Rechnungslegung und Rechnungslegungspolitik: Band 2: Vertiefung unter besonderer Berücksichtigung der Rechnungslegung von Personen- und Kapitalgesellschaften 9783110679588, 9783110679571

The second volume addresses advanced bachelor’s students and, in particular, master’s students and presents the most imp

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German Pages 481 [482] Year 2023

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Table of contents :
Vorwort zur 3. Auflage
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften
Symbolverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Teil 1: Weiterführung der Rechnungslegung von Einzelunternehmen
Lernziele
I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen
II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen
III. Zusammenfassung
Teil 2: Rechnungslegung von Personengesellschaften
Lernziele
I. Rechnungslegungsnormen
II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik
III. Erfolgsbesteuerung
IV. Zusammenfassung
Teil 3: Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften
Lernziele
I. Rechnungslegungsnormen
II. Grundlagen der Erfolgsbesteuerung
III. Spezialregelungen
IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente
Teil 4: Rechnungslegungspolitik von Kapitalgesellschaften
Lernziele
I. Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik
II. Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium
III. Grenzen der Rechnungslegungspolitik
IV. Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik
V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die handelsrechtliche Rechnungslegungspolitik
VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze
VII. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
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Rechnungslegung und Rechnungslegungspolitik: Band 2: Vertiefung unter besonderer Berücksichtigung der Rechnungslegung von Personen- und Kapitalgesellschaften
 9783110679588, 9783110679571

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Carl-Christian Freidank, Mario Henry Meuthen Rechnungslegung und Rechnungslegungspolitik

Carl-Christian Freidank, Mario Henry Meuthen

Rechnungslegung und Rechnungs­ legungspolitik | Band 2: Vertiefung unter besonderer Berücksichtigung der Rechnungslegung von Personen- und Kapitalgesellschaften 3., vollständig überarbeitete Auflage

ISBN 978-3-11-067957-1 e-ISBN (PDF) 978-3-11-067958-8 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-067973-1 Library of Congress Control Number: 2022952372 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Umschlaggestaltung: Erikona / iStock / Getty Images Plus Satz: le-tex publishing services GmbH, Leipzig Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort zur 3. Auflage „Welchen Überblick verschafft uns nicht die Ordnung, in der wir unsere Geschäfte führen! Sie lässt uns jederzeit das Ganze überschauen, ohne dass wir nötig hätten, uns durch das Einzelne verwirren zu lassen. Welche Vorteile gewährt die doppelte Buchhaltung dem Kaufmanne! Es ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und ein jeder gute Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen.“ Johann Wolfgang von Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre, Berlin 2019, S. 27.

Das Lehrbuch richtet sich an Studierende der Fächer Betriebs- und Volkswirt­ schaftslehre, Rechtswissenschaft sowie Wirtschaftsinformatik, die an einer grundlegenden Einführung in die Rechnungslegung und die Rechnungslegungs­ politik nach Handels- und Steuerrecht sowie internationalen Regelungen interessiert sind. Die behandelten Themenbereiche decken den elementaren Lehrstoff ab, der an Universitäten, Fachhochschulen, Berufsakademien sowie Verwaltungs- und Wirt­ schaftsakademien im Bachelor- und Masterstudiengang sowie in Vorlesungen zum Bilanzrecht vermittelt wird. Darüber hinaus spricht die Abhandlung auch Praktiker des in- und externen Rechnungswesens an, die eine Einführung in die genannten Bereiche wünschen, ihre Kenntnisse auf diesen Gebieten auffrischen oder vertiefen wollen. Außerdem eignet sich dieses Lehrbuch zur Vorbereitung auf das Wirtschafts­ prüfer- sowie das Steuerberaterexamen. Neben der reinen Buchführungs- und Abschlusstechnik bei einzelkaufmän­ nisch geführten Unternehmen stellt der Band 1 die elementaren handels-, steuer­ rechtlichen und internationalen Rechnungslegungsvorschriften dar. Aufgrund der zunehmenden Verbreitung der International Financial Reporting Standards (IFRS) wurde in die 3. Auflage eine vergleichende Analyse zwischen Handels- und Steuer­ recht einerseits und den IFRS andererseits aufgenommen, um die Unterschiede der Rechnungslegungsstandards aufzuzeigen. Der Band 2 setzt sich mit der Rechnungsle­ gung und Rechnungslegungspolitik von Personenhandels- und Kapitalgesellschaften auseinander. Zudem wird in Band 2 auf weitere relevante Bilanzierungs- und Bewer­ tungsfragen sowie den Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunter­ nehmen eingegangen. Der Stoff wird fortlaufend durch eine Vielzahl von Beispielen

https://doi.org/10.1515/9783110679588-201

VI | Vorwort zur 3. Auflage

verdeutlicht. Aus Vereinfachungsgründen werden die beispielhaften Berechnungen auf der Basis eines Umsatzsteuerregelsatzes von 20 % vorgenommen. Zunächst danken die Verfasser Herrn Prof. Dr. Hans Eigenstetter, StB und Herrn Univ.-Prof. Dr. Patrick Velte, da das Lehrbuch in einigen Bereichen Darlegungen ent­ hält, die von ihnen während ihrer Tätigkeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Revisions- und Treuhandwesen der Universität Hamburg und als KoAutoren der Vorauflagen entwickelt wurden. Weiterhin gilt ein Dank Frau Marlene Steudtner, Frau Stefanie Müller und Frau Marie-Anna Hennig für ihre tatkräftige Unterstützung bei der Vorbereitung der Druckvorlage. Schließlich geht ein herzlicher Dank an Herrn Dr. Stefan Giesen vom Verlag Walter de Gruyter in Berlin für die au­ ßerordentlich gute Zusammenarbeit bei der Publikation des Lehrbuchs. Hamburg, im Januar 2023

Carl-Christian Freidank Mario Henry Meuthen

Inhaltsübersicht Vorwort zur 3. Auflage | V Inhalt | XI Abkürzungsverzeichnis | XVIII Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften | XXIII Symbolverzeichnis | XXIV Abbildungsverzeichnis | XXIX

Teil 1: Weiterführung der Rechnungslegung von Einzelunternehmen I. A. B. C. D. E. F. G.

Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen | 3 Leasing | 3 Erfolgserfassung | 15 Langfristige Auftragsfertigung | 22 Stichtagsprinzip und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag | 34 Ansatz- und Bewertungsstetigkeit | 37 Fehlerkorrekturen | 43 Schätzungsänderungen | 49

II. A. B.

Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen | 52 Einführung | 52 Bilanzrechtliche Herstellungskosten und ihre Zurechnung auf die Erzeugniseinheiten | 56 Retrograde Bewertung und Niederstwertprinzip | 62 Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen der Gewinn- und Verlustrechnung | 64

C. D.

III.

Zusammenfassung | 87

VIII | Inhaltsübersicht

Teil 2: Rechnungslegung von Personengesellschaften I.

Rechnungslegungsnormen | 91

II. A. B. C. D.

Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik | 95 Erfassung des Eigenkapitals bei der Offenen Handelsgesellschaft | 95 Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft | 105 Darstellung des Erfolgsausweises | 112 Spezialregelungen für publizitätspflichtige Personenhandelsgesellschaften | 114

III. A. B.

Erfolgsbesteuerung | 116 Grundlegendes zur Technik der Besteuerung | 116 Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss | 127

IV.

Zusammenfassung | 155

Teil 3: Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften I.

Rechnungslegungsnormen | 161

II. A. B.

Grundlagen der Erfolgsbesteuerung | 163 Körperschaft- und Einkommensteuer | 163 Gewerbesteuer | 167

III. A.

B.

Spezialregelungen | 168 Größenabhängige Klassifizierung von Kapitalgesellschaften als Ausgangspunkt für die Aufstellung, Prüfung sowie Offenlegung von Jahresabschluss und Lagebericht | 168 Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 169

IV. A. B. C. D. E. F. G. H. I.

Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente | 261 Überblick und Systematisierung | 261 Finanzierungsrechnungen | 268 Eigenkapitalveränderungsrechnung (Eigenkapitalspiegel) | 282 Segmentberichterstattung | 286 Erweiterung des Financial Accounting zum Business Reporting | 290 Corporate Governance Reporting | 298 Nachhaltigkeitsberichterstattung | 300 Integrated Reporting | 304 Zwischenbericht und Ad hoc-Publizität | 306

Inhaltsübersicht | IX

J. K.

Elektronisches Format für Finanzberichte | 309 Zusammenfassung | 311

Teil 4: Rechnungslegungspolitik von Kapitalgesellschaften I. A. B.

Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik | 317 Einführende Systematisierung | 317 Zielsystem der Rechnungslegungspolitik | 321

II. A. B. C.

Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium | 332 Grundlegende Strukturierung | 332 Sachverhaltsgestaltende Alternativen | 333 Darstellungsgestaltende Alternativen | 336

III.

Grenzen der Rechnungslegungspolitik | 342

IV. A. B. C.

Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik | 344 Total- und Partialmodelle | 344 Formulierung des Zielplans | 347 Betriebswirtschaftliche Voraussetzungen für den Einsatz rechnungslegungspolitischer Entscheidungsmodelle | 354

V.

Simultan- und Sequenzialmodelle für die handelsrechtliche Rechnungslegungspolitik | 356 Grundlegendes | 356 Modellansätze ohne Rückgriff auf mathematische Optimierungsverfahren | 359 Beispiel zur sequenziellen rechnungslegungspolitischen Gestaltung | 365 Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 367

A. B. C. D.

VI. A. B. C. D.

Mehrperiodige steuerliche Modellansätze | 405 Grundlagen der Steuerplanung | 405 Steuerbilanzplanung | 406 Firmenbezogene Steuerbilanzpolitik | 412 Anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik | 417

VII.

Zusammenfassung | 422

Literaturverzeichnis | 427 Stichwortverzeichnis | 442

Inhalt Vorwort zur 3. Auflage | V Inhaltsübersicht | VII Abkürzungsverzeichnis | XVIII Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften | XXIII Symbolverzeichnis | XXIV Abbildungsverzeichnis | XXIX

Teil 1: Weiterführung der Rechnungslegung von Einzelunternehmen I. A. 1. 2. 3. B. 1. 2. a. b. C. 1. a. b. 2. a. b. 3. D. 1. 2. E. 1.

Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen | 3 Leasing | 3 Handels- und Steuerrecht | 3 IFRS | 7 Zusammenfassung | 13 Erfolgserfassung | 15 Handels- und Steuerrecht | 15 IFRS | 17 Erfolgswirksame und erfolgsneutrale Komponenten | 17 Umsatzrealisierung bei Kundenaufträgen | 20 Langfristige Auftragsfertigung | 22 Charakteristika und Abbildung im Rechnungswesen | 22 Grundlegendes | 22 Realisationsprinzip und seine Durchbrechung | 24 Anwendung der Percentage of Completion Method | 27 Neuerungen durch IFRS 15 | 27 Ermittlung des Fertigungsfortschritts | 29 Zusammenfassung | 33 Stichtagsprinzip und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag | 34 Handels- und Steuerrecht | 34 IFRS | 36 Ansatz- und Bewertungsstetigkeit | 37 Handels- und Steuerrecht | 37

XII | Inhalt

2. F. 1. 2. G. 1. 2. II. A. B.

IFRS | 41 Fehlerkorrekturen | 43 Handels- und Steuerrecht | 43 IFRS | 47 Schätzungsänderungen | 49 Handels- und Steuerrecht | 49 IFRS | 50

1. 2.

Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen | 52 Einführung | 52 Bilanzrechtliche Herstellungskosten und ihre Zurechnung auf die Erzeugniseinheiten | 56 Retrograde Bewertung und Niederstwertprinzip | 62 Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen der Gewinn- und Verlustrechnung | 64 Gesamtkostenverfahren | 64 Umsatzkostenverfahren | 76

III.

Zusammenfassung | 87

C. D.

Teil 2: Rechnungslegung von Personengesellschaften I.

Rechnungslegungsnormen | 91

II. A. 1. 2. B. 1. 2. C. D.

Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik | 95 Erfassung des Eigenkapitals bei der Offenen Handelsgesellschaft | 95 Variable Kapitalkonten | 95 Feste und variable Kapitalkonten | 100 Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft | 105 Gesetzliche Grundlagen | 105 Kapitalkonten des Kommanditisten | 107 Darstellung des Erfolgsausweises | 112 Spezialregelungen für publizitätspflichtige Personenhandelsgesellschaften | 114

III. A. 1. 2. 3.

Erfolgsbesteuerung | 116 Grundlegendes zur Technik der Besteuerung | 116 Anknüpfungspunkte von Einkommen- und Gewerbesteuer | 116 Stufen der steuerrechtlichen Erfolgsermittlung | 118 Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG | 122

Inhalt |

4. B. 1. 2. 3. a. b. b.a b.b c. c.a c.b IV.

XIII

Besteuerung einer Personenhandelsgesellschaft als Körperschaft | 124 Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss | 127 Ermittlung des Steuerbilanzerfolgs | 127 Erstellung von Sonder-Jahresabschlüssen | 133 Erstellung von Ergänzungs-Jahresabschlüssen | 139 Allgemeines | 139 Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einen Dritten (Gesellschafterwechsel) | 141 Entschädigung und steuerrechtliche Rahmenbedingungen | 141 Fallstudie | 142 Eintritt eines Gesellschafters in eine bestehende Personengesellschaft (Gesellschaftereintritt) | 147 Anschaffung und Veräußerung des Mitunternehmeranteils | 147 Fallstudie | 148 Zusammenfassung | 155

Teil 3: Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften I.

Rechnungslegungsnormen | 161

II. A. B.

Grundlagen der Erfolgsbesteuerung | 163 Körperschaft- und Einkommensteuer | 163 Gewerbesteuer | 167

III. A.

Spezialregelungen | 168 Größenabhängige Klassifizierung von Kapitalgesellschaften als Ausgangspunkt für die Aufstellung, Prüfung sowie Offenlegung von Jahresabschluss und Lagebericht | 168 Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 169 Grundlegende Systematisierung | 169 Allgemeine Regelungen | 170 True and Fair View-Prinzip | 170 Formvorschriften für den Jahresabschluss | 173 Ausgewählte postenspezifische Regelungen | 175 Anlagespiegel | 175 Beteiligungen und Anteile an verbundenen Unternehmen | 186 Ausweis und Bewertung | 186 Erträge aus Beteiligungen sowie anrechenbare Kapitalertragsteuer | 191

B. 1. 2. a. b. 3. a. b. b.a b.b

XIV | Inhalt

c. c.a c.b (a) (b) (c) (d) c.c (a) (b) (c) (α) (β) (γ) (δ) c.d (a) (b) (α) (β) (γ)

d. d.a d.b d.c d.d d.e IV. A. B. 1. 2. a. b. C. D.

Eigenkapital | 194 Überblick über die Komponenten des Eigenkapitals | 194 Gezeichnetes Kapital | 196 Allgemeines | 196 Besondere Vermerk- und Angabepflichten nach dem Aktiengesetz | 198 Ausstehende Einlagen und Nachschüsse | 200 Eigene Anteile und Anteile an einem Konzernunternehmen | 205 Offene Rücklagen | 208 Allgemeines | 208 Kapitalrücklage | 209 Gewinnrücklagen | 212 Gesetzliche Rücklage | 212 Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen | 217 Satzungsmäßige Rücklagen | 218 Andere Gewinnrücklagen | 218 Jahres-, Bilanzergebnis und Ausschüttung | 224 Grundlegendes | 224 Ergebnisabhängige Aufwendungen | 230 Definition und Ermittlung | 230 Aufstellung interdependenter Gleichungssysteme | 230 Erweiterung des Gleichungssystems im Hinblick auf Tantiemenvereinbarungen und Rücklagenvariationen nach aktienrechtlichem Vorbild | 235 Latente Steuern | 241 Allgemeines | 241 Ermittlung der Bemessungsgrundlage | 246 Festlegung des unternehmensindividuellen Steuersatzes | 247 Berücksichtigung der Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 HGB | 252 Vergleich mit dem IFRS-Konzept | 252 Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente | 261 Überblick und Systematisierung | 261 Finanzierungsrechnungen | 268 Bewegungsbilanzen | 268 Kapitalflussrechnung | 275 Cash Flow-Begriff | 275 Aufbau und Einsatz | 277 Eigenkapitalveränderungsrechnung (Eigenkapitalspiegel) | 282 Segmentberichterstattung | 286

Inhalt | XV

E. 1. 2. F. G. 1. 2. a. b. c. H. 1. 2. I. J. K.

Erweiterung des Financial Accounting zum Business Reporting | 290 Unternehmenswertsteigerung als Ausgangspunkt | 290 Value Reporting als Informationsstrategie | 294 Corporate Governance Reporting | 298 Nachhaltigkeitsberichterstattung | 300 Einführung | 300 Nichtfinanzielle Erklärung | 301 Anwendungsbereich und Inhalte | 301 Befreiungen und Verweis auf Rahmenwerke | 302 Prüfung | 303 Integrated Reporting | 304 Grundlegende Struktur | 304 Informationsvorteile für die Stakeholder | 305 Zwischenbericht und Ad hoc-Publizität | 306 Elektronisches Format für Finanzberichte | 309 Zusammenfassung | 311

Teil 4: Rechnungslegungspolitik von Kapitalgesellschaften I. A. B. 1. a. b. c. d. 2. 3. 4.

Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik | 317 Einführende Systematisierung | 317 Zielsystem der Rechnungslegungspolitik | 321 Finanzpolitische Ziele | 321 Allgemeines | 321 Beeinflussung finanzieller Ansprüche der Unternehmenseigner | 321 Sicherstellung externer Finanzierungsmöglichkeiten | 323 Regulation öffentlich-rechtlicher Ansprüche | 324 Publizitätspolitische Ziele | 324 Individualpolitik des Leitungs- und Aufsichtsorgans | 326 Zielkonflikte und Ungewissheit | 328

II. A. B. C.

Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium | 332 Grundlegende Strukturierung | 332 Sachverhaltsgestaltende Alternativen | 333 Darstellungsgestaltende Alternativen | 336

III.

Grenzen der Rechnungslegungspolitik | 342

IV. A. 1.

Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik | 344 Total- und Partialmodelle | 344 Modellbildungen im Rahmen der Unternehmenspolitik | 344

XVI | Inhalt

2. B. 1. 2. C.

V. A. B. 1. 2. 3. C. D. 1. a. b. c. 2. a. b. b.a b.b b.c (a) (b) (c) c. c.a c.b d. e.

Rückgriff auf Partialmodelle | 346 Formulierung des Zielplans | 347 Zieloperationalisierung und Zielausmaß | 347 Abgrenzung der Zielzeit | 349 Betriebswirtschaftliche Voraussetzungen für den Einsatz rechnungslegungspolitischer Entscheidungsmodelle | 354 Simultan- und Sequenzialmodelle für die handelsrechtliche Rechnungslegungspolitik | 356 Grundlegendes | 356 Modellansätze ohne Rückgriff auf mathematische Optimierungsverfahren | 359 Skizzierung der Konzeptionen | 359 Beispielhafte Verdeutlichung | 360 Ausbaumöglichkeiten und Anwendungsbezug | 364 Beispiel zur sequenziellen rechnungslegungspolitischen Gestaltung | 365 Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 367 Modelle auf der Basis quadratischer Matrizen | 367 Transformation des Grundansatzes zur Erfassung ergebnisabhängiger Aufwendungen | 367 Extremierungsansätze | 370 Ergebnis | 371 Modelle auf der Basis der mathematischen Optimalplanung | 372 Einleitung | 372 Grundmodelle der Jahresabschlussplanung | 373 Allgemeines | 373 Formulierung der Zielfunktion | 375 Festlegung der Restriktionen | 376 Ergebnisabhängige Aufwendungen betreffende Beschränkungen | 376 Jahresüberschussverändernde Aktionsparameter betreffende Beschränkungen | 379 Restriktionen ausgewählter Jahresabschlusskennzahlen | 381 Verdeutlichung der Modelle anhand von Beispielen | 386 Darlegung der Ausgangsdaten | 386 Rechnungslegungspolitische Gestaltung | 391 Beurteilung der Planungsansätze | 402 Erweiterungsmöglichkeiten der IT-gestützten Optimierungsmodelle | 402

Inhalt | XVII

VI. A. B. 1. 2. 3. C. 1. 2. D. 1. 2. 3.

Mehrperiodige steuerliche Modellansätze | 405 Grundlagen der Steuerplanung | 405 Steuerbilanzplanung | 406 Einführung | 406 Optimierungsmethodik und Kalkulationszinssatz | 407 CAPM und WACC | 410 Firmenbezogene Steuerbilanzpolitik | 412 Entwicklung eines Standardmodells | 412 Ergebnis | 416 Anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik | 417 Wiederanlage auf Gesellschafterebene | 417 Anlage im internen Unternehmensbereich | 418 Ergebnis | 420

VII.

Zusammenfassung | 422

Literaturverzeichnis | 427 Stichwortverzeichnis | 442

Abkürzungsverzeichnis a. A AB Abb. Abs. Abschn. ACGR ACL a. d. ADS a. F. AG AHK AKEU AktG a. M. Aufl. Art. BAB Bafin BE BewG BFH BilMoG BilRUG

BMF BMWF bspw. BStBl. Buchst. BV BWL bzw. ca. CAPM CCM CE CFROI CGR Co.

aus Aktiva Anfangsbestand Abbildung Absatz Abschnitt(-e) Arbeitskreis Corporate Governance Reporting der Schmalenbach-Gesellschaft für Be­ triebswirtschaft e. V. Audit Command Language aus der Adler/Düring/Schmaltz (Kommentar) alte Fassung Aktiengesellschaft Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten Arbeitskreis Externe Unternehmensrechnung der Schmalenbach-Gesellschaft für Be­ triebswirtschaft e. V. Aktiengesetz am Main Auflage Artikel Betriebsabrechnungsbogen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bestandserhöhung Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz) Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und da­ mit verbundene Berichte von Unternehmen bestimmter Rechtsformen und Änderungen der Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates (Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz) Bundesministerium für Finanzen Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen beispielsweise Bundessteuerblatt Buchstabe Bestandsverminderung Betriebswirtschaftslehre beziehungsweise circa Capital Asset Pricing Model Completed Contract Method Capital Employed Cash Flow Return On Investment Corporate Governance Reporting Compagnie (Kompanie i. S. v. Gesellschaft)

https://doi.org/10.1515/9783110679588-202

Abkürzungsverzeichnis

const. CSR DAX DCGK d. d. h. DRS DRSC € EB EBIT EBITDA eG einschl. EMAS ESEF-UG ERPS ESEF ESEF-VO

EStG EStDV EStH EStR et al. EU e. V. EVA® f. ff. F FN Fifo GbR gem. GenG GR GewStG GewStR ggf. GKV GmbH GmbHG Gj. GoB

| XIX

konstant Corporate Social Responsibility Deutscher Aktienindex Deutscher Corporate Governance Kodex der das heißt Deutsche(-n, -r) Rechnungslegungs Standard(s) Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. Euro Endbestand Earnings Before Interest and Tax Earnings Before Interest, Tax, Depreciation and Amortization eingetragene Genossenschaft einschließlich Eco-Management and Audit Scheme Gesetz zur weiteren Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie im Hinblick auf ein einheitliches elektronisches Format für Jahresfinanzberichte Enterprise Resource Planning System European Single Electronic Format Delegierte Verordnung (EU) 2018/815 der Kommission vom 17.12.2018 zur Ergänzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf tech­ nische Regulierungsstandards für die Spezifikation eines einheitlichen elektronischen Be­ richtsformats Einkommensteuergesetz Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuer-Hinweise Einkommensteuer-Richtlinien et alii (lat.: und andere) Europäische Union eingetragener Verein Economic Value Added folgende(r) fort folgende Framework der IAS/IFRS Fachnachrichten First-in-First-out Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsge­ setz) Gewinnrücklagen Gewerbesteuergesetz Gewerbesteuerrichtlinien gegebenenfalls Gesamtkostenverfahren Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Geschäftsjahr(-e, -en, -es) Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

XX | Abkürzungsverzeichnis

GR grds. GuV H h. M. HFA HGB Hrsg. HS html http i. B. i. e. S. i. d. R. i. H. v. inkl. i. S. i. S. d. i. S. v. i. V. m. i. w. S. IAS IASB IDEA IDW IFRIC IFRS IIRC IKR InsO ISSB IT iXBRL Jg. K Kap. KFZ KG KGaA Kl. KMU KöMoG KR KStG KStR ku KV la lat.

Gewinnrücklagen grundsätzlich Gewinn und Verlust; Gewinn- und Verlustrechnung Haben; Hinweisabschnitt herrschende(r) Meinung Hauptfachausschuss Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz Hypertext Markup Language hyper text transfer protocol im Breisgau im engeren Sinne in der Regel in Höhe von inklusiv im Sinne im Sinne des im Sinne von in Verbindung mit im weiteren Sinne International Accounting Standard(s) International Accounting Standards Board Interactive Data Extraction Analysis Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. International Financial Reporting Interpretations Comittee International Financial Reporting Standards International Integrated Reporting Council Industriekontenrahmen Insolvenzordnung International Sustainability Standards Board Information Technology Inline eXtensible Business Reporting Language Jahrgang Kapitalkonto Kapitel Kraftfahrzeug Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien (Konten-)Klasse kleine und mittlere Unternehmen Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts Kapitalrücklage Körperschaftsteuergesetz Körperschaftsteuer-Richtlinien kurzfristig Kommanditverlust langfristig lateinisch

Abkürzungsverzeichnis

Lifo LuL Mio. MMVO MoPeG

| XXI

Last-in-first-out Lieferungen und Leistungen Million(-en) Marktmissbrauchsverordnung Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschafts­ rechtsmodernisierungsgesetz) m. w. N. mit weiteren Nachweisen m. RE mit Rücklagenentnahmen n. F. neue Fassung Nr. Nummer/Number OECD Organisation for Economic Co-operation and Development OHG offene Handelsgesellschaft o. Jg. ohne Jahrgang o. RE ohne Rücklagenentnahmen p Passiva PartG Partnerschaftsgesellschaft PartGG Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger Freier Berufe (Partnerschaftsge­ sellschaftsgesetz) PKW Personenkraftwagen PoCM Percentage of Completion Method PS Prüfungsstandard RS Rechnungslegungsstandard; Rechte Seite des Simplextableau ROCE Return on Capital Enployed Rz. Randziffer S Soll S. Seite(n); Satz SBK Schlussbilanzkonto SK Selbstkosten SME(s) Small and Medium Sized Entity (Entities) sog. so genannte(r/s) SolzG Solidaritätszuschlaggesetz Sp. Spalte T€ Tausend Euro u. und u. a. unter anderem UG Umsetzungsgesetz UKV Umsatzkostenverfahren UmwG Umwandlungsgesetz UmwStG Umwandlungssteuergesetz US-GAAP United States Generally Accecpted Accounting Principles USt Umsatzsteuer UStAE Umsatzsteuer-Anwendungserlass u. U. unter Umständen V Verbindlichkeiten vgl. vergleiche VO Verordnung Vol. Volume Vj. Vorjahr WpHG Gesetz über den Wertpapierhandel

XXII | Abkürzungsverzeichnis

www. xHTML XBRL Y Z z. B. z. Z. zzgl. ®

World Wide Web Extensible Hypertext Markup Language eXtensible Business Reporting Language Index für Restriktionen Zielfunktion zum Beispiel zur Zeit zuzüglich Registered Trade Mark

Abkürzungsverzeichnis für Zeitschriften AR Akron bus. econ. rev. BB BC BBK BFuP bibu COaC DB DBW DStR DSWR IDW-FN IRZ J. pol. econ JoACF JoAE KoR NZG RWZ ST StB StuB StuW WiSt WISU WPg ZCG ZfB ZfbF ZfC ZfgK ZfU ZOR

The Accounting Review Akron Business and Economic Review Der Betriebs-Berater Bilanzbuchhalter und Controller – Zeitschrift für Bilanzierung, Rech­ nungswesen und Controlling Buchführung, Bilanzierung, Kostenrechnung Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bilanz und Buchhaltung Corporate Ownership and Control Der Betrieb Die Betriebswirtschaft Deutsches Steuerrecht Datenverarbeitung-Steuer-Wirtschaft-Recht IDW-Fachnachrichten Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung Journal of Political Economy Journal of Applied Corporate Finance Journal of Accounting and Economics Zeitschrift für internationale und kapitalmarktorientierte Rechnungsle­ gung Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Recht und Rechnungswesen Der Schweizer Treuhänder Der Steuerberater Unternehmensteuern und Bilanzen Steuer und Wirtschaft Wirtschaftswissenschaftliches Studium Das Wirtschaftsstudium Die Wirtschaftsprüfung Zeitschrift für Corporate Governance Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Controlling – Zeitschrift für erfolgsorientierte Unternehmenssteuerung Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen Zeitschrift für Umweltpolitik und Umweltrecht Zeitschrift für Operations-Research

https://doi.org/10.1515/9783110679588-203

Symbolverzeichnis a aauf as avor AK AS AP b B BD BI BS BW c CF CFnach CFvor d dm e E EKA ESt ERSt EW EW(R) f F g ga GE GewSt GV h he H ∆Ht i iEK iEF ir is

Soll-Kennzahl für den Quotienten aus Anlagevermögen : Umlaufvermögen Anteil des Aufsichtsrats am korrigierten Bilanzgewinn (dezimal) Ausschüttungsfaktor mit as = AS : sJnach Anteil des Vorstands am korrigierten Jahresüberschuss (dezimal) Anschaffungs- oder Herstellungskosten geplanter Ausschüttungsbetrag von sJnach; Ausschüttungen Abgrenzungsposten für latente Steuern Soll-Kennzahl für den Quotienten aus Anlagevermögen : Bilanzsumme ertragssteuerrechtliche Bemessungsgrundlage Bardividende Bilanzgewinn Obergrenze der Soll-Bilanzsumme Steuerbarwert Soll-Kennzahl für den Quotienten aus Bilanzsumme : Eigenkapital Cash Flow Cash Flow nach ertragssteuerrechtlichen Auszahlungen Cash Flow vor Manövriermasseneinsatz und ertragsteuerrechtlichen Auszahlungen Soll-Kennzahl für den Quotienten aus langfristigem Fremdkapital : Bilanzsumme Dispositionsanteil des Managements zur Dotierung der anderen Gewinnrücklagen nach § 58 Abs. 2 AktG (dezimal) Soll-Kennzahl für den Quotienten aus kurzfristigem Fremdkapital : Bilanzsumme Ertragssteuerbelastung Eigenkapitalanteil Einkommensteuer gesamte Belastung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer Endwert erwartete Rendite des Marktportfolios Soll-Kennzahl für den Quotienten aus Anlagevermögen : langfristiges Fremdkapital; Funk­ tion einer veränderlichen Größe Forderung Soll-Kennzahl für den Quotienten aus Anlagevermögen : Eigenkapital gewerbesteuerrechtliche Modifikationen (einschl. Verlustabzug) Gewerbeertrag Gewerbesteuer(-aufwand) Gewinnvortrag aus dem Vorjahr Soll-Kennzahl für den Quotienten aus (Anlagevermögen + Vorratsvermögen) : (Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) Gewerbesteuer-Hebesatz (dezimal) aggregierte Herstellungskosten Veränderung der Herstellungskosten zum t-ten Zeitpunkt Soll-Kennzahl für den Quotienten aus kurzfristigem Fremdkapital : Umlaufvermögen; Kal­ kulationszinssatz vor Steuern; Kalkulationszinssatz; risikoloser Basiszinssatz (dezimal) Eigenkapitalkostensatz (dezimal) Fremdkapitalkostensatz (dezimal) Risikozuschlag (dezimal); Kalkulationszinssatz nach Steuern (dezimal)

https://doi.org/10.1515/9783110679588-204

Symbolverzeichnis

is (ex) is (in) iv j Jnach

| XXV

risikoadjustierter Zinssatz nach Steuern bei externer Wiederanlage (dezimal) risikoadjustierter Zinssatz nach Steuern bei interner Wiederanlage (dezimal) risikoadjustierter Zinssatz vor Steuern (dezimal) Soll-Kennzahl für den Quotienten aus Eigenkapital : Jahresüberschuss Jahresüberschuss nach erfolgsabhängigen Aufwendungen (Ertragssteuern und Tantie­ menaufwendungen) Jvor Jahresüberschuss vor erfolgsabhängigen Aufwendungen (Ertragssteuern und Tantiemen­ aufwendungen) k Soll-Kennzahl für den Quotienten aus Eigenkapital : Jahresüberschuss vor ergebnisab­ hängigen Aufwendungen ka Abweichungen zwischen Jnach und zvE ka* Abweichungen zwischen Jnach und zvE ohne KSt und GewSt selbst (und ohne die Hälfte der Aufsichtsratstantiemen) kh Herstellungskosten pro Stück kp Kapitalkosten KR Kapitalrücklage KSt Körperschaftssteuer(-aufwand) l Soll-Kennzahl für den Quotienten aus (Eigenkapital + Fremdkapital) : Jahresüberschuss m Soll-Kennzahl für den Quotienten aus (Eigenkapital + Fremdkapital) : Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen Man zur Verfügung stehende steuerliche Manövriermasse Max Maximum me Steuermesszahl Gewerbeertrag (dezimal) ME Marktwert des Eigenkapitals MF Marktwert des Fremdkapitals Min Minimum NOPAT Net Operating Profit After Tax oAs (XA) mögliche Obergrenze des Sachanlagevermögens, die sich durch den Einsatz des Parame­ ters XA realisieren lässt oAü (XAü) mögliche Obergrenze des übrigen Anlagevermögens, die sich durch den Einsatz des Pa­ rameters XAü realisieren lässt oFk (Xfk) mögliche Obergrenze des kurzfristigen Fremdkapitals, die sich durch den Einsatz des Pa­ rameters Xfk realisieren lässt oFl (Xfl) mögliche Obergrenze des langfristigen Fremdkapitals, die sich durch den Einsatz des Pa­ rameters Xfl realisieren lässt oRa (XRa) mögliche Obergrenze des aktiven Rechnungsabgrenzungspostens, die sich durch den Einsatz des Parameters XRa realisieren lässt. oUü (XUü) mögliche Obergrenze des übrigen Umlaufvermögens, die sich durch den Einsatz des Pa­ rameters XUü realisieren lässt oUv (XU) mögliche Obergrenze des Vorratsvermögens, die sich durch den Einsatz des Parameters XU realisieren lässt q−t Abzinsungsfaktor mit q−t = (1+i1 )t s r Dotierungsfaktor der gesetzlichen Rücklage (dezimal) REINa Einstellungen in andere Gewinnrücklagen gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 AktG und § 58 Abs. 2 AktG REINg Einstellungen in die gesetzliche Rücklage REINgs nach Gesetz oder Satzung vorzunehmende Rücklageeinstellungen REINn niedrigere Rücklageneinstellung nach § 150 Abs. 2 AktG REINs Einstellungen in die satzungsmäßigen Rücklagen

XXVI | Symbolverzeichnis

REINü RENT RFvor RFvor (Ent) s sa sB sBI sd se sE sg sge

übrige Einstellungen in Gewinnrücklagen Entnahmen aus Rücklagen Obergrenze der maximal möglichen Entnahme aus anderen Gewinnrücklagen gewünschte Entnahme aus anderen Gewinnrücklagen Ertragsteuerfaktor auf Unternehmensebene (dezimal); Abgrenzungsteuersatz (dezimal) Abgeltungsteuersatz (dezimal) ertragsteuerrechtliche Soll-Bemessungsgrundlage Soll-Bilanzgewinn definitiver Körperschaftsteuerfaktor (dezimal) Einkommensteuerfaktor (dezimal) Soll-Ertragsteuerbelastung Gewerbesteuerfaktor mit (sg = me · he) (dezimal) Multifaktor zur Erfassung der Wirkungen der Körperschaft-, Gewerbe-, Einkommen- und Kirchensteuer (dezimal) sJnach (Soll)-Jahresüberschuss nach ergebnisabhängigen Aufwendungen; Soll-Jahresüber­ schuss nach Ertragsteuern sJvor (Soll)-Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen (Ertragssteuern und Tantiemenaufwendungen); Soll-Jahresüberschuss vor Ertragsteuern sk Körperschaftssteuerfaktor [sk = (1 + soli) · sd] ski Kirchensteuersatz (dezimal) soli Solidaritätszuschlag (dezimal) t Periodenindex ta Veränderungen des Jahresüberschusses aufgrund von Tantiemenvereinbarungen tb Bemessungsfaktor für Tantiemen (dezimal) T Periodensumme mit t = 1, 2, ... T; Anzahl der Planungsperioden TA Tantiemen(-aufwendungen) TAauf Aufsichtstantiemen TAvor Vorstandstantiemen TB Bemessungsgrundlagen für Tantiemen Tilgung Kredittilgung der t-ten Periode uAs (Xa) mögliche Untergrenze des Sachanlagevermögens, die sich durch den Einsatz des Para­ meters Xa realisieren lässt uAü (Xaü) mögliche Untergrenze des übrigen Anlagevermögens, die sich durch den Einsatz des Pa­ rameters Xaü realisieren lässt uFk (XFk) mögliche Untergrenze des kurzfristigen Fremdkapitals, die sich durch den Einsatz des Parameters XFk realisieren lässt. uFI (XFI) mögliche Untergrenze des langfristigen Fremdkapitals, die sich durch den Einsatz des Parameters XFI realisieren lässt. uRa (Xra) mögliche Untergrenze des aktiven Rechnungsabgrenzungspostens, die sich durch den Einsatz des Parameters Xra realisieren lässt. uUü (Xuü) mögliche Untergrenze des übrigen Umlaufvermögens, die sich durch den Einsatz des Pa­ rameters Xuü realisieren lässt uUv (Xu) mögliche Untergrenze des Vorratsvermögens, die sich durch den Einsatz des Parameters Xu realisieren lässt vA vorläufiger Bilanzwert des Anlagevermögens vAs vorläufiger Bilanzwert des Sachanlagevermögens vAü vorläufiger Bilanzwert des übrigen Anlagevermögens vB vorläufige ertragssteuerrechtliche Bemessungsgrundlage vBI vorläufiger Bilanzgewinn

Symbolverzeichnis

vE vFk vFl vGewSt vJ vJvor VEW Vg Vk vKSt vRa vTA vUü vUv VV WB WBt WS WACC XE x, X XA, Xa XAü, Xaü XE XFk, Xfk

XFl, Xfl

XGewSt XKSt XM+ XMXRa, Xra

XTA XU, Xu XUü, Xuü Y zvE Z

| XXVII

vorläufige Ertragssteuerbelastung vorläufiger Bilanzwert des kurzfristigen Fremdkapitals vorläufiger Bilanzwert des langfristigen Fremdkapitals vorläufiger Gewerbesteueraufwand vorläufiger Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen (Ertragsteuern und Tantiemenaufwendungen) nach Manövriermasseneinsatz vorläufiger Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen (Ertragsteuern und Tantiemenaufwendungen) und vor Manövriermasseneinsatz Vermögensendwert gewerbesteuerrechtlicher Verlustabzug körperschaftsteuerrechtlicher Verlustabzug vorläufiger Körperschaftsteueraufwand vorläufiger Bilanzwert des aktiven Rechnungsabgrenzungspostens vorläufiger Tantiemenaufwand vorläufiger Bilanzwert des übrigen Umlaufvermögens vorläufiger Bilanzwert des Vorratsvermögens Verlustvortrag aus dem Vorjahr bilanzielle Wertansätze bilanzieller Wertansatz zum t-ten Zeitpunkt positiver Wertsprung Weighted Average Cost of Capital (dezimal) Entnahmewert aus anderen Gewinnrücklagen Index für veränderliche (Aktions-)Parameter gesamter Wert derjenigen erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des Sach­ anlagevermögens unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen erhöhen bzw. senken gesamter Wert derjenigen erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des übri­ gen Anlagevermögens unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen erhöhen bzw. senken Entnahmewert aus anderen Gewinnrücklagen gesamter Wert derjenigen erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des kurz­ fristigen Fremdkapitals unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen senken bzw. erhö­ hen gesamter Wert derjenigen erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des lang­ fristigen Fremdkapitals unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen senken bzw. erhö­ hen Wert des Gewerbesteueraufwands Wert des Körperschaftssteueraufwands Summe aller jahresüberschusserhöhenden Aktionsparameter Summe aller jahresüberschussvermindernden Aktionsparameter gesamter Wert derjenigen erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des ak­ tiven Rechnungsabgrenzungspostens unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen erhö­ hen bzw. senken Wert der Tantiemenaufwendungen gesamter Wert derjenigen erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des Vor­ ratsvermögens unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen erhähen bzw. senken gesamter Wert derjenigen erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des übri­ gen Umlaufvermögens unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen erhöhen bzw. senken Index für Schlupfvariable zu versteuerndes körperschaftsteuerrechtliches Einkommen Zielfunktion; Zielgröße

XXVIII | Symbolverzeichnis

β ,.; = ≠ < > ≤ ≥ ∆ ∑ + : ⋅ % ( ), [ ], { } §, §§

Unternehmensbeta; Risikomaß Komma, Punkt, Semikolon gleich ungleich kleiner größer kleiner oder gleich, höchstens gleich größer oder gleich, mindestens gleich Veränderungszeichen; Differenz Summenzeichen plus, und minus, weniger geteilt durch, zu mal, Multiplikationszeichen vom Hundert, Prozent runde, eckige, geschweifte, Klammern auf, zu Paragraph, Paragraphen

Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4 Abb. 5 Abb. 6 Abb. 7 Abb. 8 Abb. 9 Abb. 10 Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13 Abb. 14 Abb. 15 Abb. 16

Abb. 17 Abb. 18 Abb. 19 Abb. 20 Abb. 21 Abb. 22 Abb. 23 Abb. 24 Abb. 25 Abb. 26 Abb. 27 Abb. 28 Abb. 29 Abb. 30 Abb. 31 Abb. 32 Abb. 33 Abb. 34 Abb. 35 Abb. 36

Steuerrechtliche Zurechnungsvorschriften beim Finanzierungs-Leasing | 4 Daten zur Folgebewertung beim Leasinggeber (alle Werte in T€) | 11 Daten zur Folgebewertung beim Leasingnehmer (alle Werte in T€) | 13 Behandlung von Leasingtransaktionen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS | 14 Umsatzrealisation nach IFRS 15 | 21 Aufwands- und Ertragskonzeptionen im Vergleich | 23 Bilanzielle Auswirkungen eines langfristigen Fertigungsauftrags bei Einhaltung des Realisationsprinzips | 26 Ermittlung der Erfolgsbeiträge auf der Basis des Fertigstellungsgrads | 31 Verbuchungen nach der 1. Möglichkeit (alle Werte in T€) | 32 Verbuchungen nach der 2. Möglichkeit (alle Werte in T€) | 33 Langfristige Auftragsfertigung nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich | 34 Stichtagsprinzip und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich | 36 Grundlagen des handelsrechtlichen Stetigkeitsprinzips | 39 Stetigkeitsprinzip nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich | 42 Fehler und Fehlerkorrekturen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich | 49 Schätzungen und Schätzungskorrekturen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich | 51 Grundstruktur der Finanzbuchhaltung im Industrie-Kontenrahmen (IKR) | 55 Grundstruktur einer Betriebsabrechnung | 57 Einzel- und Gemeinkostenkategorien | 58 Herstellungskosten nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS | 59 Schema der elektiven Zuschlagkalkulation mit Rückgriff auf die Kostenstellenrechnung | 61 Niederstwerttest der Herstellungskosten | 63 Grundstruktur der Buchungstechnik nach dem Gesamtkostenverfahren | 65 Bestandsveränderungen im Geschäftsjahr t3 | 70 Kalkulation der Herstellungskosten | 71 Grundstruktur der Buchungstechnik nach dem Umsatzkostenverfahren | 77 Erfolgsbeteiligung und Entnahmerecht bei der OHG | 96 Abschlusstechnik beim Vorliegen variabler Kapitalkonten | 98 Verteilung des Jahresgewinns für das Geschäftsjahr t2 | 99 Handelsrechtlicher Eigenkapitalausweis bei der OHG | 101 Abschlusstechnik beim Vorliegen fester und variabler Kapitalkonten | 103 Verteilung des Jahresgewinns für das Geschäftsjahr t2 | 104 Erfolgsbeteiligung und Entnahmerecht bei der KG | 106 Abschlusstechnik beim Vorliegen fester und variabler Kapitalkonten für Komplementär und Kommanditist | 109 Handelsrechtlicher Eigenkapitalausweis bei der KG | 110 Verteilung des Jahresgewinns für das Geschäftsjahr t2 | 111

https://doi.org/10.1515/9783110679588-205

XXX | Abbildungsverzeichnis

Abb. 37 Abb. 38 Abb. 39 Abb. 40 Abb. 41 Abb. 42 Abb. 43 Abb. 44 Abb. 45 Abb. 46 Abb. 47

Abb. 48 Abb. 49 Abb. 50 Abb. 51 Abb. 52 Abb. 53 Abb. 54 Abb. 55 Abb. 56 Abb. 57 Abb. 58 Abb. 59 Abb. 60 Abb. 61 Abb. 62 Abb. 63 Abb. 64 Abb. 65 Abb. 66 Abb. 67 Abb. 68 Abb. 69 Abb. 70 Abb. 71 Abb. 72 Abb. 73 Abb. 74 Abb. 75 Abb. 76

Ertragsteuerrechtliche Erfolgsermittlung bei Personenhandelsgesellschaften | 122 Steuerbelastungsvergleich bei Gewinnentnahme und -thesaurierung | 123 Berechnung des Steuerbilanzgewinns | 130 Modifizierte Berechnung des Gewerbeertrags | 131 Ertragsteuerrechtliche Gewinnermittlung und -verteilung | 131 Gegenüberstellung der ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlung und -verteilung | 132 Modifizierte Berechnung des Gewerbeertrags | 137 Gegenüberstellung der ertragssteuerrechtlichen Gewinnermittlung und -verteilung | 138 Modifizierte ertragssteuerrechtliche Gewinnermittlung und -verteilung | 139 Ermittlung der Veräußerungserfolge | 151 Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlagen für das Wirtschaftsjahr t1 | 152 Berechnung der körperschaftsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage | 164 Beispielhafte Darstellung des Teileinkünfteverfahrens im Falle einer Vollausschüttung des Steuerbilanzgewinns | 165 Berechnung des Gewerbeertrags bei Kapitalgesellschaften | 167 Abgrenzung der Termini Vermögens-, Finanz- und Ertragslage | 171 Struktur des Anlagespiegels | 177 Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t1 in T€ | 180 Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t2 in T€ | 181 Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t3 in T€ | 182 Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t4 in T€ | 183 Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t5 in T€ | 184 Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t6 in T€ | 185 Verbundene Unternehmen nach Handelsrecht | 188 Komponenten des Eigenkapitals in der handelsrechtlichen Bilanz | 195 Alternativen zur Bewertung des gezeichneten Kapitals | 198 Ausweisalternative für das Grundkapital | 200 Handelsrechtlicher Ausweis des eingeforderten Kapitals | 201 Komponenten der offenen Rücklagen im Handelsrecht | 209 Darstellung der handelsrechtlichen Ergebnisverwendung bei der AG | 210 Abschlusstechnik der Ergebnisverwendung bei Gewinnvortrag, Jahresüberschuss, Rücklagenentnahme und Bilanzgewinn | 211 Abschlusstechnik der Ergebnisverwendung bei Jahresüberschuss, Dotierung der Gewinnrücklagen und Bilanzgewinn | 211 Abschlusstechnik der Ergebnisverwendung bei Gewinnvortrag, Jahresfehlbetrag, Rücklagenentnahme und Bilanzverlust | 212 Beispielhafte Darstellung eines Rücklagenspiegels | 223 Verwendung des Jahresergebnisses und Bilanzaufstellung im Handelsrecht | 225 Beispiel für einen Ergebnisverwendungsvorschlag bei der GmbH | 226 Struktur des aktienrechtlichen Gewinnverwendungsvorschlags | 227 Berechnung der körperschaftsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage | 231 Berechnung der gewerbesteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage | 232 Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Tantiemen | 233 Simultanes Gleichungssystem in Matrizenform | 233

Abbildungsverzeichnis |

Abb. 77 Abb. 78 Abb. 79 Abb. 80 Abb. 81 Abb. 82 Abb. 83 Abb. 84 Abb. 85 Abb. 86 Abb. 87 Abb. 88 Abb. 89 Abb. 90 Abb. 91 Abb. 92 Abb. 93 Abb. 94 Abb. 95 Abb. 96 Abb. 97 Abb. 98 Abb. 99 Abb. 100 Abb. 101 Abb. 102 Abb. 103 Abb. 104 Abb. 105 Abb. 106 Abb. 107 Abb. 108 Abb. 109 Abb. 110 Abb. 111 Abb. 112

XXXI

Ausgangsdaten für die Ermittlung der ergebnisabhängigen Aufwendungen | 234 Beispielhafte Darstellung des Gleichungssystems in Matrizenform | 234 Endgültige Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. 12. t1 nach Ermittlung der ergebnisabhängigen Aufwendungen | 235 Simultanes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise bei aktienrechtlicher Ergebnisverwendung | 238 Ausgangsdaten für die Ermittlung der ergebnisabhängigen Aufwendungen | 239 Beispielhafte Darstellung des Gleichungssystems in Matrizenschreibweise | 240 Endgültige Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.t1 nach Ermittlung der ergebnisabhängigen Aufwendungen | 240 Anknüpfungspunkte latenter Steuern und Reichweite der Abgrenzung nach Handelsrecht und IFRS | 241 Latente Steuern nach § 274 HGB bei isolierter Betrachtungsweise | 243 Schritte zur Ermittlung ansatzfähiger bzw. -pflichtiger latenter Steuern bei Gesamtdifferenzbetrachtung | 245 Beispiel für einen Differenzenspiegel (alle Werte in €) | 250 Ermittlung der Ausschüttungssperre | 253 Bestimmung des ausschüttungsfähigen Betrags | 253 Struktur einer steuerlichen Überleitungsrechnung nach IFRS | 257 Vergleich zwischen HGB und IFRS zur Erfassung latenter Steuern | 259 Rechnungslegungsinstrumente nach Handelsrecht und IFRS im Vergleich | 262 Hamburger Modell zur Systematisierung des Management Reporting | 262 Zentrale jährliche und unterjährliche Rechnungslegungsinstrumente | 267 Aufbau einer Bewegungsbilanz | 268 Verkürzte Handelsbilanzen der Geschäftsjahre t1 und t2 | 270 Verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung des Geschäftsjahres t2 | 271 Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2 | 271 Nach Fristigkeitsgraden gegliederte Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2 | 272 Nach Arten der finanziellen Quellen und Verwendungen gegliederte Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2 | 273 Nach Beständeschichten gegliederte Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2 | 274 Definitionen des Cash Flow | 275 Überleitungsschema zur indirekten Ermittlung des Cash Flow nach DRS 21 | 276 Zusammenhänge zwischen Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Kapitalflussrechnung | 278 Vereinfachte Struktur einer Kapitalflussrechnung bei indirekter Berechnung der Cash Flows aus laufender Geschäftstätigkeit nach DRS 21 | 279 Kapitalflussrechnung bei indirekter Berechnung der Cash Flows aus laufender Geschäftstätigkeit für das Geschäftsjahr t2 | 281 Mögliche Struktur des Eigenkapitalspiegels nach DRS 22 | 283 Eigenkapitalspiegel nach IAS 1.106 für t1 und t2 | 286 Mögliche Struktur eines Segmentberichts | 289 Beispiel für segmentspezifische Informationen (alle Werte in T€) | 290 Beispiel für eine segmentspezifische Überleitungsrechnung (alle Werte in T€) | 290 Wertorientierte Strategien im Rahmen des Shareholder Value-Konzepts | 292

XXXII | Abbildungsverzeichnis

Abb. 113 Abb. 114 Abb. 115 Abb. 116 Abb. 117

Zielsystem eines Unternehmens unter Zugrundelegung des Shareholder Value-Konzepts | 293 Bestandteile des Business Reporting | 295 Mögliche Struktur eines Value Reporting | 296 Bestandteile und Entscheidungsbereiche des Economic Value Added | 298 Überblick über Beispielangaben gemäß § 289c Abs. 2 HGB | 302

Abb. 118

Bereiche der Rechnungslegung | 318

Abb. 119 Abb. 120

Gliederung des rechnungslegungspolitischen Instrumentariums | 333 Gliederungssystematik von Wahlrechten und Ermessensspielräumen | 337

Abb. 121

Darstellung der Steuerbarwertminimierung | 351

Abb. 122

Grundlegendes Ablaufdiagramm im Falle sequenzieller rechnungslegungspolitischer Entscheidungsprozesse | 358 Ausgangsbilanz für die rechnungslegungspolitische Gestaltung | 361 Kombination der Aktionsparameter | 362 Rechnungslegungspolitisches Entscheidungstableau | 363 Transformation auf der Basis von Programmgruppe 4 | 364 Verknüpfung von Aktionsparametern zu Programmgruppen (1. Durchlauf) | 365 Verknüpfung von Aktionsparametern zu Programmgruppen (2. Durchlauf) | 366 Transformation auf der Basis von Programmgruppe 15 | 367 Transformiertes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise | 369 Beispielhafte Darstellung des transformierten Gleichungssystems in Matrizenschreibweise | 369 Ablaufdiagramm zur Ermittlung des zieloptimalen Jahresabschlusses | 374 Allgemeine Darstellung des Planungsmodells | 384 Ausgangsbilanz für die Jahresabschlussoptimierung | 387 Simultanes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise | 388 Entscheidungsrelevante Kennzahlen auf der Basis von Ist- und Sollwerten | 389 Darstellung des Optimierungsansatzes von Programm AMAX ohne Rücklagenentnahmen | 392 Darstellung des Optimierungsansatzes von Programm AMAX mit Rücklagenentnahmen | 394 Darstellung des Optimierungsansatzes von Programm AFIX | 396 Ergebnisse der Optimierungsdurchläufe [zieloptimale Einheitsbilanzen zum 31.12.t1] | 399 Ergebnisse der Optimierungsdurchläufe [zieloptimale (verkürzte) Gewinn- und Verlustrechnungen zum 31.12.t1] | 400 Vergleich der entscheidungsrelevanten Kennzahlen auf der Basis von Ist-, Soll- und Optimalwerten | 401

Abb. 123 Abb. 124 Abb. 125 Abb. 126 Abb. 127 Abb. 128 Abb. 129 Abb. 130 Abb. 131 Abb. 132 Abb. 133 Abb. 134 Abb. 135 Abb. 136 Abb. 137 Abb. 138 Abb. 139 Abb. 140 Abb. 141 Abb. 142

Abb. 143 Abb. 144

Mehrperiodiges Entscheidungstableau zur firmenbezogenen Vermögensendwertmaximierung (alle Werte in €) | 416 Mehrperiodiges Entscheidungstableau zur anteilseignerbezogenen Vermögensendwertmaximierung (alle Werte in €) | 420

| Teil 1: Weiterführung der Rechnungslegung von Einzelunternehmen

2 | Teil 1 Weiterführung der Rechnungslegung von Einzelunternehmen

Lernziele –



Vergleichende Analyse wesentlicher Bilanzierungs- und Bewertungsfragen nach Handels-, Steuerrecht und IFRS (Leasing, Erfolgserfassung, langfristige Auftrags­ fertigung, Stichtags- und Steitigkeitsprinzip sowie Fehlerkorrekturen und Schät­ zungsänderungen) Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen (Ermittlung der Herstellungskosten und Zurechnung auf die Produkte, retrograde Bewertung, GuV-Ausweis nach dem Gesamt- und Umsatzkostenverfahren)

https://doi.org/10.1515/9783110679588-part01

I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen A. Leasing 1. Handels- und Steuerrecht Unter Leasing wird eine Vereinbarung verstanden, bei der der Leasinggeber (Vermie­ ter) dem Leasingnehmer (Mieter) gegen eine Zahlung(-sreihe) ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht an einem Vermögensgut überträgt. Leasing-Transaktionen stellen be­ sondere schuldrechtliche Verträge dar, die neben einem Nutzungsrecht auch einen Eigentumsübergang vorsehen können. Die zentrale Problematik der bilanziellen Be­ rücksichtigung von Leasing-Transaktionen liegt in der Frage, inwiefern der Leasing­ geber oder der Leasingnehmer den gemieteten Vermögensgegenstand in die Bilanz aufzunehmen haben. Neben der Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung ist die Finan­ zierungsfunktion ein zentrales konstitutives Element des Leasings. Nach der Art des Leasinggegenstands lassen sich Mobilien- und Immobilien-Leasing, Konsumgut- und Investitionsgutleasing sowie Standard- und Spezialleasing unterscheiden. Im Handelsrecht existiert im Gegensatz zu den IFRS keine Legaldefinition des Leasings, wodurch eine Abgrenzung von anderen Vertragsarten behindert wird. Wel­ che Partei den Leasinggegenstand zu bilanzieren hat, hängt vom juristischen und wirtschaftlichen Eigentum sowie von der Nutzungsdauer des Leasingobjekts ab. Da der Leasingnehmer häufig die Verfügungsgewalt und damit das wirtschaftliche Eigen­ tum für die Vertragslaufzeit besitzt, der Leasinggeber jedoch juristischer Eigentümer bleibt, ergibt sich hierbei eine bilanztechnische Problematik. Das Handelsrecht gibt für die Zurechenbarkeit eines Gegenstands zum Leasinggeber bzw. -nehmer keine ex­ pliziten Hinweise; zudem haben sich im Schrifttum keine einheitlichen Kriterien her­ ausgebildet. Allerdings ist der Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Substance over Form) bei einem Auseinanderfallen von wirtschaftlichem und juris­ tischem Eigentum in § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB kodifiziert. Aus steuerrechtlicher Sicht wird in § 39 AO konkretisiert, dass der wirtschaftli­ che Eigentümer für eine Zurechnung des Leasinggegenstands den rechtlichen Eigen­ tümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen muss. Zudem hat die steuerliche Rechtsprechung wesentliche Konkre­ tisierungen vorgenommen, die auch im Handelsrecht eine hohe Bedeutung erlangen. Es erfolgt keine explizite Trennung in die im Schrifttum gebräuchliche Klassifizie­ rung eines Finanzierungs- und Operating Leasings, sondern eine Unterteilung in Voll- und Teilamortisationsverträge. Bei Vollamortisationsverträgen kann der Lea­ singgeber seine Investitions- und Finanzierungskosten durch die Mietzinsen während der Grundmietzeit vollständig amortisieren, bei Teilamortisationsverträgen ledig­ lich teilweise. Sofern das Leasing den Charakter eines Finanzierungsgeschäfts, ver­ gleichbar mit einem Ratenkauf, aufweist, liegt ein sog. Finanzierungs-Leasing vor. https://doi.org/10.1515/9783110679588-001

4 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

Die Klassifizierung in Finanzierungs- und Operating Leasing hängt einerseits von der Existenz einer Mietverlängerungs- und/oder Kaufoption am Ende der Vertragslauf­ zeit und andererseits von dem Verhältnis der Grundmietzeit zur wirtschaftlichen Nut­ zungsdauer des Leasinggegenstands ab, wie die Abbildung 1¹ verdeutlicht.

Art des LeasingGegenstands

Grundmietzeit 40 %–90 % der Nutzungsdauer (nach AfATabellen) a

Leasing-Art des Leasing-Vertrags Ohne Mietverlängerungs- oder Kaufoption

Mit Kaufoption

Spezial-Leasing (mieterspezifische Leasinggegenstände)

Leasingnehmer

Kein Spezial-Leasing

Leasinggeber

Spezial-Leasing

Leasingnehmer

Kein SpezialLeasing

Kaufpreis < Buchwert bei Verkauf Kaufpreis ≥ Buchwert bei Verkauf

Mit Mietverlängerungsoption

Bewegliche Wirtschaftsgüter und Gebäude

Spezial-Leasing Kein SpezialLeasing

AnschlussMiete < Wertverzehr b AnschlussMiete ≥ Wertverzehr

Grund und Boden

Grundmietzeit < 40 % oder > 90 % der Nutzungsdauer

Leasingnehmer

Leasinggeber

Leasingnehmer

siehe Gebäude

Leasingnehmer

Leasinggeber

Leasinggeber Leasingnehmer

Leasinggeber

a Die Nutzungsdauer

wird bei beweglichen Wirtschaftsgütern nach den Tabellen für die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer ermittelt. Bei Gebäuden wird von einer Nutzungsdauer von 50 Jahren ausgegangen.

b Der

Werteverzehr wird bei beweglichen Wirtschaftsgütern aus Restbuchwert und Restnutzungsdauer ermittelt. Bei Gebäuden erfolgt die Berechnung des Wertverzehrs unter Rückgriff auf 75 % der marktüblichen Miete für vergleichbare Gebäude.

Abb. 1: Steuerrechtliche Zurechnungsvorschriften beim Finanzierungs-Leasing.

Große Bedeutung haben die Leasingerlasse des BMF erlangt, die traditionell auch für die handelsrechtliche Rechnungslegung Anwendung finden.² Sofern der Leasingver­ trag

1 In Anlehnung an Coenenberg et al. 2021, S. 204. 2 Vgl. BMF 1971; BMWF 1972; BMF 1975; BMF 1991.

A. Leasing

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über eine Grundmietzeit von unter 40 % oder über 90 % der betriebsgewöhnli­ chen Nutzungsdauer des beweglichen Wirtschaftsguts geschlossen wird, – die Höhe der Mietzahlungen den vollständigen bzw. überwiegenden Finanzie­ rungs- und Tilgungsanteil der Gesamtinvestition des Leasinggebers umfasst (Vollamortisationsvertrag) und – eine Übertragung des technischen und wirtschaftlichen Entwicklungsrisikos auf den Leasingnehmer stattfindet, wird ein Finanzierungsleasing begründet. Demnach trifft den Leasingnehmer unab­ hängig von rechtlichen Eigentumsverhältnissen eine Aktivierungspflicht für den Lea­ singgegenstand und eine Passivierungspflicht in Höhe der Verbindlichkeit. Bei Grund­ mietzeiten zwischen 40 % und 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer erfolgt dennoch eine Aktivierung des Leasinggegenstands beim Leasingnehmer, wenn – eine Kaufoption besteht und der Kaufpreis im Verkaufszeitpunkt niedriger ausfällt als der Buchwert bzw. der niedrigere gemeine Wert sowie wenn – eine Mietverlängerungsoption besteht zu einem Anschlussmietzins, der den tat­ sächlichen Wertverzehr unterschreitet. Operating-Leasingverträge sind dagegen durch eine vergleichsweise kurze Mietdau­ er und eine nicht vollständige Amortisation der Investition des Leasinggebers durch die Zahlungen des Leasingnehmers gekennzeichnet. Insofern trägt der Leasinggeber weiterhin den wesentlichen Teil des Investitionsrisikos. Dies gilt allerdings auch für Verträge mit Kaufverpflichtung beweglicher Leasinggegenstände des Leasingnehmers ohne Optionsrecht oder bei einer Abschlusszahlung bei Nichtkauf bzw. Kündigung (sog. Andienungsrecht des Leasinggebers). Auch bei Verträgen mit Mehrerlösbetei­ ligung und vorheriger Restwertgarantie durch den Leasingnehmer hat der Leasing­ geber den Gegenstand weiterhin in seiner Bilanz zu aktivieren, wenn das Verhältnis zwischen den Gesamtkosten des Leasinggebers und den in der Mietzeit entrichteten Leasingraten mindestens 25 % und höchstens 75 % für den Leasingnehmer beträgt. Beim Operatingleasing aktiviert der Leasinggeber folgerichtig weiterhin die vermie­ teten Objekte und schreibt diese über die betriebliche Nutzungsdauer ab, während der Leasingnehmer die Leasingraten erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht. Der Barwert der künftigen Leasingraten stellt für den Leasingnehmer grund­ sätzlich die Anschaffungskosten des Leasinggegenstands beim Finance Leasing dar. Künftige besondere Leistungen des Leasinggebers bleiben unberücksichtigt. Die Lea­ singraten sind in einen Zins- und Tilgungsanteil aufzuspalten. Ansonsten gelten die allgemeinen Regelungen zur Berechnung der Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB. Anstelle des Leasinggegenstands aktiviert der Leasinggeber beim Fi­ nanzierungsleasing eine Forderung. Liegt hingegen ein Operatingleasing vor, weist der Leasinggeber den Gegenstand weiterhin im Anlagevermögen aus, während der Leasingnehmer lediglich die Mietzahlungen aufwandsmäßig in der Gewinn- und Ver­ lustrechnung erfasst.

6 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

Beispiel: Die AB-OHG in Hamburg benötigt für die Erweiterung ihrer Produktionskapazität eine zusätzliche Maschine. Das Unternehmen kann zurzeit eine Eigenfinanzierung nicht durchführen. Nach längeren Verhandlungen erklärt sich die X-Leasing-GmbH bereit, der OHG die benötigte Ma­ schine zu folgenden Konditionen zu überlassen: – Die X-Leasing-GmbH muss für den Kauf der Maschine bei einer betriebsgewöhnlichen Nut­ zungsdauer von 5 Jahren an den Maschinen-Lieferanten 100.000 € (zuzüglich 20 % Umsatz­ steuer) zahlen. Die Banküberweisung erfolgt am 15.01.t1. – Die Maschine wird am 05.01.t1 vom Maschinen-Lieferanten direkt bei der OHG angeliefert. Die Überführungs- und Installationskosten von 20.000€ (zuzüglich 20 % Umsatzsteuer) muss die OHG tragen. Die Zahlung erfolgt am 20.01.t1. – Die OHG hat monatliche Leasingraten an die Leasing-GmbH zu zahlen, die sich aus den An­ schaffungskosten der GmbH für die Maschine (100.000 €) zuzüglich eines kalkulierten Finan­ zierungszuschlags von insgesamt 40.000 € errechnen. Diese Leasingraten sind gleichmäßig in der Zeit vom 15.01.t1 bis einschließlich 15.12.t5 zu zahlen. Während dieser Zeit kann der ab­ geschlossene Leasingvertrag bei vertragsgemäßer Erfüllung von keiner Seite gekündigt wer­ den. – Die OHG hat das Recht, nach Ablauf der genannten Zeit unter Einhaltung einer Frist von 3 Mo­ naten den Leasing-Vertrag bis zum 31.12.t8 zu verlängern. In diesem Fall sollen die jährlichen Leasingraten nur noch 2.000 € (zuzüglich 20 % Umsatzsteuer) betragen. Zunächst stellt sich die Frage, wem die Leasinggegenstände zuzurechnen sind. In diesem Fall hat die Zurechnung bei der AB-OHG als Leasingnehmer zu erfolgen, da es sich um ein Finanzierungsleasing handelt. Die beim Leasinggeber und -nehmer durchzuführenden Buchungen für das Ge­ schäftsjahr t1 setzen sich wie folgt zusammen. Die planmäßigen Abschreibungen auf die Maschi­ nen sollen nicht berücksichtigt werden. Buchungssätze: a) Leasinggeber (X-Leasing-GmbH) 05.01.t1 Leasing-Durchgangskonto Vorsteuer Leasing-/ Kaufpreis-Forderung

100.000 € 20.000 € 129.200 €

120.000 €

an an

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Leasing-Durchgangskonto Umsatzsteuer

15.01.t1 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

an

Guthaben bei Kreditinstituten

120.000 €

Ende Februar t1 Guthaben bei Kreditinstituten

an

Leasing-/Kaufpreisforderung

29.200 €

an

empfangene Leasing-Raten

28.000 €

an

– Leasing-/Kaufpreisforderung – Erlöse aus Leasinggeschäft

14.667 € 13.333 €

Im Laufe des Geschäftsjahres t1 Guthaben bei Kreditinstituten 31.12.t1 Empfangene Leasingraten a

28.000 €

an

Leasingraten 01.01.t1–31.12.t5 = 140.000 € + Zahlungen bei Mietverlängerung 6.000 € = 146.000 €. Hierauf 20 % Umsatzsteuer = 29.200 €.

100.000 € 29.200 € a

A. Leasing

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7

Aufteilung der Leasingraten in Jahr t1 in eine – erfolgsneutrale Tilgung der Leasing-/Kaufpreisforderung gegenüber der AB-OHG und – in erfolgswirksame Erlöse aus dem Leasinggeschäft:

− =

Ratenzahlungen insgesamt Anschaffungskosten des Leasinggebers Finanzierungszuschlag

140.000 € 100.000 € 40.000 €

Dieser ist nach der Digitalmethode (= 1 + 2 + 3 + 4 + 5 = 15) auf die Jahre t1 bis einschließlich t5 zu verteilen: t1: t2: t3: t4: t5:

Raten 28.000 € Raten 28.000 € Raten 28.000 € Raten 28.000 € Raten 28.000 €

= = = = =

14.667 € Tilgung 17.333 € Tilgung 20.000 € Tilgung 22.667 € Tilgung 25.333 € Tilgung

+ + + + +

13.333 € Erlös 10.667 € Erlös 8.000 € Erlös 5.333 € Erlös 2.667 € Erlös

= 140.000 €

=

100.000 € Tilgung

+

40.000 € Erlös

(= 5/15 · 40.000 €) (= 4/15 · 40.000 €) (= 3/15 · 40.000 €) (= 2/15 · 40.000 €) (= 1/15 · 40.000 €)

Die im Falle einer Verlängerung des Leasingvertrags in den Jahren t5 bis t8 zu zahlenden Raten von jeweils 2.000 € jährlich sind in voller Höhe erfolgswirksame Erlöse aus dem Leasinggeschäft. b) Leasingnehmer (= AB-OHG) 05.01.t1 – Maschinen – Vorsteuer

100.000 € 29.200 €

an

Leasing-/ Kaufpreis-Verbindlichkeit

20.01.t1 – Maschinen – Vorsteuer

20.000 € 4.000 €

an

Guthaben bei Kreditinstituten

24.000 €

an

Guthaben bei Kreditinstituten

29.200 €

an

Guthaben bei Kreditinstituten

28.000 €

an

Ratenzahlung an GmbH

28.000 €

Ende Februar t1 Leasing-/ Kaufpreis-Verbindlichkeit Im Laufe des Geschäftsjahres t1 Ratenzahlungen an GmbH 31.12.t1 – Leasing-/ Kaufpreis-Verbindlichkeit – Zinsaufwand

14.667 €

129.200 €

13.333 €

2. IFRS³ In der IFRS-Rechnungslegung sind die Regelungen zur Leasingbilanzierung in IFRS 16 kodifiziert. So stellt nach IFRS 16 Anhang A ein Leasingverhältnis einen Vertrag oder den Teil eines Vertrags dar, „[. . . ] der gegen Zahlung eines Entgelts für einen bestimm­ 3 Vgl. Freidank 2022c, S. 481–485

8 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

ten Zeitraum zur Nutzung eines Vermögenswerts (des zugrundeliegenden Vermögens­ werts) berechtigt“. Dieses Nutzungsrechte-Konzept (Right of Use Approach) löst das ursprüngliche Risiko- und Chancen-Konzept (Risk and Reward Approach) ab, wel­ ches sich zur Einordnung der Frage, ob der Vermögenswert beim Leasinggeber oder -nehmer zu bilanzieren ist, nicht mehr an der Verteilung von Risiken und Chancen un­ ter Einordnung als Finanzierungs- oder Operating-Leasingverhältnis sondern am Nut­ zungsrecht des Vermögenswerts orientiert. Dabei muss aus dem Vertrag die Berech­ tigung hervorgehen, „[. . . ] die Nutzung eines identifizierten Vermögenswerts gegen Zahlung eines Entgelts für einen bestimmten Zeitraum zu kontrollieren“ (IFRS 16.9). Zur Beurteilung dieses Umstands muss darauf abgestellt werden, ob das Unternehmen während der gesamten Vertragslaufzeit dazu berichtigt ist, „[. . . ] im Wesentlichen den gesamten wirtschaftlichen Nutzen aus dem Vermögensgegenstand zu ziehen und über die Nutzung des Vermögensgegenstands zu entscheiden“⁴. Entsprechende Beispiele, wann ein maßgebliches Entscheidungsrecht vorliegt, gibt IFRS 16.B26. In diesem Zu­ sammenhang werden etwa Rechte genannt, durch die die Möglichkeit besteht, die Art des mit dem Vermögensgegenstand erzielten Ergebnisses zu bestimmen (z. B. einen Container für Transport oder Lagerung einzusetzen). Die Frage nach der bilanziellen Berücksichtigung des Vermögensgegenstands beim Leasinggeber wird nach wie vor durch eine explizite Klassifizierung der Lea­ singtransaktion in ein Finanzierungs- oder Operatingleasing gelöst, wobei der wirtschaftliche Gehalt der vertraglichen Vereinbarung entscheidend für die Bilan­ zierung ist (IFRS 16.63). Während unter einem Finanzierungsleasing ein Leasing­ verhältnis verstanden wird, „[. . . ] bei dem im Wesentlichen alle mit dem Eigentum an einem zugrundeliegenden Vermögenswert verbundenen Risiken und Chancen übertragen werden“ (IFRS 16 Anhang A), wird unter einem Operatingleasing ein Leasingverhältnis eingeordnet, „[. . . ] bei dem nicht im Wesentlichen alle mit dem Eigentum an einem zugrundeliegenden Vermögenswert verbundenen Risiken und Chancen übertragen werden“ (IFRS 16 Anhang A). Somit wird die Klassifizierung der Leasingverhältnisse im Grundsatz durch die Verteilung der Risiken und Chancen auf den Leasingnehmer bzw. den Leasinggeber bestimmt (IFRS 16.62). Als Risikofak­ toren lassen sich u. a. die technische Überholung oder die negative Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen anführen, während Wertzuwächse der Lea­ singgegenstände als Chancen einzuordnen sind. Das Prinzip der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (Substance over Form) ist nach IFRS 16.63 das überragende Prin­ zip für die Bilanzierung des Vermögensgegenstands. Als Beispiele für die Einordnung als Finanzierungsleasing-Verhältnis, das mithin die Übertragung aller wesentlichen Risiken und Chancen auf den Leasingnehmer voraussetzt, die mit dem Eigentum verbunden sind, werden von IFRS 16.63 Satz 2 folgende Fälle genannt: – Transfer of Ownership Test: Das Eigentum des Vermögenswerts wird am Ende der Laufzeit des Leasingverhältnisses auf den Leasingnehmer übertragen. 4 Morfeld 2020, Rz. 7 zu § 22.

A. Leasing









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Bargain Purchase Option-Test: Der Leasingnehmer hat die Option, den Ver­ mögenswert zu einem Preis zu erwerben, der erwartungsgemäß den zum mögli­ chen Optionsausübungszeitpunkt beizulegenden Zeitwert des Vermögenswerts so stark unterschreitet, dass zu Beginn des Leasingverhältnisses die Optionsaus­ übung hinreichend sicher ist. Economic Life-Test: Der größte Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Ver­ mögenswerts fällt in die Laufzeit des Leasingverhältnisses, auch wenn das Eigen­ tumsrecht nicht übertragen wird. Recovery of Investment-Test: Zu Beginn des Leasingverhältnisses entspricht der Barwert der Leasingzahlungen mindestens dem beizulegenden Zeitwert des zu­ grundeliegenden Vermögenswerts. Spezialleasing: Der zugrundeliegende Vermögenswert ist so speziell, dass er oh­ ne wesentliche Veränderungen nur durch den Leasingnehmer genutzt werden kann.

Sofern der Leasingnehmer den Vertrag auflöst und er die Verluste des Leasinggebers in Verbindung mit seiner Aufhebung zu tragen hat, der Leasingnehmer die Gewin­ ne und Verluste aus Schwankungen des beizulegenden Zeitwerts übernehmen muss oder die Möglichkeit für den Leasingnehmer besteht, das Leasingverhältnis über die ursprüngliche Vertragsdauer hinaus zu einer Miete fortzuführen, die eine marktübli­ che Vergleichsmiete unterschreitet, liegen gemäß IFRS 16.64 (weitere) Indikatoren für die Einstufung des Leasingverhältnisses als Finanzierungsleasing vor. Beispiel:⁵ Die XY-AG vermietet ab 01.01.t1 eine Maschine, deren Anschaffungskosten mit 3.717 T€ angegeben werden. Die Laufzeit des Leasingverhältnisses beträgt 4 Jahre bei einer wirtschaftli­ chen Nutzungsdauer von 6 Jahren. Die Leasingraten, welche am Jahresende im Nachhinein zu ent­ richten sind, betragen 1.000 T€. Es besteht keine Kaufoption bei Laufzeitende des Vertrags und es wurde auch kein automatischer Übergang des Eigentums auf den Leasingnehmer am Ende der Laufzeit vereinbart. Bei der Maschine handelt es sich um ein Standardmodell, das auch von Kon­ kurrenzunternehmen verwendet werden kann. Die XY-AG ist nicht in der Lage, den dem Leasing­ verhältnis zugrundeliegenden Zinssatz in praktikabler Weise ermitteln. Der Grenzfremdkapitalzins beträgt 3 %. Der beizulegende Zeitwert der Maschine am 1.1.t1 entspricht den Anschaffungskos­ ten. Im Folgenden soll beurteilt werden, ob nach IFRS 16 ein Finanzierungsleasing vorliegt. Eine güns­ tige Kaufoption existiert nicht. – Dem Leasingnehmer wird das Eigentum am Mietobjekt am Ende der Laufzeit nicht automa­ tisch übertragen (kein unbedingter Eigentumsübergang). – Laufzeittest: Die Laufzeit des Leasingverhältnisses (4 Jahre) entspricht 4/6 der wirtschaftli­ chen Nutzungsdauer der Maschine (6 Jahre). Damit fällt der überwiegende Teil der wirtschaft­ lichen Nutzungsdauer des Vermögenswerts in die Laufzeit des Leasingverhältnisses. Dies deutet auf ein Finanzierungsleasing hin.

5 In Anlehnung an Lüdenbach/Christian 2019, S. 513–514.

10 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen



Barwerttest: Da die XY-AG den dem Leasingverhältnis zugrundeliegenden Zins nicht in prakti­ kabler Weise ermitteln kann, verwendet sie ihren eigenen Grenzfremdkapitalzins von 3 % zur Berechnung des Barwerts: 1. Rate: 31.12.t1 2. Rate: 31.12.t2 3. Rate: 31.12.t3 4. Rate: 31.12.t4 =

Barwert zum 01.01.t1

Beizulegender Zeitwert = Anschaffungskosten 01.01.t1 a b



971 T€ a 943 T€ 915 T€ 888 T€ 3.717 T€ b 3.717 T€

917 € = 1.000 € : 1,03. 1,034 −1 3.717 € = 1.000 € ⋅ 0,03 ⋅ 1,034

Weil der Barwert dem beizulegenden Zeitwert des Leasinggegenstands entspricht, ist von ei­ nem Finanzierungsleasing-Verhältnis auszugehen. Es liegt kein Spezialleasing vor (Standardmodell).

Da mit dem Laufzeit- und Barwerttest beide Kriterien auf ein Finanzierungsleasing hindeuten, ist die Leasing-Transaktion zusammenfassend als Finanzierungsleasing-Verhältnis zu qualifizie­ ren.

Handelt es sich um ein Finanzierungsleasing-Verhältnis, so hat der Leasinggeber gemäß IFRS 16.67 eine Aktivierung der künftigen Einzahlungen als Vermögenswerte vorzunehmen, die eine Forderung gegenüber dem Leasingnehmer in Höhe der Net­ toinvestitionswerte repräsentiert. Dieser entspricht dem Barwert des Bruttoinvesti­ tionswerts, der sich nach Abzinsung sämtlicher Zahlungen ergibt, welche aus dem Leasingverhältnis zu erwarten sind. Die Differenz zwischen Brutto- und Nettoinvesti­ tionswert entspricht dem Zinsanteil, der über die Laufzeit des Leasingverhältnisses nach IFRS 16.75 so zu verteilen ist, dass „[. . . ] eine konstante periodische Verzinsung der Nettoinvestition des Leasinggebers in das Leasingverhältnis [. . . ]“ z. B. nach Maß­ gabe der Digital- oder Barwertvergleichsmethode abgebildet wird.⁶ Die Diskontierung erfolgt nach IFRS 16.68 grundsätzlich mit einem Zinssatz, der bei der Kalkulation des Leasingverhältnisses durch den Leasinggeber Verwendung gefunden hat. In der Fol­ gebewertung sind die Leasingraten in einen Tilgungs- und Ertragsanteil aufzuspalten, wobei der Tilgungsanteil im Zeitablauf zu einer Rückführung der Forderung verwen­ det wird. Der Leasinggegenstand ist beim Leasinggeber nicht zu aktivieren, da er nicht mehr das wirtschaftliche Eigentum besitzt.

6 Vgl. Freidank/Meuthen 2022,Teil 3, Gliederungspunkt II.B.2.b; Moorfeld 2020, Rz. 72 zu § 22.

A. Leasing

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11

Beispiel: Unter Bezugnahme auf das vorstehende Beispiel hätte die Folgebewertung bei der XYAG nachstehendes Aussehen, wenn die Aufteilung der jährlichen Leasingraten nach der Digitalme­ thode vorgenommen wird. t

Leasingrate

Tilgungsanteil

Zinsertrag

Leasingforderung

0 1 2 3 4 Summe

– 1.000 1.000 1.000 1.000 4.000



– 113,20 b 84,90 56,60 28,30 283,00

3.717,00 2.830,20 c 1.915,10 971,70 0 –

886,80 a 915,10 943,40 971,70 3.717,00

a

886,80 T€ = 1.000 T€ − 113,20 T€. 113,20 T€ = 4/10 · 283 T€. c 2.830,20 T€ = 3.717,00 T€ − 886,80 T€. b

Abb. 2: Daten zur Folgebewertung beim Leasinggeber (alle Werte in T€). Der Buchungssatz am 01.01.t1 lautet: Leasingforderung

an

Maschinen

3.717,00 T€

Der Buchungssatz am 31.12.t1 lautet: Guthaben bei Kreditinstituten

1.000,00 T€

an

Leasingforderung Zinsertrag

886,80 T€ 113,20 T€

Falls der Leasinggeber vom Leasingnehmer oder einem Dritten eine Restwertgaran­ tie erhält, dann sind die erwarteten Zahlungen Bestandteil des Nettoinvestitionswerts [IFRS 16.70(a)]. Sofern sich der geschätzte Restwert des Leasinggegenstandes mindert, ist der Nettoinvestitionswert anzupassen, wobei Änderungen des Zinsertrags unmit­ telbar erfolgswirksam verbucht werden müssen.⁷ Allerdings sind bei der buchhalterischen Erfassung eines FinanzierungsleasingVerhältnisses nach IFRS 16.71–74 einige Besonderheiten zu beachten, wenn es sich beim Leasinggeber um einen Händler oder Hersteller des Leasingobjekts handelt, da in diesem Fall zwei Erfolgsarten vorliegen. Zunächst ist der Erfolg aus dem Verkaufs­ geschäft zu erfassen, der sich aus der Differenz von Umsatzerlös und Anschaffungsbzw. Herstellungskosten des Leasingobjekts ergibt. Der Umsatzerlös entspricht dem Barwert der Leasingzahlungen oder dem niedrigeren beizulegenden Zeitwert des Lea­ singobjekts. Ferner ist der Zinserfolg über die Laufzeit des Finanzierungs-Verhältnis­ ses zu verbuchen. Falls Händler oder Hersteller niedrige Zinssätze zur Diskontierung der Leasingraten verwenden, um das Interesse an ihren Leasingobjekten zu wecken, so hat der Leasinggeber „[. . . ] den Veräußerungsgewinn auf den Betrag zu beschrän­ ken, der bei einem marktüblichen Zinssatz erzielt würde“ (IFRS 16.73).

7 Vgl. Morfeld 2020, Rz. 72 zu § 22.

12 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

Sofern ein Operating-Leasingverhältnis vorliegt, erfolgt die Bilanzierung des Leasinggegenstands beim Leasinggeber als zivilrechtlichem und wirtschaftlichem Eigentümer, wobei ein Ausweis unter den immateriellen Vermögensgegenständen oder den Sachanlagen in Betracht kommen kann. Die Bewertung des Leasingge­ genstands ist dann zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorzunehmen. Laut IFRS 16.81 sind die vereinbarten Zahlungen der Leasingraten als Ertrag grundsätzlich in linearer Form zu erfassen. Ferner steht dem Leasinggeber im Rahmen der Folge­ bewertung etwa bei Rückgriff auf das Anschaffungskostenmodell das Recht zur Vor­ nahme planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibungen auf die Anschaffungsoder Herstellungskosten des aktivierten Leasinggegenstands nach den Grundsätzen der IAS 16 und IAS 38 zu (IFRS 16.84). Zur Beantwortung der Frage nach der bilanziellen Berücksichtigung des Vermö­ gensgegenstands beim Leasingnehmer spielt die Klassifizierung der Leasingtrans­ aktion in ein Finanzierungs- oder Operatingleasing keine Rolle mehr. Der Leasing­ nehmer muss unabhängig von dieser Zuordnung gemäß IFRS 16.22 stets eine Akti­ vierung des Vermögenswerts für das gewährte Nutzungsrecht und gleichzeitig ei­ ne Passivierung der in Höhe des Leasingverhältnisses künftig zu leistenden Zahlun­ gen an den Leasinggeber als Leasingverbindlichkeit vornehmen. Das gewährte Nut­ zungsrecht für den Leasinggegenstand hat der Leasingnehmer gemäß IFRS 16.23 zu Anschaffungskosten zu bewerten, die sich aus den von IFRS 16.24 genannten Kom­ ponenten zusammensetzen (z. B. Betrag der erstmaligen Bewertung der Leasingver­ bindlichkeit, sonstige bereits geleistete Zahlungen, anfallende Kosten beim Leasing­ nehmer). Die Leasingverbindlichkeit ist gemäß IFRS 16.26 zum Barwert der zu diesem Zeitpunkt noch nicht geleisteten Leasingzahlungen anzusetzen. Die Diskontierung er­ folgt nach IFRS 16.26 grundsätzlich mit einem Zinssatz, der bei der Kalkulation des Leasingverhältnisses durch den Leasingnehmer Verwendung gefunden hat. Sofern dieser nicht bekannt ist, muss auf einen Grenzfremdkapitalzinssatz zurückgegrif­ fen werden, der den Zins widerspiegelt, den der Leasingnehmer bei einem vergleich­ baren Leasingverhältnis oder für die Aufnahme von Fremdkapital zur Finanzierung des Leasinggegenstands zahlen müsste. Während der Laufzeit des Leasingverhältnisses wird der Buchwert der Leasing­ verbindlichkeit mit dem festgelegten Zinssatz sukzessive aufgezinst, wobei der peri­ odenbezogene Aufstockungsbetrag als Zinsaufwand zum Ausweis kommt. Demge­ genüber mindern die periodenweise vom Leasingnehmer zu leistenden Leasingzah­ lungen den Buchwert der Verbindlichkeiten. Im Rahmen der Folgebewertung hat der Leasingnehmer unabhängig davon, ob er wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingge­ genstands ist, etwa bei Rückgriff auf das Anschaffungskostenmodell gemäß IFRS 16.30 IFRS planmäßige oder außerplanmäßige Abschreibungen auf die Anschaffungskosten des gewährten Nutzungsrechts nach den Grundsätzen des IAS 16 und IAS 36 vorzu­ nehmen.

A. Leasing

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Beispiel: Unter der Annahme sonst gleicher Daten wird im Hinblick auf die beiden vorstehenden Beispiele unterstellt, dass der Leasingnehmer der Maschine die XY-GmbH ist, bei der keine weite­ ren Kosten für den Leasinggegenstand anfallen. Das gewährte Nutzungsrecht wird linear über die Laufzeit des Leasingverhältnisses abgeschrieben. t

Buchwert Nutzungs­ recht

Buchwert Leasing­ verbind­ lichkeit

Leasing­ zahlung

Tilgungs­ anteil

Zins­ aufwand

0 1 2 3 4

3.717,00 2.787,75 a 1.858,50 929,50 0

3.717,00 € 2.830,20 b 1.915,10 971,70 0

– 1.000 1.000 1.000 1.000



– 113,20 € d 84,90 € 56,60 € 28,30 €

Summe





4.000

3.717,00

886,40 c 915,10 943,40 971,70

283,00 €

Abschrei­ bung Nutzungs­ recht 0 929,25 929,25 929,25 929,25 3.717,00

a

2.787,75 T€ = 3.717 T€ − (3.717,00 T€ : 4). 2.830,20 T€ = 3.717,00 T€ − 1.000 T€ + 113,20 €. c 886,80 T€ = 1.000 T€ − 113,20 T€. d 113,20 T€ = 4/10 · 283 T€. b

Abb. 3: Daten zur Folgebewertung beim Leasingnehmer (alle Werte in T€). Der Buchungssatz am Bereitstellungstag der Maschine in t = 0 lautet: Nutzungsrecht

an

Leasingverbindlichkeit

3.717,00 T€

Die Buchungssätze am 31.12.t1 lauten: (1) (2) (3)

Leasingverbindlichkeit Zinsaufwand Abschreibungen

an an an

Guthaben bei Kreditinstituten Leasingverbindlichkeit Nutzungsrecht

1.000,00 T€ 113,20 T€ 929,25 T€

Der Vergleich mit den Ergebnissen des vorhergehenden Beispiels zeigt, dass die buch­ halterische Erfassung des Finanzierungsleasing-Verhältnisses beim Leasingnehmer seitenverkehrt zum Leasinggeber erfolgt.

3. Zusammenfassung Die Zielsetzung der IFRS-Reform der Leasingbilanzierung besteht in einer Vermei­ dung von Abgrenzungsproblemen zwischen Finanzierungs- und Operatingleasing, der Betonung des Vollständigkeitsprinzips sowie der Anpassung an die Rech­ nungslegungsvorschriften der US-GAAP. Hierdurch wird der Risk and Reward Ap­ proch durch den Right of Use Approach ersetzt. Dies bedeutet, dass die Frage nach der Verteilung der Risiken und Chancen zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer nicht mehr im Vordergrund steht und die Trennung in Finanzierungs- und Operati­

14 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

onsleasing-Verhältnisse nur noch für den Leasinggeber Relevanz besitzt. So hat der Leasingnehmer unabhängig davon, ob ein Finanzierungs- oder Operationsleasing vorliegt, während des Leasingzeitraums stets für das Nutzungsrecht am Leasing­ gegenstand einen Vermögensgegenstand zu aktivieren und für die Schuld eine Leasingverbindlichkeit zu passivieren. Spiegelbildlich hierzu weist der Leasing­ nehmer für das Recht auf Erhalt der Leasingzahlungen einen Vermögenswert als Leasingforderung aus. Im Vergleich zur Bilanzierung nach Handels- und Steuer­ recht wird der Nichtansatz des Leasinggegenstands beim Leasingnehmer im Falle des Vorliegens eines Operatingleasing-Verhältnisses (Off-Balance-Effekt) zum Zwecke der Sicherung des Vollständigkeitsprinzips vermieden. Abbildung 4 fasst die bilan­ zielle Berücksichtigung von Leasingtransaktionen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS zusammen. Handels- und Steuerrecht

IFRS

– Keine expliziten Regelungen im Handelsrecht, daher Anwendung der Leasingerlasse des BMF. – Unterscheidung in Finanzierungs- und Operatingleasing-Verhältnisse. – Beim Auseinanderfallen von wirtschaftlichem und juristischem Eigentum am Leasinggegenstand steht das wirtschaftliche Eigentum im Vordergrund. – Entscheidungskriterien für die Leasingeinordnung: Mietverlängerungsoption, Kaufoption, Spezialleasing, Verhältnis der Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer.

– Es existiert ein eigener Standard (IAS 16). – Unterscheidung in Finanzierungs- und Operatingleasing-Verhältnisse besitzt nur noch für den Leasinggeber Relevanz. – Beim Auseinanderfallen von wirtschaftlichem und juristischem Eigentum am Leasinggegenstand steht bei der bilanziellen Zuordnung das wirtschaftliche Eigentum im Vordergrund (Substance over Form). – Entscheidungskriterium für die Zuordnung des Leasinggegenstands: Der Übergang wesentlicher Chancen und Risiken auf den Leasingnehmer nach dem Risk and Reward Approach wurde durch den Right of Use Approach abgelöst. Hiernach spielt das Nutzungsrecht an einem Vermögensgegenstand die entscheidende Rolle für die Beurteilung der Bilanzierung des Leasinggegenstands beim Leasingnehmer.

Abb. 4: Behandlung von Leasingtransaktionen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS.

B. Erfolgserfassung

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B. Erfolgserfassung⁸ 1. Handels- und Steuerrecht⁹ Die Begriffe „Erträge“ und „Aufwendungen“ sind im Handelsrecht nicht definiert. Nach h. M. repräsentieren Erträge die gesamten, mit Erfolgseinnahmen bewerteten Gütererstellungen einer Rechnungsperiode, unter Berücksichtigung von Ertragskor­ rekturen früherer Perioden.¹⁰ Mithin stellen sie auf eine Reinvermögensmehrung ab. Im Gegensatz zur primär statisch geprägten Vermögenskonzeption folgt das Handels­ recht im Rahmen des Ertrags- und Aufwandsbegriffs der dynamischen Bilanztheorie, die im Wesentlichen dem sog. Revenue and Expense Approach entspricht. Ange­ sichts der Tatsache, dass im Regelfall lediglich eine erfolgswirksame Ertragserfassung auf Einzelabschlussebene vorgesehen ist, erfolgt eine strikte Anlehnung an das Kon­ gruenzprinzip, welches als einer der wesentlichen Rechnungslegungsgrundsätze von Schmalenbach anzusehen ist.¹¹ Im Steuerrecht werden Betriebseinnahmen als Erträge definiert, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Betriebseinnahmen i. S. d. Steuerrechts sind dabei nicht mit dem handelsrechtlichen Ertragsbegriff gleichzusetzen. So werden ei­ nerseits kraft steuerrechtlicher Regelung vereinzelt Betriebseinnahmen, die zugleich Erträge der Periode darstellen, zu steuerfreien Erträgen erklärt. Andererseits existie­ ren aber auch erfolgswirksame Betriebseinnahmen, die aus handelsrechtlicher Sicht nicht als Ertrag behandelt werden (z. B. Auflösung steuerfreier Rücklagen in der Steu­ erbilanz, die in der Handelsbilanz seit dem BilMoG nicht mehr angesetzt werden dür­ fen). Als Abgrenzungsgrundsätze lassen sich im Handels- und Steuerrecht insbeson­ dere das Prinzip der Periodenabgrenzung (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) sowie das Realisa­ tions- und Imparitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) unterscheiden. Die Einschät­ zung, wonach die den zukünftigen (ertragsorientierten) Einnahmen entsprechenden Erträge schon im Zeitpunkt der Gütererstellung in voller Höhe als realisiert gelten, wird jedoch infolge der strengen Auslegung des Realisationsprinzips (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 2. HS HGB) als Ausfluss des statisch geprägten Vorsichtsprinzips relativiert; es besteht grundsätzlich ein Ausweisverbot für noch nicht durch den Umsatzprozess verwirk­ lichte Gewinne. Diese gelten nach h. M. beim Verkauf von Vermögensgegenständen bzw. Wirtschaftsgütern erst vom Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht an den Käufer als verwirklicht.¹² Mithin dürfen Gütererstellungen bezüglich aktivierba­ rer innerbetrieblicher Leistungen und auf Lager befindlicher Erzeugnisse, die (noch)

8 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt III.C. 9 Vgl. Freidank et al. 2016a, S. 155–162. 10 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt III.C.1.e. 11 Vgl. Schmalenbach 1962, S. 96–97 und Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt IV.D.4. 12 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt IV.C.1.e.

16 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

nicht durch den Umsatzprozess realisiert wurden, höchstens zu Herstellungskosten (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB) im Jahresabschluss angesetzt werden. Hieraus folgt die stren­ ge Befolgung des Transaktionsansatzes, wonach Änderungen von Vermögenswer­ ten und Schulden nur dann in der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigt wer­ den, wenn sie das Ergebnis einer in- oder externen Transaktion sind. Diese strenge Einhaltung des Transaktionsansatzes wird beim verrechneten Planvermögen i. S. d. § 246 Abs. 2 Satz 2, 3 HGB, bei der Währungsumrechnung nach § 256a HGB, bei der Abzinsung von Rückstellungen sowie bei Unternehmen im Sinne von § 340 HGB bei der Bewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbe­ stands zum beizulegenden Zeitwert (§ 340e Abs. 3 Satz 1 HGB) aus handelsrechtlicher Sicht punktuell durchbrochen. Die letztgenannten Erträge sind jedoch aus Gründen des Gläubigerschutzes zunächst um einen Risikoabschlag zu korrigieren und müs­ sen in einen Sonderposten eingestellt werden, der wie eine Ausschüttungssperre wirkt (§ 340e Abs. 4 HGB). Die beiden letztgenannten Durchbrechungen werden auch steuerrechtlich nachvollzogen. Einen Spezialfall der Ertragsrealisierung stellt die Bewertung von langfristigen Fertigungs- und Dienstleistungsaufträgen dar, für die handels- und steuerrecht­ lich grundsätzlich die Completed Contract Method (CCM) zur Anwendung kommt.¹³ Hiernach werden Erträge im Jahresabschluss nur berücksichtigt, wenn sie nach dem Realisationsprinzip vollständig vereinnahmt wurden. Nach der Abkoppelungstheo­ rie ergibt sich aber eine Publizitätsverpflichtung zur Einhaltung des True and Fair View-Prinzips nach § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB. Durch die mit der Befolgung der CCM ein­ hergehenden Einschränkung der Informationsfunktion des Jahresabschlusses wird durch eine entsprechende Anhangangabe geheilt. Regelmäßig wird der Realisations­ zeitpunkt erst mit Übergabe des fertig gestellten Vermögensgegenstands an den Kun­ den akzeptiert. Eine ergebniserhöhende Umsatzberücksichtigung hat unter Beach­ tung des Transaktionsansatzes erst zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen. Allerdings wird im Schrifttum auch eine handelsrechtliche Teilgewinnrealisierung auf der Basis ei­ ner ausdrücklichen Vereinbarung von Teilauftragsabrechnungen (qualifizierte Teilab­ nahme) für zulässig erachtet.¹⁴ In Analogie zu den Erträgen basiert der Begriff der Aufwendungen handelsrecht­ lich auf den periodisierten (erfolgswirksamen) Ausgaben, wenn der Ausnahmefall des Werteverzehrs geschenkter Wirtschaftsgüter unberücksichtigt bleibt. Aufgrund von Unsicherheiten bezüglich der Höhe des Werteverzehrs ist es bei einigen Vermö­ genswerten nicht immer möglich, die entsprechenden erfolgswirksamen Ausgaben verursachungsgerecht zu periodisieren. Stellt sich in den folgenden Perioden her­ aus, dass die ursprünglich unterstellten Werteverzehre nicht der Realität entspre­ chen, dann sind die anteiligen Wertdifferenzen in den Erfolgsrechnungen späterer

13 Vgl. Teil 1, Gliederungspunkt I.C. 14 Vgl. stellvertretend Schubert/Hutzler 2022, Rz. 400–407 zu § 255 HGB.

B. Erfolgserfassung

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Rechnungsabschnitte zu berücksichtigen, da nachträgliche Korrekturen in den ver­ gangenen Zeiträumen Änderungen der gesamten entsprechenden Jahresabschlüsse bewirken würden. Infolgedessen können Aufwendungen als die gesamten, mit er­ folgswirksamen Ausgaben bewerteten Güterverzehre einer Rechnungsperiode, unter Berücksichtigung von Aufwandskorrekturen früherer Zeiträume, definiert werden.¹⁵ Das Imparitätsprinzip stellt hierbei in Analogie zum Realisationsprinzip im Rahmen der Ertragserfassung den Ausfluss des Vorsichtsprinzips dar, da bereits ein Ausweis zukünftiger realisierbarer Verluste geboten ist. Insofern wird der Transaktionsansatz im Rahmen der Aufwendungen durch die zeitliche Risikovorwegnahme durchbro­ chen. Das Steuerrecht legt in § 4 Abs. 4 EStG den Terminus Betriebsausgaben zugrunde. Diese lassen sich als Aufwendungen definieren, die durch den Betrieb veranlasst sind. Allerdings sind Betriebsausgaben nicht mit dem handelsrechtlichen Aufwandsbegriff gleichzusetzen. So werden durch spezifische steuerrechtliche Regelungen einerseits vereinzelt Betriebsausgaben, die zugleich Aufwand der Periode darstellen, zu sog. nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben erklärt (z. B. Aufwendungen für Geschen­ ke, Gästehäuser etc. gemäß § 4 Abs. 5 EStG). Andererseits existieren aber auch Fälle, die aus steuerrechtlicher Sicht zu abzugsfähigen Betriebsausgaben führen, handels­ rechtlich aber nicht als Aufwand behandelt werden (z. B. Vornahme rein steuerrecht­ licher Bewertungsvergünstigungen, die in der Handelsbilanz nicht angesetzt werden dürfen).

2. IFRS a. Erfolgswirksame und erfolgsneutrale Komponenten Vergleichbar mit der Ansatz- und Passivierungsfähigkeit nach IFRS wird auch die Er­ fassung von Aufwendungen und Erträgen in der Erfolgsrechnung zweistufig geregelt (F 7.15–F.16). Die abstrakte Ausweisfähigkeit grenzt diejenigen Sachverhalte ein, die grundsätzlich in der Gesamterfolgsrechnung Berücksichtigung finden. Hierbei han­ delt es sich um Erträge (Income) und Aufwendungen (Expenses). Die konkrete Aus­ weisfähigkeit knüpft an spezifische Kriterien (Recognition Criteria) an, anhand derer bestimmt wird, wann Erträge und Aufwendungen zu erfassen sind (F 5.6–5.25). Erträge stellen den Gegenwert einer Zunahme des künftigen wirtschaftlichen Nutzens in der Berichtsperiode in Form von Zuflüssen oder Werterhöhungen von Vermögenswerten oder einer Abnahme von Schulden dar (F 4.68; IFRS 15, Anhang). Erträge führen – wie auch nach den Regelungen des HGB – angesichts der doppelten Buchführung zu einer Erhöhung des Eigenkapitals (Equity) bzw. des Reinvermögens, wobei Einlagen der Anteilseigner keine Berücksichtigung finden (F 4.70; IFRS 15,

15 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt III.C.1.b.

18 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

Anhang). Aus der allgemeinen Ertragsdefinition nach dem Framework leitet sich ein im Vergleich zum HGB geringerer Stellenwert des Income and Expense Approach ab. Vielmehr wird nach den IFRS der Asset and Liability bzw. Balanced Sheet Ap­ proach zugrunde gelegt, welcher im Wesentlichen der statischen Bilanzauffassung entspricht. Hieraus folgt, dass dem Gedanken der genauen Periodisierung von Auf­ wendungen und Erträgen nach wie vor ein untergeordneter Stellenwert zukommt, obwohl neuerdings das Framework die Informationen über Assets and Liabilities den Informationen über Income and Expenses in ihrer Bedeutung gleichstellt (F 4.71). Darüber hinaus wird der Asset and Liability Approach in bestimmten Einzelstandards (z. B. IFRS 15) zugunsten der periodengerechten Erfolgsermittlung durchbrochen. Der Ertragsbegriff lässt sich in Beträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (Revenues) und sonstige Erträge (Other Income) unterscheiden (IAS 1.82; IAS 1.102 und 1.103; IFRS 15, Anhang). Erträge aus der betrieblichen Tätigkeit umfassen in ers­ ter Linie Umsatzerlöse. Es handelt sich hier im Sinne von § 277 Abs. 1 HGB um „[. . . ] Erlöse aus dem Verkauf und der Vermietung oder Verpachtung von Produkten sowie aus der Erbringung von Dienstleistungen [. . . ]“. Der Transaktionsansatz wird hierbei generell befolgt, auch wenn Erträge grundsätzlich dann erfasst werden können, wenn sie realisierbar sind. Sonstige Erträge resultieren insbesondere aus Wertsteigerungen von Vermö­ genswerten und Wertminderungen von Schulden (F 4.68; IAS 1.82; IFRS 15, Anhang). Darunter fallen z. B. Erträge aus der Veräußerung von Werten des Sachanlagever­ mögens, aber auch Gewinne aus der Neubewertung marktfähiger Wertpapiere. Da­ bei erfolgt grundsätzlich ein gesonderter Ausweis der sonstigen Erträge, weil ihre Kenntnis das Entscheidungsverhalten der Stakeholder maßgeblich beeinflusst. Ein Nettoausweis – nach Verrechnung mit den damit verbundenen Aufwendungen – ist nur unter gewissen Vorlaussetzungen vorgeschrieben oder gestattet (IAS 1.32–1.33). Diejenigen sonstigen Erträge, welche aus einer Änderung des beizulegenden Zeit­ werts resultieren, werden vereinnahmt, ohne dass eine Transaktion vorliegt. Ferner kommt es zu einer Durchbrechung des Kongruenzprinzips, da z. B. bei einer Neube­ wertung von Sachanlagevermögen oder immateriellen Vermögensgegenständen eine erfolgsneutrale Ertragserfassung erfolgt. Hierin zeigt sich die partiell nachrangi­ ge Bedeutung der dynamischen Bilanzauffassung im Rahmen des IFRS-Regelwerks. Wesentliche Unterschiede ergeben sich somit zum HGB, das kein Konglomerat aus erfolgsneutraler und erfolgswirksamer Ertragserfassung vorsieht. So sind nach IFRS – im Gegensatz zum HGB – die erfolgsneutralen Ergebnisbestandteile (Other Com­ prehensive Income) von dem erfolgswirksamen Periodenergebnis (Profit or Loss), welches auch das aperiodische Ergebnis (z. B. Rückstellungsauflösungen über/unter dem Buchwert) enthält, zu separieren und sodann in einen Periodengesamterfolg (Comprehensive Income) zusammen zu führen.¹⁶

16 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.C.

B. Erfolgserfassung

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Aufwendungen repräsentieren als Ausfluss des Asset and Liability Approach die Abnahme des wirtschaftlichen Nutzens in der Berichtsperiode in Form von Ab­ flüssen oder Verminderungen von Vermögenswerten oder Erhöhung von Schulden (F 4.69). Sie bewirken zugleich eine Abnahme des Eigenkapitals, wobei Ausschüttun­ gen an die Anteilseigner und Entnahmen von diesen nicht einbezogen werden. In Übereinstimmung mit den Erträgen erfolgt eine Unterteilung in Aufwendungen, die im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit anfallen (Expenses) und in sonsti­ ge Aufwendungen (Losses) (F 7.15). Zur ersten Gruppe zählen z. B. Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für Leistungen an Arbeitnehmer und Ab­ schreibungen oder Umsatz- und Vertriebskosten. Zu den sonstigen Aufwendungen gehören u. a. Aufwendungen aus der Veräußerung von Gegenständen des Sachan­ lagevermögens und Aufwendungen aus der Neubewertung von Gegenständen des Sachanlagevermögens (IAS 16.39–16.40) oder immateriellen Vermögensgegenstän­ den (IAS 38.85–38.86). Auch bei den sonstigen Aufwendungen ist ein gesonderter Ausweis in der Gesamtergebnisrechnung angezeigt, falls hierdurch die dargelegten Informationen für die Stakeholder nützlicher werden (F 7.14). Ein Nettoausweis – nach Verrechnung mit den damit verbundenen Erträgen – ist nur unter gewissen Voraussetzungen vorgeschrieben oder gestattet (IAS 1.32–1.33). Sofern sich bestimmte Posten (Items) den Erträgen und Aufwendungen subsu­ mieren lassen, resultiert hieraus nicht automatische eine Erfassung (Recognition) in der Erfolgsrechnung. Die Qualifizierung stellt lediglich eine abstrakte, aber noch kei­ ne konkrete Voraussetzung für ihre Erfassung dar. So ist eine Berücksichtigung von Erträgen und Aufwendungen in der Darstellung des Unternehmenserfolgs lediglich dann geboten, wenn sie die vorstehend angeführten Definitionen erfüllen (F 5.6) und darüber hinaus unter Berücksichtigung von Kostenabwägungen (F 5.8) den Adressa­ ten des Abschlusses durch den Ansatz in der Gesamterfolgsrechnung relevante und glaubwürdige Informationen vermitteln (F 5.7).¹⁷ Die Ertrags- und Aufwandserfassung erfolgt zeitgleich mit der betragsmäßigen Änderung der korrespondierenden Vermögenswerte und Schulden (F 5.5), wobei grundsätzlich auf den Zeitpunkt abzustellen ist, zu dem die Wertänderung glaubwür­ dig ermittelt werden kann (IAS 1.15). Darüber hinaus bestimmen einige Standards den Zeitpunkt der Ertragserfassung (z. B. IFRS 15.31–15.34; IFRS 16.75–16.78, 16.81–16.86; IFRS 9).¹⁸ Als Abgrenzungsgrundsätze für die Ertrags- und Aufwandserfassung lassen sich nach den IFRS insbesondere das Prinzip der Periodenabgrenzung (F 1.17) und das Matching Principle (F 5.5) unterscheiden. Nach dem Matching Pinciple, welches im Handels- und Steuerrecht dem Grundsatz der Abgrenzung der Sache nach entspricht, sind Erträge, die in einem direkten Kontext mit den entsprechenden Aufwendungen

17 Vgl. Coenenberg et al. 2021, S. 541. 18 Vgl. Lübbing/Kühnel 2020, Rz. 145 zu § 2.

20 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

stehen (z. B. Umsatzerlöse und Umsatzkosten), grundsätzlich in der Periode ergeb­ niswirksam zu berücksichtigen, in der die Aufwendungen erfasst werden. Allerdings wird im Rahmenkonzept auch erläutert, dass die simultane Erfassung von Ertrag und Aufwand kein Ziel des Framework ist (F 5.5). Eine Behandlung von Gewinnen und Verlusten nach Maßgabe des Realisations- und Imparitätsprinzips existiert im IFRSRegelwerk aber nicht. Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass Aufwendungen nur dann akti­ visch abgegrenzt werden dürfen, wenn der jeweilige Aktivposten den Charakter ei­ nes Vermögenswerts trägt. Somit sind z. B. Forschungskosten nach IAS 38.54–38.56 nicht zu aktivieren und als Aufwendungen zu erfassen, obwohl die zugehörigen Erträ­ ge erst in zukünftigen Perioden erwartet werden. Ferner darf für im Voraus geleistete Zahlungen für Mieten und Versicherungen kein aktivischer Rechnungsabgrenzungs­ posten gebildet werden, da sie wirtschaftlich der Folgeperiode zuzurechnen sind.¹⁹ b. Umsatzrealisierung bei Kundenaufträgen Das IASB hat im Jahre 2014 den Standard IFRS 15 „Erlöse aus Verträgen mit Kunden“ veröffentlicht, der die Umsatzrealisierung bei Kundenverträgen betrifft und u. a. IAS 11 und IAS 18 ab dem 01.010.2018 ersetzt. Im Sinne einer Betonung des statischen Asset and Liability Approach erfolgt ein Übergang vom bisherigen Risik and Reward Ap­ proach zum Control Approach. Die Bilanzierung eines vertragsbasierten Postens mit positivem (Control Asset) oder negativem Vorzeichen (Contract Liability) stellt auf die Beherrschung des Asset bzw. die Leistungsverpflichtung der Schuld ab. Ein Ertrags­ ausweis setzt mithin voraus, dass eine Leistungsverpflichtung zur Lieferung von Gü­ tern oder zur Erbringung von Dienstleistungen erfüllt wurde. Der Umsatz ist dabei in Höhe der zu erwartenden Gegenleistung auszuweisen, wobei der Gehalt der Gegen­ leistung wahrscheinlich sein muss [IFRS 15.9(e)]. In diesem Zusammenhang sind fünf Schritte maßgebend, die in Abbildung 5 zu­ sammengestellt sind.²⁰ Zunächst ist in einem ersten Schritt der relevante Kundenver­ trag zu identifizieren (IFRS 15.9–15.21). Sodann müssen in einem zweiten Schritt die einzelnen vertraglichen Leistungsversprechen analysiert werden (IRFS 15.22–15.30). Der dritte Schritt bezieht sich auf die Ermittlung des Transaktionspreises, d. h. des Umsatzes (IFRS 15.47–15.72). Dieser muss in einem vierten Schritt auf die identifizier­ te Leistungsverpflichtung (IFRS 15.73–15.86) aufgeteilt werden. Schließlich sieht der fünfte und letzte Schritt die Umsatzrealisierung nach Maßgabe des Kontrollüber­ gangs bzw. des Leistungsfortschritts vor (IFRS 15.31–15.45). Die gegenüber dem Handels- und Steuerrecht weniger restriktive Auslegung des Realisationsprinzips wird bei der zeitraumbezogenen Leistungsverpflichtung zum

19 Vgl. Lübbing/Kühnel 2020, Rz. 147 zu § 2. 20 Entnommen von Morich 2014, S. 1999.

B. Erfolgserfassung

Unternehmen (Auftragnehmer)

1. Identifizierung des Vertrags

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Kunde (Auftraggeber)

liefert/leistet

Leistungsverpflichtungen • Leistungsverpflichtung 1 • Leistungsverpflichtung 2 • Leistungsverpflichtung 3 • Leistungsverpflichtung …

»Quasi-Schuld«

4. Zuordnung des Transaktionspreises zu den Leistungsverpflichtungen

Gegenleistung

• Geld • variable Gegenleistung • Finanzierung • nicht monetäre Gegenleistung

Transaktionspreis

Vertragsbasierter Nettoposten

… wird verringert durch

»Quasi-Vermögenswert« … wird verringert durch Zahlung oder Umwidmung in Forderung

5. Erfüllung von Leistungsverpflichtungen Zeitpunktbezogene Leistungsverpflichtung

Kontrollübergang

Zeitraumbezogene Leistungsverpflichtung

Leistungsfortschritt

3. Ermittlung des Transaktionspreises

Güter und Dienstleistungen

erbringt

Fakturierung

2. Identifizierung von Leistungsverpflichtungen

Leistung

Erfassung von Umsatzerlösen

Abb. 5: Umsatzrealisation nach IFRS 15.

Ausdruck gebracht. So muss für eine zeitraumbezogene Umsatzrealisierung eine der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt sein (IFRS 15.35):²¹ – Der Kunde erhält und verbraucht den Nutzen der Leistung gleichzeitig mit der Leistungserbringung durch das Unternehmen, oder – die Leistung des Unternehmens schafft oder verbessert einen Vermögenswert, der durch den Kunden während des Zeitraums der Leistungserstellung kontrolliert wird, oder – die Leistung des Unternehmens führt zu einem Vermögenswert ohne alternative Nutzung und das Unternehmen besitzt ein durchsetzbares Recht auf Zahlung für die bislang erbrachte Leistung. Die gegenüber dem Handels- und Steuerrecht weniger starke Betonung des Vor­ sichtsprinzips in der IFRS Rechnungslegung korrespondiert mit der grundsätzli­ chen Nichtanwendung der Completed Contract Method (CCM). Wenngleich das IASB im Gegensatz zu IAS 11 und IAS 18 nicht mehr explizit die Bezeichnung „Percentage

21 Vgl. Schurbohm-Ebneth/Ohmen 2015, S. 9.

22 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

of Completion Method“ (PoCM) verwendet, ist diese auch nach IFRS 15 bei zeitraum­ bezogener Leistungsverpflichtung faktisch heranzuziehen.²² Die Anwendung der PoCM bewirkt eine Teilgewinnrealisierung nach Maßgabe des geschätzten Fertig­ stellungsgrads am Bewertungsstichtag. Die mit einem zeitraumbezogenen Kunden­ vertrag verbundenen Erlöse und Kosten sind entsprechend dem Leistungsfortschritt jeweils als Erträge und Aufwendungen zu erfassen. In Abbildung 6 sind die Aufwands- und Ertragskonzeptionen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS zusammenfassend dargestellt.

C. Langfristige Auftragsfertigung²³ 1. Charakteristika und Abbildung im Rechnungswesen a. Grundlegendes Langfristige Fertigungsaufträge (Construction Contracts) stellen Verträge über die auf­ tragsspezifische Erstellung aufeinander abgestimmter oder voneinander abhängiger Gegenstände dar, wobei die Fertigungsdauer sich auf mindestens zwei Geschäftspe­ rioden erstreckt. Obwohl aus den geschlossenen Fertigungsverträgen i. d. R. kein Ver­ wertungsrisiko für das Produktionsunternehmen resultiert, ist der Bereich der lang­ fristigen Auftragsfertigung durch eine erhöhte Komplexität und Risikoanfälligkeit im Hinblick auf die (inter-)nationale Rechnungslegung und die Steuerung im Rahmen des Controlling gekennzeichnet. Langfristige Fertigungsaufträge sind im Gegensatz zur Serienfertigung durch ei­ nen hohen Individualitätsgrad der Produktgestaltung gekennzeichnet, so dass ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zum Auftraggeber besteht. Sie repräsentieren somit Einzelfertigungen und können i. d. R. nicht wiederholt erstellt werden. Im Rahmen der Selbstkostenkalkulation²⁴ bestehen zu Beginn des Projekts Planungsunsicher­ heiten bei der Quantifizierung und Berücksichtigung sämtlicher Kostenfaktoren, da sowohl ein Rückgriff auf Branchen- oder Unternehmensvergleiche als auch auf frühe­ re Auftragsverträge des betrachteten Fertigungsunternehmens angesichts der Exklu­ sivität des Auftrags nur in engen Grenzen möglich ist. Daneben spielen u. a. techni­ sche Risiken bei Leistungsverzug oder Schlechterfüllung eine erhebliche Rolle (u. a. in Form möglicher Konventionalstrafen oder Klagen), wenn die Einhaltung bestimm­ ter Leistungsindikatoren oder Zeittermine vertraglich garantiert wurde und sich im Laufe der Produktionsdauer herausstellt, dass diese nicht durch das Fertigungsunter­ nehmen zu erfüllen sind. Schließlich können ebenfalls Finanzierungsrisiken auf­ treten, die sich aus einem möglichen Zahlungsausfall oder Zahlungsverzug des Auf­

22 Vgl. die Ausführungen in Teil 1 zu Gliederungspunkt I.C.2. 23 Vgl. Freidank/Ceschinski 2020, S. 10–16. 24 Vgl. Freidank/Sassen 2020, S. 177–199.

Abb. 6: Aufwands- und Ertragskonzeptionen im Vergleich.

Generell nur erfolgswirksam (strenge Befolgung des Kongruenzprinzips)

HGB tendenziell dynamisch (Revenue and Expense Aproach)

Bilanztheoretische Einordnung

Erträge (HGB): gesamte, mit erfolgswirksamen Einnahmen bewertete Gütererstellungen einer Rechnungsperiode unter Berücksichtigung von Ertragskorrekturen früherer Zeiträume. Betriebseinnahmen (EStG): durch den Betrieb veranlasste Erträge; Abgrenzung der steuerfreien Erträge oder erfolgswirksamen Betriebseinnahmen.

Aufwendungen (HGB): gesamte, mit erfolgswirksamen Ausgaben bewertete Güterverzehre einer Rechnungsperiode unter Berücksichtigung von Aufwandskorrekturen früherer Zeiträume. Betriebsausgaben (EStG): durch den Betrieb veranlasste Aufwendungen; Abgrenzung der (nicht) abzugsfähigen Betriebsausgaben.

Erfolgswirksame bzw. -neutrale Erfassung

Definition

Aufwendungen/Betriebsausgaben: Ausweisgebot für realisierbare Verluste; Durchbrechung des Transaktionsansatzes (Imparitätsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. HS HGB).

Erfassungs­ zeitpunkt

Erträge/Betriebseinnahmen: Ausweisverbot für unrealisierte Gewinne; strenge Befolgung des Transaktionsansatzes (Realisationsprinzip nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. HS HGB) (z. B. CCM). Ausnahmen: verrechnetes Planvermögen i. S. v. § 246 Abs. 2, 3 HGB; Währungsumrechnungen nach § 256a HGB; Abzinsung von Rückstellungen; Bewertung von Finanzinstrumenten des Handelsbestands zum beizulegenden Zeitwert (begrenzt auf Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute); steuerrechtlich sind lediglich die letzten beiden Ausnahmen zu beachten; ansonsten Anlehnung an den Transaktionsansatz durch Einhaltung des Realisationsprinzips (z. B. grundsätzliche Anwendung der CCM bei Langfristfertigung)

Handels- und Steuerrecht

Unterschei­ dungskriterien

IFRS tendenziell statisch (Asset and Liability Approach)

Mixed Model aus erfolgsneutraler und -wirksamer Erfassung (Durchbrechung des Kongruenzprinzips)

Aufwendungen (IFRS): Minderungen des wirtschaftlichen Nut­ zens in der Berichtsperiode in Form von Eigenkapitalsenkungen, die auf die Ab­ nahme von Vermögenswerten und die Zunahme von Schulden zurückzuführen sind, aber nicht auf Entnahmen oder Ausschüttungen beruhen (F 4.69). Erträge (IFRS): Mehrungen des wirtschaftlichen Nutzens in der Berichtsperiode in Form von Eigen­ kapitalerhöhungen, die auf die Zunahme von Vermögenswerten und die Abnahme von Schulden zurückzuführen sind, aber nicht auf Einlagen beruhen (F 4.68).

Aufwendungen: Ausweisgebot für realisierbare Verluste; Durchbrechung des Transaktionsansatzes (z. B. IFRS 15.35). Erträge: bezüglich der Umsatzerlöse generell Befolgung des Transaktionsansatzes; jedoch teilweise Durchbrechung des Transaktionsansatzes, da Erträge grund­ sätzlich bereits dann erfasst werden können, wenn sie realisierbar sind [z. B. PoCM (faktisch) bei zeitraumbezogenen Leistungsverpflichtungen nach IFRS 15].

IFRS

C. Langfristige Auftragsfertigung | 23

24 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

traggebers ergeben. Eine vorherige genaue Bonitätsbeurteilung des Kunden i. S. ei­ nes Rating-Verfahrens durch den Auftragnehmer selbst oder mittels Rating-Agenturen erscheint daher dringend erforderlich. Erfolgt die Erstellung eines Produkts über ei­ nen mehrjährigen Zeitraum und ist ein rechtskräftiger Auftrag zwischen den Vertrags­ parteien geschlossen, stellt sich ferner die Frage nach dem Zeitpunkt bzw. Zeitraum der Umsatz- und Ergebnisrealisierung. Vor diesem Hintergrund resultieren aus der langfristigen Auftragsfertigung spezifische Anforderungen, die durch eine Harmoni­ sierung des in- und externen Rechnungswesens erfüllt werden müssen. Sofern sich Fertigungsaufträge über mehrere Geschäftsjahre erstrecken, treten für die produzierenden Unternehmen Rechnungslegungsprobleme auf, die im Wesentli­ chen drin bestehen, dass den Perioden der Leistungserstellung bei einer Einhaltung des Realisationsprinzips nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 2. HS HGB in der Handels- und der Steuerbilanz grundsätzlich keine Gewinne aus diesen schwebenden Geschäf­ ten ausgewiesen werden dürfen. Teilgewinnrealisierungen sind nach h. M. nur dann zulässig, wenn Teilabrechnungen bestimmter Vertragsgegenstände vorliegen, diese rechtlich und wirtschaftlich auf den Abnehmer übergehen und in den Folge­ jahren keine Verluste erwirtschaften.²⁵ Der Themenkomplex der Auftragsfertigung bei unfertigen Erzeugnissen, die den Vorräten nach § 266 Abs. 2 Posten B.I.2. HGB zu subsumieren ist, hat aufgrund der fortschreitenden Technologisierung, Spezialisie­ rung und Internationalisierung des wirtschaftlichen Geschehens in verschiedenen Branchen, u. a. im Baugewerbe, Schiffs-, Anlagen-, Flugzeugbau und der Forschungsund Entwicklungsindustrie, einen Bedeutungszuwachs erlangt und stellt vielfach den Schwerpunkt des Geschäftsmodells der produzierenden Unternehmen dar. Der Zusatz langfristige Auftragsfertigung deutet darauf hin, dass es sich prinzipiell um Herstel­ lungsvorgänge handelt, die mindestens zwei Geschäftsperioden umfassen, d. h. Vertragsabschluss und Leistungserfüllung in unterschiedliche Abrechnungsperioden fallen. Ferner ist eine begrenzte Anzahl der gefertigten Vermögenswerte und eine Komplexität sowie Exklusivität des Fertigungsprodukts zu unterstellen. Zudem muss der Herstellung eine kundenspezifische Planung und Entwicklung vorausgegangen sein. b. Realisationsprinzip und seine Durchbrechung Die grundsätzlichen Auswirkungen eines langfristigen Fertigungsauftrags auf die Handels- und Steuerbilanz werden durch Abbildung 7 verdeutlicht.²⁶ Hier wird un­ terstellt, dass ein Unternehmen zum Zeitpunkt t1 einen Fertigungsauftrag erhält, der sich über mehrere Geschäftsjahre bis zum Realisationszeitpunkt t6 erstreckt. In die­ sem Fall muss zu den Bilanzierungszeitpunkten t2 bis t5 ein Wertansatz im handels-

25 Vgl. Schubert/Hutzler 2022, Rz. 400–407 zu § 255 HGB; Marx 2018, S. 141–166. 26 Modifiziert entnommen von Paal 1971, S. 11.

C. Langfristige Auftragsfertigung

| 25

und steuerrechtlichen Jahresabschluss zu Herstellungskosten²⁷ gemäß § 255 Abs. 2 HBG bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG erfolgen. Zum Realisationszeitpunkt²⁸ t6 entsteht eine Forderung, die bis zum Zahlungseingang i. d. R. mit dem Nominalwert angesetzt wird. Der langfristige Fertigungsprozess tangiert nach Abbildung 7 insgesamt fünf Geschäftsjahre. Das Unternehmen beginnt im Zeitpunkt t1 (Auftragserteilung) mit der Leistungserstellung und aktiviert zum folgenden Bilanzierungszeitpunkt t2 die in diesem Zeitraum angefallenen Teil-Herstellungskosten ∆H2 in Höhe des Bilanzwerts WB2 . Zum Bilanzierungszeitpunkt t3 steigen die Herstellungskosten um ∆H3 auf den Bilanzwert WB3 und erreichen schließlich im Bilanzierungszeitpunkt t5 eine Höhe von ∆H5 . Da der langfristige Fertigungsprozess zum Zeitpunkt t5 noch nicht abgeschlos­ sen ist, entstehen in der fünften Periode bis zum Beendigungszeitpunkt t6 weitere Teil-Herstellungskosten, die in Abbildung 7 mit dem Symbol ∆H6 gekennzeichnet sind. Zum Zeitpunkt t6 werden die erstellten Leistungen dem Abnehmer übergeben. Aufgrund der nun erfolgten Realisierung infolge der Abnahme durch den Kunden entsteht mithin eine Forderung F in Höhe des Bilanzwerts WB7 , die zum Bilanzie­ rungszeitpunkt t7 in der Handels- und Steuerbilanz zu aktivieren ist. Die Forderung im Umfang des vereinbarten Netto-Absatzpreises übersteigt die aggregierten Herstel­ lungskosten H, so dass im Realisationszeitpunkt t6 ein Wertsprung WS entsteht. Dieser enthält den positiven Erfolgsbeitrag des Fertigungsauftrags (Netto-Umsatzer­ lös − Selbstkosten) und Teile der Selbstkosten, die nach § 255 Abs. 2 HGB bzw. § 6 Abs. 1 Nr. 1b EStG bei der Berechnung der Herstellungskosten nicht berücksichtigt wurden (z. B. Verwaltungs- und Vertriebskosten). Im Bilanzierungszeitpunkt t7 werden unter sonst gleichen Bedingungen im handels- und steuerrechtlichen Jahresabschluss die Forderung F gegenüber dem Auftraggeber und der gesamte Erfolg des langfristigen Fertigungsauftrags im Umfang des Wertsprungs WS ausgewiesen. Nach diesem auch als Completed Contract Methode (CCM) bezeichneten Ver­ fahren werden Gewinne im Jahresabschluss nur berücksichtigt, wenn sie nach dem Realisationsprinzip vollständig vereinnahmt wurden. Je nach Größenumfang der langfristigen Fertigungsaufträge kann die strenge Einhaltung des Realisationsprin­ zips bewirken, dass der Jahresabschluss nicht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchhaltung (GoB) nach § 243 Abs. 1 HGB entspricht und bei Kapitalgesellschaf­ ten und ihnen gleichgestellten Unternehmen ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bild vor allem der Ertragslage nach § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht vermittelt. Allerdings verlangt § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB in diesen Fällen zusätzliche Angaben im Anhang.²⁹ Die spätere Gewinnrealisierung kann ferner zu erheblichen Senkungen der Ausschüttungen in den Produktionsperioden an die Anteilseigner

27 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3, Gliederungspunkt II.B.b. 28 Vgl. Armbruster/Müller 2022, Rz. 111 zu § 252 HGB. 29 Vgl. Störk/Rimmelspacher 2022, Rz. 58 zu § 264 HGB.

26 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen WB, H

WB 7 WS H ∆H 6

WB 5

∆H 5

WB 4 ∆H 4

F

WB 3 ∆H 3 WB 2 ∆H 2 t 1

2

3

4

5

6

7

Legende: F

=

Forderung

H

=

aggregierte Herstellungskosten

∆H t

=

Veränderung der Herstellungskosten zum t-ten Zeitpunkt (mit t1 : Zeitpunkt der Auftragserteilung; t2, 3, 4, 5, 7 : Bilanzierungszeitpunkte; t6 : Realisierungszeitpunkt)

WS

=

positiver Wertsprung

WB

=

bilanzielle Wertansätze

WB t

=

bilanzieller Wertansatz zum t-ten Zeitpunkt (mit t2, 3, 4, 5, 7)

Abb. 7: Bilanzielle Auswirkungen eines langfristigen Fertigungsauftrags bei Einhaltung des Realisa­ tionsprinzips.

C. Langfristige Auftragsfertigung

| 27

führen, wenn es der Unternehmensleitung nicht gelingt, die Ausschüttungen z. B. mit Hilfe von Entnahmen aus Gewinnrücklagen oder anderen rechnungslegungs­ politischen Maßnahmen zu stabilisieren.³⁰ Darüber hinaus besteht bei derartigen Konstellationen die Möglichkeit, dass im Wirtschaftsjahr der Auftragsabrechnung aufgrund des aggregierten Gewinnausweises eine ggf. überproportional höhere Ertragsteuerbelastung als bei einer vorzeitigen Umsatz- und Ergebnisrealisierung in den Fertigungsperioden entsteht, wodurch erhebliche steuerliche Benachteili­ gungen vor allem von Personenunternehmen gegenüber Kapitalgesellschaften auftreten können. Obwohl schon seit längerer Zeit von Praxis und Wissenschaft immer wieder ver­ langt wird, zur Lösung der aufgezeigten Probleme kodifizierte GoB für langfristige Fer­ tigungsprozesse zu schaffen, hat diese Forderung unmittelbar keinen Niederschlag in den Änderungen des deutschen Bilanzrecht gefunden.³¹ Allerdings besteht nach den Normierungen der IFRS schon seit längerem die Möglichkeit einer vorzeitigen Um­ satzrealisierung im Falle langfristiger Auftragsfertigung,³² die aber zwischenzeitlich novelliert wurden. Diese beginnt grundsätzlich immer dann, wenn die Bewertungs­ obergrenze für den Fertigungsauftrag in Gestalt der Herstellungskosten überschritten wird.

2. Anwendung der Percentage of Completion Method a. Neuerungen durch IFRS 15 Die weniger starke Betonung des im deutschen Bilanzrecht dominierenden Vor­ sichtsprinzips in der IFRS-Rechnungslegung korrespondiert mit der grundsätzlichen Nichtanwendung der CCM bei der Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge, wo­ mit stattdessen die Percentage of Completion Method (PoCM) zum Einsatz kommt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen von IFRS 15 vorliegen. Dieser Standard regelt seit 2018 sowohl die Erlösrealisation aus kurz- als auch aus langfristigen Fertigungs­ aufträgen und hat IAS 11 abgelöst. Insbesondere ist die Umsatzrealisation gemäß IFRS 15.35 bis 15.37 an die zeitraumbezogene Übertragung der Verfügungsgewalt über den langfristigen Fertigungsauftrag an den Kunden geknüpft. Sofern ein derarti­ ger Kontrollübergang (Control Approach) auf den Kunden nach einem der folgenden, in IFRS 15.35 genannten Kriterien vorliegt, kann eine vorzeitige Erlösrealisierung nach Maßgabe des Leistungsfortschritts erfolgen:³³ – Der Kunde erhält und verbraucht den Nutzen aus dem Fertigungsauftrag gleich­ zeitig mit der Leistungserbringung durch das Produktionsunternehmen (z. B.

30 31 32 33

Vgl. die Ausführungen in Teil 4 zu Gliederungspunkt II. Vgl. Bundestags-Drucksache 16/10067, S. 38. Vgl. Pottgießer et al. 2005, S. 310–318. Vgl. Heinen/Möhlmann-Mahlau 2019, S. 117–124; Schurbohm-Ebneth/Ohmen 2015, S. 9–10.

28 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen





bei Dienstleistungen im Rahmen eines Service- oder Wartungsvertrags). Hieraus folgt, dass auch bei langfristigen Dienstleistungsverträgen mit unfertigem Leis­ tungsstand (z. B. in Branchen wie Softwareentwicklung, Werbung, Beratung und Wirtschaftsprüfung) eine zeitraumbezogene Umsatz- und Erlösrealisierung nach dem Leistungsfortschritt in Betracht kommen kann. Die Leistung des Produktionsunternehmens schafft oder verbessert einen Vermö­ genswert, der während der Leistungserbringung durch den Kunden kontrolliert wird (z. B. Bau einer Anlage auf dem Grundstück des Kunden, wobei der Kunde die Verfügungsgewalt über den Vermögenswert durch die Kontrolle des gesamten Fertigungsprozesses erlangt). Die Leistung des Produktionsunternehmens führt zu einem Vermögenswert, der aber infolge vertraglicher oder praktischer Beschränkungen nicht durch das Un­ ternehmen alternativ genutzt werden kann und das Unternehmen ein durch­ setzbares Recht auf Zahlung der bereits erbrachten Leistung besitzt [z. B. Erstel­ lung eines Containerschiffs durch eine Werft, das nach den individuellen Plänen einer Reederei gefertigt werden soll und laut Vertrag die Zahlung des Kaufpreises in Gestalt einer Anzahlung sowie in Abhängigkeit vom Projektfortschritt (Kosten und angemessene Gewinnmarge) vorgesehen ist].

Falls ein Kontrollübergang auf den Kunden nach den genannten Kriterien nicht iden­ tifizieren werden kann, kommt nur eine zeitpunktbezogene Übertragung der Ver­ fügungsgewalt nach IFRS 15.31 und 15.38 in Betracht, die dann eine Umsatz- und Er­ gebnisrealisierung erst bei Erfüllung durch Übertragung der Verfügungsgewalt über einen zugesagten Vermögenswert auf den Kunden zulässt. In diesem Fall erfolgt die Gewinnrealisierung nach Maßgabe der vorstehend dargestellten CCM. Allerdings las­ sen sich durch zielgerichtete Gestaltungen der den langfristigen Fertigungsaufträ­ gen zugrunde liegenden Verträge i. S. der Anforderungen von IFRS 15.35 die Vorausset­ zungen für eine Teilgewinnrealisierung im internationalen Jahresabschluss schaf­ fen.³⁴ Die entsprechenden Regelungen zur Bestimmung des Leistungsfortschritts bei ei­ nem zeitraumbezogenen Übergang der Verfügungsgewalt auf den Kunden finden sich in IFRS 15.39 bis 15.45 IFRS. Sofern das Unternehmen nicht in der Lage ist, das Ergeb­ nis der Leistungsverpflichtung nach einer geeigneten Fortschrittmessungsmethode zu bewerten, kann der Erlös nur im Umfang der Kosten erfasst werden, „[. . . ] die bis zu dem Zeitpunkt angefallen sind, zu dem es das Ergebnis der Leistungsverpflichtung angemessen bewertet werden kann“ (IFRS 15.45). In diesem Fall ist eine begrenzte Er­ lösrealisation bis zur Höhe der bisher angefallenen Auftragskosten vorzunehmen. Es handelt sich somit um eine verkürzte bzw. modifizierte PoCM, die zu einem peri­ odenbezogenen Gewinnausweises von null führt (Zero Profit Margin).

34 Vgl. Schurbohm-Ebneth/Ohmen 2015, S. 9.

C. Langfristige Auftragsfertigung

| 29

Die PoCM beinhaltet eine Teilgewinnrealisierung nach Maßgabe des ermittelten Fertigstellungsgrads am Bilanzstichtag. Die Erlöse und Kosten eines Auftrags sind da­ mit dem Leistungsfortschritt (Stage of Completion) entsprechend jeweils als Erträ­ ge und Aufwendungen zu erfassen, wobei im Falle eines erwarteten Verlusts aus dem langfristigen Fertigungsauftrag die PoCM nicht zum Einsatz kommen darf. Statt­ dessen ist eine aufwandswirksame Verlustantizipation in voller Höhe nach Maßga­ be von IAS 2.28 vorzunehmen. Der Rückgriff auf die PoCM bewirkt im Rahmen der IFRS-Rechnungslegung durch die anteilige Gewinnrealisation entsprechend dem Fer­ tigstellungsgrad zum Abschlussstichtag im Gegensatz zur handels- und steuerrecht­ lichen CCM i. d. R. ein glättendes Periodenergebnis. Ferner führt der vorgezogene Umsatzausweis bei Annahme eines gewinnbringenden Auftrags zu einem kurzfristi­ gen Anstieg der Periodenergebnisse in den Produktionsperioden. Über die gesamte Planungsperiode des Fertigungsauftrags müssen die Totalerfolge bei Anwendung der CCM und der PoCM jedoch übereinstimmen. b. Ermittlung des Fertigungsfortschritts Im Rahmen der langfristigen Auftragsfertigung bestehen nach den IFRS jedoch Er­ messensspielräume bezüglich der Bestimmung des Fertigstellungsgrads am Bilanz­ stichtag bzw. hinsichtlich der Gewinnprognose (IFRS 15.41). Die inputorientierten Ver­ fahren ermitteln den Projektfortschritt indirekt nach dem tatsächlichen Ressourcen­ einsatz. Dabei wird auf eine lineare Beziehung zwischen Einsatzmenge und Ergebnis abgestellt. Die in der Unternehmenspraxis vielfach eingesetzte Cost to Cost-Method berechnet den Fertigstellungsgrad als Verhältnis der tatsächlich angefallenen Kosten zu den geschätzten Gesamtkosten des Auftrags. Dabei wird der Faktoreinsatz in Geld­ einheiten bewertet. Beispiel: Das Fertigungsunternehmen XY-AG schließt am 30.03. des Geschäftsjahrs t1 mit einem Kunden einen Exklusivvertrag über den Bau eines Überschallflugzeugs ab. Das Flugzeug soll ver­ tragsgemäß zum 1.1. des Geschäftsjahrs t3 fertig gestellt und an den Auftraggeber ausgeliefert werden. Am Bewertungsstichtag (31.12.t1) sind insgesamt Kosten von 1 Mill. € angefallen. Die ge­ planten Auftragskosten des gesamten Fertigungsprojekts betragen 8 Mill €. Nach der Cost to CostMethode errechnet sich der Fertigstellungsgrad zum 31.12. des Geschäftsjahrs t1 wie folgt: gemessene Istkosten zum 31.12.t1 ⋅ 100 1 Mill. € ⋅ 100 = = 12,5 %. geplante Gesamtkosten des Auftrags 8 Mill. €

Neben der Cost to Cost-Methode kommt die sog. Effort Expended-Method als inpu­ torientiertes Verfahren in Betracht, die das Verhältnis der bisher eingesetzten Leis­ tung zur geschätzten Gesamtleistung vornimmt. Im Vergleich zur Cost to Cost-Metho­ de wird in diesem Fall der Leistungsfortschritt in Mengeneinheiten (z. B. in Arbeits­ stunden) statt in Geldeinheiten zugrunde gelegt.

30 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

Beispiel: Das durch die XY-AG herzustellende Flugzeug (vgl. vorstehendes Beispiel) erfordert ei­ nen geplanten Einsatz von 40 Arbeitern, die jeweils 2.500 Stunden an dem Auftragsprojekt arbei­ ten. Die zum 31.12. des Geschäftsjahrs t1 gemessene Ist-Arbeitsleistung wird mit 15.000 Stunden angegeben. Nach der Effort Expended-Method errechnet sich der Fertigstellungsgrad zum 31.12. des Geschäftsjahrs t1 wie folgt: gemessene Ist-Arbeitsleistung zum 31.12.t1 ⋅ 100 15.000 Std. ⋅ 100 = = 15 %. geplante Gesamtarbeitsleistung des Auftrags 100.000 Std.

Aus den dargelegten Beispielen wird ersichtlich, dass je nach Auswahl des Verfahrens ein unterschiedlicher Fertigstellungsgrad ermittelt werden kann und dies erhebli­ che Auswirkungen auf die vorzunehmende Teilgewinnrealisierung hat. Dieses impli­ zite Methodenwahlrecht stellt ein wesentliches rechnungslegungspolitisches Instru­ mentarium der Unternehmensleitung dar, das übergeordneten Zielen (z. B. der Stär­ kung des Vertrauens der Anteilseigner i. S. einer Investor Relations-Strategie) dient. Damit die Anwendung der PoCM zu einer erhöhten Entscheidungsnützlichkeit der Stakeholder beitragen kann, werden bestimmte Anforderungen an das interne Rech­ nungswesen und das mitlaufende Projekt-Controlling gestellt, die nachfolgend an­ hand eines Beispiels verdeutlicht werden. Beispiel: Eine Werft hat den Auftrag zur Herstellung und Lieferung eines Schiffs übernommen, dessen Produktion vier Rechnungsperioden in Anspruch nehmen wird. Der Kunde ist eine Reede­ rei, die sich über den gesamten Produktionszeitraum ein laufendes Kontrollrecht über den Ferti­ gungsfortschritt vertraglich gesichert hat. Der gesamte vereinbarte Netto-Verkaufserlös mit der abnehmenden Reederei, der laut Vertrag nach Maßgabe des Fertigungsfortschritts gezahlt wer­ den soll, beträgt für den Auftrag 2.310.000 €. Der Werft hat ihr Projekt-Controlling so organisiert, das am Ende der Perioden t1 bis t4 die voraussichtlichen bzw. angefallenen Teil-Selbstkosten des Auftrags kalkulieren werden können, die auf Sollkostenbasis insgesamt 2.000.000 € betra­ gen. Hieraus resultiert ein planmäßiger Gewinn für den gesamten Auftrag in Höhe von 310.000 € (2.310.000 € − 2.000.000 €). Abbildung 8 verdeutlicht die Anwendung der PoCM, wobei der Fer­ tigstellungsgrad in den Produktionsperioden nach folgender Formel ermittelt wurde: Ist-Selbstkosten der Periode ⋅ 100 gesamte Soll-Selbstkosten des Auftrags. Im Ergebnis sind die Voraussetzungen für die Vornahme einer leistungsfortschrittbezogenen Er­ lösrealisierung des Auftrags im IFRS-Jahresabschluss der Werft nach IFRS 15 gegeben, wobei sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten anbieten. Bei der dargestellten 1. Möglichkeit (vgl. Abbildung 8) werden sowohl Über- als auch Unterdeckungen zwischen Ist- und Sollkosten in die anteiligen Er­ folgsbeiträge bzw. Erträge der einzelnen Rechnungsperioden einbezogen. Die anteiligen Erträge (Forderungen) der einzelnen Perioden ergeben sich jeweils aus der Addition von Ist-Selbstkosten laut Zwischenkalkulation und den entsprechenden Erfolgsbeiträgen. Aus diesem Grund ist im Ab­ rechnungszeitpunkt des gesamten Auftrags, am Ende der Periode t4, nur eine Korrektur der vor­ zeitig realisierten Beträge im Hinblick auf den Schätzfehler der Fertigstellungsgrade der Produk­ tionsperioden in Höhe von 4,65 T€ erforderlich.

C. Langfristige Auftragsfertigung

| 31

Bei der 2. Möglichkeit wird aus Vorsichtsgründen in den Überdeckungsfällen lediglich der anteilige Plan-Erfolgsbeitrag des Auftrags, ohne Berücksichtigung der niedrigeren Ist-Selbstkosten, ausge­ wiesen. Beim Vorliegen von Unterdeckungen werden die negativen Abweichungen wiederum von den planmäßigen Erfolgsbeiträgen abgezogen, wodurch im Ergebnis jeweils nur der Plan-Ertrag als Forderung in den Herstellungszeiträumen t2 und t3 zum Ausweis kommt. Da bei der 2. Alterna­ tive lediglich eine Verrechnung der Unterdeckungen in den Produktionsperioden erfolgt, enthält der im Abrechnungszeitpunkt des gesamten Auftrags zu korrigierende Wert von 84,65 T€ neben den entsprechenden Schätzfehlern in Bezug auf den Fertigstellungsgrad (4,65 T€) auch die bisher noch nicht berücksichtigten Überdeckungen der Perioden t1 und t4 von insgesamt 80 T€. Beide Methoden dürften für die Rechnungslegung des langfristigen Fertigungsauftrags in den internationalen Jahresabschlüssen nach Maßgabe der IFRS zulässig sein. Abbildung 9 und Ab­ bildung 10 zeigen die Buchungen im Rechnungswesen der Werft nach der 1. und 2. Mög­ lichkeit, die den gesamten Zeitraum des Leistungserstellungsprozesses des Schiffs betreffen (AB = Anfangsbestand; EB = Endbestand; GuV = Gewinn und Verlust; SBK = Schlussbilanzkonto; SK = Selbstkosten). Da die Reederei ihre vertragliche Zahlungsverpflichtung nach Maßgabe des Fertigstellungsgrads erfüllt, hat die Werft den Anspruch auf die Gegenleistung als Forderung ge­ mäß IFRS 15.105 auszuweisen.

Kalkulationsgrößen

t1

t2

t3

t4

Soll-Selbstkosten (laut Vorkalkula­ tion, in T€) − Ist-Selbstkosten (laut Nachkalkula­ tion, in T€)

300

600

400

700



2.000

250

640

410

670



1.970

= Kostenabweichung (+/−: Über-/Unterdeckung, in T€)

+50

−40

−10

+30



+30

Fertigstellungsgrad (in %)

12,5 % a

32,0 %

20,5 %

33,5 %



98,5 %

1. Möglichkeit

2. Möglichkeit

anteiliger Erfolgsbeitrag (in T€) anteiliger Ertrag (Forderung, in T€) anteiliger Erfolgsbeitrag (in T€) anteiliger Ertrag (Forderung, in T€)

88,75 b 338,75 38,75 f 288,75 i

59,20 c 699,20 59,20 g 699,20

Summe

53,55 133,85

4,65 d

463,55 803,85

4,65

53,55 103,85 84,65 h 463,55 773,85 84,65

a

12,5 % = 250 T€ : 2.000 T€. 88,75 T€ = 12,5 % · 310 T€ + 50 T€. c 59,20 T€ = 32,0 % · 310 T€ − 40 T€. d 4,65 T€ = (1 − 98,5 %) · 310 T€. e 340 T€ = 2.310 T€ − 1.970 T€. f 38,75 T€ = 12,5 % · 310 T€. g 59,2 T€ = 32,0 % · 310 T€ − 40 T€. h 84,65 T€ = 50 T€ + 30 T€ + (1 − 98,5 %) · 310 T€. i 288,75 T€ = 12,5 % · 2.310 T€. b

Abb. 8: Ermittlung der Erfolgsbeiträge auf der Basis des Fertigstellungsgrads.

340 e 2.310 340 2.310

32 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

t1 S SK Erfolg

GuV-Konto 250,00 (1)

H 338,75

88,75

S AB (1)

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

H

338,75

t2 S SK Erfolg

GuV-Konto 640,00 (1)

H 699,20

59,20

S AB (1)

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

H

699,20

t3 S SK Erfolg

GuV-Konto 410,00 (1)

H 463,55

53,55

S AB (1)

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

H

463,55

t4 S SK

GuV-Konto 670,00 (1)

Erfolg

138,50

(2)

H 803,85 4,65

S AB

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

(1)

803,85

(2)

4,65

Abb. 9: Verbuchungen nach der 1. Möglichkeit (alle Werte in T€).

H

C. Langfristige Auftragsfertigung

| 33

t1 S SK Erfolg

GuV-Konto 250,00 (1)

H 288,75

38,75

S AB (1)

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

H

288,75

t2 S SK Erfolg

GuV-Konto 640,00 (1)

H 699,20

59,20

S AB (1)

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

H

699,20

t3 S SK Erfolg

GuV-Konto 410,00 (1)

H 463,55

53,55

S AB (1)

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

H

463,55

t4 S SK

GuV-Konto 670,00 (1)

Erfolg

188,50

(2)

H 773,85 84,65

S AB

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen ... EB (SBK)

(1)

773,85

(2)

84,65

H

Abb. 10: Verbuchungen nach der 2. Möglichkeit (alle Werte in T€).

3. Zusammenfassung Die Komplexität der langfristigen Auftragsfertigung stellt aus zwei Gründen erhöhte Anforderungen an die Kosten- und Erlösrechnung der produzierenden Unterneh­ mungen. Zunächst verlangt die risikoorientierte Steuerung der mit den Aufträgen verbundenen Erfolgs- und Finanzierungsrisiken ein periodenübergreifendes Pro­ jekt-Controlling auf der Grundlage von Ist- und Sollgrößen. Darüber hinaus wir­ ken die Normen der internationalen Rechnungslegung in Gestalt von IFRS 15 auf das innerbetriebliche Rechnungswesen ein, so dass die mehrperiodige Ausrichtung der (Plan-)Kosten- und Erlösrechnung unter Berücksichtigung des Leistungsfort­ schritts der Fertigungsaufträge erst eine zeitraumbezogene Erlösrealisierung in den Jahresabschlüssen der betreffenden Unternehmen ermöglicht. Dies wird unter Anwendung der PoCM auch künftig zulässig sein, wenn vor allem für das Produkti­ onsunternehmen nach IFRS 13.35(c) keine alternativen Nutzungsalternativen des Vermögenswerts vorliegen und ein einklagbarer Vergütungsanspruch für die be­

34 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

reits erbrachten Leistungen besteht. Zudem kann durch bestimmte Gestaltungen im Rahmen der Erlösgewinnrealisierung, welche die der Auftragsfertigung zugrundelie­ genden Verträge, Methoden zur Messung des Leistungsfortschritts und die Struktur der Kosten- und Erlösrechnung betreffen, rechnungslegungspolitischer Einfluss auf den Ergebnisausweis im internationalen Jahresabschluss genommen werden.

Handels- und Steuerrecht

IFRS

– Keine expliziten Regelungen. – Strenge Auslegung des Vorsichtsprinzips: grundsätzliche Anwendung der Completend Contract Method. – Ausnahme: vorzeitige Erlösrealisierung möglich, wenn qualifizierte Teilabnahmen vorliegen.

– Eigener Standard (IFRS 15). – Moderate Auslegung des Realisationsprinzips: grundsätzliche Anwendung der Percentage of Completion Method, die nicht in IFRS 15 genannt wird, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Abb. 11: Langfristige Auftragsfertigung nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich.

Abbildung 11 zeigt die wesentlichen Unterschiede zwischen Handels- und Steuer­ recht sowie IFRS bezüglich der Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge im Über­ blick.

D. Stichtagsprinzip und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag³⁵ 1. Handels- und Steuerrecht Durch das Stichtagsprinzip wird – im Zusammenspiel mit dem Prinzip der Einzel­ bewertung – für alle Vermögensgegenstände und Schulden der Zeitpunkt des Ansat­ zes und der Bewertung festgelegt. Das Stichtagsprinzip besagt zum einen, dass im Rahmen des Bilanzansatzes diejenigen Geschäftsvorfälle im Jahresabschluss zu be­ rücksichtigen sind, die bis zum Bilanzstichtag stattgefunden haben und zum ande­ ren, dass für die Bewertung die Verhältnisse am Abschlussstichtag maßgeblich sind (§ 242 HGB i. V. m. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Hinsichtlich der nach dem Bilanzierungszeitpunkt eintretenden Ereignisse sind grundsätzlich nur wertaufhellende und keine wertbeeinflussenden Tatsachen im Jahresabschluss zu berücksichtigen; hinsichtlich Letzterer besteht jedoch für Kapi­ talgesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellte Unternehmen gem. § 285 Nr. 33 HGB eine Berichterstattungspflicht im Lagebericht, sofern es sich um Vorgänge von besonderer Bedeutung im neuen Geschäftsjahr handelt und diese weder in der Ge­

35 Vgl. Freidank et al. 2016b, S. 149–151.

D. Stichtagsprinzip und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag |

35

winn- und Verlustrechnung noch in der Bilanz berücksichtigt sind.³⁶ Unter wertauf­ hellenden Tatsachen sind dabei solche Ereignisse zu verstehen, die im Bilanzierungs­ zeitpunkt begründet waren. Dies ist unabhängig davon, ob sie negativer (§ 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB) oder positiver Art sind. Unter den wertbeeinflussenden Tatsachen sind Er­ eignisse nach dem Bilanzstichtag zu subsumieren, die keinen Rückschluss auf die Ver­ hältnisse am Bilanzstichtag zulassen. Bezüglich der zu berücksichtigenden wertaufhellenden Tatsachen ist umstritten, bis zu welchem Zeitpunkt diese bekannt geworden sein müssen. Als Ende des Wert­ aufhellungszeitraums dürfte dem Wortlaut des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB zufolge grund­ sätzlich das Ende der Bilanzaufstellung maßgebend sein, jedoch kann im Einzelfall auch die Fertigstellung der Unterlagen für eine Bilanzgruppe (z. B. Sachanlagen) ent­ scheidend sein, wenn das danach eintretende Ereignis nur einen unerheblichen Ein­ fluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage hat.³⁷ Liegen wesentliche Risiken und Wertminderungen vor, wird der Zeitraum der Berücksichtigung entgegen des Ge­ setzeswortlauts nach h. M. auch über das Ende der Aufstellung hinaus – ggf. bis zur Feststellung des Jahresabschlusses – auszudehnen sein.³⁸ Beispiel: Im Holzlager eines Kunden hat sich in der Nacht vom 20. zum 21. Dezember t1 ein Brand ereignet, der zur völligen Zahlungsunfähigkeit des Kunden führt, da von diesem keine Feuerschutz­ versicherung abgeschlossen wurde. Der Gläubiger erfährt erst am 15. Januar t2 von diesem Ereig­ nis. Die Bilanzaufstellung für das Geschäftsjahr t1 (= Kalenderjahr) wurde bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgenommen. Es handelt sich hier um ein wertaufhellendes Ereignis. Da die Forde­ rung objektiv bereits am 31. Dezember t1 uneinbringlich war, ist der Forderungsausfall im Jahres­ abschluss t1 zu berücksichtigen.

Die dargestellten Grundsätze gelten – auch in der verwendeten Terminologie – grund­ sätzlich ebenfalls für das Steuerrecht.³⁹ In § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f) 1. HS EStG findet sich ist eine ausdrückliche Festschreibung des Stichtagsprinzips. Es wird in diesem Zusammenhang klargestellt, dass die punktuelle Durchbrechung des handelsrechtli­ chen Stichtagsprinzips durch die Berücksichtigung von Preis- und Kostensteigerun­ gen im Rahmen der Bewertung von Rückstellungen steuerrechtlich nicht nachvollzo­ gen wird [§ 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f) 2. HS EStG]. Der Wertaufhellungsgrundsatz spielt auch im Rahmen der BFH-Rechtsprechung zur Teilwertabschreibung eine wesent­ liche Rolle.⁴⁰ So sind wertaufhellende Erkenntnisse über voraussichtlich dauernde Wertminderungen, die den Bilanziereden bis zum Tag der Bilanzaufstellung bekannt

36 37 38 39 40

Vgl. Grottel 2022, Rz. 930–958 zu § 285 HGB. Vgl. ADS 1995, Rz. 77 zu § 252 HGB. Vgl. ADS 1995, Rz. 78 zu § 252 HGB; Störk/Büssow 2022, Rz. 53 zu § 252 HGB. Vgl. Störk/Büssow 2022, Rz. 54 zu § 252 HGB. Vgl. Weber-Grellet 2022, Rz. 81 zu § 5 EStG.

36 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

werden und sich auf das abgelaufene Wirtschaftsjahr beziehen, bei der Beurteilung der rückwirkenden Zulässigkeit einer Teilwertabschreibung heranzuziehen.

2. IFRS

Ereignisse nach dem Bilanzstichtag

Stichtags­ prinzip

Analog zum Handels- und Steuerrecht ist auch nach den IFRS von der Gültigkeit des Stichtagsprinzips für Ansatz und Bewertung auszugehen. Während jedoch das Stich­ tagsprinzip im HGB explizit kodifiziert ist, ergibt sich dieses im Rahmen der IFRSRegelwerks nur mittelbar aus IAS 10, der durch Einzelfallregelungen (z. B. IAS 1.71, 1.74 und 1.76) ergänzt wird. Wie im Handelsrecht haben auch im IFRS-Abschluss nach dem Bilanzstichtag bekanntwerdende vorteilhafte oder nachteilige wertaufhellende Tatsachen Berücksichtigung zu finden [IAS 10.3 (a)]. Wertbeeinflussende Tatsachen sind hingegen analog zum Handelsrecht nicht zu berücksichtigen [IAS 10.3 (b)], be­ dürfen allerdings i. S. d. Grundsatzes der Relevanz jeweils dann einer Angabe in den Notes, wenn sie für die Entscheidungsfindung der Rechnungslegungsadressaten we­ sentlich sind (IAS 10.21). Sofern eine Genehmigungspflicht der Gesellschafter besteht, wird nach den IFRS als Ende des Wertaufhellungszeitraums die Genehmigung des Abschlusses durch

Handels- und Steuerrecht

IFRS

Explizit kodifiziert [§ 242 i. V. m. § 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB; steuerrechtlich § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. f) EStG]; gilt für Ansatz und Bewertung.

Ergibt sich mittelbar aus IAS 10, ergänzt durch Einzelfallregelungen (z. B. IAS 1.72, IAS 1.74 und IAS 1.76); gilt für Ansatz und Bewertung.

Wertaufhellende Tatsachen sind im Jahresabschluss zu berücksichtigen.

Wertaufhellende Tatsachen sind im Jahresabschluss zu berücksichtigen [IAS 10.3(a)].

Wertbeeinflussende Tatsachen dürfen im Abschluss nicht berücksichtigt werden, jedoch Berichterstattungspflicht im Lagebericht (§ 285 Nr. 33 HGB).

Wertbeeinflussende Tatsachen dürfen im Abschluss nicht berücksichtigt werden [IAS 10.3(b)], ggf. jedoch Angabepflicht im Anhang (IAS 10.21).

Ende des Wertaufhellungszeitraums: grundsätzlich Ende der Bilanzaufstellung, u. U. auch darüber hinaus (h. M.).

Ende des Wertaufhellungszeitraums: Genehmigung des Abschlusses durch den Aufsichtsrat, sofern eine Genehmigungspflicht der Gesellschafter besteht (IAS 10.5). Freigabe der Veröffentlichung durch den Vorstand, sofern eine Vorlagepflicht an den Aufsichtsrat besteht (IAS 10.6).

Abb. 12: Stichtagsprinzip und Ereignisse nach dem Bilanzstichtag nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich.

E. Ansatz- und Bewertungsstetigkeit | 37

das Aufsichtsgremium als maßgeblich erachtet, sofern eine Vorlagepflicht an das Aufsichtsgremium besteht, die Freigabe der Veröffentlichung durch den Vorstand (IAS 10.5–10.6). Für deutsche prüfungspflichtige Unternehmen ist das Datum der Freigabe der Veröffentlichung durch den Vorstand im Regelfall das Datum des Be­ stätigungsvermerks, da der Vorstand im Allgemeinen erst zu diesem Zeitpunkt den Abschluss an den Aufsichtsrat weiterleitet. Insoweit ist eine Abweichung zum HGB festzustellen, wonach der Wertaufhellungszeitraum grundsätzlich nicht über das Ende der Aufstellung des Jahresabschlusses hinaus reicht. Die Abbildung 12 fasst die Gültigkeit des Stichtagsprinzips und die Behandlung von Ereignissen nach dem Bilanzstichtag nach Handels- und Steuerrecht sowie den IFRS synoptisch zusammen.

E. Ansatz- und Bewertungsstetigkeit⁴¹ 1. Handels- und Steuerrecht Der Grundsatz der Bilanzverknüpfung wird im Schrifttum in die Bilanzidentität (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB) und Bilanzkontinuität (Stetigkeitsgrundsatz i. S. d. § 246 Abs. 3, § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB) aufgespalten. Die Begründung für die Einhaltung der Bilanzidentität, d. h. die Übereinstimmung der Wertansätze in der Eröffnungsbilanz eines Geschäftsjahres mit denen der vorangegangenen Schlussbilanz, lässt sich dar­ aus ableiten, dass zumindest gedanklich von einer Totalrechnung für die gesamte Lebensdauer des Unternehmens auszugehen ist.⁴² Wenngleich das Abstellen auf eine Totalrechnung aufgrund der Notwendigkeit eines periodenbezogenen Jahresab­ schlusses abgelehnt wird,⁴³ ist das Postulat der Bilanzidentität insofern gerechtfer­ tigt, als andernfalls einzelne Aufwendungen und Erträge von der Rechnungslegung ausgenommen und ggf. damit zusammenhängende Gewinne den Eignern vorenthal­ ten werden.⁴⁴ Mit dem Stetigkeitsgrundsatz als zweitem Element der Bilanzverknüpfung wird generell das Ziel verfolgt, die Vergleichbarkeit von Jahresabschlüssen aufeinander fol­ gender Perioden eines Unternehmens (zeitlicher Vergleich) zu gewährleisten. Dem Grundsatz der Stetigkeit fällt somit – unter Einschränkung der Rechnungslegungs­ politik – eine Objektivierungsfunktion zu, welche die Aufgabe der Informations­ vermittlung handelsrechtlicher Jahresabschlüsse unterstützt.⁴⁵ Das Stetigkeitspostu­ lat bezieht sich nach h. M. nicht nur auf die bilanzielle Behandlung desselben Aktiv-

41 42 43 44 45

Vgl. Freidank et al. 2016c, S. 151–155. Vgl. Leffson 1987, S. 225. Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt III.C.2. Vgl. ADS 1995, Rz. 9 zu § 252 HGB. Vgl. Leffson 1987, S. 432.

38 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

oder Passivpostens in den Jahresabschlüssen aufeinander folgender Geschäftsjahre (zeitliche Dimension), sondern ebenfalls auf gleiche neu in den Jahresabschluss auf­ zunehmende Posten, sofern diese vergleichbaren Nutzungs- und Risikobedingungen unterworfen sind (sachliche Dimension). Ein explizites Stetigkeitsgebot für Ansatzmethoden ist in § 246 Abs. 3 HGB ko­ difiziert.⁴⁶ Die Reichweite der Ansatzstetigkeit lässt sich nicht aus § 246 Abs. 3 HGB eindeutig ableiten. Aus der Anordnung des Gebots der Ansatzstetigkeit ist jedoch zu schließen, dass sich dieses auf die in § 246 Abs. 1 Satz 1 HGB genannten Posten, d. h. Vermögensgegenstände, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten, zu beziehen hat. Im Hinblick auf Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellte Unter­ nehmen ist von einer Geltung der Ansatzstetigkeit auch für (aktive) latente Steuern als Sonderposten eigener Art (§ 274 Abs. 1 HGB) auszugehen.⁴⁷ Neben der Ansatzstetigkeit sieht das deutsche Handelsrecht auch hinsichtlich der Bewertungsmethoden in § 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB ein explizites Stetigkeitsgebot vor („[. . . ] Bewertungsmethoden sind beizubehalten“). Unter dem Terminus Bewer­ tungsmethode sind dabei alle Abgrenzungs-, Ermittlungs- und Berechnungsschritte zu verstehen, die zur Festlegung des Bilanzansatzes unter Berücksichtigung der han­ delsrechtlichen Wertkategorien führen [z. B. Anschaffungs- und Herstellungskosten, niedrigerer beizulegender Wert, Abschreibungs- und Verbrauchsfolgeverfahren]. Der Grundsatz der Bewertungsstetigkeit engt im Ergebnis die Wahl unter mehreren mögli­ chen Bewertungsmethoden auf eine einzige ein: ceteris paribus auf die des Vorjahres oder – bei Neuerwerben – auf die im Jahresabschluss enthaltenen vergleichbaren Pos­ ten. Die Bewertungsstetigkeit bezieht sich dem Wortlaut des Einleitungssatzes in § 252 Abs. 1 HGB zufolge auf Vermögensgegenstände und Schulden; die Stetigkeit spielt bei Rechnungsabgrenzungsposten im Hinblick auf die Bewertung hingegen keine Rolle, da diese handelsrechtlich nicht „bewertet“, sondern an jedem Abschlussstichtag neu berechnet werden.⁴⁸ In Bezug auf Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleich­ gestellte Unternehmen ist – obgleich in § 252 Abs. 1 HGB nicht genannt – auch von einer Geltung der Bewertungsstetigkeit für latente Steuern auszugehen. So sind laten­ te Steuern dem Wortlaut des § 274 Abs. 2 Satz 1 HGB folgend zu „bewerten“, so dass der für Rechnungsabgrenzungsposten bestehende Ausschlussgrund entfällt. Für die Erstreckung der Bewertungsstetigkeit auf latente Steuern spricht des Weiteren, dass diese aufgrund des verpflichtenden Anwendungsbereichs von § 274 HGB auf Kapital­ gesellschaften – also aus rein gesetzessystematischen Gründen – in § 252 Abs. 1 HGB nicht explizit genannt werden. Einen Überblick über die gesetzlichen Grundlagen des Stetigkeitsprinzips gibt Abbildung 13.

46 Vgl. IDW RS HFA 38, Rz. 2. 47 Vgl. IDW RS HFA 38, Rz. 7; Justenhoven/Meyer 2022, Rz. 172 zu § 246 HGB. 48 Vgl. Schubert/Waubke 2022, Rz. 29 zu § 250 HGB.

Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bilanzierungsmethoden sind beizubehalten.

Die auf den vorhergehenden Jahresabschluss angewandten Bewertungsmethoden sollen beibehalten werden.

Die Form der Darstellung, insbesondere die Gliederung aufeinanderfolgender Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen ist beizubehalten.

Ansatz­ stetigkeit

Bewertungs­ stetigkeit

Darstellungs­ stetigkeit

Definition

Abb. 13: Grundlagen des handelsrechtlichen Stetigkeitsprinzips. § 265 Abs. 1 Satz 1 HG

§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB

§ 246 Abs. 3 HGB

Rechtsquelle

Kapital­ gesellschaften und ihnen gesetzlich gleich­ gestellte Unternehmen

Alle Unter­ nehmen

Alle Unter­ nehmen

Rechtsform

Nur in Ausnah­ mefällen wegen besonderer Um­ stände möglich (§ 265 Abs. 1 Satz 1 HGB).

Nur in Begründe­ ten Ausnahme­ fällen möglich (§ 252 Abs. 2 HGB).

Nur in begründe­ ten Ausnahme­ fällen möglich (§ 252 Abs. 2 HGB).

Abweichungen

Angabe und Begründung der Abweichungen im Anhang (§ 265 Abs. 1 Satz 2 HGB, § 336 Abs. 2 Satz 1 1. HS HGB, § 340a Abs. 1 HGB, § 341a Abs. 1 HGB; § 5 Abs. 2 Satz 2 PublG; § 264a Abs. 1 HGB).

Angabe und Begründung von Änderungen der Bewertungsmethoden im Anhang; gesonderte Darstellung des Einflusses des Methodenwechsels auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Anhang (§ 284 Abs. 2 Nr. 2, § 336 Abs. 2 Satz 1 HGB, § 340a Abs. 1, § 341a Abs. 1 HGB; § 5 Abs. 2 Satz 2 PublG; § 264a Abs. 1 HGB).

Angabe und Begründung von Änderungen der Bilanzierungsmethoden im Anhang; gesonderte Darstellung des Einflusses des Methodenwechsels auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage im Anhang (§ 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB, § 336 Abs. 2 Satz 1 1. HS HGB, § 340a Abs. 1 HGB, § 341a Abs. 1 HGB; § 5 Abs. 2 Satz 2 PublG; § 264a Abs. 1 HGB).

Publizität

E. Ansatz- und Bewertungsstetigkeit |

39

40 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

Das aus dem Vergleichbarkeitspostulat abgeleitete Prinzip der Bewertungsste­ tigkeit verpflichtet mithin das Unternehmen, art- und funktionsgleiche Bewertungs­ objekte nicht nach unterschiedlichen Methoden zu bewerten, sofern nicht ein sach­ licher Grund vorliegt. Gemäß § 252 Abs. 2 HGB kann in begründeten Ausnahmefäl­ len von dem in Rede stehenden Prinzip abgewichen werden. Darüber hinaus weist auch die Pflicht zur Angabe, Begründung und Darstellung der Änderung der Bilan­ zierungs- und Bewertungsmethoden im Anhang gemäß § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB auf die Möglichkeit der Durchbrechung des Stetigkeitspostulats hin. Grundsätzlich sollte das Prinzip der Methodenstetigkeit erst dann aufgegeben werden, wenn sich die Verhält­ nisse in den einzelnen Geschäftsjahren wesentlich geändert haben und ohne Wechsel des Bewertungsverfahrens der Jahresabschluss kein den tatsächlichen Verhältnissen der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage entsprechendes Bild vermitteln würde (z. B. Übergang von einer Divisions- auf eine Zuschlagskalkulation in der Kostenrechnung, wodurch eine exaktere Verrechnung der Gemeinkosten auf die Erzeugniseinheiten im Rahmen der Herstellungskostenbewertung vorgenommen werden kann). Zu einer Aufgabe der angewandten Bewertungsprinzipien können neben außer- und innerbe­ trieblichen Gründen (z. B. Änderungen des Kostenrechnungssystems, die Einfluss auf die Ermittlung der Herstellungskosten haben), nach wissenschaftlichen Erkenntnis­ sen auch Reformen der bilanzrechtlichen Vorschriften und höchstrichterlichen Ent­ scheidungen berechtigen.⁴⁹ Die vorstehenden Ausführungen verdeutlichen, dass für das Unternehmen ein relativ großer Ermessensspielraum besteht, der zur Begrün­ dung eines Methodenwechsels genutzt werden kann. Eine Ausnahme vom Prinzip der Bewertungsstetigkeit ist nach h. M. insbesonde­ re in folgenden Fällen in Betracht zu ziehen:⁵⁰ – Änderung von Gesetzen und Rechtsprechung, – Anpassung an die Ergebnisse einer steuerrechtlichen Außenprüfung, – Einleitung von Sanierungsmaßnahmen, – Änderung der Konzernzugehörigkeit, – wesentliche Änderungen in der Gesellschafterstruktur, – wesentliche Änderungen in der Finanz- und Kapitalstruktur, – Änderung der Unternehmenskonzeption durch Wechsel des Managements oder – Übergang oder Verzicht auf vereinfachte Bewertungsverfahren. Änderungen von Ansatz- und Bewertungsmethoden werden auf der Jahresabschluss­ ebene i. d. R. prospektiv berücksichtigt. Eine retrospektive Korrektur ist in den meisten Fällen ausgeschlossen, da eine formelle Berichtigung früherer Jahresabschlüsse, die ordnungsgemäß festgestellt sind, im deutschen Handelsrecht auf Grenzen stößt.

49 Vgl. Leffson 1987, S. 438–439. 50 Vgl. ADS 1995, Rz. 113 zu § 252 HGB.

E. Ansatz- und Bewertungsstetigkeit | 41

Als materieller GoB besitzt das Stetigkeitsgebot über das Maßgeblichkeitsprin­ zip (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) prinzipiell auch für die steuerrechtliche Gewinnermitt­ lung Gültigkeit. Die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelte primär für Bewer­ tungswahlrechte in diesem Zusammenhang ein spezielles Willkürverbot, welches neben der Bewertung auch Ansatzwahlrechte umfasst, soweit diese steuerrechtlich zu beachten sind.⁵¹

2. IFRS In der IFRS-Rechnungslegung ist für die Beurteilung der Vermögens-, Finanz- und Er­ tragslage eines Unternehmens die Vergleichbarkeit (Comparability) der gewährten In­ formationen zum einen mit denen vergangener Perioden (zeitlicher Vergleich) und zum anderen mit denen anderer Unternehmen (zwischenbetrieblicher Vergleich) von großer Bedeutung (IAS 8.1). Aus der qualitativen Anforderung der Vergleichbar­ keit wird im Framework der Grundsatz der Stetigkeit (Consistency) abgeleitet, nach dem die einmal gewählten Ansatz- und Bewertungsmethoden im Zeitablauf stetig bei­ zubehalten sind (F 2.26; IAS 8.13). Der Stetigkeitsgrundsatz ist im Rahmen der IFRS auf alle Vermögenswerte und Schulden anzuwenden. Da die weiter gefasste Vermö­ gens- und Schuldenkonzeptionen der IFRS auch die Rechnungsabgrenzung und la­ tente Steuern einbeziehen, entspricht das Stetigkeitsgebot nach IFRS grundsätzlich dem Anwendungsbereich des HGB. In Übereinstimmung mit dem deutschen Handels­ recht wird auch nach den IFRS neben der zeitlichen Stetigkeit eine sachliche Stetig­ keit gefordert.⁵² Aus der Wortwahl „Rechnungslegungsmethoden“ in IAS 8.13 ergibt sich eindeutig, dass sich der Stetigkeitsgrundsatz nach IFRS in Entsprechung zu den handels- und steuerrechtlichen Normen sowohl auf Ansatz- als auch auf Bewertungs­ methoden bezieht. In IAS 1.45 wird überdies das Prinzip der Ausweisstetigkeit explizit gefordert. Eine Durchbrechung der Ansatz- und Bewertungsstetigkeit ist nach den IFRS nur möglich, wenn dies aufgrund von Änderungen eines Standards/einer Interpre­ tation verlangt wird oder wenn die Änderung der Ansatz- und Bewertungsmethoden zu zuverlässigeren und relevanteren Informationen über die Auswirkungen von Ge­ schäftsvorfällen, sonstigen Ereignissen oder Bedingungen auf die Vermögens-, Fi­ nanz- und Ertragslage oder Cash Flows des Unternehmens führt (IAS 8.14). Die IFRS verlangen bei Änderungen von Ansatz und Bewertungsmethoden grundsätzlich eine retrospektive Anpassung in der Weise, als sei schon immer nach der neuen Methode bilanziert worden. Die betroffenen Vorjahreszahlen sind entsprechend anzupassen und die Ergebniswirkungen mit den Rücklagen zu verrechnen (IAS 8.22). Von einer retrospektiven Anpassung kann nur dann abgesehen werden, wenn die Änderung 51 Vgl. Kulosa 2022, Rz. 12–17 zu § 6 EStG. 52 Vgl. Lübbig/Kühnel 2020, Rz. 76–79 zu § 2.

42 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

Durchbrechung des Stetigkeitsgrundsatzes

Reichweite des Stetigkeits­ grundsatzes

der Vorjahre undurchführbar ist (IAS 8.23). Wie das Handelsrecht, verlangt auch das IFRS-Regelwerk eine Offenlegung der Gründe für eine Stetigkeitsdurchbrechung nach IAS 8.28–8.31. Im Vergleich zur deutschen Rechnungslegung geht dabei die Pflicht zur betragsmäßigen Angabe der Konsequenzen der Stetigkeitsdurchbrechung allerdings weiter und führt mithin zu detaillierteren Informationen für die Adressaten des Jahresabschlusses. Abbildung 14 fasst die Ansatz- und Bewertungsstetigkeit nach Handels- und Steuerrecht sowie nach IFRS synoptisch zusammen. Dabei wird deutlich, dass der Stetigkeitsgrundsatz im Rahmen des IFRS-Regelwerks im Vergleich zum Handelsund Steuerrecht tendenziell restriktiver ausgestaltet ist.

Handels- und Steuerrecht

IFRS

Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, latente Steuern als Sonderposten eigener Art.

Vermögenswerte und Schulden – keine Abweichung.

Zeitliche und sachliche Stetigkeit.

Zeitliche und sachliche Stetigkeit – keine Abweichung.

Ansatz- und Bewertungsmethoden (§ 246 Abs. 3, 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB; § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) sowie Ausweis.

Ansatz- und Bewertungsmethoden (IAS 8.13) sowie Ausweis (IAS 1.45) – keine Abweichung.

Durchbrechung in begründeten Ausnahmefällen möglich (§ 246 Abs. 3 Satz 2 HGB i. V. m. § 252 Abs. 2 HGB; § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG); Fälle nicht kodifiziert.

Durchbrechung in begründeten Ausnahmefällen möglich; Fälle kodifiziert (IAS 8.14) – restriktiver als nach Handels- und Steuerrecht.

Jahresabschluss: i. d. R. prospektive Anpassung; Konzernabschluss: retrospektive Anpassung /Erfassung der Durchbrechungseffekte im laufenden Periodenergebnis (vgl. DRS 13, Tz. 9–12).

Grds. retrospektive Anpassung, Anpassung der Vorjahreszahlen, Verrechnung der Ergebniswirkungen mit den Rücklagen; nur bei Undurchführbarkeit prospektive Anpassung erlaubt (IAS 8.22–8.23) – restriktiver als nach Handels- und Steuerrecht.

Offenlegung der Gründe für die Durchbrechung im Anhang (§ 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB).

Offenlegung der Gründe für die Durchbrechung in den Notes (IAS 8.28–8.31) – detaillierter als nach Handelsrecht.

Abb. 14: Stetigkeitsprinzip nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich.

F. Fehlerkorrekturen | 43

F. Fehlerkorrekturen⁵³ 1. Handels- und Steuerrecht Die Erstellung von Jahresabschlüssen nach den GoB ist in § 243 HGB kodifiziert, wobei die Existenz von Fehlern in Jahresabschlüssen sowie deren Behandlung im Handels­ recht nicht explizit thematisiert wird. Vor diesem Hintergrund wird im Folgenden auf die h. M. im Schrifttum zurückgegriffen. Fehler werden danach als Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen zwingende handels- oder steuerrechtliche Bilanzierungsgrund­ sätze bzw. gesellschaftsvertragliche oder satzungsmäßige Bestimmungen qualifi­ ziert.⁵⁴ Hierbei handelt es sich z. B. um Rechenfehler, die fehlerhafte Anwendung von Bilanzierungsgrundsätzen oder um Fehlinterpretationen von Sachverhalten, die sich entweder bewusst durch Betrug bzw. Täuschung oder versehentlich im Sinne einer unbewussten Unrichtigkeit ergeben.⁵⁵ Ähnliches gilt für Fehler im An­ hang oder Lagebericht. Zur Beurteilung ob ein Fehler vorliegt, sind die tatsächlich bestehenden Verhältnisse am Bilanzstichtag maßgeblich. Wenn der Kaufmann den objektiv vorliegenden Verstoß trotz pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung nicht hätte erkennen müssen, handelt es sich nicht um einen Fehler, sondern um sub­ jektive Richtigkeit.⁵⁶ Entsprechendes gilt für wertaufhellende Erkenntnisse nach der Feststellung des Jahresabschlusses.⁵⁷ Ein Fehler liegt hingegen nicht vor, wenn die Rechtsfolgen eines Bilanzansatzes von den Vorstellungen des Kaufmanns abwei­ chen.⁵⁸ Damit kann ein Abschluss nur bei bewusster oder fahrlässiger Handlung fehlerhaft sein. Eindeutige Schreibversehen ohne inhaltliche Bedeutung stellen mit­ hin keinen Fehler dar.⁵⁹ Bis zur Feststellung des Jahresabschlusses besteht jederzeit die Möglichkeit zur Fehlerkorrektur. Dies ist Bestandteil des Aufstellungsprozesses.⁶⁰ Nach Feststellung des Jahresabschlusses ist grundsätzlich von dessen Bindungswirkung auszugehen. Ist ein Feststellungsverfahren nicht vorgesehen, gilt Entsprechendes für unterzeichnete und somit rechtswirksam gewordene Jahresabschlüsse.⁶¹ Festgestellte fehlerhafte Jah­ resabschlüsse sind grundsätzlich immer dann zu ändern, wenn die Fehler betragsoder ausweismäßig wesentlich sind und ohne Berichtigung nicht ein den tatsäch­ lichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

53 54 55 56 57 58 59 60 61

Vgl. Freidank/Sassen 2016, S. 163–165. Vgl. Baetge et al. 2021, S. 715. Vgl. DRS 13, Rz. 6; Freidank 2012, S. 313–316. Vgl. Schubert 2022, Rz. 805 zu § 253 HGB. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 14. Vgl. Schubert 2022, Rz. 804 zu § 253. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 2. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 3. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 6–7.

44 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

vermittelt wird.⁶² Informationen sind dann als wesentlich zu charakterisieren, wenn sie unzutreffend dargestellt oder weggelassen werden und dies wirtschaftliche Ent­ scheidungen der Rechnungslegungsadressaten beeinflussen könnte.⁶³ Aufgrund der Notwendigkeit der Auf- und Feststellung wirksamer Jahresabschlüs­ se müssen nichtige Jahresabschlüsse (§ 256 AktG) durch wirksame Jahresabschlüsse ersetzt werden. Hierin ist keine Fehlerkorrektur im wörtlichen Sinne zu sehen, da es sich bei der Ersetzung des nichtigen Jahresabschlusses um die erstmalige Aufstellung eines wirksamen Jahresabschlusses handelt.⁶⁴ Ggf. kann hierauf verzichtet werden, wenn der Mangel durch Zeitablauf geheilt wurde, so dass der Fehler im letzten noch nicht festgestellten Jahresabschluss, also ggf. in laufender Rechnung, korrigiert wer­ den kann. Die Auswirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage sind hier­ bei angemessen im Anhang zu erläutern.⁶⁵ Auf die Ersetzung formaler Mängel, die innerhalb von sechs Monaten verjähren, kann verzichtet werden, auch wenn die Hei­ lung des Fehlers noch nicht eingetreten ist. In allen anderen Fällen hängt die Korrek­ tur des Mangels von der Art und Schwere des Verstoßes ab. Bei Ausweisfehlern oder Fehlern mit ergebnismindernder Auswirkung reicht eine Korrektur in laufender Rech­ nung aus. Gleiches gilt bei Fehlern mit ergebniserhöhendem Effekt, wenn z. B. die Aktionäre die Dividende in gutem Glauben bezogen haben und eine Rückforderung ausgeschlossen ist (§ 62 Abs. 1 Satz 2 AktG). Eine Rückwärtsänderung wird jedoch immer dann notwendig, wenn sich aufgrund der Fehlerkorrektur materielle Folge­ wirkungen, z. B. hinsichtlich gewinnabhängiger Zahlungsverpflichtungen, ergeben.⁶⁶ Ist eine retrospektive Korrektur zwar grundsätzlich nicht notwendig, aber eine zeit­ nahe Berichtigung in laufender Rechnung nicht zu erwarten, muss eine Rückwärts­ änderung im Interesse der Adressaten des Jahresabschlusses vorgenommen werden. Alternativ kann dem Bedürfnis der zeitnahen Richtigstellung auch in offenzulegen­ den Zwischenabschlüssen, mit der Konsequenz, die notwendigen Erläuterungen im folgenden Jahresabschluss nachzuholen, entsprochen werden.⁶⁷ Die vorstehend ge­ nannten Grundsätze gelten gleichfalls etwa bei der Freistellung von Fehlern durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) im Rahmen der Enforce­ ment-Prüfung.⁶⁸ Bei sonstigen fehlerhaften Jahresabschlüssen, die aufgrund eines Mangels nicht nichtig sind, kann ein Fehler grundsätzlich in laufender Rechnung korrigiert wer­ den. Dennoch ist eine retrospektive Änderung zulässig. Die Pflicht hierzu besteht erst, wenn einerseits kein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der

62 63 64 65 66 67 68

Vgl. Schubert 2022, Rz. 806 zu § 253 HGB. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 8. Vgl. Schubert 2022, Rz. 806 zu § 253 HGB. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 15. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 16. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 17–18. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 20.

F. Fehlerkorrekturen |

45

Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wiedergegeben und andererseits eine zeitnahe, den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Informationsvermittlung nicht durch die Korrektur in laufender Rechnung bzw. in offenzulegenden Zwischenabschlüssen erzeugt werden kann. Grundsätzlich gelten die vorstehenden Ausführungen ebenfalls für Fehler im Anhang und im Lagebericht. Eine Korrektur ist jedoch nur dann notwen­ dig, wenn der Fehler einen wesentlichen Einfluss auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage hat bzw. der verletzten Rechtsnorm besondere Bedeutung beizumessen ist.⁶⁹ Bei der Durchführung einer retrospektiven Fehlerkorrektur sind wegen des Grundsatzes der Bilanzverknüpfung gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB sämtliche Fol­ geabschlüsse zu ändern. Folgekorrekturen aufgrund der Änderung einzelner Jah­ resabschlussposten dürfen nicht in Sammel- oder Ausgleichsposten vorgenommen, sondern müssen den entsprechenden Posten einzeln zugewiesen werden.⁷⁰ Hinsicht­ lich der fehlerhaften Jahresabschlussposten können neben der Fehlerberichtigung ggf. auch bestehende Ansatz- und Bewertungswahlrechte ausgenutzt werden. Dabei sind Wertaufhellungen zu berücksichtigen.⁷¹ Ergibt sich aufgrund der Änderung ein höheres Jahresergebnis, sind sämtliche wertaufhellenden Erkenntnisse zu anderen Jahresabschlussposten, die das Ergebnis wiederum mindern würden, einzubeziehen, so dass das Jahresergebnis ggf. geringer ausfällt als vorher. Dies gilt nicht bei einer ergebnisneutralen bzw. -verschlechternden Fehlerkorrektur.⁷² Angaben zu den Ände­ rungen sind im Anhang vorzunehmen. Weiterhin ist der korrigierte als geänderter Jahresabschluss zu bezeichnen. Darüber hinaus ist dieser erneut zu prüfen (Nach­ tragsprüfung), festzustellen und offenzulegen.⁷³ Eine Änderung bereits festgestellter fehlerfreier Jahresabschlüsse ist lediglich in den Fällen möglich, sofern gewichtige rechtliche, wirtschaftliche oder steuerrechtliche Gründe vorliegen.⁷⁴ Infolge der Ergebnisse einer steuerrechtlichen Außenprüfung bedarf es i. d. R. keiner Änderung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses, es sei denn, er ist feh­ lerhaft, da in der Steuerbilanz grundsätzlich andere zulässige Wertansätze als in der Handelsbilanz ausgewiesen werden können oder müssen. Dennoch kann es vorteil­ haft sein, den handelsrechtlichen Jahresabschluss unter Beachtung des Maßgeblich­ keitsgrundsatzes zu ändern, um steuerrechtliche Mehrergebnisse mithilfe gegenläufi­ ger Maßnahmen zu vermeiden.⁷⁵ In diesem Fall handelt es sich bei den Auswirkungen

69 Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 21–22. 70 Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 27–28. 71 Vgl. Schubert 2022, Rz. 807 zu § 253 HGB. 72 Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 29. 73 Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 31–32. 74 Vgl. Schubert 2022, Rz. 835–836 zu § 253 HGB. 75 Vgl. z. B. Verzicht auf die Aktivierung angemessener Teile der Kosten der allgemeinen Verwaltung in der Handelsbilanzen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1b. EStG, die Voraussetzung für die Anerkennung des Wahl­ rechts in der Steuerbilanz ist.

46 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

einer steuerrechtlichen Außenprüfung um einen wichtigen Grund zur Änderung eines fehlerfreien Jahresabschlusses.⁷⁶ Mit Beschluss vom 31.01.2013 hat der BFH den steuerrechtlichen subjektiven Fehlerbegriff aufgegeben.⁷⁷ Das objektive geltende Steuerrecht ist somit immer zu beachten, unabhängig davon, ob die Auffassung des Bilanzierenden zum Zeitpunkt der Erstellung des Jahresabschlusses vertretbar oder nach der h. M. zulässig war.⁷⁸ Wenn spezifische Bilanzierungssachverhalte z. B. nachträglich durch die Gerichtsbar­ keit geklärt werden, kann dies verpflichtende steuerrechtliche Rückwirkungen zur Folge haben. Auf die handelsrechtliche Rechnungslegung ergeben sich jedoch keine obligatorischen Auswirkungen. Allerdings hat der Bilanzierende die Wahl, eine frei­ willige Änderung des Jahresabschlusses vorzunehmen, wenn die in IDW RS HFA 6 genannten Voraussetzungen zur Änderung fehlerhafter Jahresabschlüsse vorliegen.⁷⁹ Die Fehlerkorrektur in festgestellten Jahresabschlüssen wird handelsrechtlich als Bilanzänderung bezeichnet. Steuerrechtlich umfasst dieser Begriff lediglich die Ersetzung zulässiger durch andere ebenso zulässige Ansätze (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG). Für die Korrektur unzulässiger Ansätze wird dagegen der Terminus Bilanzberichti­ gung genutzt (R 4.4 EStR). Dies ist der Fall, wenn der bisherige Ansatz gegen zwin­ gende Vorschriften des Einkommensteuer- oder Handelsrechts oder gegen die auch steuerrechtlich zu beachtenden handelsrechtlichen GoB verstößt. Eine steuerrechtliche Unterscheidung zwischen schwerwiegenden und gering­ fügigen Fehlern wird nicht vorgenommen, so dass jeder Fehler zu korrigieren ist. Wei­ terhin muss hinsichtlich des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung der Fehler bis zur Fehlerquelle zurück korrigiert werden, es sei denn, der Fehler hat kei­ ne ergebniswirksamen und damit keine steuerrechtlichen Auswirkungen.⁸⁰ Falls die Bilanz aufgrund der Verfahrensvorschriften der Abgabenordnung in der entsprechen­ den Periode nicht mehr berichtigt werden kann, ist die Korrektur erfolgswirksam in der Schlussbilanz des ersten Jahres, dessen Veranlagung noch geändert werden kann, vorzunehmen. Insofern kann eine Durchbrechung des Grundsatzes der Bilanzidenti­ tät bei der Korrektur fehlerhafter steuerrechtlicher Bilanzansätze auftreten.⁸¹

76 77 78 79 80 81

Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 33–36. Vgl. BFH 2013, S. 317. Vgl. Broemel/Endert 2013, S. 806. Vgl. IDW RS HFA 6, Rz. 9–13. Vgl. Schubert 2022, Rz. 809 und 813 zu § 252 HGB. Vgl. Loschelder 2022, Rz. 300–306 zu § 4 EStG.

F. Fehlerkorrekturen | 47

2. IFRS Nach dem IFRS-Regelwerk stellen Fehler (aus früheren Perioden) i. S. v. IAS 8.5 Aus­ lassungen oder fehlerhafte Angaben dar, die sich aus der Nicht- oder Fehlanwendung zuverlässiger, zur Verfügung stehender oder beschaffbarer Informationen ergeben haben. Hierunter fallen analog zum Handelsrecht auch Auswirkungen von Rechen­ fehlern, Fehler bei der Anwendung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Flüchtigkeitsfehler sowie der Betrug und Fehlinterpretationen von Sachverhal­ ten.⁸² Ähnliches gilt für Fehler in den Notes. Wenn sich Schätzungen aus aktueller Sicht als falsch erweisen, ist hierin kein Fehler zu sehen.⁸³ Ein Abschluss stimmt nicht mit den IFRS überein, wenn wesentliche oder absichtlich unwesentliche Fehler zur Erlangung einer bestimmten Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bzw. bestimm­ ter Cashflows im Abschluss enthalten sind (IAS 8.41). Unwesentliche Fehler in diesem Sinne sind als wesentliche Fehler zu qualifizieren.⁸⁴ Fehler der aktuellen Periode sind vor der Freigabe zur Veröffentlichung des Abschlusses zu korrigieren, so dass dieser bereits korrekt aufgestellt wird. Das Prinzip der Wesentlichkeit hängt sowohl vom Umfang als auch von der Art der Auslassungen oder fehlerhaften Darstellungen ab. Im Sinne von IAS 8.5 i. V. m. IAS 1.7 sind diese wesentlich, sofern durch Auslassungen oder Fehler – einzeln oder kombiniert – die auf Grundlage des Abschlusses getroffenen Entscheidungen der Hauptadressaten beeinflusst werden könnten. Dabei wird den Adressaten eine an­ gemessene Kenntnis der geschäftlichen und wirtschaftlichen Tätigkeiten sowie der Rechnungslegung und die Bereitschaft, die Informationen mit Sorgfalt zu lesen und zu analysieren, unterstellt (F 2.36). Die Korrektur wesentlicher Fehler geschieht erfolgsneutral im nächsten Ab­ schluss mithilfe einer rückwirkenden Anpassung der Vergleichsbeträge der Periode, in der der Fehler aufgetreten ist, so als wäre dieser niemals entstanden. Dies erfordert ggf. die Korrektur mehrerer Perioden. Falls der Fehler vor der frühesten dargestellten Periode entstanden ist, sind die Eröffnungssalden der Vermögenswerte, Schulden und des Eigenkapitals der frühesten dargestellten Periode anzupassen (IAS 8.42). Hierin manifestiert sich im Gegensatz zum HGB das Prinzip der in- und externen Vergleich­ barkeit im Zeitablauf und zu anderen Unternehmen, um den Abschlussadressaten eine verlässliche Basis für wirtschaftliche Entscheidungen zu geben (IAS 8.1, 8.13). Eine rückwirkende Anpassung ist ggf. undurchführbar, da die entsprechenden Periodeneffekte nicht ermittelbar sind. In diesem Fall ist die Korrektur in der frühesten möglichen Periode und somit ggf. erst in der aktuellen Berichtsperiode vorzunehmen

82 Vgl. Maul 2014, S. 227–234. 83 Vgl. Driesch 2020, Rz. 41 zu § 45. 84 Vgl. Driesch 2020, Rz. 43 zu § 45.

48 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

(IAS 8.44). Eine Undurchführbarkeit ist gegeben, wenn die Korrektur trotz angemesse­ ner Anstrengungen nicht erfolgen kann (IAS 8.5, 8.50–8.53).⁸⁵ Dies ist der Fall, wenn – die Auswirkungen der Anpassung nicht zu ermitteln sind, – Annahmen über die möglichen Absichten des Managements in der entsprechen­ den Periode erforderlich sind sowie – umfangreiche Schätzungen zu früheren Perioden erforderlich sind, die in der Ver­ gangenheit noch nicht bekannt waren. Die Behandlung der Korrektur grundsätzlich unwesentlicher Fehler wird in IAS 8 nicht thematisiert. Nach h. M. kommt eine prospektive Korrektur oder aber der Verzicht auf eine Korrektur infolge allgemeiner Wesentlichkeitsüberlegungen infrage.⁸⁶ In diesem Fall sollte jedoch grundsätzlich eine prospektive Korrektur vorgenommen werden, es sei denn, der Korrekturaufwand ist unverhältnismäßig oder der entdeckte Fehler hat keine Auswirkungen auf den folgenden Jahresabschluss. Folgende Angaben zur Korrektur von Fehlern sind gemäß IAS 8.49 im Anhang vorzunehmen: – Art des Fehlers aus einer früheren Periode, – betragsmäßige Korrektur, soweit durchführbar, im Hinblick auf jede frühere dar­ gestellte Periode für jeden einzelnen betroffenen Posten des Abschlusses und, so­ fern IAS 33 auf das Unternehmen anwendbar ist, für das unverwässerte und das verwässerte Ergebnis je Aktie, – betragsmäßige Korrektur am Anfang der frühesten dargestellten Periode sowie – Umstände der Undurchführbarkeit einer rückwirkenden Anpassung unter Anga­ be wie und ab wann der Fehler beseitigt wurde. Steuerrechtliche Auswirkungen der Korrekturen von Fehlern aus früheren Perioden und von rückwirkenden Anpassungen führen zur Abgrenzung latenter Steuern (IAS 8.4). Infolge einer steuerrechtlichen Betriebsprüfung muss der IFRS-Abschluss nicht korrigiert werden, wenn die Fehler identisch anwendbare Rechnungslegungs­ normen betreffen (z. B. im Falle der Übereinstimmung des steuerlichen Teilwerts mit den Fair Value bei korrekter Bewertung von Gegenständen des Anlagevermögens). Abbildung 15 fasst die wesentlichen Unterschiede zwischen Handels- und Steu­ errecht sowie IFRS zusammen. Wie gezeigt wurde, enthalten die handelsrechtlichen Rechnungslegungsvor­ schriften im Gegensatz zum IFRS-Regelwerk grundsätzlich keine expliziten Vorschrif­ ten hinsichtlich der Korrektur von Fehlern. Somit ist eine Ableitung aus den nicht kodifizierten GoB notwendig.

85 Vgl. Driesch 2020, Rz. 46 zu § 45 i. V. m. Rz. 24 zu § 45. 86 Vgl. z. B. Driesch 2020, Rz. 44 zu § 45.

Korrekturen

Definition

G. Schätzungsänderungen |

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Handels- und Steuerrecht

IFRS

Unrichtigkeiten oder Verstöße gegen zwingende handels- oder steuerrechtliche Bilanzierungsgrundsätze, die das Unternehmen mit pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung hätte erkennen müssen. Maßgeblich sind die objektiv bestehenden Verhältnisse am Bilanzstichtag.

Auslassungen oder fehlerhafte Angaben, die sich aus der Nicht- oder Fehlanwendung zuverlässiger, zur Verfügung stehender oder beschaffbarer Informationen ergeben haben.

Retrospektive Korrektur bei festgestellten Jahresabschlüssen nur bei betrags- und ausweismäßig wesentlichen Fehlern, falls nicht ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage vermittelt wird bzw. wenn die gesetzlichen Anforderungen an die Informationsvermittlung nicht durch eine Korrektur in laufender Rechnung bzw. in offenzulegenden Zwischenabschlüssen erzielt werden können.

Retrospektive Korrektur im nächsten Abschluss wesentlicher oder absichtlich unwesentlicher Fehler zur Erlangung einer bestimmten Vermögens-, Finanz- und Ertragslage bzw. bestimmter Cashflows im Abschluss, so als wäre der Fehler nie aufgetreten. Falls dies undurchführbar ist, erfolgt die Korrektur in der frühesten möglichen Periode und somit ggf. erst in der aktuellen Berichtsperiode.

Abb. 15: Fehler und Fehlerkorrekturen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich.

G. Schätzungsänderungen⁸⁷ 1. Handels- und Steuerrecht Eine handelsrechtliche Legaldefinition des Begriffs Schätzung liegt im Gegensatz zu den IFRS nicht vor. Basierend auf dieser Regelungslücke wird im Folgenden auf die Verlautbarungen des DRSC, denen prinzipiell lediglich die Aufgabe zukommt, Grund­ sätze ordnungsgemäßer Konzernbilanzierung zu konkretisieren. Diesen Fachnormen wird allerdings eine Ausstrahlungswirkung auf den handelsrechtlichen Jahresab­ schluss zugesprochen. Analog zu den IFRS wird hierbei eine Schätzung als Ermitt­ lung des Wertansatzes von Abschlussposten im Falle der Unsicherheit verstanden. Diese muss plausibel, nachvollziehbar und willkürfrei sein. Dabei sind unter Berück­ sichtigung vernünftiger kaufmännischer Beurteilung unsichere Faktoren gemäß ihres voraussichtlichen Eintritts einzubeziehen.⁸⁸ Als Beispiele lassen sich Schätzungen von Nutzungsdauern, Risikoschätzungen bei Pauschalabschreibungen oder Gängig­ keitsabschreibungen bei Lagerbeständen anführen. Schätzungen sind zu jedem Abschlussstichtag zu überprüfen. Hierbei sind neue Ereignisse, bessere Erkenntnisse bzw. zusätzliche Informationen zu beachten. Ggf. 87 Vgl. Freidank/Sassen 2016, S. 165–169. 88 Vgl. DRS 13, Rz. 17–18.

50 | I. Sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen

sind auch Schätzungen aus vorherigen Perioden zu ändern, wobei deren Auswirkun­ gen in der laufenden Periode ergebniswirksam zu erfassen sind.⁸⁹ Eine Angabe im Anhang ist notwendig, falls Änderungen von Schätzungen Auswirkungen auf die Ver­ mögens-Finanz- und Ertragslage haben. Sie sind im Berichtsjahr betragsmäßig anzu­ geben und zu erläutern. Gleichfalls sind Auswirkungen auf Folgejahre anzugeben.⁹⁰ Eine Änderung der den Schätzungen zugrunde liegenden Schätzmethoden würde zu einer Durchbrechung des Stetigkeitsgrundsatzes mit den entsprechenden Folgen führen, so dass die hierzu notwendigen Voraussetzungen erfüllt sein müssten.⁹¹

2. IFRS Schätzungen stellen nach den IFRS Näherungswerte infolge von Unsicherheiten bei der Aufstellung des Jahresabschlusses dar. Sie erfolgen auf Basis der zuletzt verfüg­ baren verlässlichen Informationen, sind unumgänglich und beeinträchtigen die Ver­ lässlichkeit des Jahresabschlusses nicht. Als Sachverhalte lassen sich exemplarisch risikobehaftete Forderungen, Überalterung von Vorräten, beizulegende Zeitwerte fi­ nanzieller Vermögenswerte und Schulden, Nutzungsdauern bzw. der erwartete Ab­ schreibungsverlauf des künftigen wirtschaftlichen Nutzens von abnutzbaren Vermö­ genswerten oder Gewährleistungsgarantien anführen (IAS 8.32–8.33). Schätzungen sind analog zum Handelsrecht dazu bestimmt, in den Standards vorgegebene Rege­ lungen, etwa Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze, auszufüllen. Es handelt sich um „[. . . ] Ermessensentscheidungen oder Annahmen, die bei der Anwendung einer Rechnungslegungsmethode verwendet werden, wenn auf Grund von Schätzungsunsi­ cherheiten ein Posten im Abschluss nicht mit Genauigkeit bemessen werden kann“⁹². Die Änderung einer Schätzung wird gemäß IAS 8.5 als eine Berichtigung des Buchwerts eines Vermögenswerts bzw. einer Schuld oder als betragsmäßiger, peri­ odengerechter Verbrauch eines Vermögenswerts, der aus der Einschätzung des der­ zeitigen Status von Vermögenswerten und Schulden sowie aus der Einschätzung des künftigen Nutzens und künftiger Verpflichtungen im Zusammenhang mit Vermögens­ werten und Schulden resultiert, definiert. Sie ergibt sich aus aktuellen Informationen und Entwicklungen bzw. zunehmender Erfahrung, kann sich demgemäß nicht auf frühere Perioden beziehen und ist nicht mit einer Fehlerkorrektur gleichzusetzen (IAS 8.34). Keine Änderung einer Schätzung ist in der Variation von Bilanzierungsund Bewertungsmethoden zu sehen. Ist eine Unterscheidung zwischen diesen bei­ den Möglichkeiten nicht eindeutig möglich, ist von einer Änderung der Schätzung auszugehen (IAS 8.35).

89 90 91 92

Vgl. DRS 13, Rz. 19–20. Vgl. DRS 13, Rz. 30. Vgl. DRS 13, Rz. 21 Vgl. Driesch 2020, Rz. 13 zu § 45.

G. Schätzungsänderungen |

51

Handels- und Steuerrecht

IFRS

Definition

Ermittlung eines plausiblen, nachvollziehbaren und willkürfreien Wertansatzes von Abschlussposten im Falle der Unsicherheit. Dabei sind unter Berücksichtigung vernünftiger kaufmännischer Beurteilung unsichere Faktoren hinsichtlich ihres voraussichtlichen Eintritts einzubeziehen.

Näherungswerte infolge von Unsicherheiten bei der Aufstellung des Jahresabschlusses, die auf Basis der zuletzt verfügbaren verlässlichen Informationen erfolgen. Sie sind unumgänglich und beeinflussen die Verlässlichkeit des Jahresabschlusses nicht.

Korrekturen

Die Erfassung von Auswirkungen der Änderung von Schätzungen erfolgt im Ge­ gensatz zur Änderung von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden prospektiv er­ gebniswirksam in der Periode, die die Änderung betrifft, oder ggf. auch in Folgepe­ rioden beispielsweise bei der Änderung von Nutzungsdauern (IAS 8.36). Eine rück­ wirkende Erfassung ist grundsätzlich nicht möglich. Die Ausnahme hierzu bilden die Änderungen von Schätzungen bei Abbruchkostenrückstellungen (IFRIC 1), wenn z. B. der Zinssatz zur Barwertermittlung oder die Mietvertragslaufzeit angepasst wird, so dass es hierbei zu einer Kombination der retrospektiven und prospektiven Adap­ tion kommen kann.⁹³ Führt die Änderung einer Schätzung im Ausnahmefall ledig­ lich zu einer veränderten Bewertung der Vermögenswerte oder Schulden, sind nur die entsprechenden Buchwerte anzupassen (IAS 8.37). Angaben sind hinsichtlich der Art und des Betrags einer Schätzungsänderung in der jeweiligen Berichtsperiode vor­ zunehmen. Mögliche Auswirkungen auf Folgeperioden müssen ebenfalls dargestellt werden. Gleichermaßen wird eine Angabe notwendig, falls eine derartige Darstellung undurchführbar ist (IAS 8.39–8.40). Die Abbildung 16 zeigt zusammenfassend die Definition und Korrektur von Schätzungen nach Handels- und Steuerrecht sowie nach IFRS. Im Ergebnis bedeu­ tet dies, dass die Definitionen von Fehlern und Schätzungen nach Handels- und Steuerrecht sowie nach den IFRS ebenso wie die Korrektur von Schätzungen überein­ stimmen. Die Fehlerkorrektur wird jedoch unterschiedlich durchgeführt. Zwar erfolgt grundsätzlich in beiden Fällen eine retrospektive Fehlerkorrektur, jedoch werden nach dem Handelsrecht die meisten Fehler in laufender Rechnung berichtigt.

Aktuelle Ereignisse, bessere Erkenntnisse bzw. zusätzliche Informationen können zu grundsätzlich prospektiv zu berücksichtigenden Änderungen einer Schätzung führen.

Aktuelle Informationen und Entwicklungen bzw. zunehmende Erfahrung können zu grundsätzlich prospektiv zu berücksichtigenden Änderungen einer Schätzung führen.

Abb. 16: Schätzungen und Schätzungskorrekturen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS im Vergleich.

93 Vgl. Driesch 2020, Rz. 36 zu § 45.

II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen A. Einführung Industrielle Leistungserstellungsprozesse sind im Grundsatz dadurch charakteri­ siert, dass Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe unter Einsatz menschlicher Arbeitskraft und Betriebsmitteln in unfertige Erzeugnisse, fertige Erzeugnisse und/oder ak­ tivierte Eigenleistungen⁹⁴ umgeformt werden. Sofern die selbsterstellten Güter am Bilanzstichtag (noch) nicht veräußert worden sind, müssen die Aufwendungen für die Herstellung (Herstellungskosten) in der Jahresbilanz aktiviert werden. Der Um­ fang dieser Aktivierung wirkt sich gleichzeitig auf die Vermögens- und Ertragslage der Industrieunternehmung aus, da jeder Ansatz in der Bilanz zu einem höheren Bestandsausweis und mithin zu einer Entlastung des Periodenergebnisses von Aufwendungen führt. Aufgrund der Aktivierung werden die durch Aufwendungen für die Herstellung bewirkten Ergebnisminderungen bis zum Verkauf bzw. der Nut­ zung im eigenen Unternehmen in der Gewinn- und Verlustrechnung neutralisiert. Allerdings ist zu beachten, dass eine vollständige Kompensation nur bei einer Akti­ vierung der gesamten für die Herstellung der selbsterstellten Vermögensgegenstände angefallenen Aufwendungen möglich ist. Da § 255 Absätze 2 und 3 HGB, R 6.3 EStR sowie IAS 2.12–2.18 nicht die Einbeziehung der gesamten Herstellungskosten in die bilanziellen Wertansätze der Erzeugnisse bzw. der aktivierbaren innerbetrieblichen Leistungen gestatten bzw. verlangen, besteht mithin die Möglichkeit, den Erfolg im Rahmen der Rechnungslegungspolitik zielgerichtet zu beeinflussen. Werden die im Jahresabschluss mit Herstellungskosten bewerteten Erzeugnisse in der nächsten Periode veräußert, dann führen die ursprünglich aktivierten Auf­ wandsbestandteile nun zu einer Belastung des Periodenergebnisses. Allerdings stehen diesen Aufwendungen die aus dem Verkauf resultierenden Umsatzerlöse ge­ genüber. Ähnliches gilt für unfertige Erzeugnisse, die in der nachfolgenden Periode zu fertigen Erzeugnissen weiterverarbeitet und auch veräußert werden. In diesem Fall schlagen sich die in der Vorperiode aktivierten Herstellungskosten sowie die in der Referenzperiode noch angefallenen Produktionsaufwendungen ergebnismin­ dernd nieder. Werden ursprünglich aktivierte unfertige Erzeugnisse zu (un-)ferti­ gen Erzeugnissen weiterverarbeitet, jedoch nicht abgesetzt, so muss oder kann eine Nachaktivierung derjenigen Herstellungskostenbestandteile erfolgen, die in der Re­

94 Dem Terminus „aktivierte Eigenleistungen“ werden diejenigen selbsterstellten Vermögensgegen­ stände subsumiert, die nicht zum Verkauf bestimmt sind, sondern als sog. aktivierbare innerbetriebli­ che Leistungen (z. B. selbsterstellte Anlagen sowie aktivierbare Überholungs- und Reparaturaufwen­ dungen) wieder in den Produktionsprozess einfließen. Da sie dazu bestimmt sind, dem Geschäftsbe­ trieb dauerhaft zu dienen, muss ein Ausweis im (Sach-)Anlagevermögen erfolgen. https://doi.org/10.1515/9783110679588-002

A. Einführung | 53

ferenzperiode entstanden sind. Diese Maßnahme führt wiederum zu einer Entlastung des Periodenergebnisses in Höhe der angefallenen Produktionsaufwendungen. Im Hinblick auf die aktivierten Herstellungskosten von innerbetrieblichen Leistungen erfolgt die Aufwandsverrechnung in den Perioden hier regelmäßig über planmäßige und/oder außerplanmäßige Abschreibungen. Jedoch ist bezüglich der unfertigen und/oder fertigen Erzeugnisse zu beachten, dass sowohl Entlastungen des Ergebnisses durch Lagerproduktionen in Gestalt der aktivierten Herstellungskostenbestandteile als auch Belastungen des Ergebnisses infolge von Verkäufen ursprünglich aktivierter Erzeugnisse vorliegen können. In die­ sem Fall ist der wertmäßige Saldo aus beiden Konstellationen in der Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen. Überwiegen am Ende der Rechnungsperiode die bewerteten Lagerproduktionen, so wird von einer Bestandserhöhung (Endbestand > Anfangsbestand), andernfalls von einer Bestandsverminderung (Endbestand < An­ fangsbestand) gesprochen. Aufgrund der vorstehend angeführten Kriterien unterscheidet sich die Finanz­ buchhaltung in Industrieunternehmen elementar von dem Buchführungssystem der Handelsbetriebe. Zunächst bedarf es spezifischer Bestandskonten für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse und fertige Erzeugnisse. Gemäß des für Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellte Unternehmen vorgeschrie­ benen handelsrechtlichen Bilanzgliederungsschemas, das industriellen Leistungs­ erstellungsprozessen folgt, werden diese Posten dem Terminus „Vorräte“ im Umlauf­ vermögen subsumiert. Entsprechendes gilt nach IFRS. Im Industrie-Kontenrahmen (IKR), der eine buchhalterische Gestaltungsemp­ fehlung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie darstellt und im Wesentlichen der Gliederungsstruktur des handelsrechtlichen Jahresabschlusses folgt, werden die das Vorratsvermögen betreffenden Bestandskonten in der Klasse 2 erfasst.⁹⁵ Die Klas­ sen 5, 6 und 7 enthalten hingegen die Ertrags- und Aufwandskonten, wobei insbe­ sondere folgende Gruppen die Besonderheit der Industriebuchhaltung dokumentie­ ren. (1) 50/51 Umsatzerlöse; (2) 52 Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen; (3) 53 Andere aktivierte Eigenleistungen; (4) 60/61 Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie für bezogene Leistungen; (5) 62/63/64 Personalaufwand; (6) 65 Abschreibungen.

95 Im Gegensatz zum Gemeinschaftskontenrahmen der Industrie folgt der IKR dem Zweikreissystem, indem er die Finanzbuchhaltung einerseits und die Kosten- und Leistungsrechnung andererseits ge­ trennt in zwei Rechnungskreisen durchführt. Vgl. zur buchhalterischen Organisation von Finanz- und Betriebsbuchhaltung als Ein- oder Zweikreissystem Freidank/Sassen 2020, S. 29–35.

54 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

In der Ergebnisrechnung, für die Klasse 8 vorgesehen ist, fällt weiter auf, dass das Gewinn- und Verlustkonto entweder nach dem Gesamtkosten- oder Umsatzkosten­ verfahren geführt werden kann. Dieser Wahlmöglichkeit entsprechen auch die für Kapitalgesellschaften und die ihnen gesetzlich gleichgestellte Unternehmen in § 275 Abs. 2 und Abs. 3 HGB vorgesehenen Mindestgliederungsschemata der in Staffel­ form zu erstellenden handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung. Dieses Wahl­ recht kann ebenfalls nach IAS 1.97–1.105 ausgeübt werden. Insbesondere der Struktur des Umsatzkostenverfahrens wird durch die Untergliederung in die Kontengruppen 81 Herstellungskosten, 82 Vertriebskosten, 83 Allgemeine Verwaltungskosten und 84 Sonstige betriebliche Aufwendungen entsprochen. Die Kosten- und Leistungsrechnung wird im Rahmen des IKR getrennt von der Finanzbuchhaltung in der Klasse 9 durchgeführt. Um von den Erfolgskomponen­ ten Aufwand und Ertrag der Finanzbuchhaltung auf die Termini Kosten und Leistun­ gen der Betriebsbuchhaltung überleiten zu können,⁹⁶ bedarf es spezifischer Abgren­ zungskorrektur- und Verrechnungskonten, die sich in Klasse 9 befinden. Bei den weiteren Betrachtungen zum Finanzbuchhaltungssystem von Industrieunternehmen ist zu beachten, dass die Begriffe Kosten und Leistungen auch Eingang in spezifische gesetzliche Vorschriften gefunden haben, die sich auf das externe Rechnungswesen beziehen. Allerdings handelt es sich hier nur um solche Kosten- und Leistungsarten, denen aus mengen- und/oder wertmäßiger Sicht Aufwendungen bzw. Erträge in glei­ cher Höhe zugrunde liegen. Hieraus folgt, dass kalkulatorische Anderskosten bzw. Andersleistungen nur in Höhe der ihnen entsprechenden Aufwendungen und Erträ­ ge, kalkulatorische Zusatzkosten bzw. Zusatzleistungen hingegen überhaupt kei­ nen Eingang in die Finanzbuchhaltung und damit in den Jahresabschluss finden dür­ fen.⁹⁷ Vereinfachend lässt sich die Struktur der Finanzbuchhaltung im IKR nach Ab­ bildung 17 darstellen.⁹⁸ Diese verdeutlicht, dass aus dem Eröffnungsbilanzkonto zunächst die Anfangsbestände auf die Bestandskonten der Klassen 0, 1, 2, 3 und 4 übernommen werden. Die aus erfolgswirksamen Geschäftsvorfällen resultieren­ den Aufwendungen und Erträge sind auf den entsprechenden Erfolgskonten der Klassen 5, 6 und 7 zu erfassen. Der Abschluss der Erfolgs- und Bestandskonten über das Gewinn- und Verlustkonto bzw. das Schlussbilanzkonto wird in der Konten­ klasse 8 vorgenommen. Der erwirtschaftete Gewinn der Rechnungsperiode ist nicht bestandserhöhend auf dem Eigenkapitalkonto verbucht worden, sondern separat auf dem Schlussbilanzkonto zum Ausweis gekommen. Eine derartige Vorgehensweise wird insbesondere bei Unternehmen relevant, die aufgrund vertraglicher Verein­

96 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt III.C.1.c. und III.C.1.f. 97 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt III.C.1.c. und III.C.1.f. 98 Modifiziert übernommen von Titze 1978, S. 219.

Kl. 0: AB Kl. 1: AB Kl. 2: AB

Abb. 17: Grundstruktur der Finanzbuchhaltung im Industrie-Kontenrahmen (IKR).

AB: Anfangsbestand EB: Endbestand

AB

Kl. 4 Verbindlichkeiten/ Passive Rechnungsabgrenzung

AB

Kl. 3 Eigenkapital/ Rückstellungen

AB

Kl. 2 Umlaufvermögen/Aktive Rechnungsabgrenzung

AB

Kl. 1 Finanzanlagen

AB

Kl. 0 Immaterielle Vermögensgegenstände/Sachanlagen

Kl. 3: AB Kl. 4: AB

Kl. 8 Eröffnungsbilanzkonto

erfolgswirksame Vorfälle

Aufwendungen Kl. 6 Aufwendungen Kl. 7 Gewinn

Kl. 5 Erträge

Erträge Kl. 5

Kl. 8 Ergebnisrechnung

Kl. 6/Kl. 7 Aufwendungen

erfolgsunwirksame Vorfälle

Kl. 0: EB Kl. 1: EB Kl. 2: EB

Kl. 3: AB Kl. 4: AB Gewinn

801 Schlussbilanzkonto

Saldo

Kl. 4 Verbindlichkeiten/ Passive Rechnungsabgrenzung

Saldo

Kl. 3 Eigenkapital/ Rückstellungen

Saldo

Kl. 2 Umlaufvermögen/Aktive Rechnungsabgrenzung

Saldo

Kl. 1 Finanzanlagen

Saldo

Kl. 0 Immaterielle Vermögensgegenstände/Sachanlagen

A. Einführung |

55

56 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

barung oder gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, feste Kapitalkonten (z. B. Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften) zu führen.⁹⁹

B. Bilanzrechtliche Herstellungskosten und ihre Zurechnung auf die Erzeugniseinheiten Bezüglich der Zurechenbarkeit unterschiedlicher Kostenarten auf einen Kostenträ­ ger (z. B. Erzeugnisse) wird zwischen Einzel- und Gemeinkosten unterschieden. Während Einzelkosten (z. B. Fertigungsmaterial) direkt dem Kalkulationsobjekt zu­ rechenbar sind, gelingt eine produktbezogene Zurechnung von Gemeinkosten (z. B. Abschreibungen, Mieten, Gehälter) nur auf indirektem Wege mit Hilfe mehr oder weniger genauer Verteilungsgrößen, da diese Kostenarten nicht ausschließlich durch das Entstehen einer Erzeugniseinheit, sondern durch den gesamten Leistungserstel­ lungsprozess verursacht werden. In aller Regel wird das Problem der Gemeinkosten­ zurechnung in der Praxis durch eine Kostenstellenrechnung gelöst. Hier werden die Gemeinkostenarten direkt (Stelleneinzelkosten) oder indirekt anhand von Schlüs­ selgrößen (Stellengemeinkosten) betrieblichen Abrechnungsbereichen (Kostenstel­ len) angelastet. Unter Berücksichtigung funktionaler Gliederungskriterien in der in­ dustriellen Unternehmung hat sich in diesem Zusammenhang eine Unterscheidung in Material-, Fertigungs-, Verwaltungs- und Vertriebskostenstellen durchgesetzt. Entsprechend der Zurechnung der Gemeinkostenarten auf diese Hauptkostenstellen wird dann in Material-, Fertigungs-, Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten unterschieden. Zum Zwecke der beschriebenen Gemeinkostenverteilung bevorzugt die Praxis den Betriebsabrechnungsbogen (BAB), der in der Vertikalen alle Kostenarten und in der Horizontalen alle Kostenstellen enthält.¹⁰⁰ Die Zurechnung der in den Hauptkosten­ stellen angefallenen Gemeinkostensummen auf die Erzeugniseinheiten kann dann nach Maßgabe des Anteils der Gemeinkosten an dem Betrag bestimmter Einzelkos­ tenarten oder aber der Beanspruchung der einzelnen Kostenstellen durch die Pro­ dukte vorgenommen werden. Abbildung 18 zeigt die grundlegende Verknüpfung von Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung in einem Industrieunterneh­ men.¹⁰¹ Während der Kostenartenrechnung die Aufgabe zukommt, sämtliche wäh­ rend einer Periode angefallenen Kosten zu erfassen, lastet die Kostenstellenrech­

99 Vgl. hierzu die Ausführungen in Teil 2 zu Gliederungspunkt II.A.2. und II.B.2. sowie in Teil 3 zu Gliederungspunkt III.B.3.c. 100 Vgl. zum Aufbau eines Betriebsabrechnungsbogens Freidank/Sassen 2020, S. 163–177. 101 Modifiziert übernommen von Schönfeld/Möller 1995, S. 52. Obwohl zu Kalkulationszwecken die Einzelkosten an der Kostenstellenrechnung vorbeifließen können, werden sie häufig aber doch im Betriebsabrechnungsbogen erfasst, damit für die jeweiligen Betriebsbereiche ebenfalls hinsichtlich dieser Kosten eine Wirtschaftlichkeitskontrolle möglich wird.

B. Bilanzrechtliche Herstellungskosten und ihre Zurechnung auf die Erzeugniseinheiten

Kostenartenrechnung

| 57

Kostenträgerzeitrechnung

Kostenstellenrechnung

Kostenträger I

Einzelkosten Einzelkosten

Erlöse

Betriebsabrechnungsbogen Kostenstellen Gemeinkosten Kostenarten

Kostenträger II Erlöse Σ

Σ

Σ

Sondereinzelkosten

Abb. 18: Grundstruktur einer Betriebsabrechnung.

nung den einzelnen betrieblichen Bereichen diejenigen Gemeinkosten an, die dort zum Zwecke der Leistungserstellung entstanden sind. Im Rahmen der Kostenträger­ zeitrechnung oder kurzfristigen Erfolgsrechnung¹⁰² werden sämtliche Einzel- und Gemeinkosten den Leistungen einer Periode zugerechnet und den Umsatzerlösen ge­ genübergestellt. Die kurzfristige Erfolgsrechnung ermittelt als Instrument der Kostenund Leistungsrechnung im Gegensatz zu der in aller Regel jährlich zu erstellenden Gewinn- und Verlustrechnung nach Handels- und Steuerrecht sowie nach IFRS den Betriebserfolg zum Zwecke kurzfristiger Planungs- und Steuerungsmaßnahmen für kürzere Abrechnungszeiträume (z. B. Quartale, Monate, Wochen). Die Terminologie des Handels- und Steuerrechts sowie der IFRS zur Berech­ nung der Herstellungskosten folgt im Grundsatz den vorstehend angeführten Un­ terscheidungen in Einzel- und Gemeinkosten.¹⁰³ In Abbildung 19 sind die dort ver­ wendeten Einzel- und Gemeinkostentermini zusammenfassend definiert und den korrespondierenden Begriffen des innerbetrieblichen Rechnungswesens zugeordnet worden.¹⁰⁴ Abbildung 20 gibt einen grundlegenden Überblick über diejenigen Kategorien der Herstellungskosten, für die aus handels- und steuerrechtlicher Sicht sowie nach

102 Vgl. Kontengruppe 88 in Klasse 8 des IKR. 103 Vgl. § 255 Abs. 2 HGB und R 6.3 Abs. 1 bis 4 EStR; IAS 2.12–2.16 104 Vgl. ADS 1995, Rz. 142–216 zu § 255 HGB; Schubert/Hutzler 2022, Rz. 366–410 zu § 255 HGB.

58 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Bezeichnung

Definition

Materialeinzelkosten (Fertigungsmaterial)

Unmittelbar zur Herstellung unfertiger und fertiger Erzeugnisse sowie aktivierbarer Eigenleistungen verbrauchte Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und in Anspruch genommene Leistungen (z. B. Energieleistungen), sofern der Verbrauch und die Inanspruchnahme den Produkten direkt zurechenbar sind.

Fertigungseinzelkosten (Fertigungslöhne)

Bei der Fertigung des Produktes angefallene und direkt zurechenbare Kosten, soweit sie nicht den Charakter von Sonderkosten der Fertigung tragen. In erster Linie handelt es sich um die der Fertigung dienenden Personalkosten.

Sonderkosten der Fer­ tigung (Sondereinzel­ kosten der Fertigung)

Bei der Fertigung einzelner Produktarten angefallene und direkt zurechenbare Kosten (z. B. Kosten für Spezialwerkzeuge, Versuche, Konstruktionen und Lizenzgebühren).

Vertriebskosten [Sonder(einzel)kosten des Vertriebes]

Beim Vertrieb einzelner Produktarten angefallene und direkt zurechenbare Kosten (z. B. Frachtkosten, Zölle, Provisionen, Versicherungen und Verpackungen).

Materialgemeinkosten

Kosten des Materialbereichs (z. B. die Kosten der Einkaufsabteilung, Warenannahme, Material- und Rechnungsprüfung, Lagerhaltung, Materialverwaltung, -bewachung und -versicherung sowie für den innerbetrieblichen Transport), sofern sie nicht als Materialkosten den Produkten direkt zurechenbar sind und nicht den Charakter von Fertigungs- oder Verwaltungsgemeinkosten tragen.

Fertigungs­ gemeinkosten

Kosten des Fertigungsbereichs (z. B. Abschreibungen auf Produktionsanlagen, Kosten für Instandhaltung, Arbeitsvorbereitung, Lohnbüro, Fertigungskontrolle, Personal, Verwaltung, Disposition), sofern sie nicht als Fertigungskosten den Produkten direkt zurechenbar sind und nicht den Charakter von Material- oder Verwaltungsgemeinkosten tragen.

Allgemeine Verwal­ tungskosten (Verwal­ tungsgemeinkosten)

Kosten des Verwaltungsbereichs (z. B. Gehälter und Löhne für Rechnungswesen, Rechenzentrum, Interne Revision, Geschäftsleitung, Ausbildungswesen; darüber hinaus Abschreibungen und sonstige Gemeinkosten, wie etwa Porti-, Fernsprech-, Energie-, Instandhaltungsund Reinigungskosten), sofern sie nicht als Gemeinkosten des Material-, Fertigungs- und Vertriebsbereichs zu behandeln sind.

Vertriebskosten (Ver­ triebsgemeinkosten)

Kosten des Vertriebsbereichs (z. B. alle Personal- und Sachkosten der Werbe- und Marketingabteilung, des Vertreternetzes sowie der Fertigungswaren- und Vertriebsläger; darüber hinaus Kosten der Werbung, Absatzförderung und Marktforschung, Verkäufer- und Kundenschulung sowie Reisekosten), sofern sie nicht als Vertriebskosten bestimmten Produktarten direkt zurechenbar sind.

Abb. 19: Einzel- und Gemeinkostenkategorien.

B. Bilanzrechtliche Herstellungskosten und ihre Zurechnung auf die Erzeugniseinheiten

Handelsbilanz

Steuerbilanz (EStR)

|

59

IFRS

Materialeinzelkosten

Pflicht

Pflicht

Pflicht

Fertigungseinzelkosten (inklusive Sondereinzelkosten)

Pflicht

Pflicht

Pflicht

Materialgemeinkosten

Pflicht

Pflicht

Pflicht

Fertigungsgemeinkosten

Pflicht

Pflicht

Pflicht

Werteverzehr des Anlagevermögens

Pflicht

Pflicht

Pflicht

= Untergrenze (Teilkostenansatz) allgemeine Verwaltungs(gemein)kosten

Wahlrecht

Wahlrecht

Verbot

Aufwendungen für freiwillige Sozialleistungen

Wahlrecht

Wahlrecht

Pflicht für den produk­ tionsbezogenen Teil, ansonsten Verbot

Aufwendungen für Sozialeinrichtungen des Betriebs

Wahlrecht

Wahlrecht

Pflicht für den produk­ tionsbezogenen Teil, ansonsten Verbot

Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung

Wahlrecht

Wahlrecht

Pflicht für den produk­ tionsbezogenen Teil, ansonsten Verbot

Fremdkapitalzinsen (nur unter bestimmten Voraussetzungen)

Wahlrecht

Wahlrecht

Pflicht

= Obergrenze (Vollkostenansatz) Forschungs- und Vertriebskosten (inklusive Sondereinzelkosten des Vertriebs)

Verbot

Verbot

Verbot

Abb. 20: Herstellungskosten nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS.

IFRS eine Aktivierungspflicht, ein Aktivierungsverbot oder -wahlrecht bestehen. Die Untergrenze des handels- und steuerrechtlichen Herstellungskostenansat­ zes betrifft die Material- und Fertigungskosten (Einzel- und Gemeinkosten) sowie den Werteverzehr des Anlagevermögens. Für die Verwaltungsgemeinkosten und bestimm­ te Sozialkosten besteht ein Einbeziehungswahlrecht und für die Vertriebskosten, die erst beim Absatz der Produkte anfallen, ein Einbeziehungsverbot in die handelsrecht­ lichen Herstellungskosten unfertiger und fertiger Erzeugnisse sowie aktivierbarer innerbetrieblicher Leistungen. Für die Steuerbilanz gilt das handelsrechtliche Akti­ vierungswahlrecht für die allgemeinen (nicht herstellungsbezogenen) Verwaltungs­ (gemein)kosten sowie für Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs, für freiwillige soziale Leistungen und für die betriebliche Altersversorgung i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 3 HGB immer dann, wenn dem Grundsatz der formellen Maßgeblichkeit

60 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

folgend auf die Aktivierung angemessener Teile dieser Aufwandsarten auch in der Handelsbilanz verzichtet wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 1b. EStG). Die IFRS folgen dagegen einem produktionsbezogenen Vollkostenansatz, der keine Wahlrechte kennt. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass die terminologische Einengung auf den zur Herstellung angemessenen (notwendigen) Aufwand eine Einbeziehung neu­ traler Aufwandsbestandteile, die weder sachziel- noch periodenbezogenen oder ordentlichen Charakter tragen, in die bilanzrechtlichen Herstellungskosten verbie­ tet. Mithin kommen etwa folgende Abschreibungen für eine Aktivierung nicht in Betracht: auf Reserveanlagen, nicht benutzte oder stillgelegte Anlagen, außerplan­ mäßige Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB sowie Teilwertabschreibungen, steuerrechtliche Sonderabschreibungen, erhöhte Absetzungen und Bewertungsab­ schläge.¹⁰⁵ Ähnliches gilt für Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpa­ piere des Umlaufvermögens, Buchverluste aus dem Abgang von Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens sowie sämtliche periodenfremden und außerordent­ lichen Aufwendungen (z. B. Verluste aus der Auflösung von Rückstellungen und Entschädigungszahlungen aufgrund von Massenentlassungen). Da im System der Kosten- und Leistungsrechnung keine neutralen Aufwendungen zur Verrechnung kommen, können die Kalkulationssätze dann unkorrigiert zum Zwecke der Herstel­ lungskostenermittlung übernommen werden, wenn sie pagatorischer Natur sind, d. h. Kosten nur bis zur Höhe der ihnen gegenüberstehenden Aufwendungen Eingang in das innerbetriebliche Rechnungswesen gefunden haben. Andernfalls sind die die entsprechenden Aufwendungen übersteigenden Anders- und/oder Zusatzkosten aus den kalkulatorischen Ergebnissen zu eliminieren. Der Kostenträgerstückrechnung (Selbstkostenrechnung, Kalkulation) kommt im System der Kosten- und Leistungsrechnung die Aufgabe zu, die Selbstkosten und die Herstell(ungs)kosten pro erstellte Produkteinheit zu ermitteln. Während die Selbstkosten pro Stück zum Zwecke von Preis- und Kostenentscheidungen benö­ tigt werden, dienen die Herstellungskosten pro Einheit der Bestandsbewertung in der kurzfristigen Erfolgsrechnung sowie im bilanzrechtlichen Jahresabschluss. Am weitesten verbreitet ist vor allem bei Serien- und Einzelfertigungsprozessen zum Zwecke der Stückkostenermittlung die elektive Zuschlagkalkulation mit Rückgriff auf die Kostenstellenrechnung.¹⁰⁶ Dieses Verfahren unterstellt ein proportiona­ les Verhältnis zwischen bestimmten Einzel- und Gemeinkostenarten, indem davon ausgegangen wird, dass die Höhe der Material- bzw. Fertigungsgemeinkosten eines Produkts vom Umfang des Fertigungsmaterials bzw. der Fertigungslöhne und die Höhe seiner Verwaltungs- und Vertriebsgemeinkosten vom Umfang seiner Herstell­ kosten abhängt. Da die Sondereinzelkosten der Fertigung und des Vertriebs häufig

105 Vgl. ADS 1995, Rz. 191 zu § 255 HGB. 106 Vgl. zu anderen Kalkulationsmethoden, die primär bei Massen-, Sorten- und Kuppelproduk­ tion oder im Rahmen einer Prozesskostenrechnung zur Anwendung kommen, Freidank/Sassen 2020, S. 177–199 u. S. 423–442.

B. Bilanzrechtliche Herstellungskosten und ihre Zurechnung auf die Erzeugniseinheiten

|

61

lediglich bestimmten Produktarten und nicht den Produkteinheiten zugerechnet wer­ den können, sind im Rahmen der Kalkulation die entsprechenden Sonderkosten dann durch die Stückzahlen der herzustellenden Produktart zu dividieren. Abbildung 21 zeigt zusammenfassend das Kalkulationsschema der elektiven Zuschlagskalkula­ tion.¹⁰⁷ In diesem Kontext ist zu beachten, dass der aus dem System der Kosten- und Leistungsrechnung stammende Begriff „Herstellkosten“, im Gegensatz zum bilan­ ziellen Terminus „Herstellungskosten“, der die Obergrenze des Wertansatzes nach Handels- und Steuerrecht sowie nach IFRS für Erzeugnisbestände und selbsterstellte Anlagen repräsentiert, nicht die Verwaltungsgemeinkosten mit einschließt. Die einzelnen Gemeinkostenzuschlagsätze sind zum Zwecke der Herstell(ungs)­ kosten- bzw. Selbstkostenkalkulation aus dem BAB abzuleiten. Hier wird davon ausgegangen, dass die Verrechnung der Gemeinkostensumme der Materialstelle auf der Grundlage der gesamten Kosten für das Fertigungsmaterial erfolgt, die Ferti­ gungshauptstellen die gesammelten Gemeinkostensummen jeweils in Prozentsätzen auf Basis des dort angefallenen Fertigungslohns überwälzen und die Kosten des Verwaltungs- und Vertriebsbereichs den Produkteinheiten in Prozentsätzen auf die

Fertigungsmaterial (Materialeinzelkosten) Materialgemeinkosten (in %, bezogen auf das Fertigungsmaterial)

Material­ kosten

Fertigungslohn (Fertigungseinzelkosten) Fertigungsgemeinkosten (in %, bezogen auf den Fertigungslohn, für jede Fertigungshauptstelle separat)

Herstell­ kosten Fertigungs­ kosten

Selbstkosten

NettoAngebots­ preis

Sondereinzelkosten der Fertigung Verwaltungsgemeinkosten (in %, bezogen auf die Herstellkosten) Vertriebsgemeinkosten (in %, bezogen auf die Herstellkosten)

Verwaltungsund Vertriebs­ kosten

Sondereinzelkosten des Vertriebs Gewinnzuschlag (in %, bezogen auf die Selbstkosten) Abb. 21: Schema der elektiven Zuschlagkalkulation mit Rückgriff auf die Kostenstellenrechnung.

107 Modifiziert übernommen von Schönfeld/Möller 1995, S. 176.

62 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Herstellkosten zugerechnet werden. Mithin lassen sich mindestens folgende vier Zuschlagsätze ermitteln. (1)

Zuschlagsatz für die Material­ gemeinkosten (in %)

=

Summe Materialgemeinkosten aus BAB ⋅ 100 Summe des Fertigungsmaterials

(2)

Zuschlagsatz für die Ferti­ gungsgemeinkosten (in %)

=

Summe Fertigungsgemeinkosten aus BAB ⋅ 100 Summe des Fertigungslohns

(3)

Zuschlagsatz für die Verwal­ tungsgemeinkosten (in %)

=

Summe Verwaltungsgemeinkosten aus BAB ⋅ 100 Summe der Herstellkosten

(4)

Zuschlagsatz für die Ver­ triebsgemeinkosten (in %)

=

Summe Vertriebsgemeinkosten aus BAB ⋅ 100 Summe der Herstellkosten

C. Retrograde Bewertung und Niederstwertprinzip Sofern in Industrieunternehmen keine Kostenträgerstückrechnung existiert, sind die Herstellungskosten zur Bestandsbewertung unfertiger und fertiger Erzeugnisse indi­ rekt durch Abzug der Bruttospanne von den Netto-Verkaufspreisen zu ermitteln (Ver­ kaufswertverfahren). In dieser Bruttospanne, die im Warenhandel mit den Begriffen „Handelsspanne“ oder „Roherfolgsatz“ belegt wird, müssen im Hinblick auf die Be­ wertung fertiger Erzeugnisse zumindest die nicht aktivierbaren Vertriebskosten so­ wie der durchschnittliche Gewinnanteil enthalten sein.¹⁰⁸ Beispiel: Im Rechnungswesen eines Industrieunternehmens werden am Ende des Geschäftsjah­ res t1 folgende Erfolgskomponenten ausgewiesen. (1) Gesamte Selbstkosten (2) davon Vertriebskosten (3) Gesamte Umsatzerlöse Die Bruttospanne errechnet sich dann aus a

600.000 € 138.000 € 660.000 € 198.000 € a 660.000 € ⋅ 100 = 30 %.

198.000 € = 660.000 € − (600.000 € − 138.000 €).

Somit sind die bilanziellen Herstellungskosten für 80 Stück auf Lager befindlicher fertiger Erzeug­ nisse, die zu einem Netto-Verkaufspreis von 75 € angeboten werden, wie folgt zu ermitteln: (1 − 0,3) · 75 € · 80 Stück = 4.200 €.

Auch unfertige Erzeugnisse können nach dem vorstehend dargestellten Verkaufs­ wertverfahren zu Herstellungskosten bewertet werden. Allerdings kommen dann höchstens diejenigen Kostenbestandteile für eine Aktivierung in Betracht, die dem Fertigstellungsgrad dieser Produkte entsprechen.

108 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt II.A.6.c.

C. Retrograde Bewertung und Niederstwertprinzip | 63

Beispiel: Nun wird angenommen, dass es sich bei den zu bewertenden 80 Erzeugnissen um unfer­ tige Produkte handelt, die einen Fertigstellungsgrad von 60 % aufweisen. Mithin berechnen sich die gesamten Herstellungskosten wie im Folgenden gezeigt: (1 − 0,3) · 0,6 · 75 € · 80 Stück = 2.520 €.

Zu berücksichtigen ist aber, dass die zum Bilanzstichtag ermittelten Bestände unferti­ ger und fertiger Erzeugnisse sowie aktivierbarer Eigenleistungen nur dann mit den ermittelten Stück-Herstellungskosten zu bewerten sind, wenn sie über den in § 253 Abs. 3 Satz 5 und Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 HGB genannten Alternativwerten liegen. Mithin erfordert das strenge Niederstwertprinzip in Verbindung mit der Kalkulati­ on des Herstellungskostenansatzes nach Handels- und Steuerrecht sowie nach IFRS stets einen Niederstwerttest, um den zulässigen Bilanzansatz für selbsterstellte An­ lagen und Erzeugnisbestände berechnen zu können. Diese Vorgehensweise lässt sich, wie in Abbildung 22 gezeigt, darstellen.¹⁰⁹

Ermittlung der Herstellungskosten

Vergleich der Herstellungskosten mit dem Alternativwert

Herstellungskosten




Alternativwert

Herstellungskosten minus Alternativwert als Abschreibung in Gewinn- und Verlustrechnung

Abb. 22: Niederstwerttest der Herstellungskosten.

Während für die Ableitung der Zeitwerte für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe nach Han­ dels- und Steuerrecht auf die aus dem Beschaffungsmarkt abgeleiteten Wiederbe­ schaffungskosten (zuzüglich Nebenkosten) zurückzugreifen ist, sind nach IFRS der Nutzungswert sowie der Verkaufserlös zu bestimmen. Im Rahmen des Niederstwert­ tests zur Bestimmung der Alternativwerte für unfertige und fertige Erzeugnisse stel­ len in allen Rechnungslegungssystemen die vom Absatzmarkt übernommenen Ver­

109 Eine ähnliche Darstellung findet sich bei Leffson 1970, S. 228.

64 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

kaufspreise (abzüglich der bis zum Verkauf noch anfallenden Kosten) den Vergleichs­ maßstab dar. Nach dem Prinzip der verlustfreien Bewertung soll hierdurch der auf den voraussichtlichen Netto-Verkaufspreis der Erzeugnisse vorzunehmende Wertab­ schlag antizipiert werden. Hinsichtlich der Bestimmung des Alternativwertes für un­ fertige Erzeugnisse erfordert dieser Grundsatz, dass vom Verkaufspreis neben den bis zur Veräußerung noch anfallenden Kosten auch die zukünftigen Herstellungskosten bis zum Ende des Fertigungsprozesses zu subtrahieren sind. Im Gegensatz zur retro­ graden Wertermittlung bei Anwendung des Verkaufswertverfahrens ist jedoch ein Ge­ winnzuschlag nicht zu berücksichtigen, da diese zusätzliche Verlustantizipation da­ zu führen würde, dass die Erzeugnisse in dem/den folgenden Geschäftsjahr(en) mit der Konsequenz einer Gewinnrealisierung veräußert werden könnten.¹¹⁰ Nach der steuerlichen Rechtsprechung ist bei der Ermittlung des niedrigeren steuerlichen Teil­ werts aber auch ein Gewinnzuschlag mit einzubeziehen, da aus der Sicht des Teil­ wertgedankens der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG angesprochene fiktive Gesamtbe­ triebserwerber nur bereit wäre, für die betrachteten fertigen Erzeugnisse einen Preis zu zahlen, von dem der durchschnittliche Gewinn bereits abgezogen wurde.¹¹¹

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen der Gewinn- und Verlustrechnung 1. Gesamtkostenverfahren Industrieunternehmen steht es frei, die Gewinn- und Verlustrechnung auf der Basis des Gesamtkostenverfahrens (GKV) oder des Umsatzkostenverfahrens (UKV) auf­ zustellen. Die unterschiedlichen Bestandteile der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem GKV und UKV sind in § 275 Abs. 2 und Abs. 3 HGB sowie IAS 1.102–1.103 nä­ her aufgeführt. Wie noch zu zeigen sein wird, führen GKV und UKV bei Zugrundele­ gung identischer Prämissen hinsichtlich der Aufwands- und Ertragserfassung zum gleichen Periodenerfolg. Allerdings bestehen elementare Unterschiede im Hinblick auf den Ausweis einzelner Erfolgskomponenten. Diesen Abweichungen muss bereits beim Aufbau der Finanzbuchhaltung Rechnung getragen werden. Beim GKV werden im Prinzip die nach bestimmten Arten gegliederten gesamten Aufwendungen den Umsatzerlösen und sonstigen Erträgen einer Periode gegenüber­ gestellt. Den Bestandsveränderungen, die in Gestalt von Bestandserhöhungen oder Bestandsverminderungen bei den Erzeugnissen auftreten können, kommt im Prin­ zip die Aufgabe zu, die gesamten Aufwendungen der Klassen 6 und 7 an die Umsatz­ erlöse der Periode anzupassen. Im Falle einer Bestandserhöhung liegt der Endbe­ 110 Vgl. zur Bestimmung des Alternativwerts für unfertige und fertige Erzeugnisse im Einzelnen ADS 1995; Rz. 513–530 zu § 253 HGB; Schubert/Berberich 2022, Rz. 544–549 in § 253 HGB. 111 Vgl. im Einzelnen Kulosa 2022, Rz. 258 zu § 6 EStG.

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

65

stand auf den Erzeugniskonten über dem Anfangsbestand. Diese Konstellation be­ deutet, dass mengen- und/oder wertmäßig mehr auf Lager produziert als abgesetzt bzw. weiterverarbeitet wurde. Die gesamten Aufwendungen sind folglich im Verhält­ nis zu den verbuchten Umsatzerlösen zu hoch, da sie auch Elemente enthalten, die sich auf die vorgenommenen Lageraufstockungen beziehen. Mithin müssen Bestands­ erhöhungen unfertiger und/oder fertiger Erzeugnisse stets ausgleichend als Ertrags­ komponenten auf die Habenseite des Gewinn- und Verlustkontos gebucht werden. Bei einer Bestandsverminderung liegt auf den Erzeugniskonten der Endbestand un­ ter dem Anfangsbestand. In diesem Falle wurde mengen- und/oder wertmäßig we­ niger produziert als an fertigen Erzeugnissen verkauft bzw. an unfertigen Erzeugnis­ sen in den weiteren Herstellungsprozess gegeben. Im Verhältnis zu den verbuchten Umsatzerlösen sind die gesamten Aufwendungen der Periode somit zu niedrig, da die Umsatzerlöse fertige Erzeugnisse enthalten, die aus Produktionen der Vorperiode(n) resultieren. Folglich sind Bestandsverminderungen unfertiger und/oder fertiger Er­ zeugnisse stets ausgleichend als Aufwandskomponenten auf die Sollseite des Ge­ winn- und Verlustkontos zu verbuchen. Auf dem Konto „Andere aktivierte Eigenleistungen“ sind primär selbsterstellte Gegenstände des Anlagevermögens sowie aktivierte Großreparaturen zu verbuchen. Diese Leistungen repräsentieren die infolge der Aktivierung entstandenen Bestands­ erhöhungen auf den entsprechenden Anlagekonten und stellen gleichzeitig einen Ge­ genposten zu den angefallenen Aufwendungen dar. Zu berücksichtigen ist, dass der AB: Anfangsbestand BE: Bestandserhöhung BV: Bestandsverminderung EB: Endbestand

800 Eröffnungsbilanzkonto 07: AB 21: AB 22: AB

Kl. 6/7 Aufwendungen 07 Technische Anlagen und Maschinen AB BE

53 Andere aktivierte Eigenleistungen

Saldo

EB BE

Saldo

50 Umsatzerlöse Saldo

21 Unfertige Erzeugnisse AB BE

EB

52 Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an unfertigen und fertigen Erzeugnissen BV

Kl. 5 Sonstige Erträge Saldo

BE Saldo

22 Fertige Erzeugnisse AB

EB BV

801 Schlussbilanzkonto 07: EB 21: EB 22: EB

802 Gewinn- und Verlustkonto 52: BV Kl. 6/7: Aufwendungen Gewinn

50: Umsatzerlöse 53: Andere aktivierte Eigenleistungen Kl. 5: Sonstige Erträge

Gewinn

Abb. 23: Grundstruktur der Buchungstechnik nach dem Gesamtkostenverfahren.

66 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Betrag der anderen aktivierten Eigenleistungen nicht Ertragscharakter trägt, da es sich in diesem Falle lediglich um eine Vermögensumschichtung handelt. Mithin erfolgt beispielsweise bei der Aktivierung selbsterstellter Anlagen eine Transforma­ tion von liquiden Mitteln (Ausgaben für Löhne, Gehälter und Material) und Vorrä­ ten (Materialentnahmen) auf die entsprechenden Anlagekonten.¹¹² Sofern absatzbe­ stimmte Erzeugnisse im Sachanlagevermögen ausgewiesen werden sollen (z. B. Ver­ wendung eigener Fahrzeuge eines Automobilherstellers zur dauernden Nutzung im Unternehmen), schlagen sich dann die als andere Eigenleistungen zu aktivierenden Produktwerte bestandsmindernd auf dem Konto „Fertige Erzeugnisse“ nieder. In Ab­ bildung 23 ist die Grundstruktur des GKV zusammenfassend dargestellt. Hier wur­ de angenommen, dass die Bestandserhöhung der unfertigen Erzeugnisse im Ergebnis von der Bestandsverminderung der fertigen Erzeugnisse überkompensiert wird. Beispiel: Die Eröffnungsbilanz eines einzelkaufmännischen Industrieunternehmens, das drei un­ terschiedliche Erzeugnisse (A, B, C) herstellt, hat am 01.01. des Geschäftsjahres t3 folgendes Aus­ sehen. Der Posten „Grundstücke und Gebäude“ beinhaltet bebaute Grundstücke und Betriebsge­ bäude mit Buchwerten von 160.000 € bzw. 107.500 €. Die unter dem Posten „Rückstellungen“ aus­ gewiesenen Beträge beziehen sich ausschließlich auf gebildete Aufwandsrückstellungen. Aktiva

Eröffnungsbilanz zum 01.01.t3 €

A. Anlagevermögen I. Sachanlagen 1. Grundstücke und Bauten 2. technische Anlagen und Maschinen 3. Betriebs- und Ge­ schäftsausstattung II. Finanzanlagen

€ A. Eigenkapital

850.000

B. Rückstellungen

100.000

267.500

C. Verbindlichkeiten

450.000

1. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 2. Verbindlichkeiten aus LuL D. Rechnungsabgrenzungsposten

200.000

1. Beteiligungen

Passiva

315.000 145.000 40.000

47.500

2. Wertpapiere des Anla­ gevermögens B. Umlaufvermögen

27.500

I. Vorräte 1. Roh-, Hilfs- und Be­ triebsstoffe 2. fertige Erzeugnisse

160.000 89.500

3. Forderungen aus Liefe­ 78.000 rungen und Leistungen II. Guthaben bei Kreditinstituten 130.000 1.450.000

112 Vgl. ADS 1997b, Rz. 59 zu § 275 HGB.

1.450.000

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

67

Laufende Buchungen: (1) Der passive Rechnungsabgrenzungsposten (40.000 €), der im Geschäftsjahr t2 ausschließ­ lich für im Voraus erhaltene Miete gebildet wurde, ist aufzulösen. Buchungssatz: 490

Passive Rechnungsabgrenzung

an

54

Sonstige betriebliche Erträge

40.000 €.

(2) Laut Entnahmescheinen sind folgende Materialien in die Fertigung gegeben worden. Rohstoffe Hilfsstoffe Betriebsstoffe

90.000 € 35.000 € 20.000 €

Buchungssatz: 60

Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

an

200

Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

145.000 €.

(3) Verkauf von fertigen Erzeugnissen in Höhe von 600.000 € (einschl. 20 % USt) gegen Bank­ überweisung unter Abzug eines 2 %igen Skontos von 12.000 €. Buchungssatz: 280 5001

Guthaben bei Kreditinstituten Erlösberichtigungen

588.000 €

an

10.000 €

500

Umsatzerlöse

500.000 €

480

Umsatzsteuer

98.000 €.

(4) Einkauf von Rohstoffen auf Ziel in Höhe von 72.000 € (einschl. 20 % USt). Buchungssatz: 200 260 (5)

Roh-, Hilfs und Betriebsstoffe Vorsteuer

60.000 €

an

12.000 €

44

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

72.000 €.

Bruttolöhne und -gehälter in Höhe von 75.000 € bzw. 115.000 € werden unter Abzug von Lohn­ steuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag (57.000 €) und Sozialversicherung (Arbeitge­ ber- und Arbeitnehmeranteil je 7.500 €) überwiesen. Buchungssatz: 62

Löhne

63

Gehälter

64

Soziale Abgaben

75.000 €

an

280

115.000 €

483

7.500 €

484

Guthaben bei Kreditin­ stituten Sonstige Verbindlich­ keiten gegenüber Fi­ nanzbehörden Verbindlichkeiten gegenüber Sozial­ versicherungsträgern

125.500 € 57.000 €

15.000 €.

68 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

(6) Begleichung der Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern und Finanzbehör­ den [vgl. Geschäftsvorfall (5)] durch Banküberweisung. Buchungssatz: 483

484

(7)

Sonstige Verbindlich­ keiten gegenüber Fi­ nanzbehörden Verbindlichkeiten ge­ genüber Sozialversi­ cherungsträgern

57.000 €

an

280

Guthaben bei Kreditinstituten

72.000 €.

15.000 €

Verkauf einer linear abgeschriebenen Fertigungsanlage durch Banküberweisung in Höhe von 51.000 € (einschl. 20 % USt) am 01.08.t3. Die Anlage stand am 01.01.t3 mit 81.000 € zu Bu­ che und wurde Anfang Januar t1 in Betrieb genommen. Während die Anschaffungskosten 108.000 € betrugen, beläuft sich die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer auf 8 Jahre. Buchungssatz: 280 6520 7460

Guthaben bei Kreditinstituten Abschreibungen auf Sachanlagen Verluste aus dem Abgang von Vermö­ gensgegenständen

51.000 €

an

7.875 €

07 480

Technische Anlagen und Maschinen Umsatzsteuer

81.000 € 8.500 €

30.625 €

Abschlussangaben: (8) Die planmäßigen Abschreibungen betragen [ohne Abschreibungen aus Geschäftsvorfall (7)] auf Betriebsgebäude auf Technische Anlagen und Maschinen auf Betriebs- und Geschäftsausstattung

30.000 €, 70.000 €, 45.000 €.

Buchungssatz: 652

Abschreibungen auf Sachanlagen

145.000 €

an

053 07 08

Betriebsgebäude Technische Anlagen und Maschinen Betriebs- und Ge­ schäftsausstattung

30.000 € 70.000 € 45.000 €.

(9) Bestimmte Wertpapiere des Anlagevermögens, die Anfang des Jahres t3 mit ihren Anschaf­ fungskosten von 27.500 € zu Buch standen, sind während des Geschäftsjahres zunächst um 4.000 € im Wert gestiegen, später jedoch voraussichtlich dauerhaft auf 18.500 € gesunken. Buchungssatz: 7400

Abschreibungen auf Finanzanlagen

an

150

Wertpapiere des Anlagevermögens

9.000 €.

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

69

(10) Eine im Vorjahr gebildete Rückstellung für unterlassene Instandhaltung in Höhe von 37.500 € wurde im Geschäftsjahr t3 nicht in Anspruch genommen und ist deshalb aufzulösen. Buchungssatz: 399

Sonstige Rückstellungen für Aufwendungen

an

54

Sonstige betriebliche Erträge

37.500 €.

(11) Ermittlung/Abführung der Umsatzsteuer-Zahllast durch Banküberweisung an das Finanzamt. Buchungssatz: (11a) 480 (11b) 480

Umsatzsteuer Umsatzsteuer

an an

260 280

Vorsteuer Guthaben bei Kreditinstituten

12.000 € 94.500 €.

(12) Die Zahlen der innerbetrieblichen Abrechnung zeigen für das Geschäftsjahr t3 folgendes Aus­ sehen. + + +

Fertigungsmaterial Materialgemeinkosten a Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten a

100.000 € 40.000 € 76.500 € 122.400 €

= + +

Herstellkosten Verwaltungsgemeinkosten a Vertriebsgemeinkosten a

338.900 € 84.725 € 71.750 €

=

Selbstkosten

495.375 €

a

laut BAB

Bei der Aufstellung des BAB wurden weder Anders- noch Zusatzkosten verrechnet. Die Summe der Selbstkosten in Höhe von 495.375 € (176.500 € Einzelkosten und 318.875 € Gemeinkos­ ten) setzt sich aus nachstehenden Aufwandsarten zusammen. + + + + =

60 62 63 64 65

Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Löhne Gehälter (davon 28.500 € Verwaltungsgemeinkosten) Soziale Abgaben (davon 1.875 € Verwaltungsgemeinkosten) Abschreibungen (davon 41.125 € Verwaltungsgemeinkosten) Selbstkosten

145.000 € 75.000 € 115.000 € 7.500 € 152.875 € 495.375 €

Abbildung 24 gibt Auskunft über den Anfangsbestand (AB in Stück), die Erzeugnisbewegungen (Zugänge/Abgänge in Stück), die Herstellungskosten pro Stück des Anfangsbestands (kh/AB) und die mengenmäßigen Inventurwerte (EB in Stück).

70 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Erzeugnisse/ AB kh/AB Andere in Stück in € aktivierte Eigenleistungen

Zugänge in Stück

Abgänge in Stück

EB in Stück Erzeugnisse

Andere akti­ vierte Eigen­ leistungen

A B C

400 500 200

110 45 115

1.200 2.600 1.400

1.300 2.600 1.500

300 500 100

– – –

B









200

200

Abb. 24: Bestandsveränderungen im Geschäftsjahr t3. Während mit dem Terminus „Zugänge“ die Produktionsmengen des Geschäftsjahres umschrieben werden, bringt der Begriff „Abgänge“ die mengenmäßigen Umsätze des Geschäftsjahres zum Aus­ druck. In der betrachteten Industrieunternehmung werden stets zunächst die Lagerbestände aus der/den Vorperiode(n) veräußert, bevor auf die Produktion der Referenzperiode zurückgegriffen wird. Diese Verbrauchsfolge bedeutet für das Erzeugnis B, dass die im Geschäftsjahr t3 abgesetz­ ten 2.600 Stück im Umfang von 500 Stück aus dem Anfangsbestand und in Höhe von 2.100 Stück aus der Fertigung des Geschäftsjahres t3 stammen. Folglich resultieren die im Endbestand befind­ lichen 500 Stück von Erzeugnis B aus der Produktion der Referenzperiode. Darüber hinaus wurden 200 Einheiten des Erzeugnisses B hergestellt, die im Sachanlagevermögen der Bilanz unter dem Posten „Betriebs- und Geschäftsausstattung“ als Eigenleistungen auszuweisen sind. Zum Zwecke der Bestandsbewertung der Erzeugnisse bzw. der anderen aktivierten Eigenleistun­ gen bedarf es der Kalkulation ihrer Stück-Herstellungskosten. Das Fertigungsmaterial (Material­ einzelkosten) der Erzeugnisse A, B und C beläuft sich auf 25 €, 10 € sowie 30 € pro Stück und die Fertigungslöhne (Fertigungseinzelkosten) pro Stück betragen 20 €, 7,50 € sowie 22,50 €. Unter Rückgriff auf die elektive Zuschlagkalkulation sind folgende Rechenschritte erforderlich. Zuschlagsatz Materialgemeinkosten

=

40.000 € ⋅ 100 100.000 €

= 40 %

Zuschlagsatz Fertigungsgemeinkosten

=

122.100 € ⋅ 100 76.500 €

= 160 %

Zuschlagsatz Verwaltungsgemeinkosten

=

84.725 € ⋅ 100 338.900 €

= 25 %

Verwaltungsgemeinkosten sollen (Handels- und Steuerrecht) nicht einbezogen werden. Nunmehr sind die Herstellungskosten für die Endbestände der Erzeugnisse A, B und C zu berechnen.

+ +

Herstellungskosten Erzeugnis A: Herstellungskosten Erzeugnis B: Herstellungskosten Erzeugnis C:

=

Herstellungskosten des Erzeugnisbestands

300 Stück · 87,00 € 500 Stück · 33,50 € 100 Stück · 100,50 €

= = =

26.100 € 16.750 € 10.050 €

=

52.900 €.

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

Kostenarten (in €)

Erzeugnisse/andere aktivierte Eigenleis­ tungen A B C

71

Summe

+ + +

Fertigungsmaterial Materialgemeinkosten (40 %) Fertigungslohn Fertigungsgemeinkosten (160 %)

25,00 10,00 20,00 32,00

10,00 4,00 7,50 12,00

30,00 12,00 22,50 36,00

100.000 40.000 76.500 122.400

= +

Herstellkosten Verwaltungsgemeinkosten (25 %)

87,00 21,75

33,50 8,375

100,50 25,125

338.900 84.725

=

Herstellungskosten

108,75

41,875

125,625

423.625 a

a

423.625 € = 108,75 € · 1.200 Stück + 41,875 € · 2.800 Stück + 125,625 € · 1.400 Stück.

Abb. 25: Kalkulation der Herstellungskosten. Die Herstellungskosten der anderen aktivierten Eigenleistungen errechnen sich aus 200 Stück · 33,50 € = 6.700 €. Buchungssätze:¹¹³ (12a) 08 (12b) 801

Betriebs- und Geschäftsausstattung Schlussbilanzkonto

an

53

an

220

Andere aktivierte Eigenleistungen Fertige Erzeugnisse

6.700 € 52.900 €

Die Buchwerte der übrigen Bestandskonten stimmen mit den Inventurwerten überein. Die buchhalterische Ermittlung des Jahreserfolgs nach dem Gesamtkostenverfahren sowie die Er­ stellung des Schlussbilanzkontos sind auf den folgenden Seiten gezeigt. Der Anfangsbestand (89.500 €) auf dem Konto 220 „Fertige Erzeugnisse“ übersteigt den Endbestand (52.900 €) um 36.600 €. Diese Bestandsverminderung bringt zum Ausdruck, dass per Saldo die (mit Herstel­ lungskosten) bewerteten Zugänge die (mit Herstellungskosten) bewerteten Abgänge (Umsätze) unterschreiten. Dies lässt sich wie folgt nachweisen. Abgänge: Erzeugnis A: Erzeugnis B: Erzeugnis C:

400 Stück · 110,00 € 500 Stück · 45,00 € 200 Stück · 115,00 €

+ + +

900 Stück · 87,00 € 2.100 Stück · 33,50 € 1.300 Stück · 100,50 €

= = =

122.300 € 92.850 € 153.650 € 368.800 €

Zugänge: Erzeugnis A: Erzeugnis B: Erzeugnis C:

1.200 Stück · 87,00 € 2.600 Stück · 33,50 € 1.400 Stück · 100,50 €

= = =

104.400 € 87.100 € 140.700 €

=

332.200 €



332.200 €

=

36.600 €

113 Im Hinblick auf die anderen aktivierten Eigenleistungen wird unterstellt, dass die Aktivierung erst am Bilanzstichtag erfolgte, wodurch die Erfassung planmäßiger Abschreibungen für das Ge­ schäftsjahr t3 vernachlässigt werden kann.

72 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Kontenmäßige Darstellung: S

H

051 Bebaute Grundstücke €

AB

160.000

(27) 801

S

160.000

€ AB

107.500

€ (8) (28) 801

107.500 S

07 Technische Anlagen und Maschinen €

AB

450.000

(7) (8) (29) 801

450.000

H

130 Beteiligungen

AB

47.500

€ AB

200.000

70.000

(12a) 53

299.000

6.700

(8) (30) 801

206.700

H €

(31) 801

47.500

200 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe € 60.000

AB

27.500

(2) (33) 801

S

145.000

78.000

(34) 801

H

H

(5)

(3)

588.000

(6)

72.000

(7)

51.000

(11b)

94.500

(35) 801 769.000

125.500

(37) 801

9.000 18.500 27.500 H

89.500

€ (12b) 801 (15) 5202

89.500 S

52.900 36.600 89.500 H

260 Vorsteuer €

(4)

12.000

S

300 Eigenkapital

(11a) 480

€ 12.000 H

€ (36) 801

852.600

€ AB

850.000

(26) 802 852.600

2.600 852.600

477.000

AB

H €

100.000

62.500 100.000



(9)

769.000

399 Sonstige Rückstellungen für Aufwendungen € 37.500

AB



130.000

H





78.000

280 Guthaben bei Kreditinstituten €

(10)

161.700

220 Fertige Erzeugnisse

75.000

AB

S

S

220.000

240 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen €

AB

H €

220.000 S

€ 45.000

150 Wertpapiere des Anlagevermögens €

S

(32) 801

(4)

H

206.700

27.500

160.000

77.500 107.500

08 Betriebs- und Geschäftsausstattung €

S

81.000



AB

30.000

450.000

S

S

H

053 Betriebsgebäude



100.000

S

42 Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten €

(38) 801

315.000

AB

H €

315.000

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

S

4400 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen €

(39) 801

217.000

AB (4)

217.000 S

(6)

S

(1)

H

145.000 72.000

(5)

H

(11a) 260

12.000

(3)

94.500

(7)

(11b)

106.500

AB

S



57.000

490 Passive Rechnungsabgrenzung € 40.000

480 Umsatzsteuer €

217.000

483 Sonstige Verbindlichkeiten gegenüber Finanzbehörden € 57.000

S



H

15.000

S

500 Umsatzerlöse €

(13) 5001

10.000

(5)

(3)

H

€ (3) S

(17)

10.000

€ (13) 500

10.000

530 Andere aktivierte Eigenleistungen € 6.700

S

(12a)

H

S

6.700

(2) S (5) S

60 Aufwendungen für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe € 145.000

(19) 802

63 Gehälter € 115.000

(21) 802

6520 Abschreibungen auf Sachanlagen €

(7)

7.875

(8)

145.000 152.875

(23) 802

H

36.600

(16) 802

(18) 802

77.500

S

H

(5) S

€ 115.000 H

S

€ 152.875 152.875

(7)

H €

40.000

(10)

37.500 77.500

H €

(20) 802

75.000

64 Soziale Abgaben

H

€ (5)



(1)

62 Löhne € 75.000

H

36.600





145.000

€ 500.000 500.000

77.500 S

H

54 Sonstige betriebliche Erträge





15.000

5202 Bestandsveränderungen an fertigen Erzeugnissen €

(15) 220

H

490.000 500.000

5001 Erlösberichtigungen

8.500 106.500

(6)

(14) 802

S

€ 98.000

484 Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern €

€ 40.000

H

7.500

€ (22) 802

7.500

7460 Verluste aus dem Abgang von Vermögensgegenständen € 30.625

(24) 802

H €

30.625

73

74 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

S

7400 Abschreibungen auf Finanzanlagen €

(9)

9.000

S (27) 051 (28) 053 (29) 07 (30)

08

(31) 130 (32) 150 (33) 200 (12b) 220 (34) 240

(35) 280

S (16) 5202

(19)

60

(20) 62 (21) 63 (22) 64 (23) 652 (24) 7460

(25) 7400 (26) 300

(25) 802

H € 9.000

801 Schlussbilanzkonto € Bebaute Grundstücke 160.000 (36) 300 Betriebsgebäude 77.500 (37) 399 Technische Anlagen 299.000 und Maschinen Betriebs- und Ge­ 161.700 (38) 42 schäftsausstattung Beteiligungen 47.500 Wertpapiere des 18.500 (39) 4400 Anlagevermögens Roh-, Hilfs- und 75.000 Betriebsstoffe Fertige 52.900 Erzeugnisse Forderungen aus 78.000 Lieferungen und Leistungen Guthaben bei 477.000 Kreditinstituten 1.447.100

Eigenkapital Sonstige Rückstellungen für Aufwendungen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

802 Gewinn- und Verlustkonto nach dem GKV € Bestandsveränderungen 36.600 (14) 500 Umsatzerlöse an fertigen (17) 530 Andere aktivierte Erzeugnissen Eigenleistungen Aufwendungen für 145.000 (18) 54 Sonstige betriebliche Roh-, Hilfs- und Erträge Betriebsstoffe Löhne 75.000 Gehälter 115.000 Soziale Abgaben 7.500 Abschreibungen auf 152.875 Sachanlagen Verluste aus dem 30.625 Abgang von Vermö­ gensgegenständen Abschreibungen auf 9.000 Finanzanlagen Gewinn 2.600 574.200

H € 852.600 62.500

315.000

217.000

1.447.100 H € 490.000 6.700 77.500

574.200

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

75

Die Struktur der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem GKV in Staffelform ist in § 275 Abs. 2 HGB kodifiziert.¹¹⁴ Das Betriebsergebnis setzt sich aus der Gesamtleis­ tung (Posten 1., 2., 3., 5., 6. und 7.) zuzüglich sonstiger betrieblicher Erträge (Posten 4.) und abzüglich sonstiger betrieblicher Aufwendungen (Posten 8.) zusammen.¹¹⁵ Der Posten Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag (Posten 17.) entspricht bei Einzelunter­ nehmen und Personenhandelsgesellschaften den Termini Gewinn/Verlust. Beispiel: Unter Zugrundelegung der vorstehend abgebildeten Gewinn- und Verlustrechnung in Kontenform lässt sich nun die entsprechende Erfolgsrechnung in Staffelform nach dem GKV ge­ mäß § 275 Abs. 2 HGB fertigen. Nach h. M. genügt es bei der Aufstellung der Gewinn und Verlust­ rechnung in Staffelform nicht, lediglich die von § 275 Abs. 2 HGB (Posten 15.) vorgeschriebene Zwischensumme anzugeben, sondern gemäß des in § 243 Abs. 2 HGB verankerten Prinzips der Klarheit und Übersichtlichkeit sollte die Gewinn- und Verlustrechnung sinnvoll durch Vorspalten gegliedert und ausgewiesene Zwischensummen (§ 265 Abs. 5 Satz 2 HGB) mit einem Vorzeichen versehen sein, um zu dokumentieren, ob es sich um einen Aufwands- oder Ertragsüberschuss han­ delt.¹¹⁶ 1. 2.

Umsatzerlöse Verminderung des Bestands an fertigen Erzeugnissen

3. 4.

Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge

5.

Materialaufwand: a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter b) Soziale Abgaben

190.000 € 7.500 €

Abschreibungen: a) auf Sachanlagen Sonstige betriebliche Aufwendungen

152.875 € 30.625 €

6.

7. 8.

9. 10.

490.000 € 36.600 € (+)

453.400 € 6.700 € 77.500 €

(+)

537.600 €



526.000 €

(+)

11.600 € 9.000 €

(+)

2.600 €

145.000 €

Abschreibungen auf Finanzanlagen Ergebnis nach Steuern = Jahresüberschuss (Gewinn)

114 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.C. 115 Kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften sowie kleine und mittelgroße „kapitalistische“ Per­ sonenhandelsgesellschaften (§ 264a Abs. 1 HGB) im Sinne von § 267 Abs. 1 bzw. Abs. 2 HGB und einge­ tragene Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB) können gemäß § 276 HGB die Posten Nr. 1 bis Nr. 5 zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis“ zusammenfassen. Für Kleinstkapitalgesell­ schaften i. S. v. § 267a HGB gelten gemäß § 275 Abs. 5 HGB weitere Erleichterungen bei der Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung. Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.C. 116 Vgl. ADS 1997b, Rz. 39 zu § 275 HGB; Störk/Büssow 2022, Rz. 36 zu § 265 HGB.

76 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Unter Berücksichtigung der Erfolgsspaltung der vorstehenden Gewinn- und Verlustrechnung las­ sen sich folgende Kennzahlen ableiten: Gesamtleistung Betriebsergebnis Finanzergebnis = Jahresergebnis (Erfolg) a b

− + − +

35.275 € a 11.600 € b 9.000 € 2.600 €.

−35.275 € = 490.000 € − 36.600 € + 6.700 € − 145.000 € − 190.000 € − 7.500 € − 152.875 €. 11.600 € = −35.275 € + 77.500 € − 30.625 €.

Auf den Ausweis von Leerposten (z. B. Steuern vom Einkommen und Ertrag) wird ver­ zichtet, weil auch im Vorjahresabschluss unter diesem Posten kein Betrag ausgewie­ sen wurde.¹¹⁷

2. Umsatzkostenverfahren Anders als beim GKV werden beim UKV den Umsatzerlösen der Periode die zu Her­ stellungskosten bewerteten veräußerten Produkte des Rechnungszeitraums auf dem Gewinn- und Verlustkonto gegenübergestellt, und zwar unabhängig davon, ob die Herstellungskosten in der/den Vorperiode(n) oder aber in der Referenzperiode angefallen sind. Im Gegensatz zum GKV kann das UKV nicht unmittelbar aus den Kontenplänen der Finanzbuchhaltung abgeleitet werden, da die betrieblichen Auf­ wendungen laut § 275 Abs. 3 HGB und IAS 1.103 funktional nach den Bereichen Her­ stellung, Vertrieb und allgemeine Verwaltung zu gliedern sind. Die Zuordnung der Aufwandsarten zu den genannten Funktionsbereichen wird erleichtert, wenn im Un­ ternehmen eine ausgebaute Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung vorliegt. Abbildung 26 zeigt die grundlegende Buchungsstruktur bei Anwendung des UKV. Die gesamten, in den Kontenklassen 6 und 7 des IKR erfassten Aufwendungen müssen zunächst in Herstellungskosten, Vertriebskosten, allgemeine Verwal­ tungskosten, sonstige betriebliche Aufwendungen sowie sonstige Aufwendun­ gen aufgespalten und auf die entsprechenden Konten der Klasse 8 verbucht werden. Als Herstellungskosten sind sämtliche Aufwendungen des Geschäftsjahres zu erfas­ sen, die im Herstellungsbereich der Unternehmung entstanden sind. Folglich kom­ men für eine Buchung auf das Ergebniskonto 83 „Allgemeine Verwaltungskosten“ nur solche Aufwandsbestandteile in Betracht, die weder zu den Herstellungs- noch zu den Vertriebskosten der Periode zählen. Zu diesen nicht herstellungsbezogenen Verwaltungskosten gehören grundsätzlich alle Material- und Personalaufwendun­ gen sowie Abschreibungen aus dem Verwaltungsbereich. Dieses werden primär die in der Hauptkostenstelle „Verwaltung“ erfassten Gemeinkostenbeträge sein. Dar­

117 Vgl. Störk/Büssow 2022, Rz. 48 zu § 265 HGB.

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

Kl. 6/7 Aufwendungen

800 Eröffnungsbilanzkonto

Saldo

07: AB 21: AB 22: AB

BV

Saldo 07 Technische Anlagen und Maschinen AB BE

52 Erhöhung oder Verminderung des Bestandes an fertigen und unfertigen Erzeugnissen BV

BE Saldo

50 Umsatzerlöse Saldo

Kl. 5 Sonstige Erträge

81 Herstellungskosten BE Saldo

77

EB

803 Gewinn- und Verlustkonto

21 Unfertige Erzeugnisse AB BE

82 Vertriebskosten

EB

81: Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

50: Umsatzerlöse Kl. 5: Sonstige Erträge

82: Vertriebskosten

Saldo 22 Fertige Erzeugnisse AB

EB BV

83: Allgemeine Verwaltungskosten 84: Sonstige betriebliche Aufwendungen

83 Allgemeine Verwaltungskosten Saldo

84 Sonstige betriebliche Aufwendungen

801 Schlussbilanzkonto 07: EB 21: EB 22: EB

Gewinn

Kl. 6/7: Sonstige Aufwendungen Gewinn

AB: Anfangsbestand BE: Bestandserhöhung BV: Bestandsverminderung EB: Endbestand

Saldo

Abb. 26: Grundstruktur der Buchungstechnik nach dem Umsatzkostenverfahren.

über hinaus ist darauf zu achten, dass auf dem Konto 81 „Herstellungskosten“ alle planmäßigen und auch außerplanmäßigen Abschreibungen zu erfassen sind, so­ fern sie auf Vermögensgegenstände des Herstellungsbereichs entfallen. Mithin sind der Herstellungskostenbegriff der Bilanz nach Handels- und Steuerrecht sowie nach IFRS und der Herstellungskostenbegriff der Erfolgsrechnung nach dem UKV nicht deckungsgleich. Das Konto 84 „Sonstige betriebliche Aufwendungen“ sammelt die­ jenigen Aufwendungen, die nicht den Funktionsbereichen Herstellung, Verwaltung und Vertrieb zugeordnet werden können. Ähnliches gilt für die in der Kontenklas­ se 7 angeführten sonstigen Aufwandskonten. Anschließend sind die mit bilanziellen Herstellungskosten bewerteten selbsterstellten Anlagen und Bestandsveränderun­ gen unfertiger und fertiger Erzeugnisse wie folgt zu verbuchen, wobei per Saldo eine Bestandsverminderung der Erzeugnisse unterstellt wird. 07 81

Technische Anlagen und Maschinen Herstellungskosten

an an

81 52

Herstellungskosten Erhöhung oder Verminderung des Bestands an fertigen und unfertigen Erzeugnissen

78 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Der sich auf dem Konto 81 „Herstellungskosten“ ergebende Saldo, der mit dem Ter­ minus „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistun­ gen“ (§ 275 Abs. 3 Posten 2. HGB) belegt wird, ist auf das Konto 803 „Gewinn- und Ver­ lust“ zu buchen. Somit umfasst dieser Posten alle Aufwendungen des Herstellungsbe­ reichs im Geschäftsjahr, sofern sie nicht aktiviert werden (Bestandserhöhungen), zu­ züglich derjenigen Aufwendungen, mit denen bisher aktivierte und im Geschäftsjahr abgesetzte fertige Erzeugnisse bzw. weiter verarbeitete unfertige Erzeugnisse in der Vorperiode bilanziert waren (Bestandsverminderungen). Die sich auf den Ergebnis­ konten 82, 83 und 84 ergebenden Salden sind sodann auf das Gewinn- und Verlust­ konto zu buchen. Ferner werden Aufwendungen für mengenmäßige Zugänge von aktivierten Eigenleistungen und Bestandserhöhungen vom Konto 81 „Herstellkosten“ auf die entsprechenden Bestandskonten gebucht. Etwas anderes gilt für Zuschrei­ bungen auf Vermögensgegenstände des Herstellungsbereichs, die ähnlich wie beim GKV, unter Posten 6. „sonstige betriebliche Erträge“ zu erfassen sind.¹¹⁸ Sofern Ver­ waltungsgemeinkosten der Rechnungsperiode in die bilanziellen Herstellungskosten selbsterstellter Anlagen und Erzeugnisbestände einbezogen wurden, sind die auf die Endbestände entfallenden Aufwandsbestandteile aus dem Sammelkonto 83 heraus­ zubuchen, damit unter dem Posten 5. „allgemeine Verwaltungskosten“ der Gewinn und Verlustrechnung nach § 275 Abs. 3 HGB nur diejenigen Verwaltungsaufwendun­ gen zum Ausweis kommen, die sich zum einen auf die während des Geschäftsjahres produzierten und abgesetzten Erzeugnisse beziehen und die zum anderen nicht in der Jahresbilanz erscheinen. Nach den IFRS sind, wie bereits ausgeführt, lediglich die pro­ duktionsbedingten Verwaltungsgemeinkosten zu berücksichtigen. Der entsprechen­ de Buchungssatz lautet dann wie folgt:¹¹⁹ 07 21 22

Technische Anlagen und Maschinen Unfertige Erzeugnisse Fertige Erzeugnisse

an

83

Allgemeine Verwaltungskosten.

Folglich werden die in den Herstellungskosten von verkauften Erzeugnissen aus Vor­ jahresbeständen ggf. enthaltenen Verwaltungsgemeinkosten im Rahmen des Pos­ tens „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen“ erfasst. Der nicht aktivierte Unterschiedsbetrag zu den Vollkosten wird nach h. M. im Falle von Bestandsveränderungen innerhalb des Postens „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen“ ausgewiesen.¹²⁰ Beim handelsrechtlichen UKV setzt sich das Betriebsergebnis aus dem Umsatz­ ergebnis (Posten 3.), abzüglich Vertriebskosten (Posten 4.), allgemeiner Verwaltungs­

118 Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 301 zu § 275 HGB. 119 Ähnliches gilt bei der Aktivierung (sonstiger) betrieblicher Aufwendungen als Herstellungskos­ ten nach § 255 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 3 HGB (z. B. Fremdkapitalzinsen). 120 Vgl. ADS 1997b, Rz. 223 zu § 275 HGB; Justenhoven et al. 2022, Rz. 267 zu § 275 HGB.

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen

|

79

kosten (Posten 5.) und sonstiger betrieblicher Aufwendungen (Posten 7.) zuzüglich sonstiger betrieblicher Erträge (Posten 6.) zusammen.¹²¹ Allerdings können Unter­ schiede zu bestimmten Posten und Zwischenergebnissen im Verhältnis zum GKV auf­ treten. Wie gezeigt wurde, sind beim UKV lediglich diejenigen Aufwendungen, die nicht den genannten Funktionsbereichen Herstellung, Vertrieb und allgemeine Ver­ waltung zuzuordnen sind, in den übrigen, nach Aufwandsarten unterschiedenen Pos­ ten der Erfolgsrechnung auszuweisen. Hierdurch besteht die Möglichkeit, dass bei identisch bezeichneten Aufwandsarten inhaltliche Abweichungen gegenüber dem GKV auftreten können. Werden z. B. aktivierungsfähige Steuern und Zinsen in den Posten 2. des UKV einbezogen, so stimmen beide Methoden der Erfolgsrechnung noch nicht im „Ergebnis nach Steuern“, und damit auch nicht im Betriebs- und Finanz­ ergebnis, sondern nur im Jahresergebnis überein.¹²² Weiterhin werden außerplanmä­ ßige Abschreibungen auf Vermögensgegenstände des Herstellungsbereichs (z. B. tech­ nische Anlagen und Maschinen sowie Vorräte) und Verluste beim Abgang dieser Ver­ mögensgegenstände beim GKV unter den Posten 7. bzw. 8. des Gliederungsschemas nach § 275 Abs. 2 HGB erfasst, während diese Aufwendungen im Rahmen des UKV in den Posten 2. „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsätze erbrachten Leistun­ gen“ eingehen. Da sich bei derartigen Konstellationen lediglich ein Austausch in den Posten des Betriebsergebnisses abspielt, stimmen in diesen Fällen das Betriebs- und Finanzergebnis sowie das „Ergebnis nach Steuern“ überein. Beispiel: Die Daten des vorstehenden Beispiels zum GKV sollen nun unter folgenden Prämissen geändert werden. (1) Buchhalterische Ermittlung des Jahreserfolgs für den Geschäftsgang nach dem UKV. (2) Erstellung der entsprechenden Erfolgsrechnung in Staffelform gemäß § 275 Abs. 3 HGB. (3) Darstellung der geänderten Struktur der Erfolgsrechnung unter Zugrundelegung des UKV, wenn die bilanzielle Bestandsbewertung der Erzeugnisse und der anderen Eigenleistungen (3.1) mit der Untergrenze der handelsrechtlichen Herstellungskosten und (3.2) mit der Ober­ grenze der handelsrechtlichen Herstellungskosten vorgenommen würde. (4) Erstellung der Erfolgsrechnung in Staffelformnach dem GKV (§ 275 Abs. 2 HGB) unter Zugrun­ delegung der unter (3) angesprochenen modifizierten Bestandsbewertung. Zu (1): Bis zum Buchungsansatz (11b) ist die Buchungstechnik im Verhältnis zum GKV identisch. Dann werden aber folgende spezifische Abschlussbuchungen zusätzlich notwendig.

121 Sofern kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften sowie kleine und mittelgroße „kapitalisti­ sche“ Personenhandelsgesellschaften (§ 264a Abs. 1 HGB) oder eingetragene Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB) die verkürzte Darstellungsmethode nach § 276 HGB wählen, ist zu beachten, dass die ausgewiesenen Rohergebnisse nach GKV und UKV differieren. Vgl. zur verkürzten Darstellung der Gewinn- und Verlustrechnung Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.C. 122 Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 31 zu § 275 HGB.

80 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

(12a) 08 (12b) 801 (16) 81 82 83

(17)

Betriebs- und Ge­ schäftsausstattung Schlussbilanzkonto Herstellungskosten Vertriebskosten Allgemeine Verwaltungskosten

369.525 € 71.750 € 84.725 €

5202 Bestandsveränderungen an fertigen Erzeugnissen

an

81

an an

220 60

an

Herstellungskosten

6.700 €

Fertige Erzeugnisse Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 62 Löhne 63 Gehälter 64 Soziale Abgaben 65 Abschreibungen auf Sachanlagen 7460 Verluste aus dem Abgang von Vermö­ gensgegenständen 220 Fertige Erzeugnisse

52.900 € 145.000 €

75.000 € 115.000 € 7.500 € 152.875 € 30.625 €

36.600 €.

Der sich auf dem Konto 81 „Herstellungskosten“ ergebende Saldo von 399.425 €, der dem Pos­ ten 2. der Gewinn- und Verlustrechnung „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen“ entspricht, setzt sich mithin aus den zu bilanziellen Herstellungskosten bewerteten Abgängen (368.800 €) zuzüglich den Verlusten aus dem Abgang von Vermögensge­ genständen (30.625 €) zusammen. Kontenmäßige Darstellung: S AB

H

051 Bebaute Grundstücke € 160.000

(24) 801

S

€ 160.000

053 Betriebsgebäude €

AB

107.500

€ (8) (25) 801

107.500 S

AB

07 Technische Anlagen und Maschinen € 450.000

(7) (8) (26) 801

450.000

S

130 Beteiligungen 47.500

S

€ 81.000

AB

70.000

(12a) 81

299.000

77.500 107.500

08 Betriebs- und Geschäftsausstattung € 200.000 (8) 6.700

30.000

(27) 801

206.700

H € 45.000 161.700 206.700

450.000

€ AB

H

H

H

S

€ (28) 801

47.500

AB

150 Wertpapiere des Anlagevermögens € 27.500

(9) (29) 801

27.500

H € 9.000 18.500 27.500

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

S

200 Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe €

AB

160.000

(4)

60.000

(2)

S

145.000

(30) 801

78.000

(31) 801

280 Guthaben bei Kreditinstituten €

H

(5)

(3)

588.000

(6)

72.000

(7)

51.000

(11b)

94.500

(32) 801 769.000

(34) 801

AB

S

(1)

H

260 Vorsteuer €

(4)

12.000

S

300 Eigenkapital

(11a) 260

€ 12.000 H

€ (33) 801

852.600

€ AB

850.000

(23) 803 852.600

2.600 852.600

H

42 Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten €

S



100.000

(35) 801

315.000

AB

H €

315.000

100.000

217.000

AB (4)

(6)

S

36.600 89.500

62.500

217.000 S

(17) 5202 89.500

52.900

477.000

4400 Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen €

(36) 801

€ (12b) 801

769.000

100.000 S

125.500

399 Sonstige Rückstellungen für Aufwendungen € 37.500

89.500



130.000

(10)

AB



78.000

AB

S



75.000

H

H

220 Fertige Erzeugnisse

220.000

240 Forderungen aus Lieferungen und Leistungen €

AB

S



220.000 S

H

H

145.000

(5)

490 Passive Rechnungsabgrenzung € 40.000

480 Umsatzsteuer €

(11a) 260

12.000

(3)

72.000

94.500

(7)

(11b)

106.500

217.000

483 Sonstige Verbindlichkeiten gegenüber Finanzbehörden € 57.000

S



AB

H

S



57.000 H

€ 98.000 8.500 106.500

484 Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern €

(6)

15.000

(5)

S

500 Umsatzerlöse €

(13) 5001

10.000

€ 40.000

H

(14) 803

(3)

H €

15.000

H € 500.000

490.000 500.000

500.000

81

82 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

S

H

5001 Erlösberichtigungen €

(3)

S

10.000

€ (13) 500

10.000

54 Sonstige betriebliche Erträge €

(15) 803

77.500

(10)

40.000

75.000

S

H

(16)

S

€ 75.000

H

€ 7.500

(2)

(18) 81

60 Aufwendungen für Roh-, Hilfsund Betriebsstoffe € 145.000

(5) S

€ (16)

7.500

(7) (8)

7460 Verluste aus dem Abgang von Vermögensgegenständen €

(7)

30.625

S

(16)

H

H

€ (18) 81

369.525

(12a) 81

36.600

(20) 803

6.700 399.425 406.125

83 Allgemeine Verwaltungskosten €

(16)

84.725

(9)



145.000

63 Gehälter €

H

115.000

(16)

6520 Abschreibungen Sachanlagen € 7.875

(16)

H €

(22) 803

84.725

€ 115.000 H € 152.875

145.000 152.875

7400 Abschreibungen auf Finanzanlagen € 9.000

(19) 803

S

82 Vertriebskosten €

(16)

71.750



406.125 S

S



30.625

81 Herstellungskosten

(16)

H

(16)

152.875 S



36.600

37.500

64 Soziale Abgaben

(5)

S

36.600

H

77.500

62 Löhne €

(5)

H

5202 Bestandsveränderungen an fertigen Erzeugnissen €

(17) 220

€ (1)

77.500 S

S

(21) 803

H € 9.000 H € 71.750

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

S (24) 051 (25) 053 (26) 07 (27)

08

(28) 130 (29) 150 (30) 200 (12b) 220 (31) 240

(32) 280

S (19) 740 (20) 81

(21) 82 (22) 83 (23) 300

801 Schlussbilanzkonto € Bebaute Grundstücke 160.000 (33) 300 Betriebsgebäude 77.500 (24) 399 Technische Anlagen 299.000 und Maschinen Betriebs- und Ge­ 161.700 (35) 42 schäftsausstattung Beteiligungen 47.500 Wertpapiere des 18.500 (36) 4400 Anlagevermögens Roh-, Hilfs- und 75.000 Betriebsstoffe Fertige Erzeugnisse 52.900 Forderungen aus 78.000 Lieferungen und Leistungen Guthaben bei 477.000 Kreditinstituten 1.447.100

Eigenkapital Sonstige Rückstellungen für Aufwendungen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

83

H € 852.600 62.500

315.000

217.000

1.447.100

803 Gewinn- und Verlustkonto nach dem UKV € Abschreibungen auf 9.000 (14) 500 Umsatzerlöse Finanzanlagen (15) 54 Sonstige betriebliche Herstellungskosten 399.425 Erträge der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen Vertriebskosten 71.750 Allgemeine 84.725 Verwaltungskosten Gewinn 2.600 567.500

H € 490.000 77.500

567.500

Zu (2): 1. 2.

Umsatzerlöse Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

3. 4. 5. 6.

Bruttoergebnis vom Umsatz Vertriebskosten Allgemeine Verwaltungskosten Sonstige betriebliche Erträge

7.

Abschreibungen auf Finanzanlagen

8.

Ergebnis nach Steuern = Jahresüberschuss (Gewinn)

490.000 € 399.425 € (+)

90.575 € 71.750 € 84.725 € 77.500 €

(+)

11.600 € 9.000 €

(+)

2.600 €

84 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

Unter Berücksichtigung der Erfolgsspaltung der vorstehenden Gewinn- und Verlustrechnung las­ sen sich folgende Kennzahlen ableiten: Betriebsergebnis Finanzergebnis = Jahresergebnis (Erfolg) a

+ − +

11.600 € a 9.000 € 2.600 €

11.600 € = 490.000 € − 399.425 € − 71.750 € − 84.725 € + 77.500 €.

Zu (3): (3.1): Bestandsbewertungen mit der Untergrenze der handelsrechtlichen Herstellungskosten

+ +

Herstellungskosten Erzeugnis A: 300 Stück · 87 € Herstellungskosten Erzeugnis B: 500 Stück · 33,50 € Herstellungskosten Erzeugnis C: 100 Stück · 100,50 €

= 26.100 € = 16.750 € = 10.050 €

=

Herstellungskosten des Erzeugnisbestands

= 52.900 €

Die Herstellungskosten der anderen aktivierten Eigenleistungen errechnen sich aus 200 Stück · 33,50 € = 6.700 €. 1. 2.

Umsatzerlöse Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen

3. 4. 5. 6.

Bruttoergebnis vom Umsatz Vertriebskosten Allgemeine Verwaltungskosten Sonstige betriebliche Erträge

7.

Abschreibungen auf Finanzanlagen

8.

Ergebnis nach Steuern = Jahresüberschluss (Gewinn)

490.000 € 399.425 € (+)

90.575 € 71.750 € 84.725 € 77.500 €

(+)

11.600 € 9.000 €

(+)

2.600 €

(3.2): Bestandsbewertungen mit der Obergrenze der handelsrechtlichen Herstellungskosten

+ +

Herstellungskosten Erzeugnis A: 300 Stück · 108,75 € Herstellungskosten Erzeugnis B: 500 Stück · 41,875 € Herstellungskosten Erzeugnis C: 100 Stück · 125,625 €

= 32.625,00 € = 20.937,50 € = 12.562,50 €

=

Herstellungskosten des Erzeugnisbestands

= 66.125,00 €.

Die Herstellungskosten der anderen aktivierten Eigenleistungen errechnen sich aus 200 Stück · 41,875 € = 8.375 €.

D. Gesamt- und Umsatzkostenverfahren als alternative Formen |

1. 2. 3. 4. 5. 6.

Umsatzerlöse Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen Bruttoergebnis vom Umsatz Vertriebskosten Allgemeine Verwaltungskosten Sonstige betriebliche Erträge

7.

Abschreibungen auf Finanzanlagen

8.

Ergebnis vor Steuern = Jahresüberschuss (Gewinn)

85

490.000 € 399.425 € (+)

90.575 € 71.750 € 69.825 € 77.500 €

(+)

26.500 € 9.000 €

(+)

17.500 €

Der im Verhältnis zu (2) anfallende Ergebnisunterschied von +14.900 € entspricht den aktivier­ ten Teilen der allgemeinen Verwaltungskosten¹²³. Die jetzt unter dem Posten 5. ausgewiesenen Aufwendungen von 69.825 € stellen mithin die auf die in der Rechnungsperiode produzierten und abgesetzten Erzeugnisse entfallenden allgemeinen Verwaltungskosten dar. Dies lässt sich wie folgt nachweisen:

+ +

Allgemeine Verwaltungskosten Erzeugnis A: 900 Stück · 21,75 € Allgemeine Verwaltungskosten Erzeugnis B: 2.100 Stück · 8,375 € Allgemeine Verwaltungskosten Erzeugnis C: 1.300 Stück · 25,125 €

=

Allgemeine Verwaltungskosten des Erzeugnisabgangs

= 19.575,00 € = 17.587,50 € = 32.662,50 € 69.825,00 €

Zu (4): (4.1): Gewinn- und Verlustrechnung nach GKV bei einer Bestandsbewertung mit der Untergrenze der handelsrechtlichen Herstellungskosten 1. 2.

Umsatzerlöse Verminderung des Bestands an fertigen Erzeugnissen

3. 4.

Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge

5.

Materialaufwand: a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter b) Soziale Abgaben Abschreibungen: a) auf Sachanlagen Sonstige betriebliche Aufwendungen

6.

7. 8.

9. 10. a

490.000 € 36.600 € a (+)

453.400 € 6.700 € 77.500 €

(+)

537.600 €

145.000 € 190.000 € 7.500 € 152.875 € 30.625 € −

526.000 €

(+)

11.600 € 9.000 €

(+)

2.600 €

Abschreibungen auf Finanzanlagen Ergebnis nach Steuern = Jahresüberschuss (Gewinn)

36.600 € = 400 Stück · 110 € + 900 Stück · 87 € + 500 Stück · 45 € + 2.100 Stück · 33,50 € + 200 Stück · 115 € + 1.300 Stück · 100,50 € − 1.200 Stück · 87 € − 2.600 Stück · 33,50 € − 1.400 Stück · 100,50 €.

86 | II. Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunternehmen

(4.2): Gewinn- und Verlustrechnung nach GKV bei einer Bestandsbewertung mit der Obergrenze der Herstellungskosten 1. 2.

Umsatzerlöse Verminderung des Bestands an fertigen Erzeugnissen

3. 4.

Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge

5.

Materialaufwand: a) Aufwendungen für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe Personalaufwand: a) Löhne und Gehälter b) Soziale Abgaben Abschreibungen: a) auf Sachanlagen Sonstige betriebliche Aufwendungen

6.

7. 8.

9. 10.

490.000 € 23.375 € a (+)

466.625 € 8.375 € 77.500 €

(+)

552.500 €



526.000 €

(+)

26.500 € 9.000 €

(+)

17.500 €

145.000 € 190.000 € 7.500 € 152.875 € 30.625 €

Abschreibungen auf Finanzanlagen Ergebnis nach Steuern = Jahresüberschuss (Gewinn)

a

23.375 € = 400 Stück · 110 € + 900 Stück · 108,75 € + 500 Stück · 45 € + 2.100 Stück · 41,875 € + 200 Stück · 115 € + 1.300 Stück · 125,625 € − 1.200 Stück · 108,75 € − 2.600 Stück · 41,875 € − 1.400 Stück · 125,625 €.

123 300 Stück · 21,75 € + 500 Stück · 8,375 € + 100 Stück · 25,125 € + 200 Stück · 8,375 € = 14.900 €. Vgl. Abbildung 25 in Teil 1 zu Gliederungspunkt II.D.1.

III. Zusammenfassung In Teil 1 erfolgte eine Weiterführung der Rechnungslegung von Einzelunternehmen, die sich in Ergänzung zu den Inhalten im ersten Band des Lehrbuchs¹²⁴ zum einen auf sonstige Bilanzierungs- und Bewertungsfragen nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS und zum anderen auf Besonderheiten der Rechnungslegung von Industrieunter­ nehmen bezog. Im Einzelnen wurden anhand zentraler Rechnungslegungsfälle Un­ terschiede und Gemeinsamkeiten nach HGB, Bilanzsteuerrecht und IFRS aufgezeigt sowie jüngere Novellierungen des IFRS-Regelwerks dargelegt. Elementare Unterschiede zwischen den Normen nach Handels- und Steuerecht ei­ nerseits und IFRS andererseits zeigten sich insbesondere im Rahmen der Bilanzierung von Leasingverhältnissen, langfristigen Fertigungsaufträgen sowie der Erfolgs­ erfassung. Weitere Differenzen konnten bezüglich der Untersuchungen zur Reich­ weite des Stichtagsprinzips, zu den Ereignissen nach dem Bilanzstichtag und zur Auslegung des Stetigkeitsprinzips festgestellt werden. Ferner führten die Analysen zu dem Ergebnis, dass lediglich die Definitionen von Fehlern und Schätzungen nach Handels- und Steuerecht und IFRS übereinstimmen sowie die Behandlung von Schät­ zungsänderungen deckungsgleich erfolgt, Fehlerkorrekturen jedoch unterschied­ lich durchgeführt werden. Schließlich wurde verdeutlicht, dass im Gegensatz zu Handels- und Dienstleis­ tungsunternehmen bezüglich der Aufbau- und der Ablauforganisation des Rech­ nungswesens und der Rechnungslegung von Industrieunternehmen Besonderhei­ ten zu beachten sind. Dies liegt vor allem in den Erfordernissen zur Erfassung und Abbildung des komplexen und interdependenten Gefüges industrieller Leistungser­ stellungsprozesse sowie den detaillierten Rechnungslegungsvorschriften nach HGB und IFRS begründet, die aus formaler und materieller Sicht dem Beispiel von In­ dustrieunternehmen folgen. In diesem Zusammenhang wurde neben der Ermittlung der bilanzrechtlichen Herstellungskosten nach HGB, Bilanzsteuerrecht und dem IFRS-Regelwerk sowie ihrer Zurechnung auf die Erzeugniseinheiten unter Rückgriff auf die elektive Zuschlagskalkulation die Bedeutung der retrograden Bewertung und des Niederstwertprinzips bei der bilanziellen Bewertung sowie das Gesamtund Umsatzkostenverfahren als Gestaltungsalternativen nach HGB und IFRS für die Gewinn- und Verlustrechnung aufgezeigt.

124 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3. https://doi.org/10.1515/9783110679588-003

| Teil 2: Rechnungslegung von Personengesellschaften

90 | Teil 2 Rechnungslegung von Personengesellschaften

Lernziele – – – – – –

Anwendung der Rechnungslegungsnormen bei Personenhandelsgesellschaften Spezifische Buchungs- und Abschlusstechnik bei Personenhandelsgesellschaften (Erfassung des Eigenkapitals bei der OHG und KG) Darstellung des Erfolgsausweises Anwendung der Spezialregelungen für publizitätspflichtige Personenhandelsge­ sellschaften Durchführung der Erfolgsbesteuerung bei Personenhandelsgesellschaften Erstellung von Sonder- und Ergänzungs-Jahresabschlüssen bei Personenhandels­ gesellschaften

https://doi.org/10.1515/9783110679588-part02

I. Rechnungslegungsnormen Neben der Einzelunternehmung zählen als wichtigste Formen die Gesellschaft bür­ gerlichen Rechts (GbR), die Partnerschaftsgesellschaft (PartG), die Offene Handels­ gesellschaft (OHG), die Kommanditgesellschaft (KG) und die stille Gesellschaft zur Gruppe der Personenunternehmen.¹²⁵ Die genannten Personengesellschaften kön­ nen als auf vertraglicher Grundlage beruhende zweckorientierte Vereinigungen von mindestens zwei natürlichen und/oder juristischen Personen definiert werden (z. B. gemeinsame Praxen von Freiberuflern, Zusammenschlüsse von Kaufleuten oder grö­ ßeren Unternehmen, die nur für einen vorübergehenden Zweck gegründet wurden). Die GbR stellt die Grundausprägung der Personengesellschaft dar. Die gesetzlichen Regelungen finden sich in § 705 bis § 740 BGB.¹²⁶ Nach § 6 Abs. 1 HGB besitzen Personenhandelsgesellschaften als Formkaufleute Kaufmannseigenschaft. Folglich gelten für die OHG und KG im Hinblick auf die Fi­ nanzbuchhaltung zunächst die im Ersten Abschnitt des Dritten Buchs des Handelsge­ setzbuches (§ 238 bis § 263 HGB) niedergelegten Vorschriften. Sofern die in Rede ste­ henden Unternehmensformen zwei der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 PublG genannten Schwellenwerte an drei aufeinander folgenden Abschlussstichtagen überschreiten, sind darüber hinaus i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG die in § 5 bis § 10 PublG veranker­ ten erweiterten Rechnungslegungsnormen, die Bezug auf die für Kapitalgesellschaf­ ten maßgebenden Vorschriften nehmen, ergänzend heranzuziehen.¹²⁷ Ähnliches gilt nach § 264a HGB für besondere OHG’s und KG’s, „[. . . ] bei denen nicht wenigstens ein persönlich haftender Gesellschafter 1. eine natürliche Person oder 2. eine Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder andere Personengesellschaft mit einer natürlichen Person als persönlich haftendem Gesellschafter ist oder sich die Ver­ bindung von Gesellschaften in dieser Art fortsetzt“ (§ 264a Abs. 1 2. HS HGB). In diesen Fällen ist neben den übrigen Vorschriften des Ersten bis Fünften Unterabschnitts des Zweiten Abschnitts des Handelsgesetzbuches insbesondere § 264c HGB zu beachten, der spezifische Rechnungslegungsvorschriften für diese kapitalistischen Personen­ handelsgesellschaften (Kapitalgesellschaften & Co.) enthält.¹²⁸ Schließlich existieren im Ersten und Zweiten Abschnitt des Zweiten Buchs des Handelsgesetzbuches (§ 120 bis § 122 HGB und § 167 bis 169 HGB) einige dispositive Vorschriften für die Verteilung des Jahreserfolgs, die Auszahlung von Gewinnantei­

125 Häufig werden auch sog. Bruchteilsgemeinschaften, die in § 741 bis § 758 BGB geregelt sind, zur Gruppe der Personengesellschaften gerechnet. Bei diesen Gemeinschaften steht jedem Teilhaber das Recht zu, über Vermögensgegenstande oder Sondervermögen anteilsmäßig frei zu verfügen (z. B. Woh­ nungseigentümer- oder Patentgemeinschaften). Im Gegensatz zu BGB-Außengesellschaft, OHG und KG weisen Bruchteilsgemeinschaften kein Gesamthandsvermögen auf. 126 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt II.C. 127 Vgl. Freidank/Meuthen, 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.A. 128 Vgl. IDW RS HFA 7 n. F., S. 1–22, Justenhoven/Roland 2022, Rz. 1–144 zu § 264c HGB. https://doi.org/10.1515/9783110679588-004

92 | I. Rechnungslegungsnormen

len und die Entnahmen. Neben bzw. anstelle diesen(r) kodifizierten Normen müssen im Rahmen der Finanzbuchhaltung von Personenhandelsgesellschaften die Bestim­ mungen des Gesellschaftsvertrags beachtet werden. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die Standardfälle der Personenhandelsgesellschaften in der Rechtsform der OHG oder der KG, bei denen sich der Gesellschafterkreis ausschließ­ lich aus natürlichen Personen zusammensetzt. Mit dem am 25.06.2021 verabschiedeten Gesetz zur Modernisierung des Personen­ gesellschaftsrechts (MoPeG) zielt der Gesetzgeber darauf ab, das Recht der Personen­ gesellschaften an die Anforderungen der Praxis anzupassen.¹²⁹ Insbesondere wurde das Recht der GbR neugestaltet und die Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG, GmbH & Co. KG) auch für Freiberufler (z. B. Steuerberater, Wirtschaftsprü­ fer, Rechtsanwälte) geöffnet. Die neuen Regelungen sollen aber erst zum 01.01.2024 in Kraft treten, so dass für betroffene Unternehmen genügend Zeit bleibt, sich auf die Novellierungen einzustellen. Das MoPeG enthält aber keine Änderungen, die un­ mittelbar die Vorschriften zur Rechnungslegung (§ 238 bis § 315d HGB; § 1 bis § 15 PublG) und die Besteuerung (einschließlich des Bilanzsteuerrechts) von Personen­ gesellschaften betreffen. Allerdings enthält das MoPeG einige Regelungen, die mittelbaren Einfluss auf die Rechnungslegung von Personengesellschaften haben. Zum einen wurden die Vor­ schriften zur Gewinnermittlung und Gewinnverteilung für Personenhandelsge­ sellschaften (§ 120 bis 122 HGB n. F., § 172 Abs. 4 HGB n. F.) novelliert. Hiernach sind die geschäftsführenden Gesellschafter verpflichtet, den Jahresabschluss nach § 242 Abs. 3 HGB aufzustellen. Ferner entscheiden die Gesellschafter durch den Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses, wobei gemäß § 709 Abs. 3 BGB n. F. die Anteilsquote maßgebend für die Verteilung des Gewinns bzw. Verlusts ist. Diese Re­ gelung gilt auch für die GbR. Da der Gesetzgeber vom Prinzip der Vollausschüttung des Gewinns ausgeht, sind in den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen hinreichen­ de Möglichkeiten zur Gewinnthesaurierung (z. B. Rücklagenbildungen) vorzusehen, um Selbstfinanzierungsspielräume des Unternehmens zu schaffen. Da der Anspruch auf Auszahlung eines ermittelten Gewinnanteils bereits mit der Feststellung des Jah­ resabschlusses entsteht (§ 121 HGB n. F.), müssen die Gewinnanteile auf den Gesell­ schafterkonten im Fremdkapital ausgewiesen werden. Durch den Hinweis auf § 253 Abs. 6 Satz 2 HGB in § 172 Abs. 4 Satz 3 HGB n. F. wird nun klargestellt, dass auch Ge­ winne, die aus dem Unterschiedsbetrag zwischen der Abzinsung von Pensionsrück­ stellungen mit dem Zehn-Jahres-Durchschnittszinssatz statt des Sieben-Jahres-Durch­ schnittszinssatzes in die Ausschüttungssperre zur Berechnung des Kapitalanteils des Kommanditisten einzubeziehen sind.¹³⁰ Zum anderen findet eine Erweiterung der Informationsrechte der Kommanditisten (166 HGB n. F.) statt. Die Neuregelung

129 Vgl. Bochmann/Bron 2021, S. 613–620; Brill et al. 2022. 130 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d(a).

I. Rechnungslegungsnormen |

93

erweitert die Informationsrechte, so dass künftig auch das nach der gegenwärtigen Rechtslage ausgeschlossene allgemeine Büchereinsichtsrecht¹³¹ von den Komman­ ditisten in Anspruch genommen werden kann. Diese Informationsrechte können nicht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die steuerrechtlichen Erfolgsermittlungsvor­ schriften spezifische Gestaltungen der Finanzbuchhaltung auslösen können. So stel­ len aus einkommensteuerrechtlicher Sicht OHG und KG keine Steuerobjekte dar, sondern die Gesellschafter unterliegen als natürliche Personen (Mitunternehmer) gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit den gewerblichen Einkünften aus diesen Unterneh­ men (Mitunternehmerschaften) der Besteuerung. Neben den Erfolgsanteilen, die den Mitunternehmern aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Regelung aus dem Jah­ resergebnis der Personengesellschaft zuzurechnen sind, zählt § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch „[. . . ] die Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tä­ tigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die Über­ lassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat“, zu den gewerblichen Einkünften aus der Mitunternehmerschaft. Sondervergütungen stellen Beträge dar, die die Gesellschaf­ ter für – Tätigkeiten im Dienst der Gesellschaft (z. B. Gehälter für Geschäftsführertätig­ keit), – die Überlassung von Wirtschaftsgütern an die Gesellschaft (Miete, Pacht) und – die Hingabe von Darlehen an die Gesellschaft (Zinsen) bezogen haben.¹³² Sondervergütungen werden aus handelsrechtlicher Sicht als Aufwendungen behan­ delt, dürfen aber den auf die Gesellschafter zu verteilenden steuerrechtlichen Ge­ samtgewinn, der gemäß § 7 i. V. m. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG auch der Gewerbesteuer unterliegt, nicht mindern. Die in Rede stehende Regelung ist konsequent, da § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG davon ausgeht, dass die zu gewerblichen Einkünften erklärten Vergütungen auf einem Beitrag zur Gesellschaft beruhen und damit zu ihrem steuerrechtlichen Ge­ winn gehören. Die zivilrechtlich im Eigentum der Gesellschafter stehenden Wirtschaftsgüter, die der Gesellschaft zur Nutzung überlassen wurden, stellen kein Gesamthands­ vermögen der Unternehmung dar und dürfen deshalb auch nicht in der Handelsund Steuerbilanz ausgewiesen werden. Derartige Wirtschaftsgüter werden dem Ter­

131 Vgl. Roth 2022, Rz. 11 zu § 166 HGB. 132 Die Klassifizierung der Sondervergütungen als gewerbliche Einkünfte liegt darin begründet, dass verhindert werden soll, Mitunternehmern die Möglichkeit einzuräumen, gewerbliche Leistungen als separate Arbeitsleistungen und/oder als Akte der Vermögensverwaltung zu behandeln und damit eine Umschichtung auf andere Einkunftsarten (z. B. selbstständige/nichtselbstständige Arbeit, Kapitalver­ mögen oder Vermietung und Verpachtung) vornehmen zu können, die der Einkommen-, aber nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Darüber hinaus zielt die in Rede stehende Regelung darauf ab, den Mitunternehmer einem Einzelgewerbetreibenden anzunähern.

94 | I. Rechnungslegungsnormen

minus „Sonderbetriebsvermögen“ subsumiert. Die das Sonderbetriebsvermögen betreffenden Wertänderungen sowie persönliche Aufwendungen und Erträge der Ge­ sellschafter, die durch das Beteiligungsverhältnis veranlasst werden (sog. Sonderbe­ triebsausgaben bzw. -einnahmen), dürfen aber keinen Eingang in die Gewinn- und Verlustrechnung nach HGB und IFRS finden. Unter Berücksichtigung der aufgezeig­ ten spezifischen steuerrechtlichen Regelungen empfiehlt sich zur Erfassung etwaiger Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern die Führung ent­ sprechender Sonderkonten, aus denen ggf. für jeden betroffenen Mitunternehmer eine separate Sonder-Bilanz bzw. Sonder-Erfolgsrechnung neben dem Gesamt­ hands-Jahresabschluss zum Stichtag abgeleitet werden kann. Sofern darüber hinaus für bestimmte Gesellschafter eine von den Vorschriften des Handelsrechts und der IFRS abweichende steuerrechtliche Bewertung des Gesamthandsvermögens der Ge­ samthandsgemeinschaft erforderlich wird (z. B. bei Inanspruchnahme personenbezo­ gener Bewertungsvergünstigungen oder im Falle des Eintritts neuer Mitunternehmer), bietet es sich ebenfalls an, diese Wertdifferenzen auf gesellschafterbezogenen Spezi­ alkonten zu erfassen, die dann zu sog. Ergänzungs-Jahresabschlüssen zum Stichtag zusammengefasst werden. Sonder- und Ergänzungsbilanzen stellen mithin neben der handelsrechtlichen Gesellschaftsbilanz gefertigte steuerrechtliche Zusatzrechnun­ gen für einzelne Mitunternehmer dar.

II. Handelsrechtliche Buchungsund Abschlusstechnik A. Erfassung des Eigenkapitals bei der Offenen Handelsgesellschaft 1. Variable Kapitalkonten Aus § 120 Abs. 2 HGB ist abzuleiten, dass für jeden Gesellschafter lediglich die Füh­ rung eines einzigen variablen Kapitalkontos vorgesehen ist, dessen jeweiliger Be­ stand (Kapitalanteil) sich aus der ersten Einlage (und ggf. weiteren Einlagen) zuzüg­ lich den Gewinngutschriften und abzüglich den Verlustbelastungen und Entnahmen errechnet. Mithin stellt nach dieser Vorschrift der Endbestand auf dem Kapitalkonto den aktuellen Kapitalanteil des betreffenden Gesellschafters dar, der Einfluss auf – die Gewinnverteilung (§ 121 Abs. 1 HGB), – das Entnahmerecht (§ 122 HGB) und – die Verteilung des Liquidationsvermögens (§ 155 Abs. 1 HGB) hat. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Gesellschaftsvertrag gemäß § 109, § 145 Abs. 1 HGB im Hinblick auf die Gewinnverteilung, das Entnahmerecht und/oder die Vertei­ lung des Liquidationsvermögens auch von diesen Regelungen abweichen kann. Ab­ bildung 27 gibt einen Überblick über die für die OHG geltenden dispositiven Vor­ schriften der Erfolgsbeteiligung und des Entnahmerechts. Die dort angeführten Re­ gelungen beziehen sich auf die im letzten Jahresabschluss festgestellten (positiven) Kapitalanteile der Gesellschafter. Nicht zu verwechseln sind die Kapitalanteile hinge­ gen mit den Kapitaleinlagen, die aufgrund des Gesellschaftsvertrages als Bar-, Sach-, Nutzungs-, Leistungseinlagen oder durch das Stehenlassen von Gewinnanteilen er­ bracht werden können. Sofern Gesellschafter ihre vertraglich festgelegte Einlagever­ pflichtung nicht erfüllt haben, liegen ausstehende Einlagen vor, die Ansprüche der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern begründen. Werden diese von der Ge­ sellschaft (z. B. durch Gesellschafterbeschluss) eingefordert, müssen die betroffenen Mitunternehmer ihren Verpflichtungen unverzüglich nachkommen. Da bei der Füh­ rung variabler Kapitalkonten jeweils per Saldo nur der durch Einlagen/Entnahmen und/oder Erfolge im Zeitablauf veränderte Kapitalanteil ausgewiesen wird, kommen etwaige ausstehende Einlagen in der Jahresbilanz nicht separat als Korrekturposten auf der Aktiv- oder Passivseite der Jahresbilanz zum Ansatz. Zur Erfassung der Einlagen und Entnahmen während des Geschäftsjahres wer­ den darüber hinaus pro Gesellschafter Privatkonten als Unterkonten der jeweiligen Kapitalkonten geführt. Die zum Ende des Geschäftsjahres ermittelten Erfolgsanteile werden hingegen direkt vom Gewinn- und Verlustkonto, ggf. durch Zwischenschal­ tung eines Ergebnisverwendungskontos, auf die variablen Kapitalkonten der Ge­ https://doi.org/10.1515/9783110679588-005

96 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

Gewinnbeteiligung (§ 121 Abs. 1 bis Abs. 3 HGB)

(1) Jeder Gesellschafter erhält zunächst vom Jahresgewinn eine 4%ige Verzinsung seines am Ende des letzten Geschäftsjahrs festgestellten (positiven) Kapitalanteils zuzüglich einer zeitanteiligen 4%igen Verzinsung der Einlagen abzüglich einer zeitanteiligen 4%igen Verzinsung der Entnahmen. (2) Vom Jahresgewinn wird die Summe der nach (1) vorgenommenen Verzinsung abgezogen und der Restgewinn auf die Gesellschafter gleichmäßig („nach Köpfen“) verteilt. (3) Reicht der Jahresgewinn nicht aus, um die in (1) beschriebene 4%ige Verzinsung zu realisieren, so ist die Verteilung mit einem unter 4 % liegenden Prozentsatz vorzunehmen, dessen Anwendung den Jahresgewinn erschöpft.

Verlustbeteiligung (§ 121 Abs. 3 HGB)

Der Jahresverlust wird im gleichen Verhältnis („nach Köpfen“) auf die Gesellschafter verteilt.

Entnahmerecht (§ 122 Abs. 1 und Abs. 2 HGB)

(1) Jeder Gesellschafter kann bis zu 4 % seines am Ende des letzten Geschäftsjahres festgestellten (positiven) Kapitalanteils entnehmen. (2) Wurden Gesellschaftern zum Ende des letzten Geschäftsjahrs Gewinnanteile zugewiesen, die den nach (1) berechneten Betrag übersteigen, dann können auch diese Überschüsse entnommen werden, „[...] soweit es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht [...] “, d. h., der Entzug beschränkt sich lediglich auf entbehrliche Betriebsmittel. (3) Das Gewinnentnahmerecht kann lediglich im Laufe des Geschäftsjahrs ausgeübt werden, das dem Jahr folgt, auf den sich der festgestellte Jahresabschluss bezieht. Mithin erlischt es mit der Feststellung des nächsten Jahresabschlusses. a (4) Ansonsten ist ein Gesellschafter nicht befugt, ohne Einwilligung anderer Gesellschafter seinen Kapitalanteil durch weitere Gewinn- und Kapitalentnahmen zu vermindern.

a

Vgl. Hopt 2022, Rz. 10 zu § 122 HGB. Während die Aufstellung des Jahresabschlusses als Anferti­ gung eines unterschriftsreifen Entwurfs zum Bilanzstichtag mittels des (der) zur Geschäftsführung befugten Gesellschafter(s) zu definieren ist, wird mit der Feststellung des Jahresabschlusses durch in aller Regel sämtliche Gesellschafter ein Rechtsgeschäft umschrieben, das zum einen das Rechts­ verhältnis der Gesellschafter untereinander konkretisiert und zum anderen die Grundlage für den nächsten Jahresabschluss schafft. Vgl. Hoffmann/Barlitz 2021, Rz. 8–9 zu § 120 HGB; WP-Hand­ buch 2021, Kap. B, Tz. 2–8. Abb. 27: Erfolgsbeteiligung und Entnahmerecht bei der OHG.

sellschafter gebucht, wenn sie als Stromgrößen das Kapital der Personenhandelsge­ sellschaft verändern. So stellen etwa Gewinnansprüche der Mitunternehmer unab­ dingbare Forderungsrechte der Gesellschafter an die Gesellschaft dar. Mithin liegt in Höhe der von § 122 Abs. 1 HGB genannten Entnahmerechte, sofern sie noch geltend gemacht werden können, kein Eigenkapital der Unternehmung vor. Diese Ansprü­ che dürfen nicht mit künftigen Verlusten zur Verrechnung kommen und sind deshalb

A. Erfassung des Eigenkapitals bei der Offenen Handelsgesellschaft | 97

als Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern in der handelsrechtlichen Jah­ resbilanz gesondert auszuweisen.¹³³ Folglich muss die Verbuchung von gesetzlich und vertraglich freigegebenen Gewinnanteilen nicht, wie § 120 Abs. 2 HGB vermuten lässt, über die Kapitalkonten, sondern über entsprechende Verbindlichkeitskonten erfolgen. Ähnliches gilt für Ansprüche der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaf­ tern auf Einzahlung von Verlustanteilen, die als Forderungen in der Bilanz der Per­ sonenhandelsgesellschaft zu erfassen sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass für die Gesellschafter nach der gesetzlichen Regelung keine Verpflichtung besteht, et­ waige Verlustbeteiligungen durch Nachschüsse auszugleichen. Sofern Gewinnanteile nicht entnommen werden, z. B. um die im Gesellschaftsvertrag festgelegte Einlagen­ verpflichtung zu erfüllen oder negative Kapitalanteile auszugleichen, gehören sie zum Eigenkapital und sind mithin auf die entsprechenden Kapitalkonten zu verbuchen.¹³⁴ Üben die Gesellschafter im nächsten Geschäftsjahr ihr Entnahmerecht aus, indem sie in bestimmten Abständen Mittel für ihren Lebensunterhalt entnehmen, so lauten die sich auf die im letzten Jahresabschluss als Verbindlichkeiten erfassten Gewinn­ anspruche beziehenden Buchungen grundsätzlich: Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern

an

Finanzkonten.

Sofern Entnahmen getätigt werden, die sich auf Mittel beziehen, die im letzten Jah­ resabschluss als Eigenkapital pro Gesellschafter erfasst wurden, sind die Buchungen prinzipiell wie folgt zu formulieren: Privatkonten

an

Finanzkonten. a

a

Zu berücksichtigen ist aber, dass der Mittelentzug auch durch Sach-, Nutzungs- und Leistungsentnahmen erfolgen kann. In diesen Fällen müssen die Gegenbuchungen dann auf den entsprechenden Anlage- bzw. Aufwandskonten erfolgen. Vgl. Freidank/Meuthen, 2022, Teil 3, Gliederungs­ punkt II.C.3.

Hieraus folgt, dass bei der Feststellung der Kapitalanteile der Gesellschafter zum Ende des Geschäftsjahres i. S. v. § 120 Abs. 2 HGB nur die über die Privatkonten verbuchten Gewinn- und/oder Kapitalentnahmen korrigierend zu erfassen sind. Nach h. M. bestehen keine Bedenken, die auf den einzelnen Kapitalkonten ermit­ telten Endbestände in der Jahresbilanz zu einem Posten zusammenzufassen sowie positive und negative Kapitalanteile aufzurechnen.¹³⁵ Wenn die in Rede stehende Sal­

133 Vgl. § 264c Abs. 1 HGB; IDW RS HFA 7 n. F., Rz. 53. 134 Nach der gesetzlichen Regelung des § 122 Abs. 1 HGB ist beim Vorliegen eines negativen Kapital­ anteils die Entnahme von Gewinnen nicht möglich. 135 Vgl. § 264c Abs. 2 Satz 2 2. HS HGB.

98 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

dierungsalternative nicht zur Anwendung kommt, sind etwaige negative Kapitalantei­ le wahlweise einzeln oder zusammengefasst auf der Aktivseite als letzter Posten, z. B. unter der Bezeichnung „Nicht durch Vermögenseinlagen gedeckter Verlustanteil per­ sönlich haftender Gesellschafter“, auszuweisen, sofern keine Zahlungsverpflichtung der (des) Gesellschafter(s) gegenüber der Gesellschaft besteht.¹³⁶ Abbildung 28 zeigt die Struktur der Abschlusstechnik unter Einbeziehung von zwei OHG-Gesellschaftern (A und B), die jeweils zu Beginn des Geschäftsjahres ein positives und ein negatives Kapitalkonto aufweisen. Während Gesellschafter A seinen Gewinnanteil in voller Höhe zu entnehmen beabsichtigt, belässt B den ihm zustehen­ den Jahresgewinn im Unternehmen, um sein negatives Kapitalkonto auszugleichen. Die zum Ende des Geschäftsjahres festzustellenden Kapitalanteile der Gesellschafter A und B entsprechen folglich den Endbeständen auf ihren Kapitalkonten. Sie bringen darüber hinaus das aktuelle Beteiligungsverhältnis der Gesellschafter am Bilanz­ vermögen der OHG zum Ausdruck. S Eröffnungsbilanzkonto H K: A K: B

S

Schlussbilanzkonto K: A K: B V: A

H

S Kapitalkonto A Entnahmen AB EB

H

S Privatkonto A Entnahmen Saldo

H

S Gewinn- und Verlustkonto H Aufwendungen Erträge Gewinn

S Saldo S AB EB

Kapitalkonto B

S Saldo

Privatkonto B

Verbindlichkeiten gegenüber A

H Gewinnanteil

H

Gewinnanteil Einlagen

H

Einlagen

Abb. 28: Abschlusstechnik beim Vorliegen variabler Kapitalkonten.

136 Vgl. § 264c Abs. 2 Satz 5 HGB; ähnlich IDW RS HFA 7 n. F., Rz. 43.

A: AB: B: EB: K: V:

Gesellschafter A Anfangsbestand Gesellschafter B Endbestand Kapitalkonto Verbindlichkeiten

A. Erfassung des Eigenkapitals bei der Offenen Handelsgesellschaft | 99

Beispiel: In der XY-OHG betragen die zum 31.12. des Geschäftsjahres t1 bisher per Saldo getä­ tigten Einlagen (= Kapitalanteile) 24.000 € für Gesellschafter X und 30.000 € für Gesellschafter Y. Laut Gesellschaftsvertrag belaufen sich die zu leistenden Pflichteinlagen aber auf 25.000 € bzw. 40.000 €. Das Privatkonto des X weist am 31.12. des Geschäftsjahres t2 Entnahmen in Höhe von 7.500 €, das des Y in Höhe von 9.000 € aus, die beide am 30.09. des laufenden Geschäftsjahres unter Einwilligung des jeweils anderen Gesellschafters getätigt haben. Der Jahresgewinn des Ge­ schäftsjahrs t2 im Umfang von 45.000 € soll nach der gesetzlichen Regelung des § 121 HGB verteilt werden. Die Gesellschafter beabsichtigen, nur den Betrag des Jahresgewinns zu entnehmen, der nach Deckung ihrer laut Gesellschaftsvertrag zu erbringenden Pflichteinlagen übrig bleibt. Gesellschafter

Kapitalanteile am 31.12.t1

Anteilige 4%ige Verzinsung

Gewinnrest

Gewinnanteile

X Y Summe

24.000 € 30.000 € 54.000 €

835 € a 1.110 € b 1.995 €

21.502,50 € 21.502,50 € 43.005 €

22.387,50 € 22.612,50 € 45.000 €

a b

885 € = 0,04 · 24.000 € − 3/12 · 0,04 · 7.500 €. 1.110 € = 0,04 · 30.000 € − 3/12 · 0,04 · 9.000 €.

Abb. 29: Verteilung des Jahresgewinns für das Geschäftsjahr t2. Kontenmäßige Darstellung: Gewinn- und Verlustkonto der XY-OHG zum 31.12.t2 ∑ Aufwendungen € ∑ Erträge S

(3) Gewinn

H

S

€ (1)

45.000

7.500

(4) SBK (EB) 25.000

€ AB

a

H

Privatkonto X €

Entnahmen

7.500

S

Kapitalkonto Y

(1)

(2)

AB

(5) SBK (EB) 40.000

(3)

49.000

S



7.500

(6) SBK (EB) 13.887,50

30.000 19.000 49.000

Verbindlichkeiten gegenüber Y €

(7) SBK (EB) 3.612,50

Verbindlichkeiten gegenüber X

S



9.000

H €

(3)

3.612,50

8.500 32.500

8.500 € = 25.000 € − (24.000 € − 7.500 €).



H



S

24.000

(3) a

32.500

S

H

Kapitalkonto X



Entnahmen

€ (3)

Privatkonto Y € 9.000

H

(2)

13.887,50

H € 9.000

100 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

S

Schlussbilanzkonto der XY-OHG zum 31.12.t2

H €

(4)

Kapitalkonto X

25.000,00

(5)

Kapitalkonto Y

40.000,00

(6)

Verbindlichkeiten gegenüber X

13.887,50

(7)

Verbindlichkeiten gegenüber Y

3.612,50

2. Feste und variable Kapitalkonten In der Praxis weichen jedoch die Gesellschaftsverträge häufig von der gesetzlichen Vorstellung variabler Kapitalkonten ab, indem vereinbart wird, dass feste Kapitalan­ teile auf Dauer für die Verteilung der Rechte und Pflichten der Gesellschafter maßge­ benden Charakter besitzen sollen. Derartige Regelungen zielen auf eine Sicherung des Einfluss-, Rechte- und Pflichtenverhältnisses der Gesellschafter gegen rasche, u. U. unerwartete Änderungen ab, die das Einvernehmen stören können.¹³⁷ Die festgeleg­ ten Kapitalanteile entsprechen in aller Regel den von den Gesellschaftern aufzubrin­ genden Kapitaleinlagen und werden auf sog. Festkonten (Kapitalkonto I) als unver­ änderbare Beträge geführt. Solange die Gesellschafter ihren Einlageverpflichtungen nicht oder nicht in voller Höhe nachgekommen sind, sind die entsprechenden Dif­ ferenzbeträge folglich als Korrekturgrößen auf aktiven Bestandskonten, die als aus­ stehende Einlagen bezeichnet werden, zu verbuchen.¹³⁸ In der Jahresbilanz der OHG müssen die noch nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen entsprechend dem Aus­ weis des Festkapitals, entweder pro Gesellschafter oder kumulativ, auf der Passivsei­ te offen vom Fremdkapital abgesetzt werden. Bereits eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte ausstehende Einlagen müssen unter den Forderungen ausgewiesen und entsprechend bezeichnet werden.¹³⁹ Neben dem Festkonto wird darüber hinaus für jeden Gesellschafter ein variables Kapitalkonto (Kapitalkonto II) geführt,¹⁴⁰ auf dem Gewinngutschriften, Verlustbe­ lastungen, Entnahmen und Einlagen zur Verbuchung kommen, die nicht den festen Kapitalanteil verändern sollen.¹⁴¹ Der effektive Kapitalanteil pro Gesellschafter, der

137 Vgl. Hopt 2022, Rz. 15 zu § 120 HGB. 138 Entnahmen auf bereits eingezahlte Teile des Festkapitals ziehen eine Erhöhung der ausstehen­ den Einlagen nach sich. 139 Vgl. auch § 272 Abs. 1 Satz 3 HGB und die Ausführungen in Teil 3 zu Gliederungspunkt III.B.3.c.c.b(c). 140 Das Kapitalkonto II wird auch als Privatkonto, übriges oder bewegliches Kapitalkonto bezeichnet. 141 Zur getrennten Erfassung der Entnahmen und/oder Einlagen ist es auch möglich, als Unterkonto ein Privatkonto pro Gesellschafter zu führen.

A. Erfassung des Eigenkapitals bei der Offenen Handelsgesellschaft | 101

sein Beteiligungsverhältnis am Bilanzvermögen der Unternehmung zum Ausdruck bringt, ergibt sich dann erst durch Addition von Kapitalkonto I und II. Die Endbestände der einzelnen Kapitalkonten II können ebenfalls pro Gesellschafter oder zusammen­ gefasst unter dem Posten „übriges oder bewegliches Kapital“ in der Jahresbilanz auf der Passivseite zum Ausweis kommen.¹⁴² Sofern der Gesellschaftsvertrag die Bildung von Rücklagen vorsieht oder Rücklagen aufgrund von Beschlüssen der Gesellschafter zu passivieren sind, gehören sie wie das Festkapital und das übrige oder bewegliche Kapital zum Eigenkapital der Unternehmung und sollten separat ausgewiesen wer­ den.¹⁴³ Unter Berücksichtigung ausstehender Einlagen auf das Festkapital ergibt sich im Falle eines zusammenfassenden Eigenkapitalausweises somit die in Abbildung 30 gezeigte Struktur. Der bereits eingezahlte Teil auf das Festkapital beträgt 80.000 €. Aktiva

Bilanz

Passiva

T€ A. Anlagevermögen B. Umlaufvermögen .. .

I. Gesellschafterkapital: 1. Festkapital

II. Forderungen:

− nicht eingeforderte ausstehende Einlagen

.. . 4. Eingefordertes, noch nicht eingezahltes Festkapital

T€ A. Eigenkapital:

= eingefordertes Festkapital 5

2. Übriges oder bewegliches Kapital

100 −15

85 25

II. Rücklagen: 1. Vertragsmäßige Rücklagen

15

2. Andere Rücklagen

20

Abb. 30: Handelsrechtlicher Eigenkapitalausweis bei der OHG.

Zu berücksichtigen ist aber, dass auf dem Kapitalkonto II lediglich solche Beträge ver­ bucht werden dürfen, die keine unentziehbaren Forderungsrechte der Gesellschaf­ ter gegenüber der Gesellschaft darstellen und folglich mit künftigen Verlusten zur Ver­ rechnung kommen können (z. B. nicht entnommene Gewinnanteile oder zusätzliche Einlagen). Somit ist die Verbuchung gesetzlich oder vertraglich freigegebener Gewinn­ anteile nicht über die einzelnen Kapitalkonten II, sondern über entsprechende Ver­ bindlichkeitskonten vorzunehmen. Ähnliches gilt für vertraglich durch Nachschüs­ se ausgleichspflichtige Verlustzuweisungen, die Forderungen der Gesellschaft an die Gesellschafter darstellen und deshalb nicht mit künftigen Gewinnen verrechnet wer­ den dürfen. Zu den Schuldverhältnissen zwischen den Mitunternehmern und der Ge­ 142 Durch Verlustzuweisungen und/oder Entnahmen, die das Festkapital nicht berühren, kann das Kapitalkonto II auch negativ werden. Für den Ausweis in der Jahresbilanz gilt dann das bereits zu den variablen Kapitalkonten in Teil 2 zu Gliederungspunkt II.A.1 Ausgeführte sinngemäß. 143 Vgl. § 264c Abs. 2 Satz 1 und Satz 8 HGB sowie die Ausführungen in Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.c(c).

102 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

sellschaft, die nicht im Gesellschafterverhältnis selbst begründet sind, gehören dar­ über hinaus z. B. Anspruche aus Dienst-, Miet-, Pacht- und Darlehensvertragen für Ge­ schäftsführertätigkeit, Überlassung von Vermögensgegenstanden sowie Hingabe von Darlehen. Diese auf das Verhältnis zum Gesellschafter hinweisenden Leistungsbezie­ hungen sollten über separate Verbindlichkeits- bzw. Forderungskonten verbucht werden. Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern bzw. Forderungen an die Ge­ sellschafter sind dann in der Jahresbilanz entweder gesondert oder im Rahmen eines „Davon-Vermerks“ auszuweisen.¹⁴⁴ Beispiel: – Der Gesellschafter A berechnet der AB-OHG Zinsen für ein von ihm privat gewährtes Darlehen. Buchungssatz: Zinsaufwendungen –

an

Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschafter A.

Laut vertraglicher Vereinbarung erhält Gesellschafter B für die Übernahme der Geschäftsfüh­ rung in der AB-OHG eine entsprechende Vergütung. Buchungssatz: Gehälter



an

Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschafter B.

Gesellschafter A wohnt in einem zum Gesamthandsvermögen gehörenden Haus der AB-OHG und hat vereinbarungsgemäß laufend Miete an die Unternehmung zu entrichten.¹⁴⁵ Buchungssatz: Forderungen gegenüber Gesellschafter A



an

Mieterträge.

Aufgrund eines Vertrags zwischen der AB-OHG und Gesellschafter B nutzt dieser regelmäßig einen zum Gesamthandsvermögen gehörenden PKW für Privatfahrten und zahlt dafür monat­ lich einen festen Mietzins an die Unternehmung. Buchungssatz: Forderungen gegenüber Gesellschafter B

an

– Mieterträge a – Umsatzsteuer.

a

In diesen Fällen handelt es sich nicht um Nutzungsentnahmen, sondern um schuldrechtli­ che Beziehungen zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern, die wie mit fremden Dritten möglich und buchungstechnisch auch so zu behandeln sind.

Abbildung 31 zeigt zusammenfassend die Abschlusstechnik im Falle fester und va­ riabler Kapitalkonten bei einer OHG mit zwei Gesellschaftern (A und B) unter Zugrun­ delegung des oben dargelegten bilanziellen Eigenkapitalausweises. Während Gesellschafter A seiner Pflichteinlage schon vollständig nachgekommen ist, weist Gesellschafter B zu Beginn des Geschäftsjahres noch ausstehende Einlagen 144 Vgl. § 264c Abs. 1 Satz 1 HGB. 145 Die Vermietung von Grundstücken und den mit ihnen verbundenen (wesentlichen) Bestandtei­ len ist gemäß § 4 Nr. 12. Buchst. a) UStG von der Umsatzsteuer befreit. Vgl. auch Abschn. 4.12.1 UStAE.

A. Erfassung des Eigenkapitals bei der Offenen Handelsgesellschaft | 103

S Eröffnungsbilanzkonto K I: A K II: A K I: B

S

Kapitalkonto I A

EB

S

Schlussbilanzkonto K I: A K II: A K I: B K II: B V: A

H

S

H

AB

Kapitalkonto II A

Entnahmen EB

S EB

H

AE: B KII: B

H

Kapitalkonto I B

S Gewinn- und Verlustkonto H Aufwendungen Erträge Gewinn

AB

H

AB

Verbindlichkeiten gegenüber A

S

S Verlustsonderkonto B H AB Gewinnanteil EB

S Ausstehende Einlagen B H AB

Gewinnanteil

H

Saldo

Gewinnanteil

A: AB: AE: B: EB: K I: K II: V:

Gesellschafter A Anfangsbestand Ausstehende Einlagen Gesellschafter B Endbestand Kapitalkonto I Kapitalkonto II Verbindlichkeiten

Abb. 31: Abschlusstechnik beim Vorliegen fester und variabler Kapitalkonten.

auf, die aber zum Ende des Geschäftsjahres eingefordert wurden. Gesellschafter A be­ absichtigt, den ihm zustehenden Gewinnanteil in voller Höhe zu entnehmen. Demge­ genüber tilgt Gesellschafter B mit seinem Gewinnanteil zunächst seine ausstehenden Einlagen auf das Festkapital und gleicht darüber hinaus sein negatives Kapitalkonto II aus. Den verbleibenden Gewinn belässt B im Unternehmen. Die effektiven Kapitalan­ teile der Gesellschafter A und B am Bilanzvermögen der OHG ergeben sich in diesem Falle jeweils durch die Addition der Endbestände auf den Kapitalkonten I und II. Abschließend sei angemerkt, dass bei publizitätspflichtigen Personenhan­ delsgesellschaften in der Rechtsform der OHG gemäß § 9 Abs. 3 PublG für Zwecke der Offenlegung „[. . . ] die Kapitalanteile der Gesellschafter, die Rücklagen, ein Ge­ winnvortrag und ein Gewinn unter Abzug der nicht durch Vermögenseinlagen ge­ deckten Verlustanteile von Gesellschaftern, eines Verlustvortrags und eines Verlustes in einem Posten ›Eigenkapital‹ ausgewiesen werden [. . . ] “ dürfen. Beispiel: Es wird nun unterstellt, dass Gesellschafter X und Y feste Kapitalanteile in Höhe der Pflichteinlagen von 25.000 € bzw. 40.000 € vereinbart haben, die unabhängig von der Höhe der geleisteten Einlagen der Verzinsung im Rahmen der Gewinnverteilung nach § 121 HGB unterlie­ gen sollen. Weiterhin wird angenommen, dass sämtliche ausstehenden Einlagen von der Gesell­ schaft bereits eingefordert wurden. Die Gesellschafter beabsichtigen, nur den Betrag des Jahres­

104 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

gewinns zu entnehmen, der nach Deckung ihrer ausstehenden Einlagen auf das Festkapital sowie ihrer durch Entnahmen negativ gewordenen Kapitalkonten II übrig bleibt. Gesellschafter

Feste Kapitalantei­ le am 31.12.t1

Anteilige 4%ige Verzinsung

Gewinnrest

Gewinnanteile

X Y Summe

25.000 € 40.000 € 65.000 €

1.000 € a 1.600 € b 2.600 €

21.200 € 21.200 € 42.400 €

22.200 € 22.800 € 45.000 €

a b

1.000 € = 0,04 · 25.000 €. 1.600 € = 0,04 · 40.000 €.

Abb. 32: Verteilung des Jahresgewinns für das Geschäftsjahr t2. Kontenmäßige Darstellung: Gewinn- und Verlustkonto der XY-OHG zum 31.12.t2 ∑ Aufwendungen € ∑ Erträge S

H

S







(2) SBK (EB) 25.000

AB

(1) Gewinn 45.000

S

H

Kapitalkonto II X €

Entnahmen

S

7.500

(1)

7.500



S

(1)

S

S

S

Kapitalkonto I Y

H

S

(1)

9.000

(1)

€ AB

10.000

25.000

H 1.000

H €

AB

Ausstehende Einlagen Y



€ 3.800

1.000

(3) SBK (EB) 40.000

H



AB

13.700

Verbindlichkeiten gegenüber Y

(5) SBK (EB)

H





€ 9.000

Ausstehende Einlagen X



Kapitalkonto II Y

Entnahmen

S



Verbindlichkeiten gegenüber X

(4) SBK (EB) 13.700

Kapitalkonto I X

40.000

H €

(1)

10.000

H €

(1)

3.800

Schlussbilanzkonto der XY-OHG zum 31.12.t2

H €

(2)

Kapitalkonto I X

25.000

(3)

Kapitalkonto I Y

40.000

(4)

Verbindlichkeiten gegenüber X

13.700

(5)

Verbindlichkeiten gegenüber Y

3.800

B. Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft | 105

B. Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft 1. Gesetzliche Grundlagen Im Hinblick auf die Erfassung des Eigenkapitals für die voll haftenden Gesellschafter einer KG gilt das vorstehend zur OHG Ausgeführte analog (§ 161 Abs. 2 HGB). Folglich besteht auch hier die Möglichkeit, für die Komplementäre entsprechend der gesetz­ lichen Regelung ausschließlich variable Kapitalkonten zu führen oder aber auf die dargelegte Kombination aus festen und variablen Kapitalkonten zurückzugreifen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die vorgesehenen Erfolgsverteilungs- und Ent­ nahmeregelungen für die KG von den für die OHG maßgebenden Vorschriften des § 121 bis § 122 HGB abweichen. In Abbildung 33 sind diese nach § 163 HGB dispositiven Normen zusammenfassend dargestellt. Unterschiede bestehen im Verhältnis zur OHG zum einen in Bezug auf die Erfolgsverteilung, die nicht „nach Köpfen“, sondern in ei­ nem den Umstanden nach „angemessenen Verhältnis der Anteile“ vorzunehmen ist. Im Gewinnfall sind nach Abzug der Vorwegdividende von bis zu 4 % Verzinsung der Kapitalanteile im Hinblick auf die Bestimmung des angemessenen Verteilungs­ schlüssels sämtliche Umstände einschließlich der Verhältnisse aller Gesellschafter zu berücksichtigen. So wird nach h. M. ein Gewinnvoraus an die Komplementäre in Gestalt einer Risi­ koprämie für ihre unbeschränkte Haftung und an die geschäftsführenden Gesellschaf­ ter als Entgelt für ihren Arbeitseinsatz als angemessen angesehen. Der nach Abzug des Gewinnvoraus verbleibende Restgewinn soll dann im Verhältnis der Kapitalantei­ le zugerechnet werden. Allerdings sind im Gegensatz zur Bestimmung der Vorzugsdi­ vidende etwaige Verlustminderungen auf die Kapitalanteile nicht zu berücksichtigen, da ansonsten bei negativen Kapitalkonten jede Gewinnverteilung für die Zukunft aus­ geschlossen sein würde. Ausgangspunkt für die Aufspaltung des Restgewinns können dann nur die effektiv erbrachten (tatsächlich geleisteten) Pflichteinlagen ohne Verlustabzug sein.¹⁴⁶ Im Verlustfall liegt es nahe, die Verteilung nach Maßgabe der vertraglichen Pflichteinlagen vorzunehmen. Häufig werden die relevanten Gewinnund Verlustverteilungsschlüssel jedoch im Gesellschaftsvertrag eindeutig festgelegt, sodass die mit Anwendung der gesetzlichen Regelung verbundenen Interpretationen eines „angemessenen Verhältnisses der Anteile“ in der Praxis nur selten auftreten. Ferner ist zu beachten, dass gemäß § 167 Abs. 2 HGB der dem Kommanditisten zu­ stehende Jahresgewinn seinem Kapitalanteil nur solange zugeschrieben wird, bis die im Gesellschaftsvertrag festgelegte Pflichteinlage (bedungene Einlage¹⁴⁷) erreicht ist. In aller Regel – und hieran knüpfen auch die nachfolgenden Ausführungen an – stimmt die Pflichteinlage mit dem Betrag überein, auf den sich die Haftung nach

146 Vgl. Borges 2019, Rz. 3–4 zu § 168 HGB. 147 Bedungene Einlage und Pflichteinlage sind allerdings nur dann deckungsgleich, wenn keine aus­ stehenden Einlagen existieren.

106 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

Gewinnbeteiligung (§ 168 i. V. m. § 121 Abs. 1 bis Abs. 2 HGB)

(1) Jeder Gesellschafter erhält zunächst vom Jahresgewinn eine 4%igen Verzinsung seines am Ende des letzten Geschäftsjahrs festgestellten (positiven) Kapitalanteils zuzüglich einer zeitanteiligen 4%igen Verzinsung der Einlagen abzüglich einer zeitanteiligen 4%igen Verzinsung der Entnahmen. (2) Vom Jahresgewinn wird die Summe der nach (1) vorgenommenen Verzinsung abgezogen und der Restgewinn auf die Gesellschafter in einem den Umständen nach angemessenen Verhältnis der Anteile verteilt. (3) Reicht der Jahresgewinn nicht aus, um die in (1) beschriebene 4%ige Verzinsung zu realisieren, so ist die Verteilung mit einem unter 4 % liegenden Prozentsatz vorzunehmen, dessen Anwendung den Jahresgewinn erschöpft.

Verlustbeteiligung (§ 168 Abs. 2 HGB)

Der Jahresverlust wird in einem den Umständen nach angemessenen Verhältnis der Anteile auf die Gesellschafter verteilt.

Entnahmerecht des Komplementärs (§ 161 Abs. 2 i. V. m. § 122 HGB)

(1) Jeder Komplementär kann bis zu 4 % seines am Ende des letzten Geschäftsjahres festgestellten (positiven) Kapitalanteils entnehmen. (2) Wurden Komplementären zum Ende des letzten Geschäftsjahres Gewinnanteile zugewiesen, die den nach (1) berechneten Betrag übersteigen, dann können auch diese Überschüsse entnommen werden, „[...] soweit es nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht [...]“, d. h., der Entzug sich lediglich auf entbehrliche Betriebsmittel beschränkt. (3) Wird das Entnahmerecht bis zur Feststellung des Abschlusses für das Jahr, für das es ausgeübt werden kann, nicht geltend gemacht, verfällt es. (4) Ansonsten ist ein Gesellschafter nicht befugt, ohne Einwilligung anderer Gesellschafter seinen Kapitalanteil durch weitere Gewinn- und Kapitalentnahmen zu vermindern.

Entnahmerecht des Kommanditisten (§ 169 HGB)

(1) Der Kommanditist hat nur Anspruch auf die Entnahme des ihm zustehenden Gewinns. Dies gilt ohne die Einschränkung von § 122 Abs. 1 HGB, dass dies nicht zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereichen darf. a (2) Wird das Entnahmerecht bis zur Feststellung des Abschlusses für das Jahr, für das es ausgeübt werden kann, nicht geltend gemacht, so verfällt es grundsätzlich nur, wenn der Kommanditist auf eine Gewinnentnahme verzichtet. b (3) Sofern der Kapitalanteil des Kommanditisten durch Verlust unter seine geleistete Einlage (Pflichteinlage − ausstehende Einlage) herabgemindert ist, kann er keine Auszahlung des ihm zustehenden Gewinns fordern. Sein Gewinnentnahmerecht lebt folglich erst wieder nach der Verlusttilgung auf. (4) Ferner besteht kein Gewinnentnahmerecht, wenn durch die Gewinnauszahlung der Kapitalanteil des Kommanditisten unter seine geleistete Einlage sinken würde.

a b

Vgl. Borges 2019, Rz. 6 zu § 169 HGB. Vgl. Hopt 2022, Rz. 5 zu § 169 HGB.

Abb. 33: Erfolgsbeteiligung und Entnahmerecht bei der KG.

B. Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft |

107

§ 171 Abs. 1 HGB beschränken lässt (Hafteinlage) und der laut § 162 Abs. 1 HGB in das Handelsregister einzutragen ist.¹⁴⁸ Auch wenn gesetzlich für den Kommandi­ tisten nur ein (variables) Kapitalkonto gefordert wird, empfiehlt es sich bisweilen, zwei Konten einzurichten. Zum einen ein die Pflichteinlage aufnehmendes Kapital­ konto I (Pflichtkapitalkonto), auf dem das durch Einlagen und Entnahmen sowie Gewinn- und Verlustzuweisungen veränderbare Pflichtkapital ausgewiesen wird, zum anderen ein Kapitalkonto II (zusätzliches Kapitalkonto), das diejenigen Eigen­ kapitalveränderungen aufnimmt, die die Pflichteinlage des Kommanditisten nicht berühren. Daneben ist für jeden in der Haftung beschränkten Gesellschafter – zur Erfassung seiner entnahmefähigen Gewinnansprüche – ein Verbindlichkeitskonto (Gewinn-Entnahmekonto) zu führen.

2. Kapitalkonten des Kommanditisten Die Wahl des Charakters der für den Kommanditisten in Betracht kommenden Kapital­ konten ist vor dem Hintergrund ihres Ausweises in der Bilanz der KG zu entscheiden. So soll mit Hilfe des Kapitalkontos I den Adressaten des Jahresabschlusses gezeigt werden, ob bzw. in welcher Höhe die Kommanditisten ihre gemäß Gesellschaftsver­ trag zu erbringenden (Pflicht-)Einlagen – auch mit haftungsbefreiender Wirkung – geleistet haben. In diesem Zusammenhang gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass für den Kommanditisten gemäß § 167 Abs. 3 HGB keine Nachschusspflicht existiert, Verluste über seine Pflichteinlage hinaus auszugleichen.¹⁴⁹ Entgegen des Wortlauts von § 167 Abs. 3 HGB bedeutet nach h. M. die dort erwähn­ te Beschränkung der Verlustbeteiligung auf den Kapitalanteil jedoch nicht, dass die­ ser kein negatives Vorzeichen annehmen kann.¹⁵⁰ Mithin empfiehlt es sich, die Pflicht­ einlage auf dem Kapitalkonto I als festen Betrag auszuweisen und ggf. noch nicht

148 Nach h. M. ist für die Bilanzierung der Kapitalanteile eines Kommanditisten die gesellschafts­ rechtlich zu erbringende Einlage (Pflichteinlage) und nicht die die Haftungsbeschränkung widerspie­ gelnde Hafteinlage maßgeblich. Vgl. stellvertretend ADS 1998, Rz. 72 zu § 247 HGB. Sofern Pflicht- und Hafteinlage deckungsgleich sind, wird ein entsprechender Vermerk der Haftsumme i. S. v. § 171 Abs. 1 HGB in der Bilanz der KG für nicht erforderlich erachtet (bzw. verbietet sich unter bestimmten Voraus­ setzungen sogar). Weichen dagegen Pflicht- und Hafteinlage betragsmäßig voneinander ab, erscheint es aus informatorischen Gründen geboten, die Höhe der Pflicht- und Hafteinlage – in Analogie zu den Eventualverbindlichkeiten i. S. v. § 251 HGB – unter der Bilanz auszuweisen. 149 Der Ausschluss der Nachschusspflicht, d. h. der Verpflichtung, Verluste über die gesellschafts­ vertraglich festgelegte Einlage hinaus auszugleichen, betrifft das Verhältnis des Kommanditisten zur Gesellschaft sowie zu den anderen Gesellschaftern und damit das Innenverhältnis. Hiervon zu un­ terscheiden ist die im Außenverhältnis, und damit im Verhältnis zu den Gläubigern der Gesellschaft bestehende Haftung des Kommanditisten; diese ist auf die im Handelsregister eingetragene Haftein­ lage beschränkt. 150 Vgl. Hopt 2022, Rz. 4–5 zu § 167 HGB. Allerdings kann der Kommanditist laut der dispositiven gesetzlichen Regelung Gewinnanteile gemäß § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB erst wieder dann erhalten, auch

108 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

erbrachte oder zurückgezahlte Einlagen, die die Pflichteinlage schmälern, als ausste­ hende Einlagen auf einem entsprechenden aktiven Bestandskonto pro Kommandi­ tist zu erfassen. Sofern die ausstehenden Einlagen getilgt werden sollen oder müssen, wenn es sich also um eingeforderte ausstehende Einlagen handelt, kann dies durch Kapitaleinlagen oder das Stehenlassen von Gewinnanteilen geschehen. Gewin­ ne, die nach Deckung der eingeforderten ausstehenden Einlagen übrig bleiben, sind im Falle einer geplanten Entnahme auf ein spezielles Verbindlichkeitskonto (Ge­ winn-Entnahmekonto) zu verbuchen. Sollen sie aber als Eigenkapital im Unterneh­ men verbleiben, so müssen sie dem zusätzlichen Kapitalkonto des Kommanditisten (Kapitalkonto II) gutgeschrieben werden, da nach dem vertraglich abdingbaren Re­ gelungsmodell von § 167 Abs. 2 HGB eine Gewinngutschrift über die Pflichteinlage hin­ aus nicht möglich ist. Folglich besteht auch für den Kommanditisten die Alternative, ihm – wie im System fester Kapitalkonten bezüglich der voll haftenden Gesellschaf­ ter – Gewinne außerhalb seines festen Kapitalanteils (= Pflichteinlage) zuzurechnen. Aufgrund der nicht bestehenden Nachschusspflicht sollten Verlustanteile, die ggf. nach Verrechnung mit einem auf dem zusätzlichen Kapitalkonto befindlichen Be­ stand verbleiben, einem separaten Kommandit-Verlustkonto (Verlustsonderkonto) belastet werden, weil eine bestandserhöhende Berücksichtigung auf dem Konto „aus­ stehende Einlagen“ zumindest aus buchhalterischer Sicht zur Verlustbeteiligung des Kommanditisten über seine rückständige Einlage hinaus führen würde. Da es sich nicht um eine Forderung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter handelt, son­ dern der Saldo auf dem Verlustkonto (negativen) Eigenkapitalcharakter trägt, muss er entweder als letzter Posten auf der Aktivseite der Bilanz nach den Rechnungsab­ grenzungsposten als „Kommanditverlust“ oder „Verlustanteil“ separat ausgewie­ sen oder aber vom festen Betrag der Pflichteinlage offen abgesetzt werden.¹⁵¹ Weist ein Kommanditist z. B. ein Verlustkonto sowie ausstehende Einlagen auf, die bereits eingefordert sind, und will dieser Gesellschafter auf ihn entfallende Ge­ winnanteile eines Geschäftsjahres entnehmen, so müssen nach der dispositiven ge­ setzlichen Regelung des § 169 Abs. 1 Satz 2 HGB zunächst der Kommanditverlust und dann die ausstehenden Einlagen getilgt werden, bevor eine Gewinnentnahme in Hö­ he des Restbetrages zulässig wird. Bei nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen besteht hingegen nach dem Ausgleich eines ggf. vorhandenen Verlustes die Möglich­ keit, Gewinne auch ohne vorherige Tilgung der Pflichteinlage zu entnehmen.¹⁵²

wenn er seine Einlagepflicht bereits in voller Höhe erfüllt hat, nachdem sämtliche Verluste getilgt wurden. Im Außenverhältnis haftet der Kommanditist nach § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB auch für entnom­ mene Gewinne, wenn „[. . . ] sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder [. . . ] durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird“. Vgl. in diesem Zusammenhang auch § 264c Abs. 2 Satz 7 HGB. 151 Vgl. § 264c Abs. 2 Satz 6 i. V. m. Satz 5 HGB. Ein aktivischer Ausweis des Verlustanteils kann un­ abhängig davon erfolgen, ob die (feste) Pflichteinlage durch Verluste aufgezehrt ist oder nicht. 152 Vgl. Borges 2019, Rz. 6 zu § 169 HGB.

B. Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft | 109

Abbildung 34 unterstellt, dass für den Komplementär A ein fixes und ein varia­ bles Kapitalkonto bei vollständiger Erfüllung seiner Einlageverpflichtung geführt wer­ den. Die Pflichteinlage des Kommanditisten B kommt bei ausstehenden Einlagen, die bereits eingefordert wurden, sowie im Falle eines Kommanditverlustes ebenfalls als fester Betrag zum Ansatz. Während der Komplementär A beabsichtigt, seinen Gewinn­ anteil im Unternehmen zu belassen, muss der Kommanditist nach den abdingbaren gesetzlichen Vorschriften zunächst seinen Verlust und seine ausstehenden Einlagen tilgen, bevor er Gewinne entnehmen kann. Dieser Restbetrag ist dann als Verbindlich­ keit gegenüber B zu verbuchen. S

Eröffnungsbilanzkonto

K I: A K I: B

S EB

H

AE: B KV: B

Kapitalkonto I A

H

AB

S Gewinn- und Verlustkonto H S

Schlussbilanzkonto K I: K II: K I: V:

A A B B

H

S EB

S EB

Kapitalkonto II A

H

Gewinnanteil

Kapitalkonto I B

Aufwendungen Erträge Gewinn

H

AB S EB

S AB

Verlustsonderkonto B

H

Gewinnanteil

H

Gewinnanteil

S Ausstehende Einlagen B H AB

Verbindlichkeiten gegenüber B

Gewinnanteil

A: AB: AE: B: EB: K I: K II: KV: V:

Komplementär-Gesellschafter Anfangsbestand Ausstehende Einlagen Kommandit-Gesellschafter Endbestand Kapitalkonto I Kapitalkonto II Kommanditverlust Verbindlichkeiten

Abb. 34: Abschlusstechnik beim Vorliegen fester und variabler Kapitalkonten für Komplementär und Kommanditist.

Sofern die Kommanditisten ihre Einlageverpflichtung in voller Höhe erfüllt haben und darüber hinaus Mittel in Form von Einlagen sowie Gewinnen in die Unternehmung einbringen, sind diese Beträge unter dem Posten 2. des Kommanditkapitals als üb­ riges oder bewegliches Kapital auszuweisen. An das Kommanditkapital kann sich darüber hinaus der Posten III. „Rücklagen“ anschließen, wenn aufgrund vertragli­ cher Regelungen oder infolge von Gesellschafterbeschlüssen entsprechende Beträ­ ge thesauriert werden sollen. Ferner besteht auch bei der KG die Möglichkeit, Kapi­ talanteile der Komplementäre und der Kommanditisten zu jeweils einem Posten mit

110 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

entsprechender Bezeichnung in der Bilanz zusammenzufassen. Allerdings ist darauf zu achten, dass Komplementär- und Kommanditkapital getrennt zum Ausweis kom­ men.¹⁵³ Im Falle der Offenlegung besteht für publizitätspflichtige Kommanditgesell­ schaften gemäß § 9 Abs. 3 PublG jedoch die Möglichkeit, das Eigenkapital in einem Posten auszuweisen. Abbildung 35 verdeutlicht den Eigenkapitalausweis nach § 272 Abs. 1 Satz 2 HGB bei einer KG,¹⁵⁴ wobei unterstellt wurde, dass ausstehende Einlagen nur für das Kommanditkapital bestehen. Während das bilanzielle Pflichtkapital der Kommandi­ tisten 10.500 € beträgt, beläuft sich das eingeforderte, eingezahlte Pflichtkapital auf 10.000 €. Unter der Annahme, dass Pflicht- und Hafteinlage deckungsgleich sind, haften die Kommanditisten im Außenverhältnis den Gläubigern in Höhe der noch nicht geleisteten Einlagen (5.000 €) unmittelbar. Aktiva

Bilanz

Passiva

T€ A. Anlagevermögen B. Umlaufvermögen .. .

I. Komplementärkapital: 1. Festkapital

II. Forderungen: .. . 4. Eingeforderte, noch nicht eingezahlte Pflicht­ einlagen

T€ A. Eigenkapital: 25

2. Übriges oder bewegliches Kapital 12,5 II. Kommanditkapital: 2

1. Pflichteinlagen

15

− nicht eingeforderte ausstehende Einlagen = eingeforderte Hafteinlagen

12

− Verlust

1,5

= Pflichtkapital

3

10,5

2. Übriges oder bewegliches Kapital

4

III. Rücklagen: 1. Vertragsmäßige Rücklagen 2. Andere Rücklagen

6 4,5

Abb. 35: Handelsrechtlicher Eigenkapitalausweis bei der KG.

Beispiel: Nun wird angenommen, dass es sich bei der im vorhergehenden Beispiel angesproche­ nen Gesellschaft um eine KG (mit X als Kommanditist und Y als Komplementär) handelt. Der Jah­ resgewinn soll nach der Vorschrift des § 168 HGB verteilt werden, wobei laut Gesellschaftsvertrag für die Zuweisung des Restgewinns ein Verhältnis von 1 : 2 als angemessen gilt. Bei der Gewinn­ verteilung ist zu berücksichtigen, dass die ausstehenden Einlagen bereits von der Gesellschaft eingefordert wurden. Während für den Komplementär Y ein variables Kapitalkonto geführt wird, weist das Pflichtkapitalkonto des Kommanditisten X festen Charakter auf. Die von X zu leistende

153 Vgl. § 264c Abs. 2 Satz 2 und 6 HGB; IDW RS HFA 7 n. F., Rz. 43. 154 Vgl. die Ausführung in Teil 3 zu Gliederungspunkt III.B.3.c.c.b(c).

B. Besonderheiten bei der Kommanditgesellschaft | 111

Pflichteinlage beträgt 25.000 € und entspricht der Hafteinlage. Die Gesellschafter vereinbaren, je­ weils nur 50 % des Jahresgewinns zu entnehmen, der nach Deckung ihrer laut Gesellschaftsvertrag zu erbringenden Pflichteinlagen übrig bleibt. Gesell­ schafter

Kapitalanteile am 31.12.t1

Anteilige 4%ige Verzinsung

Gewinnrest

Gewinn­ anteile

Kapitalanteile am 31.12.t2

X Y Summe

24.000 € 30.000 € 54.000 €

885 € a 1.110 € b 1.995 €

14.335 € 28.670 € 43.005 €

15.220 € 29.780 € 45.000 €

28.360 € 45.390 € 73.750 €

a b

885 € = 0,04 · 24.000 € − 3/12 · 0,04 · 7.500 €. 1.110 € = 0,04 · 30.000 € − 3/12 · 0,04 · 9.000 €.

Abb. 36: Verteilung des Jahresgewinns für das Geschäftsjahr t2. Kontenmäßige Darstellung: Gewinn- und Verlustkonto der XY-KG zum 31.12.t2 ∑ Aufwendungen € ∑ Erträge S

45.000

S

Kapitalkonto II X € 3.360

S

H



S



3.360

AB

25.000 H

Ausstehende Einlagen X

€ (2)

H

Kapitalkonto I X



(3) SBK (EB) 25.000

(2) Gewinn

(4) SBK (EB)

H

€ AB

1.000

Entnahme

7.500

€ (2)

8.500

8.500 S

Verbindlichkeiten gegenüber X €

(6) SBK (EB)

3.360

H

S

Kapitalkonto Y

(1)

€ 9.000

AB

30.000

(5) SBK (EB) 45.390

(2)

24.390

€ (2)

3.360

8.500



54.390 S Entnahmen S

Privatkonto Y € 9.000

(1)

H

S

54.390

Verbindlichkeiten gegenüber Y

€ 9.000

H

€ (7)

5.390

H €

(2)

Schlussbilanzkonto der XY-KG zum 31.12.t2

5.390 H €

(3)

Kapitalkonto I X

25.000

(4)

Kapitalkonto II X

(5)

Kapitalkonto Y

(6)

Verbindlichkeiten gegenüber X

3.360

(7)

Verbindlichkeiten gegenüber Y

5.390

3.360 45.390

112 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

C. Darstellung des Erfolgsausweises Da den Gesellschaftern von Personenhandelsgesellschaften im Gegensatz zu den An­ teilseignern von Kapitalgesellschaften weitergehende Informations- und Kontroll­ rechte zustehen (§ 118 Abs. 1, § 166 Abs. 1 HGB), können an die Gewinn- und Verlust­ rechnung aus handelsrechtlicher Sicht nicht die gleichen qualitativen Anforderungen gestellt werden wie bei Kapitalgesellschaften. Unter Berücksichtigung von Unterneh­ mensgröße und Gesellschafterzahl müssen die Mitunternehmer aber zumindest in der Lage sein, sich mit Hilfe der Gewinn- und Verlustrechnung über die wesentli­ chen Erfolgsquellen und ggf. vorgenommenen Bilanzierungs- und Bewertungs­ maßnahmen ausreichend zu informieren. Dabei werden die in § 275 bis § 277 HGB ko­ difizierten Ausweis- und Gliederungsvorschriften für Kapitalgesellschaften auch im Grundsatz eine Leitlinie für den Erfolgsausweis bei Personenhandelsgesellschaften darstellen.¹⁵⁵ Jedoch können nach h. M. nicht publizitätspflichtige und nicht „kapi­ talistische“ Personenhandelsgesellschaften die Gewinn- und Verlustrechnung wahl­ weise in Konto- oder Staffelform erstellen,¹⁵⁶ wobei in Abhängigkeit von bestimmten Geschäftszweigen (z. B. Unternehmen der Bauindustrie, Reedereien, Bergbau- und Dienstleistungsbetriebe) auch andere als die in § 275 Abs. 2 und Abs. 3 HGB darge­ legten Gliederungssystematiken zur Anwendung kommen können.¹⁵⁷ Allerdings gelten für Personenhandelsgesellschaften einige Besonderheiten, die sich auf den Steuer- und Ergebnisausweis beziehen. Laut § 275 Abs. 2 Posten 14. und Abs. 3 Posten 13. HGB sind die Steuern vom Einkommen und vom Ertrag in der Erfolgs­ rechnung zu zeigen. Hierbei muss es sich nach h. M. um solche Steueraufwendungen handeln, die das Unternehmen als Steuerschuldner zu entrichten hat.¹⁵⁸ Grundsätz­ lich ist bei Personenhandelsgesellschaften unter dem in Rede stehenden Posten mit­ hin nur die Gewerbesteuer auszuweisen, weil Schuldner der auf den gewerblichen Gewinn gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu entrichtenden Einkommensteuer die einzel­ nen Mitunternehmer sind.¹⁵⁹

155 Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 457–459 zu § 247 HGB. 156 Vgl. etwa ADS 1998, Rz. 86 zu § 247 HGB. 157 Vgl. auch § 265 Abs. 6 HGB. 158 Vgl. ADS 1997b, Rz. 184 zu § 275 HGB. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 2 PublG besteht für publizitätspflichti­ ge Personenhandelsgesellschaften aber die Möglichkeit, den Steueraufwand unter dem Posten „sons­ tige Aufwendungen“ auszuweisen. 159 Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 425 zu § 247 HGB. Gemäß § 264c Abs. 3 Satz 2 HGB kann „[. . . ] nach den Posten Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag ein den Steuersatz der Komplementärgesellschaft ent­ sprechender Steueraufwand der Gesellschafter offen abgesetzt oder hinzugerechnet werden“. In die­ sem Fall soll es kapitalistischen Personengesellschaften ermöglich werden, durch Bildung einer Rück­ stellung die entsprechende Körperschaftssteuerbelastung zuzüglich des Solidaritätszuschlags in die Darstellung des Erfolgsausweises einzubeziehen, um ihn mit dem einer Kapitalgesellschaft vergleich­ bar zu machen. Vgl. IDW RS HFA n. F., Rz. 32; Justenhoven/Roland 2022, Rz. 72–75 zu § 264c HGB.

C. Darstellung des Erfolgsausweises

| 113

Im Rahmen der handelsrechtlichen Bilanzerstellung wurde stets von einem im­ manenten Ausweis des Erfolgsergebnisses der Personenhandelsgesellschaft aus­ gegangen. Bei dieser Vorgehensweise sind mithin nur die Endbestände der Gesell­ schafter- bzw. der Rücklagenkonten nach Erfolgsverbuchung zum Ausweis gekom­ men. Darüber hinaus wird es aber als zulässig angesehen, das Jahresergebnis auch in unverteilter Form offen bilanziell zu zeigen oder im Rahmen der Veränderung der Kapitalanteile in einer Vorspalte zum Eigenkapital anzuführen.¹⁶⁰ Aufgrund der vor­ stehenden Ausführungen kann dieser Auffassung im Grundsatz nur dann gefolgt wer­ den, wenn bis zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung (noch) keine bindenden Re­ gelungen (z. B. durch fehlenden Gesellschafterbeschluss) und/oder Vorschläge der Unternehmensleitung über die Verwendung des Jahresergebnisses vorliegen (z. B. bezüglich der Tilgung von Verlusten und ausstehenden Einlagen, Gewinnentnahmen und Rücklagendotierungen).¹⁶¹ Unabhängig vom Ausweis des Erfolgsergebnisses in der Bilanz ergibt sich aus § 242 Abs. 2 HGB für die Gewinn- und Verlustrechnung die Notwendigkeit der exakten Unterscheidung zwischen Ergebnisentstehung und -verwendung. Hieraus kann abgeleitet werden, dass das handelsrechtliche Jahresergebnis stets aus der Erfolgs­ rechnung der Personenhandelsgesellschaft hervorgehen muss und nicht durch die den Gesellschaftern zustehenden Gewinn oder Verlustanteile eine Minderung bzw. Erhöhung erfahren darf.¹⁶² Sofern einzelnen Gesellschaftern von der Unternehmung Leistungsentgelte aufgrund besonderer Vereinbarungen für Tätigkeiten oder Nut­ zungsüberlassungen gewährt werden, kommt mithin nur ein Ausweis dieser Vergü­ tungen unter den entsprechenden Aufwandspositionen in Betracht, da der Bereich der Ergebnisentstehung angesprochen ist. Wie noch zu zeigen sein wird, werden die in Rede stehenden (Vorab-)Vergütungen aufgrund vertraglicher Regelungen häu­ fig aber erst im Rahmen der Erfolgsverteilung berücksichtigt.¹⁶³ Bei derartigen Kon­ stellationen wird vorgeschlagen, dies im Jahresabschluss zu vermerken, um einer zu positiven Beurteilung der Ertragslage der Personenhandelsgesellschaft entgegenzu­ wirken. Damit den Adressaten der Erfolgsrechnung der Personenhandelsgesellschaft ein möglichst klares und übersichtliches Bild der Erfolgsrechnung gegeben wird, empfiehlt es sich, auf freiwilliger Basis¹⁶⁴ in Anlehnung an die für Kapitalgesell­ schaften geltenden Vorschriften von § 268 Abs. 1 Satz 2 HGB bzw. § 158 Abs. 1 AktG die Ergebnisverwendung zu gestalten.

160 Vgl. IDW RS HFA 7 n. F., Rz. 56. 161 Vgl. auch IDW RS HFA 7 n. F., Rz. 48. Unter Berücksichtigung von § 268 Abs. 1 und § 270 Abs. 2 HGB handelt es sich in diesen Fällen um eine Bilanzerstellung vor Verwendung des Jahresergebnisses. Vgl. auch § 264c Abs. 2 Satz 1 HGB und die Ausführungen in Teil 3 zu Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d(a). 162 Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 446 zu § 247 HGB. 163 Vgl. Teil 2 zu Gliederungspunkt III.A.2. 164 Vgl. Grottel/Waubke 2022, Rz. 5 zu § 268 HGB; Justenhoven et al. 2022, Rz. 445 zu § 247 HGB.

114 | II. Handelsrechtliche Buchungs- und Abschlusstechnik

Beispiel: Unter Zugrundelegung der Daten des vorhergehenden Beispiels und in Anlehnung an § 275 Abs. 2 HGB i. V. m. § 268 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 158 Abs. 1 AktG könnte die Gewinn- und Verlustrechnung der XY-KG folgende Struktur aufweisen.

− −

17. 18. 19.

− − =

20. 21. 22.

Jahresüberschuss Tilgung ausstehender Pflichteinlagen Tilgung ausstehender Komplementäreinlagen Einstellungen in das Kommanditkapital Einstellungen in das Komplementärkapital Gewinnentnahmen der Gesellschafter

45.000 € 8.500 € 19.000 €

→ → →

Ergebnisentstehung Ergebnisverwendung Ergebnisverwendung

3.360 € 5.390 € 8.750 €

→ → →

Ergebnisverwendung Ergebnisverwendung Ergebnisverwendung

D. Spezialregelungen für publizitätspflichtige Personenhandelsgesellschaften Sofern Personenhandelsgesellschaften gemäß § 1 Abs. 1 PublG an drei aufeinander folgenden Geschäftsjahren mindestens zwei der folgenden Größenkategorien über­ schreiten, müssen diese Unternehmen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 PublG), spezifische Aufstel­ lungs-, Prüfungs- und Offenlegungsvorschriften des Jahresabschlusses beach­ ten.¹⁶⁵ Diese Auflagen treten ein, wenn – die Bilanzsumme der Jahresbilanz 65 Mio. € übersteigt, – die Umsatzerlöse des Geschäftsjahres 130 Mio. € überschreiten oder – das Unternehmen im Geschäftsjahr durchschnittlich mehr als 5.000 Arbeitneh­ mer beschäftigt hat.¹⁶⁶ So schreibt § 5 Abs. 1 Satz 2 PublG i. V. m. § 266 und § 275 HGB die Verwendung der für große Kapitalgesellschaften vorgesehenen Gliederungsschemata der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung in Konto- bzw. Staffelform vor. Branchenbezoge­ ne Abweichungen von diesen Gliederungssystematiken i. S. v. § 265 Abs. 6 HGB sind aber zulässig. Sofern bezüglich der Gewinn- und Verlustrechnung die Gliederung nach § 275 HGB zur Anwendung kommt, besteht laut § 5 Abs. 5 Satz 2 PublG die Möglich­ keit, diejenigen Steuern, die das Unternehmen als Steuerschuldner zu entrichten hat (z. B. die Gewerbesteuer sowie die betrieblich bedingte Grund- und KFZ-Steuer) unter den sonstigen betrieblichen Aufwendungen auszuweisen. Allerdings existieren für publizitätspflichtige Personenhandelsgesellschaften einige Erleichterungen hin­ sichtlich der Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger. So ist für Zwecke der Offenlegung der bilanzielle Eigenkapitalausweis gemäß § 9 Abs. 3 PublG in ei­ nem Posten zulässig. Ferner braucht die Gewinn- und Verlustrechnung grundsätz­

165 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.A. 166 Vgl. zu Einzelheiten bezüglich der Ermittlung dieser Größenkriterien § 1 Abs. 2 PublG.

D. Spezialregelungen für publizitätspflichtige Personenhandelsgesellschaften |

115

lich nicht publiziert zu werden (§ 9 Abs. 2 PublG). Jedoch verlangt § 5 Abs. 5 Satz 3 PublG dann ersatzweise in Form einer Anlage zur Bilanz folgende Angaben: – Umsatzerlöse i. S. v. § 277 Abs. 1 HGB, – Erträge aus Beteiligungen, – Löhne, Gehälter, soziale Abgaben sowie Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung, – Bewertungs- und Abschreibungsmethoden einschließlich wesentlicher Änderun­ gen sowie – Zahl der Beschäftigten. Zu berücksichtigen ist aber, dass gemäß § 6 Abs. 1 PublG der Jahresabschluss und der Lagebericht¹⁶⁷ (soweit freiwillig erstellt) publizitätspflichtiger Personenhandels­ gesellschaften durch einen Abschlussprüfer geprüft werden müssen.¹⁶⁸ Abschluss­ prüfer i. S. v. § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB können Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprü­ fungsgesellschaften sein, die den Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchfüh­ rung laut § 317 Abs. 1 Satz 2 HGB darauf zu prüfen haben,“ [. . . ] ob die gesetzlichen Vorschriften und sie ergänzende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags [. . . ] be­ achtet worden sind“. Der ggf. freiwillig erstellte Lagebericht ist ferner gemäß § 317 Abs. 2 Satz 1 HGB darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss sowie mit den bei der Prüfung ge­ wonnenen Erkenntnissen des Abschlussprüfers in Einklang steht „[. . . ] und ob der Lagebericht insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens vermittelt [. . . ]“. Weiterhin ist zu prüfen, „[. . . ] ob die Chancen und Risiken der künfti­ gen Entwicklungen zutreffend dargestellt sind [. . . ]“ (§ 317 Abs. 2 Satz 2 HGB). Schließ­ lich haben die Abschlussprüfer über das Resultat der Prüfung schriftlich zu berich­ ten (§ 321 HGB) und in Abhängigkeit von dem abschließenden Ergebnis der Prüfung einen Bestätigungsvermerk (Testat) zu erteilen, diesen einzuschränken oder zu ver­ sagen (§ 322 HGB). Da die weiteren Aufstellungsvorschriften von § 5 PublG, die sich auf den Jahresab­ schluss und den Lagebericht beziehen, grundsätzlich an die für Kapitalgesellschaf­ ten geltenden Regelungen der §§ 264 ff. HGB anknüpfen, wird an dieser Stelle auf eine eingehende Betrachtung verzichtet.¹⁶⁹

167 Vgl. zum Lagebericht § 5 Abs. 2 Satz 1 PublG i. V. m. § 289 HGB sowie Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.D. 168 Vgl. Freidank 2022d, S. 1–103. 169 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.

III. Erfolgsbesteuerung A. Grundlegendes zur Technik der Besteuerung 1. Anknüpfungspunkte von Einkommen- und Gewerbesteuer Wie bereits dargelegt wurde, unterwirft das Einkommensteuergesetz nicht die Perso­ nenhandelsgesellschaften selbst der Einkommensteuerpflicht, sondern die hinter den Unternehmen stehenden Gesellschafter.¹⁷⁰ Diese vom Steuerrecht als Mitunterneh­ mer bezeichneten Personen sind i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG mit ihren Anteilen am Gewinn der Personenhandelsgesellschaft und den Sonderver­ gütungen, welche die Mitunternehmer für die Überlassung von Arbeitskraft, Kapital oder Wirtschaftsgütern von der Gesellschaft bezogen haben, einkommensteuerpflich­ tig. Sofern den Mitunternehmern Verluste zugewiesen werden, tragen diese bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer bis auf die Regelungen in § 15 Abs. 4 EStG grundsätzlich ausgleichs- oder abzugsfähigen Cha­ rakter. Führt ein Verlustausgleich mit positiven Einkünften aus weiteren Gewerbebetrie­ ben des Mitunternehmers (horizontale Verlustverrechnung) dazu, dass ein nicht aus­ gleichsfähiger Verlustteil aus gewerblichen Einkünften verbleibt, kann dieser unter Berücksichtigung der in § 10d EStG festgelegten, auf die Mindestbesteuerung Bezug nehmenden Normen vom Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 4 EStG) des unmit­ telbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums (Verlustrücktrag) oder der folgen­ den Veranlagungszeiträume (Verlustvortrag) abgezogen werden (vertikale Verlust­ verrechnung).¹⁷¹ Allerdings kommen die angesprochenen Verlustausgleichs- und Ver­ lustabzugsalternativen beim Kommanditisten laut § 15a Abs. 1 EStG dann nicht zur Anwendung, soweit für ihn durch die Verlustzuweisung ein negatives Kapitalkonto entsteht oder sich erhöht bzw. soweit die Summe der in das Handelsregister einge­ tragenen Hafteinlage nicht ausreichend Deckung für den Fehlbetrag aufweist. Ihm wird aber von § 15a Abs. 2 EStG ersatzweise die Möglichkeit eingeräumt, den nicht ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlust (sog. verrechenbarer Verlust) mit Gewinnen späterer Jahre aus seiner Beteiligung an der Kommanditgesellschaft steuermindernd zu verrechnen. Der Erfolg der Personenhandelsgesellschaft ist auf der ersten Stufe nach Maßga­ be einer aus dem handelsrechtlichen Jahresabschluss abgeleiteten Steuerbilanz 170 Vgl. Teil 2, Gliederungspunkt I. 171 Demnach dürfen Verlustvortrage nur in Höhe von 1 Mio. € (Freibetrag) unbegrenzt mit steuer­ pflichtigen Gewinnen verrechnet werden. Darüber hinausgehende steuerpflichtige Gewinne dürfen nur in Höhe von 60 % des Verlustvortrags verrechnet werden. Die verbleibenden 40 % führen zur Steu­ erfestsetzung (sog. Mindestbesteuerung). Vgl. zu Sonderregelungen im Rahmen der Coronapandemie, die nur zeitlich begrenzt gelten, Freidank 2022b, S. 961–967. https://doi.org/10.1515/9783110679588-006

A. Grundlegendes zur Technik der Besteuerung | 117

festzustellen und unter Berücksichtigung des relevanten Erfolgsverteilungsschlüs­ sels den einzelnen Mitunternehmern zuzurechnen. Auf einer zweiten Stufe wird so­ dann pro Gesellschafter die Ermittlung der Sondervergütungen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 2. HS EStG sowie der Erfolge der Sonder-Jahresabschlüsse vorgenom­ men. Die Resultate aus beiden Stufen werden abschließend zum gewerblichen Erfolg für jeden Mitunternehmer einzeln zusammengefasst. Diese in zwei Stufen ablaufen­ de Ermittlung der Mitunternehmereinkünfte besitzt auch für die Berechnung der Be­ messungsgrundlage der Gewerbesteuer Bedeutung. Im Gegensatz zur Einkommensteuer, die von den einzelnen Gesellschaftern ge­ schuldet wird, ist im Hinblick auf die Gewerbesteuer die Personenhandelsgesell­ schaft gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG Steuerschuldner. Als Besteuerungsgrundlage für die Gewerbesteuer wird von § 6 GewStG der Gewerbeertrag genannt. § 7 GewStG bestimmt, dass der Gewerbeertrag, der die Bemessungsgrundlage für die Gewerbe­ steuer bildet, den nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes zu ermitteln­ den Gewinn aus dem Gewerbebetrieb entspricht, vermehrt und vermindert um die in § 8 bis § 9 GewStG bezeichneten Beträge. Allerdings ist nicht nur der Gewinn der Perso­ nenhandelsgesellschaft als Ausgangswert der Ermittlung des Gewerbeertrags zugrun­ de zu legen, sondern nach der steuerlichen Rechtsprechung muss von der Summe der gewerblichen Einkünfte aller Mitunternehmer, d. h. einschließlich der Sonderbilan­ zierungserfolge, ausgegangen werden.¹⁷² Sofern der nach § 8 bis § 9 GewStG korrigier­ te Betrag der gewerblichen Einkünfte ein negatives Vorzeichen annimmt, liegt i. S. v. § 10a GewStG ein Gewerbeverlust vor, der zeitlich unbegrenzt auf die nachfolgen­ den Erhebungszeiträume vorgetragen werden kann.¹⁷³ Die Gewerbesteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen stellen gemäß § 4 Abs. 5b EStG keine Betriebsausgaben dar. Die durch das Wirtschaftsjahr verursach­ te Gewerbesteuer trägt jedoch aus handelsrechtlicher Sicht den Charakter von Auf­ wand, der den Jahresüberschuss der Personenhandelsgesellschaft schmälert. Da der endgültige Gewerbesteuerbescheid bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung in aller Regel noch nicht vorliegt, muss die voraussichtliche Gewerbesteuer-Abschluss­ zahlung (voraussichtliche Gewerbesteuerbelastung abzüglich geleistete Vorauszah­ lungen) durch eine Rückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sowie nach IAS 37 berücksichtigt werden.¹⁷⁴ Etwaige Anrechnungen der Gewerbesteuer auf die Einkom­ mensteuer spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle, da durch die Gewerbesteu­

172 Vgl. H 7.1 Abs. 3 GewStR m. w. N. 173 Dabei können nur Verluste in Höhe von 1 Mio. € uneingeschränkt vorgetragen werden; der 1 Mio. € übersteigende Gewerbeertrag kann nur noch um 60 % der verbliebenen Verluste gekürzt wer­ den (§ 10a Abs. 1 Satz 1 und 2 GewStG). Vgl. zu Sonderregelungen im Rahmen der Coronapandemie, die nur zeitlich begrenzt gelten, Freidank 2022b, S. 961–967. 174 Ungeachtet des steuerlichen Abzugsverbots ist aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips in der Steuerbilanz weiterhin eine Gewerbesteuerrückstellung zu passivieren. Dabei soll der volle Steuer­ betrag angesetzt werden, d. h. ohne Berücksichtigung der Gewerbesteuer selbst. Die aufwandswirk­

118 | III. Erfolgsbesteuerung

errückstellung der Steuerbelastung des Unternehmens Rechnung getragen werden soll. Sowohl die gemäß § 19 GewStG zu leistenden Vorauszahlungen als auch die auf den Gewerbeertrag entfallende voraussichtliche Abschlusszahlung sind in der han­ delsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung der Personenhandelsgesellschaft un­ ter dem Aufwandsposten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ auszuweisen.¹⁷⁵ Da die Gewerbesteuer keine abzugsfähige Betriebsausgabe darstellt, können Mit­ unternehmer gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 2 EStG in Höhe des Vierfachen des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum entsprechenden Erhebungszeitraum festgesetzten an­ teiligen Gewerbesteuer-Messbetrags eine pauschale Anrechnung der Gewerbe­ steuer auf ihre individuelle Einkommensteuer, soweit sie auf Einkünfte aus Gewerbe­ betrieb entfällt, vornehmen. „Der Anteil eines Mitunternehmers am GewerbesteuerMessbetrag richtet sich nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen“ (§ 35 Abs. 2 Satz 2 EStG). „Der Abzug des Steuerermä­ ßigungsbetrags ist auf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer beschränkt“ (§ 35 Abs. 1 Satz 5 EStG).¹⁷⁶

2. Stufen der steuerrechtlichen Erfolgsermittlung Zunächst muss auf der ersten Stufe untersucht werden, ob der nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG aus der Gesamthandsbilanz nach Handelsrecht abgeleitete Erfolg mit den Bi­ lanzierungs- und Bewertungsnormen des Steuerrechts übereinstimmt. Differenzen sind in aller Regel auf die in den § 4 bis § 7i EStG verankerten bilanzsteuerrechtli­ chen Spezialvorschriften zurückzuführen, die ein Abweichen immer dann fordern, wenn das Steuerrecht zwingend andere Bilanzansätze verlangt. Insbesondere durch die Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit sowie der Möglichkeit einer au­ tonomen Ausübung steuerrechtlicher Wahlrechte kommt es zu einer Entkopplung zwischen Handels- und Steuerbilanz. Die Differenzen zwischen handels- und steuer­ rechtlichen Ansätzen können sowohl zu Hinzurechnungen als auch zu Kürzungen des handelsrechtlichen Ergebnisses führen.¹⁷⁷ Nach den IFRS ist ohnehin keine Ver­

same Erfassung und damit die Minderung des Gewinns ist jedoch außerbilanziell zu neutralisieren. Vgl. R 5.7 Abs. 1 EStR. 175 Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 225–228. Sofern bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens die Gewerbesteuer in den Posten „Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen“ einbezogen wird, ist auch ein Ausweis dieser Steuerart unter dem Posten Nr. 2 der han­ delsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung nach § 275 Abs. 3 HGB möglich. 176 Vgl. hierzu Hey 2021, Rz. 8.840–8.842. 177 Solche Differenzen können z. B. bei der Ermittlung und Bewertung der Anschaffungs- oder Her­ stellungskosten, bei Abschreibungen von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens oder bei der Bildung und Auflösung von Rückstellungen und Rücklagen auftreten.

A. Grundlegendes zur Technik der Besteuerung |

119

knüpfung mit der steuerrechtlichen Gewinnermittlung gegeben, welche eine parallele Rechnungslegung für Steuerzwecke (Tax Accounting) bedingt. Der sich nach der angesprochenen Korrektur ergebende Steuerbilanzerfolg der Personenhandelsgesellschaft ist sodann außerhalb des Jahresabschlusses um nicht abziehbare Aufwendungen i. S. v. § 4 Abs. 5 EStG sowie um steuerfreie Er­ träge zu berichtigen. Gehört zum Gesamthandsvermögen einer Personenhandelsge­ sellschaft eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, so ist auf der ersten Stufe der Gewinnfeststellung für die Personengesellschaft auch die Gewinnausschüttung der Kapitalgesellschaft enthalten. Aus dieser Gewinnausschüttung resultieren teilweise steuerfreie Erträge für die Gesellschafter der Personenhandelsgesellschaft. Mit der Umstellung auf das Teileinkünfteverfahren wurde der Umfang der steuerfreien Er­ träge für natürliche Personen als Gesellschafter von 50 % auf 40 % reduziert.¹⁷⁸ Zu den nicht abziehbaren Aufwendungen gehören gemäß § 4h EStG auch Zinsaufwen­ dungen, die die Zinserträge um die Freigrenze von 3 Mio. € übersteigen.¹⁷⁹ Der Abzug von Zinsaufwendungen als Betriebsausgaben ist in diesem Fall auf 30 % der steuer­ rechtlichen Earnings Before Interest, Tax, Depreciation and Amortization (EBITDA) beschränkt (Zinsschranke).¹⁸⁰ Ebenso wird gem. § 4j EStG der Abzug von Lizenz­ gebühren, die insbesondere von Unternehmen der Digitalwirtschaft für steuerliche Gewinnverlagerungen genutzt werden, beschränkt (Lizenzschranke). Das auf die vorstehende Art und Weise korrigierte Steuerbilanzergebnis muss abschließend den Mitunternehmern unter Berücksichtigung des gesellschaftsrecht­ lichen Erfolgsverteilungsschlüssels zugerechnet werden. Darüber hinaus sind im Rahmen der ersten Stufe steuerrechtliche Wertergänzungen zu den Inhalten der Steu­ erbilanz der Personenhandelsgesellschaften mitunternehmerbezogen zu erfassen. Die Aufstellung entsprechender Ergänzungs-Jahresabschlüsse wird immer dann erforderlich, wenn aufgrund bestimmter Ereignisse (z. B. Gesellschafterwechsel, Um­ wandlungen, Inanspruchnahme individueller Bewertungsvergünstigungen) lediglich einem oder einigen Gesellschaftern Wertanteile von Wirtschaftsgütern des Gesamt­ handsvermögens zugerechnet werden. Das Gesamtergebnis der ersten Stufe stellt

178 Zinsen, die aus der Finanzierung der Beteiligung resultieren, sind für natürliche Personen zu 40 % nicht als Betriebsausgabe abziehbar. Darüber hinaus wurde der Anwendungsbereich des Teilein­ künfteverfahrens auf die Fälle in den § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG beschränkt. Für Kapitalgesellschaften als Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft sind dagegen 95 % der Erträge aus Gewinnaus­ schüttungen steuerfrei (§ 8b Abs. 1,3 und 5 KStG). 179 Die Freigrenze wurde für die Veranlagungszeiträume ab 2008 auf 3 Mio. € (§ 4h Abs. 2 EStG) ange­ hoben. Der nicht abzugsfähige Zinsaufwand wird durch das Betriebsfinanzamt gesondert festgestellt (§ 4h Abs. 4 EStG) und als sog. Zinsvortrag auf folgende Jahre vorgetragen. 180 Für die steuerrechtliche Gewinnermittlung müssen bei Personenhandelsgesellschaften sämtli­ che relevanten Bilanzen (Gesamthands-, Ergänzungs- und Sonderbilanzen) berücksichtigt werden. Resultieren Zinsaufwendungen der Gesamthand dagegen aus der Gewährung eines Darlehens durch Mitunternehmer, so werden diese von dem Abzugsverbot nicht erfasst, da hierdurch der Gewinn der Mitunternehmerschaft (zweistufige Gewinnermittlung) nicht gemindert wird.

120 | III. Erfolgsbesteuerung

den steuerrechtlichen Erfolg der Personenhandelsgesellschaft dar. Die aus den Ergänzungs-Jahresabschlüssen abgeleiteten Gewinne oder Verluste gehören aus ein­ kommensteuerrechtlicher Sicht zu den in § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 1. HS EStG angespro­ chenen Erfolgsanteilen der Gesellschafter. Auf der zweiten Stufe der steuerrechtlichen Erfolgsermittlung wird die Berech­ nung der Sondervergütungen sowie der Ergebnisse der Sonder-Jahresabschlüsse vorgenommen. Allerdings werden nach der steuerlichen Rechtsprechung von § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 2. HS EStG nur solche dort genannten Vergütungen erfasst, die in­ folge zivilrechtlicher Verträge zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern durch das Mitunternehmerverhältnis veranlasst werden.¹⁸¹ Diese Sondervergütungen gehö­ ren zum gewerblichen Erfolg der betreffenden Mitunternehmer und damit zum steuerrechtlichen Gesamterfolg der Personenhandelsgesellschaft. Ausgenommen von der vorstehend dargelegten Behandlung sollen lediglich sol­ che den Mitunternehmern gewahrten Vergütungen sein, die nur zufällig oder vor­ übergehend mit der Gesellschaftereigenschaft zusammentreffen (z. B. das gezahlte Honorar an einen Rechtsanwalt für die einmalige Führung eines von einer OHG be­ triebenen Prozesses, an der er geringfügig beteiligt ist). Zu berücksichtigen ist aller­ dings, dass Vergütungen, die der Mitunternehmer an die Gesellschaft für Leistungen oder Nutzungsüberlassungen entrichtet, grundsätzlich nicht unter die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG fallen. Folglich sind die aus dieser Rechtsbeziehung im steu­ errechtlichen Jahresabschluss der Personenhandelsgesellschaft erfassten Erträge der Besteuerung zu unterwerfen. Sofern das Unternehmen aber unentgeltlich für einen Gesellschafter tätig wird, liegt eine Entnahme vor, die nach den allgemeinen bilanz­ steuerrechtlichen Grundsätzen des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG aufwandsmindernd zu behan­ deln ist. Allerdings ist mit den in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG genannten Erfolgsanteilen und Son­ dervergütungen der Umfang der gewerblichen Einkünfte der Mitunternehmer nicht abschließend umschrieben. Aus dem Kontext der Vorschriften über die Besteuerung des Mitunternehmers lässt sich ableiten, dass auch persönliche Aufwendungen und Erträge der Gesellschafter, die durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht bzw. bedingt sind, als sog. Sonderbetriebsausgaben bzw. Sonderbetriebseinnahmen bei der Ermittlung der gewerblichen Erfolge Berücksichtigung finden müssen.¹⁸² In den Sonderbilanzen für die einzelnen Mitunternehmer werden die den Gesellschaf­ tern gehörenden, jedoch der Gesamthand zur Verfügung gestellten und für be­ triebliche Zwecke der Unternehmung genutzten aktiven und passiven Wirtschaftsgü­ ter als Sonderbetriebsvermögen erfasst. Die entsprechenden Sonder-Gewinn- und Verlustrechnungen enthalten neben den Wertänderungen des Sonderbetriebsver­

181 Vgl. Wacker 2022, Rz. 562 zu § 15 EStG. Eine dem Gesellschafter gewährte Vergütung ist durch das Mitunternehmerverhältnis veranlasst, sofern die honorierte Leistung unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Beitrag zur Realisierung des Gesellschaftsziels anzusehen ist. 182 Vgl. Wacker 2022, Rz. 640–651 zu § 15 EStG.

A. Grundlegendes zur Technik der Besteuerung |

121

mögens auch die erwähnten Sonderbetriebsausgaben und -einnahmen der Gesell­ schafter, die wirtschaftlich durch ihre Beteiligung an der Mitunternehmerschaft ver­ anlasst sind. Zu den Sonderbetriebsausgaben gehören insbesondere alle das Sonderbetriebs­ vermögen betreffenden Aufwendungen (z. B. Finanzierungs-, Reparatur- und Steu­ eraufwendungen), die nicht die Gesamthand belasten, sondern vom Mitunter­ nehmer allein getragen werden müssen (Sonderbetriebsvermögen I). Allerdings braucht ein unmittelbarer Zusammenhang zum Sonderbetriebsvermögen nicht un­ bedingt zu bestehen. So werden z. B. auch Kreditzinsen zur Finanzierung der Be­ teiligung an der Mitunternehmerschaft oder Aufwendungen, die im Rahmen von Prozessen gegen Gesellschafter anfallen, den Sonderbetriebsausgaben subsumiert (Sonderbetriebsvermögen II).¹⁸³ Mithin ist bei Vermögen, welches unmittelbar dem Betrieb der Personengesellschaft dient, dem Sonderbetriebsvermögen I zuzuordnen, wohingegen solches Vermögen, welches unmittelbar zur Begründung oder Stärkung der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft dient, als Sonder­ betriebsvermögen II bezeichnet wird.¹⁸⁴ Sowohl beim Sonderbetriebsvermögen I als auch beim Sonderbetriebsvermögen II ist zusätzlich zwischen notwendigem und gewillkürtem Sonderbetriebsvermögen zu unterscheiden. Von gewillkürtem Son­ derbetriebsvermögen I bzw. II wird ausgegangen, wenn das Sonderbetriebsvermögen objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb der Personengesell­ schaft (gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen I) oder die Beteiligung des Gesellschaf­ ters (gewillkürtes Sonderbetriebsvermögen II) zu fördern.¹⁸⁵ Zur Gruppe der Sonder­ betriebseinnahmen rechnen zunächst die oben angeführten Tätigkeits- und Nut­ zungsvergütungen sowie auch den Mitunternehmern von Dritter Seite zufließende Erträge (sonstige Sonderbetriebseinnahmen), die mit ihrer Gesellschafterstellung im Zusammenhang stehen (z. B. Gewinnausschüttungen, die der Kommanditist einer GmbH & Co. KG von der Komplementär-GmbH erhält)¹⁸⁶. Die aus den Sonder-Jahresabschlüssen der einzelnen Gesellschafter abgeleite­ ten Sondererfolge sind zum Zwecke der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte pro Gesellschafter nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG den schon vorher festgestellten Anteilen am steuerrechtlichen Erfolg der Personenhandelsgesellschaft hinzuzurechnen. Fasst man nun den steuerrechtlichen Erfolg der Personenhandelsgesellschaft (Ergebnis der ersten Stufe) und die Erfolge aus den Sonder-Jahresabschlüssen (Ergebnis der zweiten Stufe) zusammen, dann ergibt sich der steuerrechtliche Gesamterfolg der Mitunternehmerschaft. In Abbildung 37 ist für eine Personenhandelsgesell­

183 Vgl. Wacker 2022, Rz. 645 zu § 15 EStG; H 4.7 EStR. 184 Vgl. R 4.2 Abs. 2 Satz 1 und 2 EStR. 185 Vgl. R 4.2 Abs. 2 Satz 3 EStR. 186 Bei Gewinnausschüttungen der Komplementär-GmbH an einen Kommanditisten (zweite Stufe der Gewinnermittlung) ist auch wie auf der ersten Stufe der Gewinnermittlung das Teileinkünftever­ fahren zu beachten.

122 | III. Erfolgsbesteuerung

schaft mit zwei Mitunternehmern (A und B) die für ertragsteuerrechtliche Zwecke erforderliche Erfolgsermittlung noch einmal umfassend dargestellt. Handelsbilanzerfolg ± bilanzsteuerrechtliche Korrekturen

Gesellschafter A

Gesellschafter B

= Steuerbilanzerfolg der Gesamthand + nichtabziehbare Aufwendungen – steuerfreie Erträge 1. Stufe = korrigierter Steuerbilanzerfolg der Gesamthand ± Ergänzungsbilanzerfolg A ± Ergänzungsbilanzerfolg B

Anteil am korrigierten Steuerbilanzerfolg ± Ergänzungsbilanzerfolg

= steuerrechtlicher Gesamterfolg der Gesamthand ± Sonderbilanzerfolg A ± Sonderbilanzerfolg B

= Gewinn -oder Verlustanteil i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 1. HS EStG ± Sonderbilanzerfolg

= Gewinn- oder Verlustanteil i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 1. HS EStG ± Sonderbilanzerfolg

= steuerrechtlicher Gesamterfolg der Mitunternehmerschaft

= gewerbliche Einkünfte i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG

= gewerbliche Einkünfte i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG

Anteil am korrigierten Steuerbilanzerfolg ± Ergänzungsbilanzerfolg

2. Stufe

Anknüpfungspunkt der Gewerbesteuer

Anknüpfungspunkt der Einkommensteuer anteilige Anrechnungsmöglichkeit i.S.v. § 35 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 EStG

Abb. 37: Ertragsteuerrechtliche Erfolgsermittlung bei Personenhandelsgesellschaften.

3. Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG Für steuerpflichtige Einzel- oder Mitunternehmer besteht die Möglichkeit, nicht ent­ nommene (thesaurierte) Gewinne auf Antrag mit einem begünstigten Steuersatz von 28,25 % gemäß § 34a Abs. 1 EStG zu versteuern. Ziel der Thesaurierungsbegünstigung ist es, die Belastung der Gewinneinkünfte von Personenunternehmen an die von Kapi­ talgesellschaften anzugleichen und somit die Eigenkapitalbasis der Unternehmen zu stärken. Werden die begünstigt besteuerten thesaurierten Gewinne zu einem späteren Zeitpunkt entnommen, sind diese mit einem Nachversteuerungstarif, der sich an der für die Dividenden geltende Abgeltungssteuer orientiert, i. H. v. 25 % zu versteuern. In Abbildung 38 sind die beiden Fälle der vollständigen Gewinnentnahme und -thesaurierung (bei Entnahmen − Einlagen = 0) mit anschließender Nachversteuerung bei Entnahme exemplarisch gegenübergestellt. Bei einem unterstellten Gewerbesteu­ erhebesatz von 400 % und einem persönlichen Einkommensteuersatz von 45 % be­ trägt die Steuerbelastung im Fall der Gewinnentnahme nach Anrechnung des maxi­ malen Betrags der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags insgesamt 46,71 %. Im Fall der Gewinnthesaurierung fällt wie bei sofortiger Gewinnentnahme zunächst die Gewerbesteuer an. Der verbleiben­ de nicht entnommene Gewinn wird mit dem begünstigten Thesaurierungstarif i. H. v. 28,25 % versteuert. Zu beachten ist, dass die Gewerbesteuer nach § 4 Abs. 5b EStG als

A. Grundlegendes zur Technik der Besteuerung | 123

Gewinnentnahme Gewinnthesaurierung

− = − − − + − =

Gewinn vor Steuern GewSt (3,5 % · 400 % · 100,00) Gewinn nach GewSt ESt (45 % regulärer Tarif/45 % · 100) ESt (28,25 % Thesaurierungstarif/28,25 % · 86,00) ESt auf GewSt (28,25 % Thesaurierungstarif/28,25 % · 14,00) Anrechnung GewSt auf ESt (3,5 % · 4 · 100,00) Solidaritätszuschlag (5,5 % · zu erhebende ESt) a verbleibender Gewinn Steuerbelastung

in T€ 100,00 −14,00 86,00 −45,00

in T€ 100,00 −14,00 86,00 −24,30 −3,96

14,00 −1,71 53,29

14,00 −0,78 70,96

46,71

29,04

Ermittlung des Nachversteuerungsbetrags begünstigt besteuerter Gewinn − ESt auf diesen Betrag (28,25 % · 100,00) − Solidaritätszuschlag (5,5 % · 28,25) = Nachversteuerungsbetrag

100,00 −28,25 −1,55 70,2



−17,55

− =

ESt (25 % Tarifbelastung bei Entnahme/25 % · 70,2) Solidaritätszuschlag (5,5 % · 17,55) verbleibender Gewinn Steuerbelastung

53,29

−0,97 52,44

46,71

47,56

a

Die ab 1.1.2021 geltenden Freigrenzen und Minderungszonen des Solidaritätszuschlags für natür­ liche Personen gemäß § 3 Abs. 3 S. 1, § 4 S. 2 SolzG bleiben im Folgenden unberücksichtigt. Es wird für natürliche Personen von einer vollen Erhebung des Solidaritätszuschlags ausgegangen. Abb. 38: Steuerbelastungsvergleich bei Gewinnentnahme und -thesaurierung.

nicht abzugsfähige Betriebsausgabe gilt und demnach mit dem begünstigten Einkom­ mensteuersatz von 28,25 % zu versteuern ist. Somit ergibt sich insgesamt eine Thesau­ rierungsbelastung von 29,04 %. Werden die begünstigt besteuerten Gewinne zu einem späteren Zeitpunkt wieder entnommen, so unterliegt der Nachversteuerungsbetrag gemäß § 34a Abs. 4 Satz 2 EStG dem von der Höhe der Einkommensteuerbelastung des Mitunternehmers un­ abhängigen Tarifsteuersatz von 25 % (ggf. zzgl. des Solidaritätszuschlags). Die Nach­ versteuerung betrifft also nur denjenigen Betrag, der aufgrund der Thesaurierungs­ begünstigung ermäßigt besteuert wurde. Nach Abzug der ursprünglichen Thesaurie­ rungsbelastung (28,25 % ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag) wird der verbleibende Betrag nachversteuert.¹⁸⁷ Somit ergibt sich im Fall der Gewinnthesaurierung mit anschlie­ 187 Aus der Beispielrechnung ergibt sich ein Nachversteuerungsbetrag von 70,2 T€, was zu einer Nachversteuerung von insgesamt 18,51 T€ (17,55 T€ + 0,96 T€) führt. Der verbleibende Gewinn beträgt damit 52,44 T€ (70,96 T€ - 18,52 T€).

124 | III. Erfolgsbesteuerung

ßender Entnahme der begünstigt besteuerten Gewinne eine Gesamtsteuerbelastung von 47,56 %. Die Thesaurierungsbegünstigung führt zu einem Steuerstundungsef­ fekt und damit zu einem Liquiditäts- bzw. Zinsvorteil, der mit der Dauer der The­ saurierung zunimmt. Damit der Steuervorteil nicht bereits im Jahr der Thesaurierung anfällt, übersteigt die Summe der Steuerbelastung aus Thesaurierungs- und Nachver­ steuerung (47,56 %) den Spitzensteuersatz des Regeltarifs (46,71 %).¹⁸⁸

4. Besteuerung einer Personenhandelsgesellschaft als Körperschaft Bei Personengesellschaften handelt es sich um einen Zusammenschluss von mehre­ ren natürlichen und bzw. oder juristischen Personen zur Erfüllung eines gemeinsa­ men Zwecks. Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften besitzen Personengesellschaften keine eigene Rechtspersönlichkeit, jedoch wird ihnen auf Teilgebieten eine Rechts­ fähigkeit zuerkannt. Daher werden Personengesellschaften als teilrechtsfähig be­ zeichnet. Aufgrund dieser zivilrechtlichen Stellung sind Personengesellschaften kei­ ne Steuersubjekte und fallen damit nicht unter den Anwendungsbereich des EStG oder KStG. Personengesellschaften sind für Zwecke der Besteuerung transparente Konstrukte, so dass die Personengesellschaften zwar nicht selbst, jedoch ihre Gesell­ schafter Subjekt der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer werden. Dieses Vorgehen bei der Besteuerung von Personengesellschaften wird als sog. Transparenzprinzip bezeichnet.¹⁸⁹ Das zu versteuernde Einkommen einer Personengesellschaft wird mittels eines Feststellungsbescheids des sog. Betriebsstättenfinanzamtes für sämtliche Gesell­ schafter einheitlich und gesondert festgestellt. Dieser Feststellungsbescheid ist der Grundlagenbescheid für die Besteuerung der Gesellschafter bei ihrem jeweiligen sog. Wohnsitzfinanzamt. Die Besteuerung des Gewinns der Gesellschafter unterliegt zu­ sammen mit allen sonstigen Einkünften der Gesellschafter je nach Rechtsform des Ge­ sellschafters der Körperschaft- bzw. Einkommensteuer. Im Gegensatz dazu stellt die Gewerbesteuer eine Objektsteuer dar und wird gem. § 2 Abs.1 Satz 1 GewStG grundsätzlich für jeden stehenden Gewerbebetrieb erhoben, soweit dieser im Inland betrieben wird. Die Gewerbesteuer ist anschließend bei den Gesellschaftern einer Personengesellschaft, die der Einkommensteuer unterliegen, je nach Hebesatz der jeweiligen Gemeinde vollständig oder teilweise bei der Einkom­ mensteuer gem. § 35 Abs. 1 EStG anrechenbar.

188 Bei Steuerpflichtigen mit einem persönlichen Grenzsteuersatz von unter 28,25 % ist eine The­ saurierungsbesteuerung uneingeschränkt nachteilig. Bei persönlichen Grenzsteuersätzen zwischen 28,25 % und 47,475 % (1,055 · 45 %) empfiehlt sich eine Gegenüberstellung der beiden Belastungsalter­ nativen, um den Nachteil aus der insgesamt höheren Thesaurierungsbelastung mit dem Zinsvorteil quantitativ vergleichen zu können. 189 Vgl. Niehus/Wilke 2020, S. 18–19.

A. Grundlegendes zur Technik der Besteuerung | 125

Durch das am 30.06.2021 verkündete Gesetz zur Modernisierung des Körper­ schaftsteuerrechts (KöMoG) wird es Personengesellschaften und Partnerschaftsge­ sellschaften erstmals ab dem Erhebungszeitraum 2022 ermöglicht, einen Wechsel der Ertragsbesteuerung von der vorgenannten transparenten Einkommensbesteuerung für natürliche Personen hin zur Körperschaftsteuer auf Gesellschaftsebene zu vollzie­ hen. Innerhalb aller anderen zu zahlenden Steuerarten (Gewerbesteuer, Umsatzsteuer etc.) ergeben sich hingegen keine Auswirkungen für die Personengesellschaft. Der neu eingeführte § 1a KStG verlangt einen unwiderruflichen Antrag beim örtlich zuständigen Finanzamt, um von der Option Gebrauch machen zu können. Der Antrag kann nur gestellt werden, wenn ein Gesellschafterbeschluss mit mindestens drei Viertel der abgegebenen Stimmen für diese Optionsmöglichkeit votieren (§ 1a Abs.1 Satz 1 KStG i. V. m. § 217 Abs. 1 UmwG). Dieser Mehrheitsbeschluss muss bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung bestehen. Die Option kann erstmalig für Wirt­ schaftsjahre, die nach dem 31.12.2021 beginnen (§ 34 Abs.1a KStG), beantragt wer­ den. Ein entsprechender Antrag ist spätestens einen Monat vor dem Beginn des Wirt­ schaftsjahrs, für welches die Optionsmöglichkeit greifen soll, einzureichen. Für das erste Wirtschaftsjahr einer neu gegründeten Personen- oder Partnerschaftsgesell­ schaft ist eine Option ausgeschlossen. Die Option muss nach amtlich vorgeschrie­ ben Datensatz mithilfe von Datenfernübertragung (§ 87a Abs. 6 AO, § 87b AO) bean­ tragt werden. Auf die elektronische Form kann nur auf Antrag verzichtet werden. Die einmalige Genehmigung des Antrags wirkt fortlaufend, sodass nicht jedes Jahr ein neuer gestellt werden muss. Zivilrechtliche Änderungen zu der bestehenden Rechts­ form ergeben sich nicht. Berechtigt, die Option des § 1a KStG zu nutzen, sind Personenhandelsgesell­ schaften (OHG und KG nach § 105 und § 161 HGB) und Partnerschaftsgesellschaften im Sinne des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes (PartGG). Gesellschaften bürgerli­ chen Rechts, Einzelunternehmen, Bruchteilsgemeinschaften (z. B. Erbgemeinschaf­ ten), atypisch stille Beteiligungen und atypische Unterbeteiligungen und Investment­ fonds sind von der Option hingegen ausgeschlossen.¹⁹⁰ Die Option steht grundsätz­ lich ebenso ausländischen Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften offen. Dies gilt aber nur, wenn diese nach Ausübung der Option in ihrem Ansässig­ keitsstaat unbeschränkt steuerpflichtig sind. Grund dafür ist die Vermeidung einer hybriden Besteuerung. Dies bedeutet, dass die Gesellschaft im Inland wie eine Ka­ pitalgesellschaft besteuert werden würde, im Ausland aber transparent. Ebenfalls be­ steht für Gesellschaften, die bereits im Ausland körperschaftsteuerpflichtig sind oder dort bereits die Optionsmöglichkeit in Anspruch genommen haben, die Möglichkeit, einen sogenannten Besteuerungsgleichlauf im In- und Ausland zu erwirken.¹⁹¹

190 Vgl. BMF 2021, S. 2. 191 Vgl. Bochmann/Bron 2021, S. 613–617.

126 | III. Erfolgsbesteuerung

Trotz des Grundsatzes der Rechtsformneutralität, welcher sicherstellen soll, dass keine systematischen steuerlichen Vorteile durch die Rechtsformwahl entste­ hen, gibt es maßgebliche Unterschiede innerhalb der Besteuerung von Personenund Kapitalgesellschaften. Der wesentliche steuerliche Vorteil des Optionsmodells besteht darin, dass Personengesellschaften die Möglichkeit haben, ihre Gewinne wie Kapitalgesellschaften zu einem im Einzelfall geringeren Steuersatz zu thesaurie­ ren. Gewinne aus Kapitalbeteiligungen können bei einer Nutzung der Option unter bestimmten Umständen mit einer steuerlichen Effektivbelastung von ca. 1,5 % thesauriert werden. Dies ist insbesondere dann von Vorteil, wenn Gewinne ohne­ hin nicht ausgeschüttet, sondern für Investitionen eingesetzt werden sollen. Bislang waren Personengesellschaften im Falle einer Thesaurierung mit der relativ hohen Einkommensteuer von bis zu 45 % ggf. zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchen­ steuer belastet. Daneben muss die Gewerbesteuerbelastung berücksichtigt werden, die – je nach Hebesatz der Ansässigkeitsgemeinde – ggf. nur teilweise auf die Ein­ kommensteuer angerechnet werden kann. Zwar gab es für die Gesellschafter von Personengesellschaften bislang schon die Möglichkeit, die sog. Thesaurierungs­ begünstigung gem. § 34a EStG zu nutzen. Jedoch brachte diese Alternative eine Reihe von Schwierigkeiten mit sich, was diese in der Praxis schwer handhabbar und damit unattraktiv machte. Darüber hinaus unterliegt bei einer Anwendung der The­ saurierungsbegünstigung gem. § 34a EStG die Zahlung der Einkommensteuer auf die thesaurierten Gewinne als Entnahme selbst der Einkommensteuer. Die Gesellschafter werden bei der Ausübung der Option gem. § 1a KStG steuerlich mit Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft gleichgesetzt. Zukünftig werden die Ent­ nahmen bzw. nunmehr Ausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs.1 Nr. 1 EStG bei den Gesellschaftern behandelt und unterliegen dementspre­ chend der Kapitalertragssteuer.¹⁹² Tätigkeitsvergütungen, welche den Gesellschaftern gezahlt werden, stellten bis­ her Sonderbetriebseinnahmen gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 2. HS EStG dar. Fort­ an zählen diese Vergütungen im Grundsatz je nach Art der Tätigkeitsvergütung z. B. zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder den Einkünften aus Vermie­ tung und Verpachtung. Umgekehrt gilt dies auch für Sonderbetriebsausgaben. Auch Ergänzungsbilanzen sind bei Ausübung der Option nicht mehr weiterzuführen. Die Salden der Ergänzungsbilanzen erhöhen bzw. vermindern das Eigenkapital der op­ tierenden Gesellschaft. So gehen bspw. ein bisher zusätzliches Abschreibungsvo­ lumen eines Gesellschafters aus einer positiven Ergänzungsbilanz sowie bisherige stille Lasten eines Gesellschafters aus einer negativen Ergänzungsbilanz infolge der Option aus der Sphäre der einzelnen Gesellschafter auf die Ebene der steuerlich fik­ tiven Kapitalgesellschaft über.

192 Vgl. die Ausführungen in Teil 3 zu Gliederungspunkt II.A.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss | 127

Eine zur Option angemeldete Personen- bzw. Partnergesellschaft kann eine Wie­ derkehr zu ihrer ursprünglichen Besteuerung gem. § 1a Abs. 4 Satz 1 bis 3 KStG beantragen. Eine solche Rückkehr ist ebenfalls bis einen Monat vor Beginn des Wirt­ schaftsjahres, in dem die Option rückgängig gemacht werden soll, zu beantragen. Mit der Rückoption kommt erneut ein Formwechsel i. S. d. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UmwStG für steuerliche Zwecke zustande. Eine Rückoption oder sonstige Beendigung der Opti­ on innerhalb von sieben Jahren führt zu einer Sperrfristverletzung im Sinne des § 22 Abs. 1 bzw. 2 UmwStG. In diesen Fällen ist auch § 23 Abs. 2 UmwStG zu beachten. Eine Option kann ebenfalls, ohne dass eine Sperrfrist eintritt, kraft Gesetzes be­ endet werden, wenn die Gesellschaft den gesetzlichen Vorschriften nicht mehr ent­ spricht. Die Voraussetzungen hierfür sind die folgenden: – § 1a Abs. 4 Satz 4 KStG: Wenn die persönlichen Voraussetzungen der optieren­ den Gesellschaft nicht mehr erfüllt sind, mithin keine Personen- oder Partner­ schaftsgesellschaft mehr existiert, sondern z. B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR); – § 1a Abs. 4 Satz 5 KStG: Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, gilt die optierende Gesellschaft als unmittelbar danach aufgelöst. Sofern der verbleiben­ de Gesellschafter die persönlichen Voraussetzungen eines übernehmenden Rechtsträgers einer Umwandlung einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 4 des UmwStG erfüllt, gilt im Fall des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des UmwStG als auf den verbleibenden Gesellschafter verschmolzen bzw. gilt im Fall des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 UmwStG das Vermögen der optierenden Gesellschaft als auf den verbleibenden Gesellschafter übertragen; – § 1a Abs. 4 Satz 6 KStG: Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, gilt die op­ tierende Gesellschaft als unmittelbar danach aufgelöst. Erfüllt der verbleibende Gesellschafter nicht die persönlichen Voraussetzungen eines übernehmen­ den Rechtsträgers einer Umwandlung einer Kapitalgesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder 4 des UmwStG, gilt die optierende Gesellschaft als aufgelöst und ihr Vermögen als an die Gesellschafter ausgeschüttet; – § 1a Abs. 4 Satz 7 KStG: Kommt es zu einer Umwandlung der Gesellschaft in eine Körperschaft, greift § 1a Abs.1 Satz 1 KStG nicht mehr. Dadurch erfolgt ein ggf. steuerneutraler Rechtsformwechsel zu einer Körperschaft.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss 1. Ermittlung des Steuerbilanzerfolgs Die Ermittlung des Steuerbilanzgewinns bzw. -verlusts der Personenhandelsgesell­ schaft kann grundsätzlich auf vier unterschiedliche Arten erfolgen: – Das Unternehmen erstellt lediglich einen Jahresabschluss nach handelsrecht­ lichen Vorschriften und korrigiert den entsprechenden Erfolg bei abweichen­

128 | III. Erfolgsbesteuerung







den steuerrechtlichen Regelungen außerhalb dieses Rechnungssystems (§ 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV). Das Unternehmen fertigt sowohl einen handelsrechtlichen als auch einen steuerrechtlichen Jahresabschluss (§ 60 Abs. 2 Satz 2 EStDV) an. In diesem Fall erübrigt sich eine externe Korrektur des Handelsbilanzerfolgs, da im Rahmen der Finanzbuchhaltung bereits die relevanten bilanzsteuerrechtlichen Abwei­ chungen buchhalterisch berücksichtigt wurden und mithin der die Gesamthand betreffende Steuerbilanzerfolg vorliegt. Das Unternehmen erstellt nur einen (Einheits-)Jahresabschluss,¹⁹³ der sowohl handels- als auch steuerrechtlichen Vorschriften entspricht. Auch in diesem Fall ist eine externe Erfolgskorrektur des Steuerbilanzerfolgs bis auf die Berück­ sichtigung nichtabziehbarer Aufwendungen und steuerfreier Erträge nicht erfor­ derlich, weil bereits in der Finanzbuchhaltung nach Maßgabe steuerrechtlicher Normen gebucht wurde. Allerdings wird die Aufstellung eines Einheits-Jahresab­ schlusses nur noch in Ausnahmefällen möglich sein, da durch die Aufhebung der umgekehrten Maßgeblichkeit und durch die Änderungen des Bilanzsteu­ errechts, die nicht mit den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung korrespondieren (z. B. § 5 Abs. 4a, § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG), eine han­ dels- und steuerrechtlich identische Bilanzierung weitgehend ausgeschlossen ist. Zusätzlich kann auf freiwilliger Basis nach § 325 Abs. 2a HGB ein IFRS-Einzelab­ schluss erstellt und veröffentlicht werden, der jedoch keine Steuerbemessungs­ funktion besitzt, sondern lediglich informatorischen Zwecken dient.

Durch die Aufhebung des Prinzips der umgekehrten Maßgeblichkeit (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG a. F.) kommt es zu einer weitgehenden Entkopplung zwischen Handelsund Steuerbilanz. Somit beziehen sich die oben angesprochenen bilanzsteuerrechtli­ chen Korrekturen auf die folgenden beiden Falltypen: – Rückgriff auf Bilanzierungs- und Bewertungsansätze im handelsrechtlichen Jah­ resabschluss, die bilanzsteuerrechtlich nicht zulässig sind (Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips) – Inanspruchnahme steuerrechtlicher Wahlrechte, die autonom von der handels­ rechtlichen Bilanzierung ausgeübt werden können. Im Falle der Aufstellung eines separaten steuerrechtlichen Jahresabschlusses wur­ den die unter den vorstehend angesprochenen Typen zu subsumierenden Korrekturen bereits buchhalterisch vorgenommen, womit der Steuerbilanzerfolg als Saldogröße

193 Diese Form wurde in der Vergangenheit vor allem von nicht offenlegungspflichtigen Personen­ handelsgesellschaften gewählt, um die nach § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV erforderliche Anpassung der Wertansätze der Handelsbilanz an die steuerrechtlichen Normen zu vermeiden.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss

| 129

auf dem Gewinn und Verlustkonto erscheint. In aller Regel bezieht sich die Erfolgs­ verteilungsabrede auf das Handelsbilanzergebnis, da diese Maßgröße unter Ver­ folgung des Ziels der Unternehmenserhaltung als Indikator zur Bemessung der dem Unternehmen maximal entziehbaren Mittel besser geeignet erscheint als der Steuer­ bilanzgewinn. Aus steuerrechtlicher Sicht sind Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz den Gesellschaftern unter Berücksichtigung des vereinbarten Erfolgs­ verteilungsschlüssels zuzurechnen.¹⁹⁴ Hierdurch besteht die Möglichkeit, dass in einzelnen Perioden die handelsrechtliche Gewinnausschüttung von den der Besteue­ rung unterworfenen Erträgen abweichen kann. Aufgrund des Zweischneidigkeits­ prinzips der Bilanzierung werden sich derartige Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz grundsätzlich im Zeitablauf aber wieder ausgleichen. Beispiel: An der AB-OHG mit Sitz in Hamburg sind die Gesellschafter A und B mit jeweils 50 % am Vermögen und am Erfolg des Unternehmens beteiligt. Laut Gesellschaftsvertrag erhält Mitunter­ nehmer A für die Übernahme der Geschäftsführung einen Vorabgewinn von 60.000 €. Diese Son­ dervergütung wurde im Rahmen der Erfolgsermittlung noch nicht gebucht. Der Handelsbilanzge­ winn vor Bildung der Gewerbesteuerrückstellung beträgt für das Wirtschaftsjahr (Kalenderjahr) t2 435.000 €. Die während des Wirtschaftsjahrs geleisteten und bereits verbuchten GewerbesteuerVorauszahlungen belaufen sich auf 90.000 €. Der Handelsbilanzgewinn muss aufgrund der nachstehenden steuerrechtlichen Spezialregelun­ gen korrigiert werden. – In der Handelsbilanz wurde gemäߧ 256 HGB das Wahlrecht ausgenutzt, die Bewertung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe nach dem Fifo-Verfahren vorzunehmen. Steuerrechtlich ist je­ doch gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG als Verbrauchsfolge grundsätzlich nur das Lifo-Verfahren zur Bewertung gleichartiger Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens anzuwenden. Da zum ge­ genwärtigen Zeitpunkt die Beschaffungspreise der Stoffe sinken, können in der handelsrecht­ lichen Gewinn- und Verlustrechnung zusätzliche Aufwendungen in Höhe von 128.000 € ange­ setzt werden. Aufgrund des Wegfalls der umgekehrten Maßgeblichkeit kommt es handelsund steuerrechtlich zu unterschiedlichen Wertansätzen.¹⁹⁵ – Ferner ist im handelsrechtlichen Jahresabschluss das Disagio für ein Tilgungsdarlehen in Hö­ he von 31.500 € gemäß § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB in voller Höhe aufwandswirksam verrechnet worden. Laut H 6.10 EStH ist das Disagio in der Steuerbilanz als Rechnungsabgrenzungspos­ ten auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen, die drei Jahre beträgt. Das Darlehen wurde Anfang des Geschäftsjahres t2 aufgenommen. – In der Handelsbilanz wurde eine Rückstellung für unterlassene Instandhaltung gemäß § 249 Abs. 1 Satz 3 HGB gebildet, die in den ersten drei Monaten des folgenden Geschäftsjahrs nach­ geholt werden soll. Gemäß R 5.7 Abs. 11 EStR sind aus bilanzsteuerrechtlicher Sicht derartige Rückstellungen ebenfalls zulässig. Rückstellungen sind gemäß § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB „[...] in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen“. Danach müssen handelsrechtlich abweichend vom Stichtagsprinzip zukünfti­ ge Preis- und Kostensteigerungen berücksichtigt werden.¹⁹⁶ Steuerrechtlich ist eine solche

194 Vgl. H 15.8 Abs. 3 EStR. 195 Vgl. R 6.9 EStR. 196 Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 3a. Buchst. f) EStG.

130 | III. Erfolgsbesteuerung







Berücksichtigung untersagt. Der handelsrechtliche Mehraufwand aufgrund einbezogener Preis- und Kostensteigerungen beläuft sich auf 73.500 €. Der Steuerbilanzgewinn soll durch die Bildung einer steuerfreien Rücklage in Höhe von 18.000 € gemindert werden. Aufgrund des Wegfalls der umgekehrten Maßgeblichkeit sowie der Möglichkeit zur Bildung eines Sonderpostens mit Rücklageanteil in der Handelsbilanz wird die Rücklage handelsrechtlich nicht berücksichtigt. Im Geschäftsjahr t2 sind Werbegeschenke im Wert von insgesamt 24.000 € (brutto) an drei­ hundert Kunden verschickt worden, die im handelsrechtlichen Jahresabschluss aufwands­ wirksam zur Verbuchung kamen. § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG bestimmt aber, dass diese betrieblich veranlassten Aufwendungen den Steuerbilanzgewinn nicht mindern dürfen. Die während des Wirtschaftsjahres geleisteten und bereits aufwandswirksam verbuchten Ge­ werbesteuer-Vorauszahlungen betrugen 90.000 €. Gemäß § 4 Abs. 5b EStG gelten die Gewer­ besteuer und die darauf entfallenden Nebenleistungen als nicht abzugsfähige Betriebsaus­ gaben.

Zur Ermittlung des korrigierten Steuerbilanzgewinns nach Maßgabe von § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV bedarf es nun der in Abbildung 39 gezeigten Vorgehensweise. ±

= ± ± =

Handelsbilanzgewinn vor Gewerbesteuerrückstellung Bilanzsteuerrechtliche Korrekturen

Steuerbilanzgewinn vor Gewerbesteuerrückstellung Außerbilanzielle Korrekturen (nichtabziehbare Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG) Geleistete Gewerbesteuer-Vorauszahlungen (nichtabziehbare Aufwendungen nach § 4 Abs. 5b EStG) Korrigierter Steuerbilanzgewinn vor Gewerbesteuerrückstellung

+ + + −

435.000 € 128.000 € 21.000 € a 73.500 € 18.000 €

= +

639.500 € 24.000 € b

+

90.000 € 753.500 €

a

21.000 € = 31.500 € − (31.500 € : 3 Jahre). Die auf den nichtabziehbaren Betriebsausgaben lastenden Umsatzsteuerbeträge sind gemäß § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Nach § 12 Nr. 3 EStG dürfen diese Vorsteuerbeträge auch nicht bei der Einkünfteermittlung abgezogen werden und sind insoweit – zusammen mit den Nettobeträgen der Aufwendungen – im Rahmen der steuerlichen Gewinn­ ermittlung wieder hinzuzurechnen.

b

Abb. 39: Berechnung des Steuerbilanzgewinns. Da außer der Vorabvergütung, die im handelsrechtlichen Jahresabschluss nicht aufwandswirksam gebucht wurde, keine weiteren Sonderbilanzierungs- und auch keine Ergänzungsbilanzierungs­ erfolge vorliegen, kann zum Zwecke der Berechnung der Gewerbesteuerrückstellung an den kor­ rigierten Steuerbilanzgewinn von 753.500 € angeknüpft werden. In diesem Zusammenhang wird unterstellt, dass der Hebesatz für die Standortgemeinde 400 % beträgt und keine Hinzurechnun­ gen und Kürzungen nach § 8 und § 9 GewStG zu beachten sind. Die Gewerbesteuerrückstellung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB für das Wirtschaftsjahr t2 berechnet sich nun aus folgenden Komponenten.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss

| 131

Berechnete Gewerbesteuer Geleistete Gewerbesteuer-Vorauszahlungen Voraussichtliche Gewerbesteuer-Abschlusszahlung (Gewerbesteuerrückstellung)

102.060 € 90.000 € 12.060 €

− = −

Korrigierter Steuerbilanzgewinn vor Gewerbesteuerrückstellung Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) Gewerbeertrag vor Abzug der Gewerbesteuer Gewerbesteuer (3,5 % · 400 % · 729.000 €)

753.500 € 24.500 € 729.000 € 102.060 €

=

Gewinn nach Gewerbesteuer

626.940 €

− =

Abb. 40: Modifizierte Berechnung des Gewerbeertrags. Mithin lautet die noch für den handelsrechtlichen Jahresabschluss vorzunehmende Buchung: Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

an

Gewerbesteuerrückstellung

12.060 €

Unterstellt man, dass die handelsrechtliche Gewinnverteilung nach Maßgabe des Handelsbilanz­ ergebnisses vorgenommen wird und die Gesellschafter beabsichtigen, die Vorabvergütung sowie die entsprechenden Erfolgsanteile in voller Höhe zu entnehmen, dann müssten die Verbuchungen wie folgt vorgenommen werden. Gewinn- und Verlustkonto

a b

422.940 € a

an

241.740 € b

– Verbindlichkeiten gegen­ über Gesellschafter A – Verbindlichkeiten gegen­ über Gesellschafter B

181.740 €

422.940 € = 435.000 € − 12.060 € (Gewerbesteuerrückstellung). 241.470 € = 181.470 € + 60.000 € (Vorabgewinn).

+

Handelsbilanzgewinn nach Gewerbesteuerrückstellung bilanzsteuerrechtliche Korrekturen

422.940 € 204.500 €

= + +

Steuerbilanzgewinn nichtabziehbare Aufwendungen nichtabziehbare Aufwendungen (Gewerbesteuer)

627.440 € 24.000 € 102.060 €

=

korrigierter Steuerbilanzgewinn

753.500 €

Gesellschafter A Vorabgewinn

Gesellschafter B 60.000 €

+ Gewinnanteil 50%

346.750 €

Gewinnanteil 50%

346.750 €

=

406.750 €

=

346.750 €

(Gewerbliche Einkünfte i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG)

Abb. 41: Ertragsteuerrechtliche Gewinnermittlung und -verteilung.

132 | III. Erfolgsbesteuerung

Auf S. 131 wird die ertragsteuerrechtliche Gewinnermittlung und -verteilung der OHG in Abbil­ dung 41 gezeigt. Obwohl im Wirtschaftsjahr t2 lediglich 422.940 € an die Gesellschafter aus­ geschüttet werden, unterliegt der Ertragsbesteuerung dieser Periode ein Betrag von 753.500 €. Der Differenzbetrag zwischen korrigiertem Steuerbilanzgewinn und ausgeschüttetem Handelsbi­ lanzgewinn in Höhe von 330.560 € wird in den Folgejahren aufgrund des Zweischneidigkeitsprin­ zips jedoch nur im Umfang von 204.500 € ausgeglichen, da die nichtabziehbaren Aufwendungen (102.060 € + 24.000 €) in der Periode t2 außerhalb der Steuerbilanz korrigiert wurden. Die gesamtsteuerrechtliche Erfolgsermittlung unter Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Ein­ kommensteuer gemäß § 35 EStG ist in Abbildung 42 dargestellt. Dabei wird zwischen den beiden Fällen der Gewinnentnahme und Gewinnthesaurierung¹⁹⁷ unterschieden. Gewinnentnahme Gesell­ Gesell­ schafter A schafter B

Gewinnthesaurierung Gesell­ Gesell­ schafter A schafter B

Gewinn vor Steuern − GewSt [0,035 · 4 · (753.500 € − 24.500 €)] − nichtabziehbare Aufwendungen

406.750 € 51.030 €

406.750 € 51.030 €

346.750 € 51.030 €

12.000 €

12.000 €

=

355.720 €

295.720 €

343.720 €

283.720 €

183.038 €

156.038 € 97.101 €

80.151 €

28.364 €

28.364 €

− − − +



Gewinn nach GewSt/nicht entnom­ mener Gewinn ESt (0,45 · Gewinn vor Steuern) ESt (0,2825 · nicht entnommener Gewinn) ESt [0,45 · (Gewerbesteuer + nichtabziehbare Aufwendungen)] Anrechnung GewSt auf ESt (Faktor 4) [0,035 · 4 · (753.500 € − 24.500 €)] Solidaritätszuschlag (0,055 · zu erhebende ESt)

= verbleibender Gewinn Steuerbelastung

346.750 € 51.030 €

51.030 €

51.030 €

51.030 €

51.030 €

7.260 €

5.775 €

4.094 €

3.162 €

216.452 € 190.298 € 46,79 %

184.937 € 161.813 € 46,67 %

265.191 € 129.559 € 31,85 %

223.073 € 111.677 € 32,21 %

343.720 € 97.101 €

283.720 € 80.151 €

5.341 €

4.408 €

241.278 €

199.161 €

60.320 € 3.318 €

49.790 € 2.739 €

201.553 € 193.197 € 47,5 %

170.544 € 164.206 € 47,36 %

Ermittlung des Nachversteuerungsbetrags begünstigt besteuerter Gewinn − ESt (0,2825 · begünstigt besteuer­ ter Gewinn) − Solidaritätszuschlag (0,055 · zu erhebende ESt) = Nachversteuerungsbetrag − −

ESt (0,25 · Nachversteuerungsbetrag) Solidaritätszuschlag (0,055 · zu erhebende ESt)

= verbleibender Gewinn Steuerbelastung

216.452 € 190.298 € 46,79 %

184.937 € 161.813 € 46,67 %

Abb. 42: Gegenüberstellung der ertragsteuerrechtlichen Gewinnermittlung und -verteilung.

197 Es wird unterstellt, dass die Gewerbesteuerzahlungen Entnahmen sind und der Saldo der Ent­ nahmen und Einlagen nur in Höhe der Gewerbesteuerzahlungen positiv ist. Die Thesaurierung nicht­ abziehbarer Aufwendungen ist ausgeschlossen. Vgl. Wacker 2022, Rz. 25 zu § 34a EStG.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss |

133

Das Beispiel verdeutlicht einerseits, dass die pauschale Anrechnung der Gewerbe­ steuer auf die Einkommensteuer der beiden Gesellschafter aufgrund des Hebesat­ zes von 400 % zu einer vollständigen Kompensation der gesamten Gewerbesteuer­ belastung von 102.060 € führt. Andererseits kommt die höhere wirtschaftliche Ge­ werbesteuerbelastung von Gesellschafter B im Verhältnis zu Gesellschafter A zum Ausdruck, die durch die Zurechnung des Vorabgewinns von 60.000 € entsteht. Aller­ dings wird Gesellschafter B infolge der Inanspruchnahme des gleichen Anrechnungs­ betrags auf die Einkommensteuer in ähnlicher Weise wie Gesellschafter A entlastet. Diese Kompensationswirkung muss bei einem zivilrechtlichen Ausgleich zwischen den Gesellschaftern für die höhere Gewerbesteuerbelastung aufgrund der Zurech­ nung von Vorabgewinnen Berücksichtigung finden.

2. Erstellung von Sonder-Jahresabschlüssen Sofern in einer Personenhandelsgesellschaft umfangreiches Sonderbetriebsver­ mögen vorliegt und ausgeprägte Leistungsbeziehungen zwischen Mitunterneh­ mern und Gesellschaft bestehen, die Tätigkeits- und Nutzungsvergütungen i. S. v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 2. HS EStG zur Folge haben, empfiehlt sich die Aufstellung von Sonder-Jahresabschlüssen für die betroffenen Gesellschafter. In diesen Zu­ satzrechnungen zum Gesamthands-Jahresabschluss sind die aktiven und passiven Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens, die mit ihnen zusammenhängen­ den Aufwendungen und Erträge sowie die Sonderaufwendungen und -erträge der Mitunternehmer zu erfassen. Dabei müssen die allgemeinen bilanzsteuerrechtli­ chen Prinzipien einschließlich der GoB unter Berücksichtigung einer korrespon­ dierenden Bilanzierung zwischen Sonder-Jahresabschluss und steuerrechtlichem Jahresabschluss der Gesamthand beachtet werden.¹⁹⁸ Ansonsten stellt die den Son­ der-Jahresabschlüssen zugrundeliegende Finanzbuchhaltung aber einen vom Rech­ nungssystem des Gesellschafts- Jahresabschlusses abgekoppelten Kreis dar. Die aus den Sonder-Gewinn- und Verlustrechnungen abgeleiteten Erfolge sind bei Ermitt­ lung der gewerbe- und einkommensteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage zu berücksichtigen. Ziel der Erstellung von Sonder-Jahresabschlüssen ist es, die den Gesellschaftern zuzuordnenden Sondererfolge zu ermitteln. Diese setzen sich aus den erfolgsbezoge­ nen Änderungen des Sonderbetriebsvermögens und dem Saldo aus Sonderbetriebs­ aufwendungen und -erträgen zusammen. Hieraus ist abzuleiten, dass alle Wertän­ derungen an den Wirtschaftsgütern des Sonderbetriebsvermögens unmittelbar auf den entsprechenden Bestandskonten zu verbuchen sind. Sonderbetriebsaufwen­ dungen müssen aber als Einlagen erfasst werden, da der Mitunternehmer sie privat

198 Vgl. Wacker 2022, Rz. 475 zu § 15 EStG.

134 | III. Erfolgsbesteuerung

trägt und mithin keine erfolgswirksame Minderung seines Sonderbetriebsvermögens eintritt (z. B. Reparaturaufwendungen für eine der Personenhandelsgesellschaft über­ lassene Immobilie). Ähnliches gilt für Sonderbetriebserträge, die als Entnahmen zu buchen sind, weil sie das Privat- und nicht das Sonderbetriebsvermögen er­ höhen (z. B. an den Mitunternehmer gezahlte Vergütungen für die vermietete Immo­ bilie). Aufgrund der aufgezeigten Buchungstechnik erübrigt sich zum Zwecke der Er­ mittlung des steuerrechtlichen Gesamterfolgs der Personenhandelsgesellschaften eine separate Hinzurechnung der in der Gesamthandsbilanz als Aufwendungen erfassten Sondervergütungen, da diese bereits in dem Sondererfolg pro Gesellschaf­ ter enthalten sind. Sofern Vorsteueransprüche im Zusammenhang mit Sonderbe­ triebsaufwendungen bzw. Umsatzsteuerverpflichtungen durch Vermietung und Verpachtung von Sonderbetriebsvermögen an die Personenhandelsgesellschaft ent­ stehen, sind diese entsprechend in der Sonderbilanz auszuweisen. Der Gesellschaf­ ter wird folglich in diesem Fall durch eigene, nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen Unternehmer i. S. v. § 2 Abs. 1 UStG.¹⁹⁹ Die Sonder-Jahresabschlüsse müssen neben dem steuerrechtlichen Gesamt­ hands-Jahresabschluss entsprechend fortgeführt werden, bis die im Sonderbe­ triebsvermögen enthaltenen Wirtschaftsgüter ausscheiden oder voll abgeschrieben sind. Sofern Sonderbetriebsvermögen nicht (mehr) vorliegt, aber trotzdem (noch) Sonderbetriebsaufwendungen und -erträge anfallen, empfiehlt es sich, diese nicht im Rahmen eines doppelten (Sonder-)Buchhaltungssystems zu erfassen, sondern durch einfache Korrekturen außerhalb des Gesamthands- Jahresabschlusses zu berücksichtigen. Beispiel: In Erweiterung des letzten Beispiels wird nun unter sonst gleichen Daten angenommen, dass Gesellschafter B der OHG zu Beginn des Jahres t2 nachstehende Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlässt, deren Einlage in das Sonderbetriebsvermögen am 01.01.t2 erfolgt. – B vermietet der OHG ein unbebautes Privatgrundstück, das er am 01.05. des Geschäftsjah­ res t1 zu Anschaffungskosten von 120.000 € erworben hatte. Die Grundstücksaufwendungen für das Geschäftsjahr t2 betragen 14.400 € (einschl. 20 % Umsatzsteuer) und werden durch B von seinem privaten Bankkonto bezahlt. Die mit der OHG vereinbarte Miete für die Nut­ zungsüberlassung des Grundstücks beläuft sich auf 1.800 € (einschl. 20 % Umsatzsteuer²⁰⁰) monatlich. Die Anschaffungskosten des Grundstücks entsprechen zu Beginn des Geschäfts­ jahres t2 genau seinem Teilwert. Der Einheitswert des Grundstücks zuzüglich der von § 121a BewG geforderten 40 %igen Erhöhung beläuft sich auf 41.667 €.

199 Vgl. Abschn. 1.6 Abs. 7 und Abschn. 15.20 Abs. 2 UStAE. 200 Verzicht auf die – bei der Vermietung von Grundbesitz mögliche – Steuerbefreiung des § 4 Nr. 12. Buchst. a) UStG nach § 9 UStG, um vor dem Hintergrund des § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG den Vorteil des Vorsteuerabzugs ausnutzen zu können.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss |





135

Ferner vermietet B der OHG einen PKW, der am 01.01. des Geschäftsjahres t1 zu Anschaffungs­ kosten von 30.000 € privat erworben wurde. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Fahrzeugs, das linear abgeschrieben wird, beträgt fünf Jahre. Die Aufwendungen für die Nut­ zung des PKW belaufen sich neben den planmäßigen Abschreibungen auf 3.000 € (einschl. 20 % Umsatzsteuer), die B ebenfalls über sein privates Bankkonto bezahlte. Die von der OHG dem Gesellschafter B monatlich überwiesene Miete für die Nutzung des PKW beträgt 900 € (einschl. 20 % Umsatzsteuer). Schließlich gewährt Gesellschafter B der OHG ein privates Darlehen zum Nennwert in Höhe von 150.000 € zu einem Zinssatz von 8 %.

Die erforderlichen Buchungssätze lauten: (1) – Grundstücksaufwendungen 12.000 € – Vorsteuer 2.400 € (2) Abschreibungen auf Sachanlagen (3) – PKW-Aufwendungen 2.500 € – Vorsteuer 500 € (4) Privat-Sonderkonto B 32.400 €

an

Privat-Sonderkonto B

14.400 €

an an

Fuhrpark Privat-Sonderkonto B

6.000 € 3.000 €

an

(5) Privat-Sonderkonto B

an

– Mieterträge – Umsatzsteuer Zinserträge

27.000 € 5.400 € 12.000 €

Die entsprechende Sonderbilanz des Gesellschafters B hat zum 01.01. des Wirtschaftsjahres t2 das nachfolgend gezeigte Aussehen. Aktiva A. Anlagevermögen I. Grundstücke II. Fuhrpark III. Sonstige Ausleihungen

Sonderbilanz B zum 01.01.t2 A. Sonderkapital 120.000 24.000 a 150.000 294.000

Passiva 294.000

294.000

a

Bei der Bewertung des PKW ist die Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 EStG zu beachten, nach der das Fahrzeug mit seinen fortgeführten Anschaffungskosten in das Sonderbetriebsvermögen eingelegt werden muss. Die Berechnung der bis zum Einlagezeitpunkt zu berücksichtigenden planmäßigen Abschreibungen wurde zeitanteilig vorgenommen. Somit lässt sich der Einlagewert von 24.000 € ermitteln aus 30.000 € − (30.000 € : 5 Jahre). Auf den nachstehenden Konten sind die das Sonderbetriebsvermögen und die Sondererfolge des Mitunternehmers B betreffenden Buchungen zusammenfassend dargestellt. S

AB

Unbebaute Grundstücke € 120.000

H

S



(14) SBK (EB) 120.000

Fuhrpark €

AB

24.000

H €

(2)

6.000

(15) SBK (EB)18.000 24.000 S (1) (3)

Vorsteuer € 2.400

(16)

H 2.900

500 2.900

S



2.900

AB

24.000

Sonstige Ausleihungen

H





150.000

(18) SBK (EB) 150.000

136 | III. Erfolgsbesteuerung

S

H

Sonderkapital B €

(12)

27.000

(13) SBK (EB) 285.500

S

Privat-Sonderkonto B €

€ AB (11)

312.500

(4)

32.400

(1)

18.500

(5)

12.000

(3)

3.000

(12)

27.000

312.500

H

Umsatzsteuer €

(16)

2.900

S

€ (1)

12.000

14.400

44.400

Grundstücksaufwendungen

€ 5.400 a

(4)



294.000

44.400 S

H

H €

(6) GuV

12.000

(17) SBK (EB) 2.500 5.400 a

5.400

5.400 € = (300 € + 150 €) · 12.

S

Abschreibungen auf Sachanlagen €

(2)

6.000

S

(7) GuV

Mieterträge €

(9) GuV b

27.000

H

S

€ (3)

6.000 H

2.500

S



27.000 b

(4)

(10) GuV c

12.000

(7)

Abschreibungen auf Sachanlagen

(8)

PKW-Aufwendungen

12.000 6.000

12.000 c

H €

(9)

Mieterträge

27.000

(10) Zinserträge

12.000

2.500

(11) Sondergewinn B

18.500 39.000

S

H

12.000 € = 0,08 · 150.000.

€ Grundstücksaufwendungen

2.500

€ (5)

Sonder-Gewinn- und Verlustkonto B zum 31.12.t2

(6)

H €

(8) GuV

Zinserträge



27.000 € = (1.500 € + 750 €) · 12.

S

PKW-Aufwendungen



39.000

Sonder-Schlussbilanzkonto B zum 31.12.t2 €

(14) Unbebaute Grundstücke (15) Fuhrpark (18) Sonstige Ausleihungen

120.000 18.000

H €

(13) Sonderkapital B (17) Umsatzsteuer

285.500 2.500

150.000 288.000

288.000

Auch die Erfolgsermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG führt zum gleichen Sondergewinn.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss

− + −

Sonderbetriebsvermögen B am Ende des Wirtschaftsjahres Sonderbetriebsvermögen zu Beginn des Wirtschaftsjahres Entnahmen B Einlagen B

=

Sondergewinn B

a b

| 137

285.500 € 294.000 € 44.400 € a 17.400 € b 18.500 €

44.400 € = 32.400 € + 12.000 €. 17.400 € = 14.400 € + 3.000 €.

Aufgrund des Sondergewinns von Gesellschafter B für das Wirtschaftsjahr t2 bedarf es einer Neuberechnung der Gewerbesteuerrückstellung. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichti­ gen, dass der ursprünglich unterstellte Handelsbilanzgewinn vor Gewerbesteuerrückstellung von 435.000 € nun aufgrund der an B gezahlten Sondervergütungen in Höhe von 39.000 €²⁰¹ auf 396.000 € sinken muss. Nachfolgend wird die geänderte Berechnung des Gewerbeertrags sowie der Gewerbesteuerrückstellung dargelegt.

+

Korrigierter Steuerbilanzgewinn vor Gewerbesteuerrückstellung Geleistete Gewerbesteuer-Vorauszahlungen (nichtabziehbare Aufwendungen § 4 Abs. 5b EStG)

624.500 € a 90.000 €

= + − − = −

Korrigierter Steuerbilanzgewinn der Gesamthand Sondergewinn Gesellschafter B (H 7.1 Abs. 3, R 10a Abs. 3 GewStR) Kürzungen (§ 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG) 0,012 · 41.667 € Freibetrag (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG) Gewerbeertrag vor Abzug der Gewerbesteuer Gewerbesteuer (3,5 % · 400 % · 708.000 €)

714.500 € 18.500 € 500 € 24.500 € 708.000 € 99.120 €

=

Gewinn nach Gewerbesteuer

608.880 €

a

624.500 € = 435.000 € + 228.500 € − 39.000 €.

Abb. 43: Modifizierte Berechnung des Gewerbeertrags. Nunmehr lässt sich der geänderte Betrag der Gewerbesteuerrückstellung ermitteln.

− =

Berechnete Gewerbesteuer Geleistete Gewerbesteuer-Vorauszahlungen Voraussichtliche Gewerbesteuer-Abschlusszahlung (Gewerbesteuerrückstellung)

99.120 € 90.000 € 9.120 €

Die entsprechenden Buchungssätze zur Erfassung der Gewerbesteuerrückstellung sowie der Ge­ winnverteilung lauten jetzt für den handelsrechtlichen Jahresabschluss wie folgt: Steuern vom Einkommen und vom Ertrag Gewinn- und Verlustkonto

a b

386.880 € a

an

Gewerbesteuerrückstellung

9.120 €

an

– Verbindlichkeiten gegen­ über Gesellschafter A – Verbindlichkeiten gegen­ über Gesellschafter B

223.440 € b

386.880 € = 435.000 € − 39.000 € − 9.120 €. 223.440 € = 163.440 € + 60.000 € (Vorabgewinn).

201 39.000 € = (1.500 € + 750 €) · 12 + 0,08 · 150.000 €.

163.440 €

138 | III. Erfolgsbesteuerung

Abbildung 45 zeigt abschließend die nach den Änderungen der Ausgangsdaten relevante ertrags­ steuerrechtliche Gewinnermittlung und -verteilung. Die gesamtsteuerrechtliche Erfolgsermittlung unter Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer gemäß § 35 EStG ist in Abbil­ dung 44 dargestellt. Dabei wird zwischen den beiden Fällen der Gewinnentnahme und Gewinnthe­ saurierung unterschieden. Gewinnentnahme Gesell­ Gesell­ schafter A schafter B

Gewinnthesaurierung Gesell­ Gesell­ schafter A schafter B

Gewinn vor Steuern 387.250 € − GewSt 49.560 € [0,035 · 4 · (733.000 € − 24.500 € − 500 €)] − nichtabziehbare Aufwendungen

345.750 € 49.560 €

387.250 € 49.560 € 12.000 €

12.000 €

=

296.190 €

325.690 €

284.190 €

92.007 €

80.284 €

27.702 €

27.702 €

49.560 €

49.560 €

49.560 €

5.832 €

3.858 €

3.213 €

184.330 € 161.420 € 46,69 %

251.683 € 123.567 € 31,91 %

222.551 € 111.199 € 32,16 %

325.690 € 92.007 €

284.190 € 80.284 €

5.060 €

4.416 €

228.623 €

199.490 €

57.156 €

49.873 €

3.144 €

2.743 €

191.383 € 183.867 € 47,48 %

169.935 € 163.815 € 47,38 %

− − −

+



Gewinn nach GewSt/nicht ent­ 337.690 € nommener Gewinn ESt (0,45 · Gewinn vor Steuern) 174.263 € ESt (0,2825 · nicht entnommener Gewinn) ESt [0,45 · (Gewerbesteuer + nichtabziehbare Aufwendun­ gen)] Anrechnung GewSt 49.560 € auf ESt (Faktor 4) [0,035 · 4 · (733.000 € − 24.500 € − 500 €)] 6.854 € Solidaritätszuschlag (0,055 · zu erhebende ESt)

= verbleibender Gewinn Steuerbelastung

206.128 € 181.122 € 46,77 %

155.588 €

Ermittlung des Nachversteuerungsbetrags begünstigt besteuerter Gewinn − ESt (0,2825 · begünstigt besteuer­ ter Gewinn) − Solidaritätszuschlag (0,055 · zu erhebende ESt) = Nachversteuerungsbetrag − −

ESt (0,25 · Nachversteuerungsbetrag) Solidaritätszuschlag (0,055 · zu erhebende ESt)

= verbleibender Gewinn Steuerbelastung

206.128 € 181.122 € 46,73 %

345.750 € 49.560 €

184.330 € 161.420 € 46,69 %

Abb. 44: Gegenüberstellung der ertragssteuerrechtlichen Gewinnermittlung und -verteilung.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss | 139

+

Handelsbilanzgewinn nach Gewerbesteuerrückstellung bilanzsteuerrechtliche Korrekturen

386.880 € 204.500 €

= + +

Steuerbilanzgewinn nichtabziehbare Aufwendungen nichtabziehbare Aufwendungen (Gewerbesteuer)

591.380 € 24.000 € 99.120 €

= +

korrigierter Steuerbilanzgewinn der Gesamthand Sondergewinn Gesellschafter B

714.500 € 18.500 €

=

steuerrechtlicher Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft

733.000 €

60.000 €

Gesellschafter B Sondergewinn

+ Gewinnanteil 50%

327.250 €

+ Gewinnanteil 50%

327.250 €

=

387.250 €

=

345.750 €

Gesellschafter A Vorabgewinn

18.500 €

(Gewerbliche Einkünfte i.S.v. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG) Abb. 45: Modifizierte ertragssteuerrechtliche Gewinnermittlung und -verteilung.

3. Erstellung von Ergänzungs-Jahresabschlüssen a. Allgemeines Während Sonder-Jahresabschlüsse darauf abzielen, das Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer darzustellen bzw. seine Veränderungen aufzuzeigen, sollen Er­ gänzungs-Jahresabschlüsse gesellschafterbezogene Wertkorrekturen zu den In­ halten des Gesamthands-Jahresabschlusses erfassen. Wie gezeigt wurde, enthalten Sonderbilanzen Wirtschaftsgüter, die aus handelsrechtlicher Sicht nicht zum Gesell­ schaftsvermögen der Personenhandelsgesellschaft gehören, nach steuerrechtlicher Interpretation jedoch dem (Sonder-)Betriebsvermögen zuzurechnen sind, weil sie für unternehmerische Zwecke genutzt werden. Mithin komplettieren auch SonderJahresabschlüsse steuerrechtlich den Gesamthands-Jahresabschluss der Personen­ handelsgesellschaft, indem in der Sonderbilanz ausschließlich Wirtschaftsgüter zum Ausweis kommen, die in der Hauptbilanz nicht erscheinen. Die im Rahmen von Ergänzungs-Jahresabschlüssen vorgenommenen Korrekturen beziehen sich hingegen auf Wirtschaftsgüter, die zumeist auch in der Gesamthandsbilanz angesetzt werden müssen, jedoch mit einem anderen Wert. Derartige steuerrechtliche Wertdifferenzen in Bezug auf alle oder bestimmte Wirtschaftsgüter resultieren aus spezifischen Er­ eignissen, die dazu führen, dass lediglich einem oder einigen Gesellschaftern Wert­

140 | III. Erfolgsbesteuerung

anteile am Unternehmensvermögen zuzurechnen sind. Häufige Anwendungsfälle für die Erstellung von Ergänzungs-Jahresabschlüssen sind: – Gesellschaftereintritte in eine Personengesellschaft, bei denen der für die Ge­ sellschaftsanteile gezahlte Kaufpreis nicht mit dem eingeräumten Kapitalkonto übereinstimmt. Da in diesem Fall der Neugesellschafter die bestehenden Vermö­ gensrechte aus der Beteiligung und damit auch das Kapitalkonto des Altgesell­ schafters übernimmt, lassen sich die Anschaffungskosten des Neugesellschafters für seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft nur darstellen, indem in einer für den Neugesellschafter aufzustellenden Ergänzungsbilanz das Kapital­ konto des Altgesellschafters auf die tatsächlichen Anschaffungskosten berichtigt wird. – Übertragungen einzelner Wirtschaftsgüter zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter nach § 6 Abs. 5 Sätze 3 bis 5 EStG. – Inanspuchnahme von personenbezogenen Steuervergünstigungen durch nur einige Gesellschafter einer Personengesellschaft.²⁰² Im erstgenannten Anwendungsfall ergibt sich ein Mehr- oder Minderkapital, soweit die Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile den Buchwert des Kapitalkontos über- oder unterschreiten, welches sodann auf die einzelnen anteilig erworbenen Wirtschaftsgüter zu verteilen ist.²⁰³ Damit werden in der Ergänzungsbilanz des Neu­ gesellschafters die im Rahmen seines Gesellschaftereintritts anteilig miterworbenen stille Reserven, welche in den vorhandenen Wirtschaftsgütern vorhanden sind, dar­ gestellt. Jedoch ist der das Kapitalkonto des Neugesellschafters übersteigende Teil sei­ nes Kaufpreises ggf. nicht durch stille Reserven bei vorhandenen Wirtschaftsgütern zu begründen, so dass – soweit eine Verteilung auf die vorhandenen Wirtschaftsgüter nicht möglich ist – ein positiver Geschäfts- oder Firmenwert bilanziert wird. Die Recht­ sprechung geht hier von der tatsächlichen Vermutung aus, dass in den Buchwerten des Gesellschaftsvermögens stille Reserven und/oder ein originärer Geschäftswert enthalten sind.²⁰⁴ Im Folgenden wird die grundlegende Erstellung und Fortführung steuerrechtli­ cher Ergänzungs-Jahresabschlüsse in zwei ausgewählten Fällen aufgezeigt.²⁰⁵

202 203 204 205

Vgl. Bode 2022, Rz. 553 zu § 15 EStG. Vgl. BFH 1993, S. 224. Vgl. BFH 1993, S. 224. Vgl. zu anderen Fällen etwa Falterbaum et al. 2020, S. 1200–1201, S. 1380–1385, S. 1517–1518.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss |

141

b. Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einen Dritten (Gesellschafterwechsel) b.a Entschädigung und steuerrechtliche Rahmenbedingungen In diesem Fall übernimmt ein neuer Mitunternehmer unter Zustimmung der anderen Eigner den Anteil des ausscheidenden Gesellschafters. Der Austretende wird grund­ sätzlich in Höhe des Buchwerts und des positiven Unterschiedsbetrags zwischen Teil- und Buchwert (i. d. R. stille Reserven, nicht bilanzierungsfähige immaterielle Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens und ein ggf. vorhandener Geschäfts- oder Firmenwert) seiner Gesellschaftsbeteiligung von dem übernehmenden Mitunterneh­ mer entschädigt. Der den Buchwert übersteigende Mehrbetrag stellt i. d. R. aktivie­ rungspflichtige Anschaffungskosten²⁰⁶ dar und ist im Verhältnis der erworbenen Anteilsrechte wirtschaftsgutbezogen dem neuen Mitunternehmer anhand einer posi­ tiven Ergänzungsbilanz zuzurechnen, da es sich bei dem Differenzbetrag nicht um Anschaffungskosten der Gesamthand handelt. Die Ergänzungsbilanz muss in den Fol­ gejahren, ggf. in Kombination mit einer Ergänzungs-Gewinn- und Verlustrechnung, fortgeführt werden. Unter einer Fortführung ist die künftige Weiterentwicklung der Ergänzungsbilanzwerte nach Maßgabe steuerrechtlicher Vorschriften zu verstehen. Hierdurch wird u. a. sichergestellt, dass aufgrund des Zweischneidigkeitseffekts der Bilanzierung erfolgsbezogene Auswirkungen der erstmaligen Erstellung von Ergänzungs-Jahresabschlüssen in den Folgeperioden zum Ausgleich kommen. Nach h. M. sind auf die in der Gesamthands- und Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Wirt­ schaftsgüter prinzipiell einheitliche Abschreibungsmethoden anzuwenden, damit die in beiden Bilanzen angesetzten Werte gleichzeitig aufgezehrt werden.²⁰⁷ Die aus diesen Ergänzungs-Jahresabschlüssen resultierenden Gewinne oder Verluste sind in die ertragsteuerrechtliche Erfolgsermittlung der Personenhandelsgesellschaft ein­ zubeziehen. Hieraus folgt, dass Ergänzungsbilanzerfolge sowohl bei der Berechnung der gewerblichen Einkünfte der betroffenen Mitunternehmer nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG als auch bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. -verlusts berücksichtigt werden müssen.

206 In Ausnahmefällen kann die Mehrabfindung, die einem ausscheidenden Mitunternehmer über den Buchwert seines Kapitalanteils zuzüglich anteiliger stiller Reserven und eines Geschäfts- oder Firmenwerts hinaus gezahlt wird, auch als sofort abzugsfähige Betriebsausgabe behandelt werden. Allerdings muss es sich dann um einen (lästigen) Gesellschafter handeln, der den Bestand und das Gedeihen der Unternehmung durch permanente Störungen des Betriebs ernsthaft gefährdet und für einen bereits absehbaren Zeitpunkt in Frage stellt. Vgl. Wacker 2022, Rz. 463 zu § 16 EStG. 207 Vgl. etwa Wacker 2022, Rz. 464–468 zu § 15 EStG

142 | III. Erfolgsbesteuerung

b.b Fallstudie²⁰⁸ An einer OHG, deren Wirtschafts- dem Kalenderjahr entspricht, waren drei Mitunternehmer laut Gesellschaftsvertrag bisher wie folgt beteiligt: A mit 50 %, B und C mit jeweils 25 %. Die zum 31.12. des Wirtschaftsjahrs t1 erstellte Gesamthandsbilanz, die variable Kapitalanteile der Gesellschafter ausweist, hat das nachstehende Aussehen.²⁰⁹ Mit Vertrag vom 21.12. des Wirtschaftsjahres t1 veräußerte Mitunternehmer C seinen Anteil an den Neu-Gesellschafter D in Höhe von 500.000 €. Die Gesellschafter A und B stimmten dem Verkauf un­ ter der Voraussetzung zu, dass D den von C erworbenen Kapitalanteil in unveränderter Höhe über­ nimmt. Folglich ändert sich die Struktur der Gesamthandsbilanz bis auf die Zusammensetzung des Eigenkapitals nicht. Der Gesellschafterwechsel soll zum 01. 01. des Kalenderjahrs t2 wirksam werden. Zum Zwecke der Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises haben C und D einen Wirt­ schaftsprüfer mit der Wertfindung beauftragt, der unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven, der Berücksichtigung nicht bilanzierungsfähiger immaterieller Einzelwirtschaftsgüter (selbstge­ schaffene Patente) sowie eines (originären) Geschäfts- oder Firmenwerts die im Folgenden gezeig­ te Abfindungsbilanz der ABC-OHG erstellt hat. Aktiva

Schlussbilanz der ABC-OHG zum 31.12.t1 €

A. Anlagevermögen:

Passiva €

A. Eigenkapital:

I. Grundstücke

100.000

I. Gesellschafter A

II. Gebäude

360.000

II. Gesellschafter B

290.000

90.000

III. Gesellschafter C

200.000

III. Maschinen und maschi­ nelle Anlagen IV. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung B. Umlaufvermögen: I. Vorräte

950.000

B. Verbindlichkeiten: 85.000

400.000

II. Forderungen aus Liefe­ 600.000 rungen und Leistungen III. Guthaben bei Kreditinstituten 5.000 1.640.000

I. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen II. Sonstige Verbindlichkeiten

150.000

15.000

– davon aus Steuern

15.000

C. Rechnungsabgrenzungsposten

35.000

1.640.000

208 Modifiziert übernommen von Falterbaum et al. 2020, S. 1503–1504. 209 Im Falle variabler Kapitalkonten gilt es allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Beteiligungs­ verhältnisse ausschließlich auf die im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven und nicht auf das gesamte Unternehmensvermögen beziehen, denn der gesellschafterindividuelle Anteil am bilan­ ziellen (Rein-)Vermögen spiegelt sich im jeweiligen (variablen) Kapitalanteil wider.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss

Aktiva

Abfindungsbilanz der ABC-OHG zum 31.12.t1 €

A. Anlagevermögen

249.000

2. Geschäfts- oder Firmenwert 486.000 II. Sachanlagen:

€ I. Gesellschafter A

1.550.000 a

II. Gesellschafter B

590.000 b

III. Gesellschafter C

500.000 c

B. Verbindlichkeiten:

1. Grundstücke

300.000

I. Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen

2. Gebäude

400.000

II. Sonstige Verbindlichkeiten

3. Maschinen und maschi­ nelle Anlagen

150.000

4. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung 5. Geringwertige Wirtschaftsgüter B. Umlaufvermögen: I. Vorräte

Passiva

A. Eigenkapital:

I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Patente

| 143

150.000 15.000

– davon aus Steuern

15.000

C. Rechnungsabgrenzungsposten

35.000

100.000

50.000

500.000

II. Forderungen aus Liefe­ 600.000 rungen und Leistungen III. Guthaben bei Kreditinstituten 5.000 2.840.000

2.840.000

a

1.550.000 € = 950.000 € + [0,5 · (2.640.000 € − 1.440.000 €)]. 590.000 € = 290.000 € + [0,25 · (2.640.000 € − 1.440.000 €)]. c 500.000 € = 200.000 € + [0,25 · (2.640.000 € − 1.440.000 €)]. b

Mit der Mehrzahlung von Gesellschafter D an den ausscheidenden Gesellschafter C in Hö­ he von 300.000 € (500.000 € − 200.000 €) sind in Höhe der prozentualen Beteiligung von 25 % stille Reserven (116.250 € = 0,25 · 465.000 €) und immaterielle Wirtschaftsgüter (183.750 € = 0,25 · 735.000 €) erworben worden, die Mitunternehmer D in einer positiven Ergänzungsbilanz wie folgt auszuweisen hat.²¹⁰

210 Gesellschafter C hat dagegen den Veräußerungsgewinn in Höhe von 300.000 € (500.000 − 200.000 €) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu ver­ steuern. Den Veräußerungs-Freibetrag von 45.000 € nach § 16 Abs. 4 Satz 1 EStG erhält Gesellschafter C jedoch nur dann, wenn er das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist. In diesem Fall erhält Gesellschafter C einen Freibetrag jedoch nicht, da sich dieser um den Betrag ermäßigt (164.000 €), um den der Veräußerungsgewinn (300.000 €) übersteigt (§ 16 Abs. 4 Satz 3 EStG). Da Veräußerungsgewinne i. S. d. § 16 EStG zu den außerordentli­ chen Einkünften des § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG zählen, kann Gesellschafter C – sofern er das 55. Lebensjahr vollendet hat oder im sozialversicherungsrechtlichen Sinne dauernd berufsunfähig ist – beantragen, dass der Veräußerungsgewinn ermäßigt besteuert wird (§ 34 Abs. 3 EStG). Der Veräußerungsgewinn unterliegt indes nicht der Gewerbesteuer (R 7.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR).

144 | III. Erfolgsbesteuerung

Aktiva

Ergänzungsbilanz Gesellschafter D zum 01.01.t2 €

A. Anlagevermögen: I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Patente

Passiva €

A. Mehrkapital Gesellschafter D

300.000

62.250

2. Geschäfts- oder Firmenwert 121.500 II. Sachanlagen: 1. Grundstücke

50.000

2. Gebäude

10.000

3. Maschinen und maschi­ nelle Anlagen 4. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung 5. Geringwertige Wirtschaftsgüter B. Umlaufvermögen: I. Vorräte

15.000 3.750

12.500

25.000 300.00

300.000

In Bezug auf die Fortführung der Ergänzungsbilanz und zum Zwecke der Ermittlung des Ergän­ zungsbilanzerfolgs von Gesellschafter D im Rahmen eines Ergänzungs-Jahresabschlusses für das Wirtschaftsjahr t2 seien folgende Informationen gegeben. – Von den am 01.01. des Wirtschaftsjahrs t2 auf Lager befindlichen Vorräten (fertige Erzeugnis­ se) wurden bis zum Jahresende 75 % verkauft. – Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der linear abzuschreibenden Patente (R 7.1 i. V. m. R 5.5 EStR) beträgt vier Jahre. – Der Geschäfts- oder Firmenwert ist nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG linear über 15 Jahre abzuschrei­ ben. – Die Grundstücke sind zum 31.12. des Wirtschaftsjahrs t2 noch in vollem Umfang vorhanden. – Die Betriebsgebäude sollen linear mit einem Satz von 3 % abgeschrieben werden (§ 7 Abs. 4 Nr. 1 EStG). – Die Restnutzungsdauern der ebenfalls linear abzuschreibenden Wirtschaftsgüter des übrigen Sachanlagevermögens betragen für Maschinen und maschinelle Anlagen drei Jahre und für andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung vier Jahre. – Die geringwertigen Wirtschaftsgüter sind wie in der Gesamthandsbilanz sofort gemäß § 6 Abs. 2 EStG abzuschreiben. – Zum Bilanzstichtag liegen keine Anhaltspunkte für handels- oder steuerrechtlich vorzuneh­ mende Wertkorrekturen der in der Ergänzungsbilanz ausgewiesenen Wirtschaftsgüter vor. Auf den nachstehenden Konten wird der Gesellschafter D betreffende buchhalterische Ablauf zu­ sammenfassend dargestellt.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss |

S

H

Patente €

AB

62.250

(2)

S

15.562,50 a

AB

121.500

(8) SBK (EB) 46.687,50

62.250 a

S AB

50.000

121.500 b

H

Grundstücke €

50.000

121.500

8.100 € = 121.500 € : 15 Jahre.

S



(10) SBK (EB)

€ 8.100 b

(2)

(9) SBK (EB) 113.400

62.250,00

15.562,50 € = 62.250 € : 4 Jahre.

H

Geschäfts- oder Firmenwert €



AB

H

Gebäude € 10.000 (3)

€ 300 c

(11) SBK (EB)

10.000 c

Maschinen und maschinelle Anlagen €

S

AB

15.000

H

300 € = 0,03 · 10.000 €. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung €

S

€ 5.000 d

(3)

AB

3.750

(12) SBK (EB) 10.000

15.000 d

S

€ AB f

12.500

H

12.500 f

3.750,00

937,50 € = 3.750 € : 4 Jahre.

S

€ (3)

AB

H

Vorräte € 25.000 (1)

€ 18.750 g

(14) SBK (EB)

Auf die Berücksichtigung eines Erinne­ rungswerts wird verzichtet.

25.000 g

S

Mehrkapital Gesellschafter D €

(7)

61.150

H

300.000

6.250

25.000

18.750 € = 0,75 · 25.000 €.

S

€ AB



937,50 e

(3)

3.750 e

Geringwertige Wirtschaftsgüter

H

(13) SBK (EB) 2.812,50

15.000

5.000 € = 15.000 € : 3 Jahre.

9.700

10.000

(1)

Bestandsveränderungen an fertigen Erzeugnissen € 18.750

(4) GuV

H € 18.750

(15) SBK (EB) 238.850

300.000

S

(2)

300.000

Abschreibungen auf immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens € 23.662,50

(5) GuV

H S €

23.662,50

Abschreibungen auf Sachanlagen €

(3)

18.737,50

H €

(6) GuV

18.737,50

145

146 | III. Erfolgsbesteuerung

S

Ergänzungs-Gewinn- und Verlustkonto Gesellschafter D zum 31.12.t2 €

(4)

Bestandsveränderungen an fertigen Erzeugnissen

18.750,00

(5)

Abschreibungen auf immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens

23.662,50

(6)

Abschreibungen auf Sachanlagen

18.737,50

€ (7)

Ergänzungsverlust D

61.150,00 S

€ 46.687,50

Patente

(9)

Geschäfts- oder Firmenwert 113.400,00

(10) Grundstücke

€ (15) Mehrkapital D

238.850

9.700,00

(12) Maschinen und maschinelle Anlagen

10.000,00

(13) Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung

2.812,50

(14) Vorräte

6.250,00 238.850,00

238.850

Ergänzungsbilanz Gesellschafter D zum 31.12.t2 €

A. Anlagevermögen I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Patente

238.850

46.687,50

1. Grundstücke

50.000,00

3. Maschinen und maschi­ nelle Anlagen 4. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung B. Umlaufvermögen:

€ Gesellschafter D

113.400,00

2. Gebäude

Passiva

A. Mehrkapital

2. Geschäfts- oder Firmenwert II. Sachanlagen:

I. Vorräte

H

50.000,00

(11) Gebäude

Aktiva

61.150

61.150

Ergänzungs-Schlussbilanzkonto Gesellschafter D zum 31.12.t2

(8)

H

9.700,00 10.000,00 2.812,50

6.250,00 238.850,00

238.850

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss | 147

c. Eintritt eines Gesellschafters in eine bestehende Personengesellschaft (Gesellschaftereintritt) c.a Anschaffung und Veräußerung des Mitunternehmeranteils Sofern ein neuer Mitunternehmer in eine bestehende Personenhandelsgesellschaft aufgenommen wird, muss dieser in Höhe des Teilwerts seines zu übernehmenden Ka­ pitalanteils, der in aller Regel über dem Buchwert liegt, eine entsprechende Einlage leisten. Zum Zwecke der Bestimmung seines aktuellen Beteiligungswerts am Unter­ nehmensvermögen und damit der zu leistenden Einlage ist unter Aufdeckung sämtli­ cher stiller Reserven, der Berücksichtigung (nicht bilanzierungsfähiger) immaterieller Wirtschaftsgüter und ggf. eines (originären) Geschäfts- oder Firmenwerts eine Ein­ trittsbilanz der Gesellschaft zu erstellen. Da der eintretende Mitunternehmer somit zur Erlangung seiner Beteiligung mehr aufwenden muss, als ihm – bei Buchwertfort­ führung – in der künftigen Gesamthandsbilanz an Kapital eingeräumt wird, hat der über den Buchwert seines Kapitalanteils hinaus zu zahlende Mehrbetrag, ähnlich wie beim Gesellschafterwechsel, in einer positiven Ergänzungsbilanz zum Ausweis zu kommen. Die Aufnahme eines neuen Gesellschafters in eine bestehende Personen­ handelsgesellschaft kann u. a. darin begründet sein, dass sich die Alt-Gesellschafter durch das finanzielle und persönliche Engagement des Eintretenden neue wirtschaft­ liche Impulse für das Unternehmen versprechen. Während aus steuerrechtlicher Sicht beim Neu-Gesellschafter die Anschaffung eines Mitunternehmeranteils vorliegt, handelt es sich bezüglich der Alt-Gesellschaf­ ter hingegen um die partielle Veräußerung eines Bruchteils ihrer Mitunternehmer­ anteile an den Eintretenden. Sofern die jeweiligen Kapitalanteile der Alt-Mitunterneh­ mer in der Eintrittsbilanz über den in der für das letzte Wirtschaftsjahr aufgestellten Gesamthandsbilanz ohne Berücksichtigung des Gesellschaftereintritts ausgewiese­ nen Kapitalanteile liegen, entsteht ein Veräußerungsgewinn, andernfalls ein Ver­ äußerungsverlust. Derartige Veräußerungserfolge gehören gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb.²¹¹ Nach der steuerlichen Rechtsprechung handelt es sich bei der dargestellten Kon­ stellation des Eintritts um den Fall der Einbringung von Mitunternehmerantei­ len der Alt-Gesellschafter in eine neue erweiterte Personengesellschaft, auf den § 24 UmwStG anzuwenden ist.²¹² Laut § 24 Abs. 2 UmwStG besteht für die veräußernden Alt-Gesellschafter ein Wahlrecht, ihre Anteile zum Buchwert fortzuführen, zum ge­ meinen Wert bzw. Teilwert²¹³ anzusetzen oder zu einem zwischen Buch- und gemei­

211 Der Veräußerungsgewinn unterliegt gemäß R 7.1 Abs. 3 Satz 3 GewStR indes nicht der Gewerbe­ steuer; dementsprechend mindert ein Verlust auch nicht den Gewerbeertrag. 212 Vgl. Wacker 2022, Rz. 511 zu § 16 EStG. 213 Während der gemeine Wert gemäß § 9 Abs. 2 BewG den im gewöhnlichen Geschäftsverkehr er­ zielbaren Veräußerungspreis darstellt ist der Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG „[. . . ] der Be­ trag, den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirt­ schaftsgut ansetzen würde, dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt“.

148 | III. Erfolgsbesteuerung

nen Wert bzw. Teilwert liegenden Zwischenwert in der künftigen Gesamthands­ bilanz auszuweisen. Allerdings können die Alt-Gesellschafter die Besteuerung ggf. entstehender Veräußerungsgewinne im Falle des Teil- oder Zwischenwertes durch die Aufstellung negativer Ergänzungsbilanzen zunächst verhindern.²¹⁴ Aufgrund der zwingenden Fortführungspflicht auch dieser Bilanzen, ggf. unter Einbezug negativer Ergänzungs-Gewinn- und Verlustrechnungen, erfolgt eine sukzessive Auflösung und Besteuerung der stillen Reserven in den anschließenden Perioden.²¹⁵ Der buchhalterische Aufbau und Ablauf negativer Ergänzungs-Jahresabschlusse ist analog den positiven Systemen zu gestalten, jedoch auf umgekehrten Kontensei­ ten. Mithin führen negative Ergänzungs-Jahresabschüsse in aller Regel zu einem gesellschafterbezogenen Ergänzungsgewinn. c.b Fallstudie Unter Rückgriff auf die Ausgangsdaten der vorstehenden Fallstudie²¹⁶ wird nun unterstellt, dass die drei OHG-Gesellschafter A, B und C beschlossen haben, den neuen Mitunternehmer D mit Wir­ kung zum 01.01. des Kalenderjahres t2 aufzunehmen. In Abänderung des Ausgangsbeispiels sol­ len sich die Kapitalanteile der Gesellschafter zum 31.12.t1 nunmehr jedoch auf nachstehende Be­ träge belaufen: 720.000 € (A), 360.000 € (B) und 360.000 € (C). Laut Gesellschaftsvertrag wurde vereinbart, dass das Beteiligungsverhältnis von A, B, C und D am Unternehmensvermögen künftig folgende Struktur aufweisen soll: 40 %, 24 %, 24 % und 12 %. Ferner verpflichtet sich Neu-Gesell­ schafter D, seine Einlage in Höhe des gemeinen Werts der Beteiligung Anfang des Wirtschaftsjahrs t2 in bar zu leisten. Die entsprechende Eintrittsbilanz nimmt unter Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven, der Berücksichtigung (nicht bilanzierungsfähiger) immaterieller Einzelwirtschaftsgüter (selbst geschaffene Patente) sowie eines (originären) Geschäfts- oder Firmenwerts nachstehendes Aussehen an. Die Einlageverpflichtung des Neu-Gesellschafters D errechnet sich wie folgt.



(1) (2)

Künftiger gemeiner Wert des Eigenkapitals der ABCD-OHG Bisheriger gemeiner Wert des Eigenkapitals der ABC-OHG

3.000.000 € 2.640.000 €

(100 %) (88 %)

=

(3)

gemeiner Wert der Beteiligung von Gesellschafter D an der ABCD-OHG

360.000 €

(12 %)

214 Vgl. BMF 2011, Rz. 24.14; Wacker 2022, Rz. 472 zu § 15 EStG 215 Die über negative Ergänzungsbilanzen realisierten Gewinne unterliegen jedoch als laufende Ge­ winne der Gewerbesteuer (R. 7.1. Abs. 3 Satz 6 GewStR). Vgl. zur Spaltung von Veräußerungsgewinnen in steuerbegünstigte und nicht begünstigte Bestandteile etwa Wacker 2022, Rz. 331–332 zu § 16 EStG 216 Vgl. die Fallstudien in Teil 2 zu Gliederungspunkt III.B.3.b.b.b.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss |

149

Aktiva

Eintrittsbilanz der ABCD-OHG zu gemeinen Werten zum 01.01.t2 Passiva € € A. Ausstehende Einlagen 360.000 A. Eigenkapital: B. Anlagevermögen: I. Gesellschafter A 1.200.000 a I. Immaterielle Vermögens­ II. Gesellschafter B 720.000 b gegenstände III. Gesellschafter C 720.000 1. Patente 249.000 IV. Gesellschafter D 360.000 2. Geschäfts- oder Firmenwert 486.000 B. Verbindlichkeiten: II. Sachanlagen: I. Verbindlichkeiten aus Lie­ 150.000 1. Grundstücke 300.000 ferungen und Leistungen 2. Gebäude 400.000 II. Sonstige Verbindlichkeiten 15.000 3. Maschinen und maschinel­ 150.000 – davon aus Steuern 15.000 le Anlagen C. Rechnungsabgrenzungsposten 35.000 4. Andere Anlagen, Betriebs- 100.000 und Geschäftsausstattung 5. Geringwertige Wirtschafts­ 50.000 güter C. Umlaufvermögen: I. Vorräte 500.000 II. Forderungen aus Liefe­ 600.000 rungen und Leistungen III. Guthaben bei Kreditinstituten 5.000 3.200.000 3.200.000 a b

1.200.000 € = 0,4 · 3.000.000 €. 720.000 € = 0,24 · 3.000.000 €.

Die zu Buchwerten aufgestellte Eintrittsbilanz, die künftig als Eröffnungsbilanz der ABCD-OHG fort­ geführt wird, hat hingegen zum 01.01. des Wirtschaftsjahrs t2 nachstehendes Aussehen. Aktiva

Eintrittsbilanz der ABCD-OHG zu Buchwerten zum 01. 01.t2 Passiva € € A. Ausstehende Einlagen 360.000 A. Eigenkapital: B. Anlagevermögen: I. Gesellschafter A 720.000 a I. Grundstücke 100.000 II. Gesellschafter B 432.000 b II. Gebäude 360.000 III. Gesellschafter C 432.000 III. Maschinen und maschinel­ 90.000 IV. Gesellschafter D 216.000 c le Anlagen B. Verbindlichkeiten: IV. Andere Anlagen, Betriebs85.000 I. Verbindlichkeiten aus Lie­ 150.000 und Geschäftsausstattung ferungen und Leistungen C. Umlaufvermögen: II. Sonstige Verbindlichkeiten 15.000 I. Vorräte 400.000 – davon aus Steuern 15.000 II. Forderungen aus Lieferun­ 600.000 C. Rechnungsabgrenzungsposten 35.000 gen und Leistungen III. Guthaben bei Kreditinstituten 5.000 2.000.000 2.000.000 a

720.000 € = 0,4 · (1.640.000 € + 360.000 € − 200.000 €). 432.000 € = 0,24 · (1.640.000 € + 360.000 € − 200.000 €). c 216.000 € = 0,12 · (1.640.000 € + 360.000 € − 200.000 €). b

150 | III. Erfolgsbesteuerung

Allerdings kann der gemeine Wert von 360.000 € nicht als Eigenkapitalkomponente von Gesell­ schafter D in der Gesamthandsbilanz der OHG ausgewiesen werden, da er in Höhe von 144.000€²¹⁷ anteilige stille Reserven und immaterielle Wirtschaftsgüter enthält, die nur dem Mitunternehmer D im Rahmen einer positiven Ergänzungsbilanz, wie im Folgenden gezeigt, zuzuordnen sind. Aktiva

Ergänzungsbilanz Gesellschafter D zum 01.01.t2 €

A. Anlagevermögen: I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Patente

Passiva €

A. Mehrkapital Gesellschafter D

144.000

29.880 a

2. Geschäfts- oder Firmenwert 58.320 II. Sachanlagen: 1. Grundstücke 2. Gebäude 3. Maschinen und maschinel­ le Anlagen 4. Andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung 5. Geringwertige Wirtschaftsgüter B. Umlaufvermögen: I. Vorräte

24.000 4.800 7.200 1.800 6.000

12.000 144.000

a

144.000

29.880 € = 0,12 · 249.000 € (= Beteiligungsquote · stille Reserven).

Unter Zugrundelegung der im Rahmen der vorangegangenen Fallstudie angeführten Informatio­ nen weist die fortgeführte Ergänzungsbilanz von Gesellschafter D zum 31.12. des Wirtschaftsjahrs t2 das gezeigte Bild auf. Der Ergänzungsbilanzverlust für diese Periode beträgt mithin 29.352 € (144.000 €–114.648 €).²¹⁸ Es ist unschwer zu erkennen, dass die Alt-Gesellschafter A, B und C zum einen in Höhe von 10 % bzw. jeweils 1 % zugunsten des neu eintretenden Mitunternehmers D auf Anteile an den ursprünglichen Buchwerten (172.800 €)²¹⁹ sowie den stillen Reserven und den im­ materiellen Wirtschaftsgütern (144.000 €)²²⁰ verzichten, zum anderen in Höhe von 40 % bzw. je­ weils 24 % an der von Gesellschafter D zu leistenden Bareinlage partizipieren. Für Gesellschafter A stellt sich somit in der Eintritts-(Eröffnungs-)bilanz ein Eigenkapital von 720.000 € ein, wodurch sich für diesen Mitunternehmer im Vergleich zur Schlussbilanz der ABC-OHG zum 31.12.t1 keine Veränderung ergibt, d. h. für Gesellschafter A entsteht weder ein Veräußerungsgewinn noch ein -verlust. Demgegenüber ergeben sich für die Gesellschafter B und C Veräußerungsgewinne in Hö­ he von je 72.000 €²²¹.

217 144.000 € = 360.000 € − 216.000 €. 218 Auf die Darstellung des vollständigen buchungstechnischen Ablaufs wird verzichtet. Vgl. hier­ zu die entsprechenden Buchungen zur vorstehenden Fallstudie in Teil 2 zu Gliederungspunkt III.B.3.b.b.b. 219 172.800 € = 0,12 · 1.440.000 €. 220 144.000 € = 0,12 · 1.200.000 €. 221 72.000 € = 432.000 € − 360.000 €.

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss

| 151

Abbildung 46 zeigt die Berechnung der Veräußerungserfolge der drei Alt-Gesellschafter gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Per Saldo ergibt sich genau der Betrag von 144.000 €, den der eintreten­ de Mitunternehmer D in seiner positiven Ergänzungsbilanz zum 01.01. des Wirtschaftsjahrs t2 als Mehrkapital ausgewiesen hat. Aktiva

Ergänzungsbilanz Gesellschafter D zum 31.12.t2

Passiva

€ A. Anlagevermögen: I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Patente

€ A. Mehrkapital Gesellschafter D

114.648

22.410 a

2. Geschäfts- oder Firmenwert 54.432 b II. Sachanlagen 1. Grundstücke 2. Gebäude 3. Maschinen und maschinel­ le Anlagen 4. Andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung B. Umlaufvermögen:

24.000 4.656 c 4.800 d 1.350 e

3.000 f

I. Vorräte

114.648

114.648

a

22.410 € = 29.880 € − (29.880 € : 4 Jahre). 54.432 € = 58.320 € − (58.320 € : 15 Jahre). c 4.656 € = 4.800 € − (0,03 · 4.800 €). d 4.800 € = 7.200 € − (7.200 € : 3 Jahre). e 1.350 € = 1.800 € − (1.800 € : 4 Jahre). f 3.000 € = 12.000 € − (0,75 · 12.000 €). b

Berechnungskomponenten Wert der eingebrachten Anteile laut Ein­ tritts-(Eröffnungs-)bilanz zum 01.01.t2 a − Wert der eingebrachten Anteile laut Gesamthandsbilanz zum 31.12.t1 b

Gesellschafter A B

C

720.000 €

432.000 €

432.000 €

1.584.000 €

720.000 €

360.000 €

360.000 €

1.440.000 €

0€ 0%

72.000 € 50 %

72.000 € 50 %

144.000 € 100 %

= Veräußerungserfolg absolut Veräußerungserfolg prozentual a b

Summe

Vgl. die Eintrittsbilanz der ABCD-OHG zu Buchwerten zum 01.01.t2. Vgl. die Schlussbilanz der ABC-OHG zu Buchwerten zum 31.12.t1.

Abb. 46: Ermittlung der Veräußerungserfolge. Für die Gesellschafter B und C besteht aber jeweils die Möglichkeit, die Besteuerung der Veräu­ ßerungsgewinne durch die Erstellung negativer Ergänzungsbilanzen mit Minderkapitalien von je 72.000 €, wie im Folgenden gezeigt, zunächst zu verhindern. Wird auf die Fertigung negativer Er­ gänzungsbilanzen verzichtet, so tritt eine Sofortversteuerung der Veräußerungsgewinne gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG ein. Mangels Ansatz des eingebrachten Betriebsvermögens in der Bilanz

152 | III. Erfolgsbesteuerung

der ABCD-OHG mit dem gemeinen Wert können nach § 24 Abs. 3 Satz 2 UmwStG auf die gesell­ schafterindividuellen Veräußerungserfolge (Einbringungsgewinne) auch nicht die Begünstigungs­ vorschriften von § 16 Abs. 4 und § 34 Abs. 1 und Abs. 3 EStG angewandt werden. Aktiva

Ergänzungsbilanz Gesellschafter B zum 01.01.t2 a

Passiva

€ A. Minderkapital Gesellschafter B

€ A. Anlagevermögen:

72.000

I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Patente

14.940 b

2. Geschäfts- oder Firmenwert 29.160 II. Sachanlagen: 1. Grundstücke

12.000

2. Gebäude

2.400

3. Maschinen und maschinel­ le Anlagen 4. Andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung 5. Geringwertige Wirtschaftsgüter B. Umlaufvermögen:

3.600 900 3.000

I. Vorräte

6.000

72.000

72.000

a

Aufgrund identischer Beteiligungsverhältnisse treffen die Ausführungen für Gesellschafter B auch für Gesellschafter C zu. b 14.940 € = 0,5 · 0,12 · 249.000 €. Damit stellt sich die Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlagen für die par­ tielle Veräußerung der Mitunternehmeranteile der Gesellschafter B und C gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 UmwStG wie folgt dar. Gesellschafter A B

Summe

Wert der eingebrachten Anteile laut Eintritts(Eröffnungs-)bilanz zum 01.01.t2 − Minderkapital der Ergänzungsbilanzen zum 01.01.t2 − Wert der eingebrachten Anteile laut Gesamthandsbi­ lanz zum 31.12.t1

432.000 €

432.000 €

864.000 €

72.000 € 360.000 €

72.000 € 360.000 €

144.000 € 720.000 €

Veräußerungsgewinn i. S. v. § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG

0€

0€

0€

Berechnungskomponenten

Abb. 47: Ermittlung der einkommensteuerlichen Bemessungsgrundlagen für das Wirtschafts­ jahr t1. Die Mitunternehmer B und C haben allerdings die negativen Ergänzungsbilanzen zwingend fort­ zuführen. Hierdurch wird die sukzessive Versteuerung der Veräußerungsgewinne mit Einkommenund Gewerbesteuer in den Folgeperioden sichergestellt. Nachstehend wird der den negativen Ergänzungs-Jahresabschluss des Gesellschafters B betreffende buchhalterische Ablauf für das

B. Auswirkungen des Ertragsteuerrechts auf den Jahresabschluss | 153

Wirtschaftsjahr t2 im Einzelnen dargelegt.²²² Es zeigt sich, dass der Ergänzungsbilanzgewinn die­ ser Periode für Mitunternehmer B 14.676 € (72.000 € − 57.324 €) beträgt. S

3.735 a

(2) (8) SBK (EB)

AB

14.940

(9) SBK (EB)

H

Grundstücke €

(10) SBK (EB)

12.000

1.944 b

(2)

12.000

€ 29.160

27.216

29.160

1.944 € = 29.160 € : 15 Jahre.

S

H

Gebäude €



AB

AB

29.160 b

H

Geschäfts- oder Formenwert €

14.940

3.735 € = 14.940 € : 4 Jahre.

S

S



11.205

14.940 a

H

Patente €

72 c

(3) (11) SBK (EB)



AB

2.400

2.328

2.400 c

Maschinen und maschinelle Anlagen €

S

1.200 d

(3) (12) SBK (EB)

H

3.600

2.400

H

Geringwertige Wirtschaftsgüter 3.000 f

3.000

S (1)

Auf die Berücksichtigung eines Erinne­ rungswerts von 1 € wird verzichtet. S

Minderkapital Gesellschafter B €

AB

72.000

(15) SBK (EB)

72.000

14.676 57.324

72.000

(4) g

H € 6.000

1.500

6.000

Bestandsveränderungen an fertigen Erzeugnissen €

S

€ (7)

900

6.000

H

€ 900

675

Vorräte € 4.500 AB

(14) SBK (EK)

f

H

225 € = 900 € : 4 Jahre.

€ AB

AB

900 e

€ (3)

225 e

(3)

3.600

1.200 € = 3.600 € : 3 Jahre.

S

Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung €

S

(13) SBK (EB)

3.600 d

72 € = 0,03 · 2.400 €.



AB

2.400

4.500

(1)

H € 4.500 g

4.500 € = 0,75 · 6.000 €.

222 Angesichts identischen Sachverhalts stellt sich im Hinblick auf die negative Ergänzungs-Jahres­ abschlussrechnung des Gesellschafters C der gleiche buchhalterische Ablauf ein.

154 | III. Erfolgsbesteuerung

S

Abschreibungen auf immaterielle Gegenstände des Anlagevermögens €

(5)

5.679

S

(2)

H S

Abschreibungen auf Sachanlagen €

€ (6)

5.679

4.497

€ (3)

4.497

Ergänzungs-Gewinn- und Verlustkonto Gesellschafter B zum 31.12.t2 €

(7)

Ergänzungsverlust B

14.676

€ Bestandsveränderungen an fertigen Erzeugnissen

(5)

Abschreibungen auf immaterielle 5.679 Gegenstände des Anlagevermö­ gens Abschreibungen auf 4.497 Sachanlagen

14.676

€ 57.324

€ Patente

11.205

(9)

Geschäfts- oder Firmenwert

27.216 2.328

(12) Maschinen und Maschinelle Anlagen

2.400

(14) Vorräte 57.324

675 1.500 57.324

Ergänzungsbilanz Gesellschafter B zum 01.01.t2 €

Gesellschafter B

12.000

(11) Gebäude

(13) Andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung

A. Minderkapital

H

(8)

(10) Grundstücke

Aktiva

4.500

14.676

Ergänzungs-Schlussbilanzkonto Gesellschafter B zum 31.12.t2

(15) Minderkapital B

H

(4)

(6)

S

H

Passiva €

A. Anlagevermögen: 57.324

I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Patente

11.205

2. Geschäfts- oder Firmenwert 27.216 II. Sachanlagen: 1. Grundstücke 2. Gebäude 3. Maschinen und maschinel­ le Anlagen 4. Andere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung B. Umlaufvermögen: I. Vorräte 57.324

12.000 2.328 2.400 675

1.500 57.324

IV. Zusammenfassung Obwohl in § 264c HGB Besonderheiten der handelsrechtlichen Rechnungslegung von kapitalistischen Personenhandelsgesellschaften, die vor allem das Eigenkapital betreffen, grundlegend kodifiziert wurden, bleiben dennoch eine Vielzahl offener Fra­ gen. Dies gilt insbesondere für Personenhandelsgesellschaften, die nicht unter die Re­ gelungen der §§ 264a ff. HGB fallen. Voraussetzung für eine ordnungsmäßige Erfas­ sung der vielfaltigen Veränderungen des Eigenkapitals stellt zunächst eine entspre­ chende Organisation der Finanzbuchhaltung dar, wie die angeführten Beispiele deutlich gezeigt haben. Aus handelsrechtlicher Sicht dürfen ausschließlich die Geschäftsvorfälle des Gesellschaftsvermögens (Gesamthandsvermögens) Eingang in das Kontensys­ tem der Buchführung und damit in den Jahresabschluss finden. Im Rahmen der buchungstechnischen Erfassung und bilanziellen Abbildung des Gesamthandsver­ mögens stellt sich bei Personenhandelsgesellschaften regelmäßig die Frage nach der Kontenstruktur sowie den Ausweismöglichkeiten des Eigenkapitals in der Jah­ resbilanz. Ausgehend von den gesellschaftsvertraglichen Regelungen betreffend die durch die zu leistenden Kapitaleinlagen (Pflichteinlagen) determinierten (festen) Beteiligungsverhältnisse, wodurch die Teilhabe am Gewinn und Verlust sowie am Ver­ mögen festgeschrieben wird, folgt aus pragmatischen Erwägungen heraus die kontenund bilanzmäßige Eigenkapitalstruktur von Personenhandelsgesellschaften regelmä­ ßig nicht der dispositiven gesetzlichen Norm des sog. Einkontenmodells²²³. Vielmehr haben sich in der Praxis die sog. Mehrkontenmodelle durchgesetzt, die sich zumin­ dest durch die Führung fester und variabler Kapitalkonten auszeichnen. Diese die Kapitalkonten der voll haftenden Gesellschafter widerspiegelnde Zusammensetzung des Eigenkapitals lässt sich auch auf die Kapitalkonten der Kommanditisten einer KG übertragen. Aus steuerrechtlicher Sicht wird die Rechnungslegung von Personenhandels­ gesellschaften – und damit einhergehend die Buchführungs- und Abschlusstechnik – maßgeblich durch das Rechtsinstitut der Mitunternehmerschaft determiniert. Das steuerrechtliche Gebilde der Mitunternehmerschaft bedingt, dass die Vorgänge des Gesamthandsvermögens als auch die Geschäftsvorfälle des gesellschafterindividuel­ len Sonderbetriebsvermögens sowie die des gesellschafterindividuellen Vermö­ gens aus Ergänzungsbilanzen zunächst in jeweils gesonderten Buchungskreisen erfasst werden. Im Rahmen der sich anschließenden ertragsteuerlichen Erfolgsermitt­ lung sind dann die einzelnen Ergebnisse zum Gesamterfolg der Mitunternehmerschaft zu addieren und den betreffenden Gesellschaftern zuzuweisen. In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass der Steuerbilanzerfolg von Personenhandelsgesellschaften, der den Ausgangspunkt zur Ermittlung der Be­

223 Dies impliziert die Einrichtung und Führung nur eines variablen Kapitalkontos pro Gesellschafter. https://doi.org/10.1515/9783110679588-007

156 | IV. Zusammenfassung

messungsgrundlagen von Einkommen- und Gewerbesteuer darstellt, zunächst un­ ter Berücksichtigung spezifischer Berichtigungen aus dem handelsrechtlichen Jahres­ ergebnis abgeleitet wird. Für einkommensteuerliche Zwecke werden den einzelnen Gesellschaftern die Anteile am korrigierten Steuerbilanzerfolg der Gesamthand nach Maßgabe des vertraglich vereinbarten Erfolgsverteilungsschlüssels zugerechnet. Im Rahmen der ersten Stufe zur Ermittlung des steuerrechtlichen Erfolgs der Gesamthand sind aber ggf. vorliegende Ergänzungsbilanzerfolge, die z. B. durch Gesellschafterwechsel und -eintritte ausgelöst werden können, zusätzlich in die er­ tragsteuerlichen Bemessungsgrundlagen einzubeziehen. Sofern zivilrechtlich im Ei­ gentum einzelner Mitunternehmer stehende Wirtschaftsgüter dem Unternehmen zur Nutzung überlassen werden, sind diese als Sonderbetriebsvermögen in sog. Son­ derbilanzen gesellschafterbezogen zu erfassen. Die das Sonderbetriebsvermögen be­ treffenden Wertänderungen sowie persönliche Aufwendungen und Erträge einzelner Gesellschafter, die durch das Beteiligungsverhältnis veranlasst wurden, sind im Rah­ men der zweiten Stufe zum Zwecke der Ermittlung des steuerrechtlichen Gesamt­ erfolgs der Mitunternehmerschaft, an den die Gewerbesteuer anknüpft, als Son­ derbilanzerfolge dem steuerrechtlichen Gesamterfolg der Gesamthand hinzuzurech­ nen. Aus einkommensteuerlicher Sicht müssen die Sondererfolge im Hinblick auf die Ermittlung der gewerblichen Einkünfte pro Gesellschafter zu den schon vor­ her festgestellten Anteilen am steuerrechtlichen Gesamterfolg der Personenhandels­ gesellschaft addiert werden. Im Falle umfangreicher Leistungsbeziehungen zwischen Mitunternehmern sowie Unternehmen und/oder komplexen gesellschafterbezogenen Wertkorrekturen empfiehlt sich die Fertigung separater Sonder- bzw. ErgänzungsJahresabschlüsse, die dann neben der die Gesamthand betreffenden Bilanz sowie Gewinn und Verlustrechnung aufzustellen bzw. fortzuführen sind. An den dargestellten Grundsätzen der steuerrechtlichen Rechnungslegung von Personenhandelsgesellschaften wird auch im Steuerrecht prinzipiell festgehalten. Al­ lerdings führen die vielfaltigen Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsprinzips²²⁴ sowie die Abschaffung der Umkehrmaßgeblichkeit dazu, dass sich die Erstellung ei­ ner – sowohl den handels- als auch den steuerrechtlichen Vorschriften genügenden – (Einheits-)Bilanz de facto nicht mehr verwirklichen lässt. Hierdurch dürfte auch im Hinblick auf das Gesamthandsvermögen die Möglichkeit einer simultanen Buchfüh­ rung und Rechnungslegung nach Handels- und Steuerrecht Einschränkungen erfah­ ren. Grundsätzlich unabhängig von der Ermittlung der ertragssteuerrechtlichen Be­ messungsgrundlagen von Personenhandelsgesellschaften stellt sich hingegen die An­ rechnung der Gewerbesteuer dar. So können Mitunternehmer gemäß § 35 Abs. 1

224 Exemplarisch sei das handelsrechtliche Passivierungsgebot betreffend die Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB genannt; steuerrechtlich besteht für derartige Rückstellungen nach § 5 Abs. 4a EStG ein Passivierungsverbot.

IV. Zusammenfassung |

157

Nr. 2 EStG in Höhe des Vierfachen des jeweils für den dem Veranlagungszeitraum ent­ sprechenden Erhebungszeitraum festgestellten anteiligen Gewerbesteuer-Messbe­ trags eine pauschale Anrechnung der Gewerbesteuer auf ihre individuelle Einkom­ mensteuer, soweit sie auf Einkünfte aus Gewerbebetrieb entfällt, vornehmen. Wie ge­ zeigt wurde, können aber Ungleichgewichte in der Einkommensteuerentlastung zwi­ schen einzelnen Mitunternehmern auftreten, wenn die Gewerbesteuer nur unvollstän­ dig kompensiert wird. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, nicht entnommene (thesaurierte) Gewinne auf Antrag mit einem begünstigten Steuersatz von 28,25 % gemäß § 34a Abs. 1 EStG zu versteuern, um die Belastung der Gewinneinkünfte von Personenunternehmen an die der Kapitalgesellschaften anzugleichen und die Eigen­ kapitalbasis zu starken. Schließlich besteht ab dem Erhebungszeitraum 2022 erstmals für Personenhandelsgesellschaften die Alternative, für einen Wechsel der Ertragsbe­ steuerung von der Einkommensbesteuerung für natürliche Personen hin zur Kör­ perschaftssteuer auf Gesellschaftsebene zu optieren. Besonderheiten bei der Fertigung eines IFRS-Abschlusses für Personengesell­ schaften sind beim Eigenkapitalausweis, bei der Bilanzierung latenter Steuern²²⁵ so­ wie der Berichterstattung über nahestehende Personen im Anhang zu berücksichti­ gen. Darüber hinaus liegen IFRS for Small and Medium Sized Entities (SMEs) vor, die speziell für kleine und mittlere Unternehmen konzipiert wurden und damit auch für entsprechende Personengesellschaften eine (internationale) Rechnungslegungs­ alternative darstellen.²²⁶

225 Vgl. die Ausführungen in Teil 3 zu Gliederungspunkt III.B.3.d. 226 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt III.D.

| Teil 3: Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften

160 | Teil 3 Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften

Lernziele – – –



Anwendung der Rechnungslegungsnormen bei Kapitalgesellschaften Grundlagen der Erfolgsbesteuerung bei Kapitalgesellschaften Besonderheiten bei der Erstellung des Jahresabschlusses (True and Fair ViewPrinzip, Formvorschriften, Anlagespiegel, Beteiligungen, Eigenkapital, latente Steuern) Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente (Bewegungsbilanzen, Kapitalfluss­ rechnung, Eigenkapitalveränderungsrechnung, Segmentberichterstattung, Value Reporting, Nachhaltigkeitsberichterstattung, Integrated Reporting, Zwischenbe­ richt, Ad hoc-Publizität)

https://doi.org/10.1515/9783110679588-part03

I. Rechnungslegungsnormen Ebenso wie Personenhandelsgesellschaften besitzen auch Kapitalgesellschaften als Formkaufleute gemäß § 6 Abs. 1 HGB Kaufmannseigenschaft. Mithin gelten für die im Folgenden zu betrachtenden Ausprägungen der GmbH und der AG zunächst die im Ersten Abschnitt des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuches (§ 238 bis § 263 HGB) niedergelegten Vorschriften.²²⁷ Darüber hinaus sieht das Handelsrecht in Abgrenzung zu den IFRS für Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellte Un­ ternehmen Spezialregelungen vor, die im Zweiten Abschnitt des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuches (§ 264 bis § 335c HGB) verankert sind. Der Gesetzgeber macht die Anwendungspflicht bestimmter Normen jedoch von der Zugehörigkeit der be­ treffenden Kapitalgesellschaft zu spezifischen Größenklassen abhängig, die in § 267 und § 267a HGB niedergelegt sind.²²⁸ Schließlich finden sich im Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) und im Aktiengesetz (AktG) Vorschriften zur Erfolgsverwendung und zum Erfolgsausweis, die teilweise dispo­ sitiven Charakter tragen und das Handelsrecht ergänzen. Kapitalgesellschaften unterliegen als juristische Personen des privaten Rechts mit sämtlichen Einkünften der Körperschaftsteuer, sofern sie ihre Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG) und auch keine Steuerbefreiungen nach § 5 Abs. 1 KStG vorliegen.²²⁹ Die Bemessungsgrundlage für die Körperschaft­ steuer ist nach § 7 Abs. 1 und Abs. 2, § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 5 Abs. 1 EStG unter Be­ rücksichtigung körperschaft- und bilanzsteuerrechtlicher Spezialregelungen aus dem handelsrechtlichen Jahresergebnis abzuleiten (Maßgeblichkeitsprinzip). Allerdings werden die an die hinter der Kapitalgesellschaft stehenden natürlichen Personen aus­ geschütteten Gewinnanteile nach § 20 Abs. 1 Satz 1 EStG als Einkünfte aus Kapi­ talvermögen der Einkommenssteuer unterworden. Dies kann einerseits durch die sog. Abgeltungssteuer gemäß § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG erfolgen, indem u. a. die aus­ geschütteten Gewinnanteile mit einem einheitlichen Abgeltungssteuersatz von 25 % erfasst werden.²³⁰ Andererseits besteht beim Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Möglichkeit, zur Regelbesteuerung bei Gewinnausschüttungen aus unternehme­ rischer Beteiligung gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG nach Maßgabe des sog. Teileinkünf­ teverfahrens zu optieren. In diesem Fall wird die Dividende neben einem Körper­

227 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt I.A.1. 228 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.A. 229 Nachfolgend wird bezüglich der Körperschaft stets von einer unbeschränkten Steuerpflicht der Kapitalgesellschaften ausgegangen. 230 Allerdings besteht für den Steuerpflichtigen nach § 32d Abs. 4 EStG die Möglichkeit, die sog. „Günstigerprüfung“ zu beantragen, um die Einkünfte aus Kapitalvermögen abweichend von § 32d EStG den allgemeinen ertragssteuerlichen Regelungen zu unterwerfen. Vgl. Levedag 2022, Rz. 28–30 zu § 32d EStG. https://doi.org/10.1515/9783110679588-008

162 | I. Rechnungslegungsnormen

schaftssteuersatz von 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) zu 60 % mit dem Einkommenssteuersatz des Anteilseigners belegt [§ 3 Nr. 40. Buchst. d) EStG].²³¹ Ebenso wie Personenhandelsgesellschaften unterliegen auch Kapitalgesellschaf­ ten laut § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer, sofern sie im Inland betrieben werden (§ 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG) und keine Befreiungen nach § 3 GewStG existie­ ren. Gemäß § 7 GewStG muss die Bemessungsgrundlage für die Gewerbesteuer unter Beachtung gewerbe-, körperschaft- und bilanzsteuerrechtlicher Spezialregelungen ebenfalls aus dem handelsrechtlichen Jahresergebnis der Kapitalgesellschaft ab­ geleitet werden. Somit stellen auch bei Kapitalgesellschaften die handelsrechtli­ chen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) den Ausgangspunkt zur Berechnung der Bemessungsgrundlagen für die Steuern vom Einkommen (Kör­ perschaftsteuer) und die Steuern vom Ertrag (Gewerbesteuer) dar, da der IFRSAbschluss wie bei den Einzelkaufleuten und Personenhandelsgesellschaften keine Steuerbemessungsfunktion erfüllt.

231 Vgl. Levedag 2022, Rz. 135 zu § 3 EStG, Rz. 18–20 zu § 32d EStG.

II. Grundlagen der Erfolgsbesteuerung A. Körperschaft- und Einkommensteuer Laut § 7 Abs. 1 KStG stellt das zu versteuernde Einkommen die Bemessungsgrundla­ ge für die Körperschaftsteuer bei Kapitalgesellschaften dar. Abbildung 48 zeigt unter Rückgriff auf § 8 bis § 10 KStG, wie im Einzelnen diese auch als körperschaftsteuer­ rechtliches Einkommen bezeichnete Bemessungsgrundlage prinzipiell zu ermitteln ist.²³² Aufgrund der vielfaltigen Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsprinzips so­ wie der außerhalb der Steuerbilanz zu berücksichtigenden einkommen- und körper­ schaftsteuerrechtlichen Modifikationen weisen das handelsrechtliche Jahresergebnis und das körperschaftsteuerrechtliche Einkommen in aller Regel keine Identität auf. Da neben den hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Anteilseignern auch das Unternehmen selbst als juristische Person besteuert wird, werden im Gegensatz zu der Personenhandelsgesellschaft Vergütungen, die ein Anteilseigner für seine Arbeits­ leistung als Geschäftsführer oder als Zinsen, Mieten oder Pachterträge für die Über­ lassung von Darlehen bzw. Wirtschaftsgütern an die Kapitalgesellschaft erhält, auch aus ertragssteuerrechtlicher Sicht als Aufwendungen (abzugsfähige Betriebsaus­ gaben) behandelt. Ferner findet eine Korrektur des Steuerbilanzerfolgs um Sonder­ vergütungen bzw. Sonder- und/oder Ergänzungsbilanzerfolge nicht statt, weil Kapi­ talgesellschaften kein Sonderbetriebsvermögen aufweisen und anteilseignerbezo­ gene Wertkorrekturen zu den Inhalten der Steuerbilanz wegen der eigenständigen Steuerpflicht juristischer Personen nicht vorkommen können. Gleiches gilt für die Be­ messungsgrundlage der Gewerbesteuer, die auch bei Kapitalgesellschaften aus dem Steuerbilanzerfolg abgeleitet wird. Sofern das körperschaftsteuerrechtliche Einkommen positiv ist,²³³ d. h., wenn für die grundsätzlich jährliche Besteuerungsperiode (§ 7 Abs. 3 KStG) ein steuerrecht­ licher Gewinn ermittelt wurde, beträgt die Körperschaftsteuer bei unbeschränkt steuerpflichtigen Kapitalgesellschaften gemäß § 23 Abs. 1 KStG derzeit 15 % des zu versteuernden (körperschaftsteuerrechtlichen) Einkommens.²³⁴ Zu beachten ist ferner, dass gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 EStG an Anteilseigner ausge­ schüttete Gewinnanteile (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) mit einer 25%igen Kapitalertrag­

232 Vgl. R 29 Abs. 1 KStR. 233 Im Falle eines steuerlichen Verlusts, d. h. eines negativen körperschaftsteuerlichen Einkom­ mens, kann dieser Betrag gemäß § 10d EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG und unter Berücksichtigung von § 8c und § 8d KStG in beschränktem Umfang zurück- oder vorgetragen werden. Vgl. zu Sonderregelun­ gen im Rahmen der Coronapandemie, die nur zeitlich begrenzt gelten, Freidank 2022b, S. 961–967. 234 Aus Gründen der Übersichtlichkeit und Vereinfachung bleibt zunächst der Solidaritätszuschlag (§ 2 Nr. 3 SolzG) unberücksichtigt. Dieser Zuschlag beträgt 5,5 % der festgesetzten Körperschaftsteuer und der Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2, § 4 SolzG). https://doi.org/10.1515/9783110679588-009

164 | II. Grundlagen der Erfolgsbesteuerung

± = ± + + + − −

Handelsrechtliches Jahresergebnis Abweichungen der Handels- von der Ertragsteuerbilanz Steuerbilanzerfolg Erfolgskorrekturen aufgrund einkommensteuerrechtlicher Vorschriften (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 3, § 4 Abs. 5, § 4h EStG) Nicht abziehbare Steueraufwendungen, wie z. B. Körperschaftsteuer (§ 10 Nr. 2 KStG) oder Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 5b EStG) Andere nicht abziehbare Aufwendungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Nr. 1, 3, 4 KStG) Verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 KStG) Verdeckte Einlagen Gewinnanteile und Geschäftsführervergütungen der persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG)

= −

Korrigierter Steuerbilanzerfolg Verlustabzug (§ 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG unter Berücksichtigung von § 8c und 8d KStG)

=

Zu versteuerndes (körperschaftsteuerrechtliches) Einkommen

Abb. 48: Berechnung der körperschaftsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage.

steuer belegt werden (§ 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG).²³⁵ Die Kapitalertragsteuer wird von den Anteilseignern als Gläubiger der Kapitalerträge geschuldet und entsteht in dem Zeit­ punkt, in dem die Kapitalerträge den Gläubigern zufließen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG). Der Kapitalgesellschaft kommt als Schuldner der Kapitalerträge die Aufgabe zu, den Abzug für Rechnung der Anteilseigner und die Abführung der Kapitalertrag­ steuer an das Finanzamt vorzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 3 und Satz 5 EStG). Die Ka­ pitalgesellschaft haftet grundsätzlich für den Quellenabzug und die Abführung der Kapitalertragsteuer an das Finanzamt (§ 44 Abs. 5 Satz 1 EStG). Allerdings wird Steuerpflichtigen, die zur Einkommen- oder Körperschaftsteuer veranlagt werden, die Kapitalertragsteuer auf Antrag im Rahmen des Veranlagungs­ verfahrens angerechnet (§ 31 Abs. 1 KStG i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG). Die Realisierung des Anspruchs setzt aber die Vorlage einer Steuerbescheinigung nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 EStG i. V. m. § 31 Abs. 1 KStG beim Finanzamt voraus, auf der die anrechenbare Kapitalertragsteuer ausgewiesen ist. Diese Bescheinigung kann von der ausschütten­ den Kapitalgesellschaft oder von einem Kreditinstitut erteilt werden (§ 45a Abs. 2 und Abs. 3 EStG). Eine derartige Gutschriftsanzeige wird immer dann von einem Kre­

235 Zu berücksichtigen ist ferner, dass gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 5 SolzG auf die einbehaltene Kapitalertrag­ steuer der Solidaritätszuschlag zu berechnen ist. Dieser wird gemeinsam mit der Kapitalertragsteuer beim Empfänger der Kapitalerträge angerechnet.

A. Körperschaft- und Einkommensteuer |

165

ditinstitut ausgestellt, wenn dieses für Rechnung der Gesellschaft die Auszahlung der Gewinnanteile an die Anteilseigner übernimmt. Zur Verdeutlichung des Teileinkünfteverfahrens bei Vollausschüttung des Steuerbilanzgewinns nach Körperschaftsteuer zeigt das folgende Beispiel in Abbil­ dung 49 die Besteuerung der Kapitalgesellschaft und des Anteilseigners, der eine na­ türliche Person sein soll, mit Körperschaft- bzw. Einkommensteuer. Hier wird u. a. ver­ deutlicht, dass die Kapitalertragsteuer eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer des Anteilseigners darstellt und damit ohne Einfluss auf die Gesamtsteuerbelas­ tung ist, die sich aus Körperschaft- und Einkommensteuer zusammensetzt.²³⁶ An­ teilseigner, die selbst körperschaftsteuerpflichtig sind, vereinnahmen erhaltene Ge­ winnausschüttungen grundsätzlich körperschaftsteuerfrei, da Dividenden gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG nicht in die Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer ein­ bezogen werden (Vermeidung einer Mehrfachbesteuerung mit Körperschaftsteuer).

Besteuerung auf Gesellschaftsebene Steuerbilanzgewinn vor Körperschaftsteuer − Definitivbelastung der Körperschaftsteuer (0,15 · 900.000 €)

900.000 € 135.000 €

= −

Bardividende (0,85 · 900.000 €) Kapitalertragsteuer (0,25 · 765.000 €)

765.000 € 191.250 €

=

Vorläufige Nettodividende

573.750 €

Besteuerung auf Ebene des Anteilseigners −

Bardividende 40 % der Bardividende (0,4 · 765.000 €)

765.000 € 306.000 €

=

Zu versteuernder Betrag

459.000 € 160.650 €



Belastung mit Einkommensteuer (gemäß § 32a EStG wurde ein Einkommensteuersatz von 35 % angenommen) (0,35 · 459.000 €) Einbehaltene Kapitalertragsteuer

=

Anrechnungsanspruch des Anteilseigners Nettodividende (900.000 € − 135.000 € − 160.650 € = 573.750 € + 30.600 €)

191.250 € 30.600 € 604.350 €

Abb. 49: Beispielhafte Darstellung des Teileinkünfteverfahrens im Falle einer Vollausschüttung des Steuerbilanzgewinns²³⁷.

236 Die Gesamtsteuerbelastung berechnet sich in diesem Beispiel wie folgt: 900.000 € · [0,15 + (1 − 0,15) · 0,6 · 0,35] = 295.650 €. 237 Im Falle der Abgeltungssteuer nach § 32d Abs. 1 Satz. 1 EStG ist der Einbehalt der Kapitalertrag­ steuer tendenziell als endgültige Steuerfestsetzung konzipiert. Die mit dem Abgeltungssteuersatz be­ legten Kapitalerträge sind nicht zu veranlagen (§ 25 Abs. 1 i. V. m. § 43 Abs. 5 EStG) und spielen deshalb im Rahmen der Besteuerung auf Ebene des Anteilseigners keine Rolle. Vgl. Levedag 2022, Rz. 29 zu § 43 EStG.

166 | II. Grundlagen der Erfolgsbesteuerung

Allerdings ist die Steuerbefreiung für Ausschüttungen und Veräußerungsgewinne nach § 8b Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 KStG auf 95 % begrenzt, wobei 5 % des Gewinns bzw. der Bezüge als nichtabziehbare Betriebsausgaben (sog. Schachtelstrafe) gelten. Obwohl eine 95%ige Freistellung bei der empfangenen Kapitalgesellschaft vorliegt, wird bei der ausschüttenden Kapitalgesellschaft gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 43a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG auf die gesamte Dividende Kapitalertragsteuer erhoben, die aber bei der (unbeschränkt steuerpflichtigen) empfangenden Kapitalge­ sellschaft auf die Körperschaftsteuer angerechnet wird.²³⁸ Schließlich bleibt der Hinweis, dass die Kapitalgesellschaft auf die Körperschaft­ steuer auch Vorauszahlungen zu leisten hat (§ 31 Abs. 1 KStG i. V. m. § 37 EStG). Die Höhe der Vorauszahlungen richtet sich nach dem voraussichtlich zu versteuern­ den Einkommen und dem Körperschaftsteuertarif. Allerdings werden die geleisteten Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen auf die festzusetzende Körperschaftsteuer an­ gerechnet (§ 31 Abs. 1 KStG i. V. m. § 36 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Abweichend von § 36 Abs. 2 EStG besteht die Anrechnungsreihenfolge im Rahmen des Körperschaftsteuerbe­ scheides in folgenden Schritten.



Festzusetzende Körperschaftsteuer Anrechenbare Kapitalertragsteuer

= −

Verbleibende Körperschaftsteuer Vierteljährlich geleistete Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen

=

Noch zu zahlende/erstattende Körperschaftsteuer.

Da der endgültige Körperschaftsteuerbescheid bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstel­ lung noch nicht vorliegt, muss die voraussichtliche Körperschaftsteuerabschluss­ zahlung (Voraussichtliche Körperschaftsteuer – Anrechenbare Kapitalertragsteuer – Geleistete Vorauszahlungen) durch eine Rückstellung gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB im handelsrechtlichen Jahresabschluss bzw. als Schuld nach IAS 12.12 berück­ sichtigt werden. In der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung sind die Körperschaftsteueraufwendungen unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ (§ 275 Abs. 2 Posten 14. bzw. Abs. 3 Posten 13. HGB) auszuweisen, da diese Beträge von der Kapitalgesellschaft als Steuerschuldner an die Finanzbe­ hörde zu entrichten sind. Nach IAS 1.82(d) ist hingegen ein separater Ausweis der Steueraufwendungen geboten. Nach IAS 12.79 sind die Hauptbestandteile des Steu­ eraufwands in den Notes getrennt anzugeben. Mögliche Bestandteile des Steuerauf­ wands sind in IAS 12.80 aufgelistet. Da die Körperschaftsteuer nach § 10 Nr. 2 KStG zu den ertragssteuerrechtlich nicht abziehbaren Steueraufwendungen zählt, müssen die handelsrechtlich für die Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen und die Körper­ schaftsteuer-Rückstellung angesetzten Aufwendungen außerhalb der Bilanz zum

238 Vgl. Hey 2021, Rz. 11.42.

B. Gewerbesteuer | 167

Zwecke der Ermittlung des körperschaftsteuerrechtlichen Einkommens dem Steuer­ bilanzerfolg korrigierend hinzugerechnet werden. Im Falle einer voraussichtlichen Körperschaftsteuererstattung ist aus handelsrechtlicher Sicht eine Forderung zu bilanzieren, die jedoch nicht zu einer Erhöhung des körperschaftsteuerrechtlichen Einkommens führen darf. Der hieraus resultierende Steuerertrag sollte durch Unter­ gliederung oder Änderung der Bezeichnung des Postens „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ zum Ausdruck gebracht werden.²³⁹

B. Gewerbesteuer Abbildung 50 zeigt zusammenfassend die Berechnung des Gewerbeertrags bei Kapi­ talgesellschaften, die sich geringfügig von der Ermittlung bei Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften unterscheidet. So steht Kapitalgesellschaften zum ei­ nen nicht der Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Höhe von 24.500 € zu. Dagegen ist auch bei Kapitalgesellschaften stets auf den Gewerbeertrag eine kon­ stante Steuermesszahl von 3,5 % anzuwenden (§ 11 Abs. 2 GewStG). Ansonsten gel­ ten bezüglich der Gewerbesteuerrückstellung für die Kapitalgesellschaft die bereits bei den Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften dargelegten Rege­ lungen aus handels- und steuerrechtlicher Sicht analog.²⁴⁰

+

Korrigierter Steuerbilanzerfolg vor Gewerbesteuerrückstellung Geleistete Gewerbesteuer-Vorauszahlungen (§ 19 GewStG)

= + − −

Korrigierter Steuerbilanzerfolg Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) Kürzungen (§ 9 GewStG) Gewerbeverlust-Vortrag aus Vorjahren (§ 10a GewStG)

= −

Gewerbeertrag Gewerbesteuer (§ 7, § 11 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3, § 16 Abs. 1 GewStG) (3,5 % · he · Gewerbeertrag)

=

Gewinn nach Gewerbesteuer

Abb. 50: Berechnung des Gewerbeertrags bei Kapitalgesellschaften.

239 Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 233 zu § 275 HGB. 240 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3, Gliederungspunkt I.B.5.b.b.a(b), Teil 2, Gliederungspunkt III.A.1 und zu Gliederungspunkt III.B.1.

III. Spezialregelungen A. Größenabhängige Klassifizierung von Kapitalgesellschaften als Ausgangspunkt für die Aufstellung, Prüfung sowie Offenlegung von Jahresabschluss und Lagebericht In Abhängigkeit von den in § 267, 267a HGB niedergelegten Größenklassenmerk­ malen (Bilanzsumme, Umsatzerlöse, Arbeitnehmer) werden Kapitalgesellschaften in Kleinstkapitalgesellschaften, kleine, mittelgroße und große Unternehmen ein­ geteilt, wobei gemäß § 267 Abs. 4 Satz 1 HGB die Rechtsfolgen der Merkmale bezüglich Aufstellung, Prüfung und Offenlegung des Jahresabschlusses (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, ggf. Anhang, Kapitalflussrechnung, Eigenkapitalspiegel und/oder Segmentbericht) und des Lageberichts (§ 264 Abs. 1 HGB) nur dann eintreten, wenn sie an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren über- oder unterschritten werden.²⁴¹ Das IFRS-Regelwerk kennt weder größenabhän­ gige Erleichterungen für Kapitalgesellschaften bezüglich der Erstellung des Jahresab­ schlusses, noch liegen Vorschriften für seine Prüfung und Offenlegung vor. Abbildung 112 in Band 1 zeigt die für Kleinstkapitalgesellschaften, kleine, mittel­ große und große Kapitalgesellschaften maßgebenden Aufstellungs-, Prüfungs- sowie Offenlegungspflichten des Jahresabschlusses und Lageberichts.²⁴² Aus der Darstel­ lung geht hervor, dass für Kleinstkapitalgesellschaften, kleine und/oder mittelgroße Kapitalgesellschaften Erleichterungen im Hinblick auf Rechnungslegung, Prüfung und Publizität geschaffen wurden. Zusätzlich finden sich größenabhängige Erleich­ terungen für Kleinstkapitalgesellschaften und kleine Kapitalgesellschaften bezüg­ lich der Aufstellung des Jahresabschlusses in § 267a HGB i. V. m. § 274a, 275 Abs. 5, § 276 und § 288 Satz 1 HGB. § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB legt fest, dass der Jahresab­ schluss und der Lagebericht von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften zu prüfen ist. Grundsätzlich können Abschlussprüfer für Kapitalgesellschaften i. S. v. § 319 Abs. 1 Satz 1 HGB nur Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sein, die den Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung laut § 317 Abs. 1 Satz 2 HGB darauf zu prüfen haben, „[. . . ] ob die gesetzlichen Vorschriften und die sie ergänzende Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags oder der Satzung beachtet worden sind“. Der Lagebericht ist ferner gemäß § 317 Abs. 2 Satz 1 HGB darauf zu prüfen, ob er mit dem Jahresabschluss sowie mit den bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnissen des Abschlussprüfers in Einklang steht „[. . . ] und ob der Lagebericht insgesamt eine zutreffende Vorstellung von der Lage des Unternehmens [. . . ] vermit­ telt“. Schließlich haben die Abschlussprüfer über das Resultat der Prüfung schrift­ lich zu berichten (Prüfungsbericht nach § 321 HGB) und in Abhängigkeit von dem 241 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V. A. 242 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V. A. https://doi.org/10.1515/9783110679588-010

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

169

abschließenden Ergebnis einen Bestätigungsvermerk (Testat) zu erteilen, diesen einzuschränken oder zu versagen (§ 322 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 4 HGB).²⁴³ Allerdings ist zu beachten, dass mittelgroße Gesellschaften mit beschränkter Haftung auch von vereidigten Buchprüfern und Buchprüfungsgesellschaften geprüft werden können (§ 319 Abs. 1 Satz 2 HGB), wobei der Berufsstand ausläuft, d. h. keine neuen Buchprüfer mehr zugelassen werden. Im Gegensatz zu publizitätspflichtigen Einzelunternehmen und nichtkapitalisti­ schen Personenhandelsgesellschaften (§ 5 Abs. 2 Satz 1 PublG) sind Kapitalgesell­ schaften (mit Ausnahme der Kleinstkapitalgesellschaften) verpflichtet, neben der Bi­ lanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung einen Anhang zu erstellen, der mit dem Jahresabschluss eine Einheit bildet (§ 264 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ferner haben mittelgro­ ße und große Kapitalgesellschaften gemäß § 264 Abs. 1 HGB einen Lagebericht zu erstellen. Dieser ist kein Bestandteil des Jahresabschlusses, zielt aber ebenso wie der Anhang darauf ab, zusätzliche Informationen über die Kapitalgesellschaft zu ver­ mitteln. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften im Sinne des § 264d HGB müssen zudem ihren Jahresabschluss um eine Kapitalflussrechnung und einen Ei­ genkapitalspiegel erweitern (§ 264 Abs. 1 Satz 2 1. HS HGB). Zudem ist ihnen die Er­ stellung eines Segmentberichts freigestellt (§ 264 Abs. 1 Satz 2 2. HS HGB). Nach den IFRS hingegen besteht unabhängig von der Rechtsform eine Verpflichtung zur Erstel­ lung der erstgenannten Rechnungslegungsinstrumente (IAS 1, 7), wobei der Segment­ bericht lediglich für kapitalmarktorientierte Unternehmen (IFRS 8) zwingend ist. Zu­ dem besteht abweichend zum Handelsrecht nur ein Wahlrecht zur Erstellung eines Management Commentary (IAS 1.13), der dem Lagebericht vergleichbar ist.²⁴⁴

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses 1. Grundlegende Systematisierung Im Vergleich zu den für alle Kaufleute – und damit auch für Kapitalgesellschaften – geltenden Rechnungslegungsvorschriften (§ 238 bis § 263 HGB) wurden in den § 264 bis § 289f HGB in Abgrenzung zu den IFRS für Kapitalgesellschaften (zusätzliche) Spe­ zialregelungen bezüglich der Erstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses kodifiziert. Diese Sondervorschriften tragen zum einen dem spezifischen haftungs­ begrenzenden Charakter von Kapitalgesellschaften Rechnung, zum anderen zielen sie aufgrund des im Vergleich zu Einzelunternehmen und Personenhandelsgesell­ schaften erhöhten Interesses bestimmter Stakeholdergruppen (z. B. Anteilseigner, Gläubiger, Kunden, Lieferanten, Arbeitnehmer und ihre Vertreter, Öffentlichkeit) an 243 Vgl. Freidank 2022d, S. 1–103. 244 Vgl. Driesch 2020, Rz. 46 zu § 1.

170 | III. Spezialregelungen

Unternehmensinformationen auf eine Verbesserung der Rechnungslegungsquali­ tät ab. Allerdings ist zu beachten, dass Einzelunternehmen und/oder Personenhan­ delsgesellschaften dann auch bestimmte, für Kapitalgesellschaften geltende Spezi­ alregelungen im Rahmen der Aufstellung des Jahresabschlusses anwenden müssen, wenn sie die im Publizitätsgesetz festgelegten Größenklassenmerkmale überschrei­ ten (§ 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 PublG) oder zur Rechtsform der „kapitalistischen“ Personenhandelsgesellschaft zählen (§ 264a HGB). Die in § 264 bis § 335c HGB sowie im Aktiengesetz und im Gesetz betreffend die Ge­ sellschaften mit beschränkter Haftung für Kapitalgesellschaften hinsichtlich der Er­ stellung des Jahresabschlusses kodifizierten Sondervorschriften lassen sich in allge­ meine und spezifische Regelungen unterscheiden. Während die allgemeinen Rege­ lungen primär grundlegende Rechnungslegungsprinzipien enthalten, beziehen sich die spezifischen Vorschriften einerseits auf den Ansatz und die Bewertung einzel­ ner Posten des Jahresabschlusses. Andererseits finden sich Spezialregelungen, die auf den Ausweis und die Erläuterung der Posten des Jahresabschlusses abzielen. Aus Gründen der Systematik werden nachstehend zunächst die allgemeinen, für Kapi­ talgesellschaften geltenden Rechnungslegungsvorschriften dargestellt. Anschließend erfolgt dann eine Betrachtung ausgewählter postenspezifischer Regelungen, wo­ bei in diesem Zusammenhang auf Ansatz-, Bewertungs- und/oder Ausweisbesonder­ heiten der analysierten Posten eingegangen wird.

2. Allgemeine Regelungen a. True and Fair View-Prinzip Die zentrale Rechnungslegungsnormfindet sich in § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB, wonach der Jahresabschluss der Kapitalgesellschaft „[. . . ] unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen­ des Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft zu ver­ mitteln“ hat.²⁴⁵ Sofern besondere Umstande die Vermittlung des in Rede stehenden Bildes verhindern, bedarf es zusätzlicher Angaben im Anhang (§ 264 Abs. 2 Satz 2 HGB). Im Vergleich mit dem für alle Kaufleute geltenden Aufstellungsgrundsatz für den Jahresabschluss (§ 243 Abs. 1 HGB) müssen Kapitalgesellschaften somit zusätz­ lich gewährleisten, dass der Jahresabschluss ein den tatsächlichen Verhältnissen ent­ sprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens als Ge­ neralnorm vermittelt.²⁴⁶ Diese Ergänzung der allgemeinen Rechnungslegungsgrund­ satze stellt einen Ausfluss des angelsächsischen Konzepts des „True and Fair View“

245 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt IV. 246 Während publizitätspflichtige Einzelunternehmen und „nichtkapitalistische“ Personenhandelsgesellschaften dieses zusätzliche Rechnungslegungspostulat nicht beachten brauchen (§ 5 Abs. 1 Satz 2 PublG), besitzt es für „kapitalistische“ Personenhandelsgesellschaften (§ 264a Abs. 1 HGB), ein­

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 171

(das Erfordernis eines wahrheitsgetreuen und gerechten Bildes) dar, demzufolge von den gesetzlichen Bestimmungen ggf. abzuweichen ist, wenn diese den „True and Fair View“ von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung nicht herzustellen vermögen und auch durch eine Berichterstattung, etwa im Anhang, der Mangel nicht geheilt werden kann.²⁴⁷ Abbildung 51 gibt einen Überblick über die Inhalte der in § 264 Abs. 2 HGB genannten Begriffe Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.²⁴⁸ Vermögenslage

Auskunft über das Verhältnis zwischen Vermögen und Schulden eines Unternehmens; Bilanz als zentrales Instrument zur Darstellung der Vermögenslage, darüber hinaus bestimmte Anhanginformationen bedeutsam, die Angaben zur Bewertung in der Bilanz enthalten, sowie Segmentinformationen.

Finanzlage

Informationen über Mittelherkunft und -verwendung sowie Fristigkeit, ferner Auskunft über Liquidität des Unternehmens und seine Möglichkeiten, ob bzw. in welchem Umfang eingegangene Verpflichtungen zukünftig voraussichtlich erfüllt werden können; Bilanz als wichtigstes Instrument zur Darstellung der Finanzlage mit den ergänzenden Angaben im Anhang; auch aus der Gewinn- und Verlustrechnung können wichtige Informationen zur Einschätzung der Finanzlage entnommen werden, da durch sie in aller Regel Rückschlüsse auf die künftigen Veränderungen bestimmter Bilanzposten möglich sind; zudem Kapitalflussrechnung und Eigenkapitalspiegel bedeutsam.

Ertragslage

Informationen über Umfang und Variationen des Unternehmensvermögens innerhalb eines Zeitabschnitts; Gewinn- und Verlustrechnung als zentrales Instrument zur Darstellung der Ertragslage; daneben besitzen zahlreiche Anhangangaben zur Beurteilung der Ertragslage einen hohen Stellenwert.

Abb. 51: Abgrenzung der Termini Vermögens-, Finanz- und Ertragslage.

Durch den Hinweis in § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB auf die GoB stellt der deutsche Gesetzge­ ber aber eindeutig klar, dass der Jahresabschluss nicht absolut „True and Fair“ zu sein braucht,²⁴⁹ da die Einzelvorschriften und die GoB in jedem Fall vor der Generalklau­ sel des den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Fi­ nanz- und Ertragslage zu beachten sind. Folglich wird der Anwendungsbereich der in Rede stehenden, von Kapitalgesellschaften zusätzlich zu beachtenden Generalnorm durch Einzelvorschriften und die GoB eingeschränkt. Beispiel: Obwohl eine Nichteinbeziehung von allgemeinen Verwaltungsgemeinkosten gegen das True and Fair View-Prinzip verstößt, ist eine solche Bewertung aufgrund von Einzelvorschriften zu­ lässig (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB) bzw. geboten [IAS 2.16(c)].

getragene Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB), Kreditinstitute (§ 340a Abs. 1 1. HS HGB) sowie Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds (§ 341a Abs. 1 HGB) Gültigkeit. 247 Vgl. ADS 1997b, Rz. 38 zu § 264 HGB. 248 Vgl. Störk/Rimmelspacher 2022, Rz. 42–43 zu § 264 HGB. 249 Vgl. Müller 2022, Rz. 51 zu § 264 HGB.

172 | III. Spezialregelungen

Nach h. M. kommt der Generalklausel des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB die Aufgabe zu, Lücken zu schließen und Zweifelsfragen zu klären, welche die für die Rechnungs­ legung maßgebenden Einzelvorschriften offenlassen.²⁵⁰ In diesem Zusammenhang stellt sich im Verhältnis zu den Einzelvorschriften und den GoB die Frage nach der Reihenfolge der Rechtsanwendung.²⁵¹ Unter Berücksichtigung der schon ange­ sprochenen Subsidiaritätsfunktion des § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB ergibt sich folgende grundlegende Reihung.²⁵² – Spezialnormen für bestimmte Geschäftszweige (z. B. Fair Value-Bewertung für Finanzinstrumente des Handelsbestands bei Kredit- und Finanzdienstleistungs­ instituten nach § 340e Abs. 3 HGB); – Spezialnormen für bestimmte Rechtsformen (z. B. Rücklagenbildung für Ak­ tiengesellschaften nach § 150 AktG); – Spezialnormen für Kapitalgesellschaften (§ 264 bis § 335c HGB mit Ausnahme von § 264 Abs. 2 HGB); – kodifizierte GoB für alle Kaufleute (z. B. § 242 bis § 256a HGB); – nicht kodifizierte GoB für alle Kaufleute (z. B. grundsätzlich keine Teilgewinn­ realisierung bei langfristigen Fertigungsaufträgen);²⁵³ – Generalnorm von § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB (ggf. in Form der Angabepflicht nach § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB). Die Berichtspflicht im Anhang gemäß § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB wird aber nur dann aus­ gelöst, wenn besondere Umstände vorliegen, die die angesprochene Abweichung verursachen. Sofern die Diskrepanz zwischen dem Ergebnis der Anwendung der Ein­ zelvorschriften und den tatsächlichen Verhältnissen erheblich (wesentlich) im Hin­ blick auf die Gesamteinschätzung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des je­ weiligen Unternehmens ist, liegen nach der Interpretation im Schrifttum besondere Umstände vor, die zu einer Angabepflicht zwingen.²⁵⁴ Allerdings werden Konstellatio­ nen, die eine Berichtspflicht im Anhang auslösen, aus zwei Gründen nur in seltenen Fällen auftreten.²⁵⁵ – Zum einen muss es sich um nicht unerhebliche Diskrepanzen handeln, die einen Jahresabschluss betreffen, der ansonsten vollumfänglich mit den gesetzlichen Einzelvorschriften und den sonstigen GoB in Einklang steht. – Ferner existiert eine Vielzahl von Einzelvorschriften, die unabhängig von § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB eine Angabepflicht beinhalten (§ 265 Abs. 1 bis Abs. 4, Abs. 7, § 268 Abs. 3 bis Abs. 7, § 274 Abs. 2 Satz 3, § 284, § 285, § 286 Abs. 3 Satz 3, § 288 HGB)

250 251 252 253 254 255

Vgl. z. B. ADS 1997b, Rz. 59 zu § 264 HGB; Störk/Rimmelspacher 2022, Rz. 28 zu § 264 HGB. Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt IV.A. Vgl. Müller 2022, Rz. 53 zu § 264 HGB. Vgl. Teil 1, Gliederungspunkt I.C.1. Vgl. ADS 1997b, Rz. 101 zu § 264 HGB; Störk/Rimmelspacher 2022, Rz. 56 zu § 264 HGB. Vgl. Störk/Rimmelspacher 2022, Rz. 57–59 zu § 264 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 173

und mithin dazu beitragen, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu vermitteln. Als typische Ausnahmefalle, die zu einer Angabepflicht im Anhang nach § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB führen, sind etwa zu nennen: – Aufgrund der nicht vorliegenden Voraussetzungen für die vorzeitige Erfolgsreali­ sierung aus langfristigen Fertigungsaufträgen (z. B. mangels eindeutiger Aufspal­ tung des Auftrags in qualifizierte Teilabnehmer)²⁵⁶ können positive Teilgewinne am Bilanzstichtag nicht im handelsrechtlichen Jahresabschluss berücksichtigt werden. – Ein wesentlicher Teil des Unternehmensgewinns stammt von einer in einem aus­ ländischen Staat gelegenen Betriebsstätte und enthält wegen der hohen Inflati­ onsrate in diesem Staat erhebliche Scheingewinne. In beiden Fällen werden verbale Angaben und ggf. auch Zahleninformationen im An­ hang erforderlich, die zur Vermittlung des den tatsächlichen Verhältnissen entspre­ chenden Bildes, vor allem der Ertragslage, beitragen sollen. Auch nach den IFRS erfährt das True and Fair View-Prinzip eine zentrale Bedeu­ tung. In IAS 1.15 wird die monistische Zielsetzung der Informationsfunktion des IFRSAbschlusses angeführt, die sich in der Vermittlung von Informationen über die tat­ sächliche wirtschaftliche Lage des Unternehmens widerspiegelt. Annahmegemäß soll die Beachtung der IFRS übereinstimmend mit dem Framework u. a. zu einer Faithful Representation (F 2.12–2.19, F 5.18) der Unternehmenslage führen. Der Anhang (No­ tes) erfüllt in Übereinstimmung zum Handelsrecht eine wichtige Ergänzungsfunkti­ on, da Angaben über die ausgeübten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden nach IAS 1.17 eingefordert werden. Ist im Einzelfall ein Abweichen von einzelnen Bestim­ mungen im Interesse des True and Fair View notwendig, sind ergänzende Anhangan­ gaben erforderlich nach IAS 1.19–1.20 Diese Vorgehensweise (Overriding) ist jedoch auf absolute Ausnahmefälle beschränkt, da die Einhaltung der in den IFRS enthalte­ nen Anforderung eine irreführende Darstellung bedingen und das Entscheidungsver­ halten der Adressaten negativ beeinflussen muss (IAS 1.19). Insofern geht grundsätz­ lich die Anwendung der Einzelstandards dem True and Fair View-Prinzip vor. b. Formvorschriften für den Jahresabschluss In § 265 HGB und IAS 1 sind allgemeine Grundsatze verankert, die sich auf die Glie­ derung des Jahresabschlusses beziehen. Allerdings dürfte aus handelsrechtlicher Sicht ein Großteil dieser Vorschriften den Charakter allgemeiner GoB tragen, so dass

256 Vgl. Teil 1, Gliederungspunkt I.C.1.

174 | III. Spezialregelungen

sie dann auch von allen rechnungslegenden Unternehmen zu beachten sind.²⁵⁷ Im Einzelnen werden von § 265 HGB folgende Sachverhalte erfasst:²⁵⁸ – Darstellungsstetigkeit (Abs. 1; vgl. entsprechend IAS 1.45); – Angabe von Vorjahresbeträgen in Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung (Abs. 2; vgl. entsprechend IAS 1.38–1.38A); – Vermerk der Mitzugehörigkeit von Bilanzposten (Abs. 3); – Beachtung von Gliederungsvorschriften beim Vorliegen mehrerer Geschäfts­ zweige (Abs. 4); – Erweiterung der Gliederungsschemata für die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung nach § 266 und § 275 HGB (Abs. 5; siehe entsprechend IAS 1.55); – Änderung der Gliederung und Bezeichnung bestimmter Posten in der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung (Abs. 6; siehe entsprechend IAS 1.54–1.55); – Zusammenfassung bestimmter Posten in Bilanz sowie in Gewinn- und Verlust­ rechnung (Abs. 7; siehe entsprechend IAS 1.29–1.30); – Ausweis von Leerposten in bestimmten Fällen (Abs. 8). Die vorstehend genannten Detailregelungen zielen darauf ab, die in § 243 Abs. 2 und § 264 Abs. 2 Satz 1 HGB verankerten Aufstellungsgrundsätze für den Jahresabschluss zu konkretisieren. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das Pos­ tulat der Darstellungsstetigkeit (§ 265 Abs. 1 HGB; IAS 1.45).²⁵⁹ Die auch als formelle Bilanzkontinuität bezeichnete Darstellungs- oder Ausweisstetigkeit bringt zum Aus­ druck, dass die Form der Darstellung, insbesondere die Gliederung aufeinander fol­ gender Jahresabschlüsse, beizubehalten ist, „[. . . ] soweit nicht in Ausnahmefällen we­ gen besonderer Umstände Abweichungen erforderlich sind“ (§ 265 Abs. 1 Satz 1 2. HS HGB). Nach IAS 1.45 ist eine Durchbrechung nur möglich, wenn ein Einzelstandard eine geänderte Darstellung vorgibt, aufgrund einer wesentlichen Änderung des Tä­ tigkeitsfelds oder wenn bei Überprüfung der Abschlussdarstellung eine Änderung zu einer besseren Aussagekraft des Abschlusses führen würde. Treten derartige Differen­ zen auf (z. B. infolge eines Wechsels des Mutterunternehmens und Anpassung an des­ sen Ausweissystematik oder Veränderungen des Produktionsprogramms)²⁶⁰, so be­ steht gemäß § 265 Abs. 1 Satz 2 HGB und IAS 8 die Verpflichtung, diese im Anhang an­ zugeben und zu begründen. Die formelle Bilanzkontinuität zielt mithin darauf ab, die

257 Diese grundlegenden Regelungen gelten mithin auch für (publizitätspflichtige) Einzelunterneh­ men und „nichtkapitalistische“ Personenhandelsgesellschaften (§ 5 Abs. 1 Satz 2 PublG), „kapitalis­ tische“ Personenhandelsgesellschaften (§ 264a Abs. 1 HGB), eingetragene Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB), Kreditinstitute (§ 340a Abs. 1 1. HS HGB) sowie Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds (§ 341a Abs. 1 HGB). 258 Vgl. ADS 1997b, Rz. 1 zu § 265 HGB. 259 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt IV.B.3, Teil 1, Gliederungspunkt I.E. 260 Vgl. Störk/Büssow 2022, Rz. 2–3 zu § 265 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 175

formelle Vergleichbarkeit mehrerer Jahresabschlüsse durch die Beibehaltung ein­ mal gewählter Ausweismethoden sicherzustellen. Das Prinzip der Darstellungsstetigkeit beeinflusst im hohen Maße die Flexibi­ lität des Einsatzes der Ausweiswahlrechte (z. B. Wahl des Gesamtkosten- oder des Umsatzkostenverfahrens oder die Inanspruchnahme größenabhängiger Erleichte­ rungen für die Aufstellung des Jahresabschlusses gemäß § 266 Abs. 1 Satz 3, § 276 HGB). Infolgedessen erfordert die Bindungswirkung der formellen Bilanzkontinuität für die Rechnungslegungspolitik der Folgejahre unter Berücksichtigung langfristi­ ger Zielsetzungen einen spezifischen (strategischen) Planungsaufwand hinsichtlich der erstmaligen Aufstellung von Jahresabschluss und Lagebericht. Zu berücksichti­ gen ist in diesem Zusammenhang, dass der Grundsatz der Darstellungskontinuität nicht nur für die Bilanz sowie die Gewinn- und Verlustrechnung gilt, sondern auch Anhang und Lagebericht vom Ausweisprinzip des § 265 Abs. 1 HGB betroffen sind, da die Bezeichnung des Ersten Unterabschnitts des Zweiten Abschnitts im Handels­ gesetzbuch neben dem Begriff „Jahresabschluss“ auch den Terminus „Lagebericht“ enthält.²⁶¹ Allerdings führt die Aufnahme neuer Gliederungsposten und zusätzlicher Angaben in Anhang und Lagebericht, die über das gesetzlich geforderte Mindestmaß hinausgehen, nicht zu einer Durchbrechung der formellen Stetigkeit,²⁶² so dass einer umfassenden rechnungslegungspolitischen Selbstdarstellung des Unternehmens keine Grenzen gesetzt sind.

3. Ausgewählte postenspezifische Regelungen a. Anlagespiegel Laut § 284 Abs. 3 Satz 1 HGB haben mittelgroße und große Kapitalgesellschaften im Anhang die Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens darzustellen. Kleine Kapitalgesellschaften und Kleinstkapitalgesellschaften sind von dieser Rege­ lung befreit (§ 288 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 267a Abs. 2 HGB). In diesem Anlagespiegel²⁶³ oder Anlagegitter „[. . . ] sind, ausgehend von den gesamten Anschaffungs- und Her­ stellungskosten, die Zugänge, Abgänge, Umbuchungen und Zuschreibungen des Ge­ schäftsjahres sowie die Abschreibungen in ihrer gesamten Höhe aufzuführen“ (§ 284 Abs. 3 Satz 2 HGB). Der Anlagespiegel vermittelt den Adressaten des Jahresabschlus­ ses vor allem wichtige Informationen über die Investitionspolitik des Unternehmens und zielt im Einzelnen darauf ab, zum einen das im Anlagevermögen gebundene Ka­ 261 Vgl. Grottel 2022, Rz. 29 zu § 289 HGB. 262 Vgl. hierzu im Einzelnen Störk/Büssow 2022, Rz. 36 zu § 265 HGB; Grottel 2022, Rz. 90–94 zu § 284 HGB und Grottel 2022, Rz. 170–171 zu § 289 HGB. 263 Der Anlagespiegel muss auch von „kapitalistischen“ Personenhandelsgesellschaften (§ 264a Abs. 1 HGB), publizitätspflichtigen Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften (§ 5 Abs. 1 Satz 2 PublG), eingetragenen Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB), Kreditinstituten (§ 340a Abs. 1 HGB) sowie Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds (§ 341a Abs. 1 HGB) erstellt werden.

176 | III. Spezialregelungen

pital und zum anderen die Altersstruktur und die Entwicklung der einzelnen Posten des Anlagevermögens darzulegen.²⁶⁴ Abbildung 52 zeigt eine mögliche Alternative zur horizontalen Gestaltung des Anlagespiegels²⁶⁵ mit Hilfe eines vierzehnspaltigen Schemas,²⁶⁶ das auf die einzel­ nen Posten des Anlagevermögens anzuwenden ist.²⁶⁷ Die dort gewählte Reihenfolge der einzelnen Spalten ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut von § 284 Abs. 3 Satz 2 HGB und zum anderen aus sachlogischen Gesichtspunkten bezüglich einer sinnvol­ len Darstellung der Entwicklung des Anlagevermögens. Hiernach werden nach Anga­ be der gesamten (historischen) Anschaffungs- und Herstellungskosten [Spalte (1)], die sich auf das zu Beginn des Geschäftsjahrs vorhandene Anlagevermögen beziehen, zunächst die Zu- und Abgänge [Spalte (2) und (3)] als wertmäßige Änderungen an­ geführt. Anschließend erfolgen Umbuchungen [(Spalte (4)], die Informationen über Umgruppierungen innerhalb des Anlagevermögens vermitteln (z. B. vom Posten „Ge­ leistete Anzahlungen und Anlagen im Bau“ zum Posten „Technische Anlagen und Ma­ schinen“ nach § 266 Abs. 2 Posten A.II.4. und 2. HGB). Die Überleitung dieser Verän­ derung erfolgt sodann auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten am Ende des Geschäftsjahrs [Spalte (5)]. Während Spalte (6) den Gesamtbetrag sämtlicher auf das Anlagevermögen bis zu Beginn des Geschäftsjahrs vorgenommene (kumulierte) Abschreibungen enthält, werden in Spalte (7) die auf Gegenstände des Anlagevermögens vorgenommenen Ab­ schreibungen (planmäßige und außerplanmäßige Abschreibungen) des Geschäfts­ jahrs²⁶⁸ und in Spalte (8) Zuschreibungen des Geschäftsjahrs ausgewiesen. Da § 284 Abs. 3 Nr. 3 HGB fordert, auch gesondert Angaben zu „[. . . ] Änderungen in den Ab­ schreibungen in ihrer gesamten Höhe im Zusammenhang mit Zu-, Abgängen sowie Umbuchungen im Laufe des Geschäftsjahrs“ zu machen sind, bedarf es einer Einbe­ ziehung der Spalten (9), (10) und (11) in den Anlagespiegel. Allerdings ist zu beachten, dass die erfolgswirksamen Abschreibungen auf Zu­ gänge des Geschäftsjahrs bereits in den Abschreibungen des Geschäftsjahrs [Spal­ te (7)] enthalten sind und deshalb auf eine (nochmalige) Angabe verzichtet werden kann. Deshalb wird die in Rede stehende Angabepflicht lediglich solche (Ausnahme-) Sachverhalte betreffen, bei denen auf Gegenstände des Anlagevermögens vor dem Zugangszeitpunkt Abschreibungen vorgenommen wurden, die im Zusammenhang 264 Vgl. Müller 2022, Rz. 58 zu § 284 HGB. 265 Die Gestaltung des Anlagespiegels kann in horizontaler (Posten des Anlagevermögens in sepa­ raten Zeilen) oder vertikaler Form (Posten des Anlagevermögens in separaten Spalten) erfolgen. Vgl. Grottel 2022, Rz. 221 zu § 284 HGB. 266 Vgl. etwa Grottel 2022, Rz. 224 zu § 284 HGB; Müller 2022, Rz. 61 zu § 284 HGB. 267 Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, wird auch vorgeschlagen, die Spalten (7) bis (11) aus dem Anlagespiegel herauszulösen und in einen separaten Abschreibungs- und Zuschreibungsspiegel zu integrieren. Vgl. etwa Müller 2022, Rz. 62 zu § 284 HGB. 268 Nach h. M. sind hiermit alle in der Berichtsperiode vorgenommenen sowie in der Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Abschreibungen gemeint. Vgl. ADS 1997b, Rz. 68 zu § 268 HGB.

(Gj.) −

(Gj.)

+

(gesamt)

(3) Abgänge gesam­ te AHK des Gj.

(2) Zugänge gesam­ te AHK des Gj.

(1) AHK zu Beginn des Gj.

±

(Gj.)

(4) Umbu­ chungen gesam­ te AHK des Gj.

(gesamt)

(5) AHK am Ende des Gj.



(gesamt)

(6) Kumulierte Ab­ schrei­ bungen zu Beginn des Gj.



(Gj.)

(7) Abschrei­ bungen des Gj.

+

(Gj.)

(8) Zuschrei­ bungen des Gj.



(gesamt)

(9) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Zu­ gänge [ohne (7)] +

(gesamt)

(10) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Abgän­ ge

±

(gesamt)

(11) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Umbu­ chun­ gen



(gesamt)

(12) Kumulierte Ab­ schrei­ bungen am Ende des Gj.

Bilanz­ ansatz

(13) Buchwert am Ende des Gj.

Bilanz­ ansatz

(14) Buchwert am Ende des Vj.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 177

Abb. 52: Struktur des Anlagespiegels.²⁶⁹

269 AHK = Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten; Gj. = Geschäftsjahr; Vj. = Vorjahr.

178 | III. Spezialregelungen

mit Zugängen in der Referenzperiode stehen (z. B. bei der Übernahme von Anlage­ vermögen bei Umwandlungen gem. § 24 UmwG²⁷⁰, das zu Buchwerten fortgeführt wird). Durch diese Vorgehensweise wird es möglich, im Anlagespiegel die gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten als Zugang darzustellen und „[. . . ] die sich rechnerisch bis zum Zugangszeitpunkt ergebenden kumulierten Abschreibungen der betroffenen Vermögensgegenstände als Änderungen der gesamten Abschreibungen im Zusammenhang mit Zugängen separat [. . . ]“²⁷¹ im Anlagespiegel zu zeigen. Im Rahmen von Spalte (10) sind Änderungen von Abschreibungen der Vorjahre und des Geschäftsjahrs, die im Zusammenhang mit Abgängen von Gegenständen des Anlagevermögens stehen, im Anlagespiegel anzugeben und damit aus den gesamten Abschreibungen zu eliminieren. Bei Änderungen der gesamten Abschreibungen, die Umbuchungen betreffen [Spalte (11)], handelt es sich um Beträge, die sich auf inner­ halb des Geschäftsjahrs umgegliederte Vermögensgegenstände beziehen. Hier sind neben den in Spalte (4) gezeigten Umbuchungen der gesamten Anschaffungs- und Herstellungskosten auch die bis zum Umbuchungszeitpunkt angefallenen Abschrei­ bungen der betreffenden Vermögensgegenstände anzugeben.²⁷² Das Überführungsergebnis der kumulierten Abschreibungen zu Beginn des Ge­ schäftsjahrs von Spalte (6) über Spalte (7) auf die kumulierten Abschreibungen am Ende des Geschäftsjahrs wird schließlich in Spalte (12) des Anlagespiegels gezeigt. Weiterhin wird durch die Aufnahmen der Spalten (13) und (14) der bilanziellen An­ gabepflicht von § 265 Abs. 2 Satz 1 HGB genüge getan, der aber nach der seit dem Jahr 2016 geltenden Darstellung des Anlagespiegels im Anhang nicht mehr gefolgt werden muss. Sofern bestimmte Veränderungen der Anschaffungs- und Herstellungs­ kosten der Vermögensgegenstände des Anlagevermögens während des Geschäftsjahrs nicht vorliegen, kann das vierzehnspaltige Schema des Anlagespiegels entsprechend verkürzt werden. Von entscheidender Bedeutung ist, dass in den Spalten (2), (3), (4) und (7) bis (11) des Anlagespiegels nur die Veränderungen des Geschäftsjahrs gezeigt werden. So fallen Zugänge grundsätzlich nur in dem Geschäftsjahr an, in dem das Anlagevermö­ gen mengenmäßig erweitert wird. Diese Erhöhungen sind mit den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten auszuweisen. Bei Abgängen handelt es sich um mengenmäßige Verringerungen des Anlagevermögens, die z. B. infolge von Verkäufen oder Vernich­ tung entstehen. Da der in Abbildung 51 dargestellte Anlagespiegel auf dem Brutto­ prinzip basiert, müssen auch die Abgänge des Geschäftsjahrs [Spalte (3)] in Höhe der ehemals historischen Anschaffungs- und Herstellungskosten angegeben wer­ den. Die zum Abgangszeitpunkt auf den ausscheidenden Vermögensgegenstand ent­ fallenden (kumulativen) Abschreibungen sind deshalb aus den Abschreibungsspal­ ten (6) und (7) zu eliminieren. Folglich setzen sich die als Abgang auszuweisenden 270 Vgl. IDW RS HFA 42, Tz. 64. 271 Grottel 2022, Rz. 234 zu § 284 HGB. 272 Vgl. Grottel 2022, Rz. 236–237 zu § 284 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

179

Anschaffungs- und Herstellungskosten bestimmter Vermögensgegenstände aus dem Restbuchwert zuzüglich kumulierter Abschreibungen und abzüglich ggf. in den Vor­ perioden erfolgter Zuschreibungen zusammen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass wertlose Gegenstände, die tatsächlich nicht mehr genutzt werden (z. B. bei Zerstö­ rung, Verschrottung), stets als Abgang zu behandeln sind, wenn der Vermögensge­ genstand endgültig aus der Verfügungsmacht des Unternehmens ausgeschieden ist.²⁷³ Im Gegensatz zu den Zu- und Abgängen informieren Umbuchungen über während des Geschäftsjahrs erfolgte Ausweisänderungen. Sie sind ebenfalls mit den gesamten (historischen) Anschaffungs- und Herstellungskosten darzustellen. Auch nach IAS 36.126–36.128 ist die Entwicklung der Vermögenswerte während des Geschäftsjahrs detailliert anzugeben. Diese Verpflichtung trifft sämtliche Unterneh­ men und muss nicht zwingend in einem Anlagespiegel erfolgen (IAS 36.128).²⁷⁴ Da immaterielle Vermögenswerte im Falle der Existenz eines aktiven Markts und Sachan­ lagen auch neu bewertet werden können,²⁷⁵ besteht die Möglichkeit, dass abweichend zum HGB sowohl die Anschaffungs- und Herstellungskosten als auch der beizulegende Zeitwert (Neubewertungsbetrag) als Referenzgrößen des Anlagespiegels dienen. Beispiel: Die als mittelgroße Kapitalgesellschaft nach § 267 Abs. 2 HGB geltende XY-GmbH hat zu Beginn des Geschäftsjahres t1 Maschinen sowie Betriebs- und Geschäftsausstattung zu An­ schaffungskosten in Höhe von 800.000 € bzw. 1.200.000 € erworben. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Vermögensgegenstände, die linear abgeschrieben werden sollen, beträgt ein­ heitlich 8 Jahre. Im Geschäftsjahr t2 leistet das Unternehmen eine Anzahlung auf eine weitere Maschine in Höhe von 300.000 € (einschl. 20 % USt), die zu Beginn des Geschäftsjahrs t3 geliefert und mit Anschaffungs­ kosten in Höhe von 600.000 € aktiviert wird.²⁷⁶ Diese Maschine soll unter Zugrundelegung einer betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 6 Jahren ebenfalls linear abgeschrieben werden. Am 31.12. des Geschäftsjahrs t4 stellt sich heraus, dass aufgrund des Ausfalls eines Spezialkunden diese Maschine voraussichtlich nicht mehr genutzt werden kann und damit eine außerplanmäßi­ ge Abschreibung in Höhe des Restbuchwerts von 400.000 € erforderlich wird. Wider Erwarten tritt aber zum Ende des Geschäftsjahrs t5 ein neuer ausländischer Kunde an das Unternehmen heran, wodurch die in Rede stehende Maschine künftig voll genutzt werden kann. Somit muss eine Zu­ schreibung bis zu den fortgeführten Anschaffungskosten in Höhe von 300.000 € vorgenommen werden. Zum Ende des Geschäftsjahrs t6 werden die zu Beginn des Geschäftsjahrs t1 angeschafften Ma­ schinen mit einem Veräußerungserlös von 360.000 € (einschl. 20 % USt) verkauft.²⁷⁷ Die folgenden Abbildungen 53 bis 58 zeigen die Entwicklung des Anlagevermögens der XY-GmbH vom Geschäftsjahr t1 bis t6 in Form eines vierzehnspaltigen Anlagespiegels.

273 Vgl. ADS 1997b, Rz. 56 zu § 268 HGB. 274 Vgl. Nommensen 2020, Rz. 213 und 222 zu § 5. 275 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, 3. Teil, Gliederungspunkt II.C.1.d. 276 Der entsprechende Buchungssatz lautet: Technische Anlagen und Maschinen (600.000 €) an Ge­ leistete Anzahlungen (250.000 €) und Finanzkonto (350.000 €). 277 Der entsprechende Buchungssatz lautet: Finanzkonto (300.000 €) an Technische Anlagen und Maschinen (200.000 €) und Sonstige betriebliche Erträge (100.000 €).

+1.200



Betriebsund Ge­ schäfts­ ausstat­ tung

(2) Zugänge gesam­ te AHK des Gj.

+800

(1) AHK zu Beginn des Gj.

Technische – Anlagen und Ma­ schinen

(0) Posten des Sachan­ lagever­ mögen





(3) Abgänge gesam­ te AHK des Gj.





(4) Umbu­ chungen gesam­ te AHK des Gj.

1.200

800

(5) AHK am Ende des Gj.





(6) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen zu Be­ ginn des Gj.

−150

−100

(7) Abschrei­ bungen des Gj.





(8) Zuschrei­ bungen des Gj.





(9) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Zu­ gänge [ohne (7)]





(10) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Abgän­ ge





(11) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Umbu­ chun­ gen

−150

−100

(12) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen am Ende des Gj.

1.050

700

(13) Buchwert am Ende des Gj.





(14) Buchwert am Ende des Vj.

180 | III. Spezialregelungen

Abb. 53: Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t1 in T€.

Abb. 54: Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t2 in T€.



Geleistete Anzah­ lungen

250



1.200

Betriebsund Ge­ schäfts­ ausstat­ tung

(2) Zugänge gesam­ te AHK des Gj.



(1) AHK zu Beginn des Gj.

Technische 800 Anlagen und Ma­ schinen

(0) Posten des Sachan­ lagever­ mögen







(3) Abgänge gesam­ te AHK des Gj.







(4) Umbu­ chungen gesam­ te AHK des Gj.

250

1.200

800

(5) AHK am Ende des Gj.



−150

−100

(6) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen zu Be­ ginn des Gj.



−150

−100

(7) Abschrei­ bungen des Gj.







(8) Zuschrei­ bungen des Gj.







(9) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Zu­ gänge [ohne (7)]







(10) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Abgän­ ge







(11) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Umbu­ chun­ gen



−300

−200

(12) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen am Ende des Gj.

250

900

600

(13) Buchwert am Ende des Gj.



1.050

700

(14) Buchwert am Ende des Vj.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 181

Abb. 55: Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t3 in T€.

250

Geleistete Anzah­ lungen





1.200

Betriebsund Ge­ schäfts­ ausstat­ tung

(2) Zugänge gesam­ te AHK des Gj.

+350

(1) AHK zu Beginn des Gj.

Technische 800 Anlagen und Ma­ schinen

(0) Posten des Sachan­ lagever­ mögen







(3) Abgänge gesam­ te AHK des Gj.

−250



+250

(4) Umbu­ chungen gesam­ te AHK des Gj.



1.200

1.400

(5) AHK am Ende des Gj.



−300

−200

(6) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen zu Be­ ginn des Gj.



−150

−200

(7) Abschrei­ bungen des Gj.







(8) Zuschrei­ bungen des Gj.







(9) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Zu­ gänge [ohne (7)]







(10) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Abgän­ ge







(11) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Umbu­ chun­ gen



−450

−400

(12) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen am Ende des Gj.



750

1.000

(13) Buchwert am Ende des Gj.

250

900

600

(14) Buchwert am Ende des Vj.

182 | III. Spezialregelungen



1.200

Betriebsund Ge­ schäfts­ ausstat­ tung

(2) Zugänge gesam­ te AHK des Gj.



(1) AHK zu Beginn des Gj.

Technische 1.400 Anlagen und Ma­ schinen

(0) Posten des Sachan­ lagever­ mögen





(3) Abgänge gesam­ te AHK des Gj.





(4) Umbu­ chungen gesam­ te AHK des Gj.

1.200

1.400

(5) AHK am Ende des Gj.

−450

−400

(6) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen zu Be­ ginn des Gj.

−150

−600

(7) Abschrei­ bungen des Gj.





(8) Zuschrei­ bungen des Gj.





(9) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Zu­ gänge [ohne (7)]





(10) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Abgän­ ge





(11) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Umbu­ chun­ gen

−600

−1.000

(12) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen am Ende des Gj.

600

400

(13) Buchwert am Ende des Gj.

750

1.000

(14) Buchwert am Ende des Vj.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 183

Abb. 56: Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t4 in T€.



1.200

Betriebsund Ge­ schäfts­ ausstat­ tung

(2) Zugänge gesam­ te AHK des Gj.



(1) AHK zu Beginn des Gj.

Technische 1.400 Anlagen und Ma­ schinen

(0) Posten des Sachan­ lagever­ mögen





(3) Abgänge gesam­ te AHK des Gj.





(4) Umbu­ chungen gesam­ te AHK des Gj.

1.200

1.400

(5) AHK am Ende des Gj.

−600

−1.000

(6) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen zu Be­ ginn des Gj.

−150

−100

(7) Abschrei­ bungen des Gj.



+300

(8) Zuschrei­ bungen des Gj.





(9) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Zu­ gänge [ohne (7)]





(10) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Abgän­ ge





(11) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Umbu­ chun­ gen

−750

−1.100

(12) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen am Ende des Gj.

450

600

(13) Buchwert am Ende des Gj.

600

400

(14) Buchwert am Ende des Vj.

184 | III. Spezialregelungen

Abb. 57: Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t5 in T€.

Abb. 58: Anlagespiegel für das Geschäftsjahr t6 in T€.

c

b

a



800 T€ = Anschaffungskosten. 600 T€ = 6 · 100 T€. 700 T€ = 3 · 100 T€ + 400 T€.

1.200

Betriebsund Ge­ schäfts­ ausstat­ tung

(2) Zugänge gesam­ te AHK des Gj.



(1) AHK zu Beginn des Gj.

Technische 1.400 Anlagen und Ma­ schinen

(0) Posten des Sachan­ lagever­ mögen





−800 a



(4) Umbu­ chungen gesam­ te AHK des Gj.

(3) Abgänge gesam­ te AHK des Gj.

1.200

600

(5) AHK am Ende des Gj.

−750

−1.100

(6) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen zu Be­ ginn des Gj.

−150

−200

(7) Abschrei­ bungen des Gj.





(8) Zuschrei­ bungen des Gj.





(9) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Zu­ gänge [ohne (7)]



+600 b

(10) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Abgän­ ge





(11) Änderun­ gen der ge­ samten Ab­ schrei­ bungen durch Umbu­ chun­ gen

−900

−700 c

(12) Kumu­ lierte Ab­ schrei­ bungen am Ende des Gj.

300

200

(13) Buchwert am Ende des Gj.

450

600

(14) Buchwert am Ende des Vj.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 185

186 | III. Spezialregelungen

Die allgemeinen Formvorschriften für den handelsrechtlichen Jahresabschluss wer­ den ergänzt durch eine Vielzahl postenorientierter Spezialregelungen (z. B. § 266, § 268, § 277, § 284, § 285 HGB), deren umfassende Darstellung den Charakter eines ein­ führenden Lehrbuchs sprengen würde. Aus diesem Grund beschränken sich die nach­ folgenden Ausführungen auf ausgewählte Posten, denen üblicherweise herausragen­ de Bedeutung im Rahmen der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften zukommt. b. Beteiligungen und Anteile an verbundenen Unternehmen b.a Ausweis und Bewertung Beteiligungen werden in § 271 Abs. 1 Satz 1 HGB definiert als „[. . . ] Anteile an ande­ ren Unternehmen, die bestimmt sind, dem eigenen Geschäftsbetrieb durch Herstel­ lung einer dauernden Verbindung zu jenen Unternehmen zu dienen“. Kapitalgesell­ schaften haben Beteiligungen gemäß § 266 Abs. 2 HGB unter dem Posten A.III.3. im Finanzanlagevermögen auszuweisen. Im Zweifelsfall gelten als Beteiligungen An­ teile an einer Kapitalgesellschaft, deren Nennbetrage 20 % des Nennkapitals dieser Gesellschaft überschreiten (§ 271 Abs. 1 Satz 3 HGB). Die Berechnung des Grenzwerts ist unter Berücksichtigung von § 16 Abs. 2 und Abs. 4 AktG vorzunehmen (§ 271 Abs. 1 Satz 4 HGB), wobei aber die Mitgliedschaft an einer eingetragenen Genossenschaft nicht als Beteiligung im Sinne des Dritten Buches des Handelsgesetzbuches gilt (§ 271 Abs. 1 Satz 5 HGB). Sofern die Beteiligungsabsicht widerlegt wird, sind die Anteile un­ ter dem Posten A.III.5. „Wertpapiere des Anlagevermögens“ (§ 266 Abs. 2 HGB) auszu­ weisen, wenn es sich um Wertpapiere handelt. Andernfalls kommt ein Ausweis unter einem gesonderten Posten des Finanzanlagevermögens in Betracht.²⁷⁸ Als Beteiligungen gelten nicht nur Anteile, die in Wertpapieren (z. B. Aktien) ver­ brieft sind (§ 271 Abs. 1 Satz 2 HGB). Darüber hinaus werden von § 271 Abs. 1 HGB auch Anteile in unverbriefter Form (z. B. GmbH-Anteile und Anteile an Personenhandels­ gesellschaften) erfasst. Sofern i. S. v. § 271 Abs. 1 HGB ein Beteiligungsverhältnis vor­ liegt, können neben dem schon erwähnten separaten Ausweis des Postens „Beteili­ gungen“ ggf. noch folgende Ausweisverpflichtungen im Jahresabschluss relevant wer­ den.²⁷⁹

278 Die Vorschrift des § 271 Abs. 1 HGB ist auch für „kapitalistische“ Personenhandelsgesellschaften (§ 264a Abs. 1 HGB), publizitätspflichtige Einzelunternehmen und Personenhandelsgesellschaften (§ 5 Abs. 1 Satz 2 PublG), eingetragene Genossenschaften (§ 336 Abs. 2 Satz 1 HGB), Kreditinstitute (§ 340a Abs. 1 HGB) und Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds (§ 341a Abs. 1 HGB) maßgebend. So­ fern auch andere (nicht publizitätspflichtige) Kaufleute den Posten „Beteiligungen“ freiwillig im Jah­ resabschluss aufführen, haben auch sie die Regelungen des § 271 Abs. 1 HGB zu beachten. Vgl. ADS 1997b, Rz. 3 zu § 271 HGB. 279 Vgl. ADS 1997b, Rz. 4 zu § 271 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 187

(1) Aktivseite der Bilanz: – Ausleihungen²⁸⁰ an Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis be­ steht (§ 266 Abs. 2 Posten A.III.4. HGB); – Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis be­ steht (§ 266 Abs. 2 Posten B.II.3. HGB). (2) Passivseite der Bilanz: Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht (§ 266 Abs. 3 Posten C.7. HGB). (3) Gewinn- und Verlustrechnung: Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen (§ 275 Abs. 2 Posten 9. bzw. Abs. 3 Posten 8. HGB). (4) Anhang: Laut § 285 Nr. 11. HGB sind neben Name und Sitz anderer Unternehmen, von de­ nen die Kapitalgesellschaft mindestens 20 % der Anteile besitzt, ferner „[. . . ] die Höhe des Anteils am Kapital, das Eigenkapital und das Ergebnis des letzten Ge­ schäftsjahrs dieser Unternehmen anzugeben, für das ein Jahresabschluss vorliegt [. . . ]“. Börsennotierte Kapitalgesellschaften müssen gemäß § 285 Nr. 11b. HGB zu­ sätzlich alle Beteiligungen an großen Kapitalgesellschaften angeben, die 5 % der Stimmrechte übersteigen. Mit den angeführten separaten Ausweisvorschriften wird vom Gesetzgeber das Ziel verfolgt, den Adressaten des Jahresabschlusses unternehmerische Verflechtungen und Abhängigkeitsverhältnisse gesondert aufzuzeigen, die über die Absicht einer nachhaltigen Kapitalanlage gegen angemessene Verzinsung hinausgehen. Als Indizi­ en für derartige Beteiligungsabsichten können z. B. personelle Verflechtungen, inter­ dependente Produktionsprogramme, gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsak­ tivitäten sowie gegenseitige Lieferungs- und Abnahmeverträge genannt werden, wo­ bei das Ziel der unternehmerischen Einflussnahme nicht erfüllt zu sein braucht.²⁸¹ Im Zusammenhang mit der Darstellung von Beteiligungen muss auf den geson­ derten Ausweis des Postens A.III.1. „Anteile an verbundenen Unternehmen“ (§ 266 Abs. 2 HGB) eingegangen werden. Dieser Posten stellt einen Spezialfall des separa­ ten Ausweises von Beteiligungen in der Jahresbilanz dar. Sofern die das Anlagever­ mögen kennzeichnende dauerhafte Besitzabsicht widerlegt wird, kommt ein Ausweis unter dem Posten B.III.1. „Anteile an verbundenen Unternehmen“ im Umlaufvermö­ gen (§ 266 Abs. 2 HGB) in Betracht. Gemäß § 271 Abs. 2 HGB werden verbundene Un­ ternehmen im Sinne des Dritten Buchs des Handelsgesetzbuches als solche Unter­

280 Im Gegensatz zu den unter dem Posten „Finanzanlagen“ genannten Posten „Anteile [. . . ]“ und „Wertpapiere [. . . ] “ stellen „Ausleihungen [. . . ] “ langfristige Finanzforderungen dar, die i. S. v. § 247 Abs. 2 HGB dazu bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen (z. B. langfristige Darlehen, Hypotheken, Grund- und Rentenschulden). 281 Vgl. Coenenberg et al. 2021, S. 277.

188 | III. Spezialregelungen

nehmen definiert, die als Mutter- oder Tochterunternehmen nach § 290 HGB in ei­ nen Konzernabschluss einzubeziehen sind.²⁸² Sofern das Mutterunternehmen einen beherrschenden Einfluss auf die Tochtergesellschaft ausübt, wird nach § 290 Abs. 1 HGB die Verpflichtung zur Aufstellung eines Konzernabschlusses von den gesetzli­ chen Vertretern der Muttergesellschaft ausgelöst. Der beherrschende Einfluss wird in § 290 Abs. 2 HGB konkretisiert. In Abbildung 59 ist der Begriff der verbundenen Un­ ternehmen nach § 271 Abs. 2 HGB zusammenfassend dargestellt.²⁸³ Konsolidierungspflicht aufgrund eines Mutter-/Tochterverhältnisses (§ 290 HGB)

Konzept des beherrschenden Einflusses (Control) (§ 290 Abs. 2 HGB)

Mehrheit der Stimmrechte

Recht, als Gesellschafter Mehrheit der Organmitglieder zu bestimmten

Beherrschender Einfluss durch Vertrag

Tragen der wesentlichen Chancen und Risiken (Zweckgesellschaften)

Abb. 59: Verbundene Unternehmen nach Handelsrecht.

Im Einzelnen lassen sich folgende handelsrechtliche Ausweisregelungen im Jahresab­ schluss anführen, die alle an die Erfüllung des Tatbestands „verbundene Unterneh­ men“ anknüpfen.²⁸⁴ (1) Bilanz: – Anteile an verbundenen Unternehmen im Finanzanlagevermögen (§ 266 Abs. 2 Posten A.III.1. HGB); – Ausleihungen an verbundene Unternehmen im Finanzanlagevermögen (§ 266 Abs. 2 Posten A.III.2. HGB); 282 Die in § 15 AktG verankerte abweichende Definition des Begriffs „verbundene Unternehmen“ (vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 1, Gliederungspunkt II.E.) besitzt für die Erstellung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften, auch für Aktiengesellschaften, keine Relevanz. Vgl. ADS 1997b, Rz. 32 zu § 271 HGB. 283 In Anlehnung an Coenenberg et al. 2021, S. 651. 284 Vgl. ADS 1997b, Rz. 33 zu § 271 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 189



Forderungen gegen verbundene Unternehmen (§ 266 Abs. 2 Posten B.II.2. HGB); – Anteile an verbundenen Unternehmen im Umlaufvermögen (§ 266 Abs. 2 Pos­ ten B.III.1. HGB); – Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen (§ 266 Abs. 3 Pos­ ten C.6. HGB). (2) Gewinn- und Verlustrechnung: – Erträge aus Beteiligungen, davon aus verbundenen Unternehmen (§ 275 Abs. 2 Posten 9. bzw. Abs. 3 Posten 8. HGB); – Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagever­ mögens, davon aus verbundenen Unternehmen (§ 275 Abs. 2 Posten 10. bzw. Abs. 3 Posten 9. HGB); – Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge, davon aus verbundenen Unternehmen (§ 275 Abs. 2 Posten 11. bzw. Abs. 3 Posten 10. HGB); – Zinsen und ähnliche Aufwendungen, davon an verbundene Unternehmen (§ 275 Abs. 2 Posten 13. bzw. Abs. 3 Posten 12. HGB). (3) Angaben im Anhang:²⁸⁵ – Haftungsverhältnisse nach § 251 HGB gegenüber verbundenen Unternehmen (§ 268 Abs. 7 Nr. 3. HGB); – Sonstige finanzielle Verpflichtungen, davon gegenüber verbundenen Unter­ nehmen (§ 285 Nr. 3a. 2. HS HGB). Auch im IFRS-Regelwerk wird die Konzernrechnungslegungspflicht nach dem Con­ trol-Konzept begründet, welches eine Beherrschung der Tochterunternehmen durch das Mutterunternehmen vorsieht. Gemäß IFRS 10.6 bis 10.7 muss das Mutterunterneh­ men Entscheidungsmacht haben, die Aktivitäten des Tochterunternehmens zu len­ ken, um daraus Rückflusse für sich zu generieren. Das Beherrschungskonzept wird wie folgt konkretisiert [IFRS 10.7(a) bis (b)]: – das Mutterunternehmen besitzt „[. . . ] die Verfügungsgewalt über das Beteili­ gungsunternehmen [. . . ]“; – das Mutterunternehmen besitzt „[. . . ] eine Risikobelastung durch oder Anrech­ te auf schwankende Renditen aus seinem Engagement in dem Beteiligungsunter­ nehmen [. . . ]“; – das Mutterunternehmen besitzt „[. . . ] die Fähigkeit, seine Verfügungsgewalt über das Beteiligungsunternehmen dargestellt zu nutzen, dass dadurch die Hö­ he der Rendite des Beteiligungsunternehmens beeinflusst wird [. . . ]“. In Abgrenzung zu den detaillierten Bilanzangabepflichten und Davonvermerken in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbundenen Unternehmen im Handelsrecht

285 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3, Gliederungspunkt I.B.7.

190 | III. Spezialregelungen

sind nach IAS 1.82(c) lediglich die Ergebnisbeiträge „[. . . ] von assoziierten Unterneh­ men und Gemeinschaftsunternehmen, die nach der Equity-Methode bilanziert wer­ den“, zu zeigen. Allerdings müssen detaillierte Anhangangaben nach IAS 28.37 beach­ tet werden. Da die Equity-Methode lediglich im IFRS-Konzernabschluss anwendbar ist, entfällt eine separate Angabepflicht auf Einzelabschlussebene. Folglich sind keine Ausweisregelungen in der Bilanz und Gesamterfolgsrechnung des Mutterunterneh­ mens für verbundene Unternehmen (Tochterunternehmen) nach IFRS vorgeschrie­ ben. Abschreibungen auf Beteiligungen oder Anteile an verbundenen Unternehmen gemäß § 253 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 HGB sind unter dem Posten 12. (§ 275 Abs. 2 HGB) bzw. Posten 11. (§ 275 Abs. 3 HGB) „Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wert­ papiere des Umlaufvermögens“ auszuweisen. Allerdings müssen derartige außerplan­ mäßige Abschreibungen bei einer Bilanzierung im Anlagevermögen gesondert ausge­ wiesen oder im Anhang angegeben werden (§ 277 Abs. 3 Satz 1 HGB). Zuschreibungen auf die genannten Gegenstände des Finanzanlagevermögens oder des Umlaufvermö­ gens sind unter dem Posten Nr. 4. (§ 275 Abs. 2 HGB) bzw. Nr. 6. (§ 275 Abs. 3 HGB) „Sonstige betriebliche Erträge“ auszuweisen. Beispiel: Die XY-AG beabsichtigt, zu einem wichtigen Zulieferunternehmen, der Z-AG, eine dau­ ernde Verbindung durch den Erwerb einer Beteiligung i. S. v. § 271 Abs. 1 HGB aufzubauen. Zu die­ sem Zweck erwirbt die XY-AG im Geschäftsjahr t1 ein Aktienpaket der Z-AG von 3.000 Stück zum Kurswert von 85 € (Nennwert 50 €) pro Stück. Die Hausbank berechnet 3 % Nebenkosten auf den Kurswert, die sie der XY-AG für den Kauf in Rechnung stellt. Buchungssatz: (1) Beteiligungen

an

262.650 € a

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten

a

262.650 € = 1,03 · 3.000 Stück · 85 €/Stück (inkl. 7.650 € Anschaffungsnebenkosten i. S. v. § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB). Zum 31.12. des Geschäftsjahres t1 ist der Kurswert der Aktien der Z-AG auf 75 € pro Stück gefallen. Die XY-AG nimmt eine außerplanmäßige Abschreibung vor. Buchungssatz:

(2) Abschreibungen auf Finanzanlagen a

an

30.900 € a

Beteiligungen

30.900 € = 1,03 · 3.000 Stück · (85 € − 75 €).

Kontenmäßige Darstellung:

S (1)

Beteiligungen € 262.650

€ (2) SBK (EB)

262.650

H 30.900 231.750 262.650

S

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten €

SBK (EB)

...

H €

AB

...

(1)

262.650

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

Abschreibungen auf Finanzanlagen €

S

(2)

191

H €

30.900 GuV (Saldo)

...

Die außerplanmäßigen Abschreibungen in Höhe von 30.900 € müssen gemäß § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB in der Gewinn- und Verlustrechnung unter dem Posten „Abschreibungen auf Finanzanlagen und auf Wertpapiere“ des Umlaufvermögens gesondert ausgewiesen oder im Anhang angegeben werden. Zum 31.12. des Geschäftsjahres t2 ist der Kurswert der Aktien der Z-AG wieder auf 80 € gestiegen, sodass die XY-AG auf die Aktien gemäß § 255 Abs. 5 Satz 1 HGB eine Zuschreibung vornehmen muss. Buchungssatz: Beteiligungen a

an

Sonstige betriebliche Erträge

15.450 a

15.450 € = 1,03 · 3.000 Stück · (80 € − 75 €).

Kontenmäßige Darstellung: S

Beteiligungen €

AB (1)

231.750

H

S

Sonstige betriebliche Erträge

€ SBK (EB)

247.200

€ GuV (Saldo)

...

H €

(1)

15.450

15.450 247.200

247.200

b.b Erträge aus Beteiligungen sowie anrechenbare Kapitalertragsteuer Erträge aus Beteiligungen oder Anteilen an verbundenen Unternehmen sind grund­ sätzlich unter dem Posten 9. (§ 275 Abs. 2 HGB) bzw. Posten 8. (§ 275 Abs. 3 HGB) der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen. Sofern die Erträge aber von Kapitalge­ sellschaften in Form von Gewinnausschüttungen stammen, müssen einige Beson­ derheiten beachtet werden. Die Erfassung der Netto-Dividenden, d. h. der Bardividen­ den abzüglich der Kapitalertragsteuer, ist grundsätzlich im Jahr des Ausschüttungs­ beschlusses der Haupt- oder Gesellschafterversammlung (§ 174 AktG; § 29, § 46 Nr.1 GmbHG) vorzunehmen, da hierdurch ein Rechtsanspruch gegenüber der ausschüt­ tenden Kapitalgesellschaft begründet wird (sog. phasengleiche Gewinnvereinnah­ mung).²⁸⁶ Der entsprechende Buchungssatz zur Erfassung der Netto-Dividende lautet dann:

286 Allerdings kann nach h. M. die Forderung auf den Beteiligungsertrag unter bestimmten Voraus­ setzungen vorzeitig aktiviert werden, auch wenn der Anspruch zum Bilanzstichtag noch nicht ent­ standen ist, aber mit Sicherheit entstehen wird. Vgl. Justenhoven et al. 2022, Rz. 177 zu § 275 HGB. Entgegen langjähriger Rechtsprechung lehnt der Große Senat des BFH dagegen in einem Beschluss die phasengleiche Bilanzierung der Dividendenansprüche grundsätzlich ab. Vgl. BFH 2000, S. 632; Schubert/Waubke 2022, Rz. 120–121 zu § 266 HGB; Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.c(c)(δ).

192 | III. Spezialregelungen

Forderungen gegen verbundene Unternehmen bzw. Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht

an

Erträge aus Beteiligungen.

Der Prozentsatz der Ausschüttungen wird bei Kapitalgesellschaften in aller Regel auf das Nennkapital berechnet (z. B. 8 % Dividende auf das Grundkapital von 40 Mio. € = 3,2 Mio. €). Wie bereits dargelegt wurde, hat die ausschüttende Kapitalgesell­ schaft auf die abfließenden Gewinnanteile (Bardividende) 25 % Kapitalertragsteu­ er zuzüglich des Solidaritätszuschlags einzubehalten, die bei der beteiligten Kapi­ talgesellschaft im Rahmen der Körperschaftsteuerveranlagung angerechnet wird.²⁸⁷ Im Gegensatz zum Anspruch auf die Netto-Dividende entstehen die Anrechnungsan­ sprüche bezüglich der Kapitalertragsteuer, die als Forderungen (Sonstige Vermögens­ gegenstände) zu erfassen ist, erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Ausschüttung. Demnach ist nach erfolgter Ausschüttung wie nachstehend gezeigt zu buchen: Guthaben bei Kreditinstituten

an

Sonstige Vermögensgegenstände

an

Forderungen gegen verbundene Unternehmen bzw. Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht. Erträge aus Beteiligungen.

Sofern der Ausschüttungsbeschluss und die Ausschüttung in der gleichen Periode er­ folgen, wird im Ergebnis auf dem Konto „Erträge aus Beteiligungen“ die Brutto-Aus­ schüttung (Bruttodividende) verbucht und damit auch in die Bemessungsgrundla­ ge der Körperschaftsteuer der beteiligten Kapitalgesellschaft einbezogen, wenn keine Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 KStG vorliegt. Das auf dem Konto „Sons­ tige Vermögensgegenstände“ zunächst als Forderung erfasste Kapitalertragsteuergut­ haben wird dann mit der festzusetzenden Körperschaftsteuer der Periode verrechnet. Erträge aus anderen Wertpapieren (§ 275 Abs. 2 Posten 10. bzw. Abs. 3 Posten 9. HGB), die durch im Anlage- oder Umlaufvermögen gehaltene Wertpapiere (§ 266 Abs. 2 Posten A.III.5. bzw. Posten B.III.1. HGB) ausgelöst werden, sind bei Kapitalgesellschaf­ ten analog zu den vorstehend aufgezeigten Regelungen bezüglich der Erträge aus Be­ teiligungen buchhalterisch zu erfassen. Beispiel: Die Hauptversammlung der im vorstehenden Beispiel angesprochenen Z-AG beschließt im Juli des Geschäftsjahrs t2 für die Periode t1 eine Ausschüttung von 7 % auf das Grundkapital, die im September des Geschäftsjahres t2 erfolgen soll. Die Beteiligungserträge (Bardividende) der XY-AG betragen mithin 10.500 €²⁸⁸. Allerdings beläuft sich die Forderung gegenüber der Z-AG ledig­ lich auf die Nettodividende von 7.743,75 € (10.500 € abzüglich 25 % Kapitalertragsteuer und 5,5 % Solidaritätszuschlag auf die Kapitalertragssteuer).²⁸⁹

287 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt II.A. 288 10.500 € = 0,07 · 3.000 Stück · 50 €/Stück. 289 7.743,75 € = 10.500 € − 2.625 € − 131,25 €.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 193

Die Anrechnungsansprüche bezüglich der Kapitalertragsteuer und des Solidaritätszuschlages von 2.756,25 € werden auf dem Konto „Sonstige Vermögensgegenstände“ im Zeitpunkt der Ausschüt­ tung erfasst. Buchungen bei der XY-AG: (1) Forderungen gegen Unterneh­ men, mit denen ein Beteiligungs­ verhältnis besteht (2) Guthaben bei Kreditinstituten

an

Erträge aus Beteiligungen

7.743,75 €.

an

7.743,75 €.

(3) Sonstige Vermögensgegenstände

an

Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhält­ nis besteht Erträge aus Beteiligungen

2.756,25 €.

Kontenmäßige Darstellung:

S

(1)

S

Forderungen gegen Unternehmen, mit denen ein Beteiligungsverhältnis besteht € 7.743,75

(2)

...

(2)

7.743,75

SBK (EB)

S

Sonstige Vermögensgegenstände



7.743,75

Guthaben bei Kreditinstituten €

AB

H

H

€ AB

...

(3)

2.756,25

S



Erträge aus Beteiligungen

€ ...

€ GuV (Saldo)

...

H

H €

(1)

7.743,75

(3)

2.756,25

Sofern Einzelunternehmen oder Personenhandelsgesellschaften Beteiligungen an Kapitalgesellschaften im Betriebsvermögen halten, stellt sich die Frage, wie die An­ rechnungsansprüche für die Kapitalertragsteuer buchhalterisch zu behandeln sind. Obwohl der in Rede stehende Anspruch grundsätzlich eine Minderung der Einkom­ mensteuer des Einzelunternehmers bzw. der Gesellschafter bewirkt und damit in der Privatsphäre Anrechnung findet, gehört er bis zum Zeitpunkt seiner persönlichen Verwendung zum Betriebsvermögen (Gesamthandsvermögen) des Unternehmens.²⁹⁰ Folglich muss deshalb der Kapitalertragsteueranrechnungsanspruch als Entnahme auf dem Privatkonto bzw. dem Kapitalkonto II erfasst werden, wobei in Personen­ handelsgesellschaften eine Aufteilung nach Maßgabe des Beteiligungsverhältnisses auf die einzelnen Gesellschafter zu erfolgen hat. In Erweiterung der vorstehend darge­ stellten Buchungstechnik wäre im Zeitpunkt der Geltendmachung der persönlichen Anrechnungsansprüche gegenüber dem Finanzamt wie folgt zu buchen:²⁹¹ Privatkonto bzw. Kapitalkonto II

an

Sonstige Vermögensgegenstände.

290 Vgl. etwa Eisele/Knobloch 2019, S. 225; Falterbaum et al. 2020, S. 325. 291 Vgl. Teil 2, Gliederungspunkt II.A.

194 | III. Spezialregelungen

c. Eigenkapital c.a Überblick über die Komponenten des Eigenkapitals Das Eigenkapital setzt sich gemäß § 266 Abs. 3 Posten A., § 268 Abs. 1 Satz 2 und § 272 Abs. 1, 2 und 3 HGB aus folgenden Hauptkomponenten zusammen: – Gezeichnetes Kapital, – Kapitalrücklage, – Gewinnrücklagen, – Gewinnvortrag/Verlustvortrag, – Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag. In IAS 1.54 werden als Mindestbestandteile nicht beherrschende Anteile, das ge­ zeichnete Kapital und Rücklagen genannt. Daneben kommt bei Anwendung der Neubewertungsmethode noch die Neubewertungsrücklage hinzu.²⁹² Als positiver Unterschiedsbetrag zwischen den Aktiv- und Schuldposten reprä­ sentiert das Eigenkapital im Prinzip den in Geldeinheiten bewerteten Teil des Un­ ternehmensvermögens, der den Anteilseignern der Kapitalgesellschaft zusteht. Auf­ grund der spezifischen Unternehmensverfassung der GmbH und der AG können die Gesellschafter bzw. Aktionäre jedoch nur im Rahmen gesetzlicher Vorschriften, vertraglicher Vereinbarungen und/oder mehrheitlicher Beschlussfassungen über das Eigenkapital verfügen. Die vorstehend gezeigte Aufspaltung des Eigenkapitals in die fünf Elementarkomponenten stellt mithin einen Ausfluss dieser Spezialregelungen dar. Abbildung 60 zeigt unter Berücksichtigung der für Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) geltenden Vorschriften sämtliche Komponenten des Eigenkapitals, die nachfol­ gend im Detail dargestellt und analysiert werden.²⁹³ Sofern aber die Schuldposten die Aktivposten übersteigen, liegt eine bilanzielle Überschuldungssituation des Unternehmens vor, die dadurch gekennzeichnet ist, dass durch Verluste das Eigenkapital vollständig aufgezehrt wurde und darüber hin­ aus das Vermögen nicht mehr ausreicht, die Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen. Bei dieser Konstellation trägt das Eigenkapital negativen Charakter und muss in Ab­ grenzung zu den IFRS unter der Bezeichnung „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ als letzter Posten auf der Aktivseite der Bilanz ausgewiesen werden (§ 268 Abs. 3 HGB). Bei Einzelunternehmen haftet der Eigner über sein eingelegtes Eigenkapital hin­ aus mit seinem Privatvermögen für die Verbindlichkeiten seines Unternehmens. Ähn­ liches gilt für die unbeschränkt haftenden natürlichen Personen von Handelsgesell­ schaften (§ 128 i. V. m. § 161 Abs. 2 HGB). Aufgrund der unbeschränkten Haftung des genannten Personenkreises gegenüber den Gläubigern führt die materielle Überschul­ dung bei diesen Rechtsformen nicht zum Konkurs des Unternehmens.

292 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3, Gliederungspunkt II.C.1.d. 293 Die Abbildung wurde modifiziert übernommen von Coenenberg et al. 2021, S. 358.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 195

Aktivseite

Passivseite

A. Anlagevermögen .. . III. Finanzanlagevermögen 1. Anteile an verbundenen Unternehmen B. Umlaufvermögen . .. II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände .. . 5. Eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte ausstehende Einlagen auf das gezeichnete Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 3 HGB) oder Eingeforderte Nachschüsse von Gesellschaftern einer GmbH (§ 42 Abs. 1 GmbHG) III. Wertpapiere 1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Sonstige Wertpapiere . .. E. Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag (§ 268 Abs. 3 HGB)

A. Eigenkapital: I. Gezeichnetes Kapital (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB i. V. m. § 152 Abs. 1 AktG; § 42 Abs. 1 GmbHG) II. Kapitalrücklage (§ 272 Abs. 2 HGB i. V. m. § 152 Abs. 2 AktG) 1. Eingefordertes Nachschusskapital bei der GmbH (§ 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG) III. Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB) 1. Gesetzliche Rücklage (§ 150 AktG) 2. Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen (§ 272 Abs. 4 HGB) 3. Satzungsmäßige Rücklagen 4. Andere Gewinnrücklagen IV. Gewinn-/Verlustvortrag (§ 266 Abs. 3 HGB) V. Jahresüberschuss/-fehlbetrag (§ 266 Abs. 3 HGB) VI. Bilanzgewinn/Bilanzverlust, davon Ergebnisvortrag gemäß § 268 Abs. 1 HGB (als Alternative zu den Posten des Eigenkapitals A.IV. und A.V.)

Abb. 60: Komponenten des Eigenkapitals in der handelsrechtlichen Bilanz.

Demgegenüber zieht die insolvenzrechtliche Überschuldung bei juristischen Personen (z. B. GmbH und AG) und bei Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG), die ausschließlich juristische Personen als persönlich haftende Gesellschafter aufweisen, den Konkurs nach sich (§ 19 InsO).²⁹⁴ Diese Regelung basiert auf der lediglich be­ schränkten Haftung der Anteilseigner. Im Überschuldungsfall sollen zumindest die Ansprüche der Gläubiger partiell gesichert werden, wenn schon mehr als das Eigen­ kapital verloren ist. Zum Zweck des Anteilseignerschutzes obliegt dem Vorstand ei­ ner AG darüber hinaus die Verpflichtung, unverzüglich die Hauptversammlung ein­ zuberufen und zu informieren, wenn sich bei Aufstellung der Jahresbilanz oder einer Zwischenbilanz ergibt oder bei pflichtmäßigem Ermessen anzunehmen ist, dass ein Verlust besteht, der mindestens 50 % des Grundkapitals beträgt (§ 92 Abs. 1 AktG).

294 Vgl. Freidank 2019a, S. 406–408.

196 | III. Spezialregelungen

Ähnliches gilt für die GmbH, wenn mindestens die Hälfte des Stammkapitals verloren ist (§ 49 Abs. 3 GmbHG). Die Ausweis- und Gliederungsvorschriften für Eigenkapitalposten sind nach IFRSRegelwerk weniger detailliert als im Handelsgesetzbuch.²⁹⁵ Neben den in IAS 1.54 ent­ haltenen Mindestposten in der Bilanz (nicht beherrschende Anteile, gezeichnetes Kapital und Rücklagen) verlangt IAS 1.79 weitere Angaben zum Eigenkapital, die wahl­ weise in der Bilanz, im Eigenkapitalspiegel oder im Anhang erfolgen können. Hier­ bei handelt es sich um eine Klassifizierung des gezeichneten Kapitals in Stamm- und Vorzugsaktien und der Rücklagen in Kapital- und Gewinnrücklagen. Für jede Klas­ se von Anteilen sind – die Zahl der genehmigten Anteile, – die Zahl der ausgegebenen voll eingezahlten Anteile und die Anzahl der ausgege­ benen nicht voll eingezahlten Anteile, – der Nennwert der Anteile oder die Aussage, dass die Anteile keinen Nennwert ha­ ben, – eine Überleitungsrechnung der Zahl der im Umlauf befindlichen Anteile am An­ fang und Ende des Stichtags, – die Rechte, Vorzugsrechte und Beschränkungen für die jeweilige Anteilskatego­ rie einschließlich von Beschränkungen bei der Dividendenausschüttung und der Kapitalrückzahlung, – die Anteile an dem Unternehmen, die durch das Unternehmen selbst, seine Toch­ terunternehmen oder durch assoziierte Unternehmen gehalten werden, – die Anteile, die für die Ausgabe aufgrund von Optionen und Verkaufsverträgen zurückgehalten werden anzugeben sowie – eine Beschreibung von Art und Zweck jeder Rücklage vorzunehmen. Sofern die Schulden die Vermögenswerte übersteigen, ist ein dem Handelsrecht ver­ gleichbarer Aktivposten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ nicht zuläs­ sig. Vielmehr ist auf der Passivseite der IFRS-Bilanz das Eigenkapital negativ auszu­ weisen. c.b Gezeichnetes Kapital (a) Allgemeines Die AG hat gemäß § 1 Abs. 2 AktG ein in Aktien zerlegtes Grundkapital, das laut § 152 Abs. 1 Satz 1 AktG als gezeichnetes Kapital in der Bilanz auszuweisen ist. Das gesamte Grundkapital muss auf einen Mindestnennbetrag von 50.000 € lauten (§ 7 AktG). Der Mindestnennbetrag der einzelnen Aktie beträgt hingegen 1 € (§ 8 Abs. 2 Satz 1 AktG). Sofern höhere Aktiennennbeträge ausgegeben werden, müssen sie auf volle € lau­ ten (§ 8 Abs. 2 Satz 4 AktG). Der Gesamtbetrag der Aktien muss mit dem Grundkapital

295 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, 2. Teil, Gliederungspunkt V.C.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

197

übereinstimmen. Die GmbH hat hingegen ein in Stammeinlagen zerlegtes Stammka­ pital, das in der Bilanz ebenfalls als gezeichnetes Kapital auszuweisen ist (§ 42 Abs. 1 GmbHG). Gemäß § 5 Abs. 1 GmbHG muss das Stammkapital mindestens 25.000 € be­ tragen.²⁹⁶ Allerdings kann der Betrag der Stammeinlage für die einzelnen Gesellschaf­ ter verschieden bestimmt werden, wobei er aber auf volle € lauten muss (§ 5 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Der Gesamtbetrag der Stammeinlagen hat dem Stamm­ kapital zu entsprechen (§ 5 Abs. 3 Satz 3 GmbHG). In der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag ist der Betrag des gezeichneten Ka­ pitals (Grund- bzw. Stammkapital) festgelegt (§ 23 Abs. 3 Nr. 3 AktG; § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG). Variationen sind nur unter Berücksichtigung der Normen über die Kapi­ talerhöhung und Kapitalherabsetzung möglich (§ 182 bis § 240 AktG; § 55 bis § 58 f. GmbHG). Zum Zweck der Kapitalsicherung dürfen bei der AG den Aktionären die ge­ leisteten Einlagen auf das Grundkapital (§ 57 Abs. 1 Satz 1 AktG) und bei der GmbH den Gesellschaftern das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Unternehmens­ vermögen (§ 30 Abs. 1 GmbHG) nicht vor Auflösung der Gesellschaft zurückgewährt bzw. ausgezahlt werden. In aller Regel bestimmt sich der bilanzielle Ausweis des gezeichneten Kapitals nach Maßgabe der Höhe der am jeweiligen Abschluss-Stichtag gültigen Handels­ registereintragung des Grund- oder Stammkapitals (§ 39 Abs. 1 Satz 1 AktG; § 10 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Das gezeichnete Kapital ist dann zum Nennbetrag zu be­ werten (§ 272 Abs. 1 Satz 1 HGB), der dem Nennwert entspricht, welches wiederum aus den in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag niedergelegten Bestimmungen entnommen werden kann. Laut § 9 Abs. 2 AktG ist aber die Ausgabe von Aktien zu einem höheren Betrag als dem Nennwert möglich. Die Differenz zwischen dem höhe­ ren Betrag und dem Nennwert (Agio) ist jedoch in die Kapitalrücklage einzustellen (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB), wodurch das Grundkapital auch in diesem Fall zum Nennwert ausgewiesen wird. Folglich stellt § 272 Abs. 1 Satz 1 HGB klar, dass bei Kapitalge­ sellschaften ein Ansatz des gezeichneten Kapitals mit einem unter dem Nennwert liegenden Betrag nicht zulässig ist und damit Jahresfehlbeträge nicht zu einer Min­ derung des Grund- oder Stammkapitals führen, sondern gesondert auszuweisen sind (§ 266 Abs. 3 Posten A.V. HGB). Folglich wird eine automatische Verlustdeckung, die zu Lasten des gezeichneten Kapitals geht, verhindert. Diese Bewertungsvorschrift vermeidet im Grundsatz den Abfluss ausschüttbarer Ergebnisse zu Lasten des Grundoder Stammkapitals. Sie trägt somit ebenfalls zu einer Erhaltung des Kapitals bei, das vor Auflösung der Gesellschaft ohne vorangehende Kapitalherabsetzung nicht an die Anteilseigner verteilt werden darf.²⁹⁷

296 Nach § 5a Abs. 1 GmbH ist ebenfalls die Gründung einer „Mini-GmbH“ als Unternehmergesell­ schaft mit einem Stammkapital möglich, das den Betrag des Mindeststammkapitals von 25.000 € un­ terschreitet. 297 Vgl. Störk et al. 2022a, Rz. 11 zu § 272 HGB.

198 | III. Spezialregelungen

Beispiel: Eine Kapitalgesellschaft weist am 01.01. des Geschäftsjahres t1 ein gezeichnetes Kapi­ tal in Höhe von 400.000 € (Nennbetrag) und am 31.12. des Geschäftsjahres t1 einen Jahresfehl­ betrag in Höhe von 100.000 € auf. Für das Geschäftsjahr t2 liegt hingegen ein Jahresüberschuss von 150.000 € vor. Eine Kapitalherabsetzung oder -erhöhung wird in den beiden Perioden nicht vorgenommen. Abbildung 61 zeigt die Wirkungen einer Bewertung des gezeichneten Kapitals zum Nennwert und unter Nennwert auf die Höhe der ausschüttbaren Ergebnisse in beiden Geschäfts­ jahren. Komponenten des Jahresabschlusses

Bewertung zum Nennwert (zulässig)

Bewertung unter Nennwert (unzulässig)

Gezeichnetes Kapital 01.01.t1 − Jahresfehlbetrag t1

400.000 € − 100.000 €

400.000 € − 100.000 €

Gezeichnetes Kapital 31.12.t1

400.000 €

300.000 €

− 100.000 €

0€

Bilanzverlust t1 Gezeichnetes Kapital 01.01.t2

400.000 €

300.000 €

Jahresüberschuss t2 − Verlustvortrag t1

150.000 € − 100.000 €

150.000 € −0€

= Bilanzgewinn t2

= 50.000 €

= 150.000 €

400.000 €

300.000 €

0€

100.000 €

Gezeichnetes Kapital 31.12.t2 Abfluss des gezeichneten Kapitals an die Anteilseigner Abb. 61: Alternativen zur Bewertung des gezeichneten Kapitals.

Nach den IFRS wird das gezeichnete Kapital in Übereinstimmung zum Handels- und Steuerrecht entsprechend der statischen Bilanztheorie zum Nennwert bewertet.²⁹⁸ Bei Eigenkapitalinstrumenten (z. B. Aktien, GmbH-Anteile) nach IAS 32.11 ist im Emis­ sionszeitpunkt eine Bewertung zum beizulegenden Zeitwert der Gegenleistung vor­ zunehmen [IFRS 9.5.1.1, 9.B.5.1.2A i. V. m. 9.2.1(d)].²⁹⁹ In IFRS 2 sind ferner spezifische Bewertungsregelungen für als anteilsbasierte Vergütungen ausgegebene Eigenka­ pitalinstrumente enthalten.³⁰⁰ (b) Besondere Vermerk- und Angabepflichten nach dem Aktiengesetz Das Aktiengesetz sieht für das Grundkapital als gezeichnetes Kapital spezifische Ver­ merk- und Angabepflichten vor. So bestimmt § 152 Abs. 1 Satz 2 AktG zunächst, dass die Gesamtnennbeträge der Aktien jeder Gattung gesondert anzugeben sind. Gemäß § 11 Satz 1 AktG können Aktien verschiedene Rechte gewähren, insbesondere bei der

298 Vgl. Clemens/Lewe 2020, Rz. 31 zu § 11. 299 Vgl. Hartenberger 2020, Rz. 591–592 zu § 3. 300 Vgl. Ramscheid 2020, Rz. 51–70 zu § 24.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 199

Verteilung des Gewinns und des Gesellschaftsvermögens. § 12 Abs. 1 AktG nennt expli­ zit zwei Aktiengattungen, die unterschiedliche Rechte gewähren und für Zwecke des Bilanzausweises je Gattung zu einem Gesamtnennbetrag zusammenzufassen sind. – Aktien mit Stimmrecht (Stammaktien) (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AktG); – Vorzugsaktien (§ 12 Abs. 1 Satz 2 AktG). Im Gegensatz zu den Stammaktien ist bezüglich der zweiten Aktiengattung zwar das Stimmrecht in der Hauptversammlung ausgeschlossen, dafür werden sie jedoch bei der Gewinnausschüttung bevorzugt behandelt. Darüber hinaus können aber auch als besondere Aktiengattung Vorzugsaktien mit Stimmrecht geschaffen werden, die vor allem einen Vorteil bei der Verteilung des Abwicklungserlöses (§ 271 Abs. 2 AktG) oder des Gewinns (§ 60 AktG) gewähren. Aktien, die ein Mehrstimmrecht einräumen, sind nach § 12 Abs. 2 Satz 1 AktG grundsätzlich unzulässig. Allerdings wird keine Gattungsverschiedenheit begründet bei Inhaber- und (vinkulierten) Namensaktien (§ 10 Abs. 1 AktG), durch eine Verschiedenheit des Nenn- oder des Ausgabebetrages (§ 9 Abs. 2 AktG), durch Unterschiede in der Einlageart (Sach- oder Bareinlage) (§ 27 AktG) oder durch Verschiedenheit in der Höhe der auf die Aktien geleisteten Einzah­ lungen (§ 36a AktG). Darüber hinaus bestimmt § 152 Abs. 1 Satz 3 AktG, dass bedingtes Kapital mit dem Nennbetrag zu vermerken ist. Eine bedingte Kapitalerhöhung (§ 192 bis § 201 AktG) liegt dann vor, wenn die Hauptversammlung eine Erhöhung des Grundkapitals beschließt, die aber nur soweit durchgeführt werden soll, wie von dem seitens der Gesellschaft auf die neuen Aktien (Bezugsaktien) eingeräumten Umtausch- oder Be­ zugsrecht Gebrauch gemacht wird (§ 192 Abs. 1 AktG). Nach Eintragung der Beschluss­ fassung in das Handelsregister (§ 197 AktG) und Ausgabe der Bezugsaktien erhöht sich das gezeichnete Kapital (§ 200 AktG) und vermindert sich das vermerkte bedingte Ka­ pital jeweils um den Nennbetrag der ausgegebenen Aktien. Die Darstellungsart des gattungsbezogenen Aktienausweises im Rahmen des Pos­ tens „Gezeichnetes Kapital“ ist aber im Einzelnen nicht vorgeschrieben. Unter Berück­ sichtigung der Vermerkpflicht des bedingten Kapitals wird im Schrifttum z. B. der in Abbildung 62 gezeigte Ausweis vorgeschlagen.³⁰¹ Die jeweiligen Angaben können aus der Satzung entnommen werden, in der gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG Zahl und Nenn­ betrag der Aktien, ggf. getrennt nach einzelnen Gattungen, aufzuführen sind. Sofern sich die Zahl und der Nennbetrag der Aktien jeder Gattung nicht aus der Bilanz ergeben, sind hierüber Angaben im Anhang zu machen (§ 160 Abs. 1 Nr. 3 1. HS AktG). Weiterhin werden gesonderte Anhangangaben erforderlich über Aktien, die bei einer bedingten Kapitalerhöhung oder einem genehmigten Kapital (§ 202 bis § 206 AktG) im Geschäftsjahr gezeichnet wurden (§ 160 Abs. 1 Nr. 3 2. HS AktG). Es handelt sich in diesem Zusammenhang um weitergehende Angaben über Zahl und Nennbe­

301 Vgl. z. B. ADS 1997a, Rz. 16 zu § 152 AktG.

200 | III. Spezialregelungen

A. Eigenkapital I. Gezeichnetes Kapital 1. Stammaktien (... Stimmen) 2. Vorzugsaktien ohne Stimmrecht (... Stimmen) 3. Vorzugsaktien mit Stimmrecht (... Stimmen)

31.12.t1 €

31.12.t2 €

Nennbetrag

Nennbetrag

Nennbetrag Nennbetrag ∑ Nennbeträge

Nennbetrag Nennbetrag ∑ Nennbeträge

Bedingtes Kapital

(Nennbetrag)

Abb. 62: Ausweisalternative für das Grundkapital.

trag der neuen Aktien, ggf. gesondert für jede Aktiengattung. Da der Betrag des geneh­ migten Kapitals im Gegensatz zum bedingten Kapital nicht aus der Bilanz entnom­ men werden kann, müssen laut § 160 Abs. 1 Nr. 4 AktG auch Angaben im Anhang über den Nennbetrag des genehmigten Kapitals gemacht werden, um den der Vorstand das Grundkapital aufgrund einer Satzungsermächtigung durch Ausgabe neuer Aktien in­ nerhalb von höchstens fünf Jahren gegen Einlagen erhöhen darf (§ 202 Abs. 1 AktG). Außerdem ist nach h. M. auch über den Inhalt des Ermächtigungsbeschlusses mit den Bedingungen für die Aktienausgabe zu berichten. Sofern die Ausgabe der Aktien im Geschäftsjahr erfolgt ist, müssen im Anhang ebenfalls die näheren Bedingungen der Emission dargelegt werden (z. B. Anlass für die Ausgabe, der Zeitpunkt, Ausgabe gegen Bar- oder Sacheinlagen, Angaben zum Bezugsrecht).³⁰² Der Betrag, um den das Grundkapital um das genehmigte Kapital im Geschäftsjahr erhöht wurde, lässt sich aus den Anhangangaben gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 3 2. HS AktG entnehmen. (c) Ausstehende Einlagen und Nachschüsse Für den Ausweis ausstehender Einlagen auf das gezeichnete Kapital sieht das Han­ delsgesetzbuch bei der Kapitalgesellschaft einen Nettoausweis vor. Demnach sind die nicht eingeforderten ausstehenden Einlagen von dem Posten „Gezeichnetes Kapi­ tal“ offen auf der Passivseite abzusetzen (§ 272 Abs. 1 Satz 2 1. HS HGB). Der verblei­ bende Betrag ist als Posten „Eingefordertes Kapital“ auf der Passivseite auszuweisen. Außerdem ist der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Betrag unter den Forde­ rungen gesondert auszuweisen und entsprechend zu bezeichnen (§ 272 Abs. 1 Satz 2 2. und 3. HS HGB). Beispiel: Die XY-AG weist ein gezeichnetes Kapital von 250.000 € auf, von dem 200.000 € bereits eingezahlt wurden. Die ausstehenden Einlagen in Höhe von 50.000 € sind bereits zu 80 % von der

302 Vgl. ADS 1997a, Rz. 50 zu § 160 AktG; Grottel 2022, Rz. 54 zu § 284 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 201

Gesellschaft eingefordert worden. Abbildung 63 zeigt den Ausweis nach § 272 Abs. 1 Satz 2 HGB für die Bilanz der XY-AG. Aktiva

Bilanz XY-AG

Passiva

T€ .. .

T€ A. Eigenkapital:

B. Umlaufvermögen .. .

I. Gezeichnetes Kapital − Nicht eingeforderte ausste­ hende Einlagen

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände .. . 4. Eingefordertes, noch nicht eingezahltes Kapital

= Eingefordertes Kapital

250 10 240

40

Abb. 63: Handelsrechtlicher Ausweis des eingeforderten Kapitals.

Allerdings existiert bei der AG im Hinblick auf die Ausgabe von Aktien vor ihrer Ein­ zahlung eine wichtige Schutzvorschrift. So müssen Anteile stets auf den Namen lau­ ten (d. h. Namensaktien sein), „[. . . ] wenn sie vor der vollen Leistung des Ausgabe­ betrags ausgegeben werden“ (§ 10 Abs. 2 Satz 1 AktG). Hierdurch wird sichergestellt, dass aufgrund der Eintragung in das Aktienregister der Gesellschafter (§ 67 Abs. 1 AktG) stets nachzuvollziehen ist, wer noch ausstehende Einlagen zu erbringen hat. Folglich können ausstehende Einlagen bei der AG nur für die Ausgabe von Namens-, nicht aber für die von Inhaberaktien (§ 10 Abs. 1 AktG) auftreten. Wenn Aktionäre den von der Gesellschaft eingeforderten Betrag nicht rechtzeitig einzahlen, müssen sie ihn mit 5 % verzinsen (§ 63 Abs. 2 Satz 1 AktG). Darüber hinaus können Schadensersatz­ ansprüche (§ 63 Abs. 2 Satz 2 AktG) und in der Satzung festgelegte Vertragsstrafen (§ 63 Abs. 3 AktG) relevant werden. Ferner ist bei der AG zu beachten, dass laut § 36a Abs. 1 AktG im Falle von Bar­ einlagen der eingeforderte Betrag mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrags der Aktien umfassen muss. Sofern die Aktien zu einem höheren Wert als diesem aus­ gegeben werden (§ 9 Abs. 2 AktG), muss der eingeforderte Betrag auch den Mehrbe­ trag (Agio) enthalten. Andernfalls kann im Rahmen der Gründung oder einer späte­ ren Kapitalerhöhung (§ 188 Abs. 2 Satz 1 AktG) keine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister erfolgen (§ 36 Abs. 2 AktG). Die übrigen Beträge werden vom Vorstand nach pflichtmäßigem Ermessen eingefordert (§ 63 Abs. 1 Satz 1 AktG). Gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB ist das in Rede stehende Agio als Kapitalrücklage auszuweisen (§ 266 Abs. 3 Posten A.II. HGB). Sofern die Aktionäre verpflichtet sind, Sacheinlagen zu leis­ ten (§ 27 AktG), ist zu berücksichtigen, dass diese stets vollständig zu erbringen sind (§ 36a Abs. 2 Satz 1 AktG). In der Satzung muss u. a. der Gegenstand der Sacheinlage (z. B. Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Forderungen, Wertpapiere) und der Nenn­

202 | III. Spezialregelungen

betrag der bei der Sacheinlage zu gewährenden Aktien festgelegt werden (§ 27 Abs. 1 Satz 1 AktG). Der Wert der Sacheinlage hat dabei mindestens den Nennbetrag der für sie emittierten Aktien zu erreichen. Ansonsten handelt es sich um eine verbotene Unterpariausgabe gemäß § 9 Abs. 1 AktG. Liegt der Wert der Sacheinlage über dem Nennbetrag der ausgegebenen Aktien, so ist der Unterschiedsbetrag (Agio) ebenfalls in die Kapitalrücklage einzustellen, da die AG ansonsten bereits bei ihrer Gründung stille Reserven bilden könnte. Die Aufbringung der Stammeinlagen bei der GmbH wird ebenfalls durch be­ stimmte Schutzvorschriften (§ 19 und § 24 GmbHG) sichergestellt. Ferner darf die An­ meldung zur Eintragung in das Handelsregister erst dann erfolgen, wenn auf jede in Geld aufzubringende Stammeinlage mindestens 25 % des im Gesellschaftsvertrag festgelegten Einlagebetrags (§ 3 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG) eingezahlt wurde (§ 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Sacheinlagen müssen bereits vor der Anmeldung der Gesellschaft derge­ stalt bewirkt werden, dass die Geschäftsführer der GmbH über sie frei verfügen kön­ nen (§ 7 Abs. 3 GmbHG). Der Gegenstand der Sacheinlage und der Betrag der Stamm­ einlage, auf die sich die Sacheinlage bezieht, müssen im Gesellschaftsvertrag festge­ legt werden (§ 5 Abs. 4 Satz 1 GmbHG). Sofern der Wert einer Sacheinlage nicht den Betrag der dafür übernommenen Sacheinlage erreicht, hat der Gesellschafter in Höhe des Fehlbetrages eine Bareinlage zu leisten (§ 9 Abs. 1 GmbHG). Darüber hinaus muss auf das gesamte Stammkapital mindestens so viel eingezahlt werden, [. . . ] „daß der Gesamtbetrag der eingezahlten Geldeinlagen zuzüglich des Gesamtnennbetrags der Geschäftsanteile für die Sacheinlagen zu leisten sind, die Hälfte des Mindeststamm­ kapitals gemäß § 5 Abs. 1 erreicht“ (§ 7 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Die Einzahlung der Rest­ einlagen kann durch den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zeitpunkt oder durch einen besonderen Gesellschafterbeschluss (§ 46 Nr. 2 GmbHG) ausgelöst werden. Laut § 20 GmbHG sind GmbH-Gesellschafter, die die auf ihre Stammeinlagen eingeforder­ ten Betrage verspätet leisten, ebenfalls zur Entrichtung von Verzugszinsen nach § 288 Abs. 2 BGB verpflichtet (9 % über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB oder höherer Zins­ satz laut Gesellschaftervertrag).³⁰³ Obwohl nicht explizit geregelt, besteht auch bei der GmbH die Möglichkeit, Stammeinlagen zu einem höheren Betrag als ihren Nennwert auszugeben, wobei der Unterschiedsbetrag (Agio) ebenfalls in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB einzustellen ist. Analog zu diesem Ergebnis sind Unterpariausgaben von Stammeinlagen unzulässig. Allerdings existiert für die GmbH keine dem Aktienge­ setz gleichlautende Vorschrift, nach der bei Bareinlagen auf die ausgegebenen Aktien mindestens 25 % des Nennbetrags und das gesamte Agio eingezahlt werden müssen, um eine Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister vornehmen zu können (§ 36 Abs. 2 i. V. m. § 36a Abs. 1 AktG). Folglich ist eine vollständige oder auch teil­ weise Leistung des Aufgelds nicht erforderlich, wodurch sich bei der GmbH neben

303 Vgl. ADS 1997b, Rz. 59 zu § 272 HGB; Grüneberg 2021, Rz. 1–16 zu § 288 BGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

203

ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital auch ausstehende Einlagen auf Agiobeträge ergeben können. Im Schrifttum wird vorgeschlagen, diese Beträge in einem gesonderten Bilanzposten unter den Forderungen auszuweisen, da § 272 Abs. 1 Satz 2 1. HS HGB Agiobeträge als Komponenten der ausstehenden Einlagen auf das gezeichnete Kapital ausschließt.³⁰⁴ § 26 Abs. 1 GmbHG sieht schließlich die Möglichkeit vor, im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen, „[. . . ] daß die Gesellschafter über die Nennbeträge der Geschäftsantei­ le hinaus die Einforderung von weiteren Einzahlungen (Nachschüssen) beschließen können“. Mit dieser Regelung wird der Zweck verfolgt, der Gesellschaft eine flexiblere Anpassung des Eigenkapitals zu ermöglichen, ohne den umständlicheren Weg einer Kapitalerhöhung wählen zu müssen.³⁰⁵ In diesem Zusammenhang kann der Gesell­ schaftsvertrag eine beschränkte und unbeschränkte Nachschusspflicht in Form von Geldeinlagen vorsehen (§ 26 Abs. 3, § 27, § 28 GmbHG). Sofern ein entsprechen­ der Gesellschaftsbeschluss vorliegt und auch den Gesellschaftern kein sog. Abandon­ recht (Aufgaberecht) zusteht, sich von der Zahlung des auf den Geschäftsanteil ein­ geforderten Nachschusses zu befreien (§ 42 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 27 GmbHG), ist der nachzuschießende Betrag „[. . . ] auf der Aktivseite unter den Forderungen gesondert unter der Bezeichnung ›Eingeforderte Nachschüsse‹ auszuweisen, soweit mit der Zah­ lung gerechnet werden kann“ (§ 42 Abs. 2 Satz 2 GmbHG). Um die der Gesellschaft aus dem Nachschusskapital zustehenden Werte vom verteilungsfähigen Gewinn auszu­ schließen, weil andernfalls das eigentliche Ziel der Nachschussverpflichtung, das in einer Erleichterung der Kapitalbeschaffung besteht, unterlaufen würde, muss gleich­ zeitig mit dem Forderungsansatz auf der Passivseite in dem Posten „Kapitalrücklage“ ein Posten mit der Bezeichnung „Eingeforderte Nachschüsse“ gebildet werden (§ 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG). Allerdings sieht § 30 Abs. 2 Satz 1 GmbHG die Möglichkeit einer Rückzahlung der geleisteten Nachschüsse an die Gesellschafter gemäß Beschlussfas­ sung nach § 46 Nr. 3 GmbHG vor, „[. . . ] soweit sie nicht zur Deckung eines Verlustes am Stammkapital erforderlich sind [. . . ]“. Indem das Nachschusskapital als Kapitalrück­ lage zu deklarieren ist, mithin das Stammkapital unverändert bleibt, bedingen folg­ lich Nachschussrückzahlungen auch keine Kapitalherabsetzung nach § 58 GmbHG.

304 Vgl. Störk et al. 2022a, Rz. 32 zu § 272 HGB. 305 Vgl. Emmerich 2022, Rz. 1 zu § 26 GmbHG.

204 | III. Spezialregelungen

Beispiel: Die verkürzte und vorläufige Bilanz der XY-GmbH zeigt für das Geschäftsjahr t2 folgen­ des Bild. Aktiva

Bilanz zum 31.12.t2

Passiva





A. Anlagevermögen

A. Eigenkapital

I. Grundstücke

150.000

II. Gebäude

90.000

III. Betriebs- und Geschäfts­ ausstattung

65.000

I. Gezeichnetes Kapital

290.000

II. Kapitalrücklage für Nach­ schusskapital

25.000

III. Jahresfehlbetrag

B. Umlaufvermögen

−15.000

B. Verbindlichkeiten

I. Waren

115.000 30.000

I. Verbindlichkeiten gegen­ über Kreditinstituten

55.000

II. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen

50.000

II. Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen

145.000

III. Guthaben bei Kreditinstituten

500.000

500.000

Im Geschäftsjahr t1 hatte die XY-GmbH eine Kapitalrücklage für eingefordertes Nachschusskapi­ tal in Höhe von 25.000 € gebildet, das auch in dieser Periode von den Gesellschaftern vollständig eingezahlt wurde. Bereits im August des Geschäftsjahres t2 haben die Gesellschafter gemäß § 46 Nr. 1 und Nr. 3 GmbHG die vollständige Rückgewährung des eingeforderten Nachschusskapitals von 25.000 € und die Vollausschüttung eines etwaigen Jahresüberschusses beschlossen. Die Be­ träge sollen im Februar des Geschäftsjahres t3 an die Anteilseigner ausgezahlt werden. Unter Berücksichtigung von § 30 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, § 268 Abs. 1 Satz 1 und § 270 Abs. 1 HGB werden zum Zwecke einer Bilanzaufstellung unter vollständiger Verwendung des Jahresergebnis­ ses folgende Abschlussbuchungen erforderlich. (1) Kapitalrücklage für Nachschusskapital (2) Entnahmen aus Kapital­ rücklagen (3) Sonstige Verbindlichkeiten

an 25.000 €

an an

Entnahmen aus Kapitalrücklagen – Jahresergebniskonto – Sonstige Verbindlichkeiten Schlussbilanzkonto

25.000 € 15.000 € 10.000 € 10.000 €

Kontenmäßige Darstellung: S

(1) S

Kapitalrücklage für Nachschusskapital € 25.000

AB

Jahresergebniskonto €

Jahresfehl­ 15.000 betrag

(2)

H

S

25.000 H

Entnahmen aus Kapitalrücklagen €

€ (2) S

25.000

€ (1)

Sonstige Verbindlichkeiten





15.000

(3) SBK (EB) 10.000

H

25.000 H €

(2)

10.000

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 205

S

Schlussbilanzkonto (verkürzt) €

Grundstücke

150.000

Gebäude

90.000

Betriebs- und Geschäftsausstattung

65.000

Waren

115.000

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

30.000

Guthaben bei Kreditinstituten

50.000

H €

Gezeichnetes Kapital

290.000

Verbindlichkeiten gegen­ über Kreditinstituten

55.000

Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen

145.000

(3) Sonstige Verbindlichkeiten 500.000

10.000 500.000

Die damit seitens der Geschäftsführer aufgestellte und den Gesellschaftern zum Zwecke der Fest­ stellung des Jahresabschlusses vorgelegte verkürzte Bilanz (§ 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG) hat dann nachstehendes Aussehen. Aktiva

Bilanz zum 31.12.t2 €

A. Anlagevermögen I. Grundstücke II. Gebäude III. Betriebs- und Geschäfts­ ausstattung B. Umlaufvermögen I. Waren

Passiva €

A. Eigenkapital 150.000

I. Gezeichnetes Kapital

290.000

90.000 65.000 B. Verbindlichkeiten 115.000 30.000

I. Verbindlichkeiten gegen­ über Kreditinstituten

55.000

II. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen

50.000

II. Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen

145.000

III. Guthaben bei Kreditinstituten

III. Sonstige Verbindlichkeiten 500.000

10.000 500.000

Die Überweisung des (restlichen) Nachschusskapitals an die Gesellschafter wäre Ende Februar des Geschäftsjahres t3 wie folgt zu verbuchen. Sonstige Verbindlichkeiten

an

Guthaben bei Kreditinstituten

10.000 €

(d) Eigene Anteile und Anteile an einem Konzernunternehmen Eigene Anteile liegen vor, wenn sich im Eigentum der bilanzierenden AG oder GmbH eigene Aktien oder Geschäftsanteile befinden.³⁰⁶ Zum einen können eigene Anteile als Korrekturposten zum Grund- bzw. Stammkapital, d. h. als negatives Eigenkapi­ tal, angesehen werden. Zum anderen tragen eigene Anteile aber auch den Charakter echter Vermögenswerte, wenn sie z. B.

306 Eigene Anteile werden stets als Korrekturposten zum Eigenkapital bilanziert und nicht als Ver­ mögensgegenstand auf der Aktivseite ausgewiesen.

206 | III. Spezialregelungen

– –

den Arbeitnehmern der Gesellschaft als Belegschaftsaktien zum Erwerb angebo­ ten werden sollen (§ 71 Abs. 1 Nr. 2 AktG) oder der Abfindung von Aktionären im Rahmen von Unternehmenszusammenschlüs­ sen dienen (§ 71 Abs. 1 Nr. 3 AktG).³⁰⁷

In § 71 bis § 71e AktG und § 33 GmbHG ist der Erwerb eigener Anteile im Einzelnen ge­ regelt. Während bei der AG der Gesamtnennbetrag der eigenen Aktien grundsätzlich 10 % des Grundkapitals nicht überschreiten darf (§ 71 Abs. 2 Satz 1 AktG) und ein Erwerb eigener Aktien prinzipiell nur nach voller Leistung des Nenn- oder höheren Ausgabebetrags zugelassen wird (§ 71 Abs. 2 Satz 3 AktG), ist der GmbH der Erwerb ei­ gener Geschäftsanteile dann untersagt, wenn die Stammeinlage noch nicht vollstän­ dig eingezahlt wurde (§ 33 Abs. 1 GmbHG). Ferner darf die GmbH eigene Anteile, auf welche die Einlagen vollständig geleistet sind, nur erwerben, „[. . . ] sofern sie im Zeit­ punkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Stammkapital oder eine nach dem Gesellschaftsvertrag zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Gesellschafter verwandt werden darf “ (§ 33 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Eine ähnliche Regelung existiert auch für die AG (§ 71 Abs. 2 Satz 2 AktG). Hieraus folgt, dass sowohl bei der AG als auch der GmbH der Erwerb eigener Anteile an das Vorhandensein entsprechender Kapital- oder anderer Gewinnrücklagen geknüpft ist.³⁰⁸ Mithin soll zum Zwecke der Kapitalerhaltung der Erwerb eigener Aktien oder Gesellschaftsanteile nur aus Mitteln geschehen, die über das vorhandene Grund- bzw. Stammkapital hinaus vorhanden sind.³⁰⁹ Um zu verhindern, dass durch die Ausschüttung des den eigenen Anteilen ge­ genüberstehenden Eigenkapitals an die Gesellschafter eine Aufzehrung des Grundoder Stammkapitals erfolgt, muss gemäß § 272 Abs. 1a HGB der Nennbetrag (oder der rechnerische Wert) der eigenen Anteile mit dem gezeichneten Kapital sowie der Unter­ schiedsbetrag zwischen Nennwert (oder rechnerischen Wert) und den Anschaffungs­ kosten der eigenen Anteile mit den frei verfügbaren Rücklagen verrechnet und offen vom Posten „Gezeichnetes Kapital“ abgesetzt werden. Diese Verrechnung der eigenen Anteile ist erst kapitalerhöhend aufzuheben, wenn die eigenen Anteile ausgegeben, veräußert oder sonst aus der Bilanz ausgebucht werden (§ 272 Abs. 1b Satz 1 HGB). Sofern Unternehmen Anteile an einem Konzernunternehmen halten, ist hierfür eine Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Un­ ternehmen zu bilden (§ 272 Abs. 4 HGB). Beispiel: Die XY-AG weist zum 30.12. des Geschäftsjahrs (= Kalenderjahrjahr) t1 folgende verkürz­ te (vorläufige) Bilanz aus.

307 Vgl. Coenenberg et al. 2020, S. 383. 308 Vgl. Störk et al. 2022a, Rz. 130 zu § 272 HGB. 309 Vgl. Westermann 2022, Rz. 2 zu § 33 GmbHG.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 207

Aktiva

Vorläufige Bilanz zum 30.12.t1

Passiva





A. Anlagevermögen

A. Eigenkapital

I. Grundstücke

155.000

I. Gezeichnetes Kapital

290.000

II. Gebäude

90.000

II. Frei verfügbare Rücklagen

20.000

III. Betriebs- und Geschäfts­ ausstattung

70.000

III. Jahresüberschuss

30.000

B. Verbindlichkeiten

B. Umlaufvermögen I. Waren

I. Verbindlichkeiten gegen­ über Kreditinstituten

120.000

II. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen III. Guthaben bei Kreditinstituten

40.000

55.000

II. Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen III. Sonstige Verbindlichkeiten

75.000 550.000

145.000 10.000 550.000

Der Vorstand erwirbt am 30.12.t1 eigene Anteile der AG im Umfang von 1.000 Aktien zu einem Nenn­ betrag von 10 € Stück. Der Anschaffungspreis der Aktien beträgt 15 € pro Stück, womit ein Kauf­ preis von insgesamt 15.000 € fällig wird. Ferner entstehen Anschaffungsnebenkosten in Höhe von 600 €, die die abwickelnde Bank der XY-AG zusätzlich in Rechnung stellt. Zur Berücksichtigung der entsprechenden Geschäftsvorfälle im Jahresabschluss t1 sind folgende Buchungen erforderlich. Erworbene eigene Anteile 10.000 € an Guthaben bei Kreditinstituten Sonstige betriebliche Aufwendungen 600 € Frei verfügbare Rücklagen 5.000 €

15.600 €

Kontenmäßige Darstellung: S

H

Erworbene eigene Anteile €

AB (1)

0

EB (SBK)

AB

Guthaben bei Kreditinstituten € 75.000

(1) EB (SBK)

(1)

10.000

€ EB (SBK)

290.000

H €

AB

290.000

10.000

75.000 S

Gezeichnetes Kapital

10.000 10.000

S

S



S

(2)

Frei verfügbare Rücklagen





15.600

(1)

59.400

EB (SBK)

75.000

Sonstige betriebliche Aufwendungen € 600

H

H

5.000

20.000

Jahresergebniskonto €

∑ Aufwendungen (2)

20.000

15.000

€ 600

€ AB

20.000 S

H

H €

∑ Erträge

...

600

Jahresüber­ 29.400 schuss (SBK) 29.400

29.400

208 | III. Spezialregelungen

Die Schlussbilanz der XY-AG weist dann zum 31.12.t1 folgendes Bild auf. Aktiva

Bilanz zum 31.12.t1 €

A. Anlagevermögen I. Grundstücke II. Gebäude III. Betriebs- und Geschäftsausstattung B. Umlaufvermögen I. Waren

Passiva €

A. Eigenkapital 155.000 90.000 70.000

120.000

II. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen

40.000

III. Guthaben bei Kreditinstituten

59.400

I. Gezeichnetes Kapital − Eigene Anteile = Korrigiertes gezeichne­ tes Kapital II. Frei verfügbare Rücklagen III. Jahresüberschuss

10.000 280.000 15.000 29.400

B. Verbindlichkeiten I. Verbindlichkeiten gegen­ über Kreditinstituten

55.000

II. Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen

145.000

III. Sonstige Verbindlichkeiten 534.400

290.000

10.000 534.400

c.c Offene Rücklagen (a) Allgemeines Offene Rücklagen stellen in der Bilanz der Kapitalgesellschaft neben dem fest ange­ setzten Grund- bzw. Stammkapital offen ausgewiesene (zusätzliche) Eigenkapital­ bestandteile dar. Im Gegensatz zum gezeichneten Kapital, das nur bei Kapitalerhö­ hungen bzw. -herabsetzungen Veränderungen unterworfen wird, sind die Posten der offenen Rücklagen in aller Regel häufiger von Variationen betroffen. Abbildung 64 gibt einen Überblick über die Komponenten der offenen Rücklagen bei Kapitalgesell­ schaften, die in die beiden Gruppen Kapitalrücklage und Gewinnrücklagen zerfal­ len. § 158 Abs. 1 Satz 1 AktG schreibt vor, dass Rücklagenveränderungen, die die Ergeb­ nisverwendung betreffen, bei der AG über eine Fortführung der Gewinn- und Verlust­ rechnung zum Ausweis zu bringen sind. Allerdings können diese Angaben auch alter­ nativ im Anhang gemacht werden (§ 158 Abs. 1 Satz 2 AktG) (vgl. Abbildung 65).³¹⁰ Für die GmbH ist eine analoge Darstellung der Ergebnisverwendung nicht vorge­ schrieben. Nach h. M. steht es der GmbH aber frei, die Ergebnisverwendung ebenso wie bei der AG zu dokumentieren.³¹¹ Allerdings ist § 29 GmbHG zu beachten. Abbil­ dung 66 bis 68 zeigen drei unterschiedliche buchhalterische Abläufe unter Zugrun­ delegung des Regelfalls der Bilanzaufstellung bei teilweiser Verwendung des Jah­ resergebnisses nach § 268 Abs. 1 i. V. m. § 270 Abs. 2 HGB. Die Standardfälle können

310 Im Folgenden wird bezüglch der Postennummerierung vom Gesamtkostenverfahren nach § 275 Abs. 2 HGB ausgegangen. 311 Vgl. z. B. ADS 1997a, Rz. 32 zu § 158 AktG.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

209

in der Praxis aber auch in Kombinationsformen auftreten (z. B. Verlustvortrag, Jahres­ überschuss und Rücklagenentnahme und/oder Rücklageneinstellungen). Offene Rücklagen im Handelsrecht

Kapitalrücklage (§ 266 Abs. 3 A. II. HGB)

Gewinnrücklagen (§ 266 Abs. 3 A. III. HGB) Gesetzliche Rücklage (§ 272 Abs. 3 Satz 2 HGB; § 150 AktG)

Betrag, der bei Ausgaben von Anteilen über den Nennbetrag (oder den rechnerischen Wert) erzielt wird (Agio) (§ 272 Abs. 2 Nr. 1 HGB)

Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen (§ 272 Abs. 4 HGB)

Betrag, der bei Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird (§ 272 Abs. 2 Nr. 2 HGB)

Satzungsmäßige Rücklagen (§ 272 Abs. 3 Satz 2 HGB; § 29 Abs. 1 Satz 1 2. HS GmbHG)

Betrag von Zuzahlungen, die Gesellschafter gegen Gewährung eines Vorzugs für ihre Anteile leisten (§ 272 Abs. 2 Nr. 3 HGB)

Andere Rücklagen (§ 272 Abs. 3 Satz 2, § 272 Abs. 5 HGB; § 58 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2, § 58 Abs. 2a Satz 1 AktG; § 29 Abs. 4 Satz 1 GmbHG)

Betrag von anderen Zuzahlungen, die Gesellschafter in das Eigenkapital leisten (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) Eingefordertes Nachschusskapital (§ 42 Abs. 2 Satz 3 GmbHG)

Abb. 64: Komponenten der offenen Rücklagen im Handelsrecht.

(b) Kapitalrücklage Die Kapitalrücklage repräsentiert im Grundsatz Eigenkapitalkomponenten, die nicht aus dem Gewinn, sondern aus von außen zufließenden Mitteln resultieren. Prinzipiell handelt es sich um ein Agio oder agioähnliche und sonstige Zuzahlungen der Gesell­ schafter. Darüber hinaus werden im Falle der vereinfachten Kapitalherabsetzung bei der AG bestimmte Einstellungen in die Kapitalrücklage erforderlich (§ 229, § 230, § 232 AktG). Da die Speisung der Kapitalrücklage nicht aus dem Jahresüberschuss er­ folgt, schreibt das Aktiengesetz – im Gegensatz zur Behandlung von Gewinnrückla­ gen – vor, dass lediglich Entnahmen aus der Kapitalrücklage über die Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen sind (§ 158 Abs. 1 Posten 2. AktG). Somit lautet der entsprechende Buchungssatz, der zu einer Veränderung des handelsrechtlichen Bilanzergebnisses führt: Kapitalrücklage

an

Entnahmen aus der Kapitalrücklage.

210 | III. Spezialregelungen

17. 18. 19. 20.

Jahresüberschuss/-fehlbetrag Gewinn-/Verlustvortrag aus dem Vorjahr a Entnahmen aus der Kapitalrücklage Entnahmen aus Gewinnrücklagen a) aus der gesetzlichen Rücklage b) aus der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen c) aus satzungsmäßigen Rücklagen d) aus anderen Gewinnrücklagen 21. Einstellungen in Gewinnrücklagen a) in die gesetzliche Rücklage b) in die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mehrheitlich beteiligten Unternehmen c) in satzungsmäßige Rücklagen d) in andere Gewinnrücklagen 22. Bilanzgewinn/-verlust a

In den Gewinnvortrag werden i. d. R. nur an die Aktionäre nicht verteilungsfähige Spitzenbeträge des Bilanzgewinns eingestellt. Es handelt sich um solche Beträge, die nicht ausreichen, die Dividen­ de um 1 % zu erhöhen. Vgl. ADS 1997a, Rz. 39 zu § 174 AktG. Die Ausschüttungsquote wird grund­ sätzlich auf der Basis des Grundkapitals berechnet (§ 60 Abs. 1 AktG). Sofern aber ausstehende Einlagen auf das Grundkapital vorliegen, erhalten diejenigen Aktionäre, die bereits ihre Einlagen ge­ leistet haben, eine 4%ige Vorabdividende auf die eingezahlten Teile des Grundkapitals (§ 60 Abs. 2 Satz 1 AktG). Abb. 65: Darstellung der handelsrechtlichen Ergebnisverwendung bei der AG.

Anschließend sind dann die Entnahmen aus der Kapitalrücklage wie folgt auf das Bi­ lanzergebniskonto zu buchen: Entnahmen aus der Kapitalrücklage

an

Bilanzergebniskonto.

Während die Konten für die Kapitalrücklage und die Gewinnrücklagen den passiven Bestandskonten zuzuordnen sind, stellen die aus § 158 Abs. 1 Satz 1 AktG abgeleiteten Konten aktienrechtliche Verrechnungskonten für die Überleitung vom Jahres- auf das Bilanzergebniskonto dar. Aus ertragssteuerrechtlicher Sicht trägt die Bildung von Kapitalrücklagen Ein­ lagecharakter. Hieraus folgt, dass im Falle der Einstellungen in Kapitalrücklagen grundsätzlich keine körperschaft- und gewerbesteuerrechtlichen Wirkungen entste­ hen.³¹² Sofern im handelsrechtlichen Jahresabschluss Kapitalrücklagen z. B. zum

312 Nach h. M. fallen nur solche Sachverhalte unter den steuerrechtlichen Begriff der verdeckten Ein­ lage, die handelsrechtlich nicht zur Einstellung in die Kapitalrücklage führen (z. B. Ertragszuschüsse eines Anteilseigners, welche die Kapitalgesellschaft erfolgswirksam vereinnahmt). Vgl. Weber-Grellet 2022, Rz. 203–204 zu § 5 EStG.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

S

Eröffnungsbilanzkonto

211

H

Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Gewinnvortrag

S

Kapitalrücklage

Entnahmen EB

S

S H

Bilanzergebniskonto H Jahresüberschuss Gewinnvortrag Entnahme a.d. KR Entnahmen a. GR

H

Gewinnrücklagen Entnahmen AB EB

Entnahmen aus Gewinnrücklagen

Saldo

H

Erträge

Saldo

Entnahmen

S

S

Jahresergebniskonto

Aufwendungen Saldo

Entnahmen aus der Kapitalrücklage

Saldo

S

H

AB

H

Entnahmen S

Schlussbilanzkonto

H Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Bilanzgewinn

AB: EB: GR: KR:

Anfangsbestand Endbestand Gewinnrücklagen Kapitalrücklage

Abb. 66: Abschlusstechnik der Ergebnisverwendung bei Gewinnvortrag, Jahresüberschuss, Rückla­ genentnahme und Bilanzgewinn. S

Eröffnungsbilanzkonto

H

Gewinnrücklagen

S

Gewinnrücklagen

EB

S

H

AB Einstellungen

Einstellungen in Gewinnrücklagen

Einstellungen

S

S H

Saldo

S

Jahresergebniskonto

Aufwendungen Saldo

Bilanzergebniskonto

Einstellungen in Gewinnrücklagen Saldo

Schlussbilanzkonto

H

Gewinnrücklagen Bilanzgewinn

H

Erträge

H

Jahresüberschuss

AB: EB:

Anfangsbestand Endbestand

Abb. 67: Abschlusstechnik der Ergebnisverwendung bei Jahresüberschuss, Dotierung der Gewinn­ rücklagen und Bilanzgewinn.

212 | III. Spezialregelungen S

Eröffnungsbilanzkonto

H

Kapitalrücklage Gewinnrücklagen Gewinnvortrag

S

Kapitalrücklage

Entnahmen

S Saldo

Entnahmen aus der Kapitalrücklage

Jahresergebniskonto

S H

Entnahmen

Entnahmen aus Gewinnrücklagen

H

Erträge Saldo

Bilanzergebniskonto

Jahresfehlbetrag

H

Gewinnrücklagen Entnahmen AB

Saldo

S

Aufwendungen

S

S

H

AB

H

Gewinnvortrag Entnahme a.d. KR Entnahmen a. GR Saldo

H

Entnahmen S

Schlussbilanzkonto

Bilanzverlust

H

AB: EB: GR: KR:

Anfangsbestand Endbestand Gewinnrücklagen Kapitalrücklage

Abb. 68: Abschlusstechnik der Ergebnisverwendung bei Gewinnvortrag, Jahresfehlbetrag, Rückla­ genentnahme und Bilanzverlust.

Zwecke der Verlustdeckung oder einer Kapitalerhöhung (§ 150 Abs. 2 und Abs. 3 AktG) aufgelöst werden, dürfen diese Beträge grundsätzlich ebenfalls nicht in die ertragssteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen einbezogen werden, da die han­ delsrechtliche Entnahme aus der Kapitalrücklage das steuerrechtliche Gewinn- oder Verlustergebnis nicht berührt. § 152 Abs. 2 AktG bestimmt, dass die Entwicklung der Kapitalrücklage bei der AG im handelsrechtlichen Jahresabschluss dokumentiert werden muss. So sind bezüglich des Postens „Kapitalrücklage“ entweder in der Bilanz oder im Anhang der Betrag, der während des Geschäftsjahres eingestellt wurde und/ oder der Betrag, der für das Geschäftsjahr entnommen wird, gesondert anzugeben. (c) Gewinnrücklagen (α) Gesetzliche Rücklage Im Gegensatz zur Kapitalrücklage werden Gewinnrücklagen aus dem Gewinn nach Steuern für besondere Unternehmenszwecke (z. B. Deckung eventueller Verluste, Selbstfinanzierung) zu Lasten der Ausschüttungen an die Anteilseigner gebildet. Die erste, von § 266 Abs. 3 Posten A.III.1. bzw. § 272 Abs. 3 Satz 2 HGB genannte Rücklagen­ gruppe stellt die Gesetzliche Rücklage dar. Während die Bildung einer gesetzlichen Rücklage für die AG zwingend vorgeschrieben ist (§ 150 Abs. 1 AktG), die als gesetzli­

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 213

cher Reservefond dem Schutz der Gläubiger dient,³¹³ kennt das Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung eine solche Regelung nicht. In § 150 Abs. 2 AktG ist genau festgelegt, wie der jährliche Zuführungsbetrag und der Gesamtbe­ trag der gesetzlichen Rücklage zu berechnen sind. Zunächst sind 5 % des um einen Verlustvortrag (VV) aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen. Bezeichnet man die periodenbezogenen Einstellungen in die gesetzliche Rücklage­ mit REINg und den Jahresüberschuss nach erfolgsabhängigen Aufwendungen (z. B. Ertragsteuern, Tantiemen) mit Jnach, so ergibt sich folgende Formel: REINg = 0,05 · (Jnach − VV). Damit den Aktionären nicht der gesamte Jahresüberschuss durch Rücklageneinstel­ lungen vorenthalten werden kann, bestimmt § 150 Abs. 2 AktG, dass die Zuführungs­ pflicht dann endet, wenn die (bereits gebildete) gesetzliche Rücklage und die Kapi­ talrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 HGB den zehnten oder den in der Satzung festgelegten höheren Teil des Grundkapitals erreichen. Folglich können die im letzten Dotierungsjahr zwingend vorzunehmenden Zuführungen zur gesetzlichen Rücklage auch unter dem Betrag liegen, der sich nach der vorstehenden Formel ergibt. Laut § 158 Abs. 1 Posten 4.a) AktG sind Einstellungen in die gesetzliche Rücklage immer über die Gewinn- und Verlustrechnung vorzunehmen. Die entsprechenden Buchungs­ sätze lauten dann wie folgt: (1) Jahresergebniskonto (Jahresüberschuss) (2) Einstellungen in die Gesetzliche Rücklage (3) Bilanzergebniskonto

an an an

Bilanzergebniskonto Gesetzliche Rücklage Einstellungen in die Gesetzliche Rücklage.

Gemäß § 150 Abs. 3 und Abs. 4 AktG dürfen die gebildete gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage nur für ganz bestimmte Zwecke verwandt werden. In diesem Zu­ sammenhang sind zwei Fälle zu unterscheiden. Wenn die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 HGB zusammen nicht den zehn­ ten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals übersteigen, dann dürfen sie nur für folgende Zwecke Verwendung finden (§ 150 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 AktG) (Fall 1): – zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, sofern dieser weder durch einen Ge­ winnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist, noch durch Auflösung anderer Gewinn­ rücklagen kompensiert werden kann; – zum Ausgleich eines Verlustvortrages aus dem Vorjahr, sofern dieser weder durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist, noch durch Auflösung anderer Ge­ winnrücklagen kompensiert werden kann.

313 Vgl. ADS 1997a, Rz. 16 zu § 150 AktG.

214 | III. Spezialregelungen

Hieraus ergibt sich für den Fall 1 beim Vorliegen eines Jahresfehlbetrags das Erfor­ dernis, diesen nach h. M. durch Rückgriff auf die nachstehenden Alternativen in der angeführten Reihenfolge zu kompensieren:³¹⁴ – Ausgleich durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr; – Auflösung satzungsmäßiger Rücklagen; – Auflösung anderer Gewinnrücklagen; – Auflösung der gesetzlichen Rücklage und/oder der Kapitalrücklage.³¹⁵ Obwohl § 150 Abs. 3 Nr. 1 AktG von der Auflösung anderer Gewinnrücklagen spricht, wird davon ausgegangen, dass das Aktienrecht bei der Deckung eines Jahresfehlbetra­ ges zunächst auf alle sonstigen auflösbaren Gewinnrücklagen abzielt, wobei die Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unterneh­ men aufgrund ihres spezifischen Bildungszwecks und der fehlenden Bezugnahme in § 272 Abs. 4 Satz 2 HGB auf den Ausgleich eines Jahresfehlbetrags nicht für die in Re­ de stehende Verlustkompensation verwandt werden darf. Sofern ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr vorliegt, ist die oben angeführte Ausgleichsreihenfolge ebenfalls mit dem Unterschied anzuwenden, dass vorrangig ein Jahresüberschuss zur Verlustver­ rechnung zu verwenden ist, bevor auf die folgenden Alternativen sukzessive zurückge­ griffen wird. Bei Existenz eines Jahresfehlbetrags und eines Gewinnvortrags aus dem Vorjahr müssen unter Berücksichtigung aller möglichen Ausgleichsalternativen und der Regelungen in § 158 Abs. 1 AktG folgende Buchungen vorgenommen werden: (1) Bilanzergebniskonto (2) Eröffnungsbilanzkonto (3) Satzungsmäßige Rücklage (4) Andere Gewinnrücklagen (5) Gesetzliche Rücklage (6) Kapitalrücklage (7) – Entnahmen aus Satzungs­ mäßigen Rücklagen – Entnahmen aus Anderen Gewinnrücklagen – Entnahmen aus der Gesetz­ lichen Rücklage – Entnahmen aus der Kapitalrücklage

an an an an an an an

Jahresergebniskonto (Jahresfehlbetrag) Bilanzergebniskonto (Gewinnvortrag) Entnahmen aus Satzungsmäßigen Rücklagen Entnahmen aus Anderen Gewinnrücklagen Entnahmen aus der Gesetzlichen Rücklage Entnahmen aus der Kapitalrücklage Bilanzergebniskonto.

314 Vgl. etwa ADS 1997a, Rz. 52–58 zu § 150 AktG. 315 Die Entnahmereihenfolge zwischen der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage ist belie­ big.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 215

Beispiel: Die XY-AG weist zum Ende des Geschäftsjahres t1 einen Jahresüberschuss von 2,5 Mio. €, einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr in Höhe von 600.000 € und gesetzliche Rücklagen (vor Do­ tierung) im Umfang von 2,1 Mio. € auf. Andere Rücklagen wurden bisher nicht gebildet. Das Grund­ kapital beträgt 2,2 Mio. €. Satzungsmäßige Bestimmungen für eine Erweiterung der Dotierungs­ obergrenze für die gesetzliche Rücklage gemäß § 150 Abs. 2 AktG liegen nicht vor. Der Einstellungsbetrag in die gesetzliche Rücklage ist wie folgt zu berechnen: REINg = 0,05 · (2.500.000 € − 600.000 €) = 95.000 €. Da die Gesetzliche Rücklage nach Einstellung dieses Betrags (2.195.000 €) nicht 10 % des Grund­ kapitals (2.200.000 €) übersteigt, ist die Dotierung zwingend. Die entsprechenden Abschlussbuchungen für das Geschäftsjahr t1 lauten dann: (1) Jahresergebniskonto (2) Bilanzergebniskonto (3) Einstellungen in die Ge­ setzliche Rücklage (4) Bilanzergebniskonto

an an an

Bilanzergebniskonto Ergebnisvortragskonto Gesetzliche Rücklage

2.500.000 € 600.000 € 95.000 €

an

Einstellungen in die Gesetzliche Rücklage

95.000 €.

Kontenmäßige Darstellung: S

H

Jahresergebniskonto €

∑ Aufwendungen (1)

S

€ ∑ Erträge

2.500.000 a

€ (2)

600.000

(4)

95.000

€ (1)

2.500.000

SBK (EB) 1.805.000

a

Der Betrag von 2.500.000 € stellt den Unterschied zwischen den auf dem Jahres­ ergebniskonto verbuchten Aufwendungen und Erträgen dar. S

Ergebnisvortragskonto

(2)

600.000 a

2.500.000

H



600.000

Der Verlustvortrag aus dem Vorjahr wur­ de wie folgt auf das Ergebnisvortragskonto verbucht: Ergebnisvortragskonto an Eröff­ nungsbilanzkonto 600.000 €. Gesetzliche Rücklage

€ SBK (EB) 2.195.000

H €

AB (3)

2.195.000

S

€ (1)

a

S

H

Bilanzergebniskonto

2.100.000 95.000 2.195.000

(3)

2.500.000

Einstellungen in die Gesetzliche Rücklage € 95.000

(4)

H €

95.000

216 | III. Spezialregelungen

Die von § 158 Abs. 1 AktG geforderte staffelmäßige Fortführung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Posten „Jahresüberschuss“ lässt sich aus der vorstehenden kontenmäßigen Darstellung ableiten, wobei angenommen wurde, dass die Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren gemäß § 275 Abs. 2 HGB vorgenommen wurde. 17. 18. 19. 20.

Jahresüberschuss Verlustvortrag aus dem Vorjahr Einstellungen in die Gesetzliche Rücklage Bilanzgewinn

2.500.000 € 600.000 € 95.000 € 1.805.000 €

Die Angaben können wahlweise in der Gewinn- und Verlustrechnung oder im Anhang gemacht wer­ den. Unterstellt man, dass die XY-AG im Geschäftsjahr t1 einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 2.800.000 € erwirtschaftet, dann müssen nachstehende Abschlussbuchungen vorgenommen wer­ den. (1) Bilanzergebniskonto (2) Gesetzliche Rücklage

an an

(3) Entnahmen aus der Ge­ setzliche Rücklage

an

Jahresergebniskonto Entnahmen aus der Gesetzlichen Rücklage Bilanzergebniskonto

2.800.000 € 2.195.000 € 2.195.000 €.

Kontenmäßige Darstellung: S

H

Jahresergebniskonto €

∑ Aufwendungen

S

Bilanzergebniskonto

€ ∑ Erträge (1)

€ (1)

2.800.000

2.800.000

€ (3) SBK (EB)

2.800.000 S

(3)

Entnahmen aus der Gesetzlichen Rücklage € 2.195.000

(2)

H

S

2.195.000

€ (2)

2.195.000

2.195.000 605.000 2.800.000

Gesetzliche Rücklage



H

H €

AB

2.195.000

Die staffelmäßige Fortführung der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Posten „Jahresfehlbe­ trag“ gemäß § 158 Abs. 1 AktG hat dann folgendes Aussehen. 17. 18. 19.

Jahresfehlbetrag Entnahmen aus der Gesetzlichen Rücklage Bilanzverlust

2.800.000 € 2.195.000 € 605.000 €.

Sofern die Gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage nach § 272 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 3 HGB zusammen aber den zehnten oder den in der Satzung bestimmten höheren Teil des Grundkapitals übersteigen, kann der übersteigende Betrag³¹⁶ nur zu folgenden Zwecken verwandt werden (§ 150 Abs. 4 Nr. 1 bis Nr. 3 AktG) (Fall 2). 316 Ein derartiger übersteigender Betrag kann sich nur aufgrund von Einstellungen in die Kapital­ rücklage ergeben, da die Dotierung der gesetzlichen Rücklage genau auf den in § 150 Abs. 2 AktG ge­ nannten Wert begrenzt ist.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 217

– – –

zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags, soweit er nicht durch einen Gewinn­ vortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist; zum Ausgleich eines Verlustvortrags aus dem Vorjahr, soweit er nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist; zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach § 207 bis § 220 AktG.

Allerdings dürfen die erste und zweite Alternative zur Verlustkompensation nicht zum Zuge kommen, wenn gleichzeitig Gewinnrücklagen zur Gewinnausschüttung aufge­ löst werden (§ 150 Abs. 4 Satz 2 AktG). Bei einer solchen Konstellation sind ein Jahres­ fehlbetrag (soweit dieser nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist) und ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr (soweit dieser nicht durch einen Jahres­ überschuss gedeckt ist) vorrangig durch Entnahmen aus noch anderen auflösbaren Gewinnrücklagen (außer der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen) auszugleichen. Durch diese Vorschrift soll mithin eine Gewinnausschüttung zu Lasten der gesetzlichen Rücklage vermieden werden. Der Unterschied zwischen den Regelungen des § 150 Abs. 3 und Abs. 4 AktG besteht darin, dass ein Jahresfehlbetrag (soweit er nicht durch einen Gewinnvortrag aus dem Vorjahr gedeckt ist) und ein Verlustvortrag aus dem Vorjahr (soweit er nicht durch einen Jahresüberschuss gedeckt ist) auch dann von dem in Rede stehenden überstei­ genden Betrag nach § 150 Abs. 4 Satz 1 AktG gedeckt werden dürfen, wenn noch andere auflösbare Gewinnrücklagen vorhanden sind, aber nicht gleichzeitig durch Gewinn­ ausschüttung aufgelöst werden.³¹⁷ (β) Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen Auf die Bildung und Auflösung der Rücklage für Anteile an einem herrschenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen gemäß § 272 Abs. 4 HGB wurde schon prinzi­ piell eingegangen.³¹⁸ Die Ausführungen an dieser Stelle können sich deshalb auf den Hinweis beschränken, dass wegen des besonderen Charakters der Rücklage ihre Bil­ dung auch dann vorgenommen werden muss, wenn hierdurch ein Bilanzverlust ent­ steht. Allerdings ist die gesetzliche Rücklage unabhängig von dieser Regelung zu bil­ den, wenn vor Dotierung der Rücklage ein Jahresüberschuss vorlag. Ausgangspunkt für die gesetzliche Rücklagenbildung stellt stets § 150 Abs. 2 AktG dar, der als Berech­ nungsgrundlage den Jahresüberschuss abzüglich eines Verlustvortrags aus dem Vor­ jahr vor jeglicher Rücklagenzuführung nennt. Folglich erhöht sich bei derartigen Konstellationen ein Bilanzverlust. Die Bildung und Auflösung der Rücklage ist eben­ falls gemäß § 158 Abs. 1 Satz 1 AktG über die Gewinn- und Verlustrechnung vorzuneh­ men.

317 Vgl. ADS 1997a, Rz. 64 zu § 150 AktG. 318 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.b(d).

218 | III. Spezialregelungen

(γ) Satzungsmäßige Rücklagen Die Bildung von auf Satzung oder Gesellschaftsvertrag beruhender Rücklagen gemäß § 266 Abs. 3 Posten A.III.3. bzw. § 272 Abs. 3 Satz 2 HGB kann für die AG und die GmbH in Betracht kommen. Derartige zweckgebundene oder freie Rücklagen sind aus dem Jahresüberschuss nach Maßgabe der in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag fest­ gelegten Vereinbarungen vom Vorstand bzw. der Geschäftsführung zu Lasten des ausschüttbaren Bilanzgewinns zu bilden (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Darüber hinaus kann die Satzung oder der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass die Haupt- bzw. Ge­ sellschafterversammlung die Möglichkeit besitzen, Beträge des ausschüttungsfähi­ gen Gewinns in die satzungsmäßige Rücklage einzustellen (§ 58 Abs. 3 Satz 2 AktG; § 29 Abs. 2 GmbHG). Unter Berücksichtigung von § 158 Abs. 1 Satz 1 AktG sind bei der Bildung von satzungsmäßigen Rücklagen grundsätzlich die folgenden Buchungssätze anzuwenden: (1) Einstellungen in Satzungsmäßige Rücklagen (2) Bilanzergebniskonto

an

Satzungsmäßige Rücklagen

an

Einstellungen in Satzungsmäßige Rücklagen.

(δ) Andere Gewinnrücklagen Die Vorschriften über die Dotierung anderer Gewinnrücklagen i. S. v. § 266 Abs. 3 Pos­ ten A.III.4. bzw. § 272 Abs. 3 Satz 2 HGB sind für die AG in § 58 AktG detailliert gere­ gelt. Stellt die Hauptversammlung ausnahmsweise den Jahresabschluss fest³¹⁹ (§ 173 Abs. 1 Satz 1 AktG), dann darf aus dem Jahresüberschuss (Wahlrecht) aufgrund einer Satzungsbestimmung höchstens die Hälfte des Jahresüberschusses in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt werden (§ 58 Abs. 1 Satz 2 AktG).³²⁰ Die maximale Dotie­ rung der anderen Gewinnrücklagen lässt sich in diesem Fall nach folgender Formel ermitteln (REINa = Einstellungen in andere Gewinnrücklagen). REINa = 0,5 · (Jnach − VV − REINg) Die Ausgangsgröße, der Jahresüberschuss, darf nur um solche Komponenten gekürzt werden, für deren Verwendung ein gesetzlicher Zwang bzw. ein unabdingbares Er­ fordernis besteht (§ 58 Abs. 1 Satz 3 AktG).³²¹

319 Mit der Feststellung des Jahresabschlusses ist die Genehmigung des aufgestellten Jahresab­ schlusses durch das gesetzlich oder gesellschaftsvertraglich vorgesehene Organ gemeint (z. B. Hauptoder Gesellschafterversammlung bzw. Vorstand und Aufsichtsrat). 320 Sofern die Hauptversammlung den Jahresabschluss feststellt, darf sie grundsätzlich „[. . . ] nur die Beträge in Gewinnrücklagen einstellen, die nach Gesetz oder Satzung einzustellen sind“ (§ 173 Abs. 2 Satz 2 AktG). 321 Vgl. ADS 1997a, Rz. 14 zu § 58 AktG.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 219

Stellen Vorstand und Aufsichtsrat gemäß § 172 AktG den Jahresabschluss fest (Regelfall), so können sie bis zu 50 % des Jahresüberschusses (Wahlrecht) in die an­ deren Gewinnrücklagen einstellen (§ 58 Abs. 2 Satz 1 AktG). Die Satzung der Gesell­ schaft kann sie jedoch auch „[. . . ] zur Einstellung eines größeren oder kleineren Teils des Jahresüberschusses ermächtigen“ (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AktG). Allerdings dürfen Vor­ stand und Aufsichtsrat aufgrund einer solchen Satzungsermächtigung keine Beträ­ ge einstellen, „[. . . ] wenn die anderen Gewinnrücklagen die Hälfte des Grundkapitals übersteigen oder soweit sie nach der Einstellung die Hälfte übersteigen würden“ (§ 58 Abs. 2 Satz 3 AktG). Vor der Bildung der anderen Gewinnrücklagen ist auch in diesem Falle der Jahresüberschuss um diejenigen Beträge, die den gesetzlichen Rücklagen zuzuführen sind und um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr zu kürzen (§ 58 Abs. 2 Satz 4 AktG). Durch die grundsätzlich hälftige Regelung von § 58 Abs. 1 und Abs. 2 AktG be­ züglich der Entscheidungsbefugnis über die Verwendung des (restlichen) Jahresüber­ schusses kommt die sog. Kompetenzabgrenzungsfunktion des aktienrechtlichen Jahresabschlusses zum Ausdruck. Während maximal 50 % des (restlichen) Jahres­ überschusses von der Unternehmensleitung in Form von Gewinnthesaurierungen einbehalten werden können, entscheiden die Aktionäre über die Verwendung des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr und um die vorgenommenen Einstellungen in die Gewinnrücklagen gekürzten Jahresüberschusses (§ 174 Abs. 1 AktG). Unter Berück­ sichtigung von § 158 Abs. 1 Satz 1 AktG sind bei der Bildung anderer Gewinnrücklagen grundsätzlich die folgenden Buchungssätze anzuwenden: (1) Einstellungen in Andere Gewinnrücklagen (2) Bilanzergebniskonto

an an

Andere Gewinnrücklagen Einstellungen in Andere Gewinnrücklagen.

Beispiel: Die X-AG hat ein Grundkapital in Höhe von 550.000 €, gesetzliche Rücklagen von 48.500 €, andere Gewinnrücklagen von 245.000 €, einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr von 10.000 € und einen Jahresüberschuss von 25.000€. Auf den folgenden Konten sind die Buchungen für die Verwendung des Jahresüberschusses unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen von § 150 Abs. 2 und § 58 Abs. 2 AktG für das Geschäftsjahr t1 durchgeführt, wenn Vorstand und Aufsichtsrat möglichst hohe Einstellungen in die anderen Gewinnrücklagen wünschen und den Jah­ resabschluss feststellen. Die Satzung der X-AG enthält keine Regelungen bezüglich der Dotierung der anderen Gewinnrücklagen: (1) REINg = 0,05 · (25.000 € − 10.000 €) = 750 € (2) REINa = 0,5 · (25.000 € − 10.000 € − 750 €) = 7.125 €.

220 | III. Spezialregelungen

Kontenmäßige Darstellung: S

H

Ergebnisvortragskonto € 10.000 a

S

(1)

(2)

10.000

a

Bilanzergebniskonto €

(1)

10.000

(3)

750

(4)

7.125

(5)

(8) EB



25.000 a

25.000

Der Betrag von 25.000 € stellt den Unter­ schied zwischen den auf dem Jahresergeb­ niskonto verbuchten Aufwendungen und Erträge dar.

H

S

Einstellungen in Gewinnrücklagen

€ (2)

€ (6)

25.000

(7)

H €

750

(3)

7.125

(4)

750 7.125

7.825

7.825

7.125 25.000

S



a

Der Verlustvortrag aus dem Vorjahr wur­ de wie folgt auf das Ergebnisvortragskonto verbucht: Ergebnisvortragskonto an Eröff­ nungsbilanzkonto 10.000 €. S

H

Jahresergebniskonto



25.000

Gesetzliche Rücklage € 49.250

AB (6)

49.250 S

H

S (9) EB

48.500

H

Andere Gewinnrücklagen



€ 252.125

750

€ AB

245.000

(7)

49.250

252.125

7.125 252.125

Schlussbilanz(konto) der X-AG zum 31.12.t1 €

H €

A. Anlagevermögen

...

B. Umlaufvermögen

...

I. Gezeichnetes Kapital

C. Rechnungsabgrenzungsposten

...

II. Gewinnrücklagen

A. Eigenkapital

(8)

1. Gesetzliche Rücklage

(9)

2. Andere Gewinnrücklagen

(5) III. Bilanzgewinn B. Rückstellungen

550.000 49.250 252.125 7.125 ...

C. Verbindlichkeiten

...

D. Rechnungsabgrenzungsposten

...

Darüber hinaus besteht für den Vorstand und Aufsichtsrat die Möglichkeit, den Eigen­ kapitalanteil von steuerrechtlichen Wertaufholungen bei Wirtschaftsgütern des An­ lage- und Umlaufvermögens in die anderen Gewinnrücklagen einzustellen (§ 58 Abs. 2a Satz 1 AktG).³²² Ähnliches gilt für die Geschäftsführer einer GmbH, die mit Zustimmung des Aufsichtsrats oder der Gesellschafter eine entsprechende Dotierung der anderen

322 Vgl. Störk et al. 2022a, Rz. 258–259 zu § 272 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 221

Gewinnrücklagen vornehmen können. Bezüglich der Wertaufholungen handelt es sich um Zuschreibungen, die nach § 253 Abs. 5 HGB zwingend mit der Folge ertragssteuerli­ cher Wirkungen vorzunehmen sind,³²³ wobei hinsichtlich der Bestimmung des Eigen­ kapitalanteils der steuerrechtlich wirksamen Zuschreibung die abzuziehende voraus­ sichtliche Ertragsteuerbelastung grundsätzlich individuell ermittelt wird. In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass der Eigenkapitalanteil in maximalem Um­ fang oder in Höhe eines Zwischenwerts in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt, aber der unausgeschöpfte Betrag später nicht nachgeholt werden kann. Infolgedes­ sen besteht im Rahmen dieses Gewinnverwendungswahlrechts ein beträchtlicher Ermessensspielraum zur Bestimmung der Höhe des Eigenkapitalanteils. Als Besonderheit ist zu berücksichtigen, dass bei Aktiengesellschaften Vorstand und Aufsichtsrat bzw. die Hauptversammlung den Eigenkapitalanteil ohne Anrechnung auf die Restriktionen von § 58 Abs. 1 und Abs. 2 AktG in die anderen Gewinnrückla­ gen einstellen dürfen. Durch die Bildung anderer Gewinnrücklagen in Höhe des Ei­ genkapitalanteils wird mithin der aus steuerwirksamen Zuschreibungen resultierende Gewinn, der nicht dem Fiskus zusteht, zunächst der Ausschüttung an die Anteilseig­ ner entzogen. Im Hinblick auf die Zuschreibungen im Anlage- und Umlaufvermögen besteht folglich die Möglichkeit, die hieraus entspringende Erhöhung des Jahreser­ gebnisses zu thesaurieren. Nach h. M. kann die in Rede stehende Rücklage auch ge­ bildet werden, wenn kein oder kein ausreichender Jahresüberschuss zur Verfügung steht und die entsprechende Dotierung zu einem Verlustausweis führt.³²⁴ Beispiel: Eine AG musste in Höhe von 120.000 € in der Handels- und Steuerbilanz eine Zuschrei­ bung auf Gegenstände des Vorratsvermögens vornehmen. Unter Zugrundelegung eines durch­ schnittlichen Ertragsteuersatzes von 30 % errechnet sich der sog. Eigenkapitalanteil (EKA) wie folgt: EKA = (1 − 0,3) · 120.000 € = 84.000 €. Die Dotierung der anderen Gewinnrücklagen in Höhe des Eigenkapitalanteils könnte im handels­ rechtlichen Jahresabschluss dann wie nachstehend gezeigt vorgenommen werden: (1) Einstellungen in Andere Gewinnrücklagen (2) Bilanzergebniskonto

an

Andere Gewinnrücklagen

84.000 €

an

Einstellungen in Andere Gewinnrücklagen

84.000 €.

323 Hierdurch besteht die Möglichkeit, Zuschreibungserträge, die nicht von Einnahmen begleitet werden, in Höhe des Eigenkapitalanteils zunächst der Ausschüttung zu entziehen. Der auf diese Er­ träge entfallende Fremdkapitalanteil, der dem Fiskus zusteht, mindert in Form der Steuern vom Ein­ kommen und vom Ertrag (Körperschaft- und Gewerbesteuer) den Jahresüberschuss und steht damit auch nicht für Ausschüttungszwecke zur Verfügung. 324 Vgl. Koch 2022, Rz. 18 zu § 58 AktG.

222 | III. Spezialregelungen

§ 58 Abs. 2a AktG und § 29 Abs. 4 GmbHG enthalten keine Regelungen, wann die ge­ bildeten Gewinnrücklagen aufzulösen sind. Da diese Posten einerseits nicht den Cha­ rakter einer Korrekturgröße zu den Beträgen der werterholten Vermögensgegenstände tragen sondern eindeutig darauf ausgerichtet sind, die aus steuerrechtlichen Zuschrei­ bungen resultierenden Eigenkapitalanteile der Gewinnverwendung zur Verfügung zu stellen, kann die Auflösung der in Rede stehenden Beträge nur im Rahmen der Verfü­ gungskompetenz der zuständigen Gesellschaftsorgane erfolgen.³²⁵ Folglich sind auch hier die allgemeinen Regelungen anzuwenden, die für die Auflösung des Bilanz­ postens „Andere Gewinnrücklagen“ gelten. Zur Steuerung der Gewinnrücklagen und damit des Bilanzgewinns sowie der Ausschüttungen stehen dem Management von Ka­ pitalgesellschaften mithin folgende Wahlrechte zusätzlich zur Verfügung. – Einstellung des Eigenkapitalanteils in die Gewinnrücklagen oder nicht; – Bestimmung der Höhe des Eigenkapitalanteils im Rahmen des Ermessensspiel­ raumes; – Auflösung der gebildeten Gewinnrücklage oder nicht. Aus steuerrechtlicher Sicht ist die Bildung und Auflösung der Wertaufholungsrückla­ ge allerdings ohne Bedeutung, da es sich um ein Gewinnverwendungswahlrecht handelt, das keinen Einfluss auf die Höhe der ertragsteuerlichen Bemessungsgrund­ lagen hat. Schließlich besteht für die Haupt- bzw. die Gesellschafterversammlung bei der Be­ schlussfassung über die Verwendung des Bilanzgewinns die Möglichkeit, weitere Beträge in die Gewinnrücklage einzustellen oder als Gewinn auf das neue Geschäfts­ jahr vorzutragen (§ 58 Abs. 3 Satz 1 AktG; § 29 Abs. 2 GmbHG). Darüber hinaus kann die Hauptversammlung aufgrund einer Satzungsermächtigung auch eine andere Ver­ wendung des Bilanzgewinns als die Einstellung in die Gewinnrücklagen oder die Ver­ teilung unter die Aktionäre beschließen (§ 58 Abs. 3 Satz 2 AktG). Ähnliches gilt für die GmbH (§ 29 Abs. 2 GmbHG). Abschließend zu den Gewinnrücklagen bleibt zum einen der Hinweis, dass die Posten in der Bilanz oder im Anhang der AG nach Maßgabe folgender Untergliederung anzugeben sind (§ 152 Abs. 3 AktG): – Beträge, die die Hauptversammlung aus dem Bilanzgewinn des Vorjahres ein­ gestellt hat; – Beträge, die aus dem Jahresüberschuss des Geschäftsjahres (von der Hauptver­ sammlung oder vom Vorstand und Aufsichtsrat) eingestellt werden; – Beträge, die für das Geschäftsjahr entnommen werden. Sofern sich die AG unter Berücksichtigung der Angabepflicht bezüglich der Bewe­ gungen von Kapitalrücklagen gemäß § 152 Abs. 2 AktG für die Ausweisalternative im

325 Vgl. Koch 2022, Rz. 20 zu § 58 AktG.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

Vortrag zum 31.12.t1

...

Einstellung durch die Haupt­ versammlung aus dem Bilanz­ gewinn des Vorjahres

andere

Bilanz­ gewinn

Satzungsmäßige Rücklagen

Gewinnrücklagen Rücklage für Anteile an einem herr­ schenden oder mit Mehrheit beteiligten Unternehmen

Kapital­ rücklage

Gesetzliche Rücklage

Komponenten der Rücklagenbewegungen

...

...

...

...

+ ...

+ ...

+ ...

+ ...

±. . .

Gewinn-/Verlustvortrag

±. . .

Jahresüberschuss/-fehlbetrag Entnahmen

− ...

− ...

− ...

− ...

− ...

+ ...

Einstellungen

+ ...

+ ...

+ ...

+ ...

+ ...

− ...

...

...

...

...

...

...

Stand am 31.12.t2

223

Abb. 69: Beispielhafte Darstellung eines Rücklagenspiegels.

Anhang entscheidet, bietet sich eine zusammenfassende Darstellung in einem sog. Rücklagenspiegel, ggf. als Bestandteil des Eigenkapitalspiegels nach § 264 Abs. 1 Satz 2 1. HS HGB, an, die in Abbildung 69 gezeigt wird.³²⁶ Bei der GmbH können diese Angaben unterbleiben, da entsprechende Vorschriften nicht existieren. Im Rahmen einer umfassenden Selbstdarstellungspolitik empfiehlt es sich aber, freiwillige An­ gaben über die Ergebnisverwendung in Bilanz oder Anhang zu publizieren.³²⁷ Weiter­ hin ist zu berücksichtigen, dass die Dotierung der Gewinnrücklagen teilweise aus Ge­ winnen vorgenommen werden, die der Körperschaftsteuer unterliegen, d. h. aus sog. versteuerten Rücklagen stammen. Allerdings dürfen sowohl Zuführungen zu den Gewinnrücklagen als auch Entnahmen von versteuerten Gewinnrücklagen den Steu­ erbilanzerfolg nicht beeinflussen. Ausgangsgröße zur Ermittlung des körperschaft­ steuerrechtlichen Einkommens ist stets das handelsrechtliche Jahresergebnis.

326 In Anlehnung an Weber 1990, Rz. 18 zu § 58, § 150 AktG; vgl. Baetge et al. 2021, S. 520. 327 Vgl. Störk et al. 2022a, Rz. 273 zu § 272 HGB.

224 | III. Spezialregelungen

Ergänzend ist noch auf die sog. Rücklage für Beteiligungserträge nach § 272 Abs. 5 HGB einzugehen, die ebenfalls eine Gewinnrücklage darstellt.³²⁸ Die in Re­ de stehende Regelung wurde aufgrund europäischer Vorgaben im Jahre 2015 durch das Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) in das HGB aufgenommen und zielt darauf ab, bestimmte Beteiligungserträge durch Rücklagenbildung zunächst der Ausschüttung zu entziehen. Sofern die Kapitalgesellschaft den Beteiligungsertrag im handelsrechtlichen Jahresabschluss vereinnahmt hat, ohne dass dieser bei ihr ein­ gegangen ist, d. h. weder zugeflossen oder ein entsprechender Zahlungsanspruch entstanden ist, dann muss gemäß § 272 Abs. 5 Satz 1 HGB in Höhe des Unterschiedsbe­ trages zwischen der auf die Beteiligung entfallenden Teils des Jahresüberschusses in der Gewinn- und Verlustrechnung und dem Betrag, der als Dividende oder Gewinn­ anteil eingegangen ist oder auf deren Zahlung die Kapitalgesellschaft einen Anspruch hat, eine Gewinnrücklage mit ausschüttungssperrender Wirkung gebildet werden. Diese ist aufzulösen, „[. . . ] soweit die Kapitalgesellschaft die Beträge vereinnahmt oder einen Anspruch auf ihre Zahlung erwirbt“ (§ 272 Abs. 5 Satz 2 HGB). Allerdings genügt es nach den Gesetzesmaterialien³²⁹ zur Entstehung des Zahlungsanspruchs, dass dieser so gut wie sicher ist, auch wenn der Gewinnverwendungsbeschluss der ausschüttenden Gesellschaft noch aussteht. Vor diesem Hintergrund „[. . . ] geht die h. M. davon aus, dass für alle im handelsrechtlichen Jahresabschluss erfassten Be­ teiligungserträge keine Rücklage nach § 272 Abs. 5 Satz 1 HGB zu bilden ist und die Regelung damit faktisch ins Leere läuft“³³⁰. c.d Jahres-, Bilanzergebnis und Ausschüttung³³¹ (a) Grundlegendes Von der Ergebnisermittlung durch Gegenüberstellung sämtlicher Aufwendungen und Erträge einer Periode ist die Ergebnisverwendung (Verlusttilgung, Rücklagenein­ stellungen, Ausschüttung) zu unterscheiden. Während das Jahresergebnis (Jahres­ überschuss/-fehlbetrag) den Saldo von Aufwendungen und Erträgen zum Ausdruck bringt, zeigt das Bilanzergebnis (Bilanzgewinn/-verlust) die Weiterführung des Jah­ resergebnisses unter Berücksichtigung der Verrechnung eines Ergebnisvortrags (Ge­ winn- oder Verlustvortrag) aus dem Vorjahr, Rücklagenentnahmen und/oder -ein­ stellungen. Im Rahmen der Ergebnisverwendung ist darauf zu achten, dass keine Teile des Jahresergebnisses an die Anteilseigner fliesen, die von der Gewinnausschüt­

328 Vgl. Störk et al. 2022a, Rz. 315 zu § 272 HGB; Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.b.b.b. 329 Vgl. Bundestags-Drucksache 18/5256, S. 81–82. 330 WP-Handbuch 2021, Rz. 523 zu Kap. F. 331 Da die IFRS keine Ausschüttungsbemessungsfunktion besitzen, ist die Ergebnisverwendung nicht im Einzelnen geregelt.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

225

tung ausgeschlossen sind. Derartige gesetzliche Ausschüttungssperren³³² bestehen für – die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Anlagegüter nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB (§ 268 Abs. 8 Satz 1 HGB), – die Aktivierung latenter Steuern nach § 274 Abs. 1 HGB (§ 268 Abs. 8 Satz 2 HGB), – die Differenz zwischen beizulegendem Zeitwert und Anschaffungskosten beim verrechneten Planvermögen nach § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB (§ 268 Abs. 8 Satz 3 HGB) und – den „[. . . ] Unterschiedsbetrag zwischen dem Ansatz der Rückstellungen für Al­ tersvorsorgeverpflichtungen [. . . ] bei Anwendung des sieben- oder des zehn­ jährigen Durchschnittszinssatzes (§ 253 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Abs. 6 S. 1 HGB) [. . . ]“³³³ (§ 253 Abs. 6 Satz 2 HGB). Darüber hinaus können Ausschüttungssperren in gesetzlichen, satzungsmäßigen oder vertraglichen Bestimmungen über die Dotierungspflichten von Gewinnrückla­ gen begründet sein.

Aufstellungsmöglichkeiten der handelsrechtlichen Bilanz

vor Verwendung des Jahresergebnisses

nach Verwendung des Jahresergebnisses (§ 268 Abs. 1, § 275 Abs. 4 HGB; § 158 Abs. 1 AktG; § 29 Abs. 1 GmbHG)

teilweise Verwendung (Bilanzergebnis ≠ 0) Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag ± Gewinn-/Verlustvortrag aus dem Vorjahr + Entnahmen aus der Kapitalrücklage + Entnahmen aus Gewinnrücklagen ‒ Einstellungen in Gewinnrücklagen

vollständige Verwendung (Bilanzergebnis i.d.R. = 0)

= Bilanzgewinn/Bilanzverlust Abb. 70: Verwendung des Jahresergebnisses und Bilanzaufstellung im Handelsrecht.

332 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.d.d.d. 333 WP-Handbuch 2021, Rz. 556 zu Kap. F.

226 | III. Spezialregelungen

Im Hinblick auf die Darstellung der Verwendung des Jahresergebnisses spielen die vom Handelsrecht vorgesehenen Aufstellungsmöglichkeiten der Bilanz von Kapi­ talgesellschaften eine entscheidende Rolle. Wie Abbildung 70 zeigt, kann die Jahres­ bilanz grundsätzlich vor oder nach Verwendung des Jahresergebnisses von den Gesell­ schaftsvertretern nach § 264 Abs. 1 HGB aufgestellt werden. Im ersten Fall wurden noch keine Maßnahmen getroffen, die die Entwicklung vom Jahres- zum Bilanzergebnis berühren. Die Begründung für eine derartige Vorgehensweise kann etwa darin liegen, dass bis zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung noch keine Entscheidungen über die Er­ gebnisverwendung vorliegen. Diese Konstellation ist für eine GmbH typisch, da i. d. R. die Gesellschafter erst nach diesem Zeitpunkt den Jahresabschluss feststellen (§ 42a Abs. 1 Satz 1 GmbHG) und über die Ergebnisverwendung beschließen (§ 42a Abs. 2 Satz 1 2. HS GmbHG). In dem vor Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellten Jah­ resabschluss erscheint dann auf der Passivseite im Rahmen des Eigenkapitalauswei­ ses neben dem Ergebnis ggf. auch ein Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr, aber nicht das Bilanzergebnis. Abbildung 71 zeigt beispielshaft die Struktur eines Ergebnisverwen­ dungsvorschlags, der von der zur Aufstellung des Jahresabschlusses verpflichteten Ge­ schäftsführung oder den Gesellschaftern einer GmbH gemacht werden kann.

+ + − −

Jahresüberschuss/-fehlbetrag Entnahmen aus der Kapitalrücklage Entnahmen aus Gewinnrücklagen Einstellungen in Gewinnrücklagen Auszuschüttender Betrag

=

Gewinn-/Verlustvortrag auf neue Rechnung

Abb. 71: Beispiel für einen Ergebnisverwendungsvorschlag bei der GmbH.

Sofern der Gesellschafterbeschluss über die Ergebnisverwendung von dem Vorschlag abweicht, ist der Jahresabschluss nicht zu ändern. Die entsprechenden Variationen der Posten der Bilanz (z. B. Rücklagendotierungen) sind dann im Jahresabschluss der Folgeperiode zu berücksichtigen. § 268 Abs. 1 HGB unterscheidet auf der Basis der Aufstellungsmöglichkeit der Bi­ lanz nach Verwendung des Jahresergebnisses in zwei weitere Alternativen, die da­ durch gekennzeichnet sind, dass bereits Maßnahmen getroffen wurden, die die Ent­ wicklung vom Jahres- zum Bilanzergebnis berühren. Der Fall der teilweisen Verwen­ dung des Jahresergebnisses ist für die aktienrechtliche Ergebnisverteilung typisch. Wie gezeigt wurde, bestehen für die Verwaltung der AG die Verpflichtungen und/oder die Wahlrechte, über einen Teil des Jahresüberschusses (z. B. Verlusttilgung, Dotie­ rung von gesetzlichen Rücklagen und anderen Gewinnrücklagen) und über in Vorjah­ ren gebildete Gewinnvorträge, Kapital- und/oder Gewinnrücklagen zu verfügen. So­ fern nach diesen Eingriffen in die Ergebnisverwendung ein Bilanzgewinn verbleibt, haben die Aktionäre über seine weitere Verwendung in der Hauptversammlung zu be­

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

227

schließen, wobei sie an den festgestellten Jahresabschluss gebunden ist (§ 174 Abs. 1 AktG). Falls ein Bilanzverlust entsteht, wird dieser als Verlustvortrag aus dem Vorjahr auf die neue Rechnung vorgetragen. § 268 Abs. 1 Satz 2 HGB bringt vor dem Hintergrund der Bilanzaufstellung bei teil­ weiser Verwendung des Jahresergebnisses zum Ausdruck, dass „[. . . ] an die Stelle der Posten ›Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag‹ und ›Gewinnvortrag/Verlustvortrag‹ der Posten ›Bilanzgewinn/Bilanzverlust‹ [. . . ]“, tritt und „[. . . ] ein vorhandener Gewinnoder Verlustvortrag in den Posten ›Bilanzgewinn/Bilanzverlust‹ einzubeziehen und in der Bilanz gesondert anzugeben [. . . ]“ ist.³³⁴ Darüber hinaus muss die Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Posten Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag laut der Glie­ derungsvorschrift von § 158 Abs. 1 AktG fortgeführt werden. Dem Vorstand obliegt bei einem positiven Ergebnis die Verpflichtung, dem Aufsichtsrat einen Vorschlag zur Verwendung des Bilanzgewinns vorzulegen, den er der Hauptversammlung machen will (§ 170 Abs. 2 Satz 1 AktG). Abbildung 72 zeigt die von § 170 Abs. 2 Satz 2 AktG vorge­ sehene Gliederungsvariante des Gewinnverwendungsvorschlags. Wie bereits erwähnt wurde, ist die Hauptversammlung aber nicht an den Gewinnverwendungsvorschlag des Vorstands gebunden, sondern sie „[. . . ] kann im Beschluß über die Verwendung des Bilanzgewinns weitere Beträge in Gewinnrücklagen einstellen oder als Gewinn vortragen“ (§ 58 Abs. 3 Satz 1 AktG). 1. 2. 3. 4.

Verteilung an die Aktionäre Einstellung in Gewinnrücklagen Gewinnvortrag Bilanzgewinn

Abb. 72: Struktur des aktienrechtlichen Gewinnverwendungsvorschlags.

Allerdings wurde in § 254 Abs. 1 AktG eine Sperre gegen missbräuchliche Thesau­ rierungen verankert, nach der Gewinnverwendungsbeschlüsse angefochten werden können, wenn aus einem verwendungsfähigen Gewinn nicht mindestens 4 % Divi­ dende zur Ausschüttung kommen und die Einstellung in die Gewinnrücklagen oder der Gewinnvortrag auf die neue Rechnung „[. . . ] bei vernünftiger kaufmännischer Be­ urteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der Gesell­ schaft für einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten überschaubaren Zeitraum zu sichern [. . . ]“. Das Recht der Haupt- oder Gesellschafter­ versammlung, über die Verwendung des (Bilanz-)Ergebnisses zu entscheiden (§ 174 Abs. 1 AktG; § 29 Abs. 2 GmbHG), stellt aber keine Verwendung des Jahresergebnisses nach § 268 Abs. 1 HGB dar.³³⁵ Hieraus folgt, dass von dem in Rede stehenden Recht

334 Laut § 268 Abs. 1 Satz 3 HGB kann die Angabe auch im Anhang erfolgen. 335 Vgl. zur Gewinnverteilung im Falle ausstehender Einlagen auf das Grundkapital § 60 Abs. 2 AktG.

228 | III. Spezialregelungen

der Haupt- oder Gesellschafterversammlung nur solche Vorgänge betroffen sind, die nicht im Zuge der Aufstellung des Jahresabschlusses zu berücksichtigen sind.³³⁶ Beschließt nun die Hauptversammlung gemäß § 174 Abs. 1 Satz 1 AktG abwei­ chend von dem Gewinnverwendungsvorschlag des Vorstands eine legale (teilweise) Zuführung des Bilanzgewinns zu den Gewinnrücklagen und/oder zum Gewinnvor­ trag, dann lautet die entsprechende Buchung, die unmittelbar nach der Hauptver­ sammlung durchzuführen ist, wie folgt: Ergebnisverwendungskonto a

an

– Gewinnrücklagen (Rücklageneinstellungen) – Bilanzergebniskonto (Gewinnvortrag).

a

Der Betrag auf der Habenseite des Ergebnisverwendungskontos entspricht dem vom Vorstand zur Ausschüttung vorgeschlagenen Bilanzgewinn. Dieser Betrag wurde wie folgt verbucht: Eröffnungsbi­ lanzkonto an Ergebnisverwendungskonto.

Mithin verbleibt auf der Sollseite des Ergebnisverwendungskontos als Saldo derjenige Betrag, den die Hauptversammlung zur Ausschüttung an die Aktionä­ re freigegeben hat (Bardividende). Jedoch ist zu beachten, dass die an den Fis­ kus ggf. abzuführende Kapitalertragsteuer (einschließlich des auf die Kapital­ ertragssteuer berechneten Solidaritätszuschlag) nicht an die Aktionäre ausgeschüt­ tet wird, sondern bis zur Abführung an das Finanzamt auf dem Konto „Sonstige Verbindlichkeiten“ verbleibt. Ähnliches gilt für die Nettodividende (Bardividen­ de − Kapitalertragsteuer − Solidaritätszuschlag), die ebenfalls bis zur Überweisung an die Aktionäre auf dem Konto „Sonstige Verbindlichkeiten“ zu erfassen ist.³³⁷ In­ folgedessen wird das Ergebnisverwendungskonto durch die nachstehende Buchung zum Ausgleich gebracht: Ergebnisverwendungskonto

an

Sonstige Verbindlichkeiten (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Nettodividende).

Allerdings kann auch die Konstellation eintreten, dass der Vorstand (zusätzliche) Do­ tierungen der Gewinnrücklagen und Gewinnvortrage vorgeschlagen hat, denen die Hauptversammlung in ihrem Gewinnverwendungsbeschluss aber nicht folgt. Ana­ log zur vorstehend dargestellten Situation einer (zusätzlichen) Gewinnthesaurierung durch die Hauptversammlung wäre dann bei einem Beschluss der Hauptversamm­ lung, mehr als die vorgeschlagenen Verteilungen an die Aktionäre auszuschütten, wie folgt zu buchen:

336 Vgl. ADS 1997b, Rz. 15 zu § 268 HGB. 337 Vgl. Schubert 2022, Rz. 246 zu § 266 HGB und die Ausführungen in Teil 3 zu Gliederungspunkt II.A.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 229

(1) – Gewinnrücklagen (Rücklagenentnahmen) – Bilanzergebniskonto (Korrektur Gewinnvortrag) (2) Ergebnisverwendungskonto

an

Ergebnisverwendungskonto

an

Sonstige Verbindlichkeiten (Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Nettodividende).

Der am Beispiel der aktienrechtlichen Rechnungslegung beschriebene Fall der Bi­ lanzaufstellung unter Berücksichtigung der teilweisen Verwendung des Jahresergeb­ nisses kann aber auch bei der GmbH auftreten. Sofern etwa der Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 2. HS GmbHG ermächtigt, Rücklagen­ einstellungen vorzunehmen oder bereits Gesellschafterbeschlüsse im Hinblick auf Rücklagendotierungen vor der Erstellung des Jahresabschlusses und des Gewinnver­ wendungsbeschlusses vorliegen, gelten die vorstehenden Ausführungen analog. Die Gesellschafter haben dann gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 GmbHG Anspruch auf den Bilanz­ gewinn. Darüber hinaus können aber auch die Gesellschafter der GmbH auf der Basis des von der Geschäftsführung für die Ausschüttung unterstellten Bilanzgewinns im Rahmen ihres Ergebnisverwendungsbeschlusses Beträge in Gewinnrücklagen ein­ stellen oder als Gewinn auf die neue Rechnung vortragen, wenn der Gesellschafts­ vertrag nichts anderes bestimmt (§ 29 Abs. 2 GmbHG). Schließlich sieht § 268 Abs. 1 Satz 1 HGB auch den Fall vor, dass die Bilanz von Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung der vollständigen Verwendung des Jahresergebnisses aufgestellt werden kann. Bei einer derartigen Konstellation ver­ bleibt grundsätzlich im Rahmen der Ergebnisverwendung weder ein Bilanzgewinn noch ein Bilanzverlust, weil das Jahresergebnis und/oder vorgenommene Rücklagen­ entnahmen den entsprechenden Bilanzposten zugeschrieben wurden. Folglich taucht auf der Passivseite einer Bilanz, die unter Berücksichtigung der vollständigen Verwen­ dung des Jahresergebnisses aufgestellt wurde, der Posten Bilanzergebnis in aller Regel nicht auf. Die Gewinn- und Verlustrechnung endet dann entsprechend mit dem Pos­ ten Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag.³³⁸ Als Gründe können etwa die Ausgleichs­ pflicht eines Jahresfehlbetrags durch Rücklagenauflösung, die Deckung eines Verlust­ vortrags durch einen Jahresüberschuss sowie satzungsmäßige Ermächtigungen zur Einstellung in Gewinnrücklagen bei der AG genannt werden, die zu einem Bilanzer­ gebnis in Höhe von Null führen. Darüber hinaus besteht im Hinblick auf die GmbH auch die Möglichkeit, dass die Gesellschafter bereits vor Auf- und Feststellung des Jahresabschlusses über die Ergebnisverwendung beschlossen haben, wodurch das gesamte Jahresergebnis mit dem Zeitpunkt der Beschlussfassung als verwendet gilt. In diesem Fall sind die vorgesehenen Netto-Ausschüttungen als Verbindlichkeiten gegenüber den Gesellschaftern auszuweisen (§ 42 Abs. 3 GmbHG).³³⁹

338 Vgl. zu Ausnahmen ADS 1997b, Rz. 33 zu § 268 HGB. 339 Vgl. Grottel/Waubke 2022, Rz. 8 zu § 268 HGB.

230 | III. Spezialregelungen

(b) Ergebnisabhängige Aufwendungen³⁴⁰ (α) Definition und Ermittlung Die Berechnungsgrundlage für die Bestimmung sog. ergebnisabhängiger Aufwen­ dungen (z. B. Tantiemen³⁴¹ sowie Körperschaft- und Gewerbesteuer), das Jahres- oder Bilanzergebnis, ist erst dann bekannt, wenn die Höhe dieser Aufwendungen vorliegt. Da die in Rede stehenden Aufwendungen das Ergebnis mindern, sie aber erst fest­ stehen, wenn das Ergebnis vorliegt, bietet es sich an, ihre Ermittlung mit Hilfe eines Gleichungssystems vorzunehmen, durch das der Erfolg und die ergebnisabhängi­ gen Aufwendungen simultan zu berechnen sind. Wie im weiteren Verlauf der Ab­ handlung zu zeigen sein wird, können diese linearen Gleichungssysteme zur Erfas­ sung erfolgsabhängiger Aufwendungen auch im Rahmen handelsbilanzieller Ge­ staltungsprozesse für Kapitalgesellschaften Verwendung finden.³⁴² Darüber hinaus kann der Abschlussprüfer das simultane Gleichungssystem nutzen, um die aus­ gewiesenen erfolgsabhängigen Aufwendungen zu überprüfen. Zu diesen Zwecken braucht er lediglich die entsprechenden Variablen (z. B. Ertragsteuersätze und steu­ errechtliche Modifikationen) in das Gleichungssystem einzusetzen, um die handels­ rechtlichen relevanten Erfolgsgrößen ggf. mit Hilfe eines Tabellenkalkulationspro­ gramms zu ermitteln.³⁴³ (β) Aufstellung interdependenter Gleichungssysteme Geht man von einem vorläufigen Jahresüberschuss vor Ertragsteuern (vJvor) und Tantiemenaufwendungen (TA) aus, dann lässt sich der handelsrechtliche Jahresüber­ schuss (Jnach) wie folgt definieren (KSt = Körperschaftsteuer; GewSt = Gewerbesteuer): (1) vJvor − KSt − GewSt − TA = Jnach oder (2) Jnach + KSt + GewSt + TA = vJvor. Die Größe vJvor ist der laufenden Buchhaltung der Kapitalgesellschaft zu entneh­ men. Sie setzt sich grundlegend aus dem vorläufigen Erfolgssaldo des extern orien­ tierten Rechnungswesens nach Vornahme sämtlicher Abschlussbuchungen (ohne er­ gebnisabhängige Aufwendungen) zusammen. Unterstellt man, dass auf das zu ver­ steuernde körperschaftsteuerrechtliche Einkommen (zvE) die Definitivbelastung von 15 % zur Anwendung gelangt (§ 23 Abs. 1 KStG), dann gilt unter Berücksichtigung ei­ nes Solidaritätszuschlags von 5,5 % auf die festgesetzte Körperschaftsteuer (§ 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2, § 4 Satz 1 SolzG):

340 Vgl. Freidank 2016a, S. 56–61. 341 Tantiemen-Aufwendungen für die Geschäftsleitung (Vorstand, Geschäftsführung) und/oder den Aufsichtsrat sind unter dem Posten 6.a) von § 275 Abs. 2 HGB auszuweisen. 342 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt V.D.1. 343 Vgl. Freidank 2016a, S. 61–64.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 231

(3) KSt = sd · zvE und unter Einbezug des Solidaritätszuschlags (4) KSt = (1 + soli) · sd · zvE oder mit dem Körperschaftsfaktor (sk) für (1 + soli) · sd (5) KSt = sk · zvE. Aufgrund der vielfaltigen Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsprinzips sowie der zu berücksichtigenden einkommen- und körperschaftsteuerrechtlichen Modifika­ tionen sind der handelsrechtliche Jahresüberschuss (Jnach) und das zu versteuernde körperschaftsteuerrechtliche Einkommen (zvE) nicht identisch. Diese Abweichungen sind in Abbildung 73 mit der Größe ka gekennzeichnet worden.³⁴⁴

± = ± + + + – –

Handelsrechtliches Jahresergebnis (Jnach) Abweichungen der Handels- von der Ertragsteuerbilanz Steuerbilanzerfolg Erfolgskorrekturen aufgrund einkommensteuerrechtlicher Vorschriften (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 3, § 4 Abs. 5, § 4h EStG) Nicht abziehbare Steueraufwendungen, wie z. B. Körperschaftsteuer (§ 10 Nr. 2 KStG), Gewerbesteuer (§ 4 Abs. 5b EStG) Andere nicht abziehbare Aufwendungen (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, § 10 Nr. 1, 3, 4 KStG) Verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 KStG) Verdeckte Einlagen Gewinnanteile und Geschäftsführervergütungen der persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG)

= –

Korrigierter Steuerbilanzerfolg Verlustabzug (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 10d EStG unter Berücksichtigung von § 8c und 8d KStG) (Vk)

=

Zu versteuerndes (körperschaftsteuerrechtliches) Einkommen (zvE)

ka

Abb. 73: Berechnung der körperschaftsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage.

Unter Berücksichtigung der Änderungsgröße ka ergibt sich sodann: (6) KSt = sk · (Jnach + ka). Hierbei muss die Bedingungen gelten Jnach + ka ≥ 0, da ansonsten die Größe KSt einen negativen Wert annimmt.³⁴⁵ Wie Abbildung 73 zeigt, sind in dem Differenzbetrag ka die KSt und die GewSt selbst enthalten, die aber in dem aufzustellenden interdependenten Gleichungssys­ tem veränderlichen Charakter tragen müssen. Wird von der Änderungsgröße ka nun die KSt und die GewSt abgezogen, errechnet sich der konstante Ausdruck (7) ka* = ka − (KSt + GewSt),

344 Es wird unterstellt, dass die Größe ka keine latenten Steuern nach § 274 HGB auslöst. Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.d. 345 Sofern das zu versteuernde (körperschaftssteuerliche) Einkommen einen negativen Wert auf­ nimmt, besteht gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG in gewissen Grenzen die Möglichkeit, die Verluste der Referenzperiode auf den vergangenen Veranlagungszeitraum zurück- bzw. auf die fol­ genden Veranlagungszeiträume vorzutragen. Vgl. Heinicke 2022, Rz. 1–50 zu § 10d EStG; Hey 2021, Rz. 11.57–11.60.

232 | III. Spezialregelungen

der dann diejenigen Abweichungen zwischen Jnach und zvE erfasst, die nicht die Kör­ perschaft- und die Gewerbesteuer betreffen. Auf Grund dieser Modifikation ergibt sich nun für Gleichung (6) (8) KSt = sk · (Jnach + ka* + KSt + GewSt) oder nach Umformung sk sk sk · Jnach + KSt − (1−sk) · GewSt = (1−sk) · ka* . (9) − (1−sk)

Um zur Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer (GewSt), dem Gewerbeertrag (GE) (§ 7 GewStG), zu gelangen, muss das körperschaftsteuerrechtliche Einkommen vor Verlustabzug noch um bestimmte gewerbesteuerrechtliche Modifikationen sowie den Abzug eines ggf. vorgetragenen Gewerbeverlusts (ga) korrigiert werden. Dies lässt sich wie in Abbildung 74 gezeigt darstellen (Vk = körperschaftsteuerrechtlicher Verlust­ abzug gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG; he = Hebesatz der Standortgemeinde in % : 100; me = Steuermesszahl Gewerbeertrag in % : 100).

Zu versteuerndes körperschaftsteuerrechtliches Einkommen vor Verlustabzug (zvE + Vk) +/– Gewerbesteuerrechtliche Modifikationen (§ 8, § 9 GewStG) – Verlustabzug (Vg) (§ 10a GewStG) =

ga

Gewerbeertrag (GE)

Abb. 74: Berechnung der gewerbesteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage.

Für die GewSt, die vom Gewerbeertrag berechnet wird, gilt (10) GewSt = me · he · GE und unter Einbeziehung des oben entwickelten Formelapparates (11) GewSt = me · he · (Jnach + ka* KSt + GewSt + Vk + ga). Hierbei muss für den Klammerausdruck ebenfalls die Bedingung ≥ 0 gelten, da an­ sonsten die Größe GewSt einen negativen Wert aufnimmt.³⁴⁶ Unter Berücksichtigung von me · he = sg (Gewerbesteuerfaktor) kann für Glei­ chung (11) nach Umformung auch geschrieben werden sg sg sg (12) − (1−sg) · Jnach − (1−sg) · KSt + GewSt = (1−sg) · (ka* + Vk + ga)

346 Sofern der Gewerbeertrag ein negatives Vorzeichen annimmt, besteht in gewissen Grenzen die Möglichkeit, Fehlbeträge der Referenzperiode auf die folgenden Ergebungszeiträume vorzutragen. Vgl. Hey 2021, Rz. 12.60–12.64.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 233

Im Hinblick auf die ergebnisabhängigen Tantiemen wird davon ausgegangen, dass sie entweder direkt oder indirekt vom Jahresüberschuss aufgrund gesetzlicher Regelun­ gen oder vertraglicher Vereinbarungen wie folgt zu berechnen sind.

±

Jahresüberschuss (Jnach) Veränderungen aufgrund von Tantiemenvereinbarungen (ta)

=

Bemessungsgrundlage für Tantiemen (TB)

Abb. 75: Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Tantiemen.

Unter Berücksichtigung eines Faktors tb, der auf die Bemessungsgrundlage TB für die Tantiemen anzuwenden ist, ergibt sich sodann (13) TA = tb · TB = tb · (Jnach + ta) mit 0 ≤ tb ≤ 1 oder (14) −tb · Jnach + TA = tb · ta. Die Formeln (2), (9), (12) und (14), die ergebnisabhängigen Aufwendungen repräsen­ tieren, sind dergestalt formuliert worden, dass eine direkte Abhängigkeit vom Jahres­ überschuss besteht. Diese Beziehungen lassen sich zusammenfassend durch das in Abbildung 76 dargestellte simultane Gleichungssystem zum Ausdruck bringen.

1 ‒

sk (1 ‒ sk)

1 1



1

1

Jnach

sk (1 ‒ sk)

0

KSt ·

sk · ka* (1 ‒ sk) =

sg sg ‒ ‒ (1 ‒ sg) (1 ‒ sg)

1

0

GewSt

‒ tb

0

1

TA

0

vJvor

sg · (ka* + Vk + ga) (1 ‒ sg) tb · ta

Abb. 76: Simultanes Gleichungssystem in Matrizenform.

Beispiel: Die verkürzte vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung einer unbeschränkt körperschaft­ steuerpflichtigen GmbH, die die Erleichterungsvorschriften von § 274a Nr. 4. HGB in Anspruch nimmt, zeigt zum 31.12. des Geschäftsjahres t1 nach dem Handelsrecht folgendes Aussehen. Beim Körperschaft- und Gewerbesteueraufwand handelt es sich um Vorauszahlungen, die nach § 31 Abs. 1 KStG i. V. m. § 19 GewStG während des Geschäftsjahres geleistet wurden.

234 | III. Spezialregelungen

Soll

Vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.t1

Haben

T€ Diverse Aufwendungen

T€

1.900

Körperschaftsteueraufwand

Umsatzerlöse

230

Gewerbesteueraufwand

2.400

Diverse Erträge

640

95

Vorläufiger Erfolgssaldo

815 3.040

3.040

Abb. 77: Ausgangsdaten für die Ermittlung der ergebnisabhängigen Aufwendungen. Es liegen weiterhin folgende Informationen vor. (1)

Die Differenz zwischen zvE und Jnach beträgt (ohne KSt und GewSt selbst) 150 T€. Nach dem Gewinnverwendungsvorschlag der Geschäftsführung sollen neben dem Jahresüberschuss andere Gewinnrücklagen in Höhe von 540 T€ an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Der Körperschaftssteuersatz beträgt 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) und der Solidaritätszuschlag 5,5 % (§ 4 Satz 1 SolzG) Der Gewerbesteuerhebesatz der Standortgemeinde beträgt 400 %, die Steuermesszahl für den Gewerbeertrag nach § 11 Abs. 2 GewStG 3,5 %. Ein körperschaftsteuerrechtlicher Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG liegt nicht vor. Die gewerbesteuerrechtlichen Modifikationen nach § 8–§ 9 GewStG betragen 90 T€. Die Tantieme für die Geschäftsführung beträgt 12 % des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Jahresüberschusses. Aus den vorliegenden Werten errechnet sich der vorläufige Jahresüberschuss (vJvor) mit 1.140 T€ (= 815 T€ + 230 T€ + 95 T€)

(2)

(3) (4)

(5) (6) (7)

ka* = 150 RENT 540

sk = 0,15825 he = 4,00 me = 0,035 sg = 0,14 Vk = 0 ga = 90 ta = 0; tb = 0,12 vJvor = 1.140

Setzt man nun die vorliegenden Zahlenwerte in das simultane Gleichungssystem von Abbildung 76 ein, dann ergibt sich die folgende Darstellung.

1

1

1

1

‒ 0,188

1

‒ 0,188

0

1.140

Jnach

28,2

KSt =

· ‒ 0,16279

‒ 0,16279

1

0

GewSt

39,0696

‒ 0,12

0

0

1

TA

0

Abb. 78: Beispielhafte Darstellung des Gleichungssystems in Matrizenform. Zur Berechnung der Ausgangsmatrizen sowie zur Lösung des simultanen Gleichungssystems bie­ tet sich der IT-Einsatz unter Rückgriff auf Tabellenkalkulationsprogramme an. In diesem Zusam­ menhang empfiehlt sich unter Berücksichtigung der hier entwickelten Modellstrukturen der Auf­ bau spezifischer Arbeitsblattdateien, die dann durch Eingabe bestimmter Ausgangsdaten beliebig

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 235

variiert und über die in aller Regel integrierte Berechnungsfunktion für simultane Gleichungssys­ teme schnell und übersichtlich gelöst werden können. Das formulierte Gleichungssystem führt in dem hier angeführten Beispielsfall zu folgenden Ergebnissen: Jnach KSt GewSt TA

= = = =

684,977 T€ 0,15825 · (1.140 T€ + 150 T€ − 82,197 T€) = 191,134 T€ (mit Solidaritätszuschlag) 0,14 · (1.140 T€ + 150 T€ − 82,197 T€ + 90 T€) = 181,692 T€ 0,12 · 684,977 T€ = 82,197 T€.

Nunmehr lässt sich die (verkürzte) handelsrechtliche Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres­ abschlusses vor Verwendung des Jahresergebnisses in Staffelform wie in Abbildung 79 gezeigt aufstellen. Der Gewinnverwendungsvorschlag der Geschäftsführung, der den Gesellschaftern zur Beschlussfassung vorgelegt wird (§ 29 Abs. 2 GmbHG) beinhaltet neben dem Jahresüberschuss (684,977 T€) mithin Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen in Höhe von 540 T€.

+ − − −

Umsatzerlöse Diverse Erträge Diverse Aufwendungen Tantiemenaufwand Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (1) Körperschaftsteuer (mit Solidaritätszuschlag) (2) Gewerbesteuer

= +

Jahresüberschuss Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen

=

Bilanzgewinn

2.400,000 T€ 640,000 T€ 1.900,000 T€ 82,197 T€ 191,134 T€ 181,692 T€ 684,977 T€ 540,000 T€ 1.224,977 T€

Abb. 79: Endgültige Gewinn- und Verlustrechnung zum 31. 12. t1 nach Ermittlung der ergebnisab­ hängigen Aufwendungen.

(γ) Erweiterung des Gleichungssystems im Hinblick auf Tantiemenvereinbarungen und Rücklagenvariationen nach aktienrechtlichem Vorbild Sofern die spezifischen Bemessungsgrundlagen für Vorstands- und Aufsichts­ ratstantiemen gemäß aktienrechtlicher Regelung z. B. nach § 113 Abs. 3 AktG i. V. m. § 87 Abs. 1 AktG Berücksichtigung finden sollen,³⁴⁷ muss zunächst das vorstehend entwickelte simultane Gleichungssystem entsprechend erweitert werden.³⁴⁸ Dabei

347 Obwohl nach neuerer Auffassung die Vergütungen für den Vorstand und Aufsichtsrat in einem angemessenen Verhältnis zu ihren Aufgaben bzw. Leistungen sowie zur Lage der Gesellschaft stehen und die übliche Vergütung nicht ohne besondere Gründe übersteigen sollten (§ 87 Abs. 1 Satz 1, § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG), besteht vor allem für nicht börsennotierte Gesellschaften nach wie vor die Mög­ lichkeit, variable Vergütungsbestandteile in Form von Tantiemen sowohl für den Vorstand als auch den Aufsichtsrat am Jahresgewinn nach § 113 Abs. 3 Satz 1 AktG zu bemessen. Vgl. Koch 2022, Rz. 5 zu § 87 AktG und Rz. 12 zu § 113 AktG. 348 Im Folgenden bleibt die Einbeziehung der Wirkung latenter Ertragssteuern nach § 274 HGB un­ berücksichtigt. Vgl. zur Integration von Steuerlatenzen in das Gleichungssystem Freidank 2016a, S. 66–79.

236 | III. Spezialregelungen

ist zu beachten, dass die Tantiemen für Aufsichtsratsmitglieder laut § 10 Nr. 4 KStG nur zur Hälfte bei der Ermittlung des körperschaftsteuerrechtlichen Einkommens abgezogen werden dürfen. Unter Berücksichtigung der Vorstands- (TAvor) sowie der Aufsichtsratstantiemen (TAauf) errechnet sich der Jahresüberschuss nunmehr aus (1) vJvor − KSt − GewSt − TAvor − TAauf = Jnach oder (2) Jnach + KSt + GewSt + TAvor + TAauf = vJvor. Besteht die Erfolgsbeteiligung des Vorstands in einem Anteil am Jahresgewinn, dann kann die Tantieme wie folgt berechnet werden, wenn der Jahresüberschuss zuvor um solche Komponenten gekürzt wird, für deren Verwendung ein gesetzlicher Zwang oder ein unabdingbares Erfordernis besteht (avor = Anteil des Vorstands am korrigierten Jahresüberschuss; REINgs = nach Gesetz oder Satzung vorzunehmende Rücklagen­ einstellungen³⁴⁹; VV= Verlustvortrag aus dem Vorjahr). (3) TAvor = avor · (Jnach − VV − REINgs) mit 0 ≤ avor ≤ 1 Die Rücklageneinstellung REINgs lässt sich in einen gesetzlichen (REINg) und einen satzungsmäßig (REINs) zu dotierenden Teil aufspalten. (4) REINgs = REINg + REINs. § 150 Abs. 2 AktG verlangt, dass pro Geschäftsjahr 5 % des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses in die gesetzliche Rücklage einzustel­ len ist, es sei denn, die gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebene Dotierungs­ höhe ist bereits durch eine niedrigere Rücklagenzuführung zu erreichen. Geht man vom Regelfall der Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichts­ rat aus,³⁵⁰ so lässt sich zusammenfassend schreiben (REINn = niedrigere Rücklagen­ einstellung nach § 150 Abs. 2 AktG; r = Dotierungsfaktor der gesetzlichen Rücklage): (5) REINgs = r · 0,05 − (Jnach − VV) + (1 − r) · REINn + REINs mit r = 1 bei 0,05 · (Jnach − VV)< REINn und r = 0 bei 0,05 · (Jnach − VV)> REINn. Setzt man Formel (5) in Gleichung (3) ein, dann ergibt sich nach einigen Umformungen folgender Ausdruck für die Vorstandstantieme.

349 Hierzu zahlen keine Rücklagenzuführungen in Höhe des Eigenkapitalanteils im Sinne von § 58 Abs. 2a AktG, da diese stets auf freiwilliger Basis vorgenommen werden. 350 Damit bleibt der Ausnahmefall der satzungsmäßigen Rücklagendotierung gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 AktG im Folgenden unberücksichtigt.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 237

(6) TAvor = (1 − 0,05 · r) · avor · Jnach+ [(0,05 · r − 1) · VV + (r − 1) · REINn − REINs] · avor oder (7)

−(1 − 0,05 · r) · avor · Jnach + TAvor = [(0,05 · r − 1) · VV + (r − 1) · REINn − REINs] · avor.

Geht man davon aus, dass die Aufsichtsratstantieme nach § 113 Abs. 1 AktG durch die Anwendung eines konstanten Anteils (aauf) auf den Bilanzgewinn zu berechnen ist, dann gilt die folgende Gleichung (aauf = Anteil des Aufsichtsrats am korrigierten Bilanzgewinn; GV = Gewinnvortrag aus dem Vorjahr; RENT = Entnahmen aus Rückla­ gen; REINa = Einstellungen in andere Gewinnrücklagen gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2 und § 58 Abs. 2 AktG; REINü = übrige Einstellungen in Gewinnrücklagen). (8) TAauf = aauf · (Jnach − VV + GV + RENT − REINgs − REINa − REINü) mit 0 ≤ aauf ≤ 1 Das Glied REINa lässt sich unter Berücksichtigung der Vorschrift von § 58 Abs. 2 AktG noch weiter präzisieren. Da bei der Feststellung des Jahresabschlusses durch Vorstand und Aufsichtsrat höchstens 50 % des Differenzbetrages aus Jahresüberschuss einer­ seits und Verlustvortrag sowie Zuführungen zur gesetzlichen Rücklage andererseits in die anderen Gewinnrücklagen eingestellt werden kann, gilt (dm = Dispositionsanteil des Managements):³⁵¹ (9) REINa = dm · [Jnach − r · 0,05 · (Jnach − VV) + (1 − r) − REINn − VV] mit 0 ≤ dm ≤ 0,5.³⁵² Integriert man nun Formel (9) in Gleichung (8), so ergibt sich nach einigen Umfor­ mungen (10) −[(1 − dm) · (1 − 0,05 · r) · aauf] · Jnach + TAauf = {(1 − dm) · (0,05 · r − 1) · VV + GV + RENT + (dm − 1) · [(1 − r) · REINn] − [REINs + REINü]} · aauf.

351 Da nur der tatsächlich verfügbare Teil des Jahresüberschusses der Rücklagendotierung nach § 58 Abs. 2 AktG zugrunde gelegt werden kann, müssen die Einstellungen in die gesetzliche Rücklage sowie die Tilgung eines Verlustvortrages zuvor vom Jahresüberschuss abgezogen werden (§ 58 Abs. 2 Satz 4 AktG). Dies gilt nicht für die Zuführung zur Kapitalrücklage, weil sie weder aus dem Jahresüberschuss gespeist wird noch in diesen einfließt. Vgl. ADS 1997a, Anm. 16 zu § 58 AktG. 352 Sofern der Ausnahmefall einer höheren Dotierung der anderen Gewinnrücklagen auf Grund ei­ ner Satzungsermächtigung gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AktG vorliegt, kann der Dispositionsanteil des Managements bei der Ermittlung von REINa auch die Obergrenze von 0,5 übersteigen.

238 | III. Spezialregelungen

Da gemäß § 10 Nr. 4 KStG die Aufsichtsratstantieme nur zur Hälfte die Bemessungs­ grundlage der Körperschaftsteuer mindern darf, ist darauf zu achten, dass der Aus­ druck 0,5 · TAauf neben der Große ka* separat berücksichtigt werden muss.³⁵³ Somit gilt nun (11) KSt = sk · (Jnach + ka* + KSt + GewSt + 0,5 · TAauf) oder sk sk sk sk · Jnach + KSt − (1−sk) · GewSt − (1−sk) · 0,5 · TAauf = (1−sk) · ka* (12) − (1−sk)

Um zur Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer (GewSt), dem Gewerbeertrag (GE) (§ 7 GewStG), zu gelangen, muss auch hier das körperschaftsteuerrechtliche Einkom­ men vor Verlustabzug noch um bestimmte gewerbesteuerrechtliche Modifikationen sowie den Abzug eines ggf. vorgetragenen Gewerbeverlustes (ga) korrigiert werden (Vk = körperschaftsteuerrechtlicher Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG). Für die GewSt, die vom Gewerbeertrag berechnet wird, gilt (13) GewSt = sg · GE und unter Einbeziehung des oben entwickelten Formelapparates sg sg sg sg (14) − (1−sg) · Jnach − (1−sg) · KSt + GewSt − (1−sg) · 0,5 · TAauf = (1−sg) · (ka* + Vk + ga).

Die Formeln (2), (7), (10), (12) und (14), die die ergebnisabhängigen Aufwendungen re­ präsentieren, sind dergestalt formuliert worden, dass eine direkte Abhängigkeit vom Jahresüberschuss besteht. Diese Beziehungen lassen sich wiederum zusammenfas­ send durch das in Abbildung 80 dargestellte simultane Gleichungssystem zum Aus­ druck bringen. 1

1

sk (1 ‒ sk)

0



sk · 0,5 (1 ‒ sk)

sg (1 ‒ sg)

1

0



sg · 0,5 (1 ‒ sg)

‒(1 ‒ 0,05· r) · avor

0

0

1

0

TAvor

[(0,05 · r – 1) · VV + (r – 1) · REINn – REINs] · avor

‒(1 ‒ dm) · (1 ‒ 0,05 · r) · aauf

0

0

0

1

TAauf

{(1 – dm) · (0,05 · r – 1) · VV + GV + RENT + (dm – 1) · [(1 –r) · REINn] – [REINs + REINü]} · aauf

1 ‒ ‒

1

sk (1 ‒ sk)

sg (1 ‒ sg)

1 ‒



1

Jnach

vJvor sk · ka* (1 ‒ sk)

KSt ·

GewSt

=

sg · ( ka* + Vk + ga) (1 ‒ sg)

Abb. 80: Simultanes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise bei aktienrechtlicher Ergebnisver­ wendung.

353 Auch in diesem Fall wird unterstellt, dass die Größe ka* keine latenten Steuern nach § 274 HGB auslöst. Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.d.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

239

Beispiel: Die verkürzte vorläufige Erfolgsrechnung einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflich­ tigen AG, bei der Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluss feststellen, zeigt zum 31.12 des Geschäftsjahrs t1 nach dem Handelsrecht folgendes Aussehen. Vorläufige Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.t1 a T€ Diverse Aufwendungen 1.900 Umsatzerlöse Körperschaftsteueraufwand 230 Diverse Erträge Gewerbesteueraufwand 95 Verlustvortrag aus dem Vorjahr 80 Vorläufiger Erfolgssaldo 735 3.040 S

H T€ 2.400 640

3.040

a

Beim Körperschaft- und Gewerbesteueraufwand handelt es sich um Vorauszahlungen, die nach § 31 Abs. 1 KStG i. V. m. § 19 GewStG während des Geschäftsjahres geleistet worden sind. Abb. 81: Ausgangsdaten für die Ermittlung der ergebnisabhängigen Aufwendungen. Es liegen weiterhin folgende Informationen vor.

(1) (2)

(3) (4)

(5) (6)

(7) a

Der Saldo der Abweichungen zwischen zvE und Jnach beträgt (ohne KSt, GewSt und 0,5 · TAauf selbst) 150 T€. Die gesetzliche Rücklage ist nach der Regelung des § 150 Abs. 2 AktG zu dotieren. Zu berücksichtigen ist, dass die gesetzlich vorgeschriebene Dotierungshöhe bereits bei einer Einstellung von 15 T€ erreicht wird. Darüber hinaus sieht die Satzung eine Dotierung der Gewinnrücklagen mit einem Betrag von 50 T€ aus dem Jahresüberschuss vor. In die anderen Gewinnrücklagen soll der höchstmögliche Betrag gemäß § 58 Abs. 2 AktG eingestellt werden, wobei eine Satzungsermächtigung zur Dotierung eines höheren Teils als 50 % des Jahresüberschusses nicht existiert. Der Körperschaftssteuersatz beträgt 15 % (§ 23 Abs. 1 KStG) und der Solidaritätszuschlag 5,5 % (§ 4 Satz 1 SolzG) Der Gewerbesteuerhebesatz der Standortgemeinde beträgt 425 %, die Steuermesszahl für den Gewerbeertrag nach § 11 Abs. 2 GewStG 3,5 %. Ein körperschaftsteuerrechtlicher Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG liegt vor. Die gewerbesteuerrechtlichen Modifikationen nach § 8–§ 9 GewStG betragen 90 T€. Die Vorstands- und Aufsichtsratstantiemen sind nach vorstehend entwickelten Formeln mit einem Prozentsatz von 6 % bzw. 4 % zu berechnen. Aus den vorliegenden Werten errechnet sich der vorläufige Jahresüberschuss mit 1.140 T€. a

ka* = 150 VV = 80 r=0 REINn = 15 REINs = 50 REINü = 0 dm = 0,5 RENT = 0

sk = 0,15825 he = 4,25 me = 0,035 sg = 0,14875 Vk = 0 ga = 90 avor = 0,06 aauf = 0,04 vJvor = 1.140

vJvor (1.140 T€) = vorläufiger Erfolgssaldo (735 T€) + KSt-Vorauszahlungen (230 T€) + GewStVorauszahlungen (95 T€) + Verlustvortrag aus dem Vorjahr (80 T€). Setzt man nun die vorliegenden Zahlenwerte in das simultane Gleichungssystem von Abbildung 80 ein, dann ergibt sich das in Abbildung 82 gezeigte Aussehen.

240 | III. Spezialregelungen

1

1

1

1

1

Jnach

1.140

‒ 0,188

1

‒ 0,188

0

‒ 0,094

KSt

28,2

1

0

‒ 0,08737

‒ 0,17474 ‒ 0,17474

·

GewSt

=

41,9376

‒ 0,06

0

0

1

0

TAvor

‒ 8,7

‒ 0,02

0

0

0

1

TAauf

‒ 3,9

Abb. 82: Beispielhafte Darstellung des Gleichungssystems in Matrizenschreibweise. Die Lösung des Gleichungssystems führt zu folgenden Ergebnissen: Jnach KSt

= 699,02 T€ = 0,15825 · (1.140 T€ + 150 T€ − 33,24 T€ − 0,5 · 10,08 T€) = 198,08 T€ (mit Solidaritätszuschlag) GewSt = 0,14875 · (1.140 T€ + 150 T€ − 33,24 T€ − 0,5 · 10,08 T€ + 90 T€) = 199,58 T€ TAvor = 0,06 · (699,02 T€ − 80 T€ − 15 T€ − 50 T€) = 33,24 T€ TAauf = 0,04 · (252,01 T€ − 0,04 · 1.200 T€) = 10,08 T€ Die aus diesen Resultaten abgeleitete verkürzte handelsrechtliche Gewinn- und Verlustrechnung in Staffelform nach § 158 Abs. 1 AktG hat nachfolgendes Aussehen.

+ − −



= − −

= a

Umsatzerlöse Diverse Erträge Diverse Aufwendungen Tantiemenaufwand (1) Vorstand (2) Aufsichtsrat Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (1) Körperschaftsteuer (mit Solidaritätszuschlag) (2) Gewerbesteuer

2.400,00 € 640,00 € 1.900,00 € 33,24 € 10,08 € 198,08 € 199,58 €

Jahresüberschuss Verlustvortrag aus dem Vorjahr Einstellungen in Gewinnrücklagen (1) in die gesetzliche Rücklage (2) in satzungsmäßige Rücklagen (3) in andere Gewinnrücklagen

699,02 € 80,00 €

Bilanzgewinn

252,01 €

15,00 € 50,00 € 302,01 € a

REINa = 0,5 · (699,02 T€ − 80 T€ − 15 T€) = 302,01 T€.

Abb. 83: Endgültige Gewinn- und Verlustrechnung zum 31.12.t1 nach Ermittlung der ergebnisab­ hängigen Aufwendungen.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 241

d. Latente Steuern d.a Allgemeines Latente Steuern stellen Ertragsteuern (z. B. Körperschaft- und Gewerbesteuer) dar, die fiktive steuerrechtliche Be- und Entlastungen des Unternehmens bei Abwei­ chungen zwischen den Ergebnissen des handelsrechtlichen Jahresabschlusses und der steuerrechtlichen Gewinnermittlung (Steuerbilanz oder angepasste Handelsbi­ lanz) erfassen. Abbildung 84 zeigt mögliche Differenzen zwischen Handels- und Ertragsteuerbi­ lanz. Die Ansatz- und Bewertungsdifferenzen zwischen Handels- und Ertragsteu­ erbilanz entstehen aufgrund von Durchbrechungen des Maßgeblichkeitsprinzips, nach dem bestimmte handelsrechtliche Bilanzierungs- und Bewertungsregelun­ gen keine Gültigkeit für die steuerrechtliche Gewinnermittlung besitzen (z. B. § 5 Abs. 6 EStG). Der Ansatz (aktivischer oder passivischer) Ertragsteuern im Jahresabschluss zielt auf einen zutreffenden Vermögensausweis und eine periodengerechte Abgren­ Differenzen zwischen Handels- bzw. IFRS- und Ertragsteuerbilanz

zeitlich begrenzte Differenzen (Timing Differences)

quasi-permanente Differenzen

zeitlich unbegrenzte (permanente) Differenzen

gleichen sich in späteren Geschäftsjahren aus (z.B. Bildung einer Drohverlustrückstellung in der Handelsbilanz unter Berücksichtigung des steuerrechtlichen Ansatzverbots)

gleichen sich erst bei Auflösung des Unternehmens aus [z.B. abweichender Zinssatz für Pensionsrückstellungen in der Handelsbilanz (Marktzins) und Steuerbilanz (Festzins)]

gleichen sich nicht aus (z.B. Berücksichtigung der Körperschaftsteuer als Aufwand in der Handelsbilanz)

Timing-Konzept Temporary-Konzept (Einbeziehungspflicht nach Handelsrecht und IFRS) Steuersatz am Bilanzstichtag (Deferral Method)

Abgrenzungskonzepte

Abgrenzungsmethoden

Steuersatz z.Z. der Umkehrung (Liability Method) Abb. 84: Anknüpfungspunkte latenter Steuern und Reichweite der Abgrenzung nach Handelsrecht und IFRS.

242 | III. Spezialregelungen

zung des Steueraufwands der rechnungslegenden Unternehmen ab.³⁵⁴ Als grund­ legende Abgrenzungskonzepte stehen das GuV-orientierte Timing-Konzept und das bilanzorientierte Temporary-Konzept zur Verfügung. Wie Abbildung 84 zeigt,³⁵⁵ ist der Begriff der vorübergehenden Bilanzpostenunterschiede (Temporary Differ­ ences) umfassender als der Terminus zeitliche Ergebnisunterschiede (Timing Dif­ ferences). Sowohl die nationale als auch die internationale Rechnungslegung folgen dem Temporary-Konzept. Allen Konzepten der Steuerabgrenzung ist gemeinsam, dass sie den Adressaten der Rechnungslegung Informationen über Chancen und Risiken der künftigen Ertragsteuerent- bzw. belastung im Rahmen eines sog. Tax Reporting vermitteln. Abbildung 85 verdeutlicht das Konzept zur Bildung latenter Steuern nach § 274 HGB. Neben zeitlich begrenzten und quasi-permanenten Differenzen zwischen den handelsrechtlichen Wertansätzen von Vermögensgegenstanden, Schulden und Rechnungsabgrenzungsposten und ihren steuerrechtlichen Wertansätzen können auch steuerrechtliche Verlustvorträge zu (aktiven) latenten Steuern führen, da diese einen (künftigen) ökonomischen Vorteil des Unternehmens darstellen. Da nach dem Temporary-Konzept sich wieder ausgleichende Bilanzpostenun­ terschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz zu erfassen sind, bleiben sog. zeit­ lich unbegrenzte (permanente), sich nicht ausgleichende Differenzen bei der Steuerabgrenzung unberücksichtigt. Es handelt sich im letzten Fall um Bilanzposten­ unterschiede, die außerhalb der Steuerbilanz korrigiert werden. Hierzu zählen etwa steuerfreie Erträge, steuerrechtlich nicht abziehbare Aufwendungen (§ 4 Abs. 5, § 4h EStG; § 8a i. V. m. § 10 KStG) und verdeckte Gewinnausschüttungen (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), da diese nicht zu zukünftigen Steuerbe- und -entlastungen führen. Allerdings brauchen die erfassungspflichtigen Bilanzpostenunterschiede, wie etwa in den Beispielen von Abbildung 85 unterstellt, nicht stets erfolgswirksamen Charakter tragen. So werden nach dem Temporary-Konzept auch erfolgsneutrale Bi­ lanzierungs- und Bewertungsabweichungen zwischen Handels- und Steuerbilanz erfasst. Sie treten bei Erwerbsvorgängen auf, bei denen Differenzen zwischen dem handelsrechtlichen Wert und dem maßgebenden Steuerwert entstehen (z. B. Erwerb von Anlagevermögen unter Berücksichtigung einer steuerfreien Investitionszulage, die in Handels- und Steuerbilanz unterschiedlich erfasst wird oder Sacheinlagen zu verschiedenen Wertansätzen in Handels- und Steuerbilanz).³⁵⁶ Sofern der Ansatz la­ tenter Steuern erfolgswirksamen Charakter trägt (Regelfall), ist der Aufwand oder Ertrag aus der Veränderung bilanzierter latenter Steuern in der Gewinn- und Verlust­ rechnung gesondert unter dem Posten „Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ nach § 274 Abs. 2 Satz 3 HGB auszuweisen. Im Falle erfolgsneutraler Bilanzierungs-

354 Vgl. Grottel/Larenz 2022, Rz. 4 zu § 274 HGB. 355 Vgl. auch Mammen 2011, S. 127. 356 Vgl. Bertram 2022, Rz. 122 zu § 274 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 243

Passive latente Steuern (§ 266 Abs. 3 Posten E. HGB)

Aktive latente Steuern (§ 266 Abs. 2 Posten D. HGB)

(1) Handelsrechtliche Wertansätze von Vermögensgegenständen und aktiven Rechnungsabgrenzungsposten > steuerrechtliche Wertansätze. (2) Handelsrechtliche Wertansätze von Schulden und passiven Rechnungsabgrenzungsposten < steuerrechtliche Wertansätze. (3) Differenzen müssen sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen. (4) Posten ist in Höhe der voraussichtlichen Ertragsteuerbelastung zu bilden. (5) Posten ist aufzulösen, wenn höhere Ertragsteuerbelastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. (6) Beispiele: (6.1) Vorratsbewertung nach Fifo in der Handelsbilanz bei steuerrechtlicher Durchschnittsbewertung im Falle steigender Preise. (6.2) Vornahme progressiver Abschreibungen in der Handelsbilanz nach § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB, die steuerrechtlich grundsätzlich nicht zulässig sind. (6.3) Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände des Anlagevermögens in der Handelsbilanz gemäß § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB. (6.4) Bildung einer steuerfreien Rücklage nach § 6b Abs. 3 EStG.

(1) Handelsrechtliche Wertansätze von Vermögensgegenständen und aktiven Rechnungsabgrenzungsposten < steuerrechtliche Wertansätze. (2) Handelsrechtliche Wertansätze von Schulden und passiven Rechnungsabgrenzungsposten > steuerrechtliche Wertansätze. (3) Steuerliche Verlustvorträge, die in den nächsten fünf Jahren voraussichtlich zur Verrechnung mit künftigen Gewinnen kommen. (4) Differenzen müssen sich in späteren Geschäftsjahren voraussichtlich abbauen. (5) Posten kann in Höhe der voraussichtlichen Ertragsteuerentlastung gebildet werden. (6) Posten ist aufzulösen, sobald die Ertragsteuerentlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. (7) Beispiele: (7.1) Ansatz der Herstellungskosten in der Handelsbilanz zu Teilkosten gemäß § 255 Abs. 2 Satz 4 HGB, während in der Steuerbilanz darüber hinaus die Verwaltungskosten und bestimmte Sozialkosten aktiviert werden. (7.2) Außerplanmäßige Abschreibung auf Finanzanlagen bei voraussichtlich vorübergehender Wertminderung gemäß § 252 Abs. 3 Satz 3 HGB. (7.3) Anfall eines vortragsfähigen Verlustes nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG, der in den nächsten Jahren voraussichtlich mit künftigen Gewinnen verrechnet werden kann. (7.4) Nichtaktivierung eines Disagios in der Handelsbilanz gemäß § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB.

Abb. 85: Latente Steuern nach § 274 HGB bei isolierter Betrachtungsweise.

und Bewertungsabweichungen sind die betreffenden Veränderungen bilanzierter latenter Steuern im Eigenkapital (z. B. in anderen Gewinnrücklagen) zu zeigen. Der Ansatz passiver latenter Steuern ist im Rahmen der steuerrechtlichen Ge­ winnermittlung (als Rückstellung) nicht möglich. Zum einen lässt sich diese Auf-

244 | III. Spezialregelungen

fassung mit dem Verbot der steuerwirksamen Berücksichtigung der Körperschaft­ steuer gemäß § 10 Nr. 2 KStG und auch der Gewerbesteuer gemäß § 4 Abs. 5b EStG begründen. Im Hinblick auf die latente Gewerbesteuer kann wie auch bei der Kör­ perschaftsteuer zum anderen das Argument angeführt werden, dass das Institut der latenten Steuerbelastung (Sonderposten eigener Art) nicht die Merkmale eines Wirtschaftsguts erfüllt. Den Anteilseignern kann durch den Rückgriff auf die Aktivierungswahl laten­ ter Steuern ein besseres Ergebnis gezeigt werden, an dem sie aber aufgrund der Aus­ schüttungssperre von § 268 Abs. 8 Satz 2 HGB nicht partizipieren. Der Bilanzierungs­ ansatz aktiver latenter Steuern führt zu einer Ergebnis- bzw. Eigenkapitalerhöhung und damit zu einer Verbesserung der Eigenkapitalsituation der Unternehmung. In den Folgeperioden tritt dann im Hinblick auf die aktivierten latenten Steuern eine Ergeb­ nis- bzw. Eigenkapitalverminderung ein, da der Posten gemäß § 274 Abs. 2 Satz 2 HGB aufgelöst werden muss, sobald die Steuerentlastung eintritt oder mit ihr nicht mehr zu rechnen ist. Da der Posten „Aktive latente Steuern“ für die effektive Ertragssteu­ erbelastung ohne Bedeutung ist und auch nicht den Charakter eines Wirtschaftsguts (Sonderposten eigener Art) trägt, bleibt er in der Steuerbilanz unberücksichtigt. Zu beachten ist, dass bei Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleichge­ stellte Unternehmen entweder der Saldo zwischen aktiven und passiven latenten Ertragsteuern nach Maßgabe der Gesamtdifferenzenbetrachtung (Nettometho­ de) ausgewiesen oder aber die gleichzeitig zu erwartende Ertragssteuerbelastung und -entlastung gesondert in einem Passiv- und Aktivposten (Bruttomethode) bilan­ ziert werden kann (§ 274 Abs. 1 Satz 3 HGB).³⁵⁷ Kleine Kapitalgesellschaften i. S. v. § 267 Abs. 1 HGB sind von der Abgrenzung latenter Steuern befreit (§ 274a Nr. 4 HGB). Ähn­ liches gilt für kleine kapitalistische Personengesellschaften nach § 264a Abs. 1 HGB und für Kleinstkapitalgesellschaften nach § 267a Abs. 2 HGB.³⁵⁸ Für nicht publizitäts­ pflichtige Einzelunternehmen und Personengesellschaften muss hingegen die Rückstellungspflicht für die künftige Ertragssteuerbelastung nach § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB beachtet werden. Eine Saldierungsmöglichkeit ist für diese Unternehmungen umstritten, weil dann sowohl gegen das Realisationsprinzip als auch das Saldie­ rungsverbot (§ 246 Abs. 2 Satz 1 HGB) verstoßen würde. Darüber hinaus besteht für diese Unternehmen keine Möglichkeit, einen Posten für aktive latente Steuern zu bilden.³⁵⁹

357 Vgl. Grottel/Larenz 2022, Rz. 15 zu § 274 HGB. 358 Vgl. Grottel 2022, Rz. 1 zu § 274a HGB. 359 Vgl. zu weiteren Besonderheiten der Bildung latenter Steuern bei Personengesellschaften etwa DRS 18, Rz. 39; Hahn 2016, S. 661–667; Hartmann 2011; Hoffmann 2012, S. 289–290. Während nach h. M. Sonderbilanzen bei der Steuerabgrenzung nicht berücksichtigt werden, sind die Ergebnisse von Ergänzungsbilanzen für gewerbesteuerliche Zwecke in die Berechnung latenter Steuern auf Ebene der Personengesellschaft einzubeziehen. Weiterhin besitzt u. a. nur die latente Gewerbesteuer bei diesen Unternehmensformen Abgrenzungsrelevanz.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

245

Im Hinblick auf Kapitalgesellschaften sind für die Berechnung der aktiven oder passiven latenten Steuern nach h. M. folgende unternehmensindividuellen Ertrags­ steuersätze zur Erfassung der Ertragssteuerbe- oder -entlastung im Zeitpunkt des Ab­ baus der Differenzen nach § 274 Abs. 2 Satz 1 HGB relevant:³⁶⁰ – bei der Gewerbesteuer ein Steuersatz unter Berücksichtigung von Steuermess­ zahl, Hebesatz und des Abzugsverbots der Gewerbesteuer von der steuerrechtli­ chen Bemessungsgrundlage; – bei der Körperschaftsteuer der Definitivsteuersatz unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags. Der pro Rechnungsperiode als passive oder aktive latente Steuern anzusetzende Be­ trag ergibt sich durch Multiplikation des (zusammengefassten) unternehmensindi­ viduellen Ertragssteuersatzes mit den ermittelten passivischen oder aktivischen Dif­ ferenzen aus zeitlich begrenzten (temporären) Steuerlatenzen und Vorteilen aus ver­ rechenbaren steuerrechtlichen Verlustvorträgen, wie Abbildung 86³⁶¹ verdeutlicht.

temporäre passive Steuerlatenzen -temporäre aktive Steuerlatenzen

Passivüberhang – Vorteile aus verrechenbaren steuerrechtlichen Verlustvorträgen (zeitlich unbegrenzt)

Passivüberhang

Aktivierungsüberhang (begrenzt auf 5 Jahre)

Passivierungspflicht (§ 274 Abs. 1 Satz 1 HGB)

Aktivierungswahlrecht (§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB)

Aktivüberhang + Vorteile aus verrechenbaren steuerrechtlichen Verlustvorträgen (begrenzt auf 5 Jahre)

Abb. 86: Schritte zur Ermittlung ansatzfähiger bzw. -pflichtiger latenter Steuern bei Gesamtdiffe­ renzbetrachtung.

360 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt II. 361 Modifiziert entnommen von Bertram 2021, Rz. 36 zu § 274 HGB.

246 | III. Spezialregelungen

Gemäß § 285 Nr. 29 HGB ist im Anhang anzugeben, „[. . . ] auf welchen Differen­ zen oder steuerlichen Verlustvorträgen die latenten Steuern beruhen und mit welchen Steuersätzen die Bewertung erfolgt ist“. Ferner sind gemäß § 285 Nr. 30 HGB beim bi­ lanziellen Ansatz latenter Steuerschulden die latenten Steuersalden des Geschäfts­ jahrs und ihre erfolgswirksamen Veränderungen anzugeben. Die erfolgswirksamen Verbuchungen (Regelfall) bezüglich der latenten Ertrag­ steuern sind grundsätzlich wie folgt vorzunehmen.³⁶² Passive latente Steuern (1) Zeitpunkt der Entstehung des Differenzbetrags: Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

an

Passive latente Steuern.

an

Steuern vom Einkommen und vom Ertrag.

(2) Auflösung des Postens: Passive latente Steuern

Aktivische Abgrenzung (1) Zeitpunkt der Entstehung des Differenzbetrags: Aktive latente Steuern

an

Steuern vom Einkommen und vom Ertrag.

In der Gewinn- und Verlustrechnung sind nach § 275 Abs. 2 bzw. Abs. 3 HGB diese „Steuererträge“ als Korrekturgrößen in die Posten Nr. 14. bzw. Nr. 13. einzubezie­ hen, aber gesondert auszuweisen (§ 274 Abs. 2 Satz 3 HGB). Übersteigt der Betrag der Steuerabgrenzung den effektiven Ertragsteueraufwand der Periode, dann ist die Pos­ tenbezeichnung z. B. in „Zukünftige Entlastungen der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag“ zu ändern. (2) Auflösung des Postens: Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

an

Aktive latente Steuern

d.b Ermittlung der Bemessungsgrundlage Nach der h. M. resultiert das Gesamtvolumen der passivierungspflichtigen bzw. ak­ tivierungsfähigen latenten Steuern aus einer Gesamtbetrachtung,³⁶³ der die oben beschriebene Nettomethode zugrunde liegt. Hiernach werden sämtliche zeitlich be­ grenzte (temporäre) Differenzen, für die eine Steuerlatenz nach § 274 HGB zu bilden ist, zusammengefasst. Lediglich aus dem verbleibenden Saldo wird eine Steuerla­ tenz gebildet, die dann entweder aktiven oder passiven Charakter trägt. Abbildung 86

362 Vgl. Eisele/Knobloch 2019, S. 597–598. 363 Vgl. etwa Grottel/Larenz 2022, Rz. 15 zu § 274 HGB und Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.d.d.a.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 247

verdeutlicht die einzelnen Schritte ansatzpflichtiger und ansatzfähiger latenter Steu­ ern. Bei einem unsaldierten Ausweis aktiver und passiver Steuerlatenzen nach § 274 Abs. 1 Satz 3 HGB i. S. d. Bruttomethode wird dem Bilanzleser ein besserer Einblick in die Vermögenslage als bei Anwendung der Nettomethode bezüglich der abge­ bildeten Steuerlatenzen gegeben. Auch im Falle der Anwendung der Bruttometho­ de bezieht sich das Aktivierungswahlrecht von § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB nach h. M. ausschließlich auf die die passiven latenten Steuern übersteigenden aktiven latenten Steuern und nicht auf den Gesamtbetrag der aktiven latenten Steuern.³⁶⁴ Ein beliebi­ ger Wechsel zwischen Netto- und Bruttomethode ist aufgrund des Grundsatzes der Darstellungsstetigkeit nach § 265 Abs. 1 nicht möglich. Um sicherzustellen, dass beim Wegfall der sachlichen Grundlagen der latenten Steuern die gebildeten Posten zum richtigen Zeitpunkt zur Auflösung kommen, sollte ein Differenzenspiegel³⁶⁵ geführt werden, aus dem der Eintritt von Steuerbelastun­ gen und -entlastungen der einzelnen Sachverhalte im Zeitablauf hervorgeht. Sofern durch den kompensatorischen Effekt aktivischer latenter Ertragsteuern wesentliche latente Steuerrückstellungen unterbleiben, und die hiermit verbundenen Steuerbe­ lastungen nachfolgender Geschäftsjahre bereits wirksam wurden, ehe die zukünfti­ gen Steuerentlastungen sich niederschlagen, so sind zusätzliche Angaben im Anhang nach § 264 Abs. 2 Satz 2 und § 285 Nr. 3 HGB erforderlich. d.c Festlegung des unternehmensindividuellen Steuersatzes Die zukünftigen Ertragsteuerbelastungen bzw. Ertragsteuerentlastungen ergeben sich bei Kapitalgesellschaften durch Multiplikation der ermittelten temporären pas­ sivischen oder aktivischen Differenzen und Vorteilen aus verrechenbaren steuer­ rechtlichen Verlustvortragen mit einem festzulegenden unternehmensindividuellen Ertragsteuersatz im Zeitpunkt des Abbaus der Differenzen (§ 274 Abs. 2 Satz 1 HGB), der die künftigen Wirkungen der Körperschaft- und Gewerbesteuer berücksichtigt (Liability Method). Der Faktor für die Gewerbesteuer ist unter Beachtung der Steu­ ermesszahl für den Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 GewStG), dem Hebesatz der Standortgemeinde (§ 16 Abs. 1 GewStG) und des Verbots der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe von ihrer eigenen Bemessungsgrundlage (§ 7 Satz 1 GewStG i. V. m. § 4 Abs. 5b EStG) wie folgt zu berechnen. sg = me · he mit sg = Faktor für die Gewerbesteuer (dezimal) me = Steuermesszahl für den Gewerbeertrag in % : 100 he = Hebesatz der Standortgemeinde in % : 100.

364 Vgl. Bertram 2021, Rz. 38 zu § 274 HGB; Grottel/Larenz 2022, Rz. 14 zu § 274 HGB. 365 Vgl. Grottel/Larenz 2022, Rz. 56 zu § 274 HGB.

248 | III. Spezialregelungen

Im Hinblick auf die Körperschaftsteuer bietet es sich an, den Definitivsteuersatz von 15 % nach § 23 Abs. 1 KStG, ggf. zuzüglich des Solidaritätszuschlages, zugrunde zu le­ gen. Unter Berücksichtigung der Nichtabzugsfähigkeit der Körperschaft- und der Ge­ werbesteuer von den steuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen gilt: s = sg + (1 + soli) · sd s = Abgrenzungssteuerfaktor mit sd = Definitivsteuersatz soli = Solidaritätszuschlag. Umstritten war die Frage, ob die Steuerabgrenzungsposten abzuzinsen, d. h. zu ih­ rem Barwert in der Handelsbilanz anzusetzen sind. Der Gesetzgeber hat eindeutig in § 274 Abs. 2 Satz 1 HGB ein Abzinsungsverbot der aktiven und latenten Ertragsteuern kodifiziert, um den administrativen Aufwand bei der Steuerplanung zu reduzieren. Beispiel: Aufgrund der Bewertung fertiger Erzeugnisse in der Handelsbilanz einer GmbH zu Teil­ kosten und in der Steuerbilanz zum Höchstansatz (inklusive von Verwaltungsgemein- und Sozial­ kosten) übersteigt der steuerrechtliche Gewinn das handelsrechtliche Ergebnis vor Ertragsteuern im ersten Geschäftsjahr um 90.000 €. Unter Einbezug des Solidaritätszuschlages wäre der Ab­ grenzungsposten für aktive latente Steuern (AP) gemäß § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB bei einem Gewer­ besteuer-Hebesatz von 400 % wie folgt zu berechnen: (1) (2) (3)

0,14 + (1 + 0,055) · 0,15 = 0,29825 mit 3,5 400 0,14 = 100 ⋅ 100 AP = 90.000 € · 0,29825 = 26.842,50 €.

Der Buchungssatz zur Erfassung der aktiven latenten Steuern lautet dann wie folgt: Aktive latente Steuern a

an

Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

26.842,50 €.

a

Sofern der Steuerabgrenzungsbetrag den effektiven Ertragsteueraufwand der Periode über­ steigt, müsste die Buchung lauten: Aktive latente Steuern an zukünftige Entlastungen der Steu­ ern vom Einkommen und vom Ertrag.

Falls der Steuerabgrenzung ein (künftiger) konstanter Ertragsteuersatz im Zeit­ punkt des Abbaus der Differenzen nach Maßgabe der Liability Method zugrunde gelegt wird, ergeben sich die jeweiligen latenten Steuern durch Multiplikation des Er­ tragsteuersatzes mit den jeweiligen Summen der ermittelten temporaren Differenzen und verrechenbaren steuerrechtlichen Verlustvorträge.³⁶⁶

366 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bei Variationen des Ertragssteuersatzes im Falle einer lau­ fenden Aktivierung und/oder Passivierung des Abgrenzungspostens der Jahresbetrag der latenten Er­ tragsteuern und die kumulierten zeitlichen Ergebnisdifferenzen zu analysieren und Adaptionen der latenten Ertragsteuern vorzunehmen sind. Vgl. Grottel/Larenz 2022, Rz. 65 zu § 274 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

249

Beispiel:³⁶⁷ Bei einer unbeschränkt ertragsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft sind im Rahmen eines Planungszeitraumes von fünf Geschäftsjahren in den ersten drei Perioden folgende Sachver­ halte angefallen, die zu Differenzen zwischen Handels- und Steuerbilanz und zu Vorteilen aus ver­ rechenbaren steuerrechtlichen Verlustvorträgen geführt haben (Messzahl Gewerbeertrag = 3,5 %; Hebesatz der Standortgemeinde = 405 %). Im ersten Geschäftsjahr haben keine Abweichungen ge­ genüber Vorjahren bestanden. 1. Geschäftsjahr: (1) Bildung einer Rücklage in der Steuerbilanz, die nicht Eingang in die Handelsbilanz finden darf. Die Rücklage in Höhe von 42.000 € wird im Geschäftsjahr t5 gewinnerhöhend aufgelöst. (2) Bildung einer Drohverlustrückstellung in Höhe von 60.000 € in der Handelsbilanz nach § 249 Abs. 1 HGB, die gemäß § 5 Abs. 4a EStG nicht in der Steuerbilanz angesetzt werden darf. Die Rückstellung wird im Geschäftsjahr t2 nicht in Anspruch genommen und deshalb aufgelöst. (3) Vornahme außerplanmäßiger Abschreibungen auf Beteiligungen bei voraussichtlich nicht dauernder Wertminderungen gemäß § 252 Abs. 3 Satz 6 HGB in Höhe von 25.000 €, die in der Steuerbilanz nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nicht zulässig sind. Die Beteiligung wird im Geschäftsjahr t2 veräußert. 2. Geschäftsjahr: (4) Ansatz der Herstellungskosten von fertigen Erzeugnissen in der Handelsbilanz nach § 255 Abs. 2 HGB zu Teilkosten, während in der Steuerbilanz diese Wirtschaftsgüter zum Höchstan­ satz gemäß R 6.3 Abs. 1 und Abs. 4 EStR bilanziert werden. Der Unterschiedsbetrag beläuft sich auf 36.000 €. Der Abbau dieser Lagerbestände erfolgt in den Perioden t3 bis t5 sukzes­ sive zu gleichen Teilen. (5) Sofortige aufwandswirksame Verrechnung eines Disagios für ein Tilgungsdarlehen nach § 250 Abs. 3 Satz 1 HGB in Höhe von 27.000 €. Gemäß H 6.10 EStR ist das Disagio in der Steu­ erbilanz als Rechnungsabgrenzungsposten auf die Laufzeit des Darlehens zu verteilen, die drei Jahre beträgt. 3. Geschäftsjahr: (6) Anfall eines vortragsfähigen Verlustes nach § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG in Höhe von 80.000 €, der im t4 und t5 Geschäftsjahr voraussichtlich mit künftigen Gewinnen in Höhe von 24.000 € und 56.000 € verrechnet werden kann. (7) Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung auf Betriebsgrundstücke nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB in der Handelsbilanz von 140.000 €, die steuerrechtlich nicht anerkannt wird. Mit der Veräußerung der Betriebsgrundstücke ist erst bei Liquidation der Kapitalgesellschaft zu rechnen. Legt man für die Berechnung der Abgrenzungsposten den körperschaftsteuerrechtlichen Defini­ tivsteuersatz von 15 % unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer bei einem Hebesatz von 405 % sowie des Solidaritätszuschlages von 5,5 % zugrunde, dann errechnet sich der künftige (konstan­ te) unternehmensindividuelle Steuersatz im Zeitpunkt der Umkehrung wie folgt. s = 0,14175 + (1 + 0,055) · 0,15= 0,3 3,5 405 mit 0,14175 = 100 ⋅ 100 Die Differenzenspiegel nach der Netto- und Bruttomethode mit den Jahresbeträgen der latenten Ertragsteuern befinden sich in Abbildung 87.

367 In Anlehnung an Breithecker 1989, S. 76–78.

Abb. 87: Beispiel für einen Differenzenspiegel (alle Werte in €).

a

+42.000 – – – – – – +42.000

– −60.000 −25.000 – – – –

−85.000

12.900 € = 0,3 · 43.000 €

b

25.500 € = 0,3 · 85.000 €

c

66.000 6.300

−220.000 +21.000

– – – – – – – +12.000 – +9.000 −80.000 – −140.000 –

12.600 € = 0,3 · 42.000 €

+85.000

– +60.000 +25.000 – – – –

d

0 13.500

+45.000

– – – +12.000 +9.000 +24.000 –

+77.000

– – – +12.000 +9.000 +56.000 –

12.600 23.100

−42.000

−42.000 – – – – – –

(123.000 € − 81.000 €) = 0,3 · 140.000 €

0

– – – – – – –

passivisch

– 10.500

+35.000

−42.000 – – +12.000 +9.000 +56.000 –

5. Jahr

passivisch aktivisch

– 13.500

+45.000

– – – +12.000 +9.000 +24.000 –

4. Jahr

passivisch aktivisch

59.700 –

−199.000

– – – +12.000 +9.000 −80.000 −140.000

3. Jahr

passivisch aktivisch

18.900 25.500

−63.000

– – – −36.000 −27.000 – –

passivisch aktivisch

Jahresbetrag der latenten Ertragsteuern aktivisch 25.500 b passivisch 12.600 c

Brutto­ (1) methode (2) (3) (4) (5) (6) (7)

Sachverhalte aktivisch

– 6.600

+22.000

−43.000

Jahresbetrag der latenten Ertragsteuern aktivisch 12.900 a passivisch –

– +60.000 +25.000 −36.000 −27.000 – –

+42.000 −60.000 −25.000 – – – –

Netto­ (1) methode (2) (3) (4) (5) (6) (7)

2. Jahr

1. Jahr

Methode Sachverhalte

123.000 d 81.000

−140.000

0 0 0 0 0 0 −140.000

Summe

72.600 30.600

−140.000

0 0 0 0 0 0 −140.000

Summe

250 | III. Spezialregelungen

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

251

Anschließend sind die Beträge des Beispiels für das Geschäftsjahr t2 auf den entsprechenden Kon­ ten verbucht worden. Dabei wurde zunächst angenommen, dass die Kapitalgesellschaft beabsich­ tigt, nach der Nettomethode zu bilanzieren. Anschließend wird der gesamte Sachverhalt nach der Bruttomethode dargestellt. Verbuchungen für das Geschäftsjahr t2 nach der Nettomethode bei vollständigem Bilanzaus­ weis: Buchungssätze: (1) Steuern von Einkommen und vom Ertrag (2) Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

an an

Aktive latente Steuern Passive latente Steuern

12.900 € 6.600 €.

Kontenmäßige Darstellung:

S

Aktive latente Steuern €

AB

12.900

(1)

H € 12.900

Steuern vom Einkommen und vom H Ertrag € € (1) 12.900 GuV (Saldo) ...

S

(2) S

Passive latente Steuern €

SBK (EB)

− =

6.600

(2)

6.600

H € 6.600

latente Ertragsteuern auf temporäre Differenzen für das 2. Geschäftsjahr (0,3 · 63.000 €) Korrektur der kumulierten temporären Differenzen der Vorjahre bei Konstanz des Abgrenzungssteuersatzes (0,3 · 85.000 €)

18.900 €

Jahresbetrag der latenten Ertragsteuern

−6.600 €

25.500 €

Verbuchungen für das Geschäftsjahr t2 nach der Bruttomethode bei vollständigem Bilanzaus­ weis: Buchungssätze: (1) Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (2) Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

an an

aktive latente Steuern passive latente Steuern

6.600 € 12.900 €.

Kontenmäßige Darstellung:

S AB

Aktive latente Steuern € 25.500

(1) EB (SBK)

H € 6.600 18.900

25.500

25.500

Steuern vom Einkommen und vom H Ertrag € € (1) 6.600 a GuV (Saldo) ...

S

(2) a b

12.900 b

6.600 € = 0,3 · (63.000 € − 85.000 €). 12.900 € = 0,3 · (85.000 € − 42.000 €).

252 | III. Spezialregelungen

S

Passive latente Steuern €

EB (SBK)

25.500

AB (2)

25.500

H € 12.600 12.900 25.500

Verbuchungen für das Geschäftsjahr t2 bei Ausübung des Aktivierungswahlrechts: Buchungssatz: (1) Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

S

Passive latente Steuern €

EB (SBK)

6.600

S



AB

0

(1)

6.600 a

6.600 a

H

an

(1)

passive latente Steuern

6.600 €.

Steuern vom Einkommen und vom H Ertrag € € 6.600 GuV (Saldo) ...

6.600

6.600 € = 0,3 · 22.000 €.

d.d Berücksichtigung der Ausschüttungssperre nach § 268 Abs. 8 HGB § 268 Abs. 8 HGB nennt drei Konstellationen, die zu einem ausschüttungsgesperrten Betrag führen können.³⁶⁸ Die Ermittlung dieser Ausschüttungssperre wird von Ab­ bildung 88 verdeutlicht. Nachdem die Höhe des ausschüttungsgesperrten Betrages bestimmt wurde, muss der maximal ausschüttungsfähige Betrag unter Berücksichti­ gung gesetzlicher oder gesellschaftsvertraglicher Regelungen, die ggf. verpflichten­ de Einstellungen aus dem Jahresüberschuss in die Rücklagen vorsehen, wie in Ab­ bildung 89 gezeigt, ermittelt werden. Die Kürzung der Zwischensumme um ggf. auf die genannten Posten gebildete passive latente Steuern ist deshalb vorzunehmen, um Doppelerfassungen zu vermeiden, da diese bereits in die Ermittlung der Steuern vom Einkommen und vom Ertrag einfließen.³⁶⁹ d.e Vergleich mit dem IFRS-Konzept Obwohl die IFRS Rechnungslegung nicht darauf ausgerichtet ist, Bemessungsgrund­ lage für die Ertragssteuern zu ermitteln, kommt dennoch der latenten Steuerab­ grenzung zur Erfüllung der Informationsfunktion eine zentrale Bedeutung zu. Im Rahmen des Value Based Management wird ferner auf das Erfordernis des ex­ ternen Tax Reporting hingewiesen, welches u. a. Steuerungskennzahlen wie die

368 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.c.c.d(a). 369 In Anlehnung an Wulf 2021, Rz. 55 zu § 268 HGB.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 253

+ + = − −

=

Betrag der aktivierten selbstgeschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlage­ vermögens nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HGB Differenzbetrag zwischen dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) und den Anschaffungskos­ ten von Vermögensgegenständen zur Altersversorgung i. S. v. § 246 Abs. 2 Satz 2 HGB Jahresbetrag der latenten aktiven Ertragsteuern (Aktivbetrag nach Saldierung mit dem Jahres­ betrag der latenten passiven Ertragsteuern) a Zwischensumme auf den Betrag der aktivierten selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens nach § 248 Abs. 2 Satz 1 HBG gebildete passive latente Ertragsteuern auf den Differenzbetrag zwischen dem beizulegenden Zeitwert (Fair Value) und den Anschaf­ fungskosten von Vermögensgegenständen zur Altersversorgung i. S. v. § 264 Abs. 2 Satz 2 HGB gebildete passive latente Ertragsteuern Ausschüttungsgesperrter Betrag

a

Ohne Berücksichtigung der passiven latenten Ertragsteuern auf selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und auf den Differenzbetrag zwischen dem beizule­ genden Zeitwert (Fair Value) und den Anschaffungskosten von Vermögensgegenständen zur Alters­ versorgung nach § 268 Abs. 2 HGB, da anderenfalls dem beabsichtigten Ziel des Gläubigerschutzes widersprochen würde. Vgl. Grottel/Huber 2022, Rz. 71 zu § 268 HGB. Abb. 88: Ermittlung der Ausschüttungssperre.



Frei verfügbare Rücklagen vor Dotierung Jahresergebnis inklusive Gewinn- bzw. Verlustvortrag Einstellungen aus dem Jahresüberschuss in die Rücklagen, soweit durch Gesetz oder Gesell­ schaftsvertrag zwingend vorgesehen Ausschüttungsgesperrter Betrag

=

Maximal ausschüttungsfähiger Betrag

± −

Abb. 89: Bestimmung des ausschüttungsfähigen Betrags.

(Konzern)-Steuerquote als Messgröße für die Effizienz eines Tax Controlling be­ rücksichtigt.³⁷⁰ Nach IAS 12.15 und IAS 12.24 besteht prinzipiell sowohl für die aktive als auch für die passive latente Steuerabgrenzung ein Ansatzgebot, da grds. die Tatbestandsvor­ aussetzungen für einen Vermögenswert bzw. eine Schuld erfüllt werden.³⁷¹ Während nach IAS 12.5 latente Steuerschulden als Ertragsteuern definiert werden, die in künf­ tigen Perioden resultierend aus zu versteuernden temporaren Differenzen zahlbar sind, stellen latente Steueransprüche Ertragsteuern dar, die in zukünftigen Peri­ oden entstehen und aus abzugsfähigen temporären Differenzen, noch nicht genutz­ ten steuerrechtlichen Verlustvorträgen und dem Vortrag höherer steuerrechtlicher

370 Vgl. Freidank/Sassen 2013, S. 91–113. 371 Vgl. Schulz-Danso 2020, Rz. 45 zu § 25.

254 | III. Spezialregelungen

Gewinne erwachsen. In Übereinstimmung zum Handelsrecht sind neben den zeitlich begrenzten Differenzen (Timing Differences) auch quasi-permanente Differen­ zen in die latente Steuerabgrenzung einzubeziehen, sodass das Temporary-Konzept nach der bilanzorientierten Sichtweise zur Anwendung gelangt. In Abgrenzung zum Handelsgesetzbuch besteht jedoch auch ein Ansatzgebot für aktive latente Steuern als Vermögenswert. Auch steuerrechtliche Verlustvorträge sind nach IAS 12.34 zu berücksichtigen, sofern durch deren Vortragsfähigkeit im Falle (wahrscheinlicher) künftiger steuerrechtlicher Gewinne ein ökonomischer Vorteil (Vermögenswert) be­ gründet wird. Eine dem Handelsrecht vergleichbare Begrenzung des Verrechnungs­ zeitraums auf 5 Jahre besteht dagegen nicht nach IFRS. Nachfolgend werden die wesentlichen Inhalte der Steuerabgrenzung nach IAS 12 dargestellt. – IAS 12 „Ertragsteuern“ basiert bezüglich der latenten Steuern auf dem Tempo­ rary Concept in Verbindung mit der Liability Method. – Nach diesem Konzept wird jedem Vermögenswert (Asset) (IAS 12.7) und jeder Schuld (Liability) (IAS 12.8) grundsätzlich ein Steuerwert (Tax Base) zuge­ ordnet. Während der Steuerwert eines Vermögenswerts demjenigen Betrag entspricht, „[. . . ] der für steuerliche Zwecke von allen zu versteuernden wirt­ schaftlichen Vorteilen abgezogen werden kann, die einem Unternehmen bei der Realisierung des Buchwerts des Vermögenswertes zufließen werden“ (IAS 12.7), entspricht der Steuerwert einer Schuld ihrem Buchwert „[. . . ] abzüglich aller Beträge, die für steuerliche Zwecke hinsichtlich dieser Schuld in zukünftigen Perioden abzugsfähig sind“ (IAS 12.8). – Hieraus ergeben sich für die Bilanzierung latenter Ertragsteuern nachstehende Konstellationen: (a) Buchwert eines Vermögenswerts in der IFRS-Bilanz > Steuerwert bzw. Buchwert einer Schuld in der IFRS-Bilanz < Steuerwert. Folgen: (1) höhere künftige steuerrechtliche Bemessungsgrundlagen; (2) höhere künftige Ertragsteuerbelastung; (3) Passivierung einer Steuerverbindlichkeit. (b) Buchwert eines Vermögenswerts in der IFRS-Bilanz < Steuerwert bzw. Buchwert einer Schuld in der IFRS-Bilanz > Steuerwert. Folgen: (1) geringere künftige steuerrechtliche Bemessungsgrundlagen; (2) geringere künftige Ertragsteuerbelastung; (3) Aktivierung der latenten Steuern als Vermögenswert. – Das Temporary-Konzept geht von der zutreffenden Darstellung der Verbind­ lichkeiten und Forderungen gegenüber dem Fiskus aus und ist anders als das GuV-orientierte Timing-Konzept in Verbindung mit der Liability-Methode bi­ lanzbezogen, wobei der Begriff der vorübergehenden Bilanzpostenunterschiede (Temporary Differences) umfassender als der Terminus der zeitlichen Ergebnis­ unterschiede (Timing Differences) ausgestaltet ist.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |





255

Passive latente Steuern (Deferred Tax Liabilities) (a) Grundsätze zum Passivierungsgebot: (1) Vermögenswerte sind in der IFRS-Bilanz höher bewertet als in der Steu­ erbilanz bzw. Vermögenswerte sind in der IFRS-Bilanz, nicht dagegen in der Steuerbilanz angesetzt. (2) Schulden sind in der IFRS-Bilanz niedriger bewertet als in der Steu­ erbilanz bzw. Schulden sind in der Steuerbilanz, nicht dagegen in der IFRS-Bilanz angesetzt. (3) Diese Fälle führen zu einer passiven latenten Steuerabgrenzung, da die Auflösung der Differenzen ein (im Vergleich zur Steuerbilanz) niedri­ geres IFRS Ergebnis nach sich zieht. (4) Der passive steuerrechtliche Abgrenzungsposten ist dann anteilig er­ folgswirksam aufzulösen und gegen den (aus IFRS-Sicht) zu hohen tat­ sächlichen Steueraufwand der Periode aufzurechnen. (b) Nicht abgrenzungsfähige Ausnahmen:³⁷² (1) Erwachsen der latenten Steuerschuld aus dem erstmaligen Ansatz eines Geschäfts- oder Firmenwerts, sofern eine Abschreibung steuerrechtlich nicht absetzbar ist [IAS 12.15(a), 12.21]. (2) Erfolgsneutrale Unterschiede bei Erstverbuchungen eines Vermögens­ werts oder einer Schuld, falls diese Differenzen nicht aus einem Un­ ternehmenszusammenschluss resultieren und dieser Geschäftsvorfall „[. . . ] weder das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteu­ ernde Ergebnis (den steuerlichen Verlust) beeinflusst“ [IAS 12.15(b), 12.22]. (c) Jedoch sind auch quasi-permanente Differenzen in die Steuerabgrenzung einzubeziehen, da ein Bewertungsunterschied zwischen IFRS- und Steuerbi­ lanz vorliegt und es auf den Zeitpunkt der Auflösung bzw. Umkehrung nicht ankommt [z. B. erfolgsneutrale Neubewertungen von Vermögensgegenstan­ den, die steuerrechtlich nicht nachvollzogen werden (IAS 12.20)]. Aktive latente Steuern (Deferrred Tax Assets) (a) Grundsätze zum Aktivierungsgebot: (1) Vermögenswerte sind in der IFRS-Bilanz niedriger bewertet als in der Steuerbilanz bzw. Vermögenswerte sind in der Steuerbilanz, nicht da­ gegen in der IFRS-Bilanz angesetzt. (2) Schulden sind in der IFRS-Bilanz höher bewertet als in der Steuerbilanz bzw. Schulden sind in der IFRS-Bilanz, nicht dagegen in der Steuerbi­ lanz angesetzt.

372 Vgl. im Einzelnen Schulz-Danso 2020, Rz. 93–100 zu § 25.

256 | III. Spezialregelungen

(3)

Diese Fälle führen zu einer aktiven latenten Steuerabgrenzung, da die Auflösung der Differenzen ein (im Vergleich zur Steuerbilanz) höheres IFRS-Ergebnis nach sich zieht. (4) Der aktive steuerrechtliche Abgrenzungsposten ist dann anteilig er­ folgswirksam aufzulösen. Dieser Betrag erhöht den (aus IFRS-Sicht) zu niedrigen tatsächlichen Steueraufwand in der Erfolgsrechnung. (5) Allerdings sind aktive latente Steuern nur dann auszuweisen, „[. . . ] wie es wahrscheinlich ist, dass ein zu versteuerndes Ergebnis verfügbar sein wird, gegen das die abzugsfähige temporäre Differenz verwendet wer­ den kann [. . . ]“(IAS 12.24, 12.27). (b) Nicht abgrenzungsfähige Ausnahmen:³⁷³ Erwachsen des latenten Steueranspruchs aus dem erstmaligen Ansatz eines Vermögenswerts oder einer Schuld zu einem Geschäftsvorfall, der (1) kein Unternehmenszusammenschluss ist und (2) zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalls weder das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteuernde Ergebnis (den steuerlichen Verlust) beeinflusst [IAS 12.24(b), 12.33]. (c) Über die Temporary Differences hinaus gilt die Bilanzierungspflicht für akti­ ve latente Steuern grundsätzlich auch für steuerrechtliche vortragbare Ver­ luste (IAS 12.34), durch deren Vortragsfähigkeit im Falle (wahrscheinlicher) künftiger steuerrechtlicher Gewinne ein ökonomischer Vorteil (Asset) be­ gründet wird. Bezüglich der Ermittlung, des Ausweises und der Bewertung latenter Steuern nach IFRS liegen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu den handelsrechtlichen Regelun­ gen vor. So besteht nach dem internationalen Konzept ebenfalls die Möglichkeit, dass erfolgsneutrale Verrechnungen latenter Steuern vorkommen können, wenn ihre Bildung aus erfolgsneutralen Transaktionen (z. B. der Neubewertung von Vermögens­ werten) resultiert (IAS 12.61 bis 12.65). Ein generelles Wahlrecht zur Anwendung der Netto- oder der Bruttomethode existiert hingegen nicht, vielmehr ist grds. ein separa­ ter Ausweis aktiver und passiver latenter Steuern vorgesehen (Bruttomethode). Eine Saldierung nach der Nettomethode wird nach IAS 12.74 nur in Ausnahmefällen ge­ staltet, z. B. wenn die latenten Steuerverbindlichkeiten und -forderungen gegenüber der gleichen Steuerbehörde bestehen. Zudem ist ein gesonderter Ausweis von den der gewöhnlichen Tätigkeit zuzurechnenden Steueraufwendungen und -erträgen in der Erfolgsrechnung nach IAS 12.77 notwendig. Darüber hinaus bestehen umfangreiche Erläuterungs- und Angabepflichten zu den latenten Steuern (IAS 12.79 bis 12.88). Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Verpflichtung zur Ver­ öffentlichung einer steuerlichen Überleitungsrechnung (Tax Reconciliation) nach

373 Vgl. im Einzelnen Schulz-Danso, Rz. 93–100 zu § 25.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses | 257

IAS 12.81(c), mit der der Unterschied zwischen der effektiven Ertragsteuerbelastung und dem bilanziellen Ergebnis vor Steuern unter Zugrundelegung des maßge­ benden (durchschnittlichen) gesetzlichen Gewinnsteuersatzes erklärt wird. Zu diesem Zweck kann wahlweise auf folgende Methoden zurückgegriffen werden: (1) Überleitungsrechnung zwischen den Steueraufwand/Steuerertrag und dem Pro­ dukt aus dem bilanziellen Ergebnis vor Steuern und dem anzuwendenden Steu­ ersatz (einschl. der Berechnungsgrundlage für den anzuwendenden Steuersatz) oder (2) Überleitungsrechnung zwischen dem durchschnittlichen effektiven Steuersatz und dem anzuwendenden Steuersatz (einschl. der Berechnungsgrundlage für den anzuwendenden Steuersatz,) Abbildung 90³⁷⁴ zeigt eine beispielhafte Strukturierung, die der ersten Methode folgt. Die Erstellung einer Überleitunsgrechnung nach den handelsrechtlichen Vorschrif­ ten ist hingegen nicht geboten; auch DRS 18 sieht eine Pflichtpublikation nicht mehr vor.³⁷⁵ Aktive und passive latente Steuern sind grds. erfolgswirksam nach IAS 12.58 zu verrechnen. Dies gilt auch für alle nachfolgend vorzunehmenden Korrekturen an den

± − ±

bilanzielles Ergebnis vor Steuern · anzuwendender Steuersatz errechnete Ertragsteuern (Anwendung eines Mischertragsteuersatzes für das Unternehmen) Steuereffekt auf (permanent) steuerlich nicht abzugsfähige Aufwendungen Steuereffekt auf (permanent) steuerfreie Erträge Steuereffekt auf (permanent) nicht aufwandswirksame steuerliche Betriebsausgaben Steuereffekt auf (permanent) nicht ertragswirksame steuerliche Betriebseinnahmen Steuereffekt auf Goodwillabschreibungen Steuereffekt auf Zuschreibungen zum negativen Unterschiedsbetrag Wertberichtigung auf aktive latente Steuern Wertaufholung auf aktive latente Steuern Steuereffekt auf aktive latente Differenzen und Verlustvorträge, für die in der gegenwärtigen Periode keine aktiven latenten Steuern erfasst wurden Steuereffekt aus der Nutzung aktiver latenter Differenzen und Verlustvorträge, für die bislang keine latenten Steuern erfasst wurden periodenfremde tatsächliche Ertragsteuern Steuergutschriften Effekte aus Steuersatzänderungen

=

ausgewiesener Ertragsteueraufwand

= + − − + + − + − + −

Abb. 90: Struktur einer steuerlichen Überleitungsrechnung nach IFRS.

374 Vgl. Modifiziert entnommen aus Kirsch 2002, S. 1193. Vgl. zu weiteren Beispielen für eine Über­ leitungsrechnung Hahn 2016, S. 685–688 und Schulz-Danso 2020, Rz. 198 zu § 25. 375 Vgl. DRS 18.

258 | III. Spezialregelungen

latenten Steuerposten nach IAS 12.60. Allerdings hat ein erfolgsneutraler Ansatz zu erfolgen, wenn die latenten Steuern selbst aus erfolgsneutralen Transaktionen (z. B. Neubewertungen des Sachanlagevermögens nach IAS 16) resultieren. Sie werden dann im Entstehungszeitpunkt erfolgsneutral und bei späterer Auflösung erfolgswirksam verrechnet. Die Erstbewertung latenter Steuern erfolgt im Rahmen der IFRS-Rech­ nungslegung analog zum Handelsrecht nach der Liability-Methode, welche der dy­ namischen Bilanztheorie entspricht. Demzufolge hat grds. gemäß IAS 12.47 eine Ver­ wendung der künftigen Steuersätze, die im Zeitpunkt der Umkehr temporarer Bewer­ tungsdifferenzen voraussichtlich gelten werden, zu erfolgen. Einschränkend ist jedoch zu betonen, dass die Berücksichtigung von Steuersätzen, die von den am Bilanzstich­ tag geltenden abweichen, ähnlich wie nach dem Handelsrecht, nur dann zulässig ist, wenn entsprechende Steueränderungen verabschiedet oder zumindest angekündigt sind (IAS 12.48). Bei der Bewertung latenter Steuern ist gemäß IAS 12.51 zudem zu be­ rücksichtigen, in welcher Art und Weise die entsprechenden Vermögenswerte realisiert und die entsprechenden Schulden beglichen werden sollen, sofern die Art und Weise der Realisation respektive des Ausgleichs zu Unterschieden in der Besteuerung führt. Analog zum Handelsrecht besteht für latente Steuern nach IAS 12.53 ein ausdrückli­ ches Abzinsungsverbot. Begründet wird dies in IAS 12.54 insbesondere mit den prak­ tischen Problemen einer Abzinsung, da hierfür „[. . . ] eine detaillierte Aufstellung des zeitlichen Verlaufs der Auflösung jeder temporären Differenz [. . . ]“ erforderlich wäre. Im Rahmen der Folgebewertung sind die latenten Steuern zu jedem Bilanzstich­ tag im Hinblick auf die erwarteten Steuerbe- und -entlastungen zu untersuchen und gegebenenfalls in ihrer Höhe anzupassen oder in Gänze aufzulösen. Insbesondere hinsichtlich aktiver latenter Steuern (auf steuerrechtliche Verlustvorträge) hat auf­ grund der eingeschränkten Objektivität eine sorgfältige Überprüfung der Werthaltig­ keit zu erfolgen. Sofern die Tatbestandsmerkmale einer Aktivierung nicht mehr erfüllt sind, d. h. eine Verlustverrechnung nicht mehr wahrscheinlich ist, sind die aktiven la­ tenten Steuern in entsprechender Höhe aufzulösen. Eine Neubewertung bereits gebil­ deter latenter Steuern kann sich bei Anwendung der Liability-Methode auch im Zuge geänderter Steuersätze ergeben. Die Auflösungsbeträge werden analog zur Bildung latenter Steuern erfolgswirksam, in diesem Fall als sonstiger betrieblicher Ertrag be­ ziehungsweise sonstiger betrieblicher Aufwand, erfasst. Auch wenn bezüglich der Höhe temporärer Differenzen keine Änderungen eintre­ ten, kann sich der Wertansatz latenter Steuern ändern. Als Gründe hierfür kommen primär Änderungen in der Einschätzung der Realisierbarkeit aktiver latenter Steuern, Änderungen des der Bewertung zugrunde liegenden Steuersatzes oder auch Änderun­ gen im Hinblick auf die voraussichtliche Art und Weise der Realisation respektive des Ausgleichs der latenten Steuern in Betracht.³⁷⁶ Eine Anpassung der Bewertung laten­ ter Steuern hat in dem Jahr zu erfolgen, in dem sich die Bewertungsgrundlagen geän­

376 Vgl. Baetge et al. 2021, S. 577.

B. Besonderheiten bezüglich der Erstellung des Jahresabschlusses |

259

dert haben. Die Folgen im Zuge von Steuersatzänderungen sind grundsätzlich in voller Höhe erfolgswirksam zu erfassen (IAS 12.60). Eine diesbezügliche Ausnahme kommt nur dann in Betracht, wenn latente Steuern in den Vorperioden erfolgsneutral gebil­ det wurden; in diesen Fällen hat die Erfassung von Auswirkungen von Steuersatzän­ derungen in analoger Weise nach IAS 12.63 erfolgsneutral zu erfolgen. Abbildung 91 zeigt die wichtigsten Unterschiede der Steuerabgrenzung nach HGB und IFRS.³⁷⁷

Rechtsnorm

HGB

IFRS

Reichweite

Temporary-Konzept

Temporary-Konzept

Bewertungsmethode

Liability-Methode

Liability-Methode

Ansatz

Ansatzwahlrecht für aktive latente Steuern, Ansatzpflicht für passive latente Steuern

Ansatzpflicht für aktive latente Steuern, Ansatzpflicht für passive latente Steuern

Einbeziehung von steuerlichen Verlustvorträgen

Einbeziehungspflicht unter besonderer Berücksichtigung der Fünf-Jahres-Frist

Einbeziehungspflicht ohne zeitliche Vorgabe (aber Beachtung der Realisations­ wahrscheinlichkeiten)

Erfassung erfolgsneutraler Differenzen

ja, aber keine aufgrund von Neubewertungen

ja, auch solche aufgrund von Neubewertungen

Steuersatz

unternehmensindividuell

unternehmensindividuell

Diskontierung

Abzinsungsverbot

Abzinsungsverbot

Saldierung

Wahlrecht (Netto- oder Bruttomethode)

grds. Saldierungsverbot (Bruttomethode) mit Ausnahmen

Erstellungspflicht einer Überleitungsrechnung

nein

ja

Abb. 91: Vergleich zwischen HGB und IFRS zur Erfassung latenter Steuern.

Besondere Bedeutung besitzt im Rahmen des Risikomanagements die Ermittlung der zukünftigen Be- und Entlastungen des Unternehmens mit Ertragssteuern durch das Konzept der latenten Steuern. Unter Einbeziehung der tatsächlichen Ertragssteu­ erbelastung wird deshalb sowohl für die interne Steuerung als auch für Zwecke der Rechnungslegungsanalyse und der Rechnungslegungspolitik auf folgende Kenn­ zahl zurückgegriffen:³⁷⁸ Steuerquote =

effektiver Ertragssteueraufwand ± latenter Ertragssteueraufwand (-ertrag) bilanzielles Ergebnis vor Ertragssteuern.

377 Modifiziert entnommen aus Freidank/Velte 2012, S. 38. Vgl. auch Hahn 2016, S. 692. 378 Vgl. z. B. Schulz-Danso 2020, Rz. 193 zu § 25 und IAS 12.86.

260 | III. Spezialregelungen

Allerdings ist zu beachten, dass unter sonstigen gleichen Bedingungen eine nach den HGB-Vorschriften ermittelte Steuerqoute i. d. R. nicht mit einer nach dem IFRS-Regel­ werk berechneten Steuerquote übereinstimmen wird, da beide Rechnungslegungssys­ teme Unterschiede sowohl bei der Ermittlung des Steueraufwands (Steuerertrags) als auch des bilanziellen Ergebnisses vor Ertragssteuern aufweisen. Aus diesen Gründen sind die Steuerqouten im Rahmen von bilanzanalytischen Bechmarkingprozessen nur mit Einschränkungen für steuerorientierte Analysen geeignet, wenn die zu ver­ gleichenden Unternehmen verschiedene Rechnungslegungssyteme anwenden.

IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente A. Überblick und Systematisierung Neben den Mindestanforderungen bezüglich der durch Bilanz, Gewinn- und Ver­ lustrechnung, Anhang und Lagebericht vermittelten Rechnungslegungsinformatio­ nen veröffentlichen Kapitalgesellschaften eine Vielzahl von Zusatzdaten. Diese zu­ sätzlichen Publikationen werden vor allem bei großen international agierenden Publi­ kumsgesellschaften im Rahmen einer unternehmenswertsteigernden (offensiven) Rechnungslegungspolitik von der Zielsetzung getragen, die (Finanz-)Kommunikati­ on zwischen Unternehmen und den Anteilseignern zu optimieren (Investor Relations oder Shareholder Relations), um den Aktionären und potenziellen Investoren eine angemessene Bewertung des Unternehmens am Kapitalmarkt zu ermöglichen. Dar­ über hinaus sind viele dieser Zusatzinformationen im Rahmen der IFRS und auch für bestimmte Unternehmen nach dem Handelsrecht zwischenzeitlich verbindlich und unterliegen ebenfalls der Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer gemäß § 316 Abs. 1 HGB. So schreibt der Gesetzgeber in § 264 Abs. 1 Satz 2 HGB vor, dass der Jahresabschluss von kapitalmarktorientierten Kapitalgesellschaften im Sinne von § 264d HGB neben Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und Anhang eine Kapital­ flussrechnung und einen Eigenkapitalspiegel enthalten muss. Schließlich besteht ein handelsrechtliches Wahlrecht zur Segmentberichterstattung. Allerdings exis­ tieren für die in Rede stehenden Sonderrechnungen keine detaillierten gesetzlichen Regelungen zum Inhalt, sodass zum Zwecke der Ermittlung entsprechender Sollob­ jekte auf die vom DRSC i. S. v. § 342 Abs. 1 Nr. 1 HGB entwickelten folgenden Standards zurückgegriffen werden muss, die sich an die Regelungen von IAS 1, IAS 7 und IFRS 8 anlehnen: – DRS 21: Kapitalflussrechnung³⁷⁹ – DRS 22: Konzerneigenkapital³⁸⁰ – DRS 28: Segmentberichterstattung³⁸¹ Nach den IFRS hingegen werden mit Ausnahme des Segmentberichts, der nach IFRS 8 lediglich kapitalmarktorientierte Unternehmen betrifft, sämtliche Unternehmen zur erweiterten Rechnungslegung verpflichtet, wie Abbildung 92 verdeutlicht.

379 Vgl. DRS 21. 380 Vgl. DRS 22, Rz. 10–21 und Rz. 60–61. 381 Vgl. DRS 28. https://doi.org/10.1515/9783110679588-011

262 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften i. S. d. § 264d HGB IFRS Handelsrecht

Sonstige Kapitalgesellschaft

Bilanz Bilanz Gesamterfolgsrechnung Gewinn- und Verlustrechnung Anhang Anhang

Bilanz Bilanz Gesamterfolgsrechnung Gewinn- und Verlustrechnung Anhang Anhang (Wahlrecht für Kleinstkapitalgesell­ schaften) Kapitalflussrechnung Kapitalflussrechnung (Wahlrecht) Eigenkapitalspiegel Eigenkapitalspiegel (Wahlrecht) Segmentbericht Segmentbericht (Wahlrecht) (Wahlrecht) Lagebericht Management (Wahlrecht für kleine Commentary (Wahlrecht) Kapitalgesellschaften und Kleinstkapitalge­ sellschaften)

Kapitalflussrechnung

Kapitalflussrechnung

Eigenkapitalspiegel

Eigenkapitalspiegel

Segmentbericht

Segmentbericht (Wahlrecht) Lagebericht

Management Commentary (Wahlrecht)

IFRS

Handelsrecht

Abb. 92: Rechnungslegungsinstrumente nach Handelsrecht und IFRS im Vergleich.

Management Reporting

Externes Mangement Reporting

Internes Mangement Reporting

Informationen des Aufsichtsorgans durch das Leitungsorgan

Informationen des Leitungsorgans

durch das Risikomanagementsystem

Internes Überwachungssystem Internes Kontrollsystem

Controlling

Etwaige weitere interne Informationsprozesse

durch das Compliance System

Früherkennungssystem

Value Reporting (i. w. S.)

Financial Accounting

Corporate Governance Reporting

Value Reporting (i. e. S.)

Integrated Reporting

Interne Revision

Zusammenführung durch das Konzept des Management Approach

Abb. 93: Hamburger Modell zur Systematisierung des Management Reporting.

Nachhaltigkeitsberichterstattung

A. Überblick und Systematisierung

|

263

Zur vollständigen und systematischen Erfassung aller entscheidungsrelevanten Informationen für die Zwecke der Rechnungslegung bietet es sich an, auf das in Abbildung 93 dargestellte Hamburger Modell zur Systematisierung des Manage­ mentreporting zurückzugreifen.³⁸² Aufgrund der gestiegenen Informationsbedürf­ nisse unterschiedlicher Stakeholdergruppen gewinnt vor allem bei börsennotierten Kapitalgesellschaften neben dem Financial Acounting (Finanzbuchhaltung Jahres­ abschluss, Lagebericht), Value Reporting, Corporate Governance Reporting und Nachhaltigkeitsreporting das Integrated Reporting in jüngerer Zeit zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund werden die genannten Berichterstattungssys­ teme im Folgenden dargestellt und in das Management Reportingssystem börsenno­ tierter Kapitalgesellschaften eingegliedert.³⁸³ Unter dem Begriff Management Reporting wird die zielgerichtete, systema­ tische Informationsvermittlung über Tatsachen, Ereignisse, Zusammenhänge und Vorgänge aus dem Unternehmen und seiner Umwelt an unterschiedliche Stakehol­ dergruppen verstanden. Je nachdem, ob sich die Informationsversorgung auf Stake­ holder innerhalb oder außerhalb des Unternehmens bezieht, ist zwischen internem und externem Management Reporting zu unterscheiden. Das interne Manage­ ment Reporting-System umfasst sämtliche Prozesse des Informationsaustausches zwischen den Verwaltungsorganen (Leitungs- und Aufsichtsorgan) und/oder unter­ nehmensinternen Institutionen wie etwa dem Risikomanagementsystem³⁸⁴ mit seinen Komponenten Interne Revision, Controlling und Früherkennung oder dem Compliancebereich. Dem externen Management Reporting-System obliegt hingegen die Aufgabe, die Informationsversorgung außenstehender Stakeholder (z. B. Inves­ toren, Fremdkapitalgeber, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Fiskus, Wettbewerber, Analysten, Öffentlichkeit) als Zielgruppen der Unternehmenspublizität sicherzustel­ len. Die Besonderheit des externen Management Reporting besteht in seiner Nähe zur Informationspolitik des Unternehmens, da seine Instrumente häufig von den Verwaltungsorganen dazu eingesetzt werden, vor allem auf externe Stakeholder­ gruppen dergestalt einzuwirken, dass ihr künftiges Verhalten mit den gesetzten Unternehmenszielen korrespondiert. Eine in diesem Sinne eingesetzte Unterneh­ menspublizität stellt ein zentrales Element der Investor Relations dar. Aufgrund der sich in Wissenschaft und Praxis verfestigten Auffassung, dass das im traditionellen Sinne primär vergangenheitsbezogen und im Hinblick auf die Dar­ stellung der periodenorientierten Eigenkapitalveränderung eindimensional ausge­

382 Entnommen von Freidank/Hinze 2015, S. 70. 383 Vgl. Freidank 2022a, S. 27–30. 384 Vgl. Freidank 2012, S. 21–24 und S. 58–89; Gleißner 2017, S. 4–11; Gleißner et al. 2019, S. 1–26.

264 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

richtete Financial Accounting als alleinige Grundlage für rationale Entscheidungsfin­ dungen der externen Stakeholder nicht mehr ausreicht, wurde dieses durch zukunfts­ bezogene und nichtmonetäre bewertungsorientierte Informationen im Rahmen des Value Reporting ergänzt. Hierunter wird die strukturierte und regelmäßige, über das Financial Accounting hinausgehende externe Berichterstattung einer Unternehmung verstanden, die geeignet ist, Informationsasymmetrien zwischen unternehmensver­ waltungsinterner und stakeholderbezogener externer Sicht zu reduzieren sowie die Ermittlung des Unternehmenswerts durch außenstehende Adressaten, insbesondere (potenzielle) Investoren, zu ermöglichen. Im Grundsatz ist das Value Reporting-Sys­ tem somit darauf ausgerichtet, vorhandene Wertlücken zwischen dem im Rahmen des Financial Accounting bilanzierten Eigenkapital und dem Unternehmenswert, verstanden als Zukunftserfolgswert, durch den Einsatz ausgewählter publizitätspo­ litischer Instrumente zu erklären (z. B. Informationen über das Humankapital). Das Value Reporting ergänzt somit das Financial Accounting mit seinen Ausflusssyste­ men (Konzern-)Jahresabschluss und (Konzern-)Lagebericht um eine wertorientierte Zusatzberichterstattung und baut es zu einem umfassenden zukunftsorientierten Business Reporting aus. Im internationalen Kontext wird unter Business Repor­ ting daher die kapitalmarktorientierte, strukturierte Informationsübermittlung an aktuelle und potenzielle Investoren durch die Verwaltungsorgane kapitalsuchender Unternehmen verstanden. Das Value Reporting, welches aus Gründen der Systematisierung als Value Repor­ ting im weiteren Sinne (i. w. S.) bezeichnet wird, lässt sich wiederum in Corporate Gov­ ernance Reporting, Value Reporting im engeren Sinne (i. e. S.) und Nachhaltigkeitsbe­ richterstattung untergliedern. Das Value Reporting i. e. S. beinhaltet Informationen über Zeitwerte der bilanzierten Vermögenswerte und Schulden sowie über nicht bilan­ zierte immaterielle Vermögenswerte, welche es den (potenziellen) Investoren ermög­ lichen, den Reinvermögenswert der Unternehmung zu ermitteln. Des Weiteren sind hier neben kapitalmarktorientierten Daten (z. B. Börsenkapitalisierung, Aktienrendite etc.) Prognosen und Planungen künftiger Erfolge sowie wertrelevante nichtfinanziel­ le Informationen (z. B. aus dem Unternehmen und dem Marktumfeld) offenzulegen, die externen Adressaten eine Beurteilung der Wertentwicklung des Unternehmens an­ hand des Zukunftserfolgswerts erleichtern. Die Inhalte des Value Reporting i. e. S. wer­ den im Wesentlichen aus dem internen und externen Rechnungswesen abgeleitet und zeichnen sich somit durch ihren quantitativen Charakter aus. Der Begriff Corporate Governance Reporting bezeichnet die strukturierte und regelmäßige externe Berichterstattung eines Unternehmens, die darauf abzielt, Infor­ mationsungleichheiten zwischen Unternehmensverwaltung und externen Stakehol­ dern bezüglich der Führung und Überwachung des Unternehmens (Corporate Gover­ nance) abzubauen. Die Unterordnung des Corporate Governance Reporting unter das Value Reporting i. w. S. lässt sich somit aus der Deckungsgleichheit der Ziele im Hin­

A. Überblick und Systematisierung

|

265

blick auf die Reduzierung von Informationsdefiziten und der Berichtscharakteristik der Vermittlung wertrelevanter Informationen an den Kapitalmarkt ableiten. Die be­ deutenden qualitativen und quantitativen Berichtsinhalte des Corporate Governance Reporting entstammen dabei sowohl dem Financial Accounting (z. B. Vergütung der Verwaltung) als auch dem Value Reporting i. w. S. (z. B. Einhaltung der Unabhängig­ keit von Abschlussprüfer und Aufsichtsorgan). Als Reaktion auf den gesellschaftlichen Werte- und Normenwandel in Bezug auf die ökologischen und sozialen Auswirkungen ökonomischen Handelns hat sich in den letzten Jahren die sog. Nachhaltigkeitsberichterstattung als weitere Komponente der freiwilligen wertorientierten Berichterstattung etabliert. Nachhaltigkeit wird als eine Entwicklung definiert, welche die heutigen Bedürfnisse der Gesellschaft befrie­ digt, ohne diejenigen der zukünftigen Generationen zu gefährden und umfasst dabei die drei Dimensionen Ökologie, Ökonomie und Soziales (sog. Drei-Säulen-Modell). Damit einher geht häufig ein vom Postulat des Shareholder Value abweichendes Un­ ternehmenskonzept des sog. Stakeholder Value mit einem pluralistischem Ziel- und Wertesystem, welches das Unternehmen als Teil der Gesellschaft begreift und den Wert nach seinem Zielbeitrag für die Gesellschaft ableitet. Indem die Nutzensyste­ me sämtlicher Anspruchsgruppen integriert werden, wird die erbrachte Leistung ei­ nes Unternehmens folglich nicht nur nach seinem (internen) wirtschaftlichen Erfolg, sondern ebenfalls nach seinem Einfluss auf das ökologische und soziale Umfeld (sog. Sustainability Performance) beurteilt. Aber auch bezüglich des engeren Konzepts des Shareholder Value trägt die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zur Unternehmenswertmaximierung bei, da sie sich bezüglich der gestiegenen öffentli­ chen Bedeutung zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren entwickelt haben, die sich sowohl indirekt als auch direkt auf die Kosten- und Erlössituation des Unternehmens auswirken können. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung erfolgt dabei weitestgehend losgelöst von den Rechnungslegungsinstrumenten des Financial Accounting. Das Integrated Reporting führt die Informationen des Financial Accounting, Corporate Governance Reporting, des Value Reporting i. e. S. sowie des Nachhaltig­ keitsreporting in teilweiser Anlehnung an das Konzept des Value Reporting nach dem Multiple Capital Ansatz mit den Komponenten Finanzkapital, Produktionskapital, geistiges Kapital, Humankapital, soziales Kapital und natürliches Kapital auf überge­ ordneter Ebene in mehrdimensionaler Form zusammen, indem es über eine reine In­ formationsbündelung hinaus als weitere Dimension die Vernetzung finanzieller und nichtfinanzieller Leistungsindikatoren aufzeigt und so zusätzliche, entscheidungs­ relevante Informationen liefert. Mit dieser Vorgehensweise können den externen Stakeholdergruppen durch eine integrierte und verknüpfte Berichterstattung über alle wesentlichen Erfolgsfaktoren vollständigere und stärker entscheidungsrelevante Informationen zum Zwecke der Darstellung einer ganzheitlichen, gegenwärtigen und zukünftigen Wertschöpfung gezeigt und so die Kapitalmarktkommunikation ge­

266 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

zielt erweitert werden. Das Integrated Reporting stellt ein trennscharfes Konzept zum Financial Accounting, Value Reporting i. e. S., Corporate Governance Reporting und Nachhaltigkeitsreporting dar. Allerdings ist zu beachten, dass das interne und externe Management Reporting-System miteinander vernetzt sind, da vor allem im Rahmen der unternehmensexternen Berichterstattung aufgrund gesetzlicher Vorgaben (z. B. § 289 Abs. 4, § 315 Abs. 4 HGB) oder zur Durchsetzung freiwilliger Publizitätsziele (z. B. im Kontext des Value Reporting) auf die Inhalte des internen Reporting-Systems zurückgegriffen werden muss. Die Zusammenführung beider Systeme wird durch das Konzept des Management Approach sichergestellt. Zusammenfassend verdeutlicht Abbildung 93 das Reportingsystem börsenno­ tierter Kapitalgesellschaften, welches für die Stakeholder entscheidungsnützliche Informationen für eine in- und externe Unternehmensbeurteilung liefert. Das vorge­ stellte Konzept bietet somit für den Analysten der Kapitalgesellschaft einen Orien­ tierungsrahmen, der auf Erkenntnissen zum Managementreporting basiert und zur vollständigen und systematischen Erfassung sämtlicher in- und externer Entschei­ dungswerte genutzt werden kann. Im Folgenden wird zunächst ein Überblick über die wichtigsten Instrumente zur Verbesserung der Rechnungslegungsqualität im Hinblick auf das Financial Accouting gegeben. Während Finanzierungsrechnungen, denen die Aufgabe zukommt, Infor­ mationen über die Investitions- und Finanzierungsaktivitäten des Unternehmens zu vermitteln, in Form von Bewegungsbilanzen, Kapitalfluss- und Cash Flow-Rech­ nungen schon seit langem erstellt werden oder zumindest im Prüfungsbericht des Ab­ schlussprüfers nach § 321 HGB Berücksichtigung fanden, wird auf Segmentberichte, Eigenkapitalspiegel, Corporate Governance Berichte und/oder Nachhaltigkeits­ berichterstattungen erst vermehrt seit Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts im Rahmen der Rechnungslegung von Kapitalgesellschaften zurückgegriffen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bestimmte segmentorientierte Angaben bereits durch § 285 Nr. 4 HGB im Anhang zwingend vorgeschrieben sind. Wichtig ist in diesem Zu­ sammenhang der Hinweis, dass vor allem die Spielarten von Finanzierungsrechnun­ gen häufig auch von externen Adressaten im Rahmen der Rechnungslegungsanaly­ se verwendet werden, um einen detaillierteren Einblick in die Finanzlage der Kapi­ talgesellschaft zu erhalten. Dies gilt vor allen Dingen für Cash Flow Analysen und Kapitalflussrechnungen. Der durch Jahresabschluss und/oder Lagebericht induzierte jährliche Informati­ onsfluss ist insbesondere bei börsennotierten Kapitalgesellschaften durch unterjäh­ rige Publikationsinstrumente, wie z. B. Halbjahres- und Quartalsberichte,³⁸⁵ Aktio­ närsbriefe, Ad hoc-Publizität und sonstige Medienmitteilungen zu ergänzen. Beson­ dere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Zwischenberichten zu, die

385 Vgl. DCGK 2020, Grundsatz 21, F. 3.

A. Überblick und Systematisierung

|

267

gemäß § 115 Abs. 1 WpHG von Emittenten, die Aktien oder Schuldtitel im Sinne des § 2 Abs. 1 WpHG ausgeben, für die ersten sechs Monate eines jeden Geschäftsjahres in Gestalt von Halbjahresfinanzberichten erstellt werden müssen.³⁸⁶ Darüber hinaus unterliegen Emittenten von Finanzinstrumenten, die zum Handel an einen inländisch organisierten Markt zugelassen sind oder für die eine solche Zulassung beantragt wur­ de, der sog. Ad hoc-Publizität. So müssen diese Insiderinformationen, die sie unmit­ telbar betreffen, unverzüglich veröffentlichen (Art. 1 i. V. m. Art. 7 MMVO). Abbildung 94 gibt einen Überblick über bedeutende Rechnungsinstrumente, die auf die Vermittlung erweiterter Informationen über Bilanz, Gewinn- und Verlustrech­ nung, Anhang und Lagebericht hinaus abstellen. Dabei wird einerseits in Instrumente unterschieden, die üblicherweise als jährliche Ergänzung im Rahmen von Jahresab­ schluss und Lagebericht freiwillig oder zwingend erstellt werden (jährliche Instru­ mente), und andererseits in Instrumente, die zwischen den Erstellungszeitpunkten für den Jahresabschluss und den Lagebericht zu fertigen sind (unterjährliche Instru­ mente).

Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

jährliche Instrumente

unterjährliche Instrumente

Zwischenberichterstattung

Finanzierungsrechnungen

Bewegungsbilanzen

Segmentberichterstattung

Eigenkapitalspiegel

Kapitalflussrechnung

Ad hoc-Publizität

Corporate Governance Bericht

Nachhaltigkeitsberichterstattung

Cash Flow-Rechnungen

Abb. 94: Zentrale jährliche und unterjährliche Rechnungslegungsinstrumente.

386 Vgl. Freidank/Meuthen 2022 Teil 2, Gliederungspunkt V.E.; Teil 3, Gliederungspunkt IV.I.

268 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

B. Finanzierungsrechnungen 1. Bewegungsbilanzen Bewegungs- oder Veränderungsbilanzen zielen darauf ab, durch Gegenüberstellung der aus zwei aufeinander folgenden Handelsbilanzen abgeleiteten Veränderungen der Aktiv- und Passivseite Aussagen über die bilanzielle Mittelherkunft und Mit­ telverwendung des Unternehmens im abgelaufenen Geschäftsjahr abzuleiten. Dabei werden Zunahmen der Bilanzposten der Passivseite als Eigen- und/oder Fremdfi­ nanzierungen (Mittelherkunft) bzw. Abnahmen der Bilanzposten der Passivseite als Definanzierungen (Mittelverwendung) interpretiert. Demgegenüber werden Zunah­ men der Bilanzposten der Aktivseite als Brutto-Investitionen (Mittelverwendung) und Abnahmen der Bilanzposten der Passivseite als Deinvestitionen (Mittelher­ kunft) bezeichnet. Prinzipiell ist eine Bewegungsbilanz auf die Analyse der bilan­ ziellen Bestandsveränderungen ausgerichtet, die im Ergebnis Informationen über die Entwicklung der Finanz- und Investitionslage des Unternehmens geben soll. Während Passivzunahmen und Aktivabnahmen im Einzelnen zeigen, aus welchen Quellen die Mittelerhöhungen der Periode resultieren (Eigen-, Fremdfinanzierung, erfolgsneutrale und erfolgswirksame Reduzierungen von Vermögenswerten), signa­ lisieren Aktivzunahmen und Passivabnahmen, wie die aufgebrachten und erwirt­ schafteten Mittel im letzten Geschäftsjahr verwendet wurden (Brutto-Investitionen in Vermögenswerte, Aufbau des Forderungsbestandes, Schuldentilgung, Senkung des Eigenkapitals). Da bilanzielle Mittelherkünfte sich in Form von bilanziellen Mittel­ verwendungen niederschlagen, führt auch eine Bewegungsbilanz stets zur Summen­ gleichheit. Abbildung 95 gibt einen Überblick über die grundlegende Struktur einer Bewegungsbilanz.

Mittelverwendung

Mittelherkunft

Zunahmen der Bilanzposten der Aktivseite (Bruttoinvestitionen) Abnahmen der Bilanzposten der Passivseite (Definanzierung)

Zunahmen der Bilanzposten der Passivseite (Eigen- und Fremdfinanzierung) Abnahmen der Bilanzposten der Aktivseite (Vermögensabbau einschließlich Abschreibungen) Summe Bestandsveränderungen

Summe Bestandsveränderungen Abb. 95: Aufbau einer Bewegungsbilanz.

B. Finanzierungsrechnungen | 269

Im Grundsatz sollen Bewegungsbilanzen den Adressaten in komprimierter Form folgende Erkenntnisse über die finanzwirtschaftliche Unternehmensentwicklung liefern:³⁸⁷ – Informationen über zeitraumbezogene Veränderungen der Liquidität; – Verdeutlichung der Finanz- und Investitionspolitik während des Geschäfts­ jahrs; – Darstellung der Änderungen von Bilanz- und Finanzstruktur. Allerdings wird die Verwendbarkeit der Bewegungsbilanz als Instrument zur externen Analyse der Finanzlage durch folgende Mängel erheblich eingeschränkt:³⁸⁸ – Es wird keine Abgrenzung der postenorientierten Bestandsveränderungen nach Maßgabe ihrer Liquiditätswirksamkeit vorgenommen. So werden etwa auch Be­ wertungsmaßnahmen in die Analyse der Mittelherkünfte und Mittelverwendun­ gen einbezogen, die nicht auf Finanzmittelvariationen basieren. – Durch die grundsätzliche Analyse der Netto-Veränderungen der einzelnen Bi­ lanzposten während des abgelaufenen Geschäftsjahres kommen die Variationen durch einzelne Geschäftsvorfälle nur unzureichend zum Ausdruck. Folglich wer­ den die gesamten finanziellen Bewegungen innerhalb der Rechnungsperiode nicht in die Betrachtung einbezogen. – Schließlich nimmt die Bewegungsbilanz auch Veränderungen von Bilanzposten auf, die weder auf liquiditäts- noch auf erfolgswirksamen Geschäftsvorfällen beruhen. So werden bestimmte Vorgänge sowohl als Mittel zu- als auch als Mittel­ abfluss in gleicher Höhe ausgewiesen, obwohl hiermit keine Liquiditätswirksam­ keit verbunden ist. Der Nachteil einer solchen Aufblähung der Bewegungsbilanz ist jedoch gering, da sich die Auswirkungen derartiger Konstellation im Ergebnis ausgleichen.³⁸⁹ Beispiel:³⁹⁰ Die verkürzten Handelsbilanzen der Geschäftsjahre t1 und t2 sowie die verkürzte GuV des Ge­ schäftsjahres t2 einer Aktiengesellschaft weisen die in Abbildung 96 und 97 gezeigten Bilder auf. Abbildung 98 verdeutlicht die Ableitung der Grundstruktur einer nach dem Nettoprinzip erstellten Bewegungsbilanz aus den angeführten beiden Handelsbilanzen für das Geschäftsjahr t2.

387 Vgl. Lachnit 1993, Sp. 184–189. 388 Vgl. Küting/Weber 2015, S. 189–190. 389 So wird etwa die Aufnahme eines Bankkredites zum Zwecke des Kaufs einer maschinellen An­ lage sowohl in Form einer Passivzunahme (Mittelherkunft) als auch in Gestalt einer Aktivzunahme (Mittelverwendung) ausgewiesen. 390 Das Beispiel, das im weiteren Verlauf noch zur Ableitung einer Kapitalflussrechnung verwendet wird, wurde modifiziert entnommen von Mansch et al. 1995, S. 199–203.

270 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Bilanzposten in T€

Gj. t1

Veränderungen

Gj. t2

Aktiva A. Anlagevermögen: I. Sachanlagen II. Finanzanlagen

5.800 1.200

−100 300

5.700 1.500

7.000

200

7.200

2.000

200

2.200

7.000 5.000

300 −500

7.300 4.500

14.000 3.000 1.000

0 500 −100

14.000 3.500 900

4.000

400

4.400

25.000

600

25.600

900 2.600 2.700 700

100 100 −100 −200

1.000 2.700 2.600 500

6.900 8.000

−100 1.000

6.800 9.000

100 4.500 2.500

−100 −400 100

0 4.100 2.600

3.000 (30) (100)

100 (10) (-50)

3.100 (40) (50)

B. Umlaufvermögen I. Vorräte II. Forderungen 1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 2. Sonstige Vermögensgegenstände III. Wertpapiere IV. Flüssige Mittel

Bilanzsumme Passiva A. Eigenkapital: I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage III. Gewinnrücklagen IV. Bilanzgewinn B. Rückstellungen: C. Verbindlichkeiten: 1. Anleihen 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 3. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen 4. Sonstige Verbindlichkeiten (davon – Zinsen – Steuern)

Bilanzsumme

18.100

700

18.800

25.000

600

25.600

Abb. 96: Verkürzte Handelsbilanzen der Geschäftsjahre t1 und t2.

B. Finanzierungsrechnungen | 271

Posten der Gewinn- und Verlustrechnung 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 14.

in T €

Umsatzerlöse Erhöhung des Bestands an fertigen Erzeugnissen Andere aktivierte Eigenleistungen Sonstige betriebliche Erträge Materialaufwand Personalaufwand Abschreibungen auf Sachanlagen Sonstige betriebliche Aufwendungen Erträge aus Beteiligungen Zinsaufwendungen Zinserträge Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

28.200 200 200 400 −12.500 −12.000 −1.500 −2.400 100 −500 400 −200

17.

Jahresüberschuss

400

18.

Entnahmen aus Gewinnrücklagen

100

19.

Bilanzgewinn

500

Abb. 97: Verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung des Geschäftsjahres t2. Mittelverwendung AKTIVZUNAHMEN (Brutto-Investitionen und Vermö­ gensaufbau) A. Anlagevermögen: II. Finanzanlagen B. Umlaufvermögen: I. Vorräte II. Forderungen 1. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen III. Wertpapiere

in T€

Summe Bestandsveränderungen

in T€

PASSIVZUNAHMEN (Eigen- und Fremdfinanzierung)

300 200 300 500

PASSIVABNAHMEN (Definanzierung) A. Eigenkapital: III. Gewinnrücklagen IV. Bilanzgewinn C. Verbindlichkeiten: 1. Anleihen 2. Verbindlichkeiten gegen­ über Kreditinstituten

Mittelherkunft

100 200 100 400 2.100

A. Eigenkapital: I. Gezeichnetes Kapital II. Kapitalrücklage B. Rückstellungen: C. Verbindlichkeiten: 3. Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen 4. Sonstige Verbindlichkeiten AKTIVABNAHMEN (Deinvestitionen einschließlich Ab­ schreibungen und Vermögensabbau) A. Anlagevermögen: I. Sachanlagen B. Umlaufvermögen: II. Forderungen 2. Sonstige Vermögensge­ genstände IV. Flüssige Mittel Summe Bestandsveränderungen

Abb. 98: Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2.

100 100 1.000 100 100

100

500 100 2.100

272 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Im Hinblick auf eine nähere Analyse der Liquiditätslage des Unternehmens bietet es sich an, die Mittelherkünfte weiter nach Verfügungs- und Bindungsdauer zu glie­ dern, womit die Möglichkeit besteht, Variationen zwischen den Fristigkeitsgruppen als Liquiditätsänderungen zu interpretieren. Bei dieser Analyse soll untersucht werden, ob das Prinzip der fristenkongruenten Finanzierung eingehalten wurde. Abbildung 99³⁹¹ zeigt die nach Fristigkeitsgesichtspunkten unter Zugrundelegung des Bruttoprinzips umgegliederte Bewegungsbilanz. Die Darstellung verdeutlicht, dass in der abgelaufenen Rechnungsperiode annähernd ein Fristengleichgewicht zwischen Herkünften und Verwendungen bestanden hat. Darüber hinaus konnten in einer Größenordnung von 200 T€ längerfristige Finanzmittel für kurzfristige Ver­ wendungen eingesetzt werden. Hiermit hat sich die Liquiditätslage, gemessen in den Veränderungen von Vermögen und Kapital, im vergangenen Geschäftsjahr verbessert. Mittelverwendung

in T€

Mittelherkunft

1. Mittel- und langfristige Verwendungen und Herkünfte Zunahme Sachanlagen 1.400 Abschreibungen auf Sachanlagen Zunahme Finanzanlagen 300 Zunahme gezeichnetes Kapital Abnahme Gewinnrücklagen 100 Zunahme Kapitalrücklage Dividendenzahlungen (Bilanzgewinn t1) 700 Bilanzgewinn t2 Abnahme Anleihen 100 Zunahme Rückstellungen Abnahme Verbindlichkeiten gegen­ 400 über Kreditinstituten Mittel- und langfristige Verwendungen

3.000

Mittel- und langfristige Herkünfte

in T€ 1.500 100 100 500 1.000

3.200

2. Kurzfristige Verwendungen und Herkünfte Zunahmen Vorräte Zunahme Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Zunahme Wertpapiere

200 300 500

Abnahme sonstige Vermögensgegenstände Abnahme Flüssige Mittel Zunahme Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Zunahme sonstige Verbindlichkeiten

500 100 100 100

Kurzfristige Verwendungen

1.000

Kurzfristige Herkünfte

800

Summe Mittelverwendung

4.000

Summe Mittelherkunft

4.000

Abb. 99: Nach Fristigkeitsgraden gegliederte Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2.

Darüber hinaus ist es möglich, die Bewegungsbilanz derart zu strukturieren, dass die Quellen, aus denen die Finanzmittel beschafft wurden, und die Schwerpunk­ te der Mittelverwendung sichtbar werden. Für die Unterteilung der Mittelherkünfte bietet sich eine Gliederung nach den Finanzierungsarten an (z. B. Eigen-, Fremdfi­

391 Vgl. Lachnit 1993, Sp. 186.

B. Finanzierungsrechnungen | 273

nanzierung, Finanzierung aus Umsatz oder Vermögensabbau). Im Hinblick auf den Verwendungsbereich empfiehlt sich eine Gliederung nach Maßgabe des Anlage-, Um­ laufvermögens einerseits und des Eigen- und Fremdkapitals andererseits. Abbil­ dung 100 zeigt die zum Zwecke einer Analyse der Finanzpolitik des Unternehmens nach Maßgabe des Bruttoprinzips umgegliederte Bewegungsbilanz. Hier kommt zum Ausdruck, dass die beträchtlichen Investitionen im Anlagevermögen (1.700 T€) und die umfangreichen Aufstockungen des Umlaufvermögens (1.000 T€) vollständig durch selbst erwirtschaftete Finanzmittel in Gestalt des Cash Flow (2.900 T€) gedeckt werden.³⁹² Mittelverwendung A. Investitionen: 1. Zunahme Sachanlagen 1.400 2. Zunahme Finanzanlagen 300 B. Betriebsmittelerhöhungen: 1. Zunahme Vorräte 200 2. Zunahme Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 300 3. Zunahme Wertpapiere 500 C. Abnahme Gewinnrücklagen: D. Dividendenzahlungen (Bilanzgewinn t1): E. Fremdkapitaltilgung: 1. Abnahme Anleihen 100 2. Abnahme Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 400

Summe Mittelverwendung

in T€

1.700

1.000 100 700

500

4.000

Mittelherkunft A. Selbst erwirtschaftete Finanzmittel: 1. Jahresüberschuss 400 2. Abschreibungen auf Sachanlagen 1.500 3. Zunahme Rückstellungen 1.000 B. Desinvestition: 1. Abnahme sonstige Vermö­ gensgegenstände C. Abnahme Flüssige Mittel: D. Eigenfinanzierung: 1. Zunahme gezeichnetes Kapital 100 2. Zunahme Kapitalrücklage 100 3. Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen 100 E. Fremdfinanzierung: 1. Zunahme Verbindlichkei­ ten aus Lieferungen und Leistungen 100 2. Zunahme sonstige Verbindlichkeiten 100 Summe Mittelherkunft

in T€

2.900

500 100

300

200 4.000

Abb. 100: Nach Arten der finanziellen Quellen und Verwendungen gegliederte Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2.

Im Rahmen der Mittelherkünfte spielte die Eigen- und Fremdfinanzierung mit insge­ samt 500 T€ im abgelaufenen Geschäftsjahr lediglich eine untergeordnete Rolle. Dar­ über hinaus war das Unternehmen im Hinblick auf die Mittelverwendung in der Lage, neben Dividendenzahlungen an die Aktionäre für das Geschäftsjahr t1 in Höhe von

392 Vgl. Lachnit 1993, Sp. 187–189. Vgl. zum Begriff und zu den unterschiedlichen Arten des Cash Flow Teil 3, Gliederungspunkt IV.B.2.a.

274 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

700 T€ Tilgungen des langfristigen Fremdkapitals im Umfange von 500 T€ vorzuneh­ men. Schließlich kann die Bewegungsbilanz dazu eingesetzt werden, die Änderun­ gen der Bilanz- und Finanzstruktur in der vergangenen Rechnungsperiode näher zu analysieren. Zu diesem Zwecke ist die Bewegungsbilanz dergestalt umzugliedern, dass die Möglichkeit besteht, Aussagen über die Veränderung der Zusammenset­ zung von Vermögen und Kapital im jeweiligen Betrachtungszeitraum vornehmen zu können.³⁹³ Abbildung 101 verdeutlicht eine derartige Umgestaltung der Bewe­ gungsbilanz nach den Beständeschichten Anlage-, Umlaufvermögen sowie Eigenund Fremdkapital unter Zugrundelegung des Bruttoprinzips. Im Fremdkapitalbe­ reich fällt die elementare Nettoaufstockung von 700 T€ ins Auge, die im Wesentlichen durch die Zunahme der Rückstellungsbildung im Umfange von 1.000 T€ bedingt ist. Beim Eigenkapitalbereich sind Mittelherkünfte und Mittelverwendungen bis auf eine Differenz von 100 T€ nahezu ausgeglichen. Die Investitionen im Sachanlagevermö­ gen (1.400 T€) haben hingegen nicht ausgereicht, um die in Form von Abschreibungen

Mittelverwendung A. Aktivzunahmen: I. Anlagevermögen 1. Sachanlagen (Investition) 1.400 2. Finanzanlage (Investition) 300 II. Umlaufvermögen 1. Vorräte 200 2. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen 300 3. Wertpapiere 500 B. Passivabnahmen: I. Eigenkapital 1. Gewinnrücklagen 100 2. Dividendenzahlungen (Bilanzgewinn t1) 700 II. Fremdkapital 1. Anleihen 100 2. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten 400 Summe Mittelverwendung

in T€

1.700

1.000

800

Mittelherkunft B. Aktivabnahmen: I. Anlagevermögen 1. Sachanlagen (Abschreibungen) 1.500 II. Umlaufvermögen 1. Sonstige Vermögens­ gegenstände 500 2. Flüssige Mittel 100 B. Passivzunahme: I. Eigenkapital 1. Gezeichnetes Kapital 100 2. Kapitalrücklage 100 3. Bilanzgewinn t2 500 II. Fremdkapital 1. Rückstellungen 1.000 2. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und 100 Leistungen 3. Sonstige Verbindlich­ keiten 100

1.200

Summe Mittelherkunft

4.000

1.500

600

700

500 4.000

Abb. 101: Nach Beständeschichten gegliederte Bewegungsbilanz für das Geschäftsjahr t2.

393 Vgl. Lachnit 1993, Sp. 188–189.

in T€

B. Finanzierungsrechnungen | 275

als Mittelherkünfte interpretierten Wertminderungen (1.500 T€) zu kompensieren, so dass die im Ergebnis zu verzeichnende Ausweitung des Anlagevermögens (200 T€) auf Investitionen in Finanzanlagen basiert. Das Umlaufvermögen ist durch einen beträchtlichen Bestandsaufbau gekennzeichnet, wobei auffällt, dass sich die Liquidi­ tätslage durch die Abnahme der flüssigen Mittel um 100 T€ geringfügig verschlechtert hat.

2. Kapitalflussrechnung a. Cash Flow-Begriff Im Grundsatz wird der Cash Flow als Überschuss der betrieblichen Einzahlungen über die betrieblichen Auszahlungen einer Rechnungsperiode definiert. Hieraus folgt, dass diese Finanzierungskennzahl einerseits einen Indikator zur Beurteilung der Zahlungsfähigkeit (Innenfinanzierungskraft) und damit des dynamischen Schul­ dendeckungspotenzials des Unternehmens liefert. Andererseits stellt der Cash Flow aber auch eine Erfolgskennzahl dar, da hierdurch angezeigt wird, welchen Umfang das unmittelbar für Investitionen sowie den Fremd- und Eigenkapitaldienst (Zin­ sen, Tilgungen und Ausschüttungen) verwendbare, aus der laufenden (operativen) Tätigkeit des Unternehmens resultierende Ergebnis annimmt. Wie Abbildung 102 verdeutlicht, lassen sich aus diesen Verwendungsmöglichkeiten des Cash Flow die Begriffe Operativer Cash Flow, Brutto Cash Flow und Netto Cash Flow ableiten.

betriebliche Auszahlungen

Ersatzinvestitionen betriebliche Einzahlungen

operativer Cash Flow

Erweiterungsinvestitionen

Brutto Cash Flow

Eigen- und Fremdkapitalrückzahlungen

Netto Cash Flow

Abb. 102: Definitionen des Cash Flow.

Ausschüttung

276 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Zur Ermittlung des operativen Cash Flow bestehen zwei grundsätzliche Möglich­ keiten. Während bei der direkten Methode Einzahlungen, die in der Periode gleich­ zeitig zu Erträgen geführt haben, und Auszahlungen, die den Aufwendungen der Peri­ ode entsprechen, gegenübergestellt werden, leitet die indirekte Methode den opera­ tiven Cash Flow aus dem Jahresergebnis der externen Rechnungslegung ab, indem dieses zunächst um solche Komponenten korrigiert wird, die nicht zahlungswirk­ sam sind (z. B. Ab- und Zuschreibungen sowie Rückstellungsveränderungen). Ferner sind in die Überleitungsrechnung Bestandsveränderungen bei Posten des Nettoum­ laufvermögens (z. B. Vorratsvermögen und Forderungen sowie Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen) korrigierend einzubeziehen, die nicht die Investitions­ tätigkeit (z. B. Auszahlungen für Investitionen in das Anlagevermögen) oder die Fi­ nanzierungstätigkeit (z. B. Einzahlungen aus Kapitalerhöhungen) betreffen. Da die direkte Ermittlung des Cash Flow sehr aufwändig ist und keine unmittelbare Verbin­ dung zum Jahresabschluss herstellt, wird im Rahmen der externen Rechnungslegung die indirekte Methode bevorzugt. Abbildung 103 zeigt zusammenfassend die einzel­ nen Schritte zur Überleitung des Jahresergebnisses zum operativen Cash Flow einer Rechnungsperiode.³⁹⁴

1. 2. 3. 4. 5.

± ± ± ∓

6.

±

7. 8. 9. 10.

∓ ± − ±

11. 12.

± +

13.



14.



Periodenergebnis (Jahresüberschuss/-fehlbetrag) Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens Zunahme/Abnahme der Rückstellungen Sonstige zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge Zunahme/Abnahme der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Aktiva, die nicht der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Passiva, die nicht der Investitions- oder der Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind Gewinn/Verlust aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens Zinsaufwendungen/Zinserträge Sonstige Beteiligungserträge Aufwendungen/Erträge von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung Ertragsteueraufwand/-ertrag Einzahlungen im Zusammenhang mit Erträgen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung Auszahlungen im Zusammenhang mit Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder außergewöhnlicher Bedeutung Ertragsteuerzahlungen

15.

=

Cashflow aus der laufenden Geschäftstätigkeit (operativ)

Abb. 103: Überleitungsschema zur indirekten Ermittlung des Cash Flow nach DRS 21.

394 Entnommen aus DRS 21, Rz. 40.

B. Finanzierungsrechnungen | 277

b. Aufbau und Einsatz Die Zielsetzung der Kapitalflussrechnung besteht darin, den Adressaten der Rech­ nungslegung finanzielle Informationen zu vermitteln, die dem Jahresabschluss und den Lagebericht nicht oder nur mittelbar entnommen werden können. Insbesondere wird beabsichtigt, externe Stakeholder durch die differenzierte Darstellung von Zah­ lungsgrößen in die Lage zu versetzen, sich über die Möglichkeiten des Unterneh­ mens ein Bild zu verschaffen, Zahlungsüberschüsse zu erwirtschaften, Investitio­ nen zu tätigen, Schulden zu tilgen, Ausschüttungen herzustellen und kreditwür­ dig zu bleiben. Darüber hinaus sollen Unterschiede zwischen dem Jahresergebnis und Zahlungsvorgängen, die diesem zugrunde liegen, erklärt sowie Auskunft über Auswir­ kungen von zahlungswirksamen und zahlungsunwirksamen Investitions- und Finanzierungsvorgängen auf die Finanzlage des Unternehmens gegeben werden. Obwohl die Kapitalflussrechnung im Kontext der externen Rechnungslegung vergan­ genheitsorientierten Charakter trägt, kann sie aber auch auf Planbasis zur internen Liquiditäts-, Investitions- und Finanzierungssteuerung eingesetzt werden. Interne Jahresabschlussplanungen, die grundsätzlich externen Stakeholdern nicht zugänglich sind, sollen den Führungsinstanzen vor allem Informationen zu Planung und Steuerung der Vermögens-, Finanz- und Erfolgsstruktur sowie der Gewinnausschüttung, der Steuerbelastung und des Unternehmenswerts liefern. Sie haben häufig mit den nach handels-, steuerrechtlichen oder internationalen Rege­ lungen erstellten Jahresabschlüsse lediglich die Gliederungslogik gemeinsam und folgen bezüglich Ansatz, Bewertung und Ausweis der einzelnen Posten anderen Nor­ men, denen entweder bereits abgeschlossene Verträge oder Prognosen über die Un­ ternehmensentwicklung zugrunde liegen. Hierdurch besteht die Möglichkeit, die Kapitalflussrechnung nach dem Konzept des Management Approach³⁹⁵ sowohl für die interne Finanzplanung und -steuerung als auch für die externe Berichterstattung zu nutzen. Allerdings sollte darauf geach­ tet werden, dass der Aufbau der Kapitalflussrechnung nach identischen, anerkann­ ten Methoden³⁹⁶ erfolgt, um die erforderliche Konvergenz der Management-Informa­ tionssysteme sicherzustellen. Die Abbildung 104³⁹⁷ zeigt die grundlegenden Verbindungslinien zwischen der Kapitalflussrechnung, der Bilanz sowie der Gewinn- und Verlustrechnung auf. Im Handelsrecht sind, wie bereits ausgeführt, keine Vorgaben zu den Inhalten bzw. zur Strukturierung der Kapitalflussrechnung zu finden. Vor diesem Hintergrund bietet sich ein Rückgriff auf DRS 21 an, der zwar lediglich für den handelsrechtlichen Konzernabschluss eine Bindungswirkung entfaltet, jedoch auch auf Einzelabschluss­ ebene empfohlen wird.

395 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV.A. 396 Vgl. etwa DRS 21 und IAS 7. 397 In Anlehnung an Coenenberg et al. 2021, S. 823.

278 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Finanzlage

Vermögenslage

Ertragslage

Kapitalflussrechnung

Bilanz

Gewinn- und Verlustrechnung

Zahlungsgrößen

Bestandsgrößen

Erfolgsgrößen

liquide Mittel (Beginn des Gj.) + Cash Flow

Anlagevermögen Umlaufvermögen

= liquide Mittel (Ende des Gj.)

– davon liquide Mittel

Eigenkapital – davon Jahresergebnis Fremdkapital

Erträge – Aufwendungen = Jahresergebnis (Jahresüberschuss/-fehlbetrag)

Abb. 104: Zusammenhänge zwischen Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Kapitalflussrech­ nung.

Laut DRS 21 sind die Zahlungsstrome getrennt nach den Cash Flows aus der lau­ fenden Geschäftstätigkeit, aus der Investitionstätigkeit (einschließlich Deinves­ titionen) und aus der Finanzierungstätigkeit darzustellen.³⁹⁸ Wie Abbildung 105 zeigt, muss die Summe der Cash Flows aus diesen drei Tätigkeitsbereichen unter zu­ sätzlicher Berücksichtigung der wechselkursbedingten und sonstigen Wertände­ rungen der Fondsbestände der Variation des Finanzmittelfonds in der Berichtsperi­ ode entsprechen. Von entscheidender Bedeutung für die Aussagekraft und Interpre­ tierbarkeit einer Kapitalflussrechnung ist die Abgrenzung des Finanzmittelfonds. Dieser stellt die Zusammenfassung mehrerer Bilanzposten zu einer buchhalterischen Einheit dar, für den Änderungen infolge von Zu- und Abflüssen in der Kapitalflussrech­ nung beschrieben werden sollen. Nach DRS 21 sind nur Zahlungsmittel und Zah­ lungsmittel-Äquivalente in den Finanzmittelfonds einzubeziehen.³⁹⁹ Zum Finanz­ mittelfonds gehören somit zunächst die liquiden Mittel i. S. v. § 266 Abs. 2 Posten B.IV. HGB, also Kassenbestände, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstitu­ ten und Schecks. Diese Bestände sind nur geringfügigen Einlösungsrisiken ausge­ setzt, weisen eine kurzfristige Veräußerbarkeit auf oder haben eine Restlaufzeit von maximal drei Monaten. Die angeführten Bilanzposten sollten deshalb nur dann in den Finanzmittelfonds einbezogen werden, wenn sie dazu dienen, kurzfristigen Zah­ lungsverpflichtungen nachzukommen und nicht als Finanzinvestitionen gehalten werden. Unter Beachtung des Stetigkeitsgrundsatzes besteht die Möglichkeit, weite­ re Posten (z. B. kurzfristig veräußerbare Wertpapiere) in den Fonds zu integrieren. Auch jederzeit fällige Bankverbindlichkeiten können in Abweichung vom Brutto­ prinzip, mit einem negativen Vorzeichen versehen, in den Finanzmittelfonds einbe­ zogen werden. In derartigen Fällen werden gesonderte Informationen über die Zu­ sammensetzung des Finanzmittelfonds im Anhang erforderlich. Für die Ableitung der Mittelzuflüsse/-abflüsse aus laufender Geschäftstätigkeit besteht innerhalb der Kapitalflussrechnung ein Wahlrecht zwischen der direkten 398 Vgl. DRS 21, Rz. 40–55. 399 Vgl. DRS 21, Rz. 13 i. V. m. Rz. 33.

B. Finanzierungsrechnungen | 279

und der indirekten Methode, wobei Letzterer aufgrund ihrer Verbindung zum Jah­ resabschluss und der einfacheren Erstellung der Vorzug gegeben wird. Hierbei ist zu beachten, dass im Rahmen der in Abbildung 105 dargestellten Überleitungsrechnung die Cash Flows aus Investitions- und Finanzierungstätigkeit nach der direkten Metho­ de zu ermitteln sind. 1. 2. 3. 4.

8.

Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag ± Abschreibungen/Zuschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens ± Veränderung der Rückstellungen ± Veränderung der sonstigen zahlungsunwirksamen Aufwendungen/Erträge (z. B. Erträge aus der Auflösung passivierter Investitionszuschüsse, Abschreibungen auf Wertpapiere des Umlaufvermögens und auf ein aktiviertes Disagio) ∓ Veränderungen aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens ∓ Veränderung der Vorräte, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Ak­ tiva, die nicht der Investitions- und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind (z. B. geleistete Anzahlungen für Vorräte, sonstige Vermögensgegenstände, aktive Rechnungsabgrenzungs­ posten) ± Veränderungen der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen sowie anderer Pas­ siva, die nicht der Investitions- und Finanzierungstätigkeit zuzuordnen sind (z. B. erhaltene Anzahlungen für Warenlieferungen, sonstige Verbindlichkeiten, passive Rechnungsabgren­ zungsposten) ± Aufwendungen/Erträge aus außerordentlichen Posten

9.

= Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit (operativer Cash Flow)

5. 6.

7.

10.

Einzahlungen aus Abgängen (z. B. Verkaufserlöse, Tilgungsbeträge) von Gegenständen des Anlagevermögens (Restbuchwerte der Abgänge erhöht um Gewinne und vermindert um Ver­ luste aus dem Anlagenabgang) 11. − Auszahlungen für Investitionen in das Anlagevermögen 12. = Cash Flow aus der Investitionstätigkeit 13. Einzahlungen aus Kapitalerhöhungen und Zuschüssen der Gesellschafter 14. − Auszahlungen an Gesellschafter (Dividenden, Kapitalrückzahlungen, andere Ausschüttungen) 15. + Einzahlungen aus der Begebung von Anleihen und aus der Aufnahme von (Finanz-)Krediten 16. − Auszahlungen für die Tilgung von Anleihen und (Finanz-)Krediten 17. = Cash Flow aus der Finanzierungstätigkeit 18. Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmitttelfonds (Summe der Zeilen 9., 12. und 17.) 19. ± Wechselkursbedingte und sonstige Wertveränderungen des Finanzmittelfonds 20. + Finanzmittelfonds am Anfang der Periode 21. = Finanzmittelfonds am Ende der Periode Abb. 105: Vereinfachte Struktur einer Kapitalflussrechnung bei indirekter Berechnung der Cash Flows aus laufender Geschäftstätigkeit nach DRS 21.

Wie die indirekte Ermittlung des operativen Cash Flow (Zeile 9.) in Abbildung 105 zeigt, wird bei der Überleitungsmethode die Ausgangsgröße Jahresergebnis in Ge­ stalt einer Rückrechnung um zahlungsunwirksame Erfolgsgrößen korrigiert sowie um fondswirksame, nicht in der Erfolgsrechnung sowie im Investitions- und Finan­

280 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

zierungsbereich erfasste Vorgänge ergänzt. Um zum Cash Flow aus der Investiti­ onstätigkeit (Zeile 12.) zu gelangen, bedarf es anschließend der Berücksichtigung von Einzahlungen aus dem Abgang von immateriellen Vermögensgütern, Sach- und Finanzanlagen, sofern diese fondswirksamen Charakter tragen. Korrespondierend zu dieser Vorgehensweise müssen Auszahlungen für Investitionen in das Anlage­ vermögen abgezogen werden, wenn sie den Finanzmittelfonds verändert haben. Der Cash Flow aus der Finanzierungstätigkeit (Zeile 17.) ergibt sich, wenn Einund Auszahlungen erfasst werden, welche fondsbezogene Veränderungen des Eigenund Fremdkapitals betreffen, die nicht bereits innerhalb des Bereichs der laufenden Geschäftstätigkeit berücksichtigt wurden. Den Abschluss der Kapitalflussrechnung bildet die Finanzmittelnachweisrech­ nung, die als Bestandsrechnung die Entwicklung der Finanzmittelfonds einer Rech­ nungsperiode dokumentiert. Zunächst wird durch Zeile 18. „Zahlungswirksame Ver­ änderung des Finanzmittelfonds“ gezeigt, aus welchen Quellen die Zu- und Abflüsse der Periode stammen (laufende Geschäfts-, Investitions- und Finanzierungstätigkeit). Innerhalb einer Periode kann der Finanzmittelbestand jedoch auch in Folge von Änderungen der Umrechnungskurse (Finanzmittelfonds beinhaltet Fremdwäh­ rungsposten) oder in Folge von Wertänderungen (Finanzmittelfonds beinhaltet z. B. Wertpapiere) (Zeile 19.) zahlungsunwirksam variieren. Aufgrund der fehlenden Zahlungswirksamkeit sind derartige umrechnungs- und wertbedingte Bestands­ veränderungen folgerichtig im Finanzmittelnachweis zu korrigieren. Die Finanzmit­ telnachweisrechnung schließt mit dem Finanzmittelfonds am Ende der Periode (Zeile 21.) ab. Im Ergebnis ergänzt die Kapitalflussrechnung die vom Jahresabschluss und La­ gebericht gegebenen Informationen zur Finanzlage des Unternehmens, indem sie die erfolgswirtschaftlichen Kennzahlen (z. B. das Jahresergebnis) in eine finanzwirt­ schaftliche Darstellung (z. B. Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit) transfor­ miert. Sie soll nicht nur Aussagen über die Innenfinanzierungskraft und damit über die Herkunft finanzieller Mittel treffen, sondern darüber hinaus externen Adressaten Informationen über Außenfinanzierungsvorgänge und die Verwendung finanziel­ ler Mittel liefern, da sie den gesamten Saldo des Finanzmittelfonds einer Periode erfasst und erklärt. Beispiel: Auf Basis der im vorstehenden Beispiel verwendeten verkürzten Handelsbilanzen der Geschäftsjahre t1 und t2 sowie der verkürzten GuV des Geschäftsjahres t2 einer AG ist im Folgen­ den in Abbildung 106 eine Kapitalflussrechnung erstellt worden. Dabei wurde angenommen, dass sich Ertragsaufwand und Ertragssteuerzahlungen des Geschäftsjahres t2 entsprechen. Der Finanz­ mittelfonds setzt sich aus Wertpapieren und flüssigen Mitteln zusammen. Neben den allgemeinen Daten aus dem Jahresabschluss ist zu berücksichtigen, dass der zahlungswirksame Verkaufser­ lös aus Abgängen von Gegenständen des Anlagevermögens 150 T€ und der Restbuchwert 100 T€ beträgt.⁴⁰⁰

400 Modifiziert entnommen von Mansch et al. 1995, S. 199–203.

B. Finanzierungsrechnungen |

281

Die in Abbildung 106 dargestellte Kapitalflussrechnung dokumentiert, dass die AG im Geschäfts­ jahr t2 einen positiven Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit in Höhe von 3.050 T€ erwirt­ schaftet hat. Diese finanziellen Mittel wurden in Höhe von 1.550 T€ für Investitionsauszahlungen in das Anlagevermögen und in Höhe von 1.100 T€ für Auszahlungen zum Zwecke von Fremdkapitaltil­ gungen verwandt. Die zahlungswirksame Veränderung des Finanzmittelfonds (400 T€) entspricht dem Jahresüberschuss, der in der nächsten Periode ausgeschüttet werden kann. Darüber hinaus lässt sich die Verwendung des gesamten operativen Cash Flow wie folgt dokumentieren:



Operativer Cash Flow Zahlungsfehlbeträge aus Investitionstätigkeit



3.050 T€ 1.550 T€

= −

Brutto Cash Flow Zahlungsfehlbeträge aus Finanzierungstätigkeit



1.500 T€ 1.100 T€

=

Netto Cash Flow (= Ausschüttung)

=

400 T€.

1. 2. 3. 4. 5.a) 5.b) 5.c) 6.a) 6.b)

Jahresüberschuss Abschreibungen auf Gegenstände des Anlagevermögens Zunahmen der Rückstellungen Gewinn aus dem Abgang von Gegenständen des Anlagevermögens Zunahme der Vorräte Zunahme der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen Abnahme der Sonstigen Forderungen Zunahme der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen Zunahme der Sonstigen Verbindlichkeiten

400 € 1.500 € 1.000 € −50 € −200 € −300 € 500 € 100 € 100 €

7.

Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit

3.050 €

8. 9.a) 9.b)

Einzahlungen aus Abgängen von Gegenständen des Anlagevermögens Auszahlungen für Investitionen in das Sachanlagevermögen Auszahlungen für Investitionen in das Finanzanlagevermögen

150 € −1.400 € −300 €

10.

Cash Flow aus der Investitionstätigkeit

−1.550 €

11. 12. 13.a) 13.b)

Einzahlungen aus Kapitalerhöhungen Auszahlungen an Gesellschafter (Dividende t1) Auszahlungen für die Tilgung von Anleihen Auszahlungen für die Tilgung von (Finanz-)Krediten (Veränderung der Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten)

14.

Cash Flow aus der Finanzierungstätigkeit

15.

17.

Zahlungswirksame Veränderungen des Finanzmitttelfonds (Summe der Zeilen 7., 10. und 14.) Wechselkursbedingte und sonstige Wertveränderungen des Finanzmittelfonds Finanzmittelfonds am Anfang der Periode

18.

Finanzmittelfonds am Ende der Periode a

16.

100 € −700 € −100 € −400 € −1.100 € 400 € – 4.000 €

a

4.400 €

Finanzmittelfonds = Wertpapiere (3.500 €) und flüssige Mittel (900 €).

Abb. 106: Kapitalflussrechnung bei indirekter Berechnung der Cash Flows aus laufender Ge­ schäftstätigkeit für das Geschäftsjahr t2.

282 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente Der Aufbau der handelsrechtlichen Kapitalflussrechnung nach DRS 21 hat sich be­ wusst an IAS 7 angelehnt, der in Abgrenzung zum Handelsrecht nicht nur bei ka­ pitalmarktorientierten Unternehmen berücksichtigt werden muss. Vielmehr ist, wie bereits dargestellt, die Kapitalflussrechnung ein zwingender Bestandteil des IFRSJahresabschlusses gemäß IAS 1.10(d). Aus struktureller Sicht lassen sich keine we­ sentlichen Unterschiede zwischen DRS 21 und IAS 7 feststellen.

C. Eigenkapitalveränderungsrechnung (Eigenkapitalspiegel) Für die Investoren als Primäradressaten kapitalmarktorientierter Unternehmen sind die zeitliche Veränderung des Eigenkapitals und die Darstellung ihrer Ursachen im Laufe der Berichtsperiode von elementarer Bedeutung für das Entscheidungsverhal­ ten. Da mithilfe der Bilanz lediglich die Anfangs- und Schlussbestände des Eigenka­ pitals gezeigt werden, besitzt die Eigenkapitalveränderungsrechnung (Eigenkapital­ spiegel) eine wichtige Ergänzungsfunktion. Als Ursachen einer Eigenkapitalände­ rung können Transaktionen der bzw. mit den Eigentümern, in der laufenden oder früheren Perioden entstandene, aber noch nicht ausgeschüttete Gewinne sowie er­ folgsneutral im Eigenkapital erfasste Bewertungsergebnisse angeführt werden. Die Ei­ genkapitalveränderungsrechnung, welche in Übereinstimmung zur Kapitalflussrech­ nung aus handelsrechtlicher Sicht lediglich bei kapitalmarktorientierten Unterneh­ men im Sinne von § 264d HGB verpflichtend ist (§ 264 Abs. 1 Satz 2 HGB), soll über die Ergebnisverwendung berichten und umfassend über die Darstellung der er­ folgsneutralen Kapitaländerungen informieren, die nicht aus Transaktionen mit den Anteilseignern resultieren. Da der handelsrechtliche Gesetzgeber keine Vorgaben zur Struktur der Eigenkapitalveränderungsrechnung kodifiziert hat, empfiehlt sich der Rückgriff auf DRS 22.⁴⁰¹ Die nachfolgende Abbildung 107 zeigt die vereinfachte Struktur eines Eigenka­ pitalspiegels am Beispiel einer AG.⁴⁰² Hierbei sind die Veränderungen der einzelnen Komponenten des Eigenkapitals (gezeichnetes Kapital, Kapitalrücklage, Gewinnrück­ lagen, Gewinn-/Verlustvortrag, Jahresergebnis) anzugeben, die sich aus der Ausgabe von Anteilen, dem Erwerb bzw. der Einziehung eigener Anteile, gezahlten Dividen­ den oder übrigen Veränderungen ergeben. Bei Bedarf empfiehlt sich ebenfalls eine separate Rücklagenveränderungsrechnung (Rücklagenspiegel), um die Informa­ tionsfunktion der Rechnungslegung zusätzlich zu erhöhen.⁴⁰³ Wie bereits ausgeführt, lehnen sich die DRS stark an die Regelungen der IFRS an, um die Unterschiede zwischen der handelsrechtlichen und internationalen Rech­

401 Vgl. DRS 22, Rz. 10–21 und Rz. 60–61. 402 Vgl. etwa DRS 22, Anlage 1, Rz. 68; Störk/Rimmelspacher 2022, Rz. 112–113 zu § 297 HGB. 403 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.c(c)(δ).

EB 31.12.t2

übrige Veränderungen

gezahlte Dividenden

Erwerb/Einziehung eigener Anteile

Ausgabe von Anteilen

EB 31.12.t1

Gezeichnetes Kapital Stammaktien Vorzugsaktien

Kapital­ rücklage

Gewinn­ rücklagen

Gewinn-/Ver­ lustvortrag

Jahresergebnis Eigenkapital

C. Eigenkapitalveränderungsrechnung (Eigenkapitalspiegel) | 283

Abb. 107: Mögliche Struktur des Eigenkapitalspiegels nach DRS 22.

284 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

nungslegung zu verringern. So greift etwa der DRS 22 auf die entsprechenden Vorga­ ben des IAS 1.106 zurück. Der Eigenkapitalspiegel ist aufgrund der kapitalmarkt­ orientierten Rechnungslegungskonzeption ein zwingender Bestandteil des IFRSAbschlusses [IAS 1.10(c)]. Neben den erfolgsneutralen Eigenkapitalveränderungen durch Transaktionen zwischen Unternehmen und Anteilseignern werden im Rah­ men der IFRS-Rechnungslegung bestimmte Sachverhalte ergebnisneutral als Other Comprehensive Income erfasst. Dies gilt u. a. bei der Neubewertung von Sachan­ lagen nach IAS 16 sowie von immateriellen Vermögenswerten nach IAS 38 über die historischen Kosten hinaus.⁴⁰⁴ Das Fair Presentation-Prinzip erfordert Informationen über sämtliche Veränderungen des Eigenkapitals während einer Berichtsperiode, vor allem über die Unternehmensgesamtleistung. Als Mindestangaben der Eigenkapi­ talveränderungsrechnung werden in IAS 1.106 daher – das Periodengesamtergebnis (erfolgsneutrale und -erfolgswirksame Erträge und Aufwendungen), – die Auswirkungen der gemäß IAS 8 erfassten Änderungen von rechnungslegungs­ bezogenen Schätzungen sowie Fehlerberichtigungen und – die Überleitung sämtlicher Eigenkapitalkomponenten von Periodenbeginn bis zum -ende angeführt. Dabei sind zumindest die Änderungen der Gewinne oder Verluste, jeder Posten des sonstigen Ergebnisses sowie Geschäftsvorfälle mit Ei­ gentümern, die in ihrer Eigenschaft als Eigentümer handeln und Ausschüttungen an Eigentümer sowie Veränderungen der Eigentumsanteile separat anzugeben. Eine spezielle Darstellungsform ist aus Gründen der Flexibilität nicht vorgeschrieben, wodurch die zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit beeinträchtigt wird.⁴⁰⁵ Beispiel:⁴⁰⁶ Die XY-AG hat vor Berücksichtigung der nachfolgenden Geschäftsvorfälle ein vorläu­ figes Periodenergebnis nach IFRS im Jahre t1 von 15 Mio. € und im Jahre t2 von 38 Mio. € aus­ gewiesen. Im Jahre t2 wurde eine Dividende für das vorherige Jahr t1 i. H. v. 4 Mio. € ausgezahlt. Ansonsten verfügte die XY-AG zu Beginn des Jahres t1 über ein gezeichnetes Kapital von 80 Mio. €, eine Kapitalrücklage von 50 Mio. € und Gewinnrücklagen von 20 Mio. €. Weiteres Eigenkapital ist nicht vorhanden. Der Ertragsteuersatz beträgt 40 %. Kapitalerhöhung: Am 31.01.t1 wurde eine Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien mit einem Nennwert von 5,0 Mio. € durchgeführt. Durch die Ausgabe der neuen Aktien wurde ein Erlös von 30,0 Mio. € realisiert. Der AG entstanden im Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung Kosten i. H. v. 3,3 Mio € (davon 3 Mio. intern entstandene Gemeinkosten), die in voller Höhe steuerlich abzugsfähig sind

404 Vgl. Teil 1, Gliederungspunkt I.B.2.a.; Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.C. 405 Vgl. zum Beispiel einer Mustergliederung der Kapitalveränderungsrechnung nach IAS 1.106 Brune 2020, Rz. 28 zu § 17. 406 Das Beispiel wurde modifiziert übernommen von Kirsch 2021, S. 338–339.

C. Eigenkapitalveränderungsrechnung (Eigenkapitalspiegel) | 285

und als sonstige betriebliche Aufwendungen verrechnet wurden. Die AG hat die Kapitalerhöhung wie folgt verbucht: Guthaben bei Kreditinstituten

30 Mio. €

an an

– Gezeichnetes Kapital – Kapitalrücklage

5 Mio. €. 25 Mio. €.

Die intern entstandenen Gemeinkosten i. H. v. 3 Mio. € zählen nach IAS 32.37 nicht zu den Trans­ aktionskosten der Kapitalerhöhung und sind von der Kapitalrücklage abzuziehen: Kapitalrücklage

an

Sonstiger betrieblicher Aufwand

3 Mio. €.

Da die AG fälschlicherweise aus den Transaktionskosten einen Steuervorteil gezogen hat, ist die Steuerabgrenzung, welche sich auf den erfolgsneutral abgegrenzten Geschäftsvorfall bezieht, analog erfolgsneutral zu neutralisieren (1,2 Mio. € = 0,4 · 3 Mill. €): Steuern vom Einkommen und vom Ertrag

an

Kapitalrücklage

1,2 Mio. €.

Insgesamt erhöht sich das Periodenergebnis im Jahre t1 um 1,8 Mio. € (= 3 Mio. € − 1,2 Mill. €). Bewertung von Betriebsgrundstücken: Die Ergebnisse der Neubewertung wurden noch nicht verrechnet. Zum 31.12.t1 ist erstmalig eine Neubewertung der unbebauten Betriebsgrundstücke durchgeführt worden. Es ergab sich ein posi­ tiver Unterschiedsbetrag i. H. v. 50 Mio. € gegenüber dem Anschaffungskostenprinzip (Buchwert). In t2 hatte die AG einige unbebaute Betriebsgrundstücke verkauft. Auf die verkauften Betriebs­ grundstücke war zum 31.12.t1 ein Mehrwert von 40 Mio. € entfallen. Der Verkauf führt zu einem Gewinn vor Ertragsteuern in der Gewinn- und Verlustrechnung i. H. v. 45 Mio. €, der in den Sons­ tigen betrieblichen Erträgen enthalten ist. Die Veräußerungsgewinne aus den Grundstücken sind steuerpflichtig. Im Jahre t2 fand keine weitere Neubewertung statt. Zum 31.12.t1 ist die Neubewer­ tung der Betriebsgrundstücke wie folgt zu buchen: Grundstücke

an

Sonstiges Ergebnis (latente Steuern auf Neubewertung)

an

Sonstiges Ergebnis (Gewinne aus Neubewertung) Passive latente Steuern

50 Mio. € 20 Mio. €.

Zum 31.12.t2 wurden die Betriebsgrundstücke verkauft, die einen Mehrwert von 40 Mio. € und eine Neubewertungsrücklage von 24 Mio. € einschließen. Die Ausbuchung der Neubewertungsrücklage ist erfolgsneutral gegen die Gewinnrücklagen zu erfassen. Neubewertungsrücklage

an

Gewinnrücklagen

24 Mio. €

Die bislang im vorläufigen Abschluss in der Gewinn- und Verlustrechnung erfassten Erfolgswirkun­ gen sind zu neutralisieren. Sonstige betriebliche Erträge Passive latente Steuern

an an

Grundstücke Steuern vom Einkommen und Ertrag

40 Mio. € 16 Mio. €.

Insgesamt verringert sich das Periodenergebnis in t2 gegenüber dem vorläufigen Ergebnis um 24 Mio. €. Aus dem Grundstücksverkauf resultiert in t2 ein Gewinn vor Ertragsteuern i. H. v. 5 Mio. € bzw. ein Gewinn nach Steuern von 3 Mio. €. Die Eigenkapitalveränderungsrechnung nach IAS 1.106 hat das in Abbildung 108 gezeigte Ausse­ hen.

286 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Gezeichnetes Kapital

Kapital­ rücklage

Gewinn­ rücklagen 20 Mio. €

Neubewer­ tungsrücklage

Summe

vorläufiger AB 01.01.t1

80 Mio. €

50 Mio. €

Kapitalerhöhung (vor Korrektur) Transaktionskosten zur Kapitalerhöhung

5 Mio. €

25 Mio. €

30 Mio. €

−1,8 Mio. €

−1,8 Mio. €

Kapitalerhöhung Periodenergebnis t1 Sonstiges Ergebnis t1

5 Mio. €

EB 31.12.t1

23,2 Mio. € 30 Mio. €

28,2 Mio. € 16,8 Mio. € 30 Mio. €

30 Mio. €

225 Mio. €

16,8 Mio. € 85 Mio. €

73,2 Mio. €

36,8 Mio. €

Periodenergebnis t2 Sonstiges Ergebnis t2 Dividendenzahlung t2 Reklassifizierung von Neubewertungsrücklagen EB 31.12.t2

150 Mio. €

14 Mio. €

85 Mio. €

73,2 Mio. €

14 Mio. €

−4 Mio.€ 24 Mio. €

−24 Mio. €

−4 Mio.€

70,8 Mio. €

6 Mio. €

235 Mio. €

Abb. 108: Eigenkapitalspiegel nach IAS 1.106 für t1 und t2.

D. Segmentberichterstattung Im Zuge der zunehmenden Internationalisierung der Unternehmensfelder sind Ten­ denzen zur Ausdehnung der Geschäftsaktivitäten auf unterschiedliche Tätigkeits­ bereiche und/oder Märkte zu erkennen (Diversifikationsentwicklung). Eine Ag­ gregation von unterschiedlichen Unternehmenstätigkeiten auf differierenden regio­ nalen Märkten im Jahresabschluss führt zu Informationsdefiziten, sodass sich die Notwendigkeit zur Veröffentlichung ergänzender Rechnungslegungsinformationen über produkt- und/oder marktbezogene Tätigkeitsbereiche (Segmentbericht) ergibt. Aus handelsrechtlicher Sicht ist zunächst auf die in § 285 Nr. 4 HGB kodifizierten Pflichtangaben im Anhang von Kapitalgesellschaften und ihnen gesetzlich gleich­ gestellte Unternehmen über spezifische Segmentinformationen hinzuweisen. Ein­ ziges Objekt der handelsrechtlichen Pflichtsegmentierung ist der Umsatz bzw. die Umsatzerlöse. Die Aufgliederung bezieht sich auf die Nettoumsatzerlöse der GuV (§ 275 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 HGB, § 277 Abs. 1 HGB) und kann durch Angabe der abso­ luten Teile der Umsatzzahlen oder der relativen Anteile am Gesamtumsatz erfolgen.⁴⁰⁷ Wichtig ist, dass es sich hierbei lediglich um eine Aufspaltung eines GuV-Postens und nicht etwa um eine Beurteilung handelt. 407 Vgl. Grottel 2022, Rz. 170–187 zu § 285 HGB.

D. Segmentberichterstattung |

287

Neben der vorstehend benannten begrenzten segmentspezifischen Pflichtpubli­ zität besteht für sämtliche Unternehmen gemäß § 264 Abs. 1 Satz 2 2. HS HGB ein Wahlrecht zur Erstellung eines Segmentberichts. Aufgrund der fehlenden inhaltli­ chen Konkretisierung im Handelsrecht empfiehlt sich der Rückgriff auf DRS 28.⁴⁰⁸ Ein operatives Segment wird hiernach als Unternehmensteil definiert, der geschäftliche Tätigkeiten entfaltet, die potentiell oder tatsächlich zu externen bzw. intersegmenta­ ren Umsatzerlösen führen, für welchen eigenständige Finanzinformationen vorliegen und der regelmäßig von der Unternehmensleitung zur Steuerung der wirtschaftlichen Lage beurteilt wird.⁴⁰⁹ Die Abgrenzung der operativen Segmente ergibt sich aus der internen Organisations- und Berichtsstruktur (Management Approach).⁴¹⁰ Eine Be­ richtspflicht resultiert jedoch nur bei Überschreitung bestimmter Schwellenwerte. So ist ein operatives Segment lediglich dann berichtspflichtig, wenn die Umsatzerlöse mit externen Kunden und anderen Segmenten das Segmentergebnis und das -vermö­ gen mindestens um jeweils 10 % des jeweiligen Gesamtbetrags übersteigen.⁴¹¹ Ferner ist eine Zusammenfassung von Segmenten angezeigt, die im Verhältnis zueinander homogene Chancen und Risiken aufweisen. Überdies wird eine Überleitungsrech­ nung von den Segmentdaten auf den korrespondierenden Gesamtausweis im Jahres­ abschluss eingefordert. Spezielle Angabepflichten zur Segmentabgrenzung, betrags­ mäßige Angaben je Segment, Überleitungen und sonstige Angaben sowie Erläuterun­ gen (z. B. die Grundsätze für die Zusammensetzung der Segmentbeträge) sollen die Informationsfunktion der Rechnungslegung erhöhen. Nach den IFRS ist der Segmentbericht lediglich für kapitalmarktorientierte Un­ ternehmen verpflichtend. Im Rahmen der IFRS-Rechnungslegung ist für die Segment­ berichterstattung IFRS 8 zu beachten. Die Zielsetzung der Segmentberichterstattung besteht laut IFRS 8.1 in der Information der Adressaten über die Art und finanziellen Auswirkungen der einzelnen Geschäftstätigkeiten sowie das wirtschaftliche Umfeld, wobei der Management Approach als vorrangiger Grundsatz der Segmentbericht­ erstattung gilt. Ein Geschäftssegment wird in IFRS 8.5 als Unternehmensbestandteil definiert, in welchem Geschäftstätigkeiten beschrieben werden, die Erträge und Auf­ wendungen generieren. Diese Betriebsergebnisse müssen in der Verantwortung der zuständigen Unternehmensinstanz (Management) liegen und es müssen separate Finanzinformationen verfügbar sein. In Übereinstimmung zu DRS 28 ist eine Zusam­ menfassung von Geschäftssegmenten möglich, wenn diese ähnliche wirtschaftliche Merkmale aufweisen und bezüglich ihrer Wesensart, der Art des Produktionsprozes­ ses, des Typs bzw. der Kategorie von Kunden, der Vertriebsmethoden oder Form der Erbringung der Dienstleistungen oder des Wesens des regulatorischen Umfelds ver­ gleichbar sind. Die in DRS 28 angeführten Schwellenwerte von 10 % der Gesamterträ­ 408 409 410 411

Vgl. DRS 28. Vgl. DRS 28, Rz. 8. Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV.A. Vgl. DRS 28, Rz. 18.

288 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

ge, des -ergebnisses und -vermögens sind auch in IFRS 8.13 kodifiziert. In IFRS 8.15 wird jedoch zusätzlich angeführt, dass die Segmentberichterstattung mindestens 75 % der externen Gesamterträge erklären muss, ansonsten sind weitere Segmente zu definieren,⁴¹² welche das Wesentlichkeitsmerkmal ggf. nicht erfüllen. Alle nicht berichtspflichtigen Segmente sollen zu einem Sammelsegment „alle sonstigen Seg­ mente“ zusammengefasst werden (IFRS 8.16). Darüber hinaus enthält IFRS 8.19 die Empfehlung, die Anzahl der berichtspflichtigen Segmente auf zehn zu begrenzen, um das Risiko eines Information Overflow zu senken. Beispiel: Im Hinblick auf die berichtspflichtigen Segmente könnten bei einer industriellen Un­ ternehmung für ihre Berichterstattung etwa sechs operative Segmente verwendet werden, wobei zunächst in „Gases Division“, „Engineering Division“ und „Sonstige Aktivitäten“ zu unterscheiden wäre. Das Segment „Gases Division“ könnte weiterhin sämtliche Aktivitäten bezüglich Herstellung und Vertrieb von Gasen für die Anwendung in der Industrie, in der Medizin, beim Umweltschutz so­ wie in der Forschung und Entwicklung umfassen und wäre weiter nach geografischen Aspekten in Westeuropa, Amerika, Asien und Osteuropa sowie Südpazifik und Afrika zu unterteilen.

Abbildung 109 zeigt beispielhaft das Schema eines Segmentberichts auf Einzelab­ schlussebene.⁴¹³ Neben allgemeinen Informationen (z. B. Art der Produkte oder Dienstleistungen jedes berichtspflichtigen Segments) sind detaillierte Informationen zur Ertrags- und Vermögenslage des Segments (z. B. externe und intersegmentare Erträge), Informatio­ nen zu den Bewertungsgrundlagen sowie segmentübergreifende Angaben (z. B. über wichtige Kunden) zu liefern. Vergleichbar mit DRS 28⁴¹⁴ ist eine Überleitungsrech­ nung von der Segment- auf die Gesamtunternehmensebene in IFRS 8.28 kodifiziert. Nach dieser Regelung sind folgende Informationen überzuleiten:⁴¹⁵ – die Summe der Segmenterträge auf die Erträge laut GuV; – die Summe der Segmentergebnisse auf das in der GuV ausgewiesene Ergebnis vor Ertragssteuern und aufgegebene Geschäftsbereiche; – die Summe des Segmentvermögens auf das in der Bilanz ausgewiesene Vermö­ gen; – die Summe der Segmentschulden auf die in der Bilanz ausgewiesenen Schulden; – die Summe aller weiteren wesentlichen Posten, die im Rahmen der Segmentbe­ richterstattung zum Ausweis kommen, auf die entsprechenden Posten des Jahres­ abschlusses.

412 Vgl. Schulz-Danso 2020, Rz. 32 zu § 21. 413 Entnommen von Müller 2021, Rz. 33 zu § 264 HGB; vgl. zur grundlegenden Struktur einer Seg­ mentberichterstattung nach IFRS 8 auch Schulz-Danso, Rz. 62–79 zu § 21. 414 Vgl. DRS 28, Rz. 39. 415 Vgl. im Einzelnen Schulz-Danso, Rz. 81 zu § 21.

Abb. 109: Mögliche Struktur eines Segmentberichts.

Schulden

Investitionen

Vermögen

Ergebnis darin enthalten – Abschreibungen – Andere nicht zahlungswirksame Posten – Ergebnis aus Beteiligung

Umsatzerlöse – Mit externen Dritten – Intersegmenterlöse

Informationen

Segment A B

C

Sonstige Segmente

Überleitung

Gesamt

D. Segmentberichterstattung | 289

290 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Beispiel:⁴¹⁶ Die Möbel-XA-AG verfügt über die operativen Segmente „Tische“, „Stühle“, „Schrän­ ke“ und „Betten“, von denen lediglich die ersten drei genannten Segmente berichtspflichtig sind, sowie über die Zentrale. Aus dem internen Berichtswesen lassen sich folgende Informationen ge­ winnen.

Kalkulatorische Abschreibungen Bilanzrechtliche Abschreibungen Betriebserfolg (EBIT) Zinsaufwendungen Zinserträge

Tische

Stühle

Schränke

Betten

Summe

−20 −15 150 −20 2

−15 −12 120 −10 2

−10 −9 80 −10 1

−1 −1 10 −5 1

−46 −37 360 −45 6

Abb. 110: Beispiel für segmentspezifische Informationen (alle Werte in T€). Zur Ermittlung des Segmenterfolgs wird im internen Rechnungswesen der Betriebserfolg (EBIT) herangezogen, wobei hierbei die kalkulatorischen anstelle der bilanzrechtlichen Abschreibungen Verwendung finden. Ansonsten werden im internen Rechnungswesen die Vorschriften nach den IFRS angewendet. Die Aufwendungen für die Bildung einer Prozessrückstellung i. H. v. 10.000 € sowie die Erhöhung des beizulegenden Zeitwerts eines Finanzinstruments des Handelsbestands i. H. v. 15.000 € sind in den obigen Zahlen nicht enthalten, da sie den Segmenten nicht eindeutig zugeordnet werden können. Die Überleitungsrechnung hat folgendes Aussehen.

+ − − + − + +

Summe der Betriebserfolge der berichtspflichtigen Segmente Bereinigung um kalkulatorische Abschreibungen Bilanzrechtliche Abschreibungen Zinsaufwendungen Zinserträge Prozesskostenrückstellung Zeitwertänderung bereinigter Erfolg bei nicht berichtspflichtigen Segmenten

350 45 −36 −40 5 −10 15 6

=

Jahreserfolg der XY-AG (vor Steuern und aufgegebenen Geschäftsbereichen)

335

Abb. 111: Beispiel für eine segmentspezifische Überleitungsrechnung (alle Werte in T€).

E. Erweiterung des Financial Accounting zum Business Reporting 1. Unternehmenswertsteigerung als Ausgangspunkt Neben finanzwirtschaftlichen Zielsetzungen ist die Unternehmensleitung bestrebt, auf die Meinungsbildung externer Jahresabschlussadressaten über die Qualität und Ausgestaltung der Unternehmenspublizität Einfluss zu nehmen. Der weltweite Wett­ bewerb auf den Kapitalmärkten erfordert eine zunehmend grenzüberschreitende Un­

416 Das Beispiel wurde modifiziert entnommen von Lüdenbach/Christian 2019, S. 386–387.

E. Erweiterung des Financial Accounting zum Business Reporting

|

291

ternehmensstrategie, die durch Ausdehnung des potenziellen Adressatenkreises eine Politik der Risikovermeidung bzw. Risikodiversifikation generiert. Durch Betei­ ligungen an ausländischen Gesellschaften oder durch Unternehmensaufkäufe und strategische Allianzen können multinationale Ziele realisiert werden. Gerade bei großen Publikumsgesellschaften ist die Rechnungslegung primär auf eine unternehmenswertsteigernde Publizitätspolitik ausgelegt, die durch eine kontinuierliche Intensivierung der Kommunikationsbeziehung zwischen Unterneh­ mensleitung und Investoren vor dem Hintergrund der erfolgreichen Umsetzung einer Investor Relations-Strategie geprägt ist. Neben den Investor Relations wird auf die Creditor Relations hingewiesen, die das Beziehungsmanagement zwischen der Unternehmensleitung und den Kreditgebern umfasst. Das Schrifttum klassifiziert den Jahresabschluss auch als Visitenkarte des Unternehmens, der einen zentralen Stellen­ wert in der Öffentlichkeitsarbeit einnimmt, wobei die Publizitätspolitik auch häufig darauf abzielt, die spezifische Unternehmenskultur bzw. die Corporate Identity den Adressaten der Rechnungslegung transparent zu machen. Die Steigerung des Unternehmenswertes als langfristiges Ziel des Managements wird in der BWL schon seit langem diskutiert.⁴¹⁷ Ende des vorherigen Jahrhunderts hat aber die Wertorientierung durch das von Rappaport⁴¹⁸ entworfene Shareholder Va­ lue-Konzept, das darauf abstellt, den Marktwert des Eigenkapitals eines Unterneh­ mens im Zeitablauf stetig zu steigern, eine Renaissance erfahren. Im Rahmen eines solchen Value-Based-Management zielen die Aktivitäten der Unternehmensleitung, wie auch Abbildung 112 zeigt, insbesondere auf folgende Strategien ab, die sich wech­ selseitig ergänzen müssen: – Schaffung von Anreizsystemen (z. B. Erfolgsbeteiligungen oder Aktienoptionsprogramme) auf allen Führungsebenen. – Aufdeckung von unternehmensin- und -externen Erfolgspotenzialen (z. B. durch die Entwicklung innovativer Produkte). – Optimierung der in- und externen Überwachungs- und Steuerungssysteme (Cor­ porate Governance). – Information aller in- und externen Stakeholder über die Strategien und Ergebnis­ se des Wertsteigerungsmanagements durch ein umfassendes Management Re­ porting-System (z. B. Investor Relations, Value Reporting, Corporate Governance Reporting, Nachhaltigkeitsreporting, Integrated Reporting).⁴¹⁹ Das Konzept der wertorientierten Unternehmenssteuerung mit dem Oberziel der langfristigen Steigerung des Shareholder Value und sein Beitrag zur nachhaltigen Existenzsicherung lässt sich anhand des Shareholder Value-Netzwerks von Rappa­

417 Vgl. etwa Schmalenbach 1963, S. 145–193. 418 Vgl. Rappaport 1999. 419 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV.A.

292 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Ansatzpunkte für das Wertsteigerungsmanagement

Suche und Bewertung von Handlungsalternativen zur Steigerung des Unternehmenswertes

Schaffung von Anreizmechanismen für die Führungsebene(n) im Hinblick auf die Zielsetzung „Maximierung des Shareholder Value“

• Kopplung der Vergütungen an die Wertsteigerung des Unternehmens (z.B. Gewinnbeteiligungen oder Aktienoptionsprogramme)

• Suche: Unternehmens- und Umweltanalyse zur Ermittlung von Wertsteigerungspotentialen • Bewertung: Cash-Flow-Orientierung (Discounted Cash FlowMethoden)

Verstärkung der Investor RelationsAktivitäten durch ein Value Reporting • Unterrichtung der Öffentlichkeit über (erfolgreiche) Maßnahmen der Wertsteigerung (Niederschlag des inneren Unternehmenswerts im Börsenkurs) im Rahmen der Rechnungslegungspolitik

Installierung von inund externen Überwachungs-und Steuerungssystemen (Corporate Governance) • Risikomanagementsystem (§ 91 Abs. 2 AktG) • Wirtschaftsprüfung • Peer Review • Duales Aufsichtssystem (Aufsichtsrat) • Monistisches Aufsichtssystem (Boardsystem) • Enforcementsystem

• Steuerung: Wertorientierte Kennzahlen (z.B. EVA®, CFROI)

Abb. 112: Wertorientierte Strategien im Rahmen des Shareholder Value-Konzepts.

port⁴²⁰ verdeutlichen. Danach kann die abstrakte Größe Shareholder Value (ME ), die dem Marktwert des Eigenkapitals entspricht, entsprechend der folgenden Gleichung in einem ersten Schritt in die drei Bewertungskomponenten Free Cash Flow [erwirt­ schaftete Zahlungsüberschüsse, die Eigen- und Fremdkapitalgebern zustehen (CF)], gewichtete Kapitalkosten (WACC) und Marktwert des Fremdkapitals (MF ) aufge­ spalten werden (t = Periodenindex; T = Anzahl der Planungsperioden). Der Marktwert des Unternehmens wird somit als Zukunftserfolgswert durch Abzinsung der Free Cash Flows auf den Gegenwartswert ermittelt. Die Darstellung erfolgt auf Basis des sog. Weighted Average Cost of Capital-Ansatzes (WACC-Ansatz) als der am weitesten verbreitete Discounted Cash Flow Methode und unter Annahme einer unbegrenzten Lebensdauer des Unternehmens mit einer ewigen Rente nach dem Detailplanungs­ zeitraum der Free Cash Flows.⁴²¹ T

ME = ∑t1

CFt CFt + − MF t (1 + WACC) WACC ⋅ (1 + WACC)T

In einem zweiten Schritt lassen sich diese Faktoren in die ihnen zugrundeliegenden Werttreiber (Value Driver) weiter aufgliedern. So wird der Free Cash Flow durch die Werttreiber der operativen Tätigkeit und des Investmentbereichs einer Unternehmung beeinflusst. Es handelt sich dabei im Einzelnen um das Umsatzwachstum, die Ge­

420 Vgl. Rappaport 1999, S. 39–70. 421 Vgl. Freidank 2022a, S. 95–115).

E. Erweiterung des Financial Accounting zum Business Reporting |

293

winnmarge, den Gewinnsteuersatz, die Dauer der Wertsteigerung sowie um In­ vestitionen in das Umlauf- und Anlagevermögen. Zu den zentralen Werttreibern der Kapitalkosten sowie des Marktwerts des Fremdkapitals zählen insbesondere die Wahl der optimalen Kapitalstruktur sowie die Investor Relations, welche auch das Cor­ porate Governance Reporting, das Value Reporting und das Nachhaltigkeitsreporting umfassen. Die genannten Werttreiber (Unterziele) stehen dabei in einer unmittelba­ ren und direkten Mittel-Zweck-Beziehung zu den jeweiligen Bewertungsfaktoren (Zwi­ schenziele) und lassen demzufolge Rückschlüsse auf die Entwicklung des Sharehol­ der Value (Oberziel) zu. Wie Abbildung 113 zeigt, entsteht im Ergebnis ein hierar­ chisch strukturiertes und spezifisch auf die Steigerung des Shareholder Value und die nachhaltige Existenzsicherung ausgerichtetes Zielsystem, das durch eine system­ immanente lineare Kausalstruktur gekennzeichnet ist.⁴²² Nachhaltige Existenzsicherung

Primäres Unternehmensziel

Langfristige Steigerung des Shareholder Value

Oberziel

Zwischenziele (Bewertungsfaktoren)

Unterziele (Werttreiber)

Free Cash Flow

Operative Tätigkeit • Umsatzwachstum • Gewinnmarge • Gewinnsteuersatz • Dauer der Wertsteigerung

Investment • Investitionen ins Umlaufvermögen • Investitionen ins Anlagevermögen

Kapitalkosten

Fremdkapital

Finanzierung • Kapitalstruktur • Investor Relations (u.a. Corporate Governance Reporting)

Abb. 113: Zielsystem eines Unternehmens unter Zugrundelegung des Shareholder Value-Konzepts.

Ausgehend von dem in der Unternehmenshierarchie als Oberziel festgelegten Stei­ gerungsziels des Unternehmenswerts, das mit Hilfe Cash Flow-orientierter Kenn­ zahlen gemessen werden sollte, sind im Rahmen der Unternehmenspolitik weitere Subziele bezüglich untergeordneter Teilpolitiken herunterzubrechen und ihr Errei­ chen zu kontrollieren. So spielen hinsichtlich der nachgelagerten Beschaffungs-, Produktions- und/oder Absatzpolitik insbesondere Erfolgsziele, die sich in Gestalt von Erlösen und/oder Kosten für Zwecke der operativen, aber auch der strategischen Unternehmenssteuerung messen lassen (Performance Measurement) eine heraus­ ragende Rolle. Die aus dem Zielsystem der Unternehmenspolitik abgeleiteten Zie­

422 Modifiziert entnommen von Rappaport 1999, S. 68.

294 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

le lassen sich grundlegend in Leistungsziele (z. B. Markt-, Publizitäts-, Ökologie-, Produkt-, Produktions-, und Qualitätsziele), Erfolgsziele (z. B. Aufwands-, Ertrags-, Kosten- und Erlösziele) und Finanzziele (z. B. Verzinsungs-, Ausschüttungs-, Zah­ lungsbereitschaftsziele, Shareholder Value) unterscheiden.

2. Value Reporting als Informationsstrategie Das Management besitzt somit die Möglichkeit, durch eine zielorientierte Steuerung der Informationsmittel die Adressaten zu Reaktionen zu bewegen, die vorteilhaft für das Unternehmen sind. Dabei kann eine offensive bzw. aktive Offenlegungspoli­ tik betrieben werden, die von einer Verbesserung der nach außen gerichteten Unter­ nehmensdarstellung durch freiwillige Zusatzinformationen geprägt ist. Die entge­ gengesetzte Strategie wird als defensive bzw. passive Offenlegungspolitik bezeich­ net und beinhaltet einen „Hang zur Verschwiegenheit“, weil das Management den an Unternehmensinformationen interessierten Stakeholdergruppen bewusst wesent­ liche entscheidungsrelevante Informationen zur Beurteilung der tatsächlichen wirt­ schaftlichen Lage vorenthält. Die unter dem Hang zur Offenheit bezeichnete Publikationsstrategie entspricht dem Konzept des Value Reporting, dessen Inhalt vereinfachend mit dem Satz „Tue Gutes für die Aktionäre und rede darüber“ umschrieben werden kann. Darüber hinaus spielt in diesem Zusammenhang die wachsende Bedeutung der Internet­ publizität und der Digitalisierung als Gestaltungsinstrumente zur Verbesserung der Investor Relations eine zentrale Rolle. Die zunehmende Anwendung kapital­ marktorientierter Unternehmensführungskonzepte ist aber das Grundmotiv für eine freiwillige Publikation von Informationen seitens des Managements, die über die Finanzberichterstattung hinausgehen.⁴²³ Das wesentliche Ziel des Value Reporting stellt die Verringerung der Wertlücke (Value Gap) dar, die sich aufgrund der asym­ metrischen Informationsvermittlung und der mangelnden Kapitalmarkteffizienz zwischen der Unternehmensleitung und den Stakeholdern gebildet hat. Ihre Redu­ zierung soll durch die strikte Befolgung des Management Approach herbeigeführt werden. Demnach werden die externen Abschlussadressaten mit den gleichen Infor­ mationen ausgestattet wie das Management für die interne Unternehmenssteuerung. Das Value Reporting stellt über die Pflichtberichterstattung hinausgehende be­ wertungsrelevante Informationen bereit, um den Analysten der Rechnungslegung ei­ ne verbesserte Einschätzung des Unternehmenswerts zu ermöglichen. Im Mittel­ punkt der Betrachtung stehen jene Informationen, die aus Sicht des Unternehmens Einfluss auf die Höhe des Unternehmenswerts haben. Vor diesem Hintergrund hat sich in jüngerer Zeit ein Wandel der Berichterstattung von einem vergangenheitsori­

423 Vgl. AKEU 2002, S. 2337.

E. Erweiterung des Financial Accounting zum Business Reporting |

295

entierten Financial Accounting zu einem fassenden zukunftsbezogenen Business Reporting vollzogen. So setzt sich das Business Reporting nach aus dem Financial Accounting und dem Value Reporting zusammen. Die nachfolgende Abbildung 114 verdeutlicht die Verbindung zwischen Investor Relations, Value Reporting und Busi­ ness Reporting.⁴²⁴ Investor Relations Business Reporting

Financial Accounting

Value Reporting

Abb. 114: Bestandteile des Business Reporting.

Neben kapitalmarktorientierten Daten (Säule I), die eine Beurteilung der Wertent­ wicklung des Unternehmens ermöglichen, enthält das Value Reporting auch Infor­ mationen über nicht bilanzierte Unternehmenswerte (Säule II) und zur Strategie und Leistung des Managements (Säule III), um den Investoren eine transparentere Darstellung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens zu vermitteln.⁴²⁵ Das Value Reporting steht damit nicht nur sinnbildlich für eine Zusatzberichterstattung über vergangene Werte im Unternehmen am Abschlussstichtag, es enthält zudem weitere Informationen zur Abschätzung zukünftiger Zahlungsströme. Eine mögliche Struk­ tur des Value Reporting zeigt Abbildung 115. Eine weitere Auswirkung des Value Reporting auf die Rechnungslegungsadressa­ ten wird durch die Beschreibung unternehmerischer Maßnahmen im Bereich des Um­ weltschutzes erzielt, wenn es dem Unternehmen im Rahmen der Berichterstattung glaubhaft gelingt, sich zur gesellschaftlichen Verantwortung (Corporate Social Responsibility) zu bekennen. Dieser Nachhaltigkeitsberichterstattung (Sustaina­ bility Reporting) kommt in jüngerer Zeit vor dem Hintergrund der Zielsetzung einer integrierten Unternehmensberichterstattung (Integrated Reporting) eine stetig steigende Bedeutung zu. Ähnliches gilt für Berichterstattungen über die Corporate Governance des Unternehmens. Hiernach soll die klassische Finanzberichterstat­ tung (Financial Accounting) mit Informationen über nichtfinanzielle Leistungsin­ dikatoren verknüpft werden.

424 In Anlehnung an Heumann 2001, S. 9. 425 Vgl. AKEU 2002, S. 2338.

296 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Funktionsbereiche

Beispiele für wertsteigernde Informationen

Forschung und Entwicklung (Innovation Capital)

– Forschungs- und Entwicklungsausgaben – selbst entwickelte, angemeldete Patente – Neuproduktrate

Personal (Human Capital)

– – – – –

Beschaffung (Supplier Capital)

– Schlüssellieferanten – Zahl erhaltener Lizenzen (zur Produktion innovativer Erzeugnisse)

Finanzen (Investor Capital)

– Aktionärsstruktur (in-, ausländische, private, institutionelle Investoren) – Bedeutung bei Analysen (z. B. Ratingergebnisse)

Produktion/Dienstleistungen (Prozess Capital)

– – – –

Prozessqualität Produktqualität Dienstleistungsqualität Qualitätsmanagement

Absatz (Customer Capital)

– – – – –

Marktanteil Markenreporting Kundenzufriedenheit Kundenqualität Kundenbindungsdauer

Mitarbeiterqualifikation Mitarbeiterzufriedenheit Weiterbildung Fehlzeiten Altersstruktur

Abb. 115: Mögliche Struktur eines Value Reporting.

Da die Vergütung des Managements immer häufiger an die Börsenkursentwick­ lung des Unternehmens gekoppelt ist, verfolgt die Geschäftsführung nicht selten auch die individualpolitische Zielsetzung einer Steigerung des Börsenwerts. In diesem Sinne kann ein Gleichschritt zwischen individual- und finanzpolitischen Ziel­ setzungen durch das Value Reporting erreicht werden. Neben den Anteilseignern (Shareholder) stehen als Adressaten des Value Reporting sämtliche Zielgruppen zur Verfügung (Stakeholder), die an der Existenz- und Erfolgspotenzialsicherung des Unternehmens interessiert sind, z. B. die Mitarbeiter, der Fiskus, Gläubiger und Kunden. Als Instrument des Managements kann das Value Reporting dazu eingesetzt werden, durch eine freiwillige Offenlegung über das gesetzliche Mindestmaß hinaus Rechnungslegungspolitik⁴²⁶ zu betreiben, da die übermittelten Daten durch externe Adressaten häufig nur begrenzt nachprüf- und objektivierbar sind. Informationen

426 Vgl. Teil 4.

E. Erweiterung des Financial Accounting zum Business Reporting

|

297

über Strategie und Performance des Managements als eine Säule des Value Reporting werden in der Unternehmenspraxis durch wertiorientierte Kennzahlen wie etwa Ear­ nings Before Interest and Tax (EBIT) oder Net Operating Profit After Tax (NOPAT) zum Ausdruck gebracht.⁴²⁷ Das Management kann je nach individueller Zielsetzung bestrebt sein, durch materielle rechnungslegungspolitische Maßnahmen Einfluss auf diese Kennzahlen zu nehmen. Insofern geben die zur Verfügung gestellten Kenngrö­ ßen, mit denen eine zielgerechte Quantifizierung der Managementleistung erfolgen soll, nicht immer den Marktwert der Unternehmensperformance an, sondern sind durch die Ersteller des Jahresabschlusses beeinflussbar. Ähnlich verhält es sich mit Angaben zu bestimmten selbsterstellten immateriellen Vermögenswerten des Anla­ gevermögens (z. B. originäre Marken), die nach § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB einem Akti­ vierungsverbot unterliegen.⁴²⁸ Bei der Findung des Wertansatzes jener Posten hat die Geschäftsführung einen nicht unerheblichen Ermessensspielraum, besonders dann, wenn die Werte aufgrund fehlender Absatzmärkte geschätzt werden müssen. Zu denken ist z. B. an die Schwierigkeit der Wertfindung für den Humankapitalbestand eines Unternehmens. Die Überlegungen von Rappaport zum Shareholder Value-Ansatz haben zur Kon­ zeption weiterer Methoden bezüglich quantitativer Strategiebewertungen und wert­ orientierter Kennzahlenformulierungen angeregt. Insbesondere der weiterführen­ de Ansatz der Boston Consulting Group⁴²⁹ (CFROI = Cash Flow Return on Invest­ ment) und das Modell der Consultingfirma Stern, Stewart & Co.⁴³⁰ (EVA® = Economic Value Added) sind in diesem Zusammenhang zu nennen. Diese Konzepte stellen grundsätzlich Erweiterungen oder Verfeinerungen des Shareholder Value Modells dar, die sich auf Modifikationen bei der in die Berechnung eingehenden Basisgrößen Free Cash Flow und Capital bzw. Investment beziehen.⁴³¹ – Aufgrund seiner zunehmenden Bedeutung für die Unternehmenspraxis soll im Folgenden beispielhaft der Economic Value Added (EVA® ) dargestellt werden. Der EVA® erfasst den Unterschiedsbetrag zwischen der Rendite auf das inves­ tierte Eigenkapital und das verzinsliche Fremdkapital (ROCE = Return on Capi­ tal Employed) und dem gewogenen Kapitalkostensatz (WACC) und wendet ihn auf das investierte Kapital (CE = Capital Employed) an. – Mithin ergibt sich ein positiver EVA® wenn der NOPAT die Eigen- und Fremdkapi­ talkosten übersteigt, also die Rendite höher ist als die gewogenen Kapitalkosten. Im Grundsatz bedeutet ein positiver EVA, dass ein Unternehmen die Kapitalkos­

427 Vgl. AKEU 2002, S. 2339. 428 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3, Gliederungspunkt I.B.1. 429 Vgl. Lewis 1995; Lewis/Lehmann 1992, S. 1–13. 430 Vgl. Stewart 1994, S. 71–84; Stewart 1991. EVA® ist eine eingetragene Marke von Stern, Stewart & Co. 431 Vgl. Freidank 2022a, S. 137–144.

298 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente



ten (= Mindestrenditeanforderung) verdient und einen Vermögenszuwachs erwirtschaftet hat. Es werden drei Maßnahmen zur Steigerung des EVA® unterschieden:⁴³² – Erhöhung des operativen Ergebnisses bei gleichem Kapitaleinsatz. – Investition zusätzlichen Kapitals in Projekte, deren erwartete Rendite über dem Kapitalkostensatz (WACC) liegt. – Abziehen von Kapital, das in Aktivitäten oder Vermögen gebunden ist, deren Rendite den Kapitalkostensatz (WACC) nicht deckt.

Der EVA® setzt sich zusammenfassend aus den in Abbildung 116 gezeigten Kompo­ nenten zusammen.⁴³³ Operating Decisions NOPAT

EVA® = NOPAT – CE · WACC

Shareholder Value

Capital Investment Decisions

WACCC Financial Decisions

Abb. 116: Bestandteile und Entscheidungsbereiche des Economic Value Added.

F. Corporate Governance Reporting Im Gegensatz zum Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptversammlung nach § 171 Abs. 2 AktG richtet sich die zwingend zu erstellende Erklärung zur Unternehmens­ führung nach § 289f bzw. 315d HGB an sämtliche Stakeholder börsennotierter Ak­ tiengesellschaften und ihnen gesetzlich gleichgestellte Unternehmen.⁴³⁴ Diese Erklä­

432 Vgl. Hostettler 2002, S. 307–315. 433 Modifiziert entnommen von Hostettler 1995, S. 309. 434 Vgl. DCGK 2020, Grundsatz 22.

F. Corporate Governance Reporting |

299

rung kann nach § 289f Abs. 1 HGB in den Lagebericht aufgenommen oder auf der Internetseite der Gesellschaft zugänglich gemacht werden.⁴³⁵ Die Erklärung zur Unternehmensführung umfasst gemäß § 289f Abs. 2 Nr. 1 HGB zunächst die Entsprechenserklärung nach § 161 AktG, aus der erkennbar wird, wel­ che Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) nicht umge­ setzt werden und aus welchen Gründen die Umsetzung jeweils nicht erfolgt ist oder nicht erfolgen wird. Darüber hinaus hat sie relevante Angaben zu Unternehmens­ führungspraktiken, die über die gesetzlichen Anforderungen (d. h. die Regelungen des DCGK) hinaus angewendet werden, und eine Beschreibung der Arbeitsweise von Leitungs- und Aufsichtsorgan sowie der Zusammensetzung und Arbeitsweise von deren Ausschüssen aufzunehmen (§ 289f Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 HGB). Zu dem Berichterstattungserfordernis nach § 289f Abs. 2 Nr. 3 HGB gehören zumindest Anga­ ben zur Aufteilung der Organmitglieder auf gebildete Aufsichtsratsausschüsse (z. B. Strategie-, Prüfungs-, Risiko-, Vergütungs-, Nominierungs- und Nachhaltigkeitsaus­ schuss), zur Sicherstellung der persönlichen und fachlichen Qualitätsanforderun­ gen an Aufsichtsorgan- bzw. Prüfungsausschussmitglieder nach § 100 Abs. 5 i. V. m. § 107 Abs. 4 AktG, der Erfüllung der in § 107 Abs. 3 Satz 2 genannten Aufgaben eines Prüfungsausschusses sowie zu den getroffenen Regelungen zur Realisierung der In­ formationsversorgung des Aufsichtsrats durch das Leitungsorgan im Kontext von § 90 AktG.⁴³⁶ Ferner verlangen § 289f Abs. 2 Nr. 4 bzw. Nr. 5 HGB Angaben und Begründungen zu den festgelegten Zielgrößen und -fristen für den Frauenanteil im Vorstand und Aufsichtsrat sowie den beiden darunter liegenden Führungsebenen bzw. zur fixen Geschlechterquote von 30 % bei der Besetzung des Aufsichtsrats. Schließlich haben große Kapitalgesellschaften i. S. d. § 267 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 bis Abs. 5 HGB zu­ künftig ihr Diversitätskonzept für das Leitungs- und Aufsichtsorgan im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Bildungs- oder Berufshintergrund zu beschreiben, wobei auf seine Ziele, die Art und Weise seiner Umsetzung und der im Geschäftsergebnis erreichten Ergebnisse einzugehen ist (§ 289f Abs. 2 Nr. 6 HGB).⁴³⁷ Sofern eine Gesellschaft kein Diversitätskonzept verfolgt, hat sie dies gemäß § 289f Abs. 5 HGB in der Erklärung zur Unternehmensführung zu erläutern. Vor dem Hintergrund (inter-)nationaler Bestrebungen zur Weiterentwicklung der Corporate Governance ist in jüngerer Zeit im Kontext gestiegener Informationsbe­ dürfnisse des Kapitalmarkts zunehmend die Frage nach dem Entwurf eines rechtlich und betriebswirtschaftlich geschlossenen Konzepts für ein extern orientiertes Corporate Governance Reporting in den Mittelpunkt des Interesses von Wissenschaft

435 Vgl. zur Qualität der gegenwärtigen Berichtserstattung der im DAX notierten Unternehmen Frei­ dank/Handschumacher 2020a, S. 271–277; Freidank/Handschumacher 2021b, S. 274–280. 436 Vgl. Paetzmann 2021, § 289f HGB, Rz. 9–32. 437 Vgl. Grottel 2022, § 289f HGB, Rz. 150–232.

300 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

und Praxis gerückt.⁴³⁸ Insbesondere die Regelungen zur Veröffentlichung von Corpo­ rate Governance Informationen nach unterschiedlichen Gesetzen (z. B. HGB, AktG, GmbHG, WpHG) sowie die Fülle verschiedener Publikationsmedien⁴³⁹ (z. B. An­ hang, Lage-, Geschäfts-, Zwischenbericht, Bericht des Aufsichtsrats an die Hauptver­ sammlung, Erklärung zur Unternehmensführung) erschweren es sämtlichen Stake­ holder-Gruppen, in angemessener Zeit und mit hinreichender Sicherheit entschei­ dungsnützliche Informationen über die Qualität der Corporate Governance eines Unternehmens in systematischer Form zu erlangen. Darüber hinaus unterliegen ei­ ne Vielzahl bedeutender Corporate Governance Informationen nicht der materiellen Prüfungspflicht durch den Abschlussprüfer [z. B. die Erklärung zur Unternehmens­ führung, die nichtfinanzielle Erklärung und der gesonderte nichtfinanziellen Berichts nach § 317 Abs. 2 Satz 4 HGB],⁴⁴⁰ womit die Lücke zwischen den Erwartungen der Stakeholder und der normkonformen Ausübung des Prüfungsauftrags weiter steigt.

G. Nachhaltigkeitsberichterstattung⁴⁴¹ 1. Einführung Die Wahrnehmung unternehmerischer Verantwortung [Corporate Social Respon­ sibility (CSR)] hat sich vor dem Hintergrund eines steigenden Bewusstseins in der Öffentlichkeit für ökologische und soziale Aspekte als zentrales Instrument unter­ nehmerischen Handels etabliert. Im Gegensatz zu der traditionellen Auffassung, die einzige Verantwortung von Unternehmen läge in der Erzielung einer maximalen oder angemessenen Rendite, hat sich in den letzten Jahrzehnten das Postulat des Stake­ holder-Value und damit die Erkenntnis durchgesetzt, dass Unternehmen nicht nur die Bedürfnisse ihrer Share-, sondern aller Stakeholder berücksichtigen sollten. Sie tragen daher ebenso Verantwortung für ihren wirtschaftlichen Erfolg wie auch für die Auswirkungen auf ihr ökologisches und soziales Umfeld. In diesem Zusammenhang wird zum Ausdruck gebracht, dass Unternehmen nicht nur einen wirtschaftlichen, sondern ebenfalls gesellschaftlichen Zweck (Purpose) erfüllen und ihre Aktivitäten nicht nur an finanziellen Zielsetzungen ausrichten sollten.⁴⁴² Hiermit einhergehend sehen sich Unternehmen entsprechend wachsenden In­ formationsanforderungen ihrer Stakeholder gegenüber. In den letzten Jahren haben nichtfinanzielle Informationen einen stetigen Bedeutungszuwachs innerhalb des unternehmerischen Berichterstattungssystems erlangt. Freiwillige Reportingformate,

438 439 440 441 442

Vgl. ACGR 2018, S. 2125–2128; ACGR 2016, S. 2130–2132; Freidank 2018, S. 265–285. Vgl. Freidank et al. 2018, S. 683–692. Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV.G.2. Vgl. Hinze/Freidank 2018, S. 21–51 m. w. N. Vgl. etwa Lingnau/Beham 2019, S. 40–41; Weißenberger/Schattevoy 2021, S. 5.

G. Nachhaltigkeitsberichterstattung |

301

wie etwa der Nachhaltigkeitsbericht, sind zu festen Bestandteilen der Reporting­ landschaft – insbesondere kapitalmarktorientierter Unternehmen – geworden. Nicht­ finanzielle Angaben finden jedoch nicht nur im Rahmen des freiwilligen Reportings Berücksichtigung, sondern gewinnen auch zunehmend innerhalb der verpflichten­ den Berichterstattung Bedeutung. So verweist etwa § 289 Abs. 3 HGB auf die Anga­ bepflicht sog. nichtfinanzieller Leistungsindikatoren in Bezug auf Informationen über Umwelt- und Arbeitnehmerbelange im Lagebericht großer Kapitalgesellschaf­ ten, „[. . . ] soweit sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage von Be­ deutung sind“.⁴⁴³ Mit der EU-Richtlinie zur Offenlegung von nichtfinanziellen Informationen (CSRRichtlinie)⁴⁴⁴, welche am 9.3.2017 durch das CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz in na­ tionales Recht transformiert wurde, geht eine deutliche Ausweitung der entsprechen­ den Berichtsanforderungen einher. Hierdurch werden die betroffenen Unternehmen verpflichtet, eine eigenständige nichtfinanzielle Erklärung abzugeben und in dieser deutlich komplexer als zuvor über nichtfinanzielle Leistungsaspekte zu berichten.

2. Nichtfinanzielle Erklärung a. Anwendungsbereich und Inhalte Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz verbindli­ che Regelungen erlassen, die sich auf die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit bezie­ hen. So werden u. a. große (kapitalmarktorientierte) Kapitalgesellschaften mit mehr als durchschnittlich 500 Arbeitnehmern nach § 289b Abs. 1 HGB und ihnen gesetzlich gleich gestellte Unternehmen verpflichtet, eine nichtfinanzielle Erklärung abzuge­ ben, die sich auf Nachhaltigkeitsbelange (§ 289c Abs. 2 und Abs. 3 HGB) bezieht (z. B. Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen sowie zur Achtung von Men­ schenrechten und zur Korruptionsbekämpfung). Die nichtfinanzielle Erklärung kann in den Lagebericht aufgenommen (§ 289b Abs. 1 HGB) oder gesondert außerhalb des Lageberichts erstellt werden (§ 289b Abs. 3 HGB). Neben einer kurzen Beschreibung des Geschäftsmodells hat die nichtfinanziel­ le Erklärung mindestens auf Umweltbelange, Sozialbelange, Arbeitnehmerbelange, die Achtung von Menschenrechten sowie die Bekämpfung von Korruption und Be­ stechung einzugehen. Die Umsetzung der CSR-Richtlinie enthält in § 289c Abs. 3 HGB konkrete Beispielangaben für die verschiedenen abzudeckenden Berichtsaspekte, die in Abbildung 117 dargestellt sind.⁴⁴⁵ Damit reichen die Vorgaben weit über die An­ forderungen zur Berichterstattung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren im Lagebe­ richt nach § 289 Abs. 3 HGB hinaus.

443 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.D.; Schall/Figlin 2020, S. 129–138. 444 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt III.B.2. 445 Vgl. Störk et al. 2022b, Rz. 20–26 zu § 289c HGB.

302 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Berichtsaspekt

umfasst z. B. Angaben zu . . .

Umweltbelange

Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch, Luftverschmutzung, Nutzung von erneuerbaren Energien, Schutz der biologischen Vielfalt

Arbeitnehmerbelange

Maßnahmen betreffend Geschlechtergleichstellung, Arbeitsbedingungen, Umsetzung der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, Achtung der Rechte von Arbeitnehmern/-innen und Gewerkschaften, sozialem Dialog, Gesundheitsschutz, Sicherheit am Arbeitsplatz

Sozialbelange

Dialog auf kommunaler und regionaler Ebene, Maßnahmen zur Sicherstellung des Schutzes und der Entwicklung lokaler Gemeinschaften

Menschenrechtsverletzungen

Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen

Korruption und Bestechung

bestehenden Instrumenten zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung

Abb. 117: Überblick über Beispielangaben gemäß § 289c Abs. 2 HGB.

Zu den angeführten Aspekten muss die nichtfinanzielle Erklärung diejenigen An­ gaben enthalten, „[. . . ] die für das Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäfts­ ergebnisses, der Lage der Kapitalgesellschaft sowie der Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf die [. . . ] genannten Aspekte erforderlich sind“ (§ 289c Abs. 3 HGB). Hierzu hat das Unternehmen die in Bezug auf diese Aspekte verfolgten Konzepte, einschließlich der angewandten Due-Diligence-Prozesse, und die Ergebnisse dieser Konzepte darzustel­ len (§ 289c Abs. 3 Nr. 1–2 HGB). Wird in Bezug auf einen oder mehrere dieser Belan­ ge kein Konzept verfolgt, ist dies in der finanziellen Erklärung klar und begründet zu erläutern (§ 289c Abs. 4 HGB). Außerdem haben Unternehmen über die wesentli­ chen mit diesen Aspekten verbundenen Risiken, die mit der eigenen Geschäftstätig­ keit bzw. den Geschäftsbeziehungen der Kapitalgesellschaft verknüpft sind und sehr wahrscheinlich schwerwiegende negative Auswirkungen auf diese Bereiche haben oder haben werden sowie ihre Handhabung, zu berichten (§ 289c Abs. 3 Nr. 3–4 HGB). Des Weiteren sind die wichtigsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren, die für die betreffende Geschäftstätigkeit von Bedeutung sind, in die nichtfinanzielle Erklä­ rung aufzunehmen (§ 289c Abs. 3 Nr. 5 HGB). Allerdings kann die Kapitalgesellschaft nachteilige Angaben zu künftigen Entwicklungen oder Verhandlungsbelangen aus­ nahmsweise weglassen, wenn diese der Gesellschaft einen erheblichen Nachteil zu­ fügen würden und das Weglassen dieser Angaben der Vermittlung eines den tatsäch­ lichen Verhältnissen entsprechenden Bildes nicht entgegensteht (§ 289e HGB). b. Befreiungen und Verweis auf Rahmenwerke Der nationale Gesetzgeber hat u. a. von dem Mitgliedstaatenwahlecht Gebrauch ge­ macht, Unternehmen von der Pflicht zur Erstellung einer nichtfinanziellen Erklärung

G. Nachhaltigkeitsberichterstattung | 303

zu befreien, wenn diese einen gesonderten Bericht für dasselbe Geschäftsjahr er­ stellen, der die inhaltlichen Vorgaben von § 289c HGB erfüllt und zusammen mit dem Lagebericht oder spätestens vier Monate nach dem Bilanzstichtag auf der Webseite des Unternehmens veröffentlicht wird (§ 289b Abs. 3 HGB). Zudem ist den Unterneh­ men die Möglichkeit eingeräumt worden, auf an anderer Stelle im Lagebericht ent­ haltene nichtfinanzielle Angaben zu verweisen (z. B. auf die Berichterstattung nach § 289 Abs. 3 HGB). Diese Verweismöglichkeit besteht sowohl bei der Veröffentlichung der nichtfinanziellen Erklärung als besonderen Abschnitt des Lageberichts als auch in Form eines separaten Berichts (§ 289b Abs. 1 Satz 3 sowie Abs. 3 Satz 2 HGB). Für die Erstellung der nichtfinanziellen Erklärung kann die Kapitalgesellschaft gemäß § 289d Satz 1 HGB auf anerkannte nationale, europäische oder internationa­ le Rahmenwerke zurückgreifen. Neben den bereits in der CSR-Richtlinie genannten Standards wie etwa das Rahmenwerk der Global Reporting Initiative, den Leitlinien der OECD für multinationale Unternehmen, dem Global Compact der Vereinten Na­ tionen oder dem Umweltmanagement- und Umweltprüfungssystem EMAS wird in der Begründung zum CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz auch der Deutsche Nachhaltig­ keitskodex genannt.⁴⁴⁶ In der endgültigen Fassung des CSR-Richtlinien-Umsetzungs­ gesetzes wurde die Erklärungspflicht im Hinblick auf die Verwendung von Rahmen­ werken durch einen „Comply or Explain“-Mechanismus erweitert. Kapitalgesellschaf­ ten haben demnach stets anzugeben, ob sie ein Rahmenwerk für die Erstellung der nichtfinanziellen Erklärung verwenden und welches Rahmenwerk genutzt wurde, so­ wie andernfalls zu erläutern, warum sie auf die Anwendung eines Rahmenwerks ver­ zichten (§ 289d Satz 2 HGB). c. Prüfung Das CSR-Richtlinien-Umsetzungsgesetz sieht keine Pflicht zur inhaltlichen Prüfung der nicht-finanziellen Erklärung bzw. des nichtfinanziellen Berichts durch den Ab­ schlussprüfer vor (§ 317 Abs. 2 Satz 4 HGB), verlangt aber eine derartige Prüfung durch den Aufsichtsrat (§ 171 Abs. 1 Satz 4 AktG). Da diese Prüfungspflicht nicht explizit von der CSR-Richtlinie gefordert wird, geht der deutsche Gesetzgeber inso­ fern über die Richtlinienanforderungen hinaus. Für den Aufsichtsrat, der bereits nach geltendem Recht den Jahresabschluss, Lagebericht und den Vorschlag für die Verwen­ dung des Bilanzgewinns zu prüfen hat (§ 171 Abs. 1 Satz 1 AktG), ist diese Erweiterung des Prüfungsumfangs von besonderer Relevanz, da er hierbei nicht – wie bei den anderen Prüfungsobjekten – durch den Abschlussprüfer unterstützt wird.⁴⁴⁷ Jedoch sieht § 111 Abs. 2 Satz 4 AktG explizit für den Aufsichtsrat die Möglichkeit vor, eine externe inhaltliche Überprüfung der nichtfinanziellen Erklärung durch Sachverstän­

446 Vgl. Freidank/Sassen 2020, S. 533–542; Lindner/Müller 2020, S. 139–145; Störk et al. 2020b, Rz. 1 zu § 289d HGB m. w. N. 447 Vgl. Paetzmann 2016, S. 282.

304 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

dige (z. B. Wirtschaftsprüfer) zu beauftragen, damit er seine eigene Prüfungspflicht sachgerecht erfüllen kann. Diese wird nach h. M. aber nicht über eine Plausibilitäts­ kontrolle hinausgehen.⁴⁴⁸

H. Integrated Reporting⁴⁴⁹ 1. Grundlegende Struktur Ausgehend von den aktuellen Weiterentwicklungen der unternehmerischen Bericht­ erstattung zu einem Integrated Reporting⁴⁵⁰ wird im Folgenden das Konzept des Inter­ national Integrated Reporting Council (IIRC)⁴⁵¹ dargestellt, das von Kapitalgesellschaf­ ten im Rahmen der freiwilligen jährlichen Berichterstattung angewendet werden kann. Der Integrated Report ist als übergeordneter Spitzenbericht aufzufassen, der aus der Vielzahl der publizierten Berichtsformate die wesentlichen Aussagen bün­ delt und deren Interdependenzen aufzeigt. Durch die Zusammenführung der Infor­ mationen aus den zuvor gesonderten dargestellten Berichtsinhalten der verschiede­ nen Publikationsformate soll das Integrated Reporting dazu beitragen, das isolierte Betrachten einzelner Themengebiete und die damit einhergehende separate Bericht­ erstattung zu überwinden. Ein integrierter Bericht ist somit in der Lage, einen prä­ gnanten Überblick über die entscheidungsnützlichen Informationen zu liefern und so die Kommunikationseffizienz des unternehmerischen Publikationssystems deut­ lich zu steigern. Es bietet sich für die Kapitalgesellschaft im Rahmen einer ganzheit­ lichen Publikationspolitik an, den Integrated Report als separaten Bericht auf frei­ williger Basis im jährlichen Turnus neben den verpflichtend zu erstellenden anderen Berichten zu veröffentlichen, um die Qualität der entscheidungsnützlichen Unterneh­ mensinformationen für die Stakeholder zu erhöhen. Auf eine detaillierte Vorgabe spezifischer Berichtsinhalte wurde vom IIRC zuguns­ ten eines prinzipienbasierten Ansatzes verzichtet. Das Postulat der Informations­ verknüpfung bildet eines von sieben Prinzipien, an welchen der integrierte Bericht gemäß der Verlautbarung des IIRC auszurichten ist. Weitere im Rahmenkonzept ver­ ankerte Prinzipien sind: Strategischer Fokus und Zukunftsorientierung, Stakeholder­ bezug, Wesentlichkeit, Prägnanz, Verlässlichkeit und Vollständigkeit sowie Stetigkeit und Vergleichbarkeit.⁴⁵² Außerdem sieht das Rahmenwerk acht Berichtselemente vor, die ein integrierter Bericht nach Auffassung des IIRC enthalten sollte: Organisa­ tionsüberblick und Unternehmensumfeld, Unternehmensführung, Geschäftsmodell,

448 449 450 451 452

Vgl. Koch 2022, Rz. 41a zu § 111 AktG und Rz. 8a zu § 171 AktG. Vgl. Freidank et al. 2015 m. w. N. Vgl. Freidank/Hinze 2015, S. 55–90. Vgl. IIRC 2021. Vgl. IIRC 2021, Tz. 3.1.

H. Integrated Reporting |

305

Risiken und Chancen, strategische Ziele und Ressourcenallokationspläne, Leistung, Zukunftsaussichten sowie Grundlagen des Berichterstellung und -darstellung.⁴⁵³ Der prinzipienbasierte Ansatz des Rahmenwerks ermöglicht eine unternehmensindivi­ duelle Anpassung der Berichtsinhalte auf die für das jeweilige Unternehmen bzw. de­ ren Stakeholder relevanten Aspekte und vereinfacht auf diesem Wege die angestrebte internationale Anwendbarkeit des Rahmenwerks. Zudem hebt das IIRC die folgenden sechs Kapitalarten hervor, auf die im Kontext der Berichterstattung einzugehen ist:⁴⁵⁴ – Finanzkapital (Financial Capital): z. B. Eigen- und Fremdkapital; – Produziertes Kapital (Manufactured Capital): z. B. Gebäude, Ausstattung, Infra­ struktur, zum Verkauf bestimmte Produkte; – Intellektuelles Kapital (Intellectual Capital): z. B. Patente, Lizenzen, Know How, organisationale Strukturen und Prozesse; – Humankapital (Human Capital): z. B. Mitarbeitererfahrungen, -motivation, -loya­ lität; – Beziehungskapital (Social and Relationship Capital): z. B. Reputation, Bezie­ hung zu und Informationsaustausch mit (wichtigen) Stakeholdern und Gemein­ schaften sowie – Natürliches Kapital (Natural Capital): z. B. Rohstoffe, Luft, Wasser, Biodiversität. Diese Kapitalien stellen Wertspeicher dar, die vom Unternehmen als Inputfakto­ ren genutzt und im Rahmen des Geschäftsmodells transformiert werden.⁴⁵⁵ Auch wenn der dargestellten Kategorisierung nicht verbindlich zu folgen ist, so soll sie das komplexe Wertverständnis des IIRC unterstreichen. Mit dieser Sichtweise geht eine Ausweitung der traditionellen Definition des Kapitalbegriffs einher, welche sich auch in einer entsprechenden Ausweitung des Verantwortungsbewusstseins des Manage­ ments niederschlagen soll.

2. Informationsvorteile für die Stakeholder Das Rahmenwerk des Integrated Reporting trägt daher nicht allein den Charakter ei­ nes Berichterstattungskonzepts. Vielmehr ist ein integrierter Bericht als Ergebnis ei­ nes integrierten Denkens (Integrated Thinking) und Entscheidens im Unternehmen aufzufassen.⁴⁵⁶ Er soll dabei die Fähigkeit des Managements widerspiegeln, den inte­ grierten Ansatz im Rahmen der unternehmerischen Aufbau- und Ablauforganisation zu implementieren und so die Komplexität der Wertschöpfung in der Planung, Kon­

453 454 455 456

Vgl. IIRC 2021, Tz. 4.1. Vgl. IIRC 2021, Tz. 2.15. Vgl. IIRC 2021, S. 6. Vgl. Lorson/Paschke 2015, S. 939.

306 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

trolle und Steuerung angemessen berücksichtigen zu können. Das IIRC strebt somit eine Weiterentwicklung der Unternehmensführung zu einem ganzheitlichen, inte­ grativen Ansatz an, welcher finanzielle und nichtfinanzielle Steuerungselemente glei­ chermaßen berücksichtigt und in die relevanten Entscheidungsprozesse integriert.⁴⁵⁷ Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung und tatsächliche Wert­ stiftung einer integrierten Berichterstattung ist zunächst eine Umsetzung des in­ tegrativen Ansatzes im Rahmen des unternehmerischen Steuerungsprozesses. Ein Integrated Thinking führt damit nicht nur für die Berichtsadressaten, sondern auch für die Unternehmensleitung selbst zu einer größeren Transparenz über die Fak­ toren und Zusammenhänge, die die Wertschöpfungsfähigkeit des Unternehmens beeinflussen und daher im unternehmerischen Entscheidungsprozess eine angemes­ sene Berücksichtigung finden sollen. Die Ausdehnung des Wertkalküls, welche durch die mehrdimensionale Kapitalauffassung zum Ausdruck kommt, und die damit einhergehende Erweiterung der Managementverantwortung auf soziale und ökolo­ gische Aspekte gehen daher auch mit einem Wandel in der Unternehmensführung und einer höheren Sensibilität des Leitungs- und Aufsichtsorgans gegenüber nichtfi­ nanziellen Aspekten der unternehmerischen Tätigkeit einher. Eine gesteigerte Transparenz über den unternehmerischen Wertschöpfungs­ prozess und eine umfassende Betrachtung nichtfinanzieller Einflussfaktoren kann dabei nicht nur zu einer effizienten Ressourcenallokation beitragen, sondern dar­ über hinaus Kosteneinsparungen, Reputationsgewinne sowie ein ganzheitliches Ri­ sikomanagement ermöglichen. Aufbauend auf den Erkenntnissen zu Wertschöp­ fungspotentialen nichtmonetärer Faktoren dürfen diese nicht erst ex post in die wertorientierte Berichterstattung eingebunden werden. Um sie im Sinne ei­ ner Unternehmenswertsteigerung auszuschöpfen, sollten sie bereits ex ante als Steuerungselemente Verwendung finden. Die erfolgreiche Umsetzung einer inte­ grierten Steuerung und Berichterstattung dient somit nicht nur der Erfüllung der gestiegenen Informationsbedürfnisse der Stakeholder im Kontext des Management Approach, sondern kann für Unternehmen zu einem entscheidenden Wettbewerbs­ vorteil werden.

I. Zwischenbericht und Ad hoc-Publizität Aus nationaler Sicht haben Unternehmen, die als Inlandsemittenten Aktien oder Schuldtitel im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 WpHG begeben, für die ersten sechs Mo­ nate eines jeden Geschäftsjahres einen Halbjahresfinanzbericht zu erstellen und diesen unverzüglich, spätestens drei Monate nach Ablauf des Berichtszeitraums, der

457 Vgl. Freidank 2019b, S. 18–25; Freidank/Handschumacher 2021a, S. 307–310; Freidank/Hinze 2016, S. 321–324.

I. Zwischenbericht und Ad hoc-Publizität

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Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen (§ 115 Abs. 1 Satz 1 WpHG). Dieser Bericht hat gemäß § 115 Abs. 2 WpHG einen verkürzten Abschluss, einen Zwischenlagebe­ richt und „[. . . ] eine den Vorgaben des § 264 Abs. 2 Satz 3, § 289 Abs. 1 Satz 5 des Handelsgesetzbuches entsprechende Erklärung [. . . ]“ der gesetzlichen Vertreter des Unternehmens (Bilanzeid) zu enthalten. Vor der Veröffentlichung sind der Termin und die Internetadresse bekannt zu geben, ab welchem Zeitpunkt der Bericht zusätz­ lich zu seiner Verfügbarkeit im Unternehmensregister eingesehen werden kann (§ 115 Abs. 1 Satz 2 WpHG). Der Halbjahresfinanzbericht kann durch einen Quartalbericht ersetzt werden.⁴⁵⁸ Dieser informiert nach den ersten drei, sechs und neun Monaten des Geschäftsjahrs über die Unternehmensentwicklung im abgelaufenen Quartal. So­ fern Unternehmen in Prime Standard der Deutschen Börse AG notiert sind, müssen sie Quartalsberichts erstellen.⁴⁵⁹ Da die handelsrechtlichen Normen keine inhaltlichen Vorgaben zur Zwischen­ berichterstattung enthalten, ist DRS 16⁴⁶⁰ als Deduktionsgrundlage heranzuziehen, der sich wiederum an IAS 34 anlehnt. Das Ziel der Zwischenberichterstattung wird in DRS 16.1 mit der Bereitstellung unterjähriger entscheidungsnützlicher Informationen über die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage und die voraussichtliche Entwicklung des Geschäftsjahres angegeben. Der Halbjahresfinanzbericht besteht nach DRS 16.11 aus mindestens einem Zwischenabschluss (verkürzte Bilanz, verkürzte Gewinn- und Verlustrechnung, verkürzter Anhang), einem Zwischenlagebericht sowie einer Ver­ sicherung der gesetzlichen Vertreter (Bilanzeid). Er kann um eine verkürzte Kapital­ flussrechnung und einen verkürzten Eigenkapitalspiegel erweitert werden. Im Zwi­ schenabschluss sind nach DRS 16.20 dieselben Bilanzierungs- und Bewertungsme­ thoden zu beachten wie im letzten Jahresabschluss. Ausgenommen sind Änderungen dieser Methoden, die nach dem Stichtag des Jahresabschlusses vorgenommen wur­ den. Eine Zwischenmitteilung der Geschäftsführung muss nach DRS 16.64 zum einen die wesentlichen Ereignisse und Geschäfte des Mitteilungszeitraums und deren Aus­ wirkungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aufzeigen und zum anderen eine allgemeine Beschreibung der wirtschaftlichen Lage beinhalten. Eine Quantifizie­ rung der Auswirkungen wesentlicher Ereignisse auf die Unternehmenslage muss in diesem Zusammenhang nach DRS 16.67 nicht zwingend erfolgen. Jedes Unternehmen besitzt gemäß § 115 Abs. 5 Satz 1 WpHG ein Wahlrecht, die Zwi­ schenpublizität einer prüferischen Durchsicht durch den Abschlussprüfer zu un­ terziehen. Sofern hierauf verzichtet wurde und auch keine Prüfung gemäß § 317 HGB (fakultativ) stattfindet, ist eine Angabe im Halbjahresfinanzbericht erforderlich (§ 115 Abs. 5 Satz 6 WpHG).

458 Vgl. DCGK 2020, Empfehlung F.3. 459 Vgl. § 53 Börsenordnung für die Frankfurter Wertpapierebörse (Stand: 1.4.2022). 460 Vgl. DRS 16.

308 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

Als Ad hoc-Publizität werden die Publizitätspflichten von Emittenten, die in der Marktmissbrauchsverodnung (MMVO)⁴⁶¹ geregelt sind, bezeichnet. So verpflich­ te Art. 1 i. V. m. Art. 7 Abs. 1a MMVO die Emittenten zur unverzüglichen (Ad hoc) Veröffentlichung von Tatsachen, die den Kurs der Wertpapiere des Unternehmens erheblich beeinflussen oder im Fall von Schuldverschreibungen die Fähigkeit des Emittenten beeinträchtigen können, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die Pflicht zur Ad hoc-Publizität verhindert ein Verschweigen von Insiderinformationen, die diese zu eigenem Vorteil ausnutzen könnten (Insiderhandel). Vor der allgemei­ nen Veröffentlichung müssen die Ad hoc-Informationen zunächst der Bafin und den Geschäftsführungen der Handelsplätze bekannt gegeben werden (§ 26 Abs. 1 WpHG). Diese können eine Aussetzung der Kurse beschließen, sofern extreme Marktreak­ tionen erwartet werden. Auf diese Vorabmitteilungen folgt die Veröffentlichung in Börsenpflichtblättern und elektronischen Informationsverbreitungssystemen (§ 15 WpHG). Sofern der Emittent die Publizitätspflicht verletzt, ist er gemäß § 26 Abs. 2 i. V. m. § 97 Abs. 1 WpHG schadenersatzpflichtig, wenn ein Dritter die Wertpapiere nach der unterlassenen Berichterstattung erwirbt und bei einem späteren Bekanntwerden der Tatsache dieser noch die Wertpapiere besitzt oder wenn er die Wertpapiere vor dem Eintritt der Tatsache erwirbt und nach der Unterlassung veräußert. Auch bei der Ver­ öffentlichung unrichtiger Tatsachen wird eine Schadenersatzpflicht des Emittenten relevant (§ 98 Abs. 1 WpHG). Das Interesse von Ad hoc-Meldungen am Kapitalmarkt ist jedoch mit Anreizen aufseiten der Emittenten verbunden, diese als Instrument einer positiven Selbstdarstellungspolitik zu nutzen. Während die Inhalte des Zwischenberichts Gegenstand des IAS 34 ist, sind kei­ ne verbindlichen Regelungen in den IFRS vorzufinden, welche sich an den Unterneh­ menskreis, die Häufigkeit und den Zeitraum der Zwischenberichterstattung richten. Diese Regelungen sind hingegen von den nationalen Gesetzgebungen, den Börsenauf­ sichtsbehörden, Börsen und Rechnungslegungsgremien festzulegen. Das IASB emp­ fiehlt jedoch börsennotierten Unternehmen, ihre Zwischenberichte bezüglich des An­ satzes, der Bewertung und der Angaben auf Basis des IAS 34 zumindest für das Ende der ersten Hälfte des Geschäftsjahres zu erstellen und diesen mindestens 60 Tagen nach dem Ende der Zwischenberichtsperiode zu veröffentlichen (IAS 34.1). Der IFRS-Zwischenbericht muss eine verkürzte Bilanz, eine verkürzte Gesamt­ erfolgsrechnung, eine verkürzte Eigenkapitalveränderungsrechnung, eine verkürzte Kapitalflussrechnung sowie ausgewählte erläuternde Anhangangaben enthalten. Ein Unternehmen hat in Korrespondenz zu DRS 16 die gleichen Bilanzierungs- und Bewer­ tungsmethoden in den Zwischenberichten anzuwenden, die im IFRS-Abschluss eines Geschäftsjahres zugrunde gelegt wurden, mit Ausnahme von Änderungen der Bilan­ zierungs- und Bewertungsmethoden, die nach dem Stichtag des letzten Abschlusses

461 Vgl. EU-Verordnung 2014.

J. Elektronisches Format für Finanzberichte | 309

eines Geschäftsjahres vorgenommen wurden und die im nächsten Abschluss eines Ge­ schäftsjahres wiederzugeben sind (IAS 34.28). Die Pflicht zur Anwendung der gleichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden während eines Geschäftsjahres soll die Vergleichbarkeit der Zwischenberichte erhöhen. Wenn die Entscheidung getroffen wird, während des Geschäftsjahrs eine Methode zu ändern, müssen die Änderungen retrospektiv angewendet und bereits veröffentlichte Daten eines Zwischenberichts nach IAS 34.43 angepasst werden. Die Bewertung hat für Zwecke der Zwischenberichterstattung auf der Basis kumu­ lierter Werte zwischen dem Beginn des Geschäftsjahres und dem Zwischenberichts­ zeitpunkt zu erfolgen, sodass die Häufigkeit der Berichterstattung eines Unterneh­ mens die Höhe des Jahresergebnisses nicht beeinflusst (IAS 34.28). Erträge, die inner­ halb eines Geschäftsjahres saisonal, konjunkturell bedingt oder gelegentlich erzielt werden, dürfen am Stichtag des Zwischenberichts nicht vorgezogen oder abgegrenzt werden, wenn das Vorziehen oder die Abgrenzung am Ende des Geschäftsjahres unan­ gemessen wäre (IAS 34.37). Aufwendungen, die unregelmäßig während des Geschäfts­ jahres anfallen, sind ebenfalls nur dann für die Zwischenberichterstattung vorzuzie­ hen oder abzugrenzen, wenn dieses Vorgehen auch am Ende des Geschäftsjahrs an­ gemessen wäre. Der Ertragsteueraufwand muss analog zu DRS 16 auf der Grundlage der bestmöglichen Schätzung des gewichteten durchschnittlichen jährlichen Ertrag­ steuersatzes, der für das gesamte Geschäftsjahr erwartet wird, erfasst werden.

J. Elektronisches Format für Finanzberichte Die fortschreitende Digitalisierung hat auch vor der Unternehmensberichterstattung keinen Halt gemacht, so dass mittlerweile nahezu sämtliche Berichte ausschließlich oder ergänzend in elektronischer Form zu veröffentlichen sind. Dabei ist mit Blick auf die Gewährleistung der Informationsfunktion von Unternehmensberichten ein einheitliches elektronisches Format von herausragender Bedeutung. Ziel des einheitlichen Formats ist es, insbesondere die Finanzberichterstattung hinsichtlich ihrer Aufbereitung, Zugänglichkeit und Analysierbarkeit unabhängig von der jeweiligen Landessprache transnational zu erleichtern. Außerdem werden Sys­ tembrüche vermieden und es kann ein verbesserter Informationsaustausch erfol­ gen. Technische Regulierungsstandards zur Spezifizierung dieses elektronischen Be­ richtsformats enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2019/815 der Kommission vom 17. Dezember 2018 (ESEF-VO).⁴⁶² Gemäß Artikel 3 der ESEF-VO haben Emittenten ihre Jah­ resfinanzberichte im Format Extensible Hyper Text Markup Language (XHTML) zu erstellen. Beim XHTML-Format handelt es sich um keine Programmier-, sondern um eine Auszeichnungssprache, indem sie für den Inhalt von Webseiten eine Struktur auf­

462 Vgl. EU-Verordnung 2018.

310 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

baut (z. B. Textinhalte, Bilder oder Hyperlinks). Die IT-Anwendungen (z. B. Browser) können diese Inhalte interpretieren und dem Nutzer entsprechend wiedergeben.⁴⁶³ Außerdem müssen sie in Jahresfinanzberichten enthaltene Konzernabschlüsse, die nach IAS und IFRS aufgestellt sind, nach Maßgabe der Artikel 4 und 6 der ESEF-VO auszeichnen. Die Auszeichnung erfolgt mit Hilfe der sogenannten Inline eXtensible Business Reporting Language (iXBRL)-Technologie.⁴⁶⁴ Die zusätzliche gesonderte Auszeichnung für IFRS-Abschlüsse betrifft insbesondere die Bilanz, Kapitalflussrech­ nung, Gesamtergebnisrechnung und Eigenkapitalveränderungsrechnung. Die XBRLTechnologie besteht aus Attributen, wie z. B. Fachbegriffe der einzelnen Elemente (z. B. Umsatzerlöse) oder die Art der jeweiligen Wertangabe (z. B. Betrag in €). Die At­ tribute werden dabei in einzelne Typen unterteilt. Parallel dazu wird eine logische und rechnerische Verknüpfung der aufkommenden Elemente konzipiert, so dass die­ se untereinander und extern in Beziehung gebracht werden können. Z. B. ist der Pos­ ten Umsatzerlöse sowohl Bestandteil der Gewinn- und Verlustrechnung als auch ein Unterposten von dem Bilanzposten Jahresüberschuss. Die Daten speichern sich in einer bestimmten Struktur ab und ergeben eine so­ genannte Taxonomie, die einen Katalog an Unternehmensinformationen mit den je­ weiligen Attributen darstellt. Die gesamten Elemente geben eine algebraische Struk­ tur und verknüpfen diese untereinander. Innerhalb der XBRL-Technologie wurde die iXBRL-Technologie entwickelt, die es ermöglicht, dass die Informationen, ohne eine virtuelle Umwandlung der XBRL-Datei, maschinell lesbar sind. Die ESEF-VO ist an­ zuwenden auf Jahresfinanzberichte mit Abschlüssen für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2020 beginnen.⁴⁶⁵ Daneben findet auf nationaler Ebene das Gesetz zur weiteren Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie im Hinblick auf ein einheitliches elektro­ nisches Format für Jahresfinanzberichte (sog. ESEF-UG) Anwendung. Vorgenanntes Gesetz gilt für die Publikation der Jahresfinanzberichterstattung von sog. Inlands­ emittenten. Dabei hat sich der Gesetzgeber für eine bürokratiearme Novellierung entschieden und vorrangig an die rechnungslegungsbezogene Publizität des HGB angeknüpft. Gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 des WpHG hat ein Unternehmen, das als In­ landsemittent Wertpapiere begibt, für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs einen Jahresfinanzbericht zu erstellen und spätestens vier Monate nach Ablauf eines je­ den Geschäftsjahrs der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, wenn es nicht nach den handelsrechtlichen Vorschriften zur Offenlegung der ansonsten in einem Jah­ resfinanzbericht enthaltenen Rechnungslegungsunterlagen verpflichtet ist. Nunmehr sind Inlandsemittenten zukünftig dazu verpflichtet, ihre Jahresabschlüsse und La­ geberichte in einem einheitlichen elektronischen Format, dem European Single

463 Vgl. IDW PS 410 Tz. 15. 464 Vgl. Kußmaul/Schmeer 2022, S. D2/1–200; Saile 2022, S. 1–38 m. w. N. 465 Vgl. EU-Verordnung 2018, Art. 8, L143/4.

K. Zusammenfassung

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Electronic Format (ESEF), zu erstellen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Insoweit musste im Handelsbilanzrecht geregelt werden (§ 328 Abs. 1 HGB), dass die in einem Jahresfinanzbericht enthaltenen Informationen gleichermaßen in dem ESEF-Format offenzulegen sind. Die Änderungen waren erstmals auf Jahresabschlüs­ se, Konzernabschlüsse, Lage- und Konzernlageberichte sowie Erklärungen nach § 264 Abs. 2 Satz 3, § 289 Abs. 1 Satz 5, § 297 Abs. 2 Satz 4 und § 315 Abs. 1 Satz 5 HGB für nach dem 31.12.2019 begonnene Geschäftsjahre anzuwenden. Bei der Abschlussprüfung von Emittenten im Anwendungsbereich der EU-Vor­ gaben ist künftig die Umsetzung der vorgenannten Regelungen zu überprüfen (§ 317 Abs. 3a HGB). Es muss im Bestätigungsvermerk ein Prüfungsurteil darüber abgeben werden, ob die von den gesetzlichen Vertretern für Zwecke der Offenlegung erstellten elektronischen Wiedergaben des geprüften Abschlusses und des geprüften Lagebe­ richts in allen wesentlichen Belangen den ESEF-Vorgaben entsprechen. Weiterhin ist innerhalb des Bestätigungsvermerks darauf hinzuweisen, dass der Bestätigungsver­ merk immer im Zusammenhang mit dem geprüften Abschluss, dem geprüften Lage­ bericht und den geprüften ESEF-Unterlagen zu lesen ist.⁴⁶⁶

K. Zusammenfassung Zunehmende Informationsanforderungen unterschiedlicher Stakeholdergruppen und internationale Harmonisierungsbestrebungen der Rechnungslegung lassen die Zahl und den Umfang der Berichte, die Unternehmen freiwillig oder aufgrund gesetz­ licher Vorgaben veröffentlichen, in jüngerer Zeit deutlich steigen. So gewinnen vor allem bei kapitalmarktorientierten Unternehmen i. S. von § 264d HGB neben dem Fi­ nancial Accounting mit seinen Ausflusselementen Jahresabschluss und Lagebericht das Value Reporting, das Corporate Governance Reporting, die Berichterstat­ tung über nichtfinanzielle Aspekte und das Integrated Reporting zunehmend an Bedeutung. Die verschiedenen Berichte stehen häufig isoliert nebeneinander, enthal­ ten vielfach identische Angaben zu finanziellen und nichtfinanziellen Informationen und werden mit unterschiedlicher Reichweite in die Abschlussprüfung einbezogen. Kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften sehen sich in jüngerer Zeit einer wachsenden Aufmerksamkeit aus Sicht der externen Analysten gegenüber, ihre Rechnungslegung um spezifische Informationen zu erweitern, die nicht oder nur unzureichend durch Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und La­ gebericht abgebildet werden können. Hierbei kommt den Finanzierungsrechnun­ gen (Bewegungsbilanzen, Kapitalflussrechnung) und der Eigenkapitalverände­ rungsrechnung eine zentrale Bedeutung zu. Die Motivation der in Rede stehenden Rechnungen liegt in der zukunfts- und stromgrößenorientierten Beurteilung des un­

466 Vgl. IDW PS 420, Tz. 50–72.

312 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

ternehmerischen Erfolgs- und Liquiditätspotenzials. Ferner kommt für hoch diversifi­ zierte Kapitalgesellschaften die Bereitstellung von Segmentberichten hinzu, um Er­ folgssaldierungseffekte zwischen den Geschäftssegmenten zu vermeiden. Neben der Qualität der Unternehmensinformation steht in jüngerer Zeit auch die Quantität im be­ sonderen Interesse des Kapitalmarkts. So liefert der traditionelle Jahresabschluss kein zeitnahes und aktuelles Bild über die Unternehmensleistung. Vor diesem Hintergrund werden unterjährige Publikationsmedien, z. B. Halbjahres- und Quartalsberichte (sog. Zwischenberichte) und in besonderen Fällen Ad-hoc-Berichte bereitgestellt, um den berechtigten Marktinteressen nach einem Fast Close nachzukommen. In die­ sem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Inlandsemittenten i. S. v. § 114 Abs. 1 Satz 1 WpHG künftig dazu verpflichtet sind, ihre Jahresabschlüsse und Lage­ berichte in einem einheitlichen elektronischen Format (ESEF) zu erstellen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Die Beseitigung von Informationsdefiziten soll durch die strikte Befolgung des Management Approach herbeigeführt werden, demzufolge die externen Stakehol­ dergruppen aus quantitativer und qualitativer Sicht mit den gleichen Berichtsinhal­ ten zu versorgen sind wie das Management für die interne Unternehmenssteuerung selbst. Allerdings muss das Verwaltungsorgan unter Berücksichtigung von ggf. durch die Publizitätspolitik des Unternehmens gezogenen Grenzen die über die Vorgaben des Financial Accounting hinausgehende Berichterstattung an den unterschiedli­ chen Informationsbedürfnissen der einzelnen externen Adressaten ausrichten, um einerseits der Gefahr einer Informationsüberflutung entgegenzuwirken und zum anderen zu einem harmonischen Konzept des Value Reporting zu gelangen. Der An­ satz sollte unter weitgehender Lösung bestehender Informationskonflikte zwischen den Stakeholdergruppen geeignet sein, diese dergestalt zu beeinflussen, dass sie sich im Sinne der gesetzten Unternehmensziele verhalten. Im Grundsatz ist das Value Reporting-System somit darauf ausgerichtet, vorhandene (Wert-)Lücken zwischen dem im Rahmen des Financial Accounting bilanzierten Eigenkapital und dem Unter­ nehmenswert, verstanden als Zukunftserfolgswert, durch den Einsatz ausgewählter publizitätspolitischer Instrumente zu erklären. Das Value Reporting, welches aus Gründen der Systematisierung vorstehend als Value Reporting im weiteren Sinne bezeichnet wurde, lässt sich wiederum in Corpo­ rate Governance Reporting und Value Reporting im engeren Sinne untergliedern. Das Corporate Governanve bezieht sich auf die strukturierte und regelmäßige Bericht­ erstattung, die geeignet ist, Informationsasymmetrien zwischen Unternehmensver­ waltung und externen Stakeholdern bezüglich der Führung und Überwachung des Unternehmens (Corporate Governance) zu reduzieren bzw. zu vermeiden. In Abgren­ zung zum Corporate Governance Reporting beinhaltet Value Reporting im engeren Sinne neben kapitalmarktorientierten Daten, die eine Beurteilung der Wertentwick­ lung des Unternehmens ermöglichen, Informationen über nicht bilanzierte immate­ rielle Vermögenswerte und die verfolgte Strategie mit bestehenden Chancen und Ri­ siken (Performance Measurement), um den externen Adressaten einen transparenten

K. Zusammenfassung |

313

Einblick in die aktuelle und künftige wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu er­ möglichen. Für große Kapitalgesellschaften ist nach § 267 Abs. 3 HGB eine Berichterstat­ tung über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren im Lagebericht nur insoweit vor­ geschrieben, als sie für das Verständnis des Geschäftsverlaufs oder der Lage des Unternehmens von Bedeutung sind und auch intern zur Steuerung herangezogen werden. Allerdings steht nach der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung die nichtfinanzielle Unternehmensberichterstattung vor tiefgreifenden Änderun­ gen.⁴⁶⁷ So ist geplant, den Berichtskreis auf alle großen Kapitalgesellschaften (bei Banken und Versicherungen unabhängig von der Rechtsform) sowie auf kapitalisti­ sche Personenhandelsgesellschaften auszuweiten sowie das Reporting nach noch zu entwickelnden neuen europäischen Standards vornehmen zu lassen. Zudem wird verlangt, dass die betroffenen Unternehmen sowohl qualitative und quantitative als auch zukünftige und retrospektive Daten unter Bezugnahme auf ihre Wertschöp­ fungskette anzugeben haben und dabei von einer kurz-, mittel- und längerfristigen Betrachtungsperspektive ausgehen. Ferner soll die Berichterstattung zwingend im Lagebericht erfolgen, um den Zusammenhang zwischen Finanz- und Nachhaltig­ keitsinformationen zu verbessern und die Berichterstattung zu objektivieren.⁴⁶⁸ Davon zu unterscheiden ist eine zusätzliche freiwillige Berichterstattung in Form eines Nachhaltigkeitsberichts. Dabei handelt es sich um eine in der Praxis häufig anzutreffende Form weit über gesetzliche Vorgaben hinausgehenden Berichterstat­ tung von Unternehmen, um über ökonomische, ökologische und soziale Belange gegenüber einem weiteren Kreis von Anspruchsgruppen Rechenschaft abzulegen. Bei der Erstellung eines solchen Nachhaltigkeitsberichts können sich die gesetzlichen Vertreter an allgemein anerkannten Rahmenwerken, wie z. B. dem deutschen Nach­ haltigkeitskodex, orientieren. Die Wahl eines Rahmenwerks eröffnet aber stets einen darstellungsbezogenen Ermessensspielraum. Kritisch einzustufen sind nach jetzigem Rechtsstand die Wahlmöglichkeiten zur nichtfinanziellen Berichterstattung in Form eines Nachhaltigkeitsberichts und ihre Redundanzen mit den Pflichtangaben über nichtfinanzielle Leistungsindikatoren im Lagebericht. Ein Spielraum entsteht regelmäßig durch Vorgaben und Standards, de­ nen es an konkretisierenden Verlautbarungen oder einer gesetzlichen Normierung mangelt. Da der Auslegungs- und Gestaltungsrahmen den Rechnungslegenden einen Freiraum der praktischen Adaption gewährt, entstehen heterogene, unterneh­ mensindividuelle Nachhaltigkeitsberichte und Verortungen. Diese Vielfalt hemmt eine Vergleichbarkeit der Unternehmensberichterstattung, so dass Erwartungslü­ cken⁴⁶⁹ entstehen können. Der in Rede stehende Effekt verstärkt sich vor dem Hinter­

467 Vgl. EU-Richtlinie 2022; ISSB 2022a; ISSB 2023b. 468 Vgl. Hierl 2021, S. 351–352; Wildemann 2022, S. 16. 469 Vgl. Freidank 2015, S. 79.

314 | IV. Erweiterte Rechnungslegungsinstrumente

grund der globalen Harmonisierung der Rechnungslegung, wenn sich der gesetzliche Umfang in Normierung und Einbindung in die Finanzberichterstattung auch noch länderspezifisch unterscheidet. Das freiwillige Integrated Reporting führt die Informationen des Financial Ac­ counting, Corporate Governance Reporting, der Nachhaltigkeitsberichterstattung und des Value Reporting im engeren Sinne in mehrdimensionaler Form zusammen, in­ dem in teilweiser Anlehnung an das Konzept des Value Reporting⁴⁷⁰ eine Unterschei­ dung in Financial Capital, Manufactured Capital, Human Capital, Intellectual Capital, Natural Capital sowie Social and Relationship Capital nach dem Ansatz des Multiple Capital vorgenommen wird. Darüber hinaus werden die Wechselwirkungen zwischen den Kapitalarten und einzelnen Funktionsbereichen des Unternehmens im integrier­ ten Reporting-System nach Maßgabe des Konzepts eines Integrated Thinking erfasst. Mit dieser Vorgehensweise können den externen Stakeholdergruppen „[. . . ] durch ei­ ne integrierte und verknüpfte Berichterstattung über alle wesentlichen Erfolgsfakto­ ren vollständigere und stärker entscheidungsrelevante Informationen [. . . ]“⁴⁷¹ zum Zwecke der Darstellung einer ganzheitlichen, gegenwärtigen und zukünftigen Wert­ schöpfung gezeigt und so die Kapitalmarktkommunikation gezielt erweitert werden.

470 Vgl. AKEU 2002, S. 2337–2340. 471 IDW 2013, S. 50.

| Teil 4: Rechnungslegungspolitik von Kapitalgesellschaften

316 | Teil 4 Rechnungslegungspolitik von Kapitalgesellschaften

Lernziele – – – – – –

Ableitung rechnungslegungspolitischer Handlungsziele aus dem Konzept der Un­ ternehmenspolitik Strukturierung der Rechnungslegungspolitik in sachverhalts- und darstellungs­ gestaltende Alternativen Grenzen der Rechnungslegungspolitik Modellansätze für eine planmäßige Rechnungslegungspolitik Simultan- und Sequenzialmodelle als Konzepte für die Digitalisierung der Rech­ nungslegungspolitik Firmenbezogene anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik

https://doi.org/10.1515/9783110679588-part04

I. Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik A. Einführende Systematisierung Im Rahmen des traditionellen, entscheidungsorientierten Ansatzes der Betriebswirt­ schaftslehre besteht die Aufgabe der Unternehmenspolitik ganz allgemein darin, unter Rückgriff auf die durch die Theorie gewonnenen Erkenntnisse bezüglich der Gestaltung des Unternehmensgeschehens den Führungsinstanzen geeignete Ent­ scheidungsregeln bzw. Entscheidungswerte zur Verfügung zu stellen. Als Unterneh­ menspolitik, die sich aus einem Spektrum interdependenter Partialpolitiken zusam­ mensetzt (z. B. Beschaffungs-, Produktions-, Absatz-, Investitions-, Finanzierungs-, Steuer- und Rechnungslegungspolitik) „[. . . ] sei die Gesamtheit von Handlungsemp­ fehlungen zum Erreichen bestimmter Ziele eines Unternehmers bezeichnet“⁴⁷². Die aus den einzelnen Bereichspolitiken resultierenden Zielgrößen sowie die Maßnahmen zu ihrer Realisation gilt es im Hinblick auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Oberziels (z. B. Sicherung der Unternehmensexistenz) zu koordinieren. Durch diese Vorgehensweise besteht die Möglichkeit, eine Zielhierarchie zu entwickeln, die den Komplex „Unternehmenspolitik“ nach den auf verschiedenen Ebenen des Zielaufbaus zum Tragen kommenden Partialpolitiken gliedert.⁴⁷³ Zur Erfüllung der Gestaltungsfunktion im Rahmen der Unternehmenspolitik, d. h. zur Bestimmung optimaler Handlungsalternativen, entwickelt die Betriebswirt­ schaftslehre Entscheidungsmodelle, für deren Konzeption Informationen über die Zielvorstellungen der Benutzer derartiger Modelle sowie die Mittel (Instrumente, Ak­ tionsparameter) zur Zielrealisation vorliegen müssen. Die unternehmenspolitischen Maßnahmen zur Durchsetzung der gestellten Ziele bzw. Zielbündel lassen sich grund­ legend in sachverhaltsgestaltende Maßnahmen einerseits sowie sachverhaltsdarstel­ lende Maßnahmen andererseits aufspalten.⁴⁷⁴ Während sachverhaltsgestaltende In­ strumente unmittelbar der Realisation der formulierten Zielfunktion dienen,⁴⁷⁵ wir­ ken die sachverhaltsdarstellenden Mittel nur indirekt auf die Verwirklichung der Zielvorschrift, z. B. im Rahmen der Publizitätspolitik, ein. Treffen die Verantwortlichen im Rahmen des ihnen vom Gesetzgeber eingeräum­ ten Instrumentariums bewusst Entscheidungen hinsichtlich der Gestaltung des Jah­ resabschlusses, die darauf ausgerichtet sind, bestimmte Verhaltensweisen der Adres­ saten des Jahresabschlusses (unternehmens-) zielkonform zu beeinflussen, so betrei­ 472 Schneider 1992, S. 21. 473 Vgl. Marettek 1970, S. 10. 474 Vgl. Baetge/Ballwieser 1978, S. 514–515. 475 Eindeutig sachverhaltsgestaltenden Charakter tragen z. B. die Aktionsparameter der Beschaffungs-, Produktions-, Absatz-, Investitions- und Steuerpolitik. https://doi.org/10.1515/9783110679588-012

318 | I. Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik

ben sie nach h. M. Bilanz- oder Jahresabschlusspolitik. Da neben der Bilanz, der Gewinn- oder Verlustrechnung, dem Anhang und dem Lagebericht auch andere nicht normierte Medien (z. B. Sozialbilanzen, Nachhaltigkeitsberichte, Aktionärsbriefe) so­ wie Zwischenabschlüsse, Sonder- und Konzernbilanzen Objekte der zielgerichteten Beeinflussung sein können, wird im Folgenden der traditionelle Begriff der Bilanzpo­ litik⁴⁷⁶ durch den umfassenden Terminus Rechnungslegungspolitik ersetzt.⁴⁷⁷ Der Jahresabschluss als Primärobjekt rechnungslegungspolitischer Gestaltungen stellt zum einen die Grundlage zur Ermittlung der finanziellen Ansprüche der Unterneh­ menseigner sowie des Fiskus dar und dient zum anderen in Verbindung mit dem Lagebericht der Informationsgewinnung unter Berücksichtigung bestimmter Infor­ mationsziele, die von aktuellen und potenziellen Stakeholdern (z. B. Anteilseigner, Gläubiger, Wettbewerber, Investoren, Fiskus, Mitarbeiter, Gewerkschaften, Analys­ ten, Management, Öffentlichkeit) formuliert werden. Abbildung 118 verdeutlicht die Einordnung der Rechnungslegungspolitik in die Bereiche der Rechnungslegung. Sofern sich zielgerichtete Gestaltungen auf den Jahresabschluss und den Lagebe­ richt der Kapitalgesellschaft beziehen, stellt sich die Frage, ob im Rahmen der von ex­ ternen Adressaten betriebenen Rechnungslegungsanalyse die auf eine Verhaltens­ beeinflussung der Stakeholder ausgerichteten Darstellungen aufgedeckt werden kön­ nen und damit eine zielgerichtete Rechnungslegungspolitik leerläuft. Insbesondere

Rechnungslegung i.w.S.

Rechnungslegung i.e.S.

Rechnungslegungspolitik

Vorgeschriebene oder freiwillige Übermittlung unternehmensbezogener Informationen an aktuelle Stakeholder (z.B. Aktionäre, Öffentlichkeit, Fiskus) und potenzielle Stakeholder (z.B. private Investoren) mit Hilfe des Jahresabschlusses, des Lageberichts und sonstiger Medien (z.B. Zwischenberichte, Aktionärsbriefe und Nachhaltigkeitsberichte).

Instrument der Unternehmensleitung zur Verhaltensbeeinflussung der am Unternehmensgeschehen beteiligten Gruppen (Stakeholder) mittels Jahresabschluss, Lagebericht und/oder sonstiger Informationen.

Rechnungslegungsanalyse Untersuchung der einzelnen Objekte der Rechnungslegung mit dem Ziel, Informationen zu gewinnen, die aus dem Jahresabschluss, Lagebericht und/oder sonstigen Medien nicht oder nur mit Einschränkungen ersichtlich sind.

Spannungsverhältnis

Abb. 118: Bereiche der Rechnungslegung.

476 Vgl. etwa Detert/Sellhorn 2007, S. 247–252 m. w. N. 477 Aus internationaler Sicht wird die von der Unternehmensleitung betriebene Rechnungslegungs­ politik auch als Earnings Management bezeichnet, wenn sich die Aktivitäten auf die Ergebnissteue­ rung beziehen. Vgl. etwa Pfaff/Ising 2010, S. 291–312 m. w. N.

A. Einführende Systematisierung

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319

aus drei Gründen erscheint eine Auseinandersetzung mit zielgerichteten rechnungs­ legungspolitischen Gestaltungen aber dennoch zwingend erforderlich.⁴⁷⁸ – Auch durch eine detaillierte Analyse aller gesetzlich vorgeschriebenen Jahres­ abschluss- und Lageberichtsinformationen lassen sich realisierte rechnungsle­ gungspolitische Maßnahmen nur unvollständig entschlüsseln. – Der Einfluss nicht oder nur tendenziell aufdeckbarer rechnungslegungspoliti­ scher Maßnahmen wird von der traditionellen Kennzahlenrechnung, die das primäre Instrumentarium der (statischen) Rechnungslegungsanalyse darstellt, vollständig negiert. – Sofern steuerrechtliche Ziele die Rechnungslegungspolitik dominieren, müssen die entsprechenden Gestaltungen von der Finanzbehörde als Adressat akzeptiert werden, sofern sie nicht gegen zwingende Normen des Handels- und Steuerrechts verstoßen.⁴⁷⁹ Schließlich stellt sich im Rahmen der begrifflichen Abgrenzung die Frage, welche Be­ ziehungen zwischen Rechnungslegungspolitik und Bilanztheorie bestehen.⁴⁸⁰ Als Aufgabe der traditionellen Bilanztheorie⁴⁸¹ ist zunächst die Beschreibung der formel­ len und materiellen Zusammenhänge zu nennen, die aus der Sicht der Betriebswirt­ schaftslehre und unter Berücksichtigung der vom Gesetzgeber kodifizierten Zielset­ zungen an den Jahresabschluss gestellt werden (z. B. Ausschüttungs- und Informati­ onsziele). Darüber hinaus muss die Bilanzlehre analysieren, inwieweit die normierten Rechnungslegungsvorschriften in der Lage sind, die Ziele des Gesetzgebers umzuset­ zen, wie die Beziehung zwischen gesetzlichen Normen und der Realisation spezifi­ scher betrieblicher Ziele (z. B. Substanz- und Kapitalerhaltung) zu bewerten ist und wie u. U. die Rechnungslegungsvorschriften geändert werden müssten, um die vor­ stehend genannten Ziele des Gesetzgebers und/oder der Unternehmung zu verwirkli­ chen.⁴⁸² Im Wissenschaftsprogramm der traditionellen Betriebswirtschaftslehre ist die Bilanztheorie normativ ausgerichtet und versucht mithin in Erfahrung zu bringen, welche Gestaltungen des Jahresabschlusses vorgenommen werden müssen, wenn bestimmten Interessen der Stakeholder und/oder der „Unternehmung an sich“ best­ möglich gedient werden soll.⁴⁸³ Aus normativer Sicht kommt der Rechnungslegungs­ politik in diesem Zusammenhang die Funktion zu, unter Berücksichtigung der durch die Theorie gewonnenen Erkenntnisse die entsprechenden Objekte (z. B. Jahresab­ schluss und Lagebericht) im Rahmen der vom Gesetzgeber eingeräumten Bandbreite 478 Vgl. auch Küting 1996, S. 934–944. 479 Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG kann der Steuerpflichtige den Jahresabschluss aus rechnungsle­ gungspolitischen Gründen nach Einreichung beim Finanzamt nicht mehr ändern. 480 Vgl. auch Ballwieser 2008, S. 2–3. 481 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt IV.D. 482 Vgl. Wöhe 1977, S. 217–218. 483 Vgl. Rückle 1983, S. 32.

320 | I. Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik

so zu gestalten, dass als Konsequenz dieses Transformationsprozesses bestimmte be­ triebliche Zielsetzungen optimal erreicht werden können.⁴⁸⁴ Wird die Bilanztheorie mit (normativer) Bilanzinterpretation in dem hier vorgetragenen Sinne gleichgesetzt, so liegt weitgehende Deckungsgleichheit zwischen den Begriffen Bilanztheorie und Rechnungslegungspolitik vor.⁴⁸⁵ Im Schrifttum herrscht weitgehend Übereinstimmung, dass die in das Zielsystem von Kapitalgesellschaften integrierte Rechnungslegungspolitik derivativen Charak­ ter trägt und vorrangigen Zielen anderer Teilpolitiken dient.⁴⁸⁶ Um das betriebliche Oberziel der Existenzsicherung zu verwirklichen, bedient sich die Unternehmenslei­ tung bestimmter Instrumente, die zunächst unmittelbar zur Realisierung spezifischer Unterziele eingesetzt werden (z. B. Maximierung des Shareholder Value). Die Rech­ nungslegungspolitik trägt in diesem Zusammenhang direkt zur Erreichung finanzund publizitätspolitischer Zielsetzungen bei, womit ihre konkreten Handlungsziele in erster Linie aus der Finanz- und Publizitätspolitik abzuleiten sind.⁴⁸⁷ Somit bestim­ men nicht nur die unmittelbar vorgelagerten Zielsetzungen der Finanz- oder Publizi­ tätspolitik den Charakter der Rechnungslegungspolitik, sondern zudem die individu­ ellen Nutzenvorstellungen der Unternehmensleitung. Da das persönliche Ansehen des Managements untrennbar mit der allgemeinen Beurteilung des Unternehmens verbunden ist, wird zwischen den persönlichen Zielen der Führungsinstanzen und den aus den Oberzielen der Unternehmenspolitik abgeleiteten rechnungslegungspo­ litischen Unterzielen i. d. R. weitgehend Deckungsgleichheit bestehen. Mithin erstre­ cken sich die in der Realität zu beobachtenden Zielbeziehungen der Rechnungsle­ gungspolitik, die es nachfolgend im Einzelnen herauszustellen gilt, um operationale Ansatzpunkte für den Instrumentenkatalog zu erhalten, auf die – Beeinflussung der finanzwirtschaftlichen Situation des Unternehmens (Finanz­ ziele); – Selbstdarstellung der Unternehmung durch gezielte Informationspolitik (Publi­ zitätsziele); – Durchsetzung persönlicher Ziele des Managements (Individualziele).⁴⁸⁸

484 Vgl. Wöhe 1977, S. 218. 485 So bereits Lücke 1969, S. 2287. 486 In einem marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystem muss das Gewinnmotiv, das sich in seinen un­ terschiedlichen Ausprägungen vom Angemessenheitsprinzip über den Gewinnglättungsgrundsatz bis hin zum Gewinnmaximierungsprinzip spannt, nach wie vor als primäres Oberziel angesehen werden. Für kapitalmarktorientierte Unternehmen kommt der Maximierung des Marktwerts des Eigenkapitals (Shareholder Value) eine besondere Bedeutung zu. Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV.E. 487 Allerdings beeinflussen auch Entscheidungen anderer Teilpolitiken (z. B. im Bereich Beschaf­ fungs-, Produktions- und Absatzpolitik) den Umfang und die Struktur des Jahresabschlusses und des Lageberichts. Jedoch haben sie, im Gegensatz zur Finanzierungs- und Publizitätspolitik, keine un­ mittelbaren Auswirkungen auf die rechnungslegungspolitischen Zielsetzungen und können deshalb nachfolgend unberücksichtigt bleiben. 488 Ähnlich Heinhold 1984a, S. 389; Kußmaul/Cloß 2010, S. 384–388.

B. Zielsystem der Rechnungslegungspolitik | 321

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in der Realität die genannten Zielstrukturen nie isoliert anzutreffen sind, sondern in einem Mischungsverhältnis von der Unter­ nehmensleitung angestrebt werden. Innerhalb dieses verfolgten Zielsystems können dann jedoch Konflikte auftreten, wenn die Erreichung eines Ziels die Realisation ei­ nes anderen behindert oder vollkommen ausschließt.

B. Zielsystem der Rechnungslegungspolitik 1. Finanzpolitische Ziele a. Allgemeines Die Finanzpolitik ist im Grundsatz darauf ausgerichtet, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens in jeder betrieblichen Situation sicherzustellen und sonstige finanzi­ elle Anforderungen, die in anderen Partialpolitiken ausgelöst werden, bestmöglich zu erfüllen.⁴⁸⁹ Der Rechnungslegungspolitik kommt in diesem Zusammenhang die Funk­ tion zu, den Abfluss erwirtschafteter Mittel aus der Unternehmung zu steuern [Aus­ schüttungen, Tantiemen, (Ertrag-)Steuern, Fremdkapitaldienst] sowie den Ausweis der Vermögens- und Kapitalstruktur (Kreditwürdigkeit, Liquidität) durch Disposi­ tionen zu beeinflussen.⁴⁹⁰ Im Zentrum der rechnungslegungspolitischen Instrumente stehen somit die Ergebnis- bzw. Rücklagenregulierung einerseits sowie die Gestaltung der Vermögens- und/oder Kapitalstruktur andererseits. b. Beeinflussung finanzieller Ansprüche der Unternehmenseigner In den Rahmen des Mitteleinsatzes, der der Unternehmensleitung zur Verwirklichung der genannten Finanzziele zur Verfügung steht, fällt zunächst „[. . . ] die Beeinflussung der Ansprüche derjenigen, denen ein Recht an der Gewinnpartizipation zusteht“⁴⁹¹. Die wichtigsten Forderungen dieser Art, die an eine Kapitalgesellschaft herangetragen werden, sind die Gewinnansprüche der Anteilseigner, ggf. des Managements (§ 87 Abs. 1 Satz 1 AktG) und des Aufsichtsrates (§ 113 AktG; § 52 Abs. 1 GmbHG) sowie die Ertragsteueransprüche des Fiskus. Zwischen den Kleinaktionären einer Aktiengesellschaft und der Unternehmens­ leitung ist nach der Principal-Agent-Theorie⁴⁹² vor dem Hintergrund der Ergebnis­ beeinflussung ein klassischer Interessenkonflikt zu konstatieren. So steht der häufig anzutreffenden Langfristigkeitsbetrachtung des Vorstands (Agent) mit dem Blick

489 490 491 492

So bereits Marettek 1970, S. 15. Vgl. Heinhold 1984a, S. 390. Ludewig 1966, S. 51. Vgl. Freidank 2012, S. 9–11 m. w. N.

322 | I. Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik

auf die Zukunftssicherung⁴⁹³ und dem damit verbundenen Wunsch nach hohen Ge­ winnthesaurierungen das üblicherweise unterstellte monetäre Interesse der Kleinak­ tionäre auf kurzfristige Barausschüttungen gegenüber. Zur Realisierung dieser vom Vorstand angestrebten Zielsetzungen sieht das Aktiengesetz einen breiten Spielraum vor, da das Mitspracherecht der Anteilseigner erst dann beginnt, wenn der Bilanzge­ winn bereits fixiert wurde (§ 58, § 174 AktG).⁴⁹⁴ Stellen Vorstand und Aufsichtsrat den Jahresabschluss im Regelfall fest, kann die Unternehmensleitung aufgrund des Mitbestimmungsrechts der Hauptversamm­ lung hinsichtlich mindestens der Hälfte des Jahresüberschusses (§ 58 Abs. 2 AktG) jedoch nicht unbedingt sicher sein, ob die Anteilseigner ihrem Vorschlag über die Ver­ wendung des Bilanzgewinns (§ 170 Abs. 2 AktG) zustimmen und damit die beabsich­ tigte Dividendenhöhe zur Ausschüttung gelangt. Stehen die Interessenlage der Ak­ tionäre und die Mehrheitsverhältnisse einer gewünschten, ggf. minimalen Gewinn­ ausschüttung (z. B. zum Zwecke der Selbstfinanzierung) entgegen, dann wird der Vorstand bestrebt sein, den Jahresüberschuss durch den Einsatz rechnungslegungs­ politischer Maßnahmen möglichst niedrig auszuweisen, um einen entsprechend ge­ ringeren Mittelabfluss in der gegenwärtigen Rechnungsperiode zu realisieren. Die mit dieser Vorgehensweise verbundenen finanziellen Vorteile können aber u. U. negati­ ve Publizitätswirkungen auslösen. Als Lösungsansatz zur Überwindung derartiger Zielkonflikte wird aus Sicht der Shareholder Value-Politik die Implementierung er­ folgsorientierter Vergütungssysteme für Vorstand und Aufsichtsrat⁴⁹⁵ diskutiert (In­ centives). Mit der Feststellung des Jahresabschlusses haben die Gesellschafter einer GmbH die von der Geschäftsführung aufzustellenden Rechnungslegungsobjekte (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, Lagebericht) für verbindlich erklärt und so­ mit ihren rechnungslegungspolitischen Spielraum ausgeübt (§ 42a Abs. 2 Satz 1, § 46 Nr. 1 GmbHG). Die Gesellschafter besitzen aber aufgrund ihres Weisungsrechts (§ 37 Abs. 1 GmbHG) erhebliche Einwirkungsmöglichkeiten, die Gewinnregulierungs- und Ausschüttungspolitik der GmbH zu beeinflussen. Insbesondere bei Gesellschaften mit unsicheren Mehrheitsverhältnissen wird die Geschäftsführung bestrebt sein, die Anteilseigner von der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit angemessener The­ saurierungen zu überzeugen, um bestimmte finanzpolitische Ziele durchsetzen zu können. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Gewinnverwendung durch ge­ sellschaftsvertragliche Bestimmungen ganz oder teilweise zu regeln. Da sowohl die Kompetenz bezüglich der Feststellung des Jahresabschlusses als auch die Zu­

493 Diese Absicht kann sich z. B. in der realen Kapitalerhaltung niederschlagen, die darauf ausge­ richtet ist, Scheingewinne nicht der Ausschüttung bzw. der Ertragsbesteuerung zu unterwerfen. Fer­ ner können langfristige Ziele der Wachstumsfinanzierung durch planmäßige Thesaurierungen erwirt­ schafteter Gewinne verfolgt werden. 494 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d. 495 Vgl. § 87a, § 113 AktG.

B. Zielsystem der Rechnungslegungspolitik | 323

ständigkeit über die Ergebnisverwendung dispositiven Charakter tragen, können die Gesellschafter der GmbH auch anderen Organen (z. B. der Geschäftsführung oder ggf. dem Aufsichtsrat) diese Aufgaben zedieren. Somit wären vertragliche Regelun­ gen im Hinblick auf die Feststellung des Jahresabschlusses und die Verwendung des Jahresergebnisses nach aktienrechtlichem Vorbild denkbar. Hierdurch würde dem Management der GmbH ein breiter Spielraum zur (autonomen) finanzpolitisch orientierten Ergebnis- und Ausschüttungsbeeinflussung eingeräumt. c. Sicherstellung externer Finanzierungsmöglichkeiten Im Hinblick auf die bestmögliche Erreichung finanzieller Zielsetzungen können die rechnungslegungspolitischen Aktivitäten, neben der Gestaltung des Mittelabflusses, auch auf den Bereich der Außenfinanzierung abgestellt sein. Zur Sicherung externer Finanzierungsalternativen, die auf Kapitalerhöhungen (Beteiligungsfinanzierung) und/oder Krediten fremder Kapitalgeber (Kreditfinanzierung) basieren können, wird die Unternehmensleitung nicht unbedingt bestrebt sein, die Höhe der Ausschüt­ tungen zu minimieren. In diesem Zusammenhang kommt der Zahlung einer ange­ messenen Dividende, die in einer längerfristigen Stabilisierung der Ausschüttungs­ höhe eine spezielle Ausprägung finden kann, zentrale Bedeutung zu.⁴⁹⁶ Hierdurch soll bei den genannten Stakeholdern der Eindruck einer soliden Unternehmens­ entwicklung erweckt werden. Darüber hinaus stellen sowohl die Verstetigung der Ausschüttungen sowie die Stabilisierung des Ergebnisbildes über mehrere Rech­ nungsperioden wichtige Instrumente dar, die im Rahmen der Kurspflege börsenno­ tierter Unternehmen zum Einsatz kommen können. Eine wesentliche Rolle im Hinblick auf die Möglichkeiten der Außenfinanzierung spielt ferner die Gestaltung der horizontalen und vertikalen Bilanzstruktur, die vor allem bei Kreditwürdigkeitsprüfungen als Beurteilungskriterium von Banken heran­ gezogen wird. Da der Jahresabschluss in jeder Beziehung den Eindruck einer sicheren Lage und bestmöglichen Finanzpolitik der Unternehmung hervorrufen soll, was zu­ nächst für das Strukturbild als Ganzes, weiterhin aber auch für Art und Umfang jedes einzelnen Jahresabschlusspostens gilt, kann durch den rechnungslegungspolitischen Mitteleinsatz ebenfalls eine zielgerichtete Beeinflussung der Struktur des Jahresab­ schlusses erreicht werden. Weil sich das Interesse der Gläubiger in aller Regel auf die termingerechte Rückzahlung der vertraglich vereinbarten Kreditsumme richtet, muss es Ziel der Unternehmensleitung sein, die aus dem Jahresabschluss abgeleiteten Kennzahlen bezüglich der Vermögens- und Kapitalstruktur, der Deckungsrelationen,

496 Von absoluter Stabilisierung wird gesprochen, wenn die Zielträger den Gewinn über eine länge­ re Zeitspanne verstetigen. Erfolgt hingegen eine Bindung der Höhe des ausgeschütteten Gewinns an bestimmten Maßstäben (z. B. Wachstumsraten oder unternehmensbezogenen Präferenzen, die sich auch an Ergebnissen von Vergleichsunternehmen orientieren können), dann wird relative Stabilisie­ rungspolitik betrieben.

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der Erfolgsquellen, der Rentabilität, der Liquidität und/oder der Umschlagshäufigkeit möglichst weitgehend den Erwartungshaltungen der Kreditgeber anzupassen. d. Regulation öffentlich-rechtlicher Ansprüche Im Rahmen der Verfolgung finanzieller Absichten kann der Zielplan der handelsrecht­ lichen Rechnungslegungspolitik aber auch eindeutig auf die Regulierung der Ertrag­ steuerzahlungen ausgerichtet sein, die langfristig unter Beachtung des Zinseffekts durch Verlagerung der Körperschaft- und Gewerbesteuerabflüsse möglichst nied­ rig gehalten werden sollen. Rechnungslegungspolitisches Handeln in der Ertragsteu­ erbilanz mit dem Ziel der bewussten Beeinflussung des steuerrechtlichen Erfolgsaus­ weises ist jedoch nur im Rahmen der speziell kodifizierten Bilanzierungs- und Bewer­ tungswahlrechte des (Bilanz-)Steuerrechts unter Berücksichtigung des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG verankerten Maßgeblichkeitsprinzips in Abgrenzung zu den IFRS möglich. Wie aus den Ausführungen zu entnehmen ist, besteht bezüglich des aufgezeig­ ten Verhältnisses zwischen Handels- und Ertragsteuerbilanz insbesondere bei publizi­ tätspflichtigen Unternehmen die Gefahr, dass Zielkonflikte auftreten können. In die­ sen Fällen müssen die Verantwortlichen eine Entscheidung über die Rangfolge der an­ gestrebten rechnungslegungspolitischen Ziele aufstellen. Seit dem BilMoG ist jedoch die Reichweite einer autonomen Steuerbilanzpolitik durch den Wegfall der Umkehr­ maßgeblichkeit wesentlich erhöht worden, wobei unterschiedliche Sichtweisen im Schrifttum bei der Ausübung gleichlaufender handels- und steuerrechtlicher Wahl­ rechte existieren. So wird die Auffassung vertreten, auch GoB-konforme Wahlrechte, die sowohl handels- als auch steuerrechtlich bestehen, unter Vernachlässigung des Maßgeblichkeitsprinzips für die steuerliche Gewinnermittlung unabhängig von der Entscheidung in der Handelsbilanz auszuüben.⁴⁹⁷ Abschließend zum Bereich der Finanzpolitik bleibt zu konstatieren, dass im Zen­ trum der rechnungslegungspolitischen Instrumente zur Realisierung finanzieller Ziel­ setzungen die Regulierung des Jahresergebnisses sowie seiner Verwendung, d. h. der Ausschüttungen und der offenen Rücklagen, steht. Somit erscheint es gerechtfertigt, in diesem Zusammenhang auch von ergebnisorientierter Rechnungslegungspoli­ tik (Earnings Management) zu sprechen.

2. Publizitätspolitische Ziele Die Publizitätspolitik zielt im Prinzip darauf ab, die aktuellen und potenziellen Stakeholder über den Stand und die Entwicklung der Unternehmung in Bezug auf ihre Wirtschaftskraft, Vermögens- und Kapitalstruktur, Liquidität, Rentabilität, Auf­

497 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3, Gliederungspunkt I.A.1.a.a.e und I.A.2.a.a.f.

B. Zielsystem der Rechnungslegungspolitik | 325

tragshöhe und ihre sozialen und ökologischen Leistungen zu informieren.⁴⁹⁸ Objekte dieser Partialpolitik sind in erster Linie der Jahresabschluss, der Lagebericht und andere vorgeschriebene Berichte (z. B. Erklärung zur Unternehmensführung und nichtfinanzielle Erklärung) sowie alle nicht normierten Medien wie (z. B. Value Re­ porting und das Integrated Reporting).⁴⁹⁹ Im Rahmen des gesetzlichen Spielraumes haben die Verantwortlichen die Möglichkeit, durch den zieladäquaten Einsatz der erwähnten Informationsmittel die Adressaten zu Reaktionen zu bewegen, die für das Unternehmen von Vorteil sind. Nachstehend erfolgt eine Diskussion grundlegender Strategien der Publizitätspolitik, die in der Realität häufig von den betrieblichen Entscheidungsträgern verfolgt werden.⁵⁰⁰ Zunächst ist eine offensive oder aktive Politik anzutreffen, die den Stakeholdern Unternehmensinformationen über das gesetzlich geforderte Mindestmaß hinaus ver­ mittelt. Die Aktivitäten sind in aller Regel dann sehr ausgeprägt, wenn die Gesellschaft um Aufnahme neuen Kapitals bemüht ist oder Ansehensverluste in der Öffentlichkeit vermeiden will. Dieser „Hang zur Offenheit“ ist aber auch vielfach darauf ausgerich­ tet, die Öffentlichkeit auf besondere Sozialleistungen oder auf umweltbezogene In­ vestitionen hinzuweisen oder negative Informationen (z. B. hohe Verschuldungsgrade oder Bilanzverluste) durch extreme Publizitätsanstrengungen zu kompensieren bzw. von diesen nachteiligen Ergebnissen abzulenken. Das Motiv, mit Hilfe einer publi­ zitätsbezogenen Rechnungslegungspolitik bestimmte Posten des Jahresabschlusses und daraus gebildete Kennzahlen besonders zu betonen, kann ferner von der Absicht der Unternehmensleitung getragen werden, externe Finanzierungsmöglichkeiten sicherzustellen. Insofern müssen sich die Publizitätspolitik sowie die auf eine zielori­ entierte Beeinflussung von (Finanz-)Kennzahlen ausgerichtete Finanzpolitik ergän­ zen. Defensive oder passive Publizitätspolitik wird hingegen von den Entschei­ dungsträgern betrieben, um Kapitalgebern und/oder Anteilseignern detaillierte Infor­ mationen vorzuenthalten. Der „Hang zum Verschweigen“ ist häufig sehr ausgeprägt, wenn das Erfolgsergebnis negativen Charakter trägt. Im Rahmen der Legalität kommt somit nur das zur Veröffentlichung, was beim besten Willen nicht mehr zu verbergen ist.⁵⁰¹ Aber auch bei positiven Jahres- oder Bilanzergebnissen kann die Unternehmens­

498 So bereits Mellerowicz 1978, S. 494. 499 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV. Darüber hinaus können z. B. Hauptversammlungsreden von Vor­ stand und Aufsichtsrat sowie Stellungnahmen und Interviews dieser Organe in Presse, Funk, Fernse­ hen und Internet als Mittel der Publizitätspolitik planmäßig eingesetzt werden. 500 Das Ausmaß der Publizitätspolitik wird zu großen Teilen von der Unternehmensform, den Mehr­ heitsverhältnissen sowie der Art der Unternehmensfinanzierung abhängen. So sind Großaktionäre, Gesellschafter einer GmbH und Hauptkreditgeber nicht unmittelbar auf die (normierten) Veröffentli­ chungen des Unternehmens angewiesen, sondern beziehen ihre Informationen über interne Unterla­ gen der Gesellschaft. 501 So bereits Pougin 1969, S. 7.

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leitung beabsichtigen, die erwähnte Strategie zu verfolgen. Die Motive, eine gute wirt­ schaftliche Situation nicht zu kennzeichnen, können darin begründet liegen, dass die Verwaltung Kritik an ihren Entscheidungen (z. B. eine zu hohe Selbstfinanzierungs­ quote) vermeiden oder Außenstehenden, wie z. B. Konkurrenten, die durch Analysen und Vergleiche der Jahresabschlüsse und Lageberichte ihre Stellung im Markt zu bestimmen versuchen, gezielt Informationen nicht übermitteln will.⁵⁰² Herausra­ gende Bedeutung besitzt in diesem Zusammenhang insbesondere die zielgerichtete Unterschreitung der in § 267 bis § 267a HGB genannten unterschiedlichen Größen­ klassenmerkmale von Kapitalgesellschaften, mit der Absicht, publizitätsbezogene Erleichterungen zu erlangen und/oder die Prüfungspflicht zu umgehen.⁵⁰³ Dar­ über hinaus kann die Informationspolitik auch auf eine vollständige Publizitäts- und Prüfungsvermeidung abgestellt sein, die z. B. durch Unternehmensumwandlung in eine nicht veröffentlichungspflichtige Personengesellschaft zu realisieren ist.

3. Individualpolitik des Leitungs- und Aufsichtsorgans Das ältere Schrifttum beschränkt sich weitgehend auf eine Ableitung rechnungsle­ gungspolitischer Ziele aus den beiden unternehmerischen Subsystemen der Finanzund Publizitätspolitik. Erst in jüngerer Zeit finden sich, bedingt durch die ausgepräg­ ten Aktivitäten zur empirischen Rechnungslegungsforschung⁵⁰⁴ auch Ansätze, die persönliche Motive der Ersteller des Jahresabschlusses mit in den Zielkatalog einbe­ ziehen. Primär wird in diesem Zusammenhang auf die Steigerung des persönlichen Nutzens des Managements hinsichtlich Wohlstandsmaximierung, Arbeitsplatzsicher­ heit, Macht- und Prestigestreben, Rechtfertigung gegenüber internen Überwachungs­ instanzen, Zufriedenheit der Gesellschafter sowie Minimierung des Arbeitsleids (Shir­ king) eingegangen,⁵⁰⁵ das durch eine planmäßige Beeinflussung des Gewinnauswei­ ses individuelle Ziele durchzusetzen versucht. Dieses Verhalten lässt sich zum ei­ nen damit begründen, dass das persönliche Ansehen der Unternehmensleitung mit der allgemeinen Beurteilung der Gesellschaft verbunden ist und zum anderen dar­ aus erklären, dass die Bezüge des Managements entscheidend vom realisierten Un­ ternehmensergebnis abhängen, z. B. bei gewinnorientierten Vergütungssystemen.⁵⁰⁶

502 So bereits Sandig 1966, S. 268. 503 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.A. 504 Vgl. zu den Zielen, Ansätzen, Methoden und Entwicklungstendenzen der empirischen Rech­ nungslegungsforschung Ballwieser 2008, S. 1–21; Bastini/Kasperzak 2013, S. 622–660; Beaver 1989; Breitkreuz 2012, S. 1259–1296; Coenenberg 1998, S. 545–566; Fields et al. 2001, S. 255–307; Möller 2007, S. 1152–1154. 505 Vgl. z. B. Gordon 1964, S. 261–262; Halbinger 1980, S. 122–128; Monson/Downs 1965, S. 225; Müns­ termann 1970, S. 257–258. 506 Vgl. Coenenberg et al. 1983, S. 323–324.

B. Zielsystem der Rechnungslegungspolitik | 327

Die aus den vorstehenden Überlegungen abgeleitete Glättungshypothese⁵⁰⁷ des pu­ blizierten Gewinns und dessen Steigerungsraten seitens der Ersteller des Jahresab­ schlusses konnte sowohl für den angloamerikanischen als auch für den deutschen Rechnungslegungsbereich weitgehend durch die empirische Bilanzforschung, insbe­ sondere bezüglich managerkontrollierter Unternehmen,⁵⁰⁸ nachgewiesen werden. Ferner ist es denkbar, dass das Management eine individuelle Gewinnpolitik betreibt, die nicht auf die Glättung des Bilanzergebnisses, sondern etwa auf seine Ma­ ximierung abzielt. Vor allem bei Aktiengesellschaften könnte diese Vorgehensweise dann nahe liegen, wenn die Bezüge des Vorstands vollständig oder partiell an den Gewinnausweis geknüpft sind.⁵⁰⁹ Wird auch noch den Aufsichtsratsmitgliedern eine gewinnabhängige Vergütung für ihre Tätigkeit gewährt (§ 113 Abs. 3 AktG)⁵¹⁰, so lässt sich aus dieser Konstellation die durchaus realistische Folgerung ziehen, dass beide Organe, die den Jahresabschluss in aller Regel feststellen, eine gemeinsame, den per­ sönlichen Nutzen steigernde Gewinnpolitik betreiben können, die auf eine Maximie­ rung ihrer Bezüge ausgerichtet ist. Neben der Beeinflussung des Gewinnausweises können sich die Aktivitäten der Unternehmensleitung zum Zwecke der Durchsetzung persönlicher Absichten aber auch auf andere Zielgrößen wie z. B. die Struktur des Jahresabschlusses, den Anhang, den Lagebericht oder andere Reportingsformate (z. B. Nachhaltigkeits-, Corporate Governance-Bericht, Integrated Report, Zwischen- oder Quartalbericht)⁵¹¹ beziehen. Zur Abgrenzung von der externen Wirkungsrichtung der Rechnungslegungspolitik werden die aus den individuellen Nutzenvorstellungen des Managements resultieren­ den Gestaltungen dem Bereich der internen Rechnungslegungspolitik subsumiert. Zusammenfassend lassen sich somit folgende zentrale Handlungsziele der Rechnungslegungspolitik herausstellen: – Gestaltung des Jahresergebnisses und/oder des Ausschüttungsvorschlags mit der Absicht, die Ansprüche der am Gewinn partizipierenden Gruppen zu beeinflus­

507 Vgl. Fischer/Haller 1993, S. 35–39; Gordon 1964, S. 262; Pellens et al. 2003, S. 309–332. 508 Den managerkontrollierten Unternehmen werden im Allgemeinen solche Kapitalgesellschaften subsumiert, bei denen mindestens 75 % des Grund-(Stamm-)kapitals gestreut ist. Von eigentümerkon­ trollierten Unternehmen wird hingegen dann gesprochen, wenn mindestens 25 % des Grund-(Stamm-) kapitals in den Händen einer Person oder Personengruppe liegt. Vgl. Coenenberg et al. 1983, S. 330. Als typische eigentümerkontrollierte Unternehmen sind Familiengesellschaften zu nennen, die dann unter die letztgenannte Kategorie fallen, wenn mindestens 50 % der Eigenkapitals von der Familie ge­ halten werden, aber zugleich entweder die Hälfte der Sitze im Aufsichtsgremium durch die Familie besetzt oder mindestens die Hälfte der Mitglieder des Leitungsorgans Familienangehörige darstellen, da bei einer derartigen Konstellation der maßgebliche Einfluss der Familie gewährleistet ist. Vgl. Klein 2010, S. 17. 509 Vgl. § 87 Abs. 1 Satz 1, § 87a Abs. 1 Satz 2 AktG; DCGK 2020, Rz. G.I. 510 Vgl. DCGK 2020, Rz. G.II. 511 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV.

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sen und/oder individuelle Zielvorstellungen des Leitungs- und Aufsichtsorgans durchzusetzen. Gestaltung der Struktur des Jahresabschlusses, um bestimmte Relationen auszu­ weisen, an die externe Kreditgeber die Vergabe von Krediten knüpfen. Beeinflussung von Jahresabschluss (einschließlich Anhang), Lagebericht sowie aller nicht normierter Medien und sonstiger (freiwilliger) Reportingsformate, um bestimmte Stakeholdergruppen mittels Informationen zu Reaktionen zu bewe­ gen, die für die Unternehmung und/oder das Leitungs- und Aufsichtsorgan von Vorteil sind.

Um die aus den der Rechnungslegungspolitik vorgelagerten Teilpolitiken abgeleiteten Zielsetzungen realisieren zu können, sollten die Entscheidungsträger die angestreb­ ten rechnungslegungspolitischen Sachverhalte möglichst operational formulieren (z. B. Maximierung oder Minimierung des Jahresüberschusses oder Bilanzgewinns, 6 % Dividendenausschüttungen oder Anlagedeckungsgrad > 1). Aus der oben dargelegten Dreiteilung der Zielstruktur ergibt sich, dass die Rech­ nungslegungspolitik auch in eine Normenpolitik nach Handels- und Steuerrecht so­ wie IFRS einerseits und in eine Informationspolitik andererseits aufgespalten wer­ den kann. Im weiteren Verlauf der Abhandlung wird insbesondere die Normenpolitik im Vordergrund der Betrachtungen stehen, da dieser Bereich, der durch die offiziel­ len Dokumentationsmedien Jahresabschluss und Lagebericht repräsentiert wird, das Kernstück der handels-, steuerrechtlichen und internationalen Rechnungslegungspo­ litik darstellt.

4. Zielkonflikte und Ungewissheit Die vorstehenden Ausführungen haben gezeigt, dass die planmäßige Gestaltung des Erfolgsausweises, der Jahresabschlussstruktur, des Anhangs, des Lageberichts sowie anderer nicht normierter Medien sowohl unter finanz- und publizitätspolitischen Gesichtspunkten als auch unter der Verfolgung persönlicher Ziele des Leitungsund Aufsichtsorgans vorgenommen werden kann. Dabei muss der Zielplan der Rech­ nungslegungspolitik, wie alle anderen Partialpläne der Unternehmenspolitik, auf die Erfüllung eines gemeinsamen Oberziels abgestimmt sein. Wie schon angedeu­ tet wurde, besteht innerhalb des Zielsystems der Rechnungslegungspolitik jedoch die Möglichkeit des Auftretens von Konfliktsituationen, wenn die Verwirklichung eines Ziels die Realisierung ein oder mehrere Ziele bzw. Zielbündel behindert oder ausschließt. Im Gegensatz zu sich gegenseitig ausschließenden oder sich in ihrer Realisation behindernden Zielen (Zielantinomie und Zielkonkurrenz) stellen neu­ trale, fördernde und deckungsgleiche Ziele (Zielindifferenz, Zielkomplementarität und Zielidentität) keine Probleme bezüglich der Koordination auf ein gemeinsames

B. Zielsystem der Rechnungslegungspolitik |

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Oberziel dar.⁵¹² Beispielsweise korrespondiert der Ausweis eines möglichst geringen Jahresüberschusses zum Zwecke der Substanzerhaltung mit der Absicht der Ertrag­ steuerminimierung. So liegt etwa Zielantinomie dann vor, wenn ein bestimmtes Ver­ hältnis von Eigen- und Fremdkapital nur durch den Verzicht auf eine Unterbewertung von Aktivvermögen zu erreichen ist und hierdurch der Jahresüberschuss zum Zwe­ cke einer Dividendenminimierung nicht entsprechend niedrig gestaltet werden kann. Ferner konkurrieren hohe Jahresüberschüsse und Ertragsteuerminimierungen ebenso wie möglichst geringe Lohnabschlüsse und hohe geplante Ausschüttungsquoten. Eine Lösung von Konfliktsituationen der vorstehend beschriebenen Art ergibt sich aus der Beurteilung des allerdings häufig unsicheren Beitrags zur Realisierung der der Rechnungslegungspolitik unmittelbar übergeordneten Finanz-, Publizitäts- und Indi­ vidualziele. In diesem Zusammenhang besteht zum einen die Möglichkeit, auf Metho­ den zurückzugreifen, die im älteren Schrifttum unter dem Begriff der Mehrfachziel­ setzungen diskutiert wurden.⁵¹³ Zur Konfliktlösung sind dann komplexe Bewertun­ gen der Erfüllungsbeiträge rechnungslegungspolitischer Unterziele im Hinblick auf die Erreichung vorgelagerter Oberziele notwendig, die sowohl die Wertvorstellun­ gen des Entscheidungsträgers als auch die Risikoeinschätzung berücksichtigen. Anstelle der Methode der Zielbewertung bzw. Zielgewichtung kann als Lösungstech­ nik ferner der praktikablere Weg des Setzens von Prioritäten bezüglich der Auswahl bestimmter Handlungsziele gewählt werden,⁵¹⁴ wodurch die vorstehend angesproche­ nen komplexen Bewertungsoperationen in aller Regel zu umgehen sind. Die an der Unternehmung interessierten Stakeholdergruppen stellen unter­ schiedliche, teilweise konträre Anforderungen an das Unternehmen. Entsprechend diesen Rollenerwartungen werden die Entscheidungsträger bestrebt sein, die Rech­ nungslegungspolitik zu gestalten. Sind bestehende Konflikte zwischen einzelnen Gruppen (z. B. Groß- und Kleinaktionären oder Kreditgebern und Arbeitnehmerver­ tretern) durch den Einsatz des rechnungslegungspolitischen Instrumentariums nicht oder nur partiell zu lösen, so liegen zwei Tendenzaussagen bezüglich des Verhal­ tens der Unternehmensleitung nahe. Zum einen wird häufig vom Management die „Strategie eines begrenzten Konflikts“ verfolgt, die darauf abzielt, nicht erfüllbare oder nicht erfüllte Interessen bewusst zu publizieren und ggf. durch den Instrumen­ taleinsatz die Beeinträchtigungen dieser Interessen besonders herauszustellen. Um trotz allem im Ergebnis zu einem harmonischen Konzept zwischen den Adressaten der Rechnungslegung zu gelangen, versuchen Unternehmensleitungen bei dieser

512 Vgl. zu der hier angesprochenen Zielordnung Bauer 1981, S. 114–122. 513 Vgl. Dinkelbach 1969, S. 55–70; Fandel/Wilhelm 1976 S. 1–21; Kupsch 1979, S. 51–62. 514 So könnte etwa seitens der Entscheidungsträger der Dividendenminimierung Vorrang vor ande­ ren Handlungszielen zum Zwecke der Sicherstellung von Finanzierungsalternativen eingeräumt wer­ den. Damit wäre der Zielkonflikt zur Handlungsalternative „Erhöhung des Jahresüberschusses“ um eine vom externen Kreditgeber geforderte Jahresabschlussrelation auszuweisen, die Voraussetzung für eine Kreditvergabe darstellt, vermieden.

330 | I. Rechnungslegungspolitik als derivative Partialpolitik

Konstellation häufig, durch flankierende publizitätspolitische Maßnahmen die angesprochenen Divergenzen zu kompensieren. Besteht jedoch keine Möglichkeit, ggf. vorliegende Konflikte zwischen den ein­ zelnen Stakeholdergruppen durch den Instrumentaleinsatz auszugleichen, so ist viel­ fach zu beobachten, dass die Entscheidungsträger eine „Strategie der dramatischen Umkehr“ betreiben. In diesem Zusammenhang wird etwa durch planmäßige Über­ höhung eines Bilanzverlustes in einer Notsituation öffentliche Hilfe z. B. in Gestalt von Subventionen mobilisiert. Ferner ist es möglich, den negativen Erfolgsbeitrag einer ausscheidenden Unternehmensleitung anzulasten, wodurch eine ggf. zukünftig durchzusetzende Verbesserung des Unternehmensergebnisses noch eindrucksvoller im Hinblick auf die Qualität des neuen Managements erscheint. Außerdem kann es vor dem Hintergrund eines dramatisch überhöhten Bilanzverlustes für die Entschei­ dungsträger leichter sein, unpopuläre Maßnahmen gegenüber allen Stakeholdern durchzusetzen (z. B. Teilbetriebsstilllegungen und Entlassungen, Vergleiche mit Kre­ ditgebern, Verhinderung von Unternehmensverbindungen und -zusammenschlüs­ sen). Neben der Problematik des Auftretens von Zielkonflikten muss die Unterneh­ mensleitung hinsichtlich der Realisation bestimmter rechnungslegungspolitischer Absichten mit einer Anzahl unsicherer Umweltfaktoren rechnen, die sich ihrer Einflussnahme entziehen, andererseits aber die Konsequenzen ihrer Aktionen mit­ bestimmen. So können die Entscheidungsträger nicht unbedingt sicher sein, ob die potenziellen Informationsempfänger auch die erhofften Reaktionen zeigen. Mögli­ cherweise werden Sachverhalte von den einzelnen Stakeholdergruppen unterschied­ lich beurteilt, eventuell auch Informationen gegen die Interessen der Unternehmung und/oder des Managements verwendet. Ein hoher Bilanzgewinn würde etwa von den am Gewinn partizipierenden Gruppen anders eingeschätzt als von Lieferanten, Kun­ den und Arbeitnehmern, die ihn zum Anlass von Forderungen an die Gesellschaft nehmen könnten. Scheiden hingegen die Informationsempfänger als Umweltfaktoren aus, und ist das rechnungslegungspolitische Ziel lediglich auf die Gestaltung des Jahresabschlus­ ses und des Lageberichtes abgestellt, so wird die Unsicherheit auf die Frage verlagert, in welcher Qualität das entsprechende Unterziel die Absichten der der Rechnungs­ legungspolitik vorgelagerten Finanz-, Publizitäts- und/oder Individualpolitik des Lei­ tungs- und Aufsichtsorgans vertritt. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass die be­ absichtigten Ergebnisse der Gestaltungen der Rechnungslegung durch Reformen der handels- und steuerrechtlichen sowie IFRS-Vorschriften in Frage gestellt werden kön­ nen. Aus ertragsteuerlicher Sicht liegt die Ungewissheit darüber hinaus in der Stetig­ keit der Steuerrechtsprechung sowie in der Beständigkeit der Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Neben diesen beiden Unsicherheitsfaktoren spielt die Frage nach der Einschätzung der zukünftigen wirtschaftlichen Unternehmensentwicklung eine wichtige Rolle, da ohne die Existenz hinreichender Eintreffenswahrscheinlichkeiten der zu beeinflussenden Zielgrößen eine solche Rechnungslegungspolitik leerläuft.

B. Zielsystem der Rechnungslegungspolitik |

331

Nachdem die elementaren rechnungslegungspolitischen Zielsetzungen herausge­ stellt worden sind, bedarf es nun der Charakterisierung des Instrumentariums, mit dessen Hilfe die Entscheidungsträger ihre Vorstellungen zu realisieren versuchen. Im Folgenden beschränken sich die Ausführungen auf eine Systematisierung der zur Verfügung stehenden Maßnahmen, da eine Darstellung der Einzelinstrumente bereits vorgenommen wurde.⁵¹⁵

515 Vgl. im Einzelnen Freidank/Meuthen 2022, Teil 3 und die Ausführungen in Teil 1, 2 und 3.

II. Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium A. Grundlegende Strukturierung Im Schrifttum findet sich eine Vielzahl von Systematisierungsvorschlägen zum Zwe­ cke der Strukturierung des rechnungslegungspolitischen Instrumentariums. Zur grundlegenden Gliederung wird dabei häufig auf die Unterscheidung in Darstel­ lungsgestaltungen (Wahlrechte und Ermessensspielräume) einerseits sowie ziel­ orientierte Sachverhaltsgestaltungen andererseits zurückgegriffen. Das Spektrum der sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen reicht aus handels-, steuerrechtlicher sowie internationaler Sicht von der Unternehmungsgründung über mögliche Um­ wandlungen, Vor-Bilanzstichtags-Dispositionen bis hin zur Betriebsaufgabe oder -veräußerung. Im Gegensatz zu diesen Gestaltungsalternativen betreffen die Dar­ stellungsmaßnahmen, zu denen primär die Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ausweiswahlrechte sowie die Ermessensspielräume zählen, permanente und nicht gelegentliche, situative und nicht konstitutive Entscheidungen.⁵¹⁶ Ferner bezie­ hen sich die zu fällenden Entscheidungen bezüglich der Sachverhaltsgestaltungen nicht nur auf die Wertkomponente(n) der Zielgröße(n), sondern beeinflussen auch das Mengengerüst der Vermögens-, Kapital- und Erfolgspositionen des Jahresab­ schlusses. Darüber hinaus lassen sich sachverhaltsgestaltende Alternativen dadurch charakterisieren, dass ihre Verwirklichung entweder einen gesetzlichen Tatbestand erfüllt, an dem handels-, steuerrechtliche und/oder internationale Konsequenzen geknüpft sind, oder aber dessen Realisierung vermeidet, während die Darstellungs­ parameter des rechnungslegungspolitischen Operationsbereiches die in Rede ste­ hende Tatbestanderfüllung oder -vermeidung voraussetzt.⁵¹⁷ Abbildung 119 gibt einen grundlegenden Überblick über die Systematik des Instrumentenkatalogs der Rechnungslegungspolitik. Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob die existierenden Gestal­ tungsalternativen vollständig dem (strategischen) Instrumentarium der Rechnungs­ legungspolitik zu subsumieren sind. Im Rahmen der Sachverhaltsgestaltungen kann aber nur dann von Rechnungslegungspolitik gesprochen werden, wenn die Aktivi­ täten der Entscheidungsträger ausschließlich und überwiegend auf die Objekte der Rechnungslegung abzielen, da es sich anderenfalls um Maßnahmen handelt, die im Bereich des Zielsystems der Unternehmenspolitik unmittelbar der Realisierung höher angesiedelter Zwecke dienen. Mithin fallen alle sachverhaltsgestaltenden Maßnah­ men, die von der Unternehmensleitung mit der Absicht der Beeinflussung des Jah­ resabschlusses, des Lageberichts sowie anderer nicht normierter Medien der Rech­ nungslegung vorgenommen werden, in den Instrumentalkatalog der Rechnungsle­

516 Vgl. Börner/Krawitz 1977, S. 34. 517 Vgl. Mann 1973, S. 114. https://doi.org/10.1515/9783110679588-013

B. Sachverhaltsgestaltende Alternativen

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Instrumente der Rechnungslegungspolitik

Sachverhaltsgestaltende Alternativen i.e.S.

Darstellungsgestaltende Alternativen

über den Jahresabschluss nach Handels-, Steuerrecht und IFRS bzw. den Lagebericht sowie sonstige jährliche Berichte wirkende Alternativen

formelle Alternativen -

-

Ausweiswahlrechte Erläuterungswahlrechte im Anhang und im Lagebericht Wahl des Zeitpunktes der Veröffentlichung des Jahresabschlusses Gewinnverwendungswahlrechte Darstellungswahlrechte z.B. in der Erklärung zur Unternehmensführung und der nichtfinanziellen Erklärung

-

über die unterjährliche Berichterstattung wirkende Alternativen materielle Alternativen Bilanzansatzwahlrechte Bewertungswahlrechte Ermessensspielräume

-

Freiwillige Berichte Halbjahres- und Quartalsberichte Aktionärsbriefe Hauptversammlungsreden von Aufsichtsrat und Vorstand des Vorjahres sonstige Pressemitteilungen der Geschäftsführung

Fortsetzung Abb. 120

Abb. 119: Gliederung des rechnungslegungspolitischen Instrumentariums.

gungspolitik. Im Gegensatz zu den Darstellungsparametern kommen diese Alterna­ tiven (Sachverhaltsgestaltungen im engeren Sinne) in aller Regel schon vor dem Bi­ lanzstichtag zum Einsatz. Es können sich jedoch Wechselwirkungen zwischen Maß­ nahmen vor oder nach dem Bilanzstichtag ergeben, als die Verwaltung in Kenntnis der rechnungslegungspolitischen Alternativen, die sich nach dem Bilanzstichtag an­ bieten (Darstellungsparameter), vorbeugende Maßnahmen im Laufe der Rechnungs­ periode ergreift oder unterlässt.

B. Sachverhaltsgestaltende Alternativen Sachverhaltsgestaltende Maßnahmen des rechnungslegungspolitischen Instrumen­ tariums beziehen sich im Gegensatz zu den darstellungsgestaltenden Alternativen nicht auf die Abbildung, sondern auf die Beeinflussung der wirtschaftlichen und rechtlichen Realität, deren Erfassung und (zielorientierten) Darstellung jeweils zu den einzelnen Bilanzstichtagen erfolgt. Dabei muss die zieladäquate Gestaltung un­ mittelbar auf (nicht) normierte Objekte der Rechnungslegung (z. B. Jahresabschluss, Lagebericht, Zwischen- oder Nachhaltigkeitsberichte) ausgerichtet sein. Während die Darstellungsparameter einer Systematisierung zugänglich sind, besteht bezüglich der Sachverhaltsgestaltungen nur die Möglichkeit, die für den konkreten Einzelfall

334 | II. Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium

relevanten Alternativen beispielhaft darzulegen, um den Problemaufbau sichtbar zu machen. Prinzipiell handelt es sich um Beeinflussungen der Bilanz- und/oder Er­ folgsstruktur sowie der Erfolgshöhe, die durch geschäftliche Transaktionen (z. B. Verkauf von Wirtschaftsgütern, um die Erfolgs- und Liquiditätslage zu verbessern; Abschluss von Pensionsgeschäften; Sale and Lease Back; Anschaffung noch nicht benötigter abnutzbarer Wirtschaftsgüter, um Abschreibungspotential zu schaffen) vorgenommen werden. Die Bedeutung von Sachverhaltsgestaltungen liegt aus publi­ zitätspolitischer Sicht vor allem darin, dass die Auswirkungen dieser Maßnahmen dem Analytiker des Jahresabschlusses häufig nur erkennbar sind, sofern unzurei­ chende Angaben im Anhang vorliegen. Nach § 285 Nr. 3. HGB müssen mittelgroße und große Kapitalgesellschaften im Anhang über außerbilanzielle Geschäfte berichten, „[. . . ] soweit dies für die Beurteilung der Finanzlage des Unternehmens erforderlich ist“.⁵¹⁸ Gegenstand der Berichterstattung sind u. a. auch sachverhaltsgestaltende Maß­ nahmen der Rechnungslegungspolitik, wie z. B. der Forderungsverkauf (Factoring), Sale and Lease Back- sowie Asset Backed Securities-Transaktionen.⁵¹⁹ Hiermit soll eine Zunahme der „stillen“ bzw. „verdeckten“ Rechnungslegungspolitik verhindert werden, die ggf. aus den Einschränkungen der darstellungsgestaltenden Maßnahmen durch das BilMoG resultieren könnte.⁵²⁰ Mithin kann bei einem Rückgriff auf die in Rede stehenden Instrumente zur Durchsetzung spezifischer Jahresabschlussziele von verdeckter Rechnungslegungspolitik⁵²¹ gesprochen werden. Unter die sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen sind auch diejenigen tempora­ len Instrumente zu subsumieren, die sich auf die Wahl des Bilanzstichtags beziehen, da hierdurch ebenfalls die wirtschaftliche und rechtliche Realität beeinflusst wird. Die entsprechenden Normen des Handels- und Steuerrechts⁵²² schreiben keine Identität von Geschäfts-(Wirtschafts-)jahr, das eine Dauer von 12 Monaten nicht überschreiten darf, und Kalenderjahr vor. Damit besteht vor allem bei Saisonunternehmen durch eine zielgerichtete Stichtagswahl die Möglichkeit, die Struktur des Bestands-, Liqui­ ditäts- und/oder Erfolgsausweises im Jahresabschluss materiell zu steuern. So lie­ gen in aller Regel am Saisonende tendenziell geringe Lagerbestände aber hohe Ge­ winne und Liquiditätsquoten vor, während zu Saisonbeginn aufgrund hoher Lager­ bestände relativ große Abwertungsspielräume bestehen sowie eine verhältnismäßig höhere Verschuldung zu verzeichnen ist.⁵²³ Darüber hinaus können im Rahmen der Umstellung auf ein anderes Wirt­ schaftsjahr spezifische steuerrechtliche Vorteile mit Auswirkung auf die Gewinn­

518 519 520 521 522 523

Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.D. und Teil 3, Gliederungspunkt I.B.7 Vgl. Philipps 2011, S. 130. Vgl. Sassen et al. 2008, S. 248–250. So bereits Ludewig 1987, S. 431. Vgl. § 240 Abs. 2 HGB i. V. m. § 242 Abs. 1 und Abs. 2 HGB; § 4a EStG, § 8b EStDV; R 4a EStR. Vgl. Heinhold 1984b, S. 449; Kottke 1978a, S. 92.

B. Sachverhaltsgestaltende Alternativen

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ermittlung erreicht werden.⁵²⁴ Allerdings sind dem Wahlrecht hinsichtlich des Bilanz­ stichtages zunächst aus steuerrechtlicher Sicht Grenzen gesetzt, da ein Wechsel des Wirtschaftsjahres auf eine vom Kalenderjahr abweichende Zeitspanne gem. § 4a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG nur im Einvernehmen mit dem Finanzamt vorgenommen werden kann, wobei die Behörde einer rein steuerbilanzpolitisch bedingten Verlegung nicht zuzustimmen braucht.⁵²⁵ Aber auch in Bezug auf den handelsrechtlichen Jahresab­ schluss ist aus Kontinuitätsgründen ein beliebiger und willkürlicher Wechsel des Geschäftsjahrs nach h. M. unzulässig.⁵²⁶ Wie schon dargelegt wurde, können Sachverhaltsgestaltungen neben ihrem un­ mittelbaren Einfluss auf die einzelnen Zielgrößen aber auch indirekte Wirkungen über das Instrumentarium der operativen Rechnungslegungspolitik auslösen. So wird durch sachverhaltsgestaltende Maßnahmen häufig bewusst oder unbewusst Manövriermasse für den Einsatz von Aktionsparametern geschaffen, auf die zum relevanten Zeitpunkt zurückgegriffen werden kann. Aus dieser Verknüpfung der beiden Instrumentalgruppen resultiert zwangsläufig die Forderung nach einer Ein­ beziehung der sachverhaltsgestaltenden Instrumente in eine strategische rechnungs­ legungspolitische Planungskonzeption.⁵²⁷ Allerdings sind in diesem Zusammenhang neben dem Unsicherheitsaspekt einige Probleme zu berücksichtigen, die der pragma­ tischen Durchsetzung eines solchen Ansatzes entgegenstehen bzw. seine Realisation zumindest erschweren dürften. Zunächst spielt die Tatsache eine Rolle, dass Sach­ verhaltsgestaltungen in aller Regel zu einem Zeitpunkt erfolgen, an dem rechnungs­ legungspolitische Ziele und Notwendigkeiten häufig noch nicht eindeutig definiert sind. Darüber hinaus werden in der Praxis der Rechnungslegungspolitik den Ent­ scheidungsträgern eine Vielzahl von Sachverhalten unbekannt sein, die zu einer möglichen Erweiterung des operativen Instrumentenkatalogs führen, da diejenigen Instanzen, die Verträge aushandeln und abschließen, prinzipiell die Rechnungsle­ gungspolitik weder betreiben noch Kenntnis von den angestrebten Zielsetzungen besitzen. Vor diesem Hintergrund bedarf es zur Sicherstellung des vollständigen In­ strumentalkatalogs der Rechnungslegungspolitik einer Koordinierung der in Rede stehenden Aktivitäten, die in den Aufgabenbereich des Controlling fällt. Darüber hinaus kommen insbesondere Sachverhaltsgestaltungen im Hinblick auf den formellen Bereich der Rechnungslegungspolitik Bedeutung zu, die sich auf Un­ terschreitung der in § 267 Abs. 1 bis Abs. 3 HGB genannten Größenklassenmerkmale (Bilanzsumme, Umsatzerlöse, Arbeitnehmer) für mittelgroße und große Kapitalge­ 524 Vgl. zum zielorientieten Einsatz der Wahl des Bilanzstichtags aus steuerrechtlicher Sicht im Ein­ zelnen Kottke 1978a, S. 92–107; Kottke 1978b, S. 502–506. 525 Vgl. Heinicke 2022, Rz. 15 zu § 4a EStG. 526 Vgl. etwa Störk/Lewe 2022, Rz. 65 zu § 240 HGB, die an gleicher Stelle darauf hinweisen, dass bei Kapitalgesellschaften die Verlegung des Geschäftsjahres außerdem eine Satzungsänderung und Anmeldung zum Handelsregister bedingt. Mithin fällt die Wahl des Bilanzstichtags kaum noch in den Bereich der verdeckten Rechnungslegungspolitik. 527 Vgl. Packmohr 1984, S. 13–25.

336 | II. Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium

sellschaften beziehen, um die Prüfungs- sowie Offenlegungspflicht zu vermeiden oder bestimmte publizitätsbezogene Erleichterungen zu erlangen.⁵²⁸ Allerdings weist die Kriterienbeeinflussung durch Sachverhaltsadaption einen begrenzten Wir­ kungsgrad auf und besitzt in aller Regel nur dann Relevanz, wenn eine Kapitalge­ sellschaft mit der Bilanzsumme die angesprochenen kritischen Werte geringfügig überschreitet. Eine vollständige Vermeidung der Prüfungs- und Publizitätspflicht kann ausschließlich durch eine Umwandlung in eine nicht veröffentlichungspflich­ tige Personengesellschaft erreicht werden, wobei allerdings eine Ertragsbesteuerung der aufzudeckenden stillen Reserven anfällt. Angesichts der in aller Regel hohen Steuerbelastung des Transformationsvorgangs muss der Vermeidungsvorteil für die Kapitalgesellschaft schon beträchtlich sein, wenn sich das Unternehmen dennoch zu einer Umwandlung entschließt. Vor allem aufgrund der Versteuerung der stil­ len Reserven sowie der dann auftretenden Haftungsproblematik ist zu vermuten, dass bei Verfolgung einer defensiven Veröffentlichungsstrategie Gestaltungsalterna­ tiven im Vordergrund der Betrachtungen stehen werden, die unter Weiterführung der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft auf eine Vermeidung der Prüfungspflicht und/oder Verminderung der Publizität abzielen werden. Tiefgreifende Merkmalskor­ rekturen der oben genannten Schwellenwerte sind beispielsweise durch Betriebsauf­ spaltung unter Beibehaltung des Anlagevermögens und Verpachtung der sonstigen Wirtschaftsgüter an eine nicht publizitätspflichtige Tochtergesellschaft oder Einbrin­ gung des gesamten Geschäftsbetriebs zum Buchwert in eine Tochtergesellschaft mit einer nicht offenlegungspflichtigen Rechtsform zu realisieren.⁵²⁹

C. Darstellungsgestaltende Alternativen Wie auch Abbildung 119 verdeutlicht, lässt sich die Gruppe der darstellungsgestal­ tenden Instrumente zunächst in solche Alternativen unterscheiden, die über den Jahresabschluss bzw. Lagebericht und sonstige jährliche Berichte nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS wirken. In den Bereich der materiellen Rechnungslegungs­ politik, die sich auf die Beeinflussung der Höhe des Vermögens und des Erfolgs der Unternehmung bezieht, fallen die Bilanzansatz- und die Bewertungswahlrechte sowie die Ermessensspielräume.⁵³⁰ Dem Terminus materielle Darstellungs- bzw. Aktionsparameter sind zum einen alle Maßnahmen zu subsumieren, die sich ent­ weder auf die Bilanzierung dem Grunde (Bilanzansatzwahlrechte) oder der Höhe nach (Bewertungswahlrechte) beziehen. Im Gegensatz zu den Wahlrechten, bei de­ 528 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.A. 529 Zu berücksichtigen ist aber, dass für Mutter- und Tochtergesellschaften gem. § 290 Abs. 1 und Abs. 2 HGB dann ein Konzernabschluss und -lagebericht zu erstellen sind, sofern für beide Unterneh­ men zumindest zwei der drei in § 293 Abs. 1 HGB genannten Größenkriterien überschritten werden. 530 In diesem Sinne trägt auch das Spektrum der sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen (im engeren Sinne) materiellen Charakter.

C. Darstellungsgestaltende Alternativen |

337

nen im Prinzip objektiv unterscheidbare Alternativen existieren, wird zum anderen von Ermessensspielräumen dann gesprochen, wenn eine handelsrechtliche und/ oder steuerrechtliche Vorschrift so ungenau definiert ist, „[. . . ] dass entweder ein gegebener Sachverhalt nicht eindeutig unter einen bestimmten Tatbestand fällt (Sub­ sumtionsspielraum) oder einem gegebenen Tatbestand eine bestimmte Rechtsfolge nicht eindeutig zugeordnet werden kann (Konklusionsspielraum)“⁵³¹. Abbildung 120 gibt einen Überblick über die Systematik der materiellen Dar­ stellungsalternativen.⁵³² Weiterhin zählen diejenigen Darstellungsparameter, die sich auf die Präsentation der äußeren Form des Jahresabschlusses (Ausweis- und Dar­ stellungspolitik), seine Bekanntgabe und die Berichterstattung über den Abschluss beziehen, zur formellen Rechnungslegungspolitik. Darüber hinaus besteht für die Unternehmensleitung von Kapitalgesellschaften aus formeller Sicht die Möglich­ keit, durch den zielgerichteten Einsatz der vom Handelsrecht vorgesehenen, die Aus­ schüttung betreffende Alternativen bestimmte angestrebte Sachverhalte der Finanz-, Publizitäts- und Individualpolitik des Managements zu realisieren.⁵³³ Zum Bereich

Materielle Darstellungsalternativen

Wahlrechte

Ermessensspielräume

Subsumtionsspielräume

Bewertungswahlrechte

Bilanzansatzwahlrechte

Aktivierungswahlrechte

Passivierungswahlrechte

Wertansatzwahlrechte

Abwertungswahlrechte

Konklusionsspielräume

Methodenwahlrechte

Aufwertungswahlrechte

Abb. 120: Gliederungssystematik von Wahlrechten und Ermessensspielräumen. 531 Bauer 1981, S. 767. 532 Vgl. zur Einzeldarstellung der Wahlrechte und Ermessenspielräume etwa Coenenberg et al. 2021, S. 1076–1079; Fischer/Klöpfer 2006, S. 709–719. 533 Sofern sich durch den Einsatz von Alternativen der Gewinnverwendungspolitik lediglich der Ausweis des Eigenkapitals im Jahresabschluss ändert, tragen diese Wahlrechte grundsätzlich formel­

338 | II. Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium

der darstellungsgestaltenden Instrumente sind aber auch diejenigen Alternativen zu rechnen, die über die unterjährliche Berichterstattung wirken.⁵³⁴ Diese Instrumen­ te kommen schon vor der Erstellung von Jahresabschluss und Lagebericht zum Ein­ satz und übermitteln den Stakeholdern häufig Informationen, die über die jährlichen Medien (Jahresabschluss, Lagebericht, sonstige Berichte) erst später dokumentiert werden. Die formellen und materiellen Darstellungsparameter unterscheiden sich von den sachverhaltsgestaltenden Alternativen grundlegend dadurch, dass sie erst nach dem Bilanzstichtag zum Einsatz gelangen und somit von einem festliegenden Men­ gengerüst der einzelnen Jahresabschlussposten ausgehen müssen. Die Aktivitäten im Rahmen der Rechnungslegungspolitik sind folglich primär auf die Ausnutzung der bilanzrechtlichen Abbildungsspielräume abgestellt. Wahlrechte liegen mithin immer dann vor, wenn die Verwirklichung eines Sachverhalts nicht zwingend eine Rechtsfolge auslöst, sondern die Entscheidungsträger entweder die Wahl haben, wel­ che von mindestens zwei rechtlichen Konsequenzen in der Bilanz zur Anwendung kommen soll, oder hinsichtlich der freiwilligen Veröffentlichungsalternativen festle­ gen können, bestimmte Darstellungskonsequenzen eintreten zu lassen oder jegliche Publizitätswirkung zu vermeiden. Besondere Relevanz kommt im Rahmen der formellen Darstellungsparameter den Ausweiswahlrechten im Jahresabschluss sowie den Erläuterungswahlrechten im Anhang und im Lagebericht zu, mit deren Hilfe Qualität und Quantität der an die Adressaten übermittelten Informationen zieladäquat gesteuert werden können.⁵³⁵ Ins­ besondere besteht die Möglichkeit, durch den Einsatz der in Rede stehenden formel­ len Wahlrechte auf die für den externen Analytiker bedeutende zwischenbetriebliche Vergleichbarkeit der Jahresabschlussdaten sowie das Strukturbild von Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung planmäßig einzuwirken. Darüber hinaus können einige der Ausweiswahlrechte zur (erfolgsneutralen) Sen­ kung des kritischen Bilanzsummenwerts im Sinne von § 267, § 267a HGB eingesetzt werden. Neben den wahlweise möglichen Erleichterungen hinsichtlich der Jahres­ abschlussgliederung (§ 266 Abs. 1, § 276 HGB), den Berichtspflichten im Anhang (§ 274a, § 288 HGB) sowie den Offenlegungspflichten (§ 326, § 327, § 327a HGB) für mittelgroße und/oder kleine Kapitalgesellschaften sowie Kleinstkapitalgesellschaften kommt insbesondere den folgenden formellen Darstellungsalternativen ein herausra­ gender rechnungslegungspolitischer Stellenwert zu.⁵³⁶

len Charakter. Wird aber durch Gewinnverwendungsbeschlüsse Eigen- in Fremdkapital transformiert, könnten die Gewinnverwendungswahlrechte auch den materiellen rechnungslegungspolitischen Al­ ternativen subsumiert werden. 534 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt IV.A. 535 Vgl. Grottke et al. 2015, S. 47–67. 536 Vgl. Coenenberg 1986, S. 1582.

C. Darstellungsgestaltende Alternativen

– – –

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339

Aufstellung des Jahresabschlusses vor, nach vollständiger oder partieller Er­ gebnisverwendung (§ 268 Abs. 1 HGB);⁵³⁷ Ausweiswahlrechte zwischen Bilanz/Gewinn- und Verlustrechnung sowie An­ hang;⁵³⁸ wahlweiser Rückgriff auf das Gesamt- oder Umsatzkostenverfahren bezüglich der Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung (§ 275 HGB; IAS 1.102–1.103).⁵³⁹

Darüber hinaus ergeben sich für alle Kapitalgesellschaften, unabhängig von der Zu­ gehörigkeit zu bestimmten Größenklassen nach § 267 HGB, Gestaltungsmöglichkeiten dadurch, dass im Hinblick auf die Bilanz (§ 266 Abs. 1 HGB), die Gewinn- und Verlust­ rechnung (§ 275 Abs. 1 HGB), den Anhang (§ 284 bis § 288 HGB) und den Lagebericht (§ 289, § 289a HGB) vom Gesetzgeber nur eine Mindestgliederung bzw. ein Mindest­ inhalt festgelegt worden sind. Entsprechendes gilt für die Kapitalflussrechnung, den Eigenkapitalspiegel, den Segmentbericht nach dem Handelsrecht sowie für den Ma­ nagement Commentary nach den IFRS.⁵⁴⁰ Wie die rechnungslegende Praxis zeigt, werden häufig Jahresabschlussinformationen in den Anhang verlagert. Die Motive für eine möglichst umfangreiche Veröffentlichung des Anhangs können z. B. auf der Stra­ tegie des Managements basieren, externe Stakeholder von detaillierten Analysen ab­ zuhalten oder bestehende Zielkonflikte durch flankierende publizitätspolitische Maß­ nahmen auszugleichen. Ferner ist eine ausgeprägte Publizitätspolitik in der ständig wachsenden Bedeutung des Zugriffs externer Rechnungslegungsadressaten auf vir­ tuelle Präsentationen begründet, die von der betrieblichen Homepage des bericht­ erstattenden Unternehmens zur Verfügung gestellt werden. Hierdurch besteht für die veröffentlichende Kapitalgesellschaft die Möglichkeit, das in Rede stehende Medium für Zwecke der unternehmerischen Selbstdarstellung zu nutzen. Allerdings muss beim Einsatz der vorstehend angesprochenen formellen Wahl­ rechte das Postulat der Darstellungsstetigkeit berücksichtigt werden. Nach diesem Prinzip ist die Form der Darstellung, speziell die Gliederung aufeinander folgender Jahresabschlüsse, beizubehalten, „[. . . ] soweit nicht in Ausnahmefällen wegen beson­ derer Umstände Abweichungen erforderlich sind“ (§ 265 Abs. 1 Satz 1 2. HS HGB).⁵⁴¹ Etwaige Abweichungen müssen im Anhang dargelegt und begründet werden.

537 Allerdings ist eine wahlweise Aufstellung des Jahresabschlusses vor Verwendung des Jahreser­ gebnisses nur dann möglich, wenn bei der Kapitalgesellschaft eine Verpflichtung zur Einstellung in die Gewinnrücklagen laut Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag nicht besteht. Vgl. Teil 3, Gliede­ rungspunkt III.B.3.c.c.d. 538 Zu nennen wären hier z. B. das Disagio (§ 268 Abs. 6 HGB) oder bestimmte (außerplanmäßige) Abschreibungen (§ 277 Abs. 3 Satz 1 HGB) sowie IAS 1.77–1.80A. 539 Jedoch werden bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens zusätzlich Angaben zu den Mate­ rial- und Personalaufwendungen im Anhang gem. § 285 Nr. 8 HGB erforderlich. Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.C.; Teil 1, Gliederungspunkt II.D. 540 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 2, Gliederungspunkt V.D.; Teil 3, Gliederungspunkt IV.A bis IV.D. 541 Vgl. Teil 1, Gliederungspunkt I.E.

340 | II. Rechnungslegungspolitisches Instrumentarium

Zum Kreis der formellen Darstellungsparameter müssen weiterhin diejenigen Pu­ blizitätsalternativen gerechnet werden, die sich auf die Wahl des Zeitpunkts der Ver­ öffentlichung des Jahresabschlusses beziehen. So haben Kapitalgesellschaften gem. § 325 Abs. 1a Satz 1 bzw. Abs. 4 Satz 1 HGB ihren Veröffentlichungspflichten vor Ab­ lauf von zwölf bzw. vier Monaten nach Abschlussstichtag nachzukommen. Mit dem Einsatz dieses zeitlichen Instruments sind speziell publizitätspolitische Zielsetzun­ gen zu realisieren. Insbesondere bei börsennotierten Kapitalgesellschaften besteht die Möglichkeit, das Verhalten bestimmter Adressatengruppen zu beeinflussen, wenn die Veröffentlichung des Jahresabschlusses Auswirkung auf die Kursentwicklung hat. Allerdings sind die Unternehmen zur unterjährlichen Berichterstattung nach dem Fast Close-Prinzip verpflichtet. Ferner kann einerseits durch eine frühzeitige Offen­ legung ggf. ein positiver Eindruck über die publizierende Unternehmung bei exter­ nen Analysten des Jahresabschlusses erzeugt werden. Andererseits können aber auch Gründe dafür sprechen, den Jahresabschluss so spät wie möglich zu veröffentlichen, um den Konkurrenten Informationen über die eigene wirtschaftliche Situation mög­ lichst lange vorzuenthalten. In das Spektrum der formellen Darstellungsparameter fallen grundsätzlich auch die Alternativen zur Beeinflussung der Gewinnverwendung, die primär auf die Ein­ behaltung oder Ausschüttung der Gewinne abzielen.⁵⁴² Darüber hinaus besteht ferner die Möglichkeit, bestimmte Personengruppen wie Vorstand, Geschäftsführung, Auf­ sichtsrat und/oder Arbeitnehmer am Gewinn zu beteiligen. Während die materiellen darstellungsgestaltenden Alternativen⁵⁴³ in erster Linie zur unmittelbaren Steuerung des Jahres- und Bilanzergebnisses eingesetzt werden, beziehen sich Aktionspara­ meter der Gewinnverwendungspolitik primär auf die zielgerichtete Beeinflussung des Bilanzgewinns und damit auf die Ausschüttungen bzw. die Gewinnrücklagen. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Wahlrechte als auch die Ermessensspielräume auf die Gewinnverwendungspolitik einwirken, da sie die Höhe des ausschüttbaren Gewinns mit beeinflussen. Allerdings wird der Gestal­ tungsraum der Gewinnverwendungspolitik vor allem bei Aktiengesellschaften durch gesetzliche Normierungen in beträchtlichem Ausmaß eingeschränkt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass sowohl bei Aktiengesellschaften als auch bei Gesell­ schaften mit beschränkter Haftung die Gewinnverwendung durch satzungsbezogene bzw. gesellschaftsrechtliche Bestimmungen geregelt ist und somit der gewinnpoliti­ sche Entscheidungsspielraum des Managements (zusätzlichen) Einengungen unter­ worfen sein kann. Wie noch im Einzelnen zu zeigen sein wird, sind die elementaren Zielgrößen, der Jahresüberschuss bzw. der Bilanzgewinn, bestimmte Kennzahlenniveaus sowie ggf.

542 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.c und III.B.3.c.c.d(a). 543 Da bezüglich der die Ausschüttung betreffende Darstellungsparameter prinzipielle, objektiv un­ terscheidbare Alternativen existieren, sind die Maßnahmen der Gewinnverwendungspolitik der Grup­ pe der Wahlrechte und nicht dem Bereich der Ermessensspielräume zu subsumieren.

C. Darstellungsgestaltende Alternativen

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die Bilanzsumme, primär durch den Einsatz der materiellen Darstellungsparameter und spezifischer sachverhaltsgestaltender Maßnahmen zu steuern.⁵⁴⁴ Die formellen Alternativen besitzen hingegen ihren Stellenwert in erster Linie als flankierende In­ strumente zur Durchsetzung von mit der angesprochenen Normenpolitik verfolgten Zielsetzungen oder als Kompensationsmaßnahmen zum Ausgleich von Konfliktsi­ tuationen im Bereich der Publizitätspolitik.⁵⁴⁵ Da die mit den Instrumenten der un­ terjährigen Publizität verfolgten Ziele des Managements sich letztendlich, ggf. in kor­ rigierter Form, im Jahresabschluss und Lagebericht niederschlagen, wird im Folgen­ den auf eine separate Berücksichtigung der über die unterjährige Berichterstattung wirkenden Alternativen verzichtet. Vornehmlich im Bereich der materiellen Alternativen wird im Schrifttum häufig eine weitere Unterscheidung in Wahlrechte nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS vorgenommen. Aufgrund der vielfältigen Durchbrechungen des Maßgeblich­ keitsprinzips, die durch den in § 5 Abs. 6 EStG verankerten steuerrechtlichen Be­ wertungsvorbehalt, spezifische Verwaltungsvorschriften sowie die höchstrichterliche Finanzrechtsprechung bewirkt werden, verfügen die Verantwortlichen bei der Auf­ stellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses im Vergleich zur steuerrechtlichen Gewinnermittlung über ein wesentlich größeres Wahlrechtsspektrum. Sofern das Bilanzsteuerrecht aber spezifische Bilanzansatz-, Bewertungswahl­ rechte oder Ermessensspielräume vor, bleibt das Maßgeblichkeitsprinzip im Grund­ satz unberührt. Hieraus folgt, dass beim Rückgriff auf gleichlaufende handels- und steuerrechtliche Wahlrechte nach Meinung der Verfasser nach wie vor das Maßgeb­ lichkeitsprinzip zum Tragen kommen muss und somit die Entscheidung bereits bei Aufstellung der Handelsbilanz zu treffen ist. Im Falle des Rückgriffs auf GoB-widrige steuerrechtlicher Wahlrechte sind hingegen einer autonomen Steuerbilanzpolitik keine Grenzen gesetzt, wodurch die Zielkonflikte zwischen der Handels- und Steu­ erbilanzpolitik zumindest partiell abgebaut werden können.⁵⁴⁶ Beim Einsatz des rechnungslegungspolitischen Instrumentariums zur Verwirkli­ chung der gesetzten Handlungsziele darf von den Entscheidungsträgern nicht unbe­ achtet bleiben, dass bestimmte Alternativen – hier sind vor allem die Bewertungs­ wahlrechte zu nennen – nicht nur Einfluss auf den Jahresabschluss der Referenz­ periode haben, sondern auch die Rechnungslegung der Folgeperioden tangieren. Diese Sekundärwirkungen können die Realisation unternehmerischer Zielsetzun­ gen in künftigen Perioden sowohl positiv als auch negativ beeinflussen und sind des­ halb im Rahmen eines mehrperiodigen rechnungslegungspolitischen Entschei­ dungskalküls mit zu berücksichtigen.

544 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt IV. 545 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt I.B.2. 546 Vgl. Freidank/Meuthen 2022, Teil 3, Gliederungspunkt I.A.1.a.a.e, I.A.2.a.a.f. und II.A.1.

III. Grenzen der Rechnungslegungspolitik Von Rechnungslegungspolitik ist nach h. M. nur dann zu sprechen, wenn sich die Ent­ scheidungsträger bei ihren zielgerichteten Gestaltungen im Rahmen der vom Gesetz­ geber zugestandenen Spielräume bewegen. Insofern werden die Grenzen der Rech­ nungslegungspolitik überschritten, wenn die Entscheidungsträger Gestaltungen wäh­ len, die nicht mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung korrespondieren, gegen zwingende Normen des Handels- und Steuerrechts sowie der IFRS verstoßen oder nicht mit der Satzung bzw. dem Gesellschaftsvertrag der Kapitalgesellschaft in Einklang stehen.⁵⁴⁷ In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Ge­ setzgeber gem. § 331 Nr. 1 HGB unrichtige Wiedergaben und/oder Verschleierungen des Jahresabschlusses und des Lageberichts ausdrücklich unter Strafe stellt.⁵⁴⁸ Bei prüfungspflichtigen Unternehmungen⁵⁴⁹ kann der angesprochene Spiel­ raum der Rechnungslegungspolitik jedoch weiter eingeschränkt werden. Insbeson­ dere im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Auslegungsspielräumen, die bei un­ bestimmten Rechtsbegriffen vorliegen, wäre die Annahme unrealistisch, dass die Unternehmensleitung lediglich daran interessiert sei, Rechnungslegungspolitik im Rahmen der gesetzlich zulässigen Bandbreite zu betreiben, sondern auch daran, die Gesetz- und Satzungsmäßigkeit ihrer Rechnungslegung testiert zu bekommen.⁵⁵⁰ Zudem müssen börsennotierte Kapitalgesellschaften gem. § 264 Abs. 2 Satz 3 HGB durch die gesetzlichen Vertreter erklären, dass der Jahresabschluss und Lagebericht nach dem True an Fair View-Prinzip erstellt wurden (sog. Bilanzeid). Dieser Bilanz­ eid ist ebenfalls nach IFRS zwingend abzugeben. Ferner kommt der Enforcementprüfung bei kapitalmarktorientierten Kapitalge­ sellschaften i. S. v. § 264d HGB eine zentrale Bedeutung zu.⁵⁵¹ Sollten Abweichungen zwischen Abschlussprüfer bzw. der Bafin einerseits (§ 107a WpHG) und den Verant­ wortlichen der Rechnungslegung andererseits in der Auffassung über die Ausübung der angesprochenen Spielräume bestehen und gelingt es dem Management nicht, die Prüfer von der Gesetz- und Satzungsmäßigkeit der gewählten Alternative zu überzeu­ gen,⁵⁵² so kann dies zu einer erheblichen Einschränkung des rechnungslegungs­

547 Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften, insbesondere gegen die Steuerrechtlinien, stellen nach der hier dargelegten Definition keine Grenzüberschreitungen dar, da ihnen der Rechtsnormcharakter fehlt. Allerdings ist im Einzelfall zu prüfen, ob die entsprechende (norminterpretierende) Anweisung nicht (bereits) die Qualität eines Grundsatzes ordnungsmäßiger Buchführung erlangt hat. 548 Vgl. Meuthen/Freidank 2022, Teil 2, Gliederungspunkt VII. 549 Vgl. Freidank 2022d, S. 11–15. 550 Vgl. Selchert 1978, S. 221. 551 Vgl. Philipps 2020, S. 882–884. 552 Allerdings wird auch der Abschlussprüfer grundsätzlich daran interessiert sein, den Bestäti­ gungsvermerk (§ 322 Abs. 1 HGB) zu erteilen, weil er ansonsten bei der Einschränkung oder gar Ver­ sagung des Testats mit negativen Konsequenzen bei der künftigen Prüfungserteilung rechnen muss. https://doi.org/10.1515/9783110679588-014

III. Grenzen der Rechnungslegungspolitik | 343

politischen Instrumentariums der Unternehmensleitung führen, die die Realisation der gesetzten Ziele in Frage stellt oder eine Änderung des Zielplans erfordert. Hieraus folgt, dass kleine Kapitalgesellschaften oder Kleinstkapitalgesellschaften, die nicht der handelsrechtlichen Prüfungspflicht unterliegen, tendenziell ein breiteres Spek­ trum an rechnungslegungspolitischen Alternativen aufweisen als mittlere und/oder große Kapitalgesellschaften. Neben den angesprochenen Vorteilen bezüglich der Vermeidung der Prüfungs­ pflicht können kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften sowie Kleinstkapitalge­ sellschaften auf Erleichterungen bei der Aufstellung und der Veröffentlichung des Jahresabschlusses sowie des Lageberichtes zurückgreifen. Hierdurch besteht für die Entscheidungsträger prinzipiell die Möglichkeit, den Informationsfluss an die Adres­ saten in quantitativer, aber auch in qualitativer Hinsicht planmäßig zu steuern. Somit muss der rechnungslegungspolitische Alternativenkatalog von Kapitalgesellschaften im Rahmen der sachverhaltsgestaltenden Maßnahmen auch Instrumente zur Reali­ sierung der Ziele „Vermeidung der Prüfungspflicht“ und/oder „Ausnutzung von Publizitätserleichterungen“ enthalten. Für die im weiteren Verlauf der Abhandlung darzustellenden Modelle resultiert aus dieser Erweiterung des Zielplans und des In­ strumentariums der Rechnungslegungspolitik die Forderung, die in Rede stehenden prüfungs- und/oder publizitätsbezogenen Aspekte in die Ansätze zu integrieren.

Aufgrund dieser Konstellation wird sich bei den angesprochenen unterschiedlichen Auffassungen in der Regel ein Kompromiss zwischen Prüfer und Unternehmensleitung ergeben.

IV. Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik A. Total- und Partialmodelle 1. Modellbildungen im Rahmen der Unternehmenspolitik Unter dem Terminus Planungsrechnungen können im betriebswirtschaftlichen Sin­ ne ganz allgemein sämtliche Verfahren zusammengefasst werden, die durch Verar­ beitung quantitativer Daten unter Berücksichtigung operational formulierter Ziele charakterisiert sind und der Vorbereitung von Entschlüssen im Rahmen unternehme­ rischer Entscheidungsprozesse dienen.⁵⁵³ Um die für die Gestaltungsaufgabe relevan­ ten vielfältigen Verknüpfungen aller Einflussgrößen auf die als wesentlich erachteten Komponenten zu reduzieren, bietet es sich an, auf Planungsmodelle zurückzugrei­ fen. Allerdings braucht der praxisorientierte Aussagewert formulierter Modelle durch diese Komplexitätsreduktionen nicht notwendigerweise beeinträchtigt zu werden, wenn die ausgeschlossenen Bestimmungsgrößen in Bezug auf das Planungsziel nur von untergeordneter Bedeutung sind. Sofern die unterstellten Prämissen weitgehend Deckungsgleichheit mit der betrieblichen Realität aufweisen, sind die Planungsmo­ delle mithin in der Lage, dem Entscheidungsträger⁵⁵⁴ die Konsequenzen der von ihm zu fassenden Entschlüsse zu signalisieren. Lassen sich die den Modellbildungen zu­ grunde gelegten Problemstrukturen darüber hinaus mathematisch-funktional ab­ bilden sowie die Funktionsparameter hinreichend quantifizieren, dann sind die formulierten Entscheidungsmodelle, „[. . . ] die in erster Näherung als formale Dar­ stellungen von Entscheidungsproblemen aufgefasst werden können“⁵⁵⁵, rechentech­ nischen Lösungen zugänglich. Gesamtplanungsmodelle zielen im Grundsatz darauf ab, die Parameter der lau­ fenden Produktion, die Investitionen und das Finanzierungsprogramm im Rahmen eines mehrperiodigen Totalmodells möglichst simultan festzulegen.⁵⁵⁶ Derartige Modellansätze wurden in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts insbesonde­

553 Vgl. Brockhoff 1981, Sp. 1309; Hahn/Hungenberg 2001, S. 56; Popp 1993, Sp. 3225–3226; Tyrell 2000, S. 116–121. 554 Während der Entscheidungsträger oder Zielartikulant (z. B. der Finanzvorstand) die verfolgten unternehmerischen Absichten formuliert, trifft der Zielträger (z. B. Leiter des Rechnungswesens) die zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen. Vgl. etwa Bauer 1981, S. 111. Eine derartige Abgrenzung schließt aber die Personenidentität von Entscheidungs- und Zielträger (z. B. in Gestalt des Geschäfts­ führers bei kleinen Kapitalgesellschaften) nicht aus. 555 Dinkelbach 1993, Sp. 524. 556 Vgl. Koch 1993, Sp. 3253. https://doi.org/10.1515/9783110679588-015

A. Total- und Partialmodelle

| 345

re unter Einbeziehung der Steuer(bilanz)politik entwickelt.⁵⁵⁷ Ohne die Einzelhei­ ten und Unterschiede dieser auf eine Abbildung und Optimierung des gesamten Ent­ scheidungsfeldes der Unternehmung ausgerichteten Konzeptionen näher darzulegen, kann als Beurteilungsergebnis der Forschungsprojekte herausgestellt werden, dass sich die in Rede stehenden sachlichen und zeitlichen simultanen Totalmodelle jedoch nicht als praktikabel erwiesen haben. Insbesondere die Schwierigkeiten im Hinblick auf eine explizite Abbildung des gesamten Entscheidungsfelds, die aus Informations-, Formulierungs- und/oder Lösungsgründen nicht möglich sind bzw. aus Wirtschaft­ lichkeitsgründen nicht zweckmäßig ist, haben im Schrifttum schon früh zur primä­ ren Erkenntnis geführt, dass den Erfordernissen der Praxis im Hinblick auf eine aussa­ gefähige Steuerbilanzplanung am ehesten durch die Konzipierung möglichst verein­ fachender Partialmodelle⁵⁵⁸ entsprochen wird. Eine ähnliche Vorgehensweise dürfte aus den gleichen Motiven auch für die Bereiche der handelsrechtlichen und interna­ tionalen Rechnungslegungspolitik naheliegend sein. Ein Rückgriff auf Teilmodelle im Rahmen der Steuerbilanzplanung braucht je­ doch notwendigerweise nicht eine Beschränkung des Planungshorizonts auf eine Pe­ riode bedeuten. Wie noch zu zeigen sein wird, basieren die neueren Konzepte der Steu­ erbilanzpolitik primär auf einer mehrperiodigen Betrachtung, wobei in aller Regel Zinseffekte und Progressionswirkungen der Ertragsteuern in die Kalküle der Parti­ alplanung einbezogen werden. Im Gegensatz zu den steuerbilanzpolitischen Model­ len beruhen die älteren Konzeptionen der handelsrechtlichen Rechnungslegungspo­ litik primär auf einperiodig ausgerichteten Ansätzen.⁵⁵⁹ Es ist zu vermuten, dass diese Einschränkungen aus den folgenden Praktikabilitätsgründen vorgenommen wurden:⁵⁶⁰ – Die gegensätzlichen Konsequenzen des rechnungslegungspolitischen Instrumen­ tariums sind in den Folgeperioden, über längere Zeiträume betrachtet, immer wie­ der durch den Einsatz neuer Instrumente zu überlagern; – durch die zeitliche Reduktion des Planungsansatzes auf eine Rechnungsperiode kann seine Sicherheit erheblich gesteigert werden; – die Gestaltung von Zahlungsreihen unter Einbeziehung von Zins- und Steuer­ wirkungen spielt im Rahmen der handelsrechtlichen und internationalen Rech­ nungslegungspolitik nur eine untergeordnete Rolle;

557 Vgl. vor allem die Arbeiten von Haberstock 1984, S. 468–482 sowie die deutsche und angloame­ rikanische Literaturauswertung zu diesem Problemkreis von Heinhold 1979, S. 77–87. Vgl. ferner die Ausführungen von Gratz 1982; Rückle 1983, S. 27–52, S. 173–184; Scheffler 1998, S. 407–448. 558 Vgl. Hax 1974, S. 15; Rückle 1983, S. 186. 559 Einen Überblick über ausgewählte handelsrechtliche Entscheidungsmodelle gibt etwa Reibis 2005, S. 57–67. 560 Vgl. auch Breithecker et al. 2002, S. 42–46.

346 | IV. Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik



durch zusätzliche Einbeziehung der Flexibilität in das rechnungslegungspoli­ tische Kalkül lassen sich periodenübergreifende Wirkungen erfolgswirksamer Wahlrechte und Ermessensspielräume tendenziell steuern.⁵⁶¹

2. Rückgriff auf Partialmodelle Soll der Planungsprozess durch eine Aufspaltung in betriebliche Teilmodelle prak­ tikabler gestaltet werden, so gilt es zunächst, die einheitliche Zielgröße in Subziele zu zergliedern, die je für sich Entscheidungskriterium des entsprechenden Partialmo­ dells sein können. Allerdings muss sichergestellt sein, dass die Zielfunktion des Teil­ modells mit der übergeordneten Zielfunktion des gesamten unternehmerischen Ent­ scheidungsfeldes korrespondiert. Je genauer die Abstimmung bezüglich abgeleiteter Zielfunktion und Nebenbedingungen gelingt, desto näher wird das mit dem Partial­ modell ermittelte Suboptimum an dem Totaloptimum liegen.⁵⁶² Wie bereits gezeigt wurde, sind die konkreten rechnungslegungspolitischen Handlungsziele für Kapital­ gesellschaften aus der Finanz-, Publizitäts- und/oder Individualpolitik des Manage­ ments abzuleiten, die im Rahmen der unternehmerischen Zielhierarchie der Rech­ nungslegungspolitik unmittelbar übergeordnet sind.⁵⁶³ Zum Zwecke der Koordination der abgeleiteten Subziele und Nebenbedingungen mit den zur Verfügung stehenden Aktionsparametern einer Zielhierarchie stehen zwei methodisch unterschiedliche Wege zur Verfügung.⁵⁶⁴ Im Falle der simultanen Koor­ dination erfolgt eine gleichzeitige Festlegung aller Aktionsparameter, die die Ziel­ funktion und die einzuhaltenden Nebenbedingungen betreffen. Sofern sich die formu­ lierte Zielfunktion und/oder die einzelnen Nebenbedingungen nicht widersprechen, ist der entwickelte Partialansatz grundsätzlich einer Optimallösung zugänglich.⁵⁶⁵ Bei der sukzessiven oder sequenziellen Koordination werden hingegen alle relevanten Aktionsparameter nacheinander ohne Berücksichtigung einer sachlichen Reihenfol­ ge zur Zielrealisation eingesetzt. Diese Vorgehensweise ist im Gegensatz zur simul­ tanen Planung dadurch gekennzeichnet, dass mittels probieren eine hinreichend

561 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt IV.B.2. 562 Die Qualität des aufgestellten Partialmodells ist jedoch nur durch Vergleich mit den Resultaten, die das Totalmodell liefern würde, zu beurteilen. Wäre aber ein Gesamtplanungsmodell erstellt wor­ den, so würde das entsprechende Teilmodell nicht mehr benötigt werden. Infolgedessen müssen die Entscheidungsträger bei der Formulierung des Partialmodells häufig auf Plausiblitätsüberlegungen zurückgreifen, die zweckmäßigerweise dann vor dem Hintergrund eines zumindest groben Totalmo­ dells aufzustellen sind. Vgl. Buscher/Winter 2007, S. 943–944; Rückle 1983, S. 185. 563 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt I.B. 564 Vgl. Marettek 1970, S. 10–15. 565 Einer Optimallösung können aber auch die zugrunde gelegten mathematischen Methoden sowie die nur beschränkt vorhandenen Kapazitäten der Informationstechnologie entgegenstehen. Vgl. zur Kritik an simultanen Unternehmensplanungsmodellen Heinhold 1989, S. 689–708 m. w. N.

B. Formulierung des Zielplans |

347

gute Lösung für das Teilmodell gesucht werden soll.⁵⁶⁶ Auf beide Kooperationsalter­ nativen, die zur Lösung rechnungslegungspolitischer Entscheidungsmodelle sowohl in ein- als auch in mehrperiodigen Ausprägungen auftreten, wird im weiteren Verlauf der Abhandlung eingegangen.⁵⁶⁷

B. Formulierung des Zielplans 1. Zieloperationalisierung und Zielausmaß Bevor im Einzelnen praktikable rechnungslegungspolitische Partialmodelle analy­ siert werden, bedarf es einiger methodologischer Betrachtungen, die die Struktur des Zielplans und des Entscheidungsfeldes betreffen. Wie schon ausgeführt wurde, besitzt die Rechnungslegungspolitik im hierarchischen Zielsystem der Unternehmenspoli­ tik dienende Funktion gegenüber anderen übergeordneten Teilpolitiken.⁵⁶⁸ Trotz ihres derivativen Charakters weist die Rechnungslegungspolitik dennoch einen au­ tonomen Zielplan und ein autonomes Entscheidungsfeld auf. Mithin können rechnungslegungspolitische Modellansätze als klar abgrenzbare Partialmodelle for­ muliert werden. Zunächst sind aus dem unternehmerischen Zielsystem operationale Handlungsziele abzuleiten, die die Absichten der vorgelagerten Finanz-, Publizitätsund Individualpolitik des Leitungs- und Aufsichtsorgans bestmöglich repräsentieren. Dieses Kriterium der Operationalisierbarkeit bedeutet für die in Rede stehenden Subziele, dass Messvorschriften existieren, die eine Überprüfung der Zielerreichungs­ grade i. S. d. Performance Measurementkonzepts⁵⁶⁹ gestatten.⁵⁷⁰ Da die folgenden Darlegungen auf die Konzipierung operationalisierbarer Ent­ scheidungsmodelle abgestellen, müssen die Ausprägungen der Unterziele eindeu­ tig quantifizierbar sein (z. B. Maximierung oder Minimierung des Jahresüberschus­ ses; Ausschüttungen = 60 % des Jahresüberschusses; Gesamtkapitalrendite > 8 %). Ei­ ne derartige Formulierung des Zielerreichungsgrads in Gestalt der Zielfunktion bzw. einzuhaltender Nebenbedingungen ist aber nur auf der Grundlage kardinaler Mess­ vorschriften mittels Verhältnis- oder Intervallskalen möglich.⁵⁷¹ Hieraus folgt, dass in aussagefähige Partialplanungsmodelle ausschließlich diejenigen Zielgrößen ein­ fließen können, die sich mit hinreichender Genauigkeit quantifizieren lassen. Insbe­ sondere nichtmonetäre Zielsetzungen, die primär im Rahmen der Publizitätspolitik

566 Allerdings wird hierdurch nicht ausgeschlossen, dass das auf diese Art und Weise ermittelte Er­ gebnis der Optimallösung des Partialmodells entsprechen kann. 567 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt V. 568 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt I.A. 569 Vgl. Freidank 2019c, S. 21; Horváth et al. 2020, S. 401; Gleich 2011, S. 17–19. 570 Vgl. Albach 1961, S. 357. 571 Vgl. Kupsch 1979, S. 73.

348 | IV. Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik

verfolgt werden, sind deshalb nur ansatzweise als Surrogate (z. B. Kosten der Unter­ nehmensüberwachung als Ersatz für die Erfassung der Bekämpfung von Korruption und Bestechung gemäß § 289c Abs. 2 Nr. 5. HGB), z. B. in Gestalt nichtfinanzieller Leis­ tungsindikatoren⁵⁷² i. S. v. § 289 Abs. 3 bzw. § 289c Abs. 2 HGB, oder überhaupt nicht zu berücksichtigen. Zur operationalen Umschreibung des angestrebten Zielausmaßes bieten sich die Ausprägungen der Extremierung, Fixierung und Satisfizierung an.⁵⁷³ Im Falle ei­ ner Extremierung beabsichtigt der Entscheidungsträger entweder eine Minimierung oder Maximierung der formulierten Zielfunktion (z. B. Minimierung der ertragsteuer­ lichen Bemessungsgrundlagen oder Maximierung der Ausschüttungen). Bei der Fi­ xierung sind seine Aktivitäten hingegen auf die Realisierung einer bestimmten Ziel­ ausprägung abgestellt (z. B. Ausweis eines Bilanzgewinns exakt in der Höhe des Vor­ jahrs). Strebt der Entscheidungsträger nach einer Satisfizierung seiner Zielgrößen, so definiert er lediglich ein gewisses Anspruchsniveau in Gestalt eines befriedigenden Zielausmaßes (z. B. Senkung der Bilanzsumme unter einen kritischen Wert). Die vorstehenden Ausführungen lassen unschwer erkennen, dass alle angespro­ chenen Zielausprägungen, sofern sie hinreichend operational definiert sind, sich oh­ ne Schwierigkeiten entweder in Form einer Zielfunktion (als Primärziele) und/oder als Nebenbedingungen (als Sekundärziele) in mathematisch formulierte Entschei­ dungsmodelle integrieren lassen. Hierdurch wird es möglich, Mehrfachzielsetzun­ gen⁵⁷⁴ des Entscheidungsträgers, die zueinander in Konkurrenz stehen können (z. B. Maximierung des Bilanzgewinns und Realisierung bestimmter Kennzahlenniveaus), in Partialmodelle einzubeziehen und einer optimalen Gesamtlösung zuzuführen. Be­ rücksichtigt man darüber hinaus, dass ein Ausdruck, der formal richtig für Nebenbe­ dingungen festgelegt wurde, ohne weiteres bei Variation des Partialmodells als Ziel­ funktion übernommen werden kann,⁵⁷⁵ dann besteht im Hinblick auf die modellorien­

572 Vgl. Grottel 2022, Rz. 405–413 zu § 315 HGB; Störk et al. 2022b, Rz. 20–26 zu § 289c HGB m. w. N. 573 Vgl. Hauschildt 1977, S. 13. Sind die Aktivitäten des Entscheidungsträgers lediglich auf eine mög­ lichst gute Annäherung an eine bestimmte Zielgröße ausgerichtet (z. B. Ausweis eines Jahresüber­ schusses, der annähernd die Höhe des Vorjahrs erreicht), so liegt Approximierung vor. Da in diesem Falle eine eindeutige Quantifizierung des Zielausmaßes nicht möglich ist, besitzt die Approximie­ rungsalternative im Kontext der Bildung quantitativer rechnungslegungspolitischer Entscheidungs­ modelle keine Relevanz. 574 Sofern zur Lösung rechnungslegungspolitischer Entscheidungsmodelle auf mathematische Op­ timierungsverfahren zurückgegriffen wird, kann in die Zielfunktion pro Modellansatz jeweils nur ei­ ne Zielgröße einbezogen werden. Auch die vorgelegten Forschungsarbeiten zur sog. Zielprogrammie­ rung (Goal Programming) führen nicht zu weitergehenden Lösungen hinsichtlich der Wirkung mehr­ facher Ziele auf identische Alternativmengen, da hier die Zielproblematik lediglich auf den Bereich der Zielgewichtungskoeffizienten verlagert wird. So auch Heinhold 1979, S. 231–232. Vgl. zum Goalpro­ gramming etwa Corsten et al. 2005, S. 120–123; Peters/Zelewski 2008, S. 475–482; Zelewski/Peters 2005, S. 1208–1218. 575 Vgl. Rückle 1983, S. 188.

B. Formulierung des Zielplans |

349

tierte Behandlung rechnungslegungspolitischer Absichten als Primär- oder Sekundär­ ziel grundsätzlich vollkommene Austauschbarkeit.

2. Abgrenzung der Zielzeit Da sowohl der Jahresabschluss nach Handels- und Steuerrecht sowie IFRS als auch die steuerrechtliche Ergänzungsrechnung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV auf einen Stichtag zu erstellen sind, tragen rechnungslegungspolitische Zielsetzungen stets zeitpunktbezogenen Charakter. Allerdings müssen die Verantwortlichen beim ziel­ adäquaten Einsatz des Instrumentariums berücksichtigen, dass bestimmte Maßnah­ men nicht nur die Referenzperiode tangieren (Primäreffekte), sondern aufgrund des Prinzips der Bilanzidentität auch möglicherweise konträre Folgewirkungen in der Zukunft haben (Sekundäreffekte), die ggf. die Realisation der in späteren Perioden angestrebten Handlungsziele gefährden können.⁵⁷⁶ Besitzen die Zielträger einen genauen Kenntnisstand über den Flexibilitätsgrad ihres Instrumentenkatalogs, dann sind sie in der Lage zu beurteilen, in welchem Ausmaß rechnungslegungspolitische Entscheidungen der Referenzperiode den Spiel­ raum für spätere Zeitabschnitte einschränken oder erweitern. Nachfolgend werden die wichtigsten Flexibilitätskriterien in Frageform angeführt, nach denen sich das Instrumentarium differenzieren lässt.⁵⁷⁷ – Reversibilität (Aufhebbarkeit): Kann die Auswirkung des Instruments in späte­ ren Perioden rückgängig gemacht werden? – Zeitliche Flexibilität (Aufschiebbarkeit): Ist das Instrument zu einem bestimm­ ten oder zu mehreren Zeitpunkten einsetzbar? – Quantitative Flexibilität (Teilbarkeit): Kann der Einsatz des einzelnen Instru­ ments dosiert werden oder ist lediglich eine Entweder-Oder-Entscheidung mög­ lich? – Flexibilität hinsichtlich des Maßgeblichkeitsprinzips (Reichweite): Hat das Instrument Auswirkungen auf die steuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen? – Analogie-Flexibilität (Bindungswirkung): Folgt aus der Behandlung über den Einsatz des Instruments eine analoge Vorgehensweise für ähnliche Fälle in der gleichen oder in späteren Perioden? In aller Regel spricht jedoch die Unsicherheit der Komponenten des Zielplans und des Entscheidungsfeldes gegen die Konzipierung mehrperiodiger Planungsansätze.

576 Vgl. Döring/Obermann 2008, S. 413–437; Obermann 2011, S. 53–58. 577 Vgl. Siegel 1982, S. 181, dessen Systematisierung auf den Ausführungen von Börner/Krawitz 1977, S. 107–115, beruht. Vgl. zur detaillierten Analyse der Flexiblität aus steuerbilanzpolitischer Sicht Ei­ genstetter 2007, S. 488–490; Eigenstetter 1998, S. 449–501; Eigenstetter 1997, S. 129–159; Freidank 1988, S. 2002.

350 | IV. Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik

So besteht stets Ungewissheit im Hinblick auf das Eintreten der von der wirtschaftli­ chen Entwicklung abhängigen künftigen Zielgrößen der Rechnungslegungspolitik vor Einsatz des Instrumentariums sowie in Bezug auf das Potential der künftig zur Verfü­ gung stehenden Gestaltungsobjekte. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass häufig die Möglichkeit gegeben ist, unerwünschte, ergebnisbezogene Sekundärwir­ kungen in Kenntnis der Flexibilität des Instrumentariums durch den Einsatz neuer Alternativen kurzfristig zu kompensieren, liegt die Lösung des Planungsproblems für die rechnungslegende Praxis nicht ausschließlich in einer Konzipierung von einperi­ odigen deterministischen Entscheidungsmodellen begründet, die auf bereits rea­ lisierten Zielgrößen vor Einsatz des Instrumentariums der Rechnungslegungspolitik basieren und deshalb von der Prämisse vollkommener Sicherheit ausgehen,⁵⁷⁸ son­ dern es bedarf darüber hinaus auch einer Planung künftiger rechnungslegungspoli­ tischer Zielgrößen unter Einbeziehung des periodenübergreifenden Instrumental­ einsatzes.⁵⁷⁹ Im Folgenden werden in knapper Form die wichtigsten Charakteristika der vorlie­ genden steuerrechtlich ausgerichteten Entscheidungsmodelle herausgestellt.⁵⁸⁰ Der Zielplan der firmenbezogenen Steuerbilanzpolitik⁵⁸¹ von Kapitalgesellschaften ist in aller Regel darauf ausgerichtet, durch den Einsatz der steuerrechtlichen Manö­ vriermasse⁵⁸² möglichst wenig Ertragsteuern (Körperschaft- und Gewerbesteuer) an die Finanzbehörden abführen zu müssen und darüber hinaus dies so spät wie möglich zu tun. Die Prämisse, alle Ertragsteuerzahlungen in die Zukunft zu verlagern, basiert auf der Überlegung, dass jede Verzögerung der Steuerentrichtung einen Zinsgewinn bedeutet. Nach dem Konzept der Steuerbarwertminimierung⁵⁸³ sollen die steuer­ pflichtigen Gewinne des Planungszeitraumes so gestaltet werden, dass die Summe al­ ler auf den Gegenwartszeitpunkt abgezinsten Ertragsteuerzahlungen ein Minimum er­ gibt. Liegen proportionale Ertragsteuertarife vor, so ist die Manövriermasse möglichst früh einzusetzen, um die Steuerlast in die Zukunft zu verlagern. Durch den späteren Ausweis der Gewinne und dem damit verbundenen zinslosen Steuerkredit werden li­ quide Mittel sowohl für Ausschüttungs- als auch für Ertragsteuerzahlungen gespart.

578 Allerdings kann die Ungewissheit bei diesen Modellen auf die Frage verlagert werden, ob der Abschlussprüfer und/oder die Finanzverwaltung den geplanten Gestaltungen des Jahresabschlusses nach Handels-, Steuerrecht bzw. IFRS folgen. 579 So bereits Bauer 1981, S. 182–187; Jacobs et al. 1988, S. 97 580 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt VI.B und den Überblick bei Breithecker et al. 2002, S. 37–42 und Scheffler 1998, S. 407–448 m. w. N. 581 Im Gegensatz zu einer anteilseignerorientierten Steuerbilanzpolitik werden bei einer firmenbezo­ genen Betrachtungsweise die (steuerrechtlichen) Interessen der Gesellschafter nicht berücksichtigt, da sie keinen Einfluss auf die Willensbildung in der Unternehmung haben. 582 Als Manövriermasse wird speziell im Rahmen der Steuerbilanzpolitik die Summe aller Maßnah­ men zum Zwecke der zeitlichen Verlagerung des Gewinns bezeichnet. Vgl. etwa Wagner/Dirrigl 1980, S. 277. 583 Vgl. Hundsdoerfer 2007, S. 1283–1284; Marettek 1970, S. 7–31; Scheffler 1998, S. 421–422.

B. Formulierung des Zielplans |

351

Darüber hinaus erhöhen sich die späteren Ausschüttungen um die durch die gewinn­ bringende Anlage des zinslosen Kredits erwirtschafteten Zinsen. Es ist offensichtlich, dass das Unternehmensvermögen durch das Konzept der Steuerbarwertminimierung im Zeitablauf zu maximieren ist. Die subjektiven Einstellungen der Entscheidungsträger zu den angestrebten Ziel­ größen sind im Rahmen dieses Mehrzeitpunktmodells nach h. M. mit dem Zinssatz nach Steuern zu erfassen.⁵⁸⁴ Der Kalkulationszinssatz übernimmt mithin die Funk­ tion, alle (Ertrag-)Steuerzahlungen auf den Gegenwartszeitpunkt (t = 0) abzuzinsen und folglich vergleichbar zu machen. Im Schrifttum existieren differierende Vorschlä­ ge, die sich auf die Länge des steuerrechtlichen Planungszeitraumes beziehen. Aus den dort vorgetragenen unterschiedlichen Argumenten lässt sich der Schluss ziehen, dass es keine generellen Regeln für die Festlegung der Planungsdauer geben kann. Im Allgemeinen wird jedoch die Ungewissheit über die künftige Unternehmensentwick­ lung die Länge des Planungszeitraumes begrenzen.⁵⁸⁵ Beispiel:⁵⁸⁶ Geht man davon aus, dass eine unbeschränkt ertragsteuerpflichtige Kapitalgesell­ schaft im Rahmen eines Planungszeitraumes von fünf Jahren lediglich die in Abbildung 121 ange­ führten beiden Alternativen besitzt (Fälle A und B), durch den Einsatz der Manövriermasse (Summe aller steuerrechtlich erfolgswirksamen Alternativen) den gesamten steuerpflichtigen Plangewinn von 250.000 € auf die einzelnen Rechnungsperioden zu verteilen, dann zeigt sich, dass bei einem möglichst frühen Einsatz der Manövriermasse (Fall B) die Summe aller abgezinsten Ertragsteuer­ zahlungen (= 70.780,60 €) ihr Minimum erreicht. Die optimale Gewinnausweisreihe wird für die einzelnen Perioden durch die Werte in der Spalte Bt (Fall B) ausgewiesen. Perioden (t)

Fall A Bt

Et = s · Bt

BWt = q−t · Et

Fall B Bt

Et = s · B t

BWt = q−t · Et

t1 t2 t3 t4 t5

50.000 50.000 50.000 50.000 50.000

20.000 20.000 20.000 20.000 20.000

18.518,50 17.146,80 15.876,60 14.709,60 13.619,60

– – – 125.000 125.000

– – – 50.000 50.000

– – – 36.751,50 34.029,20



250.000

100.000

79.851,10

250.000

100.000

70.780,60

Abb. 121: Darstellung der Steuerbarwertminimierung.

584 Vgl. Freidank 2022a, S. 81–85. 585 Im Rahmen der Unternehmensbewertung wird von einem Zweiphasenmodell ausgegangen, in dem der (ersten) Detailplanungsphase ein Horizont von drei bis fünf Jahren zugrunde gelegt wird. In der sich anschließenden endlichen oder unendlichen zweiten Phase werden auf der Grundlage der Detailplanungen der ersten Phase die Ergebnisse in Gestalt von Trendentwicklungen langfristig fortgeschrieben. Vgl. Freidank 2022a, S. 55–60. 586 Diesem Beispiel liegen ein Zinssatz nach Steuern von 8 % sowie ein Ertragsteuerfaktor (s) von 40 % zugrunde.

352 | IV. Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik

Das Beispiel verdeutlicht, dass die mehrperiodige Bilanz- und Ausschüttungsplanung bei Publikumsgesellschaften im Falle proportionaler Tarife der Ertragsteuern trivial ist, „[. . . ] denn diese maximieren bei gegebenen Ausschüttungen über eine strenge Aufwandsvorverlagerung und damit Steuernachverlagerung ihren Kapital- oder End­ wert“⁵⁸⁷. Eine Steuerbilanzplanung unter Durchgriff auf die Sphäre der Anteilseigner wird immer dann erforderlich, wenn die Interessen der Gesellschafter ihren Nieder­ schlag in der Unternehmenspolitik und damit auch in den steuerpolitischen Entschei­ dungen des Managements finden.⁵⁸⁸ Für derartige personenbezogene bzw. eigentü­ merkontrollierte Kapitalgesellschaften liegt es nahe zu unterstellen, dass die An­ teilseigner danach streben, ihr persönliches Endvermögen nach Steuern im Zeitablauf zu maximieren.⁵⁸⁹ Dieses Ziel lässt sich grundsätzlich dann realisieren, wenn es ge­ lingt, den Gewinnausweis und damit die Ausschüttungen der Kapitalgesellschaft bei gegebenen Zahlungsüberschüssen so zu gestalten, dass die Grenzsteuerendwerte für jede Periode des Planungszeitraumes identisch sind.⁵⁹⁰ Die angesprochene Optimie­ rungsregel fußt auf dem Konzept der Steuerbarwertminimierung, nach dem im Fal­ le progressiver Ertragsteuertarife die Vorverrechnung des Aufwandspotentials be­ grenzt wird, da die später zum Ausweis kommenden höheren Periodengewinne eine überproportionale Ertragsteuerbelastung verursachen. Die kombinatorische Berück­ sichtigung von Zins- und Progressionseffekt führt zu einem Minimum der Steuerbar­ wertsumme, wenn die der gesuchten (optimalen) Gewinnausweisreihe entsprechen­ den Grenzsteuerbarwerte der einzelnen Planungsperioden gleich groß sind.⁵⁹¹ Da jedoch bei der personenbezogenen Kapitalgesellschaft häufig eine ledig­ lich begrenzt variierbare Manövriermasse vorliegt, kann vielfach eine Anpassung des steuerrechtlichen Gewinnausweises an die aus der Sicht der Anteilseigner optimale

587 Haase 1986, S. 1, Fußnote 2. Jedoch darf nicht übersehen werden, dass aufgrund der externen Vorgabe des Gesamtgewinns und des Kalkulationszinssatzes das Ergebnis einer Steuerbarwertmini­ mierung (partiell) beeinträchtigt wird. So erhöhen die Wiederanlagezinsen, die aus dem zinslosen Ertragsteuerkredit resultieren, den Gesamtgewinn des Planungszeitraums. 588 Vgl. Heigl/Melcher 1974, S. 71. 589 Allerdings besteht auch die Möglichkeit, dass bei einer derartigen Konstellation die Gesellschaf­ ter in Ausnahmefällen das Ziel einer unternehmensbezogenen Vermögensmaximierung verfolgen. Der Zielplan muss dann darauf ausgerichtet sein, sämtliche erwirtschafteten Gewinne in der Kapitalgesell­ schaft zu investieren. Die Gestaltung der optimalen Gewinnausweisreihe kann in diesem Falle nach dem nachstehend entwickelten Standardmodell zur firmenbezogenen Steuerbilanzpolitik erfolgen, das auf dem Konzept der Steuerbarwertminimierung basiert. Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt VI.C. 590 Vgl. Scheffler 1998, S. 424–425; sofern jedoch unterschiedliche Anlagealternativen auf Gesell­ schafter- und Unternehmensebene in das Kalkül aufgenommen werden, ändert sich die in Rede ste­ hende Optimierungsbedingung. Vgl. Eigenstetter 1997, S. 225–286; Wagner/Dirrigl 1980, S. 301–305. 591 Ein praktikables Verfahren zur Bestimmung der Grenzsteuerbarwerte ist von Günther 1980, S. 31–50 vorgelegt worden. Andere Lösungsansätze wurden z. B. von Marettek 1970, S. 19–31, Okraß 1973, S. 492–510 und Siegel 1972, S. 65–80 entwickelt. Vgl. auch den Überblick bei Scheffler 1998, S. 422–427.

B. Formulierung des Zielplans |

353

Ausschüttungsreihe nicht realisiert werden. Allerdings besteht durch Rücklagenva­ riation nicht mehr die Möglichkeit, in gewissen Grenzen eine Anpassung der Bardi­ vidende an die einkommensteuerrechtlich optimale Verteilung der Ausschüttungen vorzunehmen.⁵⁹² Im Gegensatz zum Standardmodell der firmenbezogenen Steuerbi­ lanzplanung muss darüber hinaus unterschiedlichen Verzinsungsalternativen auf der Anteilseigner- und Unternehmensebene Rechnung getragen werden. Im Ergebnis sind die existierenden Konzeptionen der mehrperiodigen Ausschüt­ tungspolitik in der Lage, die interdependenten Wirkungen der Einkommen-, Kirchen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie unterschiedliche Anlagealternativen simul­ tan zu erfassen und einer optimalen Lösung zuzuführen. Entscheidende Impulse für die anteilseignerbezogene Steuerbilanzplanung wurden insbesondere durch die Mög­ lichkeit der Berücksichtigung von Renditedifferenzen zwischen interner Wiederan­ lage in der Unternehmung und externer (privater) Wiederanlage durch den Gesell­ schafter gegeben.⁵⁹³ Die vorgestellten mehrperiodigen Grundkonzepte der firmenbezogenen und an­ teilseignerorientierten Steuerbilanzpolitik sind immer weiter verfeinert worden. So wurden Sukzessiv- und auch Simultanmodelle etwa unter Einbeziehung unvoll­ kommener Kapitalmärkte mit unterschiedlichen Zinsen und beschränkter Auf­ teilbarkeit der Manövriermasse sowie unter Berücksichtigung von Verlustabzugsund/oder Wiedereinlagemöglichkeiten der Gesellschafter entwickelt.⁵⁹⁴ Allen Mo­ dellen ist gemeinsam, dass sie nur dann einsetzbar sind, wenn über den gesamten Planungszeitraum eine vernünftig begründete Vorausbestimmung der Unterneh­ mensergebnisse bzw. der sonstigen Einkünfte der Anteilseigner sowie der Manö­ vriermasse möglich ist. Die Prämissen dürften in der betrieblichen Realität jedoch äußerst selten anzutreffen sein.⁵⁹⁵ Zusammenfassend kann im Hinblick auf die mehrperiodigen Modelle der Steuer­ bilanzplanung nicht erwartet werden, dass für einen unterstellten Mindestplanungs­ zeitraum z. B. Steuersätze, steuerrechtliche Förderungsmaßnahmen, Progressions­ faktoren, Zinssätze, Gesellschafterstruktur⁵⁹⁶, Liquiditätsbedürfnisse, Investitions­ möglichkeiten sowie andere, die Zielsetzung der Vermögensendwertmaximierung determinierende Faktoren konstant bleiben.⁵⁹⁷ Die im Schrifttum existierenden An­

592 Vgl. Haase 1986, S. 2. 593 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt VI.D. 594 Vgl. den Überblick bei Breithecker 1986, S. 2196–2198; Eigenstetter 1997; Haase 1986, S. 1–6; Ha­ berstock 1984, S. 464–482; Heinhold 1982, S. 846–861; Heinhold 1981, S. B 213-B 241; Scheffler 1998, S. 407–448; Siegel 1982, S. 171–206; Wagner/Dirrigl 1980, S. 296–311. 595 So auch Scheffler 1998, S. 428. 596 Allerdings kann das Problem des zwischen den beteiligten Gesellschaftern ggf. auftretenden Ziel­ konflikts hinsichtlich der zu wählenden Gewinnausweisreihe zumindest partiell durch die Verwen­ dung eines typisierenden Steuersatzes gelöst werden. Vgl. Freidank 2022a, S. 71–76. 597 Vgl. Packmohr 1984, S. 35 sowie zur Kritik am Modell der Steuerbarwertminimierung auch Pack­ mohr 1998, S. 503–541 und Hundsdoerfer 2007, S. 1284.

354 | IV. Modellansätze einer planmäßigen Rechnungslegungspolitik

sätze zur firmen- und anteilseignerbezogenen Steuerbilanzpolitik⁵⁹⁸ stellen mithin Lösungsalternativen dar, die nur bei rigoroser Einschränkung der vielfältigen steu­ errechtlichen und betriebswirtschaftlichen Einflussgrößen sowie hinreichend siche­ ren Daten der Planungsvariablen zu aussagefähigen Entscheidungswerten führen.

C. Betriebswirtschaftliche Voraussetzungen für den Einsatz rechnungslegungspolitischer Entscheidungsmodelle Die Aufstellung von Entscheidungsmodellen bezüglich der Rechnungslegungspolitik ist prinzipiell darauf ausgerichtet, Handlungsempfehlungen über den Einsatz des Instrumentariums in Abhängigkeit von einer operational formulierten Zielfunktion zu geben. Wie bereits aufgezeigt wurde, wird das rechnungslegungspolitische Instru­ mentarium üblicherweise in sachverhaltsgestaltende (z. B. Vor-Bilanzstichtag-Dis­ positionen) und darstellungsgestaltende Alternativen (z. B. formelle Alternativen wie etwa Ausweis-, Erläuterungs- und Informationswahlrechte sowie materielle Al­ ternativen wie Bilanzierungs-, Bewertungswahlrechte und Ermessensspielräume) un­ terschieden.⁵⁹⁹ Der nachfolgend angeführte Katalog bringt zusammenfassend diejeni­ gen Prämissen zum Ausdruck, die bei der Konzipierung rechnungslegungspolitischer Entscheidungsmodelle zu berücksichtigen sind und deshalb auch für die Entwicklung digitalisierter Systeme⁶⁰⁰ besondere Bedeutung besitzen. – Insbesondere die Schwierigkeiten im Hinblick auf eine explizite Abbildung des ge­ samten unternehmerischen Entscheidungsfelds haben zu der Erkenntnis geführt, dass den Erfordernissen der Praxis bezüglich einer aussagefähigen Planung der Rechnungslegungsobjekte unter Aufgabe des Prinzips einer „größtmöglichen Simultanoptimierung“⁶⁰¹ am ehesten durch die Konzipierung möglichst ver­ einfachender rechnungslegungspolitischer Teilmodelle entsprochen wird (Krite­ rium des Rückgriffs auf Partialmodelle). – Die Lösung ein- und mehrperiodiger rechnungslegungspolitischer Partialmodel­ le kann durch einen einzigen, alle materiellen Instrumente und den gesamten Zielplan simultan umfassenden Ansatz oder aber auf der Grundlage einer suk­ zessiven Koordination der zur Verfügung stehenden materiellen Instrumente und zunächst unvollständig formulierter Zielpläne schrittweise erfolgen. Im Falle der Sequenzialplanung muss sichergestellt sein, dass durch systematisches Probie­ ren zumindest eine hinreichend gute Lösung gefunden werden kann (Kriterium des Erreichens einer zumindest hinreichend guten Lösung). 598 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt VI. 599 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt II. 600 Vgl. Freidank 2019d, S. 135–140; Freidank 2016a, S. 35–45; Freidank/Handschumacher 2020b, S. 532–558. 601 Vgl. Bäuerle 1989, S. 175–181.

C. Betriebswirtschaftliche Voraussetzungen für den Modelleinsatz















| 355

Der Entscheidungsträger muss in der Lage sein, mit hinreichender Sicherheit be­ urteilen zu können, ob zum einen die Adressaten die beabsichtigten Reaktionen zeigen und zum anderen die Auswirkungen des rechnungslegungspolitischen In­ strumentariums ggf. durch Reformen der handels- und steuerrechtlichen sowie internationalen Konventionen in Frage gestellt sein könnten (Kriterium der hin­ reichenden Sicherheit). Aufgrund der in aller Regel vorliegenden Ungewissheit im Hinblick auf die Vor­ ausbestimmung der Unternehmensergebnisse bzw. der sonstigen (steuerrechtli­ chen) Einkünfte der Anteilseigner sollten aus pragmatischer Sicht Mehrzeitpunkt­ entscheidungsmodelle nur bei hinreichend sicheren Erwartungen formuliert wer­ den (Kriterium der pragmatischen Begrenzung des Planungshorizonts). Aus dem Zielsystem der Unternehmenspolitik müssen sich eindeutig quantifizier­ bare materielle Handlungsziele für die Rechnungslegungspolitik ableiten lassen, die die Absichten der übergeordneten Teilpolitiken (z. B. Finanz-, Publizitäts- und Individualpolitik des Managements) bestmöglich repräsentieren (Kriterium der Quantifizierbarkeit von Handlungszielen). Im Falle der Verfolgung mehrerer zueinander in Konkurrenz stehender oder sich gegenseitig ausschließender Handlungsziele muss es möglich sein, derartige Kon­ flikte durch Zielgewichtung oder durch Aufstellung einer Rangordnung (z. B. Pri­ mär- und Sekundärziele) zu lösen (Kriterium der Konfliktlösbarkeit). Zum Zwecke der Realisierung der angestrebten Zielsetzungen müssen dem Ent­ scheidungsträger alle zur Zielerreichung relevanten sachverhalts- und darstel­ lungsgestaltenden (formellen und materiellen) Instrumente zur Verfügung ste­ hen (Kriterium der Vollständigkeit des rechnungslegungspolitischen In­ strumentariums). Um konträre Sekundärwirkungen des Instrumentaleinsatzes beurteilen und ggf. kompensieren zu können, muss der Entscheidungsträger weiterhin den Flexibili­ tätsgrad der einzelnen rechnungslegungspolitischen Alternativen kennen (Krite­ rium der Kenntnis der Flexibilität des rechnungslegungspolitischen Instru­ mentariums). Zur Sicherung ihrer Zielorientierung, Gesetz-, Ordnungs-, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit sollte dem System der Rechnungslegungspolitik ein digitali­ siertes Lösungskonzept zugrunde liegen (Kriterium der rechnungslegungspo­ litischen Digitalisierung).

V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die handelsrechtliche Rechnungslegungspolitik A. Grundlegendes Während zur Lösung mehrperiodiger steuerbilanzpolitischer Sachverhalte eine Viel­ zahl unterschiedlicher Entscheidungsmodelle vorgelegt wurde, erbringt eine Lite­ raturdurchsicht bis Ende der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts in dieser Hinsicht bezüglich speziell auf handelsbilanzpolitisch ausgerichtete Modellansätze ein vergleichsweise dürftiges Ergebnis.⁶⁰² Obwohl schon relativ früh das Erfordernis ei­ ner optimalen Rechnungslegungspolitik „[. . . ]mittels einer gewinndeterminierten Zielfunktion unter strukturellen Nebenbedingungen“⁶⁰³ erkannt wurde, hat sich die betriebswirtschaftliche Forschung mit der Entwicklung anwendungsorientierter han­ delsrechtlicher Planungsmodelle erst in jüngerer Zeit eingehend beschäftigt.⁶⁰⁴ Es ist zu vermuten, dass die zurückhaltende Auseinandersetzung mit den Aspekten ei­ ner simultanen ein- und mehrperiodigen Jahresabschlussplanung, die zudem auch noch IT-gestützt ist, zu großen Teilen in dem mangelnden Interesse der Praxis begründet liegt, derartige Methoden im Rahmen einer zielgerichteten Rechnungsle­ gungspolitik einzusetzen. Zum einen werden jahresabschlussbezogene Gestaltungen vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen häufig in Form sequenzieller Entscheidungsprozesse ablaufen. Zum anderen dürfte aber auch die immer noch ablehnende Haltung vieler Praktiker gegen einen Rückgriff auf mathematische Me­ thoden dafür verantwortlich sein, dass sich die simultane Optimierung im Bereich der anwendungsorientierten Rechnungslegungspolitik bisher nicht durchsetzen konnte. Allerdings wird in jüngster Zeit der Einsatz von Simultanmodellen als Konzept zur Digitalisierung der Rechnungslegungspolitik vorgeschlagen.⁶⁰⁵ Aus methodologischer Sicht sind simultane Planungsansätze dadurch gekenn­ zeichnet, dass alle Komponenten des Entscheidungsmodells (Zielplan und Ent­ scheidungsfeld) gleichzeitig festgelegt werden. Durch diese Vorgehensweise wird es möglich, unter Rückgriff auf unterschiedliche Ausprägungen der Zielfunktion und unter Beachtung von Restriktionen eine Optimallösung zu ermitteln, die im Rahmen von Planungsprozessen der Entscheidungsvorbereitung dient. Allerdings ist zu be­ rücksichtigen, dass derartige rechnungslegungspolitische Modellansätze lediglich Sub- oder Partialoptima für die formulierten Planungsprobleme liefern. Wie schon ausgeführt wurde, liegt diese Einschränkung in den vielfaltigen praktischen Schwie­ 602 Vgl. etwa Bender 1980; Johänntgen-Holthoff 1985; Krauß 1987; Münstermann 1970, S. 256–290; Schweitzer 1972, S. 43–154. 603 Berger 1965, S. 136. 604 Vgl. die Literaturhinweise bei Freidank 2016a, S. 46 in Fußnote 177. 605 Vgl. Freidank/Handschumacher 2020b, S. 523–558 m. w. N. https://doi.org/10.1515/9783110679588-016

A. Grundlegendes |

357

rigkeiten begründet, die einer simultanen Gesamtunternehmensplanung mit dem Ziel der Ermittlung eines Totaloptimums entgegenstehen.⁶⁰⁶ Zur Lösung simultaner Planungs- und Koordinierungsaufgaben greift die Be­ triebswirtschaftslehre in aller Regel auf die mathematischen Methoden des Opera­ tions Research zurück. Die Verwendung der Mathematik als formale Sprache zwingt zum einen zu einer eindeutigen Problemformulierung und bietet zum anderen in Kombination mit IT-Unterstützung den Vorteil, auch Probleme mit einem minimalen Zeitaufwand durchzurechnen, die ohne Rückgriff auf digitalisierte Methoden bisher praktisch als unlösbar galten. Sofern die Anzahl der Zielgrößen und Aktionspara­ meter gewisse Grenzen nicht übersteigt, können optimale Ergebnisse aber auch auf simultanem Wege, ohne Rückgriff auf mathematische Methoden der Optimalpla­ nung, ermittelt werden. Lösungen zu beiden Möglichkeiten der Simultanplanung werden im weiteren Verlauf der Abhandlung vorgestellt. Da die Entscheidungsträger vor Beginn der Entscheidungsfindung ihre Präferen­ zen in Gestalt der Zielfunktion und bestimmter Nebenbedingungen fixiert haben, läuft der eigentliche Entscheidungsprozess im Rahmen simultaner Planungsmodelle ohne weiteres Eingreifen dieser Personengruppe ab. Mithin bestimmt sich die Opti­ mallösung „von selbst“ und kann beispielsweise den Programmdurchläufen von ITLösungen entnommen werden.⁶⁰⁷ Gleichzeitig werden alle einbezogenen relevanten Aktionsparameter, unter Berücksichtigung sämtlicher Interdependenzen zwischen den Komponenten des Modellansatzes, simultan festgelegt. Häufig besteht in der betrieblichen Realität bei den Entscheidungsträgern aber Unklarheit vor allem über die Höhe und Art der anzustrebenden Zielgrößen sowie über die Vielzahl von Kausalbeziehungen und Interdependenzen zwischen den Be­ standteilen des Planungsansatzes. In diesen Fällen suchen die Entscheidungsträger die Lösung des Modells nicht simultan für alle Ziele und nicht gleichzeitig für mehrere (bestmögliche) Aktionsparameter, sondern sukzessiv, indem sie unterschiedliche Al­ ternativen eines stark vereinfachten Zielplans vergleichen und auf eine Vereinbarkeit mit ihren Nutzenvorstellungen überprüfen. Die Lösung des Modells ist dann erreicht, wenn die Entscheidungsträger eine oder mehrere Alternativen gefunden haben, die sich mit ihren Anspruchsniveaus decken. Im Gegensatz zu den simultanen Konzep­ tionen sind sequenzielle Entscheidungsmodelle mithin dadurch gekennzeichnet, dass der Rechnungslegungspolitiker von einem grob formulierten Zielplan ausgeht, indem er anstelle expliziter Präferenzen ausschließlich Anspruchsniveaus bezüglich einzelner angestrebter Sachverhalte formuliert und eine angemessene Lösung durch sukzessives Testen ermittelt.⁶⁰⁸ Die Auswahl der zur Erfüllung seiner Anspruchsni­ veaus führenden erforderlichen Aktionsparameter erfolgt durch schrittweises Probie­ ren, bis eine hinreichend gute Lösung gefunden ist. Anstelle eines einzigen, alle Ak­ 606 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt IV.A. 607 Vgl. Bender 1980, S. 163. 608 Vgl. Sieben et al. 1981, Sp. 235.

358 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Start

Erstellung eines vorläufigen Jahresabschlusses auf der Basis gesetzlicher Vorschriften

Aufstellung eines (neuen) Zielplans unter Formulierung von Anspruchsniveaus im Hinblick auf Ergebnisgrößen, Kennzahlen- und/oder Bilanzsummenwert

Entspricht der vorläufige Jahresabschluss dem formulierten Zielplan?

ja

nein Existieren Aktionsparameter, durch deren Einsatz die Realisation des Zielplans möglich wird?

vorläufiger Jahresabschluss = zieladäquater Jahresabschluss

ja nein

Korrektur des Zielplans und/oder der Menge der Aktionsparameter?

vorläufiger Jahresabschluss = endgültiger Jahresabschluss

nein

Stopp

ja nein Auswahl einer Menge von (neuen) Aktionsparametern, die zur Realisation der (noch) nicht erreichbaren Anspruchsniveaus der formulierten Zielgrößen beitragen können

Existieren Lösungen, die sich mit den Anspruchsniveaus des Zielplans decken?

(neuer) zieladäquater Jahresabschluss = endgültiger Jahresabschluss ja

Sukzessive Zuordnung dieser ausgewählten Aktionsparameter zu Programmgruppen, so dass eine vollständige Kombination der Parameter untereinander möglich wird

Lösung der einzelnen Programmgruppen in der durch den Kombinationsprozess festgelegten Reihenfolge und unter Berücksichtigung von Interdependenzen gegenüber anderen Komponenten des Entscheidungsfeldes

ja

Existiert mehr als eine Lösung, die sich mit den Anspruchsniveaus des Zielplans deckt?

Decken sich die aktuellen Annein spruchsniveaus noch mit den Ergebnissen des (neuen) zieladäquaten Jahresabschlusses?

nein

Transformation des vorläufigen (ursprünglich zieladäquaten) Jahresabschlusses zum (neuen) zieladäquaten Jahresabschluss mit dem(n) Parameter(n) der von den Entscheidungsträgern benannten Programmgruppe

ja

Stehen die Entscheidungsträger den möglichen Lösungen indifferent gegenüber?

nein

Transformation des vorläufigen (ursprünglich zieladäquaten) Jahresabschlusses zum (neuen) zieladäquaten Jahresabschluss mit dem(n) Parameter(n) dieser ausgewählten Programmgruppe

ja Zufallauswahl einer Programmgruppe, die mit den Anspruchsniveaus des Zielplans korrespondieren

Transformation des vorläufigen (ursprünglich zieladäquaten) Jahresabschlusses zum (neuen) zieladäquaten Jahresabschluss mit dem(n) Parameter(n) dieser ausgewählten Programmgruppe

Abb. 122: Grundlegendes Ablaufdiagramm im Falle sequenzieller rechnungslegungspolitischer Ent­ scheidungsprozesse.

B. Modellansätze ohne Rückgriff auf mathematische Optimierungsverfahren | 359

tionsparameter und den gesamten Zielplan simultan umfassenden Ansatzes wird im Rahmen sequenzieller Entscheidungsmodelle mithin versucht, auf der Grundlage ei­ ner sukzessiven Koordination der zur Verfügung stehenden Aktionsparameter und zu­ nächst nicht vollständig formulierter Zielpläne schrittweise zu einem endgültigen op­ timalen Jahresabschluss zu gelangen. Abbildung 122 zeigt in Form eines Ablaufdiagramms die Struktur sequenzieller Entscheidungsprozesse. Durch die dort dargestellten Rückkoppelungsmöglichkeiten zum Zielplan bei nicht vorhandenen und/oder hinreichend teilbaren Aktionsparame­ tern sowie im Falle organisatorischer und kommunikationstechnischer Schwierigkei­ ten zwischen den Entscheidungsträgern der Rechnungslegungspolitik wird die ziel­ adäquate Gestaltung des Jahresabschlusses transparenter und praktikabler.

B. Modellansätze ohne Rückgriff auf mathematische Optimierungsverfahren 1. Skizzierung der Konzeptionen Allen simultanen Modellansätzen ist gemeinsam, dass sie Lösungen zum Zwecke der Entscheidungsvorbereitung durch Rückgriff auf mathematische Optimierungsme­ thoden liefern. Sofern die interdependenten Beziehungen der Variablen von Zielplan und Entscheidungsfeld jedoch überschaubar sind, besteht aber auch die Möglichkeit, mittels Anwendung manueller Rechenverfahren die relevanten Entscheidungswer­ te zu ermitteln. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die im Folgenden präsentierten Mo­ dellansätze sich nicht programmieren lassen oder durch den Einsatz von Tabellenkal­ kulationsprogrammen einer optimalen Lösung zuzuführen sind. Die angesprochenen Konzeptionen tragen im Grundsatz ebenfalls den Charakter von Simultanmodellen, da auch hier alle Komponenten des Zielplans und des Entscheidungsfelds gleichzei­ tig festgelegt werden, und die Verantwortlichen der Rechnungslegungspolitik den Er­ gebnissen der einzelnen Programmgruppen dann diejenigen Werte zum Zwecke ei­ ner zieladäquaten Transformation des vorläufigen Jahresabschlusses entnehmen kön­ nen, die mit ihren zu Beginn des Entscheidungsprozesses formulierten Nutzenvorstel­ lungen korrespondieren. Die Struktur der in Rede stehenden Modellansätze wird im Folgenden aus Vereinfachungsgründen auf der Basis einer Einheitsbilanzierung⁶⁰⁹ verdeutlicht. Im Rahmen der zielgerichteten Umformung des Jahresabschlusses kön­ nen sowohl erfolgswirksame als auch erfolgsneutrale Aktionsparameter zum Ein­ satz kommen. Zur Berücksichtigung der in diesem Zusammenhang anfallenden Er­

609 Allerdings wurde infolge der Abschaffung der Umkehrmaßgeblichkeit und der Neuausrichtung des Maßgeblichkeitsprinzips nach dem BiLMoG die Möglichkeit zur Erstellung eines einheitlichen Jah­ resabschlusses, der sowohl handels- als auch steuerrechtlichen Vorschriften entspricht (sog. Einheits­ bilanz), wesentlich erschwert. Vgl. Teil 2, Gliederungspunkt III.B.1.

360 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

tragsteuerwirkungen wird wiederum auf die entsprechenden Koeffizienten der Teil­ steuerrechnung⁶¹⁰ zurückgegriffen, mit deren Hilfe sämtliche Körperschaft- und Ge­ werbesteuerbelastungen planmäßig durch Multifaktoren zu erfassen sind. Der Zielplan des Ansatzes kann auf die Extremierung oder Fixierung bestimm­ ter Ergebnisgrößen (Jahresüberschuss, Bilanzgewinn) sowie auf die Einhaltung aus­ gewählter Kennzahlen- und/oder Bilanzsummenniveaus ausgerichtet werden. Al­ lerdings sind auch andere Ausprägungen der rechnungslegungspolitischen Zielstruk­ tur zu berücksichtigen. Die zur Verfügung stehenden Aktionsparameter werden so zu Programmgruppen zusammengefasst, dass eine vollständige Kombination der Wahl­ rechte und Ermessensspielraume untereinander möglich wird. Dabei muss auch die Unterlassungsalternative Eingang in die Menge der möglichen Kombinationen fin­ den. Diese Vorgehensweise bedeutet, dass beispielsweise im Falle von vier zur Verfü­ gung stehenden Aktionsparametern 16 Zusammenstellungen möglich sind und mit­ hin auch 16 Programmgruppen gebildet werden müssen. Für die entsprechenden Pro­ grammansätze sind nun unter Berücksichtigung der operational formulierten Zielgrö­ ßen die entsprechenden Entscheidungswerte zu ermitteln. Nach Beendigung des Re­ chenvorganges ist der vorläufige Jahresabschluss auf der Basis derjenigen Programm­ gruppe zum optimalen Jahresabschluss zu transformieren, die mit dem ursprüng­ lich aufgestellten Zielplan des Entscheidungsträgers korrespondiert. Zur übersichtli­ chen Ermittlung und Präsentation der angesprochenen Werte empfiehlt sich die Auf­ stellung von rechnungslegungspolitischen Entscheidungstabellen, deren Aufbau und Auswertung nachfolgend beispielhaft gezeigt wird.

2. Beispielhafte Verdeutlichung Beispiel: Der vorläufige Jahresabschluss einer unbeschränkt ertragsteuerpflichtigen Kapitalge­ sellschaft, die in der Rechtsform der AG geführt wird, hat das in Abbildung 123 gezeigte Ausse­ hen. Der vorläufige Jahresüberschuss vor Ertragsteuern (vJvor) der Referenzperiode t1, der mit der vorläufigen ertragsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage (vB) korrespondiert, beträgt 90.000 €. Unter Berücksichtigung des Ziels der Unternehmensleitung, nur den Jahresüberschuss in voller Höhe auszuschütten, berechnen sich die vorläufige Ertragsteuerbelastung (vE) und der vorläufige Bilanzgewinn (vBI) wie folgt, wenn der Gewerbesteuerhebesatz der Standortgemeinde 405 % und die Steuermesszahl 3,5 % beträgt. s = sg + sd · (1 + soli) mit sg = me · he s = 0,14175 + 0,15 · (1 + 0,055) = 0,3 mit sg = 3,5/100 · 405/100 vE = s · vB vE = 0,3 · 90.000 € = 27.000 € vBI = (1 − s) · vJvor vBI = (1 − 0,3) · 90.000 € = 63.000 €.

610 Vgl. Freidank 2022e, S. 2013–2023; Kußmaul 2020, S. 511–517; Rose 1973; Rose 1979, S. 293–308; Scheffler 1991, S. 69–75.

B. Modellansätze ohne Rückgriff auf mathematische Optimierungsverfahren | 361

Aktiva

Vorläufige Einheitsbilanz zum 31.12.t1

Passiva

in T€ A. Anlagevermögen I. Sachanlagen:

I. Gezeichnetes Kapital

1. Grundstücke

120

2. Technische Anlagen und Maschinen

140

35 20 63

B. Rückstellungen: 15

b. Andere Vermögensgegen­ stände

40

I. Ertragsteuerrückstellungen (ku)

27

II. Sonstige Rückstellungen: 1. Für schwebenden Prozess (la) 2. Für Garantiezusagen (la)

II. Finanzanlagen:

34 106

C. Verbindlichkeiten: 50 25

I. Vorräte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe

1. Gesetzliche Rücklagen III. Bilanzgewinn

a. Geringwertige Wirtschafts­ güter

2. Wertpapiere des Anlage­ vermögens B. Umlaufvermögen:

200

II. Gewinnrücklagen: 2. Andere Gewinnrücklagen

3. Betriebs- und Geschäfts­ ausstattung:

1. Beteiligungen

in T€ A. Eigenkapital:

1. Verbindlichkeiten aus LuL [davon mit einer Rest­ laufzeit bis zu einem Jahr (ku) = 60/(la) = 15] 2. Erhaltene Anzahlungen (ku)

75

130

70

2. Fertige Erzeugnisse

60

II. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen III. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten

80 90 690

690

Abb. 123: Ausgangsbilanz für die rechnungslegungspolitische Gestaltung⁶¹¹. (1)

Zielplan: Zur Realisierung eines Investitionsvorhabens benötigt die angesprochene AG Fremdfinan­ zierungsmittel, die aber nur dann zu beschaffen sind, wenn die beiden folgenden Jahresab­ schlusskennzahlen sich in den angegebenen Wertebereichen bewegen. (1.1) Anlagedeckungsgrad: Anlagevermögen ≤ 1. (gezeichnetes Kapital + offene Rücklagen + langfristiges Fremdkapital) (1.2) Elastizitätsgrad: Anlagevermögen ≤ 1. Umlaufvermögen

611 Die hinter den einzelnen Passivposten vermerkten Buchstaben zeigen an, ob der jeweilige Posten zu den langfristigen (la) oder kurzfristigen (ku) Rückstellungen oder Verbindlichkeiten im Rahmen der Rechnungslegungsanalyse zählt.

362 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Zur Sicherstellung weiterer externer Finanzierungsmöglichkeiten beabsichtigt die Unterneh­ mensleitung ferner, den Jahresüberschuss, der in voller Höhe an die Anteilseigner ausge­ schüttet werden soll, zu maximieren. Schließlich möchten die Entscheidungsträger im Hin­ blick auf die Realisation der formulierten Handlungsziele die Anzahl der rechnungslegungs­ politischen Eingriffe so gering wie möglich halten. (2) Entscheidungsfeld: Um die angestrebten Zielsetzungen zu realisieren, stehen den Verantwortlichen lediglich vier Aktionsparameter zur Verfügung. (2.1) Umbuchung der anderen Wertpapiere des Anlagevermögens in Höhe von 25.000 € in das Umlaufvermögen. (2.2) Bewertung der gebildeten Rückstellungen für Garantiezusagen ohne rechtliche Ver­ pflichtung mit 36.000 € anstelle des vorgenommenen Bilanzansatzes (106.000 €) (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB i. V. m. § 249 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Der Unterschied (70.000 €) stellt die Bandbreite einer möglichen Inanspruchnahme „[...] in Höhe des nach ver­ nünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages [...]“ für die Rückstellungsbewertung dar. (2.3) Bewertung des aus der abgelaufenen Rechnungsperiode resultierenden Bestands an fertigen Erzeugnissen mit vollen Herstellungskosten (160.000 €) anstatt der durchge­ führten Bewertung zu Teil-Herstellungskosten (60.000 €), die im vorläufigen Jahres­ abschluss ohne Einbeziehung der Verwaltungsgemeinkosten (100.000 €) zum Ansatz gekommen sind (§ 255 Abs. 2 Satz 3 HGB). (2.4) Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nach § 6 Abs. 2 EStG. Zur Auswahl stehen mithin sechzehn Alternativprogramme [sechszehn Kombinationen zwischen den Aktionsparametern (2.1), (2.2), (2.3), und (2.4)]. Dieser Sachverhalt wird noch einmal durch Abbildung 124 in Gestalt einer 0/1-Darstellung verdeutlicht. Während die Ziffer „0“ die jeweilige Unterlassungsalternative zum Ausdruck bringt, dokumentiert die Ziffer „1“ den entsprechenden Wahlrechtseinsatz innerhalb der einzelnen Programmgruppen.⁶¹² Aktions­ parameter

Programmgruppen 1 2 3 4

5

6

7

8

9

10

11

12

13

14

15

16

(2.1) (2.2) (2.3) (2.4)

0 0 0 0

0 0 0 1

1 1 0 0

0 1 1 0

0 0 1 1

1 1 1 0

0 1 1 1

1 0 0 1

0 1 0 1

1 0 1 0

1 0 1 1

1 1 0 1

1 1 1 1

1 0 0 0

0 1 0 0

0 0 1 0

Abb. 124: Kombination der Aktionsparameter.

612 Eine ähnliche Darstellung findet sich bei Sieben/Schildbach 1994, S. 97.

B. Modellansätze ohne Rückgriff auf mathematische Optimierungsverfahren | 363

Die rechnerischen Ergebnisse der sechzehn möglichen Programmgruppen bezüglich der vier ver­ folgten Ziele zeigt Abbildung 125. Unter Berücksichtigung der von der Unternehmensleitung an­ gestrebten Zielsetzungen ist Programmgruppe 4 zu wählen, da hier mit einem rechnungslegungs­ politischen Eingriff [Aktionsparameter (2.3)] sowohl der Anlagedeckungsgrad als auch der Elas­ tizitätsgrad einen Wert von < 1 aufweisen sowie der Jahresüberschuss sein Maximum erreicht. Die nach dieser optimalen Programmgruppe umgestaltete Einheitsbilanz befindet sich in Abbil­ dung 126. Aktionsparameter (in €) Pro­ vJvor gramm­ (in €) grup­ pen 1 2 3 ⇒4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000 90.000

erfolgs­ erfolgs­ wirksam neutral

25.000 70.000 100.000 −15.000 70.000 170.000 85.000 170.000 155.000 −15.000 55.000 100.000 85.000 55.000 155.000

25.000

25.000 25.000 25.000 25.000 25.000 25.000

Ziel 1

Ziel 2

Ziel 3

Ziel 4

Jvor = B E = s · B (in €) (in €)

Anlage­ de­ ckungs­ grad ≤ 1

Elasti­ zitäts­ grad ≤1

BI → Max! (in €)

Anzahl der Eingriffe → Min!

90.000 90.000 160.000 190.000 75.000 160.000 260.000 175.000 260.000 245.000 75.000 145.000 190.000 175.000 145.000 245.000

0,9512 0,8902 1,1471 0,9512 0,9146 1,073 1,147 0,9146 1,074 1,1029 0,854 1,1029 0,9205 0,8337 1,0294 1,0242

1,3 1,1231 1,3 0,975 1,25 1,123 0,975 0,9375 0,859 0,9375 1,077 1,25 0,8588 0,8235 1,0769 0,8235

63.000 63.000 112.000 133.000 52.500 112.000 182.000 122.500 182.000 171.500 52.500 101.500 133.000 122.500 101.500 171.500

0 1 1 1 1 2 2 2 3 3 2 2 2 3 3 4

27.000 27.000 48.000 57.000 22.500 48.000 78.000 52.500 78.000 73.500 22.500 43.500 57.000 52.500 43.500 73.500

Abb. 125: Rechnungslegungspolitisches Entscheidungstableau.

364 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Aktiva

Zieloptimale Einheitsbilanz zum 31.12.t1 Passiva in T€ in T€ A. Anlagevermögen A. Eigenkapital: I. Sachanlagen: I. Gezeichnetes Kapital 200 1. Grundstücke 120 II. Gewinnrücklagen: 2. Technische Anlagen und 1. Gesetzliche Rücklagen 35 Maschinen 140 2. Andere Gewinnrücklagen 20 3. Betriebs- und Geschäfts­ III. Bilanzgewinn 133 ausstattung: B. Rückstellungen: a. Geringwertige Wirtschafts­ I. Ertragsteuerrückstellungen (ku) 57 güter 15 II. Sonstige Rückstellungen: b. Andere Vermögensgegen­ 1. Für schwebenden Prozess (la) 34 stände 40 2. Für Garantiezusagen (la) 106 II. Finanzanlagen: C. Verbindlichkeiten: 1. Beteiligungen 50 1. Verbindlichkeiten aus LuL [davon mit einer Rest­ 2. Wertpapiere des Anlage­ laufzeit bis zu einem Jahr vermögens 25 (ku) = 60/(la) = 15] B. Umlaufvermögen: 75 I. Vorräte: 2. Erhaltene Anzahlungen (ku) 130 1. Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe 70 2. Fertige Erzeugnisse 160 II. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen 80 III. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten 90 790 790 Abb. 126: Transformation auf der Basis von Programmgruppe 4.

3. Ausbaumöglichkeiten und Anwendungsbezug Die beispielhaft entwickelte simultane Grundkonzeption dürfte prinzipiell ohne Schwierigkeiten zu verfeinern und an modifizierte Zielpläne und/oder Aktionsräume anzupassen sein. Dies ist sowohl möglich im Hinblick auf die Art der Zielfunktion (z. B. Erfolgsgrößen, Kennzahlentypen und die Bilanzsumme) als auch auf deren Hö­ he, indem etwa Extremierungs-, Fixierungs- oder Satisfizierungsziele verfolgt werden können. Die mit den unterschiedlichen Transformationsprozessen verbundenen in­ terdependenten Ertragsteuerwirkungen sind mit den dargelegten Multifaktoren zu­ mindest näherungsweise zu erfassen. Sofern steuerrechtlich ausgerichtete Zielpläne vorliegen, die optimale Gewinn- bzw. Ausschüttungsreihen nach den Konzepten der mehrperiodigen Steuerbilanzplanung enthalten, besteht ferner die Möglichkeit, den der Referenzperiode entsprechenden Zielwert als Fixierungsgröße in das Modell einfließen zu lassen, und sämtliche Aktionsparameter nach dem oben beschriebenen

C. Beispiel zur sequenziellen rechnungslegungspolitischen Gestaltung |

365

Muster dergestalt zu kombinieren, dass zumindest eine Programmgruppe ermittelt werden kann, die dann den zur Realisierung des steuerrechtlichen Zielplans erforder­ lichen Manövriermasseneinsatz zur Verfügung stellt. Zum Zwecke einer optimalen Gestaltung des Jahresabschlusses bieten sich die dargestellten rechnungslegungspolitischen Planungsalternativen insbesondere beim Vorliegen nur weniger Einzelziele sowie überschaubarer Mengen von Aktions­ parametern an. Besteht beispielsweise beim Einsatz bestimmter Parameter die Mög­ lichkeit, wahlweise Zwischenwerte anzusetzen, dann kann das Modell aufgrund der wachsenden Kombinationsalternativen schnell einen solchen Komplexitätsgrad an­ nehmen, dass die Lösung durch die Anwendung manueller Rechenverfahren nicht mehr praktikabel erscheint. Der mit der Zunahme rechnungslegungspolitischer Ziel­ setzungen und der Anzahl von Aktionsparametern steigende Verarbeitungsaufwand zur Ermittlung optimaler Programmgruppen dürfte aber dann durch IT-Unterstüt­ zung, insbesondere bei Rückgriff auf Tabellenkalkulationsprogramme, ohne große Schwierigkeiten zu bewältigen sein.

C. Beispiel zur sequenziellen rechnungslegungspolitischen Gestaltung

Beispiel: Der Ablauf eines sequenziellen Entscheidungsprozesses soll nun anhand des vorste­ henden Beispiels zur simultanen Planung des Jahresabschlusses beschrieben werden.⁶¹³ In Abän­ derung des dort formulierten Zielplans wird jedoch unter sonst gleichen Bedingungen angenom­ men, dass die Unternehmensleitung den Bilanzgewinn nicht zu maximieren beabsichtigt, sondern lediglich ein Niveau dieser Ergebnisgröße von BI > 80.000 € anstrebt. Folgt man dem dargestell­ ten Ablaufdiagramm⁶¹⁴, so führt zunächst ein Vergleich des vorläufigen Jahresabschlusses⁶¹⁵ mit dem formulierten Zielplan zu keiner Deckungsgleichheit. Aus der Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Aktionsparameter, durch deren Einsatz die Realisation des Zielplans möglich werden konnte, wählen die Entscheidungsträger nun etwa die Parameter (2.1) und (2.2) aus. Mithin kann folgende Zuordnungstabelle aufgestellt werden, die zu den aufgezeigten vier Programmgruppen führt (Abbildung 127). Aktions­ parameter

Programmgruppen 1 2

3

6

(2.1) (2.2)

0 0

0 1

1 1

1 0

Abb. 127: Verknüpfung von Aktionsparametern zu Programmgruppen (1. Durchlauf).

613 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt V.B.2. 614 Vgl. Abbildung 122. 615 Vgl. Abbildung 123.

366 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Die Lösung der Programmgruppen lässt sich aus dem rechnungslegungspolitischen Entschei­ dungstableau entnehmen.⁶¹⁶ Die entsprechenden Ergebnisse werden durch die dort angeführten Programme 1, 2, 3 und 6 repräsentiert. Es zeigt sich, dass alle möglichen Lösungen keine De­ ckungsgleichheit mit den Anspruchsniveaus des Zielplans aufweisen. Für die Entscheidungsträger bestehen nun drei Möglichkeiten. Sollen Zielplan und/oder die Menge der eingesetzten Aktionspa­ rameter nicht korrigiert werden, so bleiben nur die Alternativen, den vorläufigen Jahresabschluss als endgültigen zu übernehmen oder aber unter Rückgriff auf die besseren Ergebnisse von Pro­ gramm 2, 3 oder 6 zum nicht zieloptimalen Jahresabschluss zu transformieren. Falls aber die An­ spruchsniveaus der Unternehmensleitung einer Revision unterworfen werden, ist ein neu formu­ lierter Zielplan in den Entscheidungsprozess einzugeben. Beabsichtigt das Management hinge­ gen, den alten Zielplan beizubehalten, und nur die Menge der zum Einsatz kommenden Aktionspa­ rameter zu korrigieren, sind neue Parameter auszuwählen sowie eine weitere Kombinationstabelle aufzustellen. Dieser Weg wird bezüglich des nun fortzusetzenden Beispiels beschritten, indem als nächster Parameter die Alternative (2.4) integriert wird (Abbildung 128). Aktions­ parameter

Programmgruppen 1 2

3

5

6

11

12

15

(2.1) (2.2) (2.4)

0 0 0

0 1 0

0 0 1

1 1 0

1 0 1

0 1 1

1 1 1

1 0 0

Abb. 128: Verknüpfung von Aktionsparametern zu Programmgruppen (2. Durchlauf). Die aufgrund der Einbeziehung von Parameter (2.4) planmäßig anfallenden Resultate werden durch die dort aufgelisteten Programmgruppen 1, 2, 3, 5, 6, 11, 12 und 15 repräsentiert. Bei einem Ver­ gleich mit dem Zielplan zeigt sich, dass keine Programmgruppe mit den Anspruchsniveaus des Zielplans korrespondiert. Sofern sich die Verantwortlichen entscheiden, ihren Zielplan dergestalt zu korrigieren, dass – keine Beschränkungen bezüglich der rechnungslegungspolitischen Eingriffe mehr gelten und – beide angestrebten Kennzahlenniveaus lediglich in dem Bereich ≤ 1,1 liegen sollen, korrespondiert Programmgruppe 15 nun mit der modifizierten Zielstruktur. Folglich wird der vor­ läufige Jahresabschluss durch den Einsatz der Parameter (2.1), (2.2) und (2.4) zum zieladäquaten Jahresabschluss transformiert. Das entsprechende Ergebnis befindet sich in Abbildung 129.

616 Vgl. Abbildung 125.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |

Aktiva

Zieloptimale Einheitsbilanz zum 31.12.t1

Passiva

in T€ A. Anlagevermögen

in T€ A. Eigenkapital:

I. Sachanlagen:

I. Gezeichnetes Kapital

1. Grundstücke

120

2. Technische Anlagen und Maschinen

140

3. Betriebs- und Geschäfts­ ausstattung:

40

200

II. Gewinnrücklagen: 1. Gesetzliche Rücklagen

35

2. Andere Gewinnrücklagen

20

III. Bilanzgewinn

101,5

B. Rückstellungen:

II. Finanzanlagen: 1. Beteiligungen

367

I. Ertragsteuerrückstellungen (ku) 50

B. Umlaufvermögen: I. Vorräte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebs­ stoffe

70

2. Fertige Erzeugnisse

60

II. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen III. Wertpapiere

80

IV. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten

90

43,5

II. Sonstige Rückstellungen: 1. Für schwebenden Prozess (la)

34

2. Für Garantiezusagen (la)

36

C. Verbindlichkeiten:

25

1. Verbindlichkeiten aus LuL [davon mit einer Rest­ laufzeit bis zu einem Jahr (ku) = 60/(la) = 15] 2. Erhaltene Anzahlungen (ku)

675

75

130

675

Abb. 129: Transformation auf der Basis von Programmgruppe 15.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren 1. Modelle auf der Basis quadratischer Matrizen a. Transformation des Grundansatzes zur Erfassung ergebnisabhängiger Aufwendungen⁶¹⁷ Wird zum Zwecke der Realisierung bestimmter rechnungslegungspolitischer Ziele das zur Verfügung stehende Instrumentarium, das sowohl mit den handels- als auch den steuerrechtlichen Vorschriften in Einklang steht, adäquat eingesetzt, so nimmt der vorläufige Jahresüberschuss (vJvor) den Charakter einer durch die Rechnungs­ legungspolitik beeinflussbaren Größe an.⁶¹⁸ Soll ein Jahresüberschuss in bestimm­ ter Höhe publiziert werden, dann müssen die Entscheidungsträger wissen, in wel­ 617 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d (b) (β). 618 vJvor = vorläufiger Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen und vor Manövrier­ masseneinsatz.

368 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

chem Umfang der vorläufige Jahresüberschuss zu ändern ist, um unter Beachtung der ergebnisabhängigen Aufwendungen den angestrebten Soll-Jahresüberschuss (sJnach) exakt zum Ausweis bringen zu können. Durch Variation der oben beschrie­ benen formalen Abhängigkeiten zwischen Jahresabschluss und ergebnisabhängigen Aufwendungen können die dort entwickelten Formeln nun so transformiert werden, dass sie im Rahmen rechnungslegungspolitischer Gestaltungsprozesse verwendbar sind.⁶¹⁹ (1) Vorläufiger Jahresüberschuss (vJvor) in Abhängigkeit vom Jahresüberschuss (Jnach): (1.1) vJvor = f (Jnach) (1.2) vJvor = Jnach + KSt + GewSt + TA oder (1.3) vJvor − KSt − GewSt − TA = Jnach. (2) Körperschaftsteueraufwand (KSt) in Abhängigkeit vom vorläufigen Jahresüber­ schuss: (2.1) KSt = f (vJvor) (2.2) KSt = sk · (vJvor − TA + ka* ) oder nach Umformung (2.3) − sk · vJvor + KSt + sk · TA = sk · ka* (3) Gewerbesteueraufwand (GewSt) in Abhängigkeit vom vorläufigen Jahresüber­ schuss: (3.1) GewSt = f (vJvor) (3.2) GewSt = me · he · (vJvor − TA + ka* + Vk + ga) mit sg = me · he gilt auch (3.3) GewSt = sg · (vJvor − TA + ka* + Vk + ga) oder nach Umformung (3.4) − sg · vJvor + GewSt + sg · TA = sg · (ka* + Vk + ga). (4) Tantiemenaufwand (TA) in Abhängigkeit vom vorläufigen Jahresüberschuss: (4.1) TA = f (vJvor) (4.2) TA = tb · (vJvor − KSt − GewSt − TA + ta). Für KSt und GewSt werden nun die Ausdrücke (2.2) und (3.3) eingesetzt. (4.3) TA = tb · [vJvor − sk · (vJvor − TA + ka* ) − sg · (vJvor − TA + ka* + Vk + ga) − TA + ta] oder nach einigen Umformungen (4.4) − tb · (1 − sk − sg) · vJvor + [1 + tb · (1 − sk − sg)] · TA = − tb · [(sk + sg) · ka* + sg · (Vk + ga) − ta].

619 Auch im Folgenden wird unterstellt, dass die Größe ka keine latenten Steuern nach § 274 HGB auslöst.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 369

Das transformierte Gleichungssystem kann nun zum Zwecke rechnungslegungspoli­ tischer Gestaltungsprozesse genutzt werden. So besteht die Möglichkeit, anstelle der Größen Jnach bestimmte angestrebte Sollwerte (Soll-Jahresüberschuss und Soll-Aus­ schüttung) einzusetzen. Die Lösung des Gleichungssystems weist dann die Ergebnisse für vJ⁶²⁰, KSt, GewSt und TA aus, die sich nach Einsatz der erfolgswirksamen Instru­ mente ergeben wurden. Die zu diesem Zwecke benötigte Manövriermasse errechnet sich durch Gegenüberstellung des ursprünglichen vorläufigen Jahresergebnisses und des vorläufigen Jahresergebnisses, das in Gestalt der Lösungswerte des simultanen Pla­ nungsansatzes ausgewiesen wird. Abbildung 130 zeigt noch einmal eine zusammen­ fassende Darstellung des umgestellten Gleichungssystems in Matrizenschreibweise, in das die Gleichungen (1.3), (2.3), (3.4) und (4.4) Eingang gefunden haben.

1

‒1

‒1

‒1

vJ

‒ sk

1

0

sk

KSt

‒ sg

0

1

sg

‒ tb · (1 ‒ sk ‒ sg)

0

0

1 + tb · (1 ‒ sk ‒ sg)

·

GewSt

TA

Jnach

sk · ka* =

sg · (ka* + Vk + ga)

‒ tb · [(sk + sg) · ka* + sg · (Vk + ga) ‒ ta]

Abb. 130: Transformiertes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise.

Beispiel:⁶²¹ In Erweiterung des Ausgangsbeispiels wird nun unterstellt, dass die Geschäftsführung der GmbH vorschlägt, exakt einen Soll-Jahresüberschuss von 700 T€ zur Sicherstellung der geplanten Aus­ schüttungen zum Ausweis zu bringen, ohne auf Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen zurück­ zugreifen. Erfolgswirksame Wahlrechte stehen in ausreichendem Umfang zur Verfügung. Die Aus­ gangsmatrizen nehmen dann das in Abbildung 131 gezeigte Bild an. 1

‒1

‒1

‒ 0,15825

1

0

‒1

vJ

0,15825

700

KSt ·

23,7375 =

‒ 0,14

0

1

0,14

GewSt

‒ 0,08421

0

0

1,08421

TA

33,6 ‒ 6,8805

Abb. 131: Beispielhafte Darstellung des transformierten Gleichungssystems in Matrizenschreib­ weise.

620 vJ = vorläufiger Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen nach Manövriermas­ seneinsatz. 621 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d(b)(β).

370 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Die Lösung ergibt nachstehende Werte: vJ KSt GewSt TA

= = = =

1.163,21 T€ 194,52 T€ (mit Solidaritätszuschlag) a 184,69 T€ b 84,00 T€ c

a

194,52 T€ = 0,15825 · (1.163,21 T€ + 150 T€ − 84 T€). 184,69 T€ = 0,14 · (1.163,21 T€ + 150 T€ + 90 T€ − 84 T€). c 84,00 T€ = 0,12 · 700 T€. b

Die entsprechende zieloptimale Erfolgsrechnung, zu deren Erstellung 23,21 T€ ( = 1.163,21,64 T€ − 1.140 T€) positive Manövriermasse eingesetzt werden muss, hat dann folgendes Aussehen:

+ + − − −

=

Umsatzerlöse diverse Erträge Manövriermasseneinsatz diverse Aufwendungen Tantiemenaufwand Steuern vom Einkommen und vom Ertrag (1) Körperschaftsteuer (mit Solidaritätszuschlag) (2) Gewerbesteuer Jahresüberschuss ( = geplante Ausschüttung)

2.400,00 T€ 640,00 T€ 23,21 T€ 1.900,00 T€ 84,00 T€ 194,52 T€ 184,69 T€ 700,00 T€

b. Extremierungsansätze Neben der dargestellten Fixierung der Zielgröße kann aber auch eine Extremierung von Jnach auf der Basis des Grundansatzes zur Erfassung ergebnisabhängiger Auf­ wendungen betrieben werden.⁶²² Zu diesem Zwecke sind lediglich diejenigen zur Ver­ fügung stehenden erfolgswirksamen Aktionsparameter in Erfahrung zu bringen, mit deren Hilfe der in der vorläufigen Erfolgsrechnung ausgewiesene Jahresüberschuss bis an seine Grenzbereiche zu beeinflussen ist. Anhand dieser Daten müssen dann die Ober- und Untergrenzen des vorläufigen Jahresüberschusses wie folgt berechnet werden. (1) vJ (Max) = vJvor + Summe aller gewinnerhöhenden Aktionsparameter (2) vJ (Min) = vJvor − Summe aller gewinnsenkenden Aktionsparameter. Beispiel: Unterstellt man, dass für die angesprochene Geschäftsführung der GmbH unter sonst gleichen Bedingungen die Möglichkeit besteht, den vorläufigen Jahresüberschuss von 1.140 T€ durch Manövriermasseneinsatz auf höchstens 1.800 T€ zu steigern und auf mindestens 600 T€ zu senken, dann errechnen sich nach Eingabe für vJ (Max) von 1.800 T€ bzw. vJ (Min) von 600 T€ in das simultane Gleichungssystem nachstehende Lösungswerte.

622 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d(b)(β).

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 371

(1) Maximierungsansatz: sJnach = 1.112,16 T€ KSt = 287,47 T€ a (mit Solidaritätszuschlag) GewSt = 266,92 T€ c TA = 133,46 T€ e

(2) Minimierungsansatz: sJnach = 335,46 T€ KSt = 112,32 T€ b (mit Solidaritätszuschlag) GewSt = 111,96 T€ d TA = 40,26 T€ f

a

287,47 T€ = 0,15825 · (1.800 T€ + 150 T€ − 133,46 T€). 112,32 T€ = 0,15825 · (600 T€ + 150 T€ − 40,26 T€). c 266,92 T€ = 0,14 · (1.800 T€ + 150 T€ + 90 T€ − 133,46 T€). d 111,96 T€ = 0,14 · (600 T€ + 150 T€ + 90 T€ − 40,26 T€). e 133,46 T€ = 0,12 · 1.112,16 T€. f 40,26 T€ = 0,12 · 335,46 T€. b

c. Ergebnis Die formulierten Matrizenmodelle repräsentieren mit ihren Erweiterungsmöglichkei­ ten rechnungslegungspolitische Planungsalternativen, die vor allem für kleine Kapitalgesellschaften von Interesse sein dürften, deren Zielplan lediglich auf die Beeinflussung des Jahresergebnisses, der Ausschüttungen sowie der Ertragsteuern ausgerichtet ist und die auf eine Erfassung der latenten Steuer nach § 274a Nr. 4 HGB verzichten. Neben der Maximierung oder Minimierung dieser Zielgrößen mit Hilfe des Grundmodells bzw. des erweiterten Simultanmodells können die transformierten Planungsansätze im Rahmen einer Ergebnisglättungspolitik oder einer mehrperi­ odigen Ertragsteuerplanung dazu benutzt werden, den bestimmten Erfolgen oder optimalen Gewinnausweis- bzw. Ausschüttungsreihen entsprechenden Manövrier­ masseneinsatz pro Rechnungsperiode in Erfahrung zu bringen, indem der durch die Programmplanung berechnete und damit benötigte vorläufige Jahresüberschuss nach Einsatz des Instrumentariums (vJ) dem vorläufigen Ist- Jahresüberschuss (vJvor) des extern orientierten Rechnungswesens gegenübergestellt wird. Ein Vergleich der beispielhaft angeführten Erfolgsrechnungen verdeutlicht, wel­ che Entscheidungshilfe die Matrizenmodelle bieten bzw. welche Fehlentscheidun­ gen im Hinblick auf Ergebnis, Ertragsteuerbelastung und Ausschüttung eine ledig­ lich intuitive oder manuell ausgerichtete Rechnungslegungspolitik auslösen kann. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die vorgestellten Simultanansätze versagen müssen, wenn zur Beeinflussung bestimmter Zielgrößen Wahlrechte herangezogen werden sollen, die ertragsteuerrechtlich keine Anerkennung finden. Ferner ist das Konzept nicht in der Lage, die Einhaltung bestimmter angestrebter Kennzahlen- und Bilanzsummenniveaus zu sichern. Sofern der Zielplan und das Entscheidungsfeld von Kapitalgesellschaften derartige Erweiterungen enthalten, muss auf komplexere simultane Optimierungsmodelle zurückgegriffen werden.⁶²³ 623 Vgl. Freidank 2016a, S. 65–171.

372 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Die entwickelten Matrizenmodelle liefern in ihren unterschiedlichen Ausprägun­ gen Hinweise für den Einsatz IT-gestützter Lösungen. Insbesondere können in die­ sem Zusammenhang Tabellenkalkulationsprogramme Verwendung finden, die in aller Regel integrierte Funktionen zur Berechnung simultaner Gleichungssysteme ent­ halten. Zur Vermeidung von Rechenproblemen, die im Rahmen von Programmsimu­ lationen bei der jeweiligen Neuermittlung einzelner Koeffizienten auftreten, empfiehlt sich der Aufbau spezifischer Arbeitsblattdateien, mit deren Hilfe die gewünschten Eingabewerte der Ausgangsmatrizen problemlos ermittelt werden können. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Matrizenmodelle in menügesteuerte Software­ pakete zu integrieren, die dann in der Lage sein müssen, nach Eingabe der vorläu­ figen Erfolgsrechnung, angestrebter Zielgrößen sowie der zur Verfügung stehenden Manövriermasse die optimale Gewinn- und Verlustrechnung der Kapitalgesellschaft zu ermitteln.

2. Modelle auf der Basis der mathematischen Optimalplanung a. Einleitung Die relativ geringe Beschäftigung mit den Einsatzmöglichkeiten mathematischer Me­ thoden bei der Konzipierung eines optimalen handels-, steuerrechtlichen und/oder internationalen Jahresabschlusses liegt überwiegend in der Zurückhaltung der Praxis begründet, Verfahren des Operations Research im Rahmen einer zielorientierten, digitalisierten Rechnungslegungspolitik zu verwenden. Einerseits läuft die Ge­ staltung des Jahresabschlusses vor allem bei kleineren Unternehmen i. d. R. als se­ quenzieller und nicht als simultaner Entscheidungsprozess ab. Andererseits dürfte aber auch die immer noch ablehnende Haltung vieler Praktiker gegen den Einsatz der Mathematik dafür verantwortlich sein, dass sich die simultane Optimierung im Be­ reich der anwendungsorientierten Rechnungslegungspolitik bisher nicht durchsetzen konnte. Der IT-Fortschritt bietet mit benutzerfreundlicher Software leistungsfähige tech­ nische Grundlagen für den Einsatz von rechnungslegungspolitischen Optimierungs­ modellen, so dass die betriebswirtschaftliche Modellkonzipierung inzwischen den Engpass darstellt. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden IT-gestützte Optimierungsmodelle präsentiert, die zum Zwecke der Gestaltung der Einheitsbi­ lanz unter Berücksichtigung der für Kapitalgesellschaften elementaren Zielgrößen und Aktionsparameter eingesetzt werden können. Durch Variationen der ergebnisbe­ zogen definierten Zielfunktion sowie bestimmter Kennzahlen und/oder Bilanzsum­ menniveaus, die als Nebenbedingungen zu formulieren sind, bieten die auf einem gemischt-ganzzahligen Optimierungsansatz basierenden Planungsmodelle die Möglichkeit, Optimallösungen für die wichtigsten rechnungslegungspolitischen Ent­ scheidungsprobleme zu liefern. Die folgenden Ausführungen beschränken sich auf die Formulierung eines Planungsansatzes zum Zwecke der Erstellung eines einheitli­

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |

373

chen Jahresabschlusses, der sowohl handels- als auch steuerrechtlichen Vorschriften genügt. Damit steht als Manövriermasse zur Erreichung der gesetzten rechnungsle­ gungspolitischen Größen aber nur noch die Schnittmenge handels- und steuerrecht­ licher Wahlrechte zur Verfügung. Den Erfordernissen der betrieblichen Praxis bezüglich einer aussagefähigen Pla­ nung des handels- und/oder steuerrechtlichen Jahresabschlusses wird am ehesten durch die Entwicklung möglichst vereinfachender Partialmodelle entsprochen, die aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich der Vorausbestimmung der Unternehmenser­ gebnisse bzw. der sonstigen steuerrechtlichen Einkünfte der Anteilseigner sowie des Potentials der künftig zur Verfügung stehenden Gestaltungsobjekte einperiodig aus­ gerichtet sein sollten. Wie noch zu zeigen sein wird, sind die IT-gestützten Optimie­ rungsmodelle prinzipiell erweiterungsfähig. b. Grundmodelle der Jahresabschlussplanung b.a Allgemeines Wie Abbildung 132 zeigt, bildet den Ausgangspunkt für den Optimierungsansatz in den nachfolgend zu präsentierenden Modellen zur ergebnis- bzw. ausschüttungsbezo­ genen Rechnungslegungspolitik ein auf der Basis gesetzlicher Vorschriften erstellter vorläufiger Jahresabschluss, der unter Berücksichtigung eines Zielplans (Zielfunk­ tionen und bestimmte einzuhaltende Restriktionen) durch den Einsatz der verfüg­ baren erfolgswirksamen Aktionsparameter simultan zum zieloptimalen Jahresab­ schluss transformiert werden soll. Ist eine dem Ergebnisziel entsprechende optimale Lösung nach diesem Durchlauf nicht zu erreichen, muss geprüft werden, ob dies unter zusätzlichem Einsatz der erfolgsunwirksamen Handlungsparameter zu realisieren ist. Sollte das Programm auch dann noch keine optimale Lösung erbringen, besteht mittels einer Zusatzrechnung die Möglichkeit festzustellen, wie der Zielplan geändert werden muss, um die Modelle dennoch einer Optimallösung zuzuführen. Andernfalls wird der vorläufige Jahresabschluss als endgültige Rechnung übernommen. Unter Be­ rücksichtigung dieser Rückkoppelungseffekte tragen die Modelle auch sequenzi­ elle Züge. Die Zielfunktion kann von den Entscheidungsträgern wahlweise als Ex­ tremierung (Maximierung oder Minimierung) oder Fixierung des Jahresergebnisses nach Ertragsteuern bzw. der Ausschüttung formuliert werden. Als Sekundärziele in Form von einzuhaltenden Nebenbedingungen werden folgende Restriktionen berück­ sichtigt: – die gesetzlichen Bilanzierungs-, Bewertungs- und Ermessensspielraume der ein­ zelnen Aktionsparameter sowie bestimmte Gewinnverwendungswahlrechte mit ihren Ober- und Untergrenzen; – Grenzen im Rahmen der Erfassung effektiver Ertragssteuern; – Grenzen im Hinblick auf die Berücksichtigung der jahresabschlussbezogenen Ver­ gütung der Geschäftsführung; – bestimmte, unternehmenspolitisch als nötig erachtete Kennzahlenniveaus;

374 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Start

Erstellung eines vorläufigen Jahresabschlusses auf der Grundlage gesetzlicher Vorschriften

Formulierung eines (neuen) Zielplans mit erfolgsorientierter Zielfunktion sowie einzuhaltenden Kennzahlen- und/oder Bilanzsummenniveaus als Nebenbedingungen

Entspricht der vorläufige Jahresabschluss dem formulierten Zielplan?

ja

ja

Korrektur des Zielplans?

nein

vorläufiger Jahresabschluss = zieloptimaler (endgültiger) Jahresabschluss

nein Erstellung eines Optimierungsprogramms unter Einbeziehung des Zielplans (erfolgsorientierte Zielfunktion sowie einzuhaltende Kennzahlen- und/oder Bilanzsummenniveaus als Nebenbedingungen) und sämtlicher erfolgswirksamer Aktionsparameter

Transformation des vorläufigen Jahresabschlusses zum zieloptimalen (endgültigen) Jahresabschluss ja

Liefert das Optimierungsprogamm eine Optimallösung?

ja

Korrektur des Zielplanes?

nein

nein

ja

Soll der vorläufige Jahresabschluss zum nicht zieloptimalen Jahresabschluss transformiert werden?

Kann die optimale Lösung durch den Einsatz von erfolgsunwirksamen Aktionsparametern erreicht werden?

ja

vollständige oder partielle Transformation des vorläufigen Jahresabschlusses zum endgültigen Jahresabschluss

nein nein vorläufiger Jahresabschluss = endgültiger Jahresabschluss

Feststellung im Rahmen einer ZusatzRechnung, in welchem Umfange die Daten des Zielplanes geändert werden müssen, um die optimale Lösung zu erreichen

Sollen diese Ergebnisse in einen neu zu formulierenden Zielplan aufgenommen werden?

nein

ja

Abb. 132: Ablaufdiagramm zur Ermittlung des zieloptimalen Jahresabschlusses.

Stopp

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |



375

Obergrenzen der Bilanzsumme, deren Überschreiten nach § 267 HGB bestimmte Publizitäts- und Prüfungspflichtig auslösen kann.

Aus Gründen der Übersichtlichkeit sind in die nachfolgenden Konzepte nur aus­ gewählte betriebswirtschaftliche Kennzahlen sowie exemplarisch die wichtigsten bilanz- und steuerrechtlichen Einzelvorschriften einbezogen worden. Die Modelle sind jedoch prinzipiell erweiterungsfähig. Die Lösung der Ansätze kann mit Hilfe mathematischer Optimierungsprogramme erfolgen, die von unterschiedlichen Software-Herstellern angeboten werden. Für die Ermittlung der für die Optimierungs­ rechnung benötigten Eingabewerte als auch die anschließende Transformation des vorläufigen zum zieloptimalen Jahresabschluss empfiehlt sich der Einsatz von Tabel­ lenkalkulationsprogrammen. b.b Formulierung der Zielfunktion Bezeichnet man das vorläufige Jahresergebnis vor ergebnisabhängigen Aufwen­ dungen (Körperschaft-, Gewerbesteuer, Tantiemen) mit vJvor und die Werte der ein­ zelnen vorläufigen Bilanzposten des Anlage- und des Umlaufvermögens, der aktiven Rechnungsabgrenzungsposten sowie des lang- und kurzfristigen Fremdkapitals posi­ tiv oder negativ erfolgswirksam verändernden Aktionsparameter (Manövriermasse) mit XA, XAü, Xa, Xaü, XU, XUü, Xu, Xuü, XFl, XFk, Xfl, Xfk, XRa, Xra, dann lässt sich ein angestrebtes Soll- Jahresergebnis nach ergebnisabhängigen Aufwendungen (sJnach) für die Einheitsbilanz allgemein wie in Formel (1) gezeigt ermitteln. (1) sJnach = (vJvor − XKSt − XGewSt − XTA + XA + XAü − Xa − Xaü + XU + XUü − Xu − Xuü + XFl + XFk − Xfl − Xfk + XRa − Xra). Hierbei bedeuten bei der Indizierung der Variablen (X): KSt = Körperschaftsteueraufwand GewSt = Gewerbesteueraufwand TA = Tantiemenaufwendungen A, a = Sachanlagevermögen Aü, aÜ = übriges Anlagevermögen U, u = Vorräte Uü, uü = übriges Umlaufvermögen Fl, fl = langfristiges Fremdkapital Fk, fk = kurzfristiges Fremdkapital Ra, ra = aktive Rechnungsabgrenzung. Dem übrigen Umlaufvermögen werden Forderungen und sonstige Vermögensgegen­ stände sowie Finanzumlaufvermögen i. S. d. § 266 Abs. 2 B. HGB subsumiert. Bei Ver­ mögensposten meint die Großschreibung des Parameters Zunahme, bei Kleinschrei­

376 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

bung Abnahme, bei Fremdkapitalposten ist die Bedeutung umgekehrt. Im Falle eines positiven Vorzeichens führt der Parameter zu einer Jahresüberschusserhöhung, bei einem negativen Vorzeichen hingegen zu einer Jahresüberschussverminderung. Bezieht sich beispielsweise die Variable Xu ( = Wert derjenigen Aktionsparame­ ter, die den Betrag des Vorratsvermögens senken) auf die Möglichkeit einer zusätz­ lichen Aufwandsverrechnung bei Anwendung des Lifo-Verfahrens gegenüber der im vorläufigen Jahresabschluss vorgenommenen Durchschnittsbewertung des Vorrats­ vermögens, so wirkt sich die Ausübung dieses Wahlrechts einerseits negativ auf das Soll-Jahresergebnis aus. Andererseits führt die Zuschreibung auf Wertpapiere des An­ lagevermögens in Gestalt der Variablen XAü ( = Wert derjenigen Aktionsparameter, die den Betrag des übrigen Anlagevermögens erhöhen) zu einer Steigerung der Zielgröße sJnach. Soll hingegen der Soll-Bilanzgewinn (sBI) die zu extremierende oder zu fixie­ rende Zielgröße sein, dann ist Formel (1) bei zusätzlicher Berücksichtigung möglicher Rücklagenvariationen wie folgt zu modifizieren. Unter Verwendung der schon in For­ mel (1) zum Ansatz gekommenen 14 erfolgswirksamen Aktionsparameter kann nun die Zielfunktion des Soll-Bilanzgewinns (sBI) formuliert werden. Um die gesetzlich vorgeschriebene oder gewünschte Thesaurierung berücksichtigen zu können, bedarf es darüber hinaus einer Integration des Ausschüttungsfaktors (as) in die Zielfunk­ tion, der das gewünschte Verhältnis zwischen der Soll-Ausschüttung (AS) aus dem Soll-Jahresüberschuss und dem Soll-Jahresüberschuss (sJnach) selbst zum Ausdruck bringt. Zudem ist die Variable XE zu integrieren, die den Entnahmeumfang aus den anderen Gewinnrücklagen repräsentiert. (2) sBI = as · (vJvor − XKSt − XGewSt − XTA + XA + XAü − Xa − Xaü + XU + XUü − Xu − Xuü + XFl + XFk − Xfl − Xfk + XRa + XE) AS mit as = sJnach und AS > 0 sowie 0 < as ≤ 1. b.c Festlegung der Restriktionen (a) Ergebnisabhängige Aufwendungen betreffende Beschränkungen Wird zum Zwecke der Realisierung bestimmter rechnungslegungspolitischer Ziele das zur Verfügung stehende Instrumentarium, das sowohl mit den handels- als auch den steuerrechtlichen Vorschriften in Einklang steht, adäquat eingesetzt, so nimmt der vorläufige Jahresüberschuss (vJvor) den Charakter einer durch die Rechnungsle­ gungspolitik beeinflussbaren Größe ein. Soll ein Jahresüberschuss bzw. ein Bilanz­ gewinn in bestimmter Höhe publiziert werden, dann müssen die Entscheidungs­ träger wissen, in welchem Umfang der vorläufige Jahresüberschuss zu ändern ist, um unter Beachtung der ergebnisabhängigen Aufwendungen den angestrebten SollJahresüberschuss (sJnach) bzw. den Soll-Bilanzgewinn (sBI) exakt zum Ausweis bringen zu können. Durch quantitative Erfassung der linearen Abhängigkeiten zwi­ schen Jahresüberschuss, ergebnisabhängigen Aufwendungen und positivem (XM+ )

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |

377

und/oder negativem (XM- )Manövriermasseneinsatz⁶²⁴ besteht die Möglichkeit, die Auswirkungen der erfolgswirksamen rechnungslegungspolitischen Gestaltungen auf Körperschaftsteuer-, Gewerbesteuer- und Tantiemenaufwand in das Entscheidungs­ modell zu integrieren. Ausgehend davon, dass auf das zu versteuernde körperschaftsteuerrechtliche Einkommen (zvE) die Definitivbelastung der Körperschaftsteuer (sd) zur Anwendung gelangt (§ 23 Abs. 1 KStG), gilt:⁶²⁵ (3) XKSt = sd · zvE und unter Einbezug des Solidaritätszuschlags (4) XKSt = (1 + soli) · sd · zvE. Mit Berücksichtigung der Änderungsgröße ka ergibt sich sodann (5) XKSt = (1 + soli) · sd · (sJnach + ka). Wie bereits oben gezeigt wurde, ist in dem Differenzbetrag ka der Körperschaft- und Gewerbesteueraufwand selbst enthalten, der aber in dem aufzustellenden interdepen­ denten Gleichungssystem veränderlichen Charakter tragen muss. Wird von der Än­ derungsgröße ka nun der Körperschaft- und Gewerbesteueraufwand abgezogen, er­ rechnet sich der konstante Ausdruck (6) ka* = ka − (XKSt + XGewSt), der dann diejenigen Abweichungen zwischen Jnach und zvE erfasst, die nicht den Kör­ perschaft- und Gewerbesteueraufwand betreffen. Aufgrund dieser Modifikation ergibt sich nun für Gleichung (5) [mit sk = (1 + soli) · sd] (7) XKSt = sk · (sJnach + ka* + XKSt + XGewSt). Für die Variable XGewSt, die vom Gewerbeertrag berechnet wird, gilt (8) XGewSt = me · he · GE und unter Einbeziehung des oben entwickelten Formelapparates

624 Aus Vereinfachungsgründen werden im Folgenden alle jahresüberschusserhöhenden Akti­ onsparameter (XA, XAü, XU, XUü, XFl, XFk, XRa) unter dem Symbol XM+ und sämtliche jahres­ überschussvermindernden Aktionsparameter (Xa, Xaü, Xu, Xuü, Xfl, Xfk, Xra) unter dem Symbol XM- zusammengefasst. 625 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d.(b)(β). Auch hier wird unterstellt, dass die Größe ka keine latenten Steuern nach § 274 HGB auslöst.

378 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik (9) XGewSt = me · he · (sJnach + ka* + XKSt + XGewSt + Vk + ga). Unter Berücksichtigung eines Faktors tb, der auf die Bemessungsgrundlage TB für die Tantiemen anzuwenden ist, ergibt sich sodann (10) XTA = tb · TB = tb · (sJnach + ta) mit 0 ≤ tb ≤ 1. Die Formeln (7), (9) und (10), die die ergebnisabhängigen Aufwendungen reprä­ sentieren, sind dergestalt bestimmt worden, dass eine direkte Abhängigkeit vom Jahresüberschuss besteht. Durch Variation der beschriebenen formalen Beziehungen zwischen Jahresüberschuss und ergebnisabhängigen Aufwendungen können die dort entwickelten Formeln nun so transformiert werden, dass sie im Rahmen rechnungs­ legungspolitischer Gestaltungsprozesse verwendbar sind. (11) Gewerbesteueraufwand (XGewSt) in Abhängigkeit vom vorläufigen Jahresüberschuss: (11.1) XGewSt = f (vJvor) (11.2) XGewSt = me · he · (vJvor − XTA + XM+ − XM- + ka* + Vk + ga) mit sg = me · he gilt auch (11.3) XGewSt = sg · (vJvor − XTA + XM+ − XM- + ka* + Vk + ga) oder (11.4) XGewSt + sg · (XTA + XM+ − XM- ) = sg · (vJvor + ka* + Vk + ga). (12) Körperschaftsteueraufwand (XKSt) in Abhängigkeit vom vorläufigen Jahresüberschuss: (12.1) XKSt = f (vJvor) (12.2) XKSt = sk · (vJvor − XTA + XM+ − XM- + ka* ) oder (12.3) XKSt + sk · XTA − sk · XM+ + sk · XM- = sk · (vJvor + ka* ). (13) Tantiemenaufwendungen (XTA) in Abhängigkeit vom vorläufigen Jahresüberschuss: (13.1) XTA = f (vJvor) (13.2) XTA = tb · (vJvor − XKSt − XGewSt − XTA + XM+ − XM- + ta) Für die Variablen XKSt und XGewSt werden nun die Ausdrücke (12.2) und (11.3) eingesetzt. (13.3) XTA = tb · [vJvor − sk · (vJvor − XTA + XM+ − XM- + ka* ) − sg · (vJvor − XTA + XM+ − XM- + ka* + Vk + ga) − XTA + XM+ − XM- + ta] oder nach einigen Umformungen (13.4) [1 + tb · (1 − sk − sg)] · XTA − tb · (1 − sk − sg) · XM+ + tb · (1 − sk − sg) · XM= tb · (1 − sk − sg) · vJvor − tb · [(1 + sk + sg) · ka* + sg · (Vk + ga) − ta]. Bezüglich der anderen Gewinnrücklagen kann die Unternehmensleitung frei ent­ scheiden, welche Beträge zum Zwecke der Ausschüttungserhöhung aufgelöst werden

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 379

sollen. In diesem Fall ist die Restriktion als Gleich-Bedingung in Höhe des gewünsch­ ten Entnahmeumfangs zu formulieren (XE = Entnahmewert aus anderen Gewinnrück­ lagen; RFvor (Ent) = gewünschte Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen vor Dotie­ rung). (14) XE = RFvor (Ent). Sollen hingegen die Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen simultan ermittelt werden, so müssen die Entscheidungsträger lediglich die Obergrenze der maximal möglichen Rücklagenentnahmen vor Dotierung wie folgt angeben: (15) XE ≤ RFvor. Da der entwickelte Planungsansatz darauf abzielt, ausschließlich positive Werte für die Strukturvariablen der Optimallösung zur Verfügung zu stellen, gelten im Folgen­ den die Nicht-Negativitätsbedingungen (16) XKSt, XGewSt, XTA, XM+ , XM- , XE > 0. (b) Jahresüberschussverändernde Aktionsparameter betreffende Beschränkungen Bezüglich der Festlegung der erfolgswirksamen Aktionsparameter mit ihren Ober- und Untergrenzen als ≤-Bedingungen besteht das Problem, dass die Werte der bestehen­ den Wahlrechte aus bilanzieller Sicht häufig nicht beliebig teilbar sind und somit eine gefundene optimale Lösung als Planungsansatz nicht realisiert werden kann, weil ggf. ausgewiesene Partialwerte der Strukturvariablen keine Korrespondenz mit den handels- und steuerrechtlichen Vorschriften aufweisen. Aus diesem Grunde muss die Optimierung der Zielfunktion auf der Basis eines gemischt-ganzzahligen Ansat­ zes⁶²⁶ erfolgen, der sicherstellt, dass die Aktionsparameter sowohl mit jedem mögli­ chen Zwischenwert als auch nur mit ihren Ober- und Untergrenzen Eingang in die optimale Lösung finden können. So kann beispielsweise im Rahmen der Herstellungs­ kostenermittlung die Aktivierung bestimmter Gemeinkostenbestandteile nur in Höhe von 0 (Unterlassungsalternative) oder in maximaler Höhe ausgeübt werden. Formuliert man die Aktionsparameter zunächst als ≤-Restriktionen, dann ergibt sich das nachfolgend in den Formeln (17) bis (30) gezeigte Bild.⁶²⁷ Dabei ist zu be­ rücksichtigen, dass in dem vorliegenden Optimierungsmodell aus Gründen der Über­ sichtlichkeit bestimmte Bilanzierungs- und Bewertungswahlrechte kumulativ für ei­

626 Vgl. Corsten et al. (2005), S. 125–178; Kallrath 2013, S. 83–105; Müller-Merbach 1973, S. 366–414. 627 Im Folgenden werden sämtliche jahresüberschusserhöhenden Aktionsparameter (XA, XAü, XU, XUü, XFl, XFk, XRa) und alle jahresüberschussvermindernden Aktionsparameter (Xa, Xaü, Xu, Xuü, Xfl, Xfk, Xra) wieder einzeln aufgeführt.

380 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

ne genau festgelegte Gruppe von Vermögensgegenständen bzw. Schulden gelten. So kennzeichnet der Bewertungsspielraum (21) XU ≤ oUv (XU) − vUv beispielsweise den Wert aller erfolgswirksamen Aktionsparameter, die den Betrag des Vorratsvermö­ gens unter ertragsteuerrechtlichen Auswirkungen erhöhen. Durch die Bedingung oUv (XU) ≥ vUv wird die Bandbreite des in Rede stehenden Spielraums umschrieben, der sich vom Wert des Vorratsvermögens im vorläufigen Jahresabschluss (vUv) bis hin zur Obergrenze des Vorratsvermögens erstreckt, die durch den maximalen Einsatz aller Parameter der Gruppe XU zu realisieren ist. (17) XA ≤ oAs (XA) − vAs mit oAs (XA) ≥ vAs (18) XAü ≤ oAü (XAü) − vAü mit oAü (XAü) ≥ vAü (19) Xa ≤ vAs − uAs (Xa) mit vAs ≥ uAs (Xa) (20)Xaü ≤ vAü − uAü (Xaü) mit vAü ≥ uAü (Xaü) (21) XU ≤ oUv (XU) − vUv mit oUv (XU) ≥ vUv (22) XUü ≤ oUü (XUü) − vUü mit oUü (XUü) ≥ vUü (23) Xu ≤ vUv − uUv (Xu) mit vUv ≥ uUv (Xu) (24) Xuü ≤ vUü − uUü (Xuü) mit vUü ≥ uUü (Xuü) (25) XFl ≤ vFl − uFl (XFl) mit vFl ≥ uFl (XFl) (26) XFk ≤ vFk − uFk (XFk) mit vFk ≥ uFk (XFk) (27) Xfl ≤ oFl (Xfl) − vFl mit oFl (Xfl) ≥ vFl (28) Xfk ≤ oFk (Xfk) − vFk mit oFk (Xfk) ≥ vFk (29) XRa ≤ oRa (XRa) − vRa mit oRa (XRa) ≥ vRa (30)Xra ≤ vRa − uRa (Xra) mit vRa ≥ uRa (Xra) Sofern die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften den Ansatz beliebig vieler Zwischenwerte bezüglich der einzelnen Wahlrechtsgruppen zulassen, bestehen kei­ ne Bedenken, die vierzehn Restriktionen in der vorliegenden Form in das Planungs­ modell einfließen zu lassen. Sind jedoch einige Wahlrechtsgruppen nur in Höhe ih­ res maximalen Wertes oder in Höhe von 0 entscheidungsrelevant, so bedarf es einer Modifikation des Restriktionsansatzes. Insbesondere hinsichtlich der bestehenden Ansatzwahlrechte, bei denen für die Verantwortlichen nur die Alternativen „bilan­ zieren“ oder „nicht bilanzieren“ bestehen, besitzt diese Problematik Relevanz. Im Fol­ genden wird die Bewältigung des Problems beispielhaft an der Wahlrechtsgruppe (18) XAü verdeutlicht. (31) [oAü (XAü) − vAü] · XAü ≤ oAü (XAü) − vAü mit (32) XAü ≤ 1 (ganzzahlig) Aufgrund der Ganzzahligkeitsbedingung besteht für die Variable XAü, die in der Zielfunktionszeile und den anderen Restriktionszeilen ebenfalls den Koeffizienten von oAü (XAü) − vAü zugewiesen bekommt, nur die Möglichkeit, die Werte von 1 oder 0 zu erhalten. Hierdurch wird sichergestellt, dass XAü im Rahmen der optimalen

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 381

Lösung ausschließlich die Werte von 0 oder 1 annehmen kann. Im Falle von XAü = 1 geht somit der Betrag von oAü (XAü) − vAü in voller Höhe in das Ergebnis ein. Lie­ gen auch bei anderen Wahlrechtsgruppen ähnliche Beschränkungen vor, so sind die Restriktionsansätze in analoger Form zu modifizieren. Die für die Aktionsparameter formulierten Restriktionen verdeutlichen, dass die Entscheidungsträger auf der Basis der vorläufigen Bilanzwerte nunmehr die ihnen zur Verfügung stehenden erfolgswirksamen Wahlrechte und Ermessensspielräume zum Zwecke einer zieladäquaten Transformation des Jahresabschlusses einset­ zen können. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, ob bei der Erstellung des vorläufigen Jahresabschlusses schon auf Bilanzierungs-, Bewertungswahlrechte und Ermessensspielräume zurückgegriffen wurde, da die Auswirkungen dieser Entschei­ dungen im vorliegenden simultanen Planungsmodell entweder beibehalten oder (teilweise) rückgängig gemacht werden. Es wird unterstellt, dass sich keine Ein­ schränkungen aus den Postulaten der Ansatz-, Bewertungs- und Darstellungs­ stetigkeit ergeben.⁶²⁸ Allerdings müssen die Verantwortlichen der Rechnungsle­ gungspolitik die entsprechenden handels- und steuerrechtlich zulässigen Ober- und Untergrenzen kennen und exakt in den Ansatz einfließen lassen. (c) Restriktionen ausgewählter Jahresabschlusskennzahlen Für die optimale Planung des Jahresabschlusses bedarf es der Formulierung von Restriktionen, durch die bestimmte angestrebte Niveaus von Jahresabschluss­ kennzahlen eingehalten werden. In dem hier vorgestellten Modellansatz sind solche Kennzahlen vereinfachend einbezogen worden, die üblicherweise für eine Jahres­ abschlussanalyse oder im Rahmen eines Bilanzrating als bedeutsam angesehen werden.⁶²⁹ Im Einzelnen sind folgende, in den Formeln (33) bis (45) wiedergegebene Restriktionen in dem Modellansatz enthalten; eine Aufnahme weiterer Restriktionen in Kennzahlengestalt ist prinzipiell möglich. (33)

Anlagevermögen Umlaufvermögen

≤ a (Elastizitätsgrad)

In Verbindung mit den zugehörigen rechnungslegungspolitischen Parametern ergibt sich folgende Formelstruktur für die vorstehende Kennzahl: vA+XA+XAü−Xa−Xaü ≤ a (ELastizitätsgrad) oder (33.1) vU+XU+XUü−XU−Xuü (33.2) XA + XAü − Xa − Xaü − a · XU − a · XUü + a · Xu + a · Xuü ≤ a · vU − vA.

628 Vgl. Teil 1, Gliederungspunkt I.E. 629 Vgl. etwa Coenenberg et al. 2021, S. 1085–1137; Gibson 1983, S. 23–27; Lachnit/Müller 2017, S. 51–60; Riechmann et al. 2017, S. 92–132.

382 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Abweichend von der traditionellen Rechnungslegungsanalyse wird der Bilanzgewinn als der zur Ausschüttung vorgesehene Teil des Jahresüberschusses nachstehend aus Vereinfachungsgründen nicht dem kurzfristigen Fremdkapital, sondern dem Eigen­ kapital subsumiert. (34) Anlagevermögen Bilanzsumme ≤ b Anlageintensität⁶³⁰ (34.1)

[vA + XA + XAü − Xa − Xaü] [vA + XA + XAü - Xa - Xaü + vU + XU + XUü - Xu - Xuü + vRa + XRa - Xra]

≤ b oder

(34.2) (1 − b) · XA + (1 − b) · XAü − (1 − b) · Xa − (1 − b) · Xaü − b · XU − b · XUü + b · Xu + b · Xuü − b · XRa + b · Xra ≤ b · (vA + vU + vRa) − vA. (35)

Bilanzsumme Eigenkapital

≤ c (1 : c = Eigenkapitalquote)⁶³¹

Komplizierter wird eine entsprechende Transformation der in Ungleichung (35) an­ gegebenen Bilanzkennzahl, da in diesem Fall aufgrund der Ertragsteuer- und Tan­ tiemenwirkungen Interdependenzen zwischen dem angestrebten Kennzahlenniveau, dem Eigen- und Fremdkapitalausweis und dem Einsatz der erfolgswirksamen Aktions­ parameter bestehen. Die Erfassung des Ertragsteuer- und Tantiemenaufwands (ergeb­ nisabhängige Aufwendungen) erfolgt in der nachstehenden Ungleichung durch die Variablen (35.1) XKSt + XGewSt + XTA, wobei eine entsprechende Variation der Ertragsteuerrückstellung bzw. der sons­ tigen Verbindlichkeiten, d. h. des kurzfristigen Fremdkapitals, unterstellt wird (vKSt = vorläufiger Körperschaftsteueraufwand; vGewSt = vorläufiger Gewerbesteu­ eraufwand; vTA = vorläufiger Tantiemenaufwand). (35.2)

[vA+XA+XAü−Xa−Xaü+vU+XU+XUü+Xuü+vRA+XRa−Xra] [vA + XA + XAü - Xa - Xaü + vU + XU + XUü - Xu - Xuü + vRa + XRa - Xra - (vFl - XFl - Xfl + vFk - XFk - Xfk + XKSt + XGewSt + XTA - vKSt - vGewSt - vTA)]

≤ c oder

(35.3) c · XKSt + c · XGewSt + c · XTA + (1 − c) · XA + (1 − c) · XAü − (1 − c) · Xa − (1 − c) · Xaü + (1 − c) · XU + (1 − c) · XUü − (1 − c) · Xu − (1 − c) · Xuü − c · XFl − c · XFk + c · Xfl + c · Xfk + (1 − c) · XRa − (1 − c) · Xra ≤ (c − 1) · (vA + vU + vR) − c · (vFl + vFk + vKSt + vGewSt + vTA).

630 Zu dem Begriff „Bilanzsumme“ werden im vorliegenden Modell das Anlage- und Umlaufvermö­ gen sowie die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten gezählt. 631 Die Eigenkapitalquote muss als reziproker Wert formuliert werden, da sie als ≤-Bedingung in den Planungsansatz eingeht. Ähnliches gilt für die nachfolgenden Deckungskennzahlen sowie die Rentabilitätsgrößen des Eigen- und Gesamtkapitals.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |

383

In ähnlicher Art und Weise sind auch die übrigen Kennzahlenrestriktionen im Pla­ nungsmodell erfasst. Nachfolgend werden lediglich die Kennzahlen aufgelistet. Eine Wiedergabe der detaillierten Struktur der rechnungslegungspolitischen Verformelung unterbleibt aus Platzgründen.⁶³² Fremdkapital (36) langfristiges ≤ d (Quote der langfristigen Verschuldung) Bilanzsumme

(37)

kurzfristiges Fremdkapital Bilanzsumme

≤ e (Quote der kurzfristigen Verschuldung)

Anlagevermögen (38) langfristiges Fremdkapital ≤ f (1 : f = Anlagendeckungsgrad I)

(39) Anlagevermögen Eigenkapital ≤ g (1 : g = Anlagendeckungsgrad II) [Anlagevermögen+Vorratsvermögen] (40) [Eigenkapital+langfristiges Fremdkapital] ≤ h (langfristige Vermögensdeckung)

(41)

kurzfristiges Fremdkapital Umlaufvermögen

≤ i (1 : i = Liquiditätsgrad)

Eigenkapital ≤j (42) Jahresüberschuss (1 : j = Eigenkapitalrentabilität nach ergebnisabhängigen Aufwendungen) Eigenkapital (43) Jahresüberschuss vor ergebnisabwendungen Aufwendungen ≤ k (1 : k = Eigenkapitalrentabilität vor ergebnisabhängigen Aufwendungen)

(44) [Eigenkapital+Fremdkapital] ≤l Jahresüberschuss (1 : l = Gesamtkapitalrentabilität nach ergebnisabhängigen Aufwendungen) [Eigenkapital+Fremdkapital] (45) Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen ≤ m (1 : m = Gesamtkapitalrentabiltät vor ergebnisabhängigen Aufwendungen)

Die Ergebnisse der Transformation des Planungsmodells befinden sich in Abbil­ dung 133 [Restriktionen Y(1) bis Y(32)]. Bei dieser Darstellung wurde davon ausge­ gangen, dass für die einzelnen Wahlrechte XA bis XE beliebig viele Zwischenwerte existieren. Auf eine Auflistung der die einzelnen Wahlrechtsgruppen betreffenden Restriktionen Y(4) bis Y(17) wurde hier aus Platzgründen verzichtet. Durch die Integration der folgenden Restriktion in den Modellansatz besteht für die Entscheidungsträger schließlich die Möglichkeit sicherzustellen, dass die Bilanz­ summe die in § 267 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 HGB genannten kritischen Schwellen­ werte nicht überschreitet, um die Prüfungspflicht gemäß § 316 Abs. 1 HGB zu vermei­ den und/oder publizitätsbezogene Erleichterungen (z. B. § 274a, § 276, § 288, § 326 bis 327 HGB) zu erlangen (BS = Obergrenze der Soll-Bilanzsumme). (46)XA + XAü − Xa − Xaü + XU + XUü − Xu − Xuü + XRa − Xra ≤ BS − (vA + vU + vRa) Die Formel (46) wird durch die Restriktionen Y(32) in der zusammenfassenden Dar­ stellung des Entscheidungsmodells in Abbildung 133 repräsentiert. 632 Vgl. Freidank 1990, S. 118–123.

+ sg · x6

+ sk · x6

− as · x6

Xa x6

+ sg · x7

+ sk · x7

− as · x7

Xaü x7

− sg · x8

− sk · x8

+ as · x8

XU x8

− sg · x9

− sk · x9

+ as · x9

XUü x9

+ sg · x10

+ sk · x10

− as · x10

Xu x10

− a · x8

... − a · x9

...

+ a · x10

...

+ x2

Abb. 133: Allgemeine Darstellung des Planungsmodells. (1 − l) · x4

Y(30) l · x1 (1 − m) · x4 x4

Y(31)

Y(32)

+ l · x3

(1 − k) · x4

Y(29)

+ l · x2

+ (1 − j) · x4

Y(28) − (1 − j) · x1 − (1 − j) · x2 − (1 − j) · x3

+ x3

− g · x9

− e · x9

− d · x9

− b · x9

− (1 − j) · x6

− (1 − j) · x7

+ (1 − j) · x8

− i · x8

− i · x9 + (1 − j) · x9

− (1 − j) · x10

+ i · x10

− (1 − l) · x6

− (1 − l) · x7

+ (1 − l) · x8

+ (1 − l) · x9

− (1 − l) · x10

+ i · x11

− (1 − l) · x11

− (1 − k) · x11

− (1 − j) · x11

− l · x12

+ (1 − k) · x12

+ (1 − j) · x12

− g · x12

+ f · x12

− x12

− c · x12

...

− tb · (1 − sk − sg) · x12

− sg · x12

− sk · x12

+ as · x12

XFl x12

+ x5

− x6

− x7

+ x8

+ x9

− x10

− x11

+ (1 − m) · x5 − (1 − m) · x6 − (1 − m) · x7 + (1 − m) · x8 + (1 − m) · x9 − (1 − m) · x10 − (1 − m) · x11 − m · x12

+ (1 − l) · x5

+ g · x11

+ e · x11

+ d · x11

− (1 − c) · x11

+ b · x11

+ a · x11

...

+ tb · (1 − sk − sg) · x11

+ sg · x11

+ sk · x11

− as · x11

Xuü x11

− (1 − h) · x10 + h · x11

+ g · x10

+ e · x10

+ d · x10

+ b · x10

+ (1 − k) · x5 − (1 − k) · x6 − (1 − k) · x7 + (1 − k) · x8 + (1 − k) · x9 − (1 − k) · x10

+ (1 − j) · x5

+ (1 − h) · x4 + (1 − h) · x5 − (1 − h) · x6 − (1 − h) · x7 + (1 − h) · x8 − h · x9

Y(27) x1

+ h · x3

− x7

+ h · x2

− x6

Y(26) h · x1

+ x5

x4

− e · x8

− d · x8

+ (1 − g) · x4 + (1 − g) · x5 − (1 − g) · x6 − (1 − g) · x7 − g · x8

+ g · x3

+ e · x7

+ d · x7

+ g · x2

+ e · x6

+ d · x6

Y(25) g · x1

− e · x5

− d · x5

Y(24)

− e · x4

+ x3

Y(23) x1

+ x2

− d · x4

Y(22)

+ (1 − b) · x5 − (1 − b) · x6 − (1 − b) · x7 − b · x8

+ (1 − c) · x4 + (1 − c) · x5 − (1 − c) · x6 − (1 − c) · x7 + (1 − c) · x8 + (1 − c) · x9 − (1 − c) · x10

− x7

...

Y(21) c · x1

− x6

...

(1 − b) · x4

+ x5

...

x4

...

Y(20) + c · x3

− sg · x5

− sk · x5

+ as · x5

XAü x5

− tb · (1 − − tb · (1 − + tb · (1 − + tb · (1 − − tb · (1 − − tb · (1 − + tb · (1 − sk − sg) · x4 sk − sg) · x5 sk − sg) · x6 sk − sg) · x7 sk − sg) · x8 sk − sg) · x9 sk − sg) · x10

− sg · x4

− sk · x4

+ as · x4

XA x4

Y(19)

+ c · x2

...

...

Y(18)

...

+ sg · x3

+ sk · x3

− as · x3

XTA x3

[1 + tb · (1 − sk − sg)] · x3

x2

− as · x2

XGewSt x2

Y(3)

...

x1

Y(1)

Y(2)

− as · x1

Z

XKSt x1

384 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Abb. 133: (Fortsetzung)

− sg · x13

− tb · (1 − sk − sg) · x13

...

Y(2)

Y(3)

...

− h · x13

− x13

+ (1 − j) · x13

+ (1 − k) · x13

− l · x13

− m · x13

Y(26)

Y(27)

Y(28)

Y(29)

Y(30)

Y(31)

Y(32)

+ g · x14

− g · x13

Y(25)

+ m · x14

+ l · x14

− (1 − k) · x14

− (1 − j) · x14

− f · x14

− x13

+ x14

Y(24)

Y(23)

Y(22)

+ m · x15

+ l · x15

− (1 − k) · x15

− (1 − j) · x15

+ x15

+ h · x15

+ g · x15

+ x15

+ x16

+ (1 − m) · x16

+ (1 − l) · x16

+ (1 − k) · x16

+ (1 − j) · x16

− h · x16

− g · x16

− e · x16

− d · x16

-x17

-(1 − m) · x17

− (1 − l) · x17

− (1 − k) · x17

− (1 − j) · x17

+ h · x17

+ g · x17

+ e · x17

+ d · x17

− (1 − c) · x17

≤ BS − (vA + vU + vRa)

≤ m · vJvor − (vA + vU + vRa)

≤ l · vJvor − (vA + vU + vRa)

≤ k · vJvor − (vA + vU + vRa − vFl − vFk + vKSt + vGewSt + vTA)

≤ j · vJvor − (vA + vU + vRa − vFl − vFk + vKSt + vGewSt + vTA)

≤ i · vU − (vFk − vKSt − vGewSt − vTA)

≤ h · (vA + vU + vRa − vFk + vKSt + vGewSt + vTA) − (vA + vUv)

≤ g · (vU + vRa − vFl − vFk + vKSt + vGewSt + vTA) − (1 − g) · vA

≤ f · vFl − vA

≤ e · (vA + vU + vRa) − (vFk − vKSt − vGewSt − vTA)

≤ d · (vA + vU + vRa) − vFl

≤ (c − 1) · (vA + vU + vRa) − c · (vFl + vFk − vKSt − vGewSt − vTA)

≤ b · (vA + vU + vRa) − vA

≤ RFvor

...

= tb · (1 − sk − sg) · vJvor − tb · [(1 + sk + sg) · ka* + sg · (Vk + ga) − ta]

= sg · (vJvor + ka* + Vk + ga)

= sk · (vJvor + ka* )

= sBI − as · vJvor

RS

+ (1 − c) · x16

x18

...

+ x18

XE x18

Y(21)

+ b · x17

...

+ tb · (1 − sk − sg) · x17

+ sg · x17

+ sk · x17

− as · x17

Xra x17

≤ a · vU − vA

...

− tb · (1 − sk − sg) · x16

− sg · x16

− sk · x16

+ as · x16

XRa x16

− b · x16 + c · x15

...

+ tb · (1 − sk − sg) · x15

+ sg · x15

+ sk · x15

− as · x15

Xfk x15

Y(20)

+ c · x14

...

+ tb · (1 − sk − sg) · x14

+ sg · x14

+ sk · x14

− as · x14

Xfl x14

Y(19)

− c · x13

− sk · x13

Y(1)

Y(18)

+ as · x13

Z

XFk x13

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |

385

386 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Streben die Entscheidungsträger zum Zwecke der Gewinnglättung und/oder der Ertragsteueroptimierung hingegen einen bestimmten Soll-Bilanzgewinn an,⁶³³ so ist diesem Fixierungsansatz im Falle einer zu maximierenden Zielfunktion durch Einbeziehung nachstehender Restriktion wie folgt Rechnung zu tragen. (47) as · ( − XKSt − XGewSt − XTA + XA + XAü − Xa − Xaü + XU + XUü − Xu − Xuü + XFl + XFk − Xfl − Xfk + XRa − Xra) + XE ≤ sBI − as · vJvor. c. Verdeutlichung der Modelle anhand von Beispielen c.a Darlegung der Ausgangsdaten⁶³⁴ Die vorläufige (verkürzte) Einheitsbilanz einer unbeschränkt ertragsteuerpflichtigen GmbH hat zum 31.12. des Geschäftsjahres t1 das in Abbildung 134 dargestellte Aussehen, wobei die Berech­ nung der vorläufigen ergebnisabhängigen Aufwendungen (vKSt, vGewSt, vTA) unter Berücksichti­ gung einer geplanten Vollausschüttung (as = 1) des vorläufigen Jahresüberschusses (vJnach) so­ wie der nachstehenden Daten vorgenommen wurde. Die hinter den einzelnen Rückstellungen bzw. Verbindlichkeiten in Abbildung 134 vermerkten Buchstaben geben an, ob die jeweiligen Posten zu den langfristigen (la) oder kurzfristigen (ku) Schulden im Rahmen der Rechnungslegungsanalyse zählen. (a) (b)

(c)

(d) (e) (f)

Die Differenz zwischen sJnach und zvE beträgt 150 T€ (ohne KSt und GewSt selbst). Gemäß § 23 Abs. 1 KStG ist auf das zu versteuernde (körperschaftsteuerrechtliche) Einkommen (zvE) ein Satz von 15 % zuzüglich eines Solidaritätszuschlages von 5,5 % anzuwenden. Der Gewerbesteuerhebesatz der Standortgemeinde beträgt 425 %, die Steuermesszahl für den Gewerbeertrag nach § 11 Abs. 2 GewStG 3,5 %. Ein körperschaftsteuerrechtlicher Verlustabzug gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. m. § 10d EStG liegt nicht vor. Die gewerbesteuerrechtlichen Modifikationen nach § 8 bis 9 GewStG betragen 90 T€. Die Tantieme für die Geschäftsführung beträgt laut Gesellschaftsvertrag 12 % des in der Handelsbilanz ausgewiesenen Jahresüberschusses. Der vorläufige Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen (vJvor) beläuft sich auf 700 T€.

ka* = 150 sd = 0,15 sk = 0,15825 ka* = 150 he = 4,25 me = 0,035 sg = 0,14875 Vk = 0 ga = 90 ta = 0 tb = 0,12 vJvor = 700

633 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt I.B.3 und IV.B.2. 634 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d.(b)(β) und Teil 4, Gliederungspunkt V.D.1.a.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 387

Aktiva

Vorläufige Einheitsbilanz zum 31.12.t1

Passiva

in T€ A. Anlagevermögen

A. Eigenkapital:

I. Immaterielle Vermögens­ gegenstände: 1. Lizenzen 2. Firmenwert

I. Gezeichnetes Kapital 20 110 400

2. Technische Anlagen und Maschinen

390

130 90

I. Vorräte:

b

392,98

B. Rückstellungen: 96 259,86 a

II. Ertragsteuerrückstellungen (ku)

1. Roh-, Hilfs- und Betriebs­ stoffe

380

2. Unfertige Erzeugnisse

350

3. Fertige Erzeugnisse

600

210

2. Sonstige Vermögensgegenstände III. Wertpapiere:

40

1. Anteile an verbundenen Unternehmen 2. Sonstige Wertpapiere

24

1. für Umweltschäden (la)

30

2. für Garantiezusagen (ku)

56

C. Verbindlichkeiten: 1. Verbindlichkeiten aus Lie­ ferungen und Leistungen [davon mit einer Rest­ laufzeit bis zu einem Jahr (ku) = 435]

738

2. Sonstige Verbindlichkeiten für Geschäftsführungstan­ tiemen (ku)

47,16 b

160 26 70 3.000

a

200

III. Jahresüberschuss

III. Sonstige Rückstellungen:

B. Umlaufvermögen:

IV. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten C. Rechnungsabrenzungsposten:

180

I. Rückstellungen für Pensio­ nen (la)

III. Finanzanlagen:

II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: 1. Forderungen aus Lieferun­ gen und Leistungen (davon mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr = 102)

1. Rücklagen laut Gesell­ schaftsvertrag 2. Andere Gewinnrücklagen

1. Grundstücke und Bauten

2. Wertpapiere des Anlage­ vermögens

1.000

II. Gewinnrücklagen:

II. Sachanlagen:

1. Beteiligungen

in T€

259,86 T€ = 127,05 T€ + 132,81 T€. 47,16 T€ = 0,12 · 392,98 T€.

Abb. 134: Ausgangsbilanz für die Jahresabschlussoptimierung.

3.000

388 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Die Berechnung der ergebnisabhängigen Aufwendungen kann durch die Lösung des nachstehend in Matrizenschreibweise dargestellten simultanen Gleichungssystems erfolgen.

1

1

1

1

vJnach

700

‒ 0,188

1

‒ 0,188

0

vKSt

28,2

‒ 0,17474

‒ 0,17474 1

0

vGewSt

41,9376

‒ 0,12

0

0

1

vTA

0

=

·

Abb. 135: Simultanes Gleichungssystem in Matrizenschreibweise. Das formulierte Gleichungssystem führt in dem hier angeführten Beispiel zu folgenden Ergebnis­ sen. vJnach vKSt vGewSt vTA

= = = =

392,98 T€ 127,05 T€ (mit Solidaritätszuschlag) a 132,81 T€ b 47,16 T€ c

a

127,05 T€ = 0,15825 · (700 T€ + 150 T€ − 47,16 T€). 132,81 T€ = 0,14875 · (700 T€ + 150 T€ + 90 T€ − 47,16 T€). c 47,16 T€ = 0,12 · 392,98 T€. b

Die Entscheidungsträger können grundsätzlich Maximierung, Minimierung oder Fixierung des Bi­ lanzgewinns mit dem Planungsmodell anstreben, wobei rechnungslegungspolitische Maßnahmen nachfolgend unter Einhaltung der in Abbildung 136 angeführten Soll-Kennzahlen realisiert werden sollen. Bei der eventuellen Dotierung der anderen Gewinnrücklagen sind laut Gesellschaftsvertrag die Grenzen von § 58 Abs. 2 Satz 1 AktG zu berücksichtigen. Darüber hinaus soll die Summe der zieloptimalen Einheitsbilanz den Wert von 6.000.000 € (§ 267 Abs. 1 Nr. 1 HGB) nicht überschreiten [Y(32)], um nicht in die Klasse „mittelgroße Kapitalgesell­ schaften“ nach § 267 Abs. 2 HGB zu fallen, da bereits die Obergrenze des Jahresdurchschnitts der Arbeitnehmer gemäß § 267 Abs. 1 Nr. 3 HGB überschritten ist. Zur Erreichung des Zielplans ste­ hen die folgenden fünfzehn Aktionsparameter (Wahlrechte und Ermessensspielraume) zur Verfü­ gung.⁶³⁵

635 Aus Vereinfachungsgründen wird unterstellt, dass diese Gestaltungsalternativen auch im Rah­ men der steuerrechtlichen Gewinnermittlung auszuüben sind bzw. gegenüber der Finanzverwaltung durchgesetzt werden können.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |

Kennzahl Y(19) Y(20) Y(21) Y(22) Y(23) Y(24) Y(25) Y(26)

a b c d e f g h

Y(27) Y(28) Y(29)

i j k

Y(30) Y(31)

l m

Y(32)

BS

Anlagevermögen : Umlaufvermögen Anlagevermögen : Bilanzsumme Bilanzsumme : Eigenkapital langfristiges Fremdkapital : Bilanzsumme kurzfristiges Fremdkapital : Bilanzsumme Anlagevermögen : langfristiges Fremdkapital Anlagevermögen : Eigenkapital [Anlagevermögen + Vorratsvermögen] : [Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital] kurzfristiges Fremdkapital : Umlaufvermögen Eigenkapital : Jahresüberschuss Eigenkapital : Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen [Eigenkapital + Fremdkapital] : Jahresüberschuss [Eigenkapital + Fremdkapital] : Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen Bilanzsumme

⇒ ⇒

389

Ist

Soll

0,64 0,38 1,69 0,14 0,27 2,66 0,64 1,12

≤1 ≤ 0,5 ≤ 1,7 ≤ 0,3 ≤ 0,3 ≤ 3,5 ≤ 0,85 ≤1

0,45 4,51 2,53 a

≤ 0,4 ≤ 14 ≤ 10

7,63 b 4,29 c

≤ 22 ≤ 12

3.000 T€

≤ 6.000 T€

a

(1.380 T€ + 392,98 T€) : 700 T€ = 2,53 (1.380 T€ + 700 T€ + 429 T€ + 491 T€) : 392,98 T€ = 7,63 c (1.380 T€ + 700 T€ + 429 T€ + 491 T€) : 700 T€ = 4,29 b

Abb. 136: Entscheidungsrelevante Kennzahlen auf der Basis von Ist- und Sollwerten. Wahlrechtsgruppe XA: Rückgängigmachung einer Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2. Satz 2 EStG) auf Grundstücke in Höhe von 150 T€, die im vorläufigen Jahresabschluss vorgenommen wurde. Es handelt sich um ei­ ne außerplanmäßige Abschreibung infolge einer voraussichtlich dauernden Wertminderung (§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB). Die Abschreibung ist nach Auskunft eines Sachverständigen umstritten und könnte auch vollständig oder teilweise zurückgenommen werden. Y(4): XA ≤ 150 Wahlrechtsgruppe XAü: Rückgängigmachung einer Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2. Satz 2 EStG) auf Wertpapiere des Anlagevermögens im Umfang von 70 T€, die im vorläufigen Jahresabschluss vorgenommen wurde. Es handelt sich um eine außerplanmäßige Abschreibung infolge einer nicht voraussichtlich dauernden Wertminderung (§ 253 Abs. 3 Satz 5 HGB). Y(5): XAü ≤ 70 Wahlrechtsgruppe Xa: Vornahme steuerrechtlicher Teilwertabschreibungen auf technische Anlagen in Höhe von 350 T€, die den außerplanmäßigen Abschreibungen nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB entsprechen. Allerdings sind diese Abschreibungen nach Auskunft eines Sachverständigen umstritten und könnten ganz oder teilweise auch unterbleiben. Y(6): Xa ≤ 350

390 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Wahlrechtsgruppe Xaü: Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung auf eine Beteiligung in Höhe von 120 T€. Es han­ delt sich nicht um eine voraussichtlich dauernde Wertminderung im Sinne von § 253 Abs. 3 Satz 6 HGB i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 2. Satz 2 EStG. Y(7): Xaü ≤ 120 Wahlrechtsgruppe XU: Aktivierung des Unterschiedsbetrages von 178 T€ zwischen der Ober- und Untergrenze des steu­ erlichen Herstellungskostenansatzes für unfertige Erzeugnisse, die in der abgelaufenen Periode produziert worden sind. Die in Rede stehende Differenz bezieht sich ausschließlich auf herstel­ lungsbezogene Fremdkapitalzinsen i. S. v. § 255 Abs. 4 HGB. Im vorläufigen Jahresabschluss wur­ den diese Erzeugnisse mit einem Wert von 140 T€ bilanziert. Y(8): 178 · XU ≤ 178 mit XU ≤ 1 (ganzzahlig) Wahlrechtsgruppe XUü: Rückgängigmachung einer Abschreibung auf sonstige Wertpapiere des Umlaufvermögens gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 HGB in Höhe von 210 T€, die im vorläufigen Jahresabschluss vorgenommen wur­ de und der Teilwertabschreibung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2. EStG entspricht. Die Abschreibung ist nach Auskunft eines Sachverständigen umstritten und könnte ganz oder vollständig zurückgekommen werden. Y(9): XUü ≤ 210 Wahlrechtsgruppe Xu: Bewertung von unfertigen Erzeugnissen nach dem Lifo-Verfahren anstelle einer Bewertung zu ge­ wogenen Durchschnitten (§ 240 Abs. 4 i. V. m. § 256 Satz 2 HGB; § 6 Abs. 1 Nr. 2a. EStG); der zu einer Gewinnsenkung führende Unterschiedsbetrag belauft sich auf 20 T€. Y(10): Xu ≤ 20 Wahlrechtsgruppe Xuü: Rückgängigmachung der Zuschreibung auf zweifelhafte Forderungen, die wegen höherer Werthal­ tigkeit dieser Außenstände im vorläufigen Jahresabschluss vorgenommen wurde. Die Zuschrei­ bung ist nach Auskunft eines Sachverständigen umstritten und könnte auch vollständig oder teil­ weise reduziert werden. Der Zuschreibungsbetrag, der sich ausschließlich auf Forderungen mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr bezieht, belief sich auf 74 T€. Y(11): Xuü ≤ 74 Wahlrechtsgruppe XFl: Bewertung von Rückstellungen für Umweltschäden infolge kontaminierter Grundstücke [§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB; § 6 Abs. 1 Nr. 3a. Buchst. b) EStG] mit Vollkosten. Bestimmte Teile der angemes­ senen notwendigen Gemeinkosten für diese Verpflichtung, auf deren Passivierung auch verzichtet werden könnte, betragen 14 T€. Y(12): 14 · XFl ≤ 14 mit XFl ≤ 1 (ganzzahlig)

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 391

Wahlrechtsgruppe XFk: Bewertung von kurzfristigen Valutaverbindlichkeiten durch geeignete Näherungsverfahren (Schichtungen, Verbrauchsfolgeverfahren) anstatt der vorgenommenen Einzelbewertung (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 1 2. HS EStG). Hierdurch kann der Bilanzwert um 60 T€ gesenkt werden. Y(13): XFk ≤ 60 Wahlrechtsgruppe Xfl: Die langfristigen Valutaverbindlichkeiten sind mit dem Briefkurs des Bilanzstichtages bewertet worden, obwohl der Buchkurs über diesem Wert lag. Würde der Buchkurs des Bilanzstichtages ( = Briefkurs des vorangegangenen Bilanzstichtages) zum Ansatz kommen, so könnten zusätzliche Aufwendungen i. S. v. § 253 Abs. 1 Satz 2 HGB und § 6 Abs. 1 Nr. 3. EStG in Höhe von 35 T€ verrechnet werden. Y(14): 35 · Xfl ≤ 35 mit Xfl ≤ 1 (ganzzahlig) Wahlrechtsgruppe Xfk: Die Obergrenze für die für Garantiezusagen gebildete (kurzfristige) Rückstellung beträgt nach „ver­ nünftiger kaufmännischer Beurteilung“ [§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 1 2. HS EStG] 78 T€. Hierdurch besteht die Möglichkeit, den Schuldposten um maximal 22 T€ gewinnsenkend zu erhöhen. Y(15): Xfk ≤ 22 Wahlrechtsgruppe XRa: In den aktiven Rechnungsabgrenzungsposten wurden geringfügige Ausgaben von 3T€ nicht einbe­ zogen, die im folgenden Geschäftsjahr zu Aufwendungen führen. Im Fall einer Verrechnung konnte der Gewinn um 3 T€ erhöht werden. Y(16): 3 · XRa ≤ 3 mit XRa ≤ 1 (ganzzahlig) Wahlrechtsgruppe Xra: Ferner sind in dem aktiven Rechnungsabgrenzungsposten Betrage in Höhe von 9 T€ enthalten, die sich auf regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen beziehen. Auf eine zeitliche Abgrenzung der­ artiger Aufwendungen kann aus handels- und steuerrechtlicher Sicht verzichtet werden. Y(17): 9 · Xra ≤ 9 mit Xra ≤ 1 (ganzzahlig) Wahlrechtsgruppe XE: Die Gestaltungen des Bilanzgewinns sollen ggf. unter Berücksichtigung möglicher Entnahmen aus anderen Gewinnrücklagen erfolgen. Y(18): XE ≤ 200

c.b Rechnungslegungspolitische Gestaltung Mit Hilfe des IT-gestützten Planungsmodells wird die optimale, der Zielfunktion entsprechende rechnungslegungspolitische Umgestaltung des vorläufigen Jahresab­ schlusses unter Beachtung der gesetzten Nebenbedingungen festgelegt. Zu diesem Zweck sind die verfügbaren Aktionsparameter, die durch die Variablen XA bis XE re­ präsentiert werden, einzusetzen. Im Lösungsbild des Optimierungsprogramms wird ausgewiesen, welche Aktionsparameter mit ihrem gesamten Potenzial in das zielop­

392 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

timale Jahresergebnis eingehen und über Schlupfvariablen wird das jeweilige nicht zum Einsatz kommende Bilanzierungs- und Bewertungspotenzial der einzelnen Wahlrechte aufgezeigt. Darüber hinaus geben Schlupfvariablen an, wie weit die in den einzelnen Kennzahlen enthaltenen Komponenten (noch) zu variieren sind, ohne dass die Soll-Quotienten bzw. die Soll-Bilanzsumme überschritten werden. Angenommen, die Unternehmensleitung möchte, ausgehend vom vorläufigen Jahresabschluss un­ ter Betrachtung der Kennzahlen-Nebenbedingungen, durch Einsatz der rechnungslegungspoliti­ schen Aktionsparameter einen höchstmöglichen Ausschüttungsvorschlag bei einer Einstellung von 20 % des Jahresüberschusses (as = 0,8) in die anderen Gewinnrücklagen unterbreiten (Pro­ gramm AMAX ohne Rücklagenentnahmen), dann muss das in Abbildung 137 gezeigte, durch ein Tabellenkalkulationsprogramm aufbereitete Ausgangstableau in die Optimierungsrechnung ein­ gegeben werden. Die zieloptimale Einheitsbilanz lässt sich sodann erstellen, wenn auf folgende Wahlrechtsgruppen mit den angeführten Beträgen zurückgegriffen wird.

Z Y(1) Y(2) Y(3) Y(4) Y(5) Y(6) Y(7) Y(8) Y(9) Y(10) Y(11) Y(12) Y(13) Y(14) Y(15) Y(16) Y(17) Y(18) Y(19) Y(20) Y(21) Y(22) Y(23) Y(24) Y(25) Y(26) X(27) Y(28) Y(29) Y(30) Y(31) Y(32)

XKSt XGewSt XTA x1 x2 x3

XA x4

XAü x5

Xa x6

Xaü x7

XU x8

0,8 1

−0,8 −0,15825 −0,14875 −0,08316 1

−0,8 −0,15825 −0,14875 −0,08316

0,8 0,15825 0,14875 0,08316

0,8 0,15825 0,14875 0,08316

−142,4 −0,8 −28,165 −0,15825 −26,4775 −0,14875 −14,80248 −0,08316

0,8 1

0,8 0,15825 0,14875 1,08316

XUü x9

Xu x10 0,8 0,15825 0,14875 0,08316

1 1 1 178 1 1

1,7

1,7

1,7

1

1

1

0,85 0,85 1 1

0,85 1

13

13

13

22

22

22

1 0,5 −0,7 −0,3 −0,3 1 0,15 0

1 0,5 −0,7 −0,3 −0,3 1 0,15 0

−1 −0,5 0,7 0,3 0,3 −1 −0,15 0

−1 −0,5 0,7 0,3 0,3 −1 −0,15 0

−13 −9 −21 −11 1

−13 −9 −21 −11 1

13 9 21 11 −1

13 9 21 11 −1

−178 −89 −124,6 −53,4 −53,4

−1 −0,5 −0,7 −0,3 −0,3

1 0,5 0,7 0,3 0,3

−151,3 0 −71,2 −2314 −1602 −3738 1958 178

−0,85 −1 −0,4 −13 −9 −21 −11 1

0,85 1 0,4 13 9 21 11 −1

Abb. 137: Darstellung des Optimierungsansatzes von Programm AMAX ohne Rücklagenentnah­ men.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 393

Z Y(1) Y(2) Y(3) Y(4) Y(5) Y(6) Y(7) Y(8) Y(9) Y(10) Y(11) Y(12) Y(13) Y(14) Y(15) Y(16) Y(17) Y(18) Y(19) Y(20) Y(21) Y(22) Y(23) Y(24) Y(25) Y(26) Y(27) Y(28) Y(29) Y(30) Y(31) Y(32)

Xuü x11

XFl x12

XFk x13

Xfl x14

Xfk x15

XRa x16

Xra x17

XE x18

0,8 0,15825 0,14875 0,08316

−11,2 −2,2155 −2,0825 −1,16424

−0,8 −0,15825 −0,14875 −0,08316

28 5,53875 5,20625 2,9106

0,8 0,15825 0,14875 0,08316

−2,4 −0,47475 −0,44625 −0,24948

7,2 1,42425 1,33875 0,74844

0

1 14 1 35 1 3 9 1 0,5 0,7 0,3 0,3 0,85 1 0,4 13 9 21 11 −1

23,8 −14

−1,7

59,5 35

−1 49 −11,9

−182 −126 −308 −168

−0,85 −1 −1 −13 −9 −22 −12

1,7 1

−122,5 29,75

455 315 770 420

0,85 1 1 13 9 22 12

−1,5 −5,1 −0,9 −0,9

4,5 15,3 2,7 2,7

−255 −3

7,65 9

−39 −27 −63 −33 3

117 81 189 99 −9

RS 560 134,5125 139,825 51,0795 150 70 350 120 178 210 20 74 14 60 35 22 3 9 0 650 360 536 471 409 361,5 628 39 225 7720 4920 12400 5400 3000

Abb. 137: (Fortsetzung) XA = 111,83 T€ Xa = 350,00 T€ XUü = 210,00 T€ XFl = 14,00 T€ XFk = 60,00 T€ Xfl = 35,00 T€ XRa = 3,00 T€ Weiterhin wird unterstellt, dass die Geschäftsleitung zum Zwecke der Ausschüttungsmaximierung unter sonst gleichen Bedingungen des Zielplans neben der völligen Ausschüttung des Jahresüber­ schusses (as = 1) auch auf die höchstmöglichen Entnahmen aus den anderen Gewinnrücklagen zu­ rückgreifen will (Programm AMAX mit Rücklagenentnahmen). Das Ausgangstableau befindet sich in Abbildung 138. Die optimale Einheitsbilanz lässt sich in diesem Fall erstellen, wenn auf folgende Variablen zurückgegriffen wird.

394 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Z Y(1) Y(2) Y(3) Y(4) Y(5) Y(6) Y(7) Y(8) Y(9) Y(10) Y(11) Y(12) Y(13) Y(14) Y(15) Y(16) Y(17) Y(18) Y(19) Y(20) Y(21) Y(22) Y(23) Y(24) Y(25) Y(26) X(27) Y(28) Y(29) Y(30) Y(31) Y(32)

XKSt XGewSt XTA x1 x2 x3

XA x4

XAü x5

Xa x6

Xaü x7

XU x8

1 1

−1 −0,15825 −0,14875 −0,08316 1

−1 −0,15825 −0,14875 −0,08316

1 0,15825 0,14875 0,08316

1 0,15825 0,14875 0,08316

−178 −1 −28,165 −0,15825 −26,4775 −0,14875 −14,80248 −0,08316

1 1

1 0,15825 0,14875 1,08316

XUü x9

Xu x10 1 0,15825 0,14875 0,08316

1 1 1 178 1 1

1,7

1,7

1,7

1

1

1

0,85 0,85 1 1

0,85 1

13

13

13

22

22

22

1 0,5 −0,7 −0,3 −0,3 1 0,15 0

1 0,5 −0,7 −0,3 −0,3 1 0,15 0

−1 −0,5 0,7 0,3 0,3 −1 −0,15 0

−1 −0,5 0,7 0,3 0,3 −1 −0,15 0

−13 −9 −21 −11 1

−13 −9 −21 −11 1

13 9 21 11 −1

13 9 21 11 −1

−178 −89 −124,6 −53,4 −53,4

−1 −0,5 −0,7 −0,3 −0,3

1 0,5 0,7 0,3 0,3

−151,3 0 −71,2 −2314 −1602 −3738 1958 178

−0,85 −1 −0,4 −13 −9 −21 −11 1

0,85 1 0,4 13 9 21 11 −1

Abb. 138: Darstellung des Optimierungsansatzes von Programm AMAX mit Rücklagenentnahmen. XA = 90,83 T€ Xa = 350,00 T€ XUü = 210,00 T€ XFk = 60,00 T€ XRa = 3,00 T€ XE = 200,00 T€ In ähnlicher Art und Weise kann das Modell auch eingesetzt werden, um einen unter den Rahmen­ gegebenheiten möglichen minimalen Bilanzgewinn bei einer Sicherung eines 50%igen Abflusses des Jahresüberschusses (as = 0,5) an die Gesellschafter auszuweisen (Programm AMIN). Der in Abbildung 138 dargestellte Optimierungsansatz kann dann bis auf die Zielfunktion beibehalten werden. Diese ist wie folgt zu modifizieren. −0,5 · XKSt − 0,5 · XGewSt − 0,5 · XTA + 0,5 · XA + 0,5 · XAü − 0,5 · Xa − 0,5 · Xaü + 89 · XU + 0,5 · XUü − 0,5 · Xu − 0,5 · Xuü + 0,5 · 7 · XFl + 0,5 · XFk − 0,5 · 17,5 · Xfl − 0,5 · Xfk + 0,5 · 1,5 · XRa − 0,5 · 4,5 · Xra + XE = −350.

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 395

Z Y(1) Y(2) Y(3) Y(4) Y(5) Y(6) Y(7) Y(8) Y(9) Y(10) Y(11) Y(12) Y(13) Y(14) Y(15) Y(16) Y(17) Y(18) Y(19) Y(20) Y(21) Y(22) Y(23) Y(24) Y(25) Y(26) Y(27) Y(28) Y(29) Y(30) Y(31) Y(32)

Xuü x11

XFl x12

XFk x13

Xfl x14

Xfk x15

XRa x16

Xra x17

XE x18

RS

1 0,15825 0,14875 0,08316

−14 −2,2155 −2,0825 −1,16424

−1 −0,15825 −0,14875 −0,08316

35 5,53875 5,20625 2,9106

1 0,15825 0,14875 0,08316

−3 −0,47475 −0,44625 −0,24948

9 1,42425 1,33875 0,74844

−1

700 134,5125 139,825 51,0795 150 70 350 120 178 210 20 74 14 60 35 22 3 9 200 650 360 536 471 409 361,5 628 39 225 7720 4920 12400 5400 3000

1 14 1 35 1 3 9 1 1 0,5 0,7 0,3 0,3 0,85 1 0,4 13 9 21 11 −1

23,8 −14

−1,7

59,5 35

−1 49 −11,9

−182 −126 −308 −168

−0,85 −1 −1 −13 −9 −22 −12

1,7 1

−122,5 29,75

455 315 770 420

0,85 1 1 13 9 22 12

−1,5 −5,1 −0,9 −0,9

4,5 15,3 2,7 2,7

−255 −3

7,65 9

−39 −27 −63 −33 3

117 81 189 99 −9

Abb. 138: (Fortsetzung) Die optimale Einheitsbilanz lässt sich in diesem Fall aufstellen, wenn folgende Wahlrechtsgruppen mit den entsprechenden Werten zum Einsatz kommen. Xa = 350,00 T€ XUü = 210,00 T€ Xu = 20,00 T€ Xuü = 50,84 T€ XFk = 60,00 T€ Xfl = 35,00 T€ XRa = 3,00 T€

Neben Ausschüttungsmaximierung und -minimierung ist häufig zu beobachten, dass die Unternehmensleitung auch das Ziel verfolgt, einen ganz bestimmten Ausschüt­ tungsbetrag auszuweisen. Eine solche Vorgehensweise kann zum einen von der Ab­

396 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

sicht des Managements getragen sein, diese Zielgröße planmäßig im Zeitablauf zu verstetigen.⁶³⁶ Die empirische Rechnungslegungsforschung hat nachgewiesen, dass insbesondere die Unternehmensleitung von managerkontrollierten Kapitalgesell­ schaften häufig auf diese Strategie zurückgreift. Zum anderen ist eine derartige Vorge­ hensweise bei personenbezogenen (eigentümerkontrollierten) Kapitalgesellschaften denkbar, die Gewinnausweis und Ausschüttungen aus steuerrechtlichen Gründen so beeinflussen wollen, dass das persönliche Endvermögen der Anteilseigner nach Er­ tragsteuern im Zeitablauf maximiert wird.⁶³⁷

Z Y(1) Y(2) Y(3) Y(4) Y(5) Y(6) Y(7) Y(8) Y(9) Y(10) Y(11) Y(12) Y(13) Y(14) Y(15) Y(16) Y(17) Y(18) Y(19) Y(20) Y(21) Y(22) Y(23) Y(24) Y(25) Y(26) X(27) Y(28) Y(29) Y(30) Y(31) Y(32) Y(33)

XKSt XGewSt XTA x1 x2 x3

XA x4

XAü x5

Xa x6

Xaü x7

XU x8

0,6 1

−0,6 −0,15825 −0,14875 −0,08316 1

−0,6 −0,15825 −0,14875 −0,08316

0,6 0,15825 0,14875 0,08316

0,6 0,15825 0,14875 0,08316

−106,8 −0,6 −28,165 −0,15825 −26,4775 −0,14875 −14,80248 −0,08316

0,6 1

0,6 0,15825 0,14875 1,08316

XUü x9

Xu x10 0,6 0,15825 0,14875 0,08316

1 1 1 178 1 1

1,7

1,7

1,7

1

1

1

0,85 0,85 1 1

0,85 1

13

13

13

22

22

22

−0,6 −0,6

−0,6

1 0,5 −0,7 −0,3 −0,3 1 0,15

1 0,5 −0,7 −0,3 −0,3 1 0,15

−1 −0,5 0,7 0,3 0,3 −1 −0,15

−1 −0,5 0,7 0,3 0,3 −1 −0,15

−13 −9 −21 −11 1 0,6

−13 −9 −21 −11 1 0,6

13 9 21 11 −1 −0,6

13 9 21 11 −1 −0,6

Abb. 139: Darstellung des Optimierungsansatzes von Programm AFIX.

636 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt I.B.3. 637 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt IV.B.2. und VI.D.

−178 −89 −124,6 −53,4 −53,4

−1 −0,5 −0,7 −0,3 −0,3

1 0,5 0,7 0,3 0,3

−151,3

−0,85 −1 −0,4 −13 −9 −21 −11 1 0,6

0,85 1 0,4 13 9 21 11 −1 −0,6

−71,2 −2314 −1602 −3738 1958 178 106,8

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 397

Für das Beispielunternehmen sei angenommen, dass die Entscheidungsträger die Ausschüttung eines Betrages von 240 T€ unter vollständiger Realisierung der anderen Soll-Werte des Zielplans wünschen. Darüber hinaus wird beabsichtigt, 40 % des Jahresüberschusses (as = 0,6) den ande­ ren Gewinnrücklagen zuzuführen (Programm AFIX). Das Ausgangstableau für die Eingabe in die Optimierungsrechnung im Hinblick auf den vorliegenden Fixierungsansatz befindet sich in Abbil­ dung 139. Die dort zusätzlich eingefügte Restriktion Y(33) ist erforderlich, um zu erreichen, dass die Erhöhung des Bilanzgewinns lediglich bis 240 T€ vorgenommen wird. Bei dieser Konstellation ist die optimale Einheitsbilanz aufzustellen, wenn die nachstehenden Variablen eingesetzt wer­ den.

Z Y(1) Y(2) Y(3) Y(4) Y(5) Y(6) Y(7) Y(8) Y(9) Y(10) Y(11) Y(12) Y(13) Y(14) Y(15) Y(16) Y(17) Y(18) Y(19) Y(20) Y(21) Y(22) Y(23) Y(24) Y(25) Y(26) Y(27) Y(28) Y(29) Y(30) Y(31) Y(32) Y(33)

Xuü x11

XFl x12

XFk x13

Xfl x14

Xfk x15

XRa x16

Xra x17

XE x18

0,6 0,15825 0,14875 0,08316

−8,4 −2,2155 −2,0825 −1,16424

−0,6 −0,15825 −0,14875 −0,08316

21 5,53875 5,20625 2,9106

0,6 0,15825 0,14875 0,08316

−1,8 −0,47475 −0,44625 −0,24948

5,4 1,42425 1,33875 0,74844

−1

1 14 1 35 1 3 9 1 1 0,5 0,7 0,3 0,3 0,85 1 0,4 13 9 21 11 −1 −0,6

23,8 −14

−1,7

59,5 35

−1 49 −11,9

1,7 1

−122,5 29,75

−182 −126 −308 −168

−0,85 −1 −1 −13 −9 −22 −12

455 315 770 420

0,85 1 1 13 9 22 12

8,4

0,6

−21

−0,6

Abb. 139: (Fortsetzung)

−1,5 −5,1 −0,9 −0,9

4,5 15,3 2,7 2,7

−255 −3

7,65 9

−39 −27 −63 −33 3 1,8

117 81 189 99 −9 −5,4

1

RS 420 134,5125 139,825 51,0795 150 70 350 120 178 210 20 74 14 60 35 22 3 9 200 650 360 536 471 409 361,5 628 39 225 7720 4920 12400 5400 3000 −180

398 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

Xa = 350,00 T€ Xaü = 120,00 T€ XUü = 165,60 T€ Xu = 20,00 T€ Xuü = 74,00 T€ XFk = 60,00 T€ Xfl = 35,00 T€ XRa = 3,00 T€ XE = 146,40 T€ Die Abbildungen 140 und 141 zeigen die den Programmen AMAX ohne und mit Rücklagenent­ nahmen, AMIN und AFIX zugehörigen zieloptimalen Einheitsbilanzen und Erfolgsrechnungen (o. RE = ohne Rücklagenentnahmen, m. RE = mit Rücklagenentnahmen). Abbildung 142 vergleicht anschließend die angestrebten Sollwerte der Kennzahlen mit den entsprechenden Ziffern des ziel­ optimalen Jahresabschlusses.

Abb. 140: Ergebnisse der Optimierungsdurchläufe [zieloptimale Einheitsbilanzen zum 31.12.t1]. 2.974,83

130 90

380 350 600

159,16 (102)

40

24 370 26 73

130 90

380 350 600

210 (102)

40

24 370 26 73

73

325,60 26

24

40

(102)

136

330 600

380

10 90

400 40

20 110

Pro­ gramm AFIX T€

2.792,16 2.604,60

400 40

490,83 40

2.953,83

20 110

Pro­ gramm AMIN T€

20 110

Programm Programm AMAX AMAX o. RE m. RE T€ T€

A. Anlagevermögen I. Immaterielle Vermögensgegenstände: 1. Lizenzen 20 2. Firmenwert 110 II. Sachanlagen: 1. Grundstücke und Bauten 511,83 2. Technische Anlagen und 40 Maschinen III. Finanzanlagen: 1. Beteiligungen 130 2. Wertpapiere des 90 Anlagevermögens B. Umlaufvermögen: I. Vorräte: 1. Roh-, Hilfs- und Betriebs­ 380 stoffe 2. Unfertige Erzeugnisse 350 3. Fertige Erzeugnisse 600 II. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände: 1. Forderungen aus Lie­ 210 ferungen und Leistungen (davon mit einer Restlauf­ (102) zeit von mehr als einem Jahr:) 2. Sonstige 40 Vermögensgegenstände III. Wertpapiere: 1. Anteile an verbundenen 24 Unternehmen 2. Sonstige Wertpapiere 370 IV. Kassenbestand, Guthaben 26 bei Kreditinstituten C. Rechnungsabgrenzungsposten: 73

Aktiva

2.974,83

2.953,83

18,72

(375)

713

56

30

154,87

96

116,01 240

180

1.000

Pro­ gramm AFIX T€

2.792,16 2.604,60

33,12

(375)

(375) 48,22

713

56

678

56

30

30

96

96

208,04

338 138

0 601,83

263,78

180

1.000

Pro­ gramm AMIN T€

180

1.000

Programm Programm AMAX AMAX o. RE m. RE T€ T€

A. Eigenkapital: I. Gezeichnetes Kapital 1.000 II. Gewinnrücklagen 1. Rücklagen laut Gesell­ 180 schaftsvertrag 2. Andere Gewinnrücklagen 280,36 III. Bilanzgewinn 321,47 B. Rückstellungen: I. Rückstellungen für Pensio­ 96 nen (la) II. Ertragsteuerrückstellungen 263,78 (ku) III. Sonstige Rückstellungen: 1. Rückstellungen für Um­ 16 weltschäden (la) 2. Rückstellungen für Garan­ 56 tiezusagen (ku) C. Verbindlichkeiten: I. Verbindlichkeiten aus Lie­ 713 ferungen und Leistungen [davon mit einer Restlauf­ (375) zeit bis zu einem Jahr (ku):] II. Sonstige Verbindlichkei­ 48,22 ten für Geschäftsführer­ tantiemen (ku)

Passiva

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 399

400 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

alle Werte in T€ Erfolgsgrößen

AMAX m. RE

AMIN

AFIX

700,00

700,00

700,00

700,00

398,83 a

363,83

273,00

228,60

385,00 b

350,00

455,84

599,00

713,83

713,83

517,16

329,60

129,07 c 134,71 d 48,22 e

129,07 134,71 48,22

100,34 107,70 33,12

72,93 81,94 18,72

Soll-Jahresüberschuss Entnahmen aus (anderen) Gewinnrücklagen Einstellungen in andere Gewinnrücklagen

401,83 –

401,83 200,00

276,00 –

156,01 146,40



138,00

62,41

Soll-Bilanzgewinn

321,47 f

601,83

138,00

240,00

Vorläufiger Jahresüberschuss vor ergebnisab­ hängigen Aufwendungen + Summe der jahresüberschusserhöhenden Aktionsparameter − Summe der jahresüberschussvermindernden Aktionsparameter = − − − = + − =

Programme AMAX o. RE

Soll-Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen Körperschaftsteueraufwand Gewerbesteueraufwand Tantiemenaufwand

80,36

a

398,83 T€ = 111,83 T€ + 210 T€ + 14 T€ + 60 T€ + 3 T€. 385,00 T€ = 350 T€ + 35 T€. c 129,07 T€ = 0,15825 · (713,83 T€ + 150 T€ − 48,22 T€). d 134,71 T€ = 0,14875 · (713,83 T€ + 150 T€ + 90 T€ − 48,22 T€). e 48,22 T€ = 0,12 · 401,83 T€. f 321,47 T€ = 0,8 · 401,83 T€. b

Abb. 141: Ergebnisse der Optimierungsdurchläufe [zieloptimale (verkürzte) Gewinn- und Verlust­ rechnungen zum 31.12.t1].

a

b

Bilanzsumme

BS

3.000 T€

2,53

4,51

0,45

2,66

0,27

0,14

1,69

≤ 6.000 T€

2.974,83 T€

4,13

≤ 12

[Eigenkapital + Fremdkapital] : Jahresüberschuss 4,29 vor ergebnisabhängigen Aufwendungen

4,17 b

m

7,35

7,40

≤ 22

[Eigenkapital + Fremdkapital] : Jahresüberschuss 7,63

2,49 a

l

4,43

≤ 10

Eigenkapital : Jahresüberschuss vor ergebnisabhängigen Aufwendungen

k

≤ 14

Eigenkapital : Jahresüberschuss

j

0,37

≤ 0,4

kurzfristiges Fremdkapital : Umlaufvermögen

1,00

≤1

i

0,51

≤ 0,85

1,12

[Anlagevermögen + Vorratsvermögen] : [Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital]

h

0,64

Anlagevermögen : Eigenkapital

g

2,00

≤ 3,5

Anlagevermögen : langfristiges Fremdkapital

f

0,25

≤ 0,3

kurzfristiges Fremdkapital : Bilanzsumme

e

0,15

≤ 0,3

langfristiges Fremdkapital : Bilanzsumme

1,67

≤ 1,7

d

0,30

≤ 0,5

Bilanzsumme : Eigenkapital

c

0,38

Anlagevermögen : Bilanzsumme

b

2.953,83 T€

2,50

4,43

0,37

1,00

0,49

2,05

0,25

0,15

1,66

0,30

0,44

0,45

0,64

Anlagevermögen : Umlaufvermögen

a

≤1

AMAX m. RE

Programme AMAX o. RE

Soll

Ist

Kennzahl

2.792,16 T€

5,40

10,12

2,94

6,00

0,35

0,99

0,48

1,70

0,24

0,17

1,69

0,28

0,41

AMIN

4,67

9,85

0,33

0,99

0,44

1,44

0,23

0,18

1,70

0,26

0,40

2.604,60 T€

7,90

16,70

AFIX

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren |

(1.380 T€ + 401,83 T€) : 713,83 T€ = 2,49 (1.380 T€ + 713,83 T€ + 450 T€ + 431 T€) : 713,83 T€ = 4,17

Abb. 142: Vergleich der entscheidungsrelevanten Kennzahlen auf der Basis von Ist-, Soll- und Optimalwerten.

401

402 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

d. Beurteilung der Planungsansätze Anhand rechnungslegungspolitischer Modellansätze ist gezeigt worden, dass die Gestaltung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung komplexer Zielstrukturen auf Basis der mathematischen Planungsrechnung zielentsprechend durchgeführt werden kann. Mit Hilfe des hier vorgestellten ITgestützten Optimierungsprogramms sind die zieloptimalen Entscheidungswerte für die Gestaltung von Jahresergebnis und Ausschüttung schnell und übersichtlich zu ermitteln. Ergibt sich keine Optimallösung, weist das Programm diejenigen Struk­ tur- und Schlupfvariablen aus, die sich widersprechen. Durch diese Informationen werden die Verantwortlichen der Rechnungslegungspolitik in die Lage versetzt, sol­ che Daten des Zielplans (z. B. Soll-Bilanzgewinn, angestrebte Bilanzsumme und/oder bestimmte Kennzahlenniveaus), die eine optimale Lösung verhindern, festzustellen und ggf. revidiert in eine neue Zielkonzeption einfließen lassen, bis eine mit den rechnungslegungspolitischen Zielvorstellungen abgestimmte und unter den gesetz­ ten Rahmenbedingungen realisierbare optimale Gestaltung des Jahresabschlusses bestimmt worden ist. Die Beispiele verdeutlichen, wie vielschichtig eine zieladäquate Rechnungsle­ gungspolitik ansetzen muss. Es zeigt sich, dass die optimale Lösung unter realitäts­ nahen Bedingungen nicht von Hand, sondern nur mit Hilfe eines IT-gestützten Opti­ mierungsmodells zu erreichen ist. Die Ergebnisse der Simultationsrechnungen brin­ gen zugleich zum Ausdruck, welche (vermeidbaren) Nachteile, z. B. hinsichtlich der Steuerlast oder Jahresabschlussstruktur, durch eine nicht optimal gestaltete Rech­ nungslegungspolitik verursacht werden können. Die vorstehend beschriebenen ITgestützten Modellansätze zur Rechnungslegungspolitik bieten deshalb wertvolle Hil­ festellungen im Rahmen der Unternehmensplanung. Leistungsfähigkeit und Nützlichkeit eines IT-gestützten rechnungslegungspo­ litischen Optimierungsmodells sind daran zu ermessen, dass von Hand unter rea­ listischen Verhältnissen wegen der Komplexität der Zusammenhänge optimale rech­ nungslegungspolitische Entscheidungen selten zu erreichen sein dürften, gleichzeitig aber von diesen Entscheidungen beträchtliche Auswirkungen auf so zentrale Sach­ verhalte wie das Bild der Erfolgslage, die Ausschüttungskraft, die Ertragsteuerund/oder Tantiemenbelastung des Unternehmens ausgehen, wie die Beispiele verdeutlicht haben. Da die vorgestellten Planungsansätze alle wechselseitigen Be­ ziehungen zwischen Wahlrechten, Kennzahlen, Ertragsteuer-, Tantiemen und/oder Ausschüttungsfaktoren in Gestalt einzelner Koeffizienten berücksichtigen, die Ein­ gang in die Variablen der Zielfunktion und der Beschränkungen finden, werden sie als simultane Koeffizientenmodelle bezeichnet. e. Erweiterungsmöglichkeiten der IT-gestützten Optimierungsmodelle Die vorgestellten IT-gestützten Optimierungsmodelle sind in vielfältigen Richtungen erweiterungsfähig. Zunächst wird eine Verfeinerung im Hinblick auf die Einbezie­

D. Modellansätze mit Rückgriff auf mathematische Simultanverfahren | 403

hung zusätzlicher Kennzahlen sowie in Bezug auf die Berücksichtigung spezifischer (auch erfolgsneutraler) Einzelwahlrechte ohne Probleme realisierbar sein. Ferner sind die vorgestellten Modelle dadurch gekennzeichnet, dass sich alle relevanten rechnungslegungspolitischen Zielausprägungen, sofern sie hinreichend operationa­ lisierbaren Charakter tragen, ohne Schwierigkeiten entweder in Form einer Zielfunk­ tion (als Primärziele) und/oder als Nebenbedingungen (als Sekundärziele) in mathematisch formulierte Optimierungsansätze integrieren lassen. Hierdurch wird es möglich, Mehrfachzielsetzungen des Entscheidungsträgers, die zueinander in Konkurrenz stehen können (z. B. Maximierung des Bilanzgewinns und Realisierung bestimmter Kennzahlenniveaus) einzubeziehen und einer optimalen Gesamtlösung zuzuführen. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass ein Ausdruck, der formal rich­ tig für Nebenbedingungen (z. B. einzuhaltende Kennzahlen- oder Bilanzsummenni­ veaus) festgelegt wurde, ohne weiteres bei Erweiterung der Modelle als Zielfunktion übernommen werden kann,⁶³⁸ dann besteht im Hinblick auf die Integration rech­ nungslegungspolitischer Absichten als Primar- oder Sekundarziele grundsätzlich vollkommene Austauschbarkeit. Weitere Variationen sind etwa im Hinblick auf die Berücksichtigung latenter Steu­ ern, erfolgsneutraler Aktionsparameter, die Einbeziehung internationaler Rech­ nungslegungsnormen⁶³⁹ und die Übertragbarkeit auf die internationale Konzern­ rechnungslegung⁶⁴⁰ möglich. Darüber hinaus bietet sich die Integration der erwei­ terten Planungsansätze, die nach dem dargelegten Konzept auch für getrennt von den Ertragsteuerbilanzen zu erstellende handelsrechtliche Jahresabschlüsse zu konzipieren sind,⁶⁴¹ in menügesteuerte Softwarepakete an, wodurch die zielgerich­ tete Gestaltung der handels- und/oder steuerrechtlichen Rechnungslegung erheblich vereinfacht werden dürfte. In Verbindung mit einer IT-gestützten Katalogisierung und Kommentierung des aktuellen Wahlrechtspotenzials können die aufgezeigten Modelle den Ausgangspunkt für die Entwicklung rechnungslegungspolitischer Di­ gitalisierungskonzepte bilden.⁶⁴² Schließlich können die Ansätze auch zur Lösung mehrperiodiger rechnungsle­ gungspolitischer Entscheidungsprobleme Verwendung finden. Aus steuerrechtli­ cher Sicht bestehen grundsätzlich keine Schwierigkeiten, sowohl für firmen- als auch für anteilseignerorientierte Konstellationen mit hinreichender Sicherheit optimale pe­ riodenbezogene Gewinn- bzw. Ausschüttungsreihen zu berechnen.⁶⁴³ Die auf diese Art und Weise ermittelten Ziele können als Fixierungsgrößen Eingang in die Modelle fin­ den, wodurch mit Hilfe der effektiv zur Verfügung stehenden Manövriermasse der je­

638 639 640 641 642 643

Vgl. Rückle 1983, S. 188. Vgl. Freidank 2016a, S. 172–187 m. w. N.; Reibis 2005. Vgl. Schäfer 2000; Schäfer 1999, S. 163–193. Vgl. Freidank 1916a, S. 125–169. Vgl. Freidank/Handschumacher 2020b, S. 532–558. Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt VI.

404 | V. Simultan- und Sequenzialmodelle für die Rechnungslegungspolitik

weiligen Rechnungsperiode und unter Berücksichtigung weiterer Nebenziele (Kenn­ zahlen, Bilanzsumme) der realisierte Ergebnisausweis zweckbezogen transformiert werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass die Hauptar­ beit des Steuerbilanzplaners nicht in der Bestimmung der optimalen Gewinnmin­ derung oder auch Gewinnerhöhung je Jahr besteht, sondern im Auffinden der für die Periode passenden erfolgswirksamen Aktionsparameter,⁶⁴⁴ dürfte den vorgestell­ ten simultanen Koeffizientenmodellen besondere Bedeutung zukommen.

644 Vgl. Heinhold 1985, S. 56.

VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze⁶⁴⁵ A. Grundlagen der Steuerplanung Unter dem Begriff Steuerplanung wird im Grundsatz die vorausschauende Bestim­ mung und Beeinflussung der Höhe der Steuerbelastung sowie des Zeitpunkts der Steuerzahlungen verstanden.⁶⁴⁶ Die Steuerplanung ist in das Gesamtsystem der un­ ternehmerischen Planung zu integrieren, womit die mit ihr angestrebten Ziele aus den Oberzielen des Unternehmens bzw. des Konzerns und den Unterzielen anderer Unter­ nehmensbereiche (z. B. Beschaffung, Produktion, Absatz, Rechnungslegung, Finan­ zen) abzuleiten sind. Da im Rahmen der Steuerplanung primär Finanzziele verfolgt werden, steht bei den Konzepten der Steuerplanung die Beeinflussung der Steuerzah­ lungen unter Zeit-, Bemessungsgrundlagen- und Steuertarifeffekten im Zentrum des Interesses. Zwischenzeitlich hat sich die angloamerikanische Auffassung auch im deutschsprachigen Schrifttum durchgesetzt, dem Controlling elementare Steuerma­ nagementaufgaben zu übertragen, die die Bereiche Steuerplanung, -kontrolle und -verwaltung (einschließlich Informationsbereitstellung) betreffen.⁶⁴⁷ Im Kontext der strategischen (langfristigen) Planung hat die Besteuerung vor allem Einfluss auf konstitutive Entscheidungen wie etwa die Standort- und Rechts­ formwahl sowie Unternehmensakquisitionen. Dem Bereich der taktischen (mittel­ fristigen) Planung ist insbesondere die Investitions-, Finanz- und Steuerbilanzpla­ nung zuzuordnen. Bei der Investitionsplanung steht die Bestimmung der absoluten und relativen Vorteilhaftigkeit von Investitionsobjekten unter Einbeziehung ertrag­ steuerlicher Wirkungen im Mittelpunkt des Interesses.⁶⁴⁸ Vor dem Hintergrund der steuerlichen Ungleichbehandlung von Eigen- und Fremdkapital zielt die Finanzpla­ nung auf die Ermittlung der günstigsten Finanzierungsalternativen ab. Bei der Steu­ erbilanzplanung ist zu beachten, ob es sich um eine firmen- oder anteilseignerori­ entierte Betrachtung handelt. Während im Falle der firmenbezogenen Steuerbilanz­ planung das Controlling bei konstanten Ertragsteuersätzen eine periodenbezogene Aufwandsvorverlagerung mit dem Ziel einer Maximierung des Unternehmensver­ mögens beabsichtigt, ist bei der anteilseignerorientierten Steuerbilanzplanung die Gewinnsumme mit dem Ziel der Maximierung des Endvermögens der Anteils­ eigner auf die einzelnen Perioden des Planungsintervalls zu verteilen. Im Kontext der operativen (kurzfristigen) Steuerplanung steht die Erfassung und Planung von Steuern im innerbetrieblichen Rechnungswesen im Vordergrund des Interesses.

645 646 647 648

Vgl. Freidank 2022a, S. 207–225. Vgl. etwa Horváth et al. 2020, S. 163. Vgl. Freidank 1996, S. 148–154; Freidank/Sassen 2013, S. 91–113; Horváth et al. 2020, S. 163–173. Vgl. Freidank 2019c, S. 371–403.

https://doi.org/10.1515/9783110679588-017

406 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

Die Ausklammerung steuerlicher Wirkungen und Gestaltungen aus der Unterneh­ menssteuerung führt zwangsläufig zu Fehlentscheidungen, sodass sie zwingend Eingang in die interne Planung und Steuerung durch das Controlling finden müssen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund einer zunehmenden Internationalisie­ rung des Unternehmensumfelds sowie der heterogenen nationalen und internatio­ nalen steuerrechtlichen Rahmenbedingungen. Die in diesem Kontext festzustellende Änderungsdynamik erzeugt aufgrund der damit einhergehenden notwendigen Sach­ verhaltsgestaltungen zur Nutzung steuerrechtlicher Chancen durch Ausübung von Wahlrechten oder Anwendung von Ermessensspielräumen zwangsläufig ein erhöhtes steuerliches Risiko, das es im Rahmen eines ganzheitlichen Steuerungsansatzes zu minimieren gilt. Einen herausragenden Stellenwert hat im Rahmen des strategischen Control­ lings die Integration von Ertragsteuerwirkungen in Konzepte der wertorientierten Unternehmenssteuerung⁶⁴⁹ erlangt. In diesem Zusammenhang spielt insbesondere die Frage eine Rolle, wie die Wirkungen der Einkommen-, Körperschafts- und Ge­ werbesteuer in die Cashflows und Kapitalkosten unter Berücksichtigung des Risikos einzubeziehen sind, um ein kapitalmarktorientiertes Management dieser Unter­ nehmen auf allen Ebenen sicherstellen zu können. Wie zu zeigen sein wird, treten ähnliche Fragestellungen im Konzept der Steuerbilanzplanung auf.

B. Steuerbilanzplanung⁶⁵⁰ 1. Einführung Wie bereits dargelegt wurde, existieren mehrperiodige Entscheidungskonzepte der Steuerbilanzplanung, die bei Verfolgung einer firmenbezogenen Bilanzpolitik auf eine Maximierung des Unternehmensvermögens im Zeitablauf abzielen.⁶⁵¹ Sofern jedoch die Anteilseigner Einfluss auf die Willensbildung der Unternehmensleitung haben, liegt es nahe, davon auszugehen, dass die rechnungslegungspolitischen Ge­ staltungen im Sinne der steuerlichen Individualziele erfolgen werden. Im Rahmen einer solchen anteilseignerorientierten Steuerbilanzpolitik muss der Zielplan auf eine Maximierung des persönlichen Endvermögens nach Steuern der an dem Unternehmen beteiligten Personen ausgerichtet sein. Beide Konzeptionen der mehr­ periodigen Steuerbilanzplanung beabsichtigen im Ergebnis, für einen bestimmten Planungszeitraum optimale Gewinn- bzw. Ausschüttungsreihen zum Zwecke ei­ ner interperiodischen Verlagerung der Ertragssteuerzahlungen zu ermitteln, die dann zu einer Realisierung der aufgezeigten Zielsetzungen führen. Das Hauptproblem liegt

649 Vgl. Freidank 2022a, S. 31–34 650 Vgl. Freidank 2019c, S. 463–479; Freidank 2016a, S. 187–205; Freidank 2016b, S. 439–455. 651 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt IV.B.2.

B. Steuerbilanzplanung | 407

bei diesen Ansätzen im Auffinden der für den jeweiligen Zeitraum passenden erfolgs­ wirksamen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten. Die Planung der Erfolgs- bzw. Ausschüttungsreihen trägt folglich den Charakter eines mehrperiodigen Investititionskalküls, das unter Beachtung von Zeit- und da­ mit von Zinseinflüssen einer bestmöglichen Lösung zuzuführen ist. Neben der Schät­ zung der zukünftigen steuerlichen Unternehmenserfolge bzw. der sonstigen Einkünfte der Anteilseigner wird es zum Zwecke der Optimierung des Gewinnausweises erfor­ derlich, die Manövriermasse⁶⁵² sowie ihre verlagerbaren Teile zu prognostizieren. Da alle Entscheidungen, die in diesem Zusammenhang getroffen werden, auf Daten ba­ sieren, deren Realisierung erst in der Zukunft erfolgt, ist die praktische Anwendbar­ keit der mehrperiodigen Steuerbilanzplanungsmodelle aufgrund des Unsicherheits­ aspekts mit Planungsrisiken verbunden Die nachstehenden Ausführungen geben einen Überblick über die im Schrifttum existierenden Ansätze einer mehrperiodigen Steuerbilanz- und Ausschüttungspolitik bei Kapitalgesellschaften, wobei zunächst Elementares zur Optimierungsmethodik sowie Neuerungen zur Bestimmung des Kalkulationszinssatzes erörtert werden. Im Anschluss an diese Ausführungen werden sodann die firmen- und die anteilseigner­ orientierte Konzeption grundlegend dargestellt, diskutiert und weiterentwickelt. Dar­ über hinaus wird die planmäßige Bestimmung optimaler Gewinnausweis- und Aus­ schüttungsreihen beispielhaft aufgezeigt.

2. Optimierungsmethodik und Kalkulationszinssatz Im Hinblick auf die Planung der ertragsteueroptimalen Gewinnausweis- bzw. Aus­ schüttungsreihen bieten sich die beiden Wege der simultanen oder sukzessiven Koordination an. Bei Rückgriff auf simultane Methoden werden für jedes einzelne Wirtschaftsgut alle steuerlichen Beschränkungen, die die planmäßig zur Verfügung stehende Manövriermasse beeinflussen, explizit berücksichtigt (z. B. die betriebs­ gewöhnliche Nutzungsdauer und die Pflicht zur Anwendung bestimmter Abschrei­ bungsmethoden bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern). Eine Optimierung des Erfolgs­ ausweises kann dann nur innerhalb der Nebenbedingungen bezüglich der geplanten Manövriermasse oder der geplanten Ausschüttungen erfolgen. Im Falle der sukzessiven Planung von Gewinnausweis und Manövriermassenein­ satz wird hingegen durch systematisches Probieren versucht, eine hinreichend gu­ te Lösung zu finden. Diese schrittweise Annäherung an die Optimallösung erfolgt im Prinzip in zwei Stufen. Zunächst wird der gesamte prognostizierte steuerliche Gewinn des Planungszeitraums nach dem Konzept der Steuerbarwertminimierung auf die einzelnen Perioden verteilt. Nach diesem Ansatz sollen die steuerpflichtigen Gewin­ 652 Als Manövriermasse wird speziell in der Steuerbilanzpolitik die Summe aller Maßnahmen zum Zweck der zeitlichen Verlagerung des Gewinns bezeichnet.

408 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

ne des Planungszeitraums so gestaltet werden, dass die Summe aller auf den Gegen­ wartszeitpunkt abgezinsten Ertragsteuerzahlungen ein Minium ergibt. Anschließend versucht man, die vorhandene Manövriermasse dergestalt zu kombinieren, dass ei­ ne weitgehende Annäherung an das theoretische Optimum möglich wird. Allerdings sind bei dieser Vorgehensweise auch Beschränkungen in allgemeiner Form zu be­ rücksichtigen, die sich bei Kapitalgesellschaften primär auf die begrenzte Teilbarkeit der Manövriermassen (z. B. ist die Auflösung wahlweise gebildeter steuerfreier Rück­ lagen gemäß § 6b Abs. 3 Satz 4 EStG genau vorgeschrieben) und das Einhalten be­ stimmter Mindestausschüttungen sowie Kennzahlenniveaus beziehen. Bei steigender Komplexität der Beschränkungen bietet es sich an, auf mathematischen Optimie­ rungsmodelle zurückzugreifen.⁶⁵³ Entscheidende Bedeutung kommt im Rahmen der mehrperiodigen Steuerbilanz­ planung dem zugrunde gelegten Kalkulationszinssatz zu, der sämtliche Zahlun­ gen im Kapitalwertmodell auf den Betrachtungszeitpunkt (t = 0) abzinst und im Endwertmodell auf die letzte Periode des Planungszeitraums (t = T) aufzinst.⁶⁵⁴ In den Steuerplanungsansätzen repräsentiert der risikoadjustierte Zinssatz vor Steuern (iv = i + ir ) die Rendite einer Vergleichsinvestition, die zu diesem Zinssatz angelegt werden kann. Sofern die Alternativinvestition ebenfalls steuerpflichtige Gewinn ver­ ursacht, ist auch der Kalkulationszinssatz, wie nachstehend gezeigt, um den Steuer­ effekt zu korrigieren (s = Ertragsteuerfaktor; ir = Risikozuschlag; is = Kalkulationszins­ satz nach Steuern): (1) is = (1 − s) · (i + ir ). Aufgrund der Ertragsbesteuerung der Alternativanlage wird dort durch höhere Steu­ erzahlungen in den einzelnen Perioden ein geringeres Ergebnis erzielt. Infolge der Abzinsung bzw. Aufzinsung des primären Investitionsobjekts mit dem Kalkulations­ zinssatz nach Steuern steigt der Kapitalwert bzw. fällt der Vermögensendwert, da die Anlagealternative durch die Ertragsbesteuerung ungünstiger wird. Bei der Bestimmung des Ertragsteuersatzes kommt es darauf an, ob von einem Halten der Alternativinvestition im Betriebs- oder Privatvermögen ausgegangen wird.⁶⁵⁵ Da ein rational handelnder Investor sich für eine Anlage im Privatvermögen entscheiden wird, da nach deutschem Steuerrecht dann eine Belastung mit Gewer­ besteuer entfällt, sind nur die Wirkungen der Einkommensteuer mit seinem persön­ lichen Steuersatz zu erfassen. Zu diesem Zwecke kann vereinfachend ein typisieren­ der (durchschnittlicher) Einkommensteuersatz i. S. v. § 32a EStG zugrunde gelegt werden, der die Verhältnisse eines im Inland ansässigen unbeschränkt steuerpflich­

653 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt V.D.2. 654 Vgl. Freidank 2019c, S. 385–386. 655 Vgl. Freidank 2022a, S. 81–84 und S. 107–110.

B. Steuerbilanzplanung | 409

tigen Anteilseigners unter Einbeziehung von Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag berücksichtigt.⁶⁵⁶ In diesem Falle legt die h. M. der Typisierung einen Einkommen­ steuersatz von 35 % zugrunde.⁶⁵⁷ Geht man hinsichtlich der persönlichen Steuerbelastung davon aus, dass seit dem 01.01.2009 prinzipiell sämtliche Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 EStG⁶⁵⁸ (z. B. Zinsen, Dividenden sowie realisierte Veräußerungsgewinne) nach § 32d Abs. 1 Satz 1 EStG mit einem einheitlichen Abgeltungsteuersatz (sa) erfasst werden,⁶⁵⁹ dann gilt unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags (soli) nach § 2 Nr. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 4 SolzG (se = Einkommensteuerfaktor):⁶⁶⁰ (2) se = (1 + soli) · sa Falls noch die Kirchensteuer einbezogen wird, muss beachtet, dass sich gemäß § 32d Abs. 1 Satz 3 EStG die Abgeltungsteuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer reduziert und auch der Solidaritätszuschlag von der pauschal ermäßig­ ten Abgeltungssteuer zu berechnen ist. Damit gilt im Falle der Kirchensteuerpflicht (ski = Kirchensteuerfaktor): (3) se = sa · (1 + soli + ski) · (1 − 0,25 · ski). Sofern unterstellt wird, dass die Alternativanlage im Betriebsvermögen einer Per­ sonen- bzw. Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland gehalten wird, ist die Gewerbe­ steuer- bzw. die Körperschaftsteuerbelastung mit in den Kalkulationszinssatz einzu­ beziehen. Geht man davon aus, dass die Beteiligung im Betriebsvermögen einer inlän­ dischen Kapitalgesellschaft gehalten wird, dann ist im Hinblick auf die Bestimmung des Ertragsteuersatzes zunächst der Gewerbesteuerfaktor (sg) unter Berücksichtigung der Steuermesszahl (me) für den Gewerbeertrag (§ 11 Abs. 2 GewStG), des Hebesatzes (he) der Standortgemeinde (§ 16 Abs. 1 GewStG) und des Verbots der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Betriebsausgabe von ihrer eigenen Bemessungsgrundlage [§ 7 Satz 1 GewStG i. V. m. § 4 Abs. 5b EStG] zu berechnen. Somit gilt: (4) sg = me · he.

656 Vgl. IDW S 1, Tz. 93 und Tz. 122; IDW 2012, S. 324. 657 Vgl. etwa IDW 2012, S. 324; Jonas 2008, S. 827. 658 Eine Ausnahme besteht für Einkünfte nach § 20 Abs. 8 EStG (§ 32d Abs. 1 Satz 1 EStG). 659 Die Wahlmöglichkeit des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG bleibt im Folgen­ den unberücksichtigt. 660 Die ab 1.1.2021 geltenden Freigrenzen und Milderungen des Solidaritätszuschlags für natürliche Personen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1, § 4 Satz 2 SolzG bleiben im Folgenden unberücksichtigt. Es wird für natürliche Personen von einer vollen Erhebung des Solidaritätszuschlags ausgegangen.

410 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

Im Hinblick auf die Körperschaftsteuer bietet es sich an, den Definitivsteuersatz (sd) (§ 23 Abs. 1 KStG), ggf. zuzüglich des Solidaritätszuschlags (soli), zugrunde zu legen. Unter Berücksichtigung des Verbots der Abzugsfähigkeit der Gewerbesteuer als Be­ triebsausgabe von der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer [§ 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 4 Abs. 5b EStG] und der Integration des Solidaritätszuschlags, der auf die Köperschaftsteuer erhoben wird (§ 2 Nr. 3, § 3 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 4 SolZG), lässt sich der kombinierte Ertragsteuerfaktor auf Unternehmensebene (s) wie folgt be­ rechnen:⁶⁶¹ (5) s = sg + (1 + soli) · sd Bezieht man die Steuerbelastung auf Gesellschafterebene mit ein, dann kann unter Berücksichtigung von Formel (3) und (4) ein kombinierter Ertragsteuersatz (sge) er­ mitteln werden, der die Gesamtbelastung mit Körperschaft-, Gewerbe-, Einkommenund Kirchensteuer bei der Alternativanlage im Betriebsvermögen einer personenbe­ zogenen Kapitalgesellschaft erfasst: (6) sge = 1 − {1 − [me · he + (1 + soli) · sd]} · [1 − sa · (1 + soli + ski) · (1 − 0,25 · ski)]. Beispiel: Mit (i + ir ) = 0,083301

me = 0,035;

he = 5;

soli = 0,055;

sd = 0,15;

sa = 0,25;

ski = 0,09;

sge = 1 − {1 − [0,035 · 5 + (1 + 0,055) · 0,15]} · [1 − 0,25 · (1 + 0,055 + 0,09) · (1 − 0,25 · 0,09)] = 0,519813 is = 0,083301 · (1 − 0,519813) = 0,04

3. CAPM und WACC Im Rahmen der wertorientierten Unternehmenssteuerung kapitalmarktorientier­ ter Gesellschaften hat sich die Auffassung durchgesetzt, die Kosten für die Verzinsung des Eigenkapitals nicht mehr aus dem Rechnungswesen zu gewinnen, sondern, so weit wie möglich, empirisch aus Kapitalmarktdaten zu erheben. In diesem Kontext wird vorgeschlagen, auf das Capital Asset Pricing Model (CAPM) zurückzugreifen.⁶⁶² Der Eigenkapitalkostensatz nach persönlichen Ertragsteuern lässt sich in diesem Zu­ sammenhang nach dem Tax-CAPM wie folgt ermitteln: (7) iEK = (1− se) · {i + [EW(R) − i] · β}.

661 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d(b). 662 Vgl. Freidank 2022a, S. 102–110.

B. Steuerbilanzplanung | 411

Beispiel: Es wird unterstellt, dass ein rational handelnder deutscher Investor die Alternativanlage an einer unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Kapitalgesellschaft im Privatvermögen hält und seine persönliche Ertragsteuerbelastung unter Berücksichtigung von Abgeltungs-, Kirchen­ steuer und Solidaritätszuschlag erfasst werden soll. Es gelten folgende Rahmenbedingungen: sa = 0,25; soli = 0,055; ski = 0,09; i = 0,03; EW(R) = 0,05; β = 1,75. Daraus errechnen sich die persönliche Ertragsteuerbelastung und der Kalkulationszinssatz nach Ertragsteuern wie folgt: se = 0,25 · (1 + 0,055 + 0,09) · (1 − 0,25 · 0,09) = 0,27981 iEK = (1 − 0,27981) · [0,03 + (0,05 − 0,03) · 1,75] = 0,04681.

Die vorstehenden Betrachtungen zur Erfassung des Kapitalisierungszinssatzes nach Steuern (iEK ) gehen davon aus, dass es sich bei der Verzinsung der Zahlungsüber­ schüsse der Kapitalgesellschaft um ein eigenkapitalfinanziertes Unternehmen han­ delt und somit die Wirkung der Fremdkapitalzinsen und des Verschuldungsgrads unberücksichtigt bleiben. Die Unmöglichkeit, den Investitionsobjekten die jeweiligen Fremd- und Eigenkapitalquellen verursachungsgerecht zuzuordnen, hat zu der Über­ legung geführt, für die genauere Ermittlung des Kapitalisierungsfaktors einen Misch­ zinssatz zu verwenden, der auch als Weighted Average Cost of Capital (WACC) be­ zeichnet wird und aus der (Ziel-)Kapitalstruktur des Unternehmens abgleitet wird. Der WACC, definiert als geforderte Mindestrendite für das vom Unternehmen ein­ gesetzte Vermögen, die in Form von Kapitalkosten neben den übrigen Kosten durch seine Leistung erwirtschaftet werden soll, setzt sich bei Rückgriff auf den Free-Cash­ flow-Ansatz aus den folgenden Bestandteilen zusammen: (8) WACC = iEK ⋅

ME ME + MF

+ iFK ⋅

MF ME + MF

⋅ (1 − s) ⋅ (1 − se).

Zur Bestimmung des Eigenkapitalkostensatzes (iEK ) ist das CAPM-Modell nach For­ mel (7) heranzuziehen, womit sich der WACC als Summe aus gewichtetem Fremd- und Eigenkapitalkostensatz zusammensetzt. Unter sonst gleichen Bedingungen führt die Berechnung des WACC zum identischen Ergebnis wie die traditionelle Ermittlung des risikoadjustierten Kalkulationszinssatzes nach Steuern.⁶⁶³ Vor diesem Hintergrund stellt die Verwendung gewogener durchschnittlicher Kapitalkosten (WACC) eine über­ zeugende Alternative zur Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes für geplante In­ vestitionen und damit auch für Zwecke der Steuerbilanzplanung dar. Insbesondere wird durch den WACC-Ansatz mit Rückgriff auf das CAPM-Modell eine differenzierte, risikoorientierte Planung des Kalkulationszinssatzes möglich.

663 Vgl. Freidank 2022a, S. 95–98.

412 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

Beispiel: Unter Bezugnahme auf das vorstehende Beispiel wird unterstellt, dass für die zugrunde gelegte Kapitalgesellschaft nachstehende Daten gelten: me = 0,035; he = 5; soli = 0,055; sk = 0,15; iFK = 0,06; ME = 100 Mio. €; MF = 60 Mio. € Aus diesen Informationen lässt sich die Verzinsung des Fremd- und Eigenkapitals der Gesellschaft nach der Free-Cashflow-Methode wie folgt berechnen: 100 Mio. € 60 Mio. € WACC = 0,04681 ⋅ 100 Mio. + 0,06 ⋅ 100 Mio. ⋅ (1 − 0,33325) ⋅ (1 − 0,27981) € + 60 Mio. € € + 60 Mio. € WACC = 0,02926 + 0,0108 = 0,04006 mit s = 0,035 · 5 + (1 + 0,055) · 0,15= 0,033325 und se = 0,25 · (1 + 0,055 + 0,09) · (1 − 0,25 · 0,09) = 0,27981

C. Firmenbezogene Steuerbilanzpolitik 1. Entwicklung eines Standardmodells Sofern die Anteilseigner keinen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse der Unter­ nehmensleitung haben, liegt die Verfolgung einer firmenbezogenen Steuerbilanzpo­ litik durch das Management nahe. Die Aktivitäten der Geschäftsführung zielen dann auf die Maximierung des Unternehmensvermögens im Zeitablauf ab. Das konkre­ te bilanzpolitische Handlungsziel zum Zwecke einer Endvermögensmaximierung besteht im Falle proportionaler Tarife der Ertragsteuern darin, die Gewinne des Pla­ nungszeitraums möglichst spät auszuweisen und die zur Verfügung stehende Manö­ vriermasse zur maximalen Aufwandsvorverrechnung so früh wie möglich einzuset­ zen. Bei einer derartigen Vorgehensweise minimiert der Entscheidungsträger bei sonst konstantem Vermögen der Kapitalgesellschaft den Barwert der Ertragsteuerzahlun­ gen und maximiert damit das Endvermögen.⁶⁶⁴ Der aufgrund der Aufwandsvorverlagerung erzielte zinslose Steuerkredit be­ trifft bei firmenbezogener Betrachtungsweise die erst in späteren Perioden zu­ zahlende Gewerbe- und Körperschaftssteuer der Kapitalgesellschaft, womit sich die Ertragsteuerbelastung der einzelnen Planungsperioden (Et ) wie folgt ermitteln lässt (Bt = ertragsteuerliche Bemessungsgrundlage der t-ten Periode). (9) Et = sg + (1 + soli) · sdt · Bt Der periodenbezogen erlangte Steuerkredit ist mit einem risikoadjustieren Zinssatz nach Ertragsteuern unter Bezugnahme auf das CAPM zu diskontieren. Somit gilt für

664 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt IV.B.2.

C. Firmenbezogene Steuerbilanzpolitik | 413

die Abzinsungsfaktoren der einzelnen Perioden: (10) q−t = (1 + 1iEK ) . t

Mithin lässt sich diese Forderung nach einer Minimierung der Steuerbarwerte wie folgt konkretisieren (BW = Steuerbarwert): t

(11) BW = ∑Tt1 (1 +EiEK ) → Min! t

Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Summe der über alle Perioden zur Verfügung ste­ henden maximalen steuerlichen Manövriermasse [Man (Max)] so früh wie möglich zur Senkung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen (Bt ) einzusetzen. Dabei muss folgende Nebenbedingung gelten (Mant = zur Verfügung stehende steuerlichen Manö­ vriermasse der t-ten Periode): (12) ∑Tt1 Mant ≤ Man (Max) mit (13) t1, 2, . . . T. Unter Einbeziehung spezifischer handels- und steuerrechtlicher Charakteristika von Kapitalgesellschaften lässt sich der vorstehend dargestellte Grundsatz des Steuer­ barwertmodells unter Rückgriff auf das Ziel der Endvermögensmaximierung ver­ feinern. Zu diesem Zwecke wird von dem realistischen Fall ausgegangen, dass die planmäßig zur Verfügung stehende steuerliche Manövriermasse begrenzt einsetz­ baren Charakter besitzt und folglich der für den Planungszeitraum prognostizierte Gesamtgewinn nur in gewissen Grenzen aufgeteilt werden kann. Darüber hinaus liegt es im Fall einer firmenbezogenen Betrachtungsweise nahe, lediglich eine gesetzlich oder vertraglich festgelegte Mindestausschüttung pro Planungsperiode zu unter­ stellen.⁶⁶⁵ Da das Entscheidungsfeld der Anteilseigner nicht einbezogen wird und somit die Optimierung des Gewinnausweises nur die Kapitalgesellschaft betrifft, darf die persönliche Ertragsteuerbelastung der Anteilseigner nicht die zu diskontieren­ den Zahlungsüberschüsse der Gesellschaft mindern. Bezüglich der Festlegung des Eigenkapitalkostensatzes im CAPM ist grundsätzlich von einem Halten der Alterna­ tivanlage im Betriebsvermögen auszugehen,⁶⁶⁶ wobei aber zu berücksichtigen ist, dass Anteilseigner, die selbst körperschaftsteuerpflichtig sind, erhaltene Gewinn­ ausschüttungen steuerfrei vereinnahmen, da Bezüge gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG i. V. m. § 7 Satz 1 GewStG (z. B. Dividenden) nicht in die Bemessungsgrundlage der

665 Vgl. Teil 3, Gliederungspunkt III.B.3.c.c.d(a). 666 Der Fall der möglichen Entnahme der Zahlungsüberschüsse mit einer Alternativanlage im Pri­ vatvermögen bleibt im Folgenden unberücksichtigt.

414 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

Ertragsteuern einbezogen werden. Folglich entfällt bei der alternativen Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen i. S. d. § 8 Abs. 1 KStG eine Kürzung des Eigenkapitalkostensatzes (iEK ) um die Wirkungen der Gewerbe- und Körperschaftsteuer. Ansonsten ist der Ertragsteuerfaktor auf Unternehmensebene (s) bei allen alternativen Real- und Finanzinvestitionen im Hinblick auf die Ermitt­ lung von iEK zu berücksichtigen (CFvor = Cashflow vor Manövriermasseneinsatz und ertragsteuerrechtlichen Auszahlungen; sJvor = Soll-Jahresüberschuss vor Ertragsteu­ ern; VEW = Vermögensendwert).⁶⁶⁷ Die Ermittlung des WACC erfolgt unter Rückgriff auf das Total-Cashflow-Modell⁶⁶⁸ wie nachstehend gezeigt: (14) VEW = ∑Tt1 (CFvort − sJvort ⋅ st ) ⋅ (1 + WACCt )t−1 → Max! mit (15) sJvort = Bt (16) sJvort ≥ 0 (17) Et = st · Bt (18) ∑Tt1 CFvort = ∑Tt1 sJvort (19) WACCt = iEKt ⋅

ME t MEt + MFt

+ iFKt ⋅

MFt MEt + MFt

(20)iEKt = (1 − st ) ⋅ {it + [EW(R)t − it ] ⋅ βt }. Schließlich gilt es, den pro Periode als konstant unterstellten Ausschüttungsbetrag (ASt ) in den Planungsansatz einfließen zu lassen. Soll darüber hinaus ein MindestSoll-Jahresüberschuss nach Manövriermasseneinsatz und vor Ertragsteuern [sJvor (Min)] ausgewiesen werden, so ist nachstehende Beschränkung in den Ansatz aufzu­ nehmen. Dabei wird unterstellt, dass die steuerliche Manövriermasse auch mit den handelsrechtlichen Normen übereinstimmt. (21) sJvort − Mant ≥ sJvor (Min) Die Einbeziehung von Mindestgewinnen wird vor allem dann erforderlich, wenn die geplante Ausschüttung nicht durch Rücklagenentnahmen realisiert werden kann und der Soll-Jahresüberschuss nach maximal möglichem Manövriermasseneinsatz nicht ausreicht, um den gewünschten Ausschüttungsbetrag zur Verfügung zu stellen.

667 Vgl zu den angeführten Prämissen des Optierungsmodells Wagner/Dirrigl 1980, S. 295–298. 668 Vgl. Freidank 2022a, S. 95–115.

C. Firmenbezogene Steuerbilanzpolitik | 415

Beispiel: Der Planungszeitraum einer personenbezogenen inländischen Kapitalgesellschaft, die unbeschränkt ertragsteuerpflichtig ist und lediglich für handels- und ertragsteuerrechtliche Zwe­ cke eine Einheitsbilanz⁶⁶⁹ erstellt, erstreckt sich über eine Dauer von fünf Rechnungsperioden. In­ nerhalb dieser Zeitspanne wird mit den in Abbildung 143 angegebenen Cashflows vor ertragsteu­ errechtlichen Auszahlungen (CFvort ) und vorläufigen Soll-Jahresüberschüssen vor Ertragsteuern (sJvort ) gerechnet. Der gesamte Manövriermasseneinsatz beläuft sich auf höchstens 570.000 €, kann aber zum Zwecke einer maximalen Aufwandsvorverrechnung in den ersten drei Perioden le­ diglich in folgenden Grenzen planmäßig zum Einsatz kommen: Mant1 ≤ 200.000 € Mant2 ≤ 160.000 € Mant3 ≤ 210.000 €. Ferner soll pro Planungsperiode eine Dividende von 50.000 € des erwirtschafteten Jahresüber­ schusses ausgeschüttet werden. Darüber hinaus beabsichtigt die Unternehmensleitung, stets ei­ nen Mindest-Jahresüberschuss vor Ertragsteuern von 70.000 € auszuweisen. Für die Alternativ­ anlage der erwirtschafteten Zahlungsüberschüsse wird eine Beteiligung an einer unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Kapitalgesellschaft unterstellt, wodurch infolge der Steuerfreiheit ausgeschütteter Dividenden keine steuerliche Korrektur des Eigenkapitalkostensatzes um Körper­ schaft- und Gewerbesteuer vorzunehmen ist. Weiterhin gelten folgende Parameter, die für alle Pe­ rioden konstant sein sollen: me = 0,035; he = 5; soli = 0,055; sk = 0,15; iEK = 0,03; EW(R) = 0,05; β = 1,75; iFK = 0,06; ME = 100 Mio. €; MF = 60 Mio. € mit s = 0,035 · 5 + (1 + 0,055) · 0,15= 0,33325 iEK = 0,03 + (0,05 − 0,03) · 1,75= 0,065 100 Mio. € 60 Mio. € WACC = 0,065 ⋅ 100 Mio. + 0,06 ⋅ 100 Mio. € + 60 Mio. € € + 60 Mio. € WACC = 0,040625 + 0,0225 = 0,063125 Abbildung 143 zeigt bei Anwendung eines konstanten Kalkulationszinssatzes von 6,3125 % die Maximierung des Vermögensendwerts der Unternehmung sowie die Bestimmung der zur Reali­ sierung dieses Ziels erforderlichen Ausweisreihen des Jahresüberschusses. Das Ergebnis der Op­ timierungsrechnung bringt zum Ausdruck, dass unter Berücksichtigung der Prämissen des Ent­ scheidungsfelds der Vermögensendwert bei 973.854,7 € sein Maximum erreicht. Dieses Resultat ist durch den Ausweis der in Zeile 4 bzw. Zeile 6 vermerkten Gewinnreihen in den Einheitsbilanzen des Planungszeitraums zu realisieren. Der Vermögensendwert könnte aber planmäßig weiter ge­ steigert werden, wenn die Beschränkung bezüglich des Ausweises von Mindestgewinnen in der Pe­ riode t4 aufgegeben würde, da dann eine noch weiterreichendere Aufwandsvorverlagerung mög­ lich wäre (CFnacht = Cashflows nach ertragsteuerrechtlichen Auszahlungen; ERSt = gesamte Be­ lastung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer; sJnacht = Soll-Jahresüberschuss nach Ertragsteu­ ern).

669 Vgl. Teil 2, Gliederungspunkt III.B.1.

416 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

250.000 240.000 265.009,37 505.009,37

1.250.000 1.250.000 0 1.250.000

t2

1 2 3 4

250.000 280.000 −200.000 80.000

250.000 260.000 −160.000 100.000

26.660

33.325

24.990,63

163.292,5 168.294,37 416.562,5

53.340

66.675

50.000

326.707,5 336.715

50.000 223.340

50.000 216.675

50.000 50.000 225.009,37 86.707,5

5

6 7 8 9 10

t4



t1

CFvort sJvort Mant sJvort = Bt (Zeile 2 + 3) ERSt = Bt · st (Zeile 4 · 0,33325) sJnacht (Zeile 4 − 5) ASt CFnacht (Zeile 1 − 5) (1 + WACCt )T − t VEW (Zeile 8 · 9)

t3

t5

Zeile Entschei­ dungskom­ ponenten

250.000 250.000 250.000 220.000 −175.009,37 270.000 74.990,63 490.000

833.437,5

50.000 81.705,63

250.000 833.437,5

1,27743 1,20158 1,13024 1,063125 1 285.301,22 260.352,35 254.314,59 92.180,91 81.705,63

– 973.854,7

Abb. 143: Mehrperiodiges Entscheidungstableau zur firmenbezogenen Vermögensendwertmaxi­ mierung (alle Werte in €).

2. Ergebnis Der entwickelte Standardansatz stellt einen gangbaren Weg dar, mehrperiodige steu­ erbilanzpolitische Entscheidungsaufgaben unter Rückgriff auf das Instrument der dy­ namischen Investitionsrechnung im Falle der firmenbezogenen Steuerbilanzpolitik zu lösen. Beim Vorliegen komplexerer Problemstrukturen müssen die im Schrifttum existierenden simultanen Optimierungsverfahren zur Anwendung kommen.⁶⁷⁰ Sofern die Anteilseigner keinen oder keinen entscheidenden Einfluss auf die Willens­ bildung der Unternehmensleitung haben, liefert das vorgelegte Konzept eine gewisse Leitlinie zur periodenübergreifenden Gestaltung des Gewinnausweises, wenn die dem Planungsansatz zugrunde liegenden Daten hinreichend sicher sind. Wie ver­ deutlicht wurde, bietet sich als Bewertungskonzept die Total Cashflow-Methode an,⁶⁷¹ da zum Zwecke der Erfassung der Schuldzinsen in den steuerlichen Bemes­ sungsgrundlagen davon ausgegangen werden kann, dass diese die zu diskontieren­ den Cashflows nach ertragsteuerlichen Auszahlungen (CFnacht ) mindern und damit

670 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt V.D. 671 Vgl. Freidank 2022a, S. 95–115.

D. Anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik | 417

eine nachträgliche steuerliche Korrektur der Fremdkapitalkosten nicht erforderlich wird.

D. Anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik 1. Wiederanlage auf Gesellschafterebene Das vorstehend dargestellte Konzept der strengen Aufwandsvorverlagerung mit der Absicht einer Maximierung des Vermögensendwerts besitzt nur solange uneinge­ schränkte Gültigkeit, wie der Zielplan und das Entscheidungsfeld der Anteilseig­ ner nicht in den Planungsansatz einbezogen werden. Bestehen Renditedifferenzen zwischen interner Wiederanlage in der Kapitalgesellschaft und externer (privater) Wiederanlage durch den Anteilseigner dergestalt, dass die externe Investition günsti­ ger ist, also is (in) (risikoadjustierter Zinssatz nach Steuern bei interner Wiederanlage) < is (ex) (risikoadjustierter Zinssatz nach Steuern bei externer Wiederanlage) gilt, so wird sich der Gesellschafter bei rationalem Handeln für eine Anlage der Ausschüttung nach Versteuerung mit seinem individuellen Einkommensteuersatz (se) entscheiden, die außerhalb seines Unternehmens liegt. Unter Berücksichtigung des vorstehend ab­ gegrenzten Rahmens⁶⁷² gilt es nun, ein Optimierungskriterium zu ermitteln, nach dem das persönliche Endvermögen der Anteilseigner im Zeitablauf maximiert wird. Die Zielsetzung der Steuerbilanzpolitik besteht unter den Prämissen des Ansatzes darin, bei gegebenem Gewinnausweis eine optimale Ausschüttungsreihe zu bestim­ men, die zu einer Endvermögensmaximierung führt. Da aufgrund der Prämisse is (in) < is (ex) keine Rückflüsse in die Kapitalgesell­ schaft erfolgen, werden die um Körperschaft- und Gewerbesteuer sowie Ausschüt­ tungen (ASt ) gekürzten Cashflows zu is (in) verzinst, während im Hinblick auf die Differenz zwischen Ausschüttung und der hierauf entfallenden Einkommensteuerbe­ lastung des Anteilseigners eine Anlage im unternehmensexternen Bereich zu is (ex) vorgenommen wird. Nunmehr lässt sich folgende Zielfunktion formulieren: (22) VEW = ∑Tt1 (CFvort − st ⋅ sJvort − ASt ) ⋅ [1 + is (in)t ]T−t + [(1 − set ) ⋅ ASt ]⋅ [1 + is (ex)t ]T−t → Max! mit (23) is (ex)t = WACCt . Um im Planungsmodell zu sichern, dass sämtliche Gewinne nach Ertragsteuern aus­ geschüttet werden, muss folgende Nebenbedingung bei der Optimierung Beachtung finden: (24) ∑Tt1 sJvort ⋅ (1 − st ) − ASt = 0 . 672 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt VI.C.

418 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

Differenziert man die Zielfunktion in Formel (22) nach ASt , so ist das entsprechende Optimum erreicht, wenn gilt: (25) [1 + is (in)t ] T−t − (1 − set ) · [1 + is (ex)t ] T−t = const. Die Optimierungsbedingung verdeutlicht, dass die Gewerbe- und Körperschaftssteu­ er infolge ihrer Abhängigkeit von der vorgegebenen Gewinnausweisreihe keinen Ein­ fluss auf die Gestaltung der optimalen Ausschüttungsreihe besitzt. Da für set ein einheitlicher Abgeltungsteuer- (sat ), Solidaritätszuschlagsatz (solit ) und Kirchensteuerfaktor (skit ) Verwendung finden kann, führt eine sofortige Aus­ schüttung sämtlicher Gewinne nach Ertragsteuern zu einer Maximierung des End­ vermögens der Anteilseigner.⁶⁷³ Während der Zinssatz is (ex), der die interne Rendite der Wiederanlage zum Ausdruck bringt, die Kürzung um die Wirkung der Gewerbeund Körperschaftsteuer beinhalten muss, bedarf es auf Anteilseignerebene einer differenzierten Betrachtung. Sofern die alternative Finanzanlage der Ausschüttun­ gen als Beteiligung im Privatvermögen gehalten wird, wäre der Kalkulationszinssatz nach Steuern wie folgt zu bestimmen: (26) iEKt =(1 − set ) · {it + [EW(R)t − it ] ⋅ βt } mit (27) set = sat · (1 + solit + skit ) · (1 − 0,25). Sollte die alternative Anlage der Ausschüttungen im Betriebsvermögen einer perso­ nenbezogenen Kapitalgesellschaft gehalten werden, dann ist anstelle von set unter zusätzlicher Berücksichtigung der Gewerbe- und Körperschaftsteuer folgender Steu­ erfaktor in Gleichung (26) einzufügen:⁶⁷⁴ (28) sget = 1 − {1 − [met · het + (1 + solit ) · sdt ]} [1 − sat · (1 + solit + skit ) · (1 − 0,25 · skit )]

2. Anlage im internen Unternehmensbereich Sofern die interne Anlage der Ausschüttungen nach Einkommensteuer günsti­ ger sein sollte als eine Investition im externen unternehmerischen Bereich, also

673 Für Fälle, bei denen nicht von einem konstanten Einkommensteuersatz ausgegangen werden kann (z. B. bei der Wahl des Teileinkünfteverfahrens nach § 32d Abs. 2 Nr. 3. EStG), bedarf es einer komplexeren Optimierungsrechnung zur Bestimmung der periodenbezogenen Ausschüttungsbeträ­ ge. Vgl. Freidank 1990, S. 219–220 m. w. N. Allerdings kann diese Rechnung durch Typisierung des Einkommensteuersatzes mit z. B. 35 % umgangen werden. Durch eine derartige Vereinfachung kön­ nen zudem, wie auch bei einer Verwendung eines Abgeltungsteuersatzes, Probleme der Willensbil­ dung sowie differierende Zielfunktionen der Anteilseigner ausgeschaltet werden. 674 Vgl. Teil 4, Gliederungspunkt VI.C.

D. Anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik |

419

is (in) > is (ex) gilt, muss das vorstehend dargelegte Konzept modifiziert werden. In diesem Falle werden sich die Anteilseigner bei rationalem Handeln für eine Wieder­ einlage des korrigierten Ausschüttungsbetrags in die Kapitalgesellschaft entschei­ den. Unter sonst gleichen Bedingungen ändert sich die unter Formel (22) erfasste Zielfunktion dann wie folgt: (29) ∑Tt1 CFvort − st ⋅ sJvort − set ⋅ ASt ) ⋅ [1 + is (in)T−1 ] → Max! Durch die Zielfunktion wird zum Ausdruck gebracht, dass die um die Gewerbe-, Körperschaft- und Einkommensteuerbelastung sowie Ausschüttungen gekürzten Zahlungsüberschüsse intern angelegt werden. Differenziert man die Zielfunktion wiederum nach der Ausschüttung ASt , die die Bemessungsgrundlage für die Einkom­ mensteuer darstellt, so ergibt sich folgendes Entscheidungskriterium zur Bestimmung der optimalen Ausschüttungsreihe: (30)set · [1 + is (in)t ] T−t = const. Da aufgrund der Abgeltungsteuer für set ein einheitlicher Faktor Verwendung finden kann, führt eine vollständige sofortige interne Wiederanlage der Ausschüttun­ gen nach Einkommen-, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer zu einer Maximie­ rung des Endvermögens der Anteilseigner. Zur Ermittlung der Kalkulationszinssät­ ze nach Steuern ist auf Formeln (26) zurückzugreifen, wobei zur Erfassung der Steuer­ belastung berücksichtigt werden muss, ob die Alternativanlage im Privat- [Formel (27)] oder Betriebsvermögen [Formel (28)] gehalten wird. Sofern identische in- und externe Anlagezinssätze vorliegen, also is (in) = is (ex) gilt, sind die Anteilseigner indifferent, da unter sonst gleichen Bedingungen eine Wiederanlage der Ausschüttungen auf Gesellschafterebene zum gleichen maximalen Vermögensendwert führt wie eine sofortige Wiederanlage in der Kapitalgesellschaft. Beispiel: Unter Bezugnahme auf das vorstehende Beispiel wird nun unterstellt, dass sämtliche Gewinne nach Ertragsteuern an die Anteilseigner ausgeschüttet werden sollen, da die externen Anlagemöglichkeiten der Ausschüttungen in Gestalt des WAAC ihre interne Rendite [is (in)] nach Steuern mit 4 % übersteigen. Da die Anteilseigner beabsichtigen, die alternative Anlage der Aus­ schüttungen im Betriebsvermögen einer unbeschränkt steuerpflichtigen inländischen Kapitalge­ sellschaft zu halten, berechnet sich der WACC unter Berücksichtigung der nachstehenden Daten wie folgt: sa = 0,25; ski = 0,09 se = 0,25 · (1 + 0,055 + 0,09) · (1 − 0,025) = 0,27981 sge = 1 − {1 − [0,035 · 5 + (1 + 0,055) · 0,15]} · [1 − 0,25 · (1 + 0,055 + 0,09) · (1 − 0,25 · 0,09)] = 0,51981 iEK = (1 − 0,51981) · [0,03 + (0,05 − 0,03) · 1,75] = 0,03121 100 Mio. € 60 Mio. € WACC = 0,03121 ⋅ 100 Mio. + 0,06 ⋅ 100 Mio. € + 60 Mio. € € + 60 Mio. € WACC = 0,01951 + 0,0225 = 0,04201

420 | VI. Mehrperiodige steuerliche Modellansätze

Abbildung 144 zeigt bei Anwendung eines konstanten Kalkulationszinssatzes von 4,201 % auf die Ausschüttungen nach Einkommen- und Kirchensteuer, einer konstanten internen Rendite auf die Cash Flows nach Gewerbe-, Körperschaftsteuer sowie Ausschüttungen die Maximierung des Ver­ mögensendwerts des Unternehmens sowie die Bestimmung der zur Berechnung dieses Ziels er­ forderlichen Ausschüttungsreihen in Zeile 6. Das Ergebnis der Optimierungsrechnung bringt zum Ausdruck, dass unter Berücksichtigung der Prämissen des Entscheidungsfelds der Vermögens­ endwert sein Maximum mit 678.676,43 € erreicht. t5



250.000 250.000 250.000 220.000 −175.009,37 270.000 74.990,63 490.000

250.000 240.000 265.009,37 505.009,37

1.250.000 1.250.000 0 1.250.000

33.325

24.990,63

163.292,5

168.294,37 416.562,5

53.340

66.675

50.000

326.707,5

336.715

38.414,94

48.018,67

36.009,50

235.291,47 242.498,78 600.233,35

170.000

150.000

175.009,37 −240.000

Zeile Entschei­ dungskom­ ponenten

t1

t2

t3

1 2 3 4

250.000 280.000 −200.000 80.000

250.000 260.000 −160.000 100.000

26.660

5

6 7

8 9 10 11

CFvort sJvort Mant sJvort = Bt (Zeile 2 + 3) ERSt = Bt · st (Zeile 4 · 0,33325) sJnacht = ASt (Zeile 4 − 5) ASt · (1 − set ) (Zeile 6 · 0,72019) CFnacht − ASt (Zeile 1 − 5 − 6) (1 + WACCt )T − t [1 + is (in)t ]T − t VEW (Zeile 7 · 9 + Zeile 8 · 10)

t4

1,17893 1,1314 1,08579 1,04201 1,16986 1,12486 1,0816 1,04 244.164,73 223.057,32 228.388,90 −4.423,93

833.437,5

−255.009,37 0 1 – 1 – −12.510,59 678.676,43

Abb. 144: Mehrperiodiges Entscheidungstableau zur anteilseignerbezogenen Vermögensend­ wertmaximierung (alle Werte in €).

3. Ergebnis Die vorgestellten Konzeptionen der mehrperiodigen Ausschüttungspolitik sind in der Lage, die interdependenten Wirkungen der Ertragsteuern und unterschiedliche Anlagealternativen simultan zu erfassen und optimalen Lösungen zuzuführen. Ent­ scheidende Impulse für die anteilseignerbezogene Steuerbilanzplanung wurden ins­ besondere durch die Möglichkeit der Berücksichtigung von Renditedifferenzen zwi­ schen interner Wiederanlage in der Unternehmung und externer Wiederanlage durch den Gesellschafter gegeben. Zudem besteht durch die Einbeziehung proportionaler Einkommen- und Kirchensteuertarife infolge der Abgeltungsteuer die Möglichkeit, insbesondere die anteilseignerbezogenen Ansätze erheblich zu vereinfachen und da­ mit realitätsnäher zu gestalten. Darüber hinaus wurde verdeutlicht, dass durch den Rückgriff auf das Tax-CAPM und die Verwendung gewogener durchschnittlicher Ka­

D. Anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik | 421

pitalkosten mithilfe des WACC eine Anpassung der risikoadjustierten Kalkulations­ zinssätze nach Steuern und damit auch der Vermögensendwerte an die Entwicklun­ gen des Kapitalmarkts vorgenommen werden kann. Auch hier zeigte sich der Vorteil der Abgeltungsteuer, die es ermöglicht, durch Typisierung der Einkommensteuer eine genaue steuerliche Anpassung der Kalkulationszinssätze bei einem Halten der Alter­ nativanlage entweder im Privat- oder Betriebsvermögen vorzunehmen. Da bei einem Anteilseigner genau diejenigen Beträge zur Belastung mit Ein­ kommensteuer führen müssen, die durch die optimale Ausschüttungsreihe fest­ gelegt werden, setzte dies voraus, dass neben den steuerlichen Periodengewinnen des Unternehmens auch die sonstigen Einkünfte der Gesellschafter exakt im Voraus bestimmbar sein müssen. Insbesondere dann, wenn mehrere natürliche Personen Beteiligungen an der Kapitalgesellschaft halten, die unterschiedlich hohe sonstige Einkünfte aufweisen, war in der Vergangenheit eine mehrperiodige Steuerbilanzpoli­ tik nicht mehr durchzuführen, da das die optimale Ausschüttungsreihe bestimmende Optimum nur individuelle Geltung besaß. Beim Vorliegen derartiger Konstellationen waren allenfalls Kompromisslösungen möglich. Hier bot es sich etwa an, die Ge­ winnabflüsse so zu gestalten, dass die Summe der Abweichungen des gemeinsamen Ausschüttungsausweises von den für jeden Anteilseigner errechneten Optima mini­ miert wird oder Ausgleichszahlungen der steuerlich bevorzugten Anteilseigner an die höher belasteten Gesellschafter vorzusehen. Wie gezeigt wurde, besteht diese Problematik bei Rückgriff auf die Abgeltungssteuer nun nicht mehr, da es möglich wird, von einem einheitlichen Steuerfaktor auszugehen, der die Abgeltungs- und Kirchensteuer unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags erfasst und für alle Gesellschafter Gültigkeit besitzt.

VII. Zusammenfassung Die Rechnungslegungspolitik trägt im Zielsystem der Unternehmenspolitik deri­ vativen Charakter und dient der Durchsetzung von Finanz-, Publizitäts- und/ oder Individualzielen des Managements. Aus diesen übergeordneten Zielen sind die konkreten rechnungslegungspolitischen Handlungsabsichten herzuleiten, die sich in erster Linie auf die Gestaltung der Ergebnisgrößen, die Struktur des Jah­ resabschlusses und/oder des Lageberichts beziehen. Wie durch die empirische Rechnungslegungsforschung nachgewiesen wurde, betreiben managerkontrollier­ te Gesellschaften vor allem das Ziel einer Glättung der Ergebnisgrößen, während bei eigentümerkontrollierten Unternehmungen unterstellt wird, dass hier das Ziel einer Minimierung der ertragsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen dominiert. Bei Ka­ pitalgesellschaften spielen darüber hinaus die Verfolgung der Ziele „Vermeidung der Prüfungspflicht“ sowie „Ausnutzung von Publizitätserleichterungen“ zusätzlich eine wichtige Rolle. Derartige Absichten sind durch Unterschreitung von mindestens zwei der in § 267 HGB genannten kritischen Größenklassenmerkmale an zwei aufein­ ander folgenden Bilanzstichtagen zu realisieren. In diesem Zusammenhang kommt der Gestaltung der Bilanzsumme durch den Einsatz von Aktionsparametern vor allem dann besondere Bedeutung zu, wenn schon ein anderes Größenkriterium (Um­ satzerlöse oder Arbeitnehmerzahl) überschritten wurde und die Kapitalgesellschaft mit der Bilanzsumme geringfügig oberhalb der entsprechenden Klassifizierung liegt. Im Falle auftretender Konflikte zwischen den einzelnen Handlungszielen sollte zunächst versucht werden, diese durch Zielbewertung oder das Setzen von Prioritä­ ten zu lösen. Sofern Konfliktbewältigungen beim Vorliegen unterschiedlicher Rollen­ erwartungen bestimmter Stakeholdergruppen in der betrieblichen Praxis nicht durch­ setzbar sind, besteht die Möglichkeit, dass die Unternehmensleitung entweder die „Strategie eines begrenzten Konflikts“ oder die „Strategie einer dramatischen Umkehr“ verfolgt. Zur zielgerichteten Beeinflussung der in den Vorschriften des Handels- und Steu­ errechts und der IFRS festgelegten Werte kann es aber nur deshalb kommen, weil der Gesetzgeber den unternehmerischen Entscheidungsträgern als Informationssendern zum einen konventionalisierte Instrumente (bewusst) zur Verfügung stellt, die zu einer Realität (Urbild) nicht nur ein Abbild zulassen und zum anderen bestimmte Rechnungslegungsvorschriften nicht eindeutig definiert hat. Diese gesetzlichen Lü­ cken in Gestalt von Wahlrechten und Ermessensspielräumen sind allerdings nicht deshalb geschlossen worden, um den zur Rechnungslegung Verpflichteten Manipu­ lationsalternativen einzuräumen, sondern weil der Gesetzgeber annahm, dass beim Vorliegen unterschiedlich gelagerter Konstellationen auch in unterschiedlicher Art und Weise Rechnung gelegt werden kann. Bezüglich der bewusst zur Verfügung ge­ stellten Abbildungsspielräume handelt es sich primär um Ansatz-, Bewertungs- und Ausweiswahlrechte. Darüber hinaus stehen den Entscheidungsträgern zur Durch­ https://doi.org/10.1515/9783110679588-018

VII. Zusammenfassung

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423

setzung ihrer verfolgten rechnungslegungspolitischen Ziele sachverhaltsgestalten­ de Alternativen i. e. S. zur Verfügung, die im Grundsatz auf die Beeinflussung der rechtlichen Realität vor dem Bilanzstichtag ausgerichtet sind. Trotz des Grundsatzes der materiellen Bilanzkontinuität bleibt ein verhältnis­ mäßig großer Bereich für zulässige Änderungen der Ansatz- und Bewertungsmetho­ den, da in begründeten Ausnahmefällen die Durchbrechung des Stetigkeitsprin­ zips möglich ist. Berücksichtigt man darüber hinaus, dass den Verantwortlichen zur Durchsetzung ihrer verfolgten Ziele neben den angesprochenen formellen und materiellen Wahlrechten noch individuelle Ermessensspielräume und sachver­ haltsgestaltende Instrumente i. e. S. zur Verfügung stehen sowie ferner von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden kann, Bilanzinformationen zielgerichtet in den Anhang zu verlagern, dann kommt zum Ausdruck, welch hohen Stellenwert die Rechnungslegungspolitik vor allem für offenlegungspflichtige Kapitalgesellschaf­ ten zur planmäßigen, zielorientierten Gestaltung des Jahresabschlusses besitzt. Die betriebswirtschaftliche Forschung hat sich aus den unterschiedlichen Blick­ richtungen mit der Entwicklung entscheidungsunterstützender Modellansätze zum Zwecke der Gestaltung der Rechnungslegungsobjekte beschäftigt. Da neben dem Jahresabschluss und Lagebericht auch unterjährige und freiwillige Medien Objekte der zielgerichteten Beeinflussung sein können, wurde der traditionelle Begriff der Bi­ lanzpolitik durch den umfassenderen Terminus Rechnungslegungspolitik ersetzt. Der Zweck der angesprochenen Forschungsbestrebungen bestand ganz allgemein dar­ in, dem Management Instrumente an die Hand zu geben, mit deren Hilfe bestimmte Verhaltensweisen der Adressaten des Jahresabschlusses (z. B. Kunden, Gläubiger, Konkurrenten, Kreditgeber, Arbeitnehmer und ihre Vertreter, Öffentlichkeit sowie der Fiskus) unternehmenszielkonform beeinflusst werden können. Obwohl sich die vorgelegten Modelle lediglich auf die für die Gestaltungsaufgabe als wesentlich er­ achteten quantitativen Einflussgrößen beschränken, braucht ihr praxisorientierter Aussagewert durch diese Komplexitätsreduktion nicht notwendigerweise beein­ trächtigt zu werden, wenn die ausgeschlossenen Bestimmungsgrößen in Bezug auf das Planungsziel nur von untergeordneter Bedeutung sind. Allerdings sind die vorgelegten Ansätze dadurch gekennzeichnet, dass sie fast ausschließlich den Bereich der materiellen Rechnungslegungspolitik bearbeiten, d. h. auf die Beeinflussung der Höhe des Vermögens und/oder Erfolgs der Unter­ nehmung abzielen. Die Erklärung für diese, den Bereich der formellen Rechnungs­ legungspolitik, die sich auf die Präsentation der äußeren Form von Bilanz und Er­ folgsrechnung (Ausweispolitik), ihrer Bekanntgabe und die Berichterstattung über den Abschluss (Erläuterungspolitik) sowie auf die Darstellung des Geschäftsverlaufs und der Lage des Unternehmens (Darstellungspolitik) bezieht, fast vollständig igno­ rierende Vorgehensweise liegt zum einen in der Dominanz monetärer rechnungs­ legungspolitischer Zielsetzungen und zum anderen in den nicht mit hinreichender Genauigkeit zu quantifizierenden publizitätspolitischen Zielgrößen begründet. Die grundlegenden Betrachtungen zu den Modellbildungen im Rahmen der Rechnungslegungspolitik haben zu dem Ergebnis geführt, dass den Erfordernis­

424 | VII. Zusammenfassung

sen der betrieblichen Praxis bezüglich einer aussagefähigen Planung des handelsund/oder steuerrechtlichen Jahresabschlusses am ehesten durch die Entwicklung möglichst vereinfachender Partialmodelle entsprochen wird, die aufgrund der Unsicherheit hinsichtlich der Vorausbestimmung der Unternehmensergebnisse bzw. der sonstigen steuerrechtlichen Einkünfte der Anteilseigner sowie des Potenzials der künftig zur Verfügung stehenden Gestaltungsobjekte grundsätzlich einperiodig ausgerichtet sein sollten. Infolgedessen tragen die vorgestellten handelsrechtlichen rechnungslegungspolitischen Planungsansätze den Charakter von deterministi­ schen Einzeitpunktentscheidungsmodellen. Auftretende Sekundärwirkungen der materiellen rechnungslegungspolitischen Alternativen lassen sich durch die Ein­ beziehung von Flexibilitätskriterien in das Entscheidungskalkül periodenübergrei­ fend steuern. Umfassende rechnungslegungspolitische Modellkonzeptionen sollten zunächst in der Lage sein, spezifische Ausprägungen des von den Entscheidungsträgern de­ finierten Zielausmaßes im Hinblick auf den angestrebten Erfolg sowie bestimmte Kennzahlen- und/oder Bilanzsummenniveaus als Extremierungs-, Fixierungsbzw. Satisfizierungsgrößen berücksichtigen zu können. Falls es der Unternehmens­ leitung gelingt, ihre Präferenzen in Gestalt der Zielfunktion und/oder einzuhalten­ der Nebenbedingungen unter Beachtung der Menge der zur Verfügung stehenden Aktionsparameter eindeutig festzulegen, läuft der eigentliche Entscheidungsprozess ohne Eingreifen des Managements in simultaner Form ab. Sofern die interdependenten Beziehungen der Variablen von Zielplan und Ent­ scheidungsfeld jedoch für den Rechnungslegungspolitiker überschaubar sind und damit eine individuell festzulegende Verarbeitungskapazität nicht übersteigen, be­ steht aber auch die Möglichkeit, den zu einer Optimallösung führenden Aktions­ parametereinsatz ohne Rückgriff auf mathematische Optimierungsmethoden durch Aufstellung rechnungslegungspolitischer Entscheidungstableaus simultan zu ermitteln. Sucht die Unternehmensleitung hingegen nicht simultan für alle Ziele und nicht gleichzeitig für mehrere (optimale) Aktionsparameter die Lösung, son­ dern schrittweise, so kann auf den sequenziellen Modellansatz zurückgegriffen werden. Wie beispielhaft verdeutlicht wurde, besteht für die Verantwortlichen der Rechnungslegungspolitik die Möglichkeit, als Lösungsmethode zum Zwecke der suk­ zessiven Ermittlung der Entscheidungswerte die im Rahmen der Simultanplanung konzipierten Verfahren und Entscheidungstableaus heranzuziehen. Ferner wurden Modelle der mehrperiodigen Steuerbilanzplanung vorgestellt. Die­ se als Investitionskalküle konzipierten Ansätze zielen darauf ab, für einen bestimm­ ten Planungszeitraum optimale Gewinnausweis- bzw. Ausschüttungsreihen zum Zwecke einer interperiodischen Verlagerung der Ertragsteuerzahlungen zu bestim­ men. Sofern die Anteilseigner der Kapitalgesellschaft keinen Einfluss auf die Willens­ bildung der Unternehmensleitung haben, liegt die Vermutung nahe, dass das Ma­ nagement im Rahmen der (firmenbezogenen) Steuerbilanzpolitik eine Maximie­ rung des Unternehmensvermögens durch entsprechende Ertragsteuerverschiebungen

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anstrebt. Wie auch anhand eines Zahlenbeispiels verdeutlicht wurde, ist dieses Ziel in aller Regel durch eine strenge Vorverlagerung des Aufwandspotenzials der Kapital­ gesellschaft zu realisieren. Komplexer wird die Bestimmung der optimalen Gewinnausweis- bzw. Ausschüt­ tungsreihe, sobald für die Anteilseigner die Möglichkeit besteht, auf die steuer­ rechtlichen Entscheidungsprozesse der Geschäftsleitung einzuwirken, da neben der Zins- nun auch die Progressionswirkung der Einkommensteuer das Op­ timierungsergebnis determiniert. Je nachdem, welche Prämissen im Rahmen der (anteilseignerorientierten) Steuerbilanzpolitik den einzelnen Entscheidungsmo­ dellen zugrunde gelegt werden, ergeben sich unterschiedliche Optima für die Ermitt­ lung der Gewinnausweis- bzw. Ausschüttungsreihen, die jeweils zu einer Maximie­ rung des persönlichen Endvermögens der Gesellschafter im Zeitablauf führen. Allerdings ist die praktische Anwendbarkeit sowohl der firmen- als auch der an­ teilseignerbezogenen Konzeption begrenzt, da beide Ansätze zum einen auf unge­ wissen (Plan-) Daten basieren und zum anderen durch ihre tief greifenden Mo­ dellvereinfachungen nur in Ausnahmefällen in der Lage sind, die steuerrechtlich relevanten Entscheidungsfelder annähernd realitätsnah abzubilden. In der Praxis werden sie deshalb die kasuistische Veranlagungssimulation nur in Ausnahme­ fällen ersetzen können. Sollte es den Verantwortlichen dennoch gelingen, mit hin­ reichender Sicherheit den mehrperiodigen Konzepten entsprechende optimale Ge­ winnausweis- bzw. Ausschüttungsreihen zu ermitteln, die darüber hinaus zumindest die elementaren steuerrechtlichen Einflussgrößen berücksichtigen, dann bieten die vorgestellten einperiodigen Simultan- und Sequenzialmodelle die Möglichkeit, die in Rede stehenden Gewinn- und Ausschüttungsgrößen in die Ansätze einfließen zu lassen und mit dem effektiv zur Verfügung stehenden rechnungslegungspolitischen Instrumentarium der jeweiligen Rechnungsperiode den vorläufigen Erfolgsausweis zieladäquat zu transformieren. Im Einzelnen wurde in diesem Zusammenhang dargestellt, wie die digitale Ge­ staltung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften unter Berücksichtigung komplexer Zielstrukturen und Aktionsparameter auf simultanem Wege unter Rück­ griff auf mathematische Algorithmen durchgeführt werden kann. Die digitale Um­ setzung der Modelle ist z. B. auf der Grundlage der Software Microsoft Excel® und LINGO® möglich. Während mit Microsoft Excel® die Erfassung der Ausgangsdaten und die Darstellung der Optimierungsergebnisse vorgenommen werden kann,⁶⁷⁵ dient LINGO® der Lösung der Optimierungsprogramme. Die eingesetzte Optimierungssoft­ ware LINGO® lässt eine unbegrenzte Anzahl von Variablen und Restriktionen zu. Durch die Verknüpfung beider Softwarepakete können die Vorzüge beider Program­ me, die leichte Bedienung von Microsoft Excel® einerseits und die Leistungsstärke von LINGO® andererseits, unter einer gemeinsamen Benutzeroberfläche kombi­ niert werden. 675 Vgl. Freidank/Sassen 2014, S. 594–607.

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Mit Hilfe der hier vorgestellten, auf IT-Basis einsetzbaren Digitalisierungspro­ gramme, die mit anderen Rechnungslegungs- und Prüfungstools wie z. B. ACL, ERPS oder IDEA kombiniert werden können, sind die zweckentsprechenden Entscheidungs­ werte für die Gestaltung von Jahres- und/oder Bilanzergebnis durch die Verantwort­ lichen der Rechnungslegung trotz der vielfältigen bilanzrechtlichen Interdependen­ zen schnell und übersichtlich zu ermitteln. Sofern sich keine Optimallösung ergibt, weisen die Programme diejenigen Struktur- und Schlupfvariablen aus, die sich wider­ sprechen. Durch diese Informationen werden die Entscheidungsträger in die Lage ver­ setzt, solche Daten des Zielplans (z. B. Soll-Bilanzgewinn, angestrebte Bilanzsumme und/oder bestimmte jahresabschlussanalytische Kennzahlenniveaus), die eine opti­ male Lösung verhindern, festzustellen und ggf. revidiert in eine neue Zielkonzeption einfließen zu lassen, bis eine mit den rechnungslegungspolitischen Zielvorstellungen des Unternehmens abgestimmte und unter den gesetzten Rahmenbedingungen reali­ sierbare optimale Gestaltung des Jahresabschlusses bestimmt worden ist. Die vorge­ stellten Optimierungsmodelle sind in vielfältige Richtungen erweiterungsfähig, wo­ durch sie eine hohe Anpassungsflexibilität aufweisen. Am Ende des gesamten digitalen rechnungslegungspolitischen Transforma­ tionsprozesses muss aber die Entwicklung und vernetzte Implementierung eines ganzheitlichen digitalen Geschäftsmodells einschließlich digitaler Produkte mit einer integrierten Digitalisierung von Rechnungswesen, Rechnungslegung und Unterneh­ mensbesteuerung auf der Grundlage von Anwendungen der Künstlichen Intelligenz stehen. Allerdings erscheint der Weg zur Entwicklung ganzheitlicher Digitalisierungs­ lösungen vor dem Hintergrund der gegenwärtig vorliegenden Forschungsergebnisse und praxisbezogenen Umsetzungen noch sehr weit zu sein, so dass zunächst das vorliegende analoge Geschäftsmodell des Unternehmens unter Einbeziehung tradi­ tioneller betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse zur IT-gestützten Steuerung sukzes­ sive digitalisiert werden sollte. Durch diese Vorgehensweise sind Gefahren bei der Nutzung von Digitalisierungsinnovationen weitgehend zu vermeiden, die etwa zu Überreaktionen auf kurzfristige Ergebnisschwankungen, Einschränkungen der Rationalität des Managements infolge von Informationsüberflutungen, einer sinken­ den Innovationsbereitschaft oder Fehlentscheidungen aufgrund der Verarbeitung unzutreffender Trainingsdaten von System der Künstlichen Intelligenz führen kön­ nen.⁶⁷⁶ Wie dargelegt wurde, besteht zudem die Gefahr der Ziel-, Ufer- und letzt­ lich Erkenntnislosigkeit, wenn nicht vor Beginn digitaler Transformationsprozesse konzeptionelle und methodische Vorüberlegungen von den Entscheidungsträgern vorgenommen werden. Vor diesem Hintergrund zeigen die vorgestellten IT-gestütz­ ten simultanen Modelle methodische Lösungsalternativen zur schrittweisen Digita­ lisierung der Rechnungslegungspolitik von Kapitalgesellschaften auf, durch dessen Nutzung Digitalisierungsrisiken zudem beherrschbar werden.

676 Vgl. Abel/Neveries 2019, S. 79–81 m. w. N.

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Stichwortverzeichnis Abbildungsspielräume 338, 422 Abbruchkostenrückstellungen 51 Abkopplungstheorie 16 Abzinsungsverbot 248, 259 Abzinsung von Rückstellungen 16, 23 Ad hoc-Publizität 160, 266, 267, 306, 308 Aktienoptionsprogramme 291, 292 Aktienrendite 264 Aktionärsbriefe 318, 333 aktivierte Eigenleistungen 52, 65, 70–75, 78,85, 86, 271 allgemeine Verwaltungskosten 54, 76–85 Analogie-Flexibilität 349 andere aktivierte Eigenleistungen 65, 70–75, 78, 85, 86, 271 Anderskosten 54 Andersleistungen 54 Anlagendeckungsgrad 383 Anreizsystem 291 Ansatzdifferenzen 241–247 Ansatzstetigkeit 38 Anspruchsniveau 348, 357, 358, 366 anteilseignerorientierte Steuerbilanzpolitik 350, 353, 406, 425 Anteilsquote 92 Arbeitnehmerbelange 301, 302 Arbeitsblattdateien 266, 372 Arbeitsplatzsicherheit 326 Asset 254, 256 Asset and Liability Approach 18, 19, 20, 23 Asset Backed Securities-Transaktionen 334 Aufsichtsorgan 263, 265, 299, 306, 326, 328, 330, 347 Aufsichtsrat 36, 37, 218–222, 227, 230, 235–240, 292, 298, 299, 303, 322, 323, 325, 333 Aufsichtsratsausschüsse 299 Aufsichtsratstantieme 235–239 Aufstellungsmöglichkeiten der Bilanz 225, 226 Aufwendungen 15–23 Ausgleichszahlungen 421 Ausnutzung von Publizitätserleichterungen 343 Ausschuss 299 Ausschüttungsfaktor 376 Ausschüttungskraft 402 https://doi.org/10.1515/9783110679588-020

Ausschüttungsreihen 353, 364, 371, 403, 406, 407, 417–421, 424, 425 Ausschüttungssperre 16, 92, 225, 252 Ausschüttungsmaximierung 393, 395 Ausschüttungsvorschlag 327, 392 außerbilanzielle Geschäfte 334 Außenfinanzierung 323 Außenfinanzierungsvorgänge 280 Außenprüfung 40, 45, 46 ausstehende Einlagen 95, 100–104, 106, 108–111, 149, 195, 200–203, 210 Ausweispolitik 337, 423 Ausweiswahlrechte 175, 333, 338, 339, 421 Balanced Sheet Approach 18 Barausschüttungen 322 Bardividende 165, 192, 228 Bargain Purchase Option-Test 9 Barwert 5, 9–12, 248, 412 bedungene Einlage 105 Bericht des Aufsichtsrats 300 Beständeschicht 274 Bestandserhöhung 53, 64–66, 77, 78 Bestandsveränderungen 64, 73, 74, 77, 78, 80, 82, 145, 146, 153, 154, 268, 269, 271, 276 Bestandsverminderungen 53, 65, 66, 71, 77 Bestechung 348 Beteiligungsfinanzierung 323 Betriebsabrechnungsbogen 56, 57 Betriebsaufspaltung 336 Betriebsausgaben 17, 23, 117–119, 123, 130, 163, 166, 247, 257, 409 Betriebseinnahmen 15, 23, 257 Betriebsergebnis 75, 76, 78, 79, 84, 287 Betrug 43, 47 Bewegungsbilanzen 266, 267, 269, 311 Bewertungsdifferenzen 241, 258 Bewertungsstetigkeit 38, 40, 41, 42 Bewertungswahlrecht 45, 333, 336, 337, 354, 379, 381 Beziehungskapital 305 Bilanzänderung 46 Bilanzansatzwahlrecht 333, 336, 337 Bilanzberichtigung 46 Bilanzeid 307, 342 Bilanzidentität 37, 46, 349

Stichwortverzeichnis

Bilanzkontinuität 37, 174, 175, 423 Bilanzrating 381 Bilanzstruktur 323 Bilanztheorie 15, 198, 258, 319, 320 Bilanzverknüpfung 37, 45 Bonitätsbeurteilung 24 Börsenkapitalisierung 264 Boston Consulting Group 297 Brutto Cash Flow 275, 281 Bundesverband der Deutschen Industrie 53 Business Reporting 264, 290, 295 Capital Asset Pricing Model (CAPM) 410 Cash Flow 41, 266, 267, 273, 275–281, 292, 293, 297, 411, 420 Cash Flow-Analyse 266 Cash Flow Return on Investment (CFROI) 297 Comparability 41 Completed Contact Method 16, 21, 25, 34 Compliancebereich 263 Comprehensive Income 18, 284 Consistency 41 Construction Contracts 22 Contract Liability 20 Control Approach 20,27 Control Asset 20 Controlling 22, 20, 22, 262, 335, 405, 406 Corporate Governance 264, 266, 267, 291, 292, 295, 299, 300, 312 Corporate Governance Reporting 262–266, 291, 293, 298, 299, 311, 312, 314 Corporate Identity 291 Corporate Social Responsibility 295 Cost to Cost-Method 29 Creditor Relations 291 Customer Capital 296 Darstellungsgestaltungen 332 Darstellungspolitik 337, 423 Darstellungsstetigkeit 39, 174,175, 247, 339, 381 Deckungsrelationen 323 Deductible Temporary Differences 242, 254, 256 defensive Publizitätspolitik 325 Deutscher Nachhaltigkeitskodex 303, 313 Dienstleistungsverträge 28 Differenzenspiegel 247, 249, 250 digitalisierte Systeme 354 Digitalisierung 294, 309, 355, 356, 426

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Digitalisierungsinnovationen 426 Digitalisierungskonzepte 403 Digitalisierungsprogramme 426 Digital- oder Barwertvergleichsmethode 10 Diversitätskonzept 299 Drei-Säulen-Modell 265 Due-Diligence-Prozesse 302 Durchbrechung des Maßgeblichkeitsprinzips 128, 156, 163, 230, 241, 341 dynamische Bilanztheorie 15, 258 Earnings before Interest and Tax (EBIT) 297 Earnings Management 324 Economic Life-Test 9 Effort Expended-Method 29,30 Eigenkapitalspiegel 168, 169, 196, 262, 266, 267, 282, 284, 307, 339 Einheitsbilanzierung 359 Einlösungsrisiken 278 Einzelfertigungen 22 Einzelkosten 56–61 Endwertmodell 408 Enforcement-Prüfung 342 Entlassungen 330 Entnahmerecht 95–97, 106 Entscheidungstabellen 360, 424 Equity 17, 190 Erfolgsbeteiligungen 291 erfolgsneutrale Ertragserfassung 18 Erfolgspotenzial 291, 296 erfolgsunwirksame Handlungsparameter 373 Erfolgsziele 293, 294 Ergänzungs-Jahresabschlüsse 94, 119, 120, 139–141, 156 ergebnisabhängige Aufwendungen 230, 233, 238, 367, 368, 370, 375, 376, 378, 382, 383, 386, 388, 389, 400, 401 Ergebnisglättungspolitik 371 Ergebnisregulierung 321 Ergebnisverwendung 113, 114, 208, 223, 224, 226, 228, 229, 282, 323, 339 Ergebnisverwendungskonto 95, 228, 229 Erklärung zur Unternehmensführung 298–300, 325 Erläuterungspolitik 423 Erläuterungswahlrecht 333, 338 Ermessensspielraum 40, 221, 222, 297, 313, 360, 373 Erträge 15–20

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Ertragsteueransprüche 321 Ertragsteueroptimierung 386 Ertragsteuerplanung 371 Erwartungslücke 313, 314 European Single Electronic Format 310 Existenzsicherung 291, 293, 320 Expenses 17, 19 Extensible Hyper Text Markup Language 309 Extremierung 348, 360, 364, 370, 373, 424 Factoring 334 Fast Close 312, 340 Fehlentscheidungen 371, 406, 426 Fehlerberichtigungen 284 Fehlerquelle 46 Fertigstellungsgrad 22, 29, 30, 62 Fertigungsmaterial 56, 60, 61 feste Kapitalkonten 56, 108 Financial Accounting 262, 264, 265, 266, 290, 295, 311, 312, 314 Finanzierungs-Leasing 3 Finanzierungsrechnungen 266, 267, 268, 311 Finanzierungsrisiken 22, 33 Finanzierungstätigkeit 276–280 Finanzinstrumente 16, 267 Finanzkapital 265, 305 Finanzlage 171, 265, 269, 277, 280, 334 Finanzmittelfonds 278–281 Finanzmittelnachweisrechnung 280 Finanzplanung 277, 405 Finanzpolitik 321–325 Finanzziele 294, 320, 321, 405 firmenbezogene Steuerbilanzpolitik 350, 406, 412, 416, 424 Fixierung 348, 360, 364, 370, 373, 424 Fixierungsansatz 386 Flexibilität hinsichtlich des Maßgeblichkeitsprinzips 349 Flexibilitätsgrad 349, 355 Flexibilitätskriterien 349, 424 Flüchtigkeitsfehler 47 formelle Maßgeblichkeit 59 Formkaufleute 91, 161 Forschungskosten 20 Frauenanteil 299 Free-Cash-Flow-Ansatz 411 Freiberufler 91, 92 freiwillige Zusatzinformationen 294 Fremdkapitalzinsen 59, 411

fristenkongruente Finanzierung 272 Früherkennung 262, 263 geänderter Jahresabschluss 45 gemischt-ganzzahliger Optimierungsansatz 372, 379 Gesamtbetriebserwerber 64 Gesamtkostenverfahren 64 Gesamtleistung 29, 75 Gesamtplanungsmodelle 344 Geschlechterquote 299 gesellschaftlicher Zweck 300 Gesellschaftsvertrag 92, 93, 95, 101, 105, 115, 197, 202, 203, 206, 218, 229, 342 gesonderter nichtfinanzieller Bericht 300, 303 Gestaltungsfunktion 317 Gewerbesteuer 94, 112, 117, 118, 122–133, 137–139, 156, 157, 162, 163, 164, 167, 232–234, 244, 245 Gewinnansprüche 97, 107, 321 Gewinnausweisreihen 351, 352, 418 Gewinnglättung 386 Gewinnthesaurierung 92, 122, 123, 132, 219, 228, 322 Gewinnverteilung 92, 95, 105, 118 Gewinnvoraus 105 gewöhnliche Geschäftstätigkeit 18, 19 Glättungshypothese 327 Gleichmäßigkeit der Besteuerung 46 Global Reporting Initiative 303 Grenzfremdkapitalzinssatz 12 Grenzsteuerendbarwerte 352 Grenzsteuerendwerte 352 Größenklassenmerkmale 168, 170, 326, 335, 422 Grundsatz der wirtschaftlichen Betrachtungsweise 3 Hafteinlage 107, 110, 111, 116 Halbjahresbericht 266, 312, 333 Halbjahresfinanzbericht 267, 306, 307 handelsbilanzielle Gestaltungsprozesse 230 Handelsspanne 62 Handlungsziele 320, 327, 329, 341, 346, 347, 349, 355, 423 Hang zum Verschweigen 325 Hang zur Offenheit 294, 325 Hauptkostenstellen 56 Herstellkosten 61, 69, 71, 78

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Herstellungsbereich 76–78 Herstellungskosten 12, 25, 52 Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen 77–85 Human Capital 305, 314 Humankapital 264, 265, 305 Humankapitalbestand 297 immaterielle Anlagegüter 225 Imparitätsprinzip 15, 17, 20, 23 Incentives 322 Income 17, 18 Income and Expense Approach 18 Individualziele 320, 406, 422 Industrie-Kontenrahmen 53 Informationsasymmetrien 264, 312 Informationsfunktion 16, 173, 252, 287, 309 Informationspolitik 263, 320, 326, 328 Informationsrechte 92, 93 Informationsüberflutung 312 Informationsverknüpfung 304 Informationsziele 318, 319 Inline eXtensible Business Reporting Language 310 Innenfinanzierungskraft 275, 280 Innovation Capital 296 Insiderhandel 308 Insiderinformation 267, 308 Integrated Reporting 262–266, 291, 295, 304 Integrated Thinking 305, 306, 314 intellektuelles Kapital 305 Interne Revision 58, 262, 263 Internetpublizität 294 Investitionslage 268 Investitionsplanung 405 Investitionspolitik 175, 269 Investitionsrechnung 416 Investitionstätigkeit 276, 278, 279 Investitionszulage 242 Investor Capital 296 Investor Relations 261, 263, 292–295 Investor Relations-Strategie 30, 291 Items 19 Jahresabschlussanalyse 381 Kalkulation 10, 12, 60–63, 70, 71 Kapitalanteil 92–113, 142, 147, 148, 220–222

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Kapitaleinlagen 95, 100, 108, 155 Kapitalerhaltung 206, 319 Kapitalertragsteuer 164–166, 191, 192, 193, 228 Kapitalflussrechnung 169, 171, 261, 262, 267, 268, 275, 277, 278, 280, 282, 307, 310, 311, 339 kapitalistischen Personengesellschaften 91, 155, 170, 244, 313 Kapitalmarktdaten 410 Kapitalmarktkommunikation 265, 314 kapitalmarktorientiertes Management 406 Kapitalstruktur 40, 293, 321, 323, 324, 411 Kapitalwertmodell 408 kasuistische Veranlagungssimulation 425 Kaufoption 4, 5, 9, 14 Kirchensteuer 126, 409, 410, 418, 419, 420, 421 Kommanditverlust 108 Kommandit-Verlustkonto 108 Komplexitätsreduktionen 344 Konfliktlösbarkeit 355 Konfliktsituation 3328, 329, 341 Kontrollrechte 112 Kontrollübergang 20, 21, 27, 28 Konventionalstrafen 22 Konzernrechnungslegung 189, 403 Korruption 301, 302, 348 Kostenartenrechnung 56, 57 Kostenstellenrechnung 60, 61 Kostenträgerstückrechnung 60, 62 Kostenträgerzeitrechnung 57 Kreditfinanzierung 323 Kreditwürdigkeit 323, 321 Kreditwürdigkeitsprüfungen 323 Kundenvertrag 20, 22 künstliche Intelligenz 426 Kurspflege 323 kurzfristige Erfolgsrechnung 57, 60 Lagerproduktionen 53 langfristige Fertigungs- und Dienstleistungsaufträge 16 latente Steuern 28, 41, 42, 48, 157, 225, 241–245, 248, 251–259 Leasingerlasse 4, 14 Leasing-Transaktionen 3 Leasingverbindlichkeit 12–14 Leerposten 76, 174 Leistungsfortschritt 21, 22, 27–30, 33, 34 Leistungsverpflichtung 20–23, 28

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Leistungsversprechen 20 Leistungsziele 294 Liability 18, 20 Liquidität 124, 171, 269, 321, 324, 334 Machtstreben 326 Management Approach 266, 277, 287, 294, 306, 312 managementkontrollierte Unternehmen 327–331 Management Reporting 262, 263, 266, 291 managerkontrollierte Kapitalgesellschaft 396 Manövriermasse 335, 350, 352, 353, 365, 369–375, 403, 407, 408, 412–415 Matching Principle 19 mathematische Algorithmen 425 Maßgeblichkeitsprinzip 41, 128, 156, 161, 163, 231, 241, 324, 341, 349 Maximierung des Endvermögens der Anteilseigner 405, 419 Maximierung des Unternehmensvermögens 405, 406, 412 Mehrfachzielsetzungen 328, 348, 403 mehrperiodigen Ausschüttungspolitik 353, 420 Mehrzeitpunktentscheidungsmodelle 355 Menschenrechtsverletzungen 302 Methodenwahlrecht 30, 337 Mietverlängerungsoption 4, 5, 14 Mindestausschüttung 408, 413 Mindestrendite 411 Minimierung des Arbeitsleids 326 Mischzinssatz 411 missbräuchliche Thesaurierungen 227 Mitunternehmer 93–96, 101, 112, 116–123, 133–135, 139, 141, 142, 155–157 Mitunternehmerschaften 93 Multiple Capital Ansatz 265 Nachhaltigkeitsbelange 301 Nachhaltigkeitsbericht 301, 313, 314 Nachhaltigkeitsberichterstattung 262–266, 296, 300 Nachhaltigkeitsreporting 263, 265, 266, 291, 293 Nachschusspflicht 107, 108, 203 Nachtragsprüfung 45 natürliches Kapital 305 Nebenbedingungen 346–348, 357, 372–374, 391, 403, 407

Net Operating Profit After Tax (NOPAT) 297 Netto Cash Flow 275, 281 Neubewertung 18, 19, 179, 155–259, 284–286 nicht abzugsfähige Betriebsausgaben 17, 23, 130 nichtfinanzielle Erklärung 300–304, 325, 333 nichtfinanzielle Informationen 264, 300, 301, 311 nichtfinanzielle Leistungsindikatoren 348 nichtige Jahresabschlüsse 44 nichtmonetäre Zielsetzungen 347 Niederstwerttest 63 Normenpolitik 328, 341 Nutzungsrecht 3, 12–14 Nutzungsrechte-Konzept 8 Nutzungswert 63 Off-Balance-Effekt 14 Offenlegung 42, 103, 110, 114, 294, 301, 310, 311 offenlegungspflichtige Kapitalgesellschaften 422 offensive Offenlegungspolitik 294 offensive Politik 325 Ökologie 265, 294 Ökonomie 265 Operating Leasing 4, 7, 8, 12, 14 Operating-Leasingverträge 5 Operations Research 357, 372 Operativer Cash Flow 275, 279 originäre Marken 297 Other Comprehensive Income 18, 284 Other Income 18 Partnerschaftsgesellschaft 91, 125, 127 passive Offenlegungspolitik 294 Pensionsgeschäft 334 Percentage of Completion Method 21, 27, 34 Performance Measurement 293, 312, 347 Periodenabgrenzung 15, 19 Periodengesamterfolg 18 Periodengesamtergebnis 284 personenbezogene Kapitalgesellschaft 352, 410, 418 Personenunternehmen 27 Pflichteinlagen 105, 155 Planungshorizont 345, 355 Planungsmodelle 344 Planungsrechnungen 344

Stichwortverzeichnis

Planungsrisiken 407 Plausibilitätskontrolle 304 Prestigestreben 326 Primäreffekte 349 Primärziele 348, 403 Principal-Agent-Theorie 321 Prinzip der verlustfreien Bewertung 64 produziertes Kapital 305 Profit or Loss 18 Projekt-Controlling 30, 33 Prozess Capital 296 prüferische Durchsicht 307 Prüfungspflicht 261, 300, 326, 336, 343, 375, 383, 422 prüfungspflichtige Unternehmen 37 Publikationspolitik 304 Publizitätspolitik 291, 312, 317, 320, 324–326, 339, 341, 347 Publizitätsziele 266, 320 Purpose 300 quantitative Flexibilität 349 Quartalsbericht 266, 307, 312, 333 Ratenkauf 3 Realisationsprinzip 15–20, 25, 244 Rechenfehler 43, 47 Rechnungslegungsanalyse 259, 266, 318, 319, 382 rechnungslegungsbezogene Schätzungen 284 Rechnungslegungsforschung 326, 396, 422 Rechnungslegungspolitik 317, 342, 344, 356 Recognition Criteria 17 Recovery of Investment-Test 9 Reinvermögenswert 264 Renditedifferenzen 353, 417, 420 Reputationsgewinne 306 Restwertgarantie 5, 11 retrospektive Fehlerkorrektur 45, 51 Return on Capital Employed (ROCE) 297 Revenue and Expense Approach 15 Reversibilität 349 Right of Use Approach 8,13,14 Risikoabschlag 16 Risikodiversifikation 291 Risikomanagement 259, 306 Risikomanagementsystem 262, 263, 292 Risiko- und Chancen-Konzept 8 Risikovermeidung 291

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Risikovorwegnahme 17 Risk and Reward Approach 13 Roherfolgsatz 62 Rücklagenregulierung 321 Rücklagenspiegel 223, 282 Rückwärtsänderung 44 sachverhaltsdarstellende Maßnahmen 317 sachverhaltsgestaltende Maßnahmen 317, 332–335, 341, 343 Sachverhaltsgestaltungen 332–335, 406 Saisonunternehmen 334 Sale and Lease Back 334 Sanierungsmaßnahmen 41 Satisfizierung 348 Schätzmethoden 50 Schlupfvariablen 392, 402, 426 schwebende Geschäfte 24 Segmentberichterstattung 261, 286–289 Segmentergebnisse 288 Segmenterträge 288 Segmentschulden 288 Segmentvermögen 288 Sekundäreffekte 349 Sekundärwirkungen 341, 350, 424 Sekundärziele 348, 355, 373, 403 Selbstdarstellungspolitik 223, 308 Selbstfinanzierung 212, 322 Selbstfinanzierungsquote 326 Selbstkostenkalkulation 22, 61 Selbstkostenrechnung 60 Sequenzialplanung 354 sequenzieller Modellansatz 424 Shareholder Value-Konzept 291 Shareholder Value-Netzwerk 291 Shareholder Value-Politik 322 Shirking 326 simultane Koordination 346 simultanes Koeffizientenmodell 404 Simultanoptimierung 354 Softwarepaket 372, 403, 425 Sonderbetriebsvermögen 94, 120, 121, 133, 134, 135, 137, 139, 155, 156, 163 Sonderbilanzen 134–139 Sonder-Bilanzrechnung 94 Sonder-Erfolgsrechnung 94 Sonderposten eigener Art 38, 42, 244 Sondervergütungen 93, 116, 117, 120, 134, 163 sonstige Aufwendungen 19, 76, 77

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sonstige betriebliche Aufwendungen 54, 75, 76, 77, 79, 114 sonstige Erträge 18, 64, 65, 77 Sozialbelange 301, 302 Spezialleasing 4, 9,14 Stage of Completion 29 Stakeholder Value 265, 291–294, 297, 300, 320–322 Stelleneinzelkosten 56 Stellengemeinkosten 56 Stern, Steward & Co. 297 Stetigkeitsgrundsatz 37, 41, 42, 50, 278 Steuerbarwertminimierung 350–352, 407 Steuerbilanzplaner 404 Steuerbilanzplanung 345, 352, 353, 364, 405, 406, 407, 408, 411, 420, 424 steuerfreie Rücklagen 15, 45, 408 Steuerplanung 403 (Konzern)-Steuerquote 253 steuerrechtliche Außenprüfung 40, 45, 46 steuerrechtliche Betriebsprüfung 48 steuerrechtliche Gewinnermittlung 41, 119, 241, 243, 341 Steuerschuldner 112, 114, 117, 166 Steuerwert 242, 244 Strategie der dramatischen Umkehr 330 Strategie eines begrenzten Konflikts 329 Stichtagsprinzip 34–37, 87 stille Gesellschaft 91 strenges Niederwertprinzip 63 Substance over Form 3, 8, 14 Substanzerhaltung 329 Subventionen 330 Subziele 293, 346, 347 sukzessive Koordination 359, 407 Supplier Capital 295 Sustainability Performance 265 Sustainability Reporting 295

Tax Reporting 242, 252 Teilamortisationsverträge 3 Teilgewinnrealisierung 16, 22, 24, 28, 29, 30 Teilmodelle 345, 346, 354 Teilsteuerrechnung 360 Temporary Differences 242, 254, 256 Temporary-Konzept 241, 242, 254, 259 Tilgungsanteil 5, 10 Timing-Differences 241, 242, 254 Timing-Konzept 242, 254 Total-Cashflow-Modell 414 Transaktionsansatz 16–18 Transaktionspreis 20, 21 Transfer of Ownership Test 8 typisierender Einkommensteuersatz 408

Tabellenkalkulationsprogramm 230, 359, 365, 372, 375 Tantiemen 213, 230, 233, 235, 236, 238, 321, 368, 375, 377, 378, 382, 402 Täuschung 43 Tax Base 254 Tax-CAPM 410, 420 Tax Controlling 253 Taxonomie 310 Tax Reconciliation 256

Value-Based Management 291 Value Driver 292 Value Gap 294 Value Reporting 263–266, 291–297, 311–314, 325 Vergleichsinvestition 408 Vergütung des Managements 296 Verkaufswertverfahren 62, 64 Verlustsonderkonto 103, 108, 109 Vermeidung der Prüfungspflicht 336, 343, 422

Überleitungsrechnung 256, 257, 276, 279, 287, 288 Umkehrmaßgeblichkeit 156, 324 Umsatzerlöse 18, 52, 57, 64, 65, 76, 78, 114, 115, 286, 287, 310, 335 Umsatzkostenverfahren 54, 64, 76, 87, 175, 339 Umsatzrealisierung 20, 21, 27 Umweltbelange 301, 302 Umweltschutz 295 unrichtiger Tatsachen 308 unterjährige Publikationsinstrumente 265 Unterlassungsalternative 360, 379 Unternehmensführungspraktiken 299 Unternehmenskultur 291 Unternehmensplanung 402 Unternehmenspolitik 293, 317, 318, 320, 327, 332, 347, 352, 355, 422 Unternehmenspublizität 263, 290 Unternehmensregister 307 Unternehmensumwandlung 326 Unternehmenswertmaximierung 265 Unternehmenszusammenschluss 255, 256

Stichwortverzeichnis

Vermögensstruktur 321 verrechnetes Planvermögen 16, 23, 225 Verschuldungsgrad 411 Verteilung des Liquidationsvermögens 95 Vertriebskosten 19, 25, 54, 56, 58, 59, 61, 62, 76–78, 80, 82–85 Verwaltungsgemeinkosten 58–62, 69–71, 78 Verwaltungsorgan 263, 264, 312 verwässerte Ergebnis je Aktie 48 Vollamortisationsverträgen 3 Vorsichtsprinzip 15, 17, 21, 27, 34 Wahl des Bilanzstichtags 334 Währungsumrechnung 16, 23 Weighted Average Cost of Capital (WACC) 292, 411 wertaufhellende Tatsachen 35 wertbeeinflussende Tatsachen 34, 35 Wertlücken 264 wertorientierte Unternehmensteuerung 291 406, 410 wertorientierte Zusatzberichterstattung 264 Wertschöpfungskette 313 Wertsteigerungsmanagement 291, 292 Wiederanlage 353, 417–420 Wiederbeschaffungskosten 63

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wirtschaftliches Eigentum 3 Wohlstandsmaximierung 326 Zahlungsfähigkeit 275, 321 zeitliche Flexibilität 349 zeitraumbezogene Umsatzrealisierung 21, 33 Zero Profit Margin 28 Zielantinomie 328, 329 Zielfunktion 346–348, 354–357, 364, 372, 373, 376, 379, 380, 386, 403, 417, 418 Zielidentität 328 Zielindifferenz 328 Zielkomplementarität 328 Zielkonkurrenz 328 Zinssatz nach Steuern 351 Zinssatz vor Steuern 408 Zinsschranke 119 Zukunftserfolgswert 264, 292, 312 Zusatzberichterstattung 264, 295 Zusatzkosten 54, 60, 69 Zusatzleistungen 54 Zuschlagskalkulation 40, 61, 86 Zwischenabschluss 307 Zwischenbericht 266, 300, 307–309, 312, 318 Zwischenlagebericht 307