Internationale Unternehmensbesteuerung angesichts globaler Krisen 9783504388423

Im 52. Tagungsband des Forums der Internationalen Besteuerung sind die exzellenten Vorträge der hochkarätigen Referenten

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German Pages 274 Year 2023

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Table of contents :
Vorwort
Eröffnungsansprache
Inhaltsverzeichnis
Internationale Verrechnungspreisgestaltung in politischen und wirtschaftlichen Krisen – insbesondere Unterstützungsleistungen im Konzern
Internationale Verrechnungspreisgestaltung in politischen und wirtschaftlichen Krisen, insbesondere Unterstützungsleistungen im Konzern
Brennpunkte internationaler Umwandlungen
Brennpunkte internationaler Umwandlungen
Brennpunkte der grenzüberschreitenden Unternehmensnachfolge
Brennpunkte der grenzüberschreitenden Unternehmensnachfolge
Abhängigkeit der deutschen Ertragsbesteuerung von der Besteuerung im Ausland, insbesondere Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG)
Abhängigkeit der deutschen (Ertrags-)Besteuerung von der Besteuerung im Ausland, insbesondere Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG) .
Ausgewählte aktuelle Praxisprobleme grenzüberschreitender Betriebsstättenbesteuerung
Ausgewählte aktuelle Praxisprobleme der grenzüberschreitenden Betriebsstättenbesteuerung
Stichwortverzeichnis
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Internationale Unternehmensbesteuerung angesichts globaler Krisen
 9783504388423

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Lars Hummel/Bert Kaminski (Hrsg.) Internationale Unternehmensbesteuerung angesichts globaler Krisen

Forum der Internationalen Besteuerung

Band 52

Internationale Unternehmensbesteuerung angesichts globaler Krisen Herausgegeben von

Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M. International Tax Institute Universität Hamburg

Prof. Dr. Bert Kaminski Helmut-Schmidt-Universität/ Universität der Bundeswehr Hamburg mit Beiträgen von

Prof. Dr. Marc Desens Prof. Dr. Stefan Köhler Dr. Marcus Niermann Dr. Eva Oertel Dr. Andreas Richter, LL.M. (Yale) Jürgen Rieß Dr. Stephan Viskorf Diskussionsteilnehmer

VorsRiBFH Dr. Peter Brandis Oliver Nußbaum Kerstin Schulz, M.I.Tax Dr. Wendelin Staats und die Beitragsverfasser

2023

Zitierempfehlung: Autor in Hummel/Kaminski, Forum der Internationalen Besteuerung, Bd 52, 2023, S. ...

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.

Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-61552-9 ©2023 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung nach einem Entwurf von: Jan P. Lichtenford Satz: WMTP, Birkenau Druck: Stückle, Ettenheim Printed in Germany

Vorwort Nachdem im Vorjahr noch die missliche Coronavirus-Pandemie die Tagungsorganisation und -abläufe bestimmt hatte, waren der 39. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung des Interdisziplinären Zentrums für Internationales Finanz- und Steuerwesen der Universität Hamburg (IIFS) in dieser Hinsicht keine Fesseln mehr angelegt. Sie konnte an die – erzwungenermaßen unterbrochenen – Traditionen wieder anknüpfen, insbesondere an den angestammten und bewährten Tagungsort in der Handelskammer Hamburg zurückkehren, durfte wirkliches Podium für den Austausch über das internationale Steuerrecht sein. An Traditionen anzuknüpfen, bedeutet durchaus nicht, sich neuen Entwicklungen zu verschließen, und so schlugen sich die im Zuge der Coronavirus-Pandemie gesammelten Digitalisierungserfahrungen in der Aufrechterhaltung der Möglichkeit nieder, der Tagung virtuell beizuwohnen. Der vorliegende Tagungsband dokumentiert die Referate und Diskussionen der 39. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung, die am 2. Dezember 2022 unter dem Generalthema „Internationale Unternehmensbesteuerung angesichts globaler Krisen“ stattfand. Prof. Dr. Lars Hummel, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht an der Universität Hamburg sowie geschäftsführender Direktor des IIFS, hielt die Eröffnungsansprache, in deren Rahmen er sich unter anderem der Realisierung der globalen Mindestbesteuerung und den sog. Registerfällen widmete. Astrid Nissen-Schmidt, Vizepräses der Handelskammer Hamburg, beschäftigte sich in ihrem Grußwort unter anderem mit der Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Steuerrechts. Dr. Andreas Dressel, Senator für Finanzen der Freien und Hansestadt Hamburg, ging in seinem Grußwort auf die Nachwuchsgewinnung im Steuerrecht und die Änderungsvorhaben im Jahressteuergesetz 2022 ein. Zudem würdigte er den Austausch zwischen der Finanzbehörde und der Handelskammer Hamburg seit der Coronavirus-Pandemie. Jürgen Rieß, Vice President International Taxes & Operations, Corporate Tax der Fresenius Gruppe, setzte sich mit den Auswirkungen politischer und wirtschaftlicher Krisen auf die internationale Verrechnungspreisgestaltung auseinander und richtete dabei ein besonderes Augenmerk auf Unterstützungsleistungen im Konzern.

V

Vorwort Prof. Dr. Lars Hummel, Prof. Dr. Bert Kaminski

Prof. Dr. Stefan Köhler, Partner bei Ernst & Young sowie Honorarprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, ging auf Problemschwerpunkte solcher Umwandlungen ein, die entweder grenzüberschreitend oder im Ausland stattfinden. Dr. Andreas Richter, LL.M., Partner bei POELLATH (der den ursprünglich angekündigten, aber kurzfristig verhinderten Dr. Stephan Viskorf vertrat), und Dr. Marcus Niermann, Counsel bei POELLATH, thematisierten in ihrem Vortrag die grenzüberschreitende Unternehmensnachfolge unter Beteiligung von Stiftungen und Trusts. Prof. Dr. Marc Desens, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere Steuerrecht und öffentliches Wirtschaftsrecht, an der Universität Leipzig, befasste sich systematisch mit den Ursachen sowie der Vermeidung von Besteuerungsinkongruenzen und nahm im Zuge dessen eine eingehende Bewertung des § 4k EStG vor. Dr. Eva Oertel, Leiterin des Referats Internationales Steuerrecht im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, nahm sich der grenzüberschreitenden Betriebsstättenbesteuerung an und ging in diesem Zusammenhang insbesondere auf personallose Betriebsstätten sowie auf DBA-Aktivitätsklauseln ein. Über die vorgenannten Referate hinaus enthält der vorliegende Tagungsband die daran sich anschließenden Podiumsdiskussionen, die unter der Leitung von Prof. Dr. Bert Kaminski, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, an der Helmut-Schmidt-Universität/Universität der Bundeswehr Hamburg, geführt wurden zwischen den Vortragenden sowie Dr. Peter Brandis, Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof, Oliver Nußbaum, Global Head of Tax der BASF SE, Kerstin Schulz, M.I.Tax, Global Head of Tax der Lufthansa AG, und Dr. Wendelin Staats, LL.M., Leiter des Referats Internationale Unternehmensbesteuerung und Außensteuerrecht im Bundesministerium der Finanzen. Hamburg, im Juni 2023 Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M. Prof. Dr. Bert Kaminski

VI

Eröffnungsansprache Verehrter Herr Senator, verehrte Frau Vizepräses, verehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Damen und Herren, ich möchte Sie zur 39. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung herzlich willkommen heißen und unternehme dies zugleich im Namen meines Kollegen Prof. Dr. Bert Kaminski, im Namen des International Tax Institute der Universität Hamburg sowie im Namen des Vorstandes seines Fördervereins. Seit der letztjährigen Tagung ist die politische Welt eine andere, sind weitere Gewissheiten, die unser Denken und Handeln bislang bestimmten, in Zweifel gezogen oder gar negiert. Zurückzuführen ist dies inzwischen nicht mehr auf die Coronavirus-Pandemie, sondern auf den entmenschlichten Hybridkrieg, den Russland gegen die Ukraine führt und der auf die eine oder andere Art und Weise weltweit seine negativen Auswirkungen zeitigt. Die Bewältigung der Coronavirus-Pandemie, welche die Tagungsbedingungen der vergangenen zwei Jahre bestimmte und einschneidende Einschränkungen mit sich brachte, die es an dieser Stelle angezeigt erscheinen ließen, einige rechtsgrundsätzliche Aspekte in Erinnerung zu rufen1, ist gleichsam in die zweite Reihe gerückt. Sie löst sich – aus verfassungsrechtlicher Sicht: überfällig – zunehmend vom Notstandsdenken und von Absolutsetzungen; die mit ihr einhergehenden Abwägungen fallen zunehmend differenzierter aus. Für die heutige Tagung hat dies den Effekt, dass sie sich keinen besonderen Restriktionen mehr ausgesetzt sieht. Selbstredend führt das nicht dazu, dass wir keine Vorsicht walten lassen würden, haben die diesbezügliche Entwicklung der Dinge aber auch als Chance begriffen, zu einigen früheren Standards zurückzukehren. Lassen Sie uns gedanklich noch ein wenig bei den Einschnitten der jüngeren Vergangenheit verweilen, allerdings nicht auf die veränderte gesellschaftliche Sphäre insgesamt blicken, sondern speziell dem International Tax Institute der Universität Hamburg zuwenden (und zu diesem Zwecke erstmalig im Rahmen der Eröffnungsansprache mit Folien arbeiten): „Hier gilt’s der Kunst“2! Im Büro von Prof. Dr. Jürgen Lüdicke in der Sedanstraße 19 hingen jahrelang an prominenter Stelle zwei von 1 Dazu L. Hummel in: L. Hummel/B. Kaminski (Hrsg.), Neue Herausforderungen im Internationalen Steuerrecht, 2022, S. X ff. 2 R. Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg, 2. Aufzug, 4. Szene (Eva).

VII

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

Christo signierte Zeichnungen seiner Verhüllungsprojekte. Die Freie und Hansestadt Hamburg wollte Christo offenbar in nichts mehr nachstehen und ließ kurzerhand die Sedanstraße 19 verhüllen, auf die vermutlich gerade wegen der durch besagte Zeichnungen begründeten inneren Verbindung die Wahl fiel. Von der bemerkenswerten Qualität des Ergebnisses können Sie sich vermittels der Folie selbst ein Bild verschaffen. Derart hohe Kunst besitzt freilich ihren Preis, der sich sodann hinter der Verhüllung zu erkennen gibt. Er bestand und besteht noch immer in Baumaßnahmen von vielen Monaten Dauer, welche die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ungefragt mit durchdringendem Lärm, sich unentwegt ergießendem Schutt und Schmutz, halbtägiger Finsternis, dauerhafter Wasserabsperrung und Luftabschließung, ersparter Baustellensicherung, Charakterbegegnungen besonderer Art sowie vielem mehr beschenken. Auch davon dürfen Sie sich, wenn auch allenfalls ausschnittsweise, vermittels der Folie selbst ein Bild verschaffen. Es erschiene aber höchst kleinlich, hier Fragen des Arbeitsschutzes aufzuwerfen, gar an Widerstand zu denken, der sich, mit gehörigem Abstand betrachtet, als Kunstbanausentum enttarnte. Die Wertungen des Grundgesetzes sprechen zumal eine deutliche Sprache: Während das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit mit einem Gesetzesvorbehalt versehen ist (vgl. Art. 2 Abs. 2 GG), ist die Kunstfreiheit ohne einen solchen gewährleistet (vgl. Art. 5 Abs. 3 GG). So haben wir uns unserem Schicksal, dem Bedeutsamen zu dienen, ergeben. Immerhin ließen uns die Umstände eine gewichtige Einsicht erlangen, nämlich die, dass einer FFP2Maske noch eine ganz andere Bedeutung zuwachsen kann. Und „wie kann die Kunst wohl unwert sein, die solche Preise schließet ein?“3 Auch das Steuerrecht, das internationale zumal, ist in gewisser Weise eine Kunst, der hier gefrönt werden soll. Wir hoffen sehr, dass es uns in Ihren Augen gelang, eine Auswahl interessanter, aktuelle Entwicklungen abbildender Themen zu treffen. Eine solche Auswahl ist angesichts der Fülle möglicher Befassungsgegenstände, die das internationale Steuerrecht bietet, unumgänglich mit Ausklammerungen verbunden. Zwei jener möglichen Befassungsgegenstände, deren Verhandlung heute nicht auf der Agenda steht, möchte ich aber an dieser Stelle kurz streifen, zumal sie sich zu einem Dauerthema zu entwickeln scheinen. 3 R. Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg, 3. Aufzug, 5. Szene, 3. Teil (Sachs).

VIII

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

Zum einen ist an die zweite Säule des OECD-Projekts zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft, nämlich die globale Mindestbesteuerung, gedacht, die noch immer der Umsetzung harrt. Wenn es denn aus einem steuerpolitischen Blickwinkel wirklich erforderlich erscheinen sollte, eine solche Mindestbesteuerung zu etablieren, dann möchte ich nachdrücklich die Empfehlung aussprechen, nicht den Versuch zu unternehmen, sie unmittelbar in das geltende Ertragsteuerregime zu integrieren, ihr vielmehr insofern ein Eigenleben zuzugestehen, als ihr ein selbständiges Gesetzeswerk gewidmet wird. Damit bewegte man sich nicht nur außerhalb des Anknüpfungsgegenstandes der Gewerbesteuer (vgl. § 7 Satz 1 GewStG), was sich übrigens mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 GG durchaus rechtfertigen ließe, wenn man den international-koordinierten Zusammenhang und die daraus resultierende multipolare Verantwortungsstruktur betonte. Man ersparte den Rechtsanwendern auch ein kleines, aber möglicherweise entscheidendes Stück Normenkomplexität. Sie werden jetzt vielleicht fragen, in welcher Hinsicht dies entscheidend sein solle. Für die Steuergerechtigkeit kann es entscheidend sein! Weiter werden sie vielleicht fragen, wie das sein könne, verfolge doch die globale Mindestbesteuerung selbst das Ziel der Herstellung von Steuergerechtigkeit. Für das die Politik zweifellos auszeichnende dauerhafte Bestreben, Steuergerechtigkeit herzustellen, zahlt das Steuerrecht erfahrungsgemäß den Preis der Überkomplexität des Normengefüges. Aber gerade diese Überkomplexität des Normengefüges ist es, die sich ihrerseits gegen das hehre Ziel wenden und beifolgend der Herstellung materialer Steuergerechtigkeit, welche dem Wesen der Steuer als Gemeinlast allein entspricht4, im Wege stehen kann; sie ist gewissermaßen „irrtümliche Gerechtigkeit“5. Dabei habe ich weniger diejenigen – wohl gut beratenen – Steuerpflichtigen im Auge, die in den Anwendungsbereich der globalen Mindestbesteuerung fallen, sondern die anderen – nicht durchgehend gut beratenen – Steuerpflichtigen, die im Falle namentlich einer unmittelbaren Integration der Mindestbesteuerung in das geltende Ertragsteuerregime leicht den Überblick über die sie betreffenden Normaussagen verlieren können. Die Gefahr ist real – insoweit darf ich an die Feststellung erinnern, die der Bundesfinanzhof in Bezug auf die rechtstechnische Ausgestaltung der deutschen Mindestbesteuerung – gleich4 Vgl. J. Isensee in: H. H. Jakobs/B. Knobbe-Keuk/E. Picker/J. Wilhelm (Hrsg.), Festschrift für Werner Flume zum 70. Geburtstag, Band II, 1978, S. 129 (132 f.). 5 Th. Mann, Die Erzählungen, 2005, S. 788 (Die vertauschten Köpfe, Eine indische Legende).

IX

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

sam die Mindestbesteuerung im Kleinen – traf: „Eine gehäufte Verwendung sprachlich kaum abgrenzbarer unbestimmter Rechtsbegriffe, eine umfangreiche Textlänge, ein unübersichtlicher Gesetzesaufbau, ein unklarer Satzbau, eine Häufung und Stufung von Regel-Ausnahme-Techniken, Mehrfachverweisungen und widersprüchliche Rechtsfolgenanordnungen“6. Zum anderen ist an die sog. Registerfälle gedacht, denen sich, und zwar in einem neuerlichen Anlauf, der Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2022 annimmt. Er zielt darauf, die Besteuerung beschränkt Steuerpflichtiger, die inländische Einkünfte aus der Überlassung solcher Rechte erzielen, die „in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind“ (§ 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. f Satz 1, Nr. 6 EStG), „zurückzuführen und damit für die Zukunft weitgehend abzuschaffen“7. Es ist in der Tat darüber zu diskutieren, ob mit einer steuerlichen Anknüpfung an Rechte, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, strukturelle Vollzugsdefizite, welche Art. 3 Abs. 1 GG bekanntlich auszuschalten gebietet8, sowie übermäßiger Verwaltungs- und Befolgungsaufwand einhergehen. Darüber hinaus sind aber noch immer Stimmen zu vernehmen, welche behaupten, dass eine derartige steuerliche Anknüpfung im völkerrechtlichen Sinne keinen hinreichend substanziellen Inlandsbezug, den sog. genuine link9, zur steuerlichen Jurisdiktion der Bundesrepublik Deutschland begründe10. Inwiefern Registerrechte, die durch die deutsche Rechtsordnung geschützte Positionen vermitteln11 oder überhaupt erst einen Rechtsstatus konstituieren, keine hinreichende Substanz aufweisen sollen, ist mir gänzlich unerfindlich. An anderer Stelle habe ich schon einmal darauf hingewiesen, dass in den Registerfällen eine rein rechtliche (im Unter6 BFH, Vorlagebeschl. v. 6.9.2006 – XI R 26/04, BFHE 214, S. 430 (442) = BStBl. II 2007, S. 167 (173) mit Bezug auf Handzik (Nachweis siehe dort). 7 BT-Drucks. 20/3879, S. 80. 8 Siehe BVerfG, Urt. v. 27.6.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239 (271 f.); Urt. v. 9.3.2004 – 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, S. 94 (112 f.). 9 Hierzu näher vor steuerrechtlichem Hintergrund L. Hummel in: D. Gosch/ A. Schnitger/W. Schön (Hrsg.), Festschrift für Jürgen Lüdicke, 2019, S. 323 (331 ff.). 10 So etwa J. Frey/F. Schmid/F.-M. Schwarz, IStR 2021, S. 427 (430 ff.); J.-U. Hinder, „Steuern nur aufgrund eines inländischen Registereintrags sind verfassungswidrig“, https://www.faz.net/-irf-avztt, 2.9.2022. 11 Siehe auch den Diskussionsbeitrag von M. Kreienbaum in: L. Hummel/B. Kaminski (Hrsg.), Internationale Besteuerung unter Bedingungen der Unsicherheit, 2022, S. 234.

X

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

schied zu einer tatsächlichen) Anknüpfung in Rede steht und eine solche auch zu verzeichnen ist, wenn die Besteuerung an den statutarischen Sitz (bei juristischen Personen) oder die Staatsangehörigkeit (bei natürlichen Personen) anknüpft12. In Letzterer, also der Staatsangehörigkeit, erkannte das Bundesverfassungsgericht übrigens expressis verbis einen geeigneten genuine link13. Sollte sich jene abweichende Auffassung durchsetzen, dann müsste ich dies freilich hinnehmen. „Wenn Ihr die Kunst so hoch schon ehrt, da galt es zu beweisen, daß, wer ihr selbst gar angehört, sie schätzt ob allen Preisen.“14 Lassen sie uns besagte Lesart also in Erwägung ziehen und annehmen, dass es sich bei Rechten, die in ein inländisches öffentliches Buch oder Register eingetragen sind, um substanzlose Phänomene handelt. Wie wäre alsdann steuerrechtlich mit Lizenzzahlungen zu verfahren, die auf solche Registerrechte geleistet werden? Den Schlüssel scheint mir wiederum eine – ich gebe zu: zugespitzte – Fragestellung zu enthalten: Würden voneinander unabhängige Dritte Lizenzzahlungen für die Überlassung substanzloser Phänomene vereinbaren? Sollten sich auch die Steuerverwaltungen der betroffenen Staaten diese Frage vorlegen, so erschiene es im nächsten Schritt konsequent, die Werkzeuge der Einkünftekorrektur zum Einsatz zu bringen. Aus deutscher Perspektive betrachtet, würde sich unter derartigen Umständen insbesondere § 1 AStG aktualisiert finden. Spätestens an dieser Stelle aber sollte ich konkret auf die für die heutige Veranstaltung ausgewählten Themen und damit auf das vor uns liegende Fachprogramm zu sprechen kommen. Den Aufschlag unternimmt Jürgen Rieß, Vice President International Taxes & Operations, Corporate Tax der Fresenius Gruppe. Er orientiert uns über die internationale Verrechnungspreisgestaltung in politischen und wirtschaftlichen Krisen und wird im Zuge dessen ein besonderes Augenmerk auf Unterstützungsleistungen im Konzern richten. Die äußere Entwicklung der Dinge scheint derzeit im Jahresrhythmus neue Verrechnungspreisfragen aufzuwerfen – ihnen müssen wir daher auch in diesem Jahr Aufmerksamkeit schenken.

12 L. Hummel, Global Taxes, TLE-038-2020 (https://www.tax-legal-excellence. com/statements-global-taxes-blog/). 13 BVerfG, Beschl. v. 22.3.1983 – 2 BvR 475/78, BVerfGE 63, S. 343 (369). 14 R. Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg, 3. Aufzug, 5. Szene, 1. Teil (Sachs).

XI

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

Anschließend befasst sich Prof. Dr. Stefan Köhler, Partner bei Ernst & Young sowie Honorarprofessor an der Goethe-Universität Frankfurt am Main, mit den Brennpunkten internationaler Umwandlungen. Fälle internationaler Umwandlungen kamen in den letzten Jahren im Rahmen der Tagung zwar in dem einen oder anderen Zusammenhang zur Sprache, bildeten aber keinen eigenen, spezifischen Themenblock – diesem Zustand soll heute abgeholfen werden. Danach bleiben wir bei Brennpunkten, und zwar solchen der grenzüberschreitenden Unternehmensnachfolge. Über sie reflektieren gemeinsam Dr. Andreas Richter, Partner bei POELLATH, und Dr. Marcus Niermann, Counsel bei POELLATH. Für diesen Vortrag ursprünglich angekündigt war – neben dem Kollegen Niermann – Dr. Stephan Viskorf, ebenfalls Partner bei POELLATH, welchen heute gesundheitliche Gründe an der Anwesenheit hindern. Was soeben mit Blick auf die internationalen Umwandlungen zu konstatieren war, gilt auch mit Blick auf die grenzüberschreitende Unternehmensnachfolge: Sie kam in den letzten Jahren im Rahmen der Tagung zwar in dem einen oder anderen Zusammenhang zur Sprache – ich erinnere nur an den Vortrag zur Wegzugsbesteuerung im vergangenen Jahr15 –, bildete aber keinen eigenen, spezifischen Themenblock. Auch insofern ist also Abhilfe zu gewärtigen. Nach der Mittagspause widmet sich Prof. Dr. Marc Desens, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, insbesondere Steuerrecht und öffentliches Wirtschaftsrecht, an der Universität Leipzig, dem Problem der Abhängigkeit der deutschen (Ertrags-)Besteuerung von der Besteuerung im Ausland. Immer wieder hat der Beirat darüber nachgedacht, dieses spannende, im Ausgangspunkt dogmatische Thema zum Gegenstand der Tagung zu machen, und sah nun mit § 4k EStG, der den Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen betrifft, ein weiteres gewichtiges Argument gegeben. Zwischen Dogmatik und Praxis wird der Kollege Desens – vertraut souverän – die Brücke schlagen. Abschließend richtet Dr. Eva Oertel, Leiterin des Referats Internationales Steuerrecht im Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, das Augenmerk auf ausgewählte aktuelle Praxisprobleme der grenzüberschreitenden Betriebsstättenbesteuerung. Dafür spielt ihr die jüngere Judikatur gleichsam in die Hände. Wir dürfen unter anderem darauf gespannt sein zu erfahren, ob der grenzüberschreitenden Berück15 Siehe N. Häck in: L. Hummel/B. Kaminski (Hrsg.), Neue Herausforderungen im Internationalen Steuerrecht, 2022, S. 1 ff.

XII

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

sichtigung finaler Betriebsstättenverluste nun der Todesstoß versetzt oder lediglich eine neue Facette hinzugefügt worden ist. In bewährter Manier setzten sich nicht nur die Vortragenden, sondern auch die Mitglieder des Podiums mit den bezeichneten Themen auseinander. Das sind – in alphabetischer Reihenfolge – zum Ersten Dr. Peter Brandis, Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof, welcher den Vorsitz in dem für das internationale Steuerrecht zuständigen I. Senat führt, zum Zweiten Oliver Nußbaum, Global Head of Tax der BASF SE, zum Dritten Kerstin Schulz, Head of Taxation der Lufthansa Group, und zum Vierten Dr. Wendelin Staats, Leiter des Referats Internationale Unternehmensbesteuerung und Außensteuerrecht im Bundesministerium der Finanzen. Alle Genannten sind wiederholt Teil des Podiums, regelmäßigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung also wohlbekannt. Gleichwohl darf ich zwei ergänzende Informationen hinzufügen. Frau Schulz konnte ich im letzten Jahr noch als personifizierte Verbindung zur Hamburger Wirtschaft begrüßen, als sie noch als Global Head of Tax and Customs der Beiersdorf AG wirkte, nun aber Frankfurt am Main den Vorzug gegenüber der Freien und Hansestadt Hamburg gegeben hat. Und Herr Staats tritt auf dem Podium an die Stelle des ursprünglich angekündigten Martin Kreienbaum, Leiter der Unterabteilung Internationales Steuerrecht im Bundesministerium der Finanzen, der sich ebenfalls kurzfristig an der Teilnahme gehindert sieht. Allen Vortragenden und allen Mitgliedern des Podiums möchte ich bereits an dieser Stelle ganz herzlich für ihre Mitwirkung danken. Herrn Richter und Herrn Staats danke ich außerdem ganz herzlich für die spontane Bereitschaft, die entstandenen Lücken auszufüllen. Sämtliche Vorträge und Diskussionen werden wieder in einem Tagungsband dokumentiert, der wie üblich in der Reihe „Forum der Internationalen Besteuerung“ des Verlages Dr. Otto Schmidt erscheinen wird. Übrigens konnte der Tagungsband der letztjährigen Tagung gerade noch rechtzeitig vor der diesjährigen Tagung herausgebracht werden und sollte Ihnen bereits zugegangen sein. Das erste Mal seit zwei Jahren befinden sich die Vortragenden und die Mitglieder des Podiums wieder ausnahmslos vor Ort, was die Veranstalter ebenso mit großer Freude erfüllt wie der Umstand, dass wir uns, nachdem wir im letzten Jahr ausweichen mussten, wieder am angestammten und bewährten Tagungsort in der Handelskammer Hamburg versammeln können. Und eine große Freude ist es überdies, mitteilen zu können, dass ebenfalls das erste Mal nach zwei Jahren die beiden traditio-

XIII

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

nellen Begleitveranstaltungen wieder stattfinden können. Die Rede ist zum einen von dem Woman-IFA-Network-Treffen, das im Anschluss an diese Tagung auf dem Weihnachtsmarkt am Rathaus stattfinden wird. Zum anderen ist die Rede von der Young-IFA-Network-Tagungsnachlese, die ebenfalls im Anschluss an diese Tagung in der „Erste Liebe Bar“ an der Michaelisbrücke stattfinden wird. Wer zum Adressatenkreis beider Veranstaltungen gehört, beginnt am besten mit dem Weihnachtsmarkttreffen und besucht danach die Tagungsnachlese, weil Letztere, sollte sich insofern nichts gegenüber der Zeit vor der Coronavirus-Pandemie geändert haben, wohl erst in den Morgenstunden des morgigen Tages enden wird. Einem zwischenzeitlich etablierten Brauch folgend, möchte ich Sie an dieser Stelle noch über die aktuelle Lage des Steuerrechts an der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Hamburg informieren. Im Frühjahr dieses Jahres durfte ich den Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Finanz- und Steuerrecht sowie die Leitung des International Tax Institute übernehmen und auf diesem Wege nach Hamburg zurückkehren, worüber ich mich sehr freue. Eine meiner ersten Amtshandlungen bestand darin, den vor einiger Zeit eingestellten steuerrechtlichen Schwerpunktbereich zu reaktivieren. Das Steuerrecht ist also an die Universität Hamburg zurückgekehrt! Es war alles andere als eine Selbstverständlichkeit – denjenigen, die sich auf die eine oder andere Art und Weise engagierten, um dieses Ziel zu befördern, gilt ein nachdrücklicher Dank. Stellvertretend für die Engagierten darf ich Sie, lieber Herr Dressel, namentlich nennen. Auf der anderen Seite bleibt derzeit ein Wermutstropfen, der darin besteht, dass die Fülle an Aufgaben, die sich früher auf mehrere Lehrstühle verteilten, nun von nur einem Lehrstuhl zu bewältigen ist. Das funktioniert, wie Sie sich denken können, nur begrenzt. Daher sind wir unverändert auf Ihre – namentlich: finanzielle – Unterstützung angewiesen, um die ich Sie daher nachdrücklich bitte. Hilfreich ist jedes Engagement, zumal die Zeit der Coronavirus-Pandemie dem Förderverein des International Tax Institute finanziell erheblich zugesetzt hat. Er ist es aber, der große Teile der Aufgaben des International Tax Institute finanziert, genauer: finanzieren muss, und deren Wahrnehmung damit überhaupt es möglich werden lässt – das betrifft bereits die Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung selbst, zudem etwa die vornehmlich dem internationalen Steuerrecht gewidmete Bibliothek, den Postgraduiertenstudiengang „Master of International Taxation“, überhaupt die Förderung des universitären steuerrechtlichen Nachwuchses.

XIV

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

Apropos Förderung des steuerrechtlichen Nachwuchses: Mit ihr kann man keinesfalls zu früh beginnen. Eine glückliche Fügung führt nunmehr zur Entlastung auf diesem Aufgabenfeld, und noch einmal darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf die Folien lenken. Dort finden Sie die wohl wichtigste Neuerscheinung dieses Jahres abgebildet: „Aureli und das Zauberbuch“ führt die Jüngsten in die, wie es im Untertitel mit voller Berechtigung heißt, „Wunderwelt der Steuern“ ein16. Einer der beiden Autoren, nämlich der Osnabrücker Kollege, Prof. Dr. Steffen Lampert, ist übrigens vor Ort und wird es mir hoffentlich nachsehen, dass ich sein faszinierendes, jede Empfehlung verdienendes Werk, das mit manchem vergnüglichen Detail aufwartet, an dieser Stelle thematisiere. Dazu veranlasst sehe ich mich nicht zuletzt deswegen, weil es sich eigens auch des Gegenstandes dieser Tagung, nämlich des internationalen Steuerrechts, annimmt. Zurück zur Tagung selbst: Neben den räumlichen und manchen logistischen Ressourcen, die wir der Handelskammer Hamburg verdanken, beruht die Tagung vor allem auf der tatkräftigen Unterstützung seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des International Tax Institute. Ihnen allen gilt – zumal unter den vorhin erwähnten Bedingungen der Verhüllung – ein ganz herzlicher Dank. Wie jedes Jahr möchte ich abschließend das Folgende unterstrichen: Als universitäre, nicht-kommerzielle Veranstaltung wollen wir ein Forum für alle am internationalen Steuerrecht Interessierten bieten, wollen offen und mit fachlicher Tiefe aktuelle Entwicklungen des internationalen Steuerrechts erörtern, wollen Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmen, der Verbände, der Beraterschaft, der Finanzverwaltung, der Rechtsprechung und nicht zuletzt der Wissenschaft ins Gespräch bringen. Ihre Teilnahme, über die wir uns sehr freuen, lässt dieses Forum überhaupt erst möglich werden. Mehr noch: Mit Ihrer Teilnahme unterstützen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit unseres Fördervereins und damit zugleich die vorhin aufgezählten Aufgaben des International Tax Institute. Daher möchte ich ausdrücklich auch Sie in meine Danksagungen einbeziehen. Der Kollege Kaminski, welcher die Leitung des Podiums übernommen hat, und ich wünschen Ihnen eine ertragreiche Veranstaltung! Bevor wir uns den eigentlichen Gegenständen der Tagung widmen, die wir unter 16 S. Lampert/F. Elsweier, Aureli und das Zauberbuch, Die Wunderwelt der Steuern, 2022.

XV

Eröffnungsansprache Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M.

dem Generalthema „Internationale Unternehmensbesteuerung angesichts globaler Krisen“ zusammengefasst haben, freuen wir uns auf die Grußworte der Vizepräses der Handelskammer Hamburg, Astrid Nissen-Schmidt, sowie des Präses der Finanzbehörde, Senator Dr. Andreas Dressel. Herzlichen Dank! Prof. Dr. Lars Hummel, LL.M. International Tax Institute, Universität Hamburg

XVI

Inhaltsverzeichnis Ausführliche Inhaltsübersichten jeweils zu Beginn der Beiträge. Seite

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Eröffnungsansprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Jürgen Rieß Internationale Verrechnungspreisgestaltung in politischen und wirtschaftlichen Krisen – insbesondere Unterstützungsleistungen im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

A. Allgemeine wirtschaftliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

B. Verrechnungspreise in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3

C. Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski (Diskussionsleitung) Internationale Verrechnungspreisgestaltung in politischen und wirtschaftlichen Krisen, insbesondere Unterstützungsleistungen im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

Podiumsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

Prof. Dr. Stefan Köhler Brennpunkte internationaler Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

B. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

C. Ausgewählte Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski (Diskussionsleitung) Brennpunkte internationaler Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Podiumsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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XVII

Inhaltsverzeichnis

Dr. Andreas Richter, LL.M. (Yale) Dr. Stephan Viskorf Dr. Marcus Niermann Brennpunkte der grenzüberschreitenden Unternehmensnachfolge . 113 A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 B. Stiftungen in der Nachfolgeplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 C. Aktuelle Entwicklungen zu Trusts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski (Diskussionsleitung) Brennpunkte der grenzüberschreitenden Unternehmensnachfolge . 129 Podiumsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 Prof. Dr. Marc Desens Abhängigkeit der deutschen Ertragsbesteuerung von der Besteuerung im Ausland, insbesondere Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 A. Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der deutschen von der ausländischen Besteuerung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 B. Grenzübergreifende Besteuerungsinkongruenzen und ihre Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 C. Verhinderung von grenzübergreifenden Besteuerungsinkongruenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 D. Verhinderung von Besteuerungsinkongruenzen durch Linking Rules im engeren Sinne im deutschen Steuerrecht . . . . 150 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski (Diskussionsleitung) Abhängigkeit der deutschen (Ertrags-)Besteuerung von der Besteuerung im Ausland, insbesondere Betriebsausgabenabzug bei Besteuerungsinkongruenzen (§ 4k EStG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 Podiumsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213

XVIII

Inhaltsverzeichnis

Dr. Eva Oertel Ausgewählte aktuelle Praxisprobleme grenzüberschreitender Betriebsstättenbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 B. Finale Verluste – EuGH v. 22.9.2022 – C-538/20 „W“ . . . . . . . . . 227 C. Personallose Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 D. Aktivitätsklausel und DBA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 E. Gesamtresümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 Univ.-Prof. Dr. Bert Kaminski (Diskussionsleitung) Ausgewählte aktuelle Praxisprobleme der grenzüberschreitenden Betriebsstättenbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 Podiumsdiskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239

Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251

XIX

Internationale Verrechnungspreisgestaltung in politischen und wirtschaftlichen Krisen – insbesondere Unterstützungsleistungen im Konzern Jürgen Rieß Diplom-Finanzwirt, Steuerberater Vice President International Taxes & Operations Fresenius SE & Co. KGaA

A. Allgemeine wirtschaftliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . B. Verrechnungspreise in der Krise . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Finanzierung . . . . . . . . . . . . . 1. Darlehen . . . . . . . . . . . . . . a) Neue Darlehen . . . . . . . b) Bestehende Darlehensverhältnisse. . . . . . . . . . 2. Cash Pools . . . . . . . . . . . . .

1 3 3 4 4 4 5

3. Bürgschaften/Garantien. . 4. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . II. Wertschöpfungskette . . . . . . 1. Veränderter Risikozustand . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beispiele . . . . . . . . . . . . . . 3. Verträge. . . . . . . . . . . . . . . 4. Beispiele . . . . . . . . . . . . . .

6 6 14

C. Schlusswort. . . . . . . . . . . . . .

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17 19 27 28

A. Allgemeine wirtschaftliche Entwicklung Ende 2021 bereitete Deutschland sich auf den Lockdown-light vor. Zeitgleich bestand die Hoffnung, dass das Jahr 2022 auf Grund der erhofften Abschwächung der Corona-Pandemie von einer wirtschaftlichen Erholung, insbesondere durch Nachholeffekte, geprägt sein würde. Das Risiko, dass diese Hoffnung auf Grund der von einzelnen Ländern noch immer strikt umgesetzten Corona-Maßnahmen oder einer weiteren Beeinträchtigung der Lieferketten, wie z.B. durch die Havarie der Evergrande im Suezkanal, enttäuscht werden könnte, war jedoch weiterhin gegeben.1 1 z.B. DZ Bank Research, Ausblick 2022: Nachholeffekte beflügeln Weltwirtschaft ab Sommer/Inflation lässt im Jahresverlauf nach – bleibt aber in Deutschland über EZB-Ziel/DAX erreicht 18.000 Punkte, zuletzt abgerufen am 27.12.2022 unter: https://www.dzbank.de/content/dzbank/de/home/die-dzbank/presse/pressemitteilungen/2021/jahresausblick-2022nachholeffektebeflue gelnweltwirtschaftabsomme.html; Deutsche Bank, 4 % BIP-Wachstum im Jahr 2022 – trotz technischer Rezession im Winterhalbjahr, Ausblick 2022, zuletzt

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Rieß – Int. VP-Gestaltung in polit. und wirtschaftl. Krisen

Neben die Corona-Pandemie, welche unter anderem die Verletzlichkeit der globalen Lieferketten offenlegte, trat Ende Februar 2022 der völkerrechtswidrige Überfall der Russischen Föderation auf den Nachbarstaat Ukraine. In Folge des Krieges, welcher u.a. die mangelnde Absicherung der Energiesicherheit offenlegte, stiegen die Energiepreise signifikant und trieben die sich seit Ende 2021 abzeichnende Inflation weiter an. Die Inflationszahlen Ende 2022 sind die höchsten seit Jahrzehnten in der Bundesrepublik Deutschland.2 Mit einer Entspannung wird frühestens im Jahr 2024 zu rechnen sein.3 Keine dieser Krisen ist lokal begrenzt. Sie wirken global, genauso wie die zunehmend in den Vordergrund tretende Klimakrise. All dies führte 2022 zu einer deutlichen Abkühlung der Weltwirtschaft. Die deutsche Wirtschaft wird mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Rezession rutschen. Wie stark diese sein wird, wird die Zukunft zeigen.4 In den Unternehmen beschäftigen sich Entscheidungsträger mit den unmittelbaren und langfristigen Auswirkungen dieser Krisen. Während kurzfristige Maßnahmen vor allem auf die Aufrechterhaltung des operativen Betriebs abzielen, zählen grundlegende strategische Anpassungen bzw. Neuausrichtungen zu den mittel- bis langfristigen Maßnahmen. Steuerfunktionen sind angehalten, sich mit den volkswirtschaftlichen Entwicklungen und hieraus abgeleiteten unternehmerischen Maßnahmen zeitnah auseinanderzusetzen und sie zu begleiten. Denn sie werden unter anderem Auswirkung auf die Welt der Verrechnungspreise haben. abgerufen am 27.12.2022 unter: https://www.deutsche-bank.de/ub/results/aus blick-2022/prognosen.html; Handelsblatt, „Erholung der deutschen Wirtschaft abermals ausgebremst“: IfW senkt Prognose für 2022 deutlich, zuletzt abgerufen am 27.12.2022 unter: https://www.handelsblatt.com/politik/konjunk tur/nachrichten/konjunktur-erholung-der-deutschen-wirtschaft-abermals-ausge bremst-ifw-senkt-prognose-fuer-2022-deutlich/27894416.html. 2 Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung 529 vom 13.12.2022, zuletzt abgerufen am 27.12.2022 unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilun gen/2022/12/PD22_529_611.html. 3 Statista, Gemeinschaftsdiagnose: Inflationsrate in Deutschland von 2008 bis 2021 und Prognose bis 2024, zuletzt abgerufen am 27.12.2022 unter: https:// de.statista.com/statistik/daten/studie/5851/umfrage/prognose-zur-entwick lung-der-inflationsrate-in-deutschland/. 4 U.a. IfW Kiel, Winterprognose IfW Kiel: Wirtschaft wächst im nächsten Jahr mit kleinem Plus und mit großen Risiken, vom 15.12.2022, zuletzt abgerufen am 28.12.2022 unter: https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/medieninforma tionen/2022/winterprognose-ifw-kiel-wirtschaft-im-naechsten-jahr-mit-klei nem-plus-und-grossen-risiken/.

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Quelle: Fresenius SE & Co. KGaA (Jürgen Rieß Vice President International Taxes & Operations Fresenius SE & Co. KGaA).

B. Verrechnungspreise in der Krise I. Finanzierung Krisen führen häufig zu einem gesteigerten Finanzierungsbedarf. Ursächlich hierfür können verschiedene Faktoren sein. Neben der Deckung gestiegener Kosten können auch vorgezogene Investitionen (z.B. zur Erhöhung der Energieeffizienz) oder Veränderungen im Zahlungsverhalten als Beispiele genannt werden. Letzteres muss nicht zwingend aus Zahlungsverzögerungen von Kunden resultieren, sondern auch aus Umständen, welche sich z.B. aus der angespannten Situation der Lieferketten ergeben. Denn je nach vereinbarten Liefer- und Zahlungsbedingungen kann die verspätete Lieferung sich auf den Zahlungszeitpunkt und somit auf den Finanzierungsbedarf der betroffenen Parteien auswirken. Nicht überraschen dürfte, dass die Grundsätze des Fremdvergleichsgrundsatzes auch in Krisen zu beachten sind. Folglich wirken sich veränderte Marktbedingungen auf konzerninterne Finanztransaktionen aus. Hierbei ist neben den gestiegenen Marktzinssätzen z.B. auch an veränderte Bonitäten des Darlehensnehmers zu denken.

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Quelle: Fresenius SE & Co. KGaA (Jürgen Rieß Vice President International Taxes & Operations Fresenius SE & Co. KGaA).

1. Darlehen Die Verpreisung von Darlehen kann zum einen durch den veränderten generellen Marktzinssatz beeinflusst werden oder durch die Veränderung der Bonität der betroffenen Gesellschaften. Letzteres kann, wenn die Konzernobergesellschaft am Kapitalmarkt auftritt, regelmäßig aus den Einschätzungen der Ratingagenturen abgelesen werden. Auch bei gruppeninternen Darlehen, deren Verpreisung vorrangig nach der Preisvergleichsmethode zu bestimmen ist, ist die Bonität der kreditnehmenden Gruppengesellschaft maßgebend.5 Das erforderliche Rating könnte durch einen simplifizierten Ansatz ermittelt werden.

a) Neue Darlehen Die veränderten Marktbedingungen werden sich unmittelbar in den Darlehenskonditionen widerspiegeln müssen. Rückzahlungsfähigkeit und weitere Bedingungen sind bei der Entscheidungsfindung zu beachten.6

b) Bestehende Darlehensverhältnisse Auch bestehende Darlehen sollten vor dem Hintergrund der veränderten Marktlage, welche sich ggf. negativ auf die Bonität des Darlehensneh5 BFH vom 18.5.2021, Az. I R 4/17, DStR 2021, S. 2506 ff. 6 BMF v. 14.7.2021, BStBl. 2021, Teil I, S. 1098 ff., Rz. 3.89 ff.

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mers auswirken könnte, untersucht werden. Sofern möglich, sollten entsprechende Anpassungen erfolgen. Je nach Sachverhalt muss ggf. geklärt werden, ob ein fremder Dritter ein eventuell bestehendes Sonderkündigungsrecht ausüben würde. Hierbei sollte bedacht werden, dass es nicht marktüblich ist, Finanzierungen sofort zu widerrufen. Vielmehr dürfte dieses Vorgehen eher eine Ultima Ratio darstellen. Es ist daher, je nach Ausgangslage, nicht unwahrscheinlich, dass die betroffenen Parteien vorrangig nach weniger drastischen Lösungen suchen, wie z.B. eine temporäre Aussetzung des Kapitaldienstes etc.

2. Cash Pools Cash Pools sind üblicherweise nur innerhalb von Konzernen zu beobachten und an deren individuelle Bedürfnisse angepasst.7 Ihre Funktion zielt darauf ab, den externen Refinanzierungsaufwand zu reduzieren, die Liquidität der Gruppe zu erhalten und ggf. die Bonität, bei damit einhergehender Flexibilität, zu verbessern.8 Im Vergleich zu langfristigen (gruppeninternen) Darlehen, deren Vergabe ggf. der Zustimmung bzw. Freigabe gruppeninterner Gremien (z.B. Finanzierungs-Komitees) unterliegen, ist die Nutzung des Cash Pools auf Grund der bereits bestehenden Vertragsverhältnisse wesentlich schneller und flexibler. Es darf daher nicht überraschen, wenn Cash-Pool-Teilnehmer im Fall von Liquiditätsengpässen dieses Instrument bevorzugt nutzen, obwohl es nur für kurzfristige Finanzierung angedacht ist.9 Werden Cash Pools längerfristig zur Finanzierung eingesetzt, besteht das Risiko, dass sie sich ggf. als mittel- bzw. langfristige Darlehen qualifizieren, was Auswirkung auf die zu Grunde gelegte Verrechnungspreislogik hätte.10 7 John, Hohmeyer-Angerstein in Heidecke/Wilmanns, ifst-Schrift 535 (2020), S. 38. 8 Elbert/Gotsis, ‚Der Cash-Pool ist tot, lang lebe der Cash-Pool!‘, WPg 2022, S. 1310 ff.; Thörmer, ‚Internationale und nationale Entwicklungen bei der Vergütung von Cash-Pooling‘, IStR 2020, S. 754 ff.; Schilling/Greil, ‚Cash-PoolVereinbarungen, Darstellung einer fremdvergleichskonformen Behandlung anhand eines Fallbeispiels‘, IStR 2020, S. 201 ff.; Scholz/Wehke in Vögele/Borstell/Bernhardt, Verrechnungspreise5, Kapitel P: Finanzierungsdienstleistungen im Konzern, Rn. 13 und Rn. 49 ff. 9 Scholz/Wehke in Vögele/Borstell/Bernhardt, Verrechnungspreise5, Kapitel P: Finanzierungsdienstleistungen im Konzern, Rn. 11. 10 Bezüglich der generellen Verpreisung von Cash Pools sowie der Frage, wem ein sog. Koordinierungsgewinn zuzuordnen ist: Scholz/Wehke in Vögele/Bor-

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Folglich ist es wichtig, den Cash Pool zu überwachen, ggf. anzupassen und dies entsprechend zu dokumentieren. Dies gilt nicht nur für die unmittelbare, offensichtliche Krisenzeit, sondern auch danach.

3. Bürgschaften/Garantien Bürgschaften und Garantien dienen der Besicherung. Es ist nicht unüblich, dass Lieferanten bzw. Dienstleister von weiteren Gruppenmitgliedern ihres Kunden, häufig der Konzernobergesellschaft, Bürgschaften verlangen. Je nach Ausgangslage kann eine solche Bürgschaft/Garantie die begünstigte Gesellschaft entweder überhaupt erst in die Lage versetzen oder dazu beitragen, die angebotene Dienstleistung (z.B. im Bereich der Finanzierung) zu günstigeren Konditionen zu beziehen. Je nach Ausgestaltung muss eine Vergütung dieser Leistung erfolgen.11 Krisen können sich auf die Verpreisung auswirken, z.B. auf Grund der Verschlechterung der Risikoposition.

4. Beispiele Die gestützte Tochter (Inbound) T-GmbH ist eine 100%ige Tochter der Y-Corp. Sie agiert als Entrepreneur. Sie verfügt über eine angemessene Eigenkapital-/Fremdkapitalquote. Die gruppenintern gewährte Finanzierung entspricht dem Fremdvergleichsgrundsatz. Die Rückzahlung innerhalb der angegebenen Vertragslaufzeit war sichergestellt. Die Mittel dienten der Working-Capital-Finanzierung. Auf Grund der Energiekrise muss die T-GmbH, welche bisher immer profitabel war, mit temporären Verlusten rechnen. Zur Schonung der Liquiditätsreserven stellt Y-Corp. das Darlehen im Sommer 2022 für die Laufzeit von max. 2 Jahren zinsfrei. Die Gesamtrestlaufzeit beträgt zum Jahresende noch 5 Jahre. Abwandlung: Um mittelfristig wieder profitabel zu werden, ist eine Kapitalzuführung erforderlich. Diese soll entweder über (a) Eigenkapitalzuführung unter Rückführung des Darlehens oder (b) Erlass des Darlehens erfolgen. Der gemeine Wert des Darlehens ist unter den Nominalwert gefallen. stell/Bernhardt, Verrechnungspreise5, Kapitel P: Finanzierungsdienstleistungen im Konzern, Rn. 52 ff. 11 Siehe auch Scholz/Wehke in Vögele/Borstell/Bernhardt, Verrechnungspreise5, Kapitel P: Finanzierungsdienstleistungen im Konzern, Rn. 15.

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Überlegungen: Die steuerliche Behandlung des Darlehens auf Ebene der Y-Corp. ist nicht Gegenstand dieser Betrachtung. Sachverhaltsgemäß ist das Darlehen im Zeitpunkt der Vergabe angemessen bepreist und war wirtschaftlich benötigt.12 Das Darlehen stellt trotz seiner Zinslosigkeit weiterhin Fremdkapital dar. Es ist in der Handels- und Steuerbilanz der T-GmbH als Verbindlichkeit auszuweisen. Für dieses Ergebnis spricht die zivilrechtliche Qualifikation, hier in Form eines Darlehensverhältnisses. Als solches verfügt es über ein dem Eigenkapital unbekanntes Merkmal: die Rückzahlungsverpflichtung.13 Darüber hinaus fehlen dem Darlehen weitere Eigenkapitaleigenschaften, wie z.B. Gesellschaftsrechte und die Beteiligung am Liquidationserlös. In den meisten Fällen sollte eine Abgrenzung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital relativ einfach sein. Als Abgrenzungshilfe kann auf das im Entwurf vorliegende BMF-Schreiben zur ‚Ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital‘14 sowie den IDW-Ausführungen15 zurückgegriffen werden. Demnach qualifiziert ein Genussrecht als Eigenkapital, wenn kumulativ folgende Kriterien erfüllt sind: 1. Nachrang nach allen Forderungen, welche nicht Eigenkapital sind 2. Erfolgsabhängige Verzinsung nur unter Beachtung gesetzlicher Kapitalerhaltungsvorschriften 3. Verlustteilnahme; diese muss spätestens im Zeitpunkt der Rückzahlung erfolgen 4. Langfristige Kapitalüberlassung

12 BMF v. 14.7.2021, BStBl. 2021, Teil I, S. 1098 ff., Rz. 3.89 ff. 13 Entwurf des BMF-Schreibens zur ‚Ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital‘, unter Rz. 8 & 9, zuletzt abgerufen am 28.12.2022: https:// www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/ Steuerarten/Einkommensteuer/2022-11-09-ertragsteuerliche-behandlung-vongenussrechtskapital.pdf?__blob=publicationFile&v=1. 14 Auch der Entwurf des BMF-Schreibens zur ‚Ertragsteuerlichen Behandlung von Genussrechtskapital‘ verweist in Rz. 12 insoweit auf IDW HFA 1/1994, zuletzt abgerufen am 28.12.2022: https://www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/ 2022-11-09-ertragsteuerliche-behandlung-von-genussrechtskapital.pdf?__blob= publicationFile&v=1. 15 IDW, HFA 1/1994, Tz. 2.1.1.

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Rieß – Int. VP-Gestaltung in polit. und wirtschaftl. Krisen

Auf Grund der Zinslosigkeit sind Besonderheiten in der Steuerbilanz der T-GmbH zu beachten. Zinslose Verbindlichkeiten, deren Restlaufzeit am Bilanzstichtag mehr als 12 Monate betragen, sind mit 5,5 % abzuzinsen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Die Abzinsung führt zu einem rein steuerlichen und voll steuerpflichtigen Ertrag. Er führt, je nach individueller Ertragssituation, bei den betroffenen Unternehmen zu einem unerwünschten und möglicherweise krisenverschärfenden Liquiditätsabfluss. Vor diesem Hintergrund ist die Streichung dieser Abzinsungsregelung im Rahmen des Vierten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz) zu begrüßen.16 Sie ist mit Wirkung für Wirtschaftsjahre, welche nach dem 31.12.2022 beginnen, gestrichen. Auf Antrag des Steuerpflichtigen kann bereits in früheren Jahren auf die Abzinsung verzichtet werden. Bezogen auf den Sacherhalt führt die Abzinsung auf Ebene der T-GmbH zu einem voll steuerpflichtigen Ertrag. Dieser kann mit einem unterjährigen Verlust verrechnet werden. Ein danach noch verbleibender Verlust würde als Verlustvortrag in die Folgejahre vortragsfähig bzw. das Vorjahr rücktragsfähig sein (§ 10d EStG). Sachverhaltsgemäß liegt kein Verlustvortrag vor. Würde die T-GmbH jedoch zu diesem Zeitpunkt über einen solchen verfügen, könnte der den laufenden Verlust übersteigende steuerpflichtige Abzinsungsbetrag gegen diesen verrechnet werden. Nachteil eines Verlustvortrags ist, dass dieser nur in Höhe der ersten Million voll und danach nur zu 60 % zur Verlustverrechnung zur Verfügung steht, was sich ebenfalls nachteilig auf die Unternehmensliquidität auswirkt. Hat die T-GmbH im Jahr 2022 die Abzinsung nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG vorgenommen, kommt es, auf Grund der Streichung der Norm, im Folgejahr zu einem sofortigen und einmaligen Umkehreffekt. Hat sich die Aufzinsung bisher über die Restlaufzeit des Darlehens verteilt, tritt dies auf Grund der Streichung der Norm nun unmittelbar im Folgejahr ein. Der hieraus resultierende steuerlich abzugsfähige Aufwand könnte, je nach Ausgangslage, bei einer möglichen Vorauszahlungsermittlung berücksichtigt werden. Zumindest insoweit könnte der zuvor beschriebene negative Liquiditätseffekt vermieden bzw. abgemildert werden.

16 Artikel 2 Nr. 8 lit. a Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz).

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Kritik verbleibt an der Behandlung des Auf- und Abzinsungsbetrags vor dem Hintergrund der Zinsschranke (§ 4h EStG). Da die Verbindlichkeit im Erstjahr abzuzinsen und in den Folgejahren aufzuzinsen ist, muss es sich bei dem Ab-/Aufzinsungsbetrag um Zinsen i.S.d. Zinsschranke handeln (insoweit klarstellend § 4h Abs. 3 S. 4 EStG). D.h., der Abzinsungsertrag wirkt sich positiv, der Zinsaufwand negativ bei einer Anwendung der Zinsschranke aus. Alternativ könnten die Auf- und Abzinsungsbeträge als Erträge sui generis betrachtet werden und somit nicht der Zinsschranke unterliegen. Die Finanzverwaltung vertritt, offensichtlich rein fiskalisch motiviert, sogar die Auffassung, dass der Abzinsungsbetrag nicht als Zinsertrag qualifiziert, wohingegen der Aufzinsungsbetrag als Zinsaufwand die Zinsschranke negativ beeinflussen kann.17 Überlegungen zur Sachverhaltsabwandlung: Die Zuführung neuer finanzieller Mittel kann als Einzahlung in das Eigenkapital (Stammkapital oder Kapitalrücklage) oder als Darlehen erfolgen. Wird ein Darlehen erlassen, stellt dies grds. eine Einlage dar. Diese ist steuerlich zu neutralisieren. Ist das Darlehen, wie vorliegend, nicht mehr voll werthaltig, kommt es in Höhe des nicht mehr werthaltigen Teils zu einem a.o. Ertrag.18 Dieser ist, sofern er – wovon vorliegend auszugehen ist – nicht die Voraussetzungen des § 3a EStG erfüllt, voll steuerpflichtig und entzieht dem Unternehmen erforderliche Liquidität. Um dies zu vermeiden, könnten der Gesellschaft die erforderlichen Mittel im Rahmen einer Kapitalerhöhung zugeführt werden, welche dann verwendet werden, um eventuell bestehende Darlehen zurückzuführen. Diese Möglichkeit ist bezogen auf den jeweiligen Einzelsachverhalt vor dem Hintergrund des § 42 AO zu prüfen, wobei ein Gestaltungsmissbrauch regelmäßig zu verneinen sein sollte. Dass dies jedoch in besonders gelagerten Fällen nicht immer unstreitig ist, zeigt das Urteil des FG Düsseldorf vom 22.12.2021.19

17 BMF-Schreiben vom 4.7.2008, BStBl. 2008, Teil I, S. 718 ff., Tz. 27. 18 BFH Beschluß vom 9.6.1997, GrS 1/94, DStR 1997, S. 1282 ff. 19 FG Düsseldorf, Urteil vom 22.12.2021, Az. 7 K 101/18 F, BeckRS 2021, 48318, Revision anhängig: BFH – I R 11/22.

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Rieß – Int. VP-Gestaltung in polit. und wirtschaftl. Krisen

In dem Streitfall wurde in kurzer zeitlicher Abfolge die Einlage sowie die Darlehensrückführung rein buchhalterisch vollzogen. Auch die Dokumentationslage war nicht dazu geeignet, die beiden Vorgänge (Einlage und Darlehensrückzahlung) trennscharf voneinander abzugrenzen. Eine solche Abwicklung dürfte vor allem in Konzernstrukturen anzutreffen sein. Nach Auffassung des FG Düsseldorf stellte dies einen Gestaltungsmissbrauch dar, weil hierdurch die steuerlichen Folgen des Verzichts umgangen werden sollten – bei wirtschaftlich gleichem Ergebnis. Auch wenn man sich nicht dieser Auffassung anschließen kann20, sollte bis zur finalen Klärung durch den BFH darauf geachtet werden, dass die Kapitalzuführung als „echte“ Einzahlung auf dem Bankkonto bzw. InhouseKonto der Gesellschaft und die Rückzahlung des Darlehens separat erfolgen. Die stützende Mutter T-S.A. ist eine 100%ige Tochter der T-GmbH. Sie agiert als Entrepreneur. Sie verfügt über eine angemessene Eigenkapital-/Fremdkapitalquote. Die gruppenintern gewährte Finanzierung entspricht dem Fremdvergleichsgrundsatz. Die Rückzahlung innerhalb der angegebenen Vertragslaufzeit war sichergestellt. Die zur Verfügung gestellten Mittel dienten der Working-Capital-Finanzierung. Auf Grund der Energiekrise muss T-S.A., welche bisher immer profitabel war, mit temporären Verlusten rechnen. Zur Schonung der Liquiditätsreserven stellt die T-GmbH das Darlehen im Sommer 2022 für die Laufzeit von max. 2 Jahren zinsfrei. Die Gesamtrestlaufzeit beträgt zum Jahresende noch 5 Jahre. Abwandlung: Um mittelfristig wieder profitabel zu werden, ist der Erlass des Darlehens angedacht. Der gemeine Wert des Darlehens ist unter den Nominalwert gefallen.

20 Ebenso: Wittfeld, ‚Aktuelle Steuerrechtsfragen in Krise und Insolvenz, März/ April 2022‘, NZI 2022, S. 468 ff., S. 470.

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Abb. 566: D/NI-Besteuerungsinkongruenz durch eine abweichende Zurechnung der verliehenen Kapitalanteile mit einem im Ausland ansässigen Verleiher. 66 Quelle: eigene Darstellung.

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Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

Im Beispiel 5 rechnet Deutschland die X-GmbH-Anteile während der Wertpapierleihe aufgrund der Umstände des Einzelfalls der B-GmbH (Entleiher) zu, während der Ansässigkeitsstaat der A-Co (Verleiher) die X-GmbH-Anteile weiterhin der A-Co zurechnet und deshalb in der (3) Kompensationsleistung (100) bloß die weitergeleitete (2) Dividende (100) sieht, die der A-Co steuerlich als eine solche zuzurechnen ist. Untersagt Deutschland den Abzug für die Kompensationszahlung nicht bereits nach § 8b Abs. 10 KStG, greift das Abzugsverbot nach § 4k Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG ein (zum Umfang bereits D. III. 1.). Soweit die B-GmbH der A-Co nicht nahesteht (vgl. § 1 Abs. 2 AStG: i.d.R. Mindestbeteiligung von 25 %), greift das Abzugsverbot nur, wenn eine strukturierte Gestaltung anzunehmen ist (§ 4k Abs. 6 EStG, dazu bereits D. II.).

2. Verhinderung durch ein Einbeziehungsgebot bei einem Veräußerer bzw. Verleiher Im Beispiel 6 verleiht die in Deutschland ansässige A-GmbH die X-CoAnteile über den Dividendenstichtag an die B-Co.

Abb. 667: D/NI-Besteuerungsinkongruenz durch eine abweichende Zurechnung der verliehenen Kapitalanteile mit einem in Deutschland ansässigen Verleiher. 67 Quelle: eigene Darstellung.

165

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

Im Beispiel 6 rechnet der Ansässigkeitsstaat der B-Co die X-GmbH-Anteile während der Wertpapierleihe aufgrund der Umstände des Einzelfalls der B-Co (Entleiher) zu, während Deutschland als Ansässigkeitsstaat der A-GmbH (Verleiher) die X-GmbH-Anteile weiterhin der A-GmbH zurechnet und deshalb in der (3) Kompensationsleitung (100) bloß die weitergeleitete (2) Dividende (100) sieht, die der A-GmbH steuerlich als eine solche zuzurechnen ist. § 8b Abs. 1 Satz 3 KStG schließt in Deutschland die Freistellung (§ 8b Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 5 KStG) für die zugerechnete Dividende, die aus deutscher Sicht über die Kompensationszahlung nur weitergeleitet wurde, aus. Bei natürlichen Personen wird entsprechend das Teileinkünfteverfahren ausgeschlossen (§ 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d Satz 3 EStG). Unterliegt die (3) Kompensationszahlung (100) im Ausland beim Entleiher einem Abzugsverbot, das § 4k Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG entspricht (dazu bereits D. IV. 1.), ist das Einbeziehungsgebot (§ 8b Abs. 1 Satz 3 KStG) tatbestandlich nicht erfüllt (sog. Sekundärregelung). Der Vorrang des Abzugsverbots spiegelt sich nicht im Wortlaut der deutschen Umsetzung (§ 4k Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG) wider (zum Problem bereits D. III. 2.).

V. Verhinderung von Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Rechtsträgern Besteuerungsinkongruenzen bei Qualifikationskonflikten durch sog. hybride Rechtsträger entstehen, wenn ein Staat eine Gesellschaft steuerlich als intransparent und der andere Staat als transparent behandelt. Gesetzlich erfasst werden diese Konstellationen wie folgt: –

§ 4k Abs. 2 EStG: Verhinderung von D/NI-Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Tochtergesellschaften durch ein Abzugsverbot in Satz 1 bei Ansässigkeit in Deutschland (dazu D. V. 1. a.) und ein Einbeziehungsgebot in Satz 2 bei Ansässigkeit im Ausland (dazu D. V. 1. b.),



§ 4k Abs. 3 EStG: Verhinderung von D/NI-Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Obergesellschaften mit Ansässigkeit im Ausland (dazu D. V. 2.),



§ 4k Abs. 4 EStG: Verhinderung von DD-Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Tochtergesellschaften (dazu D. V. 3.).

166

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen



§ 49 Abs. 1 Nr. 11 EStG: Verhinderung von NI/NI-Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Tochtergesellschaften, die von Deutschland als Ansässigkeitsstaat als vermögensverwaltend (dazu D. V. 4. a, b.) oder als mitunternehmerisch angesehen werden (dazu D. V. 4. b).

1. Verhinderung von D/NI-Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Tochtergesellschaften (§ 4k Abs. 2 EStG) a) Primärregelung: Verhinderung durch ein Abzugsverbot (§ 4k Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 und 3 EStG) Ist die hybride Tochtergesellschaft in Deutschland ansässig und unbeschränkt steuerpflichtig (also aus deutscher Sicht intransparent), normiert § 4k Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 EStG ein Abzugsverbot, wenn eine D/NIBesteuerungsinkongruenz entsteht, weil der ausländische Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft die deutsche Tochtergesellschaft steuerlich transparent behandelt. In diesem Fall entsteht die D/NI-Besteuerungsinkongruenz, wenn zwei weitere Bedingungen erfüllt sind: –

Der ausländische Staat der Muttergesellschaft vermeidet eine Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode (unilateral oder nach Maßgabe des Art. 23B OECD-MA 2017).



Der ausländische Staat besteuert transparente Gesellschaften nicht nach einem Mitunternehmer-Konzept, also ohne Anerkennung von Sonderbetriebsvermögen (Regelfall, zur Abgrenzung D. V. 3. d. bb.).

Die hier in der Praxis wohl relevanteste Konstellation ist eine in den USA ansässige Muttergesellschaft, die nach US-Steuerrecht dazu optiert, ihre in Deutschland ansässige Tochtergesellschaft transparent und damit im Ergebnis wie eine (aus US-Sicht) ausländische Anrechnungsbetriebsstätte zu behandeln (entity disregarded from its owner)68. Beispiel 7 zeigt einen solchen Fall auf:

68 Dazu auch Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (327 f.) mit den dortigen Fällen 15, 16, 17; Schnitger/Posch, ISR 2021, 187 (188).

167

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen h^

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Abb. 769: D/NI-Besteuerungsinkongruenz bei einem Qualifikationskonflikt durch eine in Deutschland ansässige und unbeschränkt steuerpflichtige Tochtergesellschaft, die vom Ansässigkeitsstaat ihrer Muttergesellschaft steuerlich transparent behandelt wird.

Im Beispiel 7 greift das Abzugsverbot nach § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG für die (1) Zinsen (100), weil diese bei der M-Co als „interne Leistung“ neutralisiert werden. Dieselbe Rechtsfolge würde eintreten, wenn die Zinsen von einer anderen Tochtergesellschaft der M-Co gezahlt worden wären, wenn für diese ebenfalls zur transparenten Besteuerung optiert worden wäre70. Der Umfang des Abzugsverbots wird jedoch nach § 4k Abs. 2 Satz 3 EStG bei gegenläufigen DI-Besteuerungsinkongruenzen reduziert, „soweit den Aufwendungen Erträge desselben Steuerpflichtigen gegenüberstehen, die sowohl im Inland als auch nachweislich in dem Staat des Gläubigers (…) einer tatsächlichen Besteuerung unterliegen“.

69 Quelle: eigene Darstellung. 70 Ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (327) im dortigen Fall 15.

168

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

Im Beispiel 7 führen zunächst die (2) Zinsen (10) zu einer Reduzierung des Abzugsverbots71: Sie führen zu einem Ertrag bei demselben Steuerpflichtigen, bei dem die Aufwendungen ([1] Zinsen [100]) entstanden sind, nämlich bei der T-GmbH. Zudem unterliegen die (2) Zinsen (10) sowohl in Deutschland als auch in den USA einer tatsächlichen Besteuerung. Insbesondere kommt es nach dem klaren Wortlaut nicht darauf an, dass die Erträge gerade beim selben Steuerpflichtigen (also der T-GmbH) auch in den USA besteuert werden72. Vielmehr reicht eine Besteuerung bei der M-Co aus. Wäre dies anders, hätte die Rückausnahme wie in § 4i Satz 2 EStG („die bei ihm“) formuliert werden müssen. Auch die (3) Lizenzgebühren (20) reduzieren das Abzugsverbot. Unerheblich ist, dass sie in den USA bei der T-Co 2 abziehbar (– 20) sind. Denn die (2) Zinsen (10) waren bei der Bank in Deutschland (– 10) ebenso abziehbar. Die (4) Miete (30) führt zwar in Deutschland zu einem Ertrag, aber nicht in den USA (Neutralisierung als „interne“ Leistung). Isoliert betrachtet entsteht insoweit eine ND/I-Besteuerungsinkongruenz (dazu B. I.), die nicht von § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG erfasst ist73. Ein Ertrag entsteht bei der M-Co erst durch die (5) Miete (30) aus der Weitervermietung. Dieser Ertrag wäre nur mit einzubeziehen, wenn nicht gefordert wäre, dass der doppelt erfasste Ertrag aus derselben Leistungsbeziehung entspringen muss. Der Wortlaut ist insoweit offen. Die Gesetzesbegründung weist nur darauf hin, dass die Erträge, die den Aufwendungen „gegenüberstehen“, nicht im zeitlichen Zusammenhang mit den Aufwendungen stehen müssen, sondern auch in einem späteren Veranlagungszeitraum anfallen können (dann rückwirkendes Ereignis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO)74. Im Ergebnis soll es auf eine „quantitative Korrelation“75 ankommen, was aber lediglich nur besagt, dass die doppelt berücksichtigen Erträge nur im Umfang der Aufwendungen zu berücksichtigen sind, die dem Abzugsverbot unterliegen.

71 Ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (327 f.) im dortigen Fall 17. 72 Ebenso Schnitger/Posch, ISR 2021, 187 (188); Herbst/Heckerodt/Rieß, ISR 2020, 363 (369 f.); Grotherr, IStR 2020, 773 (777); Oppermann, PIStB 2022, 340 zu Fall 5; a.A. wohl Greinert/Siebing, Ubg 2021, 525 (526); Zinowsky, IStR 2021, 500 (505). 73 Insoweit ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (327) mit dem dortigen Fall 16. 74 BT-Drs. 19/28652, S. 38, vgl. auch S. 37 und S. 40; ebenso Grotherr, IStR 2020, 773 (777). 75 BT-Drs. 19/28652, S. 38.

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Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

M.E. spricht im Beispiel 7 der Sinn und Zweck im Rahmen einer teleologischen Auslegung dafür, die (4) und (5) Miete (30) reduzierend zu berücksichtigen: Wirtschaftlich wird der Mietertrag (30) doppelt erfasst. Hätte die T-GmbH direkt an den Untermieter vermietet, wäre es ebenso bei der T-GmbH und der M-Co zur doppelten Erfassung des Ertrages gekommen. In einer Gesamtbetrachtung entsteht auch ein zweckgerechtes Ergebnis, wenn auch die (4) und (5) Miete (30) das Abzugsverbot nach § 4k Abs. 2 Satz 3 EStG mindern würde (Folge: Abzugsverbot bei der T-GmbH im Umfang von 40). Denn in diesem Fall entstünde in den USA (Gesamtbetrachtung) ein Gewinn von + 10 (= 60 [M-Co] – 20 [T-Co 2] – 30 [Untermieter]). Genau spiegelbildlich kommt es in Deutschland (Gesamtbetrachtung) zu einem Verlust von – 10 (= – 40 [T-Co] + 40 [Abzugsverbot bei T-Co] – 10 [Bank]). Im Beispiel 7 (Weitervermietung) war der Ertrag ([5] Miete [30]) einfach zu erkennen. M.E. wird ebenso ein Ertrag mit der Mietsache erzielt, wenn sie im Betrieb der M-Co eingesetzt wird und kalkulatorisch dazu beiträgt, dass mit diesem Betrieb ein Ertrag erzielt wird. Soweit der Ertrag erst in einem späteren Besteuerungszeitraum entsteht, liegen m.E. sukzessive rückwirkende Ereignisse (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) vor, die das Abzugsverbot bei der T-GmbH mindern. Die Rückausnahme (§ 4k Abs. 2 Satz 3 EStG) wirft noch die weitere Frage auf, ob sie das Abzugsverbot auch reduziert, wenn der Ertrag im Inland nicht von der T-GmbH, sondern von einer Organgesellschaft der T-GmbH erzielt wird. M.E. ist das der Fall. Zwar wird der T-GmbH als Organträgerin kein Ertrag, sondern das Einkommen der Organgesellschaft zugerechnet. Jedoch ist der Ertrag in diesem Einkommen zwingend eingegangen und wird auch bei der T-GmbH als Organträgerin besteuert76. Notwendig ist zudem eine weitere Erfassung in den USA, zu der es nur kommt, wenn auch das der T-GmbH zugerechnete Organeinkommen oder die Organgesellschaft selbst in den USA transparent besteuert werden77.

76 BT-Drs. 19/28652, S. 38; Grotherr, IStR 2020, 773 (776). 77 Entsprechend abgrenzend Oppermann, PIStB 2022, 340 im Fall 1.

170

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

b) Sekundärregelung: Verhinderung durch ein Einbeziehungsgebot (§ 4k Abs. 2 Satz 2 EStG) Ist die hybride Tochtergesellschaft im Ausland ansässig und wird dort als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt, verhindert § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG eine D/NI-Besteuerungsinkongruenz, wenn dies nicht bereits im Ausland durch ein Abzugsverbot geschieht, das § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG entspricht (Sekundärregelung). Eine D/NI-Besteuerungsinkongruenz kann in diesem Fall aber nur eintreten, wenn die hybride Tochtergesellschaft vermögensverwaltend ist, also aus deutscher Sicht nicht als Mitunternehmerschaft qualifiziert wird78. Anderenfalls entstünde nämlich eine DD-Besteuerungsinkongruenz, die nach § 4k Abs. 4 EStG verhindert werden würde (dazu noch D. V. 3. a.). Tatbestandlich knüpft § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG an drei Varianten an, in denen eine vermögensverwaltende Tochtergesellschaft in ihrem ausländischen Ansässigkeitsstaat als intransparent und in Deutschland als Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft als transparent angesehen wird. In Deutschland sind Wirtschaftsgüter im Gesellschaftsvermögen einer solchen Gesellschaft bruchteilig ihren Gesellschaftern zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO). Eine Zahlung der vermögensverwaltenden Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft bleibt dadurch steuerlich unberücksichtigt. Gleiches gilt, wenn eine weitere Personengesellschaft zwischengeschaltet ist und die Zahlung direkt an die Muttergesellschaft oder an die zwischengeschaltete Personengesellschaft erfolgt. Für diese drei Varianten ordnet § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG die Nichtanwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO und damit die steuerliche Anerkennung der Zahlung an (Umsetzung79 von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Abs. 9 Unterabs. 1 Buchst. e ATAD). Beispiel 8 zeigt die drei Varianten auf:

78 M.E. wegen des klaren Wortlauts zu Unrecht a.A. Zinowsky, IStR 2021, 500 (504). 79 So die Begründung in BT-Drs. 19/28652, S. 36.

171

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen ĞƵƚƐĐŚůĂŶĚ

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Abb. 880: D/NI-Besteuerungsinkongruenz bei einem Qualifikationskonflikt durch eine vermögensverwaltende Tochtergesellschaft, die in ihrem ausländischen Ansässigkeitsstaat als intransparent, aber in Deutschland als Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft als transparent angesehen wird.

Im Beispiel 8 sind die jeweiligen Zinszahlungen im Ausland abziehbar, wenn dort kein dem § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechendes Abzugsverbot greift. Die Nichtanwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO bewirkt, dass die jeweiligen Zinszahlungen bei der M1 – bzw. M2-GmbH in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.

2. Verhinderung von D/NI-Besteuerungsinkongruenzen bei im Ausland ansässigen hybriden Obergesellschaften (§ 4k Abs. 3 EStG) § 4k Abs. 3 EStG verlangt tatbestandlich zwar nur eine D/NI-Besteuerungsinkongruenz. Aufgrund des Nachrangs gegenüber § 4k Abs. 2 EStG verbleiben aber nur „umgekehrt“ hybride Rechtsträger (dazu hier) oder hybride Inlandsbetriebsstätten (dazu D. VI. 2.). Konkret erfasst sind Zahlungen von einer in Deutschland ansässigen und unbeschränkt steuer80 Quelle: eigene Darstellung.

172

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

pflichtigen Tochtergesellschaft an ihre im Ausland ansässige Obergesellschaft, die in ihrem Ansässigkeitsstaat als transparent, aber von Deutschland als intransparent angesehen wird. Beispiel 9 veranschaulicht das. ƵƐůĂŶĚϭ

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ĞƵƚƐĐŚůĂŶĚ

Abb. 981: D/NI-Besteuerungsinkongruenz bei Qualifikationskonflikt bei einer in ihrem ausländischen Ansässigkeitsstaat als transparent angesehenen Tochtergesellschaft, die sowohl im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft als auch in Deutschland als Ansässigkeitsstaat der Enkelgesellschaft als intransparent angesehen wird.

Im Beispiel 9 greift bei der E-GmbH für die (1) Zinsen (100) das Abzugsverbot aus § 4k Abs. 3 EStG, weil diese Zinsen weder im Ausland 2 noch im Ausland 1 in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden: Ausland 2 besteuert die T-Co selbst nicht und wird bei einer bloßen Vermögensverwaltung regelmäßig keine beschränkte Steuerpflicht der M-Co annehmen. Ausland 1 besteuert die Zinsen ebenfalls nicht, weil die T-Co dort als intransparent angesehen wird.

81 Quelle: eigene Darstellung.

173

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

Da § 4k Abs. 3 EStG keine Rückausnahme enthält, reduziert sich das Abzugsverbot (100) auch nicht um die gegenläufige (2) Miete (60). Im Beispiel 9 wäre eine dem § 4k Abs. 2 Satz 3 (oder § 4k Abs. 4 Satz 3) EStG entsprechende Rückausnahme auch nicht einschlägig, weil der Mietertrag weder im Ausland 2 noch im Ausland 1 einer „tatsächlichen Besteuerung“ unterliegt (keine Doppelbesteuerung durch eine gegenläufige DI-, sondern bloß durch eine ND/I-Besteuerungsinkongruenz)82. An Beispiel 9 lässt sich auch eine grundsätzliche Frage bei § 4k EStG veranschaulichen, nämlich die Frage, unter welchen Umständen (k)eine „tatsächliche Besteuerung“ vorliegt. In Beispiel 9 wäre das Abzugsverbot nämlich ausgeschlossen, wenn die „entsprechenden Erträge“ bei der M-Co im Ausland 1 oder Ausland 2 einer tatsächlichen Besteuerung unterlegen hätten. Ebenso wird das Abzugsverbot nach § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG (dazu bereits das Beispiel 7 unter D. V. 1. a.) oder das Einbeziehungsgebot nach § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG (dazu bereits das Beispiel 8 unter D. V. 1. b) bei einer „tatsächlichen Besteuerung“ der „entsprechenden Erträge“ ausgeschlossen. Überdies greifen auch die Rückausnahmen aus § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG (dazu bereits das Beispiel 7 unter D. V. 1. a.) und aus § 4k Abs. 4 Satz 3 EStG (dazu noch D. V. 3., VI. 3. a. und 4., VII. 1. und 2) nur ein, soweit eine „tatsächliche Besteuerung“ von „gegenüberstehenden Erträgen“ stattfindet83. Weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung definiert allgemein, was eine „tatsächliche Besteuerung“ sein soll. Jedoch wird auf die Gesetzesbegründung zu § 4i EStG verwiesen84. Dort heißt es, dass eine „tatsächliche Besteuerung“ die Einbeziehung der Erträge in die steuerliche Bemessungsgrundlage verlangt85. Keine tatsächliche Besteuerung liege dagegen vor, wenn die Erträge nicht steuerbar seien, eine persönliche oder sachliche Steuerbefreiung vorliege oder aus anderen Gründen eine tatsächliche Besteuerung unterbleibe86. Werden demnach die Erträ-

82 Krit. daher Zinowsky, IStR 2021, 500 (507). 83 Zutreffend weisen Baur/Schrenk/Ullmann, Ubg 2022, 41 (47) darauf hin, dass auch eine „Nichtbesteuerung“ i.S.d. § 4k Abs. 1 EStG vollständig bedeutungsgleich mit „keiner tatsächlichen Besteuerung“ ist. 84 BT-Drs. 19/28652, S. 36. 85 BT-Drs. 18/9956, S. 4; zuvor bereits BMF v. 20.6.2013, BStBl. I 2013, 980, Tz. 2.3. zum Vorliegen einer „Besteuerung“ bei DBA-Subject-to-tax-Klauseln. 86 BT-Drs. 18/9956, S. 4; ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (320).

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Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

ge in die Bemessungsgrundlage einbezogen, kommt es auf die Höhe der Besteuerung nicht an87. Denn anders als bei § 4k Abs. 1 EStG (dazu bereits D. III. 1.) sollen die § 4k Abs. 2 bis 4 EStG nur eine Nichtbesteuerung, aber keine Niedrigbesteuerung verhindern. Gleiches gilt m.E., wenn die Steuerschuld für Auslandseinkünfte zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung durch die Anrechnungs- oder Abzugsmethode (vgl. §§ 34c, 34d EStG, Art. 23B OECD-MA 2017) der ausländischen Steuer gemindert wird88. Auch eine Verrechnung mit negativen Einkünften, die dazu führen kann, dass überhaupt keine Steuerschuld entsteht, nennt die Gesetzesbegründung zu Recht als ein Beispiel für eine „tatsächliche Besteuerung“89. Gleiches gilt m.E. bei der Gewährung von Freibeträgen90. Ebenso soll eine (auch ausländische) Hinzurechnungsbesteuerung ausreichen91. M.E. reicht auch ein Quellensteuerabzug92 oder die Besteuerung auf einer Ebene aus, wenn im Ausland auf mehreren Ebenen (etwa Bund, Bundesstaat, Gemeinde) besteuert wird93. Schwierigkeiten bereiten Regelungen, mit denen die Erträge zwar eine Besteuerung auslösen, sie aber nur typisierend in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt werden, was etwa bei der US-GILTI der Fall ist und bei der globalen Mindestbesteuerung94, die nach dem „Top up“-Ansatz

87 Zutreffend Baur/Schrenk/Ullmann, Ubg 2022, 41 (43); Zinowsky, IStR 2021, 500 (503). 88 So bereits BMF v. 20.6.2013, BStBl. I 2013, 980, Tz. 2.3. zum Vorliegen einer „Besteuerung“ bei DBA-Subject-to-tax-Klauseln; Grotherr, IStR 2020, 773 (775). 89 BT-Drs. 19/28652, S. 36 zu § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG; ebenso Rüsch, DStZ 2020, 274 (279); Loose, PIStB 2020, 73 (81); Baur/Schrenk/Ullmann, Ubg 2022, 41 (43); Grotherr, IStR 2020, 773 (775). 90 So bereits BMF v. 20.6.2013, BStBl. I 2013, 980, Tz. 2.3. zum Vorliegen einer „Besteuerung“ bei DBA-Subject-to-tax-Klauseln; ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (320); Grotherr, IStR 2020, 773 (775). 91 BT-Drs. 19/28652, S. 36 zu § 4k Abs. 2 Satz 1 EStG; Baur/Schrenk/Ullmann, Ubg 2022, 41 (43); Zinowsky, IStR 2021, 500 (503). 92 Ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (321); Baur/Schrenk/Ullmann, Ubg 2022, 41 (43); Oppermann, PIStB 2022, 340 zu Fall 3. 93 Ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (321 f.). 94 Richtlinie (EU) 2022/2523 des Rates v. 14.12.2022 zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen und große inländische Gruppen in der Union, ABl. EU 2022, L 328/1 v. 22.12.2022.

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Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

zu einer Besteuerung bei der Muttergesellschaft führt. M.E. reicht auch dies für eine tatsächliche Besteuerung aus, soweit die Aktivität der Auslandsgesellschaft (und damit die von ihr erzielten Erträge) ursächlich für diese Form ihrer „tatsächlichen Besteuerung“ im Inland ist95.

3. Verhinderung von DD-Besteuerungsinkongruenzen bei hybriden Tochtergesellschaften (§ 4k Abs. 4 EStG) DD-Besteuerungsinkongruenzen können bei hybriden Tochtergesellschaften in allen denkbaren Konstellationen entstehen und lassen sich wie folgt systematisieren: Ansässigkeit der Muttergesellschaft Tochtergesellschaft in Deutschland:

Deutschland

Ausland

transparent

Beispiel 10

Beispiel 13

intransparent

Ausland ohne SBV Beispiel 11

Ausland mit SBV Beispiel 12

Ausland ohne SBV Beispiel 14

Ausland mit SBV Beispiel 15

a) Abzugsverbot bei der deutschen Muttergesellschaft, wenn die ausländische Tochtergesellschaft von Deutschland abweichend als transparente Mitunternehmerschaft angesehen wird Eine DD-Besteuerungsinkongruenz entsteht, wenn Deutschland eine im Ausland ansässige Tochtergesellschaft als eine steuerlich transparente Mitunternehmerschaft qualifiziert, die von ihrem Ansässigkeitsstaat als intransparent angesehen wird. Beispiel 10 zeigt dies auf:

95 Ebenso Ehlermann/Link, ISR 2021, 319 (321).

176

Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen ĞƵƚƐĐŚůĂŶĚ

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Abb. 1096: DD-Besteuerungsinkongruenz bei einem Qualifikationskonflikt durch eine ausländische Tochtergesellschaft, die von Deutschland als Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft abweichend als Mitunternehmerschaft qualifiziert wird.

Im Beispiel 10 erfasst das Abzugsverbot aus § 4k Abs. 4 Satz 1 EStG, mit dem vor allem Art. 9 Abs. 1 ATAD umgesetzt wird, zunächst die (1) Miete (80), weil der Mietaufwand im Ausland bei der T-Co und in Deutschland bei der M-GmbH im Gewinnanteil an der T-Co erfasst wird. Gleiches gilt für die (2) Zinsen (200), die bei der T-Co im Ausland und bei der M-GmbH im Gewinnanteil an der T-Co als Aufwand erfasst werden. Dem steht m.E. nicht entgegen, dass die (2) Zinsen (200) bei der M-GmbH zugleich als SBV-Einnahmen erfasst werden. Denn insoweit besteht mangels einer weiteren Besteuerung der (2) Zinsen (200) im Ausland keine DI-Besteuerungsinkongruenz, welche die Rückausnahme aus § 4k Abs. 4 Satz 3 EStG (entspricht § 4k Abs. 2 Satz 3 EStG, dazu bereits D. V. 1. a.) auslösen würde. Jedoch entstehen im Beispiel 10 zwei gegenläufige DI-Besteuerungsinkongruenzen, die zur Anwendung der Rückausnahme aus § 4k Abs. 4 96 Quelle: eigene Darstellung.

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Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

Satz 3 EStG führen: Das ist bei der (3) Miete (120) der Fall, die bei der M-GmbH zu einem Ertrag im Gewinnanteil von der T-Co und im Ausland bei der T-Co als Ertrag erfasst wird. Gleiches gilt für die (4) Lizenzgebühren (50), die bei der M-Co als Ertrag ihren Gewinnanteil an der T-Co erhöhen und ebenso im Ausland bei der T-Co als Ertrag erfasst werden. Letzterem steht m.E. nicht entgegen, dass die (4) Lizenzgebühren (50) bei der M-GmbH als SBV I-Ausgaben97 abziehbar sind. Denn für die erforderliche „tatsächliche Besteuerung“ reicht es aus, wenn sie sowohl in Deutschland als auch im Ausland in der Bemessungsgrundlage als Ertrag berücksichtigt werden (dazu bereits D. V. 2.). Die aufgezeigte Lösung, die zu einem Abzugsverbot im Umfang von 110 (280 – 170) kommt, verwirklicht zielgenau den Zweck der Norm, wie eine Gesamtbetrachtung zeigt: Im Ausland kommt es zu einem Verlust von – 150 (= – 110 [T-Co] – 120 [Untermieter] + 80 [Mieter]). Spiegelbildlich entsteht in Deutschland bei einem Abzugsverbot von 110 ein Gewinn von 150 (= 40 [M-GmbH] + 110 Abzugsverbot). Sieht im Beispiel 10 auch das Ausland ein dem § 4k Abs. 4 EStG vergleichbares Abzugsverbot vor (zum vergleichbaren Fall in Deutschland noch D. V. 3. d.), gewährleistet § 4k Abs. 4 Satz 2 EStG98 den Vorrang des Abzugsverbots in Deutschland als Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft (Umsetzung99 von Art. 9 Abs. 1 ATAD: Vorrang des Investor-Staates). Jedoch ist das Abzugsverbot in Deutschland bei der unbeschränkt steuerpflichtigen M-GmbH nach § 4k Abs. 4 Satz 4 EStG nicht anzuwenden, wenn eine Doppelbesteuerung durch die Anrechnungs- oder Abzugsmethode (§§ 34c, 34d EStG, Art. 23B OECD-MA 2017) vermieden wird. Insoweit wird die doppelte Verlustnutzung als Spiegelbild zur doppelten Gewinnbesteuerung (die erst durch Anrechnung verhindert wird) als systemimmanent angesehen und folglich hingenommen100. Ein etwaig im Ausland bestehendes Abzugsverbot, das mit § 4k Abs. 4 EStG vergleichbar ist (Sekundärregelung), lebt dann wieder auf. 97 Hinweis: Auch § 4i Satz 1 EStG führt hier nicht zu einem Abzugsverbot der (4) Lizenzgebühren (50), weil sie im Ausland nicht zu einer Minderung, sondern sogar zu einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage der T-Co führen. 98 Dazu Zinowsky, IStR 2021, 500 (507); Fehling/Linn/Martini, IStR 2022, 781 (784 f.). 99 So BT-Drs. 19/28652, S. 39. 100 BT-Drs. 19/28652, S. 39: „systemimmanent“; vgl. auch BT-Drs. 19/29848, S. 62 zum Parallelproblem bei § 4k Abs. 2 EStG: sonst „systemische Verwerfungen“.

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Desens – Abhängigkeiten bei Besteuerungsinkongruenzen

Vermeidet Deutschland im Beispiel 10 die Doppelbesteuerung dagegen durch die Freistellungsmethode (Art. 23A OECD-MA 2017), wird das Abzugsverbot (hier im Umfang von 110) bei der M-GmbH gerade nicht ausgeschlossen. Das gilt m.E. selbst dann, wenn Deutschland aufgrund des DBAs gar kein Besteuerungsrecht für die Geschäftsvorfälle hatte, die das Abzugsverbot ausgelöst haben, was der Fall ist, wenn diese der ausländischen Geschäftsleitungsbetriebsstätte der T-Co zugeordnet werden (Art. 7 Abs. 1 i.V.m. Art. 5, Art. 23A OECD-MA 2017). Denn nach § 4 Abs. 7 EStG ist das Abzugsverbot ungeachtet entgegenstehender DBAVorschriften anzuwenden (treaty override). Da das DBA aber nicht insgesamt, sondern nur für das Abzugsverbot suspendiert wird, führt dies m.E. zu einer Besteuerung der M-GmbH i.H.v. 110 (= Umfang des Abzugsverbots). Die weiteren 40, die im Beispiel 10 bei der M-GmbH auch ungeachtet des Abzugsverbots als Gewinn entstanden sind, bleiben dagegen aufgrund der DBA-Freistellung in Deutschland unbesteuert. Wäre die T-Co im Beispiel 10 rein vermögensverwaltend tätig, greift nicht das Abzugsverbot nach § 4k Abs. 4 EStG, sondern das Einbeziehungsgebot nach § 4k Abs. 2 Satz 2 EStG (dazu bereits D. V. 1. b.).

b) Abzugsverbot der deutschen Muttergesellschaft, wenn die ausländische Tochtergesellschaft in Deutschland abweichend als intransparent angesehen wird Bei den DD-Besteuerungsinkongruenzen, in denen Deutschland als Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft eine ausländische Tochtergesellschaft abweichend als intransparent qualifiziert, ist danach zu unterscheiden, ob der ausländische Staat bei der Besteuerung von Personengesellschaften – wie in Deutschland – ein Mitunternehmerkonzept mit Sonderbetriebsvermögen verfolgt oder nicht.

aa) Regelfall: Ausland behandelt die dort ansässige Tochtergesellschaft transparent ohne Anerkennung von Sonderbetriebsvermögen Beispiel 11 zeigt die DD-Besteuerungsinkongruenzen bei einem Qualifikationskonflikt durch eine hybride Tochtergesellschaft, die in Deutschland als Ansässigkeitsstaat ihrer Muttergesellschaft als intransparent angesehen, jedoch in ihrem ausländischen Ansässigkeitsstaat als transparente Personengesellschaft behandelt wird, wobei das Ausland kein Sonderbetriebsvermögen kennt (Regelfall).

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