Internationale Rechnungslegung: Aspekte und Entwicklungstendenzen [1 ed.] 9783896449016, 9783896731814

Immer mehr Global Player müssen ihren wachsenden Kapitalbedarf über internationale Finanzmärkte decken. Voraussetzung da

140 80 2MB

German Pages 222 [224] Year 2003

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Internationale Rechnungslegung: Aspekte und Entwicklungstendenzen [1 ed.]
 9783896449016, 9783896731814

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

MANAGEMENTSCHRIFTEN Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein — Hochschule für Wirtschaft

HERAUSGEGEBEN VON BEATE KREMIN-BUCH, FRITZ UNGER HARTMUT WALZ

Internationale Rechnungslegung Aspekte und Entwicklungstendenzen

Verlag Wissenschaft & Praxis

Internationale Rechnungslegung

Managementschriften Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein Hochschule für Wirtschaft

HERAUSGEGEBEN VON BEATE KREMIN-BUCH, FRITZ UNGER HARTMUT WALZ Band 4

Beate Kremin-Buch, Fritz Unger Hartmut Walz (Hrsg.)

Internationale Rechnungslegung Aspekte und Entwicklungstendenzen

Verlag Wissenschaft & Praxis

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 3-89673-181-5 © Verlag Wissenschaft & Praxis Dr. Brauner GmbH 2003 D-75447 Sternenfels, Nußbaumweg 6 Tel. 07045/930093 Fax 07045/930094

Alle Rechte vorbehalten Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany

Vorwort Nach einer Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) ist in den Augen der befragten Finanzfachleute (Gesamtzahl der Antworten: 274, Umfragezeitraum: 4.3. - 19.3.2002) von den drei Rechnungslegungssystemen IAS, US-GAAP und HGB die deutsche Rechnungslegung am wenigsten geeignet, die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Konzerns realistisch widerzuspiegeln. Die Gründe hierfür sind, dass •

die §§ 254 und 279 Abs. 2 HGB die deutsche Handelsbilanz für rein steuerrechtliche Wertansätze öffnen und damit die Bilanzierung in der Handelsbilanz häufig allein durch steuerliche Überlegungen dominiert wird,



das HGB bei der Bilanzierung umfangreiche Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte vorsieht,



das deutsche Recht wegen der Dominanz des Vorsichtsprinzips die Bildung umfangreicher stiller Reserven fordert bzw. ermöglicht. Das Problem stiller Reserven hat Gustv Saage schon 1959 sehr anschaulich beschrieben: „Durch die Bildung und Auflösung stiller Reserven wird nicht nur der Gewinn manipuliert, sondern auch das Eigenkapital unrichtig dargestellt. Hieraus ergibt sich zwangsläufig in der Folgezeit eine Verzerrung der Ertragslage und eine unrichtige öffentliche Meinungsbildung mit allen ihren sozialpolitischen Folgen. Durch die Bildung und Auflösung stiller Reserven wird aber auch der Einblick in die absolute Höhe des Betriebsergebnisses unmöglich gemacht. Rückschläge der Unternehmung und Fehler der Verwaltung bleiben so der Öffentlichkeit und den Aktionären verborgen.“ (Die stillen Reserven im Rahmen der aktienrechtlichen Pflichtprüfung, Köln, 1959, S. 14).

Neuerdings mehren sich aber auch Zweifel an der Aussagefähigkeit der internationalen Standards IAS und US-GAAP. Auslöser dafür ist unter anderem der Bilanzskandal um Enron. Hier standen vor allem die Verlagerung von Risiken und Schulden auf nicht konsolidierungspflichtige special purpose entities und der Ausweis unrealisierter Gewinne im Zentrum der Kritik. Es bleibt also spannend, die drei Rechnungslegungssysteme kritisch zu vergleichen und der Frage nachzugehen, wie sich die deutsche Rechnungslegung entwickeln wird. Der vorliegende Sammelband will einen Beitrag zu dieser Diskussion leisten.

5

Vorwort Im einführenden Artikel legt Prof. Dr. Andreas Birk eindrucksvoll dar, dass sich die Ziele und die daraus abgeleiteten Rechnungslegungsgrundsätze der drei Rechnungslegungssysteme HGB, US-GAAP und IAS deutlich voneinander unterscheiden. Die Kenntnis dieser Unterschiede ist unabdingbar, um einzelne Vorschriften der Rechnungslegungssysteme zu speziellen Sachverhalten einordnen und bewerten zu können. Ein solcher spezieller Sachverhalt ist die bilanzielle Behandlung von Finanzderivaten, also von Finanzinstrumenten, die aus anderen Finanzprodukten abgeleitet sind (z.B. Futures). Nico Kohler vergleicht deren Bilanzierung in den drei Rechnungslegungssystemen und geht dabei auch auf die Bilanzierung in SAP R/3® ein. „SAP“ und mySAP.com sind Marken der SAP Aktiengesellschaft Systeme Anwendungen, Produkte in der Datenverarbeitung, Neurottstraße 16, D-69190 Walldorf. Die Herausgeber bedanken sich für die freundliche Genehmigung der SAP Aktiengesellschaft, das Warenzeichen im Rahmen des vorliegenden Textes verwenden zu dürfen und vor allem auch dafür, dass das Unternehmen einmal mehr völlig unkompliziert der Veröffentlichung des Artikels zugestimmt hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die SAP AG jedoch nicht Herausgeberin des vorliegenden Artikels ist oder sonst dafür presserechtlich verantwortlich ist. Der Beitrag von Nico Kohler ist ein Beispiel dafür, dass Studierende exzellente Leistungen erbringen können. Er stellt die Kurzfassung einer Studie dar, die von der Fachhochschule Ludwigshafen zweifach prämiert wurde. Ein weiterer spezieller Sachverhalt ist die Frage der Erfolgsrealisation bei langfristiger Auftragsfertigung. Hier steht die Frage nach der Überlegenheit der Completed-Contract-Methode (HGB) oder der Percentage-of-Completion-Methode (IAS, US-GAAP) im Vordergrund. Prof. Dr. Joachim Buch schildert und beurteilt die Methoden detailliert im Hinblick auf deren Konsequenzen für den Ergebnisausweis und das Projektcontrolling. Zwischenberichte sind eigenständige Rechnungslegungsbestandteile über unterjährige Berichtsräume. Im Gegensatz zu dem beim Jahresabschluss vorherrschenden Gläubigerschutzgedanken steht bei der Zwischenberichterstattung der Anlegerschutz im Vordergrund. Sie sind also kapitalmarktorientierte Instrumente der Rechnungslegung und damit international von besonderer Bedeutung. Prof. Dr. Birgit Angermayer stellt die rechtlichen Rahmenbedingungen und inhaltlichen Elemente der Zwischenberichte dar. Die Konzernrechnungslegung unterliegt einem dynamischen Entwicklungsprozess, der eine Annäherung an die internationalen Rechnungslegungsvorschriften zum Ziel hat. Prof. Dr. Birgit Angermayer beschreibt die Konzernrechnungslegung im Wandel der rechtlichen Rahmenbedingungen. Im Mittelpunkt stehen 6

Vorwort dabei die Standards des DRSC, die im Gesetzentwurf „Zur Internationalisierung der Rechnungslegung“ vom DRSC vorgeschlagenen Änderungen handelsrechtlicher Vorschriften sowie die Änderungen des HGB auf Grund des Transparenzund Publizitätsgesetzes (TransPuG). Auch der Beitrag von Prof. Dr. Josef Baus befasst sich mit der Entwicklung der deutschen Rechnungslegung. Im Mittelpunkt steht die unterschiedliche konzeptionelle Ausrichtung des HGB einerseits und IAS bzw. US-GAAP andererseits. Während in der deutschen Handelsbilanz die nominale Kapitalerhaltung im Sinne des Gläubigerschutzes dominiert, ist die internationale Rechnungslegung durch ihre Kapitalmarktorientierung von der Informationsfunktion geprägt. Aufbauend auf diesem Unterschied werden Bilanzierungsgrundlagen einer informationsorientierten Kapitalerhaltung entwickelt, die einen Kompromiss im Widerstreit von nominaler Kapitalerhaltung und Informationsfunktion anstreben. Die Herausgeber danken allen Autoren für die gute Zusammenarbeit. Außerdem gilt unser Dank der studentischen Hilfskraft Jürgen Freyer. Er hat mit viel Engagement und Geduld am Layout mitgewirkt. Wir wünschen uns, dass auch mit diesem Band der Schriftenreihe das Wissen verbreitet wird, das in der Fachhochschule Ludwigshafen entsteht. Ludwigshafen, im März 2003 Beate Kremin-Buch im Namen der Herausgeber

7

Inhaltsverzeichnis Vorwort ............................................................................................................... 5 Inhaltsverzeichnis............................................................................................... 9 Autoren-/Herausgeberverzeichnis................................................................... 10 Andreas Birk Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung nach HGB, US-GAAP und IAS .............................................................................................................. 13 Nico Kohler Bilanzierung von Finanzderivaten nach HGB, US-GAAP und IAS sowie Abbildungsmöglichkeiten in SAP R/3 ..................................................... 31 Joachim Buch Erfolgsrealisation bei langfristiger Auftragsfertigung – Auswirkungen von IAS und US-GAAP auf das Projektcontrolling ......................................... 107 Birgit Angermayer Zwischenberichterstattung................................................................................ 143 Birgit Angermayer Aktuelle Entwicklungen in der Konzernrechnungslegung................................ 161 Josef Baus Wohin treibt die deutsche Rechnungslegung ? ................................................. 187

9

Autoren-/Herausgeberverzeichnis Autoren Prof. Dr. Birgit Angermayer ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Nach Abschluss ihrer Promotion an der Universität Mannheim war sie in den Jahren 1993 bis 1999 im Grundsatzreferat von Ernst & Young tätig, bis sie den Ruf für eine Professur an der Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Ludwigshafen für den Bereich Steuerlehre und wirtschaftliches Prüfungswesen annahm. Auf Grund ihrer langjährigen Prüfungsund Beratungstätigkeit ist sie mit Fragen des Jahres- und Konzernabschlusses vertraut. Sie ist Autorin einer Vielzahl von Fachpublikationen zu Fragen der Rechnungslegung und Prüfung. Prof. Dr. Josef Baus ist Hochschullehrer für Controlling und Internationale Rechnungslegung an der Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Ludwigshafen. Er blickt auf eine umfangreiche Lehrerfahrung im Hochschulbereich sowie auf eine zehnjährige einschlägige Industriepraxis zurück. Seine Veröffentlichungen beinhalten die Gebiete des internen und externen Rechnungswesens einschließlich internationaler Standards sowie des Controllings. Prof. Dr. Andreas Birk ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Er hat eine Professur für betriebswirtschaftliche Steuerlehre und Wirtschaftsprüfung an der Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Ludwigshafen. Zuvor war er bei verschiedenen Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften tätig. Prof. Dr. Joachim Buch ist Hochschullehrer für Controlling und Informationsmanagement an der Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Ludwigshafen. Zuvor war er in leitenden Funktionen im Controlling bzw. Rechnungswesen der Chemischen Industrie und einer international tätigen Ingenieurberatungsgesellschaft tätig. Insofern sind ihm die Probleme der Rechnungslegung bei langfristiger Auftragsfertigung nicht nur theoretisch, sondern auch in allen praktischen Facetten vertraut. 10

Autoren-/Herausgeberverzeichnis Nico Kohler ist Diplom Betriebswirt (FH) und gelernter Bankkaufmann. Nach seiner Ausbildung bei der Deutschen Bank AG hat er an der Hochschule für Wirtschaft, Fachhochschule Ludwigshafen Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkten Rechnungswesen und Controlling studiert. Parallel dazu hat er in Schweden an der University of Halmstadt Betriebswirtschaftslehre mit der Fachrichtung Marketing gehört und mit einem Bachelor of Science abgeschlossen. Zur Zeit ist Nico Kohler bei der SAP AG in Walldorf im Bereich Basel II / Risikocontrolling für Banken tätig. Herausgeber Prof. Dr. Beate Kremin-Buch vertritt die Fächer Rechnungswesen und Controlling im Fachbereich Management und Controlling. Forschungsschwerpunkte sind die Internationale Rechnungslegung und das Strategische Kostenmanagement. Diverse Veröffentlichungen widmen sich diesen beiden Gebieten, z.B. Internationale Rechnungslegung, 3. Aufl., 2002, Fachbegriffe der Internationalen Rechnungslegung (zusammen mit Götz Hohenstein), 2. Aufl., 2002 und Strategisches Kostenmanagement, 2. Aufl., 2001. Prof. Dr. Fritz Unger lehrt Betriebswirtschaftslehre und Marketing im Berufsintegrierenden Studium (BIS), ist Autor, Mitautor und Herausgeber zahlreicher Bücher (u.a. Management der Marktkommunikation, 2. Aufl., 1999, Integriertes Marketing, 3. Aufl., 2001, Marktpsychologie, 2001, Mediaplanung, 2. Aufl., 2002 und Verkaufsförderung, 2. Aufl., 2003). Prof. Dr. Hartmut Walz ist verantwortlich für Bankbetriebslehre und Finanzdienstleistungen im Fachbereich Internationale Dienstleistungen. Durch betriebswirtschaftliche Praxisprojekte und Publikationstätigkeiten (u.a. Investitions- und Finanzplanung, 6. Aufl., 2003) unterstützt er den Know-how-Austausch zwischen Hochschule und Wirtschaftspraxis.

11

Prof. Dr. Andreas Birk

ZIELE UND GRUNDSÄTZE DER RECHNUNGSLEGUNG NACH HGB, US-GAAP UND IAS

1

Einführung

2

Handelsrechtliche Rechnungslegung

3

Rechnungslegung nach US-GAAP

4

Rechnungslegung nach International Accounting Standards

5

Schlussbetrachtung

Andreas Birk

1

Einführung

Die Internationalisierung der Wirtschaftstätigkeit und die Globalisierung der Kapitalmärtkte erfordern eine Harmonisierung der Rechnungslegung der Unternehmen. Eine Aktiennotierung an der New Yorker Börse setzt voraus, dass die Unternehmen ihre Jahresabschlüsse nach den US-amerikanischen Rechnungslegungsvorschriften (US-GAAP) aufstellen. Abschlüsse, die nach den Vorschriften des HGB aufgestellt sind, werden nicht akzeptiert. Neben den US-GAAP gewinnen die International Accounting Standards (IAS) erheblich an Bedeutung. So können z.B. nach § 292a HGB befreiende Konzernabschlüsse auch nach IAS aufgestellt werden. Das Europäische Parlament hat inzwischen einer EU-Verordnung zugestimmt, nach der europäische Unternehmen, deren Wertpapiere zum Handel auf einem organisierten Kapitalmarkt zugelassen sind, ihre Konzernabschlüsse für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2004 beginnen, nach den IAS aufzustellen haben. Im Folgenden werden die unterschiedlichen Ziele der drei genannten Rechnungslegungssysteme dargestellt und es wird aufgezeigt, wie aus den Zielvorgaben Rechnungslegungsgrundsätze abgeleitet werden.

14

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung

2

Handelsrechtliche Rechnungslegung

2.1

Ziele der Rechnungslegung nach HGB

Die Erstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses dient der Befriedigung unterschiedlicher Bedürfnisse verschiedener Adressatengruppen. Die konkreten Ziele, die mit dem handelsrechtlichen Jahresabschluss erreicht werden sollen, werden im Handelsrecht nicht explizit genannt. Das grundlegende Zielsystem des Jahresabschlusses kann aus den Anforderungen der Rechnungslegungsadressaten abgeleitet werden. Wesentliche Adressaten der Rechnungslegung sind neben der Unternehmensleitung die Anteilseigner, Gläubiger, Finanzbehörden und sonstige Interessenten. Die Anforderungen dieser Adressatengruppen an den Jahresabschluss sind nicht deckungsgleich. Aus Sicht der Unternehmensleitung hat der Jahresabschluss in erster Linie eine Dokumentationsfunktion zu erfüllen. Diese Dokumentationsfunktion zum Zweck der Selbstinformation wird erweitert zur Rechenschaftslegung. Rechenschaftslegung ist unverzichtbarer Bestandteil der bestehenden Prinzipal-Agent-Problematik, wenn Eigentum und Verfügungsmacht in einem Unternehmen getrennt sind. Die Anteilseigner benötigen Informationen, um die Rechenschaft ablegende Unternehmensleitung beurteilen und über deren Entlastung entscheiden zu können. Diese weitgehend vergangenheitsorientierten Informationen müssen objektiv nachprüfbar und zuverlässig sein. Die gesetzlichen Anforderungen an die Aussagekraft dieser Informationen werden durch die Generalnorm in § 264 Abs. 2 S. 1 HGB bzw. § 297 Abs. 2 S. 2 HGB für den Konzernabschluss konkretisiert. Die Anteilseigner benötigen außerdem Informationen, um Entscheidungen über ihr zukünftiges Verhalten treffen zu können. Hierzu sind Informationen notwendig, die abschätzen lassen, wie sich die zukünftige Ertragskraft und die Risiken des Unternehmens voraussichtlich entwickeln werden. Derartige Informationen werden in einem vergangenheitsorientierten Jahresabschluss nur unzureichend vermittelt. Hierzu steht als Informationsinstrument insbesondere der Lagebericht zur Verfügung. Die Ermittlung des ausschüttbaren Gewinns gilt als oberster Zweck der handelsrechtlichen Rechnungslegung. Der handelsrechtliche Gewinn bildet die Grundlage zur Bemessung von ergebnisabhängigen Zahlungen, insbesondere Dividenden, Tantiemen und Ertragsteuern). Auch hier bestehen erhebliche Unterschiede in der Interessenlage der Beteiligten. 15

Andreas Birk Die Interessen der auf das Jahresergebnis Anspruchsberechtigten werden durch das Maßgeblichkeitsprinzip zusammengeklammert. Nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG muss bei der Ermittlung des steuerrechtlichen Gewinns das Betriebsvermögen angesetzt werden, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Während Anteilseigner und Unternehmensleitung wegen der damit verbundenen Dividenden- und Tantiemeansprüche durchaus an einem hohen Gewinnausweis in der Handelsbilanz interessiert sind, müssen sie aus steuerlichen Überlegungen auf einen niedrigen Gewinnausweis in der Steuerbilanz achten. Bilanzierungs- und Bewertungsansätze werden somit stark von steuerlichen Überlegungen beeinflußt. Die Informationsfunktion des Jahresabschlusses kann somit nicht mehr in vollem Umfang erfüllt werden, wenn nicht die tatsächliche Entwicklung des Unternehmens dargestellt wird. Diese Problematik wird verschärft durch die sog. umgekehrte Maßgeblichkeit. Nach § 5 Abs. 1 S. 2 EStG müssen steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz ausgeübt werden. Die §§ 254 und 279 Abs. 2 HGB öffnen die Handelsbilanz für rein steuerrechtliche Wertansätze. Damit wird die Bilanzierung in der Handelsbilanz häufig allein durch steuerliche Überlegungen dominiert. Die Aussagen in der Handelsbilanz werden verfälscht und die Rechnungslegungsziele Rechenschaftslegung und Ausschüttungsbemessung sowie Information der Adressaten werden nicht erfüllt. Die mit dem handelsrechtlichen Jahresabschluss verbundene mehrdimensionale Zielstruktur erfordert ein flexibles Rechnungslegungssystem. Der Gesetzgeber gewährt deshalb zahlreiche Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte. Diese Wahlrechte sind bei der Aufstellung des Jahresabschlusses auszuüben und eröffnen damit der Unternehmensleitung einen erheblichen bilanzpolitischen Spielraum. Wahlrechte erlauben in erheblichem Umfang die Bildung von stillen Reserven und die stille Auflösung dieser Reserven, so dass die tatsächliche Ertragslage lange Zeit verschleiert werden kann. Das Zahlenwerk ist nicht mehr objektiv, Jahresabschlüsse sind nicht mehr vergleichbar und kein Zweck der Rechenschaftslegung kann ausreichend erfüllt werden.

16

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung

2.2

Ableitung von zielkonformen Rechnungslegungsgrundsätzen

2.2.1 Das Gläubigerschutzprinzip als zentrale Bedingung Die Anforderungen an die handelsrechtliche Rechnungslegung müssen durch weitere Grundsätze konkretisiert werden. Diese Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung können deduktiv aus den Oberzielen der Rechnungslegung abgeleitet werden oder sie werden induktiv aus der Anschauung und praktischen Übung ehrbarer Kaufleute entwickelt. Letzteres gilt insbesondere für die Entwicklung von Grundsätzen ordnungsmäßiger Konzernbuchführung durch das nach § 342 HGB legitimierte, privatrechtliche Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee. Für den handelsrechtlichen Einzelabschluss werden die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung deduktiv ermittelt. Dadurch können die divergierenden Interessen der Abschlussadressaten in Kompromisslösungen zusammen geführt werden. Dabei müssen die vom Kapitalmarkt ausgehenden Rahmenbedingungen beachtet werden. Auf Grund der im Geltungsbereich des HGB bisher dominierenden Finanzierung der Unternehmen durch Fremdkapital stellt das Gläubigerschutzprinzip die zentrale Bedingung für die Ausgestaltung der nachgeordneten Rechnungslegungsgrundsätze dar. Gläubigerschutz im herkömmlichen Verständnis verlangt, dass das Vermögen und die Schulden zum Zweck der Ausschüttungsbegrenzung vorsichtig zu bilanzieren und zu bewerten sind. Daraus lassen sich elementare Grundsätze der handelsrechtlichen Rechnungslegung ableiten. Neben dem Gläubigerschutzprinzip sind bei der Entwicklung von Rechnungslegungsgrundsätzen die Grundbedingungen jeglicher Informationsvermittlung zu beachten. Dies kommt in den Grundsätzen der Wesentlichkeit und der Vergleichbarkeit der Jahresabschlussinformationen zum Ausdruck. Daneben ergeben sich aus den an die Handelsbilanz gestellten Konventionen der Unternehmensfortführung und der Periodisierung von Aufwendungen und Erträgen Auswirkungen auf die Ausprägungen der Rechnungslegungsgrundsätze. 2.2.2 Rechnungslegungsgrundsätze Da an den handelsrechtlichen Jahresabschluss Gewinnausschüttungsansprüche anknüpfen, haben die Anteilseigner grundsätzlich ein Interesse an einem hohen Gewinnausweis. Ausgeschüttete bzw. an den Fiskus abgeführte Gewinne stehen den Gläubigern zur Schuldendeckung nicht mehr zur Verfügung. Die Gewinnermittlung muss folglich so vorgenommen werden, dass die Gläubigerinteressen 17

Andreas Birk nicht benachteiligt werden. Das Gläubigerschutzprinzip verlangt deshalb eine vorsichtige Bilanzierung dem Grunde und der Höhe nach. Dadurch wird den divergierenden Interessen von Anteilseignern und Gläubigern Rechnung getragen. Für den Ansatz von Vermögensgegenständen dem Grund nach gilt das Vollständigkeitsgebot gemäß § 246 Abs. 1 HGB. Danach hat der Jahresabschluss sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden zu enthalten. Dieses Vollständigkeitsgebot wird aus Vorsichtsüberlegungen eingeschränkt. Vermögensgegenstände, deren Schuldendeckungspotenzial ungewiss ist, dürfen in der Bilanz nicht ausgewiesen werden. § 248 Abs. 2 HGB bestimmt deshalb ein Aktivierungsverbot für originäre, immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens. Der Schutz der Gläubiger durch eine vorsichtige Bewertung führt zum Anschaffungskostenprinip gemäß § 253 Abs. 1 S. 1 HGB. Vermögensgegenstände sind höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um Abschreibungen anzusetzen. Eine Bewertung über die fortgeführten Anschaffungsoder Herstellungskosten hinaus ist unzulässig. Selbst wenn der Marktwert eines Vermögensgegenstands dauerhaft über den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegt, muss das Anschaffungskostenprinzip eingehalten werden, obwohl die Vermögenslage des Unternehmens unzutreffend dargestellt und die Generalnorm des § 264 Abs. 2 HGB verletzt wird. Die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden so lange die Obergrenze für die Bewertung eines Vermögensgegenstands, bis dessen Wert durch einen Umsatzakt am Markt ermittelt wird. Nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB dürfen Gewinne nur dann berücksichtigt werden, wenn sie realisiert sind. Ein Gewinn ist dann realisiert, wenn er durch eine Transaktion mit einem fremden Dritten am Markt bestätigt wird. Erst wenn diese Bestätigung durch den Markt stattgefunden hat, darf ein Gewinn ausgewiesen und ausgeschüttet werden. Realisierbare aber noch nicht durch einen Umsatzakt bestätigte Gewinne dürfen nicht ausgewiesen werden und stehen zur Ausschüttung somit nicht zur Verfügung. Dies zeigt sich z.B. an der Bilanzierung von langfristigen Fertigungsaufträgen. Nach der Completed-Contract Methode darf der Gewinn erst dann ausgewiesen werden, wenn der gesamte Auftrag fertig gestellt und vom Auftraggeber abgenommen ist. Das Realisationsprinzip bewirkt, dass zukünftige Gewinne erst dann erfolgswirksam werden, wenn die zu Grunde liegenden Leistungen vom Unternehmen erbracht wurden. Zukünftige Verluste, die bereits verursacht sind, z.B. durch den Abschluss von Verträgen oder die Beschaffung von Gütern, deren Realisation aber noch aussteht, würden somit ebenfalls erst im Zeitpunkt der Leistungs18

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung erbringung erfolgswirksam werden. Bei zukünftigen Verlusten führt der Gläubigerschutzgedanke durch das Imparitätsprinzip jedoch zu einer Verschärfung des Vorsichtsprinzips. Das Imparitätsprinzip verlangt, dass in Zukunft realisierte Verluste so früh wie möglich erfaßt werden. Derartige Verluste sind erfolgswirksam zu berücksichtigen, sobald sie mit ausreichender Sicherheit bekannt sind. Die zukünftig realisierten Verluste werden somit zu Lasten einer aktuell möglichen Gewinnausschüttung antizipiert. Das ausgewiesene Periodenergebnis kann folglich nicht die tatsächlich in dieser Periode erbrachte Leistung des Unternehmens wiedergeben. Die nachfolgende Abbildung gibt nochmals einen Überblick über die Ableitung von Rechnungslegungsgrundsätzen aus den übergeordneten Zielen der Rechnungslegung.

19

Andreas Birk

Ziele der Rechnungslegung Rechenschaftslegung

Gewinnermittlung

Information

Ableitung von Rechnungslegungsgrundsätzen

Deduktionsprämissen

Bedingungen der Infor-

Gläubiger-

Handelsbilanz-

mationsvermittlung

schutz

konventionen

Wesent-

Vergleich-

Vorsichtige

Unterneh-

Periodi-

lichkeit

barkeit

Bilanzierung

mensfortführung

sierung

Dem Grunde nach

Aktivierungsverbot für bestimmte Ver-

Anschaffungskosten-

mögensgegenstände

prinzip

Abb.1:

20

Der Höhe nach

Realisationsprinzip

Rechnungslegungsziele und Rechnungslegungsgrundsätze

Imparitätsprinzip

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung

3

Rechnungslegung nach US-GAAP

3.1

Zielsetzung der Rechnungslegung

Die wesentlichen Grundlagen der US-amerikanischen Rechnungslegung werden vom Financial Accounting Standards Board (FASB) entwickelt. Zentraler Bestandteil der US-GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) ist das Conceptual Framework. Es setzt sich aus 6 Statements of Financial Accounting Concepts (SFAC) zusammen und bildet die theoretische Basis der Rechnungslegung. Das Conceptual Framework ist durch einen Stufenaufbau gekennzeichnet. Auf der obersten Stufe sind die Rechnungslegungsziele angeordnet. Aus diesen Zielen werden auf der zweiten Ebene die qualitativen Anforderungen an die Rechnungslegung abgeleitet. Auf der dritten Ebene werden Bilanzierungs- und Bewertungsvoraussetzungen konkretisiert. Die Zielsetzung der Rechnungslegung wirtschaftlicher Unternehmen wird im SFAC No. 1 (Objectives of Financial Reporting by Business Enterprises) festgelegt. Die Rechnungslegungsziele werden hauptsächlich von den Bedürfnissen externer Jahresabschlussadressaten bestimmt, die nicht die Einflußmöglichkeit haben, die benötigten Informationen einzufordern und sich auf die von der Unternehmensleitung zur Verfügung gestellten Informationen verlassen müssen. Der Jahresabschluss soll für wirtschaftliche Entscheidungen relevante Informationen liefern. Diese Informationen müssen entscheidungsnützlich für die Adressaten sein (Decision Usefulness). Aus dem breiten Kreis von möglichen Nutzern der Unternehmensinformationen werden die potenziellen Eigen- und Fremdkapitalgeber in den Vordergrund gerückt. Die Fokussierung auf die Informationsbedürfnisse der Kapitalgeber wird damit gerechtfertigt, dass Informationen, die für diese Gruppe nützlich sind, auch für die sonstigen Jahresabschlussadressaten nützlich sein können. Die Kapitalgeber sollen umfassende Informationen erhalten, die sie für ihre Investitions- und Kreditvergabeentscheidungen benötigen. Die Höhe, der zeitliche Anfall und das Risiko zukünftiger Zahlungseingänge soll abschätzbar werden. Die Vermittlung derartiger Informationen ist das einzige Ziel der Rechnungslegung. Durch die Konzentration der Rechnungslegung auf ein einziges Ziel müssen keine Kompromisslösungen eingegangen werden. Dem Jahresabschluss ist keine 21

Andreas Birk Einkommensbemessungsfunktion zugewiesen. Gewinnausschüttungs- oder Steueransprüche können nicht aus dem Abschluss abgeleitet werden. Über die Höhe von Dividendenzahlungen entscheidet allein das Board of Directors. An die Stelle von gesetzlichen Ausschüttungsregulierungen treten Markt- bzw. Vertragsmechanismen. Dem Gläubigerschutz wird nicht durch Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften und durch an das Jahresergebnis gebundene Verfügungsrechte, sondern durch eine korrekte Informationsvermittlung über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens entsprochen. Darüber hinaus wird Gläubigerschutz häufig durch einzelvertragliche Regelungen praktiziert, in dem z.B. in Darlehensverträgen Ausschüttungssperren vereinbart werden.

3.2

Rechnungslegungsgrundsätze

Aus dem Decision Usefulness Gedanken werden auf der zweiten Stufe entscheidungsbezogene Basisgrundsätze zur Rechnungslegung abgeleitet. Auf der ersten Ebene der entscheidungsbezogenen Grundsätze müssen Informationen die Merkmale der Relevance (Relevanz) und der Reliability (Verlässlichkeit) aufweisen. Relevant sind Informationen dann, wenn sie die Entscheidung eines Adressaten verändern oder bestätigen können. Hierzu müssen die Informationen eine Prognosefähigkeit aufweisen (Predictive Value). Sie müssen außerdem geeignet sein, vergangene Prognosen überprüfen zu können (Feedback Value) und sie müssen aktuell zur Verfügung stehen (Timeliness). Der Grundsatz der Reliability wird durch die Unterkriterien der Meßbarkeit (Representation Faithfulness), der Objektivität (Verifiability) und der Neutralität (Neutrality) erläutert. Der Grundsatz der Verifiability beinhaltet die Nachprüfbarkeit der Abschlussaussagen. Neutralität verlangt die subjektiv richtige Darstellung der Abschlussinformationen aus der Sicht des Bilanzierenden. Representation Faithfulness verlangt, dass die vermittelten Informationen intersubjektiv nachprüfbar sind. Der zweiten Ebene der entscheidungsbezogenen Grundsätze wird die Vergleichbarkeit (Comparability) in Verbindung mit der Stetigkeit (Consistency) zugeordnet. Durch die Vergleichbarkeit soll erreicht werden, dass anhand der Rechnungslegungsdaten externe Unternehmensvergleiche innerhalb einer Branche durchgeführt werden können. Außerdem soll dieser Grundsatz dazu beitragen, die Entwicklung des Unternehmens im Zeitablauf zu beurteilen. Dies setzt voraus, dass der Grundsatz der Stetigkeit im Bilanzansatz, bei der Bewertung und beim Ausweis eingehalten wird. 22

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung Neben den Grundsätzen der Relevance und der Reliability sind auf der dritten Ebene weitere Rechnungslegungsgrundsätze zu beachten. Von besonderer Bedeutung für eine umfassende Imformationsvermittlung ist dabei das Accrual Principle. Dieser Grundsatz besagt, dass die Gewinnermittlung nicht anhand von Ein- und Auszahlungen, sondern auf der Basis von periodisierten Erträgen und Aufwendungen erfolgt. Die Zuordnung von Aufwendungen und Erträgen in die Rechnungsperiode wird durch das Realisation Principle und das Matching Principle bestimmt. Das Realisation Principle regelt den Zeitpunkt, zu dem ein Ertrag im Jahresabschluss auszuweisen ist. Erträge sind dann auszuweisen, wenn sie realisiert oder realisierbar sind. Der Ausweis von realisierbaren Erträgen führt zu erheblichen Unterschieden gegenüber der Rechnungslegung nach HGB. So besteht z.B. die Möglichkeit, bei langfristiger Auftragsfertigung nach dem Grad der Fertigstellung (Percentage-of-completion Methode) einen Periodenertrag auszuweisen, obwohl die Leistung noch nicht komplett fertig gestellt und vom Auftraggeber noch nicht abgenommen wurde. Außerdem können bestimmte Gegenstände des Umlaufvermögens, z.B. Edelmetalle oder kurzfristig gehaltene Wertpapiere, zu Marktpreisen angesetzt werden, die über ihren historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten liegen. Das Matching Principle regelt die Zuordnung von Aufwendungen zu den einzelnen Rechnungsperioden. Aufwendungen sind grundsätzlich der Periode zuzurechnen, in der die korrespondierenden Erträge erfasst werden. Aufwendungen, die nicht in einem sachlichen Zusammenhang mit entsprechenden Erträgen stehen, werden in der Periode erfolgswirksam, in der sie anfallen. Nach dem Going Concern Principle ist bei der Bilanzierung von der Fortführung des Unternehmens auszugehen, sofern dem nicht tatsächliche Gegebenheiten entgegenstehen. Dem Grundsatz der Vorsicht kommt in der US-amerikanischen Rechnungslegung, bedingt durch die unterschiedliche Zielsetzung, eine deutlich geringere Bedeutung zu als in der Rechnungslegung nach HGB. Um eine Fair Presentation zu erzielen, muss der Jahresabschluss die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Unternehmens abbilden. Gläubigerschutzgedanken, die die Bildung von stillen Reserven ermöglichen und durch das Imparitätsprinzip zum Ausweis von unrealisierten Verlusten führen und somit das Periodenergebnis verfälschen, sind mit der Zielsetzung einer Fair Presentation nicht zu vereinbaren. Mit der Informationsvermittlungsfunktion des Jahresabschlusses ist auch der Grundsatz Substance over Form verknüpft. Neben der klaren, übersichtlichen und verständlichen Darstellung ist vor allem die inhaltliche Ausgestaltung des 23

Andreas Birk Jahresabschlusses von Bedeutung, wobei bezüglich der formellen Gestaltung des Jahresabschlusses gegenüber dem HGB größere Freiräume bestehen. Der Grundsatz Substance over Form beinhaltet außerdem, dass für die Bilanzierung eines Sachverhalts nicht die rechtliche, sondern ein wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend ist. Nur unter Einhaltung aller Rechnungslegungsgrundsätze kann ein Abschluss die notwendigen Informationen im Sinne einer Fair Presentation vermitteln. Im Gegensatz zur handelsrechtlichen Generalnorm in § 264 Abs. 2 HGB ist die Fair Presentation Overriding Principle. Einzelvorschriften müssen demnach nicht beachtet werden, wenn dadurch die Vermittlung von entscheidungsrelevanten Informationen verhindert wird.

24

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung

4

Rechnungslegung nach International Accounting Standards

4.1

Zielsetzung der IAS

Die International Accounting Standards (IAS) werden vom International Accounting Standards Committee (IASC) mit Sitz in London entwickelt. Jeder der Standards befasst sich mit einem abgegrenzten Bereich der Rechnungslegung. Damit liegt eine eher kausistische Regelungstechnik vor. Den einzelnen Standards vorangestellt ist das Rahmenkonzept für die Aufstellung und Darstellung von Abschlüssen (Framework for the Preparation and Presentation of Financial Statements). Im Rahmenkonzept werden die Zielsetzung der Rechnungslegung und die Grundprinzipien formuliert. Aufbau und Inhalt sind stark an das US-amerikanische Conceptual Framework angelehnt. Die alleinige Zielsetzung der Rechnungslegung besteht in der Vermittlung entscheidungsrelevanter Informationen. Die Adressaten des Jahresabschlusses sollen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie deren Veränderung und über die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens informiert werden. Als Jahresabschlussadressaten kommen nicht nur die Kapitalgeber, sondern alle Interessenten in Betracht. Da die unterschiedlichen Informationsbedürfnisse aber nicht gleichermaßen befriedigt werden können, erfolgt eine Ausrichtung an den Bedürfnissen der Investoren. Die Abschlüsse nach IAS sollen die Adressaten vor allem über die Fähigkeit des Unternehmens informieren, liquide Mittel zu erwirtschaften. Zusätzlich sind Angaben zu machen über die Nachhaltigkeit und Wahrscheinlichkeit solcher Zahlungsströme. Eine Gewinnausschüttungsbemessungsfunktion kommt der IAS-Rechnungslegung nicht zu. Damit ist eine aus dem Gläubigerschutzprinzip abgeleitete restriktive Gewinnermittlung nicht geboten. Ebenso wenig besteht eine Verknüpfung mit der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, so dass die Leistungsfähigkeit des Unternehmens ohne Verzerrungen dargestellt werden kann.

25

Andreas Birk

4.2

Rechnungslegungsgrundsätze

Damit der Jahresabschluss die gebotene Informationsvermittlung wahrnehmen kann, müssen bei der Abschlusserstellung bestimmte qualitative Grundsätze beachtet werden. Als Primärgrundsätze nennt das Framework die Verständlichkeit, die Relevanz, die Verlässlichkeit und die Vergleichbarkeit von Informationen. Für die Qualität der im Abschluss erteilten Informationen ist es notwendig, dass diese für die Adressaten leicht verständlich sind. Dazu müssen Informationen so aufbereitet werden, dass ein sachkundiger Abschlussleser diese verwerten kann. Auf die Veröffentlichung von schwierigen und komplexen Informationen darf jedoch nicht verzichtet werden, wenn diese zur Entscheidungsfindung notwendig sind. Der Grundsatz der Relevanz verlangt, dass die Berichterstattung lediglich solche Informationen beinhaltet, die für die wirtschaftlichen Entscheidungen der Adressaten von Bedeutung sind. Informationen sind dann entscheidungsrelevant, wenn sie den Adressaten bei der Beurteilung gegenwärtiger oder zukünftiger Ereignisse helfen oder ihre Beurteilungen aus der Vergangenheit bestätigen oder korrigieren. Die Relevanz einer Information wird insbesondere durch ihre Wesentlichkeit bestimmt. Eine Information ist dann wesentlich, wenn ihr Fehlen oder ihre fehlerhafte Darstellung die Entscheidung des Abschlusslesers beeinflussen kann. Die Verlässlichkeit von Informationen ist weitere notwendige Voraussetzung für deren Entscheidungsnützlichkeit. Dazu müssen sie frei von Fehlern und Willkür sein. Der Grundsatz der Verlässlichkeit wird konkretisiert durch die Prinzipien der glaubwürdigen Darstellung (Faithful Representation), der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Substance over Form), der Neutralität (Neutrality), der Vorsicht (Prudence) und der Vollständigkeit (Completeness). Das Prinzip der glaubwürdigen Darstellung verlangt beispielsweise, dass eine Bilanz diejenigen Geschäftsvorfälle und Ereignisse glaubwürdig darlegt, die bei einem Unternehmen am Abschlussstichtag zu Vermögenswerten, Schulden und Eigenkapital führen und die Bedingungen für ihren Ansatz erfüllen. Damit Informationen glaubwürdig sind, müssen sie nach dem Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gemäß ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt und nicht allein nach der rechtlichen Gestaltung bilanziert und dargestellt werden.

26

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung Verlässliche Informationen müssen neutral, also frei von verzerrenden Einflüssen sein. Der Bilanzierende darf Informationen nicht in der Absicht gestalten, auf der Seite der Adressaten gewünschte Ergebnisse oder Resultate zu erzielen. Die Abschlussinformationen müssen deshalb frei von jeglicher Willkür sein. Das Vorsichtsprinzip stellt eine Schätzregel dar zur Berücksichtigung von Unsicherheiten, die mit zahlreichen wirtschaftlichen Sachverhalten, z.B. der Bewertung von Forderungen, verbunden ist. Vorsicht bedeutet, dass ein gewisses Maß an Sorgfalt bei den erforderlichen Schätzungen erforderlich ist, damit Vermögenswerte oder Erträge nicht zu hoch und Schulden oder Aufwendungen nicht zu niedrig angesetzt werden. Eine vorsichtige Vorgehensweise gestattet aber nicht, gezielt stille Reserven zu legen. Verlässlichkeit impliziert – in den Grenzen der Wesentlichkeit und der Wirtschaftlichkeit – die Vollständigkeit der im Abschluss enthaltenen Informationen. Der Grundsatz der Vergleichbarkeit muss es den Adressaten ermöglichen, die Abschlüsse eines Unternehmens im Zeitablauf zu vergleichen. Auch die Abschlüsse verschiedener Unternehmen müssen vergleichbar sein. Zu diesem Zweck sind die Ansatz- und Bewertungsmethoden im Zeitablauf grundsätzlich beizubehalten und offenzulegen. Das Gebot der Stetigkeit ist grundsätzlich zu beachten. Wenn es Relevanz oder Verlässlichkeit jedoch erfordern, müssen die bisherigen Methoden geändert werden. Änderungen der Methoden und die Auswirkungen dieser Änderungen sind darzustellen. Damit die Abschlüsse ihren Zweck erfüllen können, werden sie nach dem Konzept der periodengerechten Gewinnermittlung aufgestellt. Ein- und Auszahlungen werden den Perioden zugerechnet, denen sie wirtschaftlich zugehören. Das Realisation Principle bestimmt den Zeitpunkt der Erfassung von realisierten und realisierbaren Erträgen. Das Matching Principle regelt die perioden- und sachgerechte Zuordnung von Aufwendungen zu den entsprechenden Erträgen. Bei der Aufstellung von Abschlüssen ist im Regelfall von der Annahme der Unternehmensfortführung auszugehen. Soweit die Fortführung des Unternehmens nicht geplant oder nicht möglich ist, müssen die der Bilanzierung zu Grund liegenden Prämissen offen gelegt werden. Die aus der obersten Zielsetzung abgeleitete Struktur der Grundsätze und Prinzipien lässt sich an der folgenden Abbildung verdeutlichen:

27

Andreas Birk

Grundprinzipien der Rechnungslegung nach IAS

Zielsetzung Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sowie deren Veränderung vermitteln

Qualitative Grundsätze

Verständlichkeit

Vergleichbarkeit

Relevanz

Verlässlichkeit

Grundannahmen

Periodengerechte Gewinnermittlung

Abb.2:

28

Unternehmensfortführung

Grundprinzipien der Rechnungslegung nach IAS

Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung Die Beachtung der qualitativen Anforderungen führt zu einem Abschluss, der der Forderung nach der Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens gerecht wird. Die Ziele und die Rechnungslegungsgrundsätze der IAS stimmen in wesentlichen Teilen mit denen des Conceptual Framework des FASB überein. Die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes wird vom IASC aber nicht als Generalnorm im Sinne eines Overriding Principle verstanden.

29

Andreas Birk

5

Schlussbetrachtung

Die Ziele und Grundsätze der Rechnungslegung nach HGB und IAS bzw. USGAAP unterscheiden sich deutlich. Der Jahresabschluss nach HGB muss auf Grund der mehrdimensionalen Zielstruktur auf Kompromisslösungen in Form von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten eingehen. Die Informationsfunktion kann dadurch unterlaufen werden. Wird die Anzahl der mit einem Abschluss zu verfolgenden Ziele auf ein einziges Rechnungslegungsziel reduziert, dann sind Kompromisslösungen in Form von Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechten entbehrlich. IAS und US-GAAP sind deshalb grundsätzlich wahlrechtsfeindlich. Dominiert wird die handelsrechtliche Rechnungslegung durch die Ableitung von zentralen Grundsätzen aus dem Gläubigerschutzprinzip. Verliert unter geänderten Kapitalmarktbedingungen das Gläubigerschutzprinzip an Bedeutung, führt dies zu wesentlichen Änderungen in der Bilanzierung. Vermögensgegenstände müssen nicht mehr als Schuldendeckungspotenzial angesehen und bewertet werden, sondern können als Nutzenpotenzial zur Erzielung zukünftiger Cash-Flows betrachtet werden. Damit können nicht nur die bereits am Markt realisierten Gewinne, sondern auch die in der Periode erwirtschafteten realisierbaren Gewinne ausgewiesen werden. Das zeigt sich z.B. an der unterschiedlichen Bilanzierung von langfristigen Fertigungsaufträgen. Sind an den Ausweis von realisierbaren Gewinnen keine Ausschüttungs- oder Besteuerungsansprüche geknüpft, geraten die Interessen der Gläubiger nicht in Gefahr. Aus Gründen der Vorsicht bestehende Bilanzierungsverbote für bestimmte immaterielle Wirtschaftsgüter nach HGB sind unter geänderten Prämissen nicht mehr zielkonform. So vermittelt die Aktivierung von Entwicklungskosten ein besseres Bild der Vermögenslage als das Aktivierungsverbot nach HGB. Das Imparitätsprinzip ist verzichtbar, wenn Informationen über den tatsächlichen Erfolg einer Rechnungsperiode vermittelt werden sollen. Antizipierte, noch nicht realisierte Aufwendungen verfälschen die Aussagekraft eines Periodenabschlusses.

30

Nico Kohler

BILANZIERUNG VON FINANZDERIVATEN NACH HGB, US-GAAP UND IAS SOWIE ABBILDUNGSMÖGLICHKEITEN IN SAP R/3®

1

Grundlagen zu Finanzderivaten und internationalen Rechnungslegungsvorschriften

2

Bilanzierung von Finanzderivaten nach HGB

3

Bilanzierung von Finanzderivaten nach US-GAAP und IAS

4

Bilanzierung in SAP R/3®

5

Zusammenfassung und Fazit

6

Literatur

31

Nico Kohler

1

Grundlagen zu Finanzderivaten und internationalen Rechnungslegungsvorschriften

Finanzderivate sind aus anderen Finanzprodukten (Grundgeschäfte bzw. Underlyings) abgeleitete Finanzinstrumente, wie z.B. Termingeschäfte, Futures, Optionen oder Swaps.1 Als Basis der zugrundeliegenden Werte dienen Aktien, Devisen, Zinsen oder Kredite.2 Es sind jedoch auch Derivate vorstellbar, bei denen der zugrundeliegende Wert seinerseits wiederum ein Derivat ist, wie z.B. bei einer Option auf eine Option (compound option) oder bei einer Option auf einen Swap (swaption).3 Nur wenn das dazugehörige Basisobjekt einen finanziellen Vermögensgegenstand oder eine finanzielle Verbindlichkeit darstellt, handelt es sich um ein derivatives Finanzinstrument. Finanzderivate sind somit lediglich eine Teilmenge aus dem Gesamtbereich der derivativen Instrumente, denen auch nichtfinanzielle Instrumente zugrunde liegen können, wie bspw. Futures auf Rohstoffe oder Warenterminkontrakte.4 Im folgenden werden ausschließlich derivative Finanzinstrumente betrachtet. Eine Systematisierung von Finanzderivaten kann anhand folgender Abbildung verdeutlicht werden:

1 2 3 4

32

Vgl. Rudolph, B.: Derivative Finanzinstrumente, Stuttgart 1995, S. 5 Vgl. Legaldefinition des § 2 Abs. 2 WpHG Vgl. Heiss, W.: Derivate: Sie sind besser als ihr Ruf !, in: Gablers Magazin, Nr. 7 / 1997, S. 33 Vgl. Seidl, A.: Hedge-Accounting und Risikomanagement, Wiesbaden 2000, S. 11

Bilanzierung von Finanzderivaten

Finanzderivate

unbedingte Termingeschäfte

börsengehandelt

- Futures

OTC

bedingte Termingeschäfte

börsengehandelt

OTC

- Forewards

- Optionen

- Optionen

- FRA

- Optionen auf Futures

- Caps, Floors

- Swaps

- Swaptions

Mögliche Basiswerte: Aktien / Aktienindizes, Devisen, Zinsen / Anleihen, Kredite Abb. 1: Einteilung einiger ausgewählter Finanzderivate5 Derivative Finanzinstrumente lassen sich differenzieren in bedingte und unbedingte Termingeschäfte. Bei bedingten Termingeschäften hat ein Vertragspartner die Möglichkeit auszuwählen, ob er von seinem Ausübungsrecht am Erfüllungstag Gebrauch machen will oder nicht. Im Gegensatz dazu sind unbedingte Termingeschäfte für beide Vertragspartner bindend, so dass die vertraglichen Pflichten erfüllt werden müssen. Finanzderivate können zudem sowohl börslich als auch außerbörslich (Over-The-Counter) gehandelt werden. Das gemeinsame Merkmal aller derivativen Finanzinstrumente ist, dass ihr Wert vom Preis mindestens eines Grundgeschäftes bzw. Underlyings abhängig ist.

5

Vgl. Achleitner, A.-C. / Behr, G.: International Accounting Standards, München 1998, S. 122; Steiner, M. / Bruns, Ch.: Wertpapiermanagement, Stuttgart 2000, S. 431

33

Nico Kohler

2

Bilanzierung von Finanzderivaten nach HGB

2.1

Ansatz und Bewertung von Finanzderivaten

Im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) bestehen keine expliziten Rechnungslegungsnormen zur Bilanzierung von derivativen Finanzinstrumenten. „Die Vermögensgegenstände und Schulden sind zum Abschlussstichtag einzeln zu bewerten.“6 Sowohl Vermögensgegenstände als auch Schulden werden jedoch im HGB nicht definiert und sind deshalb aus den GoB abzuleiten. Vermögensgegenstände sind

Schulden sind

wirtschaftliche Werte, die

bestehende oder hinreichend sicher erwarwartete Belastung des Vermögens, die

selbstständig bewertbar und

auf einer rechtlichen oder wirtschaftlichen Leistungsverpflichtung des Unternehmens beruhen und

selbstständig verkehrsfähig, d.h. selbstständig bewertbar, d.h. als solche abeinzeln veräußerbar sind. grenzbar und z.B. nicht nur Ausfluss des allgemeinen Unternehmerrisikos sind. Abb. 2: Vermögensgegenstände und Schulden gemäß GoB 7 Neben den nicht kodifizierten und als unbestimmten Rechtsbegriff8 einzustufenden GoB sind die Verlautbarungen vom BFA 2 / 1993 ”Bilanzierung und Prüfung von Financial Futures und Forward Rate Agreements” und BFA 2 / 1995 ”Bilanzierung von Optionsgeschäften” bzgl. der Einzelbilanzierung von Finanzderivaten heranzuziehen.9 6 7

8 9

34

§ 252 Abs. 1 Nr. 3 Graf Waldersee, G.: Bilanzierung von Finanzderivaten nach HGB, IAS und US-GAAP, in: Küting, K. / Langenbucher, G. (Hrsg.): Internationale Rechnungslegung, Stuttgart 1999, S. 243 Vgl. Eisele, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens 1993, München 1999, S. 23 Vgl. Eisele, W.: Technik des betrieblichen Rechnungswesens 1993, München 1999, S. 24

Bilanzierung von Finanzderivaten Finanzderivate sind schwebende Geschäfte10, die sich entsprechend den GoB nicht für die Bilanzierung qualifizieren. Entgeltlich erworbene Optionsrechte sind allerdings stets als Vermögensgegenstand zu aktivieren, da sie durch entgeltliche Nutzungsüberlassung an Dritte einzeln verwertbar sind. Zusätzlich bezieht sich der Grundsatz der Nichtbilanzierung schwebender Geschäfte nicht auf Zahlungen, die im Laufe des Schwebezustandes geleistet werden, wie bspw. Margin-Zahlungen bei Financial Futures.11 Aufgrund des Imparitätsprinzips12 in Verbindung mit dem Grundsatz der strengen Einzelbewertung13 sind die unrealisierten Verluste aus den Derivatepositionen in Form einer „Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften“14 bilanziell zu berücksichtigen.

10

11 12

13 14

Schwebende Geschäfte sind auf Leistungsaustausch gerichtete, zweiseitig verpflichtende Verträge und von dem, der zu leisten hat, noch nicht erfüllt sind. Vgl. Scharpf, P.: Derivative Finanzinstrumente im Jahresabschluß, in: BFuP, Nr. 13 / 1995, S. 182 Vgl. BFA: Bilanzierung von Optionsgeschäften, in: WPg, Nr. 48 / 1995, S. 421 Nach dem Imparitätsprinzip sind die bis zum Bewertungsstichtag aufgelaufenen unrealisierten Verluste zu antizipieren; die unrealisierten Gewinne bleiben jedoch unberücksichtigt. Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB Vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB Vgl. § 249 Abs. 1 HGB; im folgenden werden die Begriffe „Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften“ und Drohverlustrückstellung als Synonyme verwendet.

35

Nico Kohler Schwebendes Geschäft Verpflichtung >

Verpflichtung