (f) (1) zum 1.1.1993 ist jedenfalls für die Bundesgerichte eindeutig klargestellt, dass ein nach dem HZustÜ zulässiger Weg einzuhalten ist (s o Rz 22). Praktisch wird nunmehr aber idR versucht werden, das „lästige“ Verfahren nach dem HZustÜ durch die Bitte um Zustellungsverzicht (s o Rz 18) zu umgehen. Außerdem ist streitig, welche Bedeutung FRCP 4 (f) (3) hat. Danach kann die Klage statt mittels des HZustÜ alternativ „by other means not prohibited by international agreement as may be directed by the court“ zugestellt werden. Richtigerweise verbietet das Haager Übereinkommen jede andere Form der Zustellung; auch Art 15 III HZustÜ eröffnet eine solche Möglichkeit nicht. Die Regel kann daher nur im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten Anwendung finden.146 Leider kann das Haager Zustellungsübereinkommen durch Zustellungen inner_______________

140 141 142 143 144 145 146

AA Kondring RIW 1996, 722, 723; allseitige Wirkung des deutschen Widerspruchs. Ackermann v Levine, 788 F. 2d 830 (NY). 889 F. 2d 172 (8th Cir. 1989). Vgl Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed § 12.7, note 3. J. Weis, Service by Mail, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 165. Vgl Heidenberger RIW 1988, 683; Junker JZ 1989, 121. S auch Siegel, in USCA, Pocket Part 1995, Rule 4, C 4–24, p 69; Born/Vollmer, 150 F.R.D. 221, 240 (1994).

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§7

Internationale Zustellungen

halb der USA unterlaufen werden, insbesondere durch Zustellung an eine Tochtergesellschaft als „unfreiwillige Vertreterin“ (involuntary agent).147 3. Ablehnungsgründe 95 Die Zentrale Behörde des Empfangsstaates ist grundsätzlich verpflichtet, dem Ersuchen nachzukommen.148 Nach Art 13 HZustÜ kann die Erledigung eines Zustellungsantrags nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden.149 Diese Ablehnungsgründe beziehen sich zwar auf das durch die Zustellung zu fördernde Gerichtsverfahren. Sie sind aber wesentlich enger als ein allgemeiner ordre public-Vorbehalt. Gegenüber dem Haager Übereinkommen 1954 sind sie zudem dadurch eingeschränkt worden, dass die Erledigung nicht allein aus dem Grund abgelehnt werden darf, dass der ersuchte Staat nach seinem Recht die ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte für die Sache in Anspruch nimmt oder ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für das der Antrag gestellt wird. Die Zustellung einer amerikanischen class action an einen deutschen Beklagten kann daher nicht verweigert werden.150 96 Für die Auslegung der Gefährdung der Hoheitsrechte oder der Sicherheit des ersuchten Staates hat sich gegenüber dem HZÜ 1954 im Übrigen nichts geändert (s u Rz 120). Die Zustellung einer Klage, mit der Strafschadenersatz (punitive damages) nach US-amerikanischem Recht geltend gemacht wird, verstösst nicht gegen Art 13 HZÜ. Sie ermöglicht die geordnete Einleitung eines Verfahrens und verstösst daher weder gegen die allgemeine Handlungsfreiheit noch das Rechtsstaatsprinzip. Im Gegenteil würde die Rechtsstellung eines deutschen Beklagten verschlechtert, wenn Deutschland bereits die Mitwirkung bei der Zustellung einer solchen Klage verweigern würde.151 Auch die Zustellung einer US-amerikanischen Klage, mit der Ansprüche nach dem US-Antidumping Act 1916 geltend gemacht werden, kann nicht nach _______________

147 Vgl US Supreme Court Volkswagen AG v Schlunk (s o Rz 28); Heidenberger RIW 1988, 567. 148 Schlosser RdC 284 (2000), 98ff. 149 Pfeil-Kammerer S 60ff; Greger, 1. Erlanger FS Schwab, S 331, 336ff. 150 OLG Frankfurt RIW 1991, 417, 419; Mark EuZW 1994, 238, 239; Koch/Horlach/ Thiel RIW 2006, 356, 360ff. 151 BVerfGE 91, 335 = JZ 1995, 716 m Anm Stadler = NJW 1995, 649 = EuZW 1995, 218 m Anm Kronke; OLG Düsseldorf RIW 2006, 629 u. NJW 1992, 3110; Morisse RIW 1995, 370; vgl aber zuvor BVerfGE 91, 140 = ZIP 1994, 1353; krit. dazu Koch/Diedrich ZIP 1994, 1830 und erneut BVerfG NJW 2003, 2598 = RIW 2003, 874; aA (Verstoß gegen den ordre public) OLG Koblenz IPRax 2006, 25 (dazu Piekenbrock S 4); Greger, 1. Erlanger FS Schwab, 1990, S 331, 338ff; Braun ZIP 2003, 2225ff; vgl Heidenberger RIW 1995, 705; P. Huber, FS Jayme, S 361; Prütting, FS Jayme, S 709; Hess JZ 2003, 923; Stürner JZ 2006, 60.

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Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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Art 13 HZÜ abgelehnt werden, obwohl die Streitschlichtungsorgane der WTO bereits festgestellt haben, dass der Act gegen GATT-Vorschriften verstößt. Sinn der Zustellung ist die Sicherung der Kenntnis des Beklagten vom Auslandsprozess; deshalb ist die Begründetheit der Auslandsklage und auch ein etwaiger „nuisance value“-Zweck der Klägerin bei der Zustellung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.152 Dagegen ist die Zustellung einer sog antisuit injunction (s o § 5 Rz 301ff) gegen die Fortsetzung oder Einleitung eines deutschen Gerichtsverfahrens geeignet, deutsche Hoheitsrechte zu gefährden und kann daher von der Zentralen Behörde nach Art 13 HZustÜ abgelehnt werden.153 Auch die Zustellung anonymer Klagen ist abzulehnen, da gegen sie keine ordnungsgemäße Verteidigung möglich ist.154 Formale Ablehnungsgründe dürften kaum noch auftauchen. Zwar heißt es in 97 Art 1 II: „Das Übereinkommen gilt nicht, wenn die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks unbekannt ist.“

Die Zentrale Behörde des ersuchten Staates hat also nicht die Pflicht, nach der Anschrift des Empfängers zu forschen.155 Im Übrigen gewährleisten aber die Prüfstellen und die vereinheitlichten Antragsformulare für Zustellungen, dass ordnungsgemäße Anträge vorliegen (§ 28 ZRHO). Nach Art 4 HZustÜ unterrichtet die Zentrale Behörde unverzüglich die ersuchende Stelle, falls ein Antrag nicht dem Übereinkommen entspricht, und führt dabei die Einwände im Einzelnen auf. 4. Schutzvorschriften für den Beklagten Nach dem deutschen Zustellungsrecht erfolgt auch eine im Ausland zu be- 98 wirkende Zustellung durch Übergabe des zuzustellenden Schriftstücks an den Empfänger (§§ 177, 183 ZPO). Nach § 183 II 2 ZPO wird die erfolgte Zustellung durch ein schriftliches Zeugnis der ersuchten Behörden nachgewiesen. Doch beweist dieses Zeugnis nicht, dass die Zustellung ordnungsgemäß erfolgt ist.156 Nach § 335 I Nr 2 ZPO ist es unzulässig, gegen die nicht erschienene Partei ein Versäumnisurteil oder eine Entscheidung nach Lage der _______________

152 OLG Frankfurt RIW 2001, 464, 465f = ZZPInt 6 (2001), 245 (Hau). 153 OLG Düsseldorf ZIP 1996, 294 = RIW 1996, 237; dazu Mansel EuZW 1996, 335; Mankowski EWiR Art 13 HZÜ 1/96; Stürner ZZP 109 (1996), 224; Hau IPRax 1997, 161; aA Maack, Englische antisuit injunctions, 1999, S 70ff, 87ff, 123; krit. auch G. Geimer S 77ff. 154 Schütze RIW 2005, 579, 581. 155 Pfeil-Kammerer S 58. 156 BGH NJW 1993, 2688; aA Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 6 HZÜ Rz 2 (Vertrauenstatbestand).

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§7

Internationale Zustellungen

Akten zu erlassen, wenn sie nicht ordnungsgemäß, insbesondere nicht rechtzeitig geladen war. 99 In Österreich ist die Zustellung geregelt durch das Zustellgesetz vom 1.4. 1982157 und § 121 öZPO. Zugestellt wird danach im Ausland nach den internationalen Vereinbarungen (HZÜ 1954). Es gibt eine Liste der Länder, in die durch die Post mittels Rückscheins zugestellt werden kann (§ 121 I öZPO). Kann eine Bestätigung über die erfolgte Zustellung nicht binnen angemessener Frist verlangt werden, kann öffentlich (§ 25 ZustellG) oder durch Bestellung eines Kurators (§ 116 öZPO) zugestellt werden. Dies gilt auch, wenn die Auslandszustellung vergeblich versucht wurde oder Rechtshilfe offensichtlich verweigert wird (§ 121 II öZPO). 100 In Schweden ist die Zustellung im Delgivningslagen 1970:428 geregelt. Nach § 5 hat die Zustellung im Ausland nach der lex fori des Zustellungsortes zu erfolgen. Mit den skandinavischen Ländern ist direkter Geschäftsverkehr vereinbart. Mit den anderen Ländern erfolgt die Zustellung nach dem HZustÜ 1970; zentrale Behörde ist das Außenministerium (Cirk 1969:495). 101 Für Polen s Art 1133 poln. ZPO. 102 Wegen des französischen Systems wird auf Rz 13 u 76 verwiesen. Der Huissier muss dem Empfänger eine Kopie von der erfolgten Zustellung durch eingeschriebenen Brief zuschicken. Wenn nicht nachgewiesen ist, dass der Empfänger rechtzeitig von der Zustellung erfahren hat, kann das Gericht von Amts wegen nachforschen, ob der Empfänger von der Zustellung erfahren hat. Die Fristen sind um 2 Monate verlängert, wenn sich der Beklagte im Ausland aufhält (Art 643 NCPC). 103 Die Haager Konferenz wollte die „notification au parquet“ abschaffen.158 Die tatsächlich gefundene Lösung der Art 15, 16 HZustÜ ist aber nur ein Kompromiss; die „remise au parquet“ als solche bleibt für internationale Zustellungen zulässig.159 Nach Art 15 I HZustÜ hat der Richter lediglich das Verfahren so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, dass das Schriftstück dem Beklagten in einer Form nach dem Recht des ersuchten Staates zugestellt ist, oder dass das Schriftstück dem Beklagten selbst oder in seiner Wohnung nach einem anderen in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren übergeben worden ist. Entgegen dem deutschen Wortlaut muss auch ausgesetzt werden zum Zwecke der Benachrichtigung nach erfolgter formeller Zustellung nach dem System der remise au parquet gem Art 685 II NCPC.160 _______________

157 BGBl Nr 200/1982; abgedruckt bei Mayr/Broll, Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl 2000, Nr 39 sowie Rechberger, ZPO, 2. Aufl 1999, § 87 Rz 7ff. 158 US Supreme Court, 486 US 694, 703 (1987). 159 Schack Rz 612; Schlosser RdC 284 (2000), 107ff; G. Geimer S 34ff; anders Scoles/ Hay, Conflict of Laws, 3rd ed, § 12.7. 160 Schack Rz 611; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 15 HZÜ Rz 3.

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Das Haager Zustellungsübereinkommen vom 15.11.1965

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Nach Art 15 II kann aber jeder Vertragsstaat erklären, dass seine Richter 104 auch dann entscheiden können, wenn ein Zeugnis über die Zustellung oder Übergabe nicht eingegangen ist. Vorausgesetzt wird dabei dreierlei: „(a) dass das Schriftstück nach einem in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren übermittelt worden ist, (b) dass seit der Absendung des Schriftstücks eine Frist verstrichen ist, die der Richter nach den Umständen des Falles als angemessen erachtet und die mindestens sechs Monate betragen muss, und (c) dass trotz aller zumutbaren Schritte bei den zuständigen Behörden des ersuchten Staates ein Zeugnis nicht zu erlangen war.“

Von dieser Ermächtigung haben Antigua und Barbuda, Belgien, Botsuana, China, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Japan, Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Pakistan, Portugal, Slowakei, Spanien, die Tschechische Republik, die Türkei, das Vereinigte Königreich und Zypern Gebrauch gemacht. Art 16 HZustÜ enthält eine weitere Schutzvorschrift für den Beklagten. Ist 105 eine Entscheidung gegen den Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, ergangen, so kann das Prozessgericht diesem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligen, wenn die Rechtsmittelfristen verstrichen sind. Dazu sind drei Voraussetzungen zu erfüllen: –

der Beklagte muss ohne sein Verschulden nicht rechtzeitig von dem zuzustellenden Schriftstück erfahren haben;



die Verteidigung des Beklagten darf nicht von vornherein aussichtslos erscheinen;



der Beklagte muss den Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis der Entscheidung gestellt haben. Auch diese Vorschrift berührt die deutschen Gerichte nicht.

Diese Schutzvorschriften setzen zwar die entsprechenden Zivilprozessord- 106 nungen der Vertragsstaaten nicht außer Kraft. Dennoch verpflichten sie die Gerichte der der „remise au parquet“ folgenden Staaten, im Verhältnis zu allen Vertragsstaaten die Art 15 und 16 HZustÜ zu beachten. Diese sind insoweit „lex specialis“ gegenüber den nationalen Prozessvorschriften.161 Als Beispiel mag erwähnt sein, dass nach Art 643 NCPC die Fristen bei Zu- 107 stellungen bzw Mitteilungen an einen im Ausland ansässigen Beklagten grundsätzlich um zwei Monate hinausgeschoben sind, während nach Art 15 II seit Absendung des Schriftstückes mindestens sechs Monate verstrichen sein müssen. Mezger162 sieht in dem Haager Zustellungs-Übereinkommen ein Hindernis für die Vollstreckung von Versäumnisurteilen. Der französi_______________

161 Böckstiegel/Schlafen NJW 1978, 1075. 162 IPRax 1982, 30.

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§7

Internationale Zustellungen

sche Kassationshof hatte die Vollstreckbarerklärung eines belgischen Urteils aufgehoben, weil die belgischen Richter nicht geprüft hatten, ob zwischen der Zustellung der Klage und dem Tag der Urteilsverkündung die 6-Monatsfrist nach Art 15 II des Zustellungsübereinkommens abgelaufen bzw ob das Schriftstück dem Zustellungsempfänger tatsächlich ausgehändigt worden sei. 108 Der EuGH163 hat entschieden, dass die Verpflichtung des Gerichts des Vollstreckungsstaates zur Prüfung der rechtzeitigen Zustellung selbst dann bestehe, wenn die ordnungsgemäße Zustellung vom Gericht des Urteilsstaates festgestellt worden sei. Insoweit ist der Zweitrichter nicht an die Feststellungen des Erstrichters gebunden. 5. Die Auswirkung von Art 15 HZustÜ auf EuGVO und LugÜ 109 Art 26 II EuGVO sowie Art 20 II LugÜ enthalten eine ähnliche Vorschrift wie Art 15 HZustÜ: „Das Gericht hat die Entscheidung so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, dass es dem Beklagten möglich war, das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, dass er sich verteidigen konnte oder dass alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind.“

Der erste Teil dieser Vorschrift betrifft die dem deutschen Zustellungssystem folgenden Vertragsstaaten, der zweite die dem französischen System folgenden Staaten. Eine Ungewissheit bleibt insoweit bestehen, als nicht festgelegt ist, wann alle erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind, dass der Beklagte sich hat verteidigen können. Dabei wird es wesentlich auf die Entscheidung des Prozessgerichts ankommen. Der französische Richter wird also nach seinen Prozessvorschriften prüfen, ob alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen waren. 110 An die Stelle von Art 26 II EuGVO ist nach seinem In-Kraft-Treten Art 19 EuZustVO getreten (Art 26 III EuGVO). Soweit die EuZustVO nicht gilt, bleibt es bei der Anwendung von Art 15 HZustÜ (Art 26 IV EuGVO). Soweit die verbleibenden EuGVÜ/LugÜ-Staaten Vertragsstaaten des HZustÜ sind (dies gilt für Dänemark, Norwegen und die Schweiz) gilt statt Art 20 II EuGVÜ/LugÜ der Art 15 HZustÜ. Art 20 II LugÜ gilt also nur noch im Verhältnis zu Island. 6. Zustellungen von Versäumnisurteilen 111 Art 10 a) HZustÜ hat den Übermittlungsweg durch die Post eröffnet. Bedauerlicherweise hat die BR Deutschland dem widersprochen.164 Nach Art 24 _______________

163 EuGHE 1981, 1593 (Klomps v Michel) = IPRax 1982, 14 (krit Nagel S 5). 164 Pfennig, Die internationale Zustellung, S 66.

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Zustellungen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954

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HZustÜ sind Zusatzvereinbarungen zu den Abkommen von 1905 und 1954 in Kraft geblieben. Im Verhältnis zu den EU-Staaten ist die Postzustellung per Einschreiben mit Rückschein aber nun nach Art 14 EuZustVO und § 1068 II ZPO generell zulässig. 7. Heilung von Zustellungsmängeln Zweifelhaft ist, ob und wie ein Zustellungsmangel geheilt werden kann. Das 112 HZustÜ 1965 enthält selbst keine Bestimmungen über die Heilung von Zustellungsmängeln. Daraus wird vielfach abgeleitet, in seinem Anwendungsbereich sei daher eine Heilung nach allgemeinen nationalen Regeln (in Deutschland gemäß § 189 ZPO) ausgeschlossen.165 Auch aus Art 15 HZustÜ lässt sich ein Ausschluss einer Heilungsmöglichkeit nicht ableiten. Weder dem HZustÜ 1965 noch den Materialien lässt sich entnehmen, dass das Übereinkommen eine Heilung regeln und ausschließen wollte166 (s u § 11 Rz 47, 169).

IV. Zustellungen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 Nach Art 1 HZÜ ist als Normalfall der konsularische Weg vorgesehen.167 113 Danach vermittelt der Konsul des ersuchenden Staates die Erledigung (§ 6 I Nr 1 ZRHO). An diesen wendet sich das Prozessgericht mit seinem Ersuchen über die Prüfstelle (Amts-, Land-, Oberlandesgerichts-Präsident). Der zuständige deutsche Konsul stellt einen Antrag an die von dem ersuchten Staat bezeichnete Behörde. Hierbei handelt es sich um eine Abkürzung gegenüber dem diplomatischen Weg, der weiterhin zugelassen ist. Bei letzterem wendet sich der diplomatische Vertreter des ersuchenden Staates zunächst an das Außenministerium des ersuchten Staates, welches das Ersuchen an die zuständige Stelle weiterleitet. Nach Art 1 IV HZÜ wird auch der unmittelbare Weg zwischen den Behörden 114 zweier Vertragsstaaten zugelassen. Dazu ist allerdings eine besondere Vereinbarung erforderlich. Schließlich lässt Art 6 HZÜ noch folgende Übermittlungswege für Zustellungen zu: a) die Übersendung von der Post an den Empfänger; _______________

165 Zu § 187 ZPO aF: BGHZ 120, 305 = NJW 1993, 598 = JZ 1993, 619 m Anm Schack; Schack Rz 619. 166 Kondring RIW 1996, 722, 725f. 167 Fasching/Bajons, Anh A §§ 38–40 JN Rz 17; Burgstaller/Christian Rz 9.14.

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§7

Internationale Zustellungen

b) die Möglichkeit, dass die Beteiligten Zustellungen unmittelbar durch die zuständigen Gerichtsbeamten oder andere zuständige Beamte des Bestimmungslandes bewirken lassen dürfen; c) dass jeder Staat Zustellungen an die im Ausland befindlichen Personen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter bewirken lassen darf. Der letzten Möglichkeit darf ein Vertragsstaat nicht widersprechen, wenn das Schriftstück einem Angehörigen des ersuchenden Staates ohne Anwendung von Zwang zugestellt werden soll. Zu den Vertragsstaaten des HZÜ 1954 s o § 6 Rz 8. 115 Vereinbarungen zur weiteren Vereinfachung des Rechtsverkehrs bestehen mit Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, der Schweiz und der Tschechischen Republik (s o § 6 Rz 9). In ihnen ist vielfach der unmittelbare Behördenweg zwischen den Vertragsstaaten eröffnet. Eine Ausnahme war die deutschschwedische Vereinbarung, in der nur die Zustellung durch diplomatische oder konsularische Vertreter im Bestimmungsland geregelt war. Diese Regelung ist aber seit Erlass der EGZustVO überholt. Im Einzelnen ist der unmittelbare Weg im Verhältnis zu den verschiedenen Vertragsstaaten unterschiedlich ausgestaltet, wodurch die Rechtslage unübersichtlich geworden ist. 116 Das Haager Übereinkommen vom 1.3.1954 geht grundsätzlich von der formlosen Zustellung aus. Nach Art 2 kann sich die zuständige Behörde des ersuchten Staates darauf beschränken, die Zustellung durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, wenn er zur Annahme bereit ist.168 Um formlose Zustellungen handelt es sich auch, wenn – wie bereits erwähnt – diplomatische oder konsularische Vertreter in ihren Bezirken entweder aufgrund einer Ermächtigung des Aufenthaltsstaates oder einer stillschweigenden Duldung an gewisse Personen Zustellungen in eigener Verantwortung vornehmen. Es wird dabei lediglich vorausgesetzt, dass der Empfänger ohne Anwendung von Zwang die Zustellung annimmt. Tut er dies, so liegt eine ordnungsgemäße Zustellung vor. Alle Staaten sind sich auch darüber einig, dass die normale Zustellung darin besteht, dass dem Empfänger das zuzustellende Schriftstück übergeben wird. An dem öffentlichrechtlichen Charakter der Zustellungen wird durch solche formlosen Zustellungen nicht

_______________

168 Burgstaller/Christian Rz 9.30.

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Zustellungen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954

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gerüttelt, denn bei den diplomatischen oder konsularischen Vertretern handelt es sich um Beamte, die als solche bei den Zustellungen tätig werden.169 Nur auf einen entsprechenden Wunsch des ersuchenden Gerichts bzw der 117 entsprechenden Behörde wird nach Art 3 HZustÜ eine förmliche Zustellung ausgeführt, und zwar entweder nach den Vorschriften der „lex fori“ des ersuchten Staates,170 oder nach den Vorschriften des ersuchenden Staates.171 Die erste Möglichkeit entspricht der allgemeinen Haltung, dass jeder Staat grundsätzlich seine eigenen Prozessvorschriften anwendet, dass die Zustellungsvorschriften öffentlichrechtlichen Charakter haben, von den Parteien also nicht abgeändert werden können. Damit wird zugleich die Meinung jener Autoren widerlegt, die „lex fori“ beruhe auf der Regel „locus regit actum“.172 Auf die grundsätzliche Anwendung der Zustellungsbestimmungen des ersuchten Staates bzw die formlose Zustellung nimmt § 20 ZRHO Bezug: „Da das deutsche Recht die Beobachtung deutscher Formvorschriften bei der Erledigung eines Ersuchens in der Regel nicht verlangt, soll um deren Anwendung in der Regel nicht gebeten werden.“

Art 3 HZÜ 1954 lässt aber auch die Möglichkeit zu, dass auf besonderen 118 Wunsch des ersuchenden Gerichts bzw der Behörde die Zustellung in einer besonderen Form bewirkt werden möge. Es sollen in solchen Fällen die Regeln des Prozessgerichts, nicht die des ersuchten Staates angewendet werden. Die Zustellungsvorschriften des ersuchenden Staates dürfen allerdings nicht denen des ersuchten Staates zuwiderlaufen (Art 14 II HZÜ). Wenn hierdurch der Grundsatz, die „lex fori“ des ersuchten Staates bei Zustellungen anzuwenden, durchbrochen wird, so beruht dies auf der Vereinbarung der Mitgliedstaaten des Haager Übereinkommens. Dabei ist man sich offenbar der Tatsache bewusst gewesen, dass Zustellungen immer nur im Interesse des Prozessgerichts durchgeführt werden, dass also dessen Belange im Vordergrund stehen müssen. Damit erkennen die Vertragsstaaten ausdrücklich an, dass Zustellungen nach verschiedenen Vorschriften erfolgen können. Dem IZPR wird hiermit eine besondere Überbrückungsfunktion zwischen den unterschiedlichen Vorschriften und Systemen eingeräumt. Das Prozessgericht muss also darüber entscheiden, in welcher Art und Weise 119 die Zustellung im Wege der internationalen Rechtshilfe erfolgen soll. Dabei _______________

169 Diesen öffentlichrechtlichen Charakter der Zustellungsvorschriften stellen Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, S 94; v Craushaar, Die internationalrechtliche Anwendbarkeit deutscher Prozessnormen, 1961, S 21 und das OLG Stuttgart, Urt vom 25.2.1965, IPRspr. 1964/65, 634, besonders heraus. 170 Fasching/Bajons Anh A §§ 38–40 JN Rz 22. 171 Burgstaller/Christian Rz 9.31. 172 Szászy, International Civil Procedure, S 660; Chodkiewiez, Signification, in: Repertoire de prócedure civile, 1956, No 275.

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Internationale Zustellungen

wird es allein davon ausgehen, welche Art der Zustellung ihm nach seinem eigenen Recht genügt. Da das deutsche Recht eine Zustellung nach den Vorschriften der „lex fori“ des ersuchten Staates für ausreichend erachtet, kann die Frage, ob ein Urteil, welches auf einem in dieser Weise eingeleiteten Verfahren beruht, in dem entsprechenden fremden Staat anerkannt wird, gar nicht relevant werden. Die Zustellungsvorschriften dieses Staates wären ja erfüllt. 120 Art 4 HZÜ 1954 kennt nur einen einzigen Ablehnungsgrund für Zustellungen: „wenn der Staat, in dessen Hoheitsgebiet sie bewirkt werden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden“.

Um zu verhindern, dass ein Zustellungsersuchen schon aus formalen Gründen abgelehnt wird, ist die Prüfstelle eingeschaltet (§ 28 I ZRHO). Was unter der Gefährdung der Hoheitsrechte oder der Sicherheit zu verstehen ist, wird den einzelnen Vertragsstaaten zur Entscheidung überlassen. Ein gewisser Unsicherheitsfaktor bleibt danach bestehen. Aus dem Haager Übereinkommen ergibt sich vor allem nicht, ob Zustellungsersuchen schon mit der Begründung zurückgewiesen werden können, die ausschließliche Zuständigkeit des ersuchten Staates und dessen Hoheitsrechte seien betroffen.173

V. Zustellungen außerhalb von Staatsverträgen 121 Soweit sich Staaten unabhängig von dem Haager Übereinkommen vom 1.3.1954 auf der Grundlage der Gegenseitigkeit Rechtshilfe bei Zustellungen leisten, wird die Zustellung in einer formlosen Art und Weise bewirkt. Sie erfolgt durch einfache Übergabe des Schriftstückes an den Empfänger, wenn dieser zur Annahme bereit ist. Entsprechend heißt es in § 70 II ZRHO: „Im vertragslosen Rechtshilfeverkehr ist eine förmliche Zustellung unzulässig“.

Es finden also weder die Zustellungsvorschriften der ZPO noch diejenigen des Staates, in dem zugestellt werden soll, Anwendung. Bei dieser Art von Zustellung hat es der Empfänger in der Hand, ob er die Zustellung freiwillig annehmen will oder nicht. Dies gilt auch bei der Zustellung durch einen deutschen Konsul im Ausland (§ 199, 2. Fall ZPO; § 16 KonsularG). Es handelt sich um eine Art von Mindestregelung, die keine Ersatzzustellung, die letztlich eine zwangsweise Durchführung enthält, duldet.

_______________

173 Pocar, L’assistenza giudiziaria, S 134, hält die Klausel des Haager Übereinkommens für enger als die „ordre public“-Klausel.

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Zustellungen außerhalb von Staatsverträgen

§7

Andere Staaten verhalten sich anders. In Österreich sehen §§ 11, 12 122 ZustellG174 Folgendes vor: „§ 11 (1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen. § 12 (1) Zustellungen von Schriftstücken ausländischer Behörden im Inland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen, mangels solcher nach diesem Bundesgesetz vorzunehmen. Einem Ersuchen um Einhaltung einer bestimmten davon abweichenden Vorgangsweise kann jedoch entsprochen werden, wenn eine solche Zustellung mit den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung vereinbar ist.“

Auch Schweden (KK 1909:24 s. 1) und Italien gewähren im vertragslosen Zu- 123 stand Rechtshilfe nach der „lex fori“ des ersuchten Staats.175 Die polnischen Gerichte stellen gleichfalls auf der Grundlage der Gegensei- 124 tigkeit nach polnischem Recht zu (Art 1132 polnische ZPO). Das Gleiche gilt für Russland. Zwischen oder besser neben diesen beiden Möglichkeiten steht die formlose Zustellung. Niemand zweifelt, dass auch die formlose Zustellung eine gültige Zustellung im Sinne der ZPO ist, denn sonst könnte nicht in § 199 ZPO auf Zustellungen durch Konsuln Bezug genommen sein, obwohl es sich dabei ebenfalls um formlose Zustellungen handelt. Da zwischen Brasilien und der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der 125 internationalen Rechtshilfe keine staatsvertragliche Regelung besteht, gelten die Grundsätze der Rechtshilfeordnung für Zivilsachen. Danach werden die von der Bundesrepublik ausgehenden Ersuchen um Zustellungen mit einem Begleitschreiben der Botschaft der Bundesrepublik in Brasilia übersandt. Die Ersuchen sind zu richten an das zuständige Gericht der Föderativen Republik Brasilien. Von Brasilien an die Bundesrepublik Deutschland eingehende Ersuchen werden auf dem konsularischen Weg erledigt. Um zu verhindern, dass ein deutsches Rechtshilfeersuchen im Ausland auf 126 Schwierigkeiten stößt, bestimmt § 28 II ZRHO (idF vom November 1999): „Ist anzunehmen, dass ein fremder Staat die Durchführung eines deutschen Gerichtsaktes als Eingriff in seine Hoheitsrechte betrachten wird (zB Zustellung einer Klage gegen den fremden Staat), so ist der Landesjustizverwaltung zu berichten.“

Die Leistung internationaler Rechtshilfe ist unabhängig von der Frage der 127 Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile. Der Staat, der Rechtshilfe leistet, muss das spätere Urteil nicht anerkennen (so ausdrücklich New York CPLR § 328 [c]). _______________

174 BGBl Nr 200/1982. 175 Ginsburg/Bruzelius, Civil Procedure in Sweden, S 407ff; Art 805 cprc; Pocar, L’assistenza giudiziaria, S 222.

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§7

Internationale Zustellungen

VI. Bilaterale Besonderheiten 1. Das deutsch-türkische Abkommen 128 Das deutsch-türkische Abkommen vom 28.5.1929 über den Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen176 entspricht hinsichtlich der Zustellungen und der Beweisaufnahmen dem Haager Übereinkommen vom 1.3.1954.177 Die Türkei ist zudem Vertragspartner des Haager Übereinkommens. 2. Das deutsch-griechische Abkommen 129 Das deutsch-griechische Abkommen vom 11.5.1938 über die gegenseitige Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handelsrechts178 entspricht ebenfalls im Wesentlichen dem Haager Übereinkommen von 1954. Gemäß Art 10 III kann die Erledigung eines Ersuchens um Rechtshilfe nur abgelehnt werden, wenn der Staat, in dessen Gebiet die Erledigung stattfinden soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Die weiteren Ablehnungsgründe der Echtheit des Ersuchens und der Möglichkeit, dass das Ersuchen nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt des ersuchten Staates fällt, sind erfreulicherweise nicht aufgenommen worden. Dadurch wird jedoch nichts Wesentliches geändert. Es bedarf noch des Hinweises, dass nach Art 6 der griechischen ZPO die inländischen Gerichte auf Ersuchen ausländischer Behörden einzelne Prozesshandlungen nach ihrer Verfahrensordnung durchführen sollen, wenn internationale Verträge nichts anderes bestimmen oder die Durchführung der Prozesshandlung nicht dem „ordre public“ widerspricht. Art 13 II des Abkommens enthält auch die Möglichkeit, dass die ersuchende Behörde beantragt, dass nach einer besonderen Form verfahren werde, und dass einem solchen Wunsch zu entsprechen ist, sofern diese Form den Gesetzen des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. 130 Hierzu hat das LG Frankfurt a.M. entschieden, die Folgen eines fehlerhaften Vernehmungsprotokolls richteten sich bei einer Zeugenvernehmung im Wege der internationalen Rechtshilfe nach griechischem Prozessrecht. Die fehlende Unterschrift des vernehmenden Berichterstatters habe nach griechischem Recht die Nichtigkeit des Vernehmungsprotokolls dann nicht zur Folge, wenn der betroffenen Partei kein prozessualer Schaden entstanden sei.179

_______________

176 177 178 179

390

RGBl 1930 II, 6. Vgl OLG Nürnberg IPRax 2006, 38. RGBl 1939 II, 848. IPRax 1981, 218.

Bilaterale Besonderheiten

§7

3. Das deutsch-britische Abkommen vom 20.3.1928 über den Rechtsverkehr180 Dieses Abkommen gilt nicht nur für das Vereinigte Königreich, sondern 131 auch für Gebiete, für deren internationale Beziehungen das Vereinigte Königreich zuständig ist bzw war. Heute gilt das Abkommen auch für zahlreiche selbständige Staaten (s o § 6 Rz 12181). Im Verhältnis zum Vereinigten Königreich selbst ist vorrangig die EuZustVO zu beachten (Art 20 I EuZustVO). Für eventuelle weitergehende Erleichterungen bleibt das Abkommen von 1928 aber anwendbar (Art 20 II EuZustVO). Hinsichtlich der Zustellungen gilt Folgendes:

132

Für die Übermittlung von Zustellungen ist der konsularische Weg vorgesehen, dh die britischen Konsuln übermitteln die Ersuchen an den zuständigen Landgerichtspräsidenten, die deutschen Auslandsvertreter an den Senior Master des Supreme Court of Judicature (Art 3a des Abkommens;182 CPR r 6.25). Die Zustellung erfolgt grundsätzlich durch Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger, sofern dieser zur Annahme bereit ist. Auf Antrag ist das Schriftstück in der durch die innere Gesetzgebung für die Bewirkung gleichartiger Zustellungen vorgeschriebenen Form oder in einer besonderen Form zuzustellen, sofern diese ihrer Gesetzgebung nicht zuwiderläuft. Die Ausführung des Zustellungsantrags kann nur abgelehnt werden, wenn der vertragschließende Teil, in dessen Gebiet sie erfolgen soll, sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Insoweit folgt das deutsch-britische Abkommen dem Haager Übereinkommen. Das gilt auch noch, soweit diplomatische oder konsularische Vertreter die Zustellung an Personen, die nicht Angehörige des ersuchten Staates sind, vornehmen können. Auf die Besonderheiten des englischen Rechts nimmt Art 5b des Abkom- 133 mens Rücksicht. Danach kann ohne Mitwirkung der Behörden des Landes eine Zustellung auch erfolgen durch einen von dem Prozessgericht oder einer Partei bestellten Vertreter (agent) mit der Maßgabe, dass die Wirksamkeit einer durch einen solchen Vertreter bewirkten Zustellung von den Gerichten des Landes, wo die Zustellung so bewirkt wird, nach dem Rechte dieses Landes zu beurteilen ist. Diese Vorschrift wird allerdings dadurch erheblich eingeschränkt, dass bei Staatsangehörigen des Landes, in dem zugestellt werden soll, diese Art der Zustellung ausgeschlossen ist. Hiermit wird die in England gebräuchliche Art, Zustellungen auf privatem Wege zu bewirken, angesprochen. Sie kann sich also nur beziehen auf Zustellungen an Personen, die sich in Deutschland aufhalten und keine deutschen Staats_______________

180 RGBl 1928 II, 623. 181 Vgl Bülow in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 520.4ff. 182 Harwood ICLQ 1961, 284, 289.

391

§7

Internationale Zustellungen

angehörige sind. In England gibt es mehrere private Agenturen, ua die Firma Flowerdew, sowie einige Solicitor-Firmen, die Zustellungen ausführen. Gemäß CPR r 6.20 kann das englische Gericht die Zustellung an den sich außerhalb seines Bezirks aufhaltenden Beklagten in gewissen Fällen anordnen. Sobald das Gericht diese Zustellung bewilligt hat, kann sich der Kläger der in CPR r 6.24 zugelassenen Zustellungsmethoden bedienen. Die Zustellung muss aber nach dem Recht des Empfangsstaats zulässig sein (CPR r 6.24 [1] [a], [2]). 134 Eine Zustellung auf privatem Wege scheidet damit aus, sofern der Prozess vor einem deutschen Gericht anhängig ist. Das folgt aus den deutschen Zustellungsbestimmungen der ZPO. 135 Nach Art 6 des Abkommens können Schriftstücke auch durch die Post übermittelt werden in Fällen, wo diese Art der Übermittlung nach dem Recht des Landes gestattet ist, in welchem das Schriftstück ausgestellt ist. Seit der Reform des deutschen Zustellungsrechts ist dieser Zustellungsweg nicht nur möglich, wenn vor einem englischen Gericht geklagt wird. Denn § 183 I Nr 1 ZPO lässt die Auslandszustellung durch Einschreiben mit Rückschein aufgrund völkerrechtlicher Vereinbarungen nun generell zu. 4. Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 136 Dieser am 13.3.1970 in Kraft getretene Vertrag183 lehnt sich weitgehend an das Haager Übereinkommen vom 1.3.1954 an.184 Es ist der konsularische Weg vorgesehen, dh deutsche Zustellungsersuche werden über den deutschen Konsul an den „Procureur Général de la République“ von Tunis gerichtet; tunesische Ersuchen über den tunesischen Konsul an den Präsidenten des Land- oder Amtsgerichts, in dessen Bezirk sich der Empfänger aufhält (Art 9). Die Zustellung wird grundsätzlich nach dem Recht des ersuchten Staates bewirkt, jedoch darf die ersuchte Behörde zunächst versuchen, die Zustellung durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger zu bewirken, sofern dieser zur Annahme bereit ist. Das ersuchende Gericht kann wiederum die Zustellung in einer besonderen Form wünschen, sofern diese dem Recht des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. 137 Die Ablehnungsgründe sind gegenüber dem Haager Übereinkommen erfreulicherweise eingeschränkt. Zustellungsersuchen können nur abgelehnt werden, wenn der ersuchte Staat sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden. Insbesondere darf eine Zustellung nicht deshalb abgelehnt werden, weil der ersuchte Staat für die Sache, in welcher der Zustellungsantrag gestellt wird, die ausschließliche Zuständigkeit seiner _______________

183 BGBl 1969 II, 889. 184 Arnold NJW 1970, 1478.

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Bilaterale Besonderheiten

§7

Gerichte in Anspruch nimmt oder weil sein Recht ein Verfahren dieser Art nicht kennt (Art 13 II). Diese Bestimmung wird der internationalen Rechtshilfe in besonderer Weise gerecht. Es zeigt sich auch ein wesentlicher Fortschritt gegenüber dem deutsch-griechischen Abkommen vom 11.5.1938 (s o Rz 129). Soweit formlose Zustellungen durch die diplomatischen bzw konsularischen 138 Vertreter nach Art 16 zugelassen sind, handelt es sich um eine alte Fassung, denn solche Zustellungen dürfen nur an die eigenen Staatsangehörigen der Auslandsvertreter erfolgen. Gegenüber dem Haager Übereinkommen ist lediglich Art 16 Satz 2 neu: „Kommen für die Beurteilung der Staatsangehörigkeit des Empfängers verschiedene Rechte in Betracht, so ist das Recht des Staates maßgebend, in dem die Zustellung bewirkt werden soll.“

Eine besondere Schutzvorschrift für den Beklagten enthält Art 17. Hat der 139 Beklagte sich auf das Verfahren nicht eingelassen, so darf ein Versäumnisurteil erst dann gegen ihn ergehen, wenn festgestellt ist, dass die Klage, die Vorladung oder das andere Schriftstück ihm auf einem der in diesem Vertrage vorgesehenen Weg zugestellt oder ihm tatsächlich ausgehändigt worden ist. Auf einen Zustellungsnachweis wird allerdings dann verzichtet, wenn seit Übermittlung eines ordnungsgemäßen Zustellungsantrags in dem anderen Vertragsstaat 8 Monate verstrichen sind. Dann darf das Prozessgericht eine Entscheidung erlassen, sofern festgestellt wird, dass im ersuchenden Staat alle Maßnahmen getroffen worden sind, damit das Ersuchen hätte erledigt werden können. Einstweilige Maßnahmen einschließlich solcher, die auf eine Sicherheit ge- 140 richtet sind, können jedoch erlassen werden. Diese Schutzvorschrift ist notwendig geworden, weil in Tunesien die franzö- 141 sische Tradition der „remise au parquet“ nachwirkt. Nach Art 9 der tunesischen ZPO wird eine Zustellung an einen Empfänger im Ausland dadurch bewirkt, dass das zuzustellende Schriftstück an der Gerichtstafel des Gerichts, in dessen Bezirk der Kläger seinen Wohnsitz hat, ausgehängt wird. Dem Beklagten wird eine Abschrift durch eingeschriebenen Brief mit Rückschein übersandt. Zwar ist der Übermittlungsweg für Zustellungen für Tunesien in Art 9 des Vertrages genau vorgeschrieben: der tunesische Konsul muss den Zustellungsantrag dem deutschen Präsidenten des Land- oder Amtsgerichts übermitteln. Der deutsch-tunesische Vertrag greift jedoch in die Verfahrensvorschriften der Vertragsstaaten ebenso wenig ein wie das Haager Übereinkommen.185 Da nach den deutschen Vorschriften bis auf die öffentliche Zustellung immer ein Zustellungsnachweis gefordert wird, hat die Schutzvorschrift des Art 17 des Vertrages insoweit keine Bedeutung. _______________

185 Im Wesentlichen ebenso Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, 515.34.

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§7

Internationale Zustellungen

5. Deutsch-marokkanischer Vertrag über internationale Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen 142 Dieser Vertrag ist am 23.6.1994 in Kraft getreten.186 Er sieht für Ersuchen von den Landesjustizverwaltungen zum Justizministerium in Rabat und umgekehrt den unmittelbaren Verkehr vor (Art 3 I). 143 Auf die Legalisation von Schriftstücken wird verzichtet (Art 27 I). 144 Ganz neu ist die Regelung des Art 31 II, wonach die ersuchte Behörde/ Gericht bei einer unvollständigen oder ungenauen Bezeichnung die richtige Anschrift des Zeugen oder Empfängers des Schriftstücks ermitteln soll. 6. Zustellungen im Verhältnis zu den europäischen Kleinstaaten 145 Zwischen Deutschland und Andorra, Liechtenstein, Monaco sowie San Marino bestehen keine Rechtshilfeverträge. Mit Andorra wird diese jedoch auf der Grundlage der Gegenseitigkeit geleistet. Das deutsche Generalkonsulat in Marseille leitet Ersuchen um Zustellungen weiter an den Präfekten des Departements Pyrénées Orientales in Perpignan in seiner Eigenschaft als ständiger Vertreter für Andorra. Das deutsche Generalkonsulat kann auch Zustellungen an deutsche Staatsangehörige ohne Anwendung von Gewalt vornehmen (ZRHO Länderteil, Andorra). 146 Aufgrund eines Notenwechsels mit Liechtenstein ist für Zustellungen der unmittelbare Behördenweg zugelassen. Deutsche Ersuchen gehen über die Prüfstelle (Präsident des Amts- oder Landgerichts) unmittelbar an das Landgericht in Vaduz. Der konsularische Weg ist daneben nicht vorgesehen (ZRHO Länderteil, Liechtenstein). 147 Ersuchen um Zustellungen werden über das deutsche Generalkonsulat an den Procureur Général von Monaco weitergeleitet. Formlose Zustellung an deutsche Staatsangehörige kann auch der deutsche Generalkonsul in Marseille vornehmen (ZRHO Länderteil, Monaco). 148 Deutsche Ersuchen um Zustellungen in San Marino werden über die deutsche Botschaft in Rom an die Behörden der Republik San Marino weitergeleitet. Das deutsche Generalkonsulat in Mailand darf lediglich formlos an deutsche Staatsangehörige zustellen.

_______________

186 BGBl 1994 II, 1192.

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§ 8 Internationale Beweisaufnahmen Inhaltsübersicht I. Einführung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Beweiszuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ersuchen um Beweisaufnahme . 2. Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht . . . . . . . . . . . a) Frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Art und Weise . . . . . . . . . . . c) Verweigerung . . . . . . . . . . . d) Bestätigung . . . . . . . . . . . . . 3. Unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht .

1 2

6 9 15 15 16 20 22 23

2. Anzuwendendes Recht . . . . . . 83 a) Schwierigkeiten beim Zeugenbeweis . . . . . . . . . . . 87 b) Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des Zeugen von der Partei . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 c) Schwierigkeiten bei Parteivernehmungen und Parteieiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 d) Das bei der Vorlage von Urkunden anzuwendende Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 e) Körperliche Untersuchungen und medizinische Eingriffe im Wege der internationalen Rechtshilfe . . . . . . . . . . . . . 98 f) Der Sachverständigenbeweis im Rechtshilfeverfahren . . . 99 3. Ablehnungsgründe für Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen . . . . . . . . . . . . . . 102 4. Beweisaufnahmen durch diplomatische und konsularische Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . 115

III. Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970 1. Geltungsbereich . . . . . . . . . . . 27 a) Vertragsstaaten . . . . . . . . . . 27 b) Zivil- und Handelssachen . . 29 c) Qualifikation . . . . . . . . . . . 31 d) Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . 32 e) Fakultatives Verfahren . . . . 34 V. Autonomes Recht 1. Beweisaufnahme im Ausland 2. Übermittlungswege für Rechts2. Beweismittelbeschaffung aus hilfeersuchen . . . . . . . . . . . . . 37 dem Ausland . . . . . . . . . . . . . 3. Ablehnungsgründe . . . . . . . . . 42 a) Auslandszeuge . . . . . . . . . 4. Verfahren des ersuchten b) Sachverständige BeweisGerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 erhebung im Ausland . . . . 5. Zeugnisverweigerungsrechte c) Augenschein im Ausland . und Privilegien . . . . . . . . . . . . 48 d) Urkunden im Ausland . . . 6. Beweisaufnahme durch diploe) Anhörung und Vernehmung matische oder konsularische der Auslandspartei . . . . . . Vertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3. Beweisaufnahme für das 7. Beweisaufnahme durch BeaufAusland . . . . . . . . . . . . . . . . tragte („commissioners“) . . . . 59 8. Andere gerichtliche HandVI. Bilaterale Besonderheiten lungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 1. Das deutsch-türkische Ab9. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 kommen . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Beweisaufnahmen nach dem Haager 2. Das deutsch-griechische AbZivilprozessübereinkommen vom kommen . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1954 1. Übermittlungswege . . . . . . . . 82

119 122 123 126 128 129 130 131

132 133

395

§8

Internationale Beweisaufnahmen 3. Das deutsch-britische Abkommen vom 20.3.1928 über den Rechtsverkehr . . . . . . . . . 135 4. Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 . . . . . . . . . . . . 143

5. Der deutsch-marokkanische Vertrag über internationale Rechtshilfe vom 29.10.1985 . 6. Beweisaufnahmen in europäischen Kleinstaaten . .

145 146

I. Einführung 1. Schrifttum 1 a) Allgemein: Beckmann, Das Haager Beweisübereinkommen und seine Bedeutung für die Pre-Trial-Discovery, IPRax 1990, 201; Black, United States, Transnational Discovery, ICLQ 40 (1991), 901; v Bodungen/Jestaedt, Deutsche Bedenken gegen „Discovery“ mit extraterritorialen Wirkungen im US-Prozess, FS Stiefel, 1987, S 65; Böhmer, Spannungen im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr in Zivilsachen, NJW 1990, 3049; Born, The Hague Evidence Convention Revisted: Reflections on its role in US civil procedure, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 77; Born/Westin, International Civil Litigation in United States Courts, 3. Aufl 1996; Coester-Waltjen, Internationales Beweisrecht, 1983; dies, Einige Überlegungen zur Beschaffung von Beweisurkunden aus dem Ausland, FS Schlosser, 2005, S 147; Collins, The Hague Evidence Convention and Discovery: a serious misunderstanding?, ICLQ 35 (1986), 765 = Essays in international litigation, 1994, S 289; Cromie, International Commercial Litigation, 1990, S 351ff; J. Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung im deutschen Zivilprozess, 2000; Dunboyne, Service and evidence abroad, ICLQ 1961, 295; Edwards, Taking evidence abroad in civil and commercial matters, ICLQ 38 (1969), 18 und 647; E. Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland und ihre Verwertung im inländischen Zivilprozess, 2002; Fasching/Bajons, Zivilprozessgesetze, Bd 1, 2. Aufl 2000 (Anh §§ 38–40 JN); G. Fouché/E.Polebaum, Discovery in the US in aid of foreign litigation, IntBusLawyer 1996, 415; Gavalda, Les commissions rogatoires internationales en matière civile et commerciale, Rev crit 1964, 15; E. Geimer, Internationale Beweisaufnahme, 1998; R. Geimer, Konsularische Beweisaufnahme, FS Matscher, 1993, S 133; ders, Verfassung, Völkerrecht und Internationales Zivilverfahrensrecht, ZfRV 33 (1992), 321, 335ff u 417ff; Gerber, International Discovery after Aerospatiale: The guest for an analytical framework, AmJIntL 82 (1988), 521; ders, Extraterritorial Discovery and the Conflict of Procedural Systems, AmJCompL 34 (1986), 745; Gottwald, Grenzen gerichtlicher Maßnahmen mit Auslandswirkung, FS Habscheid, 1989, S 119 (engl. Fassung: Civil Justice Q. 1990, 61); Greger, Discovery am Amtsgericht?, ZRP 1988, 164; Habscheid, Der Justizkonflikt mit den Vereinigten Staaten von Amerika, 1986; Hau, Gerichtssachverständige in Fällen mit Auslandsbezug, RIW 2003, 822; von Hülsen, Gebrauch und Missbrauch US-amerikanischer pre-trial-discovery und die internationale Rechtshilfe, RIW 1982, 225; Huet, Les conflits de lois en matière de preuve, Paris 1965; Jacob, Private International Litigation, 1988, S 429ff; K. Jander/K. Stubbe, Beweisermittlung im Ausland – Blocking Statutes und Secrecy Laws, WiB 1996, 201; Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, 1987; ders, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, RIW 1987, 1; ders, Der deutsch-amerikanische Rechtsverkehr in Zivilsachen, JZ 1989, 121; ders, US-amerikanische „Discovery“ als Herausforderung des Internationalen Zivilprozessrechts, in: Heldrich/ Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 103; Leipold, Lex fori, Souveränität, Discovery, 1989; ders, Neue Wege im Recht der inter-

396

Einführung

§8

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§8

Internationale Beweisaufnahmen

aspects of procedural law, Vol 2, 1998, 685; D. Waterstraat, ALI/UNIDROIT Principles and Rules of Transnational Civil Procedure – ein Instrument … bei grenzüberschreitenden Beweisaufnahmen?, 2006; Th. Wazlawik, Der Anwendungsbereich des Haager Beweisübereinkommens und seine Beachtung im Rahmen der pre-trial discoery durch US-amerikanische Gerichte, IPRax 2004, 396; J. Weis, Jr., The Hague Evidence Convention and the United States Civil Procedural Rules, ZVglRWiss 90 (1991), 411; Ziegenhain, Extraterritoriale Rechtsanwendung und die Bedeutung des GenuineLink-Erfordernisses, 1992, S 201ff. b) EuBewVO: Alio, Änderungen im deutschen Rechtshilferecht – Beweisaufnahme nach der Europäischen Beweisaufnahmeverordnung, NJW 2004, 2706; Berger, Die EGVerordnung über die Zusammenarbeit der Gerichte auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 522; ders, Grenzüberschreitende Beweisaufnahme zwischen Österreich und Deutschland, FS Rechberger, 2005, S 39; Burgstaller/Neumayr/Kodek, EuBewVO, in: Burgstaller/Neumayr, Internationales Zivilverfahrensrecht, Kap 83, 2004; Hau, Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, ERA-Forum 2/2005, S 224; Heß, Neue Formen der Rechtshilfe im Europäischen Justizraum, GS W. Blomeyer, 2004, S 617; Heß/Müller, Die Verordnung 1206/01/EG zur Beweisaufnahme im Ausland, ZZPInt 6 (2001), 149; St. Huber, Die Europäische Beweisaufnahmeverordnung – Überwindung der traditionellen Souveränitätsvorbehalte, GPR 3/03-04, 115; ders, Europäische Beweisaufnahmeverordnung (EuGVO), in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (Kap. 29), 2005, S 1337; Leipold, Neue Wege im Recht der internationalen Beweiserhebung, FS Schlechtriem, 2003, S 91; Müller, Grenzüberschreitende Beweisaufnahme im Europäischen Justizraum, 2004; P. Nieler, Die zivilprozessuale Dokumentenvorlegung im deutsch-englischen Rechtshilfeverkehr, Diss Köln 2003; Rauscher/ von Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 2004, S 859ff; Rechberger/McGuire, Die Umsetzung der EuBewVO im österreichischen Zivilprozessrecht, ZZPInt 10 (2005), 81; C. Schneider, Grenzüberschreitende Zustellung und Beweisaufnahme in Europa, ProzRB 2003, 250 u 280; Stadler, Grenzüberschreitende Beweisaufnahme in der Europäischen Union, FS Geimer, 2002, S 1281.

2. Internationale Beweiszuständigkeit 2 Da die Gerichtsgewalt Teil der Staatsgewalt ist, kann sie grundsätzlich nur auf dem Territorium des jeweiligen Staates ausgeübt werden. Ohne Zustimmung des betroffenen Staates darf auf seinem Gebiet keine Beweisaufnahme ausgeführt und niemand hoheitlich zu einer Mitwirkung in einem Verfahren im Ausland aufgefordert werden.1 Eine grenzüberschreitende Beweisaufnahme ist deshalb grundsätzlich im Wege der internationalen Rechtshilfe auszuführen. Auch für Beweisaufnahmen wird Rechtshilfe aufgrund von Staatsverträgen oder von jedem Staat nach eigenem (autonomem) Recht gewährt. 3 In Deutschland wird sogar die Auffassung vertreten, dass eine „freiwillige“ Beweisaufnahme zugunsten eines ausländischen Verfahrens auf deutschem _______________

1 Leipold, Lex fori, S 39f.

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Territorium (völker-)rechtswidrig sei, wenn dazu förmlich im Rahmen eines discovery-Verfahrens aufgefordert werde.2 Nur eine wirklich freiwillige Mitwirkung bei der Sachaufklärung ohne ausländischen Druck sei zulässig. Die Grenzen eines zulässigen Zugriffs auf im Ausland belegene Beweismittel 4 ohne Inanspruchnahme von Rechtshilfe („internationale Beweiszuständigkeit“ bzw extraterritoriale Beweisanordnung) sind jedoch streitig.3 Völkerrechtlich kann der Verfahrensstaat von den seiner Jurisdiktion unterliegenden Parteien jede Mitwirkung im Verfahren (entsprechend seiner lex fori) verlangen.4 Der Staat, in dem sich das Beweismittel nicht befindet, kann seine Erhebung im Lagestaat ebenfalls über ein Rechtshilfeverfahren betreiben. Eine unbedingte Pflicht des Prozessstaates, das Beweismittel mit Hilfe des Rechtshilfeverfahrens zu erheben, besteht aber nicht.5 Beweismittel dürfen also (ohne Zwang) aus dem Ausland beschafft werden (s u Rz 122ff). Auch ausländische blocking statutes oder secrecy laws sind vom ausländischen Gericht lediglich nach pflichtgemäßem Ermessen zu berücksichtigen.6 Am Prozess nicht beteiligte Dritte, die sich im Ausland befinden, dürfen 5 dagegen zur Mitwirkung nur von den Gerichten ihres Heimatstaates kraft dessen Personalhoheit gezwungen werden. Ein Drittstaat kann den ausländischen Zeugen oder Sachverständigen nur veranlassen, freiwillig vor Gericht zu erscheinen. Eine strafbewehrte Ladung ist dagegen unzulässig,7 und zwar auch dann, wenn der Dritte für ein anderes Verfahren im Gerichtsstaat als Partei gerichtspflichtig wäre. In solchen Fällen hat das Prozessgericht die Beweisaufnahme im Wege internationaler Rechtshilfe durchzuführen.

II. Die EG-Verordnung über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen EG-Beweisaufnahme-Verordnung

Auf Initiative der Bundesrepublik Deutschland vom 3.11.20008 ist am 6 28.5.2001 die EG-Verordnung Nr 1206/2001 des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen erlassen worden.9 Die Verord_______________

2 Stürner ZVglRWiss. 81 (1982), 159, 202; Leipold, Lex fori, S 42ff. 3 Vgl Mössle S 307ff, 429ff; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2382f; krit. Schlosser, FS W. Lorenz, S 497, 509f. 4 Jander/Stubbe WiB 1996, 201, 202f. 5 Mössle S 381f; Schack Rz 711ff. 6 Morris v Banque Arabe English High Court, [2001] ILPr 568; Jander/Stubbe WiB 1996, 201, 204f. 7 Schack Rz 716; Gottwald, FS Habscheid, S 119, 128; Schlosser RdC 284 (2000), 125. 8 ABl EG Nr C 314 vom 3.11.2000, S 1–20. 9 ABl EG Nr L 174/1 vom 27.6.2001.

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nung folgt sachlich weitgehend der Regelung des Haager Beweisübereinkommens von 1970; die VO beansprucht nach Art 21 I Vorrang vor dem Haager Übereinkommen. Die Verordnung will die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten bei der grenzüberschreitenden Beweisaufnahme verbessern, vereinfachen und beschleunigen und auf diese Weise zum sachgerechten Funktionieren des europäischen Binnenmarktes beitragen (Einleitung, Erwägungsgrund (2)). Die Verordnung gilt seit 1.1.2004, die Art 19, 21 und 22 bereits seit 1.7.2001 (Art 24 EuBewVO). Die Verordnung gilt in allen EU-Mitgliedstaaten (ausgenommen Dänemark) (Erwägungsgründe [21], [22]). Im Verhältnis zu Dänemark bleibt es (vorerst) bei der Geltung des Haager Beweisübereinskommens. 7 Die VO erfasst Beweisaufnahmen für bereits anhängige und für künftige Verfahren in Zivil- und Handelssachen.10 Die VO regelt, wie bei einer grenzüberschreitenden Beweisaufnahme zu verfahren ist, nicht aber, ob und warum eine solche erforderlich ist oder ob das Prozessgericht sog exterritoriale Beweisanordnungen erlassen, also Zeugen im Ausland laden oder die Vorlage von Beweismitteln aus dem Ausland anordnen darf (s u Rz 122ff).11 Sie verbietet ein solches nationales Vorgehen nicht. Der Zeuge im Ausland kann also durchaus vor das Prozessgericht geladen werden, bei Ausländern freilich nur ohne Androhung von Zwangsmitteln.12 Ein inländischer Sachverständiger kann daher im Ausland Tatsachen quasi als Privatperson erheben (s aber Rz 25).13 Nach Art 14 EuZustVO kann die Ladung jetzt auch förmlich durch direkte Postsendung per Einschreiben mit Rückschein im Ausland zugestellt werden. In Betracht kommt auch die (freiwillige) schriftliche Befragung des Zeugen gemäß § 377 III ZPO.14 8 Soweit eine Partei ihren Wohnsitz oder Aufenthalt im Ausland hat, hat sie gleichwohl die Pflicht einer Anordnung des Gerichts zur Urkundenvorlage aus dem Ausland gemäß § 142 I ZPO nachzukommen. Dritten mit Wohnsitz im Ausland gegenüber dürfen solche Anordnungen nur als Aufforderung zur freiwilligen Vorlage erfolgen. 1. Ersuchen um Beweisaufnahme 9 Als primäres Mittel der Zusammenarbeit sehen Art 1 I (a), 2 EuBewVO das Ersuchen an das zuständige Gericht eines anderen Mitgliedstaates vor, eine bestimmte Beweisaufnahme durchzuführen. Während Rechtshilfeersuchen _______________

10 Berger IPRax 2001, 522f; Heß/Müller ZZPInt 6 (2001), 149, 152. 11 Heß JZ 2001, 573, 580; U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 332; Rauscher/v. Hein Art 1 EG-BewVO Rz 18. 12 MüKo/Damrau, 2. Aufl, § 377 Rz 5; Berger IPRax 2001, 522, 526f; Schulze IPRax 2001, 527, 528; Rauscher/v. Hein Art 1 EG-BewVO Rz 20. 13 Berger, FS Rechberger, S 39, 41; aA Rauscher/v. Hein Art 1 EG-BewVO Rz 25. 14 MüKo/Damrau, 2. Aufl, § 377 Rz 5, 14.

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nach dem HBÜ 1970 über zentrale Behörden zu übermitteln sind (Art 2 HBÜ), sieht Art 2 I EuBewVO zur weiteren Beschleunigung eine direkte Übermittlung zwischen den beteiligten Gerichten vor. Die zentrale Behörde wird nur noch tätig, um Schwierigkeiten bei der Direktübermittlung zu beheben und wenn sie ausnahmsweise ausdrücklich um Übermittlung ersucht wird (Art 3 I [b], [c] EuBewVO).15 Ersuchen um Beweisaufnahme sind auf dem Formblatt A gemäß dem An- 10 hang zur EuBewVO zu übermitteln (Art 4).16 Darin sind ua anzugeben: (1) Art und Gegenstand des Rechtsstreits und eine kurze Zusammenfassung des Sachverhalts, (2) eine Beschreibung der auszuführenden Beweisaufnahme, (3) wenn eine Person zu vernehmen ist, deren Name und Anschrift, die zu stellenden Fragen oder die Angabe der Tatsachen, über die die Person befragt werden soll, (4) soweit angebracht Hinweise auf Zeugnisverweigerungsrechte nach dem Recht des ersuchenden Gerichts, (5) eventuelle Ersuchen zur Abnahme eines Eides oder einer eidesstattlichen Versicherung oder um eine besondere Form der Vernehmung, (6) in anderen Fällen die vorzulegenden Urkunden oder die zu besichtigenden Gegenstände. Das Ersuchen und die Begleitunterlagen bedürfen keiner Legalisierung oder sonstigen förmlichen Ausfertigung (Art 4 II EuBewVO), Begleitdokumenten soll eine Übersetzung in die Sprache des Ersuchens beigefügt werden (Art 4 III EuBewVO). Das Ersuchen und der sonstige Schriftwechsel ist in der Sprache des ersuch- 11 ten Mitgliedstaates, bei mehrsprachigen Staaten in der Amtssprache des ersuchten Gerichts oder in einer anderen vom ersuchten Staat ebenfalls akzeptierten Sprache zu stellen (Art 5 EuBewVO). Die Übermittlung des Ersuchens soll auf dem schnellsten Weg erfolgen, der 12 in dem ersuchten Staat möglich ist (Art 6 EuBewVO). Wenn der ersuchte Staat dies akzeptiert, ist danach auch eine Übermittlung auf elektronischem Wege möglich, sofern gesendetes und empfangenes Dokument genau übereinstimmen und alle darin enthaltenen Informationen lesbar sind (Art 6 S 2 EuBewVO). Innerhalb von 7 Tagen hat das ersuchte Gericht eine Empfangsbestätigung 13 auf Formblatt B (gemäß Anhang zur VO) an das ersuchende Gericht zu schi_______________

15 Berger IPRax 2001, 522, 523; Rauscher/v. Hein Art 3 EG-BewVO Rz 6, 7. 16 Vgl Berger IPRax 2001, 522, 523.

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cken und darin auf eventuelle Mängel des Ersuchens oder seine fehlende Zuständigkeit hinzuweisen (Art 7 EuBewVO). Enthält das Ersuchen nicht alle sachlich notwendigen Informationen (gemäß Art 4) soll das ersuchte Gericht die fehlenden Informationen mit Hilfe des Formblattes C unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 30 Tagen nach Empfang des Ersuchens anfordern (Art 8 EuBewVO). Kann das Ersuchen erst nach Sicherheitsleistung oder Vorschusszahlung ausgeführt werden, soll das ersuchende Gericht darüber ebenfalls in der gleichen Weise und in derselben Frist informiert werden. Wird die Sicherheit oder der Vorschuss geleistet, hat das ersuchte Gericht den Empfang innerhalb von 10 Tagen auf Formblatt D zu bestätigen (Art 8 II EuBewVO). 14 Schwierigkeiten, die sich bei der Abwicklung von Ersuchen um Beweisaufnahme zeigen, können und sollen nunmehr durch Einschaltung der Kontaktstellen, die im Rahmen des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen vom 28.5.2001 geschaffen wurden, behoben werden (Art 2 I [a], Art 3 II [a]).17 2. Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht a) Frist 15 Die Beweisaufnahme durch das ersuchte Gericht hat unverzüglich, spätestens innerhalb von 90 Tagen nach Empfang des Ersuchens zu erfolgen (Art 10 I EuBewVO). War das Ersuchen unvollständig, beginnt die Frist ab der Vervollständigung (Art 9 I EuBewVO), waren Sicherheit oder Vorschuss zu leisten mit der entsprechenden Leistung (Art 9 II EuBewVO). Kann das ersuchte Gericht die Frist zur Beweisaufnahme nicht einhalten, ist das ersuchende Gericht darüber, über den Grund der Verzögerung und die voraussichtlich noch benötigte Zeit für die Ausführung zu unterrichten (Art 15 EuBewVO). b) Art und Weise 16 Grundsätzlich wird die ersuchte Beweisaufnahme nach der lex fori des ersuchten Gerichts ausgeführt18 (Art 10 II EuBewVO). Das ersuchende Gericht kann aber auf Formblatt A die Ausführung nach besonderen Verfahrensregeln des ersuchenden Staates verlangen. Diesem Ersuchen hat das ersuchte Gericht Folge zu leisten, es sei denn diese wären mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar oder die Ausführung wäre wegen erheblicher tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich (Art 10 III _______________

17 ABl EG Nr L 174/25 vom 27.6.2001. 18 Vgl Berger, FS Rechberger, S 39, 42.

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EuBewVO). Solche Hinderungsgründe sind dem ersuchenden Gericht auf Formblatt E mitzuteilen. Eine Zeugenvernehmung per Kreuzverhör ist in der dtZPO zwar nicht vorgesehen, aber mit Grundprinzipien des deutschen Rechts durchaus vereinbar.19 Gleiches gilt für die Erstellung eines Wortprotokolls.20 Das Ersuchen kann auch dahingehen, bei der Beweisaufnahme Kommunikationstechnologie einzusetzen, insb sie per Video- und Telekonferenz auszuführen. Auch diesem Ersuchen ist Folge zu leisten, sofern dem nicht das Recht des ersuchten Staates oder erhebliche praktische Schwierigkeiten entgegenstehen (Art 10 IV EuBewVO). ME folgt aus dieser Regelung nicht, dass eine „private“ Vernehmung per Videoschaltung unzulässig ist.21 Die Parteiöffentlichkeit der Beweisaufnahme ist eingehend geregelt worden. 17 Nach Maßgabe des Rechts des ersuchten Staates dürfen die Parteien und ihre Vertreter an der Beweisaufnahme vor dem ersuchten Gericht teilnehmen (Art 11 I EuBewVO). In dem Beweisersuchen ist bereits auf Formblatt A darauf hinzuweisen, dass diese Personen an der Beweisaufnahme teilnehmen und dass ihre Teilnahme ggf erwünscht ist (Art 11 II EuBewVO). In letzterem Falle hat das ersuchte Gericht die Voraussetzungen für die Teilnahme (in Übereinstimmung mit Art 10) festzulegen (Art 11 III EuBewVO). Die (aktiven) Teilnahmerechte bestimmen sich daher nach Art 10 II EuBewVO nach der lex fori des ersuchten Staates und sind insoweit (entgegen § 1073 I 2 ZPO) bei einem deutschen Ersuchen nicht durch das deutsche Prozessrecht begrenzt.22 Den Parteien und ihren Vertretern sind der Termin der Beweisaufnahme und die etwaigen Voraussetzungen für eine Teilnahme auf dem Formblatt F mitzuteilen (Art 11 IV EuBewVO). Soweit erforderlich dürfen die Beteiligten auch einen Dolmetscher mitbringen.23 Falls das Recht des ersuchten Staates dies vorsieht, kann das ersuchte Gericht die Parteien und ihre Vertreter in jedem Falle bitten, bei der Beweisaufnahme anwesend zu sein oder daran teilzunehmen (Art 11 V EuBewVO). Außerdem dürfen Vertreter des ersuchenden Gerichts (passiv) an der Beweis- 18 aufnahme teilnehmen, wenn dies mit der lex fori des ersuchten Gerichts vereinbar ist (Art 12 I EuBewVO). Ein Genehmigungsvorbehalt, wie nach Art 8 HBÜ, besteht nicht mehr.24 In Betracht kommen dafür ein beauftragter _______________

19 Ebenso Heß/Müller ZZPInt 6 (2001), 149, 154; Rauscher/von Hein Art 10 EGBewVO Rz 20ff; Neumayr/Kodek, in: Burgstaller/Neumayr, IZVR, Art 10 EuBewVO Rz 13. 20 Rauscher/v. Hein Art 10 EG-BewVO Rz 19; Berger, FS Rechberger, S 39, 45. 21 So aber Schulze IPRax 2001, 527, 529; U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 340; s auch Rz 24a. 22 Rauscher/v. Hein Art 11 EG-BewVO Rz 14; Berger, FS Rechberger, S 39, 51. 23 U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 343; Schulze IPRax 2001, 527, 530. 24 Rauscher/v. Hein Art 12 EG-BewVO Rz 3; Berger, FS Rechberger, S 39, 47.

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Richter, aber auch jede andere dafür ausgewählte Person, zB ein Sachverständiger (Art 12 II EuBewVO).25 Über Anträge auf aktive Beteiligung (durch Fragen) entscheidet das ersuchte Gericht nach eigenem Ermessen. 19 Bei der Ausführung der Beweisaufnahme darf das ersuchte Gericht soweit erforderlich alle Zwangsmittel einsetzen, die die lex fori bei innerstaatlichen Rechtshilfeersuchen vorsieht (Art 13 EuBewVO).26 Auch bei einem Auslandsersuchen gibt es daher in Deutschland keinen Aussagezwang gegenüber Parteien.27 Umgekehrt sind die Zwangsmittel des ersuchten Gerichts nicht durch das Recht des ersuchenden Gerichts beschränkt.28 c) Verweigerung 20 Die Ausführung des Beweisersuchens ist abzulehnen, wenn sich die zu vernehmende Person auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach der lex fori (1) des ersuchten Gerichts oder (2) des ersuchenden Gerichts beruft. In letzterem Fall muss auf dieses Weigerungsrecht bereits im Ersuchen hingewiesen worden oder seine Existenz muss auf Verlangen des ersuchten Gerichts vom ersuchenden Gericht bestätigt worden sein (Art 14 I EuBewVO).29 Damit ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht über ein Begehren auf Urkundenvorlage unterlaufen werden kann, sollte Art 14 I EuBewVO auf die Urkundenvorlage analog angewendet werden.30 21 Darüber hinaus darf die Ausführung des Ersuchens nur verweigert werden, wenn das Ersuchen (1) nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt, (2) seine Ausführung nach der lex fori nicht zu den Aufgaben eines Gerichts gehört, (3) ein unvollständiges Ersuchen nicht innerhalb von 30 Tagen31 vervollständigt wurde, oder (4) Sicherheit oder Vorschuss, die erbeten wurden, nicht innerhalb von 60 Tagen geleistet werden (Art 14 II EuBewVO). Die Ausführung darf dagegen nicht versagt werden, weil das Recht des ersuchten Staates eine ausschließliche Zuständigkeit über den Rechtsstreit beansprucht oder der Anspruch nach diesem Recht nicht klagbar ist (Art 14 III EuBewVO). Wird die Ausführung aus Gründen des Art 14 II versagt, ist dies dem ersuchenden Gericht auf Formblatt H innerhalb von 60 Tagen mitzuteilen (Art 14 IV EuBewVO). _______________

25 26 27 28 29 30

Vgl Berger IPRax 2001, 521, 525; Schulze IPRax 2001, 527, 530. Berger IPRax 2001, 522, 524. Heß/Müller ZZPInt 6 (2001), 149, 156. AA Berger, FS Rechberger, S 39, 44. Vgl Berger IPRax 2001, 522, 524; Heß/Müller ZZPInt 6 (2001), 149, 157f. Berger, FS Rechberger, S 39, 52f; U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 346. 31 Nicht innerhalb von sechs Wochen; so aber Berger IPRax 2001, 522, 524.

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d) Bestätigung Nach der Beweiserhebung hat das ersuchte Gericht deren Ergebnis und 22 etwaige zurückzugebende Unterlagen zusammen mit einer Ausführungsbestätigung gemäß Formblatt H an das ersuchende Gericht zu senden (Art 16 EuBewVO). 3. Unmittelbare Beweisaufnahme durch das ersuchende Gericht a) Eine wesentliche Verbesserung und Neuerung gegenüber dem Haager Be- 23 weisübereinkommen ist die Zulassung der unmittelbaren Beweisaufnahme durch das Prozessgericht (einen beauftragten Richter oder auch einen von ihm bestellten Sachverständigen) in einem anderen Mitgliedstaat der EU nach seinem eigenen Prozessrecht in Art 17 EuBewVO.32 Das Prozessgericht hat ein entsprechendes Gesuch auf Formblatt I an die zentrale Behörde im Erhebungsstaat zu richten. Die direkte Beweisaufnahme darf nur auf freiwilliger Basis ohne Anwendung von Zwang erfolgen. Soll eine Person vernommen werden, so ist diese darüber zu informieren, dass die Vernehmung auf freiwilliger Grundlage stattfindet (Art 17 II EuBewVO).33 b) Trotz dieser Einschränkung bedarf die unmittelbare Beweisaufnahme der 24 Genehmigung durch die zentrale Behörde des Erhebungsstaates. Diese Genehmigung und etwaige Bedingungen der Beweiserhebung sind dem ersuchenden Gericht innerhalb von 30 Tagen auf Formblatt J mitzuteilen. Die zentrale Behörde darf zugleich ein Gericht seines Staates bestimmen, das an der Beweisaufnahme teilnehmen darf, um sicher zu stellen, dass die Bedingungen der Beweisaufnahme eingehalten werden. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn (1) das Begehren nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt, (2) nach Art 4 erforderliche Informationen fehlen, oder (3) die direkte Beweisaufnahme dem ordre public des Rechts des ersuchten Staates widerspricht (Art 17 V EuBewVO).34 c) Art 17 Abs 3 EuBewVO sieht vor, dass die Beweisaufnahme auch von 25 einem „bestimmten Gerichtsangehörigen oder von einer anderen Person wie etwa einem Sachverständigen durchgeführt“ werden kann. Daraus wird abgeleitet, dass der extraterritoriale Einsatz eines Sachverständigen im Verhältnis zu einem anderen EU-Staat nur im Rahmen einer unmittelbaren Beweisaufnahme nach Art 17 EuBewVO erfolgen darf und danach der Genehmigung des Erhebungsstaates bedarf.35 Soweit der Sachverständige seine Befundtat_______________

32 Vgl Heß JZ 2001, 573, 579; Berger IPRax 2001, 522, 526; Rauscher/v. Hein Art 17 EG-BewVO Rz 1. 33 Vgl Heß/Müller ZZPInt 6 (2001), 149, 160. 34 Vgl Rauscher/v. Hein Art 17 EG-BewVO Rz 6ff. 35 Rauscher/v. Hein Art 1 EG-BewVO Rz 25; U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 353, 366.

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sachen wie eine Privatperson feststellen kann, erscheint dies freilich als überzogen.36 26 d) Überwiegend wird angenommen, auch eine Videovernehmung von Zeugen oder Parteien, die sich im Ausland aufhalten, sei als direkte Beweisaufnahme iS des Art 17 EuBewVO anzusehen,37 da Art 17 IV 3 EuBewVO ausdrücklich Video- und Telekonferenzen erwähnt. Indes ist damit nur gesagt, dass eine solche Beweisaufnahme in dem von Art 17 EuBewVO geregelten Verfahren durchgeführt werden kann, nicht aber, dass eine private, freiwillige Schaltung zu einer ausländischen Großkanzlei verboten wäre.38

III. Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970 1. Geltungsbereich a) Vertragsstaaten 27 Das Übereinkommen gilt im Verhältnis der BR Deutschland zu Argentinien, Australien, Barbados, Bulgarien (seit 22.1.2000), China (1.7.1998), Dänemark, Estland (31.8.1996), Finnland, Frankreich, Griechenland (19.3.2005); Israel, Italien, Kuwait (7.7.2002), Lettland (27.5.1995), Litauen (seit 1.10.2000), Luxemburg, Mexiko, Monaco, Niederlande, Norwegen, Polen (14.9.1996), Portugal, Rumänien (seit 13.10.2003), Schweden, Schweiz (seit 1.1.1995), Seychellen (7.3.2004), Singapur, Slowakei, Slowenien (seit 17.11.2000), Spanien, Sri Lanka (seit 30.10.2000), Südafrika (12.1.1998), Tschechische Republik, Türkei (seit 12.10.2004), Ukraine (seit 13.11.2001), Ungarn (seit 11.9.2004), dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland,39 Venezuela (seit 21.10.1994), Weißrussland (seit 6.10.2001), den Vereinigten Staaten von Amerika, Zypern. 28 Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten tritt das Haager Beweisübereinkommen an die Stelle der Artikel 8 bis 16 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 1.3.1954 – auch des Haager Abkommens von 1905 (Art 29). Nach Art 31 sind Zusatzvereinbarungen zu dem Haager Abkommen von 1905 oder dem Übereinkommen von 1954 auf das Haager Beweisübereinkommen anzuwenden, wenn die beteiligten Staaten nichts anderes vereinbart haben. Das ist auf deutscher Seite offenbar nicht geschehen.40 Daher bleibt der unmittelbare Behördenweg, wie er in den Zusatzvereinbarungen _______________

36 Ebenso Leipold, FS Schlechtriem, S 97, 103. 37 Rauscher/v Hein Art 1 EG-BewVO Rz 22, Art 17 EG-BewVO Rz 12; Schultzky NJW 2003, 313, 314; U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 363. 38 Ebenso Knöfel RIW 2006, 302, 304. 39 Der Umsetzung dient der Evidence (Proceedings in Other Jurisdiction) Act 1975 (1975 c 34); s auch CPR 34 PD 6.1ff; vgl Lipstein ICLQ 1990, 120. 40 BT-Drucks 8/217 vom 22.3.1977, 59.

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zu den bisherigen Vertragsstaaten festgelegt ist, bestehen. Das gilt im Verhältnis der BR Deutschland zu Belgien, Dänemark, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, der Schweiz und der Tschechischen Republik. Art 32 des Übereinkommens lässt auch das deutsch-britische Abkommen über den Rechtsverkehr vom 20.3.1928 unberührt. b) Zivil- und Handelssachen Das HBÜ ist in „Zivil- und Handelssachen“ anzuwenden (s o § 7 Rz 76). Der 29 Beweis muss für ein bereits anhängiges oder ein künftiges gerichtliches Verfahren bestimmt sein (Art 1 II HBÜ). Es sind also auch Ersuchen um vorprozessuale Beweissicherung zulässig41 (s auch u § 15 Rz 72). Auch Beweisanträge in Insolvenzsachen, Kartellstreitigkeiten42 oder Erbrechtssachen sind mit erfasst und nach dem HBÜ zu erledigen.43 Das House of Lords hat sogar ein Ersuchen um eine Zeugenvernehmung für ein norwegisches Steuerverfahren als Zivilsache behandelt,44 weil es (angeblich) keine allgemein anerkannte engere Auslegung dieser Begriffe gebe und die Begriffe nach englischem Recht alle Verfahren, Strafsachen ausgenommen, erfassen. Nach US-amerikanischer Ansicht sind auch Verfahren auf Leistung von treble oder punitive damages zivilrechtlicher Natur.45 Beim Verdacht einer Weiterverwendung in einer Nichtzivilsache will Stürner46 Rechtshilfe nur unter der Zusicherung gewähren, dass eine anderweitige Verwendung unterbleibt. Für Verwaltungssachen besteht jedoch ein besonderes Europäisches Über- 30 einkommen über die Erlangung von Auskünften und Beweisen in Verwaltungssachen im Ausland vom 15.3.1978.47 c) Qualifikation Wie die Begriffe des Haager Beweisübereinkommens auszulegen sind, ist 31 streitig. Traditionellerweise wird dazu die lex fori des Staates herangezogen, in dem der Prozess anhängig ist oder anhängig gemacht werden soll.48 Freilich soll das Übereinkommen auf die „Zivilsachen“ aller Vertragsstaaten anwendbar sein. US-Klagen auf treble damages oder punitive damages kön_______________

41 Stürner IPRax 1984, 299, 300; MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 1 Rz 4; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HBÜ Rz 2. 42 In re Westinghouse Uranium Contract, 2 WLR [1978] 81 (H.L.). 43 Clark AmJCompL 42 (Suppl.) (1994), 23, 30. 44 Re State of Norway’s Application (No. 1 u 2) [1990] 1 AC 723, 783ff (H.L.). 45 Vgl MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 1 Rz 2. 46 ZVglRWiss 81 (1982), 159, 198. 47 BGBl 1981 II, 550. 48 MüKo/Musielak, ZPO, 2. Aufl, Anh I zu § 363 Rz 2.

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nen daher wegen ihrer pönalen Elemente nicht aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen werden. Deshalb erscheint auch bei diesem Übereinkommen eine vertragsautonome Interpretation als sinnvoll.49 d) Zweck 32 Das HBÜ will die Beweisaufnahme im Ausland und die Vornahme „anderer gerichtlicher Handlungen“ (Art 1 HBÜ) erleichtern und zugleich sicherstellen, dass der Beweis so erhoben wird, dass er für das Gericht, bei dem der Rechtsstreit anhängig ist, tatsächlich brauchbar ist. 33 Bei den Verhandlungen, die diesem Übereinkommen vorausgingen, war eines der Hauptziele, den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises den Beitritt zu dem Übereinkommen zu ermöglichen. Es sollte also ein Kompromiss gefunden werden, um das kontinental-europäische Beweissystem mit dem anglo-amerikanischen zu verbinden.50 Dabei war das Interesse des Vereinigten Königreichs an dem Haager Beweisübereinkommen geringer als das der Vereinigten Staaten. Denn das Vereinigte Königreich hat zu einer großen Anzahl von Ländern des kontinental-europäischen Rechtskreises zweiseitige Rechtshilfeabkommen abgeschlossen wie das deutsch-britische, die teilweise liberaler sind als das Haager Beweisübereinkommen.51 Nach dem anglo-amerikanischen System ist es vornehmlich Aufgabe der Parteien, die Beweise zu beschaffen. Da gerichtliche Maßnahmen insoweit zurücktreten, haben die Länder des „Common Law“ keinen Eingriff in ihre Justizhoheit darin gesehen, wenn in ihrem Staatsgebiet Beweise seitens eines von einem ausländischen Gericht ernannten „commissioner“ erhoben worden sind. Bei dem kontinental-europäischen System spielt dagegen der Beweisbeschluss bzw das Beweisurteil des Prozessgerichts eine bedeutende Rolle.52 Da es danach Sache des Gerichts ist, die Beweise zu erheben, waren diese Staaten immer argwöhnisch gegenüber privaten Beweisaufnahmen nach anglo-amerikanischem Muster. e) Fakultatives Verfahren 34 Streitig war, ob das Übereinkommen exklusiv anzuwenden ist, wenn sich das Beweismittel im Ausland befindet oder ob die Parteien veranlasst wer_______________

49 So Expertenkommission der Haager Konferenz, RabelsZ 54 (1990), 364, 366; hierfür auch Mann LQR 106 (1990), 354; krit. E. Geimer S 67. 50 Batiffol, Rev.crit. 1969, 239, hat von einer „volonté de rapprochement sincère“ gesprochen; von englischer Seite hat Edwards, ICLQ 38 (1969), 646, auf die Überbrückung der Schwierigkeiten aus den beiden Beweissystemen hingewiesen. 51 Edwards ICLQ 38 (1969), 646. 52 Vgl dazu rechtsvergleichend Nagel, Nationale und internationale Rechtshilfe, 142ff.

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Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970

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den können, die Beweismittel aus dem Ausland an den Gerichtsort zu schaffen.53 Der US Supreme Court war der Ansicht, dass das Übereinkommen auf Parteien und Dritte Anwendung findet, die der jurisdiction von USGerichten unterliegen. Entgegen der Ansicht europäischer Staaten verdränge das HBÜ nicht die Prozessregeln des Forums, sondern schaffe nur ein weiteres, fakultatives Verfahren, einen im Ausland befindlichen Beweis aufzunehmen.54 Jeder Staat hat lediglich nach comity zu prüfen, ob das Übereinkommen anzuwenden ist. Andere hielten das Übereinkommen in stärkerem Maße für zwingend und eine Anwendung des Übereinkommens für geboten, sobald sich ein Beweismittel in einem anderen Vertragsstaat befindet.55 Als Folge dieser Entscheidung haben die Untergerichte nicht das Verfahren nach dem Haager Beweis-Übereinkommen gewählt, sondern discovery nach den gewöhnlichen Prozessvorschriften angeordnet.56 Dieses Ergebnis befriedigte aber vielfach nicht; eine Reform wurde verlangt.57 Durch die Neufassung von FRCP 28 (b) (in Kraft seit 1.12.1993) sollte das 35 Problem entschärft werden. Die „first resort“-Idee des Minderheitsvotums der Aerospatiale-Entscheidung hat sich aber nicht durchgesetzt.58 FRCP 28 (b) lautet: „Depositions may be taken in a foreign country (1) pursuant to any applicable treaty or convention, or (2) pursuant to a letter of request … or (3) on notice before a person authorized to administer oaths in the place where the examination is held, either by the law thereof or by law of the United States, or (4) before a person commissioned by the court …“

Aus dieser Rangfolge ergibt sich, dass im Verhältnis zu den Vertragsstaaten die Regeln des Haager Beweisübereinkommens zu beachten sind. Eine Partei, die möchte, dass depositions im Ausland aufgenommen werden, hat daher regelmäßig die Regeln eines anwendbaren Übereinkommens zu befolgen. Mit dieser Neufassung soll die tatsächliche Anwendung des Haager

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53 Vgl Daoudi S 77ff. 54 US Supreme Court, in Société Nationale Aérospatiale v US District Court, 482 US 522, 107 S.Ct. 2542 (1987) = JZ 1987, 984; dazu Koch IPRax 1987, 328; Stürner JZ 1987, 988; Junker JZ 1989, 121, 126ff; Newman/Burrows III–27ff; Schlosser, EUZivilprozessrecht, Art 1 HBÜ Rz 5. 55 Vgl Bermann, The Hague Evidence Convention, Tul.L.Rev. 63 (1989), 525; Expertenkommission der Haager Konferenz, RabelsZ 54 (1990), 367. 56 Born/Hoing, Int’l Lawyer 24 (1990), 393; Born, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 77, 86ff. 57 R. Roth U.Pennsylv.JIntBus.L. 13 (1992), 425. 58 Vgl Born, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 77, 90ff.

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Beweis-Übereinkommens durch US-Parteien sichergestellt werden.59 Dennoch dürfte sich damit im praktischen Ergebnis nichts ändern.60 36 Parteien und Drittbeteiligte, die der US-amerikanischen jurisdiction unterliegen, haben nach wie vor volle discovery-Pflichten. Führt das Vorlageersuchen nicht zum Erfolg, weil das ersuchte Gericht gegenüber Parteien keinen Zwang üben kann (vgl Art 9 I HBÜ)61 oder weil das Ersuchen wegen des Vorbehalts nach Art 23 HBÜ überhaupt nicht erledigt würde, so kann und wird das US-Gericht eine Vorlage im Inland verlangen bzw hat die sich weigernde Partei die Nachteile hinzunehmen, die gegen sie gemäß FRCP 37 ergriffen werden können.62 Die freiwillige bzw über FRCP 37 erzwungene Mitwirkung der deutschen Partei im US-Verfahren verstößt nicht gegen die deutsche Souveränität.63 2. Übermittlungswege für Rechtshilfeersuchen 37 Der primäre Rechtshilfeweg ist ebenso wie beim Haager Zustellungsübereinkommen das Ersuchen einer gerichtlichen Behörde an die Zentrale Behörde des Staates, in dem der Beweis erhoben werden soll (Art 1 I HBÜ). Gegenüber den Zusatzabkommen zum Haager Übereinkommen 1954 ist das nichts Neues.64 Dennoch ist ein einheitlicher Weg über die Zentralen Behörden geschaffen. Zentrale Behörde iS des Art 2 HBÜ für eingehende Gesuche, aber auch für ausgehende Gesuche ist in den USA das „Department of State“, ohne dass dadurch ein sonst zulässiger direkter Behördenverkehr ausgeschlossen würde (28 USC § 1781). 38 Zwar konnte kein einheitliches Muster für Rechtshilfeersuchen eingeführt werden. Art 3 enthält aber Angaben über den Inhalt eines Ersuchens. Dabei ist es sehr wesentlich, dass die Fragen, die an die zu vernehmende Person gerichtet werden sollen, genau formuliert und aufgeführt werden (Art 3 I 2 f HBÜ).65 Dies entspricht nicht nur der anglo-amerikanischen, sondern auch der Praxis in den Ländern des romanischen Rechtskreises. _______________

59 FRCP 28, Advisory Committee Notes, 1993, Amendments; vgl Clark AmJCompL 42 (suppl.) (1994), 23, 29; Born, International Civil Litigation in US Courts, 3. Aufl 1996, S 869f. 60 Wright/Miller/Marcus, Federal Practice and Procedure, 1994, Suppl., §§ 2005, 2083, verweisen weiterhin auf die Aerospatiale-Entscheidung; vgl Burbank, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 103, 124; Born/Vollmer, 150 FRD 221, 241 (1994); Weintraub TexasInt’lL.J. 28 (1993), 441, 464. 61 Junker, in: Heldrich/Kono, S 103, 112. 62 Vgl Born, International Civil Litigation in US Courts, 3. Aufl 1996, S 856ff. 63 Vgl Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 3. Aufl, S 53f. 64 MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 1 Rz 1; aA Schlosser RdC 284 (2000), 120 („great progress“). 65 Vgl E. Geimer S 75ff.

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Die Zentrale Behörde leitet das Ersuchen an das zuständige Gericht bzw die Behörde weiter. Nach Erledigung der Beweisaufnahme sendet die Zentrale Behörde die Aktenstücke an die ersuchende Stelle zurück. US District Courts erledigen eingehende Gesuche um Beweisaufnahme nach 39 28 USC § 1782.66 Diese Bestimmung lautet: „§ 1782. Assistance to foreign and international tribunals and to litigants before such tribunals (a) The district court of the district in which a person resides or is found may order him to give his testimony or statement or to produce a document or other thing for use in a proceeding in a foreign or international tribunal. The order may be made pursuant to a letter rogatory issued, or request made, by a foreign or international tribunal or upon the application of any interested person and may direct that the testimony or statement be given, or the document or other thing be produced, before a person appointed by the court. By virtue of his appointment, the person appointed has power to administer any necessary oath and take the testimony or statement. The order may prescribe the practice and procedure, which may be in whole or part the practice and procedure of the foreign country or the international tribunal, for taking the testimony or statement or producing the document or other thing. To the extent that the order does not prescribe otherwise, the testimony or statement shall be taken, and the document or other thing produced, in accordance with the Federal Rules of Civil Procedure. A person may not be compelled to give his testimony or statement or to produce a document or other thing in violation of any legally applicable privilege. (b) This chapter does not preclude a person within the United States from voluntarily giving his testimony or statement, or producing a document or other thing, for use in a proceeding in a foreign or international tribunal before any person and in any manner acceptable to him.“

Das Gericht muss nicht prüfen, ob die erbetene Aufklärung vor dem ausländischen Prozessgericht verlangt werden könnte.67 Auf diese Weise kann in den USA auch discovery zugunsten eines in Deutschland anhängigen Prozesses begehrt werden.68 Nach Art 27 bleibt es den Vertragsstaaten überlassen, zu erklären, dass 40 Rechtshilfeersuchen auch auf anderen Wegen übermittelt werden. Damit bleibt der konsularische Weg sowie der unmittelbare Behördenweg69 erhalten. Für letzteren sprechen bereits die erwähnten Zusatzvereinbarungen zu

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66 Vgl US Court of Appeal, 2nd Cir., [1998] ILPr 466; Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, (§ 12.8); Anderson ICLQ 42 (1993), 356; Newman/Burrows III–49ff; Schlosser RdC 284 (2000), 148ff; Eschenfelder S 245ff. 67 Re the application of Silvia Gianoli, US Court of Appeal, 2nd Cir., [1995] ILPr 492. 68 Roggenbuck IPRax 1997, 76; Eschenfelder S 247ff; vgl G. Fouché/E. Polebaum IntBusLawyer 1996, 415; Newman/Burrows III–111ff. 69 MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 24–30 Rz 4.

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Internationale Beweisaufnahmen

dem Haager Übereinkommen (im Verhältnis zu Dänemark ist zB der konsularische Weg gewählt worden70). 41 Nach Art 4 muss das Ersuchen in der Sprache der ersuchten Behörde abgefasst oder von einer Übersetzung in diese Sprache begleitet sein. Der Versuch für Ersuchen die englische oder französische Sprache als Arbeitssprache vorzusehen (Art 4 II), hätte den Rechtshilfeverkehr erleichtert, ist aber praktisch gescheitert, da die meisten Staaten insoweit einen Vorbehalt erklärt haben.71 Auch Deutschland hat dieser Möglichkeit gemäß Art 33 HBÜ in vollem Umfang widersprochen (§ 9 AusfG; ebenso Argentinien, Mexiko und Portugal). In Australien, Dänemark, Finnland, Norwegen, Singapur, im Vereinigten Königreich und in Zypern werden keine Rechtshilfegesuche in französischer Sprache, in Frankreich und Monaco keine Gesuche in englischer Sprache erledigt. 3. Ablehnungsgründe 42 Art 12 HBÜ hält an den beiden hauptsächlichen Ablehnungsgründen fest, die bereits das Haager Übereinkommen von 1954 aufführt. Rechtshilfeersuchen werden danach abgelehnt,72 soweit: „a) wenn die Erledigung des Ersuchens nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt; b) der ersuchte Staat die Erledigung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden“.

Auf den Ablehnungsgrund, dass die Echtheit des Ersuchens nicht feststehe (Art 11 III Nr 1 HZÜ 1954), ist verzichtet worden. Im Übrigen kann die Erledigung des Ersuchens nicht allein deswegen abgelehnt werden, weil der ersuchte Staat die ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte für die Sache in Anspruch nimmt oder ein Verfahren nicht kennt, das dem entspricht, für welches das Ersuchen gestellt wird (Art 12 II HBÜ).73 43 Diese Ablehnungsgründe sind unter Berücksichtigung des Art 9 II HBÜ auszulegen. Danach wird dem Antrag der ersuchenden Behörde, nach einer besonderen Form zu verfahren, entsprochen, „es sei denn, dass diese Form mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar oder ihre Einhaltung nach der gerichtlichen Übung im ersuchten Staat oder wegen tatsächlicher Schwierigkeiten unmöglich ist.“ _______________

70 71 72 73

Vgl BT-Drucks 8/217 vom 22.3.1977, 58. Vgl E. Geimer S 78ff. Vgl Pfeil-Kammerer S 213ff; E. Geimer S 83ff. Stiefel RIW/AWD 1979, 514, weist hinsichtlich der Gefährdung der Hoheitsrechte im deutsch-amerikanischen Rechtshilfeverkehr auf schwierige politische Probleme hin und befürwortet eine Klarstellung in Form eines Kataloges, welche amerikanischen Praktiken den tragenden Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts entgegenstehen.

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Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970

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Diese Vorschrift ist enger als die des Art 14 HZÜ 1954, denn dort heißt es lediglich: „sofern diese Form den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft.“ Nunmehr werden der Gerichtsgebrauch und tatsächliche Schwierigkeiten auf Seiten des ersuchten Gerichts herangezogen.74 Ein Antrag, einen Zeugen per Kreuzverhör zu vernehmen, kann nach Art 9 II HBÜ nicht abgelehnt werden. Da § 239 StPO diese Art der Vernehmung im Strafprozess zulässt, widerspricht das Kreuzverhör weder deutschem Recht noch kann es nicht praktiziert werden75 (s u Rz 44). Da das deutsche Gericht grundsätzlich nach der lex fori verfährt (s u Rz 44), 44 ist eine Parteivernehmung nur subsidiär zulässig, wenn die Voraussetzungen der §§ 445ff ZPO vorliegen.76 Formale Ablehnungsgründe könnten zwar eher auftauchen als bei dem Haa- 45 ger Zustellungsübereinkommen, weil es für das Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen keine Formblätter gibt. Andererseits ist aber der Inhalt eines Rechtshilfeersuchens in Art 3 umrissen. Überdies sorgen die deutschen Prüfstellen dafür, dass formale Fehler vermieden werden. Schließlich lehnt die Zentrale Behörde fehlerhafte Ersuchen nicht ab, sondern teilt der ersuchenden Behörde oder dem Gericht mit, welche Einwände gegen das Ersuchen im Einzelnen bestehen. 4. Verfahren des ersuchten Gerichts Grundsätzlich verfährt das ersuchte Gericht bzw die Behörde bei der Erledi- 46 gung von Rechtshilfeersuchen nach seinen/ihren Prozessvorschriften (Art 9 I HBÜ), deutsche Gerichte also nach der ZPO.77 Es kann aber auch nach einer besonderen Form, dh dem Recht der „lex fori“ des Prozessgerichts, verfahren werden (Art 9 II HBÜ). Ersuchen amerikanischer Gerichte um Zeugenvernehmung nach den Regeln des Kreuzverhörs unter Aufnahme eines vollen Wortprotokolls sind ebenfalls auszuführen.78 Sie bereiten zwar Schwierigkeiten, insb erhöhte Kosten; ihre Erledigung ist aber nicht unmöglich, sondern lässt sich bei Einsatz geeigneter Aufnahmegeräte durchaus organisieren. Dies zeigt auch die Parallele zum Strafprozess (vgl § 239 StPO; s o Rz 41). Die Zeugenvernehmung muss (wenig zweckmäßig) notwendig in deutscher _______________

74 Vgl Pfeil-Kammerer S 307f. 75 E. Geimer S 90; aA MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 9 HBÜ Rz 1; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2505 (für Ausführung ohne Vertragspflicht). 76 Pfeil-Kammerer S 313f. 77 MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 9 Rz 1, Art 10 Rz 2; E. Geimer S 88ff; vgl Eschenfelder S 268ff. 78 Pfeil-Kammerer S 309ff; Schlosser ZZP 94 (1981), 369, 387ff; ders, EU-Prozessrecht, Art 10 HBÜ Rz 3; Junker, Discovery, S 338; Trittmann S 139ff; aA MüKo/ Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 9 Rz 1 (gegen Kreuzverhör).

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Internationale Beweisaufnahmen

Sprache erfolgen (§ 184 GVG), ggf unter Beiziehung vereidigter Dolmetscher (§ 185 GVG) (s o § 4 Rz 133f). Wegen der Einschränkungen s o Rz 17. Das Haager Beweisübereinkommen bringt insoweit nichts Neues gegenüber dem HZÜ 1954 (zu diesem s u Rz 80ff). Die Schwachstellen des HBÜ ergeben sich aus den Divergenzen zwischen den Verfahrensrechten von Prozessgericht und ersuchtem Gericht. Das Übereinkommen bietet keine eigene einheitliche Lösung an. 47 Schwierigkeiten bestehen etwa bei den Sanktionen. Diese kann das ersuchte Gericht nur nach seinem eigenen Recht ergreifen (Art 10 HBÜ79). Soweit direkte Sanktionen fehlen, werden diese in nationalen Verfahren durch indirekte Sanktionen, etwa gegenüber den Parteien bei der Rechtsanwendung ausgeglichen. In internationalen Fällen ergeben sich dagegen Lücken. Eine Partei kann etwa in amerikanischen Verfahren auch mittels contempt of court-Sanktionen (Zwangsgeld) zur Vorlage von Urkunden oder zur Aussage gezwungen werden. Das deutsche Prozessrecht kennt dagegen (von § 372a ZPO abgesehen) keinen direkten Zwang gegenüber Parteien. 5. Zeugnisverweigerungsrechte und Privilegien 48 Art 11 HBÜ bringt hier eine „Patentlösung“, die einen nicht unbedeutenden Fortschritt gegenüber älteren Rechtshilfeverträgen darstellt. Danach wird ein Rechtshilfeersuchen nicht erledigt, „soweit die Person, die es betrifft, sich auf ein Recht zur Aussageverweigerung oder auf ein Aussageverbot beruft, a) das nach dem Recht des ersuchten Staates vorgesehen ist oder b) das nach dem Recht des ersuchenden Staates vorgesehen und im Rechtshilfeersuchen bezeichnet oder erforderlichenfalls auf Verlangen der ersuchten Behörde von der ersuchenden Behörde bestätigt worden ist.“

Unter diese Vorschrift fallen Zeugnisverweigerungsrechte80 und die Zeugenunfähigkeit. Das folgt aus dem englischen Text, in dem das „privilege“ ausdrücklich bezeichnet ist, aber auch aus dem französischen Text: „La commission rogatoire n’est pas exécutée pour autant que la personne qu’elle vise invoque une dispense ou une interdiction de déposer.“

49 Art 11 HBÜ räumt der zu vernehmenden Person ein Wahlrecht ein. Während sonst das lex fori-Prinzip im Verfahren gilt, herrscht hier der Grundsatz der Meistbegünstigung der Beweisperson.81 Die Beweisperson kann sich also stets auf weitergehende Weigerungsrechte ihres Wohnsitzstaates berufen.82 Damit Weigerungsrechte des ersuchenden Staates berücksichtigt werden, _______________

79 80 81 82

Vgl Pfeil-Kammerer S 277ff; Junker, Discovery, S 324ff. Zum Schweizer Bankgeheimnis s. Schwarz SchweizJZ 1995, 281, 284ff. Junker, in: Heldrich/Kono, S 103, 113; Pfeil-Kammerer S 345ff; E. Geimer S 92f. Stürner ZVglRWiss. 81 (1982), 159, 203f.

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Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970

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müssen sie freilich nach Art 11 (1) (b) HBÜ im Gesuch ausreichend bezeichnet werden. Wird dies unterlassen, so wird das ersuchte Gericht in erster Linie nach seinen Vorschriften vorgehen.83 Die zu vernehmende Person weiß oft nicht um ihre Rechte bzw Schutzmöglichkeiten. Beruft sie sich auf Weigerungsrechte des ersuchenden Staates, die im Gesuch nicht bezeichnet sind, so muss die ersuchte Behörde erforderlichenfalls um eine Bestätigung der ersuchenden Behörde nachsuchen (Art 11 [1] [b] HBÜ), was die Erledigung des Rechtshilfeersuchens sehr verzögert. Bei einem internationalen Rechtshilfeersuchen entscheidet das ersuchte 50 Gericht über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung. Es wird also nicht auf § 387 I ZPO abgestellt, wonach das Prozessgericht über ein Zeugnisverweigerungsrecht entscheidet. Art 11 HBÜ geht insoweit vor und verdrängt die deutsche Prozessvorschrift.84 Beruft sich ein Zeuge bereits vorab auf sein Zeugnisverweigerungsrecht, so soll in klaren Fällen bereits die Zentrale Behörde des ersuchten Staates die Weiterleitung des Beweisersuchens an das Gericht ablehnen dürfen.85 Eine solche Vermischung der Zuständigkeiten ist nicht zu billigen. Ebenso könnte sich eine Person, die nach dem Recht des Prozessgerichts zur 51 Vorlage von Urkunden verpflichtet wäre, dem Rechtshilfegericht gegenüber darauf berufen, dass es nach dessen Recht keine prozessuale Vorlagepflicht gebe. Nach Art 11 II HBÜ kann jeder Vertragsstaat erklären, dass er außerdem 52 Aussageverweigerungsrechte und Aussageverbote, die nach dem Recht dritter Staaten bestehen, insoweit anerkennt, als dies in der Erklärung angegeben ist. Das Haager Beweisübereinkommen strebt weiterhin an, das Unmittelbar- 53 keitsprinzip bei Beweisaufnahmen im Ausland jedenfalls teilweise zu ermöglichen. Nach Art 8 kann jeder Vertragsstaat erklären, „dass Mitglieder der ersuchenden gerichtlichen Behörde eines anderen Vertragsstaates bei der Erledigung eines Rechtshilfeersuchens anwesend sein können“. Hierfür kann die vorherige Genehmigung durch die vom erklärenden Staat bestimmte zuständige Behörde verlangt werden (vgl § 38a ZRHO). Diese Neuerung ist sehr zu begrüßen. Sie stellt einen ersten Schritt in der Richtung dar, dass Mitglieder des Prozessgerichts im Ausland auch Zeugen hören können. Deutschland gestattet ausländischen Richtern die Teilnahme an der Beweisaufnahme, wenn die Zentralen Behörden dies genehmigen (§ 10 AusfG z. _______________

83 Vgl In re Westinghouse, 2 WLR [1978], 81. 84 AG München, Beschl vom 9.6.1981; LG München, Beschl vom 10.6.1981, IPRax 1982, 28. 85 OLG Hamburg RIW 2002, 717 (Busse).

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Internationale Beweisaufnahmen

HBÜ). In der Teilnahme sollte zugleich die Berechtigung enthalten sein, auch Fragen an die zu vernehmenden Personen zu stellen.86 6. Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter 54 Während Art 15 HZÜ 1954 lediglich den Vorbehalt macht, dass die Vertragsstaaten sich dahin einigen können, dass jeder Staat Ersuchen um Beweisaufnahmen unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter erledigen lässt, widmet das Haager Beweisübereinkommen solchen Beweisaufnahmen, die auf „Commissioners“ ausgedehnt sind, das ganze II. Kapitel mit 8 Artikeln. In diesen liegt der eigentliche Schwerpunkt des neuen Übereinkommens. Den Belangen der Staaten des anglo-amerikanischen Rechtskreises wird insb durch die Zulassung der „Commissioners“, Beweisaufnahmen auf dem Gebiet des ersuchten Staates zu erledigen, entsprochen. Art 28 (g), 33 I eröffnet aber jedem Vertragsstaat Kap. II (Art 15–22) ganz oder teilweise auszuschließen.87 Nach dem deutschen Vorbehalt ist die Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter gegenüber Deutschen unzulässig (§ 11 S 1 AusfG). Durch den deutsch-amerikanischen Notenwechsel vom 17.10.1979/ 1.2.198088 ist allerdings vereinbart, dass amerikanische Konsuln in Deutschland auch deutsche und andere nicht amerikanische Staatsangehörige auf freiwilliger Basis befragen können. 55 Art 15 HBÜ bringt keinen neuen Gedanken. Diplomatische oder konsularische Vertreter können ohne Anwendung von Zwang Beweise für die Prozessgerichte ihrer Entsendestaaten von den eigenen Staatsangehörigen erheben.89 Bei Doppelstaatern scheidet diese Möglichkeit aus, wenn die Beweisperson auch die Staatsangehörigkeit des Empfangsstaats besitzt.90 Derartige Beweiserhebungen sind in der Staatenpraxis seit langem bekannt. Neu ist lediglich die Formulierung, dass alle Vertragsstaaten solche Beweisaufnahmen in ihren Gebieten dulden werden, sofern sie nicht eine Erklärung gemäß Art 15 II abgeben. Danach kann jeder Staat erklären, „dass in dieser Art Beweis erst nach Vorliegen einer Genehmigung aufgenommen werden darf“. Diese Genehmigung kann auch auf bestimmte Personen beschränkt werden. Deutschland hat keine einschränkende Erklärung abgegeben. Dänemark, Norwegen, Schweden91 und Portugal haben solche Erklärungen abge_______________

86 Vgl Pfeil-Kammerer S 274ff. 87 Wegen verschiedener Vorbehalte von Vertragsstaaten vgl BT-Drucks 8/217 vom 22.3.1977, 56ff. 88 IPRax 1993, 224; vgl E. Geimer S 105ff; ferner Volkswagen AG v Falzon, 23 ILM 1984, 412. 89 Vgl R. Geimer, FS Matscher, S 133; E. Geimer S 135ff. 90 E. Geimer S 141. 91 § 8 Lag [1946:816] om bevisupptagning åt utlänsk domstol.

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Das Haager Beweisübereinkommen vom 18.3.1970

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geben.92 In der Schweiz bedürfen ausländische Botschafter oder Konsuln der vorgängigen Genehmigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (Bundesamt für Polizeiwesen).93 Die mittel-/osteuropäischen Staaten dulden überhaupt nicht, dass auf ihrem Gebiet durch Auslandsvertreter Beweise erhoben werden.94 Hierin zeigt sich, wie sehr die zu ängstliche Wahrung der Hoheitsrechte eines Staates die internationale Rechtshilfe belastet. Möglicherweise hat Art 15 gewisse Staaten davon abgehalten, sich dem Haager Beweisübereinkommen anzuschließen. Art 16 HBÜ erweitert die Möglichkeit für diplomatische und konsularische 56 Vertreter, Beweise zu erheben. Der Personenkreis wird auf Angehörige des Empfangsstaates und eines dritten Staates ausgedehnt. Praktisch wird nicht mehr auf die Staatsangehörigkeit der zu vernehmenden Person abgestellt. Die Auslandsvertreter können vielmehr alle Personen, die freiwillig vor ihnen erscheinen und zur Aussage bereit sind, vernehmen, so etwa in Spanien.95 Der Kreis der Personen ist also ebenso weit ausgedehnt wie der nach Art 8 HZustÜ (s o § 7 Rz 89). Während nach der letzten Vorschrift der weit gesteckte Personenkreis nur eingeengt wird, wenn die Vertragsstaaten eine Erklärung darüber abgegeben haben, knüpft Art 16 des Haager Beweisübereinkommens die geschaffene Möglichkeit an zwei Voraussetzungen an: a) der Empfangsstaat muss dazu eine allgemeine oder eine auf den Einzelfall bezogene Genehmigung erteilt haben; b) die Auslandsvertreter müssen die Auflagen erfüllen, an die die Genehmigung gebunden ist. Jeder Vertragsstaat kann allerdings auch erklären, dass Beweise ohne seine vorherige Genehmigung aufgenommen werden dürfen (Art 16 II HBÜ). Der Grundgedanke des Art 16 HBÜ bringt einen erheblichen Fortschritt in 57 der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Beweisrechts. Leider wird er durch Erklärungen und Vorbehalte der Vertragsstaaten mehr oder weniger zunichte gemacht. Deutschland lässt die Vernehmung von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen nur mit Genehmigung der Zentralen Behörde zu (§ 11 S 2 AusfG). Auch die Schweiz macht die Vernehmung Drittstaatsangehöriger durch Diplomaten oder Konsuln von der Genehmigung des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements abhängig.96

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92 BT-Drucks 8/217 vom 22.3.1977, 57. 93 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, § 7 VI 3 (S 344). 94 Lunz, Internationaler Zivilprozess, 1968, S 80; Szászy, International Civil Procedure, 1967, S 645. 95 Vgl OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 575; E. Geimer S 103f. 96 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, § 7 VI 3 b (S 329).

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Durch den deutsch-amerikanischen Notenwechsel vom 17.10.1979/1.2.198097 ist allerdings vereinbart, dass amerikanische Konsuln in Deutschland andere nicht amerikanische Staatsangehörige auf freiwilliger Basis befragen können. Nach Art 18 HBÜ können sich ausländische Konsuln etc. an die inländische Behörde mit der Bitte um Verhängung von Zwangsmaßnahmen wenden, wenn die Beweisperson zur freiwilligen Aussage oder Mitwirkung nicht bereit ist.98 Voraussetzung dafür ist aber, dass der Vertragsstaat eine entsprechende Erklärung abgibt. Solche Erklärungen haben Italien, Mexiko, die Tschechische Republik, das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten von Amerika und Zypern, nicht aber Deutschland abgegeben. Ausländische Konsuln können Vernehmungen in Deutschland daher nur auf der Grundlage der Freiwilligkeit vornehmen. 58 Infolge der deutschen Vorbehalte gestattet Art 16 HBÜ nur, was bereits nach dem Haager Übereinkommen von 1954 möglich war. Die deutschen Vorbehalte sind auch deshalb schwer verständlich, weil von deutscher Seite keine Bedenken getragen worden sind, im deutsch-britischen Abkommen vom 20.3.1928 den diplomatischen und konsularischen Vertretern der Vertragsstaaten die Möglichkeit einzuräumen, nicht nur eigene Staatsangehörige, sondern auch solche von dritten Staaten und vom Empfangsstaat zu Beweiszwecken zu vernehmen (s u Rz 138). Diese Bestimmung wird auch durch das Haager Beweisübereinkommen nicht berührt. 7. Beweisaufnahme durch Beauftragte („commissioners“) 59 Art 17 HBÜ behandelt die Beweisaufnahmen durch Beauftragte (commissioners). Hierdurch wird auf die typisch anglo-amerikanische Praxis abgestellt, Beweise im Ausland durch „special examiners“ oder „commissioners of oaths“, die dazu vom Prozessgericht ernannt sind, zu erheben. Diese Art der Beweisaufnahme ist an dieselben Voraussetzungen geknüpft wie die durch diplomatische oder konsularische Vertreter. Es wird also eine Genehmigung der zuständigen Behörde des Staates, in dem Beweis aufgenommen werden soll, entweder allgemein oder im Einzelfall gefordert. Im Übrigen handelt es sich bei dieser Art von Beweisaufnahmen ebenso wie bei denen durch Auslandsvertreter um solche, bei denen staatliche Behörden nicht mitwirken. Auch hierfür kann als Beispiel das deutsch-britische Abkommen von 1928 herangezogen werden, denn häufig sind Konsuln zu „special examiners“ ernannt worden. Die BR Deutschland steht dieser Art von Beweisaufnahmen aufgeschlossener gegenüber als Beweisaufnahmen durch fremde Auslandsvertreter, da der Beauftragte nicht die Interessen des ersuchenden _______________

97 IPRax 1993, 224; vgl E. Geimer S 105ff; ferner Volkswagen AG v Falzon, 23 ILM 1984, 412. 98 Vgl Pfeil-Kammerer S 296ff.

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Staates zu wahren hat. Daher macht die BR Deutschland keine Vorbehalte zugunsten der eigenen Staatsangehörigen. Sie behält sich lediglich eine Genehmigung und eine richterliche Kontrolle vor (§ 12 AusfG z. HBÜ).99 Ein deutsches Gericht kann von der Möglichkeit des Art 17 HBÜ dadurch 60 Gebrauch machen, dass ein Mitglied des Gerichts zum beauftragten Richter bestellt wird (§ 375 Abs 1a ZPO); gemäß Art 32 I GG ist auch die Genehmigung des Bundes für die Auslandsreise erforderlich.100 Sonstige Beauftragte kennt das deutsche Recht nicht.101 Art 18 HBÜ will sicherstellen, dass Personen, die nicht freiwillig vor diplo- 61 matischen oder konsularischen Vertretern oder Beauftragten, die befugt sind, Beweisaufnahmen vorzunehmen, aussagen, dazu durch Zwangsmaßnahmen des Staates, in dem die Beweisaufnahme erfolgt, angehalten werden. Jeder Staat kann nämlich erklären, dass Auslandsvertreter oder Beauftragte sich an eine bestimmte Behörde wenden können, um die für diese Beweisaufnahme erforderliche Unterstützung durch Zwangsmaßnahmen zu erhalten. Hierbei handelt es sich um einen anderen Weg als den, der nach Art 12 des deutschbritischen Abkommens von 1928 vorgesehen ist. Deutschland beabsichtigt nicht, eine Erklärung nach Art 18 abzugeben.102 Die Artikel 19 bis 21 HBÜ enthalten Schutzvorschriften für die zu verneh- 62 menden Personen. So kann die zuständige Behörde des Staates, in dem die Beweisaufnahme erfolgt, verlangen, dass ihr der Ort und die Zeit der Beweisaufnahme mitgeteilt werde, damit sie einen Vertreter zu der Beweisaufnahme entsenden kann. Die zu vernehmenden Personen können einen Rechtsberater hinzuziehen. 63 Ein Rechtsberater muss in dem Staat zugelassen sein, in dem die Beweisaufnahme stattfindet. Die Beweisaufnahmen durch Auslandsvertreter bzw durch Beauftragte haben 64 für das Prozessgericht den großen Vorteil, dass dabei seine eigenen Beweisvorschriften beachtet werden (s u Rz 114, 116). Das Haager Beweisübereinkommen macht jedoch einige Einschränkungen. Die Beweise dürfen nicht mit dem Recht des Staates, in dem Beweis aufgenommen werden soll, unvereinbar sein oder der erteilten Genehmigung widersprechen. Sieht man von der Genehmigung ab, so kehrt im Wesentlichen dieselbe Formel wieder, die in Art 9 enthalten ist, dass dem Antrag des ersuchenden Prozessgerichts, bei der Beweisaufnahme nach einer besonderen Form zu verfahren, nicht _______________

99 Vgl Pfeil-Kammerer S 299ff; Böhmer NJW 1990, 3049, 3053; Schabenberger, Der Zeuge im Ausland im deutschen Zivilprozess, S 128. 100 E. Geimer S 116ff. 101 E. Geimer S 143. 102 Eine solche Erklärung haben bisher die Vereinigten Staaten abgegeben, BT-Drucks 8/217 vom 22.3.1977, 57.

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entsprochen werden kann, wenn diese mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar ist. Damit stehen die diplomatischen und konsularischen Vertreter sowie die Beauftragten vor einer viel schwierigeren Aufgabe als die ersuchten Gerichte, denn diese können besser übersehen, ob die Beweisvorschriften des Prozessgerichts mit denen des Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfindet, unvereinbar sind. Hierbei gewinnt die Überwachung solcher Beweisaufnahmen durch den Staat, in dem die Beweisaufnahme stattfindet, eine besondere Bedeutung (s o Rz 53). Es lässt sich also nur bedingt feststellen, dass solche Beweisaufnahmen nach der „lex fori“ des Prozessgerichts stattfinden. Eine solche Schutzvorschrift bedeutet keinen Fortschritt bei der Entwicklung der internationalen Rechtshilfe, sondern ein engstirniges Kleben an den eigenen Hoheitsrechten, denn die zu vernehmenden Personen sind im Wesentlichen dadurch geschützt, dass sie nicht auszusagen brauchen. Nur falls Zwangsmaßnahmen seitens des ersuchten Staates von dem ersuchenden Prozessgericht gewünscht werden, können die erwähnten Einschränkungen verteidigt werden. 65 Die Schutzvorschrift des Art 21 (a) wird praktisch dadurch einer Anwendung enthoben, dass sich nach Art 21 (e) die zu vernehmende Person auf die in Art 11 vorgesehenen Rechte zur Aussageverweigerung oder Aussageverbote berufen kann. Damit wird Zeugen, Sachverständigen und Parteien ein Wahlrecht eingeräumt (s o Rz 46ff). 66 Auslandsvertreter und Beauftragte können die Beweise grundsätzlich in den Formen aufnehmen, die das Prozessgericht vorsieht, es sei denn, dass das Recht des Staates, in dem Beweis aufgenommen wird, diese Form verbietet. 67 Nach Art 23 HBÜ kann jeder Vertragsstaat erklären, „dass er Rechtshilfeersuchen nicht erledigt, die ein Verfahren zum Gegenstand haben, das in den Ländern des „Common Law“ unter der Bezeichnung „pre-trial discovery of documents“ bekannt ist“.

Fast alle Vertragsstaaten haben sich gegen das weite discovery-Verfahren nach US-FRCP 26 (b) (1) (idF von 1993) gewandt, wonach „parties may obtain discovery regarding any matter, not privileged, which is relevant to the subject matter involved in the pending action“

und es genügt, dass erst die verlangte Information möglicherweise dazu verhilft, direkt relevantes Beweismaterial zu finden. Solche „fishing expeditions“ wollten sie nicht zulassen.103 68 Finnland, Frankreich,104 Mexiko, die Niederlande, Singapur, Schweden und das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland haben die Er_______________

103 Vgl Pfeil-Kammerer S 221ff, 233ff. 104 Vgl Cour d’Appel de Paris IPRax 2005, 451 (dazu Reufels/Scherer S 456).

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ledigung von Rechtshilfeersuchen daher beschränkt auf konkrete Dokumente, die eine unmittelbare Beziehung zum Rechtsstreit haben.105 Argentinien, Australien, Dänemark, Deutschland, Italien, Luxemburg, 69 Monaco, Portugal, Spanien und Zypern haben die Erledigung aller Ersuchen um „discovery of documents“ ausgeschlossen. Dänemark, Finnland, Frankreich und Schweden haben ihren ursprünglichen Gesamtvorbehalt modifiziert und erledigen nur konkrete Vorlageersuchen. In fast allen von diesen Staaten kann niemand zur Aufdeckung dem Gegner unbekannter Unterlagen aufgefordert werden. Hinzuweisen ist auch auf Blocking Statutes (s o § 5 Rz 311ff), mit denen einzelne Staaten die Befolgung von Discovery-Anordnungen verbieten. Keinerlei Vorbehalt ist lediglich von Barbados, Israel und der ehemaligen Tschechoslowakei erklärt worden. Warum die Vertragsstaaten die Rechtshilfe gerade bei der Urkundenvorlage 70 ausgeschlossen haben, ist gar nicht oder nur als Folge spektakulärer Produkthaftungsklagen zu erklären, in denen mehrere tausende Dokumente vorgelegt werden mussten. Manche meinen daher, der Vorbehalt des Art 23 HBÜ sei gar nicht technisch zu verstehen. Man habe das englische discovery-Verfahren vor Augen gehabt, das sich im Urkundenaustausch erschöpfe. Daher beziehe sich der Vorbehalt auf jede Art von „discovery american style“, dh auf eine Sachaufklärung zur Ausforschung, ohne vorherige Präzisierung der konkret streitigen Tatsachen. Daher seien sämtliche unspezifizierten und unsubstantiierten discovery-Begehren abzulehnen.106 Der Vorbehalt nur gegenüber „discovery of documents“ ist in der Tat nicht 71 einsichtig und erschwert die Sachaufklärung für den amerikanischen Zivilprozess in wenig sinnvoller Weise.107 Jedoch ist der Vorbehalt (wenn auch in Unkenntnis der Rechtslage) nur gegenüber dieser Aufklärungsmethode erklärt worden und es erscheint nicht angängig nur auf das Wort „discovery“ abzustellen. Bei der Auslegung eines internationalen Übereinkommens muss der Wortlaut einer Vereinbarung stärkeres Gewicht haben und kann nicht ohne weiteres im Wege objektiver teleologischer „Auslegung“ beiseitegeschoben werden. Die deutsche Praxis hat sich deshalb an das Übereinkom_______________

105 Texte der Vorbehalte bei 28 USCA. Vol 15, 1994, S 420ff; für England vgl Rio Tinto Zinc v Westinghouse Elec. [1978] AC 547; In re Asbestos Insurance Coverage Cases [1985] 1 WLR 331. 106 Junker, Discovery, S 295ff; ders, in: Heldrich/Kono, S 103, 110f, 114; Schack, IZVR, Rz 734; Schlosser ZZP 101 (1988), 330; Paulus ZZP 104 (1991), 397, 411; Beckmann IPRax 1990, 201, 203f; vgl Schlosser RdC 284 (2000), 130ff; ders, EUZivilprozessrecht, Art 23 HBÜ Rz 4f. 107 Vgl bereits Martens RIW 1981, 725.

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men gehalten und nur Ersuchen auf Urkundenvorlage abgelehnt,108 Ersuchen zur Zeugenvernehmung aber stattgegeben.109 Außerdem kann eine Beweisaufnahme durch einen amerikanischen commissioner zugelassen werden (s o Rz 57ff). 72 Nach § 14 II AusfG können jedoch, „soweit die tragendenden Grundsätze des deutschen Verfahrens nicht entgegenstehen, solche Ersuchen unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen erledigt werden, nachdem die Voraussetzungen der Erledigung und das anzuwendende Verfahren durch Rechtsverordnung näher geregelt sind, die der Bundesminister der Justiz mit Zustimmung des Bundesrates erlassen kann“.

Im Anschluss an die Aérospatiale-Entscheidung wurde in Deutschland der Entwurf einer solchen Vorlage-Verordnung vorgelegt und diskutiert.110 Darin war vorgesehen, künftig hinreichend spezifizierte, substantiierte Aufklärungsersuchen zu erledigen. Der Erlass einer solchen Verordnung wäre durchaus sinnvoll, um den sachgerechten Schutz für deutsche Parteien in US-amerikanischen Prozessen und die generelle Zusammenarbeit der Gerichte zu verbessern. Leider haben sich bislang die Gegner einer vernünftigen Zusammenarbeit durchgesetzt und den Erlass dieser Verordnung verhindert.111 73 Nach einem Brief des Justizministeriums vom 16.10.1990112 besteht kaum Aussicht auf Erlass einer Verordnung. „It can only be suggested to counsel for German firms which are supposed to produce documents to apply to the American court for appointment of a commissioner, so that the document production in Germany may take place in accordance with the rules of the judicial administration of the respective states …“

74 Das Haager Beweisübereinkommen hat also dazu geführt, dass es zu einer Konfrontation zwischen deutschen und amerikanischen Beweisvorschriften gekommen ist. Es geht nicht nur um die Frage, wie weit ein Ausforschungsbeweis nach deutschem Recht unzulässig ist, es geht vielmehr um die Abwehr des Missbrauchs des amerikanischen „pre-trial“-Verfahrens.113 Das „pre-trial“-Verfahren hat möglicherweise dazu geführt, dass sich bereits ein _______________

108 ZB OLG München IPRax 1982, 150 (dazu Nagel S 13); krit. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 23 HBÜ Rz 3 (willkürliche, verfassungswidrige Regelung). 109 OLG München RIW 1981, 555, 557 = ZZP 94 (1981), 462; MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 23 Rz 5; krit. Schlosser ZZP 94 (1981), 369; Schütze RIW 2005, 579, 585; vgl Pfeil-Kammerer S 244ff. 110 Vgl Böhmer NJW 1990, 3053; Koch/Kirchner AG 1988, 127; Junker JZ 1989, 121, 128; Greger ZRP 1988, 164; Trittmann/Leitzen IPRax 2003, 7. 111 Für einen erlass erneut: Reufels/Scherer IPRax 2005, 456. 112 Auszugsweise abgedruckt bei Lowenfeld, Intern. Litigation and Arbitration, 1993, S 276. 113 Vgl von Hülsen RIW/AWD 1982, 225.

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„Beruf“ als Sachverständiger herausgebildet hat. In diesem Verfahren wird insbesondere auf die Geheimhaltung keine Rücksicht genommen. Deutschen Firmen, die als Beklagte an einem Rechtsstreit in den Vereinigten Staaten beteiligt sind, kann nur empfohlen werden, sich durch amerikanische Rechtsanwälte hinsichtlich ihres Verhaltens im „pre-trial“-Verfahren richtig beraten zu lassen. Soweit es um Rechtshilfeersuchen amerikanischer Gerichte geht, haben Zeugen und Sachverständige die Möglichkeit, sich auf ihr Aussageverweigerungsrecht nach deutschem Recht zu berufen. Ebenso können sich die Parteien oder Dritte auf die deutschen Vorschriften hinsichtlich der Vorlage von Urkunden beziehen, wobei ihnen die schlecht ausgebaute prozessuale Vorlageverpflichtung nützlich sein könnte.114 In welchem Umfang das amerikanische „pre-trial“-Verfahren von politischer 75 Bedeutung geworden ist, beweist die Sache Re Westinghouse Elec. Corp. Uranium Contract Litigation.115 Inzwischen ist die Diskussion um die „Discovery“ weitergegangen. Sie ist als der Stützpfeiler des amerikanischen Prozesses bezeichnet worden.116 Eine Klage wird nicht auf einen substantiierten und schlüssigen Sachverhalt gegründet, die Tatsachen werden vielmehr im „pre-trial“-Verfahren erforscht. „Fishing expeditions“ sind im Gegensatz zum englischen Verfahren die Regel.117 Die sehr weitreichende Zuständigkeit der amerikanischen Gerichte ermöglicht es, dass viele Beweisverfahren im Inland durchgeführt werden, so dass die Schutzwirkungen des Haager Beweisübereinkommens nicht zum Tragen kommen. Die Meinungen gehen darüber auseinander, wie der deutsche Vorbehalt nach 76 Art 23 HBÜ und § 14 dt. AusfG ausgefüllt werden sollte. Stürner scheint eine bilaterale Vereinbarung zwischen den Vereinigten Staaten und den europäischen Staaten zu bevorzugen.118 Junker119 meint, der Vorbehalt sollte in Übereinstimmung mit der Mehrzahl der europäischen Signatarstaaten dahin ausgelegt werden, dass nur genügend spezifizierte und hinreichend substantiierte Rechtshilfeersuchen seitens der Vereinigten Staaten erfasst werden sollten.

_______________

114 Krit Stürner JZ 1981, 523. 115 1979 W. L. R. 81; Stiefel, RIW/AWD 1979, 511; Augustine, Obtaining International Judicial Assistance under the Federal Rules and the Hague Convention on the Taking of Evidence abroad in Civil and Commercial Matters, Georgia Journal Int. & Comp. L. 10 (1980), 179. 116 Junker, Discovery, S 43. 117 Stürner, in: Habscheid, Justizkonflikt, S 3, 12. 118 Stürner, in: Habscheid, Justizkonflikt, S 153, 157. 119 JZ 1989, 129.

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8. Andere gerichtliche Handlungen 77 Nach Art 1 I HBÜ kann die gerichtliche Behörde eines Vertragsstaates die zuständige Behörde eines anderen Vertragsstaates auch ersuchen, andere gerichtliche Handlungen vorzunehmen. Der Begriff der anderen gerichtlichen Handlungen ist im Übereinkommen nur insoweit umrissen, als diese nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchenden Gerichts bzw der Behörde zulässig sein müssen. Insoweit deckt sich der Begriff mit dem der Rechtshilfe im Sinne der §§ 156ff GVG. Danach muss es sich um Handlungen handeln, die das Prozessgericht seiner sachlichen Zuständigkeit nach selbst vornehmen könnte, die es aber wegen seiner örtlichen Gebundenheit insbesondere im Hinblick auf die Justizhoheit anderer Staaten nicht selbst vornehmen kann.120 Dazu können zB gehören:121 – – – – – –

die Vornahme eines Sühneversuchs in Ehesachen (§ 5 Nr 2 ZRHO), die Entgegennahme von Parteierklärungen in Ehe- und Kindschaftssachen, das Übersenden von Akten oder Urkunden (§ 5 Nr 5 ZRHO), die Erteilung behördlicher Auskünfte (§ 47 ZRHO), die Ermittlung von Zeugen oder Berechtigten (§ 5 Nr 5 ZRHO), das Zurverfügungstellen von Räumen, Protokollführern und Gerichtswachtmeistern für Beweisaufnahmen durch Beauftragte.

78 Darunter fallen auch die Ladung, Vernehmung und Beeidigung von Zeugen, Sachverständigen und Parteien für ein Schiedsgerichtsverfahren nach § 1036 ZPO, oder die Ernennung oder Ablehnung von Schiedsrichtern gemäß § 1045 ZPO. 79 Für Ersuchen um Übersendung von Akten oder Urkunden (§ 5 Nr 5 ZRHO) bestimmt § 97 ZRHO, dass im Rechtsverkehr mit Österreich und der Schweiz Akten über bürgerliche Rechtsangelegenheiten mit Erlaubnis der Prüfstelle vorübergehend den österreichischen oder schweizerischen Gerichten überlassen werden dürfen. In allen übrigen Fällen sind Ersuchen ausländischer Behörden um zeitweilige Überlassung von Akten der Landesjustizverwaltung zur Entscheidung vorzulegen (§ 97 II ZRHO). Aufgrund des neuen Übereinkommens müssten die Landesjustizverwaltungen freilich besondere Gründe haben, wenn sie einer Aktenversendung nicht zustimmen wollten. Dabei kämen insbesondere solche Hinderungsgründe in Frage, die einer Beweisaufnahme aufgrund eines ausländischen Ersuchens im Inland entgegenstehen. 80 Das Haager Beweisübereinkommen bezieht sich jedoch nicht auf Akte der Zwangsvollstreckung (Art 1 III HBÜ). Bei der internationalen Rechtshilfe _______________

120 Nagel, Nationale und internationale Rechtshilfe, 23. 121 Vgl MüKo/Musielak, 2. Aufl, § 363 Anh I Art 1 Rz 1.

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geht es immer nur um die Hilfeleistung durch ein ausländisches Gericht oder eine Behörde für das Erkenntnisverfahren. Dass diese Hilfe auch durch ein „Dulden“ von Prozesshandlungen seitens diplomatischer oder konsularischer Vertreter oder Beauftragter des Prozessgerichts geleistet werden kann, ergibt sich aus dem Wesen der internationalen Rechtshilfe. 9. Kosten Der ersuchte Staat darf für die Erledigung des Rechtshilfeersuchens keine 81 Gebühren verlangen (Art 14 I HBÜ). Doch darf Erstattung der Auslagen für Sachverständige, Dolmetscher und der Kosten verlangt werden, die durch den Wunsch nach einer besonderen Form der Beweiserhebung entstanden sind (Art 14 II HBÜ). Der weiterreichende Vorbehalt des Art 26 HBÜ hat in Deutschland keine Bedeutung. Schuldner des Auslagenersatzes ist der ersuchende Staat, nicht die Partei.122

IV. Beweisaufnahmen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 1. Übermittlungswege Für Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen oder andere gerichtliche 82 Handlungen gilt grundsätzlich ebenfalls der konsularische Weg, dh die Ersuchen werden über die Prüfstellen an den zuständigen deutschen Konsul geschickt.123 Dieser übermittelt der von dem ersuchten Staat bezeichneten Behörde das Ersuchen (Art 9 HZÜ 1954). Daneben gibt es noch den diplomatischen und den direkten Behördenweg. Nach Art 15 HZÜ kann jeder Vertragsstaat unmittelbar durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter Ersuchen erledigen lassen, wenn entsprechende Abkommen zwischen den beteiligten Staaten dies zulassen oder wenn der Staat, in dessen Hoheitsgebiet das Ersuchen erledigt werden soll, dem nicht widerspricht. Die Anzahl der Übermittlungswege ist also etwas kleiner als bei den Zustellungen. 2. Anzuwendendes Recht Grundsätzlich werden Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen nach der 83 „lex fori“ des ersuchten Staates durchgeführt. „Jedoch ist dem Antrag der ersuchenden Behörde, nach einer besonderen Form zu verfahren, zu entsprechen, sofern diese Form den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates nicht _______________

122 E. Geimer S 99. 123 Fasching/Bajons Anh A §§ 38–40 JN Rz 24.

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zuwiderläuft“ (Art 14 HZÜ entspricht insoweit dem Art 3). Danach können Beweisaufnahmen also auch nach den Vorschriften der „lex fori“ des ersuchenden Staates durchgeführt werden. Diese Lösung hat den Vorteil, dass die Beweisaufnahme vor dem Prozessgericht und dem ausländischen ersuchten Gericht bzw der entsprechenden Behörde nach einheitlichen Prozessvorschriften durchgeführt wird. Der Natur der internationalen Rechtshilfe, die dem Prozessgericht lediglich Hilfe leisten will, wird diese Lösung am besten gerecht. 84 § 83 ZRHO hält allerdings an dem Grundsatz fest, dass Rechtshilfeersuchen unter Beachtung der deutschen Formvorschriften zu erledigen sind. Der Grundsatz der „lex fori“ ist also auch bei Beweisaufnahmen für ein ausländisches Prozessgericht fest verankert. Wenn besondere Wünsche geäußert werden, so dürfen deren Erledigung zwingende deutsche Vorschriften nicht entgegenstehen. Unter Anlegung eines strengen Maßstabes müsste man davon ausgehen, dass alle Prozessvorschriften, die das Beweisrecht betreffen, zwingenden Charakter haben. Eine solche Auffassung würde jedoch den Anforderungen der internationalen Rechtshilfe nicht gerecht. Deswegen müssen schon besondere Umstände vorliegen, wenn einem besonderen Wunsch des Prozessgerichts nicht entsprochen werden kann. Solche besonderen Umstände ergeben sich allerdings zum Teil aus den unterschiedlich ausgestalteten Beweisrechten. 85 Auch in Schweden darf ein besonderer Wunsch nicht im Widerspruch zum zwingenden schwedischen Recht stehen (Lag 1946:818 om bevisupptagning åt utländsk domstol, § 8 II). Die italienische Rechtsprechung geht dahin, dass die Ausführung einer Beweisaufnahme nicht mit der „ordine pubblico interno“ des ersuchten Staates in Widerspruch stehen dürfe.124 In Frankreich scheint man wenig geneigt zu sein, von der „lex fori“ des ersuchten französischen Gerichts abzuweichen.125 Nach Art 1132 § 1 polnische ZPO kann eine andere als die vom polnischen Recht vorgesehene Form angewendet werden, sofern diese Form der Handlung nicht vom polnischen Recht untersagt ist und nicht zu den grundlegenden Prinzipien der Rechtsordnung der polnischen Volksrepublik im Widerspruch steht. 86 Eine erfreulich aufgeschlossene Haltung nimmt Österreich ein. Nach § 39 II JN darf von den im Inland geltenden Vorschriften abgewichen werden, wenn ausdrücklich darum ersucht wird und das durch keine Vorschrift der inländischen Gesetzgebung verboten erscheint. Damit wird schon ein ausdrückliches Verbot gefordert, wonach eine bestimmte Beweisaufnahme nicht in einer besonderen Form durchgeführt werden dürfte. _______________

124 Corte d’Appello di Milano vom 11.9.1965, zitiert von Pocar, l’assistenza guidiziaria, S 237. 125 Huet, Les conflits de lois, S 360.

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a) Schwierigkeiten beim Zeugenbeweis Beim Zeugenbeweis können folgende Schwierigkeiten auftreten:

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Wird in deutschen Rechtshilfeersuchen die Vernehmung von Zeugen erbeten, denen nach dem Recht des ersuchten Staates die Zeugenfähigkeit fehlt, so muss damit gerechnet werden, dass solchen Ersuchen nicht stattgegeben wird (s u § 9 Rz 68ff). Dort wird die Frage behandelt, wie sich das deutsche Prozessgericht gegenüber einem im Inland weilenden Ausländer zu verhalten hat. Hier geht es dagegen darum, ob im Gegensatz zu der „lex fori“ des ersuchten Staates Beweise nach dem Recht des ersuchenden Staates erhoben werden können. Da die Beweise von dem Prozessgericht gewürdigt werden, kann es dem ersuchten Staat gleichgültig sein, inwieweit die Zeugenunfähigkeit den urteilenden Richter binden oder vor einer falschen Würdigung der Aussage bewahren soll. Da die Zeugenunfähigkeit aber zugleich den Charakter einer Schutzvorschrift für die betreffenden Personen enthält, kann der ersuchte Staat hierüber nicht ohne weiteres hinweggehen.126 Durch den NCPC ist diese Auffassung für Frankreich erheblich modifiziert 88 worden, denn nach Art 205 (2) NCPC dürfen Personen, die zeugnisunfähig sind, uneidlich gehört werden. Da dem deutschen Prozessgericht in der Regel eine uneidliche Aussage eines Zeugen genügt, werden entsprechenden deutschen Rechtshilfeersuchen keine Hindernisse mehr im Wege stehen. Anders ist es jedoch bei Scheidungsklagen, soweit Abkömmlinge der Parteien in einem Ehescheidungsprozess als Zeugen aussagen sollen. Solche Schutzvorschriften werden nicht nur in Frankreich und Belgien an dem „ordre public“ gemessen. Das Zeugnisverweigerungsrecht unterscheidet sich dadurch wesentlich von 89 der Zeugenunfähigkeit, dass bei letzterer die betreffenden Personen überhaupt nicht geladen und vernommen werden dürfen, während sie bei einem echten Zeugnisverweigerungsrecht selbst darüber entscheiden, ob sie aussagen wollen oder nicht. Die Rechtslage ist allerdings dadurch unübersichtlich geworden, dass sich die Konturen verwischen. Es sei nur wiederholt, dass nach dem neuen französischen c.p.c. Personen, „qui sont frappées d’une incapacité de témoigner“ grundsätzlich uneidlich gehört werden dürfen. Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht einen absoluten Charakter hat, wie zB die Schweigepflicht des Arztes nach französischem Recht, darf die betreffende Person auch dann nicht aussagen, wenn sie von der durch die Schweigepflicht geschützten Person entbunden sein sollte. Solche Personen dürfen überhaupt nicht als Zeugen gehört werden. Die Rechtslage ist nicht anders, _______________

126 Huet, Les conflits de lois, S 335, will dieser Schutzvorschrift daher dieselbe Bedeutung zumessen wie einer Zulässigkeitsvorschrift; in demselben Sinn auch Batiffol/Lagarde, no 707; auch Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, 1965, S 404.

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als wenn sie einer echten Zeugenunfähigkeit unterlägen. Ein Arzt, der von dem Patienten von der Schweigepflicht entbunden ist, könnte demnach im Wege der internationalen Rechtshilfe nicht durch das ersuchte französische Gericht vernommen werden. Andererseits bestehen keine Bedenken, in deutschen Rechtshilfeersuchen als besonderen Wunsch zum Ausdruck zu bringen, die zu vernehmenden Personen seien auf die einzeln aufgeführten Zeugnisverweigerungsrechte nach der deutschen ZPO hinzuweisen. 90 Von dem ersuchten englischen Gericht könnten zB Zeugen, die von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen, nicht gehört werden, obgleich ihnen nach englischem Recht kein Privileg zur Seite stehen würde.127 91 In der Schweiz entscheidet das Recht des ersuchten Gerichts, ob der Zeuge erscheinen muss und ob er ein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach dem Recht des ersuchenden Prozessgerichts kann er sich dagegen nicht berufen.128 Das Schweizer Recht geht davon aus, dass das Prozessgericht kein Ersuchen stellen wird, ein nach seinem eigenen Recht unbehelfliches oder unzulässiges Zeugnis aufzunehmen. 92 Schweden hat eine vorbildliche Haltung eingenommen. Danach kann derjenige, dem nach ausländischem Recht ein Zeugnisverweigerungsrecht oder sonst ein Recht, seine Mitwirkung zu verweigern, zur Seite steht, sich hierauf auch dem schwed. Rechtshilfegericht gegenüber berufen (Lag om bevisupptagning åt utländsk domstol vom 20.12.1946, § 7). Damit nimmt das schwedische Prozessgericht Rücksicht darauf, dass ausländische Verfahrensordnungen nicht eine soweit gehende Aussageverpflichtung oder eine soweit reichende Editions- oder Exhibitionspflicht kennen wie das schwedische Recht. b) Schwierigkeiten bei der Abgrenzung des Zeugen von der Partei 93 Schwierigkeiten können sich auch ergeben aus der Abgrenzung des Zeugen von der Partei. Da nach dem schwed Elterngesetz (Kap. 7 § 2 [3]) der Sorgeberechtigte das Kind im Unterhaltsprozess vertritt, so wurde er vom schwedischen Rechtshilfegericht möglicherweise als Partei und nicht gemäß dem deutschen Rechtshilfeersuchen als Zeuge gehört.129 Da jedoch die Unterschiede zwischen einer Zeugen- und einer Parteivernehmung nach schwedischem Recht nicht gravierend sind, kann dem besonderen Wunsch eines deutschen Rechtshilfeersuchens entsprochen werden. Grundsätzlich muss _______________

127 AA nach diesem Beispiel Cohn ZZP 80 (1967), 230, 237. 128 Walder, Einführung in das Internationale Prozessrecht der Schweiz, 1989, § 12 Rz 23. 129 Ekelöf, Rättegang, IV, 157.

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jedoch davon ausgegangen werden, dass das ersuchte ausländische Gericht die Abgrenzung des Zeugen von der Partei nach seiner „lex fori“ vornehmen wird. Deswegen muss damit gerechnet werden, dass ein englisches Rechtshilfegericht eine Partei im Zeugenstand nach den englischen Prozessbestimmungen vernehmen lassen wird. c) Schwierigkeiten bei Parteivernehmungen und Parteieiden Bei der internationalen Rechtshilfe sollte die Parteivernehmung eine unter- 94 geordnete Bedeutung haben, da die Parteien ein natürliches Interesse daran haben müssten, vor dem Prozessgericht zu erscheinen. Dennoch liegt nach statistischen Angaben die Zahl der Rechtshilfeersuchen um Parteivernehmung ziemlich hoch.130 Da sich in einigen Staaten die Parteivernehmung noch nicht bzw noch nicht ganz durchgesetzt hat, fragt es sich, ob dann deutschen Rechtshilfeersuchen um Parteivernehmung stattgegeben werden kann. In Italien scheint diese Frage immer noch zweifelhaft zu sein.131 In Frankreich ist man unter Berufung auf die „lex loci actus“ den Ersuchen um Parteivernehmung aufgeschlossen. Hierbei sollte nicht übersehen werden, dass Ersuchen um Parteivernehmung um so eher entsprochen wird, als auf eine Beeidigung verzichtet wird. Da eine Beeidigung bei der Parteivernehmung in der deutschen Gerichtspraxis kaum noch vorkommt, sollte hierauf in Rechtshilfeersuchen ganz verzichtet werden. Soweit die mittelalterlichen Institute des zugeschobenen und des bestäti- 95 genden Parteieides nach neueren Zivilprozessordnungen abgeschafft worden sind, kann teilweise erwartet werden, dass ein hierauf gerichtetes Rechtshilfeersuchen dennoch durchgeführt wird. Nach § 86 III ZRHO werden Ersuchen um eidliche Vernehmung in der Regel in der beantragten Form auch dann zu erledigen sein, wenn die erbetene Prozesshandlung für den gleichen Fall dem deutschen Recht unbekannt ist (zB der zugeschobene Eid). d) Das bei der Vorlage von Urkunden anzuwendende Recht Die Beweiskraft ausländischer Urkunden hat lediglich der Prozessrichter zu 96 prüfen (s u § 9 Rz 119ff). Den ersuchten Richter geht es nichts an, wie der Prozessrichter die Würdigung des Urkundenbeweises vorzunehmen hat. Auch die materiellrechtliche Verpflichtung, Urkunden vorzulegen, berührt den _______________

130 Nagel, Nationale und internationale Rechtshilfe, 205. 131 Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, 1965, S 405, hegen bei der italienischen Gerichtspraxis Zweifel; die neuere Rechtsprechung scheint aber aufgeschlossener zu sein, denn Pocar, L’assistenza guidiziaria, S 156, erwähnt ein Urt des Corte d’Appello di Napoli vom 1.4.1966, wonach dem Ersuchen eines Braunschweiger Gerichts um Parteivernehmung stattgegeben worden ist.

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Rechtshilferichter nicht, weil hierzu in der Regel ein besonderer Prozess notwendig wird. 97 Die in den einzelnen Staaten unterschiedlich gestaltete prozessuale Vorlagepflicht von Urkunden muss sich auch bei der internationalen Rechtshilfe auswirken. Bei der Reform des deutschen Prozessrechts ist zwar die prozessuale Vorlagepflicht von Urkunden in §§ 142, 643 ZPO verstärkt worden. Enthält ein ausländisches Ersuchen aber den besonderen Wunsch, von dem Prozessgegner oder einem Dritten Urkunden gemäß der weitergehenden „lex fori“ des ausländischen Prozessgerichts zu erhalten, so kann dem weiterhin nicht entsprochen werden. Es ist daher nicht erstaunlich, dass die ZRHO auf die Vorlage von Urkunden überhaupt nicht eingeht. In § 5 Ziffer 2 ZRHO wird lediglich die Aufnahme eines Urkundenbeweises und die Prüfung von Urkunden erwähnt. Andererseits kann sich der Beweisführer vor dem deutschen Prozessgericht die ausgedehnte prozessuale Vorlage- bzw Herausgabepflicht von Urkunden dem Prozessgegner und Dritten gegenüber in solchen Ländern, in denen diese besteht, nutzbar machen. Er kann beantragen, dass entsprechende Rechtshilfeersuchen mit besonderen Wünschen an die zuständige Stelle des ausländischen Staates gerichtet werden. e) Körperliche Untersuchungen und medizinische Eingriffe im Wege der internationalen Rechtshilfe 98 Da im deutschen Recht die Exhibitionspflicht im Gegensatz zur Vorlagepflicht von Urkunden prozessual sehr weitgehend ausgebaut ist, fragt es sich, inwieweit im Wege der internationalen Rechtshilfe Blutproben und erbbiologische Gutachten beschafft werden können. In Frankreich kann niemand gezwungen werden, eine ärztliche Untersuchung oder eine Blutentnahme zu dulden. Ein deutsches Rechtshilfeersuchen kann daher nur Erfolg haben, wenn die betreffende Person sich freiwillig dazu zur Verfügung stellt.132 In Schweden kann die Blutgruppenuntersuchung zur Vaterschaftsfeststellung dagegen notfalls erzwungen werden (Lag om blodundersökning m m vid udredning ar faderskap, § 2 a [1982]). Ähnlich verhalten sich die Rechte von England und Polen. In Italien kann die Untersuchung nicht erzwungen werden. f) Der Sachverständigenbeweis im Rechtshilfeverfahren 99 Da die prozessuale Verpflichtung, als Sachverständiger für ein Gericht tätig zu werden, in den verschiedenen Ländern mit erheblichen Unterschieden ausgestattet ist, muss hierauf in Rechtshilfeersuchen Rücksicht genommen werden. Von Ausländern, die sich im Inland aufhalten und die die Vorausset_______________

132 Constantinesco AcP 159, 234.

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zungen des § 407 ZPO erfüllen, können unmittelbar von einem deutschen Prozessgericht Gutachten eingeholt werden. Anders ist es, wenn die Sachverständigen sich im Ausland aufhalten. Hierfür 100 schreibt § 40 ZRHO vor: „Ausländische Stellen oder ausländische Privatpersonen (Gutachter usw) dürfen nicht unmittelbar um Erstattung eines Gutachtens ersucht werden, da der ausländische Staat hierin einen Eingriff in seine Hoheitsrechte sehen kann. Vielmehr sind die Gutachten im Wege der Rechtshilfe einzuholen.“

Soweit deutsche Rechtshilfeersuchen um Einholung eines Sachverständigengutachtens an solche Staaten gerichtet werden, in denen wie zB in Schweden (außerhalb von Dienstpflichten, RB Kap. 40 § 4), Frankreich, Spanien keine prozessuale Pflicht besteht, die Aufgaben eines Sachverständigen zu übernehmen, muss damit gerechnet werden, dass möglicherweise solchen Ersuchen nicht entsprochen werden kann. Die im Rechtshilfeersuchen benannten Personen könnten sich auf die „lex fori“ ihres Staates berufen, wonach sie nicht verpflichtet sind, Gutachten zu erstatten. Es ist in diesem Zusammenhang zweifelhaft, ob das Prozessgericht den Sach- 101 verständigen auswählen oder die Auswahl vielmehr dem ersuchten ausländischen Gericht überlassen sollte. In solchen Ländern, in denen – wie in Italien – bei den Gerichten eine Liste der Sachverständigen geführt wird und in denen die darin aufgeführten Personen die prozessuale Verpflichtung haben, als Sachverständige tätig zu werden, sollte das Prozessgericht die Auswahl nach der Liste dem ersuchten Gericht überlassen, sofern ihm diese Liste nicht bekannt ist. Im Verhältnis zu den Ländern, in denen eine umfassende prozessuale Verpflichtung besteht, als Sachverständiger tätig zu werden, werden auch Rechtshilfeersuchen kaum auf Schwierigkeiten stoßen. Soweit es darum geht, Sachverständige als befangen abzulehnen, entscheidet lediglich die „lex fori“ des Prozessgerichts. Nach dem BGH muss das Gericht nicht versuchen, einen im Ausland wohnenden Sachverständigen, der ein schriftliches Gutachten erstattet hat, zu bewegen, zur Befragung zu erscheinen.133 3. Ablehnungsgründe für Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen Nach Art 11 III HZÜ kann die Erledigung des Rechtshilfeersuchens aus drei 102 Gründen abgelehnt werden: „1. wenn die Echtheit des Ersuchens nicht feststeht; 2. wenn die Erledigung des Ersuchens in dem ersuchten Staat nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt; _______________

133 BGH IPRax 1981, 57 (krit. Nagel S 47).

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Internationale Beweisaufnahmen

3. wenn der Staat, in dessen Hoheitsgebiet das Ersuchen durchgeführt werden soll, die Erledigung für geeignet hält, seine Hoheitsrechte oder seine Sicherheit zu gefährden.“

103 Die Echtheit des Ersuchens dürfte praktisch keine Rolle mehr spielen. Zweifel an der Echtheit eines Ersuchens sollten schon deswegen entfallen, weil nach der kontinental-europäischen Praxis die überwiegende Anzahl von Rechtshilfeersuchen von den Prozessgerichten ausgeht. Nach § 364 I ZPO kann das Prozessgericht zwar anordnen, dass der Beweisführer das Ersuchungsschreiben zu besorgen und die Erledigung des Ersuchens zu betreiben habe.134 Es läge auch in diesem Fall ein entsprechender Gerichtsbeschluss vor, der dem ersuchten Staat übermittelt werden könnte. Der Weg des § 364 ZPO steht alternativ, nicht nur subsidiär zur Verfügung.135 Außerdem sorgen auch die deutschen Prüfstellen dafür, dass hinsichtlich der Form der Ersuchen keine Schwierigkeiten auftreten. Unter den Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens entfällt auch eine Legalisation, wie sie in § 18 ZRHO vorgesehen ist. 104 Da das Haager Übereinkommen den Begriff der Zivil- oder Handelssache nicht definiert hat, könnten Ersuchen auch mit der Begründung abgelehnt werden, die nachgesuchte Rechtshilfe falle nicht in den Rahmen des Übereinkommens. Deswegen verlangt § 19 ZRHO, dass die Ersuchen eine klare und leicht verständliche Darstellung des Sachverhalts enthalten müssen. 105 Wann fällt die Erledigung eines Rechtshilfeersuchens nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt des ersuchten Staates? In den nationalen Verfahrensvorschriften wird dieser Ablehnungsgrund unterschiedlich umschrieben. Nach § 59 III Ziffer 2 ZRHO haben die Prüfstellen die Ersuchen der Landesjustizverwaltung zur Entscheidung vorzulegen. Das gilt zB bei einem Antrag auf Zustellung einer Klage, eines Mahnbescheides, einer Streitverkündung ua gegen die BR Deutschland oder ein Bundesland, einen Antrag auf Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an einen ausländischen Drittschuldner oder auf Zustellung einer einstweiligen Verfügung. 106 Nach § 38 II Nr 1 österr. JN ist die Rechtshilfe zu verweigern, „wenn die von dem ersuchenden Gericht begehrte Rechtshandlung nach den im Inlande hierfür geltenden Bestimmungen dem Geschäftskreis der Gerichte entzogen ist; …“

Nach Art 1131 polnische ZPO lehnt das polnische Gericht die Rechtshilfeleistung ab, wenn die Vornahme der begehrten Handlung nicht zum Tätigkeitsbereich der polnischen Gerichte gehört. 107 Nach dem schwedischen Recht muss es sich bei dem Rechtshilfeersuchen um eine zum Prozessverfahren gehörende Handlung handeln (Lag om bevi_______________

134 Vgl Schabenberger S 120ff. 135 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2393.

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Beweisaufnahmen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954

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supptagning at utlänsk domstol [1946:816]; die einzelnen Prozesshandlungen werden in § 1 [1] wie folgt aufgezählt: Abnahme des Eides, Durchführung einer Partei-, Zeugen- oder Sachverständigenvernehmung, Durchführung des gerichtlichen Augenscheins und des Urkundenbeweises). Da der „Bereich der Gerichtsgewalt des ersuchten Staates“ vom Haager Über- 108 einkommen bewusst offen gelassen ist, kommt es dabei entscheidend auf die Stellungnahme des ersuchten Staates an. Dieser wird dabei weitgehend auf seine internen Verfahrensbestimmungen zurückgreifen. Zu eng ist es darauf abzustellen, dem ersuchten Gericht müsse es objektiv unmöglich sein, dem Ersuchen zu entsprechen. Denn die deutsche ZPO kennt den zugeschobenen oder den einer Partei vom Gericht auferlegten Ergänzungseid seit 1933 nicht mehr. Einem deutschen Gericht ist es also rechtlich unmöglich, diese mittelalterlichen Beweise zu gebrauchen. Dazu sieht § 86 ZRHO vor:

109

„(1) Wird um Vernehmung von Zeugen und um ihre Beeidigung oder um die Bekräftigung ‚soweit zulässig’ oder ‚sofern ein gesetzlicher Hinderungsgrund nicht vorliegt’ ersucht, so hat die Beeidigung in den Fällen des § 393 ZPO zu unterbleiben. In dem Begleitschreiben (§ 63) ist zum Ausdruck zu bringen, dass und aus welchem Grund die Beeidigung nicht erfolgt ist; hierfür genügt die Anführung deutscher Gesetzesbestimmungen allein nicht. (2) Das gleiche gilt, wenn ohne jede Einschränkung um eidliche Vernehmung ersucht wird. (3) Ersuchen um eidliche Vernehmung werden in der Regel in der beantragten Form auch dann zu erledigen sein, wenn die erbetene Prozesshandlung für den gleichen Fall nach deutschem Recht unbekannt ist (zB zugeschobener Eid).“

Meili/Mamelok136 führen den Fall an, dass um die Beeidigung eines Zeugen ersucht wird, obwohl der ersuchte Staat eine Beeidigung gar nicht kennt. Das ist zB der Fall nach den Prozessordnungen der Schweiz. Danach muss damit gerechnet werden, dass entsprechende Rechtshilfeersuchen abgelehnt werden. In Polen kann dagegen damit gerechnet werden, dass das ersuchte polnische Gericht an Stelle des Eides eine Wahrheitsversicherung gemäß Art 268 polnische ZPO von dem Zeugen fordern wird. Es kommt also ganz darauf an, welche gerichtlichen Handlungen noch im Bereich des ersuchten Gerichtes möglich sind. Dabei braucht die „lex fori“ des ersuchten Gerichts nicht eingehalten zu werden, den „besonderen Wünschen“ des ersuchenden Gerichts gegenüber verhalten die einzelnen Staaten sich unterschiedlich aufgeschlossen. Die Abgrenzung der Ablehnungsgründe nach Art 11 III Nr 2 und Nr 3 HZÜ 110 1954 ist flexibel. Beide Vorschriften müssen zugleich in Verbindung mit Art 14 II HZÜ verstanden werden. Das ersuchte Gericht bzw die zuständige _______________

136 Internationales Privat- und Zivilprozessrecht, 1911, 335.

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Internationale Beweisaufnahmen

Behörde des ersuchten Staates wird auch darüber entscheiden, wann die Erledigung eines Ersuchens die Hoheitsrechte oder die Sicherheit des ersuchten Staates gefährden können. Bei diesem letzten Ablehnungsgrund handelt es sich um dieselbe Formulierung, die in Art 4 HZÜ 1954 und in Art 13 HZustÜ gewählt worden ist (s o § 7 Rz 93, 118). Die Ablehnung eines Ersuchens kann insbesondere nicht darauf gestützt werden, dass die Gerichte des ersuchten Staates international ausschließlich zuständig für die Entscheidung seien. 111 Dennoch hat die Frage der internationalen Zuständigkeit immer wieder eine negative Rolle bei der Ausführung von Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen gespielt.137 Der italienische Kassationshof ist in dieser Frage sehr weit gegangen. In einer Sache, in der bereits ein italienisches Urteil vorlag, hat er entschieden, dass einem Rechtshilfeersuchen dennoch entsprochen werden müsse, weil dem italienischen Rechtshilferichter jede Prüfung in der Sache selbst untersagt sei. Die Frage, ob das ausländische Urteil später in Italien anerkannt und aus ihm vollstreckt werden könne, hindere die Ausführung eines Rechtshilfeersuchens nicht.138 Ebenso hat der Corte d’Appello von Mailand auf Ersuchen eines Hamburger Gerichts in einer Ehescheidungssache zwischen Italienern Beweise zu erheben, entschieden, die Ausführung des Ersuchens verstoße nicht gegen den italienischen ordre public, obgleich die Ehescheidung damals noch nicht in Italien zugelassen worden war.139 112 Da das Grundgesetz die internationale Zusammenarbeit fördert, kommt eine Ablehnung der Rechtshilfe für ausländische Gerichte nur im Extremfall in Betracht, etwa wenn dadurch Menschenrechte eines Beteiligten verletzt würden.140 113 Die Gefährdung der Hoheitsrechte und der Sicherheit des ersuchten Staats (s o § 7 Rz 120) deckt sich vielfach mit der Klausel, „sofern diese Form den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft“ (Art 14 II HZÜ 1954). 114 Die Hoheitsrechte und die Sicherheit des ersuchten Staates sind auch dann betroffen, wenn es um dessen tragende Grundsätze des Zivilprozessrechts geht, soweit diese ausschließlich öffentlichrechtlichen Charakter haben. Dazu gehört der Satz: „Nemo tenetur accusare se ipsum“ (dieser Grundsatz kehrt zB wieder in § 384 Nr 3 ZPO; § 321 I 1 öZPO; schwed RB Kap. 36 § 6; Art 261 § 2 poln. ZPO; Art 419 griech. ZPO141). Der Corte d’Appello von _______________

137 138 139 140 141

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Vgl Gavalda Rev.crit. 1964, 15, 35. Pocar, L’assistenza guidiziaria, S 164. Urt vom 25.7.1962; zit. bei Pocar, L’assistenza guidiziaria, S 166. Vgl Geimer ZfRV 1992, 401, 418f. Zum US-Recht s McCormick, On Evidence, 3rd ed 1984, §§ 114–143 (gemeint ist eine strafrechtliche Selbstbelastung).

Beweisaufnahmen nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954

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Mailand hat deshalb ein Ersuchen eines Genfer Gerichts mit der Begründung abgelehnt, die gestellten Fragen zielten darauf, von dem Zeugen das Zugeständnis ehebrecherischer Beziehungen zu einer Partei zu erlangen.142 In einer anderen Sache wurde von dem Corte d’Appello von Mailand – Urt vom 10.4.1964 – ein Ersuchen des Gerichts von Lausanne abgelehnt, weil die Fragen darauf gerichtet seien, ob eine Partei in dem Rufe eines leichten Mädchens stehe;143 andere Ersuchen sind abgelehnt worden, weil die gestellten Fragen nicht auf den Beweis von Tatsachen, sondern auf Meinungsäußerungen eines Zeugen gerichtet waren. 4. Beweisaufnahmen durch diplomatische und konsularische Vertreter Nach Art 15 HZÜ 1954 darf „jeder Staat Ersuchen unmittelbar durch seinen 115 diplomatischen oder konsularischen Vertreter erledigen lassen, wenn Abkommen zwischen den beteiligten Staaten dies zulassen oder wenn der Staat, in dessen Hoheitsgebiet das Ersuchen erledigt werden soll, dem nicht widerspricht“. Insoweit gelten besondere Vereinbarungen im Verhältnis von Deutschland zu Belgien, Frankreich, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und Schweden (s o § 6 Rz 9). Die Möglichkeit besteht weiterhin im Verhältnis zu Rumänien, Italien, Japan, Luxemburg, Spanien und Israel144 (Dänemark, Russland, die Schweiz und der Vatikanstaat schließen diese Möglichkeit aus). Grundsätzlich wird die Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsula- 116 rische Vertreter nach dem Recht des Entsendestaates, also der „lex fori“ des Prozessgerichts durchgeführt. Für das deutsche Recht ergibt sich dies aus § 363 II ZPO in Verbindung mit dem Konsulargesetz vom 11.9.1974145 und dem Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen vom 24.4.1963 (WÜK).146 Der deutsche Konsul hat also wie ein deutsches Gericht Rechtshilfe zu leisten. Er darf den vernommenen Personen auch den Eid abnehmen. Wesentlich ist nur, dass die zu vernehmenden Personen freiwillig und ohne Zwang vor den diplomatischen oder konsularischen Vertretern erscheinen und zur Aussage bereit sind.147 _______________

142 143 144 145 146 147

Pocar, L’assistenza guidiziaria, S 159, Urt vom 10.4.1964. Pocar, L’assistenza guidiziaria, S 160. Vgl Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, 101.15. BGBl 1974 I, 2317. BGBl 1969 II, 1587. Ebenso wenden österreichische Auslandsvertreter bei der Vernehmung österreichisches Recht an. Sie dürfen allerdings die zu vernehmenden Personen nicht beeiden, Hoyer/Chlanda, Rechtshilfeerlass, 1952, S 83; für das französische Recht vgl Gavalda Rev.crit. 1964, 15, 24, und Huet, Les conflits de lois, S 357. Letzterer meint, die Frage nach dem anzuwendenden Recht verschwinde, wenn das Rechtshilfeersuchen von einem französischen Gericht an einen französischen Konsul gerichtet werde. Für Italien vgl Pocar, L’assistenza guidiziaria, S 270, und

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117 Im Verhältnis zu Belgien, Frankreich, Finnland, Italien, Israel, Japan, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich dürfen deutsche diplomatische oder konsularische Vertreter nur eigene Staatsangehörige vernehmen. Im Verhältnis zu Rumänien und Schweden dürfen sowohl eigene Staatsangehörige als auch solche dritter Staaten mit Ausnahme solcher des Empfangsstaates vernommen werden. Im Verhältnis zu Spanien kommt es auf die Staatsangehörigkeit überhaupt nicht an.148 Werden Angehörige fremder Staaten gehört, so stellt sich die Frage nach dem anzuwendenden Recht deswegen nicht, weil die zu vernehmenden Personen dadurch hinreichend geschützt sind, dass es ihr freier Wille ist, ob sie vor Auslandsvertretern überhaupt aussagen wollen. Darüber hinaus könnten sie sich jederzeit auf die in ihrem Lande geltenden Schutzbestimmungen berufen. 118 Die Vernehmungen durch die diplomatischen oder konsularischen Vertreter haben den Vorteil, dass die Beweisaufnahmen nach einheimischem Recht, dem der „lex fori“ des Prozessgerichts erfolgt. Solchen Beweisaufnahmen im Ausland wird darüber hinaus vom Prozessgericht mit weniger Misstrauen begegnet, wie das bei Beweisaufnahmen durch ausländische Gerichte oder Behörden der Fall ist. Insbesondere stehen englische Gerichte den Beweisergebnissen, die nach kontinental-europäischen Verfahrensvorschriften erhoben sind, misstrauisch gegenüber.149 Der Verfasser hat mit der Vernehmung von Zeugen durch die deutschen Auslandsvertretungen beste Erfahrungen gemacht. Entscheidend ist allerdings, dass die Parteien erklären, die von ihnen benannten Zeugen seien freiwillig bereit, vor dem deutschen diplomatischen oder konsularischen Vertreter auszusagen.

V. Autonomes Recht 1. Beweisaufnahme im Ausland 119 Ist eine Beweisaufnahme in einem deutschen Prozess im Ausland erforderlich, so enthalten die §§ 363, 364 ZPO dazu rudimentäre Regeln. Der Vorsitzende des Prozessgerichts soll die zuständige Behörde um Aufnahme des Beweises ersuchen (§ 363 I ZPO). Zuständig ist der deutsche Konsul, wenn er _______________

Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, S 416; Szászy, 645, verneint überhaupt eine internationale Rechtshilfe im Verhältnis des Prozessgerichts zu den entsprechenden Auslandsvertretern des Entsendestaats. 148 Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, 101.15. 149 Harwood ICLQ 1961, 284, 291, meint, in einigen Ländern habe der Richter eine inquisitorische Funktion, er befrage Zeugen und halte nur die Tatsachen fest, wie er sie gefunden habe. Er fordert eine Niederschrift darüber, was der Zeuge wirklich gesagt hat.

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dazu nach § 15 KonsularG ermächtigt ist und der ausländische Staat einverstanden ist (§ 363 II ZPO).150 Ansonsten ist das Ersuchen an die zuständige ausländische Behörde zu richten. Im vertragslosen Rechtshilfeverkehr (§ 3 I Nr 2 ZRHO) sind für ausgehende Ersuchen voll die §§ 16ff ZRHO einzuhalten.151 Der Übermittlungsweg ins Ausland ergibt sich aus dem Länderteil zur ZRHO.152 § 38a ZRHO (idF vom 23.3.1999)153 sieht nunmehr vor, dass ein deutscher 120 Richter an einer Beweisaufnahme im Ausland (durch ein ausländisches Gericht) teilnehmen kann. Allerdings bedarf er dazu der Genehmigung der Bundesregierung und des Staates, in dem die Beweisaufnahme stattfinden soll.154 Bei einer Beweisaufnahme in einem Mitgliedstaat der EU ist die Genehmigung der Bundesregierung nicht erforderlich (s o Rz 24). Soweit es auf den unmittelbaren Eindruck vom Verlauf der Beweisaufnahme 121 ankommt, muss hierauf meist verzichtet werden. Eine Beweisaufnahme durch alle Mitglieder eines Spruchkörpers im Ausland ist nirgends vorgesehen. Völkerrechtlich wäre sie aber mit Einverständnis beider beteiligten Staaten durchführbar.155 2. Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland Streitig ist, ob und inwieweit die Beweisaufnahme im Ausland durch eine 122 Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland entbehrlich ist, insbesondere ob es insoweit völkerrechtliche Grenzen gibt. Kann das Beweismittel aus dem Ausland beschafft werden, so findet die eigentliche Beweisaufnahme im Inland vor dem Prozessgericht statt. Eine Verletzung der Souveränität des Lagestaates kann daher nur eintreten, wenn Zwang bei der Herbeischaffung des Beweismittels geübt oder schon die gerichtliche Ladung oder Aufforderung im Ausland als Hoheitsakt anzusehen wäre.156 Soweit die Souveränität des Lagestaates nicht tangiert ist, besteht keine Notwendigkeit, die Beweisaufnahme vorrangig im Rechtshilfeweg durchzuführen.157 Das HBÜ 1970 regelt extraterritoriale Beweisanordnungen nicht, schließt sie auch nicht aus. Es ist daher im Einzelfall zu entscheiden, _______________

150 151 152 153 154 155 156 157

Vgl Zöller/Geimer § 363 Rz 10, 14. Vgl E. Geimer S 148ff. Vgl auch Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr (§ 29 ZRHO mit Anm), 900.27ff. Abgedruckt in IPRax 2000, 243 sowie in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 900.45. Vgl Schulze IPRax 2001, 527, 531; Zöller/Geimer § 363 Rz 6. E. Geimer S 115f; Zöller/Geimer § 363 Rz 82. Vgl Stadler, Festgabe BGH, Bd 3, S 645, 654; Gottwald, FS Habscheid, S 119, 125ff. Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S 57ff; Gottwald, FS Habscheid, S 119, 125; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HBÜ Rz 6.

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welches Vorgehen am einfachsten zu einer zuverlässigen Sachaufklärung führen wird. ME ist nach den einzelnen Beweismitteln zu unterscheiden. Für die EuBewVO wird aus Art 17 vielfach ein Ausschluss einer extraterritorialen Beweiserhebung abgeleitet (s o Rz 25, 26). a) Auslandszeuge 123 Das Gericht kann der Partei anheimgeben, den Auslandszeugen zum Termin mitzubringen158 und den freiwillig erschienenen Zeugen vernehmen. Kann die Partei ihren Zeugen dazu bestimmen, ohne Ladung aus dem Ausland anzureisen, so steht einer Vernehmung nichts entgegen. Das Gericht kann den Auslandszeugen auch laden, freilich nur ohne die Androhung von Ordnungsmitteln nach § 377 II Nr 3 ZPO und ohne die Möglichkeit, inländische Sanktionen gegen das Vermögen des Zeugen bei Nichtbefolgung nach § 380 ZPO zu verhängen.159 Streitig ist, ob diese Ladung gemäß § 377 I 2 ZPO auch formlos durch einfachen Brief ins Ausland übersandt, oder nur förmlich im Rechtshilfeweg, innerhalb der EU-Staaten auch durch Postsendung per Einschreiben mit Rückschein (Art 14 EuZustVO) zugestellt werden darf.160 Da die formlose Mitteilung der (sanktionslosen) Ladung nicht völkerrechtswidrig ist, ist sie auch zulässig.161 Lediglich wenn das Gericht eine Zustellung anordnet, sind die zulässigen Wege der grenzüberschreitenden Zustellung zu beachten. Erscheint der Zeuge allerdings nicht im Inland vor Gericht, ist er im Wege der Rechtshilfe zu vernehmen, auch wenn es an sich auf einen unmittelbaren Eindruck ankommt.162 Kraft Personalhoheit darf jeder Staat darüber hinaus eigene Staatsbürger auch aus dem Ausland – ohne Einhaltung des Rechtshilfeweges – laden.163 124 Unbedenklich kann das Gericht einen Auslandszeugen auf freiwilliger Basis um eine schriftliche Beantwortung von Fragen bitten,164 soweit dies nach § 377 III ZPO ausreichend ist. Die Praxis möchte freilich jeden Anschein eines unzulässigen Eingriffs in die Hoheitssphäre des Auslands vermeiden und beauftragt die Partei damit, die Erklärung des Auslandszeugen beizu-

_______________

158 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HBÜ Rz 7. 159 Stein/Jonas/Berger, ZPO, 21. Aufl, § 363 Rz 13; Zöller/Geimer § 363 Rz 5b; Daoudi S 96ff, 118ff; Gottwald, FS Habscheid, S 119, 128; Schlosser, FS W. Lorenz, S 497, 508. 160 Vgl BGH IPRax 1981, 57; Stein/Jonas/Berger § 363 Rz 13. 161 Daoudi S 105ff. 162 Linke, IZPR, 4. Aufl Rz 312. 163 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2388; Zöller/Geimer § 363 Rz 5b. 164 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 437; Schack, IZVR, Rz 721; Stein/Jonas/Berger § 363 Rz 14; Daoudi S 123ff; aA BGH NJW 1984, 2039; vgl Stadler, Festgabe BGH, Bd 3, S 645, 655; Leipold, Lex fori, S 51ff, 63.

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bringen. Diese Auskunft kann dann als Urkundenbeweis nach § 416 ZPO verwertet werden.165 In geeigneten Fällen kommt auch eine Zeugenvernehmung im Wege einer 125 internationalen Videokonferenz in Betracht.166 Soweit Freibeweis zulässig ist, kann der Auslandszeuge schließlich sogar telefonisch befragt werden.167 b) Sachverständige Beweiserhebung im Ausland Das Prozessgericht kann die Erhebung eines Sachverständigenbeweises im 126 Wege der Rechtshilfe anordnen. Das Gericht kann aber auch einen inländischen Sachverständigen bestellen.168 Dieser kann sich aber Informationen aus dem Ausland nur auf freiwilliger Grundlage, ggf durch Augenschein im Ausland beschaffen, und erstattet sein Gutachten. Art 17 III EuBewVO und § 1073 II ZPO schließen dieses Vorgehen nicht aus.169 Nur wenn es der Unterstützung der ausländischen Behörden bedarf, muss der Rechtshilfeweg beschritten werden. Schließlich kann das Gericht auch einen zur Mitarbeit bereiten ausländi- 127 schen Sachverständigen (auf freiwilliger Grundlage) bitten, ein Gutachten zu erstellen.170 Eine direkte Bestellung ist durch § 40 ZRHO untersagt (s o Rz 98), aber sonst zulässig.171 Der BGH hat zwar entschieden, dass das Prozessgericht nicht verpflichtet sei, den ausländischen Sachverständigen nach § 411 III ZPO zur Erläuterung seines Gutachtens zu laden,172 sondern insoweit den Rechtshilfeweg beschreiten könne. Aber selbst wenn man eine Pflicht zur Direktladung verneint, bleibt sie dennoch zulässig.173 c) Augenschein im Ausland Soweit ein Augenschein praktisch nur durch einen Augenscheinsmittler ein- 128 genommen werden kann, kann ebenfalls wie bei der Bestellung eines Sach_______________

165 166 167 168

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v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 128; Zöller/Geimer § 363 Rz 5c. Stein/Jonas/Berger § 363 Rz 16; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2385a. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 436b, 2385; Zöller/Geimer § 363 Rz 5. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 445; Daoudi S 108f, 128ff; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HBÜ Rz 6 (sofern Ausland darin keine Souveränitätsverletzung sieht); aA Leipold, Lex fori, S 47. AA (nur mit Genehmigung der Zentralstelle des ersuchten Staates) Heß/Müller ZZPInt 6 (2001), 149, 174f; Rauscher/v. Hein Art 1 EG-BewVO Rz 25. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 441, 2387; für Auftrag im Rechtshilfeweg Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 315. Daoudi S 126ff; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 1 HBÜ Rz 9 (kein Verbot durch § 40 ZRHO). BGH MDR 1960, 659. Daoudi S 131; MüKo/Damrau, 2. Aufl, § 411 Rz 14.

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verständigen vorgegangen werden.174 Eine zwangsweise Inspektion eines Betriebes durch den Augenscheinsmittler etc. scheidet dagegen aus.175 Auch eine zwangsweise Untersuchung nach §§ 372a, 390 ZPO kann nur gegenüber Personen im Inland angeordnet werden. Gegenüber Parteien und Drittbeteiligten im Ausland kommt nur die Aufforderung zur freiwilligen Untersuchung oder der Rechtshilfeweg in Betracht.176 Verweigert die Partei jedoch ihre Mitwirkung dürfen daraus nachteilige Schlüsse gezogen werden (Beweislastentscheidung wegen Beweisvereitelung).177 d) Urkunden im Ausland 129 Soweit die Parteien Urkunden vorlegen müssen (§§ 420ff; §§ 142, 643 ZPO), sind sie dazu verpflichtet, unabhängig davon, ob sich die Urkunde im Inoder Ausland befindet.178 Befinden sich Urkunden im Ausland im Besitz einer konzernmäßig verbundenen Gesellschaft, so besteht eine Vorlagepflicht, soweit die Partei die Kontrolle und Verfügungsbefugnis über die Unterlagen hat.179 Vorlageverbote des Lagestaates bilden kein absolutes Hindernis für eine Vorlagepflicht, sind aber pflichtgemäß zu berücksichtigen (s o Rz 4). Ist die im Ausland befindliche Urkunde im Besitz eines Dritten, so kann das Gericht ihre Vorlage zwar nach § 142 I ZPO anordnen, darf aber keinen Zwang ausüben und muss auf die Freiwilligkeit der Vorlage hinweisen.180 Eine alternative Beweisaufnahme im Rechtshilfeweg ist nur sinnvoll, wenn der ersuchte Staat eine Vorlagepflicht von Dritten kennt.181 e) Anhörung und Vernehmung der Auslandspartei 130 Die Auslandspartei ist wie jede andere Partei nach § 141 ZPO verpflichtet, zur Aufklärung des Sachverhalts persönlich zu erscheinen; erscheint sie nicht, kann Ordnungsgeld gegen sie festgesetzt werden, § 141 III ZPO. Bei Konzerngesellschaften unterliegt nur die jeweilige Partei der Aufklärungspflicht. Verweigert eine Auslandspartei eine (freiwillige) Untersuchung nach § 372a ZPO, so kann dies als Beweisvereitelung gewertet werden.182 Die Auslandspartei kann nach §§ 445ff ZPO vernommen werden, nach § 450 I 2 ZPO bedarf es insoweit der förmlichen Zustellung. _______________

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Daoudi S 111ff. Gottwald, FS Habscheid, S 119, 127. Daoudi S 117. Leipold, Lex fori, S 67. Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 317; Daoudi S 87, 92ff, 133ff; vgl Leipold, Lex fori, S 55. Gottwald, FS Habscheid, S 119, 128f. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 401, 440. U. Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht, Rz 369. BGH NJW 1986, 2371; dazu Stürner JZ 1987, 42; Daoudi S 114ff.

Bilaterale Besonderheiten

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Für die Anhörung bzw Vernehmung des sich im Ausland aufhaltenden Ehegatten nach § 613 ZPO gilt nichts anderes.183 Nach dem Zweck dieser Anhörung sollte primär versucht werden, die Auslandspartei direkt zu laden und sie nur hilfsweise nach § 613 I 3 ZPO durch das Rechtshilfegericht anzuhören oder vernehmen zu lassen. Leistet der Aufenthaltsstaat keine Rechtshilfe, kann die Anhörung ganz unterbleiben.184 3. Beweisaufnahme für das Ausland Im vertragslosen Rechtshilfeverkehr werden ausländische Ersuchen vom 131 Amtsgericht kraft Verwaltungsauftrags erledigt (§ 82 I ZRHO). Eine Vernehmung ist stets vom Richter vorzunehmen (§ 82 II 1 ZRHO). Nach § 82a ZRHO dürfen Mitglieder des ausländischen Gerichts bei der Erledigung anwesend sein, wenn Bundesregierung und Landesjustizverwaltung dies genehmigt haben und das ersuchte Gericht keine Bedenken hat. Bei der Erledigung sind die §§ 83ff ZRHO zu beachten.

VI. Bilaterale Besonderheiten 1. Das deutsch-türkische Abkommen Zum deutsch-türkischen Abkommen vom 28.5.1929 über den Rechtsverkehr 132 in Zivil- und Handelssachen185 s o § 7 Rz 128. 2. Das deutsch-griechische Abkommen Zum deutsch-griechischen Abkommen vom 11.5.1938 über die gegenseitige 133 Rechtshilfe in Angelegenheiten des bürgerlichen und Handelsrechts186 s o § 7 Rz 129ff. Im Übrigen enthalten beide Abkommen die Möglichkeit, dass Ersuchen um 134 Vernehmung eigener Staatsangehöriger, die sich im Gebiet des anderen Staates befinden, durch seine diplomatischen oder konsularischen Vertreter ohne Anwendung von Zwang erledigt werden.

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183 Daoudi S 138ff. 184 OLG Hamm FamRZ 2000, 989; MüKo/Bernreuther § 613 Rz 8; Zöller/Philippi § 613 Rz 4. 185 RGBl 1930 II, 6. 186 RGBl 1939 II, 848.

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3. Das deutsch-britische Abkommen vom 20.3.1928 über den Rechtsverkehr187 135 Geltungsbereich. Dieses Abkommen ist deshalb von großer Bedeutung, weil es nicht nur für das Vereinigte Königreich gilt, sondern auch für Staaten, deren internationale Beziehungen früher das Vereinigte Königreich wahrgenommen hat.188 Das Abkommen gilt danach heute für zahlreiche selbständige Staaten (s o § 6 Rz 12). 136 Ersuchen um Beweisaufnahmen. Das deutsch-britische Abkommen eröffnet verschiedene Übermittlungswege und verschiedene Arten der Durchführung von Beweisaufnahmen in dem ersuchten Land. Der in Art 9 aufgezeichnete Weg entspricht dem der Zustellungen nach Art 3. Das Rechtshilfeersuchen ist in Deutschland zu übermitteln durch einen britischen konsularischen Beamten an den zuständigen Präsidenten des deutschen Landgerichts, in England durch einen diplomatischen oder konsularischen Beamten an den Senior Master des „Supreme Court of Judicature“. Die Erledigung des Rechtshilfeersuchens kann aus denselben Gründen abgelehnt werden, wie nach dem HZÜ 1954 (s o Rz 100). 137 Ebenso wie nach dem Haager Übereinkommen wird bei der Erledigung des Rechtshilfeersuchens grundsätzlich das Recht des ersuchten Staates angewendet. Die ersuchende Behörde bzw das Gericht kann die Erledigung nach einem besonderen Verfahren, dh nach der „lex fori“ des Prozessgerichts, beantragen. Diesem Antrag wird stattgegeben, wenn dieses Verfahren der Gesetzgebung des ersuchten Landes nicht zuwiderläuft. Die prägende Kraft des Haager Übereinkommens ist unverkennbar. Hat ein englischer Sachverständiger ein schriftliches Gutachten erstattet,189 so kann er auf Ersuchen des Prozessgerichts (§ 363 ZPO) vom englischen Gericht gemäß Art 9 II HBÜ und § 411 III ZPO zur Erläuterung des Gutachtens vernommen werden, selbst wenn die Voraussetzungen für eine mündliche Anhörung nach CPR r 35.5 nicht vorliegen. 138 Es ist nicht erstaunlich, dass die Engländer grundsätzlich Beweisaufnahmen „in open court“, dh vor dem Prozessgericht in öffentlicher Verhandlung wünschen. Hierin unterscheiden sie sich nicht von dem kontinental-europäischen Beweissystem, denn auch dieses sieht in der Rechtshilfe nur eine Ausnahme, bei der die tragenden Grundsätze des Prozessrechts, die Öffentlichkeit und die Unmittelbarkeit verletzt werden. Der Beweisaufnahme im Wege der Rechtshilfe gegenüber sind die Engländer jedoch weit argwöhnischer als ihre Kollegen auf dem europäischen Kontinent. Vor allem misstrauen sie _______________

187 RGBl 1928 II, 623. 188 Vgl Jayme/Hausmann, 12. Aufl, Nr 228 Fn 2. 189 Vgl BGH IPRax 1981, 57.

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dem Beweisverfahren in den kontinental-europäischen Ländern, weil das Kreuzverhör dabei nicht angewendet wird.190 Darauf beruht die Vorstellung, dass Beweise grundsätzlich so wie im trial er- 139 hoben werden sollen (CPR 34.9 [1]). Doch kann eine Partei beantragen, dass der Zeuge vor dem trial durch den Richter oder einen examiner per „deposition“ vernommen wird (CPR 34.8). Hält sich der Zeuge außerhalb des Jurisdiktionsbezirks auf, kann der Erlass eines „letter of request“ beantragt werden (CPR 34.13). Soll der Beweis in Ländern erhoben werden, mit denen das Vereinigte Königreich Rechtshilfeverträge abgeschlossen hat, so werden häufig britische Konsuln als „special examiners“ beauftragt. Im Übrigen können im Ausland lebende Zeugen ihre Aussagen auch schriftlich mit der eidlichen Versicherung, dass ihre Angaben wahr seien, in „affidavits“ abgeben. Diese müssen vor einem „commissioner of oaths“ beschworen werden.191 Ersuchen um Beweisaufnahmen an eine ausländische Behörde bzw ein ausländisches Gericht sind offenbar so unbeliebt, dass sie kaum ins Gewicht fallen.192 Diesen Gegebenheiten trägt das deutsch-britische Abkommen Rechnung. 140 Art 11 des Abkommens sieht vor, dass Beweisaufnahmen ohne Mitwirkung von Behörden des Landes, in dem die Beweisaufnahme stattfinden soll, durch diplomatische oder konsularische Vertreter erfolgen. Hierbei wird auf englischer Seite der Konsul zum „special examiner“ bestimmt.193 Im Gegensatz zum Haager Übereinkommen ist diese Möglichkeit viel weiter ausgebaut. So können die Auslandsvertreter nicht nur Angehörige ihres Entsendestaates oder eines dritten Staates als Zeugen hören, sondern auch die Staatsangehörigen ihres Aufenthaltsstaates. Britische „special examiners“ können also auch deutsche Staatsangehörige auf dem Gebiet der BR Deutschland vernehmen, wie auch die deutschen Auslandsvertreter im Vereinigten Königreich britische Staatsangehörige als Zeugen hören können.194 Art 11 lit c sieht ausdrücklich vor, dass die jeweiligen Beweisaufnahmen nach dem Recht des Prozessgerichts (des Landes, in dem sie Verwendung finden soll) vorgenommen werden. Art 12 des Abkommens sieht noch einen dritten Weg für Rechtshilfeersu- 141 chen vor. Danach wird das Ersuchen an das zuständige Gericht des ersuch_______________

190 In re Boyse (1882) 20 Ch. D. 760 hat sich das englische Gericht geweigert, das im Wege der Rechtshilfe erzielte Beweisergebnis zu verwerten, weil das Kreuzverhör nicht angewendet worden war. 191 Vgl auch „Commissioners for Oaths Act 1889“, 52 & 53 Vict. c10. Special examiners oder Commissioners for oaths können auch sein: barristers, solicitors, attorneys. 192 Nach Harwood ICLQ 1961, 284, 292, wurden 1958 nur 3, 1959 nur 6, 1960 nur 3 „Letters of Request“ vom englischen High Court erlassen. 193 Harwood ICLQ 1961, 284, 290. 194 E. Geimer S 108f.

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Internationale Beweisaufnahmen

ten Staates gerichtet, mit der Bitte, die Beweisaufnahme von einem diplomatischen oder konsularischen Beamten des ersuchenden Landes vornehmen zu lassen. Dieser Weg bietet sich an, wenn die zu vernehmenden Personen nicht freiwillig vor den Auslandsvertretern erscheinen und nicht zur Aussage bereit sind. Das ersuchte Gericht stellt in diesem Fall seine Zwangsmaßnahmen zur Verfügung. Jedoch können von dem ersuchten Gericht Zwangsmaßnahmen nur nach seinem Recht und nur gegen Staatsangehörige des ersuchenden Staates vorgenommen werden. „Special examiners“ können also deutsche Staatsangehörige in Deutschland nicht durch ein ersuchtes deutsches Gericht zwingen, vor ihnen zu erscheinen und auszusagen. 142 Im Verhältnis zu Schottland werden deutsche Ersuchen um Beweisaufnahmen vom deutschen Konsul in Edinburgh ebenfalls an das „Crown Office“ gerichtet. Der „Crown Agent“ wendet sich an den „Court of Session“, um einen „Commissioner“ ernennen zu lassen. Dieser ist in der Praxis in allen Fällen ein „Sherriff“ (seine Stellung ist der eines deutschen Landgerichtspräsidenten vergleichbar). Dieser wendet, sofern keine besondere Form gewünscht wird, bei der Beweisaufnahme die schottischen Prozessvorschriften an. Außerdem kann in Schottland die Beweisaufnahme durch den deutschen Konsul erfolgen. Dieser darf alle Personen ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vernehmen. Es sind keine Fälle bekannt geworden, dass deutschen Ersuchen um Zustellung oder um Beweisaufnahmen nicht entsprochen worden ist.195 4. Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966196 143 Für Rechtshilfeersuchen um Beweisaufnahmen oder andere gerichtliche Handlungen ist derselbe Übermittlungsweg vorgesehen wie für Zustellungsanträge (Art 19). Das ersuchte Gericht hat das Ersuchen grundsätzlich nach seinen Verfahrensvorschriften auszuführen. Ebenso wie bei dem Haager Übereinkommen ist die Klausel vorgesehen, dass einer besonderen Form entsprochen werden kann, sofern diese Form dem Recht des ersuchten Staates nicht zuwiderläuft. Es sind dieselben Ablehnungsgründe in Art 22 aufgeführt worden, wie sie das Übereinkommen enthält: die Echtheit des Ersuchens; der Fall, dass die Erledigung nicht in den Bereich der Gerichtsgewalt fällt; die Gefährdung der Hoheitsrechte oder der Sicherheit des ersuchten Staates. Eine auch den Zustellungsanträgen entsprechende Neuerung bringt nur Art 22 II, wonach Rechtshilfeersuchen nicht deshalb abgelehnt werden dürfen, weil der ersuchte Staat für die Sache, in der das Rechtshilfeersuchen gestellt wird, die ausschließliche Zuständigkeit für seine Gerichte in Anspruch _______________

195 Vgl Nagel, Nationale und internationale Rechtshilfe, 86. 196 BGBl 1969 II, 889.

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nimmt oder weil sein Recht ein Verfahren dieser Art nicht kennt. Danach müsste ein deutsches Ersuchen um uneidliche Parteivernehmung in Tunesien auch dann durchgeführt werden, wenn dieses Beweismittel der tunesischen ZPO fremd ist. Schließlich können die eigenen Staatsangehörigen von den Auslandsvertre- 144 tungen ohne Anwendung von Zwang vernommen werden. Hierfür ist in Art 26 Satz 2 auch der Satz angefügt, dass, wenn für die Beurteilung der zu vernehmenden Person verschiedene Rechte in Betracht kommen, das Recht des Staates maßgebend ist, in dem das Rechtshilfeersuchen ausgeführt werden soll. 5. Der deutsch-marokkanische Vertrag über internationale Rechtshilfe vom 29.10.1985197 Dieser Vertrag verkürzt den Übermittlungsweg für Ersuchen von den Lan- 145 desjustizverwaltungen zum Justizministerium in Rabat und umgekehrt und sieht den unmittelbaren Verkehr zwischen den Ministerien vor (Art 3 I; 11 des Vertrages). Neu ist die Vorschrift, dass die ersuchte Behörde/Gericht die richtige Anschrift des Zeugen oder Empfängers des Schriftstücks ermitteln soll (Art 31 II des Vertrages). 6. Beweisaufnahmen in europäischen Kleinstaaten Zwischen Deutschland und Andorra, Liechtenstein, Monaco sowie San Ma- 146 rino bestehen keine Rechtshilfeverträge. Mit Andorra wird diese jedoch auf der Grundlage der Gegenseitigkeit geleistet. Das deutsche Generalkonsulat in Marseille leitet Ersuchen um Beweisaufnahmen weiter an den Präfekten des Departements Pyrénées Orientales in Perpignan in seiner Eigenschaft als ständiger Vertreter für Andorra. Das deutsche Generalkonsulat kann auch Beweisaufnahmen bei deutschen Staatsangehörigen ohne Anwendung von Gewalt vornehmen (ZRHO Länderteil, Andorra). Aufgrund eines Notenwechsels vom 17.2. und 29.5.1958 mit Liechtenstein 147 ist für Beweisaufnahmen der unmittelbare Behördenweg zugelassen (Bek. vom 25.3.1959, BAnz. Nr 73/59). Deutsche Ersuchen gehen über die Prüfstelle (Präsident des Amts- oder Landgerichts) unmittelbar an das Landgericht in Vaduz (ZRHO Länderteil, Liechtenstein). _______________

197 BGBl 1988 II, 1055. Der Vertrag ist am 23.6.1994 in Kraft getreten (BGBl 1994 II 1192).

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148 Ersuchen um Beweisaufnahmen werden über das deutsche Generalkonsulat an den Procureur Général von Monaco weitergeleitet. Formlose Vernehmungen von deutschen Staatsangehörigen kann auch der deutsche Generalkonsul in Marseille vornehmen (ZRHO Länderteil, Monaco). Monaco ist dem Haager Beweisübereinkommen beigetreten.198 149 Deutsche Ersuchen um Beweisaufnahmen werden über die deutsche Botschaft in Rom an die Behörden der Republik San Marino weitergeleitet. Das deutsche Generalkonsulat in Mailand kann keine Beweise erheben.

_______________

198 BGBl 1986 II, 1135.

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§ 9 Internationales Beweisrecht Inhaltsübersicht III. Beweiswürdigung und Beweislast I. Einführung 1. Beweismaß . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Freie Beweiswürdigung . . . . . . 2. Beweisverfahren und lex fori . . . 2 3. Allgemeine Regeln über die 3. Prozessuale Aufklärungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . Informationspflichten 4. Beweislastumkehr als Folge (discovery) . . . . . . . . . . . . . . . 16 pflichtwidrigen prozessualen a) Beweismittelvorlage zum Verhaltens . . . . . . . . . . . . . . . Schutz geistigen Eigentums 18 5. Beweisführungslast . . . . . . . . b) USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 c) England, Schottland . . . . . . 24 IV. Die einzelnen Beweismittel d) Kanada . . . . . . . . . . . . . . . . 28 1. Der Beweis durch Zeugen . . . . e) Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 a) Zeugenfähigkeit . . . . . . . . . f) Deutschland . . . . . . . . . . . . 31 b) Zeugnisverweigerungsrecht, Privilegien . . . . . . . . . . . . . II. Notwendigkeit und Zulässigkeit 2. Parteivernehmung, Parteieid, der Beweisaufnahme gerichtliches Geständnis . . . 1. Recht auf den Beweis . . . . . . . 32 a) Parteivernehmung . . . . . . 2. Prozessuale Beweisbeschränb) Vorrang der Parteivernehkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 mung . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Materielle Qualifikation ausc) Parteieid . . . . . . . . . . . . . . ländischer Beweisbeschränd) Geständnis . . . . . . . . . . . . kungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 e) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . 4. Beweisbedürftigkeit . . . . . . . . 37 3. Der Beweis durch Urkunden . 5. Vermutungen . . . . . . . . . . . . . 38 a) Die Beweiskraft der 6. Selbständige Beweisaufnahme 40 Urkunden . . . . . . . . . . . . . 7. Beweisthemenverbote . . . . . . . 41 b) Die prozessuale und die 8. Verwertung erlangter materiellrechtliche VorBeweismittel . . . . . . . . . . . . . 46 lagepflicht von Urkunden . a) Unerlaubt erlangte Beweis4. Der Beweis durch Augenmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 schein . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zulässigerweise erlangte 5. Der Beweis durch SachverBeweismittel . . . . . . . . . . . 47 ständige . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Fama pública . . . . . . . . .

48 52 62

70 71 72 72 92 104 104 105 109 111 116 118 118

139 163 182 196

I. Einführung 1. Schrifttum Andrews, The pursuit of truth in modern English civil proceedings, ZZPInt 8 (2003), 1 69; Arruda Alvim, Manual de Direito Processual Civil, Sao Paulo, 1986, Vol II; Batiffol/Lagarde, Droit international privé, Bd 1, 8. Aufl 1993, Bd 2, 7. Aufl 1983; Beardsley, Proof of Fact in French Civil Procedure, AmJCompL 34 (1986), 459; Beys, Grundzüge des hellenischen zivilprozessualen Beweisrechts, Dike Int. 1984, 161; v

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Internationales Beweisrecht

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Einführung

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2. Beweisverfahren und lex fori Das Beweisverfahren bildet einen Schwerpunkt innerhalb eines jeden Zivil- 2 prozesses. Deshalb ist zu untersuchen, ob und inwieweit ausländische Beweisrechte Auswirkungen auf den deutschen Zivilprozess haben. Von größe-

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Internationales Beweisrecht

rer Bedeutung ist die Kenntnis der Grundzüge des ausländischen Beweisrechts, wenn ein Deutscher im Ausland klagen muss. Wie generell das Verfahrensrecht wird das Beweisrecht von der „lex fori“ beherrscht.1 Zur Rechtfertigung wird auf den hoheitlichen Charakter des Gerichtsverfahrens und das Territorialitätsprinzip, teilweise gar auf ordre public-Erwägungen verwiesen.2 Indes gelten diese Gründe auch für die materielle Rechtsanwendung, ohne eine Anwendung ausländischen Rechts aufgrund von Kollisionsnormen auszuschließen. Die Maßgeblichkeit der lex fori im Beweisrecht folgt daher stärker aus reinen Praktikabilitätserwägungen. Gerichte und Anwälte wären vielfach mit der Anwendung fremden Verfahrensrechts überfordert. Sie würden, wenn sie nach fremdem Recht handeln müssten, zu langsam oder unsicher und mit Verlust an Würde verfahren.3 Das Reichsgericht hatte diese Ansicht schon früh formuliert: es müsse unterschieden werden zwischen dem Inhalt der Privatrechte und der Art ihrer gerichtlichen Geltendmachung. Die Regeln, die in letzterer Beziehung im Ausland beständen, seien für den deutschen Richter, der nur sein heimisches Prozessrecht anzuwenden habe, nicht maßgebend.4 Über die Zulässigkeit von Beweismitteln und die Art und Weise, wie die einzelnen Beweise zu erheben sind, entscheidet also die „lex fori“. Die vorwiegend pragmatische Rechtfertigung der Anwendung der lex fori schließt nicht aus, dass die materiellrechtlichen Auswirkungen des Beweisrechts beachtet und als Folge davon, soweit notwendig, auch ausländische Verfahrensregeln angewendet werden.5 3 Die Vorherrschaft von der „lex fori“ im Beweisrecht beruht auch auf dessen territorialer Begrenzung. Eine Beweisaufnahme kann grundsätzlich nur im Inland erfolgen, Zeugen und Sachverständige können grundsätzlich nur im Inland geladen werden. Die Zwangsmaßnahmen gegen diese sind nur im Inland möglich. Das Beweisrecht unterscheidet sich also wesentlich von dem übrigen Prozessrecht, denn dieses wird von den beiden sich überschneidenden Grundsätzen des Territorialitäts- und des Personalitätsprinzips beherrscht. Letzteres wirkt sich zB hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit aus. Verfahrensrechtliche Kollisionsnormen lassen sich hinsichtlich der Partei- und Prozessfähigkeit von Ausländern feststellen. Demgegenüber scheinen die verschiedenen Beweisrechte der Staaten sich grundsätzlich nicht zu überschneiden. Dieser Grundsatz wird jedoch durchbrochen im Bereich der internationalen Rechtshilfe (s o § 8 Rz 16ff, 62). Von dem Rechtshilfegericht kann nach einem anderen als dem heimischen Beweisrecht verfahren werden. _______________

1 Coester-Waltjen, Internationales Beweisrecht, Rz 83ff, 102ff; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2260; Schoch S 133ff; Osthaus S 193ff. 2 Vgl Coester-Waltjen Rz 103ff, 110ff. 3 Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl, § 22 III (S 1055). 4 RGZ 46, 199; so auch Riezler, IZPR, S 470; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 6 Rz 2. 5 Coester-Waltjen Rz 168ff.

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Einführung

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Die Zulässigkeit einer Beweisaufnahme im Ausland regeln die §§ 363, 364 4 ZPO, die Europäische Beweisverordnung und das Haager Beweisübereinkommen.6 Die Verwertbarkeit der im Ausland erhobenen Beweise richtet sich nach § 369 ZPO. Sie sind danach verwertbar, wenn sie entweder dem Recht des Aufnahmestaates oder dem deutschen Recht entsprechen. Genügt die Beweisaufnahme keiner der beteiligten Rechtsordnungen, so kann der Mangel gemäß § 295 I ZPO geheilt werden. Auch eine mangelhafte Beweisaufnahme kann nach § 286 ZPO frei gewürdigt werden.7 Das Beweisverfahren wird überall grundsätzlich der lex fori unterstellt.8 Eine 5 generelle Wahl des anwendbaren Beweisrechts durch die Parteien scheidet aus.9 Entsprechend ist „evidence“ in England „a matter for the law of the forum“. „Whether a witness is competent or not, whether a certain matter requires to be proved by writing or not, whether certain evidence proves a certain fact or not, that is to determined by the law of the country where the question arises.“10 Nach Cheshire & North „it is obvious that whether the question at issue is domestic or foreign in origin those principles must usually apply“.11 Der deutschen und anglo-amerikanischen Auffassung, dass über die Zuläs- 6 sigkeit von Beweismitteln die „lex fori“ entscheidet und die Art des Beweisverfahrens (Strengbeweis – Freibeweis),12 entsprechen auch andere Prozessgesetze wie zB die von Spanien oder Schweden. Im Gegensatz dazu betrachtet man in Frankreich (im autonomen Recht) die 7 Frage nach der Zulässigkeit des Beweises – admissibilité de la preuve – nicht als eine solche des Prozessrechts, sondern sieht sie als eng mit dem materiellen Recht verknüpft.13 Deshalb mag es verständlich werden, wenn nicht das französische Prozessrecht, sondern der Art 1341 c.c. nach dem historischen Vorbild der Ordonnanz von Moulins aus dem Jahre 1566 den Zeugenbeweis bei Verträgen, die über den Wert von 800 Euro hinausgehen, ausschließt.14 Hierbei steht im Gegensatz zum deutschen Recht nicht die Frage nach der Form (Schriftform), sondern die nach der Unzulässigkeit des Zeugenbeweises im Vordergrund. _______________

6 7 8 9 10 11 12 13 14

Dazu eingehend Schabenberger, Der Zeuge im Ausland, 1996. Pfeil-Kammerer S 336. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2268ff; Coester-Waltjen Rz 402ff. Coester-Waltjen Rz 194ff. Bain v Whitehaven Ry. (1850) 3 HLC. 1, 19; Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No 1–20. Private Intern. Law, 13th ed 1999, p 81. Vgl Schack Rz 679; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2302ff. Vgl Batiffol/Lagarde, no 707. Décret 80–533 du 15 Juillet 1980: modifié par Décret 2001–476 du 30 Mai 2001. Vgl Coester-Waltjen Rz 446ff; Ferrand S 7, 26; Bajons, in: Nagel/Bajons, S 837ff.

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Allerdings hat die Regel heute geringere Bedeutung als früher. Nach Art 1341 Abs 2 c.c. gilt sie nicht im Handelsverkehr,15 so dass kein Widerspruch zum EVÜ und zum CISG besteht, deren Vertragspartei Frankreich ist. Außerdem gilt Art 1341 I c.c. nur zwischen den Vertragsparteien, nicht bei einer Beweisführung durch einen Dritten.16 Schließlich können die Prozessparteien über das Beweisverbot disponieren; es wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf Rüge der Gegenpartei beachtet.17 8 Der traditionellen französischen Lösung folgt das griechische Recht. Nach Art 393 gr. ZPGB (idF des Gesetzes 2915/2001) können Verträge, deren Wert 5869 Euro übersteigt, nicht durch Zeugen bewiesen werden.18 9 Italien ist das klassische Land, in dem der Beweis als ein integrierendes Element der Obligation angesehen worden ist – „la prova è un elemento integrante dell’obligazione“.19 Diese Auffassung kam in Art 10 II der „disposizioni preliminari“ zum italienischen c.c. von 1865 deutlich zum Ausdruck: „I mezzi di prova delle obligazioni sono determinati dalle leggi del luogo in cui l’atto fu fatto.“ Damit war man der Tradition der italienischen Rechtsschule gefolgt, denn schon Bartolus stellte auf das Ortsrecht, nicht auf die „lex fori“ ab.20 Um so erstaunlicher ist es, dass in dem klassischen Land, in dem früher das Beweisrecht dem materiellen Recht zu folgen schien, heute die „lex fori“ weitgehend obgesiegt hat. Zwar kennen auch die Italiener die Regel, nach der Verträge über einen bestimmten Wert nur durch Urkunden bewiesen werden können. Die Rechtsprechung hat diese Vorschrift weitgehend ausgehöhlt, indem man Rücksicht auf die Parteien, die Verträge und die ganzen Umstände nimmt. Danach haben die Richter eine Ermessensfreiheit, den Zeugenbeweis zuzulassen. Die Ausnahme ist praktisch schon zur Regel geworden, so dass gar kein Anlass mehr besteht, auf die „lex loci contractus“ zurückzugreifen.21 10 Wenn danach auch wegen der Zulässigkeit der Beweismittel grundsätzlich auf die „lex fori“ abgestellt wird, so sollte nicht übersehen werden, dass es immer noch eine weitverbreitete Meinung gibt, die die lex causae bevorzugt.22 Niederländer23 wollte die Zulässigkeit der Beweismittel grundsätzlich nach der lex causae entscheiden. Dabei übersah er aber, dass es sich zB bei dem Zeugnisverweigerungsrecht sowohl um eine Zulässigkeits- als auch _______________

15 16 17 18 19 20 21 22 23

Vgl Dalloz, Code civil, 104. Aufl 2005, Art 1341 cc N. 18ff. Dalloz, Code civil, 104. Aufl 2005, Art 1341 N. 13ff. Dalloz, Code civil, 104. Aufl 2005, Art 1341 N. 24ff. Auskunft von A. Kaissis, Thessaloniki. Fiore, zitiert nach Meili, Das internationale Civilprozessrecht, 1906, S 407. Gamillscheg, FS Wieacker, S 235. Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, S 217. Vgl Coester-Waltjen Rz 443ff, 460ff, 520. RabelsZ 20 (1955), 51.

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um eine öffentlichrechtliche Schutzvorschrift handelt. Auch Neuhaus24 wollte die Beschränkungen der Beweisführung als Zubehör des materiellen Rechts behandelt wissen und lehnte eine Entscheidung nach der „lex fori“ ab. Die neueren vertragsrechtlichen Lösungen versuchen, die Qualifikations- 11 frage zu überbrücken, und sprechen sich für ein „sowohl – als auch“ aus; das Vertrauen auf eine fehlende Beweisbarkeit wird nicht mehr als schützenswert angesehen (s u Rz 35). Nach Art 14 II EVÜ können zum Beweis eines Rechtsgeschäfts alle Beweisarten (1) der lex fori, oder (2) des Vertragsstatuts oder der lex fori contractus vorgebracht werden, sofern letztere vor dem angerufenen Gericht überhaupt erbracht werden können.25 Diese letztere Einschränkung hat in Deutschland insoweit Bedeutung, als eine Partei nicht als Zeuge, sondern nur subsidiär vernommen werden kann. Die Regelung des EVÜ hat der deutsche Gesetzgeber allgemein ins autonome deutsche Recht (Art 32 III 2 EGBGB) übernommen. Eine sachlich entsprechende Regel enthält das UN-Kaufrecht in Art 11 S 2 CISG. Im Ergebnis setzt sich damit das liberalere Beweisrecht durch.26 Diese Regeln sollten über ihren direkten Anwendungsbereich hinaus generell angewendet werden.27 Seit der Übernahme des Römischen Vertragsübereinkommens in das engli- 12 sche Recht 1990 gilt dort auch die Lösung von Art 14 (2) EVÜ, wonach der Vertrag gültig ist, wenn er nach dem Vertragsstatut oder dem Recht am Ort des Vertragsschlusses gültig ist.28 Beweisbeschränkungen für den Nachweis eines formlos geschlossenen Vertrages bestehen nicht. Das rechtspolitische Ziel ist danach klar. Zumindest in internationalen Fäl- 13 len sollte es keine Beweismittelbeschränkungen geben.29 Entsprechend sollte auch die parol evidence rule eine Beweiserhebung im 14 Inland nicht einschränken. Nach dieser in common law-Staaten verbreiteten Regel kann die Behauptung, eine Urkunde entspreche nicht der wirklichen Vereinbarung, sie sei abgeändert oder ergänzt worden, nur durch Urkunden, nicht durch andere Beweismittel bewiesen werden (s u Rz 139).30 Teilweise wird dafür plädiert, die parol evidence rule im Rahmen der lex causae zu beachten.31 Art 32 III 2 EGBGB zeigt aber paradigmatisch, dass das Vertrauen auf Beweismittelbeschränkungen nicht schützenswert ist.32 _______________

24 25 26 27 28 29 30 31 32

RabelsZ 20 (1955), 238. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2303ff; krit. zu dieser Lösung Coester-Waltjen Rz 620. MüKo/Spellenberg, EGBGB, 4. Aufl 2005, Art 32 Rz 162ff. AA Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2330; auch MüKo/Spellenberg Art 32 EGBGB Rz 170. Dicey & Morris, Conflict of Laws, Vol 2, 13th ed 2000, Rule 179 (p 1271ff). Rule 19 (a) Transnational Principles of Civil Procedure; vgl Kronke S 77, 79. Vgl Coester-Waltjen Rz 521ff. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2331; Coester-Waltjen Rz 530ff, 538. Zustim Schack, IZVR, Rz 688.

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15 In Italien ist diese Lösung ausdrücklich gesetzlich vorgesehen. Hier kann der Richter zum Beweis späterer mündlicher Vertragsänderungen oder -ergänzungen ausdrücklich den Zeugenbeweis zulassen (Art 2273 cc). Ist eine ursprünglich vorhandene Urkunde verloren gegangen, kann ihre Existenz und ihr Inhalt ebenfalls durch Zeugen bewiesen werden.33 3. Prozessuale Aufklärungs- und Informationspflichten (discovery) 16 Schrifttum: Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, 2005, Rz 404–491; Bolthausen, Offenlegungspflichten deutscher Unternehmen in US „discovery proceedings“, MDR 2006, 1081; Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland und ihre Verwertung im inländischen Zivilprozess, 2002; ders, Möglichkeiten deutscher Unternehmer, US-amerikanische Discovery auch vor deutschen Gerichten zu nutzen, IPRax 2006, 89; ders, Verwertbarkeit von Discovery-Ergebnissen in deutschen Zivilverfahren, RIW 2006, 443; Hay, Informationsbeschaffung über schriftliche Unterlagen und Augenscheinsobjekte im Zivilprozess, in: Schlosser, Die Informationsbeschaffung für den Zivilprozess, 1996, S 1; Junker, Discovery im deutschamerikanischen Rechtsverkehr, 1987; ders, Die Informationsbeschaffung durch Beweispersonen, in: Schlosser, Die Informationsbeschaffung für den Zivilprozess, 1996, S 63; ders, Die Discovery-Reform des Jahres 1993, ZZPInt. 1996, 235; Knaak, Die EG-Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und ihr Umsetzungsbedarf im deutschen Recht, GRURInt 2004, 745; St. Lorenz, Die Neuregelung der pre-trial-Discovery im US-amerikanischen Zivilprozessrecht, ZZP 111 (1998), 35; Matthews/Malek, Disclosure, 2nd ed 2000; M.-R. McGuire Beweismittelvorlage und Auskunftsanspruch nach der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des Geistigen Eigentums, GRURInt 2005, 15; McLachlan, The Jurisdictional Limits of Disclosure Orders in Transnational Fraud Litigation, ICLQ 47 (1998), 3; Murray, Taking Evidence Abroad – Understanding American Exceptionalism, ZZPInt 10 (2005), 343; P. Niehr, Die zivilprozessuale Dokumentenvorlegung im deutsch-englischen Rechtshilfeverkehr, 2004; Osthaus, Informationszugang für den internationalen Prozess zwischen lex fori und lex causae, 2005; Ch. Platto, Pre-Trial and Pre-Hearing Procedures Worldwide, 1990; Prütting, Geistiges Eigentum und Verfahrensrecht, insbesondere beweisrechtliche Fragen, FS Bartenbach, 2005, S 417; Reimann, Beyond Fishing – Weitreichende Neuerungen im amerikanischen Discovery-Verfahren, IPRax 1994, 152; O. Riechers, Europäisches Wettbewerbsverfahren und US-amerikanische Discovery, RIW 2005, 19; S. Roggenbuck, US-amerikanische Discovery im deutschen Zivilprozess?, IPRax 1997, 76; Schlosser, Französische Anregungen zur Urkundenvorlagepflicht nach § 142 ZPO, FS Sonnenberger, 2004, S 135; D. Seichter, Die Umsetzung der Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, WRP 2006, 391; J. Stempel, Ulysses tied to the generic whipping post: the continuing odyssey of discovery „reform“, Law & Contemp. Problems 64 (2001), 197; Stürner, Transnational Civil Procedure: Discovery und sanctions against non-compliance, Uniform L.Rev. 2001, 691; C.D. Wallace, ‚Extraterritorial’ Discovery and U.S. Judicial Assistance, IntLawyer 37 (2003), 1055; Yoshida, Die Beweisbeschaffung vor Klageeinreichung nach der japanischen Zivilprozessordnung, ZZPInt 9 (2004), 293; Zekoll, US-amerikanisches Produkthaftungspflichtrecht vor deutschen Gerichten, 1987, S 127ff (Discovery). _______________

33 Chiarloni, The Value of Witness Evidence, S 209, 227.

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Größere Unterschiede bestehen zwischen den Prozessrechten, inwieweit die 17 Parteien schon vor Beginn eines förmlichen Beweisverfahrens verpflichtet sind, ihre Beweismittel unaufgefordert oder auf Antrag des Gegners bereits vor der mündlichen Verhandlung vorzulegen (discovery, disclosure), inwieweit sie selbst Auskunft geben müssen, oder ob sie grundsätzlich dem Gegner keine Aufklärung schulden.34 a) Beweismittelvorlage zum Schutz geistigen Eigentums Damit eine Verletzung der Rechte geistigen Eigentums wirksam geändert 18 werden kann, sehen sowohl Art 43 TRIPS35 als Art 6 RiLi 2004/48/EG vom 29.4.200436 die Befugnis der Gerichte vor, die Vorlage aller nötigen Beweismittel durch die Gegenpartei anzuordnen. Art 43 TRIPS lautet: „Beweise (1) Hat eine Partei alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel zur hinreichenden Begründung ihrer Ansprüche vorgelegt und rechtserhebliche Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche, die sich in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befinden, bezeichnet, so sind die Gerichte befugt anzuordnen, daß diese Beweismittel von der gegnerischen Partei vorgelegt werden, gegebenenfalls unter Bedingungen, die den Schutz vertraulicher Informationen gewährleisten. (2) In Fällen, in denen eine Prozeßpartei aus eigenem Willen und ohne stichhaltigen Grund den Zugang zu notwendigen Informationen verweigert oder diese nicht innerhalb einer angemessenen Frist vorlegt oder ein Verfahren zur Durchsetzung eines Rechts wesentlich behindert, kann ein Mitglied die Gerichte ermächtigen, auf der Grundlage der ihnen vorgelegten Informationen, einschließlich der Klageschrift oder des Vorbringens der durch die Verweigerung des Zugangs zu den Informationen beschwerten Partei, bestätigende oder abweisende Entscheidungen vorläufiger und endgültiger Art zu treffen, sofern die Parteien die Gelegenheit hatten, zu dem Vorbringen und den Beweisen Stellung zu nehmen.“

Art 6 der RiLi 2004/48/EG37 entspricht zunächst Art 43 I TRIPS und sieht darüber hinaus in Abs 2 die Befugnis der Gerichte vor, die Vorlage von Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen der Gegenpartei anzuordnen. Art 6 lautet: _______________

34 Vgl Gottwald, Die prozessuale Aufklärungspflicht im Rechtsvergleich, (Linzer) Beiträge zum Zivilprozessrecht, 1995, S 3; Stürner, Die Aufklärungspflicht im Zivilprozess, 1976; J. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1999; zur Schweiz s I. Meier, in: Schlosser, Materielles Recht und Prozessrecht, 1992, S 1, 69ff; zu Japan: M. Yoshida, Die Informationsbeschaffung im Zivilprozess, 2001. Für eine materiellrechtliche Qualifikation der Informationszugangsrechte Osthaus, S 221ff, 262, 263ff. 35 Vgl Tilmann/Schreibauer, FS Erdmann, 2002, S 901, 911ff; Dreier GRURInt 1996, 205, 211; Prütting, FS Bartenbach, 2005, S 417; Ibbeken, Das TRIPS-Übereinkommen und die vorgerichtliche Beweishilfe im gewerblichen Rechtsschutz, 2004. 36 ABl EG L 195/16 vom 2.6.2004. 37 Vgl McGuire GRURInt 2005, 15, 19ff.

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„Beweise (1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die zuständigen Gerichte auf Antrag einer Partei, die alle vernünftigerweise verfügbaren Beweismittel zur hinreichenden Begründung ihrer Ansprüche vorgelegt und die in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befindlichen Beweismittel zur Begründung ihrer Ansprüche bezeichnet hat, die Vorlage dieser Beweismittel durch die gegnerische Partei anordnen können, sofern der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet wird. Für die Zwecke dieses Absatzes können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass eine angemessen große Auswahl aus einer erheblichen Anzahl von Kopien eines Werks oder eines anderen geschützten Gegenstands von den zuständigen Gerichten als glaubhafter Nachweis angesehen wird. (2) Im Falle einer in gewerblichem Ausmaß begangenen Rechtsverletzung räumen die Mitgliedstaaten den zuständigen Gerichten unter den gleichen Voraussetzungen die Möglichkeit ein, in geeigneten Fällen auf Antrag einer Partei die Übermittlung von in der Verfügungsgewalt der gegnerischen Partei befindlichen Bank-, Finanz- oder Handelsunterlagen anzuordnen, sofern der Schutz vertraulicher Informationen gewährleistet wird.“

Zur Umsetzung ist in Erweiterung der §§ 809, 810 BGB ein materiellrechtlicher Vorlageanspruch vorgesehen, der in den einzelnen Schutzgesetzen, im Patentgesetz in § 140c, im Gebrauchsmustergesetz in § 24c, im Markengesetz in § 19a und im Urhebergesetz in § 101a verankert werden soll.38 b) USA 19 In den USA besteht vor den Bundesgerichten nunmehr nach Rule 26 FRCP (idF vom 1.12.1993 und 2000) eine sich stufenweise steigernde Aufklärungspflicht.39 Zunächst sind die Parteien zu einem „initial disclosure“ (nach der Disposition des jeweiligen District Court) verpflichtet. Ist diese Pflicht eingeführt, so haben die Parteien „Kerninformationen“ („discoverable information relevant to disputed facts alleged with particularily in the pleadings“) unaufgefordert spätestens 10 Tage nach dem ersten Treffen der beiderseitigen Anwälte (meeting of parties) auszutauschen. Dazu gehören Informationen über Zeugen, eventuelle Sachverständige, Personen, die relevantes Material besitzen, Dokumente jeder Art, konkrete Berechnung der Schadensposten und Angaben zu Versicherungen.40 Die Parteien werden insoweit als Partner behandelt, die einander die Beweise liefern und auch im discoveryVerfahren redlich zusammenarbeiten, das Verfahren effizient und zügig betreiben müssen. Diese Informationspflicht besteht auch zugunsten des Gegners; über neu auftauchende Gesichtspunkte oder Beweismittel ist fortlau_______________

38 Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (Referentenentwurf vom 3.1.2006). Vgl Seichter WRP 2006, 391, 393ff; Haedicke, FS Schricker, 2005, S 19; Frey/Rudolph ZUM 2004, 522; Knaak GRUR 2004, 745; Tilmann GRUR 2005, 737; Peukert/Kur GRURInt 2006, 292, 299. 39 Zur Reformdiskussion s R. Marcus, Tulane J.Int. & Comp.L. 7 (1999), 153. 40 Reimann IPRax 1994, 152; Otte, DAJV-Newsletter 1/94, S 19, 20; St. Lorenz ZZP 111 (1998), 35, 51ff.

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fend zu informieren. Spätestens 30 Tage vor dem trial sind Zeugen und sonstige Beweismittel zu benennen, die in die Hauptverhandlung eingebracht werden sollen (Rule 26 [a] [3] FRCP). Kommt eine Partei ihrer Pflicht zur Zusammenarbeit mit dem Gegner nicht nach, so kann sie das Gericht zur Tragung der Kosten (einschließlich Anwaltskosten) verurteilen (Rule 37 [g] FRCP). Genügt einer Partei diese „initial disclosure“ nicht, so kann sie die Gegen- 20 partei zur vollständigen Aufklärung (discovery) auffordern (FRCP 26 [a] [5], [b]).41 Verlangt werden kann seit 2000 vor den Bundesgerichten „discovery regarding any matter, not privileged, that is relevant to the claim or defense of any party“. Nach einzelstaatlichen Regeln genügt es freilich, dass die verlangte Information vernünftigerweise zu verwertbarem Beweismaterial führt.42 Sog „fishing expeditions“ sind dort also weiterhin zulässig. Auch Dritte unterliegen den discovery-Pflichten (s u Rz 154f). Discovery umfasst folgende Aufklärungsmethoden:43 (1) „Depositions“, dh ein mündliches Verhör von Parteien oder Zeugen aufgrund mündlicher oder schriftlicher Fragen; (2) „written interrogatories“, dh schriftliche Fragen an die Gegenpartei zu Rechts- und Sachverhaltsbehauptungen, die unter Eid vollständig zu beantworten sind; (3) „production of documents or things“ – Vorlage von Urkunden und anderen Beweisgegenständen (durch Parteien und Dritte); (4) „permission to enter upon land or other property, for inspection and other purposes“, dh Ortsbesichtigungen oder Zutritt zu Unternehmen; (5) „physical and mental examinations“, dh medizinische Untersuchungen der Parteien, und (6) „requests for admission“, dh Aufforderungen zum Geständnis.44 Aufwendige, belastende und ausforschende Wirkung kann nicht nur die Urkundenvorlage, sondern können auch und gerade depositions, interrogatories _______________

41 Vgl Osthaus S 77ff; Böhm Rz 405ff; St. Lorenz ZZP 111 (1998), 35, 46ff; McDonald/ Wetzler RIW 2000, 212; Paulus ZZP 104 (1991), 397, 399ff; R. Magnuson/ K. Schmidt, American-style discovery in international location, in: Rodriguez/ Prell, International Judicial Assistance, 1999, S 193. 42 Böhm Rz 405; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 3. Aufl, S 45. 43 Vgl Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, 2005, Rz 419ff; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 3. Aufl 2003, S 47f. 44 Vgl Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, 1986, S 145– 189; Böhm Rz 432ff.

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und Betriebsbesichtigungen („views“) haben, so dass pretrial discovery nach wie vor ein Mittel ist, den Gegner zu einem Vergleich zu zwingen. 21 Kommt eine Partei ihrer discovery-Pflicht nicht nach, so kann sie mittels contempt of court-Sanktionen dazu angehalten werden.45 Auf Antrag kann das Gericht auch Vorlage gegen Kostenerstattung anordnen. Zusätzlich kann es als Sanktion die streitige Tatsache als erwiesen ansehen, das Verteidigungsmittel ganz ausschließen, pleadings ganz oder teilweise streichen, ein Versäumnisurteil zu Lasten der sich weigernden Partei erlassen oder die jury von der verweigerten Aufklärung unterrichten (FRCP 37 [a], [b], [c] idF vom 1.12.199346). 22 Zum Schutz gegen zu weit reichende Begehren, sog fishing expeditions, kann das Gericht durch protective order discovery ausschließen, beschränken, nur unter Auflagen gestatten oder Kostenersatz anordnen (FRCP 26 [c]), eine Befugnis, von der nur zögernd Gebrauch gemacht wird. Zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen kann auch eine confidentiality order beantragt werden (FRCP 26 [c] [7]).47 23 Nach 28 USC § 1782 kann ein U.S District Court discovery auch zugunsten eines ausländischen, also auch eines deutschen Verfahrens gestatten.48 Dies gilt auch, wenn die Partei, die die Dokumente anfordert, nicht selbst Prozesspartei ist und eine Vorlage vor dem Prozessgericht nicht verlangt werden könnte.49 28 USC § 1782 lautet: „(a) The district court of the district in which a person resides or is found may order him to give his testimony or statement or to produce a document or other thing for use in a proceeding in a foreign or international tribunal, including criminal investigations conducted before formal accusation. The order may be made pursuant to a letter rogatory issued, or request made, by a foreign or international tribunal or upon the application of any interested person and may direct that the testimony or statement be given, or the document or other thing be produced, before a person appointed by the court. By virtue of his appointment, the person appointed has power to administer any necessary oath and take the testimony or statement. The order may prescribe the practice and procedure, which may be in whole or part the practice and procedure of _______________

45 Vgl Marc Rich v U.S., 707 F.2d 668 (2nd Cir. 1983); In re Grand Jury, 550 F.Supp. 24 (W.D.Mich. 1982). 46 Vgl Reimann IPRax 1994, 152, 154; Schack, Einführung, 3. Aufl 2003, S 44ff. 47 Vgl Böhm Amerikanisches Zivilprozessrecht, Rz 467ff; Kersting, Der Schutz des Wirtschaftsgeheimnisses im Zivilprozess, S 178ff. 48 Roggenbuck IPRax 1997, 76; Schlosser Vorbem Art 15–22 HBÜ Rz 2; Schack, IZVR Rz 742; Böhm Rz 482ff; T. Wittlinger/C. Hill, Obtaining Evidence in the United States for Use in Foreign Litigations, in: Rodriguez/Prell, International Judicial Assistance, 1999, S 181. 49 Intel Corp v Advanced Micro Devices, 124 S.Ct. 2466 (June 21, 2004); Rieckers RIW 2005, 19; vgl Böhm Rz 488.

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the foreign country or the international tribunal, for taking the testimony or statement or producing the document or other thing. To the extent that the order does not prescribe otherwise, the testimony or statement shall be taken, and the document or other thing produced, in accordance with the Federal Rules of Civil Procedure. A person may not be compelled to give his testimony or statement or to produce a document or other thing in violation of any legally applicable privilege. (b) This chapter does not preclude a person within the United States from voluntarily giving his testimony or statement, or producing a document or other thing, for use in a proceeding in a foreign or international tribunal before any person and in any manner acceptable to him.“

Informationen bzw Beweisergebnisse, die in den USA durch discovery gewonnen wurden, sind in Deutschland grundsätzlich verwertbar. Ein Verwertungsverbot wegen Verstoß gegen den (verfahrensrechtlichen) deutschen ordre public kommt allenfalls ausnahmsweise im Einzelfall in Betracht.50 c) England, Schottland In England sind die Parteien zu disclosure and inspection of documents ver- 24 pflichtet (CPR r 31).51 Disclosure bedeutet zunächst nur Zugestehen, dass ein betimmtes Dokument existiert oder existierte (CPR r 31.2). Hat die Partei das Dokument nicht in ihrer Kontrolle, besteht nach Maßgabe von CPR r 31.3 ein Einsichtsrecht (right of inspection) und das Recht auf eine Kopie (CPR r 31.15). Unterschieden wird zwischen standard disclosure (CPR r 31.5 31.11) und specific disclosure (CPR r 31.12) im Ausnahmefall. Die disclosure-Pflicht beginnt generell mit Klageerhebung. Doch kann eine 25 Partei gemäß CPR r 31.16 eine vorprozessuale Vorlage (disclosure before proceedings start) beantragen. Voraussetzung für eine solche disclosure order ist, dass die Vorlage dazu dienen soll, (i) ein bevorstehendes Verfahren beizulegen, (ii) den Streit ohne gerichtliches Verfahren zu erledigen, oder (iii) Kosten zu sparen (CPR r 31.16 (3) (d)). Disclosure-Pflichten bestehen generell für Parteien, gemäß CPR r 31.17 aber 26 auch für Dritte. Auf Antrag kann das Gericht Dritten disclosure und inspection aufgeben, wenn (a) die begehrten Dokumente geeignet sind, die Klage zu unterstützen oder die Entscheidung des Falles für eine der Parteien zu beeinflussen, und (b) die disclosure notwendig ist, damit die Klage sachgerecht erledigt werden kann oder damit Kosten gespart werden können (CPR r 31.17 [3]). In Schottland sind die Parteien einander im discovery-Verfahren ebenfalls 27 auskunfts- und aufklärungspflichtig.52 _______________

50 Eschenfelder S 155ff, 195ff, 222ff; ders IPRax 2006, 89, 97; ders RIW 2006, 443. 51 Vgl Z.P. Howell RIW 1996, 1011; Osthaus S 95ff. 52 Vgl Black NILR 1992, 26.

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d) Kanada 28 Ähnlich ist die Rechtslage vor den Bundesgerichten und in den common law-Provinzen von Kanada.53 Neben discovery of documents (Federal Court Rules 447–459) gibt es oral examination for discovery (FCR 462),54 written examinations for discovery (FCR 466.1) (interrogatories), inspection of property (FCR 470, 471) und physical (medical) examination (FCR 467). Dritte sind zur Vorlage relevanter Urkunden verpflichtet, aber nur nach Order des Gerichts auf Antrag einer Partei.55 In Quebec, einer civil law-Provinz, gleicht das discovery-Verfahren weitgehend dem in den common law-Provinzen (vgl Quebec, CCP 395–41356), lediglich die Unzulässigkeit von fishing expeditions wird stärker beachtet. e) Japan 29 Japan hat zwar das adversary principle bei der Beweisaufnahme übernommen, nicht aber das amerikanische pre trial-discovery. Soweit erforderlich kann eine Partei aber folgende Maßnahmen ergreifen: (1) Nach dem Parteibefragungssystem57 nach dem Vorbild der „interrogatories“ des angelsächsischen Rechts kann eine Partei nach Rechtshängigkeit von der Gegenpartei schriftlich ohne Intervention des Gerichts nähere Auskünfte verlangen, die erforderlich sind, um Behauptungen aufzustellen oder einen Beweis zu führen. Antwortet die Gegenpartei nicht oder nicht ausreichend, sind allerdings keine direkten Sanktionen vorgesehen; die Weigerung kann das Gericht nur bei seiner Entscheidung frei würdigen.58 (2) Die japanische ZPO kennt nunmehr eine allgemeine Pflicht zur Vorlage von Urkunden (§ 220). Jeder Besitzer der Urkunde ist, von gesetzlich anerkannten Weigerungsgründen abgesehen, zur Vorlage verpflichtet. Über die Pflicht zur Vorlage amtlicher Urkunden entscheidet die Aufsichtsbehörde. Protokolle oder Dokumente aus Strafverfahren können nicht verlangt werden.59 30 Durch Reformgesetz von 2003 (in Kraft seit 1.4.2004) wurde zugleich die Möglichkeit der vorprozessualen Informations- und Beweismittelbeschaffung in §§ 132.2ff jap. ZPO eingeführt. Wer eine Klage erheben will, kann danach die Gegenpartei über die voraussichtlich streitentscheidenden Punk_______________

53 G. Wittuhn, Pre-trial Discovery in Canada, 1989, S 14ff; Choate on Discovery, 2nd ed (by G. Cudmore), 1993. 54 Vgl Merck v Richter Gedeon, Canadian Fed Court of Appel, Ottawa, [1998] ILPr 57. 55 G. Wittuhn Pre-trial Discovery in Canada, 1989, S 34. 56 G. Wittuhn, Pre-trial Discovery in Canada, 1989, S 52ff. 57 Tojisha shokai seido, § 163 jap. ZPO. 58 Matsumoto ZZPInt Bd 2 (1997), 333, 348f; Uehara ZZPInt Bd 3 (1998), 397, 402; M. Yoshida, Die Informationsbeschaffung im Zivilprozess, 2001, S 167ff. 59 Matsumoto ZZPInt Bd 2 (1997), 333, 349ff; Yoshida S 176ff.

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te befragen. Sie kann außerdem eine gerichtliche Maßnahme zur Beweisbeschaffung beantragen und deren Ergebnis im späteren Prozess verwerten. Sinn der Neuregelung ist nicht nur die effektivere Sachaufklärung für den Prozess, sondern auch die vermehrte Streitbeilegung vor Einreichung der Klage.60 f) Deutschland In Deutschland hatten materielle Auskunftsansprüche bisher vielfach eine 31 ähnliche Funktion wie discovery-Pflichten im common law.61 Hinzuweisen ist auf die §§ 666, 681, 713, 810 BGB, im Unterhaltsrecht auf § 1605 BGB, im Erbrecht auf §§ 2018, 2027, 2314 BGB und im Markenrecht auf § 19 MarkenG.62 Ergänzt wurden diese Regeln gerade in Deliktsprozessen, bei denen discovery eine große Rolle spielt, durch Beweiserleichterungen in Form von Anscheinsbeweis, Vermutungen oder Beweislastumkehr wegen Verletzung der Befundsicherungspflicht, sonstiger Beweisvereitelung sowie die sog sekundäre Behauptungslast oder Aufklärungspflicht der nicht beweisbelasteten Partei.63 In sehr vielen Fällen typischer Unkenntnis bestand danach im Ergebnis eine „prozessuale“ Aufklärungspflicht des Gegners. Der dadurch erreichte Stand wurde gleichwohl als unzureichend empfunden, weil im Prinzip geleugnet wurde, was praktisch doch, aber in unübersichtlicher Weise, anerkannt war.64 Der Gesetzgeber hat daher in den letzten Jahren prozessuale Auskunfts- und Vorlagepflichten eingeführt, zunächst in § 643 ZPO für Unterhaltsverfahren, dann durch das ZPO-RG 2001 generell für Urkunden und Augenscheinsobjekte in §§ 142, 144 ZPO. In beiden Fällen bestehen keine unmittelbaren Vorlagepflichten gegenüber der Gegenpartei; die Auskunfts- und Vorlagepflichten sind vielfach als Teil der richterlichen Aufklärungspflichten konzipiert; sie werden also erst mit richterlicher Aufforderung aktuell. Unmittelbaren Zwang zur Vorlage von Beweismitteln kennt die ZPO auch nach der Reform nur bei der körperlichen Untersuchung zur Feststellung der Abstammung nach § 372a ZPO (s u Rz 166f). Ansonsten kann das Gericht nur aus einer Weigerung Schlüsse ziehen.65

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60 Vgl Yoshida ZZPInt 9 (2004), 293. 61 Paulus ZZP 104 (1991), 397, 402; J. Lang, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses, 1999; Osthaus S 147ff, 289ff (zur Qualifikationsfrage). 62 Zum Verhältnis zur Richtlinie 2004/48/EG vom 29.4.2004 (ABl EG L 157/45) s o Rz 18 sowie Knaack GRURInt 2004, 745, 749. 63 Vgl Rosenberg/Schwab/Gottwald § 111 Rz 33ff, § 112 Rz 16ff; § 114 Rz 20ff. 64 Vgl Wagner ZEuP 2001, 441, 467; St. Lorenz ZZP 111 (1998), 35, 57ff. 65 Vgl Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S 209.

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Internationales Beweisrecht

II. Notwendigkeit und Zulässigkeit der Beweisaufnahme 1. Recht auf den Beweis 32 Die lex fori entscheidet, ob die Partei ein Recht auf Erhebung eines relevanten Beweises hat, ob dem Gericht ein Beweiserhebungsermessen zusteht oder ob Beweisverbote bestehen. Ein Recht auf den Beweis wird grundsätzlich in Deutschland,66 in Italien (Art 24 ital. Verfassung), in Portugal und in der Schweiz67 anerkannt. Freilich muss das beantragte Beweismittel tauglich und der Beweisgegenstand sachlich erheblich sein. Eine Ablehnung eines Beweisantrags aufgrund einer antizipierten Beweiswürdigung (aufgrund allgemeiner Lebenserfahrung) ist grundsätzlich unzulässig.68 Jedoch kann eine Beweisaufnahme von der Zahlung eines Auslagenvorschusses (§ 17 I GKG) oder von einer substantiierten Begründung abhängig gemacht werden, und schließlich kann der Beweisantrag als Angriffs- oder Verteidigungsmittel nach allgemeinen Präklusionsregeln zurückgewiesen werden. 33 In der Sache existiert ein Recht auf Beweis natürlich erst recht in Staaten mit adversarial principle, da hier die Parteien discovery und Beweiserhebung im trial grundsätzlich selbst betreiben. Vor US-Bundesgerichten kann das Gericht einer extrem ausgedehnten Sachaufklärung aber auf Antrag der Gegenseite durch protective order Grenzen setzen (FRCP 26 [b] [1]). 2. Prozessuale Beweisbeschränkungen 34 Soweit in bestimmten Prozessarten nicht alle Beweismittel zugelassen sind, gilt die jeweilige lex fori.69 Im deutschen Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess gelten also die Beschränkungen gemäß §§ 592, 595, 605 ZPO, unabhängig vom in der Sache anwendbaren Recht. Auch die Frage, ob sich aus Zeugnisverweigerungsrechten Beweisschranken ergeben, ist nach der lex fori zu beantworten.70 3. Materielle Qualifikation ausländischer Beweisbeschränkungen 35 Berühmte Beispiele sind Art 1341 franz. Code Civil und Art 2721 ital. Codice Civile (sowie ähnliche Vorschriften in anderen Staaten): der Ausschluss des Zeugen zugunsten des Urkundenbeweises. Um das französische Recht auch in Deutschland zum Tragen zu bringen, hat man früher diese Beweisregeln im Interesse des Entscheidungseinklangs materiellrechtlich _______________

66 67 68 69 70

Habscheid ZZP 96 (1983), 306; Geimer ZfRV 1992, 401, 410. Habscheid SJZ 1984, 381; Walter ZBernJV 127 (1991), 309. Habscheid, FS Benda, S 105, 115. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2299 u 2633; Kegel/Schurig § 22 IV (S 1058). Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2299.

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Notwendigkeit und Zulässigkeit der Beweisaufnahme

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qualifiziert.71 Das Römische EVÜ 1980, das auch im Verhältnis zu Frankreich gilt, sieht aber in Art 14 II (der Art 32 III 2 EGBGB entspricht) vor, dass zum Beweis eines Rechtsgeschäfts stets alle Beweisarten der lex fori offen stehen. Die traditionelle materielle Qualifikation ist damit jedenfalls im Verhältnis zu den Vertragspartnern des EVÜ, die im nationalen Recht Beweismittelbeschränkungen kennen, wie Belgien und Italien, überholt (s o Rz 11). Art 1341 franz. Code Civil ist danach prozessual zu qualifizieren und für ein deutsches Gericht unbeachtlich.72 Gesetzliche Verbote, über bestimmte Tatsachen Beweis zu erheben, haben 36 meist materielle Gründe. Die in einigen Rechtsordnungen vorgesehenen Verbote der Vaterschaftsfeststellung (s u Rz 43) sind daher (in den Grenzen des ordre public) zu beachten, wenn das Verbot in der lex causae enthalten ist.73 Rein prozessuale Beweismittelbeschränkungen, die lediglich die Richtigkeit der zu treffenden Feststellungen sichern wollen, wie zB das Verbot des Zeugen vom Hörensagen (s u Rz 42), unterstehen dagegen der jeweiligen lex fori.74 4. Beweisbedürftigkeit Die zu beweisenden Tatbestandsvoraussetzungen ergeben sich aus der lex 37 causae.75 Sie legt auch fest, welche Voraussetzungen vermutet werden und damit keines primären Beweises bedürfen. Wie genau eine Tatsache behauptet oder bestritten werden muss, um eine Beweisbedürftigkeit auszulösen (Substantiierungspflicht), bestimmt dagegen die lex fori. Sie legt grundsätzlich auch fest, in welchem Umfang und in welchen Formen die Parteien über die Beweisbedürftigkeit zB durch Geständnis, Nichtbestreiten (§ 138 III ZPO), Anerkenntnis oder Säumnis disponieren können.76 Soweit das ausländische Recht besondere Streitgegenstände der Parteidisposition entzieht, führt die lex causae zur Anpassung des inländischen Verfahrens: eine unstreitige Tatsache ist vom Gericht nachzuprüfen.77 Umgekehrt schließt § 617 ZPO im Scheidungsverfahren das Geständnis nur aus, wenn die lex causae eine Disposition der Parteien über die Eheauflösung ausschließt.78

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71 Vgl Kropholler IPR § 56 IV 1; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 298f; aA Schoch S 147ff. 72 Schack, IZVR, Rz 687. 73 Schack Rz 670; aA Schoch S 151ff. 74 Schack Rz 672. 75 Coester-Waltjen Rz 266ff; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 293. 76 Schack Rz 660; Kreuzer/Wagner, in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Bd 2, 2000, Q 284; Schoch S 145ff; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 137. 77 Schack Rz 661. 78 Coester-Waltjen Rz 601ff, 606; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2277.

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5. Vermutungen 38 Unwiderlegliche und widerlegliche gesetzliche Vermutungen verändern die gesetzlichen Tatbestände und unterstehen daher der lex causae.79 Soweit das Prozessrecht Vermutungen dieser Art enthält, ist es insoweit als „lex causae“ anzusehen.80 39 Tatsächliche Vermutungen unterliegen wie der Anscheinsbeweis der lex fori (s u Rz 53). In beiden Fällen ist der Zusammenhang mit der Beweiswürdigung des Richters stärker als mit den Tatbeständen der lex causae.81 6. Selbständige Beweisaufnahme 40 Zur selbständigen Beweisaufnahme s u § 15 Rz 71ff. 7. Beweisthemenverbote 41 Mehrere Rechtsordnungen kennen Beweisthemenverbote.82 (1) Das Verbot des Ausforschungsbeweises und das Gegenstück, das pre-trial discovery, sind rein prozessual einzuordnen; es gilt die jeweilige prozessuale lex fori.83 42 (2) Beweismittelbeschränkungen durch ein Verbot von hearsay evidence oder ähnliche Regeln, die unsichere Beweismittel ausschließen wollen, bestehen ebenfalls vor dem jeweiligen forum, unabhängig von der in der Sache anzuwendenden Rechtsordnung.84 43 (3) Schwieriger ist die Einordnung nach materiellem Recht unerwünschter Beweise, zB ein Verbot, eine nichteheliche Abstammung oder einen Ehebruch generell, in bestimmten Fällen oder mit bestimmten Beweismitteln nachzuweisen. In Art 205 II 2 franz. NCPC heißt es etwa ausdrücklich: „Toutefois, les descendants ne peuvent jamais être entendus sur les griefs invoqués par les époux à l’appui d’une demande en divorce ou de séparation de corps.“

Nach hM sind der lex causae zwar gesetzliche Vermutungen der (ehelichen) Vaterschaft und Beweiserleichterungen bei einer Geburt nach Trennung der Eheleute oder kurz nach der Eheschließung zu entnehmen. Der Ausschluss _______________

79 Coester-Waltjen Rz 309ff; Schack Rz 664ff. 80 Coester-Waltjen Rz 329. 81 AA Coester-Waltjen Rz 331ff, 338ff, 353 (die dargelegten Beispiele betreffen aber sämtlich materiellrechtliche Wertungen, nicht „faktische“ Vermutungen nach der Lebenserfahrung); Soergel/Kronke Art 38 EGBGB Anh IV Rz 137. 82 Vgl Coester-Waltjen, Internationales Beweisrecht, Rz 290ff. 83 Coester-Waltjen Rz 296; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2294; Kreuzer/Wagner Q 286. 84 Coester-Waltjen Rz 294; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2298.

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Notwendigkeit und Zulässigkeit der Beweisaufnahme

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bestimmter Beweismittel (zB der Blutgruppenuntersuchung) sei dagegen als verfahrensrechtliche Frage im Inland unbeachtlich.85 Dagegen wird eingewandt, solche Beweismittelverbote seien derart mit der lex causae verflochten, dass sie mit dieser anzuwenden seien (s o Rz 35).86 Verbote, die Wahrheit zu ermitteln (zB bei Vaterschaft und Ehebruch) verstoßen freilich gegen den deutschen ordre public und sind dann im Inland unbeachtlich. Auf ausländische Beweismittelverbote ist nur dann Rücksicht zu nehmen,87 44 wenn den Parteien sonst Rechtsverweigerung droht, etwa eine Prozessführung im Heimatstaat unzulässig oder unzumutbar ist, ein deutsches Statusurteil sonst im Heimatstaat wegen ordre public-Verstoßes nicht anerkannt würde und ein hinkendes Statusurteil den Parteiinteressen nicht gerecht würde. (4) Beweisbeschränkungen als Folge von estoppel by record (s u Rz 138) sind 45 der lex fori der anzuerkennenden Entscheidung zu entnehmen88 und nicht nach Maßgabe der (neuen) lex causae anzuwenden.89 Denn aus deutscher Sicht sind diese Wirkungen Folge der prozessualen Anerkennung, dh der Wirkungserstreckung der ausländischen Entscheidung. 8. Verwertung erlangter Beweismittel a) Unerlaubt erlangte Beweismittel Ob ihre Verwertung zulässig oder verboten ist, richtet sich nach der jeweili- 46 gen lex fori.90 In England und in den ehemaligen sozialistischen Ländern können Beweismittel auch verwendet werden, wenn Urkunden gestohlen und/oder heimlich gemachte Tonbandaufnahmen, Telephongespräche oder Photographien vorgelegt werden. Die Wahrheitsfindung hat in solchen Fällen den Vorrang. In Dänemark unterliegt die Verwendung dem richterlichen Ermessen, in Deutschland, Italien und anderen Ländern liegt ein unzulässiger Eingriff in die Persönlichkeitssphäre vor, die durch Art 1 GG oder Verfassungen anderer Länder geschützt ist.91

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85 Henrich, Internationales Familienrecht, 2. Aufl, S 240f. 86 Coester-Waltjen Rz 291f; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2293. 87 Vgl Grasmann, Relevanz ausländischen Prozessrechts in Ehesachen, ZZP 83 (1970), 214. 88 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2296f. 89 Coester-Waltjen Rz 299ff. 90 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2301. 91 Schwab/Gottwald, in: Habscheid, Effektiver Rechtsschutz, 1978, S 72.

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Internationales Beweisrecht

In New York ist jede Beweisaufnahme über unzulässig abgehörte oder aufgezeichnete Telekommunikationen, Unterhaltungen oder Diskussionen unzulässig, wenn dies ein Betroffener beantragt (CPLR § 4506). b) Zulässigerweise erlangte Beweismittel 47 Nach deutschem Recht darf eine Partei eine durch Beweisaufnahme erlangte Information generell verwenden. Dies ist aber nicht in allen Ländern so. In England, aber auch anderen common law-Staaten kann die Information ggf. davon abhängig gemacht werden, dass die Partei durch sog. undertaking (bewehrt durch contempt-of-court-Sanktion) verspricht, die Information nur im Rahmen der laufenden Prozessführung zu verwenden.92

III. Beweiswürdigung und Beweislast 1. Beweismaß 48 Schrifttum: M. Brinkmann, Das Beweismaß im Zivilprozess aus rechtsvergleichender Sicht, 2005; K. Clermont/E. Sherwin, A comparative view of standards of proof, AmJCompL 50 (2002), 243; dies, A comparative puzzle: Standards of proof, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 629; Gottwald, Das flexible Beweismaß im deutschen und englischen Zivilprozess, FS Henrich, 2000, S 165; Habscheid, Beweislast und Beweismaß, FS Baumgärtel, 1990, S 105; Maassen, Beweismaßprobleme im Schadenersatzprozess, 1975; Paulus, Beweismaß und materielles Recht, FS Gerhardt, 2004, S 747.

49 Nach deutschem Recht hat das Gericht grundsätzlich nach freier Überzeugung zu entscheiden (§ 286 ZPO). Regelbeweismaß ist eine hohe Wahrscheinlichkeit, die Zweifeln Einhalt gebietet, ohne sie ganz auszuschließen.93 Eine Entscheidung ohne Überzeugungsbildung nach dem, was mehr oder weniger wahrscheinlich ist, ist unzulässig.94 Von diesem Ausgangspunkt wird das Beweismaß gesenkt, um genereller Beweisnot Rechnung zu tragen. Nach hM ist dies nicht beim Anscheinsbeweis im Allgemeinen, wohl aber bei Prognoseentscheidungen und bei Kausalfragen der Fall.95 50 In common law-Ländern ist allgemeines Beweismaß in Zivilsachen dagegen „preponderance of evidence“, also überwiegende Wahrscheinlichkeit96 (in Kalifornien: Cal. CCP § 502 u CalE.C. § 115 [2]). In New York findet das trial in Zivilsachen vor der (aus 6 Personen bestehenden) jury statt, wenn eine _______________

92 Vgl Schlosser FS Vollkommer, 2006, S 217ff, 232ff. 93 BGHZ 53, 245, 255ff = NJW 1970, 946 (Anastasia); vgl MüKo/Prütting, ZPO, 2. Aufl, § 286 Rz 35ff. 94 BGH NJW-RR 1989, 989f. 95 Vgl. MüKo/Prütting § 286 Rz 44ff; H. Weber, Der Kausalitätsbeweis im Zivilprozess, 1997, S 56ff, 62ff; Walter, Freie Beweiswürdigung, 1979, S 206ff, 295ff. 96 Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No 4–35; Nokes, Evidence, 4th ed, S 489f.

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Beweiswürdigung und Beweislast

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Partei dies beantragt; wird kein Antrag gestellt, gilt dies als Verzicht auf die jury (NY CPLR § 4102). Die jury muss in New York mit 5/6-Mehrheit entscheiden (NY CPLR § 4113 [9]). Vielfach wird aus diesen begrifflich unterschiedlichen Maßstäben auf tat- 51 sächliche Differenzen in der Beweiswürdigung und im Umfang stattgebender Urteile geschlossen.97 Hieraus folgt das Problem, welches Beweismaß in internationalen Verfahren anzuwenden ist. Da sich das unterschiedliche Beweismaß auf den Urteilsinhalt auswirken kann, möchten manche das Beweismaß der lex causae entnehmen98 oder zumindest in der EU das Beweismaß gemeinschaftskonform nach unten angleichen.99 ME hängt das Beweismaß aber mit der Stellung des Richters und seiner Überzeugungsbildung derart untrennbar zusammen, dass es insoweit bei Anwendung der lex fori bleiben muss.100 Entgegen der verbreiteten Meinung dürften den unterschiedlichen Formulierungen in Zivilsachen zudem keine sachlichen Unterschiede entsprechen, da sich der reale psychologische Erkenntnis- und Entscheidungsprozess näherer Quantifizierung entzieht.101 2. Freie Beweiswürdigung Von den Regeln über die Beweislastverteilung ist die Berücksichtigung von 52 Erfahrungssätzen zu unterscheiden. Ob solche Erfahrungssätze bestehen, kann der Richter nur aufgrund seiner eigenen Prozessvorschriften ermitteln. Denn die Erfahrungssätze stehen in enger Beziehung zu der Beweiswürdigung. Niemand zweifelt daran, dass die Beweiswürdigung immer nur nach den Regeln der „lex fori“ von den Richtern vorgenommen wird.102 Der Anscheinsbeweis und die Würdigung typischer Geschehensabläufe soll- 53 ten daher ebenfalls nach der lex fori erfolgen. Gleiches gilt für tatsächliche Vermutungen.103 Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ergibt sich aus § 286 ZPO. Doch 54 dieser Grundsatz wird im deutschen Prozessrecht durchbrochen: es sei nur verwiesen auf die Beweiskraft des Protokolls (§ 165), des Tatbestandes (§ 314 _______________

97 So Habscheid, FS Baumgärtel, 1990, S 105, 117ff. 98 So Coester-Waltjen, Internationales Beweisrecht, 1983, Rz 358ff, 362ff; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2334ff (der aber die Schadensschätzung aus praktischen Gründen ausnehmen will, Rz 2337). 99 So M. Wolf, Symposium Baur, 1992, S 35, 61. 100 Ebenso OLG Koblenz IPRax 1994, 302; Habscheid, FS Baumgärtel, S 105, 119; Schack, IZVR, Rz 697; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 303. 101 Vgl Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 112 Rz 13ff; Gottwald, FS Henrich, 2000, S 165ff; Brinkmann S 61ff, 85ff. 102 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2338; Kegel/Schurig § 22 IV (S 1058); Kreuzer/Wagner Q 288; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 303. 103 Schack, in: Umweltschutz im Völkerrecht, 1992, 315, 342.

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Internationales Beweisrecht

ZPO) und die unterschiedlich ausgestaltete Beweiskraft der Urkunden. Insoweit sind Reste der legalen Beweistheorie erhalten geblieben. 55 In Frankreich wird die gesetzliche Bindung des Richters noch stärker zum Ausdruck gebracht. Die „conviction intime“ bezieht sich grundsätzlich auf alle Beweismittel, soweit das Gesetz nicht selbst den Beweiswert einzelner Beweismittel festlegt.104 Art 317 NCPC hält etwas an dem zugeschobenen und dem einer Partei vom Gericht auferlegten Eid, also an rein formalen Beweismitteln, fest (s u Rz 117). An den einer Partei zugeschobenen Eid ist das Gericht gebunden.105 Solche Regeln sind für den deutschen Richter unbeachtlich.106 56 Art 116 des italienischen cprc nimmt ebenfalls Rücksicht auf die gesetzliche Bindung des Richters, wenn es darin heißt: „Das Gericht würdigt den Beweis gemäß einem verständigen Urteil, soweit das Gesetz nichts anderes vorsieht.“

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Zeugenbeweis von dem Instruktionsrichter aufgenommen wird. Wenn dieser in der Regel auch ein Mitglied des erkennenden Gerichts ist, so geht doch der unmittelbare Eindruck von dem Zeugen der Mehrzahl der Richter verloren. 57 Auch Italien hält an den mittelalterlichen Parteieiden in der Form des der einen von der anderen Partei zugeschobenen Eides und dem einer Partei vom Gericht auferlegten Ergänzungseid fest (vgl Art 233, 240 cprc iVm Art 2736 cc). Der einer Partei zugeschobene Eid bindet das Gericht, wenn die Parteien über das Recht (Streitgegenstand) verfügen können. Bestrebungen, die formalen Parteieide und das Geständnis ganz der freien richterlichen Beweisführung zu unterwerfen,107 waren bislang nicht erfolgreich. 58 In Schweden entbrannte eine Diskussion um die Frage, was unter einer objektiv begründeten freien Beweiswürdigung zu verstehen sei. Nach Ekelöf108 muss der Richter das Beweismaterial einer hinreichenden diskursiven Analyse unterwerfen. Dabei spielt die Errechnung des Wahrscheinlichkeitsgrades eine besondere Rolle. 59 Da das anglo-amerikanische Recht an den „common sense“ und die Erfahrung der Geschworenen – der Jury – appelliert, geht es grundsätzlich von der freien Beweiswürdigung aus. Ausnahmen bestehen hinsichtlich der Beweiskraft von Urkunden und in einigen Fällen, in denen eine „corroboration“ er_______________

104 105 106 107

Rouhette, Frankreich, in: Nagel/Bajons, S 182 (Rz 23ff). Perrot, in: Habscheid, Effektiver Rechtsschutz, 1978, S 91, 108. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2339; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 322. Patti, Italien, in: Nagel/Bajons, S 295 (Rz 36ff); Chizzini/Bajons, in: Nagel/Bajons, S 325 (Rz 79ff). 108 Rättegång IV, 24; vgl Lindell, Schweden, in: Nagel/Bajons, S 535 (Rz 26).

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Beweiswürdigung und Beweislast

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forderlich ist, zB wenn die Aussage einer Partei als Zeuge zur Führung des Beweises nicht ausreicht. Es müssen noch besondere Umstände hinzukommen.109 Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu beweisen, dass die Beweis- 60 würdigung in den verschiedenen Staaten an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft wird. Reste der mittelalterlichen legalen Beweistheorie sind in unterschiedlichem Umfang in den verschiedenen Staaten erhalten. Hierüber kann allein die „lex fori“ entscheiden. Das gilt auch, wenn die Beweiswürdigung an eine Ideologie gebunden wird. Die Frage, ob das Beweisrecht nach den Prozessvorschriften der „lex fori“ zu 61 beurteilen ist, wird wesentlich beeinflusst von der Abgrenzung der Verfahrensvorschriften von denen des materiellen Rechts. Damit ist das Problem der Qualifikation angesprochen. Die weit überwiegende Meinung geht dahin, dass die Qualifikation nach den Regeln der „lex fori“ vorgenommen wird,110 Karlgren und Cheshire warnen allerdings vor einer zu weitgehenden Qualifikation ausländischer Normen als prozessuale, weil dadurch die Parteien einen Rechtsverlust erleiden könnten. 3. Allgemeine Regeln über die Beweislast Die allgemeinen Regeln über die Beweislast werden weltweit überwiegend 62 materiellrechtlich qualifiziert.111 Art 32 III 1 EGBGB sieht für vertragliche Schuldverhältnisse ausdrücklich vor, dass das Vertragsstatut anzuwenden ist, soweit es gesetzliche Vermutungen aufstellt oder die Beweislast verteilt. Gleiches gilt nach Art 14 I EVÜ. In Deutschland hat das Reichsgericht bereits 1882 erklärt, die Grundsätze der Beweislast gehörten nicht dem Prozessrecht an, sondern seien identisch mit den Normen des das streitige Rechtsverhältnis beherrschenden materiellen Rechts.112 Diese Auffassung hat der BGH bestätigt.113

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109 Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, Chap 13 (299ff). 110 Schoch, Klagbarkeit, S 154 spricht insoweit von einem Primat des Prozessrechts; Riezler, IZPR, S 103; ebenso Batiffol/Lagarde, no 291ff; Cheshire and North, Private International Law, p 35f, 74f, sprechen von „classification“. 111 Coester-Waltjen, Internationales Beweisrecht, Rz 371ff; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2340; Kegel/Schurig § 22 IV (S 1058f); Pohle, FS Dölle II, S 317, 335; Kreuzer/ Wagner Q 285; Soergel/Kronke Art 38, Anh Rz 137; Stürner, FS H. Stoll, S 691, 693; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 298; aA Schoch S 139ff. 112 RGZ 6, 413. 113 BGH NJW 1952, 142; BGHZ 42, 385, 389 = NJW 1965, 489, 490 (Beweislast nach vereinbartem Recht); OLG Nürnberg FamRZ 1996, 1148; ebenso Rosenberg/ Schwab/Gottwald § 114 Rz 35; Schack Rz 674ff; Soergel/Kronke Art 38 EGBGB, Anh IV Rz 137.

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§9

Internationales Beweisrecht

63 Für das UN-Kaufrecht (CISG) wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass die Beweislastverteilung nicht nur in Art 79, sondern auch sonst mittelbar durch die Formulierung der Vorschriften geregelt sei.114 Ein Rückgriff auf das sonst anwendbare materielle nationale Recht ist daher ausgeschlossen. 64 Auch in Frankreich herrscht die Auffassung, die Beweislast sei mit dem anzuwendenden materiellen Recht verbunden, weil dessen Regelung mit der Rechtsanwendung unmittelbar zusammenhänge.115 Der häufige Gebrauch von gesetzlichen Vermutungen entspricht dieser Auffassung, denn die gesetzlichen Vermutungen gehören zum materiellen Recht. Hierdurch wird wiederum die Verteilung der Beweislast berührt. 65 Auch im spanischen Recht besteht eine enge Verbindung zwischen der Beweislast und den gesetzlichen Vermutungen. Die Verteilung der Beweislast wird materiellrechtlich qualifiziert.116 66 In Italien scheint die Rechtsprechung die Frage der Beweislast dem Prozessrecht zuzuordnen und daher insoweit die „lex fori“ anzuwenden. Dasselbe gilt hinsichtlich der widerlegbaren Vermutungen.117 Die neuere Lehre will die Regelung der Beweislast dem anzuwendenden materiellen Recht entnehmen. Cappelletti/Perillo118 weisen auf die engen Beziehungen zwischen der Behauptungs- und der Beweislast hin. 67 In Schweden spricht sich Karlgren eindeutig dafür aus, die Frage der Beweislastverteilung nach dem materiellen und nicht nach dem Prozessrecht zu entscheiden.119 Grundsätzlich scheint auch Ekelöf120 mit dieser Auffassung übereinzustimmen, weil er die Aufgabe der Beweislastregeln darin sieht, der Verwirklichung des materiellen Rechts zu dienen. 68 Wenn auch die „lex fori“ hinsichtlich der Beurteilung von Beweisfragen in den Ländern des anglo-amerikanischen Rechtskreises absolut im Vordergrund steht, so lässt sich doch eine gewisse Tendenz feststellen, die Frage der Beweislastverteilung materiellrechtlich zu qualifizieren.121 _______________

114 Vgl Baumgärtel/Laumen/Hepting, Handbuch der Beweislast, Bd 2, 2. Aufl 1999, Vor Art 1 CISG Rz 15ff; Staudinger/Magnus, Neubearb 2005, Art 4 CISG Rz 63ff; Antweiler, Beweislastverteilung im UN-Kaufrecht, 1995; Reimers-Zocher, Beweislastfragen im Haager und Wiener Kaufrecht, 1995. 115 Batiffol/Lagarde No 706. 116 Prieto-Castro, Derecho Procesal Civil I, S 410. 117 Morelli, Diritto processuale civile internazionale, S 37. 118 Civil Procedure in Italy, S 187. 119 Karlgren, Internationell Privat- och Processrätt, 3. Aufl 1966, S 189. 120 Rättegång IV, 98; vgl Lindell, in: Nagel/Bajons, S 531 (Rz 19f). 121 Cheshire and North, p 74ff, 75; Cross & Wilkins, Outline of the Law of Evidence, 7th ed 1996, 26 („dependent on the substantive law“); auch Nokes, Introduction to evidence, 4th ed 1967, p 462, meint, indirekt hänge die Beweislast von dem materiellen Recht ab.

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Die einzelnen Beweismittel

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Nach der russischen Auffassung wird die Verteilung der Beweislast ebenfalls 69 materiellrechtlich qualifiziert.122 4. Beweislastumkehr als Folge pflichtwidrigen prozessualen Verhaltens Ob sich die Beweislast als Folge eines (pflichtwidrigen) prozessualen Verhal- 70 tens verändert, zB wegen Beweisvereitelung, als Säumnisfolge usf, entscheidet die lex fori.123 Neben innerprozessualen Sanktionen kommt auch eine Haftung auf deliktischen Schadenersatz in Betracht.124 5. Beweisführungslast Die Beweisführungslast und die Darlegungslast richten sich wie die objekti- 71 ve Beweislast grundsätzlich nach der lex causae.125 Allerdings ist die Beweisführungslast vielfach durch die Befugnis zur Beweisaufnahme von Amts wegen abgeschwächt.126 Eine Ausnahme gilt aber für die anglo-amerikanischen Regeln über evidential burden, die darüber bestimmen, ob eine Klage ohne Einschaltung der jury abgewiesen werden kann.127

IV. Die einzelnen Beweismittel 1. Der Beweis durch Zeugen a) Zeugenfähigkeit Die „lex fori“ entscheidet allein darüber, wer Zeuge sein kann. Nach 72 deutschem Recht gibt es keine Personen, die vom Zeugenbeweis ausgeschlossen sind. Jeder kann Zeuge sein, der nicht Partei ist. Weder auf das Alter noch auf irgendwelche Gebrechlichkeiten kommt es an. Weder die Verwandtschaft noch die Ehe beschränken die Zeugenfähigkeit ein. Auch auf ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits kommt es grundsätzlich nicht an.128 Die neuen englischen CPR haben die frühere Regel von RSC O. 25, wonach Körperbehinderte oder Geisteskranke nicht als Zeuge vernommen werden können, nicht übernommen. Es kommt nunmehr darauf an, ob der Zeuge im konkreten Fall den Ernst einer Aussage vor Gericht versteht.129 _______________

122 Lunz, Internationales Zivilprozessrecht, S 73. 123 Schack Rz 675; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2341f, 2345; Kreuzer/Wagner Q 285; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 137; aA Coester-Waltjen Rz 385ff. 124 Vgl St. Nolte, Betriebliche Dokumentation und Beweismittelvernichtung, 1996. 125 Coester-Waltjen Rz 389ff; Kreuzer/Wagner Q 285. 126 Vgl Stürner, FS H. Stoll, S 691, 696f. 127 Coester-Waltjen Rz 394ff; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2343f. 128 Gottwald, in: Jayme, German National Reports for the XIVth Congress of Comparative Law, 1994, S 135. 129 R. v Hayes [1977] 1 WLR 234; R. v Bellamy (1985) 82 Cr App R 222.

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Soweit nach dem anwendbaren Sachstatut die Zeugenfähigkeit fehlen würde und der Zeugenbeweis daher unzulässig wäre, sind solche Regeln im deutschen Prozess unbeachtlich. 73 Nach Art 32 III 2 EGBGB (bzw Art 14 II EVÜ) stehen zum Beweis eines Rechtsgeschäfts alle Beweismittel des deutschen Verfahrensrechts offen. Art 11 S 2 CISG sieht ausdrücklich vor, dass ein Vertrag über einen internationalen Warenkauf „auf jede Weise, auch durch Zeugen“ bewiesen werden kann. Tendenziell hat der Europarat bereits 1980 empfohlen, Beweismittelbeschränkungen zugunsten einer Freiheit der Beweismittel abzubauen.130 74 Rein prozessuale Beweismittelbeschränkungen, zB der Ausschluss des Zeugenbeweises im Urkundenprozess, sollen davon jedoch unberührt bleiben.131 75 Die aus Art 6 I EMRK folgende Garantie der Waffengleichheit im Zivilprozess kann verletzt sein, wenn der Alleingesellschafter einer Gesellschaft nicht zum Beweis eines von ihm geführten Gesprächs als Zeuge für die Gesellschaft vernommen werden kann.132 76 Da es sich bei der Pflicht des Zeugen, vor Gericht aussagen zu müssen, um eine prozessuale Verpflichtung handelt, muss jede Person, die als Zeuge in Frage kommt und sich im Geltungsgebiet der ZPO aufhält, auf Vorladung des Gerichts erscheinen und als Zeuge aussagen. Dabei wird auf die Staatsangehörigkeit nicht abgestellt. Ausländer müssen also nach den deutschen Prozessvorschriften als Zeugen aussagen. Ausnahmen bestehen insoweit, als auf die Exemtion von Mitgliedern der diplomatischen Missionen, konsularischen Vertretungen und andere Exemtionen Rücksicht genommen werden muss (s o § 2 Rz 50f, 70ff). 77 Ein Ausländer kann sich also nicht darauf berufen, dass ihm nach dem Prozessrecht seines Heimatlandes die Zeugenfähigkeit überhaupt nicht zukommt. Die Länder des romanischen Rechtskreises schränken den Begriff des Zeugen immer noch dadurch ein, dass sie vielen Personen die Fähigkeit nehmen, als Zeugen auszusagen. 78 Verschiedene schweizerische kantonale Prozessordnungen sehen vor, dass Ehegatten und nahe Verwandte als Zeugen ausgeschlossen sind.133 79 Das spanische Recht schränkt den Zeugenbeweis im autonomen Recht ebenfalls ein. Nach Art 51 S 2 Código de comercio kann der Abschluss eines Vertrages über einen Wert von mehr als 1500 Pesetas (ca. 9 Euro) nicht durch Zeugenaussage, sondern nach Art 52 CCom nur durch Vorlage der schrift_______________

130 De Lamberterie R.I.D.Comp. 1992, 641, 680. 131 Schlechtriem/Schwenzer, Komm. z. Einheitl. UN-Kaufrecht, 4. Aufl 2004, Art 11 Rz 12; Staudinger/Magnus, CISG, Art 11 Rz 17. 132 EGMR NJW 1995, 1413. 133 Vgl Walter ZBernJV 127 (1991), 309, 325ff.

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lichen Vertragsurkunde nachgewiesen werden.134 Spanien ist aber dem Römischen EG-Schuldvertragsübereinkommen von 1980 (EVÜ) (s o Rz 11) zum 1.9.1995 beigetreten. Außerdem sind weiterhin bestimmte Personengruppen von der Zeugen- 80 fähigkeit ausgeschlossen. Wer aufgrund geistiger Mängel nicht zurechnungsfähig ist, kann kein Zeuge sein (Art 1246 Código civil). Ausgeschlossen sind alle Personen, deren Parteilichkeit vermutet wird (Art 1247 Código civil). Dies sind Abkömmlinge, Eltern, Ehegatten, Schwiegereltern und Schwiegerkinder. Auch Personen, die ein eigenes Interesse am Prozessausgang haben, wie Gesellschaften im Prozess der Handelsgesellschaft, sind als Zeugen ausgeschlossen. Schließlich kann die Gegenpartei die Streichung eines der Partei darüber hieraus verbundenen Zeugen nach Art 337 LEC 2000 beantragen. Dies gilt für Verwandte bis zum vierten Grad, Mitgesellschafter und Angestellte, enge Freunde oder Feinde der Gegenseite.135 Eine ähnliche Regel wie Art 1247 span. CC enthält Art 1262 des mexikani- 81 schen Código de Comercio. Das brasilianische Recht unterscheidet bei Zeugen solche nach der relativen 82 Unfähigkeit (incapacidade mas relativa) und der absoluten Unfähigkeit (incapacidade absoluta). Daneben gibt es noch die verdächtigen Zeugen. Doch besteht kein absolutes Verbot, solche Zeugen zu hören. Der Richter kann vielmehr, wenn es ihm nützlich erscheint, auch unfähige oder verdächtige Personen als Zeugen vernehmen.136 In Italien können nach Art 246 cprc Personen nicht Zeugen sein, die am 83 Ausgang des Rechtsstreits derart interessiert sind, dass sie selbst am Verfahren als Partei teilnehmen könnten. (Die Regel gilt nicht im Arbeitsgerichtsverfahren, Art 421 [4] cprc.) Allerdings wird diese Unfähigkeit nur auf Einrede einer Partei beachtet.137 In England sind die Parteien nach CPR r 32.4 verpflichtet, die Aussagen von 84 Zeugen, die im trial gehört werden sollen, vorab auszutauschen und dem Gericht mitzuteilen (witnesses’ statements). IdR wird dadurch das trial verkürzt, die vom Anwalt aufgenommene Aussage eingebracht und der Zeuge nur dem Kreuzverhör durch die Gegenseite unterzogen (CPR r 32.5 [2]).138 In Frankreich kann der „juge de la mise en état“ jeden Beweis und damit 85 auch Zeugen vom Amts wegen (auch gegen den Willen der Parteien) erheben. Der Richter kann sich mit schriftlichen Zeugenerklärungen („attesta_______________

134 Vgl Schwonke/Tölg, Spanien, in: Nagel/Bajons, S 604 (Rz 17). 135 Zur alten Prozessordnung vgl A. Miras, Die Entwicklung des spanischen Zivilprozessrechts, 1994, S 168ff. 136 Arruda Alvim, Manual de Dereito Processual Civil, Vol 2, S 346. 137 Chizzini/Bajons, in: Nagel/Bajons, S 329 (Rz 85). 138 Vgl Kessel ZVglRwiss. 92 (1993), 395, 413f; Zuckerman ZZP Int. 1996, 65.

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tions“) begnügen (Art 200ff NCPC). Art 205 NCPC hat den Kreis der Personen, „qui sont frappées d’une incapacité de témoigner“ erheblich eingeschränkt. Insbesondere dürfen solche Personen uneidlich gehört werden.139 Abkömmlinge dürfen jedoch niemals über Streitigkeiten der Ehegatten zur Unterstützung einer Scheidungsklage oder einer solchen „en séparation de corps“ gehört werden.140 86 Auch das neue griechische Zivilprozess-Gesetzbuch spricht von Personen, die nicht als Zeugen gehört werden können (Art 399–403). 87 In Frankreich und den vom Code Civil beeinflussten Ländern ist der Zeugenbeweis für den Abschluss von Verträgen jenseits minimaler Mindestsummen ausgeschlossen; der Hauptbeweis kann nur durch Vorlage der Vertragsurkunde geführt werden. So in Frankreich (Art 1341 Code Civil iVm Dekret Nr 80–533 v 15.7.1980 – 800 Euro), in Italien (Art 2721 (1) C.c. – 25.000 Euro)141, in Griechenland (Art 393, 394 griech. ZPG – 5869 Euro142). Diese Beweisbeschränkungen werden teilweise (so in der Schweiz) als materielle Formvorschriften qualifiziert und bei entsprechendem Sachstatut angewendet.143 88 In den USA ist der Zeugenbeweis nach dem adversary system144 ohne Gerichtsbeschluss zulässig. Sachverständige werden grundsätzlich wie Zeugen vernommen. Der amerikanische Zivilprozess kennt die jury auch in Zivilsachen. Da die jury einfach nach „common sense“ entscheidet, gibt es keine Regeln über die Beweiskraft eines Zeugnisses, wohl aber zahlreiche Beweisregeln, die sicherstellen sollen, dass die jury nicht irregeführt wird. Für die Bundesgerichte gelten die Federal Rules of Evidence von 1975, State Courts haben ihren eigenen Evidence Code, der inhaltlich überwiegend den Uniform Rules of Evidence von 1974 und 1986 entspricht.145 Der Zeuge ist mündlich zu vernehmen. Er wird gewöhnlich vom Anwalt der präsentierenden Partei vorab befragt und sodann im Rahmen der discovery depositions (FRCP 30) vernommen, worüber idR ein vollständiges Wortprotokoll aufgenommen wird.146 Im trial wird der Zeuge auf Antrag des Parteianwalts durch (gerichtliche) subpoena geladen und vom präsentierenden Anwalt nach Leistung des Voreides befragt. „Leading questions“ sind nur unter besonderen _______________

139 Rouhette, in: Nagel/Bajons, S 184 (Rz 28). 140 Bangratz DRiZ 1995, 85, 90f. 141 Vgl Jacob ZZPInt 8 (2003), 245, 253, 259. Der Richter kann den Zeugenbeweis jedoch unter Berücksichtigung der Stellung der Parteien, der Art des Vertrages und aller sonstigen Umstände zulassen. 142 Vgl Kerameus, in: Kerameus/Kozyris, Introduction to Greek Law, 2nd ed 1993, S 281; Beys Dike Int. 1994, 161, 170 u 173. 143 So G. Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 298. 144 Vgl James/Hazard/Leubsdorf, Civil Procedure, 5th ed 2002, § 1.2. 145 Herzog AmJCompL 42 (Suppl.) (1994), 275, 277f. 146 Vgl S. Timmerbeil, Witness coaching and Adversary system, 2004.

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Voraussetzungen zulässig. Der Zeuge wird sodann vom Gegenanwalt befragt („cross-examination“). Die Beweisaufnahme wird wörtlich aufgezeichnet. Der Zeuge darf nur über Tatsachen, von denen er persönlich Kenntnis hat, befragt werden. Mittelbarer Beweis („hearsay“) ist grundsätzlich unzulässig (Fed Rules Evid. 802ff). Die Regeln über cross examination betreffen nur den Gang des Verfahrens, nicht ohne weiteres den Inhalt der Entscheidung. Das Gericht wendet nur seine eigenen Regeln an,147 sofern nicht im Wege der Rechtshilfe ausdrücklich um eine Vernehmung per cross examination ersucht wird (s o § 8 Rz 44). In schriftlichen Verfahren (motion procedure) können „affidavits“ jedes 89 möglichen Zeugen als Beweismittel benutzt werden. In einzelnen Staaten gibt es Beschränkungen der Zeugenfähigkeit. Der Zeuge muss jedenfalls die Bedeutung des Eides verstehen und in der Lage gewesen sein, das fragliche Geschehen zu beobachten. In Kalifornien kann grds „every person, irrespective of age“ Zeuge sein (Cal. CCP § 700). Der Zeuge muss aber fähig sein, eine verständliche Aussage zu machen und die Wahrheitspflicht zu verstehen (Cal. CCP § 701 [a]). Vor dem englischen High Court muss der Zeuge zur Sache aussagen, sofern 90 ihm kein privilege nach dem englischen Prozessrecht zusteht. Auf Weigerungsrechte seines Heimatrechts kann sich der Zeuge grundsätzlich nicht berufen.148 Im Einzelnen gibt es Beschränkungen des Beweisgegenstandes wegen „fraud“ 91 oder „relevancy“.149 Widerspricht der Spruch einer jury „evident“ dem Beweisergebnis, so kann der Richter das Beweisurteil auf Antrag aufheben und die Sache neu vor einer anderen jury verhandeln. In Nichtjury-Fällen muss der Einzelrichter sein Beweisergebnis im Einzelnen begründen; auf appeal kann das Rechtsmittelgericht hier die Feststellungen uU selbst korrigieren. b) Zeugnisverweigerungsrecht, Privilegien Das deutsche IZPR bestimmt zwar die Partei- und Prozessfähigkeit nach 92 ausländischem Recht. Doch kann Entsprechendes nicht auch für die Zeugenfähigkeit gelten. Die Zeugenunfähigkeit, Zeugnisverweigerungsrechte und Privilegien, als Zeuge nicht aussagen zu brauchen, dienen zu zweierlei Zwecken: sie schützen die betreffenden Personen vor einem inneren Zwiespalt, die Wahrheit zu sagen oder aber jemanden zu schützen. Sie haben zugleich öffentlich-rechtlichen Charakter, indem sie die freie richterliche Beweis_______________

147 Coester-Waltjen Rz 405, 408ff. 148 Junker, in: Heldrich/Kono, S 103, 113; Riechenberg Nw.J.Int.L. & Bus. 9 (1988), 80. 149 Herzog AmJCompl 42 (Suppl) (1994), S 285f.

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würdigung in unterschiedlicher Weise beschränken. Für einen Richter, der Zeugenunfähige nicht hören darf, verschließt sich eine bedeutende Quelle, den wahren Sachverhalt ermitteln zu können. Zeugnisverweigerungsrechte können ebenso nachteilig wirken, sie überlassen die Entscheidung, ob sie aussagen wollen oder nicht, weitgehend den geschützten Personen. 93 Inwieweit und mit welchen Mitteln ein Staat Personen schützt, bzw seine Richter vor einer fehlerhaften Beweiswürdigung bewahrt, ist letztlich eine rechtspolitische Frage, die jeder Staat nach seinem Ermessen entscheidet. Durch die Zeugenunfähigkeit, Zeugnisverweigerungsrechte und Privilegien werden den betreffenden Personen insbesondere keine materiellrechtlichen Rechte zuerkannt. Es könnte also auch nicht von „vested rights“ gesprochen werden. Die prozessuale Pflicht, als Zeuge der Wahrheitsfindung zu dienen, wird vielmehr in unterschiedlicher Weise und mit unterschiedlichen Mitteln eingeschränkt. Darüber kann nur die „lex fori“ entscheiden.150 Deutsche, die im Ausland als Zeugen aussagen müssen, können sich also auf die dort geltenden Beschränkungen, nicht aber auf das ihnen nach deutschem Recht zustehende Zeugnisverweigerungsrecht berufen. 94 Das Zeugnisverweigerungsrecht unterscheidet sich von der Zeugenunfähigkeit dadurch, dass die betroffenen Personen grundsätzlich als Zeugen aussagen können, sie haben lediglich eine Berechtigung, das Zeugnis zu verweigern. Das Zeugnisverweigerungsrecht wird entweder aus persönlichen oder aus sachlichen Gründen gewährt. In den Prozessrechten der verschiedenen Staaten ist diese Berechtigung unterschiedlich ausgestaltet. Der davon betroffene Personenkreis wird nach der einen ZPO weiter, nach der anderen enger gezogen. § 383 I Nr 1–3 ZPO berücksichtigt noch die Großfamilie; andere Rechtsordnungen beschränken das Privileg auf die Kleinfamilie. 95 In vielen Ländern (zB Deutschland, Niederlande, Österreich, Schweden) hat das Berufsgeheimnis einen relativen Charakter. Da es Interessen des Geschützten wahren soll, hat dieser das Recht, den Geheimnisträger von seiner Schweigepflicht zu entbinden. Hat er ihn entbunden, so hat der Geheimnisträger keine Wahl mehr: er muss wie jeder andere Zeuge aussagen. 96 In Frankreich besteht eine grundsätzliche Aussagepflicht, aber der Richter kann den Zeugen aus jedem gerechtfertigten Grund von der Pflicht entbinden (Art 206 S 2 NCPC), so dass ein Arzt nicht zu einem Berufsgeheimnis aussagen muss.151 97 Im US-amerikanischen Prozess kann dem Zeugen ein „privilege“ zustehen, wonach er über einen Gegenstand nicht aussagen muss. Danach muss sich niemand selbst einer strafbaren Handlung überführen (US Constitution, 5th _______________

150 Coester-Waltjen Rz 569ff, 597ff; aA M. Wolf, Symposium Baur, 1992, S 35, 62 (für Zeugnisverweigerungsrecht kraft Berufsgeheimnis nach Heimatrecht). 151 Cass 2e civ Bull 1978 II no 267; Rouhette, in: Nagel/Bajons, S 184 (Rz 29).

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Amendment). Die Gefahr zivilrechtlicher Verantwortung befreit dagegen nicht von der Aussagepflicht (New York CPLR § 4501). Geschützt sind Berufsgeheimnisse, sofern der Auftraggeber nicht Befreiung erteilt, und zwar vertrauliche Mitteilungen an Ärzte, Anwälte, Geistliche und andere Berufsberater (New York CPLR §§ 4503–4505), auch an Psychiater, Psychologen und zugelassene Sozialarbeiter,152 vertrauliche Gespräche zwischen Ehegatten (New York CPLR § 4502 [b]), Mitteilungen zwischen Regierungsstellen; teilweise wird auch der Presse ein Privileg zugestanden. Im Einzelnen bestehen erhebliche Unterschiede153 (Cal.Evid.Code §§ 900–1070). Das Bundesrecht verweist auf „principles of common law“. In Fällen von „diversity jurisdiction“ müssen die Bundesgerichte die Beweisregeln des jeweiligen Bundesstaates anwenden (FRE 501). In Kalifornien sind privileges in Cal.E.C. §§ 900–1070 geregelt. Kalifornien erkennt in Cal.E.C. §§ 1060, 1063 auch ein privilege für ein „trade secret“ an. Das Privileg gibt dem Zeugen jedoch nicht das Recht, selbst darüber zu ent- 98 scheiden, ob er aussagen will oder nicht. Die Zeugen können sich vielmehr im Einzelfall auf ihr Privileg, die Aussage zu verweigern, berufen. Der Richter entscheidet dann anhand aller Umstände darüber, ob der Zeuge aussagen muss. Die englischen Richter sind immer zurückhaltend gewesen, einem Zeugen ein Privileg zu gewähren. Die so genannten privaten Privilegien werden enger gefasst als die Zeugnisverweigerungsrechte der kontinentaleuropäischen Länder. In England verleihen Berufsgeheimnisse grundsätzlich kein privilege. Ein 99 privilege besteht nur für lawyers, soweit der Schriftwechsel mit dem Mandanten notwendig und vertraulich ist, sowie für patent agents (Patents Act 1977, s. 132). Dagegen gibt es kein generelles privilege wegen Vertraulichkeit für Priester, Ärzte, Agenten, Hilfspersonen und Freunde, Journalisten, Banker oder Gefängnispersonal. Ärzte müssen also in England als Zeugen grundsätzlich über alles aussagen, was sie bei der Behandlung von Patienten festgestellt haben bzw was ihnen anvertraut wurde.154 Der Richter kann aber nach seinem Ermessen die Vertraulichkeit der zu offenbarenden Information und das öffentliche Interesse an der Aufdeckung gegeneinander abwägen und eine Offenbarung untersagen.155 Die unterschiedlichen Auffassungen über das Zeugnisverweigerungsrecht 100 bzw die Privilegien führen bei der Anwendung der „lex fori“ zB zu folgenden _______________

152 US Supreme Court, Jaffee v Redmond, 116 S.Ct. 1923 (1996). 153 Herzog AmJCompL 42 (Suppl) (1994), 275, 284f. 154 D. v National Society for the Prevention of Cruelty to Children [1978] AC 171 (Lord Edmund Davies, 244); Garrett, VK (England und Wales), in: Nagel/Bajons, S 707 (Rz 32). 155 Balabel v Air India [1988] Ch. 317, 330; Crompton (Alfred) Amusement Machines v Customs and Exercise Commissioners [1973] 2 All ER 1169 (H.L.); Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No 20–17, 20–37, 20–38ff (privileges under the CPR).

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Ergebnissen: Vor dem deutschen Prozessrichter könnte ein englischer Arzt sich auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen, sofern er von dem Patienten nicht von der Schweigepflicht entbunden ist. Würde die Partei einen französischen Arzt von der Schweigepflicht entbinden, so müsste er als Zeuge aussagen, obwohl das französische Prozessrecht ihm gebietet zu schweigen. Das deutsche Gericht wird auch nicht durch den französischen „ordre public“ gebunden. Es sollte allerdings schon in dem Verfahren vor dem deutschen Erstrichter geprüft werden, ob ein Verstoß gegen den französischen „ordre public“ einer späteren Anerkennung und Vollstreckung des deutschen Urteils in Frankreich hinderlich sein könnte. 101 Umgekehrt könnte ein deutscher Arzt sich vor einem englischen Gericht kaum mit Erfolg auf ein Privileg berufen, selbst dann nicht, wenn er sich darauf beriefe, dass er gegen sein Standesrecht verstoßen würde, wenn er trotz seiner Schweigepflicht, sofern er nicht von ihr entbunden ist, aussagen müsste. Andererseits dürfte der deutsche Arzt vor einem französischen Prozessgericht auch dann nicht als Zeuge aussagen, wenn ihn der Patient von der Schweigepflicht entbunden hätte. Solche Beispiele zeigen, wie sehr die unterschiedlich ausgestalteten Beweisrechte den Zeugen berühren, wenn er sich von einem in das andere Land begibt. Es ist wie zu jener Zeit, als in dem einen Land rechts, in dem anderen links gefahren wurde! 102 Auch die Art und Weise der Durchführung des Zeugenbeweises richtet sich nach der lex fori. Während in Deutschland ein Zeuge nur auf Antrag der beweisbelasteten Partei vernommen wird (§ 373 ZPO), kann das Gericht einen Zeugen in vielen Ländern auch von Amts wegen laden und vernehmen, so zB in den Niederlanden (Art 198 RV), in Frankreich (Art 200 NCPC), auch – zumindest de iure – vor den amerikanischen Bundesgerichten (FRE 614 [a]; eine entsprechende Regel für State courts sehen die Uniform Rules of Evidence 1974/1986 vor, die bisher von 36 Staaten übernommen wurden). 103 Auch in Österreich kann das Gericht Zeugen von Amts wegen laden, sofern sich nicht beide Parteien dagegen erklären (§ 183 I Nr 4, II öZPO).156 2. Parteivernehmung, Parteieid, gerichtliches Geständnis a) Parteivernehmung 104 Die Parteivernehmung besteht im deutschen Recht als besonderes Beweismittel neben dem Zeugenbeweis. Nach § 445 ZPO ist sie grundsätzlich nur subsidiär zulässig: Andere zulässige Beweismittel müssen erschöpft, der Beweis aber noch nicht vollständig geführt sein, oder es muss jeder andere Beweis fehlen. Diese Subsidiarität bleibt auch in internationalen Fällen er_______________

156 Vgl Fasching/Schragel, Zivilprozessgesetze, Bd II/2, 2. Aufl 2003, § 183 ZPO Rz 8.

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halten, soweit ein Vertrag „auf jede Weise bewiesen werden kann“.157 Steht der Partei kein anderes Beweismittel zur Verfügung, verstößt die Subsidiarität aber gegen die Garantie eines fairen Verfahrens nach Art 6 I EMRK.158 Nach sec. 13 des Evidence Act von Ontario/Kanada ist die Parteivernehmung in einem Erbschaftsprozess ebenfalls nur zulässig, wenn das streitige Ereignis, das zu Lebzeiten des Erblassers stattfand, auch durch zusätzliche Beweisindizien gestützt wird. b) Vorrang der Parteivernehmung Die Parteivernehmung ist in Norwegen 1915 eingeführt worden (Lov om 105 rettegangsmaaten for tvistemaal, 9. Kap, §§ 111ff). Die Subsidiarität der Parteivernehmung wird nicht erwähnt. Aus der Formulierung: „Wenn die Aussagen der Parteien gebraucht werden“, ergibt sich, dass die Parteien schon vor den Zeugen gehört werden können. Nach dem schwedischen „Rättegångsbalk“ vom 1.8.1948, RB 43:8 st. 2 kann 106 die Parteivernehmung noch vor der Zeugenvernehmung erfolgen. Die Subsidiarität ist bewusst ausgeschlossen worden. Man geht davon aus, dass die Parteien den Sachverhalt am besten kennen. Die Parteivernehmung kann von jeder Partei beantragt oder von Amts wegen angeordnet werden.159 Auch nach der brasilianischen ZPO (Código de Processo Civil, 12. Ed., 1987) 107 werden die Parteien vor den Zeugen vernommen. Der Grundsatz der Subsidiarität ist bewusst ausgeschlossen worden.160 Die Parteien werden wie Zeugen vernommen. In Österreich hat die Novelle von 1983 die Subsidiarität der Parteiverneh- 108 mung völlig beseitigt. Die Parteivernehmung (gemäß § 371 öZPO) ist mit anderen Beweismitteln gleichrangig. Sie wird ähnlich wie eine Zeugenvernehmung durchgeführt (§§ 375, 380 öZPO), doch kann weder das Erscheinen noch die Aussage erzwungen werden.161 Die Entwicklung des Beweisrechts geht dahin, dass die Parteivernehmung wie im common law den Regeln des Zeugenbeweises unterstellt wird. Auch Art 164 niederländische R.V. sieht vor, dass die Parteien als Zeugen vernommen werden können. Die Beweiskraft ist aber eingeschränkt. Denn zu ihrem Vorteil kann die Aussage einer _______________

157 S für Art 11 S 2 CISG: Schlechtriem/Schwenzer, Komm. z. Einheitl. UN-Kaufrecht, 4. Aufl 2004, Art 11 Rz 12. 158 EGMR vom 27.10.1993, NJW 1995, 1413 (dazu Schlosser S 1404) = ZEuP 1996, 484 m Anm M. Roth; Wittschier DRiZ 1997, 247. 159 Lindell, Schweden, in: Nagel/Bajons, S 547 (Rz 53ff). 160 Arruda Alvim, Vol II, 352ff. 161 Fasching, Zivilprozessrecht, 2. Aufl 1990, Rz 1024ff; Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht, 6. Aufl 2003, Rz 646.

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Partei nur verwertet werden, wenn sie durch einen anderen, für sich allein nicht ausreichenden Beweis unterstützt wird (Art 164 II R.V.).162 c) Parteieid 109 In den Rechten des romanischen Rechtskreises hat sich die Parteivernehmung als besonderes Beweismittel noch nicht durchgesetzt. Es gelten die formalen Parteieide in der Form des der einen von der anderen Partei zugeschobenen und des einer Partei vom Gericht auferlegten Ergänzungseides. Diese Parteieide binden den Richter, sie erlauben nur teilweise eine freie richterliche Würdigung. Es ist beachtenswert, dass der neue französische cprc hieran nichts Wesentliches geändert hat (Art 317 bis 322 NCPC). Der einer Partei zugeschobene Eid – serment déféré – oder von dieser der anderen zurückgeschobene Eid lässt keinen Raum für eine Beweiswürdigung, er bindet das Gericht.163 Des einer Partei von Amts wegen auferlegten Ergänzungseides bedient sich das Gericht, wenn es von der bisherigen Beweisaufnahme nicht hinreichend überzeugt ist.164 110 Neben diesen formalen Parteieiden hat sich die informelle Befragung der Parteien herausgebildet. Der französische Richter kann dazu das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Die „comparution personnelle“ kann jedoch nicht erzwungen werden. Eine Partei kann auf ihre Aussage auch nicht beeidet werden. d) Geständnis 111 Über die Beweisbedürftigkeit entscheidet grundsätzlich die lex fori (s o Rz 37). Deshalb ist ein Geständnis im Inland gemäß § 288 ZPO im Inland zu beachten, selbst wenn die lex causae etwas anderes vorsieht. Soweit in Statusverfahren dem Geständnis keine Wirkung zukommt (vgl § 617 ZPO), sind solche Regeln nur zu beachten, wenn die lex causae die Dispositionsfreiheit über den Streitgegenstand ausschließt.165 112 Während nach § 288 ZPO die von einer Partei behaupteten Tatsachen insoweit keines Beweises bedürfen, als sie im Laufe des Rechtsstreits von dem Gegner bei einer mündlichen Verhandlung oder zu Protokoll eines beauftragten oder ersuchten Richters zugestanden sind, behandeln die romanischen Rechte das gerichtliche Geständnis traditionellerweise als ein besonderes _______________

162 Granow/Bervoets, Niederlande, in: Nagel/Bajons, S 406 (Rz 32). 163 Ebenso in Griechenland: Art 421ff griech. ZPGB; vgl Beys Dike Intern. 1994, 161, 182. 164 Perrot, in: Habscheid, Effektiver Rechtsschutz, S 91, 108; für das italienische Recht Patti, in: Nagel/Bajons, S 295 (Rz 36f); Chizzini/Bajons, in: Nagel/Bajons, S 325 (Rz 79ff). 165 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 357f, 2277; Coester-Waltjen Rz 606.

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Beweismittel (Art 1356 franz. cc). Das gerichtliche Geständnis erbringt den vollen Beweis für die zugestandenen Tatsachen.166 Nach dem mexikanischen Recht erbringt ein unter den gesetzlichen Voraussetzungen abgegebenes Geständnis – confesión – vollen Beweis für die zugestandene Tatsache. Ebenso verhält es sich nach Art 339, 352ff der neuen griechischen ZPO.167 In all diesen Fällen handelt es sich um ein gesetzliches Beweismittel, das den Richter bindet. Im Gegensatz dazu wird die „judicial admission“ ähnlich wie im deutschen Prozessrecht behandelt. Sie macht den Beweis überflüssig.168 Das gerichtliche Geständnis bewirkt, dass der deutsche Richter die zuge- 113 standene Tatsache als wahr berücksichtigen muss, sofern das Gegenteil nicht offenkundig ist oder jeder Erfahrung widerspricht.169 Das neue spanische LEC Nr 1/2000 hat das (eidliche) gerichtliche Geständnis durch die (nicht beeidete) Parteivernehmung (Art 301ff LEC) ersetzt.170 In den USA hat jede Partei im discovery-Verfahren die interrogatories der 114 Gegenseite schriftlich zu beantworten und mündlich wie ein Zeuge despositions zu geben (FRCP 30, 33). Während des trial wird die Partei ebenfalls wie ein Zeuge vernommen. Aussageverweigerungsrechte nach dem heimatlichen Personalstatut stehen der ausländischen Partei nicht zu.171 Request for admission. In den USA kann jede Seite den Gegner schriftlich 115 auffordern, bestimmte Tatsachen innerhalb von 30 Tagen zuzugestehen (FRCP 36).172 Gibt er keine Erklärung ab, so gilt das Geständnis wie bei einer ausdrücklichen Erklärung als abgegeben (FRCP 36 [a] II S 2). Jedes Geständnis muss einzeln begehrt werden. Will der Gegner die Geständnisfiktion vermeiden, muss er eine schriftliche Antwort oder Sacheinwendung innerhalb der (ggf vom Gericht verlängerten) Frist geben. Die Antwort soll die Sache spezifiziert leugnen oder im Detail angeben, warum die Sache nicht zugestanden werden kann. Ist die Sache teilweise wahr, soll ein Teilgeständnis erfolgen. Auf Antrag kann das Gericht eine Verbesserung der Antwort aufgeben. Es kann zur Erledigung des Ersuchens auch eine pre-trial conference ansetzen. Für diese Anträge kann das Gericht Erstattung der Anwaltskosten anordnen (FRCP 36 [a] 3. Absatz; 37 [a] [4]). _______________

166 Rouhette, in: Nagel/Bajons, S 186 (Rz 34). 167 Beys Dike Intern. 1994, 161, 183. 168 McCormick, On Evidence 3rd ed 1984, S 776, 780ff; Siegel, New York Practice, 1978, S 265. 169 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 111 Rz 13. 170 Schwonke/Tölg, in: Nagel/Bajons, S 615 (Rz 33). 171 Junker, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 103, 113. 172 Vgl Junker, Discovery, 1987, S 186ff.

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e) Ergebnis 116 Das Ergebnis dieser unterschiedlichen Auffassungen führt dahin, dass eine französische Partei zB vor einem deutschen Prozessgericht ihrem Gegner nicht den Eid (gemäß Art 1358ff Code civil) über irgendwelche Tatsachen zuschieben kann (s o Rz 55). In Deutschland sind ausländische Regeln über den zugeschobenen Eid unbeachtlich und zwar nicht nur, wenn sie im Einzelfall zu einem dem inländischen ordre public widersprechenden Ergebnis führen würden.173 Sie kann allenfalls seine Parteivernehmung beantragen. Das Ergebnis der unbeeideten Parteivernehmung würdigt der deutsche Richter frei. Liegt jedoch eine beeidete Aussage einer Partei vor, so ist der deutsche Richter praktisch an diese gebunden, weil er frei darüber entscheidet, welche Partei ihre Aussage beeiden soll, da er nach § 452 II ZPO nur eine Partei beeiden darf. Im Ergebnis kommt das einem formalen Parteieid nahe. 117 Eine deutsche Partei kann dagegen vor einem französischen Gericht ihrem Gegner den Eid über bestimmte Tatsachen zuschieben. Leistet der Gegner den Eid, so ist der französische Richter hierdurch gebunden. Auf eine Parteivernehmung nach deutschem Vorbild könnte sich eine deutsche Partei nicht berufen, allenfalls eine informelle Parteibefragung anregen. 3. Der Beweis durch Urkunden a) Die Beweiskraft der Urkunden 118 Nach § 437 ZPO haben inländische öffentliche Urkunden die Vermutung der Echtheit für sich und begründen nach § 415 ZPO vollen Beweis für den beurkundeten Vorgang. Diese gesetzlichen Vermutungen gelten nicht für ausländische öffentliche Urkunden. 119 Nach § 438 ZPO hat das Gericht nach den Umständen des Falles zu ermessen, ob eine Urkunde, die sich als von einer ausländischen Behörde oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person des Auslandes errichtet darstellt, ohne näheren Nachweis als echt anzusehen sei. Nach § 438 II ZPO genügt die Legalisation durch einen Konsul oder Gesandten stets zum Nachweis der Echtheit der ausländischen Urkunde.174 120 Auf die Legalisation von vollstreckbaren öffentlichen Urkunden wird aufgrund der Art 56, 57 EuGVO bzw Art 49, 50 EuGVÜ/LugÜ ausdrücklich verzichtet. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass es sich hierbei nur um öffentliche Urkunden aus den Gebieten des Zivil- und Handelsrechts handeln darf, wobei die in Art 1 II aufgeführten Gebiete ausgeschlossen bleiben. _______________

173 OLG Hamm RIW 1994, 513, 517; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2325, 2339; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 322; aA Coester-Waltjen Rz 612ff, 617. 174 Vgl Langhein Rpfleger 1996, 45, 47f; MüKo/Schreiber, 2. Aufl, § 438 ZPO Rz 3.

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Außerdem ist das Haager Übereinkommen vom 5.10.1961 zur Befreiung aus- 121 ländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation175 zu beachten. Danach genügt die Anbringung einer Apostille gemäß dem Muster des Übereinkommens auf oder in Verbindung mit der Urkunde. Die Apostille muss von der zuständigen Behörde des Staates ausgestellt sein, in dem die Urkunde errichtet worden ist.176 Nach Art 5 II beweist die Apostille die Echtheit der Unterschrift, die Eigenschaft des Unterzeichners der Urkunde und die Echtheit des Siegels oder Stempels, mit dem die Urkunde versehen ist. Die Beweiskraft und ihre mögliche Widerlegung richten sich nach der lex fori.177 Dieses Übereinkommen gilt im Verhältnis der BR Deutschland zu: Andorra, Anquilla, Antigua und Barbuda, Argentinien, Armenien, Australien, Bahamas, Barbados, Belarus, Belgien, Belize, Bosnien-Herzegowina, Botsuana, Brunei Darussalam, Bulgarien, China, Dominica, El Salvador, Fidschi, Finnland, Frankreich, Grenada, Griechenland, Irland, Israel, Italien, Japan, Jugoslawien, Kasachstan, Kirgestan, Kolumbien, Kroatien, Lesotho, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malawi, Malta, Marschallinseln, Mauritius, Mazedonien, Mexiko, Monaco, Namibia, Neuseeland, Niederlande, Nine, Norwegen, Österreich, Panama, Polen (seit 14.8.2005), Portugal, Rumänien, Russland, Samoa, San Marino, Schweden, Schweiz, Seychellen, Slowakei, Slowenien, Spanien, St. Kitts and Nevis, St. Lucia, Südafrika, Surinam, Swasiland, Tadschikistan, Tonga, Trinidad und Tobago, Türkei, Turkmenistan, Ukraine, Ungarn, USA, Usbekistan, Venezuela, Vereinigtes Königreich, Zypern. Das Übereinkommen zur Befreiung von Urkunden von der Legalisation in 122 den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft vom 25.5.1987 ist bisher nur von Belgien, Dänemark, Frankreich und Italien ratifiziert worden und noch nicht in Kraft getreten.178 Es gilt weiter das Londoner Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 zur 123 Befreiung von den von diplomatischen oder konsularischen Vertretern errichteten Urkunden von der Legalisation.179 Dieses Übereinkommen gilt im Verhältnis der BR Deutschland zu Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Liechtenstein, Luxemburg, Moldau, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechische Republik, Türkei, Vereinigtes Königreich, Zypern. _______________

175 BGBl 1965 II, 875. 176 Vgl Schmidt, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Lfg. 18 (1997), S 761.3ff; Kierdorf, Die Legalisation von Urkunden, 1963; Bindseil DNotZ 1992, 275. 177 Schmidt, in: Geimer/Schütze S 761.13; Schack Rz 704. 178 Tarko öJZ 1999, 401, 402. 179 BGBl 1971 II, 85; vgl Schmidt, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Lfg. 25 (2003), S 768.1ff.

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124 Endlich gelten zweiseitige Abkommen mit Belgien, Dänemark, Frankreich,180 Griechenland, Italien, Österreich, Schweiz und Konsularverträge, wonach die von ausländischen Konsuln aufgenommenen Urkunden von der Legalisation befreit sind, mit folgenden Staaten: Jamaika, Malawi, Mauritius, Niederlande, Russland, Spanien, Türkei, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten.181 125 Ist die ausländische öffentliche Urkunde echt, so hat sie dieselbe Beweiskraft wie eine inländische öffentliche Urkunde.182 Wirkende – konstituierende – öffentliche Urkunden erbringen formell vollen Beweis über die in ihnen enthaltene amtliche Anordnung oder Entscheidung (§ 417 ZPO). Ein Gegenbeweis ist ausgeschlossen. Berichtende oder bezeugende öffentliche Urkunden erbringen vollen Beweis über die berichtete oder bezeugte Tatsache. Das gilt nicht hinsichtlich der inneren, materiellen Beweiskraft. Diese ist gem § 286 ZPO frei zu würdigen.183 Der Beweis der Unrichtigkeit der bezeugten Tatsache ist im Allgemeinen zulässig (§ 418 ZPO). 126 Andere öffentliche Urkunden, die nicht über eigene Wahrnehmungen oder Handlungen der Urkundsperson, sondern über Erklärungen dritter Personen berichten, begründen den vollen Beweis des durch die Behörde oder die Urkundsperson beurkundeten Vorgangs, dagegen nicht die Richtigkeit der gemachten tatsächlichen Angaben (§ 415 ZPO). Hierher gehören zB notarielle Urkunden, die die Beurkundung von rechtsgeschäftlichen Erklärungen betreffen. In allen Fällen ist der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, zulässig. Die Beweiskraft ausländischer öffentlicher Urkunden wird also an dem deutschen Maßstab gemessen.184 Die „lex fori“ entscheidet allein, weil die freie Beweiswürdigung durch die gesetzliche Beweiskraft ausgeschlossen bzw eingeengt wird. Dies gilt auch für solche ausländischen öffentlichen Urkunden, denen in ihrem Heimatland keine gesetzliche Beweiskraft zugemessen wird. 127 Wenn zB nach Art 1319 cc eine echte öffentliche Urkunde den vollen Beweis – fait pleine foi – der Abmachung, die sie enthält, begründet, so kann der deutsche Richter es dahingestellt lassen, ob es sich hierbei um eine Prozessvorschrift oder eine solche des materiellen Rechts handelt, er beurteilt die Beweiskraft der ausländischen öffentlichen Urkunde nach seiner „lex fori“. Ihn berührt auch nicht die Bindungswirkung, die eine ausländische öffentliche Urkunde für den ausländischen Richter hat, und inwieweit ein Gegen_______________

180 Vom 13.9.1971, BGBl 1974 II, 1075. 181 Vgl v Hoffmann, Konsularrecht, 1978ff; Jayme/Hausmann, 12. Aufl, Nr 253 Fn 1 und 2. 182 Vgl Schack Rz 702. 183 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Übers § 415 ZPO Rz 6; Musielak/ Huber, ZPO, 4. Aufl, § 415 Rz 10. 184 Ebenso Schack Rz 700.

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beweis zulässig ist, und ob es dazu des besonderen Verfahrens der „procédure d’inscription de faux“ bedarf. Bei privaten Urkunden macht die ZPO keinen Unterschied zwischen inlän- 128 dischen und ausländischen Urkunden. Es gibt keine gesetzliche Vermutung für die Echtheit der privaten Urkunde. Es ist vielmehr Aufgabe des Gegners, sich über die Echtheit der Urkunden zu erklären. „Wird die Erklärung nicht abgegeben, so ist die Urkunde als anerkannt anzusehen, wenn nicht die Absicht, die Echtheit bestreiten zu wollen, aus den übrigen Erklärungen der Partei hervorgeht“ (§ 439 III ZPO). Nach § 416 ZPO begründen private Urkunden, die von dem Aussteller unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von dem Aussteller abgegeben worden sind. Diese Beweiskraft ist aber nur eine formelle, sie bezieht sich lediglich auf die Tatsache, dass die Erklärung von dem Aussteller abgegeben worden ist, nicht auch auf die Richtigkeit der Erklärung. Über die so genannte materielle Beweiskraft der privaten Urkunde entscheidet der Richter aufgrund der freien Beweiswürdigung.185 Bei elektronischen Dokumenten wird dem authentischen (beglaubigten) 129 Ausdruck zum Teil eine besondere Beweiskraft zuerkannt.186 Ein amtlicher Ausdruck aus einem maschinell geführten Grundbuch steht in Deutschland nach § 131 S 3 GBO einer beglaubigten Grundbuchabschrift gleich. Gleiches gilt für den amtlichen Ausdruck aus einem maschinell geführten Handelsregister (§ 9 II 4 HGB). Alle nicht unterzeichneten Privaturkunden sind mit keiner besonderen Be- 130 weiskraft ausgestattet. Der Richter würdigt sie gemäß § 286 ZPO frei. Soweit die Gegenpartei ihren Inhalt allerdings nicht bestritten hat, wird er nach dem Verhandlungsgrundsatz zum unstreitigen Sachverhalt. Wenn das französische Recht den „actes sous seing privé“ eine besondere 131 Garantiefunktion hinsichtlich der Richtigkeit solcher privater Urkunden verleiht, so muss geprüft werden, ob es sich bei Art 1322 cc um eine materiellrechtliche Formvorschrift handelt. Für die Gültigkeit von Urkunden, die synallagmatische Verträge enthalten, werden so viele Originalabschriften gefordert, wie Vertragsparteien teilgenommen haben. Dabei muss die Anzahl der Originale ausdrücklich vermerkt werden. Erkennt eine Partei, der eine solche Urkunde entgegengehalten wird, ihre Unterschrift an, so kann sie die Existenz der Urkunde nicht mehr bestreiten.187 Da gegenüber der Privaturkunde nach französischem Recht immer der Gegenbeweis geführt werden kann, dass die Urkunde nicht den genauen Vorgang wiedergebe, entscheidet _______________

185 Rosenberg/Schwab/Gottwald § 118 Rz 33. 186 Vgl Art 1316-1 cc; vgl Rouhette, in: Nagel/Bajons, S 189 (Rz 43). 187 Perrot, Preuve No 347.

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letztlich doch eine Prozessvorschrift, so dass der deutsche Richter auch insoweit seine „lex fori“ anwenden kann. 132 Ein anerkannter „acte sous seing privé“ hat nach Art 1322 cc dieselbe Beweiskraft wie ein „acte authentique“. Er steht aber einem „acte authentique“ nicht gleich, denn ihm fehlt die „force exécutoire“. Die „actes sous seing privé“ bedürfen vielmehr zur Vollstreckbarkeit eines Urteils.188 133 Nach französischem Recht gilt für ausländische Urkunden die Echtheitsvermutung nicht. Es wird daher wie im deutschen Recht die Legalisation benötigt.189 134 In Spanien hat die von der Prozesspartei verfasste und unterschriebene Privaturkunde dieselbe Beweiskraft inter partes wie eine öffentliche Urkunde (Art 1225 CC), sofern die Unterschrift als echt anerkannt ist. Zusätzlich erbringen auch alle anderen, von Dritten ausgestellten Urkunden vollen Beweis gegenüber der Partei, für die sie nachteilig sind, sofern ihre Echtheit nicht bestritten ist (Art 326 LEC).190 135 Das englische Recht geht im Gegensatz zu vielen kontinental-europäischen Rechten nicht von einer besonderen Beweiskraft der Urkunden aus. Einige Urkunden erlangen jedoch durch andere prozessuale Mittel dennoch eine starke Beweiskraft. Zum Teil tritt die „Estoppel“-Lehre ein (s o Rz 45). Das wirkt sich bei einem „deed“, einer gesiegelten Urkunde, durch die ein Recht oder ein Anspruch geschaffen oder übertragen wird, dahin aus, dass eine Partei bei Vorlage dieser Urkunde gehindert ist, deren Inhalt zu bestreiten. Diese Estoppel-Wirkung geht jedoch nicht so weit, dass nicht eine fehlerhafte oder betrügerische Erklärung durch einen Gegenbeweis entkräftet werden könnte.191 136 Der „estoppel by record“ verleiht Urteilen „in rem“ und „in personam“ eine besondere Rechtskraft, die einen Beweis gegen solche Urkunden entweder zwischen allen oder zwischen denselben Parteien ausschließt (s o Rz 45).192 137 Andererseits arbeitet das englische Recht mit der „extrinsic facts“-Lehre, um gewissen Urkunden, die zB Verträge enthalten, einen erhöhten Beweis_______________

188 J. Teske, Der Urkundenbeweis im französischen und deutschen Zivil- und Zivilprozessrecht, 1990. 189 Rigaux, La force probante des écrits en droit international privé, Rev.crit. 1961, 45. 190 Schwonke/Tölg, in: Nagel/Bajons, S 621 (Rz 46). 191 So House of Lords, Geer v Kettle [1938] A. C. 156. 192 Cohn, Die materielle Rechtskraft im englischen Recht, FS Nipperdey, S 875, meint, die englische Doktrin vom „estoppel“ sei eigentlich eine Rechtskraftlehre. Die Wirkung der Beweiskraft, die zum „conclusive evidence“ führen kann, darf jedoch nicht übersehen werden. Dass die Gerichte durch die „estoppel by record“-Wirkung in Ehesachen nicht gebunden werden, ergibt sich aus Thomson v Thomson [1957] p 19.

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wert beizumessen (s auch Rz 137). Danach dürfen Tatsachen, die außerhalb der Urkunde liegen, nicht bewiesen werden.193 Wie bei dem „estoppel“ geht es auch bei den „extrinsic facts“ um die Nichtzulässigkeit von Beweisen. Grundsätzlich kann danach der Inhalt einer Urkunde nicht durch Zeugen widerlegt werden. Ausnahmen gelten, wenn die Echtheit der Urkunde oder die vertragliche Abmachung bestritten werden.194 Der Zeugenbeweis wird ferner zugelassen, wenn bewiesen werden soll, dass ein keiner gesetzlichen Schriftform unterliegender Vertrag durch mündliche Vereinbarung abgeändert wurde.195 Das Gleiche gilt, wenn der Text der Urkunde mehrdeutig ist, oder wenn ein Wort oder Zusammenhang in einer ungewöhnlichen Bedeutung gebraucht wird.196 Alle diese fremden Prozessregeln binden den deutschen Richter nicht. Er 138 entscheidet nach seiner „lex fori“, auch wenn er im Einzelfall zu einem anderen Ergebnis kommen mag als sein ausländischer Kollege.197 Der Begriff der privaten Urkunde geht im anglo-amerikanischen Recht erheblich weiter als in den kontinental-europäischen Rechten. Es fallen darunter auch Photographien und „computer-print-outs“.198 b) Die prozessuale und die materiellrechtliche Vorlagepflicht von Urkunden Die Verpflichtung der Parteien bzw dritter Personen, in einem Zivilprozess 139 Urkunden vorlegen zu müssen, ist teilweise durch Prozessvorschriften, teilweise durch das materielle Recht geregelt. Danach entscheidet sich, ob die „lex fori“ bzw das nach dem deutschen IPR maßgebende materielle Recht anzuwenden ist. Eine prozessuale Vorlagepflicht ergibt sich aus § 142 I ZPO. Danach kann 140 das Gericht anordnen, dass eine Partei die in ihren Händen befindlichen Urkunden, auf die sie sich bezogen hat, sowie Stammbäume, Pläne, Risse und sonstige Zeichnungen vorlegt. Das Gericht kann auch anordnen, dass die in einer fremden Sprache abgefassten Urkunden übersetzt werden.199 Auch wenn eine Partei sich nicht auf Urkunden bezogen hat, kann das Gericht nach § 143 ZPO anordnen, dass sie die in ihrem Besitz befindlichen Akten vorlegt, soweit diese aus Schriftstücken bestehen, welche die Verhandlung und Entscheidung der Sache betreffen. _______________

193 194 195 196 197

Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No. 42–01ff. Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No. 42–33. Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No. 42–44. Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No 43–01ff. MüKo/Spellenberg, 4. Aufl, Art 33 EGBGB Rz 172; aA Jakob ZZPInt 8 (2003), 245, 258. 198 So Coester-Waltjen Rz 422; McCormick, On evidence, 3. Aufl 1984, § 314 (S 885ff). 199 Vgl Schlosser, FS Sonnenberger, S 135, 139ff.

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Über den Wortlaut des § 142 ZPO hinaus geht die Ermächtigung des Vorsitzenden des Prozessgerichts, nach § 273 II Nr 1 und 2 ZPO den Parteien die Vorlage von Urkunden schlechthin aufzugeben bzw Behörden oder Träger eines öffentlichen Amtes um Mitteilung von Urkunden zu ersuchen. 141 Nach § 423 ZPO ist der Gegner zur Vorlegung der in seinen Händen befindlichen Urkunden, auf die er im Prozess zur Beweisführung Bezug genommen hat, verpflichtet. Dazu bedarf es eines Antrages des Klägers, jedoch kann das Gericht die Vorlage auch von Amts wegen anordnen. Nach § 425 ZPO kommt es auf die Tatsache, dass der Gegner sich auf Unterlagen bezogen hat, nicht an. Führt der Gegner im Wege der Verhandlungsmaxime private Aufzeichnungen, vertrauliche Mitteilungen oder Briefe in den Prozess ein, so erstreckt sich die prozessuale Vorlagepflicht auch auf diese Schriftstücke. Durch die Einführung in den Prozess ist der Mantel des Geheimnisses ohnehin schon gelüftet. Die Parteien haben es also weitgehend in der Hand, wieweit die prozessuale Vorlagepflicht im Einzelnen geht. 142 Die allgemeine prozessuale Vorlagepflicht ist weiterhin unzureichend ausgestaltet, weil das Gericht keine Handhabe hat, die Vorlage zu erzwingen. Es kann lediglich Schlüsse aus dem Verhalten der Parteien ziehen, zB die Abschrift einer nicht vorgelegten Urkunde für richtig halten oder beim Fehlen einer Abschrift den vom Beweisführer behaupteten Inhalt der Urkunde als bewiesen ansehen. 143 Diese prozessuale Vorlagepflicht erstreckt sich auch auf Ausländer, die vor einem deutschen Gericht als Parteien auftreten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sie sich im Inland oder Ausland aufhalten. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob in ihrem Heimatland eine anders geartete prozessuale Vorlagepflicht besteht. Gleichgültig ist auch, ob sich die vorzulegende Urkunde im Inland oder Ausland befindet; entscheidend ist nur die Verfügungsbefugnis des Vorlageverpflichteten. Für das deutsche Recht ist zweifelhaft, ob Beweismittel im Besitz einer ausländischen Konzerngesellschaft vorzulegen sind, insb ob die inländische Muttergesellschaft wie in den USA verpflichtet ist, Unterlagen einer abhängigen Tochtergesellschaft vorzulegen.200 144 Im Unterhaltsprozess kann das Gericht den Parteien aufgeben, Auskunft über ihre Einkünfte zu erteilen und die entsprechenden Belege vorzulegen. Soweit die Parteien dem nicht Folge leisten, kann das Gericht die Auskünfte nach Maßgabe des § 643 II ZPO bei Dritten einholen; für diese besteht im Rahmen der Zeugenpflichten Auskunftszwang (§ 643 III ZPO). _______________

200 Vgl Mössle, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, S 260ff.

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In Schweden besteht nach RB 38:2 st. 1 eine prozessuale Editionspflicht von 145 Urkunden in demselben Umfang wie die prozessuale Verpflichtung, als Zeuge auszusagen.201 Zusätzlich besteht eine materiellrechtliche Vorlagepflicht (RB 38:3) aufgrund eines zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisses oder bei gemeinschaftlichen Urkunden. Art 248 polnische ZPO kennt eine dem schwedischen Recht vergleichbare 146 Editionspflicht. Die Vorlagepflicht entfällt, wenn der Betroffene hinsichtlich einer Aussage zum Inhalt ein Zeugnisverweigerungsrecht hätte, es sei denn es bestehe hinsichtlich der Urkunde ein Vorlageanspruch oder die Urkunde sei im Interesse der Vorlage begehrenden Partei errichtet.202 In Frankreich ist die prozessuale Vorlagepflicht von Urkunden (in Art 132 147 bis 142 NCPC) geregelt. Bezieht sich eine Partei im Prozess auf ein Schriftstück, so verpflichtet sie sich damit, es der Gegenpartei mitzuteilen. Wenn dies nicht geschieht, so kann die Vorlage durch den Richter angeordnet werden. Ebenso kann auf Anordnung des Gerichts gemäß Antrag einer Partei Dritten aufgegeben werden, Urkunden, die sie in Händen haben, vorzulegen. Die Vorlageanordnung kann notfalls zwangsweise durchgesetzt werden. Dies gilt nicht gegenüber Dritten, die einen rechtfertigenden Hinderungsgrund haben.203 Im Falle der Verletzung von Patenten oder sonstigen gewerblichen Schutzrechten steht dem Verletzten weitergehend die saisie-contrafaçon zu (s u § 15 Rz 89). In Italien sieht Art 118 cprc eine „ispezione“ und Art 210 eine „esibizione“ 148 von Urkunden vor. Danach kann das Gericht auf Antrag einer Partei die Vorlage von Urkunden von der Gegenpartei und von Dritten verlangen. Eine solche richterliche Anordnung darf aber nur ergehen, wenn der Beweis nicht auf andere Art und Weise geführt werden kann. Der Gegner und Dritte werden von der Vorlagepflicht befreit, wenn ihnen durch die Vorlage ernsthafter Schaden entstehen könnte oder berufliche Geheimnisse preisgegeben würden. Falls Urkunden von einem Dritten vorgelegt werden sollen, kann das Gericht den Beweisführer auch veranlassen, diesen als Zeugen laden zu lassen.204 Für den Fall der Weigerung, Einsicht in Urkunden zu gewähren, sind nur geringe Sanktionen vorhanden, nämlich Geldstrafe bis zu 5,16 Euro.205 Die Regeln über die Beweiskraft der Urkunden sind in den Art 2699–2720 codice civile enthalten.206 _______________

201 202 203 204 205 206

Vgl Lindell, Schweden, in: Nagel/Bajons, S 550 (Rz 59f). Mokry/Sobkowski, Polen, in: Nagel/Bajons, S 496 (Rz 46). Rouhette, Frankreich, in: Nagel/Bajons, S 190 (Rz 44). Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, S 236. Vgl Chizzini/Bajons, Italien, in: Nagel/Bajons, S 317ff (Rz 67ff). Vgl Patti, Prova documentale, in: Galgano, Commentario del Codice Civile, 1996.

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149 In Griechenland ist jede Partei verpflichtet, die Urkunden, auf die sie sich beruft, vorzulegen. Auch Dritte sind verpflichtet, die Urkunden, die sie besitzen und die sie zum Beweise benutzen können, vorzulegen, falls nicht ein wichtiger Grund vorliegt, die Vorlage zu verweigern. Ein solcher liegt vor, wenn der Dritte als Zeuge ein Zeugnisverweigerungsrecht hätte (Art 450 gr. ZPO).207 150 Nach dem LEC von 2000 kann in Spanien jede Partei von der Gegenseite die Vorlage relevanter Urkunden verlangen, die sie selbst nicht besitzt (Art 328 I LEC). Auf Antrag kann das Gericht auch Dritten aufgeben, Urkunden vorzulegen, wenn deren Inhalt für die Urteilsfindung bedeutsam sein könnte (Art 330 I LEC).208 151 Nach neuem englischem Recht sind die Parteien verpflichtet, einander nach Klageerhebung die Existenz oder Nichtexistenz einschlägiger Dokumente zu bestätigen (CPR r 31.2). Die Partei, der die Existenz bestätigt wurde, hat grundsätzlich ein Recht auf Einsicht in das Dokument (CPR r 31.3) (disclosure and inspection of documents).209 Wird „standard disclosure“ begehrt, hat jede Partei der Gegenseite eine übersichtliche Liste der relevanten Dokumente zuzustellen (CPR r 31.10) und dabei zu versichern, dass sie ihrer Pflicht nach bestem Wissen nachgekommen ist (CPR r 31.10 [6] [c]). Auf Antrag kann das Gericht disclosure und inspection spezieller Unterlagen anordnen (CPR r 31.12 specific disclosure or inspection). Wer von seinem Einsichtsrecht Gebrauch macht, hat ein Recht, innerhalb von sieben Tagen nach Zugang der Aufforderung eine Kopie der Dokumente zu erhalten (CPR r 31.15). 152 Vor Klageerhebung kann der Erlass einer disclosure order beantragt werden (CPR r 31.16 [d]), wenn die Aufdeckung wünschenswert ist, um (i) erwartete Verfahren sachgerecht beizulegen, (ii) dazu beizutragen, dass ein Streit ohne Gerichtsverfahren erledigt wird, oder (iii) um Kosten zu sparen. 153 Von Dritten (Nichtparteien) kann eine Offenlegung relevanter Dokumente oder Einsicht vor dem High Court gemäß Supreme Court Act 1981, sec. 34, vor den Country Courts gemäß Comity Courts Act 1984, sec. 53 jeweils in Verfahren „for personal injuries or death“ sowie in einer Reihe weiterer Sonderfälle verlangt werden.210 Einzelheiten des Offenlegungs- und Vorlageverfahrens regelt CPR r 31.17. Ansonsten ist ein Dritter grundsätzlich nicht zur Vorlage von Unterlagen verpflichtet, sondern muss sein Wissen nur als Zeuge offenbaren („mere witness rule“). Eine Ausnahme gilt nur, wenn der _______________

207 Beys, in: Nagel/Bajons, S 219 (Rz 55). 208 Vgl Schwonke/Tölg, Spanien, in: Nagel/Bajons, S 623 (Rz 49ff). 209 Vgl P. Matthews/H. Malek, Disclosure, 2nd ed 2000; Bajons, in: Nagel/Bajons, S 755 (Rz 98ff). 210 Vgl P. Matthews/H. Malek, Disclosure, 2nd ed 2000, No 3.47–3.73; Bajons, in: Nagel/Bajons, S 757 (Rz 102).

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Dritte eine unerlaubte Handlung der Partei (schuldhaft oder schuldlos) unterstützt hat.211 Im US-amerikanischen Recht ist die discovery of documents Teil der umfas- 154 senden Discovery-Pflicht (s o Rz 19ff): Seit der Neufassung von 1993 unterscheidet FRCP 26 „initial disclosure“ und „discovery“. (Sofern nicht durch Parteien oder local rule ausgeschlossen) hat jede Partei dem Gegner ohne Discovery-Verlangen, spätestens 10 Tage nach dem ersten „meeting of parties“ (Rule 26 [f]) alle Dokumente, Datensammlungen und beweglichen Gegenstände in ihrem Besitz, ihrer Verwaltung oder Kontrolle, die für die streitigen Tatsachen nach den pleadings relevant sind, in Kopie oder zumindest in Beschreibung nach Kategorie und Lageort vorzulegen (Rule 26 [a] [1] [B]). Spätestens 30 Tage vor dem trial ist eine angemessene Identifizierung jedes Dokuments, das die Partei vorlegen will, dem Gegner zu übermitteln (Rule 26 [a] [3] [C]). Soweit nötig sind Angaben und Aufklärung zu ergänzen (Rule 26 [e]). Die Zahl der bereits per „disclosure“ vorzulegenden Dokumente ist nicht beschränkt. Soweit eine Partei die Aufklärung per „initial disclosure“ nicht als aus- 155 reichend ansieht, kann sie Einsicht und Kopie jeglicher Dokumente einschließlich von Ausdrucken der Datenspeicherungen etc. verlangen (FRCP 34 [a]). Die Unterlagen müssen in der betriebsüblichen Ordnung oder nach den Kategorien des Vorlagebegehrens geordnet vorgelegt werden. Dieses discovery-Begehren kann auch an Dritte (Nichtparteien) gerichtet werden. Auch sie sind zur Vorlage und Einsichtgewährung verpflichtet und können dazu mittels subpoena angehalten werden (FRCP 34 [c], 45). Unterliegt der Dritte nicht der US-amerikanischen jurisdiction, so kann die Vorlage nur im Rechtshilfeverfahren erzwungen werden. Zugunsten eines deutschen Dritten greift dann der Vorbehalt des Art 23 HBÜ (s o Rz 67ff).212 Parteien wie Dritte kann eine Schadensersatzhaftung wegen vorsätzlicher 156 oder fahrlässiger Beweisvernichtung treffen.213 Eine Zeugenaussage bzw eine Vorlage von Urkunden kann grundsätzlich nur 157 dann nicht verlangt werden, wenn den betreffenden Personen ein „privilege“ (Aussage- bzw Vorlageverweigerungsrecht) zur Verfügung steht. Solche Privilegien gibt es im amerikanischen Recht im Verhältnis des Anwalts zum Mandanten, des Arztes bzw Psychotherapeuten zum Patienten, des Seelsorgers zu Gläubigen, der Ehegatten untereinander, teilweise im Verhältnis des Finanz- oder Steuerberaters zum Auftraggeber. Ein Privileg besteht in _______________

211 N. Andrews, Principles of Civil Procedure, 1994, no 4–009; no 11–038ff; ders, in: Birks, English Private Law, Vol 2, 2000, no 19.257. 212 Vgl Bolthausen MDR 2006, 1081, 1082. 213 Vgl Nolte RIW 1996, 361.

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§9

Internationales Beweisrecht

einigen Einzelstaaten für Reporter hinsichtlich der Auskunft über ihre Informationsquelle. Überdies braucht sich keine Person bei ihrer Aussage selbst zu belasten – 5th Amendment-privilege against self-incrimination.214 158 In anglo-amerikanischen Prozessen bedienen sich die Parteien häufig der „affidavits“. Dazu hat der BGH ausgeführt: Die in „affidavits“ beschworenen Erklärungen seien nach der deutschen ZPO keine geeigneten Beweismittel. Der Inhalt der beschworenen Erklärung werde zum Bestandteil des Parteivortrages gemacht; wenn die Gegenseite den Inhalt nicht gegen sich gelten lassen wolle, müsse sie diesen substantiiert bestreiten.215 159 Das deutsche Recht kannte bisher keine allgemeine prozessuale Aufklärungs- und Urkundenvorlagepflicht. Nach §§ 422, 423 ZPO war der Gegner nur verpflichtet, solche Urkunden vorzulegen, auf die er sich selbst berufen hatte oder hinsichtlich derer die Partei einen Vorlegungsanspruch nach materiellem Recht hatte. Das ist zB der Fall, wenn der Beweisführer Auskunft und Rechnungslegung oder Herausgabe bzw Einsichtnahme verlangen kann (§§ 242, 259 I, 402, 444, 445, 667, 681, 675, 716, 810, 896, 1145 BGB; §§ 45, 46, 47, 87c, 118, 157, 166, 338 HGB; §§ 131, 165, 170 AktG; §§ 39, 50 WG). 160 Diese Beschränkung wurde in der Literatur seit langem kritisiert.216 Der Gesetzgeber hat diese Kritik nun aufgegriffen. Er hat die §§ 422, 425 ZPO zwar unverändert gelassen, in § 142 ZPO aber nunmehr vorgesehen, dass das Gericht im Rahmen seiner Aufklärungspflicht anordnen kann, „dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden oder sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt“ (§ 142 I 1 ZPO; s o Rz 139). Die Vorlagepflicht der Parteien ist nach dem Gesetz unbegrenzt. Dritte sind dagegen nicht zur Vorlage verpflichtet, soweit sie ihnen nicht zumutbar ist oder ihnen in der Sache ein Zeugnisverweigerungsrecht zustünde (§ 142 II ZPO).217 In der Praxis stellt sich die Frage, ob das Gericht die Vorlage gegen Kostenerstattung anordnen kann. Im Unterhaltsprozess sind Dritte dagegen gemäß § 643 II, III ZPO vorlagepflichtig (s o Rz 146). 161 Muss nach dem deutschen IPR ausländisches materielles Recht angewendet werden, so richtet sich die materiellrechtliche Vorlagepflicht der Urkunden nach diesem. Da in einigen Staaten die prozessuale Vorlagepflicht soweit ausgedehnt ist, dass für eine materiellrechtliche kein oder kaum Raum bleibt, fragt es sich, ob der deutsche Richter insoweit auf die ausländische prozessuale Vorlagepflicht zurückgreifen darf, dh ob er dem Beweisführer auch dann eine Frist gemäß § 431 ZPO setzen darf, wenn feststeht, dass eine _______________

214 Stiefel/Petzinger RIW 1983, 244. 215 BGH Urt vom 13.6.1984, RIW 1985, 155. 216 Vgl Stürner, Die Aufklärungspflicht im Zivilprozess, S 144–146, 325; J. Lang, Die Aufklärungspflicht, S 93ff; Gottwald, Gutachten für den 61. DJT, 1996, A 15ff. 217 Vgl Gruber/Kießling ZZP 116 (2003), 305; Zekoll/Bolt NJW 2002, 3129.

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Die einzelnen Beweismittel

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materiellrechtliche Vorlagepflicht weder für den Gegner noch für den Dritten besteht. UE muss der deutsche Prozessrichter dem inländischen oder ausländischen Beweisführer eine Frist setzen. Es ist dann dessen Sache, sich die Urkunde von einem ausländischen Beklagten oder einem ausländischen Dritten zu besorgen. Gemäß § 430 ZPO iVm § 424 Nr 5 ZPO kann der Beweisführer als Grund angeben, der Gegner bzw der Dritte seien ihm nach dem ausländischen Prozessrecht zur Vorlage bzw Herausgabe der Urkunde verpflichtet. Das ausländische Prozessrecht könnte durch Vorlage der entsprechenden Vorschriften glaubhaft gemacht werden. Nach § 434 ZPO könnte die Vorlage der Urkunden in solchen Fällen auch im Wege der internationalen Rechtshilfe erfolgen. In einigen Ländern ist die Pflicht zur Vorlage von Handelsbüchern oder sons- 162 tigen Geschäftsunterlagen besonders geregelt, so in Deutschland (§§ 258f HGB) und in den Niederlanden (Art 162 nRV).218 4. Der Beweis durch Augenschein Hinsichtlich des Augenscheinsbeweises treten teilweise dieselben Probleme 163 auf wie bei dem Urkundenbeweis. Nach dem deutschen Recht gibt es keine allgemeine prozessuale Verpflichtung zur Vorlage von Augenscheinsobjekten. Da nach deutscher Auffassung Gegenstand des Augenscheinsbeweises auch Personen sein können, taucht im Gegensatz zum Urkundenbeweis die Frage nach der Duldung von Besichtigungen, Untersuchungen und medizinischen Eingriffen auf. Eine Pflicht zur Duldung der Augenscheinseinnahme kann das Gericht nach § 144 I 3 ZPO nur anordnen, sofern keine Wohnung betroffen ist. Nach § 372a ZPO besteht für jedermann im Rahmen von Abstammungspro- 164 zessen (§§ 1591 und 1600a BGB) eine real erzwingbare prozessuale Duldungspflicht. Diese Pflicht besteht auch für Parteien, die sich im Ausland aufhalten.219 Dabei muss insbesondere die Entnahme von Blutproben zum Zwecke der Blutgruppenuntersuchung hingenommen werden. Die Duldungspflicht ist abgesehen von einer Durchführung nach anerkannten Grundsätzen der Wissenschaft nur eingeschränkt durch die Fragestellung, ob dem zu Untersuchenden nach der Art der Untersuchung, nach den Erfolgen ihres Ergebnisses für ihn oder einen nach § 383 I Nr 1 bis 3 ZPO bezeichneten nahen Verwandten, Verlobten oder Ehegatten eine solche ohne Nachteil für seine Gesundheit zugemutet werden kann. Im Gegensatz zu der Vorlageverpflichtung von Augenscheinsobjekten ist die prozessuale Duldungspflicht also sehr weit ausgedehnt.220 Wer die Untersuchung verweigert, kann, wenn _______________

218 Granow/Bervoets, in: Nagel/Bajons, S 404 (Rz 29). 219 Stürner JZ 1987, 607. 220 OLG Frankfurt NJW 1979, 1257.

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Internationales Beweisrecht

sie wegen des Auslandsaufenthalts nicht erzwungen werden kann, so behandelt werden, als hätte sie ein „positives“ Ergebnis gehabt, zB keine schwerwiegenden Zweifel an der Vaterschaft ergeben.221 165 Das schwedische Recht geht konsequent vor, wenn es neben die weitreichende prozessuale Editionspflicht eine ebensolche Exhibitionspflicht stellt.222 Darüber besteht nach dem Lag (1958:642) om blodundersökning m. m. vid utredning av faderskap eine prozessuale Pflicht für alle in Frage kommenden Personen begründet, eine Blutentnahme bzw eine erbbiologische Untersuchung zu dulden, soweit es um die eheliche oder uneheliche Geburt geht.223 166 In Polen entspricht die prozessuale Vorlagepflicht von Augenscheinsobjekten der von Urkunden. Nach Art 298 polnische ZPO kann die Einnahme des Augenscheins an einer Person nur mit deren Einverständnis stattfinden.224 167 In Frankreich sieht der NCPC die verifications personelles de juge in Art 179–183 vor. Danach kann der Richter in allen Streitsachen ähnlich wie beim Augenschein auch ohne Antrag von streitigen Tatsachen persönlich Kenntnis nehmen und die Umstände selbst überprüfen. Der juge de la mise en état kann die verification jederzeit anordnen, Art 144 NCPC, um Tatsachen festzustellen, Schätzungen und Wertungen vorzunehmen. Er kann sich auch, wenn nötig, selbst an den betreffenden Ort begeben (Art 179 II NCPC). Bei der verification kann sich der Richter durch einen technicien (Sachverständigen) unterstützen lassen und die Parteien und Dritte anhören (Art 181 NCPC225). 168 Seit der Reform vom 3.1.1972 kann die außereheliche Abstammung in allen Fällen gerichtlich festgestellt werden. Durch Gesetz vom 8.1.1993 ist die Vaterschaftsfeststellung weiter erleichtert worden. Beim Fehlen einer entsprechenden Geburtsurkunde oder eines entsprechenden Statusbesitzes226 kann die Abstammung mit allen Beweismitteln gerichtlich festgestellt werden, wenn der Kläger Indizien vorbringt, die das behauptete Kindschaftsverhältnis ausreichend wahrscheinlich machen (vgl Art 340 C.C.227). Während der parlamentarischen Debatte über den neuen Art 340 Code Civil sind _______________

221 222 223 224 225

BGH NJW 1986, 2371 = JZ 1987, 42 mit Anm Stürner. Lindell, in: Nagel/Bajons, S 552 (Rz 64). OLG Frankfurt NJW 1979, 1257. Mokry/Sobkowski, in: Nagel/Bajons, S 499 (Rz 53). Vgl Fischer, Die Beschleunigungsmechanismen des französischen Zivilprozesses, 1990, S 89f; Cadiet/Jeuland, Droit judiciaire privé, 4e. éd. 2004, no 761 ss; Bangratz DRiZ 1995, 85, 89. 226 Vgl Spellenberg FamRZ 1984, 117, 127 u 239, 240. 227 F. Granet, Filiation Naturelle, Recherche de paternité, Juris-Classeur Civil Art 340 fasc. 36, no 16 ss, 48 ss; Ferrand, Die Entwicklung des französischen Kindschaftsrechts, in: Schwab/Henrich, Entwicklungen des europäischen Kindschaftsrechts, 1994, S 41, 48.

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Die einzelnen Beweismittel

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als Beweismittel explizit genannt worden: die vergleichende Blutanalyse, der genetische Fingerabdruck bzw der Vergleich von Gewebeproben. Die Zulässigkeit der genetischen Beweismittel sollte jedoch einem eigenen Gesetzesprojekt, dem Gesetz Nr 2599, vorbehalten werden. Dieses Gesetz ist jedoch noch nicht erlassen. Der Entwurf dieses Gesetzes sieht jedoch vor, dass genetische Beweismittel nur mit Einverständnis des Betreffenden und nur auf richterliche Anordnung hin erfolgen können. Andernfalls läge sonst ein Verstoß gegen die grundlegenden Rechte des Menschen vor. Solange dieses Gesetzesprojekt nicht verabschiedet wird, wird man wohl die bisherigen Regeln weiter anwenden müssen. Das Gericht ordnet in der Regel (von Amts wegen oder auf Antrag) Blutgruppenuntersuchungen oder andere medizinisch gesicherte Abstammungsfeststellungen durch Sachverständige an. Die Mitwirkung an den Untersuchungen, insbesondere eine Blutentnahme kann jedoch nicht erzwungen werden. Wird sie verweigert, so kann das Gericht dies frei würdigen.228 In Italien sehen Art 118, 210 cprc nicht nur eine allgemeine prozessuale Vor- 169 lagepflicht von Urkunden und Augenscheinsobjekten vor,229 sondern es wird darüber hinaus zugleich eine allgemeine prozessuale Pflicht für jedermann begründet, körperliche Untersuchungen zu dulden. Allerdings darf durch solche Untersuchungen kein Amts- oder Berufsgeheimnis verletzt werden. Diese an sich weitreichende Vorlagepflicht erweist sich allerdings insoweit als Illusion, als gegenüber den Prozessparteien keine Möglichkeit besteht, die richterliche Anordnung zu erzwingen. Dritten Personen gegenüber kann das Gericht wegen Verweigerung der Einsicht zwar eine Geldstrafe (bis zu 5,16 Euro) verhängen. Diese ist aber so gering, dass sie praktisch keine Sanktion darstellt. Die italienische Lösung gleicht der französischen insoweit, als bei der körperlichen Untersuchung auf die Würde der Person besondere Rücksicht genommen werden muss (Art 260 codice pr.c. spricht von „garantire il rispetto della persona“). Im Übrigen besteht die Vorlagepflicht und die Verpflichtung, Untersuchungen zu dulden, nur soweit diese „für die Kenntnis der Tatsachen des Rechtsstreits unerlässlich erscheint“ (Art 118 I cprc). In Griechenland muss eine Partei oder ein Dritter die Augenscheinseinnah- 170 me dulden. Es muss dabei Rücksicht auf die Gesundheit und die Würde der Person genommen werden (Art 362 griech. ZPO). Im Übrigen besteht für die Parteien und für Dritte eine prozessuale Vorlagepflicht von Augenscheinsobjekten (Art 361–367 griech. ZPO). Aus wichtigem Grunde kann die Vorlage verweigert werden. Besteht kein solcher Grund kann das Gericht die zwangsweise Wegnahme einer Sache oder den gewaltsamen Zugang anordnen. Die persönliche Untersuchung kann nur indirekt erzwungen werden.230 _______________

228 Frank FamRZ 1995, 975, 976. 229 Vgl Chizzini/Bajons, in: Nagel/Bajons, S 317 (Rz 67ff, 71f). 230 Beys, in: Nagel/Bajons, S 223 (Rz 62ff).

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§9

Internationales Beweisrecht

171 Das neue spanische Recht kennt für Augenscheinsobjekte ebenso eine prozessuale Vorlagepflicht wie für Urkunden (Art 353 LEC). Für den Nachweis der Vaterschaft oder Mutterschaft können auch körperliche Untersuchungen angeordnet werden.231 172 Im englischen Recht ist der Unterschied zwischen der allgemeinen prozessualen Vorlagepflicht von Urkunden und der von Augenscheinsobjekten besonders stark. Das Gericht hat zwar die Befugnis, jedes Grundstück oder jede bewegliche Sache zu besichtigen, soweit dies zur Streitentscheidung erforderlich ist.232 173 Nach sec. 62 Police and Criminal Evidence Act 1984 können zwar Blut-, Haar- oder andere Körperproben von Angeklagten genommen werden. Dieses Gesetz gilt allerdings nur für Strafverfahren. Nach dem Family Law Reform Act von 1969, ss. 20–23, kann das Gericht eine Untersuchung zur Vaterschaftsfeststellung zwar anordnen, sie aber nicht erzwingen. Irgendwelche Zwangsmaßnahmen dürfen nicht ergriffen werden. Aus einer unbegründeten Weigerung können lediglich nachteilige Schlüsse auf das Verhalten der betreffenden Person gezogen werden.233 174 Die Konzentration auf das „trial“ und die Beteiligung der jury auch in Zivilsachen haben zur Folge, dass ein Augenschein durch Ortsbesichtigung durch das Gericht praktisch nicht stattfindet. 175 In den USA sind Ortsbesichtigungen eine allgemeine Methode des discovery-Verfahrens (FRCP 26 [a] [5]). Jede Partei kann vom Gegner die Erlaubnis zum Zutritt zu bestimmten Grundstücken oder sonstigem Eigentum in seinem Besitz oder seiner Kontrolle verlangen, „for the purpose of inspection and measuring, surveying, photographing, testing, or sampling the property or any designated object or operation thereon …“.

All dies ist im Rahmen von FRCP 26 (b) zulässig, also um jede irgendwie für den Prozess relevante Sachaufklärung zu betreiben (FRCP 34 [a]). In dem Antrag sind die zu besichtigenden Gegenstände konkret oder nach Kategorien zu beschreiben sowie Zeit, Ort und Art und Weise der Besichtigung anzugeben. Ohne gerichtliche Erlaubnis darf der Antrag dem Gegner nicht vor dem ersten Treffen der Anwälte („meeting of parties“ nach FRCP 26 [f]) zugestellt werden (FRCP 34 [b]). Etwaige Einwendungen hat der Gegner innerhalb von 30 Tagen nach Zustellung des Begehrens vorzubringen (FRCP 34 [b] 2. Absatz). Der Antragsteller kann dann ggf eine gerichtliche disclosure order und den Erlass von Sanktionen beantragen (FRCP 34 [b]; 37 [a] [B]). _______________

231 Schwonke/Tölg, in: Nagel/Bajons, S 631 (Rz 65ff). 232 Garrett, in: Nagel/Bajons, S 717 (Rz 50); vgl auch Lang, Aufklärungspflicht, S 195ff. 233 Phipson, On Evidence, 15th ed 2000, No 14–32; Garett (Fn 232) Rz 51.

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Die einzelnen Beweismittel

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Ortsbesichtigungen für den US-amerikanischen Prozess in Deutschland kön- 176 nen nur im Wege des Rechtshilfeverfahrens nach dem HBÜ erfolgen (s o § 8 Rz 26ff). Anders als im deutschen Prozess sind an der Ortsbesichtigung nur die Parteien und ihre Anwälte beteiligt. Die Ergebnisse der Besichtigung sind notfalls in das trial einzuführen. Eine Ortsbesichtigung durch das Gericht findet nicht statt. Allgemeine discovery-Methode ist schließlich die körperliche und geistige 177 Untersuchung einschließlich der Feststellung der Blutgruppe (FRCP 26 [a] [5] 35). Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass sich die Partei einer entsprechenden Untersuchung durch eine zugelassene und erfahrene Untersuchungsperson zu unterziehen oder eine Person in ihrer Obhut oder Kontrolle dem Untersucher vorzuführen hat. Auch ein Verstorbener kann untersucht werden.234 Die Untersuchungspflicht erstreckt sich – von sorgebefohlenen Kindern abgesehen – nicht auf Dritte. Den Bericht erhält der Antragsteller; die untersuchte Partei kann eine Kopie verlangen. Beide Seiten können auch Kopien früherer Untersuchungen zum gleichen Fragenkreis verlangen. Lässt sich die Partei nicht untersuchen, so kann das Gericht Sanktionen nach FRCP 37 (b) (2) beschließen: (1) die streitige Tatsache kann als bewiesen angesehen werden; (2) die ungehorsame Partei kann mit den entsprechenden Verteidigungsmitteln ausgeschlossen werden; (3) Pleadings können ganz oder teilweise gestrichen oder ein Versäumnisurteil erlassen werden. Außerdem kann Kostenerstattung angeordnet werden. Contempt of courtSanktionen sind dagegen ausdrücklich ausgeschlossen. Unmittelbarer Zwang kann nicht geübt werden. Die Beweisregeln der Einzelstaaten enthalten meist Sonderregeln über 178 „blood tests to determine paternity“. Erfasst sind alle einschlägigen Untersuchungsmethoden, nicht nur Blutgruppentests. Für Kalifornien s zB Family Code sec. 7550–7557 (in Kraft seit 1.1.1994). Danach kann das Gericht von Amts wegen oder auf Anregung eines Betroffenen („upon its own motion or upon suggestion made by or on behalf of any person whose blood is involved“) anordnen, dass sich Mutter, Kind und der Mann, dessen Vaterschaft behauptet wird, „blood tests“ zu unterziehen haben. Cal. Family Code sec. 7551 Satz 2 lautet: „If a party refuses to submit to the tests, the court may resolve the question of paternity against that party or enforce its order if the rights of others and the interests of justice so require. A party’s refusal to submit to the tests is admissible in evidence in any proceeding to determine paternity.“

Das Gericht bestellt den oder die Sachverständigen. Jede Partei kann weitere, unabhängige Untersuchungen verlangen (FC sec. 7552). _______________

234 In re Certain Asbestos Cases, NDTex. 1986, 112 FRD 427.

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Internationales Beweisrecht

Kommen die Sachverständigen zu einem negativen Ergebnis, ist die Klage abzuweisen. Kommen die Sachverständigen zu unterschiedlichen Ergebnissen oder ergeben die Tests nur eine Wahrscheinlichkeit für die Vaterschaft, so muss über die Vaterschaft unter Berücksichtigung aller Umstände entschieden werden (FC sec. 7554 [b]). 179 Den Uniform Act on Paternity 1960, der entsprechende Regeln für die Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft enthält, haben nur wenige Staaten übernommen. 18 Staaten folgen dem Uniform Parentage Act 1973, der die Vaterschaftsfeststellung für jeden Fall regelt und in § 11 „blood tests“ vorsieht. Auf deren Grundlage kann die Klage abgewiesen oder dem Mann vom Richter die vergleichsweise Anerkennung der Vaterschaft empfohlen werden (§ 13), worauf Anerkenntnisurteil ergeht. Ein Trial findet nur statt, wenn die Klage nicht auf diese Weise erledigt werden kann. 180 Wendet der Beklagte Mehrverkehr ein, so ist dieser Einwand nur beachtlich, wenn er sich selbst den „blood tests“ unterzogen hat. Wird ein konkreter Dritter benannt, der der jurisdiction des Gerichts unterliegt, so soll er ebenfalls zum Beklagten gemacht werden (§ 14 [c] Uniform Parentage Act). Insgesamt kann das Gericht bei Weigerung des Beklagten idR die Vaterschaft als erwiesen ansehen (so etwa auch New Jersey Parentage Act, sec. 14) oder das Gericht kann contempt of court-Sanktionen, zB Bußgeld oder Beugehaft,235 anordnen. Eine zwangsweise Untersuchung wäre nach der US-Verfassung wohl nicht unzulässig, sie ist aber bisher in der Praxis anscheinend nie direkt erzwungen worden. 181 Solche unterschiedlichen Auffassungen insb hinsichtlich der körperlichen Untersuchung und körperlicher Eingriffe führen dazu, dass die „lex fori“ ausschließlich zuständig ist. Das hat zur Folge, dass auch Ausländer in dem einen Land Blutentnahmen und andere Tests dulden müssen, sie sogar zwangsweise dazu vorgeführt werden können, in anderen Ländern entweder gar keine prozessuale Verpflichtung besteht, solche Untersuchungen zu dulden, oder aber dass Verpflichtungen bestehen, die letztlich nicht erzwungen werden können. Da die Verpflichtung, körperliche Untersuchungen zu dulden, nicht materiellrechtlich gelöst ist, kann insoweit nicht über das IPR auf ausländisches materielles Recht zurückgegriffen werden. Soweit die Vorlagepflicht von Augenscheinsobjekten auf materiellem Recht beruht, kann das entsprechende ausländische Recht angewendet werden, sofern es nach dem IPR maßgebend ist (s o Rz 31, 141ff, 163).

_______________

235 S.S. v E.S., 578 A. 2d 381, N.J.Super.A.D. 1990.

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5. Der Beweis durch Sachverständige Die Abgrenzung des Zeugen- von dem Sachverständigenbeweis muss den 182 einzelnen Prozessrechten entnommen werden. Vielfach besteht darüber bereits innerhalb eines Landes keine völlige Klarheit. Die Annäherung des Sachverständigen an den Zeugen ist im anglo-amerikanischen Recht am stärksten ausgeprägt: der Sachverständige (Expert-witness) wird wie ein Zeuge in der Regel mündlich vernommen und von einer der Parteien präsentiert. Sachverständige werden in den USA grundsätzlich wie Zeugen behandelt 183 und von den Parteien gestellt (expert witness). Ein Sachverständiger kann aber über wissenschaftliche, technische oder andere Fragen eines Spezialwissens in der Form eines Gutachtens („opinion“) aussagen (Fed.R.Ev. 702, 705). Das Gericht kann auch auf Antrag oder von Amts wegen einen gerichtlichen Sachverständigen bestellen (FRE 706), doch geschieht dies nur selten. Entsprechende Regeln finden sich auch in den Prozessordnungen der Einzelstaaten, zB Cal. Evidence Code §§ 801, 802. Zu Abstammungsuntersuchungen s o Rz 165ff. Die neuen CPR haben den Sachverständigenbeweis in England der kontinen- 184 talen Konzeption angenähert. Nach CPR r 35.4 kann kein Sachverständiger ohne gerichtliche Genehmigung präsentiert werden. Das Gericht kann sogar die Vorlage eines gemeinsamen Sachverständigengutachtens anordnen (CPR r 35.7, 35.8) und damit konkurrierende Parteigutachten ausschalten.236 Wenn nach § 402 ZPO für den Beweis durch Sachverständige im deutschen 185 Zivilprozess die Vorschriften über den Beweis durch Zeugen entsprechend gelten, so werden für den Sachverständigen doch sehr wesentliche Ausnahmen gemacht. Die Auswahl der Sachverständigen erfolgt durch das Prozessgericht (§ 404 I 1 ZPO), während das nach dem anglo-amerikanischen Recht fast ausschließlich Sache der Parteien ist. Der Sachverständige kann aus denselben Gründen abgelehnt werden wie ein Richter (§ 406 ZPO). Grundsätzlich kann nur eine konkrete Person, kein „Institut“ zum Gutachter bestellt werden. Behörden und Ausschüsse können nur dann Gutachter sein, wenn dies gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist (zB gem §§ 192ff BauGB, § 23 PatG, § 58 MarkenG).237 Im Gegensatz zum Zeugen besteht für den Sachverständigen keine allgemeine prozessuale Verpflichtung, als solcher für das Gericht tätig zu werden. Die Pflicht, Gutachten zu erstatten, ist vielmehr im Einzelnen in § 407 ZPO festgelegt. Das schwedische Recht unterscheidet öffentliche Sachverständige (Personen 186 oder Institutionen), die vom Gericht bestellt werden (RB 35:6, 40:1) und pri_______________

236 Andrews, in: Birks, English Private Law, Vol 2, 2000, No 19.132; Wagner ZEuP 2001, 241, 506ff. 237 Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 120 Rz 17.

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vate Sachverständige (RB 40:19), die ihr Gutachten im Parteiauftrag fertigen, wie Zeugen vernommen und für ihr Gutachten von der Partei bezahlt werden.238 187 In Frankreich hat der NCPC eine Änderung der Rechtslage gebracht. Gemäß Art 232 kann das Gericht jede Person seiner Wahl als Sachverständigen bestimmen. Da die ausgewählte Person die Übernahme des Amtes, als Sachverständige tätig zu werden, ablehnen kann (Art 235 NCPC), gibt es auch in Frankreich keine allgemeine prozessuale Pflicht, die Aufgabe eines Sachverständigen zu übernehmen. Es ist nicht mehr vorgeschrieben, dass nur Franzosen Sachverständige sein können. Die Sachverständigen können aus denselben Gründen wie ein Richter abgelehnt werden (Art 234 I NCPC). Je nach Schwierigkeit der zu klärenden Tatfrage wird zwischen Feststellungen (constatation), Befragung (consultation) und Gutachten (expertise) unterschieden (Art 249 bis 284 NCPC239). 188 In Italien wird bei den Gerichten eine Liste der Sachverständigen geführt. Die Liste wird von einem Kommissar unter Mitwirkung von Vertretern der Berufsgenossenschaften aufgestellt. Das Gericht wählt Sachverständige grundsätzlich aus dieser Liste aus. Die ausgewählte Person muss die ihr übertragene Aufgabe annehmen.240 Danach gibt es eine prozessuale Verpflichtung, die Aufgaben eines Sachverständigen zu übernehmen, nur für die auf der Liste verzeichneten Personen. Daneben gibt es auch den Parteisachverständigen, der zu den Untersuchungen und Ergebnissen des gerichtlichen Sachverständigen Stellung nehmen kann.241 189 Nach spanischem Recht kann jede natürliche oder juristische Person Sachverständiger sein. Auch kulturelle oder wissenschaftliche Einrichtungen oder Akademien können als Sachverständiger bestellt werden, die dann ihrerseits eine konkrete Person benennen (Art 340 LEC). Nach Art 336 LEC kann jede Partei unabhängig von der anderen ein Privatgutachten einholen und mit der Klage oder Klageerwiderung dem Gericht vorlegen. Jede Partei kann stattdessen auch die Bestellung eines gerichtlichen Sachverständigen beantragen (Art 339 LEC). Einigen sich die Parteien nicht auf einen bestimmten Sachverständigen bestimmt ihn das Gericht wie in Italien aus einer Sachverständigenliste.242 190 In den Niederlanden kann das Gericht nach Art 194 I nRV eine Untersuchung oder eine Begutachtung durch einen Sachverständigen durch Zwi_______________

238 239 240 241 242

500

Lindell, in: Nagel/Bajons, S 554 (Rz 69ff). Vgl Bangratz DRiZ 1995, 85, 90f; Rouhette, in: Nagel/Bajons, S 192 (Rz 48ff). Chizzini/Bajons, in: Nagel/Bajons, S 322 (Rz 74). Chizzini/Bajons, in: Nagel/Bajons, S 323 (Rz 75). Schwonke/Tölg, in: Nagel/Bajons, S 627 (Rz 58ff).

Die einzelnen Beweismittel

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schenurteil auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen anordnen.243 Seit 2001 sieht das Gesetz auch vor, dass jede Partei ein Privatgutachten vorlegen und das Gericht den Privatgutachter notfalls persönlich anhören kann (Art 200 nRV).244 Art 280 polnische ZPO nähert die Verpflichtung, Gutachten zu erstellen, der 191 Verpflichtung an, als Zeuge aussagen zu müssen. Der Sachverständige kann nämlich die ihm auferlegte Verpflichtung aus den Gründen ablehnen, die einen Zeugen zur Verweigerung der Aussage berechtigen; außerdem auch wegen eines Hinderungsgrundes, der ihm die Erstellung des Gutachtens unmöglich macht.245 Nach der griechischen ZPO müssen Personen, die als Sachverständige in 192 eine Liste eingetragen sind, sowie diejenigen, die einen Beruf ausüben, zu dessen Bereich der Gegenstand des Sachverständigenbeweises gehört, die ihnen durch Gerichtsentscheidung übertragenen Aufgaben erfüllen.246 Da die prozessuale Verpflichtung, als Sachverständiger tätig zu werden, in 193 den verschiedenen Staaten mit erheblichen Unterschieden ausgestattet ist, kann wiederum nur die „lex fori“ darüber entscheiden, wer verpflichtet ist, die Aufgaben eines Sachverständigen zu übernehmen, in welcher Weise Sachverständige bestellt werden, in welcher Art und Weise sie ein Gutachten zu erstellen bzw vor Gericht auszusagen haben. Die „lex fori“ entscheidet auch darüber, ob die Sachverständigen die Befugnis haben, Fragen an die Parteien oder Zeugen zu stellen. Jeder Ausländer, der sich im Inland aufhält und die Voraussetzungen des 194 § 407 ZPO erfüllt, unterliegt der prozessualen Verpflichtung in eben dem Maße wie ein deutscher Staatsangehöriger. Etwas anderes gilt nur, wenn der Ausländer sich nicht im Inland aufhält. Danach kann sich ein in Deutschland lebender Schwede nicht darauf berufen, nach seinem Recht gebe es keine prozessuale Verpflichtung, dem Gericht als Sachverständiger zu dienen.247 Zum Beweis ausländischen Rechts durch Sachverständige s u § 10 Rz 31ff.

195

6. Die Fama pública Die „Fama pública“ war in der ZPO für den Bundesdistrikt Mexikos als Be- 196 weismittel vorgesehen (Art 376–378). Diese Vorschriften wurden zum 10.1. 1986 ersatzlos aufgehoben. Die mexikanische Bundes-ZPO kannte dieses _______________

243 244 245 246 247

Granow/Bervoets, in: Nagel/Bajons, S 410 (Rz 38f). Granow/Bervoets (Fn 243) Rz 40. Vgl Mokry/Sobkowski, in: Nagel/Bajons, S 501 (Rz 56). Beys, in: Nagel/Bajons, S 225 (Rz 68). Hinsichtlich des technischen Sachverständigen im Prozess vgl Nicklisch, in: Habscheid, Effektiver Rechtsschutz 1978, S 291–344.

501

§9

Internationales Beweisrecht

Beweismittel niemals. Das Beweismittel der „fama pública“ findet sich derzeit lediglich noch in den Art 1274–1276 des mexikan. HGB. Die Vorschriften finden aber praktisch keine Anwendung.248

_______________

248 Walter Frisch Philipp, Mexiko, danke ich sehr für diese Information.

502

§ 10 Die Behandlung ausländischen Rechts Inhaltsübersicht 7. Ausländisches Recht und einstI. Rechtshilfeverträge weiliger Rechtsschutz . . . . . . 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 1 8. Nichtfeststellbarkeit des aus2. Londoner Europäisches Überländischen Rechts . . . . . . . . . einkommen betreffend Aus9. Die Revisibilität ausländischen künfte über ausländisches Recht Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . vom 7.6.1968 und AuslandsRechtsauskunftsgesetz . . . . . . . 2 III. Die Ermittlung ausländischen 3. Deutsch-marokkanischer Vertrag Rechts in anderen Staaten über Rechtshilfe und Rechts1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . auskunft vom 29.10.1985 . . . . 10 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Autonomes deutsches Recht 4. Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 11 5. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . 12 6. Schweden . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtswahl . . . . . . . . . . . . . . 24 7. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das besondere Beweisverfahren 8. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . für ausländisches Recht . . . . . 26 9. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Sachverständigenbeweis 10. Russland . . . . . . . . . . . . . . . . über ausländisches Recht . . . . 31 11. Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Ermittlung ausländischen 12. Türkei . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechts im Versäumnisverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36

37 41 48

60 62 67 69 70 73 74 75 77 77 78 80

I. Rechtshilfeverträge 1. Schrifttum Jastrow, Zur Ermittlung ausländischen Rechts: Was leistet das Londoner Auskunfts- 1 übereinkommen in der Praxis?, IPRax 2004, 402; Otto, Die gerichtliche Praxis mit dem Europäischen Übereinkommen von 1968, FS Firsching, 1985, S 209; ders, Das Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht – im Abseits?, Jahrb. f. ital. Recht 7 (1994), 233; B. Rodger/J. van Doorn, Proof of Foreign Law: The Impact of the London Convention, ILCQ 46 (1997), 151; Schellack, Selbstermittlung oder ausländische Auskunft unter dem europäischen Rechtsauskunftsübereinkommen, 1998; Wolf, Das Europäische Übereinkommen vom 7.6.1968 betr. Auskünfte über ausländisches Recht, NJW 1975, 1583.

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§ 10

Die Behandlung ausländischen Rechts

2. Londoner Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht vom 7.6.19681 und Auslands-Rechtsauskunftsgesetz2 2 Auf Ersuchen des Gerichts eines Vertragsstaats verpflichten sich alle anderen Vertragsstaaten, Auskünfte über ihr Recht in Zivil- und Handelssachen zu geben. Sie haben damit nicht nur die völkerrechtliche Verpflichtung übernommen, solche Auskünfte kostenlos zu erteilen, sondern auch einen entsprechenden Apparat dafür aufzubauen.3 3 Außer Deutschland sind Vertragsstaaten: Albanien (18.8.2001), Aserbaidschan (27.9.2000), Belgien, Bulgarien, Costa Rica, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien (19.6.1999), Griechenland, Großbritannien, Island, Italien, Lettland (6.11.1998), Liechtenstein, Litauen (17.1.1997), Luxemburg, Malta, Mazedonien (16.4.2003), Mexiko (22.5.2003), Moldau (15.6.2002), Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Serbien und Montenegro, Slowakei (6.3.1997), Slowenien (2.7.1998), Spanien, Tschechische Republik (25.9.1998), Türkei, Ukraine, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Weißrussland (3.10.1997), Zypern. 4 Zu dem Übereinkommen besteht ein Zusatzprotokoll vom 15.3.1978,4 dessen Kapitel II für Deutschland nicht verbindlich ist. Dieses Protokoll erstreckt den Anwendungsbereich des Übereinkommens auf Strafsachen. 5 Nach Art 3 muss das Ersuchen um Auskunftserteilung immer von einem Gericht ausgehen, auch wenn dieses das Ersuchen nicht selbst abgefasst hat. Nach Art 3 des Zusatzprotokolls kann das Auskunftsersuchen im Rahmen eines Prozesskostenhilfe- oder Rechtsberatungsverfahrens auch von einer anderen dafür zuständigen Stelle gestellt werden; das Ersuchen kann auch ein erst in Aussicht genommenes Verfahren betreffen. Art 4 verlangt die Angabe der Punkte, zu denen eine Auskunft über das Recht des ersuchten Staats gewünscht wird. Dazu hat das Ersuchen eine Darstellung des Sachverhalts mit Angaben zu enthalten, die zum Verständnis des Ersuchens und zu seiner richtigen und genauen Beantwortung erforderlich sind. Schriftstücke können in Abschrift beigefügt werden, wenn dies zum besseren Verständnis des Ersuchens notwendig ist. 6 Diese Vorschrift sollte auch bei Ersuchen an ein wissenschaftliches Institut in der BR Deutschland allgemein von den Gerichten beachtet werden. Ohne eine hinreichend klare Darstellung des Sachverhalts kann keine befriedi_______________

1 2 3 4

BGBl 1974 II, 938. BGBl 1974 I, 1433. Wolf NJW 1975, 1584. BGBl 1987 II, 58.

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gende Auskunft über ausländisches Recht erteilt werden. Größte Sorgfalt bei der Ausarbeitung dieses Sachverhalts ist ebenso wichtig, wie zB die Aufzählung der Fragen, die an einen im Wege der internationalen Rechtshilfe zu vernehmenden Zeugen gestellt werden sollen. Art 4 III enthält eine weitergehende wichtige Bestimmung. Danach kann zur 7 Ergänzung im Ersuchen Auskunft auch zu solchen Punkten erbeten werden, die andere als Zivil- oder Handelsrecht betreffende Rechtsgebiete angehen, sofern diese Punkte mit denen im Zusammenhang stehen, auf die sich das Ersuchen in erster Linie bezieht. Nach Art 5 ist der unmittelbare Weg von dem ersuchenden Gericht an die in jedem Vertragsstaat einzurichtende Empfangsstelle des ersuchten Staats eröffnet. Art 7 umschreibt den Zweck der Antwort dahin, „das Gericht, von dem das 8 Ersuchen ausgeht, in objektiver und unparteiischer Weise über das Recht des ersuchten Staates zu informieren“. Dabei sollen der Wortlaut der Gesetze und die einschlägigen Gerichtsentscheidungen angegeben werden. Diese Antwort bindet das ersuchende Gericht aber nicht (Art 8). Wolf meint, damit sei die Gefahr eingeschränkt, dass der falsche Anschein einer authentischen Interpretation entstehen könnte.5 Ausnahmen von der Pflicht zur Beantwortung von Ersuchen bestehen dann, wenn Interessen berührt werden, die geeignet sind, die Hoheitsrechte oder die Sicherheit des ersuchten Staats zu gefährden. Otto und Rodger/van Doorn halten die praktischen Erfahrungen für sehr positiv,6 da die Auskunft kostenlos und relativ schnell erteilt wird. Wenn Geisler dem BGH vorwirft, dass er mit seiner Forderung nach dem 9 Strengbeweis sich in Widerspruch setze zu dem Europäischen Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht, so ist es zwar richtig, dass nach § 4 AuRAG die Vernehmung einer Person, die ein Auskunftsersuchen in einem anderen Vertragsstaat bearbeitet hat, zum Zwecke der Erläuterung oder Ergänzung der Antwort unzulässig ist. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Einholung solcher Auskünfte ebenfalls unter den Freibeweis fällt. 3. Deutsch-marokkanischer Vertrag über Rechtshilfe und Rechtsauskunft vom 29.10.19857 Nach Art 18 übermitteln sich das Bundesjustizministerium und das Justiz- 10 ministerium des Königreichs Marokko gegenseitig Auskünfte über Gesetze, Gerichtsentscheidungen und sonstige Rechtsauskünfte in Zivil- und Handelssachen. _______________

5 NJW 1975, 1586. 6 Jb. ital. Recht 7 (1994), S 233, 238; I.C.L.Q. 46 (1997), 151, 165. 7 BGBl 1988 II, 1054; abgedruckt in Jayme/Hausmann, 12. Aufl, Nr 201.

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Die Behandlung ausländischen Rechts

Auch die Gerichte beider Staaten können über diese Ministerien von den zuständigen Stellen im anderen Staat Auskünfte über das Zivil- und Handelsrecht sowie das Verfahrensrecht und die Gerichtsverfassung in diesen Gebieten einholen (Art 19, 20). Formelle Anforderungen an Auskunftsersuchen sind in den Art 21, 22 vorgesehen. Die Antwort soll in „objektiver Weise“ gegeben werden; gesetzliche Bestimmungen und Gerichtsentscheidungen sind beizufügen (Art 23). Die Antwort ist kostenfrei (Art 26). Sie bindet das anfragende Gericht nicht (Art 24).

II. Autonomes deutsches Recht 1. Schrifttum 11 Adamczyk, Die Überprüfung der Anwendung ausländischen Rechts, 1999; M. Artz, Kollisionsrecht und ausländisches Recht in spanischen und deutschen Zivilverfahren, 2004; Bendref, Gerichtliche Beweisbeschlüsse zum ausländischen und internationalen Privatrecht, MDR 1983, 892; Dethloff, Ausländisches Wettbewerbsrecht im einstweiligen Rechtsschutz, RabelsZ 62 (1998), 286; Drobnig, The use of foreign law by German Courts, in: Jayme, German National reports in civil law matters for the XIVth Congress of Comparative Law, 1994, S 5; Fastrich, Revisibilität der Ermittlung ausländischen Rechts, ZZP 97 (1984), 423; R. Fentiman, Foreign law in English Courts, 1998; Fuchs, Die Ermittlung ausländischen Rechts durch Sachverständige, RIW 1995, 807; Geisler, Zur Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweis“ im Prozess, ZZP 91 (1978), 91, 176; Gottwald, Zur Revisibilität ausländischen Rechts, IPRax 1988, 210; Hartley, Pleading and proof of foreign law: The major European systems compared, ICLQ 45 (1996), 271; W. Hau, Gerichtssachverständige in Fällen mit Auslandsbezug, RIW 2003, 822; P. Hay/G. Hampe, Nichtermittelbarkeit ausländischen Rechts und Forum Non Conveniens, RIW 1998, 760; Heldrich, Probleme bei der Ermittlung ausländischen Rechts in der gerichtlichen Praxis, FS Nakamura, 1996, S 243; Hetger, Die Ermittlung ausländischen Rechts, FamRZ 1995, 654; M. Jäntera-Jareborg, Foreign Law in National Courts, Rec.d.Cours 304 (2003), 181; Jansen/Michaels, Die Auslegung und Fortbildung ausländischen Rechts, ZZP 116 (2003), 3; H. U. Jessurun d’Oliveira, Foreign law in summary proceedings, Essays in honour of Voskuil, 1992, S 119; Kerameus, Revisibilität ausländischen Rechts, ein rechtsvergleichender Überblick, ZZP 99 (1986), 166; Kindl, Ausländisches Recht vor deutschen Gerichten, ZZP 111 (1998), 177; Krause, Ausländisches Recht und deutscher Zivilprozess, 1990; Küster, Zur richterlichen Ermessensausübung bei der Ermittlung ausländischen Rechts, RIW 1998, 275; Lindacher, Zur Mitwirkung der Parteien bei der Ermittlung ausländischen Rechts, FS Schumann, 2001, S 283; ders, Zur Anwendung ausländischen Rechts, FS Beys, 2003, 909; Mankowski/Kerfack, Arrest, einstweilige Verfügung und die Anwendung ausländischen Rechts, IPRax 1990, 372; Merryman, Foreign law as a problem, Stan.J.Int’L 19 (1983), 151; Müller, Zur Nichtfeststellbarkeit des kollisionsrechtlich berufenen ausländischen Rechts, NJW 1981, 481; H. Ost, EVÜ und fact doctrine, 1996; Otto, Der verunglückte § 293 ZPO und die Ermittlung ausländischen Rechts durch „Beweiserhebung“, IPRax 1995, 299; ders, Missstände in der deutschitalienischen Praxis des Europäischen Übereinkommens, Jahrb.f.ital. Recht 8 (1995), 229; P. Picone, Die „Anwendung“ einer ausländischen „Rechtsordnung“ in Forum-

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staat, Liber amicorum Siehr, 2000, S 569; Ponsard, L’office du juge et l’application du droit étranger, Rev crit 79 (1990), 607; Prütting, Ermittlung und Anwendung von ausländischem Recht in Japan und Deutschland, FS Ishikawa, 2001, S 397; Remien, Jura novit curia und die Ermittlung fremden Rechts im europäischen Rechtsraum nach Art 61ff EGV, in: Aufbruch nach Europa, 75 Jahre MPI für Privatrecht, 2001, S 617; Schilken, Zur Rechtsnatur der Ermittlung ausländischen Rechts nach § 293 ZPO, FS Schumann, 2001, S 373; Schütze, Ausländisches Recht als beweisbedürftige Tatsache, NJW 1965, 1652; ders, Feststellung und Revisibilität europäischen Rechts im deutschen Zivilprozess, Symposium Baur, 1992, S 93; S. Schwung, Das Ersatzrecht bei einem Verstoß des ausländischen Rechts gegen den ordre public, RabelsZ 49 (1985), 407; Sommerlad/Schrey, Die Ermittlung ausländischen Rechts im Zivilprozess und die Folgen der Nichtermittlung, NJW 1991, 1377; Spickhoff, Fremdes Recht vor inländischen Gerichten: Rechts- oder Tatfrage, ZZP 112 (1999), 265; ders, Die neue Sachverständigenhaftung und die Ermittlung ausländischen Rechts, FS Heldrich, 2005, S 419; Stürner, Parteidisposition über das anwendbare Recht im europäischen Zivilprozess?, FS U. Weber, 2004, S 589; Theiss, Feststellung ausländischen Rechts im italienischen Zivilprozess, IPRax 1987, 193; C. Trautmann, Ausländisches Recht vor deutschen und englischen Gerichten, ZEuP 2006, 283; P. de Vareilles-Sommières, Glossaire de l’application judiciaire de la loi étrangère, Études à Normand, 2003, S 485; P. Volken, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, 1996; S. Vrellis, Überlegungen betreffend die Auslegung fremder Rechtsnormen, Liber amicorum Siehr, 2000, S 829; G. Wagner, Fakultatives Kollisionsrecht und prozessuale Parteiautonomie, ZEuP 1999, 6; Zajtay, The application of foreign law, in: Int.Encyc.Comp.L. Vol III Ch. 14, 1972.

2. Einführung § 293 ZPO lautet: „Das in einem anderen Staate geltende Recht, die Gewohnheitsrechte und Statuten 12 bedürfen des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Bei der Ermittlung dieser Rechtsnormen ist das Gericht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise nicht beschränkt; es ist befugt, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und zum Zwecke einer solchen Benutzung das Erforderliche anzuordnen.“

Ob ein anderes als das deutsche materielle Recht anzuwenden ist, bestim- 13 men das deutsche IPR bzw von der BR Deutschland abgeschlossene Staatsverträge. Bei den Konfliktsregeln handelt es sich also ausschließlich um deutsches Recht. Hat das Gericht danach festgestellt, dass ein fremdes materielles Recht anzuwenden ist, so geht es um die prozessuale Ermittlung dieses Rechts. Die Anwendung und Ermittlung hängt nicht davon ab, ob der ausländische Staat anerkannt ist oder nicht. Nach hM ist das deutsche Kollisionsrecht zwingendes Recht und von Amts 14 wegen zu beachten, gleichgültig ob diese Prüfung im Ergebnis zur Anwendung materiellen Inlands- oder Auslandsrechts führt.8 Dagegen will die Leh_______________

8 BGH RIW 1995, 1027, 1028; NJW 1995, 2097; BGH IPRax 1996, 204; v Hoffmann/ Thorn, IPR, § 3 Rz 131; MüKo/Sonnenberger, 4. Aufl 2006, Einl IPR Rz 630.

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re vom fakultativen Kollisionsrecht9 letztlich die Anwendung von Auslandsrecht in die Dispositionsfreiheit der Parteien stellen. Die kollisionsrechtliche Frage und damit die eventuelle Anwendbarkeit ausländischen Rechts soll nur geprüft werden, wenn sich eine Partei darauf beruft.10 Dadurch soll die Bewältigung der Fälle mit Auslandsberührung erheblich vereinfacht werden. Nach hM erstreckt sich die Verhandlungsmaxime aber nicht auf die Rechtsanwendung. Da der Gesetzgeber im IPR eine Freiheit der Rechtswahl nur im Schuldrecht und in Sonderfällen zugelassen hat, kann prozessual nicht eine allgemeine Freiheit zur Wahl deutschen Rechts zugestanden werden.11 Auch wenn die Anwendung deutschen oder ausländischen Rechts zu gleichen Ergebnissen führt, darf die Tatsacheninstanz nach hM nicht offen lassen, welches sachliche Recht auf das streitige Rechtsverhältnis anzuwenden ist, weil nur deutsches Recht revisibel ist.12 15 Wenn auf das in einem anderen Staate geltende Recht abgestellt wird, so wird damit zugleich zum Ausdruck gebracht, dass es sich nicht allein um die Anwendung fremder Gesetze handelt. Der deutsche Richter muss vielmehr ermitteln, wie das ausländische Recht ausgelegt und in der Praxis angewendet wird. Die bloße Ermittlung des Gesetzeswortlauts genügt daher nicht, vielmehr muss die ausländische Rechtsprechung und Lehre mit berücksichtigt werden.13 16 Bei unklarer Rechtslage im Ausland kann das Gericht der überwiegenden Rechtsprechung, fehlt eine solche, der überwiegenden Meinung des Schrifttums folgen. Bei neuer oder sonst ungeklärter Rechtslage darf das Gericht auch ausländisches Recht auslegen, Lücken schließen und punktuell fortentwickeln.14 In keinem Fall darf eine Klage ohne nähere Ermittlungen wegen der Unklarheit der Rechtslage, etwa nach dem Zerfall von Jugoslawien, abgewiesen werden.15 17 Insbesondere bei Systemunterschieden zwischen den beteiligten Rechtsordnungen kann auch eine Angleichung bzw Anpassung geboten sein.16

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9 10 11 12 13 14

Vgl Th. de Boer, Facultative Choice of Law, RdC 257 (1996), 223–427. So Flessner RabelsZ 34 (1980), 547. So MüKo/Sonnenberger, 4. Aufl 2006, Einl IPR Rz 233ff. BGH NJW 1991, 2214; BGH NJW 1996, 54, 55. BGH ZIP 2001, 675, 676; Kindl ZZP 111 (1998), 177, 181. G. Hohloch, Liber amicorum Kokkini-Iatridou, 1994, S 213, 223ff; Kreuzer/Wagner, in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Bd 2, 2000, Q 282; für Anpassung aus der Sicht des entscheidenden Gerichts dagegen Vrellis, Liber amicorum Siehr, 2000, S 829. 15 BGH RIW 1997, 152. 16 Vgl Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 34.

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Ausländisches Recht darf nicht angewandt werden, soweit das Ergebnis 18 dieser Anwendung dem deutschen ordre public widerspricht (Art 6 EGBGB). Das ausländische Recht bleibt grundsätzlich anwendbar. Nur soweit dies nicht möglich ist, ist seine Lücke durch deutsches Recht als Ersatzrecht zu schließen.17 Ob auch ein fremder ordre public zu beachten ist, ist streitig. Immerhin be- 19 steht die Tendenz sog Eingriffsnormen aus Drittstaaten zu beachten, auch wenn Deutschland gegen Art 7 Abs 1 EVÜ einen Vorbehalt erklärt hat.18 Fremdes Recht wird in Deutschland als Recht und nicht als Tatsache behan- 20 delt und ermittelt.19 Um Tatsachen handelt es sich nur insoweit, ob ein bestimmtes Gesetz erlassen ist und wie sein Inhalt lautet. Das kann durch Urkunden bewiesen werden. Das ausländische Recht unterscheidet sich aber wesentlich von dem deut- 21 schen im Geltungsgebiet des Grundgesetzes geltenden Recht. Der Satz „iura novit curia“ kann hinsichtlich des ausländischen Rechts nicht angewendet werden, denn es kann dem deutschen Richter einfach nicht zugemutet werden, sich selbst Kenntnisse des ausländischen Rechts zu verschaffen, so wie er es tun muss, wenn es sich um ihm unbekanntes deutsches Recht handelt.20 Schütze meint dagegen, der Grundsatz „iura novit curia“ müsse auch für die Anwendung ausländischen Rechts gelten.21 Das ausländische Recht wird nur angewendet, wenn der deutsche Gesetzgeber dies über das IPR anordnet. Es ist auch nicht – wie später noch darzulegen ist – revisibel. Dies alles muss berücksichtigt werden, wenn es darum geht, in einem Rechtsstreit ausländisches Recht zu ermitteln. In schuldrechtlichen Streitigkeiten können die Parteien zwar grundsätzlich 22 darüber bestimmen, ob deutsches bzw welches bestimmte ausländische materielle Recht in auslandsbezogenen Fällen angewendet werden soll. Haben sie sich auf ein bestimmtes ausländisches Recht geeinigt, so können sie aber nicht darüber bestimmen, wie dieses Recht auszulegen bzw anzuwenden sei. Trägt also eine Partei einen bestimmten Rechtssatz vor und bestreitet die andere diesen nicht, so gilt dieser nicht wie eine Tatsache als zugestanden, vielmehr muss der Inhalt des ausländischen Rechts ausreichend sicher festgestellt werden.22

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17 18 19 20 21 22

OLG Hamm IPRax 1995, 174, 177; vgl Schwung RabelsZ 49 (1985), 408. S. S. Brüning, Die Beachtlichkeit des fremden ordre public, 1997. Kindl ZZP 111 (1998), 177, 179. MüKo/Sonnenberger, 4. Aufl 2006, EGBGB, Einl Rz 635ff. Schütze, Deutsches IZPR, 2. Aufl, Rz 252. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 110 Rz 16; Schütze NJW 1965, 1662.

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Die Behandlung ausländischen Rechts

23 Ergibt die Beweiserhebung zum ausländischen Recht, dass die Klage unbegründet ist, so kommt eine Erklärung der Erledigung der Hauptsache nicht in Betracht.23 3. Rechtswahl 24 Schrifttum: Buchta, Die nachträgliche Bestimmung des Schuldstatuts durch Prozessverhalten, 1986; A. Dutta, Kollidierende Rechtswahlklauseln in allgemeinen Geschäftsbedingungen, ZVglRWiss 104 (2005), 461; M.B. Jaspers, Nachträgliche Rechtswahl im internationalen Schuldvertragsrecht, 2002; St. Lesage-Mathieu, Dispositives Kollisionsrecht im prozessualen Kontext, 2005; Pfeiffer, Handbuch der Handelsgeschäfte, 1999 (§ 23 Rechtswahlvereinbarungen); Rasmussen-Bonne, Alternative Rechts- und Forumswahlklauseln, 1999; W.-H. Roth, Zur stillschweigenden Rechtswahl in einem künftigen EU-Gemeinschaftsinstrument über das internationale Schuldvertragsrecht, FS Georgiades, 2005, S 905; Schack, Rechtswahl im Prozess, NJW 1984, 2736; Steinle, Konkludente Rechtswahl und objektive Anknüpfung nach … internationalem Vertragsrecht, ZVglRWiss 93 (1994), 312; A. Steiner, Die stillschweigende Rechtswahl im Prozess, 1998; A. Tassikas, Dispositives Recht und Rechtswahlfreiheit als Ausnahmebereiche der EG-Grundfreiheiten, 2004.

25 Soweit eine Rechtswahl zulässig ist, kann diese von den Beteiligten ausdrücklich oder konkludent24 im Prozess auch noch mit Rückwirkung getroffen werden.25 In Deliktsprozessen kann der Verletzte nach Art 40 I 2, 3 EGBGB die Anwendung des Erfolgsstatuts einseitig aber nur im ersten Rechtszug bis zum Ende des frühen ersten Termins oder dem Ende des schriftlichen Vorverfahrens verlangen.26 4. Das besondere Beweisverfahren für ausländisches Recht 26 § 293 ZPO hält an dem Begriff des Beweises für ausländisches Recht fest. Aus der Vorschrift, dass das Gericht nicht auf die von den Parteien beigebrachten Nachweise beschränkt, vielmehr befugt ist, auch andere Erkenntnisquellen zu benutzen und dazu das Erforderliche anzuordnen, hat die

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23 LG München I IPRax 2001, 459. 24 BGH RIW 1997, 426. 25 Vgl Mankowski RIW 2003, 2; G. Wagner ZEuP 1999, 6; A. Dutta ZVglRWiss 104 (2005), 461. Zur Abschlusskontrolle von Rechtswahlvereinbarungen s A. Baumert RIW 1997, 805. 26 Vgl St. Lorenz, Zivilprozessuale Konsequenzen der Neuregelung des Intern. Deliktsrechts, NJW 1999, 2215, 2216f; Freitag/Leible, Das Bestimmungsrecht des Art 40 Abs 1 EGBGB, ZVglRWiss 99 (2000), 101; Spickhoff, Die Tatortregel im neuen Deliktskollisionsrecht, IPRax 2000, 1, 5ff; krit. Schurig, Ein ungünstiges Günstigkeitsprinzip, GS Lüderitz, 2000, S 699, 703ff; Junker RIW 2000, 241, 246ff; Heiderhoff IPRax 2002, 366.

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Rechtsprechung gefolgert, dass das Gericht ihm unbekanntes ausländisches Recht von Amts wegen zu ermitteln habe.27 Diese Pflicht besteht in allen Verfahrensarten. Auch im Urkundenprozess unterliegt die Feststellung ausländischen Rechts keinen Einschränkungen.28 Nach st Rspr des BGH steht die Art und Weise der Ermittlung ausländischen Rechts im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Art und Umfang der Ermittlungen richten sich nach den tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Feststellung, aber auch danach, wie genau und kontrovers die Parteien die maßgebliche Rechtsfrage vortragen.29 Dagegen verstößt es gegen § 293 ZPO, wenn er es unterlässt, das ausländi- 27 sche Recht zu ermitteln.30 Die Befugnis des Richters, über die von den Parteien beigebrachten Nachweise hinauszugehen und auch andere Quellen zu benutzen, kann nur als weitgehende Ermächtigung des Gerichts angesehen werden, auf allen ihm nützlich erscheinenden Wegen das in Frage kommende fremde Recht zu ermitteln. Zulässigerweise kann jede Erkenntnisquelle herangezogen werden: ein Rechtsgutachten eines Sachverständigen (an einem Max-Planck-Institut, Universitätsinstitut oder -lehrstuhl), Auskünfte deutscher Auslandsvertretungen, ausländischer Botschaften oder Konsulate, Auskünfte nach dem Europäischen Übereinkommen von 1968 oder private Auskünfte von ausländischen Juristen.31 Natürlich bedarf es der Einführung dieser schriftlichen Auskünfte in den je- 28 weiligen Prozess, damit beide Parteien und ihre Rechtsanwälte dazu Stellung nehmen können (Art 103 I GG). Es handelt sich dabei um einen echten Freibeweis,32 denn die Einholung schriftlicher Auskünfte von persönlich bekannten ausländischen Juristen geht weit über den Rahmen des § 273 II Nr 2 ZPO hinaus. Schon die Einholung von Auskünften von Behörden oder Trägern eines öffentlichen Amtes wird als „illegitimer Sprössling“ innerhalb der Beweisfamilie bezeichnet.33 Da in jedem Fall solche Auskünfte insbesondere auch über die jüngste Rechtsprechung zu dem betreffenden ausländischen Recht vollkommen ausgereicht haben, ist eine solche Methode im Rahmen des richterlichen Ermessens gerechtfertigt. _______________

27 Kindl ZZP 111 (1998), 177, 179f. Für Einführung eines Vorabentscheidungsverfahrens zum Inhalt des Rechts eines EU-Mitgliedstaats Remien, in: Aufbruch nach Europa, 2001, S 617, 627ff. 28 BGH RIW 1997, 687. 29 BGH RIW 1997, 687; BGHZ 118, 151, 162 = RIW 1992, 761 = NJW 1992, 2026; Kindl ZZP 111 (1998), 177, 182ff; MüKo/Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 49. 30 BGH NJW 2002, 1209; BGH WM 2001, 502, 503; BGH RIW 1995, 156; MüKo/ Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 67. 31 Kindl ZZP 111 (1998), 177, 186ff; MüKo/Sonnenberger, EGBGB, 4. Aufl 2006, Einl Rz 637; MüKo/Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 26. 32 Vgl Schilken, FS Schumann, S 373, 377; MüKo/Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 14. 33 Brüggemann, Judex statutor und judex investigatur, 1968, 401.

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29 Eine Pflicht der Parteien zur Aufklärung des ausländischen Rechts besteht nicht.34 Doch wird der Umfang der Ermittlungen durch die Parteibehauptungen zum Inhalt des ausländischen Rechts und durch die sonstigen Umstände des Einzelfalles bestimmt.35 Auch die Möglichkeiten des Zugangs der Parteien zum ausländischen Recht sind nach den konkreten Umständen zu beachten.36 Übereinstimmender Vortrag bindet zwar nicht; doch darf das Gericht von seiner Richtigkeit ausgehen, wenn keine Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit bestehen.37 In der Praxis erweist sich die Mitwirkung der Parteien bei der Ermittlung ausländischen Rechts meistens als dürftig. 30 Teilweise werden darüber hinaus ausländische Rechtsanwälte befragt, die zu dem in Frage kommenden Rechtssätzen Stellung nehmen sollen. Gewöhnlich aber überlassen die Parteien es völlig dem Gericht, das ausländische Recht von Amts wegen zu ermitteln. Wenn aber der Richter mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nach dem in der Praxis anzuwendenden ausländischen Recht forschen soll, so gewinnt der Satz „iura novit curia“ hinsichtlich des fremden Rechts wieder an Bedeutung. Es besteht kein prinzipieller Unterschied mehr zwischen der Forderung nach der Kenntnis des eigenen Rechts und der des fremden. Nur in der Methode, wie der Richter ganz allgemein Kenntnis von dem Recht erlangt, besteht noch ein technischer Unterschied hinsichtlich des eigenen und des fremden Rechts. 5. Der Sachverständigenbeweis über ausländisches Recht 31 Häufig erlässt das Prozessgericht einen Beweisbeschluss, wonach zu bestimmten Fragen ein schriftliches Gutachten über ausländisches Recht von einem bestimmten Gutachter eingeholt werden soll. Niemals wird ein wissenschaftliches Institut als Ganzes, sondern werden immer nur der oder die einzelnen Wissenschaftler, die das Gutachten für das Institut erstattet und unterschrieben haben, zum Sachverständigen.38 Ein solches Sachverständigengutachten unterscheidet sich von einem anderen und dem gewöhnlichen Gutachten schon dadurch, dass der Sachverständige sich über Rechtsfragen äußern soll, während es dem gewöhnlichen Sachverständigen untersagt ist, sich über Rechtsfragen zu äußern. Weil er nicht Mitglied des Gerichts ist, hat er diesem lediglich seine Sachkunde zur Verfügung zu stellen. In diesem Ausnahmefall bezieht sich die Sachkunde auf das in Frage kommende ausländische Recht. Damit übernimmt er aber keine richterliche Aufgabe, er vermittelt dem Gericht nur die Kenntnis des ausländischen Rechts. Das _______________

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Lindacher, FS Schumann, S 283, 284f; Kindl ZZP 111 (1998), 177, 192. BGH FamRZ 1994, 434; BGH RIW 1991, 514. BGHZ 118, 151, 163 = RIW 1992, 761 = NJW 1992, 2026; BGH RIW 1995, 156/57. Schilken, FS Schumann, S 373, 380; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2586; MüKo/ Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 50. 38 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 120 Rz 17.

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Gericht ist insbesondere nicht an sein Gutachten gebunden. Es kann und muss weitere Ermittlungen nach dem ausländischen Recht anstellen, wenn es von dem schriftlichen Gutachten eines wissenschaftlichen Gutachters nicht überzeugt ist. Entscheidet sich das Gericht für die Einholung eines schriftlichen Sachver- 32 ständigengutachtens, so wählt es insoweit bewusst den Weg des strengen Beweises, so wie er in den §§ 402ff ZPO vorgesehen ist und nicht den Weg des Freibeweises. Dann muss es aber auch auf Antrag einer oder beider Parteien den Sachverständigen gemäß §§ 402, 411 III, 397 ZPO zu einer mündlichen Verhandlung laden, damit er sein Gutachten erläutern kann und die Parteien und ihre Vertreter Fragen an ihn stellen können. Dies hat der BGH ausdrücklich bekräftigt.39 Dabei hat er nachgeprüft, ob die Ermittlung des ausländischen Rechts verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen war. Das hat er im gegebenen Fall verneint, weil der Sachverständige nicht zu seinem Gutachten gehört worden war. Die entscheidende Begründung liegt in folgenden Sätzen: Halte das Gericht eine Beweisaufnahme für erforderlich, so müsse es die Vorschriften der ZPO beachten; insoweit bleibe ihm kein Ermessensspielraum. Diese Entscheidung kann nur begrüßt werden.40 Führt nämlich der Weg über den Freibeweis nicht zu einem das Gericht überzeugenden Ergebnis, so müsste ohnehin der schwierigere Weg über den strengen Beweis angetreten werden. Die Kritik daran41 vermag nicht zu überzeugen. Vor allem ist nicht einzuse- 33 hen, dass durch die Anhörung des Sachverständigen zu seinem Gutachten ein weiteres Stück gerichtlicher Kompetenz auf den Sachverständigen verlagert werde. Erfahrungsgemäß werden durch die Anhörung der Sachverständigen häufig Unklarheiten und Missverständnisse, die immer wieder in Gutachten auftreten, behoben. Durch die Beantwortung von Fragen wird der Sachverständige jedoch nicht zum Richter. Dabei soll durchaus nicht verkannt werden, dass jeder Sachverständigenbeweis problematisch ist. Fehlt dem Richter die Sachkunde, so ist er in gewissem Sinne von jedem Sachverständigen abhängig. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um einen medizinischen, technischen Sachverständigen oder einen solchen über ausländisches Recht handelt. Das Entscheidende ist und bleibt die Tatsache, dass der Richter durch das Sachverständigengutachten und die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung überzeugt werden muss. In der Praxis verlangt die Partei, der ein Sachverständigengutachten ungüns- 34 tig ist, vielfach die Anhörung des Sachverständigen vor Gericht (§ 411 III _______________

39 BGH NJW 1994, 2959 = RIW 1994, 878; NJW 1975, 2142. 40 Ebenso Kindl ZZP 111 (1998), 177, 189ff; auch Luther, FS Bosch, S 568; MüKo/ Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 29; Musielak/Huber, 4. Aufl, § 293 Rz 6. 41 Von Geisler ZZP 91 (1978), 193; Schilken, FS Schumann, S 373, 384ff; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 277.

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ZPO). Dadurch wird keine unnötige Zeit verschwendet, denn das Gericht muss nach Eingang des Gutachtens ohnehin einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumen. Es kann im Wege der Vorbereitung rechtzeitig bei den Parteien anfragen, ob sie Fragen an den Sachverständigen richten wollen. Ist das der Fall, so kann der Sachverständige rechtzeitig zum Termin geladen werden. Damit sich der Sachverständige auf die Anhörung sinnvoll vorbereiten kann, erscheint es zweckmäßig, dass das Gericht den Parteien aufgibt, die an den Sachverständigen zu richtenden Fragen schriftlich bei Gericht einzureichen. Bei wissenschaftlichen Gutachten werden die Parteien sich oft Parteisachverständiger bedienen, um die entsprechenden Fragen zu formulieren. Danach genügt es meistens, dass der Sachverständige beauftragt wird, sein Gutachten zu diesen schriftlichen Fragen zu ergänzen. Eine persönliche Anhörung des Sachverständigen erübrigt sich dann in den meisten Fällen. In der Praxis ist eine Mehrbelastung der wissenschaftlichen Institute, die über ausländisches Recht Auskunft geben können, kaum zu erwarten. 35 Hat ein Gericht bereits ein gerichtliches Sachverständigengutachten zum ausländischen Recht in Auftrag gegeben, so ist die Einholung eines Privatgutachtens zunächst nicht erforderlich; die dabei anfallenden Kosten gehören daher nicht zu notwendigen Kosten nach § 91 ZPO.42 6. Die Ermittlung ausländischen Rechts im Versäumnisverfahren 36 Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage nach der Ermittlung ausländischen Rechts sind dann entstanden, wenn der Kläger seine Klage auf ausländisches Recht stützt und den Inhalt dieses Rechts von sich aus darstellt, der Beklagte zur Klage überhaupt keine Stellung nimmt und in der mündlichen Verhandlung nicht erscheint. Das Gericht darf in diesem Fall nicht einfach von den Behauptungen des Klägers zum ausländischen Recht ausgehen.43 Die Fiktion des Zugestehens ist gemäß § 331 I ZPO ausdrücklich nur auf das tatsächliche Vorbringen des Klägers beschränkt. Ausländisches Recht ist aber keine Tatsache (s o Rz 20ff). Auf Antrag des Klägers kann also selbst bei Säumnis des Beklagten kein Versäumnisurteil ergehen, wenn das Gericht nicht von der Richtigkeit des ausländischen Rechts, so wie der Kläger es vorgetragen hat, überzeugt ist.44 Das Gericht muss demnach entweder das in Frage kommende ausländische Recht selbst kennen oder es muss sich zur Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung hinreichende Kennt-

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42 OLG Koblenz RIW 1996, 432. 43 So aber OLG München NJW 1976, 489 (krit Küppers). 44 Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 273; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2592; Kindl ZZP 111 (1998), 177, 186; MüKo/Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 55; Musielak/Huber, 4. Aufl, § 293 Rz 11.

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nisse durch eigenes Studium verschaffen. Der Ruf nach spezialisierten Gerichten, deren Mitglieder auch über Kenntnisse mehrerer Sprachen verfügen sollten, wird also immer stärker.45 Weiß der Kläger, dass sein Gegner zur mündlichen Verhandlung voraussichtlich nicht erscheinen wird, so könnte er auch durch ein von sich aus beschafftes Gutachten, das er der Klageschrift sogleich beifügt, dem Gericht hinreichenden Beweis liefern, so dass ein Versäumnisurteil ergehen könnte. Insoweit liegt eine Parallele zu dem Fall vor, dass der Kläger eine Gerichtsstandsvereinbarung beweisen muss, was er durch Urkundenbeweis schon mit Einreichung der Klage tun könnte.

7. Ausländisches Recht und einstweiliger Rechtsschutz In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist ausländisches Recht wie 37 andere Voraussetzungen des Arrest- oder Verfügungsanspruchs nach §§ 920 II, 936 ZPO nur glaubhaft zu machen.46 Gleichwohl bleibt das Ermittlungsproblem grundsätzlich bestehen. Das OLG Frankfurt47 hat entschieden, dass sich im einstweiligen Verfügungsverfahren die Pflicht des Richters bezüglich der Ermittlung fremden Rechts auf die Verwendung der präsenten Erkenntnisquellen beschränke. Der Partei obliege es in einem solchen Fall, eine für sie günstige Anwendung fremden Rechts zur Überzeugung des Gerichts glaubhaft zu machen. § 293 ZPO sei im summarischen Verfahren nicht uneingeschränkt anzuwenden. Das Gericht sei auf die Prüfung der präsenten Beweismittel beschränkt; die Mitwirkungspflicht der Parteien gewinne insoweit eine verstärkte Bedeutung.48 Die Schwierigkeiten können auch nicht dadurch behoben werden, dass das 38 Gericht in solchen Fällen nur nach einer mündlichen Verhandlung entscheidet.49 Ein Arrest oder eine einstweilige Verfügung verfehlen oft ihre Wirkung, wenn sie nicht sofort, sondern erst aufgrund einer mündlichen Verhandlung erlassen werden. Das OLG hat zu Recht hervorgehoben, dass den Antragsteller im summarischen Verfahren eine verstärkte Mitwirkungspflicht hinsichtlich der Ermittlung des in Frage kommenden ausländischen Rechts trifft. Solange keine spezialisierten Gerichte für die Entscheidung auslandsbezogener Fälle zur Verfügung stehen, kann dem OLG Frankfurt kaum ein Vorwurf daraus gemacht werden, dass es eine Erklärung in französischer Sprache abgelehnt hat.

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45 46 47 48 49

Vgl Luther, FS Bosch, S 569. OLG Hamburg IPRax 1990, 400, 401. NJW 1969, 991. Vgl Mankowski/Kerfack IPRax 1990, 372, 374ff. So Franz NJW 1969, 1539.

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39 Andere wollen eine Art summarische Schlüssigkeitsprüfung durchführen und soweit möglich die wahre materielle Rechtslage offen lassen.50 Aber diese Lösung ist nur bei verwandten Rechtsordnungen möglich, nicht aber wenn die in Betracht kommenden Rechtsordnungen wesentliche Divergenzen aufweisen. 40 In Eilfällen soll daher nach verbreiteter Auffassung deutsches Recht als lex fori angewendet werden. Richtiger erscheint auch hier an der grundsätzlichen Anwendung ausländischen Rechts festzuhalten, die Anforderungen an die Ermittlungspflicht in Relation zur Eilbedürftigkeit der Entscheidung zu vermindern und eine Entscheidung nach einem Ersatzrecht leichter zuzulassen.51 Freilich ist auf die lex fori zurückzugreifen, wenn das maßgebliche Recht innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden kann.52 Kann der Antragsteller seinen Anspruch nach dem maßgebenden Recht zudem nicht glaubhaft machen, so ist der Antrag im Zweifel zurückzuweisen und nicht ersatzweise nach deutschem Recht als Ersatzrecht zu entscheiden53 (s u § 15 Rz 36). 8. Nichtfeststellbarkeit des ausländischen Rechts 41 Die Frage, ob ausländisches Recht, welches im gegebenen Fall nach dem IPR anzuwenden wäre, nicht mit hinreichender Sicherheit ermittelt werden kann, muss der Richter gemäß § 139 ZPO mit den Parteien erörtern. 42 Die Parteien können dann, wenn sie über den Anspruch verfügen können, vor dem Gericht eine Vereinbarung treffen, wonach deutsches Recht auf den Fall angewendet werden soll. Die Rechtswahl bleibt ihnen also auch noch während des Prozesses (s o Rz 24ff). Davon wird in der Praxis nicht selten Gebrauch gemacht. Bei der Annahme einer stillschweigenden Rechtswahl geht die Praxis gelegentlich wohl zu weit.54 43 Kann der Inhalt des ausländischen Rechts nicht hinreichend ermittelt werden, einigen sich die Beteiligten aber auch nicht auf die Anwendung deutschen Rechts, so darf keine Beweislastentscheidung ergehen. Welches Recht _______________

50 Leipold, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes, 1971, S 83ff, 164ff.; wohl auch Staudinger/Sturm (2003), Einl zum IPR, Rz 190, 195 (Erlass ohne materiellrechtliche Grundlage). 51 MüKo/Sonnenberger, EGBGB, 4. Aufl 2005, Einl Rz 636; Lindacher, FS Schumann, S 283, 289ff; ähnlich für die Niederlande: Jessurun d’Oliveira, Essays in honour of Voskuil, 1992, 119. 52 Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 31 III 3 (S 217f); MüKo/Prütting § 293 Rz 56 (wenn dies in Abwägung der Parteiinteressen gerechtfertigt ist); Dethloff RabelsZ 62 (1998), 286, 295ff. 53 Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 31 III 3 c (S 218). 54 Krit. Straub IPRax 1994, 432, 433.

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als Ersatzrecht anzuwenden ist, wird international nicht einheitlich entschieden. Soweit Rechtsordnungen ausländisches Recht im Grundsatz als Tatsache 44 behandeln, ist die Anwendung der lex fori konsequent. Teilweise wird sie auf die (eher irreale) Vermutung gestützt, im Zweifel entspreche das ausländische Recht dem inländischen. Das österr. Recht (§ 4 II IPRG 1978) und das schweiz. Recht (Art 16 [2] IPRG) sehen die Anwendung der lex fori vor; die Anwendung des nächstverwandten Rechts hat der Schweizer Gesetzgeber abgelehnt. Dies soll aber nur für „Dokumentationslücken“ gelten. „Echte“ Lücken des anwendbaren Rechts sollen dagegen ggf in Anwendung eines „Mutter- oder Schwesterrechts“ geschlossen werden können.55 Das deutsche Recht geht flexibler vor: Als Ersatzrecht ist primär ein Recht 45 anzuwenden, das dem mutmaßlichen Inhalt des ausländischen Rechts nahekommt, etwa die Mutterrechtsordnung innerhalb desselben Rechtskreises.56 Manche wollen auch auf internationales Einheitsrecht oder allgemeine 46 Rechtsgrundsätze als Ersatzrecht abstellen.57 Einheitsrecht besteht aber vielfach nicht oder ist von dem betreffenden Staat nicht übernommen worden. Die allgemeine Geltung konkreter Rechtsgrundsätze lässt sich meist kaum nachweisen (zur lex mercatoria s u § 16 Rz 66ff, 131). Andere wollen kollisionsrechtliche Hilfsanknüpfungen (soweit es solche gibt) nutzen.58 Aber die Gründe, hilfsweise an eine andere Rechtsordnung anzuknüpfen, decken sich nicht mit den Interessen bei der Nichtermittelbarkeit des Inhalts des anwendbaren Rechts. Deutsches Recht als lex fori ist jedenfalls erst hilfsweise anzuwenden, wenn 47 eine solche Annäherung in sinnvoller Weise nicht möglich ist.59 9. Die Revisibilität ausländischen Rechts Wird ausländisches Recht in der ersten Instanz nicht oder völlig unzurei- 48 chend ermittelt, so liegt darin ein Verfahrensfehler, der das Berufungsgericht auf Antrag einer Partei nach § 538 II Nr 1 ZPO berechtigt, das Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit in die erste Instanz zurückzuverweisen.60 _______________

55 Keller/Girsberger, IPRG, 1993, Art 16 Rz 73. 56 BGH NJW 1982, 1215; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2600f; Linke, IZPR, Rz 283; Schack Rz 641; Schütze, IZPR, Rz 266. 57 Kreuzer NJW 1983, 1943; Schack Rz 642; MüKo/Prütting, 2. Aufl, § 293 Rz 65. 58 Kindl ZZP 111 (1998), 177, 200. 59 BGHZ 69, 387, 394 = NJW 1978, 496, 498; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 110 Rz 19; Lindacher, FS Schumann, S 283, 284. 60 Vgl BGH NJW 1992, 3106; OLG München RIW 1996, 329; vgl Kindl ZZP 111 (1998), 177, 192ff.

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49 Für die Revisionsinstanz ist von § 545 I ZPO auszugehen. Danach kann die Revision nur darauf gestützt werden, „dass die Entscheidung auf der Verletzung des Bundesrechts oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt“.

Ausländisches Recht ist danach grds irrevisibel, kann also, selbst wenn es mit dem deutschen Recht identisch ist, nur in den beiden Tatsacheninstanzen bewiesen oder nachgeprüft werden. Entsprechend können auch ausländische AGB nicht überprüft werden.61 50 Diese Konsequenz zieht § 560 ZPO: „Die Entscheidung des Berufungsgerichts über das Bestehen und den Inhalt von Gesetzen, auf deren Verletzung die Revision nach § 545 nicht gestützt werden kann, ist für die auf die Revision ergehende Entscheidung maßgebend.“

Hiergegen hat sich seit langem die Kritik gewendet.62 Jedoch ist de lege lata vom Gesetzestext auszugehen. Es zeigt sich aber eine Tendenz, die erwähnten Bestimmungen der ZPO restriktiv auszulegen. 51 Vor dem BAG ist ausländisches Recht dagegen revisibel, da die Revision nach § 73 I ArbGG auf die Verletzung jeder Rechtsnorm gestützt werden kann.63 52 Da es sich bei dem deutschen IPR um deutsches Recht im Sinne des § 545 I ZPO handelt, kann auch der BGH überprüfen, ob der Vorderrichter das anzuwendende materielle Recht richtig bestimmt hat. Dieser darf vor allem die Frage nicht offen lassen, welche Rechtsordnung der Entscheidung zugrunde gelegt wurde; andernfalls ist das Urteil nicht mit Gründen versehen (§ 547 Nr 6 ZPO).64 Die Rechtsprechung ist sogar soweit gegangen, ausländische Kollisionsnormen nachzuprüfen, wenn von ihnen die Frage abhängt, ob auf deutsches Recht zurückverwiesen wird.65 Andererseits ist ausländisches Kollisionsrecht nicht revisibel, wenn es auf ein anderes Recht weiterverweist.66 53 Allgemeines Völkerrecht ist revisibel, da es gemäß Art 25 GG Teil des Bundesrechts ist. Das Recht der Europäischen Union steht dem inländischen Recht gleich und ist deshalb ebenfalls revisibel.67 _______________

61 62 63 64 65

Vgl Maidl, Ausländische AGB im deutschen Recht, 2000. Vgl Soergel/Kegel, 12. Aufl, Vor Art 3 EGBGB Rz 221. BAG 27, 99; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl 1995, § 73 Rz 8. BGH RIW 1988, 736. Statt vieler: BGH NJW 1958, 750; MüKo/Wenzel, 2. Aufl, § 562 Rz 4; Zöller/ Gummer § 545 ZPO Rz 10. 66 BGHZ 45, 351 = NJW 1966, 2270; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2612; Schütze, IZPR, Rz 280. 67 Stein/Jonas/Leipold, 21. Aufl § 293 Rz 6f, 14ff.

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Vom BGH kann weiterhin die Frage nachgeprüft werden, ob das festgestellte ausländische Recht gegen die guten Sitten oder den Zweck eines deutschen Gesetzes verstößt, denn bei Art 6 EGBGB handelt es sich um deutsches Recht im Sinne des § 545 I ZPO.68 Wie sich der Tatrichter das notwendige Wissen zum ausländischen Recht 54 verschafft, unterliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen. Das Revisionsgericht überprüft aber, ob das Ermessen fehlerfrei ausgeübt wurde, insbesondere ob der Vorderrichter alle sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat, um den Inhalt des ausländischen Rechts richtig zu ermitteln. Ist dies nicht der Fall, so ist deutsches Verfahrensrecht verletzt,69 es handelt sich um einen „error in procedendo“, wenn zB die Vorschriften des Beweisrechts nicht befolgt worden sind.70 Es ist eine Ermessensfrage, ob sich die Tatsacheninstanz zur Ermittlung des ausländischen Rechts des strengen Beweises oder des Freibeweises bedient. Eine solche Ermessensentscheidung kann das Revisionsgericht nicht nachprüfen.71 Stellt sich jedoch heraus, dass der Freibeweis nicht ausreicht, um das ausländische Recht zu beweisen, so hat die Tatsacheninstanz formelle Beweismöglichkeiten auszuschöpfen. In diesem Fall kann das Revisionsgericht wiederum nachprüfen, ob ein Verfahrensfehler vorliegt und der Tatsacheninstanz deswegen das ausländische Recht unbekannt geblieben ist.72 Ähnlich sieht in der Schweiz Art 43a (1) (b) OG vor, dass mit Berufung an das Bundesgericht gerügt werden kann, „der angefochtene Entscheid habe zu Unrecht festgestellt, die Ermittlung des ausländischen Rechts sei nicht möglich.“ Der BGH kann auch nachprüfen, ob eine Norm des ausländischen Rechts 55 erst nach der Verkündung des Urteils des OLG erlassen worden ist.73 Hat sich das Tatsachengericht bemüht, das ausländische Recht (nach Rechtsprechung und Lehre) zu ermitteln, so kann das Revisionsgericht das Ergebnis nicht allein deshalb beanstanden, weil es nicht erschöpfend ist.74 Im Übrigen ist das Revisionsgericht an die Feststellung und Auslegung des 56 ausländischen Rechts durch die Tatsacheninstanz gebunden. Das Revisionsgericht kann insbesondere nicht nachprüfen, ob das ausländische Recht auf den zu entscheidenden Sachverhalt richtig angewendet worden ist. Der deutsche Richter stellt zwar nur eine Prognose hinsichtlich des in Frage kommenden ausländischen Verfahrensrechts. Dabei wendet er aber auch ausländisches Recht im Sinne von § 545 I ZPO an. Selbst dann, wenn das aus_______________

68 So auch Thomas/Putzo/Reichold, 27. Aufl, § 293 Rz 10; Schütze, IZPR, Rz 283. 69 BGH ZIP 2001, 675, 676; BGHZ 118, 151 = RIW 1992, 761; OLG Saarbrücken NJW 2002, 1209; Schütze, IZPR, Rz 284. 70 BGH NJW 1975, 2142. 71 BGH NJW 1961, 410. 72 BGHZ 40, 197, 200 = NJW 1964, 203f. 73 BGHZ 36, 348 = NJW 1962, 961ff. 74 BGH RIW 1990, 581.

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ländische Recht sich mit dem betreffenden deutschen Recht inhaltlich deckt, ist es der Revision entzogen.75 Ausländisches Recht ist auch dann nicht revisibel, wenn die Parteien die Anwendung dieses Rechts vereinbart haben,76 weil dies im Widerspruch zu der Regelung des § 545 I 1 ZPO steht. Ausländisches Recht wird durch Vereinbarung der Parteien nicht zum deutschen Recht. 57 Ist eine Revision auf die Verletzung ausländischen Rechts gestützt, so muss sie als unbegründet zurückgewiesen werden.77 Soweit nach den obigen Ausführungen dem Revisionsgericht ein Nachprüfungsrecht eingeräumt worden ist, kann es gemäß § 563 III ZPO selbst entscheiden. Diese Möglichkeit ist denkbar, wenn nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht neues ausländisches Recht erlassen wird, welches das Revisionsgericht kennt. In den meisten Fällen wird aber das Revisionsgericht die Sache gemäß § 563 IV ZPO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverweisen. Das Prinzip der Nichtrevisibilität ist heute freilich vielfach durchlöchert.78 Verfahrensrügen, ob ausländisches Recht hinreichend und sorgfältig von Amts wegen ermittelt sei, führen zu einem Verstoß gegen § 293 ZPO. Die Verletzung der prozessualen Ermittlungspflicht des Tatrichters kann gem. § 551 III Nr 2 b ZPO mittels Verfahrensrüge beanstandet werden. Jedoch kann nur überprüft werden, ob der Tatrichter das ausländische Recht pflichtgemäß ermittelt hat, nicht aber indirekt das ausländische Recht voll nachgeprüft werden.79 Trotz aller Auflockerungen der Nichtrevisibilität bleibt doch der Grundsatz des Gesetzes bestehen, dass ausländisches Recht in der Revisionsinstanz nicht nachgeprüft werden kann. 58 In dieser Beziehung erscheint das brasilianische Recht als moderner und zweckmäßiger. Dort ist ausländisches Recht revisibel.80 59 Vor dem Schweizer Bundesgericht kann generell gerügt werden, dass nach Schweizer IPR ein falsches ausländisches Recht angewendet wurde oder dass zu Unrecht festgestellt wurde, das ausländische Recht könne nicht ermittelt werden (OG Art 43a S 1). In nichtvermögensrechtlichen Zivilstreitigkeiten kann darüber hinaus geltend gemacht werden, der angefochtene Entscheid wende das ausländische Recht nicht richtig an (OG Art 43 a S 2). _______________

75 76 77 78 79 80

Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2601. Hierfür Schütze NJW 1970, 1584. Rosenberg/Schwab/Gottwald § 141 Rz 15ff; Zöller/Gummer § 545 Rz 9. Vgl Gottwald IPRax 1988, 210. BGHZ 118, 151, 162ff = NJW 1992, 2026, 2029; BGH NJW 1995, 2097. Barbosa Moreira, FS Nagel, 1987, S 14, 24.

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III. Die Ermittlung ausländischen Rechts in anderen Staaten 60

1. Schrifttum Barbosa Moreira, Le juge brésilien, FS Nagel, 1987, S 14; Calvo Caravaca/Carrascosa Goncález, The proof of foreign law in the new Spanish Civil Procedure Code 1/2000, IPRax 2005, 170; Erecinski, Prawo obce w sadowym poste-powanuin cywilnym (Ausländisches Recht im zivilgerichtlichen Verfahren), Warschau 1981; R. Fentiman, Foreign law in English Courts, LQR 108 (1992), 142; Ferrand, Die Behandlung ausländischen Rechts durch die französische Cour de Cassation, ZEuP 1994, 126; T. Fine, American Courts and Foreign Law: The New Debate, DAJV-Newsletter 2006, 107; Garau Sobrino, Der Beweis des ausländischen Rechts in der neuen spanischen Zivilprozessordnung vom 7. Januar 2000, in: Aufbruch nach Europa, 75 Jahre MPI für Privatrecht, 2001, S 685; Kadletz, Fremdes Recht im kanadischen Zivilprozess, IPRax 1999, 183; Kralik, Das fremde Recht vor dem Obersten Gerichtshof, FS Fasching, 1988, S 297; S. Mégnin, Zu einer systematischeren Anwendung fremden Rechts durch den französischen Richter, IPRax 2005, 459; P. Picone, La prova del dirito straniero nella legge italiana di riforma del diritto internazionale privato, FS Jayme, 2004, S 691; V. Sangiovanni, Die neue italienische Rechtsprechung zur Ermittlung des ausländischen Rechts, IPRax 2006, 513; Sass, Foreign Law in Federal Courts, AmJCompL 29 (1981), 97; Schlesinger, Die Behandlung des Fremdrechts im amerikanischen Zivilprozess, RabelsZ 1963, 54; J. Timochov, Die Pflicht zur Ermittlung des Inhalts ausländischen Rechts im Prozess, FS Boguslavskij, 2004, S 259.

Wie ausländische Gerichte ausländisches Recht ermitteln, kann hier nur an- 61 gedeutet werden. Schon anhand einiger Beispiele kann festgestellt werden, dass viele Staaten dazu neigen, ausländisches Recht wie eine Tatsache zu behandeln, andere kehren den Rechtscharakter des ausländischen Rechts so weit heraus, dass sie es (anders als in Deutschland) auf seine richtige Anwendung auch durch ihre höchsten Gerichte nachprüfen lassen. 2. England In England wird ausländisches Recht von den Gerichten wie eine Tatsache 62 behandelt. Dies bedeutet, dass das ausländische Recht wie eine Tatsache ausdrücklich behauptet und bewiesen werden muss.81 Recht eines Commonwealth-Staates kann aber nach dem British Law Ascertainment Act 1859 ermittelt werden. England ist auch Vertragsstaat des Europäischen Übereinkommens betreffend Auskünfte über ausländisches Recht von 1968 (s o Rz 2ff). Der Inhalt ausländischen Rechts kann wie jede Tatsache zugestanden werden. Das Gericht darf aber auch ohne Beweis über eine Frage ausländischen Rechts entscheiden. Mangels ausreichenden Beweises des aus-

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81 Dicey & Morris, Conflict of Laws, Vol 1, 13th ed 2000, Rule 18 (1), p. 226 et seq.; Hartley ICLQ 45 (1996), 271, 282ff; Fentiman, Foreign Law in English Courts, 1998; Spickhoff ZZP 112 (1999), 265, 276ff.

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ländischen Rechts wendet das Gericht auf den Fall englisches Recht an. Auch eine Abweisung wegen „forum non conveniens“ kann erfolgen.82 63 Dieses System beruht auf zwei Annahmen: (1) die Rechtsordnungen sind nicht gleichberechtigt, sondern englisches Recht ist anderen Rechten überlegen; (2) IPR ist kein zwingendes, sondern fakultatives, der Parteidisposition (nach Nutzen und Kosten) unterliegendes Recht.83 Insgesamt will der pleading approach die Anwendung ausländischen Rechts aber nicht fördern, sondern nach Möglichkeit vermeiden.84 64 Bewiesen wird das ausländische Recht durch Sachverständigenbeweis gem sec. 4 Civil Evidence Act 1972. Die Vorlage ausländischer Gesetzestexte oder Entscheidungen genügt nicht. Als Sachverständiger kommt ein Richter oder Anwalt (legal practitioner) des betreffenden Landes in Betracht, aber auch eine sonstige „erfahrene“ Person, zB ein Universitätsprofessor. 65 Sofern die Parteien zustimmen, begnügt man sich mit „Affidavits“ von sachverständigen Personen über das ausländische Recht. Wird die Ansicht des Sachverständigen nicht bestritten, ist das Gericht daran idR wie an unstreitigen Tatsachenvortrag gebunden. Nach sec. 4 (2), (4), (5) Civil Evidence Act 1972 kann man zum Beweis ausländischen Rechts auch eine einschlägige Entscheidung des High Court oder des Court of Appeal vorlegen. Sind ausländische Regeln nachgewiesen, kann sie das Gericht selbst auslegen und unklare Fragen selbst entscheiden.85 Anders als sonst bei Tatsachen kann der Court of Appeal kontrollieren, ob das ausländische Recht ausreichend bewiesen ist und darüber neu entscheiden.86 66 Das englische System des Beweises ausländischen Rechts als Tatsache gilt auch in Irland.87 3. USA 67 In den USA hat die Partei, die eine Frage des ausländischen Rechts vorbringen will, dies vor den Bundesgerichten in ihren pleadings oder auch später in einem sonstigen Schriftsatz zu tun (FRCP Rule 44.1 S 1). Präklusionsfristen für die notice der Partei bestehen nicht. Nach FRCP Rule 44.1 S 2 kann das Gericht zum Beweis des ausländischen Rechts jedes relevante Material und _______________

82 Fentiman, Forum law and the forum conveniens, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 275. 83 Fentiman LQR 108 (1992), 142, 143. 84 Fentiman LQR 108 (1992), 142, 156. 85 Fentiman LQR 108 (1992), 142, 149. 86 Fentiman LQR 108 (1992), 142, 145. 87 Binchy, Irish Conflict of Law, 1988, S 104ff.

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Die Ermittlung ausländischen Rechts in anderen Staaten

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jedes Beweismittel, einschließlich Zeugenbeweis beachten, und zwar auf Vorlage durch eine Partei und unabhängig davon, ob das Material sonst als Beweismittel zulässig wäre.88 Beruft sich jedoch keine Partei auf ausländisches Recht, so wird angenommen, dass die Parteien seine Anwendung ausschließen wollen. Grundsätzlich wendet das Gericht dann die lex fori an.89 Beruft sich eine Partei auf ausländisches Recht, kann es dann aber nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen, so werden verschiedene Vermutungen angewendet. Es wird angenommen, (1) dass das ausländische Recht wie das Forumrecht auf „common law“ beruht, (2) dass es mit dem Recht des forum identisch ist, (3) auf allgemein anerkannten Prinzipien des common law zivilisierter Staaten beruht, oder (4) sich die Parteien auf die Anwendung des Forumrechts geeinigt haben.90 Von der nach Rule 44.1 FRCP möglichen Beweiserhebung von Amts wegen wird nur ergänzend, durch Fragen an den expert witness oder durch eigene Lektüre, Gebrauch gemacht.91 Bereitet die Ermittlung des anwendbaren Rechts Schwierigkeiten, kommt auch eine Abweisung der Klage wegen „forum non conveniens“ in Betracht.92 Anders als in England ist die Anwendung des ausländischen Rechts nach FRCP Rule 44.1 S 3 nicht als Tatsachenfeststellung, sondern nur als Rechtsanwendung anzusehen, so dass sie vom Rechtsmittelgericht voll und nicht nur auf „offene Irrtümer“ überprüft werden kann.93 Vor den State Courts ist die Rechtslage unterschiedlich. In Kalifornien 68 (Cal.Evid.Code §§ 310–311, 452–455) und New York (N.Y. CPLR 3016, 4511) wird ausländisches Recht als Recht behandelt; das Gericht soll ausländisches Recht beachten („shall take judicial notice“), wenn dies eine Partei der Gegenseite mitteilt und dem Gericht ihr Begehren ausreichend anzeigt. Andere Staaten lassen Fragen des ausländischen Rechts zwar durch den Richter und nicht die jury entscheiden; das ausländische Recht ist aber grundsätzlich wie eine Tatsache zu beweisen (so etwa in Illinois oder Iowa).94 Die Rechtslage in Kanada ähnelt der in den USA.95 4. Spanien Nach Art 12.6 Abs 2 span. Codigo Civil war ausländisches Recht bisher wie 69 eine Tatsache zu beweisen. Diese Norm wurde durch die neue spanische _______________

88 Vgl Raising and determining issue of foreign law under rule 44.1 FRCP, 62 ALR Fed. 521 [1983]. 89 Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed, § 12.18 (S 536). 90 Vgl Scoles/Hay, 3rd ed, § 12.19 (S 538ff). 91 Scoles/Hay, 3rd ed, § 12.18 (S 536f). 92 Hay/Hampe RIW 1999, 760, 764. 93 Scoles/Hay, 3rd ed, § 12.18 (S 537). 94 Clark AmJCompL 42 (Suppl.) (1994), 23, 34. 95 Vgl Kadletz IPRax 1999, 183.

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§ 10

Die Behandlung ausländischen Rechts

Zivilprozessordnung vom 7.1.2000 (LEC) aufgehoben. Art 281 II LEC 2000 bestimmt nunmehr: „Beweisgegenstand ist ebenfalls … das ausländische Recht … Das ausländische Recht muss in Bezug auf seinen Inhalt und seine Gültigkeit nachgewiesen werden. Das Gericht kann sich hierbei aller Quellen zur Erkenntnisermittlung bedienen, die es für dessen Anwendung für erforderlich hält.“96 Im ordentlichen Prozess muss der Kläger ausländisches Recht, auf das er sich stützt, in erster Instanz behaupten (Art 443.1 LEC). In Betracht kommt Urkunden- oder Sachverständigenbeweis.97 Wird unzureichender Vortrag zum ausländischen Recht auch auf Hinweis des Gerichts nicht ergänzt, wird die Klage durch Sachurteil(!) abgewiesen.98 5. Frankreich 70 In Frankreich haben die Gerichte Kollisionsrecht und damit auch ausländisches Recht lange Zeit nur fakultativ angewendet. Der Richter musste ausländisches Recht nur prüfen, wenn dies eine der Parteien beantragt hatte.99 1988 erfolgte jedoch eine Rechtsprechungsänderung. Seither nimmt die Cour de Cassation an, Kollisionsnormen seien Rechtsnormen und keine Tatsachen, über die die Parteien verfügen können.100 Soweit die Parteien über den Anspruch verfügen können, war der Richter aber lediglich befugt, nicht verpflichtet, das anwendbare Recht zu ermitteln. Eine Ermittlungs- und Anwendungspflicht bestand nur, soweit internationale Abkommen einschlägig sind.101 Durch Urteil vom 18.9.2002 hat die Cour de Cassation nunmehr aber eine Pflicht des Tatrichters anerkannt, den Inhalt des durch das Kollisionsrecht bestimmten ausländischen Rechts zu ermitteln.102 71 Nach der Rechtsprechungsänderung hat das Gericht das ausländische Recht selbst zu ermitteln, soweit es das Kollisionsrecht von Amts wegen zu beachten hat, und seinen Inhalt festzustellen. Die Beweislast trägt weiterhin die Partei, die sich auf das ausländische Recht beruft.103 Kann der Inhalt des

_______________

96 Vgl Garau Sobrino, in: Aufbruch nach Europa, S 685, 689; Calvo Caravaca/ Carrascosa Gonzáles IPRax 2005, 170. 97 Garau Sobrino, in: Aufbruch nach Europa, S 694ff. 98 Garau Sobrino, in: Aufbruch nach Europa, S 698f. 99 Cass.civ., Rev.crit. 1960, 97. 100 Cass.civ., Clunet 1989, 349; vgl Spickhoff ZZP 112 (1999), 265, 282ff. 101 Cass.civ., Rev.crit. 1992, 316; Ferrand ZEuP 1994, 126, 128ff; Hartley ICLQ 45 (1996), 271, 278ff. 102 Cass.civ., Bull.civ. I Nr 2; vgl Mégnin IPRax 2005, 459. 103 Cass.civ., Rev.crit. 1992, 314.

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Die Ermittlung ausländischen Rechts in anderen Staaten

§ 10

ausländischen Rechts nicht ermittelt werden, wendet das Gericht das französische Recht als lex fori an.104 Das Gericht hat das ausländische Recht selbst auszulegen; eine Nachprüfung 72 durch die Cour de Cassation findet grundsätzlich nicht statt. Auf Rüge wird jedoch geprüft, ob das ausländische Recht entstellt wurde, ob die dafür gegebene Begründung ausreichend ist bzw ob es für die Rechtsanwendung an einer gesetzlichen Grundlage fehlt.105 6. Schweden In Schweden wird ausländisches Recht von den Gerichten von Amts wegen 73 angewendet. Die Gerichte haben ausländisches Recht in gleicher Weise anzuwenden und auszulegen wie die Gerichte des betreffenden Staates. Ein übereinstimmender Vortrag der Parteien zum Inhalt des ausländischen Rechts bindet das Gericht daher nicht. Das schwedische Gericht wendet das ausländische Recht in der Form an, die es zZ der Rechtsanwendung hat. Ist der Inhalt des ausländischen Rechts dem Gericht unbekannt, so kann es die Partei, die sich darauf beruft, auffordern, Beweis dafür zu erbringen (RB Kap. 35 § 2). Das Gericht kann auch den Inhalt des ausländischen Rechts selbst ermitteln. Sowohl Gericht wie Parteien können zu diesem Zwecke die Hilfe der Rechtsabteilung des schwedischen Außenministeriums in Anspruch nehmen, was vor allem in internationalen Familienstreitigkeiten häufig getan wird.106 Schweden ist außerdem Partei des Europäischen Übereinkommens über Auskünfte über ausländisches Recht von 1968 (s o Rz 2ff). 7. Schweiz In der Schweiz hat das Gericht den Inhalt des anzuwendenden Rechts nach 74 Art 16 I 1 IPRG von Amts wegen festzustellen, darf sich dabei aber der Mitwirkung der Parteien bedienen.107 8. Italien Auch in Italien wird ausländisches Recht als Recht von Amts wegen ange- 75 wendet und ermittelt (Art 14 IPRG 1995). Das ausländische Recht soll „nach Maßgabe seiner eigenen Kriterien zur Auslegung“ angewendet werden (Art 15 IPRG 1995). Zum bisherigen Recht ging die Doktrin von dem Grund_______________

104 Vgl Ferrand ZEuP 1994, 126, 132f. 105 Vgl Ferrand ZEuP 1994, 126, 134ff. 106 Bogdan/Fisher, Private International Law, in: Tiberg/Sterzel/Cronhult, Swedish Law, 1994, S 567. 107 G. Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 281ff.

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§ 10

Die Behandlung ausländischen Rechts

satz aus, dass das ausländische Recht infolge der italienischen Kollisionsnormen, die es angewendet wissen will, sozusagen zur einheimischen Norm wird.108 Diese Inkorporationstheorie hat den „Corte di Cassazione“ veranlasst, in immer weitergehendem Ausmaß die Entscheidungen der unteren Gerichte daraufhin zu überprüfen, ob das ausländische Recht richtig angewendet worden sei.109 Der Satz „iura novit curia“ wird so verstanden, dass der italienische Richter ex officio verpflichtet ist, sich die Kenntnis des in Frage kommenden ausländischen Rechts zu verschaffen.110 9. Japan 76 In Japan wird ausländisches Recht ebenfalls von Amts wegen ermittelt; das Gericht darf sich die nötigen Kenntnisse formlos oder durch Sachverständigenbeweis beschaffen.111 Anders als in Deutschland wird ausländisches Recht als revisibel angesehen. Kann das ausländische Recht nicht ermittelt werden, so wird nicht nur die lex fori, sondern unter dem Einfluss von „jôri“ eine verwandte Rechtsordnung herangezogen.112 10. Russland 77 Nach Art 1191 I russ. BGB ist das Gericht verpflichtet den Inhalt ausländischen Rechts zu ermitteln und es auf den zu entscheidenden Fall anzuwenden. Das Gericht kann die Pflicht zur Ermittlung des ausländischen Rechts und Vorlage entsprechender Unterlagen auf Parteien delegieren, die einer Geschäftstätigkeit nachgehen (Art 1191 II 2 russ. BGB).113 11. Polen 78 Ebenso wird in Art 1143 poln. ZPO von der Anwendung fremden Rechts gesprochen. Es fällt auf, dass nirgends von dem Beweis ausländischen Rechts die Rede ist. Wenn von „Feststellung“ des fremden Rechts gesprochen wird, so bedeutet das keinen prinzipiellen Unterschied zum „Beweis“, denn auch der Beweis führt zur Feststellung des richtigen Inhalts des ausländischen Rechts. Sicherlich, der ausländischen Norm wird der Rechtscharakter nicht bestritten. Der Satz „iura novit curia“ bezieht sich nach Lunz aber nur auf das sowjetische Recht. Es ist folgerichtig, wenn sich in den Vorschriften über _______________

108 109 110 111

Cappelletti Riv.dir.intern. 49 (1966), 299. Cappelletti/Perillo, Civil Procedure in Italy, S 421. Picone, FS Jayme, S 691. H. Matsumoto, Prozessuale Probleme bei der Anwendung ausländischen Rechts, in: Recht in Japan, Heft 9, 1993, S 27, 28ff; Prütting, FS Ishikawa, S 397, 402. 112 Prütting, FS Ishikawa, S 397, 403ff. 113 J. Timochov, FS Boguslavskij, S 259.

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Die Ermittlung ausländischen Rechts in anderen Staaten

§ 10

den Beweis nichts über das ausländische Recht finden lässt. Wenn sich die Gerichte zur Ermittlung ausländischen Rechts nicht an die Beweisvorschriften halten, so ermitteln sie dieses im Wege des „Freibeweises“ durch Einholung von Auskünften von den Ministerien. Es können aber auch Sachverständigengutachten eingeholt werden. Inwieweit dabei von den Grundsätzen des Strengbeweises abgewichen wird, ist nicht ersichtlich, wird aber dadurch erklärt, dass den Parteien keine Mitwirkung eingeräumt wird. Art 1143 der polnischen ZPO lautet:

79

„§ 1. Wenn die Notwendigkeit der Anwendung fremden Rechts durch ein polnisches Gericht eintritt, so kann das Gericht sich an den Minister für Justiz wenden wegen der Ermittlung des Textes dieses Rechts sowie wegen der Erläuterung der fremden Gerichtspraxis. § 3. Zur Feststellung des Inhalts des fremden Rechts und der fremden Gerichtspraxis kann das Gericht auch Sachverständigengutachten einholen.“

Danach wirken die Parteien bei der Feststellung des fremden Rechts offenbar überhaupt nicht mit. 12. Türkei In der Türkei wird das nach türkischem IPR anwendbare ausländische Recht 80 von Amts wegen angewendet. Der Richter kann zur Feststellung die Hilfe der Parteien in Anspruch nehmen (Art 2 I türk. IPRG114). Kann das ausländische Recht nicht ermittelt werden, ist türkisches Recht als Ersatzrecht anzuwenden (Art 2 II türk. IPRG).

_______________

114 IPRax 1982, 254.

527

§ 11 Anerkennung ausländischer Entscheidungen I. Europäisches Recht Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3. Anerkennungsverfahren und Anerkennungswirkung . . . . . . . . 16 4. Versagung der Anerkennung . . . . 28 a) Ordre public-Verstoß . . . . . . . . 29 b) Verletzung rechtlichen Gehörs bei Verfahrenseinleitung . . . . . 33 (1) Art 34 Nr 2 EuGVO . . . . . . 34 (2) Art 27 Nr 2 LugÜ . . . . . . . . 38 c) Unvereinbarkeit mit Entscheidung des Anerkennungsstaates 54 d) Unvereinbarkeit mit der früheren Entscheidung eines anderen Mitglieds- oder Drittstaats . . . . 56

e) Kollisionsrechtlicher Vorbehalt (Art 27 Nr 4 LugÜ) . . . . . . . . . . 5. Bindung des Zweitrichters an die Zuständigkeitsentscheidung des Erstrichters . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Verbot der révision au fond . . . . . 7. Anerkennung von Entscheidungen in Ehe- und Sorgerechtssachen . . 8. Anerkennung von „Europäischen Titeln“ zum Umgangsrecht und zur Rückgabe des Kindes . . . . . . 9. Anerkennung von Entscheidungen in Güterstands- und Erbschaftssachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

62 65 67

85

86

1. Schrifttum 1 Zur neuen EuGVO: N. Andrews, Judicial Co-operation: Recent Progress, Referat für den 1. Europäischen Juristentag, 2001; Bälz/Marienfeld, Missachtung einer Schiedsklausel als Anerkennungshindernis iS von Art 34–35 EuGVVO und § 328 ZPO, RIW 2003, 51; Bajons, Von der internationalen zur europäischen Urteilsanerkennung und -vollstreckung, FS Rechberger, 2005, S 1; Basedow, Die Verselbständigung des europäischen ordre public, FS Sonnenberger, 2004, S 291; U. Becker, Grundrechtsschutz bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilverfahrensrecht, 2004; Beraudo, La Règlement (CE) du Conseil du 22 décembre 2000 concernant la compétence judiciaire, la reconnaissance et l’exécution des décisions en matière civile et commerciale, JDI 128 (2000), 1033, 1069; A. Briggs/P. Rees, Civil Jurisdiction and Judgments, 4th ed. 2005; Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005; Ph. Georganti, Die Zukunft des ordre public-Vorbehalts im europäischen Zivilprozessrecht, 2006; Gottwald, Auf dem Weg zur weiteren Vereinfachung der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Europa, Ritsumeikan Law Review 17 (2000), 49; Hau, Positive Kompetenzkonflikte im Internationalen Zivilprozessrecht, 1996, S 86ff; Ch. Kohler, Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung in Zivilsachen im europäischen Justizraum, ZSR 124 (2005) II, 263; ders, Systemwechsel im europäischen Anerkennungsrecht, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 2002, S 147; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 8. Aufl 2005; D. Martiny, Die Zukunft des europäischen ordre public im Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht, FS Sonnenberger, 2004, S 523; Merlin, Riconoscimento ed esecutivitá della decisione straniera nel regolamento „Bruxelles I“, Riv.div.proc. 61 (2001), 433; Rauscher, Wie ordnungsgemäß muss die Zustellung für

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Europäisches Recht

§ 11

Brüssel I und Brüssel II sein?, FS Jayme, 2004, S 1285; N. Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, 2004, S 155; H. Roth, Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Rechtsverkehr, FS Gerhardt, 2004, S 799; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl 2003; ders, Anerkennung und Vollstreckbarerklärung englischer „freezing injunctions“, IPRax 2006, 300; Stadler, Die Revision des Brüsseler und Lugano-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, in: Gottwald, Die Revision des EuGVÜ, 2000, S 37; dies, Ordnungsgemäße Zustellung im Wege der remise au parquet und Heilung von Zustellungsmängeln nach der europäischen Zustellungsverordnung, IPRax 2006, 116; Staudinger, Der ordre public-Einwand im Europäischen Zivilverfahrensrecht, EuLF 2004, 273; Stein, Neuere Entwicklungen bei der gegenseitigen Anerkennung und Vollstreckung von zivilrechtlichen Urteilen in Europa, WiRO 2003, 289. Zum bisherigen EuGVÜ/LugÜ: Bariatti, What are Judgements under the 1968 2 Brussels Convention?, Riv.dir.int. 37 (2001), 5; P. Baumann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen, 1989; A. Baumert, Europäischer ordre public und Sonderanknüpfung zur Durchsetzung von EG-Recht, 1994, S 251ff; M. Becker, Zwingendes Eingriffsrecht in der Urteilsanerkennung, RabelsZ 60 (1966), 691; Beraudo, Convention de Bruxelles du 27 Septembre 1968, Reconnaissance des décisions juridictionelles, Juris-Cl. Procédure Civile 52–5, 1988; Brand/Reichhelm, Fehlerhafte Auslandszustellung, IPRax 2001, 173; Braun, Der Beklagtenschutz nach Art 27 Nr 2 EuGVÜ, 1992; Bruns, Der anerkennungsrechtliche ordre public in Europa und den USA, JZ 1999, 278; Bülow/Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen (Stand 1977), S 606ff; Burgstaller, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2000, S 105ff; Coscia, Conflitti e contrasti di giudicati nella Convenzione di Bruxelles del 27 Settembre 1968, Riv.dir.int.pr.proc. 31 (1995), 265; Donzallaz, Le renouveau de l’ordre public dans la CBCL au regard des ACJCE Krombach et Renault, AJP/PJA 10 (2001), 160; Frank, Das verfahrenseinleitende Schriftstück in Art 27 Nr 2 EuGVÜ, 1998; Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, 1996; Gaudemet-Tallon, Les Conventiones de Bruxelles et de Lugano, 1993; Geimer, Das Anerkennungsverfahren gemäß Art 26 II des EWG-Übereinkommens vom 27.9.1968, JZ 1977, 145, 213; ders, Freizügigkeit vollstreckbarer Urkunden im Europäischen Wirtschaftsraum, IPRax 2000, 366; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997; Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Internationale Zuständigkeit und Urteilsanerkennung in Europa, 1993; Gilliéron, L’exequatur des décisions étrangères condamnant à une prestation pécuniaire … selon la Convention de Lugano, SJZ 1992, 117; Gottwald, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments under the Brussels Convention, in: Carey Miller & Beaumont (ed), The Option of Litigating in Europe, 1993, 31; Grunsky, Das EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen im deutsch-italienischen Rechtsverkehr, RIW 1977, 1; U. Haas, Unfallversicherungsschutz und ordre public, ZZP 108 (1995), 219; Habscheid, Die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen aus den EWG-Staaten in der Bundesrepublik Deutschland, ZfRV 1973, 262; Hausmann, Zur Anerkennung und Vollstreckung von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im Rahmen des EG-Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens, IPRax 1981, 79; Heß, Die begrenzte Freizügigkeit einstweiliger Maßnahmen im Binnenmarkt II, IPRax 2000, 370; J. Hill, The law relating to international commercial disputes, 1994 (Chapter 9); M. Jametti Greiner, Der Begriff

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§ 11

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

der Entscheidung im Schweizerischen internationalen Zivilverfahrensrecht, 1998; Kerameus, Das Brüsseler Vollstreckungsübereinkommen und das griechische Recht der Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen, FS Henckel, 1995, S 423; Koch, Unvereinbare Entscheidungen iS des Art 27 Nr 3 und 5 EuGVÜ und ihre Vermeidung, 1993; Kössinger, Rechtskraftprobleme im deutsch-französischen Rechtsverkehr, 1993, S 119ff; Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, 1995; ders, Die Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs des EuGVÜ im Urteils- und Vollstreckungsverfahren, EWS 1995, 217; Kreuzer/Wagner, Europäisches Internationales Zivilverfahrensrecht, in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Bd 2, Teil Q, 2000; Kruis, Anerkennung und Vollstreckung eines italienischen Mahnbescheids (decreto ingiuntivo) in Deutschland, IPRax 2001, 56; Lasok/Stone, Conflict of Laws in the European Community, 1987, S 287ff; Leipold, Neuere Erkenntnisse des EuGH und des BGH zum anerkennungsrechtlichen ordre public, FS H. Stoll, 2001, S 625; Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 1996; M. Lienard-Ligny, Les motifs de refus de reconnaissance et d’execution des decisions, in: Fentiman, L’espace judiciaire européen, 1999, 161; Lopez-Tarruella, Der ordre public im System von Anerkennung und Vollstreckung nach dem EuGVÜ, EuLF 2000/01, 122; Maack, Englische antisuit injunctions im europäischen Zivilrechtsverkehr, 1999; Münchener Kommentar zur ZPO/Gottwald, Bd III IZPR – Europ. Zivilprozessrecht, 2. Aufl 2001, S 1575; Pisani, Grenzen des anerkennungsrechtlichen ordre-public-Vorbehalts im EuGVÜ am Beispiel englischer conditional free agreements, IPRax 2001, 293; Schack, Perspektiven eines weltweiten Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommens, ZEuP 1993, 306; Schlosser, EuGVÜ, 1996; M. J. Schmidt, Die internationale Durchsetzung von Rechtsanwaltshonoraren, 1991; ders, Die Einrede der Schiedsgerichtsvereinbarung im Vollstreckbarerklärungsverfahren von EuGVÜ und Lugano-Übereinkommen, Festgabe Sandrock, 1995, 205; Sedlmeier, Internationales und europäisches Verfahrensrecht – Neuere Entwicklungen bei der gegenseitigen Urteilsanerkennung in Europa und weltweit, EuLF 2002, 35; Storme, Ein einheitlicher Europäischer Vollstreckungstitel als Vorbote eines weltweiten Titels, FS Nakamura, 1996, S 581; Stürner, Anerkennungsrechtlicher und europäischer ordre public als Schranke der Vollstreckbarerklärung, Festgabe BGH, Bd 3, 2000, 677; Taylor/Cooper, European Litigation Handbook, 1995; Tepper, Das EuGVÜ und das Anwaltshonorar, IPRax 1996, 398; Walder, Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, in: Schwander, Das Lugano-Übereinkommen, 1990, S 135ff; Stürner, Förmlichkeit und Billigkeit bei der Klagzustellung im Europäischen Zivilprozess, JZ 1992, 325; Ch. Wolf, Die Anerkennungsfähigkeit von Entscheidungen im Rahmen eines niederländischen Kort geding-Verfahrens nach dem EuGVÜ, EuZW 2000, 11.

2. Einführung 3 Im Verhältnis der EU-Staaten gelten vorrangig die Vorschriften der EuGVO sowie der EheGVO; zwischen den Mitgliedstaaten der EU bzw den Vertragsstaaten des LugÜ gelten die Vorschriften dieser Regelungen hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen vorrangig vor den §§ 328, 722, 723 ZPO. Nach dem Staatsvertrag der anderen EU-Staaten mit Dänemark vom 19.10.2005 (s o § 3 Rz 7) gilt die EuGVO auch im Verhältnis 530

Europäisches Recht

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zu Dänemark. Das autonome deutsche Recht kann nur noch angewendet werden, soweit in den EU-Regeln bzw im LugÜ darauf verwiesen wird und bezüglich solcher Entscheidungen der Gerichte der Vertragsstaaten, die nicht unter EuGVO bzw LugÜ und die EheGVO fallen.1 EuGVO, EheGVO sowie LugÜ unterscheiden wie das deutsche Recht zwischen Anerkennung und Vollstreckung einer ausländischen Entscheidung. Auch im Verhältnis zum europäischen Recht gilt das Günstigkeitsprinzip:2 4 Eine Entscheidung kann danach (eher theoretisch) nach autonomem deutschen Recht anerkannt werden, wenn dessen sämtliche Voraussetzungen, nicht aber die des europäischen Rechts vorliegen. Denn das europäische Recht will die Anerkennung nur erleichtern, nicht aber erschweren. Art 32 EuGVO bzw Art 25 LugÜ erfassen jede Entscheidung eines Gerichts 5 eines Mitglied- bzw Vertragsstaates. Auf ihre Bezeichnung kommt es nicht an. Der Begriff der „Entscheidung“ ist umfassender als der des „Urteils“ nach § 328 ZPO (s u Rz 141ff). Es fallen darunter Urteile, auch Prozessurteile,3 Beschlüsse, Vollstreckungsbescheide und ihre ausländischen Äquivalente,4 verselbständigte Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten, auch gerichtliche Festsetzungen des Anwaltshonorars.5 Nach dem Sinn der Verordnung sollen also grundsätzlich alle Entscheidungen eines Gerichts eines Mitgliedsstaates in jedem anderen Mitgliedsstaat anerkannt und vollstreckt werden können. Sinngemäß sind aber nur Entscheidungen in Erkenntnisverfahren, nicht auch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung erfasst.6 Bloße Kostenrechnungen der Justizverwaltung gem §§ 49, 54 GKG sind keine Entscheidungen.7 Anders als in § 328 ZPO wird keine Rechtskraft der Entscheidung verlangt. 6 Vorläufig vollstreckbare Entscheidungen sind bewusst in den Kreis der anzuerkennenden Entscheidungen einbezogen.8 Das folgt aus Art 37 EuGVO bzw Art 30 LugÜ, wonach der Zweitrichter die Anerkennung aussetzen kann, wenn gegen die Entscheidung des Erstrichters ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt ist. _______________

1 Kropholler, 8. Aufl, Art 32 Rz 6. 2 Siehr, IPR, 2001, S 528; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2766; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 339; aA Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 401; Rauscher/Leible Art 32 Brüssel I-VO Rz 3. 3 Rauscher/Leible Art 32 Brüssel I-VO Rz 5. 4 Vgl Jametti Greiner S 300ff. Zum italienischen decreto ingiuntivo s OLG Zweibrücken RIW 2006, 709; Kruis IPRax 2001, 56. 5 Vgl BGH NJW-RR 2006, 143; OLG Düsseldorf RIW 1996, 67; Tepper IPRax 1996, 398; M. J. Schmidt S 88ff; MüKo/Gottwald Art 25 EuGVÜ Rz 12; Bariatti Riv.dir.int. 37 (2001), 5ff. 6 Rauscher/Leible Art 32 Brüssel I-VO Rz 15. 7 OLG Schleswig RIW 1997, 513. 8 Rauscher/Leible Art 32 Brüssel I-VO Rz 7.

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§ 11

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

7 Versäumnis- und Anerkenntnisurteile gehören zu den Entscheidungen. Es kommt nicht darauf an, ob sie in abgekürzter Form abgefasst worden sind.9 Um Schwierigkeiten zu vermeiden, sieht § 313b III ZPO allerdings vor, dass eine Entscheidung nicht in abgekürzter Form abgefasst sein darf, wenn zu erwarten ist, dass aus ihr in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt oder sie dort anerkannt werden soll. § 30 AVAG sieht bei Bedarf die Vervollständigung solcher Entscheidungen vor. 8 Weil nicht auf endgültige Entscheidungen abgestellt wird, fallen auch Arreste, einstweilige Verfügungen und einstweilige Maßnahmen unter die Entscheidungen. Doch hat der EuGH Sicherungsmaßnahmen aus dem Kreis anerkennungsfähiger Entscheidungen ausgenommen, wenn sie („ex parte“) ohne Ladung des Gegners ergangen oder ohne Zustellung an ihn vollstreckt werden können.10 Entscheidungen, die vor dem Zeitpunkt, in dem ihre Anerkennung und Vollstreckung beantragt wird, Gegenstand eines kontradiktorischen Verfahrens hätten sein können, wie zB ein Vollstreckungsbescheid, werden dagegen anerkannt.11 Anzuerkennen sind daher eine (nach streitiger Verhandlung ergangene) englische freezing order12 und ein Schweizer provisorischer Rechtsöffnungsentscheid (Art 82 II SchKG).13 Die Anerkennung einer sog search order (zur Sicherstellung von Beweismitteln)14 scheidet dagegen aus. 9 Prozessuale Zwischenentscheidungen, die die Parteien ohne gerichtliche Mitwirkung nicht erfüllen können, zB Beweisbeschlüsse, fallen nicht unter Art 32 EuGVO bzw Art 25 LugÜ.15 Nicht erfasst ist auch die Anordnung einer Zeugenvernehmung vor Anhängigkeit eines Rechtsstreits.16 Entscheidungen über Auskunfts- oder Informationsbeschaffungspflichten, die auch selbständig einklagbar sind, sollten dagegen als anerkennungsfähig angesehen werden.17 _______________

9 Corte d’appello Genua hat ein solches deutsches Versäumnisurteil für vollstreckbar erklärt, Rspr Übers 1977, Folge 1, Nr 41. 10 EuGHE 1980, 1553 (Denilauler v Couchet Frères) = IPRax 1981, 95 (dazu Hausmann S 79); zustimmend Braun S 45ff. 11 EuGHE 1995, I-2113 (Rz 14) (Hengst Import v Campese); vgl MüKo/Gottwald Art 25 EuGVÜ Rz 15. 12 OLG Karlsruhe ZZP Int. 1996, 91 mit Anm Zuckerman/Grunert; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1623; Schlosser IPRax 2006, 300. 13 Vgl OLG Düsseldorf IPRax 2006, 183 (dazu Sogo S 144); M. Sogo, Internationale Vollstreckbarkeit provisorischer Rechtsöffnungsentscheide nach LugÜ, AJP/PJA 2005, 808. 14 So Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungsrecht, 1996, S 692. 15 Kreuzer/Wagner Q 325. 16 EuGH (28.4.05, C-104/03) (St. Paul Dairy), RIW 2005, 538; krit Mankowski RIW 2005, 561, 566. 17 MüKo/Gottwald Art 25 EuGVÜ Rz 18; Daoudi, Extraterritoriale Beweisbeschaffung, 2000, S 43; Jametti Greiner S 305; Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 406f; Rauscher/Leible Art 32 Brüssel I-VO Rz 8.

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Zweifelhaft ist deshalb, ob der Musterentscheid nach dem KapMuG vom 10 16.8.200518 in den anderen EU-Staaten anzuerkennen ist. In dem Musterentscheid wird das Vorliegen einzelner anspruchsbegründender oder -ausschließender Voraussetzungen für eine Haftung auf Schadenersatz wegen falscher Kapitalmarktinformationen (§ 43 BörsG) festgestellt oder eine streitige Rechtsfrage vorab durch das Oberlandesgericht geklärt. Der Musterentscheid bindet die erstinstanzlichen Gerichte aller ausgesetzten Schadenersatzverfahren (§ 16 I 1 KapMuG). Die Bindungswirkung gleicht daher einer innerprozessualen Bindungswirkung nach § 563 II ZPO oder an die Entscheidung in Vorlageverfahren. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 16 I 2, 3 KapMuG zusätzlich angeordnet, dass der Musterentscheid in Rechtskraft erwächst und für und gegen alle Beigeladenen (die Parteien der ausgesetzten Verfahren) wirkt. Dadurch will er erreichen, dass der Musterentscheid über Art 32, 33 I EuGVO bzw Art 25, 26 I LugÜ auch in den EU- und EFTA-Staaten anzuerkennen ist. Da der deutsche Gesetzgeber den Bereich anzuerkennender Entscheidungen nicht einseitig erweitern kann, ist fraglich, ob dieses Ziel erreicht wurde.19 Jedenfalls sind prozessuale Zwischenentscheidungen bisher nicht anerkannt worden. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Verordnung bzw des Übereinkom- 11 mens muss es sich um Entscheidungen in Zivil- oder Handelssachen handeln. Dabei ist es gleichgültig, von welchem Gerichtszweig die Entscheidung erlassen worden ist. Ob die Entscheidung in den Anwendungsbereich der EuGVO bzw des LugÜ (Art 1 I) fällt, wird vom Erstgericht zwar (inzident) geprüft. Das Gericht des Anerkennungsstaates ist an diese Feststellung aber nicht gebunden, sondern hat die Frage selbständig zu prüfen.20 Gebunden ist der Zweitrichter gemäß Art 34, 35 EuGVO bzw Art 27, 28 LugÜ nur, wenn feststeht, dass die Entscheidung in den Anwendungsbereich der Regelung fällt. Insolvenzrechtliche Entscheidungen eines anderen EU-Staates (ohne Däne- 12 mark) werden nach Art 16, 25 I EuInsVO automatisch in den anderen EUStaaten anerkannt.21 Nicht anzuerkennen sind Exequaturentscheidungen der Mitglieds- bzw Ver- 13 tragsstaaten, da sie von ihrem Inhalt her nur eine territoriale begrenzte Gel_______________

18 BGBl I 2437. 19 Vgl MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 325a Rz 2. 20 BGHZ 155, 279, 281 = NJW 2003, 3488 (Schadenersatz wegen Kriegsverbrechen); MüKo/Gottwald Art 27 EuGVÜ Rz 2; Kropholler, 8. Aufl, Art 32 Rz 3; Kondring EWS 1995, 217. 21 Vgl Huber ZZP 114 (2001), 133, 149f; Kemper ZIP 2001, 1609, 1613f; Eidenmüller IPRax 2001, 2, 7; Leible/Staudinger KTS 2000, 533, 560ff.

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tungskraft haben.22 Das Gleiche gilt für Exequaturentscheidungen von Drittstaaten.23 Entsprechendes gilt auch für (ausländische) Schiedssprüche sowie für ausländische Entscheidungen, die Schiedssprüche für vollstreckbar erklären oder ihren Inhalt formell neu feststellen (s u § 16 Rz 148). 14 Aus der Tatsache, dass EuGVO bzw LugÜ die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Mitglieds- bzw Vertragsstaaten regeln, darf nicht geschlossen werden, dass nur solche Entscheidungen anerkannt werden, die auf einem der aufgezählten Gerichtsstände begründet sind. Soweit die EuGVO bzw das LugÜ die nationalen Zuständigkeitsregelungen der Vertragsstaaten unberührt lässt, werden auch die hierauf gegründeten Entscheidungen anerkannt (s Art 4 II, 33 I, 35 EuGVO; Art 4 II, 26 I, 28 LugÜ). Das gilt insbesondere dann, wenn weder der Kläger noch der Beklagte seinen Wohnsitz in einem der Vertragsstaaten hat oder gehabt hat. Es ist allein entscheidend, dass es sich um eine Entscheidung eines Gerichts eines Vertragsstaates handelt. 15 Gerichtliche Vergleiche sind zwar keine Gerichtsentscheidungen. Aus praktischen Gründen sind sie aber ebenso wie vollstreckbare Urkunden gem Art 57, 58 EuGVO bzw Art 50, 51 LugÜ für vollstreckbar zu erklären.24 Nicht erfasst sind freilich vollstreckbare Schuldscheine, die nicht öffentlich beurkundet sind.25 Die Verpflichtung aus den Prozessvergleichen wird selbst nicht prozessual, sondern kollisionsrechtlich bzw materiellrechtlich anerkannt. 3. Anerkennungsverfahren und Anerkennungswirkung 16 Nach Art 33 I EuGVO bzw Art 26 I LugÜ wird die in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung anerkannt, ohne dass es dazu eines besonderen Verfahrens bedarf. Damit hat das europäische Recht die automatische deutsche Lösung übernommen.26 Irgendwelche Ausschließungsgründe haben solange keine Bedeutung, als es im Anerkennungsstaat nicht zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Es wird auch an der grundsätzlichen Unterscheidung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen festgehalten. 17 Bei einem Streit kann die selbständige Feststellung begehrt werden, dass eine ausländische Entscheidung anzuerkennen sei. Ein besonderes Feststel_______________

22 Kropholler, 8. Aufl, Art 32 Rz 15. 23 Geimer/Schütze/Wolf Art 25 EuGVÜ Rz 12; Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungsrecht, 1996, S 691; Dolinar, FS Schütze, 1999, S 187; Kreuzer/Wagner Q 325. 24 Vgl Mankowski EWS 1994, 379; Atteslander-Dürrenmatt, Der Prozessvergleich im internationalen Verhältnis, 2006. 25 EuGHE 1999, I-3715 (Unibank v Christensen) = IPRax 2000, 409 (dazu Geimer S 366). 26 Vgl MüKo/Gottwald Art 26 EuGVÜ Rz 1; Braun S 33.

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lungsinteresse wird nicht gefordert.27 Art 33 II EuGVO bzw Art 26 II LugÜ sehen für einen positiven Feststellungsantrag ein Beschlussverfahren entsprechend der Vollstreckbarerklärung vor. Eine negative Feststellung kann in diesem Beschlussverfahren nicht begehrt werden.28 Jedoch ist in Deutschland eine allgemeine negative Feststellungsklage (§ 256 I ZPO) zulässig, wenn hierfür ein besonderes Interesse besteht.29 Problematisch ist diese Lösung, soweit nationale Prozessrechte keine negative Feststellungsklage zu diesem Zweck kennen.30 Die Anerkennung führt dazu, dass einer erneuten Klage zwischen denselben 18 Parteien über denselben Streitgegenstand im Anerkennungsstaat die Rechtskraft entgegensteht. Eine erneute Klage muss als unzulässig abgewiesen werden. Eine Leistungsklage ist auch unzulässig, wenn die Beschaffung der Urkunden für die Klauselerteilung nach Art 53ff EuGVO bzw Art 46ff LugÜ vorübergehend Schwierigkeiten macht.31 Dagegen lässt die Praxis verschiedentlich eine neue Klage im Inland zu, wenn der Gegner die Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Urteils bestreitet.32 Da die Anerkennungsfähigkeit im Rahmen des Verfahrens nach Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ einfach geklärt werden kann, besteht für diese Ausnahme aber kein Bedürfnis.33 Anerkennungsfähig sind auch Prozessurteile hinsichtlich des festgestellten 19 Abweisungsgrundes ohne Bindung zur Hauptsache.34 Neben dem Feststellungsantrag sehen Art 33 III EuGVO bzw Art 26 III LugÜ 20 die Möglichkeit vor, dass ein Gericht eines Vertragsstaates, dessen Entscheidung von der Anerkennung abhängt, inzident über die Anerkennung entscheidet.35 Eine solche Inzidentfeststellung erwächst nicht in Rechtskraft, doch kann über § 256 II ZPO auch eine rechtskraftfähige Zwischenfeststellung verlangt werden.36 _______________

27 Kropholler Art 33 Rz 4. 28 Kropholler Art 33 Rz 7; Thomas/Putzo/Hüßtege Art 33 EuGVO Rz 5; MüKo/ Gottwald Art 26 EuGVÜ Rz 8; Rauscher/Leible Art 33 Rz 13; aA Geimer JZ 1977, 146; Schlosser Art 33 Rz 4; Geimer/Schütze Art 33 Rz 85f; Burgstaller/Neumayr Art 33 EuGVO Rz 5. 29 MüKo/Gottwald Art 26 EuGVÜ Rz 8; Kropholler Art 33 Rz 7 (a.E.). 30 Vgl Braun S 40. 31 Baumann IPRax 1994, 435, 438. 32 So OLG München RIW 1996, 856. 33 So auch Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungsrecht, 1996, S 722. 34 MüKo/Gottwald Art 26 EuGVÜ Rz 4; Schlosser Art 33 Rz 3; Kropholler Vor Art 33 Rz 13; Rauscher/Leible Art 32 Rz 5; aA Geimer/Schütze Art 26 EuGVÜ Rz 17. 35 Vgl MüKo/Gottwald Art 26 EuGVÜ Rz 17. 36 So Rauscher S 97; Schlosser Art 33 Rz 2, 5; Burgstaller/Neumayr Art 33 EuGVO Rz 8.

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21 Wie nach § 328 ZPO werden mit der Anerkennung nach dem EuGVO bzw LugÜ die ausländischen Entscheidungswirkungen in den Anerkennungsstaat erstreckt (Theorie der Wirkungserstreckung).37 Die ausländische Entscheidung hat also im Anerkennungsstaat dieselben materiellen Rechtskraftwirkungen, die ihr nach dem Recht des Urteilsstaates beigemessen werden. Auch eine franz. Rechtskraft über „décisions implicites“ ist daher grundsätzlich in Deutschland anzuerkennen.38 Mit der Rechtskraft werden auch die Präklusionswirkungen, also der Ausschluss widersprechenden tatsächlichen Sachvortrags erstreckt.39 Ist eine Entscheidung nach nationalem Recht rechtskräftig, so bedarf es nach EG-Recht keines Rechtsbehelfs, um sie wegen eines Verstoßes gegen Gemeinschaftsrecht zu überprüfen.40 22 Das englische Recht,41 aber auch das griechische Recht42 kennen darüber hinaus eine Rechtskrafterstreckung auf präjudizielle Urteilsgründe (Vorfragen, issue estoppel, collateral estoppel). Voraussetzung für eine Bindung ist, dass diese Vorfrage im Vorprozess entscheidungserheblich war und die Parteien deshalb Anlass hatten, dazu umfassend vorzutragen. Da der deutsche Gesetzgeber die Rechtskraft auf die Entscheidung über den Streitgegenstand beschränkt und für eine Erweiterung die Zwischenfeststellungsklage (§ 256 II ZPO) vorgesehen hat, wird häufig die Ansicht vertreten, eine Wirkungserstreckung sei insoweit dem deutschen Recht wesensfremd und könne daher nicht anerkannt werden.43 Freilich kennt auch das deutsche Recht eine Vorfragenbindung bei der Aufrechnung (§ 322 II ZPO). Entscheidend sollte daher nicht die im Ausland gar nicht vorgesehene Stellung eines Zwischenfeststellungsantrags sein, sondern das Vorliegen einer echten Vorfrage und der Streit darüber im Vorprozess.44 _______________

37 MüKo/Gottwald Art 26 EuGVÜ Rz 2; Linke, IZPR, Rz 349; v. Hoffmann/Thorn, IPR, 8. Aufl, § 3 Rz 154ff; Geimer/Schütze, EuZVR, Art 33 Rz 1, 11; Rauscher/ Leible Art 33 Rz 3; Schlosser Art 33 Rz 2; Kropholler Vor Art 33 Rz 9; Jametti Greiner S 21ff; auch Musielak/Musielak § 328 Rz 33; zweifelnd Burgstaller/ Neumayr Art 33 EuGVO Rz 9ff. 38 Vgl Stürner, FS Schütze, 1999, S 913, 927; Kössinger S 142ff. 39 MüKo/Gottwald Art 26 EuGVÜ Rz 3; Kropholler Vor Art 33 EuGVO Rz 14; Rauscher S 98. 40 EuGH (16.3.2006, C-234/04, Kapferer v Schlank & Schick) RIW 2006, 690 (Rz 21ff). 41 Zuckerman, Civil Procedure, 2003, Rz 24.47, 24.61ff; P. Barnett, Res judicata, Estoppel, and Foreign Judgments, 2001. 42 Yessiou-Faltsi, Civil Procedure in Hellas, 1995, Rz 269; Beys, Die objektiven Grenzen der Rechtskraft im hellenischen Recht, in: Prozessuales Denken aus Attika, 2000, S 488, 497. 43 Geimer, IZPR, Rz 2780. 44 G. Fischer, FS Henckel, S 199, 209; Martiny, HdbIZVR, Rz 382; Schlosser Rec d Cours 284 (2000), 41f; Gottwald, FS Musielak, 2004, S 183, 191; Hk-ZPO/Dörner § 328 Rz 7.

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Nach der Gegenmeinung ist die Wirkungserstreckung durch den Gedanken 23 der Gleichstellung zu beschränken (sog Kumulationstheorie45); die Wirkungen einer ausländischen Entscheidung können danach nicht über die einer inländischen hinausgehen. Diese Lösung ist aber zu eng und mit der Idee einer echten Freizügigkeit von Entscheidungen in der EU kaum zu vereinbaren. Angemessener erscheint daher, alle prozessualen Wirkungen einer Entscheidung anzuerkennen, sofern diese nicht gegen den nationalen ordre public (Art 34 Nr 1 EuGVO bzw Art 27 Nr 1 LugÜ) verstoßen. Neuerdings findet sich auch die Ansicht, man müsse als Folge der Kern- 24 punkttheorie des EuGH zu Art 21 EuGVÜ (Art 27 EuGVO) auch eine einheitliche Rechtskraftkonzeption für den europäischen Justizraum entwickeln,46 wobei die Rechtskraft dann nach französischem oder englischem Vorbild auch präjudizielle Rechtsverhältnisse erfassen müsse.47 Urteile, die aufgrund einer Garantieklage ergangen sind, werden in Deutsch- 25 land anerkannt und für vollstreckbar erklärt, obgleich der Gerichtsstand der Klage auf Gewährleistung nach Art 6 Nr 2 EuGVO bzw LugÜ in Deutschland nicht geltend gemacht werden kann (vgl Art 65 EuGVO bzw 1. Protokoll zum LugÜ). Entsprechendes gilt für Interventions- und Streitverkündungswirkungen 26 nach österreichischem, schweizerischem oder spanischem Recht, umgekehrt für die Wirkungen nach §§ 68, 74 ZPO in den anderen EuGVO bzw LugÜStaaten.48 Wegen der Tatbestandswirkungen gilt dasselbe wie zum autonomen deut- 27 schen Recht (s u Rz 131ff). Die ausländische Entscheidung hat auch dieselbe Gestaltungswirkung, die sie im Urteilsstaat entfaltet, und zwar ohne Rücksicht auf das angewandte materielle Recht.49 Dies alles folgt aus der Freizügigkeit der Entscheidungen innerhalb des Gebietes der Vertragsstaaten. 4. Versagung der Anerkennung Sämtliche Anerkennungsvoraussetzungen der Art 34, 35 EuGVO werden 28 nicht mehr von Amts wegen, sondern nur auf Einrede, dh erst auf Rechtsbehelf des Gegners in zweiter Instanz geprüft. Für das Verfahren der Voll_______________

45 Dafür Schack, IZVR, Rz 791ff; Geimer/Schütze/Wolf Art 26 Rz 5; Stein/Jonas/ Roth (21. Aufl) § 328 Rz 8. 46 S. Böhm, Der Streitgegenstandsbegriff des EuGH, in: Bajons/Mayr/Zeiler, Die Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 1997, S 141, 155ff; vgl auch Gottwald, Symposium Schwab, 2000, S 85, 95ff. 47 Koch, Unvereinbare Entscheidungen, 1993, S 160ff. 48 M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994, S 171ff, 194ff. 49 Kropholler Vor Art 33 Rz 15; MüKo/Gottwald § 328 ZPO Rz 147ff; Rauscher S 98; Schlosser Art 33 Rz 3; Hk-ZPO/Dörner § 328 Rz 9.

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streckbarerklärung folgt dies aus Art 41 EuGVO; für das (selbständige) Anerkennungsverfahren kann nichts anderes gelten.50 Im Anwendungsbereich des EuGVÜ und des LugÜ bleibt es dagegen bei der Prüfung von Amts wegen (bereits in erster Instanz). Art 34 EuGVO bzw Art 27 EuGVÜ/LugÜ formulieren die Versagungsgründe als Anerkennungshindernisse. Deshalb hat diejenige Partei den Versagungsgrund zu beweisen, die sich gegen die Anerkennung wehrt.51 a) Ordre public-Verstoß 29 Art 34 Nr 1 EuGVO bzw Art 27 Nr 1 LugÜ enthalten den Vorbehalt des „ordre public“ des Anerkennungsstaates. Die Anerkennung darf der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, nicht offensichtlich widersprechen (zur parallelen Regel des § 328 I Nr 4 ZPO s u Rz 173ff). Innerhalb der EU ist der ordre public nicht mehr rein national zu verstehen, vielmehr ist ein gemeineuropäischer Rahmen zu beachten.52 Innerhalb dieses Rahmens kann der ordre public-Verstoß Folge der materiellen Rechtsanwendung oder des tatsächlich befolgten Verfahrens sein. 30 Bei Fragen der materiellen Rechtsanwendung ist ein liberaler Standpunkt anzulegen. Nicht jede national unzulässige Regelung verstößt daher gegen den ordre public. Wird jemand als Bürge zur Zahlung verurteilt, obwohl der Bürgschaftsvertrag nach § 138 BGB nichtig wäre, so scheitert die Anerkennung des Urteils nur, wenn der Bürge wegen besonders krasser struktureller Unterlegenheit zum wehrlosen Objekt der Fremdbestimmung gemacht würde und auf unabsehbare Zeit auf das Existenzminimum der Pfändungsfreigrenzen verwiesen würde.53 Ein Prozessbetrug löst den ordre public-Vorbehalt nur ausnahmsweise aus, wenn im Urteilsstaat kein angemessenes Verfahren zur Geltendmachung vorgesehen ist.54 Dies gilt nicht bei der Erwirkung eines Versäumnisurteils durch vorsätzlich falschen Prozessvortrag, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen hat.55 Eine Pflicht zur Einlegung von Rechtsbehelfen ist nur bei Nr 2, nicht bei Nr 1 vorgesehen. _______________

50 Rauscher/Leible Art 34 Brüssel I-VO Rz 3; wohl auch Kropholler Vor Art 33 Rz 6; aA HkZPO/Dörner Art 34 EuGVVO Rz 1. 51 Kropholler Vor Art 33 Rz 7; Rauscher/Leible Art 34 Rz 3; MüKo/Gottwald Art 27 EuGVÜ Rz 8. 52 Jayme, Nationaler ordre public und europäische Integration, 2000; Gundel EWS 2000, 442; MüKo/Gottwald Art 27 EuGVÜ Rz 9; Stürner, Festgabe BGH, Bd 3, 2000, S 677, 687ff; M. Renfert, Über die Europäisierung der ordre public-Klausel, 2003; Basedow, Mélanges en l’honneur de Lagarde, 2005, 55; aA wohl Leipold, FS H. Stoll, S 625, 633. 53 BGHZ 140, 395 = NJW 1999, 2372 = IPRax 1999, 371 (dazu G. Schulze S 342); vgl Leipold, FS H. Stoll, S 625, 628f; Becker S 146ff; Dörner, FS Sandrock, 2000, S 205. 54 Hau IPRax 1996, 322, 333f. 55 BGH NJW 2004, 2386, 2388.

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Zu beanstanden sind wucherische Zinsen56, nicht aber eine Währungssicherungsklausel in einem ausländischen Urteil,57 auch nicht die Anerkennung von Schutzrechten an Kfz-Karosserieteilen, die andere Marktteilnehmer am Import hindern.58 Anzuerkennen ist ein Urteil über ein am Gerichtsort zulässiges Erfolgshonorar.59 Selbst die Bejahung einer unbeschränkten Reederhaftung wegen Eigenverschuldens verstößt nicht gegen den deutschen ordre public.60 Die Reaktion auf das ausländische Urteil muss verhältnismäßig sein, dh nur exzessive Teile einer ausländischen Entscheidung dürfen der Kontrolle zum Opfer fallen.61 Dennoch ist der BGH der Ansicht, dass es gegen den deutschen ordre public verstößt, wenn jemand, der nach § 105 I SGB VII (früher §§ 636, 637 RVO) wegen des gesetzlichen Unfallversicherungsschutzes von persönlicher Haftung befreit ist, im Ausland zum Schadenersatz verurteilt wird.62 Urteile, die gegen EU-Gemeinschaftsrecht, etwa mittelbar wirkende EURichtlinien verstoßen, können nicht allein deshalb als ordre public-widrig beanstandet werden.63 Der ordre public ist allenfalls berührt, wenn das ausländische Gericht eine rechtswahlfeste Norm, die eine EU-Richtlinie durchführt, zB das Widerrufsrecht nach § 312 BGB, nicht beachtet.64 Für Verfahrensfehler ist zu beachten, dass Fragen des rechtlichen Gehörs 31 und der Unvereinbarkeit der anzuerkennenden Entscheidung mit einer bereits im Anerkennungsstaat ergangenen Entscheidung durch Nr 2 und Nr 3 zu einem großen Teil aus dem Bereich des „ordre public“ ausgeklammert ist. Ordre public-widrig ist aber zB die Anerkennung eines durch Betrug erschlichenen Urteils.65 Ordre public-widrig ist ein Urteil, wenn der Anwalt des Schuldners nicht zur Vertretung zugelassen wurde, weil dieser (im Strafverfahren) nicht persönlich erschienen war.66 _______________

56 Rauscher S 101. 57 BGH [1994] ILPr 703. 58 EuGHE 2000, I-2973 (Renault v Maxicar) = NJW 2000, 2185 = ZZPInt 5 (2000), 248 (J. Fritzsche) = IPRax 2001, 328 (dazu Heß S 301). 59 Pisani IPRax 2001, 293, 297. 60 OLG Hamburg RIW 1995, 680. 61 Vgl Basedow IPRax 1994, 85, 86. 62 BGHZ 123, 268 = NJW 1993, 3269; krit. Basedow IPRax 1994, 85; Haas ZZP 108 (1995), 219, 226ff; Stürner, Festgabe BGH, Bd 3, S 677, 691; Becker S 140ff. 63 Baumert S 251ff. 64 Baumert S 271ff. 65 BGH IPRax 1987, 236 (dazu Grunsky S 219). 66 EuGHE 2000, I-1935 (Krombach v Bamberski) = NJW 2000, 1853 = ZZPInt 5 (2000), 219 (v Sachsen-Gessaphe) = ZIP 2000, 859 (Geimer) = JZ 2000, 720 (v Bar) = IPRax 2000, 406 (dazu Piekenbrock S 364); BGHZ 144, 390 = NJW 2000, 3289 = JZ 2000, 1067 (Gross); EGMR IPRax 2001, 454 (dazu Matscher S 428); vgl Donzallaz AJP/PJA 10 (2001), 160; Becker, Grundrechtsschutz, S 126ff.

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Soweit es um die Zuständigkeit des Erstrichters geht, besteht nach der EuGVO bzw dem LugÜ grundsätzlich eine Bindung des Zweitrichters an die Entscheidung des Erstrichters. Die Ausnahmen gemäß Art 35 I EuGVO bzw Art 28 I LugÜ beziehen sich auf die Gerichtsstände für Versicherungssachen, Verbrauchergeschäfte, Streitigkeiten aus individuellen Arbeitsverträgen und auf die ausschließlichen Zuständigkeiten.67 Im Übrigen haben die Zivilprozessordnungen der Vertragsstaaten so vieles gemeinsam, dass danach ein geordnetes rechtsstaatliches Verfahren grundsätzlich gewährleistet ist. Immerhin könnte die Verletzung des rechtlichen Gehörs Veranlassung geben, die Entscheidung des Erstrichters wegen Verstoßes gegen den „ordre public“ des Anerkennungsstaates nicht anzuerkennen. Wer fehlerhaft zur Verhandlung an einem nicht existierenden Tag geladen wird, ist verpflichtet beim Gericht um Aufklärung nachzusuchen. Unterlässt er dies, kann er sich nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs berufen.68 Ein Urteil ohne jede (ggf in der Verhandlung mündlich gegebene) Begründung verstößt gegen den ordre public.69 Die Zurückweisung des Aufrechnungseinwands verletzt dagegen nicht tragende Grundsätze des deutschen Rechts.70 Auch Fehler bei der Urteilszustellung71 oder das Fehlen eines Rechtsmittels72 tangieren nicht den ordre public. Gegen den deutschen ordre public verstößt auch der indirekte Eingriff in die deutsche Justizhoheit durch eine sog antisuit injunction, mit der einer Partei Klageerhebung oder Fortsetzung eines Prozesses im Inland untersagt werden.73 32 Ob die Anerkennung gegen den ordre public verstößt, ist nach der Rechtslage zu dem Zeitpunkt zu entscheiden, zu dem die Anerkennung geltend gemacht wird.74

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67 Schütze AWD 1974, 429. 68 BGH MDR 2002, 108 = IPRax 2002, 395 (dazu Geimer S 378) = NJW-RR 2002, 1151. 69 So für Frankreich; Cour d’appel Poitiers (1996) ILPr 104. 70 OLG Frankfurt IPRax 1999, 460 (dazu Hau S 437). 71 Cour de Cass. [2001] ILPr 717, 718. 72 OLG Düsseldorf RIW 2001, 620; Rauscher/Leible Art 34 Rz 17. 73 EuGHE 2004, I-3565 (Turner v Grovit) = IPRax 2004, 425 (dazu Rauscher) = RIW 2004, 541 (dazu Krause S 533); Rauscher/Leible Art 34 Rz 17; Maack, Englische antisuit injunctions, S 156ff, 186; im Erg. auch Geimer, IZPR, 5. Aufl Rz 1014, 2792 (keine Sachentscheidung); Burgstaller/Neumayr Art 34 Rz 13; aA Schlosser Art 34–36 EuGVO Rz 5 (bei klarem Bruch einer Schiedsklausel). 74 OLG Köln NJW-RR 1995, 446; Kropholler Art 34 Rz 10; Rauscher/Leible Art 34 Rz 8; teilweise aA Geimer/Schütze Art 34 Rz 39.

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b) Verletzung rechtlichen Gehörs bei Verfahrenseinleitung Als Unterfall des allgemeinen ordre public von besonderer Bedeutung ist der 33 Vorbehalt des Art 34 Nr 2 EuGVO bzw des Art 27 Nr 2 LugÜ, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen hat. Dieser Versagungsgrund spielte in der bisherigen Praxis die größte Rolle. (1) Art 34 Nr 2 EuGVO Die kumulativen Erfordernisse ordnungsgemäßer und rechtzeitiger Zustel- 34 lung nach Art 27 Nr 2 EuGVÜ/LugÜ (ohne Heilungsmöglichkeit) führten zu ungerechten Ergebnissen, wenn die Klage tatsächlich und rechtzeitig, aber formell fehlerhaft zugestellt war. In solchen Fällen war der Beklagte nicht verpflichtet, sich am Erstverfahren zu beteiligen, auch wenn ihm dies möglich gewesen wäre.75 Zu Recht wurde eingewandt, ein solches Verständnis verletze den Justizgewährungsanspruch des Klägers, der objektive Fehler der Zustellbehörden weder vermeiden noch überhaupt erkennen könne.76 Der Beklagte könne eine Versagung der Anerkennung daher nur verlangen, wenn er alle ihm im Erststaat zur Verfügung stehenden Mittel vergeblich ausgeschöpft habe, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen.77 Art 34 Nr 2 EuGVO trägt dieser Kritik voll Rechnung. Danach wird eine Entscheidung eines EU-Staates nur dann nicht anerkannt, wenn „dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte“.

Entscheidend ist danach primär die Rechtzeitigkeit der Zustellung (idR we- 35 nigstens drei Wochen vor dem Termin). Verstöße gegen die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung (nach der neuen Zustellungsverordnung (EG) Nr 1348/ 2000) sind kein Versagungsgrund mehr, solange der Beklagte die Möglichkeit hatte, sich zu verteidigen.78 Nur insoweit ist noch eine gewisse Förmlichkeit garantiert. Eine ordnungsgemäße Zustellung indiziert freilich, dass der Beklagte ausreichende Verteidigungsmöglichkeiten hatte.79 An der Verteidigungsmöglichkeit fehlt es zwar tatsächlich bei rein fiktiven Zustellungen. Sofern die Voraussetzungen einer öffentlichen Zustellung vor_______________

75 EuGHE 1996, I-4943, 4967 (Hendrikman v Magenta Druck) = NJW 1997, 1061; BGH NJW 1993, 2688, 2689. 76 Geimer/Schütze Art 34 EuGVO Rz 81f; Schlosser Art 34–36 Rz 4, 19. 77 Geimer IPRax 1988, 271, 273f. 78 Markus SZW 1999, 205, 218; Roth, FS Gerhardt, S 799, 802; Rauscher/Leible Art 34 Rz 23. 79 Kropholler Art 34 Rz 39; Rauscher/Leible Art 34 Brüssel I-VO Rz 31.

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liegen, kann der Beklagte jedoch im Anerkennungsstaat nicht eine Verletzung seines Rechts auf Gehör einwenden.80 Die Verteidigungsmöglichkeit kann auch bei einer Zustellung per remise au parquet fehlen, wenn die Mitteilung von der erfolgten Zustellung zu spät erfolgt.81 Trotz faktischer Übermittlung der Klage entfällt die Verteidigungsmöglichkeit, wenn die Klage in einer nicht verstehbaren Fremdsprache (ohne Übersetzung) zugeht82 oder grob irreführende Mitteilungen über das tatsächlich anhängige Verfahren erfolgen, ohne dass ausreichend Zeit besteht, sich Klarheit zu verschaffen.83 Ein Mangel wird aber durch nachträgliche Zustellung einer Übersetzung geheilt.84 36 Selbst fehlende Rechtzeitigkeit schließt die Anerkennung aber nicht aus, wenn sich der Beklagte nicht am Verfahren beteiligt und keinen Rechtsbehelf (Berufung, Einspruch, Antrag auf Wiedereinsetzung) einlegt, obwohl die Möglichkeit dazu besteht. Dies gilt vor allem, wenn die Entscheidung des Erstgerichts, insb ein Versäumnisurteil, ordnungsgemäß zugestellt wird. Der europäische Gesetzgeber hat sich nunmehr klar der Ansicht angeschlossen, wonach es dem Beklagten zumutbar ist, sich nachträglich am Erstverfahren zu beteiligen.85 Erfährt der Schuldner von der ausländischen Entscheidung aber erst durch Zustellung der erteilten Vollstreckungsklausel, so kann von ihm nicht verlangt werden, dass er im Ausland Rechtsmittel oder außerordentliche Rechtsbehelfe ergreift, um den ausländischen Titel nachträglich zu beseitigen.86 Die Neuregelung gilt nicht nur für Klagen, die nach dem 1.3.2002 erhoben wurden, sondern auch für nach dem 1.3.2002 erlassene Entscheidungen in vorher begonnenen Verfahren, wenn das EuGVÜ zuvor im Ursprungs- und im Vollstreckungsstaat gegolten hat (Art 66 EuGVO).87 Für ältere Verfahren und Entscheidungen verbleibt es bei der Regelung des Art 27 Nr 2 EuGVÜ.88 37 Eine Sonderregelung besteht für die Nichteinlassung im Adhäsionsverfahren. Nach Art 61 EuGVO bzw Art 2 des Protokolls zum LugÜ braucht ein Adhäsionsurteil nicht anerkannt und vollstreckt zu werden, wenn das Gericht bei einer fahrlässigen Straftat das persönliche Erscheinen des Angeklagten _______________

80 81 82 83 84 85 86 87 88

Becker, Grundrechtsschutz, S 217f. Vgl. Becker S 218ff. Vgl OLG Celle IPRax 2005, 450 (dazu H. Roth S 438, 439). Stadler, in: 50 Jahre BGH, Festgabe der Wissenschaft, Bd 3, 2000, S 645, 669; Linke, in: Gottwald, Grundfragen, 1999, S 95, 131. EuGH (8.11.2005, C-443/03, Götz Leffler v Berlin Chemie) JZ 2006, 248 (Rauscher) = IPRax 2006, 151 (dazu Stadler S 116). Vgl Gottwald, FS Schumann, 2001, S 149, 155f. OLG Zweibrücken RIW 2005, 779, 781 = IPRax 2006, 487 (dazu H. Roth, S 466). Vgl BGH (IX ZB 28/04 v 8.12.2005) WM 2006, 502; Kropholler, 8. Aufl, Art 66 Rz 4ff. BGH RIW 2004, 941.

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angeordnet hatte, dieser die Anordnung nicht befolgte und infolgedessen eine Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche ergangen ist, ohne dass er sich verteidigen konnte. Die Nichtanerkennung steht im Ermessen des Gerichts. Es kann berücksichtigen, warum der Angeklagte nicht erschienen ist und ob ernsthafte Einwände gegen den zivilrechtlichen Anspruch bestehen. (2) Art 27 Nr 2 LugÜ Nach der bisherigen Fassung des Art 27 Nr 2 EuGVÜ/LugÜ war Versagungs- 38 grund, dass dem Beklagten, der sich nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden war, dass er sich verteidigen konnte. Diese Vorschrift lag der Neufassung von § 328 I Nr 2 ZPO zugrunde. Sie findet auch Anwendung, wenn für den Beklagten ein angeblicher Vertreter erschienen ist und deshalb kein Versäumnisurteil erging.89 Art 27 Nr 2 stellt auf die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks ab. Aus diesem muss der Gegenstand des Rechtsstreits entsprechend dem Recht des Forum-Staats ersichtlich sein.90 Geht einer Klage ein Mahnverfahren voraus, so ist der Mahnbescheid, nicht aber der Vollstreckungsbescheid als verfahrenseinleitendes Schriftstück anzusehen.91 Im Rahmen des italienischen Mahnverfahrens („procedimento d’ingiunzione“) bildet das „decreto ingiuntivo“ zusammen mit der Antragsschrift das verfahrenseinleitende Schriftstück.92 Bei Kostenfestsetzungsbeschlüssen nach § 104 ZPO genügt es, dass das Hauptverfahren ordentlich eingeleitet wurde. Vor Gebührenfestsetzungen nach § 19 BRAGO (jetzt § 11 RVG) muss der Antrag dagegen dem Mandanten besonders zugeleitet werden.93 Im Verfahren zur Feststellung des Unterhalts im vereinfachten Verfahren (§§ 645ff ZPO) ist der Antrag dem Gegner besonders zuzustellen.94 Eine Mitteilung über die per remise au parquet erfolgte Zustellung (sog notification) ist der Zustellung gleichzustellen.95 _______________

89 EuGHE 1996, I-4943 (Rz 21) (Hendrikman u Feyen v Magenta Druck) = NJW 1997, 1061 = ZZPInt 2 (1997), 136 (H. Roth). 90 Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungsrecht, 1996, S 515. 91 EuGHE 1981, 1593 (Klomps v Michel) = RIW 1981, 781 = IPRax 1982, 94; BGH RIW 1991, 510, 511. 92 EuGHE 1995, I-2053 (Rz 20) (Danvaern Production v Schuhfabriken Otterbeck) = EWS 1995, 308 = EuZW 1995, 803; dazu Grunsky IPRax 1996, 245; vgl aber Kruis IPRax 2001, 56, 58 (keine Anerkennung eines für sofort vollstreckbar erklärten „decreto ingiuntivo“). 93 Braun S 75ff. 94 Vgl Braun S 78ff. 95 Vgl Stadler IPRax 2006, 116, 117f.

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39 Die fehlerhafte Zustellung späterer Schriftsätze oder der Entscheidung fällt nicht unter Art 27 Nr 2, sondern allenfalls unter Nr 1.96 40 Der Schutzzweck für den Beklagten erfordert eine weite Auslegung des Begriffes der Einlassung. Es genügt aber, dass der Beklagte seine Absicht, sich zu verteidigen, zu erkennen gegeben hat. Insoweit deckt sich der Begriff mit dem der Einlassung nach § 328 I Nr 2 ZPO (s u Rz 170). Der bloße Hinweis auf die fehlerhafte Zustellung kann nicht als Einlassung angesehen werden.97 Hat sich der Beklagte nach fehlerhafter Zustellung eingelassen, hat sein Anwalt aber später sein Mandat niedergelegt, so liegt kein Fall des Art 27 Nr 2 LugÜ vor.98 41 Die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung richtet sich nach dem Recht des Ursprungsstaats einschließlich der dort geltenden Übereinkommen.99 Das LugÜ stellt selbst keine Zustellungsanforderungen auf. Im Verhältnis der Vertragsstaaten ist deshalb das Haager ZustÜ 1965 zu beachten (s o § 7 Rz 64), ergänzt durch die aufrechterhaltenen Zusatzvereinbarungen, die noch zum Haager Übereinkommen über den Zivilprozess von 1954 abgeschlossen wurden (Art 24 HZÜ 1965). Einer unmittelbaren Zustellung von Gericht zu Gericht gemäß Art IV Abs 2 des Protokolls Nr 1 zum LugÜ hat die Bundesrepublik widersprochen. Dass eine solche Zustellung erfolgt ist, muss notfalls die Partei beweisen, die die Anerkennung bzw Vollstreckbarerklärung verlangt.100 42 Das Problem ist wegen der Ersatzzustellungen von einiger Bedeutung. Der Zweitrichter muss also möglicherweise die Zustellungsvorschriften des Erstrichters und alle Verträge, die der Urteilsstaat hinsichtlich der internationalen Zustellung mit anderen Staaten abgeschlossen hat, prüfen. Art 15 HZustÜ ändert daran nichts. Danach muss der Erstrichter feststellen, ob das Schriftstück in einer der Formen zugestellt worden ist, die das Recht des ersuchten Staates für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt, oder dass die Zustellung entweder dem Beklagten selbst oder aber in seiner Wohnung nach einem anderen in dem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren übergeben worden ist. Die Vorschriften des ersuchten Staates, der häufig Anerkennungsstaat sein wird, sind aber nur insoweit anzuwenden. Ob die Zustellung selbst ord_______________

96 BGH NJW-RR 1987, 377 u RIW 1990, 575; auch gegen Anwendung von Nr 1: Cour de Cass., [2001] ILPr 717. 97 OLG Köln IPRax 1991, 114 (dazu Linke S 92). 98 OLG Karlsruhe RIW 1991, 859. 99 EuGH (C-522/03 v 13.10.2005, Scania Finance France v Rockinger) (Rz 17), RIW 2005, 940, 942 = ZZPInt 10 (2005), 290 (Heiderhoff); OLG Karlsruhe IPRax 1996, 426 = EWS 1996, 109; Braun S 90ff; Geimer/Schütze/Wolf Art 27, 28 Rz 24; MüKo/Gottwald Art 27 EuGVÜ Rz 19. 100 OLG Karlsruhe EWS 1996, 109.

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nungsgemäß ist, richtet sich dagegen nur nach dem Recht des Urteilsstaates (einschließlich der Zustellungsabkommen). Danach gilt als ordnungsgemäß auch die öffentliche Zustellung gemäß 43 §§ 185ff ZPO, selbst wenn sie dem Beklagten tatsächlich unbekannt geblieben ist. Doch darf die öffentliche Zustellung nur gewährt worden sein, wenn der Wohnsitz des Beklagten trotz zumutbarer Anstrengungen unbekannt geblieben ist; andernfalls ist die öffentliche Zustellung nicht ordnungsgemäß.101 Taucht der Beklagte im Anerkennungs- oder Vollstreckungsverfahren wieder auf und macht geltend, er sei nicht ordnungsgemäß geladen, so kann er mit diesem Einwand nicht gehört werden. Er könnte sich jedoch darauf berufen, er habe sich nicht rechtzeitig verteidigen können.102 Für diesen Fall sieht Art 16 HZustÜ die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vor, falls der Beklagte ohne sein Verschulden nicht so rechtzeitig Kenntnis von der Ladung erlangt hat, dass er sich hätte verteidigen können. Der Zweitrichter müsste in diesem Fall das Verfahren gemäß Art 38 EuGVÜ/LugÜ aussetzen, bis der Erstrichter über den Wiedereinsetzungsantrag entschieden hat. Im Übrigen kann ein deutsches Versäumnisurteil auch durch Aufgabe zur Post dem ausländischen Beklagten zugestellt werden, sofern die erforderlichen Voraussetzungen nach § 184 I 2 ZPO vorliegen, da hierdurch kein Verfahren eingeleitet wird.103 Die Frage, in welchem Umfang der Zweitrichter die ordnungsgemäße Zu- 44 stellung des das Verfahren einleitenden Schriftstücks prüfen muss, muss bei einer Versäumnisentscheidung im Zusammenhang mit Art 46 Nr 2 EuGVÜ gesehen werden. Danach muss der Antragsteller eine beglaubigte Abschrift der Urkunde vorlegen, aus der sich ergibt, dass die Zustellung an den Beklagten erfolgt ist. Ergeben sich hierbei Zweifel, so muss der Zweitrichter die ordnungsgemäße Zustellung von Amts wegen prüfen.104 Der Zweitrichter ist hinsichtlich der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung an 45 die Feststellungen des Erstrichters nicht gebunden.105 Es gilt aber nur Amtsprüfung, nicht Amtsermittlung, so dass das Gericht nur die vom Antragsgegner vorgetragenen Zustellungsmängel überprüft.106 Auch unter der Geltung des HZustÜ 1965 ist eine fiktive Inlandszustellung 46 nach dem System der „remise au parquet“ gemäß Art 659 NCPC zulässig.107 _______________

101 102 103 104

OLG Düsseldorf [2002] ILPr 71. Vgl Schlosser Art 34–36 EuGVO Rz 17a. Vgl OLG München, NJW 1983, 527 (zu § 175 I aF). Vgl EuGHE 1981, 1593 (Klomps v Michel) = IPRax 1982, 14 (dazu Nagel S 5); OLG Köln RIW 1990, 229. 105 Vgl BGH EWS 1993, 258, 259. 106 So auch Geimer/Schütze/Wolf Art 27, 28 Rz 35. 107 Vgl EuGH (13.10.05, C-522/03 – Scania Finance v Rockinger) IPRax 2006, 157 (dazu Stadler S 116); OLG Düsseldorf IPRax 2000, 527 (dazu H. Roth S 497).

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Denn die Regeln des HZustÜ sind grds nur einzuhalten, wenn nach dem Recht des Ursprungsstaates eine Auslandszustellung erforderlich ist.108 Lediglich im Wege des Kompromisses gewähren Art 15, 16 HZustÜ einen Schutz auch bei der remise au parquet. Noch nicht ausdiskutiert ist freilich, ob das System der „remise au parquet“ nicht innerhalb der EU gegen das Diskriminierungsverbot des Art 12 EGV (idF von Amsterdam) verstößt.109 47 Ein Zustellungsmangel kann geheilt werden, soweit das Recht des Urteilsstaates einschließlich der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge das bestimmt.110 Es genügt also nicht ohne weiteres (analog § 189 ZPO), dass der Beklagte das Schriftstück in Deutschland tatsächlich erhalten hat, vielmehr muss die Heilungsvorschrift im Recht des Urteilsstaates vorhanden sein. Soweit das Recht des Urteilsstaates auf das des Zustellungsstaates verweist, kommt es jedoch auf dessen Heilungsvorschriften an.111 Soweit die Zustellung nach dem HZustÜ 1965 zu bewirken ist, soll danach eine Heilung ausscheiden, weil das Übereinkommen ausschließlich anwendbar ist und Art 15 keine Heilungsvorschrift enthält.112 Auch die neue Europäische Zustellungsverordnung enthält keine solche Norm. Beiden Regelwerken ist aber nicht zu entnehmen, dass eine Heilung von Zustellungsmängeln nach dem anwendbaren Prozessrecht ausgeschlossen werden sollte. Vielmehr befassen sie sich mit diesen Fragen weder positiv noch negativ.113 48 Ein anfänglicher Zustellungsmangel wird nicht dadurch geheilt, dass der Beklagte gegen das ordnungsgemäß zugestellte Versäumnisurteil keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, obwohl er dies hätte tun können.114 Die gegenteilige Regelung des deutsch-niederländischen Vollstreckungsabkommens von 1962 (Art 2 [c] Nr 2) ist nicht ins EuGVÜ übernommen worden.115

_______________

108 AA OLG Karlsruhe RIW 1999, 538f. 109 So OLG Karlsruhe RIW 1999, 538, 539. Der EuGH hat im Leffler-Urteil vom 8.11.2005 (IPRax 2006, 151) zu dieser Frage nicht Stellung genommen. 110 EuGHE 1990, 2725 (Lancray v Peters) = RIW 1990, 927, 929 = IPRax 1991, 177, 179; BGH EWS 1993, 258, 259. 111 S Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungsrecht, 1996, S 718. 112 So BGH RIW 1991, 510, 511; Brand/Reichhelm IPRax 2001, 173, 176. 113 MüKo/Gottwald Art 27 EuGVÜ Rz 24; Schlosser, FS Matscher, 1993, S 387, 396; vgl auch Braun S 161ff; gegen eine gemeineuropäische Heilung Kropholler 6. Aufl Art 27 Rz 32. 114 EuGHE 1992, I-5661 (Milamet v Brandeis) = JZ 1993, 357 m Anm Stürner = RIW 1993, 65; BGH EWS 1993, 258, 259 = RIW 1993, 673; Kropholler 6. Aufl Art 27 Rz 40. 115 Vgl OLG Frankfurt IPRax 1992, 90; Braun S 169ff; aA Geimer IPRax 1988, 271, 274 u 1992, 5, 10ff.

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Zusätzlich muss das Schriftstück den Empfänger so rechtzeitig erreicht 49 haben, dass er sich angemessen verteidigen konnte.116 Ist das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß zugestellt worden, so wird dieser Mangel nach dem EuGVÜ/LugÜ nicht dadurch irrelevant, dass der Beklagte das Schriftstück tatsächlich so rechtzeitig erhalten hat, dass er sich verteidigen konnte.117 Ein Versäumnisurteil wird also nur anerkannt, wenn die Zustellung kumulativ ordnungsgemäß und rechtzeitig erfolgte.118 Mit dieser Entscheidung ist der EuGH einer verbreiteten Ansicht entgegengetreten, dass es nur auf die Gewährung effektiven Gehörs ankommt. Bestimmend für die Entscheidung war wohl die Befürchtung, dass sich niemand mehr um die Anforderungen des Haager Zustellungsübereinkommens kümmern würde, wenn nur ausreichend langfristig terminiert würde. Die Rechtzeitigkeit richtet sich allein danach, ob sich der Beklagte aus der 50 Sicht des Vollstreckungsstaates tatsächlich verteidigen konnte;119 auf einen Verstoß gegen Regeln des Urteilsstaates kommt es nicht an.120 Dies gilt vor allem für die Fälle fiktiver Zustellung. Gerade in Fällen der remise au parquet kann die tatsächliche Mitteilung so spät erfolgen, dass eine Verteidigung nicht mehr möglich war.121 Die Möglichkeit rechtzeitiger Verteidigung setzt nicht voraus, dass der Beklagte tatsächlich Kenntnis von Klageschrift und Ladung hatte. Rechtliches Gehör wird vielmehr auch bei fiktiver oder Ersatzzustellung ge- 51 währt, wenn der Empfänger normalerweise die Möglichkeit der Verteidigung hatte. Danach ist regelmäßig zu vermuten, dass eine Zustellung an die letzte bekannte Adresse rechtzeitig erfolgt, wenn die neue Adresse des Beklagten unbekannt ist. Dabei ist zu berücksichtigen, ob dieser Umstand dem Beklagten zurechenbar ist.122 Das Problem wird auch akut, wenn diese Fristen im Anerkennungsstaat be- 52 deutend länger als im Urteilsstaat sind. Dabei muss auf die Fristen des Urteilsstaates abgestellt werden.123 Da der Vorsitzende nach § 274 III ZPO bei _______________

116 So EuGHE 1990, 2725 (Lancray v Peters) = EuZW 1990, 352 = RIW 1990, 927; BGH RIW 1990, 101; OLG Düsseldorf NJW 2000, 3290 (8 Tage nicht ausreichend); OLG Köln IPRax 2000, 528 (mehr als drei Wochen ausreichend) (dazu H. Roth S 497, 499). 117 EuGHE 1990, 2725 (Lancray v Peters) = RIW 1990, 927 = IPRax 1991, 177 (dazu Rauscher S 155); BGH RIW 1990, 101. 118 Vgl Braun S 134ff. 119 OLG Hamm RIW 1987, 871; OLG Koblenz RIW 1991, 860/61. 120 EuGHE 1985, 1779 (Debaecker v Bouwman) = RIW 1985, 967; MüKo/Gottwald Art 27 EuGVÜ Rz 26, 27. 121 OLG Köln RIW 1990, 229; Braun S 113ff. 122 BGH WM 1992, 286, 288 = RIW 1992, 56 = IPRax 1993, 324 (dazu Linke S 295); OLG Koblenz EuZW 1990, 486; krit. Geimer IPRax 1992, 5, 11. 123 Vgl Corte d’appello di Torino, Urt vom 11.2./11.3.1977, Rspr Übers Folge 2, 1978, Nr 83.

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der Festsetzung des Termins die Einlassungsfrist bestimmen muss, wenn im Ausland zuzustellen ist, sollte hierbei großzügig verfahren werden, um von vornherein dem Beklagten die Einrede zu nehmen, er habe sich nicht hinreichend verteidigen können. 53 Auf die ordnungsgemäße Ladung des Beklagten muss allerdings bei Arresten und einstweiligen Verfügungen verzichtet werden. Die Wirksamkeit dieser summarischen Verfahren würde vereitelt, wenn dem Beklagten in jedem Fall das das Verfahren einleitende Schriftstück zugestellt werden müsste.124 Deutsche Arreste und einstweilige Verfügungen werden allerdings nur dann im Ausland anerkannt, wenn dem Arrestgegner in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit zum rechtlichen Gehör gegeben war.125 c) Unvereinbarkeit mit Entscheidung des Anerkennungsstaates 54 Nach Art 34 Nr 3 EuGVO bzw Art 27 Nr 3 LugÜ wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn diese mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Anerkennungsstaat ergangen ist. Die Regeln wollen Entscheidungskollisionen lösen, deren Eintritt bereits durch die Art 27ff EuGVO bzw Art 21f LugÜ verhindert werden soll. Danach wird der Entscheidung des Anerkennungsstaates immer der Vorzug eingeräumt.126 Die Unvereinbarkeit ist vertragsautonom zu bestimmen; auf die Identität des Streitgegenstandes wird nicht abgestellt. Teilweise soll jegliche Präjudizialität, jeder ernstliche Widerspruch in den Entscheidungsgründen ausreichen, um das Anerkennungshindernis auszulösen.127 Eine solche Lösung lehnt sich in etwa an die Rechtskraftlehre in Frankreich und Großbritannien an. Sie greift damit aber unnötig tief in das Rechtsschutzsystem der Staaten ein, die engere Rechtskraftlehren haben. Praktikabler erscheint es, die Unvereinbarkeit eng zu fassen und nicht weiter gehen zu lassen, als nach dem weitestgehenden der beteiligten nationalen Rechte.128 Der Widerspruch zwischen einer Entscheidung und einem Prozessvergleich genügt nicht.129 55 Nach Art 34 Nr 3 EuGVO bzw Art 27 Nr 3 LugÜ hat eine inländische Entscheidung stets Vorrang, selbst wenn sie unter Nichtbeachtung der ausländi_______________

124 LG Hamburg, Beschl vom 9.3.1977, leitet dies aus der Natur des Arrestverfahrens her, Rspr Übers Folge 2, Nr 81. 125 EuGHE 1980, 731 (De Clavel v De Clavel) = IPRax 1981, 19 (dazu Hausmann S 5); Kropholler 8. Aufl Art 32 Rz 23. 126 Schlosser Art 34–36 EuGVÜ Rz 22; Geimer/Schütze Art 34 Rz 158; Kropholler Art 34 Rz 54; Rauscher/Leible Art 34 Rz 43. 127 Koch S 27ff, 73ff, 161. 128 M. Wolf, FS Schwab, 1990, S 561, 567; vgl Coscia Riv.dir.int.priv.proc. 1995, 265. 129 EuGHE 1994, I-2237 (Rz 20) (Solo Kleinmotoren v Boch) = EWS 1994, 247 = NJW 1995, 38 = JZ 1994, 1007 m Anm Schlosser; dazu Mankowski EWS 1994, 379; Kropholler Art 34 Rz 48.

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schen Rechtshängigkeit ergangen ist. Der Vorrang gilt, bis die Inlandsentscheidung auf Restitutionsklage (§ 580 Nr 7 b ZPO) aufgehoben worden ist. Sachliche Unvereinbarkeit besteht, wenn sich die Rechtsfolgen der Entscheidungen gegenseitig ausschließen. Dies setzt keine Identität der Streitgegenstände voraus. Unvereinbar ist etwa ein Urteil, das einen Vertrag für nichtig erklärt, mit einem weiteren, das zum Schadenersatz wegen Nichterfüllung verurteilt. Die Entscheidungen müssen aber gleichrangig sein: Ein Urteil, mit dem ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt ist, steht einem positiven Urteil in der Hauptsache nicht entgegen. Wird die Anerkennung eines Scheidungsurteils im Inland abgelehnt, so ist die Entscheidung über den nachehelichen Unterhalt ebenfalls nicht anzuerkennen. Nach Ansicht des EuGH besteht Unvereinbarkeit auch im Verhältnis von Scheidungsurteil und Urteil auf Zahlung von Trennungsunterhalt.130 Die Ablehnung einer Unterlassungsverfügung ist ebenfalls stets mit der Gewährung einer solchen Verfügung unvereinbar. Der BGH meinte zwar in seinem Vorlagebeschluss,131 das Gericht des Anerkennungs- und Vollstreckungsstaates solle befugt sein, im Einzelfall von der Anwendung des Art 34 Nr 3 EuGVO bzw Art 27 Nr 3 LugÜ abzusehen, wenn die Abweichung bzw Unvereinbarkeit aus der Sicht des Vollstreckungsstaates nicht schwer genug wiegt. Doch hat sich der EuGH für eine generelle Unvereinbarkeit ausgesprochen.132

d) Unvereinbarkeit mit der früheren Entscheidung eines anderen Mitgliedsoder Drittstaats Das Prioritätsprinzip gilt dagegen nach Art 34 Nr 4 EuGVO, wenn die Ent- 56 scheidung mit der früheren Entscheidung eines anderen Mitglieds- oder eines Drittstaats unvereinbar ist. Vorausgesetzt ist, dass die frühere Entscheidung im Inland anzuerkennen ist. Anders als bei Nr 3 genügt hier nicht die schlichte Unvereinbarkeit, sondern die Entscheidungen müssen wegen desselben Anspruchs ergangen sein.133 Dagegen enthält das LugÜ insoweit eine Lücke, als einander widersprechen- 57 de Entscheidungen aus zwei verschiedenen Vertragsstaaten vorliegen. Man_______________

130 Vgl EuGHE 1988, 645 (Hoffmann v Krieg) = NJW 1989, 663 = IPRax 1989, 159. 131 BGH WM 2000, 635, 637 = NJW 2000, 1440. 132 EuGHE 2002, I-4995 (Rz 39ff) (Italian Leather v WECO Polstermöbel) = NJW 2002, 2087 = IPRax 2005, 33 (dazu Heß S 23) = ZZPInt 7 (2002), 243 (Fritzsche). 133 Nach verbreiteter Ansicht (Geimer/Schütze Art 34 Rz 183, Kropholler Art 34 Rz 8 u. Rauscher/Leible Art 34 Rz 49) soll dies keinen sachlichen Unterschied machen.

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gels einer Sonderregelung sind allerdings auch in diesem Fall die allgemeinen Rechtskraftgrundsätze, dh das Prioritätsprinzip anzuwenden.134 e) Kollisionsrechtlicher Vorbehalt (Art 27 Nr 4 LugÜ) 58 Nach Art 27 Nr 4 EuGVÜ/LugÜ wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn das Gericht des Urteilsstaates bei seiner Entscheidung hinsichtlich einer Vorfrage, die den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung einer natürlichen Person, die ehelichen Güterstände, das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts betrifft, sich in Widerspruch zu einer Vorschrift des IPR des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, gesetzt hat, es sei denn, dass die Entscheidung nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn die Vorschriften des IPR dieses Staates angewandt worden wären. Im Interesse der aufgeführten Gebiete wird von der grundsätzlichen Haltung des Übereinkommens, wonach die Anerkennung nicht deswegen versagt werden darf, weil der Erstrichter sein IPR angewendet hat, zugunsten des IPR des Zweitrichters abgewichen.135 Um zu prüfen, ob die Entscheidung des Erstrichters in Widerspruch zu einer Vorschrift des IPR des Zweitrichters steht, muss dieser insoweit eine „révision au fond“ vornehmen. 59 Hierbei ist er nicht an die tatsächlichen Feststellungen des Erstrichters gebunden. Eine entsprechende Anwendung des Art 28 II LugÜ scheitert an der ausdrücklichen Beschränkung der Bindungswirkung auf die tatsächlichen Feststellungen hinsichtlich der Zuständigkeiten.136 60 Da § 328 ZPO diese Anerkennungsvoraussetzung nicht mehr enthält, kann auf die Prüfung des Art 27 Nr 4 LugÜ nach dem Günstigkeitsprinzip bei Anerkennungen in Deutschland verzichtet werden.137 Freilich ist auch dies streitig, weil der EuGH entschieden hat, dass das Klauselerteilungsverfahren ausschließlich anzuwenden ist und nicht hilfsweise auf ein anderes Anerkennungsverfahren des nationalen Rechts ausgewichen werden darf.138 Vom Sinn und Zweck her lässt sich diese Entscheidung aber nicht übertragen. 61 Diese Regelung ist wegen der inzwischen erlassenen EheGVO (s u Rz 65ff) nicht mehr in die EuGVO übernommen worden. Sie hat zudem in der Praxis keine Rolle gespielt. _______________

134 135 136 137

MüKo/Gottwald Art 27 EuGVÜ Rz 39; vgl Kropholler, 8. Aufl, Art 34 Rz 56. Geimer/Schütze/Wolf Art 27, 28 Rz 39. AA Geimer/Schütze/Wolf Art 27, 28 Rz 40. MüKo/Gottwald § 328 ZPO Rz 14; Art 27 EuGVÜ Rz 42; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2769, 2965; Kropholler 6. Aufl Art 27 Rz 52; Geimer/Schütze/Wolf, Art 27, 28 Rz 41; aA Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 417. 138 Vgl EuGHE 1976, 1851 (Segoura v Bonakdarian) = NJW 1977, 405 (Geimer).

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5. Bindung des Zweitrichters an die Zuständigkeitsentscheidung des Erstrichters Grundsätzlich darf der Zweitrichter die Zuständigkeit des Erstrichters nicht 62 nachprüfen. Da die Art 2ff EuGVO bzw LugÜ eine einheitliche Zuständigkeitsordnung enthalten, legen Art 35 III EuGVO bzw Art 28 III LugÜ fest, dass die internationale Zuständigkeit bei der Anerkennung grundsätzlich nicht mehr nachgeprüft werden darf, und zwar auch nicht aus Gründen des ordre public.139 Art 35 III EuGVO bzw Art 28 III LugÜ setzen nicht voraus, dass die Entscheidung in Anwendung der europäischen Zuständigkeitsordnung ergangen ist, sondern gelten auch gegenüber Drittstaatsangehörigen, für die diese nicht gilt, Art 4 EuGVO bzw LugÜ. Die Nachprüfung entfällt sogar, wenn der Erstrichter seine Zuständigkeit auf eine sog exorbitante Zuständigkeit gestützt hat,140 eine Regelung, die vor allem von Drittstaatsseite kritisiert wird.141 Teilweise wird freilich in extremen Fällen dann einer Nachprüfung das Wort geredet, wenn ein Verstoß gegen Art 6 I EMRK vorliegt.142 Diese Einschränkung ist aber wohl vom EuGH zurückgewiesen worden.143 Die Ausnahmen von dem Nachprüfungsverbot zählen Art 35 I EuGVO bzw 63 Art 28 I LugÜ erschöpfend auf: es handelt sich um die Zuständigkeiten für Versicherungssachen, Verbrauchergeschäfte und für die ausschließlichen Zuständigkeiten des Art 22 EuGVO bzw Art 16 LugÜ (s o § 3 Rz 98ff, 105ff, 165ff). Bei seiner Nachprüfung ist der Zweitrichter insoweit an die tatsächlichen Feststellungen des Erstrichters gebunden (Art 35 II EuGVO bzw Art 28 II LugÜ).144 Eine Nachprüfung erfolgt auch in den Fällen des Art 72 EuGVO bzw Art 59 LugÜ, dh wenn Mitglieds- bzw Vertragsstaaten mit Drittstaaten Übereinkommen treffen, wonach die in Art 4 aufgeführten „exorbitanten“ Gerichtsstände ausgeschlossen sind. Dies war der Fall in Art 23 des deutsch-norwegischen Vertrages von 1977. Seit In-Kraft-Treten des Luganer Übereinkommens ist dieser Schutz freilich gegenstandslos. Relevant sind solche Drittschutzvereinbarungen heute noch gemäß den Verträgen des Vereinigten Königreichs mit Kanada von 1986 und mit Australien von 1990.

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139 EuGHE 2000, I-1935 (Krombach v Bamberski) = ZIP 2000, 859 (Geimer) = IPRax 2001, 406 (dazu Piekenbrock S 364). 140 Geimer/Schütze Art 35 Rz 3; Linke Rz 396; MüKo/Gottwald Art 28 EuGVÜ Rz 3; vgl Kropholler Art 35 EuGVO Rz 3. 141 Vgl Einstein/Phipps IPRax 2005, 365, 370. 142 Rauscher/Leible Art 35 Rz 5; Schlosser Art 34–36 Rz 30. 143 Vgl Einstein/Phipps IPRax 2005, 365, 370. 144 BGH, Urt vom 2.5.1979, RIW 1979, 494; aA Geimer/Schütze Art 35 Rz 45 (nicht für anerkennungsfreundliche Tatsachen).

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Im Rahmen des Luganer GVÜ darf die Vollstreckung außerdem versagt werden, wenn die Zuständigkeit des Entscheidungsstaates auf einer Regel beruht, die vom Luganer GVÜ abweicht (Art 54 b III LugÜ). Sinngemäß ist folglich auch die Einrede der Schiedsvereinbarung im Verfahren der Vollstreckbarerklärung ausgeschlossen.145 Auch Verstöße gegen die Art 18ff EuGVO bei Arbeitssachen bleiben bei der Anerkennung und Vollstreckung ohne Sanktion.146 64 Die Bindungswirkung erstreckt sich nach Art 35 II EuGVO bzw Art 28 II LugÜ auch auf alle tatsächlichen Feststellungen des Erstrichters zur Zuständigkeit und sinngemäß auf alle Tatsachen, die im Vorprozess hätten vorgebracht werden können.147 Bei den Ausnahmefällen, in denen dem Zweitrichter im Übrigen eine Nachprüfung erlaubt ist, muss allerdings die Bindungswirkung restriktiv ausgelegt werden (s o Rz 58). 6. Verbot der révision au fond 65 Die Bindungswirkung kulminiert in Art 36, 45 II EuGVO bzw Art 29, 34 III LugÜ, wonach die ausländische Entscheidung keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden darf (Verbot der révision au fond). Bis auf die erwähnten Ausnahmen darf der Zweitrichter also nicht nachprüfen, ob der Erstrichter seine Verfahrensvorschriften und sein materielles Recht richtig angewendet hat.148 Nicht nachgeprüft werden darf auch der Einwand fehlender Parteifähigkeit bzw des Erlöschens des Klägers als juristische Person.149 66 Wird die Anerkennung inzident geltend gemacht, obwohl gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt wurde, so kann das Gericht im Zweitstaat sein Verfahren nach Art 37 EuGVO bzw Art 30 LugÜ aussetzen, um eine sachlich widersprechende Entscheidung zu vermeiden. Wird im selbständigen Anerkennungsverfahren nach Art 33 II EuGVO bzw Art 26 II LugÜ auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs im Ursprungsstaat hingewiesen, so kann das Verfahren nach Art 46 EuGVO bzw Art 38 LugÜ ausgesetzt werden.

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145 Bälz/Marienfeld RIW 2003, 51, 52f; M. J. Schmidt, Festgabe Sandrock, 1995, S 205; Besson, Études en l’honneur Poudret, 1999, S 329; Geimer/Schütze Art 35 Rz 33ff; Kropholler Art 35 Rz 5; Rauscher/Leible Art 35 Rz 14; OLG Celle, RIW 1979, 131. 146 Hausmann, EuLF 2000, 40, 47. 147 Rauscher/Leible Art 35 Rz 15. 148 Vgl OLG Celle, RIW 1979, 129. 149 BGH NJW 1992, 627/28.

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7. Anerkennung von Entscheidungen in Ehe- und Sorgerechtssachen Schrifttum:

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– Zur Brüssel IIa-VO (Nr. 2201/2003): Andrae, in: Dauner-Lieb, Anwaltkommentar BGB, Bd 1, Anh I zum III. Abschnitt EGBGB, 2005, S 1926ff; Coester-Waltjen, Die Berücksichtigung der Kindesinteressen in der neuen EU-Verordnung „Brüssel IIa“; FamRZ 2005, 241; Dörner, Internationale Scheidungszuständigkeit und Anerkennung von Scheidungsurteilen nach der EG-Verordnung Nr 2201/2003, in: Großfeld, Yamauchi u.a., Probleme des deutschen, europäischen und japanischen Rechts, 2006, S 17; Rausch, Elterliche Verantwortung – Verfahren mit Auslandsbezug vor und nach „Brüssel II a“ (2. Teil), FuR 2005, 112; Solomon, „Brüssel IIa“ – Die neuen europäischen Regeln zum internationalen Verfahrensrecht in Fragen der elterlichen Verantwortung, FamRZ 2004, 1409. – Zur Brüssel II-VO (Nr. 1347/2000): Coester-Waltjen, Die internationale Zuständigkeit und Anerkennung von Sorgerechtsentscheidungen in der Europäischen Union, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen und internationalen Zivilverfahrensrechts, 2002, S 163; Gaudemet-Tallon, Le règlement no 1347/2000 du Conseil du 29 mai 2000: „competence, reconnaissance et exécution des decisions en matière matrimoniale et en matière de responsabilité parentale des enfants communs“, JDI 128 (2001), 381; Gottwald, Kommentierung der Brüssel II-Verordnung, in: Münchener Kommentar zur ZPO, Bd 3, 2. Aufl 2001, S 2209; Hausmann, Neues internationales Eheverfahren in der EU (II), EuLF 2000/01, 345; Helms, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen im Europäischen Eheverfahrensrecht, FamRZ 2001, 257; Hub, Die Neuregelung der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen und das familienrechtliche Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren, NJW 2001, 3145; Jäntera-Jareborg, Marriage Dissolution in an Integrated Europe, Yearbook of Private International Law 1 (1999), 1; Lupoi, Brussels II: new rules for transnational matrimonial disputes, in Carpi/Lupoi, Essays on transnational and comparative civil procedure, 2001, S 105; Mosconi, Giurisdizione e riconoscimento delle decisioni in materia matrimoniale secondo il regulamento comunitario de 29 maggio 2000, Riv.dir.proc. 61 (2001), 376; Polyzogopoulos, Internationale Zuständigkeit und Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen in der Europäischen Union, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen des europäischen und internationalen Zivilverfahrensrechts, 2002, S 133; Schack, Das neue internationale Eheverfahrensrecht in Europa, RabelsZ 65 (2001), 615; Spellenberg, Anerkennung eherechtlicher Entscheidungen nach der EheGVO, ZZPInt 6 (2001), 109; ders, Der Anwendungsbereich der EheGVO („Brüssel II“) in Statussachen, FS Schumann, 2001, S 423; B. Sturlèse, Compétence, reconnaissance et exécution des décisions en matière matrimoniale et en matière de responsbilité parentale des enfants communs, Juris-Cl. Procédure Civile Fasc. 910–10, 2001; Wagner, Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen nach der Brüssel II-Verordnung, IPRax 2001, 73.

Nach Art 21ff EheGVO (Brüssel IIa) sind die in einem Mitgliedstaat der EU 68 (außer Dänemark) ergangenen Entscheidungen über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung der Ehe sowie jede aus Anlass eines solchen Verfahrens ergangene Entscheidung über die elterliche Verantwortung der Ehegatten (auch einstweilige Anordnun-

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gen)150 automatisch (dh ohne besonderes Verfahren) anzuerkennen. Anerkennung bedeutet Wirkungserstreckung, hier primär der Gestaltungswirkung der Scheidung oder sonstigen Auflösung der Ehe.151 Bedarf es dazu im Erststaat der Registrierung der Entscheidung, so kann die Gestaltungswirkung auch erst an der Registrierung anerkannt werden.152 Aufhebungen der eingetragenen Lebenspartnerschaft wird man wegen der Ähnlichkeit zur Ehe gleichbehandeln müssen.153 Erwägungsgrund (15) im Eingang zur EheGVO stellt klar, dass (wenig überzeugend) nur eheauflösende Entscheidungen nach der EheGVO anzuerkennen sind.154 Aus dieser Einschränkung folgt, dass (in der Praxis seltene) Klagabweisungen nicht anzuerkennen sind, so dass der in einem Mitgliedstaat erfolglose Scheidungskläger unter Ausnutzung materieller Rechtsunterschiede sogleich in einem anderen Mitgliedstaat auf Scheidung usf klagen kann.155 Nach Erwägungsgrund (10) des Eingangs sollen bei einer Scheidung nicht einmal Feststellungen zum Scheidungsverschulden anerkannt werden.156 Der gleiche Erwägungsgrund (10) präzisiert Art 21 I EheGVO dahin, dass nur die Statusentscheidung, nicht aber Entscheidungen über vermögensrechtliche Scheidungsfolgen von der Verordnung erfasst werden.157 Urteile, die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe feststellen, fallen nicht unter die EheGVO,158 wohl aber Entscheidungen religiöser Gerichte, wenn diese im Entscheidungsstaat zuständig sind.159 Privatscheidungen fallen dagegen nicht unter die Verordnung.160

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150 Helms FamRZ 2001, 257, 260; Baumbach/Lauterbach/Albers Art 21 EuEheVO Rz 3. 151 Helms FamRZ 2001, 257, 258; Jäntera-Jareborg Yearb. PIL 1999, 1, 22; Spellenberg ZZPInt 6 (2001), 109, 113f, 127. 152 Baumbach/Lauterbach/Albers Art 21 EuEheVO Rz 1; Spellenberg ZZPInt 6 (2001), 109, 127. 153 Wagner IPRax 2001, 281, 288; aA Baumbach/Lauterbach/Albers Art 1 EuEheVO Rz 1. 154 Thomas/Putzo/Hüßtege Art 21 EuEheVO Vorbem 1; Wagner IPRax 2001, 73, 76; Spellenberg, FS Schumann, S 423, 432; Lupoi S 144. 155 MüKo/Gottwald Art 13 EheGVO Rz 2; Dörner, S 17, 27f; Hausmann EuLF 2000/01, 345, 348; Jäntera-Jareborg Yearb. PIL 1999, 1, 22, 25; krit. Spellenberg ZZPInt 6 (2001), 109, 124f; für Anerkennung nach nationalem Recht Helms FamRZ 2001, 257, 258; Spellenberg, FS Schumann, S 423, 433. 156 Für Anerkennung dagegen Spellenberg, FS Schumann, S 423, 434. 157 Hausmann EuLF 2000/01, 345, 348. 158 Spellenberg, FS Schumann, S 423, 433; Helms FamRZ 201, 257, 259; aA Baumbach/Lauterbach/Albers Art 1 EuEheVO Rz 4. 159 Helms FamRZ 2001, 257, 259; Schack RabelsZ 65 (2001), 615, 627. 160 Helms FamRZ 2001, 257, 260.

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Anerkannt werden sollen aber Kostenbeschlüsse auch nach „negativen“ Status-Entscheidungen.161 Öffentliche Urkunden und Prozessvergleiche, zB behördlich genehmigte Sorgerechtsvereinbarungen,162 werden Entscheidungen gleichgestellt (Art 13 III EheGVO). Art 21 II EheGVO stellt klar, dass die Anerkennung ex lege auch für die 69 Beischreibung in Personenstandsbüchern gilt. Für Scheidungsurteile der EUMitgliedstaaten (ohne Dänemark) findet daher kein formelles Anerkennungsverfahren nach Art 7 § 1 FamRÄndG mehr statt.163 Die Rechtskraft der ausländischen Entscheidung kann dem Standesamt gegenüber durch die Bescheinigung nach Art 33 iVm Anhang IV der EheGVO nachgewiesen werden. Besteht Streit über die Anerkennungsfähigkeit, kann jede Partei, die ein Inte- 70 resse hat, ein selbständiges Anerkennungsverfahren nach Art 21 III, 28ff EheGVO einleiten. Zuständig ist das Familiengericht, in dessen Bezirk sich der Antragsgegner gewöhnlich aufhält oder das Interesse an der Feststellung hervortritt (Art 29 III EheGVO iVm §§ 10 (Strich 1), 12, 32 IntFamRVG). Der Kreis der Antragsberechtigten ist nicht auf die Parteien des Erstverfahrens beschränkt. Bestreitet der Standesbeamte die Anerkennungsfähigkeit, so muss er die Beteiligten auf dieses Verfahren verweisen; wegen des Vorrangs von Art 21 III EheGVO scheidet ein Vorgehen nach § 45 II PStG,164 aber auch die freiwillige Einleitung eines Verfahrens nach Art 7 § 1 FamRÄndG165 aus. Anders als Art 33 II EuGVO bzw Art 26 II LugÜ sieht Art 22 III EheGVO auch einen negativen Feststellungsantrag vor. Für eine negative Feststellungsklage (§ 256 ZPO) besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis. Soweit die Anerkennung für die Entscheidung des Gerichts in einer anderen 71 Sache erheblich ist, wird darüber wie allgemein üblich, formlos und inzident entschieden (Art 21 IV EheGVO). Die Inzidententscheidung erwächst nicht in Rechtskraft.166 Die Zuständigkeit des Familiengerichts für Verfahren nach Art 21 III EheGVO schließt sinngemäß aus, dass die Statusfrage in jedem be-

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161 Polyzogopoulos, in: Gottwald, Aktuelle Entwicklungen, S 133, 154; zweifelnd Schack RabelsZ 65 (2001), 615, 629. 162 Schack RabelsZ 65 (2001), 615, 627. 163 MüKo/Gottwald Art 14 EheGVO Rz 3; Thomas/Putzo/Hüßtege Art 21 EuEheVO Rz 2; Wagner IPRax 2001, 73, 79; Schack RabelsZ 65 (2001), 615, 627. 164 Ebenso Hub NJW 2001, 3145, 3149; aA für Zulässigkeit Spellenberg ZZPInt 6 (2001), 109, 129; Helms FamRZ 2001, 257, 261 gibt dem Standesbeamten die Antragsbefugnis. 165 Helms FamRZ 2001, 257, 261; aA Spellenberg, FS Schumann, S 433, 438 und ZZPInt 6 (2001), 109, 131. 166 Thomas/Putzo/Hüßtege Art 21 EuEheVO Rz 12.

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liebigen Verfahren zum Gegenstand einer rechtskraftfähigen Zwischenfeststellung (§ 256 II ZPO) gemacht werden kann.167 72 Ist gegen die anzuerkennende Entscheidung im Ursprungsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden, so kann das Anerkennungsgericht sein Verfahren sowohl im selbständigen Anerkennungsverfahren wie bei Inzidentanerkennung168 zunächst aussetzen (Art 27 EheGVO). Die Regel hat praktisch nur bei Sorgerechtsentscheidungen Bedeutung, da Ehescheidungen generell erst mit Rechtskraft wirksam werden (vgl Art 21 II EheGVO). 73 Die Anerkennungsvoraussetzungen (bzw -hindernisse) werden in Art 22 und 23 EheGVO für Ehescheidungen und Sorgerechtsentscheidungen getrennt festgelegt. Einheitlich gilt, dass die Entscheidung über die Zuständigkeit des Ursprungsstaats (wie nach der EuGVO) im Zweitstaat nicht nachgeprüft werden darf.169 Auch Entscheidungen, die in Restzuständigkeiten (Art 7 EheGVO) ergangen sind, sind anzuerkennen.170 Zuständigkeitsmängel verstoßen in keinem Fall gegen den ordre public des Anerkennungsstaates (Art 24 EheGVO). Auch in der Sache selbst darf die Entscheidung nicht überprüft werden (Art 26 EheGVO). Eine Abänderung einer Sorgerechtsentscheidung wegen veränderter Umstände bleibt zulässig.171 74 In Ehesachen (Art 22 EheGVO) sind vier Anerkennungshindernisse vorgesehen: (1) ein offensichtlicher Verstoß gegen den ordre public des Anerkennungsstaates (Art 22 [a]). Zuständigkeitsfehler (Art 24), aber auch Unterschiede im anwendbaren Recht (Art 25 EheGVO) sind nicht als ordre public-Fälle anzusehen. Mit diesen Einschränkungen kann sich der Verstoß aus der materiellen Rechtsanwendung oder aus groben Verfahrensfehlern ergeben.172 75 (2) Nichteinlassung des Antragsgegners. Sie führt zur Versagung der Anerkennung, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt wurde, dass er sich verteidigen konnte (Art 22 (b)). Auf die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung kommt es ebenso wie nach _______________

167 Für Zwischenfeststellung vor Familiengerichten Helms FamRZ 2001, 257, 262; aA (keine Beschränkung) Vogel MDR 2000, 1045, 1049; Baumbach/Lauterbach/ Albers Art 21 EuEheVO Rz 4. 168 Thomas/Putzo/Hüßtege Art 27 EuEheVO Rz 1. 169 Hausmann EuLF 2000/01, 345, 348; Helms FamRZ 2001, 257, 262. 170 Helms FamRZ 2001, 257, 262; Spellenberg, FS Schumann, S 423, 441 und ZZPInt 6 (2001), 109, 133; MüKo/Gottwald Art 17 EheGVO Rz 1. 171 Thomas/Putzo/Hüßtege Art 26 EuEheVO Rz 1; MüKo/Gottwald Art 19 EheGVO Rz 2. 172 Helms FamRZ 2001, 257, 262; MüKo/Gottwald Art 15 EheGVO Rz 2; Spellenberg ZZPInt 6 (2001), 109, 143ff.

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Art 34 Nr 2 EheGVO (aber abweichend von Art 27 Nr 2 EuGVÜ/LugÜ) nicht mehr an. Mängel der tatsächlichen Zustellung sind nur noch dann relevant, wenn dadurch die Verteidigungsmöglichkeit beeinträchtigt wurde.173 Auf Rechtzeitigkeit und Verteidigungsmöglichkeit kommt es aber nicht an, wenn festgestellt wird, dass der Antragsgegner „mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist“.174 Dies ist etwa der Fall, wenn der Antragsgegner selbst eine neue Ehe schließen will oder wenn er nachehelichen Unterhalt einklagt.175 Abweichend von Art 34 Nr 2 EuGVO schließt das Nichteinlegen von Rechtsmitteln die Berufung auf den Versagungsgrund nicht ohne weiteres aus.176 (3) Unvereinbarkeit mit einer Entscheidung des Anerkennungsstaates (Art 22 76 [c]). Eine inländische Entscheidung hat wie nach der EuGVO stets Vorrang, unabhängig von der zeitlichen Reihenfolge des Erlasses. Da die EheGVO nur „positive“ Entscheidungen erfassen will, kann sich die Unvereinbarkeit nicht aus einer „negativen“ klagabweisenden Entscheidung ergeben.177 Unvereinbar ist danach etwa ein ausländisches Scheidungsurteil mit einem inländischen Aufhebungsurteil.178 (4) Unvereinbarkeit mit einer Entscheidung eines anderen Mitgliedstaats 77 oder eines Drittstaats (Art 22 [d]). Insoweit gilt der Prioritätsgrundsatz. Vorrang hat die frühere Entscheidung, sofern sie selbst anerkannt werden kann. Eine Ehescheidung ist mit der früheren Ehetrennung nicht unvereinbar.179 Ein Ehenichtigkeits- oder -aufhebungsurteil (mit ex tunc-Wirkung) ist mit einem früheren Scheidungsurteil (mit ex nunc-Wirkung) nur vereinbar, wenn die Nichtigkeit oder Aufhebbarkeit keinen Zusammenhang mit den Scheidungsgründen hat. Für Entscheidungen zur elterlichen Verantwortung bestehen folgende Aner- 78 kennungsvoraussetzungen (Art 23 EheGVO): (1) Kein offensichtlicher ordre public-Verstoß (Art 23 lit a), wobei das Kindeswohl aus der Sicht des Anerkennungsstaates zu beachten ist.180 Entspricht die Entscheidung nachträglich nicht mehr dem Kindeswohl, ist sie anzuerkennen, aber auf Antrag abzuändern.181 _______________

173 174 175 176 177 178 179 180 181

Helms FamRZ 2001, 257, 264; Spellenberg ZZPInt 6 (2001), 109, 135. Wagner IPRax 2001, 73, 78; Hausmann EuLF 2000/01, 345, 349; Lupoi S 146. Baumbach/Lauterbach/Albers Art 22 EuEheVO Rz 8. AA Spellenberg ZZPInt 6 (2001), 109, 138. Kohler NJW 2001, 10, 13; Dörner S 17, 28f; Thomas/Putzo/Hüßtege Art 22 Rz 3; aA Helms FamRZ 2001, 257, 265; AnwK-BGB/Andrae Art 22 Rz 13. Hausmann EuLF 2000/01, 345, 350. Polyzogopoulos S 133, 156f; Helms FamRZ 2001, 257, 265. Thomas/Putzo/Hüßtege Art 23 EuEheVO Rz 1; Baumbach/Lauterbach/Albers Art 23 EuEheVO Rz 2. Coester-Waltjen S 163, 181.

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79 (2) Nichtanhörung des Kindes (Art 23 lit b). Die Anhörung des materiell betroffenen Kindes ist ein Sonderfall des verfahrensrechtlichen ordre public. Ob das Kind anzuhören war, ist nicht strikt nach § 50b FGG,182 sondern nach einem autonomen internationalen Standard zu beurteilen.183 80 (3) Nichteinlassung des Verfahrensgegners (Art 23 lit c). Es gilt das zu Rz 71 Gesagte. 81 (4) Nichtanhörung des Sorgeberechtigten (Art 23 lit d). Wird das Sorgerecht zwischen den Eltern geregelt, obwohl es einem Dritten (Vormund, Jugendamt) zusteht, so kann dieser die Versagung der Anerkennung beantragen, wenn ihm vor Erlass kein rechtliches Gehör gewährt wurde. Ob Eilentscheidungen zum Sorgerecht, die ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners oder des Sorgeberechtigten erlassen wurden, wie im Anwendungsbereich von Art 31 EuGVO nicht anzuerkennen sind, erscheint zweifelhaft. Nach dem Zweck der Verordnung sollte die Möglichkeit nachträglichen Gehörs genügen.184 82 (5) Unvereinbarkeit mit einer späteren Entscheidung des Anerkennungsstaates zum Sorgerecht (Art 23 lit e). Die spätere Entscheidung des Anerkennungsstaates hat stets Vorrang. Es genügt insoweit eine spätere isolierte Sorgerechtsentscheidung.185 Erfasst werden soll etwa der Fall, dass nach einer Ehescheidung mit Sorgerechtsregelung eine abweichende Feststellung der Vaterschaft erfolgt.186 83 (6) Unvereinbarkeit mit einer späteren Entscheidung eines anderen Mitgliedstaats oder eines Drittstaats (Art 23 lit f). Vorrang hat die spätere Sorgerechtsentscheidung, wenn sie (i) in dem Staat ergangen ist, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat und (ii) ihrerseits nach der EheGVO, einem Übereinkommen oder nach § 16a FGG anerkennungsfähig ist.187 Auch insoweit genügt eine spätere isolierte Sorgerechtsentscheidung. 84 Die Anerkennung der Sorgerechtsentscheidung schließt eine Überprüfung und Abänderung wegen nachträglicher Veränderung der Verhältnisse nicht aus.188

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182 183 184 185 186 187 188

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Thomas/Putzo/Hüßtege Art 23 EuEheVO Rz 2; AnwK-BGB/Andrae Art 23 Rz 4. Coester-Waltjen S 163, 182. Helms FamRZ 2001, 257, 261. Coester-Waltjen S 163, 183. Thomas/Putzo/Hüßtege Art 23 EuEheVO Rz 5. Thomas/Putzo/Hüßtege Art 23 EuEheVO Rz 6. Anders (aber kaum zutreffend) Jäntera-Jareborg Yearb. PIL 1999, 1, 26.

Europäisches Recht

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8. Anerkennung von „Europäischen Titeln“ zum Umgangsrecht und zur Rückgabe des Kindes Nach Art 40 I, 41, 42 EuEheVO kann für vollstreckbare Entscheidungen 85 eines Mitgliedsstaats über das Umgangsrecht und über die Rückgabe des Kindes im Ursprungsstaat eine „Bescheinigung über das Umgangsrecht“ bzw eine „Bescheinigung über die Rückgabe des Kindes“ ausgestellt werden. Vor deren Ausstellung hat das Gericht des Ursprungsstaates im Wesentlichen zu prüfen, ob allen Beteiligten rechtliches Gehör gewährt wurde (Art 46 II, Art 42 II EheGVO) (s u § 12 Rz 30). Ist ein Titel mit dieser Bescheinigung versehen worden, so ist er in jedem EU-Mitgliedsstaat anzuerkennen und zu vollstrecken, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf (Art 41 I 1, 42 I 1 EheGVO). Die Gerichte des Anerkennungsstaates dürfen die Entscheidung nicht, auch nicht anhand ihres ordre public überprüfen.189 Einwendungen gegen die Entscheidung können nur im Ursprungsstaat, nicht im Vollstreckungsstaat erhoben werden. 9. Anerkennung von Entscheidungen in Güterstands- und Erbschaftssachen Art 1 II (a) EuGVO bzw LugÜ nimmt die ehelichen Güterstände sowie das 86 Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts vom Anwendungsbereich der europäischen Regelungen aus. Erbrechtliche Entscheidungen sind derzeit nur nach bilateralen Verträgen anzuerkennen. Nach dem Aktionsprogramm des Rates vom 15.6.2005190 sollen aber innerhalb von fünf Jahren nach In-Kraft-Treten des Vertrags von Amsterdam Rechtsakte über die internationale Zuständigkeit, das anwendbare Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Güterstands- und Erbschaftssachen erlassen werden („Brüssel III und IV“). Frei

87–100

_______________

189 Thomas/Putzo/Hüßtege Art 41 EuEheVO Art 41 Rz 1. 190 ABl EG C Nr 12/1. Vgl D. Hodson, Brussels III; financial provision – the next generation, [2002] FamLaw 30.

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II. Autonomes Recht Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Art und Weise der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Wirkungen der Anerkennung 5. Anerkennungsfähige Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Anerkennungsvoraussetzungen . a) Gerichtsbarkeit des ausländischen Staates . . . . . . . . . . . . . . b) Anerkennungszuständigkeit . . c) Rechtliches Gehör bei Verfahrenseinleitung . . . . . . . . . . . (1) Schutz für den Beklagten . . (2) Heilung von Zustellungsmängeln . . . . . . . . . . . . . . . (3) Keine Pflicht zur Einlegung von Rechtsmitteln . . . . . . .

101 102 106 111 137 151 151 152 161 161 169

d) Keine Unvereinbarkeit mit anderen Entscheidungen . . . . e) Verstoß gegen den ordre public (1) Materielle Rechtsverstöße (2) Verstoß gegen rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze f) Gegenseitigkeit . . . . . . . . . . . 7. Folgen der Nichtanerkennung . . a) Ausländische Entscheidung als Beweismittel . . . . . . . . . . . . . b) Rückforderung von Leistungen auf nicht anerkannte Entscheidungen? . . . . . . . . . . . . . 8. Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen . . a) Brüssel IIa-Verordnung . . . . . . b) Autonomes deutsches Recht .

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1. Schrifttum 101 Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, 1980; P. Baumann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen, 1989; M. Becker, Zwingendes Eingriffsrecht in der Urteilsanerkennung, RabelsZ 60 (1996), 691; Beitzke, Anerkennung inländischer Privatscheidungen von Ausländern? IPRax 1981, 202; Böckstiegel, Vertragspraxis und Streiterledigung im Wirtschaftsverkehr mit arabischen Staaten, 1981; Bohnet, Das Gegenseitigkeitsprinzip bei der Anerkennung von Gerichtsurteilen im deutsch-chinesischen Rechtsverkehr, RIW 1996, Beil. zu Heft 6, S 17; Brüning, Die Beachtlichkeit des fremden ordre public, 1997; Bruns, Der anerkennungsrechtliche ordre public in Europa und den USA, JZ 1999, 278; Bungert, Enforcing US Excessive and Punitive Damages Awards in Germany, Intern. Lawyer 27 (1993), 1075; D. Coester-Waltjen, Deutsches internationales Zivilverfahrensrecht und die punitive damages, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des Internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 15; dies, Das Spiegelbildprinzip bei der Anerkennungszuständigkeit, Liber amicorum Buxbaum, 2000, S 101; O. Dörr, Staatenimmunität als Anerkennungs- und Vollstreckungshindernis, in: Leible/Ruffert, Völkerrecht und IPR, 2006, S 175; H. Dolinar, Vollstreckung aus einem ausländischen, einen Schiedsspruch bestätigenden Exequatururteil, FS Schütze, 1999, S 187; T. Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung ausländischer Entscheidungen (§ 328 Abs 1 Nr 5 ZPO), 1999; G. Fischer, Objektive Grenzen der Rechtskraft im internationalen Zivilprozessrecht, FS Henckel, 1995, S 199; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, 1990; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995; ders, Verfassung, Völkerrecht und internationales Verfahrensrecht, ZfRV 5 (1992), 401; ders, „Internationalpädagogik“

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oder wirksamer Beklagtenschutz?, FS Nakamura, 1996, S 169; Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 5 Bde (Stand: 2005); dies, Internationale Urteilsanerkennung, Bd I/2 (Allgemeine Grundsätze und autonomes deutsches Recht), 1984; Götze, Vouching In und Third-Praty Practice, Formen unfreiwilliger Drittbeteiligung im amerikanischen Zivilprozess und ihre Anerkennung in Deutschland, 1993; Gottwald, Matscher und Walder, Grundfragen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivilsachen, ZZP 103 (1990), 257; Haas, Zur Anerkennung US-amerikanischer Urteile in der Bundesrepublik Deutschland, IPRax 2001, 195; Habscheid, Zur materiellen Rechtskraft des Urteils gegen den siegreichen Kläger im internationalen Prozessrecht, ZZP 75 (1962), 164; Hau, Positive Kompetenzkonflikte im internationalen Zivilprozessrecht, 1996, S 67ff (Beachtung im Ausland abgeschlossener Verfahren); Hay, The Recognition and Enforcement of American Money-Judgments in Germany, AmJCompL 40 (1992), 1001; Henrich, Die Abänderungsklage gegen ausländische Unterhaltsurteile, IPRax 1982, 140; ders, Privatscheidungen im Ausland, IPRax 1982, 94; D. Herrmann, Die Anerkennung USamerikanischer Urteile in Deutschland, 2000; B. Hess, Die Anerkennung eines class action settlement in Deutschland, JZ 2000, 373; Hök, Discovery-proceedings als Anerkennungshindernis, 1993; v Hoffmann/Hau, Zur internationalen Anerkennungszuständigkeit US-amerikanischer Zivilgerichte, RIW 1998, 344; H. Koch, Anerkennungsfähigkeit ausländischer Prozessvergleiche, FS Schumann, 2001, S 267; J. Kondring, Die Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Zivilrechtsverkehr, 1995; Kössinger, Rechtskraftprobleme im deutsch-französischen Rechtsverkehr, 1993; Koshiyama, Rechtskraftwirkungen und Urteilsanerkennung, 1996; Krefft, Vollstreckung und Abänderung ausländischer Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1993; Krause, Urteilswirkungen gegenüber Dritten im US-amerikanischen Zivilprozessrecht, 1994; Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozessrecht, 1997; Linke, Die Versäumnisentscheidungen im deutschen, österreichischen, belgischen und englischen Recht, ihre Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, 1971; Mansel, Streitverkündung (vouching in) und Drittklage (third party complaint) im USZivilprozessrecht und die Urteilsanerkennung in Deutschland, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 63; Martiny, Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach autonomem Recht, Hdb IZPR III 1, 1984; ders, Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, AmJCompL 1987, 721; ders, Federal Republic of Germany, in: Platto/Horton, Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, 2nd ed 1993, S 179; Matscher, Vollstreckung im Auslandsverkehr von vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen und von Maßnahmen des provisorischen Rechtsschutzes, ZZP 95 (1982), 170; Matsumoto, Probleme der Rechtskraft im internationalen Zivilprozess, in: Kroeschell/Cordes, Vom nationalen zum transnationalen Recht, 1995, S 77; M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994; Milleker, Inlandswirkungen der Streitverkündung im ausländischen Verfahren, ZZP 80 (1967), 288; Müller, Zum Begriff der Anerkennung von Urteilen in § 328 ZPO, ZZP 79 (1966), 199; P. Müller, Punitive Damages und deutsches Schadenersatzrecht, 2000; Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, 2000; S. Neufang, Kostenverteilung im US-amerikanischen Zivilprozess und Urteilsanerkennung in Deutschland, 2002; Pfeiffer, Kooperative Reziprozität, § 328 I Nr 5 ZPO neu besichtigt, RabelsZ 55 (1991), 734; Reiser, Anerkennung und Vollstreckung zwischen Liberalität und Rigorismus, FS Walder, Zürich 1994, S 357; J. Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994; G. Roth, Der Vorbehalt des „ordre public“ gegenüber fremden

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gerichtlichen Entscheidungen, 1967; H. Roth, Heilung von Zustellungsmängeln im internationalen Rechtsverkehr, FS Gerhardt, 2004, S 799; Samtleben, Ausschließliche Scheidungszuständigkeit der peruanischen Gerichte, IPRax 1982, 119; O. Sandrock, „Scharfer“ ordre public interne und „laxer“ ordre public international?, FS Sonnenberger, 2004, S 615; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, 2005; ders, Bezieht sich das „Spiegelbildprinzip“ des § 328 I Nr. 1 ZPO auch auf die Zuständigkeitsvorschriften der EuGVO?, IPRax 2006, 438; Schemmer, Der ordre public-Vorbehalt unter der Geltung des Grundgesetzes, 1995; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, 2004; Schlosser, Zur Abänderung ausländischer Unterhaltsentscheidungen, IPRax 1981, 120; H. Schneider, Class actions – Rechtspolitische Fragen in den USA und Anerkennung in Deutschland, 1999; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr 1 ZPO, Diss Regensburg 2000; Schütze, Die Doppelexequierung ausländischer Zivilurteile ZZP 77 (1964), 287; ders, Deutsch-amerikanische Urteilsanerkennung, 1992; ders, Zur Verbürgung der Gegenseitigkeit bei der deutsch-amerikanischen Urteilsanerkennung, ZVglRWiss. 98 (1999), 131; ders, Überlegungen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Zivilurteile in Deutschland, FS Geimer, 2002, S 1025; ders, Kostenerstattung und ordre public Überlegungen zur deutsch-amerikanischen Urteilsanerkennung, FS Nemeth, 2003, S 795; C. Schulz, Die Subsumtion ausländischer Rechtstatsachen, 1997, S 56ff, 140ff; Sieg, Internationale Anerkennungszuständigkeit bei US-amerikanischen Urteilen, IPRax 1996, 77; Siehr, Zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Verurteilungen zu „punitive damages“, RIW 1991, 705; ders, Günstigkeits- und Garantieprinzip, FS Walder, 1994, S 409; Spellenberg, Prozessführung oder Urteil – Rechtsvergleichendes zu Grundlagen der Rechtskraft, FS Henckel, 1995, S 841; Spickhoff, Möglichkeiten und Grenzen neuer Tatsachenfeststellungen bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, ZZP 108 (1995), 475; ders, Der völkerrechtsbezogene ordre public, in: Leible/Ruffert, Völkerrecht und IPR, 2006, S 275; Spiecker gen. Döhmann, Die Anerkennung von Rechtskraftwirkungen ausländischer Urteile, 2002; Staudinger/Spellenberg, EGBGB, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen, 14. Bearb 2005; Stiefel/Bungert, US-amerikanische RICO-Urteile im Licht der neuesten Entscheidungen des BGH und des BVerfG, FS Trinkner, 1995, S 749; Stiefel/Stürner, Die Vollstreckbarkeit US-amerikanischer Schadenersatzurteile in exzessiver Höhe, VersR 1987, 829; R. Stürner, Die Vereinbarung von „treble damages“ mit dem deutschen ordre public, FS Schlosser, 2005, S 967; Taupitz, Verjährungsunterbrechung im Inland durch unfreiwillige Beteiligung am fremden Rechtsstreit im Ausland, ZZP 102 (1989), 288; Ch. Völker, Zur Dogmatik des ordre public, 1998; R. Wagner, Anerkennung und Wirksamkeit ausländischer familienrechtlicher Rechtsakte nach autonomem deutschen Recht, FamRZ 2006, 744; G. Walter/ S. Baumgartner, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen außerhalb der Übereinkommen von Brüssel und Lugano, 2000; Th. Wazlawik, Persönliche Zuständigkeit im US-amerikanischen Prozessrecht und ihre Bedeutung im deutschen Exequaturverfahren, RIW 2002, 691; Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen, 1994.

2. Einführung 102 Das deutsche Recht unterscheidet zwischen der Anerkennung und der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen. Ebenso verhalten sich die meisten 562

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anderen Staaten. Zwischen Anerkennung und Vollstreckung besteht eine Wechselwirkung. Nach § 723 II 2 ZPO kann aufgrund eines ausländischen Urteils ein Vollstreckungsurteil nur ergehen, wenn die Anerkennung des Urteils nach § 328 ZPO nicht ausgeschlossen ist. Nach klassischem Völkerrecht ist kein Staat verpflichtet, ausländische Entscheidungen anzuerkennen.191 Jeder Staat bestimmt daher grundsätzlich selbst, inwieweit er ausländische Entscheidungen anerkennen und vollstrecken will. In der Verkündung eines Urteils wird die Gerichtshoheit eines jeden Staates offenkundig. Dieser Hoheitsakt kann grundsätzlich nur innerhalb der staatlichen Grenzen wirken. Jeder Staat bestimmt deshalb die Voraussetzungen, unter denen er ein ausländisches Urteil anerkennt. Ansätze zur Entwicklung eines Völkergewohnheitsrechts haben sich im Gegensatz zu dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe nicht einmal gezeigt. Es besteht auch darüber keine Einigkeit, dass grundsätzlich ausländische Entscheidungen anerkannt werden sollten. Noch immer gibt es Staaten, die die Vollstreckung aus ausländischen Urteilen grundsätzlich nicht zulassen, so dass in solchen Fällen im Ausland noch einmal geklagt werden muss. Für Deutschland ergibt sich aber aus dem Justizanspruch ggf sogar eine ver- 103 fassungsrechtliche Pflicht ausländische Entscheidungen, zB in Statussachen, anzuerkennen. Wegen dieser Verbindung zum Justizanspruch erscheint es problematisch, die Anerkennung vom Erfordernis der Gegenseitigkeit (s u Rz 185ff) abhängig zu machen.192 Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen ist im 104 autonomen Recht in den §§ 328, 722, 723 ZPO und Art 7 § 1 FamRÄndG geregelt. Daneben bestehen EG-Verordnungen sowie eine Reihe von multilateralen und bilateralen Staatsverträgen. Im Allgemeinen haben EG-Recht und Vertragsrecht Vorrang vor dem autonomen Recht der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung. Soweit das autonome Recht aber anerkennungsfreundlicher ist, hat es nach 105 dem Günstigkeitsprinzip Vorrang, da der Vertrag nur Mindeststandards der Anerkennung festlegt, aber grundsätzlich keinen Staat daran hindert, darüber hinaus Entscheidungen anzuerkennen193 (s o Rz 4). Das gleiche Prinzip gilt im Zweifel bei einer Kollision mehrerer Anerkennungsverträge. Jedoch gilt ein Vermischungsverbot: Innerhalb von Regelungseinheiten dürfen nicht einzelne Anerkennungsvoraussetzungen oder Verfahrenserfordernisse ausgetauscht werden.194 _______________

191 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 10; Nagel ZZP 75 (1962), 408, 435. 192 Vgl Geimer ZfRV 5 (1992), 401, 405f. 193 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 81ff. Teilweise wird bei EG-Recht ein Rückgriff auf das autonome Recht ausgeschlossen. 194 Siehr, FS Walder, 1994, S 409; ders, IPR, 2001, S 528.

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3. Die Art und Weise der Anerkennung 106 Die Anerkennung und Rechtskraftwirkung eines ausländischen Urteils tritt ohne ein besonderes Verfahren ein. Die Anerkennung erfolgt vielmehr kraft Gesetzes, sobald die Voraussetzungen dafür vorliegen.195 Eine besondere Delibation, wie nach dem bis 1994 geltenden autonomen italienischen Recht (Art 796ff cpc) oder eine sog Homologisierung wie in latein- und südamerikanischen Staaten (zB in Brasilien, s u § 14 Rz 60) zur Wirkungsverleihung ist weder erforderlich noch überhaupt vorgesehen. 107 Da die Anerkennung ex lege erfolgt, treten ihre Wirkungen mit Erlass bzw Rechtskraft der Entscheidung ein, wenn die Anerkennungsvoraussetzungen in diesem Zeitpunkt vorliegen. Wird das Anerkennungsrecht später liberalisiert oder tritt erst später ein Rügeverzicht ein, so kann die Anerkennung auch erst zu einem späteren Zeitpunkt wirken. Ein Vertrauensschutz in eine Nichtanerkennungsfähigkeit besteht nicht.196 108 Ausländische Ehescheidungsurteile bedürfen dagegen der förmlichen Anerkennung durch die zuständige Landesjustizverwaltung (s u Rz 225ff), ausgenommen sind freilich Entscheidungen aus EU-Staaten (Art 21 EheGVO; s o Rz 68ff) und Heimatstaatentscheidungen. 109 Besteht jedoch ein Streit der Parteien darüber, ob ein ausländisches Urteil anzuerkennen ist, so kann eine Partei eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erheben.197 Dieser Fall tritt selten ein, weil in der Mehrzahl der Fälle die Anerkennung mit der Klage auf Vollstreckbarerklärung verbunden ist. Im Rahmen von EuGVO bzw LugÜ kann die (selbständige) Feststellung, dass die Entscheidung anzuerkennen ist, im Beschlussverfahren nach Art 33 II, 38ff EuGVO bzw Art 26 II, 31ff LugÜ begehrt werden (s o Rz 16). 110 Anerkennung und Vollstreckbarkeitserklärung stehen also in einem engen Zusammenhang. Ohne (inzidente) Anerkennung kann ein ausländisches Urteil nicht für vollstreckbar erklärt werden (§ 723 II 2 ZPO). 4. Die Wirkungen der Anerkennung 111 Zwar gibt es keinen Satz des Völkergewohnheitsrechts, wonach die Staaten verpflichtet sind, ausländische Urteile anzuerkennen. Doch steht die BR Deutschland der Anerkennung ausländischer Urteile aufgeschlossen gegenüber. Die Anerkennung solcher Urteile ist also das Normale, sofern die Voraussetzungen der Nrn 1–5 erfüllt sind. _______________

195 Schack Rz 879; Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 60 II 2 (S 643); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 157. 196 Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 390; MüKo/Gottwald 3. Aufl, § 328 Rz 8. 197 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 157f.

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a) Ausländischen Urteilen wird durch die Anerkennung dieselbe Wirkung beigemessen, die sie im Urteilsstaat haben. Der objektive Inhalt und die subjektive Reichweite der ausländischen Entscheidung werden auf das Inland erstreckt (Lehre von der Wirkungserstreckung).198 Durch die Anerkennung erhält die Entscheidung aber keine weitergehenden, originär verliehenen Wirkungen.199 Eine Entscheidung aus einem Staat mit enger Rechtskraftpräklusion entfaltet daher in einem Staat mit weiter Rechtskraftspräklusion nicht die weiteren Wirkungen. Jedoch wird die Rechtskraft in Deutschland stets von Amts wegen beachtet, auch wenn sie im Erststaat nur auf Einrede hin berücksichtigt wird.200 Wird die Entscheidung im Erststaat aufgehoben, so entfallen automatisch 112 auch ihre unmittelbaren Inlandswirkungen, eine inländische Vollstreckbarerklärung muss dagegen besonders aufgehoben werden (s u § 12 Rz 157, 228). Andere wollen die ausländische Entscheidung nur einer inländischen gleich- 113 stellen und keine weiterreichenden Wirkungen anerkennen, als sie das deutsche Recht kennt; soweit das ausländische Recht hinter dem deutschen zurückbleibt, sollen die Wirkungen durch die Anerkennung freilich nicht verstärkt werden (so die Gleichstellungs- oder besser Kumulationstheorie201). Letztere Einschränkung spricht bereits gegen eine Gleichstellung. Anerkannt werden sollte eine ausländische Entscheidung so, wie sie im Urteilsstaat ergangen ist und nicht in jeweils anderen, von Land zu Land unterschiedlich begrenzten Wirkungen. Die Anerkennung ist daher grundsätzlich nicht durch die Entscheidungswirkungen nach der inländischen lex fori begrenzt.202 Eine Grenze ergibt sich erst, wenn die ausländische Entscheidungswirkung 114 dem deutschen Recht völlig „wesensfremd“ ist. Dies ist aber nur der Fall, wenn sie dem deutschen Recht nicht nur unbekannt, sondern ihre Inlandswirkung gegen den deutschen ordre public (§ 328 I Nr 4 ZPO) verstoßen würde.203 _______________

198 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 86; ders, IZPR, 5. Aufl, Rz 2776, 2848; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 154–155; Kegel/Schurig, IPR, 9. Aufl, § 22 V 1 a (S 1061); Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 349; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 138; Schlosser RdC 284 (2000), 41f. 199 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 88; Schütze, IZPR, Rz 319. 200 Martiny, HdbIZVR III/1, Rz 392; aA Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 150. 201 Dafür Schack, IZVR, 4. Aufl, Rz 796; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 141; wohl auch Schütze, IZPR, Rz 319; für die Schweiz Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 351. 202 Ebenso Fischer, FS Henckel, S 199, 204ff. 203 Gottwald ZZP 103 (1990), 257, 261ff; v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 157; Kropholler, IPR, 5. Aufl 2004, § 60 IV 2; Martiny, HdbIZVR III/1, 1984, Rz 362ff; Rosenberg/Schwab/Gottwald § 156 Rz 8; Staudinger/Spellenberg, 14. Bearb 2005, § 328 ZPO Rz 125.

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115 b) Die Anerkennung der ausländischen Entscheidung hat zur Folge, dass die inländischen Gerichte an die materielle Rechtskraft des ausländischen Urteils gebunden sind204 und seine Richtigkeit nicht nachprüfen dürfen (keine révision au fond; vgl § 723 I ZPO). Rein formal kann man eine Entscheidung zwar auch nach sachlicher Überprüfung anerkennen; aber in der Sache hat das inländische Gericht den Fall neu entschieden. Die Anerkennung darf nicht versagt werden, weil es den im Ausland zuerkannten Anspruch in gleicher Weise nach inländischem Recht nicht gibt. Sie ist nur zu verweigern, soweit das ausländische Urteil gegen den inländischen ordre public verstößt.205 116 Wird die Rechtskraft im Inland anerkannt, ist eine neue Klage zwischen denselben Parteien über den gleichen Streitgegenstand unzulässig („ne bis in idem“).206 Für Schadenersatzklagen wegen Schäden bei Schiffszusammenstößen wird dies in § 738a II 1 HGB ausdrücklich ausgesprochen. Als Sonderregel gestattet § 738a II 2 HGB dem siegreichen Kläger, auf seine Rechte aus dem ausländischen Titel zu verzichten und im Inland neu zu klagen. 117 Soweit das ausländische Urteil nur mittels Vollstreckungsklage (§ 722 ZPO) für vollstreckbar erklärt werden kann, ist nach hM eine neue Leistungsklage zulässig, wobei ein neues Sachurteil unter Bindung an das ausländische Urteil zu erlassen ist.207 118 Regelmäßig ist die ausländische Entscheidung freilich zu einer präjudiziellen Vorfrage ergangen. Das Gericht ist dann an diese Entscheidung der Vorfrage gebunden und hat sie seinem neuen Urteil unverändert zugrunde zu legen. 119 Teil der Rechtskraftbindung ist auch die Rechtskraftpräklusion von Alttatsachen.208 Richtet sich der Umfang der Rechtskraftbindung nach dem Recht des Erststaates, so muss auch der Umfang der Präklusionswirkung aus Gründen prozessualen Vertrauensschutzes nach dem Recht des Erststaates beurteilt werden.209 Anzuerkennen ist nicht nur die Präklusionswirkung einer Erstentscheidung, sondern auch die einer ausländischen Zweitentscheidung (zB auf Vollstreckungsgegenklage oder Abänderungsklage).210 Soweit Urteile mit vereinbartem Inhalt (consent judgments) eine verminderte Präklusionswirkung haben, ist dies zu beachten; außerordentliche Rechtsbehelfe, die der _______________

204 Schack Rz 777. 205 Anderson ICLQ 42 (1992), 697; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 57ff. 206 Schütze, IZPR, Rz 320. 207 BGH NJW 1964, 1626; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 722 Rz 39. 208 Vgl MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 322 Rz 134ff; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 152. 209 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 236ff, 243; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 2812; ders, Anerkennung, S 149. 210 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 290ff.

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Erststaat gegen ein consent judgment eröffnet, müssen dagegen nicht eröffnet werden.211 Rechtskraftfremde Präklusionswirkungen sind keine Entscheidungswirkun- 120 gen, sondern knüpfen meist daran an, dass die Partei es unterlassen hat, einen weiteren Klagegrund in das Erstverfahren einzuführen oder einen Rechtsbehelf (zB Einspruch gegen ein Versäumnismittel) einzulegen. Nelle meint, solche Regeln seien nur im Inland nach der lex fori maßgeblich und nur auf inländische Präklusionstatbestände anwendbar.212 Aber dies überzeugt nicht. Es besteht kein Anlass, der Partei im Inland mehr Einwendungen gegen ein Urteil zuzubilligen als im Erststaat. Rechtskraftfremde Präklusionen sind daher ebenfalls anzuerkennen (nicht anders entscheidet die Rechtsprechung seit jeher über Einwendungen gegen einen Schiedsspruch). Nach anglo-amerikanischem Prozessrecht bindet eine Entscheidung nicht 121 nur hinsichtlich des Tenors, sondern auch hinsichtlich der Beurteilung von Vorfragen, die tatsächlich verhandelt und entschieden wurden („collateral estoppel“).213 Inter partes sind solche Wirkungen dem deutschen Recht vergleichbar und anzuerkennen. Gleiches gilt für eine Bindung an präjudizielle Rechtsverhältnisse nach französischem Recht.214 Nicht anzuerkennen ist dagegen eine sog issue preclusion,215 dh eine Bindung an die Feststellung der einzelnen früher entscheidungserheblichen Tatsachen.216 Eine Bindung an durch Zwischenurteil entscheidbare Vorfragen217 dürfte dagegen inter partes anzuerkennen sein.218, 219 Soweit die materielle Rechtskraft gegenüber Dritten wirkt, ist zu unter- 122 scheiden: Zu Lasten eines Dritten kann die Rechtskraft nur wirken, soweit dieser Rechtsnachfolger der Partei ist oder in eine Bindung eingewilligt hat. Ansonsten widerspricht die Bindung der Garantie rechtlichen Gehörs (Art 103

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211 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 269ff. 212 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 258. 213 Vgl Casad, Res judicata, 1976, § 5/1–34; § 7–8; Smit, International Res judicata and Collateral Estoppel, UCLA L.Rev. 9 (1962), 44; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 3. Aufl 2003, S 74f. 214 Kössinger S 92ff, 146ff. 215 Vgl Hay, US-amerikanisches Recht, 3. Aufl 2005, Rz 207; Böhm, Amerikanisches Zivilprozessrecht, 2005, Rz 771ff. 216 Martiny, HdbIZVR III/1, Rz 358, 381; aA Fischer, FS Henckel, S 199, 209 (soweit Bedeutung für Folgeprozess vorhersehbar). 217 Hierfür English Court of Appeal, [1996] ILPr 906. 218 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 ZPO Rz 144; Musielak, 4. Aufl, § 328 Rz 35; Fischer, FS Henckel, S 199, 208f; aA Schütze, IZPR, Rz 319. 219 Zu den objektiven Rechtskraftgrenzen im Ausland vgl U. Ritter ZZP 87 (1974), 138; Spellenberg, FS Henckel, 1997, S 841; Stürner, FS Schütze, 1999, S 913.

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I GG), die im Rahmen der Urteilsanerkennung Bestandteil des deutschen ordre public (§ 328 I Nr 4 ZPO) ist.220 123 Zugunsten des Dritten wirkt collateral estoppel, sei es zur Verteidigung oder als Angriffsmittel des Dritten,221 sicherlich im gleichen Rahmen. Gegenüber der Hauptpartei sollte die Präklusionswirkung aber auch dann anerkannt werden, wenn das Interesse des Dritten im Erstprozess bereits erkennbar im Spiel war.222 Eine eventuelle weitergehende Bindung der Parteien des Erstprozesses gegenüber Dritten sind dagegen nicht anzuerkennen. 124 Die Anerkennung der materiellen Rechtskraft erfolgt rein prozessual. Sie hängt nicht davon ab, ob das ausländische Urteil in Anwendung des nach deutschem IPR anwendbaren materiellen Rechts ergangen ist.223 125 Die Rechtskraftwirkungen richten sich nur nach dem Recht des Urteilsstaates, nicht nach der Rechtsordnung, die das Gericht auf die Sachentscheidung angewendet hat.224 Die gegenteilige Lehre von der kollisionsrechtlichen Relativität der Rechtskraft möchte Friktionen auf der Ebene der lex causae, insb bei Gestaltungsurteilen, vermeiden.225 Aber sie erkauft diese Einheitlichkeit durch Unsicherheit über die tatsächlichen Rechtsfolgen eines Urteils. Nachdem 1986 jeder kollisionsrechtliche Vorbehalt aus § 328 ZPO gestrichen wurde, kann dieser Lehre nicht mehr gefolgt werden. 126 c) Anzuerkennen ist auch die Gestaltungswirkung eines Urteils (zB die Ehescheidung, der Ausschluss eines Gesellschafters, die Herabsetzung einer Vertragsstrafe usw) und zwar ebenfalls rein prozessual nach dem Recht des Urteilsstaates, ohne Rücksicht sowohl auf die nach deutschem IPR anzuwendende Rechtsordnung als (in Statussachen) auf die Haltung des Heimatstaates der oder eines der Beteiligten.226 Bei Statusänderungen ist von der Rechtsfolge auszugehen, die nach der angewandten Rechtsordnung angeordnet werden konnte.227 Danach ist zu entscheiden, ob zu dem Urteil noch eine Registrierung etc hinzutreten muss, um die Statusänderung herbeizuführen. _______________

220 Vgl im Einzelnen R. Krause, Urteilswirkungen gegenüber Dritten im US-amerikanischen Zivilprozessrecht, 1994, S 51ff; aA für die class action: Dixon ICLQ 46 (1997), 134. 221 Vgl Tiedtke Smith DRiZ 1995, 94; Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht, 2. Aufl, S 73. 222 Vgl R. Krause S 244ff. 223 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 37ff, 44ff, 149 („Emanzipation“ des Anerkennungsrechts). 224 Schack Rz 926ff; Fischer, FS Henckel, S 199, 202f. 225 Vgl Hausmann, Kollisionsrechtliche Schranken von Scheidungsurteilen, 1980, S 183ff. 226 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 41f, 152f; MüKo/Gottwald 3. Aufl, § 328 ZPO Rz 149ff; Schack Rz 779; Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 328 Rz 45ff; Schütze, IZPR, Rz 321. 227 Staudinger/Spellenberg, 14. Bearb, § 328 ZPO Rz 137.

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d) Anzuerkennen sind weiter Drittwirkungen, die der Interventionswirkung 127 (§ 68 ZPO) oder der Streitverkündungswirkung (§§ 74 III, 68 ZPO) des deutschen Rechts entsprechen, auch wenn sie im Ausland ggf materiellrechtlich qualifiziert werden.228 Voraussetzung dafür ist, dass die Entscheidung selbst im Inland anerkannt werden kann. Wenn nach hM sämtliche Anerkennungsvoraussetzungen insoweit gegeben sein müssen,229 so bedeutet dies, dass die Zuständigkeit des Erstgerichts gegenüber dem Beklagten, nicht aber gegenüber dem einem Streitverkündungsempfänger vergleichbaren vauchee bestehen muss.230 Den Dritten gegenüber muss aber ein Streitverkündungsgrund vorliegen und die Streitverkündung (analog § 328 I Nr 2 ZPO) ordnungsgemäß zugestellt worden sein. Sie darf analog § 328 I Nr 3 ZPO keiner anderen vorrangig beachtlichen Entscheidung und analog § 328 I Nr 4 ZPO nicht dem deutschen ordre public widersprechen. Im Verhältnis zum Wohnsitzstaat des Dritten braucht aber keine Gegenseitigkeit zu bestehen.231 Unter diesen Voraussetzungen ist die Bindungswirkung des vouching in des 128 US-amerikanischen Rechts gegenüber dem vouchee, zB gegenüber dem Verkäufer nach dem Uniform Commercial Code sec. 2–607 (5) (a) im Inland anzuerkennen.232 Nicht gebunden ist der Dritte aber an einen Vergleich zwischen den Hauptparteien. Wegen der funktionellen Vergleichbarkeit soll auch die Bindung an ein consent judgment entfallen.233 Anzuerkennen sind auch Garantieklageurteile und Urteile auf Gewährleis- 129 tungsklage. Art 65 EuGVO und Art V des 1. Protokolls zum LugÜ schließen zwar die Zuständigkeiten für Gewährleistungs- bzw Interventionsklagen nach den Art 6 Nr 2 und Art 10 EuGVO bzw LugÜ für Deutschland aus, sehen aber ausdrücklich vor, dass die entsprechenden in einem anderen EuGVO- bzw LugÜ-Staat ergangenen Urteile anerkannt und vollstreckt werden (so Rz 23f).234 Gegenüber Dritten auf Garantie- oder Regressklage ergehende Urteile aus 130 anderen Staaten gelten dagegen die allgemeinen Anerkennungsvoraussetzungen, da das Urteil gegenüber dem Dritten eine selbständige vollstreckbare Entscheidung bildet. Solange deshalb nicht ein Art 6 Nr 2 EuGVO bzw LugÜ entsprechender Gerichtsstand in die ZPO eingefügt wird, muss gegenüber dem Dritten eine andere Anerkennungszuständigkeit (analog §§ 12ff _______________

228 Wieczorek/Mansel § 68 Rz 27, 30ff; Geimer, Anerkennung, S 46, 153ff. 229 Martiny, HdbIZVR III/1 Rz 397; Milleker ZZP 80 (1967), 288; MüKo/Gottwald § 328 ZPO Rz 153f; Wieczorek/Mansel § 368 Rz 33. 230 Schack Rz 923; Götze S 146ff; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 155; aA BGH NJW 1970, 387 (Geimer); teilw. abw. M. Meier, Grenzüberschreitende Drittbeteiligung, 1994, S 222ff. 231 Wieczorek/Mansel § 68 Rz 37ff. 232 Vgl Götze, Vouching In und Third-Party Practice, 1993, S 57ff, 126ff, 138, 166. 233 So Götze S 142ff. 234 Schack Rz 924.

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ZPO) gegeben sein; der Sachzusammenhang mit dem Hauptprozess genügt nicht.235 Scheitert die Anerkennung danach an § 328 I Nr 1 ZPO, so kann dem Drittklageurteil nicht etwa eine anerkennungsfähige Interventionswirkung entnommen werden. Drittklage und Streitverkündung sind ein aliud, die Streitverkündung ist schon wegen der unterschiedlichen Prozessführungslasten kein darin enthaltenes minus.236 131 e) Ob ein ausländisches Urteil im Inland Tatbestandswirkung entfaltet, ist dagegen keine Frage der Wirkungserstreckung eines ausländischen Urteils. In Auslegung der jeweiligen Norm des materiellen Rechts ist vielmehr zu ermitteln, ob und unter welchen Voraussetzungen die dort vorgesehenen Wirkungen auch durch eine ausländische Entscheidung (im Wege der Substitution) ausgelöst werden.237 132 Für die praktisch wichtige Verjährungshemmung bzw Verlängerung der Verjährungsfrist (§§ 197 I Nr 3, 204 I BGB) soll nach einer Ansicht jede Klage und jede Streitverkündung bzw jedes Urteil im Ausland genügen,238 nach einer weiteren Ansicht müsse das ausländische Gericht jedenfalls aus deutscher Sicht international zuständig sein.239 Schack will die Wirkung des § 204 I Nr 1 BGB an jede Klageerhebung, bei der rechtliches Gehör gewährt wurde, die Wirkung des § 197 I Nr 3 BGB aber von der Anerkennung des ausländischen Urteils im Inland abhängig machen.240 Die hM verlangt wohl zu Recht für eine Tatbestandswirkung nach deutschem Recht, dass Rechtshängigkeit und Streitverkündung bzw Urteil im Inland anerkannt werden können.241 133 Die Anerkennungsvoraussetzungen sind für jeden Streitgegenstand gesondert zu prüfen, so dass eine Teilanerkennung in Betracht kommt.242 Auch eine Teilanerkennung eines teilbaren Anspruchs kommt in Betracht (s u Rz 176). 134 Die Anerkennung schließt nicht aus, die Entscheidung im Inland wegen veränderter Umstände abzuändern (s o § 5 Rz 26f). 135 f) Die Vollstreckbarkeit, die eine Entscheidung im Erststaat hat, wird (außerhalb des europäischen Rechts) de lege lata nicht anerkannt, sondern muss _______________

235 Götze S 168ff; Linke, IZPR, 4. Aufl Rz 367; Wieczorek/Mansel § 68 Rz 43ff; aA Zöller/Geimer § 328 Rz 63; auch noch MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 155. 236 Götze S 184ff; Wieczorek/Mansel § 68 Rz 47. 237 Schack IZVR Rz 780; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 42f; C. Schulz, Die Subsumtion ausländischer Rechtstatsachen, 1997, S 38, 42ff, 56ff; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 141; aA Schütze, IZPR, Rz 323. 238 So Frank IPRax 1983, 108. 239 So Geimer IPRax 1984, 83f. 240 Schack, IZVR, 3. Aufl, Rz 782ff. 241 Taupitz ZZP 102 (1989), 288, 307ff; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 157. 242 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 95.

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der Entscheidung erst im Inland in rechtsgestaltender Weise verliehen werden.243 Als Ausnahme von dieser Regel ist der Europäische Vollstreckungstitel ge- 136 mäß Art 5 EuVTVO in allen EU-Staaten (außer Dänemark) unmittelbar vollstreckbar (s u § 12 Rz 1ff). Gleiches gilt für Europäische Umgangstitel und künftig auch für den Europäischen Mahnbescheid, Titel, die im europäischen small claim Verfahren ergangen sind, sowie Entscheidungen im Rahmen der künftigen Unterhaltsverordnung.

5. Anerkennungsfähige Entscheidungen Der Kreis der anzuerkennenden ausländischen Urteile ist begrenzt. An- 137 erkannt werden alle rechtskräftigen Entscheidungen, gleichgültig ob sie in einem ordentlichen oder einem summarischen Verfahren (ohne oder nur mit eingeschränkter Beweiserhebung) ergangen sind.244 Diese dürfen nicht mehr mit einer Berufung, Revision, Kassation oder anderen Rechtsmitteln im Erststaat angegriffen werden. Die Entscheidung muss wirksam sein.245 Da jeder Staat selbständig über die Anerkennung (und die Vollstreckbarkeit) entscheidet, können ausländische Exequaturentscheidungen nicht anerkannt werden.246 Vorläufig vollstreckbare Urteile werden nicht anerkannt. Das ist von großer 138 praktischer Bedeutung. Es vergehen oft viele Jahre, bis ein ausländisches Urteil rechtskräftig und damit endgültig geworden ist. Dabei kommt es entscheidend auf den Instanzenzug des Erststaates an. Arreste und einstweilige Verfügungen scheiden aus. Bei einstweiligen Verfü- 139 gungen und Arresten handelt es sich um vorläufige Maßnahmen. Schon daraus folgt, dass sie nicht unter § 328 ZPO fallen können.247 Es soll durch_______________

243 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 159; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 163. 244 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 97; Schütze, IZPR, Rz 328. 245 Vgl OLG Düsseldorf VersR 1991, 1161/62; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 87, 111. 246 Kegel, FS Müller-Freienfels, 1986, S 377; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 86f; vgl Glenn, in: Aufbruch nach Europa, 75 Jahre MPI für Privatrecht, 2001, S 705. 247 Riezler, Internationales Zivilprozessrecht, S 668, weist darauf hin, dass die Anordnungen im Ausland nicht erzwungen werden können; Geimer, IZPR, Rz 2222, will darauf abstellen, ob die einstweilige Maßnahme nach dem Recht des Erststaates geeignet ist, die Streitsache endgültig zu erledigen; OLG Hamburg, Urt vom 20.12.1907, OLG 18, 492, betrifft den besonderen Fall der definitiven Entscheidung des Bezirksgerichts Zürich über einen Unterhaltsanspruch für die Dauer des Scheidungsprozesses.

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aus nicht verkannt werden, dass in der Praxis viele einstweilige Verfügungen und Arreste den Streit endgültig bereinigen. 140 Urkunden-, Wechsel- und Scheckurteile werden nicht anerkannt, sofern die Entscheidungen noch mit einem Nachverfahren belastet sind. 141 § 328 ZPO spricht vom Urteil eines ausländischen Gerichts. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass alle gerichtlichen Sachentscheidungen gemeint sind, unabhängig von ihrer Bezeichnung.248 Um ein Gericht handelt es sich, wenn ein weisungsfreies staatliches oder staatlich beliehenes249 Organ entschieden hat und den Parteien in dem Verfahren rechtliches Gehör gewährt worden ist. 142 Klagabweisende Prozessurteile sollen nach hM nicht anerkennungsfähig sein bzw keinen anerkennungsfähigen Inhalt haben.250 Es besteht aber durchaus ein Bedürfnis, zB die rechtskräftige Klagabweisung wegen wirksamer Schiedsvereinbarung auch in einem anderen Staat anzuerkennen. 143 Gegenstand der Entscheidung muss eine Zivil- oder Handelssache sein. Maßgeblich ist dafür das inländische Verständnis nach § 13 GVG,251 auf die Bezeichnung des ausländischen Spruchkörpers kommt es nicht an. Anerkennungsfähig sind danach Entscheidungen von Arbeitsgerichten oder von Verwaltungsgerichten, soweit diese materiell über zivilrechtliche Ansprüche entschieden haben. Nicht zu den Zivilsachen gehört ein Schadenersatzanspruch gegen einen Hoheitsträger aus der Ausübung hoheitlicher Befugnisse.252 Ein Schadenersatzurteil ist in einer Zivilsache auch dann ergangen, wenn ihm, wie bei einer Entscheidung über punitive damages, auch pönale Elemente innewohnen.253 Im Rahmen von EuGVO bzw EuGVÜ/LugÜ kommt es auf die autonome Auslegung dieses Regelwerks an. 144 Strafurteile sind anzuerkennen, soweit im Adhäsionsprozess endgültig über zivilrechtliche Ansprüche entschieden ist. Die Vollstreckung ausländischer Strafurteile ist geregelt im Übereinkommen vom 13.11.1991 zwischen den Mitgliedstaaten der EU über die Vollstreckung ausländischer strafrechtlicher Verurteilungen.254 _______________

248 Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 60 III 1 (S 644); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 97. 249 Zur Scheidung durch kirchliche Gerichte s u Rz 222. 250 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 89ff; ders, IZPR, 5. Aufl, Rz 2788; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 351; vgl MüKo/Gottwald § 328 Rz 43. 251 Stein/Jonas/Roth § 328 Rz 67; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 100. 252 BGHZ 155, 279, 281ff = NJW 2003, 3488. 253 MüKo/Gottwald, ZPO, 3. Aufl, § 328 Rz 42. 254 Gesetz vom 7.7.1997, BGBl II, 1350; vgl BR-Drucks 320/96.

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Entscheidungen auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind heute 145 nach dem ähnlichen § 16a FGG anzuerkennen.255 (Nach der Reform des FGG findet sich die Regelung in den §§ 122, 123 FamFG.) Sorgerechtsentscheidungen eines EU-Staates sind nach Art 21 EheGVO automatisch anzuerkennen. Ausländische Sorgerechtsentscheidungen aus Nicht-EU-Staaten, die unter das Europäische Sorgerechtsübereinkommen (ESÜ) vom 20.5.1980256 fallen, sind nach dessen Art 7 anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären.257 Auch nach Art 7 MSA sind Sorgerechtsmaßnahmen anzuerkennen und nach innerstaatlichem Recht zu vollstrecken,258 sofern nicht die EheGVO (Art 60 lit d) Vorrang hat. Ausländische Adoptionen sind nach Art 23 des Haager Übereinkommens 146 über die internationale Adoption vom 1.5.1995259 kraft Gesetzes anzuerkennen, wenn die zuständige Behörde des Staates, in dem die Adoption abgeschlossen wurde, bescheinigt, dass die Adoption nach den Regeln des Übereinkommens zustande gekommen ist. Nach §§ 2ff AdWirkG vom 9.11.2001260 ist sie auf fakultativen Antrag eines nach § 3 Berechtigten vom Vormundschaftsgericht am Sitz des Oberlandesgerichts förmlich anzuerkennen. Die örtliche Zuständigkeit folgt aus § 43b FGG (§ 5 AdWirkG). Mit der Anerkennung ist festzustellen, ob das Annahmeverhältnis einem deutschen Annahmeverhältnis gleichsteht (§ 2 II AdWirkG). Zusätzlich kann das Vormundschaftsgericht eine ausländische Adoption auf Antrag in eine nach inländischem Recht umwandeln, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht (§ 3 AdWirkG). Ausländische Schiedssprüche fallen nicht unter die anzuerkennenden Ent- 147 scheidungen, selbst dann nicht, wenn sie durch ein ausländisches Gericht für vollstreckbar erklärt sind.261 Insoweit gilt die Sonderregelung des § 1061 ZPO (s u § 16 Rz 116ff). Etwas anderes soll für ein ausländisches Urteil gelten, das aufgrund eines Schiedsspruches ergangen ist.262 Dieser Ansicht dürf-

_______________

255 Vgl Keidel/Kuntze/Zimmermann, FG, Bd 1, 15. Aufl 2003; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, FS Ferid, 1988, S 89; Gruber, Ausländische Nachlassabwickler vor deutschen Gerichten, Rpfleger 2000, 250; R. Wagner FamRZ 2006, 744, 748ff. 256 BGBl 1990 II, 206. 257 Vgl Staudinger/Pirrung, 13. Bearb 1994, Vor Art 19 EGBGB Rz 767ff. 258 Staudinger/Kropholler, 14. Bearb 2003, Vor Art 19 EGBGB Rz 438ff, 452ff; zur Reform des MSA s Siehr FamRZ 1996, 1047, 1051. 259 BGBl 2001 I, 2949; vgl C. Rudolf ZfRV 2001, 183, 188. 260 Vgl W.-M. Hölzel, Verfahren nach §§ 2 und 3 AdWirkG, StAZ 2003, 289. 261 Wieczorek § 328 B IIc 2; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 ZPO Rz 44. 262 Vgl BGH RIW 1984, 557 (krit Schütze RIW 1984, 734); BGH NJW 1984, 2763 = RIW 1984, 644 (Mezger) = IPRax 1985, 158 (dazu Schlosser S 141); OLG Hamburg RIW 1992, 939.

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te aber eine Fehlinterpretation der merger-Wirkung eines Exequatururteils zugrunde liegen.263 148 Soweit es sich um Entscheidungen internationaler Gerichte handelt, kommt es darauf an, ob Deutschland Vertragspartner des entsprechenden völkerrechtlichen Vertrages ist. Die Anerkennung ist dann idR in dem speziellen Abkommen geregelt, ohne dass es eines Rückgriffs auf § 328 ZPO bedurfte. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichts erster Instanz sind danach wie inländische Entscheidungen zu behandeln (Art 244, 256 EGV; 159, 164 EAGV; 92 EGKSV). Entsprechendes gilt für den Schiedsgerichtshof der Gemischten Kommission, für das Londoner Abkommen über deutsche Auslandsschulden, die Zentralkommission in Rheinschifffahrtssachen und den Berufungsausschuss der Mosel-Kommission in Moselschifffahrtssachen. Für deren Entscheidungen ist die Vollstreckbarerklärung besonders geregelt, so dass auch die Inzidentanerkennung nicht zusätzlichen Voraussetzungen nach § 328 ZPO unterliegen kann. Handelt es sich dagegen um ein internationales Gericht, an dessen vertraglicher Regelung Deutschland nicht beteiligt ist, so gilt für dessen Entscheidungen § 328 ZPO.264 149 Nach hM fallen ausländische Prozessvergleiche und ausländische vollstreckbare Urkunden (§ 794 I Nr 1 und Nr 5 ZPO) nicht unter § 328 ZPO. In beiden Fällen handelt es sich nicht um rechtskräftige ausländische Entscheidungen.265 Eine generelle Gleichstellung wie nach Art 57 EuGVO bzw Art 50 EuGVÜ/LugÜ wäre für Prozessvergleiche durchaus sinnvoll, ist aber dem Gesetzgeber vorbehalten. Die in diesen Titeln enthaltenen Parteierklärungen sind freilich wie andere private Willenserklärungen auch ohne formelle Anerkennung im Inland wirksam. Anerkennungsfähig ist dagegen ein sog consent judgment, das auf der Grundlage eines Vergleichs (mit dessen Wortlaut) ergeht. Aufgrund der Notwendigkeit einer richterlichen Genehmigung sollte auch ein class action settlement (US-amerikanischen Rechts) anerkannt werden.266 150 DDR-Urteile. Nach Art 18 des Einigungsvertrages vom 31.8.1990267 bleiben Entscheidungen der Gerichte der DDR wirksam. Jedoch können Verstöße ge_______________

263 Dolinar, FS Schütze, S 187. 264 Stein/Jonas/Roth § 328 Rz 80; Zöller/Geimer § 328 Rz 84. 265 Stein/Jonas/Roth § 328 Rz 65, 66; MüKo/Gottwald § 328 Rz 55; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 99; aA (für Gleichstellung) Koch, FS Schumann, S 267; Riezler, IZPR, S 530. 266 Heß JZ 2000, 373, 377; vgl auch J. Spindler, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Prozeßvergleiche unter bes Berücksichtigung der U.S.-amerikanischen Class Action Settlements, Diss Heidelberg 2001/02. 267 BGBl I 889.

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gen rechtsstaatliche Grundsätze (entsprechend § 328) im Vollstreckungsverfahren oder durch Feststellungsklage geltend gemacht werden.268 6. Anerkennungsvoraussetzungen a) Gerichtsbarkeit des ausländischen Staates Ausländische Entscheidungen werden (analog § 328 I Nr 1 ZPO) nur an- 151 erkannt, wenn der ausländische Staat seine Gerichtsbarkeit in der Streitsache ausüben durfte. Entscheidend ist, ob in spiegelbildlicher Anwendung des deutschen Rechts Immunität bestand.269 Ein Urteil, das die Bundesrepublik Deutschland zu Schadenersatz wegen Kriegsverbrechen der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg verurteilt, kann daher nicht anerkannt werden.270 b) Anerkennungszuständigkeit (§ 328 I Nr 1 ZPO) Die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, müssen 152 bei hypothetischer Anwendung der deutschen Gesetze bei Klageerhebung zuständig gewesen oder während des Verfahrens zuständig geworden sein (Spiegelbildprinzip). Fehlt die internationale Anerkennungszuständigkeit, kann die Entscheidung nicht anerkannt werden.271 § 328 I Nr 1 befindet nicht über die internationale Entscheidungszuständigkeit der ausländischen Gerichte. Er legt lediglich als generellen Schutz des Beklagten die deutsche internationale Zuständigkeitsordnung als Maßstab für die Anerkennung der ausländischen Entscheidung fest. Bei der in § 328 I Nr 1 ZPO genannten Zuständigkeit handelt es sich nur um die internationale und nicht um die örtliche Zuständigkeit.272 Es geht daher nicht darum, ob das konkrete Erstgericht zuständig gewesen ist, sondern, ob die Gerichte des betreffenden ausländischen Staates im Ganzen nach der deutschen Auffassung international zuständig waren. Die Verteilung der einzelnen Sachen auf bestimmte Gerichte durch die ausländische Prozessordnung interessiert den deutschen Zweitrichter nicht.

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268 Vgl OLG Naumburg FamRZ 2001, 1013 (krit. dazu Andrae NJ 2002, 15); MüKo/ Gottwald, ZPO, 3. Aufl, § 328 Rz 49; Stein/Jonas/Roth § 328 Rz 184. 269 MüKo/Gottwald, ZPO, 3. Aufl, § 328 Rz 58; Kegel/Schurig, IPR, § 22 I (S 1047ff); v Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rz 159; Dörr, in: Leible/Ruffert, S 175. 270 BGHZ 155, 279 = NJW 2003, 3488. 271 BGHZ 141, 286 = NJW 1999, 3198, 3199; BGH RIW 1996, 966; OLG Düsseldorf RIW 1995, 947; LG München I RIW 1988, 738; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 114ff; Schlosser RdC 284 (2000), 43ff; Schreiner, Internationale Zuständigkeit, S 45ff; Schärtl S 26ff. 272 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 116.

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153 Die Anerkennungszuständigkeit wird durch jede deutsche Entscheidungszuständigkeit begründet, auch durch Prorogation oder rügelose Einlassung entsprechend § 39 ZPO. (Die Vorschriften der EuGVO sind insoweit nicht heranzuziehen.273) Für die rügelose Einlassung soll dies nach Ansicht des BGH274 nur gelten, wenn der ausländische Urteilsstaat keine Zuständigkeit unabhängig davon beansprucht. Diese Einschränkung ist aber verfehlt. Denn sie zwingt dazu, die ausländische Zuständigkeitsordnung zu überprüfen, statt den Streit darüber aufgrund der rügelosen Einlassung abzuschneiden.275 154 Es liegt auf der Hand, dass sich die deutsche internationale Anerkennungszuständigkeit in mancher Beziehung nicht mit der ausländischen internationalen Entscheidungszuständigkeit deckt276 (s o § 3 Rz 500ff). Da die Vorschriften über die deutsche internationale grundsätzlich an die über die örtliche Zuständigkeit geknüpft sind, ergibt sich ein sehr weiter Rahmen. Dieser wirkt sich meist vorteilhaft für ausländische Entscheidungen aus, weil die Anerkennung nach der Voraussetzung Nr 1 damit in sehr vielen Fällen gesichert ist. Es sei nur daran erinnert, dass der so oft angegriffene Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 23 ZPO ausländischen Urteilen eine Anerkennungsmöglichkeit verschafft, während er deutschen Urteilen im Ausland hinderlich sein und die Anerkennung und Vollstreckung aus ihnen unmöglich machen kann. Die Bindung der Anerkennungszuständigkeit an die eigenen Regeln über die Entscheidungszuständigkeit schließt in einzelnen Fällen die Anerkennung aber auch dann aus, wenn eine dem deutschen Recht unbekannte Entscheidungszuständigkeit durchaus als sachgerecht erscheint.277 155 Bei Mehrrechtsstaaten wie den USA oder Kanada soll es nach der Rspr teilweise erforderlich sein, dass das Vermögen in dem Bundesstaat belegen ist, dessen Gerichte das anzuerkennende Urteil erlassen haben.278 Dem ist nicht zuzustimmen, da die Anerkennungszuständigkeit einen Staat als Gesamtheit erfasst und die interne Gerichtsorganisation Sache jedes Staates ist. Außerdem sind die US-Bundesgerichte gerade einheitlich organisiert; inso_______________

273 Vgl Schärtl IPRax 2006, 438. 274 BGHZ 120, 334 = NJW 1993, 1073 = WM 1993, 524; BGH RIW 1996, 966; ebenso OLG Düsseldorf RIW 1995, 947, 948; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 120. 275 Schack ZZP 107 (1994), 75, 77ff; Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 719f; Basedow IPRax 1994, 183; Geimer IPRax 1994, 187; aA Winkler v Mohrenfels JR 1994, 281, 282. 276 Vgl Wazlawik RIW 2002, 691. 277 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 115f (Rechtssicherheit); krit. dagegen Gottwald ZZP 103 (1990), 257, 271f; Schlosser RdC 284 (2000), 46; Schreiner S 104ff. 278 So OLG Hamm RIW 1997, 1039, 1040f m Anm Schütze; Coester-Waltjen, Liber amicorum Buxbaum, S 101, 110ff.

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weit bestehen keine selbständigen Gerichte pro Bundesstaat.279 Zu bedenken ist auch, dass umgekehrt § 23 ZPO seinen Sinn einbüßen würde, wenn das Ausland auf die Belegenheit des Vermögens in Bayern, Niedersachsen etc und eine Entscheidung durch die entsprechenden Landesgerichte abstellen würde. Auch in den USA bilden Bundesgerichte und einzelstaatliche Gerichte ein Rechtsschutzsystem, so dass auch bei einer Entscheidung eines Einzelstaatsgerichts nur auf die Zuständigkeit des Gesamtstaats abzustellen ist.280 Nicht anerkannt werden können Urteile, die nur aufgrund „transient juris- 156 diction“ ergangen sind (s o § 3 Rz 509f). In Fällen von „transacting business“ wird meist eine Zuständigkeit entsprechend §§ 21, 29, 32 oder 23 ZPO vorliegen.281 In Fällen des „Zuständigkeitsdurchgriffs“ kommt idR ein Gerichtsstand nach §§ 21 oder 23 ZPO in Betracht. Der deutsche Zweitrichter muss insb prüfen, ob für den gegebenen Fall eine 157 ausschließliche deutsche Zuständigkeit bestanden hat, denn diese verträgt sich nicht mit der ausländischen internationalen Zuständigkeit.282 Irrelevant ist in jedem Fall, ob der Erststaat ausschließliche Zuständigkeiten eines Drittstaates beachtet hat oder nicht.283 Die Anerkennungszuständigkeit ist nach hM von Amts wegen, nicht nur auf 158 Rüge des Beklagten zu prüfen.284 Grundsätzlich muss sie zur Zeit des Erstprozesses bestanden haben, doch genügt, wenn sie nachträglich als Folge einer Änderung der deutschen Zuständigkeitsregeln entstanden ist.285 Bei seinen Prüfungen ist der deutsche Zweitrichter (außerhalb von staatsver- 159 traglichen Sonderregeln) nicht an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des ausländischen Erstrichters gebunden.286 Da die internationalen Zuständigkeiten nicht übereinstimmen, hat der deutsche Anerkennungsrichter ohne Bindung an die Feststellungen des Ursprungsgerichts zu prüfen und ggf aufzuklären, ob die Voraussetzungen einer Anerkennungszuständig_______________

279 Ebenso BGHZ 141, 286 = NJW 1999, 3198 = RIW 1999, 1381, 1382f = IPRax 2001, 230 (dazu Haas S 195); OLG Koblenz NJOZ 2004, 3370, 3371; v Hoffmann/ Thorn, IPR, § 3 Rz 160; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 117; v Hoffmann/Hau RIW 1998, 344, 351; Schärtl S 46ff, 115ff, 270f; krit. Roth ZZP 112 (1999), 485; Schütze, IZPR, Rz 331. 280 v Hoffmann/Hau RIW 1998, 344, 351f. 281 Vgl OLG Koblenz RIW 2004, 302; H. Müller, Die Gerichtspflichtigkeit wegen „doing business“, 1992, S 221ff; H. Grothe, in: Heldrich/Kono, S 209, 227f. 282 AA Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 52f. 283 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 53. 284 BGHZ 59, 116, 121 = NJW 1972, 1671; MüKo/Gottwald § 328 Rz 56; Stein/Jonas/ Roth § 328 Rz 30; aA Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 54. 285 KG NJW 1988, 649; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 72; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 144; Schreiner S 60ff. 286 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 1871, 2906, 2990f.

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keit tatsächlich bestehen.287 Soweit im Ursprungsverfahren doppelrelevante Tatsachen für die Entscheidungszuständigkeit wie im deutschen Recht unterstellt wurden, muss deren Bestehen im Anerkennungsverfahren neu festgestellt werden.288 160 Im Einzelnen können immer wieder Schwierigkeiten auftauchen. So muss zB im Verhältnis zu Brasilien berücksichtigt werden, dass es nach dortigem Recht keinen Gerichtsstand des Erfüllungsortes gibt.289 Dafür gibt es den Gerichtsstand des Vertragsabschlusses (s o § 3 Rz 519). Aber beide Gerichtsstände stehen in enger Beziehung, so dass aus diesem Grunde einem brasilianischen Urteil die Anerkennung nicht versagt werden sollte. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich in der brasilianischen Rechtslehre die Ansicht durchzusetzen scheint, die internationale Zuständigkeit nach brasilianischem Recht zu beurteilen.290 Als Ausnahme bezeichnet es Geimer,291 dass sich der Beklagte im Verfahren vor dem Zweitrichter nicht mehr auf die Derogation des an sich international zuständigen Erstgerichts berufen kann, wenn er das nicht im Verfahren vor dem Erstrichter getan hat. Das Gleiche gilt hinsichtlich des Einwandes, die Parteien hätten ein Schiedsgericht vereinbart.292 c) Rechtliches Gehör bei Verfahrenseinleitung (§ 328 I Nr 2) (1) Schutz für den Beklagten 161 Es handelt sich um eine besondere Schutzvorschrift für den Beklagten. Auf den Schutz des unterlegenen deutschen Beklagten kommt es nicht mehr an. Aus dem Charakter als Schutzvorschrift für den Beklagten ergibt sich, dass dieser sich dagegen wehren muss, wenn ihm das rechtliche Gehör verweigert worden ist oder wenn er nicht genügend Zeit gehabt hat, seine Verteidigung vorzubereiten. Hierbei spielt die ordnungsgemäße internationale Zustellung des das Verfahren einleitenden Schriftstücks eine besondere Rolle. 162 Welche Anforderungen an das verfahrenseinleitende Schriftstück zu stellen sind, richtet sich nur nach Art 103 I GG: der Beklagte muss in etwa erfahren, aus welchem Anlass ein Prozess gegen ihn eingeleitet wird. Die Mitteilung eines genauen Klageantrags ist nicht erforderlich.293 _______________

287 AA Spickhoff ZZP 108 (1995), 475, 486ff. 288 BGHZ 124, 237 = NJW 1994, 1413 = IPRax 1995, 101 (dazu Gottwald S 75); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 122. 289 Arruda Alvim, Manual de Direito Procesual Civil, 2nd ed, Vol 2, 1986, S 108. 290 Eva Möllring, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Südamerika, 1985, S 42. 291 Geimer IZPR, 5. Aufl, Rz 1809f, 2907. 292 AA Bälz/Marienfeld RIW 2003, 51, 54. 293 BGH RIW 1999, 1381, 1384.

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Als Schutzvorschrift für den Beklagten wird diese nicht von Amts wegen 163 durch den Zweitrichter geprüft. Dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, obliegt es, Zustellungsmängel zu rügen.294 Dabei kommt es darauf an, dass die Zustellung an den Beklagten nach den Vorschriften des Erstrichters erfolgt ist. Daraus ergibt sich die Folgerung, dass die öffentliche Zustellung als ordnungsgemäße Zustellung gilt, wenn das Prozessrecht des Erststaates die öffentliche Zustellung kennt. Zu dem autonomen Zustellungsrecht des Erststaates kommen die von ihm abgeschlossenen internationalen Übereinkommen hinzu. Im gegebenen Fall also das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess, bestehende Zusatzvereinbarungen und das Haager Zustellungsübereinkommen. § 118 Nr 2 der japanischen ZPO schützt den unterlegenen japanischen 164 Staatsangehörigen, der die verfahrenseinleitende Ladung im Wege der öffentlichen Zustellung erhalten hat. Wenn er sich auf eine öffentlich zugestellte Klage nicht eingelassen hat, wird das Urteil, nach dem er unterlegen ist, von dem japanischen Gericht nicht anerkannt, weil er keine Gelegenheit hatte, sich an dem Verfahren zu beteiligen.295 Dabei spielt es keine Rolle, dass die öffentliche Zustellung im Erststaat als ordnungsgemäße Zustellung gilt. Will dagegen ein deutscher Kläger einen Japaner vor einem japanischen 165 Gericht verklagen, hat der Beklagte aber in Japan keinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort, ist ein anderer Gerichtsstand in Japan nicht gegeben, so könnte der Prozess wegen Fehlens einer Zustellung, die öffentliche scheidet ja aus, nicht in Gang gesetzt werden.296 Die Anzahl der Fälle, bei denen im Erststaat keine ordnungsgemäße Ladung 166 des Beklagten erfolgt ist, scheint sich zu vermehren. Ist das das Verfahren einleitende Schriftstück in der Sprache des Erstgerichts abgefasst und keine Übersetzung in die Sprache des Beklagten beigefügt, so kann das Schriftstück nur bei freiwilliger Entgegennahme (gemäß Art 5 II HZustÜ) ordnungsgemäß zugestellt werden. Für eine förmliche, unfreiwillige Zustellung bedarf es jedenfalls in Deutschland (außerhalb des Anwendungsbereichs der EuZustVO) auch der Zustellung einer deutschen Übersetzung (Art 5 I, III HZustÜ iVm § 3 AusfG).297 Erforderlich ist, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück kumulativ ord- 167 nungsgemäß und rechtzeitig zugestellt wurde. Rechtzeitig ist die Zustellung, wenn die inländische Einlassungsfrist gewahrt ist. Auch eine kurze Frist kann genügen, wenn diese auf Antrag verlängert werden kann.298 Es genügt nicht, wenn die Zustellung fehlerhaft, aber an sich so rechtzeitig erfolg_______________

294 295 296 297 298

Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 328 Rz 144. Takeshita ZZPInt Bd 1 (1996), 305, 311f. Nagel, FS Waseda-Universität, 1988, S 757. Vgl BGH RIW 1999, 1381, 1386f. BGH RIW 1999, 1381, 1384f.

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te, dass sich der Beklagte hätte verteidigen können.299 Der Versagungsgrund entfällt auch nicht, wenn dem Beklagten später die ergangene Entscheidung ordnungsgemäß zugestellt wurde und er daher die Möglichkeit hatte, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung im Urteilsstaat einzulegen.300 168 Hat der Beklagte sich auf das Verfahren eingelassen, so verliert die Schutzvorschrift der Nr 2 ihre Bedeutung. Da sich die Schutzvorschrift im internationalen Rahmen als hemmend erweist, besteht eine Tendenz, den Begriff der Einlassung des Beklagten weit auszulegen.301 Es genügt, wenn der Beklagte sich überhaupt gegen die Klage wendet. Er gibt damit zu erkennen, dass er Kenntnis von der Klage erlangt hat. Entscheidend bleibt es, dass der Beklagte die Möglichkeit gehabt hat, seine Verteidigung ordnungsgemäß aufzubauen. (2) Heilung von Zustellungsmängeln 169 Mängel, die bei der Zustellung unterlaufen, können nach dem Recht des Zustellungsstaates einschließlich der für ihn geltenden völkerrechtlichen Verträge heilen.302 Es genügt nicht, dass die lex fori am Ort des Empfängers eine Heilungsmöglichkeit vorsieht.303 Galt für die Zustellung das Haager Zustellungsübereinkommen 1965, soll danach jede Heilung von Zustellungsmängeln ausscheiden, weil das Übereinkommen eine Heilung nicht vorsieht und zugleich exklusiv anzuwenden sei.304 Dies soll selbst dann gelten, wenn das Recht des Erststaates das HZustÜ anders auslegt und eine Heilungsmöglichkeit bejaht.305 Diese Ansicht überzeugt jedoch nicht.306 Denn weder das Übereinkommen noch der Bericht dazu enthalten irgendeinen Hinweis, dass sie eine nach autonomem Prozessrecht gegebene Heilungsmöglichkeit ausschließen wollten. Zudem unterlaufen Zustellungsfehler beim Vollzug des HZustÜ derart häufig, dass der rigorose Ausschluss jeder Heilung dem berechtigten Vertrauen des Klägers auf effektiven Rechtsschutz mit Hilfe eines (durch die Justizbehörden vollzogenen) Rechtshilfevertrages nicht gerecht wird.307 _______________

299 BGH NJW 1991, 641; aA Stade NJW 1993, 184. 300 BGHZ 120, 305, 313f = NJW 1993, 598, 600; OLG München RIW 1995, 1026; Schütze, IZPR, Rz 334; aA Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 328 Rz 137. 301 Geimer NJW 1973, 2141. 302 BGHZ 120, 305, 308 = NJW 1993, 598; BGH NJW 1991, 641. 303 BGHZ 120, 305, 311 = NJW 1993, 598, 600; OLG München RIW 1995, 1026; aA H. Roth, FS Gerhardt, S 799, 807. 304 BGH RIW 1999, 1381, 1387; H. Roth, FS Gerhardt, S 799, 811f. 305 BGHZ 120, 305, 313 = NJW 1993, 598, 600 = ZZP 106 (1993), 391 (Schütze). 306 Für Heilung auch: Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 328 Rz 135a; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 79. 307 Vgl Schack Rz 588.

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Die ordnungsgemäße Zustellung soll sicherstellen, dass sich ein Beklagter in einem Verfahren angemessen verteidigen kann. Es kann aber nicht Sinn von Zustellungsregeln sein, dem Beklagten lediglich Vorteile eines forum shopping zu sichern.308 (3) Keine Pflicht zur Einlegung von Rechtsmitteln Da Art 34 Nr 2 EuGVO weitergehende Mitwirkungspflichten des Beklagten 170 vorsieht (s o Rz 49ff, 72), stellt sich die Frage, ob § 328 I Nr 2 ZPO im Sinne des revidierten europäischen Rechts auszulegen ist und eine prozessuale Last besteht, sich in zumutbarem Rahmen am ausländischen Verfahren zu beteiligen.309 Die Rechtsprechung hat eine solche Pflicht bisher jedoch verneint.310 d) Keine Unvereinbarkeit mit anderen Entscheidungen (§ 328 I Nr 3) Die Neufassung dieser Vorschrift schützt nicht nur die deutsche Partei. Die 171 Staatsangehörigkeit spielt keine Rolle mehr. Das ausländische Urteil darf nur nicht unvereinbar sein mit einem in Deutschland erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil; ebenso darf das zugrunde liegende Verfahren nicht mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar sein.311 e) Verstoß gegen den ordre public (§ 328 I Nr 4) Der deutsche ordre public ist verletzt, wenn die Entscheidung im Ergebnis 172 mit wesentlichen deutschen Rechtsgrundsätzen, insb den Grundrechten oder mit international anerkannten Menschenrechten,312 offensichtlich unvereinbar ist. „Offensichtlich“ meint hier, dass es sich um eine Abweichung von einiger Bedeutung handeln muss. Auch bei den Grundrechten bedarf es sachlich einer Verletzung eines elementaren Schutzbereichs des Grundrechts.313 Der Verstoß kann sich aus Abweichungen im materiellen Recht oder aus Verletzungen der Verfahrensgerechtigkeit ergeben. Der ordre public-Verstoß ist vielfach einleuchtend, wenn die Sache einen gewissen Inlandsbezug hat. Dieser ist aber keine zwingende Voraussetzung. Verstöße gegen ein Minimum an naturrechtlicher Gerechtigkeit oder Men_______________

308 309 310 311 312 313

Vgl aber den Hinweis in BGHZ 120, 305, 309 = NJW 1993, 598. Hierfür Gottwald, FS Schumann, 2001, S 149, 157f; Geimer IZPR Rz 2921. Vgl Linke IZPR, 4. Aufl, Rz 409; Schütze, IZPR, Rz 334. Vgl Lenenbach, passim; Schütze, IZPR, Rz 335, 336. Vgl Spickhoff, Der völkerrechtsbezogene ordre public, S 275, 292ff. R. Hofmann, Grundrechte und grenzüberschreitende Sachverhalte, 1994, S 172ff, 177.

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schenrechte verletzen den ordre public auch ohne einen solchen Bezug.314 Ein Verstoß kann selbst dann gegeben sein, wenn das ausländische Gericht deutsches Recht angewandt hat.315 (1) Materielle Rechtsverstöße 173 Verletzt ist der materielle ordre public, wenn das Ergebnis der ausländischen Rechtsanwendung mit Grundprinzipien des deutschen Rechts schlechthin unvereinbar ist.316 Dies wäre etwa bei durch Prozessbetrug erschlichenem Urteil der Fall.317 Bei Verstößen gegen sog Eingriffsnormen ist im Einzelfall zu prüfen, ob das Urteilsergebnis wirklich dem deutschen ordre public widerspricht.318 Bei der Prüfung sind die Kriterien von Art 7 EVÜ zu beachten. Eine Entscheidung, die gegen drittstaatliche Eingriffsnormen verstößt, berührt den deutschen ordre public idR nicht. Noch kein Verstoß liegt darin, dass ein Schadenersatzurteil einen Deutschen zu einem höheren Ersatz als nach Art 40 II EGBGB verurteilt.319 Die Verurteilung zu einem im Ausland üblichen Erfolgshonorar (quota litis) ist hinzunehmen.320 Auch die Pflicht zur Leistung überhöhten Unterhalts aufgrund von ausländischen Regeln der Devisenzwangswirtschaft321 ist nicht ordre public-widrig. Der Verstoß gegen den Termin- oder Differenzeinwand bei Devisentermingeschäften gehört ebenfalls nicht mehr zum ordre public.322 Dem ordre public kann die Anerkennung einer Scheidung widersprechen, die auf politischen oder staatlichen Druck erfolgte.323 Der Anerkennung einer Scheidung steht aber nicht entgegen, wenn Scheidungsfolgevereinbarungen unter Druck abgeschlossen wurden, jedenfalls wenn entsprechende Verfahrensmängel im Scheidungsverfahren nicht gerügt wurden.324 174 Dagegen ist dies bei US-amerikanischen Urteilen über punitive damages325 der Fall, soweit die Urteilssumme den gewöhnlichen Schadenseratz, ein an_______________

314 315 316 317 318 319

320 321 322 323 324 325

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Geimer ZfRV 5 (1992), 401, 411. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 61. Vgl etwa BMW v Gore, 116 S.Ct. 1589 [1996]. BGH RIW 1999, 1381, 1387. Vgl Becker RabelsZ 60 (1996), 691, 724ff. BGHZ 88, 17, 24 = IPRax 1984, 202; BGH ZIP 1992, 1264; Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 15, 29; Bungert ZIP 1992, 1713; Stiefel/Stürner VersR 1987, 833, 837; aA Schütze RIW 1993, 139. BGHZ 118, 312 = NJW 1992, 3096, 3101; Geimer, Anerkennung, S 142. Vgl BGH NJW 1990, 2197. BGH IPRax 1999, 466, 468 (dazu Fischer S 450); vgl Schwark, FS Sandrock, 2000, S 881; Linke, IZPR, 4. Aufl, Rz 422. BayObLGZ 1992, 195, 198 = FamRZ 1993, 451. BayObLG FamRZ 2001, 1622, 1623. Vgl C. Trapp, Punitive damages in den USA zwischen Mythos und Rückgang, Liber amicorum Rauscher, 2005, S 157.

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gemessenes Schmerzensgeld und angemessene Anwaltskosten übersteigt. Die Anerkennung (und Vollstreckbarerklärung) ist nur zu verweigern, soweit das Urteil in untragbarem Widerspruch zu inländischen Wertvorstellungen steht.326 Punitive damages müssen nach dem Recht der meisten US-Staaten und nach einer Entscheidung des Supreme Court vom Mai 1996327 in angemessenem Verhältnis zum tatsächlich erlittenen Schaden stehen, so dass die ordre public-Widrigkeit künftig wohl seltener auftreten dürfte. Dennoch gehen die zur Abschreckung verhängten Summen immer noch über großzügig bemessene Beträge zur „Genugtuung“ im Rahmen eines deutschen Schmerzensgeldes hinaus. Entgegen dem BGH sollte nicht (allein) auf eine Aufgliederung der Schadensposten abgestellt, sondern die Gesamtsumme einer gewissen Verhältnismäßigkeitskontrolle unterworfen werden.328 US-amerikanische Urteile auf Leistung von treble damages, zB nach dem 175 RICO-Act, haben wirtschaftsstrafrechtliche Funktion und verstoßen daher hinsichtlich der Verdreifachung des Schadenersatzes gegen den deutschen ordre public.329 Ob solche Urteile darüber hinaus wegen der relativen Unbestimmtheit des Haftungstatbestandes nicht anzuerkennen sind,330 erscheint zweifelhaft. Bei anderen Entscheidungen zu treble damages ist zu beachten, ob nicht auch nach deutschem Recht eine ähnliche „abstrakte“ Schadensberechnung, zB im Wettbewerbsrecht oder im Immaterialgüterrecht, zulässig ist. (2) Verstoß gegen rechtsstaatliche Verfahrensgrundsätze Ausländische Entscheidungen sind nur anzuerkennen, wenn das ausländi- 176 sche Verfahren grundlegenden Anforderungen der Rechtsstaatlichkeit ent_______________

326 BGHZ 118, 312 = NJW 1992, 3096; dazu Koch S 3073; Schack ZZP 106 (1993), 104; Bungert Intern. Lawyer 27 (1993), 1075; Seibt DAVJ-Newsletter 2/94, 40; Zekoll, Col.J.Transnat’lL. 30 (1992), 641; ders, US-Amerikanisches Produkthaftungspflichtrecht vor deutschen Gerichten, 1987, S 151ff; Stiefel/Stürner/Stadler AmJCompL 39 (1991), 779; Fiebig Ga.J.Int’l & CompL 22 (1992), 635; Nettesheim/Stahl Texas Int’lL.J. 28 (1993), 415; Mörsdorf-Schulte, Funktion und Dogmatik US-amerikanischer punitive damages, 1999; Stürner, Festgabe BGH, Bd 3, 2000, S 677, 678ff; Geimer, Anerkennung, S 141; für grundsätzliche Anerkennung (mit Kappungsgrenze bei 400 000 Euro) P. Müller, Punitive damages und deutsches Schadenersatzrecht, 2000, S 360ff; vgl D. Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland, 2000. 327 Vgl Ebbing RIW 1996, 993, 998. 328 Coester-Waltjen, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 30ff; vgl Rosengarten, Punitive damages, 1994, S 181ff, der nur eine Mehrfachbestrafung zurückweisen will. 329 Vgl Zekoll/Rahlf JZ 1999, 384; Bungert ZIP 1994, 1905, 1913ff; Stiefel/Bungert, FS Trinkner, 1995, S 749, 764ff; Brockmeier, Punitive damages, multiple damages und deutscher ordre public, 1999; Stürner, FS Schlosser, S 967. 330 Vgl Bungert ZIP 1994, 1905, 1910ff.

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sprochen hat331 (Unparteilichkeit des Gerichts;332 rechtliches Gehör im Verfahren; Gleichbehandlung der Parteien; fairer Verfahrensablauf; kein Prozessbetrug333). Das Fehlen von Urteilsgründen ist als solches nicht ordre public-widrig.334 Schriftliche Gründe können zB ersetzt werden durch eine mündliche Begründung in der Verhandlung oder beim Versäumnisurteil durch den Bezug auf die Klageschrift. Ein US-amerikanisches Urteil verstößt nicht allein deshalb gegen den verfahrensrechtlichen deutschen ordre public, weil es auf ein ausgedehntes pre-trial-discovery hin ergangen ist.335 Eine Zustellung der Klage im Wege des „Zustellungsdurchgriffs“ entspricht nicht dem deutschen Recht, verstößt aber kaum gegen den deutschen ordre public. Gegen den ordre public verstößt nicht, wenn die Partei nicht zum Termin geladen wird.336 Ein auf class action ergangenes Urteil bindet nach US-Recht alle Gruppenmitglieder. Eine Bindung von Deutschen, die sich der Klage nicht aktiv angeschlossen, sondern lediglich nicht ausdrücklich für einen Ausschluss optiert haben, dürfte aber gegen den deutschen ordre public verstoßen.337 177 Mängel des Erstverfahrens sind aber nur relevant, wenn sie der Beklagte im Erstverfahren in zumutbarer Weise vergeblich gerügt hat; andernfalls ist er mit der Berufung auf den Mangel präkludiert.338 178 Die Anerkennung darf aber nicht verweigert werden, weil die Entscheidung gegen den „ordre public“ eines Drittstaates verstößt.339 179 Der BGH hat die Frage, ob es gegen die deutsche öffentliche Ordnung verstoße, wenn ein englisches Gericht den Beklagten wegen „contempt of Court“ von der weiteren Teilnahme an dem Verfahren ausgeschlossen habe, verneint.340 Der Beklagte hatte in einem Unterhaltsrechtsstreit auf eine einstweilige Anordnung des englischen Erstrichters nicht gezahlt. Der BGH _______________

331 Vgl BGHZ 48, 327; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 135. 332 Nach Ansicht von Schütze RIW 2005, 579, 586 sind gewählte Richter an Gerichten von US-Einzelstaaten konzeptionell befangen. 333 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 144f. 334 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 144. 335 BGHZ 118, 312 = NJW 1992, 3096 (dazu Koch S 3073) = ZIP 1992, 1707 (Bungert); Zekoll, US-Amerikanisches Produkthaftpflichtrecht, 1987, S 141, 147ff; aA Schütze, FS Stiefel, 1987, S 697, 701ff; ders, RIW 2005, 579, 586; Hök, Discoveryproceedings als Anerkennungshindernis, 1993, S 206ff. 336 BGH RIW 1999, 1381, 1385. 337 Vgl Mark EuZW 1994, 238, 241; Ch. Greiner, Die class action im amerikanischen Recht und deutscher ordre public, Diss München 1997; V. Hoppe, Die Einbeziehung ausländischen Beteiligter in US-amerikanische class actions unter Berücksichtigung des Class Action Fairness Act, 2005. 338 OLG Koblenz RIW 2004, 302, 306; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 61ff, 137; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 104. 339 Geimer/Schütze I, 1952. 340 BGH NJW 1968, 354.

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meinte, der Beklagte hätte wissen müssen, welches Risiko er durch die Nichtbefolgung der einstweiligen Anordnung einging, zumal er anwaltlich beraten war. Abweichungen des Beweisverfahrens vom deutschen Recht verstoßen idR 180 nicht gegen den deutschen ordre public. Ein Vaterschaftsurteil aufgrund der Aussage der Mutter ohne Einholung eines Abstammungsgutachtens ist nicht ordre public-widrig.341 In einem anderen Fall hat der BGH entschieden, dass die Nichteinholung eines erbbiologischen Gutachtens durch ein norwegisches Gericht nicht gegen den „ordre public“ verstoße. Das norwegische Gericht hatte die Mutter des Kindes vernommen und ein serologisches Gutachten eingeholt. Ein ergänzendes Gutachten hatte nicht eingeholt werden können, weil der Beklagte keine Blutprobe zur Verfügung gestellt hatte.342 Eine Vaterschaftsfeststellung kann aber nicht anerkannt werden, wenn das ausländische Gericht den Einwand des Mehrverkehrs und der Zeugungsunfähigkeit nicht geprüft hat.343 Fehlende Kostenerstattung im Erststaat ist kein Grund, die Anerkennung zu 181 verweigern344 (s aber Rz 213), ebenso nicht die Vereinbarung eines Erfolgshonorars.345 Bei der Prüfung, ob die ausländische Entscheidung zu einem Ergebnis führt, 182 das mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, ist der Zweitrichter nach hM an die tatsächlichen Feststellungen des ausländischen Gerichts gebunden.346 Der BGH lässt jedoch einen neuen Tatsachenvortrag zur Darlegung eines ordre public-Verstoßes (§ 328 I Nr 4 ZPO) zu.347 Geimer348 will danach unterscheiden, ob die Anerkennungsvoraussetzungen unmittelbaren Staatsinteressen dienen oder ob sie nur den Schutz der Parteien bezwecken. Soweit unmittelbare Staatsinteressen auf dem Spiele stehen, komme eine Prüfung von Amts wegen oder sogar eine Tatsachenermittlung von Amts wegen in Betracht.

_______________

341 BGH NJW 1986, 2193 = IPRax 1987, 247; aA Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 136. 342 NJW 1979, 1105. 343 AmtsG Würzburg FamRZ 1994, 1596. 344 BGHZ 118, 312 = NJW 1992, 3096, 3099 (dazu Koch S 3073); OLG Koblenz RIW 2004, 302, 306; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 137; vgl Neufang, Kostenverteilung im US-amerikanischen Zivilprozess und Urteilsanerkennung in Deutschland, 2002; aA Schütze, IZPR, Rz 339. 345 OLG Koblenz RIW 2004, 302, 306. 346 BGH NJW 1998, 2358; Spickhoff ZZP 108 (1995), 475, 489ff. 347 BGH RIW 1999, 598, 703 (Prozessbetrug). 348 IZPR, 5. Aufl, Rz 2291; ders, Anerkennung, S 142f.

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183 Die Nichtberücksichtigung der Rechtshängigkeit vor einem deutschen Gericht ist als Verstoß gegen den deutschen „ordre public“ gewertet worden.349 Im Ergebnis ist diese Entscheidung allerdings unbefriedigend. 184 Der Verfahrensmangel hindert die Urteilsanerkennung, wenn er das Ergebnis der Entscheidung beeinflusst haben kann; wie sonst bei Verfahrensfehlern kann ein voller Kausalitätsnachweis nicht verlangt werden.350 f) Gegenseitigkeit (§ 328 I Nr 5) 185 Anerkennung hat etwas mit Gegenseitigkeit zu tun. Wer selbst anerkannt werden möchte, erkennt anderen gleichen Rang zu. Wer den anderen nicht anerkennt, muss sich nicht wundern, dass ihn dieser seinerseits nicht anerkennt. In einer Rechtsgemeinschaft oder auf vertraglicher Grundlage entstehen hieraus für die Rechtsunterworfenen keine Schwierigkeiten, wohl aber im vertragslosen Rechtsverkehr. Denn hier stellt sich die Frage nach dem ersten Schritt. Solange keine Seite dazu bereit ist, sind die Bürger die Leidtragenden. Das Erfordernis der Gegenseitigkeit ist daher stets als Fremdkörper in einem System des subjektiven Rechtsschutzes kritisiert worden. Der Gesetzgeber hat hieran aber im Staatsinteresse festgehalten.351 186 Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Diese Voraussetzung erweist sich in der Praxis als besonders schwerwiegend, denn sie schließt die Anerkennung von Urteilen aus vielen Staaten von vornherein aus. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit sollte deshalb zuerst geprüft werden. Ist sie nicht gegeben, so erübrigen sich alle weiteren Prüfungen. Einfach verhält es sich, wenn der ausländische Staat eine förmliche Vereinbarung der Gegenseitigkeit durch Staatsvertrag oder Regierungserklärungen verlangt. Schwieriger verhält es sich, wenn wie im deutschen Recht faktische Gegenseitigkeit besteht, weil der deutsche Richter dann im konkreten Fall feststellen muss, ob zu dem entsprechenden Land die Gegenseitigkeitslage gegeben ist. Bei der Durchsicht der einschlägigen Kommentare stellt er sehr bald fest, dass im Verhältnis der BR Deutschland zu vielen Staaten unterschiedliche Auffassungen vertreten werden. Auch alle Hilfsmittel bleiben insoweit unvollständig, als sie mit der tatsächlichen Entwicklung nicht Schritt halten können. Die Unsicherheit beruht teilweise darauf, dass im Verhältnis zu Deutschland keine praktischen Präjudizien feststellbar sind, teilweise darauf, dass die Reichweite mancher Anerkennungsvoraussetzungen unklar ist. _______________

349 OLG München NJW 1964, 979. 350 Gottwald ZZP 103 (190), 257, 279; Geimer, Anerkennung, S 138, 143. 351 Vgl Schütze, FS Georgiades, 2005, S 577.

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Autonomes Recht

§ 11

Die Gegenseitigkeit ist nur auf das ausländische Urteil bezogen. Es geht um 187 die Gleichbehandlung deutscher Urteile im Ausland. Dabei handelt es sich letztlich nicht um ein juristisches, sondern ausschließlich um ein politisches Argument. Die Einführung der Gegenseitigkeit in verschiedenen Vorschriften der ZPO hat allein den Zweck verfolgt, Trümpfe für abzuschließende Staatsverträge in der Hand zu behalten.352 Die Gegenseitigkeit wird also als Druckmittel gegenüber anderen Staaten benutzt.353 Es liegt auf der Hand, dass die Interessen der Rechtsuchenden im In- und Ausland dabei leiden müssen. Das Prinzip der Gegenseitigkeit in den §§ 110, 328 ZPO kann nur durch den Gesetzgeber aufgehoben werden. Die Gegenseitigkeit ist verbürgt, wenn ein Staat die Urteile deutscher 188 Gerichte unter im Wesentlichen gleichartigen Bedingungen anerkennt und die Zwangsvollstreckung aus ihnen zulässt, wie die deutschen Gerichte die Urteile des betreffenden ausländischen Staates.354 Die Bedingungen eines anderen Staates sind insbesondere dann erheblich schwerer, wenn dieser vorschreibt, dass deutsche Urteile auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden müssten.355 Im Verhältnis zu allen EU-Staaten gilt heute die EuGVO (im Verhältnis zu 189 Dänemark auf staatsvertraglicher Grundlage), ergänzt durch die EheGVO, in Verhältnis zu den EFTA-Staaten das LugÜ. Dadurch ist die Gegenseitigkeit verbürgt. Darüber hinaus lässt sich die Voraussetzung der Gegenseitigkeit gegenüber solchen Staaten verteidigen, deren Urteile nicht dem deutschen Standard entsprechen. Insoweit wirkt die Gegenseitigkeit als Schutzvorschrift für Deutsche, die im Ausland verklagt werden. Die Gegenseitigkeit fehlt partiell, wenn der ausländische Staat weitreichen- 190 de internationale Zuständigkeiten in Anspruch nimmt, aber für deutsche Urteile keine vergleichbaren Zuständigkeiten akzeptiert.356 Die Beweislast für das Bestehen der Gegenseitigkeit trägt die Partei, die im 191 Inland die Anerkennungsfähigkeit geltend macht bzw aus dem Urteil vollstrecken will.357 Auch der deutsche Richter muss ein ausländisches Urteil in gewisser Hin- 192 sicht nachprüfen. Eine solche Prüfung bezieht sich aber immer nur auf die _______________

352 Kegel RabelsZ 1975, 131. 353 So Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 60 IV 6 (S 656); Schack Rz 873; Siehr, IPR, 2001, S 532. 354 BGH IPRax 2001, 457, 458 (dazu Schütze S 441); RGZ 82, 30; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 93f. 355 RGZ 7, 409. 356 BGH RIW 1999, 1381, 1386. 357 BGH RIW 1999, 1381, 1386.

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§ 11

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Voraussetzungen Nr 1 bis 4 des § 328 I ZPO. Im Übrigen darf der deutsche Richter ein ausländisches Urteil weder in verfahrensrechtlicher noch in materiellrechtlicher Hinsicht überprüfen. 193 Im Folgenden wird eine Liste der Staaten gegeben, in der „ja“ vermerkt ist, wenn die Gegenseitigkeit verbürgt ist, bzw „nein“, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, bei „ungewiss“ werden unterschiedliche Auffassungen vertreten: Abu Dhabi nein; Ägypten ja; Äthiopien ja;358 Afghanistan nein; Albanien nein; Algerien nein;359 Andorra ja;360 Argentinien ja;361 Australien ja (für alle Einzelstaaten und Territorien); 194 Bahamas ja; Bahrain ja; Bangladesh ja;362 Barbados ja; Belgien ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO, dt.-belg. Vertrag; Benin nein; Bermuda ja; Bolivien ja;363 Bosnien-Herzegowina ja;364 Botswana ja;365 Brasilien ja; Bulgarien ja,366 nach Beitritt zur EU: EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Burkina Faso str.; Burundi ja; 195 Cayman Island ja; Chile ja; _______________

358 359 360 361 362 363 364 365 366

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AA Zöller/Geimer Anh IV; Schütze, IZPR, Rz 348. Rauscher, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 1004.6. AA Schütze, IZPR, Rz 348. Piltz, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 1009.11. AA Schütze, IZPR, Rz 348. AA Schütze, IZPR, Rz 348. AA OLG Köln IPRax 1996, 268 (dazu Schütze S 254). Schütze JR 1978, 55. Vgl Jessel-Holst, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 1025.13.

Autonomes Recht

§ 11

China ja;367 Costa Rica ja; Cuba nein; Dänemark ja, EuGVÜ, EuGVO;368 Dominikanische Republik nein;

196

Ecuador ja; Elfenbeinküste ja; El Salvador ja; Estland ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO;

197

Fiji ja (Zahlungsurteile); Finnland ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Frankreich ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO;

198

Gabun nein; Gambia ja;369 Georgien ja; Ghana nein; Griechenland ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO, dt.-griech. Vertrag; Guatemala ja; Guinea nein;

199

Haiti nein; Honduras ja; Hongkong ja;370

200

Indien ja;371 Indonesien nein; Irak nein; Iran ja;372 Irland ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Island ja, LugÜ; Israel ja, dt.-israel. Vertrag; Italien ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; dt.-ital. Vertrag;

201

_______________

367 368 369 370 371

AA Bohnet RIW Beil 2 zu 6/1996, S 17. Gemäß Übk v 19.10.2005, ABl EG L 299/62. AA Zöller/Geimer Anh IV. Vgl Luthra RIW 1997, 625, 629. Vgl Martiny, HdbIZVR Rz 1379ff; aA (teilweise révision au fond) Zöller/Geimer Anh IV; Schütze, IZPR, Rz 349. 372 Bälz, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Lfg 29 (2005), S 1050.9; Wurmnest/Yassari IPRax 2006, 217, 220; aA Schütze, IZPR, Rz 349.

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§ 11

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

202 Jamaika ja; Japan ja; Jemen nein; Jordanien ja;373 Jugoslawien ja; 203 Kamerun ja; Kanada ja (Einzelheiten s u § 14 Rz 28f); Kenia ja (Zahlungsurteile);374 Kasachstan nein; Kolumbien ja; Kongo nein; Korea (Süd) ja; Kroatien ja; Kuweit ja; 204 Lesotho ja; Lettland ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Libanon ja; Liberia nein; Libyen wohl ja;375 Liechtenstein HUVÜ 1958, sonst nein;376 Litauen ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Luxemburg ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; 205 Madagaskar nein; Malaysia ja; Malta ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Marokko ja (ohne Unterhalt); Mauretanien ja; Mauritius ja; Mazedonien ja; Mexiko ja; Moldau nein; Monaco ja;377 Mongolei ja;378 _______________

373 374 375 376

Schütze RIW/AWD 1977, 766. AA Zöller/Geimer Anh IV; Schütze, IZPR, Rz 350. Baumbach/Lauterbach/Hartmann Anh § 328 Rz 12. BGH Betr. 1977, 718; aA Wieczorek, 2. Aufl, § 328 E V b Liechtenstein; Zöller/ Geimer, Anh IV. 377 AA Zöller/Geimer Anh IV. 378 Nelle, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 1092.6.

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Autonomes Recht

§ 11

Nepal nein; Neuseeland ja; Nicaragua ja;379 Niederlande ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO, dt.-niederl. Vertrag; Niger nein; Nigeria ja;380 Norwegen ja, LugÜ, dt.-norw. Vertrag;

206

Österreich ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO, dt.-österr. Vertrag; Oman nein;

207

Pakistan nein;381 Panama ja (ohne VU); Paraguay ja;382 Peru ja; Philippinen nein; Polen ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO, LugÜ, UNUÜ, CMR; Portugal ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO;

208

Rumänien ja, nach Beitritt zur EU: EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Ruanda nein Russland nein (kein Staatsvertrag);

209

Sambia nein San Marino ja; Saudi Arabien nein; Schweden ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Schweiz ja (soweit nicht Schweizer Privileg), LugÜ, dt.-schweiz. Vertrag; Senegal ja; Serbien-Montenegro ja; Sierra Leone ja;383 Simbabwe ja; Singapur ja; Slowakei ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Slowenien ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Somalia nein; Spanien ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO, dt.-span. Vertrag; Sri Lanka ja;

210

_______________

379 380 381 382 383

AA Zöller/Geimer Anh IV; Schütze, IZPR, Rz 350. AA Zöller/Geimer Anh IV. Otto IPRax 1997, 436, 438f (wegen begrenzter révision au fond). AA Zöller/Geimer Anh IV. AA Schütze, IZPR, Rz 351.

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§ 11

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Sudan ja;384 Südafrikanische Republik ja;385 Swasiland nein; Syrien ja;386 211 Taiwan ja;387 Tansania ja;388 Thailand nein; Togo ja; Trinidad und Tobago nein; Tschad nein; Tschechische Republik ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Türkei ja (nach IPR-Gesetz vom 22.11.1982389); Tunesien ja, dt.-tun. Vertrag; 212 Uganda ja (Zahlungsurteile);390 Ukraine nein; Ungarn ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO; Uruguay ja; 213 Vatikan ja; Venezuela ja; Vereinigte Arabische Emirate nein; Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland ja, EuGVO, EheGVO; EuVTVO, deutsch-brit. Abkommen; Vereinigte Staaten von Amerika ja391 (für Zahlungsurteile mit Ausnahme von Mississippi und Montana). Die Gegenseitigkeit entfällt auch nicht für Urteile unter 100 000 US$ wegen der hohen, nicht erstattungsfähigen Kosten der Vollstreckbarerklärung.392 Vietnam nein;

_______________

384 AA Schütze, IZPR, Rz 351. 385 Vgl BGHZ 42, 194, 197 = NJW 1964, 2350; BGHZ 52, 251 = NJW 1969, 2090 = MDR 1969, 922; aA Zöller/Geimer Anh IV (seit 1978). 386 BGHZ 49, 50 = NJW 1968, 357; vgl A. Börner, Die Anerkennung ausländischer Titel in den arabischen Staaten, 1994, S 416ff. 387 Vgl Etgen RIW 1995, 205. 388 AA Schütze, IZPR, Rz 351. 389 IPRax 1988, 30. 390 AA Zöller/Geimer Anh IV; Schütze, IZPR, Rz 352. 391 BGHZ 141, 286 = IPRax 2001, 230 (dazu Haas S 195). 392 OLG Koblenz NJOZ 2004, 3369, 3376f; aA Schütze ZVglRWiss. 98 (1999), 131, 138 u. IZPR, Rz 352; S. Neufang, Kostenverteilung im US-amerikanischen Zivilprozess, 2002, S 148ff.

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Autonomes Recht

§ 11

Zaire nein; Zentralafrikanische Republik ja; Zypern ja, EuGVO, EheGVO, EuVTVO.

214

Bei der Verbürgung der Gegenseitigkeit wird zT differenziert nach verschie- 215 denen Urteilsgruppen; deswegen spricht Schütze393 zu Recht von einer partiellen Verbürgung der Gegenseitigkeit. Dabei nehmen Versäumnisurteile eine besondere Stelle ein. Schwierigkeiten scheint es auch im Verhältnis zu solchen Staaten zu geben, die wie Indien, Pakistan, Bangla Desh das Exequatur nur nach einer bestimmten Anzahl von Jahren (5) nach Erlass des Ersturteils zulassen. Eine weitere Gruppe wird dadurch gebildet, dass im Verhältnis zu einigen Staaten Urteile nicht anerkannt werden, weil der Urteilsstaat seine Zuständigkeit auf einen „exorbitanten“ Gerichtsstand, zB den des Vermögens, gegründet hat. Gemäß § 328 II ZPO wird von dem Erfordernis der Verbürgung der Gegen- 216 seitigkeit abgesehen, soweit das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft oder wenn es sich um eine Kindschaftssache oder eine Lebenspartnerschaftssache handelt. Bei gewöhnlichen nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten wird zusätzlich verlangt, dass ein deutscher Gerichtsstand fehlt. Da im Übrigen die Voraussetzungen für die Anerkennung nach § 328 I Nr 1 bis Nr 4 ZPO auch bei nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen erhalten bleiben, tritt Abs 2 in eine gewisse Konkurrenz zu der Voraussetzung Nr 1. Es kommt nicht nur darauf an, dass das Gericht des Urteilsstaates international zuständig iS der deutschen Zuständigkeitsbestimmungen gewesen ist. Es darf darüber hinaus kein deutscher Gerichtsstand begründet gewesen sein. Danach kann auf die Voraussetzung der Gegenseitigkeit dann nicht verzichtet werden, wenn neben dem ausländischen zugleich ein inländischer Gerichtsstand gegeben war, beide also konkurrierend nebeneinander bestanden. Dies gilt allerdings nicht bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen und Lebenspartnerschaftssachen, weil es insoweit gemäß Art 7 § 1 I 2 FamRÄndG nicht auf die Gegenseitigkeit ankommt. 7. Folgen der Nichtanerkennung a) Ausländische Entscheidung als Beweismittel Kann die ausländische Entscheidung nicht anerkannt werden, hat sie keine 217 Inlandswirkung. Soweit erforderlich, kann in der gleichen Sache ein Inlandsverfahren ohne Bindung an die ausländische Entscheidung durchgeführt werden. _______________

393 NJW 1973, 2143.

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§ 11

Anerkennung ausländischer Entscheidungen

In diesem Verfahren kann die ausländische Entscheidung aber als Beweismittel verwendet werden.394 b) Rückforderung von Leistungen auf nicht anerkannte Entscheidungen? 218 Aus der prozessualen Nichtanerkennung der ausländischen Entscheidung folgt nicht ohne weiteres, dass eine daraufhin erbrachte Leistung ohne Rechtsgrund (zB nach § 812 BGB) erfolgt ist. Die Rechtslage ist vielmehr selbständig zu prüfen.395 219 Schwieriger ist die Rechtslage, wenn das ausländische Urteil an sich richtig ist, seine Anerkennung aber gegen den deutschen ordre public verstoßen würde. Der im Ausland dort zu Recht Verurteilte kann mittels des ordre public-Vorbehalts nach deutschem Recht nur die Anerkennung und Vollstreckung des ausländischen Urteils im Inland verhindern. Der ordre public bildet aber keine Rechtsgrundlage für eine Rückforderung einer im Ausland erbrachten deutschen Vorstellungen widersprechenden Mehrleistung. Einen besonderen Erstattungsanspruch in solchen Fällen, wie ihn der englische Protection of Trading Interests Act 1980 (sec. 6 [2]) vorsieht, kennt das deutsche Recht nicht.396 8. Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen 220 Schrifttum: Andrae, Internationales Familienrecht, 1999, Rz 399ff; Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, 1980; Geimer, Das Anerkennungsverfahren für ausländische Entscheidungen in Ehesachen, NJW 1967, 1398; Hausmann, Kollisionsrechtliche Schranken der Gestaltungskraft von Scheidungsurteilen, 1980; Kleinrahm/Partikel, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, 2. Aufl 1970; Krzywon, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, StAZ 1989, 93; Leible, Probleme der Anerkennung ausländischer Ehescheidungen im vereinten Deutschland, FamRZ 1991, 1245; Martiny, HdbIZVR Bd III/1 (§ 12), 1984; Richter, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen, JZ 1987, 98; von Sachsen Gessaphe, Keine Anerkennung mexikanischer „Blitzscheidungen“, StAZ 1992, 334; Staudinger/Spellenberg, EGBGB, Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen, 14. Aufl 2005; Ch. Tsai, Das Scheidungsrecht in Taiwan und die Anerkennung einer taiwanesischen Ehescheidung in Deutschland, Diss. Regensburg, 2001; L. Wardle, International Marriage Recognition: A World Dilemma, in: N. Lowe/ G. Douglas, Families across Frontiers, 1996, 75.

_______________

394 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 106. 395 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 322 Rz 203, § 328 Rz 166; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 105; aA wohl Stein/Jonas/Roth § 328 Rz 39 (kein Rechtsgrund). 396 MüKo/Gottwald, ZPO, 3. Aufl, § 328, Rz 167.

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Autonomes Recht

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Deutschland ist weder dem Haager Übereinkommen über die Anerkennung 221 von Ehescheidungen und Ehetrennungen vom 1.6.1970397 noch dem Luxemburger CIEC-Übereinkommen über die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen vom 8.9.1967 beigetreten. EuGVO, EuGVÜ bzw LugÜ erfassen Ehescheidungen nicht (Art 1 II Nr 1). a) Brüssel IIa-Verordnung Die EuGVO ist für Ehesachen und Streitigkeiten über das Sorgerecht ge- 222 meinsamer Kinder zunächst durch die (Europäische) Verordnung Nr 1347/ 2000 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen vom 29.5.2000398 („Brüssel II“) ergänzt worden. Diese wurde mit Wirkung vom 1.3.2005 durch die Verordnung Nr 2201/ 2003 vom 27.11.2003 („Brüssel IIa“)399 ersetzt. Deren Anwendungsbereich erstreckt sich nunmehr auf alle Sorgerechtsentscheidungen. Nach Art 21 EheGVO werden Entscheidungen der Mitgliedstaaten, auch für die Beischreibung in den Personenstandsbüchern, ohne besonderes Verfahren anerkannt. Anerkennungsversagungsgründe sind inzident zu prüfen. Wer gestützt auf eine ausländische Entscheidung die Beischreibung im Personenstandsbuch beantragt, hat diese in Ausfertigung unter Rechtskraftbestätigung und Zustellungsnachweis, jeweils mit Übersetzung auf Verlangen des Gerichts, vorzulegen (Art 37–39 EheGVO) (s o Rz 65ff). b) Autonomes deutsches Recht Nach autonomem deutschen Recht richtet sich die Anerkennung von Ent- 223 scheidungen in Ehesachen nur im Verhältnis zu Nicht-EU-Staaten und Dänemark. Maßgebend ist insoweit Art 7 FamRÄndG: „§ 1 Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen (1) Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, dem Bande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Parteien festgestellt ist, werden nur anerkannt, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Die Verbürgung der Gegenseitigkeit ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung. Hat ein Gericht des Staates entschieden, dem beide Ehegatten zur Zeit der Entscheidung angehört haben, so hängt die Anerkennung nicht von einer Feststellung der Landesjustizverwaltung ab. (2) Zuständig ist die Justizverwaltung des Landes, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Hat keiner der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im _______________

397 Vgl dazu v Bar RabelsZ 57 (1993), 63, 113–119. 398 ABl EG Nr L 160/19 vom 30.6.2000. 399 ABlEG Nr L 338/1.

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Anerkennung ausländischer Entscheidungen

Inland, so ist die Justizverwaltung des Landes zuständig, in dem eine neue Ehe geschlossen werden soll; die Justizverwaltung kann den Nachweis verlangen, dass das Aufgebot bestellt oder um Befreiung von dem Aufgebot nachgesucht ist. Soweit eine Zuständigkeit nicht gegeben ist, ist die Justizverwaltung des Landes Berlin zuständig. (2a) Die Landesregierungen können die den Landesjustizverwaltungen nach diesem Gesetz zustehenden Befugnisse durch Rechtsordnung auf einen oder mehrere Präsidenten des Oberlandesgerichts übertragen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf die Landesjustizverwaltungen übertragen. (3) Die Entscheidung ergeht auf Antrag. Den Antrag kann stellen, wer ein rechtliches Interesse an der Anerkennung glaubhaft macht. (4) Lehnt die Landesjustizverwaltung den Antrag ab, so kann der Antragsteller die Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragen. (5) Stellt die Landesjustizverwaltung fest, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen, so kann ein Ehegatte, der den Antrag nicht gestellt hat, die Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragen. Die Entscheidung der Landesjustizverwaltung wird mit der Bekanntmachung an den Antragsteller wirksam. Die Landesjustizverwaltung kann jedoch in ihrer Entscheidung bestimmen, dass die Entscheidung erst nach Ablauf einer von ihr bestimmten Frist wirksam wird. (6) Das Oberlandesgericht entscheidet im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Zuständig ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk die Landesjustizverwaltung ihren Sitz hat. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keine aufschiebende Wirkung. § 21 II, §§ 23, 24 III, §§ 25, 28 II, III, 30 I Satz 1 und § 199 I FGG gelten sinngemäß. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts ist endgültig. (7) Die vorstehenden Vorschriften sind sinngemäß anzuwenden, wenn die Feststellung begehrt wird, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Entscheidung nicht vorliegen. (8) Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen oder nicht vorliegen, ist für Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend. § 2 Kosten (1) Für die Feststellung, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung vorliegen oder nicht vorliegen (§ 1), wird eine Gebühr von 10 bis 310 Euro erhoben. (2) Für das Verfahren des Oberlandesgerichts werden Kosten nach der Kostenordnung erhoben. Weist das Oberlandesgericht den Antrag nach § 1 Abs 4, 5, 7 zurück, so wird eine Gebühr von 10 bis 310 Euro erhoben. Wird der Antrag zurückgenommen, so wird nur die Hälfte dieser Gebühr erhoben. Die Gebühr wird vom Oberlandesgericht bestimmt. Hebt das Oberlandesgericht die Entscheidung der Verwaltungsbehörde auf und entscheidet es in der Sache selbst, so bestimmt es auch die von der Verwaltungsbehörde zu erhebende Gebühr.“

Nach der Reform des Verfahrens in Familiensachen findet sich eine weitgehend identische Regelung in § 121 FamFG. 224 Im Gegensatz zu § 328 I ZPO erfolgt die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen nicht automatisch, sondern in einem besonders geregeltes Verfahren. Darin wird förmlich und generell bindend festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen oder nicht vorlie596

Autonomes Recht

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gen. Die Feststellungsbefugnis ist ausschließlich auf die Landesjustizverwaltungen bzw OLG-Präsidenten, also auf Verwaltungsbehörden, übertragen.400 Früher sind dagegen verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden, weil die Feststellung, ob ein ausländisches Urteil in Ehesachen anzuerkennen sei, zu dem Bereich der Rechtsprechung gehöre und daher von den Gerichten entschieden werden müsse. Die hM teilt diese Bedenken nicht.401 Da gegen Entscheidungen der LJV bzw des OLG-Präsidenten das OLG angerufen werden kann, verstößt Art 7 § 1 FamRÄndG nicht gegen Art 92 GG.402 Kommt es in einem Gerichtsverfahren auf die Anerkennung einer ausländischen Scheidung an, so hat das Gericht sein Verfahren von Amts wegen (§ 148 ZPO) auszusetzen, damit die Parteien das Feststellungsverfahren durchführen können.403 Von der formellen Anerkennung sind Heimatstaatentscheidungen befreit 225 (Art 7 § 1 I S 3 FamRÄndG). Bei ihnen wird die Wirksamkeit der Scheidung als evident unterstellt. Ein freiwilliges Anerkennungsverfahren lässt die Rspr jedoch zu, um in Zweifelsfällen Rechtssicherheit zu schaffen.404 Besitzt einer der geschiedenen Ehegatten auch die deutsche Staatsangehörigkeit, so ist das Anerkennungsverfahren dagegen zwingend.405 Ist zweifelhaft, ob eine Heimatstaatentscheidung vorliegt, ist das Anerkennungsverfahren durchzuführen.406 Antragsbefugt ist jeder, der ein rechtliches Interesse an der Anerkennung 226 oder Nichtanerkennung hat (Art 7 § 1 Abs 3). Neben den Ehegatten sind dies Erben, ein neuer Ehegatte, ggf auch Erben oder die Verwaltungsbehörde, die Eheaufhebungsklage erheben kann.407 Der Begriff der Entscheidung ist weiter gefasst als der des Urteils gemäß 227 § 328 I ZPO, obgleich auch dieser extensiv ausgelegt werden sollte. Art 7 § 1 vermeidet es anzugeben, von welcher ausländischen Stelle die Entscheidung ausgegangen sein muss. Von einer gerichtlichen Entscheidung ist nur bezüglich der Entscheidungen des gemeinsamen Heimatstaates die Rede. Daraus folgt, dass es sich nicht um ausländische Gerichtsentscheidungen handeln muss. Es kommen auch Entscheidungen von ausländischen Verwaltungsbe_______________

400 Vgl Kleinrahm-Partikel, 34; Martiny HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1659ff. 401 Vgl BGHZ 82, 34, 39 = NJW 1982, 517; BayObLGZ 1977, 180 = FamRZ 1978, 243; Staudinger/Spellenberg, 14. Bearb Art 7 § 1 FamRÄndG Rz 8ff. 402 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 ZPO Rz 169; Martiny, HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1682; aA Geimer ZfRV 5 (1992), 401, 417. 403 OLG Köln IPRax 1999, 48. 404 BGHZ 112, 127 = NJW 1990, 3081; OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 778; Martiny, HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1704. 405 BayObLG FamRZ 1990, 898. 406 Präsidentin des OLG Frankfurt IPRax 2000, 124 (dazu Hohloch S 96). 407 Vgl Martiny, HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1715ff.

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Anerkennung ausländischer Entscheidungen

hörden und Entscheidungen geistlicher Gerichte hinzu, soweit sie vom zuständigen Staat dazu ermächtigt sind:408 die Entscheidungen durch den norwegischen „Fylkesman“, das isländische Ministerium für Justiz und kirchliche Angelegenheiten, die königliche Bewilligung von Dänemark, den Gnadenakt des Präsidenten der Republik Süd-Vietnam, die Entscheidung des israelischen Rabbinatsgerichts;409 die Entscheidung einer Verwaltungsbehörde.410 Solche nicht gerichtlichen Entscheidungen sind auch inzident nach § 328 ZPO anzuerkennen, soweit das formelle Anerkennungsverfahren entbehrlich ist.411 Wird die ausländische Entscheidung von den Staaten, denen die Ehegatten angehören, anerkannt, so stehen die Vorschriften des § 606 a Nr 1 bis 3 ZPO einer Anerkennung in der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen. 228 Die Entscheidung muss selbstverständlich echt sein; gefälschte Entscheidungen können nicht anerkannt werden. 229 Hinsichtlich der Anerkennung von Privatscheidungen (Vertrag, Scheidebrief, talàq) ist zu unterscheiden. Soweit sie ohne Mitwirkung einer Behörde geschehen, fallen sie nicht unter das Verfahren nach Art 7 § 1 FamRÄndG. 230 Die im Ausland ohne Mitwirkung staatlicher Gerichte oder Behörden vollzogene Privatscheidung wird ohne weiteres im Inland anerkannt, wenn die Voraussetzungen des Scheidungsstatuts erfüllt sind.412 Dies gilt nicht, sofern nach Art 17, 15 EGBGB deutsches Recht Scheidungsstatut war oder die Privatscheidung bei Beteiligung eines Deutschen sonst gegen den deutschen ordre public (Art 6 EGBGB) verstößt. Die Privatscheidung von Ausländern in ihrem Heimatstaat berührt den deutschen ordre public nicht, bei Beteiligung eines Deutschen kommt es auf die sonstigen Umstände des Einzelfalles an.413 231 Hat bei der Privatscheidung im Ausland eine Behörde, etwa durch Registrierung, mitgewirkt, ist über die Anerkennung im Verfahren nach Art 7 § 1 FamRÄndG zu entscheiden.414 Dies ist inzwischen freilich in den meisten _______________

408 Staudinger/Spellenberg Art 7 § 1 FamRÄndG Rz 30ff; Martiny, HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1684ff. 409 Kleinrahm/Partikel S 64ff. 410 OLG Schleswig FamRZ 1957, 223. 411 AA OLG Koblenz IPRax 2005, 354 (krit Geimer S 325) = FamRZ 2005, 1692 (krit Gottwald). 412 BGH FamRZ 1994, 435; BayObLGZ 1998, 103; Palandt/Heldrich, 65. Aufl 2006, Art 17 EGBGB Rz 35; aA Lüderitz, FS Baumgärtel, 1990, S 333, 342f; zur japan. Privatscheidung s Nishitani IPRax 2002, 49, 52. 413 Vgl Kotzur, Kollisionsrechtliche Probleme christlich-islamischer Ehen, 1988, S 218ff. 414 BGHZ 82, 34 = FamRZ 1982, 44; BGH NJW 1990, 2195; Staudinger/Spellenberg Art 7 § 1 FamRÄndG Rz 31.

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Staaten der Fall.415 Rechtspolitisch wäre es deshalb sinnvoll, alle Privatscheidungen dem Anerkennungsverfahren zu unterstellen.416 Die einseitige Verstoßung einer Ehefrau ist mit Art 3 II GG nicht vereinbar, 232 ein darauf gestütztes Scheidungsurteil tangiert Art 6 EGBGB. Die Anerkennung des Urteils verstößt jedoch nur dann gegen den deutschen ordre public, wenn die Ehefrau mit der Scheidung nicht (auch nicht nachträglich) einverstanden ist (oder selbst geschieden werden will) oder (bei ihrem Widerspruch) kein vom deutschen Recht anerkannter Scheidungsgrund vorliegt.417 Beantragt zB die deutsche Ehefrau selbst die Anerkennung der ausländischen Privatscheidung und hat sie darüber hinaus berechtigte Scheidungsgründe, so wäre nicht einzusehen, warum sie noch einen Scheidungsprozess gegen ihren ausländischen Ehemann führen sollte.418 Eine Verstoßung einer deutschen Ehefrau im Ausland (Kairo) durch ihren ägyptischen Ehemann ohne ihr Wissen und gegen ihren Willen widerspricht wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs auch dann dem deutschen „ordre public“, wenn die Ehefrau selbst die Scheidung vor einem deutschen Gericht erstrebt.419 Eine weit verbreitete Meinung geht dahin, dass eine Privatscheidung nicht 233 im Inland vorgenommen werden könne, weil eine Ehe in der BR Deutschland nur durch ein Gerichtsurteil geschieden werde. Das ist nunmehr durch Art 17 II EGBGB gesetzlich geregelt. Bei konsequenter Durchführung dieser Meinung kann eine Privatscheidung auch dann nicht anerkannt werden, wenn lediglich der Scheidungsbrief der Ehefrau in Deutschland zugestellt worden ist. Art 7 § 1 FamRÄndG bezieht sich dem Wortlaut nach nicht auf klageabwei- 234 sende Entscheidungen. Eine Ausnahme wird nur für den Fall gemacht, dass die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der Ehe abgewiesen ist, denn damit wird zugleich rechtskräftig festgestellt, dass die Ehe besteht. Eine solche Entscheidung kann also förmlich durch die Landesjustizverwaltung anerkannt werden.420 In jeder sachlichen Abweisung steht freilich die Feststel_______________

415 Für Marokko, vgl H. Kotzur S 212f; für die Rabbinats-Scheidung in Israel: Scheftelowitz FamRZ 1995, 593; Herfarth, Die Scheidung nach jüdischem Recht im internationalen Zivilverfahrensrecht, 2000, S 420ff. Für Japan: Nishitani IPRax 2002, 49, 53. 416 Für Fälle, in denen Behördenmitwirkung möglich ist, ohne Wirksamkeitsvoraussetzung zu sein: Staudinger/Spellenberg Art 7 § 1 FamRÄndG Rz 39. 417 BayObLG IPRax 1989, 238; OLG Stuttgart IPRax 2000, 427 (dazu Rauscher S 391); Staudinger/Spellenberg, § 328 Rz 455, 503. 418 Kleinrahm/Partikel, 166. 419 BayObLG IPRax 1982, 104 (dazu Henrich S 94). Vgl auch die Entscheidung des Justizministeriums von Nordrhein-Westfalen vom 3.12.1980, nach der eine in Thailand vollzogene einverständliche Privatscheidung von Ehegatten, von denen einer deutscher Staatsangehöriger ist, im Inland nicht anerkannt wird, IPRax 1982, 25. 420 So Kleinrahm/Partikel, 78.

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lung, dass die Ehe fortbesteht bzw die Scheidungs- oder Nichtigkeitsgründe nicht vorlagen. Deshalb gilt Art 7 § 1 FamRÄndG auch für sachliche Klageabweisungen.421 235 Ein weiteres Problem bilden die Nebenentscheidungen. Diese sind nach förmlicher Anerkennung der Ehescheidung nicht automatisch anzuerkennen, vielmehr müssen insoweit die Anerkennungsvoraussetzungen von § 328 ZPO bzw § 16a FGG erfüllt sein.422 Ggf kann also zwar die Hauptentscheidung anerkannt, die Nebenentscheidung aber wegen fehlender Zuständigkeit oder Mangel der Gegenseitigkeit nicht anerkannt werden.423 Sofern die Ehescheidung aber dem Verfahren nach Art 7 § 1 unterliegt, kann eine von der Scheidung wirklich abhängige Neben- oder Folgeentscheidung erst nach förmlicher Anerkennung durch die LJV anerkannt werden.424 236 Die Voraussetzungen für die Anerkennung der ausländischen Entscheidungen richten sich nach der allgemeinen Regel des § 328 ZPO425 (s o Rz 151ff). Besonderheiten ergeben sich für die Anerkennungszuständigkeit ausländischer Gerichte. Nach § 328 I Nr 1 ZPO muss das ausländische Gericht in spiegelbildlicher Anwendung der deutschen Zuständigkeitsregeln zuständig gewesen sein.426 Schon hieran scheitert bereits die Anerkennung der meisten Scheidungen aus sog Scheidungsparadiesen.427 Bestand keine internationale Zuständigkeit analog § 606a I ZPO, hat sich der beklagte Ehegatte aber rügelos auf das Verfahren eingelassen, so handelt er rechtsmissbräuchlich, wenn er sich im Anerkennungsverfahren auf das Fehlen der Anerkennungszuständigkeit beruft.428 Für die Anerkennungszuständigkeit nach § 606a I Nr 1 ZPO kommt es nur auf die Zugehörigkeit zum Gerichtsstaat an; eine zusätzliche deutsche Staatsangehörigkeit geht entgegen Art 5 I 2 EGBGB nicht vor. 237 Soweit die Entscheidungszuständigkeit auf eine einseitige Aufenthaltszuständigkeit gestützt wurde, käme es in Anwendung von § 606a I Nr 4 wieder auf die Anerkennung in Deutschland an. Diesen Zirkel will § 606a II auflösen.429 Diese Bestimmung lautet: „Der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung steht Absatz 1 Satz 1 Nr 4 und, wenn die Entscheidung von den Staaten anerkannt wird, denen die Ehegatten angehören, Nummern 1 bis 3 nicht entgegen.“ _______________

421 422 423 424 425 426 427

Staudinger/Spellenberg Art 7 § 1 FamRÄndG Rz 50. Staudinger/Spellenberg Art 7 § 1 FamRÄndG Rz 53. Basedow S 188ff. Martiny, HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1667ff, 1692. BayObLG FamRZ 2001, 1622. BayObLG FamRZ 2001, 1622; BayObLGZ 1987, 439, 441 = FamRZ 1988, 860. Vgl v Sachsen Gessaphe, Keine Anerkennung mexikanischer „Blitzscheidungen“, StAZ 1992, 334. 428 Stein/Jonas/Schlosser, 21. Aufl, § 606a Rz 22. 429 Rauscher S 87.

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Dadurch wird die Anerkennungszuständigkeit erweitert. Wird die Ehescheidung im Staat X vom gemeinsamen Heimatstaat Y oder den Heimatstaaten Y und Z anerkannt, so wird sie auch in Deutschland anerkannt, unabhängig davon, ob der Gerichtsstaat nach § 606a I Nr 1–3 ZPO zur Entscheidung zuständig gewesen wäre. Hatte einer der Ehegatten im Staat X seinen gewöhnlichen Aufenthalt, so wird die Entscheidung unabhängig von der Prognose über die Anerkennung im Heimatstaat, die § 606a I Nr 4 ZPO sonst erfordert, anerkannt.430 Nach Art 7 § 1 I 2 FamRÄndG kommt es für die Anerkennung von ausländi- 238 schen Entscheidungen in Ehesachen nicht auf die Gegenseitigkeit an. Eine Verwirkung der prozessualen Antragsbefugnis ist nicht anzuerkennen, 239 wohl aber eine materielle Verwirkung, sich auf Wirksamkeit bzw Unwirksamkeit der Scheidung zu berufen. Ist einer Partei etwa die Scheidungsklage nicht mitgeteilt worden, so verwirkt sie das Recht, sich auf § 328 I Nr 2 ZPO zu berufen, wenn sie das Scheidungsurteil später jahrelang (solange der „geschiedene“ Ehegatte am Leben ist) als Faktum hinnimmt, auch nachdem sie objektiv die Lebensgemeinschaft wieder hätte aufnehmen können oder objektiv in der Lage war, gegen die Anerkennung des Urteils vorzugehen.431 Eine Ablehnung des Antrags kann der Antragsteller durch Antrag auf Ent- 240 scheidung des Oberlandesgerichts anfechten; wird dem Antrag stattgegeben, kann der andere Ehegatte, aber auch jeder Dritte, der an der Feststellung des ehelichen Status ein rechtliches Interesse hat,432 den Bescheid entsprechend anfechten (Art 7 § 1 IV, V FamRÄndG).433 Das OLG entscheidet in einem Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der Antrag ist derzeit nicht fristgebunden, soll aber künftig nach §§ 121 VII 2, 67 I FamFG einer Monatsfrist unterliegen.

_______________

430 431 432 433

Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 21. Aufl, § 606a Rz 21. LJV Baden-Württemberg FamRZ 1995, 1411. Staudinger/Spellenberg 14. Bearb, Art 7 § 1 FamRÄndG Rz 192. Vgl Martiny, HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1730ff; MüKo/Gottwald § 328 Rz 210ff.

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§ 12 Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel Inhaltsübersicht 5. Entscheidungen zum UmgangsI. Der Europäische Vollstreckungstitel recht und zur Rückgabe des 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Kindes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Abschaffung des Vollstreckbar6. Weitere Europäische Vollerklärungsverfahrens . . . . . . . . 2 streckungstitel . . . . . . . . . . . . 31 3. Voraussetzungen für die Bestätigung als Europäischer VollII. Die Vollstreckbarerklärung nach streckungstitel . . . . . . . . . . . . . 6 europäischem Recht a) Titel über eine „unbestrittene 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 100 Forderung“ . . . . . . . . . . . . . . 6 2. Das Verfahren der Vollstreckb) Voraussetzungen für eine barerklärung . . . . . . . . . . . . . 102 Bestätigung als Europäischer 3. Die Vollstreckung aus öffentVollstreckungstitel . . . . . . . . 8 lichen Urkunden und Prozessc) Mindestvorschriften für das vergleichen . . . . . . . . . . . . . . 158 Verfahren . . . . . . . . . . . . . . 12 a) Öffentliche Urkunden . . . 159 d) Heilung von Zustellungsb) Prozessvergleiche . . . . . . . 165 mängeln . . . . . . . . . . . . . . . 18 4. Das Verhältnis von EuGVO e) Rechtsbehelf bei schuldloser und LugÜ zu anderen ÜbereinNichtverteidigung . . . . . . . . 19 kommen . . . . . . . . . . . . . . . . 167 f) Bestätigung deutscher Titel . 20 5. Entscheidungen über die g) Berichtigung oder Widerruf elterliche Verantwortung und der Bestätigung als EuroKosten in Ehesachen . . . . . . 171 päischer Vollstreckungstitel 22 6. Entscheidungen über das Um4. Vollstreckung des Europäischen gangsrecht und Anordnungen Vollstreckungstitels . . . . . . . . 23 zur Rückgabe des Kindes . . . 177 a) Keine Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 III. Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht b) Vorzulegende Urkunden . . . 24 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 201 c) Vollstreckung nach natio2. Die Vollstreckungsklage . . . . 202 nalem Recht . . . . . . . . . . . . 25 3. Entscheidungen der freiwillid) Verweigerung der Vollgen Gerichtsbarkeit . . . . . . . 231 streckung wegen Unverein4. Vollstreckbarerklärung von barkeit mit einer früheren Unterhaltsentscheidungen Entscheidung . . . . . . . . . . . 26 nach dem Auslandsunterhaltse) Aussetzung oder Beschrängesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 kung der Vollstreckung . . . . 27 f) Vollstreckungsabwehrklage 28

I. Der Europäische Vollstreckungstitel 1. Schrifttum 1 L. d’Avout, La circulation automatique des titres exécutoires imposée par le règlement 805/2004 au 21 avril 2004, Rev.crit. 2006, 1; Bajons, Von der Internationalen zur

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Europäischen Urteilsanerkennung und -vollstreckung. Entwicklungsstadien des österreichischen Rechts auf dem Weg zum Europäischen Vollstreckungstitel, FS Rechberger, 2005, S 1; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 2006, § 55 VII; U. Becker, Grundrechtsschutz bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilverfahrensrecht, Bestimmung der Grenzen für die Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels, 2004; A. Burgstaller/M. Neumayr, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, ÖJZ 2006, 179; Coester-Waltjen, Einige Überlegungen zu einem künftigen europäischen Vollstreckungstitel, FS Beys, 2003, S 183; C. Crifo, First steps towards the Harmonization of Civil Procedure: The Regulation creating an European Enforcement Order for uncontested claims, C.J.Q. 24 (2005), 200; L. d’Avout, La circulation automatique des titres exécutoires imposée par le règlement 805/2004 du 21 avril 2004, Rev crit 95 (2006), 1; M. Ernst, Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, JurBüro 2005, 568; T. Franzmann, Die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 – notarielle Urkunden europaweit vollstreckbar, MittBayNot 2004, 404; ders, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen – Hinweise für die notarielle Praxis, MittBayNot 2005, 470; K. Gebauer, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, NJ 2006, 103; Geimer, Verbesserung der Rechtsverfolgung über die Grenze in der Europäischen Union – Einige Bemerkungen zum Europäischen Vollstreckungstitel, Festgabe Vollkommer, 2006, S 385; S. Gerling, Die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Vollstreckungstiteln durch die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, 2006; Hess, Europäischer Vollstreckungstitel und nationale Vollstreckungsgegenklage, IPRax 2004, 493; Hüßtege, Der europäische Vollstreckungstitel, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in der Europäischen Union, 2004, S 113; ders, Braucht die Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel eine ordrepublic-Klausel?, FS Jayme, 2004, S 371; Th. Klippstein, Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel (EuVTVO), in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (Kap. 31), 2005, S 1357; Ch. Kohler, Von der EuGVVO zum Europäischen Vollstreckungstitel, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht, 2004, S 63; ders, Quantensprung im europäischen Justizraum, RIW 2003, Heft 10 (Erste Seite); Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 8. Aufl 2005, S 556ff; Leible/Lehmann, Die Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen und ihre Auswirkungen auf die notarielle Praxis, NotBZ 2004, 453; Luckey, Der Europäische Vollstreckungstitel (EG-VO Nr 805–204), ZGS 2005, 420; ders, Gerichtsvollzieher ohne Grenzen, ProzRB 2005, 242; Münch, Die vollstreckbare Notariatsurkunde im Anwendungsbereich der VO (EG) Nr 805/2004, FS Rechberger, 2005, S 395; Oberhammer, Der Europäische Vollstreckungstitel: Rechtspolitische Ziele und Methoden, JBl 2006, 477; Pfeiffer, Einheitliche und unbedingte Urteilsgeltung in Europa, FS Jayme, 2004, S 675; ders, Europa als einheitlicher Vollstreckungsraum, BauR 2005, 1541; Rausch, Vereinfachte Unterhaltsvollstreckung in der EU mit dem neuen Europäischen Vollstreckungstitel, FuR 2005, 437; Rauscher, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, 2004; ders, Europäischer Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, RIW 2004, Heft 11 Erste Seite; Rechberger/Frauenberger-Pfeiler, Der Europäische Vollstreckungstitel, FS Peter Fischer, 2004, S 399; Rellermeyer, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, Rpfleger 2005, 389; Stadler, Kritische Anmerkungen zum Europäischen Vollstreckungstitel, RIW 2004, 801; dies., Das europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa?, IPRax 2004, 2; Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft, IPRax 2004, 181; ders, Der

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, EuZW 2004, 679; Sujecki, Niederländisches Gesetz zur Durchführung der VO (EG) Nr. 805/2004 zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2006, 525; G. Tarzia, Il titulo esecutivo Europeo per i crediti non contestati, FS Schlosser, 2005, S 985; R. Wagner, Der Europäische Vollstreckungstitel, NJW 2005, 1157; ders, Die neue EG-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2005, 189; ders, Das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr 805/2204 zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2005, 401.

2. Abschaffung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens 2 Die Europäische Vollstreckungstitel-Verordnung gehört zu einer „neuen Generation“ europäischer Rechtsinstrumente.1 Um ein wirklich reibungsloses Funktionieren des europäischen Binnenmarktes zu gewährleisten, hat sich der Europäische Rat das Ziel gesetzt, eine uneingeschränkte Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durchzusetzen. In einer ersten Phase hat die Verordnung (EG) Nr 805/2004 (EuVTVO) das Vollstreckbarerklärungsverfahren für unbestrittene Forderungen abgeschafft. Art 5 EuVTVO sieht ausdrücklich vor, dass eine Entscheidung, die im Ursprungsmitgliedsstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, in den anderen Mitgliedsstaaten anerkannt und vollstreckt wird, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann.2 Sinngemäß bezieht sich die in Art 5 EuVTVO vorgesehene Anerkennung auf die Vollstreckbarkeit,3 denn die Anerkennung erfolgt ja bereits nach den Art 33ff EuGVO. § 1082 ZPO wiederholt bzw konkretisiert diese Regel dahin, dass aus dem Europäischen Vollstreckungstitel die Zwangsvollstreckung im Inland stattfindet, ohne dass es einer Vollstreckungsklausel bedarf. Der Gläubiger hat stets die Wahl, ob er einen Titel als Europäischen Vollstreckungstitel bestätigen lässt oder ob er seine Vollstreckbarerklärung im Vollstreckungsstaat beantragt, er kann auch beide Wege gleichzeitig einschlagen (Art 27 EuVTVO).4 3 Daraus folgt, dass die Versagungsgründe der Art 34, 35 EuGVO dem Europäischen Vollstreckungstitel nicht entgegengehalten werden können. Allerdings wird ein Teil der wesentlich gleichen Gründe im Ursprungsstaat vor der Bestätigung des Titels als Europäischer Vollstreckungstitel geprüft.5 Entgegen zahlreichen Stimmen gibt es aber weder bei der Bestätigungsprüfung noch später im Vollstreckungsstaat irgendeine ordre public-Kontrol_______________

1 2 3 4 5

Vgl Frattini ZEuP 2006, 225, 230; Kohler RIW 2003, Heft 10, Erste Seite. Vgl Kropholler, 8. Aufl, Art 5 EuVTVO Rz 3. Burgstaller/Neumayr ÖJZ 2006, 179, 188. Burgstaller/Neumayr ÖJZ 2006, 179, 183. Kropholler, 8. Aufl, Art 5 EuVTVO Rz 4.

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Der Europäische Vollstreckungstitel

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le.6 Dadurch soll die Einheitlichkeit des europäischen Rechtsraums betont und das gegenseitige Vertrauen in die Rechtspflege verstärkt werden. Die Verordnung Nr 805/2004 gilt wie die EuGVO in Zivil- und Handels- 4 sachen, ohne Rücksicht auf die Art der Gerichtsbarkeit; sie erfasst daher auch Forderungen, die in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, teilweise auch der Sozialgerichte fallen. Ansprüche aus „acta iure imperii“ sind nicht erfasst (Art 2 I 2 EuVTVO). Die Verordnung gilt nicht (ähnlich wie Art 1 II EuGVO) für den Personenstand, den ehelichen Güterstand, das Erbrecht, das Insolvenzrecht, die soziale Sicherheit und die Schiedsgerichtsbarkeit. Anwendbar ist die Verordnung im Verhältnis zu allen EU-Mitgliedsstaaten, 5 mit Ausnahme Dänemarks (Art 2 III EuVTVO). 3. Voraussetzungen für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel a) Titel über eine „unbestrittene Forderung“ Grundvoraussetzung für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel 6 ist, dass ein Titel über eine „unbestrittene Forderung“ vorliegt. Die Abgrenzung findet sich in Art 3 I 2 EuVTVO in kasuistischer Weise. Als unbestritten gilt eine Forderung, wenn (1) ihr der Schuldner im Verfahren durch Anerkenntnis oder durch Zustimmung zu einem vom Gericht gebilligten oder vor ihm geschlossenen Vergleich zugestimmt hat, oder (2) der Schuldner der Forderung im Verfahren nach dem Recht des Ursprungsstaates zu keiner Zeit widersprochen hat, oder (3) der Schuldner zu einer Gerichtsverhandlung über die Forderung nicht erschienen ist oder dabei nicht vertreten worden ist, nachdem er zuvor der Forderung widersprochen hatte, sofern ein solches Verhalten nach dem Recht des Ursprungsstaates als stillschweigendes Zugeständnis der Forderung oder des vom Gläubiger behaupteten Sachverhalts anzusehen ist, oder (4) der Schuldner die Forderung ausdrücklich in öffentlicher Urkunde anerkannt hat. Mit erfasst sind auch Entscheidungen, die nach Anfechtung von Entscheidungen, Vergleichen oder öffentlichen Urkunden ergangen sind, die als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurden (Art 3 II EuVTVO).

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6 Coester-Waltjen, FS Beys, S 183, 193; Kropholler Art 5 EuVTVO Rz 5, 14; vgl Hüßtege, FS Jayme, S 371; Pfeiffer, FS Jayme, S 675; krit Bajons, FS Rechberger, S 1, 18; Schack SchlHA 2006, 115, 118; S. Gerling S 199ff, 242ff.

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

Unproblematisch an diesem Katalog sind die Fälle des Anerkenntnisurteils, des consent judgment, des Prozessvergleichs und der Anerkennung in öffentlicher Urkunde. Die öffentliche Urkunde ist in Art 4 Nr 3 EuVTVO so definiert, dass Jugendamtsurkunden über Unterhalt mit erfasst sind.7 Als Prozessvergleich sind auch Vergleiche nach § 118 I 3 ZPO und § 492 III ZPO anzusehen.8 Schwieriger sind die Fälle zu beurteilen, bei denen das Verhalten des Schuldners als stillschweigendes Nichtbestreiten zu bewerten ist. Als Fall, bei dem der Schuldner zu keiner Zeit der Forderung widersprochen hat, ist im deutschen Recht der Vollstreckungsbescheid nach § 699 ZPO anzusehen.9 Als Fall anfänglichen Bestreitens, das aber im Laufe des Verfahrens entfällt, sind die Fälle der §§ 331, 333 ZPO anzusehen, wenn gegen den Beklagten ein Versäumnisurteil ergeht, weil er der Verhandlung fern bleibt bzw sich nicht wirksam anwaltlich vertreten lässt.10 Erfasst ist auch das Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren nach § 331 III iVm § 276 I 1 ZPO sowie das zweite Versäumnisurteil nach § 345 ZPO.11 Unsubstantiiertes Bestreiten genügt als „Widerspruch“.12 Legt der Schuldner gegen ein streitiges Urteil Berufung ein und wird seine Berufung durch Versäumnisurteil zurückgewiesen (§ 539 I ZPO), so bleibt das streitige Urteil bestehen; eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel ist ausgeschlossen. Ergeht dagegen gegen den Berufungsbeklagten ein Versäumnisurteil (§ 539 II ZPO), so liegt ein Fall eines nachträglichen Nichtbestreitens vor; das Versäumnisurteil kann als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden.13 7 Notwendig ist ein Titel über eine bestimmte (fällige) Geldsumme (Art 4 Nr 2 EuVTVO). Bei regelmäßig wiederkehrenden Zahlungen (Unterhalt) genügt ein fester künftiger Fälligkeitstag.14 Damit auch dynamische Unterhaltstitel als Europäischer Vollstreckungstitel ausgefertigt werden können, können sie auf Antrag nach § 790 ZPO beziffert werden.15 Eine nur Zug-umZug zu erfüllende Geldforderung genügt nicht, da die Forderung einredebehaftet und in diesem Sinne nicht uneingeschränkt fällig ist.16

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7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Kropholler Art 4 EuVTVO Rz 8. Leible/Lehmann NotBZ 2004, 453, 456. Der vorausgehende Mahnbescheid (§ 692 ZPO) ist noch kein Vollstreckungstitel. Hüßtege, FS Jayme, S 371, 373. Kropholler, 8. Aufl, Art 3 EuVTVO Rz 9. Rechberger/Frauenberger-Pfeiler, FS Fischer, S 399, 405. Kropholler, 8. Aufl, Art 3 EuVTVO Rz 8, 9. Kropholler, 8. Aufl, Art 4 EuVTVO Rz 5. Wagner IPRax 2005, 401, 409; Rellermeyer Rpfleger 2005, 389, 403. Kropholler, 8. Aufl, Art 4 EuVTVO Rz 5; Rauscher Rz 51.

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Der Europäische Vollstreckungstitel

§ 12

Kann der Titel über die Hauptforderung als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, so wird auch der Titel über die Höhe der zu erstattenden Kosten als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt, es sei denn, der Schuldner habe der Pflicht zum Kostenersatz ausdrücklich widersprochen (Art 7 EuVTVO). b) Voraussetzungen für eine Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel Die weiteren Voraussetzungen für eine Bestätigung als Europäischer Voll- 8 streckungstitel regelt Art 6 EuVTVO. (1) Erforderlich ist zunächst, dass die Entscheidung im Ursprungsstaat vollstreckbar ist (Art 6 I lit a EuVTVO). Entgegen ursprünglichen Entwürfen bedarf der Titel nicht der Rechtskraft; wie nach der EuGVO können auch vorläufig vollstreckbare Entscheidungen als Europäischer Vollstreckungstitel ausgefertigt werden.17 Die Bestätigung gilt nur, so lange die Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat besteht (Art 11 EuVTVO). (2) Weiter darf die Entscheidung nicht im Widerspruch zu den Zuständig- 9 keitsregeln der Art 8–14 und 22 EuGVO stehen, dh nicht den Zuständigkeitsregeln für Versicherungssachen und ausschließlichen Zuständigkeiten nach Art 22 EuGVO widersprechen. Das Gericht darf also seine internationale Zuständigkeit nicht unter Verletzung der entsprechenden Normen bejaht haben. Ein Verstoß gegen andere zwingende Schutzregeln der EuGVO schließt die Ausfertigung als Europäischer Vollstreckungstitel nicht aus.18 Dies ist freilich konsequent, da ein solcher Verstoß auch eine Vollstreckbarerklärung nicht hindert. Sofern kein Verstoß gegen eine zwingende Zuständigkeitsregel vorliegt, kann auch ein in einer reinen Inlandssache ergangener Titel als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden.19 (3) Im Fall eines konkludenten oder stillschweigenden Nichtbestreitens 10 (Art 3 I lit b oder c EuVTVO) muss das Verfahren den Voraussetzungen der Art 12ff EuVTVO entsprochen haben. Dadurch soll sichergestellt werden, dass dem Schuldner das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß und rechtzeitig zugestellt worden ist, so dass er sich hätte verteidigen können. (4) Zum Schutz des Verbrauchers muss die Entscheidung in dem Mitglieds- 11 staat ergangen sein, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz iS von Art 59 EuGVO hat, sofern die Entscheidung nur auf einem Nichtbestreiten des _______________

17 Kropholler, 8. Aufl, Art 6 EuVTVO Rz 5; S. Gerling S 80f; Leible/Lehmann NotBZ 2004, 453, 457. 18 Krit S. Gerling S 83ff. 19 Burgstaller/Neumayr ÖJZ 2006, 179, 181.

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§ 12

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

Schuldners beruht oder die Forderung einen Vertrag betrifft, den ein Verbraucher geschlossen hat oder wenn der Schuldner Verbraucher ist. Dadurch ist gesichert, dass Art 16 II EuGVO beachtet wird.20 c) Mindestvorschriften für das Verfahren 12 Schließlich müssen im Ursprungsstaat Mindestvorschriften für das Verfahren eingehalten worden sein. Bei Entscheidungen, die auf dem vermuteten Nichtbestreiten durch den Schuldner beruhen (Art 12 EuVTVO), muss das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Schuldner in einer den Anforderungen der Art 13–15 EuVTVO genügenden Weise zugestellt worden sein. Diese Zustellungsanforderungen gelten für grenzüberschreitende und innerstaatliche Zustellungen gleichermaßen.21 13 (1) Zulässig sind nach Art 13 EuVTVO Zustellungen mit Empfangsbestätigung, durch die nachgewiesen wird, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Schuldner (oder gemäß Art 15 EuVTVO seinem gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter)22 zugestellt worden ist. Aufgelistet werden (a) die persönliche Zustellung mit Empfangsbestätigung des Schuldners, (b) die persönliche Zustellung mit Protokollierung durch die Zustellungsperson, (c) die postalische Zustellung mit Rücksendung einer Empfangsbestätigung durch den Schuldner, und (d) die elektronische Zustellung mit Rücksendung einer Empfangsbestätigung. Eine Ladung zu einer Verhandlung, die nicht mit einer Klagezustellung verbunden ist, kann in gleicher Weise zugestellt werden; es genügt nach Art 13 II EuVTVO aber, dass sie dem Schuldner mündlich in einer Verhandlung, an der er teilgenommen hat, bekannt gemacht wurde, sofern dies im Protokoll festgehalten ist. 14 (2) Zulässig sind nach Art 14 EuVTVO auch Zustellungen ohne Empfangsnachweis, bei denen der Empfang aber in hohem Maße wahrscheinlich ist. Erfasst sind die üblichen (dem deutschen Recht bekannten) Formen der Ersatzzustellung, (a) die Zustellung an eine in der Wohnung des Schuldners lebende23 oder dort beschäftigte Person, _______________

20 21 22 23

Krit Schütze, IZPR, Rz 309, 310. Kropholler, 8. Aufl, Art 12 EuVTVO Rz 4; Coester-Waltjen, FS Beys, S 183, 188. Vgl zum anwendbaren Recht Kropholler, 8. Aufl, Art 15 EuVTVO Rz 2. Krit zur Zustellungsmöglichkeit an Minderjährige S. Gerling S 101.

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Der Europäische Vollstreckungstitel

§ 12

(b) die Zustellung in den Geschäftsräumen des Schuldners (selbständige oder juristische Person) an eine dort beschäftigte Person, (c) die Hinterlegung im Briefkasten des Schuldners,24 (d) die Hinterlegung beim Postamt oder der zuständigen Behörde unter konkreter schriftlicher Benachrichtigung im Briefkasten mit Hinweis auf die eintretenden Zustellungswirkungen. In diesen Fällen muss die Zustellung durch die Zustellungsperson konkret bescheinigt worden sein (Art 14 III EuVTVO). Schließlich genügen

15

(e) die einfache postalische Zustellung ohne Empfangsbescheinigung, wenn der Schuldner seine Anschrift im Ursprungsmitgliedsstaat (dem Gerichtsstaat) hat, und (f) die elektronische Zustellung mit automatisch erstellter Sendebestätigung, wenn der Schuldner mit dieser Art Zustellung vorab ausdrücklich einverstanden war. Bei einem Fax genügt das Sendeprotokoll des Absendegerätes, bei einer Email eine Bestätigung des Ausgangsservers des Providers des Absenders.25 Das Einverständnis kann zwar vorab generell erklärt werden, da es aber ausdrücklich erklärt werden muss, genügt die bloße Mitteilung einer Email-Adresse nicht. Unzulässig sind die Zustellungsformen des Art 14 I EuVTVO, wenn die Anschrift des Schuldners nicht sicher ermittelt werden kann (Art 14 II EuVTVO). Erst recht sind danach alle fiktiven Zustellungsformen bei unbekannter Anschrift des Schuldners, aber auch die remise au parquet, ausgeschlossen. Wurde in dieser Weise zugestellt, so kann der Titel nicht als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden.26 Damit der Schuldner sachgerecht über eine eventuelle Verteidigung ent- 16 scheiden kann, muss ihn das zugestellte verfahrenseinleitende Schriftstück über alle Essentialia der eingeklagten Forderung (Parteien, Höhe und Grund der Forderung, Höhe und Zeitraum der Zinsen) unterrichten (Art 16 EuVTVO). Zusätzlich muss dem Schuldner zusammen mit dem verfahrenseinleitenden 17 Schriftstück oder einer Ladung zu einer Gerichtsverhandlung eine Belehrung darüber zugestellt worden sein, (1) in welcher Form und Frist und bei welcher Stelle er die Forderung bestreiten kann und ob dafür Anwaltszwang besteht, (2) welche Folgen ein Nichtbestreiten bzw Nichterscheinen für ihn im Hinblick auf die gerichtliche Entscheidung, ihre Vollstreckung und die _______________

24 Krit. S. Gerling S 103. 25 Kropholler Art 14 EuVTVO Rz 24; Rauscher Rz 128. 26 Kropholler Art 14 EuVTVO Rz 26; S. Gerling S 101; Stadler IPRax 2004, 2, 6.

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

Pflicht zum Kostenersatz hat (Art 17 EuVTVO). Die §§ 215, 276 II, 499 ZPO sind rechtzeitig an diese Belehrungspflichten angepasst worden. d) Heilung von Zustellungsmängeln 18 Verstöße gegen die Art 13 bis 17 EuVTVO bei der Zustellung der Klage bzw der ersten Ladung werden nach Art 18 I EuVTVO geheilt, wenn (1) die Entscheidung selbst dem Schuldner gemäß Art 13 oder 14 EuVTVO zugestellt wurde, (2) der Schuldner gegen die Entscheidung einen zur umfassenden Überprüfung führenden Rechtsbehelf (wie den deutschen Einspruch, §§ 338ff ZPO) einlegen konnte und darüber konkret belehrt wurde, und (3) er es versäumt hat, diesen Rechtsbehelf einzulegen.27 Verstöße gegen die Art 13 oder 14 werden außerdem geheilt, wenn sich der Schuldner am Verfahren beteiligt und dadurch nachgewiesen wird, dass er das zuzustellende Schriftstück so rechtzeitig persönlich erhalten hat, dass er sich verteidigen konnte (Art 18 II EuVTVO). Ist der Zustellungsmangel geheilt, kann die Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden. Das Vorliegen der einzelnen Heilungsvoraussetzungen muss in dem Bestätigungsformular angegeben werden. e) Rechtsbehelf bei schuldloser Nichtverteidigung 19 Schließlich sichert Art 19 I EuVTVO einen weiteren prozessualen Mindeststandard. Ist dem Schuldner das verfahrenseinleitende Schriftstück bzw die Ladung gemäß Art 14 EuVTVO nicht persönlich zugestellt worden und konnte er sich infolgedessen ohne sein Verschulden nicht (rechtzeitig) verteidigen oder war er infolge höherer Gewalt oder sonstiger außergewöhnlicher Umstände an einer Verteidigung gehindert, so kann die ergangene Entscheidung nur dann das Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden, wenn das Recht des Ursprungsstaates dem Schuldner für diese Fälle einen Rechtsbehelf zur Verfügung stellt und er diesen nicht (unverzüglich) genutzt hat. Das Recht des Ursprungsstaates muss diesen Rechtsbehelf generell zur Verfügung stellen, unabhängig davon, ob der Schuldner konkret in seiner Verteidigung behindert war.28 Außerdem muss der Rechtsbehelf zu einer umfassenden Überprüfung der Entscheidung führen.29 Im deutschen Recht genügen der Einspruch gegen Versäumnisurteil bzw Vollstreckungsbescheid (§§ 338, 700 ZPO) sowie die ergänzende Möglichkeit der _______________

27 Vgl Hüßtege, in: Gottwald, S 113, 131. 28 Kropholler, 8. Aufl, Art 19 EuVTVO Rz 5. 29 Kropholler Art 19 EuVTVO Rz 3.

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Der Europäische Vollstreckungstitel

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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei schuldloser Fristversäumung (§§ 233ff ZPO) diesen Anforderungen.30 f) Bestätigung deutscher Titel Zuständig für die Bestätigung deutscher Titel sind die Gerichte, Behörden 20 oder Notare, die deren vollstreckbare Ausfertigung erteilen (§ 1079 ZPO). Bei Gericht wird die Bestätigung vom Rechtspfleger (§ 20 Nr 11 RpflG),31 bei notariellen Urkunden vom Notar erteilt.32 Die Bestätigungen werden in Deutschland ohne Anhörung des Schuldners ausgestellt (§ 1080 I 1 ZPO); eine Ausfertigung wird dem Schuldner von Amts wegen zugestellt (§ 1080 I 2 ZPO). Wird der Antrag des Gläubigers auf Erteilung der Bestätigung zurückgewie- 21 sen, kann er dagegen sofortige Beschwerde (§ 567 ZPO) bzw Beschwerde nach § 54 BeurkG einlegen (vgl § 1080 II ZPO).33 g) Berichtigung oder Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel Auf Antrag kann das Gericht des Ursprungsstaates bzw die Stelle, die den 22 Titel geschaffen hat, die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel berichtigen oder widerrufen (Art 10 EuVTVO). Eine Berichtigung erfolgt, wenn Entscheidung und Bestätigung voneinander abweichen. Art 10 I lit a verlangt eine Abweichung aufgrund eines „materiellen Fehlers“. Tatsächlich kann aber nur ein formeller Fehler iS des § 319 ZPO gemeint sein.34 Ein Widerruf findet statt, wenn das Gericht die Bestätigung zu Unrecht erteilt hat, weil ihre Voraussetzungen „eindeutig“ nicht vorliegen. Mehr als eine Beweislastregel sollte dieser Formulierung aber nicht entnommen werden.35 In Deutschland kann der Widerruf nur befristet, innerhalb eines bzw von zwei Monaten nach Zustellung an den Schuldner beantragt werden. Dabei sind die Gründe anzugeben, warum die Bestätigung zu Unrecht erteilt wurde (§ 1081 II ZPO). In Deutschland entscheidet (wie im Fall des § 319 ZPO) das Gericht, das die Bestätigung erteilt hat (§ 1081 ZPO).36 _______________

30 31 32 33 34 35 36

Kropholler Art 19 EuVTVO Rz 11. Wagner IPRax 2005, 401, 403; Rellermeyer Rpfleger 2005, 389, 397. Vgl Franzmann MittBayNot 2005, 470. Rellermeyer Rpfleger 2005, 389, 400. Kropholler Art 10 EuVTVO Rz 4; vgl Wagner IPRax 2005, 401, 403. Vgl Kropholler Art 10 EuVTVO Rz 7. Vgl Wagner IPRax 2005, 401, 404.

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

Lehnt der Rechtspfleger die Berichtigung oder den Widerruf ab, kann befristete Erinnerung an den Richter eingelegt werden (§ 11 II RpflG).37 Über den Antrag auf Berichtigung oder Widerruf hinaus gibt es gegen die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel keinen Rechtsbehelf.38 4. Vollstreckung des Europäischen Vollstreckungstitels a) Keine Vollstreckbarerklärung 23 Nach Art 20 I 2 EuVTVO wird der Europäische Vollstreckungstitel in allen EU-Staaten (außer Dänemark) wie ein im Vollstreckungsstaat erlassener Titel vollstreckt. Nach Art 5 EuVTVO bedarf es keiner Vollstreckbarerklärung. Nach § 1082 ZPO bedarf es in Deutschland keiner Vollstreckungsklausel. b) Vorzulegende Urkunden 24 Der Gläubiger muss dem Vollstreckungsorgan aber Ausfertigungen der Entscheidung und der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel sowie, falls erforderlich, eine Übersetzung der Bestätigung in die Sprache des Vollstreckungsstaates vorlegen (Art 20 II EuVTVO; § 1083 ZPO).39 Von dem Gläubiger eines Europäischen Vollstreckungstitels darf weder wegen seiner Ausländereigenschaft noch wegen seines fehlenden Inlandswohnsitzes oder -aufenthalts eine Sicherheitsleistung verlangt werden (Art 20 III EuVTVO). c) Vollstreckung nach nationalem Recht 25 Die Voraussetzungen und die Durchführung der Zwangsvollstreckung richten sich ansonsten nach nationalem Recht (Art 20 I 2 EuVTVO). Das nationale Recht regelt auch die Rechtsbehelfe gegenüber einer Vollstreckung. d) Verweigerung der Vollstreckung wegen Unvereinbarkeit mit einer früheren Entscheidung 26 In Anlehnung an Art 34 Nr 3, 4 EuGVO sieht Art 21 I EuVTVO vor, dass die Vollstreckung eines Europäischen Vollstreckungstitels wegen einer früheren, damit unvereinbaren Entscheidung zwischen den Parteien über denselben Streitgegenstand verweigert werden kann. Die frühere Entscheidung muss im Vollstreckungsmitgliedsstaat ergangen oder doch dort anerken_______________

37 Rellermeyer Rpfleger 2005, 389, 401. 38 Kropholler Art 10 EuVTVO Rz 10. 39 Vgl Rellermeyer Rpfleger 2005, 389, 401.

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Der Europäische Vollstreckungstitel

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nungsfähig sein; sie kann auch aus einem Drittstaat stammen.40 Erforderlich ist weiter, dass die Unvereinbarkeit noch nicht geltend gemacht worden ist und auch nicht früher hätte geltend gemacht werden können.41 Ein Antrag auf Verweigerung der Vollstreckung ist nach § 1084 I ZPO beim Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu stellen.42 e) Aussetzung oder Beschränkung der Vollstreckung Das Vollstreckungsgericht ist auch zuständig, um über Anträge auf Ausset- 27 zung oder Beschränkung der Vollstreckung zu entscheiden (§ 1084 I ZPO), weil (1) im Ursprungsstaat ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eingelegt wurde, der als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt worden ist, oder (2) weil eine Berichtigung oder ein Widerruf der Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel nach Art 10 EuVTVO beantragt wurde (Art 23 EuVTVO). Das Vollstreckungsgericht kann dann nach seinem Ermessen43 (unanfechtbar) (1) die Vollstreckung auf Sicherungsmaßnahmen beschränken, (2) eine Sicherheitsleistung anordnen, oder (3) das Vollstreckungsverfahren (nur im Ausnahmefall) aussetzen. Die Entscheidung ergeht durch unanfechtbare einstweilige Anordnung, § 1084 III ZPO. f) Vollstreckungsabwehrklage Auch der Europäische Vollstreckungstitel unterliegt der Vollstreckungs- 28 abwehrklage nach § 767 ZPO. Zwar darf der Titel nach Art 21 II EuVTVO im Vollstreckungsstaat nicht in der Sache selbst nachgeprüft werden. Mit der Vollstreckungsabwehrklage können aber nach § 767 II ZPO nur nachträglich entstandene Einwendungen vorgebracht werden, die der Richter des Ursprungsstaates nicht berücksichtigen konnte.44 Die anfängliche ordre public-Widrigkeit des Titels kann daher nicht geltend gemacht werden.45 Zuständig ist nach § 1086 I ZPO das Gericht am Wohnsitz des Schuldners, hilfsweise das Gericht des Vollstreckungsortes. _______________

40 Kropholler Art 21 EuVTVO Rz 5; S. Gerling S 128. 41 Für Erweiterung des Art 21 EuVTVO um einen ordre public-Einwand S. Gerling S 245. 42 Vgl Rellermeyer Rpfleger 2005, 389, 402. 43 Kropholler Art 23 EuVTVO Rz 6; vgl Wagner IPRax 2005, 401, 404; Rellermeyer Rpfleger 2005, 389, 403. Zur Beachtung von Art 6 EMRK s Burgstaller/Neumayr ÖJZ 2006, 179, 189f. 44 Wagner IPRax 2005, 401, 407f; S. Gerling S 132ff, 143; krit Leible/Lehmann NotBZ 2004, 453, 461. 45 Kropholler Art 20 EuVTVO Rz 13.

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§ 12

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

29 Problematisch ist die Zulassung der Vollstreckungsabwehrklage allerdings gegenüber nichtrechtskraftfähigen Titeln, wie Prozessvergleich und öffentlichen Urkunden, bei denen keine Rechtskraftpräklusion besteht und infolgedessen gegen entsprechende inländische Titel auch anfängliche Einwendungen vorgebracht werden können.46 Damit Art 21 II EuVTVO für diese Titel nicht dadurch unterlaufen werden kann, hat der deutsche Gesetzgeber in § 1086 II ZPO eine entsprechende Anwendung von § 767 II ZPO angeordnet. Die Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Europäischen Vollstreckungstitel kann also auch bei einem Prozessvergleich oder einer vollstreckbaren Urkunde nur auf nachträglich entstandene Einwendungen gestützt werden.47 5. Entscheidungen zum Umgangsrecht und zur Rückgabe des Kindes 30 Die Art 40 I, 41ff EheGVO sehen für diese Entscheidungen die Erstellung einer besonderen Bescheinigung (über das Umgangsrecht bzw über die Rückgabe des Kindes, Art 41 II, 42 II EheGVO, § 48 II IntFamRVG) vor. Aufgrund dieser Bescheinigung werden diese Titel Europäische Vollstreckungstitel. Sie können also in jedem Mitgliedsstaat der EU vollstreckt werden, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedürfte und ohne dass die Anerkennung im Vollstreckungsstaat angefochten werden könnte (Art 41 I 1, 42 I 1 EheGVO). Gemeint ist mit der letzten Formulierung, dass im Zweitstaat keine Einwendungen gegen die Anerkennungsfähigkeit dieser Titel erhoben werden können.48 Auch eine ordre public-Prüfung ist dadurch ausgeschlossen. Bei der eigentlichen Vollstreckung nach nationalem Recht (Art 47 I EheGVO) soll eine solche ordre public-Prüfung aber möglich sein.49 Soweit ein Vollstreckungsschutz bei sittenwidrigen Härten (analog § 765a ZPO) möglich ist, erscheint eine solche ordre public-Kontrolle des Titels freilich als entbehrlich. Voraussetzung für die Erteilung der Bescheinigung ist die Prüfung (1) dass eine von Art 40 I EheGVO erfasste Entscheidung vorliegt, (2) allen Beteiligten das rechtliche Gehör gewährt wurde, und zwar, (i)

dass der Partei, die sich nicht auf das Verfahren eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt wurde, dass sie sich verteidigen konnte, oder dass festgestellt werden kann, dass sie mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist. (ii) alle Betroffenen Gelegenheit hatten, gehört zu werden, _______________

46 47 48 49

Vgl MüKo/K. Schmidt § 767 Rz 75; Zöller/Herget, 25. Aufl, § 767 Rz 20. Kropholler Art 24 EuVTVO Rz 12, Art 25 EuVTVO Rz 11. Solomon FamRZ 2004, 1409, 1418. So Solomon FamRZ 2004, 1409, 1419; aA Rausch FuR 2005, 112, 115.

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Die Vollstreckbarerklärung nach europäischem Recht

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(iii) das Kind (soweit nach Alter und Reifegrad angebracht) Gelegenheit hatte, gehört zu werden, (iv) dass das Gericht bei einer Rückgabeentscheidung die Gründe und Beweismittel berücksichtigt hat, die der nach Art 13 HKEntfÜ ergangenen Entscheidung zugrunde liegen. Die Bescheinigung über die Rückgabe des Kindes wird stets von Amts wegen ausgestellt (Art 42 II 3 EheGVO), die Bescheinigung über das Umgangsrecht nur, wenn der Fall bereits bei seiner Entscheidung einen grenzüberschreitenden Bezug hat (Art 41 III 1 EheGVO). Entsteht dieser Bezug erst später, kann die Ausstellung nachträglich beantragt werden (Art 41 III 2 EheGVO). 6. Weitere Europäische Vollstreckungstitel Ebenfalls ohne Vollstreckbarerklärung sollen künftig vollstreckt werden – – –

31

der Europäische Mahnbescheid, Entscheidungen im Europäischen Bagatellverfahren (wenn sie als Europäische Titel bestätigt wurden), sowie Unterhaltsentscheidungen nach der (künftigen) Europäischen VO in Unterhaltssachen (E Art 25).

Frei

32–99

II. Die Vollstreckbarerklärung nach europäischem Recht Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Vollstreckung aus öffentlichen Urkunden und Prozessvergleichen . . . . . . . . . . . . . . a) Öffentliche Urkunden . . . . . b) Prozessvergleiche . . . . . . . .

. . 100 . . 102

. . 158 . . 159 . . 165

4. Das Verhältnis von EuGVO und LugÜ zu anderen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 5. Entscheidungen über die elterliche Verantwortung und Kosten in Ehesachen . . . . . . . . . . . . . . 171 6. Entscheidungen über das Umgangsrecht und Anordnungen zur Rückgabe des Kindes . . . . . . . . 177

1. Schrifttum Zur neuen EuGVO: Bajons, Von der Internationalen zur Europäischen Urteilsaner- 100 kennung und -vollstreckung. Entwicklungsstadien des österreichischen Rechts auf dem Weg zum Europäischen Vollstreckungstitel, FS Rechberger, 2005, S 1; Baur/Stürner/ Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 2006, § 55 II; U. Becker, Grundrechtsschutz bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilverfah-

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

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101 Zum EuGVÜ/LugÜ: A. Atteslander-Dürrenmatt, Sicherungsmittel „a discretion“?, Zur Umsetzung von Art 39 LugÜ in der Schweiz, AJP/PJA 10 (2001), 180; Beraudo, Convention de Bruxelles du 27 Septembre 1968, Exécution des décisions judiciaires, Juris-Cl. Prócedure Civile Fasc. 52–6, 1988; B. Brückner, Unterhaltsregress im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 1994; Clemens, Zu den Wirkungen von Geständnis, Nichtbestreiten und Anerkenntnis im Klauselerteilungsverfahren, 1996; Fahl, Die Stellung des Gläubigers und des Schuldners bei der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen nach dem EuGVÜ, 1993; v. Falck, Implementierung offener ausländischer Vollstreckungstitel, 1998; Feige, Die Kosten des deutschen und französischen Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach dem GVÜ, 1988; Gaudemet-Tallon, Les Conventions de Bruxelles et de Lugano, 1993; Geimer, Das neue Anerkennungsund Vollstreckungsausführungsgesetz, NJW 1988, 2157; ders, Freizügigkeit vollstreckbarer Urkunden im Europäischen Wirtschaftsraum, IPRax 2000, 366; S. Haedicke, Die Vollstreckung deutscher Urteile in Frankreich auf der Grundlage des EuGVÜ, 1999; Hau, Zum Rechtsschutz gegen die Vollstreckbarerklärung gemäß Art 36 bis 38 EuGVÜ, IPRax 1996, 322; G. Hohloch, Grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung, FPR 2004, 315; P. Kaye, Law of the European Judgments Convention, Vol 5, 1999; Kerameus, Comparative Aspects of Litigation Pertaining to Enforcement, FS Drobnig, 1998, S 549; Kreuzer/Wagner, Europäisches Internationales Zivilverfahrensrecht, in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Bd 2, Teil Q, 2000; Leutner, Die vollstreckbare Urkunde im europäischen Rechtsverkehr, 1997; Luther, Zur Auslegung von Art 39 des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens, IPRax 1982, 120; Mennicke, Berücksichtigung einer Schutzschrift des Antragsgegners bei der Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung nach EuGVÜ, IPRax 2000, 294; Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, 2000; Oskarsson, The Lugano Convention and Iceland, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992, S 249; Paetzold, Vollstreckung schweizerischer Entscheidungen nach dem Lugano-Übereinkommen in Deutschland (Handelskammer Deutschland-Schweiz), 1995; Reinmüller, Die „Urkunde“ eines französi-

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Die Vollstreckbarerklärung nach europäischem Recht

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schen Gerichtsvollziehers („huissier“) und ihre Vollstreckung nach dem EuGVÜ, IPRax 2001, 207; H. Roth, Herausbildung von Prinzipien im europäischen Vollstreckungsrecht, IPRax 1989, 14; M. J. Schmidt, Die internationale Durchsetzung von Rechtsanwaltshonoraren, 1991, S 31ff; Schütze, Die Geltendmachung von Einwendungen gegen die Klauselerteilung nach dem EuGVÜ durch eine Schutzschrift, FS Bülow, 1981, S 211; ders, Internationalprivat- und -prozessrechtliche Probleme des materiell für vollstreckbar erklärten Anwaltsvergleichs, DZWir 1993, 133; Stürner, Die notarielle Urkunde im europäischen Rechtsverkehr, DNotZ 1995, 343; ders, Rechtliches Gehör und Klauselerteilung im europäischen Vollstreckungsverfahren, IPRax 1985, 254; ders, Anerkennungsrechtlicher und europäischer Ordre public als Schranke der Vollstreckbarerklärung, Festgabe BGH, Bd 3, 2000, S 677; Trittmann/ Merz, Die Durchsetzbarkeit des Anwaltsvergleichs gemäß §§ 796aff ZPO im Rahmen des EuGVÜ/LugÜ, IPRax 2001, 178; M. Wolf, Einheitliche Urteilsgeltung im EuGVÜ, FS Schwab, 1990, S 561.

2. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung Von den Europäischen Vollstreckungstiteln abgesehen sind Titel aus den 102 anderen EU-Staaten im Inland nicht direkt vollstreckbar. Die Vollstreckbarkeit muss ihnen vielmehr erst verliehen werden. Formeller Vollstreckungstitel ist dann die zweitstaatliche Vollstreckbarerklärung.50 Die eigentliche Vollstreckung erfolgt nach dem Recht des Vollstreckungsstaates (s u § 17). Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung richtet sich nach den Art 38–52 103 EuGVO bzw den Art 31–49 LugÜ sowie nach dem AVAG. Beide Regelungen unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass nach Art 41 EuGVO in erster Instanz Anerkennungsversagungsgründe (gemäß Art 34, 35 EuGVO) nicht mehr geprüft werden; diese Prüfung findet nur auf Rechtsbehelf des Schuldners im streitigen Verfahren statt. Außerdem sind die Anforderungen an die vorzulegenden Unterlagen vereinfacht worden. Soweit die Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ anwendbar sind, scheidet sowohl eine Vollstreckungsklage nach §§ 722, 723 ZPO (s u Rz 204) als eine neue Leistungsklage51 (s u Rz 222) aus. a) Die Vollstreckbarerklärung erfolgt nach Art 38 I EuGVO bzw nach Art 31 104 LugÜ auf Antrag des Berechtigten. Nach § 4 II AVAG kann der Antrag schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Landgerichts gestellt werden; im ersten Rechtszug besteht in keinem Fall Anwaltszwang (§ 6 III AVG). Der Antrag kann auf Teile des Titels beschränkt werden _______________

50 Geimer/Schütze Art 38 Rz 5f; Kropholler Art 38 Rz 14; MüKo/Gottwald Art 31 EuGVÜ Rz 21; Rauscher/Mankowski Art 38 Brüssel I-VO Rz 3. 51 Rauscher/Leible Art 32 Brüssel I-VO Rz 4.

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(vgl § 9 II AVAG). Er muss nicht in deutscher Sprache gestellt werden, jedoch kann das Gericht dann eine Übersetzung verlangen (§ 4 III AVAG). 105 Ist der Antragsteller nicht durch einen Rechtsanwalt oder einen sonstigen inländischen Bevollmächtigten vertreten, so hat er im Antrag einen Zustellungsbevollmächtigten mit Wohnsitz im Gerichtsbezirk, mit Zustimmung des Vorsitzenden Richters auch mit sonstigem Inlandswohnsitz, zu bestellen (§ 5 I 1, II AVAG). Bis zur Benennung des Zustellungsbevollmächtigten kann an den Antragsteller durch Aufgabe zur Post (§§ 184 I 2 ZPO) zugestellt werden (§ 5 I AVAG). Wird der Antrag durch einen Anwalt eines EU-Staates gestellt, so muss ein inländischer Anwalt als Zustellungsbevollmächtigter benannt werden, § 5 IV AVAG mit § 31 EuRAG. Bis zur Benennung gilt der Einvernehmensanwalt nach § 31 II 1 EuRAG als Zustellungsbevollmächtigter. Gibt es diesen nicht, so wird an die Partei nach allgemeinen Regeln zugestellt (§ 31 II, 2. Halbs. EuRAG). 106 Die Entscheidung kann auf Antrag in mehreren EuGVO bzw LugÜ-Staaten gleichzeitig für vollstreckbar erklärt werden.52 107 Dem Antrag sind nach der EuGVO folgende Unterlagen beizufügen: (1) eine Ausfertigung der für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidung, Art 53 I EuGVO, zuzüglich zweier Abschriften, § 4 IV AVAG, 108 (2) die Bescheinigung nach Art 54 EuGVO (gemäß Anhang V). Das Gericht bzw der Notar im Ursprungsstaat bestätigt darin auf einem Formblatt (a) das Datum der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks, wenn sich der Beklagte nicht eingelassen hat, (b) den Wortlaut der Entscheidung bzw des Prozessvergleichs, (c) welcher Partei Prozesskostenhilfe gewährt wurde, und (d) die Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat. In Deutschland wird die Bescheinigung von den in § 56 AVAG genannten Stellen erteilt. 109 (3) Das Gericht kann die Vorlage von beglaubigten Übersetzungen dieser Urkunden verlangen (Art 55 II EuGVO). Wird die Bescheinigung nach Art 54 EuGVO nicht vorgelegt, so kann das Gericht eine Frist zur Vorlage bestimmen, sich mit gleichwertigen Urkunden begnügen oder von der Vorlage der Bescheinigung befreien, wenn es sie oder eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält (Art 55 I EuGVO). 110 Nach der Neuordnung prüft die erste Instanz nur noch formell, ob eine zu vollstreckende Entscheidung (im Anwendungsbereich der Verordnung) und die weiteren Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung gemäß der Be_______________

52 Kreuzer/Wagner Q 389; MüKo/Gottwald Art 31 EuGVÜ Rz 4f.

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scheinigung vorliegen.53 Materielle Anerkennungsversagungsgründe (s o § 11 Rz 28) und materielle Einwendungen (s u Rz 121f) sind in erster Instanz irrelevant (s u Rz 136). Das Verfahren entspricht damit praktisch einem Klauselerteilungsverfahren nach §§ 724ff ZPO.54 Dies kann zur Folge haben, dass sogar eine ordre public-widrige Entscheidung zunächst für vollstreckbar erklärt wird.55 Nach dem LugÜ sind dem Antrag folgende Unterlagen beizufügen:

111

(1) eine Ausfertigung der für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidung, Art 46 Nr 1 LugÜ, zuzüglich zweier Abschriften, § 4 IV AVAG, (2) bei Entscheidungen, die aufgrund von Säumnis ergangen sind, die Zustel- 112 lungsurkunde für das verfahrenseinleitende Schriftstück, und zwar in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift, Art 46 Nr 2 LugÜ. Hat sich der Beklagte auf das Verfahren eingelassen, so ist dieser Zustellungsnachweis entbehrlich; auf Mängel der Zustellung kommt es dann nicht an.56 Hat sich der Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen, so ist die genannte Zustellungsurkunde, nicht nur das verfahrenseinleitende Schriftstück vorzulegen; die Zustellungsurkunde über das Versäumnisurteil selbst genügt nicht.57 (3) die Urkunde über die Vollstreckbarkeit des Titels im Ursprungsstaat, 113 Art 47 Nr 1 LugÜ, (4) die Urkunde über die Zustellung des Titels im Urteilsstaat, Art 47 Nr 1 114 LugÜ. Der Nachweis kann ggf nachträglich im Verfahren der Vollstreckbarerklärung, auch im Beschwerdeverfahren geführt werden. Nach Ansicht des EuGH genügt der nachträgliche Zustellungsnachweis, sofern (1) der Schuldner über eine angemessene Frist verfügt, um das Urteil freiwillig zu erfüllen, und (2) der Vollstreckungsgläubiger die Kosten eines etwa unnötigen Verfahrens zu tragen hat.58 (5) ggf ein urkundlicher Nachweis über Armenrecht bzw Prozesskostenhilfe 115 im Ursprungsstaat, Art 47 Nr 2 LugÜ,

_______________

53 Markus SZW/RSDA 1999, 205, 219f; Stadler, in: Gottwald, Revision des EuGVÜ, 2000, S 37, 54. 54 Wagner IPRax 2002, 75, 83; MüKo/Gottwald, Aktualisierungsband, Vor Art 38 EuGVO Rz 1. 55 Kropholler Art 41 Rz 5; MüKo/Gottwald, Aktualisierungsband, Art 41 EuGVO Rz 1; krit. Jayme/Kohler IPRax 2000, 454, 460; Wagner IPRax 2002, 75, 83; Rauscher/Mankowski Art 41 Brüssel I-VO Rz 4f. 56 Vgl OLG Karlsruhe RIW 1991, 859. 57 Vgl OLG Köln RIW 1990, 229. 58 EuGHE 1996, I-1393 (Van der Linden v Berufsgenossenschaft Feinmechanik) = EuZW 1996, 240 = Rev.crit. 1996, 506 (Gaudemet-Tallon) = IPRax 1997, 186 (dazu Stadler S 171); OLG Hamm IPRax 1998, 202 (dazu Geimer S 175).

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116 (6) sowie auf Verlangen des Gerichts Übersetzungen der Urkunden zu (1) bis (5) (auf Verlangen beglaubigt). In Deutschland sind die Übersetzungskosten Teil der zu erstattenden Vollstreckungskosten, § 788 ZPO, § 8 IV AVAG. Werden die Urkunden zu (2) oder (5) nicht vorgelegt, so hat das Gericht nach Art 48 I LugÜ vorzugehen. Es bestimmt also eine Frist zur Vorlage oder begnügt sich mit gleichwertigen Urkunden oder befreit von der Vorlagepflicht, wenn es deren Vorlage nicht für erforderlich hält. 117 b) Sachlich zuständig ist in Deutschland der Vorsitzende einer Kammer des Landgerichts (§§ 3 I, III AVAG). 118 Die örtliche Zuständigkeit wird durch den Wohnsitz des Schuldners bestimmt. Hat dieser im Vollstreckungsstaat keinen Wohnsitz, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll (Art 39 II EuGVO bzw Art 32 II LugÜ; § 3 II AVAG). Es genügt nicht, dass der Wohnsitz nur unbekannt ist; § 16 ZPO (letzter bekannter Wohnsitz) ist nicht anwendbar.59 Für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung wird also der Gerichtsstand des Vermögens zugelassen. Für die Zuständigkeit genügt es, dass der Gläubiger schlüssig behauptet, dort vollstrecken zu wollen; auf konkrete Erfolgsaussichten kommt es nicht an. Jedoch dürfte es nicht genügen, wenn der Gläubiger selbst lediglich mit künftigem Vermögenserwerb im Gerichtsbezirk rechnet oder wenn er darlegt, dass der Schuldner nur vollstreckungsfreies Vermögen im Gerichtsstaat besitzt. 119 Die Vollstreckbarerklärung erfolgt gegenüber dem Schuldner des Titels. Wird eine Person im Inland als Schuldner in Anspruch genommen, so hat der Gläubiger zu beweisen, dass sie mit dem Schuldner identisch ist.60 Sinngemäß sind die Parteien der für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidung auch im Beschlussverfahren ohne erneute Prüfung als parteifähig anzusehen.61 120 Der Vorsitzende entscheidet grundsätzlich in einem einseitigen, schriftlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung (Art 41 EuGVO bzw Art 34 I LugÜ; § 5 AVAG). Der Vorsitzende kann jedoch eine mündliche Erörterung mit dem Antragsteller anordnen, wenn dies der Beschleunigung dient. Der Antragsteller braucht auch dann nicht durch einen Anwalt vertreten zu sein (§ 6 III AVAG). 121 Der Gegner wird in diesem Verfahren nur angehört, sofern der Nachweis besonderer Vollstreckungsvoraussetzungen (Frist, Zug-um-Zug-Leistung etc.) durch Urkunden nicht möglich ist, § 7 II AVAG. Ansonsten ist die Zulei_______________

59 OLG Saarbrücken EWS 1993, 263 = RIW 1993, 672. 60 OLG Köln, Beschl vom 20.4.1995, 16 W 28/95. 61 Furtak, Die Parteifähigkeit in Zivilverfahren, 1995, S 216ff, 227.

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tung des Antrags zur Stellungnahme an ihn fehlerhaft.62 Art 41 S 2 EuGVO bzw Art 34 I LugÜ untersagen ein solches Vorgehen ausdrücklich. Nach § 55 I AVAG ist § 7 II in den von der EuVGO erfassten Fällen nicht anzuwenden. Einwendungen gegen die titulierte Forderung kann der Schuldner erst durch 122 Rechtsbehelf gegen die erteilte Klausel (Art 43 EuGVO bzw Art 36ff LugÜ in Form der Beschwerde gemäß §§ 11ff, 55 I AVAG) geltend machen.63 Eine etwa (analog zum nationalen einstweiligen Rechtsschutz) eingereichte Schutzschrift nimmt der Vorsitzende daher vor Erteilung der Klausel nicht zur Kenntnis.64 Einwendungen sind im Übrigen nur zulässig, soweit sie erst ab Erlass der zu vollstreckenden Entscheidung entstanden sind (§ 12 I AVAG). Sie müssen auch mit der Beschwerde vorgebracht werden; andernfalls ist der Antragsgegner wiederum präkludiert (§ 14 I AVAG) (s u Rz 145). Problematisch hieran ist, dass diese Regelung unterstellt, dass eine § 767 II ZPO entsprechende Präklusion für alle Entscheidungen aus allen EU-Staaten besteht. Dies ist freilich nicht der Fall. Der ausländischen Entscheidung darf aber auch im Rahmen des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung nicht eine Präklusionswirkung beigelegt werden, die sie im Erststaat nicht hat.65 Man sollte deshalb § 12 I AVAG iS der allgemeinen Lehre von der Wirkungserstreckung restriktiv auslegen. Allerdings ordnet Art 45 I EuGVO an, dass die Vollstreckbarerklärung nur 123 aus den Gründen der Art 43 oder 44 EuGVO versagt werden darf. Dies spricht dafür, dass Einwendungen gegen den Anspruch im Verfahren nach der EuGVO ausgeschlossen sind.66 Aus praktischen Gründen ist aber eine Ausnahme für liquide (unstreitige oder rechtskräftig festgestellte) Einwendungen zu machen.67 Soweit sie zulässig sind, muss der Schuldner die Einwendungen auch in diesem Rechtsbehelfsverfahren vorbringen; ansonsten ist er damit im Rahmen einer späteren Vollstreckungsabwehrklage präkludiert (§ 14 AVAG).68 _______________

62 OLG Koblenz RIW 1991, 860. 63 BGH NJW 2002, 960 (nachträgliche Restschuldbefreiung im Ursprungsstaat); Wagner IPRax 2002, 75, 83; Kropholler Art 43 EuGVO Rz 27f; Graf wbl 2006, 97, 99ff. 64 Kropholler Art 41 Rz 10; MüKo/Gottwald Art 34 Rz 3; Kreuzer/Wagner Q 395; Nelle, Anspruch, S 455; aA LG Darmstadt IPRax 2000, 309 (krit. dazu Mennicke S 294); Geimer/Schütze Art 34 Rz 7; einschränkend Schlosser Art 41 EuGVVO Rz 2. 65 Krit. Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 272ff, 278. 66 So auch Rauscher/Mankowski Art 45 Brüssel I-VO Rz 6; MüKo/Gottwald Art 45 EuGVO Rz 4; Hess IPRax 2004, 493; aA Kropholler Art 45 Rz 6. 67 OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 803, 804; OLG Düsseldorf RIW 2005, 708, 709; Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 435ff, 447ff; Geimer/Schütze Art 45 Rz 11; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht Art 43 EuGVVO Rz 14; Münzberg, FS Geimer, 2002, S 750; Hub NJW 2001, 3147; Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Kap 26 Rz 222; Geimer, FS Georgiades, S 489, 505f; Graf wbl 2006, 97, 103ff. 68 Vgl Kreuzer/Wagner Q 404; Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 472ff.

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Soweit sie nicht zulässig sind, steht die Vollstreckungsabwehrklage ohne weiteres offen.69 124 Gebühren des Verfahrens. Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung kostet in 1. Instanz (Art 52 EuGVO entsprechend) 200 Euro (GKG-Kostenverzeichnis Nr 1510). Stellt der Anwalt den Antrag, so erhält er eine 1,3 Gebühr nach dem Gegenstandswert, §§ 2 II, 13 I RVG iVm VV Nr 3100. Auch die notwendigen Kosten eines ausländischen Verkehrsanwalts sind zu erstatten.70 Die Ausstellung einer Bescheinigung nach §§ 54 oder 56 AVAG kostet 10 Euro (GKG – KV Nr 1511); der Rechtsanwalt erhält für den Antrag auf Ausstellung keine besondere Gebühr (§ 19 I 2 Nr 9 RVG). 125 Erfasste Titel. Nach Art 38 EuGVO bzw Art 31 LugÜ werden grundsätzlich alle Entscheidungen (Art 32 EuGVO bzw Art 25 LugÜ) für vollstreckbar erklärt, sofern sie im Urteilsstaat vollstreckbar sind und zugestellt wurden.71 Rechtskräftig müssen die Entscheidungen nicht sein. Den Interessen des Schuldners an einem Rechtsmittelverfahren im Ursprungsstaat kann nach Art 46 EuGVO bzw Art 38 LugÜ durch Aussetzung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens oder durch Anordnung einer Sicherheitsleistung Rechnung getragen werden. Zwangsgeldentscheidungen sind nur für vollstreckbar zu erklären, wenn die Höhe des Zwangsgelds im Ursprungsstaat endgültig festgesetzt wurde (Art 49 EuGVO bzw Art 43 LugÜ).72 126 Nicht anerkennungsfähig sind Exequaturentscheidungen, da die Anerkennungsvoraussetzungen sonst durch Doppelexequierung umgangen werden könnten.73 127 Erfasst sind dagegen auch Kostenfestsetzungen und andere Nebenentscheidungen. Die „ordonnance executoire“ des Präsidenten eines französischen Landgerichts zur Vollstreckbarerklärung einer Festsetzung eines Anwaltshonorars ist ebenfalls Entscheidung iS des Art 25.74 128 Auch Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes sind für vollstreckbar zu erklären, insbesondere einstweilige Unterhaltsanordnungen.75 Ausgeschlossen sind aber Entscheidungen, die auf einseitigen Antrag des Gläubigers hin ergangen sind („ex parte“); sie werden nach Ansicht des EuGH vom

_______________

69 Geimer/Schütze Art 45 Rz 12; Rauscher/Mankowski Art 45 Rz 7. 70 Vgl OLG Düsseldorf RIW 1990, 500. 71 Vgl EuGHE 1999, I-2543 (Coursier v Fortis Bank) = IPRax 2000, 18 (dazu Linke S 8); Volken SZIER 1999, 491. 72 Vgl OLG Köln RIW 2004, 868; OLG Oldenburg NJOZ 2003, 3201. 73 Kropholler Art 32 Rz 15. 74 BGH NJW-RR 2006, 143; LG Karlsruhe IPRax 1992, 92 (dazu Reinmüller S 73). 75 Vgl BGH NJW 1980, 2022.

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EuGVÜ nicht erfasst.76 Bei Erlass nach Beteiligung des Antragsgegners sind daher auch englische freezing orders für vollstreckbar zu erklären. Nicht anzuerkennen sind schließlich Zwischenentscheidungen in gericht- 129 lichen Verfahren.77 Beweisbeschlüsse, die eine Beweisaufnahme im Ausland anordnen, werden aber auf Ersuchen der EuBewVO, nach dem HBÜ 1970 bzw nach comitas gentium ausgeführt. Insolvenzrechtliche Entscheidungen eines anderen EU-Staates werden ge- 130 mäß Art 25 I EuInsO, soweit erforderlich, nach Art 38ff EuGVO vollstreckt.78 Die zu vollstreckende Entscheidung muss im Urteilsstaat vollstreckbar sein. 131 Nach Art 53 II, 54 EuGVO wird dieser Nachweis einfach durch die Bescheinigung gemäß Anhang V erbracht. Es genügt die vorläufige Vollstreckbarkeit. Hängt die Zwangsvollstreckung im Urteilsstaat von einer Sicherheitsleistung, dem Ablauf einer Frist oder dem Eintritt einer anderen Tatsache ab, so muss der Zweitrichter prüfen, ob der Nachweis durch Urkunden geführt ist. Ausnahmsweise kann der Beweis auch in anderer Weise geführt werden (§ 7 AVAG). Gegen einen Dritten kann die Vollstreckungsklausel nach § 7 I AVAG nur 132 erteilt werden, wenn der Titel nach dem Recht des Ursprungsstaates gegen den Dritten vollstreckt werden könnte.79 Im Zweitstaat kann auch aus Vollstreckungsbescheiden vollstreckt werden 133 (vgl § 32 AVAG; § 688 III ZPO). Nach § 32 III 1 AVAG beträgt die Widerspruchsfrist gegen den Mahnbescheid bei Zustellung im Ausland einen Monat; die Einspruchsfrist gegen den Vollstreckungsbescheid ist vom Richter bei der Zustellung zu bestimmen, §§ 700 I, 339 ZPO. Ist die Zwangsvollstreckung im Urteilsstaat aus dem Titel ohne Vollstre- 134 ckungsklausel zulässig, wie zB bei deutschen Vollstreckungsbescheiden (§ 796 I ZPO), bei Arrestbefehlen und einstweiligen Verfügungen (§§ 929 I, 936 ZPO), so hat der Zweitrichter die Zwangsvollstreckung auch ohne Vorlage einer Klausel zuzulassen. Um praktische Probleme zu vermeiden sind solche Titel auf Antrag in Deutschland aber mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, sofern ihre Anerkennung und Vollstreckung in einem anderen Land betrieben werden soll (§ 31 AVAG). _______________

76 Vgl EuGHE 1980, 1553 (Denilauler v Couchez Frères) = IPRax 1981, 95; EuGHE 1984, 3971 (Brennero v Wendel) = IPRax 1985, 339. 77 OLG Hamburg IPRax 2000, 530 (dazu Försterling S 499). 78 Vgl Duursma-Kepplinger, EuInsVO, 2002, Art 25 Rz 5ff; Paulus, EuInsVO, 2006, Art 25 Rz 13; MüKoInsO/Reinhart, Bd 3, 2003, EuInsVO Art 25 Rz 6; Geimer/ Schütze/Gruber, IRV, Art 25 EuInsVO Rz 16ff. 79 OLG Düsseldorf RIW 1999, 540.

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135 Im Vereinigten Königreich ist die zu vollstreckende Entscheidung nach Art 38 II EuGVO bzw Art 31 II LugÜ in einem der Rechtsprechungsbezirke England und Wales, Schottland oder Nordirland zu registrieren. Das Registrierungsverfahren entspricht dem der Vollstreckbarerklärung, ist aber förmlicher, da die Registrierung nicht schriftlich beantragt werden kann; der Antragsteller bzw sein Solicitor muss den Antrag vielmehr persönlich stellen.80 136 Nach Art 40 III, 53 II, 54 EuGVO muss der Antragsteller unter Vorlage der Formblattbescheinigung nur nachweisen, dass die Entscheidung im Urteilsstaat vollstreckbar ist. Soweit das LugÜ gilt, muss der Zweitrichter dagegen prüfen, ob die Entscheidung des Urteilsstaates dem Beklagten ordnungsgemäß zugestellt worden ist.81 Die entsprechenden Zustellungsurkunden sind mit vorzulegen (Art 47 Nr 1 LugÜ). Diese Zustellung ist von der des verfahrenseinleitenden Schriftstücks zu unterscheiden. Ist Deutschland Urteilsstaat, so sind die deutschen Zustellungsvorschriften anzuwenden.82 Bei Versäumnisurteilen sind somit zwei Zustellungen nachzuweisen: (1) nach Art 46 Nr 2 LugÜ die Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstücks (Vorlage der Zustellungsurkunde in Urschrift oder in beglaubigter Abschrift), und (2) nach Art 47 Nr 1 LugÜ die Zustellungsurkunde über das Versäumnisurteil selbst. 137 Nach Art 41 S 1 EuGVO sind die Anerkennungsvoraussetzungen bzw -hindernisse der Art 34, 35 EuGVO in erster Instanz nicht mehr zu prüfen; die neue Verordnung unterstellt also, dass Entscheidungen der Mitgliedstaaten generell anzuerkennen sind, so dass es genügt, auf Rechtsbehelf über Einwendungen erst in zweiter Instanz zu entscheiden.83 Damit ist praktisch die Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen von Amts wegen entfallen.84 Nur im Anwendungsbereich des LugÜ sind bereits in erster Instanz im Rahmen der Vollstreckbarerklärung die Anerkennungsvoraussetzungen zu prüfen (Art 34 II, III iVm Art 27, 28 LugÜ). Ohne Rüge des Gegners ist diese Prüfung aber häufig nur begrenzt möglich. 138 Liegen alle Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel vor, so entscheidet der Zweitrichter unverzüglich (Art 41 S 1 EuGVO bzw Art 34 I LugÜ). Durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner wird das erstinstanzliche Verfahren der Klauselerteilung nicht unterbrochen; ein Antrag _______________

80 81 82 83

Kropholler 8. Aufl, Art 38 Rz 18. OLG Frankfurt RIW 1978, 620. Kropholler Art 34 Rz 39; Art 38 Rz 7. Markus SZW/RSDA 1999, 205, 219; Stadler, in: Gottwald, Revision des EuGVÜ, S 37, 56. 84 Geimer IPRax 2002, 69, 71.

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auf Klauselerteilung kann neu gestellt werden.85 Gleiches gilt für den Antrag auf Vervollständigung eines Anerkenntnisurteils, um die Vollstreckbarerklärung im Ausland beantragen zu können.86 Gewöhnlich wird im schriftlichen Verfahren entschieden. In keinem Fall 139 wird der Antragsgegner gehört (Art 41 S 2 EuGVO bzw Art 34 I LugÜ). Die Vollstreckungsklausel ergibt sich aus § 9 AVAG. Nach Art 42 I EuGVO bzw Art 35 LugÜ teilt der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle dem Antragsteller die Entscheidung des Zweitrichters unverzüglich mit. Diese Mitteilung erfolgt an den benannten Zustellungsbevollmächtigten, hilfsweise durch Aufgabe zur Post (§ 5 AVAG). Nach der EuGVO ist der Antragsteller bereits vor der Vollstreckbarerklärung 140 befugt, aufgrund des anzuerkennenden Titels einstweilige Maßnahmen einschließlich der Sicherungsvollstreckung nach Maßgabe des jeweiligen nationalen Rechts zu ergreifen (Art 47 I EuGVO).87 Die Vollstreckbarerklärung gibt dann definitiv diese Befugnis (Art 47 II EuGVO), ist also sachlich wie ein Arrestbeschluss zu behandeln.88 Solange die Rechtsbehelfsfrist gegen die Vollstreckbarerklärung läuft und über die eingelegte Beschwerde noch nicht entschieden ist, darf die Zwangsvollstreckung aber nicht über Sicherungsmaßnahmen hinausgehen (Art 47 III EuGVO; § 21 AVAG). Streitig ist, ob die Versagungsgründe der Art 34, 35 EuGVO vor Erlass von Sicherungsmaßnahmen geprüft werden müssen.89 Nach Art 39 LugÜ darf der Gläubiger nach Vollstreckbarerklärung, aber vor 141 Ablauf der Beschwerdefrist Maßnahmen der Sicherungsvollstreckung ergreifen.90 Nach EuGVO und LugÜ ist dem Antragsteller die Vollstreckungsklausel mit 142 der Mitteilung auszuhändigen. Denn Sinn des einseitigen Klauselerteilungsverfahrens ist, dass der Gläubiger den Schuldner mit der Sicherungsvollstreckung nach Art 39 I LugÜ überraschen kann. Die Aushändigung der Klausel darf daher nicht bis zum Nachweis der Zustellung von Titel und Klausel an

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85 OLG Bamberg ZIP 2006, 1066; OLG Saarbrücken IPRax 1995, 35 (dazu Heß S 16); aA MünchKommInsO/Reinhart, 2003, Art 102 EGInsO Rz 172. 86 OLG Frankfurt IPRax 2002, 35, 36 (dazu Rinne/Sejas S 28, 29). 87 Vgl Heß/Hub IPRax 2003, 93, 94ff; Krumscheid RIW 2003, 389; Ch. Mauch, Die Sicherungsvollstreckung, S 44ff. 88 Rauscher/Mankowski Art 47 Brüssel I-VO Rz 12; vgl Kropholler Art 47 Rz 13. 89 Dafür Rauscher/Mankowski Art 47 Brüssel I-VO Rz 7. 90 Zur Rechtslage in der Schweiz vgl Atteslander-Dürrenmatt, AJP/PJA 10 (2001), 180.

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

den Schuldner (vgl § 9 I AVAG) zurückgestellt werden.91 § 750 ZPO verlangt keine Zustellung des Titels vor der Vollstreckung,92 sondern lässt eine Zustellung „gleichzeitig“ mit dem Beginn der Vollstreckung genügen. 143 Die Vollstreckungsklausel muss bestimmt und eindeutig sein. Schwierigkeiten ergeben sich aus der unterschiedlichen Tenorierungspraxis in den einzelnen Ländern. Ausländische Titel, die nach deutscher Vorstellung unbestimmt sind, sind in der Vollstreckungsklausel zu konkretisieren, soweit die fehlenden Angaben aus ausländischen Gesetzen oder amtlichen Statistiken zu ergänzen sind.93 Hierher gehört die Konkretisierung der Verurteilung zur Zahlung „gesetzlicher Zinsen“,94 „zuzüglich Mehrwertsteuer“ oder der Beginn der Zinspflicht.95 Fremdwährungstitel werden ohne Umrechnung mit der Vollstreckungsklausel versehen.96 Handelt es sich um einen Unterlassungstitel, in dem Ordnungsmittel noch nicht angedroht sind (vgl § 890 II ZPO), so ist diese Androhung auf Antrag des Gläubigers mit in die Vollstreckungsklausel aufzunehmen. Nach Ansicht des BGH ist dies aber zweifelhaft, wenn die Unterlassungsverfügung im Ursprungsstaat nicht selbst erzwungen werden kann, sondern Zuwiderhandlungen lediglich eine Schadenersatzpflicht auslösen.97 144 Wird die Vollstreckungsklausel erteilt, so muss der mit der Vollstreckungsklausel versehene Schuldtitel und gegebenenfalls seine Übersetzung dem Schuldner von Amts wegen zugestellt werden (Art 42 II EuGVO bzw Art 36 I LugÜ; § 10 I AVAG). Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften des Vollstreckungsstaates. Dabei gibt es keine Schwierigkeiten, wenn der Schuldner im Vollstreckungsstaat wohnt. Ist dies jedoch nicht der Fall und die Zuständigkeit des Zweitrichters auf dem Gerichtsstand des Schuldnervermögens gegründet, so muss ihm die Entscheidung entweder in Person oder in seiner Wohnung zugestellt werden (Art 43 V 2 EuGVO bzw Art 36 II LugÜ), sofern er seinen Wohnsitz in einem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat hat (§ 55 II AVAG). Diese besondere Schutzvorschrift für den Schuldner schließt nicht nur eine Zustellung im Wege der „remise au parquet“ und eine öffentliche _______________

91 Geimer/Schütze Art 42 Rz 9ff; Schlosser Art 43 EuGVO Rz 5; aA OLG Saarbrücken RIW 1994, 1048 = IPRax 1995, 244 (dazu Haas S 223); Rauscher/Mankowski Art 42 Brüssel I-VO Rz 3. 92 So anscheinend Kropholler Art 47 Rz 13. 93 BGHZ 122, 16, 19ff = NJW 1993, 1801 = IPRax 1994, 367 (dazu H. Roth S 350); vgl Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 492ff. 94 BGH RIW 1990, 497; OLG Zweibrücken IPRax 2006, 49 (dazu H. Roth S 22); s aber OLG Köln IPRax 2006, 51 (anwendbares Recht muss feststellbar sein). 95 OLG Zweibrücken IPRax 2006, 49 (dazu H. Roth S 22); v Falck S 58ff, 76ff, 148ff, 174ff. 96 Bachmann, Fremdwährungsschulden in der Zwangsvollstreckung, 1994, S 50ff. 97 Vgl BGH WM 2000, 635, 637f (Vorlage der Frage an den EuGH).

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Zustellung aus, sondern auch gewisse Ersatzzustellungen, wie sie in vielen Zivilprozessordnungen enthalten sind.98 c) Die besondere Zustellungsregelung ist deshalb von Bedeutung, weil von 145 der danach bewirkten Zustellung die Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs für den Schuldner zu laufen beginnt. Wohnt der Schuldner im Vollstreckungsstaat, so beträgt die Frist einen Monat, wohnt er in einem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat, so beträgt sie zwei Monate (Art 43 V 2 EuGVO bzw Art 36 II LugÜ). Eine Verlängerung dieser Fristen wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen. Ist der Beschluss dem Schuldner im Ausland zuzustellen oder handelt es sich um eine öffentliche Zustellung, so kann der Vorsitzende sogleich oder durch nachträglichen Beschluss eine längere Beschwerdefrist bestimmen, wenn er die einmonatige Beschwerdefrist nicht für ausreichend hält (§ 10 II AVAG). Die Beschwerdefrist beginnt erst mit ordnungsgemäßer Zustellung, nicht bereits mit Kenntnis des Schuldners von der Klauselerteilung zu laufen.99 Die Beschwerde ist in der BR Deutschland bei dem zuständigen Oberlandes- 146 gericht einzureichen (Art 43 II EuGVO m Anh III; Art 37 LugÜ). Zuständig ist dort der Senat in voller Besetzung.100 Da die Beschwerde auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann, besteht insoweit kein Anwaltszwang (§ 11 I 1 AVAG, § 78 II ZPO). Die Zulässigkeit der Beschwerde wird nicht dadurch berührt, dass sie bei dem Landgericht, das die Vollstreckung zugelassen hat, eingelegt worden ist (§ 11 II AVAG). Das Landgericht darf der Beschwerde in diesem Fall aber nicht abhelfen, sondern hat sie dem Oberlandesgericht vorzulegen.101 Das Oberlandesgericht kann ebenfalls ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden (§ 13 I 1 AVAG). Solange eine mündliche Verhandlung nicht angeordnet ist, können Anträge und Erklärungen auch vor dem Oberlandesgericht zu Protokoll abgegeben werden (§ 13 II 1 AVAG). Wird mündliche Verhandlung angeordnet, so sind die Parteien bei der Ladung, soweit nötig, aufzufordern, einen Anwalt zu bestellen (§ 13 II 2 AVAG; § 215 II ZPO). Da es sich um ein kontradiktorisches Verfahren102 handelt, soll es nach § 240 ZPO unterbrochen werden, wenn nach Einlegung des Rechtsbehelfs über das

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98 Kropholler Art 43 Rz 15; Geimer/Schütze/Haß Art 36 Rz 8. 99 EuGH (16.2.06, C-3/05, Gaetano Verdoliva v Van der Hoeven) RIW 2006, 304 = NJW 2006, 1114. 100 OLG Zweibrücken RIW 2005, 779, 780; OLG Köln IPRax 2003, 354. 101 OLG Celle IPRax 2005, 450 (dazu H. Roth S 438); OLG Zweibrücken RIW 2005, 779. 102 Vgl Pflugmacher, Beweiserhebung und Anerkenntnis im Klauselerteilungsverfahren, 2001.

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Vermögen des Schuldners (aber auch des Gläubigers) ein Insolvenzverfahren eröffnet wird.103 147 d) Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet die Rechtsbeschwerde an den BGH statt, sofern ein entsprechendes Urteil die Revisionsvoraussetzungen erfüllen würde (§§ 15ff AVAG).104 Das Oberlandesgericht muss die Rechtsbeschwerde auch dann zulassen, wenn es von einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften abweicht (§ 15 I AVAG). 148 Weist das OLG die Beschwerde des Schuldners zurück oder lässt es auf Beschwerde des Gläubigers die Zwangsvollstreckung zu, so kann die Zwangsvollstreckung über Sicherungsmaßnahmen hinaus fortgesetzt werden (§ 22 I AVAG). Auf Antrag des Schuldners kann aber bis zum Ablauf der Frist für die Rechtsbeschwerde die Zwangsvollstreckung mit oder ohne Sicherheitsleistung auf eine Sicherungsvollstreckung beschränkt werden, wenn die weitergehende Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde (§ 22 II AVAG). 149 e) Nach Art 46 I EuGVO bzw Art 38 I LugÜ kann das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht das Verfahren der Vollstreckbarerklärung auf Antrag aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Urteilsstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt wurde oder die Rechtsbehelfsfrist noch läuft. Bei seiner Ermessensentscheidung kann das Gericht die Erfolgsaussichten des ausländischen Rechtsbehelfs berücksichtigen.105 Nach § 22 II, III AVAG führt die Aussetzung aber nur zu einer Beschränkung des Gläubigers auf die Sicherungsvollstreckung.106 Im Rahmen der Sicherungsvollstreckung ist der Schuldner auch verpflichtet, eine eidesstattliche Versicherung über sein Vermögen abzugeben.107 Das Gericht kann diese Aussetzung auch wieder aufheben.108 Wird die Entscheidung im Ausland aufgehoben oder abgeändert, wird der Antrag auf (unveränderte) Vollstreckbarerklärung unzulässig; das Verfahren kann für erledigt erklärt werden.109

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103 So OLG Zweibrücken RIW 2001, 700; Kropholler Art 43 Rz 11; Rauscher/ Mankowski Art 43 Rz 14. 104 Vgl BGH (IX ZB 28/04 v 8.12.05) WM 2006, 502 (Rz 3). 105 Rauscher/Mankowski Art 46 Brüssel I-VO Rz 12. 106 BGH NJW-RR 2006, 996 (Rz 4); Geimer/Schütze Art 46 EuGVVO Rz 2. 107 BGH NJW-RR 2006, 996 (Rz 5ff). 108 Hau IPRax 1996, 322, 323. 109 Vgl OLG Düsseldorf IPRax 1998, 279 (dazu Hau S 255); BGH NJW 1980, 2022; Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 399f.

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Was ordentlicher Rechtsbehelf ist, ist autonom nach EuGVO bzw LugÜ zu 150 bestimmen und weit auszulegen. Erfasst ist jeder Rechtsbehelf, der zur Aufhebung oder Abänderung der dem Verfahren zugrunde liegenden Entscheidung im Erststaat führen kann und für dessen Einlegung eine mit Erlass der Entscheidung laufende Frist besteht.110 Erfasst sind danach auch der Einspruch gegen ein Versäumnisurteil sowie die Kassation der romanischen Rechtssysteme.111 Nach dem Sinn und Zweck genügt auch die Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage im Erststaat.112 Der Zweitrichter braucht seine Entscheidung aber nicht auszusetzen, wenn 151 gegen die Entscheidung des Erstrichters ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt ist. Er kann auch die Zwangsvollstreckung von der Leistung einer Sicherheit abhängig machen (Art 46 III EuGVO bzw Art 38 III LugÜ113). Eine solche Sicherung ist aber nicht anzuordnen, wenn der Schuldner bereits durch eine solche nach § 22 II AVAG geschützt ist.114 Lehnt das Gericht eine Aussetzung ab oder hebt es eine früher angeordnete 152 Aussetzung auf, so gibt es dagegen keine Rechtsbeschwerde. Auch wenn gegen die Vollstreckbarerklärung Rechtsbeschwerde eingelegt wird, ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht befugt, eine Aussetzung des Verfahrens erstmals oder erneut anzuordnen.115 f) Wird der Antrag des Antragstellers vom Zweitrichter abgelehnt, so hat er 153 die Beschwerdemöglichkeit an das Oberlandesgericht (Art 43 I, II EuGVO bzw Art 40 LugÜ). Die Frist und Form der Beschwerde richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates, weil EuGVO bzw LugÜ dafür keine Vorschriften enthalten. Es besteht wiederum kein Anwaltszwang. In diesem Verfahren muss der Schuldner gehört werden (Art 43 III EuGVO bzw Art 40 S 2 LugÜ). Lässt er sich auf das Verfahren nicht ein, so sind Art 26 II-IV EuGVO bzw Art 20 II, III LugÜ auch dann anzuwenden, wenn er seinen _______________

110 EuGHE 1977, 2175 (Industrial Diamond Supplies v Riva) = NJW 1978, 1107 (LS). 111 MüKo/Gottwald Art 30 EuGVÜ Rz 4; aA OLG Koblenz RIW 1977, 102 m Anm Schütze. 112 Kropholler Art 46 Rz 3; MüKo/Gottwald Art 38 EuGVO Rz 3; aA Rauscher/ Mankowski Art 46 Rz 8. 113 OLG Celle RIW 1979, 129, hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und ua ausgeführt, den schützenswerten Interessen der Beklagten sei bereits durch die Anordnung der Sicherheitsleistung Genüge getan. Die Beklagten hatten geltend gemacht, durch die Zulassung der Zwangsvollstreckung werde dem Gläubiger die Möglichkeit gegeben, nach Ablauf von einem Monat aus dem noch nicht rechtskräftigen Urteil des Erstrichters zu vollstrecken, ohne dass sie die Möglichkeit hätten, die Zwangsvollstreckung abzuwenden oder der Kläger eine Sicherheit zu leisten hätte. 114 OLG Hamburg RIW 1995, 680, 681. 115 EuGHE 1995, I-2269 (SISRO v Ampersand) = RIW 1995, 940 = EuZW 1995, 800 = IPRax 1996, 366 (dazu Hau S 322).

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Wohnsitz nicht in dem Hoheitsgebiet eines Mitglieds bzw Vertragsstaats hat. Das Verfahren muss solange ausgesetzt werden, bis der Schuldner im Wege der internationalen Rechtshilfe geladen worden ist. 154 Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts findet wiederum die Rechtsbeschwerde an den Bundesgerichtshof statt (Art 44 EuGVO mit Anhang IV bzw Art 41 LugÜ). 155 g) Ist dem Antragsteller in dem Verfahren vor dem Erstrichter Prozesskostenhilfe bewilligt worden, so genießt er diese (anders als nach § 114 ZPO) ohne weiteres auch für das Verfahren vor dem Zweitrichter (Art 50 EuGVO bzw Art 44 LugÜ). 156 Nach Art 51 EuGVO bzw Art 45 LugÜ darf einer Partei, die in einem Vertragsstaat eine in einem anderen Vertragsstaat ergangene Entscheidung vollstrecken will, wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden (s auch o § 4 Rz 60). Der Schuldner ist durch diese Regelung dann benachteiligt, wenn der Gläubiger in einem Drittstaat ansässig ist und im Verhältnis des Vollstreckungsstaates zu diesem das Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954 nicht gilt.116 157 h) Wird der für vollstreckbar erklärte Titel nachträglich im Erststaat aufgehoben oder abgeändert, so kann nach § 27 AVAG die Aufhebung oder Änderung der Vollstreckungsklausel bei dem Gericht beantragt werden, das die Klausel erteilt hat.117 Da dieses vereinfachte Verfahren zur Verfügung steht, ist eine Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) unzulässig.118 3. Die Vollstreckung aus öffentlichen Urkunden und Prozessvergleichen 158 Schrifttum: A. Dürrenmatt-Atteslander, Der Prozessvergleich im internationalen Verhältnis, 2006; F. Guillaume/M. Schwitter, Europäische und schweizerische öffentliche Urkunden als Vollstreckungstitel, AJP 2006, 660; Lambert, Die europäische öffentliche Urkunde, FS G. Weißmann, Wien 2003, S 477; Leutner, Die vollstreckbare Urkunde im europäischen Rechtsverkehr, 1997; Rechberger, Die Vollstreckung notarieller Urkunden nach der EuGVVO, FS G. Weißmann, 2003, S 771; ders, Perspektiven der grenzüberschreitenden Zirkulation und Vollstreckung notarieller Urkunden in Europa, FS Geimer, 2002, S 903; Trittmann/Merz, Die Durchsetzbarkeit des Anwaltsvergleichs … im Rahmen des EuGVÜ/LugÜ, IPRax 2001, 178; C. Visinoni-Meyer, Die Vollstreckung einer öffentlichen Urkunde gemäß Art. 50 LugÜ in der Schweiz, FS Karl Spühler, 2005, S 419.

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116 Vgl Kropholler Art 51 Rz 2 („gewisse Erschwerung“). 117 Vgl BGH NJW 1980, 2022. 118 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 333f.

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a) Öffentliche Urkunden Die Vollstreckung aus ausländischen öffentlichen Urkunden ist in der ZPO 159 nicht vorgesehen. Art 57 EuGVO bzw Art 50 LugÜ erleichtert daher den Rechtsverkehr zwischen den Mitglieds- bzw Vertragsstaaten, da er die in einem derartigen Staat aufgenommenen öffentlichen Urkunden danach in jedem anderen Mitglieds- bzw Vertragsstaat für vollstreckbar erklärt werden können. Es muss sich um vollstreckbare öffentliche Urkunden119 über Ansprüche in Zivil- oder Handelssachen handeln (Art 1 EuGVO bzw LugÜ). Entscheidend ist, dass die öffentliche Urkunde in einem Mitglieds- bzw Vertragsstaat aufgenommen und vollstreckbar ist. In der Urkunde muss eine private Erklärung beurkundet sein; Verwaltungsakte oder Kostenfestsetzungen der Notare scheiden daher aus.120 Art 57 II EuGVO stellt klar, dass auch Jugendamtsurkunden nach §§ 59, 60 SGB VIII erfasst sind. Vollstreckbare Privaturkunden erfüllen nicht die Form.121 Der Wohnsitz der Parteien ist irrelevant. Der vom französischen huissier ausgestellte „titre exécutoire“ ist öffentliche Urkunde iS von Art 57 EuGVO bzw Art 50 LugÜ.122 Öffentliche Urkunden, die in einem Drittstaat aufgenommen sind, fallen nicht unter Art 57 EuGVO bzw Art 50 LugÜ. Anders ist es mit Urkunden, die ein Konsularbeamter eines Mitglieds- bzw Vertragsstaats außerhalb des Entsendestaates aufgenommen hat, weil sie als innerhalb der Hoheitssphäre eines Mitglieds- bzw Vertragsstaates aufgenommen gelten.123 Zu den öffentlichen Urkunden gehören auch Vergleiche, die nicht vor einem 160 Richter, sondern vor Gütestellen (§§ 794 I Nr 1, 797a ZPO) oder vor Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten nach § 15 VI, VII UWG geschlossen werden.124 Der Anwaltsvergleich (§ 796a ZPO) ist zunächst keine öffentliche Urkunde; er wird dazu aber, sobald er vom Gericht oder vom Notar für vollstreckbar erklärt worden ist (§§ 796b, 796c ZPO).125 Derartige öffentliche Urkunden werden im Verfahren nach Art 38ff EuGVO 161 bzw Art 31ff LugÜ für vollstreckbar erklärt. Der Antragsteller hat eine Ausfertigung der Urkunde (Art 57 IV, 53 I EuGVO), zusammen mit zwei Abschriften (§ 4 IV AVAG) zuzüglich auf Verlangen des Gerichts mit Übersetzungen (Art 55 II EuGVO) vorzulegen. _______________

119 Für autonome Auslegung des Begriffs EuGHE 1999, I-3715 (Unibank v Christensen) = IPRax 2000, 409. 120 Schlosser Art 57 EuGVVO Rz 1. 121 EuGHE 1999, I-3715 (Unibank v Christensen) = IPRax 2000, 409 (dazu Geimer S 367) = ZZPInt 6 (2001), 179 (Geimer). 122 OLG Saarbrücken IPRax 2001, 238 (dazu Reinmüller S 207). 123 Kropholler Art 57 Rz 5. 124 Vgl Kropholler Art 58 Rz 1; MüKo/Gottwald, Art 51 Rz 1. 125 Geimer IPRax 2000, 366, 367; Trittmann/Merz IPRax 2001, 178, 180ff; Rauscher/ Staudinger Art 57 Rz 5.

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

Den Nachweis der Vollstreckbarkeit im Aufnahmestaat kann er durch Vorlage der Bescheinigung nach Art 57 IV 2 EuGVO iVm Anhang VI führen. Nach dem LugÜ sind die gleichen Nachweise zu führen (Art 50 III LugÜ), doch gibt es keine einheitliche Bescheinigung für den Nachweis der Vollstreckbarkeit. 162 Eine notarielle Urkunde kann unter den gleichen Voraussetzungen auch von einem Notar für vollstreckbar erklärt werden (§ 55 III AVAG).126 Der Notar erhält hierfür eine Gebühr von 200 Euro (§ 148a III 1 KostO). Für die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 56 AVAG erhält der Notar eine Gebühr von 10 Euro (§ 148a III 2 KostO). 163 Im Gegensatz zu den (endgültigen) Ablehnungsgründen für die Anerkennung bzw Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen (Art 34, 35 EuGVO bzw Art 27, 28 LugÜ) kann der Antrag bei öffentlichen Urkunden nur abgelehnt werden, wenn die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates (offensichtlich) widersprechen würde (Art 57 I 2 EuGVO bzw Art 50 I 2 LugÜ). Ein Verstoß einer Urkundsperson gegen nationale Zuständigkeitsregeln ist irrelevant.127 164 Mit der Beschwerde gegen die Vollstreckbarerklärung können nach § 12 II AVAG Einwendungen gegen den Titel auch aus der Zeit vor der Errichtung vorgebracht werden.128 Diese Regelung ist freilich problematisch. Denn einmal kann sich aus der Parteivereinbarung oder dem ausländischen Errichtungsstatut durchaus eine zeitliche Präklusion ergeben;129 es ist kein Grund ersichtlich, warum diese in Deutschland nicht mehr gelten sollte. Zum anderen widerspricht die allgemeine Zulassung materieller Einwendungen Art 57 I 2 EuGVO. Danach kann nur der ordre public-Verstoß gerügt werden. Alle anderen (streitigen) Einwendungen sind der Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) vorbehalten.130 b) Prozessvergleiche 165 Nach Art 58 EuGVO bzw Art 51 LugÜ werden ausländische gerichtliche Vergleiche unter denselben Voraussetzungen wie öffentliche Urkunden vollstreckt. Dies betrifft insbesondere Prozessvergleiche nach § 794 I Nr 1 ZPO, auch wenn sie nach § 278 VI ZPO abgeschlossen wurden.131 Der Vergleich muss sich auf eine Zivil- und Handelssache beziehen, die nach Art 1 in den _______________

126 127 128 129 130

Vgl Fleischhauer MittBayNot 2002, 15, 19f. Geimer IPRax 2000, 366, 369. Rechberger, FS Weißmann, S 771, 779f. Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 279f. Nelle, Anspruch, S 484ff; Leutner, Vollstreckbare Urkunde, S 279ff; Kropholler Art 57 Rz 14; Rauscher/Staudinger Art 57 Brüssel I-VO Rz 18, Art 58 Rz 16, 18. 131 Rauscher/Staudinger Art 58 Brüssel I-VO Rz 9.

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Die Vollstreckbarerklärung nach europäischem Recht

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Anwendungsbereich von EuGVO bzw LugÜ fällt.132 Für eine Einbeziehung von Vergleichen über ausgeschlossene Angelegenheiten enthalten Art 58 EuGVO bzw Art 51 LugÜ keinen Anhaltspunkt. Die Vollstreckbarerklärung erfolgt unter denselben Voraussetzungen wie bei 166 öffentlichen Urkunden (Art 58 S 1 EuGVO bzw Art 51 LugÜ). Im Anwendungsbereich der EuGVO kann der Antragsteller die nötigen Nachweise durch Vorlage der Bescheinigung nach Formblatt gemäß Anhang V führen. 4. Das Verhältnis von EuGVO und LugÜ zu anderen Übereinkommen EuGVO und LugÜ ersetzen grundsätzlich die entsprechenden bilateralen 167 Verträge zwischen den Mitglieds- bzw Vertragsstaaten (Art 69 EuGVO bzw Art 55 LugÜ). Nach Art 70 EuGVO bzw Art 56 LugÜ behalten aber die Abkommen und Verträge ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete, auf die die EuGVO bzw LugÜ nicht anzuwenden sind. Ebenso bleiben die Abkommen bzw Verträge für Altentscheidungen oder Urkunden, die vor dem In-KraftTreten von EuGVO bzw LugÜ ergangen oder aufgenommen worden sind, wirksam (Art 70 II EuGVO bzw Art 56 II LugÜ). Im Übrigen gehen EuGVO bzw LugÜ vor; ein Rückgriff auf ein bilaterales Abkommen ist ausgeschlossen, auch soweit es im Einzelfall geringere Anerkennungsvoraussetzungen enthalten sollte.133 (Zur Restbedeutung der bilateralen Vollstreckungsverträge mit anderen EU-Staaten s u § 13 Rz 300ff.) Nicht ausgeschlossen ist nach dem Günstigkeitsprinzip der Rückgriff auf das autonome Recht, sofern dieses noch geringere Anerkennungsvoraussetzungen aufstellen sollte.134 Nach Art 67 EuGVO bzw Art 57 LugÜ bleiben Rechtsakte der Gemeinschaft 168 und solche Übereinkommen unberührt, denen die Mitglieds- bzw Vertragsstaaten angehören und die für besondere Rechtsgebiete die gerichtliche Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen regeln. Soweit die Spezialübereinkommen mit der EuGVO bzw dem LugÜ konkurrieren, gehen die ersteren vor, sofern diese für die Anerkennung und Vollstreckung Ausschließlichkeit beanspruchen.135 Hierbei handelt es sich – soweit nicht auf einzelne Ab- oder Übereinkommen in den folgenden Abschnitten eingegangen wird – insbesondere um: –

die Revidierte Rheinschifffahrtsakte vom 17.10.1868, in der Fassung vom 11.3.1969;136

_______________

132 Kropholler Art 58 Rz 2; Rauscher/Staudinger Art 58 Brüssel I-VO Rz 2; aA Geimer/Schütze Art 51 Rz 4; Schlosser Art 58 EuGVVO. 133 BGH EWS 1993, 258, 260 = RIW 1993, 673. 134 Kropholler, IPR, 5. Aufl, § 60 II 1 d (S 643); aA Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art 34–36 EuGVVO Rz 1. 135 Vgl Mankowski EWS 1996, 301. 136 BGBl 1976 II, 547; vgl dazu HdbIZVR/Wolff, Bd III/2, 1984 (Kap. IV § 7); Schlosser RdC 284 (2000), 48.

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§ 12 – –

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

das Warschauer Abkommen vom 12.10.1929 zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung im internationalen Luftverkehr;137 das internationale Übereinkommen vom 10.5.1952 zur Vereinheitlichung von Regeln über die zivilgerichtliche Zuständigkeit bei Schiffszusammenstößen;138 das internationale Übereinkommen vom 10.5.1952 zur Vereinheitlichung von Regeln über den Arrest in Seeschiffen;139 den Vertrag über die Schiffbarmachung der Mosel vom 27.10.1956;140 das Londoner Abkommen über Auslandsschulden vom 27.2.1953;141 das internationale Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 7.2.1970 – CIM;142 das internationale Übereinkommen über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr vom 7.2.1970143 – CIV; CIM und CIV, zusammengefasst im COTIF vom 9.5.1980;144 das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr vom 19.5.1956145 (CMR).

Soweit die Spezialübereinkommen keine besonderen Vorschriften für die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen enthalten, bleibt es insoweit unter den Mitglieds- bzw Vertragsstaaten bei den Regeln der EuGVO bzw von LugÜ. 169 Soweit Sonderregeln bestehen, bestimmt sich die Konkurrenz zwischen Spezialübereinkommen und EuGVO bzw LugÜ nach Art 71 II (b) EuGVO bzw Art 57 II (b) EuGVÜ/LugÜ. Danach kann eine Entscheidung nach den Regeln des Spezialabkommens für vollstreckbar erklärt werden. Art 71 II (b) EuGVO bzw Art 57 II (b) LugÜ erweitern aber die Freizügigkeit der Titel, indem sie festlegen, dass ein Titel eines Mitglieds- bzw Vertragsstaats des europäischen Rechtsraums stets auch nach Art 33ff, 38ff EuGVO bzw Art 26ff, 31ff LugÜ anerkannt und vollstreckt werden kann, selbst wenn die internationale Zuständigkeit für die Entscheidung auf das Spezialübereinkommen gestützt war. Für Deutschland ist das Wahlrecht zwischen EuGVO bzw LugÜ und HUVÜ 1973 praktisch irrelevant, weil die Titel nach beiden Regelungen im Beschlussverfahren nach dem AVAG vollstreckbar erklärt werden. _______________

137 138 139 140 141 142 143 144 145

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BGBl 1964 II, 1295. BGBl 1972 II, 653; 1973 II, 169. BGBl 1972 II, 653; 1973 II, 172. BGBl 1956 II, 1838. BGBl 1953 II, 331. BGBl 1974 II, 381. BGBl 1974 II, 357. BGBl 1985 II, 130. BGBl 1961 II, 1119.

Die Vollstreckbarerklärung nach europäischem Recht

§ 12

Art 31 III, IV CMR legt nur die Pflicht zur Vollstreckbarerklärung von Urtei- 170 len und Vergleichen fest, regelt aber nicht das Verfahren dazu. Je nachdem, aus welchem Vertragsstaat der Titel stammt, richtet sich die Vollstreckbarerklärung daher nach Art 38ff EuGVO, Art 31ff LugÜ bzw §§ 722f ZPO.146 5. Entscheidungen über die elterliche Verantwortung und Kosten in Ehesachen Schrifttum: Dornblüth, Die europäische Regelung der Anerkennung und Vollstreck- 171 barerklärung von Ehe- und Kindschaftsentscheidungen, 2003; Frank, Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Kap 27, 2005, S 1185; U.P. Gruber, Das neue Internationale Familienverfahrensgesetz, FamRZ 2005, 1603; T. Hub, Die Neuregelung der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen und das familienrechtliche Anerkennungsund Vollstreckungsverfahren, NJW 2001, 3145; Solomon, „Brüssel IIa“ – Die neuen europäischen Regeln zum Internationalen Verfahrensrecht in Fragen der elterlichen Verantwortung, FamRZ 2004, 1409; Wagner, Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen nach der Brüssel II-Verordnung, IPRax 2001, 73; Winkel, Grenzüberschreitendes Sorge- und Umgangsrecht und dessen Vollstreckung, 2001.

Nach den Art 28ff EheGVO (VO (EG) Nr 2201/2003, „Brüssel IIa-VO“) kön- 172 nen Entscheidungen eines Mitgliedsstaats über die elterliche Verantwortung für ein Kind, die im Erlassstaat vollstreckbar und zugestellt worden sind, nach Vollstreckbarerklärung auch in einem anderen Mitgliedsstaat vollstreckt werden. Entscheidungen, die die elterliche Sorge neu regeln, sie einem anderen Elternteil oder einem Dritten zuweisen, sind freilich rechtsgestaltender Art und bedürfen daher keiner Vollstreckung. Für eine Vollstreckung in Betracht kommen daher nur Umgangsregelungen147 und Titel über die Herausgabe eines Kindes sowie Kostenentscheidungen bei Sorgerechtsverteilungen und den entsprechenden Kostenfestsetzungen. Öffentliche Urkunden und Vergleiche sind (soweit solche überhaupt zulässig sind) den Entscheidungen gleichgestellt (Art 46 EheGVO).148 Über Art 49 EheGVO sind die Art 28ff EheGVO auch auf die Vollstreckbar- 173 erklärung von Kostenentscheidungen in Ehesachen anwendbar.149 _______________

146 Thume/Demuth, CMR, 1994, Art 31 Rz 55ff; MüKo/ZPO-Gottwald, 2. Aufl 2001, Art 31 CMR Rz 7. 147 MüKo/Gottwald Art 21 EheGVO Rz 2; aA Winkel, Grenzüberschreitendes Sorgeund Umgangsrecht, S 136 (nur wirkliche Leistungsurteile). 148 Krit. Geimer IPRax 2000, 366, 368. 149 Vgl BGHZ 163, 248, 264 = FamRZ 2005, 1540, 1545 = NJW 2005, 3424 (zur Brüssel II-VO); Thomas/Putzo/Hüßtege Vorbem vor Art 28–55 Rz 1.

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§ 12

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

174 Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung entspricht weitgehend dem nach Art 38ff EuGVO.150 Seine Details sind in dem neuen Internationalen Familienverfahrensgesetz (IntFamRVG) vom 26.1.2005 geregelt.151 Sinn der Abweichungen und Ergänzungen ist die Anpassung an die sonstigen Regeln des FG-Verfahrens. Zuständig ist in erster Instanz das Familiengericht am Sitz des Oberlandesgerichts (§ 12 IntFamRVG). Örtlich zuständig ist das Gericht, das für den gewöhnlichen Aufenthalt des Vollstreckungsgegners bzw des betroffenen Kindes, oder falls sich diese im Ausland befinden, für den Ort der Vollstreckung zuständig ist (Art 29 EheGVO). 175 In erster Instanz findet ein einseitiges Klauselerteilungsverfahren statt; weder der Vollstreckungsgegner noch das Kind werden gehört (Art 31 I EheGVO; § 18 IntFamRVG). Abweichend von Art 41 S 1 EuGVO hat aber bereits die erste Instanz etwaige Versagungsgründe nach den Art 22, 23 und 24 EheGVO von Amts wegen zu prüfen (Art 31 II EheGVO).152 Eine sachliche Überprüfung der Entscheidung ist unzulässig (Art 31 III EheGVO). Wie in der EuGVO darf auch in der EheGVO die internationale Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedsstaates nicht nachgeprüft werden (Art 24 S 1 EheGVO). Eine Überprüfung ist auch im Rahmen der ordre public-Kontrolle untersagt (Art 24 S 2 EheGVO). Dieses Verbot erstreckt sich aber nicht auf die Zuständigkeit aufgrund einer Verweisung an das besser geeignete Gericht nach Art 15 EheGVO. Da diese Zuständigkeit nur durch Zusammenwirken der Gerichte des abgebenden und des aufnehmenden Staates begründet werden kann, ist es aber erst recht nicht gerechtfertigt, sie im Rahmen einer ordre public-Prüfung zu kontrollieren.153 176 Gegen die positive oder negative Entscheidung steht jeder Partei ein Rechtsbehelf (Beschwerde) an das Oberlandesgericht zu (Art 33 I, II iVm Art 68 EheGVO; § 24 IntFamRVG). Gegen dessen Entscheidung gibt es bei Zulassung durch das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde an den BGH (Art 34, 68 EheGVO iVm §§ 28ff IntFamRVG). Bei Zweifeln über die Auslegung der EheGVO kann bereits das OLG die Rechtsfrage dem EuGH nach Art 68 EGV vorlegen.154

_______________

150 151 152 153 154

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Vgl Winkel S 117ff; Wagner IPRax 2001, 73, 79. Vgl Gruber FamRZ 2005, 1603ff. Hub NJW 2001, 3145, 3148; Ancel/Muir Watt Rev.crit. 2001, 403, 453. So zu Recht Solomon FamRZ 2004, 1409, 1418. Hub NJW 2001, 3145, 3149.

Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht

§ 12

6. Entscheidungen über das Umgangsrecht und Anordnungen zur Rückgabe des Kindes Umgangsregelungen und Anordnungen über die Rückgabe eines Kindes nach 177 Art 11 VIII EheGVO können auf Antrag des Trägers der elterlichen Verantwortung nach den Art 28ff EheGVO für vollstreckbar erklärt werden.155 Der Sorgeberechtigte hat die freie Wahl, ob er den Titel im Ursprungsstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigen (s o Rz 30) oder ob er ihn im Vollstreckungsstaat für vollstreckbar erklären lassen will (Art 40 II EheGVO). Frei

178–200

III. Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 2. Die Vollstreckungsklage . . . . . . 202 3. Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . 231

4. Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen nach dem Auslandsunterhaltsgesetz . . 234

1. Schrifttum Baumann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in 201 Unterhaltssachen, 1989; Chrocziel-Westin, Die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile und Schiedssprüche, ZVglRwiss 87 (1988), 145; Dopffel, Vollstreckbarerklärung ausländischer Unterhaltstitel mit gesetzlicher Indexierung, DAVorm. 1984, 217; v Falck, Implementierung offener ausländischer Vollstreckungstitel, 1998; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, 1995, S 163; ders, Exequaturverfahren, FS Georgiades, 2005, 489; Gottwald, Grundfragen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivilsachen, ZZP 103 (1990), 257; Hanisch, Umrechnung von Fremdwährungsforderungen in Vollstreckung und Insolvenz, ZIP 1988, 341; Kegel, Exequatur sur exequatur ne vaut, FS Müller-Freienfels, 1986, S 377; Kerameus, Enforcement in the International Context, RdC 264 (1997), 179; ders, Rechtsvergleichende Bemerkungen zur autonomen Urteilsvollstreckung im Ausland, FS G. Lüke, 1997, S 337; Linke, Zum Wert oder Unwert der Vollstreckungsklage, FS Schütze, 1999, S 427; Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, 2000; K. Niethammer-Jürgens, Vollstreckungsprobleme im HKÜ-Verfahren, FPR 2004, 306; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl 1997 (§ 12); Schefold, Vollstreckung von Urteilen, die auf Zahlung in fremder Währung lauten, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, Bd III, 2. Aufl 2001, § 115 VIII (S 3886ff); Schuschke/Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Bd I, 3. Aufl 2002; Schütze, Zur Zuständigkeit im Vollstreckbarerklärungsverfahren nach § 722 ZPO, NJW 1983, 154; ders, Überlegungen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung US-amerikanischer Zivilurteile in Deutschland – _______________

155 Vgl Gruber FamRZ 2005, 1603, 1607f.

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Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

zur Kumulierung von Ordre-public-Verstößen, FS Geimer, 2002, S 1025; ders, Aktuelle Fragen der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von US-amerikanischen Schiedssprüchen und Gerichtsurteilen in Deutschland, ZVglRWiss 104 (2005), 427; V. Sich, Die zwischenstaatliche Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im deutsch/ US-amerikanischen Verhältnis nach den Normen des Auslandsunterhaltsgesetzes und des Uniform Interstate Family Support Act, 2004, S 73ff; Stojan, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in Handelssachen, 1986; Stürner/Münch, Die Vollstreckung indexierter ausländischer Unterhaltstitel, JZ 1987, 178; Th. Wazlawik, Persönliche Zuständigkeit im US-amerikanischen Prozessrecht und ihre Bedeutung im deutschen Exequaturverfahren, RIW 2002, 691.

2. Die Vollstreckungsklage 202 Aus einem ausländischen Urteil findet die Vollstreckung im Inland nur statt aufgrund der Bestimmungen der §§ 722 und 723 ZPO. „§ 722 ZPO: (1) Aus einem Urteil eines ausländischen Gerichts findet die Zwangsvollstreckung nur statt, wenn ihre Zulässigkeit durch ein Vollstreckungsurteil ausgesprochen ist. (2) Für die Klage auf Erlass des Urteils ist das Amtsgericht oder das Landgericht, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, und sonst das Amtsgericht oder Landgericht zuständig, bei dem nach § 23 gegen den Schuldner Klage erhoben werden kann. § 723 ZPO (1) Das Vollstreckungsurteil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen. (2) Das Vollstreckungsurteil ist erst dann zu erlassen, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Recht die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urteils nach § 328 ausgeschlossen ist.“

203 Danach bedarf es einer prozessualen Gestaltungsklage, die dem ausländischen Urteil die im Inland fehlende Vollstreckbarkeit originär verleiht.156 Grundlage der Zwangsvollstreckung im Inland ist nicht der ausländische Titel, sondern nur die inländische Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung.157 Während die Anerkennung ausländischer Entscheidungen bis auf solche in Ehesachen (außerhalb der EheGVO) automatisch erfolgt, behält sich der deutsche Gesetzgeber eine gewisse Überprüfung des ausländischen Urteils vor, bevor in diesem neuen Prozess die Vollstreckbarkeit gewährt wird. Andere Staaten haben schon für die Anerkennung ein besonderes Verfahren der Wirkungsverleihung vorgeschaltet, so dass in diesem sowohl über die Anerkennung als auch über die Vollstreckbarkeit entschieden wird (s o § 11 Rz 106). _______________

156 OLG Zweibrücken NJOZ 2005, 3309, 3311; aA Schütze, IZPR, Rz 379, 381 (Wirkungserstreckung). 157 BGHZ 112, 16, 18 = NJW 1993, 1801; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 164.

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Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht

§ 12

Die vereinfachten Verfahren der Vollstreckbarerklärung in den verschiede- 204 nen Beschlussverfahren nach den europäischen Verordnungen und den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen haben sämtliche Vorrang vor der Vollstreckungsklage.158 Soweit einfachere Verfahren zulässig sind, fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für die Vollstreckungsklage.159 Entscheidungen der Europäischen Gerichte (EuGH u. EuG) sind wie inländi- 205 sche Urteile vollstreckbar;160 die Vollstreckungsklausel erteilt der Bundesminister der Justiz.161 Für die sachliche Zuständigkeit des Amts- oder Landgerichts ist allein der 206 Wert des Gegenstandes, der sich aus dem ausländischen Urteil ergibt, maßgebend. Örtlich ist das Gericht zuständig, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen 207 Gerichtsstand hat. Es gelten dafür die §§ 12 bis 39 ZPO. Hat der Schuldner im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners oder der Streitgegenstand befindet (§ 23 ZPO).162 Da für den Gläubiger aus dem ausländischen Urteil ein legitimes Interesse daran besteht, die Vollstreckung dort zu betreiben, wo sich Vermögen des Schuldners befindet, ist es ganz natürlich, wenn ihm ein Gerichtsstand zur Verfügung gestellt wird, sofern der Schuldner im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Der Gerichtsstand des § 23 ZPO kann in diesem Zusammenhang nicht als „unerwünscht oder exorbitant“ bezeichnet werden.163 Auf den Inlandsbezug der zu vollstreckenden Forderung kommt es nicht an, da der Schuldner ansonsten vollstreckungsfreies Vermögen bilden könnte. Irrelevant ist auch, ob das Vermögen zur Befriedigung des Gläubigers ausreicht.164 Es handelt sich weder bei der sachlichen noch bei der örtlichen Zuständigkeit um eine ausschließliche, denn das Gesetz hat diese Gerichtsstände nicht als ausschließliche bezeichnet. Die Parteien dieses neuen Rechtsstreits könnten also eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen. Streitgegenstand der Vollstreckungsklage ist nicht der private Anspruch, der 208 dem ausländischen Urteil zugrunde liegt, sondern der öffentlich-rechtliche

_______________

158 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 722 ZPO Rz 5; Zimmermann, 7. Aufl, § 722 Rz 2ff, 9. 159 KG RIW 1998, 630; AmtsG Garmisch-Partenkirchen NJW 1971, 2135; Thomas/ Putzo/Hüßtege, 27. Aufl, §§ 722, 723 Rz 5. 160 Vgl für Österreich Schoibl, FS Geimer, 2002, S 981, 986. 161 BGBl 1961 II 50. 162 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 174f, will die Klage bereits antizipiert zulassen, bevor der Schuldner Vermögen im Inland erwirbt. 163 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 722 Rz 24; vgl auch Geimer IZPR, 5. Aufl, Rz 1390, 2896; Mankowski RIW 1995, 56. 164 BGH RIW 1997, 238 mit Anm Munz.

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§ 12

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

Anspruch auf Vollstreckbarerklärung des ausländischen Urteils.165 Daraus folgt zunächst für die Zuständigkeit, dass die Amts- und Landgerichte auch dann zuständig sind, wenn der ursprüngliche materiellrechtliche Anspruch nach den deutschen Vorschriften vor einem Arbeitsgericht zu entscheiden gewesen wäre.166 In Familiensachen ist das Familiengericht zuständig.167 209 Daraus folgt weiter, dass der Anspruch teilweise der Disposition der Parteien entzogen ist. Es steht dem Kläger zwar frei, ob er die Vollstreckungsklage erheben will. Er könnte aus dem ausländischen Urteil im Ursprungsland oder in einem dritten Staat vollstrecken. Der Beklagte kann jedoch den Anspruch nicht anerkennen, denn die Interessen des deutschen Gesetzgebers gehen dahin, zunächst festzustellen, ob die Vollstreckungsklausel überhaupt gewährt werden kann.168 Der Beklagte könnte allerdings vor Beginn der mündlichen Verhandlung die geschuldete Summe freiwillig zahlen, so dass die Hauptsache erledigt wäre. Die Parteien können sich über den dem ausländischen Urteil zugrunde liegenden Anspruch auch noch in dem Verfahren vor dem Zweitrichter vergleichen. Dieser Vergleich betrifft jedoch nicht den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Vollstreckbarerklärung des ausländischen Urteils. Der Kläger kann aber auf den öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Vollstreckbarerklärung verzichten169 oder die Klage zurücknehmen. 210 Im Übrigen handelt es sich um ein gewöhnliches Erkenntnisverfahren, auf das die allgemeinen Vorschriften anzuwenden sind. Die Parteien müssen deshalb parteifähig sein; eine Bindung an die Feststellungen in der anzuerkennenden Entscheidung besteht nicht.170 Eine Widerklage wird zugelassen. Aus der Natur der Klage folgt jedoch, dass eine Klage im Urkundenprozess unzulässig ist. Einwendungen des Beklagten können wegen der Rechtskraftbindung (vgl § 322 ZPO) nur soweit vorgebracht werden, als sie nicht aufgrund der Präklusionswirkung der ausländischen Entscheidung abgeschnitten sind.171 211 Kläger ist der Titelinhaber nach dem Recht des Erststaates, in Fällen gesetzlicher Prozessstandschaft also der Prozessstandschafter.172 _______________

165 Stein/Jonas/Münzberg § 722 Rz 11; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 165. 166 AA v Falck S 49. 167 Vgl § 10 Abs 3 AUG sowie BGHZ 88, 113 = NJW 1983, 2775; Schuschke/Walker § 722 Rz 3. 168 Zimmermann, 7. Aufl, § 723 Rz 2; Hk-ZPO/Kindl § 723 Rz 5. 169 So zu Recht Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 3135; missverständlich Stein/Jonas/ Münzberg § 722 Rz 3, wonach der öffentlich-rechtliche Anspruch jeder privaten Vereinbarung entzogen ist. 170 Vgl Furtak, Die Parteifähigkeit in Zivilverfahren mit Auslandsberührung, 1995, S 201ff. 171 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, 2000, S 236ff, 254ff; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 180. 172 Vgl OLG Stuttgart FamRZ 1999, 312.

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Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht

§ 12

Gegen Dritte kann die Vollstreckbarerklärung nur betrieben werden, soweit 212 das Urteil im Ursprungsstaat gegen den Dritten vollstreckbar wäre.173 Da es sich um ein inländisches Verfahren handelt, kann eine arme ausländi- 213 sche Partei Prozesskostenhilfe (§§ 114ff ZPO) nach allgemeinen Regeln erhalten174 (s o § 4 Rz 100ff). Außerhalb des Vertragsrechts wirkt eine PKHBewilligung für das ausländische Erkenntnisverfahren nicht unmittelbar für die Inlandsvollstreckung. Es muss ein Leistungsurteil eines ausländischen Gerichts vorliegen, das im 214 Erststaat vollstreckbar ist.175 Ein Urteil, das nach § 888 III ZPO im Inland nicht vollstreckt werden kann, ist dennoch für vollstreckbar zu erklären, damit der Gläubiger das Interesse geltend machen kann.176 Feststellungsurteile177 und Gestaltungsurteile können nicht für vollstreckbar erklärt werden. Die ausländischen Entscheidungen müssen nach dem Recht des Ursprungsstaates formelle Rechtskraft erlangt haben (§ 723 II 1 ZPO). Die Möglichkeit der Wiedereinsetzung schadet nicht.178 Auf für vorläufig vollstreckbar erklärte Urteile kann also die Klage auf Vollstreckbarerklärung nicht gestützt werden. Im Einzelfall kann viel Zeit notwendig werden, ehe der Kläger die Durchsetzung seines Anspruchs verwirklichen kann. Da die Einspruchsfrist für Versäumnisurteile nur 14 Tage beträgt, können diese oft viel schneller die formelle Rechtskraft erreichen als andere Urteile. Die Vernichtbarkeit des Titels nach dem Recht des Ursprungsstaates schließt die Vollstreckbarerklärung nicht aus, solange das Urteil nicht tatsächlich aufgehoben worden179 oder seine Vollstreckbarkeit im Erststaat entfallen ist.180 Leistungsverfügungen und andere Titel des einstweiligen Rechtsschutzes 215 können nach § 722 ZPO (im Gegensatz zum Vertragsrecht und dem Auslandsunterhaltsgesetz) nicht für vollsteckbar erklärt werden.181 Da § 722 in § 795 ZPO nicht erwähnt ist, scheidet eine Vollstreckbarerklä- 216 rung von Prozessvergleichen und ausländischen vollstreckbaren Urkunden nach allgemeinem autonomen Recht aus.182 _______________

173 174 175 176 177 178 179 180 181 182

OLG Düsseldorf RIW 1999, 540. Vgl OLG Zweibrücken NJOZ 2005, 3309. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 164, 176. Geimer, FS Georgiades, S 489, 496. AmtsG Würzburg FamRZ 1994, 1596. BGH RIW 1999, 1381, 1384. BGHZ 118, 312 = NJW 1992, 3096. Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 327, 330ff, 401f. Teilweise abw. Geimer, Anerkennung, S 170. Musielak/Lackmann, 4. Aufl, § 722 Rz 3; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 722 Rz 13; Schuschke/Walker § 722 Rz 1; aA Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 169; ders, FS Georgiades, S 489, 498; Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 722 Rz 8.

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§ 12

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

217 Ausländische Exequaturentscheidungen fallen nicht unter § 722, gleichgültig ob darin Entscheidungen von Drittstaaten oder Schiedssprüche für vollstreckbar erklärt werden. Eine Ausnahme macht der BGH zu Unrecht für US-amerikanische Exequatururteile über Schiedssprüche, da der Beklagte in dem Bestätigungsurteil selbständig zur Leistung verurteilt werde und der Schiedsspruch darin voll aufgehe183 (s o § 11 Rz 146). 218 Entscheidungen gegen einen ausländischen Staat können im Rahmen des Europäischen Übereinkommens über Staatsimmunität von 1972184 (in Kraft seit 16.8.1990 im Verhältnis zu Belgien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Schweiz, Vereinigtem Königreich und Zypern) nicht vollstreckt und für vollstreckbar erklärt werden185 (s u § 17 Rz 17). 219 Die sonst bestehende Vollstreckungsimmunität (s u § 17 Rz 16ff) ist bei der Vollstreckbarerklärung nicht zu beachten. 220 Der Schwerpunkt einer Klage auf Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung liegt in der Nachprüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung nach § 328 I ZPO (s o § 11 Rz 150ff). Der Beklagte kann dabei insbesondere geltend machen, dass der Erstrichter nicht zuständig gewesen sei. Das gilt auch dann, wenn der Beklagte sich vor dem ausländischen Gericht nicht eingelassen hat, also ein Versäumnisurteil gegen sich hat ergehen lassen, obwohl er die Unzuständigkeit des Erstgerichts bereits hätte rügen können.186 221 Die ausländische Entscheidung wird im Übrigen auf ihre sachliche Richtigkeit nicht nachgeprüft. (Verbot der „révision au fond“). Das Gleiche gilt hinsichtlich der Frage, ob das Erstgericht abgesehen von den Vorschriften § 328 I Nr 1 und Nr 2 ZPO seine Verfahrensvorschriften richtig angewendet hat. Soweit ein Verstoß gegen den ordre public des § 328 I Nr 4 ZPO in Betracht kommt, ist ergänzender Parteivertrag zulässig.187 Generell besteht für den deutschen Beklagten aber aller Anlass, sich vor dem ausländischen Gericht, vor das er ordnungsgemäß geladen ist, wegen des materiellen Anspruchs und wegen der Einhaltung der ausländischen Verfahrensregeln zu verteidigen, sofern nicht offenkundig ist, dass das Urteil wegen einer der in § 328 I genannten Voraussetzungen nicht anerkannt werden kann. 222 Ist eine ausländische Entscheidung im Inland anzuerkennen, so ist deren Rechtskraft zu beachten (s o § 11 Rz 17ff). Eine erneute Leistungsklage ist grundsätzlich unzulässig. _______________

183 Vgl BGH NJW 1984, 2765; ablehn. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 171; ders, FS Georgiades, S 489, 502. 184 BGBl 1990 II, 34. 185 Vgl Kronke IPRax 1991, 141. 186 Stein/Jonas/Münzberg § 723 Rz 2. 187 BGH RIW 1999, 1381, 1388.

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Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht

§ 12

Die Rspr lässt im Anwendungsbereich der §§ 722, 723 ZPO aber auch eine 223 neue Leistungsklage zu.188 Dem Gläubiger soll damit das Risiko der falschen Klageart abgenommen werden. Ist das ausländische Urteil aber anzuerkennen, so ist die Bindungswirkung der Rechtskraft zu beachten und ein inhaltlich gleiches Urteil zu erlassen. Der Antrag, den Schuldner zu einer anderen Leistung zu verurteilen, ist unbegründet. Eine andere Leistung wird auch verlangt, wenn statt der titulierten ausländischen Währung Leistung in DM verlangt wird.189 Bei Schadenersatztiteln nach Seeschiffskollisionen schließt § 738a II HGB eine Wiederholung der Leistungsklage im Inland aus. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine neue Leistungsklage fehlt dagegen, wenn 224 der ausländische Titel bereits für vollstreckbar erklärt ist oder in einem vereinfachten Verfahren für vollstreckbar erklärt werden kann. Das schnellere und billigere Klauselerteilungsverfahren hat stets Vorrang.190 Bloße Schwierigkeiten bei der Beschaffung der nötigen Unterlagen für das Klauselerteilungsverfahren rechtfertigen nicht das Ausweichen auf eine Leistungsklage.191 Da für den Kläger nach § 722 ZPO oft nicht zu übersehen ist, ob die Voraus- 225 setzungen für die Anerkennung und damit für ein Vollstreckungsurteil gegeben sind, ist es auch gerechtfertigt, wenn der Kläger neben dem Hauptantrag, das ausländische Urteil für vollstreckbar zu erklären, hilfsweise den Antrag stellt, den Beklagten zu eben derselben Leistung zu verurteilen, wie er es bereits vor dem Erstrichter getan hatte.192 Kann das Urteil nicht anerkannt werden, so entfällt auch die Rechtskraftwirkung der ausländischen Entscheidung.193 Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Erststaat gegen den Schuldner 226 hindert nicht die Vollstreckbarerklärung des Titels im Inland; die Vollstreckungsklage wird nicht unterbrochen.194 Bestimmtheit des Titels. Die ausländische Entscheidung muss nach Inhalt 227 und Grenzen ausreichend bestimmt sein, um für vollstreckbar erklärt zu werden. Freilich sind ausländische Tenorierungsgewohnheiten zu beachten. Die ausländische Entscheidung ist daher im Anerkennungs- bzw Vollstreckbarerklärungsverfahren nach formellen deutschen Maßstäben zu konkreti_______________

188 BGH FamRZ 1987, 370; BGH NJW 1979, 2477; OLG Zweibrücken NJOZ 2005, 3309; OLG Karlsruhe FamRZ 1991, 600; OLG Hamm FamRZ 1991, 718. 189 KG IPRax 1994, 455 (dazu P. Baumann S 435, 437). 190 Baumann IPRax 1990, 28, 29; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S 181; Gottwald FamRZ 1999, 310; aA OLG Karlsruhe FamRZ 1999, 309. 191 Baumann IPRax 1994, 435, 438; aA KG IPRax 1994, 455, 457. 192 Vgl OLG Zweibrücken NJOZ 2005, 3309. 193 So zu Recht Schütze DB 1977, 2129. 194 OLG Dresden FamRZ 2006, 563, 564; KG NZI 2000, 228; Zöller/Geimer § 722 Rz 4.

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§ 12

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

sieren, soweit die Maßstäbe hierfür (unter Mitwirkung des Antragstellers gem. § 293 ZPO) sicher festgestellt werden können. Entsprechend kann ein Titel, der zur Zahlung „gesetzlicher Zinsen“195 oder „zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer“196 verurteilt oder ein Unterhaltstitel, der einem gesetzlichen Währungsausgleich oder einer sonstigen gesetzlichen Indexierung unterliegt, für die Inlandsvollstreckung konkretisiert werden.197 Der Titel ist in der zulassenden Entscheidung so zu fassen wie ein entsprechender deutscher Titel. Zu unbestimmt sind allerdings Titel, die Unterhalt unter der Bedingung „ernsthaften Studiums“198 oder in Höhe von einem Viertel des Nettoeinkommens des Schuldners zusprechen.199 Außerhalb des Anwendungsbereichs von Art 49 EuGVO bzw Art 43 LugÜ soll es auch zulässig sein, dass der Zweitrichter ein nur in unbestimmter Höhe angedrohtes Zwangsgeld konkret festsetzt.200 228 Von der notwendigen Konkretisierung abgesehen wird der Titel bei der Vollstreckbarerklärung jedoch nicht verändert. Die Pflicht auf Leistung in ausländischer Währung wird unverändert für vollstreckbar erklärt. Eine Umrechnung in Inlandswährung unterbleibt, auch wenn eine Ersetzungsbefugnis nach § 244 I BGB besteht. Die Umrechnung obliegt nach deutschem Recht den Vollstreckungsorganen zum Zeitpunkt der effektiven Zahlung.201 Das Gericht kann aber bei der Klauselerteilung den Umrechnungszeitpunkt klarstellen.202 Erhebliche Veränderungen der Währungsparität berechtigen nicht, die Vollstreckbarerklärung abzulehnen.203 229 Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) kann nicht gegen den ausländischen Titel, sondern erst gegen das deutsche Vollstreckungsurteil erhoben werden.204 Gegebenenfalls kann aber vor Erhebung der Vollstreckungsklage ein Bedürfnis des Schuldners bestehen auf Feststellung zu klagen, dass der titu_______________

195 Vgl BGH RIW 1990, 497; OLG Düsseldorf VersR 1991, 1161/62; OLG Hamburg RIW 1994, 424, 426. 196 Vgl BGH NJW 1990, 3084; OLG Celle NJW 1988, 2183. 197 BGHZ 112, 16 = NJW 1993, 1801 = IPRax 1994, 367 (dazu H. Roth S 350); Stürner/Münch JZ 1987, 178; Geimer, Anerkennung, S 168; eingehend v Falck S 7ff, 42ff, 157ff. 198 OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1430; aA Geimer, FS Georgiades, S 489, 508. 199 AG Wiesbaden FamRZ 2006, 562; aA OLG Zweibrücken NJOZ 2005, 3309, 3312 (Aufklärung durch Gutachten erforderlich). 200 Geimer, FS Georgiades, S 489, 506. 201 BGH IPRax 1987, 172; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 722 ZPO Rz 36; vgl Hanisch ZIP 1988, 341; Bachmann, Fremdwährungsschulden in der Zwangsvollstreckung, 1994, S 35ff. 202 Baur/Stürner, Zwangsvollstreckungsrecht, 1996, S 702. 203 AA AmtsG Singen FamRZ 2002, 76 (abl. Jessel-Holst). 204 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 722 Rz 44; aA Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 329f, 342ff, 494ff.

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Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht

§ 12

lierte Anspruch ganz oder teilweise erloschen ist.205 Die zuvor entstandenen Einwendungen können und müssen im Vollstreckungsverfahren nach § 722 geltend gemacht werden,206 soweit sie nicht durch die (anzuerkennende) Rechtskraft der Entscheidung präkludiert sind. Mit Einwendungen, die er im Verfahren nach §§ 722, 723 ZPO hätte geltend machen können, ist er nach hM präkludiert; nur später entstandene Einwendungen berechtigen zur Vollstreckungsgegenklage.207 Eine nachträgliche Aufhebung der Entscheidung im Ursprungsstaat kann aber stets geltend gemacht werden. Die in einem Drittstaat erfolgreiche Vollstreckungsabwehrklage ist als solche ohne Inlandswirkung auf die Vollstreckbarkeit des Titels.208 Die im Ursprungsstaat anhängige Vollstreckungsabwehrklage schließt daher eine entsprechende inländische Klage nicht aus.209 Doch kann das deutsche Verfahren analog § 148 ZPO bis zur Entscheidung im Ausland ausgesetzt werden.210 Ob materiellrechtlich eine Einwendung besteht, sollte nicht nach der nach deutschem Kollisionsrecht neu bestimmten lex causae, sondern zur Vermeidung von Friktionen nach der vom Erstgericht angewandten Rechtsordnung beurteilt werden.211 Auch Abänderungsgründe können aus prozessökonomischen Gründen im 230 Verfahren der Vollstreckungsklage berücksichtigt werden.212 Diese Möglichkeit besteht nicht im Klauselerteilungsverfahren.213 3. Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit Entscheidungen eines EU-Mitgliedstaats (außer Dänemark) zur elterlichen 231 Verantwortung (Art 8ff EheGVO) sind nach Art 21, 23 EheGVO automatisch anzuerkennen und im Verfahren nach Art 28ff EheGVO iVm §§ 16ff IntFamRVG für vollstreckbar zu erklären. Titel über die Herausgabe eines Kindes aus Nicht-EU-Vertragsstaaten des 232 SorgeRÜ 1980 sind nach Art 7ff SorgeRÜ 1980 iVm § 7 SorgeRÜAG für vollstreckbar zu erklären und mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen.214 _______________

205 Vgl Nelle, Anspruch, S 497f. 206 BGH FamRZ 1987, 1146; BGH NJW 1994, 1413, 1416; Schuschke/Walker, § 723 Rz 4; aA (für Berücksichtigung streitiger Einwendungen nur auf Vollstreckungsabwehr-Widerklage) Nelle, Anspruch, S 402ff, 420, 461ff. Zweifelnd MüKo/ Gottwald, 3. Aufl, § 722 Rz 44 (keine § 14 AVAG vergleichbare Regelung). 207 Geimer, Anerkennung, S 181. 208 Vgl Nelle, Anspruch, S 335ff. 209 Nelle, Anspruch, S 503ff. 210 Nelle, Anspruch, S 506ff. 211 Geimer, FS Georgiades, S 489, 503. 212 Vgl BGH FamRZ 1987, 370; OLG Hamm FamRZ 1989, 1332. 213 Vgl BGH FamRZ 1990, 504 = NJW 1990, 1419. 214 Vgl Jorzik, Das neue zivilrechtliche Kindesentführungsrecht, 1995.

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§ 12

Die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel

233 Andere ausländische FG-Entscheidungen, auch Rückführungsentscheidungen nach dem Haager Kindesentführungsübereinkommen,215 werden nach § 33 FGG vollstreckt, ohne dass ihnen die inländische Vollstreckbarkeit zuvor förmlich verliehen wurde. Die Anerkennung gemäß § 16a FGG wird dabei inzident als Vorfrage geprüft.216 4. Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen nach dem Auslandsunterhaltsgesetz 234 Für Unterhaltsansprüche besteht im Verhältnis zu common law-Staaten eine gewisse Sonderregelung nach dem Auslandsunterhaltsgesetz vom 19.12.1986.217 Das Gesetz regelt ein dem New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 entsprechendes Verwaltungsverfahren für die Geltendmachung deutscher Unterhaltsansprüche im Ausland (§§ 3ff) und ausländischer Ansprüche im Inland (§§ 7f) (s u § 13 Rz 80). Soweit ein Titel bereits vorliegt, will das Gesetz die Voraussetzungen für die Anerkennung durch förmliche Feststellung der Gegenseitigkeit mit US-Staaten und anderen common lawStaaten schaffen. Das Gesetz ist deshalb ähnlich wie der US-amerikanische RURESA (Revised Uniform Reciprocal Enforcement of Support Act) konzipiert.218 Die Staaten, mit denen Gegenseitigkeitserklärungen bestehen, sind in § 13 Rz 85 aufgelistet. 235 Für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel enthält § 10 AUG eine Modifizierung der §§ 722, 723 ZPO. Die Bestimmung lautet: AUG § 10: „(1) Gerichtliche Unterhaltsentscheidungen aus Staaten, mit denen die Gegenseitigkeit gemäß § 1 verbürgt ist, werden entsprechend § 722 I und § 723 I der Zivilprozessordnung für vollstreckbar erklärt. Das Vollstreckungsurteil ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung der ausländischen Entscheidung nach § 328 I Nr 1 bis 4 der Zivilprozessordnung ausgeschlossen ist. (2) Ist die ausländische Entscheidung für vollstreckbar zu erklären, so kann das Gericht auf Antrag einer Partei in dem Vollstreckungsurteil den in der ausländischen Entscheidung festgesetzten Unterhaltsbetrag hinsichtlich der Höhe und der Dauer der zu leistenden Zahlungen abändern. Ist die ausländische Entscheidung rechtskräftig, so ist eine Abänderung nur nach Maßgabe des § 323 der Zivilprozessordnung zulässig. (3) Für die Klage auf Erlass des Vollstreckungsurteils ist ausschließlich das Amtsgericht zuständig, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat und, beim Fehlen eines solchen im Inland, das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des _______________

215 Vgl K. Niethammer-Jürgens FPR 2004, 306. 216 Vgl Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 722 Rz 66; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 722 Rz 12; M. Krefft, Vollstreckung und Abänderung ausländischer Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1993; H. Roth, Zwangsvollstreckung aus ausländischen Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, IPRax 1988, 75. 217 BGBl 1986 I, 2563. 218 Vgl Sich S 23ff.

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Die Vollstreckbarerklärung nach autonomem Recht

§ 12

Schuldners befindet; liegt der ausländischen Entscheidung ein Anspruch zugrunde, der nach § 621 I Nr 4 oder 5 der Zivilprozessordnung eine Familiensache wäre, so entscheidet das Familiengericht.“

§ 10 AUG belässt es also bei der Vollstreckungsklage und den allgemeinen Anerkennungs-/Vollstreckungsvoraussetzungen des § 328 ZPO.219 § 10 I 1 AUG verweist aber nicht auf § 723 II ZPO. Daher kommt es nicht auf die Rechtskraft des Unterhaltstitels an, so dass auch support orders für vollstreckbar erklärt werden können.220 Unterhaltsentscheidungen, die in einem einseitigen Verfahren (ex parte) er- 236 gangen sind, werden nicht anerkannt; sie gelten aber als Gesuch für die Geltendmachung des Anspruchs im Inland (§ 11 AUG). Durch die Vereinbarung mit dem common law-Staat ist lediglich die Gegen- 237 seitigkeit eindeutig festgelegt (§§ 1, 10 I 1 AUG). Abweichend von der allgemeinen Rechtslage ist ausschließlich das Amtsge- 238 richt des allgemeinen Gerichtsstands oder des belegenen Vermögens zuständig (§ 10 III AUG). Handelt es sich aus deutscher Sicht um eine Familiensache nach § 621 I Nr 4 oder 5 ZPO, so entscheidet das Familiengericht. Außerdem kann die Klage auf Vollstreckbarerklärung nach § 10 II AUG mit 239 einer Abänderungsklage verbunden werden. Ist die ausländische Entscheidung rechtskräftig, darf die Abänderung nur nach Maßgabe des § 323 ZPO erfolgen.221 Das AUG gilt auch für übergegangene oder übergeleitete Unterhaltsansprü- 240 che, also für Regressgläubiger.222

_______________

219 Vgl Sich S 82ff. 220 Sich S 78. 221 Vgl Böhmer IPRax 1987, 139; Uhlig/Berard NJW 1987, 1521; Sich S 99ff; MüKo/ Gottwald, 3. Aufl, § 722 Rz 46. 222 B. Brückner, Unterhaltsregress im internationalen Privat- und Verfahrensrecht, 1994, S 163f.

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§ 13 Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht Inhaltsübersicht I. Allgemeine multilaterale Übereinkommen 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Übereinkommen der Haager Konferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Haager Übereinkommen von 1971 . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Entwurf eines Haager Übereinkommens von 1999 . c) Das Haager Übereinkommen über die Vereinbarung gerichtlicher Zuständigkeiten von 2005 . . . . . . . . . . . . . . . . d) Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen und Ehetrennungen von 1970 . . . . . . 3. CIEC-Übereinkommen . . . . . . . 4. Übereinkommen der MercosurStaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Unterhaltsentscheidungen 1. HUVÜ 1973 . . . . . . . . . . . . . . 2. HUVÜ 1958 . . . . . . . . . . . . . . 3. UNUÜ 1956 . . . . . . . . . . . . . . 4. Das Auslandsunterhaltsgesetz 5. EG-Übereinkommen über die Vereinfachung der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . III. Übereinkommen für besondere Sachgebiete 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden . . . 3. Haftung der Inhaber von Kernenergieanlagen . . . . . . . . . . . . 4. Haftung der Inhaber von Reaktorschiffen . . . . . . . . . . .

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1 2

5. Streitigkeiten aus Beförderungsverträgen im internationalen Straßengüterverkehr . . 6. Sorgerechtsentscheidungen . 7. Seegerichtliche Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 IV. Die Vollstreckung von Kostenentscheidungen nach dem Haager 3 Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verhältnis zu anderen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . 5 V. Bilaterale Anerkennungs- und 6 Vollstreckungsabkommen 1. Das deutsch-belgische Ab7 kommen . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das deutsch-britische Ab20 kommen . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3. Der deutsch-griechische Ver70 trag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 4. Der deutsch-israelische Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das deutsch-italienische Abkommen . . . . . . . . . . . . . 90 6. Der deutsch-niederländische Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Der deutsch-norwegische Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 8. Der deutsch-österreichische Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 9. Das deutsch-schweizerische Abkommen . . . . . . . . . . . . . 102 10. Der deutsch-spanische Vertrag 11. Der deutsch-tunesische 103 Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . .

104 110 113

200 201 203 219

300 330 380 400 420 435 450 460 490 510 530

Allgemeine multilaterale Übereinkommen

§ 13

I. Allgemeine multilaterale Übereinkommen 1. Schrifttum B. Buchner, Kläger- und Beklagtenschutz im Recht der internationalen Zuständigkeit, 1 1998; Coester-Waltjen, Die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in den Haager Übereinkommen, RabelsZ 57 (1993), 263; J. Fleischhauer, Reasons to include authentic instruments in a worldwide Convention on the Recognition and Enforcement of Judgments, IPRax 1999, 216; F. Juenger, A Hague Judgments Convention?, BrooklynJIntL 24 (1998), 111; ders, Eine Haager Konvention über die Urteilsanerkennung?, GS Lüderitz, 2000, S 329; C. Kessedjian, Synthesis of the work of the Special Commission of March 1998 on international jurisdiction and the effects of foreign judgments …, Hague Conference (Internet); A. Lowenfeld, Thoughts about a Multinational Judgements Convention, Law & Contemp. Probl. 57 (1994), 289; A.T. v Mehren, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments: A new Approach for the Hague Conference?, Law and Contemp. Problems 57 (1994), 271; ders, The Case for a Conventionmixte, RabelsZ 61 (1997), 86; ders, Recognition of United States Judgments Abroad and Foreign Judgments in the United States, RabelsZ 57 (1993), 449; Otto, 1996: Geplante Haager Konvention zu einem weltweiten Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen, DAJV-Newsletter 1996, 81; A. Philip, Global Convention on Foreign Judgments, Liber amicorum Droz, 1997, S 337; Schack, Perspektiven eines weltweiten Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens, ZEuP 1 (1993), 306; ders, Hundert Jahre Haager Konferenz für IPR – Ihre Bedeutung für die Vereinheitlichung des Internationalen Zivilverfahrensrechts, RabelsZ 57 (1993), 224; P. Schlosser, A New Hague Convention and the United States, Univ.KansasLRev. 45 (1996), 39; M. Storme, Ein einheitlicher Europäischer Vollstreckungstitel als Vorbote eines weltweiten Titels, FS Nakamura, 1996, S 581; P. Trooboff, Proposed Hague Conference General Convention on Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Judgments, Liber amicorum Droz, 1997, S 461; R. Wagner, Die Bemühungen der Haager Konferenz für IPR um ein Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und ausländische Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 533.

2. Die Übereinkommen der Haager Konferenz a) Das Haager Übereinkommen von 1971 Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung aus- 2 ländischer Urteile in Zivil- und Handelssachen vom 1.2.1971 ist von Deutschland – im Hinblick auf das EuGVÜ – nicht gezeichnet worden. Das Übereinkommen gilt nur in den Niederlanden, Portugal und Zypern.1 b) Der Entwurf eines Haager Übereinkommens von 1999 Auf Vorschlag der USA hat die Haager Konferenz im November 1999 einen 3 verbesserten Entwurf für ein neues weltweites Übereinkommen über die _______________

1 Englischer Text in AmJCompL 15 (1966), 362; vgl Coester-Waltjen RabelsZ 57 (1993), 263, 284–289.

649

§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilsachen fertiggestellt. Nach der Grundidee von Mehrens2 sollte das Übereinkommen allgemein akzeptierte („weiße“), allgemein nicht akzeptierte („schwarze“) und „graue“ Gerichtsstände enthalten, bei denen jeder Staat frei entscheiden kann, ob er eine Entscheidung anerkennen will. Das Übereinkommen hätte helfen können, die Anerkennungszuständigkeit sicherer als bisher vorab zu beurteilen. Allerdings war von Anfang an zweifelhaft, ob es gelingt, sich über die „weißen“ und „schwarzen“ Gerichtsstände, insb zwischen den USA und Europa zu einigen. Außerdem blieben generelle Zweifel, ob man denn wirklich Urteile weltweit ohne Prüfung des Justizstandards akzeptieren solle.3 Ein Interim-Text vom Juni 2001 versuchte, den US-Vorstellungen u.a. zur Notwendigkeit eines anerkannten Gerichtsstandes wegen „transacting business“ gerecht zu werden,4 ist aber letztlich an der Unvereinbarkeit der Positionen gescheitert. c) Das Haager Übereinkommen über die Vereinbarung gerichtlicher Zuständigkeiten von 2005 4 Verabschiedet werden konnte am 30.6.2005 lediglich ein Übereinkommen über die Vereinbarung gerichtlicher Zuständigkeiten. Dieses sieht vor, dass die in einem Vertragsstaat aufgrund einer wirksamen Gerichtsstandsabrede ergangenen Urteile in allen Vertragsstaaten anzuerkennen und zu vollstrecken sind (Art 8).5 Eine révision auf fond ist ausgeschlossen. Anerkennung und Vollstreckung können ausgesetzt werden, wenn die Entscheidung im Ausgangsstaat angefochten worden ist (Art 8 IV). Gerichtliche Vergleiche sind (wenig praktisch) nicht erfasst. Die Anerkennung und Vollstreckung darf nach Art 9 abgelehnt werden, wenn (1) die Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht des vereinbarten Staates unwirksam ist, (2) einer der Vertragsparteien die erforderliche Geschäftsfähigkeit für den Abschluss der Vereinbarung fehlt, (3) bei der Verfahrenseinleitung das rechtliche Gehör des Beklagten verletzt wurde, (4) das Urteil durch arglistige Täuschung erwirkt wurde, (5) das Urteil offensichtlich in den ordre public des Anerkennungsstaates, insb gegen seine Prinzipien prozessualer Fairness verstößt, _______________

2 3 4 5

Vgl Law and Contemp. Problems 57 (1994), 271. Krit. Juenger, GS Lüderitz, S 329, 343f. Vgl R. Wagner IPRax 2001, 533. Vgl Rühl IPRax 2005, 410, 413f.

650

Allgemeine multilaterale Übereinkommen

§ 13

(6) das Urteil mit einem Urteil zwischen den Parteien in dem Anerkennungsstaat oder einem anderen Vertragsstaat in derselben Angelegenheit nicht vereinbar ist. Kein Versagungsgrund liegt insoweit vor, als das Urteil zur Leistung aus einem Versicherungs- oder Rückversicherungsvertrag wegen einer Angelegenheit verpflichtet, die selbst vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgeschlossen ist. Darüber hinaus brauchen Urteile auf Schadenersatz nur im Umfang tatsächlich erlittener Schäden anerkannt werden (Art 11 I). Punitive damages werden also nicht anerkannt.6 Ob die Anerkennung Vorfragen erfasst, wird vom Übereinkommen nicht festgelegt. Jedenfalls kann die Anerkennung bezüglich der ausgeschlossenen Vorfragen versagt werden (Art 10 II). Die Anerkennung einer Entscheidung, die sich mit der Gültigkeit eines Immaterialgüterrechts als Vorfrage befasst, darf freilich nur versagt werden, wenn die Entscheidung über die Vorfrage mit einer Entscheidung der zuständigen Behörde des Staates unvereinbar ist, nach dessen Recht das Immaterialgüterrecht besteht, oder, wenn in diesem Staat ein Verfahren über die Gültigkeit des Immaterialgüterrechts anhängig ist. d) Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen und Ehetrennungen von 1970 Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen 5 und Ehetrennungen vom 1.6.19707 ist von Deutschland nicht gezeichnet worden.8 Es gilt zwischen Ägypten, Australien, Dänemark, Finnland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakischer Republik, Tschechischer Republik, Vereinigtem Königreich von Großbritannien und Nordirland und Zypern. 3. CIEC-Übereinkommen Das Luxemburger CIEC-Übereinkommen über die Anerkennung von Ent- 6 scheidungen in Ehesachen vom 8.9.1967 ist von der BR Deutschland nur gezeichnet, aber nicht ratifiziert worden.

_______________

6 Rühl IPRax 2005, 410, 414. 7 Text bei Jayme/Hausmann, 11. Aufl Nr 183 (nicht mehr in 12. Aufl). 8 Vgl Martiny, HdbIZVR III/2 Kap. II (§ 4), 1984, S 174; Coester-Waltjen RabelsZ 57 (1993), 263, 294–297.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

4. Übereinkommen der Mercosur-Staaten 7 Im Protokoll von Las Leñas vom 26.6.1992 haben die Mercosur-Staaten neben der gegenseitigen Rechtshilfe auch die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen und Schiedssprüchen geregelt.9 Das Protokoll gilt heute zwischen allen Mercosur-Staaten, dh zwischen Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Frei

8–19

II. Unterhaltsentscheidungen 1. Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973 (HUVÜ 1973)10 Inhaltsübersicht a) b) c) d)

Schrifttum . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . Kreis der Berechtigten . . . Unterhaltsentscheidungen

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

20 21 23 24

e) Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung . . . . . . . 26 f) Das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung . . . . . . . . . . . 29

a) Schrifttum 20 Baumann, Kommentar zum HUVÜ 1973, in: Geimer/Schütze, Der internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band II, 1989, 795.83ff; ders, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen, 1989, S 5ff; Boehm, Geltendmachung und Vollstreckung von Unterhalt im Ausland, DAVorm 2000, 1042; Finger, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer (Unterhalts-)Urteile im Inland, FuR 2001, 97; Galster, Zur Vollstreckung übergeleiteter Unterhaltstitel im Ausland nach dem Haager Übereinkommen, IPRax 1990, 146; Grotheer, Kindesunterhalt im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr, 1998; Hohloch, Grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung, FF 2001, 147; ders, Grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung, FPR 2004, 315; J. Kropholler/F. Blobel, Unübersichtliche Gemengelagen im IPR durch EG-Verordnungen und Staatsverträge – dargestellt am Beispiel des Internationalen Unterhaltsvollstreckungsrechts, FS Sonnenberger, 2004, S 453; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 373; Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Rec.d.Cours 247 (1994 III), 131, 258ff; ders, Anerkennung nach multilateralen Staatsverträgen, in: HdbIZVR III/2 Kap. II (§ 3), 1984, S 153; MüKoZPO/Gottwald, 2. Aufl 2001, Schlussanh Nr 3a, S 2282; Staudinger/ Kropholler, Anh III D zu Art 18 EGBGB, 14. Bearb 2003; Wolff, Vollstreckbarerklärung, HdbIZVR III/2 Kap. III (§ 6), 1984, S 504. _______________

9 Zu den Anerkennungsvoraussetzungen s H. Pabst IPRax 1999, 76, 77. 10 BGBl 1986 II, 826.

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Unterhaltsentscheidungen

§ 13

b) Einführung Nach Art 29 ersetzt dieses Übereinkommen in den Beziehungen zwischen 21 den Staaten, die Vertragspartner sind, das Haager Übereinkommen vom 15.4.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern. Inhaltlich ist das HUVÜ 1973 weit umfassender als das Übereinkommen von 1958. Sinn und Zweck des Art 29 HUVÜ ist es, das alte Übereinkommen ganz zu verdrängen. Dazu ist es allerdings noch nicht gekommen. Belgien, Liechtenstein, Österreich, Surinam, Ungarn, Vertragsstaaten des Übereinkommens von 1958 (s u Rz 40ff), haben das HUVÜ 1973 noch nicht ratifiziert. Vertragsstaaten des HUVÜ sind außer Deutschland Australien (1.2.2002), Dänemark, Estland (seit 1.4.1998), Finnland, Frankreich, Griechenland (seit 1.2.2004), Großbritannien, Italien11, Litauen (1.10.2003), Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Polen (seit 1.7.1996)12, Portugal, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Tschechische Republik und Türkei. Eine Neuordnung des internationalen Unterhaltsrechts wird im Rahmen der 22 Haager Konferenz für IPR angestrebt. Das neue Übereinkommen soll internationale Entscheidungszuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen sowie anwendbares Recht in einem Vertragswerk regeln.13 c) Kreis der Berechtigten Das HUVÜ 1973 hat den Kreis der Unterhaltsberechtigten gegenüber dem 23 Übereinkommen von 1958 ganz erheblich erweitert. Dabei wird wie zB bei der Schwägerschaft auf die autonomen gesetzlichen Verpflichtungen anderer Staaten Rücksicht genommen. Eine Ausgleichsregelung findet sich in Art 26. Danach kann jeder Vertragsstaat Vorbehalte machen, ua hinsichtlich der Unterhaltsverpflichtungen bei Verwandten in der Seitenlinie, der Schwägerschaft usw. Einen solchen Vorbehalt hat die BR Deutschland gemacht.14 d) Unterhaltsentscheidungen Die Unterhaltsentscheidungen werden im weitesten Sinn aufgefasst. Auf die 24 Bezeichnung kommt es nicht an. Es fallen darunter Vergleiche, ebenso Titel _______________

11 Zur Vollstreckung deutscher Unterhaltstitel in Italien s Boehm DAVorm 2000, 1054. 12 Zur Geltendmachung von Unterhalt in Polen s Niclas DAVorm 2000, 455. 13 Vgl R. Wagner, Zum Stand der Vereinheitlichung des IZVR, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit, 2004, S 249, 262f. 14 Im Einzelnen Baumann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Anh zu Art 26 HUVÜ 73, S 795.173.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

über Ansprüche zwischen Unterhaltsverpflichteten und einer öffentliche Aufgaben übernehmenden Einrichtung und Regressansprüche, Art 1 I Nr 2. Nach Art 4 II gehören zu den anzuerkennenden Entscheidungen auch vorläufig vollstreckbare Entscheidungen und einstweilige Maßnahmen, sofern im Anerkennungsstaat gleichartige Entscheidungen erlassen und vollstreckt werden können.15 Wegen Abänderungstitel (Art 2 II) s u Rz 55f. Exequaturentscheidungen fallen nicht unter die anzuerkennenden und zu vollstreckenden Entscheidungen. Nach Art 26 Nr 3 HUVÜ 1973 kann jeder Vertragsstaat einen Vorbehalt gegenüber der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über Einmalzahlungen erklären. Hiervon haben Großbritannien, Italien, Luxemburg, Polen und die Türkei Gebrauch gemacht.16 25 Während sonst die Anerkennung einer Annex-Unterhaltsentscheidung (außerhalb des Anwendungsbereichs von Art 14 II EheGVO; s o § 11 Rz 66) voraussetzt, dass das Scheidungsurteil zuvor gemäß Art 7 § 1 FamRÄndG anerkannt worden ist, soll im Rahmen des HUVÜ 1973 nur die internationale Zuständigkeit für die Ehescheidung zu prüfen sein, der Unterhaltstitel aber unabhängig vom Scheidungsurteil anerkannt werden.17 Zur Begründung beruft man sich auf Art 3, teilweise auch auf Art 8 und darauf, dass das Spezialübereinkommen Vorrang vor den allgemeinen Regeln hat. Relevant ist die Frage allerdings nur beim nachehelichen Unterhalt des Ehegatten, da Kindesunterhalt nicht von der Scheidung der Eltern abhängt.18 e) Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung 26 Vollstreckbar erklärt werden können unanfechtbare Entscheidungen, vorläufig vollstreckbare und einstweilige Entscheidungen (Art 4 I Nr 2, II HUVÜ 1973). Vorausgesetzt wird lediglich, dass sie von einer zuständigen Behörde erlassen wurden (Art 4 I Nr 1, Art 7, 8 HUVÜ 1973, s u Rz 26). 27 Folgende Versagungsgründe sind bei der Vollstreckbarerklärung zu prüfen: (1) Die Anerkennungszuständigkeit nach Art 7, 8 HUVÜ 1973.19 Anerkannt werden (i)

der gewöhnliche Aufenthalt von Schuldner oder Gläubiger

_______________

15 Vgl OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 1480, 1481; OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1623, 1624 (verneint für englische freezing order); Baumann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Art 4 HUVÜ 73 IV (S 795.106); Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 163. Hohloch FPR 2004, 315, 320 übersieht Art 4 II HUVÜ. 16 MüKo/Gottwald Art 26 HUVÜ 1973 Rz 4; Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 141. 17 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 156. 18 Vgl OLG München IPRax 1982, 400; Baumann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Art 3 HUVÜ 1973 II (S 795.99ff); aA OLG Celle FamRZ 1990, 1390. 19 Vgl Galster IPRax 1990, 146, 147; Baumann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Art 7 I (S 795.127).

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Unterhaltsentscheidungen

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(ii) Entscheidungen des gemeinsamen Heimatstaates (iii) die Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung und (iv) die Verbundzuständigkeit in Scheidungssachen, nicht aber in Kindschaftssachen (was mit §§ 640a II Nr 1, 653 ZPO nicht harmoniert).20 Nach Art 9 HUVÜ ist die Behörde des Vollstreckungsverfahrens an die tatsächlichen Feststellungen der Behörde des Ursprungsstaats hinsichtlich der Zuständigkeit gebunden. (2) Ordre public-Verstoß, Art 5 Nr 1 und 2.21 (3) Ein Verstoß gegen die Rechtshängigkeit im Vollstreckungsstaat, Art 5 Nr 3. (4) Unvereinbarkeit mit einer anderen Entscheidung zwischen den Parteien, Art 5 Nr 4. Dabei ist gleichgültig, in welchem Staat die andere Entscheidung ergangen ist, doch muss sie anerkennungsfähig sein. Die Entscheidungen müssen denselben Gegenstand betreffen; der Widerspruch zu einer vorrangigen Statusentscheidung genügt nicht. (5) Verstoß gegen das rechtliche Gehör bei der Einleitung des Verfahrens ge- 28 genüber Versäumnisentscheidungen, Art 6 HUVÜ 1973. Wie bei Art 27 Nr 2 EuGVÜ bedarf es einer ordnungsgemäßen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks und einer ausreichenden Verteidigungsfrist. Zusätzlich wird verlangt, dass das einleitende Schriftstück die wesentlichen Klagegründe enthält. Große Anforderungen werden jedoch nicht gestellt. Es genügt, Unterhalt zu verlangen.22 Die bloße Ladung zum Gerichtstermin genügt daher nicht. f) Das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckung Das Verfahren richtet sich gemäß Art 13ff HUVÜ 1973 nach dem Recht des 29 Vollstreckungsstaats, in Deutschland gemäß § 1 I Nr 1 c AVAG nach den §§ 3ff AVAG.23 Gemäß Art 17 HUVÜ 1973 hat die Partei, die die Anerkennung und Vollstreckung beantragt, folgende Unterlagen beizubringen: 1. eine vollständige mit der Unterschrift übereinstimmende Ausfertigung der Entscheidung; 2. die Urkunden, aus denen sich ergibt, dass gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist und, gegebenenfalls, dass die Entscheidung dort vollstreckbar ist; _______________

20 Müko/Gottwald Art 8 HUVÜ 1973 Rz 2. 21 Vgl BGH NJW 1990, 2197/98; Baumann S 110ff. 22 Vgl Baumann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Art 6 HUVÜ 1973 III 2 (S 795.122); dagegen Geimer IPRax 1992, 5, 8 („gravierende Unterschiede“). 23 Vgl Hohloch FF 2001, 147, 151ff.

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3. wenn es sich um eine Versäumnisentscheidung handelt, die Urschrift oder die beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, dass das das Verfahren einleitende Schriftstück mit den wesentlichen Klagegründen der säumigen Partei nach dem Recht des Ursprungsstaats ordnungsgemäß zugestellt worden ist; 4. gegebenenfalls jedes Schriftstück, aus dem sich ergibt, dass die Partei im Ursprungsstaat Prozesskostenhilfe oder Befreiung von Verfahrenskosten erhalten hat; 5. eine beglaubigte Übersetzung der genannten Urkunden, wenn die Behörde des Vollstreckungsstaats darauf nicht verzichtet. 30 Den Antrag kann der Unterhaltsberechtigte, aber auch eine öffentliche Einrichtung für ihren eigenen Erstattungstitel stellen, wenn auf sie der Unterhaltsanspruch auf Antrag oder kraft Gesetzes übergegangen ist (Art 18ff HUVÜ 1973).24 31 Dieses Klauselerteilungsverfahren steht ausschließlich zur Verfügung; der Kläger kann nicht bereits dann auf eine neue Leistungsklage ausweichen, wenn er die nötigen Unterlagen nicht oder vorübergehend nur mit Schwierigkeiten beschaffen kann, solange er zumindest über § 6 AVAG zu einer Vollstreckbarerklärung gelangen kann.25 32 Im Verhältnis zu anderen Regelungen sieht Art 23 HUVÜ 1973 ausdrücklich das Günstigkeitsprinzip vor.26 Jedoch dürfen nicht die Einzelvoraussetzungen, die eine Einheit bilden, aus unterschiedlichen Übereinkommen kombiniert werden. Zulässig ist aber nach Art 23 HUVÜ 1973 iVm Art 71 II EuGVO, dass die Anerkennungsvoraussetzungen dem HUVÜ, das Verfahren dagegen der EuGVO entnommen wird. Da in Deutschland für beide Regelungen die §§ 3ff AVAG gelten, ergeben sich hier aber praktisch keine Vorteile daraus.27 33–39

Frei

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24 Vgl Galster IPRax 1990, 146, 148ff; MüKo/Gottwald Art 18 HUVÜ 1973 Rz 2. 25 Baumann IPRax 1994, 435, 438; Baumann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Art 13 HUVÜ 1973 III 3 (S 795.142). 26 OLG Düsseldorf FamRZ 2006, 803, 804. 27 Vgl Geimer IPRax 1992, 5, 8; Hohloch FPR 2004, 315, 320; Boehm/Faetan FPR 2004, 324, 327; Baumann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Art 23 HUVÜ 1973 III 2 (S 795.163).

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Unterhaltsentscheidungen

2. Das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15.4.1958 (HUVÜ 1958)28 Inhaltsübersicht a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . b) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . c) Der vertragliche Zuständigkeitskatalog . . . . . . d) Schutzvorschriften für den Beklagten . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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40 41

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50

e) Weitere Versagungsgründe für die Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . . f) Die Abänderung ausländischer Unterhaltsentscheidungen . . . . . g) Verfahrensvorschriften . . . . . . . .

54 56 60

a) Schrifttum Baumann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in 40 Unterhaltssachen, 1989, S 65ff; Hausmann, Annex-Unterhaltsentscheidungen nach dem EuGVÜ, IPRax 1981, 5; Henrich, Die Abänderungsklage gegen ausländische Unterhaltsurteile, IPRax 1982, 140; Lansky, Das Haager Übereinkommen vom 15.4.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern, Diss. 1960; Leipold, Das anwendbare Recht bei der Abänderungsklage gegen ausländische Urteile, FS Nagel, 1987, S 189; Martiny, Anerkennung nach multilateralen Staatsverträgen (§ 2), HdbIZVR III/2, 1984, 125ff; MüKoZPO/Gottwald, 2. Aufl 2001, Schlussanh Nr 3b, S 2293; Schlosser, Zur Abänderung von Unterhaltsentscheidungen, IPRax 1981, 120; Staudinger/Kropholler, Anh III B zu Art 18 EGBGB, 14. Bearb 2003; Wolff, Vollstreckbarerklärung, HdbIZVR Bd III/2 Kap. II (§ 5), 1984, S 479.

b) Einführung Aufgrund des Vorrangs des HUVÜ 1973 gilt das HUVÜ 1958 noch im Ver- 41 hältnis zu Belgien, Liechtenstein, Österreich, Surinam und Ungarn. Für die Staaten, für die das Haager Unterhaltsübereinkommen neben EuG- 42 VO bzw EuGVÜ gilt (Deutschland, Belgien, Österreich und Ungarn) ergibt sich aus Art 11 HUVÜ 1958, dass der Unterhaltsberechtigte wählen kann, ob er sich auf die durch das besondere Übereinkommen gegebenen Möglichkeiten berufen will, oder auf das innerstaatliche Recht des Landes, in dem die Vollstreckungsbehörde ihren Sitz hat, oder auf ein anderes zwischen den Vertragsstaaten in Kraft befindliches Abkommen.29 Da Art 5 Nr 2 EuGVO die Unterhaltsansprüche ausdrücklich erwähnt und 43 das Vollstreckungsverfahren in den Art 38ff EuGVO (§§ 3ff AVAG) schnell _______________

28 BGBl 1962 II 15. 29 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 119, 122f; MüKo/Gottwald Art 11 HUVÜ 1958 Rz 1f.

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und einfach ausgestaltet ist, empfiehlt es sich, grundsätzlich diese Möglichkeit zu wählen.30 44 Praktische Relevanz hat das Übereinkommen daher (für neue Entscheidungen) nur noch im Verhältnis zu den überseeischen Departments Frankreichs, zu Liechtenstein sowie den Niederländischen Antillen und Surinam. 45 Da in einigen Staaten Verwaltungsbehörden über den Unterhalt entscheiden können, wird nicht auf Entscheidungen von Gerichten, sondern von Behörden abgestellt. Die Entscheidungen müssen Unterhaltsansprüche von ehelichen, unehelichen und an Kindes Statt angenommenen Kindern, die unverheiratet sind und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, betreffen (Art 1). Vergleiche, vollstreckbare Urkunden fallen nicht unter das Übereinkommen. Insoweit sind EuGVO, LugÜ und das HUVÜ 1973 weiter gefasst.31 c) Der vertragliche Zuständigkeitskatalog 46 Art 3 HUVÜ 1958 regelt die internationale Zuständigkeit für die Anerkennung von Unterhaltsentscheidungen anderer Vertragsstaaten. Im Gegensatz zum EuGVÜ folgt das Haager Unterhaltsübereinkommen dem System der indirekten Zuständigkeit (compétence indirecte), dh es greift nicht in die Zuständigkeitskataloge der Vertragsstaaten ein, sondern regelt nur, unter welchen Voraussetzungen der Zweitrichter/die Behörde/die Zuständigkeit des Erstrichters/Behörde als gegeben annehmen muss. 47 Die internationale Zuständigkeit ist danach auf drei Gerichtsstände begrenzt: 1. den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Beklagten, des Unterhaltsverpflichteten. Der gewöhnliche Aufenthaltsort ist deshalb gewählt worden, weil man sich nicht auf einen einheitlichen Wohnsitzbegriff hat einigen können. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts ist autonom auszulegen und nach etwa sechsmonatiger Dauer anzunehmen.32 48 2. Es sind international zuständig die Behörden des Staates, in dessen Hoheitsgebiet der Unterhaltsberechtigte – forum actoris – im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. Dieser Klägergerichtsstand enthält einen tiefen Eingriff in die alte Regel „actor sequitur forum rei“. Die Regelung des Art 3 Nr 2 HUVÜ 1958 geht noch über den Klägergerichtsstand des § 23a ZPO hinaus, denn dieser ist nur gegeben, wenn der Beklagte im Inland keinen Gerichtsstand hat.33 Da der deut_______________

30 Boehm/Faetan FPR 2004, 324, 326f; vgl EuGHE 1980, 731 (De Clavel v De Clavel) = IPRax 1981, 19 (dazu Hausmann S 5). 31 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 43. 32 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 99. 33 Vgl dazu Schröder, Internationale Zuständigkeit, 342.

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sche Erstrichter nur von der Zuständigkeitsregelung der ZPO ausgehen darf, kommt er zu dem Klägergerichtsstand nur, wenn der Beklagte im Inland überhaupt keinen Gerichtsstand – auch den des Vermögens nach § 23 ZPO nicht – hat. Der Klägergerichtsstand ist also für den deutschen Erstrichter im Gegensatz zu dem Zweitrichter/Behörde erheblich eingeschränkt. 3. Die internationale Zuständigkeit des Erstrichters wird nach Art 3 Nr 3 49 HUVÜ 1958 schließlich durch ausdrückliche Unterwerfung des Beklagten (also Prorogation) oder dadurch begründet, dass er sich, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache eingelassen hat. d) Schutzvorschriften für den Beklagten Die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung in einem anderen 50 Vertragsstaat ist weiter davon abhängig, dass der Beklagte nach dem Recht des Staates, dem die entscheidende Behörde angehört, ordnungsgemäß geladen oder vertreten war. Auf die ordnungsgemäße Ladung des Beklagten braucht nicht abgestellt zu werden, wenn er in dem Verfahren ordnungsgemäß vertreten war. Dadurch wird eine nicht ordnungsgemäße Ladung geheilt.34 Dies beruht offenbar darauf, dass es nicht so sehr auf die formelle Beachtung der Zustellungsvorschriften des Staates, dessen Behörde oder Gericht die Entscheidung erlassen hat, ankommt, als vielmehr auf die Bekanntgabe seitens des Gerichts bzw der Behörde, dass das Verfahren stattfinde.35 War der Beklagte jedoch nicht vertreten, so kann auf die Einhaltung der Zustellungsvorschriften des Erststaates nicht verzichtet werden, denn diese sind zugleich Schutzvorschriften für den Beklagten. Art 2 Nr 2 HUVÜ 1958 weicht erheblich von § 328 I Nr 2 ZPO aF ab. Es wird nicht nur auf den deutschen Beklagten abgestellt. Bei der Zustellung im Wege der internationalen Rechtshilfe wird auch nicht nur auf die deutschen Zustellungsvorschriften abgestellt. Es genügt, wenn das deutsche Erstgericht die Zustellung nach den Vorschriften des Zustellungsstaates erbeten hat. Eine öffentliche Zustellung und eine Zustellung im Wege der „remise au 51 parquet“ fallen unter eine ordnungsgemäße Ladung.36 Dabei sind auch die Vorschriften der §§ 171, 172, 184 ZPO über die Zustellung an Bevollmächtigte zu berücksichtigen. Für den Fall, dass eine Versäumnisentscheidung gegen den Beklagten ergangen ist, werden die Schutzvorschriften zu seinen Gunsten erweitert. Die Anerkennung und Vollstreckung darf von der Behörde des Zweitstaates dann versagt werden, wenn diese in Anbetracht der Umstände des Falles der Ansicht ist, dass die säumige Partei ohne ihr Verschulden von dem Verfahren keine Kenntnis hatte oder sich in ihm nicht _______________

34 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 64. 35 So Lansky, 104. 36 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 66.

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Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

verteidigen konnte. Diese Fälle können insbesondere bei öffentlichen Zustellungen oder bei einer solchen nach dem System der „remise au parquet“ auftreten.37 52 Weitere Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung gemäß Art 2 Nr 3 HUVÜ 1958 ist grundsätzlich die Rechtskraft der Entscheidung im Erststaat. Vorläufig vollstreckbare Entscheidungen und einstweilige Maßnahmen können in einem anderen Vertragsstaat für vollstreckbar erklärt werden, wenn in dem Staat gleichartige Entscheidungen erlassen und vollstreckt werden können.38 Hierdurch ist eine starke Begrenzung des Haager Übereinkommens vom 15.4.1958 im Verhältnis zu solchen Staaten, die keine vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen kennen und aus solchen auch nicht vollstrecken, geschaffen. 53 Art 7 HUVÜ 1958 erwähnt den Fall der Unterhaltsleistung durch regelmäßig wiederkehrende Zahlungen. Dann kann die Vollstreckung sowohl wegen der bereits fällig gewordenen als auch wegen der künftig fällig werdenden Zahlungen bewilligt werden. Das Verfahren richtet sich im Übrigen nach den Vorschriften des Vollstreckungsstaates. Hat der Entscheidungsstaat einer Partei Prozesskostenhilfe bewilligt, so genießt sie dieses auch im Vollstreckungsstaat (Art 9). Für das im Übereinkommen vorgesehene Verfahren braucht keine Sicherheitsleistung für die Prozesskosten geleistet zu werden (Art 9 II). Beigebrachte Urkunden bedürfen keiner weiteren Beglaubigung oder Legalisation (Art 9 III). e) Weitere Versagungsgründe für die Anerkennung 54 Art 2 Nr 4 führt einen weiteren Versagungsgrund für die Anerkennung und Vollstreckung auf: die Entscheidung des Erststaates darf nicht in Widerspruch stehen zu einer Entscheidung, die über denselben Anspruch und zwischen denselben Parteien in dem Zweitstaat erlassen worden ist. Die Vollstreckung darf auch dann versagt werden, wenn in dem Staat, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, vor ihrem Erlass dieselbe Sache rechtshängig geworden ist. 55 Schließlich darf die Entscheidung des Erststaates nach Art 2 Nr 5 mit der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, nicht offensichtlich unvereinbar sein. Entscheidend ist, ob die Geltendmachung dieser Entscheidung gegen den „ordre public“ des Zweitstaates verstößt.39 _______________

37 Lansky, 105, und Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 68 weisen zu Recht darauf hin, dass diese erweiterte Schutzvorschrift dann keine Anwendung finden kann, wenn der Unterhaltsverpflichtete verschwindet, um sich der Ladung zu entziehen. 38 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 74. 39 Vgl dazu im Einzelnen Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 82ff.

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Unterhaltsentscheidungen

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Aus der Formulierung des Übereinkommens kann geschlossen werden, dass die ausländische Entscheidung im Zweifel anzuerkennen ist. Gegen den „ordre public“ des Anerkennungsstaates wird nicht schon dadurch verstoßen, dass der Erstrichter/Behörde aufgrund seines IPR ein anderes Recht angewendet hat, als der Zweitrichter/Behörde nach seinem Recht anzuwenden hätte. Die Gerichte überprüfen auch, ob die Vaterschaft ordnungsgemäß festgestellt wurde. Eine Feststellung aufgrund einer Zeugenaussage der Mutter widerspricht nicht dem ordre public.40 In diesem Zusammenhang ist auch das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24.10.195641 zu berücksichtigen.42 Im Übrigen darf die Entscheidung des Erstrichters/Behörde nicht auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden (Verbot einer „révision au fond“). f) Die Abänderung ausländischer Unterhaltsentscheidungen Ein besonderes Problem bildet die Abänderung ausländischer Entscheidun- 56 gen. Nach Art 8 gelten die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung auch für Entscheidungen einer der in Art 3 bezeichneten Behörden, durch die eine Verurteilung zu Unterhaltsleistungen abgeändert wird. Wie das HUVÜ 1958 insgesamt legt auch Art 8 nur eine Anerkennungszuständigkeit fest; das Abänderungsurteil ist also unter denselben Voraussetzungen wie eine Erstentscheidung anzuerkennen, auch in dem Staat, der die Erstentscheidung erlassen hat.43 Das Problem der Abänderung einer ausländischen Entscheidung ist aus völ- 57 kerrechtlicher Sicht nicht mehr zweifelhaft.44 Ein völkerrechtlicher Gewohnheitsrechtssatz, welcher die Abänderung ausländischer Hoheitsakte allgemein verbietet, besteht nicht. Unabhängig von dem Haager Übereinkommen vom 15.4.1958 sind die deut- 58 schen Gerichte zur Abänderung ausländischer Unterhaltsentscheidungen dann befugt, (1) wenn sie international zuständig sind, (2) das ausländische Urteil in der BR Deutschland anerkannt wird und (3) nach dem gemäß dem IPR festzustellenden Unterhaltsstatut die Abänderung zulässig ist.45 Irrelevant ist, ob und inwieweit der Erststaat eine Abänderung des Urteils vorsieht.46 _______________

40 41 42 43

Vgl OLG Dresden FamRZ 2006, 563. BGBl 1961 II, 1012. Soergel/Kegel, 12.Aufl, Art 18 EGBGB Rz 162ff. Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 111ff; Soergel/Kegel, 12. Aufl, Art 18 Rz 146. 44 Schlosser IPRax 1981, 120. 45 OLG Düsseldorf, Urt vom 3.11.1981, IPRax 1982, 152 (dazu Henrich S 140). 46 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 323 ZPO Rz 121, 122.

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59 Prozessual erfolgt die Abänderung in Deutschland auf Klage gemäß § 323 ZPO. Dabei ist streitig, ob eine Abänderung voll nach Maßgabe des Unterhaltsstatuts zulässig ist47 oder ob die Zeitschranke des § 323 III ZPO als prozessuale lex fori stets zu beachten ist.48 Der BGH hat eine eindeutige Entscheidung bisher vermieden.49 Im Hinblick auf Art 10 Nr 1 und 2 Haager Unterhaltsübereinkommen 1973 erscheint es sachgerecht, § 323 III ZPO materiellrechtlich zu qualifizieren und die Zeitgrenzen dem Unterhaltsstatut zu entnehmen. g) Verfahrensvorschriften 60 In Art 4 sind die Unterlagen aufgezählt, welche die Partei, die die Vollstreckung beantragt, beibringen muss: eine Ausfertigung der Entscheidung, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; den Nachweis, dass die Entscheidung vollstreckbar ist; bei Versäumnisentscheidungen eine beglaubigte Abschrift der das Verfahren einleitenden Ladung oder Verfügung und die Urkunden, aus denen sich die ordnungsgemäße Zustellung dieser Ladung oder Verfügung ergibt. 61 Nach § 1 deutsches AusfG sind sachlich die Amtsgerichte zuständig, und zwar das Familiengericht;50 örtlich ist das Amtsgericht zuständig, bei dem der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat; beim Fehlen eines solchen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen des Schuldners befindet oder in dem die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll. Für die Vollstreckbarerklärung gelten die §§ 1063 I, 1064 II ZPO entsprechend (§ 2 AusfG). Es gilt also das fakultative Beschlussverfahren für die Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs. Der Schuldner kann Einwendungen gegen den Anspruch selbst insoweit vorbringen, als die Gründe dafür erst nach Erlass der Entscheidung entstanden sind. 62 Kosten: (1) Gerichtskosten, GKG-KV Nr 1510 eine Gebühr von 200 Euro. (2) Anwaltsgebühren, RVG-VV Nr 3100 1,3 Gebühren nach dem Streitwert. 63–69

Frei

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47 Dafür Gottwald, FS Schwab, 1990, S 151, 158f; MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 323 ZPO Rz 126, 129. 48 So Leipold, FS Nagel, S 189, 206; Baumann IPRax 1990, 28, 31; Schack IZVR Rz 1012. 49 Vgl BGH FamRZ 1993, 43. 50 OLG Frankfurt IPRax 1981, 213; OLG Rostock IPRax 2000, 214, 215 (dazu Mankowski S 188). Entgegen Hohloch FPR 2004, 315, 320 ist das AVAG für Titel nach dem HUVÜ 58 nicht anwendbar.

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Unterhaltsentscheidungen

3. Das New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland (UNUÜ 1956) Inhaltsübersicht a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Vertragsgegenstand . . . . . . . . . .

70 71

c) Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . d) Regelung der Verwaltungshilfe . .

73 74

a) Schrifttum Boehm, Geltendmachung und Vollstreckung von Unterhalt im Ausland, DAVorm 70 2000, 1041; Boehm/Faetan, Durchsetzung von Kindesunterhalt im Ausland durch das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht, FPR 2004, 324; Böhmer/Siehr, Das gesamte Familienrecht, Bd 2, 2. Lfg 1980; Klinkhardt, Einige Erfahrungen mit der Geltendmachung der Unterhaltsansprüche nichtehelicher Kinder im Ausland, ZBlJugR 1984, 161 u 209; Lansky, Neue Wege zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland, FamRZ 1979, 193; Mecke, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Lfg 8 (1983), 794.1ff; MüKo/Gottwald, ZPO, Bd III, 2. Aufl 2001, Schlussanh Nr 3 c, S 2301ff; Niclas, Prozesskostenhilfe für Übersetzungskosten, JAmt 2001, 213; Staudinger/Kropholler, BGB, Anh III F zu Art 18 EGBGB, 13. Bearb 1996; Volken, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen, 1996, S 176ff.

b) Vertragsgegenstand Dieses Übereinkommen vom 20.6.195651 ist kein Anerkennungs- und Voll- 71 streckungsvertrag, sondern ein besonderes Rechtshilfeabkommen, in dem sich die Vertragsstaaten verpflichten, einander Amts- und Rechtshilfe zur außergerichtlichen und gerichtlichen Geltendmachung und Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen zu gewähren, und zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit oder dem Wohnsitz der Beteiligten. Siehe dazu auch die Verwaltungsvorschriften der Bekanntmachung über die 72 Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 1.8.1983.52 c) Geltungsbereich Das Übereinkommen ist von über 60 Vertragsstaaten ratifiziert worden. Es 73 gilt im Verhältnis zu Algerien, Argentinien, Australien, Barbados, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Burkina Faso, Chile, China (Taiwan), Dänemark, Ecuador, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Guatemala, Haiti, Heiliger Stuhl, Irland, Israel, Italien, Jugoslawien, Kap Verde, Kasachstan (seit 27.4.2000), Kolumbien, Kroatien, Liberia (seit 16.10.2005), Luxem_______________

51 BGBl 1959 II, 150. 52 Abgedruckt bei Piller/Hermann, Justizverwaltungsvorschriften, Nr 3f.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

burg, Marokko, Mazedonien, Mexiko, Monaco, Neuseeland, Niederlande, Niger, Norwegen, Österreich, Pakistan, Philippinen, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Seychellen (seit 1.12.2004), Slowakei, Slowenien, Spanien, Sri Lanka, Surinam, Tschechische Republik, Tunesien, Türkei, Ungarn, Uruguay, Vereinigtes Königreich, Weißrussland, Zentralafrikanische Republik und Zypern.

d) Regelung der Verwaltungshilfe 74 Der Berechtigte kann sein Gesuch zur Durchsetzung seines Unterhaltsanspruchs im Ausland bei der Übermittlungsstelle seines Aufenthaltsstaats einreichen; diese leitet das Gesuch an die Empfangsstelle des Aufenthaltsstaats des Verpflichteten weiter (Art 3ff). In Deutschland werden die Landesjustizverwaltungen als Übermittlungsstelle tätig (Art 2 I des ZustG). Der Berechtigte kann sein Gesuch auch gebührenfrei beim Amtsgericht seines gewöhnlichen Aufenthalts einreichen (Art 3 des ZustG). 75 Die Empfangsstelle ist verpflichtet, den Anspruch des Berechtigten gebühren- und auslagenfrei durchzusetzen (Art 6, 9 UNUÜ). Je nach Sachlage hat die Empfangsstelle den Anspruch im Namen des Berechtigten zu regeln, einzuklagen, die Vollstreckbarerklärung eines anerkennungsfähigen Titels und die eigentliche Vollstreckung zu betreiben.53 Der Berechtigte kann in seinem Antrag festlegen, in welcher Weise die Empfangsstelle vorgehen soll, um den Anspruch durchzusetzen. In Deutschland ist Empfangsstelle das Bundesverwaltungsamt (Art 2 II des ZustG). Diese Zuständigkeit soll in Kürze auf das zu errichtende Bundesamt für Justiz übergehen.54 76 Die einzureichenden Urkunden (Art 3 III UNUÜ) sind in die Gerichtssprache des Empfangsstaats zu übersetzen.55 77 Die Empfangsstelle wird nach Art 6 UNUÜ als Bevollmächtigter des Unterhaltsberechtigten tätig. Je nach Sachlage kann sie auch einen Anwalt oder ein Jugendamt zum Prozessbevollmächtigten bestellen. 78 Das Übereinkommen regelt die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Unterhaltstitel nicht selbst, sondern verweist in den Art 5 III, 6 I UNUÜ lediglich auf das jeweilige nationale Recht. Die Vollstreckbarerklärung hat daher nach dem Verfahren zu erfolgen, das im Verhältnis zu dem _______________

53 Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 260. 54 § 2 I BfJG; vgl BT-Drucks 16/1827 v 15.6.2006. 55 Vgl Staudinger/Kropholler, Anh III zu Art 18 EGBGB Rz 252. Zur Übernahme der Übersetzungskosten durch die Bundesländer s Niclas JAmt 2001, 213.

664

Unterhaltsentscheidungen

§ 13

Ursprungsstaat gilt. Nach Art 9 I UNUÜ erhält der Unterhaltsberechtigte aber für eine Klage und für die Vollstreckung Prozesskostenhilfe. Frei

79

4. Das Auslandsunterhaltsgesetz Schrifttum: Bach, Zehn Jahre Auslandsunterhaltsgesetz, FamRZ 1996, 1250; Bau- 80 mann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen, 1989, S 107ff; Böhmer, Das Auslandsunterhaltsgesetz, IPRax 1987, 139; MüKo/Gottwald, ZPO. Bd III Schlussanh Nr 3 d, 2. Aufl 2001, S 2307; Sich, Die zwischenstaatliche Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im deutsch/amerikanischen Verhältnis nach den Normen des Auslandsunterhaltsgesetzes und des Uniform Interstate Family Support Act, 2004; Uhlig-Berard, Die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Inland und Ausland nach dem AUG, NJW 1987, 1521.

Da die Common law-Staaten dem UNUÜ 1956 nicht beigetreten sind, be- 81 stand im Verhältnis zu ihnen eine empfindliche Rechtsschutzlücke. Diese Lücke wird weit gehend durch das Auslandsunterhaltsgesetz vom 19.12. 198656 geschlossen. Es hat das gleiche Ziel wie das UNUÜ 1956, erreicht es aber auf dem Wege der Parallelgesetzgebung mit förmlicher Gegenseitigkeitserklärung. Wie beim UNUÜ kann sich ein Unterhaltsberechtigter an das Amtsgericht 82 als Justizverwaltungsbehörde wenden, damit diese über die Empfangsstelle des ausländischen Staates den Unterhaltsanspruch geltend macht (§§ 3–5 AUG). Liegt bereits ein gerichtlicher Unterhaltstitel vor, so kann der Unterhalts- 83 berechtigte beantragen, dass die Entscheidung im Ausland registriert wird (§ 6 AUG). Leider genügen die beliebten vollstreckbaren Urkunden der Jugendämter oder notarielle Urkunden insoweit nicht. Bei Gesuchen, die vom Ausland in Deutschland eingehen (1995: 216), hat der 84 Generalbundesanwalt beim BGH als zentrale Behörde den Anspruch im Namen des Berechtigten außergerichtlich oder gerichtlich geltend zu machen. Liegt ein Titel vor, so hat er die Vollstreckbarerklärung mittels Vollstreckungsklage herbeizuführen (§ 8 II AUG). Deren Besonderheiten sind bereits dargestellt worden (s o § 12 Rz 133ff). Die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts soll in Kürze auf das zu errichtende Bundesamt für Justiz übergehen (E § 2 BfJG).57 Das AUG gilt derzeit im Verhältnis zu folgenden Einzelstaaten der Vereinig- 85 ten Staaten von Amerika (zum Teil mit Einschränkungen): Alaska, Arizona, Arkansas, Colorado (nur Kindesunterhalt), Connecticut, Delaware, Florida, _______________

56 BGBl 1986 I, 2563. 57 Vgl BT-Drucks 16/1827 v 15.6.2006.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

Georgia, Hawaii, Idaho, Illinois, Indiana, Iowa (Kindesunterhalt; Ehegattenunterhalt nur in Verbindung mit Kindesunterhalt), Kalifornien, Kansas, Kentucky, Louisiana, Maryland, Massachusetts, Michigan, Minnesota, Missouri, Montana, Nevada, New Hampshire,58 New Jersey, New Mexiko, New York, North Carolina, North Dakota, Ohio, Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, South Dakota, Tennessee, Texas, Utah, Vermont, Virginia, Washington, West Virginia, Wisconsin and Wyoming; in Kanada mit Alberta,59 British Columbia, Manitoba, Neu-Braunschweig, Neufundland und Labrador, Neu-Schottland, Nordwest-Territories, Ontario, Prince Edward Island, Saskatchewan und Yukon-Territory. Die Gegenseitigkeit ist außerdem mit Südafrika vereinbart. 86–89

Frei

5. Das Römische EG-Übereinkommen über die Vereinfachung der Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen vom 6.11.1990 90 Das Übereinkommen sieht ein Rechtshilfeverfahren nach dem Vorbild des UNUÜ 1956 vor, ist aber auf eine Vollstreckungshilfe für bereits bestehende Unterhaltstitel beschränkt.60 Es ist nicht ratifiziert worden; mit seinem InKraft-Treten ist angesichts der Art 5 Nr 2, 38ff EuGVO, der EuVTVO und der Bemühungen Unterhaltstitel generell vom Exequaturverfahren zu befreien, nicht mehr zu rechnen. 91–99

Frei

III. Übereinkommen für besondere Sachgebiete Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden . . . . . . . 3. Haftung der Inhaber von Kernenergieanlagen . . . . . . . . . . . . . . 4. Haftung der Inhaber von Reaktorschiffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

100 101 102

5. Streitigkeiten aus Beförderungsverträgen im internationalen Straßengüterverkehr . . . . . . . . . 6. Sorgerechtsentscheidungen . . . . 7. Seegerichtliche Entscheidungen

103

_______________

58 BGBl 1996 I, 476. 59 BGBl 1995 I, 25. 60 Literaturhinweise bei Müko/Gottwald, 2. Aufl, Schlussanh Nr 3 e (S 2312).

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104 110 113

Übereinkommen für besondere Sachgebiete

§ 13

1. Schrifttum Kreuzer/Wagner, Europäisches Internationales Verfahrensrecht, in: Dauses, Handbuch 100 des EU-Wirtschaftsrechts, Bd 2, 2000, Q 370ff; Martiny, Anerkennung nach multilateralen Staatsverträgen (§§ 5–7), HdbIZVR Bd III/2, 1984, S 191ff.

2. Zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden Das Internationale Übereinkommen vom 25.5.1984 über die zivilrechtliche Haftung 101 für Ölverschmutzungsschäden61 (Neufassung des Internationalen Übereinkommens von 1969) regelt die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen in Art X. Diese Bestimmung lautet: „(1) Ein von einem nach Artikel IX zuständigen Gericht erlassenes Urteil, das in dem Ursprungsstaat, in dem es nicht mehr mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann, vollstreckbar ist, wird in jedem Vertragsstaat anerkannt, es sei denn, a) dass das Urteil durch betrügerische Machenschaften erwirkt worden ist oder b) dass der Beklagte nicht binnen angemessener Frist unterrichtet und dass ihm keine angemessene Gelegenheit zur Vertretung seiner Sache vor Gericht gegeben worden ist. (2) Ein nach Absatz 1 anerkanntes Urteil ist in jedem Vertragsstaat vollstreckbar, sobald die in dem betreffenden Staat vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Diese Förmlichkeiten dürfen keine erneute Entscheidung in der Sache selbst zulassen.“

3. Haftung der Inhaber von Kernenergieanlagen Art 13 (d) des Pariser Übereinkommens über die Haftung gegenüber Dritten 102 auf dem Gebiet der Kernenergie vom 29.7.196062 regelt die Anerkennung und Vollstreckung besonders. Die Bestimmung lautet: „Art 13 (d) Hat ein gemäß diesem Artikel zuständiges Gericht nach einer streitigen Verhandlung oder im Säumnisverfahren ein Urteil gefällt und ist dieses nach dem von diesem Gericht angewandten Rechte vollstreckbar geworden, so ist es im Hoheitsgebiet jeder anderen Vertragspartei vollstreckbar, sobald die von dieser anderen Vertragspartei vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt worden sind; eine sachliche Nachprüfung ist nicht zulässig. Dies gilt nicht für vorläufig vollstreckbare Urteile.“

4. Haftung der Inhaber von Reaktorschiffen Das Übereinkommen über die Haftung der Inhaber von Reaktorschiffen vom 103 25.5.196263 regelt die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Art XI (4). Diese Bestimmung lautet: _______________

61 BGBl 1988 II, 825; vgl Kreuzer/Wagner Q 380, 429; Martiny, HdbIZVR III/2, Rz 465ff. 62 BGBl 1976 II, 308; vgl Kreuzer/Wagner Q 378f, 428. 63 BGBl 1975 II, 977.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

„(4) (a) Rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die von einem nach Artikel X zuständigen Gericht erlassen worden sind, werden im Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaats anerkannt, es sei denn, i) dass die gerichtliche Entscheidung durch betrügerische Machenschaften erlangt worden ist oder ii) dass dem Inhaber keine angemessene Gelegenheit zur Vertretung seiner Sache vor Gericht gegeben worden ist. b) Wird die Vollstreckung einer anerkannten rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung nach den gesetzlichen Förmlichkeiten des Vertragsstaats beantragt, in dem die Vollstreckung nachgesucht wird, so ist die Entscheidung in gleicher Weise zu vollstrecken, als handelte es sich um die Entscheidung eines Gerichts dieses Vertragsstaats. c) Die Begründetheit des dem Urteil zugrunde liegenden Anspruchs unterliegt keiner weiteren gerichtlichen Nachprüfung.“

5. Streitigkeiten aus Beförderungsverträgen im internationalen Straßengüterverkehr 104 Art 31 I, III, IV des Übereinkommens über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) vom 19.5.195664 enthält für die Vollstreckbarkeit folgende besondere Regelung: „Art 31. (1) Wegen aller Streitigkeiten aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung kann der Kläger, außer durch Vereinbarung der Parteien bestimmte Gerichte von Vertragsstaaten, die Gerichte eines Staates anrufen, auf dessen Gebiet a) der Beklagte seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Hauptniederlassung oder die Zweigniederlassung oder Geschäftsstelle hat, durch deren Vermittlung der Beförderungsvertrag geschlossen worden ist, oder b) der Ort der Übernahme des Gutes oder der für die Ablieferung vorgesehene Ort liegt. Andere Gerichte können nicht angerufen werden. (3) Ist in einer Streitsache im Sinne des Absatzes 1 ein Urteil eines Gerichtes eines Vertragsstaates in diesem Staat vollstreckbar geworden, so wird es auch in allen anderen Vertragsstaaten vollstreckbar, sobald die in dem jeweils in Betracht kommenden Staat hierfür vorgeschriebenen Formerfordernisse erfüllt sind. Diese Formerfordernisse dürfen zu keiner sachlichen Nachprüfung führen. (4) Die Bestimmungen des Absatzes 3 gelten für Urteile im kontradiktorischen Verfahren, für Versäumnisurteile und für gerichtliche Vergleiche, jedoch nicht für nur vorläufig vollstreckbare Urteile sowie nicht für Verurteilungen, durch die dem Kläger bei vollständiger oder teilweiser Abweisung der Klage neben den Verfahrenskosten Schadenersatz und Zinsen auferlegt werden.“

105 Vertragsstaaten sind Belgien, Bosnien-Herzegowina, BR Jugoslawien, Bulgarien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Griechenland, Iran, Irland, Italien, Kasachstan, Kirgisistan, Kroatien, Lettland, Litauen, _______________

64 BGBl 1961 II, 1119; vgl Martiny, HdbIZVR III/2, Kap II Rz 430ff.

668

Übereinkommen für besondere Sachgebiete

§ 13

Luxemburg, Marokko, Mazedonien, Moldau, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tadschikistan, Tschechische Republik, Türkei, Tunesien, Turkmenistan, Ungarn, Usbekistan, Vereinigtes Königreich und Weißrussland. Vertraglich gesichert ist nach Art 31 III CMR die Vollstreckbarkeit endgültig 106 vollstreckbarer Urteile eines Vertragsstaats, die in einem Streit über einen der CMR unterliegenden Beförderungsvertrag ergangen sind.65 Anerkannt werden Urteile im kontradiktorischen Verfahren, im Versäumnisverfahren sowie Prozessvergleiche (Art 31 IV). Ausdrücklich ausgenommen sind vorläufig vollstreckbare sowie klagabweisende Entscheidungen, bei denen dem Kläger neben den Kosten Schadenersatz und Zinsen auferlegt werden (Art 31 IV CMR). Für die Vollstreckbarerklärung gelten nach Art 31 III die im Vollstreckungs- 107 staat „vorgeschriebenen Formerfordernisse“. Im Verhältnis zu Mitgliedsbzw Vertragsstaaten gelten daher die Art 37ff EuGVO bzw Art 31ff EuGVÜ/LugÜ und das AVAG, im Übrigen die §§ 722f ZPO.66 Frei

108–109

6. Sorgerechtsentscheidungen Nach Art 7 Europ. Sorgerechtsübereinkommen (ESÜ) vom 20.5.198067 wer- 110 den Sorgerechtsentscheidungen der Vertragsstaaten (Belgien, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Zypern) anerkannt und, wenn sie im Ursprungsstaat vollstreckbar sind, auch für vollstreckbar erklärt. Vorrang im Verhältnis zwischen den EU-Mitgliedstaaten hat aber die Brüssel II-Verordnung (Art 37 EheGVO) (s o § 11 Rz 65ff; § 12 Rz 73ff). Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung richtet sich nach §§ 5, 7 Sorge- 111 RÜbkAG (vom 5.4.1990).68 Örtlich zuständig ist (sofern keine Ehesache anhängig ist) das Familiengericht, (1) in dessen Bezirk sich das Kind zur Zeit des Eingangs des Antrags aufhält, (2) hilfsweise in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge besteht (§ 5 SorgeRÜbkAG). _______________

65 Koller, Transportrecht, 5. Aufl 2004, Art 31 CMR Rz 9; Herber/Piper, CMR, Art 31 Rz 30; Staub/Helm, HGB, Bd VII/2, 4. Aufl 2001, Art 31 CMR Rz 52ff. 66 Herber/Piper, CMR, Art 31 Rz 32; Kreuzer/Wagner Q 376, 426. 67 BGBl 1990 II, 220. 68 BGBl 1990 I, 701.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

Nach § 7 I SorgeRÜbkAG wird der Titel mit einer Vollstreckungsklausel versehen. 112 Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ist in den Fällen der Artikel 8, 9 sowie 10 I (a) oder (b) ESÜ ausgeschlossen (§ 7 IV SorgeRÜbkAG).69 7. Seegerichtliche Entscheidungen 113 Gemäß Anlage VI Art 14 zum Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10.12.198270 wird bei dem Internationalen Seegerichtshof eine Kammer für Meeresbodenstreitigkeiten gebildet. Deren Zuständigkeit ist in Art 187ff des Seerechtsübereinkommens geregelt.71 Nach Anlage VI Art 39 zum Seerechtsübereinkommen sind Entscheidungen dieser Kammer in den Vertragsstaaten ebenso vollstreckbar wie Urteile oder Verfügungen des höchsten Gerichts des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Vollstreckung angestrebt wird. 114 Nach Anlage III Art 21 II zum Seerechtsübereinkommen ist außerdem jede endgültige Entscheidung eines aufgrund des Seerechtsübereinkommens zuständigen Gerichts oder Gerichtshofs betreffend die Rechte und Pflichten der Behörde und des Vertragsnehmers in jedem Vertragsstaat vollstreckbar. 115 In Deutschland richtet sich die Vollstreckung nach dem Seegerichtsvollstreckungsgesetz (SeeGVG) vom 6.6.1995, das als Art 14 des AusfG zum Seerechtsübereinkommen erlassen wurde.72 Nach § 1 SeeGVG sind die in Rz 113, 114 genannten Entscheidungen Vollstreckungstitel und werden nach der ZPO vollstreckt. Die Vollstreckungsklausel erteilt das OLG am Sitz des Seegerichtshofs, also das OLG Hamburg, nach Anhörung des Schuldners durch unanfechtbaren Beschluss (§ 2 SeeGVG). Dieses Gericht nimmt auch die Aufgaben des Prozessgerichts des ersten Rechtszuges als Vollstreckungsorgan wahr (§ 3 SeeGVG). Einwendungen gegen den festgestellten Anspruch können vor inländischen Gerichten nicht geltend gemacht werden (§ 4 SeeGVG). 116–199

Frei

_______________

69 Vgl M. Jorzik, Das neue zivilrechtliche Kindesentführungsrecht, 1995. 70 BGBl 1994 II, 1799; vgl Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 64. Aufl, Schlussanh. V A 4 mwN. 71 Vgl Herber, Seehandelsrecht, 1999 (§ 42 Seeprozessrecht, S 433ff); Seidel, Zuständigkeit und Verfahren des internationalen Seegerichtshofs in Angelegenheiten der Schifffahrt, 1986; Treves, Private Maritime Law Litigation, RabelsZ 63 (1989); Talmon, Der Internationale Seegerichtshof in Hamburg, JuS 2001, 550. 72 BGBl 1995 I, 786.

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Vollstreckung von Kostenentscheidungen nach dem Haager Übereinkommen

§ 13

IV. Die Vollstreckung von Kostenentscheidungen nach dem Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954 Inhaltsübersicht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 2. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 3. Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

4. Verhältnis zu anderen Übereinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . .

219

1. Schrifttum Bülow, Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung einer Kostenentscheidung nach Art 18 200 HZÜ, Rechtspfleger 1955, 301; ders, Das neue Haager Übereinkommen über den Zivilprozess, Rechtspfleger 1959, 141; Bülow, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 1981, S 100.29–31 u 101.18–22; MüKo/ Gottwald, ZPO, Bd III, 2. Aufl 2001, IZPR Nr 4 (S 2313ff); Wolff, Vollstreckbarerklärung, HdbIZVR, Bd III/2, 1984, Kap. IV (§ 4), S 460ff.

2. Einführung Die Regelung über die Vollstreckung von Kostenentscheidungen in Art 18, 201 19 HZÜ 1954 war bereits im HZÜ 1905 enthalten. Sie bildet mithin die älteste multilaterale Vollstreckungsübereinkunft. Verständlich ist sie nur im Zusammenhang mit Art 17 HZÜ, wonach Angehörige der Vertragsstaaten, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben, in einem anderen Vertragsstaat von der Pflicht zur Sicherheitsleistung für Prozesskosten als Ausländer befreit sind (s o § 4 Rz 66ff). Zum Ausgleich für diese Befreiung soll dem siegreichen Beklagten die Vollstreckung der Kostenentscheidung gegen den unterlegenen Kläger in seinem Heimatstaat erleichtert werden. Die Regelung gilt also nur, soweit der Kläger im Gerichtsstaat keinen Wohnsitz hat.73 Zu den Vertragsstaaten s o § 6 Rz 8.

202

3. Verfahren der Vollstreckbarerklärung Nach Art 19 I HZÜ werden Kostenentscheidungen ohne Anhörung der Par- 203 teien nach den Vorschriften des Vollstreckungsstaates unbeschadet eines späteren Rekurses der verurteilten Partei für vollstreckbar erklärt. Es handelt sich also ähnlich wie nach EuGVO bzw EuGVÜ/LugÜ erstinstanzlich um ein einseitiges Verfahren ohne Anhörung des Vollstreckungsgegners. _______________

73 OLG Frankfurt IPRax 1984, 32; MüKo/Gottwald, HZÜ 1954, Art 18, 19 Rz 1.

671

§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

204 Das Verfahren ist jedoch nach Art 18 I HZÜ sehr förmlich ausgestaltet, da der Antrag auf Vollstreckbarerklärung auf diplomatischem Wege zu stellen ist. Dadurch ist das Verfahren sehr zeitaufwendig. Positiv an der Regelung ist aber, dass die Kostenentscheidung im Vollstreckungsstaat kostenfrei für vollstreckbar zu erklären ist (Art 18 I HZÜ). 205 In Deutschland kann der Kostengläubiger sein Gesuch um Herbeiführung der Vollstreckbarerklärung bei dem Gericht stellen, das die Kostenentscheidung erlassen hat. Dieses bereitet den von der zuständigen deutschen diplomatischen Vertretung zu stellenden Antrag gemäß § 42 II–V ZRHO mit Rechtskraftvermerk und Übersetzungen vor. Der so vorbereitete Antrag ist auf diplomatischem Wege beim Außenministerium des ersuchten Staates zu stellen. Der Vollstreckungsstaat ist dann nach Art 18 I verpflichtet, das Gesuch der zuständigen Behörde zuzuleiten und gleichsam im Prozessstandschaft für den ersuchenden Staat die Vollstreckbarerklärung herbeizuführen. 206 Nach Art 18 III HZÜ kann der Kostengläubiger unmittelbar einen eigenen Antrag auf Vollstreckbarerklärung bei dem zuständigen ausländischen Gericht stellen, soweit entsprechende Zusatzvereinbarungen zwischen den Vertragsstaaten bestehen. Dies ist der Fall im Verhältnis zu Belgien (Art 8 ZV), Frankreich (Art 9 ZV), Griechenland (Art 16 I Rechtshilfeabkommen), Italien (Art 15 deutsch-italienischer Vertrag), Niederlande (Art 8 ZV), Norwegen (Art 9 ZV), Österreich (Art 7 ZV), Polen (Art 9 deutsch-polnische Vereinbarung vom 21.2.1994),74 der Schweiz (Abkommen vom 24.12.1929), der Tschechischen Republik (Art 5 I deutsch-tschechischer Vertrag vom 2.2.2000),75 Türkei (Art 3 II Abkommen vom 28.5.1929), Tunesien (Art 36 deutsch-tunesischer Vertrag vom 19.7.1966). Ein Teil dieser Zusatzvereinbarungen enthält auch Formerleichterungen für den Antrag.76 207 Soll die Kostenentscheidung in Österreich vollstreckt werden, so ist nicht Vollstreckbarerklärung, sondern Bewilligung der Exekution nach § 79ff EO zu beantragen. 208 In der Schweiz bedarf es keines besonderen Antrags auf Vollstreckbarerklärung; der Kostengläubiger kann vielmehr nach Art 67, 69 SchKG vom 11.4.1889 beim zuständigen Betreibungsamt per Betreibungsbegehren unmittelbar einen Zahlungsbefehl beantragen. Die Fassung des SchKG vom 16.12.1994, die zum 1.1.1997 in Kraft getreten ist, ändert daran nichts. 209 In Deutschland eingehende Ersuchen um Vollstreckungshilfe nach Art 18, 19 HZÜ werden gemäß § 90 ZRHO behandelt.

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74 BGBl 1974 II, 364. 75 BGBl 2001 II, 1211, 1212. 76 Vgl Geimer/Schütze § 42 ZRHO Fn 156, S 900.40.

672

Vollstreckung von Kostenentscheidungen nach dem Haager Übereinkommen

§ 13

Über den Antrag entscheidet das Amtsgericht (§ 4 I AusfG zum HZÜ 1954). 210 Örtlich zuständig ist das Gericht, bei dem der Kostenschuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat; beim Fehlen eines solchen das Amtsgericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Kostenschuldners befindet oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll (§ 4 II AusfG). § 5 AusfG regelt, wie die Vollstreckungsklausel zu erteilen ist. Nach § 5 II ist sie dem Kostenschuldner nur bei einem direkten Antrag des Kostengläubigers von Amts wegen zuzustellen. Das Gericht hat bei der Vollstreckbarerklärung nach Art 19 II HZÜ nur for- 211 male Anerkennungsvoraussetzungen zu prüfen, nämlich: „1. ob die Ausfertigung der Kostenentscheidung nach den Rechtsvorschriften des Landes, in dem sie ergangen ist, die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt; 2. ob die Entscheidung nach diesen Rechtsvorschriften die Rechtskraft erlangt hat; 3. ob der entscheidende Teil der Entscheidung in der Sprache der ersuchten Behörde oder in der zwischen den beteiligten Staaten vereinbarten Sprache abgefasst oder aber von einer Übersetzung in eine dieser Sprachen begleitet ist, die vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung durch einen diplomatischen oder konsularischen Vertreter des ersuchenden Staates oder einem beeidigten Übersetzer des ersuchten Staates beglaubigt ist.“

Hinsichtlich der Sprache bzw der Übersetzung sind wieder die Zusatzver- 212 einbarungen zum HZÜ zu beachten. Eine Sprachvereinbarung enthält Art 4 deutsch-luxemburgischer ZV. Im Verkehr mit Dänemark und der Schweiz beschafft die ersuchte Behörde etwa fehlende Übersetzungen selbst. Aufgrund der Zusatzvereinbarung mit Belgien (Art 10), Frankreich (Art 11), Dänemark (Art 4), Niederlande (Art 10), Norwegen (Art 11), Polen (Art 11), Schweden (Art 1) und der Tschechischen Republik (Art 7) können Übersetzungen auch von einem vereidigten Übersetzer des ersuchenden Staates beglaubigt werden. Materielle Versagungsgründe sieht Art 19 II HZÜ nicht vor. Eine ordre 213 public-Prüfung ist damit wohl nicht ausgeschlossen, kommt aber wohl praktisch kaum in Betracht. Das Gericht hat aber zu prüfen, ob die Kostenentscheidung in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt. Nach § 6 deutsches AusfG kann der Kostenschuldner gegen die Vollstreck- 214 barerklärung als Rekurs iS des Art 19 I HZÜ sofortige Beschwerde nach §§ 577ff ZPO einlegen. Mit der Beschwerde können materielle Einwendungen gegen den Kostentitel geltend gemacht werden.77

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77 OLG München JW 1936, 3583; MüKo/Gottwald Art 18, 19 HZÜ Rz 6; aA Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, 2000, S 429ff.

673

§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

215 Wird die Vollstreckbarerklärung abgelehnt, kann der Kostengläubiger dagegen einfache Beschwerde nach § 6 II AusfG einlegen. Wurde der Antrag auf diplomatischem Wege gestellt, steht die Beschwerde dem Staatsanwalt zu, § 6 II 2 AusfG. 216 Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung ist nach Art 18 I HZÜ kostenfrei, gleichgültig ob es auf diplomatischem Weg oder durch unmittelbaren Antrag des Kostengläubigers eingeleitet wird. Die Kostenfreiheit gilt aber nur für die Vollstreckbarerklärung selbst. 217 Die in Art 19 IV HZÜ aufgeführten Kosten der Bescheinigung, Übersetzung und Beglaubigung gelten als Vollstreckungskosten und sind zu Lasten des Kostenschuldners zu berücksichtigen. Legt der Kostenschuldner erfolglos Beschwerde ein, ist er kostenpflichtig. Unterliegt der Kostengläubiger im Beschwerdeverfahren, so trägt er die Kosten des Gegners nach § 91 ZPO. 218 Die eigentliche Vollstreckung wird vom HZÜ 1954 nicht erfasst. Sie hat jeder Gläubiger nach dem Recht des jeweiligen Vollstreckungsstaates ohne Rechtshilfe zu betreiben. 4. Verhältnis zu anderen Übereinkommen 219 Das Verfahren nach dem HZÜ bleibt von der EuGVO (Art 67) bzw vom LugÜ (Art 57 I) unberührt. Der Kostengläubiger hat daher die Wahl, nach welchem Übereinkommen er vorgehen möchte. Regelmäßig wird ein Vorgehen nach Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ schneller sein,78 auch wenn dann die Vollstreckbarerklärung kostenpflichtig ist. Wählt der Kostengläubiger das Verfahren nach Art 37ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ, so richten sich die Anerkennungsvoraussetzungen gleichwohl gemäß Art 71 II (b) EuGVO bzw Art 57 II (b) LugÜ nach dem HZÜ. 220 Soweit mit dem Vollstreckungsstaat nur ein bilateraler Vertrag besteht, hat das Verfahren nach den Art 18, 19 HZÜ Vorrang, da die Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsvoraussetzungen hier einfacher geregelt sind. 221–299

Frei

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78 Vgl Fasching/Bajons, Zivilprozessgesetze, Bd 1, 2. Aufl 2000, Anh A §§ 38–40 JN Rz 70.

674

Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

V. Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen 1. Das deutsch-belgische Abkommen vom 30.6.1958 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen79 Das deutsch-belgische Abkommen ist bereits am 1.2.1973 weitgehend durch 300 das EuGVÜ von 1968 (Art 55) ersetzt worden. Gemäß Art 56 EuGVÜ behielt es seine Wirksamkeit nur für die Rechtsgebiete, auf die das EuGVÜ insbesondere aufgrund der Ausschlüsse des Art 1 II EuGVÜ nicht anwendbar war. Das Abkommen war nicht anwendbar, wenn im Einzelfall ein Versagungsgrund nach Art 27, 28 EuGVÜ vorlag. Das Abkommen war danach noch anwendbar auf (1) Ehe- und Familienstandssachen (Art 4), (2) Erbschaftssachen (Art 3 I Nr 8), (3) Entscheidungen im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Art 1 III) sowie (4) Schiedssprüche und Schiedsvergleiche (Art 13 I, II). (5) Schließlich findet das Abkommen Anwendung, soweit der Begriff der Zivilsachen hier weiter ausgelegt wird als im EuGVÜ.80 Zum 1.3.2002 wurde das EuGVÜ auch im Verhältnis zu Belgien durch die neue EuGVO (VO Nr 44/2001) für die danach ergangenen Entscheidungen ersetzt (Art 76 EuGVO). Seit dem In-Kraft-Treten der EG-Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen (zum 1.3.2001) und bis zur beabsichtigten Entwicklung eines europäischen Rechtsakts über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Güterstands- und Erbschaftssachen81 hat das Abkommen noch eine geringe Restbedeutung für die Fälle (2) bis (5). Im Hinblick darauf wird von einer Darstellung abgesehen. Zur näheren Information s Voraufl (§ 13 Rz 300ff). Frei

301–329

_______________

79 BGBl 1961 II, 2408. 80 Vgl BGH NJW 1978, 1113. 81 Vgl Aktionsplan des Rates vom 17.6.2005, ABl EU C 198/1.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

2. Das deutsch-britische Abkommen vom 14.7.1960 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen82 330 Großbritannien ist dem EuGVÜ 1987 beigetreten. Dieses (Art 56 EuGVÜ) bzw seit 1.4.2002 die EuGVO (Art 76) haben Vorrang vor dem deutschbritischen Abkommen. Im Verhältnis zu Großbritannien gilt das deutschbritische Abkommen daher praktisch nur noch für Erbschaftssachen (Art IV [1] [c]) sowie für Hilfsverfahren zu Schiedssachen.83 Zwar erfasst das Abkommen auch „Familienstands- oder Statussachen einschließlich der Scheidungs- oder anderen Familiensachen“ (Art IV [1] [c]). Jedoch verlangen die Art II (1), V (1), dass die Entscheidung von einem „oberen Gericht“ erlassen wurde; Rechtsmittelentscheidungen gegen Entscheidungen der unteren Gerichte sind ebenfalls ausgenommen. Seitdem die Familiensachen den Familiengerichten beim Amtsgericht zugewiesen sind, sind sie damit aus dem Anwendungsbereich des Abkommens herausgefallen.84 Entsprechend fallen auch Entscheidungen der englischen Magistrates’ Courts sowie Rechtsmittelentscheidungen des High Court in Familiensachen nicht mehr unter das Abkommen. Seit 1.3.2001 galt auch im Verhältnis zum Vereinigten Königreich die EheGVO (VO Nr 1347/2000, sog Brüssel II-Verordnung), mit Wirkung zum 1.3.2005 wurde sie durch die neue EheGVO (VO Nr 2201/2003, Brüssel IIaVerordnung) ersetzt. Mit der beabsichtigten Verabschiedung einer EG-Verordnung über die Anerkennung von Testamenten und Erbrechtssachen85 würde das deutsch-britische Abkommen für Neufälle endgültig gegenstandslos. Im Hinblick auf die nur noch marginale Restbedeutung wird von einer Darstellung abgesehen. Im Bedarfsfall s Voraufl § 13 Rz 330ff. 331-379 Frei 3. Der deutsch-griechische Vertrag vom 4.11.1961 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden86 380 Infolge des Beitritts von Griechenland zum EuGVÜ galt der deutsch-griechische Vertrag nur noch, soweit das EuGVÜ nicht eingriff (Art 56 EuGVÜ). Der Vertrag war daher noch für Ehe- und Familiensachen anwendbar (Art 2), _______________

82 83 84 85

BGBl 1961 II, 301. OLG Hamburg RIW 1996, 862. MüKo/Gottwald Art II Rz 2; Schütze RIW 1980, 170. Vgl Aktionsplan des Rates vom 17.6.2005, ABl EU C 198/1; Grünbuch zum Erbund Testamentsrecht, Dok. KOM (2005) 65 endgültig. 86 BGBl 1963 II, 109.

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Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

auch soweit diese der freiwilligen Gerichtsbarkeit zuzuordnen sind (Art 1 I). Der Vertrag hatte auch in Griechenland Vorrang vor dem autonomen Recht (Art 323 griech. ZPO 1967/1971). Die neue EuGVO (VO Nr 44/2001) löste das EuGVÜ auch im Verhältnis zu Griechenland zum 1.3.2002 (Art 76 EuGVO) ab. Seit dem In-Kraft-Treten der Europäischen Verordnung über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen87 am 1.3.2001 („Brüssel II“), abgelöst zum 1.3.2005 durch die sog Brüssel IIa-Verordnung hat der deutsch-griechische Anerkennungsvertrag nur noch einen marginalen Anwendungsbereich. Deshalb wird von einer näheren Darstellung abgesehen. Bei Bedarf s Vorauflage (§ 13 Rz 380ff). Frei

381–399

4. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 20.7.197788 Inhaltsübersicht a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 400 b) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 401

c) Gründe für die Versagung der Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . d) Die Vollstreckbarerklärung . . .

404 410

a) Schrifttum L. Garb, Enforcement of Foreign Judgments, in: A. Kaplan, Israeli Business Law, 1999; 400 MüKo/Gottwald, ZPO, 2. Aufl 2001, IZPR Nr 5 d (S 2353); Pirrung, Zu den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen der BR Deutschland mit Israel und Norwegen, IPRax 1982, 130; ders, Vertrag zwischen der BRD und dem Staat Israel, in: Geimer/ Schütze, Internationaler Rechtsverkehr (Lfg 8), 1983, S 625.1; Schütze, Der deutschisraelische Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag, in: Internationale WirtschaftsBriefe 1981, 741; Siehr, Die Anerkennung und Vollstreckung israelischer Zivilentscheidungen in der Bundesrepublik Deutschland, RabelsZ 50 (1986), 586.

b) Einführung Der deutsch-israelische Vertrag folgt dem Muster der neueren deutschen 401 Vollstreckungsverträge. Der Vertrag ist teilweise dem EuGVÜ nachgebildet, so dass dieses in Zweifelsfällen zur Auslegung herangezogen werden kann.89 _______________

87 Vom 29.5.2000, ABl EG Nr L 160/19 vom 30.6.2000. 88 BGBl 1980 II, 925. 89 Vgl BGH RIW 2002, 63, 64.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

Dies gilt vor allem hinsichtlich der Anerkennung (Art 9 II, III) und der Vollstreckung (Art 11; § 3 AVAG). Der Zweitrichter ist hinsichtlich der Beurteilung der Zuständigkeit des Erstrichters (auch bei Versäumnisurteilen) an dessen tatsächliche und rechtliche Feststellungen gebunden (Art 8 II). Die Zuständigkeit kann danach nur überprüft werden, wenn die internationale Zuständigkeit ungeprüft unterstellt wurde.90 402 Der Vertrag erfasst grundsätzlich alle rechtskräftigen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Art 3). Soweit nach israelischem Recht die Zuständigkeit religiöser Gerichte besteht, werden auch deren Entscheidungen anerkannt.91 Art 4 schließt aber bestimmte Sachbereiche aus. Nicht anerkannt werden danach Entscheidungen in Ehe- und Familienstandssachen, bezüglich des Personenstandes, der Handlungsfähigkeit von Personen oder des ehelichen Güterrechts; Entscheidungen auf dem Gebiet des Erbrechts, in Adhäsionsverfahren, in Konkurs- oder Vergleichsverfahren; Entscheidungen in Angelegenheiten der sozialen Sicherheit, in Atomhaftungssachen sowie einstweilige Verfügungen, einstweilige Anordnungen und Arreste. Unterhaltsentscheidungen jedweder Art werden dagegen anerkannt (Art 4 II). 403 Nach Art 3 ist die Anerkennung auf rechtskräftige Entscheidungen beschränkt. Die Regelung ist aber missverständlich. Denn nach Art 4 II, 20, 21 werden alle Unterhaltsentscheidungen zur Zwangsvollstreckung zugelassen; aus anderen nicht rechtskräftigen Entscheidungen wird immerhin eine Sicherungsvollstreckung gestattet (Art 21). Insoweit werden nicht rechtskräftige Entscheidungen also doch anerkannt. Ausgeschlossen sind jedenfalls Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes.92 c) Gründe für die Versagung der Anerkennung 404 Die Anerkennung einer Entscheidung darf nur aus den in Art 5 aufgeführten Gründen versagt werden. Erster Versagungsgrund ist das Fehlen der Anerkennungszuständigkeit (Art 5 I Nr 1). Der Zuständigkeitskatalog des Art 7 hält sich im üblichen Rahmen zweiseitiger Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge. Anerkannt werden der Gerichtsstand (1) des Wohnsitzes/Sitzes des Beklagten oder des gewöhnlichen Aufenthalts, (2) der Zweigniederlassung, (3) der Gerichtsstandsvereinbarung, (4) in Unterhaltssachen der Gerichtsstand am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers, (5) der unerlaubten Handlung für Handlungen im Entscheidungsstaat, (6) für unerlaubte Handlungen im Geschäftsverkehr, (7) der unbeweglichen belegenen Sache, (8) des Vermögens, (9) der _______________

90 Vgl BGH RIW 2002, 63, 64. 91 Siehr RabelsZ 50 (1986), 586, 592. 92 Vgl Goldstein, Provisional relief and international jurisdiction, in Rabello, Essays on European Law and Israel, 1996, S 733.

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Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

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konnexen Widerklage, (10) der Klage auf Ersatz des Vollstreckungsschadens, und (11) der rügelosen Einlassung. Ein in Israel schriftlich eingereichtes „statement of defence“ muss bereits die Zuständigkeitsrüge enthalten.93 Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes fehlt im Zuständigkeitskatalog.

405

Besonderheiten bestehen insoweit, als der Gerichtsstand des gewöhnlichen Aufenthalts stets neben dem des Wohnsitzes anerkannt wird (Art 7 I Nr 1). Für Gerichtsstandsvereinbarungen verlangt Art 7 I Nr 3 Schriftlichkeit oder halbe Schriftlichkeit. Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung wird nach Art 7 I Nr 5 nur an- 406 erkannt, soweit am Handlungsort geklagt wird. Eine am Erfolgsort ergangene Entscheidung wird nach dem Übereinkommen nicht anerkannt, kann in Deutschland aber nach autonomem Recht (§§ 328 I Nr 1 iVm 32 ZPO) anerkannt werden.94 Diese Einschränkung gibt es nicht bei Verletzung von Patenten, Gebrauchsmustern, Warenzeichen, Sortenschutzrechten, gewerblichen Mustern und Urheberrechtsverletzungen (Art 7 I Nr 6). Der Vermögensgerichtsstand wird nach Art 7 I Nr 8 anerkannt, soweit der 407 Beklagte in keinem der Vertragsstaaten Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort hat, sich im Erststaat aber Vermögen zur Zeit der Verfahrenseinleitung befindet. Ausgeschlossen ist die Anerkennung, soweit der Anerkennungsstaat eine 408 eigene ausschließliche internationale Zuständigkeit beansprucht (Art 7 II), zB Deutschland nach § 24 ZPO.95 Weitere Versagungsgründe sind (1) der ordre public-Verstoß, (2) vorrangige 409 Rechtshängigkeit im Anerkennungsstaat, (3) die abweichende Beurteilung einer IPR-Vorfrage in Statussachen (Art 6 Abs 2) und (4) die Nichteinlassung des Beklagten nach nicht ordnungsgemäßer oder nicht rechtzeitiger Ladung. Die Anforderungen an die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks richten sich nach dem HZustÜ 1965.96

d) Die Vollstreckbarerklärung In Deutschland ist das Verfahren der Vollstreckbarerklärung (Art 10f des 410 Vertrages) dem EuGVÜ nachgebildet; entsprechend gilt das AVAG auch für den deutsch-israelischen Vertrag (§ 1 I Nr 1 e AVAG). _______________

93 94 95 96

BGH RIW 2002, 63, 65. Siehr RabelsZ 50 (1986), 586, 601. Siehr RabelsZ 50 (1986), 586, 594. Vgl OLG Köln IPRax 1997, 175 (dazu Kondring S 158); BGH RIW 2002, 63, 66.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

411 Die §§ 45ff AVAG enthalten jedoch Sonderregeln, weil der Vertrag die Zwangsvollstreckung nur aus rechtskräftigen Entscheidungen mit Ausnahme von Unterhaltsentscheidungen (Art 20) zulässt. 412 Da Art 21 aus nicht rechtskräftigen Entscheidungen eine Sicherungsvollstreckung zulässt, sehen die §§ 45, 46 AVAG vor, dass die Zwangsvollstreckung über Maßregeln zur Sicherung nicht hinausgehen darf, bis der Gläubiger eine gerichtliche Anordnung oder ein Zeugnis vorlegt, dass die Zwangsvollstreckung unbeschränkt stattfinden darf. 413 Abweichend von anderen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen enthält Art 24 eine besondere Vorschrift, wonach die Anerkennung oder Zulassung der Zwangsvollstreckung verweigert werden kann, wenn 25 Jahre vergangen sind, seitdem die Entscheidung mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht angefochten worden ist. 414 Zuständig für die Vollstreckbarerklärung ist nach Art 14 II des Vertrages das Gericht am Wohnsitz des Schuldners, hilfsweise am Ort des Vermögens oder der Zwangsvollstreckung. Wird die Vollstreckung gegen mehrere Schuldner mit verschiedenen Wohnsitzen gleichzeitig betrieben, so hat der Gläubiger die Wahl, das Verfahren der Vollstreckbarerklärung gegen alle Schuldner am Wohnsitz eines von ihnen zu betreiben.97 415 Art 15 des Vertrages enthält den Katalog der vorzulegenden Urkunden. Dazu eine beglaubigte Abschrift der Entscheidung (Nr 1) sowie der Nachweis ihrer Rechtskraft (Nr 2) und ihrer Vollstreckbarkeit (Nr 3) sowie Übersetzungen in die Sprache des Vollstreckungsstaates (Nr 7). Entscheidungsgründe werden nicht verlangt.98 Nach Art 15 Nr 5 muss auch die Zustellung der Entscheidung urkundlich nachgewiesen werden. Das Zustellungsverfahren muss insoweit nur dem innerstaatlichen Recht, nicht dem Haager Zustellungsübereinkommen entsprechen.99 416 Bei der Entscheidung über die Zulassung der Zwangsvollstreckung darf nach Art 16 des Vertrages nur geprüft werden, ob die erforderlichen Urkunden vorliegen und ob ein Versagungsgrund nach Art 5 oder 6 II vorliegt. 417 In Israel findet die Zwangsvollstreckung nach der Verordnung über die Vollstreckung ausländischer Urteile (Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland) 1981100 sowie dem Gesetz über die Zwangsvollstreckung ausländischer Urteile von 1958 statt.101 Nach einer Erklärung des Ministeriums für aus_______________

97 98 99 100 101

680

H. Roth RIW 1987, 814ff. Vgl BGH RIW 2002, 63, 65. BGH RIW 2002, 63, 66. Nr 4237 vom 24.5.1981. Vgl Pirrung, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, S 625.16.

Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

wärtige Angelegenheiten des Staats Israel können Anträge, die Zwangsvollstreckung zuzulassen, abweichend von Art 14 I Nr 2 des Vertrages bei jedem zuständigen Gericht Israels gestellt werden.102 Frei

418–419

5. Das deutsch-italienische Abkommen vom 9.3.1936 über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen103 Schon das EuGVÜ hatte Vorrang vor diesem Abkommen (Art 55 EuGVÜ). 420 Nach Art 56 EuGVÜ war das Abkommen nur noch für solche Rechtsgebiete wirksam, auf die das EuGVÜ nicht anzuwenden ist. Das waren nach Art 2 Nr 6 Erbschaftsstreitigkeiten, nach Art 3 nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten wie Statussachen, Ehescheidungen und das eheliche Güterrecht sowie nach Art 8 die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen und Schiedsvergleichen. Zum 1.4.2002 ist das EuGVÜ im Verhältnis zu Italien durch die EuGVO ersetzt worden. Für Entscheidungen in Ehesachen und über die elterliche Sorge hat seit 1.3.2001 die Verordnung (EG) Nr 1347/2000, seit 1.3.2005 die Verordnung (EG) Nr 2201/2003 vom 27.11.2003 („Brüssel IIa“) Vorrang vor dem deutschitalienischen Vertrag (Art 36 I, 38 I EheGVO). Sobald die im Aktionsprogramm des Rates vom 17.6.2005104 vorgesehenen Verordnungen über eheliche Güterstände und Erbrechtssachen verabschiedet sind, wird das deutsch-italienische Abkommen weitgehend gegenstandslos. Da Deutschland und Italien Vertragsstaaten sind, richten sich die Voraussetzungen für die Anerkennung von Schiedssprüchen heute nach dem UNÜ 1958. Art 8 III garantiert aber zusätzlich die Vollstreckbarkeit von Schiedsvergleichen und Art 8 II gewährt eine Beweiserleichterung für den Nachweis eines Schiedsspruchs. Angesichts der nur noch marginalen Restbedeutung wird auf eine Darstellung verzichtet. Zur näheren Information s Voraufl § 13 Rz 420ff. Frei

421–434

_______________

102 Bekanntmachung, BGBl 1990 II, 3. 103 RGBl 1937 II, 154. 104 ABl EU Nr C 198/1.

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Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

6. Der deutsch-niederländische Vertrag über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 30.8.1962105 435 Der deutsch-niederländische Vertrag hat derzeit noch Bedeutung für Entscheidungen über Erbstreitigkeiten, auch auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Art 1 I). Nach dem gemeinsamen Bericht der Unterhändler106 sollen darunter auch gerichtliche Verfügungen bei der Vermittlung einer Auseinandersetzung unter Miterben gemäß §§ 86ff FGG sowie Entscheidungen nach der HausratsVO fallen. Mit der Umsetzung des Aktionsplans des Rates vom 17.6.2005 zur Entwicklung von EG-Verordnungen in Familienvermögens- und Erbrechtssachen107 würde der deutsch-niederländische Vertrag für Zivilsachen vollständig gegenstandslos. Ohne Bedeutung ist inzwischen die Anerkennung von vollstreckbaren Urkunden über Unterhalt gemäß Art 16 (1) (b), weil auch insoweit das EuGVÜ (Art 50) bzw jetzt die EuGVO (Art 57) Vorrang haben. 436 Die Anerkennung von Eintragungen in die Konkurstabelle sowie von bestätigten Zwangsvergleichen (im Konkurs, Vergleichsverfahren sowie im niederländischen Verfahren des Zahlungsaufschubs) war bis zum 31.5.2002 nur nach Art 16 (1) (c), (d) des Vertrags gewährleistet, da das EuGVÜ nach Art 1 II Nr 2 auf Insolvenzverfahren generell nicht anwendbar war. Seit dem 31.5.2002 gilt insoweit aber die EG-Verordnung Nr 1346/2000 vom 29.5. 2000 über Insolvenzverfahren.108 Wegen dieser nur noch marginalen Restbedeutung wird auf eine nähere Darstellung verzichtet. Zur näheren Information s Voraufl § 13 Rz 435ff. 437–449 Frei 7. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen vom 17.6.1977109 a) Schrifttum 450 MüKo/Gottwald, ZPO, 2. Aufl 2001, Bd III IZPR Nr 5 g (S 2383); Pirrung, Zu den Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen der BR Deutschland mit Israel und Norwegen, IPRax 1982, 130; ders, Vertrag zwischen der BRD und dem Königreich Norwegen, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr (Lfg 8 u 17), S 645.1. _______________

105 106 107 108 109

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BGBl 1965 II, 26. BT-Drucks, IV/2351, S 13. ABl EU 2005 Nr C 198/1; vgl. Wagner IPRax 2005, 494. ABl EG Nr L 160/1 vom 30.6.2000. BGBl 1981 II, 342.

Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

b) Restgeltung Seit 1.3.1995 gilt das LugÜ auch im Verhältnis Deutschland-Norwegen. Das 451 LugÜ hat daher Vorrang vor dem deutsch-norwegischen Vertrag (Art 55 LugÜ). Ebenso wie das LugÜ (Art 1 II) erfasst auch dieser Vertrag nicht Entscheidungen, die betreffen: Ehe- und Familienstandssachen, die Rechts- und Handlungsfähigkeit oder die gesetzliche Vertretung einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Gesellschaft, Atomhaftungsschäden, Konkurs- oder Vergleichsverfahren, einstweilige Verfügungen, Anordnungen und Arreste (Art 3). Nach Art 4 I ist der Vertrag auf Unterhaltssachen nicht anzuwenden. Art 4 II verweist auf das HUVÜ 1958. Da Deutschland und Norwegen inzwischen Vertragsstaaten des HUVÜ 1973 sind, gilt dieses (Art 29 HUVÜ 1973) sowie wahlweise das LugÜ. Infolgedessen gilt der deutsch-norwegische Vertrag nur noch für die Vergan- 452 genheit (Art 56 II LugÜ) sowie für die Rechtsgebiete, auf die das LugÜ nicht anwendbar ist (Art 56 I LugÜ). Seit 1.3.1995 gilt der Vertrag daher nur noch in Erbrechtssachen (Art 8 I Nr 1). Im Hinblick auf diesen schmalen Anwendungsbereich wird von einer näheren Erläuterung abgesehen. Im Bedarfsfall s Voraufl § 13 Rz 450ff. Frei

453–459

8. Der deutsch-österreichische Vertrag vom 6.6.1959 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen110 Österreich wurde zum 1.1.1995 Mitglied der Europäischen Union. Mit dem 460 4. Beitrittsübereinkommen vom 29.11.1996 ist es zum 1.1.1999 dem EuGVÜ beigetreten, das zum 1.4.2002 durch die EuGVO abgelöst wurde. Als früherer EFTA-Staat hatte Österreich das Luganer GVÜ bereits zum 1.9.1996 ratifiziert. Vom 1.9.1996 an galt also im Verhältnis zu Österreich primär das LugÜ (Art 54, 54b LugÜ). Für danach erhobene Klagen hatte der deutschösterreichische Vertrag noch Bedeutung für die vom EuGVÜ/LugÜ nicht erfassten Rechtsgebiete (Art 56 EuGVÜ/LugÜ), dh für Status- und Erbrechtssachen (Art 1 II Nr 1 EuGVÜ/LugÜ). Nicht erfasst hatte der Vertrag Entscheidungen in Ehesachen und in anderen Familiensachen,111 einstweilige Verfügungen, einstweilige Anordnungen und Arreste. _______________

110 BGBl 1960 II, 1245. 111 Vgl BayObLG IPRax 1982, 106.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

461 Für Ehesachen und Sorgerechtssachen gilt seit 1.3.2001 zudem die sog Brüssel II-Verordnung Nr 1347/2000 vom 29.5.2000, seit 1.3.2005 die VO (EG) Nr 2201/2003 („Brüssel IIa“) (s o § 11 Rz 65ff; § 12 Rz 72ff). Mit der Umsetzung des Aktionsprogramms des Rates vom 17.6.2005,112 insbesondere der geplanten Verabschiedung einer EG-Verordnung in Erbrechtssachen wurde der deutsch-österreichische Vertrag weitgehend gegenstandslos. Wegen der schon jetzt nur noch marginalen Bedeutung wird von einer näheren Darstellung abgesehen. Bei Bedarf s Voraufl § 13 Rz 460ff. 462–489 Frei 9. Das deutsch-schweizerische Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2.11.1929113 490 Das Luganer Parallel-Übereinkommen von 1988 ist am 1.3.1995 für Deutschland in Kraft getreten. Nach Art 55 LugÜ hat es Vorrang vor dem Abkommen von 1929. Letzteres hat daher nur noch Bedeutung für die vom LugÜ nicht erfassten Rechtsgebiete (Art 56 LugÜ), dh für Status- und Erbrechtssachen (Art 1 II Nr 1 LugÜ). 491 Wegen dieses nur noch begrenzten Anwendungsbereichs wird von einer weiteren Erläuterung abgesehen. Im Bedarfsfall s Voraufl § 13 Rz 490ff. 492–509 Frei 10. Der deutsch-spanische Vertrag über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen vom 14.11.1983114 510 Seit dem In-Kraft-Treten des 3. Beitrittsübereinkommens zum EuGVÜ im Verhältnis zwischen Deutschland und Spanien zum 1.12.1994115 war der deutsch-spanische Vertrag vom 14.11.1983 nur noch für die vom EuGVÜ nicht erfassten Sachgebiete (Art 55 EuGVÜ) und die früheren Entscheidungen relevant. Zum 1.4.2002 ist das EuGVÜ durch die EuGVO ersetzt worden. Anwendbar wäre der Vertrag danach noch in Ehe- und Familiensachen (Art 8) sowie in Erbschaftsangelegenheiten (Art 7 I Nr 13). _______________

112 113 114 115

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ABl EU 2005 Nr C 198/1. RGBl 1930 II, 1066. BGBl 1987 II, 34. BGBl 1994 II, 518.

Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

In Ehesachen und Sorgerechtsstreitigkeiten hat seit 1.3.2001 die EheGVO 511 (Verordnung (EG) Nr 1347/2000), die sogenannte Brüssel II-Verordnung Vorrang vor dem Vertrag (Art 36 I, 38 I EheGVO) (s o § 11 Rz 67ff; § 12 Rz 170ff). Der deutsch-spanische Vertrag gilt danach noch für die sonstigen Familiensachen und für Erbrechtssachen. Mit der Umsetzung des Aktionsprogramms des Rates vom 15.6.2005,116 insbesondere der geplanten Verabschiedung von EG-Verordnungen für Ehegüterstandssachen und Erbrechtssachen wurde der Vertrag praktisch gegenstandslos. Wegen des schon jetzt nur noch marginalen Anwendungsbereichs wird von einer näheren Erläuterung abgesehen. Im Bedarfsfall s Voraufl § 13 Rz 510ff. Frei

512–529

11. Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 über Rechtsschutz, Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit117 Inhaltsübersicht a) Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . 530 b) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 c) Anerkennungszuständigkeiten . . 534

d) Versagungsgründe für die Anerkennung . . . . . . . . . . . . . . e) Das Vollstreckungsverfahren . .

547 554

a) Schrifttum Arnold, Die Problematik von Rechtshilfeabkommen erläutert am Beispiel des 530 deutsch-tunesischen Vertrages vom 19.7.1966, NJW 1970, 1478; Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 64. Aufl 2006, Schlussanh V B 8; Ganske, Der deutsch-tunesische Rechtshilfe- und Vollstreckungsvertrag, AWD 1970, 145; MüKo/Gottwald, ZPO, Bd III, 2. Aufl 2001, IZPR Nr 5 l, S 2423.

b) Einführung Dieser zweiseitige Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag fällt aus dem 531 sonst üblichen Rahmen, da er auch die internationale Rechtshilfe mit umfasst (s o § 7 Rz 135 u § 8 Rz 143).118 Nach dem Vertrag werden vorläufig vollstreckbare Entscheidungen nicht anerkannt. Art 27 fordert, dass die Entscheidungen Rechtskraft erlangt haben. Damit ist die formelle Rechtskraft _______________

116 ABl EG Nr C 187/1. 117 BGBl 1994 II, 518. 118 Arnold NJW 1970, 1478.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

gemeint, dh gegen die Entscheidungen dürfen im Urteilsstaat keine ordentlichen Rechtsmittel mehr zulässig sein.119 Es wird nicht darauf abgestellt, in welchem Gerichtszweig die Entscheidung erlassen wurde; es kommt vielmehr lediglich darauf an, dass sie ihrer Natur nach eine Entscheidung in einer Zivil- oder Handelssache ist. Danach fallen Entscheidungen der Arbeitsgerichte und Adhäsionsurteile unter den Vertrag. Auch streitige FGEntscheidungen werden anerkannt. Die deutsche Denkschrift erwähnt hierzu die gerichtliche Bestätigung einer Auseinandersetzung bei der Vermittlung unter Miterben nach §§ 86ff FGG und Entscheidungen aufgrund der Hausratsverordnung. 532 Als Ausnahme zur Grundregel des Art 27 I werden nach Art 27 IV aber einstweilige Anordnungen, die auf eine Geldleistung lauten, anerkannt. Sinngemäß sind danach auch Unterhaltsverfügungen anzuerkennen.120 533 Nach Art 28 I werden Entscheidungen in Ehe- oder Unterhaltssachen anerkannt, nicht jedoch solche, die die Rechts- oder Handlungsfähigkeit und die gesetzliche Vertretung natürlicher oder juristischer Personen unmittelbar betreffen. Nach Nr 2 des Protokolls zum Vertrag können die ausgeschlossenen Entscheidungen aber nach dem jeweiligen autonomen Recht anerkannt werden. Die deutsche Denkschrift zu Art 28 hebt außerdem hervor, dass deutsche Entscheidungen, durch die nichtehelichen Kindern Unterhalt zugesprochen wird, in Tunesien (gemäß Art 29 I Nr 2) nur anerkannt werden, wenn der Beklagte die Vaterschaft freiwillig anerkannt hat. Nach Art 28 II findet der Vertrag keine Anwendung in Insolvenzsachen und in Sozialrechtsangelegenheiten. c) Anerkennungszuständigkeiten 534 Wie alle zweiseitigen Vollstreckungsabkommen regelt der deutsch-tunesische Vertrag nur die Anerkennungszuständigkeit (System der indirekten Kompetenz). Danach werden folgende Zuständigkeiten anerkannt: 535 1. wenn der Beklagte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens im Urteilsstaat seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte; bei juristischen Personen, Gesellschaften und Vereinigungen wird auf den Sitz oder die Hauptniederlassung abgestellt (Art 31 I Nr 1). Das dem tunesischen Recht bekannte Wahldomizil fällt nicht unter Nr 1.121 536 Nr 2 betrifft die geschäftliche Niederlassung oder Zweigniederlassung des Beklagten, wenn er für Ansprüche aus deren Betriebe belangt worden ist. Selbständige Agenturen und Handelsvertreter fallen nicht unter Nr 2. _______________

119 Deutsche Denkschrift, BT-Drucksache V/3167, S 44ff. 120 MüKo/Gottwald, Deutsch-tunesischer Vertrag, Art 27 Rz 2. 121 Deutsche Denkschrift zu Art 31.

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Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

Nr 3 betrifft den Gerichtsstand in Arbeitssachen. Abgestellt wird auf den 537 Arbeitsort im Betrieb oder in der Arbeitsstelle im Urteilsstaat. Bei einer Entsendung in den anderen Vertragsstaat oder einen Drittstaat genügt es für die Zuständigkeit der Gerichte des Entsendestaates, dass der Arbeitnehmer vom dortigen Unternehmen oder Betrieb Weisungen erhielt. Nr 4 gibt für Unterhaltsklagen einen Klägergerichtsstand am Wohnsitz oder 538 gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten. Nr 5 betrifft den Gerichtsstand der unerlaubten Handlung und der gleich- 539 gestellten Gefährdungshaftung. Notwendig ist, dass der Täter sich bei Begehung der schädigenden Handlung im Urteilsstaate aufgehalten hat. Bei einem Verkehrsunfall muss der Halter des Unfallwagens sich aber nicht ebenfalls im Urteilsstaat aufgehalten haben.122 Nach Nr 6 sind für dingliche Klagen über Rechte an unbeweglichen Sachen 540 die Gerichte des Staates der Belegenheit zuständig. Nr 7 betrifft Klagen aus Erbstreitigkeiten. Anerkannt werden Entscheidun- 541 gen des Heimatstaats des Erblassers, bei Drittstaatsangehörigen Entscheidungen des Staates des letzten Wohnsitzes des Erblassers. In beiden Fällen gilt dies für Streitigkeiten über den beweglichen und den unbeweglichen Nachlass. Nr 8 akzeptiert den Gerichtsstand der konnexen Widerklage, wenn das Erst- 542 gericht für die Hauptklage nach dem vertraglichen Zuständigkeitskatalog zuständig war. Nr 9 betrifft Klagen auf Ersatz des im Zweitstaat erlittenen Vollstreckungs- 543 schadens nach Aufhebung des Titels im Erststaat; in diesem Fall muss der Erststaat die Entscheidung des Zweitstaats anerkennen. In diesem umfangreichen Katalog fehlen die Gerichtsstände des Erfüllungs- 544 ortes, der Gerichtsstandsvereinbarung und der rügelosen Einlassung. Gerichtsstandsvereinbarungen sind in Tunesien nach Art 3 tun. CPCC nichtig.123 Die tunesische Haltung gegenüber der Parteifreiheit ist aber ersichtlich gespalten, da in Art 47 deutsch-tunes. Vertrag internationale Schiedsvereinbarungen anerkannt werden. Ein besonderes Problem bereiten die ausschließlichen Gerichtsstände. Nach 545 Art 31 II werden Entscheidungen des Erstrichters nicht anerkannt, wenn nach dem Recht des Anerkennungsstaates dessen Gerichte für die betreffenden Klagen ausschließlich zur Entscheidung zuständig sind. Tunesien nimmt eine ausschließliche Zuständigkeit seiner Gerichte in Anspruch, wenn an _______________

122 Deutsche Denkschrift zu Art 31 Nr 5. 123 Vgl Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge, 1987, S 137.

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

dem Rechtsstreit als Kläger oder Beklagte tunesische öffentliche Unternehmungen oder Gesellschaften, die im öffentlichen Eigentum stehen oder an deren Kapital der tunesische Staat unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist.124 Da solche Unternehmen hauptsächlich am Außenhandel beteiligt sind, stand zu erwarten, dass der deutsch-tunesische Vertrag allein durch diese Tatsachen zum großen Teil gegenstandslos wurde. Deswegen haben die Vertragsstaaten in dem Zusatzprotokoll zum Vertrage bestimmt: „Als eine ausschließliche Zuständigkeit im Sinne des Art 31 II ist es nicht anzusehen, wenn das Recht eines Vertragsstaates für Verfahren von öffentlichen Unternehmungen (offices) oder Gesellschaften, die im Eigentum dieses Staates stehen (sociétés nationales) oder an deren Kapital dieser Staat beteiligt ist, seine Gerichte für ausschließlich zuständig erklärt.“ 546 Art 32 regelt die internationale Anerkennungs-Zuständigkeit in Ehesachen. Danach werden Entscheidungen anerkannt, (1) wenn beide Ehegatten nicht die Staatsangehörigkeit des Anerkennungsstaates besitzen; (2) gehören beide Ehegatten einem dritten Staate an, so wird die Zuständigkeit des Entscheidungsstaates anerkannt, wenn die Entscheidung im Heimatstaat anerkannt wird. Der Fall, dass die Ehegatten verschiedenen Drittstaaten angehören, ist nicht geregelt. Hier sollte analog § 606a I Nr 4 ZPO die Anerkennung in einem Heimatstaat genügen.125 (3) Besaß einer der Ehegatten die Staatsangehörigkeit des Anerkennungsstaates, so sind die Gerichte des Entscheidungsstaates zuständig, wenn der Beklagte zur Zeit der Einleitung des Verfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Entscheidungsstaat hatte oder wenn die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt im Entscheidungsstaat hatten und einer der Ehegatten zur Zeit der Einleitung des Verfahrens sich im Entscheidungsstaat aufhielt. Das tunesische IPRG vom 27.11.1998 hat auch die internationale Anerkennungszuständigkeit neu geregelt, so dass ggf eine weitergehende Anerkennung nach autonomem Recht in Betracht kommt.126 d) Versagungsgründe für die Anerkennung 547 Nach Art 29 „darf die Anerkennung … nur versagt werden, wenn …“ Diese Gründe sind nach Art 33 abschließend. Sie sind zugleich zwingend; bei ihrem Vorliegen hat das Gericht im Anerkennungsstaat keinerlei Ermessen. Die Anerkennung ist zu versagen, sofern sie nicht über das Günstigkeitsprinzip nach autonomem Recht doch zulässig ist.

_______________

124 Deutsche Denkschrift zu Art 31. 125 MüKo/Gottwald Art 32 deutsch-tunes. Vertrag Rz 2. 126 Vgl Menhofer IPRax 1999, 266, 267.

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Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

Nach Art 29 bestehen folgende Voraussetzungen für die Anerkennung:

548

(1) das Erstgericht muss zuständig im Sinne der Art 31 und 32 des Vertrages gewesen sein; (2) die Anerkennung der Entscheidung darf der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates nicht widersprechen (Nr 2); die Entscheidung darf nicht durch betrügerische Machenschaften erwirkt sein (Nr 3); (3) ein Verfahren darf nicht zuerst vor einem Gericht des Anerkennungsstaates zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes anhängig gemacht sein (Nr 4) und die Entscheidung des Erstrichters darf nicht mit einer im Anerkennungsstaat ergangenen rechtskräftigen Entscheidung unvereinbar sein (Nr 5). (4) Hat sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen, so ist die An- 549 erkennung zu versagen, wenn die Klage, die Vorladung oder ein anderes der Einleitung des Verfahrens dienendes Schriftstück nicht nach dem Recht des Entscheidungsstaates und, wenn er sich im Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens im Anerkennungsstaat befand, nicht auf einem der in Art 8 bis 16 vorgesehenen Wege zugestellt worden ist. Eine Heilung ist nicht vorgesehen.127 Die erste Alternative sieht also auch eine öffentliche Zustellung im Sinne des § 185 ZPO nF vor. Zur 2. Alternative s o § 7 Rz 135ff. Es fällt auf, dass der besondere Schutz des Beklagten bei der Zustellung, den Art 17 des Vertrages gewährt, nicht auch in Art 29 II in Bezug genommen worden ist. Die deutsche Denkschrift begnügt sich damit, darauf hinzuweisen, dass über Art 17 I hinaus die Rechte des im Anerkennungsstaat ansässigen Beklagten gewahrt sind. Es muss aber beachtet werden, dass nach Art 17 II eine Zustellung als bewirkt vermutet wird, wenn seit der Übermittlung des Zustellungsantrages an die Empfangsstelle des Anerkennungsstaates 8 Monate verstrichen sind. Der Zweitrichter muss prüfen, ob der Erstrichter diese Vorschrift beachtet hat. Um dem Beklagten alle Möglichkeiten des rechtlichen Gehörs zu gewähren, 550 ist die Anerkennung trotz ordnungsgemäßer Zustellung versagt werden, wenn der Beklagte nachweist, dass er ohne sein Verschulden von der Zustellung nicht rechtzeitig genug Kenntnis erlangt hat (Art 29 II 2). (5) Die Anerkennung darf nicht allein deshalb versagt werden, weil der Erst- 551 richter nach seinem IPR andere Gesetze angewendet hat, als sie nach dem IPR des Anerkennungsstaates anzuwenden gewesen wären (Art 30 I). Die Anerkennung darf jedoch versagt werden, wenn in Statusfragen die IPRVorfrage im Ergebnis abweichend beurteilt wurde (Art 30 II). Eine Sonderstellung nehmen Kosten-Entscheidungen gegen den erfolglosen 552 Kläger ein. Ihre Anerkennung darf nur abgelehnt werden, wenn sie der _______________

127 LJV Baden-Württemberg FamRZ 2001, 1015 (Gottwald).

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§ 13

Anerkennung und Vollstreckung nach sonstigem Vertragsrecht

öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates widerspricht. Dies gilt besonders für die Anerkennung der Kostenfestsetzungsbeschlüsse des Urkundsbeamten (Art 29 III und Art 27 III). Nach der deutschen Denkschrift zu Art 29 gehört zum ordre public auch die ordnungsgemäße Ladung des Beklagten bei Einleitung des Verfahrens. 553 Das Protokoll zu dem Vertrag (Nr 2) gestattet schließlich die Anerkennung von Entscheidungen, die in einem einseitigen FG-Verfahren ergangen sind (Art 27 II 2) und von Entscheidungen über Statusfragen gemäß Art 28 I. Beide Arten von Entscheidungen können in dem anderen Vertragsstaat nach autonomen Rechtsvorschriften einschließlich des IPR anerkannt werden. e) Das Vollstreckungsverfahren 554 Gerichtliche Entscheidungen in Zivil- oder Handelssachen, die in dem einen Staat vollstreckbar sind, werden in dem anderen vollstreckt, wenn sie anerkannt werden und dort für vollstreckbar erklärt sind (Art 34). Das Verfahren richtet sich nach dem Recht des Vollstreckungsstaates (Art 35). Der Antrag wird in Deutschland an das Landgericht, in der Tunesischen Republik an das „Tribunal de première instance“ gerichtet (Art 37 I). Örtlich zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat oder die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden soll. Unter mehreren örtlich zuständigen Gerichten hat die die Vollstreckung betreibende Partei die Wahl (Art 37 II). In Art 38 sind die Urkunden aufgeführt, die der Antragsteller beizubringen hat. 555 Einzelheiten des Verfahrens ergeben sich aus dem deutschen Ausführungsgesetz vom 29.4.1969.128 Die Vollstreckbarerklärung erfolgt danach im sog fakultativen Beschlussverfahren (§ 5 AusfG idF von Art 2 § 10 SchiedsVfG 1997). 556 Art 39 legt den Umfang der Prüfungspflicht fest. Diese darf sich nur darauf erstrecken, ob der Antragsteller die in Art 38 aufgeführten Urkunden beigebracht hat und ob einer der in Art 29 I, II und in Art 30 II genannten Versagungsgründe vorliegt. Eine weitere Nachprüfung ist ausgeschlossen (Art 39 II). Art 39 III wiederholt, dass die Vollstreckung von Entscheidungen, durch welche die Kosten dem mit der Klage abgewiesenen Kläger auferlegt worden sind, nur abgelehnt werden darf, wenn sie der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht (Art 27 III). 557 In dem Verfahren der Vollstreckbarerklärung kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst geltend machen, soweit die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Erlass der Entscheidung entstanden sind (§ 7 I _______________

128 BGBl 1969 I, 333.

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Bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen

§ 13

AusfG).129 Gegen gerichtliche Vergleiche oder öffentliche Urkunden kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst ohne diese Beschränkungen geltend machen (§ 7 II AusfG). Ist eine gerichtliche Entscheidung oder ein anderer Schuldtitel bereits für vollstreckbar erklärt, so kann der Schuldner Einwendungen gegen den Anspruch selbst in einem Verfahren nach § 767 ZPO nur geltend machen, wenn die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach Ablauf der Frist, innerhalb derer er Beschwerde hätte einlegen können, oder erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind, in der er die Einwendungen spätestens hätte geltend machen können (§ 7 III AusfG).130 Der Vertrag und das AusfG regeln schließlich die Folgen, die es hat, wenn die Entscheidung des Erstrichters abgeändert bzw aufgehoben wird und wie eine Sicherheitsleistung oder besondere Voraussetzungen für die Vollstreckung nachgewiesen werden müssen. Die vor einem staatlichen Gericht abgeschlossenen und zu Protokoll ge- 558 nommenen Vergleiche werden vollstreckt, wenn sie in dem Erststaat vollstreckbar sind (Art 42). Der Vollstreckungsstaat prüft nur, ob die erforderlichen Urkunden beigebracht sind, ob die Parteien nach dem Recht des Vollstreckungsstaates berechtigt sind, über den Gegenstand des Verfahrens einen Vergleich zu schließen, und ob die Vollstreckung der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht (Art 42 III). Öffentliche Urkunden, die in dem einen Staate aufgenommen und voll- 559 streckbar sind, können in dem anderen Staate für vollstreckbar erklärt werden. In dem Vollstreckungsstaat ist die Prüfung darauf beschränkt, ob die Ausfertigung der Urkunde die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen nach dem Recht des Erststaates hat, und ob die Vollstreckbarerklärung der öffentlichen Ordnung des Vollstreckungsstaates widerspricht (Art 43). Auch die von den Jugendämtern aufgenommenen Verpflichtungserklärungen (§§ 59, 60 SGB VIII) können in Tunesien für vollstreckbar erklärt werden, sofern ihre Vollstreckbarerklärung nicht der öffentlichen Ordnung widerspricht.131 Dazu muss der Vater die Vaterschaft freiwillig anerkannt haben (s o Rz 533).

_______________

129 Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, 2000, S 282ff, plädiert zu Recht für eine restriktive Auslegung unter Präklusion der nach dem Recht des Erststaates präkludierten Einwendungen. 130 Krit. Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 425ff. 131 Deutsche Denkschrift zu Art 43.

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§ 14 Anerkennung und Vollstreckung im Ausland Inhaltsübersicht I. Einführung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anerkennungsgrundsätze . . . . .

1 2

II. Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten 1. Deutsche Urteile in den USA . . 8 2. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Common Law-Staaten . . . . 35

3. Anerkennung in Lateinamerika 58 4. Anerkennung in civil lawStaaten des europäischen Rechtsraums . . . . . . . . . . . . . . 68 5. Anerkennung und Vollstreckung in ost- und südosteuropäischen Staaten . . . . . . . . . . . 89 6. Anerkennung in arabischen Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 7. Anerkennung in Ostasien . . . 112

I. Einführung 1. Schrifttum 1 Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, 1980; Bruns, Der anerkennungsrechtliche ordre public in Europa und den USA, JZ 1999, 278; D. Campbell, International execution against judgment debtors, Vol 1 (Loseblatt), 1993; R. Casad, Civil Judgment Recognition, 1981; Cromie, International Commercial Litigation, 1990, S 459ff; G. Delaume, Law and Practice of Transnational Contracts, 1988 (S 199– 222); B. Etgen, Die Anerkennung und Vollstreckung deutscher Zivilurteile in der Republik China auf Taiwan, RIW 1995, 205; E. Gaillard, Anti-suit injunction et reconnaissance des sentences annulées au siège, J.D.I. 2003, 1105; L. Garb/J. Lew, Enforcement of Foreign Judgments, 1994ff; P. Hay, On Comity, Reciprocity, and Public Policy in U.S. and German Judgments Recognition Practice, Liber amicorum Siehr, 2000, S 237; P. Herzog u J. Hitters, The effect of foreign judgments and arbitral awards, in: Andolina, Transnational aspects of procedural law, Bd 3, 1998, S 845; A.-M. Karl, Die Anerkennung von Entscheidungen in Spanien, 1993; Koshiyama, Rechtskraftwirkungen und Urteilsanerkennung, 1996; A. Lowenfeld, International Litigation and the Quest for Reasonableness, RdC 245 (1994 I), 9, 157ff; Lutz, Enforcement of Foreign Judgments, Part I: A Selected Bibliography on United States Enforcement of Judgments Rendered Abroad, Intern. Lawyer 27 (1993), 471; H. Matsumoto, Probleme der Rechtskraft im internationalen Zivilprozess, in: Kroeschell/Cordes, Vom nationalen zum transnationalen Recht, 1995, S 77; A. von Mehren, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments – General Theory, RdC 167 (1980 II), 9; H. Müller/G. Hök, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, 1990 (Loseblatt); H. Muir Watt, Effets en France des Decisions Etrangeres, Juris-Cl. Procédure Civile, Fasc. 124–3ff, 1990; Y. Piantino, Switzerland’s Treatment of US Money Judgments, AmJCompL 46 (1998), 181; Ch. Platto/W. Horton, Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, 2nd ed 1993; N. Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, 2004; Schlosser, Jurisdiction and international judicial and administrative co-operation, Rec.d.Cours 284 (2000), 9, 31ff.; Schütze, Die Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland, 1977; ders, Die

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Einführung

§ 14

Geltendmachung deutscher Urteile in Afrika, 1966; ders, Rechtsverfolgung im Ausland, 2. Aufl 1998; Sieg, Internationale Anerkennungszuständigkeit bei US-amerikanischen Urteilen, IPRax 1996, 77; J. Steinbach, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und Schiedssprüche in der Russischen Föderation, 2003; Szászy, International Civil Procedure, Budapest, 1967; Verschuur, Vrij verkeer van vonnissen, 1995; R. Wagner, Zur Vollstreckung deutscher dynamischer Unterhaltstitel im Ausland, FS Sonnenberger, 2004, S 727; G. Walter/S. Baumgartner, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments outside the scope of the Brussels and Lugano Conventions, 2000.

2. Anerkennungsgrundsätze a) Keine Anerkennungspflicht Völkerrechtlich ist nach wie vor kein Staat verpflichtet, Urteile ausländi- 2 scher Gerichte anzuerkennen und die Vollstreckung aus ihnen in seinem Hoheitsgebiet zuzulassen. Die Wirkung von Urteilen in Zivilsachen müsse grundsätzlich auf das Hoheitsgebiet des Ursprungsstaates begrenzt werden, weil Urteile ggf auf governmental principles beruhen, die anderen Staaten unbekannt seien.1 Der weltweite Handels-, Kapital- und Personenverkehr erfordert aber prak- 3 tisch, dass ausländische Entscheidungen anerkannt und vollstreckt werden. Über die Voraussetzungen und die Art und Weise der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung entscheidet freilich jeder Staat in autonomer Weise. Eine Pflicht zur Anerkennung und Vollstreckung besteht nur im Rahmen von Staatsverträgen, in der EU aufgrund der EU-Verordnungen. b) Gegenseitigkeit Außerdem wirkt sich der Grundsatz von der Gegenseitigkeit besonders 4 hemmend aus. Auch der deutsche Gesetzgeber hat in § 328 I Nr 5 ZPO am Erfordernis der Gegenseitigkeit festgehalten. Es kann nicht erwartet werden, dass andere Staaten die Anerkennung und Vollstreckung aus deutschen Urteilen erleichtern. Das Hindernis der Verbürgung der Gegenseitigkeit steht also in vielen Staaten der Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile entgegen. Aus der Übersicht in § 11 Rz 193–214 ist ersichtlich, im Verhältnis zu wel- 5 chen Staaten die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist und im Verhältnis zu welchen Staaten Unklarheiten bestehen. Es kommt hinzu, dass die Lage noch dadurch unübersichtlicher wird, dass die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu einigen Staaten nur teilweise verbürgt ist. In den Staaten, zu denen die _______________

1 Szászy, International Civil Procedure, S 545.

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§ 14

Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist oder wo dies zweifelhaft ist, werden deutsche Urteile schon deswegen im Zweifel nicht anerkannt. 6 Ist die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im Ausland entweder ausgeschlossen oder nur in einem aufwendigen Verfahren zu erreichen, so sollte sich ein Gläubiger vorab fragen, ob es nicht sinnvoller ist, sogleich im Ausland zu klagen.2 c) Révision au fond 7 Eine ansehnliche Reihe von Staaten besteht zwar nicht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit, überprüft aber stattdessen ausländische Urteile auf ihre sachliche Richtigkeit. Das Prinzip der „révision au fond“ geht zurück auf die französische Rechtsprechung des 19. Jahrhunderts.3 Der Exequaturrichter musste danach nachprüfen, „qu’un point quelconque, de fait ou de droit, a été mal jugé“.4 Die luxemburgische Rechtsprechung gab als erste die „révision au fond“ mit der Begründung auf, der Exequaturrichter dürfte sich nicht zum Berufungsrichter über seinen ausländischen Kollegen machen.5 Es folgte der französische Kassationshof in der berühmten Entscheidung vom 7.1.1964 in Sachen Munzer gegen Munzer.6 Heute ist das System der „révision au fond“ in den meisten, aber nicht in allen Staaten überwunden.

II. Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten 1. Deutsche Urteile in den USA 8 Schrifttum: Born, International Civil Litigation in United States Courts, 3rd ed 1996; R. Brand, Enforcing Foreign Judgments in the United States and United States Judgments Abroad, 1992; Ebke/Parker, Foreign Country Money-Judgments and Arbitral Awards and the Restatement (Third) of the Foreign Relations Law of the United States, Int.Lawyer 24 (1990), 21; P. Hay, On Comity, Reciprocity, and Public Policy in US and German Judgments Recognition Practice, Liber amicorum Siehr, 2000, 237; F. Juenger, The recognition of money judgments in civil and commercial matters, AmJCompL 36 (1988), 1; Kohl/Reus, Anerkennung und Durchsetzung deutscher Zahlungstitel in Florida, RIW 2000, 773; R. v Mehren, Transnational Litigation in Ameri_______________

2 Vgl Nagel, Durchsetzung von Vertragsansprüchen im Auslandsgeschäft, 1978, S 177ff. 3 Batiffol/Lagarde, no 729; Schlachter AcP 1957, 510. 4 Batiffol/Lagarde, no 729. 5 Tribunal civil d’Arrondissement de Luxembourg v 21.11.1956, Pasicrisie lux. Vol XVII, 180. 6 Rev crit 1964, 344.

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Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten

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can Courts, Dickinson J.Int.L. 3 (1984), 43, 56; Rassmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Titel in den USA, RIW 1996, 817; N. Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters (Ch. 7), 2004, S 323; G. Rühl, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in den USA, RIW 2006, 192; I. Scheuermann, Internationales Zivilverfahrensrecht bei Verträgen im Internet, 2004; Schütze, Deutsch-amerikanische Urteilsanerkennung, 1992; Schurtmann/Walter, Der amerikanische Zivilprozess, 1978; Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000; Siegel, New York Practice, 2. Aufl 1991; Weinschenk, Die Anerkennung und Vollstreckung bundesdeutscher Urteile in den Vereinigten Staaten, 1988.

Die einzelnen Bundesstaaten (nicht der Bund selbst) erkennen ausländische 9 Urteile grundsätzlich nach „comity“ an,7 wenn die Entscheidung bestimmten prozessualen und materiellen Standards entspricht. Auf die Gegenseitigkeit kommt es mit wenigen Ausnahmen nicht an. Anerkannt werden Zahlungsurteile, Status-Entscheidungen und Eigentumsfeststellungen. Die Voraussetzungen unterscheiden sich im Detail von Bundesstaat zu Bundesstaat (und sonstigem Territorium).8 Bundesgerichte wenden die Regeln des jeweiligen Bundesstaates an. Das American Law Institute hat freilich inzwischen den Entwurf eines Bundesgesetzes („Foreign Judgments Recognition and Enforcement Act“) verabschiedet.9 Die Anerkennungsvoraussetzungen sind im Uniform Foreign Money-Judg- 10 ment Recognition Act von 196210 im Einzelnen festgelegt, damit die Staaten, die die Voraussetzung der Gegenseitigkeit kennen, diese besser beurteilen können. Dieses Modellgesetz wurde (Stand: 1994) von Alaska, California,11 Colorado, Connecticut, Florida (FS § 55.603),12 Georgia, Idaho, Illinois, Iowa, Maryland, Massachusetts, Michigan, Minnesota, Missouri, Montana, New Mexico, New York (CPLR §§ 5301–5309), North Carolina, Ohio,13 Oklahoma, Oregon, Pennsylvania, Texas, Virgin Islands, Virginia und Washington (mit Änderungen im Detail) übernommen. Der Act erfasst jedes ausländische Urteil wegen Zahlung einer Geldsumme (Steuern, Ordnungs- und Geldstrafen sowie Unterhalt in Ehe- und Familien_______________

7 Somportex v Philadelphia Chewing Gum, 453 F. 2d 435 (3rd Cir. 1971); Hay, Liber amicorum Siehr, S 237, 239ff. 8 Vgl Schütze, Deutsch-amerikanische Urteilsanerkennung, S 7; ders, in: Geimer/ Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 27 (2004), S 1157.15ff; Clark AmJCompL 42 (Suppl.) (1994), 23, 36. Zur Gegenseitigkeit zwischen den US-Staaten s K. Voegele, Full Faith and Credit – Die Anerkennung zivilgerichtlicher Entscheidungen zwischen den US-amerikanischen Bundesstaaten, 2003. 9 Vgl G. Rühl RIW 2006, 192. 10 13 ULA 261 (1968). 11 Cal. CCP §§ 1713–1713.8; vgl Rassmann RIW 1996, 817. 12 Vgl Kohl/Reus, Anerkennung und Durchsetzung in Florida, RIW 2000, 773. 13 Vgl Black Gold Potato Sales v Garibaldi, [1996] ILPr 171.

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§ 14

Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

sachen ausgenommen, § 1 II UFMJRA). Nahezu die gleichen Voraussetzungen enthält das Restatement of the Law 3rd Foreign Relations Law von 1987 (§§ 481, 482). 11 Das Urteil muss „final and conclusive“ sowie im Heimatstaat vollstreckbar sein.14 Das Urteil muss danach für die Instanz bindend sein, so dass Versäumnisurteile ausscheiden, solange sie dem Einspruch unterliegen. Endurteile müssen dagegen nicht rechtskräftig sein. Solange die Rechtsmittelfrist läuft und der Beklagte Rechtsmittel einlegen will, kann das Gericht aber das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung einstellen. Das ausländische Urteil wird insoweit wie das eines amerikanischen Bundesstaates (sister state) behandelt. 12 Ein deutscher Prozessvergleich wird einem „consent judgment“ gleichgestellt und kann für vollstreckbar erklärt werden.15 Zu den Urteilen, die final sind, gehören auch Entscheidungen, durch die ein Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt wird.16 Urteile wegen Kindesunterhalt werden, da abänderbar, nach dem Uniform Act nicht anerkannt.17 13 Der Uniform Foreign-Money Judgment Recognition Act kennt folgende Gründe die Anerkennung zu versagen:18 (1) Die ausländische Entscheidung ist nicht „conclusive“, weil das Gericht nicht unabhängig war oder den Standards von „due process of law“ entsprach. 14 (2) Aus dem gleichen Grund ist die Anerkennung zu versagen, wenn das Gericht international nicht zuständig war („did not have personal jurisdiction over the defendant“). Das Fehlen der internationalen (Anerkennungs-)Zuständigkeit ist der häufigste Grund, die Anerkennung bzw Vollstreckung zu versagen. Ähnlich wie die deutschen Gerichte prüfen die amerikanischen Gerichte, ob nach eigenem Recht eine Grundlage für die Ausübung von jurisdiction im Urteilsstaat bestand (ebenso § 482 Restatement [Third] Foreign Relations Law 1987). Nach § 5 des Uniform Foreign Money-Judgments Recognition Act wird die internationale Zuständigkeit nicht beanstandet, wenn (1) die Klage dem Beklagten im Urteilsstaat persönlich zugestellt wurde; (2) sich der Beklagte auf das Verfahren rügelos eingelassen hat; (3) eine entsprechende Gerichtsstands_______________

14 Vgl Dresdner Bank (New York Branch) v Edelmann, 493 NYS 2d 703 (1985). 15 Mailender Druckmaschinen v Otto Issenschmid, 88 A.D. 2d 654, 450 NYS 2d 533 (1982). 16 Seetransport Willing Trader Schiffahrtsgesellschaft v Navimpex Centrala Navala, 837 F.Supp. 79 (S.D.N.Y. 1993). 17 Mandel v Treves, 103 Misc. 2d 700 (1980). 18 Vgl Schütze, Deutsch-amerikanische Urteilsanerkennung, S 12ff; Rassmann RIW 1996, 817.

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Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten

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vereinbarung vorliegt;19 (4) der Beklagte seinen Wohnsitz bei Klageerhebung im Gerichtsstaat hatte bzw eine juristische Person ihre Hauptniederlassung oder ihren Gründungssitz dort hatte oder auf andere Weise den Status einer juristischen Person im Gerichtsstaat erlangt hat; (5) der Beklagte eine Geschäftsstelle („business office“) im Gerichtsstaat hatte und die Klage mit dieser Tätigkeit im Zusammenhang steht;20 (6) der Beklagte ein Kraftfahrzeug oder ein Flugzeug im Gerichtsstaat betrieben hat und das Verfahren darauf beruht. Wenn die Zuständigkeit nur auf „personal service“ beruht, darf das forum für den Beklagten nicht „seriously inconvenient“ gewesen sein (§ 4 [b] [6] Uniform Act). Andere Zuständigkeiten können anerkannt werden, wenn die Anforderungen von „minimum contacts“ und „adequate notice“ erfüllt sind. Ein japanisches Urteil wurde anerkannt, weil der Beklagte in Japan ausreichend geschäftlich tätig war („doing business“).21 Der deutsche Vermögensgerichtsstand (§ 23 ZPO) hat im US-amerikani- 15 schen Recht keine direkte Entsprechung. Seitdem der BGH aber einen hinreichenden Inlandsbezug verlangt,22 werden meist andere Zuständigkeiten des amerikanischen Rechts (wie „doing business“ oder sonstige long-arm Statutes) erfüllt sein.23 (3) Das Gericht muss sachlich zuständig gewesen sein („jurisdiction over the 16 subject matter“). (4) Das Urteil wird weiter nicht anerkannt, wenn der Beklagte vom ausländi- 17 schen Verfahren nicht so rechtzeitig benachrichtigt wurde, dass er sich verteidigen konnte. Die ordnungsgemäße Ladung muss im Urteil genau festgestellt worden sein.24 Bei einer Zustellung nach dem HZustÜ 1965 muss das dort vorgesehene Verfahren eingehalten worden sein.25 (5) Das Urteil darf nicht durch „extrinsic fraud“ erwirkt worden sein.26

18

(6) Das Urteil darf im Ergebnis nicht dem ordre public des Anerkennungs- 19 staates widersprechen. Die Anerkennung eines deutschen Urteils über die Geschäftsgebühr eines Anwalts wurde etwa abgelehnt, weil es über Art und Umfang einer „15–20 Tage dauernden Studie“ keine Unterlagen in den Hand_______________

19 Tonga Air Services v Fowler, 826 P. 2d 204 (1992). 20 Zur Anerkennung von Urteilen bei Urheberrechtsverletzungen im Internet s Ginsburg RdC 273 (1998), 282ff. 21 Nippon Emo-Trans v Emo-Trans, 744 F.Supp. 1215 (EDNY 1990). 22 BGHZ 115, 90 = NJW 1991, 3093. 23 Vgl Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 718f. 24 Gondre v Silberstein, 744 F.Supp. 429 (EDNY 1990). 25 Ackermann v Levine, 788 F. 2d 830 (2nd Cir. 1986). 26 Bank of Nova Scotia v Tschabold Equipment Ltd., 754 P. 2d 1290 (1988).

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akten des Anwalts gab.27 Einem englischen Schadenersatzurteil wegen „libel“ durch Verbreitung falscher Nachrichten wurde die Anerkennung versagt, weil die englische Beweislastverteilung zu Lasten des Beklagten die Garantie der Meinungsfreiheit nach dem First Amendment der US-Verfassung verletzt.28 20 (7) Das Urteil darf nicht einem anderen abschließenden Endurteil widersprechen. 21 (8) Das Verfahren vor dem Erstgericht darf nicht einer Parteivereinbarung widersprechen, wonach der Rechtsstreit in anderer Weise erledigt werden sollte. 22 Erfüllt das ausländische Urteil die Anerkennungsvoraussetzungen, so bindet es (ohne weiteres) die Parteien, soweit darin der Geldzahlungsanspruch zuerkannt oder aberkannt wurde (§ 3 S 1 UFMJRA). 23 Das Urteil kann wie das Urteil eines anderen US-Staates vollstreckt werden, aber erst nachdem auf Klage ein Vollstreckungsurteil ergangen ist (action upon the judgment). Jurisdiction für die action upon the judgment kann auf domicile oder residence des Beklagten oder darauf beruhen, dass dieser vollstreckungsfähiges Vermögen im Gerichtsstaat besitzt. Die sonst bestehenden Vorbehalte gegenüber dem Vermögensgerichtsstand gelten nicht für das Vollstreckungsverfahren. Handelt es sich, wie meist, um die Klage eines Ausländers gegen einen Bewohner des betreffenden US-Staats, so ist nach der diversity rule (28 USC § 1332) das Bundesgericht für die Klage zuständig.29 Bestehen Einwände nur gegen Teile des Urteils, so wird es „to the greatest extent consistent with … ideals of justice and fair play“ teilweise anerkannt.30 Nach dem Uniform Foreign-Money Claims ersetzt das Judgment on Foreign Money Claims in der Währung, die im anzuerkennenden Urteil zugesprochen wurde (§ 7 I FMCA).31 24 In den meisten Staaten kann das ausländische Urteil im beschleunigten Verfahren per summary judgment für vollstreckbar erklärt werden, sofern der Beklagte keine ernstlichen Einwendungen erhebt (zB New York CPLR § 5303). 25 Das Registrierungsverfahren, das für Sister State-Urteile nach dem Uniform Enforcement Foreign Judgments Act 1964 vorgesehen ist, ist dagegen gegen_______________

27 Ackermann v Levine, 788 F. 2d 830, 841ff (2nd Cir. 1986). 28 Bachchan v India Abroad Publications Inc., 154 Misc. 2d 228 (1992); ähnlich: Matsusevitch v Telnikoff [1996] ILPr 181. 29 Bank of Montreal v Kough, 430 F.Supp. 1243 (D.C. 1977). 30 Ackermann v Levine, 788 F. 2d 830, 844/45 (2nd Cir. 1986). 31 Vgl Hay RIW 1995, 113, 118.

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über ausländischen Urteilen meist ausgeschlossen (so zB in Kalifornien, § 1713.3 CCP).32 Unterhaltsurteile werden nach dem Revised Uniform Reciprocal Enforce- 26 ment of Support Act (RURESA) 1968 in einfacherer Weise anerkannt. Der Act ist für jede Art von Ehegatten- und Kindesunterhalt anwendbar. Der Act gilt nicht nur gegenüber einem Staat der USA, sondern auch gegenüber „any foreign jurisdiction in which this or a substantially similar reciprocal law is in effect“ (§ 2 [m]). Im Hinblick darauf hat Deutschland das Auslandsunterhaltsgesetz erlassen und mit vielen US-Staaten die Gegenseitigkeit nach dem Revised Enforcement of Support Act 1968 vereinbart (s o § 13 Rz 80ff).33 Nach § 8 RURESA kann auch ein staatlicher Regressgläubiger seinen Anspruch nach diesem Act geltend machen. Soweit dies der Fall ist, kann der deutsche Unterhaltstitel dem Clerk des zuständigen Gerichts zur Registrierung vorgelegt werden (§§ 36ff RURESA). Nach der Registrierung wird der Titel dem Schuldner per Einschreiben zugesandt. Zugleich wird der „prosecuting attorney“ benachrichtigt, damit er die Beitreibung des Titels für den Gläubiger betreibt (§ 39 RURESA). Der Schuldner kann innerhalb von 20 Tagen Einwendungen gegen den Titel vorbringen (§ 40 RURESA).34 Der deutsche Gläubiger stellt seinen Antrag auf Geltendmachung seines Un- 27 terhaltsanspruchs beim Amtsgericht seines gewöhnlichen Aufenthalts (§ 3 AUG). Nach Vorprüfung und Übersendung der Unterlagen wird das Gesuch an die Zentrale Behörde (Generalbundesanwalt beim BGH) weitergeleitet. Dieser sendet es an das zuständige Gericht im Wohnsitzstaat des Schuldners. Außerhalb des Anwendungsbereichs des RURESA werden Unterhaltsurteile 28 nach Restatement 3rd Foreign Relations Law, § 486, anerkannt, wenn (1) bei Eheleuten beide ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Urteilsstaat hatten, als die Unterhaltsforderung entstand, (2) der Schuldner zur Zeit des Urteils Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder (3) der Gläubiger Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Urteilsstaat hatte und sich der Schuldner auf das Verfahren eingelassen hat. Regelmäßig kann der anerkannte ausländische Unterhaltstitel in den USA 29 auf Antrag einer Partei abgeändert werden, sofern das Gericht auch gegenüber dem Gegner jurisdiction ausüben kann (Restatement 3rd Foreign Relations, § 486 II). _______________

32 Für Washington D.C. s Matusevitch v Telnikoff, [1996] ILPr 181. 33 Vgl Schütze, Deutsch-amerikanische Urteilsanerkennung, S 19ff. 34 Vgl Mockenhaupt DAVorm 1985, 1; ferner: Müller-Freienfels, FS Kegel, 1987, S 389.

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30 Deutsche Scheidungsurteile. Die Anerkennung von Scheidungsurteilen ist Angelegenheit der Einzelstaaten. Scheidungsurteile werden anerkannt, wenn das deutsche Gericht „personal jurisdiction“ hatte. Nach § 484 I Restatement of the Law 3rd Foreign Relations Law 1987 werden Urteile am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt beider Parteien zur Zeit der Scheidung immer anerkannt. Nach § 484 II Restatement 3rd Foreign Relations können, aber müssen nicht anerkannt werden Urteile, wenn (a) eine Partei zur Zeit der Scheidung Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Scheidungsstaat hatte, oder (b) wenn das Gericht jurisdiction über beide Parteien hatte, eine persönlich erschienen war und die andere Partei zum Verfahren geladen war und Gelegenheit hatte daran teilzunehmen.35 Eine Scheidung kann in den Fällen des Abs 2 auch dann anerkannt werden, wenn sie im Wohnsitz- oder Aufenthaltsstaat zZ der Scheidung anerkannt wird (§ 484 III). Nicht gesichert ist die Anerkennung daher bei einer Scheidung Deutscher, die nur auf die Heimatstaatszuständigkeit nach § 606a I Nr 1 ZPO gestützt war. In Fällen, in denen eine Partei vor Gericht erschienen und die andere nur durch Anwalt vertreten war, ist die Haltung der Staaten gespalten und wird die Anerkennung eher überwiegend versagt. Auch wenn die Scheidung danach nicht anerkannt wird, kann eine Partei doch gehindert sein, sich auf die Unwirksamkeit des Scheidungsurteils zu berufen, wenn (1) sie das Verfahren im Ausland selbst begonnen hatte, (2) eine oder beide Parteien wieder verheiratet sind, oder (3) seit der Scheidung erhebliche Zeit verstrichen ist. 31 Sorgerechtsentscheidungen werden von den US-Staaten anerkannt, wenn (1) das Kind bei Verfahrensbeginn seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Entscheidungsstaat hatte, (2) das Kind und ein Elternteil sonst eine wesentliche Beziehung zu dem Staat hatten, oder (3) sich das Kind in dem Staat aufgehalten hat und ein dringender Fall zum Schutze des Kindes vorlag (Restatement 3rd Foreign Relations Law, § 485 I). Amerikanische Gerichte ändern ausländische Sorgerechtsentscheidungen nur ab, wenn das ausländische Gericht dazu nicht mehr zuständig ist oder seine Zuständigkeit nicht mehr ausübt (§ 485 II). 32 Anzuerkennen sind Urteile in der Fremdwährung, in der sie ergangen sind.36 33 Der Staat New York wird als besonders anerkennungsfreundlich hinsichtlich ausländischer Geldurteile bezeichnet.37 Doch darf nicht übersehen werden, dass ein ausländisches Urteil für vollstreckbar erklärt wird „by an action on the judgment, a motion for summary judgment in lieu of complaint, or in a _______________

35 Vgl Scoles/Hay, Conflict of Laws, 3rd ed 2000, § 15.18–19 (S 629f); Baade, Marriage and Divorce in American Conflicts Law, Colum.L.Rev. 72 (1972), 329. 36 Hay RIW 1995, 113, 118. 37 Schütze JR 1986, 322.

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pending action by counterclaim, crossclaim or affirmative defense“ (New York CPLR § 5303). Dabei wird der „Uniform Foreign Country MoneyJudgments Recognition Act“ angewendet. Das ausländische Urteil muss „final and conclusive“ sein, es darf also in der Instanz vom Erstrichter nicht mehr abgeändert werden können. Soweit der Erststaat „jurisdiction in rem“ hatte, wird auf die Belegenheit im Territorium abgestellt bzw bei Ehesachen auf das Domizil, das in New York auf 12 Monate vor Erhebung der Klage begründet gewesen sein muss. Bei „Personal Jurisdiction“ wird an die persönliche Zustellung der Klagschrift an den Beklagten im Erststaat abgestellt, auf die Unterwerfung des Beklagten unter das Verfahren im Erststaat, auf eine Gerichtsstandsvereinbarung des Gerichts des Erststaates, auf die Einlassung im Erststaat, auf die geschäftliche Tätigkeit im Erststaat. Soweit es um das rechtliche Gehör geht, wird auf das Restatement Third Foreign Relations Law 1987 abgestellt. Die Gegenseitigkeit ist ebenso wie in Kalifornien begründet. Hinsichtlich der übrigen amerikanischen Staaten sollte Folgendes berück- 34 sichtigt werden: Ein gewisser Einfluss geht von dem „Restatement Second of Conflict of Laws“ von 1971 aus.38 In dem (privat erstellten) Restatement ist die Rechtsprechung berücksichtigt. Dadurch wirkt es indirekt wieder auf die Rechtsprechung zurück. Folgende Grundsätze können zusammengefasst werden: Ausländische Urteile können im Wege der „action on the foreign judgment“ vollstreckt werden, wobei sich die Lehre von der „Conclusiveness“ auswirkt, wenn sie in den USA anerkannt werden. An Voraussetzungen dafür wird gefordert, dass das Urteil im Urteilsstaat Wirksamkeit erlangt hat, ein deutsches Urteil muss also in der BR Deutschland vollstreckbar sein, wobei es genügt, dass es vorläufig vollstreckbar ist.39 Das Urteil muss aufgrund einer fairen mündlichen Verhandlung im streitigen Verfahren ergangen sein.40 Versäumnisurteile werden anerkannt, wenn das Erstgericht international zuständig gewesen und der Beklagte ordnungsgemäß geladen worden ist.41 Das Urteil darf nicht durch betrügerische Machenschaften erschlichen worden sein und der Beklagte muss hinreichend Gelegenheit zur Verteidigung gehabt haben.42 Im Allgemeinen gehen die amerikanischen Gerichte davon aus, dass der Erstrichter international zuständig gewesen ist; man kann von einer Vermutung zugunsten der Zuständigkeit des Erstrichters sprechen. Der deutsche Vermögensgerichtsstand hat im US-amerikanischen Recht keine direkte Entsprechung. Seitdem der BGH einen ausreichenden Inlands_______________

38 Vgl Ehrenzweig, Conflict of Laws I, 1959, S 22. 39 Perret, La reconnaissance et l’exécution des jugements étrangers aux Etats Unis, 1951, S 155. 40 Deutsch ZZP 71 (1958), 329. 41 Brenscheidt RIW/AWD 1976, 554. 42 Perret (70), S 156.

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bezug verlangt,43 werden zumeist Anknüpfungen des amerikanischen Rechts (wie doing business oder andere long arm-statutes) erfüllt sein.44 2. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Common Law-Staaten 35 Schrifttum: Binchy, Irish Conflict of Law, 1988 (Ch 33); Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung … dargestellt am Beispiel Südafrika, 1999; H. Glenn, Codification of private international law in Quebec, RabelsZ 60 (1996), 231, 262ff (Recognition and enforcement of foreign decisions); McClean, The reciprocal enforcement of judgments within the Commonwealth, 1975; ders, Recognition of family judgments in the Commonwealth, 1983; Phadnis/Otto, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und Schiedsentscheidungen in Indien, RIW 1994, 471; D. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, 1998; Tepper, Die Anerkennung deutscher Zahlungsurteile in Kanada, Festgabe Sandrock, 1995, 89.

36 Die Common Law-Regel geht davon aus, dass ein ausländisches Urteil aufgrund comity ohne Rücksicht auf Gegenseitigkeit anerkannt wird. Das ausländische Urteil begründet eine „obligation“, die wie ein im Ausland geschlossener Vertrag in England durch „action of debt“ eingeklagt werden kann und muss. Ein Rückgriff auf die ursprüngliche Verbindlichkeit ist jedoch ausgeschlossen. Diese ist im ausländischen Urteil aufgegangen („merged“); dieses darf in der Sache nicht nachgeprüft werden.45 37 Als Folge davon wird das ausländische Urteil nicht wie in „civil law“-Ländern für vollstreckbar erklärt, sondern es bedarf grundsätzlich einer Klage, um die Verpflichtung aus dem ausländischen Urteil geltend zu machen. „… English Courts enforce foreign judgments because the foreign adjudication is considered to create a legal obligation that may be enforced in England by an action of debt.“

38 Die Beweiskraft des ausländischen Urteils geht danach sehr weit. In der in England erhobenen „action on the foreign judgment“ entfalten die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des deutschen Erstrichters „conclusive evidence“, grundsätzlich wird der englische Richter durch sie gebunden. Eine Überprüfung ist ausgeschlossen, so dass von einer unwiderlegbaren Vermutung für die Richtigkeit des der Entscheidung zugrunde liegenden Anspruchs gesprochen werden kann. Cohn46 hat diese Regelung damit erklärt, dass die Frage der rechtskräftig entschiedenen Sache – res judicata – dem Beweisrecht zugerechnet werden müsse. Unter dieser Voraussetzung _______________

43 BGHZ 115, 90 = NJW 1991, 3092. 44 Vgl Grothe RabelsZ 58 (1994), 686, 718f. 45 Godard v Gray, 6 LR-QB 139, 152 (1870); Schibsby v Westenholz, 6 LR-QB 155 (1870); Dicey & Morris, Conflict of Laws, 12th ed, Vol 1, Rule 34, pp 453 et seq; Gwynne/Harwood, England and Wales, in: Campbell, International Execution, 1993. 46 FS Nipperdey, Bd I, 1975, S 875.

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werde der unterlegene Beklagte des ausländischen Urteils in dem neuen Prozess vor dem englischen Richter daran gehindert, Tatsachen, auf die er sich bereits in dem früheren ausländischen Verfahren gestützt hatte, nochmals vorzutragen und zu beweisen. Die für den englischen Prozess entwickelte Lehre von dem „Estoppel“ 39 schränkt die Beweismöglichkeiten des Beklagten in der „action on the foreign judgment“ ein. Praktisch nähert sich diese Klage stark der Vollstreckungsklage gemäß §§ 722, 723, 328 ZPO. Ein common law-Gericht erkennt die Verpflichtung aus dem ausländischen 40 Urteil an, sofern dieses gewisse Mindestvoraussetzungen, also Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt.47 (1) Das Erstgericht muss international zuständig gewesen sein. Englische Richter legen dieser Prüfung nicht streng die eigenen Zuständigkeitsregeln zugrunde wie ein deutscher Richter nach § 328 I Nr 1 ZPO, sondern fragen, ob das ausländische Gericht „jurisdiction in the international sense“ hatte.48 Hierfür genügt gegenüber natürlichen Personen gewöhnlicher Aufenthalt („residence“) oder einfache freiwillige Anwesenheit im Gerichtsstaat. Eine juristische Person kann danach am Sitz der Hauptniederlassung oder einer Zweigniederlassung verklagt werden, wenn der Streit aus Geschäften dieser Niederlassung herrührt. Eine Tochtergesellschaft wird im Allgemeinen nicht als Niederlassung angesehen.49 Die Zuständigkeit wird auch begründet durch eigene Klage, Zuständigkeitsvereinbarung oder rügelose Einlassung. Eine Einlassung, um primär die Zuständigkeit zu bestreiten, genügt nicht (Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982, sec. 33).50 (2) Der verurteilten Partei muss ausdrücklich rechtliches Gehör gewährt 41 worden sein. „Natural justice“ verlangt, dass die Klage ordentlich zugestellt und der Partei hinreichendes Gehör gewährt wurde. (3) Das ausländische Urteil darf nicht sonstigen fundamentalen Anforderun- 42 gen prozessualer oder materieller Gerechtigkeit widersprechen und darf nicht auf „fraud“ beruhen. Das Urteil wird sachlich überprüft, ob „fraud“ vorliegt oder ob es der „public policy“ des englischen Rechts widerspricht. Ein Urteil wird ferner nicht anerkannt, wenn es dem „Protection of Trading Interest Act 1980“ widerspricht, etwa weil es „multiple damages“ zuspricht (sec. 5 [2]).

_______________

47 48 49 50

Vgl Jacob S 68ff. Cheshire & North, Private international law, 13th ed 1999, S 407. Adams v Cape Industries Plc [1990] Ch 433. Vgl Cheshire & North, Private International Law, 13th ed 1999, pp 413ff.

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Das ausländische Urteil wird ferner nicht anerkannt, wenn es einem früheren englischen Urteil widerspricht.51 43 (4) Das Urteil muss „final and conclusive“ sein, darf also in derselben Instanz nicht mehr geändert werden können. Soweit Unterhaltsentscheidungen für künftige Zeiträume geändert werden können, sind sie nicht „final“.52 Eine Abänderung auf appeal schließt nicht aus, dass das Urteil „final“ ist.53 44 (5) Schließlich muss das Urteil auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme lauten; Urteile auf sonstige Leistungen („specific performance“) oder auf Herausgabe werden nicht anerkannt, wohl aber ausländische Scheidungsurteile. 45 Urteile, die unter die EuGVO fallen, werden in der Fremdwährung registriert und können zum Kurs am Zahlungstag in Pfund Sterling erfüllt werden. Andere Urteile werden auf den Tag der Zulassung der Vollstreckung umgerechnet. Unterhaltsurteile sollen nicht zum jeweiligen, sich ändernden Kurs, sondern einheitlich zum Kurs am Tag der Registrierung erfüllt werden,54 was mit „grounds of convenience“ gerechtfertigt wird. 46 Bei Entscheidungen eines „oversea country“ wird außerdem geprüft, ob sie entgegen einer abweichenden Gerichtsstands- oder Schiedsvereinbarung ergangen sind (Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982, sec. 32). Die Vereinbarung muss nach englischer Ansicht wirksam sein und das ausländische Verfahren muss vereinbarungswidrig ohne rügelose Einlassung des Gegners durchgeführt worden sein. 47 In dem Verfahren „on the foreign judgment“ wird grundsätzlich weder das Verfahren im Ausland noch der Inhalt des ausländischen Urteils nachgeprüft. Auch offensichtliche Fehler bei der Anwendung englischen Rechts müssen im ursprünglichen Verfahren gerügt werden.55 48 Das anerkennungsfähige Urteil ist „res iudicata“. Jede Partei (oder ihr Rechtsnachfolger) „is estopped in any subsequent litigation from disputing or questioning such decision on the merits“.56 Die estoppel-Regel wird konstruktiv als Beweisregel verstanden. 49 Estoppel greift bei gleichem Streitgegenstand ein oder als Bindung hinsichtlich einer präjudiziellen Vorfrage.57 Auch eine Klagabweisung wegen einer _______________

51 52 53 54 55 56 57

Vervaeka v Smith, [1983] 1 AC 145 (H.L.). Harrop v Harrop, [1920] 3 KB 386. Arrowmaster v Unique Forming, Ontario Court of Justice [1995] ILPr 505. Cheshire & North, Private International Law, 13th ed 1999, S 94. Godard v Gray 6 LR-QB 139 (1870). Carl Zeiss Stiftung v Rayner and Keeler Ltd. (no 2), [1967] 1 AC 853. Vgl Cohn, Die materielle Rechtskraft im englischen Recht, FS Nipperdey, Bd I, 1975, S 875; P. Barnett, Res Judicata, Estoppel and Foreign Judgments, 2001.

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Gerichtsstandsvereinbarung bindet hinsichtlich der Auslegung der Vereinbarung und der Zuordnung.58 Entscheidungen von Superior Courts von Commonwealth-Staaten werden 50 dagegen nach dem Administration of Justice Act 1920 „registriert“. Als Folge der Registrierung wird die Entscheidung wie ein Urteil des registrierenden Gerichts behandelt. Soweit Gegenseitigkeit durch „Order in Council“ formell anerkannt ist, können Urteile auch anderer Staaten nach dem Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 registriert werden. Nach diesem Gesetz werden auch deutsche obergerichtliche Entscheidungen „registriert“, soweit sie nicht unter die EuGVO fallen. Die Registrierung muss innerhalb von 6 Jahren nach Erlass des Urteils erfolgen (sec. 2). Ausländische Scheidungsurteile fallen nicht unter das Gesetz,59 sondern 51 werden nach dem Recognition of Divorces and Legal Separations Act 1971 (as amended by Family Law Act 1986) anerkannt, soweit sie nicht unter die EheGVO fallen. In Irland werden ausländische Entscheidungen aus EU-Staaten nach der 52 EuGVO und der EheGVO („Brüssel IIa“) anerkannt. Die Anerkennung anderer ausländischer Zivilurteile richtet sich nach common law-Prinzipien.60 Ehescheidungen aus anderen Staaten werden nach sec. 5 (1), (4) The Domicile and Recognition of Foreign Divorces Act 1986 anerkannt.61 Danach werden Scheidungsurteile anerkannt, die in dem Land erlassen wurden, in dem beide oder einer von beiden Ehegatten sein Domizil hat. Hat keiner der Ehegatten sein Domizil im Gerichtsstaat, so wird die Entscheidung anerkannt, wenn sie im Domizilstaat bzw den Domizilstaaten anerkannt wird. Zweifelhaft ist, ob außergerichtliche Scheidungen anerkannt werden.62 Die common law-Provinzen Kanadas kennen Gesetze über die Anerkennung 53 ausländischer Entscheidungen durch Registrierung.63 Zugunsten deutscher Urteile ist die Anwendbarkeit aber nur in British Columbia (durch order in council) erklärt worden.64 Zu den anderen common law-Provinzen (Alberta, New Brunswich, New Foundland, Nova Scotia, Ontario, Prince Edward Island, Saskatchewan, North West Territories und Yukon Territory) ist zwar die Gegenseitigkeit verbürgt,65 die Anerkennung erfolgt aber nur durch Klage _______________

58 59 60 61 62 63 64

The Sennar (no 2), [1985] 1 WLR 490 (H.L.). Maples v Maples, [1987] 3 All ER 188. Vgl Schütze, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 26 (2003), S 1051.9f. Binchy, Irish Conflicts of Law, 1988, S 281. Hill, The recognition of foreign divorces in Ireland, ICLQ 50 (2001), 144, 155. Vgl Branson/McLean, Canada, in: Campbell, International Execution, 1993. BGH IPRax 2001, 457 (dazu Schütze S 441); Sareika RIW 1975, 616; Tepper, Festgabe Sandrock, 1995, 89, 90. 65 MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 ZPO Rz 124; Stein/Jonas/Roth, 21. Aufl, § 328 Rz 172.

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(action upon the judgment).66 Gegenüber der deutschen Vollstreckungsklage ist diese jedoch erleichtert, weil der Kläger ein „summary judgment proceeding“ betreiben kann, solange der Beklagte keine substantiierten Einwendungen erhebt. Der Beweis kann im summarischen Verfahren mittels affidavits geführt werden. 54 Seit der Neuregelung des IPR ist die Gegenseitigkeit nunmehr auch mit Quebec gewährleistet. Nach Art 3155 CC werden ausländische Entscheidungen in Quebec anerkannt und vollstreckt. Eine révision au fond findet nicht mehr statt (Art 3158 CC). Eine Verbürgung der Gegenseitigkeit wird nicht verlangt, ein IPR-Vorbehalt besteht nicht (Art 3157 CC). Anerkennungsvoraussetzungen (Art 3155 CC) sind (1) Anerkennungszuständigkeit (sie baut wie in Deutschland auf dem Spiegelbildprinzip auf und verlangt stets, dass die Sache eine wesentliche Verbindung zum Entscheidungsstaat hat), (2) die Entscheidung muss endgültig sein und darf (3) nicht gegen fundamentale Verfahrensprinzipien, (4) die vorrangige Rechtskraft oder (5) den ordre public verstoßen.67 Bei Versäumnisurteilen muss das verfahrenseinleitende Schriftstück nach dem deutsch-britischen Abkommen über den Rechtsverkehr 1928 zugestellt worden sein.68 55 Eine Pflicht zur Zahlung in ausländischer Währung wird in kanadische Währung umgerechnet zum Umtauschkurs am Tag, ab dem die Entscheidung am Ort ihres Erlasses vollstreckbar war (sec. 3161 Civil Code Quebec). 56 Nach common law-Prinzipien werden ausländische Entscheidungen auch in Indien anerkannt.69 57 In Südafrika werden ausländische Entscheidungen nach comity, der aquired rights theory oder der most significant relationship theory anerkannt.70 Die Anerkennung ausländischer Zahlungstitel ist im Enforcement of Judgments Act (Act No 32 of 1988) geregelt. Ob Prozessvergleiche nach comity anzuerkennen sind, ist streitig.71 Voraussetzungen der Anerkennung72 sind (1) Jurisdiction des Erststaates, (2) die Entscheidung muss „final and conclusive“ sein, _______________

66 Bachmann, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 27 (2004), S 1065.21. 67 Text in RabelsZ 60 (1996), 351; dazu Glenn RabelsZ 60 (1996), 262; Bachmann (Fn 66), S 1065.24. 68 Tepper, Festgabe Sandrock, 1995, 89, 98ff. 69 Phadnis/Otto RIW 1994, 471; Otto, Länderbericht Indien, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 20 (1997), S 1046.6ff. 70 Doser, Gegenseitigkeit, S 294ff. 71 Doser S 302f. 72 Doser S 304ff; ders, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 29 (2005), S 1133.8ff.

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(3) sie darf nicht gegen den südafrikanischen ordre public verstoßen, insb nicht durch fraud erlangt sein, nicht Grundsätzen von „natural justice“ oder dem Protection of Businesses Act No 99 of 1978 widersprechen. Für Unterhaltstitel ist die Gegenseitigkeit förmlich durch Erklärungen gemäß § 1 AUG verbürgt.73 3. Anerkennung in Lateinamerika Schrifttum: Arruda Alvim, Manual de Direito Procesual Civil, 2d Ed Vol 2, 1986; 58 Barbosa Moreira, Comentários ao Código de Proceso Civil, Vol V, 12. Aufl 2005; ders, Problems in International Litigation, National Report on Brazilian Law, in: The International Symposium on Civil Justice in the Era of Globalization, Tokyo 1993, S 89; J. C. Hitters, Effectos de las sentencias y de los laudos arbitrales extranjeros, Taormina World Congress of Procedural Law, 1995; Möllring, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Südamerika, 1985; Samtleben, Ausschließliche Scheidungszuständigkeit der peruanischen Gerichte, IPRax 1982, 119.

Das brasilianische System verbietet die „révision au fond“. Auch das Erfor- 59 dernis der Verbürgung der Gegenseitigkeit ist abgeschafft worden. Brasilien hält aber an der förmlichen Homologisierung durch das Oberste Bundesgericht als Voraussetzung für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung fest (Art 102 brasil. Verf. 1988). Für die Homologisierung einer ausländischen Entscheidung erfordert Art 15 EinfG zum ZGB folgende Voraussetzungen: a) ein zuständiger Richter muss die ausländische Entscheidung erlassen haben; b) die Parteien müssen gesetzmäßig geladen worden sein; c) die ausländische Entscheidung muss im Urteilsstaat vollstreckbar sein; d) die ausländische Entscheidung muss durch einen autorisierten Dolmetscher übersetzt sein; e) die ausländische Entscheidung darf die nationale Souveränität nicht verletzen, der öffentlichen Ordnung und den guten Sitten nicht widersprechen.74 Die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts muss nach den 60 Art 88, 89 brasil. ZPO bestehen. Dies ist nur der Fall, wenn ein Gerichtsstand in Brasilien nicht bestand, die Parteien wirksam den ausländischen Gerichtsstand durch ausdrückliche Vereinbarung oder rügelose Einlassung gewählt haben oder wenn der Beklagte wegen Aktivitäten im Ausland aufgrund einer Zuständigkeit in Anspruch genommen wurde, die brasilianischen Zuständigkeitsregeln entsprach.75

_______________

73 Vgl aber Doser, in: Geiger/Schütze, S 1133.7f. 74 Vgl Barbosa Moreira, in: The International Symposium on Civil Justice, 1993, S 89, 99ff; Samtleben, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 25 (2003), S 1023.22ff; Corra Freire, Brazil, in: Campbell, International Execution, 1993. 75 Samtleben, in: Geimer/Schütze, S 1023.22f.

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Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

61 In Mexiko werden ausländische Urteile anerkannt, wenn (1) um die Vollstreckung per letter rogatory ersucht wird, (2) das Ausgangsgericht international zuständig war, (3) die Klage persönlich zugestellt wurde, (4) die Entscheidung endgültig und (5) die Sache nicht in Mexiko rechtshängig ist. Außerdem darf es sich (6) nicht um eine Klage in rem handeln und (7) der mexikanische ordre public nicht verletzt sein.76 62 Zwischen den MERCOSUR-Staaten (Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay) richten sich die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen nach dem Inter-amerikanischen Übereinkommen von Montevideo vom 8.5.1979 über die extraterritoriale Gültigkeit ausländischer Urteile77 sowie nach dem Protokoll von Las Leñas über gerichtliche Zusammenarbeit und Hilfeleistung vom 27.6.1992.78 Art 20 des Protokolls verlangt a) die formelle Authentizität der ausländischen Entscheidung, b) ggf ihre Übersetzung mit den erforderlichen Urkunden, c) die internationale Zuständigkeit des Entscheidungsstaates, d) die ordentliche Ladung und die Möglichkeit der Verteidigung des Beklagten, e) die Rechtskraft bzw Vollstreckbarkeit der Entscheidung, sowie f) keinen Verstoß gegen den ordre public. Anders als im europäischen Recht entscheidet jeder Staat selbst über die Anerkennungszuständigkeit.79 Nur teilweise ist bereits die Entscheidungszuständigkeit im Protokoll von Buenos Aires über internationale Zuständigkeit für Schuldverträge vom 5.8.199480 vereinheitlicht. Dieses Protokoll gilt nur für Verträge von Privatpersonen (Art 1). Anerkannt werden Gerichtsstandsvereinbarungen (Art 4 I), der Gerichtsstand des Erfüllungsortes (Art 7, 8), des Wohnsitzes des Beklagten (Art 9), aber auch des Klägers nach Erbringung der Gegenleistung (Art 7c).81 In internationalen Handelsgeschäften können die Parteien auch vorab schriftlich die Zuständigkeit der Gerichte eines Staates vereinbaren, sofern die Vereinbarung nicht missbräuchlich ist und zwischen Streitgegenstand und Forum eine hinreichende Beziehung besteht.82 63 In Kolumbien richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen nach Art 693ff c.proc.civ 1970. Art 693 verlangt Ge_______________

76 Vazquez Pando IntLawyer 23 (1989), 995, 1006; v Sachsen Gessaphe, in: Geimer/ Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 25 (2003), S 1090.15ff. 77 Vgl Casad, Civil Judgment Recognition, S 169ff. 78 Abgedruckt in RabelsZ 63 (1999), 147; vgl auch Pabst, Mercosul – IZVR in Südamerika, in: Jayme, Das Recht der lusophonen Länder, 2000, S 43, 44. 79 Samtleben RabelsZ 63 (1999), 1, 24. 80 In englischer Übersetzung abgedruckt in ILM 1997, 1263. 81 Vgl Samtleben RabelsZ 63 (1999), 1, 35ff. 82 Vgl Samtleben RabelsZ 56 (1992), 1, 21f.

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Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten

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genseitigkeit; es genügt „legislative Gegenseitigkeit“. Im Verhältnis zu Deutschland ist die Gegenseitigkeit anerkannt.83 In Peru ist die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen 64 und Schiedssprüchen in den Art 2102–2110 Código Civil vom 14.11.1984 geregelt.84 Grundvoraussetzung für die Anerkennung ist die Gegenseitigkeit (Art 2102 II, 2103, 2104 Nr 8 CC). Im Verhältnis zu Deutschland ist sie gegeben.85 An weiteren Anerkennungsvoraussetzungen werden verlangt: (1) die Zuständigkeit des Erststaates nach „den allgemeinen Grundsätzen“ der internationalen Zuständigkeit (Art 2104 Nr 2 CC); (2) kein Verstoß gegen die ausschließliche peruanische Zuständigkeit (Art 2104 Nr 1 CC); (3) Ladung des Beklagten nach dem Recht des Urteilsstaates, ausreichende Zeit zur Einlassung und Möglichkeit der Verteidigung (Art 2104 Nr 3 CC); (4) kein Verstoß gegen eine vorherige peruanische Rechtshängigkeit; (5) kein Verstoß gegen eine anerkennungsfähige Entscheidung eines Drittstaates; (6) die Rechtskraft der anzuerkennenden Entscheidung nach dem Prozessrecht des Urteilsstaates (Art 2104 Nr 4 CC) und (7) kein Verstoß gegen den ordre public Perus (Art 2104 Nr 7 CC). Für die Scheidung der eigenen Staatsangehörigen nimmt Peru keine aus- 65 schließliche Zuständigkeit mehr in Anspruch. Deutsche Scheidungsurteile sind also grundsätzlich anerkennungsfähig. Ausländische Entscheidungen werden im Exequaturverfahren nach den 66 Art 2106–2108 CC durch den Corte Superior für vollstreckbar erklärt. In dem gleichen Verfahren erfolgt auch die (notwendige) förmliche Anerkennung; lediglich nichtstreitige Entscheidungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden inzident anerkannt.86 Ausländische Urteile sind in Venezuela gemäß Art 53 IPRG vom 6.8.1998 67 wirksam, wenn sie (1) in Zivil- oder Handelssachen ergangen, (2) rechtskräftig sind, _______________

83 Vgl Martiny, HdbIZVR Bd III/1 Kap I Rz 1418. 84 Samtleben RabelsZ 49 (1985), 486, 513ff. 85 Samtleben RabelsZ 49 (1985), 486, 515; vgl auch M. Söhngen, Das internationale Privatrecht von Peru, 2006. 86 Samtleben RabelsZ 49 (1985), 486, 516.

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Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

(3) weder dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen in Venezuela noch sonstige Fälle ausschließlicher Zuständigkeit der venezuelanischen Gerichte betreffen, (4) Anerkennungszuständigkeit parallel zur venezuelanischen Entscheidungszuständigkeit besteht, (5) die Verteidigung des Beklagten ausreichend garantiert war und (6) keine Unvereinbarkeit mit einem früheren Urteil oder keine frühere Rechtshängigkeit der Sache in Venezuela besteht.87 Auf das Erfordernis der Gegenseitigkeit wird dagegen verzichtet.88 4. Anerkennung in civil law-Staaten des europäischen Rechtsraums 68 Schrifttum: Bogdan, The recognition in Sweden of money judgments in civil and commercial matters, Nordisk Tidsskrift for International Ret 54 (1985) (Fasc. 3–4) 85; A. Firsching, Schweden: Zur Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Vollstreckungstitel, ZfRV 2003, 4; Fischler, Schwedisches Handels- und Wirtschaftsrecht mit Verfahrensrecht, 3. Aufl 1978; Fricke, Die Anerkennung ausländischer Urteile in Frankreich nach autonomem Recht, IPRax 1989, 202; St. Haedicke, Die Vollstreckung deutscher Urteile in Frankreich auf der Grundlage des EuGVÜ, 1999; I. v d Heyde, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Italien gemäß Artt. 64–66 IPRG, IPRax 2000, 441; G. Jónsson, Verfolgung von Forderungen vor isländischen Gerichten, AnwBl 2002, 644; Lupoi, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments outside the scope of application of the Brussels and Lugano conventions: Italy, in: Walter/ Baumgartner, Recognition and Enforcement, 2000, S 347; Mezger, Anerkennung deutscher Vaterschafts- und Unterhaltsurteile in Frankreich, IPRax 1981, 103; Muir Watt, Effets en France des Decisions Etrangers, Juris-Classeur, Procédure civile, 1990, Fasc. 124–3 bis 124–10; H. Peroz, La réception des jugements étrangers dans l’ordre juridique français, 2005; N. Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters (Ch. 4, 6), 2004, S 222 u 290; G. Walter, Reform des internationalen Zivilprozessrechts in Italien, ZZP 109 (1996), 3.

69 a) Das autonome französische Recht ist für die von EuGVO und EheGVO nicht erfassten Sachgebiete nach wie vor maßgeblich. Davon nicht erfasste Urteile, die den Personenstand und die Geschäftsfähigkeit betreffen, werden ohne besonderes Verfahren anerkannt, sofern die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt sind. Urteile in vermögensrechtlichen (erbrechtlichen) Streitigkeiten bedürfen für ihre Anerkennung eines vorherigen Exequatur.89

_______________

87 Text abgedruckt in IPRax 1999, 196, 199. 88 Hernandez-Breton IPRax 1999, 194, 196. 89 Fricke IPRax 1989, 202, 203; Batiffol/Lagarde, No. 730ff; Lécuyer-Thieffry, France, in: Campbell, International Execution, 1993; Rosner S 222ff; Schütze, in: Geimer/ Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 23 (2000), S 1039.10.

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Im Fall Munzer hat die Cour de Cassation folgende fünf Anerkennungsvor- 70 aussetzungen aufgestellt:90 (1) Das Erstgericht muss international zuständig gewesen sein.91 Die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts wird nicht anerkannt, soweit Frankreich selbst eine ausschließliche Zuständigkeit in Anspruch nimmt. Wann dies der Fall ist, ist im Einzelnen unklar, weil nicht eindeutig geregelt ist, wann international ausschließliche Zuständigkeiten bestehen. Tendenziell wird aber aufgrund der Art 14, 15 Code civil eine ausschließliche französische Zuständigkeit in Anspruch genommen, wenn ein Franzose am streitigen Rechtsverhältnis beteiligt ist, sofern er nicht selbst im Ausland geklagt hat oder sich dort rügelos eingelassen hat.92 Im Übrigen wird die Anerkennungszuständigkeit des Auslands akzeptiert, wenn der Fall eine hinreichende Beziehung zum Gerichtsstaat hatte, so dass dessen Zuständigkeit nicht willkürlich, gekünstelt oder betrügerisch ist.93 (2) In Anwendung des französischen IPR muss das richtige Recht angewen- 71 det worden sein. Nicht erforderlich ist, dass gleiche Normen angewendet worden sind, sondern nur dass sich gleichartige Rechtsfolgen ergeben.94 Auch Rechtsanwendungsfehler sind grundsätzlich unbeachtlich. (3) Es darf kein Rechtsmissbrauch vorliegen. Dieser könnte im Fall der Ge- 72 setzesumgehung oder des forum shopping gegeben sein.95 (4) Das ausländische Urteil darf nicht dem französischen ordre public wider- 73 sprechen. Der ordre public hat wie üblich eine verfahrensrechtliche und eine materiellrechtliche Seite.96 Verfahrensrechtlich werden ggf hohe Anforderungen an den Nachweis der Vaterschaft gestellt.97 (5) Vollstreckungsfähige Entscheidungen müssen im Ursprungsstaat voll- 74 streckbar sein; vorläufige Vollstreckbarkeit genügt. Die Vollstreckbarerklärung erfolgt im streitigen Exequaturverfahren durch 75 Klage nach Art 55, 56 NCPC vor dem Tribunal de Grande Instance (Art L.311–11 C.Org.Jud.). Die Klage ist gegen den Vollstreckungsgegner zu richten. Ein einseitiges Antragsverfahren nach Art 493ff NCPC, Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ kommt nicht in Betracht.98 _______________

90 91 92 93 94 95 96 97 98

Cass.civ. 7.1.1964, Rev.crit. 1964, 344; Batiffol/Lagarde, no 718ff. Muir Watt, J.-Cl., P.C. Fasc. 124–5 no 21ff. Im Einzelnen vgl Fricke IPRax 1989, 202, 204. Fall Simitch, Cass.civ. Rev.crit. 1985, 369. Muir Watt, J.-Cl., P.C. Fasc. 124–5, no 86ff. Fricke IPRax 1989, 202, 205f; Muir Watt, J.-Cl., P.C. Fasc. 124–6 no 1ff. Muir Watt, J.-Cl., P.C. Fasc. 124–6 no 27ff, 79ff. Vgl Fricke IPRax 1989, 202, 206. Vgl Muir Watt, J.-Cl., P.C.Fasc. 124–9.

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76 b) Das autonome italienische Recht ist durch das IPR-Gesetz vom 31.5.1995 (legge n. 218/1995) reformiert und weitgehend der Rechtslage nach dem EuGVÜ angepasst worden.99 Anders als bisher sind ausländische Entscheidungen jetzt nach Art 64 IPRG automatisch anzuerkennen, wenn die üblichen Voraussetzungen gegeben sind. Das bisher erforderliche besondere Delibationsverfahren (Art 796 I cprc aF) wurde mit Wirkung zum 1.1.1997100 abgeschafft. 77 Voraussetzungen für die Anerkennung ex lege sind nach Art 64 I:101 (1) Die (spiegelbildliche) Zuständigkeit des ausländischen Gerichts nach italienischen Regeln, (Nach Art 3 [2] Legge n. 218/95 gelten allgemein die Zuständigkeitsregeln des EuGVÜ.) (2) die ordnungsgemäße Bekanntgabe des verfahrenseinleitenden Akts gegenüber dem Beklagten nach den Regeln des Prozessgerichts und die grundsätzliche Wahrung der Rechte der Verteidigung, (3) die Einlassung der Parteien auf das Verfahren nach dem Prozessrecht des Verfahrensortes, (4) die Rechtskraft des Urteils nach ausländischem Recht, (5) kein Widerspruch des Urteils gegen ein italienisches rechtskräftiges Urteil, (6) kein Verstoß gegen die Rechtshängigkeit eines Verfahrens vor einem italienischen Gericht mit gleichem Streitgegenstand zwischen den gleichen Parteien, das vor dem ausländischen Prozess eingeleitet wurde, und schließlich (7) kein Verstoß gegen den italienischen ordre public. Eine révision au fond ist generell ausgeschlossen.102 78 Die Gestaltungswirkung von ausländischen Scheidungsurteilen und anderen ausländischen Anordnungen bezüglich der Handlungsfähigkeit oder des Bestehens familiärer Beziehungen oder von Persönlichkeitsrechten wird nach Art 65 IPRG 1995 kollisionsrechtlich anerkannt, wenn sie von Behörden des Staates erlassen wurden, dessen Recht nach dem IPRG in der Sache anwendbar ist. Drittstaatentscheidungen werden anerkannt, wenn sie im Staat des anwendbaren Rechts anerkannt werden. Voraussetzung für die Anerkennung _______________

99 Text in: ZZP 109 (1996), 4 und Riv.dir.int.priv.proc. 31 (1995), 511; vgl Walter ZZP 109 (1996), 3; Pesce RIW 1995, 977, 982; Pocar IPRax 1997, 145, 160; Sturm, Festgabe Schnyder, 1995, 761, 772ff; Carpi Riv.dir.proc. 52 (1997), 981. 100 IPRax 1997, 141; Pocar IPRax 1997, 145, 160. 101 Vgl Walter ZZP 109 (1996), 3/23ff; v d Heyde IPRax 2000, 441, 442; Pfeifer, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 25 (2003), S 1056.10ff. 102 Walter ZZP 109 (1996), 3, 23.

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ist, dass die Entscheidungen nicht dem ordre public widersprechen und die Verteidigungsrechte des Beklagten gewahrt werden.103 c) Soweit deutsche Zahlungsurteile weder unter die EuGVO noch den 79 deutsch-niederländischen Vertrag fallen, können sie in den Niederlanden nicht anerkannt werden (Art 431 R.V.). Danach kann aber ein neues Verfahren in den Niederlanden durchgeführt 80 werden. Freilich übernimmt das niederl. Gericht idR die ausländische Entscheidung, soweit die Parteien daran gebunden sind. Dafür muss (1) das ausländische Gericht zuständig gewesen sein, (2) die Entscheidung darf nicht dem niederländischen ordre public widersprechen, und schließlich (3) muss sie in einem due process entsprechenden Verfahren ergangen sein.104 Entscheidungen zum persönlichen Status fallen nicht unter Art 431 R.V. Bis 81 vor kurzem wurden sie einem IPR-Test unterzogen und geprüft, ob das ausländische Gericht das gleiche Recht wie ein niederl. Gericht angewandt hat. Seit einigen Jahren wird jedoch nur noch darauf abgestellt, ob das ausländische Gericht international zuständig war.105 d) Liechtenstein. Vgl M. Frick, Die Anerkennung und Vollstreckung aus- 82 ländischer Entscheidungen in Zivilsachen im Fürstentum Liechtenstein, 1992. e) Im Verhältnis zu Schweden galt seit 1.4.1995 das Lugano Übereinkom- 83 men, also das System des EuGVÜ (s o § 11 Rz 3ff). Nachdem Schweden zum 1.1.1999 Mitglied der EU wurde, galt das EuGVÜ.106 Ab 1.3.2002 gilt im Verhältnis zu Schweden die EuGVO, seit 1.3.2001 die EheGVO und nunmehr auch die EuVTVO.107 Im Verhältnis zu Schweden gelten außerdem das Haager Zivilprozessüber- 84 einkommen 1954, das HUVÜ 1973 und das HUVÜ 1958. Für die davon nicht erfassten vermögensrechtlichen Entscheidungen gilt Folgendes: Das schwedische Prozessgesetz sieht eine Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile nicht vor. Die Gerichte prüfen ausländische Urteile aber im Allgemeinen nicht nach, sondern behandeln sie als „Beweis“ für den darin festgestellten Anspruch.108 Überprüft wird, ob schwedisches Kollisionsrecht befolgt ist. Beruhte die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts auf vertraglicher Vereinbarung, so wird das Urteil nicht überprüft, _______________

103 Vgl Walter ZZP 109 (1996), 3, 24f. 104 De Boer/Kotting, in: Chorus/Gerver, Introduction to Dutch Law, 3rd ed 1999, S 285f. 105 De Boer/Kotting, in: Chorus/Gerver, Introduction to Dutch Law, 3rd ed 1999, S 286. 106 Vgl Wagner RIW 1998, 590. 107 Vgl A. Firsching ZfRV 2003, 4, 5f. 108 Pålsson, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, S 1120.11.

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wenn das ausländische Verfahren fair war und die Entscheidung nicht dem schwedischen ordre public widerspricht. In der Sache wird das ausländische Urteil somit ähnlich wie in England als Beweis für den geltend gemachten Anspruch behandelt und auf Klage ein Urteil „upon the judgment“ erlassen.109 85 Außerhalb des LugÜ werden ausländische Urteile in Schweden ausnahmsweise anerkannt, wenn schwedische Gerichte für eine Entscheidung über den Streitgegenstand nicht zuständig waren (zB über ein ausländisches Grundstück). Anerkannt werden auch ausländische Entscheidungen im Bereich des Familienrechts110 und des Erbrechts (nach dem Gesetz (1937:81)).111 86 Schweden ist Vertragsstaat des Haager Übereinkommens über die Anerkennung von Ehescheidungen von 1970.112 Außerhalb von Staatsverträgen werden solche Entscheidungen anerkannt, wenn die Sache eine ausreichende Beziehung zum Entscheidungsstaat hat und die Entscheidung nicht gegen den schwedischen ordre public verstößt.113 87 f) Im Verhältnis zu Finnland gelten neben der EuGVO, der EheGVO und EuVTVO das HUVÜ 1973, das HUVÜ 1958 sowie das HZÜ 1954.114 Außerhalb des Anwendungsbereiches dieser Übereinkommen werden ausländische Entscheidungen nicht anerkannt. Als Beweismittel, das eine neue Sachprüfung ausschließt, werden sie nur gewertet, wenn das Verfahren auf einer Gerichtsstandsvereinbarung beruhte oder ausländische Immobilien betraf.115 88 g) Im Verhältnis zu Island galt lange Zeit nur das Haager Zivilprozessübereinkommen von 1905. Als Mitglied der EFTA hat Island aber das LugÜ mit Wirkung zum 1.1.1995 ratifiziert (s o § 11 Rz 3ff).116 5. Anerkennung und Vollstreckung in ost- und südosteuropäischen Staaten 89 Schrifttum: Boguslavskij, Internationales Zivilprozessrecht in den GUS-Staaten, in Boguslawskij/Trunk, Reform des Zivil- und Wirtschaftsprozessrechts in den Mitgliedsstaaten der GUS, 2004, S 19; Bytomski, Zur Frage der Anerkennung und Vollstreckung polnischer Urteile über vermögensrechtliche Ansprüche in der Bundesrepublik Deutschland, FamRZ 1997, 986; Gralla, Das polnische internationale Zivil_______________

109 Bogdan Nordish Tidsskrift Int’L Ret 1985 (no 3–4), 85, 86f; Juenger AmJCompL 36 (1988), 1, 27; vgl auch Schütze RIW 1983, 417. 110 Vgl Pålsson, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 25 (2003), S 1120.1, 12. 111 A. Firsching ZfRV 2003, 4, 7, 9. 112 Abgedruckt bei Jayme/Hausmann, 11. Aufl, Nr 183 (nicht mehr in 12. Aufl). 113 Bogdan, in: Tiberg/Sterzel/Cronhult, Swedish Law, 1994, S 585. 114 Vgl Uusitalo, Finland, in: Campbell, International Execution, 1993. 115 Juenger AmJCompL 36 (1988), 1, 28. 116 Die Darstellung von Stefánsson in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, S 1053.1ff ist überholt.

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verfahrensrecht, Jahrbuch für Ostrecht, X (1969), 167; Halili, Das albanische internationale Zivilverfahrensrecht, in: Jayme, Ein inertnationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992, S 35; Jodlowski, Les Conventions relatives à la coopération judiciaire en matières civile et commerciale entre les Etats socialistes el les Etats occidentaux, RdC 158 (1977 V), 281; Kiliç, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Scheidungsurteile durch türkische Gerichte, IPRax 1994, 477; Krüger, Vollstreckung deutscher Gerichtsentscheidungen in der Türkei, RIW 1986, 639; Krusche, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile in Polen, Tschechien und Ungarn, WiRO 1999, 173; Kuèera, Tschechische und Slowakische Föderative Republik – Internationale Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht, 1992, S 53; Maczyñski, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Polen, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht, 1992, S 103; E. Nomer, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in der Türkei, FS Kitagawa, 1992, S 771; Pikó, Ungarn im Blickfeld des Internationalen Zivilverfahrensrechts, WiRO 1994, 242; Rumpf, Zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Unterhaltsentscheidungen in der Türkei, IPRax 1998, 48; Sajko, Das EuGVÜ und das jugoslawische Recht, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht, 1992, S 65; Sawczuk, Poland, in: Walter/Baumgartner, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments Outside the Scope of the Brussels and Lugano Convention, 2000, S 449; Schwenzfeier, Zwangsvollstreckung aus deutschen Titeln in Ungarn, DGVZ 2006, 97; Seiffert, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Osteuropa, 1994; H. Sikiriæ, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile in Kroatien, JbOstR 45 (2004), 63; Y. Skrdlik, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Tschechien, 2000; Steinbach, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile und Schiedssprüche in der Russischen Föderation, 2003; Tekinalp, Über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der Türkei, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht, 1992, S 143; Tschipev, Die internationale Zuständigkeit bulgarischer Gerichte und die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Gerichtsurteile in Bulgarien, in: Jayme, Ein internationales Zivilverfahrensrecht für Gesamteuropa, 1992, S 45; D. Weyde, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Polen, 1997.

a) Soweit es sich um vertragliche Ansprüche handelt, hat sich die Frage in 90 Wirtschaftsstreitigkeiten bisher kaum gestellt, weil die bisherigen staatlichen Handelsunternehmen grundsätzlich auf die Schiedsgerichtsbarkeit ausgewichen sind. Entscheidungen ausländischer Gerichte werden in vielen osteuropäischen Staaten nur anerkannt und vollstreckt, soweit die Gegenseitigkeit durch Staatsvertrag gewährleistet ist. Für Russland folgt dies aus Art 409 Pkt 1 ZPO u Art 241 Pkt 1 APO (beide von 2002).117 Da ein solcher Vertrag mit Russland nicht besteht, werden deutsche Entscheidungen generell nicht anerkannt. Ausnahmen bestehen für Kostenentscheidungen im Rahmen von Art 18 HZÜ 1954, für Entscheidungen, die unter das Übereinkommen über die zivil_______________

117 Boguslawskij S 19, 27; Trunk/Jarkov, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 27 (2004), S 1118.11.

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rechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden vom 29.11.1969 und über den Ersatz des Dritten auf der Erdoberfläche durch ausländische Luftfahrzeuge zugefügten Schaden von 1952 sowie für von der CMR erfasste Entscheidungen, da Russland diesen Übereinkommen beigetreten ist. Entscheidungen, die keiner Vollstreckung bedürfen, wie Ehescheidungen, werden dagegen auch ohne Staatsvertrag anerkannt (Art 413–415 ZPO).118 91 b) In den anderen Nachfolgestaaten der UdSSR, etwa in der Ukraine und in Kirgisistan, besteht derzeit die gleiche Rechtslage. In Kasachstan richtet sich die Anerkennung ausländischer Entscheidungen nun nach Art 425, 426 Zivilprozessgesetzbuch vom 1.7.1999.119 Art 425 (1) verlangt für die Anerkennung von Leistungsurteilen wie bisher gesetzliche oder staatsvertragliche Gegenseitigkeit. 92 c) In Ungarn werden ausländische Entscheidungen gemäß §§ 70–74 IPRG von 1979 (Gesetzesverordnung Nr 13/1979120 idF v 17.12.2000) anerkannt und vollstreckt. Voraussetzungen sind: (1) keine entgegenstehende ausschließliche ungarische Zuständigkeit, (2) ordnungsgemäße Ladung der unterlegenen Partei, (3) Vereinbarkeit mit dem ungarischen ordre public und (4) faktische Gegenseitigkeit (bei vermögensrechtlichen Ansprüchen).121 Ungarn ist seit 1.4.2004 EU-Mitglied, so dass EuGVO, EheGVO und EuVTVO gelten. Ungarn ist außerdem Vertragsstaat des HZÜ 1954 (s o § 7 Rz 111ff) und des HUVÜ 1958 (s o § 13 Rz 40ff). 93 d) In Rumänien richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen nach Art 165–178 IPRG 1992.122 Ex lege anerkannt werden Urteile zum Personenstand von Angehörigen des Staates, in dem es ergangen ist, oder entsprechende Drittstaatentscheidungen, die der Heimatstaat jeder Partei anerkennt (Art 166 IPRG). Andere Entscheidungen werden nach Art 168 IPRG anerkannt, wenn sie (1) rechtskräftig sind, (2) das Erstgericht nach seinem Recht zuständig war, (3) faktische Gegenseitigkeit besteht, (4) im Ausland ein ordnungsgemäßes Verfahren stattgefunden hat, (5) die Entscheidung nicht gegen den rumänischen ordre public und (6) in der Sache nicht eine rumänische Entscheidung vorliegt oder die rumänische Rechtshängigkeit missachtet wurde. In Personenstandsfragen darf außerdem im Ergebnis eine Abweichung von den rumänischen IPR-Regeln bestehen.

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118 119 120 121

Trunk/Jarkov, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr Lfg 27 (2004), S 1118.11. Abgedruckt in IPRax 2002, 60, 62. Deutsche Übersetzung in StAZ 1980, 78. Vekás IPRax 2002, 142, 144f; Pikó WiRO 1994, 242, 244f; Martiny, in: HdbIZVR Bd III/1 Kap I Rz 1506; Kengyel, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, 1995, S 1151.1, 7ff; Schwenzfeier DGVZ 2006, 97. 122 Jb. f. Ostrecht 34 (1993), 192, 229f.

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Die Gegenseitigkeit ist im Verhältnis Deutschland zu Rumänien zu bejahen.123 e) Im Verhältnis zu Polen galt seit 1.2.2000 das LugÜ (s o § 11 Rz 3ff).124 Seit 94 1.4.2004 gelten EuGVO, EheGVO und EuVTVO. Soweit diese nicht anwendbar sind, erkennt Polen ausländische nicht vollstreckungsfähige Entscheidungen gemäß Art 1146 KPC (poln. ZPO) unter folgenden Voraussetzungen an: (1) Gegenseitigkeit, (2) keine ausschließliche polnische Zuständigkeit, (3) Rechtskraft, (4) Gewährleistung des Rechtsschutzes im Verfahren, (5) Anwendung eines dem polnischen Recht äquivalenten Rechts, (6) kein entgegenstehendes inländisches Urteil und (7) kein Verstoß gegen den polnischen ordre public.125 Seit der Neufassung des Art 1150 § 1 poln. ZPO genügt faktische Gegenseitigkeit; das bisherige Erfordernis staatsvertraglich vereinbarter Gegenseitigkeit ist aufgegeben worden.126 Art 1150 poln. ZPO legt die Voraussetzungen für die Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile seit 1.7.1996 wie folgt fest: „§ 1. Entscheidungen ausländischer Gerichte in Zivilsachen, für die in Polen der Gerichtsweg gegeben ist und die zur Vollstreckung im Wege der Zwangsvollstreckung geeignet sind, sind Vollstreckungstitel und in Polen vollstreckbar, unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit, wenn 1) die Entscheidung in dem Staat, aus dem sie herrührt, der Vollstreckung unterliegt, 2) die in Art 1146 § 1 Nr 1–6 KPC genannten Voraussetzungen gegeben sind. § 2. Die Vorschrift des vorstehenden Paragraphen findet entsprechende Anwendung auf Entscheidungen von Schiedsgerichten, die im Ausland erlassen wurden.“

Die bisherige Sonderregelung für Unterhaltsurteile in Art 1150 § 3 (aF) ist entfallen. Vollstreckt werden auch ausländische vollstreckbare öffentliche Urkunden (Art 1151 § 3) und ausländische Prozessvergleiche (Art 1152).127 Jeder, der ein rechtliches Interesse hat, kann das förmliche, streitige Aner- 95 kennungsverfahren (Art 1147, 1148 poln. ZPO) einleiten; ein vereinfachtes Beschlussverfahren ist im autonomen Recht nicht vorgesehen.128 _______________

123 OLG Hamm IPRax 1986, 234; Leonhardt, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 29 (2005), S 1116.10ff. 124 Vgl R. Wagner WiRO 2000, 47; H. Trzeciakowska WiRO 2000, 404. 125 Vgl Bytomski FamRZ 1997, 986; D. Weyde, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Polen, 1997; Sawczuk, FS Schütze, 1999, S 733, 740; ders, in: Walter/Baumgartner, S 452ff. 126 D. Weyde, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Polen, 1997, S 146f; Gralla, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 23 (2000), S 1113.10f. 127 Sawczuk, in: Walter/Baumgartner, S 451. 128 Sawczuk, in: Walter/Baumgartner, S 456.

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Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

96 Die deutsch-polnische Vereinbarung vom 21.2.1994 bezieht sich nur auf den Rechtshilfeverkehr, nicht auf die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen. Polen ist außerdem Vertragsstaat des HUVÜ 1973, der CMR, des COTIF sowie des HZPÜ 1954. 97 f) Die Tschechische Republik ist seit 1.4.2004 Mitglied der EU. Seither gelten EuGVO, EheGVO und EuVTVO. Soweit diese für ausgeschlossene Sachgebiete und Altentscheidungen nicht anwendbar sind, ist die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in §§ 63–68 IPRG (Nr 97/1963), die Anerkennung von Schiedssprüchen in §§ 30–33 des Gesetzes über die Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Handel (Nr 98/1963) geregelt.129 Rechtskräftige ausländische Entscheidungen können anerkannt werden, sofern nicht (1) eine ausschließliche Zuständigkeit der tschechischen Gerichte besteht, (2) in der gleichen Sache bereits ein tschechisches Gericht entschieden hat oder eine anerkannte Entscheidung eines Drittstaates vorliegt, (3) der unterlegenen Partei kein rechtliches Gehör bei Verfahrenseinleitung gewährt, insb die Klage nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, (4) die tschechische ordre public verletzt und (5) keine Gegenseitigkeit (bei Beteiligung eines Tschechen) gewährleistet ist. Entscheidungen in Ehesachen sowie Vaterschaftsfeststellungen sind in einem besonderen Verfahren vor dem Obersten Gericht anzuerkennen. Die Gegenseitigkeit wird grundsätzlich durch einen Anerkennungsvertrag hergestellt, kann aber auch vom Justizministerium entsprechend praktischer Übung bestätigt werden.130 Tschechien ist Vertragsstaat der Haager Unterhaltsvollstreckungsübereinkommen von 1958 und 1973, der CMR sowie des HZÜ 1954. Darüber hinaus ist eine generelle Erklärung zur Gegenseitigkeit nicht erfolgt; diese ist also generell nicht gegeben.131 Der Rechtshilfevertrag vom 2.2.2000 enthält keine Gegenseitigkeitsvereinbarung. Entbehrlich ist die Gegenseitigkeit aber in Tschechien in Ehesachen und hinsichtlich der Vaterschaftsfeststellung.132 98 g) Im Verhältnis Serbien und Montenegro ist die Gegenseitigkeit verbürgt. Serbien scheint von der ausschließlichen Zuständigkeit seiner Gerichte für _______________

129 Vgl Skrdlik S 42ff. 130 Vgl L. Tichy, Záhlady uzniní cizích sozedních sochodnutí v ceském a europském právu, 1995. 131 Skrdlik S 148ff. 132 Skrdlik S 152, 180ff; vgl Martiny, HdbIZVR III/1 Kap I Rz 1501.

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Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten

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die Scheidung jugoslawischer Staatsangehöriger auszugehen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um ein absolutes Hindernis für die Anerkennung ausländischer Scheidungsurteile. Eine ausländische Ehescheidung kann anerkannt werden, wenn der Beklagte die Anerkennung beantragt oder gegen den Antrag des Klägers auf Anerkennung kein Widerspruch erhoben wird. Das Bestehen der Gegenseitigkeit wird vermutet, solange das Gegenteil nicht bewiesen ist. In Ehesachen wird auf die Gegenseitigkeit ganz verzichtet.133 h) Ähnlich ist die Rechtslage in Kroatien.134 Durch die Anerkennung werden 99 ausländische Entscheidungen kroatischen gleichgestellt (Art 86 IPRG). Anerkannt werden rechtskräftige Entscheidungen, wenn dem Beklagten rechtliches Gehör gewährt worden war (Art 88 IPRG), keine ausschließliche Zuständigkeit Kroatiens bestand (Art 89 IPRG), die Entscheidung nicht mit früherer kroatischer Rechtshängigkeit oder kroatischer Rechtskraft kollidiert (Art 90 IPRG), kein ordre public-Verstoß vorliegt (Art 91 IPRG) und faktische Gegenseitigkeit besteht (Art 92 I IPRG). Diese besteht im Verhältnis zu Deutschland.135 In Familiensachen kommt es nicht auf die Gegenseitigkeit an (Art 92 II IPRG). i) Slowenien136 ist seit 1.4.2004 Mitglied der EU; es gelten EuGVO, EheGVO 100 und EuVTVO. Soweit diese nicht anwendbar sind, werden ausländische Urteile nach dem bisherigen (jugoslawischen) Gesetz zur Regelung der Kollision der Gesetze mit Vorschriften anderer Staaten von 1982 (Art 86–95) anerkannt und für vollstreckbar erklärt. Die Anerkennungsvoraussetzungen ähneln denen des § 328 dt. ZPO. Die Gegenseitigkeit wird vermutet und im Verhältnis zu Deutschland bejaht. j) Deutsche Urteile über vermögensrechtliche Ansprüche werden in der 101 Türkei grundsätzlich anerkannt. Nach Art 38 türk. IPRG137 müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Gegenseitigkeit aufgrund Vertrages oder aufgrund tatsächlicher Übung; Letzteres ist gegeben; (2) es darf keine ausschließliche Zuständigkeit türkischer Gerichte bestehen; (3) die Entscheidung darf nicht gegen den türkischen ordre public verstoßen; (4) die unterlegene Partei darf sich nicht (zu Recht) darauf berufen, nicht ordnungsgemäß geladen, nicht gesetzlich vertreten oder per Versäumnisurteil ungesetzlich verurteilt worden zu sein; _______________

133 Varady, Zur Anerkennung deutscher Scheidungsurteile in Jugoslawien, IPRax 1984, 249; Urteil des OLG Karlsruhe v 2.8.1983, IPRax 1984, 270. 134 Vgl Sikiriæ JbOstR 45 (2004), 63. 135 Vgl. Sikiriæ JbOstR 45 (2004), 63, 74. 136 Vgl A. Lunder WiRO 1998, 70. 137 IPRax 1982, 258.

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Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

(5) das Personalstatut eines beteiligten Türken darf nicht abweichend vom türkischen IPR beurteilt worden sein, sofern sich der Betroffene darauf beruft. Auf schriftlichen Antrag an das Grundgericht (Landgericht) am Wohnsitz des Schuldners, hilfsweise an seinem Aufenthaltsort, hilfsweise bei den Gerichten in Ankara, Istanbul oder Izmir ist die Vollstreckung im summarischen Verfahren durch Vollstreckungsurteil zuzulassen (Art 34ff türk. IPRG).138 102 Da die Türkei nicht mehr die ausschließliche Zuständigkeit für ihre Staatsangehörigen in Anspruch nimmt (Art 29 türk. IPRG), ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Scheidung türkischer Eheleute eröffnet worden. Dies hat zur Folge, dass nunmehr auch deutsche Scheidungsurteile in der Türkei anerkannt werden können.139 6. Anerkennung in arabischen Staaten 103 Schrifttum: E. Abdallah, La Convention de la Ligue Arabe sur l’Exécution des Jugements, RdC 138 (1973-I), 503; Börner, Die Anerkennung ausländischer Titel in den arabischen Staaten, 1996; Dilger, Schiedsgerichtsbarkeit und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in den Golfstaaten, in: Böckstiegel, Vertragspraxis und Streiterledigung im Wirtschaftsverkehr mit arabischen Staaten, 1981, 101; Krüger, Grundzüge des internationalen Zivilverfahrensrechts der Vereinigten Arabischen Emirate, RIW 1993, 384; ders, Zur Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Oman, IPRax 1998, 127; ders, Das internationale Zivilprozessrecht Jordaniens, IPRax 2000, 435; ders, Keine Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis Deutschland – VE, IPRax 2001, 376; ders, Internationalrechtliche Probleme in Saudi-Arabien, IPRax 2005, 386; ders, Anerkennung ausländischer Titel in den VAE, IPRax 2005, 472; Meyer-Reumann, Vollstreckbarkeit ausländischer Urteile, Schiedssprüche … in den Vereinigten Arabischen Emiraten, RIW 1994, 780; Otto, Schwierigkeiten bei der Vollstreckung ausländischer Urteile und Schiedsentscheidungen in Pakistan, IPRax 1997, 436; Wurmnest/Yassari, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile im Iran, IPRax 2006, 217.

104 a) Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen zwischen den arabischen Staaten richtet sich nach dem Übereinkommen der Arabischen Liga über die Vollstreckung von Urteilen vom 14.9.1952.140 105 b) In Syrien werden ausländische Titel nach Art 306ff syr. ZPO anerkannt und vollstreckt,141 nach Art 310 syr. ZPO auch ausländische vollstreckbare Urkunden.142 Die Anerkennung setzt stets Gegenseitigkeit voraus (Art 306, _______________

138 IPRax 1984, 258; vgl E. Nomer, FS Kitagawa 1992, S 771. 139 Türk. Kassationshof FamRZ 2002, 77; Krüger IPRax 1986, 304; Kiliç IPRax 1994, 477. 140 Vgl E. Abdallah RdC 138 (1973-I), 503, 522ff. 141 Börner S 43ff. 142 Börner S 74ff.

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309, 310 syr. ZPO). Anerkennungsbereitschaft nach dem Gesetz genügt; eine formelle Feststellung durch Staatsvertrag oder Regierungserklärung ist nicht erforderlich.143 Anerkannt werden rechtskräftige Titel. Die Verletzung der ausschließlichen internationalen Zuständigkeit Syriens ist Anerkennungshindernis.144 Zusätzlich muss das ausländische Gericht nach seiner eigenen lex fori zuständig gewesen sein (Art 308 (a) syr. ZPO).145 Der Beklagte muss im Erststaat ordnungsgemäß geladen worden sein. Verfahren und Inhalt der Entscheidung dürfen nicht gegen den syrischen ordre public verstoßen.146 c) In Jordanien werden ausländische Entscheidungen auf Geldleistung, Her- 106 ausgabe einer beweglichen Sache oder auf Rechnungslegung nach dem Gesetz Nr 8/1952 anerkannt.147 Art 7 dieses Gesetzes enthält die üblichen Anerkennungsvoraussetzungen. Das Urteil muss rechtskräftig sein. Gegenseitigkeit kraft tatsächlicher Handhabung muss bestehen.148 d) In Tunesien richtet sich die Anerkennung ausländischer Entscheidungen 107 (außerhalb des deutsch-tunesischen Vertrages) nach Art 11 Code de Droit International Privé vom 1.12.1998.149 e) In den Vereinigten Arabischen Emiraten werden ausländische Urteile nur 108 anerkannt, wenn keine eigene internationale Zuständigkeit besteht. Außerdem muss die Gegenseitigkeit durch Staatsvertrag verbürgt sein (Art 235 Nr 1 ZPO).150 Hieran fehlt es im Verhältnis zu Deutschland. Aus demselben Grund scheitert auch die Anerkennung von deutschen Urteilen in SaudiArabien.151 f) Im Sultanat Oman werden ausländische Urteile anerkannt, wenn keine 109 eigene internationale Zuständigkeit besteht (stets bei eigenen Staatsangehörigen als Beklagten) und der Entscheidungsstaat zuständig war. Gegenseitigkeit wird verlangt, muss aber nicht durch Staatsvertrag garantiert sein (Art 119, 120 des Gesetzes über das Verfahren in Handelsstreitigkeiten).152 _______________

143 Börner S 130ff; ders, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 22 (1999), S 1135.10. 144 Börner S 170ff. 145 Börner S 206ff. 146 Börner S 210ff, 223ff. 147 Abgedruckt in IPRax 2000, 447. 148 Zu Einzelheiten s Krüger IPRax 2000, 435, 437ff. 149 Abgedruckt in IPRax 1999, 292 u RabelsZ 65 (2001), 102, 107; vgl Mezghani RabelsZ 65 (2001), 78, 96ff; Menhofer IPRax 1999, 266, 267; Rauscher, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 22 (1999), S 1147.9ff. 150 Krüger IPRax 2001, 376 und IPRax 2005, 472; Bälz, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 28 (2005), S 1155.7. 151 Krüger IPRax 2005, 386, 388. 152 Krüger IPRax 1998, 127, 128; gegen eine Verbürgung Schütze, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 24 (2001), S 1106.7.

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Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

110 g) In Pakistan werden ausländische Urteile nach s. 13 Civil Procedure Code von 1908 anerkannt. Überprüft wird ua, ob das ausländische Gericht das pakistanische Recht nicht angewandt hat, obwohl es nach pakistanischer Sicht anwendbar gewesen wäre, sowie ob die ausländische Entscheidung auf einem „Bruch pakistanischen Rechts“ beruht. Ob sich die Anwendung beider Regeln im Rahmen der üblichen kollisionsrechtlichen und ordre publicKontrolle hält oder zu einer generellen révision au fond führt, ist zweifelhaft.153 Deshalb dürfte es insgesamt an der Gegenseitigkeit fehlen.154 111 h) Im Iran richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen nach Art 169 VollstreckungsG vom 16.11.1977.155 Dessen Voraussetzungen entsprechen weitgehend § 328 ZPO. Für die Gegenseitigkeit genügt generelle Anerkennungsbereitschaft. Eine revision au fond findet nicht statt.156 7. Anerkennung in Ostasien 112 Schrifttum: Czernich, Die Vollstreckung fremder Urteile und Schiedssprüche in der VR China, RIW 1995, 650; Kitagawa, Doing Business in Japan, 1986, § 4. 07 2 b; Kono/ Trunk, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in Japan, ZZP 102 (1989), 319; Menkhaus, Anerkennung und Vollstreckbarkeitserklärung deutscher zivilgerichtlicher Entscheidungen in Japan, RIW 1988, 189; Nagata, Anerkennung und Vollstreckung eines deutschen Leistungsurteils auf Geldzahlung in Japan, Nihon U.Comp.L. 1987, 121; Nishitani, Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer punitive damages-Urteile in Japan, IPRax 2001, 365; Ong, Cross-Border Litigation within ASEAN, 1997; P. Oser, Die Vollstreckung fremder Urteile und Schiedssprüche in der VR China, RIW 1995, 651; A. Petersen, Das internationale Zivilprozessrecht in Japan, 2003; dies, Japan, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 25 (2003), S 1058.1; T. Sawaki, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Japan, Int. Lawyer 23 (1989), 29; ders, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in Singapur und Hongkong, RIW/AWD 1982, 722; ders, in: Bülow/Böckstiegel, Intern. Rechtsverkehr, 1989, S 1058.1; H. Tagata, Probleme der Urteilsanerkennung im japanischen Zivilprozessrecht, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilprozessrechts, 1994, S 49; Takeshita, Neuere Tendenzen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Japan, ZZPInt Bd 1 (1996), 305, 323.

113 a) Japan erkennt ausländische Entscheidungen nach § 118 ZPO unter vier Voraussetzungen an: (1) Zuständigkeit des ausländischen Gerichts wird bejaht; (2) ist der unterlegene Beklagte Japaner, hat er die Zustellung der für die Einleitung des Verfahrens nötigen Ladung in anderer Weise als durch öffentliche _______________

153 154 155 156

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Vgl Otto IPRax 1997, 436, 438f. Otto, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 16 (1994), S 1109.6ff. Vgl Wurmnest/Yassari IPRax 2006, 217, 218. Vgl Wurmnest/Yassari IPRax 2006, 217, 221.

Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten

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Zustellung erhalten oder sich auf die Klage eingelassen, ohne diese erhalten zu haben; (3) das Urteil des ausländischen Gerichts verstößt nicht gegen den japanischen ordre public; (4) die Gegenseitigkeit ist verbürgt.157 Erfüllt das ausländische Urteil diese Voraussetzungen und wird seine Rechtskraft nachgewiesen, so wird es ohne weiteres anerkannt. Anerkennungsfähige Feststellungs- und Scheidungsurteile gelten also ohne weiteres in Japan. Die erste Voraussetzung wird ähnlich wie in Deutschland beurteilt. Es kommt darauf an, ob ein japanisches Gericht, wäre es unter entsprechenden Voraussetzungen angerufen worden, zuständig gewesen wäre.158 Der Sinn der zweiten Voraussetzung besteht darin, dem Beklagten das recht- 114 liche Gehör zu gewährleisten. Deswegen erfasst die zweite Voraussetzung nicht nur die öffentliche Zustellung, sondern auch die Ladung auf einem Wege, durch den ein japanischer Staatsangehöriger tatsächlich keine rechtzeitige Kenntnis von der Einleitung des Verfahrens erlangen konnte. Dagegen kann ein ausländisches Urteil trotz öffentlicher Zustellung in Japan anerkannt werden, wenn sich der japanische Beklagte auf die Klage eingelassen hat.159 Zusätzlich verstößt die direkte Postsendung der Klageschrift ohne Übersetzung gegen diese Vorschrift.160 Der japanische ordre public erstreckt sich wie in Deutschland und den meis- 115 ten Staaten nicht nur auf den Inhalt des Urteils, sondern auch auf Art und Weise seines Zustandekommens. „Punitive damages“ in einem US-amerikanischen Urteil verstoßen gegen den japanischen ordre public,161 soweit darin „compensatory damages“ enthalten sind, werden sie aber anerkannt.162 Auch widersprechende ausländische Urteile werden nach japanischem ordre 116 public nicht anerkannt.163 Obwohl sich die Anerkennungsvoraussetzungen nach deutschem und japanischem Recht gleichen, wurde die Gegenseitigkeit lange Zeit verneint, weil es keinen praktischen Anerkennungsfall gab. Das _______________

157 Petersen, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, S 1058.11; Sawaki IntLawyer 23 (1989), 29, 30. 158 Y. Taniguchi, in: Baum/Drobnig, Japanisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 1994, S 641, 685; H. Takata, in: Heldrich/Kono, S 49, 57ff; Takeshita ZZPInt Bd 1 (1996), 305, 309ff. 159 Takeshita, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen, ZZPInt Bd 1 (1996), 305, 311f. 160 LG Tokyo vom 26.3.1990, Kinyushojihomu H. 857 S 39; LG Tokyo vom 11.11.1988, Hanrei Taimuzu H. 703 S 96. 161 Japanischer Oberster Gerichtshof, Urteil vom 11.7.1997, Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes in Zivilsachen, Bd 51, H. 6 S 2573. 162 Nishitani IPRax 2001, 365. 163 Sawaki IntLawyer 23 (1989), 29, 35.

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Anerkennung und Vollstreckung im Ausland

japanische Oberste Gericht hat jedoch 1983 entschieden, dass es für die Gegenseitigkeit genügt, dass Entscheidungen unter im Wesentlichen gleichen Voraussetzungen im Ausland anerkannt werden müssten. Im Anschluss daran hat das Distriktgericht Nagoya164 die Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Deutschland als verbürgt angesehen. Damit ist von einer grundsätzlichen Gewährleistung der Gegenseitigkeit auszugehen.165 117 b) China. Nach § 204 chin. Zivilprozessordnung vom 9.4.1991 können ausländische Zivilurteile anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden. Voraussetzungen hierfür sind Gerichtsbarkeit und internationale Zuständigkeit des Entscheidungsstaates, kein Verstoß gegen den chinesischen ordre public sowie Verbürgung der Gegenseitigkeit.166 Im Verhältnis zur Volksrepublik China ist die Gegenseitigkeit zu bejahen.167 Rechtskräftige deutsche Urteile und Prozessvergleiche werden auch in Taiwan anerkannt.168 118 c) Hongkong ist seit 1.7.1997 chinesische Sonderverwaltungszone. Das deutsch-brit. Abkommen gilt nicht mehr.169 In Hongkong werden deutsche Entscheidungen nach der Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Ordinance (Cap 319) vollstreckt, die weitgehend auf dem englischen Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 beruht. Das Vollstreckungsverfahren ist in R.S.C.O. 71 geregelt. Das ausländische Urteil muss beim High Court registriert werden. Dem Schuldner wird erst die Registrierung zugestellt; er kann deren Aufhebung beantragen. Vollstreckt werden darf erst nach Ablauf der Aufhebungsfrist bzw nach Zurückweisung eines Aufhebungsantrags. Jedoch ist weiterhin von Gegenseitigkeit auszugehen.170 119 d) In Südostasien (den ASEAN-Staaten) ist die Rechtslage uneinheitlich.171 Wie früher in den Niederlanden können ausländische Urteile in Indonesien grundsätzlich nicht anerkannt werden (sec. 436 Indonesian Code on Civil Procedure).

_______________

164 GRUR Int. 1988, 860. 165 Kono/Trunk ZZP 102 (1989), 319; Menkhaus RIW 1988, 189. 166 Schütze, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, 1989, S 1027.4f; v. Senger/ Xu, Internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht der Volksrepublik China, 2. Teil, 1994, S 519ff. 167 Czernich RIW 1995, 650; Schütze (Fn 166), S 1027.5; aA U. Bohnet RIW 1996, Beil 2 zu H 6, S 17. 168 Vgl Etgen RIW 1995, 205. 169 Luthra RIW 1997, 625, 626f. 170 Zinser RIW 1998, 941, 944. 171 Vgl P. Koh ICLQ 45 (1996), 844.

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Anerkennung und Vollstreckung in wichtigen ausländischen Staaten

§ 14

Auch in Thailand werden ausländische Urteile nicht anerkannt; sie dienen lediglich als Beweismittel in einem neuen Verfahren.172 e) In den früheren britischen Kolonien Brunei, Malaysia173 und Singapur174 120 werden ausländische Urteile bei Gegenseitigkeit anerkannt. In Malaysia richtet sich die Anerkennung nach dem Reciprocal Enforcement of Judgment Act 1958 (Rev. 1972), in Singapur nach dem Reciprocal Enforcement of Commonwealth Judgment Act (Cap 264) und dem Reciprocal Enforcement of Foreign Judgments Act (Cap 262). f) In den Philippinen können ausländische Urteile zwar nach sec. 50 (b), r 39 121 Rev. Rules of Court anerkannt werden; das Oberste Gericht kann ausländische Urteile aber sachlich (auf Sach- und Rechtsfehler) nachprüfen. g) In Vietnam richtet sich die Urteilsanerkennung nach der Ordinance on 122 the Recognition and Enforcement of Civil Judgments and Devisions of Foreign Courts of 26 April 1993. Welche Urteilsarten danach anerkannt werden, ist nicht klar.

_______________

172 Vgl Falder, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 21 (1998), S 1140.6. 173 Vgl Schütze, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 12 (1990), S 1086.5f. 174 Schütze, in: Geimer/Schütze, Intern. Rechtsverkehr, Lfg 11 (1989), S 1127.5f.

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§ 15 Internationaler einstweiliger Rechtsschutz Inhaltsübersicht I. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

II. Europäisches Recht und Staatsverträge 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2. Europäisches Recht . . . . . . . . . . 3 3. Staatsverträge . . . . . . . . . . . . . 20 III. Autonomes deutsches Recht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 2. Internationale Arreste . . . . . . . a) Internationale Zuständigkeit b) Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung . . . . . . . c) Weitere Arrestgründe . . . . . d) Der Arrestanspruch . . . . . . . e) Arrestverfahren . . . . . . . . . . f) Arrestvollziehung . . . . . . . . 3. Internationale einstweilige Verfügungen . . . . . . . . . . . . . . a) Internationale Zuständigkeit b) Vollzug der einstweiligen Verfügung . . . . . . . . . . . . . . c) Schadenersatz nach § 945 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Besondere Probleme der Befriedigungsverfügung . . . . 4. Einstweilige Anordnungen im Familienrecht . . . . . . . . . . . . . a) Internationale Zuständigkeit b) Die einzelnen Familiensachen . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Elterliche Verantwortung (2) Unterhalt . . . . . . . . . . . . (3) Ehewohnung, Hausrat, Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, Kontaktverbote . . . . . . .

23 24 24 27 30 33 37 40 44 44 47 48 49 54 55 57 57 59

61

(4) Prozesskostenvorschuss . (5) Zugewinnausgleich . . . . (6) Unterhalt im Kindschaftsprozess . . . . . . . . 5. Selbständiges Beweisverfahren a) Inländisches Beweissicherungsverfahren für Beweismittel im Ausland . . . . . . . b) Selbständiges Beweisverfahren ohne Hauptsachezuständigkeit . . . . . . . . . . . c) Verwertung des ausländischen Beweises . . . . . . . . . . d) Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte geistigen Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Vollstreckung ausländischer einstweiliger Maßnahmen im Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 2. Belgien . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . 4. Großbritannien . . . . . . . . . . 5. Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Japan . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Niederlande . . . . . . . . . . . . . 8. Österreich . . . . . . . . . . . . . . 9. Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Spanien . . . . . . . . . . . . . . . . 11. USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Preliminary injunction . . . b) Temporary Restraining Order . . . . . . . . . . . . . . . . c) Attachment . . . . . . . . . . .

. . . . .

64 68 70 71

72

73 74

78

79

83 85 86 92 99 105 106 109 110 114 115 116 117 118

I. Einführung 1 Gesteigerte Bedeutung erlangt in internationalen Zivilprozessen der einstweilige Rechtsschutz. Zu den sonstigen Gründen für eine vorläufige Sicherung eines Anspruchs treten noch einige Besonderheiten internationaler Pro726

Europäisches Recht und Staatsverträge

§ 15

zesse, die die Verfahren häufig verlängern und dadurch ein gesteigertes Sicherungsbedürfnis begründen. Zu nennen sind hier insb die eventuell komplizierte Zustellung, Sprachprobleme, größere Schwierigkeiten bei der Terminierung mit im Ausland ansässigen Prozessbeteiligten und die Notwendigkeit von Rechtsgutachten bei der Anwendung ausländischen Rechts.1 Zudem gestaltet sich in der Regel auch die Vollstreckung eines Titels schwieriger, wenn der Schuldner im Ausland sitzt.

II. Europäisches Recht und Staatsverträge 1. Schrifttum Albrecht, Das EuGVÜ und der einstweilige Rechtsschutz in England und in der Bun- 2 desrepublik Deutschland, 1991; ders, Art 24 EuGVÜ und die Entwicklung des einstweiligen Rechtsschutzes in England seit 1988, IPRax 1992, 184; J. Brinkhof, Crossborder injunctions: a blessing or a curse?, in: W. Heere, International law and the Hague’s 750th anniversary, 1999, S 103; C. Consolo, Avoiding the Risk of Babel after Van Uden and Mietz, ZZPInt 6 (2001), 49; ders, The subtle interpretation of the case law of the European Court on provisional remedies, ZSR 124 (2005), II 359; Eilers, Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes im europäischen Zivilrechtsverkehr, 1991; K. Fohrer/P. Mattil, Der „grenzüberschreitende“ dingliche Arrest im Anwendungsbereich des EuGVÜ, WM 2002, 840; Gareimartin Alférez, Effects of the Brussels Convention upon the Spanish System: Provisional and Protective Measures, in: Hommelhoff/Jayme/Mangold, Europäischer Binnenmarkt, IPR und Rechtsangleichung, 1995, S 129; Giardina, Provisional Measures in Europe: Some Comparative Observations, Études en l’Honneur de Lalive, 1993, 499; Gronstedt, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz, 1994; Grundmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer einstweiliger Maßnahmen nach IPRG und Lugano-Übereinkommen, 1996; Ch. Heinze, Internationaler einstweiliger Rechtsschutz, RIW 2003, 922; Heiss, Einstweiliger Rechtsschutz im europäischen Zivilrechtsverkehr, 1987; Heß, Die begrenzte Freizügigkeit einstweiliger Maßnahmen im Binnenmarkt II, IPRax 2000, 370; Heß/G. Vollkommer, Die begrenzte Freizügigkeit einstweiliger Maßnahmen nach Art 24 EuGVÜ, IPRax 1999, 220; R. Hye-Knudsen, Marken-, Patent- und Urheberrechtsverletzungen im europäischen Internationalen Zivilprozessrecht (6. Kap), 2005, S 198; K. Kerameus, Subjektive Anwendungsgrenzen des Brüsseler Übereinkommens vom 10.5.1952 über den Arrest in Seeschiffe, FS Nagel, 1987, S 133; K. Kerameus/ J. Normand, La necessité de procedures provisoires dans les litiges transnationaux, in: Andolina, Transnational aspects of procedural law, 1998, S 1139 u 1167; C. Kessedjian, Note on Provisional and Protective Measures in Private International Law and Comparative Law, Hague Conference, Prel. Doc. No 10, 1998; dies, Mesures provisoires et conservatoires. A propos d’une résolution adoptée par d’association de droit international, JDI 1997, 103; S. Kofmel Ehrenzeller, Der vorläufige Rechtsschutz im internationalen Verhältnis, 2005; Koch, Neuere Probleme der internationalen

_______________

1 Spellenberg/Leible, in: Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, S 293.

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Zwangsvollstreckung einschließlich des einstweiligen Rechtsschutzes, in: Schlosser, Materielles Recht und Prozessrecht, 1992, 171; ders, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz, in: Heldrich/Kono, Herausforderungen des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1994, S 85; C. Kurtz, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, 2004; I. Meier, Besondere Vollstreckungstitel nach dem Lugano-Übereinkommen (1. Teil: Vorsorgliche Maßnahmen und Arrest) in: Schwander (Hrsg), Das Lugano-Übereinkommen, 1990, S 157; O. Merkt, Les mesures provisoires en droit international privé, Zürich 1993; S. Mossler, Beschleunigter Rechtsschutz für Zahlungsgläubiger in Europa, 2004; S Nieschulz, Der Arrest in Seeschiffe, 1997; Otte, Verfahrenskoordination und einstweiliger Rechtsschutz bei der Verletzung eines europäischen Patents, IPRax 1999, 440; L. Pålsson, Interim Relief under the Brussels and Lugano Conventions, Liber amicorum Siehr, 2000, S 621; R. Pansch, Die einstweilige Verfügung zum Schutze des geistigen Eigentums im grenzüberschreitenden Verkehr, 2003; L. Querzola, Notes about the conditions for interim relief in E.C. Law, in Carpi/Lupoi, Essays on transnational and comparative civil procedure, 2001, S 219; Renke, Der Prozesskostenvorschuss im Ehescheidungsverfahren und Art 24 EuGVÜ, FuR 1990, 149; Schlosser, Jurisdiction and international judicial and administrative co-operation, RdC 284 (2000), 156ff; Schmutz, Maßnahmen des vorsorglichen Rechtsschutzes im Lugano-Übereinkommen aus schweizerischer Sicht, 1995; Schulz, Einstweilige Maßnahmen nach dem Brüsseler Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, ZEuP 2001, 805, Spellenberg/Leible, Die Notwendigkeit vorläufigen Rechtsschutzes bei transnationalen Streitigkeiten, in: Gilles, Transnationales Prozessrecht, 1995, S 293; A. Stadler, Erlass und Freizügigkeit einstweiliger Maßnahmen im Anwendungsbereich des EuGVÜ, JZ 1999, 1089; Stickler, Das Zusammenwirken von Art 24 EuGVÜ und §§ 916ff ZPO, 1992; D. Stoll, Die britische Mareva-Injunction als Gegenstand eines Vollstreckungsbegehrens unter dem Lugano-Übereinkommen, Schweiz. JZ 1996, 104; Stürner, Der einstweilige Rechtsschutz in Europa, FS Geiß, 2000, S 199; ders, Einstweiliger Rechtsschutz: Generalbericht, in: Storme, Procedural laws in Europe, 2003, 143; G. Theocharidis, Jurisdiction for provisional relief under the Brussels Convention in maritime context, RHDI 55 (2002), 453; P. Treichel, Die französische Saisie-contrefaçon im europäischen Patentverletzungsprozeß. Zur Problematik der Beweisbeschaffung im Ausland nach Art 24 EuGVÜ, GRUR Int 2001, 690; D. Tsikrikas, Der Einfluss der EMRK auf die Gestaltung des einstweiligen Rechtsschutzes im europäischen Zivilprozess, Dike Int. 2001, 82; S Walther, Das Zusammenwirken von Art 24 EuGVÜ und §§ 916ff ZPO, Diss Regensburg 1991; Wastl, Die Vollstreckung deutscher Titel auf der Grundlage des EuGVÜ in Italien, 1991 (290ff: Der einstweilige Rechtsschutz im deutsch-italienischen Rechtsverkehr); V. Willeitner, Vermögensgerichtsstand und einstweiliger Rechtsschutz im deutschen, niederländischen und europäischen Zivilverfahrensrecht, 2003; Ch. Wolf, Konturen eines europäischen Systems des einstweiligen Rechtsschutzes, EWS 2000, 11; Wolf/Lange, Das Europäische System des einstweiligen Rechtsschutzes – doch noch kein System?; RIW 2003, 55; Zeiler, Europäisches Sicherungsverfahren: Die Regelung des Europäischen GVÜ über einstweilige Maßnahmen, österr. JBl 1996, 635. International Law Association, Principles on Provisional and Protective Measures in International Litigation („Helsinki Principles“), (1996) 67 I.L.A.Rep. 202, abgedruckt in RabelsZ 62 (1998), 128 und in AmJCompL 45 (1997), 941.

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2. Europäisches Recht a) In der Europäischen Gemeinschaft ist der einstweilige Rechtsschutz nicht 3 vereinheitlicht und zwar weder die möglichen Rechtsschutzbehelfe noch die internationalen Zuständigkeiten (s Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ). Jedoch ergibt sich aus Art 32 EuGVO bzw Art 25 LugÜ, dass auch Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes in allen Mitglied- bzw Vertragsstaaten anzuerkennen sind. Der EuGH hat diese Pflicht allerdings auf solche Entscheidungen begrenzt, die nach Anhörung des Gegners ergangen sind, sog ex parte-Entscheidungen dagegen ausgenommen.2 In wirklich eiligen Fällen, in denen eine Überraschung des Gegners erforderlich ist, muss einstweiliger Rechtsschutz daher parallel in jedem Vollstreckungsstaat beantragt werden (s u Rz 18f).3 Der einstweilige Rechtsschutz ist aber durch Art 47 EuGVO insoweit ver- 4 bessert worden, als der Inhaber einer anzuerkennenden Entscheidung eines Mitgliedstaats auf deren Grundlage einstweiligen Rechtsschutz in jedem anderen Mitgliedstaat beantragen kann, ohne dass die anzuerkennende Entscheidung zuvor für vollstreckbar erklärt werden müsste. Der damit erreichte Zustand ist noch immer unbefriedigend. Deshalb wird 5 vorgeschlagen, den einstweiligen Rechtsschutz in der EU zB auf der Grundlage der Helsinki Principles der International Law Association zu vereinheitlichen4 bzw einen „European protective order“ einzuführen.5 b) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte kann sich sowohl 6 nach den Grundsätzen des deutschen internationalen Zivilprozessrechts aus den §§ 916ff ZPO und einer Reihe speziellerer Normen des nationalen deutschen Verfahrensrechts (als letztere sind insbesondere die Normen der ZPO für das Familienverfahren und die Zuständigkeitsregelungen des FGG zu nennen) ergeben, als auch aus europäischen Regelungen und internationalen Abkommen, allen voran aus Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ. Hat der Gegner Wohnsitz/Sitz in einem Staat des europäischen Rechts- 7 raums, ist von Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ auszugehen. Der Gläubiger hat danach die Wahl, ob er sich an ein nach dem europäischen Recht zuständiges Gericht oder an eines, das nach autonomem Prozessrecht zuständig ist, wendet. _______________

2 EuGHE 1980, 1553 (Denilauler v Couchet Frères) = IPRax 1981, 95 (dazu Hausmann S 79); krit. W. Kennett, The enforcement of judgments in Europe, 2000, 150ff. 3 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 499; für Reform: Rauscher/Leible Art 32 Brüssel I-VO Rz 12. 4 N. Andrews, Judicial Co-operation: Recent Progress, Referat für den 1. Europäischen Juristentag, 2001, S 33; X. Kramer, in: Storme, Procedural laws in Europe, 2003, 305. 5 N. Andrews, in: Storme, Procedural laws in Europe, 2003, 267.

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8 Ein Gericht, das nach EuGVO bzw LugÜ (Art 4ff) in der Hauptsache zuständig ist oder parallel sein könnte, besitzt auch uneingeschränkte Eilzuständigkeit, ist also auch für die Anordnung einstweiliger oder sichernder Maßnahmen zuständig. Es kann auch Leistungsverfügungen ohne Einschränkung erlassen.6 Auf die Vollstreckbarkeit im Erlassstaat kommt es nicht an.7 Eine rügelose Einlassung auf das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes begründet aber nicht eine Hauptsachezuständigkeit nach Art 24 EuGVO bzw Art 18 LugÜ.8 9 Nach Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ können einstweilige oder sichernde Maßnahmen bei den Gerichten des betreffenden Staates auch dann beantragt werden, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache das Gericht eines anderen Vertragsstaates zuständig ist, sofern hierfür eine Zuständigkeit nach autonomem Recht besteht. Die Auslegung dieser Regelung ist streitig. 10 Zweifelhaft ist einmal, ob eine besondere Zuständigkeit im Verhältnis zu Mitglied- bzw Vertragsstaaten fortbesteht, soweit das autonome Recht wie § 919 ZPO für den Arrest oder § 937 I ZPO für einstweilige Verfügungen das „Gericht der Hauptsache“ für zuständig erklärt. Manche meinen, das Gericht der Hauptsache sei nicht „hypothetisch“ nach autonomem Recht, sondern ausschließlich nach dem EuGVO bzw LugÜ zu bestimmen.9 Aber diese Ansicht überzeugt nicht, da sie die Öffnung von Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ für die nationalen Zuständigkeitsregeln weitgehend gegenstandslos machen würde. 11 Dies gilt auch für die Ansicht, wonach die exorbitanten, nationalen Zuständigkeitsregeln, die Art 3 EuGVO bzw LugÜ für Klagverfahren ausschließe, auch im Rahmen von Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ ausgeschlossen sein sollen.10 Art 24 EuGVÜ ist indes dahin zu interpretieren, dass die entsprechenden Bestimmungen der nationalen Gerichtsstände bei einstweiligen Maßnahmen erhalten bleiben. Wenn der Schuldner im Ausland wohnt und kein anderer Gerichtsstand zur Verfügung steht, wären die Rechte des Gläubigers zu sehr beschnitten, wenn er sich nicht auf den Vermögensgerichtsstand des § 23 ZPO stützen könnte. 12 Der Vorbehalt des Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ ist umfassend zu verstehen. Einstweiliger Rechtsschutz kann danach auch im Verhältnis zu Staaten _______________

6 EuGHE 1999, I-1597 (Rz 41, 46) (Trasporti Castelletti v Trumpy) = JZ 1999, 1105, 1107f (dazu Stadler S 1089) = IPRax 2000, 411 (dazu Heß S 370) = ZZPInt 4 (1999), 205 (Spellenberg/Leible). 7 EuGHE 1998, I-7091 (Rz 19, 22) (Van Uden v Deco-Line) = JZ 1999, 1103 (krit. Stadler S 1089, 1092) = RIW 1999, 776 (Pörnbacher). 8 EuGHE 1999, I-1597 (Rz 52) (Trasporti Castelletti v Trumpy) = JZ 1999, 1105, 1108. 9 So Zeiler österr. JBl 1996, 635ff. 10 So OLG Koblenz RIW 1977, 359; Puttfarken RIW 1977, 360; Gronstedt S 19ff; vgl Hornung ZVglRWiss 95 (1996), 305, 309ff.

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des europäischen Prozessrechts in einem Gerichtsstand nach autonomem Recht beantragt werden, den EuGVO bzw LugÜ nicht vorsehen oder unter die exorbitanten Zuständigkeiten des Art 3 II einordnen.11 Diese Möglichkeit steht auch dann offen, wenn die Hauptsache bereits anhängig ist. Die Eilzuständigkeit kann sich dann aber auch aus Art 2ff EuGVO bzw LugÜ ergeben.12 Einstweiliger Rechtsschutz kann in beiden Fällen auch dann im EUStaat B beantragt werden, wenn der Rechtsstreit in der Hauptsache im Staat A anhängig ist und dadurch die Rechtshängigkeitssperre nach Art 27ff EuGVO bzw Art 21ff LugÜ eingetreten ist.13 Soweit der Arrest bei dem Gericht begehrt wird, bei dem die Hauptsache anhängig ist, genügt die (nicht zu überprüfende) Rechtshängigkeit der Hauptsache dann nicht, wenn sich dieses Gericht für international unzuständig erklären müsste.14 Stellt ein Gericht, bei dem die Hauptsache anhängig ist, bei der Überprüfung im Zusammenhang mit einem Arrestantrag fest, dass es nach EuGVO bzw LugÜ international für die Hauptsache nicht zuständig ist, muss das aber nicht zu einer Unzuständigkeit für die Arrestentscheidung führen. Das Gericht kann das Arrestverfahren weiterführen, sofern es nur nach den §§ 12ff ZPO zuständig ist. Haben die Parteien den staatlichen Rechtsschutz durch eine Schiedsverein- 13 barung ausgeschlossen, so besteht keine Hauptsachezuständigkeit nach EuGVO bzw LugÜ, ja Art 1 II Nr 4 EuGVO bzw LugÜ schließt die Schiedsgerichtsbarkeit insgesamt vom Anwendungsbereich des europäischen Rechts aus. Nach Ansicht des EuGH werde damit aber nicht der einstweilige Rechtsschutz in solchen Fällen aus dem europäischen Regelwerk ausgenommen. Denn einstweilige Maßnahmen seien nicht auf Durchführung des Schiedsverfahrens gerichtet, sondern würden parallel dazu stattfinden. Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ begründeten eine Zuständigkeit des Gerichts für den vorläufigen Rechtsschutz daher auch, wenn das Hauptverfahren vor einem Schiedsgericht stattfinden müsste.15 c) Die Wahrnehmung der rein nationalen Zuständigkeiten hat der EuGH 14 aber durch qualifizierte Anforderungen an jede einstweilige Maßnahme eingeschränkt. Er verlangt, dass zwischen dem Gegenstand der beantragten Maßnahme und der gebietsbezogenen Zuständigkeit des Mitglieds- bzw Vertragsstaats eine reale Verknüpfung besteht. Die Maßnahme, zB ein Arrest, dürfe nur bestimmte (vom Gericht festzulegende) Vermögensgegenstände _______________

11 EuGHE 1998, I-7091 (Rz 42) (Van Uden v Deco-Line) = JZ 1999, 1103, 1105. 12 Stadler JZ 1999, 1089, 1094. 13 Pålsson, Liber amicorum Siehr, S 621, 623; Schulz ZEuP 2001, 805, 812; vgl auch LG Düsseldorf IPRax 1999, 461 (dazu Otte S 440) (einstweiliger Rechtsschutz bei Verletzung eines europäischen Patents). 14 OLG Koblenz RIW 1990, 316; aA Hanisch IPRax 1991, 215f. 15 EuGHE 1998, I-7091 (Rz 34) (Van Uden v Deco-Line) = JZ 1999, 1103, 1104 = IPRax 1999, 240 (dazu Heß/Vollkommer S 220); vgl Schulz ZEuP 2001, 805, 811f.

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des Antragsgegners betreffen, die sich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts befinden.16 Die Zulässigkeit grenzüberschreitender Unterlassungsverfügungen ohne Hauptsachezuständigkeit17 erscheint demnach nicht mehr als zulässig. 15 d) Das europäische Recht gestattet auch Leistungsverfügungen unabhängig von der europäischen Zuständigkeitsordnung. Damit diese nicht einfach umgangen werden könne, müsse das Gericht, das aufgrund von Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ in Verbindung mit nationalen Zuständigkeitsregeln tätig werde, sicherstellen, dass der einstweilige oder sichernde Charakter der angeordneten Maßnahme gewahrt bleibe. Zur Sicherung der Wirksamkeit eines Urteils in der Hauptsache könne es sogar erforderlich sein, die vorläufige Erbringung der vertraglichen oder außervertraglichen18 Hauptleistung anzuordnen, doch müsse für den Fall, dass der Antragsteller nicht obsiegt, gewährleistet sein, dass der zugesprochene Betrag zurückgezahlt werden könne.19 Die bloße Ersatzpflicht entsprechend § 945 ZPO genügt hierfür nicht; vielmehr muss das Gericht Sicherheitsleistung anordnen.20 Die territoriale Beschränkung der Maßnahme deutet Stadler bei Leistungsverfügungen dahin, dass diese nur im Erlassstaat (beschränkt auf das dort belegene Vermögen des Schuldners) vollstreckt werden darf.21 Für eine freezing order (Mareva-injunction) folgt daraus, dass diese in europäischen Fällen mit europaweiter Wirkung nur noch erlassen werden darf, wenn englische Gerichte in der Hauptsache zuständig sind (s o Rz 8). 16 e) Der zu sichernde Anspruch richtet sich ggf nach den Regeln des Internationalen Privatrechts nach ausländischem Recht. Auch bei Eilverfahren ist dessen Inhalt zu beachten und zu ermitteln. Die Ermittlung darf sich aber entsprechend der Eilbedürftigkeit auf präsente Quellen beschränken. Nur in dringenden Fällen darf unter Außerachtlassung des Kollisionsrechts nach deutschem Recht entschieden werden22 (s o § 10 Rz 38ff.). 17 f) Vollstreckung. Im Anwendungsbereich von EuGVO bzw LugÜ sind Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, sofern dem Gegner vor Erlass rechtliches Gehör gewährt wurde (s o § 11 Rz 8 u § 12 Rz 128). Eine englische freezing order _______________

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EuGHE 1998, I-7091 (Rz 40, 47); vgl Heß IPRax 2000, 370, 372f. Hierfür Heß IPRax 2000, 370, 373. Stadler JZ 1999, 1089, 1097. EuGHE 1998, I-7091 (Rz 47) = JZ 1999, 1103; EuGHE 1999, I-1597 (Trasporti Castelletti v Trumpy) = JZ 1999, 1105, 1107; vgl Volken SZIER 1999, 460. 20 Stadler JZ 1999, 1089, 1097; Schack, IZVR, Rz 425; krit. Heß IPRax 2000, 370, 373 (das Zweitgericht könne analog Art 38 III EuGVÜ die Sicherheit anordnen). 21 Stadler JZ 1999, 1089, 1098. 22 Rahm/Künkel/Breuer, Hdb. des Familiengerichtsverfahrens, 4. Aufl Lfg. 31, 1997, VIII 92.

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(Mareva injunction) kann danach in den anderen Staaten des europäischen Rechtsraums für vollstreckbar erklärt werden, sofern sie nach Anhörung des Gegners erlassen wurde.23 Für Österreich wird die Ansicht vertreten, dass nur solche Maßnahmen anerkennungsfähig und vollstreckungsfähig sind, bei denen Bewilligung und Vollzug getrennt erfolgen.24 Im Anwendungsbereich von EuGVO bzw LugÜ sind Arrestbeschlüsse, die 18 ohne mündliche Verhandlung ergehen, zu vermeiden, wenn eine Vollziehung im Ausland erforderlich sein kann. Nach der Rechtsprechung des EuGH fallen diese unter Art 34 Nr 2 EuGVO bzw Art 27 Nr 2 LugÜ und können nicht vollstreckt werden.25 Wegen der Eilbedürftigkeit des Verfahrens gilt zwar die Einlassungsfrist des § 274 III ZPO im einstweiligen Rechtsschutz nicht26 und die Ladungsfrist des § 217 ZPO kann gemäß § 226 I ZPO verkürzt werden. Eine auf dieser Basis anberaumte baldige mündliche Verhandlung wird dennoch häufig den Anforderungen des Art 34 Nr 2 EuGVO bzw Art 27 Nr 2 LugÜ nicht genügen. Ob es sachgemäß ist, die mündliche Verhandlung als zwingendes Erfordernis einer Anerkennung zu behandeln, kann bezweifelt werden. Immerhin ist die Gewährung rechtlichen Gehörs ja auch in einem schriftlichen Verfahren möglich.27 Ein nach EuGVO bzw LugÜ sicher nicht überwindbares Vollstreckungshin- 19 dernis ist es aber, wenn auch die Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme nicht gewährt wird. § 921 I ZPO gestattet eine solche Entscheidung ohne Anhörung des Gegners nicht nur, die Praxis sieht sie sogar als den Normalfall an. Eine schriftliche Anhörung kommt nach verbreiteter Ansicht nur in Frage, wenn dadurch der Zweck des Arrestes nicht gefährdet wird.28 Solche Überraschungsentscheidungen können aber sinnvollerweise nur in dem Staat beantragt werden, in dem sie auch vollstreckt werden sollen. Besteht die Gefahr, dass ein im Ausland belegener Vermögensgegenstand der Vollstreckung entzogen wird, wenn der Schuldner angehört wird, empfiehlt es sich, im Staat der Belegenheit nach dortigem Prozessrecht besonders vorzugehen. 3. Staatsverträge Eine einheitliche Regelung zulässiger einstweiliger Maßnahmen enthält 20 Art 50 TRIPS-Übereinkommen vom 15.4.1994 (Abkommen über handelsbe_______________

23 OLG Karlsruhe FamRZ 2001, 1178; OLG Karlsruhe ZZPInt. 1996, 96 m Anm Zuckerman/Grunert; Koch, in: Schlosser, Materielles Recht und Prozessrecht, 1992 S 257; Stoll Schweiz. JZ 1996, 104. 24 Zeiler österr. JBl 1996, 635, 639ff. 25 AA Gronstedt S 74ff. 26 Thomas/Putzo/Reichold § 274 Rz 3 u § 922 Rz 1. 27 Für eine Anerkennung dieser Entscheidungen Spellenberg/Leible S 321. 28 MüKo/Heinze, 2. Aufl, § 921 ZPO Rz 4.

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Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

zogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums).29 Die Bestimmung lautet: „Artikel 50 1. Die Justizbehörden sind befugt, unverzügliche und wirksame einstweilige Maßnahmen anzuordnen: a) um die Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums zu verhindern, und insbesondere, um zu verhindern, dass Waren, einschließlich eingeführter Waren, unmittelbar nach der Zollabfertigung in die innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs liegenden Handelswege gelangen; b) um einschlägige Beweise im Zusammenhang mit der behaupteten Verletzung zu sichern. 2. Die Justizbehörden sind befugt, falls erforderlich, einstweilige Maßnahmen ohne Anhörung der anderen Partei zu treffen, insbesondere dann, wenn durch eine Verzögerung dem Inhaber des Rechts wahrscheinlich ein nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht oder wenn nachweislich die Gefahr besteht, dass Beweismaterial vernichtet wird. 3. Die Justizbehörden sind befugt, den Antragsteller aufzufordern, soweit zumutbar alle Beweismittel vorzulegen, um sich mit ausreichender Sicherheit davon überzeugen zu können, dass der Antragsteller der Inhaber des Rechts ist und dass das Recht des Antragstellers verletzt wird oder dass eine solche Verletzung droht, und den Antragsteller anzuweisen, eine Kaution zu stellen oder eine entsprechende Sicherheit zu leisten, die ausreicht, um den Antraggegner zu schützen und einem Missbrauch vorzubeugen. 4. Wenn einstweilige Maßnahmen ohne Anhörung der anderen Partei getroffen wurden, sind die betroffenen Parteien spätestens unverzüglich nach der Durchführung der Maßnahmen davon in Kenntnis zu setzen. Auf Antrag des Antraggegners findet eine Prüfung, die das Recht zur Stellungnahme einschließt, mit dem Ziel statt, innerhalb einer angemessenen Frist nach der Mitteilung der Maßnahmen zu entscheiden, ob diese abgeändert, widerrufen oder bestätigt werden sollen. 5. Der Antragsteller kann aufgefordert werden, weitere Informationen vorzulegen, die für die Identifizierung der betreffenden Waren durch die Behörde, die die einstweiligen Maßnahmen durchführt, notwendig sind. 6. Unbeschadet des Absatzes 4 werden aufgrund der Absätze 1 und 2 getroffene einstweilige Maßnahmen auf Antrag des Antragsgegners widerrufen oder auf andere Weise außer Kraft gesetzt, wenn das Verfahren, das zu einer Sachentscheidung führt, nicht innerhalb einer angemessenen Frist eingeleitet wird, die entweder von der die Maßnahme anordnenden Justizbehörde festgelegt wird, sofern dies nach dem innerstaatlichen Recht des Mitglieds zulässig ist, oder, wenn es nicht zu einer solchen Festlegung kommt, 20 Arbeitstage oder 31 Kalendertage, wobei der längere der beiden Zeiträume gilt, nicht überschreitet. 7. Werden einstweilige Maßnahmen widerrufen oder werden sie aufgrund einer Handlung oder Unterlassung des Antragstellers hinfällig oder wird in der Folge festgestellt, dass keine Verletzung oder drohende Verletzung eines Rechts des geistigen _______________

29 BGBl 1994 II, 1730; vgl C. Markfort, Geistiges Eigentum im Zivilprozess, 2001, S 122ff; Grosheide GRUR Int. 2000, 310; Hye-Knudsen, S 234ff.

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Autonomes deutsches Recht

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Eigentums vorlag, so sind die Justizbehörden befugt, auf Antrag des Antragsgegners den Antragsteller anzuweisen, dem Antragsgegner angemessenen Ersatz für den durch diese Maßnahme entstandenen Schaden zu leisten. 8. Soweit einstweilige Maßnahmen aufgrund verwaltungsrechtlicher Verfahren angeordnet werden können, entsprechen diese Verfahren im Wesentlichen den in diesem Abschnitt dargelegten Grundsätzen“.

Die Bestimmung sieht also a) (vorbeugende) Unterlassungsverfügungen und (b) Verfügungen zur Beweissicherung vor, regelt aber nicht im Einzelnen die Verfahrensmodalitäten für gerichtliche Rechtsbehelfe.30 Das autonome deutsche Recht der §§ 935, 940, 936 ZPO wird den Anforderungen des Art 50 TRIPS-Übereinkommen gerecht.31 Art 50 II TRIPS gibt dem Einzelnen aber innerstaatlich kein Recht, dass einstweilige Maßnahmen ohne Anhörung der Gegenpartei erlassen werden.32 Auch das deutsche Verfahren der selbständigen Beweisaufnahme soll den Anforderungen an die Beweissicherung genügen.33 Dies ist aber zweifelhaft, da Zwang nicht möglich ist und § 485 ZPO nicht alle verfügbaren Beweismittel erfasst. Zweifelhaft ist auch, ob das deutsche Recht ausreichende Möglichkeiten zur Durchsetzung von Besichtigungsansprüchen und zur Vorlage von Urkunden bereitstellt.34 Zur geplanten Reform im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes s u Rz 78 u. o § 9 Rz 18. Für den Arrest von Luftfahrzeugen ist das Abkommen vom 29.5.1933 zur 21 Vereinheitlichung der Regeln über die Sicherungsbeschlagnahme von Luftfahrzeugen35 zu beachten. Die Zuständigkeit für den Arrest in Seeschiffe richtet sich nach dem interna- 22 tionalen Übereinkommen vom 10.5.1952.36

III. Autonomes deutsches Recht 1. Schrifttum Ehricke, Zur teleologischen Reduktion des § 917 II ZPO, NJW 1991, 2189; Gaul, Ten- 23 denzen zur vorzeitigen Erlangung von Zahlungstiteln und einstweiliger Rechtsschutz, _______________

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EuGHE 2001, I-5851 (Schieving-Nijstad v Groeneveld) = GRURInt 2002, 41, 44. Vgl Markfort S 124ff, 138f. Schulte, Patentgesetz, 6. Aufl 2001, § 139 Rz 282; vgl auch EuGH (Fn 30) Rz 55. Markfort S 163ff. Markfort S 189f; krit Treichel GRUR Int 2001, 690. RGBl 1935 II, 301. BGBl 1972 II, 653; vgl S. Nieschulz, Der Arrest in Seeschiffe, 1997; Berlingieri, Arrest of Ships, 2. Aufl 1996; Herber, Seehandelsrecht, 1999 (§ 14, S 116ff); Puttfarken, Seehandelsrecht, 1997, 10. Kap, S 337ff; Kerameus, FS Nagel, S 133. Die Arrest Konvention 1999 ist von Deutschland noch nicht ratifiziert worden.

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Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

Festgabe Vollkommer, 2006, S 61; Gieseke, Neue Entwicklungen zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung im Europarecht, EWS 1994, 149; Gronstedt, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz, 1994; v Heintschel-Heinegg, Das Verfahren in Familiensachen, 8. Aufl 2006; Hornung, Auswirkungen der Einschränkung des Vermögensgerichtsstandes auf die internationale Zuständigkeit im dinglichen Arrestverfahren, ZVglRWiss 95 (1996), 305; Kropholler/Hartmann, Die Europäisierung des Arrestgrundes der Auslandsvollstreckung, FS Drobnig, 1998, S 337; C. Kurtz, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, 2004; Mankowski, Zum Arrestgrund der Auslandsvollstreckung in § 917 II ZPO, NJW 1992, 599; Mankowski/Kerfack, Arrest, einstweilige Verfügung und die Anwendung ausländischen Rechts, IPRax 1990, 372; Morbach, Einstweiliger Rechtsschutz in Zivilsachen, 1988; Pansch, Die einstweilige Verfügung zum Schutz geistigen Eigentums im grenzüberschreitenden Verkehr, 2003; Ress, Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung nach § 917 II ZPO und das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot, JuS 1995, 967; Rohe, Schadensfälle durch Zivilprozess, IPRax 1997, 14; Schuschke/ Walker, Vollstreckung und vorläufiger Rechtsschutz, Bd II, 2. Aufl 1999; Sessler, Die Anwendbarkeit des § 917 Abs 2 S 1 ZPO auf Urteile aus EuGVÜ-Staaten, WM 2001, 497; Thümmel, Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung im Fadenkreuz des Europäischen Rechts, EuZW 1994, 242; ders, Inlandsvermögen – Achillesferse des Arrestgrundes der Auslandsvollstreckung?, FS Rothoeft, 1994, S 97; ders, Einstweiliger Rechtsschutz im Auslandsrechtsverkehr, NJW 1996, 1930; G. Wagner, The purpose and importance of preliminary and summary procedures, in: Gilles/Pfeiffer, Prozessrecht und Rechtskulturen, 2004, S 69; Ch. Wolf, Sind auch ausländische Urteile Urteile im Sinne von § 917 Abs 1 ZPO?, FS Schütze, 1999, S 983.

2. Internationale Arreste a) Internationale Zuständigkeit 24 Nach autonomem deutschen IZPR richtet sich die internationale grundsätzlich nach der örtlichen Zuständigkeit (s o § 3 Rz 316ff). Das gilt auch für den einstweiligen Rechtsschutz. 25 Der Arrest kann nach § 919 ZPO sowohl beim Gericht der Hauptsache als auch bei dem Gericht beantragt werden, in dessen Bezirk sich der zu beschlagnahmende Gegenstand oder die in ihrer Freiheit zu beschränkende Person befindet. Aus § 919 ZPO folgt somit eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, wenn sich diese Anknüpfung im Inland befindet.37 26 Ist eine Hauptsache noch nicht anhängig, steht dem Antragsteller also die ganze Palette von Gerichtsständen der §§ 12ff ZPO zur Verfügung. Wichtigster Arrestgerichtsstand ist der des (Inlands-)Vermögens nach § 23 ZPO.38 Durch das Erfordernis eines „hinreichenden Inlandsbezuges“ (s o § 3 Rz 336) _______________

37 MüKo-ZPO/Heinze, 2. Aufl, § 919 Rz 3. 38 Vgl OLG Hamburg RIW 1990, 225; zur Belegenheit von Forderungen s Gronstedt S 32ff.

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ist mittelbar freilich auch die Hauptsachezuständigkeit nach § 919 (1. Alt) ZPO eingeschränkt worden, so dass vielfach nur die Belegenheitszuständigkeit nach § 919 (2. Alt) ZPO übrig bleibt.39 Eine ausschließliche Prorogation in der Hauptsache hat grds keine Wirkung für den einstweiligen Rechtsschutz.40 b) Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung Die ZPO hat in § 917 II einen besonderen Arrestgrund für Fälle mit Aus- 27 landsberührung. Das Erfordernis einer Auslandsvollstreckung stellt für sich bereits (als abstrakte Gefährdung) einen Arrestgrund dar. Deren Notwendigkeit entfällt, wenn der Schuldner ein zur Befriedigung des Gläubigers ausreichendes Inlandsvermögen besitzt und keine Gefahr der Vollstreckungsvereitelung besteht. Bei ausländischen Reedereien mit Liniendienst besteht idR kein Anlass eine Gefährdung anzunehmen.41 Der ausländische Wohnsitz oder Sitz des Schuldners allein genügt nicht für die Annahme des Arrestgrundes.42 Der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung (§ 917 II ZPO) war ursprünglich auch gegeben, wenn die Entscheidung in einem anderen Staat der Europäischen Union vollstreckt werden musste.43 Nachdem der EuGH am 10.2.199444 entschieden hat, dass § 917 II ZPO aF 28 bei einer Vollstreckung in einem anderen EU-Land dem Diskriminierungsverbot des Art 6 EGV widerspreche, wurde § 917 II durch S 2 ergänzt. Danach war der Arrestgrund der Auslandsvollstreckung im Anwendungsbereich von EuGVO bzw EuGVÜ/LugÜ nicht anwendbar. Durch Gesetz vom 4.11.2003 wurde § 917 II ZPO nochmals neu gefasst. 29 Nunmehr muss zur Notwendigkeit der Auslandsvollstreckung generell die fehlende Gegenseitigkeit hinzutreten. c) Weitere Arrestgründe Der „normale“ Arrestgrund der drohenden Vollstreckungsvereitelung oder 30 Erschwerung weist in internationalen Fällen keine Besonderheiten auf. Vorsicht ist allenfalls da geboten, wo ein Antragsteller versucht, sich durch einen Arrest in Deutschland vor Unzulänglichkeiten der heimischen Rechts_______________

39 40 41 42 43 44

Vgl Hornung ZVglRWiss 95 (1996), 305. Schack Rz 418; aA Gronstedt S 42ff. OLG Hamburg MDR 1971, 767; Thümmel, FS Rothoeft, 1994, S 97, 105. AA wohl Thümmel, FS Rothoeft, 1994, S 97, 108. Ehricke NJW 1991, 2189. EuGHE 1994, I-467 (Mund & Fester v Hatrex) = NJW 1994, 1271 = IPRax 1994, 439 (dazu Geiger S 415); Schlosser ZEuP 1995, 250; Ress JuS 1995, 967.

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ordnung zu schützen. Das Erfordernis der internationalen Zuständigkeit sollte hier aber genug Filterwirkung ausüben. 31 Durch die oben besprochene Entscheidung des EuGH ist es nicht ausgeschlossen, die Schwierigkeiten einer Auslandsvollstreckung als Arrestgrund nach § 917 I ZPO geltend zu machen. Anders als § 917 II ZPO erfordert § 917 I ZPO nämlich eine konkrete Vollstreckungserschwerung oder -vereitelung. Kann eine solche etwa aufgrund konkret zu erwartender Zeitverzögerung durch die notwendige Urteilsanerkennung oder bei der Aufspürung von Vermögen im Ausland glaubhaft gemacht werden, ist ein Arrestgrund gegeben, ohne dass ein Verstoß gegen Art 12 EGV nF vorläge.45 Hüten muss man sich aber davor, durch dieses Hintertürchen letztlich doch § 917 II ZPO anzuwenden; das Erfordernis der Glaubhaftmachung einer konkreten Vollstreckungsvereitelung ist also sehr ernst zu nehmen. 32 Lediglich subsidiär zulässig ist der persönliche Arrest, § 918 ZPO.46 Er ist auch gegen Ausländer zulässig, Art 26 HZÜ 1954 schränkt seine Zulässigkeit nicht ein.47 d) Der Arrestanspruch 33 Für den Arrestanspruch gelten die Regeln des IPR. Das bedeutet, dass die Gerichte auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eventuell ausländisches Recht anzuwenden haben.48 Die Einholung von Gutachten zum ausländischen Recht sind ein Grund für die häufig längere Prozessdauer internationaler Verfahren, begründen also gerade das Interesse für einstweiligen Rechtsschutz. 34 Daraus folgerten manche Gerichte, dass im einstweiligen Rechtsschutz ausländisches Recht eben doch nicht anzuwenden sei.49 Diese Lösung ist jedenfalls nicht mehr zeitgemäß; sie wird so pauschal wohl auch nicht mehr vertreten. Stattdessen wird in manchen jüngeren Entscheidungen dem Antragsteller die Glaubhaftmachungslast für das ausländische Recht auferlegt. Gelingt ihm das nicht, wird die deutsche lex fori angewandt.50 35 Diese Anwendung des § 294 ZPO auf ausländisches Recht lässt sich damit rechtfertigen, dass § 293 ZPO ausländisches Recht ähnlich wie Tatsachen behandelt. Gleichwohl ist zu fordern, dass der Richter über die von den Par_______________

45 46 47 48 49

Vgl Ress JuS 1995, 968, 971; Schuschke/Walker § 917 Rz 6a. Thomas/Putzo/Reichold § 918 Rz 1. MüKo-ZPO/Heinze, 2. Aufl, § 918 Rz 7. Spellenberg/Leible S 317. OLG Karlsruhe IPRspr. 1975 Nr 48 = StAZ 1976, 19; IPRspr. 1972 Nr 64a und b; OLG Hamburg IPRspr. 1968/69 Nr 101. 50 OLG Hamburg VersR 1989, 1164; OLG Frankfurt NJW 1969, 991, 992; MüKoZPO/Heinze § 920 Rz 18.

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teien beigebrachten hinaus die Erkenntnisquellen nutzt, die ihm unter Berücksichtigung der Eilbedürftigkeit zur Verfügung stehen.51 Die von § 293 ZPO eingeräumte Befugnis zu eigenen Ermittlungen ist längst als Verpflichtung zu interpretieren.52 Von den Parteien ist gleichzeitig zu verlangen, dass sie, schon im eigenen Interesse, das Gericht unterstützen, zB durch Beibringung eines Parteigutachtens.53 Die Anwendung der lex fori als Ersatzrecht muss extremen Ausnahmefällen 36 vorbehalten bleiben.54 Will das Gericht die lex fori anwenden, muss es besonders begründen, warum das Risiko einer Fehlentscheidung aufgrund einer unterschiedlichen Rechtslage im Ausland geringer erscheint, als das Risiko des Rechtsverlustes während der Zeit, die bis zur Ermittlung des ausländischen Rechts, regelmäßig also bis zur Einholung eines Gutachtens verstreicht.55 Auch bei der Anordnung der Sicherungsmittel sollte das Gericht im Rahmen seines Ermessens besondere Vorsicht walten lassen. In Fällen der Leistungsverfügung (im Einzelnen dazu unten), bei denen also notwendig die Hauptsache vorweggenommen wird, ist die Anwendung der lex fori als Ersatzrechtsordnung grundsätzlich abzulehnen. e) Arrestverfahren Die ZPO lässt für die Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz verschiedene 37 Vereinfachungen gegenüber dem Hauptsacheverfahren zu. Zu nennen sind hier insbesondere der Wegfall der Einlassungsfrist des § 274 III ZPO,56 die mögliche Verkürzung der Ladungsfrist nach § 226 I ZPO und, als wichtigste Besonderheit, das Absehen von der mündlichen Verhandlung nach § 921 I ZPO. Diese gelten grundsätzlich auch in internationalen Fällen, da das Prozessrecht der lex fori Anwendung findet.57 Zu beachten ist allerdings, dass manche dieser Vereinfachungen zu Schwierigkeiten bei der Anerkennung der Arrestentscheidung im Ausland führen können. Die Auswirkung verschiedener Möglichkeiten der Verfahrensvereinfachung auf die Vollstreckbarkeit im Ausland muss daher in die gerichtliche Ermessensentscheidung einfließen, wie das Verfahren zu gestalten ist. _______________

51 So auch MüKo-ZPO/Heinze, 2. Aufl, § 920 Rz 18. 52 Zöller/Geimer § 293 Rz 19; Schack Rz 627; Schütze WM 1980, 1438, 1440. 53 BGH NJW 1976, 1581, 1583; OLG Frankfurt MDR 1983, 410: Stein/Jonas/Grunsky § 920 Rz 8. 54 So auch Spellenberg/Leible S 318. 55 So wohl auch Schack Rz 627. 56 Thomas/Putzo/Reichold § 274 Rz 3 und § 922 Rz 1; Schellhammer, Zivilprozess, 10. Aufl, Rz 1913; Schuschke/Walker § 921 Rz 2. 57 Spellenberg/Leible S 320.

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38 Andere Abweichungen des einstweiligen Rechtsschutzes vom Normalverfahren sind dagegen auch mit Blick auf eine eventuelle Auslandsvollstreckung unproblematisch und gelten uneingeschränkt auch in internationalen Fällen. Auch in Fällen mit Auslandsbezug herrscht nach §§ 920 III, 78 III ZPO kein Anwaltszwang. 39 Auch ein ausländischer Antragsteller muss in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes keinen Gerichtskostenvorschuss einzahlen, weil diese Verfahren in § 12 I GKG nicht aufgeführt sind. Umstritten ist allerdings, ob eine Ausländersicherheit nach § 110 ZPO zu leisten ist. Die wohl hM lehnt das allerdings ab, solange nicht mündlich verhandelt wird.58 Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Staat des europäischen Rechtsraums sind nach § 110 I ZPO in jedem Fall von der Pflicht zur Sicherheitsleistung befreit (s o § 4 Rz 60). f) Arrestvollziehung 40 Der Territorialitätsgrundsatz schließt nicht aus, dass eine deutsche Arrestentscheidung gegenüber einem ausländischen Arrestgegner im Inland vollzogen werden kann. Nach der deutschen ZPO kann mittels Arrestpfändung durchaus auf Vermögen eines Ausländers zugegriffen werden, selbst wenn die internationale Zuständigkeit zum Erlass des Arrestes nur auf § 23 ZPO beruht. Schwierigkeiten ergeben sich aber, wenn der Arrestbefehl mit der Pfändungsanordnung (bezüglich des im Inland belegenen Gegenstandes) ins Ausland zugestellt werden muss. Wegen der damit verbundenen Beschlagnahmewirkung, so eine solche Zustellung unzulässig sein.59 41 Eindeutig ist in jedem Fall, dass ein deutsches Gericht nicht durch Arrestpfändung einen im Ausland belegenen Gegenstand pfänden kann. 42 Besonderheiten bei der Arrestvollziehung im Ausland können sich auch dann ergeben, wenn Dritte beteiligt sind, etwa die kontoführende Bank oder ein sonstiger Drittschuldner. Hier ist in der Regel eine Beteiligung des betroffenen Dritten am Arrestverfahren erforderlich,60 jedenfalls aber eine Zustellung an ihn. Ein Auslandsbezug mit den damit verbundenen Schwierigkeiten kann also allein darauf beruhen, dass ein Drittschuldner im Ausland sitzt.

_______________

58 OLG Köln ZIP 1994, 326; Thomas/Putzo/Hüßtege, 27. Aufl, § 110 Rz 3; Zöller/ Herget, 25. Aufl, § 110 Rz 3; aA Schütze, IZPR, Rz 423 (nur solange kein Antrag gestellt wird). 59 Vgl Gronstedt S 124ff; Schütze, IZPR, Rz 432. 60 Koch, in: Heldrich/Kono, S 90.

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Bilaterale Verträge befassen sich mit dem Arrest nur in wenigen Fällen. 43 Viele bilaterale Vollstreckungsabkommen schließen Arrest und einstweilige Verfügungen ausdrücklich aus ihrem Anwendungsbereich aus (vgl Art 12 deutsch-italienisches Abkommen vom 3.9.1936; Art 14 deutsch-österreichischer Vertrag vom 6.6.1959; Art I [3] deutsch-britisches Abkommen vom 14.7.1960; Art 17 I Nr 2 deutsch-griechischer Vertrag vom 4.11.1961; Art 3 Nr 5 deutsch-spanischer Vertrag vom 14.11.1983). Moderner ist insoweit nur der deutsch-niederländische Vertrag vom 30.8.1962, der Arreste und einstweilige Verfügungen in Art 1 (2) ausdrücklich als anerkennungsfähige Entscheidungen aufzählt. Die Arrestvollziehung richtet sich auch dann nach autonomem Recht. 3. Internationale einstweilige Verfügungen Entsprechend der Systematik der ZPO gilt auch in dieser Darstellung für die 44 einstweilige Verfügung im Wesentlichen das für den Arrest Gesagte. a) Internationale Zuständigkeit Die (internationale, örtliche und sachliche) Zuständigkeit für den Erlass einer einstweiligen Verfügung folgt aus § 937 I ZPO.61 Hierfür gilt alles zu § 919 1. Alt. ZPO Gesagte entsprechend (s o Rz 6ff), gerade auch bezüglich des Verhältnisses zur Zuständigkeitsordnung der EuGVO bzw des LugÜ. Hinsichtlich einstweiliger Verfügungen in Bezug auf den Besitz oder die Pacht von Grundstücken sind die Gerichte des Lagestaates ausschließlich zuständig (Art 22 Nr 1 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ; §§ 24, 29a ZPO).62 Soweit die Parteien eine Schiedsabrede getroffen haben, bestimmt der Sitz des Schiedsgerichts den Ort des Gerichts der Hauptsache.63 Daneben treten noch die Zuständigkeiten des § 942 ZPO. Bei § 942 I ZPO 45 fragt sich, ob dieser doppelfunktional ist, also eine internationale Zuständigkeit begründen kann, wenn Gericht der Hauptsache ein ausländisches Gericht ist. Problematisch erscheint das deshalb, weil die Norm vorauszusetzen scheint, dass das Gericht der Hauptsache auf Basis der gleichen Verfahrensordnung entscheidet. § 942 I schreibt zwingend eine Anordnung eines Rechtfertigungsverfahrens vor, das vom Hauptsachegericht durchzuführen ist. Gleichwohl wird die Ansicht vertreten, auch § 942 I ZPO begründe eine internationale Zuständigkeit, ohne dass jedoch das Problem des Rechtfertigungsverfahrens erörtert würde.64 Eingeschränkt wird § 942 I ZPO _______________

61 62 63 64

Vgl Gronstedt S 288ff; Schuschke/Walker § 937 Rz 1. OLG Düsseldorf IPRax 2000, 547. OLG Hamburg RIW 1996, 857. Geimer RIW 1975, 81, 86; Eilers S 11; Spellenberg/Leible S 310; Zöller/Vollkommer, 25. Aufl, § 937 Rz 1.

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nur insoweit, als die gewöhnlichen Verzögerungen einer Rechtsverfolgung im Ausland nicht ausreichen können, um die besondere Dringlichkeit zu begründen, die für eine Zuständigkeit nach § 942 I ZPO erforderlich ist.65 Dem kann nicht zugestimmt werden. § 942 I ZPO ist nicht doppelfunktional. Vielmehr setzt er eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aufgrund von § 937 I zwingend voraus. Diese wird in der Regel auch bestehen, da die Hauptsachezuständigkeit hier ja autonom bestimmt werden kann. Ansonsten müsste nämlich das Amtsgericht der Belegenheit des Streitgegenstandes dem Antragsteller eine Frist zur Fortsetzung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens im Ausland setzen. Das ist schon allein deshalb nicht möglich, weil ausländische Gerichte nicht zur Kooperation verpflichtet werden können. 46 Vertretbar ist eine internationale Zuständigkeit daher allenfalls bei § 942 II ZPO, der ein Rechtfertigungsverfahren nicht zwingend vorschreibt. Tatsächlich ist hier die Anwendung als internationale Zuständigkeitsnorm allerdings vor allem deshalb weniger problematisch, weil bei grundstücksbezogenen Ansprüchen eine ausländische Hauptsachenzuständigkeit wenig wahrscheinlich ist, zumindest aber das ausländische Gericht deutsches materielles Recht anwenden müsste. b) Vollzug der einstweiligen Verfügung 47 Auch eine einstweilige Verfügung muss nach §§ 936, 929 II ZPO innerhalb eines Monats vollzogen werden.66 Soweit es dazu einer Auslandszustellung an den Verfügungsschuldner bedarf, wird die Monatsfrist durch den Antrag auf Auslandszustellung gewahrt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt (vgl § 167 ZPO).67 Diese Zustellung ist keine Vollstreckungsmaßnahme iS der Art 38ff EuGVO bzw Art 31ff LugÜ, selbst wenn in der Verfügung bereits gemäß § 890 II ZPO Ordnungsmittel angedroht werden.68 c) Schadenersatz nach § 945 ZPO 48 Erweist sich die einstweilige Verfügung als ungerechtfertigt, so hat der Gegner einen entstandenen Vollziehungsschaden zu ersetzen. Ein solcher entsteht aber nach Ansicht des BGH nur, wenn der Verfügungskläger mit der Vollziehung begonnen hatte. Enthalte eine Unterlassungsverfügung keine Androhung von Zwangsmitteln nach § 890 ZPO, so sei dies nicht der Fall, selbst wenn deren Androhung nur wegen des Auslandssitzes des Antrags_______________

65 66 67 68

Eilers S 11; Spellenberg/Leible S 310. Vgl Gronstedt S 313ff. KG IPRax 2001, 236 (dazu Mennicke S 202); Schütze, IZPR, Rz 434. KG IPRax 2001, 236; vgl aber Schütze, IZPR, Rz 432.

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gegners unterlassen wurde. Die bloße Parteizustellung der einstweiligen Verfügung ohne deren Vollstreckbarerklärung im Sitzstaat des Gegners löst daher keinen Ersatzanspruch aus.69 d) Besondere Probleme der Befriedigungsverfügung In Abweichung von dem Grundsatz, dass eine Entscheidung im einstweili- 49 gen Rechtsschutz die Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, hat die Rechtsprechung die sog Befriedigungsverfügung entwickelt. Hauptfall ist die Leistungsverfügung im Unterhalts- oder Schadenersatzrecht. Ähnlich zu behandeln ist die Unterlassungsverfügung im Wettbewerbs- und Presserecht.70 Die Befriedigungsverfügung ist problematisch, weil sie in einem summari- 50 schen Verfahren ergeht, dennoch aber über eine bloße Sicherung des Antragstellers hinausgeht.71 Die zumindest faktische Endgültigkeit solcher Verfügungen lässt die im einstweiligen Rechtsschutz bestehenden Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung in einem anderen Licht erscheinen, weil sie zwangsläufig zu einer Verkürzung des rechtlichen Gehörs führen und das Gericht auf weniger sicherer Tatsachengrundlage entscheidet. Umgekehrt führt in bestimmten Situationen eine Verweisung auf das Hauptverfahren faktisch zu einer Verweigerung des Rechtsschutzes. Innerhalb des EuGVObzw LugÜ-Systems hat der EuGH die Zulässigkeit von Leistungsverfügungen in Staaten, in denen keine Hauptsachezuständigkeit nach europäischem Recht besteht, stark eingeschränkt (s o Rz 8, 15). Dieser Konfliktlage wird Rechnung getragen, indem nur unter besonders 51 strengen Voraussetzungen eine solche Befriedigungs- oder Unterlassungsverfügung zugelassen wird. Es bestehen in derartigen Fällen gesteigerte Anforderungen an den Verfügungsgrund. Eine Zahlungspflicht kann durch einstweilige Verfügung nur (zeitlich befristet) angeordnet werden, wenn der Unterhaltsberechtigte auf die Zahlung dringend angewiesen ist.72 Darüber hinaus muss dem Antragsteller von Amts wegen aufgegeben wer- 52 den, binnen einer in der Arrestentscheidung zu bestimmenden Frist die Hauptsache anhängig zu machen, sofern sie nicht schon anhängig ist.73 Im Rahmen der Anerkennung ausländischer Entscheidungen sind Leistungs- 53 verfügungen dagegen einfacher zu handhaben, als „normale“ Sicherungs- oder Regelungsverfügungen. Die Tatsache nämlich, dass es sich um endgültige Entscheidungen handelt, macht Befriedigungsverfügungen nach zahlreichen _______________

69 70 71 72 73

BGH IPRax 1997, 36 (krit. Rohe S 14). Spellenberg/Leible S 295. MüKo/Heinze, 2. Aufl, § 938 ZPO Rz 16. Thomas/Putzo/Reichold § 940 Rz 9. MüKo/Heinze, 2. Aufl, § 938 ZPO Rz 19.

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bi- und multilateralen Abkommen anerkennungsfähig, sobald sie formell rechtskräftig sind (in materielle Rechtskraft erwachsen dagegen Befriedigungsverfügungen nicht). Auch das deutsche Recht erkennt lediglich solche endgültigen Regelungen in summarischen Verfahren an, während andere ausländische Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz nicht anerkennungsfähig sind (s im Einzelnen u Rz 80, 82). Zum Teil beschränkt sich die Anerkennung allerdings auf die unterhaltsrechtlichen Leistungsverfügungen (vgl Art 17 II deutsch-griechischer Vertrag vom 4.11.1961). 4. Einstweilige Anordnungen im Familienrecht 54 Die wichtigsten einstweiligen Maßnahmen neben Arrest und einstweiliger Verfügung sind die einstweiligen Anordnungen im Familienrecht. In diesem Bereich ist das autonome deutsche Recht von zahlreichen internationalen Abkommen überlagert. Viele dieser Verfahren zählen aber zur freiwilligen Gerichtsbarkeit und sind somit nicht Gegenstand dieser Darstellung. Allerdings soll auf Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit dennoch eingegangen werden, soweit sie zum Scheidungsverbund zählen oder im Zusammenhang mit Scheidungsverfahren stehen. a) Internationale Zuständigkeit 55 Für Verfahren zur Ehescheidung und über die elterliche Verantwortung sieht Art 20 EheGVO vor, dass die Gerichte eines Mitgliedstaates einstweilige Maßnahmen nach ihrem jeweiligen Recht erlassen können, und zwar (1) immer, wenn eine internationale Zuständigkeit nach Art 3ff, 8ff EheGVO besteht, oder (2) darüber hinaus in dringenden Fällen in Bezug auf die in dem betreffenden Staat befindlichen Personen oder Vermögensgegenstände. In diesem Fall sowie außerhalb des Anwendungsbereichs der EheGVO ergibt sich die internationale Zuständigkeit auch für den Erlass einstweiliger Anordnungen nach § 620 ZPO aus § 606a ZPO. § 620 ZPO betrifft aber nur die sog abhängigen Verfahren, die die Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens voraussetzen. 56 Ist ein Scheidungsverfahren noch nicht anhängig, können Ansprüche, die in einem ZPO-Familienverfahren zu verfolgen sind, durch einstweilige Verfügung gesichert werden. Sobald ein Scheidungsverfahren anhängig ist, bzw ein Prozesskostenhilfeantrag gestellt ist, gehen die einstweiligen Anordnungen als speziellerer Rechtsbehelf vor, nach Rechtskraft der Scheidung ist wiederum eine einstweilige Verfügung denkbar. Nach dem FGG können in selbständigen Verfahren vorläufige Anordnungen ergehen.

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b) Die einzelnen Familiensachen (1) Elterliche Verantwortung Innerhalb der EU (ohne Dänemark) gelten für Verfahren über die elterliche 57 Verantwortung die Art 8ff EheGVO. Danach sind grundsätzlich die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig, in dem das Kind bei Antragstellung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art 8 I EheGVO). Bei einem rechtmäßigen Umzug ins Ausland bleiben die Gerichte des früheren Aufenthaltsstaates noch drei Monate lang zuständig (Art 9 I EheGVO). Bei einer Kindesentführung bleiben die Gerichte des bisherigen Aufenthaltsstaates zuständig, bis alle Sorgeberechtigten dem neuen Aufenthalt zugestimmt haben oder sich das Kind wenigstens ein Jahr in dem neuen Staat aufhält, ohne dass ein Rückgabeantrag gestellt wurde (Art 10 EheGVO). Über einen Antrag auf Rückgabe eines entführten Kindes haben die Gerichte des neuen Aufenthaltsstaates mit „der gebotenen Eile“ und nach „dem zügigsten Verfahren des nationalen Rechts“ zu entscheiden (Art 11 III EheGVO). Einzelheiten des Verfahrens sind in Art 12f HKEntfÜ und in Art 11 II–VIII EheGVO geregelt. Die elterliche Sorge ist nach § 1671 BGB im Scheidungsfall und nach § 1672, 58 1671 BGB für das Getrenntleben der Eltern in einem FGG-Verfahren zu regeln, § 621 I Nr 1, 621a I ZPO. Gleiches gilt für den Herausgabeanspruch des Sorgeberechtigten aus § 1632 BGB und das Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils aus § 1634 BGB. Eine vorläufige Regelung kann nach § 620 S 1 Nr 1–3 ZPO durch einstweilige Anordnung im Scheidungsverfahren erfolgen. Ist ein Scheidungsverfahren nicht anhängig, so kann eine vorläufige Anordnung nach FGG ergehen.74 In internationalen Fällen besteht eine Eilzuständigkeit nach Art 20 I EheGVO. Das Gericht erlässt in dringenden Fällen Maßnahmen zum Schutz von Personen oder Sachen in dem betreffenden Staat nach seinem eigenen Recht. Außerhalb des Anwendungsbereichs der EheGVO besteht eine Eilzuständigkeit nach Art 9 MSA; das Gericht erlässt seine Maßnahmen nach der lex fori.75 (2) Unterhalt Im Bereich des Unterhaltsrechts unterscheiden sich die einstweilige Anord- 59 nung nach §§ 620 S 1 Nr 6, 644 ZPO und die einstweilige Verfügung nicht nur durch den unterschiedlichen zeitlichen Anwendungsbereich. Seitdem § 644 ZPO (seit 1.7.1998) einstweilige Anordnungen für den Kindesunterhalt, den Ehegattenunterhalt und die Unterhaltsansprüche der mit dem _______________

74 Palandt/Diederichsen, 65. Aufl, Einf v § 1626 Rz 5. 75 Staudinger/Kropholler (2003), Vorbem zu Art 19 EGBGB Rz 493ff.

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Mann nicht verheirateten Mutter vorsieht, sobald eine entsprechende Hauptsacheklage anhängig oder ein entsprechender PKH-Antrag gestellt ist, steht nur noch dieser Weg zur Verfügung. Eine Leistungsverfügung nach §§ 938, 940 ZPO kann nur noch beantragt werden, wenn ausnahmsweise das Anhängigmachen der Hauptsache unmöglich oder unzumutbar ist.76 60 Soweit eine einstweilige Verfügung auf Leistung von Unterhalt noch ausnahmsweise in Betracht kommt, kann mit ihr nur der sog Notunterhalt durchgesetzt werden. Dieser bemisst sich nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) oder der Lebensstellung des Bedürftigen (§ 1610 I BGB), sondern grundsätzlich nach dem Existenzminimum bzw dem akuten Bedarf. Die einstweilige Verfügung ist zeitlich (idR auf 6 Monate) zu begrenzen.77 Die Gewährung von Notunterhalt im einstweiligen Rechtsschutz ist der klassische Fall der Befriedigungsverfügung, weil die strengen Voraussetzungen notwendig bedingen, dass mit dem sofortigen Verbrauch auch ein Wegfall der Bereicherung (§ 818 III BGB) eintritt. Durch einstweilige Anordnung kann dagegen sowohl beim Kindes- als auch beim Trennungsunterhalt eine Regelung getroffen werden, die der tatsächlichen Unterhaltspflicht nach § 1578 I bzw § 1610 I BGB entspricht. (3) Ehewohnung, Hausrat, Gegenstände des persönlichen Gebrauchs, Kontaktverbote 61 Einstweilige Anordnungen zur Regelung der Benutzung der Ehewohnung und des Hausrats können, während ein Scheidungsverfahren anhängig ist, aufgrund von § 620 S 1 Nr 7, sonst aufgrund von § 13 IV HausratsVO getroffen werden. Die Verfahrensnormen der HausratsVO (§§ 11–23) sind auch dann anwendbar, wenn sich die materielle Rechtslage nicht nach deutschem Recht richtet, weil insoweit die lex fori gilt.78 Für das materielle Recht war umstritten, ob auf die Zuteilung der Ehewohnung und die Hausratsverteilung das Scheidungs- bzw Ehewirkungsstatut nach Art 14, 17 EGBGB79 oder das Unterhaltsstatut nach Art 1880 anzuwenden ist. Für die im Inland belegene Ehewohnung und den im Inland belegenen Hausrat und persönliche _______________

76 OLG Nürnberg NJW 1998, 3787; OLG Köln FamRZ 1999, 661; v HeintschelHeinegg, Verfahren in Familiensachen, 6. Aufl, Rz 393; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl, § 644 Rz 3. 77 MüKo/Heinze, 2. Aufl, § 938 ZPO Rz 18. 78 MüKo/Müller-Gindullis, 4. Aufl, Vor § 1 HausratsV Rz 15. 79 So OLG Hamm FamRZ 1998, 1530; Palandt/Heldrich, 65. Aufl, Art 17 EGBGB Rz 17; Staudinger/Mankowski, 14. Bearb 2003, Art 14 EGBGB Rz 272. 80 So OLG Hamm FamRZ 1989, 621, 622; OLG Stuttgart NJW RR 1991, 591, 592 = FamRZ 1990, 1354, 1355; MüKo/Müller-Gindullis, Vor § 1 HausratsV Rz 14; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl, Art 14 EGBGB Rz 5.

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Kontaktverbote hat der Gesetzgeber mit Art 17a EGBGB81 eine eindeutige Regelung geschaffen, in der er auf das deutsche Sachrecht verweist. Nicht zum Hausrat zählen Gegenstände, die zum persönlichen Gebrauch 62 eines einzelnen Familienmitglieds bestimmt sind, insb Ausweise, Urkunden, Kleidung oder Schmuck.82 Während der Anhängigkeit eines Scheidungsverfahrens kann die Herausgabe solcher Gegenstände aufgrund von § 620 S 1 Nr 8 ZPO angeordnet werden. Materielle Anspruchsgrundlage kann § 985 BGB sein. Der Herausgabeanspruch ist jedoch von der Eigentumslage unabhängig. Die verfahrensrechtliche Regelung dient in Fällen, in denen der Nichteigentümer die Herausgabe beantragt, zugleich als materiellrechtliche Anspruchsgrundlage.83 Problematisch ist das allerdings dann, wenn deutsches materielles Recht nicht anzuwenden ist. Diese Fälle sind jedoch zumindest dann selten, wenn man auch diese Herausgabepflicht zum Unterhaltsrecht zählt. Nach anderer Ansicht ergibt sich der Herausgabeanspruch bei einem Ehegatten vor der Rechtskraft der Scheidung aus § 1353 BGB, bei einem Kind aus § 1601 BGB.84 Als Nebenentscheidung zu einer Anordnung der Herausgabe eines Kindes kann eine einstweilige Anordnung der Herausgabe der zum persönlichen Gebrauch des Kindes bestimmten Sachen auch aufgrund von § 50d FGG ergehen. Nach dem neu eingefügten § 620 Nr 9 ZPO kann das Gericht bei gemein- 63 samem Haushalt auch Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt und Nachstellungen (§ 1 GewSchG) treffen sowie anordnen, dass die gemeinsam benutzte Wohnung dem Antragsteller zur Alleinbenutzung überlassen wird (§ 2 GewSchG). (4) Prozesskostenvorschuss Zur Durchsetzung eines Anspruchs auf Leistung eines Prozesskostenvor- 64 schusses stellt § 127a ZPO für Unterhaltssachen eine eigene Rechtsgrundlage zum Erlass einstweiliger Anordnungen bereit. Für Ehesachen und Folgesachen kann eine Anordnung nach § 620 S 1 Nr 9 ZPO ergehen. Der Anspruch auf Gewährung eines Prozesskostenvorschusses kann aber in Unterhaltssachen nie durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden, weil insoweit § 127a ZPO immer spezieller ist.85 Für FG-Familiensachen ergehen einstweilige Anordnungen auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses aufgrund von § 621f ZPO. _______________

81 82 83 84 85

Eingefügt durch Gesetz vom 11.12.2001 (BGBl I 3513). Thomas/Putzo/Hüßtege § 620 Rz 24; v Heintschel-Heinegg, 6. Aufl, Rz 461. v Heintschel-Heinegg Rz 461. Naturalunterhalt; vgl MüKo/Finger § 620 ZPO Rz 86. Zöller/Philippi, 25. Aufl, § 620 Rz 30.

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65 Sofern materielles deutsches Recht anwendbar ist, ergibt sich der materiellrechtliche Anspruch auf einen Prozesskostenanspruch gegen den Ehegatten während der Ehe aus § 1360a IV BGB, während des Getrenntlebens aus §§ 1361 IV S 4, 1360a IV BGB. Nach der Scheidung gibt es nach deutschem Recht keinen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss mehr.86 Im Eltern-KindVerhältnis zählt ein Prozesskostenvorschuss zum angemessenen Unterhalt nach § 1610 BGB, Anspruchsgrundlage ist demnach § 1601 BGB.87 Diese Anspruchsgrundlagen beschränken sich, anders als § 127a ZPO, nicht auf Unterhaltsstreitigkeiten, sondern gelten allgemein. 66 Einschlägige Kollisionsnorm für den Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ist Art 18 EGBGB, da der Prozesskostenvorschuss zum Unterhaltsrecht gehört (s o § 4 Rz 122ff). Es ist nicht einfach, an die lex fori als Prozesskostenhilfestatut anzuknüpfen.88 Nach Art 18 EGBGB ist deutsches Recht grundsätzlich immer dann einschlägig, wenn der Unterhaltsgläubiger in Deutschland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte allein, weil der Unterhaltsschuldner einen Gerichtsstand im Inland hat (eventuell lediglich den des Vermögens nach § 23 ZPO), ist also der materielle Anspruch nach ausländischem Recht festzustellen, während sich an den Verfahrensnormen nichts ändert. 67 Die Qualifikation des Prozesskostenvorschusses als Unterhalt begründet grundsätzlich auch die Anwendbarkeit der EuGVO bzw des LugÜ, weil Unterhaltsstreitigkeiten, wie sich aus Art 5 Nr 2 EuGVO bzw LugÜ ersehen lässt, im Anwendungsbereich der europäischen Regelung liegen. Das würde eventuell zu einer sog Verbundsspaltung führen, also zu einer Herauslösung der Unterhaltsentscheidung aus dem Scheidungsverbund. Das wäre jedenfalls für den Prozesskostenvorschuss deshalb unsinnig, weil er ja idR gerade für das Scheidungsverfahren beantragt wird. Zumindest eine einstweilige Anordnung ist aber dennoch nach § 620 Nr 9 ZPO im Verbund möglich, weil insoweit Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ einschlägig ist.89 (5) Zugewinnausgleich 68 Der Zugewinnausgleich ist im Katalog des § 620 ZPO nicht enthalten, so dass auf dieser Grundlage einstweilige Anordnungen nicht möglich sind. Die Sicherung des Anspruchs auf Zugewinnausgleich muss grundsätzlich durch Arrest geschehen.90 Das ist unbestritten nach Rechtskraft der Scheidung.91 _______________

86 87 88 89 90

BGHZ 89, 33 = FamRZ 1984, 465; Palandt/Diederichsen, 65. Aufl, § 1578 Rz 45. MüKo/Born, 4. Aufl 2002, § 1610 Rz 156. Rahm/Künkel/Breuer, Hdb. d. Familiengerichtsverfahrens, 4. Aufl 1997, VIII 93. Vgl dazu Renke FuR 1990, 149ff. v Heintschel-Heinegg, Das Verfahren in Familiensachen, 8. Aufl, Rz 390; Palandt/ Brudermüller, 65. Aufl, § 1389 Rz 1. 91 v Heintschel-Heinegg Rz 392.

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Ist ein Scheidungsverfahren anhängig oder ein Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich gestellt, gewährt § 1389 BGB einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Sicherheitsleistung. Umstritten ist deshalb, ob daneben ein Arrest oder eine einstweilige Verfügung möglich ist. Die Rechtsprechung versagt mehrheitlich eine unmittelbare Sicherung des Ausgleichsanspruchs nach § 1378 I BGB und verweist den ausgleichsberechtigten Ehegatten auf eine einstweilige Verfügung.92 Darüber hinaus sind einstweilige Anordnungen nach § 53 III FGG möglich. 69 Zwar ist das Ausgleichsverfahren insgesamt ein Antragsverfahren, es ist aber nicht zwingend ein eigener Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlich. Das Gericht kann in seinem Ermessen auch von Amts wegen solche Anordnungen treffen, was jedoch nur selten angebracht sein wird.93 § 53a III FGG erlaubt auch einstweilige Maßnahmen zugunsten des Ausgleichspflichtigen,94 dagegen ist eine Befriedigungsanordnung keinesfalls möglich.95 (6) Unterhalt im Kindschaftsprozess Sobald ein Rechtsstreit auf Feststellung des Bestehens der Vaterschaft in 70 Deutschland anhängig ist oder ein entsprechender PKH-Antrag eingereicht ist, können Kind und Mutter nach § 641d ZPO bei Gericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragen, die den Unterhalt für Kind und Mutter regelt. Das Gericht kann Zahlung oder Sicherheitsleistung anordnen und die Höhe des Unterhalts regeln. 5. Selbständiges Beweisverfahren Schrifttum: Ahrens, Grenzüberschreitende selbständige Beweisverfahren, FS Schütze, 71 1999, S 1; L. Dörschner, Beweissicherung im Ausland, 2000 (Deutschland, Schweiz, Frankreich); Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland und ihre Verwendung im deutschen Zivilprozess, 2002; Gronstedt, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz, 1994, S 172ff, 216ff; N. v. Hartz, Beweissicherung im gewerblichen Rechtsschutz und Verkehrsrecht, Diss Freiburg 2003/04; Mankowski, Selbständige Beweisverfahren und einstweiliger Rechtsschutz in Europa, JZ 2005, 1144; Meilicke, Beweissicherungsverfahren bei Auslandssachverhalten, NJW 1984, 2017; Stürner, Das ausländische Beweissicherungsverfahren, IPRax 1984, 299; Wussow, Zur Sachverständigentätigkeit im Ausland bei anhängigen (deutschen) Beweissicherungsverfahren, FS Korbion, 1986, S 493.

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92 93 94 95

OLG Koblenz FamRZ 1999, 97; KG FamRZ 1994, 1478. Keidel/Kuntze § 53a Rz 10. Keidel/Kuntze § 53a Rz 10. Keidel/Kuntze § 53a Rz 10.

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a) Inländisches Beweissicherungsverfahren für Beweismittel im Ausland 72 Grenzüberschreitende selbständige Beweisverfahren nach §§ 485ff ZPO waren bisher selten. Denn generell war es einfacher, die Beweissicherung im Staat des Hauptsacheverfahrens zu betreiben. International zuständig für das selbständige Beweisverfahren sind nach § 486 I, II ZPO die Gerichte der Hauptsache, lediglich in dringenden Fällen kann der Antrag auch beim Amtsgericht gestellt werden, in dessen Bereich sich das Beweismittel befindet (§ 486 III ZPO).96 In europäischen Fällen sind die Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ nach hM nicht anwendbar.97 Folglich ist das Gericht der Hauptsache wie bei Arrest und einstweiliger Verfügung autonom zu bestimmen; die Beweissicherung kann bei dem nach autonomem Recht zuständigen Gericht beantragt werden. Soweit eine Beweissicherung im EG-Ausland erforderlich wird, kann sie nach der EG-Beweisverordnung durchgeführt werden, da die Verwendung in einem „zu eröffnenden gerichtlichen Verfahren“ genügt (s o § 8 Rz 6ff).98 Die französische Literatur subsumiert freilich die „saisiecontrefaçon“, dh eine Beweissicherung für eine Patentverletzung (gem Art L 615-5 CPI) unter Art 31 EuGVO.99 Ein nach diesen Grundsätzen international zuständiges deutsches Gericht, wendet die ZPO als lex fori an.100 Soweit sich das Beweismittel im Ausland befindet, kommt im Rahmen von Art 17 EuBewVO eine Beweisaufnahme des deutschen Gerichts im Ausland, eine Beweisaufnahme durch deutsche diplomatische oder konsularische Vertreter im Ausland nach Art 15ff HBÜ 1970 oder eine Beweisaufnahme durch das ausländische Gericht nach einem Rechtshilfeersuchen gemäß Art 1ff HBÜ in Betracht. Streitig ist, ob ein in Deutschland bestellter Sachverständiger im Ausland (ohne Zwang) tätig werden kann. Da er selbst nicht hoheitlich tätig wird, bestehen jedoch keine Bedenken.101 Ebenso kann das deutsche Gericht einen zur Tätigkeit bereiten Sachverständigen mit Aufenthalt im Ausland bestellen (s o § 8 Rz 98, 125).102 b) Selbständiges Beweisverfahren ohne Hauptsachezuständigkeit 73 Das widerspricht in vielen Fällen aber den Interessen an einer schnellen Beweissicherung, weil Rechtshilfeverfahren langwierig sein können. Deshalb _______________

96 Dörschner S 153ff. 97 EuGHE 2005, I-3497 (St. Paul Dairy v Unibel Exser) = RIW 2005, 538 = JZ 2005, 1166, 1167 (Rz 17ff); aA Mankowski JZ 2005, 1144. 98 Rauscher/v. Hein Art 1 EG-BewVO Rz 52. 99 Vgl Treichel GRUR Int 2001, 690, 698. 100 Dörschner S 169f (gegen Beachtung der lex causae bei der Beweissicherung). 101 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 445; Wussow, FS Korbion, S 493, 495; Stein/Jonas/ Berger, ZPO, 21. Aufl, § 363 Rz 22; aA Leipold, Lex fori, Souveränität, Discovery, 1989, S 42; Dörschner S 176ff. 102 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 441; Stein/Jonas/Berger § 363 Rz 6.

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kann entsprechend dem Grundgedanken des § 486 III ZPO ein Beweisverfahren der Schnelligkeit halber auch ohne Hauptsachezuständigkeit im jeweiligen Ausland angestrengt werden, wenn der entscheidende Beweis dort zu erheben ist.103 c) Verwertung des ausländischen Beweises Deutsche Gerichte haben gelegentlich die Verwertung derart gewonnener 74 Beweise im deutschen Hauptsacheverfahren nach § 493 I ZPO verweigert.104 Aber diese Rechtsprechung entspricht im Ergebnis nicht den Erfordernissen des internationalen Wirtschaftsverkehrs.105 Sie ist auch deshalb nicht überzeugend, weil das über ein Rechtshilfeersuchen angerufene ausländische Gericht bei der Beweisaufnahme in der Regel sein eigenes Beweisrecht anwendet. § 486 I ZPO begründet keine ausschließliche deutsche internationale Zuständigkeit, so dass die Ergebnisse einer ausländischen (sichernden) Beweiserhebung im Inland verwertbar sind.106 Einer formellen Anerkennung bzw Vollstreckbarerklärung bedarf es nicht. Allerdings ist das ausländische Beweisergebnis nicht nach § 493 ZPO zu übernehmen,107 sondern im Wege des frei zu würdigenden Urkundenbeweises in das inländische Verfahren einzuführen.108 Das ausländische Verfahren muss dann nicht voll dem deutschen entsprechen, sondern lediglich funktionell vergleichbar sein.109 Unter diesen Voraussetzungen hemmt auch der Beweissicherungsantrag im Ausland die Verjährung gemäß § 204 I Nr 7 BGB.110 Die Verwertung eines solchermaßen gewonnenen Beweises kann auch kei- 75 nesfalls verweigert werden. Lediglich bei der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO kann berücksichtigt werden, wenn das konkrete Vorgehen der Parteien oder das ausländische Beweisverfahren Zweifel an der Glaubwürdigkeit aufkommen lassen.111 Sofern ein ausländisches Beweisverfahren nicht von einem deutschen Ge- 76 richt angeordnet wurde, können die Kosten für dieses Verfahren nicht im _______________

103 Vgl Rauscher/v. Hein Art 1 EG-BewVO Rz 53f. 104 OLG Köln NJW 1983, 2779; krit. Stürner IPRax 1984, 299. 105 So auch Meilicke NJW 1984, 2017, der eine Einordnung unter die einstweiligen Maßnahmen nach Art 24 EuGVÜ propagiert. 106 Eschenfelder, Beweiserhebung im Ausland und ihre Verwertung im inländischen Zivilprozess, 2002, S 236ff; Schütze, IZPR, Rz 241. 107 Für analoge Anwendung in geeigneten Fällen Dörschner S 199. 108 Ahrens, FS Schütze, S 1, 12f; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 139. 109 Spickhoff IPRax 2001, 37, 38ff. 110 LG Hamburg IPRax 2001, 45, 46f (dazu Spickhoff S 37). 111 Schütze, Rechtsverfolgung im Ausland, S 147.

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Rahmen der Kostenentscheidung ausgeglichen werden.112 Allerdings wird die obsiegende Partei diese Kosten als Schadenersatz aufgrund einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage fordern können. 77 Umgekehrt ist fraglich, ob ein selbständiges Beweisverfahren nach § 486 III ZPO am deutschen Amtsgericht der Belegenheit des Beweismittels beantragt werden kann, wenn (beabsichtigtes) Gericht der Hauptsache ein ausländisches Gericht ist.113 Um der Effektivität des Rechtsschutzes willen sollte diese Möglichkeit auch dann bejaht werden, wenn das ausländische Gericht ein entsprechendes Beweissicherungsverfahren kennt und das deutsche Gericht im Wege der Rechtshilfe um die Beweiserhebung ersuchen könnte.114 d) Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums 78 Die Richtlinie 2004/48/EG vom 29.4.2004115 stellt in Art 7 Anforderungen an Maßnahmen zur Beweissicherung, denen die §§ 485ff ZPO nicht genügen. Zur Umsetzung ist ein Vorlageanspruch vorgesehen, der durch einstweilige Verfügung durchgesetzt werden kann.116 6. Vollstreckung ausländischer einstweiliger Maßnahmen im Inland 79 Ob eine ausländische Entscheidung im Inland vollstreckt wird, entscheidet sich im autonomen Recht grundsätzlich nach §§ 723 II S 2, 328 ZPO. Ist die Entscheidung nach § 328 ZPO anerkennungsfähig, kann auch eine Vollstreckungsklausel für sie erteilt werden. Vorrangig gelten zwar zunächst multiund bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen, diese schließen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz aber in zahlreichen Fällen aus ihrem Anwendungsbereich aus, so dass in den meisten Fällen ein Rückgriff auf §§ 723 II, 328 ZPO erforderlich ist. Nach § 723 II ZPO ist nur eine rechtskräftige ausländische Entscheidung in Deutschland vollstreckbar. Sofern damit eine materielle Rechtskraft gemeint ist, sind einstweilige Entscheidungen nicht vollstreckbar, was auch der hM entspricht. Zwingend ist das deshalb nicht, weil auch Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz jedenfalls in formelle Rechtskraft erwachsen.117 _______________

112 Insoweit richtig OLG Hamburg IPRax 2000, 530 (dazu Försterling S 499); OLG Köln NJW 1983, 2779; aA wohl Schütze, Rechtsverfolgung im Ausland, S 147; Ahrens, FS Schütze, S 1, 13. 113 Vgl Stürner IPRax 1984, 299, 300. 114 Ahrens, FS Schütze, S 1, 11. 115 ABl EU L 157 v 30.4.2004; ber. ABl EU L 195 v 2.6.2004. 116 Vgl Seichter WRP 2004, 391, 396. 117 Koch S 86.

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Von dieser Behandlung ausgenommen, dh einer Anerkennung und Vollstre- 80 ckung in Deutschland fähig sind jedoch Leistungsverfügungen.118 Soweit mit ausländischen Staaten bilaterale Abkommen bestehen, führen 81 diese idR nicht zu erleichterter Anerkennung und Vollstreckung. Zahlreiche Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge schließen vorläufige Entscheidungen aus ihrem Anwendungsbereich aus. Das geht zum Teil auf deutsche Initiative zurück.119 Nicht anerkannt werden Arreste und einstweilige Verfügungen nach Art 1 deutsch-schweizerisches Abkommen vom 2.11.1929, Art 12 deutsch-italienisches Abkommen vom 3.9.1936, Art 14 deutschösterreichischer Vertrag vom 6.6.1959, Art I (3) deutsch-britisches Abkommen vom 14.7.1960, Art 3 Nr 4 deutsch-norwegischer Vertrag vom 17.6.1977 und Art 3 Nr 5 deutsch-spanischer Vertrag vom 14.11.1983. Eine zweite Gruppe von bilateralen Abkommen nimmt Entscheidungen des 82 einstweiligen Rechtsschutzes zwar grundsätzlich von der Anerkennung aus, erlaubt aber die Anerkennung von Leistungsverfügungen. Das ist der Fall nach Art 17 I Nr 2, II deutschgriechischer Vertrag vom 4.11.1961, Art 1 (1) deutsch-belgisches Abkommen vom 30.6.1958, Art 4 (1) Nr 7, (2) deutschisraelischer Vertrag vom 20.7.1977 (der allerdings nur einstweilige Verfügungen im Unterhaltsrecht einbezieht) und Art 27 (1), (4) deutsch-tunesischer Vertrag vom 19.7.1966. Moderner ist der deutsch-niederländische Vertrag vom 30.8.1962, der Arreste und einstweilige Verfügungen in Art 1 (2) ausdrücklich als anerkennungsfähige Entscheidungen aufzählt.

IV. Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten 1. Schrifttum I. Andolina, New perspectives for provisional measures (Italy), ZZPInt 9 (2004), 87; 83 Bermann, Ristau, McLachlan and Schlosser, Provisional and Protective Measures, in: Goldsmith, International Dispute Resolution, 1997, S 99–209; S Campbell, Attacking foreign assets, 1992; Capper, The Trans-Jurisdictional Effects of Mareva Injunctions, Civil Justice Q. 15 (1996), 211; Collins, The Territorial Reach of Mareva Injunctions, L.Q.Rev. 1989, 262; ders, Provisional and Protective Measures in International Litigation, RdC 234 (1992-III), 9–238 = ders, Essays in international litigation, 1994, S 1; Cromie, International Commercial Litigation, 1990, S 285ff (Interlocutory relief); Deren-Yildirim, Der Einfluss des Fremdenrechts im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes, Dike Int. 2000, 1159; Dohmann/Briggs, „Worldwide Mareva“ Injunctions and the enforcement of Foreign Judgments in England, in: Schlosser (Hrsg), Materielles Recht und Prozessrecht, 1992, 157; J.Epp, World-Wide Mareva injunctions in _______________

118 Vgl MüKo/Gottwald, 3. Aufl, § 328 Rz 53f, § 723 Rz 3. 119 Geimer/Schütze I, 2. Halbbd, S 1441 in Fn 56.

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Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

common law Canada, M.L.R. 59 (1996), 460; E. Gaillard, Anti-suit injunctions et reconnaisance des sentences annulées au siège, J.D.I. 130 (4, 2003), 1105; R. Gassmann, Arrest im internationalen Rechtsverkehr, Zürich 1998; F. Gerhardt, L’exécution forcée transfrontière des injonctions extraterritoriales non pécuniaires en droit privé, 2000; Greiner, Der vorsorgliche Rechtsschutz im internationalen Verhältnis, ZBernJV 130 (1994), 649; J. Grunert, Interlocutory remedies in England and Germany, Civil Justice Quarterly 15 (1996), 18; ders, Die „world-wide“ Mareva Injunction: eine Zwischenbilanz, 1998; Hartwieg/Grunert, Bedarf und Möglichkeiten provisorischer Eilverfügungen im E-Commerce, ZIP 2000, 721; Ch. Heinze, Internationaler einstweiliger Rechtsschutz, RIW 2003, 922; Ingenhoven, Grenzüberschreitender Rechtsschutz im europäischen Zivilrechtsverkehr, 2001; C. Kessedjian, Note on Provisional and Protective Measures in Private International Law and Comparative Law, Hague Conference, Prel. Dok. No. 10, 1998; Killias, Internationale Zuständigkeit für Arrest- und Arrestprosequierungsverfahren in der Schweiz, RIW 1996, 1005; B. Knothe, Einstweiliger Rechtsschutz im spanischen und deutschen Zivilprozessrecht, 1999; C. McLachlan, The continuing controversy over provisional measures in international disputes, Intern. Law Forum 7 (2005), 5; Matthews, Provisional and protective measures in England and Ireland at common law and under the convention, Civil Justice Q. 14 (1995), 190; I. Meier, „Swiss-Worldwide-Mareva“ im Scheidungsprozess?, FS Heini, 1995, S 277; Merkt, Les mesures provisoires en droit international privé, 1993; B. Müller, Die worldwide Mareva injunction, 2002; L. Newman/M. Burrows, The Practice of International Litigation, 1998 (Part II); P. Norrenberg, Die Anton Piller Order, 1998; P. Nygh, Provisional and protective measures in international litigation, The Helsinki Principles, RabelsZ 62 (1998), 115; B. Rodger, Interim relief in support of foreign litigation?, CJQ 18 (1999), 199; L. Schrader, Einstweiliger Rechtsschutz von Zahlungsansprüchen des Wirtschaftsverkehrs im spanischen und deutschen Zivilprozess, 1999; Stolper, Einstweiliger Rechtsschutz im deutsch-italienischen Rechtsverkehr, Jahrbuch f. Ital. Recht Bd 7, 1994, S 213; Treichel, Die französische Saisiecontrefaçon im europäischen Patentverletzungsprozess. Zur Problematik der Beweisbeschaffung im Ausland nach Art 24 EuGVÜ, GRUR Int 2001, 690; P. de VareillesSommières, La compétence internationale des tribunaux français en matière de mesures provisoires, Rev crit 1996, 397; Verheul/Wade, Prejudgment attachment of movables in french, dutch and english law, Essays in honour of Voskuil, 1992, 377; Walter, Vorläufiger Rechtsschutz in der Schweiz, FS Nakamura, 1996, S 657; P. Yessiou-Faltsi, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz nach autonomem griechischen Recht, FS Schlosser, 2005, S 1141; Zeiler, Internationales Sicherungsverfahren, 1996; G. Zondler, Schweizer Arrest auf Vermögenswerte im Ausland?, AJP/PJA 2005, 573. Materialien: International Law Association, The Helsinki Principles on Provisional and Protective Measures in International Litigation, RabelsZ 62 (1998), 128.

84 Für eine detaillierte Darstellung des einstweiligen Rechtsschutzes im Ausland ist dies nicht der richtige Rahmen. Es sollen aber einige Grundprinzipien dargestellt werden. Die Ausführungen beschränken sich auf einige wichtige Staaten. Welche Behelfe des einstweiligen Rechtsschutzes angeboten werden, ist eine Frage der jeweiligen lex fori: Die Abgrenzung von einstweiligem und endgültigem Rechtsschutz ist innerhalb der EU autonom vor-

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Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten

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zunehmen. Einstweilige Maßnahmen sollen einen Status quo sichern, damit eine spätere Hauptsacheentscheidung noch durchgesetzt werden kann.120 2. Belgien Die Sicherung von Geldforderungen kann in Belgien durch die saisie conser- 85 vatoire erreicht werden, die in den Art 1413–1493 Code judiciaire (c.j.) geregelt ist. Die saisie conservatoire gibt es in drei Erscheinungsformen, die jeweils nach dem Sicherungsgegenstand unterschieden werden. Die Sicherung aus beweglichem Vermögen erfolgt durch den saisie mobilière conservatoire (Art 1422–1428 c.j.), die Sicherung aus unbeweglichem Vermögen durch die saisie immobilière conservatoire (Art 1429–1444 c.j.) und die Pfändung von Forderungen durch die saisie-arrêt conservatoire (Art 1445–1460 c.j.). Weiteres Instrument des einstweiligen Rechtsschutzes, das in etwa der deutschen einstweiligen Verfügung entspricht, ist der référé (Art 1035–1040 c.j.).121 3. Frankreich Für den einstweiligen Rechtsschutz gibt es grundsätzlich zwei Verfahrens- 86 arten, ein Antragsverfahren ohne Anhörung des Gegners – ordonnance sur requête – und ein streitiges Verfahren – ordonnance de référé.122 Aufgrund dieser Verfahren können verschiedenartige Maßnahmen erlassen bzw angeordnet werden. Das requête-Verfahren führt zu einer Anordnung ohne Anhörung des Gegners. Daher steht es nur zur Verfügung, wenn eine Kenntnis des Gegners von der Maßnahme deren Erfolg zu gefährden droht.123 Ansonsten kann in Fällen besonderer Dringlichkeit („cas d’urgence“) ein 87 référé-Verfahren eingeleitet werden. Neben der urgence ist Zulässigkeitsvoraussetzung, dass keine Vorwegnahme der Hauptsache angestrebt wird. Über Punkte, die zwischen den Parteien streitig sind („sérieusement contésté“), darf nur im Hauptsacheverfahren entschieden werden.124 Da es unter Beteiligung des Gegners durchgeführt wird, können bestimmte Maßnahmen nur durch référé, nicht aber durch requête angeordnet werden. Zudem kann es als Rechtfertigungsverfahren für eine Maßnahme dienen, die im requêteVerfahren erlassen wurde. Die référé-Entscheidung wirkt wie ein vorläufig _______________

120 EuGHE 1992, I-2149 (Reichert v Dresdner Bank) = IPRax 1993, 26 (dazu Schlosser S 17). 121 Vgl Eilers, Maßnahmen, S 107. 122 Eilers S 89; Kessedjian No. 82ff. 123 Morbach, Einstweiliger Rechtsschutz, S 138. 124 Morbach S 131; Eilers S 89.

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Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

vollstreckbares Urteil, Rechtsmittel haben keine aufschiebende Wirkung.125 Vor der Vollstreckung kann eine Sicherheitsleistung angeordnet werden. Mit die größte Bedeutung haben auch im französischen Recht die Maßnahmen der Vollstreckungssicherung (mesures conservatoires). Daneben können aber zB auch Beweissicherungsverfahren angestrengt werden.126 88 Die mesures conservatoires haben im Rahmen der Reform des französischen Zwangsvollstreckungsrechts eine Neuregelung erfahren.127 Ihre Grundlage sind nunmehr das loi n° 91–650 vom 9. Juli 1991 und das décret n° 92–755 vom 31. Juli 1992. Das Verfahren bestimmt sich zum Teil nach dem NCPC. Die saisie conservatoire, die dem deutschen dinglichen Arrest vergleichbar ist, dient der Erhaltung des beweglichen Vermögens als Vollstreckungsgegenstand durch Erlass eines Verfügungsverbotes.128 Gegenstand eines solchen Verfügungsverbots können neben beweglichen Sachen auch Geldforderungen, Wertpapiere und Anteilsrechte sein. Dagegen ist eine Lohnpfändung zu Sicherungszwecken nicht möglich.129 Voraussetzungen sind neben der urgence (s o Rz 87) ein Anspruch und eine Gefährdung der Erfüllung.130 Die Maßnahme wird in einer bestimmten Höhe bewilligt131 und befristet. Bei einer Anordnung durch ordonnance de requête ist eine Überprüfung durch référé oder im Hauptsacheverfahren zur Vermeidung der Ungültigkeit erforderlich. 89 Es gibt auch verschiedene Unterformen der saisie conservatoire, die in besonderen Fällen angeordnet werden können. Im Rahmen dieser Darstellung ist von diesen hauptsächlich die saisie foraine interessant. Hat der Schuldner seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, befindet er sich aber vorübergehend in Frankreich, kann aufgrund einer saisie foraine das Vermögen beschlagnahmt werden, das er bei sich führt.132 Neben der saisie conservatoire zählen zu den mesures conservatoires noch die sasie revendication zur Sicherung von Herausgabeansprüchen und die sûretés judidicaires (Zwangssicherheiten133). _______________

125 Eilers S 85; Morbach S 133. 126 Morbach S 140. 127 Vgl zu der Neuordnung Traichel, Die Reform des französischen Zwangsvollstreckungsrechts, 1995. 128 Eilers S 84f; E. du Rusquec, Juris-Cl. Procédure Civile, Fasc. 2420 (1998); M. Defossez, Juris-Cl. Procédure Civile, Fasc. 2430 (1993). 129 Traichel, Die Reform des französischen Zwangsvollstreckungsrechts, 1995, S 207. 130 Eilers S 84. 131 Eilers S 84f. 132 Eilers S 85f. 133 Vgl Traichel, Die Reform des französischen Zwangsvollstreckungsrechts, 1995, S 216ff.

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Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten

§ 15

Die internationale Zuständigkeit folgt im Grundsatz der örtlichen Zustän- 90 digkeit. Subsidiär zu dieser compétence internationale ordinaire kann sich aufgrund von Art 14, 15 cc eine compétence internationale privilégiée ergeben.134 Schließlich hat die Rechtsprechung eine Eilzuständigkeit für einstweilige Maßnahmen entwickelt, wenn in der Hauptsache eine Rechtsverfolgung im Ausland erforderlich ist.135 In Fällen der Verletzung von Patenten oder anderen gewerblichen Schutz- 91 rechten sieht Art L 615-5 CPI eine sog saisie contrefaçon vor. Danach kann der Verletzte die angebliche Verletzungshandlung auf Anordnung des Präsidenten des Tribunal de grande instance durch jeden Gerichtsvollzieher mit Unterstützung durch Sachverständige seiner Wahl genau mit oder ohne Beschlagnahme patentverletzender Erzeugnisse oder Verfahren feststellen lassen. Es handelt sich um eine über das allgemeine Zivilprozessrecht hinaus gehende Möglichkeit der Beweissicherung.136 4. Großbritannien Der einstweilige Rechtsschutz in England gehört zur Equity-Gerichtsbar- 92 keit. Das bedeutet, dass es keinen Anspruch auf Erlass einstweiliger Maßnahmen gibt, sondern die Gerichte solche nach ihrem Ermessen erlassen können.137 Grundform der einstweiligen Maßnahme ist die interlocutory injunction. Ihre Funktion ist „to preserve the matters in statu quo pending the trial“.138 Zulässig ist diese aber nur, um „substantial and irreparable damage“ zu verhindern, sind die drohenden Schäden weniger schwer, ist der Antragsteller auf eine Schadenersatzklage zu verweisen.139 In der Regel werden „prohibitive injunctions“ erlassen, dem Antragsgegner also ein bestimmtes Verhalten verboten. Seltener sind „mandatory injunctions,“ mit denen dem Antragsgegner aufgegeben wird, eine bestimmte Handlung vorzunehmen.140 Gestaltende oder feststellende vorläufige Entscheidungen gibt es dagegen nicht.141 In Fällen der mandatory injunctions wird eventuell auch eine, jedenfalls befristete Befriedigung des Gläubigers hingenommen.142 Die Anordnung ist aber in ihrer Wirksamkeit in der Regel bis zur Hauptsacheentscheidung oder bis zum Erlass einer neuen injunction begrenzt. _______________

134 135 136 137 138 139 140 141 142

Vgl de Vareilles-Sommières, Rev crit 1996, 397. Eilers S 91. Vgl Treichel GRUR Int 2001, 690. Albrecht, EuGVÜ und einstweiliger Rechtsschutz, S 44. Gordon Cottage Ltd. v Milk Board [1984] A.C. 130, 140 [H.L. (E.)]. Albrecht S 45. Albrecht S 45. Albrecht S 46. Parker v Camden London Borough Concil [1986] Ch 162 (C.A.).

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§ 15

Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

93 Eine unmittelbare Vollstreckung der angeordneten Maßnahme ist nicht möglich. Vielmehr ist ein Verstoß gegen die Anordnung contempt of court, und wird als solches sanktioniert. Die Sanktionen, die das Gericht in seinem Ermessen erlassen kann, sind ihrem Charakter nach Strafsanktionen und ähneln zumeist den Zwangsmitteln der Unterlassungsvollstreckung nach der ZPO. Mit der Entwicklung der mandatory injunction hat sich aber auch der Katalog der Zwangsmittel erweitert und umfasst mittlerweile auch die Ersatzvornahme oder Vermögensbeschlagnahme.143 94 Als Voraussetzung wurde früher ein prima facie case verlangt, was praktisch oft zu einer zwangsläufigen Vorwegnahme der Hauptsache führte. Mittlerweise ist nur noch erforderlich, dass die Klage weder mutwillig noch offensichtlich aussichtslos ist.144 Darüber hinaus muss eine Interessenabwägung (balance of convenience) ergeben, dass dem Kläger irreparable Schäden entstünden, wenn er nicht bis zum Abschluss der Hauptsache durch die injunction gesichert würde, die ihn härter träfen als der Erlass der Maßnahme den Beklagten träfe, selbst wenn dieser die Hauptsache gewinne.145 95 Grundsätzlich ist eine Anhängigkeit der Hauptsache erforderlich, in besonders dringenden Fällen kann davon jedoch abgesehen werden. Die injunction kann ohne mündliche Verhandlung durchgeführt werden, und sogar ohne jegliche Anhörung des Gegners als sog ex parte injunction. Letztere Anordnungen werden aber in der Regel befristet und müssen durch eine Anordnung aufgrund mündlicher Verhandlung bestätigt werden. Zudem ist der Antragsteller der ex parte injunction verpflichtet, auch für den Antragsgegner günstige Tatsachen vorzutragen. Auch die Beweisführung ist erleichtert, die Glaubhaftmachung durch affidavits ist zulässig.146 96 Zur Sicherung seines Hauptanspruches kann ein Gläubiger gemäß s 37 (3) Supreme Court Act 1981 und CPR r 25.1 (f) eine freezing order (früher: Mareva injunction) beantragen. Mit dieser erst 1975 entwickelten Form der einstweiligen Verfügung kann das Gericht dem Schuldner verbieten, Vermögen aus der Gerichtsbarkeit englischer Gerichte abzuziehen oder es sonst der Vollstreckung eines künftigen Urteils zu entziehen.147 In neueren Entscheidungen wurde auch im Ausland belegenes Vermögen in die Entscheidung miteinbezogen („World-wide Mareva injunction“).148 _______________

143 144 145 146 147

Albrecht S 47. American Cynamid v Ethicon [1975] 1 All E.R. 504 (H.L.). Albrecht S 47. Albrecht S 50. Mareva Compania Naviera S.A. v International Bulk carriers S.A. (1975) 2 Lloyd’s Rep 509; Albrecht S 52; Schack Rz 427; v Bernstorff RIW 1983, 160; zum Urheber Lord Denning s Zimmermann, in: Colloquia D. Schwab, 2000, S 153, 169ff. 148 Crédit Suisse Fides Trust v Cuoghi, ILPr [1998], 41 (C.A.); Durby & Co. Ltd. v Weldon (1989) 2 WLR 413; Republic of Haiti v Duvalier (1989) 2 W.L.R. 261; Kropholler IPR S 256f; Schack, Rz 427; vgl Extra-territorial jurisdiction and

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Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten

§ 15

Voraussetzung der freezing order sind der Verfügungsanspruch („good argu- 97 able case“), sowie die Glaubhaftmachung der Gefährdung der Vollstreckung. Auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen steht die Anordnung im Ermessen des Gerichts.149 Verbunden werden kann die freezing order mit einer Anordung zur Auskunftserteilung („order of discovery“). Zur Sicherung von Beweismitteln dient die search order gemäß CPR Art 25 98 (1) (h) (früher: Anton Piller Order), ein Unterfall der mandatory injunction.150 Sie gibt dem Antragsgegner auf, bestimmte Auskünfte zu erteilen oder bestimmte Nachforschungen und Beweiserhebungen des Antragstellers zu dulden. Der wichtigste Anwendungsbereich ist das Urheberrecht.151 Die search order ist an strengere Voraussetzungen geknüpft als andere einstweilige Maßnahmen. Der Antragsteller muss einen „strong prima facie case“ vortragen.152 Zumeist ergehen search orders ex-parte, also ohne vorherige Anhörung des Gegners.153 5. Italien Für den vorläufigen Rechtsschutz sind italienische Gerichte international 99 zuständig, wenn die Entscheidung in Italien zu vollziehen ist oder wenn die italienischen Gerichte für die Hauptsache zuständig sind (Art 10 IPRG 1995). Die procedimenti cautelari nach den Art 670ff c. proc. civ. ähneln in ihrer 100 Struktur denen der deutschen ZPO, auch wenn sie nicht völlig vergleichbar sind.154 Die wichtigsten Formen sind die arrestähnlichen Beschlagnahmen sequestro giudiziario (Art 670 c. proc. civ.) und sequestro conservativo (Art 671 c. proc. civ.), sowie die provvedimenti d’urgenza nach Art 700 c. proc. civ., die in etwa der einstweiligen Verfügung entsprechen. Daneben gibt es spezielle Besitzschutzverfahren (procedimenti possessori, Art 703ff c. proc. civ.), Beweissicherungsverfahren (procedimenti di istruzione preventive, Art 692ff c. proc. civ.) und ein spezielles Unterlassungsverfahren in Bausachen (Art 688f c. proc. civ.), die hier keine detailliertere Erörterung erfahren sollen. _______________

149 150 151 152 153

154

Mareva relief, Civil Justice Q. 15 (1996), 6; Dohmann, in: Schlosser, Materielles Recht und Prozessrecht, 1992, S 157, 169; J. Grunert, Die „worldwide“ Mareva Injunction, Diss Hannover 1997; Gronstedt S 225ff; B. Müller, Die worldwide Mareva injunction, 2002. Albrecht S 53. Albrecht S 57. Eilers S 137. Albrecht S 58. Eilers S 137; vgl Anton Pillers after the Practice Direction, Civil Justice Q. 15 (1996), 13; P. Norrenberg, Die Anton-Piller-Order, 1998; M. Dockray & K. Reece Thomas, Anton Piller orders: the new Statutory Scheme, CJQ 17 (1998), 272. Wastl, Die Vollstreckung deutscher Titel auf der Grundlage des EuGVÜ in Italien, S 295, Fn 15.

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§ 15

Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

Die verschiedenen Maßnahmen unterscheiden sich im Wesentlichen hinsichtlich ihres Anwendungsbereichs, während sich die Voraussetzungen entsprechen. Der Antragsteller muss jeweils glaubhaft machen, dass ein Arrestoder Verfügungsanspruch besteht („fumus boni juris“), und dass ein Arrestoder Verfügungsgrund vorliegt („periculum in moras“). Für Letzteres muss er also Tatsachen dartun, aus denen sich ergibt, dass der jeweilige Anspruch ohne die einstweilige Maßnahme gefährdet ist. 101 Das italienische Recht unterscheidet zwei Beschlagnahmeverfahren, eine Sicherungsbeschlagnahme und eine Sicherstellungsbeschlagnahme. Die Sicherungsbeschlagnahme, sequestro giudiziario (Art 670 c. proc. civ.) dient der Sicherung eines Anspruchs auf Herausgabe einer Sache. Nach dem Wortlaut des Gesetzes kann sich dieser Anspruch nur aus Eigentum oder Besitz ergeben, nach der Rechtsprechung kann ein sequestro giudiziario aber auch zur Sicherung schuldrechtlicher Herausgabeansprüche angeordnet werden.155 Darüber hinaus kann nach Art 670 Nr 2 c. proc. civ. eine Sicherungsbeschlagnahme auch der Sicherstellung von Beweismitteln dienen, sofern ein Anspruch auf Vorlage im Streit steht. 102 Die Sicherstellungsbeschlagnahme, sequestro conservativo (Art 671 c. proc. civ.), dient dagegen dazu, die Deckung für eine andere Forderung zu garantieren, und entspricht somit dem dinglichen Arrest. Eine Anhörung des Gegners ist nur bei einer Beschlagnahme von unbeweglichen Sachen oder Sachgesamtheiten erforderlich, Art 672 IV c. proc. civ., oder wenn ein Rechtsstreit zwischen den Parteien schon anhängig ist, Art 673 III c. proc. civ. In Fällen besonderer Dringlichkeit kann aber auch auf diese verzichtet werden. Die Entscheidung ergeht durch Beschluss. Die Beschlagnahme muss innerhalb von 30 Tagen vollzogen werden, Art 675 c. proc. civ., sonst verliert sie ihre Wirksamkeit. Darüber hinaus ist ein Bestätigungsverfahren nach Art 680 oder 681 c. proc. civ. durchzuführen. Wird diese versäumt, verliert die Beschlagnahme ebenfalls ihre Wirksamkeit, Art 683 c. proc. civ. Grundsätzlich ist das Bestätigungsverfahren vor dem Gericht der Hauptsache durchzuführen. Ist Hauptsachegericht ein ausländisches Gericht, ist das Gericht der Anordnung zuständig. Dieses setzt eine Frist, innerhalb derer ein ausländisches Urteil zu erwirken und in Italien anzuerkennen bzw für vollstreckbar zu erklären ist, Art 680 III c. proc. civ. 103 Die einstweilige Verfügung, provvedimento d’urgenza, Art 700 c. proc. civ., ist als Auffangtatbestand ausgestaltet, der zu allen anderen Formen des einstweiligen Rechtsschutzes subsidiär ist.156

_______________

155 Wastl, Die Vollstreckung deutscher Titel, S 295. 156 Wastl, Die Vollstreckung deutscher Titel, S 309.

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Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten

§ 15

Der Anwendungsbereich der provvedimenti d’urgenza ist umstritten. In der Literatur wird zum Teil eine Begrenzung auf den Schutz absoluter Rechte vertreten, die Rechtsprechung vertritt jedoch einen weiten Anwendungsbereich.157 Ausgeschlossen ist die Sicherung von Ansprüchen auf Vornahme unvertretbarer Handlungen. Hinsichtlich des Verfahrens verweist Art 702 c. proc. civ. auf die Art 689ff c. proc. civ., also auf die Bestimmungen über das Unterlassungsverfahren in Bausachen. Diese entsprechen im Wesentlichen den Vorschriften über das Beschlagnahmeverfahren.158 In internationalen Fällen ist problematisch, ob eine einstweilige Verfügung bei im Ausland anhängiger Hauptsache möglich ist. Die Rechtsprechung scheint dies überwiegend abzulehnen.159 Ausländische Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes werden in Ita- 104 lien im Rahmen des EuGVÜ anerkannt. Das IPRG 1995 hat die Anerkennungsfähigkeit von Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht geregelt.160 6. Japan Nach § 118 jap. ZPO werden nur rechtskräftige Urteile eines ausländischen 105 Gerichts anerkannt. Darunter fallen zivilrechtliche streitbeendende Entscheidungen, über die eine die Gerichtsbarkeit ausübende Organisation über einen zivilrechtlichen Streit in einem prozessualen Verfahren entschieden hat, in dem den beiden Parteien die Gelegenheit gewährt wurde, sich an dem Verfahren zu beteiligen. Dieses Kriterium wird nach der ausländischen Verfahrensordnung beurteilt. Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes werden nicht anerkannt; ausländische einstweilige Anordnungen und ausländische Arreste werden nicht zur Vollstreckung in Japan zugelassen. Eine Entscheidung auf dem Gebiet der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (zB Sorgerechtsentscheidung) wird nicht als eine anzuerkennende Entscheidung qualifiziert, aber aufgrund dieser Entscheidung kann ein Vollstreckungsurteil erlassen werden, falls die Voraussetzungen nach § 118 Nr 1 und Nr 3 jap. ZPO erfüllt sind. Bei der Prüfung dieser Entscheidung berücksichtigt das japanische Gericht auch nachträglich eingetretene tatsächliche Umstände.161 _______________

157 158 159 160 161

Vgl im Einzelnen Wastl, Die Vollstreckung deutscher Titel, S 310 mwN. Wastl, Die Vollstreckung deutscher Titel, S 311. Wastl, Die Vollstreckung deutscher Titel, S 312. Walter ZZP 109 (1996), 3, 27. Tokyo OLG vom 15.11.1993, Zivilrechtliche Entscheidungen des OLG, Bd 46, H. 3 S 98; Takeshita ZZPInt Bd 1 (1996), 305, 316ff; K. Matsumoto Nihon Univ. Comparative Law 13 (1996), 181.

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§ 15

Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

7. Niederlande 106 Der einstweilige Rechtsschutz in der Niederlande kennt das kort geding, das der einstweiligen Verfügung entspricht, und verschiedene Arten von Arresten.162 Wichtigste Form des Arrests ist der conservatoir beslag, Art 764–770 R.V., eine Beschlagnahme beweglichen Vermögens und von Forderungen zur Sicherung von Geldforderungen. Im internationalen Kontext besonders wichtig ist der Vremdelingen beslag nach Art 767 R.V. Er kann erlassen werden, wenn keine der Parteien einen Wohnsitz in den Niederlanden hat, der Schuldner dort aber Vermögen besitzt. Die Beschlagnahme beschränkt sich nicht auf das in den Niederlanden belegene Vermögen. Weitere Formen des Arrestes gibt es für bestimmte Ansprüche, zB den vindicatoir beslag zur Sicherung des Herausgabeanspruchs des Eigentümers oder den marital beslag, mit dem verhindert werden kann, dass ein Ehegatte während des Scheidungsverfahrens Vermögen zur Seite schafft. 107 Wie im deutschen Recht folgt die internationale der örtlichen Zuständigkeit.163 Örtlich zuständig ist zunächst das Gericht am Wohnsitz oder Aufenthalt des Beklagten, Art 126 Nr 1 u 2 R.V. Hat der Beklagte weder Wohnsitz noch Aufenthalt in den Niederlanden, ist nach Art 126 Nr 3 R.V. das Gericht am Wohnsitz des Klägers örtlich und somit auch international zuständig. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung aufgrund von Art 289 R.V. eine zusätzliche Eilzuständigkeit entwickelt. Zuständig ist auch der Gerichtspräsident des Gerichtsbezirks, in dem die Maßnahme vollstreckt werden soll. Umstritten ist, ob diese Zuständigkeit durch eine Gerichtsstandsvereinbarung ausgeschlossen ist.164 108 Art 126 Nr 3 R.V. ist ein exzessiver Gerichtsstand, der in Art 3 II EuGVO bzw LugÜ ausgeschlossen ist. Art 31 EuGVO bzw Art 24 LugÜ erlaubt jedoch auch hier eine autonome Anknüpfung. Auch eine Entscheidung eines nur nach Art 126 Nr 3 R.V. zuständigen Gerichts wird in Deutschland aber jedenfalls dann anerkannt, wenn einer der Fälle des Art 4 deutsch-niederländischer Vertrag vorliegt. Der deutsch-niederländische Vertrag schließt Entscheidungen des einstweiligen Rechtsschutzes ausdrücklich mit ein, vgl Art 1 (2).

_______________

162 Vgl Eilers S 118ff; Kessedjian No 109ff. 163 Eilers S 120. 164 Vgl Eilers S 121f.

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Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten

§ 15

8. Österreich Das österreichische Recht kennt als Mittel des einstweiligen Rechtsschutzes 109 die einstweilige Verfügung in verschiedenen Formen, die in den §§ 378–402 EO geregelt sind.165 9. Schweiz Für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sind in der Schweiz in der 110 Regel die Kantonalgerichte zuständig. Das Verfahren bestimmt sich daher grundsätzlich nach dem jeweiligen kantonalen Zivilprozessrecht.166 Allerdings gibt es einige bundesrechtliche Regelungen im SchKG (s u Rz 113), die dem kantonalen Recht vorgehen. Darüber hinaus ist in der Schweiz umstritten, ob der einstweilige Rechtsschutz überhaupt dem Prozessrecht zuzurechnen ist, oder ob er nicht vielmehr zum materiellen – Bundes- – Recht gehört.167 Die Möglichkeit des Erlasses von Verfügungsbeschränkungen im Scheidungsverfahren als einstweilige Maßnahme wird zB allein auf die materielle Vorschrift von § 145 ZGB gestützt.168 Die vorsorglichen Maßnahmen wurden mit Ausnahme des Arrestes (s u Rz 113) alle im Hinblick auf ein bestimmtes Hauptsacheverfahren entwickelt169 und unterliegen zahlreichen ungeschriebenen bundesrechtlichen Regelungen.170 Bundeseinheitlich geregelt ist im schweiz. IPRG die internationale Zuständigkeit schweizerischer Gerichte. Das IPRG hat zahlreiche besondere Vorschriften, die die internationale Zuständigkeit für Verfahren in bestimmten Rechtsgebieten regeln, zB Art 51 für das Ehegüterrecht, Art 61 für Ehescheidungen oder Art 89 für erbrechtliche Streitigkeiten. Diese Zuständigkeiten umfassen jeweils „Klagen und Massnahmen“, so dass Hauptsachezuständigkeit und Zuständigkeit für den einstweiligen Rechtsschutz parallel laufen.171 Besteht keine solche besondere internationale Zuständigkeit, kann sich die Zuständigkeit aus allgemeinen Grundsätzen oder aus Art 10 schweiz. IPRG ergeben. Nach Art 10 schweiz. IPRG können schweizerische Gerichte vorsorgliche 111 Maßnahmen treffen, auch wenn sie für die Entscheidung in der Sache selbst nicht zuständig sind. Diese Befugnis bleibt nach Art 24 LugÜ ausdrücklich bestehen.172 Art 4 schweiz. IPRG bietet darüber hinaus einen subsidiären _______________

165 Vgl Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren, 2. Aufl 1992, S 487ff; König, Zum Curriculum der Regelungsverfügung, FS Sprung, 2001, S 233. 166 Walder S 232; Kessedjian No 122ff. 167 Greiner S 652; Morbach S 155; vgl Walter, FS Nakamura, 1996, S 657. 168 I. Meier, FS Heini, S 281; weitere Beispiele bei Greiner S 650f. 169 Greiner S 665. 170 Morbach S 155; Greiner S 671. 171 Walder S 226f. 172 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 486f.

763

§ 15

Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

Arrestgerichtsstand, wenn kein anderer schweizerischer Gerichtsstand besteht.173 Der Gerichtsstand aufgrund von Art 4 IPRG ist als exorbitante Zuständigkeit durch Art 3 LugÜ ausgeschlossen.174 112 Voraussetzung für den Erlass vorsorglicher Maßnahmen ist die Glaubhaftmachung des zu sichernden Anspruchs, sowie des Nachteils, der bei Unterlassung der Maßnahme droht.175 Der zu sichernde Anspruch kann sich nach den Grundsätzen des schweizerischen IPR auch aus ausländischem Recht ergeben. In diesen Fällen reicht die bloße Glaubhaftmachung nicht nur für die tatsächlichen, sondern auch für die rechtlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs.176 Als Maßnahmen kommen insb Beschlagnahme, Eintragung von Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch oder einstweiliger Entzug der Vertretungsmacht in Frage.177 113 Wichtigste Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Arrest, der in den §§ 271ff SchKG bundeseinheitlich geregelt ist. Anders als die anderen vorsorglichen Maßnahmen ist der Arrest von einer Hauptsache unabhängig.178 Wohl auch deshalb gelten für den Arrestgrund strengere Maßstäbe, als sie sonst im Bereich der vorsorglichen Maßnahmen angelegt werden.179 Seit 1.1.1997 ist das Fehlen eines inländischen Wohnsitzes nur noch dann Arrestgrund, wenn die Forderung ausreichenden Bezug zur Schweiz hat oder auf einem vollstreckbaren gerichtlichen (inländischen und ausländischen) Urteil oder einer Schuldanerkennung besteht.180 Die Verarrestierung von Kontoguthaben eines Schuldners bei einer Schweizer Bank erfasst nicht Guthaben bei ausländischen Zweigstellen dieser Bank.181 Art 42 LugÜ berührt weder Zuständigkeit noch Voraussetzungen des Arrestes.182 Ob der Antragsteller vor Durchsetzung der einstweiligen Maßnahme Sicherheit zu leisten hat und die Schadenersatzpflicht bei zu Unrecht angeordneten Maßnahmen ist eine Frage des kantonalen Rechts.183

_______________

173 174 175 176 177 178 179 180

Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 115f, 489. Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 489. Walder S 231. Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 494. Walder S 232; Greiner S 650f. Greiner S 665. Greiner S 664. Vgl Gani SchweizJZ 1996, 227; Stoffel, Das neue Arrestrecht, AJP 1996, 1401; Meier-Dieterle, Der „Ausländerarrest“, AJP 1996, 1416; Killias RIW 1996, 1005; R. Gassmann, Arrest im internationalen Rechtsverkehr, 1998. 181 Zondler AJP/PJA 2005, 573, 576ff. 182 Ottomann, Der Arrest, ZSR I 1996, 57, 82ff; vgl auch Staehlin RIW 1997, 95, 99. 183 Walder S 234.

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Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten

§ 15

10. Spanien Das neue spanische Zivilprozessgesetz (LEC) vom 7.1.2000 hat auch den vor- 114 läufigen Rechtsschutz (Medidas Cautelares) neu und einheitlich geregelt (Art 721–747 LEC).184 Art 727 LEC listet elf verschiedene Einzelmaßnahmen auf. Funktional dem Arrest entspricht die vorläufige Pfändung von beweglichen und unbeweglichen Gegenständen (embargo preventivo de bienes) nach Art 727 Nr 1 LEC. Die anderen Maßnahmen betreffen Einzelfälle einstweiliger Anordnungen. Vorgesehen sind: – – – – – – – –

– –

Die gerichtliche Intervention oder Verwaltung von Produktionsgütern (Art 727 Nr 2), die Verwahrung beweglicher Gegenstände (Art 727 Nr 3), die Errichtung eines Vermögensinventars (Art 727 Nr 4), die vorläufige Eintragung von Klagen in öffentlichen Registern (Art 727 Nr 5), andere Registereintragungen, die einen Erwerb kraft öffentlichen Glaubens ausschließen (Art 727 Nr 6), das vorläufige Verbot einer Handlung oder Unterlassung, insb eine vorläufige Abberufung (Art 727 Nr 7), den Einzug und die Verwahrung von Einnahmen aus rechtswidrigen Handlungen (Art 727 Nr 8), bei der Verletzung von Immaterialgüterrechten die einstweilige Verwahrung von Erzeugnissen, Gegenständen und der zur Herstellung erforderlichen Materialien (Art 727 Nr 9), die Aussetzung von Gesellschafterbeschlüssen (Art 727 Nr 10), und sonstige vorläufige Maßnahmen, die in Sondergesetzen vorgesehen sind (Art 727 Nr 11).

Der Antragsteller hat seinen Anspruch und dessen Gefährdung glaubhaft zu machen sowie Sicherheit zu leisten (Art 728 LEC). In der Regel wird einstweiliger Rechtsschutz nach Klage zur Hauptsache gewährt (Art 730 I LEC). In dringenden Fällen können einstweilige Maßnahmen auch vorher beim Gericht der Hauptsache beantragt werden. Die vorläufige Maßnahme wird aber wirkungslos, wenn Klage zur Hauptsache nicht innerhalb von 20 Tagen erhoben wird (Art 730 II LEC). In der Regel hört das Gericht den Gegner innerhalb von fünf Tagen. In dringenden Fällen kann die Anordnung auch vor einer Anhörung ergehen (Art 733 II LEC). Der Gegner kann gegen eine solche Anordnung innerhalb von 20 Tagen Einwendungen erheben (Art 730ff LEC). _______________

184 Vgl Fröhlingsdorf/Lincke RIW 2001, 357, 358.

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§ 15

Internationaler einstweiliger Rechtsschutz

Einstweilige Anordnungen werden längstens für sechs Monate erlassen; sie werden zuvor mit Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung zur Hauptsache unwirksam. Die bisher im Wettbewerbsrecht und im Werberecht besonders vorgesehene Eilverfügung ist nunmehr entfallen.185 11. USA 115 Für die Federal Districts Courts regeln die FRCP 64ff die möglichen Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes (provisional remedies). a) Preliminary injunction 116 Einstweilige Verfügungen auf Unterlassung oder auf Vornahme bestimmter Handlungen können nach Rule 65 (a) FRCP nur nach Benachrichtigung und Anhörung des Gegners ergehen. Das Gericht kann anordnen, dass die Verhandlung über die injunction mit der zur Hauptsache verbunden wird. Ein Beweis im Verfügungsverfahren kann auch ohne eine solche Verbindung im Hauptsacheverfahren berücksichtigt werden. Der Erlass der Verfügung steht im Ermessen des Gerichts; sie ergeht zum Schutz von Eigentums- und Vermögensrechten, wenn irreparable Schäden drohen und Schadenersatz in Geld unzureichend wäre.186 Auch in den USA kann ein Verfügungsverbot mit weltweiter Wirkung angeordnet werden.187 b) Temporary Restraining Order 117 Bei besonderer Dringlichkeit kann eine solche Unterlassungsverfügung auch ohne vorherige Benachrichtigung des Gegners ergehen, FRCP Rule 65 (b). Ihre Geltung ist dann aber auf 10 Tage ab Kenntnis des Gegners beschränkt, sofern das Gericht die Geltung nicht auf begründeten Antrag verlängert oder sich der Gegner mit einer längeren Geltung einverstanden erklärt. Die zunächst unterbliebene Anhörung ist während der Geltungsdauer so schnell wie möglich nachzuholen. c) Attachment 118 Nach Erhebung der Hauptsacheklage kann der Gläubiger nach State law auch ein attachment order beantragen, wodurch das in den USA befindliche _______________

185 Fröhlingsdorf/Lincke RIW 2001, 357, 359. 186 Hay, US-amerikanisches Recht, 2000, Rz 168; Kessedjian No 36ff. 187 962 F. 2d 1355 (1989); In re Marcos Human Rights Litigation 25 F. 3d 1467 (9th Cir. 1994); Schlosser RdC 284 (2000), 182.

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Einstweiliger Rechtsschutz vor ausländischen Gerichten

§ 15

Vermögen des Schuldners bis zur Beendigung des Rechtsstreits beschlagnahmt („eingefroren“) wird, FRCP Rule 64. Meist wird der Arrest nur gegen Sicherheitsleistung gewährt.188 Vor Erhebung der Hauptsacheklage kann ein attachment order (anders als in England) nicht ergehen.189 Zulässig ist auch ein attachment order zur Sicherung der Erfüllung eines künftigen Schiedsspruchs190 oder einer ausländischen Entscheidung.191 Nach gerichtlichem Ermessen können ausländische preliminary injunctions anerkannt werden.192

_______________

188 189 190 191 192

Hay, US-amerikanisches Recht, 3. Aufl, Rz 193. H. Buxbaum, Asset Freezes in US Federal Courts, IPRax 2000, 39. Newman/Burrows, The Practice of International Litigation, 2nd ed 1998, II–27ff. Newman/Burrows, The Practice of International Litigation, 2nd ed 1998, II–87ff. Newman/Burrows, The Practice of International Litigation, 2nd ed 1998, II–67ff.

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§ 16 Internationale Schiedsgerichtsbarkeit Inhaltsübersicht I. Einführung 1. Allgemeines Schrifttum . . . . . . 2. Rechtsnatur der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . 3. Vorteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Internationale Schiedsvereinbarungen 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Objektive Schiedsfähigkeit . . . 4. Subjektive Schiedsfähigkeit, Immunität . . . . . . . . . . . . . . . 5. Bindung Dritter an die Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . 6. Mehrparteienschiedsgerichte . 7. Anwendbares Recht . . . . . . . . III. Das Schiedsverfahrensrecht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bestellung der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Schiedsrichtervertrag . . . . 4. Der Sitz des Schiedsgerichts . . 5. Verfahren vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kostenvorschuss, Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Beweisverfahren . . . . . . . . . . . 8. Beschlussfassung, Abfassung eines Schiedsspruchs . . . . . . . 9. Rechtskraft, Registrierung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . 10. Schiedsgerichts- und Schlichtungsordnungen . . . . . . . . . . . IV. Das in der Sache anzuwendende Recht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 2. Rechtswahl der Parteien . . . . . 3. Rechtswahl des Schiedsgerichts 4. Lex mercatoria . . . . . . . . . . . . 5. Tronc commun . . . . . . . . . . . . 6. Handelsbräuche . . . . . . . . . . .

768

1 2 3 5

7 12 17 28 39 40 42 44 45 52 53 55 60 61 63 64 65

66 67 70 71 73 75

7. Eingriffsnormen von Drittstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ermittlung des anwendbaren Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77 79

V. Verhältnis staatliches Gericht – internationales Schiedsgericht 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . 80 2. Schiedseinrede . . . . . . . . . . . . 81 3. Kompetenz-Kompetenz . . . . . 85 4. Anti-suit Injunction . . . . . . . . 94 5. Aufrechnung vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 6. Ersatzbestellung von Schiedsrichtern . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 7. Abberufung von Schiedsrichtern . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 8. Verfahrensverzögerungen . . . . 99 9. Hilfestellung bei der Beweisaufnahme . . . . . . . . . . . . . . 100 VI. Einstweiliger Rechtsschutz 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 2. Einstweiliger Rechtsschutz vor dem staatlichen Gericht . 3. Einstweiliger Rechtsschutz durch das Schiedsgericht . . . VII. Aufhebung inländischer Schiedssprüche sowie Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufhebung und Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche . . . . . . . . . . 3. Voraussetzungen für Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs in Deutschland . . . . 4. Verfahren der Vollstreckbarerklärung . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . 6. Versagungsgründe . . . . . . . . 7. Ausländische Schiedsvergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einführung 8. Doppelexequatur des Schiedsspruch-Exequatururteils . . . . 148 VIII.Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht 1. Das New Yorker UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (UNÜ) . . . . . . . . . . 149 2. Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (EuÜ) . . . . . . . 156 3. Genfer Protokoll und Genfer Abkommen . . . . . . . . . . . . . . 176 4. Das WeltbankÜbereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten vom 28.3.1965 . . . . . . . . . . . . 183 5. Die internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM) und über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr (CIV) vom 7.2.1970 . . . . . . . . . . . . . . . . . 186

6. UN-Übereinkommen über das Recht der See . . . . . . . . . . . . 7. Bilaterale Verträge . . . . . . . . a) Das deutsch-schweizerische Abkommen vom 2.11.1929 b) Das deutsch-italienische Abkommen vom 9.3.1936 . c) Das deutsch-belgische Abkommen vom 30.6.1958 d) Der deutsch-niederländische Vertrag vom 30.8.1962 e) Der deutsch-österreichische Vertrag vom 6.6.1959 . . . . f) Der deutsch-griechische Vertrag vom 4.11.1961 . . . g) Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 . . . h) Das deutsch-amerikanische Freundschafts-, Handelsund Schifffahrtsabkommen vom 29.10.1954 . . . . . . . . . i) Das deutsch-sowjetische Handels- und Schifffahrtsabkommen vom 25.4.1958 IX. Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . .

187 188 188 189 191 194 195 196 197

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I. Einführung 1. Allgemeines Schrifttum M. Aden, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl 2003; Adolphsen, 1 Grundfragen und Perspektiven der Sportschiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2004, 169; ders, Internationale Dopingstrafen, 2003; Aksen/von Mehren, International Arbitration between private parties and governments, 1982; H. Arfazadeh, Ordre public et arbitrage international à l’épreuve de la mondalisation, 2005; E.-M. Bajons, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit in einer globalisierten Welt, in: Nautz/Brix/Luf, Das Rechtssystem zwischen Staat und Zivilgesellschaft, 2001, S 101; A. J. van den Berg, International Handbook on Commercial Arbitration, 3 Vol 1993; K. P. Berger, Internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 1992 (= International Economic Arbitration, 1993); ders, Devisenrecht in der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, ZVglRWiss 96 (1997), 316; ders, International Arbitral Practice and the UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, AmJCompL 46 (1998), 129; ders, Power of Arbitrators to Fill Gaps and Revise Contracts to Make Sense, ArbInt 17 (2001), 1; ders, Unterstanding Transnational Commercial Arbitration, 2001; ders, Internationale Investitionsverträge und Schiedsgerichtsbarkeit, ZVerglRWiss 102 (2003), 1; E. Bergsten, International Commercial Arbitration, 6 Vol (looseleaf), 1980ff;

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Bernstein, Handbook of arbitration and dispute resolution practice, 2003; P. Binder, International Commercial Arbitration in UNCITRAL Model Law Jurisdictions, 2005; K.-H. Böckstiegel, Arbitration and State enterprises, 1984; ders, Vertragspraxis und Streiterledigung im Wirtschaftsverkehr mit arabischen Staaten, 1981; ders, Rechtsfortbildung durch Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1990; ders, Die Beteiligung Dritter an Schiedsverfahren, 2005; ders, The role of arbitration within today’s challenges to the World Community, ArbInt 22 (2006), 165; M. Borowsky, Das Schiedsgutachten im Common Law, 2001; A. Bucher, Private international law and arbitration, 1996; Calavros, Das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1988; ders, Grundsätzliches zum Rechtsverhältnis zwischen Schiedsrichtern und Parteien nach griechischem Recht, FS Habscheid, 1989, S 65; Th. Carbonneau, The Law and Practice of Arbitration, 2004; N. Coipel-Cordonnier, Les conventions d’arbitrage et d’election de for en droit international privé, 1999; Craig/Park/Paulsson, International Court of Arbitration, 3. Aufl 2000; R. David, Arbitration in international trade, Deventer 1985; G. Delaume, Law and Practice of Transnational Contracts, 1988 (S 281–394); R. Doak Bishop, The Art of Advocacy in International Arbitration, 2004; S. Elsing, Internationale Schiedsgerichte als Mittler zwischen den prozessualen Rechtskulturen, IDR 2002, 19; Ph. Fouchard, L’arbitrage commercial international, 1965; ders, Arbitrage Commercial International, Sources, Juris-Cl. Droit International Fasc. 85–2 (1993); Ph. Fouchard/E. Gaillard, Traité de l’arbitrage commercial international, 1996; Fouchard/Gaillard/Goldman, On International Commercial Arbitration, 1999; Ch. Frank, Der Durchgriff im Schiedsvertrag, 2000; Frommel/Rider, Conflicting Legal Cultures in Commercial Arbitration, 1999; Geimer u Walder, Schiedsgerichtsbarkeit und Verfassung, in: Schlosser, Integritätsprobleme im Umfeld der Justiz, 1994, S 113; Geimer/Schütze/Bredow, Internationaler Rechtsverkehr, UNÜ (Stand 1991), S 714.1ff; J. Gentinetta, Die lex fori internationaler Handelsschiedsgerichte, 1973; D. Girsberger, Entstaatlichung der friedlichen Konfliktregelung zwischen nichtstaatlichen Wirkungseinheiten: Umfang und Grenzen. Das Beispiel der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, in: Dicke/Hammer/ Girsberger ua, Völkerrecht und Internationales Privatrecht in einem sich globalisierenden internationalen System, 2000, S 231; O. Glossner/J. Bredow/M. Bühler, Das Schiedsgericht in der Praxis, 4. Aufl 2001; M. Gómez Jene, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Binnenmarkt, IPRax 2005, 84; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997; Gottwald/Adolphsen, Das neue deutsche Schiedsverfahrensrecht, DStR 1998, 1017; H. Grigera Naón, The evolution of International Commercial Arbitration, FS Ress, 2005, 103; ders, International Commercial Arbitration: Identifying and implementing the „right“ policies, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 137; R. Happ, Schiedsverfahren zwischen Staaten und Investoren nach Art 26 Energiechartavertrag, 2000; Heger, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in Osteuropa, RIW 1999, 481; Ph. Heigl, Das deutsche Schiedsverfahrensrecht von 1998 im Vergleich zum englischen Arbitration Act 1996, 2000; Herrmann, Das UNCITRAL-Modellgesetz über internationale Handelsschiedsgerichtbarkeit und das nationale Recht, in: Beys/Habscheid, Grundfragen des Zivilprozessrechts, 1991, 235; J. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, 3rd ed 2005 (Chapter 16); von Hoffmann, UNCITRAL Rules für internationale Schiedsverfahren, RIW/AWD 1976, 1; H. Holtzmann/J. Neuhaus, A Guide to the UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration, 1989; M. Huner/A. Marriott, The Internationalisation of International Arbitration, 1995; G. Hußlein-Stich, Das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1990; R. Jacobs/L. Masters/P. Stanley,

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Einführung

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Liability Insurance in International Arbitration, 2004; A. Kellerhals, Schiedsgerichtsbarkeit, 1997; Kerameus, La contribution de l’arbitrage à l’harmonisation internationale des règles de procédure civile, in: Cadiet/Clay/Jeuland, Médiation et arbitrage, 2005, 237; Kornblum, Probleme der schiedsrichterlichen Unabhängigkeit, 1968; Kreindler, Arbitrage et recours juridictionelles, RDAI 1998, 173; Kreindler/Mahlich, Das neue deutsche Schiedsverfahrensrecht aus ausländischer Sicht, NJW 1998, 563; Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit. Kompendium für die Praxis, 2006; Kühl, Schiedsgerichtsbarkeit im Seehandel, 1990; Lalive, Problèmes relatives à l’arbitrage international commercial, RdC 120 (1967-I), 573; J. Lew, The Immunity of Arbitrators, London 1990; ders, Contemporary Problems in International Commercial Arbitration, London 1986; ders, Applicable Law in International Commercial Arbitration, 1978; ders, Achieving the dream: autonomous arbitration, ArbInt 22 (2006), 179; J. Lew/L. Mistelis/S. Kröll, Comparative International Commercial Arbitration, 2003; Liebscher, The relationship between arbitration and other forms of private and public justice, in: Storme/Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 25; Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl 2005; G. Lörcher/H. Lörcher, Das Schiedsverfahren – national/international – nach neuem Recht, 2. Aufl 2001; J. Lookofsky/K. Hertz, Transnational Litigation and Commercial Arbitration, 2. Aufl 2004; A. Lowenfeld, International Litigation and Arbitration, 3rd ed. 2006; ders, On International Arbitration, 2005; F. Mann, Zur Nationalität des Schiedsspruchs, FS Oppenhoff, 1985, S 215; K. Matsuura, A comparative survey of international commercial arbitration in Japan, China and Korea, FS G. Lüke, 1997, S 467; P. Mayer, Faut-il distinguer arbitrage interne et arbitrage internationale?, Rev arb 2005, 361; C. McLachlan/L. Shore/M. Weininger, International Investment Arbitration, 2007; M. Mustill/S. Boyd, Commercial Arbitration, 2nd ed, London 2002; F. Nariman, International Commercial Arbitration – at the Cross-Roads, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 555; L. Newman/M. Burrows, The Practice of International Litigation, 2nd ed 1998 (Part V); L. Newman/G. Hanessian, International Arbitration Checklists, 2004; L. Newman/R. Hill, The Leading Arbitrator’s Guide to International Arbitration, 2004; W. Park, Arbitration of International Business Disputes, 2006; Ph. Pinsolle/A. Schlaepfer/L. Degas (ed), Towards a Uniform International Arbitration Law, 2005; A. Plantey, Quelques observations sur l’arbitrage sportif international, J.D.I. 4 (2003), 1085; J.-B. Racine, L’autonomie de l’arbitrage commercial internationale, Rev arb 2005, 305; H. Raeschke-Kessler, Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit – ein Motor für transnationales Verfahrensrecht, FS Schlosser, 2005, S 713; A. Redfern/M. Hunter, Law and Practice of International Commercial Arbitration, 3rd ed London 1999; D. Rivkin, 21st Century Arbitration Worthy of its Name, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 661; C. Royé, Die Schiedsgerichtsbarkeit bei internationalen Bau- und Anlagenverträgen in Europa, 2001; M. Rubino-Sammartano, International Arbitration Law, Deventer 1990; ders, Developing Countries vis-à-vis International Arbitration, JIntArb 13 (1) (1996), 21; A. Samuel, Jurisdictional Problems in International Commercial Arbitration, Zürich 1989; ders, Arbitration clauses incorporated by general reference, Études en l’honneur Poudret, 1999, S 505; O. Sandrock, Arbitration Agreements and Groups of Companies, FS Lalive, 1993, S 625; ders, Neue Lehren zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und das klassische Internationale Privatund Prozessrecht, FS H. Stoll, 2001, S 661; J. Schäfer, Einführung in die internationale Schiedsgerichtsbarkeit, Jura 2004, 253; P. Schlosser, Das Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl 1989; ders, Die olympische Sportgerichtsbarkeit und das deutsche Recht, FS Zeuner, 1994, S 467; ders, Coordinated transnational

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

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2. Rechtsnatur der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit 2 Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist staatlich zugelassene und geregelte private Schiedsgerichtsbarkeit für internationale Streitsachen. Sie untersteht einem bestimmten nationalen Recht (idR am „Sitz“ des Schiedsgerichts), das meist der Parteiautonomie weiteren Raum lässt als im natio-

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Einführung

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nalen Prozessrecht.1 Davon zu unterscheiden sind völkerrechtliche Schiedsgerichte zwischen Staaten und anderen Völkerrechtssubjekten.2 3. Vorteile Viele Verträge im internationalen Wirtschaftsverkehr enthalten Schieds- 3 klauseln. Die Parteien wollen damit erreichen, dass ihre künftigen Streitigkeiten von einem „neutralen“ Spruchkörper entschieden werden, dessen Zusammensetzung und dessen Verfahren sie direkt oder durch Vereinbarung eines institutionellen Schiedsgerichts indirekt bestimmen. Dies erleichtert insb die Austragung von Verfahren, in denen ein Staat direkt (oder indirekt) als Partei beteiligt ist.3 Die Parteien können erfahrene Juristen oder Fachleute, etwa in internationalen Bausachen, zu Schiedsrichtern berufen. Das Schiedsgericht kann an einem frei vereinbarten Ort tagen, in einer den Beteiligten zugänglichen Sprache verhandeln; sein Verfahren kann frei und flexibel gestaltet werden, ohne Bindung an nationale Besonderheiten. Zustellungen können formlos ohne Bindung an nationale Regeln oder Rechtshilfeverträge erfolgen.4 Die Parteien können sich durch die eigenen Anwälte vertreten lassen und müssen in den meisten Ländern keinen ortsansässigen Anwalt beauftragen. Das Verfahren ist nicht öffentlich; der Schiedsspruch ist idR endgültig und kann nur ausnahmsweise angefochten werden. Soweit die Beteiligten daran interessiert sind, kann auf diese Weise eine sachkundige Entscheidung schneller als vor einem staatlichen Gericht erlangt werden.5 Da sich die Parteien sachverständige Schiedsrichter aussuchen können, kön- 4 nen sie dem Schiedsgericht auch Aufgaben eines Schiedsgutachters zuweisen, insbesondere Vertragslücken zu füllen oder langfristige Verträge an veränderte Bedingungen anzupassen.6 Ansonsten unterscheidet sich der Schiedsgutachter vom Schiedsrichter darin, dass er nicht den Streit verbindlich entscheidet, sondern einzelne Streitelemente verbindlich festlegt, etwa durch bindende Wertgutachten.7

_______________

1 Vgl Habscheid ZZP 114 (2001), 109f. 2 Vgl E. Decaux, Arbitrage entre sujets du droit international, Juris-Cl. Droit Intern. Fasc. 245 (1990), 246 (1991), 247 (1992), 248 (1996). 3 Vgl L. Bouchez, The prospects for international arbitration, JIntArb 8 (1) (1991), 81. 4 Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 510. 5 Zur praktischen Verbreitung s Schmidt-Diemitz DB 1999, 369; Hesse, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 277. 6 Vgl Berger ArbInt 17 (2001), 1; Kröll, Ergänzung und Anpassung von Verträgen durch Schiedsgerichte, 1998; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, § 174 Rz 4. 7 Vgl OLG München SchiedsVZ 2006, 286; M. Borowsky, Das Schiedsgutachten im Common Law, 2001.

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

4. Nachteile 5 Versucht jedoch eine der Parteien das Verfahren zu verzögern, so kann seine Abwicklung auch länger dauern, möglicherweise sogar ganz vereitelt werden. Da das Schiedsgericht vollständig privat organisiert wird, haben die Parteien die Kosten der Schiedsrichter (Honorar, Reise- und Aufenthaltskosten) und alle Verwaltungs- und Verhandlungskosten einschließlich der Kosten einer beauftragten Schiedsinstitution selbst zu tragen. Das Verfahren ist deshalb meist nicht billiger als ein Verfahren über zwei Instanzen vor einem staatlichen Gericht. Ein wesentlicher Vorteil ist aber, dass die Vollstreckung von Schiedssprüchen durch das UNÜ 1958 besser gesichert ist als die von staatlichen Urteilen.8 6 Das deutsche internationale Schiedsrecht war lange Zeit reformbedürftig. Durch das Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz vom 22.12.19979 wurde das deutsche Schiedsrecht einheitlich an das UNCITRAL-Modellgesetz10 angepasst.11

II. Internationale Schiedsvereinbarungen 1. Schrifttum 7 Schiedsvereinbarungen: J.-M. Ahrens, Die subjektive Reichweite internationaler Schiedsvereinbarungen und ihre Erstreckung in die Unternehmensgruppe, 2001; Böckstiegel/Berger/Bredow, Die Beteiligung Dritter an Schiedsverfahren, 2005; Born, International Arbitration and Forum Selection Clauses, 2nd ed. 2006; Busse, Die Bindung Dritter an Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2005, 118; Epping, Die Schiedsvereinbarung im internationalen privaten Rechtsverkehr nach der Reform des deutschen Schiedsverfahrensrechts, 1999; P. Friedland, Arbitration Clauses for International Contracts, 2005; Gaillard, Arbitrage Commercial International, Convention d’arbitrage, Juris-Classeur Droit International Fasc. 586–1-6 (1994); Hochbaum, Missglückte internationale Schiedsvereinbarungen, 1995; A. Holeweg, Schiedsvereinbarungen und Strohmanngesellschaften, 1997; van Houtte, Consent to Arbitration through Agreement to printed contracts, ArbInt 2000, 1; van Hülsen, Die Gültigkeit von internationalen Schiedsvereinbarungen, 1973; P. Karrer, Pathological Arbitration _______________

8 Vgl Stumpf, FS Bülow, 1981, S 217; Nerz RIW 1990, 350. 9 BGBl I, 3224. 10 Vgl P. Binder, UNCITRAL Model Law on International Arbitration, 2000; Calavros u Herrmann, in: Habscheid, Grundfragen des Zivilprozessrechts, 1991, S 235 u 309; Hußlein-Stich, Das UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1990; Broches, Commentary on the UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration, 1990; Neuteufel, in: Kronke/ Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 118– 257. 11 Vgl BR-Drucks 211/96 u BT-Drucks 13/9124; Zerbe, 1995.

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Internationale Schiedsvereinbarungen

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

S 405; Schwab, Wandlungen der Schiedsfähigkeit, FS Henckel, 1995, S 803; N. Voser, Arbitrability and the Applicable Law in the Claims Resolution Process for Dormant Accounts in Switzerland, ASA Special Series No. 13 (2000), 50. Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit: I. Dore, Theory and Practice of Multiparty Commercial Arbitration, London 1990; Diesselhorst, Mehrparteienschiedsverfahren, 1994; B. Hanotiau, Problems Raised by Complex Arbitrations Involving Multiple Contracts – Parties – Issue – An Analysis, JIntArb. 18 (2001) (3), 251; v Hoffmann, Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit und Internationale Handelskammer, FS Nagel, 1987, S 112; Massuras, Dogmatische Strukturen der Mehrparteien-Schiedsgerichtsbarkeit, 1998; Schwab, Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit und Streitgenossenschaft, FS Habscheid, 1989, S 258.

8 Schiedsvereinbarungen sind Prozessverträge; Zulässigkeit und Wirkungen bestimmen sich danach nach der jeweiligen lex fori.12 Der wirksame Abschluss selbst richtet sich – abgesehen von der Form – nach dem anwendbaren Vertragsstatut.13 Wie sonst auch, tritt die vertragliche Bindung auch ein, wenn die Partei die Vereinbarung ungelesen unterschreibt oder gar nicht lesen kann.14 Die Schiedsvereinbarung ist, auch wenn sie im Hauptvertrag enthalten ist, ein selbständiger Vertrag und im Zweifel unabhängig vom Hauptvertrag gültig.15 Grundanforderungen an den Bezug der Vereinbarung auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis ergeben sich aus Art II (1) UNÜ und aus § 1029 I ZPO. 9 Die Rechtsordnungen der meisten westlichen Staaten erkennen die Freiheit von Kaufleuten, eine Schiedsvereinbarung als selbständigen Vertrag oder als Klausel innerhalb eines Hauptvertrages abzuschließen an (§ 1029 II ZPO; Art 7 I UNCITRAL Model Law).16 In Lateinamerika begründeten Schiedsvereinbarungen über künftige Streitigkeiten dagegen bislang nur eine nicht erzwingbare Pflicht, einen Schiedsvertrag nach Entstehen der Streitigkeit abzuschließen. 10 Die Vereinbarung ist aber nur gültig, wenn das berufene Schiedsgericht eindeutig bestimmt oder doch bestimmbar ist (§ 1029 I ZPO)17 oder nicht später wegfällt.18 11 Von Schiedsvereinbarungen zu unterscheiden sind in der Praxis zunehmend übliche internationale Schlichtungsvereinbarungen. Viele Schiedsinstitutionen, auch UNCITRAL, stellen auch Regeln für Schlichtungsverfahren be_______________

12 Vgl G. Wagner, Prozessverträge, S 578ff. 13 Weigand/Haas Art II Rz 76, 85ff; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 18ff; Kreindler/Schäfer/Wolff Rz 117ff. 14 Wilske SchiedsVZ 2004, 238. 15 Weigand/Haas Art II Rz 73; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 21. 16 Vgl Lionnet S 59ff. 17 OLG Hamm RIW 1995, 681, 682. 18 Vgl Hochbaum, Missglückte internationale Schiedsvereinbarungen, 1995.

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reit.19 Schließlich gibt es auch Mischformen, etwa Vereinbarungen, dass ein Schiedsverfahren erst nach erfolgloser Mediation oder Schlichtung stattfinden soll.20 2. Form Viele Staaten verlangen eine schriftliche Vereinbarung; manche lassen auch 12 formlose Übereinkünfte genügen. Mittelbar wird die Schriftform durch Art II UNÜ 1958 geregelt.21 Nach Abs 1 erkennt jeder Vertragsstaat „eine schriftliche Vereinbarung an, durch die sich die Parteien verpflichten … Streitigkeiten … einem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen.“ Art II (2) lautet: „Unter einer ‚schriftlichen Vereinbarung’ ist eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder einer Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben.“

Dieses Formerfordernis gilt auch für Schiedsvereinbarungen unter Kaufleu- 13 ten. Die Schriftform ist nach § 1031 ZPO (bzw Art 7 II 2 UNCITRAL Model Law) erfüllt, wenn die Parteien ein Schriftstück unterschrieben haben oder die Vereinbarung in einem Schriftwechsel enthalten ist. Dieser kann per Brief, Telex, Telegramm oder durch andere Telekommunikationsmittel geführt werden, bei denen die Vereinbarung dokumentiert werden kann.22 Art II (2) UNÜ ist unter Berücksichtigung von Art 7 II UNCITRAL-Modellgesetz ebenfalls so auszulegen, dass die elektronische Schiedsvereinbarung gültig ist.23 Verweist der Vertrag auf Geschäftsbedingungen mit der Schiedsklausel, so 14 müssen diese nach allgemeinen Regeln Vertragsbestandteil geworden sein. Eine separate Urkunde ist nur bei Beteiligung eines Verbrauchers erforderlich (§ 1031 V ZPO). Ausreichend ist die allgemeine schriftliche Antwort auf eine Auftragsbestätigung, die die Schiedsklausel enthielt.24 Im kaufmännischen Verkehr reicht es, dass der Vertragstext einen Hinweis auf AGB’s ent_______________

19 Vgl Rauh, Die Schieds- und Schlichtungsordnungen der UNCITRAL, 1983; Draft Guide to Enactment and Use of the UNCITRAL Model Law on International Commercial Conciliation. A/CN, 9/514 vom 27.5.2002. 20 Vgl Eidenmüller, Hybride ADR-Verfahren bei internationalen Wirtschaftskonflikten, RIW 2002, 1; K.P. Berger, Law and Practice of Escalation Clauses, ArbInt 22 (2006), 1. 21 BGH SchiedsVZ 2005, 306, 307; Weigand/Haas Art II Rz 23ff; MüKo/Gottwald Art II UNÜ Rz 10ff. 22 Vgl Kaufmann-Kohler, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 355. 23 Boele-Woelki, Internet und IPR, BerDGVölkR 39 (2000), 307, 322. 24 Schiedsgericht der Bundeskammer Wien RIW 1995, 590; Weigand/Haas Art II Rz 44; Kreindler/Schäfer/Wolff Rz 150ff.

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hält, ohne dass diese der Gegenseite bei Abschluss vorliegen.25 Nach § 1031 II ZPO genügt schließlich, dass die Schiedsklausel in einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben im Schlussschein eines Maklers enthalten ist.26 § 1031 IV sieht ausdrücklich die Bindung des Empfängers eines Konnossements an eine darin enthaltene Schiedsklausel vor.27 Ansonsten führt das Schweigen auf ein Vertragsangebot mit Schiedsklausel nicht zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung.28 15 Diese Anforderungen werden aber ggf nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz des Art VII Abs 1 UNÜ und im Anwendungsbereich des EuÜ 1961 durch einen Rückgriff auf das liberalere nationale Recht aufgelockert. Nach Art I (2) (a) EuÜ genügt „im Verhältnis zwischen Staaten, die in ihrem Recht für Schiedsvereinbarungen nicht die Schriftform fordern, jede Vereinbarung, die in den nach diesen Rechtsordnungen zulässigen Formen geschlossen ist“.

Soweit Staaten keine Schriftform verlangen, ist die formlose Vereinbarung gültig,29 die Schriftform aber aus Beweisgründen dringend anzuraten. 16 Schließlich kann die Schiedsvereinbarung nachträglich durch Behauptung in der Schiedsklage und schriftliche rügelose Einlassung darauf zustande kommen.30 3. Objektive Schiedsfähigkeit 17 Die Schiedsvereinbarung ist nur wirksam, wenn der Streitgegenstand (objektiv) schiedsfähig ist. Die Schiedsfähigkeit wird in den meisten Ländern gemäß Art V (2) (a) UNÜ nach dem vereinbarten Verfahrensrecht, hilfsweise nach der lex fori am Sitz des vereinbarten Schiedsgerichts und nicht nach der lex contractus des Hauptvertrages beurteilt. Ruft eine Partei ein staatliches Gericht an und beruft sich die Gegenpartei auf die Schiedsvereinbarung, so ist die objektive Schiedsfähigkeit in der Einredesituation zusätzlich nach der lex fori des angerufenen Gerichts zu beurteilen.31 In dieser Einredesituation ist eine evtl Schiedsunfähigkeit nach dem Recht eines denkbaren Vollstreckungsstaates (Art V Abs 2 (a) UNÜ) nicht zu berücksichtigen, da _______________

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OLG Schleswig RIW 2000, 706, 707; A. Samuel, Études Poudret, 1999, S 505. Schlosser, in: Gottwald, S 163, 184; ders, FS Medicus, 1999, S 543, 546. Vgl K. Schmidt FS Herber, 2000, S 281. Zur Auslegung von Art II UNÜ s Weigand/Haas Art II Rz 49ff. Vgl BGH SchiedsVZ 2005, 306, 307f. OLG Schleswig RIW 2000, 706, 707; österr. OGH IPRax 2006, 496, 500 (dazu Spickhoff, S 22); krit. Kollhosser, Liber amicorum Esser, 1995, 77. 31 Vgl MüKo/Gottwald Art II UNÜ Rz 9, Art V UNÜ Rz 9, 48; für ausschließliche Anwendung der lex fori des angerufenen staatlichen Gerichts Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 3811.

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sonst der schiedsunfreundlichste Staat Schiedsverfahren blockieren könnte. Die von französischen Gerichten und Autoren favorisierte „de-nationale“ Anknüpfung der Schiedsvereinbarung steht mit Art V UNÜ kaum in Einklang; die Bestimmung zulässiger Grenzen aus allgemeinen Prinzipien und aus dem ordre public international ist zudem viel zu unbestimmt.32 Das neue deutsche Recht lässt Schiedsvereinbarungen nach Schweizer Vor- 18 bild über jeden vermögensrechtlichen Anspruch zu.33 Daher sind auch vermögensrechtliche Gestaltungsklagen (zB nach §§ 117, 127, 140 HGB) schiedsfähig.34 Über nichtvermögensrechtliche Ansprüche kann eine Schiedsvereinbarung nur geschlossen werden, wenn die Parteien über den Anspruch verfügen können (§ 1030 I ZPO). Über Ausschnitte aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht kann der Urheber grundsätzlich disponieren und daher auch insoweit einen Schiedsvertrag schließen.35 Über den Bestand von Wohnraum-Mietverhältnissen kann keine Schiedsvereinbarung geschlossen werden (§ 1030 II ZPO). § 1031 V ZPO sieht für Schiedsvereinbarungen von Verbrauchern lediglich eine besondere Form vor.36 Eine Kontrolle von Schiedsvereinbarungen mit Verbrauchern anhand von § 307 BGB soll aber weiterhin zulässig sein.37 Es erscheint daher eher zweifelhaft, ob die Prorogationsschranken des Art 17 EuGVO bzw von Art 15 EuGVÜ/LugÜ auf europäische Schiedsvereinbarungen übertragen werden können.38 Sondergesetzliche Schranken der Schiedsfähigkeit bleiben unberührt (§ 1030 19 III ZPO). Eine Sonderregelung enthält Art 22 UN-Convention on the Carriage of Goods by Sea von 1978.39 Grundsätzlich nicht schiedsfähig sind Ansprüche aus individuellen Arbeitsverträgen (vgl §§ 101ff ArbGG).40 Nicht schiedsfähig sind nach Ansicht des BGH weiter Beschlussmängelstreitigkeiten bei Aktiengesellschaft und GmbH, weil deren Entscheidung nach §§ 248 I, 249 I AktG bzw in deren entsprechender Anwendung Rechtskraft für und gegen alle Gesellschafter wirkt, auch wenn sie am Schiedsverfahren

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Vgl Sandrock, FS H. Stoll, S 661, 663ff, 671. Schlosser, in: Gottwald, S 163, 179ff; MüKo/Münch, 2. Aufl, § 1030 Rz 8ff. Vgl G. Wagner, Prozessverträge, S 584ff. Frost S 97ff. Vgl MüKo/Münch, 2. Aufl, § 1031 Rz 21ff. Zöller/Geimer, 25. Aufl, § 1031 Rz 31; G. Wagner, Prozessverträge, S 596ff. Hierfür aber Reich ZEuP 1998, 984, 992. Vgl Mankowski TransportR 1992, 301, 307. Vgl Birk, Internationale private Schiedsgerichtsbarkeit in Arbeitssachen, 1. Erlanger FS Schwab, 1990, S 305.

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nicht beteiligt sind.41 Streitigkeiten über die Leistung von Stammeinlagen sind dagegen schiedsfähig.42 Kartellsachen sind schiedsfähig; die frühere Beschränkung gemäß § 91 I GWB aF ist durch § 19 SchiedsVfG 1996 aufgehoben worden.43 Im Bereich des Patentrechts sind nicht nur Verletzungsstreitigkeiten über deutsche und europäische Patente (auf Unterlassung und Schadensrecht), sondern auch Verfahren über die Nichtigkeit deutscher Patente schiedsfähig.44 Gleiches gilt für Streitigkeiten im Bereich des Markenrechts.45 Vermögensrechtliche Fragen sind auch dann schiedsfähig, wenn sie national vor Verwaltungsgerichten auszutragen wären.46 20 Börsentermingeschäfte sind ebenfalls inzwischen schiedsfähig, sofern die Beteiligten termingeschäftsfähig sind.47 Wird die deutsche Partei durch Schiedsklausel und Rechtswahlvereinbarung dem Schutz des inländischen Rechts entzogen, so wird die Klausel nach wie vor nicht anerkannt.48 Bejaht wird auch die Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten aus internationalen Devisenverträgen49 und internationalen Anleihen.50 In ihren Grenzen zweifelhaft ist die Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten über gewerbliche Schutzrechte (Patente, Marken)51 und über Urheberrechte.

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41 BGHZ 132, 278 = ZIP 1996, 830 = JZ 1996, 1017 mit Anm Schlosser; krit. Timm ZIP 1996, 445; G. Wagner, Prozessverträge, S 588ff; vgl Schwab, FS Gaul, 1997, S 729; Timm/Witzorek § 248 AktG 1/96; M. Schröder, Schiedsgerichtliche Konfliktbeilegung bei aktienrechtlichen Beschlussmängelklagen, 1999; aA Kühn, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 443; für Österreich: K. Hempel, FS Krejci, Bd 2, 2001, S 1669. Die Gegenmeinung bejaht wohl zu Recht die Schiedsfähigkeit, verlangt aber gleiche Mitwirkungsrechte aller Betroffenen bei der Bestellung der Schiedsrichter (s u Rz 46). Zur positiven Beschlussfeststellungsklage s BGH NJW 2001, 2176. 42 BGH JZ 2005, 154 (Schlosser) = SchiedsVZ 2004, 259. 43 Vgl Günther, Liber amicorum Böckstiegel, S 253. 44 Schlosser, in: Gottwald, S 163, 182f; Frost S 41ff, 49ff, 89ff. 45 Frost S 110ff. 46 Zu Kunststreitigkeiten s Jayme IPRax 2001, 68. 47 BGH NJW 1991, 2215; Weber/Weber-Rey JPS 3 (1989), 149; Ebbing WM 1999, 1264. 48 OLG Düsseldorf RIW 1995, 769 = IPRax 1997, 115 (Thorn S 98, 102); OLG Düsseldorf RIW 1996, 681, 683f = IPRax 1997, 118; ablehn. Aden RIW 1997, 723. Nach sec. 2 (a) of the British Consumer Arbitration Act 1988 sind Schiedsklauseln zu Lasten von britischen Verbrauchern unwirksam. Der englische Court of Appeal hat hierin eine unzulässige Diskriminierung gesehen und daher auch Schiedsklauseln zu Lasten von Deutschen als unwirksam behandelt, Phillip Alexander Securities v Bamberger ZEuP 1998, 981 mit Anm Reich. 49 O. Sandrock Int.Lawyer 23 (1989), 933; Berger ZVglRWiss 96 (1997), 316. 50 Sandrock J.Int.Arb. 11 no. 3 (1994), 33. 51 Albrechtskirchinger/Kretschmer, FS Glossner 1994, S 11.

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Eine umfassende Schiedsvereinbarung für alle Streitigkeiten aus einem Ge- 21 schäft erfasst auch Ansprüche aus Wechseln, die im Zusammenhang mit dem Geschäft begeben wurden.52 Eine Schiedsvereinbarung wird nicht nach Art II (3) UNÜ „hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar“, weil Dritte ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Hinblick auf Regress- oder Folgeansprüche haben.53 Nach Art 2059 Code Civil kann in Frankreich jede Person ein Recht, über 22 das sie frei verfügen kann, der Schiedsgerichtsbarkeit unterwerfen. Art 2060 Abs 1 Code Civil schränkt diese Befugnis für Fragen der Geschäftsfähigkeit, der Scheidung und allgemein für alle Bereiche ein, die den ordre public betreffen (zB Abstammung).54 In den USA haben die Gerichte nach und nach die Schiedsfähigkeit sämt- 23 licher Ansprüche aus internationalen Handels- und Wirtschaftsgeschäften bejaht, auch soweit Ansprüche auf multiple oder punitive damages geltend gemacht werden.55 Private Schiedsvereinbarungen schließen aber Verfahren der US International Trade Commission wegen Wettbewerbsverstößen nicht aus.56 Nach Art 806 c.p.c. sind in Italien alle Streitigkeiten schiedsfähig, die Ge- 24 genstand eines Rechtsgeschäfts sein können und nicht durch Sondergesetz ausgeschlossen sind. Die Schiedsfähigkeit entfällt nicht, wenn ein Sachzusammenhang mit einer bei Gericht anhängigen Streitsache besteht (Art 819 bis cprc). Eindeutig über die traditionellen Grenzen hinaus geht Art 177 IPRG 1987 25 der Schweiz. Danach sind Schiedsvereinbarungen über jeden vermögensrechtlichen Anspruch zulässig. Der deutsche Reformgesetzgeber ist dieser liberalen Haltung weitgehend gefolgt.57 Im Bereich der internationalen Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind 26 die Schiedsfähigkeit von Handels-, Konzessions- und Investitionsschutzverträgen, die Staaten selbst oder durch staatliche Organisationen abschlie-

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BGH JZ 1994, 370; OLG München RIW 1990, 585. Diesselhorst, Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit, 1994, S 140f. Gaillard, Juris Classeur, Droit International 11, Fasc. 586–3, Nr 27. Vgl Scherk v Albert-Culver, 417 US 506, 419 US 885 (1974); Mitsubishi v Soler, 473 US 614 (1985); Newman/Burrows V-1ff. 56 Farrel Corp. v US Intern. Trade Commission, 949 F. 2d 1147 (Fed. Cir. 1991); krit. R. Brand Col.J.Transn.L. 31 (1993), 181. 57 Vgl Lionnet S 43ff.

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ßen.58 Viele Staaten der „Dritten Welt“ oder sog „Schwellenländer“ schließen in ihren Rechtsordnungen die Schiedsfähigkeit von Verträgen über Technologietransfer und industrielle Entwicklung sowie Investitionsverträge ganz oder doch insoweit aus, als ein Schiedsspruch die Souveränität dieser Staaten berührt, und wollen diese Streitigkeiten den eigenen Gerichten vorbehalten.59 Wendet eine Partei die Schiedsunfähigkeit ein, so behält das Schiedsgericht zwar die Kompetenz über die Schiedsfähigkeit zu entscheiden (s u Rz 84ff). Das letzte Wort haben aber die staatlichen Gerichte bei einer etwaigen Anfechtung oder bei Einwendungen gegen die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs. Der Vorbehalt kann aber zu Schwierigkeiten bei der Durchsetzung eines Schiedsspruchs führen, selbst wenn das Recht am Sitz des Schiedsgerichts schiedsfreundlicher ist. 27 In den letzten Jahren sind auch in rein völkerrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Bereichen Schlichtungs- und Schiedsverfahren vereinbart worden.60 4. Subjektive Schiedsfähigkeit, Immunität 28 Probleme ergeben sich praktisch nur bei Beteiligung ausländischer Staaten und staatlicher Organisationen, da deren eigenes Recht vielfach die Schiedsfähigkeit ausschließt oder nur unter Einschränkungen zulässt.61 Jeweils entsteht dann die Frage, ob sich die staatliche Organisation unter Berufung auf ihr eigenes Recht einem Schiedsverfahren widersetzen kann, dem sie zuvor vertraglich zugestimmt hatte.62 29 Nach Art II (1) EuÜ 1961 besitzen „juristische Personen des öffentlichen Rechts“ die Schiedsfähigkeit, soweit der Staat bei der Ratifikation nicht Beschränkungen erklärt. Belgien hat insoweit die Schiedsfähigkeit dem Staat selbst vorbehalten. Diese Regelung gilt aber nur zwischen den Vertragsstaaten. Art V (1) (a) UNÜ 1958 bestimmt dagegen, dass sich jede Seite gegen die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs wehren kann, wenn sie „nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, _______________

58 Vgl Markert, Rohstoffkonzessionen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 1989; A. Broches, Selected Essays, World Bank, ICSID, and other subjects, 1995, S 447ff; Theodorou, Investitionsschutzverträge vor Schiedsgerichten, 2001; Happ, Schiedsverfahren zwischen Staaten und Investoren nach Art 26 Energiecharta, 2000; S. Wolfgramm, Investitionsschiedsgerichtsbarkeit nach dem Vertrag über die Energiecharta, 2001. 59 Vgl K. Bälz, Schiedsklauseln in Verträgen mit der iranischen öffentlichen Hand, SchiedsVZ 2006, 28. 60 Vgl K. Oellers-Frahm/A. Zimmermann, Dispute Settlement in Public International Law, 2nd ed, 2001. 61 Vgl BGH IPRax 1999, 104 (krit. dazu Schütze S 87); Delaume, Transnational Contracts, 1988, § 10.02. 62 Vgl Delaume § 10.04.

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in irgendeiner Hinsicht [zum Abschluss der Schiedsvereinbarung] nicht fähig“ war. Solange ein Schiedsspruch nicht ergangen ist, dürfte nach Art V (2) (a) UNÜ auf die lex fori des mit der Sache befassten Gerichts abzustellen sein.63 Art 177 II schweiz. IPRG 1987 will das Vertrauen in die Gültigkeit der mit 30 einer staatlichen Partei geschlossenen Schiedsvereinbarung schützen. Er sieht deshalb vor: „Ist eine Partei ein Staat, ein staatlich beherrschtes Unternehmen oder eine staatlich kontrollierte Organisation, so kann sie nicht unter Berufung auf ihr eigenes Recht ihre Parteifähigkeit im Schiedsverfahren oder die Schiedsfähigkeit einer Streitsache in Frage stellen, die Gegenstand der Schiedsvereinbarung ist.“

Dadurch soll verhindert werden, dass ein Staat oder eine staatlich beherrschte Organisation ein Schiedsverfahren unter Berufung auf die eigene Gesetzgebungshoheit, ggf noch durch nachträgliche Gesetzesänderung, vereitelt.64 Überwiegend wird dieser Schutz auch auf die Vertretungsbefugnis für die 31 staatliche Partei erstreckt. Sinngemäß ist damit auch festgelegt, dass sich die staatliche Partei ins Schiedsverfahren nicht auf eine etwaige völkerrechtliche Immunität berufen kann.65 1991 hat die ILA einen Entwurf „on Jurisdictional Immunities of States and 32 their property“ vorgelegt.66 Berger meint, Art 177 II schweiz. IPRG entspreche bereits internationaler 33 Schiedspraxis, einem identischen Prinzip des Völkergewohnheitsrechts und einem transnationalen ordre public, der sich gegenüber widersprechendem nationalen Recht durchsetze.67 In der Sache ist dem zuzustimmen. Solange freilich Art V (1) (a) UNÜ eine gegenteilige Regelung enthält, dürften in der Praxis Schwierigkeiten bei einer zwangsweisen Durchsetzung des Schiedsspruchs entstehen. In einem Schiedsverfahren genießt der Staat keine Immunität (auch nicht in 34 staatlichen Verfahren zur Ergänzung oder Unterstützung von Schiedsverfahren), da die Immunität nur gegenüber der Hoheitsgewalt eines anderen Staates besteht.68 Durch den Schiedsvertrag unterwirft sich der Staat aber nicht ohne weiteres Verfahren zur Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs und der anschließenden Zwangsvollstreckung.69 _______________

63 Näher zur streitigen Anknüpfung s Weigand/Haas Art II Rz 55ff; MüKo/Gottwald Art II UNÜ Rz 9. 64 Vischer, in: Heini/Keller, IPRG-Kommentar, 1993, Art 177 Rz 23ff. 65 Vischer, in: Hein/Keller, IPRG-Kommentar, 1993, Art 177 Rz 27. 66 Vom 11.9.1991, ILM 1991, 1563. 67 Intern. Economic Arbitration, 1993, S 184f. 68 Langkeit, Staatenimmunität und Schiedsgerichtsbarkeit, 1989, S 51ff. 69 BGH (4.10.2005, VII ZB 08/05) SchiedsVZ 2006, 44, 46 (Raeschke-Kesssler); Langkeit S 203ff.

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Die französische Cour de Cassation hat allerdings entschieden, dass die Vereinbarung einer ICC-Schiedsklausel, in der sich die Partei auch zur Erfüllung des Schiedsspruchs verpflichtet, sinngemäß einen Verzicht auf eine Vollstreckungsimmunität enthält.70 35 Verbraucher sind nach deutschem Recht subjektiv schiedsfähig. Zum Schutze des Verbrauchers verlangt § 1031 V ZPO lediglich, dass Schiedsvereinbarungen, an denen ein Verbraucher beteiligt ist, vom Verbraucher eigenhändig unterzeichnet und (abgesehen von notariellen Urkunden) in einer besonderen Urkunde enthalten sein müssen.71 36 Börsentermingeschäftsfähigkeit. Nach §§ 28, 53 I BörsG können sich nur börsentermingeschäftsfähige Kaufleute oder gleichgestellte Personen der Entscheidung eines (deutschen) Börsenschiedsgerichts unterwerfen. Private Anleger können Börsentermingeschäftsfähigkeit nach § 53 II BörsG kraft Information erwerben.72 Bei ausländischen Börsentermingeschäften können sich nur relativ börsentermingeschäftsfähige oder ganz unfähige Personen dennoch einem ausländischen Schiedsgericht unterwerfen; eine gleichwohl im Inland erhobene Klage ist auf Rüge nach § 1032 I ZPO als unzulässig abzuweisen.73 Schiedsvereinbarungen über künftige Streitigkeiten aus Wertpapierdienstleistungen oder Finanztermingeschäften können nach § 37h WpHG (idF v 9.9.1998) nur Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts schließen. 37 Armut der Partei. Eine Schiedsvereinbarung bildet ein Prozesshindernis für die Klage vor dem staatlichen Gericht, es sei denn, dass die Schiedsvereinbarung „undurchführbar ist“ (§ 1032 I ZPO). Undurchführbar wird die Vereinbarung, wenn der Schiedskläger oder der Schiedsbeklagte die Gebühren des Schiedsgerichts nicht bezahlen kann, sofern nicht die Gegenpartei den Kostenanteil der mittellosen Partei übernimmt; einer Kündigung der Schiedsvereinbarung bedarf es nicht.74

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70 Cour de Cass. (6.7.2000) JDI 2000, 1054; krit Kröll IPRax 2002, 439. 71 Vgl L. Weihe, Der Schutz der Verbraucher im Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, 2005; Wagner/Quinke, Ein Rechtsrahmen für die Verbraucherschiedsgerichtsbarkeit, JZ 2005, 932. 72 Vgl Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl Ergänzungsband, 2001, § 16 Rz 14ff. 73 Schwab/Walter, Kap. 4 Rz 10; Bork/Stöve, Schiedsgerichtsbarkeit bei Börsentermingeschäften, 1992, S 74. 74 BGHZ 145, 116 = NJW 2000, 3720 = JZ 2001, 258 (Schlosser) = ZZP 114 (2001), 97 (G. Walter); dazu auch Kremer/Weimann MDR 2004, 181; Labes, Financial capacities of the parties, 2004; krit. Schütze, FS Schlosser, 2005, S 867.

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Insolvenz einer Partei führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit der 38 Schiedsvereinbarung75 oder zur Unterbrechung eines laufenden Schiedsverfahrens.76 Grundsätzlich ist vielmehr auch der Insolvenzverwalter an eine Schiedsvereinbarung gebunden. Allerdings kann das Insolvenzgericht in manchen Ländern eine Unterbrechung bzw Einstellung des Schiedsverfahrens anordnen.77 5. Bindung Dritter an die Schiedsvereinbarung An die Schiedsvereinbarung sind zunächst nur die konkreten Parteien ge- 39 bunden, auch deren Rechtsnachfolger, Drittberechtigte aus einem echten Vertrag zugunsten Dritter sowie persönlich haftende Gesellschafter von OHG und KG.78 Eine persönliche Bindung von Geschäftsführern, Vorstand oder gar eines Mehrheitsaktionärs wurde bisher abgelehnt.79 Bürgen, Garanten etc. sind nicht an die Schiedsvereinbarung des Hauptschuldners gebunden, Konzernunternehmen sind nicht an Schiedsvereinbarungen anderer Konzernunternehmen, sei es der Mutter- oder einer Tochtergesellschaft gebunden.80 6. Mehrparteienschiedsgerichte Ein einheitliches Schiedsverfahren für oder gegen mehrere Beteiligte kann 40 nur stattfinden, wenn alle durch dieselbe, sachlich identische oder aufeinander Bezug nehmende Vereinbarungen gebunden sind oder nachträglich eine Konsolidation bereits anhängiger Verfahren beschließen.81 Nach deutschem Recht kann das Schiedsgericht nicht verschiedene Schiedsverfahren verbinden, selbst wenn jeweils der gleiche Spruchkörper zuständig ist. Gegen eine eventuelle parallele bzw gleichzeitige Verhandlung inhaltlich zusammengehöriger Verfahren bestehen aber keine Bedenken. _______________

75 Jestaedt, Schiedsverfahren und Konkurs, 1985; aA Häsemeyer, Insolvenzrecht, 2. Aufl, Rz 13, 28. 76 OLG Brandenburg BB 2001, Beilage 6, S 21; Gottwald/Gerhardt, Handbuch des Insolvenzrechts, 3. Aufl 2006, § 32 Rz 11. 77 So in USA: J. Rosell/H. Prager J.IntArb. 18 (4) (2001), 417, 418ff. 78 Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 34; Hanotiau JIntArb 18 (3) (2001), 251, 261; Ambrose J.B.L. 2001, 415; J. Werner JIntArb 8 (2) (1991), 13; Busse SchiedsVZ 2005, 118. 79 Hanotiau JIntArb 18 (3) (2001), 251, 288ff. 80 Sandrock, Etudes Lalive, 1993, 625; Berger, International Economic Arbitration, 1993, 159ff; J.-M. Ahrens, Die subjektive Reichweite internationaler Schiedsvereinbarungen, 2001; F. Martens, Wirkungen der Schiedsvereinbarung und des Schiedsverfahrens auf Dritte, 2005; anders zT französische Gerichte und Schiedsgerichte, s Hanotiau JIntArb 18 (3) (2001), 251, 280ff. 81 Hanotiau JIntArb 18 (3) (2001), 251, 299ff; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 35ff.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

41 Auch das staatliche Gericht hat nach deutschem Recht keine Befugnis, mehrere Schiedsverfahren vor oder nach Beginn zusammenzulegen.82 7. Anwendbares Recht 42 Kraft Parteiautonomie können die Parteien die Schiedsvereinbarung frei einer bestimmten Rechtsordnung unterstellen (vgl Art 27 EGBGB bzw Art 3 EVÜ); diese kann von der des Hauptvertrages und des Schiedsverfahrens verschieden sein. Mittelbar kann diese Rechtswahl durch die Wahl des Sitzes des Schiedsgerichts erfolgen. 43 Fehlt eine Vereinbarung, so wird das Statut der Schiedsvereinbarung je nach Sachlage durch das Schiedsgericht oder ein angerufenes staatliches Gericht wie sonst ein Vertragsstatut nach dem Schwerpunkt des Vertrages bestimmt (Art 28 EGBGB bzw Art 4 EVÜ), auch wenn diese Kollisionsregeln direkt auf Schiedsvereinbarungen nach Art 1 (2) (d) EVÜ nicht anzuwenden sind. Die materielle Wirksamkeit des Schiedsvertrages richtet sich also nach dem hypothetischen Vertragsstatut.83

III. Das Schiedsverfahrensrecht 1. Schrifttum 44 a) Allgemein: Bartels, Bedeutung der Streitverkündung vor dem staatlichen Gericht für das nachfolgende schiedsrichterliche Verfahren, BB 2001, Beiheft 7, S 20; A. J. van den Berg, Planning efficient arbitration proceedings – The law applicable in international arbitration, 1996; K. P. Berger, Die Aufrechnung im internationalen Schiedsverfahren, RIW 1998, 426 (engl. Fassung in ArbInt 1999, 53); W. v. Bernuth/N. Hoffmann, Nach der Schuldrechtsreform: Verjährungshemmung bei Klagen vor einem ordentlichen Gericht trotz Schiedsklausel, SchiedsVZ 2006, 127; K.-H. Böckstiegel, Beweiserhebung in internationalen Schiedsverfahren, 2001; Bühler/Dorgan, Witness Testimony Pursuant to the 1999 IBA-Rules of Evidence in International Commercial Arbitration, JIntArb 2000 (1), 3; J. Butchers/Ph. Kimbrough, The arbitral tribunal’s role in default proceedings, ArbInt 22 (2006), 233; Th. Clay, L’arbitre, 2001; R. Doak Bishop, The Art of Advocacy in International Arbitration, 2004; P. Fouchard, Arbitrage commercial international, Tribunal arbitral, Juris Classeur, Droit International 11, Fasc. 586–7, 1991–94; Gaillard, Arbitrage Commercial International, Instance ar_______________

82 Vgl Diesselhorst, Mehrparteienschiedsverfahren, 1994; Massuras, Dogmatische Strukturen der Mehrparteienschiedsgerichtsbarkeit, 1998, S 278ff; International Law Association, Complex Arbitrations, Report of the 66th Conference, 1994, S 689; vgl auch Nöcker, Mehrparteienschiedsverfahren – Quo vadis?, Festgabe für Sandrock, 1995, 193; Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, S 205ff. Zum US-Recht s Newman/Burrows V-93ff; Carbonneau, in: Gottwald, S 878f. 83 OLG Düsseldorf RIW 1996, 239; aA Kreindler/Schäfer/Wolff Rz. 119 (Schiedsverfahrensstatut).

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Das Schiedsverfahrensrecht

§ 16

bitrale, Juris-Classeur Droit Intern. Fasc. 586–8 (1994); J. Geiben, Die Privatsphäre und Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, 2001; R. Goode, The Role of the Lex Loci Arbitri in International Commercial Arbitration, ArbInt 17 (2001), 19; P. Griffin, Recent Trends in the Conduct of International Arbitration, JIntArb 2000 (2), 19; K. Haase, Das Erfordernis der Prozesskostensicherheit i.S. des § 110 ZPO im schiedsgerichtlichen Verfahren, BB 1995, 1252; A.K. Hoffmann, Duty of Disclosure and Challenge of Arbitrators, ArbInt 2005, 427; B. v Hoffmann, Der internationale Schiedsrichtervertrag, FS Glossner, 1994, S 143; H. van Houtte, Die Übermittlung des Schiedsspruchs an die Parteien, FS Schlosser, 2005, S 997; Karrer/Desax, Security for costs in international arbitration, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 339; J. Kleinschmidt, Die Widerklage gegen einen Dritten im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 142; Knof, Tatsachenfeststellung in Streitigkeiten des internationalen Wirtschaftsverkehrs, 1995; Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, Rz 696ff; Kühn/Gantenberg, Confidentiality in Arbitration, FS Schlosser, 2005, S 461; M. Kurkela, Due process in International Commercial Arbitration, 2005; J. Misra/R. Jordans, Confidentiality in international arbitration, JIntArb 23 (2006) (1), 39; B. Moreau, Le prononcé de la sentence entraîne-t-il le dessaissement des arbitres?, Études en l’honneur Poudret, 1999, S 453; R. Mosk/T. Ginsburg, Evidentiary privileges in international arbitration, ICLQ 50 (1991), 345; P. Neill, Confidentiality in Arbitration, ArbInt 12 (1996), 287; L. Newman/R. Hill (ed), The Leading Arbitrator’s Guide to International Arbitration, 2004; R. Oldenstam/J. von Pachelbel, Confidentiality and arbitration, SchiedsVZ 2006, 31; B. Osterthun, Schadensfälle im Schiedsverfahren, 2001; G. Petrochilos, Procedural Law in International Arbitration, 2004; O. Sandrock, Die „Terms of Reference“ und die Grenzen ihrer Präklusionswirkung, RIW 24 (1987), 649; ders, Zur Prozesskostensicherheit in internationalen Schiedsverfahren, FS Gaul, 1997, S 607; ders, Compound Interest in International Arbitration, Études en l’honneur Poudret, 1999, S 519; ders, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Verjährung nach deutschem Recht, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 671; A. Sayed, Corruption in international trade and commercial arbitration, 2004; J. Schäfer, Einführung in die internationale Schiedsgerichtsbarkeit: Welche Verfahrensregeln gelten vor einem internationalen Schiedsgericht?, Jura 2004, 153; N. Schoibl, Zur Sicherheitsleistung für Prozesskosten im schiedsgerichtlichen Verfahren, FS Jelinek, 2002, 263; I. Schwytz, Schiedsklauseln und Schiedsrichtervertrag, 3. Aufl 2000; V. Veeder, L’indépendance et l’impartialité de l’arbitre dans l’arbitrage international, in: Cadiet/Clay/Jeuland, Médiation et arbitrage, 2005, 219; R. Ward, The Flexibility of Evidentary Rules in International Trade Dispute Arbitration, JIntArb 1996 (3), 5; Th. Webster, Obtaining Documents from Adverse Parties in International Arbitration, ArbInt 17 (2001), 41; R. Wolff, Streitwertfestsetzung bei wertabhängiger Schiedsrichtervergütung – Schiedsrichter in eigener Sache?, SchiedsVZ 2006, 131. UNCITRAL, Notes on Organizing Arbitral Proceedings, 1996. Dazu: R. Ceccon, UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings, JIntArb 14 (2) (1995), 67. b) Online Arbitration: Herrmann, Some legal E-flections on Online Arbitration („cybitration“), Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 267; Kaissis, Die Internet-Schiedsgerichtsbarkeit, in: Gottwald, Effektivität des Rechtsschutzes vor staatlichen und privaten Gerichten, 2005, S 219; A. Splittgerber, Online-Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland und den USA, 2003.

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

2. Die Bestellung der Schiedsrichter 45 Die Parteien können das gesamte Schiedsverfahren einschließlich der Bestellung der Schiedsrichter frei regeln. Das deutsche Recht sieht nach der Neuregelung im Zweifel ein Dreierschiedsgericht vor (§ 1034 I 2 ZPO). Nach Art 1451 I NCPC können in Frankreich nur natürliche Personen als Schiedsrichter benannt werden. Dies wird jedoch als eine auf die interne französische Schiedsgerichtsbarkeit bezogene Beschränkung angesehen. Sobald die Interessen des internationalen Handels betroffen sind, kann auch eine juristische Person unabhängig von ihrem Sitz und ihrer Nationalität zum Schiedsrichter bestellt werden. Dies soll sogar dann gelten, wenn das französische Verfahrensrecht von den Parteien gewählt wurde.84 46 Zweckmäßigerweise legen die Parteien bereits in der Schiedsvereinbarung fest, ob sie ein „institutionelles Schiedsgericht“ oder ein „ad hoc-Schiedsgericht“ bestellen wollen und wieviele Schiedsrichter (einer, drei usf.) den Streit entscheiden sollen. 47 Ein „institutionelles Schiedsgericht“ wird administrativ durch eine Schiedsorganisation unterstützt; das Verfahren wird idR nach der von der Institution bereits gestellten Verfahrensordnung abgewickelt. Zwischen den Parteien und der Schiedsorganisation wird ein Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen.85 Größte Bedeutung hat insoweit das Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Paris mit der Schiedsgerichtsordnung vom 1.1.1998.86 Von Bedeutung sind ferner (1) der London Court of International Arbitration, (2) die American Arbitration Association, (3) die Schiedsgerichte der Handelskammern in Zürich und Genf, (4) die Kommission für Wirtschafts- und internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit in China,87 (5) das Schiedsgerichtsinstitut der Stockholmer Handelskammer, (6) das Internationale Schiedsgericht der Bundeskammer für gewerbliche Wirtschaft in Wien. _______________

84 Fouchard, Juris Classeur, Droit international 11, Fasc. 586–7-1, Nr 13. 85 Vgl Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 41f. 86 Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer, 38, Cours Albert 1er, F-75008 Paris; Text abgedruckt in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 752; vgl Habscheid RIW 1998, 421; Lionnet S 250ff; Schäfer/Verbist/Imhoos, Die ICC Schiedsgerichtsordnung in der Praxis, 2000; Derains/Schwartz, A guide to the New ICC Rules of Arbitration, 1998. 87 Vgl L. Kniprath, Die Schiedsgerichtsbarkeit der Chinese International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC), 2004.

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Das Schiedsverfahrensrecht

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In Deutschland besteht die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit88. Hinzuweisen ist ferner auf den –

Permanent Court of Arbitration in Den Haag, auf



das International Centre for the Settlement of Investment Disputes (ICSID) bei der Weltbank,89



das Schiedszentrum der WIPO in Genf,90 sowie



die Internet Corporation for Assigned Names (ICANN), die ein besonderes Verfahren für Uniform Domain Name Disputes anbietet (s u Rz 64 (5)). In jüngster Zeit hat auch die



Sportschiedsgerichtsbarkeit91 Aufmerksamkeit erregt.

Bei einem ad hoc-Schiedsgericht müssen Parteien und Schiedsrichter selbst 48 für die verwaltungsmäßige und verfahrensmäßige Abwicklung sorgen;92 außerdem muss Vorsorge für den Fall getroffen werden, dass eine Partei oder ein Schiedsrichter seine Mitwirkung verweigert oder verzögert. Notfalls kann dazu das staatliche Gericht zur Vornahme einer Ersatzbestellung angerufen werden (§ 1035 III-V ZPO). In den meisten Ländern muss dazu aber eine Einigung über den Ort des 49 Schiedsverfahrens bzw über den Sitz, dh die Nationalität des Schiedsgerichts vorliegen.93 Als Musterordnung für internationale ad hoc-Schiedsgerichte stehen die UNCITRAL-Rules bereit. Vielfach sind Schiedsorganisationen auch bereit, für ad hoc-Schiedsgerichte Service-Funktionen zu übernehmen, Schiedsrichter zu ernennen usf. Die Parteien können das Verfahren der Schiedsrichterbestellung frei verein- 50 baren (§ 1035 I ZPO). Ist ein Dreierschiedsgericht vorgesehen, bestellt jede Partei „ihren“ Schiedsrichter; beide bestellen den Vorsitzenden. Verzögert eine Seite die Bestellung ihres Richters oder können sich beide Richter nicht auf einen Vorsitzenden einigen, wird der Fehlende auf Antrag vom zuständigen Gericht bestellt (§ 1035 III ZPO). _______________

88 DIS, Beethovenstr. 5–13, 50674 Köln. 89 Vgl Lionnet S 245ff. 90 Vgl Kaboth, Das Schlichtungs- und Schiedsgerichtsverfahren der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), 2000. 91 Vgl F. Osthülz, Sportschiedsgerichtsbarkeit, 2005; Adolphsen, Internationale Dopingstrafen, 2003, S 484ff; ders, SchiedsVZ 2004, 169; A. Rigozzi, L’arbitrage international en matière du sport, 2005; Ch. Weber, Die Sportschiedsgerichtsbarkeit nach dem World Anti-Doping Code, SchiedsVZ 2004, 193; M. Holla, Der Einsatz von Schiedsgerichten im organisierten Sport, 2006; M. Reeb u. J. Nafziger, The Court of Arbitration for Sport, in: W. Heere, International law and the Hague’s 750th Anniversary, 1999, S 233 u 239; Schweiz: BG SchiedsVZ 2004, 208 (CAS als Schiedsgericht); W. Seitz, Sportrecht International, FS Heldrich, 2005, S 1035. 92 Vgl UNCITRAL, Notes on Organizing Arbitral Proceedings, 1996. 93 Vgl Lionnet, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 477.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Manche Organisationen sehen stattdessen ein Listenverfahren vor: Beide Seiten erhalten eine (ergänzbare) Liste möglicher Schiedsrichter und streichen auszuschließende Personen. Aus dem Kreis der Nichtgestrichenen bestellt dann die Schiedsinstitution das Schiedsgericht. Wird das Verfahren von oder gegen Streitgenossen eingeleitet (Mehrparteienverfahren), so muss sich jede Seite auf „ihren“ Richter einigen. Article 10 ICC Rules 1998 sieht dies ausdrücklich vor und bestimmt ergänzend, dass der „Schiedsgerichtshof“ notfalls den Schiedsrichter für jede Partei bestellen kann.94 Anders als sec. 1 (7) des englischen Arbitration Act 1996 sieht das deutsche Recht nicht vor, dass das staatliche Gericht bei fehlender Einigung den Schiedsrichter bestellen oder ein Verfahren zur Bestellung festlegen kann.95 51 Die Schiedsrichter sollen unabhängig von der Art ihrer Bestellung als Spruchkörper zusammenarbeiten.96 Alle Schiedsrichter müssen wie Richter unabhängig sein und können wegen Befangenheit abgelehnt werden (§ 1036 ZPO). Damit über mögliche Ablehnungsgründe frühzeitig entschieden werden kann, sieht § 1036 I 1 ZPO vor, dass die als Schiedsrichter ausgewählte Person alle Umstände offenzulegen hat, die Zweifel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können. In der Praxis werden vielfach unterschiedlich strenge Anforderungen an parteiernannte Schiedsrichter und neutralen Vorsitzenden gestellt. Kein Ablehnungsgrund ist es, wenn der parteiernannte Schiedsrichter den anderen Schiedsrichtern (und den Parteien) die Rechtslage nach der ihm vertrauten Rechtsordnung erläutert.97 Kein Ablehnungsgrund ist es, wenn der Schiedsrichter eine Partei vor Jahren punktuell anwaltlich beraten hat.98 Die Parteien können (vorbehaltlich des § 1037 III ZPO) ein Ablehnungsverfahren vereinbaren (§ 1037 I ZPO).99

3. Der Schiedsrichtervertrag 52 Mit Annahme seines Amtes tritt der Schiedsrichter in ein vertragliches Schuldverhältnis zu beiden Parteien.100 Der Vertrag ist ein besonderer Geschäftsbesorgungsvertrag; er unterliegt dem gewählten Recht (Art 27 I 1

_______________

94 Vgl Hanotiau JIntArb 18 (3) (2001), 251, 241f. 95 Schlosser, Neues deutsches Recht, in: Gottwald, Revision des EuGVÜ, 2000, S 163, 167. 96 A. Lowenfeld, International litigation and arbitration, 1993, S 337/38. 97 A. Lowenfeld, International litigation and arbitration, 1993, S 337; Lionnet S 107ff. 98 OLG Hamburg SchiedsVZ 2006, 55. 99 Vgl OLG Hamburg SchiedsVZ 2006, 55. 100 K. P. Berger, International Economic Arbitration, 1993, 232; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 47f.

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Das Schiedsverfahrensrecht

§ 16

EGBGB),101 hilfsweise dem Recht am Sitz des Schiedsgerichts. Die Schiedsrichter sind ua grundsätzlich verpflichtet, den Schiedsspruch korrekt abzufassen, so dass er vollstreckt werden kann.102 4. Der Sitz des Schiedsgerichts Die Parteien legen in ihrer Vereinbarung autonom fest, wo das Schiedsge- 53 richt seinen Sitz haben soll (§ 1043 I 1 ZPO). Mit dieser Vereinbarung wird mittelbar festgelegt, welches Gericht während des Verfahrens um Hilfe angerufen werden kann, welche Nationalität der spätere Schiedsspruch hat, dh in welchem Staat er angefochten, aufgehoben oder für nichtig erklärt werden und in welchen Ländern sich der Beklagte nur gegen seine Vollstreckung wehren kann. Haben die Parteien den Sitz auch nicht mittelbar durch den Auftrag an eine Schiedsorganisation bestimmt, so wird der Sitz vom Schiedsgericht nach billigem Ermessen festgelegt (§ 1043 I 2, 3 ZPO). Haben die Parteien nur den Sitzstaat, aber keinen Ort festgelegt, so ist von einem Sitz in der Landeshauptstadt auszugehen.103 Durch Änderung des Schiedsvertrages können die Parteien den Sitz des Schiedsgerichts nachträglich verlegen; das Schiedsgericht selbst ist dazu nicht befugt.104 In Sonderfällen ist die Wahl des Schiedsortes jedoch gesetzlich eingeschränkt.

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Nach Art 34 I Montrealer Übereinkommen bzw Art 32 S 2 WA sind Schiedsklauseln in Luftbeförderungsverträgen zwar zulässig, doch muss das Verfahren in einem der in Art 33 Montrealer Übereinkommen bzw in Art 28 I WA bezeichneten Gerichtsstände (s o § 3 Rz 326ff) stattfinden. 5. Verfahren vor dem Schiedsgericht Die Parteien können das Schiedsverfahrensrecht frei bestimmen (§ 1042 III 55 ZPO);105 in der Vereinbarung eines institutionellen Schiedsgerichts liegt in der Regel auch das Einverständnis mit der Schiedsordnung der Institution. Haben die Parteien eines ad hoc-Schiedsgerichts nichts Konkretes verein_______________

101 Berger S 233; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl, Kap. 48 Rz 3; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 48 (No. 27). Für Anknüpfung an Recht der Schiedsvereinbarung Schütze, IZPR, Rz 521. 102 Vgl G. Horvath, The Duty of the Tribunal to Render an Enforceable Award, JIntArb. 18 (2) (2001), 135. 103 Schlosser, in: Gottwald, S 163, 201. 104 Vgl P. Lalive, On the transfer of seat in international arbitration, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 515. 105 Vgl Lionnet S 137ff; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 54ff.

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

bart, so bestimmt das Schiedsgericht selbst (von Fall zu Fall) sein Verfahren nach billigem Ermessen (§ 1042 IV ZPO). Alle Rechtsordnungen verlangen lediglich, dass die Parteien prozessual gleich behandelt und ihnen Gelegenheit zum rechtlichen Gehör gewährt wird (§ 1042 I ZPO). Das Verfahren ist idR nicht öffentlich, so dass die Beteiligten darüber ein gewisses Maß an Vertraulichkeit zu wahren haben.106 Eine strikte Verschwiegenheitspflicht gegenüber Dritten muss aber besonders vereinbart werden.107 Die Verfahrenssprache wird frei vereinbart. 56 Das bestimmte Verfahrensrecht entscheidet darüber, in welcher Form die Schiedsklage zu erheben ist. Nach § 1044 ZPO beginnt das Schiedsverfahren über eine bestimmte Streitigkeit an dem Tag, an dem der Beklagte den Antrag, die Streitigkeit einem Schiedsgericht vorzulegen, empfangen hat. Dieser Antrag muss lediglich die Bezeichnung der Parteien, die Angabe des Streitgegenstandes und einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung enthalten. Zustellungs- und Übersetzungserfordernisse bestehen grundsätzlich nicht. Doch können die Parteien anderes vereinbaren. Nach vielen Schiedsordnungen muss der Kläger etwa gleichzeitig einen Schiedsrichter ernennen oder zur Bestätigung vorschlagen.108 57 Der Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, auch vor einem ausländischen Schiedsgericht hemmt die Verjährung des Anspruchs (§ 204 I Nr 11 BGB).109 Müssen zuerst Schiedsrichter bestellt werden, so wird die Verjährung dadurch gehemmt, dass der Schiedskläger das dazu seinerseits Erforderliche getan hat. Auch die Klage vor dem staatlichen Gericht hemmt die Verjährung, selbst wenn die Parteien eigentlich die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts vereinbart haben.110 58 Eine Streitverkündung mit Interventionswirkung (§§ 74, 68 ZPO) vor dem staatlichen Gericht ist vom Schiedsgericht in einem nachfolgenden Schiedsverfahren grundsätzlich zu beachten.111 Das Schiedsgericht kann Dritte zum Verfahren beiladen und eine Streitverkündung im Schiedsverfahren mit Zustimmung der Parteien zulassen. Wirkungen gegen den Dritten haben solche _______________

106 Vgl Neill ArbInt 12 (1996), 287; Geiben, passim; R. Oldenstam/J. von Pachelbel SchiedsVZ 2006, 31; Misra/Jordans JIntArb 23 (2006) (1), 39. 107 Prütting, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 629, 632ff; P. Nacimiento, Abschied von der Vertraulichkeit im Schiedsverfahren?, BB 2001, Beilage 6, S 7; H. Bagner, Confidentiality – A Fundamental Principle?, JIntArb 18 (2) (2001), 245; Kühn/Gantenberg, FS Schlosser, S 461. 108 Schlosser, Neues deutsches Recht, in: Gottwald, Reform des EuGVÜ, 2000, S 163, 172. 109 Vgl O. Sandrock, Liber amicorum Böckstiegel, S 671; Hauck, „Schiedshängigkeit“ und Verjährungsunterbrechung nach § 220 BGB, 1996. 110 Vgl W. von Bernuth/N. Hoffmann SchiedsVZ 2006, 127. 111 Bartels BB 2001, Beiheft 7, S 20ff.

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Das Schiedsverfahrensrecht

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Akte aber nur, wenn der Dritte Partei der Schiedsvereinbarung ist112 (s o Rz 39, 40). Nach den vereinbarten Verfahrensregeln richtet es sich auch, welche Folgen die Säumnis einer Partei (keine schriftliche Äußerung; Nichterscheinen in mündlicher Verhandlung) hat. Im Allgemeinen kann die säumige Partei das Verfahren nicht blockieren. Es kann vielmehr einseitig weiter verhandelt und auf der dadurch ermittelten Grundlage entschieden werden.113 Eine Widerklage gegen einen Dritten kann im Schiedsverfahren nur erhoben 59 werden, wenn dieser an die Schiedsvereinbarung gebunden ist (s o Rz 39, 40) oder alle Beteiligten damit nachträglich einverstanden sind. Das Einverständnis der bisherigen Parteien kann sich auch mittelbar aus der Wahl einer Schiedsordnung ergeben, die eine Widerklage gegen Dritte zulässt.114 Eine Aufrechnung mit einer Gegenforderung, für die keine Schiedsvereinbarung besteht, ist ähnlich zu behandeln. Eine Schiedsvereinbarung hat kein Verbot einer Aufrechnung zum Inhalt. Wird im Schiedsverfahren mit einer Gegenforderung aufgerechnet, die vor den staatlichen Gerichten eingeklagt ist oder einzuklagen wäre, so soll der Schiedsbeklagte prozessual gehindert sein, das Erlöschen der Forderung aufgrund einer streitigen Gegenforderung vorzutragen. Erst nachträglich soll er den Aufrechnungseinwand mittels Vollstreckungsabwehrklage geltend machen können.115 6. Kostenvorschuss, Sicherheitsleistung Die meisten Schiedsordnungen sehen vor, dass das Schiedsgericht die vor- 60 aussichtlichen Gesamtkosten des Verfahrens per Kostenvorschuss zu gleichen Teilen von beiden Schiedsparteien einfordern kann.116 Diese Befugnis besteht auch ohne ausdrückliche Regelung (analog § 110 ZPO).117 Werden die Vorschläge nicht fristgerecht bezahlt, kann das Schiedsgericht seine Tätigkeit unterbrechen bzw (vorläufig) einstellen. Kann das Schiedsverfahren wegen Mittellosigkeit einer Partei nicht durchgeführt werden, so entfällt nach deutschem Recht die Bindung an die Schiedsvereinbarung.118 _______________

112 113 114 115

Vgl Schlosser, FS Geimer, S 947. Vgl J. Butchers/Ph. Kimbrough ArtInt 22 (2006), 233. Vgl J. Kleinschmidt SchiedsVZ 2006, 142. Stein/Jonas/Schlosser § 1029 Rz 31; vgl MüKo/Münch, ZPO, 2. Aufl § 1046 Rz 23; Zimmerli, Die Verrechnung im Zivilprozess und in der Schiedsgerichtsbarkeit, 2003. 116 Vgl Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 91f. Zur Anforderung getrennter Vorschüsse bei Klage und Widerklage s Mack SchiedsVZ 2006, 36. 117 Haase BB 1995, 1252; Karrer/Desax, Liber amicorum Böckstiegel, S 339, 343ff; Schwab/Walter S 169. 118 BGHZ 145, 116 = NJW 2000, 3720; krit Schütze, FS Schlosser, S 867; s o Rz 36a.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Dagegen kann der Schiedsbeklagte ohne besondere Vereinbarung keine Sicherheitsleistung (entspr § 110 ZPO) für seine eigenen Prozesskosten verlangen.119 Manche wollen ihm dieses Recht immerhin bei nachträglicher Verschlechterung der finanziellen Lage des Schiedsklägers zubilligen. Sandrock will dem Schiedsgericht über § 1041 I ZPO die Befugnis geben, Sicherheitsleistung „soweit erforderlich“ als sichernde Maßnahme anzuordnen.120 7. Beweisverfahren 61 Schrifttum: Böckstiegel, Beweiserhebung in internationalen Schiedsverfahren, 2001; S. Elsing, Internationale Schiedsgerichte als Mittler zwischen den prozessualen Rechtskulturen, BB 2002, IDR-Beil, S 19; O. Glossner/H. Raeschke-Kessler, The preamble of the IBA Rules of evidence, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 503; Knoblach, Sachverhaltsermittlung in der internationalen Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit, 2003; R. Pietrowski, Evidence in International Arbitration, ArbInt 22 (2006), 373; H. Raeschke-Kessler, The production of documents in international arbitration, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 641; M. Roth, False testimony at international arbitration hearings, JIntArb 11 (1) (1994), 5; Schäffler, Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit der Anwendung angloamerikanischer Beweisverfahren in Schiedsverfahren, 2003; P. Schlosser, Der Privatvertrag mit Zeugen und Forumexperten, RIW 2005, 81; Schütze, Die Ermessensgrenzen des Schiedsgerichts bei der Bestimmung der Beweisregeln, SchiedsVZ 2006, 1; J. Tief, Discovery und Informationspflichten der Parteien in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2000; V. Triebel/J. Zons, Discovery of Documents in internationalen Schiedsverfahren – Theorie und Praxis, IDR 2002, 26; dies, Die Befragung von Zeugen vor dem Hearing in internationalen Schiedsverfahren, IDR 2004, 5; I. Varga, Die Anknüpfung von „legal professional privileges“ in internationalen Schiedsverfahren, Liber amicorum Rauscher, 2005, S 169; ders, Beweiserhebung in transatlantischen Schiedsverfahren, 2006.

62 Das Beweisverfahren in internationalen Schiedsverfahren richtet sich nach der von den Parteien vereinbarten Verfahrensordnung. Zwingende Regeln am Sitz des Schiedsgerichts sind zu beachten (vgl § 1042 III ZPO). Soweit keine Vorgaben bestehen, kann das Schiedsgericht zumeist selbst Beweisregeln nach eigenem Ermessen bestimmen (vgl § 1042 IV ZPO). Ein Missbrauch kann aber einen Aufhebungsgrund für den Schiedsspruch (§ 1059 II Nr 1 d ZPO) bilden.121 In internationalen Fällen ist dann entscheidend, ob das Beweisverfahren von den Schiedsrichtern oder von den Parteien dominiert wird.122 Die IBA-Rules über die Beweisaufnahme in internationalen Schiedsverfahren vom 1.6.1999 versuchen, zwischen diesen Polen zu vermit_______________

119 AA Schütze, in: Gottwald, Effektivität des Rechtsschutzes, 2005, S 169, 190; Haase BB 1995, 1252; anders auch für Österreich: Schoibl, FS Jelinek, 2002, 263. 120 O. Sandrock JIntArb 14 (1) (1997), 17, 30, 36; ders, FS Gaul, 1997, S 607, 624, 644. 121 Schütze SchiedsVZ 2006, 1, 5. 122 Vgl Böckstiegel (Hrsg), Beweiserhebung in internationalen Schiedsverfahren, 2001; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 68ff.

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Das Schiedsverfahrensrecht

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teln und einen internationalen Verfahrensstandard festzuschreiben.123 Vielfach werden die Zeugen von den Parteien befragt, aber unter der Kontrolle des Schiedsgerichts, das jederzeit eigene Fragen stellen kann.124 Zeugnisverweigerungsrechte sollten nicht nach der lex fori des Schiedsgerichts, sondern bereits gewährt werden, wenn dies den berechtigten Erwartungen der Parteien entspricht. Abzustellen ist analog Art 28 EGBGB darauf, mit welcher Rechtsordnung der Zeuge bzw die Beweisfrage die engste Verbindung hat.125 8. Beschlussfassung, Abfassung eines Schiedsspruchs Das Recht am Sitz des Schiedsgerichts, ergänzt durch die vereinbarte Verfah- 63 rensordnung legen fest, welche Anforderungen an die Beschlussfassung, Abfassung und Begründung eines Schiedsspruchs zu stellen sind.126 In dem Schiedsspruch kann das Schiedsgericht auch die Kostentragungspflicht zwischen den Parteien festlegen, nicht aber zu eigenen Gunsten einen Titel für Gebühren und Auslagen schaffen. Soweit diese durch Vorschüsse nicht gedeckt sind, müssen sie vielmehr notfalls selbständig eingeklagt werden. Das Schiedsgericht kann aber den Streitwert festsetzen und dadurch mittelbar über die Vergütung der Schiedsrichter befinden.127 9. Rechtskraft, Registrierung des Schiedsspruchs Nach deutschem Recht hat der Schiedsspruch mit seinem Erlass die Wir- 64 kungen eines rechtskräftigen Gerichtsurteils (§ 1055 ZPO).128 Einer Niederlegung oder Registrierung bei Gericht bedarf es nicht. Der Schiedsspruch muss den Parteien lediglich bekannt gegeben werden.129 Die Rechtsordnungen sind hierzu aber nicht einheitlich. Soweit erforderlich bestimmt das Schiedsverfahrensstatut, ob der Schiedsspruch zu seiner Wirk_______________

123 Vgl H. Raeschke-Kessler, in: Böckstiegel, Beweiserhebung in internationalen Schiedsverfahren, 2001, S 41; ders, in: Gottwald, Revision des EuGVÜ – Neues Schiedsverfahrensrecht, 1999, S 211; ders, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 641. 124 Bühler, in: Böckstiegel (Hrsg), Beweiserhebung in internationalen Schiedsverfahren, 2001, S 94, 98; Triebel/Zons IDR 2004, 5. 125 Vgl R. Mosk/T. Ginsburg ICLQ 50 (2001), 345, 367ff; I. Varga, Liber amicorum Rauscher, S 169. 126 Vgl Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 72ff. 127 Vgl. R. Wolff SchiedsVZ 2006, 131. 128 Vgl G. Wagner, Die Bindung des Schiedsgerichts, in: Böckstiegel, Die Beteiligung Dritter an Schiedsverfahren, 2005, S 7. 129 Vgl H. van Houtte, FS Schlosser, S 997.

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samkeit einer Niederlassung oder sonstigen Registrierung bei Gericht bedarf.130 10. Schiedsgerichts- und Schlichtungsordnungen 65 Schrifttum: Glossner/Bredow, ICC, LCIA und DIS-Schiedsgerichtsordnung Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 219; J. Greenblatt/P. Griffin, Towards the Harmonization of International Arbitration Rules, ArbInt 17 (2001), 101; Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006; ders, DIZPR, 2. Aufl 2005, Rz 483–506; S. Thacher & Bartlett, Comparison of International Arbitration Rules, 2nd ed 2004; (1) ICC Paris: Schiedsgerichtsordnung vom 1.1.1998, abgedruckt in Deutsch und Englisch in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Bd 4, S 752.1–54; Baier, Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC), in: Kronke/ Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 350– 477; Bühler, Grundsätze und Praxis des Kostenrechts im ICC-Schiedsverfahren, ZVglRWiss 87 (1988), 431; M. Bühler/Th. Webster, Handbook of ICC Arbitration, 2005; W. Craig/W. Park/J. Paulsson, International Chamber of Commerce Arbitration, 3rd ed 2000; Y. Derains/E. Schwartz, A Guide to the New ICC Rules of Arbitration, 1998; W. Habscheid, Die sog Schiedsgerichtsbarkeit der Internationalen Handelskammer, RIW 1998, 421; Ch. Koch, Die neue Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer, RIW 1999, 105; Kreindler, Aktuelle (Streit-)Fragen bei der Anwendung der ICC-Schiedsgerichtsordnung, RIW 2002, 249; M. Mack, Getrennte Kostenvorschüsse für Klage und Widerklage im ICC-Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 36; A. Nerz, Vor- und Nachteile eines Schiedsverfahrens nach der Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer, RIW 36 (1990), 350; A. Reiner/Jahnel, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 25; Schäfer/Verbist/Imhoos, ICC Arbitration in Practice, 2005; Schütze, Die Schiedsgerichtsbarkeit der Internationalen Handelskammer, WM 1986, 345. (2) LCIA: Arbitration Rules (adopted on January 1, 1998), 37 ILM 669 (1998); abgedruckt auch in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, S 754.1–22; Erläuterung von Triebel/Hunter, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 345; Marriott, Englisches Schiedsverfahrensgesetz von 1996 und der Londoner Internationale Schiedsgerichtshof (LCIA), in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 1103–1155. (3) WIPO Genf: I. Frost, Schiedsgerichtsbarkeit im Bereich des geistigen Eigentums, 2001, S 213ff; A. Jungk, Das Schiedsgericht für Domainstreitigkeiten bei der WIPO in Genf, BB 2001, Beilage 6, S 4; D. Kaboth, Das Schlichtungs- und Schiedsgerichtsverfahren der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO), 2000; Schäfer, Die Schlichtungs- und Schiedsordnungen der WIPO, DB 1996, Beil. 5, S 10; Wichard, Streitbeilegung im Rahmen der WIPO, in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 743–851. _______________

130 Vgl Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 95; D. Solomon, Die Verbindlichkeit von Schiedssprüchen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2006.

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Das Schiedsverfahrensrecht

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(4) Bauverträge: C. Chatterjce, Settlement of Disputes Procedure and Arbitration under FIDIC, JIntArb 2000 (3), 103–114; Royé, Die Schiedsgerichtsbarkeit bei internationalen Bau- und Anlagenverträgen in Europa, 2001. (5) Uniform Domain Name Disputes: (a) ICANN-Verfahren vom 1.1.2000, vgl Davis, The new new thing, JIntArb 2000 (3), 115; Donahey, The Uniform Domain Name Dispute Resolution Process, JIntArb 2002 (1), 33; A. Kaissis, Die Internet-Schiedsgerichtsbarkeit, in: Gottwald, Effektivität des Rechtsschutzes, 2006, S 221; Strömer, Das ICANN-Schiedsverfahren, 2002. (b) Vgl Stoller, Streitschlichtung bei UK-Domains, MMR 2002, 11; Wichard BB 2002, IDR-Beil S 13 (WIPO). (6) DIS-Schiedsordnung (vom 1.7.1998), in Deutsch und Englisch abgedruckt in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Bd 4, S 751.1–36 sowie DIS-Schlichtungsordnung 2001; Bredow, Die Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 478–633; Theune, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 159. (7) Schweizerische Schiedsordnung (Internationale Schiedsordnung der Schweizerischen Handelskammern vom 1.1.2004); A. Jolles/L. Bühlmann, in: Mitteilungen zum Deutsch-Schweizerischen Rechtsverkehr 2/2004, S 1; Karrer, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 309; Zuberbühler/Müller/Habegger, Swiss Rules of International Arbitration, 2005. (8) Wiener Regeln: Schieds- und Schlichtungsordnung des Internationalen Schiedsgerichts der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft Wien vom 3.7.1991; Baier, Schieds- und Schlichtungsordnung des Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich, in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 634–742; Liebscher, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 255. (9) AAA: International Arbitration Rules vom 1.4.1997; G. Born, International Commercial Arbitration in the United States, 1994; vgl Schütze, IZPR, Rz 505f. (10) Schiedsordnung des Internationalen Handelsschiedsgerichts (MKAS) bei der Handels- und Industriekammer der Russischen Föderation vom 8.12.1994; Kurotschin ROW 1996, 33; Schmitt/Ahmad RIW 1996, 809; Trunk/Boguslavskij, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 431. (11) CIETAC: Schiedsordnung vom 1.5.2005, vgl L. Kniprath, Die Schiedsgerichtsbarkeit der Chinese International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC), 2004; ders, Neue Schiedsordnung der Chinese International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC), SchiedsVZ 2005, 197; U. Schroeter, Schiedsverfahren im China-Geschäft: Die neue Schiedsordnung der China International Economic and Trade Arbitration Commission (CIETAC), RIW 2006, 296; StrickerKellerer/Moser, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 447; Trappe, Zur Schiedsgerichtsbarkeit der CIETAC, SchiedsVZ 2006, 258. (12) Stockholmer Regeln des Schiedsgerichtsinstituts der Stockholmer Handelskammer: Franke, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 799.

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(13) UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung vom Dezember 1976. In Deutsch und Englisch abgedruckt in Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr, Bd 4, S 753.1–34; D. Caron/M. Pellonpää/L. Caplan, The UNCITRAL Arbitration Rules, 2006; K. Lionnet, Die UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung aus der Sicht der Parteien, BB 1993, Beilage 17; Melis, UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung, in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 254–349; Patocci, in: Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, 2006, S 665. UNCITRAL, Settlement of commercial dispute, Model legislative provisions on international commercial conciliation, A/CN.9/WG.II/WP.115 vom 19.9.2001; Friedrich, UNCITRAL Model Law on International Commercial Conciliation, SchiedsVZ 2004, 297.

IV. Das in der Sache anzuwendende Recht 1. Schrifttum 66 T. Ansay, The content of applicable law in arbitration cases, FS Heldrich, 2005, S 487; Basedow, Vertragsstatut und Arbitrage nach neuem IPR, JPS 1 (1987), 3; A.J. van den Berg, Planning efficient arbitration proceedings – The law applicable in international arbitration, 1996; M. Blessing, Choice of Substantive Law in International Arbitration, JIntArb 14 (2) (1997), 39; K.-H. Böckstiegel, Die Anerkennung der Parteiautonomie in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, FS Schütze, 1999, S 141; M. Bonell, A ‚global’ arbitration decided on the basis of the UNIDROIT principles, ArbInt. 17 (2001), 249 = 75 Jahre MPI für Privatrecht, 2001, S 771; v Breitenstein, Rechtsordnung und „Lex Mercatoria“ – Zur vergeblichen Suche nach einem „anationalen“ Recht für die internationale Arbitrage, FS Sandrock, 2000, S 111; J. Beulker, Die Eingriffsnormenproblematik in internationalen Schiedsverfahren, 2005; Th. Carbonneau, Lex mercatoria and arbitration, New York 1990; O. Chukwumerije, Choice of Law in International Commercial Arbitration, 1994; Th. Eilmansberger, Die Bedeutung der Art 81 und 82 EG für Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 5; E. Gaillard, Arbitrage Commercial international, Sentence arbitrale, Droit applicable au fond du litige, Juris Classeur, Droit International 11, Fasc. 586–9-1, 1996; ders, Transnational Law: A Legal System or a Method of Decision Making?, ArbInt 2001, 59; Goldman, Les conflits des lois dans l’arbitrage international de droit privé, RdC 109 (1963-II), 1347; H. Grigera Naón, Choice-of-Law Problems in International Commercial Arbitration, Tübingen 1992; Habscheid, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und Privatautonomie, FS Walder, 1994, S 323; B. Handorn, Das Sonderkollisionsrecht der deutschen internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2005; A. Junker, Deutsche Schiedsgerichte und internationales Privatrecht (§ 1051 ZPO), FS Sandrock, 2000, S 443; A. Komarov, Die Anwendung materiellen Rechts in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, FS Boguslavskij, 2004, S 313; N.N. Kulpa, Das anwendbare (materielle) Recht in internationalen Handelsschiedsgerichtverfahren, 2005; M. Lepschy, § 1051 ZPO – Das anwendbare materielle Recht in internationalen Schiedsverfahren, 2003; J. Lew, Proof of Applicable Law in International Commercial Arbitration, FS Sandrock, 2000, S 581; Martiny, Die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts durch das Schiedsgericht, FS Schütze, 1999, S 529; P. Mayer, L’autonomie de l’arbitrage international, Rec.d.Cours 217 (1989-V), 319; ders, Reflections on the International Arbitrator’s Duty to Apply

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the Law, ArbInt 17 (2001), 235; G. Para-Aranguren, Choice of Law Applicable to the Dispute in Recent Legislation on International Commercial Arbitration, Liber amicorum Siehr, 2000, S 557; O. Sandrock, Die objektive Anknüpfung von Verträgen nach § 1051 Abs 2 der deutschen ZPO, FS Sturm, 1999, S 1645; ders, Compound Interest in International Arbitration, Études en L’honneur de Poudret, 1999, S 519; J. Schiffer, Normen ausländischen öffentlichen Rechts in internationalen Handelsschiedsverfahren, 1990; K. Schmidt, Kartellrecht im Schiedsverfahren – Neuorientierung durch VO 1/2003 und 7. GWB-Novelle?, BB 2006, 1397; H.-P. Schroeder, Die lex mercatoria arbitralis, 2007; Schütze, Die Bestimmung des anwendbaren Rechts im Schiedsverfahren und die Feststellung seines Inhalts, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 715; Ch. Séraglini, Lois de police et justice arbitrale internationale, 2001; N. Shelkoplyas, The Application of EC Law in Arbitration Proceedings, 2003; D. Thalhammer, Die Rolle der Schiedsgerichte bei der Durchsetzung von EG-Kartellrecht unter dem Regime der VO 1/2003, wbl 2005, 62; J. Tyrolt, Sportschiedsgerichtsbarkeit und zwingendes staatliches Recht, in: Vieweg, Spektrum des Sportrechts, 2003, S 75; Ungeheuer, Die Beachtung von Eingriffsnormen in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1996; Wagner, Rechtswahlfreiheit im Schiedsverfahren, FS Schumann, 2001, S 535; P. Zobel, Schiedsgerichtsbarkeit und Gemeinschaftsrecht im Spannungsverhältnis zwischen Integration und Exklusion, 2005.

2. Rechtswahl der Parteien Nach dem Prinzip der Parteiautonomie wählen die Parteien das in der 67 Hauptsache anwendbare Recht frei (§ 1051 I ZPO; Art VII [1] S 2 EuÜ; Art 27 EGBGB).131 Im internationalen Schuldrecht ist die kollisionsrechtliche Parteiautonomie in den meisten Ländern anerkannt. Die Parteien müssen sich nicht auf die Anwendung eines staatlichen Rechts verständigen, sondern können auch die Anwendung sonstiger „Regeln“, zB der sog lex mercatoria,132 der allgemeinen principles of equity oder der UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts133 vereinbaren. Dies wird durch Art 3 II E-Rom I-VO bestätigt. Allerdings wird die Ansicht vertreten, § 1051 I ZPO gewähre keine absolute Rechtswahlfreiheit, vielmehr müssten die Parteien zwingendes Kollisionsrecht, bei Bezug zu Deutschland die Art 29–34 EGBGB beachten.134 Aber diese Ansicht überzeugt nicht. Soweit das Schiedsgericht das gewählte Recht anwendet, besteht in keinem Fall ein Aufhebungsgrund _______________

131 Vgl Schlosser, in: Gottwald, S 163, 198ff; Martiny, FS Schütze, S 529, 531f, 535ff. 132 Vgl U. Stein, Lex mercatoria – Realität und Theorie, 1995; H. J. Mertens, FS Odersky, 1996, S 857; ferner K. P. Berger, Formalisierte oder „schleichende“ Kodifizierung des transnationalen Wirtschaftsrechts, 1996; A. Giardina, La lex mercatoria, Hommage à Rigaux, 1993, 223; G. Teubner, FS Zöllner, Bd 1, 1999, S 565; Schroeder/Oppermann ZVglRWiss 99 (2000), 410, 425; krit. v Breitenstein, FS Sandrock, S 111; zur praktischen Verbreitung s Berger ua, ZVglRWiss 101 (2002), 12. 133 Vgl M. Bonell ArbInt 17 (2001), 249; zu den Prinzipien selbst s M. Bonell, The UNIDROIT Principles and Transnational Law, Uniform Law Review 2000, 199. 134 OLG Düsseldorf IPRax 1997, 115, 117 (dazu Thorn S 98, 104f); Wagner, FS Schumann, S 535, 552ff; Sandrock, FS H. Stoll, 2001, S 661, 677.

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bzw ein Grund, die Anerkennung zu versagen (vgl § 1059 II ZPO; § 1061 I ZPO iVm Art V UNÜ). Schließen die Parteien eines internationalen Gütertransports zur See eine Schiedsvereinbarung, die den Hamburg Rules unterliegt, so ist das Schiedsgericht nach deren Art 22 verpflichtet die Regeln dieses Übereinkommens anzuwenden.135 68 Im Einzelfall kann das Schiedsgericht aber an zwingendes Recht gebunden sein. So gestattet Art 33 CMR die Anrufung eines Schiedsgerichts wegen Streitigkeiten aus internationalen Beförderungsverträgen nur, wenn das Schiedsgericht die CMR zwingend anzuwenden hat. Ist dies nicht der Fall, ist die Schiedsvereinbarung nach Art 41 CMR nichtig.136 Auch EG-Kartellrecht (Art 81ff EGV) hat das Schiedsgericht zwingend zu beachten.137 69 Die Rechtswahl der Parteien kann explizit erfolgen; sie kann sich auch konkludent aus den Umständen des Falles ergeben und schließlich nachträglich vor dem Schiedsgericht erklärt werden. 3. Rechtswahl des Schiedsgerichts 70 Liegt keine Parteivereinbarung vor, legt ein deutsches Schiedsgericht das anwendbare Recht unter Berücksichtigung der bestehenden Verhältnisse fest (§ 1051 II ZPO). Während die Parteien das anwendbare Sachrecht direkt bestimmen können, verlangen Art VII (1) S 2 EuÜ und manche Rechtsordnungen, auch Art 28 (2) UNCITRAL Model Law, dass das Schiedsgericht zunächst ein anwendbares Kollisionsrecht festlegt. § 1051 II ZPO gestattet auch dem Schiedsgericht eine direkte Wahl des Sachstatuts.138 Unterschiede ergeben sich freilich insbesondere, wenn die Rechtswahl rein „objektiv“ kollisionsrechtlich getroffen wird.139 Wenn das Schiedsgericht die materiellen Folgen der Wahl eines Kollisionsrechts bedenkt, sollte dieser Unterschied freilich keine zu große Bedeutung haben. Für ein ausländisches Schiedsgericht ist § 1051 ZPO unmittelbar ohne Bedeutung; eine fehlerhafte Rechtswahl kann allenfalls als Kompetenzüberschreitung oder als ordre public-Verstoß bei der Anerkennung sanktioniert werden.140 _______________

135 Vgl M. Aboul-Enein JIntArb 14 (2) (1997) 87, 92. 136 OLG Hamm BB 2001, Beilage 6, S 22. 137 EuGHE 1999, I-3055 = EuZW 1999, 565; vgl D. Thalhammer wbl 2005, 62; Eilmansberger SchiedsVZ 2006, 5; K. Schmidt BB 2006, 1397, 1399; Philip, The Eco Swiss Judgment and International Arbitration, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 527. 138 Vgl Martiny, FS Schütze, S 529, 538ff; aA Sandrock, FS Sturm, 1999, S 1645, 1652ff; ders, FS H. Stoll, S 661, 681. 139 Hierfür Lowenfeld, International Litigation, 1993, S 388. 140 Vgl Junker, FS Sandrock, S 443, 449.

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4. Lex mercatoria Nach deutschem Recht kann das Schiedsgericht selbst (ohne Parteivereinba- 71 rung) eine Entscheidung nur nach einem staatlichen Recht treffen und nach § 1051 II ZPO kein anationales Recht wählen.141 In Frankreich ist dagegen allgemein anerkannt, dass Parteien wie Schiedsgericht in der Sache auch anationale oder übernationale Rechtsregeln, die sog lex mercatoria, vereinbaren bzw anwenden können.142 Dabei ist die zu verwendende Terminologie jedoch kaum definiert. In der Vertragspraxis verwenden die Parteien (leider) sehr unterschiedliche Formulierungen, um ihren Willen auszudrücken, der Vertrag solle transnationalen Regeln unterliegen; zB: Allgemeine Prinzipien des internationalen Handels, allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze, Rechtsgrundsätze die mehreren Rechtsordnungen inhärent sind, etc. Sehr umstritten ist dabei der Inhalt der einzelnen Klauseln. Zur Abgrenzung wurde in der Rechtsprechung der Begriff des „droit anational“ verwandt. Um sicherzugehen sollte in der Vertragspraxis der in der Literatur vorherrschende Begriff der lex mercatoria verwendet werden. Dieser umfasst sowohl die transnationalen Regeln als auch die Gebräuche des internationalen Handels.143 In den meisten anderen Staaten müssen die Parteien eine solche Vereinbarung eindeutig treffen; ansonsten müssen die Schiedsrichter nationales Recht anwenden. Weichen sie davon ab, so überschreiten sie ihren Schiedsauftrag.144 Auch bei Streitigkeiten aus internationalen Investitionsschutzverträgen hat 72 das Schiedsgericht die Rechtswahl der Parteien in den Grenzen des ordre public zu beachten. Dies gilt auch bei einer Wahl des Völkerrechts oder seiner allgemeinen Rechtsgrundsätze als Vertragsstatut.145 Zu beachten sind auch sonstige als Entscheidungsmaßstab vorgegebene Rechtsregeln oder -prinzipien.146 Fehlt eine Rechtswahl, ist das nationale Recht des Konzessionsgebers anzuwenden.147 _______________

141 Schroeder/Oppermann ZVglRWiss 99 (2000), 410, 429; Stein/Jonas/Schlosser § 1051 Rz 8. 142 Krit MüKo/Münch § 1051 Rz 24. Das Ausland ist aber nicht an § 1051 II ZPO gebunden. 143 Gaillard, Juris Classeur, Droit international 11, Fasc. 586–9-1, Nr 27, 28. 144 Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 87; aA für lex mercatoria: v. Hoffmann, Anwendung der „lex mercatoria“ durch internationale Schiedsgerichte, FS Kegel, 1987, S 215. 145 Theodorou, Investitionsschutzverträge vor Schiedsgerichten, 2001, S 362ff, 359ff; vgl auch Cremades, Arbitration in Investment Treaties, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 149; Ch. Dugan/D. Wallace, Jr./N. Rubens, Investor-State Arbitration, 2006. 146 Theodorou S 374ff. 147 Theodorou S 382ff.

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5. Tronc commun 73 Die Grenzziehung ist in der Praxis freilich nicht einfach. Soweit die Heimatrechtsordnungen der Parteien und das Recht am Sitz des Schiedsgerichts in den entscheidenden Fragen übereinstimmen, kann das Schiedsgericht unstreitig die Rechtswahl offen lassen und auf der Grundlage der gemeinsamen Rechtsgrundsätze („tronc commun“) entscheiden. Je nach Fallgestaltung kann tatsächlich „Treu und Glauben“ bzw „good faith“ im internationalen Handel die einzige und den beteiligten Rechtsordnungen gemeinsame Rechtsgrundlage sein. Möglicherweise ist zwischen den Parteien nicht die mögliche vertragliche Rechtsfolge, sondern nur der wirkliche Sachverhalt streitig. Auch in diesem Fall ist eine nähere Festlegung der angewandten Rechtsordnung überflüssig.148 74 Kann ein Fall nach der anwendbaren Rechtsordnung mangels feststellbarer Regeln nicht oder nicht zweifelsfrei gelöst werden, weil gesetzliche Regeln oder richterliche Entscheidungen zu dem betreffenden Geschäftstyp etc. bisher nicht vorliegen, so kann das Schiedsgericht wie ein staatliches Gericht in rechtsfortbildender Weise entscheiden und dazu ggf auf vorbildhafte Regeln eines anderen nationalen Rechts zurückgreifen.

6. Handelsbräuche 75 In allen Fällen hat das Schiedsgericht etwa bestehende Handelsbräuche und -übungen zu berücksichtigen (§ 1051 IV ZPO; Art 28 [4] UNCITRAL-ML). 76 Mit Hilfe all dieser Möglichkeiten dürfte ein Schiedsfall in aller Regel in Anwendung „nationalen Rechts“ sachgerecht zu entscheiden sein. Haben die Parteien freilich eine „sachwidrige“ Rechtswahl getroffen und einigen sie sich nicht vergleichsweise, so ist das Schiedsgericht nicht befugt, diese Rechtswahl unter Berufung auf anationale Rechtsgrundsätze zu korrigieren.

7. Eingriffsnormen von Drittstaaten 77 Ein allgemeines, nicht auf Schiedsgerichte beschränktes Problem der Rechtsanwendung in internationalen Fällen ist, inwieweit neben der primär anwendbaren Rechtsordnung zwingende Eingriffsnormen einer anderen Rechtsordnung zu beachten sind, wie dies etwa Art 7 EVÜ bzw Art 8 E-Rom I-VO vorsehen. Das deutsche Recht hat diese Regel nicht ins EGBGB übernom-

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148 Vgl Lowenfeld, International Litigation, S 338f; B. Ancel, The tronc commun doctrine, J.Int.Arb. 7 (3) (1990), 65; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, S 76.

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Verhältnis staatliches Gericht – internationales Schiedsgericht

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men. Gleichwohl wird eine solche Berücksichtigung allgemein als sachgerecht angesehen.149 Selbst wenn die anwendbare Rechtsordnung die Mit-Anwendung solcher 78 Eingriffsnormen nicht zulassen sollte, so läge in einer gleichwohl erfolgten Anwendung lediglich ein nichtangreifbarer Rechtsanwendungsfehler des Schiedsgerichts, nicht aber die Überschreitung seines Schiedsauftrags.

8. Ermittlung des anwendbaren Rechts Wie bei staatlichen Gerichten (s o § 10) besteht auch für das Schiedsgericht 79 ggf die Schwierigkeit das anzuwendende (ausländische) Recht tatsächlich festzustellen. Sofern eine anwendbare Verfahrensordnung nicht insoweit eine Beweisführung durch die Parteien vorsieht, ist das Schiedsgericht befugt, den Inhalt ausländischen Rechts in jeder Weise festzustellen und auch die Parteien zur Mithilfe zu verpflichten.150

V. Verhältnis staatliches Gericht – internationales Schiedsgericht 1. Schrifttum Ahrendt, Der Zuständigkeitsstreit im Schiedsverfahren, 1996; E. Gaillard, L’effet 80 négatif de la compétence-compétence, Études en l’honneur Poudret, 1999, S 387; E. Gaillard/Y. Banifatemi, The use of anti-suit injunctions in international arbitration, 2004; R. Harbst, Die Rolle der staatlichen Gerichte im Schiedsverfahren, 2002; D. Hascher, Le juge d’appui, in: Cadiet/Clay/Jeuland, Médiation et arbitrage, 2005, 243; Saathoff, Möglichkeiten und Verfahren gerichtlicher Hilfe bei der Beweisaufnahme zugunsten fremdnationaler Handelsschiedsgerichtsverfahren, 1987; P. Schlosser, Anti-suit injunctions zur Unterstützung im internationalen Schiedsverfahren, RIW 2006, 486; Schoibl, Europäische Rechtshilfe bei der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen durch ordentliche Gerichte für Schiedsgerichte, FS Rechberger, 2005, S 513; E. Schwartz/R. Johnson, Court-assisted Discovery in Aid of International Commercial Arbitrations, JIntArb 15 (3) (1998), 53; H. Seriki, Anti-suit injunctions and arbitration, JIntArb 23 (2006) (1), 25; Wirth/Hoffmann-Nowotny, Rechtshilfe deutscher Gerichte zugunsten ausländischer Schiedsgerichte bei der Beweisaufnahme, SchiedsVZ 2005, 66.

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149 Vgl U. Drobnig, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und wirtschaftsrechtliche Eingriffsnormen, FS Kegel, 1987, S 95ff; A. Schnyder RabelsZ 59 (1995), 293; Ungeheuer, Die Beachtung von Eingriffsnormen, 1996; Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 79ff; J. Beulker, Die Eingriffsnormenproblematik in internationalen Schiedsverfahren, 2005. 150 Vgl Lew, FS Sandrock, S 581, 599.

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2. Schiedseinrede 81 Wird ein gerichtliches Verfahren entgegen einer wirksamen Schiedsabrede eingeleitet, so wird die Klage auf Einrede des Beklagten (§ 1032 I ZPO; Art II [3] UNÜ) als unzulässig abgewiesen. Die Einrede ist nach deutschem Prozessrecht rechtzeitig zu erheben,151 auch wenn die Schiedsvereinbarung ausländischem Recht untersteht.152 Die Schiedseinrede greift auch gegenüber (Vor-)Verfahren im Urkunden- und Wechselprozess,153 nicht jedoch gegenüber Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Soweit andere Staaten Schiedsvereinbarungen anerkennen, ist die Rechtslage vergleichbar. Parallele Verfahren vor dem staatlichen Gericht und dem Schiedsgericht werden nicht zugelassen.154 Die rechtskräftige Klagabweisung im Staat A wegen wirksamer Schiedsvereinbarung ist auch in anderen Staaten zu beachten.155 Die Schiedseinrede ist nach § 1032 I ZPO unbegründet, wenn die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist. Letzteres ist etwa bei Mittellosigkeit des Klägers der Fall; einer Kündigung des Schiedsvertrages bedarf es dann nach Ansicht des BGH nicht.156 82 Erklärt sich ein (ausländisches) Schiedsgericht auf Klage für unzuständig, so ist der Kläger (trotz möglicherweise bestehenden Schiedsvertrages) nicht gehindert, seinen Anspruch vor dem staatlichen Gericht geltend zu machen.157 Bis zur Bildung des Schiedsgerichts kann vor dem staatlichen Gericht die Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens beantragt werden (§ 1032 II ZPO). In jedem Fall kann ein Schiedsverfahren eingeleitet und fortgesetzt werden sowie darin ein Schiedsspruch ergehen (§ 1032 III ZPO). 83 Der Schiedseinrede kann die Arglisteinrede entgegengesetzt werden, wenn der Gegner die notwendigen Kostenvorschüsse nicht leisten kann oder will.158 Gleiches gilt, wenn sich der Beklagte zuvor beim Versuch einer Einleitung des Schiedsverfahrens selbst darauf berufen hat, dass die Streitigkeit nicht von der Schiedsabrede erfasst sei.159 _______________

151 Vgl BGHZ 147, 394 = NJW 2001, 2176; Weigand/Haas Art II UNÜ Rz 112. 152 OLG Düsseldorf RIW 1996, 776, 777. Zur Rechtslage im Ausland s M. Cobb, Domestic Court’s Obligation to Refer Parties to Arbitration, ArbInt. 17 (2001), 313. 153 BGHZ 165, 376 = NJW 2006, 779 = SchiedsVZ 2006, 646; OLG Celle SchiedsVZ 2006, 52, 54; aA OLG Düsseldorf DB 1996, Beil 15, S 23. 154 Zur Rechtslage in Alberta/Kanada s Burowski v Heinrich Fiedler, Court of Queen’s Bench. Alberta [1996] ILPr 373. 155 Kessedjian JIntArb 18 (1) (2001), 1, 2f. 156 BGH BB Beilage 6, S 17 (krit. dazu Risse S 11). 157 OLG Düsseldorf RIW 1996, 239. 158 BGH NJW 1988, 1215; OLG Hamm RIW 1995, 681, 682; OLG Hamburg RIW 1996, 510, 511. 159 OLG Frankfurt RIW 1999, 461, 463 = IPRax 1999, 247, 251 (dazu Hau S 232, 233).

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Umgekehrt kann die Berufung auf die Unwirksamkeit der Vereinbarung arglistig und unzulässig sein, wenn sich der Beklagte zuvor vor dem staatlichen Gericht selbst auf die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung berufen hat.160 Verneint das staatliche Gericht die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung 84 und erlässt ein Sachurteil, so ist dieses im Rahmen von EuGVO bzw EuGVÜ/LugÜ anzuerkennen (s o § 11 Rz 61); ansonsten entscheidet das Anerkennungsgericht selbständig über die Zuständigkeit des Erstgerichts.161 3. Kompetenz-Kompetenz Über Wirksamkeit und Umfang der Schiedsabrede entscheidet in fast allen 85 Staaten (Ausnahme: USA) vorläufig primär das angerufene Schiedsgericht.162 Selbständigkeit der Schiedsvereinbarung. Da die Schiedsvereinbarung als un- 86 abhängiger, selbständiger Vertrag angesehen wird, steht dem Schiedsgericht nach allgemeiner Ansicht auch die Befugnis zu, über Wirksamkeit oder Unwirksamkeit des Hauptvertrages zu entscheiden. Art V (3) EuÜ lautet: „Vorbehaltlich einer dem staatlichen Gericht nach seinem Recht zustehenden späteren Überprüfung kann das Schiedsgericht, dessen Zuständigkeit bestritten wird, das Verfahren fortsetzen; es ist befugt, über seine eigene Zuständigkeit und über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung oder des Vertrages, in dem diese Vereinbarung enthalten ist, zu entscheiden.“

Gleiches ist in Art 178 III schweiz. IPRG vorgesehen. Verneint das Schiedsgericht seine Kompetenz, weist es die Schiedsklage ab. 87 Der Kläger kann seine Ansprüche vor dem staatlichen Gericht verfolgen; der Beklagte kann wegen der Rechtskraftwirkung des Schiedsspruchs (§ 1055 ZPO) keine Schiedseinrede mehr erheben. Jede Partei kann allerdings nach § 1059 ZPO Aufhebung des zuständigkeitsverneinenden Prozessschiedsspruchs beantragen, allerdings nur gestützt auf die dort genannten Aufhebungsgründe.163 Bejaht das Schiedsgericht nur inzident seine Kompetenz, so kann der Be- 88 klagte diese „Entscheidung“ zunächst nicht vor einem staatlichen Gericht anfechten. Erst gegen den Schiedsspruch kann Aufhebungsvorlage erhoben werden, weil eine wirksame Schiedsvereinbarung tatsächlich nicht vorlag (§ 1059 I Nr 1 a ZPO). Die endgültige Kompetenz-Kompetenz liegt damit beim staatlichen Gericht am Sitz des Schiedsgerichts. Auch gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs kann eingewandt _______________

160 Schiedsgericht der IHK Kassel SchiedsVZ 2006, 167; Schiedsgericht der Bundeskammer Wien RIW 1995, 590. 161 Kessedjian JIntArb 18 (1) (2001), 1, 4; vgl auch Dutson ArbInt 2000, 89. 162 Vgl Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 66ff. 163 BGHZ 151, 79 = NJW 2002, 3031 = IDR 2002, 40 (Sandrock).

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werden, dass eine wirksame Schiedsvereinbarung fehlt, weil der Schiedsspruch dann idR unwirksam ist (§ 1061 I ZPO; Art V [1] [a] UNÜ). 89 Der BGH hatte freilich den Schiedsgerichten eine weitgehende endgültige Kompetenz-Kompetenz zuerkannt. Eine entsprechende Vereinbarung hat er als zweite Schiedsabrede über die Wirksamkeit der ersten ausgelegt, so dass nur noch die Wirksamkeit der zweiten Abrede und damit idR nichts nachgeprüft werden kann.164 90 § 1040 III 2 ZPO ist dieser Ansicht nach dem Vorbild von Art 16 UNCITRAL-Modellgesetz zu Recht nicht gefolgt. Vorgesehen ist nunmehr, dass das Schiedsgericht über eine Rüge seiner Unzuständigkeit durch den Schiedsbeklagten durch Zwischenentscheid befindet. Gegen diesen kann jede Partei innerhalb eines Monats nach schriftlicher Mitteilung eine Entscheidung des Oberlandesgerichts beantragen (§§ 1040 III 2, 1062 I Nr 2 ZPO). Die Wirksamkeit der Schiedsabrede kann auf diese Weise stets vom staatlichen Gericht überprüft werden.165 91 Das US-amerikanische Recht weist dagegen die Kompetenz-Entscheidung ausschließlich dem staatlichen Gericht zu. Ist die Schiedsvereinbarung vor dem Schiedsgericht streitig, so muss es sein Verfahren aussetzen und der Beklagte kann das staatliche Gericht anrufen. 92 Das englische Recht gestattet dem Gericht auf Antrag bereits während des laufenden Schiedsverfahrens die Schiedsvereinbarung für ungültig zu erklären.166 Vorzuziehen ist die mittlere Lösung, die Art 16 (3) UNCITRAL Model Law vorsieht. 93 Umgekehrt kann das Schiedsgericht seine Tätigkeit nicht einfach verweigern, indem es die Schiedsvereinbarung als unwirksam ansieht. Die französischen Gerichte kontrollieren auf Antrag einer Seite, ob die Vereinbarung nicht doch wirksam ist und halten das Schiedsgericht an, einen übernommenen Schiedsauftrag auszuführen.167 4. Anti-suit Injunction 94 Bis zur Bildung eines Schiedsgerichts kann nach § 1032 II ZPO bei Gericht Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens gestellt werden. Nach Bildung des Schiedsgerichts muss dessen _______________

164 BGHZ 68, 356 = NJW 1977, 1397; BGH RIW 1991, 673; BGH JZ 1989, 201; OLG Düsseldorf DZWir 1997, 123 (dazu Kornblum S 126). 165 BGHZ 162, 9, 13f = NJW 2005, 1125; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl, Kap 6 Rz 9, Kap 16 Rz 10ff. 166 Hill § 16.2 (S 463); vgl Merkin, Arbitration Act, 2nd ed 2000. 167 Cour d’appel de Paris, Rev.arb. 1995, 107 note S. Jarvin.

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Unzuständigkeit im Schiedsverfahren nach § 1040 II ZPO gerügt werden.168 Trotz Rüge kann das Schiedsgericht sein Verfahren fortsetzen und einen Schiedsspruch in der Sache erlassen (§ 1040 III 3 ZPO). Hieraus folgt, dass das Gericht dem Schiedsgericht nicht durch einstweilige Verfügung verbieten kann, sein Verfahren fortzusetzen.169 Ob im Ausland die Möglichkeit zum Erlass einer solchen anti-suit injunction170 gegen ein Schiedsgericht besteht, richtet sich nach dem Recht am Sitz des Schiedsgerichts. Umgekehrt ergibt sich bei Bestehen einer Schiedsvereinbarung ein Anspruch auf Unterlassung einer Klage vor einem staatlichen Gericht, der ggf. mittels anti-suit injunction durchgesetzt werden kann.171 5. Aufrechnung vor dem Schiedsgericht Materiellrechtlich ist die Aufrechnung zulässig, wenn das Recht der Haupt- 95 forderung (gegen die aufgerechnet werden soll) sie zulässt.172 Davon zu unterscheiden ist die prozessuale Zulässigkeit nach der lex loci arbitri. Mit einer konnexen Gegenforderung, die derselben Schiedsvereinbarung unterliegt, kann ohne weiteres (auch bei Streit über die Gegenforderung) aufgerechnet werden. Die Schiedspraxis lässt die Aufrechnung auch mit Forderungen aus „closely related contracts“ zu.173 Aufgerechnet werden kann auch mit anderen Gegenforderungen, für die keine andere (ausschließliche) gerichtliche oder schiedsgerichtliche Zuständigkeit besteht. Unterliegt die Aufrechnungsforderung dagegen einer abweichenden Gerichtsstands- oder Schiedsvereinbarung, ist die Zulässigkeit der Aufrechnung streitig. Nach einer Ansicht ist wie bei streitigen rechtswegfremden Gegenforderungen zu verfahren. Das Schiedsverfahren ist auszusetzen, damit über die streitige Forderung vor dem zuständigen Gericht oder Schiedsgericht entschieden werden kann. Das Ergebnis ist dann vom Schiedsgericht bei seinem Spruch zu beachten. Die pragmatischere Ansicht behandelt die Aufrechnung als materielle Einwendung, für deren Beachtung es keiner besonderen Zuständigkeit bedarf.174 Die dritte Ansicht stellt die Aufrechnung in diesen Fällen einer Widerklage gleich. Danach ist die Aufrechnung grundsätzlich unzulässig, es sei denn, die Aufrechnungsforderung sei unstreitig, der Kläger _______________

168 Schwab/Walter Kap 7 Rz 17. 169 Schwab/Walter Kap 7 Rz 19. 170 Vgl E. Gaillard, Anti-suit Injunction in International Arbitration, 2003; H. Seriki JIntArb 23 (1) (2006), 25. 171 Schlosser RIW 2006, 486, 491f. 172 BGHZ 38, 254, 256 = NJW 1963, 243f = MDR 1963, 125f. 173 Vgl Berger RIW 1998, 426, 427f (in engl. Sprache: ArbInt 1999, 53); H. Jauch, Aufrechnung und Verrechnung in der Schiedsgerichtsbarkeit, 2001. 174 Vgl Berger RIW 1998, 426, 429.

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bestreite die Zulässigkeit der Aufrechnung nicht oder beide Parteien ergänzen ihre Schiedsvereinbarung entsprechend.175 6. Ersatzbestellung von Schiedsrichtern 96 Soweit kein anderes Verfahren vereinbart ist, kann jede Partei vom Gericht die Bestellung eines Schiedsrichters anstelle der Gegenpartei verlangen, wenn diese mit der Bestellung in Verzug kommt oder sie ganz ablehnt (§ 1039 I ZPO). Angerufen werden kann das Gericht am Sitz des Schiedsgerichts (so ausdrücklich § 1062 I ZPO; Art 179 II 1 schweiz. IPRG).176 Dem Antrag ist stattzugeben, es sei denn, es bestehe offensichtlich keine Schiedsvereinbarung (vgl Art 179 III schweiz. IPRG). 7. Abberufung von Schiedsrichtern 97 Wird ein Schiedsrichter wegen Befangenheit abgelehnt (§ 1036 ZPO) oder wird die Beendigung seines Amtes wegen Unfähigkeit oder Unmöglichkeit vereinbart (§ 1038 ZPO), so entscheidet das Gericht über die Berechtigung des Antrags (§ 1062 I Nr 1 ZPO), sofern der Schiedsrichter sein Amt nicht freiwillig niederlegt. Das Schiedsgericht kann trotz des Ablehnungsantrags weiter verhandeln; ein etwa erlassener Schiedsspruch ist dann aber „auflösend bedingt“, dh unterliegt der Aufhebung, wenn der Antrag für begründet erklärt wird. 98 Nach englischem Recht kann das Gericht das Schiedsverfahren durch injunction einstellen oder einen Schiedsrichter abberufen, an dessen Unabhängigkeit Zweifel bestehen, der sich „misconduct“ während des Verfahrens schuldig gemacht hat oder seine Pflichten nicht erfüllt (Arb.Act 1996, sec. 24). 8. Verfahrensverzögerungen 99 Bei Verfahrensverzögerungen durch Schiedsrichter oder Schiedsparteien darf das staatliche Gericht nicht direkt eingreifen. Wird ein Schiedsrichter nicht tätig, so kann nach § 1038 I ZPO notfalls bei Gericht die Feststellung über die Beendigung des Amtes beantragt werden. Auf die Säumnis des Schiedsklägers kann das Schiedsgericht mit Klagabweisung, auf die Säumnis des Schiedsbeklagten mit einseitiger streitiger Entscheidung reagieren (§ 1048 ZPO). Ähnlich kann ein englisches Schiedsgericht gemäß sec. 41 Arbitration Act 1996 entscheiden. _______________

175 Berger RIW 198, 426, 430. 176 Vgl BayObLG SchiedsVZ 2004, 316.

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Einstweiliger Rechtsschutz

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9. Hilfestellung bei der Beweisaufnahme Nach § 1050 ZPO kann das Schiedsgericht selbst oder eine Partei mit Zu- 100 stimmung des Schiedsgerichts die Unterstützung des staatlichen Gerichts bei der Beweisaufnahme beantragen.177 Zuständig ist nach § 1062 IV ZPO das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Beweisaufnahme stattfinden soll. Das Gericht erledigt den Antrag nach seinem eigenen Verfahrensrecht; die Schiedsrichter dürfen aber an der Beweisaufnahme teilnehmen und Fragen stellen. Das Antragsrecht nach § 1050 ZPO ist nicht auf Schiedsgerichte mit Sitz in Deutschland beschränkt; nach § 1025 II ZPO besteht vielmehr eine internationale Zuständigkeit für die Hilfestellung auch, wenn der Ort des Schiedsverfahrens im Ausland liegt oder noch nicht bestimmt ist.178 In den USA können Schiedsgerichte oder Parteien beim Bundesgericht beantragen, dass die Gegenpartei Unterlagen nach Discovery-Regeln vorlegt.179 Nach 28 USC § 1782 besteht diese Möglichkeit auch zugunsten ausländischer Schiedsgerichte.

VI. Einstweiliger Rechtsschutz 1. Schrifttum Bandel, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, 2000; A. Bösch, Provisional 101 remedies in international commercial arbitration, 1994; ders, Einstweiliger Rechtsschutz in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1988; Ch. Brower/W. M. Tupman, Court-ordered provisional measures under the New York Convention, AmJIntL 80 (1986), 24; L. Ebb, Flight of Assets from the Jurisdiction: Pre and PostAward Conservatory Relief in International Commercial Arbitration, JIntArb. 7 (1990), 1; D. Hascher, L’exécution provisoire en arbitrage international, Études en l’honneur de Poudret, 1999, S 403; K. Hempel, Einstweiliger Rechtsschutz durch Schiedsgerichte – Cui bono?, FS R. Welser, Wien 2004, S 269; F. Knoepfler, Les measures provisoires et l’arbitrage, in: Cadiet/Clay/Jeuland, Médiation et arbitrage, 2005, 269; B. Kohl, Vorläufiger Rechtsschutz in internationalen Handelsschiedsverfahren, 1990; T. Kojovic, Court Enforcement of Arbitral Decisions on Provisional Relief, JIntArb 18 (2001), (5), 511; Krimpenfort, Vorläufige und sichernde Maßnahmen im schiedsrichterlichen Verfahren, 2001; S. Kröll, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für einstweiligen Rechtsschutz bei ausländischem Schiedsort, IHR 2005, 142; K. Matsuura, Arbitration and Interim Measures of Protection, Meijo Hogaku 50 (2000), Extra No. 357 (in Jap.); P. Mayer, Imperium de l’arbitre et mesures provisoires, Études en l’honneur de Poudret, 1999, S 437; L. Newman/M. Burrows, The Practice of International Litigation, 2nd ed 1998, II-9 (Provisional remedies in aid of international arbitration), V-4 (International Arbitration, Provisional Remedies); A. Reiner, Les mesures provisoires et conservatoires et l’Arbitrage international, JDI _______________

177 Zu Art 27 ML s Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 70f. 178 MüKo/Münch § 1050 Rz 8 c; vgl Wirth/Hoffmann-Nowotny SchiedsVZ 2005, 66. 179 Vgl Schwartz/Johnson J.Int.Arb. 15 (3) (1998), 53.

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125 (1998), 853; L. Westphal/D. Busse, Vorläufige Maßnahmen durch ein bei Großprojekten vereinbartes ständiges Schiedsgericht, SchiedsVZ 2006, 21.

2. Einstweiliger Rechtsschutz vor dem staatlichen Gericht 102 Die Schiedsvereinbarung schließt nach § 1033 ZPO nicht aus, vor dem staatlichen Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachzusuchen.180 Dazu gehört auch die Einleitung eines selbständigen Beweisverfahrens, solange das Schiedsgericht nicht konstituiert ist.181 Aus dem gleichen Grund bleibt eine Rechtsverfolgung im Wechselprozess regelmäßig zulässig.182 Die Zuständigkeit richtet sich nach dem für die Vollstreckbarkeitserklärung des Schiedsspruches zuständigen Gericht.183 Nach hM können die Parteien den einstweiligen Rechtsschutz vor dem staatlichen Gericht nicht ausschließen.184 Auch die Vereinbarung eines ausländischen Schiedsorts schließt die inländische Zuständigkeit für den einstweiligen Rechtsschutz nicht aus.185 Freilich wird zunehmend die Ansicht vertreten, durch besondere Vereinbarung könne dies doch geschehen, wenn bei einem institutionalisierten Schiedsgericht ein Spruchkörper bereitstehe, der effektiven Eilrechtsschutz gewährleiste.186 103 Nach der van Uden-Entscheidung des EuGH ist der einstweilige Rechtsschutz des staatlichen Gerichts in diesen Fällen territorial begrenzt (s o § 15 Rz 14f), so dass eine freezing order (Mareva injunction) mit grenzüberschreitender Wirkung jedenfalls gegenüber Parteien mit europäischem Wohnsitz/Sitz nicht mehr erlassen werden kann.187 3. Einstweiliger Rechtsschutz durch das Schiedsgericht 104 Umgekehrt kann das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei vorläufige oder sichernde Maßnahmen anordnen, die es im Hinblick auf den Streitgegenstand für erforderlich hält, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart,188 die entsprechende Kompetenz des Schiedsgerichts also ganz oder teilweise ausgeschlossen haben. Das Schiedsgericht kann auch eine angemessene Sicherheitsleistung verlangen (§ 1041 I ZPO). Das deutsche Recht ist insoweit an das UNCITRAL-Modellgesetz angepasst worden.189 _______________

180 181 182 183 184 185 186

Vgl Bandel S 267ff. OLG Koblenz BB 2001, Beilage 6, S 22. BGH JZ 1994, 370 mit Anm Schütze; krit. Smid DZWir 1996, 234. OLG Hamburg RIW 1996, 857. Musielak/Voit, ZPO, 4. Aufl, § 1033 Rz 3; MüKo/Münch, 2. Aufl, § 1033 Rz 1, 9, 14. Schütze IPRax 2006, 442; aA OLG Nürnberg IPRax 2006, 468. Schütze DB 1998, 1650; Bandel S 309ff, 337f; vgl Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, S 61ff. 187 Vgl Kessedjian JIntArb 18 (1) (2001), 1, 7. 188 Bandel S 11ff, 16ff, 81ff. 189 Zur Rechtslage in USA, England und Frankreich s Brower/Tupman AmJIntL 80 (1986), 24.

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Aufhebung sowie Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen

§ 16

Die Schiedsordnungen der institutionellen Schiedsgerichte bieten meist aus- 105 drücklich einstweiligen Rechtsschutz an. Die ICC Paris hat in ihr Reglement seit 1990 ein besonderes référé pré-arbitral-Verfahren eingeführt. Das staatliche Gericht kann die Vollziehung solcher einstweiligen Maßnah- 106 men zulassen, sofern nicht beim staatlichen Gericht einstweiliger Rechtsschutz beantragt worden ist (§ 1041 II ZPO).190 Die Vollziehungsanordnung kann aufgehoben oder geändert werden (§ 1041 III ZPO). Einstweilige Maßnahmen ergehen nicht durch endgültigen Schiedsspruch iS 107 des UNÜ. Sie müssen daher im Ausland weder nach dem UNÜ noch nach sonstigen Übereinkommen anerkannt und vollstreckt werden.191 Die deutschen Gerichte können aber analog § 1041 II, III, IV ZPO auch die Vollziehung einstweiliger Maßnahmen ausländischer Schiedsgerichte in Deutschland zulassen.192 Nach § 1041 IV ist die begünstigte Partei verpflichtet, dem Gegner einen 108 Vollstreckungsschaden zu ersetzen, der aus der Vollziehung einer ungerechtfertigten einstweiligen Anordnung des Schiedsgerichts entsteht.193 Der Anspruch kann im anhängigen Schiedsverfahren geltend gemacht werden.

VII. Aufhebung inländischer Schiedssprüche sowie Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche Aufhebung sowie Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen 1. Schrifttum H. Arfazadeh, Ordre public et arbitrage international à l’épreuve de la mondalisation, 109 2005; E.-M. Bajons, Enforcing annulled arbitral awards, Croat.Arbit.Yearb. 7 (2000), 55; M.-L. von Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen durch staatliche Gerichte, 1995; Borges, Die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen nach neuem Recht, ZZP 111 (1998), 487; Ch. Borris/L. Schmidt, Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen und materielle Einwendungen des Schiedsbeklagten, SchiedsVZ 2004, 273; G. Broggini, Le contrôle des sentences arbitrales internationales par le juge du siège et par le juge de l’exécution, Liber amicorum Siehr, 2000, S 95; H. Dolinar, Vollstreckung aus einem ausländischen, einen Schiedsspruch bestätigenden Exequatururteil, FS Schütze, 1999, S 187; W. Eberl, As night follows day, SchiedsVZ 2003, 109; Fadlallah, L’ordre public dans les sentences arbitrales, RdC 249 (1994-V), 367; E. Gaillard, L’exécution des sentences annulées dans leur pays d’origine, JDI 125 (1998), 645; ders, Arbitrage Commercial International, Sentence arbitrale, Contrôle étatique, Juris Classeur, Droit International 11, Fasc. 586–10, 586– _______________

190 191 192 193

Bandel S 197ff. Bandel S 340ff. Schlosser, in: Gottwald, S 163, 201; Bandel S 361ff. Bandel S 231ff.

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

11 (1992); Ch. Gamauf, Aktuelle Probleme des ordre public im Schiedsverfahren, insb im Hinblick auf Eingriffsnormen, ZfRV 2000, 41; J. Gessner, Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in den USA und in Deutschland, 2001; A. Giardina, The international recognition and enforcement of arbitral awards nullified in the country of origin, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 205; Gottwald, Die sachliche Kontrolle internationaler Schiedssprüche, FS Nagel, 1987, S 54; U. Haas, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer und internationaler Schiedssprüche, 1991; D. Hascher, Recognition and Enforcement of Arbitration Awards and the Brussels Convention, ArbInt 12 (1996), 233; Hausmann, Die Aufhebung von Schiedssprüchen nach neuem deutschen Schiedsverfahrensrecht, FS H. Stoll, 2001, S 593; Heini, Der materiellrechtliche ordre public im neuen schweizerischen Recht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, FS Habscheid, 1989, S 153; P. Karrer, Judicial Review of International Arbitral Awards, FS Schütze, 1999, S 337; Karrer/ImhofScheier, Ordre public in Schiedssachen, IPRax 1996, 282; Kilgus, Zur Anerkennung und Vollstreckung englischer Schiedssprüche in Deutschland, 1995; Kröll, Die Schiedsvereinbarung im Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, ZZP 117 (2004), 453; Linke, Gescheiterte Aufrechnung im Schiedsverfahren – Nachholung im Exequaturverfahren?, FS Schlosser, 2005, S 503; G. Lörcher, Wie zwingend sind in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit zwingende Normen einer „dritten“ Rechtsordnung?, BB 1993, Beil. 17, S 3; ders, Enforceability of Agreed Awards in Foreign Jurisdictions, ArbInt 17 (2001), 275; F. de Ly, Judicial Review of the Substance of Arbitral Awards, Essays in honour of Kokkini-Iatridou, 1994, 341; L. Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public bei der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche in Deutschland, 1994; U. C. Mayer, The enforcement of Annulled Arbitral Awards, Rev.dr.unif. 1998, 583; R. Mosk/R. Nelson, The effects of confirming and vacating an international arbitration award on enforcement in foreign jurisdictions, JIntArb 18 (4) (2001), 463; J.-B. Racine, L’arbitrage commercial international et l’ordre public, 1999; A. Reiner, Schiedsverfahren und rechtliches Gehör, ZfRV 2003, 52; Th. Rensmann, Anationale Schiedssprüche, 1997; D. Rivkin, Enforceability of Arbitral Awards based on Lex Mercatoria, ArbInt 9 (1993), 67; H. Rüßmann, Der erschlichene Schiedsspruch, FS Schlosser, 2005, S 785; O. Sandrock, Wann wird ein ausländischer Schiedsspruch iS des Art V (1) (e) der New Yorker Konvention und des § 1044 ZPO „verbindlich“?, FS Trinkner, 1995, S 669; Satmer, Verweigerung der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche wegen Verfahrensmängeln, 1994; P. Schlosser, Arbitration and the European Public Policy, in: L’arbitrage et le droit Europeén, Bruxelles 1997, S 81; A. Schnyder, Anwendung ausländischer Eingriffsnormen durch Schiedsgerichte, RabelsZ 59 (1995), 293; H.-P. Schroeder/B. Oppermann, Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach lex mercatoria in Deutschland, England und Frankreich, ZVglRWiss 99 (2000), 410; A. Sessler/T. Schreiber, Ausgewählte Fragen der Sicherungsvollstreckung gemäß § 1063 Abs 3 ZPO, SchiedsVZ 2006, 119; Sonnauer, Die Kontrolle der Schiedsgerichte durch die staatlichen Gerichte, 1992; Th. Webster, Evolving principles in enforcing awards subject to annulment proceedings, JIntArb 23 (3) (2006), 2001; ders, Review of substantive reasoning of international arbitral awards by national courts, ArbInt 22 (2006), 431; F. Weinacht, Die Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach ihrer Annullierung im Herkunftsstaat, ZVglRWiss 98 (1999), 139; A. Weitbrecht/ H. Fabis, Gemeinschaftsrechtliche Anforderungen an die gerichtliche Kontrolle von Schiedsgerichtsentscheidungen, EWS 1997, 1; Ch. Wolf, Zwischen Schiedsverfahrensfreiheit und notwendiger staatlicher Kontrolle, RabelsZ 1993, 643; R. Wunderer, Der deutsche „ordre public d’Arbitrage International“, 1993.

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Aufhebung sowie Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen

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International Law Association, Recommendation on the Application of Public Policy as a Ground for Refusing Recognition or Enforcement of International Arbitral Awards (vom April 2003).

Das deutsche Recht unterscheidet ebenso wie die Rechte vieler anderer Staa- 110 ten zwischen inländischen und ausländischen Schiedssprüchen (§§ 1060, 1061 ZPO). Nach früherem deutschen Recht entschied das Verfahrensrecht, welches das Schiedsgericht in seinem Verfahren angewendet hat, darüber, ob der Schiedsspruch als inländischer oder als ausländischer zu beurteilen ist (Verfahrenstheorie).194 Führten also Schiedsrichter in Deutschland ein Schiedsgerichtsverfahren nach ausländischem Verfahrensrecht durch, so handelte es sich nach deutschem Recht um einen ausländischen Schiedsspruch; ebenso führte ein im Ausland nach deutschem Verfahrensrecht durchgeführtes Schiedsverfahren zu einem inländischen Schiedsspruch. Dieser Ansicht stand international ganz überwiegend die Sitztheorie vom 111 ausländischen Schiedsspruch gegenüber.195 Da die Parteien den „Sitz“ frei vereinbaren könnten und das Schiedsgericht auch an anderen Orten verhandeln kann (so § 1043 II ZPO; Art 20 II UNCITRAL Model Law) hatte der Streit um die Theorien seine Schärfe verloren. Da sich Verfahrens- und Sitztheorie somit im praktischen Ergebnis nicht 112 wesentlich unterschieden, ist das Schiedsverfahrensgesetz 1996 (§§ 1025 I, 1043 ZPO) auf die Sitztheorie übergegangen.196 Da die Parteien bestimmen können, an welchem Ort ein Schiedsgerichtsver- 113 fahren durchgeführt werden soll, bestimmen sie letztlich über den Charakter des Schiedsspruchs als inländisch oder ausländisch. 2. Aufhebung und Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche Inländische Schiedssprüche können auf Antrag nach § 1059 ZPO aufgehoben 114 werden. Die Aufhebungsgründe des § 1059 II ZPO entsprechen praktisch den Anerkennungsversagungsgründen des Art V UNÜ197 (s u Rz 126ff). Auch das Aufhebungsverfahren vor dem Oberlandesgericht (§§ 1062 I Nr 4, 1063ff ZPO) unterscheidet sich nicht von dem Verfahren bei der Anerkennung ausländischer Schiedssprüche. Da die Nationalität der Parteien für die Einord_______________

194 So BGHZ 96, 40 = NJW 1986, 1436; Schwab/Walter, 7. Aufl, Kap 30 Rz 4ff; krit. Mann, FS Oppenhoff, S 215ff; aA Wunderer, Der deutsche „ordre public d’arbitrage international“, 1993, S 28ff. 195 So für Österreich Fasching, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 1972, S 178; Matscher JBl 1975, 412, 469; § 5 schwedisches Lag (1929:147) om utländska skiljeavtal och skiljedomar; Szászy, International Civil Procedure, S 612; Abdallah RdC 138 (1973-I), 503, 540 für die Mitgliedstaaten der arabischen Liga. 196 Vgl BGH RIW 2001, 538, 539. 197 Vgl Hausmann, FS H. Stoll, 2001, S 593, 595ff.

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nung des Schiedsspruchs als inländisch oder ausländisch irrelevant ist, kommt ein Aufhebungsantrag auch in „internationalen“ Fällen in Betracht. 115 Sofern kein Aufhebungsgrund vorliegt, kann der inländische Schiedsspruch nach §§ 1060, 1062 I Nr 4 ZPO vom Oberlandesgericht für vollstreckbar erklärt werden. Nach der Neuregelung kann der Antragsgegner Aufhebungsgründe, nicht aber nachträglich entstandene materielle Einwendungen vorbringen. Diese sind vielmehr mittels besonderer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) geltend zu machen.198 Unstreitig sind solche Einwendungen auf jeden Fall ausgeschlossen, wenn für ihre Geltendmachung wiederum ein Schiedsverfahren vorgesehen ist.199 3. Voraussetzungen für Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs in Deutschland 116 Nach früherem (zuletzt 1986 geänderten) Recht war die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche in § 1044 ZPO aF besonders geregelt. Das neue deutsche Schiedsverfahrensrecht verweist in § 1061 I 1 ZPO für die Anerkennungsvoraussetzungen bzw -versagungsgründe einheitlich auf das New Yorker UNÜ 1958200 (s u Rz 126ff). Den bisherigen Vertragsstaatenvorbehalt (gemäß Art I [3] UNÜ) hat Deutschland zurückgenommen,201 so dass nunmehr jeder im Ausland ergangene Schiedsspruch in Deutschland nach dem UNÜ anerkannt werden kann.202 Ausländische Schiedssprüche mit vereinbartem Inhalt (agreed awards) fallen uneingeschränkt unter § 1061.203 117 Nach § 1061 I 2 bleiben Vorschriften anderer Staatsverträge unberührt. Anerkennungsfreundlichere Regeln bilateraler Anerkennungsverträge über Schiedssprüche (und Schiedsvergleiche) bleiben also weiterhin anwendbar.204 EuGVO bzw EuGVÜ/LugÜ erfassen Schiedssprüche jedoch nicht.205 118 Die Vollstreckbarerklärung dient nicht nur dazu, die Zwangsvollstreckung aus dem Schiedsspruch zu ermöglichen; sie soll vielmehr auch seine Bestandskraft gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen sichern. _______________

198 BayObLGZ 2000, 124 = NJW-RR 2001, 1363; OLG Stuttgart MDR 2001, 595; Borris/Schmidt SchiedsVZ 2004, 273; aA Schwab/Walter Kap 27 Rz 12f. 199 OLG München SchiedsVZ 2006, 165, 166. 200 BGH RIW 2001, 538, 539. 201 BGBl 1999 II, 7; vgl BGH RIW 2001, 458. 202 BGH SchiedsVZ 2006, 161, 163. 203 Lörcher BB 2000, Beil. 12 S 2 = ArbInt 17 (2001), 275; Gottwald, Symposium für Schlosser, 2001, S 31, 35, 41; Mankowski ZZP 114 (2001), 37, 39f; Schütze, FS W. Lorenz, 2001, S 275, 276. 204 BGH SchiedsVZ 2006, 161, 163. 205 Hascher ArbInt 12 (1996), 233; s o § 3 Rz 18.

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Deshalb kommt es für die Vollstreckbarerklärung nicht darauf an, ob der Schiedsspruch einen vollstreckbaren Inhalt hat.206 Ist die Vollstreckbarerklärung abzulehnen, stellt das Gericht in seiner Ent- 119 scheidung fest, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist (§ 1061 II ZPO). Wird ein für vollstreckbar erklärter ausländischer Schiedsspruch im Ausland aufgehoben, kann beantragt werden, die deutsche Vollstreckbarerklärung ebenfalls aufzuheben (§ 1061 III ZPO). 4. Verfahren der Vollstreckbarerklärung Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung richtet sich für Schiedssprüche 120 jeder Art einheitlich nach § 1063 ZPO. Danach gilt ein Beschlussverfahren mit fakultativer mündlicher Verhandlung. Diese ist anzuordnen, wenn Aufhebungsgründe iS des § 1059 II ZPO geltend gemacht werden, also bei ausländischen Schiedssprüchen Anerkennungsversagungsgründe vorgebracht werden oder ausdrücklich eine mündliche Verhandlung beantragt wird. Ist im Ausland bereits ein Aufhebungsverfahren anhängig, kann das Gericht das Verfahren der Vollstreckbarerklärung bis zu dessen Abschluss aussetzen oder anordnen, dass die Gegenpartei Sicherheit leisten muss (Art VI UNÜ).207 Das Gericht kann im einseitigen Verfahren eine Sicherungsvollstreckung anordnen.208 Der Gegner kann diese durch Sicherheitsleistung abwenden. Ist der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung säumig, so kann der Antrag nicht analog § 330 ZPO abgelehnt werden, vielmehr ist trotz der Säumnis sachlich über den Antrag zu entscheiden.209 Entgegen dem BGH kann nicht alternativ dazu ein ausländisches Exequatur- 121 urteil, das einen Schiedsspruch bestätigt und für vollstreckbar erklärt, im Inland anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden210 (s o § 11 Rz 13, 147). 5. Zuständigkeit Zuständig für die Vollstreckbarerklärung ist das Oberlandesgericht (§ 1062 I 122 Nr 4 ZPO). Fehlt ein deutscher Schiedsort, ist das Oberlandesgericht zustän_______________

206 BGH (30.3.2006, III ZB 78/05) Rz 9ff. 207 Vgl G. Ghikas, A principal approach to adjourning the decision to enforce, ArbInt 22 (2006), 53. 208 Vgl A. Sessler/T. Schreiber SchiedsVZ 2006, 119. 209 BGH SchiedsVZ 2006, 161, 162. 210 So zu Recht Dolinar, FS Schütze, 1999, S 187.

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dig, in dessen Bezirk der Antragsgegner Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit Schiedsklage in Anspruch genommene oder betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht in Berlin (§ 1062 II ZPO). 123 Soweit ein Staatsvertrag nichts anderes bestimmt, ist mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung (oder nachträglich)211 der inländische oder ausländische Schiedsspruch im Original oder in beglaubigter Abschrift212 vorzulegen. Einer deutschen Übersetzung bedarf es nicht.213 Die Beglaubigung kann vom prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt der Partei vorgenommen werden (§ 1064 I ZPO). Sind Existenz und Inhalt des Schiedsspruchs unstreitig, kommt es auch nach Art IV (1) (a) UNÜ auf den Nachweis der Authentizität nicht an.214 Bei einer Divergenz der Parteibezeichnung zwischen Schiedsvereinbarung und Schiedsspruch sind Parteiidentität bzw Universalsukzession in der Form des Art IV UNÜ nachzuweisen.215 124 Der Beschluss über die Vollstreckbarerklärung ist für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 1064 II ZPO); aus dem Schiedsspruch kann also vollstreckt werden, obgleich die Vollstreckbarerklärung der Rechtsbeschwerde nach § 1065 ZPO unterliegt. Zur Sicherung gegen eine Aufhebung kann auch ein nicht vollstreckungsfähiger Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt werden.216 125 Umstritten ist die Gerichtszuständigkeit für die Vollstreckbarerklärung in Frankreich. Teilweise wird vertreten, nur das TGI de Paris (Tribunal de grande instance in Paris) könne angerufen werden. Andere Autoren wollen den Sitz des Vollstreckungsgegners für die Bestimmung des zuständigen Gerichts heranziehen. Wieder andere wollen die allgemeinen Regeln der Art 14 und 15 des Code Civil anwenden. Letztere Ansicht dürfte in der französischen Rechtsprechung den Vorzug erhalten haben.217 6. Versagungsgründe 126 Nach § 1061 I 1 ZPO richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche generell nach dem UNÜ 1958. Soweit dieses im Verhältnis zu Nichtvertragsstaaten nicht anwendbar ist, gelten seine Regeln insoweit als nationales Recht (s o Rz 117). Die Versagungsgründe bestimmen sich somit allgemein nach Art V UNÜ. _______________

211 212 213 214

Weigand/Haas Art IV UNÜ Rz 6; MüKo/Gottwald Art IV UNÜ Rz 3. Vgl OGH IPRax 2000, 429 (dazu Haas S 432, 433). BGH IDR 2004, 42 (Gebhardt). BGH IPRax 2001, 458 (dazu Krapfl S 443) = NJW 2000, 3650, 3651; BGH RIW 2001, 538, 539; Weigand/Haas Art IV Rz 15. 215 OGH IPRax 2000, 429, 431 (dazu Haas S 432, 435). 216 BGH SchiedsVZ 2006, 278 (Wolff/Falk). 217 Gaillard, Juris Classeur, Droit International, Fasc. 586–10, No. 13.

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Zweifelhaft ist, ob der Schiedsbeklagte mit Einwendungen präkludiert ist, wenn er mögliche Rechtsmittel oder Rechtsbehelfe zur Geltendmachung während des Schiedsverfahrens oder durch Anrufung der Gerichte am Sitz des Schiedsgerichts nicht wahrgenommen hat.218 Um ein effektives Schiedsverfahren zu gewährleisten, sollte an dieser Präklusion festgehalten werden. Insbesondere Mängel des Schiedsverfahrens können danach im Rahmen des Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs nur vorgebracht werden, wenn es der betroffenen Partei nicht möglich oder nicht zumutbar war, den Mangel im Schiedsverfahren oder durch Anrufung der Gerichte des Erststaates im Rahmen eines Aufhebungsverfahrens geltend zu machen.219 Nach Art V (1) UNÜ sind die Versagungsgründe nur auf Rüge der betroffe- 127 nen Partei zu beachten; lediglich der ordre public des Anerkennungsstaates und die fehlende objektive Schiedsfähigkeit, die damit eng zusammenhängt, werden nach Art V (2) UNÜ von Amts wegen geprüft. Unabhängig davon kann der Antragsgegner im Verfahren der Vollstreckbarerklärung ein Anerkenntnis abgeben.220 Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung und subjektive Schiedsunfähigkeit. 128 Nach Art V (1) (a) UNÜ ist die Anerkennung auf Rüge zu versagen, wenn die Parteien keine gültige Schiedsvereinbarung nach Art II UNÜ geschlossen haben221 (s o Rz 12ff), wenn eine Partei nach ihrem Personalstatut nicht schiedsfähig war (s o Rz 28ff) oder wenn die Schiedsvereinbarung nach dem maßgeblichen Recht ungültig ist. Maßgeblich ist primär das von den Parteien vereinbarte Recht, hilfsweise das Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist.222 Die Rechtswahl der Parteien bedarf keiner Form, sondern kann auch kon- 129 kludent erfolgen. Das hilfsweise anwendbare Recht des Schiedsortes (lit. a) ist mit dem Recht des Landes, in dem das Schiedsverfahren stattfand (lit. d) identisch. Die Genehmigung des Schiedsspruchs nach Art 21 ICC-Rules durch den „Schiedsgerichtshof“ führt nicht dazu, dass jeder nach ICC-Regeln erlassene Schiedsspruch in Paris ergangen wäre.223 Aus der Reihung der Unwirksamkeitsgründe ergibt sich, dass das Schiedsvertragsstatut nicht Fragen der subjektiven Schiedsfähigkeit regelt. _______________

218 Gegen Präklusion OLG Schleswig RIW 2000, 706, 708 (v Werder). 219 BGH RIW 2001, 458, 460 (noch zu §§ 1044, 1045 ZPO aF); OLG Karlsruhe SchiedsVZ 2006, 282 (W. Gruber); vgl Linke, FS Schlosser, S 503 (zur Aufrechnung). 220 OLG Frankfurt BB 2001, Beil 7, S 23. 221 Vgl OLG Schleswig RIW 2000, 706, 707; Weigand/Haas Art V Rz 15. 222 Vgl Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 77f; MüKo/Gottwald Art V UNÜ Rz 9ff; Weigand/Haas Art V Rz 16ff. 223 Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 78.

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130 Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw des Gebots eines fairen Verfahrens. Nach Art V (1) (b) UNÜ kann die unterlegene Partei rügen, dass sie von der Bestellung der Schiedsrichter oder dem Schiedsverfahren nicht ausreichend informiert war oder sonst ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht geltend machen konnte.224 Soweit eine derartige Verletzung des rechtlichen Gehörs zugleich gegen den ordre public verstößt, ist der Mangel nach Art V (2) (b) UNÜ auch von Amts wegen zu beachten. Ob ein Mangel vorliegt, ist in autonomer Auslegung des Art V (1) (b) UNÜ unter Berücksichtigung des Schiedsverfahrensrechts gemäß Art V (1) (d) UNÜ zu bestimmen.225 Ein Verfahrensverstoß bzw dessen Kausalität wird nur bejaht, wenn die betroffene Partei sonst keine Gelegenheit hatte, ihre Rechte zu wahren.226 Bejaht wurde ein Mangel etwa bei der fehlenden Gelegenheit zur Äußerung vor einer Verlängerung der Entscheidungsfrist für die Schiedsrichter nach Art 18 II ICC-SchVfO227 oder wenn vergessen wurde, der Partei einen Schriftsatz zuzuleiten.228 131 Kompetenzüberschreitungen des Schiedsgerichts sind Versagungsgrund nach Art V (1) (c) UNÜ. Eine solche Kompetenzüberschreitung liegt vor, wenn das Schiedsgericht über einen Streitgegenstand urteilt, der nicht von der Schiedsvereinbarung oder einer nachfolgenden Vereinbarung erfasst ist. Ob die Parteien den Streitgegenstand nur global festlegen müssen oder ob das Schiedsgericht an gestellte Anträge fest gebunden ist oder von sich aus auf Veränderungen des Sachverhalts reagieren kann, richtet sich nach dem anwendbaren Verfahrensrecht.229 Hält sich der Schiedsspruch innerhalb der Grenzen des Schiedsverfahrensrechts (zB durch Zubilligung von Zinsen ohne Antrag), liegt kein Schiedsspruch „ultra petita“ vor.230 132 Die Grenzen der Schiedsabrede überschreitet das Schiedsgericht aber auch, wenn es nach Billigkeit entscheidet, ohne dazu nach dem anwendbaren Verfahrensrecht ermächtigt zu sein.231 Eine Entscheidung nach der lex mercatoria soll nach französischer und österreichischer Ansicht stets zulässig sein, solange sie nicht ausdrücklich untersagt ist232 (s o Rz 66ff). Ob eine Entschei_______________

224 Vgl A. Reiner ZfRV 2003, 52. 225 MüKo/Gottwald Art V UNÜ Rz 13ff; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 28f. 226 Vgl Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 82; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 37, 38. 227 BGHZ 104, 178 = NJW 1988, 3090. 228 OLG Hamburg RIW 1975, 432. 229 Vgl Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 115. 230 Vgl Eberl SchiedsVZ 2003, 109. 231 MüKo/ZPO/Gottwald Art V UNÜ Rz 23; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 48. 232 Cour d’Appel de Paris, Clunet 109 (1982), 931; österr. OGH RIW 1983, 868, 870; vgl Goldman, FS Lalive, 1993, S 241; zum deutschen Recht ebenso Schroeder/ Oppermann ZVglRWiss 99 (2000), 410, 436ff.

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dung nach der lex mercatoria eine Rechtsentscheidung ist, ist nach dem anwendbaren Schiedsverfahrensrecht zu entscheiden. Ist dies das deutsche Recht, so liegt nach hM eine Kompetenzüberschreitung vor, wenn die Parteien das Schiedsgericht nicht ausdrücklich ermächtigt haben, nach der lex mercatoria bzw nach Billigkeit zu entscheiden.233 Eine Überschreitung der Kompetenz liegt auch vor, wenn das Schiedsgericht 133 willkürlich ein anderes als das von den Parteien gewählte materielle Recht anwendet, wenn es nach Festlegung des Verfahrensgegenstandes hiervon abweicht oder eine nach materiellem Recht unzulässige Rechtsfolge anordnet.234 Fehler bei Bildung des Schiedsgerichts oder im Schiedsverfahren sind Versa- 134 gungsgrund nach Art V (1) (d) UNÜ. Maßgeblich und zu beachten ist primär das von den Parteien vereinbarte Verfahrensrecht, auch die Verfahrensordnung eines institutionellen Schiedsgerichts. Inwieweit die Parteien bei ihrer Vereinbarung von zwingenden Normen des vereinbarten staatlichen Schiedsverfahrensrechts abweichen können, ist streitig. Immerhin muss der ordre public des Anerkennungsstaates gewahrt bleiben. Bei Verstoß gegen zwingende Regeln des Sitzstaates kann der Schiedsspruch dort aufgehoben werden, muss aber bis zur Aufhebung in anderen Staaten anerkannt werden.235 In jedem Fall darf die Anerkennung nur versagt werden, wenn ein wesentlicher Verfahrensfehler vorliegt.236 Einwände gegen die Besetzung des Schiedsgerichts können nur erhoben werden, wenn zuvor vor dem Schiedsgericht ein Ablehnungsverfahren nach § 1037 ZPO durchgeführt wurde.237 Nach der in Deutschland hM ist ein völlig anationaler Schiedsspruch nicht 135 anzuerkennen,238 sofern es ihn überhaupt geben kann. Fehlen oder Wegfall der Verbindlichkeit des Schiedsspruchs ist Versagungs- 136 grund nach Art V (1) (e) UNÜ. Ob der Schiedsspruch verbindlich geworden ist, ist nach dem auf ihn anwendbaren Verfahrensrecht nicht autonom zu bestimmen.239 Bei Schiedssprüchen institutioneller Schiedsgerichte ist die Verfahrensordnung des Schiedsgerichts heranzuziehen. Sieht das anwendbare Recht auch die Verbindlichkeit von Zwischenschiedssprüchen vor, ist auch diese anzuerkennen. _______________

233 Triebel/Petzold RIW 1988, 245, 250; Gottwald, FS Nagel, S 54, 64f; W. Lorenz, FS Neumayer, 1985, S 407, 428; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 52. 234 Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 119; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 50, 109. 235 Vgl Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 122. 236 Schwab/Walter, 7. Aufl, Kap 24 Rz 21, Kap 57 Rz 13. 237 OLG Dresden BB 2001, Beil 6, S 18; vgl Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 74. 238 Schwab/Walter, 7. Aufl, Kap 30 Rz 8, Kap 41 Rz 21; MüKo/Gottwald Art V UNÜ Rz 32; Stein/Jonas/Schlosser Anh § 1061 Rz 8; vgl Th. Rensmann, Anationale Schiedssprüche, 1997. 239 Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 126ff; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 78; vgl BayObLG SchiedsVZ 2003, 142; Plaßmeier SchiedsVZ 2004, 234.

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137 Die Möglichkeit einer Aufhebungsklage nimmt dem Schiedsspruch noch nicht seine Verbindlichkeit; aber auch insoweit entscheidet das ausländische Verfahrensrecht.240 Für Frankreich meint Sandrock, dass ein Schiedsspruch, der noch mit „recours en annulation“ (Art 1504 I, 1502, 1501 NCPC) angefochten werden kann oder bereits angefochten worden ist, noch nicht anerkannt und vollstreckt werden kann.241 138 Ist der Schiedsspruch von der zuständigen Behörde242 aufgehoben worden, so ist ihm nach Art V (1) (e) ebenfalls grundsätzlich die Anerkennung zu versagen. Allerdings ist der Meistbegünstigungsgrundsatz des Art VII Abs 1 UNÜ zu beachten. Danach kann sich jede Partei auf das innerstaatliche Recht oder auf Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, berufen (s u Rz 156, 171, 185). Soweit gleichzeitig das Europäische Übereinkommen anwendbar ist, ist die Aufhebung daher nur beachtlich, wenn sie auf einem der in Art IX (1) EuÜ genannten Gründe beruht (Art IX [2] EuÜ). Unbeachtlich ist danach die Aufhebung wegen eines ordre public-Verstoßes. 139 Das Fehlen von objektiver Schiedsfähigkeit des Streitgegenstandes (s o Rz 17ff) ist nach Art V (2) (a) UNÜ von Amts wegen zu beachten. Fehlt die Schiedsfähigkeit nach dem Recht des Anerkennungsstaates, so ist die Anerkennung zu versagen. Das Statut der Schiedsvereinbarung ist nicht mit heranzuziehen.243 Nach deutschem Recht sind alle vermögensrechtlichen Ansprüche schiedsfähig (§ 1030 V 1 ZPO). Schiedsunfähigkeit nach dem auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Recht ist dagegen nach Art V (1) (a) UNÜ nur auf Rüge zu prüfen. 140 Ordre public des Anerkennungsstaates. Bei einem Verstoß des Schiedsspruchs dagegen ist die Anerkennung ebenfalls von Amts wegen zu versagen, Art V (2) (b) UNÜ. Bezieht sich der Verstoß nur auf einen abtrennbaren Teil, so kommt auch eine Teilanerkennung in Betracht.244 Nicht entscheidend ist, ob zwingendes Recht nicht oder falsch angewendet wurde, sondern ob das Ergebnis der Entscheidung noch tragbar ist oder nicht. § 1044 II Nr 2 ZPO aF stellte darauf ab, ob die Anerkennung mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere mit den Grundrechten offensichtlich unvereinbar ist. Die Aufhebung dieser Regel hat insoweit sachlich nichts geändert. Vielmehr ist wie in anderen Ländern zwischen einem ordre public intern (Beachtung jeglicher zwingender Rechtsnorm) und einem ordre public inter_______________

240 Der Eintritt der Verbindlichkeit kann im Rechtsbeschwerdeverfahren beachtet werden, BGH RIW 2001, 538, 539f. 241 Sandrock, FS Trinkner, 1995, S 669, 671ff. 242 Vgl MüKo/Gottwald Art V UNÜ Rz 41; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 82ff. 243 Vgl Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 43; Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 100ff. 244 Vgl österr. OGH IPRax 2006, 496 (dazu Spickhoff, S 522).

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national zu unterscheiden.245 Der Verstoß kann materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art sein. Selbst offensichtliche Rechtsanwendungsfehler sind grundsätzlich nicht als 141 ordre public-Verstoß zu werten.246 Für materielle Rechtsverstöße gelten die allgemeinen zu Art 6 EGBGB entwickelten Grundsätze. Die Anerkennung eines Schiedsspruches, der zur Zahlung von Schmiergeldern im internationalen Handel verurteilt, verstößt gegen den (französischen) ordre public.247 Die Aufhebung eines Schiedsspruchs durch französische Gerichte ist jedoch sehr selten. Eine Studie, die alle diesbezüglichen Urteile der Cour d’appel de Paris zwischen 1981 und 1990 erfasst, zeigt, dass das Gericht 46mal wegen Verstoßes gegen den ordre public angerufen wurde, ein Verstoß jedoch nur in zwei Fällen anerkannt wurde.248 Ein Schiedsspruch, der zu punitive damages verurteilt, verstößt gegen den ordre public, soweit der zuerkannte Betrag nicht mehr als Schadensausgleich (plus Kostenersatz) verstanden werden kann.249 Auch Schiedssprüche, die RICO-Schadenersatzansprüche zuerkennen, verstoßen im gleichen Umfang gegen den deutschen ordre public250 (s o § 11 Rz 177). Der österreichische OGH hat einen Schiedsspruch aufgehoben, weil er zwingendes österreichisches Steuerrecht nicht beachtet hat, was wohl zu weit geht.251 Dagegen hat der EuGH zu Recht entschieden, dass ein Schiedsspruch bei Verstoß gegen zwingendes EG-Kartellrecht (Art 81 EGV) aufzuheben ist.252 Nicht gegen den ordre public verstößt ein Schiedsspruch, der auf die lex mercatoria gestützt ist.253 Ein ausländischer Schiedsspruch gegen eine nicht börsenterminfähige Person ist anzuerkennen, wenn diese konkret nicht aufklärungsbedürftig war.254 Ein Schiedsspruch, der zur Zahlung einer nach Insolvenzrecht anfechtbaren Forderung verurteilt, verstößt nicht gegen den ordre public.255 _______________

245 Vgl Weigand/Haas Art V UNÜ Rz 105f; MüKo/Gottwald Art V UNÜ Rz 50. 246 So in USA: Brandeis Intsel v Calabrian Chemicals, 656 F.Supp. 160 (SDNY 1987); Note, Manifest disregard of the law in international commercial arbitration, Col.J.Transn.L. 28 (1990), 449. 247 Cour d’appel de Paris, Rev.arb. 1994, 359. 248 Gaillard, Droit International 11, Juris Classeur Faxc. 586–10, Nr 88. 249 Vgl K. Stein EuZW 1994, 18; K. Beucher/J. Sandage, US Punitive Damages Award in German Courts, Vanderbilt JTransn.L. 1991, 967. 250 Kühn, FS Glossner, 1994, S 193. 251 Österr. OGH RIW 1999, 789 (mit Anm Seidl-Hohenveldern); krit. Gamauf ZfRV 2000, 41, 45. 252 EuGHE 1999, I-3055 (Eco Swiss China Time v Benetton International) = EuZW 1999, 565 (mit Anm Spiegel) = NJW 1999, 3549; vgl Gamauf ZfRV 2000, 41, 50; Philip, in Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, 527; Eilmansberger SchiedsVZ 2006, 5. 253 Schroeder/Oppermann ZVglRWiss 99 (2000), 410, 434f. 254 BGH WM 1998, 1176, 1177; Häuser/Welter, in: Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl Ergänzungsband, 2001, § 16 Rz 24. 255 BayObLG SchiedsVZ 2004, 319.

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142 An verfahrensrechtlichen Verstößen fallen hierunter nach der deutschen Rspr. Fälle des Fehlens eines wirksamen Schiedsvertrages, die Wahl einer ungehörigen Rechtsordnung, Verletzungen des rechtlichen Gehörs, Fälle der Abhängigkeit des Schiedsrichters256 und der Erlass eines Schiedsspruchs ohne Begründung, sofern dies nicht nach dem vereinbarten Verfahrensrecht zulässig ist. Die Mitwirkung eines Beraters bei der Beratung und Abfassung des Schiedsspruchs hindert danach nicht dessen Anerkennung und Vollstreckung.257 143 Ein Verstoß kann sich aber aus Verstößen gegen Grundanforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren ergeben, zB aus Verstößen gegen die Unabhängigkeit des Schiedsgerichts, die Wirksamkeit des Rechtsschutzes, Gebote rechtlichen Gehörs, Gleichheit der Parteien oder sonstige Anforderungen an ein faires Verfahren.258 Es liegt kein Verstoß gegen Nr 2 vor, wenn es sich um einen Schiedsspruch der Handelskammer eines osteuropäischen Staates handelt.259 Ebenso ist es, wenn die deutsche Partei keinen Deutschen als Schiedsrichter bestellen konnte.260 Kleinere Mängel reichen nicht aus. Das folgt bereits aus dem Wort „offensichtlich“. 144 Verfahrensmängel werden aber nur dann als ordre public-Verstoß gewertet, wenn die betroffene Partei den Mangel weder im schiedsgerichtlichen Verfahren noch durch Rechtsbehelf an das staatliche Gericht des Erststaates in zumutbarer Weise rügen konnte. Ein ordre public-Verstoß liegt also nur vor, wenn Abhilfe nach Sachlage nicht möglich war oder ohne Erfolg versucht worden ist.261 145 Ebenso wie bei inländischen Schiedssprüchen (s o Rz 115) kann die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs durch Berufung auf nachträglich entstandene materielle Einwendungen nicht abgewehrt werden.262 7. Ausländische Schiedsvergleiche 146 Ausländische Schiedsvergleiche können grundsätzlich nicht (mehr) für vollstreckbar erklärt werden. Das neue deutsche Recht sieht den Schiedsver_______________

256 Vgl BGH IPRax 2001, 580 (dazu Sandrock S 550). 257 BGHZ 110, 104 = RIW 1990, 493 = IPRax 1991, 245 (dazu Schlosser S 218); BGHZ 98, 70, 73 = NJW 1986, 3027. 258 Baur, FS Guldener 1973, S 1; Marx, Der verfahrensrechtliche ordre public, S 84ff; Wunderer, Der deutsche „ordre public d’arbitrage international“, 1993, S 68ff, 167ff, 259ff. 259 BGHZ 52, 184 = RIW/AWD 1969, 328 = WM 1969, 945. 260 BGHZ 55, 162 = RIW/AWD 1971, 235 (Pfaff) = WM 1971, 387; OLG Hamm RIW 1994, 1052/53. 261 BGH (1.2.2001 III ZR 332/99) EuLF 2000/01, 367 = IPRax 2001, 580 (dazu Sandrock S 550) = EWiR Art 5 UNÜ 1/01 (Kröll). 262 AA Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl, § 1061 Rz 21; Baumbach/Lauterbach/Albers, 64. Aufl, § 1061 Rz 4 mit § 1060 Rz 9, 10.

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gleich nicht mehr als Titel vor, sondern ist zum Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt in § 1053 ZPO übergegangen.263 Ein Verfahren für die Vollstreckbarerklärung von Schiedsvergleichen ist nicht mehr vorgesehen. Grundsätzlich kann daher ein ausländischer Schiedsvergleich nicht für vollstreckbar erklärt werden; die begünstigte Partei kann nur im Inland auf Leistung aus dem Vergleich klagen.264 Eine Ausnahme gilt nur insoweit, als bilaterale Verträge Schiedsvergleiche 147 Schiedssprüchen gleichstellen. In diesem Fall sind sie in Deutschland wie Schiedssprüche zu vollstrecken. Diese Gleichstellung findet sich in Art 9 III deutsch-schweizerisches Abkommen, Art 8 III deutsch-italienisches Abkommen, Art 13 II deutsch-belgisches Abkommen, Art 12 deutsch-österreichischer Vertrag, Art 14 deutsch-griechischer Vertrag und Art 52 II deutschtunesischer Vertrag. Folgeänderungen der deutschen Ausführungsgesetze zu diesen Verträgen ändern sämtlich nichts an der Möglichkeit der Vollstreckbarerklärung der Schiedsvergleiche. 8. Doppelexequatur des Schiedsspruch-Exequatururteils Der BGH hat 1984 entschieden, dass ein ausländisches Exequatururteil, das 148 einen Schiedsspruch bestätigt, im Inland für vollstreckbar erklärt werden kann.265 Zur Begründung hat der BGH ausgeführt, der ausländische Schiedsspruch sei einem Urteil nicht voll gleichzustellen und gehe zudem nach USamerikanischer merger-Doktrin in dem Exequatururteil voll auf.266 Gleichzeitig hat er freilich entschieden, dass diese (angebliche) merger-Wirkung die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs selbst nicht ausschließe.267 Beides passt nicht recht zusammen. Zudem besteht auch keine Notwendigkeit, dem Gläubiger auf diese Weise zwei Titel zur Verfügung zu stellen.268

VIII. Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht 1. Das New Yorker UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (UNÜ) Schrifttum: A. J. van den Berg, The New York Arbitration Convention of 1958, 1981; 149 ders, Consolidated Commentary New York Convention, YBCA 16 (1991), 463; _______________

263 Vgl Gottwald, Symposium für Schlosser, 2001, S 31; Mankowski ZZP 114 (2001), 37. 264 Schwab/Walter, 7. Aufl, Kap 30 Rz 41. 265 BGH NJW 1984, 2765 = IPRax 1985, 157 (dazu Schlosser S 151) = RIW 1984, 557 (m Anm Schütze S 734). 266 Ablehn Dolinar, FS Schütze, S 187. 267 BGH NJW 1984, 2763 = IPRax 1985, 158 (dazu Schlosser S 151) = RIW 1984, 644 (Mezger). 268 Krit Schütze ZVglRWiss 104 (2005), 427, 440f.

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Bredow, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd II, Nr 714 (Stand 1991); Gottwald, Münchener Kommentar zur ZPO, Bd 3, 2. Aufl 2001, Schlussanh Nr 5a, S 2440; Haas, in: Weigand, Practitioner’s Handbook on International Commercial Arbitration (Part 3), 2002; Heß, Sportschiedsgerichte im Lichte der New Yorker Konvention, ZZPInt 3 (1998), 457.

150 Das UN-Übereinkommen ist die wichtigste Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. Es vereinheitlicht die Regeln über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche und hat inzwischen fast weltweite Bedeutung. Es gilt im Verhältnis von Deutschland zu Ägypten, Afghanistan (28.2.2005), Albanien (25.9.2001), Algerien, Antigua und Barbuda, Argentinien, Armenien (seit 29.12.1997), Aserbaidschan (seit. 29.5.2000), Australien, Bahrain, Bangladesch, Barbados, Belgien, Belize, Benin, Bolivien, Bosnien-Herzegowina, Botswana, Brasilien (5.9.2000), Brunei Darussalam, Bulgarien, Burkina Faso, Chile, China (einschl Macau), Costa Rica, Dänemark, Dominica, Dominikanische Republik (seit 10.7.2002), Dschibuti, Ecuador, Elfenbeinküste, El Salvador (seit 26.2.1998), Estland, Finnland, Frankreich, Georgien, Ghana, Griechenland, Guatemala, Guinea, Haiti, Honduras (seit 1.1.2001), Hongkong, Indien, Indonesien, Iran (seit 13.1.2002), Irland, Island (seit 24.2.2002), Israel, Italien, Jamaica (seit 25.9.2002), Japan, Jersey (seit 26.8.2002), Jordanien, Jugoslawien,269 Kambodscha, Kamerun, Kanada, Kasachstan (seit 18.2.1996), Katar (seit 30.3.2003), Kenia, Kirgisistan (seit. 18.3.1997), Kolumbien, Korea (Republik), Kroatien, Kuba, Kuwait, Laos (seit 15.9.1998), Lesotho, Lettland, Libanon (seit 9.11.1998), Liberia (seit 15.12.2005), Litauen, Luxemburg, Madagaskar, Malaysia, Mali, Malta (seit. 20.9.2000), Marokko, Mauretanien (seit 30.4.1997), Mauritius (seit 17.9.1996), Mazedonien, Mexiko, Moldau (seit 17.12.1998), Monaco, Mongolei, Mosambik (seit 9.9.1998), Nepal (seit 4.3.1998), Neuseeland, Nicaragua (seit 23.12.2003), Niederlande, Niger, Nigeria, Norwegen, Österreich, Oman (seit 26.5.1999), Pakistan (seit 12.10.2005), Panama, Paraguay (seit 5.10.1997), Peru, Philippinen, Polen, Portugal (einschl. Macau), Rumänien, Russland, Sambia (seit 12.6.2002), San Marino, St. Vincent und die Grenadinen (seit 11.12.2000), Saudi Arabien, Schweden, Schweiz, Senegal, Singapur, Slowakei, Slowenien, Spanien, Sri Lanka, Südafrika, Surinam, Syrien, Tansania, Thailand, Trinidad und Tobago, Tschechien, Türkei, Tunesien, Uganda, Ukraine, Ungarn, Uruguay, USA, Usbekistan, Vatikan, Venezuela, Vereinigtes Königreich, Vietnam, Weißrussland, Zentralafrikanische Republik, Zimbabwe, Zypern. 151 Nach Art I (1) Satz 1 ist das UN-Übereinkommen auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen270 anzuwenden, die in Rechtstreitigkeiten zwischen natürlichen oder juristischen Personen in dem Hoheitsgebiet _______________

269 Vgl OLG Hamm RIW 1997, 962. 270 Zu den Anforderungen s Weigand/Haas Art I Rz 46ff.

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eines anderen Staates als desjenigen ergangen sind, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird. Wie bei dem Genfer Abkommen wird auf das Territorium als entscheidendes Kriterium abgestellt.271 Satz 2 desselben Absatzes wendet sich an die Vertreter, die von dem ausländischen Verfahrensrecht ausgehen, um den Schiedsspruch als ausländischen zu qualifizieren. Das UN-Übereinkommen ist nämlich auch auf solche Schiedssprüche anzuwenden, die in dem Anerkennungsstaat nicht als inländische anzusehen sind. Da Deutschland inzwischen ganz zur Sitztheorie übergegangen ist, sind alle hier ergangenen Schiedssprüche unabhängig vom angewandten Verfahrensrecht als inländisch anzusehen.272 Art I (1) S 2 ist in Deutschland daher nunmehr ohne Bedeutung. Zweifelhaft ist, ob es anationale Schiedssprüche (sog floating awards) gibt 152 und ob das UNÜ auf sie anwendbar ist. Solange der Sitz des Schiedsgerichts bestimmbar ist, ist der Schiedsspruch aber der Rechtsordnung des Sitzstaats zuzuordnen, unabhängig davon, ob die Parteien sich auf diese Rechtsordnung verständigt haben, und unabhängig davon, ob die Rechtsordnung des Sitzstaates eine Aufhebung „internationaler“ Schiedssprüche vorsieht.273 Nach Art I (3) UNÜ kann jeder Vertragsstaat auf der Grundlage der Gegen- 153 seitigkeit erklären, dass er das Übereinkommen nur auf solche Schiedssprüche anwenden werde, die in dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates ergangen sind. Von dieser Möglichkeit hatte Deutschland zunächst Gebrauch gemacht, den Vorbehalt aber im Anschluss an den SchiedsVfG 1997 zurückgenommen.274 Überdies kann jeder Vertragsstaat den Vorbehalt machen, dass er nur solche 154 Schiedssprüche anerkennen werde, die auf Streitigkeiten beruhen, welche nach seinem innerstaatlichen Recht als Handelssachen angesehen werden. Art VII UNÜ sieht für das Verhältnis des UN-Übereinkommens zu anderen 155 die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen betreffenden Verträgen das Meistbegünstigungsprinzip vor. Nach Abs 1 bleibt die Gültigkeit mehrseitiger oder zweiseitiger Verträge unberührt und wird keiner beteiligten Partei das Recht genommen, sich auf einen Schiedsspruch nach Maßgabe des innerstaatlichen Rechts oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, zu berufen.275 Dabei wird ausdrücklich abgestellt auf Verträge, die die Vertragsstaaten vor dem In-Kraft-Treten des UN-Übereinkommens geschlossen haben. Dieser Meistbegünstigungsgrundsatz wirkt sich im Anwendungsbereich von Art II UNÜ,276 aber auch von Art IX EuÜ aus (s u _______________

271 272 273 274 275 276

Weigand/Haas Art I Rz 3ff; MüKo/Gottwald Art I UNÜ Rz 9, 15. MüKo/Gottwald Art I UNÜ Rz 14. Vgl Weigand/Haas Art I UNÜ Rz 26ff. BGBl 1999 II, 7. BGH IPRax 2006, 266 (dazu Geimer S 233); OLG Hamm RIW 1994, 1052/53. BGH IPRax 2006, 266 (dazu Geimer S 233).

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Rz 170f). In Frankreich ist die Aufhebung eines ausländischen oder internationalen Schiedsspruchs nach Art 1502 NCPC grundsätzlich irrelevant.277 Die Anerkennung eines aufgehobenen Schiedsspruchs verstößt nicht gegen den ordre public.278 Auch in den USA kann ein im Heimatstaat aufgehobener Schiedsspruch weiterhin vollstreckt werden.279 In Deutschland sind die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung günstiger. Deshalb bedarf es hier keiner Vorlage der Schiedsvereinbarung und keiner Übersetzung des Schiedsspruchs.280 2. Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (EuÜ) 156 Schrifttum: Glossner, 40 Jahre Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, RIW 2001, Heft 5 (Die erste Seite); Klein, Das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, ZZP 76 (1963), 342; Mezger, Das Europäische Übereinkommen über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit, RabelsZ 1965, 231ff; H. Moller, Der Vorrang des Übereinkommens über Schiedsgerichtsbarkeit vor dem Europäischen Übereinkommen über Handelsschiedsgerichtsbarkeit, EWS 1996, 297; MüKo/Gottwald, ZPO, Bd 3, 2. Aufl 2001, Schlussanhang Nr 6b, S 2479.

157 Das Europäische Übereinkommen gilt im Verhältnis von Deutschland zu folgenden Staaten: Albanien (25.9.2001), Aserbaidschan (17.4.2005), Belgien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Burkina Faso, Dänemark, Frankreich, Italien, (ehem) Jugoslawien, Kasachstan (seit 18.2.1996), Kroatien, Kuba, Lettland (seit 18.6.2003), Luxemburg, Mazedonien, Moldau (seit 3.6.1998), Österreich, Polen, Rumänien, Russland, Serbien-Montenegro, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn, Weißrussland. 158 Im Gegensatz zu dem Genfer Abkommen und dem UN-Übereinkommen geht das Europäische Übereinkommen von dem Schiedsvertrag aus. Damit soll die Anerkennung und Vollstreckung aller Schiedssprüche, die auf einem solchen Schiedsvertrag beruhen, innerhalb der Vertragsstaaten gewährleistet werden.281 Trotz seiner Bezeichnung ist dieses Übereinkommen nicht auf die europäischen Staaten begrenzt, sondern für alle Staaten offen.282 Sein Hauptanliegen geht dahin, die Mitwirkung staatlicher Gerichte oder Behörden zu _______________

277 Cour de Cass., Rev.arb. 1994, 327 (Hilmarton) (dazu Besson/Pittet Bull ASA 1998, 498); Cour de Cass., Rev.arb. 1997, 395 (Chromalloy); Bajons Croat.Arb.Yearb. 7 (2000), 55; krit. Sandrock, FS H. Stoll, 2001, S 661, 684ff. 278 Cour de Cass., Rev.arb. 1994, 327; vgl Gaillard JDI 125 (1998), 645. 279 Weinacht ZVglRWiss 98 (1999), 139, 151ff; vgl Giardina, Liber amicorum Böckstiegel, S 205; R. Mosk/R. Nelson JIntArb 18 (4) (2001), 463; D. Freyer JIntArb 17 (2) (1999), 2; Erecinski JPS 3 (1989), 14. 280 BGH IDR 2004, 42 (Gebhardt). 281 Schlosser Rz 76. 282 Mezger RabelsZ 1965, 289.

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beschränken. Damit sollte es vornehmlich auf die Bedürfnisse des Ost-WestHandels zugeschnitten werden.283 Art II betont deswegen, dass juristische Personen, die nach dem für sie maßgebenden Recht juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, Schiedsvereinbarungen schließen können. Schiedsvereinbarungen, auf die das Europäische Übereinkommen anzuwen- 159 den ist, setzen zweierlei voraus: Sie müssen von natürlichen oder juristischen Personen geschlossen werden, die bei Abschluss der Vereinbarung ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Die Schiedsvereinbarung muss sich beziehen auf die Regelung von bereits entstandenen oder künftig entstehenden Streitigkeiten aus internationalen Handelsgeschäften. Der Begriff ist nicht festgelegt worden. Ein internationales Handelsgeschäft liegt grundsätzlich vor, wenn Leistungen über Staatsgrenzen hinweg erbracht werden sollen. Das EuÜ findet aber auch Anwendung, wenn zwischen Parteien verschiedener Vertragsstaaten ein Handelsgeschäft über eine in einem Drittland zu erbringende Leistung abgeschlossen wird. Bei dem internationalen Handelsgeschäft wird nicht auf die Kaufmanns- 160 eigenschaft der handelnden Personen abgestellt, denn an die Personen werden keine anderen Voraussetzungen geknüpft, als dass sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben müssen. Ein internationales Handelsgeschäft kann vorliegen, wenn die Ware die Staatsgrenze überschreitet, wenn der Verkäufer an einem Ort im Ausland erfüllen muss, wenn der Käufer in fremder Währung zahlen muss, wenn die Parteien sich ausländischem materiellen Recht unterwerfen.284 Der Begriff des „internationalen Handelsgeschäfts“ ist weit auszulegen, sofern die vertragsschließenden Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben. Es versteht sich von selbst, dass dieser Begriff nicht im Sinne einer nationalen Gesetzgebung zu verstehen ist.285 Hinsichtlich der Form der Schiedsvereinbarung überschreitet Art I (2) (a) die 161 Grenzen des UNÜ ganz erheblich. Die Schiedsabrede oder Klausel kann von den Parteien unterzeichnet sein. Es genügt, wenn sie in Briefen, Telegram_______________

283 Mezger RabelsZ 1965, 234; Stein/Jonas/Schlosser Anh § 1061 Rz 163ff. 284 Mezger RabelsZ 1965, 240, spricht von einem Rechtsverhältnis, das mit verschiedenen Ländern verknüpft ist, und erwähnt dabei die Verbringung von Waren, Anlagemitteln, Kapitalgütern oder Dienstleistungen von einem Land in das andere; Schlosser Rz 78, erwähnt darüber hinaus ua Lizenzverträge, gemeinsame wissenschaftliche oder technologische Forschungs- und Entwicklungsverträge, Verlagsverträge, Verträge über künstlerische Leistungen – wie internationale Tourneen, Rundfunk- und Fernsehübertragungen, Verträge über Film- und Schallplattenproduktion, Handelsvertreter- und Kommissionsverträge. 285 So zu Recht Stein/Jonas/Schlosser Anh § 1061 Rz 167; v Hoffmann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 1970, 49.

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men oder Fernschreiben, die gewechselt worden sind, enthalten ist. Hierbei handelt es sich um ein Problem des Beweisrechts. Im Verhältnis zu den Staaten, die in ihrem Recht für Schiedsvereinbarungen nicht die Schriftform fordern, genügt jede Vereinbarung, die in den nach diesen Rechtsordnungen zulässigen Formen geschlossen ist. Im Gegensatz zum UNÜ lässt also das Europäische Übereinkommen mündlich nach § 1027 II ZPO geschlossene Schiedsvereinbarungen zu. Es ist zweifelhaft, ob dies ein echter Fortschritt ist, denn eine mündliche Schiedsvereinbarung bringt ein erhebliches Beweisrisiko mit sich. 162 Nach Art III EuÜ können auch Ausländer zu Schiedsrichtern bestellt werden. Die Regelung ist heute praktisch ohne Bedeutung, da entgegenstehendes einzelstaatliches Recht nicht mehr besteht. Art III EuÜ hindert aber nicht, dass die Verfahrensordnungen institutioneller Schiedsgerichte abweichende Regelungen enthalten.286 163 Nach Art IV haben die Parteien die Wahl zwischen einem ständigen und einem ad-hoc Schiedsgericht. Im ersten Fall wird das Verfahren nach der Schiedsgerichtsordnung des ständigen Schiedsgerichts bestimmt. Für den zweiten Fall sieht Art IV ein umständliches Verfahren vor, bei dem die Mitwirkung der staatlichen Gerichte bei der Bildung des Schiedsgerichts, der Festlegung des Ortes, wo das Schiedsgericht tagen soll, und bei der Bestimmung der Verfahrensregeln ausgeschaltet und den Präsidenten der Handelskammern bzw einem besonderen Komitee übertragen werden. Immerhin ist beachtenswert, dass den Präsidenten der Handelskammern der Vertragsstaaten ein besonderes Vertrauen entgegengebracht wird. Es kann aber bezweifelt werden, ob damit der nationalstaatliche Einfluss ausgeräumt worden ist. 164 Die Zusammensetzung der Komitees und das Verfahren zu deren Bildung ergibt sich aus der Anlage zu dem Europäischen Übereinkommen. Selbstverständlich bleibt es den Parteien überlassen, alle Fragen hinsichtlich der Bildung des Schiedsgerichts, des Tagungsortes, des anzuwendenden Verfahrensrechts selbst zu regeln. Die Lösung des Europäischen Übereinkommens für ad hoc Schiedsgerichte ist harter Kritik ausgesetzt.287 165 Nach Art V müssen Einreden gegen die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts grundsätzlich bereits mit der Einlassung zur Hauptsache vorgebracht werden. Im späteren Verfahren vor dem Schiedsgericht kann die Unzuständigkeit grundsätzlich nicht mehr gerügt werden. Auch in einem späteren Verfahren vor dem staatlichen Gericht kann die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts nicht mehr erhoben werden. Das staatliche Gericht _______________

286 Stein/Jonas/Schlosser, Anh § 1061 Rz 177. 287 Mezger RabelsZ 1965, 254, klagt über den viel zu langen Art IV; Stein/Jonas/ Schlosser Anh § 1061 Rz 178, hält das System der Hilfestellungen für sehr kompliziert.

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kann jedoch die Entscheidung des Schiedsgerichts, in der die Einrede der Verspätung verworfen worden ist, überprüfen. Art V (3) gibt dem Schiedsgericht die Kompetenz-Kompetenz, dh über das 166 Bestehen oder die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung zu entscheiden. Diese ist dem Schiedsgericht jedoch – wie im deutschen Recht – nur vorbehaltlich einer Überprüfung durch das staatliche Gericht erteilt. Insoweit handelt es sich nicht um eine echte Kompetenz-Kompetenz.288 Art VI regelt die Fälle, wenn vor einem staatlichen Gericht die Einrede der 167 Zuständigkeit eines Schiedsgerichts erhoben wird, und wenn das Gericht eines Vertragsstaates über das Bestehen oder die Gültigkeit einer Schiedsvereinbarung zu entscheiden hat. Die Schiedsfähigkeit der Parteien hat es nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, zu beurteilen. Sonstige Fragen werden beurteilt: a) nach dem Recht, dem die Parteien die Schiedsvereinbarung unterstellt haben; b) falls die Parteien darüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Staates, in dem der Schiedsspruch ergehen soll; c) falls die Parteien darüber nichts bestimmt haben, welchem Recht die Schiedsvereinbarung unterstellt wird, und falls im Zeitpunkt, in dem das staatliche Gericht mit der Frage befasst wird, nicht vorausgesehen werden kann, in welchem Staat der Schiedsspruch ergehen wird, nach dem Recht, welches das angerufene Gericht nach seinen Kollisionsnormen anzuwenden hat. Das angerufene Gericht kann einer Schiedsvereinbarung die Anerkennung versagen, wenn die Streitigkeit nach seinem Recht nicht schiedsfähig ist. Nach Art VII steht es den Parteien frei, das materielle Recht zu bestimmen, 168 welches das Schiedsgericht anwenden soll. Haben die Parteien nichts vereinbart, so hat das Schiedsgericht das Recht anzuwenden, auf das die Kollisionsnormen hinweisen, von denen auszugehen das Schiedsgericht jeweils für richtig erachtet. Die Bestimmungen des Vertrages und die Handelsbräuche müssen dabei berücksichtigt werden. Das Schiedsgericht kann nach Billigkeit entscheiden, wenn dies dem Willen 169 der Parteien entspricht und wenn das für das schiedsrichterliche Verfahren maßgebende Recht es gestattet (Art VII [2]). International ist streitig, ob ein Schiedsspruch ohne besondere Ermächtigung primär unter Berufung auf internationale Handelsbräuche gefällt werden kann. In Frankreich und England wird eine solche Anwendung der „lex mercatoria“ losgelöst von jeder sonstigen nationalen Rechtsordnung akzep_______________

288 Vgl BGH, Urt vom 26.5.1988, JZ 1989, 201 Anm von W. Bosch.

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tiert.289 In Deutschland ist man dagegen überwiegend der Ansicht, dass die lex mercatoria keine eigenständige Rechtsquelle bildet und ein Schiedsspruch, der Handelsbräuche nicht nur „berücksichtigt“, sondern isoliert auf sie abstellt, auf einem Verfahrensfehler beruht, wenn die Parteien das Schiedsgericht dazu nicht besonders ermächtigt haben.290 170 Art VII stellt eine Vermutung dafür auf, dass die Parteien die Begründung des Schiedsspruches verlangen, es sei denn, dass die Parteien ausdrücklich auf eine Begründung verzichten, oder dass sie sich einem schiedsrichterlichen Verfahren unterworfen haben, wonach es nicht üblich ist, Schiedssprüche zu begründen.291 Hierdurch soll offenbar auf die englische Übung Rücksicht genommen werden. Wenn danach Schiedssprüche nicht begründet werden, so mag dies ua darauf beruhen, dass die Schiedsrichter nach englischem Recht in besonderem Maße durch die staatlichen Gerichte überwacht werden.292 Insb können die Schiedsrichter über Rechtsfragen, auch über die der Zuständigkeit des Schiedsgerichts, die Entscheidung des staatlichen Gerichts einholen. 171 Da nach der Grundkonzeption des Europäischen Übereinkommens alle Schiedssprüche unter den Vertragsstaaten anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden sollen, ist die Anerkennung und Vollstreckung indirekt geregelt. Sie ergibt sich unter Berücksichtigung der vorstehend erörterten Artikel, insb aus Art IX. Wird ein unter dieses Übereinkommen fallender Schiedsspruch im Ursprungsland aufgehoben, so bildet dies in einem anderen Vertragsstaat nur dann einen Grund, die Anerkennung und Vollstreckung zu versagen, wenn die Aufhebung in dem Staat, in dem oder nach dessen Recht der Schiedsspruch ergangen ist, ausgesprochen worden ist, und wenn sie auf einem der folgenden Gründe beruht: dabei werden unter a) bis d) dieselben Gründe aufgeführt, die in Art V (1) unter a) bis d) des UNÜ genannt sind (s o Rz 121ff). Dabei hat lediglich unter d) auf die Ausschaltung der nationalen Gesetzgebung Rücksicht genommen werden müssen. Eine Aufhebung aus Gründen des nationalen ordre public des Ursprungslandes ist danach irrelevant.293 172 In Art IX (2) wird auf das UNÜ Bezug genommen. Für Staaten, die sowohl Vertragsstaaten des UNÜ als auch des Europäischen Übereinkommens sind, hat Art IX (1) die Wirkung, die Anwendung des Art V (1) (e) UNÜ auf die Aufhebungsgründe zu beschränken, die in Abs 1 dieses Artikels aufgezählt sind. Es ist danach möglich, dass Schiedssprüche, die in ihrem Ursprungs_______________

289 Vgl Deutsche Schachtbau v Rakoil [1987] 2 AllER 760 (H.L.); Kappus IPRax 1990, 133. 290 Lorenz, FS Neumayer, 1985, S 407, 428; MüKo/Gottwald Art VII EuÜ Rz 11f; s o Rz 110f. 291 Mezger RabelsZ 1965, 282, hat diese Bestimmung scharf kritisiert. 292 Klein, Considérations, 134. 293 Vgl OGH IPRax 2000, 314 (dazu Reiner S 323).

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land aus anderen als in Art IX (1) (a) bis (d) aufgeführten Gründen aufgehoben worden sind, in einem anderen Vertragsstaat anerkannt und vollstreckt werden können.294 Haben sowohl der Ursprungsstaat als auch der Anerkennungsstaat das UN- 173 Übereinkommen und das Europäische Übereinkommen ratifiziert, so kann wegen der Versagungsgründe für die Anerkennung auf Art V UNÜ zurückgegriffen werden. Ein solcher Rückgriff ist nicht möglich, wenn beide Staaten lediglich Vertragsstaaten des Europäischen Übereinkommens sind, denn dann müsste der Schiedsspruch in seinem Ursprungsland zunächst aufgehoben sein. Ist dies nicht der Fall, so ist zu prüfen, ob aus den übrigen Artikeln des Europäischen Übereinkommens ein Versagungsgrund hergeleitet werden kann. Ist das auch nicht der Fall, so könnte die Anerkennung und Vollstreckung aus dem Schiedsspruch dennoch versagt werden, wenn dieser gegen die öffentliche Ordnung des Anerkennungsstaates verstieße.295 Das Verhältnis des Europäischen Übereinkommens zu anderen mehr- oder 174 zweiseitigen Verträgen regelt Art X (7). Danach lassen die Bestimmungen dieses Übereinkommens die Gültigkeit mehrseitiger oder zweiseitiger Verträge, welche die Vertragsstaaten auf dem Gebiete der Schiedsgerichtsbarkeit geschlossen haben oder noch schließen werden, unberührt.296 Im Gegensatz zum UN-Übereinkommen erfasst das Europäische Übereinkommen auch zukünftige Verträge. Schlosser297 erklärt diese Ausnahme damit, dass dieses Übereinkommen nur einen ganz beschränkten Teilausschnitt aus dem Recht der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit regelt. Dieser Ansicht vermögen wir nicht zu folgen, denn das Europäische Übereinkommen hat eine möglichst weite Basis für die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen unter den Vertragsstaaten schaffen wollen. Es ist Schlosser aber darin zuzustimmen, dass das Europäische Übereinkommen die Vertragsstaaten nicht daran hindern will, mit dritten Staaten oder in anderen multinationalen Vereinbarungen eine umfassendere Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zu schaffen. Das Pariser Zusatzabkommen zu dem Europäischen Übereinkommen vom 175 17.12.1962298 wurde abgeschlossen, weil sich das Europäische Übereinkommen in mancher Hinsicht als zu schwerfällig für westlichorientierte Staaten erwies.299 Danach sind die Absätze 2 bis 7 des Art IV des Europäischen Übereinkommens durch folgende Vorschrift ersetzt worden: _______________

294 Mezger RabelsZ 1965, 296; Schlosser Rz 665 spricht insoweit von hinkenden Schiedssprüchen. 295 So zu Recht Klein ZZP 76 (1963), 342; über das Zusammenwirken des UN- und des Europäischen Übereinkommens im Einzelnen vgl Schlosser Rz 97. 296 Vgl H. Moller EWS 1996, 297. 297 Recht der privaten internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, Rz 97. 298 BGBl 1964 II, 449. 299 Stein/Jonas/Schlosser Anh § 1061 Rz 206.

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Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

„Enthält die Schiedsvereinbarung keine Angaben über die Gesamtheit oder einen Teil der in Art IV (1) bezeichneten Maßnahmen, so werden die bei der Bildung oder der Tätigkeit des Schiedsgerichts etwa entstehenden Schwierigkeiten auf Antrag einer Partei durch das zuständige staatliche Gericht behoben.“

Dieses Abkommen gilt für Deutschland im Verhältnis zu Belgien, Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg und Österreich. 3. Genfer Protokoll und Genfer Abkommen 176 Nach Art VII (2) UNÜ treten das Genfer Protokoll und das Genfer Abkommen zwischen den Vertragsstaaten des UNÜ außer Kraft. Beide Abkommen haben nur noch einen ganz geringen Anwendungsbereich. Das Genfer Protokoll gilt noch im Verhältnis zu den Bahamas, Irak, Mauritius und Myanmar (Birma). Das Genfer Abkommen gilt noch im Verhältnis zu Anguilla, den Bahamas und Myanmar (Birma). Da Deutschland den Gegenseitigkeitsvorbehalt für das UNÜ aufgegeben hat (§ 1061 I ZPO), ist das UNÜ zudem auch gegenüber Schiedssprüchen aus den angegebenen Staaten anzuwenden, sofern GP oder GA nicht im Einzelfall anerkennungsfreundlicher sind.300 177 Das Genfer Protokoll vom 24.9.1923 über die Schiedsklauseln (GP) behandelt die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nicht. Gemäß Art 3 übernehmen die Vertragsstaaten eine Mitwirkung bei der Vollstreckung nur für solche Schiedssprüche, die innerhalb ihres Staatsgebietes erlassen sind, also lediglich für inländische, sofern man dabei auf das Territorium als entscheidendes Kriterium abstellt.301 Die Bedeutung des Art 3 GP liegt darin, dass Schiedssprüche auch dann anzuerkennen sind, wenn sie auf Schiedsverträgen über künftige Streitigkeiten (clause compromissoire) beruhen.302 Damit sollte erreicht werden, dass Schiedsabreden in einem großzügigeren Rahmen anerkannt würden, wenn Staaten wie früher Italien nach dem (1995 aufgehobenen) Art 2 cprc im Interesse ihrer eigenen Staatsangehörigen eine Derogation der italienischen Gerichte nur unter Einschränkungen zuließen. Über die Bezeichnung „Personen, die der Gerichtsbarkeit der vertragschließenden Staaten unterworfen sind“ aus Art 1 sind unterschiedliche Auffassungen vertreten worden. Die hM stellt auf den Gerichtsstand der Parteien in verschiedenen Vertragsstaaten ab.303 Das Genfer Protokoll hat insofern _______________

300 301 302 303

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Stein/Jonas/Schlosser Anh § 1061 Rz 229. Mezger RabelsZ 1959, 222. Schwab/Walter, 6. Aufl, Kap 44 Rz 6. Schlosser Rz 51.

Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht

§ 16

eine weitere Bedeutung, als das Genfer Abkommen in Art 1 darauf Bezug nimmt. Das Genfer Abkommen vom 26.9.1927 zur Vollstreckung ausländischer 178 Schiedssprüche (GA) ist eng mit dem Genfer Protokoll verbunden. Es können nur solche Schiedssprüche anerkannt und vollstreckt werden, die auf einer gemäß dem Genfer Protokoll anzuerkennenden Schiedsvereinbarung beruhen. Der Schiedsspruch muss zwischen Personen, die der Gerichtsbarkeit eines der Vertragsstaaten unterstehen, und in dem Gebiet eines der Vertragsstaaten ergangen sein. Die nach dem Genfer Protokoll anzuerkennenden Schiedsvereinbarungen und die nach dem Genfer Abkommen anzuerkennenden und für vollstreckbar zu erklärenden Schiedssprüche decken sich also nicht. Eine Schiedsvereinbarung kann anzuerkennen sein, ein darauf beruhender Schiedsspruch jedoch nicht, wenn er nicht in dem Gebiet eines der Vertragsstaaten ergangen ist. Es sollte kein Zweifel darüber bestehen, dass das Genfer Abkommen nur für ausländische Schiedssprüche gilt. Ist also ein Schiedsspruch außerhalb des Gebietes von Deutschland ergangen, unterliegt er aber deutschem Verfahrensrecht, so handelt es sich nach deutschem Recht um einen inländischen Schiedsspruch, auf den das Genfer Abkommen nicht anzuwenden ist.304 Art 1 II schreibt die weiteren Voraussetzungen der Anerkennung und Voll- 179 streckung vor: a) Der Schiedsspruch muss aufgrund einer Schiedsabrede oder Klausel, die nach dem auf sie anwendbaren Recht gültig ist, ergangen sein; b) der Gegenstand des Schiedsspruchs muss nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, schiedsfähig sein; c) der Schiedsspruch muss von dem in der Schiedsabrede vorgesehenen Schiedsgericht gefällt worden sein; d) es muss sich um einen endgültigen Schiedsspruch handeln, wobei die Endgültigkeit negativ definiert wird; e) die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs darf nicht der öffentlichen Ordnung oder den Grundsätzen des öffentlichen Rechts des Landes, in dem er geltend gemacht wird, widersprechen.305

_______________

304 Vgl dazu Schlosser Rz 629. 305 Vgl Greminger, Die Genfer Abkommen von 1923 und 1927 über die internationale private Schiedsgerichtsbarkeit, 1975; Mezger RabelsZ 1959, 238, sieht in den Voraussetzungen von a) und b) eine bedenkliche Kumulierung hinsichtlich der Schiedsfähigkeit einer Streitsache, die sich in der Praxis ungünstig auswirken müsste.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

180 Daneben stellt Art 2 eine Reihe von Versagungsgründen auf, wenn der Richter feststellt, dass a) der Schiedsspruch in seinem Ursprungsland für nichtig erklärt worden ist; b) wenn die Partei, gegen die der Schiedsspruch geltend gemacht wird, nicht rechtzeitig Kenntnis von dem Verfahren erlangt hat, um sich hinreichend verteidigen zu können, oder dass sie im Fall der Prozessunfähigkeit nicht ordnungsgemäß vertreten war; c) dass der Schiedsspruch sich nicht innerhalb der Grenzen der Schiedsabrede oder der Klausel gehalten hat.306 181 Hat das Schiedsgericht nicht über alle ihm unterbreiteten Fragen entschieden, so kann nach Art 2 II die Anerkennung und Vollstreckung ausgesetzt oder von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden. Darüber hinaus gibt Art 3 dem Anerkennungsrichter die Möglichkeit, die Anerkennung und Vollstreckung nach seinem Ermessen zu versagen oder auszusetzen, wenn die durch den Schiedsspruch benachteiligte Partei dartut, dass sie aus anderen als in Art 1 oder 2 genannten Gründen berechtigt sei, den Schiedsspruch gerichtlich anzufechten. 182 Nach Art 5 schließen die Bestimmungen der vorangehenden Artikel nicht aus, „dass eine Partei von einem Schiedsspruch nach Maßgabe der Gesetzgebung oder der Verträge des Landes, in dem er geltend gemacht wird, Gebrauch macht“. Wer an einer Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs in Deutschland interessiert ist, kann sich danach die für ihn günstigste Möglichkeit aussuchen.307 4. Das Weltbank-Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten vom 28.3.1965308 183 Schrifttum: E. Baldwin/M. Kantor/M. Nolan, Limits to enforcement of ICSID awards, JIntArb 23 (2006) (1), 1; A. Broches, Selected Essays. World Bank, ICSID, and other subjects, 1995, S 161ff; Buß, Zwischen Immunität und Rechtsschutz. Das Inspection Panel innerhalb der Weltbankgruppe, RIW 1998, 352; Escher, Weltbank-Schiedszentrum: Zuständigkeit für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten, RIW 2001, 20; M. Füracker, Relevance and Structure of Bilateral Investment Treaties, SchiedsVZ 2006, 236; E. Gaillard/Y. Banifatemi, Annulment of ICSID Awards, 2004; Golsong, Schwächung des Schiedsdispositifs bei Investitions-Streitigkeiten Das ICSID-Annullierungsverfahren und seine mögliche Fortentwicklung, FS Habscheid, 1989, S 113; Kerameus, Anti-Suit Injunctions in ICSID Arbitration, in: Gaillard, Anti-Suit Injunc_______________

306 Zur Beweislastverteilung s Schlosser Rz 795. 307 Schlosser Rz 103; MüKo/Gottwald Art 6 GA Rz 10. 308 BGBl 1969 II, 369; 4 I.L.M. 532 (1965).

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Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht

§ 16

tions in International Arbitration, 2003, 131; T. Lörcher, Neue Verfahren der internationalen Streiterledigung in Wirtschaftssachen, 2001; R. Pagel, Die Aufhebung von Schiedssprüchen in der ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit, 1999; A. Parra, The 2006 Amendments of the ICSID Arbitration Rules, SchiedsVZ 2006, 247; W. Peter, Arbitration and Renegotiation of International Investment Agreements, 1995; Pirrung, Die Schiedsgerichtsbarkeit nach dem Weltbank-Übereinkommen für Investitionsstreitigkeiten, 1972; L. Reed/J. Paulsson/N. Blackaby, Guide to ICSID Arbitration, 2004; Schöbener/Markert, Das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID), ZVglRWiss 105 (2006), 65; Schreuer, Streitbeilegung im Rahmen des ICSID, in: Kronke/Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 852–999; G. Verhoosel, The use of investor – state arbitration under bilateral investment treaties to seek relief for breaches of WTO law, JIEL 6 (2) (2003), 493; G. Verveniotis, Arbitral Settlement of Investment Disputes, RHDI 50 (1997), 153; R.E. Vinuesa, Jurisdictional Objections to ICSID Arbitration under Bilateral Investment Treaties, FS Ress, 2005, S 331.

Kapitel IV dieses Übereinkommens sieht in den Artikeln 36 bis 55 ein 184 Schiedsverfahren vor.309 Nach Art 53 ist der Schiedsspruch für die Partei bindend und unterliegt keiner Berufung und auch keinem anderen Rechtsmittel als denen, die in diesem Übereinkommen vorgesehen sind. Nach Art 54 erkennt jeder Vertragsstaat jeden im Rahmen dieses Übereinkommens erlassenen Schiedsspruch als bindend an und sorgt für die Vollstreckung der darin auferlegten finanziellen Verpflichtungen in seinem Hoheitsgebiet, als handele es sich um ein rechtskräftiges Urteil eines seiner innerstaatlichen Gerichte. – Auf die Vollstreckung des Schiedsspruchs sind die Rechtsvorschriften für die Vollstreckung von Urteilen anzuwenden, die in dem Staat gelten, in dessen Hoheitsgebiet die Vollstreckung begehrt wird (für Deutschland s o Rz 115ff). Streitigkeiten im Welthandelssystem werden entsprechend den Vorschriften 185 des Dispute Settlement Understanding (Anhang 2 zum WTO-Übereinkommen)310 durch ein Dispute Settlement Body beigelegt.311

_______________

309 Zur Frage der wirksamen Schiedsvereinbarung s Lanco International v The Argentine Republic, 40 ILM 453 (2001). 310 ABl EG 1994 L 336/324; BGBl 1994 II 1749. 311 Vgl T. Ebner, Streitbeilegung im Welthandelsrecht, 2005; P. van den Bossche, The law and policy of the World Trade Organization, 2005; T. Lörcher, Neue Verfahren der internationalen Streiterledigung in Wirtschaftssachen, 2001; Ruffert, Der Entscheidungsmaßstab im WTO-Streitbeilegungsverfahren, ZVglRwiss 100 (2001), 304 mwN; Hohmann, Die WTO-Streitbeilegung, RIW 2001, 649; Schröder/Schonard, Die Effektivität des WTO-Streitbeilegungssystems, RIW 2001, 658; E.-U. Petersmann, The negotiations on improvements of the WTO dispute settlement system, JIEL 6 (1) (2003), 237; J. Ragosta/N. Joneja/M. Zeldovich, WTO Dispute Settlement; the System is Flowed and Must be Fixed, Int. Lawyer 37 (2003), 697; WTO, A Handbook on the WTO Dispute Settlement System, 2004.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Auch für Investitionsstreitigkeiten, die unter das North American Free Trade Agreement (NAFTA) fallen, ist ein Schiedssystem vorgesehen.312 5. Die internationalen Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr (CIM) und über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr (CIV) vom 7.2.1970313 186 In Art 12ff COTIF sind Schiedsgerichte zur Beilegung von Streitigkeiten vorgesehen. Nach Art 16 § 2 sind Schiedssprüche gegenüber Beförderungsunternehmen und Kunden in jedem Vertragsstaat vollstreckbar, sobald die in dem Staat, in welchem die Vollstreckung erfolgen soll, vorgeschriebenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Eine sachliche Nachprüfung des Schiedsspruches ist unzulässig. 6. UN-Übereinkommen über das Recht der See 187 Schrifttum: N. Klein, Dispute Settlement in the UN Convention on the Law of the Sea, 2005.

7. Bilaterale Verträge a) Das deutsch-schweizerische Abkommen vom 2.11.1929 188 Maßgebend ist Art 9. Dieser nimmt seinerseits Bezug auf das Genfer Abkommen. Da die Schweiz dem UN-Übereinkommen beigetreten ist, ist das Genfer Abkommen außer Kraft getreten. Dennoch behält das deutschschweizerische Abkommen seine Wirksamkeit, weil das Genfer Abkommen und das UN-Übereinkommen auf Schiedsvergleiche nicht anzuwenden sind. Nach Art 9 III des deutsch-schweizerischen Abkommens werden die vor einem Schiedsgericht abgeschlossenen Vergleiche in derselben Weise wie Schiedssprüche vollstreckt.314 Hierbei ist noch eine Besonderheit zu beachten. Hinsichtlich des Schiedsspruchs stellt das Genfer Abkommen lediglich darauf ab, ob dieser auf dem Hoheitsgebiet eines anderen Vertragsstaates ergangen ist. Aus dem Wortlaut des Art 9 III ergibt sich, dass es bei dieser territorialen Beziehung hinsichtlich der Schiedsvergleiche geblieben ist. Es kommt also lediglich darauf an, dass der Schiedsvergleich vor dem Schieds_______________

312 Vgl Cremades, Streitschlichtung innerhalb der NAFTA, in: Kronke/Melis/ Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 1525– 1561; L. Trakman, Arbitrating Investment Disputes under the NAFTA, J.Int.Arb. 18 (4) (2001), 385; H. Alvarez, Arbitration under the North American Free Trade Agreement, ArbInt 2000, 393; N. Abaza-Uhrberg, Das Streiterledigungssystem des Nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA, Diss Köln 2003/04. 313 BGBl 1974 II, 357. 314 Stein/Jonas/Schlosser Anh § 1061 Rz 221.

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Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht

§ 16

gericht auf dem Gebiet des anderen Vertragsstaates abgeschlossen worden ist.315 b) Das deutsch-italienische Abkommen vom 9.3.1936 Art 8 dieses Abkommens enthält dieselbe Vorschrift für Schiedssprüche und 189 Schiedsvergleiche wie das deutsch-schweizerische Abkommen. Die Problematik ist dieselbe. Da auch Italien Mitgliedstaat des UN-Übereinkommens ist, gilt insoweit dasselbe wie zu Rz 185. Daran ändert nichts, dass Italien auch noch Vertragsstaat des Europäischen Übereinkommens ist, denn auch dieses bezieht sich nicht auf Schiedsvergleiche. Von Art 8 des deutsch-italienischen Abkommens sind also nur die ersten beiden Absätze hinfällig geworden.316 Streitfragen sind daraus entstanden, dass die italienische Praxis neben dem 190 „arbitrato rituale“ den sog „arbitrato irrituale“ entwickelt hat. Bei letzterem handelt es sich um eine Entscheidung von Schiedsrichtern, die lediglich obligatorische Bedeutung für die Parteien hat, dh für die Durchsetzung eines solchen Schiedsspruchs in der BR Deutschland bleibt nur die Zahlungsklage aufgrund der Entscheidung, wobei der „lodo irrituale“ als abstraktes Schuldversprechen gewertet werden kann.317 – Das OLG Hamburg318 hatte entschieden, dass ein „lodo irrituale“ nach dem UN-Übereinkommen anerkannt, aber nicht für vollstreckbar erklärt werden kann. Der BGH hat diese Zwitterstellung aufgehoben und entschieden, dass das UN-Übereinkommen auf einen „lodo irrituale“ nicht anzuwenden ist.319 Dieser Ansicht ist zu folgen. Das neue italienische Schiedsrecht von 1994 befasst sich nur mit dem arbitrato, nicht aber mit dem „arbitrato irrituale“. c) Das deutsch-belgische Abkommen vom 30.6.1958 Dieses Abkommen ist in § 13 Rz 300ff behandelt worden. Nach Art 13 wer- 191 den Schiedssprüche, die in dem Hoheitsgebiet des einen Staates ergangen sind, in dem Hoheitsgebiet des anderen Staates anerkannt und vollstreckt, wenn sie in dem Ursprungsland vollstreckbar sind, wenn ihre Anerkennung nicht der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates zuwiderläuft und wenn die vorgelegte Ausfertigung des Schiedsspruchs die für die Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Es wird weder nach einem gültigen Schiedsvertrag noch nach einem ordnungsgemäßen Schiedsgerichtsverfahren gefragt.320 _______________

315 316 317 318 319 320

Vgl insoweit Schlosser Rz 814. Vgl Schlosser Rz 85 und 814. Walter RIW/AWD 1982, 698. Urt vom 7.2.1980, IPRax 1982, 146 (dazu Wenger S 135). Urt vom 8.10.1981, RIW/AWD 1982, 210. Stein/Jonas/Schlosser Anh § 1061 Rz 224.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

192 Nach Art 16 berührt dieses Abkommen nicht andere Übereinkommen oder Abkommen, die für beide Staaten gelten oder gelten werden. Infolge der Meistbegünstigungsklausel des UN-Übereinkommens behält das deutschbelgische Abkommen für Schiedssprüche seine Gültigkeit. Im Allgemeinen ist das deutsch-belgische Abkommen besonders anerkennungsfreundlich. Das Europäische Übereinkommen könnte dann angewendet werden, wenn der Schiedsspruch in seinem Ursprungsland noch nicht für vollstreckbar erklärt worden ist. 193 Auf Schiedsvergleiche (Art 13 II) bleibt das deutsch-belgische Übereinkommen anwendbar, weil diese weder im UN-Übereinkommen noch im Europäischen Übereinkommen geregelt sind. d) Der deutsch-niederländische Vertrag vom 30.8.1962 194 Art 17 beschränkt sich auf den kurzen Satz, dass sich die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach den Verträgen, die zwischen beiden Staaten jeweils in Kraft sind, bestimmen. Die Schiedsvergleiche sind nicht genannt. Daraus folgt, dass aus deutschen Schiedsvergleichen in den Niederlanden nicht vollstreckt werden kann (vgl den gemeinsamen Bericht der Unterhändler zum deutsch-niederländischen Vertrag zu Art 17. Als Begründung wird angegeben, dass dem niederländischen Recht ein Schiedsvergleich unbekannt ist). Im Verhältnis der beiden Vertragsstaaten gilt das UNÜbereinkommen. Wegen der darin enthaltenen Meistbegünstigungsklausel kann auf die möglicherweise günstigere nationale Verfahrensordnung zurückgegriffen werden. Zu Recht weist Schlosser321 auf die unterschiedlichen Fristen wegen der Anfechtung des Schiedsspruchs vor den staatlichen Gerichten hin. Das unter Rz 188 behandelte Problem des „lodo irrituale“ besteht auch in den Niederlanden als „bindend advies“ und in Spanien als „arbitraje libre“. Im deutsch-niederländischen Rechtsverkehr hat es – soweit ersichtlich – bisher keine Rolle gespielt.322 e) Der deutsch-österreichische Vertrag vom 6.6.1959 195 Nach Art 12 bestimmen sich die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach dem Übereinkommen, das zwischen beiden Staaten jeweils in Kraft ist. Die vor einem Schiedsgericht abgeschlossenen Vergleiche werden den Schiedssprüchen gleichgestellt. Zwischen beiden Staaten gelten das UN- und das Europäische Übereinkommen. Im Übrigen gilt dasselbe, was zu Rz 185f ausgeführt ist. Ein Schiedsgericht mit Sitz in Österreich kann empfohlen werden, wenn es sich um ein deutsch-türkisches _______________

321 Recht der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit, Rz 87. 322 Vgl Wenger IPRax 1982, 135, 137 N 16.

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Anerkennung und Vollstreckung nach Vertragsrecht

§ 16

Schiedsgericht handelt, weil ausschließlich zwischen Österreich und der Türkei ein Abkommen (vom 22.6.1930) über die Vollstreckungshilfe besteht.323 f) Der deutsch-griechische Vertrag vom 4.11.1961 Der Vertrag ist unter § 13 Rz 380ff behandelt worden. Nach Art 14 erfolgt 196 die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen nach dem Übereinkommen oder Abkommen, das zwischen den beiden Vertragsstaaten jeweils in Kraft ist. Vor einem Schiedsgericht abgeschlossene Vergleiche werden den Schiedssprüchen gleichgestellt. Zwischen beiden Vertragsstaaten gilt das UN-Übereinkommen. Im Übrigen gilt dasselbe, was zu Rz 185f ausgeführt ist. g) Der deutsch-tunesische Vertrag vom 19.7.1966 Dieser Vertrag ist in § 13 Rz 530ff behandelt worden. Nach Art 47 ist eine 197 Schiedsvereinbarung, unter der eine schriftliche Schiedsabrede oder Klausel verstanden wird, sofern diese von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben, welche die Parteien gewechselt haben, oder die in einer Niederschrift des Schiedsgerichts enthalten ist, nur unter folgenden Voraussetzungen anzuerkennen: 1. wenn das Rechtsverhältnis, aus dem die Streitigkeit entsteht, nach dem Recht des Anerkennungsstaates als Handelssache anzusehen ist; 2. wenn die eine Partei bei Abschluss der Vereinbarung ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder Sitz in dem einen Staat, die andere in dem anderen Staat hatte; 3. wenn die Streitigkeit nach dem Recht des Anerkennungsstaates schiedsfähig ist. Nach Art 51 werden Schiedssprüche, die aufgrund einer nach Art 47 anzuer- 198 kennenden Schiedsvereinbarung ergangen sind, in jedem der beiden Staaten anerkannt und vollstreckt. Die in Art 52 genannten Versagungsgründe beziehen sich auf den Verstoß des Schiedsspruchs gegen die öffentliche Ordnung des Anerkennungsstaates; darauf, dass die Streitigkeit nach dem Recht des Anerkennungsstaates nicht schiedsfähig ist; wenn der Schiedsspruch durch betrügerische Machenschaften erwirkt worden ist; wenn der unterlegenen Partei das rechtliche Gehör nicht gewährt worden ist. Liegt keine gültige Schiedsvereinbarung vor, so kann eine Partei, die sich auf das Schiedsverfahren eingelassen hat, die den Mangel kannte und ihn nicht gerügt hat, _______________

323 Vgl v. Hoffmann IPRax 1981, 30, 31.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

sich nicht mehr darauf berufen. Das Gleiche gilt, wenn im Ursprungsland des Schiedsspruchs eine Aufhebungsklage abgewiesen worden ist. 199 Schiedsvergleiche, die vor einem Schiedsgericht geschlossen worden sind, stehen Schiedssprüchen gleich (Art 52 II). h) Das deutsch-amerikanische Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsabkommen vom 29.10.1954324 200 Nach Art VI (2) dieses Abkommens darf Schiedsverträgen nicht lediglich deshalb die Anerkennung versagt werden, weil sich der für die Durchführung des Schiedsverfahrens bestimmte Ort außerhalb des Gebiets des anderen Vertragsstaates befindet oder weil ein oder mehrere Schiedsrichter nicht seine Staatsangehörigen sind. In dem Verfahren zur Vollstreckbarerklärung, das vor den zuständigen Gerichten eines Vertragsteils anhängig gemacht wird, soll ein ordnungsmäßig aufgrund solcher Verträge ergangener und nach den Gesetzen des Ortes, an dem er gefällt wurde, endgültiger und vollstreckbarer Schiedsspruch als bindend angesehen werden. 201 Das Gericht muss ihn nach Art VI (2) S 3 für vollstreckbar erklären, außer wenn die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde. US-amerikanische Schiedssprüche dürfen also nur einer ordre public-Kontrolle unterzogen werden.325 Der für vollstreckbar erklärte Schiedsspruch steht hinsichtlich der Wirkungen und der Vollstreckung einem inländischen Schiedsspruch gleich (S 4). Es besteht Einverständnis, dass ein außerhalb der USA ergangener Schiedsspruch vor den Gerichten eines Staates der USA nur im gleichen Maße Anerkennung genießt wie Schiedssprüche, die in einem anderen Staat der USA erlassen worden sind (S 5). Das Exequatur im Ursprungsland ersetzt wie bei dem deutsch-belgischen Abkommen alle weiteren Voraussetzungen. 202 Da für beide Vertragsstaaten das UN-Übereinkommen gilt, steht den Parteien die Meistbegünstigungsklausel des Art VII offen. Sie können die für sie günstigste Möglichkeit für die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs wählen. i) Das deutsch-sowjetische Handels- und Schifffahrtsabkommen vom 25.4.1958326 203 Nach Art 8 können natürliche Personen, juristische Personen und Handelsgesellschaften der BR Deutschland und natürliche und juristische Personen _______________

324 BGBl 1956 II, 488. 325 MüKo/Gottwald, Dt.-amerik. Vertr. Art VI Rz 2; Schütze ZVglRWiss 104 (2005), 427, 440. 326 BGBl 1959 II, 222.

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Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland

§ 16

der UdSSR (jetzt Russlands) vereinbaren, dass die aus Verträgen in Handelssachen entstehenden Streitigkeiten der Entscheidung durch ein Schiedsgericht unterworfen werden. Die Schiedsvereinbarung muss in dem Vertrage selbst oder in einer besonderen Vereinbarung vorgesehen sein, die in der für den Vertrag erforderlichen Form getroffen worden ist. Eine solche Vereinbarung schließt die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte aus. Das Abkommen gilt nicht nur im Verhältnis zur Russischen Föderation, sondern auch zu anderen Nachfolgestaaten der UdSSR fort.327 Die beiden Staaten verpflichten sich, die Vollstreckung von Schiedssprüchen, 204 die aufgrund einer in Abs 1 erwähnten Vereinbarung ergangen sind, in ihrem Gebiet zuzulassen, ohne Rücksicht darauf, ob sie in dem Gebiet eines der beiden Staaten oder in dem Gebiet eines dritten Staates erlassen sind. Für die Anordnung und Durchführung der Vollstreckung eines Schiedsspruchs sind die Gesetze des Staates maßgebend, in dem er vollstreckt werden soll. Die Anordnung der Vollstreckung eines Schiedsspruches kann nur versagt werden: a) wenn der Schiedsspruch nach dem Recht des Staates, in dem er ergangen ist, unter den Parteien nicht die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils hat; b) wenn der Schiedsspruch gegen die öffentliche Ordnung des Staates verstößt, in dem die Vollstreckung nachgesucht wird. Eine sachliche Nachprüfung des Schiedsspruches findet nicht statt. Gegen den ordre public verstößt es nicht, wenn es das Schiedsgericht unterlässt, einen Zwischenschiedsspruch zur eigenen Zuständigkeit zu erlassen, sondern sogleich in der Sache entscheidet.328 Für beide Vertragsstaaten gelten das UN- und das Europäische Überein- 205 kommen. Die Meistbegünstigungsklausel des Art VII UNÜ wirkt auch in diesem Fall.329 Der Antragsteller kann also die für ihn günstigsten Voraussetzungen wählen.

IX. Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland Soweit staatliche Gerichte in Schiedsverfahren eingreifen, diese kontrollie- 206 ren, Hilfsfunktionen zugunsten des Schiedsgerichts ausüben oder Schiedssprüche für vollstreckbar erklären, befolgen sie ihr jeweiliges staatliches Prozessrecht. Vor allem Kenntnisse über das Schiedsrecht am Sitz der Gegenpartei sind daher von erheblicher Bedeutung. _______________

327 BGH SchiedsVZ 2006, 161, 163 (Weißrussland). 328 BGH SchiedsVZ 2006, 161, 164. 329 BGH SchiedsVZ 2006, 161, 163.

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§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

207 Die nachfolgende Übersicht soll insoweit einen ersten Einstieg ermöglichen: Afrikanische Staaten: A. Asouzu, ArbInt 1999, 1; ders, International Commercial Arbitration and African States, 2001. Amerikanische Staaten: Accord des Mercosur sur l’arbitrage commercial international, Buenos Aires, 23.7.1998, Rev. arb. 2004, 743; The (Panama) Inter-American Convention on International Arbitration of January 30, 1975 (Text in: 14 ILM 336 (1975); vgl J. Jackson Jr., JIntArb 8 (3) (1991), 91; J. Kleinheisterkamp, International Commercial Arbitration in Latin America. Regulation and Practice in Mercosur, 2005; J. B. Lee, L’arbitrage commercial international dans le Mercosur, Rev. arb. 2004, 565; F. Mantilla Serrano, Le traitement legislative de l’arbitrage en Amérique Latine, Rev arb 2005, 561; G. Santiago Tawil, Arbitration in Latin America, IDR 2004, 15. Arabische Staaten: El Abdah, Arbitration with the Arab Countries, 1990; Krüger RPS 2/01 (Beiheft z. BB), S 2; N. Najjar, L’arbitrage dans les pays Arabes face aux exigences du commerce international, 2004; Saleh, Commercial Arbitration in the Arab Middle East, 2. Aufl 2005. Asien: Arbitration Procedure in Asia, 2nd ed 2001 (Sweet & Maxwell); The Symposium of International Commercial Arbitration in Asia-Oceania Region, Febr. 22–23, 2000, Nagoya, Japan; M. Polkinghorne/D. Fitz Gerald, Arbitration in Southeast Asia, JIntArb 18 (1) (2001), 101. Belgien: Ph. de Bournonville, Droit judiciaire: L’arbitrage, 2000; H. van Houtte/M. Looyens, Law and Practice of International Arbitration, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 161–210; H. Verbist, Die Aufhebungsklage gegen Schiedssprüche in internationalen Schiedsverfahren in Belgien, FS Sandrock, 2000, S 993; M. Storme/Demeulenaere, International Commercial Arbitration in Belgium, 1989. Brasilien: Gesetz Nr 9.307 vom 23.9.1996 betreffend das Schiedsverfahren, IPRax 1998, 399; vgl N. Blackaby, Arbitration and Brazil, ArbInt 2001, 129; M. Ferreira dos Santos, Arbitration in Brazil, JIntArb 2004, 493; S. Lopes, Arbitration Procedures in Brazil, in: S. Rodriguez/O. Prell, International Judicial Assistance in Civil Matters, 1999, S 27; D. de Norouha Goyos Jr./V. de Moraes Dantas, Ratification of Foreign Judgments and Arbitration Awards in Brazil, ebda, S 39; Samtleben, Das neue brasilianische Gesetz über die Schiedsgerichtsbarkeit, RIW 1998, 33; v Schlabrendorff/Rützel, Das neue brasilianische Schiedsverfahrensgesetz, IPRax 1998, 376. Chile: Ley sobre Arbitraje Comercial Internacional No. 19.971 vom 30.9. 2004. Volksrepublik China: T. Beuchert/D. Laumann/E. Towfigh, Schiedsgerichtsbarkeit in der Volksrepublik China, RIW 2002, 902; J. Glatter, RIW, Beil 2 zu 842

Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland

§ 16

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843

§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Hong Kong: D. Bateson, Enforcement of Hong Kong Arbitration Awards Post 1997, ICLQ 1996, 585; R. Morgan, International Arbitration in Hong Kong, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 421–505. Indien: P. Singh/D. Krishan, The Indian 1996 Arbitration Act, JIntArb 18 (1) (2001), 41. Indonesien: J. Schaefer, La Nouvelle Loi Indonésienne sur l’Arbitrage, Rev.arb. 2001, 625. Iran: H. Gharavi, ArbInt 1999, 85; J. Seifi, The new International Commercial Arbitration Act of Iran, JIntArb 1998 (2), 5. Irland: C. Koch, The New Irish Arbitration Act of 1998, Bull ASA 1999, 51; P. Pinsolle/P. Griffin, Quelques observations sur la loi irlandaise sur l’arbitrage international de 1998, Rev.arb. 2000, 615; D. Simms, Das Recht der Schiedsgerichtsbarkeit in Irland, 2002. Israel: S. Ottolenghi, Arbitration, in: Storme/Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 171. Italien: A. Briguglio, L’arbitrage International en Italie, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 507–551; A. Briguglio/G. Ruffini, Aspectos particulares de arbitraje en Italie, in: Storme/Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 179; Carpi, Il procedimento nell’arbitrato riformato, Studi in onore di Mandriole, T. II, 1995, S 873; ders, Arbitrato, Commento al titolo VIII del libro IV de Codice di procedura civile, 2002; A. Grieco, Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards in Italy, in: Rodriguez/Prell, International Judicial Assistance, 1999, S 105; V. Sangiovanni, Anerkennung und Vollstreckung inländischer Schiedssprüche in Italien, ZZPInt 8 (2003), 287. Japan: K. Matsuura, A Comparative Survey of International Commercial Arbitration in Japan, China and Korea, FS Lüke, 1997, S 467; H. Takahashi, Die Wirksamkeit von Schiedsklauseln in den AGB für Bauleistungen in Japan, FS M. Rehbinder, 2002, S 759; R. Thirgood, A Critique of Foreign Arbitration in Japan, JIntArb. 18 (2) (2001), 177; Y. Ueno, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in Japan, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 553–637. Jordanien: H. Haddad, Enforcement of Foreign Judgments and Awards in Jordan, in: Rodriguez/Prell, International Judicial Assistance, 1999, S 113. Kanada: C. Branson, The Enforcement of International Commercial Arbitration Agreements in Canada, ArbInt 2000, 19; Nöcker, Das Recht der Schiedsgerichtsbarkeit in Kanada, 1988; R. Oraeki Chibueze, The Adoption and Application of the Model Law in Canada, JIntArb 18 (2) (2001), 191.

844

Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland

§ 16

Kasachstan: Ch. Mindach, Der Weg Kasachstans zur internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, IPRax 2006, 317; Gesetz über das internationale Handelsschiedsgericht vom 28.12.2004, IPRax 2006, 322. Korea: M. Chang, The New Korean Arbitration Law and Enforcement of Arbitral Awards, Int.Arb.L.Rev. 2000 (6), 196. Kroatien: S. Kresimir, Das kroatische Recht der Internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2005; H. Sikiric, Schiedsgerichtsbarkeit in Kroatien, 2001; K. Sajko, Internationale rechtliche Aspekte der kroatischen Schiedsgerichtsbarkeit, in: Aufbruch nach Europa, 75 Jahre MPI für Privatrecht, 2001, S 725; Uzelac, Current developments in the field of Arbitration in Croatia, JIntArb 19 (1) (2002), 73. Libanon: A. El-Abdah, The Libanese Arbitration Act, JIntArb 1996 (3), 39; ders, Amendment of the Lebanese Arbitration Law, DIAC Journal 1 (2004), 49. Marokko: M. Bedjaoui/D. El-Karkouri, L’arbitrage commercial international en droit marocain, JDI 128 (2001), 71; M. El Mernissi, Arbitration Marocco, JIntArb 19 (2) (2002), 179–183. Mexiko: G. Uribarri Carpintero, La relación entre arbitraje y otras formas de justicia, in: Storme/Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 249. Myanmar: J. Finch/S.S.Ph. Myint, Arbitration in Myanmar, JIntArb 14 (4) (1997), 89–102. Niederlande: F. de Ly, International Arbitration – The Netherlands, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 667–727. Nigeria: A. Asouzu, The adoption of the UNCITRAL Model Law in Nigeria, JBl 1989, 185. Österreich: Baier, Schiedsgerichtsbarkeit in Österreich, in: Kronke/Melis/ Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 1156–1223; A. Burgstaller, Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche in Österreich, ZfRV 2000, 83; Kloiber/Rechberger/Oberhammer/Haller, Das neue Schiedsrecht, 2006; Ch. Liebscher, Reform of Austrian Arbitration Law, JIntArb 18 (2) (2001), 211; P. Oberhammer, Der Weg zum neuen österreichischen Schiedsverfahrensrecht, SchiedsVZ 2006, 57; J. Power, The Austrian Arbitration Act, 2006; Rechberger, Schlichtungsverfahren in Japan und Österreich, FS Ishikawa, 2001, S 409; ders, Das neue osterreichische Schiedsrecht, ZZP 119 (2006), 261; A. Reiner, Das neue österreichische Schiedsrecht, Praxiskommentar, 2006; A. v. Saucken, Die Reform des österreichischen Schiedsverfahrensrechts auf der Basis des UNCITRAL-Modellgesetzes über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 2004. 845

§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Oman: A.H. El-Ahdab, The new Omani Arbitration Act in Civil and Commercial Matters, JIntArb 14 (4) (1997), 59–87. Osteuropa: S. Heger, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in Osteuropa, RIW 1999, 481; Recht und Praxis der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in Staaten Zentral- und Osteuropas, 1998. Polen: Hantke, Neues Schiedsrecht in Polen, SchiedsVZ 2006, 98; B. Pankowska-Lier, Schiedsgerichtsbarkeit in Polen, 1998; Pankowska-Lier/ Adamska, Neue Entwicklungen im Recht der Schiedsgerichtsbarkeit in Polen, RIW 2002, 837; T. Szurski, Introducing the UNCITRAL Model Law to Poland, JIntArb 18 (2) (2001), 227; M. Tomaszewski, Efficiency of Legal Protection before Arbitral Tribunals, in: Gottwald, Effektivität des Rechtsschutzes, 2006, S 203; Wisniewski, Arbitration in Corporate Matters of JointVenture Limited Liability Companies in Poland, in: Dregger ua, Rechtsfragen der Transformation in Polen, 1995, 230. Portugal: J. Lebre Freitas, Apuntes sobre el arbitraje en Portugal, in: Storme/ Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 287. Rumänien: C. Zamfirescu, Arbitration in Romania, in Kaissis/Movromatis, Advantages of Arbitration in Greece and Balkan Countries, 1999, S 85. Russland: B. Karabelnikov, Enforcement of Foreign Arbitral Awards in Russia, IDR 2004, 22; A. Komarov, Some reflections on recent developments in the practice of International Commercial Arbitration in Russia, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, 391; D. Lentz, Die internationale Wirtschaftsschiedsgerichtsbarkeit in der Russischen Föderation, 2000; P. Märkl, Schiedsgerichtsbarkeit in Russland, 1998; J. Steinbach, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile in der Russischen Föderation, 2003; D. Tapola, Enforcement of Foreign Arbitral Awards (in Russia), ArbInt 22 (2006), 151; A. Verschinin, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit in Russland, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 759–777. Schweden: R. Ek, Das neue schwedische Schiedsverfahrensrecht, RIW 2000, 31; Franke, Internationales Schiedsverfahren in Schweden, in: Kronke/ Melis/Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 1362–1484; L. Heuman, Arbitration Law in Sweden: Practice and Procedure, 2003; S. Jarvin/J. Trappe, Schwedisches und deutsches Schiedsverfahrensrecht im Vergleich, Liber amicorum Böckstiegel, 2001, S 319; B. Lindell, International Arbitration – Sweden, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 779–816; F. Madsen, Commercial Arbitration in Sweden, 2004; J. v. Pachelbel-Gehag, Das reformierte deutsche und schwedische Schiedsverfahrensrecht, Diss. Köln 2001; R. Stolle, Das Recht der nationalen Schiedsgerichtsbarkeit in Schweden und Deutschland, 2004.

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Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland

§ 16

Schweiz: St. Berti, International Arbitration in Switzerland, 2000; Karrer, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, in: Kronke/Melis/ Schnyder, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2005, Teil O Rz 1224–1361; F. Koepfler/P. Schweizer, Arbitrage international – Jurisprudence suisse, 2003; Walter, Die Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 817–848; Walter/Bosch/Brönnimann, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, 1991. Singapur: D. Howell, International Arbitration in Singapore, JIntArb 19 (1) (2002), 39. Slowenien: L. Ude/D. Wedam-Lukic, Schiedsgerichtsbarkeit in der Republik Slowenien, 1998; A. Lunder, Anerkennung ausländischer Schiedsurteile nach slowenischem Recht, WiRO 1998, 71. Spanien: Cremades, Arbitration in Spain, 1991; J. Fröhlingsdorf, Neue Entwicklungen im spanischen Schiedsverfahrensrecht, BB 2001, Beilage 6, S 2; M. Gómez Jene/A. Sabater Martin, Spanien: Auswirkungen des neuen Zivilprozessrechts auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit, RIW 2001, 37; Th. Krasselt-Priemer, Neuregelung des spanischen Schiedsverfahrensrechts, IPRax 2005, 164; F. Mantilla-Serrano, The New Spanish Arbitration Act, JIntArb 21 (4) (2004), 367. Syrien: A. Börner, Die Anerkennung ausländischer Titel in den arabischen Staaten, 1994, S 252ff; J. El-Hakim, International Arbitration in Syria, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 849–873. Taiwan: W.-M. Liao, Die Schiedsgerichtsbarkeit in Taiwan, 2003. Tschechische Republik: A. Macková, El arbitraje en la República Checa, in: Storme/Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 291; Raban, Schiedsgerichtsverfahren in Tschechien, WiRO 2000, 92; M. Roth, Schiedsgerichtsbarkeit in der Tschechischen Republik, RIW 1996, 653; A. Verny, Schiedsgerichtsbarkeit in der Tschechischen Republik, 1998. Türkei: Gesetz über internationale Schiedsgerichtsbarkeit Nr 4686 vom 21.6.2001; T. Kalpsüz, Die Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit in der Türkei, FS M. Rehbinder, 2002, S 681; E. Özsunay, Turkish International Arbitration Act 2001, in: Storme/Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 335; Ch. Rumpf, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Türkei, RIW 2002, 843; A. Yesilirmak, The Turkish International Arbitration Law of 2001, JIntArb 19 (2) (2002), 171– 177. Tunesien: M. Ammar, L’arbitrage en Tunisie depuis l’edicition du Code de l’arbitrage, Rev.arb. 2000, 247; K. Ben Salah, An Overview of the Tunesian Arbitration Regulations, JIntArb 2000 (3), 141–150. 847

§ 16

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Ukraine: V. Sourjikova-Giebner, Schiedsgerichtsbarkeit in der Ukraine, 1998. Ungarn: E. Horvath, The Practical Application of the Hungarian Arbitration Act, JIntArb 18 (2001) (3), 371; J. Nemeth, Berührungspunkte schiedsrichterlichen Verfahrens mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Ungarn, FS Ishikawa, 2001, S 371; R. Pikó, Schiedsgerichtsbarkeit in Ungarn, 1998; Z. Wopera, The Arbitration in the Hungarian Law, in: Storme/Gomez Lara, XII Congreso Mundial de Derecho Procesal, Vol II, 2005, 155. USA: Ch. Adams/V. Liborio, L’exequatur des sentences arbitrales étrangères aux États-Unis, JDI 131 (2004), 1165; Böckstiegel (Hrsg), Schiedsgerichtsbarkeit im deutsch-amerikanischen Wirtschaftsverkehr, 1985; Born, International Commercial Arbitration in the United States, 1994; Th. Carbonneau, International Arbitration – The United States, in: Gottwald, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 1997, 875–900; J. Fellas, Transatlantic Commercial Litigation and Arbitration, 2004; J. Gessner, Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen in den USA und in Deutschland, 2001; L. Kimmelmann/D. MacGrath, Judicial review of Commercial Arbitration Awards in the United States, 2007; M. Kronenburg, Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche in den USA, 2001; P. Lurie, Recent Revisions to the Uniform Arbitration Act in the United States, JIntArb 18 (2) (2001), 223; Rivkin/Donovan/Marriott/Kirry, International Commercial Arbitration in the United States, 1997; R. Weintraub, International Litigation and Arbitration, 3rd ed 2001 (Ch. 11), S 513. Venezuela: I. Dalvano Mogillón Rojas, El Arbitraje Comercial Venezolano, 2004. Vereinigte Arabische Emirate: E. Tamimi, The Enforcement of Foreign Arbitration Awards in the UAE, ArbInt 1999, 393. Vietnam: P. Nicholson/N. Thi Minh, Commercial Disputes and Arbitration in Vietnam, JIntArb 2000 (5), 1–18; Q. Tran, Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards in Vietnam, JIntArb 2005, 487. Zypern: N. Papaefstathiou, Advantages of Arbitration in Cyprus, in Kaissis/ Mavromatis, Advantages of Arbitration in Greece and Balkan Countries, 1999, S 75.

848

§ 17 Internationale Zwangsvollstreckung Inhaltsübersicht I. Einführung 1. Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2. Grundsätze der internationalen Zwangsvollstreckung . . . . . . . . 2 3. Inlandsvollstreckung gegen Ausländer . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4. Vollstreckung von Fremdwährungsverbindlichkeiten . . 12 II. Voraussetzungen der internationalen Zwangsvollstreckung 1. Vollstreckbarerklärung des ausländischen Titels im Inland . . 13 2. Europäischer Vollstreckungstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3. Keine Vollstreckungsimmunität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 4. Inlandswirkung der Vollstreckung im Ausland . . . . . . . . . 23 III. Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die einzelnen Vollstreckungsarten 1. Internationale Sachpfändung und Herausgabevollstreckung . a) Sachpfändung . . . . . . . . . . . b) Herausgabevollstreckung . . 2. Immobiliarvollstreckung gegen ausländische Schuldner . . . . . 3. Internationale Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung . . a) Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung . . . .

25

28 28 31 36 38

b) Vollstreckung vertretbarer Handlungen . . . . . . . . . . . . c) Vollstreckung unvertretbarer Handlungen oder Unterlassungen . . . . . . . . . . . . . . d) Europäische Entscheidungen über die elterliche Verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . e) Unterlassungsvollstreckung f) Schadenersatz wegen Nichterfüllung . . . . . . . . . . . . . . . g) Offenbarungsversicherungen 4. Internationale Forderungspfändung . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Belegenheit der Forderung im Inland . . . . . . . . . . . . . . b) Pfändung einer im Ausland zahlbaren Forderung bei der inländischen Niederlassung einer Bank? . . . . . . . . . . . . . c) Grenzüberschreitende Lohnund Kontenpfändung in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Freezing Injunction . . . . . . . e) Unpfändbarkeit der Forderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Pfändung sonstiger Rechte . 5. Grenzüberschreitende Gläubigeranfechtung . . . . . . . . V. Zwangsvollstreckung im Ausland

41

44

50 51 52 53 58 58

72

74 78 80 82 84 89

38

I. Einführung 1. Schrifttum M. Andenas/B. Hess/P. Oberhammer, Enforcement agency practice in Europe, 2005; 1 Bachmann, Fremdwährungsschulden in der Zwangsvollstreckung, 1994; F. Becker, Zwangsvollstreckung in ein für diplomatische Zwecke genutztes Grundstück?, JuS 2004, 470; Bourel, Conflits de juridiction, Immunités de juridiction et d’exécution, Juris-Cl. Droit Intern. Fasc. 581–50 (1993), No. 206–246; Busl, Ausländische Staatsunternehmen im deutschen Vollstreckungsverfahren, 1992; D. Campbell, International

849

§ 17

Internationale Zwangsvollstreckung

Execution against Judgments Debton, 3 Vol (Loseblattausgabe); Dahlhoff, Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche gegen exterritoriale Schuldner in Deutschland, BB 1997, 321; Gärtner, Probleme der Auslandsvollstreckung von Nichtgeldleistungsentscheidungen im Bereich der EG, 1991; U. Göranson, Actio pauliana outside bankruptcy and the Brussels Convention, Essays in honour of Voskuil, 1992, 89; Gottwald, Die internationale Zwangsvollstreckung, IPRax 1991, 285; ders, Prozessuale Zweifelsfragen der geplanten EU-Verordnung in Unterhaltssachen, FS Lindacker, 2007; H. Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, 1999, S 724; U. P. Gruber, Das neue internationale Familienrechtsverfahrensgesetz, FamRZ 2005, 1603; Heß, Auslandssachverhalte im Offenbarungsverfahren, Rpfleger 1996, 89; ders, Study on the making more efficient the enforcement of judicial decisions within the European Union (No. JAI/A3/2002/02) (Fassung vom 18.2.2004); Hök, Grenzüberschreitende Forderungsund Kontopfändung, MDR 2005, 306; ders, Saisie de compte et de créance transfrontalière, Rev.crit. 2006, 301; Hornung, Die Zustellung an den Schuldner (im Ausland) bei Forderungspfändung, DGVZ 2004, 85; van Houtte, Die Vollstreckungsimmunität der Bankguthaben einer Botschaft, IPRax 1986, 50; Jacobsson/Jacob, Trends in the Enforcement of Non-Money Judgments and Orders, 1988; Jahr, Internationales Zwangsvollstreckungsrecht, in: LdR Zivilverfahrensrecht, 1989; Jauch, Inländische Immobiliarvollstreckung gegen ausländische Schuldner, ZfIR 1999, 330; P. Kaye, Methods of Execution of Orders and Judgments in Europe, 1996; ders, Situs of Debts and Jurisdiction to Make Orders of Garnishee, JBL 1989, 449; W. Kennett, The Enforcement of Judgments in Europe, 2000, S 249ff; dies, Enforcement: General Report, in: Storme, Procedural laws in Europe, 2003, 81; Kerameus, Geldvollstreckungsarten in rechtsvergleichender Betrachtung, FS Zeuner 1994, S 389; ders, Rechtsvergleichende Bemerkungen zur Urteilsvollstreckung, FS G. Lüke, 1997, S 337; ders, Enforcement in the international context, RdC 264 (1997), 181; ders, Garnishment in a comparative perspective, GS Lüderitz, 2000, S 385; ders, Distribution Proceedings and Relationships among Creditors, Liber amicorum Siehr, 2000, S 311; ders, Development of Enforcement Proceedings in a Comparative Perspective, FS Schumann, 2001, S 259; ders, Enforcement of non-money judgments and orders in a comparative perspective, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 107; Kleiner, Bankdepot – auswärtsliegende Titel und deren Pfändung bzw Verarrestierung, Schweiz.JZ 1968, 211; Koch, Neuere Probleme der internationalen Zwangsvollstreckung, in: Schlosser, Materielles Recht und Prozessrecht, 1992, S 171; Kren Kostkiewicz, Staatenimmunität im Erkenntnis- und im Vollstreckungsverfahren nach schweizerischem Recht, 1998; Kröll, Neuere Entwicklungen im französischen Recht der Vollstreckung in das Vermögen ausländischer Staaten, IPRax 2002, 439; Krumscheid, Pfändung aus ausländischen Titeln als Sicherungsmaßnahme vor Zustellung des Exequaturbeschlusses, RIW 2003, 389; J. Lange, Internationale Rechts- und Forderungspfändung, 2004; G. de Leval, Une harmonisation des procedures d’execution dans l’union europeenne est-elle concevable?, in: Andolina, Transnational Aspects of Procedural Law 1998, S 729; Lindacher, Internationale Unterlassungsvollstreckung, FS Gaul, 1997, S 399; Mack, Internationale Zuständigkeit englischer Gerichte bei grenzüberschreitenden Forderungspfändungen, IPRax 2005, 553; Mansel, Substitution im deutschen Zwangsvollstreckungsrecht, FS W. Lorenz, 1991, S 689; Marquordt, Das Recht der internationalen Forderungspfändung, 1975; Mössle, Internationale Forderungspfändung, 1991; L. Newman, Attachment of Assets, 1999; Prevault, Zwangsvollstreckung in den Staaten der Europäischen Union, FS Deutsch, 1999, S 987; Rauscher, Immobiliarvollstreckung bei ausländischem Güterstand, Rpfleger 1988, 90; Remien, Rechtsverwirklichung durch Zwangsgeld, 1992; T. Riedinger, Staatenimmunität gegenüber Zwangsgewalt, RabelsZ 45 (1981), 448;

850

Einführung

§ 17

Schack, Internationale Zwangsvollstreckung in Geldforderungen, Rpfleger 1980, 175; ders, Zur Anerkennung ausländischer Forderungspfändungen, IPRax 1997, 318; Schefold, in: Bankrechts-Handbuch, Bd III, 2. Aufl 2001, § 115 VIII Rz 375ff; Schilken, Die Angleichung der Zwangsvollstreckung in der EG, InVo 1996, 255; Schima, Zur Zwangsvollstreckung in Forderungen im internationalen Rechtsverkehr, FS Dölle, Bd 2, 1963, S 341; Schlosser, Der Überraschungseffekt der Zwangsvollstreckung – national und international, RIW 2002, 809; Stürner, Das grenzüberschreitende Vollstreckungsverfahren in der Europäischen Union, FS Henckel, 1995, S 863; ders, Das französische und englische Zwangsvollstreckungsrecht, FS Nakamura, 1996, S 599; Stutz, Die internationale Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung unter dem EuGVÜ, 1992; G. Taormina, Les apports de la jurisprudence en matière d’immunité internationale d’exécution forcée, Études à Normand, 2003, S 439; G. Tarzia, Aussichten für eine Harmonisierung des Zwangsvollstreckungsrechts in der Europäischen Union, ZEuP 1996, 231; Treibmann, Die Vollstreckung von Handlungen und Unterlassungen im europäischen Zivilrechtsverkehr, 1994; Vollkommer, § 893 Abs 2 ZPO im internationalen Rechtsstreit, IPRax 1997, 323; G. Walter, Immunität in der Zwangsvollstreckung im deutschen und schweizerischen Recht, Waseda-FS, 1988, 771; Weißmann/ Riedel, Handbuch der internationalen Zwangsvollstreckung, 1992; M. Weller, Völkerrechtliche Grenzen der Zwangsvollstreckung, Rpfleger 2006, 364; R. Welter, Zwangsvollstreckung und Arrest in Forderungen – insbesondere Kontenpfändung in Fällen mit Auslandsberührung, 1988; M. Wenckstern, Die Immunität internationaler Organisationen (§ 3 Die Immunität in der Zwangsvollstreckung), in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd II/1, 1994, S 258ff; P. Yessiou-Faltsi, Die Folgen des Europäischen Vollstreckungstitels für das Vollstreckungsrecht in Europa, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit, 2004, S 232.

2. Grundsätze der internationalen Zwangsvollstreckung Eine grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung gibt es (derzeit noch) nicht. 2 Weder vollstreckt ein ausländischer Staat unmittelbar auf Ersuchen eines deutschen Gerichts einen deutschen Titel, noch vollstreckt ein deutsches Vollstreckungsorgan einen ausländischen Titel, wie es in § 791 ZPO vorausgesetzt wird. Erst recht gibt es grundsätzlich keine Anordnung von Vollstreckungsmaßnahmen in einem Staat, die ein anderer Staat ausführt. Die internationale Zwangsvollstreckung wird danach von folgenden Grund- 3 sätzen beherrscht: Territorialitätsgrundsatz. Jeder Staat kann (derzeit) Zwangsmaßnahmen nur innerhalb seines eigenen Staatsgebiets anordnen und durchsetzen.1 Bei international operierenden Schuldnern findet eine internationale Koordination nicht statt. Lex fori-Prinzip: Aufgrund seiner Hoheitsgewalt legt jeder Staat selbst fest, 4 unter welchen Voraussetzungen, in welchen Formen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erfolgen und welche vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe _______________

1 Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 3200; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 213.

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(§§ 731, 767, 771, 805 ZPO) zur Verfügung stehen.2 Die Wirkungen der ausländischen Entscheidung erstrecken sich nicht auf die im Heimatstaat möglichen Vollstreckungswirkungen und -formen.3 Die ausländische Entscheidung wird vielmehr wie eine inländische vollstreckt. Das Vollstreckungsmittel des Vollstreckungsstaates (zB Offenbarungsversicherung, persönliche Haft des Schuldners) steht auch zur Verfügung, wenn der Urteilsstaat diese Art der Vollstreckung nicht kennt.4 Die Ersatzpflicht nach §§ 717, 945 ZPO tritt auch ein, wenn ein nicht rechtskräftiger ausländischer Titel im Inland vollstreckt und dann im Ursprungsstaat aufgehoben wird. Die jeweilige lex fori legt fest, ob und in welcher Weise der Gläubiger pfändbares Vermögen des Schuldners ermitteln kann.5 Die lex fori legt auch fest, welche Gegenstände pfändbar bzw unpfändbar sind6 und wie die Unpfändbarkeit geltend zu machen ist. 5 Gleichbehandlung von Inlands- und Auslandsgläubigern bzw Inlands- und Auslandsschuldnern, Art 3 I GG. Ausländer haben also den gleichen Vollstreckungsanspruch gegen den Staat wie Inländer.7 6 Soweit nicht ein Europäischer Vollstreckungstitel vorliegt, werden ausländische Titel erst nach Vollstreckbarerklärung im Inland auf der Grundlage der inländischen Vollstreckungsklausel vollstreckt. Nach deutschem und europäischem Recht wird jede anerkennungsfähige Entscheidung auch vollstreckt. Dagegen ist die Vollstreckung nach (autonomem) common law auf Urteile auf Leistung einer bestimmten Geldsumme beschränkt.8 7 Sind die formalen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt, hat der Gläubiger einen Vollstreckungsanspruch gegen den Staat. Dieser darf ihn nicht ins Ausland verweisen, weil dort die Vollstreckung einfacher oder schneller zu bewirken sei.9 8 Die materiellrechtlichen Folgen einer Inlands- oder Auslandsvollstreckung (Erfüllung; Einrede der Sicherheit) richten sich nach dem anwendbaren materiellen Recht. _______________

2 3 4 5 6 7 8 9

Kerameus RdC 264 (1997), 181, 376ff. Treibmann S 143; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 3239. Kerameus, FS G. Lüke, S 337, 340; ders, RdC 264 (1997), 181, 386. Zu Unterschieden in Europa s Prévault, FS Deutsch, S 987, 991. Vgl Prévault, FS Deutsch, S 987, 989, 992. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 3236. Airbus Industrie GIE v Patel, English High Court (Q.B.), ILPr 1996, 465. Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 3242.

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Einführung

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3. Inlandsvollstreckung gegen Ausländer Nach dem Lex fori-Prinzip erfolgt die Zwangsvollstreckung gegen Ausländer 9 im Inland nach den gleichen Grundsätzen wie gegen Inländer. Allerdings leben ausländische Eheleute nach Art 15, 14 EGBGB ggf in einem Güterstand nach ausländischem Heimatrecht. Da das deutsche Zwangsvollstreckungsrecht nur auf Güterstände des BGB abstellt, ist nach den Grundsätzen der Substitution (s o § 1 Rz 49) zu entscheiden, welche Regeln bei der Vollstreckung gegen Vermögen von Ehegatten, das fremdem Güterrecht untersteht, anzuwenden ist.10 Die Besitzvermutung nach § 739 ZPO iVm § 1362 BGB gilt auch für aus- 10 ländische Eheleute, da sie unabhängig vom Güterstand anwendbar ist.11 Besteht ein Güterstand, der gemeinschaftliches Eigentum mit uU gemeinsa- 11 mer Verwaltung vorsieht, ist im Wege der Anpassung bzw Substitution analog den §§ 740, 741 ZPO zu entscheiden, ob es eines Leistungstitels gegen einen oder beide Ehegatten oder eines Leistungstitels gegen den einen und eines Duldungstitels gegen den anderen bedarf.12 Der ausländische Güterstand entscheidet auch, ob an einem Grundstück Miteigentum der Ehegatten zu Bruchteilen besteht, in das selbständig vollstreckt werden kann, oder ob das Grundstück nur insgesamt verwertet werden kann (vgl §§ 860, 864 II ZPO). Ob das eine oder andere vorliegt, ist im Wege funktionaler Äquivalenz zu entscheiden. Danach ist etwa die italienische comunione legale insoweit nicht einer deutschen Gütergemeinschaft gleichzustellen, vielmehr ist eine Vollstreckung in den Gesamtgutanteil des einzelnen Ehegatten nach § 867 ZPO zulässig.13 4. Vollstreckung von Fremdwährungsverbindlichkeiten Zahlungsansprüche in ausländischer Währung sind ebenso zu vollstrecken 12 wie solche, die auf inländische Währung lauten.14 Auch ein Valutagläubiger kann daher direkt in körperliche Sachen und Forderungen pfänden. Der Erlös fällt stets in inländischer Währung an und ist dann entsprechend dem Wech_______________

10 Mansel, FS W. Lorenz, S 689, 707. 11 Stein/Jonas/Münzberg, 22. Aufl, § 739 Rz 12; MüKo/Heßler, 2. Aufl 2000, § 739 Rz 22f. 12 BGH NJW-RR 1998, 1377 = WM 1998, 1591 (Gütergemeinschaft niederländischen Rechts) (dazu Anm Rauscher WuB VI E. § 740 ZPO 1.98); AG Menden FamRZ 2006, 1471 (Gütergemeinschaft italienischen Rechts); Mansel, FS W. Lorenz, S 689, 709ff; Rauscher Rpfleger 1988, 89. 13 Mansel, FS W. Lorenz, S 689, 712f; aA Rauscher Rpfleger 1988, 90, 93. 14 Vgl Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, 1999, S 724ff; Schefold § 115 Rz 375ff.

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Internationale Zwangsvollstreckung

selkurs zZ der Zahlung auf die Forderung zu verrechnen.15 Eine unmittelbare Befriedigung in ausländischer Währung findet nur statt, wenn der Gerichtsvollzieher im Einzelfall ausländische Zahlungsmittel pfändet und gemäß § 815 ZPO direkt an den Gläubiger abliefert. Soll wegen einer Fremdwährungsforderung eine Zwangshypothek in ein inländisches Grundbuch eingetragen werden, so kann die Forderung der Währung eines EU- bzw EWRStaates eingetragen werden, soweit dies durch Rechtsverordnung zugelassen worden ist (§ 28 GBO).16 Bei anderen Währungen ist eine Höchstbetragshypothek mit einem Höchstbetrag in Euro einzutragen.17 Bei einer Zwangsverwaltung ist § 158a ZVG zu beachten: Wiederkehrende Leistungen werden danach stets in inländischer Währung erbracht.

II. Voraussetzungen der internationalen Zwangsvollstreckung 1. Vollstreckbarerklärung des ausländischen Titels im Inland 13 Vor Beginn einer Inlandsvollstreckung ist der ausländische Titel im Inland grundsätzlich für vollstreckbar zu erklären. Voraussetzung dafür ist stets, dass er im Inland anzuerkennen ist. Vgl § 723 II 2 ZPO; Art 33, 45 I EuGVO bzw Art 34 II LugÜ; Art 5 HUVÜ 1973; Art 2 HUVÜ 1958; Art 21, 31 II EheGVO; Art 7ff Sorgerechtsübereinkommen 1980. 14 ZPO, EuGVO bzw LugÜ und EheGVO regeln die Anerkennung als Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung; die Unterhaltsübereinkommen und das Sorgerechtsübereinkommen sehen die Anerkennungsvoraussetzungen als unmittelbare Voraussetzungen der Vollstreckbarerklärung vor. In jedem Fall wird die Anerkennungsfähigkeit im Verfahren der Vollstreckbarerklärung inzident geprüft. Eine selbständige Anerkennung ist zulässig (nach § 256 ZPO bzw Art 33 II EuGVO bzw Art 26 II LugÜ und Art 21 III EheGVO, aber keine Voraussetzung der Vollstreckbarerklärung). 2. Europäischer Vollstreckungstitel 15 Die Vollstreckbarerklärung entfällt für Europäische Vollstreckungstitel oder gleichgestellte Titel. Nach der VO (EG) Nr 805/2004 v 21.4.200418 können Titel über unbestrittene Forderungen im Ursprungsstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt werden (Art 6 EuVTVO). Ist dies geschehen, ist der Titel anzuerkennen und ohne Vollstreckbarerklärung in den anderen EUMitgliedsstaaten (außer Dänemark) zu vollstrecken (Art 5 EuVTVO). _______________

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Schefold § 115 Rz 383, 396. Grothe, Fremdwährungsverbindlichkeiten, S 436ff, 442ff. Schefold § 115 Rz 384. ABl EG Nr L 143/15.

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Auch der Europäische Zahlungsbefehl, der in Kürze eingeführt werden soll,19 ist, sobald er im Ursprungsstaat vollstreckbar ist, ohne weitere Vollstreckbarerklärung auch in den anderen Mitgliedsstaaten zu vollstrecken (Art 19 EuMahnVO). Schließlich werden Entscheidungen eines EU-Mitgliedsstaates (ohne Dänemark) über das Umgangsrecht und über die Rückgabe eines (entführten) Kindes nach Art 41, 42 EheGVO in den anderen Mitgliedsstaaten anerkannt und ohne Vollstreckbarerklärung vollstreckt, wenn das Gericht des Ursprungsstaates darüber eine „Bescheinigung über das Umgangsrecht“ bzw eine „Bescheinigung über die Rückgabe des Kindes“ ausgestellt hat. Nach dem Aktionsplan des Rates soll das Exequaturverfahren innerhalb der EU schrittweise weiter beseitigt und schließlich ganz abgeschafft werden.20 3. Keine Vollstreckungsimmunität Die Vollstreckung darf in keinem Fall die Immunität eines ausländischen 16 Staates oder einer internationalen Organisation, insb. die Wahrnehmung der diplomatischen oder konsularischen Aufgaben beeinträchtigen. Aus dem Abschluss einer Schiedsvereinbarung folgt nicht, dass der ausländische Staat einen Verzicht auf seine Vollstreckungsimmunität erklärt hätte.21 Das Fehlen von Vollstreckungsimmunität folgt auch nicht aus dem Abschluss eines Prozessvergleichs, der Verpflichtung in vollstreckbarer Urkunde oder aus einer gerichtlichen Entscheidung, die „vollstreckbar“ ist.22 Die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten einer diplomatischen Mission und eines Konsulats sind zu beachten, vgl Art 22, 24, 27, 30 WÜD und Art 31, 33, 35 WÜK.23 Aus einem allgemeinen Immunitätsverzicht in Bedingungen einer Staatsanleihe folgt kein Verzicht auf die Vollstreckungsimmunität diplomatisch geschützter Botschaftsgrundstücke oder Botschaftskonten.24 Im Rahmen des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität von 17 1972 (s o § 2 Rz 18) ist eine Vollstreckung gegen den ausländischen Staat (in Deutschland auch gegen die Länder) stets unzulässig. Der Staat ist aber nach Art 20 des Übereinkommens verpflichtet, eine rechtskräftige Entscheidung zu erfüllen, sofern nicht eines der üblichen Anerkennungshindernisse vor-

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Vorschlag für eine VO v 7.2.2006, KOM (2006) 57 endgültig. Vgl ABl EG Nr C 12/1 v 15.1.2001. BGH (4.10.2005, VII ZB 08/05) SchiedsVZ 2006, 44, 46f (Raeschke-Kessler). AA Weller Rpfleger 2006, 364, 366. Vgl G. Walter, Waseda-FS, 771. Vgl KG NJOZ 2004, 3382.

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liegt. Nach Art 21 kann er auf Feststellung seiner Erfüllungspflicht verklagt werden.25 18 Die Zwangsvollstreckung aus einem privatrechtlichen Titel gegen einen ausländischen Staat ist (außerhalb des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität) nur in Gegenstände zulässig, die im Gerichtsstaat belegen sind und nicht hoheitlichen Zwecken dienen.26 Eine Vollstreckung in öffentlichrechtliche Gebührenansprüche aus der Einräumung von Überflugrechten,27 Ansprüche auf Rückerstattung von Umsatzsteuer28 oder in Auszahlungsbeträge aus Anleihen ist daher unzulässig, wenn diese Beträge hoheitlichen Zwecken (wie Währungssicherung oder Haushaltssanierung) dienen.29 Auch eine Pfändung in zweckgebundene Förderungsmittel der EGKommission ist unzulässig.30 Mit dieser Linie ist es kaum vereinbar, dass untere griechische Gerichte die Versteigerung des Grundstücks des Goetheinstituts in Athen zur Befriedigung eines Titels über SS-Opfer-Entschädigung zunächst zugelassen hatten. 19 Im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung genießt der ausländische Staat keine Vollstreckungsimmunität. Zulässig ist daher die Pfändung in Zentralbankkonten, die ein Staatsunternehmen eines ausländischen Staates im Inland unterhält, wenn das Guthaben aus nichthoheitlicher Tätigkeit des Unternehmens entstanden ist, und zwar auch dann, wenn das Guthaben staatsintern zur Verwendung im Staatshaushalt bestimmt ist.31 Ausländische Staatsbanken selbst genießen als Wirtschaftsunternehmen in Deutschland grundsätzlich keine Vollstreckungsimmunität. Art 92 Nr 11 Schweizer SchKG ordnet freilich an, dass Vermögenswerte einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen, unpfändbar sind.32 Nach Eintritt der Staatsinsolvenz kann der ausländische Staat eine Vollstreckung ggf unter Berufung auf völkerrechtlichen Notstand abwehren.33 Die französische Cour de Cassation hat aus der Vereinbarung einer ICCSchiedsklausel, in der sich die Partei verpflichtet, den Schiedsspruch zu er-

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25 Vgl Kronke IPRax 1991, 141, 145f; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, 1995, S 160f. 26 Vgl BVerfGE 46, 342 = NJW 1978, 485 (dazu Bleckmann S 1092) = RIW 1978, 122 (Seidl-Hohenveldern); BGH (4.10.2005 – VII ZB 8/05) SchiedsVZ 2006, 44; OLG Frankfurt IPRax 1999, 247, 249. 27 BGH RIW 2006, 60 = SchiedsVZ 2006, 47 (Raeschke-Kessler) = NJW-RR 2006, 198. 28 KG IPRax 2006, 164 (dazu Fassbender S 129); vgl Weller Rpfleger 2006, 364, 369. 29 LG Frankfurt a.M. RIW 2001, 308. 30 EuGH NJW 2001, 3109. 31 Vgl BVerfGE 64, 1 = NJW 1983, 2766. 32 Vgl Walter, IZPR der Schweiz, 3. Aufl, S 78. 33 LG Frankfurt JZ 2003, 1010 (Reimisch).

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füllen, abgeleitet, dass der betreffende Staat insoweit auf Vollstreckungsimmunität verzichtet.34 Nach Ansicht des OLG Köln soll die diplomatische Vollstreckungsimmunität einer Eintragung einer nur sichernden Arresthypothek nicht entgegenstehen.35 Aber diese Ansicht ist mit Art 22 III WÜB nicht vereinbar. Handelsschiffe unterliegen der Vollstreckung in Zivilsachen durch einen 20 Küstenstaat nur wegen Verbindlichkeiten, die für das Schiff selbst oder wegen seiner Durchfahrt im Küstenstaat entstanden sind (Art 28 II SeerechtsÜ).36 Kriegsschiffe und Staatsschiffe, die nicht dem Handel dienen, sind dagegen grundsätzlich immun (Art 32 SeerechtsÜ). Gegen ein Mitglied einer NATO-Truppe oder eines zivilen Gefolges darf 21 nach Art VIII NATO-Truppenstatut nicht wegen eines Anspruchs aus einer dienstlichen Angelegenheit vollstreckt werden. Wegen außerdienstlicher Ansprüche ist eine Vollstreckung dagegen zulässig.37 Das Vollstreckungsorgan hat die Vollstreckungsimmunität selbständig zu 22 prüfen; an die Auffassung des Gerichts im Erkenntnisverfahren ist es nicht gebunden.38 4. Inlandswirkung der Vollstreckung im Ausland Ausländische Vollstreckungsakte sind keine nach § 328 ZPO anzuerkennen- 23 de Entscheidungen; ein etwa erforderlicher Vollzug im Inland findet daher nicht statt. Eine im Ausland ausgebrachte Lohnpfändung soll nach hM keine Wirkung gegenüber dem inländischen Lohnanspruch eines in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers39 haben (s aber u Rz 66ff). Dagegen sind die schuld- und sachenrechtlichen Wirkungen wirksamer Ho- 24 heitsakte des Vollstreckungsstaates auch in anderen Staaten anzuerkennen (s u Rz 30, 65), sofern sie nicht dem ordre public des Anerkennungsstaates widersprechen.40 Insoweit verhält es sich wie bei der Anerkennung von Enteignungen.

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34 Cour de Cass (6.7.2000) JDI 2000, 1054 (Creighton v Etat du Quatar); krit Kröll IPRax 2002, 439, 443. 35 OLG Köln IPRax 2006, 170 (krit dazu Fassbender S 133). 36 BGBl 1994 II, 1811. 37 Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl 2005, Rz 46. 38 Walter, FS Waseda Universität, S 771, 785. 39 BAG ZIP 1996, 2031 = IPRax 1997, 335 (krit. dazu Schack S 318) = NZA 1997, 334. 40 Vgl Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen, 1995, S 103.

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III. Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung 25 Für Rechtsbehelfe und Klagen gegen ein Vollstreckungsverfahren sind ausschließlich die Gerichte des Staates zuständig, in dem das Verfahren anhängig ist. Art 22 EuGVO bzw Art 16 Nr 5 LugÜ ordnet dies ausdrücklich an. Im deutschen Recht gehören hierher die Erinnerung (§ 766 ZPO), Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) und Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO). Gläubigeranfechtung41 und Abänderungsklage (§ 323 ZPO) gehören nicht hierher. Auch Schadenersatz wegen ungerechtfertigter Vollstreckung (§ 717 ZPO) fällt nicht unter Art 22 Nr 5 EuGVO bzw Art 16 Nr 5 LugÜ.42 26 Das auf Vollstreckungsabwehrklage im Ursprungsstaat ergehende Urteil hat keine unmittelbare Auswirkung auf die Vollstreckbarkeit des Titels im Inland; die inländische Vollstreckungsabwehrklage ist parallel zulässig, kann aber analog § 148 ZPO bis zur Entscheidung im Ursprungsstaat ausgesetzt werden (s o § 12 Rz 149). 27 Wird in einem Erststaat des EuGVO- bzw LugÜ-Systems Vollstreckungsabwehrklage erhoben, so ist eine zweite Vollstreckungsabwehrklage in Deutschland gegen den für vollstreckbar erklärten Titel nach Art 27 EuGVO bzw Art 21 LugÜ unzulässig. Wird dem Titel die Vollstreckbarkeit im Erststaat genommen, so kommt lediglich eine Aufhebung der inländischen Vollstreckbarerklärung nach § 27 AVAG in Betracht.43

IV. Die einzelnen Vollstreckungsarten 1. Internationale Sachpfändung und Herausgabevollstreckung a) Sachpfändung 28 International zuständig ist nur der Staat, in dem die bewegliche oder unbewegliche Sache belegen ist. Nur dort können die Sachen weggenommen (§ 808 ZPO), Grundstücke verwertet werden. 29 Das Recht des Vollstreckungsstaates bestimmt zugleich die Vollstreckungsgrenzen (in Deutschland: §§ 811f ZPO; § 865 ZPO; § 765a ZPO).44 30 Verbringt der Schuldner eine bereits gepfändete Sache unzulässig ins Ausland, so bleibt das Pfändungspfandrecht grundsätzlich bestehen. _______________

41 EuGHE 1990, I-27 (Reichert v Dresdner Bank) = IPRax 1991, 45 (dazu Schlosser S 29); EuGHE 1992, I-2149 (Reichert v Dresdner Bank) = IPRax 1993, 26 (dazu Schlosser S 17). 42 Vgl MüKo/Gottwald Art 16 EuGVÜ Rz 38. 43 Vgl Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung, S 512ff. 44 Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 215.

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Die einzelnen Vollstreckungsarten

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b) Herausgabevollstreckung Ist eine Sache für den Auslandsgläubiger im Inland wegzunehmen oder eine 31 Wohnung im Inland zu räumen, so wird sie zunächst problemlos durch den inländischen Gerichtsvollzieher durchgeführt (§§ 883, 885 ZPO). Die bewegliche Sache hat der Gerichtsvollzieher dann dem Gläubiger bzw dessen Vertreter zu übergeben oder an die ausländische Adresse des Gläubigers auftragsgemäß zu versenden. Befindet sich die herauszugebende bewegliche Sache oder ein herauszuge- 32 bendes Kind im Vollstreckungsstaat, so kann die Herausgabevollstreckung dort problemlos betrieben werden. Umgekehrt wird etwa eine ausländische Entscheidung, die die Herausgabe 33 eines Kindes an den anderen Elternteil anordnet, nach §§ 16a, 33 FGG im Inland vollstreckt, soweit nicht § 44 IntFamRVG eingreift (s u Rz 50).45 Zweifelhaft ist dagegen, ob bei Belegenheit der Sache im Ausland oder Aus- 34 landsaufenthalt des Kindes eine Inlandsvollstreckung durchgeführt werden kann, indem die Herausgabe als unvertretbare Handlung durch Anordnung von Zwangsgeld oder Zwangshaft nach § 888 ZPO vollstreckt wird.46 Ein solches Umfunktionieren ist im Inland unzulässig47 und sollte es daher 35 auch im Verhältnis zum Ausland sein, zumal dadurch Schutzvorschriften der konkreten Herausgabevollstreckung unterlaufen werden könnten, insbesondere bei der Herausgabevollstreckung in Wohnraum. 2. Immobiliarvollstreckung gegen ausländische Schuldner Eine Hypothek über eine Forderung in ausländischer Währung ist nur im 36 Rahmen des § 28 GBO zulässig. Die Zwangsversteigerung oder Zwangsverwaltung eines Grundstücks, dessen Eigentümer seinen Wohnsitz im Ausland hat, folgt grundsätzlich den allgemeinen Regeln des ZVG. Hat der Gläubiger über ein Grundpfandrecht eine vollstreckbare Urkunde (§§ 794 I Nr 5, 800 ZPO), so kann die Einleitung der Zwangsversteigerung gleichwohl schwierig sein, weil dieser Titel dem Schuldner nach § 750 ZPO ins Ausland zuzustellen ist. Gegebenenfalls kann es sich daher empfehlen, in der Grundschuldurkunde einen Zustellungsverzicht zu vereinbaren oder den Schuldner zu verpflichten, einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.48 _______________

45 Vgl BGHZ 88, 113 = NJW 1983, 2775. 46 Dafür Schack, IZVR, 3. Aufl, Rz 968f. 47 Ebenso Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 206, Rz 57.12, 57.14. 48 Jauch ZfIR 1999, 330, 332.

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Internationale Zwangsvollstreckung

37 Zur Immobiliarvollstreckung bei ausländischem Güterstand s o Rz 11. 3. Internationale Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung a) Verpflichtung zur Abgabe einer Willenserklärung 38 Soweit die Willenserklärung mit Eintritt der Rechtskraft (wie nach deutschem Recht gemäß § 894 ZPO) als abgegeben gilt, handelt es sich dennoch um eine vereinfachte Vollstreckungswirkung. Die Vollstreckungsfiktion tritt in einem anderen Staat also nicht mit der bloßen ipso iure-Anerkennung ein, vielmehr muss die ausländische Entscheidung zuvor für vollstreckbar erklärt werden.49 Streitig ist, ob die Erklärung im Inland rückwirkend auf den Tag der im Ausland eingetretenen Rechtskraft50 oder erst mit Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung51 als abgegeben gilt. 39 Kennt das Recht des Urteilsstaates keine § 894 ZPO entsprechende Regel, sondern hält den Schuldner durch Zwangsmaßnahmen zur Abgabe der Erklärung an, so wird das Urteil im Inland doch nicht nach den Regeln über die Handlungsvollstreckung (§ 888 ZPO) vollstreckt, vielmehr gilt die Erklärung mit der rechtskräftigen Vollstreckbarerklärung im Inland als abgegeben.52 40 Ist eine Willenserklärung nach einem deutschen Titel vor einer ausländischen Behörde abzugeben, und erkennt diese die fiktive Abgabe nach § 894 ZPO nicht an, so sollte man freilich den Ausweg über die Handlungsvollstreckung nach § 888 ZPO zulassen, bevor man den Gläubiger auf Schadenersatzansprüche nach Maßgabe des anwendbaren Rechts verweist (vgl § 893 ZPO).53 b) Vollstreckung vertretbarer Handlungen 41 In nationalen Fällen kann der Gläubiger vom Prozessgericht ermächtigt werden, die Handlung auf Kosten des Schuldners vorzunehmen und zugleich kann der Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten verurteilt werden, § 887 ZPO. Gegen eine Verurteilung zu den Kosten der Ersatzvornahme bestehen auch in internationalen Fällen keine Bedenken. Dieses Kostenurteil kann nach allgemeinen Regeln im In- oder Ausland vollstreckt werden. _______________

49 So Gottwald IPRax 1991, 285, 290; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, Rz 55.50; Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl, § 72 I 2 (S 981); aA Geimer, FS Georgiades, 2005, S 489, 496. 50 Dafür Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 2006, Rz. 55.50. 51 So Treibmann S 127. 52 Vgl Zöller/Geimer § 722 Rz 9 b. 53 So Schack, IZVR, 3. Aufl, Rz 978; Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 2006, Rz 55.50.

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Auch zur Duldung der Ersatzvornahme im Ausland kann der Schuldner im 42 Inland verurteilt werden. Diese Duldung ist eine unvertretbare Handlung bzw Unterlassung und kann im Inland durch Beugezwang nach § 890 indirekt erzwungen werden, sofern die Handlung oder Unterlassung im Ausland nicht unzulässig ist.54 Lediglich die reale Duldung unter Zwangsanwendung im Ausland (durch 43 Gewaltanwendung oder Ordnungshaft) kann nur von den Vollstreckungsorganen am Ort erzwungen werden. Das deutsche Gericht kann daher den Gläubiger nicht ermächtigen, einen Wirtschaftsprüfer zu beauftragen, um in Rom beim Schuldner Auszüge aus dessen Büchern zu fertigen.55 c) Vollstreckung unvertretbarer Handlungen oder Unterlassungen Unstreitig kann der in den §§ 888, 890 ZPO vorgesehene Beugezwang zur 44 Vornahme oder Unterlassung einer Handlung gegenüber einem ausländischen Beklagten auch im Inland angeordnet und vollstreckt werden. Hierin liegt kein Übergriff in die ausländische Hoheitsgewalt.56 Zweifelhaft ist dagegen, ob das bei Zuwiderhandlung angedrohte und festge- 45 setzte Zwangsgeld auch durch Vollstreckung in Auslandsvermögen beigetrieben werden kann. Da die Zwangsgeldanordnung Vollstreckungsmaßnahme ist, scheidet nach allgemeinen Regeln ihre Durchsetzung im Ausland aus. Inwieweit hiervon Art 49 EuGVO bzw Art 43 LugÜ eine Ausnahme bildet, 46 ist streitig. Vorbild der Regelung ist Art 7 des deutsch-niederländischen Vertrages von 1962. Dieser sieht ausdrücklich vor, dass deutsche Gerichte für eine entsprechende niederländische Entscheidung eine Vollstreckungsklausel erteilen, freilich erst, wenn die tatsächlich verwirkte Zwangssumme festgesetzt worden ist. Bei der Schaffung des Art 43 EuGVÜ/LugÜ mag man an diese Regelung und die astreinte des französischen Rechts57 gedacht haben. Die Bestimmung spricht aber allgemein von „Zwangsgeld“ ohne Beschränkung auf das dem Gläubiger Zufließende. Nach einer Ansicht soll die Bestimmung auf das deutsche Zwangsgeld nicht 47 anzuwenden sein, weil es öffentlichrechtlicher Art ist, dem Justizfiskus zufließt und dieser nicht im Ausland vollstrecken dürfe.58 _______________

54 OLG Stuttgart ZZP 97 (1984), 487; Heß, Staatenimmunität bei Distanzdelikten, 1992, S 367; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 3226, 3229; aA OLG Düsseldorf NJOZ 2004, 3377, 3379 (keine Anwendung von § 888 ZPO auf vertretbare Handlungen). 55 Geimer/Schütze/Safferling Art 16 EuGVÜ Rz 27. 56 OLG Hamburg (11.5.05, 5 W 44/05); OLG Düsseldorf NJOZ 2004, 3377, 3379f; OLG Köln RIW 2003, 71; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 216. 57 Vgl E. du Rusquec, Astreintes, Juris Cl. Procédure Civile, Fasc. 2140 (1993); Kerameus, Essays in honor of A. v. Mehren, 2002, S 107. 58 So Treibmann S 156ff; Geimer/Schütze Art 43 EuGVÜ Rz 2.

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48 Die Gegenansicht hält sich an den Wortlaut der Bestimmung und verweist darauf, dass andernfalls eine Gleichbehandlung der internationalen Handlungsvollstreckung in der EG nicht gewährleistet ist.59 49 Schließlich wird die Ansicht vertreten, im Ausland sei der deutsche Titel durch eine französische astreinte-Anordnung zu ergänzen.60 d) Europäische Entscheidungen über die elterliche Verantwortung 50 Solche Entscheidungen sind im Rahmen der Art 28ff, 41f EheGVO im Inland zu vollstrecken. Vorgesehen sind aber nicht die Zwangsmittel nach § 33 FGG. § 44 IntFamRVG regelt die Voraussetzungen für die Festsetzung von Ordnungsgeld, Ordnungshaft oder für die Gewaltanwendung vielmehr eigenständig.61 Ordnungsgeld kann danach auch festgesetzt und vollstreckt werden, wenn die Handlung oder Unterlassung wegen Zeitablaufs nicht mehr durchgesetzt werden kann. e) Unterlassungsvollstreckung 51 Unterlassungsvollstreckung § 890 ZPO. Sieht man Ordnungsgeld und Ordnungshaft trotz ihres Namens nicht als Beugemittel, sondern als echte Strafen an, die nur bei Verschulden verhängt werden dürfen,62 so könnte das Zwangsgeld zwar im Fall des § 888 ZPO, nicht aber im Fall des § 890 ZPO im EG-Ausland beigetrieben werden. Eine solche Unterscheidung ist aber nicht sinnvoll. Von der dogmatischen Einordnung der Ordnungsmittel des § 890 ZPO sollte auch keine konkrete Lösung von Einzelfragen abhängen.63 Der deutsche Unterlassungstitel sollte daher im Ausland nach den dortigen Regeln, ein bereits festgesetztes deutsches Ordnungsgeld wie eine Geldforderung in Zivilsachen vollstreckt werden. f) Schadenersatz wegen Nichterfüllung 52 Bleibt die Handlungs- bzw Unterlassungsvollstreckung erfolglos, so kann dem Gläubiger ein Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung zustehen. Nach § 893 II ZPO ist dieser vor dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges _______________

59 MüKo/Gottwald, 2. Aufl, Art 43 EuGVÜ Rz 4; Kropholler Art 49 EuGVO Rz 1 (aE); Lindacher, FS Gaul, 1997, S 399, 407; Schlosser Art 49 EuGVO Rz 8. 60 So Schack, IZVR, 3. Aufl, Rz 977; vgl auch Kerameus RdC 264 (1997), 181, 394ff. 61 Vgl Gruber FamRZ 2005, 1603, 1609f. 62 So wohl Schack Rz 979. 63 So auch Rosenberg/Gaul/Schilken, 11. Aufl, § 73 III (S 993); Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 2006, Rz 55.47.

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geltend zu machen. Nach § 802 ZPO handelt es sich um einen ausschließlichen Gerichtsstand, doch gilt dies nur im nationalen Rahmen. Auf § 893 II ZPO kann daher zwar eine internationale Entscheidungszuständigkeit gestützt werden,64 doch hat diese keinen ausschließlichen Charakter.65 g) Offenbarungsversicherungen In Deutschland kommt die Offenbarungsversicherung nur bei erfolgloser 53 Mobiliarvollstreckung i.S. von § 807 ZPO und bei erfolgloser Herausgabevollstreckung nach § 883 ZPO zur Anwendung. Hat der Schuldner Vermögen im Ausland oder hat er die herauszugebende Sache ins Ausland geschafft, so muss er auch das Auslandsvermögen66 und den Verbringungsort im Ausland angeben. Schuldner der Offenbarungsversicherung kann auch eine Person mit Wohn- 54 sitz oder Sitz im Ausland sein. Die internationale Zuständigkeit für die Abnahme folgt dann einer analogen Anwendung der §§ 899, 21 ZPO.67 Offenbarungspflichtig ist bei juristischen Personen der gesetzliche Vertreter, nicht ein inländischer Generalbevollmächtigter. Auch die Ladung zur Abgabe der Versicherung muss dem gesetzlichen Vertreter zugestellt werden. Größere Bedeutung haben freezing orders (früher Mareva injunctions), die 55 die englischen Gerichte schon vorab nach Einleitung eines Hauptsacheverfahrens erlassen (s o § 15 Rz 93f). Durch einstweilige Anordnung wird hier verfügt, dass der mutmaßliche Schuldner sein in England befindliches oder gar sein weltweites Vermögen schon vor Verurteilung zur Leistung zu offenbaren und der Verfügungsbefugnis eines Zwangsverwalters (receivers) bis zur Entscheidung über die Leistungsklage zu unterstellen habe.68 Völkerrechtlich ist gegen solche Anordnungen nichts einzuwenden.69

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Immer noch streitig ist die Frage, ob solche Anordnungen über Art 32, 38ff 57 EuGVO bzw Art 25, 31ff LugÜ auch im Inland zu vollstrecken und die Befugnisse des receivers im Inland anzuerkennen sind. Auch wenn eine solche Vollstreckung über den üblichen Inlandsrechtsschutz hinausgeht, so beste_______________

64 BGH NJW 1997, 2245. 65 G. Vollkommer IPRax 1997, 323, 325; Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl, IZPR, Rz 40; Geimer, IZPR, 5. Aufl, Rz 877, 1283; aA BGH NJW 1997, 2245. 66 Heß Rpfleger 1996, 89, 91; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl, § 807 Rz 19; Schlosser RdC 284 (2000), 155. 67 LG Zwickau IPRax 1996, 193 (dazu Rauscher S 179); Heß Rpfleger 1996, 89f; Soergel/Kronke Art 38 Anh Rz 214. 68 Vgl Republic of Haiti v Duvalier (1989) 2 WLR 261; Derby & Co. Ltd. v Weldon (1989) 2 WLR 412. 69 Vgl Schlosser, FS W. Lorenz, 1991, S 497, 503f.

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hen dagegen doch keine Bedenken. Deshalb sind auch solche englische Anordnungen anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären.70 4. Internationale Forderungspfändung a) Belegenheit der Forderung im Inland 58 Nach dem Territorialitätsgrundsatz kann nur eine im Inland belegene Forderung gepfändet werden. Belegenheit einer Forderung ist freilich nur fiktiv durch rechtliche Anordnung festzulegen. § 23 S 2 ZPO ordnet an, dass Forderungen am Wohnsitz des Forderungsschuldners71 oder am Ort einer Realsicherheit belegen sind. 59 Hinzu tritt die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts nach § 828 II ZPO: (1) am allgemeinen Gerichtsstand des Schuldners im Inland, (2) am Ort von Inlandsvermögen des Schuldners. Hieraus folgt: 60 Haben Schuldner und Drittschuldner Wohnsitz/Sitz im Inland, so kann der Auslandsgläubiger problemlos pfänden. 61 Problemlos ist auch der Fall, dass der Schuldner Wohnsitz/Sitz im Ausland hat, der Drittschuldner aber Wohnsitz/Sitz im Inland. Denn dann ist das Vollstreckungsgericht am Sitz des Drittschuldners für den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zuständig.72 Die Inlandszustellung an den Drittschuldner ist problemlos. Nach § 829 II 4 ZPO kann die Auslandszustellung an den Schuldner durch eine Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 184 I 2 ZPO) ersetzt werden.73 Nach dem Entwurf des 2. Justizmodernisierungsgesetzes soll die Aufgabe zur Post ganz an die Stelle der Zustellung an den Schuldner im Ausland treten (E § 845 I 4 ZPO). Werden Bankguthaben des Schuldners bei einer Bank mit Sitz im Inland gepfändet, so soll sich die Beschlagnahmewirkung auf das Inland beschränken und nicht Konten bei einer Zweigniederlassung im Ausland erfassen.74 Auf das Forderungsstatut selbst kommt es nicht an. 62 Ist Drittschuldner eine inländische Dienststelle oder Zahlstelle eines ausländischen Staates, so ist der Erlass eines Zahlungsverbotes ausgeschlossen. Der Drittschuldner kann nur formlos ersucht werden, den gepfändeten _______________

70 OLG Karlsruhe ZZPInt. 1996, 91 m Anm Zuckerman/Grunert. 71 Ebenso in England: Kaye JBl 1989, 449f. 72 OLG Saarbrücken IPRax 2001, 456 (krit. E. Jestaedt S 438: Verstoß gegen Art 3 II EuGVÜ). 73 Vgl Hornung DGVZ 2004, 85, 87. 74 Vgl Kuwait Oil Tanker Corp v Quabazad [2003] I.L.Pr. 45 (H.L.); Zondler AJP/PJA 2005, 573.

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Betrag der anerkannten Forderung bei der im Ersuchen genannten Stelle zu hinterlegen; so bei Lohnpfändungen gegen Mitglieder von NATO-Truppen, Art 35 lit b ZANTS75 (s o § 2 Rz 103). Die Pfändung ist aber nur zulässig, soweit eine Lohnpfändung nach dem Recht des Drittschuldners zulässig ist. Allerdings gibt es Staaten, die die Forderungsbelegenheit anders festlegen, 63 etwa nach dem Wohnsitz des Schuldners (so bis vor kurzem die Schweiz; anders jetzt Art 167 III schweiz. IPRG 1987 für Forderungen des Gemeinschuldners). Wird die Forderung in solchen Fällen doppelt gepfändet, so ist grundsätzlich 64 vom Prioritätsprinzip auszugehen. Gegenüber der nachrangigen Pfändung hat der Drittschuldner ein Leistungsverweigerungsrecht.76 Hat er bereits auf die erste Pfändung hin geleistet, ist er frei geworden. Zulässig muss es auch sein, dass der Drittschuldner in solchen Fällen die Forderung für die beteiligten Pfändungsgläubiger nach § 372 BGB hinterlegt.77 International zweifelhaft ist, ob der Drittschuldner sich trotz vorrangiger 65 Pfändung auf eine zeitlich nachfolgende zwangsweise Tilgung seiner Forderung im Ausland berufen kann, die er nicht verhindern kann. Das Reichsgericht78 hat die Frage verneint. Dagegen hob das englische House of Lords sogar einen vorrangigen garnishee order auf, nachdem der Drittschuldner, die Shell International, nachwies, dass der Schuldner, die National RAK-Oil, gegen ihn in Ras Al Khaimah unabwendbar vollstrecken werde.79 Hat der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, der Dritt- 66 schuldner Wohnsitz/Sitz dagegen im Ausland, so ist streitig, ob eine Forderungspfändung im Inland zulässig ist. Nach § 828 II, 1. Fall ZPO kann ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss 67 ergehen, weil der Schuldner im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Manche meinen, da sich die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner richte, liege in der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegenüber dem Drittschuldner keine hoheitliche Maßnahme; dem Drittschuldner werde lediglich mitgeteilt, dass er aufgrund der Pfändung nicht mehr befreiend an den Schuldner leisten könne.80 _______________

75 Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl 2005, Rz 47ff. 76 Vgl RGZ 36, 355; krit. Gronstedt, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz, 1994, S 106ff. 77 BGH IPRax 1985, 154; krit. Gronstedt, Grenzüberschreitender einstweiliger Rechtsschutz, 1994, S 112. 78 RGZ 77, 250. 79 Deutsche Schachtbau- und Tiefbaugesellschaft v Shell International, ILM 27 (1988), 1032. 80 Schack 4. Aufl, Rz 982; Geimer IZPR, 5. Aufl, Rz 408, 408b und Rz 612; Soergel/ Kronke Art 38 Anh Rz 214.

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68 In dem Erlass und der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ins Ausland liegt kein völkerrechtswidriger Akt. Freilich ist die Ansicht, der Drittschuldner werde lediglich von bereits eingetretenen Rechtswirkungen zu seinem Schutz benachrichtigt, mit § 829 III ZPO nicht vereinbar. Denn erst die Zustellung an ihn hat nach deutschem Recht pfandrechtsbegründende Wirkung. Es ist deshalb Sache des Auslandes, ob es bei der Perfektion eines deutschen Hoheitsaktes mitwirkt oder nicht.81 Häufig verweigert das Ausland diese Mitwirkung. Tatsächlich sieht Art 13 I HZustÜ 1965 ebenso wie Art 4 HZÜ 1954 vor, dass der ersuchte Staat die Zustellung ablehnen darf, wenn er sie für geeignet hält, seine Hoheitsrechte zu gefährden. Nach einer Änderung der §§ 28, 59 ZRHO v 23.3.1999 lassen die Landesjustizverwaltungen die Auslandszustellung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen an ausländische Drittschuldner aber zu. Es hängt dann von der Kooperationsbereitschaft des Empfängerstaates ab, ob die Forderungspfändung mit der Zustellung an den ausländischen Drittschuldner wirksam wird. Im Verhältnis zu Österreich soll diese Bereitschaft jedenfalls gegeben sein.82 In England hält man den Erlass einer garnishee order in Bezug auf eine „foreign debt“ zwar für zulässig, sieht aber vom Erlass ab, wenn der Drittschuldner sonst in die Gefahr gerät, doppelt zahlen zu müssen.83 69 Ein Ausweichen auf eine öffentliche Zustellung nach § 185 Nr 2 ZPO, eine fiktive Inlandszustellung durch Aufgabe zur Post (§ 184 I 2 ZPO) oder eine formlose Briefzusendung sind unzulässig. 70 Dagegen meint Schack,84 an die Stelle der vom Ausland verweigerten Mitwirkung für die förmliche Zustellung könne eine Zustellung per Einschreiben mit Rückschein unter Anwendung von § 185 Nr 2 ZPO treten. Eine solche Zustellung ist nach Art 10 (a) HZustÜ 1965 zulässig, sofern der Empfangsstaat dem nicht, wie Deutschland, widersprochen hat. 71 Die Inlandspfändung einer Forderung gegen einen ausländischen Drittschuldner ist danach in folgenden Fällen möglich: (1) Der Drittschuldner hält sich im Inland auf, so dass eine Inlandszustellung an ihn nach § 177 ZPO zulässig ist. (2) Das Unternehmen des Drittschuldners unterhält im Inland eine unselbständige Zweigniederlassung und die Forderung hat Bezug zu dieser Nieder_______________

81 Vgl Schima, FS Dölle, S 341, 348f; Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl 2005, Rz 39; Hök Rev.crit. 2006, 301. 82 Vgl Gottwald IPRax 1999, 395, 396. 83 Kuwait Oil Tanker Co. v Qabazard, English High Court [2001] ILPr 719; strenger das H.L. [2003] ILPr 45; vgl Mack IPRax 2005, 553, 557. 84 IZVR Rz 983.

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lassung. Dass eine Pfändung im Ausland gegenüber der Hauptniederlassung in diesen Fällen keine Inlandswirkung haben soll,85 ist kaum begründbar. (3) Es wird eine dinglich gesicherte Forderung gepfändet, bei der die dingliche Sicherung im Inland belegen ist. Nach hM bedarf es hier etwa bei der Pfändung einer Hypothekenforderung grundsätzlich überhaupt keiner Zustellung an den Drittschuldner.86 (4) Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird innerhalb der EU unmittelbar durch die Post per Einschreiben mit Rückschein zugestellt (Art 14 EuZustVO; § 183 I Nr 1 ZPO). (5) Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wird auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichts durch die Behörden des ersuchten Staates oder die deutsche diplomatische oder konsularische Vertretung zugestellt (§ 183 I Nr 2 ZPO). (6) Hat der Drittschuldner lediglich sonstiges vollstreckungsfähiges Vermögen im Inland, so scheidet de lege lata der Erlass eines deutschen Pfändungsbeschlusses aus.87 b) Pfändung einer im Ausland zahlbaren Forderung bei der inländischen Niederlassung einer Bank? Da die juristische Person und ihre inländische Zweigniederlassung eine Ein- 72 heit bilden, kann die Forderung danach sowohl im Inland wie im Ausland gepfändet werden. Vorrang hat die zeitliche frühere Pfändung mit den Wirkungen der jeweiligen lex fori.88 In der Praxis wird aber im Auslandsgeschäft meist ein ausschließlicher Ge- 73 richtsstand am Zahlungsort vereinbart. Zwischen Kaufleuten ist eine solche Gerichtsstandsvereinbarung nach deutschem autonomem Recht gültig (§ 38 I ZPO; im Rahmen von Art 23 EuGVO bzw Art 17 LugÜ ist sie stets zu beachten. Eine solche Vereinbarung hindert zunächst die Pfändung als solche nicht. Der Pfändungsgläubiger kann aber nach Pfändung und Überweisung nur die Rechte des Schuldners geltend machen (§ 836 ZPO). Er kann den Drittschuldner daher (vorbehaltlich einer rügelosen Einlassung) nicht im Inland, sondern nur am vereinbarten Gerichtsstand im Ausland auf Leistung verklagen. Eine gesetzliche Prozessstandschaft aufgrund eines inländischen Überweisungsbeschlusses wird im Ausland aber als Akt der Zwangsvollstre_______________

85 So aber BAG ZIP 1996, 2031, 2033f = IPRax 1997, 335 (dazu ablehn. Schack S 318, 321) = NZA 1997, 334. 86 Vgl Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl, Rz 1810. 87 Schack IPRax 1997, 318, 321. 88 OLG Hamburg NiemZ 1902, 271; Schack IPRax 1997, 318, 321.

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ckung idR nicht anerkannt.89 Diese Möglichkeit ist daher praktisch meist verschlossen. c) Grenzüberschreitende Lohn- und Kontenpfändung in der EU 74 Der Vorschlag einer Verordnung für die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen … vom 15.12.200590 sieht in E Art 34 Folgendes vor: „(1) Auf Antrag des Unterhaltsberechtigten kann das Erstgericht eine automatische monatliche Pfändung anordnen, die an den Arbeitgeber des Unterhaltspflichtigen oder eine Bank in einem anderen Mitgliedsstaat gerichtet ist, bei der der Unterhaltspflichtige ein Konto unterhält. Die Pfändungsanordnung ist im Vollstreckungsstaat ebenso wie die Unterhaltsentscheidung gemäß den Artikeln 25 und 26 vollstreckbar. … (4) Das Erstgericht bringt die Pfändungsanordnung folgenden Personen per Einschreiben mit Rückschein zur Kenntnis: a) dem Arbeitgeber des Unterhaltspflichtigen oder einer Bank, bei der der Unterhaltspflichtige ein Girokonto unterhält, sowie b) spätestens fünf Tage danach dem Unterhaltspflichtigen zusammen mit der Entscheidung des Erstgerichts unter Belehrung gemäß dem Muster in Anlage III a dieser Verordnung. (5) Unmittelbar nach Zustellung der Pfändungsanordnung nimmt der Empfänger die erste Pfändung vor. Erweist sich die Pfändung als vollkommen unmöglich, setzt er das Erstgericht spätestens binnen dreißig Tagen nach Eingang der Anordnung oder nach der letzten Pfändung hiervon in Kenntnis. (6) Ein Unterhaltspflichtiger, gegen den eine Pfändungsanordnung ergangen ist, unterrichtet den Unterhaltsberechtigten und das Erstgericht über jeden Arbeitgeber- oder Kontowechsel.“

Die Art 25 und 26 sehen vor, dass eine als Europäischer Titel bestätigte Unterhaltsentscheidung ohne Vollstreckbarerklärung in allen EU-Mitgliedsstaaten vollstreckbar ist. Gleiches soll also auch für die Pfändungsanordnung gelten. Nach dem Formblatt „Anordnung monatlicher Pfändungen“ in Anlage III des Vorschlags ordnet das Gericht die Einziehung eines bestimmten monatlichen Betrages vom Gehalt oder vom Bankkonto des Unterhaltspflichtigen an. Unklar bleibt danach, was der Empfänger (Arbeitgeber oder Bank) nach Abs 5 tun soll, um die erste Pfändung vorzunehmen. Gemeint ist wohl, dass der gepfändete Betrag abzuführen ist. _______________

89 Schack Rz 986. 90 KOM (2005) 649 endgültig; vgl Heß JZ 2001, 573, 579; ders, Study …, S 91ff.

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Der Unterhaltsschuldner wird per Formblatt belehrt, dass er eine Überprü- 75 fung der Entscheidung des Erstgerichts beantragen kann, wenn er das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht erhalten hat oder ohne Verschulden gehindert war, die Unterhaltsforderung zu bestreiten. Außerdem wird er darüber belehrt, dass er gegen die Vollstreckung nach Art 33 des Vorschlags vorgehen kann. Art 33 sieht aber nicht vor, dass der Schuldner eine Überschreitung der Pfändungsfreigrenzen rügen kann. Nach Art 32 II des Vorschlags kann die zuständige Behörde des Vollstreckungsmitgliedsstaats allerdings „von sich aus beschließen, die Vollstreckung der Entscheidung des Erstgerichts auf einen Teil der Unterhaltsforderung zu beschränken, wenn die vollständige Vollstreckung nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedsstaats einen Eingriff in den unpfändbaren Teil des Vermögens des Unterhaltspflichtigen zur Folge hätte.“

Die Wirkungsweise dieser Regelung im deutschen Recht bleibt unklar, da das deutsche Vollstreckungsgericht ja mit einer grenzüberschreitenden Lohnoder Kontenpfändung gar nicht befasst wird und dem Unterhaltsschuldner kein Recht eingeräumt wird, die Pfändungsfreigrenzen per Erinnerung geltend zu machen. Der Vorschlag soll zum 1.1.2008 in Kraft treten. Er sieht in begrüßenswerterweise die Möglichkeit vor, dass Unterhaltsforderungen grenzüberschreitend gepfändet werden können. Unzureichend ist an dem Vorschlag aber bisher geregelt, wie das Erstgericht die Pfändungsfreigrenzen im Vollstreckungsstaat beachtet bzw wie der Schuldner (oder auch der Arbeitgeber) diese Grenzen gegenüber einer auf eine bestimmte Geldsumme lautenden Pfändungsanordnung geltend machen kann.91 Unklar ist auch Art 36 des Vorschlags. Danach haben Unterhaltsforderungen 76 Vorrang vor allen anderen Forderungen gegen den Unterhaltspflichtigen einschließlich Forderungen aus Vollstreckungskosten. Ob die Regelung nur eine Konkurrenz von Pfändungsgläubigern regelt oder auch eine relative Unwirksamkeit von Vorausabtretungen der entsprechenden Lohnforderung anordnen will, lässt sich nicht sagen. Über die grenzüberschreitende Pfändung hinaus sieht Art 35 des Vorschlags 77 zusätzlich die Anordnung einer vorübergehenden Kontensperrung durch das Gericht des Mitgliedsstaats, das in der Hauptsache entschieden hat, auf Antrag des Unterhaltsberechtigten vor. Nach dem Formblatt in Anlage IV ordnet das Gericht an, „dass auf dem Konto von … jede Bewegung untersagt [wird], die zur Folge hätte, dass das Habensaldo des Kontos weniger als … beträgt“. _______________

91 Krit. Gottwald FS Lindacher, 2007.

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Diese Anordnung soll wirkungslos werden, sobald das Gericht sie aufhebt, spätestens jedoch sobald eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen ist. Auf Antrag des Berechtigten kann sie auch durch eine monatliche Pfändungsanordnung ersetzt werden. Die Kommission plant darüber hinaus eine allgemeine, europaweit zulässige vorläufige Kontenpfändung, eventuell durch Einführung eines „Europäischen Pfändungsbeschlusses“.92 d) Freezing Injunction 78 Die Schwierigkeiten, die sich bei der Forderungspfändung ergeben, wenn eine Zwangswirkung im Ausland eintreten soll, vermeidet das englische Recht, indem es ein lediglich gegen den Schuldner persönlich wirkendes Einziehungsverbot auch für seine Auslandsforderungen erlässt (Worldwide Freezing Injunction) (s o Rz 55).93 Im Fall Duvalier wurde die Anordnung sogar erlassen, obgleich der Hauptprozess der Regierung von Haiti gegen Duvalier auf Rückerstattung veruntreuten Vermögens in Frankreich anhängig war. 79 Verbunden wird das Verfügungsverbot regelmäßig mit dem Gebot, jede Verschiebung von Vermögenswerten über Ländergrenzen zu unterlassen und zugleich Auskunft über Natur, Belegenheit und Wert des Vermögens zu geben.94 e) Unpfändbarkeit der Forderung 80 Soweit eine Forderungspfändung danach möglich ist, ist konkret zu beachten, inwieweit die Forderung unpfändbar ist. Die Unpfändbarkeit kann sich bereits aus den Regeln über die Vollstreckungsimmunität des ausländischen Staates ergeben (s o Rz 16ff).95 Bei der Inlandspfändung gilt der Sozialschutz nach den §§ 850ff ZPO unabhängig vom Forderungsstatut; eine Kumulation empfiehlt sich schon aus praktischen Gründen nicht. 81 Eine Forderung ist aber auch unpfändbar, soweit sie nicht abtretbar ist (§ 851 ZPO). Die Nichtabtretbarkeit kann sich aus dem Forderungsstatut ergeben. Sie ist auch vom Vollstreckungsstaat zu beachten.96 _______________

92 Vgl Grünbuch vom 24.10.2006, KOM (2006) 618. 93 Republic of Haiti v Duvalier (1989) 2 WLR 261; Derby v Weldon (1989) 2 WLR 413. 94 Schlosser, FS Lorenz, 1991, S 497, 503. 95 BGH RIW 2006, 60.

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Derartige Fragen spielen eine größere Rolle bei der Pfändung sonstiger Vermögenswerte (§ 857 ZPO). Über ihre Pfändbarkeit entscheidet das Sachstatut. f) Pfändung sonstiger Rechte Für die Pfändung sonstiger Rechte gelten die Regeln über die Forderungs- 82 pfändung entsprechend (§ 857 I ZPO). Soweit bei ihnen ein Drittschuldner fehlt, wird die Pfändung mit Zustellung an den Schuldner (§ 857 II ZPO) wirksam. Gesellschaftsanteile an einer BGB-Gesellschaft oder einer Personengesellschaft sind pfändbar (§ 859 ZPO) und am Sitz der Gesellschaft belegen. Die Mitgesellschafter sind jeweils als Drittschuldner anzusehen.97 Der Gesellschaftsanteil an einer GmbH ist ebenfalls am Sitz der Gesellschaft belegen; nach hM wird die GmbH selbst als Drittschuldnerin behandelt.98 Sieht der pfändende Staat den GmbH-Anteil jedoch als drittschuldnerloses Recht an, so ist der Anteil auch ohne Zustellung an die GmbH gepfändet.99 Aktien und andere Wertpapiere sind dagegen wie bewegliche Sachen zu 83 pfänden, vgl §§ 808 II, 821ff ZPO. 5. Grenzüberschreitende Gläubigeranfechtung Die internationale Zuständigkeit für die Gläubigeranfechtungsklage richtet 84 sich nach allgemeinen Regeln, auch soweit es sich um die Rückgewähr eines anfechtbar übertragenen Grundstückes handelt; weder Art 22 Nr 1 EuGVO bzw Art 16 Nr 1 LugÜ noch § 24 ZPO greifen insoweit ein.100 Nach welcher Rechtsordnung Voraussetzungen und Wirkungen der Gläubi- 85 geranfechtung zu beurteilen sind, ist streitig. Der BGH hat auf die Rechtsordnung abgestellt, der der zu befriedigende Anspruch untersteht.101 Diese Anknüpfung führt zu unterschiedlichen Lösungen, je nachdem, wel- 86 chem Recht der nicht befriedigte Anspruch untersteht. Aus der Sicht des Leistungsempfängers sollte dagegen ein einheitlicher Maßstab gelten. Deshalb ist auf das Sachstatut abzustellen, nach dem die anzufechtende Rechtshandlung vorgenommen wurde.102 _______________

96 97 98 99 100 101

Schack Rz 961. Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl, § 859 Rz 3, 7. Zöller/Stöber § 859 Rz 13. Vgl Schack IPRax 1997, 318, 322. Vgl OLG Düsseldorf IPRax 2000, 534, 536 (dazu Kubis S 501). BGHZ 78, 318 = NJW 1981, 522 = IPRax 1981, 130 (dazu Großfeld S 116); vgl auch LG Berlin IPRax 1995, 323 (dazu Hohloch S 307). 102 Rosenberg/Gaul/Schilken § 35 VI 4 (S 567); J. Schmidt-Räntsch, Die Anknüpfung der Gläubigeranfechtung außerhalb des Konkursverfahrens, 1984.

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§ 17

Internationale Zwangsvollstreckung

87 Denkbar ist auch die Anknüpfung an das Recht des Staates, in dem die Vollstreckungschancen vereitelt wurden. Geboten ist einerseits ein Gleichlauf mit der Insolvenzanfechtung. Andererseits ist möglicherweise eine Zerlegung in Teilfragen geboten. Ob wegen einer unbefriedigten Forderung Gläubigeranfechtung zulässig ist, sollte danach dem Forderungsstatut entnommen werden, die Anfechtungsgründe und Fristen dagegen dem Recht des Verfügungsstaates.103 88 Gesetzlich geregelt ist das internationale Anfechtungsrecht durch das EGInsO, dessen Regelung zum 1.1.1999 in Kraft getreten ist. § 19 AnfG104 lautet danach: „Bei Sachverhalten mit Auslandsberührung ist für die Anfechtbarkeit einer Rechtshandlung das Recht maßgebend, dem die Wirkungen der Rechtshandlung unterliegen.“

V. Zwangsvollstreckung im Ausland 89 –



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Dänemark: G. Rump Christensen, Is the system of civil enforcement upto-date? Trends of development and review in Denmark, RHDI 50 (1997), 521. England: Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 2006, Rz 59.34ff; J. Bunge, Zivilprozess und Zwangsvollstreckung in England und Schottland, 2. Aufl 2005; A. Grothaus, Die englische Zwangsvollstreckung und der Schutz der Familie, 1999; B. Honold, Die Pfändung des Arbeitseinkommens, 1998; W. Kennett, The Enforcement Review: A Progress Report, C.J.Q. 20 (2001), 36. Finnland: R. Konlu, Enforcement in Finland, RHDI 50 (1997), 537. Frankreich: Baur/Stürner/Bruns, Zwangsvollstreckungsrecht, 13. Aufl 2006, Rz 59.1ff; C. Burkardt, Der Schutz der Familie in der französischen Zwangsvollstreckung, 1996. Italien: Baur/Stürner/Bruns, Rz 59.57ff. Österreich: Baur/Stürner/Bruns, Rz 59.142ff; Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht, 3. Aufl 2002. Polen: J. Schlichte, Die Grundlage der Zwangsvollstreckung im polnischen Recht, 2005. Spanien: Baur/Stürner/Bruns, Rz 59.70ff. Schweden: U. Jacobsson, Enforcement proceedings in Sweden, RHDI 50 (1997), 483. Schweiz: Baur/Stürner/Bruns, Rz 59.126ff. USA: Baur/Stürner/Bruns, Rz 59.103ff.

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103 Schack Rz 998. 104 Vgl M. Huber, Anfechtungsgesetz, 9. Aufl 2000.

872

Sachregister Die fetten Ziffern verweisen auf die Paragrafen, die mageren auf die Randziffern innerhalb der Paragrafen. Abänderung – ausländischer Entscheidungen 12, 230, 239; 13, 56ff; 14, 29 – von Sorgerechtsentscheidungen 11, 84 Abänderungsgründe 12, 230 Abänderungsklage 3, 63; 5, 26; 12, 28, 239; 13, 56ff Abgabe ins Ausland 5, 242 Ablehnungsgründe für Rechtshilfeersuchen – um Beweisaufnahmen 8, 20f, 45, 64f, 102ff – um Zustellungen 7, 95ff, 120, 129, 137 Abstammungsprozess 5, 96ff; 9, 163 Abwehrgesetze 5, 311ff Act of State-Doctrin 2, 17 Acte sous seing privé 9, 131ff Action directe 3, 164 Action of debt 14, 36ff Action upon the judgment 14, 23 Administration of Justice Act 1920 14, 50 Admirality jurisdiction 3, 536 Adhäsionsklagen 3, 77 Adoption, ausländische 11, 146 ADSp 3, 349, 376 Ägypten 4, 70; 11, 193 Äthiopien 4, 70; 11, 193 Affidavits 9, 89, 158; 10, 65 Afghanistan 3, 418; 4, 70; 11, 193 Agenturgerichtsstand 3, 83f, 322f Aktenübersendung 8, 77, 79 Albanien 4, 70; 11, 193 American Arbitration Association 16, 47, 65 Algerien 3, 544; 4, 70; 11, 193

Amicus curiae 5, 57 Amsterdamer Vertrag 1, 57; 3, 6 Amtliche Auskunft 8, 77 Amtsermittlungsgrundsatz 10, 26 Amtsgericht, Zuständigkeit zur Vollstreckbarerklärung 13, 61, 210 Anationaler Schiedsspruch 16, 135, 152 Andorra 4, 70; 7, 145; 8, 146; 11, 193 Anerkenntnisurteil 11, 7 Anerkennung ausländischer Entscheidungen – Adoptionsentscheidung 11, 146 – in arabischen Staaten 14, 103ff – Art und Weise der 11, 16ff, 67ff, 106ff – automatische 11, 16, 68 – in besonderem Verfahren 11, 17, 70 – in Civil Law Staaten des europäischen Rechtsraums 14, 68ff – in Common Law Staaten 14, 36ff – in Ehesachen 11, 67ff, 220ff – kraft Gesetzes 11, 16, 68, 106ff – der Gestaltungswirkung 11, 27, 68, 126 – in Güterstands- und Erbschaftssachen 11, 86 – inzidente 11, 29, 110 – in Lateinamerika 14, 58ff – der materiellen Rechtskraft 11, 21, 115ff – in Ostasien 14, 112ff – in ost- und südosteuropäischen Staaten 14, 89ff – in Sorgerechtssachen 11, 68, 78ff 873

Sachregister

– Versagungsgründe der 11, 28ff, 151ff; 13, 56ff, 404ff, 547ff – Wirkung der 11, 111ff Anerkennung ausländischer Schiedssprüche 11, 147; 16, 116ff Anerkennung deutscher Urteile im Ausland 14, 1ff Anerkennungsfähige Entscheidungen 11, 5ff, 137ff Anerkennungsverfahren 11, 16ff, 70, 106ff; 13, 29ff – für Auslandsadoptionen 11, 146 – für Ehescheidungen 11, 69, 223ff – selbständiges 11, 17, 70, 109 Anerkennungsverträge 13, 1ff Anerkennungsvoraussetzungen 11, 28ff, 73, 151ff, 236; 13, 26ff – formale 13, 211 Anerkennungswirkungen 11, 21ff, 67, 111ff Anerkennungszuständigkeit 11, 62f, 152ff; 13, 27, 46, 404, 534ff – internationale in Ehesachen 11, 236; 13, 546 Anerkennung von Scheidungsurteilen 14, 30 Anfechtungsklagen des Insolvenzverwalters 3, 24 Angleichung 1, 43ff; 10, 17 Angola 4, 75 Anhörung der Parteien 8, 130; 13, 203 Anordnung, einstweilige 13, 532; 15, 54, 59 – einstweilige im Familienrecht 15, 54ff Anpassung 1, 43ff; 4, 18; 5, 20; 10, 17 Anscheinsbeweis 9, 53 Anspruch – ausländisch öffentlichrechtlicher 2, 25f; 5, 18 – zivilrechtlicher 11, 143 874

Anspruchsgrundlagenkonkurrenz 3, 53, 66 Antigua und Barbuda 4, 70 Antisuit injunction 5, 301ff; 7, 96; 11, 28; 16, 94 Antrittszuständigkeit 3, 409 Anwalt, deutscher 5, 401 – ausländischer 5, 402 – dienstleistender europäischer 5, 410 – niedergelassener europäischer 5, 407 – Verkehrs- 5, 431 Anwaltskosten 5, 430 Anwaltsrecht, internationales 5, 400ff Anwaltsvergleich 12, 160 Anwaltsvertrag 5, 401ff Anwaltszwang 12, 146 Anwesenheit als Zuständigkeitsgrund 3, 514ff Apostille 7, 82 Arabische Staaten 16, 207 Arbeitnehmer ausländischer Botschaften 2, 6, 18 Arbeitsgericht 12, 208 Arbeitsstreitigkeit 1, 6 Arbeitsvertrag, internationale Zuständigkeit 3, 126ff Argentinien 3, 553; 4, 70; 11, 193 Armenien 4, 70 Arrest 11, 8, 53, 138 – internationaler 15, 18, 24ff – von Luftfahrzeugen 15, 21 – persönlicher 15, 32 – in Seeschiffe 3, 87; 12, 167; 15, 22 Arrestanspruch 15, 33ff Arrestgerichtsstand 3, 537ff Arrestgrund 15, 27ff, 30ff Arrestpfändung 15, 40 Arrestverfahren 2, 43; 15, 37ff Arrestvollziehung 15, 40ff Aserbaidschan 4, 70 Astreinte 17, 46, 49

Sachregister

Asylberechtigter 3, 408; 4, 4 Asylbewerber 3, 413 Attachment order 15, 118 Aufenthalt, gewöhnlicher 3, 411, 414; 13, 47, 48, 535; 16, 159 Aufenthaltszuständigkeit 3, 29, 320f, 411ff – einseitige 3, 414ff Aufforderung zur Rückkehr 5, 76 Aufhebung – Gründe 16, 114 – inländischer Schiedssprüche 16, 109ff – der Vollstreckungserklärung 12, 157, 229 Aufklärungspflichten, prozessuale 9, 16ff Aufrechnung – bei währungsverschiedenen Forderungen 5, 72 – vor dem Schiedsgericht 16, 95 – Zulässigkeit der Prozessaufrechnung 3, 101, 158, 385, 395, 5, 23ff Augenschein im Ausland 8, 128; 9, 163ff Ausforschungsbeweis, Verbot des 9, 41 Ausführungsbestätigung über Beweiserhebung 8, 22 Auskunftsansprüche – materielle 4, 17; 9, 31 – prozessuale 9, 16ff Ausländer – prozessualer Status 4, 1ff – Sprachkenntnisse 4, 130ff Ausländische Adoption 11, 146 Ausländischer Güterstand 17, 9 Ausländischer Staat – Immunität 2, 4ff Ausländisches Recht – Ermittlung durch Schiedsgericht 16, 79 – Ermittlung durch staatliches Gericht 10, 1ff, 60ff

– Folgen der Nichtermittelbarkeit 10, 41ff – Reveisibilität 10, 48ff – als Tatsache 10, 62, 71 Ausländische Urkunden 9, 125ff Auslandsschulden, Londoner Abkommen über 12, 168 Auslandstätigkeit deutscher Rechtsanwälte 5, 420ff Auslandsunterhaltsgesetz 12, 233ff, 13, 80ff Auslandsvertretung 8, 144 Auslandswährung, Leistung in 5, 65 Auslandszeuge 8, 123ff Auslandszustellung 7, 2ff, 45ff, 67ff – keine Kostenerstattung 7, 57 Auslegung – autonome 3, 9ff; 7, 76; 8, 31; 11, 143 – einheitliche 3, 9ff Aussageverbot 8, 48 Aussageverweigerung 8, 48 Ausschließliche internationale Zuständigkeit 3, 308, 312, 362, 403; 13, 545 Ausschlussfrist 5, 43 Aussetzung – des Verfahrens 5, 76, 229 – des Verfahrens der Vollstreckbarerklärung 12, 149ff – wegen Vorgreiflichkeit eines ausländischen Verfahrens 5, 243 Australien 3, 564; 4, 70; 11, 193 Automatische Anerkennung 11, 16, 68, 106 Bahamas 4, 71 Bangladesh 4, 71; 11, 194 Bankbürgschaft 4, 54 Bankguthaben 17, 74 Barbados 4, 71; 11, 194 Befriedigungsverfügung 15, 49 Beherbergungsverträge 3, 190 875

Sachregister

Behördenverkehr, unmittelbarer 7, 49, 74, 114f; 8, 28, 82 Belarus 4, 71 Belegenheit, der Forderung 17, 58 Belgien 4, 71; 7, 14; 8, 28; 11, 194; 13, 300ff; 15, 85; 16, 207 Benin 4, 71; 11, 194 Berufe, freie 3, 78 Berufsgeheimnis 9, 95ff Besatzungsrecht 2, 42 Bescheinigung – über Vollstreckbarkeit im Erststaat 12, 108, 113 – über Zustellung der Klage 7, 56 – über Zustellung des Urteils 12, 114 Beschlussverfahren der Urteilsanerkennung 11, 17, 109 – fakultatives 13, 59 – der Vollstreckbarerklärung 12, 103ff Beschwerde – gegen Ablehnung der Vollstreckbarerklärung 12, 153; 13, 215 – gegen Vollstreckbarerklärung 12, 146; 13, 214 Besitzvermutung 17, 10 Bestätigungsschreiben, kaufmännisches 3, 150, 374 Beweis – ausländischen Rechts 10, 26ff – durch Augenschein 9, 163ff – durch Sachverständige 9, 182ff – strenger 10, 32 – durch Urkunden 9, 118ff – durch Zeugen 9, 72ff Beweisanordnung, exterritoriale 8, 7; 15, 72 Beweisaufnahme 6, 3; 8, 82, 83, 131 – durch Beauftragte 8, 59ff – durch commissioners 8, 59ff – Ersuchen um 8, 9ff, 136, 142 – durch das ersuchende Gericht im Ausland 8, 23ff, 121 876

– durch das ersuchte Gericht 8, 15ff – nach der Europäischen Beweisverordnung 8, 6ff – in europäischen Kleinstaaten 8, 146 – in besonderer Form 8, 16, 43, 83 – nach dem Haager Beweisübereinkommen 8, 27ff – nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen 1954 8, 82ff – Hilfestellung für Schiedsgerichte 16, 100 – nach der lex fori 8, 16, 46, 83f; 9, 2ff – ohne Mitwirkung von Behörden 8, 140 – Notwendigkeit der 9, 32ff – Parteiöffentlichkeit der 8, 17 – Teilnahme ausländischer Richter 8, 18, 53 – Teilnahme deutscher Richter im Ausland 8, 120f – durch diplomatische/konsularische Vertreter 8, 54ff, 82, 115ff, 119 – durch Sachverständige 8, 126f – für Schiedsverfahren 8, 78 – Zulässigkeit der 9, 32ff Beweisbedürftigkeit 9, 37 Beweisbeschluss 12, 129 Beweisführer 8, 97 – ausländischer 9, 161 Beweisführungslast 9, 71 Beweiskraft 9, 134 Beweislast 1, 14; 2, 21; 9, 62ff Beweislastumkehr 9, 70 Beweismaß 9, 48ff Beweismittel 9, 6, 68ff, 112; 11, 217 – -beschränkung 9, 6ff, 34ff, 74 – geeignetes 9, 158 – unerlaubt erlangte 9, 46ff Beweismittelbeschaffung aus dem Ausland 8, 122 Beweisrecht 9, 2ff Beweissicherung 15, 71ff

Sachregister

Beweisthemenverbote 9, 41ff Beweisverfahren 16, 62 – für ausländisches Recht 10, 26ff – selbständiges 15, 71ff Beweiswürdigung, freie 9, 49ff, 52, 54 Beweiszuständigkeit, internationale 8, 4ff Billigkeit als Entscheidungsmaßstab des Schiedsgerichts 16, 132, 169 Bindung – Dritter an Gerichtsstandsklauseln 3, 161ff – an rechtliche Feststellungen des Erstrichters 11, 159 – an tatsächliche Feststellungen des Erstrichters 11, 31, 59, 64, 159, 182 Blocking statutes 5, 311ff Blutprobe zur Vaterschaftsfeststellung 9, 177f; 11, 180 Börsentermingeschäft 3, 364; 16, 36 Bolivien 4, 71; 11, 194 Borrowing statutes 5, 46 Bosnien 4, 71; 11, 194 Botswana 4, 71 Brasilien 3, 554; 4, 71; 7, 125; 9, 82, 107; 10, 58; 11, 160, 194; 14, 59, 16, 107 British Columbia 14, 120 Brüssel I s. EuGVO Brüssel II s. EuGVO Brüssel III 11, 86 Brüssel IV 11, 86 Brunei 14, 120 Buenos Aires 3, 547 Bulgarien 4, 71; 11, 194 Burkina Faso 4, 71; 11, 194 Burundi 4, 71; 11, 194 Butan 4, 71 Chile 4, 72; 11, 195; 16, 207 China (Volksrepublik/Taiwan) 4, 72; 14, 117; 16, 65, 207

CIEC-Übereinkommen in Ehesachen 13, 6 CIETAC 16, 65 CIM 12, 168; 16, 186 CISG 3, 48, 342; 9, 11, 63 CIV 12, 168; 16, 186 Claim form 7, 38 Class Action 5, 33; 7, 95; 11, 176 Claw-back Anspruch 5, 302, 314 CMR 3, 346ff, 376; 4, 69; 5, 234; 12, 168; 13, 104ff Collateral estoppel 11, 121 Comitas gentium 1, 36; 6, 15, 35f Comity 14, 9 Commercial activities 2, 20 Commissioners 6, 39, 45; 8, 59ff Conclusive evidence 14, 38 Consent judgment 11, 149 Conservatoir beslag 15, 106 Contempt of court 11, 179 Convention on the Carriage of Goods by Sea (UN-) vom 31.3.1978 3, 350 Costa Rica 4, 72; 11, 195 COTIF 12, 168 Courtoisie internationale 1, 36; 6, 15, 35 Cross examination 8, 43, 46; 9, 88 Cuba 4, 72; 11, 195 Dänemark 3, 7, 4, 73; 7, 46; 8, 27; 11, 3, 196; 16, 207 Damages – multiple 5, 313 – punitive 7, 76, 96; 11, 174 – treble 11, 175 DDR-Rechtshilfeverträge 6, 6 DDR-Urteile 11, 150 Deed 9, 135 Delibationsverfahren 11, 106; 14, 76 Deliktsgerichtsstand 3, 65ff, 356ff Deni de justice 3, 305, 398 Depositions 9, 20, 114 877

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Derogation 3, 138, 140, 364, 369, 544 Deutschland 5, 317; 7, 29; 13, 410 Deutsch-amerikanisches Freundschaftsabkommen 16, 200ff Deutsch-belgisches Abkommen über die Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen 5, 233; 13, 300ff; 16, 191ff Deutsch-britisches Abkommen über den Rechtsverkehr 4, 66; 6, 12; 7, 131ff; 8, 28, 58, 135 Deutsch-britisches Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen 13, 330ff Deutsch-griechisches Rechtshilfeabkommen 6, 13; 7, 129f; 8, 133 Deutsch-griechischer Anerkennungsvertrag 5, 233; 13, 380ff; 16, 196 Deutsch-israelischer Vertrag über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen 13, 400ff Deutsch-italienisches Abkommen über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen 5, 233; 13, 420; 16, 189ff Deutsch-liechtensteinische Vereinbarung 6, 13 Deutsch-marokkanischer Rechtshilfe- und Rechtsauskunftsvertrag 6, 13; 7, 142ff; 8, 145; 10, 10 Deutsch-marokkanischer Vertrag über internationale Rechtshilfe in Zivil- und Handelssachen 7, 142 Deutsch-niederländischer Vertrag über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen 5, 233; 13, 435ff; 16, 194ff Deutsch-norwegischer Vertrag über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen 5, 233; 13, 450ff 878

Deutsch-österreichischer Vertrag über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen 5, 233; 13, 460; 16, 195 Deutsch-Schweizer Abkommen über die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen 13, 490ff; 16, 188f Deutsch-sowjetisches Handels- und Schifffahrtsabkommen 16, 203ff Deutsch-spanischer Vertrag über die Anerkennung von gerichtlichen Entscheidungen 5, 233; 13, 510ff Deutsch-tunesischer Vertrag über Rechtsschutz 4, 104; 6, 13; 7, 136ff; 8, 143; 13, 530ff; 16, 197ff Deutsch-türkisches Abkommen über den Rechtsverkehr 6, 13; 7, 128; 8, 132 Deutsch-türkisches Nachlassabkommen 3, 355 Deutsche, eingebürgerte 3, 406 Deutsche Sprache 4, 129ff Deutsche Urteile in den USA 14, 8ff Devisenverträge, internationale 5, 61ff Dienstleistungen, Erfüllungsort für 3, 50 Diplomaten, Immunität 2, 27ff Direktklage gegen Versicherung 3, 107 Direktzustellung – durch Diplomaten 7, 58f, 89, 114 – durch Konsuln 7, 58, 89, 114 – durch die Post 7, 60ff, 91ff, 114 – im Parteiauftrag 7, 62, 91 Disclosure 5, 22; 9, 17, 24ff, 151f – before proceedings start 9, 25 – standard 9, 151 Discovery 5, 22; 9, 16ff – Begehren 8, 70 – of documents 8, 67ff; 9, 154 Diskriminierungsverbot 15, 28

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DIS-Schiedsordnung 16, 65 Doctrine of merger 16, 148 Doing business-Zuständigkeit 3, 520ff Dokument, elektronisches 9, 129 Dolmetscher 4, 134, 139ff Dolmetscherkosten 4, 139ff Dominikanische Republik 4, 73; 11, 196 Doppelexequatur – ausländischer Schiedssprüche 11, 147; 16, 148, 191 – Unzulässigkeit 11, 13, 137 Doppelrelevante Tatsachen 3, 307; 11, 159 Drittbeteiligung am Rechtsstreit 5, 50ff Drittschuldner 17, 61, 66 Drittstaat – und EuGVO 3, 34f, 38f, 50, 138, 140, 178, 182 – Unbeachtlichkeit des ordre public 11, 178 Drittwiderspruchsklage 3, 199 Droit anational 16, 71 Dubai 4, 73 Dulden fremder Gerichtshandlungen 6, 36, 40, 41 Durchgriffszuständigkeit 3, 530 Echtheit – von Rechtshilfeersuchen 8, 42, 103 – von Urkunden 9, 128 Ecuador 4, 74; 11, 197 EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen 3, 4ff EG-Übereinkommen über die Vereinfachung der Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen 13, 90ff

Ehefrau, einseitige Verstoßung 11, 232 EheGVO 3, 206ff; 11, 4ff; 12, 172ff Ehesachen 3, 23, 206ff; 11, 67ff, 101, 223ff; 13, 533; 14, 102 Ehetrennungsverfahren 3, 208ff; 5, 82 Ehewohnung, einstweilige Anordnung 15, 61 Eid der Partei als Beweismittel 9, 55, 57, 116f Eigentum, gemeinschaftliches 17, 11 Eignungsprüfung für ausländische Rechtsanwälte 5, 409 Eilzuständigkeit 15, 8ff Eingriff, körperlicher 9, 181 Eingriffsnormen 11, 173; 16, 77f Einigungsstellen, Vergleiche vor 12, 161 Einlassung – fehlende als Anerkennungsversagungsgrund 11, 20ff, 75, 80ff, 161ff – rügelose 3, 170 ff, 176, 177, 388ff; 16, 16 Einlassungsfrist 11, 52 Einrede – der Schiedsvereinbarung 11, 63; 16, 81ff – der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts 16, 165 Einschreiben mit Rückschein, Zustellung per 7, 60 Einstweilige Anordnung – in Familiensachen 15, 57ff – auf Zahlung von Unterhalt 15, 59f, 70 Einstweiliger Rechtsschutz 15, 1ff – Anwendung ausländischen Rechts 10, 37ff – in Belgien 15, 85 – in England 15, 92ff – in Frankreich 15, 86ff 879

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– in Italien 15, 99ff – in Japan 15, 105 – in den Niederlanden 15, 106ff – in Österreich 15, 109 – durch Schiedsgericht 16, 101ff – in der Schweiz 15, 110ff – in Spanien 15, 114 – in USA 15, 115ff Einstweilige Verfügung 11, 8, 139; 15, 44ff Einwendungen gegen Vollstreckbarerklärung 12, 122, 147, 164, 210, 229; 13, 557; 16, 115, 145 Eisenbahnfrachtverträge 3, 351 Elfenbeinküste 4, 74; 11, 197 El Salvador 4, 74; 11, 197 Embargo preventio de bienes 15, 114 Empfangsberechtigung 7, 54 Empfangsbestätigung 8, 13 Empfangsstellen 7, 49 England 3, 559; 4, 49; 5, 67, 239, 312; 7, 4, 38; 8, 98; 9, 5, 24, 84, 99, 135, 151, 172; 10, 62; 14, 9; 15, 92; 16, 92, 207 Entscheidung, anerkennungsfähige 11, 5ff, 68, 137ff, 227; 12, 107; 13, 26 – eheauflösende 11, 68 – in Ehesachen 11, 227f; 12, 172ff – endgültige 11, 137 – gerichtliche in dritten Staaten 11, 13 – gerichtliche in Vertragsstaaten 11, 14 – der freiwilligen Gerichtsbarkeit 12, 231ff – Heimatstaat- 11, 225 – inländische (Vorrang der) 11, 55 – insolvenzrechtliche 11, 12 – klageabweisende 11, 234 – Neben- 11, 235; 12, 127 – rechtskräftige 13, 403; 15, 79 – seegerichtliche 13, 113ff 880

– in Sorgerechtssachen 12, 171ff – zum persönlichen Status 14, 81 – zur elterlichen Verantwortung 11, 78 – vorläufig vollstreckbare 11, 5; 13, 52, 531 – Zwischen- 12, 129 Entscheidungswirkungen, Anerkennung der 11, 21, 68, 111ff Entscheidungszuständigkeit 3, 17ff, 208ff, 216ff, 316ff, 403ff, 514ff Entsende-Richtlinie 3, 127 Erbrechtssachen – Anerkennung von Entscheidungen 13, 452, 511, 541 – internationale Zuständigkeit 3, 227f – Zuständigkeit 3, 228, 354 Erbschein, europäischer 3, 228 Erfolgshonorar 5, 404; 11, 30 Erfüllungsort – Gerichtsstand des 3, 40ff, 340ff – Vereinbarung des 3, 54, 344 Erfüllungspflicht, Klage auf Feststellung gegen Staat 17, 17 Ermittlung ausländischen Rechts – in Deutschland 10, 20ff – in anderen Staaten 10, 60ff – ausländischen Rechts im Versäumnisverfahren 10, 36ff – beim einstweiligen Rechtsschutz 10, 37f Ersatzrecht 10, 43ff Ersatzzustellungen 7, 29ff Erscheinen, persönliches 4, 10 Ersuchen – um Auslandszustellung 7, 49, 79ff, 113ff, 129, 132, 136, 142 – um Beweisaufnahme 8, 9ff, 37ff, 82ff, 119 – um Übersendung von Akten und Urkunden 8, 79 – um Vollstreckungshilfe nach HZÜ 13, 209

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Estland 4, 74 Estoppel 11, 21, 121; 14, 39 Estoppel by record 9, 45, 136 EuGVO/ EuGVÜ – Verhältnis zu anderen Übereinkommen 12, 167ff EuGVÜ 3, 4, 13, 44f, 73, 92, 116, 130, 137, 177, 181, 187, 194, 195, 198; 5, 207; 9, 120; 11, 28, 33, 54, 58, 65, 109, 129; 12, 104, 111, 141, 156, 159, 165, 167ff; 15, 7; 17, 24 Europäische Beweisverordnung 8, 6ff Europäische Gemeinschaft 4, 28; 5, 311; 15, 3 Europäische Gerichtsstandsverordnung 3, 6ff; 11, 1ff; 12, 100ff Europäisches Mahnverfahren 5, 41 Europäische Mediation 5, 4 Europäische Menschenrechtskonvention 1, 27, 31; 3, 336; 9, 75 Europäischer Gerichtshof 1, 62ff; 15, 28 Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte 1, 73ff Europäischer Pfändungsbeschluss 17, 77 Europäischer Vollstreckungstitel 12, 2ff, 30, 31; 17, 15 – Berichtigung und Widerruf 12, 22 – Bestätigung als 12, 6ff – Gleichgestellte Titel 12, 30f – Rechtsbehelf gegen 12, 19 – Verweigerung der Vollstreckung 12, 26 – und Vollstreckungsabwehrklage 12, 29 – Zustellungsvoraussetzungen 12, 12ff Europäische Unterhaltsverordnung 3, 64 Europäisches Gericht erster Instanz 1, 63

Europäisches Justizielles Netz 1, 58, 74; 7, 51 Europäisches Niederlassungsabkommen 4, 68 Europäisches Übereinkommen betreffend Auskünfte über ausländisches Recht 10, 2ff Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit 16, 156ff Europäisches Übereinkommen über die Übermittlung von Anträgen auf Verfahrenshilfe 4, 123 Europäisches Übereinkommen über Staatenimmunität 2, 18, 34 Europäisches Übereinkommen zur Befreiung von Urkunden von der Legislation 9, 121f Europäisches Zivilprozessrecht 1, 54ff; 3, 1ff; 5, 201ff; 7, 46ff; 11, 1ff; 12, 1ff; 15, 3ff Europäische Union 1, 57f; 3, 6; 6, 11; 7, 45; 8, 6 Europäische Zustellungsverordnung 7, 45ff Exemtion – s. Immunität Exequaturentscheidung, ausländische 11, 13, 137; 12, 126, 217 Exorbitante Gerichtsstände 3, 36ff Expert-witness 9, 183ff Extraterritoriale Beweisaufnahme 8, 7, 122ff Extrinsic facts 9, 137 Fakturengerichtsstand 3, 152 Fakultatives Beschlussverfahren 13, 61, 555 Fakultatives Kollisionsrecht 10, 14 Fama pública 9, 196 Familiensache 5, 88; 13, 461, 511 Familienverfahren, internationale 5, 74ff Ferienwohnung 3, 184ff 881

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Feststellungsklage – zur Abwehr ausländischer Prozessführung 5, 308f – als Rechtsschutzform 5, 2 – bei Streit über Anerkennungsfähigkeit 11, 17, 109 FG-Entscheidungen – Anerkennung 11, 85, 145f – Vollstreckung 12, 30, 171, 176, 230ff Fidschi 4, 75; 11, 198 Fiktive Inlandszustellung 7, 2, 11ff, 18ff, 48, 69 Finanzierungsvertrag 3, 117 Finanzierungstermingeschäfte 16, 36 Finnland 4, 75; 11, 198; 14, 87 Flüchtlinge 3, 406; 4, 4 Floating award 16, 152 Forderungspfändung 17, 58ff Foreign Judgment (Reciprocal Enforcement) Act 1933 14, 50 Foreign Limitation Periods Act 1984 5, 46 Foreign Sovereign Immunities Act, US 2, 19f Formeller ordre public 11, 21, 176f Forum actoris 3, 527 Forum arresti 3, 338 Forum legis 3, 335 Forum non conveniens 3, 18, 39, 310, 557ff; 5, 239f Forum shopping 1, 81; 3, 311, 557; 5, 305 Frachtforderung 3, 87 Frankreich 3, 35; 4, 75; 5, 55, 315; 7, 35, 102; 8, 28, 85, 88, 98; 9, 7, 55, 64, 85, 131, 133, 147, 167, 187; 10, 70; 11, 198; 14, 69ff; 15, 86; 16, 71, 125, 207 Fraud 9, 91; 14, 42 Freezing order 11, 8; 12, 128; 15, 17, 96; 17, 55, 78ff Freie Beweiswürdigung 9, 52ff 882

Freies Geleit 4, 11 Freiwillige Gerichtsbarkeit 11, 145 Fremdenrecht, prozessuales 1, 18; 4, 2ff Fremdsprachige Anträge 4, 130ff; 12, 104 Fremdwährungsklagen 5, 64ff Fremdwährungstitel – Vollstreckbarerklärung 12, 143, 228 – Vollstreckung 17, 12 Frist für Prozesshandlungen 5, 8 Gabun 4, 76; 11, 199 Gambia 4, 76; 11, 199 Garantieklage 11, 25 – Urteile 5, 55; 11, 129 Gastarbeiter 4, 64 Gebühren – des Anwalts 5, 404 – der Vollstreckbarerklärung 12, 124 Gefährdungshaftung 3, 71 Gegenseitigkeit 12, 137; 14, 9, 98, 116 – und Rechtshilfe 6, 16, 26, 34f; 7, 121 – und Sicherheit für Prozesskosten 1, 52; 2, 98; 4, 70ff, 96 – und Urteilsanerkennung 1, 32, 52; 4, 107; 6, 35, 36, 37, 40; 11, 185ff; 14, 4 Geheimnisträger 9, 95 Geistliche Gerichte 11, 227 Gemeinschaftsgeschmacksmuster 3, 205 Gemeinschaftsmarken 3, 202 Gemeinschaftspatente 3, 205 Genfer Abkommen 16, 176ff Genfer Protokoll 16, 176ff Georgien 4, 76; 11, 199 Gerichte – geistliche 11, 227 – internationale 11, 148

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Gerichtliche Vergleiche – s. Prozessvergleich Gerichtsbarkeit – als Anerkennungsvoraussetzung 11, 151 – Immunität von 1, 16; 2, 4ff; 3, 307 – als Prozessvoraussetzung 3, 307 Gerichtssprache 4, 108, 129ff Gerichtsstand – der Abänderungsklage 3, 63 – für Adhäsionsklagen 3, 77 – Admiralty jurisdiction in rem 3, 536 – allgemeiner 12, 207 – allgemeiner internationaler 3, 28, 319 – für Arbeitssachen 3, 126ff – Arrest-/Quasi in rem jurisdiction 3, 537 – ausschließlicher 3, 155, 178ff, 209, 359f, 362; 13, 408, 545 – für Berge- und Hilfelohn 3, 87ff – dinglicher 3, 102, 181 – von Due Process 3, 542 – der Erbschaft 3, 254f – des Erfüllungsortes 3, 40ff, 340ff; 13, 405 – exorbitanter 3, 36ff, 334 – Foreseeable effect within the state 3, 532 – des forum arresti 3, 338 – Forum legis 3, 535 – der Gewährleistungs-/Interventionsklage 3, 97 – zur Haftungsbeschränkung des Schiffseigentümers 3, 103 – Heimat- 3, 539 – bei Internetgeschäften 3, 115 – Kläger- 3, 36, 528, 541; 13, 538 – kraft Sachzusammenhangs 3, 102, 393ff, 533 – der Niederlassung 3, 78ff, 322ff, 525

– Non-economic activity within the forum 3, 531 – des Registrierungsortes 3, 536 – bei Schiffszusammenstößen 3, 361 – der passiven Streitgenossenschaft 3, 90ff, 393, 529 – für Trust-Klagen 3, 85f, 147 – der unerlaubten Handlung 3, 65ff, 356ff, 534; 13, 406, 539 – unerwünschte 1, 28; 3, 36ff, 334 – für Unterhaltssachen 3, 57f – des Vermögens 3, 37, 332ff; 12, 118; 13, 407 – des Vertragsschlusses 3, 527 – in Verbrauchersachen 3, 112ff – in Versicherungssachen 3, 104ff – bei Wettbewerbsverstößen 3, 358 – der Widerklage 3, 100f, 394 – des früheren Wohnsitzes 3, 540 Gerichtsstandsklauseln – in AGB 3, 145ff, 373, 379 – Form 3, 555 – statutarische 3, 143 Gerichtsstandskonzeptionen 3, 514ff Gerichtsstandsvereinbarung 3, 132ff, 344, 345, 363ff, 514, 543, 555 – in Arbeitssachen 3, 167 – Bindung Dritter 3, 161ff – nach CMR 3, 154 – im elektronischen Rechtsverkehr 3, 153 – im Konnossement 3, 162 – und Unterlassungspflicht 5, 305 – in Verbrauchersachen 3, 124 – in Versicherungssachen 3, 111 – Unzulässigkeit in Ehesachen 3, 211 – in Sorgerechtssachen 3, 240 Gesandtschaftsgebäude, Unverletzlichkeit des 2, 61ff 883

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Geschäftstätigkeit, laufende 3, 520 Geschmacksmustergesetz 3, 339 Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Bestandsstreitigkeiten 3, 191 Gesellschaftsbeschlüsse, Wirksamkeit 3, 191 Geständnis 9, 111ff Gestaltungswirkung, Anerkennung 11, 27, 126; 14, 68 Gewaltschutz 15, 63 Ghana 4, 81; 11, 199 Gläubigeranfechtung, grenzüberschreitende 17, 84ff Gleichbehandlung von In- und Ausländern 4, 1ff; 17, 5 Gleichlauf von Zuständigkeit und anwendbarem Recht 3, 317 Gleichstellungstheorie 11, 23, 113 Griechenland 4, 76; 7, 14, 34; 9, 8, 86, 149, 170, 192; 11, 199; 13, 380ff; 16, 207 Großbritannien 3, 546; 4, 76; 7, 91, 131; 8, 68, 90, 135; 13, 330; s. England Gründungsrechtstheorie 4, 18 Grundfragen des IZPR 1, 1ff Guadalajara-Zusatzübereinkommen 3, 328 Guatemala 4, 76; 11, 199 Guayana 4, 76 Günstigkeitsprinzip der Urteilsanerkennung 11, 4, 105; 13, 32 Güterrechtssachen 3, 227; 13, 300 Guinea 4, 76; 11, 199 Haager Beweisübereinkommen 8, 27ff Haager Kinderschutzübereinkommen 3, 226 Haager Konferenz für IPR 3, 8 Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht 13, 55 884

Haager Übereinkommen über den Internationalen Zugang zur Justiz 4, 67, 124 Haager Übereinkommen über den Zivilprozess 4, 65, 99; 8, 58; 13, 200ff Haager Übereinkommen über die Anerkennung von 1971 13, 2 Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern 4, 68ff; 13, 40ff Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Unterhaltsentscheidungen 13, 20ff Haager Übereinkommen über die Anerkennung von Ehescheidungen 13, 5 Haager Übereinkommen über internationale Zuständigkeit und Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen (Entwurf) 1, 60; 3, 506, 513; 5, 241; 13, 3 Haager Übereinkommen über Zuständigkeitsverordnungen 3, 505ff; 13, 4 Haager Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legislation 9, 121 Haager Zustellungsübereinkommen 7, 64ff Haftung – der Inhaber von Kernenergieanlagen 13, 102 – der Inhaber von Reaktorschiffen 13, 103 Haiti 4, 77; 11, 200 Handelsbrauch – Beachtung durch Schiedsgericht 16, 75f – und Gerichtsstandsvereinbarung 3, 150

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Handelsdokument 5, 312 Handelsgeschäft, internationales 16, 159 Handelsgesellschaften, Parteifähigkeit 4, 18 Handelskammer, Präsident der 16, 163 Handelsschiff 17, 20 Handelsvertreter, selbständiger 3, 83 Handlungsvollstreckung 17, 41ff Harmonisierung der Rechtsordnungen 1, 75 Hauptverwaltung, Ort der 3, 322; 4, 19 Hausrat, einstweilige Zuteilung 15, 61 Hauptgeschäfte 3, 353 Hearsay evidence 9, 42 Heilung von Zustellungsmängeln 7, 63, 112; 11, 47f, 38f, 169 Heimatlose 3, 406 Heimatzuständigkeit 3, 404ff, 539ff Herausgabe eines Kindes 12, 177 Herausgabevollstreckung 17, 31ff Honduras 4, 77; 11, 200 Hongkong 4, 77; 11, 200; 14, 188 HZÜ 1905 6, 7 HZÜ 1954 6, 8 – Zusatzübereinkommen 6, 9 ICC Paris 16, 47, 50, 65 ICSID 16, 65, 183ff Illinois 10, 68 Immaterialgüterrechte 3, 70 Immobiliarvollstreckung gegen ausländische Schuldner 17, 36ff Immunität – absolute 2, 5 – ausländischer Staaten 2, 7, 10, 11 – beschränkte 2, 5, 40 – von Diplomaten 2, 50ff – im Erkenntnisverfahren 2, 32ff

– der Europäischen Zentralbank 2, 88 – des Europarats 2, 89 – funktionelle 2, 2, 52 – von Konsuln 2, 63ff – von Mitgliedern der diplomatischen Mission 2, 51ff – von Mitgliedern der konsularischen Vertretung 2, 63ff – der NATO 2, 92 – von NATO-Truppen 2, 95ff – internationaler Organisationen 2, 74ff – persönliche 2, 52 – von Regierungsmitgliedern 2, 29 – sachliche 2, 16 – von Sachverständigen der Internationalen Arbeitsorganisation 2, 83 – im Schiedsverfahren 16, 28ff – von Staaten 2, 4ff – von Staatsoberhäuptern 2, 27 – von Staatsorganen/Behörden 2, 28 – von Staatsschiffen 2, 28, 44ff; 17, 20 – von Staatsunternehmen 2, 31 – ausländischer Streitkräfte 2, 92 ff – der Vereinten Nationen und deren Bediensteten 2, 77 ff – Verstoß gegen 2, 41 – Verzicht auf 2, 22 – Wirkungen der 2, 70 ff Indexierung von Unterhaltstiteln 12, 227 Indien 4, 78; 11, 201; 14, 56; 16, 207 Indonesien 4, 78; 11, 201; 14, 119; 16, 207 Informationspflichten, prozessuale 9, 16ff Inhaltskontrolle, richterliche 3, 379 Inkorporationstheorie 4, 25 Inlandsbeziehung, hinreichende 3, 312, 336; 11, 172 885

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Inlandstätigkeit ausländischer Rechtsanwälte 5, 406ff Inlandsvertreter 4, 40ff, 44 Inlandsvollstreckung gegen Ausländer 17, 9ff Inlandswirkung der Vollstreckung im Ausland 17, 23f Insolvenzrechtliche Entscheidungen 3, 24; 12, 130 Insolvenztabelle, Eintragung in die 13, 436 Insolvenzverfahren 12, 138 Inter-American Convention on International Arbitration 16, 207 Inter-amerikanisches Übereinkommen über die extraterritoriale Gültigkeit ausländischer Urteile 14, 62 Internationale Anerkennungszuständigkeit 11, 125ff Internationale Beweisaufnahme 8, 1ff Internationale Entscheidungszuständigkeit 3, 1ff, 300ff, 500ff – Nachprüfung auf Rechtsmittel 3, 307 Internationale Forderungspfändung 17, 58ff Internationale Handelskammer Paris 16, 163 Internationale Handlungsvollstreckung 17, 38ff Internationale Herausgabevollstreckung 17, 28ff Internationale Organisationen 2, 74ff Internationale Rechtshängigkeit nach Einzelverträgen 5, 233ff Internationale Rechtshilfe 6, 2ff; 7, 1ff; 8, 1ff – und Völkerrecht 6, 23ff Internationale Sachpfändung 17, 28ff 886

Internationales Privatrecht – deutsches 10, 11, 60 – Unterschiede zum IZPR 1, 38ff Internationale Unterlassungsvollstreckung 17, 38ff Internationale Zustellung 7, 1ff, 45ff, 60ff Internationale Zwangsvollstreckung 17, 1ff Internet, unerlaubte Handlung via 3, 71, 358 Interrogatories 9, 16, 24, 31, 114 Interventionswirkung 5, 52; 11, 26, 127; 16, 58 Investitionsschutzverträge 16, 26, 72, 183f Involuntary agent 7, 70 Inzidentanerkennung 11, 20, 70 Iowa 10, 68 IPR-Vorbehalt 11, 58ff; 13, 409, 551 Irak 3, 545; 4, 78; 11, 201 Iran 4, 78; 11, 201; 16, 207 Irland 4, 78; 7, 91; 10, 66; 11, 201; 14, 52; 16, 207 Islamische Staaten 3, 386; 14, 106ff Island 4, 83; 11, 202; 14, 92 Israel 4, 83; 11, 202; 13, 400ff Issue estoppel 11, 22, 121 Italien 3, 548; 4, 78; 7, 14, 36, 123; 8, 85, 94, 98; 9, 9, 15, 56, 66, 83, 87, 148, 169, 188; 10, 75; 11, 201; 13, 420ff; 14, 78ff; 15, 99ff; 16, 24, 207 Jamaika 4, 79; 11, 202 Japan 3, 526, 556, 565; 4, 79; 5, 241, 423; 7, 91; 9, 29; 10, 77; 11, 202; 14, 113ff; 15, 105; 16, 207 Jemen 4, 79; 11, 202 Jordanien 4, 79; 11, 202; 14, 106; 16, 207 Jugendamtsurkunden, Anerkennung 13, 83, 559 Jugoslawien 4, 79; 11, 202; 14, 98

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Jura novit curia 10, 21 Jurisdiction to adjudicate 3, 304 Justizanspruch 3, 305; 4, 7f; 11, 103 Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen 6, 5, 11 Justizverwaltungsakt im Rechtshilfeverfahren 6, 20; 7, 10 Kalifornien 3, 520, 552; 4, 49; 7, 27, 43; 10, 68 Kamerun 4, 80; 11, 203 Kanada 3, 563; 4, 80; 5, 316; 9, 28; 10, 68; 11, 203; 13, 85; 14, 53; 16, 207 Kapitalanlegermusterverfahren 5, 34; 11, 10 Kap Verde 4, 80 Kasachstan 4, 80; 11, 202; 14, 91; 16, 207 Kassationshof, italienischer 6, 17 Kaufmännisches Bestätigungsschreiben 3, 150, 374 Kaufmannseigenschaft 16, 160 Kenia 4, 80; 11, 203 Kernenergieanlagen 3, 359; 13, 102 Kernpunkttheorie 5, 202ff; 11, 24 Khmer-Republik 4, 80 Kindesentführung 3, 223ff Kindesherausgabe 15, 58 – internationale Zuständigkeit 3, 223ff, 421 Kindschaftssachen, Verfahren in – 5, 96ff Kirgisistan 4, 80; 14, 91 Klagbarkeit 2, 42; 5, 58ff Klage – Anforderungen 5, 2 – erneute 11, 18 – im öffentlichen Interesse 5, 30ff – gegen Unternehmer 3, 121f – gegen Verbraucher 3, 123f Klagefrist 5, 60 Klagen im öffentlichen Interesse 5, 30

Klauselerteilungsverfahren 12, 175 – einseitiges 12, 142 Körperliche Untersuchung 8, 98; 9, 169, 171 Kollisionsrechtsordnung, zweite 1, 47 Kollisionsregel 1, 39; 3, 54; 4, 37 Kolumbien 4, 80; 11, 203; 14, 63 Kommanditgesellschaft 4, 18 Kompetenz-Kompetenz (staatliches Gericht – Schiedsgericht) 16, 85ff, 166 Konferenzraum, Miete, Zuständigkeit 3, 190 Kongo 4, 80; 11, 203 Konnexität, Prozessverbindung bei 5, 207ff Konnossement 3, 162 Konsul – ausländischer 6, 44 – deutscher 8, 116 – Immunität 2, 63ff Konsularische Beweisaufnahme 8, 115ff Konsularverträge 2, 68 Kontaktstellen 7, 51; 8, 14 Kontenpfändung, grenzüberschreitende 17, 74, 77 Konzentrationslast 5, 203 Konzernunternehmen 16, 39 – Gerichtsstand 3, 78, 322ff, 525 Konzessionsschutzverträge 16, 26 Korea 4, 80; 11, 203; 16, 207 Kort geding 15, 106 Kosten – des Rechtshilfeverfahrens 7, 57; 8, 81 – der Vollstreckbarerklärung 12, 124; 13, 62, 216 Kostenentscheidung 12, 127, 173; 13, 200ff Kostenentscheidung, Vollstreckung – in Ehesachen 12, 173 – nach HZÜ 13, 200ff 887

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Kostenerstattung 5, 430ff – fehlende 11, 181 Kostenvorschuss für Schiedsverfahren 16, 60 Kreditinstitut, ausländisches 4, 24 Kreuzverhör 8, 43, 46; 9, 84 Kriegsschiffe 2, 44ff; 17, 20 Kroatien 4, 80; 11, 203; 16, 207 Kumulationstheorie 11, 23, 113 Kuwait 4, 80; 11, 203 Ladung – ordnungsgemäße 11, 45ff, 50, 53, 164ff; 13, 50, 409, 552 – rechtzeitige 11, 49f, 167; 13, 409 Landgericht 13, 554 Legislation von Urkunden (Befreiung) 9, 121 Leistungen, wiederkehrende 3, 59 Leistungsklage statt Vollstreckungsklage 12, 222 Leistungsverfügung – Anerkennung 15, 82 – Erlass 15, 15, 49f, 59 – Vollstreckbarerklärung 12, 128, 214; 15, 17ff, 80 Lebenspartnerschaftssachen 3, 425; 5, 87 Lesotho 4, 81; 11, 204 Lettland 4, 81; 11, 204 Lex fori-Prinzip 1, 41ff; 3, 404; 4, 40, 48, 50; 5, 22ff; 6, 21; 7, 117; 8, 116, 118, 137; 9, 22ff, 9, 51, 60, 72, 93, 139, 181, 193; 10, 44; 17, 4 Lex mercatoria 16, 67, 71, 132 Libanon 4, 81; 11, 204; 16, 207 Libyen 4, 81; 11, 204 Liechtenstein 4, 81; 5, 424; 7, 145; 8, 147; 11, 404; 14, 82 Litauen 4, 81; 11, 204 Litigation friend 4, 34 London Court of International Arbitration 16, 47, 65 888

Luganer Parallel-Übereinkommen 3, 5ff, 116, 130, 155, 166, 189; 11, 38, 58ff; 12, 104ff Luxemburg 3, 35, 56; 4, 81; 7, 14; 8, 27; 11, 204 Luxemburger Auslegungsprotokoll zum EuGVÜ 3, 13 Madagaskar 4, 82; 11, 205 Mahnverfahren, grenzüberschreitendes 5, 5, 35ff, 69, 232 Malawi 4, 82 Malaysia 4, 82; 14, 120 Mali 4, 82 Malta 4, 82; 11, 204 Mareva injunction 11, 8; 12, 128; 15, 17; 17, 55, 78; s. freezing order Marken – Bestandstreitigkeiten 3, 195, 312 – Verhältnis nationale – Gemeinschaftsmarke 5, 211 Marokko 4, 82; 11, 205; 16, 207 Materieller ordre public 11, 29, 74, 173ff Mauretanien 4, 82; 11, 205 Mauritius 4, 82; 11, 205 Mazedonien 4, 82 Medidas Cautelares 15, 114 Mehrparteienschiedsverfahren 16, 40, 50 Mehrrechtsstaaten 11, 155 Mehrstaater 3, 414 Meistbegünstigung der Beweisperson 8, 49 Meistbegünstigung bei Anerkennung von Schiedssprüchen 16, 155, 192, 205 Menschenrechtsverletzung, Klagen wegen 2, 11ff MERCOSUR-Staaten 13, 7; 14, 62 Mexiko 4, 82; 9, 68; 11, 205; 14, 61; 16, 207 Miete 3, 184 Militärflugzeuge 2, 44

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Minderjährigenschutzabkommen 3, 216; 5, 92 Mitwirkung – der Parteien bei der Ermittlung ausländischen Rechts 10, 29 – des Staatsanwaltes 5, 77 – der Verwaltungsbehörde 5, 56 Modelle, Streit über Gültigkeit 3, 195 Moldau 4, 82 Monaco 4, 82; 7, 147; 8, 148; 11, 205 Montrealer Übereinkommen zum internationalen Luftfrachtrecht 3, 329 Morgengabe 5, 88 Muster, Streit über Gültigkeit 3, 195; 7, 81 Myanmar 16, 207 Nachlassabkommen, deutschtürkisches 3, 355 NAFTA (North American Free Trade Agreement) 16, 185 NATO-Truppen 2, 92ff Nebenintervention 5, 2, 52 Ne bis in idem 11, 116 Nemo tenetur accusare se ipsum 8, 114 Nepal 4, 83; 11, 206 Neuseeland 4, 83; 11, 206 Neutrales Forum 3, 366 New York 5, 65; 7, 28, 43; 10, 68; 14, 53 Nicaragua 11, 206 Nichtanerkennung, Folgen der 11, 217ff Nichtanhörung – des Kindes 11, 79 – des Sorgeberechtigten 11, 81 Nichteinlassung des Beklagten 11, 37, 75, 80; 13, 409 Nichtfeststellbarkeit des ausländischen Rechts 10, 41ff Nichtrechtsfähige Vereine 4, 16f

Niederlande 3, 537, 566; 4, 83; 5, 316; 7, 14; 8, 28; 9, 162, 190; 11, 206; 13, 14, 79ff; 15, 106; 16, 194, 207 Niederlassungszuständigkeit 3, 112, 222ff, 367; 13, 341, 498, 536 Niger 4, 83; 11, 206 Nigeria 4, 83; 11, 206ff; 16, 207 Nikaragua 4, 83 Non Governmental Organisation 4, 30 Norwegen 4, 83; 11, 206; 13, 450ff Notunterhalt 15, 60 Notzuständigkeit 3, 316, 397 Oberlandesgericht 12, 146; 16, 122 Öffentliche Urkunde als Vollstreckungstitel 12, 6, 158ff, 165, 215; 13, 83, 559 Öffentliche Zustellung 7, 11; 11, 43, 163; 13, 51, 549 Ölverschmutzungsschäden 3, 361; 5, 60; 13, 101 Österreich 4, 84; 7, 85, 99, 122; 8, 28, 86, 104; 9, 103, 108; 11, 207; 13, 207; 15, 109; 16, 65, 207 Offenbarungsversicherung 17, 53ff Oman 14, 109; 16, 207 Online Arbitration 16, 44 Online-Dienstleistung, Erfüllungsort 3, 47 Order Compelling Arbitration 5, 303 Ordnung, öffentliche 13, 55, 548 Ordonnance de non conciliation 5, 89 Ordre Public-Verstoß – und Anerkennung ausländischer Schiedssprüche 16, 140 – und Urteilsanerkennung 11, 11, 29ff, 74, 78, 172ff; 12, 64; 13, 27, 55, 213, 409, 548, 552; 14, 19, 54, 57, 6f, 64, 77ff, 92ff, 97, 99, 101, 105, 110, 113, 115ff 889

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– und Rechtshilfe 6, 18; 7, 95ff, 119; 8, 40, 88, 111f Ordnungsgemäße Zustellung 11, 35ff Organ, weisungsfreies 11, 141 Organisation, internationale – Immunität 2, 74ff – Parteifähigkeit 4, 30ff Ortsbesichtigung 9, 175 Pacht 3, 184 Pakistan 4, 85; 11, 208; 14, 110 Panama 4, 85; 11, 208 Paraguay 4, 85; 11, 208 Parallelverfahren im In- und Ausland 5, 237ff Pariser Zusatzabkommen 16, 175 Parol evidence rule 9, 14 Parteiautonomie 16, 67 Parteieid 8, 94; 9, 57, 104ff, 109ff Parteierklärungen, Entgegennahme 8, 77 Parteifähigkeit – von Ausländern 4, 12ff, 24 – ausländischer Gesellschaften 4, 18ff – ausländischer Staaten 4, 26 – von Bankzweigstellen 4, 23 – von Briefkastenfirmen 4, 19 – internationaler Organisationen 4, 26ff – passive 4, 16, 18 Partei kraft Amtes 3, 33 Parteiöffentlichkeit 8, 17 Parteivernehmung 8, 44, 94f, 130; 9, 104ff – Vorrang der 9, 106 Partnerschaft für Frieden 2, 97 Patent 3, 195 – ausländisches 3, 312 – europäisches 5, 235 Perpetuatio fori 5, 230 Persönliche Gebrauchsgegenstände 15, 62f 890

Persönliches Erscheinen 4, 10f Person – juristische 3, 31, 322, 363; 4, 18, 25; 7, 23 – juristische des öffentlichen Rechts 2, 30; 3, 345; 16, 158 – natürliche 3, 357; 4, 13, 96; 7, 22 Personal jurisdiction 3, 304, 532, 537 Personenstandsbücher 11, 69 Peru 3, 416; 4, 85; 11, 208; 14, 64ff Pfändung sonstiger Rechte 17, 82 – beweglicher Sachen 17, 28 – von Forderungen 17, 58 Philippinen 4, 85; 11, 208; 14, 121 Place of incorporation 3, 519 Polen 4, 85; 7, 64, 101; 8, 27, 88, 109; 9, 123, 166; 10, 78ff; 11, 208; 14, 94; 16, 207 Portugal 4, 85; 11, 208; 16, 207 Postulationsfähigkeit 4, 40ff Postzustellung 7, 60f, 91f, 135 Power-Theorie der jurisdiction 3, 514 Präklusionswirkung, Anerkennung 11, 21, 119ff Präsident der Handelskammer, Mitwirkung bei ad hoc-Schiedsgerichten 16, 163f Preliminary injunction 15, 116 Preponderance of evidence 9, 50 Pre-trial discovery 8, 67ff; 9, 41; 11, 176 Privatgutachten 9, 189, 190 Privileges des Zeugen 8, 48; 9, 157 Produkthaftung 3, 54 Prorogation 3, 135, 138, 140, 173, 203, 310; 13, 49 – stillschweigende 3, 173 Prorogationsfreiheit 3, 141 – Beschränkungen der 3, 166 Protection of Trading Interests Act 5, 312ff Protective order 9, 22, 33

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Protokoll von Las Lenas 13, 7; 14, 62 Provvedimento d`urgenza 15, 100, 103 Prozessarten 5, 2 Prozessaufrechnung 3, 101, 158; 5, 25, 219 Prozessfähigkeit – eines Ausländers 4, 32ff, 39 – juristischer Personen 4, 35 – nicht rechtsfähiger Handelsgesellschaften 4, 35 – nicht rechtsfähiger Vereine 4, 35 Prozessführung im Ausland 1, 77ff Prozessführungsbefugnis – gewillkürte 4, 50 – im IZPR 4, 45ff Prozesshandlungen, Fristen 5, 12 Prozesskostenhilfe – für internationale Klagverfahren 4, 96ff – für grenzüberschreitende Anträge in der EU 4, 108ff – für Vollstreckbarerklärung 4, 102ff; 12, 108; 13, 78 – für Vollstreckungsklage 12, 103 – zur Vorbereitung von Auslandsverfahren 4, 96ff Prozesskostensicherheit 2, 98; 4, 57ff Prozesskostenvorschuss 4, 126ff; 15, 64ff Prozessordnung, europäische 1, 56 Prozessprinzipien 5, 7 Prozessrecht, europäisches 1, 54ff; 3, 11 Prozessrechtsvereinheitlichung 1, 54ff Prozessrechtsvergleichung 1, 75f Prozessstandschaft – des Pfändungsgläubigers 17, 73 – s. Prozessführungsbefugnis – für Unterhaltsklagen 5, 90

Prozessstandschafter – Deutschland als 2, 94ff – und Vollstreckbarerklärung 12, 102ff Prozessunterbrechung durch ausländisches Insolvenzverfahren 5, 244 Prozessurteil, Anerkennung 11, 18 Prozessvergleich, Anerkennung 11, 15, 54, 149; 12, 158ff Prozessvollmacht 5, 10, 12, 403 – nach deutschem Recht 4, 41 Prozessvoraussetzung, negative 5, 212 Prüfungspflicht, Umfang der 13, 556 Prüfungsstellen für Zustellungsersuchen 7, 79ff, 120, 137 Punitive damages 11, 174 Qualifikation 1, 12ff, 43, 48; 2, 10; 9, 61 – funktionelle 1, 43 – materiellrechtsfreundliche 1, 48 Quatar 4, 86 Quebec 14, 28 Rabbinatsscheidung 5, 85 Reaktorschiffe 13, 103 Recht – autonomes deutsches 10, 11ff; 15, 23ff – nächstverwandtes 10, 44 Recht der Europäischen Union 10, 53 Rechtsanwalt, ausländischer 5, 423ff; 10, 30 Rechtsbehelf – Pflicht zur Einlegung 11, 48, 72 – in der Zwangsvollstreckung 17, 25 Rechtsbeschwerde an BGH 12, 154; 16, 124 891

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Rechtshängigkeit im Ausland – Beachtung nach autonomem deutschen Recht 5, 212ff – nach europäischem Zivilprozessrecht 5, 201ff – maßgeblicher Zeitpunkt 5, 205, 210, 223ff – materielle Wirkungen 5, 231f – nach Staatsverträgen 5, 233f – und Urteilsanerkennung 11, 184; 13, 51 Rechtshilfe – internationale 1, 10, 34; 6, 1ff, 6; 8, 97; 9, 3, 161 – in Strafsachen 6, 3 – kraft Völkergewohnheitsrecht 6, 42ff – Verbürgung der internationalen 6, 36, 37 – vertragslose 6, 15 – in Verwaltungssachen 6, 3 – als Verwaltungstätigkeit 6, 19f; 7, 10 – Voraussetzungen 6, 16ff – s. Internationale Beweisaufnahme – s. Internationale Zustellung Rechtshilfeabkommen, zweiseitige 6, 9, 12f; 7, 126ff; 6, 28; 8, 132ff Rechtshilfeersuchen – Inhalt des 8, 38 – auf konsularischem Weg 8, 40 – Übermittlungswege für 8, 37ff – auf dem unmittelbaren Behördenweg 8, 40 Rechtshilfeverträge 6, 6ff; 7, 62, 111, 126ff; 8, 27ff, 82ff, 132ff Rechtskraft – Anerkennung 11, 18, 115ff – zu Gunsten Dritter 11, 123 – zu Lasten Dritter 11, 122 – formelle 12, 214 – kollisionsrechtliche Relativität 11, 125 Rechtskraftpräklusion 11, 20f, 111ff 892

Rechtsmittelzuständigkeit in internationalen Fällen 3, 395 Rechtsnachfolger – Bindung an Gerichtsstandsvereinbarung 3, 150 – Bindung an Schiedsvereinbarung 16, 39 Rechtsordnung 17, 84 Rechtsquellen des IZPR 1, 15 Rechtsschein der Niederlassung 3, 83 Rechtsschutz – einstweiliger 10, 37ff; 15, 12, 13; 16, 102ff – einstweiliger vor ausländischen Gerichten 15, 83ff – Verzicht auf 3, 368 Rechtsvereinheitlichung 1, 56 Rechtsverkehr – elektronischer 3, 115 – Vereinfachung des 7, 113 Rechtswahl 10, 24ff; 16, 70ff Regelbeweis 9, 49 Regelsicherheit 4, 54 Regelung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Ausland 16, 206 Regierungsmitglieder, Immunität 2, 29 Register, öffentliches 3, 194; 5, 79 Registrierung inländischer Scheidungen im Entscheidungen 5, 79; 12, 135 Regla de Buenos Aires 3, 547 Regressansprüche 3, 347 Regressforderung 3, 60 Regressklage 3, 102 Reiseverträge 3, 114, 190 Remise au parquet 6, 38; 7, 13f, 71, 103, 141; 11, 50 Request for admission 9, 20, 115 Restatement Second of Conflict of Laws 14, 34 Restzuständigkeit 3, 215, 221

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Revisibilität ausländischen Rechts 10, 48ff Révision au fond (Verbot der) 11, 58, 65, 115; 12, 221; 13, 55; 14, 7 Rheinschifffahrtsakte, revidierte 12, 168 Richtlinie 87/5/EG 5, 420 Richtlinie 2004/48/EG 9, 18 Ruanda 4, 87; 11, 209 Rückgabe – eines Kindes 3, 225f; 12, 30, 176 – persönlicher Gegenstände 5, 89 Rücksichtnahme auf Anerkennungsund Vollstreckungsverträge 3, 566ff Rügelose Einlassung – vor staatlichem Gericht 3, 174ff, 211 – vor Schiedsgericht 16, 16 Rumänien 4, 87; 11, 209; 14, 93; 16, 207 Russland 7, 124; 9, 121, 125; 10, 77; 11, 209; 14, 90; 16, 207 Sachen, bewegliche 3, 48 – unbewegliche 3, 181; 13, 540 Sachpfändung 17, 28ff Sachverständigenbeweis 8, 99ff, 126; 9, 182; 10, 64 – über ausländisches Recht 10, 31ff Sachverständiger 4, 134; 6, 39; 9, 183, 194; 10, 31, 32 – ausländischer 8, 127 – inländischer 8, 126 Sambia 4, 88; 11, 210 San Domingo 4, 93 Sanktion gegen Nichtwirkung bei Beweisersuchen 8, 45 San Marino 4, 88; 7, 145; 8, 146; 11, 210 Satzung und Gerichtsstandsklausel 3, 143 Saudi-Arabien 4, 88; 11, 210

Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach erfolgloser Vollstreckung 17, 52 Scheidung – durch ausländische Verwaltungsbehörde 11, 227 – einverständliche 5, 81 – durch Gerichtsurteil 5, 17 – Privat- 5, 83, 94; 11, 230, 235 – Rabbinats- 5, 85 – Talaq- 5, 84 Scheidungsurteil, Anerkennung – in England 14, 35ff – nach EheGVO 11, 65ff – in USA 14, 8ff – in Türkei 14, 101 Scheidungsverfahren – Beteiligung des Staatsanwalts 5, 56 – Beteiligung der Verwaltungsbehörde 5, 56 – und einstweilige Anordnungen 15, 56ff – internationale 5, 74ff Scheidungsverschulden 11, 68 Schiedseinrede 11, 63; 16, 81ff Schiedsfähigkeit – ad hoc 16, 47 – objektive 16, 17ff, 127 – subjektive 16, 28ff, 129, 167 Schiedsgericht – ad hoc- 16, 48 – Fehler bei Bildung 16, 134 – institutionelles 16, 47f – Kompetenz-Kompetenz 16, 85ff – Kompetenzüberschreitung des 16, 131 – Mehrparteien- 16, 40 – Rechtswahl durch 16, 67 – Sitz des 16, 53f – Verfahren des 16, 55ff Schiedsgerichtsbarkeit, internationale 1, 23; 16, 1ff – Rechtsnatur 16, 2 893

Sachregister

Schiedsgerichtsordnungen 16, 65ff Schiedsklage 16, 56 Schiedskläger, ausländischer 4, 94 Schiedsorganisationen 16, 47, 65 Schiedsrichter – Abberufung von 16, 97 – Ausländer als 16, 162 – Bestellung der 16, 45ff – Ersatzbestellung von 16, 96 – Unabhängigkeit der 16, 51 Schiedsrichtervertrag 16, 52 Schiedsspruch – Anationaler 16, 135, 146 – Anerkennung von 11, 13, 147; 13, 300ff, 380ff, 404, 420, 435, 450, 460, 490, 510, 530ff; 16, 116ff, 134, 171, 188ff, 199 – Aufhebung 16, 109ff, 134, 171 – Begründung 16, 170 – nach Billigkeit 16, 132 – Erlass 16, 63 – fehlende Verbindlichkeit 16, 136 – Registrierung des 16, 64 – Verstoß gegen ordre public 16, 140f – Zwischen- 16, 136 Schiedsvereinbarung 15, 13; 16, 7ff, 123 – anwendbares Recht 16, 42ff – Bindung Dritter 16, 39 – und einstweiliger Rechtsschutz 15, 13; 16, 101ff – Form 16, 12ff, 161ff – und Insolvenz 16, 38 – Selbständigkeit der 16, 86 – Wirksamkeit 16, 8ff, 128 Schiedsverfahren 16, 44ff – Beweisrecht 16, 61, 100 – Fehler des 16, 126ff – Kostenvorschuss 16, 60 – und rechtliches Gehör 16, 130 – in der Sache anwendbares Recht 16, 66ff, 168 – staatliche Hilfsverfahren 16, 100ff 894

– Verfahrensrecht 16, 44ff Schiedsvergleich 13, 300, 420, 435; 16, 146f, 188, 191, 193, 199 Schiedsvertrag 16, 158, 203 Schiffbarmachung der Mosel, Vertrag über 12, 168 Schiffszusammenstöße, Gerichtsstand 3, 263 Schlichtungsordnung 16, 65ff Schlichtungsvereinbarung, internationale 16, 11 Schottland 5, 67; 8, 142; 9, 24ff Schriftform – bei Gerichtsstandsvereinbarungen 3, 146ff, 382 – bei Schiedsvereinbarungen 16, 12ff Schriftsätze in fremder Sprache 4, 130 Schriftstück, verfahrenseinleitendes, Zustellung 11, 34ff, 49ff, 75, 162ff; 13, 28, 49f, 409, 549 Schuldausspruch im Scheidungsurteil 5, 78; 11, 68 Schweden 3, 527; 4, 88; 7, 64, 100, 115, 123; 8, 85, 92, 98, 115; 9, 58, 67, 95, 121, 145, 165, 186; 10, 73; 11, 210; 14, 83ff; 16, 207 Schweigepflicht 9, 95f Schweiz 3, 394, 397; 4, 88; 5, 316; 8, 28, 91; 10, 74; 11, 210; 13, 208, 490ff; 15, 110; 16, 25, 65, 207 Schweizerische Schiedsordnung 16, 65 Search order 11, 8; 15, 98 Seefrachtverträge 3, 350 Seegerichtliche Entscheidungen 13, 113ff Selbständiges Beweisverfahren 15, 71ff Senegal 4, 88; 11, 210 Sequestro giudiziario 15, 101 Serbien 4, 88; 14, 98 Service out of the jurisdiction 3, 304

Sachregister

Sicherheitsleistung – beim einstweiligen Rechtsschutz 15, 15, 86 – für Prozesskosten 4, 58ff; 5, 71 – vor Vollstreckung im Zweitstaat 12, 24, 27; 13, 53 Sicherstellungsbeschlagnahme sequestro conservatio 15, 100 Sicherungsbeschlagnahme 15, 101 Sicherungsvollstreckung 12, 140f; 13, 412 Sierra Leone 4, 88; 11, 210 Simbabwe 11, 210 Singapur 4, 88; 11, 210; 14, 120; 16, 207 Sitten, gute 10, 53 Sitz des Schiedsgerichts 16, 53 Sitzzuständigkeit 3, 29, 222, 362 Slowakei 4, 88; 11, 210 Slowenien 11, 210; 14, 100; 16, 207 Somalia 4, 88; 11, 210 Sondervermögen, öffentlich-rechtliches 3, 340 Sonstige Rechte, Pfändung 17, 82 Sorge, elterliche 15, 58 Sorgerechtssachen – Anerkennung von Entscheidungen 11, 67ff, 82, 145; 14, 31 – Rechtshängigkeit 5, 210 – Vollstreckbarerklärung 12, 131; 13, 110ff – Zuständigkeit für alle Kinder 3, 206ff – Zuständigkeit für gemeinsame Kinder 3, 217 Sortenschutz 3, 204 Sozialversicherung 3, 104 Spanien 4, 88; 7, 64; 9, 65, 79, 134, 150, 189; 10, 69; 11, 210; 13, 510ff; 15, 114; 16, 207 Special appearance 3, 391 Special examiners 6, 39; 8, 140 Spiegelbildprinzip 11, 152 Sportschiedsgerichtsbarkeit 16, 47

Sprache – im Prozess 4, 129ff – im Rechtshilfeverkehr 4, 138ff; 7, 21, 53, 61, 73, 81, 87; 8, 41 Sri Lanka 4, 88; 11, 210 Staat – nicht anerkannter 4, 26 – ausländischer 2, 4ff; 4, 37; 7, 24 – common law 5, 238 – sozialistischer 9, 46 Staatenloser 3, 402; 4, 4, 60 Staatsangehörige, eigene 8, 55, 117, 144 Staatsangehörigkeit, Zuständigkeit kraft 3, 300ff Staatsanwalt 5, 56, 77; 13, 215 Staatsimmunität 2, 1ff – und Menschenrechtsverletzungen 2, 11ff – im Schiedsverfahren 2, 23; 16, 34 Staatsoberhaupt, Immunität 2, 27 Staatsschiffe 2, 44ff; 17, 20 Staatsvertrag 4, 64; 6, 6; 10, 13; 11, 104; 15, 20ff Standard disclosure 9, 151 State Courts 10, 68 Stockholmer Regeln 16, 65 Straßengüterverkehr 3, 154, 331, 346ff; 13, 104 Stream-of-commerce-jurisdiction 3, 523 Streitentscheidung durch internationale Schiedsgerichte 16, 2ff Streitgegenstand 16, 131 – europäischer 5, 202ff Streitgenossenzuständigkeit 3, 90ff, 293 Streitkräfte, ausländische 2, 92ff Streitregelungsprotokoll zum GPÜ 3, 205 Streitverkündung 5, 47 Streitverkündungswirkung 11, 26, 127 Streitwert 5, 64 895

Sachregister

Stufenklage 5, 19 Substitution 1, 49; 17, 11 Subunternehmer 3, 161 Sudan 4, 88; 11, 210 Südafrikanische Republik 4, 88; 11, 210 Sühneversuch 5, 76; 8, 77 Summary Judgement 14, 53 Surinam 4, 88 Swasiland 4, 88; 11, 210 Syrien 4, 88; 11, 210; 14, 105; 16, 207

Trust – Bedingungen und Gerichtsstand 3, 85ff – Sitz 3, 32 Tschad 4, 89; 11, 211 Tschechische Republik 4, 89; 8, 27; 11, 211; 14, 97; 16, 207 Türkei 3, 355, 417; 4, 89; 10, 80; 11, 211; 14, 101f; 16, 207 Tunesien 4, 89; 11, 211; 13, 533ff; 14, 107; 16, 207

Taiwan 11, 211; 16, 207 Talaq-Scheidung 5, 83 Tansania 4, 89; 11, 211 Tatbestandswirkung ausländischer Entscheidungen 11, 27, 131f Tatsache, doppelrelevante 11, 159 Teilanerkennung 11, 133 Teilnahme ausländischer Richter an Beweisaufnahme 8, 17, 53 Telekonferenz 8, 16 Temporary Restraining Order 15, 116 Territorialitätsgrundsatz 6, 32f; 7, 2; 8, 2ff, 120ff; 17, 3 Thailand 4, 89; 11, 211; 14, 119 Theorie der Wirkungserstreckung 11, 21, 111f Third Party Complaint 5, 6, 55 Third Party Notice 5, 55 Timesharing – Verträge 3, 184 Togo 4, 89; 11, 211 Torpedorklage 5, 203 Transient Jurisdiction 3, 517ff Transnational Rules of Civil Procedure 1, 5, 54ff Treble damages 11, 175 Trennung von Tisch und Bett 5, 82, 86 Trinidad und Tobago 4, 89; 11, 211 TRIPS-Übereinkommen 9, 18; 15, 20 Tronc commun 16, 73

Übereinkommen der Arabischen Liga über die Vollstreckung von Urteilen vom 14.9.1952 14, 104 Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) 3, 154, 331; 4, 69; 5, 224; 12, 168; 16, 69 Übereinkommen über den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr (COTIF) vom 9.5.1980 12, 168 Übereinkommen über den Eisenbahnverkehr (CIM) und den Eisenbahn-Personen- und Gepäckverkehr (CIV) vom 7.2.1970 16, 185ff Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern 4, 102 Übereinkommen über die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen vom 8.9.1967 13, 6 Übereinkommen über die Haftung gegenüber Dritten auf dem Gebiet der Kernenergie 2, 16 Übereinkommen über die Vereinfachung der Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen vom 6.11.1990 13, 90

896

Sachregister

Übereinkommen über Staatenimmunität, Baseler europäisches 2, 34 Übereinkommen zur Befreiung von Urkunden von der Legislation in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft vom 25.5.1987 9, 122 Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über den Arrest in Seeschiffe vom 10.5.1952 12, 168ff Übereinkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die zivilgerichtliche Zuständigkeit bei Schiffszusammenstößen vom 10.5.1952 12, 168ff Übermittlungsweg – für Beweisersuchen 8, 12ff, 37ff, 82, 143 – für Zustellungsersuchen 7, 47ff, 73ff, 111f, 128ff Übersetzungserfordernis – bei Klagezustellung 7, 53, 61, 87 – bei Vollstreckbarerklärung 12, 24; 13, 29, 212 Uganda 4, 90; 11, 212 Ukraine 4, 90; 11, 212; 14, 91; 16, 207 Umbrella rule 3, 338 Umgangsrecht 11, 85; 12, 30, 176; 15, 58 Umwelteinwirkungen, Gerichtsstand der 3, 359 UNCITRAL-Rules 16, 49, 65 UN-Convention on the Carriage of Goods by Sea 3, 350 Unerwünschte Gerichtsstände 1, 28ff; 3, 36ff Ungarn 3, 6; 4, 90; 11, 212; 14, 92; 16, 207 Uniform Conflict of LawsLimitation Act 1982 5, 46

Uniform Foreign-Money Claims Act 5, 66 Uniform Foreign Money-Judgment Recognition Act 14, 33ff Unklagbarkeit 2, 47; 5, 58ff Unterbrechung durch ausländisches Insolvenzverfahren 5, 244f Unterhalt 13, 533; 15, 59 – im Kindschaftsprozess 15, 70 – im Scheidungsverbund 3, 58 Unterhaltsansprüche – des Kindes 5, 90 – Rechtshilfe bei Durchsetzung 6, 14; 13, 70ff, 90ff Unterhaltssachen – Auskunftspflicht 9, 143 – Gerichtsstand 3, 15, 57ff – Klageart 5, 2, 69 Unterhaltsstatut 5, 19 Unterhaltstitel, Anerkennung von 13, 29ff, 300ff; 14, 57 Unterlagen für Vollstreckbarerklärung – von Gerichtsentscheidungen 12, 8ff, 12ff; 13, 29, 60 – von Schiedssprüchen 16, 116ff Unterlassungsklage – gegen Prozessführung im Ausland 5, 307 – vorbeugende 3, 73, 357 Unterlassungsvollstreckung 17, 38ff, 51 Unternehmer, Gerichtsstand in Verbrauchersachen 3, 121f Untersuchung, körperliche und geistige 9, 177ff UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland 4, 105; 13, 70ff UN-Übereinkommen über Staatenimmunität 2, 1 897

Sachregister

UN-Übereinkommen über Verträge über den internationalen Warenverkauf vom 11.4.1980 (CISG) 3, 48, 342; 9, 11, 63 UN-Übereinkommen vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (UNÜ) 16, 149ff Unvereinbarkeit von Entscheidungen 11, 54ff, 76f, 82f, 171 Urkunden 8, 124 – ausländische 9, 125 – ausländische öffentliche 9, 118, 125 – gesiegelte 9, 135 – inländische 9, 125 – öffentliche 9, 118, 125, 134; 11, 68; 13, 559 – private 9, 125, 129, 134, 135 – Übersetzung fremdsprachiger 9, 140 – s. Vollstreckbare Urkunden – über die Vollstreckbarkeit 12, 13 – Vorlage aus Ausland 8, 8, 70, 96f – über die Zustellung des Titel 12, 14 Urkundenbeweis 9, 35, 118ff Urkundenprozess 10, 26 Urkundenübersendung 8, 75, 77 Urkundenvorlageverordnung 8, 71f Uruguay 4, 90; 11, 212 USA 3, 501, 518, 530, 535; 4, 19, 91, 107; 5, 27, 33, 54, 57, 422; 7, 5, 17, 42, 92, 94; 9, 19, 88, 114f, 121, 143, 175, 183; 10, 67; 11, 213; 13, 85; 14, 8, 34ff; 15, 115; 16, 23, 85, 207 Usbekistan 4, 90 US Foreign Souvereign Immunities Act (FSIA) 2, 19 Vaterschaft, Anerkennung 13, 533 Vaterschaftsfeststellung 5, 96; 9, 168ff Vatikan 4, 91; 11, 213 898

Venezuela 4, 91; 11, 213; 14, 67; 16, 207 Verantwortung, elterliche 3, 207; 12, 171 Verbandsklagen 3, 113, 190; 5, 30ff Verbrauchersachen 3, 112ff; 11, 63 Verbundverfahren 5, 92, 97 Verbundzuständigkeit 5, 92 Vereinigte Arabische Emirate 4, 91; 14, 108; 16, 207 Vereinigtes Königreich von England und Nordirland 11, 213; 13, 330ff Verein, nichtrechtsfähiger 4, 35 Verfahrenseinleitendes Schriftstück 11, 34ff Verfahrensgrundsätze, rechtsstaatliche 11, 176 Verfahrenshilfe 6, 3 Verfahrensnorm, sachrechtsbezogene 1, 49 Verfahrenstheorie (zur Nationalität des Schiedsspruchs) 16, 110 Verfahrensüberleitung 6, 3 Verfahrensverzögerung 16, 99 Verfahrensvorschriften 13, 60ff Verfahren zur Trennung von Tisch und Bett 3, 208; 5, 82; 11, 68 Verfügung, einstweilige 5, 305; 11, 8, 53, 139; 13, 402, 461; 15, 47, 103 – einstweilige internationale 15, 44ff Vergleiche als vollstreckbare Titel 11, 15; 13, 24, 558; 16, 193, 194 Verhältnis staatliches Gericht – Schiedsgericht 16, 80ff Verhandlung, mündliche 4, 134ff; 13, 557 Verjährung 5, 42ff – Hemmung durch Auslandsklage 5, 47, 232; 11, 132; 16, 57 Verknüpfung, reale 15, 14

Sachregister

Vermögensgerichtsstand 3, 311, 336ff; 11, 155; 12, 118, 144, 238; 13, 48, 404, 407 Vermutung – gesetzliche 9, 38, 62, 118 – tatsächliche 9, 39, 53 Versäumnisentscheidung 13, 51 Versäumnisurteil 11, 7; 13, 401 Versäumnisverfahren 10, 36ff Versagungsgründe der Anerkennung – gerichtlicher Entscheidungen 11, 28ff, 150ff; 13, 27, 213, 409, 547, 556 – von Schiedssprüchen 16, 120, 126, 173, 180, 198 Verschulden 7, 105 Versicherungsagent, Zuständigkeit am Sitz 3, 325 Versicherungssachen 3, 104ff; 11, 63 Versöhnungsfrist 5, 75 Verstoßung der Ehefrau 11, 232 Vertragsschluss, elektronischer 3, 153 Verwaltungshilfe zur Durchsetzung von Unterhalt 13, 74ff Verweisung ins Ausland 3, 219; 5, 242 Verwirkung der Anerkennung/ Nichtanerkennung 11, 239 Videokonferenz 5, 9; 8, 16, 26, 125 Vietnam 11, 213; 14, 122; 16, 207 Völkergewohnheitsrecht 1, 24, 29; 6, 31, 45 Völkerrecht 1, 24ff; 6, 23ff; 10, 53; 11, 102; 16, 72 – allgemeines 2, 4; 4, 7 Vollstreckbarerklärung – aufgehobener Schiedssprüche 16, 138, 142f, 155, 171f – Aufhebung 12, 122; 13, 410ff – ausländischer Entscheidungen 12, 1ff, 101ff; 13, 410ff; 17, 6, 13ff

– ausländischer Schiedssprüche 16, 116ff, 153, 171 – ausländische Schiedsvergleiche 16, 146 – nach dem Auslandsunterhaltsgesetz 12, 234ff – und Insolvenzverfahren 12, 130 – Kosten 12, 124; 13, 217 – von Kostenentscheidungen in Ehesachen 12, 171ff – durch Notar 12, 62 – öffentlich rechtlicher Anspruch 12, 208 – von Sorgerechtsentscheidungen 12, 177 – Verfahren der 12, 100ff; 13, 111, 203ff; 16, 120 – Versagungsgründe der 13, 409ff Vollstreckbare Urkunden 11, 15, 149; 12, 159ff; 13, 45, 83, 435, 559 Vollstreckbarkeit im Erststaat 12, 122, 157, 214; 13, 26, 29, 58, 415 Vollstreckung – ausländischer einstweiliger Maßnahmen im Inland 15, 79ff – ausländischer Entscheidungen 6, 5; 7, 127 – ausländischer fG-Entscheidungen 12, 231ff – ausländischer Schiedssprüche 16, 109ff – ausländischer Urteile in Common Law Staaten 14, 8ff – von Fremdwährungsverbindlichkeiten 17, 12 – unvertretbarer Handlungen 17, 44 – vertretbarer Handlungen 17, 41 – aus öffentlichen Urkunden und Prozessvergleichen 12, 158ff – von Schiedssprüchen 16, 114ff – Verfahren der 13, 29ff – Voraussetzungen der 13, 26ff Vollstreckungsanspruch 17, 7 899

Sachregister

Vollstreckungsbescheid 12, 133 Vollstreckungsgegenklage 3, 199; 12, 229 Vollstreckungshilfe 6, 3; 13, 90, 209 Vollstreckungsimmunität 2, 102; 17, 16ff Vollstreckungsklage 12, 202ff, 208 Vollstreckungsklausel – Aufhebung 12, 157 – Erteilung 12, 144 Vollstreckungsübereinkunft, multilaterale 13, 201 Vollstreckungsverfahren 13, 43, 554ff Vollziehung einstweiliger Maßnahmen des Schiedsgerichts 16, 101ff Vorabentscheidungsverfahren vor EuGH 1, 64ff; 3, 22 Voraussetzungen der internationalen Zwangsvollstreckung 17, 13ff Vorlage-Verordnung 8, 72 Vorbeugende Unterlassungsklage 3, 73, 357 Vorläufig vollstreckbare Entscheidungen 11, 6, 137 Vorlagepflicht – materiellrechtliche 9, 159ff – prozessuale 9, 139ff – von Urkunden 8, 97; 9, 128, 133ff Vorprozessuale Vorlagepflichten 9, 25, 30 Vorwirkung der Rechtshängigkeit 5, 231 Vouching-in 5, 54; 11, 128 Währungsbeschränkung 5, 73 Wahlkonsulatsbeamte 2, 67 Waiver of service of process 7, 18ff Warenzeichen 3, 195 Warschauer Abkommen zum internationalen Luftverkehr 3, 326f; 12, 168 900

Wartefrist für Wiederverheiratung 5, 80 Weißrussland 4, 92 Weltbank-Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten 16, 47, 183ff Wesenseigene Zuständigkeit 1, 51; 3, 314 Widerklage 3, 101, 394; 5, 25; 13, 404, 542 Wiederversöhnung 5, 76 Wiener Regeln (Schiedsgerichtsordnung) 16, 65 Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen 2, 52 Wiener Übereinkommen über konsularische Beziehungen 2, 64 Willenserklärungen, Vollstreckung von 17, 38ff WIPO 16, 47, 65 Wirkungserstreckung, Anerkennung als 11, 21, 68, 111 Witnesses statement 9, 84 Wohnsitz 3, 28ff, 35, 57, 111, 127, 216, 319, 382; 4, 65, 66; 12, 144; 13, 404, 535; 17, 54, 61, 66 Wohnsitzgerichtsstand 3, 28ff, 319ff Wohnungszuweisung 5, 91 Wortprotokoll 8, 46 WTO-Übereinkommen 16, 183 Zahlungsbefehle, schweizerische 5, 40 Zahlung, wiederkehrende 13, 53 Zaire 4, 93; 11, 214 Zentralafrikanische Republik 4, 93; 11, 214 Zentrale Rechtshilfebehörden 7, 70, 77; 8, 37ff Zeugenbeweis 8, 87ff; 9, 72ff, 102, 104 – Abgrenzung zur Parteivernehmung 8, 93

Sachregister

– durch Auslandszeugen 8, 123ff – durch commissioners 6, 39 – gesetzlicher Ausschluss 9, 7ff, 72 Zeugeneigenschaft 2, 102; 8, 93 Zeugenermittlung 8, 77 Zeugenfähigkeit 8, 87ff; 9, 72, 77 Zeugenvernehmung 8, 46 Zeugnisverweigerungsrecht 2, 102; 8, 10, 20, 48f, 89; 9, 92ff Zinsen 5, 16; 12, 227 Zivil- und Handelssachen 3, 20ff; 7, 142; 8, 29 Zugang zu Gericht 1, 29ff; 4, 7ff Zugewinnausgleich 15, 68f Zusammenarbeit, internationale gerichtliche 6, 5 Zusatzübereinkommen von Guadalajara 3, 328 Zusatzübereinkommen zum Haager ZPÜ 6, 9; 7, 113 Zuständigkeit – des Amtsgerichts 12, 238 – Anerkennungs- 3, 502 – Antritts- 3, 409 – nach Art. 5-7 EuGVO/EuGVÜ 3, 39ff – Aufenthalts- 3, 411 – ausschließliche 3, 155, 178, 403; 7, 95, 137; 11, 65; 14, 102 – ausschließlich internationale 3, 362, 388; 8, 110; 13, 408 – Begriff der internationalen Zuständigkeit 3, 302ff – Beweis-, internationale 8, 4 – deutsche ausschließliche 11, 157 – deutsche internationale 1, 17; 3, 301, 403 – direkte 3, 17 – Durchgriffs- 3, 539 – in Ehesachen 3, 206ff, 400ff – für einstweilige Maßnahmen 3, 222 – des Erstgerichts 13, 543 – erstinstanzliche 1, 63

– des Erstrichters 11, 62; 13, 401 – des Familiengerichts 12, 174 – für den Hauptprozess 3, 97 – in der Hauptsache 15, 8 – indirekte 13, 43, 534 – für individuelle Arbeitsverträge 3, 126ff – in rem 3, 536 – internationale 3, 1ff, 316ff, 500ff; 8, 111; 13, 46; 14, 60, 62; 15, 6; 24, 44, 55, 90; 17, 84 – internationale in Kindschaftssachen 3, 422ff – internationale in Lebenspartnerschaften 3, 425ff – internationale kraft Sachzusammenhangs 3, 293ff – konkurrierende internationale 3, 308 – gegenüber Konzernmuttergesellschaften 3, 539 – Notzuständigkeit 3, 316, 397 – örtliche 3, 122, 210, 398 – quasi in rem 3, 537ff – Regelung der internationalen Zuständigkeit gemäß § 12ff ZPO 3, 316ff – sachliche 12, 206 – in Sorgerechtssachen 3, 206ff – für Streitigkeiten über Gemeinschaftsmarken 3, 202 – für Streitigkeiten über Gemeinschaftspatente 3, 205 – für Streitigkeiten über den Sortenschutz 3, 204 – System der direkten 3, 17ff – des Ursprungsstaates 11, 73 – in Verbrauchersachen 3, 112ff – Vereinbarung durch Nichtkaufleute 3, 142 – in Versicherungssachen 3, 104ff – nach Wert des Gegenstandes 12, 206 – wesenseigene 1, 51; 3, 214 901

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Zuständigkeitsentscheidung des Erstrichters 11, 62ff Zuständigkeitserschleichung 3, 311 Zuständigkeitskatalog, vertraglicher 13, 46ff Zuständigkeitsmangel, Heilung von 11, 169 Zustellung im Rechtsvergleich 7, 2ff Zustellung, internationale – von Amts wegen 12, 144 – an Angehörige des Entsendestaates 6, 44 – durch Aufgabe zur Post 4, 42; 6, 37; 7, 11, 69 – an ausländischen Staat 2, 33ff; 7, 24 – Auslands- 7, 66 – reale Auslands- 7, 12 – Begriff der 7, 76 – an den Beklagten 11, 163 – in besonderer Form 7, 88, 118 – bilaterale Besonderheiten 7, 128ff – Direkt- 7, 58f – durch diplomatische Vertreter 7, 89, 113 – Entscheidung über Art und Weise der 7, 119 – Ersatz- 7, 29, 54; 11, 42, 51 – nach der EU Verordnung 7, 45ff – fiktive 11, 51 – förmliche 7, 22, 117 – formlose 7, 116, 121 – nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1.3.1954 7, 113ff – als Hoheitsakt 7, 3 – Inlands-, fiktive 7, 48 – Inlands-, öffentliche 7, 67 – Inlands-, Recht des ersuchten Staates 7, 86 – auf konsularischem/diplomatischem Weg 7, 58ff, 71, 89, 113, 124, 132 902

– durch konsularische Vertreter 6, 45; 7, 89, 124, 134 – -mangel 11, 73 – durch Mitwirkung von Behörden 7, 133 – im unmittelbaren Behördenweg 7, 115 – nach NATO-TS 2, 99f – öffentliche 7, 11; 11, 43, 163; 13, 51 – ordnungsgemäße internationale 11, 161 – Ordnungsgemäßheit der 11, 34, 38 – ordnungsmäßige 11, 45 – und ordre public 7, 95f, 120 – an jedem Ort 7, 15 – unmittelbar im Parteiauftrag 7, 62 – durch die Post 7, 91, 111, 135 – auf privatem Wege 7, 16, 134 – im Rechtshilfeverkehr 7, 49ff – rechtzeitige 7, 108; 11, 44, 45, 50, 167 – durch schriftliches Zeugnis der ersuchten Behörde 7, 98 – gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke 7, 65 – späterer Schriftsätze 11, 39 – außerhalb von Staatsverträgen 7, 121ff – durch einfache Übergabe 7, 136 – verfahrenseinleitender Schriftstücke 11, 35ff, 162ff – im Verhältnis zu den europäischen Kleinstaaten 7, 145ff – von Versäumnisurteilen 7, 111 – in Verwaltungssachen 7, 77 – der Vollstreckungsklausel 12, 144ff – nur in der Wohnung 7, 15 – über „Zentrale Behörden“ 7, 72, 74, 79

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Zustellungsantrag 7, 80f; 8, 143 – eingehender 7, 25 Zustellungsbescheinigung 7, 56 Zustellungsbevollmächtigter 4, 40, 42ff; 6, 37; 7, 23, 68; 12, 105 Zustellungsersuchen, deutsche 7, 136 Zustellungsgebühren 7, 57 Zustellungsmängel, Heilung von 7, 63, 112; 11, 47f, 169ff Zustellungsmethoden 7, 2ff Zustellungsort 7, 54 Zustellungssystem, englisches 7, 16 Zustellungsübereinkommen, Vertragspartner des 7, 64 Zustellungsverordnung der Europäischen Union 7, 45ff Zustellungszeitpunkt 7, 55 Zustellungszeugnis 7, 54, 82, 92 Zwangsarbeiter 2, 14 Zwangsgeld 17, 45ff

Zwangsmaßnahmen zur Unterstützung konsularischer Beweisaufnahme 8, 61, 141 Zwangsvergleich, Anerkennung 13, 436 Zwangsvollstreckung 3, 198, 199; 8, 80 – gegen ausländische Staaten 2, 43ff; 17, 16f – im Ausland 17, 89 – Voraussetzungen der internationalen 17, 13ff Zweigniederlassung 3, 79, 80, 109, 120; 13, 404, 536 – inländische 4, 22 – unselbständige 4, 21 Zweigstelle, inländische 4, 29 Zwischenentscheid des Schiedsgerichts zur Zuständigkeit 16, 90 Zwischenstaatliches Zivilprozessrecht 1, 9 Zypern 4, 93; 11, 214; 16, 207

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