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German Pages 416 [418] Year 2021
Internationale Einkünfteabgrenzung Freundesgabe für Hubertus Baumhoff
INTERNATIONALE EINKÜNFTEABGRENZUNG FREUNDESGABE FÜR HUBERTUS BAUMHOFF ZUM 65. GEBURTSTAG herausgegeben von
Thomas Rödder Franz Wassermeyer Xaver Ditz
2019
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-06054-1 ©2019 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungs beständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Über Hubertus Baumhoff Hubertus Baumhoff wurde am 31.10.1954 in Welschen-Ennest geboren. Im Kreise seiner drei Schwestern Marile, Dorothee und Stefanie verlebte er im Sauerland eine unbeschwerte und glückliche Kindheit. Sein Elternhaus war katholisch-konservativ geprägt. Christliche Werte wie Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, Treue und Zuverlässigkeit wurden von seinen Eltern Hugo und Antoinette Elisabeth Baumhoff vorgelebt – Charakterzüge, die Hubertus Baumhoff bis heute prägen. Vor allem sein zielstrebiger und disziplinierter Vater, Kaufmann von Beruf und Patriarch der Familie, war sein Vorbild, nicht nur beruflich, sondern vor allem persönlich. Nach dem Abitur am städtischen Gymnasium Lennestadt begann Hubertus Baumhoff das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Bereits jetzt entwickelte sich – auch in Nebenjobs zur Finanzierung des Studiums bei einem Autoverleiher und dem Weihnachtsbaumverkauf – sein Interesse für Marktwirtschaft, Unternehmertum und die betriebswirtschaftliche Steuerlehre. Eine besondere Leidenschaft entstand insbesondere für alle Formen von Verhandlungen, insbesondere Preisverhandlungen. Eine Begabung des Hubertus Baumhoff, die in seinem weiteren wissenschaftlichen und beruflichen Werdegang noch eine große Rolle spielen sollte. Nach dem Grundwehrdienst promovierte Hubertus Baumhoff an der Universität der Bundeswehr (heute: Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg) zum Thema „Verrechnungspreise für Dienstleistungen“. Es handelt sich um eine Grundlagenarbeit zur internationalen Einkünfteabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen, in welcher die Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters entwickelt wurde. Diesem Konzept ist später der Bundesfinanzhof in seiner Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung gefolgt. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 wurde der hypothetische Fremdvergleich in § 1 AStG implementiert. Das Verhältnis zu seinem Doktorvater Hans-Jochen Kleineidam war von Beginn an ein besonderes, ging es doch über das berufliche/wissenschaftliche deutlich hinaus. Beide blieben bis zum Tode von Hans-Jochen Kleineidam im Jahr 2018 freundschaftlich verbunden. Direkt nach dem Abschluss der Promotion, es muss in der 2. Oktoberhälfte 1986 gewesen sein, erschien Hubertus Baumhoff auf Vermittlung von Hans Flick zu einem Vorstellungsgespräch bei der Sozietät Flick Gocke Schaumburg, damals noch Dr. Flick & Partner. Das Gespräch fand im Herzstück der Praxis, im Bibliothekszimmer, statt; die Sozietät war vollständig angetreten. Nach einem intensiven Gespräch und Kennenlernen waren sich alle Beteiligten sofort einig und so begann Hubertus Baumhoff Anfang November 1986 dort, wo er sein gesamtes Berufsleben verbringen sollte. Im Frühjahr 1987 erfolgte nach mündlicher Prüfung die Bestellung zum Steuerberater. Das Wirtschaftsprüferexamen legte er im Jahr 1991 ab. V
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Über Hubertus Baumhoff
Die erste Phase in der beruflichen Entwicklung von Hubertus Baumhoff war ausgefüllt durch die übliche Steuerberatung und Revisionsarbeiten. Dienstreisen waren an der Tagesordnung. Unterbrochen wurde diese Arbeit – meistens zu ungelegener Zeit – durch das Abfassen von Vermerken und Gutachten zu allen Themen des na tionalen und internationalen Steuerrechts. Nach und nach verselbstständigte sich Hubertus Baumhoff, betreute z.B. mit Rudolf Gocke und Hermann-Josef Hürholz gemeinsam Mandate und schuf sich einen eigenen Mandantenstamm. Dementsprechend war es nur konsequent, dass er 1991 Partner der Sozietät Flick Gocke Schaumburg wurde. Seitdem betreut er eine Vielzahl von nationalen und internationalen Mandanten, vor allem Familienunternehmen. Dort kann er seine fachlichen und menschlichen Fähigkeiten ganz besonders gut zum Ausdruck bringen. Hervorzuheben ist das außerordentliche Talent von Hubertus Baumhoff als Verhandlungsführer. Er hat viele Schlachten geschlagen, ob als Steuerberater, „Bauherr“ der Sozietät oder Gutachter in besonderen Angelegenheiten. Er ist von robuster Natur und schwerem fachlichen Gewicht. Ihm gegenüber zu sitzen war und ist nicht immer einfach. Gleichwohl hat er die Gegenseite auch immer mit Respekt und Augenmaß behandelt. In weniger aussichtsreichen Situationen hat er oftmals abseits der fachlichen Sichtweise unauflösbar scheinende Konfliktsituationen mit großem kaufmännischen Geschick und hoher Improvisationskunst und Spontanität einer eleganten Lösung zugeführt. Das bereitet ihm bis heute immer noch große Freude. Neben dieser auf das Interesse der Mandanten ausgerichteten Tätigkeit gibt es bei Hubertus Baumhoff eine besondere Nuance der Zuneigung und Befassung mit Menschen, die nicht so sehr auf der Sonnenseite des Lebens stehen oder temporär eine schwierige Lebensphase zu durchschreiten haben. Er ist ein Kümmerer, und das geräuschlos. Trotz seiner kantigen, direkten und wuchtigen Erscheinung beherbergt er in seinem Inneren eine weiche und verständnisvolle, ja fast sensible Seite. Hubertus Baumhoff hat in der Literatur vielfältige Beiträge zur internationalen Einkünfteabgrenzung veröffentlicht. Stellt man seine Veröffentlichungen zusammen, so finden sich etwa 80 Beiträge in Kommentaren, Büchern, Festschriften (Freundesgaben) und Fachzeitschriften, wobei die Mitwirkung in Kommentaren und Büchern nur als jeweils ein Beitrag gezählt wurde. Hervorzuheben ist seine 1986 im Heymanns- Verlag erschienene Dissertation über Verrechnungspreise für Dienstleistungen. Im Jahr 1999 übernahm Baumhoff die Kommentierung des § 1 AStG im ehemaligen Flick/Wassermeyer/Becker, Kommentar zum Außensteuergesetz. Becker schied damals als Herausgeber und Kommentator aus. Seine Funktionen übernahm Hubertus Baumhoff mit dem Ergebnis, dass der Kommentar in Flick/Wassermeyer/Baumhoff umbenannt wurde. Hervorzuheben ist aber auch seine Mitwirkung an dem im Jahr 2014 im Verlag Otto Schmidt erschienenen Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, an dem von Mössner inzwischen in 5. Auflage herausgegebenen Steuerrecht international tätiger Unternehmen, an dem von Henn/Pahlow in 6. Auflage herausgegebenen Patentvertragsrecht und an dem von Oestreicher im NWB-Verlag herausgegebenen Unternehmen im Umbruch: Krisenbewältigung, Mobilität, Unternehmenstransaktionen und Steuern. Baumhoff hat in zahlreichen Festschriften Beiträge geliefert. Zu erwähnen sind die Festschriften (FreunVI
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Über Hubertus Baumhoff
desgaben) für Flick, Juch, Lutz Fischer, Wassermeyer, Schaumburg, Gocke, Krawitz, Piltz, Gosch und Kuckhoff. Es existieren aber auch Beiträge in zahlreichen Handbüchern und einschlägigen Zeitschriften (IStR, DStR, Ubg, DB, FR, ISR, StbJb, Stbg, WPg und IWB). Der Name „Baumhoff“ spricht stets für fundierte Sachkenntnisse auf dem Gebiet der internationalen Verrechnungspreise und für sehr ernst zu nehmende – auch vom BFH zitierte – Rechtsauffassungen. Infolgedessen war es nicht überraschend, dass Hubertus Baumhoff im Jahre 1998 einen Lehrauftrag am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Prüfungswesen und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre der Universität Siegen erhielt. Dort wurde er 2004 zum Honorarprofessor ernannt. Neben den theoretischen und wissenschaftlichen Grundlagen zeichnen sich seine Vorlesungen immer auch durch einen für die Studierenden sehr fruchtbaren Praxisbezug aus. Trotz seines großen Erfolgs ist Hubertus Baumhoff immer sehr bodenständig, heimatverbunden und bescheiden, in diesem besten Sinne westfälisch geblieben. Er lebt seit 1986 in Bonn mit seiner Frau Claudia Baumhoff, die er 1983 kennengelernt und 1989 geheiratet hat. Beide fühlen sich im Rheinland ausgesprochen wohl, sind aber regelmäßig auch in der Heimat im Sauerland anzufinden. Die beiden Söhne Lukas (Jahrgang 1993) und Niklas (Jahrgang 1996) sind mittlerweile aus dem Haus und studieren. Hubertus Baumhoff vollendet am 31.10.2019 sein 65. Lebensjahr. Die Herausgeber und Autoren dieser Freundesgaben wünschen dem Jubilar noch viele zufriedene und glückliche Jahre im Kreis seiner Familie, Kolleginnen und Kollegen sowie Freunde. Ihm ist dieses Buch in freundschaftlicher Verbundenheit gewidmet. Bonn, im Oktober 2019 Thomas Rödder Franz Wassermeyer Xaver Ditz Hermann-Josef Hürholz
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Inhalt
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Über Hubertus Baumhoff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII Martin Cordes Country-by-Country-Report (CbCR) – Kritische Analyse und Gestaltungsansätze aus Sicht von Familienunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Xaver Ditz Die Entwicklung der internationalen Betriebsstättengewinnabgrenzung seit dem 24.12.1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 Gerald Gahleitner Der Substanztest in der Hinzurechnungsbesteuerung am Beispiel Österreichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Rudolf Gocke und Vassil Tcherveniachki Praktische Problemfelder bei der Einkünfteermittlung von Vertreterbetriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Stephan Göckeler Gesellschaftsrecht und Verrechnungspreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Dietmar Gosch Die tönernen Füße der „FVerlV“ und der „BsGAV“ – Wurde der Verordnungsgeber zu dem Verordneten ordnungsgemäß ermächtigt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 Stefan Greil Rechtssicherheit im Bereich der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Markus Greinert Die Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten nach der Mindestkapitalausstattungsmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Dieter Grümmer Art. 9 OECD-MA und die Schrankenwirkung gegenüber nationalen Korrekturvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107
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Inhalt
Michael Hendricks Die Qual der Wahl – Bestimmung des richtigen Rechtsbehelfs zur Abwehr einer eingetretenen internationalen Doppelbesteuerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 Norbert Herzig Entwicklungslinien der internationalen Steuerpolitik und die US-Steuerreform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 Rainer Heurung, Sebastian Schmidt und Sinja Kollmann Finale Verluste bei gebietsfremden Betriebsstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 Johannes Höfer Auswirkungen einer möglichen Digitalsteuer auf die Verrechnungspreise 159 Bernd Jonas Die Entstehung des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983 betreffend „Grundsätze für die Prüfung der Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 Bert Kaminski Ausgewählte Überlegungen zur Rückverlagerung von Funktionen in das Inland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 Sven Kluge Verrechnungspreise für Datennutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Norbert Krawitz Die Schlüsselfrage – Anmerkungen zur formelhaften steuerlichen Gewinnaufteilung internationaler Konzerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 Heinz Kußmaul und Chantal Naumann Systemüberlegungen zum Bestimmungs‑ und Ursprungslandprinzip – Territoriale Anknüpfungspunkte der Besteuerung mit dem Ziel einer eindeutigen Zuweisung des Steueraufkommens zwischen zwei Staaten . . . . 215 Daniel Liebchen Anforderungen an F&E-Poolumlagen in der Post-BEPS-Welt . . . . . . . . . . . . 227 Andreas Oestreicher Aktuelle Überlegungen in Bezug auf die Ausgestaltung der Profit-Split-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Michael Puls Digitalisierung von Unternehmensprozessen und die Frage nach der Kostenverrechnung im grenzüberschreitend tätigen Konzern . . . . . . . . . . . . 257 Robert Risse Interdependenzen zwischen Verrechnungspreisen, Zoll und Umsatzsteuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 X
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Inhalt
Thomas Rödder Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Heide und Harald Schaumburg Verrechnungspreise zwischen Steuervermeidung, Steuerumgehung und Steuerhinterziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 Rolf Schreiber Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen – Eine Bestandsaufnahme nach dem EuGH-Urteil Hornbach . . . . . . . . . . . . . . 313 Michael Schwenke Der „Konzernrückhalt“ – Versuch einer steuerrechtlichen Einordnung . . . . 337 Klaus Sieker Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung in EU-Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Alexander Vögele Profit Split basierte Verrechnungspreissysteme als kommender Standard für Konzerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 Franz Wassermeyer Die Besteuerung von Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG 371 Dieter Weber Die Besteuerung von in der Schweiz ansässigen Gesellschaftern deutscher Personengesellschaften – Anmerkungen zum Entscheid des schweizerischen Bundesgerichts 2C_707/2016 vom 23.3.2018 . . . . . . . . . 379 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391
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Autorenverzeichnis Dr. Martin Cordes Dipl.-Fw., Dipl.-Kfm., Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn, Lehrbeauftragter an der Universität Siegen Dr. Xaver Ditz Dipl.-Kfm., Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn, Lehrbeauftragter an der Universität Trier Gerald Gahleitner, Mag. LL.M. Steuerberater und Partner bei LeitnerLeitner, Linz Rudolf Gocke Dipl.-Kfm., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Gründungspartner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn Dr. Stephan Göckeler Rechtsanwalt, Attorney-at-Law (Ca.), Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn, Hamburg Prof. Dr. Dietmar Gosch Rechtsanwalt, Steuerberater, Vorsitzender Richter am BFH a. D., Partner bei WTS Steuerberatungsgesellschaft mbH, München/Hamburg, Honorarprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Dr. Stefan Greil, LL.M. Dipl.-Kfm., Regierungsdirektor, Bundesministerium der Finanzen, Lehrbeauftragter an der Universität Würzburg Dr. Markus Greinert Dipl.-Kfm., Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, München Dieter Grümmer Dipl.-Fw., Regierungsdirektor, Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung, Bonn Prof. Dr. Michael Hendricks Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn, Honorarprofessor an der Universität Passau Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Herzig em. Universitätsprofessor der Universität zu Köln, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Of Counsel bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn Prof. Dr. Rainer Heurung Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Universitätsprofessor, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Prüfungswesen und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Siegen XIII
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Autorenverzeichnis
MR Johannes Höfer Dipl.-Kfm., Dipl.-Ök., Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Hermann-Josef Hürholz Dipl.-Volksw., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und assoziierter Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn Bernd Jonas Rechtsanwalt, ehem. Generalbevollmächtigter der ThyssenKrupp AG Prof. Dr. Bert Kaminski Universitätsprofessor, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Institut für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Helmut-Schmidt-Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg Dr. Sven Kluge Dipl.-Kfm., Steuerberater und Assoziierter Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Stuttgart, Bonn Sinja Kollmann, M.Sc. Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Prüfungswesen und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Siegen Prof. Dr. Norbert Krawitz em. Universitätsprofessor Universität Siegen, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht Prof. Dr. Heinz Kußmaul Universitätsprofessor, Direktor des BLI (Betriebswirtschaftliches Institut für Steuerlehre und Entrepreneurship, Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Institut für Existenzgründung/Mittelstand) an der Universität des Saarlandes und Mitglied der Forschungsgruppe anwendungsorientierte Steuerlehre (FAST) Dr. Daniel Liebchen Dipl.-Kfm., Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Hamburg Dr. Chantal Naumann Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insb. Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität des Saarlandes Prof. Dr. Andreas Oestreicher Steuerberater, Universitätsprofessor, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät, Abteilung für deutsche und internationale Besteuerung, Georg-August-Universität Göttingen Dr. Michael Puls Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Düsseldorf
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Autorenverzeichnis
Prof. Dr. Robert Risse Dipl.-Fw., Rechtsanwalt, Corporate Vice President und Head of FTG – Finance, Tax & Trade Group bei der Henkel AG & Co. KGaA, Honorarprofessor am Lehrstuhl für betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Leipzig Prof. Dr. Thomas Rödder Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn, Düsseldorf, Honorarprofessor an der Universität zu Köln Prof. Dr. Harald Schaumburg Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Gründungspartner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn, Honorarprofessor an der Universität zu Köln Prof. Dr. Heide Schaumburg Vizepräsidentin des Finanzgerichts a. D., Honorarprofessorin an der Universität Siegen Dr. Sebastian Schmidt Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Prüfungswesen und Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Siegen Rolf Schreiber Dipl.-Fw., Oberregierungsrat, Sachgebietsleiter Groß- und Konzernbetriebsprüfung, Düsseldorf Dr. Michael Schwenke Richter am BFH, München Dr. Klaus Sieker Dipl.-Kfm., Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Frankfurt Prof. Dr. Vassil Tcherveniachki Dipl.-Kfm., Steuerberater und Partner bei Flick Gocke Schaumburg, Bonn, Honorarprofessor an der Universität des Saarlandes Dr. Alexander Vögele Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und französischer Commissaire aux Comptes Prof. Dr. Dr. hc. Franz Wassermeyer Vors. Richter am BFH i.R., Rechtsanwalt, Steuerberater Of Counsel bei Flick Gocke Schaumburg, Honorarprofessor an der Universität Bonn, Ehrendoktor der Universität Siegen Lic. iur. HSG Dieter Weber Rechtsanwalt und dipl. Steuerexperte, Partner bei Tax Partner AG, Zürich
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Martin Cordes
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Country-by-Country-Report (CbCR) Kritische Analyse und Gestaltungsansätze aus Sicht von Familienunternehmen Inhaltsverzeichnis I. Vorwort II. Gesetzliche Grundlage und Entstehung III. Anwendungsgrundsätze 1. Sachlicher Anwendungsbereich 2. Persönlicher Anwendungsbereich a) Originäre Verpflichtung bei deutschen Mutterunternehmen b) Inländische Tochtergesellschaften eines ausländischen Konzerns 3. Angabepflicht zum CbC-Report in inländischer Steuererklärung 4. Inhalt der CbC-Reportverpflichtung 5. Enge Verzahnung mit ausländischen Regelungen
6. In den CbC-Report einzubeziehende Konzernuntereinheiten 7. Kein öffentliches CbC-Reporting IV. Analyse V. Gestaltungsbedarf und Ansätze für Familienunternehmen 1. Gestaltungsbedarf 2. Gleichordnungs-Konzern statt Über- Unterordnungs-Konzern 3. Doppel-Konzern-Struktur/Parallel- Konzern 4. Verzichtsmöglichkeiten nach § 296 HGB 5. Ausgliederung von Geschäftsfeldern VI. Fazit
I. Vorwort Seit mehr als 15 Jahren arbeitet der Verfasser eng und unmittelbar mit Hubertus Baumhoff zusammen. Hinzu kommen einige Semester, in denen der Verfasser die interessanten Veranstaltungen von Hubertus Baumhoff an der Universität Siegen besucht hat. Es ist nach wie vor eine höchst spannende und lehrreiche Zusammenarbeit, die den Verfasser sehr geprägt hat und auf deren Fortsetzung er sich ausgesprochen freut. Internationales Steuerrecht/Verrechnungspreise und die Beratung von eigentümergeführten Familienunternehmen sind die Tätigkeitsschwerpunkte von Hubertus Baumhoff. In der Zusammenarbeit mit Hubertus Baumhoff erlebt man, dass Beratung von eigentümergeführten Unternehmen deutlich mehr ist als das Ausarbeiten von Lösungen auf steuerrechtlich höchstem Niveau. Lösungen müssen einfach und verständlich bleiben. Sie müssen stets das gesamtheitliche, langfristige Unternehmensinteresse im Blick haben. Sie sind in klarer Sprache zu formulieren. Der folgende Beitrag greift die Tätigkeitsschwerpunkte von Hubertus Baumhoff auf. Der internationalen Entwicklung folgend hat der deutsche Gesetzgeber gemeinsam mit den meisten anderen Staaten in der Welt ein sogenanntes „Country-by-Country- Reporting“ eingeführt. International tätige Unternehmen, die gewisse Schwellenwer1
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Martin Cordes
te übersteigen, müssen damit u.a. die in den einzelnen Staaten erzielten Umsätze und Gewinne, die jeweiligen Mitarbeiteranzahlen sowie die dort gezahlten Steuern auflisten. Das „Country-by-Country-Reporting“ wird sodann unter den einzelnen betroffenen Staaten ausgetauscht und die Staaten erhalten z.B. für Verrechnungspreisprüfungen eine große Transparenz über die Gewinnallokation in der international tätigen Unternehmensgruppe. Gerade Familienunternehmen stehen dem zu Recht kritisch gegenüber, da neben dem Risiko der Fehlinterpretation von rein quantitativ aufgeführten Größen auch Risiken mit Blick auf die Geheimhaltung von Unternehmensdaten bestehen.
II. Gesetzliche Grundlage und Entstehung Den internationalen Ausgangspunkt des heutigen Country-by-Country-Reporting nach § 138a AO bildet der von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in 2015 vorgelegte Abschlussbericht zum BEPS-Akti onspunkt 13 („Verrechnungspreisdokumentation und länderbezogene Berichter stattung“).1 Dieser sieht für multinationale Unternehmensgruppen eine dreistufig aufgebaute Verrechnungspreisdokumentation vor, bestehend aus einer Stammdokumentation (sog. „Master File“), einer landesspezifischen, unternehmensbezogenen Dokumentation (sog. „Local File“) und – für Konzerne mit mindestens 750 Mio. Euro Umsatz – einem länderbezogenen Bericht (Country-by-Country Report – CbCR). Wie alle BEPS-Projekte folgt auch Aktionspunkt 13 dem Wunsch der Steuerverwaltungen diverser Staaten, Informationsdefizite der Steuerverwaltungen abzubauen, das Ausmaß und den Ort der Besteuerung stärker an die tatsächliche wirtschaftliche Substanz zu knüpfen, die Kohärenz der einzelnen nationalen Steuersysteme der Staaten zu erhöhen und unfairen Steuerwettbewerb einzudämmen.2 Auf EU-Ebene wurde mit der RL (EU) 2016/881 vom 25.5.2016 den EU-Mitgliedstaaten die Umsetzung des BEPS-Aktionspunkts 13 in nationales Recht vorgeschrieben.3 Der deutsche Gesetzgeber ist dieser Vorgabe mit dem „Anti-BEPS-Umsetzungsgesetzes“ gefolgt.4 § 138a AO 1 Zum OECD-Abschlussbericht 2015 zum BEPS-Aktionspunkt 13 vgl. OECD final report from 5.10.2015 “OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project – Tansfer Pricing Documentation and Country-by-Country Reporting, Action 13: 2015 Final Report” – im Folgenden „OECD-Abschlussbericht 2015 zum BEPS-Aktionspunkt 13“; abrufbar im Internet unter: http://www.oecd.org/tax/beps/verrechnungspreisdokumentation-und-landerbezogene-berichterstattung-aktionspunkt-13-abschlussbericht-2015-9789264261013-de.htm (Stand: 23.5.2019) sowie letztes Update „Guidance on the implementation of CbC Reporting” from 09.2018; aufrufbar im Internet unter: https://www.oecd.org/tax/beps/beps-akti onspunkt-13-leitlinien-zur-umsetzung-der-landerbezogenen-berichterstattung.pdf (Stand: 23.5.2019). 2 Vgl. Regierungsbegründung zum Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen v. 5.9.2016, BT-Drucks. 18/9536, vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien, S. 37 ff. 3 Vgl. RL (EU) 2016/881 v. 25.5.2016, ABl. EU 2016 Nr. L 146, 8. 4 Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und-verlagerungen („Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz“) v. 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000.
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Country-by-Country-Report (CbCR)
regelt dabei die Erstellungs- und Übermittlungspflichten einer länderbezogenen Berichterstattung (CbC-Report) als drittem Teil des BEPS-Aktionspunkts 13.5 Der deutsche Gesetzgeber hat die länderübergreifende Berichterstattung im Bereich der AO-Vorschriften zur Anzeige von Erwerbstätigkeiten eingeordnet.6 Nach Auf fassung von OECD, EU und deutschem Gesetzgeber dient der CbC-Report als Hilfestellung einer allgemeinen Risikoabschätzung zu Verrechnungspreisgestaltungen in Konzernen sowie zur Beurteilung anderer Gewinnverkürzungs- und -verlagerungsrisiken. Dieser soll Basisdaten für wirtschaftliche oder statistische Analysen durch die Steuerverwaltungen liefern.7 Dies zeigt, dass es sich bei dem CbC-Report nicht um einen Teil der Verrechnungspreisdokumentation i.S.v. § 90 Abs. 3 AO („Mitwirkungspflicht“) handelt. Vielmehr liegt ein Informationsinstrument vor, welches eine sachlich fundierte Risikoabschätzung hinsichtlich der Verrechnungspreisgestaltung bei Konzernen ermöglichen soll.8 Der CbC-Report steht eigenständig neben der Verrechnungspreisdokumentation. Allein basierend auf den CbC-Reportdaten soll keine Einkünftekorrektur möglich sein.9
III. Anwendungsgrundsätze 1. Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich von § 138a AO ist eröffnet, wenn ein Konzernunternehmen mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland (inländisches Unternehmen) entweder einen Konzernabschluss freiwillig aufstellt oder nach anderen Regelungen als den Steuergesetzen10 aufzustellen hat (inländische Konzernobergesellschaft). Ferner 5 Vor Einführung der CbCR-Regelungen in § 138a AO bestand keine Verpflichtung zur Übermittlung von Unterlagen gemäß den Anforderungen des CbC-Reports. Im Rahmen der allgemeinen Mitwirkungspflichten waren Steuerpflichtige jedoch nach § 90 Abs. 2 AO verpflichtet, auf Einzelanforderungen hin der Finanzverwaltung vergleichbare Informationen zur Verfügung zu stellen, sofern diese steuerliche Relevanz hatten und dem inlän dischen Steuerpflichtigen zur Verfügung standen. Betroffen waren hiervon insbesondere Unternehmensgruppen mit einer deutschen Obergesellschaft. Für deutsche Unternehmensteile eines Auslandskonzerns fehlte es hingegen an einer rechtlichen und tatsächlichen Durchsetzungsmöglichkeit für derartige Verpflichtungen (vgl. Cordes in Wassermeyer/ Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, Rz. 8.4 f.). 6 Vgl. hierzu: Drüen in Tipke/Kruse, § 138a AO Rz. 3 (Stand: April 2018); Kraft/Heider, DStR 2017, 1353 (1354); Schreiber/Greil, DB 2017, 10 (13); Grotherr, Ubg 2016, 637 (638). 7 Vgl. hierzu OECD-Abschlussbericht 2015 zum BEPS-Aktionspunkt 13, Rz. 25; RL (EU) 2016/881 v. 25.5.2016, ABL. EU 2016 Nr. L 146, 8, Erwägungsgründe 12 u. 14; Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zum Anti-BEPS-Umsetzungsgesetz v. 5.9.2016, BT-Drucks. 18/9536, vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien, S. 25, 26, 39, 40. 8 Grotherr in Gosch, § 138a AO (Stand: August 2017). 9 Kraft/Heider, DStR 2017, 1353 (1354). 10 Für eine deutsche Kapitalgesellschaft als Mutterunternehmen ergibt sich die Pflicht zur Erstellung eines Konzernabschlusses im Grundsatz aus §§ 290 ff. HGB (HGB-Konzernrechnungs legungspflicht). Gleiches gilt für die den Kapitalgesellschaften gem. § 264a HGB gleichgestellten Personengesellschaften, die keine natürliche Person als Vollhafter haben. Ferner gilt
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muss der Konzernabschluss mindestens ein Unternehmen mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland (ausländisches Unternehmen) oder eine ausländische B etriebsstätte11 umfassen und die im Konzernabschluss ausgewiesenen, konsolidierten Umsatzerlöse müssen im vorangegangenen Wirtschaftsjahr mindestens 750 Mio. Euro12 betragen haben. Die Verpflichtung zur Aufstellung des CbC-Reports besteht indessen nicht, wenn das inländische Unternehmen in den Konzernabschluss und CbC-Report eines anderen Unternehmens, d.h. einer ausländischen Muttergesellschaft, einbezogen wird. Hierdurch soll eine Doppel- bzw. Mehrfachbelastung infolge der Übermittlungspflicht von mehreren länderbezogenen Berichten für einen international tätigen Konzern vermieden werden.13 2. Persönlicher Anwendungsbereich a) Originäre Verpflichtung bei deutschen Mutterunternehmen Von der Erstellungs- und Übermittlungspflicht eines CbC-Reports erfasst sind gem. § 138a Abs. 1 Satz 1 und 2 AO primär inländische Konzernobergesellschaften eines internationalen Unternehmens, –– sofern diese nicht ihrerseits in eine ausländische Konzernobergesellschaft einbezogen sind, –– sie einen Konzernabschluss nach HGB, PublG oder IFRS/IAS zu erstellen haben oder freiwillig erstellen und –– die Konzernunternehmen zusammen Erlöse in der Größenordnung von mindestens 750 Mio. Euro erzielen. Die CbC-Reportpflicht ist demzufolge von der gewählten Rechtsform der Konzerngesellschaft unabhängig.
dies für Einzelunternehmen und Personengesellschaften an einer Konzernspitze, die von den §§ 290 ff. i.V.m. § 264a HGB nicht erfasst sind, sofern sie die in § 11 Abs. 1 PublG genannten Größenkriterien überschreiten (Konzernrechnungslegungspflicht nach PublG). Darüber hinaus regelt § 315e Abs. 1 und 2 HGB für kapitalmarktorientierte Unternehmen i.S.d. § 264d HGB die zwingende Pflicht zur Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses. Im Übrigen besteht die Möglichkeit eines freiwilligen IFRS-Konzernabschlusses nach § 315e Abs. 3 HGB. 11 Der Betriebsstättenfall erfasst nur solche Einrichtungen, die tatsächlich in den Konzernabschluss einbezogen werden; vgl. hierzu: Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 138a AO Rz. 10 (Stand: September 2017). 12 Die Umsatzschwelle bezieht sich auf den im Konzernabschluss ausgewiesenen Umsatz, also den Außenumsatz des Konzerns unabhängig von der Höhe grenzüberschreitender Geschäftsbeziehungen im Konzern selbst. 13 Vgl. hierzu BT-Drucks. 18/9536, vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien, S. 37.
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b) Inländische Tochtergesellschaften eines ausländischen Konzerns Neben den deutschen Konzernmutterunternehmen können inländische Tochtergesellschaften eines ausländischen Konzerns zur Abgabe eines CbC-Reports verpflichtet sein, wenn –– die inländische Konzerngesellschaft durch die ausländische Konzernobergesellschaft hierzu beauftragt wurde (vgl. § 138a Abs. 3 AO) oder –– die inländische Behörde (BZSt) keinen CbC-Report für eine internationale Konzerngruppe von der zuständigen ausländischen Finanzbehörde erhalten hat, obwohl ein solcher im Ausland hätte eingereicht werden müssen (Sekundärmechanismus nach § 138a Abs. 4 Satz 1 AO). Ergänzt wird die letztgenannte Sekundärverpflichtung durch § 138a Abs. 4 Satz 3 AO, wonach ersatzweise auch eine inländische Betriebsstätte eines ausländischen Konzerns zur Anfertigung und Übermittlung eines CbC-Reports verpflichtet sein kann. Hintergrund einer solchen ersatzweisen Berichtspflicht ist, dass das BZSt rechtlich und vor allem auch tatsächlich anderweitig nicht in der Lage wäre, die Übermittlung eines länderbezogenen Berichts eines dazu verpflichteten ausländischen Konzernunternehmens zu erzwingen. Durch diese „Ersatzverpflichtung“ eines inländischen Konzernunternehmens wird sichergestellt, das Konzerne mit inländischer Konzern obergesellschaft i.S.v. § 138a Abs. 1 AO und Konzerne mit ausländischer Konzern obergesellschaft im Ergebnis gleich behandelt werden.14 3. Angabepflicht zum CbC-Report in inländischer Steuererklärung Das CbC-Reporting hat für inländische Mutterunternehmen sowie inländische Unternehmen eines Auslandskonzerns eine Schnittstelle zur „normalen“ Steuerdeklaration. Nach § 138a Abs. 5 Satz 1 AO ist in der Steuererklärung anzugeben, ob und ggf. durch wen für ein inländisches Konzernunternehmen ein CbC-Report erstellt wird. Diese Angaben werden in der Körperschaftsteuererklärung abgefragt.15 Entsprechende Angaben in den Feststellungserklärungen für Personengesellschaften fehlen bislang soweit ersichtlich. Dies könnte insofern erklärbar sein, als das Einkommen einer Personengesellschaft durch den Gesellschafter zu versteuern ist. Sofern eine Auslandsgesellschaft Gesellschafterin ist, muss diese im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht eine Körperschaftsteuererklärung abgeben. Zu überlegen ist aber bei Personengesellschaften vorsorglich, dass die Angaben nach § 138a Abs. 5 Satz 1 AO auf einem gesonderten Erklärungsblatt erfolgen, um der gesetzlichen Verpflichtung gerecht zu werden. 4. Inhalt der CbC-Reportverpflichtung Liegen die sachlichen und persönlichen Anwendungsvoraussetzungen vor, definiert § 138a Abs. 2 AO den Inhalt des CbC-Reports. 14 Vgl. hierzu BT-Drucks. 18/9536, vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien, S. 39. 15 Vgl. Cordes/Kluge in FWBS, Außensteuerrecht, § 138a Rz. 88 ff.(Stand: April 2019).
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Der CbC-Report besteht aus drei Tabellen in Form von Berichtsblättern (Templates). In Tabelle 1 sind quantitative Angaben über die Verteilung der Umsatzerlöse, des Jahresergebnisses und der Ertragsteuern sowie über bestimmte Erfolgsindikatoren einer multinationalen Unternehmensgruppe aufzuführen. Die in den jeweiligen Steuerjurisdiktionen ausgeübten wichtigsten Geschäftstätigkeiten der einzelnen Konzernuntereinheiten sind in Tabelle 2 aufzulisten. Die zum Verständnis der in Tabelle 1 und/ oder Tabelle 2 angegebenen Informationen und erforderlichen Erläuterungen sollen zusätzlich in Tabelle 3 aufgenommen werden. Die Frage, ob zusätzliche Erläuterungen zum Verständnis erforderlich sind, richtet sich nach der subjektiven Wahrnehmung des berichtspflichtigen Konzernunternehmens. Das BMF veranschaulicht seine Anforderungen als Anlage zu seinem Schreiben vom 11.7.2017.16 Die Daten sind jeweils getrennt nach Steuerjurisdiktionen aufzuführen. Die zusammenfassenden Angaben i.S.v. § 138a Abs. 2 Nr. 1 AO (Tabelle 1) beziehen sich auf sämtliche Konzerneinheiten in einem Steuerhoheitsgebiet, ohne dass daraus ersichtlich wird, wie viele und welche Art von Konzerneinheiten in einer Ergebniszahl zusammengefasst sind. Vor diesem Hintergrund erfolgen im zweiten Berichtsteil (Tabelle 2) weitere Angaben zu den einzelnen Unternehmensteilen des Konzerns in den einzelnen Steuerjurisdiktionen. Die OECD-Empfehlung17 sowie die EU-Vorgaben18 sehen vor, dass über die Angaben zu den Konzerneinheiten hinaus auch das Steuerhoheitsgebiet der Gründung oder der Handelsregistereintragung anzugeben ist, sofern dieses vom Steuerhoheitsgebiet der steuerlichen Ansässigkeit abweicht. Hintergrund ist, dass durch entsprechende Angaben doppelt ansässige Konzerneinheiten ermittelt werden sollen, was wiederum für die Risikoanalyse von anderen Gewinnverkürzungsmaßnahmen als Verrechnungspreisgestaltung von Bedeutung sein könnte.19 Derartige Angaben sind für den CbC-Report in Deutschland allerdings weder in der Gesetzbegründung noch im Gesetzestext von § 138a AO vorgesehen. Da es sich hierbei jedoch um keine unwesentliche Angabe handelt und die Gefahr von ausländischen Sanktionen bei entsprechender Umsetzung in den dortigen CbC-Regelungen besteht, empfiehlt sich bei entsprechenden Abweichungen die Aufnahme eines klärenden Hinweises im dritten Berichtsteil (Tabelle 3).20 § 138a Abs. 1 Nr. 3 AO („nach Ansicht der inländischen Konzernobergesellschaft“) eröffnet dem berichtsverpflichteten Konzernunternehmen einen Ermessensspielraum zur Aufnahme von Zusatzinformationen. Die Gesetzesbegründung weist explizit auch auf diese Möglichkeit hin und legt den Unternehmen nah, solche Angaben zu
16 Vgl. BMF v. 11.7.2017 – IV B 5-S 1300/16/10010–DOK 2017/0558036, BStBl. I 2017, 974; die Angaben in Tabelle 1 und 2 sind grundsätzlich in deutscher Sprache zu formulieren, für die in Tabelle 3 zusätzlich enthaltenen Informationen ist die englische Sprache verpflichtend. Die Finanzverwaltung akzeptiert auch, wenn der gesamte länderbezogene Bericht in englischer Sprache übermittelt wird. 17 Vgl. OECD-Abschlussbericht 2015 zum BEPS-Aktionspunkt 13, 39. 18 Vgl. RL (EU) 2016/881 v. 25.5.2016, Abl. EU 2016 Nr. L 146, 8, Anh. III.C.2.2. 19 So Grotherr in Gosch, AO/FGO, § 138a AO Rz. 55 (Stand: August 2017). 20 Vgl. Cordes/Kluge in FWBS, Außensteuerrecht, 2019, § 138a, Rz. 40 ff. (Stand: April 2019).
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machen.21 Vor dem Hintergrund, dass freiwillige Ergänzungsangaben Fehlinterpretationen sowie etwaigen Rückfragen der beteiligten Finanzbehörden vorbeugen können, ist die Vornahme zusätzlicher Angaben sinnvoll.22 Solche Zusatzinformationen, die in Tabelle 3 aufgenommen werden können, sind bspw. –– Abweichungen in der deutschen Ausgestaltung des CbC-Reporting in § 138a AO von den Vorgaben der OECD und/oder EU,23 –– Angaben bzgl. der für Zwecke der Angabe in § 138a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a-c AO angewandten Umsatzerlösdefinition,24 –– Sachverhalte, in denen Steuererstattungen oder Verlustvorträge die im Wirtschaftsjahr gezahlten Ertragssteuern i.S.d. § 138a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d und e AO senken,25 –– Sachverhalte, in denen temporäre Steuerfreistellungen bei Investitionen in einer bestimmten Branche oder einem bestimmten Gebiet gewährt werden (sog. tax holidays),26 oder –– Angaben zum angewendeten durchschnittlichen Wechselkurs.27 Bei Anwendung des Sekundärmechanismus nach § 138a Abs. 4 Satz 1 oder Satz 5 AO besteht die Verpflichtung zur Datenübermittlung, sofern und soweit diese für die verpflichtete Konzerngesellschaft/Betriebsstätte verfügbar bzw. zu beschaffen sind (§ 138a Abs. 4 Satz 3 AO). 5. Enge Verzahnung mit ausländischen Regelungen § 138a AO ist eingebettet in einen internationalen Normenkontext, der weltweit bis auf wenige Ausnahmen umgesetzt wurde. Von der Reportingpflicht erfasste inländische Konzernunternehmen sind zur Übermittlung der länderbezogenen Berichte an das BZSt verpflichtet (s.o.). Das BZSt leitet die Berichte gem. § 138a Abs. 7 AO an ausländische Vertragsstaaten weiter, soweit mit diesen völkerrechtliche Vereinbarungen – wie bspw. DBA, Tax Information Exchange Agreement (TIEA) etc. – bestehen. Sichergestellt sein muss aus Sicht des inländischen Steuerpflichtigen, dass dieser damit seinen steuerlichen Pflichten hinreichend nachgekommen ist. Dies wird – bei Einhaltung der Vorgaben des § 138a AO – mit Blick auf die Pflichten erreicht, die sich aus deutschen Steuergesetzen ergeben. Problematisch kann allerdings sein, ob damit auch im Ausland die Pflichten aus dem CbC-Reporting als erfüllt gelten und Schutz
21 Vgl. BT-Drucks. 18/9536, vgl. Anhang 1 Gesetzesmaterialien, S. 39. 22 So auch: Kraft/Heider, DStR 2017, 1353 (1359) sowie v. Lück, BB 2017, 2524 (2527). 23 So auch Grotherr, IStR 2016, 991 (1003 f.). 24 Vgl. hierzu Drüen in Tipke/Kruse, § 138a AO Rz. 9 (Stand: April 2018). 25 So Grotherr, IStR 2016, 991 (999). 26 So Grotherr, IStR 2016, 991 (1003). 27 Vgl. hierzu Drüen in Tipke/Kruse, § 138a AO Rz. 16 (Stand: April 2018).
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vor dortigen, im Vergleich zu Deutschland i.d.R. deutlich höheren Sanktionen besteht.28 Naturgemäß weichen die verschiedenen Regelungen in den nationalen Rechtsordnungen voneinander ab. Es ist auch nicht durch eine „harte“ Vorgabe der EU bzw. der OECD sichergestellt, dass bei Einreichung von Unterlagen durch eine inländische Konzernmuttergesellschaft für alle eingeschlossenen Auslandsgesellschaften eine „befreiende Wirkung“ erreicht wird und diese folglich vor Sanktionen geschützt sind. Folglich sollte auch bei Einreichung eines § 138a AO entsprechenden CbC-Reports durch eine inländische Konzernmuttergesellschaft vorsorglich jeweils durch die einbezogenen Auslandsgesellschaften geprüft werden, ob die für die jeweilige Auslandsgesellschaft nach ihren ausländischen Regelungen bestehenden Pflichten damit hinreichend erfüllt sind oder ob die Auslandsgesellschaft noch eigenständig tätig werden muss. Aus Unternehmenssicht ist daher zu fordern, dass eine Beurteilung der Vollständigkeit und ggf. Richtigkeit der Angaben im CbC-Report ausschließlich Angelegenheit des Staats ist, in dem das Mutterunternehmen den CbC-Report primär einreicht, und sich der Inhalt nach dessen gesetzlichen Regelungen richtet. Ansonsten hätte ein global aufgestelltes Unternehmen alle Einzelregelungen weltweit zu vergleichen und sich am höchsten Standard zu orientieren. Für Deutschland als Ansässigkeitsstaat des Tochterunternehmens einer ausländischen Konzernobergesellschaft kann § 138a Abs. 4 Satz 1 AO im Umkehrschluss entnommen werden, dass die Einreichung nach lokalen ausländischen Vorschriften ausreicht. Demnach leben Berichtspflichten des inländischen Tochterunternehmens erst auf, wenn das BZSt keinen Bericht erhalten hat. Auf Vollständigkeit und Inhalt des übermittelten Berichts wird nicht abgestellt. 6. In den CbC-Report einzubeziehende Konzernuntereinheiten Von wesentlicher Bedeutung ist, welche Unternehmen in den CbC-Report einzubeziehen sind und ob für das Unternehmen insoweit Gestaltungsmöglichkeiten bestehen. Ausgehend von dem Wortlaut in § 138a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO, der auf „die im Konzernabschluss ausgewiesenen, konsolidierten Umsatzerlöse“ abstellt, sind in den CbC- Report nur solche Konzernuntereinheiten einzubeziehen, die auch für Rechnungs legungszwecke in den Konzernabschluss einbezogen werden. Dabei kann es sich nur um Konzernuntereinheiten handeln, die im Wege der Vollkonsolidierung (§ 300 HGB) im Konzernabschluss Berücksichtigung gefunden haben, da nur eine solche Auslegung dem in § 138a AO zum Ausdruck kommenden Konzernaufbau mit einer einzigen Gesellschaft an der Konzernspitze gerecht wird. Vom CbC-Reporting umfasst werden somit Unternehmen, auf welche durch die Muttergesellschaft unmittelbar oder mittelbar ein beherrschender Einfluss i.S.d. § 290 28 Ausführlich zu den Sanktionen von Verstößen gegen die CbC-Reportverpflichtungen in Deutschland und dem Ausland Cordes/Kluge in FWBS, Außensteuerrecht, § 138a Rz. 110 ff. (Stand: April 2019).
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Abs. 1 und 2 HGB ausgeübt werden kann. Unternehmen, die in den Konzernabschluss tatsächlich nicht einbezogen werden, weil sie gem. § 296 Abs. 2 HGB von untergeordneter Bedeutung für ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns sind, müssen infolgedessen nicht einbezogen werden. Gemeinschaftsunternehmen, die von einer Konzernmuttergesellschaft bzw. einer einbezogenen Tochtergesellschaft zusammen mit einem nicht in den Konzernabschluss einbezogenen Unternehmen geführt werden und die im Rahmen der Rechnungslegung wahlweise durch Quotenkonsolidierung (§ 310 HGB) oder nach der Equity-Methode (§ 311 HGB) in den Konzernabschluss einbezogen werden können, sind für Zwecke des CbC-Reports nicht zu berücksichtigen. Gemeinschaftsunternehmen sind keine Tochterunternehmen.29 Einzubeziehen sind nur solche Konzernuntereinheiten, für die eine Vollkonsolidierung vorzunehmen ist.30 Erst recht nicht beim CbC-Reporting zu erfassen sind daher assoziierte Unternehmen, die nur im Wege der Equity-Methode Berücksichtigung finden. Denn in diesem Falle handelt es sich gerade nicht um eine Konsolidierung, sondern vielmehr um eine ergänzende Darstellung in der Rechnungslegung. Eine Schnittstelle besteht mit Blick auf die einzubeziehenden Unternehmen zu der oben erörterten Frage, welches Recht maßgeblich ist und ob der nach inländischen Vorschriften zutreffend erstellte CbC-Report im Ausland vollumfänglich Anerkennung findet. Nicht tragbar für deutsche Unternehmen wäre, wenn bei der Erstellung des CbC-Reports nach deutschem Recht z.B. Gemeinschaftsunternehmen und assoziierte Unternehmen zulässigerweise nicht berücksichtigt werden, ausländische Staaten dies aber fordern und daher Sanktionen wegen eines unvollständigen oder ggf. nicht als eingereicht geltenden Reports festsetzen. 7. Kein öffentliches CbC-Reporting Nach § 138a Abs. 7 Sätze 2 und 3 AO übermittelt das BZSt CbC-Reporte an die zuständigen ausländischen Behörden, sofern diese Daten i.S.d. § 138a Abs. 2 AO zu Konzerngesellschaften aus anderen Staaten enthalten. Umgekehrt nimmt es länderbezogene Berichte ausländischer Konzerngesellschaften von ausländischen Behörden entgegen, wenn diese auch nationale Konzerneinheiten betreffen. Voraussetzung für die Weiterleitung an ausländische Behörden ist das Bestehen völkerrechtlicher Vereinbarungen über den automatischen Informationsaustausch (vgl. § 7 Abs. 10 EUAHiG).31 Weiterhin darf eine Weiterleitung der Berichtsdaten durch das BZSt nur erfol29 Vgl. Winkeljohann/Lewe in Beck’scher Bilanzkommentar, § 310 HGB Rz. 1; Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 138a AO Rz. 31 (Stand: September 2017). 30 Vgl. Grotherr, DB 2017, 263 (269); Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 138a AO Rz. 31 (Stand: September 2017). 31 Grundlage hierfür ist die am 27.1.2016 unterzeichnete „mehrseitige Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte“ (CbC MCAA). Ferner kann der Austausch auch auf Basis anderer völkerrechtlicher Vereinbarun-
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gen, wenn der ausländische Vertragsstaat einen dem deutschen Steuergeheimnis entsprechenden Schutz der Betriebs- und Geschäftsdaten gewährleistet. Anderenfalls hat eine Weiterleitung zu unterbleiben, weil dies zu einer Missachtung des Steuergeheimnisses durch den Staat führen würde.32 Es wäre zu begrüßen, wenn das BZSt die Geheimhaltung der Daten im Ausland beobachtet und bei entsprechenden Verstößen in Einzelfällen unverzüglich reagiert, Übermittlungen an diesen Staat einstellt und die Löschung bereits übermittelter Daten fordert.33 Eine Veröffentlichung der Unternehmensdaten ist folglich nicht zulässig. Dennoch gab und gibt es immer wieder Bestrebungen zur Einführung eines sog. öffentlichen CbC-Reporting, welches zur Veröffentlichung der Berichtsdaten z.B. im Internet verpflichten soll. Einen entsprechenden Vorschlag hat die EU-Kommission am 12.4.2016 in Form eines Entwurfs zur Änderung der Bilanzrichtlinie veröffentlicht.34 Der Vorschlag wurde am 4.7.2017 vom Europäischen Parlament überarbeitet35 und sieht eine deutliche Verschärfung gegenüber der derzeitigen Ausgestaltung vor. Käme es zur Umsetzung, müssten die Konzerne für das öffentliche Country-by-Country Reporting somit zusätzliche Informationen zusammentragen und sowohl auf ihrer Unternehmens-Homepage und in einem von der EU-Kommission geführten öffentlichen Register veröffentlichen. Ausnahmen sollen dabei für wirtschaftlich sensible Informationen gelten. Was dies in der Praxis heißt, bleibt unklar.36 Abgesehen von dem wohl nur geringen Mehrwert, den ein solches öffentliches CbC-Reporting den zumeist unerfahrenen Lesern tatsächlich bieten würde,37 ergeben sich darüber hinaus erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken.38 Es gilt, die weitere Entwicklung zu beobachten. Es wäre sehr zu begrüßen, wenn seitens des deutschen Gesetzgebers und der Bundesregierung entsprechende Bestrebungen der EU abgelehnt werden, da gen, z.B. aufgrund von DBA, von Abkommen über den steuerlichen Informationsaustausch (TIEA) oder über Amtshilfemaßnahmen (EU-Amtshilfe-Richtlinie) sowie aufgrund innerstaatlicher Regelungen wie des EUAHiG erfolgen. 32 Sollte es dennoch zu einer Übermittlung kommen, sollten die betroffenen Konzernunternehmen die Einräumung von rechtlichem Gehör begehren sowie ggf. vorläufige Rechtsschutzmaßnahmen ergreifen. 33 Vgl. Cordes/Kluge in FWBS, Außensteuerrecht, § 138a Rz. 131 (Stand: April 2019). 34 Vgl. COM(2016)198 final; Die Kommission sieht in der Offenlegung eine Verbesserung der Steuertransparenz der EU und somit eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen Steuerumgehung. 35 Vgl. A8-0227/2017. 36 Die Deutsche Position zu einem öffentlichen CbC-Reporting hat sich bislang noch nicht konkretisiert; vgl. hierzu Ausführungen IStR-LB 2016, 74, die unverändert gilt. 37 Vgl. hierzu Bier/Voß, IStR 2017, 393 (396, 399). 38 Das französische Conseil constitutionnel („Verfassungsrat“; französisches Verfassungsgericht) hat in seinem Urteil v. 8.12.2016 (Az. 2016-741, Rz. 103) entschieden, dass die französische Regelung eines öffentlichen CbC-Reportings (vgl. Art. 137 Loi relativ à la transparence, à la lutte contre la corruption et à la modernisation de la vie économicquie; abrufbar unter http:www.assemblee-nationale.fr/14/ta/ta0830.asp; Stand: 8.2.2019), welche eine verfrühte Umsetzung des Vorschlags der Europäischen Kommission darstellte, mit der französischen Verfassung nicht im Einklang steht. Vgl. hierzu sowie zur Frage der Vereinbarung eines öffentlichen CbC-Reporting mit den EU-Grundrechten, Wöhrer, TPI 1/2017, 22.
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erheblicher Schaden insbesondere für Familienunternehmen zu befürchten wäre.39 Familienunternehmen würden damit möglicherweise gezwungen, zur Abwendung der aus einer Veröffentlichung hervorgehenden Risiken in die Struktur der Unternehmen einzugreifen und darauf hinzuarbeiten, dass die Voraussetzungen für die Abgabe eines CbC-Reportings nicht mehr erfüllt werden.
IV. Analyse Dem OECD-Konzept zum länderbezogenen Bericht liegt die Idealvorstellung zugrunde, dass sich aus einer staatenbezogenen Verteilung gewisser Schlüsselgrößen eines Konzerns (u.a. Umsatzerlöse, Beschäftigtenzahl, materielle Vermögenswerte, gezahlte Ertragsteuern) Rückschlüsse auf die angemessene Verteilung der steuerlichen Erträge auf die einzelnen Staaten und damit ggf. auch auf die Richtigkeit oder Un richtigkeit von Verrechnungspreisen im Konzern ziehen lassen.40 Insbesondere sollen Missbrauchsfälle für die betroffenen Finanzverwaltungen einfacher identifiziert werden können.41 Die von der OECD verfolgte Idealvorstellung mag in einzelnen Fällen zutreffen. Im Allgemeinen bedarf es aber wesentlich tiefergehender und detaillierterer Analysen, um belastbare Aussagen zu etwaigen Fehlallokationen bzw. unzutreffenden Verrechnungspreisen zu treffen. Die im CbC-Reporting auszuweisenden Unternehmensdaten können insofern deutlich verzerrt werden und erschweren somit eine belastbare Risikoanalyse der Finanzverwaltung.42 Es ist zu befürchten, dass die globale Transparenz der Schlüsseldaten vielmehr einzelne Finanzverwaltungen bewegen wird z.B. die Angleichung der dort erzielten Rendite auf das höhere durchschnittliche Konzernniveau zu fordern, ohne die konkreten Sachverhalte und wirtschaftlichen Hintergründe näher zu betrachten.43 Dahingehende Tendenzen ließen sich – unabhängig von einem Country-by-Country Reporting – bereits in der deutschen Betriebsprüfungspraxis bei verschiedenen deutschen Konzernmutterunternehmen beobachten. Setzt sich diese Praxis durch, ist eine nach OECD unzulässige formelhafte Gewinnaufteilung die Folge. Die OECD weist hierauf auch hin und appelliert an eine sachgerechte Verwendung durch die beteiligten Finanzverwaltungen.44 Für die Praxis ist aber unabhängig davon zu erwarten, dass Unternehmen in deutlich höherem Umfang als bisher mit formelmäßigen Gewinnvergleichen konfrontiert werden, die an die Stelle einer eingehenden Prüfung des Sachverhalts treten.45 Die Folge ist eine deutliche Erhöhung von Verrechnungspreis39 Vgl. Cordes/Kluge in FWBS, Außensteuerrecht, 2019, § 138a Rz. 128 ff. (Stand: April 2019). 40 Vgl. Ditz/Quilitzsch, DStR 2014, 130. 41 Vgl. OECD-Abschlussbericht zu der BEPS-Maßnahme 13, Rz. 10. 42 So auch Grotherr in Gosch, § 138a AO Rz. 27 (Stand: August 2017). 43 Vgl. Krauß, 2014, 204; Elberg/Wellmann/Münch, IStR 2014, 800; Jacobs/Endres/Spengel in Jacobs, Internationale Unternehmensberatung8, S. 102 u. 867. 44 Vgl. OECD-Abschlussbericht zu der BEPS-Maßnahme 13, Rz. 25. 45 Vgl. Benz/Eilers, IStR-Beiheft 2016, 13 f.
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streitigkeiten, die zu einer Belastung der Unternehmen mit Doppelbesteuerung führen, solange die Doppelbesteuerung nicht effektiv durch Schiedsverfahren über Verrechnungspreise beseitigt werden kann.46 Es wäre also zu wünschen, dass die OECD das jetzt eingeführte CbC-Reporting regelmäßig kritisch überprüft und ggf. auch wieder einstellt, wenn die Anzahl der Doppelbesteuerungsfälle und unerledigter Schiedsverfahren weiter deutlich zunimmt.
V. Gestaltungsbedarf und Ansätze für Familienunternehmen 1. Gestaltungsbedarf Die Unternehmen stehen der CbC-Reporting-Pflicht zu Recht sehr kritisch gegenüber. Dies gilt insbesondere für Familienunternehmen. Es bestehen erhebliche Bedenken seitens der Unternehmen, dass vertrauliche Erlös- und Umsatzdaten über Lücken bei der Geheimhaltung durch ausländische Finanzverwaltungen an die Öffentlichkeit gelangen und dass betroffene Unternehmen hierdurch erheblichen Schaden erleiden (z.B. durch Konkurrenten, Lieferanten oder Abnehmer). Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass politische Initiativen die generelle Veröffentlichung der Daten fordern. Dies steht jahrzehntelangen Bemühungen dieser Unternehmen um Geheimhaltung entsprechender Daten entgegen. Folglich besteht der Bedarf, für Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Mio. Euro Lösungen aufzuzeigen, so dass keine Reporting-Verpflichtung mehr besteht bzw. kritische Bereiche aus der Reporting-Verpflichtung ausgenommen sind. Die Notwendigkeit solcher Überlegungen wird sich verstärken, falls die Bestrebungen zu einer generellen Veröffentlichungspflicht von Daten aus dem CbC-Reporting voranschreiten. Das CbC-Reporting knüpft nach § 138a Abs. 1 Satz 1 AO an den Konzernabschluss mit Vollkonsolidierung an. Daraus ergeben sich aus deutscher Sicht insbesondere für Familienunternehmen mit einer inländischen Konzernmutter an der Spitze Gestaltungsmöglichkeiten. Hierüber kann bei entsprechender Sachverhaltsgestaltung z.B. die Verpflichtung zum Aufstellen eines CbC-Reportings ausgeschlossen oder erreicht werden, dass einzelne Einheiten nicht einbezogen werden müssen. Ferner besteht im Bereich der Personengesellschaften z.B. auch die Möglichkeit, über Sondervergütungen die Zahlen im CbC-Reporting zu beeinflussen. Gleiches gilt für Leistungen mit eigentlich „konzernzugehörigen“ Gesellschaften, die aber aufgrund spezieller Ausgestaltungen bzw. aufgrund von Wahlrechten nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden.
46 Vgl. Bier/Voß, IStR 2017, 399; zum Stand von Verständigungsverfahren vgl. Baumhoff/Kluge in FS Kuckhoff, 2018, S. 21 ff.
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Country-by-Country-Report (CbCR)
2. Gleichordnungs-Konzern statt Über-Unterordnungs-Konzern Eine Gestaltungsmöglichkeit ist die Etablierung eines Gleichordnungskonzerns anstelle eines Über-Unterordnungs-Konzerns. Die Regelungen zum CbC-Report in § 138a AO sind entsprechend dem Normwortlaut auf einen Konzern mit einer Muttergesellschaft an der Spitze zugeschnitten. Eine natürliche Person oder eine Gesellschaftergruppe als Inhaber des Unternehmens bildet keine konsolidierungspflichtige Einheit. Bei Aufbau eines Gleichordnungskonzerns mit mehreren Gesellschaften, die sich auf derselben „Stufe“ befinden (Schwestergesellschaften), und natürlichen Personen an der Spitze liegen die Voraussetzungen für die verpflichtende Erstellung eines Konzernabschlusses und damit die Erstellung eines CbC-Reports nach § 138a AO nicht mehr vor.
Über-Unterordnungs-Konzern
Gleichordnungs-Konzern
Natürliche Person bzw. Gesellschaftergruppe
Natürliche Person bzw. Gesellschaftergruppe
(Anteilseigner)
(Anteilseigner)
100 %
Konzernabschlussverpflichtete dt. Muttergesellschaft
Konzernabschlussverpflichtete dt. Muttergesellschaft
[Konzernspitze/Holding ohne operatives Geschäft]
[Konzernspitze/Holding ohne operatives Geschäft]
je 100 %
100 %
100 %
100 %
TochterGmbH
TochterSA
TochterLtd.
TochterGmbH
TochterSA
TochterLtd.
Außen-Umsätze i.H.v. 450 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 230 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 370 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 450 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 230 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 370 Mio. Euro
Konsolidierte Umsätze im Konzern i.H.v. 1.050 Mio. Euro > 750 Mio. Euro
Keine konsolidierte Umsätze im Konzern
Folge: Verpflichtungen zum CbC-Reporting (§ 138a Abs. 1 Satz 1 AO)
Folge: Keine Verpflichtungen zum CbC-Reporting
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Martin Cordes
Zu beachten sind bei einer solchen Ausgestaltung allerdings die mit dieser Konzern struktur verbundenen anderweitigen gesellschaftsrechtlichen sowie steuerlichen Probleme bzw. Nachteile (bspw. betreffend die Konzernfinanzierung, Dreiecks-vGA etc.). Insoweit ist stets abzuwägen, in welchem Umfang ein Gleichordnungskonzern benötigt wird. Gestaltungsinstrumente können in diesem Zusammenhang auch atypisch stille Be teiligungen, Unterbeteiligungen oder vermögensverwaltende Personengesellschaften sein. Atypisch stille Beteiligungen oder Unterbeteiligungen sind bspw. für deutsch- steuerliche Zwecke zu berücksichtigen, begründen aber in der Regel keine Beherrschung i.S.d. § 290 HGB. Damit lassen sich ggf. Nachteile im Bereich Konzernfinanzierung oder Dreiecks-vGA reduzieren oder ausschließen. 3. Doppel-Konzern-Struktur/Parallel-Konzern Erscheint ein vollständiger Aufbau eines Gleichordnungskonzerns problematisch, kann die Nutzung der 750-Mio.-Euro-Grenze überlegt werden. Hat der Konzern insgesamt z.B. einen Umsatz in der Größenordnung von 1 Mrd. Euro, genügt es zur Vermeidung einer CbC-Reporting-Verpflichtung, wenn Konzernunternehmen mit einem Umsatzvolumen von z.B. 300 Mio. Euro in einer Parallelstruktur organisiert werden. Der Umsatz der restlichen Konzernunternehmen würde dann nur noch 700 Mio. Euro betragen und die relevante Grenze des § 138a Abs. 1 Satz 1 AO unterschreiten. Eine solche Struktur kann je nach gesellschaftsrechtlicher Ausgangslage bspw. durch Abspaltung umgesetzt werden.47
47 Vgl. zu steuerneutralen Umwandlungsmöglichkeiten z.B. Cordes in Lieder/Wilk/Ghassemi- Tabar, Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Bd. 8 Umwandlungsrecht, S. 1472 ff.
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Country-by-Country-Report (CbCR)
Über-Unterordnungs-Konzernstruktur
Doppel- bzw. Parallel-Konzernstruktur
Familienmitglieder
Familienmitglieder
(Anteilseigner)
(Anteilseigner)
100 %
100 %
Konzernabschlussverpflichtete dt. Muttergesellschaft [Konzernspitze/Holding ohne operatives Geschäft]
Holding 1
[ohne operatives Geschäft] je 1/3
je 100 %
100 %
Holding 2
[ohne operatives Geschäft]
100 %
Holding 3
[ohne operatives Geschäft]
je 1/3
je 1/3
TochterGmbH
TochterSA
TochterLtd.
TochterGmbH
TochterSA
TochterLtd.
Außen-Umsätze i.H.v. 300 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 430 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 470 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 450 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 230 Mio. Euro
Außen-Umsätze i.H.v. 370 Mio. Euro
Konsolidierte Umsätze im Konzern i.H.v. 1.200 Mio. Euro > 750 Mio. Euro
Summe konsolidierte Umsätze je Konzern i.H.v. 400 Mio. Euro < 750 Mio. Euro
Folge: Verpflichtungen zum CbC-Reporting (§ 138a Abs. 1 Satz 1 AO)
Folge: Keine Verpflichtungen zum CbC-Reporting
4. Verzichtsmöglichkeiten nach § 296 HGB Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit ist, die sich aus § 296 HGB ergebenden und im Ergebnis recht weitreichenden Verzichtsmöglichkeiten zu nutzen. Ein Konzernunternehmen braucht unter den in § 296 HGB aufgeführten Voraussetzungen nicht in den Konzernabschluss aufgenommen zu werden und würde dann nicht in dem CbC-Reporting erscheinen. Dies kann von Interesse sein für Gesellschaften, bei denen die Renditen, Steuerquoten oder dergleichen stark von denjenigen der übrigen Einheiten der Gruppe abweichen und wo es bei Einbeziehung in das CbC-Reporting ansonsten ggf. zu Fehlinterpretationen kommen könnte. Der Verzicht auf die Einbeziehung eines Unternehmens ist gem. § 296 Abs. 3 HGB im Konzernanhang (§§ 313 ff. HGB) zu begründen. 15
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Martin Cordes
5. Ausgliederung von Geschäftsfeldern In der Praxis ist zu beobachten, dass zur Optimierung von bilanziellen Kennzahlen im Konzernabschluss zum Teil Wirtschaftsgüter (insbesondere Grundbesitz) oder Geschäftsfelder auf Objekt- bzw. Projektgesellschaften ausgelagert werden. Diese Projektgesellschaften (häufig Personengesellschaften) sind so ausgestaltet, dass sie nicht in den Konzernabschluss einzubeziehen sind, wenngleich eine wirtschaftliche Beteiligung zu z.B. 99,9 % besteht. Sie fallen bei entsprechender Ausgestaltung auch nicht unter die Einbeziehung als Zweckgesellschaften nach § 290 Abs. 2 Nr. 4 HGB. Demzufolge läge kein Unternehmen vor, das in das CbC-Reporting aufzunehmen ist. Auch dies kann eine sinnvolle Gestaltung sein.
VI. Fazit Das CbC-Reporting ist trotz kritischer Anmerkungen im Fachschrifttum Realität geworden. Für die Jahre 2017 und 2018 wurden Daten durch die Unternehmen gemeldet. Zu beobachten ist nun, welche Folgen daraus für die Unternehmen resultieren: Mehren sich – wie im Fachschrifttum befürchtet – auf Grund der im CbC-Reporting transparent gemachten Daten Sachverhalte, bei denen es wegen Verrechnungspreiskorrekturen zu Doppelbesteuerungsproblem kommt? Entstehen ggf. Lücken in der Wahrung des Steuergeheimnisses bei ausländischen Finanzbehörden? Werden Angaben im CbC-Reporting einer inhaltlichen Überprüfung durch in- oder ausländische Finanzbehörden unterzogen? Wie entwickeln sich politische Initiativen, die ggf. eine Veröffentlichung von CbC-Reportings verlangen? Für die Unternehmen bedeutet dies, das CbC-Reporting stets kritisch im Auge zu behalten und bei Bedarf über Strukturanpassungen nachzudenken. Dies gilt insbesondere, wenn der berechtige Geheimhaltungsbedarf von Unternehmensdaten effektiv nicht mehr gewährleistet würde.
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Xaver Ditz
Die Entwicklung der internationalen Betriebsstättengewinnabgrenzung seit dem 24.12.1999 Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Betriebsstättenerlass vom 24.12.1999 III. Aufgabe der finalen Entnahmetheorie durch den BFH IV. Einführung von Entstrickungsvorschriften durch das SEStEG 2006 und die Folgen
V. Änderungen des Art. 7 OECD-MA 2010 und Einführung des Authorized OECD Approach
VI. Umsetzung des Authorized OECD Approach in innerstaatliches Recht VII. Fazit
I. Einleitung Der Autor dieses Beitrags ist am 19.1.2000 zum ersten Mal dem Jubilar begegnet. Es handelte sich um ein Vorstellungsgespräch im „Weißen Salon“ der Sozietät Flick Gocke Schaumburg in Bonn, an dem auch Thomas Rödder teilnahm. Nach kürzester Zeit war klar, dass man zusammenfinden würde. Die Konditionen waren Nebensache; vielmehr stand die Suche nach einem geeigneten Thema für die Dissertation des Autors im Vordergrund der Diskussion. Der Jubilar schlug die internationale Betriebsstättengewinnabgrenzung vor. Hintergrund war das gerade veröffentlichte BMF- Schreiben vom 24.12.1999, der sog. Weihnachtserlass1, in welchem die Finanzverwaltung Einzelheiten der internationalen Betriebsstättenbesteuerung aus ihrer Sicht darstellt und interpretiert. Schnell war auch ein geeigneter Doktorvater gefunden, Herr Prof. Dr. Hans-Jochen Kleineidam von der Helmut Schmidt Universität – Universität der Bundeswehr Hamburg. Leider ist es unserem gemeinsamen Doktorvater nicht gegönnt, an dieser Freundesgabe mitzuwirken. Es wäre ihm sicherlich eine Ehre gewesen. Sowohl das im Rahmen des Vorstellungsgesprächs schnell gefundene Dissertationsthema im Bereich der internationalen Einkünfteabgrenzung als auch die nunmehr fast 20-jährige Zusammenarbeit mit dem Jubilar haben die Persönlichkeit des Autors geprägt. Dafür möchte der Autor dem Jubilar herzlich danken. Er hat nicht nur die Begeisterung für das internationale Steuerrecht und die internationale Einkünfteabgrenzung stets gefördert, sondern dem Autor auch die Möglichkeit gegeben, sich als (Berater-)Persönlichkeit zu entwickeln. 1 Vgl. BMF v. 24.12.1999 – IV B 4-S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076, nachfolgend „BS-VWG“.
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Xaver Ditz
Die Rechtsgrundlagen und Prinzipien der internationalen Betriebsstättengewinnabgrenzung haben sich seit Anfang 2000 grundlegend geändert. Nachfolgend werden die wesentlichen „Meilensteine“ dieser Entwicklung dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen. Im Kern geht es dabei um die Frage der Auslegung der in Art. 7 Abs. 2 OECD-MA verankerten Selbständigkeitsfiktionen der Betriebsstätte für Zwecke ihrer Gewinnermittlung. Diese Frage gewinnt ihre besondere Schwierigkeit aus dem Gegensatz zwischen der zivilrechtlichen Einheitlichkeit des Unternehmens einerseits und der Notwendigkeit der fiktiven Verselbständigung der Betriebsstätte für Zwecke der steuerlichen Gewinnallokation nach dem Fremdvergleichsgrundsatz andererseits. Darüber hinaus steht die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte im Spannungsfeld zwischen den abkommensrechtlichen Vorgaben des Art. 7 OECD-MA und den innerstaatlichen Gewinnermittlungsvorschriften.2
II. Betriebsstättenerlass vom 24.12.1999 Nach den BS-VWG hat die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte sowohl in DBA-Fällen als auch in Nicht-DBA-Fällen dem Fremdvergleichsgrundsatz zu folgen.3 Ziel der Gewinnabgrenzung sei es, der Betriebsstätte – Art. 7 Abs. 2 OECD-MA folgend – den Teil des Gewinns des Gesamtunternehmens zuzuordnen, den sie nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs erwirtschaftet hat. Eine innerstaatliche Rechtsgrundlage für eine solche Gewinnermittlung war indessen in 1999 nicht gegeben. Infolgedessen überraschte es nicht, dass nach damaliger Ansicht der Finanzverwaltung die Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte ihre Einschränkung in der zivilrechtlichen Einheit zwischen Stammhaus und Betriebsstätte und der Tatsache erfuhr, dass schuldrechtliche Vereinbarungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte rechtlich nicht möglich sind.4 Insofern seien Gewinne aus solchen Innentransaktionen grundsätzlich nicht zu berücksichtigen und infolgedessen der Fremdvergleichsgrundsatz nur eingeschränkt anzuwenden. Eine Ausnahme gelte jedoch – so damals Tz. 2.6.1 Abs. 2 BS-VWG – für die Überführung von Wirtschaftsgütern von einem inländischen Stammhaus in eine ausländische Betriebsstätte. Insoweit sei – jedoch nicht für den Nicht-DBA-Fall – grundsätzlich der Fremdvergleichspreis anzusetzen. Dies folge aus der finalen Entnahmetheorie,5 wonach Deutschland bei der 2 Vgl. dazu grundlegend Ditz, Internationale Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, 2003, S. 73 ff. sowie anschließend die Dissertationen von Ziehr, Einkünftezurechnung im inter nationalen Einheitsunternehmen, 2008; Plansky, Die Gewinnzurechnung zu Betriebsstätten im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 2010; Mödinger, Internationale Erfolgs- und Vermögensabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nach der Neufassung des Art. 7, 2012; Froitzheim, Steuerliche Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte und deren Auswirkung auf die Gewinnabgrenzung, 2014; Margerie, Gewinnermittlung und Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, 2015; Berner, Betriebsstättenbesteuerung nach dem AOA, 2015. 3 Vgl. Tz. 2.2 Abs. 1 BS-VWG. 4 Vgl. Tz. 2.2 Abs. 3 BS-VWG. 5 Vgl. BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175; v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630; v. 30.5.1972 – VIII R 111/69, BStBl. II 1972, 760; v. 24.11.1982 – I R 123/78, BStBl. II 1983, 113; v. 14.6.1988 – VIII R 387/83, BStBl. II 1989, 187.
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Internationale Betriebsstättengewinnabgrenzung
Überführung von Wirtschaftsgütern in Betriebsstätten in DBA-Staaten das Besteuerungsrecht verliere. Darüber hinaus seien – so die Finanzverwaltung – die Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte und der Fremdvergleichsgrundsatz uneingeschränkt anzuwenden, wenn den unternehmensinternen Transaktionen Leistungen zugrunde lägen, die der „ordentlichen Geschäftstätigkeit“ der Betriebsstätte zuzuordnen seien.6 Schließlich sei auch ein Fremdvergleich anzusetzen, wenn die Erbringung von Dienstleistungen die Haupttätigkeit der Betriebsstätte darstelle.7 Seien die Leistungen hingegen als „Nebentätigkeit“ zu qualifizieren, komme ein Gewinnaufschlag nicht in Betracht. Infolgedessen war die Erbringung von unternehmensinternen Dienstleistungen grundsätzlich auf Basis einer reinen Aufwandsverrechnung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte aufzuteilen. Auch insoweit wurde der Fremdvergleichsgrundsatz nicht angewendet. Im Ergebnis verfolgte die Finanzverwaltung in den BS-VWG eine sehr eingeschränkte Anwendung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte für ihre Gewinnabgrenzung. Je nach Art der unternehmensinternen Transaktion fand der Fremdvergleichsgrundsatz Anwendung (z.B. bei der Überführung von Wirtschaftsgütern) oder nicht (z.B. bei der Erbringung von unternehmensinternen Dienstleistungen oder der Nutzungsüberlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern). Diese Interpretation konnte aus vielerlei Hinsicht nicht überzeugen.8 So kann die bloße Verteilung von Aufwendungen außerhalb der Überführung von Wirtschaftsgütern deswegen nicht über zeugen, weil letztlich alle betrieblichen Wertschöpfungsbereiche zur Erwirtschaftung des Gesamtgewinns der Unternehmung beitragen und somit bestimmte Funktionen nicht per se von einer Gewinnzuordnung ausgeklammert werden können. Auch Dienstleistungen bzw. Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern verfügen über einen produktiven und somit wertschöpfungsbringenden Charakter. Dies steht betriebswirtschaftlich außer Frage. Infolgedessen kann auch die Differenzierung einer Leistungsverrechnung zwischen Haupttätigkeiten der Betriebsstätte und Nebentätigkeiten für die Frage des Ansatzes eines Fremdvergleichspreises nicht überzeugen.9 Es ist offensichtlich, dass eine nach der Art der Geschäftsbeziehungen differenzierende Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes einer gerechten Verteilung der steuerlichen Bemessungsgrundlagen nach dem Äquivalenzprinzip widerspricht. Denn eine „Verteilungsgerechtigkeit“ unter den in eine Geschäftstätigkeit des Steuerpflichtigen einbezogenen Staaten wird bei einer eingeschränkten Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nicht erreicht. Durch den Verzicht auf eine Gewinnkomponente im Rahmen der reinen Aufwandsverrechnung wird dem leistungsempfangenden Unternehmensteil der gesamte Gewinnanteil belassen, ohne die vom leistungserbringenden Unternehmensteil übernommenen Funktionen bzw. die von diesem getragenen Risiken zu berücksichtigen und entsprechend zu vergüten. Dies führt zu einer ungerechtfertigten Gewinnverlagerung in den leistungsempfangenden Unternehmens 6 Vgl. Tz. 2.2 Abs. 3 BS-VWG. Was damit konkret gemeint war, blieb offen. 7 Vgl. Tz. 3.3 Abs. 4 BS-VWG. 8 Vgl. zu Einzelheiten Ditz, Internationale Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, 2003, S. 158 ff. 9 Vgl. auch Weber/Werra in FS Ritter, 1997, S. 285 (299 f.).
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Xaver Ditz
teil, die gerade durch eine Gewinnabgrenzung nach dem Fremdvergleichsgrundsatz vermieden werden soll. Und: Die nur eingeschränkte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Rahmen der internationalen Betriebsstättengewinnabgrenzung führte zu einer rechtsformabhängigen Einkünfteabgrenzung. Trotz identischer Organisationsstruktur im Gesamtunternehmen bzw. im Konzern konnten die den Unternehmensteilen (Betriebsstätte vs. Konzerngesellschaft) zugeordneten Gewinn anteile erheblich differieren. Der daraus folgende Verstoß gegen eine rechtsformneutrale Besteuerung ist offensichtlich. Im Ergebnis konnte die in den BS-VWG vorgesehene (eingeschränkte) Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Rahmen der Betriebsstättengewinnabgrenzung betriebswirtschaftlich nicht überzeugen. Es bestand Handlungsbedarf.
III. Aufgabe der finalen Entnahmetheorie durch den BFH Der zweite „Meilenstein“ in der Entwicklung der internationalen Betriebsstätten gewinnabgrenzung seit 2000 war die Aufgabe der finalen Entnahmetheorie durch den BFH. Nach der älteren Rechtsprechung war die Überführung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens aus einem inländischen Stammhaus in eine ausländische Betriebsstätte als Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG zu behandeln, wenn der Gewinn der ausländischen Betriebsstätte nach einem DBA von der deutschen Besteuerung freigestellt war.10 Dies wurde durch den BFH damit begründet, dass die stillen Reserven mit Überführung des Wirtschaftsguts in die ausländische Betriebsstätte aufgrund der abkommensrechtlich angeordneten Freistellungsmethode einer inländischen Besteuerung entzogen werden.11 Infolgedessen definierte der BFH im Rahmen der finalen Entnahmetheorie einen Gewinnrealisationstatbestand, nach dem die in einem Wirtschaftsgut ruhenden stillen Reserven bei der Überführung des Wirtschaftsguts in die ausländische Betriebsstätte durch den Ansatz des Teilwerts12 zu versteuern sind (sog. Gewinnverwirklichung durch Steuerentstrickung). In seiner Rechtsprechung zur finalen Entnahmetheorie ging der BFH über das Veranlassungsprinzip und den Grundsatz des Fremdvergleichs als Abgrenzungsmaßstab hinweg, der dem deutschen Fiskus das Besteuerungsrecht auf die im Wirtschaftsgut ruhenden stillen Reserven durch eine Beteiligung des inländischen Stammhauses an den durch die ausländische Betriebsstätte aus der Verwertung oder Nutzung des Wirtschaftsguts realisierten Erträgen zusichert.13 Die abkommensrechtliche Freistel10 Vgl. BFH v. 16.7.1969 – I 266/65, BStBl. II 1970, 175; v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630; v. 30.5.1972 – VIII R 111/69, BStBl. II 1972, 760; v. 24.11.1982 – I R 123/78, BStBl. II 1983, 113; v. 14.6.1988 – VIII R 387/83, BStBl. II 1989, 187. 11 Diese finale Entnahmebesteuerung sollte – so der BFH – auch bei der Betriebsaufgabe gelten. Vgl. BFH v. 28.4.1971 – I R 55/66, BStBl. II 1971, 630; v. 13.10.1976 – I R 261/70, BStBl. II 1977, 76. 12 Vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. 13 Vgl. auch Wassermeyer, DB 2006, 1177; Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.13; a.A. Hruschka/Lüdemann, IStR 2005, 76.
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Internationale Betriebsstättengewinnabgrenzung
lung der Betriebsstätteneinkünfte hat demnach keinen Verlust des Besteuerungsrechts auf die in Deutschland vor der Überführung des Wirtschaftsguts gebildeten stillen Reserven zur Folge. Vor diesem Hintergrund beruhte die im Rahmen der finalen Entnahmetheorie des BFH vertretene Auffassung auf einem verfehlten Verständnis von Art. 7 Abs. 2 OECD-MA. In seinem wegweisenden Urteil v. 17.7.2008 arbeitete der BFH diesen systematischen Fehler der älteren Rechtsprechung zutreffend heraus.14 Der BFH bezieht sich dabei auf die Aufteilung des zukünftigen Gewinns aus der Veräußerung des Wirtschaftsgutes zwischen inländischem Stammhaus und ausländischer Betriebsstätte nach Veranlassungsgesichtspunkten und unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes. Es kommt gerade nicht zu einer Beschränkung des Besteuerungsrechts Deutschlands, wenn ein Wirtschaftsgut in eine ausländische Betriebsstätte (DBA-Fall) überführt wird.15 Im Ergebnis führte die Änderung der Rechtsprechung des BFH dazu, dass es an einer Rechtsgrundlage für eine Steuerentstrickung des in die ausländische Betriebsstäte überführten Wirtschaftsgutes bis zum VZ 200516 fehlte. Denn einerseits ist das Realisationsprinzip als GoB zu beachten, wonach ein Gewinn erst ausgewiesen werden kann, wenn er durch einen Umsatz am Markt verwirklicht wurde. Andererseits ist die Rechtsprechung zur finalen Entnahmetheorie nicht mit dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG in Einklang zu bringen. Infolgedessen waren die in den BS-VWG vor gesehenen Ersatzrealisationstatbestände bei der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte ohne Rechtsgrundlage. Stattdessen folgt der BFH dem Konzept der aufgeschobenen Besteuerung, wonach der Entstrickungsgewinn nicht im Zeitpunkt der Überführung des Wirtschaftsguts zu erfassen ist, sondern erst im Zeitpunkt einer späteren tatsächlichen Gewinnrealisierung aus der Veräußerung des Wirtschaftsguts oder seiner Entnahme ins Privatvermögen oder zu sonstigen außerbetrieblichen Zwecken.
IV. Einführung von Entstrickungsvorschriften durch das SEStEG 2006 und die Folgen 2006 wurden in § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG Entstrickungsvorschriften in Bezug auf die Überführung von Wirtschaftsgütern in das Ausland aufgenommen.17 Danach kommt es zu einer fiktiven Entnahme bzw. einer fiktiven Veräußerung 14 Vgl. BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464, belegt mit Nichtanwendungserlass, BMF v. 20.5.2009 – IV C 6-S 2134/07/10005, BStBl. I 2009, 671. 15 Bestätigt durch BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08, BStBl. II 2011, 1019, belegt mit Nichtanwendungserlass, BMF v. 18.11.2011 – IV C 6 S – 2134/10/10004, BStBl. I 2011, 1278; BFH v. 28.10.2009 – I R 28/08, BFH/NV 2010, 432. 16 Zur Einführung von Entstrickungsvorschriften vgl. Abschnitt IV. 17 Vgl. Gesetz über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften v. 7.12.2006 (SEStEG), BGBl. I 2006, 2782.
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Xaver Ditz
des Wirtschaftsgutes, wenn das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung oder der Nutzung des Wirtschaftsguts ausgeschlossen oder beschränkt wird.18 Nach der Gesetzesbegründung des SEStEG sollte es sich um eine reine Klarstellung zum damals geltenden Recht handeln.19 Dabei bezog sich der Gesetzgeber auf die finale Entnahmetheorie des BFH, die jedoch durch das BFH-Urteil vom 17.7.2008 aufgegeben wurde.20 Der BFH hatte in diesem Urteil die Konsequenzen auf die neuen Entstrickungsvorschriften (§ 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG) ausdrücklich offengelassen. Aus diesem Urteil musste indessen die Schlussfolgerung gezogen werden, dass beide Entstrickungsvorschriften – entgegen der Gesetzesbegründung – gerade nicht klarstellend zum seinerzeit geltenden Recht wirkten; vielmehr handelte es sich um eine deutliche Verschärfung der Rechtslage.21 Darüber hinaus wurde durch die neuere Rechtsprechung bestätigt, dass die Entstrickungsvorschriften im Ergebnis „ins Leere laufen“.22 Denn der BFH hatte in seinem Urteil vom 17.7.2008 überzeugend herausgearbeitet, dass das Besteuerungsrecht des Stammhausstaates auf die dem Stammhaus zuzuordnenden Gewinn anteile unberührt bleibt. Vor diesem Hintergrund war nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und des § 12 Abs. 1 Satz 1 KStG nicht sichergestellt, dass die Vorschriften ihren Zweck, nämlich die Sicherstellung der Besteuerung in Deutschland entstandener stiller Reserven, tatsächlich erfüllen konnten.23 In Anbetracht des unklaren und umstrittenen Wortlauts des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und des § 12 Abs. 1 KStG und des BFH-Urteils v. 17.7.2008 musste der Gesetzgeber handeln. Infolgedessen wurden die Entstrickungsvorschriften mit dem JStG 201024 jeweils um einen konkretisierenden Satz ergänzt. Danach liegt eine fiktive Entnahme bzw. eine fiktive Veräußerung ausdrücklich vor, wenn ein Wirtschaftsgut, das bisher einer inländischen Betriebsstätte des Steuerpflichtigen zugeordnet war, künftig einer ausländischen Betriebsstätte zuzuordnen ist. Es verblieben jedoch auch nach der gesetzlichen Ergänzung Rechtsunsicherheiten, insbesondere im Hinblick darauf, ob das in § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG und § 12 Abs. 1 Satz 2 KStG eingefügte Regelbeispiel ohne gesetzliche Fiktionswirkung die Auslegung der Entstrickungsvorschriften unter Beachtung der neueren BFH-Rechtsprechung tatsächlich überlagert.25
18 Vgl. zu Einzelheiten Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.52 ff. 19 Vgl. BR-Drucks. 542/06 v. 11.8.2006; BT-Drucks. 16/2710. 20 Vgl. BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464, belegt mit Nichtanwendungserlass, BMF v. 20.5.2009 – IV C 6-S 2134/07/10005, BStBl. I 2009, 671; siehe ferner BFH v. 28.10.2009 – I R 99/08, BStBl. II 2011, 1019; v. 28.10.2009 – I R 28/08, BFH/NV 2010, 432. 21 Vgl. auch Rödder/Schumacher, DStR 2006, 1483. 22 Vgl. Wassermeyer, DB 2006, 1176; Wassermeyer, IStR 2008, 176. 23 Vgl. auch Roser, DStR 2008, 2389 (2394); von Freeden in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, § 12 Rz. 62; Prinz, DB 2009, 807 (810); Kahle/Franke, IStR 2009, 406 (408); a.A. Mitschke, DB 2009, 1376 (1378). 24 Vgl. JStG 2010 v. 8.1.2010, BGBl. I 2010, 1768. 25 Vgl. zu Einzelheiten Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.58 ff.
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Internationale Betriebsstättengewinnabgrenzung
Im Nichtanwendungserlass zum BFH-Urteil v. 17.7.200826 stellte die Finanzverwaltung – aus ihrer Sicht – schließlich klar, dass § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und § 12 Abs. 1 KStG eine gesetzliche Umsetzung „der höchstrichterlich entwickelten und von der Finanzverwaltung angewandten Entstrickungstatbestände der Aufdeckung der stillen Reserven bei Wegfall des deutschen Besteuerungsrechts auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens“ darstelle.27 Diese Auslegung folge – so das BMF – aus dem Ab kommensrecht und entspreche sowohl den OECD-Grundsätzen als auch der „internationalen Verwaltungspraxis“. Darüber hinaus wurden mit dem BMF-Schreiben v. 25.8.2009 die BS-VWG an die durch das SEStEG eingeführten Entstrickungs- und Verstrickungsvorschriften angepasst.28 Bemerkenswert ist, dass die Finanzverwaltung an keiner Stelle das zentrale Urteil des BFH v. 17.7.2008 erwähnte. Es bleibt folgendes (Zwischen-)Ergebnis festzuhalten: Auch nach Einführung der Entstrickungsvorschriften des § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG und des § 12 Abs. 1 KStG verblieb es bei erheblichen Rechtsunsicherheiten im Hinblick auf die Rechtsgrundlage einer Gewinnrealisierung im Zusammenhang mit der Überführung von Wirtschaftsgütern in ausländische Betriebsstätten. Der Gesetzgeber „tat sich sehr schwer“, das nachvollziehbare Telos der Entstrickungsvorschriften in einen passenden Wortlaut umzusetzen. Darüber hinaus war weiterhin eine innerstaatliche Rechtsgrundlage für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Rahmen der internationalen Betriebsstättengewinnabgrenzung nicht ersichtlich.
V. Änderungen des Art. 7 OECD-MA 2010 und Einführung des Authorized OECD Approach Nachdem der auf Basis des OECD-Betriebsstättenberichts 1994 angepasste OECDMK zu Art. 7 OECD-MA nicht zu einer weltweit einheitlichen Auslegung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte geführt hat, hat die OECD das Thema Betriebsstättengewinnabgrenzung bereits im Jahr 2001 erneut aufgegriffen und einen ersten Entwurf im Hinblick auf eine uneingeschränkte Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Rahmen der Betriebsstättengewinnabgrenzung veröffentlicht.29 Die Arbeiten des OECD-Steuerausschusses mündeten – nach weiteren Berichtsentwürfen im Dezember 200630 und August 200731 – im konsolidierten OECD-Betriebsstätten26 Vgl. BFH v. 17.7.2008 – I R 77/06, BStBl. II 2009, 464. 27 Vgl. BMF v. 20.5.2009 – IV C 6-S 2134/07/10005, BStBl. I 2009, 671. Vgl. auch BMF v. 18.11.2011 – IV C 6-S 2134/10/10004, BStBl. I 2011, 1278. 28 Vgl. BMF v. 25.8.2009 – IV B 5 – S 1341/07/10004, BStBl. I 2009, 888; dazu ausführlich Ditz/Schneider, DStR 2010, 81 ff. 29 Vgl. OECD, Discussion Draft on the Attribution of Profits to Permanent Establishments, Paris Februar 2001; Ditz, IStR 2005, 37 ff. 30 Vgl. OECD, Report on the Attribution of Profits to Permanent Establishments – Part I (General Considerations), II (Banks) und III (Global Trading), Paris Dezember 2006; Förster, IStR 2007, 398 ff. 31 Vgl. OECD, Report on the Attribution of Profits to Permanent Etablishments – Part IV (Insurance) – Revised Public Discussion Draft, Paris August 2007; Förster, IStR 2008, 800.
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Xaver Ditz
bericht vom 17.7.2008.32 In diesem Bericht wurde der „Functionally Separate Entity Approach“ als „Authorized OECD Approach“ definiert. Mit dem AOA hat der Steuerausschuss der OECD erstmals ein ganz einheitliches Konzept zur Auslegung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte für Zwecke der Gewinnabgrenzung definiert. Kernthese ist eine uneingeschränkte Umsetzung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte gem. Art. 7 Abs. 2 OECD-MA und des darin niedergelegten Fremdvergleichsgrundsatzes. Nach dem AOA vollzieht sich die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte in zwei Schritten. In einer ersten Stufe wird eine detaillierte Funktionsanalyse durchgeführt, wobei das Stammhaus und seine Betriebsstätte (fiktiv) als eigen- und selbstständige Unternehmen behandelt werden. Im Rahmen dieser Funktionsanalyse, welche sich an die Vorgaben der OECD-Verrechnungspreisleitlinien anlehnt, werden die von den Unternehmensteilen bei einer unterstellten Selbständigkeit und Unabhängigkeit ausgeübten Funktionen, die von ihnen wahrgenommenen Risiken und die von ihnen eingesetzten Wirtschaftsgüter sowie die daraus resultierenden unternehmensinternen Liefer- und Leistungsbeziehungen im Einzelnen analysiert.33 In einer zweiten Stufe werden dann die zwischen den Unternehmensteilen identifizierten Innentransaktionen auf Basis des Fremdvergleichsgrundsatzes be wertet. Dabei kommen die in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien dargestellten Verrechnungspreisgrundsätze zur Anwendung.34 Dies führt im Ergebnis zu einer rechtsformneutralen Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für Zwecke der internationalen Einkünfteabgrenzung. Aufgrund der vorstehend dargestellten Entwicklungen gab es 2010 im Rahmen des „Update 2010“ eine Neuausrichtung des Art. 7 OECD-MA.35 Der AOA wurde i.S. einer uneingeschränkten Anwendung der Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte in Art. 7 Abs. 2 OECD-MA implementiert und dessen Wortlaut entsprechend angepasst. Danach wird nunmehr durch die Formulierung „unter Berücksichtigung der vom Unternehmen durch die Betriebsstätte und die anderen Teile des Unternehmens ausgeübten Funktionen, genutzten Wirtschaftsgüter und übernommenen Risiken“ explizit auf den ersten Schritt des „Functionally Separate Entity Approach“ abgestellt und infolgedessen der Fremdvergleichsgrundsatz im Rahmen der Betriebsstättengewinnabgrenzung stringent umgesetzt.
32 Vgl. OECD, Report on the Attribution of Profits to Permanent Etablishments v. 17.7.2008, Paris 2008; Kroppen in FS Herzig, S. 1072 ff.; Kosch, IStR 2010, 42 ff. 33 Vgl. Art. 7 Rz. 21 OECD-MK zu Art. 7; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 5.17 ff.; Ditz in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl. 2019, Art. 7 (2010), Rz. 22 ff. 34 Vgl. Art. 7 Rz. 22 OECD-MK zu Art. 7; Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 5.54.; Ditz in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl. 2019, Art. 7 (2010), Rz. 30. 35 Vgl. dazu Ditz, ISR 2012, 48 ff.; Plansky, Die Gewinnzurechnung zu Betriebsstätten im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, S. 253 ff.; Kahle/Mödinger, IStR 2010, 759 ff.; Kahle/Mödinger, DStZ 2012, 802 ff.; Kußmaul/Ruiner/Delarber, Ubg 2011, 837 (840).
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Die Neufassung des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA 2010 ist indessen international umstritten. Fünf Mitgliedstaaten der OECD haben „inoffiziell“ einen Vorbehalt gegen die Anwendung der Vorschrift im Rahmen ihrer Abkommenspolitik geäußert (Neuseeland, Chile, Griechenland, Mexiko und die Türkei). Darüber hinaus haben die Vereinten Nationen die Änderungen des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA nicht in das UN-MA übernommen. Schließlich stehen zahlreiche Nicht-OECD-Mitgliedstaaten (z.B. Brasilien, China und Indien) dem AOA sehr kritisch gegenüber. Dies führt im Ergebnis dazu, dass in den derzeitigen DBA der Bundesrepublik Deutschland beide Fassungen des Art. 7 OECD-MA (alte Fassung und Update 2010) anzufinden sind. Es überrascht auch, dass neuere DBA der Bundesrepublik Deutschland mit OECD-Mitgliedstaaten die alte Fassung des Art. 7 OECD-MA enthalten. Dies zeigt deutlich, dass sich der AOA international bei weitem noch nicht etabliert hat und infolgedessen weiterhin unterschiedlichste Interpretationsansätze verfolgt werden.36 Dies sollte durch den „neuen“ Art. 7 OECD-MA 2010 gerade vermieden werden; die Realität hat sich jedoch in eine andere Richtung entwickelt.
VI. Umsetzung des Authorized OECD Approach in innerstaatliches Recht Im Jahr 2013 hat der deutsche Gesetzgeber auf die geänderte Fassung des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA 2010 reagiert und den AOA in innerstaatliches Recht transformiert.37 Es handelt sich insoweit um den „letzten Akt“ der Entwicklungen seit 2000. Im Einzelnen: Der Anwendungsbereich des § 1 AStG wurde als zentrale Verrechnungspreiskorrekturvorschrift auf Betriebsstättenfälle ausgeweitet. Dazu hat der Gesetzgeber mit Einführung der Fiktion von Geschäftsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte in § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG („anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen“) die Grundlage für § 1 Abs. 5 AStG gelegt, der Einkünftekorrekturen vorsieht, wenn der Fremdvergleichsgrundsatz für unternehmensinterne Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte nicht beachtet wird. Dabei ist die Betriebsstätte wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln, es sei denn, die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum Unternehmen erfordert eine andere Behandlung.38 Einzelheiten regelt seit 2015 die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung.39 Im Übrigen wurden aus Sicht der Finanzverwaltung Einzelheiten zur Anwendung des AOA in den Verwaltungsgrundsätzen Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) v. 22.12.2016 geregelt.40 Im Ergebnis wurde die internationale Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten in § 1 AStG und der BsGaV auf ein völlig neues 36 Vgl. Gosch in Drüen/Hey/Mellinghoff, FS für den BFH, S. 1031. 37 Vgl. Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie und zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 26.6.2013 (AmtshilfeRLUmsG), BGBl. I 2013, 1809. 38 Vgl. dazu Melhem/Dombrowski, IStR 2015, 912 ff. 39 Vgl. Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 AStG v. 13.10.2014, BGBl. I 2014, 1603. 40 Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5-S 1341/12/10001-03, BStBl. I 2017, 182.
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Xaver Ditz
rechtliches Fundament gestellt. Dies war ein Novum im deutschen internationalen Steuerrecht. Wenngleich es nachvollziehbar ist, dass der Gesetzgeber eine innerstaatliche Rechtsgrundlage zur Umsetzung des AOA in § 1 AStG und der BsGaV schaffen wollte, ist sie systematisch falsch verortet.41 Denn es handelt sich bei der Gewinnermittlung der Betriebsstätte um einen Tatbestand der Gewinn- bzw. Unterschiedsbetragsermittlung gem. § 4 Abs. 1 AStG, welcher im EStG hätte geregelt werden müssen. Dies gilt z.B. für die Zuordnung von Wirtschaftsgütern in der Stammhaus- und Betriebsstättenbilanz, die Aufstellung der Hilfs- und Nebenrechnung, die Bewertung von Wirtschaftsgütern sowie die Bestimmung des Eigen- und Fremdkapitals der in- oder ausländischen Betriebsstätte. Solche Vorschriften können in § 1 AStG als reiner Einkünftekorrek turvorschrift nicht normiert werden.42 Daher setzt der Gesetzgeber den AOA nur einseitig zugunsten der Finanzverwaltung um, was insbesondere im Rahmen der Ge winnermittlung bei im Inland beschränkt steuerpflichtigen Betriebsstätten nachteilig sein kann.43 Problematisch ist ferner die in § 1 Abs. 5 AStG vorgesehene undifferenzierte Anwendung der Vorschrift auf sämtliche DBA- und Nicht-DBA-Fälle. Infolgedessen greift die Vorschrift auch in Bezug auf DBA, die nicht dem AOA des Art. 7 OECD-MA 2010 folgen (dies ist derzeit noch die Mehrheit der DBA der Bundesrepublik Deutschland). Daher besteht das Risiko, dass in Bezug auf DBA, welche dem Art. 7 OECD-MA 2008 (d.h. der alten Fassung ohne den AOA) folgen, der andere Vertragsstaat die in § 1 Abs. 5 AStG vorgesehene Anwendung des AOA nicht anerkennt und infolgedessen eine internationale Doppelbesteuerung entsteht. Diese kann nur über aufwändige Verständigungs- und Schiedsverfahren vermieden werden. Der Gesetzgeber hat diese Problematik erkannt und in § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG einen eigentlich selbstverständlichen Vorrang des Abkommensrechts definiert. Dieser enthält einen formalen „Treaty Override“, in dem die abkommensrechtliche Schrankenwirkung an einen Nachweis geknüpft ist, dass der andere Vertragsstaat sein Besteuerungsrecht entsprechend den DBA ausübt und infolgedessen die Anwendung des AOA zu einer Doppelbesteuerung führt. Wie ein entsprechender Nachweis praktisch zu führen ist, bleibt – auch nach Ergehen der VWG BsGa – offen. Schließlich ist auf die europarechtlichen Bedenken des § 1 Abs. 5 AStG aufgrund der fehlenden allgemeinen Stundungsregelung im Hinblick auf die Gewinnrealisierung bei unternehmensinternen Liefer- und Leistungsbeziehungen hinzuweisen. Darüber hinaus hat sich die internationale Betriebsstättengewinnabgrenzung durch die Einführung des AOA und dessen Implementierung in § 1 Abs. 4 und 5 AStG und der BsGaV erheblich verkompliziert. Dazu wird man dem deutschen Gesetzgeber wenig Vorwürfe machen können, hat er doch nur die Vorgaben des OECD-MA 2010 umge41 Vgl. Gosch in Drüen/Hey/Mellinghoff, FS für den BFH, S. 1034. 42 Kritisch auch Wassermeyer, IStR 2012, 277 (278 ff.); Schaumburg, ISR 2013, 197 (198 f.); Ditz, ISR 2013, 261 (262 f.); Schnitger, IStR 2012, 633 (634 f.). 43 Vgl. auch Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 6.127.
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setzt. Aufgrund der nur eingeschränkten internationalen Umsetzung des AOA verbleiben hier jedoch erhebliche Unsicherheiten. Das eigentliche Ziel der OECD, die Betriebsstättengewinnabgrenzung rechtsformneutral und international einheitlich umzusetzen, wurde nicht erreicht. Dies zeigt auch die fortschreitende Tendenz zur Ausweitung des Betriebsstättenbegriffs gem. Art. 5 OECD-MA.44 Diese bezieht sich u.a. auf die Etablierung der sog. Dienstleistungsbetriebsstätte, die gerade nicht als selbständiges und eigenständiges Unternehmen für Zwecke ihrer Gewinnabgrenzung fingiert werden kann. Im Übrigen liegen die Probleme der Anwendung des AOA bei Vertreterbetriebsstätten auf der Hand.45
VII. Fazit Seit dem ersten Aufeinandertreffen des Jubilars mit dem Autor dieses Beitrags haben sich die Rechtsgrundlagen und die maßgeblichen Prinzipien der internationalen Betriebsstättengewinnabgrenzung grundlegend geändert. Während beim Vorstellungsgespräch am 19.1.2000 zu diesem umstrittenen Rechtsgebiet im innerstaatlichen Recht keine Rechtgrundlagen, sondern nur die BS-VWG vorlagen, hat der Gesetzgeber zwischenzeitlich auf die Änderung des OECD-MA 2010 reagiert und den AOA in § 1 AStG und der BsGaV gesetzlich kodifiziert. Darüber hinaus besteht ein sehr umfangreiches BMF-Schreiben, die VWG BsGa. Dies hat indessen – doch verwunderlich – nicht dazu geführt, dass Rechtsunsicherheiten beseitigt werden konnten. Dies liegt einerseits daran, dass die OECD mit Art. 7 Abs. 2 OECD-MA und dem AOA zwar ein einheitliches Konzept entwickelt hat. Dieses wurde jedoch international bislang nur wenig umgesetzt; auch neuere DBA mit OECD-Mitgliedstaaten werden nach dem alten Standard des OECD-MA 2008 abgeschlossen. Darüber hinaus ist die Umsetzung des AOA in innerstaatliches Recht systematisch nicht geglückt. Die Implementierung des AOA in § 1 AStG ist nicht sachgerecht, so dass sich auch insoweit Unsicherheiten ergeben. Dies betrifft z.B. das Verhältnis zu den Entstrickungsvorschriften des § 4 Abs. 1 Satz 3 ff. EStG und des § 12 Abs. 1 KStG. Auch nach 20 Jahren Entwicklung verbleiben dogmatische46 wie praktische Unsicherheiten. Das Thema der Dissertation des Autors, vorgeschlagen durch den Jubilar, ist daher aktueller denn je!
44 Vgl. dazu Ditz/Quilitzsch, FR 2012, 493 ff.; Reiser/Cortez, IStR 2013, 6 ff.; Bendlinger, SWI 2012, 531 ff.; Hoor, IStR 2012, 17 ff. 45 Vgl. dazu Ditz, SWI 2017, 282 ff. 46 Vgl. dazu instruktiv Gosch in Drüen/Hey/Mellinghoff, FS für den BFH, S. 1037 ff.
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Gerald Gahleitner
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Der Substanztest in der Hinzurechnungsbesteuerung am Beispiel Österreichs1 Inhaltsverzeichnis I. Hintergrund II. Gelingen eines Substanznachweises
III. Eigene Überlegungen zur Auslegung des Substanztests gem. § 10a Abs. 4 Z 3 KStG
I. Hintergrund Mit der österreichischen Regelung zur Hinzurechnungsbesteuerung in § 10a KStG wird die, verpflichtend mit spätestens 1.1.2019 anzuwendende2, Controlled-Foreign- Company-Rule (im Folgenden: CFC-Rule) der „Anti Tax Avoidance Directive“ (im Folgenden auch ATAD, Anti-BEPS-Richtlinie)3 der Europäischen Union eingeführt.4 Sinn und Zweck der österreichischen Hinzurechnungsbesteuerung sind auf Grundlage der ATAD zu bestimmen, da sich die Gesetzesmaterialien des JStG 2018 selbst nicht explizit dazu äußern, sondern nur auf die unionsrechtliche Umsetzungsverpflichtung hinweisen.5 Bereits der Name der EU-Richtlinie spricht dafür, dass mit der Hinzurechnungsbesteuerung nur Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren (negativen) Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts bekämpft werden sollen.6 In der Richtlinie findet sich zudem als Begründung der „Schutz gegen aggressive Steuerplanung im Binnenmarkt“ sowie das Argument, dass einer „Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage (Gewinnverkürzung) im Binnenmarkt und 1 Der Autor dankt Viktoria Oberrader, MSc für ihre wertvollen Beiträge und gemeinsamen Diskussionen. 2 In den Diskussionen des ECOFIN-Rates zeigte sich die ablehnende Haltung Österreichs zur verpflichtenden Einführung einer Hinzurechnungsbesteuerung (vgl. Bernwieser/Heiter, Steuerpolitische Auswirkungen der BEPS-Umsetzung in Österreich – Standpunkte aus Sicht der österreichischen Wirtschaft, in Hofmann/Jann/Jerabek (Hrsg.), BEPS, 2017, S. 50); i.d.S. auch Staringer, Die Umsetzung der ATAD in Österreich durch das Jahressteuergesetz 2018, SWI 2018, 575. 3 Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, ABl. L 193/1; BEPS steht für Base Erosion and Profit Shifting (Gewinnverlagerung und -verkürzung). 4 Vgl. ErlRV 190 BlgNR XXVI GP, 1; Petritz-Klar/Petritz, Paradigmenwechsel im Konzernsteuerrecht (Teil I), Einführung einer Hinzurechnungsbesteuerung, taxlex 2018, 204. 5 Vgl. Blum, Hinzurechnungsbesteuerung und Abzugsverbot: Kumulative Anwendung überschießend?, SWI 2018, 589 m.w.N. 6 Dem ähnlich Pichler, Threshold Requirements for CFC Rules: Definition of Income, in Pinetz/Schaffer (Hrsg.), Limiting Base Erosion, 2017, S. 244.
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Gerald Gahleitner
der Verlagerung von Gewinnen in Drittländer entgegenzuwirken“ ist. Somit sollen „steuerlich[e] Anreize [beseitigt werden], passive Einkunftsquellen in das niedrig besteuernde Ausland zu verlagern“7. Die Anti-BEPS-Richtlinie lässt es den Mitgliedstaaten frei, ob deren Hinzurechnungsbesteuerung auf einem kategorien- oder einem transaktionsbezogenen Ansatz basiert. Erstgenannte Möglichkeit – wofür sich der österreichische Gesetzgeber entschieden hat8 – knüpft an einen Katalog von Passiveinkünften an, während beim zweiten Ansatz Bezug genommen wird auf Einkünfte aus „unangemessenen Gestaltungen, deren wesentlicher Zweck darin besteht, einen steuerlichen Vorteil zu erlangen“9. In Österreich sind gem. § 10a KStG passive Einkünfte einer ausländischen Tochtergesellschaft der österreichischen Gesellschaft hinzuzurechnen, wenn die tatsächliche effektive Steuerbelastung im Ausland bei nicht mehr als 12,5% liegt, die Muttergesellschaft eine Beteiligung (Stimmrechte, Kapital oder Anspruch auf Gewinn) von mehr als 50% an der ausländischen Gesellschaft hält sowie die Einkünfte der ausländischen Tochtergesellschaft zu über einem Drittel10 aus Passiveinkünften bestehen.11 Bis zur Einführung der CFC-Rule gab es in Österreich keine vergleichbare Regelung, durch welche Einkünfte einer Tochtergesellschaft unabhängig der Durchführung einer Gewinnausschüttung der beteiligten Körperschaft zugerechnet werden.12
7 Raab, Die neue Hinzurechnungsbesteuerung Steuern Überblick, SWI 2018, 842; Hirschler/ Stückler, Die Hinzurechnungsbesteuerung nach Art 8 EU-Anti-BEPS-RL, in Kirchmayr/ Mayr/Hirschler/Kofler (Hrsg.), Anti-BEPS-Richtlinie: Konzernsteuerrecht im Umbruch?, 2017, S. 108; demgegenüber sieht Blum den Telos der Norm in der „Verhinderung der Abschirmwirkung niedrigbesteuerter – in der Regel passive Einkünfte beziehender – ausländischer beherrschter Gesellschaften“ sowie im Schutz der „steuerliche[n] Bemessungsgrundlage des Ansässigkeitsstaates des beherrschenden Gesellschafters nicht nur in dessen Funktion als Ansässigkeitsstaat, sondern auch in dessen Funktion als Quellenstaat“ (vgl. Blum, Hinzurechnungsbesteuerung und Abzugsverbot: Kumulative Anwendung überschießend?, SWI 2018, 589 m.w.N.). 8 Vgl Staringer, Die Umsetzung der ATAD in Österreich durch das Jahressteuergesetz 2018, SWI 2018, 575. 9 Richtlinie (EU) 2016/1164, Art. 7 Abs. 2; siehe auch Hirschler/Stückler, Die Hinzurechnungsbesteuerung nach Art 8 EU-Anti-BEPS-RL, in Kirchmayr/Mayr/Hirschler/Kofler (Hrsg.), Anti-BEPS-Richtlinie: Konzernsteuerrecht im Umbruch?, 2017, S. 108 ff. 10 Die Verordnung der österreichischen Verwaltungsorgane zur Hinzurechnungsbesteuerung interpretiert die gesetzliche Vorgabe allerdings weniger streng und erlaubt den Steuerpflichtigen in gewissen Fällen passive Einkünfte nicht hinzuzurechnen, sofern die Drittel grenze innerhalb eines 3-Jahreszeitraumes nicht überschritten wird (vgl. VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II Nr. 21/2019, 2). 11 Vgl Endfellner/Puchinger, Das Jahressteuergesetz 2018, Ein Überblick, FJ 2018, 135. 12 Schädlichen Steuerpraktiken wurde jedoch bereits bislang mit Switch-Over-Regelungen und der Missbrauchsvorschrift (wirksam) begegnet (vgl. bspw. Fellinger, Systematische Aufbereitung und kritische Betrachtung der Befreiungsbestimmungen sowie der bisherigen und künftigen Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung gem § 10 und § 10a KStG, in Urnik/Fritz-Schmied (Hrsg), Jahrbuch Bilanzsteuerrecht 2018, S. 163 ff.; Orlet, Die Umsetzung der CFC-Regelungen der Anti-BEPS-Richtlinie in Österreich – Teil 1, ÖStZ 2018,
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Der Substanznachweis am Beispiel Österreichs
Wenn genannte Voraussetzungen erfüllt sind, kann die Hinzurechnung durch Nachweis einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit vermieden werden.13 Diese als Substanznachweis bezeichnete Escape-Klausel ist nach der ATAD ein verpflichtend einzuführender Bestandteil bei Wahl des kategorienbezogenen Ansatzes; im Verhältnis zu Drittstaaten gilt dies jedoch nicht.14 Im vorliegenden Beitrag wird der Substanztest am Beispiel Österreichs näher beleuchtet, wobei im Besonderen die Diskussion zu bestehenden Unklarheiten eröffnet werden soll. Dass diese Fragestellung auch für österreichische Kapitalgesellschaften mit Beteiligungen an deutschen Tochtergesellschaften eine Rolle spielen kann, soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden:
Hinzurechnung Passiveinkünfte
österreichische GmbH
Österreich
51 %
Deutschland deutsche GmbH 5%
5%
Niedrigbesteuerung 5% sonstiges Ausland
ausländische Gesellschaft
ausländische Gesellschaft
ausländische Gesellschaft
Abbildung: Fallbeispiel
Die deutsche beherrschte Gesellschaft (Beteiligung > 50%) erzielt mindestens ein Drittel ihrer Einkünfte aus der Veräußerung ausländischer Beteiligungen, an denen sie zu 118 f; Orlet, Die Umsetzung der CFC-Regelungen der Anti-BEPS-Richtlinie in Österreich – Teil 2, ÖStZ 2018, 149 ff). 13 Vgl. § 10a Abs. 4 Z 3 KStG. 14 Vgl. Richtlinie (EU) 2016/1164, Art. 7 Abs. 2 lit. a; Siehe auch Pichler, Threshold Requirements for CFC Rules: Definition of Income, in Pinetz/Schaffer (Hrsg.), Limiting Base Erosion, 2017, S. 245.
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Gerald Gahleitner
weniger als 10 % beteiligt ist. Im Unterschied zu Österreich sind Veräußerungsgewinne aus derartigen Portfoliobeteiligungen in Deutschland unabhängig vom Beteiligungsausmaß steuerfrei.15 Die deutschen Einkünfte wären durch Niedrigbesteuerung der deutschen GmbH als schädliche Passiveinkünfte nach § 10a Abs 2 KStG hinzuzurechnen.16 Einzig durch Nachweis einer ausreichenden – auf von der deutschen GmbH ausgeübte Verwaltungstätigkeit bezogenen – Substanz kann die Hinzurechnungsbesteuerung vermieden werden.
II. Gelingen eines Substanznachweises Wie der Vergleich des österreichischen Gesetzesabschnittes zur Vorgabe der Anti-BEPS-Richtlinie hinsichtlich des Substanznachweises zeigt, hielt sich der Gesetzgeber im Großen und Ganzen an die Formulierung der eher abstrakten Richtlinienvorgabe: § 10a Abs. 4 Nr. 3 KStG
Art. 7 Abs. 2 Buchst. a Unterabs. 2 ATAD
Zu einer Hinzurechnung nach Abs. 5 kommt es unter folgenden Vorausset zungen:
[…] Dieser Buchstabe findet keine Anwendung, wenn das beherrschte ausländische Unternehmen, gestützt auf Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, wie durch relevante Fakten und Umstände nachgewiesen. […]
[…] Die ausländische beherrschte Körperschaft übt bezogen auf Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten keine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit aus. Das Vorliegen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit ist von der beherrschenden Körperschaft nachzuweisen (Substanznachweis).
Daneben wurde der Bundesminister für Finanzen in § 10a KStG ausdrücklich dazu ermächtigt, die nähere Vorgehensweise für die Hinzurechnungsbesteuerung in einer Verordnung (im Folgenden auch Passiveinkünfte-VO) festzulegen.17 Diese Ermächtigung wurde (entsprechend den wenig konkreten Vorgaben des § 10a Abs. 4 Nr. 3 KStG) begrüßenswerterweise bereits genutzt und die Verordnung konnte Ende Jän15 Vgl. § 8b Abs. 2 dKStG; in Österreich sind solche Veräußerungsgewinne ab einer Beteiligung von 10% steuerbefreit (vgl. § 10 Abs. 2 i.V.m Abs. 3 KStG). 16 Das deutsche Einkommen ist für Zwecke der österreichischen Hinzurechnungsbesteuerung nach inländischen Gewinnermittlungsvorschriften zu ermitteln. Bei entsprechender Besteuerung restlicher Einkünfte (Körperschaftsteuer inkl. Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer) könnte die Steuerbelastung, trotz steuerbefreiter Portfolioveräußerungen, mehr als 12,5% betragen. 17 Vgl. § 10a Abs. 10 KStG.
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Der Substanznachweis am Beispiel Österreichs
ner 2019 veröffentlicht werden.18 Im Konkreten führt die Passiveinkünfte-VO zum Substanztest Folgendes aus: § 4 VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften Für den Nachweis, ob die ausländische Körperschaft eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 10a Abs. 4 Z 3 KStG 1988 ausübt, gilt Folgendes: 1. Das Vorliegen einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit ist stets nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Einbeziehung aller aktiven und passiven Einkünfte zu beurteilen. Im Falle des § 10a Abs. 6 Z 2 KStG 1988 ist auf die ausländische Betriebsstätte abzustellen. 2. Eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit setzt voraus, dass die ausländische Körperschaft über jenes Ausmaß an Personal, Ausstattung, Vermögenswerten und Räumlichkeiten verfügt, das in einem angemessenen wirtschaftlichen Verhältnis zu den behaup teten wirtschaftlichen Tätigkeiten steht. 3. Insbesondere bei folgenden Tätigkeiten besteht die Vermutung, dass eine oder mehrere dieser Tätigkeiten noch keine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit begründen: –– das bloße Halten von Beteiligungen und ihre Veräußerung; –– das Durchleiten von Vermögenswerten; –– das Bündeln von unkörperlichen Wirtschaftsgütern, für deren Herstellung die ausländische Körperschaft nicht im Wesentlichen selbst die Aufwendungen getragen hat. 4. Übt die ausländische Körperschaft mehrere Tätigkeiten aus, besteht die Vermutung, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten wesentlich sind, wenn –– Personal, Ausstattung, Vermögenswerte und Räumlichkeiten mindestens zu einem Drittel für diese wirtschaftlichen Tätigkeiten eingesetzt werden und –– mindestens ein Drittel der gesamten Einkünfte aus diesen wirtschaftlichen Tätigkeit[en] erzielt werden.
Ein Vergleich des Verordnungs-Entwurfes zu deren Endfassung zeigt, dass die – diverser Reaktionen nach19 – zu strenge Sichtweise des Entwurfes etwas abgemildert wurde. Beispielsweise wurde ursprünglich das bloße Halten und Veräußern von Beteiligungen im Entwurf als Beispiel „keiner wirtschaftlichen Tätigkeit“ genannt.20 In der Endfassung besteht diesbezüglich eine widerlegbare Vermutung.21 Mit der Verordnung wurde auch geklärt, dass der Substanznachweis auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen hat22 und die Substanz in Anbetracht der behaupteten wirtschaftli18 Siehe VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II Nr. 21/2019. 19 Siehe z.B. KSW, Stellungnahme zum Entwurf der Verordnung VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften v. 4.12.2018, 10, abrufbar unter https://www.ksw.or.at/desktop default.aspx/tabid-5/290_view-20/ (Zugriff am 26.3.19). 20 Vgl. BMF, Entwurf VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, abrufbar unter https://www.bmf.gv.at/steuern/10a-KStG-VO.html (Zugriff am 26.3.19). 21 Vgl. VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II Nr 21/2019, § 4 Z 3; siehe auch Schilcher/Knesl, Die § 10a KStG-VO zur Hinzurechnungsbesteuerung und zum Methodenwechsel im Überblick, RdW 2019, 58 f.; Kanduth-Kristen, Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel gem § 10a KStG: Präzisierungen durch die VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II 2019/21, ÖStZ 2019, 87. 22 Vgl. VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II Nr 21/2019, § 4 Z 1.
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chen Tätigkeit beurteilt werden muss.23 Trotz der Verordnung fehlen weiterhin konkrete Vorgaben, die für Steuerpflichtige einen praxistauglichen Leitfaden für einen „erfolgreichen“ Substanztest bilden. In der Praxis wird man sich daher vorerst an der Literatur zur Auslegung des Sub stanztests nach der Anti-BEPS-Richtlinie orientieren müssen:24 –– Mehreren AutorInnen nach sollte die Hinzurechnungsbesteuerung auch nach Inkrafttreten der Anti-BEPS-Richtlinie entsprechend den in der Rs. Cadbury Schweppes25 entwickelten Grundsätzen angewendet werden.26 Demnach würde der Substanztest nur bei rein künstlichen Gestaltungen, also bei „rein fiktive[n] Ansiedlung[en] […], ohne wirtschaftlichen Gehalt oder wirtschaftliche Substanz“27 negativ ausfallen. Gleichwohl bleibt abzuwarten, ob diese Steuerpflichtigen-freundliche Linie in zukünftigen Entscheidungen des EuGH aufgrund der ATAD beibehalten wird.28 –– Die wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit sei nur gegeben, wenn die beherrschte ausländische Körperschaft „separately and independently“ von der beherrschenden Gesellschaft existieren könne29 – dies wäre ein strengerer Beurteilungsmaßstab als in der Rs. Cadbury Schweppes. –– Außerdem seien outgesourcte Tätigkeiten wie eigene Tätigkeiten zu behandeln.30
23 Vgl. VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II Nr 21/2019, § 4 Z 2; Siehe auch Schilcher/Knesl, Die § 10a KStG-VO zur Hinzurechnungsbesteuerung und zum Methodenwechsel im Überblick, RdW 2019, 58; die ATAD enthält hierzu keine Vorgaben, wenngleich diese Auffassung auch in der Lit. geäußert wird (vgl. z.B. De Jong, Controlled Foreign Company Rules and the EU, in Pinetz/Schaffer (Hrsg.), Limiting Base Erosion, 2017, S. 304). 24 Die Darstellung bisheriger Sichtweisen zum Substanztest stellt nur einen Ausschnitt der zahlreichen Veröffentlichungen dar. 25 Vgl. EuGH v. 12.9.2006 – C-196/04 – Cadbury Schweppes, ECLI:EU:C:2006:544. 26 Siehe etwa Eiler/Henning, BEPS: Hinzurechnungsbesteuerung – BEPS und neue Rechtsentwicklungen, ISR 2015, 422 ff.; Kühbacher, Die Anti-Missbrauchs-Richtlinie – vom (Un-) Sinn einer Harmonisierung, SWI 2017, 370 ff.; Bernwieser/Heiter, Steuerpolitische Auswirkungen der BEPS-Umsetzung in Österreich – Standpunkte aus Sicht der österreichischen Wirtschaft, in Hofmann/Jann/Jerabek (Hrsg), BEPS, 2017, S. 53; Haase, Vortrag, Zukunft des IStR: Hinzurechnungsbesteuerung und Multilaterales Instrument im Fokus, ISR 2017, 349 ff.; Orlet, Die Controlled Foreign Company Rule (Art 7 und 8 der Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie), in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg.), Die Anti-Tax-Avoidance-Richtlinie, 2017, S. 118 ff. 27 Kühbacher, Die Anti-Missbrauchs-Richtlinie – vom (Un-)Sinn einer Harmonisierung, SWI 2017, 371. 28 I.d.S. Eiler/Henning, BEPS: Hinzurechnungsbesteuerung – BEPS und neue Rechtsentwicklungen, ISR 2015, 422 ff. 29 De Jong, Controlled Foreign Company Rules and the EU, in Pinetz/Schaffer (Hrsg.), Limiting Base Erosion, 2017, S. 298, 305. 30 Vgl Haase, Vortrag, Zukunft des IStR: Hinzurechnungsbesteuerung und Multilaterales Instrument im Fokus, ISR 2017, 349 ff.
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–– Subjektive Aspekte dürften die Substanzbeurteilung wegen Manipulationsmöglichkeit nicht beeinflussen, wonach (außersteuerliche) Absichten der Steuerpflichtigen irrelevant seien.31 Aus der derzeitigen österreichischen Literatur zur Anwendung des Substanztests nach § 10a KStG kann im Vergleich dazu folgender Befund abgeleitet werden: –– Hauptsächlich wird auch in der österreichischen Literatur die zukünftige Bedeutung der Rs. Cadbury Schweppes hinterfragt. Zumeist wird dabei nur auf die unklare Bedeutung des Substanztests hingewiesen, ohne eine Lösung oder Tendenz anzubieten.32 Soweit eine Einschätzung erfolgt, nehmen mehrere AutorInnen an, dass bloß bei „Briefkastengesellschaften“, „Strohfirmen“ und ähnlichen rein künstlichen Gestaltungen keine hinreichende Substanz gegeben ist.33 Zum Teil wird in der neuen Bestimmung jedoch eine „etwas weitergehende Formulierung“ gesehen.34 Dementsprechend würde die EuGH-Rspr. (Rs. Cadbury Schweppes) weitergelten – zumindest weitgehend. Für ein derartiges Abstellen auf „rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Konstruktion“35 spricht sich auch die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aus. Von einem Teil des verwaltungsnahen
31 Vgl. De Jong, Controlled Foreign Company Rules and the EU, in: Pinetz/Schaffer (Hrsg.), Limiting Base Erosion, 2017, S. 304 f.; i.d.S. auch, dass der Motivtest “bewusst und gewollt“ weggelassen wurde Kirchmayr, Hinzurechnungsbesteuerung, in: Hofmann/Jann/Jerabek (Hrsg.), BEPS, 2017, S. 125 f.; Jedoch ist nach Kühbacher „[d]em Steuerpflichtigen […] die Möglichkeit einzuräumen, überzeugende wirtschaftliche Gründe für die gewählte Gestaltung beizubringen“ (vgl. Kühbacher, Die Anti-Missbrauchs-Richtlinie – vom (Un-)Sinn einer Harmonisierung, SWI 2017, 372). 32 Vgl. z.B. Endfellner/Puchinger, Das Jahressteuergesetz 2018, FJ 2018, 135; Petritz-Klar/ Petritz, Paradigmenwechsel im Konzernsteuerrecht (Teil I), Einführung einer Hinzurechnungsbesteuerung, taxlex 2018, 209; Raab, Die neue Hinzurechnungsbesteuerung, Überblick über den adaptierten Methodenwechsel, SWK 2018, 847; Marchgraber/Zöchling, § 10a KStG: Passiveinkünfte bei niedrig besteuerten Auslandsaktivitäten, ÖStZ 2018, 392 f. 33 Vgl. Blum, Hinzurechnungsbesteuerung und Abzugsverbot: Kumulative Anwendung überschießend?, SWI 2018, 590 m.w.N.; Fellinger, Systematische Aufbereitung und kritische Betrachtung der Befreiungsbestimmungen sowie der bisherigen und künftigen Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung gem § 10 und § 10a KStG, in Urnik/Fritz-Schmied (Hrsg.), Jahrbuch Bilanzsteuerrecht 2018, S. 188 f.; Staringer, Die Umsetzung der ATAD in Österreich durch das Jahressteuergesetz 2018, SWI 2018, 576 ff. 34 Petritz-Klar/Petritz, Paradigmenwechsel im Konzernsteuerrecht (Teil I), Einführung einer Hinzurechnungsbesteuerung, taxlex 2018, 209; Staringer argumentiert zu Beginn deutlich für die weitere Anwendbarkeit der Rs. Cadbury Schweppes, aber letztendlich sei die zukünftige Entwicklung der Rspr. wegen des „rauer gewordenen Klimas“ abzuwarten (vgl. Staringer, Die Umsetzung der ATAD in Österreich durch das Jahressteuergesetz 2018, SWI 2018, 576 ff.). 35 KSW, Stellungnahme zum Entwurf der Verordnung VO-Passiveinkünfte niedrigbe steuerter Körperschaften vom 4.12.2018, 10, abrufbar unter https://www.ksw.or.at/desktopdefault.aspx/tabid-5/290_view-20/ (Zugriff am 26.3.2019).
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Schrifttums wird die Richtigkeit einer solchen Interpretation allerdings bezweifelt.36 –– Eine eigene Lebensfähigkeit der ausländischen Gesellschaft wird nicht gefordert. Es bedarf nur eines angemessenen Verhältnisses der Substanz zur behaupteten wirtschaftlichen Tätigkeit.37 Fraglich bleibt, was dies im Ergebnis bedeutet – u.U., dass die beherrschte Körperschaft „sachlich und personell so ausgestattet [sein muss], dass die den Unternehmensgegenstand charakterisierenden unternehmerischen Entscheidungen durch die Gesellschaft selbst getroffen werden können“38. –– Daneben wird in Frage gestellt, in welcher Intensität die Kriterien zu erfüllen sind, ob zwischen eigenem und Leihpersonal39 sowie zwischen Shared Office Space und dauerhaft angemieteten Räumlichkeiten zu unterscheiden ist und „ob in einer Gesamtbetrachtung das Fehlen oder die geringere Ausprägung eines Kriteriums durch eine stärkere Ausprägung eines anderen Substanzkriteriums kompensiert werden kann“40. Eine gewisse Intensität an Substanz wird an manchen Stellen gefordert.41 –– Zum Nachweis der wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit wird vertreten, dass dieser objektiv feststellbar anhand von Jahresabschlüssen, Steuererklärungen und des Gesellschaftsvertrags zu erbringen ist. Daneben könnten etwa Funktionen und Risiken der ausländischen Körperschaft beschrieben und die Substanz sowie Um-
36 Vgl. Mayr/Titz, Umsetzung der Anti-BEPS-RL: Hinzurechnungsbesteuerung ergänzt Methodenwechsel nach § 10 (4) KStG, RdW 2018, 325 f., begründend mit sprachlichen Differenzen, vagen Erwägungsgründen der Anti-BEPS-RL und deren Entstehungsgeschichte; demgegenüber lässt Schlager die Frage unbeantwortet (vgl. Schlager, Die Hinzurechnungsbesteuerung im Jahressteuergesetz 2018 im Überblick, SWI 2018, 366). 37 Siehe oben zur VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften; Siehe auch Knesl/ Hloben, Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel gem § 10a KStG, SWK Spezial Einkommensteuer 2019, 231. 38 Schilcher/Knesl in Renner/Strimitzer/Vock, § 10a KStG, Rz. 209 (Stand: Juli 2018) mit Verweis auf ein Urteil des FG Münster (FG Münster v. 20.11.2015 – 10 K 1410/12 F, EFG 2016); siehe auch Kanduth-Kristen, Hinzurechnungsbesteuerung und Methodenwechsel gem § 10a KStG: Präzisierungen durch die VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II 2019/21, ÖStZ 2019, 86. 39 Betreffend Leasingarbeitskräften und angemieteten Räume sehen Schilcher/Knesl eine Zurechnung zur ausländischen Gesellschaft (vgl. Schilcher/Knesl in Renner/Strimitzer/Vock, § 10a KStG, Rz. 207 [Stand Juli 2018]). 40 Fellinger, Systematische Aufbereitung und kritische Betrachtung der Befreiungsbestimmungen sowie der bisherigen und künftigen Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung gem § 10 und § 10a KStG, in: Urnik/Fritz-Schmied (Hrsg.), Jahrbuch Bilanzsteuerrecht 2018, S. 188 f. mit Verweis auf Schimmer, Zweifelsfragen der Hinzurechnungsbesteuerung nach Art 7 f Anti-BEPS-Richtlinie, ÖStZ 2017, 155. 41 Vgl Staringer, Die Umsetzung der ATAD in Österreich durch das Jahressteuergesetz 2018, SWI 2018, 577; Schilcher/Knesl in Renner/Strimitzer/Vock, § 10a KStG, Rz. 210 (Stand: Juli 2018).
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sätze den wirtschaftlichen und nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten zugeordnet werden.42 Wie im Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien ersichtlich,43 will die Finanzverwaltung einzelne der angesprochenen Problemstellungen klären: –– Zur Beurteilung eines angemessenen Verhältnisses der Substanz zu den behaupteten wirtschaftlichen Tätigkeiten ist zu prüfen, „ob die ausländische Körperschaft über die entsprechenden sachlichen und personellen Ressourcen verfügt, um die behaupteten wirtschaftlichen Tätigkeiten ausüben zu können.“44 Ausdrücklich kann „im Einzelfall auch eine mit entsprechender Substanz ausgestattete vermögensverwaltende Tätigkeit einer ausländischen Körperschaft eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit darstell[en]“.45 In Fällen, in denen sich die Tätigkeit einer vermögensverwaltenden Holdinggesellschaft auf das bloße Halten von Beteiligungen und ihre Veräußerung beschränkt, wird die Nichterfüllung des Substanztests vermutet.46 Darüber hinausgehende Tätigkeiten sind etwa „die Geschäftsleitung der Beteiligungskörperschaften oder sonstige Dienstleistungen, die insbesondere zur Erzielung von aktiven Einkünften führen“47. –– Zwischen eigenem und geleastem Personal sowie zwischen eigenen oder gemieteten Räumlichkeiten wird nicht zu unterscheiden sein. Die vier gesetzlich vorge gebenen Substanzkriterien (Personal; Ausstattung, wie insbesondere Betriebs- und Geschäftsausstattung; Vermögenswerte des Anlage- oder Umlaufvermögens; Räumlichkeiten) müssen jedoch kumulativ dem Grunde nach vorhanden sein.48 –– Der Substanznachweis hat durch „geeignete Unterlagen zu erfolgen, aufgrund derer eine eindeutige Beurteilung durch die Abgabenbehörde möglich ist“49. Zusätzlich zu ausländischen Jahresabschlüssen, Steuererklärungen und Gesellschaftsverträgen werden „weitere Beweismittel, wie z.B. eine Funktions- und eine Risikoanalyse (Verrechnungspreisdokumentation) [und bei mehreren Tätigkeiten] eine Aufschlüsselung der eingesetzten Substanz und der erzielten Einkünfte nach den jeweiligen Tätigkeitsbereichen erforderlich sein“50.
42 Vgl. Schilcher/Knesl in Renner/Strimitzer/Vock, § 10a KStG, Rz. 219 f. (Stand: Juli 2018); zum Erfordernis eines objektiven Aktivitätstest siehe auch Fellinger, Systematische Aufbereitung und kritische Betrachtung der Befreiungsbestimmungen sowie der bisherigen und künftigen Vorschriften zur Missbrauchsbekämpfung gem § 10 und § 10a KStG, in: Urnik/ Fritz-Schmied (Hrsg.), Jahrbuch Bilanzsteuerrecht 2018, S. 189 m.w.N. 43 Abrufbar unter: https://www.bmf.gv.at/steuern/Neue-Erlaesse.html (22.7.2019), Ende der Begutachtungsfrist: 13.9.2019. 44 Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248cx. 45 Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248cy. 46 Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248da mVa VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II Nr. 21/2019, § Z 3 Ts 1. 47 Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248db. 48 Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248cw. 49 Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248dj. 50 Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248dj.
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III. Eigene Überlegungen zur Auslegung des Substanztests gem. § 10a Abs. 4 Z 3 KStG Dem durch die Passiveinkünfte-VO gewählten Ansatz einer Einzelfallbeurteilung auf Grundlage einer Gesamtbildbetrachtung kann jedenfalls eine ATAD konforme Umsetzung des Substanztests bescheinigt werden. Denn der Gesetzgeber hat dadurch für den Rechtsanwender die Tür offen gelassen, auch die zukünftige Rechtsprechung des EuGH zur Auslegung der ATAD mit in die Beurteilung einfließen zu lassen. Gleichwohl ist bis dahin dieser abstrakte gesetzgeberische Zugang in der Rechtsauslegung für den Steuerpflichtigen mit Problemen behaftet. Die Kriterien für die Beurteilung bleiben auch nach Veröffentlichung der Passiveinkünfte-Verordnung sowie des Entwurfes zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien vage. Es ist zu befürchten, dass in Betriebsprüfungen einzelfallbezogen unterschiedlich strenge Anforderungen an den Substanztest gestellt werden – mit der Gefahr, dass vergleichbare Fälle im Rahmen der Gesamtbildbetrachtung unterschiedlich behandelt werden. Dies bedeutet Rechtsunsicherheit für Unternehmen, die auch nicht durch eine verbindliche Rechtsauskunft ex ante geklärt bzw. abgesichert werden kann. Zwar sieht § 118 BAO ab 201951 vor, dass auch Rechtsfragen zum internationalen Steuerrecht einer verbindlichen Auskunft zugänglich sind. Aus dem österreichischen BMF ist dazu allerdings zu vernehmen, dass § 118 BAO nur für DBA-Fragen, nicht jedoch für das nationale Außensteuerrecht eine Grundlage für eine verbindliche Rechtsauskunft darstellt. Standortpolitisch ein nicht zufriedenstellendes Ergebnis. Vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert, wenn den Steuerpflichtigen praktikable Anhaltspunkte an die Hand gegeben würden, welche Kriterien zu erfüllen sind, damit die die Hinzurechnungsbesteuerung vermeidende Substanz anerkannt wird. Folgende Überlegungen könnten einen solchen Ansatz tragen: Ausgangspunkt der Entwicklung konkreter Ansatzpunkte für die Auslegung des Substanztests bildet die Frage, ob die Cadbury Schweppes Rspr. des EuGH auch bei der Auslegung der ATAD und somit des nationalen Substanztests maßgeblich bleibt. Dies kann auf den ersten Blick durchaus zweifelhaft sein. Denn bereits aus dem unterschiedlichen Wortlaut könnte abgeleitet werden, dass dem Tatbestand der „wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit“52 nach ATAD eine eigenständige, von der bisherigen EuGH Rspr. („wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit“53) abweichende Bedeutung zukommen soll.
51 Jahressteuergesetz 2018, BGBl. I Nr 62/2018. 52 Im Englischen „substantive economic activity“. 53 Im Englischen „genuine economic activity“; EuGH v. 12.9.2006 – C-196/04 – Cadbury Schweppes, ECLI:EU:C:2006:544, Rz. 68; siehe auch Haase, Vortrag, Zukunft des IStR: Hinzurechnungsbesteuerung und Multilaterales Instrument im Fokus, ISR 2017, 349 ff.; im BEPS-Aktionsplan, auf dem die ATAD und folglich § 10a KStG basiert, wird im Zusammenhang mit den Grundfreiheiten der EU auch explizit auf die Rs. Cadbury Schweppes verwiesen (vgl. OECD, Designing Effective Controlled Foreign Company Rules, Action 3 -
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Ob dadurch aber im Ergebnis eine gegenüber Cadbury Schweppes erhöhte Substanz anforderung gerechtfertigt sein kann, ist fraglich. Denn mit der Anti-BEPS-Richtlinie wurde versucht harmonisierend zwischen den EU-Mitgliedstaaten Regelungen einzuführen, deren Ziel die Verhinderung missbräuchlicher Gewinnverlagerung in Niedrigsteuerländer ist.54 Die bisherigen Reaktionen der nationalen Gesetzgeber zur ATAD zeigen dabei, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Ansätze zum Substanztest getroffen haben. Bspw. entschieden sich die Niederlande – anders als Österreich – für einen formalistischen Ansatz.55 Trotz der Harmonisierungsbestrebungen können den Abgabepflichtigen deshalb wesentlich unterschiedlich strenge Substanzanforderungen und Nachweispflichten in den einzelnen Mitgliedstaaten treffen. Infolge dessen werden Steuerpflichtige nahezu veranlasst, ihre Strukturen so aufzustellen und ihre Standortwahl für Konzernholdings innerhalb der EU danach auszurichten, wo möglichst klare und weniger strenge Substanztestvoraussetzungen bestehen. Die von der Richtlinie angestrebte Harmonisierung muss daher auch im Lichte der Grundfreiheiten und insbesondere der Niederlassungsfreiheit bewertet werden; wie dies in der Rs. Cadbury Schweppes explizit zum Tragen kam. Im Ergebnis kann das allerdings nur bedeuten, dass die in der ATAD noch gedeckten geringsten Ansprüche an den Substanztest den kleinsten gemeinsamen Nenner für die Substanzanforderungen der Mitgliedstaaten darstellen. Die in Österreich geforderte Gesamtbildbetrachtung ist – neben dem Ziel BEPS zu vermeiden – an den EU-Grundfreiheiten zu messen, weshalb Cadbury Schweppes in diesem Lichte in Zukunft relevant bleiben wird. Dies vorausgeschickt sind auch an den Substanztest in Österreich keine allzu strengen Kriterien anzulegen. Im Rahmen dem der ATAD zugrundeliegenden Harmonisierungsgedanken liegt es dabei auch nahe sich an praxistauglichen Kriterien zu orientieren, die andere Mitgliedstaaten, wie z.B. die Niederlande entwickelt haben. Nach den in den Niederlanden aufgestellten Kriterien ist ausreichend Substanz gegeben, wenn mindestens die Hälfte der entscheidungsbefugten Organe im Ansässigkeitsstaat der beherrschten Gesellschaft ansässig ist und im Ansässigkeitsstaat Entscheidungen getroffen, Bücher und die Hauptbankverbindung geführt werden, qualifizierte Mitarbeiter und Geschäftsräumlichkeiten zur Verfügung stehen sowie jährliche Personalaufwendungen i.H.v. mindestens 100.000 Euro anfallen. Die Kriterien sind kumulativ zu erfüllen. 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing, 2015, Rz. 20). 54 Siehe etwa Oppel, BEPS in Europa: (Schein-)Harmonisierung der Missbrauchsabwehr durch neue Richtlinie 2016/1164 mit Nebenwirkungen, IStR 2016, 797 f., wonach „Ziel der Richtlinie ist […] eine einheitliche Implementierung der BEPS-Ergebnisse auf Ebene der EU zum Schutz des Binnenmarkts, um eine Fragmentierung zu verhindern und den Maßnahmen maximale Wirkung zu verleihen“; EU-Richtlinien dienen auch allgemein der Harmonisierung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten (vgl. Leidenmühler in Jaeger/Stöger (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 115 AEUV(Stand: 1.10.2018). 55 Einen Überblick zur Umsetzung der CFC-Rule in den Niederlanden bietet IBFD (2019), https://research.ibfd.org/#/doc?url=/collections/atad/html/atad_nl.html, https://research. ibfd.org/#/doc?url=/data/tns/docs/html/tns_2019-01-02_nl_1.html (27.3.2019).
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Der niederländische Kriterienkatalog spiegelt m.E. sehr gut die Entscheidung Cadbury Schweppes wieder, wonach CFC-Rules nur missbräuchlichen Gestaltungen begegnen sollen56 und es entsprechend der Niederlassungsfreiheit möglich sein muss, „in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als desjenigen ihrer Herkunft teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen“57. Durch Bezugnahme auf Substanzkriterien wie sie die Niederlande vorsehen, kann daher eine greifbare Orientierung für den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung bei der Beurteilung der Substanz im Rahmen der Gesamtbildbetrachtung geschaffen werden. Ein Safe Harbour Ansatz wäre indessen im Rahmen der von der Passiveinkünfte-VO vorgegebenen Gesamtbildbetrachtung kritisch zu beurteilen. Die niederländische Ausgestaltung des Substanztests in Form eines Safe Harbour Ansatzes wird im Hinblick auf die Rspr. zu den EU-Grundfreiheiten insoweit kritisiert.58 Denn abhängig von der konkreten Tätigkeit der ausländischen Tochtergesellschaft bleibt es nicht aus, das notwendige Ausmaß im Einzelfall zu bestimmen. Daher sind auch überzogene Anforderungen an originären Personal- und Büroaufwand abzulehnen, wenn es die Geschäftstätigkeit (z.B. bei reinen Holdinggesellschaften) nicht erfordert.59 So müssen (neben geleastem Personal und gemieteten Räumlichkeiten) auch outgesourcte Tätigkeiten der ausländischen Tochter zugerechnet werden können, wenn klar dokumentiert werden kann, dass die Entscheidungs- und Verwaltungshoheit über die Tätigkeiten der Gesellschaft bei der lokalen Geschäftsführung verbleibt. In Anbetracht der von der Finanzverwaltung geforderten kumulativen Erfüllung der vier gesetzlich vorgegebenen Substanzkriterien wäre künftig auch noch die Abgrenzung dieser zu klären; beispielsweise, ob Betriebs- und Geschäftsausstattung nur als „Ausstattung“ oder zudem als „Vermögenswert“ in Form von Anlagevermögen zählt. Zu begrüßen ist, dass die Finanzverwaltung im Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien ausdrücklich dazu Stellung bezieht, dass (vermögensver56 Siehe dazu EuGH v. 12.9.2006 – C-196/04 – Cadbury Schweppes, ECLI:EU:C:2006:544, z.B. Rz. 37: „Der Umstand, dass eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat mit dem Ziel gegründet worden ist, in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften zu kommen, [reicht] für sich allein nicht aus[…], um auf eine missbräuchliche Ausnutzung dieser Freiheit zu schließen“. 57 Vgl EuGH v. 12.9.2006 – C-196/04 – Cadbury Schweppes, ECLI:EU:C:2006:544, z.B. Rz. 53 mit Verweis auf EuGH v. 30.11.1995 – C-55/94 – Rs. Gebhard, ECLI:EU:C:1995:411, Rz. 25. 58 Vgl Groot de/Larking, Implementation of Controlled Foreign Company Rules under the EU Anti-Tax Avoidance Directive (2016/1164), European Taxation, 269 f. m.w.N. 59 Die Beurteilung ausreichender Substanz hängt nämlich von der jeweiligen Art der Geschäftstätigkeit ab – so auch bereits 2018 der BFH (BFH v. 13.6.2018 – I R 94/15, ECLI: DE:BFH:2018:U.130618.IR94.15.0, Rz. 15) zur deutschen Hinzurechnungsbesteuerung. Die österreichische Verordnung (VO Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften, BGBl. II Nr. 21/2019, § 4 Z 2) gibt dies ausdrücklich in § 4 Z 2 vor. Bei Holdinggesellschaften werden wesentliche geschäftsleitende und dem ähnliche wirtschaftliche Tätigkeiten, ungeachtet wenigem Personal etc., i.d.R. einen positiven Substanztest ergeben können (dem ähnlich Schilcher/Knesl, Die § 10a KStG-VO zur Hinzurechnungsbesteuerung und zum Methodenwechsel im Überblick, RdW 2019, 58).
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Der Substanznachweis am Beispiel Österreichs
waltende) Holdinggesellschaften eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit ausüben können. Bleibt abschließend noch anzumerken, dass die in § 10a Abs. 4 Z 3 letzter Satz KStG vorgesehene Nachweispflicht kritisch beurteilt werden könnte.60 Insbesondere auch deswegen, weil die Finanzverwaltung umfassende Unterlagen fordern wird.61 Eine solche generelle Beweislastumkehr zu Lasten des Steuerpflichtigen sieht die Anti- BEPS-Richtlinie nicht vor, sondern „[e]s ist wichtig, dass die Finanzbehörden und die Steuerpflichtigen zusammenarbeiten, um die relevanten Fakten und Umstände im Hinblick auf die Bestimmung der Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung zusammenzutragen“.62 Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer erachtet die vollständige Beweislastumkehr ohne das Vorliegen eines „Anfangsbeweises“ als unionsrechtswidrig.63 Ob eine unzulässige Verschiebung der Nachweispflicht vorliegt, soll in diesem Beitrag noch nicht abschließend beurteilt werden. Je geringer aber die von den Finanzbehörden gestellten inhaltlichen Anforderungen an den Substanztest und je bestimmter die Kriterien sind, umso unproblematischer ist die Beweislastumkehr zu beurteilen.
60 Siehe zur generellen Beweislastumkehr auch Entwurf zum Wartungserlass zu den Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz 1248dj ff. (abrufbar unter: https://www.bmf.gv.at/steuern/ Neue-Erlaesse.html (22.7.2019), Ende der Begutachtungsfrist: 13.9.2019). 61 Z.B. Jahresabschlüsse, Steuererklärungen, Gesellschaftsverträge, Verrechnungspreisdokumentationen (siehe Entwurf zum Wartungserlass der Körperschaftsteuerrichtlinien, Rz. 1248dj). 62 Richtlinie (EU) 2016/1164, Erwägungsgrund 12; siehe i.d.S auch kritisch Groot de/Larking, Implementation of Controlled Foreign Company Rules under the EU Anti-Tax Avoidance Directive (2016/1164), European Taxation, 270. 63 Siehe auch KSW, Stellungnahme zum Entwurf der Verordnung VO-Passiveinkünfte niedrigbesteuerter Körperschaften vom 4.12.2018, 10, abrufbar unter https://www.ksw.or.at/ desktopdefault.aspx/tabid-5/290_view-20/ (Zugriff am 26.3.19) mit Verweis auf EuGH v. 7.9.2017 – C-6/16 – Eqiom, ECLI:EU:C:2017:641.
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Praktische Problemfelder bei der Einkünfteermittlung von Vertreterbetriebsstätten
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Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Begriff der Vertreterbetriebsstätte 1. Ständiger Vertreter i.S.d. § 13 AO 2. Abkommensrechtliche Vertreter betriebsstätte III. Gewinnzurechnung zur Vertreter betriebsstätte 1. Anwendung der AOA-Grundsätze 2. Zuordnung von Personalfunktionen
3. Zuordnung von Vermögenswerten 4. Zuordnung von Chancen und Risiken 5. Zuordnung von Dotationskapital 6. Bestimmung der angemessenen Vergütung 7. Besonderheiten bei einem rechtlich eigenständigen Unternehmen als ständiger Vertreter IV. Zusammenfassung
Rudolf Gocke war Hubertus Baumhoff über mehr als drei Jahrzehnte ein geschätzter Freund und Kollege. Als Hubertus Baumhoff im Jahr 1987 zu Flick Gocke Schaumburg stieß, gehörten die Verrechnungsreise noch nicht zu den Kernberatungsdisziplinen der Kanzlei. Zusammen mit Rudolf Gocke baute Hubertus Baumhoff in den nachfolgenden dreißig Jahren dieses Beratungsfeld zu einem der fachlichen Schwerpunkte der Kanzlei aus und prägt bis heute das Fachgebiet der Verrechnungspreise wie kaum ein anderer in Deutschland. Über seine herausragende Dozenten-, Vortrags- und Publikationstätigkeit verhalf Hubertus Baumhoff mehreren Generationen von Praktikern und Vertretern der Finanzverwaltung zu einem besseren Verständnis des Fremdvergleichsgrundsatzes sowohl in rechtlicher als auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht. Gerade die von ihm geprägte betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise erweist sich auch heute noch als bestimmend für die Disziplin und kommt gerade im Rahmen der aktuellen Entwicklungen in der Verrechnungspreiswelt stark zum Ausdruck. Hervorzuheben ist ferner die fachliche Breite von Hubertus Baumhoff auf dem ge samten Gebiet der Unternehmenssteuern. In seiner langjährigen Tätigkeit als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer gelingt es ihm bis heute, sein akademisch fundiertes Fachwissen mit umfangreichen und über Jahrzehnte erlangten Praxiserfahrungen zu kombinieren, um so gerade in komplexen Fällen praktikable und sachgerechte Lösungen herbeizuführen. Den vorstehenden Ausführungen schließt sich auch Vassil Tcherveniachki uneingeschränkt an. Kennengelernt hat er Hubertus Baumhoff zu Beginn seiner Beratertätigkeit in 2007. Durch fachlich anspruchsvolle Aufgaben ermöglichte Hubertus Baumhoff einem damals jungen Mitarbeiter das Fachgebiet der Verrechnungspreise von der Pike auf zu lernen und das Spannungsverhältnis zwischen der rechtlich-normativen Welt und den betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen zu erkunden. 43
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All das hat die beiden Verfasser dazu veranlasst, für diese Freundesgabe ein Thema, welches wie kaum ein anderes rechtliche Vorgaben mit betriebswirtschaftlichen Aspekten kombiniert, zu wählen und ihm damit herzlich zum 65. Geburtstag zu gratulieren.
I. Einleitung Die Besteuerung von Vertreterbetriebsstätten gewinnt erheblich an Dynamik. Um die künstliche Umgehung von Vertreterbetriebsstätten zu verhindern, hat die OECD die abkommensrechtliche Vertreterbetriebsstätte nach Action 7 („Prevent the Artificial Avoidance of PE Status“) des „Base Erosion and Profit Shifting“ (BEPS) erheblich erweitert. Aber auch der BFH hat in seiner jüngsten Rechtsprechung den Begriff des ständigen Vertreters gem. § 13 AO unter bestimmten Voraussetzungen auf die Tätigkeit von Geschäftsführern ausgedehnt. Gleichermaßen steht die Frage, welcher Gewinn einer Vertreterbetriebsstätte zuzurechnen ist, im Fokus. Mit der Umsetzung des AOA („Authorised OECD Approach“) in Art. 7 OECD-MA 2010 und in § 1 Abs. 5 AStG ab dem 1.1.2013 soll die Betriebsstätte für Zwecke der Gewinnermittlung im Verhältnis zum übrigen Unternehmen – unabhängig von der fehlenden zivilrechtlichen Selbstständigkeit – einer nahestehenden Person gleichgestellt werden. Damit kann die Betriebsstätte zwar weiterhin keine schuldrechtlichen Geschäftsbeziehungen mit dem übrigen Unternehmen eingehen; es können aber sog. anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen („Dealings“) entstehen, die nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu vergüten sind. Nach § 1 Abs. 5 Satz 5 AStG und § 39 Abs. 1 BsGaV ist der AOA sinngemäß auch auf ständige Vertreter anzuwenden. Ferner wurden mit den BEPS-Aktionsmaßnahmen 8 bis 10 die Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen noch stärker als bisher auf ein funktionsbasiertes und wertschöpfungsbeitragsorientiertes Verständnis des Fremdvergleichsgrundsatzes ausgerichtet. Insoweit ist die praktische Anwendung des AOA auf Vertreterbetriebsstätten mit einer erheblichen Komplexität verbunden, die sich in einer zunehmenden Anzahl von Fällen der Doppelbesteuerung niederschlägt.
II. Begriff der Vertreterbetriebsstätte 1. Ständiger Vertreter i.S.d. § 13 AO Nach § 13 AO begründet eine natürliche oder juristische Person, die nachhaltig Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachanweisungen unterliegt, einen ständigen Vertreter. Die Begründung eines ständigen Vertreters setzt keinen räumlichen Anknüpfungspunkt (z.B. angemietete Büroräume) voraus. Eine Vollmacht des ständigen Vertreters ist auch nicht erforderlich; vielmehr reicht bereits die tatsächliche Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen des vertretenen Unterneh-
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mens aus.1 Weiterhin genügt eine sachliche Weisungsgebundenheit, die dann geben ist, wenn der Wille des Unternehmers die Tätigkeit des ständigen Vertreters bestimmt.2 Damit können auch Handelsvertreter oder Kommissionäre einen ständigen Vertreter begründen. Die Besorgungsleistungen des ständigen Vertreters müssen nachhaltig, d.h. nicht nur gelegentlich erbracht werden.3 Schließlich können auch Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten die Voraussetzungen des § 13 AO erfüllen. Nach der jüngsten Rechtsprechung des BFH kann auch ein Geschäftsführer einer ausländischen Kapitalgesellschaft als deren Vertretungsorgan ein ständiger Vertreter i.S.d. § 13 AO sein.4 Damit schließen sich Geschäftsführertätigkeit und die Tätigkeit als ständiger Vertreter nicht aus. Nach Auffassung des BFH spricht dafür insbeson dere, dass die Organtheorie bereits im Zivilrecht die Anwendung der Vertretungsvorschriften nicht hindert. Ferner werden die geschäftsführenden Tätigkeiten eines Organs nach dem Wortlaut des § 13 AO („Verträge abschließen“ oder „Aufträge einholen“) erfasst. Bemerkenswert ist, dass nach Ansicht des BFH die nachhaltige Tätigkeit des Geschäftsführers für seine Gesellschaft dessen gleichzeitige Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschaft nicht ausschließt. Diese Weisungsgebundenheit ergibt sich – so der BFH – aus der Einheitlichkeit der Willensbildung bzw. gesellschaftsrechtlichen Weisungsbefugnissen, die den Willen und die Entscheidungen des Unternehmers bestimmen. Letzteres wirft dennoch die Frage auf, ob ein Geschäftsführer tatsächlich den Sachanweisungen des von ihm geführten Unternehmens unterliegen kann. Das vorstehende Urteil des BFH vom 23.10.2018 hat erhebliche praktische Bedeutung für zahlreiche Fälle der grenzüberschreitenden Aktivitäten in den Grenzregionen. Um etwaige Betriebsstättenrisiken zu vermeiden, sollten in Deutschland ansässige Geschäftsführer ausländischer Gesellschaften detailliert dokumentieren (z.B. durch Schriftverkehr, Telefonate, E-Mail-Korrespondenz, Besprechungsprotokolle), dass sie von Deutschland heraus weder Geschäfte abschließen noch Aufträge für das aus ländische Unternehmen einholen.5 Gleichwohl lässt sich befürchten, dass die Betriebsprüfungen diese Rechtsprechung zum Anlass nehmen könnten, einen ständigen Vertreter bei jeder noch so geringen Tätigkeit eines in Deutschland wohnhaften Geschäftsführers anzunehmen. 2. Abkommensrechtliche Vertreterbetriebsstätte Die Tatbestandvoraussetzungen einer Vertreterbetriebsstätte sind abkommensrechtlich nicht deckungsgleich mit dem Tatbestand des § 13 AO. Nach Art. 5 Abs. 5 OECDMA begründet ein „abhängiger“ Vertreter eine Vertreterbetriebsstätte, wenn eine Per1 Vgl. BFH v. 12.4.1978 – I R 136/77, BStBl. II 1978, 494. 2 Vgl. BFH v. 28.6.1972 – I R 35/70, BStBl. II 1972, 785; BMF v. 24.12.1999 – IV B 4-S 1300111/99, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 1.2.2. 3 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.354. 4 Vgl. BFH v. 23.10.2018 – I R 54/16, FR 2019, 522. 5 Vgl. Schimmele, AO-StB 2019, 139.
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son – mit Ausnahme eines unabhängigen Vertreters – für ein Unternehmen in einem Vertragsstaat tätig wird und die Vollmacht besitzt, im Namen des Unternehmens Verträge abzuschließen und sie diese Vollmacht dort gewöhnlich ausübt. Ferner begründen nach Art. 5 Abs. 6 OECD-MA a.F. Makler, Kommissionäre und andere „unabhängige“ Vertreter keine Vertreterbetriebsstätte, wenn diese Personen im Rahmen ihrer „ordentlichen Geschäftstätigkeit“ handeln. Im Gegensatz zu § 13 AO setzt Art. 5 Abs. 5 OECD-MA a.F. ausdrücklich das Vorliegen einer Vollmacht des Vertreters voraus, im Namen des vertretenen Unternehmens Verträge abzuschließen. Hierbei kann nur eine zivilrechtliche, nicht bereits eine wirtschaftliche Abschlussvollmacht eine Vertreterbetriebsstätte begründen.6 Allerdings ist auch nach bisheriger Auffassung der OECD von einer „Bindung des Vertretenen“ nicht nur dann auszugehen, wenn der Vertreter den von ihm ausgehandelten Vertrag auch formell unterzeichnet. Vielmehr geht die OECD davon aus, dass für eine Vertreterbetriebsstätte ausreichend ist, wenn eine Person bevollmächtigt ist, alle Einzel heiten eines Vertrags verbindlich für das Unternehmen auszuhandeln und der von ihr ausgehandelte Vertrag von dem vertretenen Unternehmen formell unterzeichnet wird.7 Mithin beinhaltet der Ausdruck „Abschlussvollmacht“ eine wirtschaftliche Komponente.8 Darüber hinaus reichen – im Unterschied zu § 13 AO – Geschäftsbesorgungen wie etwa die Auslieferung von Waren oder schlichte Handlungen im Rahmen des internen Geschäftsbetriebs wie z.B. die Erteilung von Weisungen an Mitarbeiter nicht für die Begründung einer Vertreterbetriebsstätte aus. Denn es handelt sich um Hilfsoder Unterstützungstätigkeiten i.S.d. der Betriebsstättenausnahme nach Art. 5 Abs. 4 OECD-MA.9 Mit dem finalen OECD-Bericht vom 5.10.2015 zu Action 7 des BEPS-Aktionsplans wurde eine neue Fassung des Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA vorgeschlagen. Nach Art. 5 Abs. 5 OECD-MA 2017 setzt die Begründung einer Vertreterbetriebsstätte voraus, dass eine Person in einem Vertragsstaat für ein Unternehmen tätig ist und dabei gewöhnlich Verträge schließt oder gewöhnlich die wesentliche Rolle beim Abschluss von Verträgen einnimmt, die regelmäßig ohne weitere wesentliche Änderung durch das Unternehmen geschlossen werden. Damit ist künftig eine Abschlussvollmacht für den (abhängigen) Vertreter nicht mehr erforderlich.10 Es sollen – anders als bisher – auch Sachverhalte erfasst werden, in denen ein Vertreter im Quellenstaat umfassende Maßnahmen der Kundengewinnung durchführt, der Abschluss der Verträge aber durch das Unternehmen erfolgt (z.B. über das Internet oder nach Weiterleitung der Kundenbestellungen durch den Vertreter). Weiterhin von der Betriebsstättenbegründung ausgenommen sind Handelsvertreter, die lediglich Akquisitionsmaßnahmen
6 Vgl. Piltz, IStR 2004, 181 (184); BMF v. 24.12.1999, BStBl. I 1999, 1076, Tz. 1.2.2. 7 Vgl. Tz. 33 OECD-MK 2014 zu Art. 5. 8 Vgl. Hruschka in FS Kuckhof, 2018, S. 106; Hruschka/Girlich, ISR 2019, 205 (208); van der Ham/Retzer, ISR 2017, 131 (132). 9 Vgl. Hruschka in FS Kuckhof, 2018, S. 106. 10 Vgl. Hruschka/Girlich, ISR 2019, 205 (208); Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (718).
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durchführen ohne in Vertragsangelegenheiten involviert zu sein.11 Funktions- und risikoschwache Eigenhändler („low risk distributor“) begründen ebenfalls keine Vertreterbetriebsstätte.12 Schließlich führen lediglich Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten i.S.d. Art. 5 Abs. 4 OECD-MA 2017 auch nicht zum Vorliegen einer Vertreterbetriebsstätte.13 Da es weder auf den faktischen Vertragsabschluss durch den Vertreter noch auf dessen offenkundiges Handeln im Namen des Vertretenen ankommt, wird die abkommensrechtliche Vertreterbetriebsstätte im Ergebnis erheblich ausgedehnt.14 Praktisch könnte jede wirtschaftlich bedeutende Mitwirkung eines Dritten im Quellenstaat eine abkommensrechtliche Vertreterbetriebsstätte begründen.15 In diesem Zusammenhang wird in der Literatur zu Recht kritisiert, dass die Tatbestandsvoraussetzung „wesentliche Rolle“ nicht hinreichend konkretisiert ist.16 Generell kann dem Vertreter eine wesentliche Rolle dann zukommen, wenn der Vertreter einen eigenen wesentlichen Wertschöpfungsbeitrag zur Entscheidung des Kunden beigetragen hat.17 Fraglich ist aber, ob eine „wesentliche Rolle“ eingenommen wird, wenn die Tätigkeit des Vertreters nur in der Erbringung von Marketing- und Werbeleistungen (z.B. Marktstudien, Planung und Organisation von Werbekampagnen vor Ort etc.) besteht. Wenngleich in dieser Konstellation keine Vertreterbetriebsstätte vorliegen dürfte, wären Diskussionen mit den lokalen Finanzbehörden programmiert. Auch das Merkmal „ohne wesentliche Änderungen“ lässt einen erheblichen Interpretationsspielraum offen.18 Dieses Merkmal dürfte insbesondere dann nicht vorliegen, wenn das vertretene Unternehmen weiterhin die Möglichkeit hat, die vom Vertreter vorverhandelten Vertragskonditionen zu ändern und diese Änderungen tatsächlich vorgenommen und entsprechend dokumentiert werden. Übt der Vertreter neben der Vertretertätigkeit für ein Unternehmen auch weitere Geschäftstätigkeiten (z.B. als Eigenhändler oder Dienstleister) aus, ist nach Auffassung der OECD eine isolierte Beurteilung der einzelnen Tätigkeiten vorzunehmen.19 Dies wäre allerdings nicht mit der bisherigen Rechtsprechung des BFH20 vereinbar, wonach bei einer wesentlichen wirtschaftlichen Eigenaktivität aufgrund einer fehlenden Abhängigkeit keine Vertreterbetriebsstätte begründet wird. Zudem wäre die Frage,
11 Vgl. Leonhardt/Tcherveniachki in: Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG, Anm. 3806; van der Ham/Retzer, ISR 2017, 131 (133). 12 Vgl. Tz. 32.12 OECD-MK 2017 zu Art. 5. 13 Vgl. Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (718). 14 Vgl. Puls in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 2.207. 15 Vgl. Hruschka in FS Kuckhof, 2018, S 107; Kroninger/Linn, DB 2017, 2509 (2511). 16 Vgl. Kroninger/Linn, DB 2017, 2509 (2510); Wilke in FS Kuckhof, 2018, S. 118; Puls in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 2.225. 17 Vgl. Wilke in FS Kuckhof, 2018, S. 118. 18 Vgl. Wilke in FS Kuckhof, 2018, S. 119 19 Vgl. Art. 5 OECD-MK 2017 Rz. 110; OECD, Preventing the Artificial Avoidance of Permanent Establishment Status, Action 7: 2015 Final Report, 22, Tz. 38.6. 20 Vgl. BFH v. 14.9. 1994 – I R 116/93, BStBl. II 1995, 238.
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welche Tätigkeiten zu separieren und isoliert zu betrachten sind, mit praktischen Schwierigkeiten verbunden.21 Nach Art. 5 Abs. 6 Buchst. a) OECD-MA 2017 sind Makler und Kommissionäre nicht als „unabhängige“ Vertreter zu qualifizieren, wenn die betreffende Person ausschließlich oder fast ausschließlich für nahestehende Unternehmen tätig wird. Durch diese Änderung sollen insbesondere die praxisüblichen Kommissionärsstrukturen von der Befreiung gem. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA 2017 ausgeschlossen werden. Nach Art. 5 Abs. 6 Buchst. b) OECD-MA 2017 steht eine Person einem Unternehmen nahe, wenn nach Maßgabe sämtlicher Umstände und Tatsachen zwischen den beiden Parteien selbst ein Beherrschungsverhältnis besteht (Fall 1) oder beide Parteien von denselben Personen beherrscht werden (Fall 2) oder einer Person unmittelbar oder mittelbar mehr als 50% des wirtschaftlichen Eigentums (bzw. der Stimmrechte) an der anderen Person gehören (Fall 3) oder einer dritten Person unmittelbar oder mittelbar mehr als 50% des wirtschaftlichen Eigentums (bzw. der Stimmrechte) an den beiden Parteien zustehen (Fall 4). Damit unterscheidet sich der Begriff der nahestehenden Person vom Begriff der verbundenen Personen i.S.d. Art. 9 OECD-MA. Er ist einerseits weiter gefasst, weil es sich nur bei dem Vertretenen zwingend um ein Unternehmen i.S.d. Art. 3 Abs. 1 Buchst. c) und d) OECD-MA handeln soll. Er ist aber andererseits enger gefasst, weil er lediglich auf Beherrschungsverhältnisse bzw. Mehrheitsbeteiligungen abstellt. Weder Art. 5 Abs. 6 OECD-MA 2017 noch der OECD-MK 2017 enthalten konkrete Angaben zur Bestimmung des Umfangs der relevanten Tätigkeiten. Maßgeblich sind Tätigkeiten des Vertreters, die er auf fremde Rechnung vornimmt (sog. Vertretungstätigkeiten). Vertragsabschlüsse auf eigene Rechnung (z.B. eine vom Vertreter zusätzlich ausgeübte Tätigkeit als Eigenhändler) werden indessen nicht berücksichtigt.22 Im Ergebnis ist stets eine einzelfallbezogene Prüfung vorzunehmen. Nach Auffassung der OECD ist ein Vertreter jedenfalls dann ausschließlich oder fast ausschließlich für nahestehende Unternehmen tätig, wenn die Umsatzerlöse aus Vertretungstätigkeiten auf Rechnung von nicht nahestehenden Unternehmen weniger als 10% der gesamten Umsatzerlöse aus Vertretungstätigkeiten für Unternehmen betragen.23 Durch die Einschränkung der Ausnahmen für unabhängige Vertreter i.S.d. Art. 5 Abs. 6 OECD-MA 2017 dürfte die Begründung von Vertreterbetriebsstätten im Konzern deutlich zunehmen.24 Deutschland hat sich das Recht vorbehalten, Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA 2017 nicht anzuwenden.25 Gleichwohl sind die deutschen DBA im Einzelfall zu prüfen. 21 Vgl. Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (718); Puls in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 2.224. 22 Vgl. Tz. 38.6 OECD-MK 2017 zu Art. 5. 23 Vgl. Tz. 112 OECD-MK 2017 zu Art. 5. 24 Vgl. Hruschka in FS Kuckhof, 2018, S. 108; Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.361. 25 Vgl. MLI v. 7.6.2017, Germany - Status of List of Reservations and Notifications at the Time of Signature, Article 12.
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Beispielsweise sind die Änderungen des Vertreterbetriebsstättenbegriffs in Art. 5 Abs. 8 und 9 DBA-Australien 2015 enthalten. Zudem lässt sich nicht ausschließen, dass einzelne Staaten, die Art. 5 Abs. 5 und 6 OECD-MA 2017 zugestimmt haben, ungeachtet des deutschen Vorbehalts diese abkommensrechtlichen Regelungen anwenden könnten. Die Folge wäre eine Doppelbesteuerung.
III. Gewinnzurechnung zur Vertreterbetriebsstätte 1. Anwendung der AOA-Grundsätze Nach dem AOA ist eine Betriebsstätte uneingeschränkt wie ein eigenständiges Un ternehmen zu behandeln, so dass bei der Gewinnermittlung (fiktive) Liefer- und Leistungsbeziehungen („Dealings“) zwischen der Betriebsstätte und dem übrigen Un ternehmen fremdüblich zu verrechnen sind. Der AOA wurde in § 1 Abs. 5 AStG umgesetzt und durch die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung (BsGaV) vom 14.10.201426 und die Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG- BsGa) vom 22.12.201627 konkretisiert. Wie einleitend ausgeführt ist der AOA nach § 1 Abs. 5 Satz 5 AStG und § 39 Abs. 1 BsGaV sinngemäß auch auf ständige Vertreter anzuwenden. Nach § 1 Abs. 5 Satz 5 AStG i.V.m. § 39 Abs. 1 BsGaV ist der Gewinn einer Vertreterbetriebsstätte auf Basis einer Funktions- und Risikoanalyse zu ermitteln. In einem ersten Schritt sind die Personalfunktionen der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnen. Nach Maßgabe der Personalfunktionen sind der Vertreterbetriebsstätte die Vermögenswerte zuzuordnen, die für die Ausübung der Personalfunktionen erforderlich sind. Anschließend sind die mit den Vermögenswerten verbundenen Chancen und Risiken zu bestimmen. Auf Grundlage der Chancen und Risiken ist die Vertreter betriebsstätte mit Dotationskapital auszustatten. In einem zweiten Schritt sind anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen (Dealings) zu identifizieren und nach dem Fremdvergleichsgrundsatz abzurechnen. Die methodische Anwendung des AOA auf Vertreterbetriebsstätten beinhaltet damit keine Unterschiede im Vergleich zu Betriebsstätten i.S.d. § 12 AO.28 Da es sich bei der Vertreterbetriebsstätte regelmäßig um eine funktionsschwache Dienstleistungsbetriebsstätte handelt, ist der AOA aber – wie nachfolgend veranschaulicht wird – eine wenig praktikable Lösung für Zwecke der Gewinnermittlung einer Vertreterbetriebsstätte.29 2. Zuordnung von Personalfunktionen Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 AStG sind einer Betriebsstätte die Funktionen zuzuordnen, die durch eigenes Personal der Betriebsstätte ausgeübt werden. Als Personal 26 BGBl. I 2014, 1603. 27 BGBl. I 2017, 182. 28 Vgl. Frotscher, Ubg 2017, 590 (590). 29 Vgl. Ditz, SWI 2017, 282 (286).
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kommen Personen in Betracht, die entweder einen Arbeitsvertrag mit dem vertretenen Unternehmen haben, welches den ständigen Vertreter begründet, oder für die der ständige Vertreter wirtschaftlicher Arbeitgeber ist, d.h. das Personal ist im Geschäftsbetrieb des ständigen Vertreters integriert, an die Weisungen des ständigen Vertreters gebunden und der ständige Vertreter trägt die Vergütungen des Personals.30 Die Vertreterbetriebsstätte verfügt aber als fiktive Unternehmenseinheit selbst nicht über eigenes Personal.31 Infolgedessen sieht § 39 Abs. 2 BsGaV im Falle von rechtlich selbstständigen Vertretern (z.B. Tochtergesellschaften) im Wege einer Fiktion vor, dass die vom Personal des Vertreters ausgeübten Funktionen als eigene Personalfunktionen des vertretenen Unternehmens anzusehen sind.32 Die Funktionen eines ständigen Vertreters können weit gefasst sein. Neben der Handelsvertretertätigkeit können die Funktionen die Kontaktaufnahme zu potentiellen Kunden und die Vermittlung von Aufträgen an das vertretene Unternehmen umfassen. Darüber hinaus können auch Tätigkeiten wie z.B. das Betreiben eines Warenlagers, die Erbringung von Logistik-Dienstleistungen, Import und Zollabfertigung, Beaufsichtigung des Imports und der Zollabfertigung durch Dritte, Auslieferung von Produkten, Rechnungsstellung, Inkasso, Kundenservice und Reparaturdienstleistungen in Betracht kommen.33 Es handelt sich damit stets um Dienstleistungen des ständigen Vertreters an das vertretene Unternehmen.34 3. Zuordnung von Vermögenswerten Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 AStG sind dem ständigen Vertreter diejenigen Vermögenswerte des vertretenen Unternehmens zuzuordnen, die der ständige Vertreter zur Ausübung der ihm nach § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 AStG zugeordneten Funktion benötigt. Da der ständige Vertreter keine Handelstätigkeit entfaltet, sondern lediglich Dienstleistungen erbringt, sollte eine Zuordnung von Vermögenswerten zum ständigen Vertreter in der Praxis selten möglich sein.35 Mithin kommt etwa eine Zuordnung von Waren zur Vertreterbetriebsstätte nur dann in Betracht, wenn der entsprechende Vertrag über den Verkauf der Waren nach Maßgabe des § 9 BsGaV der Vertreterbetriebsstätte zugeordnet werden kann.36 Als immaterielle Vermögenswerte kommen ins besondere Kundenstämme in Betracht, die nur dann der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnen sind, wenn sie von dieser entweder fiktiv erworben (oder vom übrigen Unternehmen in die Vertreterbetriebsstätte z.B. durch Aufnahme der Tätigkeit im 30 Vgl. BMF v. 9.11.2001, BStBl. I 2001, 796, Tz. 2.1 und 2.2; Wassermeyer in Wassermeyer/ Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.364. 31 Vgl. Ditz/Bärsch, IStR 2013, 411 (412). 32 Vgl. Ditz/Bärsch, IStR 2013, 411 (412); Frotscher, Ubg 2017, 590 (590); Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Anm. 3809. 33 Vgl. Frotscher, Ubg 2017, 590 (591); Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.368. 34 Vgl. OECD-Betriebsstättenbericht 2010, Teil I, Tz. 47. 35 Vgl. Ditz, SWI 2017, 282 (286); Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.371. 36 Vgl. Frotscher, Ubg 2017, 590 (592).
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Betriebsstättenstaat überführt) oder selbst geschaffen worden sind. 37 Soweit die Vertreterbetriebsstätte neben der Tätigkeit als ständiger Vertreter keine Tätigkeiten ausübt, ist ihr lediglich der Anspruch auf die Vertreterprovision zuzuordnen. Ferner führt weder die Übernahme des Forderungsmanagements noch die Verwaltung eines Warenlagers durch den ständigen Vertreter dazu, dass die Debitoren oder der Warenbestand dem ständigen Vertreter zuzuordnen sind.38 Vielmehr wäre dem ständigen Vertreter lediglich ein höherer Vergütungsanspruch für diejenigen Dienstleistungen zuzurechnen, die er zusätzlich zur reinen Vertretertätigkeit erbringt.39 4. Zuordnung von Chancen und Risiken Nach § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 3 AStG sind der Vertreterbetriebsstätte Chancen und Risiken zuzuordnen, die diese aufgrund der ausgeübten Funktionen und zugeordneten Vermögenswerte übernimmt. In diesem Zusammenhang sieht § 10 BsGaV eine Zuordnung der Chancen und Risiken zu dem diesen zugrunde liegenden Vermögenswert oder Geschäftsvorfall vor. Bei der Zuordnung von Chancen handelt es sich im Hinblick auf Vertreterbetriebsstätten um die Möglichkeit des Verkaufs an Kunden bzw. des Einkaufs bei Lieferanten. Die Zuordnung einer solchen Geschäftschance erfolgt nach Maßgabe der Personalfunktionen, die für die Erarbeitung der zuzuordnenden Geschäftschance maßgeblich sind. Wird damit eine Kundenbeziehung vom Personal des übrigen Unternehmens aufgebaut, kommt eine Zuordnung der damit verbundenen Geschäftschance zur Vertreterbetriebsstätte nicht in Betracht.40 Da der Vertreter regelmäßig als Dienstleister kein eigenes Vertriebsrisiko, kein Warenbestandsrisiko etc. trägt, wäre eine Zuordnung von Risiken zur Vertreterbetriebsstätte zunächst kaum möglich.41 Nach Auffassung der OECD sind Risiken des vertretenen Unternehmens, die tatsächlich vom Personal des ständigen Vertreters verwaltet und kontrolliert werden, der Vertreterbetriebsstätte zuzuordnen.42 Es handelt sich insbesondere um Fälle, in denen die für die Risiken maßgeblichen Personalfunktionen vom ständigen Vertreter ausgeübt werden, nicht hingegen vom eigenen Personal des vertretenen Unternehmens, das allein das Risiko trägt.43 Zudem müssen sich die-
37 Vgl. Frotscher, Ubg 2017, 590 (594); Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/ Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Anm. 3811. 38 Vgl. Ditz, SWI 2017, 282 (286). 39 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.373. 40 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.377. 41 Vgl. Ditz, SWI 2017, 282 (285); Frotscher, Ubg 2017, 590 (596). 42 Vgl. OECD-Betriebsstättenbericht 2010, Teil I, Tz. 243; Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (721). 43 Vgl. OECD-Bericht v. 22.3.2018 „Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments“, Tz. 13 f., 31; Kahle/Braun/Burger, FR 2018, 717 (721).
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se Risiken bei ihm materialisieren können (z.B. in Gestalt von Schadenersatzpflicht, Verlust etc.).44 5. Zuordnung von Dotationskapital Die Vertreterbetriebsstätte erbringt typischerweise nur eine Dienstleistung an das vertretene Unternehmen. Wie vorstehend dargestellt, sind der Vertreterbetriebsstätte nur im Ausnahmenfall Vermögenswerte zuzuordnen. Nach den Grundsätzen der §§ 12 und 13 BsGaV würde insoweit eine Zuordnung von Dotationskapital zur Vertreterbetriebsstätte regelmäßig nicht möglich sein.45 6. Bestimmung der angemessenen Vergütung In der Praxis wird die Vergütung der Vertreterbetriebsstätte durch den Ansatz von umsatzabhängigen Provisionssätzen bestimmt. Hierzu wird eine Bandbreite von Provisionssätzen ermittelt, die mit oder zwischen unabhängigen Dritten unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen vereinbart worden sind oder wären.46 Beauftragt das vertretene Unternehmen auch unabhängige Handelsvertreter unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen wie ihre ständigen Vertreter mit der Vermittlung von Aufträgen, kann die Vergütung des ständigen Vertreters nach Maßgabe der dort vereinbarten Provisionssätze im Rahmen eines inneren Fremdvergleichs bestimmt werden.47 Neben dem tatsächlichen Fremdvergleich können die Provisionssätze auch im Rahmen eines hypothetischen Fremdvergleichs ermittelt werden. Hierbei wird nach Maßgabe von Kennzahlen (z.B. verbleibender Gewinn oder Verlust bei der Vertreterbetriebsstätte nach Abzug der zuzuordnenden Aufwendungen) ermittelt, unter welchen Voraussetzungen ein ordentlicher gewissenhafter Geschäftsleiter des vertretenen Unternehmens bereit gewesen wäre, den vereinbarten Provisionssatz zu akzeptieren. Kann die Preisvergleichsmethode mangels vergleichbarer Transaktionen nicht angewendet werden, kann die Vergütung der Vertreterbetriebsstätte unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags bestimmt werden.48 Nutzt ein ständiger Vertreter im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen Vermögenswerte des vertretenen Unternehmens, würde regelmäßig eine un-
44 Vgl. OECD-Bericht v. 22.3.2018 „Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments“, Tz. 15, 36; OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017, 1.56 ff. 45 Vgl. Frotscher, Ubg 2017, 590 (594). 46 Vgl. Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 5.5. 47 Vgl. Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 5.8; Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, § 1 AStG, Anm. 3814; Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.384. 48 Vgl. OECD-Verrechnungspreisleitlinien 2017, Tz. 7.36; Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 5.40.
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entgeltliche Beistellung der betreffenden Vermögenswerte vom vertretenen Unternehmen an den ständigen Vertreter vorliegen.49 Wird vor diesem Hintergrund eine natürliche Person als Vertreter für ein Unternehmen tätig, so kann sich daraus für das Unternehmen ein abgrenzbarer Betriebsstättengewinn/-verlust einer Vertreterbetriebsstätte ergeben. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die Aufwendungen für den Vertreter selbst höher oder niedriger sind als das Ergebnis, das der Vertreterbetriebsstätte als fiktiv selbständigem Unternehmen zuzurechnen ist. Infolgedessen kann ein abzugrenzender Betriebsstätten gewinn/-verlust der Vertreterbetriebsstätte vor allem dann entstehen, wenn der Vertreter ein Arbeitnehmer des Unternehmens ist. Erhält z.B. ein Arbeitnehmer des vertretenen Unternehmens eine jährliche Vergütung i.H.v. 100 während ein selbstständiger Vertreter eine Vergütung von 110 erhalten hätte, würde bei der Vertreterbetriebsstätte ein Gewinn von 10 (Einnahme i.H.v. 110 abzüglich Ausgaben von 100) verbleiben.50 7. Besonderheiten bei einem rechtlich eigenständigen Unternehmen als ständiger Vertreter Begründet ein rechtlich selbstständiges Unternehmen (nachfolgend: Vertreter) für eine nahestehende Person eine Vertreterbetriebsstätte, so werden im Regelfall in der Vertreterbetriebsstätte Personalfunktionen vom Personal des Vertreters für das vertretene Unternehmen ausgeübt. In dieser Konstellation können dem vertretenen Unternehmen mangels Ausübung von Personalfunktionen durch eigenes Personal im Ausland nach den §§ 5 ff. BsGaV keine Einkünfte zugeordnet werden.51 Vor diesem Hintergrund sieht § 39 Abs. 2 BsGaV vor, dass die vom Personal des Vertreters für das vertretene Unternehmen ausgeübten Funktionen als eigene Personalfunktionen des vertretenen Unternehmens zu qualifizieren sind. Da § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 AStG ausdrücklich auf das Personal des Unternehmens abstellt, stellt sich die Frage, ob diese Regelung nicht über die Ermächtigungsgrundlage des § 1 Abs. 6 AStG hinausgeht, indem Personal einer Betriebsstätte zugeordnet wird, das nicht als „eigenes Personal“ des vertretenen Unternehmens gilt.52 Aufgrund der Nutzung von Personal des Vertreters werden nach Auffassung der Finanzverwaltung die der Vertreterbetriebsstätte des vertretenen Unternehmens zugeordneten Erträge vollständig an den Vertreter weitergegeben (sog. „Null-Summen- Theorie“). Dementsprechend enthält die Hilfs- und Nebenrechnung der Vertreterbetriebsstätte als fiktiver Ertrag eine fremdübliche Vertreterprovision für die Vermittlung von Geschäften an das übrige Unternehmen und als fiktiver Aufwand die dem Vertre49 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.389. 50 Vgl. VWG BsGa, Rz. 419. 51 Vgl. VWG BsGa, Rz. 421. 52 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.365.
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ter zuzuordnende Provision in gleicher Höhe. Im Ergebnis heben sich Gewinn und Aufwendungen der Vertreterbetriebsstätte auf.53 Etwas anderes gilt allerdings nach Auffassung der Finanzverwaltung dann, wenn Personal des rechtlich selbstständigen Vertreters Risiken verwaltet, die zivilrechtlich allein das vertretene Unternehmen betreffen. In diesem Fall soll der Vertreterbetriebsstätte eine Vergütung (Risikoprämie) für die Verwaltung dieser Risiken zugeordnet werden.54 Damit entsteht in der Vertreterbetriebsstätte immer dann ein Gewinn, wenn die mit der ausgeübten Funktion verbundenen Risiken nicht vom (rechtlich selbständigen) Vertreter, sondern vom vertretenen Unternehmen getragen werden.55 So kann es zum Beispiel durchaus vorkommen, dass der rechtlich selbstständige Vertreter für die Erbringung von After-Sales-Services an die lokalen Kunden zuständig ist. Es wird aber regelmäßig vertraglich geregelt, dass die damit verbundenen Risiken nicht vom Vertreter, sondern vom vertretenen Unternehmen getragen werden. Infolgedessen steht der Vertreterbetriebsstätte (nicht jedoch dem rechtlich selbstständigen Vertreter) eine angemessene Vergütung für die Übernahme der Risiken aus der Erbringung von After-Sales-Services zu.56 Die Bedeutung der vertraglichen Trennung von Risiken bei der Ermittlung der Gewinne einer Vertreterbetriebsstätte wird allerdings durch die Umsetzung der BEPS Actions 8 bis 10 relativiert.57 Danach soll sichergestellt werden, dass die zwischen verbundenen Unternehmen vereinbarten Verrechnungspreise die Wertschöpfungsbeiträge der einzelnen verbundenen Unternehmen abbilden. Nach Action 8 bestimmt sich die Zurechnung von Gewinnen im Zusammenhang mit immateriellen Wirtschaftsgütern nach den von den verbundenen Unternehmen jeweils geleisteten Wertschöpfungsbeiträgen. Damit stellen die vertraglichen Vereinbarungen lediglich den Ausgangspunkt für die weitere Analyse der Angemessenheit der Verrechnungspreise dar. Nach Action 9 soll eine vertragliche Risikoaufteilung nur dann anerkannt werden, wenn die betroffene Konzerngesellschaft tatsächlich über die Eingehung des Risikos entscheidet.58 Schließlich soll Action 10 sicherstellen, dass nahestehende Personen nicht (sonstige) Risikogeschäfte tätigen, die zwischen fremden Dritten überhaupt nicht oder nur sehr selten stattfinden. Infolgedessen werden die Steuerbehörden künftig die vertragliche Zuordnung von Funktionen und Risiken zunehmend ignorieren. Vor diesem Hintergrund ist nach dem OECD-Bericht vom 22.3.2018 „Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments“ bei der Gewinnermittlung einer Vertreterbetriebsstätte, welche durch ein rechtlich selbständiges Un53 Vgl. VWG BsGa, Rz. 422; Hruschka/Girlich, ISR 2019, 205 (211). 54 Vgl. VWG BsGa, Rz. 423. 55 Vgl. Hruschka in FS Kuckhof, 2018, S. 111; Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG, Anm. 3820; van der Ham/Retzer, ISR 2017, 131 (136). 56 Vgl. Hruschka/Girlich, ISR 2019, 205 (210). 57 Vgl. Hruschka/Girlich, ISR 2019, 205 (210); Storck/Holzinger, SWI 2017, 660 (662). 58 Vgl. Storck/Holzinger, SWI 2017, 660 (665).
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ternehmen begründet wurde, in einem ersten Schritt eine fremdübliche Vergütung auf Grundlage des Art. 9 OECD-MA anzusetzen. Erst in einem zweiten Schritt ist der Gewinnanteil der Vertreterbetriebsstätte nach Maßgabe des Art. 7 OECD-MA zu bestimmen.59 Damit unterscheidet die OECD zwischen der Gewinnermittlung auf Ebene der rechtlichen Einheiten (Vertreter und vertretenes Unternehmen) und der Gewinnabgrenzung zwischen dem übrigen Unternehmen und der Vertreterbetriebsstätte.60 Infolgedessen steht dem Vertreter nach Maßgabe des Art. 9 OECD-MA regelmäßig eine fremdübliche Provision für die Vermittlung von Geschäften an das ver tretene Unternehmen zu.61 Im zweiten Schritt sind der Vertreterbetriebsstätte nach Ansicht der OECD die Außenumsätze gegenüber den Kunden des vertretenen Unternehmens, die an den Vertreter zu leistende Vertreterprovision sowie die Einkaufs kosten der veräußerten Produkte (sog. Cost of Goods Sold – COGS) zuzuordnen.62 Dabei sind die COGS als Ausgleichsgröße so zu berechnen, dass im Regelfall ein Gewinn der Vertreterbetriebsstätte von null verbleibt.63 Im Ergebnis wird die Vertreter betriebsstätte fiktiv einer risikolosen Vertriebsgesellschaft (Low-risk-distributor) gleichgestellt.64 Die OECD-Analyse entspricht zwar insgesamt der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung. Demgegenüber sind nach § 39 Abs. 2 BsGaV der Vertreterbetriebsstätte keine Umsatzerlöse und COGS zuzuordnen. Vielmehr ist der Vertreterbetriebsstätte lediglich als Aufwand die Provision an den Vertreter und als Ertrag die fremdübliche Vertreterprovision in gleicher Höhe zuzuordnen. Gleichwohl besteht das Risiko, dass die fiktive Zuordnung zur Vertreterbetriebsstätte von Umsatz erlösen und COGS für Waren, die vom vertretenen Unternehmen nicht in die Ver treterbetriebsstätte überführt werden, eine Doppelbesteuerung auslösen könnte.65 Zudem könnte sich eine Doppelbesteuerung auch dann ergeben, wenn die deutsche Finanzverwaltung der Vertreterbetriebsstätte eine Vergütung für die Übernahme von Risiken, die vertraglich vom vertretenen Unternehmen zu tragen sind, zuordnen würde.66 Letzteres bildet nicht die von der OECD vorgeschlagene Vorgehensweise ab.
IV. Zusammenfassung Die Besteuerung von Vertreterbetriebsstätten ist mit erheblichen praktischen Herausforderungen verbunden. Die Erweiterung des Begriffs der Vertreterbetriebsstätte wird zunehmend abkommensrechtliche Qualifikationskonflikte zur Folge haben, so 59 Vgl. Storck/Holzinger, SWI 2017, 660 (663). 60 Vgl. OECD-Bericht v. 22.3.2018 „Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments“, Tz. 48. 61 Vgl. OECD-Bericht v. 22.3.2018 „Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments“, Tz. 49. 62 Vgl. OECD-Bericht v. 22.3.2018 „Additional Guidance on the Attribution of Profits to Permanent Establishments“, Tz. 54f. 63 Vgl. van der Ham/Retzer, ISR 2017, 131 (136). 64 Vgl. Storck/Holzinger, SWI 2017, 660 (667). 65 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.366. 66 Vgl. VWG BsGa, Rz. 423.
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dass international tätigen Unternehmen eine Doppelbesteuerung droht. Die jüngste Rechtsprechung des BFH, wonach auch Geschäftsführer unter bestimmten Voraussetzungen einen ständigen Vertreter begründen können, würde in vielen Fällen zur Besteuerung von bisher unerkannten Vertreterbetriebsstätten führen. Ferner erweist sich die Anwendung des AOA auf Vertreterbetriebsstätten kaum als eine praktikable Lösung für die Gewinnermittlung. So wäre die Zuordnung von Vermögenswerten zu einer Vertreterbetriebsstätte in vielen Fällen kaum möglich. Zudem unterscheiden sich die Vorgehensweisen der deutschen Finanzverwaltung und der OECD, so dass auch insoweit Doppelbesteuerungskonstellationen nicht ausgeschlossen werden können.
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Gesellschaftsrecht und Verrechnungspreise Inhaltsverzeichnis I. Einführung II. Anwendbares Gesellschaftsrecht 1. Anwendbares Recht der einzelnen Gesellschaft 2. Kollisionsrecht in der Konzern betrachtung III. Allgemeine Wirksamkeits voraussetzungen IV. Besondere gesellschaftsrechtliche Anforderungen 1. Allgemeine Geschäftsführungs- und Sorgfaltspflichten 2. Kapitalaufbringung bei AG und GmbH
3. Kapitalerhaltung bei AG und GmbH a) AG b) GmbH 4. Besonderheiten bei Beteiligung außenstehender Gesellschafter a) AG b) GmbH 5. Insolvenznahe Regelungen V. Verhältnis der Gesellschaften untereinander 1. Zivilrechtliche Ausgleichsansprüche 2. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche VI. Schlussfolgerungen und Zusammen fassung
I. Einführung Das Gesellschaftsrecht und das Steuerrecht haben viele Berührungspunkte und Schnittstellen. Die gewählte Rechtsform ist in aller Regel der Anknüpfungspunkt für die steuerliche Behandlung der Gesellschaft. Umgekehrt ist das steuerliche Regime ein wesentliches Motiv für die Rechtsformwahl, eine Rechtsformänderung, eine Umstrukturierung oder andere Maßnahmen. Eine enge Verzahnung von gesellschaftsund steuerrechtlicher Beurteilung und Beratung ist somit angezeigt. Betrachtet man vor diesem Hintergrund den Bereich der Verrechnungspreise, dem sich Herr Prof. Baumhoff mit großer Leidenschaft schon seit vielen Jahren in Be ratungspraxis und Wissenschaft widmet, so stehen dort nahezu naturgemäß die steuerlichen Fragen im Vordergrund. Im Kern geht es darum, ob – gerade in grenz überschreitenden Sachverhalten – die für Lieferungen und Leistungen zwischen verbundenen Unternehmen vereinbarten und durchgeführten Verrechnungspreise dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen (Angemessenheit der Verrechnungspreise) und ob eine Verrechnungspreisdokumentation erstellt worden ist, die den gesetzlichen Anforderungen genügt und einer Betriebsprüfung standhält. Sind Verrechnungspreise nicht angemessen, droht eine nachträgliche steuerliche Anpassung. Die zentrale Norm hierzu findet sich in § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Danach mindern verdeckte Gewinnausschüttungen das Einkommen nicht. Infolgedessen ist z.B. eine überhöhte Zahlung an die Muttergesellschaft für deren Lieferungen oder Leistungen nicht als Betriebsausgabe der Tochtergesellschaft absetzbar, vielmehr werden die Gesellschaften steuerlich so gestellt, als sei lediglich ein angemessener Preis gezahlt worden. Glei57
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ches gilt, wenn die Tochtergesellschaft Lieferungen oder Leistungen an die Muttergesellschaft zu Preisen erbracht hat, die zu niedrig sind. Deutlich weniger Beachtung finden demgegenüber gesellschaftsrechtliche Fragestellungen. Dieser Beitrag soll daher eine praxisnahe Orientierung in Form eines Überblicks bieten, welche gesellschaftsrechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen zu beachten sind. Dabei dürfte es insbesondere um die Beantwortung der Frage gehen, ob neben dem steuerlichen Erfordernis der Angemessenheit der Verrechnungspreise auch gesellschaftsrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung der Verrechnungspreise bestehen und welche besonderen Rechtsfolgen eingreifen können, wenn diese nicht beachtet werden. Für die Beurteilung gesellschaftsrechtlicher Fragen hat grundsätzlich eine rechtsträgerbezogene Betrachtung zu erfolgen, das heißt, die rechtlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer Maßnahme werden für jede beteiligte Gesellschaft separat beurteilt. Dies gilt selbst dann, wenn aus steuerlicher Sicht eine Organschaft besteht. Zwar werden im Konzernabschluss die Ergebnisse der rechtlich selbstständigen Gesellschaften konsolidiert, sodass es insoweit lediglich auf die wirtschaftliche Einheit des Konzerns ankommt. Für die gesellschaftsrechtliche Betrachtung ist jedoch die einzelne Gesellschaft maßgebend. Besonders deutlich und praktisch relevant wird diese rechtsträgerbezogene Betrachtung im Falle der Insolvenz. Jede Gesellschaft als rechtlich selbstständige Einheit bekommt einen eigenen Insolvenzverwalter, der für diese Gesellschaft – auch gegenüber dem restlichen Konzern – verpflichtet ist, die Insolvenzmasse richtig zu definieren und das der Gesellschaft Zustehende geltend zu machen. Ebenso deutlich wird das Erfordernis der rechtsträgerbezogenen Betrachtungsweise bei außenstehenden Gesellschaftern, insbesondere wenn solche auf der Ebene der Konzernuntergesellschaft beteiligt sind.
II. Anwendbares Gesellschaftsrecht Bei grenzüberschreitenden Konzernstrukturen und Verrechnungspreisen ist für die Frage, welche gesellschaftsrechtlichen Normen zu beachten sind, von grundlegender Bedeutung, welches nationale Recht anwendbar ist.1 Handelt es sich – wie bei Verrechnungspreissachverhalten zumeist der Fall – um eine grenzüberschreitende Beziehung, unterfallen die beteiligten Gesellschaften zumeist unterschiedlichen Jurisdiktionen. 1. Anwendbares Recht der einzelnen Gesellschaft In vielen Fällen ist die Frage des auf die einzelne Gesellschaft anwendbaren Rechts einfach zu beantworten, nämlich in allen Konstellationen, in denen eine deutsche 1 Die Zahl multinationaler Unternehmen wächst stetig, das Bedürfnis nach einer einheitlichen Regelung ist hoch. Trotzdem waren Bestrebungen zur Implementierung eines europäischen Konzernrechts bisher nicht erfolgreich und wurden vorerst aufgegeben, vgl. Serva tius, in Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2019, Rz. 404.
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Rechtsform (z.B. eine AG oder GmbH) ihren tatsächlichen Verwaltungssitz auch in Deutschland hat.2 Andersherum ist deutsches Gesellschaftsrecht nicht anwendbar, wenn es sich um eine ausländische Rechtsform mit Sitz im Ausland handelt. Eine weitergehende Prüfung des anwendbaren Gesellschaftsstatuts ist aber in den Fällen angezeigt, in denen Rechtsform und Verwaltungssitz einer Gesellschaft auseinanderfallen. Bei der Beantwortung dieser Frage stehen sich im Wesentlichen die Sitz- und die Gründungstheorie gegenüber. Deutschland wendet traditionell die Sitztheorie an.3 Hiervon gibt es im Verhältnis zu den USA jedoch schon seit den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine Ausnahme, nach der die Gründungstheorie und damit das Recht des ursprünglichen Gründungsstaats den Anknüpfungspunkt für das Kollisionsrecht darstellte und immer noch darstellt.4 Eine weitere wesentliche Ausnahme zur Sitztheorie ist in jüngerer Vergangenheit durch die Rechtsprechung des EuGH5zur Niederlassungsfreiheit innerhalb der EU hinzugekommen. Danach hat Deutschland bei einem Zuzug einer Gesellschaft aus einem anderen EU-Staat die Gründungstheorie anzuwenden, ist also z.B. verpflichtet, auch ausländische Rechtsformen in das Handelsregister einzutragen oder deren Rechts- und Parteifähigkeit anzuerkennen.6 Für Wegzugsfälle (ausgenommen USA) wird jedoch von den deutschen Gerichten weiter an der Sitztheorie festgehalten; der EuGH hat eine Aufgabe der Sitztheorie für Wegzugsfälle bislang nicht gefordert.7 2. Kollisionsrecht in der Konzernbetrachtung Im Unterordnungskonzern8, der vorliegend als Hauptanwendungsfall betrachtet wird, soll im Hinblick auf die Interessen der Gläubiger der abhängigen Gesellschaft, der Interessen der Gesellschafter, die außerhalb des Konzerns stehen, und der abhängigen Gesellschaft selbst nach ganz herrschender Ansicht grundsätzlich das Recht der 2 Servatius, in Henssler/Strohn, a.a.O. Rz. 409. 3 Servatius, in Henssler/Strohn, a.a.O. Rz. 5. 4 Art. 25 Nr. 5 S. 2 FrHSchV D-USA. 5 EuGH v. 5.11.2002 – C-208/00 – Überseering, ECLI:EU:C:2002:632, NJW 2002, 3614; EuGH v. 30.9.2003 – C-167/01 – Inspire Art, ECLI:EU:C:2003:512, NJW 2003, 3331; EuGH v. 3.9.2009 – C-489/07 – Messner, ECLI:EU:C:2009:502, NJW 2009, 569. 6 Servatius, a.a.O. Rz. 37. 7 Durch die Einfügung von § 4a GmbHG und § 5 AktG hätte eine Abkehr von der Sitztheorie zumindest für Kapitalgesellschaften erfolgen können. Dies ist nicht erfolgt. Stattdessen hat eine Verlegung des Sitzes aus Deutschland in einen anderen Staat ihre Auflösung und Liquidation zur Folge. Ausnahmeregelungen greifen dann ein, wenn eine identitätswahrende Herausumwandlung in eine ausländische Rechtsform erfolgen soll. Hierzu für die GmbH Jaeger in BeckOK, 37. Edition 2018, § 4a GmbHG Rz. 9 m.w.N.; für die AG Heider in MüKo AktG, 4. Aufl. 2016, § 5 Rz. 55. Zur EuGH-Rechtsprechung vgl. EuGH v. 27.9.1988 – 81/87 – Daily Mail, ECLI:EU:C:1988:456, NJW 1989, 2186; EuGH v. 5.11.2002 – C-208/00 – Überseering, ECLI:EU:C:2002:632, NJW 2002, 3614 und EuGH v. 16.12.2008 – C-210/06 – Cartesio, ECLI:EU:C:2008:723, NJW 2009, 569. 8 Der Unterordnungskonzern stellt den praktisch wichtigen Regelfall dar. Zur Normenbestimmung im Gleichordnungskonzern siehe Kindler in MüKo BGB, 7. Aufl. 2018, Teil 10 Rz. 716 ff.
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Stephan Göckeler
beherrschten Gesellschaft zur Anwendung kommen.9 Lediglich Fragen, die den Schutz der herrschenden Gesellschaft bzw. ihrer Gläubiger und Gesellschafter bezwecken, sollen sich nach den auf die herrschende Gesellschaft anzuwendenden Statuten beantworten.10 Das bedeutet für die Praxis, dass bei Sachverhalten, in denen eine deutsche Gesellschaft von einer ausländischen Gesellschaft beherrscht wird, die meisten Fragen durch das deutsche Gesellschaftsrecht geregelt werden. Andersherum muss sich eine deutsche Muttergesellschaft darauf einstellen, in Bezug auf ihre Beteiligungen dem Recht der Tochtergesellschaft unterstellt zu werden. Im Folgenden wird daher schwerpunktmäßig die Fallkonstellation einer inländischen Tochtergesellschaft im Verhältnis zu ihrer ausländischen Muttergesellschaft zugrunde gelegt.
III. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen Verrechnungspreisrelevante Verträge haben zunächst den allgemeinen zivilrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen zu entsprechen, nicht zuletzt auch um dem bei verbundenen Unternehmen zur steuerlichen Anerkennung grundsätzlich bestehenden Erfordernis einer klaren und im Vorhinein zu treffenden Vereinbarung11 gerecht zu werden. Hierzu gehören z.B. die wirksame Vertretung einschließlich der Beachtung der sich aus dem Selbstkontrahierungsverbot ergebenden Beschränkungen (§ 181 BGB) und ggf. auch die Beachtung interner Zustimmungserfordernisse, z.B. unter dem Gesichtspunkt des Missbrauchs der Vertretungsmacht.12 Auch rechtliche Stimmverbote (z.B. nach § 47 Abs. 4 GmbHG) können insoweit Bedeutung erlangen. Hierauf soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden.
IV. Besondere gesellschaftsrechtliche Anforderungen Von zentralem Interesse für die hier zu behandelnde Thematik ist, aus welchen ge sellschaftsrechtlichen Normen Anforderungen für Verrechnungspreissachverhalte resultieren können. Aus Gründen der Anschaulichkeit und entsprechend der überwiegenden Praxis beschränken sich die nachstehenden Ausführungen dabei auf Kapitalgesellschaften in der Rechtsform der GmbH und der AG. 1. Allgemeine Geschäftsführungs- und Sorgfaltspflichten Wenn Gesellschaften verrechnungspreisrelevante Sachverhalte zu regeln haben, haben die hierfür letztlich verantwortlichen Geschäftsführungsorgane die allgemeinen 9 BGH v. 13.12.2004 – II ZR 256/02, WM 2005, 332 (333), Kindler in MüKo BGB, 7. Aufl. 2018, Teil 10 Rz. 681 ff. m.w.N. 10 Kindler in MüKo BGB, 7. Aufl. 2018, Teil 10 Rz. 681 ff. 11 Vögele/Fischer in Vögele (Hrsg.), Verrechnungspreise, 2019, Kap. A, Rz. 72 m.w.N. 12 Vgl. hierzu auch noch unten IV. 1.
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Geschäftsführungs- und vor allem Sorgfaltspflichten zu beachten. Als die in der Praxis relevanten Normen sind hier die in § 43 Abs. 1 GmbHG und § 93 Abs. 1 AktG enthaltenen Sorgfaltspflichten zu nennen. § 43 Abs. 1 GmbHG bestimmt, dass die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden haben. Vergleichbares gilt nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG für die AG; danach haben die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden. Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal und Ausfluss dieser Anforderungen ist, dass die Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder grundsätzlich im wohlverstandenen Inte resse der Gesellschaft zu handeln haben.13 Entsprechendes gilt nach § 116 Satz 1 AktG für die Mitglieder des Aufsichtsrats einer AG. Diese Sorgfaltspflichten sind zunächst für die Erstellung der erforderlichen Verrechnungspreisdokumentation und für die Erfüllung sonstiger steuerlicher Pflichten von wesentlicher Bedeutung. Gerade der letztgenannte Aspekt ist Teil der gesellschaftsrechtlich geforderten „Compliance“ und der möglicherweise damit verbundenen Notwendigkeit der Einführung eines sog. Compliance-Systems.14 Daneben sind die Sorgfaltspflichten aber auch in Bezug auf die Festlegung der Höhe der Verrechnungspreise zu beachten, wegen der rechtsträgerbezogenen Perspektive auch in den für Verrechnungspreissachverhalten typischen Konzernstrukturen. Aus den allgemeinen Sorgfaltspflichten folgt nämlich u.a., dass der Geschäftsleiter grundsätzlich keine für das Unternehmen nachteiligen Geschäfte abschließen darf.15 Vereinbart daher eine deutsche Konzerntochter mit ihrer ausländischen Konzernmutter z.B. für die Erbringung von Dienstleistungen oder für die Lizensierung von Rechten unangemessen hohe Gegenleistungen oder für von ihr erbrachte Lieferungen oder Leistungen eine zu niedrige Gegenleistung, so handelt der Geschäftsleiter der Konzerntochter sorgfaltswidrig. Die sich daran anschließende Frage ist, wann Verrechnungspreise aus gesellschaftsrechtlicher Sicht unangemessen, mithin aus Sicht der Tochtergesellschaft, die zahlt, zu hoch oder für von ihr an die Konzernmutter erbrachte Lieferungen oder Leistungen zu niedrig sind. Dabei wird man – ähnlich wie im Steuerrecht – auf die Marktüblichkeit und einen Fremdvergleich abstellen müssen.16 Genügt ein ermittelter Preis dem „arms-length-principle“, ist grundsätzlich von einer Angemessenheit auszugehen. Ein Preis, den auch fremde Dritte untereinander vereinbaren würden, kann zwischen gesellschaftsrechtlich verbundenen Unternehmen nicht unangemessen sein. 13 Vgl. nur Mertens/Cahn in Kölner Kommentar zum AktG § 93 Rz. 164. 14 In diesem Zusammenhang soll auch auf die Pflicht der Geschäftsführungsorgane hingewiesen werden, bei internationalen Sachverhalten die richtigen Schlüsse zu ziehen, wie z.B. die ausländische Steuerpflicht einer sich im Ausland befindlichen Betriebsstätte sowie deren versehentliche Begründung oder die versehentliche Aufdeckung steuerlicher stiller Reserven, z.B. durch Funktionsverlagerungen ins Ausland. 15 Dauner-Lieb in Henssler/Strohn (a.a.O.), § 93 AktG Rz. 9 m.w.N. 16 Vgl. z.B. Bayer in MüKo AktG, 5. Aufl. 2019, § 57 Rz. 51. Ob dabei dieselben Maßstäbe gelten wie im Steuerrecht und ob diese unbesehen übernommen werden können, soll hier nicht weiter vertieft werden.
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Stephan Göckeler
Bei Verstößen gegen die normierte allgemeine Sorgfaltspflicht droht eine persönliche Haftung der Organmitglieder (§ 43 Abs. 2 GmbHG bzw. § 93 Abs. 2 AktG). Obwohl die AG und die GmbH sich in der gesetzlichen Regelung in Bezug auf die Anforderungen der Organmitglieder in weiten Teilen sehr ähnlich sind, gibt es einen fundamentalen Unterschied. In der GmbH ist die Geschäftsführung als Organ an Weisungen, die die Gesellschafter in Form von Beschlüssen geben, grundsätzlich gebunden.17 Dem gegenüber untersteht der Vorstand der AG, der nach § 76 Abs. 1 AktG die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten hat, keinem Weisungsrecht der Aktionäre und auch keinem Weisungsrecht des Aufsichtsrats. Dies bedeutet, dass eine Haftung des GmbH-Geschäftsführers bei einer (rechtmäßigen) Weisung der Gesellschafterversammlung grundsätzlich ausgeschlossen ist, wobei eine Weisung dabei auch dann grundsätzlich noch rechtmäßig ist, wenn sie für die GmbH nachteilig ist.18 Der Vorstand einer AG wird hingegen nur unter den engen Voraussetzungen des § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG durch einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss von der Haftung befreit; ein Beschluss des Aufsichtsrats ist hingegen nicht ausreichend (§ 93 Abs. 4 Satz 2 AktG). Eine hiervon zu unterscheidende Frage ist, ob sich die Sorgfaltswidrigkeit u.U. auch auf die Wirksamkeit des den Verrechnungspreisen zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts auswirken kann. Grundsätzlich wirken Sorgfaltspflichtverstöße nur im Innenverhältnis. Auf die im Außenverhältnis geschlossene Vereinbarung wirken sie sich hingegen grundsätzlich nicht aus. Allerdings werden von diesem Grundsatz zunehmend die Fälle des sog. Missbrauchs der Vertretungsmacht als Ausnahmen angeführt. Dies sind Fälle, in denen ein Organ zwar noch innerhalb der ihm rechtlich zuge billigten Vertretungsmacht handelt, jedoch gegen interne Absprachen oder Beschränkungen verstößt. Grundsätzlich gilt auch in einer solchen Konstellation, dass Pflichtverletzungen der Organe keine Wirkung im Außenverhältnis entfalten. Davon ausgenommen sind jedoch Fälle, in denen das Organ und dessen Geschäftspartner kollusiv zusammengewirkt haben oder es für den Geschäftspartner zumindest ersichtlich war, dass das Organ seine Befugnisse überschreitet, oder es sich um ein Insichgeschäft im Sinne des § 181 BGB gehandelt hat. Voraussetzungen und Fälle des Missbrauchs der Vertretungsmacht sind in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Ob bei einem Verstoß gegen das vorstehend skizzierte Gebot der Angemessenheit bei Verrechnungspreisen auch ein Fall des Missbrauchs der Vertretungsmacht vorliegen kann, ist – soweit ersichtlich – noch nicht besprochen oder entschieden worden, kann aber nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Allerdings wird man insoweit sicherlich hohe Anforderungen stellen müssen. 2. Kapitalaufbringung bei AG und GmbH Kapitalgesellschaften nach deutschem Recht sind geprägt von dem Grundgedanken der vollständigen Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung. Wollen die Gründer 17 Dies wird rechtstechnisch auf § 37 Abs. 1 GmbHG gestützt, auch wenn dort nicht explizit von einem Direktionsrecht die Rede ist. 18 Vgl. z.B. Stephan/Tieves in MüKo GmbHG, 3. Aufl. 2019, § 37 Rz. 120.
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bzw. die an einer Kapitalerhöhung teilnehmenden Gesellschafter abweichend von dem Regelfall der Bareinlage ihre Einlageverpflichtung dadurch erfüllen, dass sie Gegenstände in die Gesellschaft einbringen, liegt eine sog. Sachgründung vor, die mit erheblich mehr Aufwand und auch mit höheren Kosten verbunden ist.19 Um eine Umgehung der Regeln für die Sachgründung zu verhindern, hat der Gesetzgeber Normen geschaffen, die die sogenannte „verdeckte Sacheinlage“ (§ 19 Abs. 4 S. 1 GmbHG, § 27 Abs. 3 Satz 1 AktG) und die sogenannte Nachgründung bei der AG (§ 52 AktG) ähnlich strengen Regelungen wie der Sachgründung unterwerfen. Ferner sind die in § 19 Abs. 5 GmbHG und § 27 Abs. 4 AktG enthaltenen Bestimmungen zur Rückzahlung der Einlage („Hin- und Herzahlen“) zu beachten. Diese Normen können auch bei Verrechnungspreissachverhalten relevant werden, vor allem wenn bei Gründung (oder Kapitalerhöhung) einer GmbH oder AG Liefer- oder Leistungsbeziehungen zwischen der Tochter- und der Muttergesellschaft geregelt werden. Solche Vereinbarungen können zunächst eine verdeckte Sacheinlage darstellen. Hierzu ist allerdings nach der Rechtsprechung des BGH Voraussetzung, dass es sich um sacheinlagefähige Gegenstände handelt.20 Demnach kommen nur solche Sachverhalte als verdeckte Sacheinlage in Betracht, bei denen die Muttergesellschaft Lieferungen oder Leistungen erbringt, die sacheinlagefähig sind, wie z.B. Sachen oder Rechte, nicht aber Dienstleistungen. Auch wenn solche Vereinbarungen, die eine verdeckte Sacheinlage beinhalten, nunmehr grundsätzlich wirksam sind und sich die Rechtsfolge zunächst auf eine Differenzhaftung nach §§ 19 Abs. 4 und 5 GmbHG bzw. § 27 Abs. 3 und 4 AktG beschränkt21, ist doch zu beachten, dass die Geschäftsführer einer GmbH nach § 9 Abs. 1 GmbHG und der Vorstand einer AG nach § 48 AktG zu versichern haben,22 dass die Einlagen erbracht wurden. Im Falle einer verdeckten Sacheinlage ist diese Versicherung nicht richtig. Eine falsche Versicherung hat sowohl zivil- als auch strafrechtliche Konsequenzen. Einerseits haftet die Geschäftsführung in den Fällen, in denen der Wert der Sacheinlage nicht dem Nennbetrag der Bareinlage entspricht, selbst gesamtschuldnerisch nach den § 9 Abs. 1 GmbHG und § 48 AktG.23 Andererseits stellen § 82 Abs. 1 Nr. 1 und 3 GmbHG sowie § 399 Abs. 1 Nr. 1 und 4 AktG falsche Angaben durch die Geschäftsführung unter Strafe. Verwirklicht 19 Zu nennen ist hier insbesondere der erforderliche Gründungsbericht (§ 5 Abs. 4 GmbHG, § 32 Abs. 1 und 2 AktG). 20 BGH, Urteil v. 16.2.2009 – II ZR 120/07, BGHZ 180, 38 (42) „Qivive“; BGH, Urteil v. 1.2.2010 – II ZR 173/08, BGHZ 184, 158 (164 f.) „Eurobike“ (zur AG). 21 Zur Rechtslage vor Inkrafttreten des MoMiG, die noch immer für Altfälle gilt, siehe Hueck/ Fastrich, in Baumbach/Hueck, 18. Aufl. 2006, § 19 Rz. 41 ff. GmbHG; die Bareinlage war nicht wirksam erbracht, die Einlage musste also erneut eingezahlt werden. Nach Bereicherungsrecht musste der von der Gesellschaft erhaltene Kaufpreis an die Gesellschaft zurückgezahlt werden. Dies war für den Gesellschafter besonders dann misslich, wenn die verdeckte Sacheinlage erst im Insolvenzfall aufgedeckt wurde, da sein Rückgewähranspruch bzgl. der Sacheinlage dann faktisch wertlos wurde, er also einen Schaden in Höhe des Wertes der Sache erlitt. Gleiches galt auch bei der Einbringung einer verdeckten Sacheinlage in eine AG. 22 Im Falle einer Kapitalerhöhung nach den § 57 Abs. 2 GmbHG und § 188 Abs. 2 AktG. 23 Im Falle einer Kapitalerhöhung nach § 57 Abs. 4 GmbHG i.V.m. § 9a Abs. 1 GmbHG bzw. § 93 Abs. 2 und 3 AktG.
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die Geschäftsführung die gerade genannten Strafvorschriften, kann sie in Zukunft nicht mehr in der Geschäftsführung einer GmbH oder einer AG mitwirken (§ 6 Abs. 2 Nr. 3c GmbHG, § 76 Abs. 3 Nr. 3c AktG). Hieraus folgt, dass die Geschäftsleitung bei Abschluss von Verrechnungspreisabreden, die im Zusammenhang mit Bargründungen oder Barkapitalerhöhungen einer AG oder GmbH erfolgen, stets Vorsicht walten lassen und prüfen muss, ob es sich um eine verdeckte Sacheinlage handelt. Ähnlich verhält es sich bei der sogenannten Nachgründung, die für die AG in den §§ 52, 53 AktG geregelt ist. Auf die Einzelheiten soll hier nicht weiter eingegangen werden. Handelt es sich bei dem Gegenstand der Verrechnungspreisabrede um einen nicht sacheinlagefähigen Gegenstand, wie z.B. um Dienstleistungen, so stellt sich die Frage, ob dies einen Fall des unzulässigen Hin- und Herzahlens, also einer Rückzahlung der Einlage nach § 19 Abs. 5 GmbHG bzw. § 27 Abs. 4 AktG darstellt. Dies ist umstritten. Nach dem BGH ist dies nicht der Fall. Auch sollen aus den genannten Normen kein Gebot der Angemessenheit und deren Prüfungsmöglichkeit im Sinne eines Drittfremdvergleichs gefolgert werden können; dies sei vielmehr allein Aufgabe der Normen zur Kapitalerhaltung.24 3. Kapitalerhaltung bei AG und GmbH a) AG Die zentrale Norm zur Kapitalerhaltung für eine AG ist § 57 AktG. Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG dürfen den Aktionären Einlagen nicht zurückgewährt werden, es sei denn, es besteht ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag oder ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch (§ 57 Abs. 1 Satz 2 AktG). Erfasst sind Auszahlungen, die ihre Grundlage im Mitgliedschaftsverhältnis haben (sog. causa societatis).25Wie auch im Kontext der Verrechnungspreise wird zur Abgrenzung darauf abgestellt, ob das in Rede stehende Rechtsgeschäft so auch mit einem Dritten durchgeführt worden wäre (Kriterium des Drittvergleichs).26 Die Folge einer solchen unzulässigen Rückgewähr an einen Aktionär ist ein Rückzahlungsanspruch der AG gem. § 62 AktG. Zudem besteht eine Haftung der Vorstandsmitglieder (§ 93 Abs. 3 Nr. 1 AktG) und ggf. auch der Aufsichtsratsmitglieder (§ 116 Satz 1 AktG). Aus diesem strengen Maßstab des § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG folgt somit, dass Verrechnungspreise aus Sicht einer Tochter-AG stets hieran gemessen werden müssen. Dies auch vor dem Hintergrund, dass Rückzahlungsverpflichtungen nach § 62 AktG sowie mögliche Haftungsansprüche gegen Organmitglieder nach dem strengen Legalitätsgrund-
24 Schwandtner in MüKo GmbHG, 3. Aufl. 2018, § 19 Rz. 193 m.w.N.; Giedinghagen/Lakenberg, NZG 2009, 201 (204). 25 Lange in Henssler/Strohn (a.a.O.), § 57 AktG Rz. 5 m.w.N. 26 BGH, Urteil v. 1.12.2008 – II ZR 102/07, BGHZ 179, 71.
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satz zwingend geltend zu machen sind. Hierauf muss u.a. auch der Aufsichtsrat hinwirken, um eine eigene Haftung zu vermeiden. b) GmbH Das gesetzliche Regime zur Kapitalerhaltung bei einer GmbH ist weniger streng als bei einer AG. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG darf lediglich das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen nicht an die Gesellschafter ausgezahlt werden. So wie auch bei der AG sind nach § 30 Abs. 1 S. 2 GmbHG solche Zahlungen ausgenommen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- und Rückgewähranspruch gedeckt sind. Für Verrechnungspreissachverhalte folgt hieraus, dass diese bei einer Tochter-GmbH nur dann aus Sicht von § 30 GmbHG kritisch werden, wenn dadurch das Stammkapital angegriffen würde oder wenn dieses bereits angegriffen ist. 4. Besonderheiten bei Beteiligung außenstehender Gesellschafter Soweit bei der Konzernmutter oder der Konzerntochter außenstehende Gesellschafter beteiligt sind, erhöht sich das Risiko, dass zwischen den Konzerngesellschaften getroffene Verrechnungspreise nicht nur aus steuerlicher Sicht, sondern auch aus Sicht der außenstehenden Gesellschafter, die sich benachteiligt fühlen, überprüft und ggf. angegriffen werden. Auch zu dieser Frage ist zwischen den beiden Rechtsformen AG und GmbH zu unterscheiden. Grundsätzlich ist aber die Feststellung richtig, dass insoweit die allgemeinen Grundsätze zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern Anwendung finden. a) AG Das AktG sieht eine Reihe von Spezialnormen vor, die außenstehende Aktionäre in Konzernkonstellationen besonders schützen sollen. Dabei ist zwischen Vertragskonzernen und den sonstigen Konzernstrukturen ohne Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag (faktischer Konzern) zu unterscheiden. Im Vertragskonzern wird der Aktionär zum einen durch die Schutzmechanismen bei Errichtung des Vertragskonzerns geschützt, insbesondere also durch den notwendigerweise zu fassenden Hauptversammlungsbeschluss und dessen Vorbereitung einschließlich Berichterstattung und Prüfung (§§ 293 ff. AktG), die Sicherung durch Ausgleichs- und Barabfindungsansprüche (§§ 304, 305 AktG) sowie die Pflicht der beherrschenden Gesellschaft zur Verlustübernahme (§ 302 AktG). Korrespondierend wird der sonst bestehende Schutz der AG durch § 57 Abs. 1 Satz 1 AktG nach § 57 Abs. 1 Satz 2 AktG eingeschränkt.27 Im faktischen Konzern erfolgt der Schutz der AG und ihrer Aktionäre über die Regelungen der §§ 311 ff. AktG, insbesondere somit den zu erstellenden Abhängigkeitsbericht und dessen Prüfung durch Abschlussprüfer und Aufsichtsrat (§§ 312, 313, 314 27 Vgl. oben IV. 3. a.
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AktG), das Recht, die Bestellung eines Sonderprüfers zu beantragen (§ 315 AktG) sowie die Nachteilsausgleichspflicht und die ergänzenden Normen zur Verantwortlichkeit des herrschenden Unternehmens und auch der Organmitglieder (einschließlich deren persönlicher Haftung) nach §§ 317, 318 AktG. Zu nennen sind daneben vor allem noch die Schadensersatzpflicht nach § 117 AktG, das Auskunftsrecht des einzelnen Aktionärs nach § 131 AktG, die Möglichkeit der Sonderprüfung nach § 142 ff. AktG sowie das Verfolgungsrecht der Aktionäre nach den §§ 147, 148 AktG. b) GmbH Auch bei der GmbH als abhängiger Gesellschafter ist zwischen dem Vertragskonzern (Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag) und dem faktischen Konzern zu unterscheiden. Für den Vertragskonzern gelten im Wesentlichen die vorstehenden Ausführungen zur AG sinngemäß. Anders als bei der AG hält das GmbHG jedoch keine besonderen Vorschriften für den Schutz von Minderheitsgesellschaftern in faktischen Konzernkonstellationen bereit. Zwar sind Klauseln, die Minderheitsaktionäre schützen, im Gesellschaftsvertrag vereinbar; solche liegen aber in der Regel nicht vor. In diesen Fällen erfolgt der Schutz der Minderheitsgesellschafter – neben dem Schutz über § 43 GmbHG – insbesondere über die ungeschriebenen Grundsätze des Verbots von Sondervorteilen, des Verbots der Schädigung der Gesellschaft, der Existenzvernichtungshaftung in Extremfällen und des Gebots der Gleichbehandlung sowie sonstiger Treuepflichten. In besonderen Fällen kann auch an ein Austrittsrecht aus wichtigem Grund sowie die Geltendmachung von Ansprüchen durch einen Gesellschafter zugunsten der GmbH gedacht werden. Flankiert werden diese Möglichkeiten durch das weitgehende und nicht abdingbare Auskunfts- und Einsichtsrechte eines jeden GmbH-Gesellschafters nach § 51a GmbHG. 5. Insolvenznahe Regelungen Ohne hierauf näher einzugehen, sei auf die insolvenzrechtlichen und insolvenznahen Regelungen, so vor allem § 64 GmbHG und § 92 Abs. 2 AktG sowie §§ 129 ff. InsO und die vergleichbaren Anfechtungsregelungen im AnfG hingewiesen.
V. Verhältnis der Gesellschaften untereinander Abschließend soll das Verhältnis der an einer Verrechnungspreisabrede beteiligten Gesellschaften untereinander anhand der Frage adressiert werden, ob und ggf. welche zivil- bzw. gesellschaftsrechtlichen Konsequenzen sich aus der steuerlichen Nichtanerkennung von Verrechnungspreisen ergeben. Zahlt beispielsweise eine deutsche Konzernuntergesellschaft aus steuerlicher Sicht zu hohe Verrechnungspreise an ihre ausländische Konzernmutter und werden die Verrechnungspreise in Deutschland steuerlich ganz oder jedenfalls zu einem gewissen Teil nicht als abzugsfähige Betriebs ausgaben anerkannt, so führt dies bei ihr zu einer höheren Steuerbelastung. Damit 66
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trägt die deutsche Tochter zusätzlich zu den (zu hohen) Verrechnungspreisen noch die dadurch entstehende höhere Steuerlast. 1. Zivilrechtliche Ausgleichsansprüche Konzerninterne Verträge mit Verrechnungspreisabreden enthalten in der Praxis in aller Regel keine Regelungen für den Fall der Beanstandung der Verrechnungspreise aus steuerlicher Sicht. Es ergeben sich daher keine unmittelbaren vertraglichen Ausgleichsansprüche, im Beispielsfall kann die deutsche Tochtergesellschaft daher keine vertraglich begründeten Ansprüche gegen ihre ausländische Muttergesellschaft geltend machen. Daher stellt sich die Frage, ob die im wirtschaftlichen Ergebnis – wie am Beispielsfall dargestellt – benachteiligte Partei einen Ausgleichs- oder sonstigen Anspruch aufgrund allgemeiner zivilrechtlicher Grundsätze haben kann. Unterstellt man die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages, so käme ein solcher Anspruch wohl nur unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls bzw. der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht. Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann nach § 313 Abs. 1 BGB die Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Nach § 313 Abs. 2 BGB steht es einer Veränderung der Umstände gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Für den in Rede stehenden Fall der nachträglichen abweichenden steuerlichen Behandlung von Verrechnungspreisen wird man hieraus aber wohl keinen Anpassungsanspruch ableiten können. Denn nach unbestrittener Auffassung genügt, obwohl § 313 Abs. 1 BGB auf die Voraussicht der Parteien abstellt („vorausgesehen hätten“), doch die (konkret-individuelle, nicht abstrakt-statistische) Vorhersehbarkeit der Störung, um grundsätzlich eine Grundlagenstörung zu verneinen.28 Wer eine Gefahr kennt oder kennen muss, übernimmt das Risiko ihres Eintritts, wenn er den Vertrag unverändert abschließt; die Parteien hätten also vertragliche oder tatsächliche Vorkehrungen treffen, z.B. eine Bedingung oder Anpassungsklausel in den Vertrag aufnehmen oder eine Versicherung abschließen müssen, um des erkannten Risikos Herr zu werden.29 Dass Verrechnungspreise einer steuerlichen Prüfung unterzogen und bei Vorliegen der Voraussetzungen auch für steuerliche Zwecke angepasst werden und sich daraus nachteilige Folgen für die betroffene Gesellschaft ergeben können, ist konkret-individuell vorhersehbar. Wenn die Parteien eine Rechtsfolge hieran knüpfen wollten, so müssten sie dazu im Vertrag selbst Vorsorge treffen. Im Ergebnis dürfte daher ein Anpassungsanspruch nach § 313 BGB zu verneinen sein. Gleiches dürfte auch für andere denkbare Ansprüche, wie z.B. nach Bereicherungsrecht, gelten. 28 So ausdrücklich Finkenauer in MüKo BGB, 8. Aufl. 2019, § 313 Rz. 74. 29 Finkenauer, a.a.O.
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2. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche Kommen keine allgemeinen zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche zum Tragen, stellt sich die Frage nach etwaigen gesellschaftsrechtlichen Ansprüchen. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Ansprüche der Tochtergesellschaft kommen daher nur unter den dort genannten Voraussetzungen in Betracht.
VI. Schlussfolgerungen und Zusammenfassung Der vorstehende Überblick zu gesellschaftsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit Verrechnungspreissachverhalten lässt sich wie folgt zusammenfassen: Aus Sicht einer deutschen Tochtergesellschaft hat die Geschäftsleitung bei der Vereinbarung von Verrechnungspreisen grundsätzlich auf die Angemessenheit der Preise zu achten. Andernfalls droht eine persönliche Haftung. Bei einer AG gilt dieser Grundsatz deutlich strenger als bei einer GmbH. Dies vor allem wegen des grundsätzlichen Verbots der Einlagenrückgewähr nach § 57 Abs. 1 AktG. Besondere Bedeutung erlangen die gesellschaftsrechtlichen Normen in Sachverhalten, bei denen außenstehende Gesellschafter an der Tochtergesellschaft beteiligt sind. Insoweit finden die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regelungen und Grundsätze zum Schutz von Minderheitsgesellschaftern Anwendung. Neben den gesellschaftsrechtlichen Spezialnormen zur Sorgfaltspflicht, zur Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung sind auch die allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen zu beachten. Allerdings wird man aus einer abweichenden steuerlichen Würdigung der Verrechnungspreise durch die Finanzverwaltung keine zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche oder gar die Unwirksamkeit des zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts herleiten können. Im Falle einer steuerlichen Nichtanerkennung der vereinbarten Verrechnungspreise besteht nur bei Vorliegen der besonderen – und im Einzelnen zu prüfenden – Voraussetzungen ein gesellschaftsrechtlicher (Ausgleichs-)Anspruch; aus allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen lässt sich ein solcher grundsätzlich nicht herleiten.
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Die tönernen Füße der „FVerlV“ und der „BsGAV“
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Wurde der Verordnungsgeber zu dem Verordneten ordnungsgemäß ermächtigt? Inhaltsverzeichnis
I. Einleitendes
II. Die Grundlagen in Art. 80 Abs. 1 GG III. „Historie“ der Verordnungs ermächtigungen des § 1 AStG IV. Der Fremdvergleichsgrundsatz und seine Anwendung als Gegenstand der gesetzlichen Ermächtigungen 1. Fremdvergleichsgrundsatz in § 1 Abs. 1 AStG 2. Fremdvergleichsgrundsatz in § 1 Abs. 3 AStG 3. Fremdvergleichsgrundsatz in § 1 Abs. 5 AStG
V. Fortgeltung des ursprünglich in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG für die FVerlV gesetzten Ermächtigungs rahmens? 1. § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. und § 1 Abs. 6 AStG n.F.: Übereinstim mungen und Abweichungen 2. Folgen für die FVerlV
VI. Taugt § 1 Abs. 6 AStG n.F. als Ermächtigung für die BsGAV? VII. Resümee
I. Einleitendes In § 1 AStG finden sich allerlei Vorschriften, um die Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person zu korrigieren. Die Korrektur wird nach § 1 Abs. 1 AStG ausgelöst, wenn jene Einkünfte dadurch gemindert werden, daß der Steuerpflichtige seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten. Das wird für den Verrechnungspreis spezifiziert in § 1 Abs. 3 AStG und in § 1 Abs. 5 AStG auf das Verhältnis Geschäftsbeziehung zwischen einem inländischen Unternehmen und seiner aus ländischen Betriebsstätte qua Fiktion ausgedehnt. Die Absätze 2 und 4 des § 1 AStG geben dazu Fingerzeige für komplexe begriffliche Feinheiten, zum einen zu der „nahestehenden Person“, zum anderen zu dem schillernden Terminus der „Geschäftsbeziehung“. Hubertus Baumhoff muß man von alldem nicht viel erzählen: § 1 AStG ist mit seinen vielen Facetten „sein“ Thema. Er weiß darüber so gut wie alles und hat Wissenschaft wie Praxis an diesem Wissen über Jahrzehnte teilhaben lassen und nachhaltig beeinflußt und vorangebracht. Nun wissen wir um die wesentlichen Inhalte des § 1 AStG. Wir kennen seit geraumer Zeit aber noch Weiteres, Ergänzendes, das sich aus (bislang) zwei Verordnungen er69
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gibt, die vom Verordnungsgeber geschaffen wurden, um den Gesetzgeber in seiner Regelungsflut zu (unter-)stützen und zugleich der Praxis festere Handreichungen zu geben. Handreichungen darin, wie man das Gesetz zu verstehen habe. Die Rede ist von der Funktionsverlagerungsverordnung (FVerlV )1 sowie der Betriebsstättengewinn aufteilungsverordnung (BsGaV)2. Eine Verordnung braucht aber gleichfalls einigermaßen festen Boden unter den Füßen, um dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG zu genügen. Diesen Boden sollen Verordnungsermächtigungen liefern, die hier zunächst in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG, sodann in § 1 Abs. 6 AStG, erlassen worden sind. Die beiden Verordnungsermächtigungen sind mittlerweile mehr als zehn bzw. sechs Jahre alt. Und immer wieder wurden an besagtem festem Boden Zweifel laut.3 So heißt es bei Ditz: „Faktisch führt die BsGaV eine eigene Gewinnermittlungspflicht für in- und ausländische Betriebsstätten ein, die im Grunde der eines rechtlich selbständigen Unternehmens entspricht. Eine solche Buchführungspflicht kann allerdings nicht im Rahmen einer Rechtsverordnung zur Einkünftekorrektur geregelt werden, sondern müßte sich aus §§ 140 ff. AO ergeben. So ist zumindest fraglich, ob die Vorgaben der BsGaV zur Gewinnermittlung der Betriebsstätte durch § 1 Abs. 6 AStG gedeckt sind.“4 Und Leonhardt stellt an anderer Stelle - im Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld (wo sonst?) - heraus: „Ob sich die BsGaV (…) noch im Ermächtigungsrahmen des § 1 Abs. 6 bewegt, ist fraglich“.5
1 „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung)“ v. 12.8.2008, BGBl I 2008, 1680. 2 „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Absatz 5 des Außensteuergesetzes (Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung)“ v. 13.10.2014, BGBl I 2014, 1603. 3 Z.B. Schultes-Schnitzlein/Piontek, IWB 2017, 881; Gosch in Drüen/Hey/Mellinghoff (Hrsg.), 100 Jahre Steuerrechtsprechung in Deutschland, Festschrift für den Bundesfinanzhof, 2018, S. 1027 (1038); ders., ISR 2018, 404 (416); Nientimp/Ludwig, IWB 2013, 641; Nientimp/Ludwig/Stein, IWB 2014, 815; Ditz, ISR 2013, 266 (267 f.); Ditz/Luckhaupt, ISR 2015, 3; Margerie, Gewinnermittlung und Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, 2016, S. 261 ff.; vgl. auch IDW in Stellungnahme zum Entwurf der FVerlV an das BMF v. 29.12.2007, IDW, FN-IDW 2007, 497; Roser, EStB 2008, 35; Roser in Gosch, AO/FGO, § 90 AO Rz. 188; Schnitger, IStR 2012, 634; Stellungnahme der Bundessteuerberaterkammer an den Finanzausschuß des Deutschen Bundestages zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 v. 17.9.2012, 13; Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1 AStG Rz. 1056 ff., 1068 ff.; Pohl in Blümich, § 1 AStG Rz. 211: „angesichts der Komplexität und Vielschichtigkeit des Fremdvergleichsgrundsatzes“; a.A. Kaeser in Wassermeyer, Art. 7 OECD-MA Rz. 715, ebenfalls mit Blick „auf den hohen Grad der Unbestimmtheit der Norm“, jedoch mit just umgekehrter Folgerung; Berner, Betriebsstättenbesteuerung nach dem AOA, 2016, S. 65 f.; Bärsch in Herrmann/Heuer/Raupach, Anhang zu § 49 EStG Anm. 5. 4 Ditz in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 6.142; ebenso Leonhardt/Tcherveniachki in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 2981, 2985. 5 Leonhardt in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 3922.
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Die Verordnungsermächtigungen des § 1 AStG
Gegenstand der hier gegebenen Überlegungen soll denn auch sein, ob letzteres zutrifft, ob die Ermächtigungsregeln in § 1 AStG zu dem ermächtigen, was der Verordnungsgeber daraus „gemacht“ hat. Anders gewendet: Ob der Boden, auf dem die Verordnungsfüße stehen, wirklich trittfest ist, oder, um im Themenbild zu bleiben, ob die Füße tönerne sind.
II. Die Grundlagen in Art. 80 Abs. 1 GG Steuerrecht ist Sache des Parlaments, und für das Außensteuerrecht ist ebenso wie für das Ertragsteuerrecht der Bundesgesetzgeber zuständig (Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 3 Satz 1 GG). Das betrifft die Belastungsentscheidung als solche ebenso wie Einzelheiten der Ausgestaltung und Erhebung. Allerdings beläßt Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG die Möglichkeit, bestimmte Detail- und Übergangsfragen auf die Bundesregierung, einen Bundesminister oder die Landesregierungen im Wege einer Verordnungsermächtigung auszulagern. Dabei muß die Verordnung nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG den Rahmen der ausgelagerten Fragen vorgeben, da andernfalls die Gefahr besteht, daß der Gesetzgeber sein Gesetzgebungsrecht aushöhlt: „Inhalt, Zweck und Ausmaß“ der erteilten Verordnungsermächtigung müssen im Gesetz bestimmt sein. Die darauf gemünzte Bestimmtheit muß eine „hinreichende“ sein,6 welche wortwörtlich gesichert zu sein hat, allerdings im Zusammenspiel mit dem gesamten Regelungswerk auch durch gängige hermeneutische Auslegungsmethoden ermittelt werden kann.7 Trotzdem und nochmals: „Inhalt, Zweck und Ausmaß“ der Ermächtigung müssen sich aus dem Gesetz ergeben. Die „ausgelagerten“ Fragen und Themen müssen konkret bezeichnet werden. Im Gesetz muß das „Wesentliche“ geregelt sein, in der Verordnung kann das „Unwesentliche“ ergänzt und justiert werden;8 „originären politischen Gestaltungswillen der Exekutive“ darf sie nicht zum Ausdruck bringen.9
III. „Historie“ der Verordnungsermächtigungen des § 1 AStG „Am Anfang stand“ vor diesem staatsrechtlichen Hintergrund in dem hier interessierenden § 1 AStG die Ermächtigungsgrundlage in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG, eingefügt durch das Unternehmensteuerreformgesetz (UntStRefG) 2008 vom 14.7.2008.10 Sie trug den folgenden Wortlaut: „Um eine einheitliche Rechtsanwendung und die Übereinstimmung mit den internationalen Grundsätzen zur Einkunftsabgrenzung sicherzustellen, wird das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung Einzelheiten 6 Ständige Rechtsprechung des BVerfG, zu den umfassenden Nachweisen s. Kirchhof, EStG, 18. Aufl. 2019, § 51 Rz. 3. 7 Abermals ständige Rechtsprechung des BVerfG, mit Nachweisen wiederum bei Kirchhof, ebd. 8 Kirchhof, EStG, 18. Aufl. 2019, § 51 Rz. 10. 9 BVerfG v. 8.6.1988 – 2 BvL 9/85, 2 BvL 3/86, BGBl I 1988, 1587. 10 BGBl I 2007, 1912.
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Dietmar Gosch zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes im Sinne des Absatzes 1 und der Sätze 1 bis 12 (scil.: des Abs. 3) zu bestimmen.“
Auf Basis dieser Ermächtigung schuf der Verordnungsgeber am 12.8.2008 die ab 1.1.2008 anzuwendende Funktionsverlagerungsverordnung. In dieser Verordnung11 wird, nomen est omen, lediglich die „Funktionsverlagerung“ ins Visier genommen. Nach der Verordnungsbegründung soll zu „einem späteren Zeitpunkt die Ermächtigung des § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG in vollem Umfang genutzt werden, um im Bereich der internationalen Verrechnungspreise insgesamt zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung beizutragen und ein größeres Maß an Rechtssicherheit“ zu bewirken.12 Das Gesetz allein schafft das offenbar nicht – eher ein Armutszeugnis. Mit der Ausweitung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf die Betriebsstättengewinnabgrenzung,13 den sog. Authorised OECD Approach = AOA, und der damit einhergehenden Novellierung von Art. 7 OECD-MA wurden die Fragestellungen sodann spürbar komplexer.14 § 1 Abs. 3 Satz 3 AStG wurde gestrichen und durch die nun mehrige, durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (AmtshilfeRLUmsG) vom 26.6.201315 mit Wirkung zum 30.6.2013 eingeführte Regelung des § 1 Abs. 6 AStG ersetzt. § 1 Abs. 6 AStG ermächtigt dazu, „durch Rechtsverordnung Einzelheiten des Fremdvergleichsgrundsatzes im Sinne der Absätze 1, 3 und 5 und Einzelheiten zu dessen einheitlicher Anwendung zu regeln sowie Grundsätze zur Bestimmung des Dotationskapitals im Sinne des Absatzes 5 Satz 3 Nummer 4 festzulegen.“
Auf Grundlage dieser Ermächtigung erging dann die Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung vom 13.10.2014, gültig ab 18.10.2014. So oder so und nach wie vor blieb und bleibt es dabei: Das Gesetz ermächtigt zum Erlaß einer Verordnung, welche „Einzelheiten der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes“ betrifft. Zugleich weitet sich die Ermächtigung neuerlich auf den Fremdvergleichsgrundsatz als solchen: Auch dessen „Einzelheiten“ dürfen fortan qua Verordnung geregelt werden. Aber Schritt für Schritt:
IV. Der Fremdvergleichsgrundsatz und seine Anwendung als Gegenstand der gesetzlichen Ermächtigungen Es geht um den Fremdvergleichsgrundsatz, und zwar um den Grundsatz „im Sinne der Absätze 1, 3 und 5“ des § 1 AStG. Nur diese Absätze werden in den Ermächtigun11 Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1 AStG Rz. 1067, weist zutreffend darauf hin, daß die Verwendung des Singulars „Verordnung“ in der Ermächtigung es nicht ausschließt, auch mehrere Verordnungen zu erlassen. 12 Vgl. BR-Drucks. 352/08 v. 4.7.2008, S. 10. 13 Vgl. hierzu Gosch, ISR 2018, 404 ff. 14 BR-Drucks. 302/12 v. 25.2.2012, S. 100, noch zum Vorläufer-Gesetzesvorschlag des JStG 2013. 15 BGBl I 2013, 1809.
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gen in Bezug genommen. Der Fremdvergleichsgrundsatz taucht darin insgesamt siebenmal auf: dreimal in Absatz 1, je zweimal in Absatz 3 und 5. 1. Fremdvergleichsgrundsatz in § 1 Abs. 1 AStG Begrifflich definiert wird der Fremdvergleichsgrundsatz eigentlich aber nur in § 1 Abs. 1 AStG, dort in Satz 1. Die Rede ist von den „Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten“. Der Fremdvergleichsgrundsatz mündet also in eine „reale“ Größe, die allerdings fiktiv, „virtuell“ benutzt und tatbestandlich aufgeladen wird, um den ebenfalls realen Preis „abzumessen“, welchen miteinander Nahestehende vereinbart haben. Der derart bestimmte Grundsatz des „realen“ Fremdvergleichs wird sodann und in weiterer Weise „virtuell“ aufgeladen, nämlich durch das simulierte Verhalten fiktiver Dritter, Fremder. Zum einen durch § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG, durch welchen der Grundsatz als solcher zwar unberührt bleibt, für dessen Anwendung jedoch davon auszugehen ist, daß die voneinander unabhängigen Dritten „alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehung kennen und nach den Grundsätzen ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter handeln“. Letzteres, die Qualifizierung des gedachten Dritten als jemand, der seinerseits „ordentlich“ handelt, versteht sich von selbst und ist selbst erklärend. Ersteres ist „speziell“, weil eigentlich fremdvergleichsungerecht. Welcher fremde Dritte hat schon den vollen Überblick über das, was der andere, der Vertragspartner, weiß? Dazu später, an anderer Stelle,16 mehr. 2. Fremdvergleichsgrundsatz in § 1 Abs. 3 AStG In § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG heißt es, daß „im Einigungsbereich der Einkünfteermittlung“ der Preis zugrunde zu legen ist, der dem Fremdvergleichsgrundsatz mit der höchsten Wahrscheinlichkeit entspricht. Erneut bleibt der reale Vergleichspreis unangetastet, er wird wiederum im Zuge einer Näherungsanordnung modifiziert, abermals fremdvergleichsungerecht, letzten Endes (wohl) aus Gründen der Vereinfachung und um Vergleichsergebnisse, die innerhalb einer (womöglich weiten) Bandbreite liegen, aus steuerordnungsrechtlichen Gründen „einzufangen“. Eine weitere Qualifizierung erfährt der Fremdvergleichsgrundsatz schließlich dadurch, daß die Einzelverrechnungspreise übertragener Wirtschaftsgüter anerkannt und als fremdvergleichsgerecht angesehen werden, um den Wert eines Transferpaketes als Ganzes widerzuspiegeln. 3. Fremdvergleichsgrundsatz in § 1 Abs. 5 AStG § 1 Abs. 5 AStG weitet den Anwendungsbereich des Fremdvergleichsgrundsatzes als Maßnahme des OECD-AOA auf das Steuerrechtsverhältnis zwischen inländischem 16 S. sub VI.
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Unternehmen und ausländischer Betriebsstätte aus. Erneut bleibt der Grundsatz eines „realen“ Fremdvergleichs unberührt, lediglich seine Anwendung wird erweitert. Gegenstand des Vergleichs sind jetzt nicht mehr nur voneinander unabhängige Gesellschaften. Gegenstand sind vielmehr – abermals virtuell – das inländische „Stammhaus“ und seine ausländischen Betriebsstätten. Das Einheitsunternehmen wird für Zwecke der Gewinnkorrektur (und Gewinnermittlung) aufgespalten.
V. Fortgeltung des ursprünglich in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG für die FVerlV gesetzten Ermächtigungsrahmens? 1. § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. und § 1 Abs. 6 AStG n.F.: Übereinstimmungen und Abweichungen Wir stellen fest: § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. und § 1 Abs. 6 AStG n.F. weichen im Detail voneinander ab – subtil, aber immerhin. Was bedeutet das für den Fortbestand der FVerlV? Schafft die neue Rechtsgrundlage einen hinreichenden Rechtsgrund? Eindeutig ist das keineswegs. Ziel des Gesetzgebers war es ersichtlich, mit § 1 Abs. 6 AStG n.F. eine „Permanenzermächtigung“ zu bewirken, bei der sich die Neuregelung nahtlos an die Vorermächtigung anschließt und diese inhaltlich mit abdeckt. Das ergibt sich aus den Regelungsmaterialien. Nun entspricht es in Einklang damit weithin gesicherter Erkenntnis, daß eine Rechtsverordnung nicht schon deshalb außer Kraft tritt, weil die gesetzliche Ermächtigung, auf deren Grundlage sie erlassen wurde, wegfällt.17 Es besteht insoweit kein Zwangsannex der „ermächtigten“ Verordnung an die weggefallene Norm. Anders kann es aber dann sein, wenn die Verordnung ihrem Inhalt nach mit der nunmehr geltenden Gesetzeslage nicht mehr zu vereinbaren ist. Letzteres ist hier jedenfalls prima vista nicht der Fall: Beide Ermächtigungen, § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. ebenso wie § 1 Abs. 6 AStG n.F., zielen darauf ab, den im Gesetz vielfach verwendeten Terminus des Fremdvergleichs näher einzugrenzen, ihn zu bestimmen und zu konkretisieren. Ziel ist dort wie hier übereinstimmend eine „einheitliche“ (Rechts-)Anwendung sicherzustellen, in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. wird das aber ergänzt. Nicht bloß die einheitliche Rechtsanwendung ist das Ermächtigungsziel, es ist das vielmehr zusätzlich („und“) die „Übereinstimmung mit den internationalen Grundsätzen zur Einkunftsabgrenzung“. Augenfällig versteht der Gesetzgeber unter der „einheitlichen Rechtsanwendung“ und der „Übereinstimmung mit den internationalen Grundsätzen“ etwas voneinander Abweichendes. Anders wäre die Zweiteilung der Zielprojektion nicht verständlich. Denn daß sie bloß zueinander redundant ein und dasselbe meinen sollte, erscheint abwegig. Wenn das aber so ist, dann stimmen zwar die „Einzelheiten zur einheitlichen Anwendung“ des Fremdvergleichsgrundsatzes in § 1 Abs. 6 AStG n.F. einerseits und die „Einzelheiten zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes“ im Sinne 17 BVerfG v. 3.12.1958 – 1 BvR 488/57, BVerfGE 9, 3; v. 25.7.1962 – 2 BvL 4/62, BVerfGE 14, 245 (249); s.a. BVerwG v. 6.10.1989 – 4 C 11/86, NJW 1990, 849.
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von § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. andererseits überein, um die Ermächtigungsreichweite festzulegen. Der „Übereinstimmung mit den internationalen Grundsätzen zur Einkunftsabgrenzung“ bedarf es aber offenbar fürderhin nicht mehr, man hat schlicht darauf verzichtet. Möglicherweise deshalb, weil letztlich ungewiß ist, wo die „internationalen Grundsätze“ herrühren sollen: Aus einem konkreten Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und hierbei einer dem Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nachgebildeten Vorschrift?18 Oder aus irgendwelchen nicht-normativen Bekundungen wie den OECD-Musterkommentierungen oder den OECD-Transfer Price Guidelines?19 Vermutlich hat man zu Recht davon Abstand genommen, dieses Verordnungsziel in die neugefaßte Ermächtigung mit aufzunehmen. Es finden sich weitere Unterschiede: § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. beschränkte sich auf die „Einzelheiten zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes“, § 1 Abs. 6 AStG n.F. geht darüber hinaus: Neben den Einzelheiten zur einheitlichen Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes sind es jetzt auch „Einzelheiten“ des Grundsatzes selbst, zu deren Festlegung in einer Verordnung das Gesetz ermächtigt. 2. Folgen für die FVerlV Schaut man sich nun die FVerlV an, so lautet diese mit vollem Namen „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen“. In Bezug genommen werden die Fremdvergleichsgrundsätze also allein als solche nach Maßgabe von § 1 Abs. 1 AStG, und sodann wiederum spezifiziert allein auf Funktionsverlagerungen, die ihrerseits in § 1 Abs. 3 Satz 8 bis 12 AStG qualifizierte Regelungen enthalten, in Satz 9 allerdings mit Bezugnahme auf Satz 5 und damit mittelbar Satz 6. Die auf dieser Basis getroffenen Regelungen bleiben als solche weitgehend beanstandungsfrei, jedenfalls soweit sie (in § 1 bis 3 FVerlV) inhaltlich beschränkt auf Funktionsverlagerungen sind und grosso modo nicht darüber hinausgehen.20 Die Verordnungskonformität stieße aber dort an die Grenzen, wo § 1 Abs. 3 Satz 1 bis 12 AStG keine entsprechende Grundlage zur Verfügung stellt. Gerade für Funktionsveränderungen (z.B. „Funktionsverdoppelungen”) oder Funktionsüberlassungen (zeitliche Nutzung gegen Entgelt) würde es deswegen an einer entsprechenden Verordnungsermächtigung feh-
18 Einer Vorschrift, der aus Sicht des BFH nach dessen (zu Unrecht) auf den Kopf gestellter, geänderter Spruchpraxis ohnehin kaum noch Bedeutung beizumessen ist, s. BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, FR 2019, 526, mit dazu gegebener „authentischer Interpretation“ durch Wacker, FR 2019, 449. 19 Zu alledem zutreffend Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1 AStG Rz. 1062 ff. 20 Ebenso Nientimp in Fuhrmann, AStG, § 1 Rz. 327; Jacobsen in AStG eKommentar, Einleitung AStG Rz. 49 f.: „[…] prägt die detaillierte Anordnung des § 1 Abs. 3 Satz 9-12 AStG den sachlichen Gehalt der Verordnung vor und verschafft dem BMF so ein zielorientiertes Regelungsprogramm. Auf diese Weise erhält es einen klar konturierten Rahmen […]“.
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len. Der Verordnungsgeber hat denn im Ergebnis auch zu Recht von entsprechenden Regelungen abgesehen.21 Verblieben sind in den Verordnungsregelungen indessen „Einzelheiten des Fremdvergleichsgrundsatzes“, namentlich im Zusammenhang mit § 1 Abs. 3 Satz 11 und 12 AStG, also der gesetzlichen Unterstellung, daß unabhängige Dritte bei Vorliegen ebenfalls fiktiver „Ungewißheiten“ über den „richtigen Preis bei Vertragsschluß vorgreiflich Preisanpassungsregelungen getroffen hätten. In §§ 9 bis 11 FVerlV werden solche Anpassungen aufgegriffen und dazu quasi-normative Vorgaben geliefert. Auch das geht zweifelsfrei über den in § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. gesetzten Rahmen hinaus. Schließlich geht das BMF erklärtermaßen22 davon aus, daß die FVerlV in Einklang mit Gemeinschaftsrecht und den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien steht und damit getreu dem bisherigen Verordnungsziel eine „Übereinstimmung mit den internationalen Grundsätzen“ besteht. Dem ist jedenfalls insoweit zu widersprechen, als aufgrund der Unbestimmtheit bei Funktionsverlagerungen doppelte Besteuerungen drohen.23 Dem Gesetz- wie Verordnungsgeber ist nun gewiß zuzugestehen, daß es angesichts der komplexen Zusammenhänge der Materie schwierig ist, besagte „Einzelheiten“ des Grundsatzes als solchen und seiner Anwendung ex ante auseinanderzuhalten.24 Es kann nicht Ziel einer Ermächtigungsregelung sein, allen Eventualitäten vorzubeugen, das würde die Verordnung in letzter Konsequenz erübrigen. Doch ist zugleich höchst zweifelhaft, ob sich der Gesetzgeber deswegen mit einer Generalermächtigung begnügen kann. Es dürfte zu verneinen sein: Wer ermächtigt ist, „Einzelheiten zur Anwendung“ eines Grundsatzes zu verordnen, ist nicht dazu ermächtigt, jenen Grundsatz als solchen zu modifizieren. Tut er das dennoch, geht er über seine Ermächtigungsrahmen hinaus und sind seine Rechtsakte „ausbrechend“. Vermutlich, weil er das in Grenzen erkannt hat, wurde § 1 Abs. 6 AStG n.F. vom Gesetzgeber um „ein wenig mehr“ an Substanz bereichert. Nimmt man damit an, die ursprüngliche Ermächtigung genüge nicht, um § 1 Abs. 3 Satz 13 AStG a.F. zu stützen, 21 Roser, EStB 2008, 35, der darauf hinweist, das BMF habe zu Recht den Gedanken der Funktionsverdoppelung (§ 1 Abs. 4 FVerlV) offenbar zumindest dann fallen gelassen, wenn die Funktionen im Inland von der Funktionsverdoppelung weder planmäßig noch unmittelbar betroffen seien. Für § 1 Abs. 2 Satz 3 FVerlV fehle eine solche Erkenntnis. Ebenso Kroppen/ Rasch, IWB 2009, 789; Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1650; Kraft, AStG, 2. Aufl. 2019, § 1 Rz. 520; Fumi in Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, 4. Aufl. 2015, 4. Teil Kap. K Rechtsprechung und Steuerstrafrecht, Rn. 40 f. 22 BMF v. 13.10.2010, BStBl I 2010, 774 (Verwaltungsgrundsätze Funktionsverlagerung) Tz. 1.1. 23 Vgl. dazu kritisch auch Kroppen/Rasch/Eigelshoven, IWB 2007, F. 3, Gr. 1, 2201; Kroppen/ Rasch, IWB 2009, 789; Wassermeyer, FR 2008, 67; Welling/Tiemann, FR 2008, 68. Zu weiteren Ungereimtheiten s. nachfolgend unter VI. a.E. 24 Leonhardt in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 3922.
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Die Verordnungsermächtigungen des § 1 AStG
wäre die auf ihrer Basis erlassene Verordnung unwirksam. Sie erwüchse auch nicht dadurch in Rechtswirksamkeit, daß ihr über § 1 Abs. 6 AStG n.F. eine taugliche Grundlage zugrunde liegen könnte. Es bedürfte vielmehr eines erneuten Durchlaufens der dafür vorgesehenen formalen Wege.
VI. Taugt § 1 Abs. 6 AStG n.F. als Ermächtigung für die BsGAV? Wie sieht es mit der BsGAV aus? Diese ist erklärtermaßen auf Grundlage des § 1 Abs. 6 AStG n.F. ergangen. Vollen Namens handelt es sich bei ihr um die „Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 des Außensteuergesetzes. „Einzelheiten des Fremdvergleichsgrundsatzes“ sollen hiernach also nicht geregelt werden. Der Verordnungsgeber schöpft die ihm gegebenen Möglichkeiten insoweit (erneut, wie schon in der FVerlV) nicht aus, jedenfalls nicht, wenn man den Verordnungsnamen beim Wort nimmt. Seiner Absicht, zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes für § 1 Abs. 3 Sätze 1-8 AStG eine sog. „Fremdvergleichsverordnung in die Welt zu setzen,25 ist er bislang nichtnachgekommen. Vor diesem Hintergrund beschäftigt er sich in § 1 BsGAV mit der Zurechnung von Einkünften zu einer Betriebsstätte. Abs. 1 der Vorschrift legt fest, daß und auf welche Weise die Grundlagen für den anzustellenden Fremdvergleich zu setzen sind, nämlich vermittels der Funktions- und Risikoanalyse der Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte als Teil der Geschäftstätigkeit des Unternehmens. Darauf aufbauend ist eine Vergleichbarkeitsanalyse der Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte durchzuführen, um für die Geschäftsbeziehungen der Betriebsstätte im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG Verrechnungspreise zu bestimmen, die dem Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AStG) entsprechen. Auf Grundlage der Funktions- und Risikoanalyse der Geschäftstätigkeit der Betriebsstätte werden sodann in Abs. 2 die zuzurechnenden Einkünfte, Funktionen und Geschäftsvorfälle zugeordnet. In § 2 BsGAV werden allerlei Begriffe quasi-legal definiert, so wird „für die Zwecke dieser Verordnung“ bestimmt, wann ein Unternehmen in- oder ausländisch ist, was unter Personalfunktionen und was unter Vermögenswerten zu verstehen ist. § 3 BsGAV kümmert sich um die Hilfs- und Nebenrechnung, welche für Betriebsstätten aufzustellen ist. §§ 4 ff. BsGAV legen Zuordnungsregelungen fest: von Personalfunktionen, materiellen und immateriellen Werten, Beteiligungen, Finanzanlagen und ähnlichen Vermögenswerten, sonstigen Vermögenswerten, Geschäftsvorfällen, Chancen und Risiken, Sicherungsgeschäften, in § 9 BsGAV spezifisch für Außentransaktionen i.S.d. § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AStG. §§ 12 ff. BsGAV enthalten Näheres zum Dotationskapital, §§ 16 ff. BsGAV legen fest, wann „anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen“ solche im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 25 Dazu Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 964, 1045; Baumhoff/Liebchen in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 4.323; Baumhoff/Liebchen in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 1. Aufl. 2014, Rz. 5.193, Rz. 5.209; s.a. Naumann, IStR 2013, 618 f.; Rasch, ISR 2013, 35.
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AStG sind. Es schließen sich Einzelheiten für Bankbetriebsstätten, Versicherungsbetriebsstätten, Bau- und Montagebetriebsstätten sowie Förderbetriebsstätten an. § 39 BsGAV nimmt sich schließlich des „Ständigen Vertreters“ an. Das alles hat, um das Ergebnis vorwegzunehmen, mit dem durch § 1 Abs. 6 AStG gesetzten Ermächtigungsrahmen kaum noch etwas zu tun. Denn was unter einem Fremdvergleich und was unter dem Fremdvergleichsgrundsatz zu verstehen ist, wird vom Gesetzgeber abschließend fixiert, und zwar in § 1 Abs. 1 AStG. Der dort gegebenen Legaldefinition ist nicht viel hinzuzufügen. Er ist nach den Maßgaben des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG selbsterklärend und für sich genommen abschließend. Es fällt angesichts dessen schwer, all das, was in der BsGAV vom Verordnungsgeber aufgenommen worden ist, als „unwesentliche“ Ergänzung, Vervollständigung en Detail des Fremdvergleichsgrundsatzes zu qualifizieren, als ein „doch […] recht einheitliches Erfordernis in Gestalt eines aus dieser Ermächtigung erkennbaren, den Verordnungsgeber bindende[s] Programm“, welches sich auf die rein „technische Umsetzung der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes“ beschränke.26 Es handelt sich zweifelsfrei um mehr, um viel mehr, nämlich um die Konturierung dessen, was der Verordnungsgeber losgelöst vom Gesetzgeber unter einem Fremdvergleichsgrundsatz verstehen möchte. So scheint es auch der Gesetzgeber zu sehen, wenn er aufbauend auf § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG zum einen gesetzliche Regeln geschaffen hat, um die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu bestimmen und zu erweitern, und zum anderen solche Regeln, die den Fremdvergleichsgrundsatz durch Fiktionen modifizieren und erweitern. Das wurde oben unter IV. 1 näher aufgezeigt. Namentlich durch § 1 Abs. 5 AStG wird der Anwendungsbereich des Fremdvergleichsgrundsatzes in diesem Sinne auf die Betriebsstätte und damit auf eine fiktive Untereinheit des Einheitsunternehmens ausgedehnt. Um das tun zu können – also die Betriebsstätte „wie“ ein eigenständiges und selbständiges Unternehmen zu behandeln -, sind der Betriebsstätte bestimmte, sie verselbständigende Merkmale zuzuordnen, die in § 1 Abs. 5 Satz 3 AStG aufgelistet (und nur grob legalbestimmt) werden: Personalfunktionen, Vermögenswerte, Chancen und Risiken, Dotationskapital. All das sind notwendige Voraussetzungen, um den Fremdvergleichsgrundsatz anzuwenden. Hilfreich ist dafür womöglich ebenso die zwingende Aufstellung von Hilfs- und Nebenrechnungen.27 Auch das Verständnis für die „anzunehmende schuldrechtliche Beziehung“ nach Maßgabe von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 AStG ist gewiß höchst praxiswichtig. Bei beidem – sowohl der Hilfs- und Nebenrechnung als auch der „anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehung – handelt es sich jedoch nicht um Teilmengen des Fremdvergleichsgrundsatzes. Beides gehört dementsprechend auch nicht zu den „Einzelheiten“ dieses Grundsatzes oder zu Ein26 So aber Bärsch in Herrmann/Heuer/Raupach, Anhang zu § 49 EStG Anm. 5. 27 Der Gesetzgeber hält es allerdings für möglich, zur sachgerechten Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes aufgrund der Verordnungsermächtigung entsprechend den OECD- Grundsätzen die Aufstellung einer steuerlichen Hilfs- und Nebenrechnung für die in einem anderen Staat belegene Betriebsstätte („Betriebsstättenbilanz“) zu regeln, vgl. BR-Drucks. 17/1000 v. 19.6.2012, 66. Das steht aber auf einem anderen Blatt, jenseits der Frage nach der belastbaren Ermächtigung.
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zelheiten dessen Anwendungsbereichs, welche allein der Gesetzgeber qua Ermächtigung festlegen darf.28 Vielmehr erhellt der Umkehrschluß zu den in § 1 Abs. 6 AStG speziell erwähnten Abs. 1, 3 und 5, daß sich Rechtsverordnungen zu den verbleibenden Absätzen 2 sowie 4 AStG schlechthin verbieten.29 Für § 9 BsGAV und die darin in den Blick genommenen Geschäftsvorfälle des Unternehmens „nach außen“, gegenüber fremden Dritten, gilt das nochmals in besonderer Weise. Denn für die Außentransaktionen im Sinne von § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AStG ist § 1 Abs. 5 (und damit auch Abs. 6) von vornherein nicht einschlägig. Daß es sich allein so verhält, bestätigt das Gesetz in § 1 Abs. 5 AStG zudem höchstselbst, indem es von zwei „Schritten“ spricht: Nach dessen Satz 6 sind der Betriebsstätte, das wurde bereits erwähnt, „in einem ersten Schritt“ besagte Funktionen, Vermögenswerte usf. zuzuordnen. Sodann sind „auf der Grundlage dieser Zuordnung […] in einem zweiten Schritt die Art der Geschäftsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und seiner Betriebsstätte und die Verrechnungspreise für diese Geschäftsbeziehungen zu bestimmen“. Spätestens diese Regelungsvorgaben belassen keinen Zweifel mehr: Die solcherart bestimmte Betriebsstätte ebenso wie die Gewinnabgrenzungen und Geschäftsbeziehungen sind – als Vorfrage – das eine, der Fremdvergleichsgrundsatz, die auf dieser Grundlage anzuwendenden „Verrechnungspreise“, sind das andere. Sie haben miteinander zu tun und mögen einander bedingen, sie sind dennoch strikt voneinander zu trennen. Nur die Vergleichsgrundsätze sind indessen Gegenstand der Ermächtigung des § 1 Abs. 6 AStG – mit einer (einzigen) Ausnahme: dem Dotationskapital. Allein hierfür – für das Dotationskapital und bezogen in diesem Zusammenhang allein auf § 1 Abs. 5 AStG – ermächtigt das Ermächtigungsgesetz, und nicht zuletzt daran erweist sich, daß dem Gesetzgeber durchaus bewußt war, was er geregelt hat und wieweit diese Regelung wirken sollte. Der Rechtsboden der Gesetzesregelungen wird schließlich vollends verlassen, wenn § 39 Abs. 2 BsGAV verordnet: „Handelt es sich bei einem ständigen Vertreter um ein rechtlich selbständiges Unternehmen mit eigenem Personal im Sinne des § 2 Absatz 4, so sind für die sinngemäße Anwendung nach Absatz 1 abweichend von § 2 Absatz 3 alle Personalfunktionen, die vom Personal des ständigen Vertreters für den Ver tretenen ausgeübt werden, als eigene Personalfunktionen des Vertretenen zu behandeln.“ Diese Fiktion ist pure Eigenmacht, stellt § 1 Abs. 5 Satz 3 Nr. 1 AStG doch explizit auf das eigene Personal des Unternehmens ab (= „‘ihr‘ Personal“), von Fremdpersonal eines ständigen Vertreters ist dort keine Rede. Der Kontakt zu § 1 Abs. 6 AStG geht hier verloren, und das wird denn auch zu Recht kritisiert.30 Die Überlegungen gehen indessen noch einen deutlichen Schritt weiter; dieser Schritt wurde bereits eingangs erwähnt, schaut man sich manche der Einzelfragen an, die in der BsGAV aufgeführt sind, und führt sich zudem vor Augen, daß die „schlichte Kor28 Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1 AStG Rz. 1069. 29 Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, § 1 AStG Rz. 1069. 30 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten Handbuch, 2. Aufl. 2017, Rz. 11.365; Greinert/Karnath in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Rz. 3818; Sommer, ISR 2016, 283 Fn. 21.
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rekturvorschrift des § 1 Abs. 1 AStG insbesondere durch § 1 Abs. 5 AStG einen Paradigmenwechsel erfahren hat. Sie mutiert seitdem zur allgemeinen und eigenen Gewinnermittlungsvorschrift und statuiert eine eigenständige Gewinnermittlungspflicht für Betriebsstätten als fiktive, rechtlich verselbständigte Unternehmen. Das aber geht schon im Ansatz erheblich über das hinaus, wozu „die Ermächtigung ermächtigt“. Nicht unerwähnt bleiben soll hier die „Eliminierung“ des Verordnungsziels der „Übereinstimmung mit den internationalen Grundsätzen“; sie kam schon zur Sprache. Die ersatzlose Aufgabe dieses Ziels könnte dadurch bedingt sein, daß der Gesetzgeber mit § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG („Hellseher-Klausel“), § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG („Medianpreis“) und § 1 Abs. 3 Satz 11 AStG (Anpassungsgebot) „künstliche“ Fremdvergleichsparameter geschaffen hat, die mit einem „ordentlichen“ Fremdvergleichen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG nicht mehr viel zu tun haben – und deswegen verwaltungsseitig auch als unilaterale Lenkungsvorschriften außerhalb des Fremdvergleichs und diesen überschreibend angesehen werden.31
VII. Resümee Der kleine Streifzug hat aufgezeigt und bestätigt, was schon vermutet wurde: Die Titelfrage ist zu bejahen: Der „FVerlV“ und der „BsGAV“ fehlt in weiten Teilen eine taugliche Ermächtigung. Sie haben „tönerne Füße“ und sie sind damit „aus sich heraus“ nichtig und unangewandt zu lassen.32 Wer anderes vertritt, zerlegt die Grundfesten des Gesetzesvorbehalts und füllt diese mit Absichtserklärungen zu einem vermeintlichen Willen des Gesetzgebers. Viele Gedanken und Analysen zu den beiden Verordnungen haben sich damit erledigt – zumindest vorerst. Wenn gut beraten, liest „der Gesetzgeber“, wer immer das außerhalb der Finanzverwaltung auch sein mag, diese Zeilen in der Freundesgabe für Hubertus Baumhoff, bessert das Gesetz nach und erläßt die Verordnungen auf formal gesetzestreuem Wege (naturgemäß nur pro futuro, nicht etwa salvierend rückwirkend) nochmal. Dann (aber auch nur dann) haben die profunden Überlegungen des Jubilars33 zum Thema des Fremdvergleichs weiterhin Bestand und Wirkung. Und was mehr bliebe ihnen (und uns) zu wünschen? Alles andere wäre nicht bloß überaus schade, es wäre schlechterdings unverzeihlich!
31 Vgl. Greil in JbFAStR 2018/2019, 1006 (1028 ff.). 32 Vgl. z.B. BFH v. 2.9.2009 – I R 111/08, BStBl II 2010, 387; v. 10.6.2015 – I R 79/13, BStBl II 2016, 326; v. 30.5.2018 – I R 62/16, IStR 2019, 32. 33 Auch „Große Wirtschaftswissenschaftler“ benötigen zuweilen eben rechtswissenschaftliche „Erhellung“ !
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Stefan Greil1
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Rechtssicherheit im Bereich der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung
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Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Beiträge zu verbesserter internationaler Abstimmung 1. Der Fremdvergleichsgrundsatz als Standard der Gewinnabgrenzung
2. ICAP 3. Gemeinsame steuerliche Außenprüfung 4. Begleitende Kontrolle 5. Cross-Border Dialogue III. Fazit
I. Einleitung Im Jahr 1986 wurde die Doktorarbeit des Jubilars unter dem Titel „Verrechnungspreise für Dienstleistungen“2 veröffentlicht. Ziel der Arbeit war es, „für den Grundsatz des Fremdvergleichs neue Interpretationsmöglichkeiten zu entwickeln und diese mit betriebswirtschaftlichem Sinngehalt zu versehen, um so zu einer einheitlichen, international abgestimmten Vorgehensweise zur Verrechnungspreisbestimmung zu ge langen.“ 33 Jahre später kann im internationalen Kontext zwar der Fremdvergleich immer noch als Standard der Gewinnabgrenzung bezeichnet werden, aber um eine einheitliche, international abgestimmte Vorgehensweise darf man sich Gedanken machen. Grenzüberschreitende Geschäftsvorfälle und insbesondere die grenzüberschreitende Gewinnabgrenzung bieten immer wieder Anlass für Meinungsverschiedenheiten über Sachverhalte und deren rechtliche Würdigung zwischen den Steuerpflichtigen und Bediensteten der Steuerverwaltungen weltweit. Nicht nur die Meinungen der Steuerpflichtigen und der Steuerverwaltungen divergieren, sondern auch die Auffassungen zwischen den Staaten. Dies insbesondere, weil Verrechnungspreispolitik Bestandteil von Steuerpolitik ist: Staaten stehen mit ihren Steuersätzen – aber auch mit ihrer Prüfungspraxis von international tätigen Unternehmen – im Wettbewerb zueinander, um Gewinne, die auf mobilen Faktoren basieren, zu attrahieren.3 Andererseits werden Verrechnungspreisregelungen mitunter immer strikter ausgestaltet und
1 Der Beitrag ist in nicht dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt die persönliche Auffassung des Verfassers wieder. 2 Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen, 1986. 3 Siehe u.a. Devereux/Lockwood/Redoano, Journal of Public Economics 2008, 1210-1235; Peralta et al., Journal of International Economics 2006, 24-37.
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angewendet,4 um u.a. das Steueraufkommen auf diese Weise zu sichern.5 Resultat sind mitunter unterschiedliche Gewinnkorrekturen6 und langwierige Verständigungsverfahren. Eine solche Verrechnungspreispolitik erschwert zugleich die Konsensfindung auf OECD-Ebene. So ist es nicht verwunderlich, dass die Erarbeitung eines neuen Kapitels der OECD-Verrechnungspreisleitlinien für Finanzierungstransaktionen seit Jahren andauert.7 Hinzukommen rein nationalstaatliche Entwicklungen, die den Fremdvergleichsgrundsatz konterkarieren, wie etwa die base erosion and anti-abuse tax (BEAT)8 in den USA. Die Doppelbesteuerung schwebt daher mehr denn je „wie ein ‚Damoklesschwert‘ über der internationalen Unternehmung“9. Im Bereich des Internationalen Steuerrechts haben sich (daher) in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten Instrumente zur einvernehmlichen Beilegung von Verrechnungspreiskonflikten, wie die Verständigungsverfahren auf der Basis des Art. 25 des OECD-Musterabkommens (OECDMA) bzw. der EU-Schiedskonvention und der EU-Streitbeilegungsrichtlinie etabliert.10 Das Thema der Streitbeilegung gewinnt dabei seit Jahren an Bedeutung, vor allem auch durch die internationale Initiative zur Vermeidung von Gewinnkürzungen und -verlagerungen (BEPS) zu Aktionspunkt 1411. Allerdings wird Streitbeilegung zumeist mit den genannten Instrumenten assoziiert, die vornehmlich darauf gerichtet sind, Streit im Nachhinein beizulegen. Jedoch sind alternative „Streitbeilegungsmöglichkeiten“ im Vorhinein (Streitvermeidung) eher zielführend und vorzugswürdig, da hierdurch langwierige Verfahren vermieden werden können, Rechtssicherheit im Vorhinein und nicht nur Rechtsfrieden im Nachhinein gewährleistet werden kann. Schon vor 33 Jahren führte der Jubilar an, dass “die Möglichkeit der Durchführung einer zeitlich abgestimmten internationalen Betriebsprüfung“ als „ein Beitrag zu verbesserter internationaler Abstimmung“12 angesehen werden kann und bezog sich damit auf ein Instrument, was zur Streitvermei-
4 Raimondos-Möller/Scharf, Oxford Economic Papers 2002, 230-246. 5 So hat bspw. Coca Cola vom IRS einen Steuerbescheid in Höhe von 3,3 Mrd. US-$ für Verrechnungspreisanpassungen erhalten (ob berechtigt oder unberechtigt, sei an dieser Stelle unerheblich; lediglich die Summe ist von Interesse), abrufbar: https://www.reuters.com/ article/us-usa-tax-corporate/as-corporate-government-tax-pacts-falter-coca-cola-chal lenges-huge-u-s-bill-idUSKCN1H8191; https://www.africataxjournal.com/wp-content/up loads/2018/04/US-TP-coca-cola-intro-2018-Transfer-Pricing-Report.pdf. 6 Siehe dazu auch Mansori/Weichenrieder, FinanzArchiv 2001, 1-11. 7 Der letzte Entwurf hierzu ist unter http://www.oecd.org/tax/oecd-releases-beps-discus sion-draft-on-the-transfer-pricing-aspects-of-financial-transactions.htm abrufbar. 8 https://www.irs.gov/pub/irs-drop/reg-104259-18.pdf. 9 Baumhoff (Fn. 2), S. 132. 10 Greil/Rasch, IStR 2016, 686. 11 OECD (2015), Making Dispute Resolution Mechanisms More Effective, Action 14-2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Publishing, Paris; http://dx.doi.org/10.1787/9789264241633-en. 12 Baumhoff (Fn. 2), S. 132.
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dung beitragen kann. Dieses ist heute zumindest in Deutschland als koordinierte steuerliche Außenprüfung13 bekannt und gewinnt vermehrt an Bedeutung. Dieser Beitrag widmet sich daher kursorisch verschiedenen ausgewählten Beiträgen zu verbesserter internationaler Abstimmung. Als Ausgangspunkt im (Streitbeilegungs-) Kreislauf14 können zunächst die Rechtsordnung bzw. die jeweils anzuwendenden (Steuer-)Gesetze sowie Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften in Bezug auf die grenzüberschreitende Gewinnabgrenzung genannt werden. Da hier die Möglichkeiten jedoch begrenzt erscheinen, kommen insbesondere Möglichkeiten in Betracht, die sich dem Verfahren, wie etwa einer kooperativeren Ausrichtung gegenüber dem Steuerpflichtigen oder einer grenzüberschreitenden Verwaltungskooperation, widmen.
II. Beiträge zu verbesserter internationaler Abstimmung 1. Der Fremdvergleichsgrundsatz als Standard der Gewinnabgrenzung Im Bereich der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung ist eine umfassende Regelungsdichte vorhanden: Für die steuerliche Gewinnermittlung werden Geschäftsvorfälle zwischen verbundenen Unternehmen und die zugrunde liegenden Verrechnungspreise seitens der jeweiligen Steuerverwaltung (im Rahmen einer Außenprüfung) auf ihre steuerliche Angemessenheit hin überprüft. Der deutsche Gesetzgeber sieht hierfür verschiedene Korrekturnormen vor, wie etwa die verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) gem. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, die verdeckte Einlage (vE) gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG sowie § 1 AStG (Berichtigung von Einkünften), die auf dem Fremdvergleichsgrundsatz basieren.15 Daneben konkretisiert die Finanzverwaltung den Fremdvergleichsgrundsatz insbes. und in Bezug auf die Anwendung des § 1 AStG durch verschiedene Verwaltungsanweisungen, wie etwa die Verwaltungsgrundsätze 198316, das BMF-Schreiben zur Namensnutzung im Konzern17 sowie die Verwaltungsgrundsätze-Umlageverträge18. 13 Hierzu zählen gleichzeitige Prüfungen (Simultanprüfungen) sowie gemeinsame steuerliche Außenprüfungen (international als „Joint Audits“ bezeichnet), BMF-Schreiben v. 6.1.2017 – IV B 6 - S 1315/16/10016:002, BStBl. 2017 I, 89. 14 Siehe hierzu insbesondere Greil, Streitbeilegung bei grenzüberschreitender Gewinnabgrenzung, in: Internationales Steuerrecht am Scheideweg, Forum der Internationalen Besteuerung, Tagungsband zur 34. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung, S. 185-226. 15 Diese Korrekturnormen sehen jedoch mitunter auf der Rechtsfolgenseite unterschiedliche Korrekturwerte, wie den gemeinen Wert, den Teilwert oder den Fremdvergleichspreis vor, die sich entsprechen können, aber nicht müssen. Wassermeyer, StbJb. 1997/98, 157 (164, 168); Wassermeyer, IStR 2001, 633 (636). Siehe umfassend auch Hiller, Ubg 2016, 341. 16 Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze – VWG 1983), BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 4/83, BStBl. I 1983, 218. 17 BMF v. 7.4.2017 – IV B 5 - S 1341/16/10003 – DOK 2017/0276404, BStBl. I 2017, 701. 18 BMF v. 30.12.1999 – IV B 4 - S 1341 - 14/99, BStBl. I 1999, 1122. Aufgehoben durch das BMF-Schreiben v. 5.7.2018 – IV B 5 - S 1341/0:003, BStBl. I 2018, 743.
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Daneben ist nicht außer Acht zu lassen, dass bei einem grenzüberschreitenden Sachverhalt mindestens ein anderer Staat und somit auch eine ausländische Steuerverwaltung involviert sind. Dementsprechend sind seitens einer multinationalen Unternehmensgruppe (MNU) für grenzüberschreitende Transaktionen innerhalb der MNU stets mindestens zwei Rechtsordnungen zu beachten. Für eine MNU wäre es praktisch nahezu unmöglich, eine zutreffende Gewinnzuordnung zu jedem Unternehmen der MNU vorzunehmen, ohne dass hieraus eine wirtschaftliche Doppelbesteuerung entsteht, wenn jeder Staat unterschiedliche Gewinnabgrenzungsregelungen etabliert hätte. Entsprechend ist bspw. die OECD seit Jahren bemüht, für den Fremdvergleichsgrundsatz eine einheitliche Auslegung zu gewährleisten. So geben die OECD-Verrechnungspreisleitlinien auf immerhin 603 Seiten19 Leitlinien zur Bestimmung „eines“ fremdüblichen Verrechnungspreises. Allerdings eröffnen sie verschiedene Auslegungsmöglichkeiten über den Fremdvergleichsgrundsatz,20 was einer einheitlichen Anwendung entgegensteht.21 Dies ist jedoch dem Fremdvergleichsgrundsatz in härent; es bedarf der subjektiven Würdigung basierend auf ökonomischen Prinzipien im Einzelfall. Somit besteht keine Gewährleistung für eine grenzüberschreitende Wertkorrespondenz zwischen den beteiligten Steuerverwaltungen,22 geschweige denn zwischen Steuerpflichtigen. und Steuerverwaltung(en). Bei dem „System der Verrechnungspreise“ handelt es sich damit um ein Regelungsgestrüpp23, in dem die Doppelbesteuerung mitunter nicht mehr nur Ausnahme ist. Wäre die OECD als internationaler Standardsetzer daran interessiert (und damit entsprechend auch die in der OECD vertretenen Staaten), die internationale Abstimmung zu verbessern, Streitpotenziale zu vermindern und die Rechtssicherheit in diesem Bereich zu erhöhen, müsste das Verrechnungspreissystem geändert werden. Um die vorgenannten Ziele zu erreichen, wäre eine objektive Aufteilung und damit ein objektiv nachvollziehbarer und vom Einzelfall losgelöster Aufteilungsmechanismus notwendig. Dies erscheint jedoch bedingt wahrscheinlich:24 Die Staaten als Verhandlungspartner müssten sich auf eine Verhandlung einlassen, in der es gilt, die Formel für die Aufteilung von Gewinnen zu beschließen. Da davon ausgegangen werden kann, dass die Formel die bestehende Zuordnung von Gewinnen verändern würde, wird es sowohl Staaten geben, die hierdurch Steuersubstrat gewinnen als auch solche, die Steuersubstrat verlieren. Diejenigen, die der Ansicht sein werden, Steuersubstrat zu verlieren, werden nur zustimmen, wenn der Nutzen hieraus größer ist (bspw. durch Senkung der Kosten der Verwaltung oder Zunahme von Investitionen). Die 19 Auf dieser Seitenzahl zumindest endet die englische Version der Verrechnungspreisleitlinien mit dem Annex von Kapitel VIII. 20 Baumhoff (Fn. 2), S. 87 f.; Ditz, Internationale Gewinnabgrenzung bei Betriebsstätten, 2004, S. 176; Andresen, Konzernverrechnungspreise für multinationale Unternehmen, 1999, S. 142 f., 313; Luckhaupt, Fortentwicklung der steuerlichen Erfolgsabgrenzung – Bestandsaufnahme und Reformvorschlag, 2013, S. 151. 21 Andresen (Fn. 21), S. 123, 142. 22 Seer, EWS 2013, 257 (265). 23 Bereits schon Schmidt, DB 1983, 1393f. 24 In bestimmten Bereichen, wie der „Digitalen Wirtschaft“, bestehen jedoch genau solche Tendenzen.
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vermeintlichen Gewinner werden erst mit einer Zeitverzögerung feststellen, ob sie tatsächlich mehr Gewinne zugeteilt bekommen. Sollte dies nicht der Fall sein, könnte hieraus ein Anreiz resultieren, von der internationalen Vereinbarung abzuweichen. Mithin erscheint es fraglich, ob eine internationale Lösung gefunden werden kann, die einen Zustand zur Folge hat, der strategisch-stabil ist (Gleichgewicht), sodass kein Teilnehmer einen Anreiz hat, vom vereinbarten Verhalten abzuweichen. Der Fremdvergleichsgrundsatz (in seiner jetzigen Ausprägung) hingegen ermöglicht es Staaten, in jedem Einzelfall Verhandlungsgeschick und -macht im Rahmen von Leitlinien einzusetzen, um Besteuerungsrechte an sich zu ziehen. So lange der Fremdvergleichsgrundsatz in seiner jetzigen Form als ein Standard der internationalen Gewinnzuordnung angesehen wird – immerhin hat man sich in den Doppelbesteuerungsabkommen hierauf geeinigt – und zugleich das Ziel verfolgt wird, Doppelbesteuerungen und doppelte Nichtbesteuerungen zu vermeiden, so sollte grundsätzlich ein kooperativer Weg seitens der Staaten bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes beschritten werden. Entsprechend sind bspw. auch die Staaten bemüht, für den Fremdvergleichsgrundsatz, insbesondere mittels der OECD- Verrechnungspreisleitlinien, eine einheitliche Auslegung zu gewährleisten. Würde der Gesetzgeber und/oder die Finanzverwaltung nun von diesem Konsens abweichen, könnte das Ziel der Vermeidung von Doppelbesteuerung sowie die Verhinderung von doppelter Nichtbesteuerung (bewusst) konterkariert werden. 2. ICAP Einen Beitrag zu verbesserter internationaler Abstimmung kann das International Compliance Assurance Programme25 (ICAP) leisten. ICAP stellt eine freiwillige Maßnahme dar, bei der Country-by-Country Reports und weitere Informationen genutzt werden sollen, um zwischen multinationalen Unternehmen und Steuerverwaltungen einen offenen und kooperativen Dialog zu schaffen. Hierdurch soll frühzeitig Rechtssicherheit erzielt werden. Ziel des Programms ist es, die Zahl der initiierten Verständigungsverfahren zu reduzieren. Derzeit26 beteiligen sich ausweislich der OECD 17 Staaten, wie etwa Australien, Deutschland, Kanada, Italien, die Niederlande, Spanien, das Vereinigte Königreich und die USA an dem (Pilot-)Programm, das auch evaluiert wird. Große multinationale Unternehmen können sich für eine Teilnahme bei den jeweils beteiligten Steuerverwaltungen bewerben. Nach erfolgreich bestätigter Teilnahme am ICAP wird die Unternehmensgruppe aufgefordert, verschiedene Dokumente, u.a. den länderbezogenen Bericht der MNU, zu übersenden. Die Dokumente werden dann zwischen den teilnehmenden Steuerverwaltungen ausgetauscht. Hieran anschließend soll in einem gemeinsamen Gesprächstermin mit den am ICAP teilnehmenden Steuerverwaltungen der Inhalt des länderbezogenen Berichts und weiterer Dokumente besprochen 25 Abrufbar unter: https://www.oecd.org/tax/forum-on-tax-administration/international-com pliance-assurance-programme.htm (zuletzt abgerufen am 13.7.2019). 26 Stand: Juli 2019. https://www.oecd.org/tax/forum-on-tax-administration/international-com pliance-assurance-programme.htm.
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werden, um ein einheitliches Verständnis von den Geschäftsaktivitäten der MNU zu erhalten. Danach wird jede teilnehmende Steuerverwaltung eine erste Risikoeinschätzung vornehmen. Wird festgestellt, dass ein Risiko zumindest nicht als gering einzustufen ist, so sind weitere und tiefer gehende Risikoeinschätzungen vorzunehmen. In einem weiteren Gespräch werden die Ergebnisse der Risikoeinschätzung mit der MNU besprochen. Abschließend erhält die MNU von der federführenden Steuerverwaltung einen sog. completion letter. Hierin wird bestätigt, dass der risk assessment process abgeschlossen ist. Daneben erhält die MNU von jeder Steuerverwaltung einen out come letter, der das Ergebnis des Prozesses enthält. Jede Steuerverwaltung ist dabei darin frei den outcome letter so zu gestalten, wie es das Rechtssystem des jeweiligen Staates ermöglicht. Sollte eine Steuerverwaltung nicht in der Lage sein, zu entscheiden, dass ein Risiko nicht oder nur im geringen Maße vorhanden ist, wird die Teilnahme am ICAP wenigstens dazu beigetragen haben, die Sachverhalte – bspw. im Rahmen einer Außenprüfung – besser zu verstehen. Die multilaterale Risikoeinschätzung wird dabei nicht alle Steuersachverhalte einer MNU umfassen, sondern sich auf bestimmte Sachverhalte fokussieren. Hier sollen v.a. Verrechnungspreisthemen, Betriebsstätten sowie weitere grenzüberschreitende Angelegenheiten erfasst werden, auf die sich die Unternehmensgruppe und die teilnehmende Steuerverwaltung geeinigt haben. Die Zusammenarbeit zwischen den teilnehmenden Steuerverwaltungen soll kooperativ erfolgen, insbesondere sollen die zur Verfügung gestellten Unterlagen gemeinsam gesichtet und Rückfragen gemeinsam koordiniert werden. Auf diese Weise soll auch bei den Steuerverwaltungen ressourcenschonend und effektiv zusammengearbeitet werden. Die MNU muss nicht mit mehreren, unterschiedlichen Rückfragen, sondern kann mit einem abgestimmten und international koordinierten Ansatz rechnen. 3. Gemeinsame steuerliche Außenprüfung Rechtssicherheit für steuerliche Sachverhalte in einem globalisierten Geschäftsumfeld ist nur global erreichbar. Sofern ein national erreichtes Ergebnis von der anderen Steuerverwaltung nicht akzeptiert wird, ist es nicht brauchbar.27 Eine Möglichkeit, „globale“ Lösungen zu erzielen, sind gleichzeitige (länderübergreifende) Außenprüfungen: Gemeinsame steuerliche Außenprüfungen.28 Dabei handelt es sich um eine besondere Form des Informationsaustauschs.29 Verfahrensabläufe und das Vorgehen bei einer solchen koordinierten Außenprüfung werden im „Merkblatt über koordi27 Esterer/Eisgruber, DB 2017, 986 (989). 28 So auch Oestreicher et al., Internationale Verrechnungspreise, 2003, S. 4. Diese sind von koordinierten, zeitgleichen Außenprüfungen (sog. Simultanprüfung) zu unterscheiden, die eine Art des zwischenstaatlichen Informationsaustauschs darstellen, Drüen, DStR-Beih. 2013, 82 (83). Zu ersten praktischen Erfahrungen s. Spensberger/Steiner, ISR 2015, 156; Eisgruber, DStR-Beih. 2013, 89. 29 Eisgruber/Oertel, ISR 2017, 270 (271).
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nierte steuerliche Außenprüfungen mit Steuerverwaltungen anderer Staaten und Gebiete“30 dargelegt. So haben die deutschen Finanzbehörden die Möglichkeit, steuerliche Außenprüfungen insbes. mit Steuerverwaltungen anderer Mitgliedstaaten der EU zeitgleich und gemeinsam durchzuführen.31 Die entsprechenden Rechtsgrundlagen hierfür stellen §§ 10–12 EU-Amtshilfegesetz (EUAHiG32) dar. Mit diesem EUAHiG wurde eine generelle Zusammenarbeit, insbes. bezüglich des spontanen und automatischen Informationsaustauschs, zwischen den EU-Mitgliedstaaten vereinbart. Initiiert werden diese Außenprüfungen jedoch von den jeweiligen zuständigen nationalen Finanzbehörden;33 zugleich ist in Deutschland die Zustimmung des Steuerpflichtigen erforderlich, was sehr diskutabel ist.34 Die teilnehmenden Steuerverwaltungen legen Schwerpunkte für gemeinsam durchzuführende Außenprüfungshandlungen fest, die von den Bediensteten der beteiligten Mitgliedstaaten dann gemeinsam und zeitgleich durchgeführt werden (siehe § 12 EUAHiG).35 Hierfür sind die Bediensteten der jeweiligen Finanzbehörde im jeweils anderen Mitgliedstaat während der relevanten Prüfungsabschnitte anwesend und dürfen im Beisein von inländischen Bediensteten mitunter bestimmte Ermittlungshandlungen durchführen (s. §§ 10 und 11 EUAHiG); eine Unterscheidung zwischen einem passiven und aktiven Prüfungsrecht ist zu beachten.36 Die während einer solchen Außenprüfung gewonnenen Informationen werden ausgetauscht, soweit sie für die Besteuerung im jeweils anderen Mitgliedstaat voraussichtlich erheblich sind. Es erfolgt daher nicht eine gemeinsame steuerliche Außenprüfung von mehreren Staaten, so dass es sich hierbei verfahrensrechtlich auch nicht um eine gemeinsame Außenprüfung handelt.37 Eine solche Möglichkeit ist bisher im deutschen steuerlichen Verfahrensrecht nicht vorgesehen. Demnach gilt auch für gemeinsame steuerli30 BMF v. 6.1.2017 – IV B 6 - S 1315/16/10016 :002 – DOK 2016/0996151, BStBl. I 2017, 89. 31 Im Hinblick auf die Möglichkeit nach Art. 26 OECD-MA u.a. Drüen, DStR-Beih. 2013, 82 (87). 32 EUAHiG v. 26.6.2013, BStBl. I 2013, 802. Hierdurch wurden die Vorgaben aus der EU-Richtlinie 2011/16/EU fristgerecht in Deutschland übernommen. 33 Siehe auch Drüen, DStR-Beih. 2013, 82 (85 f.); Peters/Kircher/Moll, IStR 2016, 2 (4 f.); Spensberger/Steiner, ISR 2015, 156 (157). 34 Spensberger/Steiner, ISR 2015, 156 (158). 35 Zu § 12 EUAHiG vgl. Drüen, DStR-Beih. 2013, 82 (85). 36 Spensberger/Macho, TPI 2017, 307 (309); Spensberger/Steiner, ISR 2015, 156 (157). So dürfen im Beisein inländischer Bediensteter durch ausländische Beamte bestimmte Ermittlungshandlungen durchgeführt werde, sofern der Stpfl. seine Zustimmung erteilt (aktives Prüfungsrecht; § 10 Abs. 3 EUAHiG). § 11 EUAHiG ermöglicht umgekehrt die Anwesenheit von inländischen Bediensteten in anderen Mitgliedstaaten. Art. 26 OECD-MA sieht die Möglichkeit vor, dass Bedienstete des anderen Vertragsstaats während relevanter Abschnitte steuerlicher Außenprüfungen im Inland zugegen sind. Ein hierüber hinausgehendes Recht bzw. Befugnisse stehen dem ausländischen Bediensteten jedoch nicht zu; somit kein aktives Prüfungsrecht. Entsprechendes sieht Art. 9 des Übereinkommens über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen vor. 37 So wohl auch Drüen, DStR-Beih. 2013, 82 (85 f.).
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che Außenprüfungen, dass die jeweils beteiligten Steuerverwaltungen im jeweils eigenen Hoheitsgebiet eine eigenständige Außenprüfung nach dem jeweiligen nationalen Steuerverfahrensrecht durchführen. Das heißt jedoch nicht, dass es ausgeschlossen wäre mit (bestimmten) Staaten eine solche Vorgehensweise bilateral zu vereinbaren. Die einvernehmliche Feststellung eines grenzüberschreitenden Sachverhalts unter Beteiligung ausländischer Bediensteter ist Ziel einer koordinierten Außenprüfung.38 Hierdurch sollen grenzüberschreitende Sachverhalte umfassend und auch zeitnah aufgeklärt sowie Doppelbesteuerungen vermieden werden.39 Die rechtliche Würdigung des festgestellten Sachverhalts richtet sich jedoch nach dem jeweiligen nationalen Recht. Das bedeutet, dass lediglich die Sachverhaltsermittlung gemeinsam erfolgt, die sich hieran anschließenden rechtlichen Folgerungen erfolgen für jede beteiligte Finanzverwaltung entsprechend ihren nationalen Vorschriften.40 Mithin müssen gemeinsame steuerliche Außenprüfungen nicht unbedingt die Doppelbesteuerung bzw. eine abkommenswidrige Besteuerung vermeiden, aber sie können dazu beitragen, dass der Sachverhalt zumindest gemeinsam und im besten Fall einvernehmlich ermittelt wird.41 Dies wiederum kann dazu führen, dass die Rechtsfolgen übereinstimmend gezogen werden, so dass eine abkommenswidrige Besteuerung erst gar nicht entsteht. Gemeinsame steuerliche Außenprüfungen haben demnach „ein großes Potenzial, Verrechnungspreisstreitigkeiten schon in der Betriebsprüfung zu beseitigen.“42 Zugleich kann sich diese Form der Außenprüfung und Zusammenarbeit zwischen den Steuerverwaltungen auch positiv auf das Tax Compliance-Verhalten des Steuerpflichtigen auswirken und eine Verbesserung der Beziehungen der Steuerverwaltungen untereinander hervorrufen.43 Dies schließlich kann die Ursache von Verständigungsverfahren reduzieren.44 Es ist aber auch offensichtlich, dass es sich bei gemeinsamen steuerlichen Außenprüfungen (noch) nicht um ein antizipiertes Verständigungsverfahren handelt, das mit einem Einigungszwang verbunden werden könnte, da weder das Verfahren hierauf angelegt ist, noch die für Verständigungsverfahren zuständigen Behörden die Außenprüfung durchführen. Ein solcher Weg müsste erst noch „rechtlich fundiert und ausgebaut werden.“45 Wird eine rechtlich verbindliche Verständigung über die ertragsteuerliche Beurteilung eines einvernehmlich festgestellten Sachverhalts mit den anderen beteiligten Steuerverwaltungen seitens des Steuerpflichtigen angestrebt, so ist dies nur im Wege eines Verständigungsverfahrens i.S.d. Art. 25 Abs. 1 und 2 OECD-MA bzw. nach EU-Schiedskonvention oder im Rahmen der EU-Streitbeilegungsrichtlinie 38 Eisgruber/Oertel, ISR 2017, 270 (271); Spensberger/Steiner, ISR 2015, 156 (158). 39 Eisgruber/Oertel, ISR 2017, 270 (276); Spensberger/Macho, TPI 2017, 307. 40 Greil/Rasch, IStR 2016, 686 (688). 41 Siehe zu praktischen Erfahrungen und der Aussage, dass bisher alle einvernehmlich abgeschlossen wurden, Spensberger/Steiner, ISR 2015, 156 (156, 158). Vgl. ferner Eisgruber, DStR-Beih. 2013, 89. 42 Oestreicher et al., Internationale Verrechnungspreise, 2003, S. 4. 43 Walsh, The Economic and Social Review 2012, 451 (457). 44 Spensberger/Steiner, ISR 2015, 156 (157). 45 Drüen, DStR-Beih. 2013, 82 (85).
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möglich. Damit kann also eine solche Außenprüfung auch in einer abkommenswidrigen Besteuerung münden, aber grundsätzlich dürfte der Sachverhalt zur Gänze aufgeklärt sein, sodass sich hiernach ein „Fast Track MAP“ anschließen kann, um die abkommenswidrige Besteuerung zeitnah aufzulösen. Darüber hinaus kann eine einvernehmliche Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts die Basis für die Beantragung eines Vorabverständigungsverfahrens seitens des Steuerpflichtigen darstellen. Sie hilft zumindest dem Steuerpflichtigen dahingehend, dass zeitnah nach einer Außenprüfung ohne weiteren bürokratischen und zeitlichen Aufwand eine Vorabverständigungsvereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der beteiligten Staaten abgeschlossen und entsprechend gegenüber dem Steuerpflichtigen umgesetzt werden kann, so dass der Steuerpflichtige gegenüber der bisherigen Vorgehensweise entlastet werden kann. Hierdurch wird auch die Hürde gesenkt werden können, überhaupt einen Antrag auf Vorabverständigungsverfahren zu stellen. Zum einen sollten die Informationen dann schon vorliegen und müssten nicht von einem Unternehmen „preisgegeben“ werden, zum anderen sollten sich die Verfahrensdauern46 erheblich verkürzen. Weiterhin kann eine Kombination aus gemeinsamer steuerlicher Außenprüfung mit einem daran anschließenden Vorabverständigungsverfahren47 einen erheblichen Beitrag dazu leisten, Planungssicherheiten seitens des Steuerpflichtigen zeitnah auch im Vorhinein zu erlangen, um auf diese Art und Weise Rechtssicherheit zu bekommen. Auch das EU Joint Transfer Pricing Forum erachtet gemeinsame steuerliche Außenprüfungen als einen Beitrag zur verbesserten internationalen Abstimmung und zur Streitvermeidung. Vor diesem Hintergrund wurde ein Report diesbezüglich mit dem Titel „A coordinated approach to transfer pricing controls within the EU“48 veröffentlicht, um dieses Instrument in der EU bekannter zu machen und „best practices“ zu vermitteln. 4. Begleitende Kontrolle Die Republik Österreich führte zum 1.1.2019 auf Antrag die begleitende Kontrolle in §§ 153a - 153g der Bundesabgabenordnung u.a. für Unternehmen mit einem Umsatz von über 40 Mio. Euro pro Jahr ein, die in den fünf Jahren vor der Antragstellung finanzstrafrechtlich unbescholten sind (§ 153b Abs. 4 BAO).49 Soll die begleitende 46 Siehe im Hinblick auf Gründe, ein APA nicht zu beantragen, Schilling/Greil, DStR 2015, 2342 (2348). 47 Siehe dazu u.a. Greil, Streitbeilegung bei grenzüberschreitender Gewinnabgrenzung, in: Internationales Steuerrecht am Scheideweg, Forum der Internationalen Besteuerung, Tagungsband zur 34. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung, S. 185-226; Greil, Advance Pricing Agreements – Ein Instrument zur Steigerung der Rechtssicherheit bei grenzüberschreitenden Geschäftsvorfällen zwischen verbundenen Unternehmen?, ifstSchrift 512. 48 https://ec.europa.eu/taxation_customs/sites/taxation/files/jtpf_report_on_a_coordinated_ approach_to_transfer_pricing_controls_within_the_eu_en.pdf; letzter Abruf am 14.1.2019. 49 S. dazu u.a. Kowallik/Pumpler, DB Beilage 2018, Nr. 02, 13 ff.; Wenzel, ISR 2018, 378 ff.
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Kontrolle für mehrere verbundene Unternehmer gewährt werden, hat jener Unternehmer, der an oberster Stelle der Beteiligungskette steht bzw. der Einfluss auf die Geschäftsleitung der übrigen Unternehmer hat, den Antrag für alle Unternehmer des Kontrollverbunds zu stellen (§ 153b Abs. 2 BAO).50 Wird ein positiver Bescheid ausgestellt, so beginnt die begleitende Kontrolle grundsätzlich in dem auf den Bescheid folgenden Kalenderjahr (§ 153d Abs. 1 BAO). Die begleitende Kontrolle stellt eine Alternative zur klassischen Außenprüfung dar. Bei Unternehmern, die die Teilnahme an diesem Verfahren beantragen und die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, ersetzt ein vom Unternehmer selbst entwickeltes und durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer überprüftes internes Steuerkontrollsystem in Verbindung mit einer erweiterten Offenlegungspflicht – so sind bspw. alle Umstände zu melden, hinsichtlich derer ein ernsthaftes Risiko einer abweichenden Beurteilung durch das Finanzamt besteht, wenn sie eine nicht unerhebliche Auswirkung auf das steuerliche Ergebnis haben (§ 153f Abs. 1 BAO) – und einem laufenden Kontakt mit der Finanzbehörde die nachträgliche Außenprüfung.51 Die Finanzbehörde kontrolliert nicht nachträglich, sondern begleitet die Unternehmer. Die erhöhte Offenlegungspflicht und die funktionierende Selbstkontrolle durch das Steuerkontrollsystem schaffen die für die begleitende Kontrolle erforderliche Vertrauensbasis. Hierzu trägt auch bei, dass vor dem Wechsel in die begleitende Kontrolle die zuständige Finanzbehörde noch eine Außenprüfung der letzten fünf ungeprüften Jahre vor Antragstellung zu veranlassen hat (§ 153c Abs. 3 und 4 BAO).52 Kernelement der begleitenden Kontrolle ist, dass während des Veranlagungszeitraums eine laufende Kommunikation mit den Finanzbehörden über steuerrelevante Sachverhalte erfolgt und die Finanzverwaltung jederzeit die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse prüfen kann, die für die Abgabenerhebung von Bedeutung sind. Es finden zumindest vier Besprechungen pro Jahr statt, zu denen die Finanzverwaltung Niederschriften fertigt. Von diesen geht keine Rechtsverbindlichkeit aus, aber sie entfalten den Schutz von Treu und Glauben im Sinne einer Auskunft durch die Finanzbehörde.53 Die Steuerverwaltung erhält damit eine zeitnahe Einsicht in die Steuerstrategie des Unternehmens und das Unternehmen hat die Möglichkeit, Sachverhalte ergebnissoffen zeitnah zu diskutieren. Folge hieraus sollte sein, dass nachträgliche Anpassungen vermieden werden.54 Mittels Antrags kann der Unternehmer jederzeit und ohne Begründung das Verfahren der begleitenden Kontrolle beenden. Die Finanzverwaltung kann das Verfahren beenden, wenn eine der erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt oder gegen die auferlegten Pflichten während der begleitenden Kontrolle verstoßen wird (§ 153g BAO). So erfolgt bspw. alle drei Jahre eine externe Überprüfung des Steuer50 S. Begründung des Gesetzesentwurfes. 51 S. dazu auch Wenzel, ISR 2018, 378 ff. 52 Das generelle steuerliche Verhalten der letzten fünf Jahre vor Antragstellung ist in die Beurteilung miteinzubeziehen. S. Begründung des Gesetzesentwurfes zu § 153c Abs. 4. 53 S. Begründung des Gesetzesentwurfes zu § 153f Abs. 4. 54 S. dazu auch Wenzel, ISR 2018, 378 (378 f.).
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kontrollsystems durch einen Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, um die Voraussetzungen zu prüfen (§ 153f Abs. 5 i.V.m. § 153b Abs. 7 BAO). „Ein Steuerkontrollsystem ist ein auf rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen basierendes Regelwerk, welches die Einhaltung steuerrechtlicher Vorschriften (vollständige, richtige und zeitgerechte Erfüllung der steuerlichen Pflichten) im Gesamtkontext mit einem Compliance Management System sicherstellen soll.“55 In Deutschland beginnen trotz der Möglichkeit der zeitnahen Betriebsprüfung (§ 4a BpO) Außenprüfungen teilweise zu einem sehr späten Zeitpunkt, was insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zu verschiedenen Folgeproblemen, wie etwa mühseligen Sachverhaltsaufklärungen, Abfluss von Besteuerungssubstrat und langwierigen Verständigungsverfahren, führen kann. Die begleitende Kontrolle kann ein Instrument darstellen, diese Folgeprobleme zu mindern und zeitnah Rechtssicherheit zu gewährleisten. Zudem zeigt die Tax Compliance-Forschung56, dass die Steuermoral der Steuerpflichtigen u.a. steigt, wenn die Steuerbehörden einen respektvollen und gerechten Umgang mit ihnen pflegen und laufend mit ihnen kommunizieren. Grundlage der begleitenden Kontrolle sind Vertrauen, Verständnis und Transparenz zwischen den Steuerpflichtigen und der Steuerverwaltung,57 weswegen sie ein Potenzial bietet, das Tax Compliance-Verhalten der Steuerpflichtigen positiv zu beeinflussen. Mit Schreiben vom 23.5.2016 zu § 153 AO ist das BMF eigentlich schon einen Schritt in diese kooperativere Ausrichtung gegangen. Das Schreiben nimmt direkt Bezug auf ein innerbetriebliches Kontrollsystem für Steuern. Allerdings wird ein Tax Compli ance Management System bisher nur auf eine Funktion im Steuerstrafverfahren reduziert. Es kann aber auch ein wichtiges Element der kooperativen Compliance, wie in Österreich, darstellen.58 5. Cross-Border Dialogue In Finnland kommt derzeit das sog. Cross-Border Dialogue (CBD) zum Einsatz. Dieses Verfahren zielt von seinem Anwendungsbereich her auf spezifische internationale Sachverhalte – wie etwa die Gewinnzuordnung zu Betriebsstätten, Verrechnungspreissachverhalte oder grenzüberschreitende Verluste – ab. Im CBD können ausländische Steuerbehörden mit der finnischen Behörde bi- oder multilaterale Diskussionen unter Nutzung aller relevanten Informationen, die vom Steuerpflichtigen bereitgestellt 55 Begründung des Gesetzesentwurfes zu § 153b Abs. 4 Z 4 und Abs. 6 und 7. Dazu auch Wenzel, ISR 2018, 378 (379). 56 Inter alia Alm et al., Journal of Economic Psychology 2010, 577-586; Feld/Frey, Tax Compliance as the Result of a Psychological Tax Contract: The Role of Incentives and Responsive Regulation. Working Paper No. 287; Kirchler, The Economic Psychology of Tax Behaviour. Cambridge University Press; Gangl et al., Public Finance Analysis 2013, 487 ff.; Gangl et al., New Ideas in Psychology 2015, 13 ff.; Kogler et al., Journal of Economic Psychology 2013, 169 ff.; Birkemeyer et al., DStR 2019, 121 ff. 57 S. dazu auch Wenzel, ISR 2018, 378. 58 Kirsch/Schäperclaus, DB Beilage 2018, Nr. 02, 17-21.
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werden, über diese Sachverhalte, die zeitgleich vom Steuerpflichtigen verwirklicht werden, führen und eine rechtlich unverbindliche Einschätzung vornehmen. Die Initiative kann dabei sowohl vom Steuerpflichtigen als auch von der Steuerverwaltung ausgehen. Die Kommunikation der Steuerverwaltungen untereinander erfolgt dabei u.a. über den in Art. 26 OECD-MA enthaltenen Informationsaustausch im anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen. Es erfolgt damit nicht wie in einem Verständigungsverfahren nach Art. 25 Abs. 1 und 2 OECD-MA eine Einigung zwischen den betreffenden Staaten über die steuerliche Behandlung des Sachverhaltes. Der Steuerpflichtige erhält vielmehr eine Einschätzung darüber, wie die beteiligten Staaten den Sachverhalt nach jeweiligem nationalem Recht würdigen könnten. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass Sachverhalte in Echtzeit beurteilt werden und nicht wie in Verständigungsverfahren Jahre später. Gegenüber Vorabverständigungsverfahren besteht der Vorteil darin, dass keine Begrenzung auf Verrechnungspreis- und Betriebsstättengewinnzuordnungssachverhalte vorgenommen wird und langwierige Verhandlungen vermieden werden. Zwar vermag der Steuerpflichtige damit keine absolute Rechtssicherheit erhalten, jedoch eine zeitnahe Einschätzung. Diese wiederum kann bei der steuerlichen Planung des Sachverhaltes helfen und Steuerstreitigkeiten auf diesem Wege vermindern.
III. Fazit Solange die Anwendung von internationalen Normen nicht zu eindeutigen Ergebnissen führt, bleiben im internationalen Kontext für Unternehmen ein Risiko der Doppelbesteuerung und für den Staatshaushalt insbesondere die Risiken einer doppelten Nichtbesteuerung und die Rückzahlung von bereits vereinnahmten Steuern bestehen. Es verbleiben dann zumindest Verfahren, die einen Beitrag zu verbesserter internationaler Abstimmung leisten können. Der Jubilar führte schon vor geraumer Zeit die Möglichkeit der Durchführung einer zeitlich abgestimmten internationalen Betriebsprüfung hierfür an. In dem hiesigen Beitrag wurden daneben noch weitere Möglichkeiten genannt, die genau hierzu, insbesondere in Kombination der einzelnen Verfahren, beitragen können. Würde bspw. bei grenzüberschreitenden Sachverhalten grundsätzlich auf ein System einer begleitenden Kontrolle umgestellt und nur im Ausnahmefall eine Außenprüfung vorgenommen werden, so kann eine Kombination mit dem ICAP und dem CBD erfolgen. Da die Steuerverwaltung hiernach zeitnah und umfassend vom Steuerpflichtigen informiert wird, kann sie diese Informationen mit den anderen betroffenen Verwaltungen teilen: Sowohl zur gemeinsamen Risikoeinschätzung (ICAP) als auch zur Diskussion und Einschätzung von aktuellen Sachverhalten, wie im CBD. Sollte sich aus der laufenden Einschätzung im Rahmen einer begleitenden Kontrolle oder aus der Kommunikation mit den anderen Steuerverwaltungen ergeben, dass in einem gewissen Bereich der MNU ein erhöhtes steuerliches Risiko besteht, könnte eine gemeinsame steuerliche Außenprüfung, sofern der Sachverhalt schon abgeschlossen und erklärt wurde, diesbezüglich eingeleitet werden. Da eine solche Außen92
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Rechtssicherheit bei grenzüberschreitender Gewinnabgrenzung
prüfung auch in einer abkommenswidrigen Besteuerung münden kann, aber grundsätzlich der Sachverhalt zur Gänze aufgeklärt sein dürfte, kann sich hiernach ein „Fast Track MAP“ anschließen, um die abkommenswidrige Besteuerung zeitnah aufzulösen. Sollte eine abkommenswidrige Besteuerung hingegen nicht Ergebnis der gemeinsamen steuerlichen Außenprüfung sein, so bietet sich – vorausgesetzt der Sachverhalt eignet sich hierfür – der anschließende und unkomplizierte Abschluss eines Vorabverständigungsverfahrens59 an. Ein solches bietet sich ebenso grundsätzlich an, wenn ein Verständigungsverfahren abgeschlossen wurde.60 Jedes der vorgenannten Verfahren kann damit seinen Beitrag zu verbesserter internationaler Abstimmung leisten. Die Kombination der Verfahren dürfte den Beitrag deutlich erhöhen, wobei insbesondere auch die Digitalisierung sowohl in der Steuerverwaltung als auch in den Unternehmen einen erheblichen Beitrag zur Rechtssicherheit im Bereich der grenzüberschreitenden Gewinnabgrenzung zu leisten imstande ist.61 Fraglich bleibt schließlich, weshalb seit (mehr als) 33 Jahren vornehmlich über Möglichkeiten diskutiert wird, sie aber in der heutigen Praxis noch nicht gänzlich angekommen zu sein scheinen.
59 Sollte allerdings dann nicht nur auf Verrechnungspreis- und Betriebsstättengewinnzuordnungssachverhalte begrenzt sein. 60 Voraussetzung auch hier ist, dass sich der Sachverhalt dafür eignet. 61 Zur digitalen steuerlichen Außenprüfung, s. Wargowske/Greil, FR 2019, 608-613.
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Die Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten nach der Mindestkapitalausstattungsmethode
B s
Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten nach der BsGaV und den VWG BsGa 1. Überblick 2. Modifizierte Kapitalaufteilungsmethode a) Modifizierte Kapitalaufteilungs methode als Regelmethode für Inbound-Fall b) Modifizierte Kapitalaufteilungs methode als Öffnungsklausel für Outbound-Fall
3. Mindestkapitalausstattungsmethode a) Mindestkapitalausstattungsmethode als Öffnungsklausel für Inbound-Fall b) Mindestkapitalausstattungsmethode als Regelmethode im Outbound-Fall III. Ermittlung des Dotationskapitals nach der Mindestkapitalausstattungsmethode 1. Rechtslage vor 1.1.2016 2. Rechtslage ab 1.1.2016 IV. Fazit
I. Einleitung Die Homepage von Flick Gocke Schaumburg zeigt das breite Spektrum von Kompetenzen des Jubilars: Besteuerung von Unternehmen und Konzernen, Internationales Steuerrecht, Verrechnungspreise, Umstrukturierungen, Konzerne sowie Familienunternehmen. In diesen Bereichen hat Hubertus Baumhoff die Interessen seiner umfassenden und beeindruckenden Mandantschaft durch wissenschaftlichen Tiefgang bei gleichzeitiger pragmatischer Verhandlungsführung durchgesetzt. Wer, wie der Autor, seine Ausbildung bei Hubertus Baumhoff gemacht hat, weiß, mit welcher Vorliebe, Leidenschaft und Kreativität er sich mit Fragestellungen im Zusammenhang mit internationalen Verrechnungspreisen auseinandersetzt. Hierzu gehören nicht nur Fragen der Preissetzung zwischen rechtlich selbstständigen Unternehmen, sondern – nicht zuletzt durch die Einführung des Authorised OECD Approach (AOA) – auch zwischen Stammhaus und Betriebsstätte. Vor diesem Hintergrund ist der nachfolgende Beitrag zur Gewinnabgrenzung von Versicherungsbetriebsstätten Hubertus Baumhoff in dankbarer Anerkennung gewidmet. Der OECD-Betriebsstättenbericht1 aus 2010 enthält detaillierte Regelungen für die Gewinnabgrenzung zwischen Stammhaus und Betriebsstätte. Es wird dort konkret ausgeführt, wie Funktionen, Risiken und Vermögenswerte eines Unternehmens auf1 Vgl. OECD, Bericht über die Zurechnung von Gewinnen zu Betriebsstätten von 2010, v. 22.7.2010, http://www.oecd.org/ctp/transfer-pricing/attributes-of-profits-permanent-estab lishments-german.pdf, („OECD Betriebsstättenbericht 2010“) Teil IV, Rz. 160.
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zuteilen und die Einkünfte der Betriebsstätte zu ermitteln sind. Aufgrund der Besonderheiten von Versicherungsunternehmen enthält der OECD-Betriebsstättenbericht auch spezifische Vorschriften zur Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten, die von den allgemeinen Grundsätzen zur Ermittlung des Dotationskapitals von Betriebsstätten abweichen. Die Regelungen der OECD wurden zum Großteil in der Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung („BsGaV“)2 sowie in den Verwaltungsgrundsätzen Betriebsstättengewinnaufteilung („VWG BsGa“)3 übernommen. Der folgende Beitrag stellt die nationalen Vorschriften zur Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten dar. Nach einem Überblick wird vertieft diskutiert, wie das Dotationskapital nach der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten konkret zu ermitteln ist.
II. Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebs stätten nach der BsGaV und den VWG BsGa 1. Überblick Die Methoden für die Ermittlung des Dotationskapitals weichen bei einer Versicherungsbetriebsstätte von denen bei einer allgemeinen Betriebsstätte ab. Zwar unterscheidet die BsGaV in beiden Fällen bei der Ermittlung des Dotationskapitals zwischen inländischen Betriebsstätten ausländischer Unternehmen („Inbound-Fall“) und ausländischen Betriebsstätten inländischer Unternehmen („Outbound-Fall“). Die konkrete Ausgestaltung für Versicherungsbetriebsstätten einerseits und allgemeine Betriebsstätten andererseits weist allerdings deutliche Abweichungen auf. So ist im Inbound-Fall bei einer allgemeinen Betriebsstätte gem. § 12 Abs. 1 BsGaV die funktions- und risikobezogene Kapitalaufteilungsmethode anzuwenden, während bei einer Versicherungsbetriebsstätte die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode i.S.d. § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV oder alternative Methoden in Verbindung mit der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten i.S.d. § 25 Abs. 3 BsGaV zur Anwendung kommen. Im Outbound-Fall ist hingegen bei einer allgemeinen Betriebstätte die „betriebswirtschaftliche“ Mindestkapitalausstattungsmethode gem. § 13 Abs. 1 BsGaV grundsätzlich anzuwenden. Dies gilt gem. § 26 Abs. 1 BsGaV unter Verweis auf § 13 Abs. 1 BsGaV zunächst auch für die Ermittlung des Dotationskapitals einer ausländischen Versicherungsbetriebsstätte. Aufgrund der regulatorischen Besonderheiten bei Versicherungsunternehmen wird diese „betriebswirtschaftliche“ Mindestkapitalausstattungsmethode allerdings um die die regulatorischen Anforderungen berücksichtigende Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten ergänzt. Darüber hinaus sieht § 13 Abs. 2 BsGaV das mit der Kapitalaufteilungsmethode ermittelte Ergebnis als Obergrenze des Dotationskapitals einer allgemeinen Betriebsstätte im Outbound-Fall vor, während für eine Versicherungsbe2 Vgl. Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 des Außensteuergesetzes – BsGaV, BR-Drucks. 401/14 v. 28.8.2014. 3 Vgl. BMF-Schreiben v. 22.12.2016, IV B 5 – S 1341/12/10001 – 03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182.
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triebsstätte die Obergrenze des Dotationskapitals mit der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode zu ermitteln ist. Im Folgenden werden die Anwendungen der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode und der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebstätten im Inbound- sowie im Outbound-Fall näher diskutiert. 2. Modifizierte Kapitalaufteilungsmethode a) Modifizierte Kapitalaufteilungsmethode als Regelmethode für Inbound-Fall Die Kapitalaufteilungsmethode gem. § 12 Abs. 1 BsGaV setzt eine Zuordnung der Vermögenswerte sowie der damit verbundenen Chancen und Risiken zu der Betriebsstätte voraus. Die Vermögenswerte sowie die Chancen und Risiken sind gem. § 12 Abs. 3 BsGaV mit Fremdvergleichswerten oder aus Vereinfachungsgründen gegebenenfalls mit Buchwerten anzusetzen.4 Aus dem Verhältnis der Vermögenswerte sowie der Chancen und Risiken, die der Betriebsstätte zuzuordnen sind, zu den Vermögenswerten sowie den Chancen und Risiken des Unternehmens, multipliziert mit dem nach deutschem Steuerrecht ermittelten Eigenkapital des Unternehmens ergibt sich das Dotationskapital der Betriebsstätte i.S.d. § 12 Abs. 1 BsGaV.5 Eine solche Vorgehensweise zur Ermittlung des Dotationskapitals wird für Versicherungsunternehmen allerdings als nicht sachgerecht angesehen. Hintergrund dafür ist, dass bei Versicherungsunternehmen international erhebliche Unterschiede bezüglich der Anforderungen an die Bildung versicherungstechnischer Rückstellungen einerseits und der Notwendigkeit eines versicherungsaufsichtsrechtlichen Mindesteigenkapitals andererseits bestehen. Daher wird das Eigenkapital des ausländischen Ver sicherungsunternehmens nicht als geeignete Ausgangsgröße für die Bestimmung des Dotationskapitals der inländischen Versicherungsbetriebsstätte angesehen. Auch wenn sich versicherungstechnische Rückstellungen und Mindesteigenkapital je nach den Anforderungen des jeweiligen Staats unterschiedlich zusammensetzen, ist allerdings zu beobachten, dass die Summe aus versicherungstechnischen Rückstellungen und Mindesteigenkapital von Versicherungsunternehmen international besser vergleichbar ist.6 Aus diesem Grund sieht die BsGaV die Bestimmung des Dotationskapitals einer inländischen Versicherungsbetriebsstätte eines ausländischen Versicherungsunternehmens nach der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode gem. § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV vor, die in zwei Schritten erfolgt. Hierbei wird im ersten Schritt der Versicherungsbetriebsstätte ein Anteil an den gesamten Vermögenswerten des Versicherungsunternehmens zugeordnet, die der Bedeckung der versicherungstechnischen Rückstellungen und des Eigenkapitals nach dem Recht des Stammhausstaats dienen. Dieser Anteil ermittelt sich nach dem Verhältnis versicherungstechnischer Rückstellungen für die Versicherungsverträge, die der Betriebsstätte zuzuordnen sind, zu den gesamten versicherungstechnischen Rück4 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 138. 5 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 135. 6 Vgl. OECD Betriebsstättenbericht 2010 (Fn. 1), Teil IV, Rz. 75; BsGaV, BR-Drucks. 401/14, S. 117.
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stellungen des Versicherungsunternehmens.7 Die versicherungstechnischen Rückstellungen werden als ein objektiver Maßstab für die zuzuordnenden Risiken angesehen.8 Dabei sind für die Berechnung die Werte zugrunde zu legen, die in der Bilanz des ausländischen Versicherungsunternehmens ausgewiesen sind.9 Im zweiten Schritt sind gem. § 25 Abs. 2 Satz 1 BsGaV von den der Betriebsstätte zugeordneten Ver mögenswerten die versicherungstechnischen Rückstellungen sowie die weiteren aus Versicherungsverhältnissen entstandenen Verbindlichkeiten und Rechnungsabgrenzungsposten nach deutschem Handelsrecht abzuziehen. Das Ergebnis ist das Dotationskapital der Versicherungsbetriebsstätte. b) Modifizierte Kapitalaufteilungsmethode als Öffnungsklausel für Outbound-Fall Während im Outbound-Fall die Mindestkapitalausstattungsmethode als Regelmethode (vgl. Abschnitt II.3.b) gilt, ist die vorstehend beschriebene modifizierte Kapitalaufteilungsmethode nur im Rahmen einer Öffnungsklausel anzuwenden. Einer ausländischen Versicherungsbetriebsstätte kann gem. § 26 Abs. 2 BsGaV auch ein höheres als das nach der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten ermitteltes Dotationskapital zugeordnet werden, wenn dies dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Betriebsstätte maximal der Betrag als Dotationskapital zugeordnet werden kann, der sich unter Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode ergibt. Die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode soll nach Verwaltungsauffassung allerdings keine für ausländische Versicherungsbetriebsstätten zulässige Methode darstellen, sondern lediglich eine Obergrenze für die Zuordnung von Dotationskapital beschreiben.10 Was mit dieser Einschränkung bezweckt werden soll, ist nicht klar. Es widerspricht jedenfalls dem Fremdvergleichsgrundsatz, in- und ausländische Betriebsstätten unterschiedlich zu behandeln. Wenn Stammhaus und Betriebsstätte für steuerliche Zwecke als zwei selbstständige und unabhängige Unternehmen angesehen werden, dann darf es keinen Unterschied machen, ob es sich um eine in- oder ausländische Betriebsstätte handelt. Eine solche unterschiedliche Behandlung ergibt sich auch nicht aus § 1 Abs. 5 AStG. Wenn der Steuerpflichtige das Dotationskapital nach der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode unter Einhaltung des Fremdvergleichsgrundsatzes ermittelt, sollte diese Methode somit auch für ausländische Versicherungsbetriebsstätten akzeptiert werden. Dies ergibt sich auch aus den Vorschriften des OECD-Betriebsstättenberichts, der bei der Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode naturgemäß nicht zwischen in- und ausländischen Versicherungsbetriebsstätten unterscheidet.11 7 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 314. 8 Vgl. BsGaV, BR-Drucks. 401/14, S. 117. 9 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 314. 10 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 327. 11 Vgl. Greinert/Karnath in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 3550 (März 2019).
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Darüber hinaus ist nicht klar, wie der Nachweis geführt werden kann, dass die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode zu einem Ergebnis führt, das besser mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar ist. Die VWG BsGa verweisen in diesem Zusammenhang lediglich auf die von der Versicherungsbetriebsstätte ausgeübten Personalfunktionen, die ihr zugeordneten Vermögenswerte sowie die ihr zugewiesenen Chancen und Risiken im Verhältnis zum übrigen Unternehmen.12 Wie diese Voraussetzung allerdings konkret im Einzelfall nachgewiesen werden kann, ist in der BsGaV und den VWG BsGa nicht geregelt. Wird vom Steuerpflichtigen die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode zur Ermittlung des Dotationskapitals einer ausländischen Versicherungsbetriebsstätte gewählt, sollte es ausreichend sein, die Ermittlung des Dotationskapitals in der jährlich zu erstellenden Hilfs- und Nebenrechnung für die Versicherungsbetriebsstätte darzustellen. Die Begründung, dass diese Methode besser mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar ist, kann dann im Rahmen der Verrechnungspreisdokumentation erfolgen, in der gem. § 3 Abs. 3 BsGaV regelmäßig die Gründe für die Zuordnung der Personalfunktionen, Vermögenswerte, Chancen und Risiken zu einer Betriebsstätte darzustellen sind. Diese allgemeinen Aufzeichnungspflichten für Betriebsstätten gelten auch für in- und ausländische Versicherungsbetriebsstätten.13 3. Mindestkapitalausstattungsmethode a) Mindestkapitalausstattungsmethode als Öffnungsklausel für Inbound-Fall Einer inländischen Versicherungsbetriebsstätte kann gem. § 25 Abs. 3 BsGaV auch ein geringeres Dotationskapital als nach der modifizierten Kapitalaufteilungsme thode i.S.d. § 25 Abs. 2 BsGaV zugeordnet werden, wenn dies dem Fremdvergleichsgrundsatz besser entspricht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn Stammhaus und Betriebsstätte unterschiedliche Versicherungsprodukte anbieten, die sich in der Kapitalintensität unterscheiden. Die Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode würde dann zu keinem fremdüblichen Ergebnis führen, wenn die unterschiedliche Kapitalintensität und das mit dem jeweiligen Versicherungsgeschäft verbundene Risiko nicht durch eine pauschale Aufteilung sämtlicher Vermögenswerte auf Basis der versicherungstechnischen Rückstellungen abgebildet werden kann. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Versicherungsbetriebsstätte mindestens ein Dotationskapital ausweisen muss, das sie als rechtlich selbstständiges Versicherungsunternehmen nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Grundsätzen als Eigenkapital ausweisen müsste (§ 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV). Ein unabhängiges Versicherungsunternehmen dürfte nämlich ohne dieses Mindestkapital kein Versicherungsgeschäft in Deutschland betreiben. Der Verordnungsgeber möchte dadurch die Gleichbehandlung von Versicherungsbetriebsstätten und selbstständigen Versicherungsunternehmen im Inland erreichen.14 Die Einhaltung der Mindestkapitalausstattung der Versicherungsbetriebsstätte kann dabei nach der Verordnungssystematik nur in den Fällen 12 Vgl. BsGaV, BR-Drucks. 401/14, S. 121. 13 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 281 und 63. 14 Vgl. BsGaV, BR-Drucks. 401/14, S. 119.
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gefordert werden, in denen die Öffnungsklausel des § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV angewendet wird, da diese Methode nicht als eigener Absatz in § 25 BsGaV enthalten ist, sondern lediglich als Satz 2 in § 25 Abs. 3 BsGaV. Auch in der Verordnungsbegründung zur BsGaV wird klargestellt, dass die Mindestkapitalausstattungsmethode des § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV eine Untergrenze für die Anwendung der Öffnungsklausel nach § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV regelt.15 Bei Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode kann der inländischen Versicherungsbetriebsstätte somit ein ge ringeres Dotationskapital als ein nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Grundsätzen ermitteltes Eigenkapital zugeordnet werden. In diesem Fall wird der inländischen Versicherungsbetriebsstätte nämlich nicht ein geringeres als das nach § 25 Abs. 1 und 2 BsGaV ermittelte Dotationskapital zugewiesen, so dass der Anwendungsbereich des § 25 Abs. 3 BsGaV nicht eröffnet ist. Dies gilt auch für die Untergrenze des § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV, die gemäß dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers sowie der Verordnungssystematik nur die Untergrenze für die Anwendung der Öffnungsklausel des § 25 Abs. 3 Satz 1 BsGaV regelt und damit bei Anwendung der modifizierten Kapitalaufteilungsmethode nicht zu berücksichtigen ist.16 Die Finanzverwaltung vertritt hier allerdings eine abweichende Auffassung und will die Mindestkapitalausstattungsmethode auch im Rahmen der modifizierten Kapitalausstattungsmethode anwenden.17 Die Finanzverwaltung begründet dies damit, dass die Übertragung der Mindestkapitalausstattungsmethode auf die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen würde. Die Mindestkapitalausstattungsmethode wird von der OECD jedoch klar als nicht fremdvergleichskonform eingestuft.18 Daher ist die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Untergrenze durch die Finanzverwaltung abzulehnen.19 b) Mindestkapitalausstattungsmethode als Regelmethode im Outbound-Fall Das Dotationskapital ausländischer Versicherungsbetriebsstätten inländischer Versicherungsunternehmen ist regelmäßig nach der Mindestkapitalausstattungsmethode zu ermitteln (§ 26 Abs. 1 BsGaV). Die Finanzverwaltung möchte damit die Über dotierung ausländischer Versicherungsbetriebsstätten eines inländischen Versicherungsunternehmens vermeiden.20 Im Fall von Versicherungsunternehmen ist dabei noch die Differenzierung zwischen der „betriebswirtschaftlichen“ Mindestkapitalausstattungsmethode gem. § 13 Abs. 1 BsGaV und der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten von Bedeutung. Beide Methoden werden durch § 26 Abs. 1 BsGaV angesprochen. Letztere Methode erfasst die regulatorischen Besonderheiten von Versicherungsunternehmen. Demnach führen zwingende Regelungen zur Mindestkapitalausstattung nach ausländischem Versicherungsaufsichts15 Vgl. BsGaV, BR-Drucks. 401/14, S. 119. 16 Vgl. Greinert/Karnath, DStR 2017, 1196 (1198). 17 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 320. 18 Vgl. OECD Betriebsstättenbericht 2010 (Fn. 1), Teil IV, Rz. 160. 19 Hierzu weiterführend Greinert/Karnath in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 3546 (März 2019). 20 Vgl. BsGaV, BR-Drucks. 401/14, S. 120.
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Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten
recht, die für die ausländische Versicherungsbetriebsstätte anzuwenden wären, wenn sie ein selbständiges Versicherungsunternehmen wäre, dazu, dass ein höheres Dotationskapital als nach betriebswirtschaftlichen Grundätzen erforderlich anzusetzen ist.
III. Ermittlung des Dotationskapitals nach der Mindestkapital ausstattungsmethode Wenn im Inbound-Fall die Untergrenze des § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV oder im Outbound-Fall die Regelmethode des § 26 Abs. 1 BsGaV zur Anwendung kommt, ist das Dotationskapital nach der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungs betriebsstätten zu ermitteln. Bei der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten muss für die jeweilige Betriebsstätte das Dotationskapital ermittelt werden, das sie als rechtlich selbstständiges Unternehmen nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Grundsätzen als Eigenkapital ausweisen müsste. Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Kapitalausstattung von Versicherungsunternehmen richten sich in Deutschland nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz („VAG“). Durch die Umsetzung der Solvency II-Richtlinie21 wurde das VAG umfassend geändert. Ab 1.1.2016 ist die neue Fassung des VAG in Kraft getreten. Die nachfolgende Untersuchung über die Ermittlung des Dotationskapitals nach der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten erfolgt daher getrennt nach der für die betreffenden Jahre anzuwendenden Rechtslage. 1. Rechtslage vor 1.1.2016 Nach der bis zum 31.12.2015 geltenden Fassung des VAG sind Versicherungsunternehmen gem. § 53c Abs. 1 Satz 1 VAG a.F. dazu verpflichtet, „stets über freie unbelastete Eigenmittel mindestens in Höhe der geforderten Solvabilitätsspanne zu verfügen, die sich nach dem gesamten Geschäftsumfang bemisst“. Die nach Aufsichtsrecht geforderte Mindestkapitalausstattung von Versicherungsunternehmen nimmt somit Bezug auf die Begriffe Eigenmittel und Solvabilitätsspanne, nicht hingegen auf den Begriff Eigenkapital. Eigenmittel umfassen zum einen das handelsrechtliche Eigenkapital, das in § 266 Abs. 3 i.V.m. § 272 HGB abschließend definiert ist. Zum anderen werden davon auch weitere Posten erfasst, die in § 53c Abs. 3 VAG a.F. aufgeführt sind, unter anderem Kapital, das gegen Gewährung von Genussrechten oder aufgrund der Eingehung nachrangiger Verbindlichkeiten eingezahlt ist oder im Fall von Lebensversicherungsunternehmen die Rückstellung für Beitragsrückerstattung, sofern sie zur Deckung von Verlusten verwendet werden darf. Das handelsrechtliche Eigenkapital spielt damit nur insofern eine Rolle für das Aufsichtsrecht, als es in die Ermittlung der versicherungsaufsichtsrechtlich relevanten Eigenmittel einfließt. Der Ausweis eines bestimmten Eigenkapitals wird von § 53c VAG a.F. dagegen nicht gefordert. Dennoch bezieht sich § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV für die Ermittlung der Untergrenze des Dotationskapitals im Inbound-Fall auf das Eigenkapital, das ein eigenständiges 21 Richtlinie 2009/138/EG v. 25.11.2009, ABl. EU 2009 Nr. L 335, 1.
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Markus Greinert
Versicherungsunternehmen nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Grundsätzen ausweisen müsste.22 Da das Versicherungsaufsichtsrecht keine Vorschriften zur Höhe des Eigenkapitals enthält, ist vom Wortlaut der Vorschrift nicht klar, wie das Dotationskapital nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV zu ermitteln ist. Nähere Erläuterungen, was unter dem aufsichtsrechtlich geforderten Eigenkapital zu verstehen ist, finden sich weder in der BsGaV noch in den VWG BsGa. In der Verordnungsbegründung wird sowohl der Begriff des „Mindesteigenkapitals“ als auch des „Mindestkapitals“ verwendet.23 Die Finanzverwaltung bezieht sich nur auf das „Mindesteigenkapital“ nach Versicherungsaufsichtsrecht.24 Trotz dieser etwas unklaren Regelung wäre ein Ansatz der aufsichtsrechtlich geforderten Eigenmittel in Höhe der Solvabilitätsspanne als Eigenkapital bzw. steuerliches Dotationskapital nicht vertretbar. Abgesehen von den Unterschieden im Wortlaut (Aufsichtsrecht: „Eigenmittel“, § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV: „Eigenkapital“) wäre dieses Vorgehen nicht mit dem Ziel des Verordnungsgebers vereinbar, mit der Mindestkapitalausstattungsmethode die Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte umzusetzen und eine Gleichstellung mit selbstständigen Versicherungsunternehmen zu erreichen. Zum wesentlichen Bestandteil der Eigenmittel einer inländischen Versicherungsbetriebsstätte kann etwa auch die ungebundene, zur Verlustdeckung verwendbare Rückstellung für Beitragsrückerstattung gehören, die nicht als Eigenkapital einzustufen ist. Würde nun das Dotationskapital in Höhe der Solvabilitätsspanne festgesetzt werden, würden die Eigenmittel der inländischen Versicherungsbetriebsstätte unter Berücksichtigung der ungebundenen, zur Verlustdeckung verwendbaren Rückstellung für Beitragsrückerstattung weitaus höher ausfallen als bei einem selbstständigen Versicherungsunternehmen, das die Solvabilitätsspanne sowohl mit Eigenkapital als auch mit weiteren Positionen der Eigenmittel, u.a. der ungebundenen, zur Verlustdeckung verwendbaren Rückstellung für Beitragsrückerstattung, decken kann. § 25 Abs. 3 Satz 2, § 26 Abs. 1 BsGaV können deshalb nur so auszulegen sein, dass als steuerliches Dotationskapital der Betrag anzusetzen ist, der auf Basis der Solvabilitätsspanne als aufsichtsrechtliche Mindestkapitalausstattung nach Abzug der Posten der Eigenmittel nach § 53c Abs. 3 VAG a.F. verbleibt, die nicht zum handelsrechtlichen Eigenkapital zählen. Der Residualwert entspricht dem Dotationskapital, das die Betriebsstätte bei gegebenen sonstigen Eigenmittel-Positionen zur Deckung der Solvabilitätsspanne ausweisen muss. Dadurch wird die Betriebsstätte einem selbststän digen Versicherungsunternehmen gleichgestellt. Das folgende Beispiel stellt die Ermittlung des Dotationskapitals nach der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten vereinfachend dar: 22 In dem für den Outbound-Fall relevanten § 26 Abs. 1 BsGaV wird zwar nicht ausdrücklich das Wort „Eigenkapital“ verwendet. Da die Methode sowohl im Inbound- als auch Outbound-Fall einheitlich als „Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten“ bezeichnet wird, ist davon auszugehen, dass insoweit keine Unterschiede vorliegen und es daher auch im Outbound-Fall auf das „Eigenkapital“ ankommt. Jedenfalls sieht dies auch die Finanzverwaltung so, die in den VWG-BsGa das Wort „Eigenkapital“ ausdrücklich verwendet, vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 325. 23 Vgl. BsGaV, BR-Drucks. 401/14, S. 119. 24 Vgl. VWG BsGa (Fn. 3), Rz. 320.
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Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten Beispiel: Die Eigenmittel der deutschen Zweigniederlassung des ausländischen Stammhauses setzen sich im betrachteten Jahr aus (i) dem handelsrechtlichen Eigenkapital, (ii) den nachrangigen Verbindlichkeiten und (iii) der ungebundenen, zur Verlustnutzung verwendbaren Rückstellung für Beitragsrückerstattung, abzüglich immaterieller Werte, zusammen. Die ungebundene, zur Verlustnutzung verwendbare Rückstellung für Beitragsrückerstattung nach § 53c Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 VAG a.F. ist unbegrenzt den Eigenmitteln zuzurechnen. Die immateriellen Werte nach § 53c Abs. 3 Satz 3 VAG a.F. sind ebenfalls unbegrenzt zum Abzug zu bringen. Nachrangige Verbindlichkeiten dürfen dagegen gemäß § 53c Abs. 3 Satz 1 Nr. 3b i.V.m. Abs. 3c VAG a.F. nur in der Höhe den Eigenmitteln zugerechnet werden, soweit sie 50 % der Eigenmittel und 50 % der geforderten Solvabilitätsspanne nicht übersteigen; höchstens 25 % davon dürfen auf nachrangige Darlehen mit fester Laufzeit entfallen. In untenstehender Tabelle wird die Höhe des Eigenkapitals ermittelt, die sich aufgrund der aufsichtsrechtlich geforderten Solvabilitätsspanne der deutschen Zweigniederlassung des Stammhauses und den oben dargestellten Eigenmitteln, ohne handelsrechtliches Eigenkapital, ergibt. Im vorliegenden Beispiel sind die nachrangigen Darlehen unbefristet und die Grenzen von 50 % der Eigenmittel und 50 % der geforderten Solvabilitätsspanne nicht überschritten, so dass die nachrangigen Verbindlichkeiten ungekürzt zu berücksichtigen sind. Solvabilitätsspanne, Eigenmittel und Eigenkapital der deutschen Zweigniederlassung des ausländischen Versicherungsunternehmens [Mio. Euro] Solvabilitätsspanne (A)
100
Nachrangige Verbindlichkeiten (B)
-20
Ungebundene, zur Verlustnutzung verwendbare RfB (C)
-60
Immaterielle Werte (D)
5
Verbleibender Betrag = Mindest-Eigenkapital (A+B+C+D)
25
Tatsächliches Eigenkapital
53
Das Eigenkapital, das sich aus der Mindestkapitalausstattung der deutschen Zweigniederlassung des ausländischen Stammhauses in Höhe der aufsichtsrechtlich geforderten Solvabilitätsspanne ergibt (25), ist niedriger als das tatsächlich der Zweigniederlassung zugeordnete Eigenkapital (53). Würde dieser Wert als Dotationskapital nach § 25 Abs. 3 Satz 2 BsGaV angesetzt, wären der Zweigniederlassung somit keine zusätzlichen Vermögenswerte und damit auch keine zusätzlichen Kapitalerträge zuzuordnen.
2. Rechtslage ab 1.1.2016 Durch Umsetzung der Solvency II-Richtlinie sind Versicherungsunternehmen verpflichtet, über so viel Kapital zu verfügen, dass sie selbst bei Eintritt sehr unwahrscheinlicher Risiken in der Lage sind, den Rückgang der Eigenmittel zu verkraften. Gem. § 89 Abs. 1 VAG n.F. haben Versicherungsunternehmen „stets über anrechnungsfähige Eigenmittel mindestens in Höhe der Solvabilitätskapitalanforderung zu verfügen. In Höhe der Mindestkapitalanforderung haben sie stets über anrechnungsfähige Basiseigenmittel zu verfügen“. Die beiden wesentlichen aufsichtsrechtlichen 103
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Markus Greinert
Sollgrößen für den geforderten Kapitalpuffer, nämlich die Solvabilitätskapitalanforderung (Solvency Capital Requirement - SCR) und die Mindestkapitalanforderung (Minimum Capital Requirement - MCR), werden über komplexe mathematische Modellrechnungen unter Berücksichtigung aller für Versicherungsunternehmen relevanten Risikoszenarien ermittelt. Gem. § 134 Abs. 3 VAG n.F. ist es bei Nichtbedeckung der Solvabilitätskapitalanforderung des Versicherungsunternehmens erforderlich, durch angemessene Maßnahmen die anrechnungsfähigen Eigenmittel aufzustocken oder das Risikoprofil so zu senken, dass die Solvabilitätskapitalanforderung wieder bedeckt ist. Beim Unterschreiten der Mindestkapitalanforderung ist es nach § 135 Abs. 2 VAG n.F. erforderlich, der Aufsichtsbehörde einen kurzfristigen und realistischen Finanzierungsplan zur Genehmigung vorzulegen und darin darzulegen, wie die Mindestkapitalanforderung innerhalb gegebener Frist durch Aufstockung der anrechnungsfähigen Basiseigenmittel wieder bedeckt oder wie das Risikoprofil gesenkt werden soll, so dass die Mindestkapitalanforderung wieder bedeckt ist. Die Min destkapitalanforderung entspricht dem Betrag anrechnungsfähiger Basiseigenmittel, unterhalb dessen die Versicherungsnehmer und Anspruchsberechtigten bei einer Fortführung der Geschäftstätigkeit des Versicherungsunternehmens einem unannehmbaren Risikoniveau ausgesetzt sind (vgl. § 122 Abs. 1 VAG n.F.). Das folgende Schaubild stellt das Verhältnis zwischen Solvabilitätskapitalanforderung (dort Solvenzkapitalanforderung genannt), Mindestkapitalanforderung, Eigenmitteln, versicherungstechnischen Rückstellungen und Vermögenswerten dar. Aktiva
Passiva
Eigenmittel
Vermögenswerte versicherungstechnische Rückstellungen
Bedeckungsquote
Errechnete risikobasierte Kapitalanforderung
Zinsrisiken, versicherungstechnische Risiken (z.B. Sterblichkeit)
Freie Eigenmittel
> 100 %
Solvenzkapitelanforderung (SCR)
100 %
Mindestkapitelanforderung (MCR)
< 100 %
Sonstige Risiken (z.B. operationelle Risiken)
Marktrisiken (z.B. Aktienrisiko) Quelle: www.gdv.de | Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)
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Bestimmung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten
Die Solvabilitätskapitalanforderung sowie die Mindestkapitalanforderung beziehen sich auf Eigenmittel bzw. Basiseigenmittel, nicht hingegen auf Eigenkapital. In § 89 Abs. 2 bis 4 VAG n.F. werden die Begriffe Eigenmittel und Basiseigenmittel umfassend definiert: Eigenmittel eines Versicherungsunternehmens umfassen Basiseigenmittel und ergänzende Eigenmittel. Basiseigenmittel sind (i) der Überschuss der Vermögenswerte über die Verbindlichkeiten abzüglich des Betrags der eigenen Aktien in der Solvabilitätsübersicht und (ii) die nachrangigen Verbindlichkeiten. Ergänzende Eigenmittel sind solche, die nicht zu den Basiseigenmitteln zählen und zum Ausgleich von Verlusten eingefordert werden können. Anhand dieser Zusammenstellung wird deutlich, dass der aufsichtsrechtliche Begriff der (Basis-)Eigenmittel auch nach der neuen Fassung des VAG nicht nur das handelsrechtliche Eigenkapital, sondern auch weitere Posten umfasst. Aus diesem Grund können die nach VAG n.F. ermittelten (Basis-)Eigenmittel wiederum nur den Ausgangspunkt für die Ermittlung des Dotationskapitals gemäß der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten i.S.d. § 25 Abs. 3 Satz 2, § 26 Abs. 1 BsGaV darstellen. Analog zur Rechtslage vor 2016 ist daher als steuerliches Dotationskapital der Betrag anzusetzen, der auf Basis der Solvabilitätskapitalanforderung bzw. Mindestkapitalanforderung als aufsichtsrechtliche Mindestkapitalausstattung nach Abzug der Posten der (Basis-)Eigenmittel nach § 89 VAG n.F., die nicht zum handelsrechtlichen Eigenkapital zählen, verbleibt. Der Residualwert entspricht dem Dotationskapital, das die Betriebsstätte bei gegebenen sonstigen (Basis-)Eigenmittel-Posten zur Deckung der Solvabilitätskapitalanforderung bzw. Mindestkapitalanforderung ausweisen muss. Dadurch wird die Betriebsstätte einem selbstständigen Versicherungsunternehmen gleichgestellt. Eine weitere Frage ist, ob diese Residualwertberechnung auf Basis der Solvabilitätskapitalanforderung oder Mindestkapitalanforderung zu erfolgen hat. Die VWG-BsGa geben hierzu keinerlei Auskunft, was allerdings überrascht, da dieses BMF-Schreiben vom 22.12.2016 stammt, also nach Umsetzung der Solvency II-Richtlinie in deutsches Recht zum 1.1.2016. Für ein Versicherungsunternehmen ist es erforderlich, beide aufsichtsrechtlichen Sollgrößen zu erfüllen. Vor diesem Hintergrund wird es erforderlich sein, basierend auf beiden Größen einen Residualwert zu berechnen. Der sich dabei ergebende höhere Residualwert wird der maßgebende Wert für die Höhe des Dotationskapitals sein. Nur bei dem höheren Residualwert ist es möglich, sowohl die Solvabilitätskapitalanforderung als auch die Mindestkapitalanforderung zu erfüllen. Anhand des nachfolgenden Beispiels wird dies deutlich: Wenn das Dotationskapital nur mit 20 angesetzt würde, würde die Versicherungsbetriebsstätte zwar über Basiseigenmittel von 80 verfügen (Dotationskapital 20 + nachrangige Verbindlichkeiten 60 = 80) und damit die Mindestkapitalanforderung erfüllen. Allerdings würde die Versicherungsbetriebsstätte nur über Eigenmittel in Höhe von 90 verfügen (Dotationskapital 20 + nachrangige Verbindlichkeiten 60 + ergänzende Eigenmittel 10 = 90). Die Solvabilitätskapitalanforderung würde allerdings 100 betragen, so dass die Versicherungsbetriebsstätte nicht über ausreichende Eigenmittel verfügen würde. Nur bei einem Dotationskapital von 30 wäre es möglich, sowohl die Solvabilitätskapitalanforderung als auch die Mindestkapitalanforderung zu erfüllen. 105
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Markus Greinert SCR, MCR, (Basis-)Eigenmittel und Eigenkapital der deutschen Zweigniederlassung des ausländischen Versicherungsunternehmens [Mio. Euro] Solvabilitätskapitalanforderung (SCR) (A)
100
Mindestkapitalanforderung (MCR) (B)
80
Ergänzende Eigenmittel (C)
-10
n.a.
Nachrangige Verbindlichkeiten (D)
-60
-60
30
20
Verbleibender Betrag = Mindest-Eigenkapital auf Basis SCR (A+C+D) bzw. auf Basis MCR (B+D)
IV. Fazit Zur Ermittlung des Dotationskapitals von Versicherungsbetriebsstätten sind die modifizierte Kapitalaufteilungsmethode und die Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten in entsprechenden Fällen anzuwenden. Die Mindest kapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten ist die Regelmethode im Outbound-Fall und nur anwendbar im Rahmen einer Öffnungsklausel im Inbound- Fall. Bei der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten muss für die jeweilige Betriebsstätte das Dotationskapital ermittelt werden, das sie als rechtlich selbstständiges Unternehmen nach versicherungsaufsichtsrechtlichen Grundsätzen als Eigenkapital ausweisen müsste. Die konkrete Anwendung der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten weist jedoch eine Reihe von Problemen auf, insbesondere da das Versicherungsaufsichtsrecht auf Eigenmittel, das Steuerrecht dagegen auf Eigenkapital abstellt. Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes und die Umsetzung der Selbstständigkeitsfiktion der Betriebsstätte lassen jedoch nur den Schluss zu, dass das steuerliche Eigenkapital nach der Mindestkapitalausstattungsmethode für Versicherungsbetriebsstätten als Residualwert aus den versicherungsaufsichtsrechtlichen Eigenmitteln herzuleiten ist.
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Dieter Grümmer
Diet
Art. 9 OECD-MA und die Schrankenwirkung gegenüber nationalen Korrekturvorschriften
Die
Inhaltsverzeichnis I. Verdeckte Gewinnausschüttungen 1. Sachverhalt – BFH-Urteil vom 11.10.2012 2. Entscheidung des BFH 3. Bedeutung des Problems für die Prüfung von Verrechnungspreisen
1. Einführung 2. Darlehen an Tochterkapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland a) BFH-Urteil vom 17.12.2014 b) BMF-Schreiben vom 30.3.2016 c) BFH-Urteil vom 27.2.2019
II. Teilwertabschreibungen auf Darlehen an ausländische Tochtergesellschaften
III. Fazit
Die sog. Sperrwirkung des Art. 9 ist durch mehrere Urteile des BFH1 bestätigt worden. Die Finanzverwaltung hat die Rechtsprechung hinsichtlich der sog. formellen verdeckten Gewinnausschüttung offenkundig akzeptiert, da sie das Urteil im Bundessteuerblatt veröffentlicht hat. Hinsichtlich der Sperrwirkung gegenüber außerbilanziellen Zurechnungen einer Teilwertabschreibung nach § 1 AStG ist sie der Auffassung des BFH nicht gefolgt und hat die entsprechende Rechtsprechung mit einem sog. „Nichtanwendungserlass“ belegt.2 Im Folgenden werde ich die Auffassung des BFH und der Literatur einer kritischen Würdigung unterziehen.
I. Verdeckte Gewinnausschüttungen Nach in BMF-Schreiben veröffentlichter Meinung der Finanzverwaltung richtet sich die Frage der Korrektur von fremdvergleichswidrigen Preisen für Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen ausschließlich nach innerstaatlichen Grundsätzen.3 Im Bereich der verdeckten Gewinnausschüttung bestehen im deutschen Ertragssteuerrecht jedoch zwei grundverschiedene Arten einer verdeckten Gewinnausschüttung. Zum einen liegen verdeckte Gewinnausschüttungen vor, wenn eine Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder eine verhinderte Vermögensmehrung hinnehmen muss, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, Auswirkung auf den Unterschiedsbetrag gem. § 4 Abs.1 EStG bzw. § 8 Abs.3 KStG hat, die Eignung hat 1 Vgl. BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046; BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BStBl. II 2016, 261; BFH v. 24.6.2015 – I R 29/14, BStBl. II 2016, 258. 2 Vgl. BMF-Schreiben v. 30.3.2016 – IV B 5-S 1341/11/10004-07, BStBl. I 2016, 455. 3 BMF-Schreiben v. 23.2.1983, BStBl. I, 218, Rz. 1.1.
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Dieter Grümmer
beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug auszulösen und nicht in Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.4 Typische Anwendungsfälle einer solchen verdeckten Gewinnausschüttung sind überhöhte Zahlungen der Gesellschaft an den Gesellschafter. Diese Spezies der verdeckten Gewinnausschüttung führt auch bei Zahlungen an einen im DBA-Ausland ansässigen Gesellschafter nicht zu einem Problem, da der nach der allgemeinen Systematik im Internationalen Steuerrecht im Weiteren zu prüfende Gewinnabgrenzungsartikel (entsprechend Art. 9 OECD-MA) die gleichen Rechtsfolgen zeitigt und eine Korrektur fremdvergleichswidriger Preise nicht beschränkt.5 Zum anderen besteht im deutschen Körperschaftsteuerrecht noch eine weitere Spezies der verdeckten Gewinnausschüttung. Der wesentliche Unterschied liegt im Tatbestandsmerkmal der „Veranlassung durch das Gesellschaftsrecht“. Bei Leistungsbeziehungen zwischen einer Kapitalgesellschaft und einem beherrschenden Gesellschafter unterliegen diese nach der Rechtsprechung des BFH neben dem „normalen“ Fremdvergleich noch dem sog. „formellen“ Fremdvergleich. Durch diesen soll vermieden werden, dass GmbH und Gesellschafter nach Belieben für zurückliegende Zeiträume ergebniswirksame Vergütungen vereinbaren und damit das steuerliche Ergebnis nachträglich manipulieren.6 Fraglich und im Weiteren zu klären ist nun die Frage, ob Art. 9 OECD-Musterabkommen und die diesem folgenden Doppelbesteuerungsabkommen eine solche „formelle“ verdeckte Gewinnausschüttung zulassen bzw. gegen die nationale Berichtigung eine Schranke bilden. Zur Erläuterung der Problematik erscheint es mir angemessen, das BFH-Urteil vom 11.10.2012 und die dort genannte Begründung näher zu beleuchten. Maßgeblich für die Einordnung des Urteils ist der entschiedene Sachverhalt, den ich hier kurz zusammengefasst wiedergeben möchte. 1. Sachverhalt – BFH-Urteil vom 11.10.2012 Unternehmensgegenstand7 der Klägerin (A-GmbH) waren Speditionsgeschäfte. Sie war eine 100 %ige Tochter einer niederländischen Muttergesellschaft B-B.V. Mit Rechnung vom 31.12.2004 machte die B-BV gegenüber der Klägerin Aufwen dungen in Höhe von 70.826 Euro geltend; der Betrag wurde auf dem Konto „Verwaltungskosten” verbucht. Dieser Rechnung lag ein Vertrag über die konzerninterne Erbringung von Dienstleistungen gegen Kostenumlage zugrunde („concern services cost-sharing agreement”). Der Vertrag ist den Angaben der Klägerin zufolge bereits 4 Vgl. Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, Rz. 140 zu § 8 KStG m.w.N. 5 Vgl. Gosch, KStG, § 8 Rz. 190. 6 BFH v. 13.6.2006 – I R 58/05, BStBl. II 2006, 928; Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, Rz. 267 zu § 8 KStG m.w.N. 7 BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046.
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Die Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA
Ende des Jahres 2003 mündlich geschlossen und am 29.12.2004 rückwirkend zum 1.1.2004 schriftlich fixiert worden. Die D-BV hatte sich darin gegenüber der Klägerin verpflichtet, eine Reihe verschiedener Dienstleistungen aus den Bereichen „Management”, „Finance and Control” und „Information & Communication Technology ICT” zu erbringen. Die Leistungen sollten gegenüber der Klägerin jährlich im Nachhinein stunden- und abteilungsweise auf der Grundlage festgelegter Service-Raten abgerechnet werden („all-inclusive fee per spent manhour per Concern Department”). Die Service-Raten sollten jährlich auf der Grundlage der budgetierten Kosten der ein zelnen Konzern-Abteilungen (mit Ausnahme bestimmter, vertraglich festgelegter „shareholder costs”) und unter Hinzurechnung eines allgemeinen, ebenfalls jährlich festzulegenden Aufschlags ermittelt werden, wobei dieser Aufschlag fremdüblich sein sollte („at arm‘s length”). Für das Streitjahr wurde dieser Aufschlag für das „Management Department” und das „Finance and Control Department” jeweils auf 2 v.H. und für das „ICT-Department” auf 5 v.H. festgesetzt. Die sich daraus ergebenden Raten betrugen dem Vertrag zufolge für das „Management Department” 161 EUR pro Stunde, für das „Finance and Control Department” 80 EUR pro Stunde und für das „ICT- Department” 77 EUR pro Stunde. Weiterhin war vorgesehen, dass am Jahresende die budgetierten Kosten mit den tatsächlichen Kosten der einzelnen Abteilungen verglichen und gegebenenfalls angepasst werden sollten. Schließlich verpflichtete sich die B-BV, jährliche Berichte über die für die Klägerin geleisteten Dienste zusammenzustellen; aus diesen Berichten sollte sich die konkrete Zuordnung der jeweiligen Kosten ergeben. Das Finanzamt vertrat – unter Hinweis auf Tz. 6.1.1 der sog. Verwaltungsgrundsätze-Verfahren8 die Auffassung, dass die Kostenumlage mangels wirksamer vorheriger Vereinbarung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln und das Einkommen der Klägerin für das Streitjahr deswegen um 70.826 EUR zu erhöhen sei. 2. Entscheidung des BFH Entsprechend seiner Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung im nationalen Bereich hätte der BFH auf einer ersten Stufe eigentlich prüfen müssen, ob nach nationalen Grundsätzen eine vGA gegeben ist. Dies wäre u.U. der Fall, da die Zahlungen an die Muttergesellschaft aufgrund eines in 2003 mündlich geschlossenen Vertrages erfolgt sind, der erst am 29.12.2004 schriftlich bestätigt wurde. Zur Prüfung einer verdeckten Gewinnausschüttung wäre m.E. maßgeblich zu prüfen gewesen, ob sich im Jahr 2004 bereits eine faktische Umsetzung des „mündlichen Vertrages“ in der Buchführung der Tochtergesellschaft gezeigt hat.9 Dieser Frage ist der BFH – wie die Vorinstanz FG Hamburg10 – gar nicht nachge gangen, da sie seines Erachtens unerheblich ist. Nach Auffassung des BFH wäre selbst 8 BMF-Schreiben v. 12.4.2005 – IV B4-S 1341-1/05, BStBl. I 2005, 570. 9 Vgl. R 8.5 KStR 2015; BFH v. 29.7.1992 – I R 28/92, BStBl. 1993 II S. 247; BFH v. 17.10.1990 – I R 47/87, BFH NV 1991, 773. 10 FG Hamburg v. 31.10.2011 – 6 K 179/10, DStRE 2012, 1445.
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Dieter Grümmer
bei Vorliegen einer vGA nach inländischen Grundsätzen eine Einkommenskorrektur nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht möglich, da bei einer verdeckten Gewinnausschüttung an eine ausländische Muttergesellschaft in einem DBA-Staat Art. 9 des OECD- Musterabkommens (bzw. dessen entsprechende Umsetzung im jeweiligen DBA, im Folgenden nur Art. 9 OECD-MA) zu berücksichtigen sei. Art. 9 OECD-MA sperre nach Auffassung des BFH jede verdeckte Gewinnausschüttung, die keine Einkommenskorrektur der Höhe nach, zur Folge hat. Eine vGA aufgrund lediglich sog. formaler Mängel (z.B. Rückwirkungsverbot und Durchführungsgebot bei Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter) führt nach Auffassung des BFH bei grenzüberschreitenden Beziehungen nicht zu einer Einkommenskorrektur. Grund für diese Auffassung ist die Auslegung des Art. 9 OECD-MA. Dieser lautet wie folgt: Wenn a) ein Unternehmen eines Vertragsstaats unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt ist, oder b) dieselben Personen unmittelbar oder mittelbar an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens eines Vertragsstaats und eines Unternehmens des anderen Vertragsstaats beteiligt sind und in diesen Fällen die beiden Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sind, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden, so dürfen die Gewinne, die eines der Unternehmen ohne diese Bedingungen erzielt hätte, wegen dieser Bedingungen aber nicht erzielt hat, den Gewinnen dieses Unternehmens zugerechnet und entsprechend besteuert werden.
Nach Auffassung des BFH bezieht sich der so formulierte Fremdvergleich lediglich auf die Höhe der Einkünftekorrektur und nicht auf einen Fremdvergleich dem Grunde nach, wie er auch § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG innewohnt. Nach Meinung des BFH ist daher nicht darauf abzustellen, ob die Vereinbarung „üblich oder ernsthaft“ im Sinne der Rechtsprechung zur vGA nach innerstaatlichem Recht war. Seiner Meinung nach hat die Regelung des Art. 9 OECD-MA lediglich Auswirkungen auf die Höhe der Einkünfte und nicht auf die „sonstigen“ Bedingungen des Fremdvergleichs. Die dem deutschen Steuerrecht innewohnende Zweistufigkeit der verdeckten Gewinnausschüttung dem Grunde und der Höhe nach sei dem DBA fremd. aa) Begründung aus dem Wortlaut der DBA Der BFH hat als Begründung ausgeführt, dass der Begriff „kaufmännische und finanzielle Beziehungen“ sowie der Begriff der „vereinbarten und auferlegten Beziehungen“ so auszulegen sei, dass auch die finanziellen, also gesellschaftsrechtlichen Bedingungen, von der Vorschrift erfasst sind. Der BFH schließt daraus, dass die Art der Bedingungen nicht auf die fremdvergleichsüblichen Kriterien zu untersuchen ist. Eine Kor110
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Die Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA
rekturmöglichkeit ergebe sich dementsprechend nur hinsichtlich der Bedingungen, die Auswirkungen auf die Höhe der Preise haben und nicht hinsichtlich der Bedingungen der Vertragsbeziehungen als solche. Diese Auffassung wird von der herrschenden Literaturmeinung geteilt.11 Ich halte diese Begründung nicht für zwingend, da Sinn und Zweck der Vorschrift des Art. 9 OECD-MA die fremdvergleichsübliche Gewinnabgrenzung zwischen den beteiligten Vertragsstaaten ist. Bei BFH-konformer Auslegung wäre eine Korrektur einer dem Grunde nach nicht fremdvergleichsüblichen Geschäftsbeziehung nicht korrekturfähig. Auch die OECD sieht eine solche Beschränkung der Auslegung aus dem Wortlaut heraus m.E. nicht vor (zur Begründung vgl. Ausführungen unter I.c.). Folgt man der Auffassung des BFH, ergibt sich die mehr oder minder paradoxe Frage, wie eine dem Grunde nach nicht fremdvergleichsübliche Geschäftsbeziehung fremdvergleichsüblich zu bepreisen wäre. bb) Begründung aus dem Sinn und Zweck der DBA Als Begründung wird seitens des BFH hier angeführt, dass eine formalere Auslegung des Art. 9 OECD-MA – analog des innerstaatlichen Rechts – zu einer drohenden Doppelbesteuerung führen würde und dieser daher aus dem Abkommen heraus und doppelbesteuerungsvermeidend auszulegen sei. Näher ausgeführt wird diese Aussage nicht, außerdem kennt das Abkommensrecht keinen Grundsatz, der Doppelbesteuerung per se ausschließt.12 Insofern ergibt sich eine solche Auslegung nicht zwingend. Sollte es zu einer Doppelbesteuerung kommen, sehen die DBA in Art. 25 OECD-MA (Verständigungsverfahren) Regelungen hierzu vor. Im Weiteren führt der BFH zwei Begründungen an, die sich dem geneigten Leser noch schwerer erschließen als die oben dargestellte Rechtsauffassung: Zum einen setzt er sich insbesondere mit der von Wassermeyer13 vertretenen Auffassung auseinander, dass Art. 9 OECD-MA gesellschaftsrechtliche Beziehungen gar nicht regele, sondern nur für schuldrechtlich vereinbarte Beziehungen gelte und daher Vereinbarungen, die ihren Grund im Gesellschaftsrecht haben, gar nicht unter Art. 9 OECD-MA fielen. Der BFH verwirft diese Auffassung mit dem Hinweis darauf, dass der deutsche Gesetzgeber im nationalen Recht auch bei Fremdvergleichsfragen auf den vordergründigen schuldrechtlichen Charakter abstellt und nicht auf die dahinter stehende gesellschaftsrechtliche Veranlassung. Hierzu führt er im Wesentlichen die Regelungen des § 1 Abs. 4 AStG ab VZ 2003 an. Die Darstellung ist zwar m.E. zutreffend, hat aber mit dem Problem der Auslegung des Art. 9 OECD-MA nichts zu tun, da sie weder Bezug auf ein DBA nimmt noch die Frage der Üblichkeit einer Fremdvergleichsbeziehung regelt. § 1 Abs. 4 AStG ab VZ 2003 bestimmt lediglich, dass nach Auffassung des deutschen Gesetzgebers von einer Geschäftsbeziehung aus11 Statt vieler Ditz/Haverkamp, Ubg 2019, 101 ff.; Gosch, KStG § 8 Rz. 188 ff. 12 Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 3 Rz. 78, (Stand: EL 109). 13 Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 9 Rz. 103, (Stand: EL 93).
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zugehen ist, wenn der Gesellschafter in seiner Beziehung zu seiner Gesellschaft den „schuldrechtlichen Weg“ und nicht den gesellschaftsrechtlichen Weg beschreitet. Der Gesetzgeber hat hier tatsächlich, so wie auch der BFH ausführt „form over substance“ gestellt, dies hat jedoch m.E. nichts mit einer grundlegenden Festlegung des deutschen Gesetzgebers auf diesen Grundsatz zu tun.14 Das zweite vom BFH angeführte Beispiel „§ 8b Abs. 3 Sätze 4-8 KStG“ ab VZ 2008 belegt m.E. eindrucksvoll, dass eine solche Festlegung genau nicht erfolgt ist. Die Regelung des § 8b Abs. 3 Sätze 4-8 KStG behandelt nämlich eindeutig schuldrechtliche Beziehungen (Darlehensverträge) ihrer Wirkung nach wie gesellschaftsrechtliche, da sie Aufwand aus einer schuldrechtlichen Beziehung in gesellschaftsrechtlichen Aufwand umqualifiziert und nicht abziehbar stellt. Hier greift also der Grundsatz „Sub stance over form“. Beide Regelungen haben jedoch schon aufgrund ihrer Unein heitlichkeit und aufgrund ihrer Rechtsquelle nichts mit der Auslegung des Art. 9 OECD-MA gemein. Zum anderen zieht der BFH zur Untermauerung seiner Auslegung die „neuen“ Entwicklungen zum sog. „Authorised OECD Appproach (AOA)“ heran. Der AOA regelt nach dem OECD-MA von 2010 die Gewinnaufteilung zwischen Unternehmen und ihren unselbständigen Betriebsstätten. Hierbei würde nach Meinung des BFH auch nicht auf irgendwelche Sonderbedingungen abgestellt, sondern gleichermaßen allein auf die Angemessenheit der Geschäftsbedingungen der Höhe nach. Diese Argumentation verwundert ebenfalls, da die Regelung erst 2010 in das MA aufgenommen wurde und folglich eingeschränkte Aussagefähigkeit für den Art. 9 OECD-MA 2005 hat. Er regelt auch ein völlig anderes Problem, nämlich die angemessene Gewinnaufteilung innerhalb eines Einheitsunternehmens. Hierbei auf schuld rechtliche Verträge abzustellen erscheint wenig sinnvoll, da diese innerhalb eines Einheitsunternehmens bekanntermaßen nicht zivilrechtlich wirksam geschlossen werden können. Nach alledem bleibt als Begründung für die Auffassung des BFH nur die autarke Auslegung des Art. 9 OECD-MA. 3. Bedeutung des Problems für die Prüfung von Verrechnungspreisen Das Problem am Urteil des BFH vom 11.10.201215 ist weniger der entschiedene Fall. Nach dem im Urteil dargestellten Sachverhalt war die Betriebsprüfung überzeugt, dass die beurteilten Aufwendungen angemessen waren und nur deswegen als vGA dem Einkommen der Tochtergesellschaft hinzuzurechnen gewesen wären, weil der Vertrag mündlich geschlossen und nachträglich schriftlich bestätigt wurde. Dies ist zu kurz gegriffen. Zum einen wäre m.E. schon zur Annahme einer „nationalen“ vGA zu klären gewesen, ob die Leistungen wie behauptet erbracht wurden und ob die behaupteten mündlichen Verträge durchgeführt wurden (Protokolle, Budgetplanungen etc). 14 Vgl. BT-Drucksache 15/119 S. 53. 15 Vgl. Fn. 1.
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Die Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA
Problematisch ist die Kernaussage des Urteils hinsichtlich des Problems der nachträglichen Änderung von einmal getroffenen vertraglichen und fremdvergleichskonformen Beziehungen auf einen anderen ebenfalls fremdvergleichskonformen Wert. Dies mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Beispiel: Die inländische Tochtergesellschaft (T-GmbH) zahlt an die ausländische Mutter gesellschaft (M-AG 100% Bet., Ansässigkeit DBA-Staat.) in 2018 aufgrund eines in 2015 geschlossenen und derzeit gültigen Vertrags eine Lizenzgebühr für die Überlassung eines Patentes in Höhe von 15% des Umsatzes. Nach einer anzuerkennenden Verrechnungspreisdokumentation beträgt die angemessene Preisbandbreite 14% - 18%. Am 15.12.2018 erhöht die Muttergesellschaft per Brief die Lizenzgebühr für den gesamten Jahresumsatz 2018 auf 18%.
Fraglich ist nun, ob im vorliegenden Beispiel von einer verdeckten Gewinnausschüttung auszugehen ist, die auch im Verhältnis zu einem DBA Staat korrigiert werden kann. Nach nationalen Grundsätzen liegt hier eindeutig eine vGA aufgrund der oben genannten Grundsätze zum Rückwirkungsverbot vor.16 Die vGA betrifft die Zahlungen für den Zeitraum bis zum 14.12.2018. Die Zahlung für den Zeitraum ab dem 15.10.2018 kann u.U. einkommensmindernd anerkannt werden, da bei Aufforderung durch die Muttergesellschaft und Zahlung durch die Tochtergesellschaft von einer Vertragsbeziehung ausgegangen werden kann. Die Vergütung ist mit 18% ebenfalls angemessen. Fraglich ist nun, ob die nach nationalen Grundsätzen festzustellende vGA durch Art. 9 OECD-MA gesperrt wird. Legt man die Begründung des BFH im oben besprochenen Urteil zu Grunde, so ist auf die Üblichkeit der Vereinbarung nicht abzustellen, sondern ausschließlich auf die Angemessenheit der Höhe nach. Da die Höhe der Lizenzgebühr auch nach Vertragsänderung noch innerhalb der sog. Bandbreite liegt, ist der Verrechnungspreis bei uneingeschränkter Vergleichbarkeit oder entsprechend verengten Bandbreiten17 der Höhe nach grundsätzlich anzuerkennen. Das Ergebnis würde auch vom nationalen Recht mitgetragen, sofern eine ordnungsgemäße Kündigung des laufenden Vertrages oder eine Änderung des Vertrages mit Wirkung für die Zukunft vorliegen würden. Es dürfte jedoch ebenso unstrittig sein, dass fremde Dritte auf einer ihnen zustehenden Rechtsposition beharren und einer entsprechenden Änderung der Lizenzrate allenfalls für die Zukunft zustimmen würden. Es handelt sich somit um eine dem Fremdvergleich dem Grunde nach widersprechende Vereinbarung. Subsumiert unter Art. 9 OECD-MA, ist nach der hier vertretenen Auffassung die inländische T-GmbH an auferlegte Bedingungen (Schreiben zur Preisanpassung) gebunden, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinba16 Vgl. Gosch, KStG, § 8 Rz. 235 m.w.N. 17 Vgl. § 1 Abs. 3 Satz 2 AStG.
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ren würden und durch diese Bedingungen sind ihre Einkünfte gemindert worden. Es ist aus meiner Sicht nicht ersichtlich, aus welchem Grund Art. 9 OECD-MA hier eine Korrektur sperren sollte. Dies belegt m.E. auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit den OECD-Verrechnungspreisrichtlinien. Nach den sog. Standardmethoden der OECD (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreismethode und Kostenaufschlagsmethode) ist der Preis der Transaktion zu bestimmen. Auszug OECD-Guidelines 2017 Kapitel II B.1 Rz.2.14: Die Preisvergleichsmethode (comparable uncontrolled price method – CUP-Methode) vergleicht den in einem konzerninternen Geschäftsvorfall für die Lieferung eines Wirtschaftsguts oder die Erbringung einer Dienstleistung berechneten Preis mit dem Preis, der in einem vergleichbaren Fremdgeschäftsvorfall unter vergleichbaren Umständen für eine solche Lieferung oder Leistung berechnet wird.
Dies bringt klar zum Ausdruck, dass Verrechnungspreise aufgrund der Standardmethoden transaktionsbezogen zu bestimmen sind. Dies würde auch dem Verhalten fremder Dritter entsprechen, die einen Preis für eine Transaktion naturgemäß im Vorhinein vereinbaren. Eine nachträgliche Preisanpassung würde jedem sinnvollen unternehmerischen Handeln entgegenstehen und daher nicht fremdvergleichsüblich sein. Dies hat der BFH für den nationalen Bereich in seiner aktuellen Rechtsprechung auch bestätigt.18 Die OECD lässt in den Guidelines 2010 ausdrücklich den sog. Price Setting Ap proach19 zu. Hiermit ist gemeint, dass fremde Dritte Preise transaktionsbezogen aufgrund einer – wie auch immer durchgeführten – Planungsrechnung ermitteln. Diese Aussage wird ausdrücklich gestärkt durch die Aussagen der OECD zu den Methoden der Verrechnungspreisermittlung. In den OECD-Guidelines 2017 wird dementsprechend ausgeführt:20 „Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes basiert auf einem Vergleich der Bedingungen eines konzerninternen Geschäftsvorfalls mit den Bedingungen, die vereinbart worden wären, wenn es sich bei den Beteiligten um voneinander unabhängige Unternehmen gehandelt hätte, die einen vergleichbaren Geschäftsvorfall unter vergleichbaren Umständen getätigt hätten.“
Diese Aussage wird ergänzt durch die unmittelbar folgende Tz. 1.38 der OECD-Guide lines 2017: „Bei der Beurteilung der Bedingungen eines potenziellen Geschäftsvorfalls vergleichen unabhängige Unternehmen diesen Geschäftsvorfall mit den Alternativen, die ihnen realistischerweise zur Verfügung stehen, und sie tätigen den Geschäftsvorfall nur dann, wenn sie keine 18 BFH v. 17.1.2018 – I R 74/15, BFH/NV 2018, 836. 19 Kapitel III B.2 3.69 OECD Guidelines 2017. 20 Kapitel I D.1 Rz.1.33 OECD-Guidelines 2017.
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Die Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA Alternative sehen, die eine eindeutig attraktivere Möglichkeit zur Verwirklichung ihrer Geschäftsziele darstellen würde.“
Die gesamte Systematik zielt somit erkennbar darauf ab, Preise im Vorhinein zu bestimmen und anhand von Planungsdaten möglichst fremdvergleichsüblich auszugestalten. Die OECD spricht hier übrigens ausdrücklich von Bedingungen. Aus welchem Grund sich diese Bedingungen in der Auslegung des BFH-Urteils nur auf die „Höhe“ der Preise und nicht auf die Bedingungen selbst beziehen sollen ist nicht ersichtlich. Eine nachträgliche Gewinnanpassung aufgrund der Gesamtgewinnsituationen oder der simplen Möglichkeit, den erhöhten Preis zahlen zu können, entspricht nicht den vorstehend dargestellten Ansätzen. Es besteht zwar keine gesetzliche Festlegung auf den Zeitpunkt der Verrechnungspreisfestlegung,21 aber hinsichtlich der Fremdüblichkeit ist dem sog. price setting approach der Vorzug zu geben. Aus diesem Grund hat der Steuerpflichtige auch nach § 90 Abs. 2 AO Mitwirkungspflichten hinsichtlich der Frage, wie er seine Verrechnungspreise ermittelt hat.22 Die gesamten seit 2003 bestehenden Dokumentationspflichten23 haben im Wesentlichen den Sinn und Zweck die Grundlagen der Verrechnungspreisermittlung zu dokumentieren und ggfs. zu verproben. Vor einer Verprobung steht jedoch denknotwendigerweise die Bildung des transaktionsbezogenen Verrechnungspreises. Auch die gesamten Ausführungen der deutschen Finanzverwaltung hinsichtlich der Plandatenrechnungen zur Ermittlung von Verrechnungspreisen setzen Planungsüberlegungen voraus, die dezidiert darzulegen sind.24 Diese gesamte Systematik würde geradezu ad absurdum geführt, wenn ein einmal nach Grundsätzen des Fremdvergleichs gefundener Preis nachträglich beliebig geändert werden könnte, um ein anderes gewünschtes Ergebnis der beteiligten Unternehmen zu erzielen. Aus diesem Grund kann m.E. Art. 9 OECD-MA durchaus so ausgelegt werden, dass er immanent auch die Vereinbarung der Fremdüblichkeit dem Grunde nach beinhaltet. Um auf die Lösung des oben dargestellten Beispielsfalles zurückzukommen, halte ich es für die Zeiträume ab dem 15.12.2010 durchaus für fremdvergleichsüblich Preisanpassungen vorzunehmen, sofern sie nach einer Standardmethode ermittelt worden sind. Eine nachträgliche Anpassung der Preise halte ich für fremdvergleichsunüblich und daher nach nationalen wie auch nach OECD-Grundsätzen für korrigierbar.
21 Vgl. Ditz/Haverkamp, Ubg 2019, 101. 22 BMF-Schreiben v. 12.4.2005 – IV B 4-S 1341-1/05, Tz. 3.3.2., BStBl. I 2005, 570. 23 § 90 Abs.3 AO, Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung. 24 Vgl. 3.4.12.6 BMF-Schreiben v. 12.4.2005 — IV B 4-S 1341-1/05, Tz. 3.3.2., BStBl. I 2005, 570.
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II. Teilwertabschreibungen auf Darlehen an ausländische Tochtergesellschaften 1. Einführung Eine ähnliche Diskussion wie die oben dargestellte hat sich durch zwei BFH-Urteile25 ergeben, die zu einer außerbilanziellen Korrektur einer Teilwertabschreibung nach § 1 AStG ergangen sind. In dieser Rechtsprechung hat der BFH die Norm des § 1 AStG letztlich ungeprüft gelassen, da er von einer Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA ausging. Die Prüfung der nationalen Norm des § 1 AStG erübrige sich bei dieser Rechtsauffassung. Seit der Unternehmenssteuerreform 2001 hat sich die Frage der Berücksichtigung von Aufwendungen auf ein Darlehen eines Gesellschafters an seine Gesellschaft zu einem Dauerproblem mit unterschiedlichen Lösungen für unterschiedliche Rechtsformen des Gesellschafters entwickelt. Letztlich haben diese Probleme ihren Ursprung in der Abgrenzung von Eigenkapital und Fremdkapital. Während Aufwand auf Beteiligungen ab 2001 Abzugsbeschränkungen durch § 8b Abs.3 KStG bzw. § 3c Abs.2 EStG unterliegt, gilt dies für vom Gesellschafter gegebenes Fremdkapital grundsätzlich nicht.26 Die sich daraus ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten sind letztlich durch die Regelungen des § 8b Abs.3 Sätze 4-8 KStG (ab 2008) für Körperschaften und § 3c Abs.2 Satz 2 EStG (ab 2015) für natürliche Personen und Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Gesellschaftern geregelt worden. Hiernach sind Aufwendungen auf Gesellschafterdarlehen, die nicht dem Fremdvergleich entsprechen, außerbilanziell zu korrigieren. Bei Körperschaften in voller Höhe und bei natürlichen Personen und Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Ge sellschaftern zu 60 %. Im Folgenden möchte ich vorrangig die Rechtslage zu Darlehen an ausländische Tochtergesellschaften und ihre außerbilanzielle Korrektur nach § 1 AStG sowie die sog. Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA in diesen Fällen beleuchten. Eine Auswirkung der Rechtsprechung und der gesamten Problematik ergibt sich somit bei Körperschaften für Zeiträume bis 2008 und für natürliche Personen bzw. Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Gesellschaftern für alle noch nicht bestandskräftigen Fälle und für die Zukunft. Dies ergibt sich daraus, dass eine eventuell nach § 1 AStG durchzuführende Korrektur sich auf den gesamten Darlehensbetrag bezieht, während die Regelung des 3c Abs. 2 EStG lediglich 60% des Darlehensbetrages korrigiert. 2. Darlehen an Tochterkapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland Wird das Darlehen an eine ausländische Kapitalgesellschaft ausgereicht, so hat die Finanzverwaltung durch das BMF-Schreiben vom 29.3.201127 einen eigenen Lösungsweg vorgesehen. 25 BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BStBl. II 2016, 261; BFH v. 24.6.2015 – I R 29/14, BStBl. II 2016, 258. 26 Gosch, KStG, § 8b Rz. 278b ff.; Schmidt/Levedag, EStG, § 3c Rz. 14 ff. 27 BMF-Schreiben v. 29.3.2011 – IV B 5- S 1341/09/10004, BStBl. I 2011, 277.
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Die Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA
Im Verhältnis zum Ausland kommt nach Auffassung des BMF zusätzlich zur oben dargestellten Rechtslage noch die Vorschrift des § 1 AStG hinzu. § 1 AStG soll hier insoweit Auswirkung haben, als nicht nur die Vergütung für das Darlehen (Zinsen) fremdüblich sein muss, sondern auch die sonstigen Umstände der Darlehensgewährung. Dies ist insoweit beachtlich, da außer dem FG Münster28 bislang weder die Literatur noch das BMF selbst in vielen Stellungnahmen seit Einführung des § 1 AStG in 1972 diese Auffassung – bis zum BMF-Schreiben vom 29.3.201129 – jemals vertreten haben. Das Ziel der Vorschrift war bislang erklärtermaßen die Verhinderung der Einkünfteverlagerung ins Ausland.30 Eine solche findet bei einer Teilwertabschreibung im Inland jedoch gar nicht statt. Der ausländische Gewinn bleibt unverändert, da die Verbindlichkeit gegenüber der inländischen Muttergesellschaft weiterhin bestehen bleibt. Es handelt sich somit nicht um ein Verrechnungspreisproblem der Gewinnverlagerung, sondern um ein rein nationales Problem der Einkommensermittlung. Wesentliche Stimmen in der Literatur vertreten daher die Auffassung, dass § 1 AStG nach Sinn und Zweck der Vorschrift teleologisch zu reduzieren sei und auf die Teilwertabschreibung keine Anwendung finde.31 a) BFH-Urteil vom 17.12.2014 Der BFH32 hat im Rahmen der Revision zu einem Urteil des FG Berlin-Brandenburg33 überraschenderweise eine Lösung für das Problem gefunden, die keiner der Kommentatoren, die das BMF-Schreiben besprochen haben, noch die Vorinstanz überhaupt geprüft haben. Nach Meinung des BFH kann es dahin gestellt bleiben, ob die Teilwertabschreibung nationalrechtlich nach § 1 AStG hinzugerechnet werden kann, da die Wirkung des § 1 AStG durch Art. 9 OECD-MA bzw. Art. 9 DBA USA begrenzt wird. Nach Meinung des BFH sind nach Art. 9 OECD-MA nur Korrekturen von Verrechnungspreisen der Höhe nach zulässig. Eine Korrektur dem Grunde nach scheidet nach Meinung des BFH aus. Er verweist insoweit auf seine Rechtsprechung zu den sog. formalen vGA (vgl. oben34). Der BFH begründet seine Ausführungen im Kern wie folgt: „Auch wenn Art. 9 Abs. 1 DBA-USA 1989 Korrekturmöglichkeiten des Anwenderstaats nicht schafft, so „sperrt” die Vorschrift des Art. 9 Abs.1 DBA-USA 1989 für ihren Anwendungsbereich doch weiter gehende, innerstaatlich zulässige Korrekturmöglichkeiten jenes Staats. Nur so - durch einen einheitlichen und verbindlichen Beurteilungsmaßstab für beide Vertragsstaa28 FG Münster v. 22.2.2008 – 9 K 509/07 K, F, EFG 2008, 923. 29 Vgl. Fn. 27. 30 BT-Drs. VI/2883. 31 Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 Rn. 231; Becker, DStR 2009, 1797; Ditz/Tcherveniachki, IStR 2009, 711. 32 BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BStBl. II 2016, 261. 33 FG Berlin Brandenburg v. 30.1.2013 – 12 K 12056/12, EFG 2013, 1560. 34 BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046.
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Dieter Grümmer ten - lässt sich erreichen, dass die beanstandeten Preise und Preisbestandteile in den einzelnen Staaten nicht doppelt erfasst werden.“
Im Weiteren führt er dazu noch aus: „Diese Vergleichsmaßstäbe sind - schon um mangels einer entsprechenden Gegenkorrektur andernfalls drohenden doppelten Besteuerungen sowohl in dem einen wie in dem anderen Vertragsstaat vorzubeugen - einem abkommenseigenen und damit einheitlichen Begriffsverständnis unterworfen, der innerstaatlichen Modifikationen des Fremdvergleichsbegriffs ex ante entgegensteht. Auf die Gründe des Urteils35, an dem der Senat festhält, wird im Einzelnen, um Wiederholungen auszuschließen, Bezug genommen.“
War schon das Urteil vom 11.10.2012 (vgl. oben) aus meiner Sicht sehr fragwürdig in seiner Allgemeinheit, so lässt sich m.E. konstatieren, dass der BFH in der einfachen – wie überraschenden – Ausweitung dieses Urteils auf den Tatbestand der Teilwertabschreibung m.E. fehl geht. Der BFH hat völlig zutreffend die Funktion des Art. 9 OECD-MA dargestellt, der einem abkommenseigenen und damit einheitlichen Begriffsverständnis unterliegt. Dieses Begriffsverständnis resultiert aus der Tatsache, dass es Aufgabe eines DBA ist Doppelbesteuerung zu vermeiden. Aus diesem Grund definiert auch Art. 9 OECDMA und nahezu jedes abgeschlossene deutsche DBA den Begriff des Fremdvergleichs einheitlich und in gleichem Verständnis der beiden Vertragsparteien (vgl. Ausführungen unter I.). Das Problem ist ausschließlich, dass im vorliegenden Fall der Teilwertabschreibung überhaupt kein grenzüberschreitender Sachverhalt i.S.d. Art. 9 OECD-MA vorliegt. Im zu entscheidenden Fall ging es um die außerbilanzielle Hinzurechnung einer rein nationalen Wirkung erzeugenden Teilwertabschreibung und nicht um ein Verrechnungspreisproblem. Der Gewinn der US-Tochtergesellschaft ist in keiner Weise geändert worden, da die Tochtergesellschaft die Verbindlichkeit passiviert und dies bis zur Rückzahlung der Verbindlichkeit oder zum Erlass derselben auch weiterhin tun wird. Diese Tatsache zeigt, dass die Idee der Anwendung der Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA auf die innerstaatliche Korrektur einer Teilwertabschreibung seitens des BFH am Thema vorbeigeht. Erwägenswert wäre eine teleologische Auslegung des § 1 AStG im Sinne der herrschenden Literaturmeinung gewesen,36 diese hat der BFH aber ausdrücklich nicht vorgenommen. Der BFH hat seine dargestellte Rechtsprechung im Ergebnis mit dem Urteil vom 24.6.201537 bestätigt.
35 Gemeint ist das Urteil v. 11.10.2012; Anm. des Verfassers. 36 Vgl. Fn. 21. 37 BFH v. 24.6.2015 – I R 29/14, BStBl.II 2016, 258.
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Die Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA
In der Literatur38 wird in Auslegung des BFH-Urteils bereits gefordert, dass Art. 9 OECD-MA so auszulegen sei, dass er auch eine Schrankenwirkung gegen die Vorschrift des § 8b Abs.3 Sätze 4-8 KStG entfalte. Diese Auffassung ist aus dem gleichen Grund abzulehnen. Die außerbilanzielle Hinzurechnung eines Darlehensaufwandes aus einem o.g. schädlichen Gesellschafterdarlehen ist keine Frage des zutreffenden Verrechnungspreises der beteiligten Gesellschaften. b) BMF-Schreiben vom 30.3.2016 Das BMF39 hat auf die dargestellte Rechtsprechung mit einem sog. „Nichtanwendungserlass“ reagiert und die Finanzverwaltung angewiesen die betreffenden Urteile über den Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Über die dargestellten Argumente hi naus, begründet das BMF seine Auffassung mit einem der Vorschrift des § 1 AStG immanenten Anwendungsvorrang vor anderen Gesetzen. Hierzu zählen nach Meinung des BMF auch die DBA, sog. treaty override40. Aufgrund des sog. „Nichtanwendungserlasses“ hat der BFH in einer Vielzahl von anhängigen Verfahren41 erneut die Möglichkeit über die Rechtsfrage zu entscheiden. c) BFH-Urteil vom 27.2.2019 Für große Teile der Verwaltung und auch der Beraterschaft überraschend, hat der BFH mit dem Urteil vom 27.2.201942 seine Rechtsprechung wieder geändert und die sog. Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA für Fälle der Substanzberichtigung (Teilwertabschreibung und Forderungsverzicht ggf. unter Besserungsabrede) aufgegeben. In den Fällen der sog. „formellen“ vGA (vgl. oben) hat er sie ausdrücklich bestätigt. Die Finanzverwaltung hatte aufgrund des oben beschriebenen sog. „Nichtanwendungserlasses“ mehrere erneute Verfahren vor dem BFH produziert, um die Rechtsauffassung aus den Urteilen vom 17.12.2014 und vom 24.6.2015 überprüfen zu lassen. Nach der geänderten Rechtsprechung sind die folgenden neuen Grundsätze aufstellbar: 1. In Fällen der Kapitalgewährung eines inländischen Gesellschafters an seine ausländische Tochtergesellschaft ist vorrangig zu klären, ob es sich um ein Darlehen oder um eine verdeckte Einlage handelt. Ist die Darlehensrückzahlung nicht ernstlich beabsichtigt, ist nicht von einem Darlehen, sondern von einer verdeckten Einlage 38 Schnorberger/Lankgau, IStR 2015, 242 ff.; Steiner/Ullmann, FR 2018, 1065; Berner, ISR 2015, 254; a.A. Gosch, BFH/PR 2015, 173. 39 BMF-Schreiben v. 30.3.2016 – IV B 5-S 1341/11/10004-07, BStBl. I 2016, 455. 40 Hierzu ablehnend Ditz/Haverkamp, Ubg 2019, 101. 41 Az. BFH: I R 73/16; I R 5/17; I R 32/17; I R 54/17; I R 51/17; I R 72/17; I R 14/18. 42 BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, BB 2019, 1327.
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Dieter Grümmer
auszugehen. Diese Würdigung hat nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Würdigung aller indiziellen Sachverhaltsmerkmale zu erfolgen. Die Nichtbesicherung eines Gesellschafterdarlehens ist für sich alleine kein Grund von einer verdeckten Einlage auszugehen, auch wenn fremde Dritte ein solches Darlehen nicht vereinbaren würden. Maßgebliche weitere Kriterien sind z.B. berechtigte Ertragserwartungen des Kreditnehmers, Einfluss des Kreditgebers auf dessen Geschäftstätigkeit oder die grundsätzliche Bereitschaft, die kreditnehmende Gesellschaft im Geschäftsverkehr nach außen zu stützen. Dies ist im Einzelfall zu klären. 2. Der sog. Konzernrückhalt bedingt keine Einstandsverpflichtung des Gesellschafters für Schulden der Gesellschaft in Form eines aktiven Tuns, sondern ist lediglich ein sog. passiver Effekt. Die Forderung ist grundsätzlich unabhängig davon zu bewerten, ob ein sog. Konzernrückhalt besteht oder nicht. Die Forderung ist somit einer Teilwertabschreibung zugänglich und im Verzichtsfall liegt eine Einlage nur in Höhe des werthaltigen Teils der Forderung vor. 3. Eine Korrektur nach § 1 AStG ist möglich, da die fehlende Sicherheit eine fremdunübliche Bedingung ist und auch zum Aufwand (durch, Zitat § 1 AStG) geführt hat. 4. Keine Schrankenwirkung mehr durch Art. 9 OECD-MA, da die fehlende Sicherheit eine fremdunübliche Bedingung ist, die unter Art. 9 OECD-MA zu subsumieren ist. Diese neue Rechtsprechung kann in ihrer Wirkung gar nicht überschätzt werden, da sie nicht nur auf den „Spezialfall“ Aufwand auf ein Gesellschafterdarlehen an eine ausländische Kapitalgesellschaft Anwendung findet, sondern auch noch auf andere Problembereiche Auswirkungen haben wird. Hier wäre die Frage der Verzinsung einer konzerninternen Forderung oder die Frage der Einlage/Darlehen auch im Inland zu problematisieren.
III. Fazit Die Frage der sog. Schrankenwirkung des Art. 9 OECD-MA und damit vom Verhältnis dieser DBA Regelung zum nationalen Recht der innerstaatlichen Gewinnkorrekturvorschriften hört sich nach einer sehr rechtstheoretischen Frage an. Ihre praktische Wirkung auf die Prüfung von Geschäftsbeziehungen im internationalen Bereich ist jedoch kaum zu überschätzen. Letztlich wird diese seit mehr als 10 Jahre schwelende Rechtsfrage durch die erneute Entscheidung des BFH mutmaßlich eine neue Dynamik erhalten. Somit kann ich meine Ausführungen mit dem bei Verrechnungspreisdiskussionen – insbesondere mit dem Jubilar – fast schon üblichen Satz beenden: Es bleibt spannend.
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Michael Hendricks
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Die Qual der Wahl – Bestimmung des richtigen Rechtsbehelfs zur Abwehr einer eingetretenen internationalen Doppelbesteuerung
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Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Beispielsfall I II. Instrumente im Überblick 1. Beschreitung des nationalen Rechtswegs (Einspruch und Klage) 2. Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens a) Antrag nach EU-Schiedskonvention b) Antrag nach Art. 25 DBA-D/AUT c) Verhältnis der EU-Schiedskonvention zu Art. 25 DBA-D/AUT IV. Abwägung zwischen den einzelnen Instrumenten und ihr konkreter Einsatz 1. Beschreitung des nationalen Rechtswegs als das vorliegend am besten geeignete Instrument
2. Paralleler Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens a) Geringes Unterliegensrisiko im nationalen Rechtsbehelfsverfahren b) Vorsorglicher Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verstän digungsverfahrens c) Ruhen des zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens d) Parallele Verfahren nach EU- Schiedskonvention sowie nach Art. 25 DBA-D/AUT? 3. Ergebnis der Analyse V. Schlussbetrachtung
I. Einleitung Bereits bei meinem ersten Kontakt zu ihm habe ich Hubertus Baumhoff als leidenschaftlichen Kämpfer für die Interessen seiner Mandanten kennengelernt. Durch fachlich kluge Argumente und einen entschlossenen Auftritt war er regelmäßig in der Lage, bereits vor Einleitung eines Rechtsbehelfsverfahrens eine für den Mandanten sachgerechte Lösung zu erreichen. Soweit Rechtsbehelfsverfahren jedoch unausweichlich erschienen, die auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht eine besondere Herausforderung darstellten, hat er häufig auf meine Expertise vertraut. So konnten wir gemeinsam einige sehr schöne Erfolge feiern. Mit diesem Beitrag möchte ich mich bei Hubertus Baumhoff für das mir von Anfang an entgegengebrachte große Vertrauen bedanken. Vor etwas mehr als 10 Jahren trat Hubertus Baumhoff mit zwei (natürlich internationalen) Sachverhalten an mich heran, in denen es zweckmäßig erschien, im Namen der Mandantschaft Anträge auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens auf Basis der EU‑Schiedskonvention zu stellen. Nach einer kurzen Analyse haben wir in beiden Fällen entsprechende Anträge gestellt. Bei den gemeinsam unterzeichneten Anträgen handelte es sich um meine ersten beiden Anträge, die ich auf Basis dieser Rechts121
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grundlage verfasst und auf den Weg gebracht habe. Nicht zuletzt mit Rücksicht auf die hier gesammelten positiven Erfahrungen – in beiden Fällen wurde die gerügte Doppelbesteuerung bereits innerhalb von ca. 18 Monaten nach Antragstellung beseitigt – folgten diverse Anträge für weitere Mandanten. Der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens auf Basis der EU‑Schiedskonvention ist allerdings nicht immer das Instrument der ersten Wahl. In aller Regel kommt einerseits auch ein Antrag auf ein Verständigungsverfahren auf Grundlage der Verständigungsklausel des jeweils einschlägigen DBA1 oder andererseits ein nationales Rechtsbehelfsverfahren (in Deutschland also ein Einspruchsverfahren gefolgt von einem finanzgerichtlichen Klageverfahren) in Betracht. Die Entscheidung, welches Instrument dem Mandanten empfohlen wird, treffen einige Berufskollegen nach meinem Eindruck nicht auf Basis einer eingehenden rationalen Analyse; vielmehr werden häufig lediglich jene Instrumente empfohlen, von denen der jeweilige Berater üblicherweise und auf Basis des eigenen Erfahrungshorizontes Gebrauch macht. So blenden einige auf nationale Verfahren spezialisierte Kollegen die internationalen Instrumente im Rahmen ihrer Beratung zu Unrecht aus. Diese Handhabe führt auch heutzutage noch dazu, dass viele Steuerpflichtige von den ihnen auf internationaler Ebene zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfen entweder gar keine Kenntnis haben oder sie jedenfalls nicht als einen ernsthaft in Betracht zu ziehenden erfolgsgeeigneten Rechtsbehelf ansehen. Im vorliegenden Beitrag soll an Hand eines (stark abgewandelten) Beispielsfalls aus der Praxis aufgezeigt werden, welche Überlegungen im Interesse der Mandantschaft angestellt werden können und sollten.
II. Beispielsfall2 Die B&B-Gruppe produziert und vertreibt Damenoberbekleidung. Durch das angesehene Verkaufslabel „B&B“ ist die Gruppe in der Lage, ihre Produkte im Hochpreissegment zu vertreiben. Die deutsche Konzernmutter (die B&B-AG) ist weltweit Inhaberin der Marke B&B. Im Rahmen der laufenden Außenprüfung der Jahre 2011 bis 2013 führt die Beziehung zur 100-prozentigen Tochtervertriebsgesellschaft mit Sitz in Österreich, der B&B GmbH, zur Diskussion über ein potenzielles Mehrergebnis.
1 Die meisten Verständigungsklauseln in den von Deutschland abgeschlossenen DBA entsprechen in Aufbau und Inhalt Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 OECD-MA, vgl. Lehner in Vogel/ Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. 25 Rz. 54, 126. 2 Der Fall ist inspiriert durch BFH v. 9.8.2000 – I R 12/99, BStBl. II 2001, 140 sowie durch BFH v. 21.1.2016 – I R 22/14, BStBl. II 2017, 336 und durch einzelne Sachverhaltselemente, die auf einem bereits abgeschlossenen Mandat basieren.
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Rechtsbehelfe bei internationaler Doppelbesteuerung
Bereits im Rahmen der Gründung dieser österreichischen Vertriebsgesellschaft hat die B&B-AG der B&B GmbH durch einen Lizenzvertrag das Recht eingeräumt, die Marke B&B auf den von ihr vertriebenen Produkten anzubringen. Die Lizenzgebühr hierfür beträgt 1,5 Prozent des Umsatzes. Diesen Betrag hält auch der deutsche Betriebsprüfer für angemessen. Der deutsche Betriebsprüfer beabsichtigt jedoch, das Einkommen der B&B-AG nach § 1 AStG zu erhöhen, da der B&B GmbH neben dieser Markennutzung im Rahmen der Gründung gesellschaftsvertraglich auch das Recht eingeräumt wurde, den Namen „B&B“ als Firmennamen zu nutzen und auf Geschäftspapieren und Fahrzeugen zu verwenden. Hierfür sei zu Unrecht kein gesondertes Entgelt vereinbart worden.
Deutschland Österreich
B&B-AG
Lizenz auch für Namensnutzung?
B&B-GmbH
Die Bevollmächtigten der B&B-GmbH verweisen – in materieller Hinsicht zu Recht – darauf, dass die BP-Auffassung der Rechtsprechung des BFH vom 9.8.20003 sowie vom 21.1.20164 widerspreche. Zudem verweisen die Bevollmächtigten auf Tz. 6.3.2 des BMF‑Schreibens vom 23.2.1983.5 Der Betriebsprüfer lässt sich jedoch nicht überzeugen. Nach Ausfertigung seines Prüfungsberichts erlässt die zuständige deutsche Festsetzungsbehörde geänderte Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2011 bis 2013. Schon parallel zur laufenden Außenprüfung in Deutschland hatten die österreichischen Finanzbehörden signalisiert, dass eine österreichische Gegenberichtigung zur Einkommenserhöhung in Deutschland abgelehnt werden wird. Der Vorstand der B&B AG möchte nun darüber informiert werden, welche Möglichkeiten die Gesellschaft hat, auf die Steuerbescheide zu reagieren. Sollten mehrere Möglichkeiten bestehen, möchte der Vorstand wissen, welche Option vorzugswürdig ist.
3 BFH v. 9.8.2000 – I R 12/99, BStBl. II 2001, 140. 4 BFH v. 21.1.2016 – I R 22/14, BStBl. II 2017, 336. 5 BMF, Schreiben v. 23.2.1983 – IV C 5-S 1341-4/83, BStBl. I 1983, 218, Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze).
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Michael Hendricks
III. Instrumente im Überblick 1. Beschreitung des nationalen Rechtswegs (Einspruch und Klage) Natürlich hat die B&B AG zunächst einmal die Möglichkeit, das betriebsprüfungsbedingte Mehrergebnis „klassisch“ zu bekämpfen und insofern den nationalen Rechtsweg zu beschreiten. Im vorliegenden Fall hieße dies, gegen die Bescheide Einspruch einzulegen und im Falle der Erfolglosigkeit des Einspruchs Klage vor dem Finanzgericht zu erheben. Mit Rücksicht auf die vorgehend zitierte gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung6 sind die Erfolgsaussichten dieser Option als günstig zu bezeichnen. Sollte sich die Finanzverwaltung nicht schon auf der Ebene des Einspruchsverfahrens aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehalten sehen, einen Abhilfebescheid zu erlassen, wäre damit zu rechnen, dass sich das zuständige Finanzgericht der Rechtsprechung des BFH anschließt. 2. Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens Daneben besteht im Streitfall die Möglichkeit, ein zwischenstaatliches Verständigungsverfahren zu beantragen, um die (eingetretene) Doppelbesteuerung zu beseitigen. Vorliegend kommen insofern gleich zwei Rechtsgrundlagen für einen solchen Antrag in Betracht. a) Antrag nach EU-Schiedskonvention Denkbar ist zunächst ein Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens auf Basis der EU-Schiedskonvention7. Sowohl der sachliche als auch der persönliche Anwendungsbereich der Konvention ist eröffnet. In der Sache geht es vorliegend um die ertragsteuerliche Abgrenzung von Unternehmensgewinnen (Art. 1 Abs. 1 EU‑Schiedskonvention) zwischen verbundenen Unternehmen (Art. 4 Abs. 1 EU‑Schiedskonvention) in Österreich und Deutschland, also in zwei EU-Mitgliedstaaten (Art. 1 Abs. 1 EU-Schiedskonvention). Voraussetzung ist, dass durch die Nichtbeachtung eines der 6 BFH v. 9.8.2000 – I R 12/99, BStBl. II 2001, 140; BFH v. 21.1.2016 – I R 22/14, BStBl. II 2017, 336; aus der Literatur etwa Baumhoff/Kluge, Ubg 2016, 338; Holinski/Schwarz/Stein, Der Konzern 2016, 316; Lappe/Heidecke/Feikus, IStR 2017, 376; Schmitt, IStR 2017, 311; Rasch/ Mank, ISR 2018, 73 sowie Greinert in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 2438. 7 Übereinkommen Nr. 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen, ABl. EG 1990 Nr. L 225, 20 ff. sowie BGBl. 1993 II S. 1308, BStBl. 1993 I S. 818 und BGBl. 1995 II S. 84, BStBl. 1995 I S. 166. Die Konvention wird auch häufig als „EU-Schiedsverfahrenskonvention“ bezeichnet. Hierbei handelt es sich um ein auf Art. 273 AUEV (ex-Art. 293 EG-Vertrag) gestütztes multilaterales völkerrechtliches Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten der EU. Es hat in der Praxis mittlerweile recht große Bedeutung erlangt. Ausführlich zu dieser Rechtsgrundlage Lehner in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl. 2015, Art. 25 Rz. 268 sowie Hendricks in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international tätiger Unternehmen, 1. Aufl., Köln 2014, Rz. 10.30 ff.
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Rechtsbehelfe bei internationaler Doppelbesteuerung
in Art. 4 EU-Schiedskonvention niedergelegten Grundsätze eine Doppelbesteuerung verursacht wird und dass der Antrag innerhalb von drei Jahren nach der ersten Mitteilung der Maßnahme, die eine Doppelbesteuerung im Sinne von Art. 1 EU-Schiedskonvention herbeiführt oder herbeiführen könnte, unterbreitet wird (Art. 6 Abs. 1 EU-Schiedskonvention). Ein Antrag nach dieser Rechtsgrundlage wäre also im Grundsatz möglich, es sei denn man bejaht – unzutreffend (vgl. III. 2. c)) – einen Vorrang der ebenfalls einschlägigen Verständigungsklausel des deutsch-österreichischen Doppelbesteuerungsabkommens (nachfolgend DBA-D/AUT). Hält man also vorliegend – zutreffend – einen Antrag nach der EU-Schiedskonvention für möglich, dann sind die Erfolgsaussichten eines solchen Antrags als gut zu bezeichnen. Denn die EU-Schiedskonvention zielt gerade auf die Beseitigung einer eingetretenen wirtschaftlichen Doppelbesteuerung ab. Wie bei den Verständigungsverfahren auf Basis von Doppelbesteuerungsabkommen (vgl. III. 2. b)) zielt auch das Verständigungsverfahren nach der EU-Schiedskonvention darauf ab, durch zwischenstaatliche Verständigung die gerügte Doppelbesteuerung i.S.d. Art. 1 und Art. 4 EU-Schiedskonvention zu beseitigen (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 EU-Schiedskonvention), ist aber sachlich auch hierauf begrenzt.8 In diesem Sinne wird die Doppelbesteuerung als beseitigt betrachtet, wenn die Gewinne nur in einem Staat zur Besteuerung heran gezogen werden oder die in einem Staat auf diese Gewinne zu erhebende Steuer um den Betrag verringert wird, der dem Betrag der Steuer entspricht, die in dem anderen Staat auf sie zu erheben ist (Art. 14 EU-Schiedskonvention).9 Wenn das Verständigungsverfahren nicht innerhalb von zwei Jahren zu einer einvernehmlichen Beseitigung der Doppelbesteuerung geführt hat, sind die betroffenen Staaten nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EU-Schiedskonvention völkerrechtlich verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, ein internationales Schiedsverfahren einzuleiten, bei dem ein unabhängiger Beratender Ausschuss als Schiedsgericht („advisory commission“) den Fall beurteilt und auf diesem Wege die gerügte Doppelbesteuerung beseitigt wird. Vereinbaren die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten nicht innerhalb einer an die Abgabe des Schiedsspruchs des Beratenden Ausschusses anschließenden Frist von sechs Monaten eine davon abweichende Lösung (Art. 12 Abs. 1 Satz 2 EU-Schiedskonvention), wird das Schiedsergebnis als verbindlich behandelt (Art. 12 Abs. 1 Satz 3 EU-Schiedskonvention). Es wäre nur dann nicht nach § 175a AO in nationales Recht umzusetzen, wenn der Steuerpflichtige sich gegen eine Annahme aussprechen würde (sog. Vetorecht).10 Die EU-Schiedskonvention hat sich in der Praxis nachhaltig bewährt. Sie hat sich bewährt, obwohl das eigentliche Schiedsverfahren nur ganz selten eingeleitet wird. 8 Vgl. Strotkemper, Spannungsverhältnis zwischen Schiedsverfahren und einem internationalen Steuergerichtshof, 2017, S. 226 f. 9 Hierzu im Einzelnen Krabbe in Wassermeyer, DBA, Art 14 EU-SchÜ Rz. 3 ff. 10 Vgl. BMF, Merkblatt v. 9.10.2018 – IV B 2-S 1304/17/10001, BStBl. I 2018, 1122, dort Tz. 4.2. Zum Erfordernis der Zustimmung des Steuerpflichtigen siehe auch Strotkemper, Spannungsverhältnis zwischen Schiedsverfahren und einem internationalen Steuergerichtshof, 2017, S. 291.
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Michael Hendricks
Schon die Existenz des obligatorischen Schiedsverfahrens erhöht de facto die Bereitschaft der Vertreter der involvierten Vertragsstaaten, bereits im vorgeschalteten Verständigungsverfahren eine sachgerechte Lösung zur Bereinigung der gerügten Doppelbesteuerung zu erreichen.11 Um die Sache nicht vor der „advisory commission“ verhandeln zu müssen – und damit die Sachentscheidung letztendlich aus der Hand zu geben – beseitigen die Staaten im Regelfall spätestens im Rahmen des zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens recht schnell die gerügte Doppelbesteuerung.12 In allen mit dem Jubilar gemeinsam unterzeichneten Anträgen auf Basis der EU- Schiedskonvention konnte die nötige zwischenstaatliche Verständigung bereits deutlich vor Ablauf der Zwei-Jahres-Frist erzielt werden.13 Auch im oben gebildeten Beispielsfall sollte ein entsprechender Antrag von Erfolg gekrönt sein. Selbst wenn das Verständigungsverfahren wider Erwarten ohne Erfolg bleibt, wird die eingetretene Doppelbesteuerung jedenfalls durch die Einleitung des (obligatorischen) Schiedsverfahrens beseitigt werden. b) Antrag nach Art. 25 DBA-D/AUT Ein Blick in den Text des einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommens zeigt, dass vorliegend auch ein Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens nach Art. 25 DBA-D/AUT gestellt werden kann. Nach Art. 25 Abs. 1 DBA-D/AUT ist ein solcher Antrag statthaft, soweit die abkommensberechtigte Person geltend machen kann, dass Besteuerungsmaßnahmen eines Vertragsstaats oder beider Vertragsstaaten für sie zu einer Besteuerung geführt haben oder führen werden, die dem einschlägigen DBA nicht entspricht. Da die B&B-AG eine eigene abkommenswidrige Besteuerung in Form der Verletzung von Art. 9 DBA-D/AUT rügen kann,14 liegen die Antragsvoraussetzungen vorliegend also ebenfalls vor. Es ist auch durchaus wahrscheinlich, dass infolge eines entsprechenden Antrags die eingetretene Doppelbesteuerung beseitigt werden wird. Denn das deutsch-österreichische Doppelbesteuerungsabkommen verfügt wie eine zunehmende Anzahl anderer von Deutschland abgeschlossener Doppelbesteuerungsabkommen15 über eine obliga11 Zu der vom Verständigungsverfahren ausgehenden Ankurbelungswirkung siehe etwa Strotkemper, Spannungsverhältnis zwischen Schiedsverfahren und einem internationalen Steuergerichtshof, 2017, S. 315, 320. 12 Vgl. nur Hendricks in Schaumburg/Hendricks, Steuerrechtschutz, 4. Aufl. 2018, Rz. 8.105. 13 Bei Anträgen aus der jüngeren Zeit kommt es hingegen häufiger zu einem Überschreiten der Zwei-Jahres-Frist. Insoweit verweisen die zuständigen Referenten des BZSt auf eine immer noch zu knappe Personalausstattung und eine damit verbundene Arbeitsüberlastung. 14 Die geänderte BFH-Rechtsprechung zur (fehlenden) Sperrwirkung von Art. 9 DBA (vgl. BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, FR 2019, 526) betrifft nur die innerstaatliche Wirkung der Abkommensnorm und lässt die zwischenstaatliche Bindungswirkung unberührt (zur innerstaatlichen Bedeutung vgl. insbesondere Wacker, FR 2019, 449 ff.). 15 Strotkemper, Spannungsverhältnis zwischen Schiedsverfahren und einem internationalen Steuergerichtshof, 2017, S. 154 ff., die die einzelnen deutschen verbindlichen Schiedsklauseln in Klauseln i.S.d. Art. 25 Abs. 5 OECD-Musterabkommen und jene amerikanischen Vorbildes kategorisiert und auf ihren obligatorischen Charakter hin analysiert.
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Rechtsbehelfe bei internationaler Doppelbesteuerung
torische Schiedsklausel, nach der im Falle eines über längere Zeit erfolglosen Verständigungsverfahrens ein Schiedsgericht angerufen werden kann. Konkret sieht Art. 25 Abs. 5 DBA-D/AUT die Anrufung des EuGH vor, wenn die gerügte Doppelbesteuerung nicht innerhalb einer Frist von drei Jahren nach Verfahrenseinleitung im Verständigungswege beseitigt werden konnte.16 Der EuGH entscheidet in diesen Fällen außerhalb seiner originären unionsrechtlichen Rechtsprechungsaufgaben auf Grundlage von Art. 273 AEUV.17 Wie bei Verfahren nach der EU-Schiedskonvention wirkt sich die Existenz des obligatorischen Schiedsverfahrens positiv auf die Einigungsbereitschaft der involvierten Vertragsstaaten aus. Um die Sachentscheidung nicht aus der Hand geben zu müssen, beseitigen die Staaten auch hier im Regelfall schon im Rahmen des zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens recht schnell die gerügte Doppelbesteuerung. Folglich ist es auch im gebildeten Beispielsfall wahrscheinlich, dass die eingetretene Doppelbesteuerung durch einen Antrag auf Durchführung eines Verständigungsverfahrens nach Art. 25 Abs. 1 und Abs. 2 DBA-D/AUT beseitigt werden kann. Bleibt das Verständigungsverfahren ohne Erfolg, wird die eingetretene Doppelbesteuerung jedenfalls durch die Einleitung des (obligatorischen) Schiedsverfahrens beseitigt werden. Obwohl Schiedsverfahren auch auf dieser Grundlage im Normalfall die Ausnahme bleiben, ist der EuGH in der jüngeren Vergangenheit schon einmal als Schiedsgericht angerufen worden und hat damit einen seit Jahren zwischen Deutschland und Österreich anhängigen Doppelbesteuerungskonflikt gelöst.18 c) Verhältnis der EU-Schiedskonvention zu Art. 25 DBA-D/AUT Da sowohl die EU-Schiedskonvention als auch die Verständigungsklauseln in Doppelbesteuerungsabkommen wie vorgehend dargestellt sehr ähnliche (aber im Detail doch abweichende) zwischenstaatliche Verfahren zur Bereinigung entstandener Besteuerungskonflikte normieren, drängt sich die Frage auf, in welchem Verhältnis beide Rechtsgrundlagen zueinander stehen. Man könnte auf die Idee kommen, dass die EU-Schiedskonvention kraft eines europarechtlichen Anwendungsvorrangs die in nationales Recht transformierten Doppelbesteuerungsabkommen verdrängt. Da es sich bei der Konvention jedoch um ein multilaterales völkerrechtliches Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten der EU und nicht um Unionsrecht im eigentlichen Sin16 Mit dem Einsatz des EuGH als Schiedsgericht kommt dieser Schiedsklausel unter den obligatorischen Schiedsklauseln allerdings eine Sonderrolle zu. Zum Schiedsverfahren nach Art. 25 Abs. 5 DBA-D/AUT vgl. etwa Stefaner in: Wassermeyer, DBA, Art. 25 DBA-Österreich, Rz. 1 ff. 17 Vgl. im Einzelnen Strotkemper, Spannungsverhältnis zwischen Schiedsverfahren und einem internationalen Steuergerichtshof, 2017, S. 317 f. 18 EuGH v. 12.9.2017 – C-648/15 – Österreich/Deutschland, ECLI:EU:C:2017:664, IStR 2017, 866 ff. In diesem Fall stand dem Steuerpflichtigen kein Antrag auf Grundlage der EU-Schiedskonvention zur Disposition, weil es dort in der Sache um keinen Gewinnabgrenzungskonflikt zwischen verbundenen Unternehmen oder einem Stammhaus und seiner Betriebsstätte i.S.d. Art. 1, 4 EU-Schiedskonvention ging, sondern um die Zuweisung des Besteuerungsrechts an einem Genussschein zwischen Deutschland und Österreich nach Art. 11 Abs. 1 oder Abs. 2 DBA-D/AUT. Siehe m.w.N. zu diesem Verfahren und einer Analyse bspw. Lang, SWI 2017, 507 ff.; Strotkemper, IStR 2019, 235 ff.
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Michael Hendricks
ne handelt, wird ein entsprechender Anwendungsvorrang nahezu einhellig zu Recht abgelehnt.19 Vielmehr steht die EU-Schiedskonvention auf derselben Ebene der Normenhierarchie wie Doppelbesteuerungsabkommen.20 Gleichwohl bleibt es bei der Frage, wie das Konkurrenzverhältnis beider Rechtsgrundlagen aufzulösen ist. Vereinzelt wird angenommen, bei der EU-Schiedskon vention handele es sich generell um eine speziellere und damit vorrangige Rechtsgrundlage.21 Andere nehmen an, das Verhältnis der EU-Schiedskonvention zu den Verständigungsklauseln in Doppelbesteuerungsabkommen sei auf Basis der Lex-posterior-Regel zu entscheiden: Die jüngere Regelung verdränge die zuvor in Kraft ge tretene Regelung.22 Die Literatur geht jedoch überwiegend davon aus, dass beide Rechtsgrundlagen nebeneinander anwendbar sind.23 Dies wird zu Recht aus Art. 15 EU-Schiedskonvention gefolgert. Hiernach berührt die Konvention nicht weitergehende Verpflichtungen auf dem Gebiet der Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen.24 Von einem Nebeneinander der Rechtsgrundlagen geht auch die deutsche Finanzverwaltung aus, was es dem Steuerpflichtigen erlaube, das Verfahren entweder nach der einen oder nach der anderen Rechtsgrundlage zu beantragen.25
IV. Abwägung zwischen den einzelnen Instrumenten und ihr konkreter Einsatz Der B&B AG stehen also alle drei ins Auge gefassten Rechtsbehelfe zur Verfügung. Sie kann versuchen, die Doppelbesteuerung im Rahmen eines nationalen Rechtsbehelfsverfahrens abzuwehren, also gegen die Bescheide Einspruch einzulegen und im Falle der Erfolglosigkeit des Einspruchs Klage vor dem Finanzgericht zu erheben. Daneben kann sie sowohl nach der EU-Schiedskonvention als auch nach dem einschlägigen DBA-D/AUT die Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens und anschließend – erforderlichenfalls – auch die Durchführung eines Schiedsverfahrens beantragen. Insoweit stellt sich die Frage, welches der genannten Instrumente 19 So bereits Züger, European Taxation 2000, 101 (104); ebenso z.B. Krabbe in Wassermeyer, DBA, Vor Art 1 EU-SchÜ Rz. 8; Lehner in Vogel/Lehner, DBA, Art. 25 Rz. 306; sowie Kempf/Gelsdorf, IStR 2012, 329 (333 f.); a.A. soweit ersichtlich nur Hinnekens, EC Tax Rev. 1998, 249. 20 So z.B. Drüen, FG Wassermeyer, Nr. 68 Rz. 31 m.w.N. 21 So etwa Baßler, Steuerliche Gewinnabgrenzung im europäischen Binnenmarkt. Baden-Baden 2011, S. 342 f. 22 In diesem Sinne beispielsweise Kempf/Gelsdorf, IStR 2012, 329 (333 f.) [zu den materiell-rechtlichen Vorgaben in Konkretisierung des Fremdvergleichsgrundsatzes]. 23 So etwa Peters/Haverkamp, BB 2011, 1305; Bödefeld/Kuntschik, IStR 2009, 452 f.; Bühl/ Retzer, IWB 2018, 939 (943); Drüen, FG Wassermeyer, Nr. 68 Rz. 31; Krabbe in Wassermeyer, DBA, Art 6 EU-SchÜ Rz. 6; Lehner in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2015, Art. 25 Rz. 306. 24 Hierzu im Einzelnen Krabbe in Wassermeyer, DBA, Art 15 EU-SchÜ Rz. 1 f. 25 Vgl. BMF, Merkblatt v. 9.10.2018 – IV B 2-S 1304/17/10001, BStBl. I 2018, 1122, dort Tz. 2.1 und Tz. 11.1.1.
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Rechtsbehelfe bei internationaler Doppelbesteuerung
unter Berücksichtigung der Besonderheiten des konkreten Einzelfalls vorzugswürdig erscheint. 1. Beschreitung des nationalen Rechtswegs als das vorliegend am besten geeignete Instrument Unter Abwägung der zentralen Entscheidungskriterien erscheint vorliegend die Beschreitung des nationalen Rechtswegs vorzugswürdig. Wie bei den zwischenstaatlichen Verfahren ist auch bei der Beschreitung des nationalen Rechtswegs davon auszugehen, dass die eingetretene Doppelbesteuerung vorliegend erfolgreich abgewehrt werden kann. Hierfür spricht im gebildeten Beispielsfall insbesondere die gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung zur Überlassung von Firmen und Markenrechten.26 Das Ergebnis des nationalen Rechtswegs ist vorliegend also recht sicher prognostizierbar. Die Beschreitung des nationalen Rechtswegs ist vor allem mit Rücksicht auf die zu erwartenden Kosten des Rechtsbehelfs gegenüber zwischenstaatlichen Verfahren vorzugswürdig. Denn während der Steuerpflichtige die ihm im Rahmen der zwischenstaatlichen Verfahren entstehenden Kosten selbst zu tragen hat (Prinzip der Eigentragung)27, steht dem Steuerpflichtigen, der im Rahmen eines finanzgericht lichen Klageverfahrens obsiegt, ein Kostenerstattungsanspruch zu (§ 135 FGO). Bei hohen Streitwerten kommt diesem Kostenerstattungsanspruch erhebliche praktische Bedeutung zu. 2. Paralleler Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens a) Geringes Unterliegensrisiko im nationalen Rechtsbehelfsverfahren Dass der BFH auch eine gefestigte Rechtsprechung aufgeben kann, wurde unlängst am Beispiel der Rechtsprechung zur Sperrwirkung der Klausel zu verbundenen Unternehmen (Art. 9 OECD-MA) deutlich.28 Wenn auch für den oben gebildeten Beispielsfall eine Änderung der Rechtsprechung aktuell sehr unwahrscheinlich erscheint, kann eine solche jedoch niemals sicher ausgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig und erfreulich, dass die Verfahren nach EU-Schiedskonvention bzw. Art. 25 DBA-D/AUT insoweit als Auffanginstrument zur Abwehr der eingetretenen Doppelbesteuerung zur Verfügung stehen. Denn mit Rücksicht auf das in beiden Rechtsgrundlagen vorgesehene obligatorische Schiedsverfahren kann die Doppel besteuerung – unabhängig von einer etwaigen Änderung der nationalen Recht sprechung zur Überlassung von Firmen und Markenrechten – durch internationale 26 BFH v. 9.8.2000 – I R 12/99, BStBl. II 2001, 140; BFH v. 21.1.2016 – I R 22/14, BStBl. II 2017, 336; aus der Literatur etwa Baumhoff/Kluge, Ubg 2016, 338; Holinski/Schwarz/Stein, Der Konzern 2016, 316; Lappe/Heidecke/Feikus, IStR 2017, 376; Schmitt, IStR 2017, 311; Rasch/ Mank, ISR 2018, 73. 27 Vgl. nur Hendricks in Schaumburg/Hendricks, Steuerrechtschutz, 4. Aufl. 2018, Rz. 8.101 f. 28 Vgl. BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, FR 2019, 526; hierzu insbesondere Wacker, FR 2019, 449 ff. sowie Breuninger, GmbHR 2019, 729 ff.; Bünning, BB 2019, 1330; Busch, DB 2019, 1236 ff.; Weiss, EStB 2019, 210 ff.
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Michael Hendricks
Verfahren (Verständigungsverfahren, ggf. Schiedsverfahren) rechtssicher abgewehrt werden. b) Vorsorglicher Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens Allerdings sollte ein auf die EU-Schiedskonvention bzw. Art. 25 DBA-D/AUT gestützter Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens nicht erst nach erfolglosem Abschluss des nationalen Rechtsbehelfsverfahrens (d.h. z.B. erst nach Klageabweisung) gestellt werden. Denn der Antrag auf Einleitung des Verständigungsverfahrens ist nach beiden Rechtsgrundlagen fristgebunden. Die Frist beträgt jeweils drei Jahre (vgl. Art. 6 Abs. 1 EU-Schiedskonvention bzw. Art. 25 Abs. 1 Satz 2 DBA-D/AUT). Die Frist beginnt nicht erst nach erfolglosem Abschluss eines innerstaatlichen Rechtsbehelfsverfahrens, sondern bereits mit der Bekanntgabe des Steuerbescheides, durch welchen die internationale Doppelbesteuerung begründet wird.29 Nach Ablauf dieser Frist ist der Antrag unzulässig; ein Anspruch auf Durchführung des Verständigungsverfahrens besteht dann nicht mehr.30 Ein vorsorglicher Antrag auf Einleitung eines Verfahrens nach EU-Schiedskonvention bzw. Art. 25 DBA-D/AUT („precautionary request“) sollte daher noch vor Ablauf der Dreijahresfrist – und damit im Regelfall vor Abschluss des nationalen Rechtsbehelfsverfahrens – gestellt werden. c) Ruhen des zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens Da mit Antragstellung und Einleitung des zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens neben dem nationalen Rechtsbehelfsverfahren ein zweites Verfahren anhängig ist, drängt sich die Frage auf, in welchem praktischen Verhältnis beide Verfahren zu einander stehen. Ein zwischenstaatliches Verständigungsverfahren kann grundsätzlich unbeschadet der nach innerstaatlichem Recht vorgesehenen Rechtsbehelfe initiiert und betrieben werden,31 d.h. das vorherige oder gleichzeitige Einlegen eines innerstaatlichen Rechtsbehelfs ist weder Voraussetzung für ein Verständigungsverfahren noch schließt es ein Verständigungsverfahren aus.32 Vor diesem Hintergrund kommt es durchaus häufiger vor, dass ein nationales Rechtsbehelfsverfahren parallel zu einem zwischenstaatlichen Verständigungsverfahren anhängig ist. Allerdings verlangt die deutsche Finanzverwaltung, dass sich der Steuerpflichtige entscheidet, wel29 Krabbe spricht insoweit zutreffend vom „letzten Steuerbescheid“, vgl. Krabbe, IStR 1996, 5 (8); zur Bedeutung sowie zur Berechnung der Antragsfrist vgl. im Einzelnen FG Köln v. 14. 4.2016 – 2 K 2402/13, EFG 2016, 1218; FG Köln v. 14.4.2016 – 2 K 2809/13, EFG 2016, 1216; FG Köln v. 14.4.2016 – 2 K 1205/15, EFG 2016, 1151 sowie Hennigfeld, EFG 2016, 121; Bickenbach, ISR 2016, 305 und ausführlich Flüchter, ISR 2016, 311 ff. 30 Hendricks in Schaumburg/Hendricks, Steuerrechtschutz, 4. Aufl. 2018, Rz. 8.66 m.w.N. 31 Vgl. nur Art. 25 Abs. 1 Satz 1 DBA-D/AUT, wonach das Verständigungsverfahren „unbeschadet der nach innerstaatlichem Recht […] vorgesehenen Rechtsmittel“ beantragt werden kann. 32 So etwa Flüchter in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl. 2019, Art. 25 Rz. 80 unter Hinweis auf Art. 25 Rz. 7 Satz 4 sowie Rz. 34 Satz 1 OECD-MK.
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Rechtsbehelfe bei internationaler Doppelbesteuerung
ches der beiden Verfahren aktiv betrieben werden soll, während das andere Verfahren ruhend zu stellen sei. 33 Das einschlägige BMF-Merkblatt vom 9.10.2018 erwähnt ausdrücklich, dass auch das zwischenstaatliche Verständigungsverfahren ruhend gestellt werden kann.34 Der Verfasser hat bereits in mehreren Verfahren für seine Mandanten die nationalen Rechtsbehelfe aktiv betrieben, während die zwischenstaatlichen Verständigungsverfahren zur Fristwahrung lediglich vorsorglich und verbunden mit einem Antrag auf Ruhen des zwischenstaatlichen Verfahrens gestellt wurden. In sämtlichen Fällen wurde das zwischenstaatliche Verfahren unproblematisch ruhend gestellt. Umgekehrt wäre es also auch denkbar, das zwischenstaatliche Verfahren aktiv zu betreiben und nationale Rechtsbehelfe ruhend zu stellen. In Bezug auf den gebildeten Beispielsfall bietet sich ein entsprechendes Vorgehen an: Parallel zum laufenden nationalen Rechtsbehelfsverfahren sollte vor Ablauf der Dreijahresfrist ein vorsorglicher Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahren nach EU-Schiedskonvention bzw. Art. 25 DBA-D/AUT gestellt werden, wobei bereits im Rahmen der Antragstellung signalisiert werden sollte, dass das zwischenstaatliche Verfahren mit Rücksicht auf das laufende nationale Rechtsbehelfsverfahren ruhend gestellt werden möge. d) Parallele Verfahren nach EU-Schiedskonvention sowie nach Art. 25 DBA-D/AUT? In der vorgehenden Darstellung wurde offengelassen, ob der Antrag auf Einleitung eines zwischenstaatlichen Verständigungsverfahrens vorliegend auf Basis der EU- Schiedskonvention oder auf Basis von Art. 25 DBA-D/AUT gestellt werden sollte. Auch wenn nach zutreffender Auffassung (vgl. III. 2. c)) beide Rechtsgrundlagen nebeneinander anwendbar sind, stellt sich gleichwohl die Frage, ob auch die hierauf gestützten Verfahren zeitgleich (oder jedenfalls parallel) beantragt werden können. Die ganz überwiegende Literatur geht davon aus, dass die Verfahren nach den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen in einem Exklusivitätsverhältnis stehen; der Steuerpflichtige müsse sich entscheiden, welche der beiden Rechtsgrundlagen er in Anspruch nehmen wolle.35 Schon allein das Risiko divergierender Ergebnisse spreche dagegen, dass Verfahren auf Basis unterschiedlicher Rechtsgrundlagen zeitgleich durchgeführt werden können.36
33 Vgl. nur Flüchter in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl. 2019, Art. 25 Rz. 84 m.w.N. 34 BMF, Merkblatt v. 9.10.2018 – IV B 2-S 1304/17/10001, BStBl. I 2018, 1122, dort Tz. 2.1.4. Das Vorgängermerkblatt v. 23.7.2006 (BStBl. I 2006, 461) war in diesem Punkt identisch. 35 So etwa Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 19.117; Lehner in Vogel/Lehner, DBA, 4. Aufl. 2015, Art. 25 Rz. 306; Becker in Haase, DBA/AStG, 3. Aufl. 2016, Art. 25 OECD-MA Rz. 80; dies., DStJG 36 (2013), 167 (187); Peters/Haverkamp, BB 2011, 1303 (1305); Kempf/Gelsdorf, IStR 2012, 329 (331); Hendricks in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international tätiger Unternehmen, 1. Aufl. Köln 2014, Rz. 10.69 sowie Frink, Verständigungs- und Schiedsverfahren im Internationalen Steuerrecht, 2015, S. 138 f. m.w.N. 36 So im Ergebnis Flüchter in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl. 2019, Art. 25 Rz. 23.
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Michael Hendricks
In der Praxis37 wird häufig versucht, den gleichzeitigen Schutz beider Rechtsgrundlagen sicherzustellen, indem der Antrag auf Verfahrenseinleitung nach der EU-Schiedskonvention als Hauptantrag gestellt wird, während der Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach dem parallel einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen lediglich hilfsweise platziert wird.38 Eine solche Strategie ist nicht frei von Risiken. Denn nach der (im Detail nicht ganz einheitlichen) Rechtsprechung zum deutschen Verfahrensrecht werden Prozesshandlungen, durch die ein eigenständiges Verfahren ausgelöst wird (sog. verfahrenseinleitende Prozesshandlungen), für absolut bedingungsfeindlich gehalten.39 Anders formuliert können Anträge im selben Verfahren durch eine Abstufung in Haupt- und Hilfsantrag verknüpft werden; die Einleitung eines eigenständigen Verfahrens kann hingegen nicht hilfsweise beantragt werden. Wegen der Eigenständigkeit der Verfahren handelt es sich bei dem hilfsweise gestellten Antrag nach dieser Rechtsprechung insoweit nicht um eine zulässige „innerprozessuale“, sondern eine schädliche Bedingung, die zur Unwirksamkeit40 des Antrags führt.41 So hat der BFH Nichtzulassungsbeschwerden, die „vorsorglich“ bzw. „hilfsweise“ neben einer Revision eingelegt wurden, bereits mehrfach als unzulässig (und damit unwirksam) qualifiziert.42 Wendet man diese Grundsätze43 auf einen hilfsweise gestellten Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens an, ist der Antrag auf 37 Zur Praxis vgl. auch FG Köln v. 4.7.2018 – 2 K 2679/17, EFG 2018, 1745, rkr. Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige zunächst einen Verständigungsantrag auf das einschlägige (deutsch-französische) DBA gestützt, später dann auch auf die EU-Schiedskonvention. Nachdem die im DBA-Verständigungsverfahren erzielte Verständigungslösung vom Steuerpflichtigen abgelehnt worden war, klagte dieser auf Durchführung der Verständigung auf Basis der EU-Schiedskonvention. Der 2. Senat des FG Köln hat die Klage unter Hinweis auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis abgelehnt. Hierzu ausführlich Strotkemper in Kahlenberg/Weiss, Steuerrecht aktuell, 1. Aufl. 2019, S. 115, 118 f. 38 Die umgekehrte Reihenfolge (Hauptantrag nach DBA, Hilfsantrag nach EU-Schiedskonvention) ist ebenfalls anzutreffen. 39 Vgl. nur Braun in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 40 FGO Rz. 34; Hendricks/ Hildebrand, Ubg 2019, 62 (64). 40 Verfahrens- und Prozesshandlungen, die unter einer Bedingung stehen, werden nach den allgemeinen Grundsätzen des Verfahrens- und Prozessrechts als unwirksam bzw. unzu lässig qualifiziert, vgl. nur Gottwald in Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018, § 65 Rz. 27; Kern in Stein/Jonas, ZPO, Band 2, 23. Aufl. 2016, vor § 128 Rz. 307 m.w.N. Der BFH geht vereinzelt davon aus, dass verfahrenseinleitende Prozesshandlungen, die mit einer schädlichen Bedingung verknüpft werden „wirksam aber unzulässig“ sind, vgl. nur BFH v. 17.1.1994 – VIII R 97/93, BFH/NV 1994, 725. Daher lösen Prozesshandlungen, die in unzulässiger Weise bedingt sind, gleichwohl eine Kostenpflicht aus. So hat der Steuerpflichtige, der eine Klage unter einer unzulässigen Bedingung erhebt, die Kosten des Klageverfahrens zu tragen, vgl. nur FG München v. 10.12.2008 – 9 K 3337/07, juris; FG Sachsen v. 6.8.1999 – 3 K 890/97, juris. 41 Vgl. im Einzelnen Hendricks/Hildebrand, Ubg 2019, 62 (64). 42 So z.B. BFH v. 17.1.1994 – VIII B 97/93, BFH/NV 1994, 725; BFH v. 22.6.1982 – VII B 115/81, BStBl. II 1982, 603. 43 Die Maßgeblichkeit der allgemeinen Grundsätze des deutschen Verfahrensrechts könnte daraus abgeleitet werden, dass die einschlägigen Rechtsgrundlagen insoweit keine Regelung enthalten und insoweit die nationalen Grundsätze zur Anwendung kommen (Lex-fori-Gedanke).
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Rechtsbehelfe bei internationaler Doppelbesteuerung
Einleitung des Verständigungsverfahrens als verfahrenseinleitende Prozesshandlung bedingungsfeindlich, der Antrag also unwirksam. Auf Basis der Praxiserfahrungen kann im Beispielsfall ohnehin darauf verzichtet werden, parallel zu einem Antrag auf Basis der EU-Schiedskonvention gleichzeitig oder hilfsweise ein Verständigungsverfahren nach dem DBA-D/AUT zu beantragen. Die Verfahren nach der EU-Schiedskonvention haben sich in der Praxis bewährt. Bessere Ergebnisse sind auf Grundlage von Art. 25 DBA-D/AUT – jedenfalls in der im Beispielsfall gebildeten Konstellation – nicht zu erwarten. Auch wenn man sich bei seiner Entscheidung ausschließlich am Inhalt der einschlägigen Rechtsgrundlagen orientiert, stellen sich die Verfahren nach EU-Schiedskonvention in zeitlicher Hinsicht als die attraktivere Rechtsgrundlage dar. Denn die Vertragsstaaten stecken in einem Verständigungsverfahren nach der EU‑Schiedskonvention in einem engeren zeitlichen Korsett: Während sie zur Vermeidung eines DBA-Schiedsverfahrens innerhalb von drei Jahren eine Verständigung erzielen müssen (vgl. Art. 25 Abs. 3 Satz 1 DBA-D/ AUT), muss diese Verständigung nach der EU-Schiedskonvention bereits innerhalb von zwei Jahren erzielt werden (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EU-Schiedskonvention).44 3. Ergebnis der Analyse Im Beispielsfall ist es mit Rücksicht auf die gefestigte höchstrichterliche Recht sprechung also zweckmäßig, der eingetretenen Doppelbesteuerung primär durch Nutzung innerstaatlicher Rechtsbehelfe (Einspruch, Klage) entgegenzutreten. Mit Rücksicht auf verbleibende Restrisiken wegen einer potentiellen Änderung der Rechtsprechung kann vor Ablauf der Dreijahresfrist (vgl. IV. 2. b)) ein Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens nach EU-Schiedskonvention gestellt werden.45 Jedoch sollte bereits im Rahmen der Antragstellung signalisiert werden, dass das zwischenstaatliche Verfahren mit Rücksicht auf das laufende nationale Rechtsbehelfsverfahren ruhend gestellt werden möge. Ein eigenständig oder hilfsweise gestellter Antrag auf Einleitung eines Verständigungsverfahrens auf Grundlage von Art. 25 DBA-D/AUT ist vorliegend hingegen entbehrlich, auf Basis strenger Rechtsprechung sogar unwirksam.
V. Schlussbetrachtung Die vorgehend dargelegten Überlegungen machen deutlich, dass die Entscheidung über den richtigen Rechtsbehelf zur Abwehr einer internationalen Doppelbesteuerung nicht „aus dem Bauch heraus“, sondern auf Basis einer rationalen Analyse erfol44 Krabbe in Wassermeyer, DBA, Art 7 EU-SchÜ Rz. 5; Hendricks in Schaumburg/Hendricks, Steuerrechtschutz, 4. Aufl. 2018, Rz. 8.81. 45 Der Antrag auf Einleitung des Verständigungsverfahrens kann schon direkt mit dem Antrag des Steuerpflichtigen auf Einsetzung des Beratenden Ausschusses verbunden werden, der Voraussetzung zur Einleitung des Schiedsverfahrens vor dem Beratenden Ausschuss ist, nachdem zuvor zweijährige Verständigungsverhandlungen zu keiner zwischenstaatlichen Verständigung geführt haben.
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Michael Hendricks
gen sollte. In der Praxis ist regelmäßig die Kombination verschiedener Rechtsbehelfe indiziert. So ist es – wie aufgezeigt – möglich, parallel zu einem Einspruchs- oder Klageverfahren einen Antrag auf Durchführung eines Verständigungs- oder Schiedsverfahrens zu stellen. Wie dargestellt, besteht die deutsche Finanzverwaltung allerdings darauf, dass nur eines der genannten Verfahren aktiv betrieben wird. So entfaltet die deutsche Finanzverwaltung in der Praxis nur dann zwischenstaatliche Verständigungsbemühungen, wenn das Einspruchs- oder Klageverfahren mit Zustimmung des Steuerpflichtigen ruhend gestellt wurde. Losgelöst vom gebildeten Beispielsfall haben sich bestimmte Auswahlkriterien als besonders praxisrelevant herauskristallisiert, die nachfolgend kurz skizziert werden sollen:46 –– Ist der fragliche Bescheid nicht nur abkommenswidrig, sondern verletzt in anderen Punkten innerstaatliches Recht, kann dies nur durch innerstaatliche Rechtsbehelfe abgewehrt werden. Verständigungs- und Schiedsverfahren stellen insoweit ungeeignete Instrumente dar. 47 –– Gleiches gilt, wenn eine Aussetzung der Vollziehung erwünscht ist. Denn für eine Aussetzung der Vollziehung ist – zumindest in Deutschland – ein Einspruch bzw. eine Klage unabdingbar (vgl. § 361 Abs. 1 AO). Eine Aussetzung der Vollziehung kommt auch dann in Betracht, wenn das Einspruchs- bzw. Klageverfahren mit Zustimmung des Steuerpflichtigen ruhend gestellt wurde.48 –– Sind die Erfolgsaussichten eines nationalen Klageverfahrens besonders gut, sollte – wie im gebildeten Beispielsfall – das nationale Klageverfahren aktiv betrieben werden. Denn im Falle des Obsiegens steht dem Steuerpflichtigen – anders als bei Verständigungs- oder Schiedsverfahren – ein Kostenerstattungsanspruch zu. Der 46 Inwiefern der EU-Streitbeilegungsrichtlinie bzw. den entsprechenden innerstaatlichen Umsetzungsgesetzen künftig der Vorzug vor der EU-Schiedskonvention zu geben ist, ist noch unklar und bleibt abzuwarten; vgl. Richtlinie (EU) 2017/1852 des Rates v. 10.10.2017 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union, ABl. EU 2017 Nr. L 265, 1. Die EU-Streitbeilegungsrichtlinie baut in großen Teilen auf den verfahrensrechtlichen Regelungen der EU-Schiedskonvention auf. Ihre Umsetzung wird den Anwendungsbereich obligatorischer Schiedsverfahren über Gewinnabgrenzungskonflikte hinaus erweitern. Ungeachtet der noch nicht fristgerecht zum 30.6.2019 erfolgten Umsetzung auch in Deutschland ist eine Antragstellung seit dem 1.7.2019 für Steuerjahre ab 2018 möglich. Zur Rückwirkung des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/1852 des Rates v. 10.10.2017 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union (EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz – EU-DBA-SBG) vgl. auch BMF, Schreiben v. 25.6.2019 – IV B 3-S 1317/16/10058:010 („Anwendung des Regelungsgehalts der Richtlinie (EU) 2017/1852 des Rates v. 10.10.2017 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union (Streitbeilegungsrichtlinie) ab 1.7.2019“). 47 So auch Flüchter in Schönfeld/Ditz, DBA, 2. Aufl. 2019, Art. 25 Rz. 82; sowie Schmitz in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 25 OECD-MA, Rz. 20. 48 Das Ruhen des Einspruchsverfahrens mit Zustimmung des Einspruchsführers erfolgt auf Grundlage von § 363 Abs. 2 Satz 1 AO. Ein Ruhen des Klageverfahrens setzt die Zustimmung von Kläger und Beklagtem voraus (vgl. § 155 FGO i.V.m. § 251 Satz 1 ZPO).
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Rechtsbehelfe bei internationaler Doppelbesteuerung
Steuerpflichtige muss sich also nicht „auf eigene Kosten“ um die Beseitigung der abkommenswidrigen Besteuerung bemühen. –– Ist das Ergebnis eines nationalen Klageverfahrens hingegen schwer zu prognostizieren, sollte der Steuerpflichtige zur Abwehr einer internationalen Doppelbesteuerung im Regelfall49 das Verständigungs- bzw. Schiedsverfahren aktiv betreiben, da das Ergebnis dieser Verfahren nicht einseitig bleibt, sondern in beiden Vertragsstaaten Bindungswirkung entfaltet. Gerade wenn die einschlägigen Rechtsgrundlagen die Durchführung eines obligatorischen Schiedsverfahrens vorsehen, ist dieser Weg zu wählen. Soweit möglich, ist grundsätzlich die Einleitung eines Verfahrens nach der EU-Schiedskonvention zu empfehlen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die fragliche Geschäftsbeziehung unmittelbar oder mittelbar in mehr als zwei Staaten von Bedeutung ist; die EU-Schiedskonvention bietet insoweit den Vorteil, dass eine sachgerechte Lösung auch in einem multilateralen Verfahren angestrebt werden kann.
49 Dies gilt freilich nicht, wenn Verständigungsverfahren im Verhältnis zum betroffenen Staat regelmäßig ohne Erfolg bleiben und eine obligatorische Schiedsklausel nicht existiert.
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Norbert Herzig
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Entwicklungslinien der internationalen Steuerpolitik und die US-Steuerreform
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Inhaltsverzeichnis I. Ausgangslage II. US-Reform und internationaler Steuerwettbewerb 1. US-Steuerreform a) Absenkung des Körperschaft steuersatzes b) FDII-Begünstigung 2. Beurteilung I II. Steuerkoordination und US-Reform 1. Zielsetzung
2. US-Steuerreform und BEPS 3. Beurteilung IV. Internationale Aufteilung des Besteuerungszugriffs und US-Reform 1. US-Steuerreform a) Territoriales System b) GILTI-Regime 2. Weitergehende Reformüberlegungen 3. Beurteilung V. Ausblick
I. Ausgangslage Die internationale Steuerpolitik wird gegenwärtig von drei Entwicklungslinien geprägt, die in einem beträchtlichen Spannungsverhältnis zu einander stehen. Der internationale Steuerwettbewerb zwischen den Staaten ist im abgelaufenen Jahrzehnt in eine neue Runde eingetreten. Dabei wird insbesondere die Unternehmensbesteuerung als Standortfaktor eingesetzt, um die nationale Attraktivität für in- und ausländische Investitionen zu verbessern. Als Instrumente im Rahmen dieses Wettbewerbs werden neben der Absenkung des allgemeinen Körperschaftsteuersatzes – als dem klassischen Unternehmenssteuersatz – auch die Schaffung von Präferenzsystemen für bestimmte Kategorien von Einkünften genutzt. Dieser zwischenstaatliche Steuerwettbewerb ist in den letzten Jahren flankiert worden durch eine verstärkte Steuerkoordination zwischen den Staaten unter Einschaltung internationaler Institutionen (G20, OECD) mit dem Ziel, dem schädlichen Steuerwettbewerb und der aggressiven Steuerplanung international tätiger Unternehmen zu begegnen. Dieses Zusammenspiel von internationalem Steuerwettbewerb und Steuerkoordination vollzieht sich vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Debatte um die internationale Aufteilung von Steuerquellen. Dabei wird der traditionelle Interessenkonflikt zwischen Industrie- und Entwicklungs- bzw. Schwellenländern zunehmend überlagert von einem Disput zwischen Ansässigkeits- und Marktstaaten. In diesem Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, ob und in welchem Umfang die aufgezeigten Entwicklungslinien Eingang gefunden haben in die US-Steuerreform, die mit Beginn des Jahres 2018 in Kraft getreten ist. Mit diesen Überlegungen hoffe ich das Interesse von Hubertus Baumhoff zu finden, der schon sehr frühzeitig die 137
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Norbert Herzig
Bedeutung der internationalen Besteuerung erkannt und Beiträge zu ihrer Fortentwicklung geleistet hat.1
II. US-Reform und internationaler Steuerwettbewerb 1. US-Steuerreform Wie bereits der Bezeichnung des Gesetzes zu entnehmen ist, wird mit dem ab 2018 geltenden Tax Cuts and Jobs Act das Ziel verfolgt, die Wettbewerbsfähigkeit des US-Steuerstandortes zu verbessern um über vermehrte Investitionen in den USA zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen.2 Diesem Zweck dient sowohl die Absenkung des Bundes-Körperschaftsteuersatzes als auch die Schaffung eines speziellen Präferenzsystems. a) Absenkung des Körperschaftsteuersatzes Im Zentrum der Reform steht die mit einer beachtlichen Signalwirkung ausgestattete deutliche Absenkung des nominellen Bundes-Körperschaftsteuersatzes.3 An die Stelle des bisherigen Staffeltarifs mit einem Spitzensatz von 35 % ist ein einheitlicher Bundes-Körperschaftsteuersatzes von 21 % getreten. Wird zusätzlich die regionale Körperschaftsteuer berücksichtigt, deren Brandbreite je nach Bundesstaat von 0 % bis 12 % reicht und die von der Bemessungsgrundlage der Bundesebene abzugsfähig ist, so ergibt sich ein kombinierter Steuersatz, der von 21 % bis 30,48 % reicht.4 Die Entlastungswirkung über die Absenkung des nominellen Steuersatzes wird verstärkt durch die Einräumung einer Sofortabschreibung für bestimmte neubeschaffte Vermögenswerte mit einer regulären Nutzungsdauer von weniger als 20 Jahren.5 Ab dem Jahr 2023 soll die Sofortabschreibung schrittweise über 5 Jahre auf 0 zurückgeführt werden. Eine gegenläufige Wirkung entfalten die auf eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage abzielenden Regelungen, die im Dienste der fiskalischen Gegenfinan zierung stehen. Beispielhaft sei verwiesen auf die Einführung einer neuen Zinsabzugsbeschränkung (Section 163 (j) IRC ), die in wesentlichen Teilen der deutschen Zinsschranke nachgebildet ist.6 Zu einer weiteren Verbreiterung der Bemessungs1 Beispielhaft sei verwiesen auf die Beiträge zur „Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters“; Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen, 1986, S. 111; Baumhoff in FS Flick, 1997, S. 639. 2 Zur US-Steuerreform Kessler/Egelhof/Probst, IStR 2018, 473; Linn, DStR 2018, 321; Loose/ Engel, Ubg 2018, 77; Pinkernell, IStR 2018, 125; Schönfeld/Zinowsky/Rieck, IStR 2018, 127; Watrin, Ubg 2018, 1. 3 Hierzu Schön, IStR 2018, 125. 4 Vgl. Schönfeld/Zinowsky/Rieck, IStR 2018, 127. 5 Vgl. Section 168 (k) IRC. 6 Vgl. Loose/Engel, Ubg 2018, 77 (78).
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Entwicklung der internationalen Steuerpolitik und die US-Steuerreform
grundlage tragen Maßnahmen bei, die auf eine Missbrauchsbekämpfung abzielen, wie beispielsweise die Regelungen zu hybriden Transaktionen und hybriden Rechtsformen. Eine Mehrbelastung für US-Gesellschaften kann auch aus der Einführung der „Base Erosion an Anti-Abuse Tax“ (BEAT) resultieren, die dem Zweck dient, einem Erodieren der Bemessungsgrundlage von US-Gesellschaften durch schädliche Zahlungen an verbundene ausländische Unternehmen zu begegnen.7 Der Entlastungseffekt aus der Absenkung des nominellen KSt-Satzes kann durch die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage nicht nur partiell kompensiert, sondern im Einzelfall möglicherweise sogar überkompensiert werden. b) FDII-Begünstigung Eine über die Absenkung des Steuersatzes hinausgehende Förderung sieht die US-Steuerreform für Investitionen in inländische immaterielle Vermögenswerte vor, die Einkünfte mit Auslandsbezug generieren. Zu diesem Zweck wurde die Präferenzregelung für „Foreign Derived Intangible Income“ (FDII) etabliert. Abgezielt wird damit insbesondere auf Investitionen in inländisches IP-Vermögen, das Lizenzeinnahmen, Veräußerungserlöse und Dienstleistungsentgelte aus dem Ausland erbringt. Begünstigt wird der eine Routinerendite von 10 % der materiellen Vermögenswerte übersteigende Teil des Einkommens (Deemed Intangible Income), soweit ein Auslandsbezug gegeben ist. Von diesem Foreign Derived Intangible Income sind 37,5 % als pauschaler Abzug von der Bemessungsgrundlage zugelassen. Damit ergibt sich für diesen Einkommensteil die attraktive Belastung mit Bundes-Körperschaftsteuer i.H.v. 13,125 % ((1- 0,375) * 21 %).8 Mit der ab 2026 vorgesehenen Kürzung des Abzugs auf 21,875 % erhöht sich die Belastung dann auf 16,406 %. 2. Beurteilung Mit der Absenkung des Bundes-Körperschaftsteuersatzes von 35 % auf 21 % haben die USA bei den nominellen Steuersätzen mit einem Schlag die „rote Laterne“ unter den Industriestaaten abgegeben, worauf Wolfgang Schön9 zutreffend hinweist. Allerdings erreichen die USA trotz der spektakulären Absenkung des KSt-Satzes um 14 Prozentpunkte in dem sich wieder verschärfenden internationalen Steuerwettbewerb nur einen Mittelplatz, wenn eine durchschnittliche Belastung mit regionalen und lokalen Steuern einbezogen wird.10 Nach Berechnungen von Spengel erreicht die effektive Steuerbelastung von US-Investitionen nach der Reform ein Niveau von knapp 7 Zur Problematik von BEAT siehe Schümmer/Leusder/Weinrich, IStR 2018, 396 (399); Linn, DStR 2018, 321 (324). 8 Siehe Loose/Engel, Ubg 2018, 77 (81); Schönfeld/Zinowsky/Rieck, IStR 2018, 127 (133). 9 Vgl. Schön, IStR 2018, 125. 10 Zum Steuerwettbewerb nach der US-Steuerreform 2018 siehe Schreiber/von Hagen/Pönning haus, StuW 2018, 239.
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Norbert Herzig
23 %, womit sich die Belastung dem EU 28-Durchschnitt von 20,9 % annähert.11 Den „Spitzenplatz“ bei den nominellen Unternehmenssteuersätzen innerhalb der OECD- Staaten wird im Jahr 2020 vermutlich Deutschland mit 29,8 % einnehmen, direkt gefolgt von Japan mit 29,8 %, während Großbritannien 2020 voraussichtlich einen nominellen Steuersatz im Unternehmensbereich von 17 % aufweisen wird.12 Die ganze Dynamik des gegenwärtigen internationalen Steuerwettbewerbs verdeutlicht die Entwicklung von einem durchschnittlichen KSt-Satz der OECD-Staaten im Jahr 2001 von etwa 32,6 % zu einem durchschnittlichen KSt-Satz von voraussichtlich 23,4 % im Jahr 2020.13 Trotz der deutlichen Absenkung des nominellen Steuersatzes bleibt fraglich, ob die USA das angestrebte Ziel erreichen, vermehrt Direktinvestitionen anzuziehen.14 Zwar wird die Steuerreform begleitet von weiteren Deregulierungen, die dem Aspekt Rechnung tragen, dass neben der Steuerbelastung auch das regulatorische Umfeld einen zentralen Standortfaktor darstellt. Aber zwei Aspekte könnten die Erwartungen des US-Gesetzgebers beeinträchtigen. Zum einen haben die USA sich mit der Absenkung des KSt-Satzes nicht an die Spitze der Entwicklung gesetzt, sondern einen Platz im Mittelfeld der OECD-Staaten eingenommen, da auch andere Staaten ihre Unternehmenssteuern zum Teil deutlich abgesenkt haben, worauf bereits hingewiesen wurde. Noch gewichtiger erscheint der Einwand, dass die Nachhaltigkeit des abgesenkten KSt-Satzes in den USA nicht über alle Zweifel erhaben ist. Denn wegen der deutlichen Absenkung des Regelsteuersatzes rechnet der US-Fiskus ceteris paribus mit steuerlichen Mindereinnahmen von knapp 1,35 Bio. USD für den Zeitraum von 2018 bis 202715 und dies vor dem Hintergrund eines US-Haushaltsdefizits von zuletzt mehr als 20 Bio. USD.16 Da aber für regelmäßig längerfristig ausgerichtete Investitionsentscheidungen der nachhaltige künftige Unternehmenssteuersatz als Orientierung dienen dürfte, erscheinen Zweifel an der geäußerten Erwartung der US-Regierung nicht ganz unberechtigt. Daneben wird es interessant sein, die Standorteffekte des FDIIRegimes zu beobachten, insbesondere im Zusammenspiel mit den noch zu erörternden GILTI-Regelungen. Denn mit Blick auf Investitionen zur Generierung von Intangible Income verknüpft die US-Reform für diesen Bereich eine Anreiz-(FDII) mit einer Abschreckungsregelung (GILTI).17
11 Hierzu Spengel et al., Analysis of US Corporate Tax Reform Proposals and their Effects for Europe and Germany, Final Report-Update v. 22.1.2018, 2. 12 Siehe Schreiber/von Hagen/Pönninghaus, StuW 2018, 239 (241). 13 Vgl. ebenda, 239 (241). 14 Empirische Befunde zur Relevanz der Besteuerung für Entscheidungen bei Heckemeyer/ Overesch, DBW 2012, 451. 15 Hierzu Schönfeld/Zinowsky/Rieck, IStR 2018, 127. 16 Vgl. Schön, IStR 2018, 125 (126). 17 Treffend wird diese Verknüpfung von Watrin mit „Stick and Carrot“ bezeichnet. Watrin, Ubg 2018, 1 (3).
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Entwicklung der internationalen Steuerpolitik und die US-Steuerreform
III. Steuerkoordination und US-Reform 1. Zielsetzung Aufgeschreckt durch Berichte über extrem niedrige Steuerquoten für Auslandsgewinne großer US-amerikanischer IT-Unternehmen18 sind auf Initiative der G20 unter dem Dach der OECD Aktivitäten zur internationalen Steuerkoordination gebündelt worden, die ihren sichtbaren Ausdruck in dem 2012 begonnen BEPS-Projekt gefunden haben. Im Rahmen dieses Projekts verfolgen die OECD-Mitgliedsstaaten das Ziel, eine Verständigung über gemeinsame Regeln gegen internationale Gewinnverlagerung und aggressive Steuerplanung internationaler Konzerne herbeizuführen, die dann in nationalen Steuergesetzen umgesetzt werden sollen. Nicht Gegenstand des BEPS-Projekts ist eine internationale Koordination der Steuersätze19 mit der Folge, dass gerade wegen der Steuerkoordination der Wettbewerb um Investitionen mit Hilfe der Steuersätze ganz besonders an Bedeutung gewinnt. Werden nämlich internationale Gewinnverlagerungen im Zuge der BEPS-Bestrebungen erschwert oder ganz unterbunden, fallen die Gewinne tendenziell dort an, wo die Wertschöpfung stattfindet und die Investitionen erfolgen. Denn Gewinnverlagerungen, die den Ort des Gewinnanfalls und den Ort der Investition voneinander entkoppeln, sollen mit der BEPS-Initiative ja gerade ausgeschlossen werden. 2. US-Steuerreform und BEPS Obgleich der Anstoß für das BEPS-Projekt in den extrem niedrigen Steuerquoten für die Auslandsgewinne großer US-amerikanischer IT-Unternehmen lag, haben sich die Lösungsansätze aus diesem Projekt nur sehr begrenzt in der US-Steuerreform niedergeschlagen. Berücksichtigt wurden einzelne Vorschläge, soweit sie im Rahmen der Gegenfinanzierung zur Verbreiterung der Bemessungsgrundlage herangezogen werden konnten. Zu nennen sind hier insbesondere: –– Die an Aktionspunkt 4 anknüpfende Beschränkung des Zinsabzugs in Section 163 (j) IRC. Nach dieser Regelung ist der Zinsabzug beschränkt, soweit der Nettozins aufwand die Höhe von 30 % des nach steuerlichen Regeln ermittelten EBITDA übersteigt, wobei auf Escape-Klauseln verzichtet wird. Ein zeitlich unbegrenzter Zinsvortrag ist vorgesehen, nicht aber ein EBITDA-Vortrag. –– Die Anti-Hybrid-Reglungen in Section 267 A IRC sind in Anlehnung an den Aktionspunkt 2 des BEPS-Projektes gestaltet worden. Danach sind konzerninterne Zins- und Lizenzaufwendungen in den USA ab 2018 nicht mehr abziehbar, wenn der entsprechende Ertrag aufgrund hybrider Gestaltungen nicht besteuert wird (Deduction/No Inclusion) oder Aufwand doppelt abziehbar wäre (Double Deduction).
18 Hierzu Pinkernell, StuW 2012, 369. 19 Siehe Schreiber/von Hagen/Pönninghaus, StuW 2018, 239 (242).
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Zweifelhaft erscheint dagegen, ob die US-Regelungen zur Besteuerung des Global Intangible Low-Taxed Income (GILTI) als Beitrag zur Stärkung der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung i.S.v. BEPS-Aktionspunkt 3 qualifiziert werden können. Der Schwerpunkt dieser Regelung liegt vielmehr in einer Veränderung der internationalen Aufteilung des Besteuerungszugriffs. Die Diskussion der GILTI-Regelung erfolgt deswegen im Abschnitt IV. dieses Beitrags. 3. Beurteilung Entsprechend der Zielsetzung des Gesetzes, die Attraktivität des Steuerstandortes zu fördern, standen Aspekte der Steuerkoordination nicht im Vordergrund der US-Steuerreform. Anregungen aus den Aktionspunkten des BEPS-Programms wurden insbesondere umgesetzt, soweit sie über eine Verbreiterung der Bemessungsgrundlage zur Gegenfinanzierung beitragen konnten.
IV. Internationale Aufteilung des Besteuerungszugriffs und US-Reform Die mit der zunehmenden Digitalisierung verbundene Entmaterialisierung von Teilen des Wirtschaftsverkehrs hat die Überzeugungskraft der traditionellen Regeln der internationalen Aufteilung des Besteuerungszugriffs ins Wanken gebracht, die an das Vorhandensein zumindest einer Betriebsstätte anknüpfen. Im Rahmen der US-Steuer reform wurde auf diese Entwicklung nur sehr begrenzt reagiert. Allerdings sind inzwischen weitergehende Reformüberlegungen unterbreitet worden. 1. US-Steuerreform Im Bereich des internationalen Steuerrechts wartet die US-Steuerreform mit zwei bemerkenswerten Reformschritten auf, nämlich dem Übergang zu einem territorialen System europäischer Prägung sowie der Einführung einer Mindestbesteuerung für niedrig besteuerte Auslandsgewinne im Rahmen der GILTI-Regel. a) Territoriales System Mit dem Übergang zum territorialen System werden Auslandsdividenden aus Schachtelbeteiligungen in den USA steuerfrei gestellt. Als Folge dieser neuen Regelung wird das bisherige Konzept der Kapitalexportneutralität durch eine Kapitalimportneutralität ersetzt, womit die Repatriierung von Auslandsgewinnen im Rahmen von Schachtelbeteiligungen steuerfrei erfolgen kann und damit ihren steuerlichen Schrecken verliert. Mit diesem Reformschritt akzeptiert der US-Fiskus die Höhe der ausländischen Körperschaftsteuer grundsätzlich als endgültige Körperschaftsteuerbelastung, die auch niedriger als die US-Körperschaftsteuer ausfallen kann. Genau in diesem Punkt liegt die Verknüpfung mit dem neu etablierten GILTI-System.
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b) GILTI-Regime Die mit der Subpart F Gesetzgebung eingeführte Mindestbesteuerung niedrig be steuerter Auslandsgewinne aus passiver Tätigkeit wird mit der GILTI-Reglung deutlich ausgeweitet, die neben das bisherige System tritt. Danach wird das Global Intangible Low-Taxed Income (GILTI) aller Controlled Foreign Corporation (CFC) deren US-Anteilseignern anteilig zugerechnet. Wichtig ist dabei, zur Ermittlung des GILTI werden alle CFC´s des jeweiligen US-Shareholders zusammengefasst. Es kommt also zu einem Durchgriff durch alle rechtlich selbstständigen ausländischen Tochtergesellschaften im Rahmen einer aggregierten Betrachtung. Entgegen der Bezeichnung wird dabei nicht nur das niedrig besteuerte Einkommen berücksichtigt, sondern das gesamte in den USA noch nicht erfasste Einkommen, das eine gedachte Routinerendite von 10 % der qualifizierten materiellen Vermögenswerte der Auslandsgesellschaften übersteigt. Diese Logik entspricht der Vorgehensweise im Rahmen der bereits diskutierten FDII-Regelung. Zur Ermittlung der Soll-Körperschaftsteuer wird das um 50 % reduzierte GILTI mit dem KSt-Satz von 21 % multipliziert, womit die effektive Soll-Steuerbelastung des GILTI 10,5 % ausmacht. Da im Ausland gezahlte Steuern grundsätzlich mit 80 % anrechenbar sind, fällt keine US-Steuer auf das GILTI an, wenn die ausländische Vorbelastung mit Ertragsteuern im Durchschnitt mindestens 13,125 % beträgt.20 Damit kann festgehalten werden, dass das vorgestellte Regime eine aggregierte Einkünfteermittlung für alle beherrschten ausländischen Tochtergesellschaften nach Maßgabe der GILTI-Regelung erfordert und zwar unabhängig von der Höhe der jeweiligen ausländischen Steuerbelastung. Eine zusätzliche US-Steuerbelastung stellt sich im Rahmen des GILTI-Regimes jedoch nur ein, soweit ausländische Einkünfte oberhalb der Routinerendite vorliegen und keine ausreichende Steuerbelastung im Ausland oder den USA angefallen ist. Ist die fortbestehende Subpart F-Besteuerung auf die niedrig besteuerten passiven Einkünfte gerichtet und hat damit den Charakter einer typisierten Missbrauchsabwehr, so führt das GILTI-Regime in diesem Punkt zu einer gravierenden Veränderung.21 An die Stelle der typisierten Missbrauchsabwehr tritt die Absicherung einer weltweiten Mindestbesteuerung mit Hilfe einer Nachversteuerung im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft. 2. Weitergehende Reformüberlegungen An der Diskussion innerhalb der OECD über die Konsequenzen aus dem immer stärkeren Vordringen digitaler Geschäftsmodelle mit Blick auf die internationalen Gewinnallokationsregeln haben sich die USA in jüngster Zeit mit einem bemerkens20 Ab 2016 erhöht sich dieser Steuersatz auf 16,406 %. Siehe Loose/Engel, Ubg 2018, 77 (82); Schönfeld/Zinowsky/Rieck, IStR 2018, 127 (133). 21 So jedenfalls für die deutsche Hinzurechnungsbesteuerung BFH v. 12.20.2016 – I R 80/14, FR 2017, 642 Rz. 32.
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werten Vorschlag beteiligt, der nicht nur auf Unternehmen mit rein digitalen Geschäftsmodellen abzielt. Mit dem „Marketing Intangible“-Ansatz soll ein über die Betriebsstätte hinausgehender Anknüpfungspunkt im Marktstaat geschaffen werden. Danach soll der Marktstaat an einem Residualgewinn beteiligt werden, der auf Wertschöpfungsbeiträgen im Marktstaat resultiert, die auf dem Einsatz von „Marketing Intangibles“ beruhen. Die Existenz von Marketing Intangibles bietet damit einen neuen Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung im Marktstaat auch für den Fall, dass dort keine Betriebsstätte existiert. Dieses Kernproblem ist zu trennen von der ebenfalls nicht leicht zu beantwortenden Folgefrage, wie die den Marketing Intangibles zuzuordnenden Einkünfte zu ermitteln sind. 3. Beurteilung Der Übergang zum territorialen System beseitigt die Repartierungsproblematik und vermeidet in diesen Fällen die in einer globalisierten Wirtschaft immer komplexer werdenden Probleme im Zusammenhang mit der Anrechnung ausländischer Steuern. Allerdings begegnen uns die Anrechnungsprobleme im GILTI-Regime wieder nur in einem anderen Gewand. Das GILTI-Regime begründet einen tiefen Einschnitt in das System der internationalen Besteuerung und kann als Paradigmenwechsel gewertet werden. Erfasst werden von diesem Regime unter Durchbrechung des Trennungsprinzips die Einkünfte aller ausländischen US-Tochtergesellschaften unabhängig davon, ob es sich um aktive oder passive Einkünfte handelt. Auch auf eine Niedrigbesteuerung kommt es in dieser ersten Stufe nicht an. Letztlich bewirkt dieses Regime eine weltweite Mindestbesteuerung der Einkünfte von US-Tochtergesellschaften, soweit eine Routinerendite überschritten wird. Es stellen sich Fragen nach der Vereinbarkeit dieses Ansatzes mit den WTO-Regeln und den Doppelbesteuerungsabkommen. Im Ergebnis erfordert die vorgestellte neue Regelung eine aggregierte Einkünfteermittlung für alle beherrschten ausländischen Tochtergesellschaften nach Maßgabe der GILTI-Regeln unabhängig von der Höhe der jeweiligen ausländischen Steuerbelastung. Eine steuerliche Belastung im Rahmen des GILTI-Regimes stellt sich jedoch nur ein, soweit Einkünfte oberhalb der Routinerendite vorliegen und keine ausreichende Steuerbelastung im Ausland oder den USA angefallen ist. War die Hinzurechnungsbesteuerung bisher primär auf die Erfassung passiver Einkünfte in Niedrigsteuerländern gerichtet und hatte damit den Charakter einer typisierten Missbrauchsabwehr, so verändert sich dieser Charakter unter dem GILTI-Regime deutlich. An die Stelle der typisierten Missbrauchsabwehr tritt die Absicherung einer weltweiten Mindestbesteuerung mit Hilfe einer Nachversteuerung im Ansässigkeitsstaat der Muttergesellschaft. Bemerkenswert ist, dass die Grundidee des GILTI-Regimes aufgegriffen wird von einem deutsch/französischen Vorschlag im Rahmen der OECD Diskussion innerhalb des BEPS-Prozesses.22 Der deutsch/französische Vorschlag zielt auf eine globale Min22 OECD/G20, Public Consultations Document v. 13.2.2019, Rz. 88 ff.
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destbesteuerung im Ansässigkeitsstaat des Anteilseigners für die Einkünfte ausländischer Tochtergesellschaften ab, deren Steuerbelastung diese Mindestschwelle nicht erreicht. Die Unterscheidung zwischen passiven und aktiven Einkünften ist dabei unerheblich, erfasst werden sollen Tochtergesellschaften mit einer Beteiligung von mindestens 25 %. Im Gegensatz zum GILTI-Regime wird nicht auf eine aggregierte Betrachtung aller Tochtergesellschaften abgestellt, sondern jede Tochtergesellschaft gesondert betrachtet. Auch die Unterscheidung zwischen einer Normal- und Überrendite entfällt. Aber die grundsätzlichen Einwendungen gegen das GILTI-Regime, wie die umfassende Durchbrechung der Abschirmwirkung von Kapitalgesellschaften, die fragliche Vereinbarkeit mit WTO-Regeln und Doppelbesteuerungsabkommen, treffen auch diesen Vorschlag. Zusätzlich ist anzumerken, dass das BEPS-Projekt mit diesem Vorschlag seine selbstverordnete Begrenzung aufgibt und auch die Thematik der Steuersätze ins Blickfeld nimmt, die nach bisherigem Verständnis dem Steuerwettbewerb ausgesetzt waren. Die Steuersatzthematik wurde im Rahmen der Steuerkoordination bisher nur im Zusammenhang mit Gewinnverlagerungen und typisierter Missbrauchsabwehr i.V.m. Niedrigsteuerländern erörtert. Insoweit begründet die Einführung einer allgemeinen Mindeststeuer im Rahmen der Steuerkoordination einen Paradigmenwechsel.
V. Ausblick Der internationale Steuerwettbewerb ist mit der US-Steuerreform keineswegs beendet, wie bereits die Reaktion aus China zeigt. Ob diesem race to the bottom mit der Einführung eines Mindeststeuersatzes im Rahmen des BEPS-Projekts Einhalt geboten werden kann, wird die weitere Entwicklung zeigen. Der Bedarf an internationaler Steuerkoordination dürfte in Zukunft eher noch ansteigen, da die internationale Debatte um die Aufteilung des Besteuerungszugriffs gerade erst richtig Fahrt aufzunehmen beginnt.23 Insbesondere bei einer sich abschwächenden Weltkonjunktur könnte sich die Aufgabe der Steuerkoordination von ihrem bisherigen Schwerpunkt zur Bekämpfung der Gewinnverlagerung fortentwickeln zu einem Instrument zur Organisation des internationalen Steuerzugriffs unter Vermeidung von Doppelbesteuerungen.
23 Zu dieser Problematik grundlegend Schön, StuW 2012, 213; speziell zur Thematik der internationalen Verteilungsgerechtigkeit Stark, StuW 2019, 71.
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Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Rechtsprechungsentwicklung zu finalen Verlusten im Ausland 1. Allgemeines 2. Grundsatz für Tochterkapitalgesell schaften durch Marks & Spencer 3. Erweiterung auf Betriebsstätten durch Lidl Belgium 4. Kehrtwende durch Timac Agro sowie Nordea Bank
III. Finale Verluste nach dem EuGH-Urteil in der Rs. Bevola & Trock 1. Urteilsthematik und Vorlagefrage 2. Kernaussagen des EuGH-Urteils in der Rs. Bevola & Trock 3. Überlegungen für die Praxis IV. Fazit
Herr Prof. Dr. Hubertus Baumhoff ist seit nunmehr über zwei Jahrzehnten als Lehrbeauftragter für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Siegen tätig und hat in dieser Zeit das Lehrangebot der Fakultät III (Wirtschaftswissenschaften, Wirtschaftsinformatik und Wirtschaftsrecht), insbesondere für den Masterstudiengang „Accounting, Auditing and Taxation“, durch die Vorlesung „Internationale Besteuerung“ und das Seminar zur Internationalen Besteuerung in außerordentlichem Maße bereichert. Hoch geschätzt seitens der Siegener Studierenden ist auch die unvergessliche Exkursion zum Bundesfinanzhof nach München. Aufgrund seiner langjährigen und hochrangigen beruflichen Expertise, die in herausragender Weise Theorie und Praxis verknüpft, hat unser Jubilar einen wesentlichen Beitrag für die Ausbildung und Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Siegen geleistet. Vor diesem Hintergrund ist es für die Verfasser deshalb eine ganz besondere Ehre und Freude, den Jubilar mit einem Beitrag würdigen zu dürfen.
I. Einleitung Die Verrechnung finaler Betriebsstättenverluste steht seit einigen Jahren vermehrt im Blickfeld der EuGH-Judikatur.1 Der Ursprung dieser Thematik geht auf die Leitent1 Vgl. grundsätzlich zu der Rechtsfigur der finalen Verluste in der europäischen Rechtsprechung: EuGH v. 15.5.1997 – C 250/95, ECLI:EU:C:1997:239 – Futura Participations SA & Singer, IStR 1997, 366; EuGH v. 13.12.2005 – C 446/03, ECLI:EU:C:2005:763 – Marks & Spencer, FR 2006, 177; EuGH v. 15.5.2008 – C 414/06, ECLI:EU:C:2008:278 – Lidl Belgium, FR 2008, 831; EuGH v. 23.10.2008 – C 157/07, ECLI:EU:C:2008:588 – Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, DStRE 2009, 556; EuGH v. 17.7.2014 – C 48/13, ECLI: EU:C:2014:2087 – Nordea Bank, NZG 2014, 957; EuGH v. 17.12.2015 – C 388/14, ECLI:EU: C:2015:829 – Timac Agro, FR 2016, 126; EuGH v. 12.6.2018 – C 650/16, ECLI:EU:C:2018:424 –
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scheidung des EuGH in der Rs. Marks & Spencer2 im Jahr 2005 zurück, wobei der Gerichtshof über die Berücksichtigung der Verluste ausländischer Tochterkapitalgesellschaften zu entscheiden hatte.3 Mit dem Urteil in der Rs. Lidl Belgium4 im Jahr 2008 wurden die Grundsätze des Urteils Marks & Spencer schließlich auch in Bezug auf ausländische5 Betriebsstättenverluste für anwendbar erklärt.6 Begrifflich handelt es sich bei finalen Verlusten um diejenigen Verluste ausländischer Tochtergesellschaften bzw. gebietsfremder Betriebsstätten, die im Entstehungsstaat nicht mehr steuerwirksam berücksichtigt werden können.7 Nachdem mit der EuGH-Entscheidung in der deutschen Rs. Timac Agro vom 17.12.20158 die Frage nach der möglichen Erfassung finaler Verluste insoweit geklärt schien, als dass die Verluste einer Freistellungsbetriebsstätte nicht in Deutschland verrechnet werden konnten, scheint sich diese Sichtweise seit dem Urteil in der dänischen Rs. Bevola & Trock9 vom 12.6.2018 entscheidend geändert zu haben. Denn sowohl Literatur10 als auch nationale Gerichtsbarkeit11 waren sich seit Ergehen des EuGH-Urteils in der Rs. Timac Agro weitgehend einig, dass eine Berücksichtigung finaler Betriebsstättenverluste im Regelfall ausgeschlossen ist. Der EuGH hat jüngst in seinem Urteil zu der Rs. Bevola & Trock jedoch klargestellt, dass die Interpretation des Urteils Timac Agro verfehlt war.12 Diese sich andeutende Kehrtwende in Sachen finaler Betriebsstättenverluste ist Gegenstand des vorliegenden Beitrags. Insbesondere wird die Bevola & Trock-Entscheidung in den Kontext der bisher ergangenen Rechtsprechung eingeordnet und diskutiert, welche Implikationen für die Praxis sich daraus ergeben.
II. Rechtsprechungsentwicklung zu finalen Verlusten im Ausland 1. Allgemeines Bei gebietsfremden Betriebsstätten erfasst die Symmetriethese im Rahmen der durch ein DBA geregelten Freistellungmethode sowohl die in der Betriebsstätte erwirtschaf Bevola & Trock, GmbHR 2018, 741; Cordewener, EuZW 2015, 295 (295); Niemann/Dodos, DStR 2016, 1057 (1057); Kraft, NWB 2018, 2384 (2384). 2 EuGH v. 13.12.2005 – C 446/03, ECLI:EU:C:2005:763 – Marks & Spencer, FR 2006, 177. 3 Vgl. Niemann/Dodos, DStR 2016, 1057 (1058). 4 EuGH v. 15.5.2008 – C 414/06, ECLI:EU:C:2008:278 – Lidl Belgium, FR 2008, 831. 5 Der Beitrag betrachtet ausschließlich Mitgliedstaaten der EU bzw. andere Staaten des EWR-Abkommens. 6 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 5), Rz. 51. 7 Vgl. Heckerodt, IWB 2018, 521 (523). 8 EuGH v. 17.12.2015 – C 388/14, ECLI:EU:C:2015:829 – Timac Agro, FR 2016, 126. 9 EuGH v. 12.6.2018 – C 650/16, ECLI:EU:C:2018:424 – Bevola & Trock, GmbHR 2018, 741. 10 Vgl. Eisendle, ISR 2016, 37 (39); Schiefer, IStR 2016, 74 (80); Benecke/Staats, IStR 2016, 74 (83); Mitschke, FR 2016, 126 (133); Schulz-Trieglaff, StuB 2017, 593 (593); Graßl/Schmolke, Ubg 2018, 575 (575); a. A. Gosch in Kirchhof, 17. Aufl. 2018, § 2a EStG Rz. 5b; Frase, BeSt 2017, 27 (29); Niemann/Dodos, DStR 2016, 1057 (1063); Kahlenberg, NWB 2016, 1723 (1730); Schlücke, FR 2016, 126 (131). 11 Vgl. BFH v. 22.2.2017 – I R 2/15, FR 2017, 831 (836) Rz. 37. 12 EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 31-35.
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teten Gewinne als auch die ergangenen Verluste.13 Demzufolge sind Verluste aus Betriebsstätten, für welche die Freistellungsmethode greift, bei der Ermittlung der inländischen Besteuerungsgrundlage nicht abzugsfähig.14 Gleiches gilt grundsätzlich auch für den Fall, dass nationale Regelungen dazu dienen, eine Doppelbesteuerung der Gewinne sowie doppelte Berücksichtigung der Verluste zu vermeiden.15 Während dieses Vorgehen bei laufenden Gewinnen und Verlusten unkritisch scheint, ergibt sich eine Problematik für den Fall anderweitig nicht mehr nutzbarer (finaler) Verluste im Betriebsstättenstaat. Die Frage nach der steuerlichen Berücksichtigung von finalen Verlusten aus Freistellungsbetriebsstätten in anderen Mitgliedstaaten ist vor allem vor dem Hintergrund der Niederlassungsfreiheit i.S.d. Art. 49 AEUV und dem Prinzip einer EU-weiten Leistungsfähigkeit zu beleuchten. Verluste einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat gelten nach EuGH Rechtsprechung als final, „wenn die Gesellschaft, der sie gehört, zum einen alle Möglichkeiten zum Abzug dieser Verluste ausgeschöpft hat, die ihr das Recht des Mitgliedstaats bietet, in dem diese Betriebsstätte belegen ist, und zum anderen über diese Betriebsstätte keine Einnahmen mehr erzielt, so dass keine Möglichkeit mehr besteht, dass die Verluste in diesem Mitgliedstaat berücksichtigt werden.“16 Hinsichtlich einer Konkretisierung, wann ausländische Verluste als final anzusehen sind17 entschied der BFH bereits mit Urteil vom 9.6.2010, dass eine durch den Betriebsstättenstaat erfolgte zeitliche Begrenzung des Verlustvortrags zu keiner Finalität der Betriebsstättenverluste führt.18 Können Betriebsstättenverluste hingegen aus tatsächlichen Gründen – d.h. wurden sämtliche Möglichkeiten zur Berücksichtigung von Verlusten tatsächlich ausgeschöpft – im Betriebsstättenstaat keine Berücksichtigung mehr finden, handelt es sich um finale Verluste.19 2. Grundsatz für Tochterkapitalgesellschaften durch Marks & Spencer Im Grundsatzurteil des EuGH in der Rs. Marks & Spencer im Jahr 2005 hatte der EuGH im Rahmen der britischen Konzernbesteuerung über die Frage zu entscheiden, ob das britische System der Verlustverrechnung innerhalb einer Unternehmensgrup13 Vgl. zur sog. Symmetriethese: BFH v. 9.6.2010 – I R 107/09, GmbHR 2010, 996. 14 Vgl. Fehrenbacher in Schnitger/Fehrenbacher, Kommentar Körperschaftsteuer KStG, 2. Aufl. 2018, § 8 Rz. 92. 15 Vgl. Stein/Schwarz/Nientimp/Leuven, IStR 2018, 822 (825). 16 EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 64. 17 In der wissenschaftlichen Literatur wird darauf hingewiesen, dass eine eindeutige Definition durch die europäische Rechtsprechung bislang nicht vorgenommen wurde, vgl. z. B. Gosch in Kirchhof, 17. Aufl. 2018, § 2a EStG Rz. 5a; Mitschke, Ubg 2018, 462 (469); Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, 476; Eisendle, ISR 2016, 37 (40); dazu auch: Schwenke in Baumhoff/Schönfeld, Grenzüberschreitende Verlustverrechnung, 1. Aufl. 2011, Verrechnung „finaler“ ausländischer Betriebsstättenverluste im Inland unter C.II.2; von Brocke, SAM 2018, 99 (100). A. A. wohl Schumacher, IStR 2016, 473 (478 f.), der von einer „gefestigten Rechtsprechung des EuGH“ spricht. 18 Vgl. BFH v. 9.6.2010 – I R 100/09, FR 2010, 901 (903) Rz. 12; dazu auch: Schwenke (Fn. 17) unter C.II.1; so auch: Lamprecht, IStR 2008, 766 (768 f.). 19 Vgl. BFH v. 9.6.2010 (Fn. 18), Rz. 10; zum Begriff siehe auch: von Brocke, SAM 2018, 99 (100).
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pe auf gebietsansässige Gesellschaften begrenzt bleiben kann. Denn die britischen Konzernbesteuerungsregeln ließen eine Berücksichtigung inländischer Verluste von Tochterkapitalgesellschaften bei der Ermittlung der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage zu, während bei ausländischen Tochterkapitalgesellschaften die Verlustberücksichtigung versagt wurde. Konkret ging es um in Belgien, Deutschland und Frankreich gegründete, später aber liquidierte bzw. veräußerte Tochter-/Enkelgesellschaften.20 Der EuGH prüfte einen möglichen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit i.S.d. Art. 49 AEUV.21 Im Zuge dessen führte der Gerichtshof zunächst eine Beschränkungsüberprüfung durch, in der er zu dem Ergebnis kam, dass ausländische Toch terkapitalgesellschaften gegenüber inländischen Tochterkapitalgesellschaften eine Benachteiligung erfahren.22 Somit sind die Regelungen dazu geeignet, die Niederlassungsfreiheit der Gesellschaften im Gemeinschaftsgebiet zu hindern und folglich in zunächst unzulässiger Weise zu beschränken. In einem nächsten Schritt nahm der Gerichtshof eine Rechtfertigungsprüfung vor, die darauf abzielte, zu untersuchen, ob anerkannte Gründe existieren, die eine solche Beschränkung rechtfertigen können.23 Er schlussfolgerte, dass im Grundsatz eine Rechtfertigung für die Nichtberücksichtigung der ausländischen Verluste vorliegt und berief sich dabei auf die Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse zwischen den verschiedenen Mitgliedstaaten, die Steuerfluchtgefahr sowie das Risiko einer doppelten Verlustberücksichtigung.24 Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung25 hatte der EuGH der Frage nachzugehen, ob die Regelungen in einem sinnvollen Verhältnis zu den Rechtfertigungsgründen stehen, oder ob eine Unverhältnismäßigkeit dergestalt besteht, dass die Regelungen über die Erreichung des damit verfolgten Regelungszwecks hinausgehen.26 Diesbezüglich kam der EuGH zu dem Ergebnis, dass die betreffenden Normen dem Grundsatz nach verhältnismäßig sind, wobei jedoch eine Einschränkung vorzunehmen ist. Demnach schießen die Regelungen über die Erreichung der Zielsetzung hinaus, wenn die Muttergesellschaft nachweist, dass die ausländische Gesellschaft alle Möglichkeiten zur Verlustberücksichtigung in ihrem Sitzstaat genutzt hat und darüber hinaus weder für die Gesellschaft selbst noch für einen Dritten die Möglichkeit besteht, die Verluste im Sitzstaat der Gesellschaft künftig zu nutzen.27 Konkret war der Wohnsitzmitgliedstaat der Muttergesellschaft Großbritannien demnach ausschließlich dann zur Verlustberücksichtigung ausländischer Tochterkapitalgesellschaften verpflichtet, wenn die Verluste im Entstehungsstaat nicht mehr steuerwirksam be20 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 2. 21 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 27-33. 22 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 34. 23 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 35. 24 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 43-52; Koppensteiner, ÖStZ 2018, 301 (302 f.). 25 Vgl. zur Verhältnismäßigkeitsprüfung in der europäischen Rechtsprechung insbesondere: EuGH v. 15.5.1997 – C 250/95, ECLI:EU:C:1997:239 – Futura Participations SA & Singer, IStR 1997, 366 Rz. 26; EuGH v. 11.3.2004 – C 9/02, ECLI:EU:C:2004:138 – De Lasteyrie du Saillant, FR 2004, 659 Rz. 49. 26 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 53. 27 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 53-59.
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rücksichtigt werden konnten – somit final waren – und die gebietsansässige Muttergesellschaft dies gegenüber den Steuerbehörden in Großbritannien nachweist. 3. Erweiterung auf Betriebsstätten durch Lidl Belgium In der Rs. Lidl Belgium vom 15.5.2008 befasste sich der EuGH mit der Frage, ob auch Verluste ausländischer Betriebsstätten im Sitzstaat des Stammhauses geltend gemacht werden können.28 Dabei wendete der Gerichtshof die zuvor herausgestellten Grundsätze des Urteils Marks & Spencer auch in Bezug auf ausländische Betriebsstättenverluste an.29 Im Ergebnis steht die Niederlassungsfreiheit gem. Art. 49 AEUV einer Versagung der Berücksichtigung ausländischer Verluste beim inländischen Stammhaus nicht entgegen, wenn nach einem DBA die Besteuerung im Quellenstaat erfolgt und die Verluste nicht final sind, d.h. diese Verluste zukünftig im Quellenstaat genutzt werden können.30 Im Umkehrschluss ist die Verlustnutzung einer ausländischen Betriebsstätte beim inländischen Stammhaus unter Berufung auf die Niederlassungsfreiheit nur dann möglich, wenn im Betriebsstättenstaat sog. finale Verluste vorliegen und demnach keine Option zur weiteren Nutzung der Verluste mehr gegeben ist.31 Die Intention dieser Regelung besteht vor allem in der Vermeidung einer doppelten Verlustnutzung32 sowie der Verhinderung einer willkürlichen Verlagerung der Besteuerungszuständigkeit33. Auch der BFH schloss sich mit seinem Urteil vom 17.7.2008 der Sichtweise des EuGH an.34 Die Finanzverwaltung hingegen reagierte mit einem Nichtanwendungsschreiben der Urteilsgrundsätze in vergleichbaren Fällen.35 4. Kehrtwende durch Timac Agro sowie Nordea Bank Durch das Urteil des EuGH im Fall Timac Agro vom 17.12.201536 hatte die Thematik der finalen Betriebsstättenverluste eine erhebliche Verschärfung erfahren und damit für die Praxis an Brisanz gewonnen.37 Die EuGH-Richter kamen zu dem Ergebnis, dass die Situationen inländischer und ausländischer Betriebsstätten bei einer Freistellung durch DBA als nicht miteinander vergleichbar einzustufen sind.38 Mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte schied auch eine Überprüfung eines möglichen Versto-
28 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 4), Rz. 14. 29 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 4), Rz. 27-51. 30 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 4), Rz. 54. 31 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 4), Rz. 47. 32 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 4), Rz. 35. 33 Vgl. EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 4), Rz. 52. 34 Vgl. BFH v. 17.7.2008 – I R 84/04, BStBl. II 2009, 630. 35 Vgl. BMF v. 13.7.2009 – IV B 5-S 2118-a/07/10004, BStBl. I 2009, 835. 36 EuGH v. 17.12.2015 (Fn. 8). 37 Vgl. Stein/Schwarz/Nientimp/van Leuven, IStR 2018, 822 (823). 38 Vgl. EuGH v. 17.12.2015 (Fn. 8), Rz. 65 mit Verweis auf EuGH v. 17.7.2014 – C-48/13, ECLI:EU:C:2014:2087 – Nordea Bank, NZG 2014, 957 Rz. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung.
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ßes gegen die Niederlassungsfreiheit aus, sodass eine steuerliche Diskriminierung verneint wurde.39 Grundsätzlich hat die Vergleichbarkeitsprüfung erst seit der EuGH Entscheidung in der Rs. Nordea Bank im Jahr 2014 an Bedeutung gewonnen. In dem dort zugrunde liegenden Fall hatte der EuGH festgestellt, dass sich inländische Betriebsstätten in Bezug auf Maßnahmen eines Mitgliedstaats zur Vermeidung oder Abmilderung einer Doppelbesteuerung in keiner vergleichbaren Lage mit ausländischen Betriebsstätten befinden.40 Im konkreten Fall unterlagen jedoch die ausländischen Betriebsstätteneinkünfte im Zuge des Anrechnungsverfahrens der Besteuerung im Inland, sodass auch ausländische Verluste entsprechend Berücksichtigung fanden. Der EuGH bestätigte für diesen Fall daher die Vergleichbarkeit inländischer und ausländischer Betriebsstätten.41 In der Rs. Timac Agro gelangte nun statt des Anrechnungsverfahrens das Freistellungsverfahren zur Anwendung. Demzufolge wurden die ausländischen Betriebsstätteneinkünfte im deutschen Stammhaus keiner Besteuerung unterworfen, sodass eine Vergleichbarkeit zwischen Inlands- und Auslandssachverhalt als nicht gegeben angesehen wurde.42 Infolgedessen hielt auch der BFH nicht mehr an seiner Sichtweise,43 welche auf Basis der EuGH-Rechtsprechungen in den Rs. Marks & Spencer und Lidl Belgium fußte, fest. So entnahm der BFH der EuGH Timac Agro Entscheidung, dass dieser seine bisherige Rechtsprechung zu sog. finalen Verlusten aufgegeben hätte.44
III. Finale Verluste nach dem EuGH-Urteil in der Rs. Bevola & Trock 1. Urteilsthematik und Vorlagefrage Die in Dänemark ansässige Gesellschaft Bevola (Klägerin) verfügte über eine konzern angehörige Betriebsstätte in Finnland. Als die Betriebsstätte ihre Tätigkeit in 2009 endgültig eingestellt hatte,45 beabsichtigte die Bevola die Betriebsstättenverluste von ihren Gewinnen in Dänemark abzuziehen.46 Durch das in Dänemark im betreffenden Fall zur Anwendung kommende nationale gemeinsame Steuerregime gem. § 31 des dänischen Körperschaftsteuergesetzes vom 6.6.2005 (KStG Dänemark) werden inländische Betriebsstätten und Gesellschaften, welche sich zu einer Unternehmensgruppe zusammengeschlossen haben, gemeinsam besteuert. Unberücksichtigt bleiben mangels Optierung zum internationalen gemeinsamen Steuerregime nach § 31A KStG Dänemark dabei die Gewinne und Verluste der im Ausland ansässigen Betriebsstätten und Tochtergesellschaften. Damit legt § 31 KStG Dänemark eine territoriale Be39 Vgl. EuGH v. 17.12.2015 (Fn. 8), Rz. 66; Graßl/Schmolke, Ubg 2018, 575 (575 f.). 40 Vgl. EuGH v. 17.7.2014 (Fn. 38), Rz. 24. 41 Vgl. EuGH v. 17.7.2014 (Fn. 38), Rz. 24; auch: Benecke/Staats, IStR 2016, 74 (81). 42 Vgl. EuGH v. 17.12.2015 (Fn. 8), Rz. 65. 43 Vgl. etwa: BFH v. 5.2.2014 – I R 48/11, GmbHR 2014, 607. 44 Vgl. BFH v. 22.2.2017 (Fn. 11), Rz. 37. 45 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 8. 46 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 9.
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trachtungsweise zugrunde, während § 31A KStG Dänemark auf das Welteinkommensprinzip abstellt. Die Optierung zur internationalen gemeinsamen Besteuerung der obersten Muttergesellschaft gem. § 31A Abs. 1 bis 3 KStG Dänemark steht dabei unter der Bedingung, dass alle verbundenen dänischen Gesellschaften und Betriebsstätten einer Unternehmensgruppe sowie alle verbundenen Tochterkapitalgesellschaften im Ausland und ausländischen Betriebsstätten verbindlich einzubeziehen sind. Eine weitere Voraussetzung ist die zehnjährige Bindungsfrist für die Wahl dieser Option, wobei eine vorzeitige Aufhebung der Gruppenbesteuerung gem. § 31A Abs. 3 KStG Dänemark zu einer vollständigen Nachversteuerung etwaiger zuvor berücksichtigter Verluste führen würde.47 Im konkreten Fall hatte die dänische Bevola die Möglichkeit zur Optierung zum Welteinkommensprinzip nicht gewählt, sodass im dänischen Stammhaus die Gewinne und Verluste der finnischen Betriebsstätte von der Besteuerung freigestellt wurden. Folglich verweigerten sowohl die dänische Finanzverwaltung als auch die dänische Steuerkommission unter Hinweis auf das dänische Territorialitätsprinzip gem. § 8 Abs. 2 KStG Dänemark sowie die Nichtausübung der Option gem. § 31A KStG Dänemark den Verlustabzug in Dänemark. Das dänische Gruppenbesteuerungssystem beruht demnach auf einem sog. „All-In“ oder „All-Out“ System,48 sodass ein Abzug der finnischen Betriebsstättenverluste nur dann möglich gewesen wäre, wenn die gesamten Gewinne und Verluste aller übrigen Betriebsstätten der Bevola in die Steuerbemessungsgrundlage der dänischen Bevola miteinbezogen worden wären. Vor dem Østre Landsret, einem Berufungsgericht der Region Ost in Dänemark, berief sich Bevola aufgrund einer Ungleichbehandlung von Betriebsstätten im Ausland gegenüber inländischen Betriebsstätten auf einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49 AEUV. Dabei stützte sich die Gesellschaft auf das Grundsatzurteil aus dem Jahre 2005 in der Rs. Marks & Spencer. Aufgrund der Tatsache, dass die Verluste der finnischen Betriebsstätte als final anzusehen seien, wird eine Übertragbarkeit der Marks & Spencer-Grundsätze gesehen. Weiterhin gehe die Beschränkung auch im vorliegenden Fall über das hinaus, was für die Sicherung einer angemessenen Aufteilung der Besteuerungsbefugnisse vertretbar wäre.49 Das dänische Berufungsgericht setzte die Entscheidung aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob ein Abzug von Verlusten gebietsansässiger Betriebsstätten vor dem Hintergrund der Niederlassungsfreiheit zulässig ist, wenn gleichzeitig der Abzug für Verluste von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Betriebsstätten selbst dann verwehrt wird, wenn diese Verluste final i.S.d. der Rs. Marks & Spencer50 sind und der Konzern nicht die international gemeinsame Besteuerung gewählt hat.51
47 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 1-6. 48 Vgl. Koppensteiner, ÖStZ 2018, 301 (303). 49 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 11. 50 Vgl. EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 2), Rz. 55. 51 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 12-14.
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2. Kernaussagen des EuGH-Urteils in der Rs. Bevola & Trock Im Kern dieser judikativen Entscheidung geht es um zwei zentrale Aspekte. Zum einen wird die Problematik der Vergleichbarkeit einer inländischen mit einer auslän dischen Betriebsstätte52 thematisiert und zum anderen die Frage der Bedeutung des Leistungsfähigkeitsprinzips im Kontext finaler Verluste aufgeworfen.53 Bereits der zuständige Generalanwalt Sánchez-Bordona war in seinen Schlussanträgen vom 17.1.201854 hinsichtlich der Vergleichbarkeitsprüfung zu dem Resultat gelangt, dass durch das Vorliegen finaler Verluste eine Vergleichbarkeit der grenzüberschreitenden Situation mit dem reinen Inlandsfall hergeleitet werden kann.55 Auch in Bezug auf das steuerliche Leistungsfähigkeitsprinzip betonte der Generalanwalt, dass eine Verlustberücksichtigung grenzüberschreitend geboten sei, sofern es sich um finale Verluste handelt.56 Der EuGH kam in seinen Ausführungen zunächst zu dem Ergebnis, dass eine Ungleichbehandlung vorliegt, wenn ausländische finale Betriebsstättenverluste aufgrund innerstaatlicher Normen im inländischen Stammhaus unberücksichtigt bleiben, inländische Verluste hingegen berücksichtigungsfähig sind.57 In Bezug auf den zugrundeliegenden Fall ändert vor allem auch die Tatsache, dass die dänische Gesellschaft zur internationalen gemeinsamen Besteuerung hätte optieren können, nichts an der Sichtweise des EuGH. Denn der Steuerpflichtige hat zwei stark restriktive Voraussetzungen zwingend einzuhalten. Zum einen unterliegen die gesamten Einkünfte des Konzerns, worunter vor allem auch solche von Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten zu subsumieren sind, in Dänemark der Besteuerung. Zum anderen ist der Steuerpflichtige an diese Regelung für einen Mindestzeitraum von zehn Jahren gebunden. Die Wahl der internationalen gemeinsamen Besteuerung kann die bestehende Ungleichbehandlung, welche durch § 8 Abs. 2 KStG Dänemark entsteht, nicht neutralisieren.58 Im Ergebnis ist die Beschränkung demnach geeignet dänische Gesellschaften an grenzüberschreitenden Tätigkeiten zu hindern.59 Die festgestellte Ungleichbehandlung stellt dann keinen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit dar, wenn sie Situationen betrifft, die objektiv nicht miteinander vergleichbar sind oder durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls ihre Rechtfertigung erlangen und die Rechtfertigungsgründe in einem angemessenen Verhältnis zur verfolgten Zielsetzung stehen.60 Bei der Prüfung der objektiven Vergleichbarkeit eines 52 Vgl. Schulz-Trieglaff, StuB 2018, 432 (433 f.); Schumacher, IStR 2016, 473 (477 ff.); Eisendle, ISR 2016, 37 (39 f.); Henze, ISR 2016, 397 (399); Benecke/Staats, IStR 2016, 74 (80 ff.); Schiefer, IStR 2016, 74 (79 f.); Koppensteiner, ÖStZ 2018, 301 (305 f.). 53 Vgl. Kraft, NWB 2018, 2385 (2387 f.). 54 GA Sánchez-Bordona, Schlussanträge v. 17.1.2018 – C 650/16, ECLI:EU:C:2018:15 – Bevola & Trock. 55 Vgl. GA Sánchez-Bordona, Schlussanträge v. 17.1.2018 (Fn. 54), Rz. 62; Schulz-Trieglaff, StuB 2018, 432 (433). 56 Vgl. GA Sánchez-Bordona, Schlussanträge v. 17.1.2018 (Fn. 54), Rz. 59. 57 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 24. 58 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 27. 59 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 29; in diesem Sinne auch: EuGH v. 15.5.2008 (Fn. 4), Rz. 24 f. 60 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 20.
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innerstaatlichen Sachverhalts mit einem grenzüberschreitenden Sachverhalt stellt der EuGH klar, dass diese stets unter Berücksichtigung des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels zu erfolgen hat.61 Im vorliegenden Fall soll die Regelung sowohl eine doppelte Besteuerung der Gewinne als auch einen doppelten Abzug der Verluste unterbinden.62 Der EuGH betont diesbezüglich, dass sich Gesellschaften mit einer ausländischen Betriebsstätte grundsätzlich nicht in einer Situation befinden, die mit der Situation von Gesellschaften mit inländischen Betriebsstätten vergleichbar wäre.63 Mit Blick auf die Zielsetzung – der Vermeidung des doppelten Verlustabzugs – unterscheidet sich hingegen die Situation einer Gesellschaft mit einer inländischen Betriebsstätte nicht von der Situation einer Gesellschaft mit einer ausländischen Betriebsstätte, sofern diese im Betriebsstättenstaat sämtliche Möglichkeiten der Verlustberücksichtigung ausgeschöpft hat. In diesem Kontext misst der EuGH dem bis dato in der EuGH-Rechtsprechung nur spärlich thematisierten Leistungsfähigkeitsprinzip eine bedeutende Rolle zu.64 Der Ansatz geht im Wesentlichen auf die Schlussanträge des Generalanwaltes Sánchez-Bordona zurück, der in dem Prinzip der Leistungsfähigkeit einen Grundsatz der Steuergerechtigkeit sieht.65 So wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stammhauses beeinträchtigt, wenn in einem grenz überschreitenden Kontext alle Möglichkeiten zur Verlustberücksichtigung im Betriebsstättenstaat ausgeschöpft sind und somit keine Chance für eine steuerliche Berücksichtigung der betreffenden Verluste mehr besteht. Aufgrund dieser verringerten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit muss gewährleistet sein, dass auch die Steuerlast an die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der steuerzahlenden Gesellschaft angepasst wird.66 Im Übrigen gelten entsprechende Argumentationslinien auch für Konzernstrukturen mit Tochterkapitalgesellschaften, sofern eine Verlustfinalität eingetreten ist.67 Daraus kann die Anerkennung eines grenzüberschreitenden Leistungsfähigkeitsprinzips durch den EuGH abgeleitet werden.68 Im Zuge einer Rechtfertigungs- und Verhältnismäßigkeitskontrolle prüft der EuGH, ob zwingende Gründe des Allgemeininteresses vorliegen, die eine Nichtberücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste rechtfertigen würden. Dabei erkennt er vor allem die Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten, die Kohärenz des dänischen Steuersystems sowie die Verhinderung einer doppelten Ver61 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 32; jüngst bestätigt durch das Urteil der Ersten Kammer des EuGH v. 4.7.2018 – C 28/17, ECLI:EU:C:2018:526 – NN A/S, IStR 2018, 810 Rz. 31. 62 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 36; auch: Heckerodt, IWB 2018, 521 (526). 63 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 37; jüngst bestätigt durch EuGH v. 4.7.2018 (Fn. 61), Rz. 33. 64 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 39; weiterhin auch: Kraft, NWB 2018, 2384 (2388) der von einem bislang spärlich thematisierten Argumentationstopos des Leistungsfähigkeitsprinzips spricht; Dobratz, IStR 2017, 1006 (1007) vertritt sogar die Auffassung, dass der EuGH die Geltung des Leistungsfähigkeitsprinzips bislang nicht anerkannt habe. 65 Vgl. GA Sánchez-Bordona, Schlussanträge v. 17.1.2018 (Fn. 54), Rz. 37. 66 Vgl. GA Sánchez-Bordona, Schlussanträge v. 17.1.2018 (Fn. 54), Rz. 38; EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 39 und 49 f.; auch Kopec/Wellmann, ISR 2019, 7 (11). 67 Vgl. Kraft, NWB 2018, 2384 (2388); EuGH v. 4.7.2018 (Fn. 61), Rz. 35. 68 Vgl. Heckerodt, IWB 2018. 521 (526 f.).
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lustberücksichtigung als Rechtfertigungsgründe an.69 Dennoch kommt der EuGH im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass Dänemark die ausländischen Verluste dann berücksichtigen muss, wenn es sich um finale Verluste i.S.d. Rs. Marks & Spencer handelt.70 Genaue Anforderungen, wann von einer Finalität der Verluste auszugehen ist, gibt der EuGH auch in dieser Entscheidung nicht.71 Vielmehr liegt die Kompetenz diesbezüglich bei den nationalen Gerichten.72 Die Nachweispflicht für eine vorliegende Finalität der Verluste obliegt dabei der Gesellschaft, welche die Verlustberücksichtigung begehrt.73 3. Überlegungen für die Praxis Zum einen wurde im Hinblick auf das Vergleichbarkeitsproblem zwischen dem Inlands- und Auslandsfall klargestellt, dass sich ein grenzüberschreitend agierendes Unternehmen in Bezug auf die Zielsetzung einen doppelten Abzug seiner Verluste zu vermeiden, nicht in einer Situation befindet, die sich von der eines rein nationalen Unternehmens unterscheidet, sofern die betreffenden Verluste im Betriebsstättenstaat nicht mehr berücksichtigungsfähig sind.74 Zum anderen betont der Gerichtshof, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Stammhauses bei Bestehen finaler Verluste einer ausländischen Betriebsstätte in gleicher Weise verringert sei wie durch Verluste einer inländischen Betriebsstätte.75 Eine Versagung der Abzugsfähigkeit finaler Verluste i.S.d. Marks & Spencer Rechtsprechung bei Freistellungsbetriebsstätten erweist sich damit als nicht (mehr) tragbar76 und auch von Seiten des EuGH nicht gewollt.77 Zu bedenken ist, dass dem Urteil eine Versagung der Verlustberücksichtigung aufgrund nationaler Regelungen zugrunde lag. Demnach stellt sich die Frage, ob die vorgenannten Grundsätze uneingeschränkt auch auf Fälle der DBA-Freistellungsbetriebsstätten übertragbar sind.78 Diese Fragestellung ist u. E. zu bejahen, da der EuGH ausführt, dass die Vergleichbarkeitsprüfung unter Berücksichtigung des Zwecks der nationalen Normen zu erfolgen hat.79 Sowohl die unilaterale Regelung Dänemarks als 69 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 41, 44 und 52 f. 70 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 59. 71 So wurde dies bereits bei den vorherigen EuGH Entscheidungen kritisiert, vgl. etwa: Trossen, Ubg 2018, 462 (472); von Brocke, DStRK 2018, 191 (191). 72 So auch Schlücke, FR 2018, 643 (649); bereits: EuGH v. 21.2.2013 – C 123/11, ECLI:EU: C:2013:84 – A Oy, GmbHR 2013, 321 Rz. 54. 73 Vgl. Kopec/Wellmann, ISR 2019, 7 (15); bereits: Heurung/Engel/Bresgen, GmbHR 2013, 638 (638 f.). 74 Vgl. Kraft, NWB 2018, 2384 (2388). 75 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 39. 76 Vgl. Kraft, NWB 2018, 2384 (2389); kk, kösdi 2018, 20812 (20812). 77 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 35 aus der hervorgeht, dass der EuGH seine frühere Entscheidung in der Rs. Timac Agro missverstanden sieht. 78 Für die Anwendung der Grundsätze bei DBA-Freistellungen etwa: FG Hessen v. 4.9.2018 – 4 K 385/17, EFG 2018, 1876 (anhängig beim BFH unter Az. I R 32/18); Kopec/Wellmann, ISR 2019, 7 (14). 79 Vgl. EuGH v. 12.6.2018 (Fn. 9), Rz. 32.
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auch die DBA-Regelung haben zum Ziel eine doppelte Gewinnbesteuerung bzw. doppelte Verlustberücksichtigung zu vermeiden. Dadurch liegt in beiden Fällen ein identischer Normzweck vor, sodass es diesbezüglich unerheblich ist, ob die Freistellung aus der Anwendung des nationalen Rechts oder des DBA-Rechts erfolgt.80 Anderenfalls würden Staaten, die das Territorialitätsprinzip anwenden aufgrund der zu bejahenden Vergleichbarkeit von dem Risiko der Berücksichtigung finaler Verluste erfasst, während Staaten, die die DBA-Freistellungsmethode anwenden, keine finalen Verluste ausländischer Betriebsstätten zu berücksichtigen hätten.81 Für die Praxis bleibt letztendlich vor allem abzuwarten, wie der BFH in den anhängigen Verfahren82 bezüglich DBA-Freistellungsbetriebsstätten entscheiden wird. Fraglich ist, ob der BFH die Bevola & Trock Rechtsprechung auch auf DBA-Freistellungsbetriebsstätten analog anwendet oder ob er dem EuGH sogar erneut die Frage vorlegt, ob die Nichtberücksichtigung von finalen Verlusten aus DBA-Freistellungsbetriebsstätten gegen Unionsrecht verstößt.83 Denn die Tatsache, dass der EuGH seine bisherigen Ausführungen zur Vergleichbarkeitsprüfung in der Rs. Timac Agro nicht revidiert, sorgt für Unklarheit.84 Seit der Bevola & Trock-Entscheidung wird in der Literatur das Verlangen nach einer unionsrechtskonformen Regelung zur Verrechnung von finalen Betriebsstättenverlusten geäußert.85 Die Berücksichtigungsmöglichkeit kann vor allem von bestimmten Nachweiserfordernissen des Steuerpflichtigen abhängig gemacht werden.86 Dies könnte etwa nach dem Vorbild Großbritanniens geschehen. So hatte Großbritannien nach der EuGH Entscheidung in der Rs. Marks & Spencer unionskonforme Normen87 geschaffen, die unmittelbar nach Ende des Steuerzeitraums, in dem die Verluste entstanden sind, eine fristgebundene Feststellung verlangen.88 Insbesondere stellt die unmittelbar nach dem Ende des Steuerzeitraums verpflichtende Feststellung, ob Verluste
80 Vgl. Kopec/Wellmann, ISR 2019, 7 (12); Heckerodt/Schulz, DStR 2018, 1457 (1464), Kahlenberg, Ubg 2018, 462 (471); dafür spricht auch: BFH v. 9.6.2010 (Fn. 13), Rz. 28 unter Bezug auf EuGH v. 13.12.2005 (Fn. 3), Rz. 39 f.; a. A. Mitschke, Ubg 2018, 462 (469), der die Auffassung vertritt, dass die Vergleichbarkeitsüberprüfung auf Basis nationalen Rechts zu erfolgen habe, sodass die Bevola & Trock Entscheidung einzig auf unilateral freigestellte Betriebsstättenverluste anzuwenden sei. 81 Vgl. Kopec/Wellmann, ISR 2019, 7 (15). 82 Anhängig beim BFH unter Az. I R 17/16, I R 48/17, I R 49/17 und I R 32/18. 83 Vgl. ebenso: Kopec/Wellmann, ISR 2019, 7 (16). 84 Vgl. Müller, ISR 2018, 281 (283); von Brocke, DStRK 2018, 191 (191). 85 Vgl. Heckerodt/Schulz, DStR 2018, 1457 (1463 f.); Heckerodt, IWB 2018, 521 (527 f.); Kahlenberg, Ubg 2018, 462 (471); Schlücke, FR 2018, 643 (649); Brandis, DStR 2018, 2051 (2057 f.). 86 Vgl. Gosch (Fn. 10), § 2a EStG Rz. 5a; Heckerodt, IWB 2018, 521 (528). 87 EuGH v. 3.2.2015 – C 172/13, ECLI:EU:C:2015:50 – Kommission/Vereinigtes Königreich, DStR 2015, 337. 88 Vgl. Sec. 119(4) CTA 2010; Heckerodt, IWB 2018, 521 (528).
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final sind, keine allzu große Hürde für den Steuerpflichtigen dar.89 Gesetzliche Anpassungen durch den deutschen Steuergesetzgeber sind daher wünschenswert.90
IV. Fazit Nach Ergehen des Bevola & Trock-Urteils dürfte zumindest geklärt sein, dass die pauschale Annahme, dass In- und Auslandsfall als nicht miteinander vergleichbar anzusehen sind, unzutreffend ist. Fraglich bleibt, ob die erfolgten Argumentationslinien analog auch auf finale Verluste in Fällen von DBA-Freistellungsbetriebsstätten übertragbar sind. U. E. dürfte dies der Fall sein. So stellt der EuGH fest, dass die objektive Vergleichbarkeit des In- und Auslandsfalls an dem mit den Regelungen verfolgten Ziel zu prüfen sei. Da sowohl das nationale Recht als auch das DBA-Recht die gleiche Absicht verfolgen – nämlich die Vermeidung einer doppelten Gewinn- bzw. Verlustberücksichtigung – dürfte in beiden Fällen ein identischer Normzweck vorliegen. Weiterhin misst der EuGH im Zusammenhang mit endgültigen Verlusten dem steuerlichen Leistungsfähigkeitsprinzip auf unionsrechtlicher Ebene einen hohen Stellenwert bei. Er führt aus, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Stammhauses bei Existenz finaler Verluste einer ausländischen Betriebsstätte in gleicher Weise verringert sei wie durch endgültige Verluste einer inländischen Betriebsstätte. Hinsichtlich einer unionsrechtskonformen Regelung zur Verrechnung von finalen Betriebsstättenverlusten auf nationaler Ebene wäre eine Ausgestaltung nach dem Vorbild Großbritanniens denkbar. Spätestens seit der Bevola & Trock Entscheidung wächst der Druck auf den deutschen Gesetzgeber. Abzuwarten bleibt, wie der BFH in seinen vier anhängigen Verfahren zu finalen Verlusten aus DBA-Freistellungsbetriebsstätten entscheiden wird. Unabhängig davon, ob er dem EuGH eine erneute Vorlagefrage in Bezug auf DBA-Fälle vorlegt oder nicht, sollten Steuerpflichtige, die seit Ergehen der restriktiven Timac Agro Entscheidung den Kampf um die finalen Verluste mit der Finanzverwaltung als verloren sahen, ihre Fälle im Lichte der Bevola & Trock Entscheidung erneut prüfen. Denn die Rechtsfigur der finalen Verluste wird auch weiterhin Gegenstand intensiver und kontroverser Diskussionen bleiben.
89 Vgl. EuGH v. 3.2.2015 (Fn. 87), Rz. 35 f. 90 Vgl. Heckerodt, IWB 2018, 521 (528).
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Auswirkungen einer möglichen Digitalsteuer auf die Verrechnungspreise Inhaltsverzeichnis I. Erste Überlegungen zur Digitalsteuer
IV. Digitalsteuer in Frankreich
II. Probleme bei digitalen Geschäfts modellen
V. Mögliche Auswirkungen auf die Verrechnungspreise
III. Richtlinienvorschläge der EU-Kommission
VI. Fazit
I. Erste Überlegungen zur Digitalsteuer In der internationalen Steuerpolitik gilt der Grundsatz, dass ein Staat ein Unternehmen nur dann besteuern kann, wenn dieses eine Betriebsstätte in dem jeweiligen Staat hat. Dabei können Betriebsstätten in zwei oder mehreren Staaten liegen und damit eine Gewinnabgrenzung erforderlich machen. Das Interesse an einer Verhinderung steuerlich nicht erwünschter Ergebnisverlagerungen hat viele Staaten zur Aufstellung von Vorschriften veranlasst, die eine sachgerechte regionale Abgrenzung der Steuerbemessungsgrundlagen gewährleisten sollen. Diese Vorschriften beruhen auf dem Grundsatz des „dealing at arm´s length“, d.h. dem Grundsatz des Fremdvergleichs, der in den letzten Jahrzehnten als Generalklausel zur Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen Eingang in das internationale Steuerrecht gefunden hat.1 Bei digitalen Unternehmen fehlt es sehr häufig an einer Betriebsstätte im jeweiligen Land. Entsprechend können sie das Steuersatzgefälle zwischen den Staaten nutzen. Dies führte zu Überlegungen, eine Besteuerung in der Europä ischen Union (EU) auch ohne das Bestehen einer Betriebsstätte zu ermöglichen. Nach einer informellen Sitzung des „Rates Wirtschaft und Finanzen der Europäischen Union“ (ECOFIN) am 15. und 16.9.2017 in Tallinn, Estland wurden deshalb neben der Reform der Regeln zur Körperschaftsbesteuerung auch kurzfristige Maßnahmen vorgeschlagen, die an den Umsatz digitaler Unternehmen anknüpfen.2 Mit einem gemeinsamen Kommuniqué hatten unter besonderer Initiative von Deutschland und Frankreich insgesamt zehn Mitgliedstaaten die EU-Kommission gebeten, rechtliche Rahmenbedingungen und Ausgestaltungsoptionen zur Einführung einer EU-Ausgleichsteuer auf digitale Umsätze zu prüfen. Ziel war es, eine angemessene Besteue1 Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen, 1986, S. 1. 2 Monatsbericht des BMF Oktober 2017, Europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik, Rückblick auf die Sitzungen der Eurogruppe und des informellen ECOFIN-Rats am 15./16. September 2017 in Tallinn, Estland, S. 72 ff.
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rung digitaler Unternehmen, insbesondere US-amerikanischer Konzerne, in der EU sicherzustellen.3
II. Probleme bei digitalen Geschäftsmodellen Steuerliche Gewinnverlagerungen werden durch die technischen Besonderheiten digitaler Geschäftsmodelle begünstigt.4 Im Fall Google fungiert beispielsweise eine irische Tochtergesellschaft als Vertragspartnerin der Anzeigekunden in der EU. Aufgrund des Internetgeschäfts kommt Google dabei grundsätzlich ohne physische Präsenz im Ansässigkeitsstaat der Werbekunden aus. Deshalb entstehen dort auch keine (Ertrag-)Steuern. Die nach Irland gezahlten Werbeeinnahmen werden von dort als Lizenzzahlungen über die Niederlande auf die Bermudas verlagert, wo sie im Ergebnis unbesteuert bleiben. Dieses Modell soll u. a. auch bei anderen Internetunternehmen zur Anwendung kommen. Da bislang alle auf EU-Ebene unternommenen Versuche zur Vermeidung einer steuerfreien Weiterleitung von Lizenzgebühren aus der EU in Steueroasen, wie sie in oben genanntem Modell durch die Niederlande ermöglicht wird, erfolglos geblieben sind, wurden nun neue Lösungsansätze gesucht. Dazu hatte Frankreich einen Vorschlag zur Einführung einer EU-Ausgleichsteuer auf digitale Umsätze unterbreitet, der Grundlage der oben genannten Prüfbitte an die EU-Kommission war. Diese Ausgleichsteuer sollte alle internetbasierten Geschäftsaktivitäten (Online-Handel, Online-Werbung, Online-Vermittlung, Online-Nutzung u. a.) umfassen und die daraus resultierenden Umsätze (nicht Gewinne) besteuern. Die Steuer sollte direkt von der EU erhoben werden und einen Ausgleich für entgangene Körperschaftsteuereinnahmen darstellen. Für Unternehmen, die bereits Körperschaftsteuer in der EU zahlen, sollte die Ausgleich- auf die Körperschaftsteuer anrechenbar sein, um (einheimische) EU-Unternehmen mit digitalen Geschäftsaktivitäten nicht zusätzlich zu belasten. Die Steuereinnahmen sollten auf die Mitgliedstaaten nach einem Umsatzschlüssel verteilt werden. Die Bundesregierung unterstützte den französischen Vorschlag grundsätzlich, betonte dabei aber, dass das oben genannte Kommuniqué nicht als direkte Aufforderung zur Einführung einer Ausgleichsteuer, sondern als echter Prüfauftrag an die EU-Kommission zu verstehen sei, da zahlreiche Einzelfragen noch ungeklärt seien. Erörterungsbedarf bestand insbesondere hinsichtlich folgender Fragen: –– Soll es sich wirklich um eine von der EU zu erhebende Steuer handeln? –– Dies ist bislang nicht möglich und wäre ein Novum. –– Bestünde anderenfalls eine entsprechende Rechtsetzungsbefugnis zur Erhebung einer neuen Steuerart in Deutschland? Wäre dazu eine Änderung des Grundgesetzes erforderlich?
3 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat v. 21.9.2017, COM(2017) 547 final. 4 Pinkernell, ifst-Schrift Nr. 494 (2014).
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–– Würde die Steuerbelastung auf den Verbraucher überwälzt werden? Kann dies verhindert werden? –– Gelänge eine vollständige und unbürokratische Anrechnung auf die Körperschaftsteuer, um Zusatzbelastungen für EU-Unternehmen mit digitalen Geschäftsakti vitäten, die ihren Körperschaftsteuerverpflichtungen regulär nachkommen, zu verhindern? Bei – auch für Startups typischen – Anfangsverlusten wäre beispielsweise keine Anrechnung möglich, da keine Körperschaftsteuer anfällt. Die Ausgleichsteuer wäre dann eine Definitivbelastung. –– Wie hoch wäre die bürokratische Zusatzbelastung für diese Unternehmen, die nicht zur eigentlichen Zielgruppe der Ausgleichsteuer zählen? –– Werden digitale Geschäftsmodelle durch eine Ausgleichsteuer insgesamt benachteiligt und Innovationen behindert? Parallel prüfte die EU-Kommission Alternativoptionen wie die Einführung einer digitalen Werbesteuer, die im Gegensatz zur Ausgleichsteuer nur auf internetbasierte Werbeumsätze anfiele sowie die Einführung einer Abgeltungsteuer für Zahlungen nur an EU-ausländische Anbieter digitaler Dienstleistungen. Im Dezember sollten auf Basis der Arbeitsergebnisse der EU-Kommission Ratsschlussfolgerungen verabschiedet werden. Die EU-Kommission selbst ging davon aus, im Frühjahr 2018 einen Richtlinienentwurf zu veröffentlichen. Dieser bedurfte der Zustimmung aller Mitgliedstaaten. Aus deutscher Sicht sollten die Auswirkungen und Zusatzbelastungen auf deutsche Unternehmen mit digitalen Geschäftsaktivitäten sorgfältig erörtert und vermieden werden. Dies könnte zuverlässig aber erst erfolgen, wenn weitere Details bekannt wären. Digitalisierungsprozesse in der deutschen Wirtschaft sollten durch die neue Steuer nicht behindert werden. Ggf. wären Optionen, die lediglich Zahlungen an EU-ausländische Anbieter erfassen, vorzugswürdig.
III. Richtlinienvorschläge der EU-Kommission Am 18.3.2018 hatte die EU-Kommission ihre Überlegungen konkretisiert und zwei Richtlinienvorschläge an den Europäischen Rat übermittelt. Danach sollte langfristig der Betriebsstättenbegriff um eine „signifikante digitale Präsenz“ erweitert werden.5 Als Interimslösung schlug die EU-Kommission die Einführung einer Digitalsteuer auf die Umsätze aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen vor. Der Richtlinienentwurf zur Einführung einer Digitalsteuer enthielt folgende Kern elemente:6
5 Proposal for a council directive laying down rules relating to the corporate taxation of a significant digital presence. 21 March 2018, COM(2018) 147 final, Brüssel. 6 Proposal for a council directive laying down rules relating to the corporate taxation of a significant digital presence. 21 March 2018, COM(2018) 148 final, Brüssel.
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–– Eine eng gefasste Bemessungsgrundlage mit Umsätzen aus digitalen Geschäftsaktivitäten, die mit einer durch den Nutzer erbrachten Wertschöpfung verbunden sind: –– Verwendung von Nutzerdaten, um Online-Werbeplätze anzubieten (z.B. Facebook, Google, Instagram) und Verkauf solcher Nutzerdaten sowie –– Leistungen von Vermittlungsplattformen und Marktplätzen (z.B. Airbnb, Uber), durch die Nutzer in direktem Kontakt zueinander stehen können. –– Die Steuerpflicht tritt ein wenn: –– oben genannte Umsätze von Unternehmen mit weltweitem Konzernumsatz von mehr als 750 Mio. Euro p.a. erzielt werden und –– oben genannte innerhalb der EU erzielte Umsätze größer als 50 Mio. Euro p.a. sind. –– Der Steuersatz sollte 3 % des Umsatzes (Steueraufkommen Gesamt-EU: 5 Mrd. Euro p.a.) betragen. Die EU-Kommission ging von ca. 130 betroffenen Konzernen aus. Die Digitalsteuer sollte als Zwischenlösung grundsätzlich nur solange erhoben werden, bis eine Einführung einer sogenannten digitalen Betriebsstätte erfolgt sei. Um den parallel dazu auf G20- und OECD-Ebene laufenden Diskussionsprozess zu beschleunigen, hatte die Kommission einen entsprechenden zweiten Richtlinien-Entwurf mit eigenen Krite rien für eine digitale Betriebsstätte vorgelegt.7 Die Idee der digitalen Betriebsstätte basiert auf der Annahme, dass in digitalen Geschäftsmodellen gewinnerhöhende Wertschöpfungsbeiträge auch durch den Nutzer erbracht werden. In dessen Ansässigkeitsstaat besteht mangels physischer Präsenz des Unternehmens in Form einer Betriebsstätte aber vielfach kein Anknüpfungspunkt für die Besteuerung. Dem soll die Einführung einer digitalen Betriebsstätte entgegenwirken. Der Richtlinien-Vorschlag zur Einführung einer Digitalsteuer basierte auf einer französischen Initiative, zu deren grundsätzlicher Unterstützung sich die Bundesregierung im Verhältnis zu Frankreich verpflichtet fühlte. Aufgrund rechtlicher und wirtschaftspolitischer Risiken konnte der Richtlinien-Entwurf gleichwohl auch kritisch beurteilt werden: –– Es wäre eine Grundgesetzänderung nötig, um die Steuer in Deutschland einzuführen. –– Eine Betroffenheit deutscher Unternehmen (auch in den klassischen Industriezweigen) könnte trotz des engen Anwendungsbereichs nicht vollständig ausgeschlossen werden.
7 Proposal for a council directive on a common system of a digital services tax on revenues resulting from the provision of a certain digital service. 21 March 2018, COM(2018) 148 final, Brüssel.
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–– Unabhängig von der Betroffenheit deutscher Unternehmen wäre das Risiko der Weitergabe der Digitalsteuer über höhere Gebühren an Plattform- oder Marktplatzhändler beziehungsweise über höhere Preise an den Kunden zu berücksichtigen. Dies könnte sich zulasten kleiner und mittlerer Unternehmen auswirken, da große Händler nicht auf Intermediäre angewiesen sind. Wichtig war, dass der Digitalisierungsprozess in der deutschen Wirtschaft nicht behindert würde. Deutschland hatte sich deshalb gegenüber der EU-Kommission der Europäischen Union bereits intensiv für einen engen Anwendungsbereich der Steuer eingesetzt. Positiv war, dass nicht – wie ursprünglich diskutiert – alle digitalen Umsätze, insbesondere nicht der Online-Vertrieb eigener Produkte und Dienstleistungen sowie Online-Medienangebote, Streaming, Online Gaming und Cloud Computing Services erfasst werden sollten. Deutschland hatte zudem gegenüber der EU-Kommission der Europäischen Union versucht, den Anwendungsbereich auf digitale Werbeumsätze zu beschränken und Umsätze aus Online-Plattformen und -Marktplätzen nicht zu erfassen, war damit aber am Widerstand Frankreichs gescheitert, das die Bemessungsgrundlage eher weiter ausdehnen wollte. Zur sogenannten digitalen Betriebsstätte war ein international auf OECD-Ebene abgestimmtes Vorgehen unerlässlich, um ein „level playing field“ sicherzustellen und einen EU-Alleingang zu vermeiden. Deutschland hatte sich aktiv am Diskussionsprozess auf OECD-Ebene beteiligt. Der zweite Richtlinien-Vorschlag der KOM war daher lediglich als Diskussionsbeitrag zu verstehen. Aus deutscher Sicht bestanden fiskalische, wirtschaftspolitische sowie finanzverfassungsrechtliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Digitalsteuer. Über die Digitalsteuer konnte auf dem Dezember-ECOFIN kein Konsens erzielt werden. Dort hatten Deutschland und Frankreich in Anknüpfung an die „Meseberg-Erklärung“ vom 19.6.2018 eine gemeinsame Erklärung vorgelegt, dass noch vor März 2019 eine Digitalsteuer verabschiedet werden sollte, allerdings mit einem nur auf Online-Werbung reduzierten Anwendungsbereich8. Den Mitgliedstaaten stehe es darüber hinaus frei, andere digitale Dienstleistungen zu besteuern. Diese Erklärung wurde am Rande des G20-Gipfels zwischen Bundeskanzlerin Merkel, Bundesfinanzminister Scholz und Frankreichs Präsident Macron vereinbart. Die österreichische Präsidentschaft hatte diesen Vorschlag aufgenommen und den Richtlinien-Entwurf zur Digitalsteuer in eine Digital Advertising Tax (DAT) umgearbeitet. Die rumänische Präsidentschaft führte die Verhandlungen auf dieser Grundlage fort, wonach die Richtlinie bis zum 31.12.2021 in nationales Recht umgesetzt werden und bis Ende 2025 Anwendung finden sollte. Auf OECD-Ebene werden die Ergebnisse zur fairen Besteuerung der Digitalwirtschaft bereits 2020 erwartet, so dass auf dieser Grundlage eine Anwendung der – ohnehin nur als Zwischenlösung gedachten – Digitalsteuer abgewendet werden könnte. Die Mitgliedstaaten müssten dazu die Nichtanwendung der Richtlinie beschließen.
8 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA). Pressemitteilung 214, 19.6.2018.
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Bei der Ratssitzung im Januar 2019 hatten sich einerseits viele Mitgliedstaaten enttäuscht über den Anwendungsbereich der DAT im Vergleich zur Digitalsteuer und damit verbundener geringerer Steuereinnahmen (ca. 1,1 Mrd. Euro anstelle von ca. 4 Mrd. Euro) gezeigt. Eine Senkung der Schwellenwerte für betroffene Unternehmen auf Grundlage einer von der EU-Kommission neu durchzuführenden Folgeab schätzung wurde verworfen. Auf der anderen Seite standen grundsätzliche Kritiker (Dänemark, Schweden, Finnland und Irland). Eine Annahme der DAT auf dem März-ECOFIN konnte daher angesichts der erforderlichen Einstimmigkeit nicht erwartet werden. Frankreich hatte deshalb angekündigt – ungeachtet der Entwicklungen auf EU-Ebene und parallel zu den Arbeiten auf OECD-Ebene – rückwirkend zum 1.1.2019 eine eigene Digitalsteuer einzuführen. Aufgrund der gemeinsamen Erklärung hatte sich Deutschland zusammen mit Frankreich dafür eingesetzt, dass über die Richtlinie im ECOFIN am 12.3.2019 abgestimmt wurde. Hinzu kam, dass das die letzte Beschlussmöglichkeit vor den Wahlen zum Europäischen Parlament gewesen wäre. Die Digitalsteuer war zunächst nur als Aussprachepunkt durch die rumänische EU-Präsidentschaft vorgesehen, wurde jedoch entsprechend angepasst (political agreement). Bei der Sitzung des ECOFIN am 12.3.2019 war die Einführung der Online Werbesteuer am Widerstand einiger EU–Finanzminister gescheitert. Irland, Dänemark, Finnland und Schweden stellten sich gegen die Initiative. Nach Angaben der rumänischen EU – Ratspräsidentschaft soll das Vorhaben erst wieder aufgegriffen werden, wenn bis Ende 2020 eine solche Steuer auf EU-Ebene nicht vereinbart wird.9
IV. Digitalsteuer in Frankreich Da die Digitalsteuer auf europäischer Ebene gescheitert war, beschloss Frankreich eine nationale Digitalsteuer einzuführen. Der am 6.3.2019 vom französischen Finanzminister Le Maire vorgelegte Entwurf für ein Gesetz zur Besteuerung digitaler Dienstleistungen10 wurde durch das französische Kabinett und am 8.4.2019 in erster Lesung von der französischen Nationalversammlung beschlossen.11 Der Entwurf orientiert sich im Wesentlichen an den Vorgaben des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission und sieht eine Steuerpflicht für Unternehmen vor, deren weltweite Umsätze mehr als 750 Mio. Euro betragen und die gleichzeitig in Frankreich Umsätze von mehr als 25 Mio. Euro erzielen. Der Steuersatz soll drei Prozent betragen; zuletzt war ein progressiver Tarif von bis zu fünf Prozent in der Diskussion. Der Steuersatz soll angewendet werden auf alle seit dem 1.1.2019 erzielten Erlöse aus Onlinewerbung, aus dem Verkauf von Daten zu Werbezwecken sowie auf die von Vermittlungsplattformen erzielten Erlöse. Der französische Gesetzentwurf geht damit über die mit Deutschland vereinbarte gemeinsame Erklärung für eine Besteuerung von Online 9 Faz-net v. 12.3.2019, „Europäische Digitalsteuer ist gescheitert“. 10 Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 6.3.2019 „Frankreich macht mit nationaler Digitalsteuer Ernst“. 11 Frankfurter Allgemeine Zeitung v.10.4.2019, 18, „Paris verabschiedet Digitalsteuer“.
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werbeerlösen hinaus. Die Digitalsteuer soll bei der Ermittlung des körperschaftsteuerlichen Gewinns als Betriebsausgabe abzugsfähig sein. Erwartet werden Einnahmen in Höhe von 500 Mio. Euro (mit steigender Tendenz); hiervon sollen im Jahr 2019 400 Mio. Euro im Staatshaushalt kassenwirksam werden. Der französische Finanzminister Le Maire hatte darauf hingewiesen, dass von dem Gesetzentwurf nach aktuellem Stand ca. 30 Unternehmen betroffen sein würden. Neben den Internetgiganten aus den USA und China würden auch Unternehmen aus Großbritannien, Deutschland und Spanien und nur ein Unternehmen aus Frankreich von der Steuer erfasst. Die nationale Digitalsteuer soll, ähnlich der Umsatzsteuer, von den betroffenen Unternehmen ermittelt, jährlich bis Ende April erklärt und mit zwei Vorauszahlungen und ggfs. entsprechenden Abschlusszahlungen entrichtet werden. Für das Steuerjahr 2019 ist nur eine Vorauszahlung auf Basis entsprechender Umsatzerlöse aus dem Jahr 2018 zu leisten. Finanzminister Le Maire wies darauf hin, dass die nationale Digitalsteuer nur solange erhoben werde, bis man sich auf OECD-Ebene beim Thema Mindestbesteuerung verständigt habe. Der Minister erneuerte zugleich seine Forderung an andere EU-Mitgliedstaaten, sich im ECOFIN-Rat auf eine gemeinsame Position für eine faire Besteuerung der Digitalunternehmen zu verständigen.
V. Mögliche Auswirkungen auf die Verrechnungspreise Die Bemühungen eine Digitalsteuer einzuführen zeigen, dass der Ort der Besteuerung und der Ort der Wertschöpfung übereinstimmen sollten. Dieser Ansatz steht auch im Mittelpunkt der OECD-Initiative gegen „Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)“. Wenn aber Produzenten und Konsumenten eines Gutes in unterschiedlichen Ländern ansässig sind, hilft das Kriterium des Ortes der Wertschöpfung nicht weiter. Es gibt weder ohne Produzenten noch ohne Konsumenten Wertschöpfung. Damit stellt sich die Frage, wie das Recht zur Besteuerung der erzielten Einkünfte zwischen den Ländern des Produzenten und der Konsumenten aufzuteilen ist.12 Im Folgenden werden dazu zwei Lösungsansätze zu den Verrechnungspreisen bei digitalen Dienstleistungen dargestellt. Eine Möglichkeit wäre, aufgrund der wachsenden Bedeutung von digital-partizipativen Geschäftsmodellen grundlegend neue internationale Steuerverteilungsmaßstäbe zu entwickeln, bei denen es darum geht, im Ansässigkeitsstaat des Kunden durch Datenlieferung gegebenenfalls generierte Wertschöpfung dort auch besteuern zu können. Dafür könnte der geltende Betriebsstättenbegriff des OECD-Musterabkommens13 in Richtung einer sog. digitalen Betriebsstätte – „signifikante digitale Präsenz“14 – weiterentwickelt werden (am Beispiel Google: Wer die Suchmaschine nutzt, liefert Daten über Vorlieben, Verbrauchsgewohnheiten und Vorhaben. Google nutzt diese Infor12 Die Besteuerung der Digitalwirtschaft. ifo-Studie im Auftrag der IHK für München und Oberbayern, 2018, S. 7. 13 Model Tax Convention on Income and on Capital: Condensed Version 2017. 14 COM(2018) 147 final, Brüssel (Fn. 5).
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mationen, um seinen Algorithmus zu verbessern. Die Daten könnten daher Bestandteil der Wertschöpfung sein). Dies zielt darauf ab, Gewinne, die in einem Staat erwirtschaftet werden, auch ohne eine physische Präsenz eines Unternehmens dort zu besteuern.15 Bislang werden die US-amerikanischen Internetriesen aufgrund ihrer mangelnden physischen Präsenz in Form einer Betriebsstätte gerade nicht oder nur geringfügig in den Ansässigkeitsstaaten der Kunden ertragsbesteuert. Aufgrund der zunehmenden Verflechtung traditioneller und digitaler Wirtschaftsbereiche in Verbindung mit der starken deutschen Exportorientierung wäre mit diesem Konzept für Deutschland das Risiko verbunden, in nennenswertem Umfang Steuersubstrat zu verlieren. Nicht unbegründet wäre beispielsweise die Argumentation, Fahrer deutscher PKW im Ausland würden mit ihren Autofahrten und den in diesem Rahmen erzeugten Daten auch dem deutschen Konzern relevante Weiterentwicklungshinweise geben und damit Bestandteil der Wertschöpfung sein. Zur Umsetzung dieses Konzepts müssten Regeln zur Bestimmung von Verrechnungspreisen entwickelt werden, mit deren Hilfe die Gewinnanteile der digitalen Betriebsstätten bzw. digitalen Präsenzen, an denen die Ertragsbesteuerung anknüpfen würde, ermittelt werden können.16 Auch der Datenschutz spielt in der digitalen Welt eine große Rolle. „Wenn der Ort der Inanspruchnahme durch die Nutzer Grundlage der Besteuerung und der Aufteilung des Steueraufkommens sein soll, dann muss genau verfolgt und festgehalten werden, wo die Nutzer sich jeweils befinden, wenn sie welche Webseiten aufrufen“.17 Eine weitere Möglichkeit ergäbe sich durch Anwendung der „Gewinnaufteilungs methode (Profit-Split)“.Die Gewinnaufteilungsmethode wird in den OECD-Ver rechnungspreis-leitlinien geregelt.18 Dabei werden die Beitragsanalyse und die Restgewinnverteilungsmethode unterschieden. Bei der Beitragsanalyse wird der Gesamtgewinn eines Geschäftsvorfalls gemäß den relativen Beiträgen der beteiligten verbundenen Unternehmen verteilt. Die Restgewinnverteilmethode ordnet den beteiligten Parteien zunächst für die von ihnen ausgeübten Routinefunktionen einen angemessenen Gewinnanteil zu und verteilt den verbleibenden Restgewinn auf Basis eines geeigneten Schlüssels auf die Parteien. Die Voraussetzung für die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode besteht in diesen Fällen vor allem darin, dass die an den betreffenden Geschäftsvorfällen beteiligten verbundenen Unternehmen über einzigartige immaterielle Wirtschaftsgüter verfügen.19 Mit Blick auf digitale Leistungen erscheint die Idee einer Gewinnaufteilung in neuem Licht, da man Software immer wieder aufs Neue ohne Zusatzkosten verwenden kann.20 Eine stärkere Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode ist positiv zu sehen, da sie eine Lösung für Fälle ermöglicht, in denen keine zuverlässigen Vergleichsdaten vor15 Wünnemann, IStR 2019, 136 ff. 16 Fuest, Digitalisierung und Steuerpolitik. ifo Schnelldienst 71(14), S. 21 ff. 17 Kokott, IStR 2019, 123 (131). 18 OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen 2017, Paris 2017. 19 Ouo Vadis, Fremdvergleich? Dokumentation der 5. AWV-Verrechnungspreistagung, 2019. 20 Richter, Die Besteuerung des Gewinns aus den grenzüberschreitenden Direktgeschäften von Google, Facebook Co., Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2018, S. 135.
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handen sind. Dies ist häufig der Fall, wenn sehr wertvolle unvergleichliche oder hoch spezialisierte immaterielle Wirtschaftsgüter von Parteien genutzt werden, die an der Wertschöpfungskette beteiligt sind. Da die Gewinnaufteilungsmethode sich nicht auf vergleichbare oder ähnliche Transaktionen stützt, kann sie auch verwendet werden, wenn derartige Transaktionen zwischen fremden Dritten nicht existieren. Ein weiterer Vorteil der Gewinnaufteilungsmethode ist darin zu sehen, dass in der Regel eine Doppelbesteuerung vermieden wird, weil bei dieser „zweiseitigen Methode“ nur die Gewinne aus der Wertschöpfungskette zwischen den beteiligten Parteien aufgeteilt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass die beteiligten Staaten die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode und den von den Unternehmen gewählten Aufteilungsschlüssel anerkennen.
VI. Fazit Eine EU-weite Digitalsteuer ist vorerst gescheitert. Dennoch haben die Verhandlungen in dem Zusammenhang auch eine Diskussion über die Methoden zur Bestimmung von Verrechnungspreisen angestoßen. Es kann davon ausgegangen werden, dass zumindest im Bereich der immateriellen Wirtschaftsgüter die Gewinnaufteilungsmethode zukünftig eine größere Rolle spielen wird.
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Die Entstehung des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983 betreffend „Grundsätze für die Prüfung der Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen“
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Inhaltsverzeichnis I. Vorbemerkung II. Anlass für diesen Beitrag III. Das steuerpolitische Umfeld zu Beginn der 80er Jahre IV. Die Entstehung des BMF-Schreibens 1. Deutliche Kritik der Wirtschaft in einer gemeinsamen Stellungnahme
2. Nur geringe Änderungen in der endgültigen Fassung V. Bedeutung des BMF-Schreibens in der Praxis VI. Schlussbemerkung
I. Vorbemerkung Die Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen ist seit Jahrzehnten das beherrschende Thema im internationalen Steuerrecht. Immer wieder wird gerade dieses Thema zur Gegenfinanzierung von steuerlichen Vorhaben herangezogen. So hat im Januar 2019 der Co-Vorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Habeck, die von ihm propagierte Einführung von leistungslosem Einkommen (anstelle von Hartz IV) auch und insbesondere mit den vermeintlich leicht zu hebenden Reserven aus der internationalen Besteuerung („150 Mrd. Euro pro Jahr“) finanzieren wollen.1 Die für Wirtschaftspolitik verantwortliche Redakteurin der FAZ hat zu diesem Vorschlag eine Parallele zum Ungeheuer von Loch Ness gezogen, das jedes Jahr beschrieben wird, aber nie so richtig gefasst werden kann.2 Der Autor hat schon vor Jahren eine vertiefende Untersuchung des „Volumens von Steuersubstratverlagerungen in Outbound-Fällen“ angestellt.3 Die deutsche Finanzverwaltung hat zum Thema der Einkünfteabgrenzung sogenannte Verwaltungsgrundsätze herausgegeben, um so die im innerstaatlichen deutschen Steuerrecht geltenden Gewinnkorrekturgrundsätze zu vereinheitlichen. Dabei handelt es sich 1 S. Bericht in der FAZ v. 1.12.2018. 2 Kommentar in der FAZ v. 1.12.2018. 3 S. Jonas in FS Schaumburg, 2009, S. 793. Vgl. auch Jonas, Die Erwartungslücke bei Unternehmenssteuern, DStR Beihefter 2 zu Heft 15/2004 sowie Unerfüllbare Erwartungen – Irrtümer und Missverständnisse über die Steuerzahlungen der Konzerne, FAZ v. 17.3.2005 (S. 12).
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–– um die Grundsätze für die Prüfung der Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen,4 –– um die Grundsätze für die Prüfung der Aufteilung der Einkünfte bei Betriebsstätten international tätiger Unternehmen,5 –– um die Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung durch Umlageverträge zwischen international verbundenen Unternehmen,6 –– um die Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen in Fällen der Arbeitnehmerentsendung,7 und –– um die Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahe stehenden Personen mit grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten, Berichtigungen sowie auf Verständigungs- und EU-Schiedsverfahren (Verwaltungsgrundsätze-Verfahren)8 und die Verwaltungsgrundsätze-Funktionsverlagerung.9 Damit nicht genug sind auch Verwaltungsgrundsätze zum Dotationskapital sowie Merkblätter zur Amtshilfe, zum Verständigungs- und Schiedsverfahren und zu Advance Pricing Agreements erschienen.
II. Anlass für diesen Beitrag Hier soll die Entstehungsgeschichte des BMF-Schreibens zur Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen vom 23.2.1983 näher beschrieben werden, und zwar aus folgendem „gegebenem Anlass“: Der Autor dieses Beitrags trat im Anschluss an seinen Dienst in der nordrhein-westfälischen Steuerverwaltung (1978 bis 1981) im August 1981 eine Stelle als Steuerreferent in der Abteilung „Finanzen und Steuern“ des Deutschen Industrie- und Han delstags in Bonn an. So firmierte zur damaligen Zeit die Spitzenorganisation der Industrie- und Handelskammern, die heute als Deutscher Industrie- und Handelskammertag – DIHK – bekannt ist. Zum Aufgabengebiet des Autors gehörte neben dem Verfahrensrecht und dem Körperschaftsteuerrecht das internationale Steuerrecht. In der Finanzverwaltung hatte er als Leiter der Rechtsbehelfstelle eines großen Kölner Finanzamts zwei Jahre lang mit Verfahrensrecht und auch mit Fragen aus der Körperschaftsteuer zu tun. Aber internationales Steuerrecht? Das war mehr oder weniger terra incognita! In Erinnerung ist noch ein Verrechnungspreisfall, bei dem ein ausländischer Hersteller von Luxuswaren eine Rolle spielte… Und innenpolitisch er4 Vgl. Wassermeyer in Wassermeyer, Art. 9 OECD-MA Rz. 4, 76, 77. 5 BMF v. 24.12.1999 – IV B 4-S 1300-111/99, BStBl. I 1999, 1076. 6 BMF v. 30.12.1999 – IV B 4-S 1341-14/99, BStBl. I 1999, 1122. 7 BMF v. 9.11.2001 – IV B4-S 1341-20/01, BStBl. I 2001, 796. 8 BMF v. 12.4.2005 – IV B 4-S 1341-1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570. 9 BMF v. 13.10.2010 – IV B 5-S 1341/08/100003 – DOK 2010/0598886 – VWG-Funktionsverlagerung, BStBl. I 2010, 774.
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Die Entstehung des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983
regte u.a. die Gewerkschaftsorganisation wegen hoher Zinsen, die ihre gewerblich aktiven Tochtergesellschaften an ihre Anteilseigner zu zahlen hatten, die Gemüter: Damit begann eine Diskussion, die später zum § 8a KStG und seinen Nachfolgeregelungen führen sollte. Eine der ersten Aufgaben des Autors nach Dienstantritt auf dem Gebiet des internationalen Steuerrechts war die Befassung mit dem Entwurf der Verwaltungsgrundsätze zur Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen, der einige Monate vorher von der Finanzverwaltung der Fachwelt zur Diskussion gestellt worden war und der den Autor in der Folgezeit bis zur Veröffentlichung der endgültigen Fassung im Februar 1983 – und auch noch danach – beschäftigen sollte. Zur ersten Begegnung des Autors mit dem Jubilar kam es aus Anlass von Recherchen zu seiner 1986 veröffentlichten Dissertation.10 Im Vordergrund dieser Begegnung stand eine Diskussion über Fragen der Einkommensabgrenzung. Dabei wurden die hier näher (IV.1) skizzierten Sorgen der Wirtschaft wegen der in der Tendenz einseitig und fiskalisch ausgerichteten Verwaltungsgrundsätze thematisiert. Dies war der Anfang einer freundschaftlichen und gegenseitig befruchtenden Beziehung, die allen Anlass für eine Würdigung des Jubilars im Rahmen dieser Festschrift bietet.
III. Das steuerpolitische Umfeld zu Beginn der 80er Jahre Die Bundestagswahl von 1969 war ein Einschnitt in der Geschichte der Bundesrepublik: Die CDU war erstmals nicht mehr Regierungspartei, die SPD bildete eine Koalition mit der FDP unter Bundeskanzler Willy Brandt. Der stand für ein moderneres Deutschland und bald für eine ganze Reihe von Reformen. Dazu gehörte auch das deutsche Steuerrecht. Bereits im Jahre 1972 wurde – mit dem erklärten Ziel der Steuerfluchtbekämpfung – das Gesetz über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz) beschlossen.11 Dieses enthält in § 1 eine Vorschrift über Einkünfteberichtigungen im internationalen Kontext sowie in den §§ 7–14 die sog. Hinzurechnungsbesteuerung, mittels derer für bestimmte im Ausland niedrig besteuerte Einkünfte eine Hochschleusung auf deutsches Steuerniveau erfolgen sollte. In der zweiten Hälfte der 70er Jahre wurde neben einer Reform der Abgabenordnung auch das Körperschaftsteuerrecht geändert, indem das Anrechnungsverfahren eingeführt wurde und so eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer der Anteilseigner ermöglicht wurde. Im Mai 1979 legte der Steuerausschuss der OECD einen Bericht über Verrechnungspreise und multinationale Unternehmen vor. Dieser wurde – entsprechend einer Empfehlung des OECD-Ministerrats – von der deutschen Finanzverwaltung in
10 Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen – die steuerliche Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen auf der Grundlage des Fremdvergleichs, 1986. 11 Gesetz v. 8.9.1972, BGBl. I 1713 und auch BStBl. I 450.
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Abstimmung mit der deutschen Wirtschaft in die deutsche Sprache übersetzt.12 Er wurde von der deutschen Finanzverwaltung als die Mitgliedsländer der OECD nicht bindendes, amtliches Sachverständigengutachten angesehen, das gemeinsame Auffassungen der Steuerverwaltungen in der OECD wiedergibt und für noch offene Probleme Lösungsmöglichkeiten aufzeigt.
IV. Die Entstehung des BMF-Schreibens Vor diesem Hintergrund waren die Arbeiten der deutschen Finanzverwaltung in eigenständigen, nach ihrer Meinung den OECD-Bericht nur konkretisierenden Verwaltungsanweisungen über Verrechnungspreise bei international verbundenen Unternehmen zu betrachten. Der im März 1981 vorgelegte Entwurf von Verwaltungsgrundsätzen für die Prüfung der Einkünfteabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen erfreute sich bald zum Teil heftiger, zum Teil aber auch konstruktiver Kritik, die sich in schriftlichen Stellungnahmen und auch Verbandsanhörungen äußerte. In der Wirtschaft gab es unterschiedliche Auffassungen über die Art und Weise der Reaktion. In einigen Fachverbänden des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) wurde ein allzu offener Dialog mit der Finanzverwaltung kritisch gesehen, während die Abteilung Finanzen und Steuern des DIHT unter Führung von Hans Flick eher Vorteile im konstruktiven Meinungsaustausch mit den Fachleuten der Finanzverwaltung sah. In einem „Planspiel“, an dem auch namhafte Vertreter des BMF, des Bundesamts der Finanzen und einiger Länderfinanzverwaltungen teilnahmen, wurde sehr offen über Vor- und Nachteile einer solchen Veröffentlichung und natürlich auch über ihren Inhalt diskutiert. Die Ergebnisse dieser Diskussionen wurden in einer DIHT-Broschüre „Internationale Verrechnungspreise“ veröffentlicht.13 Darin wurde vor allem auf die Gefahr vermehrter Doppelbesteuerungskonflikte hingewiesen, die mit eingeständigen, international nicht abgestimmten Regelungen verbunden sind. Auch wurde auf die Behinderungen der deutschen Außenwirtschaft in Form der Einschränkung ihres Handlungsspielraums und ihrer Flexibilität hingewiesen. 1. Deutliche Kritik der Wirtschaft in einer gemeinsamen Stellungnahme Ungeachtet der leichten Dissonanzen zwischen DIHT und Teilen des BDI wurde in einer gemeinsamen Eingabe vom 18.9.1981zu der Entwurfsfassung umfassend Stellung genommen. Einleitend wurde darin zunächst empfohlen, dem Beispiel Großbritanniens und der Niederlande zu folgen und auf den Erlass eigenständiger Regelungen zu verzichten. 12 OECD, Verrechnungspreise und multinationale Unternehmen, Bericht des Steuerausschusses der OECD, übersetzt vom Bundesministerium der Finanzen, 1981. 13 DIHT-Broschüre Nr. 189 „Internationale Verrechnungspreise“, 1982.
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Die Entstehung des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983
Im Einzelnen wurden folgende Kritikpunkte hervorgehoben: Es wurde begrüßt, dass der Entwurf grundsätzlich dem Unternehmen die Freiheit lässt, im Rahmen der verkehrsüblichen Sorgfalt ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter gegenüber Fremden nach seinem Ermessen abzurechnen und dafür eine sachgerechte Methode zu wählen, auch frei zwischen Einzelabrechnungen und Umlagen entscheiden zu können. Es wurde jedoch befürchtet, dass die so gewährte Freiheit durch vorgesehene übertriebene Formvorschriften und Kontrollmechanismen unzuträglich eingeengt werden könnte. Es wurde anerkannt, dass der Entwurf den Versuch unternommen hat, die Unterschiede und Unzulänglichkeiten der gesetzlichen deutschen Gewinnberichtigungsvorschriften verwaltungsmäßig auszugleichen. Dieser Ansatz reiche jedoch nicht aus. § 1 AStG bedürfe wegen seiner Einseitigkeit einer Ergänzung: Die Bundesrepublik solle Art.9 Abs. 2 des OECD-Mustervertrages und die Verpflichtung der korrespondierenden Berichtigungen in ihren Abkommensvorschlag übernehmen und – soweit erforderlich – dafür auch eine nationale Norm schaffen. Berichtigung nach § 1 AStG dürfe nicht außerhalb der Bilanz, sondern müsse mit allen steuerlichen Konsequenzen innerhalb der Bilanz erfolgen. Die Bestrebungen zur Vereinheitlichung des bisher unterschiedlichen Vorteilsausgleichs wurden begrüßt; allerdings wurde beklagt, dass die vorgesehene Regelung mit ihren Einschränkungen den Praxisanforderungen nicht gerecht werde. Ein faktischer Ausgleich im Rahmen der Frist für Verlustausgleichsmöglichkeiten in nationalem Recht sei erforderlich. An einigen Stellen des Entwurfs sei die Gefahr der internationalen Doppelbesteuerung der Unternehmen eingebaut. Dies werde insbesondere an der Zinsregelung deutlich, bei der – je nach fiskalischer Interessenlage – der höchste oder niedrigste Zinssatz angesetzt werden soll; sollten Fisci nach diesen Regeln verfahren, so würde jede Darlehensvergabe zwischen verbundenen Unternehmen automatisch eine Doppelbesteuerung der Zinsen bedeuten. Dieses unzuträgliche Ergebnis könnte leicht vermieden werden, wenn man sich den wirtschaftlichen Gegebenheiten entsprechend auf die Verzinsung nach der Währungsvaluta für Anlagen verständigen könnte, wie sie in dem Entwurf anklingt, allerdings fälschlicherweise mit dem Währungsrisiko-Sicherungsgeschäft gekoppelt. Dem Entwurf immanente Doppelbesteuerung werde an anderen Stellen durch – entsprechend den fiskalischen Interessen – unterschiedliche Formerfordernisse bei gleicher materieller Regelung erkennbar. Wenn es um die Anerkennung von Aufwendungen gehe, würden die Formerfordernisse hochgeschraubt, während bei zusätzlichen Entgelten auf jedes Formerfordernis verzichtet werde. Entsprechend würden an Umlageverträge ausländischer Muttergesellschaften mit inländischen Tochtergesellschaften prohibitive und wirklichkeitsfremde Formerfordernisse gestellt, während deutschen Muttergesellschaften im umgekehrten Fall formlos Umlageverträge untergeschoben werden sollten.
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Auch die Beseitigung der Doppelbesteuerung sei – bei Anerkennung aller erkennbaren Bemühungen, zum Beispiel durch die Ausdehnung des Verständigungsverfahrens auf Nicht-DBA-Länder – unzulänglich ausgestaltet. Ausgeglichene Rechtsnormen, korrespondierende Berichtigungen, Aussetzungen der Vollziehung der Steuerbescheide bis zu dieser Berichtigung, ein effektives Schiedsverfahren, Übernahme des Doppelbesteuerungsrisikos auf die Bundesrepublik als Wohnsitzstaat seien das notwendige Korrelat zu einer verschärften Prüfung der Verrechnungspreise. Darüber hinaus solle die Bundesregierung jeden Ansatz vermeiden, der auf eine Unitary-Tax- oder Profit-Sharing-Methode hinweise. In diese Richtung könne schon die Überschrift des Entwurfs über das BMF-Schreiben („Einkunftsabgrenzung“) weisen, die nicht den deutschen gesetzlichen Korrekturvorschriften entspräche, weil diese sich auf die Korrektur von einzelnen Rechnungsentgelten beschränken würde. Die Verbandsstellungnahme kam zu dem Fazit, dass der vorgelegte Entwurf trotz einiger positiver Ansatzpunkte den Anforderungen, die die deutsche Wirtschaft an ihn richten muss, nicht gerecht geworden sei. Er schränke die Flexibilität des OECD-Berichts zu sehr ein. Eine größere Sicherheit im nationalen Steuerrecht werde mit einer größeren Unsicherheit im korrespondierenden Staat erkauft. Die Stellungnahme endete deshalb mit der Empfehlung, dem Beispiel Großbritanniens und der Niederlande zu folgen und auf eigenständige Verwaltungsgrundsätze zu verzichten und den OECD-Bericht in nationales Recht zu transformieren. 2. Nur geringe Änderungen in der endgültigen Fassung Das Ergebnis dieser Kritik, die mit dem wesentlichen Inhalt auch in getrennten Stellungnahmen der Bundessteuerberaterkammer und des Instituts der Wirtschaftsprüfer geteilt wurde, war auf Änderungen der Entwurfsfassung beschränkt, die zum Teil lediglich redaktioneller Natur, zum Teil allerdings auch sachlicher Art gewesen sind. Eine unsachliche Note erhielt die Thematik allerdings, als die Schmidt-Genscher-Regierung die vorgesehene Verwaltungsmaßnahme im Sommer 1982 – also auf dem Höhepunkt der Agonie dieser Regierung – in ihre Haushaltsbeschlüsse aufnahm und damit für zusätzliche neue Einnahmen durch Vermeidung der Gewinnverlagerung von „Multis“ sorgen wollte. Auf entsprechende Vorhaltungen des Präsidenten des deutschen Industrie- und Handelstages, Otto Wolff von Amerungen, äußerte sich der damalige Bundesfinanzminister Manfred Lahnstein beschwichtigend, dass die Verwaltungsgrundsätze in erster Linie für die Bekämpfung von Steuerverlagerungen in Niedrigsteuerländer sowie von Verlagerungen im Zusammenhang mit so genannten Investitionsprogrammen gedacht seien. Solche Verhaltensweisen könnten für deutsche multinationale Unternehmen als „untypisch“ gelten. Am 1. Oktober wurde Helmut Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum als Bundeskanzler abgewählt. Sein Nachfolger war Helmut Kohl. Dieser Regierungswechsel führte indes nicht dazu, dass die Finanzverwaltung von den Arbeiten an einer Veröffentlichung der Verwaltungsgrundsätze zur Einkünfteabgrenzung Abstand nahm. Neuer Bundesfinanzminister wurde ab 4.10.1982 (bis 21.4.1989) Gerhard Stoltenberg, CDU. Die Verwaltungsgrundsätze zur Einkunftsabgrenzung wurden be174
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Die Entstehung des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983
schlossen und unter dem 23.2.1983 im Bundessteuerblatt veröffentlicht14 – elf Tage vor der Bundestagswahl am 6. März, die von Kohl in seiner Regierungserklärung vom 13.10.1982 angekündigt war. Der Regierungswechsel blieb also ohne Einfluss auf das Vorhaben der Finanzverwaltung.
V. Bedeutung des BMF-Schreibens in der Praxis Nach den Beobachtungen des Verfassers beschränkte sich der Einfluss des BMF-Schreibens in den ersten Jahren nach seiner Veröffentlichung auf eine breite Sensibilisierung der Prüfungsdienste für das Thema Einkunftsabgrenzung. Die meisten Anwendungen in der Praxis der Betriebsprüfungen bezogen sich zunächst auf „Oasenfälle“, für deren Bekämpfung nach dem erklärten Willen ihrer Autoren die Verwaltungsgrundsätze zur Einkunftsabgrenzung insbesondere dienen sollten.15 In der X. Legislaturperiode sah die SPD-Fraktion als damals einzige Oppositionspartei sich veranlasst, im Bundestag eine große Anfrage zur „internationalen Steuerflucht“ zu stellen. Dabei ging sie auch auf das Thema der internationalen Einkunftsabgrenzung ein und fragte u.a. danach, „[welche] Erfahrungen […] die Bundesregierung mit dem Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 23. Februar 1983 […] und den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörde der Länder gesammelt [hat], die auf die Unterbindung der steuermindernden Gewinnverschiebung ins Ausland durch konzerninterne Verrechnungspreise zielen.“16 Die – ungewohnt kurze – Antwort lautete: „Die Erfahrungen sind gut“.17 Auf die Frage, ob die immer wieder gehörte Behauptung, die Anwendung dieser Regelungen führe zu Doppelbesteuerungen, stimme, hat die Bundesregierung im Wesentlichen geantwortet: „Die deutsche Finanzverwaltung hat auftauchende Fälle einer Doppelbesteuerung durch Verständigung oder auf andere Weise bereinigt.“18 Nachdem auch und insbesondere das frühere Bundesamt für Finanzen seinen Außenprüfungsdienst im Laufe der Zeit massiv personell mit Wirtschaftswissenschaftlern aufstockte, wurde das Thema mehr und mehr zu einem beherrschenden Thema in Betriebsprüfungen von international tätigen deutschen Unternehmen. 14 Schreiben betr. Grundsätze für die Prüfung der Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen (Verwaltungsgrundsätze) – BdF v. 23.2.1983 – IV C 5-S 13414/83, BStBl. I, 218; eine erste Kurzkommentierung der Verwaltungsgrundsätze mit Hintergrundinformationen bei: Jonas, DStR 1983, 218 ff. 15 Vgl. Jonas, DStR 1987, 503, li. Sp. (Bei den Diskussionen im Planspiel wurde häufig von Vertretern der Finanzverwaltung auf den Fall von mehr oder weniger funktionslosen Vertriebsgesellschaften in der Schweiz hingewiesen, die beim Export von Luxusfahrzeugen in den arabischen Raum eingeschaltet worden waren.). 16 BT-Drs. 10/5149, S. 4. 17 S. Antwort der Bundesregierung v. 28.5.1986 auf die große Anfrage des SPD-Fraktion zur „internationalen Steuerflucht“, BT-Drs. 10/5562, Antwort zu II. Nr. 5. 18 BT-Drs. 10/5562 (Fn. 17), Antwort zu II. Ziff. 6.
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Unterdessen machte der Jubilar sich auf dem Gebiet der Prüfung von Verrechnungspreisen zunehmend einen Namen, und zwar national ebenso wie international. Wer sich über das wissenschaftliche Werk einen Überblick verschaffen will, der sollte einen Blick auf das von ihm zusammen mit Wassermeyer herausgegebene Buch „Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen“ werfen.19 Die dort in Kleindruck wiedergegebenen Titel von Aufsätzen, teilweise mit Co-Autoren aus der Sozietät Flick/Gocke/Schaumburg verfasst, decken nahezu anderthalb Seiten ab. Gibt es ein Geheimnis des Erfolges des Jubilars? Wahrscheinlich nicht, abgesehen davon, dass jeder berufliche Erfolg in der steuerlichen Beratung, insbesondere der Abwehrberatung, auf harter Arbeit beruht. Ein Erfolgsrezept besteht sicher in seiner Fähigkeit, sinnvolle Lösungen zu finden, indem er in geeigneter Weise die Aufmerksamkeit darauf lenkt, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im internationalen Geschäftsverkehr auch auf der Seite der Vertragspartner im Ausland anzutreffen ist. Schon in einer seiner ersten Veröffentlichungen hat er die „Notwendigkeit einer internationalen Anerkennung des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters“ beschrieben20 und diese u.a. mit dem „Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme“ der Fisci und dem damit einhergehenden Postulat der kongruenten Bewertung des Leistungsflusses begründet. Der Beitrag endet mit dem Appell, die Figur des ordentlichen Geschäftsleiters in der internationalen Besteuerungspraxis stärker zu würdigen: Insbesondere in Fällen, in denen aufgrund konzernspezifischer Besonderheiten vergleichbare Fremdpreise nicht vorliegen können, biete die Fiktion voneinander unabhängiger Entscheidungsträger sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfrageseite in Gestalt des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters ein praktikables und sachgerechtes Instrument zur Bestimmung angemessener Verrechnungspreise.21 Baumhoff hatte dabei in Erinnerung gerufen, dass schon Flick in einem Beitrag auf dem Kongress der Fachanwälte für Steuerrecht im Jahre 1981 die „Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsführers“ vorgestellt hatte.22 Flick hatte diese Idee auch in die Diskussionen im DIHT-Planspiel eingebracht und in seiner launigen Art dabei eine Anleihe bei Erich Kästner, „Das doppelte Lottchen“, gemacht. Wer sich an dieses Kinderbuch erinnert, der wird nicht umhin können, hier vernünftige Ansätze für die Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsführers zu finden, und zwar in dem Sinne, dass die jeweiligen Geschäftsführer wie Lotte und Luise ausgetauscht werden können, ohne dass es auffällt (Im Buch von Erich Kästner war bekanntlich der Austausch 19 Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, S. 25 f. 20 Baumhoff, Neue Kriterien zur Bestimmung angemessener Verrechnungspreise im internationalen Konzern, DStR 1987, 497, 499 f. 21 Baumhoff, Neue Kriterien zur Bestimmung angemessener Verrechnungspreise im internationalen Konzern, DStR 1987, 500. 22 S. Flick, Deutsche Verwaltungsgrundsätze zu internationalen Verrechnungspreisen aus der Sicht der Unternehmen, JbFSt 1981/82, 135.
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Die Entstehung des BMF-Schreibens vom 23. Februar 1983
der beiden Mädchen nicht einmal von den getrennt lebenden Eltern nach ihrer Rückkehr aus dem Urlaub bemerkt worden). Der Jubilar hat immer wieder die Bedeutung des doppelten ordentlichen Geschäftsführers hervorgehoben.23 Er hat auch bei sich bietender Gelegenheit vor der drohenden Flut eines Anwachsens von Verständigungsverfahren gewarnt. Leider haben diese Hinweise wenig gefruchtet, wie die hier gezeigten Statistiken der OECD über den Anstieg der Verständigungsverfahren für wichtige europäische Staaten in der Zeit von 2010 bis 2017 zeigen. Zahl der jeweils am Jahresende anhängigen Verständigungsverfahren24 2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
Belgien
142
241
305
317
492
632
752
736
Frankreich
490
539
561
618
549
566
837
882
Deutschland
484
702
787
858
1029
1147
1180
1241
Italien
80
102
130
174
250
319
438
583
Luxemburg
59
109
76
72
123
137
234
170
Niederlande
97
99
140
123
198
259
297
350
Spanien
84
87
82
79
78
93
287
275
Schweden
134
163
198
183
186
192
179
208
Schweiz
142
187
231
256
271
328
349
338
Großbritannien
131
133
143
160
190
229
314
457
1843
2362
2653
2840
3366
3902
4867
5240
Summe
Auffallend ist hier, dass in der Summe der Zahlen sämtlicher Staaten in keinem Jahr ein Rückgang der anhängigen Verständigungsverfahren zu verzeichnen war, sondern jeweils massive Anstiege. Dafür sind neben der Bundesrepublik im Wesentlichen Belgien, Italien und Großbritannien verantwortlich.
23 S. Baumhoff in FS Flick, 1997, S. 633, 639 ff. und Baumhoff in FS Wassermeyer, 2005, S. 342, 350. 24 Quelle: OECD 2018.
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Zahl der im jeweiligen Jahr eingeleiteten Verständigungsverfahren25 2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2017
Belgien
120
120
151
124
205
428
426
502
Frankreich
135
173
181
216
201
173
296
336
Deutschland
150
306
277
267
374
363
353
582
Italien
22
41
45
52
89
80
159
206
Luxemburg
36
75
39
45
116
212
284
250
Niederlande
51
34
83
75
87
128
113
223
Spanien
24
18
36
25
33
30
85
112
104
111
100
65
91
92
63
114
Schweiz
65
112
120
131
109
148
147
169
Großbritannien
68
54
69
79
117
115
109
344
775
1044
1101
1079
1422
1769
2035
2838
Schweden
Summe
Bei dieser Tabelle fällt in der Aufsummierung sämtlicher neuer Verständigungsverfahren der massive Aufbau in den Jahren ab 2015 auf, für den neben der Bundesrepublik Belgien, Luxemburg und in 2017 auch Großbritannien verantwortlich zeichnen.
VI. Schlussbemerkung Im oben angesprochenen DIHT-Planspiel wurde das Streben nach dem einen zutreffenden Verrechnungspreis gelegentlich – insbesondere von den Vertretern der Wirtschaft – verglichen mit der Suche nach der Blauen Blume in der Romantik.26 Die Blaue Blume wurde bei Novalis nur im Traum von Heinrich von Ofterdingen gesehen, sie wurde dadurch ein „Symbol der Hoffnung“.27 In der Realität der Betriebsprüfung helfen Träumereien nicht weiter. Hier sind auf allen Seiten Augenmaß, Argumentationskraft und wirtschaftliches Verständnis gefragt. Damit war und ist der Jubilar reich gesegnet: Ad multos annos, Hubertus!
25 Quelle: OECD 2018. 26 Vgl. Ritzenhoff, Novalis, Heinrich von Ofterdingen, Erläuterungen und Dokumente, 1988; Schulz, Universum und Blaue Blume: zum Gedenken an Novalis, 2002. 27 Steinborn, Die Legenden Lýsistratas: Auf der Suche nach der Blauen Blume, 2016.
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Be
Bert Kaminski
Rü
Ausgewählte Überlegungen zur Rückverlagerung von Funktionen in das Inland Inhaltsverzeichnis I. Problemstellung II. Begriffliche Abgrenzung der Rück verlagerung einer Funktion 1. Grundverständnis 2. Abgrenzung von möglichen ähnlichen Sachverhalten a) Nutzungsüberlassung b) Übertragungen auf eine verlängerte Werkbank c) Übertragung von Geschäftschancen
I II. Rückverlagerungen in das Inland 1. Ausgangsfall 2. Steuerliche Würdigung a) Identität der Funktion b) Funktionsverlagerung in das Inland c) Vergütungen an die ausländische Gesellschaft? IV. Fazit
Hubertus Baumhoff hat sich – ausgehend von seiner von Hans-Jochen Kleineidam betreuten Dissertation – sehr ausführlich mit Fragen der internationalen Einkunfts abgrenzung befasst und dieses Thema sowohl in der praktischen Arbeit als auch in der literarischen Diskussion über viele Jahre wesentlich mitgestaltet.1 Hierbei hatten seine Argumente sowohl beim BFH2 als auch teilweise beim Gesetzgeber und – wenn auch naturgemäß nur eingeschränkt – bei der Finanzverwaltung Gewicht. Es dürfte nicht oft vorkommen, dass eine Dissertation eine solch prägende Wirkung entfaltet. Unabhängig von der Ausnahmepersönlichkeit Hubertus Baumhoffs sollte dies für künftige Doktoranden Maßstab und Herausforderung sein. Ihm sind die folgenden Ausführungen in langjähriger Verbundenheit gewidmet.
1 Vgl. hierzu das imposante Schriftenverzeichnis, das auszugsweise in der Laudatio abgebildet wird. 2 Vgl. etwa BFH v. 21.1.2016 – I R 22/14, BStBl II 2017, 336; BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl II 2013, 1046; BFH v. 27.8.2008 – I R 28/07, juris; BFH v. 11.1.2006 – I B 43/05, juris; BFH v. 6.4.2005 – I R 22/04, BStBl II 2007, 658; BFH v. 28.1.2004 – I R 87/02, BFHE 205, 181; BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl II 2004, 171; BFH v. 29.11.2000 – I R 85/99, BStBl II 2002, 720; BFH v. 9.8.2000 – I R 12/99, BStBl II 2001, 140; BFH v. 26.9.1996 – IV R 105/94, BStBl II 1997, 277.
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Bert Kaminski
I. Problemstellung Der Gesetzgeber hat durch das Unternehmensteuerreformgesetz 20083 eine grundlegende Änderung von § 1 AStG vorgenommen.4 Hiermit wurden teilweise bisher in der Rechtsprechung verankerte Grundsätze kodifiziert (wie z.B. das Leitbild des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters5), aber auch völlig neue Regelungen aufgenommen, wie etwa die Korrektur bei einem außerhalb der Bandbreite liegenden Verrechnungspreis auf den Median6, die als fremdüblich unterstellte Anpassungsklausel gem. § 1 Abs. 3 Satz 11 f. AStG oder der Grundsatz der umfassenden Kenntnis in § 1 Abs. 1 Satz 3 Hs. 1 AStG.7 Zu den umstrittensten Punkten8 zählen die Vorgaben zur Funktionsverlagerung in § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG.9 Bekanntlich sehen diese – nachrangig zu einem tatsächlichen Fremdvergleich – eine Bewertung des sog. Transferpakets vor, wenn Funktionen verlagert werden. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass eine Verlagerung von Funktionen10 aus dem Inland in das Ausland erfolgt.11 Ausweislich der Regierungsbegründung12 sollen diese Regelungen die folgenden Ziele erreichen: –– Die Besteuerung in Deutschland geschaffener Werte soll sichergestellt werden, indem immaterielle Wirtschaftsgüter und Vorteile (Know-how, patentiertes oder nicht patentiertes technisches Wissen, Markenrechte und -namen, Kundenstamm 3 V. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 4 Vgl. zu einer Übersicht z.B. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1461 und Baumhoff/Ditz/ Greinert, DStR 2007, 1649; Kaminski, RIW 2007, 594. 5 Vgl. grundlegend BFH v. 16.3.1967 – I 261/63, BStBl III 1967, 626 und zu einer eingehenden Erläuterung Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG, Anm. 315 f. und 347 f., sowie Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG-DBA, § 1 AStG Rz. 283 ff., jeweils m.w.N. 6 § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG. 7 Vgl. hierzu eingehend Frotscher/Kaminski in FS Freidank 2018, S. 223 ff. 8 Vgl. hierzu aus Sicht des BMF auch Naumann/Greil, IStR 2015, 429 ff. Der Beitrag ist von beiden Autoren nicht in dienstlicher Eigenschaft verfasst und gibt lediglich die persönliche Auffassung beider Autoren wieder. 9 Vgl. hierzu bspw. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2008, 1945 sowie Kaminski in Strunk/ Kaminski/Köhler, AStG-DBA, § 1 AStG, Rz. 732 ff. 10 Vgl. zum Begriff eingehend Borstell/Schäperclaus, IStR 2008, 275 ff. sowie bereits früher Kaminski/Strunk, IStR 1999, 218 ff. und Kaminski, Verrechnungspreisbestimmung bei fehlendem Fremdvergleichspreis, Kriftel 2001, S. 72 ff. 11 Vgl. zur Verlagerung aus dem Ausland in das Inland Kaminski, Funktionsverlagerungen in das Inland, in Schaumburg/Piltz (Hrsg.), Besteuerung von Funktionsverlagerungen – Neuausrichtung?, Köln 2010, S. 23 ff.; Kaminski in Strunk/Kaminski/Köhler, § 1 AStG, Rz. 880 ff.; mit abweichenden Ergebnissen Kessler/Probst, IStR 2017, 251, die m.E. jedoch verkennen, dass § 1 AStG eine Einkunftskorrekturvorschrift bildet, die auf der Tatbestandsseite eine Minderung der inländischen Einkünfte voraussetzt, vgl. hierzu BT-Drucks 16/4841, S. 84 f. Dies steht einer Anwendung auf Fälle entgegen, bei denen diese fehlt. Dies bringt die Regierungsbegründung eindeutig zum Ausdruck und findet sich auch im Wortlaut der Norm entsprechend wieder, so dass dieser Umstand im Rahmen der Auslegung zwingend zu beachten ist. 12 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 84 f.
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Rückverlagerung von Funktionen in das Inland
usw.), die mit Hilfe deutscher Infrastruktur geschaffen wurden, bei einer Verlagerung in das Ausland nicht besteuert werden. –– „Übereinstimmung mit dem international anerkannten Fremdvergleichsgrundsatz (OECD), der seit langem in Deutschland geltendes Recht ist“. Diese Vorgaben sind im Schrifttum auf vielfältige Kritik13 gestoßen und der Gesetzgeber wollte durch das „Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften“14 mit einer Ergänzung der Ausnahmetatbestände in § 1 Abs. 3 Satz 10 AStG den Anwendungsbereich der Regelungen begrenzen. Die Finanzverwaltung sieht in der FVerlV15 und in den VG-Funktionsverlagerungen16 die folgenden Ausnahmefälle vor, in denen diese Grundsätze nicht – oder zumindest nicht uneingeschränkt – zur Anwendung kommen sollen: –– Funktionsverdoppelung unter fünfjähriger Fortführung der inländischen Unternehmenstätigkeit (§ 1 Abs. 6 FVerlV), –– Veräußerung oder Nutzungsüberlassung ohne Funktionsübergang (§ 1 Abs. 7 FVerlV), –– Verlagerung auf Unternehmen mit Routinefunktion (§ 2 Abs. 2 FVerlV), –– Kein Übergang wesentlicher Wirtschaftsgüter oder Nachweis der fremdüblichen Vergütung der Einzelwirtschaftsgüter (§ 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 1 AStG), –– Angesetzte Einzelverrechnungspreise entsprechen dem Fremdvergleichs-grundsatz (§ 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 2 AStG), –– Gegenstand der Funktionsverlagerung ist zumindest ein Wirtschaftsgut, das genau bezeichnet wird (§ 1 Abs. 3 Satz 10 Alt. 3 AStG), –– Neuaufnahme einer Geschäftstätigkeit (Tz. 2.1.7.3 VG-FVerlG) und –– Lizenzierung als alternative Vergütungsform (§ 4 Abs. 2 FVerlV). Soweit ersichtlich, wurde bisher nur sehr wenig die Frage betrachtet, welche Grund sätze zur Anwendung kommen, wenn eine Funktion zunächst aus einem Land verlagert und anschließend in das ursprüngliche Land wieder zurück übertragen wird. Dieser Sachverhalt wird im Folgenden als Rückverlagerung von Funktionen bezeichnet. Eine Analyse der hiermit verbundenen steuerlichen Konsequenzen erfordert es, eine Abgrenzung zu ähnlichen Sachverhalten vorzunehmen (Teil II). Hierauf aufbauend werden die ausgewählten Besteuerungskonsequenzen im Inboundfall (Teil III) analysiert. 13 Vgl. z.B. Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1649 ff.; Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2010, 1309 ff.; Pohl, IStR 2010, 357 ff.; Frotscher, FR 2008, 49 ff. 14 Gesetz zur Umsetzung steuerlicher EU-Vorgaben sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 8.4.2010, BGBl I 2010, 386. 15 Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes nach § 1 Abs. 1 des Außensteuergesetzes in Fällen grenzüberschreitender Funktionsverlagerungen (Funktionsverlagerungsverordnung) v. 12.8.2008, BGBl. I 2008, 1680, im Folgenden zitiert als FVerlV. 16 BMF-Schr. v. 13.10.2010 – IV B 5 – S 1341/08/10003, BStBl I 2010, 774.
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Bert Kaminski
II. Begriffliche Abgrenzung der Rückverlagerung einer Funktion 1. Grundverständnis Gerade im Bereich der Funktionsverlagerungen ist es wichtig, den ohnehin schon bestehenden begrifflichen Ungenauigkeiten keine weiteren hinzuzufügen. Schließlich ist keineswegs klar, was unter dem Begriff der Funktion verstanden wird.17 Wenn von einer Rückverlagerung gesprochen wird, ist hierunter der Fall zu verstehen, dass zunächst eine Funktion aus einem Land A in ein anderes Land B übertragen wird und nach einer gewissen Zeit diese Funktion wieder von Land B in Land A verlagert wird. Eine solche Erkenntnis wirkt auf den ersten Blick trivial. Eine nähere Betrachtung führt allerdings zu der Frage, ob die ursprünglich verlagerte Funktion mit der rücküberführten tatsächlich identisch ist oder ob sich diese inzwischen zu einer anderen Funktion „verändert“ hat, es also an der Identität der Funktionen mehr oder weniger fehlt. Schon vor diesem Hintergrund erweist sich die unklare Definition der Funktion als problematisch. Gem. § 1 Abs. 1 FVerlV ist eine Funktion „eine Geschäftstätigkeit, die aus einer Zusammenfassung gleichartiger betrieblicher Aufgaben besteht, die von bestimmten Stellen oder Abteilungen eines Unternehmens erledigt werden. Sie ist ein organischer Teil eines Unternehmens, ohne dass ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinn vorliegen muss“.18 Dass die Finanzverwaltung dieses ohnehin weite Verständnis noch ausdehnen will, zeigt sich an Tz. 2.1.1.2 der VG-Funktionsverlagerung19: Danach soll eine Funktion ein organischer Teil des Unternehmens sein, „wenn sie sich entweder beim verlagernden oder beim übernehmenden Unternehmen als eine zweckgerichtete, abgrenzbare Tätigkeit unter Nutzung von bestimmten Wirtschaftsgütern, insbesondere immateriellen Wirtschaftsgütern, und Vorteilen zur Erwirtschaftung von Ergebnisbeiträgen darstellt. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht reicht es aus, dass die betroffenen Teilaufgaben einen inneren wirtschaftlichen und organisatorischen Zusammenhang erkennen lassen, d.h. dass für die fragliche Geschäftstätigkeit (Funktion) im Falle der Verlagerung für die beteiligten Unternehmen konkrete Zahlungsflüsse bzw. sachgerecht abgrenzbare Gewinnauswirkungen festgestellt werden können“20. Nach Tz. 24 dieses Erlasses soll es nicht darauf ankommen, ob das übernehmende Unternehmen mit den übertragenen oder zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgütern und Vorteilen die Funktion in gleicher Weise ausübt wie das verlagernde Unternehmen.
17 Vgl. hierzu die Nachweise in Fn. 10. 18 Vgl. hierzu die Nachweise in Fn. 10. 19 BMF-Schr. v. 13.10.2010 – IV B 5 – S 1341/08/1003, BStBl I 2010, 774 ff. 20 BMF-Schr. v. 13.10.2010 – IV B 5 – S 1341/08/1003, BStBl I 2010, 774 ff., Tz. 18.
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Rückverlagerung von Funktionen in das Inland
2. Abgrenzung von möglichen ähnlichen Sachverhalten a) Nutzungsüberlassung Der § 4 Abs. 2 FVerlV eröffnet die Möglichkeit, anstelle einer Funktionsverlagerung von einer Lizenzierung auszugehen.21 Eine solche Auffassung ist offenbar durch die Überlegung motiviert, die negativen Steuerfolgen einer Funktionsverlagerung nach Möglichkeit zu begrenzen. Allerdings kann diese Intention nicht überzeugen, weil unterschiedliche Sachverhalte erfasst werden: Eine Lizenzierung setzt voraus, dass ein immaterielles Wirtschaftsgut zur Nutzung überlassen wird, aber das wirtschaftliche Eigentum hieran nicht auf den Lizenznehmer übergeht.22 Dies wäre bei einer Funktionsverlagerung nur gegeben, wenn das wirtschaftliche Eigentum an der Funktion nicht endgültig übertragen wird und diese bei der Rückübertragung nicht in ihrem wirtschaftlichen Wert im Wesentlichen vom Übernehmer der Funktion verbraucht wurde. Dieser Umstand ist bei Funktionsverlagerungen regelmäßig nicht gegeben. Vielmehr erfolgt eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums gegen eine laufende Zahlung. Daher handelt es sich wirtschaftlich betrachtet um einen Verkauf gegen laufende Entgeltzahlungen. Daher müssten diese Entgelte für die Überlassung der Funktion über die Laufzeit der Zahlung dem Wert des Transferpakets zzgl. Verzin sung für die ratierliche Verteilung des Kaufpreises als Ausgleich für den hiermit verbundenen Nachteil entsprechen. Ferner stellt sich die Frage, ob die Rückverlagerung der Funktion dazu führt, dass hierin ein rückwirkendes Ereignis zu sehen ist, welches als Argument für eine Nutzungsüberlassung und gegen eine Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums verwendet werden kann. M.E. ist diese Frage zu verneinen. Entscheidend ist dafür, dass nach dem allgemeinen Verrechnungspreisverständnis die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen den beteiligten Parteien entscheidend sein müssen.23 Hieraus folgt, dass die Rückverlagerung nur für eine Nichtübertragung des wirtschaftlichen Eigentums herangezogen werden kann, wenn diese von vornherein zwischen den Beteiligten vereinbart war. Hierbei ist auch relevant, ob die Funktion während ihrer Nutzung nach der Übertragung in das Ausland und vor der Rückübertragung wirtschaftlich betrachtet „verbraucht“ ist, also ihr wirtschaftlicher Wert sich im Ausland so stark abgenutzt hat, dass die Rückübertragung im Ergebnis bedeutungslos ist. Ebenso wäre es denkbar, dass sich der Wert der Funktion erhöht. Etwas anderes kann m.E. nur gelten, wenn Bedingungen eintreten, die dazu führen, dass fremde Dritte eine Rückabwicklung der Funktionsverlagerung vornehmen. Dies kann etwa auf – im Vorhinein getroffenen – Vereinbarungen beruhen oder auf einer gesetzlichen Regelung, insbesondere dem Wegfall der Geschäftsgrundlage24. In der 21 Auch nach der Reg.-Begr. ist im Zweifel von einer Nutzungsüberlassung auszugehen, vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 84 f. 22 Vgl. zur Lizenzierung ausführlich Baumhoff/Greinert, Ubg 2009, 544 ff. 23 Dies ergibt sich z.T. bereits aus § 1 Abs. 3 Satz 11 bzw. 12 AStG, der eine nachträgliche Preiskorrektur abweichend vom Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses ausnahmsweise zulässt, wenn Unsicherheiten bestanden haben. 24 Vgl. § 313 BGB.
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ersten Fallgruppe wird zu prüfen sein, ob diese Regelungen vor dem Hintergrund des Funktions- und Risikoprofils der jeweiligen Gesellschaft als fremdüblich anzusehen sind. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage wurde zunächst auf den Grundsatz von Treu und Glauben gestützt. Seit Januar 200225 besteht mit § 313 BGB eine gesetzliche Regelung. Bekanntlich müssen hierfür die folgenden vier Voraussetzungen vorliegen: –– Anwendbarkeit, Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten (wie Unmöglichkeit, Verzug etc.), –– bestimmte Umstände sind Grundlage, aber nicht Inhalt eines Vertrages geworden, –– schwerwiegende Veränderung der Umstände nach Vertragsschluss oder gemeinsamer Irrtum aller Vertragsparteien über wesentliche Umstände bei Vertragsschluss und –– die Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag. Diese Anforderungen zeigen, dass eine Berufung auf diese Regelung bei einer Rück abwicklung einer Funktionsverlagerung nur in seltenen Fällen möglich sein dürfte. Schließlich dürfte es regelmäßig daran fehlen, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist, zumal die Vertragsauslegung regelmäßig vorrangig vor der Vertragsanpassung oder dem Rücktritt nach § 313 BGB ist. b) Übertragungen auf eine verlängerte Werkbank Wie bereits unter I. dargelegt, soll die Übertragung auf eine verlängerte Werkbank nicht zu einer Funktionsverlagerung führen, sofern diese ihre gesamten Leistungen an das die Funktion bisher ausübende Unternehmen erbringt.26 Die Rechtfertigung dieser Ausnahme ergibt sich aus der Überlegung, dass die verlängerte Werkbank von ihrem Auftraggeber eine Erstattung sämtlicher Kosten zzgl. eines Gewinnaufschlags verlangen kann. Dies hätte zur Folge, dass über die Laufzeit der Vertragsbeziehung die verlängerte Werkbank vom Auftraggeber einen Ersatz dieser Kosten (einschließlich einer Zinskomponente infolge der unterschiedlichen Zeitpunkte der Zahlungen) und einen Gewinnaufschlag verlangen wird. Dies verdeutlicht, dass diese Ausnahme eher fiskalisch als inhaltlich motiviert ist. Außerdem stellt der Auftraggeber der verlängerten Werkbank regelmäßig die wesentlichen Produktionsgrundlagen zur Verfügung. Dies impliziert, dass es sich bei der verlagerten Funktion um eine solche handelt, was jedoch nur dann sachgerecht ist, wenn diese für die verlängerte Werkbank wesentliche Bedeutung hat. Unabhängig von dieser Frage wäre es nicht folgerichtig, in den Fällen der Funktionsverlagerung auf eine verlängerte Werkbank das Fehlen einer Funktionsverlagerung annehmen zu wollen, aber bei einer Rückverlagerung von einer solchen auszugehen. Dies wäre ein offensichtlicher Wertungswiderspruch. Daher wird im Weiteren davon 25 Neufassung aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts v. 26.11.2001, BGBl. I 2001, 3138. 26 Vgl. § 2 Abs. 2 FVerlV.
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ausgegangen, dass in diesen Fällen nach deutschem Verständnis kein Fall der Rückverlagerung vorliegt, wenn die inländische Gesellschaft insoweit nur Routinefunktionen ausübt. Anderenfalls wäre es möglich, eine Übertragung auf eine verlängerte Werkbank vorzunehmen, ohne dass hiermit die Besteuerungsfolgen einer Funktionsverlagerung gezogen werden, und anschließend eine Rückverlagerung durchzuführen und hierin eine Funktionsverlagerung in das Inland erblicken zu wollen. Dies führte zu einer offensichtlich nicht sachgerechten Besteuerungsfolge. Gleichwohl zeigen diese Überlegungen, wie problematisch die Grundannahme des vermeintlichen Nichtvorliegens einer Funktionsverlagerung in diesen Fällen ist. c) Übertragung von Geschäftschancen Die Finanzverwaltung äußert sich in Tz. 2.1.4.3 der VG-Funktionsverlagerung zur Abgrenzung zwischen Gewinnpotential und Geschäftschancen27. Dort wird ausgeführt, dass „eine Geschäftschance selbst ein Wirtschaftsgut ist oder dazu geeignet ist, sich zu einem Wirtschaftsgut zu entwickeln, bezeichnet der Begriff „Gewinnpotenzial” in den Fällen des hypothetischen Fremdvergleichs die jeweiligen Gewinnerwartungen als Ausgangspunkt für die Ermittlung des Werts für ein Wirtschaftsgut bzw. für ein Transferpaket“.28 Diese Aussagen sind inhaltsleer und lassen eine klare Differenzierung zwischen diesen beiden Fällen nicht zu. M.E. ist danach zu unterscheiden, ob einzelne Vorteile (z.B. aus einem bereits vollständig ausgehandelten Vertrag) übertragen werden. Ist dies der Fall, kommen die Regelungen der Geschäftschancenlehre zur Anwendung, so dass zu prüfen ist, ob insoweit die Tatbestandsvoraussetzungen der verdeckten Gewinnausschüttung oder der verdeckten Einlage erfüllt sind und zu einer Einkünftekorrektur führen. Andernfalls kann bei einer Nutzungsüberlassung aus dem Inland in das Ausland eine Korrektur nach § 1 AStG erfolgen. Ansonsten liegt keine Funktionsverlagerung vor. Vielmehr ist in diesen Fällen eine Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 10 letzte Alt. AStG geboten, so dass eine Bestimmung von Verrechnungspreisen für das einzelne übertragene Wirtschaftsgut ausreichend ist.29 Ursächlich hierfür ist, dass in dieser Regelung ein weites Verständnis des Wirtschaftsgutsbegriffs verwendet wird, das auch wirtschaftliche Vorteile erfassen soll. Folglich kommt eine wirtschaftliche Betrachtung zur Anwendung und keine Abgrenzung nach bilanzrechtlichen Kriterien. Insoweit kommt es
27 Vgl. zur Geschäftschancenlehre insbesondere BFH v. 30.8.1995 – I R 155/94, BFHE 178, 371; BFH v. 12.10.1995 – I R 127/94, BFHE 179, 258; BFH v. 11.6.1995 – I R 97/95, BFHE 181, 122; BFH v. 13.11.1996 – I R 149/94, BFHE 181, 494; BFH v. 18.12.1996 – I R 26/95, BFHE 182, 190; BFH v. 13.11.1996 – I R 126/95, BFHE 182, 358 und BFH v. 12.6.1997 – I R 14/96, BFHE 183, 459. 28 Vgl. zu diesem Verhältnis auch Greil, IStR 2009, 202 ff. 29 Vgl. zur Diskussion, ob es sich bei der Geschäftschance überhaupt um ein Wirtschaftsgut handelt: offenlassend BFH v. 6.12.1995 – I R 40/95, BStBl II 1997, 118; bejahend: Wassermeyer, DStR 1997, 685; Borstell, StbJb. 2001/2002, 208; verneinend: Rödder, StbJb. 1997/1998, 115, 124; Baumhoff in F/W/B/S, § 1 AStG Rz. 595.1; Bodenmüller, 2004, 307; Schreiber in Oestreicher, 2003, 302; offenlassend: Serg, DStR 2005, 1917.
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hierfür auf die Frage, ob es sich um ein Wirtschaftsgut im bilanzrechtlichen Sinne handelt, nicht an.
III. Rückverlagerungen in das Inland 1. Ausgangsfall Für die weiteren Überlegungen wird exemplarisch von folgendem fiktiven Fall ausgegangen: Ein Konzern vertreibt bestimmte Produkte, die selber produziert werden. Hierbei wird eine Marke zur Identifizierung der Produkte und zur Abgrenzung gegenüber möglichen Wettbewerbern verwendet. Inhaber ist die inländische Muttergesellschaft. Bei (potentiellen) Kunden gelten die Produkte als sehr hochwertig, pres tigeträchtig und dauerhaft wertbeständig. Deshalb sind sie auch bereit eher höhere Preise zu bezahlen. Gleichwohl gerät die Produktion unter zunehmenden Kostendruck – sei es, um die Marge zu steigern oder um eine Vergrößerung des Preisabstands zu möglichen alternativen Produkten zu verhindern. Der Konzern entschließt sich deshalb, die Produktion aus der Bundesrepublik Deutschland in eine 100%ige Tochtergesellschaft in einem ostasiatischen Land zu verlagern. Die Herstellung der Produkte verlangt ein gewisses technisches Know-how, das bisher bei der inländischen Muttergesellschaft vorhanden war. Vorliegend handelt es sich unstreitig um eine Funktionsverlagerung in das Ausland, weil die inländische Funktion eingestellt wird (Schließung der Produktion) und im Ausland eine entsprechende Produktion aufgebaut wird. Dem folgt auch die Finanzverwaltung.30 Die ausländische Gesellschaft kann annahmegemäß nicht als verlängerte Werkbank ausgestaltet werden. Ursächlich hierfür ist, dass die künftige ausländische Produktion dazu führen wird, dass dort neue Produktionstechnologie entwickelt wird. Diese entsteht aus den Anforderungen an neue Produkte und deren Herstellung sowie laufende Verbesserungen im Rahmen der Produktion von bisher bereits gefertigten Produkten. Diese Innovationen im Produktionsprozess sind ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor. Sollte das Know-how bei der inländischen Gesellschaft verbleiben, müssten komplizierte Verrechnungen zwischen ihr und der ausländischen Gesellschaft erfolgen, die aller Voraussicht nach zu gravierenden Auseinandersetzungen mit den beteiligten Finanzverwaltungen führen würden und als nur sehr schwer zu rechtfertigen angesehen werden. Entgegen den Erwartungen schafft es die ausländische Produktionsgesellschaft nicht, die Produkte in der bisher gewohnten und von den Kunden unverändert erwarteten Qualität herzustellen. Ursächlich hierfür ist u.a., dass Mitarbeiter der ausländischen Gesellschaft eine ausführliche Schulung durchlaufen müssen, um die Qualitätsstandards der verlagerten Produktion zu erreichen. Ist dies geschehen, verlassen sie regelmäßig die ausländische Produktionsgesellschaft und wenden sich als nunmehr besser qualifizierte Arbeitskräfte einem anderen Arbeitgeber zu, was ihnen regelmäßig eine 30 Vgl. BMF-Schr. v. 13.10.2010 – IV B 5-S 1341/08/10003, Tz. 2.1.2.2. Rz. 22 Beispiel (Einstellung).
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höhere Entlohnung ermöglicht. Trotz diverser unterschiedlicher Anläufe lässt sich diese Entwicklung nicht stoppen, zumal nach lokalem Arbeitsrecht allenfalls kurze Bindungen an das Unternehmen zulässig sind, welches eine solche Weiterqualifikation vornimmt. Nachdem die Reputation der Marke in immer größerem Umfang Schaden zu nehmen droht, entschließt sich der Konzern, die Fertigung aus dem ostasiatischen Land wieder nach Deutschland zu verlagern. Hier sollen künftig verstärkt automatisierte Fertigungsverfahren eingesetzt werden, um so die Kosten zu senken. Außerdem soll durch eine besondere Optimierung der Fertigungsabläufe die Verbleibensdauer der Produkte im Produktionsapparat deutlich gesenkt und damit eine Reduzierung der Kosten erreicht werden. Ferner sollen weitere Innovationen zu Kostensenkungen im Produktionsprozess führen. 2. Steuerliche Würdigung a) Identität der Funktion Zunächst stellt sich die Frage, ob es sich vorliegend tatsächlich um eine Rückverlagerung der gleichen Funktion handelt. Wäre dies nicht der Fall, kämen die allgemeinen Grundsätze für eine erstmalige Verlagerung einer Funktion in das Inland zur Anwendung.31 Wird diese Frage bejaht, stellt sich die Folgefrage, ob sich Besonderheiten daraus ergeben (können), dass diese Funktion bereits früher im Inland „verstrickt“ war und anschließend verlagert wurde. Dies könnte der Fall sein, weil ggf. der Anpassungszeitraum des § 1 Abs. 3 Satz 11 AStG noch nicht abgelaufen ist. In einem solchen Fall ist m.E. davon auszugehen, dass diese Anpassungspflicht für die Zukunft entfällt. Schließlich besteht der Zweck der Regelung darin, eine Beeinträchtigung des deutschen Besteuerungssubstrats infolge einer unzutreffenden Bewertung zu verhindern. Wird aber die Funktion wieder im Inland ausgeübt, besteht für eine solche Anpassung keine Notwendigkeit, weil die hiermit verbundenen Gewinnpotentiale ohnehin der deutschen Besteuerung unterliegen. Fraglich ist, ob diese Regelung zu einer rückwirkenden Anpassung der ursprünglich vereinbarten Entschädigung für die Funktionsverlagerung führt. Die Regierungs begründung geht davon aus, dass ausschließlich Einkunftskorrekturen zugunsten des deutschen Steueraufkommens erfolgen können.32 Dies verdeutlicht, dass der Ge setzgeber in § 1 AStG eine problematische Vermischung zwischen Einkunftser mittlungs- und Einkunftskorrekturvorschriften vornimmt. Zugleich zeigt sich die Zweifelhaftigkeit der Korrekturvorschrift des § 1 Abs. 3 Satz 11 AStG. Der Fremdvergleichsgrundsatz verlangt ein Abstellen auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Etwas anderes würde nur gelten, wenn fremde Dritte in einer vertraglichen Regelung eine Korrektur vorsehen würden. Dies ist m.E. bei Funktionsverlagerungen regelmäßig nicht der Fall. Vielmehr erfolgen i.d.R. hohe Investitionen in einen auf die Bedürfnisse des verlagernden Unternehmens ausgerichteten Produktionsapparat. Es ist un31 Vgl. hierzu die Nachweise in Fn. 11. 32 Vgl. BT-Drucks. 16/4841, S. 86.
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ter fremden Dritten als wenig wahrscheinlich anzusehen, dass solche Investitionen durchgeführt werden, wenn damit gerechnet werden müsste, dass die Grundlage für diese Produktion von einem anderen kurzfristig und ohne entsprechende Entschädigung entzogen werden könnte. b) Funktionsverlagerung in das Inland Die Regierungsbegründung zu § 1 AStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 führt u.a. aus:33 „Der Fremdvergleichsgrundsatz gilt auf Grund der Doppelbesteuerungsabkommen grundsätzlich in gleicher Weise für Funktionsverlagerungen ins Ausland („Outbound-Fall“) wie für Funktionsverlagerungen ins Inland („Inbound- Fall“), auch wenn Absatz 1 nur Berichtigungen zulässt, wenn die im Inland steuerpflichtigen Einkünfte fremdvergleichswidrig gemindert worden sind. Berichtigungen zu Gunsten des Stpfl. sind aber nach anderen Rechtsnormen möglich (v.a. im Rahmen einer verdeckten Gewinnausschüttung). Sie können zur Aktivierung im materieller Wirtschaftsgüter und anschließend zu erfolgswirksamen Abschreibungen führen. Werden im Inbound-Fall immaterielle Wirtschaftsgüter auf Grund der Transferpaket-Betrachtung erkennbar, kann ihre Lizenzierung leichter anerkannt werden. Diese steuerlichen Vorteile können Funktionsverlagerungen ins Inland, die zum Aufbau von Wirtschaftstätigkeit und Arbeitsplätzen führen, attraktiv machen.“ Eine solche Formulierung erscheint auf den ersten Blick begrüßenswert, führt sie doch zu einer scheinbar spiegelbildlichen Behandlung von In- und Auslandsfällen. Es wird der Eindruck erweckt, als würden lediglich andere Einkunftskorrekturnormen anzuwenden sein, materiell rechtlich jedoch die gleichen Konsequenzen entstehen. Vor dem Hintergrund dieses Verständnisses scheidet eine Anwendung der Funktionsverlagerungsgrundsätze und damit der Transferpaketbetrachtung auf die Funktionsverlagerung in das Inland aus.34 Vielmehr kann nur insoweit eine Entschädigung anerkannt werden, wie es sich um einlagefähige Wirtschaftsgüter bzw. einen vergüteten Geschäfts- oder Firmenwert handelt und eine andere Gewinnermittlungs- bzw. Einkunftskorrekturvorschrift eine Berücksichtigung ermöglicht. c) Vergütungen an die ausländische Gesellschaft? Wie die oben dargestellten einführenden Anmerkungen gezeigt haben, sollte eigentlich eine Weiterentwicklung der Produktionstechnologie durch die ausländische Gesellschaft erfolgen. Die unter III.1 geschilderten Gründe für eine Rückverlagerung der Funktionen verdeutlichen, dass vorliegend nicht davon ausgegangen werden kann, dass während der Inhaberschaft der Funktion durch die ausländische Gesellschaft eine Weiterentwicklung erfolgt ist. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass in anderen Fällen eine Weiterentwicklung erfolgt ist, die unter fremden Dritten zu einem Vergütungsanspruch geführt hätte. 33 BT-Drucks. 16/4841, S. 86, rechte Sp., Hervorhebung d. Verf. 34 Vgl. hierzu die in Fn. 11 genannten Nachweise.
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Hierfür können u.a. auch rechtliche Gründe (z.B. die Verlängerung eines Patentschutzes oder die Verfolgung eines möglichen Verstoßes gegen Patentschutzvorschriften Dritter durch die ausländische Gesellschaft) gehören. Dies wäre im Einzelfall zu prüfen. M.E. kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass es sich hierbei um eine konzerninterne Dienstleistung handelt, die mit Hilfe der Kostenaufschlagsmethode zu bewerten ist. Sollte hingegen ein umfangreicherer Wertschöpfungsbeitrag geleistet werden, scheidet diese Vorgehensweise aus und es ist eine andere Bewertung vorzunehmen. Vor dem Hintergrund des § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG wäre es in diesen Fällen folgerichtig, eine entsprechende Bewertung vorzunehmen.
IV. Fazit Die vorstehenden Überlegungen zeigen systematische Brüche auf und verdeutlichen, dass die fiskalische Ausrichtung der Regelungen zur Funktionsverlagerung zu strukturellen Problemen führt. Der Gesetzgeber sollte überlegen, inwieweit – vergleichbar den Regelungen in § 6 Abs. 3 AStG – Sondervorschriften für eine von vornherein vorübergehende Funktionsverlagerung und eine zeitnahe Rückverlagerung der Funktionsverlagerung geschaffen werden. Dies würde allerdings zu einer weiteren Zunahme der Komplexität führen und den – schon vom Ansatz her problematischen – Weg einer deutschen Sonderregelung fortführen.
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Verrechnungspreise für Datennutzungen Inhaltsverzeichnis I. Vorwort II. Problemstellung III. Anwendung des Fremdvergleichs grundsatzes 1. Vorbemerkung 2. Funktions- und Risikoanalyse 3. Ausnahmen zur geschäftsvorfall bezogenen Betrachtung
IV. Fallanalyse 1. Vorbemerkung 2. Daten von einer Routinegesellschaft 3. Daten von einem Entrepreneur 4. Daten von einer Mittelgesellschaft 5. Änderungen der Unternehmens qualifizierung V. Zusammenfassung
I. Vorwort Der Name Prof. Dr. Hubertus Baumhoff steht in der Steuerberatung als Synonym für „Verrechnungspreisberatung“, auf die er sich in seinem Berufsleben schon früh konzentrierte. Bereits in seiner Dissertation hat er Themen analysiert und Vorschläge unterbreitet, die sich in der Folge zu Eckpfeilern der steuerlichen Verrechnungs preisgrundsätze entwickelten. Sie wurden von der OECD in den OECD-Verrechnungspreisleitlinien aufgenommen, im In- wie im Ausland in Gesetzen umgesetzt als auch vom BFH angewendet.1 Hervorzuheben ist dabei sicher sein Beitrag zur Entwicklung des Leitbildes des sog. „doppelten, ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters“2. So schrieb er in seiner Dissertation, dass sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht nach dieser Betrachtungsweise zwei voneinander unabhängige Entscheidungsträger mit individueller Zielfunktion gegenüberstehen, „die nur dann zu einem Ergebnis gelangen können, wenn ihre Interessen in angemessener Weise gewahrt werden. […] Dabei kann es bei rationalem Verhalten unabhängiger Entscheidungsträger nur dann zu einer Einigung kommen, wenn die Preisobergrenze des Leistungsempfängers über der Preisuntergrenze des Leistungserbringers liegt, m.a.W. ein Einigungsbereich vorliegt“.3 Diese Denkgrundsätze wurden vom BFH erstmals ausdrücklich im Urteil vom 17.5.1995 angewendet, in welchem für den Fremdvergleich die Einbeziehung des Ver1 Vgl. BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 (205). 2 Vgl. Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen – die steuerliche Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen auf der Grundlage des Fremdvergleichs, 1986, S. 139. 3 Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen – die steuerliche Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen auf der Grundlage des Fremdvergleichs, 1986, S. 140.
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tragspartners für erforderlich erachtet wird.4 Ferner findet sich eine entsprechende Umsetzung dieser Gedanken seit der Unternehmensteuerreform 2008 auch im sog. „gesetzlichen hypothetischen Fremdvergleich“ in § 1 Abs. 3 Sätze 5-8 AStG, der eine Einigungsbereichsbetrachtung der beiden Vertragspartner bei fehlendenden tatsächlichen Fremdvergleichswerten vorschreibt. Gleichwohl hat sich das wirtschaftliche Umfeld in den vergangenen Jahren bzw. Jahrzehnten wesentlich geändert. Fortschreitende Automatisierung, Weiterentwicklungen der IT und die Digitalisierung ermöglichen komplexe Wertschöpfungsketten, die ohne diese Fortschritte nicht umsetzbar gewesen wären. In den folgenden Überlegungen wird analysiert, ob und inwiefern die Denkfigur des doppelten, ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters auf neue Arten von Wertschöpfungsketten – insbesondere die Nutzung von Daten – übertragen werden können.
II. Problemstellung Die industrielle Revolution führte im 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu einer drastischen Änderung der wirtschaftlichen und damit einhergehend sozialen Verhältnisse. Im Mittelpunkt stand eine beschleunigte Entwicklung der Technik, Produktivität sowie der Wissenschaften. Im Rahmen der 1. industriellen Revolution führte der Einsatz von Dampfmaschinen zu erheblichen Produktionssprüngen in Fabriken. Durch die Umstellung der Antriebskraft auf Elektrizität sowie durch die Einführung der Fließbandarbeit trat eine Beschleunigung der Produktivitätssteigerung in der 2. industriellen Revolution ein. Vermehrt wurden Arbeitsplätze mithilfe elektrischer Antriebe und Maschinen (teil-)automatisiert. Mit Beginn der 1970er Jahre begann die 3. industrielle Revolution, die auf der Entwicklung der IT-Technik und Computerarbeitsplätze fußte. Elektronik und IT ermöglichten erstmals weitergehende Automatisierungen in der Produktionstechnik und den Abläufen. Die aktuell laufende 4. industrielle Revolution (Industrie 4.0) führt zu weitergehenden Veränderungen von Wertschöpfungsketten. Der Fokus liegt in der Digitalisierung bislang analoger Techniken. Die Fertigung auf Lager weicht nicht nur einer justin-time Fertigung sondern der Fertigung auf Basis von Absatzprognosen unter Anwendung künstlicher Intelligenz. Hierzu werden Massendaten analysiert und Abhängigkeiten berechnet, die dann automatisiert die Planung von Fertigungsmengen und den Kunden einen besseren Service ermöglichen. Der Austausch der Daten ist digital ohne händische Eingriffe und Steuerungen möglich. Wesentlicher Wertschöpfungsanteil hierzu sind Daten, die zur Steigerung des Kundennutzens automatisiert analysiert werden. Die Bedeutung dieser Daten zeigt sich bei Firmen der digitalen Industrie wie Google, Facebook oder Amazon, deren Wertschöpfung auf der Sammlung von Daten basiert und die mittlerweile zu den wertvollsten Unternehmen der Welt gehören. 4 Vgl. BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204 (205).
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Aus Verrechnungspreissicht werden Daten als immaterielle Wirtschaftsgüter qualifiziert, da es sich weder um materielle Wirtschaftsgüter noch um Finanzanlagen handelt;5 konkret fallen Daten unter die Definition von Know-how. Es handelt sich um Informationen, die geeignet sind, den Abschluss oder die Durchführung von Geschäften zu unterstützen, die aber – im Unterschied zu Patenten und Marken – nicht in Register eingetragen werden und geschützt sind. Unter Know-how werden geheime Informationen verstanden, die aus einem industriellen, forschenden oder wirtschaftlichen Umfeld stammen und den Geschäftsgegenstand des Unternehmens unterstützen. Der Wert des Know-hows hängt wesentlich davon ab, ob und wie das Unternehmen in der Lage ist, die Informationen geheim zu halten und zu nutzen.6 Häufig stammen Daten aus einer von zwei Quellen, nämlich dem Vertriebsprozess oder den Produkten selbst. Der sich ausweitende Vertrieb über das Internet vereinfacht die Datensammlung, da – entgegen dem stationären Handel – deutlich mehr Kundenspezifika (wie Alter, Geschlecht, Wiederkaufsrate, Produktkategorien) erfasst und gespeichert werden. Daten stammen aber auch aus den Produkten selbst, insbesondere wenn diese mit einer Vielzahl von Sensoren ausgestattet werden (z.B. Handys, Navis), die Auskunft über die Nutzung und das Nutzerverhalten geben können (z.B. Bewegungsprofile, Nutzungsfrequenzen von Apps, etc.). Aus den Daten können Unternehmen wertvolle Informationen über zukünftige Spezifika von Produkten (z.B. verschiedene Ausstattungsvarianten) gewinnen bzw. gezielter für ihre Produkte werben. Vor dem Hintergrund stellt sich die Frage, wie der Austausch von derart relevanten Daten fremdüblich zu bepreisen ist.
III. Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes 1. Vorbemerkung Der Fremdvergleichsgrundsatz ist der internationale Maßstab, der nach Übereinkunft der Mitgliedstaaten der OECD für die Ermittlung von Verrechnungspreisen für Besteuerungszwecke anzuwenden ist. Zur Vermeidung von Einkünftekorrekturen sind somit sämtliche (grenzüberschreitende) Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu bepreisen. Gem. Art. 9 OECD-MA dürfen nahestehende Unternehmen in ihren kaufmännischen oder finanziellen Beziehungen nicht an vereinbarte oder auferlegte Bedingungen gebunden sein, die von denen abweichen, die unabhängige Unternehmen miteinander vereinbaren würden. Als Fremdvergleichspreis gilt der Preis, den Fremde als Entgelt für vergleichbare Lieferungen oder Leistungen angesetzt hätten; maßgeblich sind der Ertrag oder die Aufwendungen, die bei einem Verhalten wie unter Fremden beim Steuerpflichtigen angefallen wären. 5 Vgl. Tz. 6.6 OECD-RL 2017. 6 Vgl. Tz. 6.20 OECD-RL 2017.
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Die Ermittlung von Fremdvergleichspreisen bzw. Fremdvergleichsdaten erfordert einen Vergleich der konkret zu beurteilenden Geschäftsbeziehung mit anderen Geschäftsbeziehungen (sog. Vergleichbarkeitsanalyse).7 Im Rahmen einer Vergleichbarkeitsanalyse werden zwischen der zu beurteilenden Geschäftsbeziehung und den externen Geschäftsbeziehungen alle Faktoren (sog. Vergleichbarkeitsfaktoren) ermittelt und verglichen, die wirtschaftlichen Einfluss auf die Geschäftsbeziehung und die dafür vereinbarte Vergütung haben können. Für Geschäftsbeziehungen, die die Nutzung oder Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter zum Gegenstand haben, sind insbesondere folgende Eigenschaften der immateriellen Wirtschaftsgüter von besonderer Bedeutung für die Vergleichbarkeit:8 –– Exklusivität in der Nutzung, –– Umfang und zeitliche Dauer des rechtlichen Schutzes, –– Geographische Beschränkungen, –– Erwartete wirtschaftliche Lebensdauer, –– Stand der Entwicklung, –– Umfang der Rechte zur Weiterentwicklung, –– Erwartete zukünftige Gewinne. Grundsätzlich favorisiert die OECD auch für Geschäftsbeziehungen mit immateriellen Wirtschaftsgütern die Anwendung der Preisvergleichsmethode. Bei nicht ausreichender Vergleichbarkeit scheidet ihre Anwendung hingegen aus und die jeweilige Geschäftsbeziehung ist hinsichtlich einer geeigneten Verrechnungspreismethode zu untersuchen. Für Geschäftsbeziehungen mit immateriellen Wirtschaftsgütern dürfte die Anwendung einer transaktionsbezogenen Gewinnaufteilungsmethode häufiger als für Geschäftsbeziehungen mit materiellen Wirtschaftsgütern geeignet sein.9 Jedoch gibt die OECD keine eindeutigen Hinweise, welche Methode in welchen Fällen angewendet werden sollte. Vielmehr lassen sich folgende Grundsätze zusammenfassen: –– Die Analyse hat unter Berücksichtigung der Möglichkeiten und Optionen beider Parteien zu erfolgen: Weder wird eine Partei ein immaterielles Wirtschaftsgut zu einem Preis abgeben, der deutlich niedriger ist als ein Preis, den eine andere Partei bietet, noch wird eine Partei ein immaterielles Wirtschaftsgut zu einem Preis erwerben, wenn eine günstigere Alternative besteht.10 –– Die Geschäftsbeziehungen sind mitunter einzigartig, weshalb kaum Fremdvergleichswerte verfügbar sind. Dies kann häufiger die Anwendung der transaktions-
7 Vgl. Tz. 1.33-1.36 OECD-RL 2017. 8 Vgl. Tz. 6.118-6.128 OECD-RL 2017. 9 Vgl. Tz. 6.131, 6.139, 6.148 OECD-RL 2017. 10 Vgl. Tz. 6.111 OECD-RL 2017.
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Verrechnungspreise für Datennutzungen
basierten Gewinnaufteilungsmethode oder spezieller Bewertungstechniken erfordern.11 –– Die Geschäftsbeziehungen können mit anderen Geschäftsbeziehungen eng verknüpft sein, so dass eine zusammenfassende Bewertung eher zu fremdüblichen Ergebnissen führen sollte, als dies bei isolierter Betrachtung möglich wäre. –– Der Gewinn aus dem Einsatz immaterieller Wirtschaftsgüter sollte dem rechtlichen Inhaber nur dann vollständig zustehen, wenn er auch nahezu alle relevanten DEMPE-Funktionen ausgeübt hat.12 –– Zwischen Kosten zur Schaffung eines immateriellen Wirtschaftsguts und dessen Wert besteht nur selten ein direkter Zusammenhang.13 –– Sollte die Bewertung mit hoher Unsicherheit behaftet sein, weil die zukünftigen Erfolge kaum absehbar sind, würden Dritte kürzere Laufzeiten oder Preisanpassungsmechanismen bzw. Milestone-Zahlungen vereinbaren.14 –– Mitunter können die Vertreter der Finanzverwaltungen die ökonomischen Umstände einer Geschäftsbeziehung mit immateriellen Wirtschaftsgütern insbesondere nur deshalb schwer fassen, weil sie hierzu auf die Mitwirkung des Steuerpflichtigen und die Überlassung zutreffender Informationen angewiesen sind. In Fällen sog. „hard-to-value intangibles“, bei denen keine Fremdvergleichswerte existieren und für die der erwartete Cashflow zum Zeitpunkt der Geschäftsbeziehung nur schwer prognostizierbar ist, ist es daher nicht ungewöhnlich, dass die Finanzverwaltung die für eine Bewertung angewendeten Planzahlen mit den Istzahlen vergleicht und Begründungen für eingetretene Abweichungen anfordert.15 2. Funktions- und Risikoanalyse Bei Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist eine Funktions- und Risikoanalyse von besonderer Bedeutung. Es gilt der Grundsatz, dass die Gesellschaft, welche die bedeutenderen Funktionen ausübt und wesentlichen Risiken trägt, aus einem Geschäft die höhere Vergütung erwirtschaften sollte, sofern sich nicht besondere Risiken realisieren.16 Im Rahmen einer solchen Funktions- und Risikoanalyse werden die ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und der Einsatz wesentlicher (im)materieller Wirtschaftsgüter der spezifischen Geschäftsbeziehung analysiert. Als Ergebnis einer Funktionsanalyse wird regelmäßig eine Qualifizierung der Geschäftsbeziehungspartner in Entrepreneur (Strategieträger), Hybridunternehmen (auch sog. „Mittelunterneh-
11 Vgl. Tz. 6.57 OECD-RL 2017. 12 Vgl. Tz. 6.71 OECD-RL 2017. 13 Vgl. Tz. 6.142 OECD-RL 2017. 14 Vgl. Tz. 6.183 OECD-RL 2017. 15 Vgl. Tz. 6.186-6.195 OECD-RL 2017. 16 Vgl. Tz. 1.56 OECD-RL 2017.
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men“) und Routineunternehmen vorgenommen.17 Anhand einer solchen Qualifizierung hat – unter weiterer Berücksichtigung der verfügbaren Fremdvergleichsdaten – die Auswahl der als sachgerecht erachteten Verrechnungspreismethode zu erfolgen. 3. Ausnahmen zur geschäftsvorfallbezogenen Betrachtung Grundsätzlich hat die Anwendung des Fremdvergleichs transaktionsbezogen, i.e.S. geschäftsvorfallbezogen, zu erfolgen.18 Ausnahmen einer geschäftsvorfallbezogenen Betrachtung sind die Anwendung der sog. „Paketbetrachtung“19, der sog. „Palettenbe trachtung“20, sowie der sog. „Vorteilsausgleich“21. Bei der Paketbetrachtung erfolgt eine zusammenfassende Beurteilung und Bewertung sachlich eng miteinander verbundener oder zeitlich eng aufeinander folgender Geschäftsvorfälle unterschiedlicher Art. Beispiele sind eine zusammenfassende Beurteilung langfristiger Verträge über Warenlieferungen und zugehöriger Dienstleistungen oder die Lizenzierung von Produktions-Know-how zusammen mit der Lieferung von notwendigen Produktionsanlagen oder Produkten für den Produktionsprozess. Unter Palettenbetrachtung (Produkt- oder Leistungspalette) wird eine Zusammenfassung von sachlich (oder zeitlich) miteinander verbundenen Geschäften zu einer Produktpalette verstanden, für die die Preise nach einer gleichen Kalkulationsmethodik bestimmt werden. Typische Paletten sind bspw. die Lieferungen von „Fertigprodukten“, „Halbfertigprodukten“, „Ersatzteilen“ oder „Management-Dienstleistungen.“22 Unter einem Vorteilsausgleich werden Fälle verstanden, bei denen (vergünstigte) Lieferungen oder Leistungen einer Partei anderen Lieferungen oder Leistungen des Geschäftspartners gegenüberstehen, so dass es sich i.e.S. auch um Tauschgeschäfte (ggf. mit weiteren Geldleistungen) handelt. Einem Vorteilsausgleich liegen gegenseitige Lieferungen bzw. Leistungen zugrunde, bei denen die Inkaufnahme eines Nachteils durch einen anderweitigen Vorteil ausgeglichen wird. Rechtsprechung23 wie Finanzverwaltung erkennen den Vorteilsausgleich grundsätzlich an. Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung24 setzt die steuerliche Anerkennung eines Vorteils ausgleichs voraus, dass derselbe auch zwischen untereinander unabhängigen Un ternehmen (unabhängigen Dritten) denkbar ist, die Geschäfte in einem inneren Zusammenhang zueinander stehen, die Vor- und Nachteile quantifizierbar sind und die Vor- und Nachteilsverrechnung vereinbart war oder zur Geschäftsgrundlage des nachteiligen Geschäfts gehört.
17 Vgl. Tz. 3.4.10.2 BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570. 18 Vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG. 19 Vgl. Tz. 3.10.2 BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570. 20 Vgl. Tz. 3.4.13 BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570. 21 Vgl. Tz. 2.3 BMF v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 218. 22 Vgl. Tz. 3.4.13 BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570. 23 Vgl. BFH v. 28.2.1990 – I R 83/87, BStBl. II 1990, 649; H. 8.5 KStH „Vorteilsausgleich“. 24 Vgl. Tz. 2.3 BMF v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 218.
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IV. Fallanalyse 1. Vorbemerkung Datenüberlassungen können in vielfältigsten Varianten zwischen Parteien erfolgen. Für Verrechnungspreiszwecke ist eine Systematisierung anhand der jeweils ausgeübten Funktionen und getragenen Risiken sinnvoll. Aus diesem Grund werden nachfolgend verschiedene Varianten der Datenüberlassung analysiert, die sich hinsichtlich der Unternehmenscharakterisierung (Routinegesellschaft vs. Entrepreneur) unterscheiden. 2. Daten von einer Routinegesellschaft Werden Daten durch eine Routinegesellschaft für einen Entrepreneur gesammelt, sind zwei Varianten zu unterscheiden. Bei der Ersten sammelt die Routinegesellschaft die Daten durch aktive Tätigkeiten (z.B. Durchführung von Telefoninterviews, Kundenbefragungen, etc.), bei der Zweiten werden die Daten passiv durch ein Bauteil (z.B. Messgerät oder Zähler) gesammelt, das zuvor von dem Entrepreneur an die Routinegesellschaft und von dieser an den Kunden verkauft (bzw. vermietet) wurde. Bei der aktiven Sammlung von Daten agiert die Routinegesellschaft als Dienstleister ohne Einsatz eigener wesentlicher immaterieller Wirtschaftsgüter. Sie sammelt die Daten durch eigene Mitarbeiter bzw. Mess- oder Zählinstrumente, bündelt die Daten und übermittelt sie an den Entrepreneur. Regelmäßig würde für diese Tätigkeit ein Dienstleistungsvertrag zwischen den Gesellschaften abgeschlossen und die Dienstleistung unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode vergütet werden.25 Die Höhe des Gewinnaufschlags wäre durch einen externen oder internen Fremdvergleich zu bestimmen. Verkauft der Entrepreneur eine Maschine inkl. eines Instruments zur Datensammlung an eine Routinevertriebsgesellschaft, die ihrerseits die Maschine an Kunden veräußert, ist zunächst zu ermitteln, welche Funktionen die Vertriebsgesellschaft im Rahmen der Vertriebstätigkeit sowie der Datensammlung und des Datentransfers ausübt. Werden die Daten von der Maschine gesammelt und direkt an den Entrepreneur übermittelt, stellt der Datentransfer keine grenzüberschreitende Geschäftsbeziehung zwischen nahe stehenden Personen dar, so dass ein Verrechnungspreisproblem gar nicht erst entsteht. Individuell wäre aber zu prüfen, auf welcher rechtlichen Basis der Datentransfer zwischen dem Hersteller und dem Kunden vereinbart wird und ob die Routinevertriebsgesellschaft in diesem Kontext eine Vertreterfunktion ausübt. Werden die Daten vom Kunden an die Routinevertriebsgesellschaft und von dieser an den Entrepreneur übermittelt, ist eine fremdübliche Vergütung für die Weiterleitung der Daten festzulegen. Hierbei sollte die Verrechnungspreismethode für den ur-
25 Vgl. Tz. 3.2.3.2 BMF v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 218.
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sprünglichen Wareneinkauf in die Überlegungen einbezogen werden, weshalb sich drei Varianten ergeben. Wird in einer ersten Variante der Verrechnungspreis für die Lieferung unter Anwendung der Wiederverkaufspreismethode bestimmt, ist zu untersuchen, ob die Handelsspanne auch ein Element für die Weiterleitung der Daten beinhaltet und deshalb keine zusätzliche Vergütung zu vereinbaren ist. Es läge ein Vorteilsausgleich vor, weil durch eine höhere Handelsspanne (zum Nachteil des Entrepreneurs und zum Vorteil der Routinevertriebsgesellschaft) auf eine weitere Vergütung für den Datentransfer (zum Vorteil des Entrepreneurs und zum Nachteil der Routinevertriebsgesellschaft) verzichtet wird. Die Voraussetzungen können nach Auffassung der Finanzverwaltung durch einen schriftlichen Vertrag erfüllt werden. Es ist offensichtlich, dass die gegenseitigen Geschäfte im inneren Zusammenhang stehen. Der gegenseitige Ausgleich ist durch sachgerechte Kalkulation der Handelsspanne zu erreichen. Wird der Verrechnungspreis für die Lieferung unter Anwendung der transaktionsbezogenen Nettomargenmethode („TNMM“) bestimmt, kann ebenfalls auf eine zusätzliche Vergütung für den Datentransfer verzichtet werden. Es ist sicherzustellen, dass die Kosten der Routinevertriebsgesellschaft aus dem Vertrieb des Produkts auch etwaige Kosten aus dem Datentransfer umfassen. Die Kalkulation der Nettomarge der Vertriebsgesellschaft muss unter Berücksichtigung dieser Kosten erfolgen. Auch in diesem Fall liegt ein zulässiger Vorteilsausgleich vor. Wurden die Kosten der Datensammlung und –übertragung der Routinevertriebsgesellschaft nicht bei der Ermittlung der Handelsspanne berücksichtigt, wäre diese Leistung separat zwischen den Parteien zu vergüten. Es handelt sich um eine Dienstleistung, die wiederum unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode vergütet werden kann. 3. Daten von einem Entrepreneur Sammelt ein Entrepreneur Daten und überlässt diese an eine andere Konzerngesellschaft, ist zu untersuchen, welche Funktionen und Risiken dem Geschäft zugrunde liegen. Möglich ist die Datenüberlassung an eine Routinegesellschaft oder an einen anderen Entrepreneur bzw. eine Mittelgesellschaft. Werden die Daten an eine Routinegesellschaft überlassen, die ihrerseits Routineleistungen unter Nutzung der Daten an den Entrepreneur erbringt, kann auf eine sepa rate Abrechnung verzichtet werden. Der Entrepreneur wird die Leistungen der Routinegesellschaft unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode einkaufen, so dass eine separate Fakturierung nur die relevante Kostenbasis der Rückfaktura erhöht. Es kommt somit zum direkten Ausgleich der Vor- und Nachteile des Geschäfts, weil die Kalkulationen miteinander verknüpft sind. Es besteht auch ein innerer Zusammenhang immer dann, wenn die Datenüberlassung für die Leistung der Routinegesellschaft relevant ist. Im Übrigen unterscheidet sich dieser Fall nicht von der Einschal198
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tung eines Lohn- oder Auftragsfertigers, bei dem der Entrepreneur auch ohne zusätzliches Entgelt relevante immaterielle Wirtschaftsgüter zur Verfügung stellen kann.26 Die Bestimmung einer fremdüblichen Vergütung für die Datenüberlassung an einen anderen Entrepreneur (bzw. an eine Mittelgesellschaft) ist hingegen hochkomplex. Sie setzt voraus, dass in diesem Fall beide Geschäftsbeziehungspartner Entrepreneure (d.h. Co-Entrepreneure) sind. Jede Partei nutzt bei dieser Sachverhaltskonstellation die Daten für den eigenen Geschäftsbetrieb, übt entsprechende wertschöpfende Funktionen aus und trägt entsprechende Risiken. Demnach handelt es sich bei der Überlassung um eine Lizenzierung, für die grundsätzlich die Regelungen des Kapitels 6 der OECD-RL 2017 („Special considerations for Intangibles“) zur Anwendung kommen. Für die Überlassung der Daten wird häufig ein umsatzbasierter Lizenzsatz anzuwenden sein. Dieser kann entweder durch internen Fremdvergleich aus vergleichbaren Geschäftsbeziehungen mit einem Dritten bestimmt werden oder wird aus Datenbanken für vergleichbare Geschäfte Dritter abgeleitet. Sind hingegen keine zumindest eingeschränkt vergleichbaren Fremdvergleichsdaten ermittelbar, ist ein hypothetischer Fremdvergleich gem. § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG anzustellen. M.a.W. ist das Leitbild des doppelten, ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters zugrunde zu legen und zu überlegen, welche Preisuntergrenze für den Lizenzgeber und welche Preisobergrenze für den Lizenznehmer besteht. Werden die Daten hingegen übertragen, ist eine Bewertung der Daten unumgänglich. Sofern für die Bewertung keine zumindest eingeschränkt vergleichbaren Fremdvergleichswerte ermittelbar sind, hat eine Bewertung ebenfalls anhand des hypothetischen Fremdvergleichs i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 5 AStG zu erfolgen. Hierzu sind Ertragsoder Cashflow-orientierte Bewertungen aus Sicht der übertragenden und erwerbenden Partei vorzunehmen. Die Schwierigkeit besteht in diesen Fällen insbesondere in der Prognose der erwarteten zukünftigen Erträge bzw. Cashflows und der Laufzeit, während der mit entsprechenden Erträgen gerechnet werden kann. Zur Vermeidung des Eintritts einer Doppelbesteuerung kann die Anwendung von vertraglichen Preis anpassungsklauseln sinnvoll sein. Eine solche Vereinbarung schließt die ansonsten geltende gesetzliche Preisanpassungsklausel i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 11 f. AStG aus und entspricht auch den Hinweisen, die die OECD zu den sog. „hard-to-value-intangibles“ verabschiedet hat. 4. Daten von einer Mittelgesellschaft Die deutsche Finanzverwaltung erkennt nicht nur Entrepreneur- und Routinegesellschaften an, sondern geht zutreffend davon aus, dass zwischen diesen beiden Polen unterschiedliche Ausprägungen möglich sind, die als sog. „Mittelgesellschaften“27 bezeichnet werden.
26 Vgl. Tz. 204 BMF v. 13.10.2010, BStBl. I 2010, 774. 27 Vgl. Tz. 3.4.10 Buchst. c) BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570.
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Hinsichtlich der Übertragung bzw. Überlassung von immateriellen Wirtschaftsgütern zwischen oder zu Mittelgesellschaften bestehen keine besonderen Regelungen. Deshalb sind die Geschäftsbeziehungen daraufhin zu untersuchen, welche Partei die umfangreicheren Funktionen ausübt und Risiken trägt. Je nach Ausprägung kommen dann eher die Grundsätze der Datenüberlassung einer Routinegesellschaft bzw. eines Entrepreneurs zur Anwendung. Relevante Besonderheiten bestehen darin, dass die deutsche Finanzverwaltung für die Ermittlung von Verrechnungspreisen für Mittelunternehmen explizit Planrechnungen anerkennt, wenn Plan-/Ist-Abweichungsursachen analysiert werden.28 Aufgrund der für Mittelunternehmen höheren Risiken wird die Anwendung der TNMM jedoch abgelehnt, weil diese nur für risikofreie Geschäftsbeziehungen vorgesehen ist.29 5. Änderungen der Unternehmensqualifizierung Daten können einen ganz wesentlichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit von Unternehmen haben. Denn immaterielle Wirtschaftsgüter sind geeignet, die Geschäftstätigkeit von Unternehmen grundlegend zu ändern, so dass sie zu einer Änderung der Unternehmensqualifizierung führen. Insofern stellt sich die Frage, ob eine solche Änderung auch zur Auflösung stiller Reserven beispielsweise aufgrund der Anwendung der Funktionsverlagerungsbesteuerung i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 9 AStG führen kann. Dies ist davon abhängig, ob die Übertragung von Daten zur Änderung der Funktionen und Risiken der Parteien führt. Dazu im Einzelnen: Eine Funktionsverlagerung liegt vor, wenn ein Unternehmen (verlagerndes Unternehmen) einem anderen, nahe stehenden Unternehmen (übernehmendes Unternehmen) Wirtschaftsgüter und sonstige Vorteile sowie die damit verbundenen Chancen und Risiken überträgt oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausüben kann, die bisher von dem verlagernden Unternehmen ausgeübt worden ist, und dadurch die Ausübung der betreffenden Funktion durch das verlagernde Unternehmen eingeschränkt wird.30 Die Übertragung von Daten als immaterielles Wirtschaftsgut wird immer dann eine Funktionsverlagerung auslösen, wenn hierdurch das übernehmende Unternehmen eine Funktion ausübt, die zuvor vom abgebenden Unternehmen ausgeübt wurde und das abgebende Unternehmen die Funktion einstellt. Beispielsweise wird der Verkauf von Kundendaten bzw. eines Kundenstamms dann eine Funktionsverlagerung darstellen, wenn die Vertriebsfunktion vom abgebenden Unternehmen eingestellt wird und das aufnehmende Unternehmen die Vertriebsfunktion aufnimmt. Eine Funktionsverlagerung liegt jedoch nicht vor, wenn es zu keiner Einstellung oder Einschränkung der Vertriebsfunktion durch das abgebende Unternehmen kommt.31 28 Hierzu vgl. auch Tz. 6.69 OECD-RL 2017. 29 Vgl. Tz. 3.4.10.2 Buchst. c) BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570. 30 Vgl. § 1 Abs. 2 FVerlV. 31 Vgl. § 1 Abs. 5 FVerlV.
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Mangels bislang einschlägiger Rechtsprechung und unklarer Definition der Rechtsbegriffe besteht jedoch eine hohe Rechtsunsicherheit. Liegt hingegen in anderen Fällen eine Funktionsverlagerung vor, ist diese nach hypothetischem Fremdvergleich anhand eines Transferpakets zu bewerten. Unter Anwendung des doppelten, ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiterleitbildes sind die erwarteten Gewinnpotentiale des abgebenden und aufnehmenden Unternehmens zu bestimmen. Der Mittelwert beider Werte ist der Funktionsverlagerung zugrunde zu legen, wenn für keinen anderen Wert eine höhere Wahrscheinlichkeit spricht.32
V. Zusammenfassung Seit Professor Dr. Hubertus Baumhoff seine Dissertation zur Verrechnung von Dienstleistungen verfasste, hat sich das wirtschaftliche Umfeld wesentlich geändert. Die 4. industrielle Revolution führte bereits zu wesentlich komplexeren Wertschöpfungsketten. Dennoch sind viele Grundsätze, die er in seiner Dissertation entwickelte, auch als Praxisstandard für moderne Wertschöpfungsketten anzuwenden. Insbesondere findet sich das Leitbild des doppelten, ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters mittlerweile nicht nur in der Rechtsprechung des BFH sondern liegt auch dem gesetzlichen hypothetischen Fremdvergleich zugrunde. Von der OECD wird diese Denkfigur insbesondere für die Bewertung von Geschäftsbeziehungen mit immateriellen Wirtschaftsgütern als besonders wesentlich erachtet. Ich hatte das besondere Vergnügen, mir die Verrechnungspreisthemen nicht nur aus seinen umfangreichen Literaturbeiträgen zu erschließen, sondern mit ihm persönlich viele Anwendungsfälle zu bearbeiten und zu diskutieren. In jeder Diskussion wurde deutlich, mit wieviel Passion und Motivation er die Beratung im Bereich Verrechnungspreise betreibt. Für diese Erfahrungen, lieber Prof. Dr. Hubertus Baumhoff¸ danke ich Ihnen ganz herzlich.
32 Vgl. § 1 Abs. 3 Satz 7 AStG.
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Die Schlüsselfrage – Anmerkungen zur formelhaften steuerlichen Gewinnaufteilung internationaler Konzerne
Di na
Inhaltsverzeichnis I. Problemstellung II. Voraussetzungen und Grundzüge der formelhaften Gewinnaufteilung III. Mögliche Schlüsselgrößen für die formelhafte Gewinnaufteilung 1. Allgemeine Überlegungen zur Auswahl der Schlüsselgrößen
2. Konkrete Schlüsselgrößen 3. Die Problematik der Gewichtung der verwendeten Schlüsselgrößen 4. Ein Beispiel IV. Kritische Beurteilung V. Schlussbetrachtung
I. Problemstellung Die internationale Steuerlandschaft zeichnet sich in den letzten Jahren verstärkt durch zwei grundlegende Entwicklungen aus. Auf der einen Seite verfolgen viele Staaten nach den Vorarbeiten und unter Koordination der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD = Organization for Economic Cooperation and Development) eine intensive Politik zur Sicherung ihres eigenen Steueraufkommens (Stichwort: BEPS-Aktionsplan).1 Dieses Ziel wird auf der Ebene der Europä ischen Union durch die im Sommer 2016 erlassene Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken (Anti-Tax Avoidance Directive – ATAD) verstärkt.2 Andererseits kann wieder ein zunehmender internationaler Steuerwettbewerb beobachtet werden, bei dem die Staaten durch die Senkung der unternehmensbezogenen Steuerbelastung Investitionen anziehen oder wirtschaftliche Aktivitäten im eigenen Land halten wollen.3 In beiden Fragen spielt die Aufteilung der Gewinne von grenz überschreitenden verbundenen Unternehmen (internationalen Konzernen) eine wichtige Rolle.4 In diesem Zusammenhang wird seit vielen Jahren mit mehr oder weniger großer Regelmäßigkeit in den politischen Gremien, in der Wirtschaftspraxis 1 BEPS = Base Erosion and Profit Shifting. Zum Abschluss des BEPS-Aktionsplans vgl. z.B. Kreienbaum, IStR 2015, 753 (753 f.). 2 Vgl. Rautenstrauch/Suttner, BB 2016, 2391 (2391 ff.). 3 Zu einer Situationsanalyse vgl. z.B. Hey, DB 2018, 2951 (2951 ff.); zum internationalen Steuerwettbewerb vgl. bspw. auch Schreiber, Das Steuerrecht der Unternehmen aus ökonomischer Sicht: Neutralität der Besteuerung und Steuerwettbewerb, Arbeitspapier 2018, S. 16 ff.; Rathje/Wohlrabe, IStR 2019, 1 (1 ff.). 4 Zur ökonomischen Beurteilung der formelhaften Gewinnaufteilung unter dem Gesichtspunkt des Steuerwettbewerbs vgl. bspw. Wagener, Evolutionary Tax Competition with Formulary Apportionment, in: Eberhartinger u.a. (Hrsg.), Research Papers WU Wien, 2017 (No. 13).
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und in der Fachliteratur die Schaffung einer Gemeinsamen körperschaftsteuerlichen (konsolidierten) Bemessungsgrundlage (GK(K)B) oder Common (Consolidated) Corporate Tax Base (C(C)CTB) in der Europäischen Union diskutiert.5 Der nächste Schritt, die formelhafte Aufteilung des in einem grenzüberschreitenden europäischen Konzern erzielten steuerlichen Gewinns, steht dagegen etwas im Hintergrund, stellt aber aus wissenschaftlicher und praktischer Sicht die eigentlich spannende Frage dar.6
II. Voraussetzungen und Grundzüge der formelhaften Gewinnaufteilung Die wichtigste Voraussetzung für eine formelhafte steuerliche Gewinnaufteilung ist die Schaffung der zuvor bereits genannten Gemeinsamen konsolidierten körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage (GKKB).7 Zu beachten ist, dass eine verpflichtende Anwendung nur für Großkonzerne mit einem konsolidierten Gesamtumsatz von 750 Mio. Euro im vorhergehenden Geschäftsjahr vorgesehen ist (Art. 2 Abs. 1 RL-E 683 und RL-E 685). Die Vorstufe, eine Gemeinsame körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage ohne Konsolidierung (GKB), soll hier nicht näher betrachtet werden.8 Wie in der handelsrechtlichen Konzernrechnungslegung würden im Besteuerungsmodell der GKKB die konzerninternen Leistungsbeziehungen eliminiert, so dass ein Konzern-Nettoergebnis bzw. Konzern-Außenergebnis ermittelt würde.9 Soweit die Konzerneinheiten verschiedenen Steuergewalten unterliegen, müsste dieses gemeinsame Ergebnis des Konzerns auf die einzelnen Einheiten aufgeteilt werden. In diesem Fall 5 Vgl. insbes. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB) v. 25.10.2016, COM 2016, 683 final (RL-E 683); Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage v. 25.10.2016, COM 2016, 685 final (RL-E 685). Zu den Richtlinienvorschlägen der Europäischen Union aus den Jahren 2011 und 2016 vgl. auch Scheffler/Köstler in: ifst (Hrsg.), Richtlinie über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage – mehr als eine Harmonisierung der steuerlichen Gewinnermittlung, 2017; Spengel/Stutzenberger, IStR 2018, 37 (37 ff.); Hubert, StuB 2018, 254 (254 ff.). 6 Vgl. auch Schänzle, BB 2008, M1 (M1). 7 Zur Entwicklung, den Rechtsgrundlagen und einigen grundlegenden Überlegungen vgl. z.B. Scheffler in Oestreicher (Hrsg.), Konzernbesteuerung, 2005, S. 305 ff.; Scheunemann, Grenz überschreitende konsolidierte Konzernbesteuerung, 2005, insbes. S. 300 ff.; Sievert, Konzernbesteuerung in Deutschland und Europa, 2005, S. 267 f.; Frebel, Erfolgsaufteilung und -besteuerung im internationalen Konzern, 2006, S. 77 ff., insbes. S. 85 f.; Krawitz/Karthaus in FS Lachnit, 2008, S. 339 (342 ff.); Karthaus, Die österreichische Gruppenbesteuerung als Modell für Deutschland, 2009; Spengel in FS Herzig, 2010, S. 879 (888 ff.); Scheffler/Köstler (Fn. 5), S. 1 ff. 8 Vgl. RL-E 685 v. 25.10.2016 (Fn. 5). Vgl. auch z.B. Scheffler/Köstler (Fn. 5), S. 1 ff.; Hubert, StuB 2018, 254 (256 f.); zu einem Rechtsvergleich vgl. Velte/Mock, StuW 2017, 126 (126 ff.); Velte/Mock, FR 2018, 1081 (1083). 9 Vgl. Spengel (Fn. 7), S. 890 f. Zur Zweckmäßigkeit und Problematik der Konsolidierung in der deutschen Konzernbesteuerung vgl. z.B. Oberndorff, Reform der Konzernbesteuerung, 2005.
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Die formelhafte steuerliche Gewinnaufteilung internationaler Konzerne
gehen in die internationale Gewinnabgrenzung somit nur solche Gewinne ein, „die aus der Sicht des Gesamtkonzerns mit fremden Dritten realisiert wurden“.10 Das anteilige Nettokonzernergebnis würde dann dem Steuertarif des Ansässigkeitsstaates der jeweiligen Konzerneinheit unterworfen. Der konkreten Ausgestaltung einer solchen Konsolidierung kommt somit eine neue, weitreichendere Bedeutung zu, wenn diese nicht nur zu Informationszwecken erfolgt, sondern daran wesentliche Zahlungen – hier Ertragsteuern – bemessen werden. Damit eine Doppelbesteuerung der in dieser Form zugerechneten Gewinne vermieden wird, dürfen ausgeschüttete Gewinne nur einmal bei ihrer Entstehung und nicht weitere Male beim Zufluss nach ihrer Ausschüttung steuerlich erfasst werden.11 Ein solches System sollte auch eine sofortige (vollständige) Verrechnung aller entstandenen Verluste von Konzerneinheiten beinhalten. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wäre eine grenzüberschreitende Verrechnungsmöglichkeit von Verlusten zwischen den Einheiten eines Konzerns prinzipiell zu begrüßen.12 Die einmalige Feststellung und Verrechnung soll darüber hinaus eine doppelte oder mehrfache Verlustnutzung der beteiligten Einheiten unterbinden.13 Durch die Ergebniskonsolidierung würde eine besondere Form der Gruppenbesteuerung auf der Ebene der Europäischen Union erfolgen14, für die bereits einzelne Anwendungsfälle mit unterschiedlichen Ausgestaltungen existieren.15 Der eigentliche Kernpunkt dieses Besteuerungsmodells stellt die formelhafte Aufteilung des gesamten Konzernergebnisses auf die einzelnen Einheiten des Konzerns und damit auf die beteiligten Staaten der Europäischen Union dar.16
10 Baumhoff/Ditz/Liebchen in Mössner u.a. (Hrsg.), Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 4.302. 11 Dazu könnte der derzeitige § 8b KStG als Vorbild dienen. Allerdings hätte in einem solchen System das pauschale Betriebsausgabenabzugsverbot von 5 % der bezogenen Gewinne gem. § 8b Abs. 5 KStG keinen Platz mehr. 12 Vgl. auch Art. 42 RL-E 685 v. 25.10.2016. Im Falle solcher weitreichender steuerlicher Konsequenzen käme der Bestimmung der Voraussetzungen für die Konzernzugehörigkeit (Beteiligungsquote und/oder einheitlicher Leitung wie in der handelsrechtlichen Konzernrechnungslegung) eine ganz erhebliche Bedeutung zu. Vgl. zum Problem des Konsolidierungskreises auch Scheffler (Fn. 7), S. 311. 13 Vgl. Spengel (Fn. 7), S. 890. 14 Damit muss ein spezifischer Konsolidierungskreis für den Bereich der Europäischen Union gebildet werden, der von dem handelsrechtlichen in aller Regel abweicht. Vgl. dazu auch Oestreicher in Endres u.a. (Hrsg.), Die internationale Unternehmensbesteuerung im Wandel, 2005, S. 84. 15 Vgl. zu verschiedenen Systemen der Konzern- bzw. Gruppenbesteuerung z.B. Sievert (Fn. 7), S. 137 ff.; vgl. zu einer umfassenden Analyse des österreichischen Systems Karthaus (Fn. 7). 16 Vgl. Kahle, WPg 2007, 210 (210); Karthaus (Fn. 7), S. 256.
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Norbert Krawitz
III. Mögliche Schlüsselgrößen für die formelhafte Gewinnaufteilung 1. Allgemeine Überlegungen zur Auswahl der Schlüsselgrößen In diesem Beitrag wird im Gegensatz zu einer transaktionsbezogenen oder einer prozessorientierten17 eine konzernbezogene Gewinnaufteilung betrachtet, die auch als „globale Gewinnzerlegungsmethode“ oder als „global formulary apportionment method“ bezeichnet wird.18 Danach wird der gesamte Konzernerfolg – nach Durchführung einer Konsolidierung nur der Konzernaußenerfolg – mit Hilfe von Schlüsselgrößen auf die einzelnen Konzernunternehmen (Mutter- und Tochterunternehmen) und somit auf die Staaten der Europäischen Union aufgeteilt, in denen der Konzern tätig ist.19 Für die außerhalb der Europäischen Union belegenen Konzerneinheiten muss es bei einer verrechnungspreisorientierten Gewinnermittlung bleiben.20 Die globale formelhafte Gewinnzuordnung steht somit den auf dem Fremdvergleichsgrundsatz beruhenden Standardmethoden gegenüber, die insbesondere die Gewinnanteile über die Festsetzung von Verrechnungspreisen für die konzerninternen Leistungsbeziehungen bestimmen.21 Eine dezentrale Festlegung von Schlüsselgrößen und/oder von Gewichten würde die Gefahr einer prinzipiellen Mehrfachbelastung bedeuten.22 Deshalb dürfte nur eine einheitliche Formel zur Anwendung kommen.23 Makroökonomische oder branchenbezogene Schlüsselgrößen werden wegen ihrer Nachteile in Bezug auf die individuelle Verursachung anteiliger Gewinne im Allgemeinen abgelehnt24, obwohl diese ebenfalls in die Diskussion eingebracht worden sind.25 Die Verwendung einer einzigen Größe dürfte den unterschiedlichen Gegebenheiten der Branchen und der einzelnen Konzerne nur unzureichend Rechnung tragen; sie würde auch die Gefahr der Ausweichhandlungen zur Gewinnverlagerung vergrößern.26
17 Vgl. zur Begründung und Ausgestaltung einer prozessorientierten Gewinnaufteilung Oestreicher, Konzern-Gewinnabgrenzung, 2000, insbes. S. 195 ff. 18 Vgl. Schmidt/Sigloch/Henselmann, Internationale Steuerlehre, 2005, S. 391. 19 Vgl. z.B. Wellisch, StuW 2004, 267 (267). Die Problematik der Bestimmung des subjektbezogenen Besteuerungsrechts – Anknüpfung an dem Vorliegen einer juristischen Person oder an einer Betriebsstätte – bleibt natürlich bestehen. Vgl. hierzu auch Scheffler (Fn. 7), S. 313 f. 20 Vgl. z.B. Scheffler (Fn. 7), S. 309, Fn. 7. 21 Auf diesem Gebiet hat der mit dieser Festschrift zu ehrende Jubilar wegweisende Forschungs- und Kommentarbeiträge veröffentlicht. Vgl. insbes. Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen, 1986; Baumhoff/Ditz/Liebchen (Fn. 10), S. 365-686. 22 Vgl. Wellisch, StuW 2004, 267 (270 f.). 23 Vgl. Scheffler (Fn. 7), S. 313; Frebel (Fn. 7), S. 145; Kahle, WPg 2007, 210 (213); zu einem dezentralen Ansatz wie in den USA vgl. Wellisch, StuW 2004, 267 (269). 24 Vgl. z.B. Kahle, WPg 2007, 216; Krawitz/Karthaus (Fn. 7), S. 354 f. Zu einer Diskussion der Gewinnaufteilung anhand makroökonomischer Größen vgl. z.B. Scheffler (Fn. 7), S. 315 f.; Frebel (Fn. 7), S. 125 ff. 25 Vgl. Oestreicher (Fn. 14), S. 85. 26 Zum Problem der Ausweichhandlungen vgl. z.B. Wellisch, StuW 2004, 267 (270 ff.); Oestreicher (Fn. 14), S. 88; Kahle, WPg 2007, 210 (215 f.).
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Die formelhafte steuerliche Gewinnaufteilung internationaler Konzerne
Hinsichtlich des Leistungsfähigkeitsprinzips wird zunächst nicht die einzelne Unternehmenseinheit, sondern nur der Konzern als Ganzes betrachtet. Deshalb muss die zu bestimmende Formel für die Gewinnaufteilung versuchen, den Ort der Gewinn entstehung widerzuspiegeln, damit die Staaten idealtypisch den Beitrag der bei ihnen ansässigen Unternehmensteile besteuern können.27 Eine Erfassung aller Faktoren, die ortsbezogen zur Gewinnerzielung beitragen, ist theoretisch kaum erreichbar und praktisch schlechterdings unmöglich. Beispielsweise lassen sich die Leistungen der zentralen Unternehmensleitung sowie das an den verschiedenen Stellen vorhandene und zumindest in Teilen konzernweit eingesetzte know how schwer oder gar nicht im Detail jedem einzelnen Produktions- und Leistungsverwertungsort zurechnen. Deshalb kann eine Formel nur in sehr pauschalierter Weise verursachungsgerecht die anteilige Gewinnerzielung ermitteln. 2. Konkrete Schlüsselgrößen Als Schlüsselgrößen werden vielfach die anteiligen Produktionsfaktoren Kapital (bemessen am Betriebsvermögen = Vermögenswerte) sowie Arbeit (bemessen an der Lohnsumme) vorgeschlagen.28 Daneben wird grundsätzlich als dritte Größe für die Formel auch der Umsatz (bemessen am konsolidierten Außenumsatz) genannt, obwohl dieser keinen Produktionsfaktor, sondern nur ein Indiz für die wirtschaftliche Betätigung darstellt, da er sich aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage am Markt ergibt.29 Wie bereits Herzig zu Recht bemerkt hat, entstammen diese traditionellen Schlüsselgrößen30 der „old economy“ und nicht den mehr wissensbasierten Unternehmen der „new economy“.31 Wegen der Forderung nach einer praktikablen Anwendungsmöglichkeit werden weitere Faktoren kaum diskutiert.32 Arbeit und Kapital stellen bei einer globalen Betrachtung unzweifelhaft die beiden Produktionsfaktoren dar, die zur unternehmerischen Leistungserstellung und -verwertung und damit zur Gewinnerzielung beitragen. Ob allerdings die jeweilige konkrete Bemessung des Betriebsvermögens und der Personalaufwendungen die Gewinnanteile verursachungsgerechnet abbilden, muss dagegen bezweifelt werden. Bilanzierungsregeln – ob nach Handels- oder nach Steuerrecht – unterliegen mehrfa27 Vgl. Wellisch, StuW 2004, 267 (271). 28 Diese Größen orientieren sich an der Zerlegung des Gesamterfolges nach dem Konzept der „unitary taxation“ in den Vereinigten Staaten von Amerika. Vgl. dazu Oestreicher (Fn. 17), S. 148 ff.; vgl. zu diesen drei Schlüsselgrößen auch Wellisch, StuW 2004, 267 (272); Oestreicher (Fn. 14), S. 85; Scheffler (Fn. 7), S. 317 ff.; Schänzle, BB 2008, M1 (M1 ff.); Krawitz/ Karthaus (Fn. 7), S. 355; Spengel (Fn. 7), S. 892. 29 Vgl. in enger Anlehnung an Spengel (Fn. 7), S. 893. 30 Sie bilden auch die normierten Maßstäbe für die Bestimmung der Größenklassen von Kapitalgesellschaften in der handelsrechtlichen Rechnungslegung gem. § 267 HGB. 31 Vgl. Herzig in Brandt (Hrsg.), Für ein europataugliches Steuerrecht – Chancen und Risiken, 2006, S. 29 (40). 32 Vgl. Kahle, WPg 2007, 210 (213); zur Diskussion der Wertschöpfung und der makroökonomischen Größen als Aufteilungsmaßstäbe vgl. Oestreicher (Fn. 14), S. 86 ff.; Scheffler (Fn. 7). S. 315 ff.; Frebel (Fn. 7), S. 125 ff.
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chen, z.T. widersprüchlichen Zwecksetzungen. Fraglich bleibt trotz des Vorliegens des Richtlinienvorschlags, ob die Europäische Union die notwendige Gemeinsame konsolidierte körperschaftsteuerliche Bemessungsgrundlage annähernd prinzipienbasiert festlegen kann, damit deren Ausprägungen eine hinreichende Beziehung zum Gesamtgewinn und zu den so ermittelten Gewinnteilen herstellt. Wellisch weist schon darauf hin, dass grundsätzlich das Vermögen am treffsichersten seinen Beitrag zur Gewinnerzielung anzeigt, „wenn es zum Marktwert in die Formel eingeht“.33 Ein echter Marktwert ergibt sich aber vielfach nur auf der Grundlage einer Ertragszuordnung, die für das Einzelobjekt in der Regel kaum verursachungsgerecht möglich ist und auf der Ebene der Konzerneinheit durch die Gewinnaufteilung noch vollzogen werden muss. Insoweit würde zumindest teilweise ein Zirkelschluss entstehen. Betrachtet man darüber hinaus die wissenschaftliche Diskussion um die Ausgestaltung und Anwendung der International Financial Reporting Standards (IFRS) in den letzten Jahren34 sowie die Entwicklung und die Kritik beispielsweise an der deutschen steuerlichen Gewinnermittlung, so ist kaum vorstellbar, dass eine steuerliche Ermittlung des Betriebsvermögens nach Marktwerten eingeführt und praktikabel anwendbar sein würde.35 In der heutigen Wissens- und Kommunikationsgesellschaft nimmt die Bedeutung der immateriellen Vermögenswerte in fast allen Wirtschaftszweigen rasant zu. Die Abbildung der selbstgeschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens stellt aber nach wie vor ein kaum lösbares Bilanzierungsproblem dar. Trotz ihres allgemein hohen Wertes wären sie daher nur schwerlich in eine Gewinnaufteilungsformel einzubeziehen.36 Dennoch muss das Fehlen der immateriellen Vermögenswerte mit Blick auf die zunehmende Bedeutung grundsätzlich kritisiert werden.37 Darüber hinaus entstehen Abgrenzungsprobleme, da nicht alle eingesetzten Vermögenswerte im Eigentum der jeweiligen Unternehmen stehen, sondern gemietet oder geleast sein können.38 Einer praktikablen Anwendung zugänglich wären nur die nach der Gemeinsamen konsolidierten körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage ermittelten Vermögenswerte. Abweichungen würden zu erheblichen Ermittlungsproblemen und zusätzlichen Verwaltungskosten führen.39
33 Wellisch, StuW 2004, 267 (273); ähnlich bereits Kahle, WPg 2007, 210 (214). 34 Vgl. z.B. Ballwieser, IFRS-Rechnungslegung, 3. Aufl. 2013, S. 235 ff. m.w.N. 35 In diesem Sinne auch Kahle, WPg 2007, 210 (214). Die ursprünglich diskutierte Anknüpfung an die IAS/IFRS wurde im Verlauf der weiteren Überlegungen zu Recht verworfen. Vgl. dazu Schänzle, BB 2008, M1 (M1). Zur IFRS-Basierung eines steuerlichen Konzernabschlusses in der Europäischen Union vgl. auch Sievert (Fn. 7), S. 267; Scheunemann (Fn. 7), S. 470 ff. 36 Ähnlich schon Kahle, WPg 2007, 210 (214); Wellisch, StuW 2004, 267 (273); für eine Einbeziehung immaterieller Vermögenswerte in die Schlüsselgröße spricht sich aus Frebel (Fn. 7), S. 150 ff. 37 Vgl. auch Hubert, StuB 2018, 254 (257 f.). 38 Vgl. Frebel (Fn. 7), S. 147. 39 Vgl. zur Problematik der Vermögensbewertung Frebel (Fn. 7), S. 147 ff.
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Die formelhafte steuerliche Gewinnaufteilung internationaler Konzerne
Auch die Beiträge des Faktors Arbeit lassen sich nur schwer in einer einzigen Größe angemessen wiedergeben. Die Lohnsummen beruhen auf unterschiedlich hohen Lohnniveaus der beteiligten Staaten.40 Die jeweiligen Personalkosten können – wenn überhaupt – nicht durchgängig die Produktivität des Faktors ausdrücken. Da die Anzahl der Arbeitskräfte dies schon gar nicht leisten kann41, kommen somit aber nur die gesamten Personalaufwendungen in Betracht. Die Einbeziehung der Umsatzerlöse würde auch den Absatzmarkt berücksichtigen und sich damit an einer marktorientierten Quellenregel (supply-demand approach) ausrichten.42 Auch wenn dieses Konzept in der Literatur zum Teil kritisch beurteilt bzw. abgelehnt wird43, handelt es sich um eine relativ eindeutig bestimmbare Größe, der eine Indikatorwirkung für die Gewinnanteile der einzelnen Konzerneinheiten zugebilligt wird.44 Für die Verwendung der Schlüsselgröße Umsatz muss die grundsätzliche Frage beantwortet werden, inwieweit neben dem traditionellen Ursprungs(land)prinzip auch bei der Ertragsbesteuerung das Bestimmungs(land)prinzip zur Anwendung kommen soll. Die ertragsteuerliche Gewinnaufteilung erfordert dazu eine differenziertere Betrachtung. Bei der industriellen Produktion materieller Güter kommt der Belegenheit der Produktionsfaktoren eine entscheidende Bedeutung für die Wertschöpfung und für die Gewinnerzielung zu. Im Bereich der Schaffung von immateriellen Gütern sowie von Dienstleistungen und durch die Zunahme digitaler Prozesse lässt sich der Ort der Wertschöpfung nicht immer eindeutig festlegen.45 Ferner ist der Ort der Leistungsverwertung (Absatz) durch die Unternehmen schwerer zu beeinflussen als der Ort der Leistungserstellung46, so dass insoweit Ausweichhandlungen prinzipiell verringert werden.47 Bei einer Berücksichtigung von Beiträgen der Konsumenten nimmt auch bezüglich der Ertragsbesteuerung die Relevanz des Bestimmungslandes deutlich zu. Insoweit scheint eine Einbeziehung der Umsätze neben den Produktionsfaktoren in die Aufteilungsformel gerechtfertigt.48 3. Die Problematik der Gewichtung der verwendeten Schlüsselgrößen Bei der Verwendung mehrerer Schlüsselgrößen muss entschieden werden, ob diese mit oder ohne Gewichtung in die Formel eingehen sollen. In der Gewinnzerlegung in den verschiedenen Bundesstaaten der USA finden sich sowohl ungewichtete Einbe-
40 Vgl. Frebel (Fn. 7), S. 155 f.; Krawitz/Karthaus (Fn. 7), S. 356. 41 Ebenso Wellisch, StuW 2004, 267 (273); ablehnend ebenfalls Frebel (Fn. 7), S. 154. 42 Ebenso Kahle, WPg 2007, 210 (213). 43 Vgl. z.B. Frebel (Fn. 7), S. 48 ff. m.w.N. 44 Vgl. dazu mit differenzierten Beurteilungen Wellisch, StuW 2004, 267 (272). 45 Zu verschiedenen Beurteilungen der Gewinnaufteilung bei traditionellen und digitalen Leistungen vgl. z.B. Richter, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 2018, S. 132 (134 ff.). 46 Vgl. Schreiber (Fn. 3), S. 23. 47 Siehe auch weiter unten IV. 48 In diesem Sinne wohl auch Wellisch, StuW 2004, 267 (272).
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ziehungen von Schlüsselgrößen als auch solche mit Gewichtungen.49 Ob sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union neben der Festlegung der Schlüsselgrößen auch auf einheitliche Gewichtungsfaktoren einigen würden, bleibt völlig offen. Während die Schlüsselgrößen periodisch aus der relevanten Steuerbilanz zu ermitteln sind, müssten die Gewichtungsfaktoren sicherlich für einen überschaubaren Zeitraum festgelegt werden. Eine formale Darstellung zeigt deutlich die Struktur der formelhaften steuerlichen Gewinnaufteilung. Der Fall der ungewichteten Aufteilung stellt praktisch eine Gleichgewichtung der Schlüsselgrößen dar. Die anteiligen Schlüsselgrößen der Konzerneinheiten müssen in diesem Fall mit dem aus der Anzahl der verwandten Schlüsselgrößen gebildeten Bruchteil – hier 1/3 – multipliziert werden, damit man den gesamten Anteil der Konzerneinheit i am Gesamtgewinn des Konzerns erhält: Gi = (1/3 × Ki/Kg + 1/3 × Li/Lg + 1/3 × Ui/Ug) × Gg mit ∑ Ki = Kg; ∑ Li = Lg; ∑ Ui = Ug; ∑ Gi = Gg. i i i i Für eine gewichtete Aufteilung sind für jede Schlüsselgröße Gewichte in Bruchteilen zu bestimmen, die in der Summe 1 ergeben müssen:50 Gi = (α × Ki/Kg + β × Li/Lg + γ × Ui/Ug) × Gg mit ∑ Ki = Kg; ∑ Li = Lg; ∑ Ui = Ug; ∑ α + β + γ = 1; ∑ Gi = Gg. i i i i Symbole (alle Größen bezogen auf den Konzern bzw. den Konzernteil in der Europäischen Union): Gg Gi Kg Ki Lg Li Ug Ui α, β, γ
= Konsolidierter Gesamtgewinn des Konzerns = Anteiliger Gewinn der Konzerneinheit i = Gesamtes Kapital des Konzerns = Anteiliges Kapital der Konzerneinheit i = Gesamte Lohnsumme des Konzerns = Anteilige Lohnsumme der Konzerneinheit i = Gesamter Umsatz des Konzerns = Anteiliger Umsatz der Konzerneinheit i = Gewichtungsfaktoren (in Bruchteilen von 1).
4. Ein Beispiel Die formale Struktur lässt sich leicht mit Hilfe eines einfachen Beispiels veranschaulichen.51 Dieses Beispiel geht von drei Konzerneinheiten (i = 1, 2, 3) und drei Schlüssel49 Vgl. Oestreicher (Fn. 14), S. 149 ff.; Scheunemann (Fn. 7), S. 309. 50 In enger Anlehnung an Frebel (Fn. 7), S. 143. 51 Vgl. zu einem Beispiel mit zwei Staaten Scheffler (Fn. 7), S. 310.
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Die formelhafte steuerliche Gewinnaufteilung internationaler Konzerne
größen (Kapital, Lohnsumme, Umsatz) aus. Diese sollen wie folgt gewichtet werden: Kapital α = ½, Lohnsumme β = ¼ und Umsatz γ = ¼. Die jeweilige 1. Unterzeile zeigt die Werte der jeweiligen Schlüsselgrößen für die jeweilige Konzerneinheit. Die 2. Unterzeile der Konzerneinheiten enthält die Anteile der Konzerneinheit an der jeweiligen Schlüsselgröße, berechnet als Quotient aus der jeweiligen Schlüsselgröße der Konzerneinheit und der Summe der jeweiligen Schlüsselgröße des Konzerns; die 3. Unterzeile gibt die gewichteten Anteile, berechnet aus dem jeweiligen Anteil der Schlüsselgrößen der Konzerne und dem jeweiligen Gewichtungsfaktor, wieder. Der Gesamtgewinn wird mit 10.000 TEuro angenommen. Neben den bereits genannten Faktoren zeigt die folgende Tabelle die angenommenen Beträge der Schlüsselgrößen und als Ergebnis den anteiligen Gewinn der Konzerneinheiten: Schlüsselgrößen
Kapital
Lohnsumme
Umsatz
Gewichtung
α = 1/2
β = 1/4
γ = 1/4
Konzerneinheiten
1
2
3
Summe
Anteiliger Gewinn ∑=1 Gesamt anteil der Konzern einheit
5.000 TEuro
20.000 TEuro
30.000 TEuro
0,1250
0,4000
0,3000
0,0625
0,1000
0,0750
15.000 TEuro 18.000 TEuro
2.375 TEuro
0,3400
3.400 TEuro
0,4225
4.225 TEuro
1,0000
10.000 TEuro
25.000 TEuro
0,3750
0,3600
0,2500
0,1875
0,0900
0,0625
20.000 TEuro 12.000 TEuro
0,2375
45.000 TEuro
0,5000
0,2400
0,4500
0,2500
0,0600
0,1125
40.000 TEuro 50.000 TEuro 100.000 TEuro
Bei einer ungewichteten bzw. gleichgewichteten Verteilung ergäben sich in dem Beispiel gerundete Gewinnanteile für die Konzerneinheit 1 von 2,75 Mio. Euro, für die Konzerneinheit 2 von 3,28 Mio. Euro und für die Konzerneinheit 3 von 3,97 Mio. Euro.
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IV. Kritische Beurteilung Einer formelhaften Gewinnaufteilung mit Hilfe von Schlüsselgrößen werden einige Vorteile gegenüber der bisherigen traditionellen Methode mittels Fremdvergleichsgrundsatz zugeordnet. Sie orientiert sich grundlegend an der Wertschöpfung im Quellenstaat anhand des Einsatzes der Produktionsfaktoren. Als ein Vorteil wird die Entbehrlichkeit der Angemessenheitskontrolle konzerninterner Verrechnungspreise genannt.52 Ferner wird dem Ersatz der Verwendung von Verrechnungspreisen durch die formelhafte Gewinnaufteilung eine Reduktion der Gefahr der Doppelbesteuerung und des „administrativen Aufwands“53 (Befolgungskosten) der Steuerpflichtigen zugeschrieben.54 Die formelhafte Gewinnaufteilung mit Schlüsselgrößen auf der Grundlage einer Gemeinsamen körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage soll zugleich grenzüberschreitende Umstrukturierungen erleichtern55 und die Neutralität von grenzüberschreitenden Transfers von Wirtschaftsgütern und Verlagerung betrieblicher Funktionen sicherstellen. Die formelhafte Gewinnaufteilung weist auf der anderen Seite aber auch Probleme und gravierende Nachteile auf. Eine solche Gewinnzuweisung erfolgt in sehr pauschaler Weise.56 Die Relevanz der Schlüsselgrößen kann für die einzelnen Konzerne nach Art ihrer wirtschaftlichen Betätigung sehr unterschiedlich sein. Bei einer hohen Produktivität können alle drei explizit behandelten Schlüsselgrößen zu Recht einen entsprechend hohen Gewinnanteil ergeben. Andererseits können hohe Vermögenswerte aber auch über notwendige Abschreibungen den eigentlich erzielten Gewinn der Konzerneinheit schmälern oder aufzehren. Organe und Arbeitnehmer bilden eine unabdingbare Voraussetzung für eine Gewinnerzielung. Andererseits kann eine (zu) hohe Lohnsumme als Aufwandsfaktor den Gewinn der einzelnen Einheit bei traditioneller Betrachtung vernichten bzw. zu Verlusten führen. Ebenso stellt ein hoher Umsatz keine Garantie für einen hohen Gewinn dar; vielmehr können hohe Kosten u.U. zu Verlusten des einzelnen Unternehmens führen. Somit handelt es sich bei der formelhaften Gewinnaufteilung bestenfalls um eine Näherungslösung.57 Ein theoretischer Mangel dieser Konzeption liegt darin, dass die Verwendung der Schlüsselgrößen keine erzielten Übergewinne erfassen kann.58 Nur die gewichteten Schlüsselgrößen bestimmen die Gewinnbesteuerung der einzelnen Konzerneinheiten.59 Die Manipulation des „Gewinnausweises“ in den einzelnen Mitgliedstaaten wird nicht völlig beseitigt, da die Möglichkeit der Verlagerung von Produktionsfaktoren, 52 Vgl. Spengel (Fn. 7), S. 891. 53 Wellisch, StuW 2004, 267 (267). 54 Vgl. Krawitz/Karthaus (Fn. 7), S. 341 sowie Karthaus (Fn. 7), S. 254. 55 Vgl. Wellisch, StuW 2004, 267 (267). 56 Vgl. Oestreicher (Fn. 14), S. 91. 57 Vgl. Scheffler (Fn. 7), S. 311; Spengel (Fn. 7), S. 893. 58 Vgl. Oestreicher (Fn. 14), S. 91. 59 Scheffler vergleicht deshalb die ökonomischen Steuerwirkungen mit den Faktorbesteuerungen Vermögensteuer, Lohnsummensteuer und Umsatzsteuer ohne Vorsteuerabzug. Vgl. Scheffler (Fn. 7), S. 331.
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Die formelhafte steuerliche Gewinnaufteilung internationaler Konzerne
z.B. von Arbeitsplätzen, oder Funktionen besteht.60 Diese Gefahr ist umso größer, je erheblicher sich die Steuersätze in den Mitgliedstaaten unterscheiden. Somit wird die Forderung nach der Vereinbarung eines Mindeststeuersatzes verständlich.61 Jede Systemänderung bedeutet eine Verschiebung von Steuerpotenzial zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Staaten, die dadurch einen Verlust an Steuerpotenzial erwarten, werden der Systemänderung aller Voraussicht nach nicht zustimmen.62 Es muss deshalb an der politischen Durchsetzbarkeit eines solchen gravierenden Systemwechsels gezweifelt werden.63 Einen weiteren gravierenden Mangel würde die Zweiteilung internationaler Konzerne in einen europäischen64 und außereuropäischen Teil darstellen. Dies würde einerseits zu einem zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Berechnung des Konzernteiler folges führen, dem allerdings die Ersparnisse durch die Gemeinsame körperschaft steuerliche Bemessungsgrundlage gegenüberständen. Andererseits beanspruchen bei grenzüberschreitenden Wirtschaftsbeziehungen auch die nichteuropäischen Staaten, insbesondere die sogenannten Schwellenländer (Brics-Staaten)65, ebenfalls Gewinn anteile, ohne unbedingt auf die Regelungen der Europäischen Union Rücksicht zu nehmen. Deshalb müssten auch diese Tendenzen bei einer endgültigen Festlegung und Beurteilung berücksichtigt werden.
V. Schlussbetrachtung Auf den ersten Blick erscheint die formelhafte Gewinnaufteilung mittels Schlüsselgrößen auf Konzerneinheiten, deren Standorte sich in verschiedenen Staaten der Europäischen Union befinden, ein erstrebenswertes Ziel. Bei näherer Betrachtung stellt die Ablösung der streitbehafteten Verrechnungspreise durch formelhafte Gewinnzerlegung jedoch eher nur eine theoretische Möglichkeit dar.66 Auch deshalb wird ihre Durchsetzbarkeit in der Literatur angezweifelt.67 Obwohl es neue Anstrengungen zu einer Wiederbelebung des Ziels einer Gemeinsamen (konsolidierten) körperschaft steuerlichen Bemessungsgrundlage auf bilateraler Ebene zwischen Frankreich und
60 Vgl. Oestreicher (Fn. 14), S. 91; Scheffler (Fn. 7), S. 318 ff. 61 Vgl. hierzu beispielsweise auch die Aussage des Koalitionsvertrages der 19. Legislaturperiode, S. 69; vgl. ferner Schreiber (Fn. 3), S. 17. 62 Ähnlich Hubert, StuB 2018, 254 (258). 63 Die Chancen mögen u.U. zunehmen, wenn das jetzt bestehende Einstimmigkeitserfordernis auf mittlerer Sicht durch den in Aussicht genommenen Mehrheitsbeschluss abgelöst wird. 64 Gemeint ist hier der in der Europäischen Union belegene Teil. 65 BRICS = Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. 66 Dennoch soll auf das Vorbild der Zerlegung einer gemeinsamen Bemessungsgrundlage im nationalen Bereich, nämlich des Gewerbeertrags gem. §§ 28 ff. GewStG, verwiesen werden. Vgl. dazu auch Oestreicher (Fn. 17), S. 145 ff.; Wellisch, StuW 2004, 267 (269). 67 Vgl. z.B. Sievert (Fn. 7), S. 270.
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Norbert Krawitz
Deutschland68 sowie auf der Ebene der Europäischen Union gegeben hat69, fehlt es bisher noch an dieser wesentlichen Voraussetzung für eine formelhafte Gewinnaufteilung.70 Dieses Projekt wird deshalb zu Recht als das ambitionierteste Vorhaben auf dem Gebiet der Harmonisierung direkter Steuern in der Europäischen Union bezeichnet.71 Die hier im Vordergrund stehende Schlüsselfrage scheint in befriedigender Weise kaum bzw. gar nicht lösbar. In der jahrelangen politischen und wissenschaftlichen Diskussion werden im Wesentlichen nur die drei plausiblen Schlüsselgrößen Kapital, Lohnsumme und Umsatz genannt. Aus wissenschaftlicher Sicht kann damit die Schlüsselfrage für die formelhafte Gewinnaufteilung internationaler Konzerne in der Europäischen Union nicht als befriedigend geklärt angesehen werden.72 Deshalb bleibt es fraglich, ob eine formelhafte Gewinnaufteilung mit Hilfe von Schlüsselgrößen zu einer verbesserten Ertragsbesteuerung internationaler europäischer Konzerne führen würde. Daher behalten die wegweisenden Beiträge des Jubilars wohl noch für lange Zeit ihre wissenschaftliche und insbesondere auch ihre praktische Relevanz. Dessen ungeachtet stände dem Binnenmarkt in der Europäischen Union eine vereinheitlichte steuerliche Gewinnermittlung gut zu Gesicht.
68 Vgl. Dölker, BB 2018, 666 (666 ff.). Zur aktuellen deutschen Position vgl. auch Koalitionsvertrag der 19. Legislaturperiode, 2018, S. 69. 69 Vgl. Hey, DB 2018, 2951 (2953). 70 Trotz aller neueren Aktivitäten muss ihre Umsetzung immer noch als fragwürdig angesehen werden. Vgl. z.B. Spengel/Stutzenberger, IStR 2018, 37 (43). 71 Vgl. Velte/Mock, FR 2018, 1081 (1082) m.w.N. 72 So erscheint in seiner Gesamtbeurteilung Oestreicher das Konzept der globalen formelhaften Gewinnaufteilung dem Fremdvergleich theoretisch nicht überlegen. Vgl. Oestreicher (Fn. 17), Vorwort (S. V).
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He
Heinz Kußmaul und Chantal Naumann
Sys lan
Systemüberlegungen zum Bestimmungs‑ und Ursprungslandprinzip Territoriale Anknüpfungspunkte der Besteuerung mit dem Ziel einer eindeutigen Zuweisung des Steueraufkommens zwischen zwei Staaten Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Zielsetzung der Aufkommensverteilung im Bereich der Mehrwertsteuer 1. Prinzipien zur technischen Bestimmung des Leistungsortes 2. Angestrebte Zuweisung des Steuer aufkommens sowie deren Verwirk lichung
III. Zielsetzung der Gewinnabgrenzung im Bereich der Ertragsteuern 1. Anknüpfung an die Wertschöpfung sowie Notwendigkeit der Verrechnungspreise 2. Neue Überlegungen zur signifikanten digitalen Präsenz IV. Fazit
I. Einleitung Die Diskussionen über die Einkünfteabgrenzung im internationalen Kontext lassen sich für alle Steuerarten im Grunde auf eine Kernfrage zurückführen: Welchem Staat soll welcher Anteil der steuerlichen Bemessungsgrundlage und somit das Steueraufkommen zugewiesen werden? Hier werden momentan im Ertragsteuerrecht und im Mehrwertsteuerrecht zwei unterschiedliche Maximen verfolgt. Im Bereich der Mehrwertsteuer wird auf europäischer Ebene zunehmend nach einer umfassenden und endgültigen1 Lösung gesucht, die dem Gedanken einer Besteuerung im Bestimmungsland Rechnung tragen soll.2 Ertragsteuerlich hingegen wird derzeit vorwiegend dem Ansässigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zugewiesen. Aufgrund aktueller Vorschläge zu einer Änderung im Bereich der digitalen Wirtschaft könnte diese Maxime zukünftig jedoch aufgeweicht werden, was die Gesetzgeber gegebenenfalls vor neue Herausforderungen stellen wird.
1 Vgl. von einem endgültigen Mehrwertsteuersystem sprechend Europäische Kommission, COM(2017) 569, S. 7. 2 Vgl. erstmals Europäische Kommission, KOM(2011) 851 endg., S. 5. Vgl. auf internationaler Ebene OECD, Internationale Leitlinien für die Mehrwertbesteuerung, Paris 2017, S. 5.
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II. Zielsetzung der Aufkommensverteilung im Bereich der Mehrwertsteuer 1. Prinzipien zur technischen Bestimmung des Leistungsortes Für das Harmonisierungsbestreben der Europäischen Union im steuerlichen Bereich kann die Mehrwertsteuer als erster und wichtigster Vorreiter angesehen werden.3 In diesem Kontext ist insbesondere die Vereinheitlichung des territorialen Tatbestands elements der Steuerbarkeit hervorzuheben, die durch eine vereinheitlichte Bestimmung des Leistungsortes sicherstellt, dass bei grenzüberschreitenden Umsätzen innerhalb der Union genau einem Staat der Zugriff auf das Steuergut zugewiesen wird und es somit zu keiner Doppel‑ oder Nichtbesteuerung kommt.4 Grundsätzlich sind für die technische Bestimmung des Leistungsortes zwei Prinzipien denkbar, die beide jedoch nicht unangefochten sind: das Bestimmungsland‑ bzw. Verbrauchsortprinzip oder das Ursprungsland‑ bzw. Herkunftslandprinzip.5 Nach dem Bestimmungsland‑ bzw. Verbrauchsortprinzip wird das Steueraufkommen – entsprechend dem Verbrauchsteuercharakter der Mehrwertsteuer – dem Land zugewiesen, in dem die konsumtive Verwendung mutmaßlich stattfinden wird: dem Importstaat.6 Dabei stellen sowohl die korrekte Ermittlung des Bestimmungslandes als 3 Vgl. in diesem Sinne Jacobs/Endres/Spengel in Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, S. 175; Lampert, EuZW 2013, 493 (494). 4 Vgl. Stadie, Umsatzsteuerrecht, 2005, Rz. 8.3; Widmann in DStJG 13 (1990), S. 117 (120, 123). Dennoch kann es in der Praxis zu Besteuerungskonflikten kommen, wenn einzelne Mitgliedstaaten die Richtlinie 2006/112/EG des Rates v. 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. EU 2006 Nr. L 347, 1) oder den Sachverhalt unterschiedlich auslegen. Beruht die Doppelbesteuerung auf einer unterschiedlichen Auslegung der RL 2006/112/EG, so gibt es zwei Möglichkeiten: Einschaltung des Mehrwertsteuerausschusses (Art. 398 Abs. 4 RL 2006/112/EG) oder Anrufung des EuGH (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV i.V.m. Art. 267 AEUV); vgl. Hummel in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 14.498 f. Ist die Doppelbesteuerung hingegen nicht auf die unterschiedliche Auslegung der RL 2006/112/EG zurückzuführen, sondern auf die unterschiedliche Bewertung eines einzelnen Sachverhaltes, ist dies Sache der nationalen Gerichte; vgl. EuGH v. 29.4.2004 – C-77/01 – EDM, ECLI:EU:C:2004:243, Rz. 79. Ebenfalls denkbar ist der Fall, dass ein Mitgliedstaat eine Richtlinie nicht, verspätet, unzureichend oder unzutreffend in nationales Recht umgesetzt hat und es daher zu Besteuerungskonflikten kommt. Sofern sich durch die Richtlinienbestimmung eine für den Steuerpflichtigen günstigere Regelung ergibt, ist diese – bereits von Amts wegen – heranzuziehen; vgl. stellvertretend EuGH v. 26.2.1986 – 152/84 – Marshall/Southampton and South-West Hampshire Area Health Authority, ECLI:EU:C:1986:84, Rz. 48; EuGH v. 8.10.1987 – 80/86 – Kolpinghuis Nijmegen, ECLI:EU:C:1987:431, Rz. 9; EuGH v. 14.12.1995 – C-430/93 und C-431/93 – Van Schijndel und Van Veen, ECLI:EU:C:1995:441, Rz. 13; EuGH v. 24.10.1996 – C-72/95 – Kraaijeveld U.A., ECLI:EU:C:1996:404, Rz. 57; EuGH v. 7.1.2004 – C-201/02 – Wells, ECLI:EU:C:2004:12, Rz. 56; vgl. auch Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 4 Rz. 34. 5 Vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 17 Rz. 393; vgl. grundlegend Bericht des Steuer- und Finanzausschusses der EWG (Neumark-Bericht), 1962, S. 77 ff. 6 Vgl. Bericht des Steuer- und Finanzausschusses der EWG (Neumark-Bericht), 1962, S. 77; vgl. auch Jakob, Umsatzsteuer, 4. Aufl. 2009, Rz. 501; Rose/Watrin, Umsatzsteuer, 18. Aufl. 2013, S. 24; Sikorski, Umsatzsteuer im Binnenmarkt, 10. Aufl. 2018, Rz. 30.
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auch die sichere Erfassung der Umsätze bei Grenzübergang – insbesondere für immaterielle Dienstleistungen sowie für Lieferungen innerhalb des Binnenmarktes ohne Grenzkontrollen – aufgrund des notwendigen verwaltungsintensiven Kontrollverfahrens die größten Herausforderungen dar.7 Werden die Umsätze hingegen dem Ursprungs‑ bzw. Herkunftslandprinzip folgend in dem Staat für steuerbar erklärt, in dem sie erzeugt wurden – dem Exportland –, kann der Grenzübertritt der Umsätze mehrwertsteuerlich vernachlässigt werden.8 Mit dem Ursprungslandprinzip wird somit eine binnenmarktkonforme Besteuerung verwirklicht.9 Größte Herausforderungen stellen hier jedoch die zwingende Vereinheitlichung der Steuersätze zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen, die notwendige Ermöglichung einer grenzüberschreitenden Vorsteuererstattung sowie insbesondere die erforderliche Einigung auf einen Verteilungsmechanismus des Steueraufkommens an das Bestimmungsland dar.10 2. Angestrebte Zuweisung des Steueraufkommens sowie deren Verwirklichung Die vorgenommenen Überlegungen über die technische Ausgestaltung des Besteuerungsverfahrens sind jedoch strikt von der angestrebten Zurechnung bzw. Verteilung des Mehrwertsteueraufkommens zu trennen, bei der Einigkeit darüber besteht, dass das Steueraufkommen – dem Verbrauchsteuercharakter folgend – final immer dem Mitgliedstaat des Endverbrauchs, also allein11 dem Bestimmungsland, zustehen soll.12 Im Ergebnis soll der – durch die Konsumleistungsfähigkeit legitimierte13 – steuerliche Zugriff dem Staat gewährt werden, der den „Konsum durch seine Rechtsordnung, Infrastruktur etc. mit ermöglicht“14, womit dem Äquivalenzprinzip (präziser: dem
7 Vgl. Englisch in DStJG 32 (2009), S. 165 (168). 8 Vgl. Sopp, Umsatzbesteuerung beim Handel in der EU, 2010, S. 44. 9 Vgl. Rose/Watrin, Umsatzsteuer, 18. Aufl. 2013, S. 24. 10 Vgl. Sopp, Umsatzbesteuerung beim Handel in der EU, 2010, S. 44; Tumpel, Mehrwertsteuer im innergemeinschaftlichen Warenverkehr, 1997, S. 124 f. 11 Bei der Mehrwertsteuer soll das Aufkommen immer genau einem Staat zugewiesen werden, sodass es hier keine Aufteilung auf verschiedene Staaten gibt; vgl. Widmann in FS 100 Jahre Umsatzsteuer in Deutschland, 2018, S. 3 (14). 12 Vgl. Erwägungsgründe zur Richtlinie 91/680/EWG des Rates v. 16.12.1991 zur Ergänzung des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems und Änderung der Richtlinie 77/388/EWG im Hinblick auf die Beseitigung der Steuergrenzen, ABl. EG 1991 Nr. L 376, 1; vgl. auch Englisch in DStJG 32 (2009), S. 165 (177); Klezath in DStJG 13 (1990), S. 167 (171). Vgl. auf internationaler Ebene OECD, Internationale Leitlinien für die Mehrwertbesteuerung, Paris 2017, S. 5. 13 Vgl. ausführlich Schaumburg in FS Reiß, 2008, S. 25 (31 ff.). Hingegen sieht Widmann den Zugriff auf die Konsumleistungsfähigkeit des Verbrauchers als nicht mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip vereinbar an, da auf Verbraucher mit geringem Einkommen zu wenig Rücksicht genommen würde; vgl. Widmann in FS 100 Jahre Umsatzsteuer in Deutschland, 2018, S. 3 (6). 14 Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 17 Rz. 13.
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Nutzenprinzip) Rechnung getragen wird.15 Um trotz der Allphasenbesteuerung16 final nur „das im Inland verwendete Einkommen“17 zu besteuern, wurde das Mehrwertsteuersystem durch einen Vorsteuerabzug ergänzt, welcher die auf zwischenunternehmerischer Ebene fraktioniert erhobene Mehrwertsteuer wieder zurückerstattet, sodass im Ergebnis nur der Endverbrauch belastet wird.18 Bei alleiniger Orientierung des Mehrwertsteuersystems an der sich aus dem Verbrauchsteuercharakter der Mehrwertsteuer ergebenden Aufteilung des Steueraufkommens ist einer Besteuerung nach dem Bestimmungslandprinzip unter Sachgerechtigkeitsaspekten somit Vorrang einzuräumen.19 Dennoch wurde seit Schaffung des harmonisierten Mehrwertsteuersystems im Jahr 1968 dem Binnenmarktgedanken Vorrang eingeräumt und somit zunächst am Ursprungslandprinzip – als tatbestandstechnisch zu verwirklichende Maxime in einem echten Binnenmarkt – festgehalten.20 Jedoch wurde und wird aus praktischen Gründen häufig auf das Bestimmungslandprinzip zurückgegriffen, da bei vollständiger Umsetzung des Ursprungslandprinzips die Festlegung eines Verteilungsschlüssels notwendig wäre, um das Steueraufkommen final – und systemgerecht – dem Land zuzuweisen, in dem der Letztverbrauch stattfindet.21 Auf einen solchen Schlüssel konnten sich die Mitgliedstaaten jedoch nicht einigen, da jeder um Verluste seines Steueraufkommens fürchtete.22 Auch mit der Einführung des Binnenmarktes 1993 konnte sich nicht auf einen solchen Verteilungsschlüssel geeinigt werden,23 sodass bis heute die Erhebung nach dem Bestimmungslandprinzip (mit einzelnen Ausnahmen) vorherrschend ist und daher die vormals physischen Grenzen in der Union seit dem Jahr 1993 durch Identifikations-, Erklärungs- und Kontrollverfahren lediglich „in die Unternehmen verlagert“24 wurden. Trotz dieses mehrmaligen Scheiterns der binnenmarktkonformen Erhebung nach dem Ursprungslandprinzip wird dieses bis heute in Art. 402 RL 2006/112/EG als Maxime festgehalten. Um die Glaubwürdigkeit des europäischen Entscheidungsprozesses jedoch nicht weiter durch den anhaltenden politischen Widerstand zu gefährden,25 erfolgte im Jahr 2010 auf europäischer Ebene mit 15 Vgl. Lang in FS Schaumburg, 2009, S. 45 (52); vgl. zur Einschränkung des Leistungsfähigkeitsprinzips durch das Nutzenprinzip Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 3 Rz. 45; vgl. auch Schaumburg in FS Reiß, 2008, S. 25 (34). 16 Vgl. zur Abgrenzung zur Einphasen‑ oder Mehrphasenbesteuerung Kußmaul, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 7. Aufl. 2014, S. 424. 17 Schaumburg in FS Reiß, 2008, S. 25 (34). 18 Vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 17 Rz. 17 f. 19 Vgl. Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 17 Rz. 395. 20 Vgl. Art. 4 der Richtlinie 67/227/EWG des Rates v. 11.4.1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, ABl. EG 1967, 1301. Vgl. tiefergehend zur historischen Entwicklung Naumann, Harmonisiertes Mehrwertsteuersystem, 2019, S. 35 ff. und 159 ff. 21 Vgl. Englisch in DStJG 32 (2009), S. 165 (177); Klezath in DStJG 13 (1990), S. 167 (171 f.). 22 Vgl. Gröpl in Dauses/Ludwigs Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Februar 2018, Kapitel 5 Rz. 418 f. 23 Vgl. Zitzelsberger in FS Flick, 1997, S. 137 (145). 24 Dziadkowski, StuW 1997, 147 (153). 25 Vgl. Europäische Kommission, KOM(2011) 851 endg., S. 5.
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der Absichtserklärung der Europäischen Kommission zur Schaffung eines endgültigen Mehrwertsteuersystems nach dem Bestimmungslandprinzip eine Kehrtwende zu Lasten des Binnenmarktgedankens und zu Gunsten des Verbrauchsteuercharakters der Mehrwertsteuer bzw. eher zu Gunsten der Fiskalinteressen der einzelnen Mitgliedstaaten, die ansonsten eine Verschiebung des Steueraufkommens fürchten.26 Während also eine Besteuerung nach dem Ursprungslandprinzip mit einem zwischenstaatlichen Verteilungsmechanismus auf die Bestimmungsländer dem Binnenmarktgedanken am nächsten kommen würde, gehen die heutigen Bemühungen dahin, zugunsten einer möglichst genauen und direkten Verteilung des Steueraufkommens diese Verteilungsaufgabe auf die Steuerpflichtigen abzuwälzen, die bereits im Rahmen des Besteuerungsverfahrens die Mehrwertsteuern für jeden einzelnen Umsatz an das Bestimmungsland direkt zuweisen und anschließend abführen sollen.27 Um jedoch zumindest den damit einhergehenden Deklarations‑ und Zahlungsaufwand zu reduzieren, sollen die Ansässigkeitsstaaten der Steuerpflichtigen deren Erklärungen und Zahlungen für andere Mitgliedstaaten im Rahmen des sogenannten One-StopShops bündeln und weiterleiten. Ohne im Einzelnen auf die konkreten Überlegungen zur zukünftigen Ausgestaltung einzugehen,28 sei an dieser Stelle bereits ex ante auf Herausforderungen hingewiesen: –– Leistungserbringer und Steuerbehörden müssten die Vorschriften des Bestimmungslandes (insbesondere bezüglich Steuersatz und ‑befreiungen) feststellen sowie prüfen, –– Leistungsempfänger und Steuerbehörden müssten die Voraussetzungen zum Vorsteuerabzug nach den Vorschriften des Bestimmungslandes prüfen, –– Steuerbehörden des Bestimmungslandes müssten sich auf eine zuverlässige Erhebung durch die Behörden des Ursprungslandes verlassen und –– Steuerbehörden des Ursprungslandes müssten auf eigene Kosten fremdes Steueraufkommen sicherstellen.
III. Zielsetzung der Gewinnabgrenzung im Bereich der Ertragsteuern 1. Anknüpfung an die Wertschöpfung sowie Notwendigkeit der Verrechnungspreise Auch bei den Ertragsteuern wird das Äquivalenzprinzip (präziser: das Nutzenprinzip) zur Verteilung des Steuersubstrats und Einschränkung des Leistungsfähigkeitsprinzips herangezogen, welches darauf abzielt, dem Staat das Steueraufkommen zuzuwei26 Vgl. Hey in DStJG 41 (2018), S. 9 (14). 27 Vgl. zu einer Übersicht über die langfristigen europäischen Pläne, Europäische Kommission, COM(2017) 566 final, S. 1 ff. sowie Naumann, Harmonisiertes Mehrwertsteuersystem, 2019, S. 383 ff. 28 Vgl. Europäische Kommission, COM(2018) 329 final, S. 1 ff.
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sen, „der die Erwirtschaftung der Steuerquelle durch Bereitstellung staatlicher Infrastruktur ermöglicht“29.30 Daraus wird weltweit eine Anknüpfung der Besteuerung am Ort, „an dem die Wirtschaftstätigkeit stattfindet und die Wertschöpfung erfolgt“31 abgeleitet. Allerdings ist auch diese Anknüpfung nicht eindeutig, da zwar häufig von Wertschöpfung gesprochen wird, ohne jedoch diesen Begriff selbst bzw. den Ort der Wertschöpfung hinreichend zu präzisieren.32 Gleichwohl bestand bisher politischer Konsens darüber,33 dass der den Ertragsteuern zugrunde gelegte Gedanke einer Wertschöpfungsteuer bei Anlehnung an die mehrwertsteuerlichen Begrifflichkeiten zu einer finalen Zuweisung des Steueraufkommens nach dem Ursprungslandprinzip führen sollte, denn die Anknüpfung sollte am Ort der Produktion und nicht am Konsumort erfolgen.34 In diesem Kontext ist auch der Grund zur Anwendung von Verrechnungspreisen zu finden, deren Ziel es ist, anhand des Anteils jeder Unternehmenseinheit „an der gesamten Wertschöpfung“35 die Gewinne des Gesamtunternehmens bzw. Konzerns möglichst verursachungsgerecht auf die beteiligten Staaten aufzuteilen.36 Da sich der Gesamterfolg jedoch erst durch das Zusammenspiel aller Bereiche ergibt, ist eine verursachungsgerechte Aufteilung theoretisch unmöglich, sodass internationale Richt linien zur Ermittlung von Verrechnungspreisen notwendig sind, um durch eine „einheitliche Vorgehensweise“37 die Besteuerungsrechte zwischen den Staaten so aufzuteilen, dass zumindest eine Doppelbesteuerung vermieden wird.38 Da es also „die „wahre“ Aufteilung des Gewinns […] nicht gibt“39, können die Methoden lediglich Näherungen darstellen, die – wie bei allen Methoden zur Einkünfteabgrenzung – das Ziel verfolgen, jeden beteiligten Staat möglichst zufrieden zu stellen. Dazu sind bei Verrechnungspreisen grundsätzlich zwei Methoden denkbar: die indirekte und die
29 Hey in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 3 Rz. 45. 30 Vgl. auch Buchholz, Grenzüberschreitendes Kreditgeschäft durch Bankbetriebsstätten, 2014, S. 18 f. 31 OECD/G20, Erläuterung, Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, 2015, S. 5; so auch zitiert von Europäische Kommission, COM(2018) 146 final, S. 5. 32 Vgl. Becker, IStR 2018, 634 (636 f.); vgl. grundlegend auch Finkeisen, Prozess-Wertschöpfung, 1999, S. 41. 33 Vgl. dazu, dass langfristig eine Gewinnaufteilung gefunden werden muss, die alle Beteiligten zufriedenstellt, Becker, IStR 2018, 634 (636). 34 Vgl. in diesem Sinne Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl. 2018, § 17 Rz. 395; Zöllner, BB 2018, 2908. 35 Jacobs/Endres/Spengel in Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, S. 1053. 36 Vgl. stellvertretend Baumhoff/Liebchen in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Kapitel 4, Rz. 4.10; Ewert/Wagenhofer, Interne Unternehmensrechnung, 8. Aufl. 2014, S. 569 ff.; Jacobs/Endres/Spengel in Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, S. 236; Schlund, DStR 2018, 937 (939). 37 Ewert/Wagenhofer, Interne Unternehmensrechnung, 8. Aufl. 2014, S. 571. 38 Vgl. Philipp, DStZ 1974, 19. 39 Becker, IStR 2018, 634 (636).
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direkte Methode.40 Seitens der Steuerpflichtigen wäre hier die indirekte Methode durch Ermittlung des Gesamtgewinns und Aufteilung „mittels geeigneter Zerlegungsmaßstäbe auf die […] betrieblichen Teileinheiten“41 der wohl einfachste und somit – analog zu den mehrwertsteuerlichen Überlegungen – der wohl binnenmarktfreundlichste Weg.42 Allerdings ist das erzielte Ergebnis hier eher grob und ungenau, sodass es dem Anspruch einer verursachungsgerechten Aufteilung des Steueraufkommens und somit einer Aufteilung nach dem individuellen Leistungsbeitrag nicht nahe genug kommt.43 Daher wird auch im Bereich der Verrechnungspreise zu Lasten des Binnenmarktgedankens und zu Gunsten einer verursachungsgerechten Aufteilung bzw. eher zu Gunsten der Fiskalinteressen der einzelnen Mitgliedstaaten der direkten Methode international Vorrang gegeben.44 Dazu wird den Steuerpflichtigen die schwierige Aufgabe auferlegt, für Leistungen zwischen einzelnen Unternehmensteilen angemessene Verrechnungspreise festzulegen, um jedem Unternehmensteil möglichst exakt den Gewinn zuzurechnen, den es als selbstständiges und unabhängiges Unternehmen hätte erzielen können.45 Aufgrund der Selbstständigkeitsfiktion des Authorized OECD Approaches (AOA) finden diese Grundsätze auch bei der Gewinnverteilung im Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte Anwendung, sodass der der ausländischen Betriebsstätte mittels eigenständiger Betriebsstättenbuchführung direkt zugewiesene Gewinn in deren Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegt.46 2. Neue Überlegungen zur signifikanten digitalen Präsenz Der vielzitierte Satz „Business goes global, taxes stay local“ gewinnt gerade in der heutigen Zeit immer mehr Bedeutung. Während Steuern seit jeher auf nationaler Basis erhoben werden, werden zum einen einzelne Unternehmensteile zunehmend global gestreut, zum anderen sind die Unternehmen aufgrund der anhaltenden Digitalisierung der Unternehmensstrukturen auch ohne physische Präsenz inzwischen weltweit vernetzt. Jedoch ist die durch die immer stärker zunehmende Digitalisierung geschaf40 Vgl. Jacobs/Endres/Spengel in Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, S. 236. 41 Delarber, Steuerliche Einflüsse auf die grenzüberschreitende Betriebsstättenbesteuerung, 2015, S. 163. 42 Vgl. Philipp, DStZ 1974, 19 f. 43 Vgl. stellvertretend Bähr, Gewinnermittlung ausländischer Zweigbetriebe, 1971, S. 151 f.; Baumhoff/Liebchen in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Kapitel 4, Rz. 4.303; Hemmelrath, Die Ermittlung des Betriebstättengewinns im internationalen Steuerrecht, 1982, S. 37; Storck, Ausländische Betriebstätten im Ertrag‑ und Vermögensteuerrecht, 1980, S. 279. Vgl. aufgrund der Selbstständigkeitsfiktion des Art. 7 Abs. 2 OECD-MA die indirekte Methode ablehnend Strunk in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 4. Aufl. 2012, Kapitel 4, Rz. 4.84 ff.; aktuell nicht mehr enthalten. 44 Vgl. Brähler, Internationales Steuerrecht, 8. Aufl. 2014, S. 158; Philipp, DStZ 1974, 19. 45 Vgl. Philipp, DStZ 1974, 19. 46 Vgl. Brüninghaus in Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, 4. Aufl. 2015, Kapitel L, Rz. 70 ff.; Ditz/Quilitzsch in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstättenhandbuch, 2. Aufl. 2017, S. 144; Kaeser in Wassermeyer, DBA, Art. 7 MA, Rz. 423 ff. (143. Ergänzungslieferung).
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fene „(zusätzliche) Wertschöpfung“47 mit Hilfe bestehender ertragsteuerlicher Besteuerungskonzepte, die am Territorialitätsprinzip festhalten und somit keinen Anknüpfungspunkt am Konsumort haben, nicht zu erfassen. Daher werden vielfach „neue Methoden der Gewinnzuordnung [gefordert; d. Verf.], die die Wertschöpfung in den neuen Geschäftsmodellen besser erfassen“48 können. Da die einzelnen Staaten im Rahmen des Wandels von der traditionellen hin zur digitalen Wirtschaft49 um ihr Steueraufkommen fürchten, werden aktuell verschiedenste Erfassungsmöglichkeiten diskutiert.50 Auf europäischer Ebene sehen die derzeitigen Vorschläge vor, dass mittelfristig eine signifikante digitale Präsenz (Art. 4 RL-E 2018/147) am Konsumort eine fiktive Betriebsstätte begründen soll, der wiederum – ähnlich dem AOA – fiktive Gewinnanteile zuzurechnen (Art. 5 RL-E 2018/147) sind.51 Im Ergebnis würde dem Bestimmungsland über diese doppelte Fiktion das Besteuerungsrecht für einen festgelegten Teil der ertragsteuerlichen Bemessungsgrundlage zugewiesen werden. Somit scheint die Frage nach der Besteuerung der digitalen Wirtschaft auf dem besten Wege zu sein, den bestehenden Konsens über die Verortung der Wertschöpfung am Produktionsort aufzulösen.52 Neben der Frage einer systemgerechten Besteuerung der digitalen Wirtschaft – die u.E. keinesfalls einzelstaatlich oder rein europäisch, sondern nur international zu klären sein wird, da ansonsten durch parallel beste hende Systeme Rechtsunsicherheiten sowie Mehrfach‑ bzw. Keinmalbesteuerung drohen –53 sollten hier keinesfalls die bestehenden Prinzipien der Ertragsbesteuerung verletzt werden, um neues Steuersubstrat für die Konsumstaaten zu schaffen. Denn auch wenn es prinzipiell ein legitimes Ziel eines jeden Staates ist, den Wohlstand sei-
47 Zöllner, BB 2018, 2904. Auch wenn viele solcher Geschäftsmodelle „ohne die Beteiligung der Nutzer nicht existieren“ (Europäische Kommission, COM(2018) 148 final, S. 8) könnten, so ist der Wert einzelner Daten in der Regel äußerst gering; vgl. Stabe, How much is your personal data worth?, Financial Times 2017, abrufbar unter: https://ig.ft.com/how-muchis-your-personal-data-worth/, letzter Zugriff am 29.1.2019. Das eigentliche Wertschöpfungspotenzial liegt nämlich in der „Sammlung, Aufbereitung und zielgerichtete[n; d.Verf.] […] Auswertung durch den Anbieter“, sodass der „bloßen Überlassung der Nutzerdaten selbst“ nur ein marginaler Teil des Gesamtwerts zugerechnet werden kann; Aigner/Bräumann/Kofler/Tumpel, SWK 2017, 349 (353). Vgl. ebenfalls kritisch zur unterstellten Wertschöpfung am Konsumort Haase, Ubg 2018, 259 (264); Junkers, ISR 2018, 370 (373); Kroppen/Van der Ham, IWB 2018, 334 (343). 48 Europäische Kommission, COM(2018) 147 final, S. 3. 49 Vgl. bereits kritisch zu dem Begriff der digitalen Wirtschaft Haase, Ubg 2018, 259. 50 Vgl. stellvertretend Eilers/Oppel, IStR 2018, 361 ff. 51 Über die Einzelheiten dieser Regelungen auch nach mehrmaligem Studium des Richtlinienvorschlags noch ratlos Haase, Ubg 2018, 259 (264). Vgl. ebenfalls Spengel, DB 15/2018, M4 (M5). 52 Vgl. Zöllner, BB 2018, 2908, der von einer „tiefgreifende[n] Zäsur im Verständnis von Entstehung und Verortung von Wertschöpfungsbeiträgen“ spricht. 53 Vgl. die gesamte BEPS-Problematik zu Recht als nur international zu lösendes Problem ansehend Rödder/Pinkernell, IStR 2013, 619 (621).
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ner Nation zu mehren,54 so stellt sich die Frage, welche Mittel hierfür eingesetzt werden sollten und ob diese auch auf Dauer zielführend sein werden.55 Wird der bestehende Konsens über den Ort der Wertschöpfung hingegen weiter in Frage gestellt, sollten hier auch die langfristigen fiskalischen Auswirkungen bedacht werden. Eine Neuaufteilung könnte – gerade für Deutschland als Exportweltmeister – zukünftig vielleicht sogar den Verlust von Teilen des bisher gut gehüteten Steuersubstrats bedeuten.56 Zum einen nimmt die traditionelle Wirtschaft zunehmend Aspekte der digitalen Wirtschaft auf, um wettbewerbsfähig zu bleiben; zum anderen könnte die Ausweitung des Verständnisses von Wertschöpfung zu einer Einschränkung des Besteuerungsrechts der Ansässigkeitsstaaten führen und die Ertragsbesteuerung des Exports dadurch zukünftig weitgehend in das – mehrwertsteuerlich gesprochen – Bestimmungsland verlagert werden.57 Anlässlich dieser Ansätze zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft sollte sich vielleicht wieder auf den von Philipp bereits im Jahr 1974 festgehaltenen Gedanken zurückbesonnen werden: „Eine 100prozentige Lösung, die nur zu 90 Prozent theoretisch befriedigt, ist jeder 150prozentigen Perfektion vorzuziehen, die in der Praxis nur mehr von wenigen Auserwählten gehandhabt werden kann.“58
IV. Fazit Es bleibt festzuhalten, dass die Besteuerungsmaximen stets in einem Spannungsverhältnis zwischen einer möglichst genauen Aufteilung des Steueraufkommens zwischen den Staaten und einem zumutbarem Verwaltungsaufwand der Steuerpflichtigen stehen. Im Bereich der Mehrwertsteuer ist man inzwischen so weit, dass zugunsten einer möglichst genauen Aufteilung des Steueraufkommens nach dem Bestimmungslandprinzip die Steuerpflichtigen einen höheren Verwaltungsaufwand auf sich nehmen müssen, der lediglich durch Nutzung des One-Stop-Shops abgemildert werden soll. Dies entspricht jedoch dem Verbrauchsteuercharakter der Mehrwertsteuer und ist daher auch systemgerecht.59 54 Vgl. Lang in FS Schaumburg, 2009, S. 45 (49). Vgl. von einer „Gefährdung der öffentlichen Einnahmen“ sprechend Schlund, DStR 2018, 937. 55 Vgl. die der fiktiven Betriebsstätte zuzuordnenden Gewinne am Konsumort als „eher begrenzt“ ansehend Becker/Englisch, Wirtschaftsdienst 2017, 801 (808). 56 Vgl. Schäfers, Steuerkreisel, Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 7.11.2018, S. 15. Vgl. Gefahren insbesondere auch für die zunehmend digitale Automobilindustrie sehend Spengel, DB 15/2018, M4 (M5). 57 Vgl. kritisch hierzu – insbesondere für Deutschland – auch Hey, DB 2018, 2951 (2954); Pinkernell, Ubg 2014, 73 (78); Rödder/Pinkernell, IStR 2013, 619 (622). Vgl. in diesem Kontext ebenfalls vom „Bestimmungslandprinzip“ sprechend Becker/Englisch, Wirtschaftsdienst 2017, 801. 58 Philipp, DStZ 1974, 20. 59 Vgl. in diesem Sinne auch Junkers, ISR 2018, 370 (372) mit Verweis auf Stadie in Rau/Dürrwächter, Einführung zum UStG, Rz. 116.
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Im Bereich der Ertragsteuern droht aktuell eine ähnliche Entwicklung zulasten der Steuerpflichtigen, indem zugunsten einer „fairen“60 Verteilung des Steueraufkommens der Verwaltungsaufwand für die Steuerpflichtigen erneut dadurch erhöht werden soll, dass nicht nur eine fiktive Betriebsstätte am Konsumort geschaffen, sondern dieser auch fiktive Gewinne zugerechnet werden sollen. Dieser Ansatz wird zwar in einem ersten Schritt neues Steueraufkommen für Staaten mit hohen Digitalimporten bringen, es bleibt jedoch fraglich, ob nicht andere Staaten die Ausdehnung des bisherigen Konsenses über den Wertschöpfungsbegriff und somit die Entwicklung hin zum – mehrwertsteuerlich gesprochen – Bestimmungslandprinzip für ihre Fiskalinteressen nutzen werden. Der europäische Richtlinienvorschlag sollte daher u.E. allenfalls als Diskussionsbeitrag auf internationaler Ebene angesehen werden.61 Zur Lösung der steuerlichen Herausforderung im Bereich der digitalen Wirtschaft sollte der Fokus vielleicht nicht nur auf einer Änderung der erprobten und bewährten Prinzipien in der Ertragsbesteuerung liegen, sondern alternative Lösungen mit Hilfe bestehender Besteuerungsprinzipien gesucht werden. Beispielsweise könnte die unentgeltliche Nutzung von Internetdiensten verbunden mit der Zustimmung zur Daten erhebung des Endnutzers (Duldungsleistung) als gegenseitiger Leistungsaustausch und somit mehrwertsteuerlich als tauschähnlicher Umsatz62 angesehen werden, der nach den aktuellen unionsrechtlichen Bestimmungen im Bestimmungsland mehrwertsteuerbar ist und als elektronische B2C-Dienstleistung63 vom Leistungserbringer – ggf. unter Nutzung des Mini-One-Stop-Shops – zu besteuern wäre. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die volkswirtschaftlich überzeugende Idee, vorhandene Ressourcen auf nationaler und europäischer Ebene nicht in die Ausarbeitung neuer Besteuerungskonzepte, sondern vielmehr in „die Unterstützung von Entwicklern“64
60 Vgl. in diesem Sinne Eilers/Oppel, IStR 2018, 361. 61 Vgl. aktuell unter Heranziehung der signifikanten wirtschaftlichen oder digitalen Präsenz eine Neuallokation von Besteuerungsrechten präferierend, die zu einer Änderung der Gewinnverteilungsregelungen führen würde, OECD/G20, Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy – Policy Note, 23.1.2019, S. 2, abrufbar unter: www.oecd. org/tax//beps-inclusive-framework-addressing-tax-challenges-digitalisation.pdf, zuletzt ab gerufen am: 1.2.2019; vgl. kritisch zu derartigen Ideen der Besteuerung der Digitalen Wirtschaft Kußmaul/Nothof in Kußmaul/Müller, Handbuch der Bilanzierung, S. 45 (53) (205. EL Juli 2019). 62 Vgl. zur Einstufung als tauschähnlicher Umsatz Dietsch, MwStR 2017, 868; Melan/Pfeiffer, DStR 2017, 1072; Melan/Wecke, DStR 2015, 2267; a.A. Grambeck, DStR 2016, 2026; Grebe, UStB 2017, 247 (248); Looks/Bergau, MwStR 2016, 864; vgl. zu einer wissenschaftlichen Untersuchung ohne finale Einordnung Aigner/Bräumann/Kofler/Tumpel, SWK 2017, 349 ff.; Englisch, UR 2017, 875; Kußmaul/Naumann, DB 2016, 2566 (2567); Pinkernell, Ubg 2018, 139 (145). 63 Vgl. Aigner/Bräumann/Kofler/Tumpel, SWK 2017, 349 (356); Melan/Pfeiffer, DStR 2017, 1072 (1076); Pinkernell, Ubg 2018, 139 (143); Schwarz, UR 2017, 782 (786). Vgl. hingegen in der Gewährung von Nutzerdaten eine unternehmerische Leistung sehend Grambeck, DStR 2016, 2026 (2031); Scheffler, DStR 2018, 1783 (1785). 64 Junkers, ISR 2018, 370 (373).
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Systemüberlegungen zum Bestimmungs- und Ursprungslandprinzip
neuer Geschäftsmodelle zu investieren, um die eigene Standortattraktivität durch innovationsfreundliche Anreize zu erhöhen und infolgedessen das gewünschte Steuersubstrat auf traditionellem Wege erwirtschaften zu können. In jedem Fall sollten solche Diskussionen jedoch nicht wahlkampfpolitisch ausgenutzt werden,65 sondern prinzipiengeleitet und nachhaltig geführt werden.
65 Vgl. in diesem Sinne Moscovici, Digitalsteuer-Diskussion dreht sich im Kreis, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 7.11.2018, S. 16, der eine Entscheidung aufgrund der bevorstehenden Europawahl als dringend empfindet, da die Bürger hierbei ein Ungerechtigkeitsempfinden verspürten.
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Da
An BE
Anforderungen an F&E-Poolumlagen in der Post-BEPS-Welt Inhaltsverzeichnis I. Einleitung II. Kostenumlagen auf Basis des Pool konzepts - Definition, Abgrenzung und Vorteilhaftigkeit gegenüber alter nativen Ausgestaltungsformen III. Fremdvergleichskonforme Ausgestaltung von Poolumlagen nach den OECD-Leitlinien 1. Poolmitgliedschaft 2. Ermittlung der Poolumlage a) Korrelation zwischen Beitrag und Nutzen
b) Ermittlung der zukünftig erwarteten Vorteile c) Bemessung des Werts der indivi duellen Poolbeiträge d) Ausgleichzahlungen e) Zweistufiges Verfahren bei langfristiger F&E 3. Ein- und Austrittsituationen und Beendigung des Umlagevertrags IV. Fazit und Ausblick
I. Einleitung Hubertus Baumhoff hat sich bereits in seiner Dissertationschrift mit den bei konzerninternen Dienstleistungen besonders bedeutsamen Kostenumlagen nach dem sog. Poolkonzept befasst, bei denen sich – in Abgrenzung zu sog. Leistungsumlagen – mehrere Konzernunternehmen zusammenschließen, um im gemeinsamen Interesse und auf gemeinsames Risiko über einen längeren Zeitraum Leistungen zu empfangen bzw. zu erbringen, wobei der fehlende Leistungsaustausch zwischen den Pool mitgliedern für sog. Poolumlagen wesensprägend ist.1 Die sog. VWG-Umlage vom 30.12.19992, die die bis dato getroffenen Verwaltungsregelungen in Tz. 7 der VWG 1983 ersetzten,3 wurden von ihm grundlegend und seither führend insbesondere in seiner Kommentierung des § 1 AStG im „Flick/Wassermeyer/Baumhoff “ kommentiert.4 1 Vgl. Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen, 1986, S. 265 ff. 2 Vgl. BMF v. 30.12.1999 – IV B 4-S 1300-14/99, BStBl. I 1999, 1122, aufgeh. durch BMF v. 5.7.2018 – IV B 5-S 1341/0:003, BStBl. I 2018, 743. 3 Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5-S 1300-4/83, BStBl. I 1983, 218, Tz. 7. 4 Vgl. Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 1 AStG (2000), Anm. 659 ff.; seit 79. EL August 2016: Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG, Anm. 2051 ff.; Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art. 9 Anm. 189 ff. (bis 45. EL September 2017); Baumhoff/ Liebchen in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 4.455 ff.; Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 6.326 ff.; Baumhoff, IStR 2000, 693 (Teil I), 731 (Teil II).
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Daniel Liebchen
Über nahezu zwei Jahrzehnte stellten die VWG-Umlage ein verlässliches und praktikables Instrument insbesondere zur gemeinschaftlichen Forschung und Entwicklung („F&E“) in internationalen Unternehmensgruppen bereit, bei denen die immateriellen Werte und die F&E-Aktivitäten dezentral organisiert sind.5 Die IP-Eigentümer multinationaler Unternehmensgruppen konnten auf dieser Verwaltungsgrundlage ihre F&E in den Bereichen vergemeinschaften, in denen die erwarteten Ergebnisse von F&E-Projekten für die Produkte mehrerer produkt- oder produktlinienverantwortlicher Gesellschaften genutzt werden sollten (z.B. Plattformtechnologien, Antriebstechnik), und dies wegen des Eigentumsrechts oder lizenzfreien Verwertungsrechts bezogen auf die Ergebnisse aus der vergemeinschafteten F&E-Poolaktivität ohne zukünftige Zahlung von Lizenzgebühren. Ferner stellen (F&E-) Umlagepools Risikogemeinschaften ihrer Mitglieder dar, wobei die Poolmitglieder gemeinsam über die Kostenumlage sämtliche Risiken der Pooltätigkeit tragen.6 Neben Effizienzund Kosteneinsparungsgesichtspunkten begründete insb. die Möglichkeit, über die vertragliche Risikogemeinschaft des Umlagepools bei unsicheren F&E-Projekten das Risiko fehlgeschlagener F&E auf mehrere Konzernunternehmen zu verteilen und hierdurch die Risiken für jedes einzelne Konzernunternehmen zu minimieren, die Verbreitung und praktische Bedeutung von F&E-Umlagepools. Mit Schreiben vom 5.7.2018 wurden die VWG-Umlage für alle nach dem 31.12.2018 beginnenden Wirtschaftsjahre aufgehoben und die geänderten Grundsätze des Kapitels VIII der OECD-Leitlinien für unmittelbar anwendbar erklärt.7 Die Anordnung einer unmittelbaren Anwendung der OECD-Leitlinien stellt in der deutschen Verwaltungspraxis – anders als z.B. in Österreich – eine Novität dar, auch wenn in der Prüfungspraxis entsprechend der jeweiligen Interessenslage auch verwaltungsseitig auf die Grundsätze der OECD-Leitlinien zurückgegriffen wird. Für am 25.7.2018 bestehende Kostenumlageverträge gilt ein zeitlich begrenzter Vertrauensschutz, d.h. für einen Übergangszeitraum bis zum 31.12.2019 werden bei der Prüfung dieser Kostenumlageverträge noch die bisherigen Verwaltungsgrundsätze8 zu Grunde gelegt. Bis zum 1.1.2020 müssen jedoch auch diese Kostenumlageverträge an die geänderten Anforderungen der OECD-Leitlinien angepasst werden. Über die unmittelbare Anwendbarkeit der OECD-Leitlinien beschränkt sich der Regelungsgehalt des vorgenannten BMF-Schreibens darauf, dass für Entwicklungs- und für Dienstleistungs
5 Vgl. hierzu auch Andree/Liebchen in Lang/Storck/Petruzzi/Risse (Eds.), Transfer Pricing and Intangibles, 2019, S. 88 ff. 6 Vgl. hierzu Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG, Anm. 2082 f.; Liebchen in Flick/Wassermeyer/Kempermann, DBA Deutschland- Schweiz, Art. 9 Anm. 403; Baumhoff/Liebchen in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 4.460; Greil in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rz. 20, 147 (Stand: 28. EL Dezember 2018); Vögele/Freytag, IStR 2000, 249; Kuckhoff/Schreiber, IStR 2000, 348. 7 Vgl. BMF-Schreiben v. 5.7.2018 – IV B 5-S 1341/0:003, BStBl. I 2018, 743. 8 Vgl. BMF-Schreiben v. 30.12.1999 – IV B 4-S 1341-14/99, BStBl. I 1999, 1122 (VWG Umlageverträge).
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kostenumlagen „die Beiträge zu Fremdvergleichspreisen zu bewerten und von den Unternehmen anhand der jeweils zu erwartenden Vorteile zu vergüten“ sind.9 Die Grundsätze der OECD-Leitlinien zu Kostenumlageverträgen wurden im Rahmen der Aktionspunkte 8 bis 10 des BEPS-Projekts grundlegend geändert.10 Da die bislang i.d.R. kostenbasierte Bestimmung der Umlagebeträge nicht immer zu Ergebnissen führte, die mit der von den Poolmitgliedern jeweils ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit und der damit erzielten Wertschöpfung im Einklang standen, haben die beteiligten Finanzverwaltungen auch in konzerninternen Kostenumlageverträgen ein Instrument gesehen, das potenziell künstliche grenzüberschreitende Gewinnverschiebungen ermöglicht.11 Die neuen Grundsätze der OECD zur fremdüblichen Ausgestaltung von Kostenumlageverträgen sollen daher u.a. sicherstellen, dass Verrechnungspreise im Zusammenhang mit Kostenumlageverträgen zukünftig im Einklang mit dem jeweiligen Wertschöpfungsbeitrag stehen. Nach Auffassung der OECD erfordert eine Anpassung der Verrechnungspreisergebnisse an die Wertschöpfung innerhalb multinationaler Unternehmensgruppen, der Zielsetzung der Aktionspunkte 8 bis 10 des BEPS-Projekts, eine Bepreisung der einzelnen Beiträge der Poolmitglieder zu Fremdvergleichspreisen und einen nutzenbasierten Abgleich sowie entsprechenden Ausgleich zwischen den Poolmitgliedern. Es muss allerdings bezweifelt werden, ob die hiermit verfolgte Absicht der Missbrauchsabwehr insb. im Hinblick auf die IP-Verwertungsgesellschaften sowie sonstige konzerninterne Financiers betriebswirtschaftlich sinnvolle Kooperationen im F&E-Bereich multinationaler Unternehmensgruppen nicht in einer Weise behindert, die deren Bedeutung zukünftig deutlich zurückgehen lässt. Jedenfalls waren F&E-Umlagepools in der Vergangenheit alles andere als steuerlich getrieben und auf Gewinnverlagerungen ausgerichtet. Der nachfolgende Beitrag beleuchtet die neuen Verrechnungspreisgrundsätze für Umlagepools im F&E-Bereich, für die die Auswirkungen insbesondere der Bewertung singulärer wie laufender Beiträge zu Marktpreisen die bisherigen Gewichte deutlich stärker verschiebt als für den Bereich der Dienstleistungsumlagen. Für letztere geht es insbesondere um die Berücksichtigung eines moderaten Gewinnelements neben den durch die Dienstleistungserbringung verursachten Kosten, was in vielen praktischen Fallgestaltungen schon den bisherigen Grundsätzen sog. Nachfragepools entspricht.12 Der Verfasser war langjähriger Mitarbeiter des Jubilars und ist ihm für die gewährte Unterstützung und Förderung in persönlicher und beruflicher Hinsicht verbunden 9 BMF-Schreiben v. 5.7.2018 – IV B 5-S 1341/0:003, BStBl. I 2018, 743. 10 Vgl. OECD (2017): Gewährleistung der Übereinstimmung zwischen Verrechnungspreisergebnissen und Wertschöpfung, Aktionspunkte 8-10; Abschlussbericht v. 5.5.2015, OECD Publishing, Paris, S. 191 f. Siehe im Zusammenhang mit Umlageverträgen auch Rasch, ISR 2019, 327. 11 Vgl. OECD (2014): Aktionsplan zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, OECD Publishing Paris, S. 25; Loukota, SWI 2016, 151. 12 Zu Nachfragepools vgl. z.B. Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Anm. 264; Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Anm. 2069 u. 2072.
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Daniel Liebchen
und zu besonderem Dank verpflichtet. Er hofft, dass der Beitrag das Interesse des Jubilars findet.
II. Kostenumlagen auf Basis des Poolkonzepts - Definition, Abgrenzung und Vorteilhaftigkeit gegenüber alternativen Ausgestaltungsformen Nach dem Verständnis der OECD ist ein Kostenumlagevertrag eine vertragliche Vereinbarung zwischen Unternehmen zur Teilung von Beiträgen und Risiken im Zusammenhang mit der gemeinsamen Entwicklung, Produktion oder Beschaffung von immateriellen Werten, materiellen Vermögenswerten oder Dienstleistungen, wobei die Teilnehmer durch die Nutzung der betreffenden immateriellen Werte, materiellen Vermögenswerte oder Dienstleistungen Vorteile für ihr jeweiliges Unternehmen erwarten müssen.13 Verkürzt dargestellt, schließen sich die Teilnehmer einer Kostenumlage zusammen, um im gemeinsamen Interesse und zur Erlangung gegenseitiger Vorteile ihre Kenntnisse, Erfahrungen, Fertigkeiten, Ressourcen aber auch Kosten und Risiken zu teilen.14 Die OECD-Leitlinien unterscheiden zwischen zwei Arten von Kostenumlageverträgen: Solche, die getroffen werden, um immaterielle Werte oder materielle Vermögenswerte gemeinsam zu erforschen, zu entwickeln, zu produzieren oder zu erwerben („Kostenumlagevereinbarungen zu Entwicklungszwecken“; Entwicklungskosten umlage), und solche, die für die Inanspruchnahme von Dienstleistungen getroffen werden („Kostenumlagevereinbarungen zu Dienstleistungszwecken“; Dienstleistungsumlage).15 Erfahrungsgemäß werden in der Unternehmenspraxis Kostenumlageverträge vornehmlich für Forschungs- und Entwicklungszwecke vereinbart, da die Vorteile einer Kostenumlage gegenüber den alternativen Ausgestaltungen als Konzern umlage oder Einzelverrechnung – Bündelung von Ressourcen, Know-how und bereits bestehenden Forschungsergebnissen sowie die gemeinschaftliche Übernahme signifikanter Risiken – bei F&E-Projekten besonders zum Tragen kommen. Kostenumlagevereinbarungen können gemeinsame F&E-Projekte international verbundener Unternehmen vereinfachen, da sie eine Vielzahl separater fremdvergleichskonformer Zahlungen und komplexe Überkreuz-Lizensierungen durch ein effizienteres, auf den Gesamtvorteilen und den Gesamtbeiträgen der Poolteilnehmer beruhendes System saldierter Zahlungen ersetzen, bei dem alle Poolmitglieder ein (ggf. nach geographischen Gebieten aufgeteiltes) Eigentumsrecht an den gemeinsam entwickelten immateriellen Werten erwerben, jedenfalls aber ein durch die Umlagezahlungen abgegoltenes Verwertungsrecht.16
13 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.3. 14 Vgl. Greil in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rn. 7 und 222 (Stand: 28. EL Dezember 2018). 15 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.10 f. 16 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.5; Puls/Heravi, Ubg 2018, 508.
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III. Fremdvergleichskonforme Ausgestaltung von Poolumlagen nach den OECD-Leitlinien 1. Poolmitgliedschaft Nach den Grundsätzen des Kap. VIII der OECD-Leitlinien können Konzernunternehmen nur dann an einer Poolumlage teilnehmen, wenn sie zum einen Vorteile aus der gemeinschaftlichen F&E-Aktivität erwarten können und die angestrebten Ergebnisse des F&E-Umlagepools zum anderen unmittelbar für die eigene Geschäftstätigkeit verwertet werden.17 Ein Konzernunternehmen kann nicht an einem F&E-Umlagepool teilnehmen, wenn es –– vernünftigerweise nicht erwarten kann, von den Ergebnissen der Pooltätigkeit unmittelbar im Rahmen ihrer eigenen Geschäftstätigkeit zu profitieren,18 oder –– keine Kontrolle über die im Rahmen des Umlagepools eingegangenen Risiken ausübt bzw. nicht über die finanzielle Kapazitäten verfügt, diese Risiken wirtschaftlich zu tragen.19 Die Anforderungen der OECD-Leitlinien schließen insb. Konzernfinanzierungs gesellschaften mangels eigenen unternehmerischen Vorteils aus der vergemeinschafteten F&E-Aktivität und IP-Verwertungsgesellschaften mangels unmittelbarer un ternehmerischer Verwertung von einer Poolteilnahme aus. 20 Ebenso wenig können reine Auftragnehmer, die lediglich F&E-Tätigkeiten übernehmen, d.h. ihre unternehmerische Aktivität in den Umlagepool einbringen, Mitglieder sein, weil sie keine eigenwirtschaftlichen Vorteile aus der Poolaktivität erwarten können, die sie im Rahmen ihrer eigenen, von der Poolaktivität abweichenden Geschäftstätigkeit verwerten können.21 Diese stehen außerhalb des Pools und sind für ihre Tätigkeiten von den Poolmitgliedern angemessen zu vergüten.22 Die vorgenannten Einschränkungen für die Teilnahme an einem Umlagepool ergaben sich für deutsch-steuerliche Zwecke bereits bisher aus der Forderung der VWG-Umlage, dass die Poolmitglieder gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen verfolgen müssen, die sich darin konkretisieren, dass sie die Ergebnisse des Umlagepools in wirtschaftlich gleicher Weise, d.h. im Rahmen ihrer originären Geschäftstätigkeit, (unmittelbar) nutzen müssen.23 Gleichwohl 17 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.12 ff.; siehe auch Andree/Liebchen in Lang/Storck/Petruzzi/ Risse (Eds.), Transfer Pricing and Intangibles, 2019, S. 93 f.; Puls/Heravi, Ubg 2018, 508; Rasch, ISR 2018, 327 f.; ders., ISR 2019, 145. 18 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.14. 19 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.15. 20 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.14 f.; Greil in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rz. 102 (Stand: 28. EL Dezember 2018); Kroppen/Ruhmer-Krell/Sommer, IStR 2017, 670. 21 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.14. 22 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.14 und 8.18. 23 Vgl. BMF-Schreiben v. 30.12.1999 – IV B 4-S 1341-14/99, BStBl. I 1999, 1122 (VWG Umlageverträge), Tz. 1.2 Abs. 2.
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wurden reine Dienstleister in der Praxis häufig als Poolmitglieder behandelt. Es ist zu erwarten, dass dies von den Betriebsprüfern zukünftig kritischer geprüft werden wird. Das von der OECD im Rahmen des BEPS-Projekts entwickelte Risikokontrollkonzept24 wurde auch auf Kostenumlageverträge übertragen. Hiernach muss ein Poolmitglied auch über die spezifischen Risiken, die im Rahmen des Umlagepools übernommen werden, die Kontrolle ausüben und die finanzielle Fähigkeit haben, diese Risiken zu tragen. Dies erfordert konkret, dass der Teilnehmer eines Umlagepools –– über die Entscheidungskompetenzen zur Übernahme, Nichtübernahme oder Verringerung der durch den Kostenumlagevertrag repäsentierten risikobehafteten (unternehmerischen) Chance verfügt und diese Entscheidungsbefugnisse auch tatsächlich ausübt; –– über die Fähigkeit verfügt, Entscheidungen über die Art und Weise der Reaktion auf die mit den unternehmerischen Chancen verbundenen Risiken zu treffen und diese Entscheidungsfunktion auch tatsächlich ausübt.25 Im Falle der Auslagerung von Risikokontrollfunktionen muss gewährleistet sein, dass mindestens ein Poolmitglied die Risikokontrollfunktionen über die ausgelagerten Risiken ausübt.26 Aus der Übernahme der Grundsätze des Risikokontrollkonzepts für Poolumlagen folgt auch, dass die Poolteilnehmer das strategische und taktische Risikomanagement der F&E-Risiken und die Strategieentwicklung mit eigenem, hierzu qualifiziertem Personal tatsächlich ausüben.27 Die OECD-Leitlinien behandeln diesen Aspekt zudem im Hinblick auf die Beiträge der einzelnen Poolmitglieder, die bei einem entsprechenden höheren, mit den jeweiligen F&E-Aktivitäten verbunden F&E-Risiko sowohl entsprechende Fähigkeiten des betreffenden Teilnehmers als auch eine erhöhte Einflussnahme auf das Risikomanagement erfordern.28 Allerdings ist an dieser Auffassung zweifelhaft, wie sie mit dem Verständnis eines Umlagepools als Risikogemeinschaft bzw. Risikoverbund zu vereinbaren sein soll, wenn die mit der gemeinschaftlichen F&E-Aktivität verbundenen Risiken nicht durch die einzelnen Teilnehmer bezogen auf ihre jeweiligen Beiträge, sondern durch alle Poolmitglieder in ihrer Gesamtheit getragen werden. Wichtig ist allerdings, dass die Anforderungen an die aktive Ausübung sowohl des Risikomanagements als auch der Strategieentwicklung bezogen auf F&E-Poolumlagen deutlich angestiegen und mit der bis dato beobachtbaren Praxis nicht zu vergleichen sind. Dies 24 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 1.56 ff. 25 Vgl. OECD-Leitlinien, Tz. 8.15; Greil in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rz. 95 ff. (Stand: 28. EL Dezember 2018). 26 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.17. 27 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.15; Scholz, IStR 2016, 885 f.; Greil in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rz. 96 ff. (Stand: 28. EL Dezember 2018). 28 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.16.
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Anforderungen an F&E-Poolumlagen in der Post-BEPS-Welt
betrifft sowohl das laufende Risikomanagement und die Teilhabe an der Strategieentwicklung, die in der Praxis gemeinsame Projektgruppen sämtlicher Poolmitglieder und ein entsprechendes Reporting erfordern, z.B. durch jährliche Risikokontroll- und Strategieentwicklungsberichte, auf deren Basis das jeweilige Management entsprechende Entscheidungen trifft. Insbesondere bei strategischen F&E-Projekten multinationaler Unternehmensgruppen (z.B. i.R. der Antriebstechnik), die vielfach von der Konzernoberleitung vorge geben werden, zeigt die Betriebsprüfungspraxis und die Praxis zwischenstaatlicher Verfahren (Verständigungs- und Schiedsverfahren), dass die aktive Involvierung des jeweiligen Poolmitglieds in die Verhandlung und den Abschluss des Umlagevertrags, d.h. die Entscheidung über die Übernahme der mit der gemeinschaftlichen F&E verbundenen Risiken, zumeist nicht hinreichend gegeben ist. 2. Ermittlung der Poolumlage a) Korrelation zwischen Beitrag und Nutzen Nach den OECD-Richtlinien würden voneinander unabhängige Unternehmen nur insoweit zu einer Kostenumlagevereinbarung beitragen, wie sie voraussichtlich von deren Ergebnissen profitieren werden.29 Dementsprechend gilt eine Kostenumlagevereinbarung nach den OECD-Leitlinien als mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar, wenn der Wert des Beitrags jedes Poolmitglieds im Verhältnis zum Gesamtwert der vertraglich geleisteten Beiträge aller Poolmitglieder mit dessen Anteil an den insgesamt erwarteten Vorteilen aus dem Umlagevertrag übereinstimmt.30 b) Ermittlung der zukünftig erwarteten Vorteile Der von jedem Poolmitglied aus der vergemeinschafteten F&E-Poolaktivität erwartete Vorteil kann ausgehend von den voraussichtlichen Einnahmesteigerungen, Kosten einsparungen oder sonstigen Vorteilen aus der Verwertung der Poolergebnisse im Rahmen der eigenen Geschäftstätigkeit ermittelt bzw. abgeschätzt werden.31 Dabei kommt es für die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf den relativen Anteil der erwarteten Vorteile eines Poolmitglieds im Verhältnis zum Gesamtvorteil aller Poolmitglieder an. Bisher beschränkten sich die Prognoserisiken hinsichtlich der Verteilung der durch gemeinschaftliche F&E verursachten Kosten auf die Abschätzung der individuellen Vorteile der Poolmitglieder und die hiernach bestimmten Gesamtvorteile. Der erwarteten relativen Vorteile der Poolmitglieder, jeweils in Gestalt erwarteter Mehrerlöse oder Kosteneinsparungen, bildeten auch bisher schon die Grundlage für
29 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.12. 30 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.13. 31 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.19.
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die Bestimmung des Umlageschlüssels.32 Neu ist allerdings, dass die erwarteten Vorteile nicht bei Abschluss des Umlagevertrags – ex ante – bestimmt und fixiert bzw. anhand im Vorhinein vereinbarter Kalkulationsgrundlagen festgelegt werden. Vielmehr wollen die OECD-Leitlinien aufgrund der gerade für F&E-Poolumlagen bestehenden beachtlichen Unsicherheiten über die Ergebnisse der vergemeinschafteten F&E zum einen und über die zukünftig erwartbaren Vorteile zum anderen die Grundsätze über schwer zu bewertende immaterielle Werte („hard-to-value intangibles“, HTVI) auf F&E-Poolumlagen übertragen.33 Da der von einem Poolmitglied zu erwartende Vorteil zu Beginn des Entwicklungsprojekts schwer zu bestimmen ist und die Poolmitglieder mit fortschreitender Durchführung des F&E-Projekts bessere Einblicke und zuverlässigere Informationen zu dem voraussichtlichen wirtschaft lichen Vorteil erhalten, könnte es dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen, dass F&E-Umlageverträge einen vertraglichen Anpassungsmechanismus enthalten, um die Verschiebung der relativen Anteile der erwarteten Vorteile berücksichtigen und der Aufteilung zu Grunde legen zu können.34 Gerade für F&E-Poolumlagen, die im Wesentlichen zur Risikoteilung bei stark unsicherheitsbehafteter F&E eingegangen werden, ist die Verankerung von Anpassungsmechanismen als eine wesentliche Streitquelle i.R.d. steuerlichen Betriebsprüfung vorprogrammiert.35 Aktuell entsprechen solche Anpassungsmechanismen jedenfalls nicht der Praxis bei F&E-Poolumlagen. Auch zeigen Entwicklungskooperationen zwischen fremden Dritten, dass die Verträge nicht angepasst werden, wenn die Erwartungen einzelner Kooperationspartner nicht eintreten oder die erwarteten Vorteile nicht erzielt werden.36 c) Bemessung des Werts der individuellen Poolbeiträge Die Poolmitglieder können zur Erreichung des Poolzwecks bestehende Werte, z.B. Sachanlagen (Forschungseinrichtungen, Labore, Geräte, etc.), Technologien, Patente oder Know-how beitragen und/oder sich an der laufenden Durchführung der Forschungsaktivitäten beteiligen.37 Alle Beiträge – Beiträge in Form von bereits existierenden Werten und laufende Beiträge – müssen identifiziert und zu Fremdvergleichs 32 Vgl. VWG Umlageverträge, Tz. 3.1. Siehe auch Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Anm. 2094 ff.; Liebchen in Flick/Wassermeyer/ Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art. 9 Anm. 408. 33 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.20. 34 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.22. 35 Vertreter der deutschen Finanzverwaltung gehen angesichts der Definition von schwer bewertbaren immateriellen Werten wohl davon aus, dass bei F&E-Poolumlagen regelmäßig ein vertraglicher Anpassungsmechanismus verankert werden muss, vgl. Greil in Kroppen/ Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rz. 119 (Stand: 28. EL Dezember 2018). 36 Vgl. Ausführungen von Kroppen anlässlich der Podiumsdiskussion zur Strukturierung immaterieller Werte im Rahmen des WU Transfer Pricing Symposiums „Transfer Pricing and Intangibles: Current Developments, Relevant Issues and Possible Solutions“ am 29.10.2018, abgedr. in Lang/Storck/Petruzzi/Risse (Eds.), Transfer Pricing and Intangibles, 2019, S. 123. Zu Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe s.a. Rasch, ISR 2019, 146. 37 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.24 und 8.26.
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preisen bewertet werden. Die OECD-Leitlinien gehen bezüglich der Beiträge der einzelnen Poolmitglieder davon aus, dass der relative Beitrag (Einzelbeitrag des Teilnehmers/Summe der Beiträge aller Teilnehmer) dem relativen erwarteten Nutzen (erwarteter Nutzen des Teilnehmers/erwarteter Gesamtnutzen aller Teilnehmern) entsprechen muss.38 Die wesentliche Änderung besteht darin, dass die individuellen Beiträge der Poolmitglieder zu Fremdvergleichspreisen zu bewerten sind, d.h. es gehen nicht die Kosten, die durch die einzelnen Beiträge der Poolmitglieder veranlasst sind, in eine Kostenbasis ein, die nach dem relativen erwarteten Nutzen aufzuteilen ist, sondern die zu Marktpreisen bewerteten Beiträge. Dies bedeutet, dass der Wert der Beiträge jedes Poolmitgliedes dem Wert entsprechen soll, den fremde Dritte den Beiträgen unter vergleichbaren Umständen beimessen würden. Dementsprechend sind alle Beiträge, gleich welcher Form, grundsätzlich zu Marktpreisen zu bewerten.39 aa) Beiträge in Form bereits existierender Werte Zu einmaligen Wertbeiträgen, insb. im Zusammenhang mit dem Abschluss eines F&E-Poolumlagevertrags, weisen die OECD-Leitlinien ausdrücklich darauf hin, dass der Wert von bereits vorhandenen materiellen und immateriellen Werten (z.B. Technologien, Patente, Know-how), die in die vergemeinschaftete F&E-Poolaktivität „eingebracht“ werden, bei der Bestimmung der Beiträge nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu berücksichtigen und ggf. durch Anwendung von Bewertungstechniken zu ermitteln ist.40 Problematisch an dieser Empfehlung ist, dass bereits dann von einer zu Fremdvergleichspreisen abzurechnenden Leistungsbeziehung des betreffenden Poolmitglieds zu den anderen Poolmitgliedern und damit von einer Gewinnreali sierung auszugehen sein soll, wenn die relativen einmaligen Wertbeiträge die relativen Vorteile des betreffenden Poolmitglieds unterschreiten. Überdies ist die Bewertung theoretisch wie praktisch nur schwer vorstellbar, weil bereits bei Abschluss des F&E-Poolumlagevertrags hinreichende Kenntnisse sowohl über den Wertbeitrag der bereits existierenden immateriellen Werte zu den im Rahmen des F&E-Umlagepools erwarteten Ergebnissen der gemeinsamen F&E-Aktivitäten bestehen muss, um die der Bewertung der Vorteile zugrunde zu legenden Cashflows entsprechend aufteilen zu können. Zum anderen müssen sämtliche anderen Verwertungsoptionen des betreffenden Poolmitglieds außerhalb des F&E-Umlagepools bekannt und bewertbar sein. Allerdings ist für eine dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechende Ausgestaltung des Umlagepools auf das Verhältnis zwischen den relativen Gesamtbeiträgen und dem erwarteten relativen Vorteil des betreffenden Teilnehmers abzustellen.41 Ferner empfehlen die OECD-Leitlinien eine Mehrjahresbetrachtung für die Beurteilung, ob 38 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.19; siehe auch Greil in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rz. 56 ff. (Stand: 28. EL Dezember 2018). 39 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.25. 40 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.26 and 8.28. 41 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.34.
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die erwarteten relativen Vorteile von den relativen (Gesamt-) Beiträgen abweichen.42 Insofern können sowohl „Unterdeckungen“ laufender Beiträge mit „Überdeckungen“ einmaliger Beiträge kompensiert werden und vice versa; zudem kommt ein periodenübergreifender Ausgleich in Betracht. Gleichwohl ist die Streitanfälligkeit im Rahmen von Betriebsprüfungen vorprogrammiert. Die bisherige Praxis bei F&E-Poolumlagen zeigt jedenfalls, dass die Umlageverträge bezüglich der bei den einzelnen Poolmit gliedern vorhandenen immatriellen Werte keine Regelung vorsehen, d.h. die Pool teilnehmer – stillschweigend – davon ausgegangen sind, dass jedes Poolmitglied entsprechend seinem erwarteten relativen Nutzen aus den Ergebnissen der vergemeinschafteten F&E-Poolaktivität existierende immaterielle Werte bzw. keine immateriellen Werte „einbringt“. bb) Laufende Beiträge Als laufende Beiträge der Poolteilnehmer kommen in erster Linie F&E-Beiträge durch eigene Tätigkeitsausübung im Rahmen der F&E-Projekte in Betracht. Deren jeweiliger Wert soll sich nach den ausgeübten Funktionen bemessen.43 Was die im Rahmen des F&E-Umlagepools übernommenen Risiken betrifft, gehen die OECD-Leitlinien davon aus, dass die mit der gemeinsamen F&E verbundenen F&E-Risiken entsprechend den erwarteten anteiligen Vorteilen zwischen den Teilnehmern aufgeteilt werden.44 Für die Bewertung der laufenden Beiträge der Poolteilnehmer sollen die selben Grundsätze zur Anwendung kommen, wie sie für die Ausübung von F&E-Funktionen durch andere Konzerngesellschaften als den Eigentümer der immateriellen Werte, d.h. bei geteilten DEMPE-Funktionen,45 außerhalb von F&E-Poolumlagen gelten.46 Hierbei sind Beiträge in Form von Kontrolle und Management des F&E-Umlagepools sowie Beiträge und Risiken im Verhältnis zur Entwicklung, Produktion oder dem Erwerb von materiellen und immateriellen Werten als wichtige Funktionen anzusehen und entsprechend zu berücksichtigen.47 Der wesentliche Unterschied besteht – wie dargestellt – darin, dass die laufenden Beiträge der Poolteilnehmer zu Fremdvergleichspreisen zu bewerten sind. Eine kostenorientierte Ableitung und Bewertung der individuellen Beiträge der Poolteilnehmer ist nach den Empfehlungen der OECD-Leitlinien nur in Ausnahmefällen sachgerecht, wobei diese Ausnahmefälle insbesondere für Dienstleistungsumlagen und eher nicht für Entwicklungsumlagen in Betracht kommen.48 Die OECD-Leitlinien führen ausdrücklich aus, dass eine Vergütung auf der Basis einer Erstattung der F&E-Kosten zuzüglich einer moderaten Gewinnmarge dem Wert bzw. dem fremdüblichen Preis 42 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.37. 43 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.26. 44 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.25 f. 45 Siehe hierzu OECD-Leitlinien 2017, Tz. 6.50 ff. Greinert in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Anm. 2401 ff.; Wenzel in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VI, Rz. 320 ff. (Stand: 28. EL Dezember 2018). 46 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.26. 47 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.31. 48 Zu Dienstleistungsumlagen siehe Rasch, ISR 2019, 147 ff.
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eines laufenden Beitrags zu einem Umlagepool nicht in jedem Fall gerecht wird.49 Stattdessen belassen es die Leitlinien bei einem Hinweis auf marktpreisorientierte Verrechnungspreisgrundsätze. Die OECD begründet die Substitution des kostenbezogenen Pre-BEPS-Ansatzes durch einen marktpreisorientierten Bewertungsansatz dahingehend, dass der Beitrag jedes Poolmitglieds zum gemeinsamen F&E-Projekt auch dann zu Marktpreisen vergütet werden würde, gäbe es keinen Umlagevertrag zwischen den betroffenen international verbundenen Unternehmen. Nach Auffassung der OECD wird ein mit dem Fremdvergleich vereinbartes Verrechnungspreisergebnis daher nur dann erzielt, wenn die Poolbeiträge zu Marktpreisen bewertet werden.50 Diese Position der OECD verwundert insofern, als zum einen die F&E-Risiken im F&E-Umlagepool vergemeinschaftet und entsprechend den erwarteten relativen Vorteilen von jedem Poolmitglied getragen werden.51 Zum anderen werden einmalige Beiträge in Gestalt existierender und für Zwecke des F&E-Umlagepools eingesetzter immaterieller Werte jedes Poolteilnehmers im Rahmen des jeweiligen Gesamtbeitrags gesondert berücksichtigt. Insofern entfallen für die Bewertung laufender Beiträge der Poolteilnehmer – darüberhinausgehend – der Einsatz einzigartiger und werthaltiger immaterieller Werte und die Übernahme von Risiken, denen Tz. 6.79 der OECD-Leitlinien für die Fremdüblichkeit der Vergütung besondere Bedeutung beimisst.52 Es verbleibt – bei Lichte betrachtet – die Funktionsausübung, für die – mangels Akzeptanz einer Kostenumlage – durchaus die Kostenaufschlagsmethode für die Bestimmung des Wertbeitrags in Betracht kommt. Insgesamt ist der Ansatz der OECD-Leitlinien nicht überzeugend. Die Beispiele im Anhang zu Kapitel VIII der OECD-Leitlinien sollen Empfehlungen der OECD, laufende Beiträge zu Marktpreisen zu bewerten, veranschaulichen. In diesen Beispielen werden die Wertbeiträge der Poolmitglieder jedoch lediglich angenommen und nicht abgeleitet. Tatsächlich sind die jeweiligen Wertbeiträge in der Praxis nur schwer bzw. nicht verlässlich bestimmbar, da zum Bewertungsstichtag i.d.R. noch keine verwertbaren Ergebnisse der gemeinsamen F&E-Aktivitäten vorliegen, zu deren Entstehung die Poolmitglieder ihre bisherigen Beiträge geleistet haben. Zur Ableitung der Wertbeiträge wird daher eine detaillierte, alle von den Poolmit gliedern jeweils ausgeübte Funktionen und eingesetzten Wirtschaftgüter umfassende Wertschöpfungsbeitragsanalyse erforderlich sein, um die Wertbeiträge zumindest näherungsweise bestimmen zu können. Dabei besteht u.a. die Schwierigkeit, den Wertbeitrag jedes Poolmitglieds im Verhältnis zur gesamten Wertschöpfungskette seines Unternehmens zu ermitteln, d.h. Wertbeiträge, die sich aus der eigenen Geschäftstätigkeit eines Poolmitglieds, insbesondere aus eigener Forschungs- und Entwicklungstätigkeit, ergeben, müssen von den Wertbeiträgen zu Poolzwecken getrennt werden.53 Es ist zu erwarten, dass die jeweils lokalen Betriebsprüfer versucht sein wer49 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.26. 50 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Anhang zu Kapitel VIII, Beispiel 1, Tz. 7. 51 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.13, 8.25 and 8.26. 52 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 6.79. 53 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.30.
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den, lokalen F&E-Zentren einen maximalen Wertbeitrag zuzuordnen, um für das jeweilige lokale Poolmitglied besonders hohe Ausgleichzahlungsansprüche begründen zu können. d) Ausgleichzahlungen Deckt sich der Anteil der von einem Poolmitglied geleisteten Beiträge (in dem Zeitpunkt, in dem die Beiträge geleistet werden) nicht mit dem von diesem Poolmitglied erwarteten relativen Vorteilen, so sind die geleisteten Beiträge von mindestens einem der Poolmitglieder zu niedrig und die von mindestens einem anderen Poolmitglied überhöht. In einem solchen Fall ist eine Ausgleichszahlung vorzunehmen, um den Wert der Beiträge des die Ausgleichszahlung empfangenden Poolmitglieds zu erhöhen und den Wert der Beiträge des die Ausgleichszahlung leistenden Poolmitglieds entsprechend zu vermindern.54 M.a.W. können von den Poolmitgliedern Ausgleichszahlungen geleistet werden, um den Wert ihrer Beiträge aufzustocken, wenn ihre anteiligen Beiträge niedriger sind als ihre erwarteten anteiligen Vorteile. Während der Durchführung des Kostenumlagevertrags werden – insbesondere bei langfristigen F&E-Projekten – die anteiligen Beiträge, die ein Poolteilnehmer zur Erreichung des Poolzwecks leistet, nicht in jedem Jahr in einem angemessenen Verhältnis zu dem von diesem Poolteilnehmer erwarteten Nutzenanteil stehen. Ist der betreffende Umlagevertrag ansonsten akzeptabel und wird er gewissenhaft umgesetzt, sollen die Finanzverwaltungen nach Empfehlung der OECD-Leitlinien davon absehen, eine Berichtigung auf der Grundlage der Ergebnisse eines einzelnen Wirtschaftsjahres vorzunehmen. Vielmehr empfiehlt die OECD das Verhältnis von geleisteten Wertbeiträgen zu erwarteten Nutzenanteilen über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg zu untersuchen.55 e) Zweistufiges Verfahren bei langfristiger F&E Gerade bei langfristiger F&E im Rahmen eines F&E-Umlagepools ist ein jahresbezogener wertbasierter Ansatz sowohl wegen der Unsicherheiten über den Verlauf und die Ergebnisse der gemeinsamen F&E-Projekte, deren wirtschaftliche Verwertbarkeit sowie der im Verlauf durch die einzelnen Teilnehmer des Kostenumlagevertrags erbrachten Beiträge praktisch kaum verlässlich durchführbar. Insofern ist es zu be grüßen, dass die OECD-Leitlinien ein zweistufiges Verfahren für laufende Beiträge vorsehen.56 Hiernach sind auf einer ersten Stufe – allerdings vorläufig – die laufenden Beiträge mit den durch sie verursachten bzw, mit ihnen in Zusammenhang stehenden Kosten zu bewerten und entsprechend den erwarteten relativen Vorteilen aufzuteilen. Auf einer zweiten Stufe sind Ausgleichszahlungen an Poolteilnehmer zu ermitteln und zu leisten, die Extrawertbeiträge erbringen.
54 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.33 f. 55 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.37. 56 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.27 ff.
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Auch wenn die Verhältnisse vielfach nicht so liegen, wie sie insb. den Beispielen 1A und 4 im Anhang zu Kapitel VIII der OECD-Leitlinien zu Grunde gelegt werden,57 verdeutlichen diese Beispiele hinreichend, wie nach den Empfehlungen der OECD- Leitlinien eine mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbare Abgeltung von Extrawertbeiträgen, d.h. sowohl von einmaligen Beiträgen aus existierenden und für die gemeinschaftliche F&E eingesetzten immateriellen Werte als auch von die Kosten übersteigenden laufenden Wertbeiträgen, erfolgen soll. In beiden Beispielen werden die Gewinne (Bsp. 1: Produktmarge; Bsp. 4: EBIT), die von den jeweiligen Poolteilnehmern unter Einsatz der Ergebnisse des F&E-Umlagepools im Rahmen der je weiligen eigenen Geschäftstätigkeit erwartet werden, vollständig auf die gemeinschaftliche F&E im Rahmen des F&E-Umlagepools allokiert, d.h. insb. keine eigenen Wertschöpfungsbeiträge aus Eigen-F&E, Produktion und Vertrieb des betreffenden Teilnehmer des Kostenumlagevertrags berücksichtigt. Selbstverständlich wäre der von den OECD-Leitlinien schlicht angenommene Wertschöpfungsbeitrag im Rahmen einer Wertschöpfungsbeitragsanalyse entlang der jeweiligen Wertschöpfungskette des jeweiligen Teilnehmers des Kostenumlagevertrags zunächst zu bestimmen. Erst dieser kann für Zwecke der Bestimmung erforderlicher Ausgleichszahlungen den Beiträgen des betreffenden Poolteilnehmers gegenübergestellt werden. In dieser Hinsicht bieten die beispielhaften Erläuterungen eher Zündstoff für Diskussionen im Rahmen von Betriebsprüfungen, wenn davon auszugehen ist, dass unter Opportunitätsgesichtspunkten eine maximale lokale Wertschöpfung involvierter F&E-Zentren durch die lokale Betriebsprüfung reklamiert wird. Deutlich bedenklicher ist jedoch die Nichtberücksichtigung der Risikoteilung im Rahmen von F&E-Umlagepools, die sich – so jedenfalls die allgemeinen Grundsätze – nach den erwarteten relativen Vorteilen der Poolteilnehmer bestimmt.58 Diese Risikoaufteilung wird letztlich ad absurdum geführt, wenn der Wertschöpfungsbeitrag aus den Ergebnissen des F&E-Umlagepools zwischen den Poolteilnehmern aufzuteilen sein soll, die tatsächlich F&E-Aktivitäten vollziehen und die anderen Poolteilnehmer hinsichtlich ihrer Umlagebeträge auf eine Finanzierungsfunktion reduziert werden, die ggf. unter Bezugnahme auf realistisch verfügbare Handlungsalternativen bewertet wird.59 Auch wenn fiskalisch das Erfolgsszenario bei laufenden F&E-Projekten und erwartbare werthaltige Ergebnisse der gemeinsamen F&E-Aktivitäten eine gewisse Dominanz aufweisen, muss in Betracht gezogen werden, dass die erwarteten Ergebnisse der gemeinsamen F&E nicht erreicht und einzelne F&E-Projekte oder die gesamte Kooperation abgebrochen werden. M.a.W. realisieren sich die Risiken fehlgeschlagener F&E. Wie diese zwischen den Teilnehmern des F&E-Umlagepools aufzuteilen sind, lassen die OECD-Leitlinien vollständig offen. Die Empfehlungen der OECD-Leitlinien sind vor diesem Hintergrund inkonsistent und im Ergebnis nicht überzeugend. Dies deshalb nicht, weil die Risikoteilung den erwarteten relativen Vorteilen der Poolteilnehmer folgt und diese für die Bewertung der Beiträge der Teilnehmer zu berück57 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Annex zu Kap. VIII, Beispiel 1A and 4. 58 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.13, 8.25 and 8.26. 59 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Annex zu Kap. VIII, Beispiel 4, Tz. 20.
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sichtigen sein soll,60 diese Risikoaufteilung für die Ableitung von Wertschöpfungsbeiträgen mit der Folge entsprechender Ausgleichszahlungen jedoch keine Rolle spielt. 3. Ein- und Austrittsituationen und Beendigung des Umlagevertrags Nach den OECD-Leitlinien haben später in den Kostenumlagepool eintretende Unternehmen eine nach den allgemeinen Grundsätzen des Fremdvergleichs zu ermittelnde Eintrittszahlung zu leisten, welche auf Basis einer Bewertung der bei Eintritt des neuen Poolmitglieds vorhandenen Ergebnisse des Pools jeweils aus der Perspektive der bisherigen Poolmitglieder insgesamt und aus der Perspektive des neuen Poolmitglieds zu bestimmen ist.61 Dies gilt jedoch nur dann, wenn das später in den Pool eintretende Unternehmen eine Beteiligung an allen Ergebnissen der bisherigen Tätigkeit des Umlagepools erhält, d.h. die bisherigen Teilnehmer einen Teil ihrer jeweiligen Beteiligung an den Poolergebnissen an das neu eintretende Unternehmen übertragen. Dies ist bei F&E-Umlagepools i.d.R. der Fall; Kostenumlagevereinbarungen zu Dienstleistungszwecken hingegen bringen den Teilnehmern lediglich laufende Vorteile und keine wertvollen dauerhaften Ergebnisse, weshalb bei Veränderungen im Teilnehmerkreis dieser Umlageverträgen nach dem Fremdvergleichsgrundsatz i.d.R. keine Einoder Austrittszahlungen zu leisten sind.62 Im Fall des Ausscheidens eines Poolmitglieds gehen die OECD-Leitlinien davon aus, dass dieses Poolmitglied seine Beteiligung an bisher erzielten Poolergebnissen an die anderen Poolmitglieder veräußert, weshalb die verbleibenden Poolmitglieder dem vorzeitig aus dem Kostenumlagepool ausscheidenden Unternehmen eine am Fremdvergleich ausgerichtete Vergütung für die Übertragung der bisherigen Poolergebnisse zahlen.63 Haben die bisherigen Poolaktivitäten jedoch zu keinen nennenswerten Ergebnissen geführt, ergibt sich spätestens bei Austritt eines Poolmitglieds das Erfordernis, die bisherigen Verluste fremdvergleichskonform zwischen den Poolmitglieder zu verteilen, sodass auch eine Austrittszahlung des ausscheidenden Unternehmens an die verbleibenden Poolmitglieder mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar sein kann. Wird ein Poolumlagevertrag beendet, steht jedem Poolmitglieder eine seinen relativen Wertbeiträgen entsprechende Beteiligung an den bisher erreichten Poolergebnissen bzw. eine angemessene Vergütung für die Übertragung dieser Beteiligung an andere Poolmitglieder zu.64 Die OECD-Grundsätze zur Leistung fremdüblicher Ein- und Austrittszahlungen bei Veränderungen im Poolteilnehmerkreis haben sich bei der Überarbeitung im Rahmen des BEPS-Projekts nicht wesentlich geändert. Vielmehr stehen sie nun im Gleichgang mit den Ausführungen zur wertorientierten Bemessung der laufenden Beiträge der 60 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.13, 8.25 and 8.26. 61 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.44. 62 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.47. 63 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.46. 64 Vgl. OECD-Leitlinien 2017, Tz. 8.49.
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Poolteilnehmer, sodass die OECD-Empfehlungen zu Kostenumlagevereinbarungen nun von einer konsistenten Wertorientierung geprägt sind. Die Grundsätze zu Einund Austrittszahlungen bei Veränderungen im Bestand der Poolmitglieder decken sich auch weitestgehend mit den bisherigen deutsch-steuerlichen Anforderungen der VWG-Umlage.65
IV. Fazit und Ausblick Die überarbeiteten Grundsätze des Kapitels VIII der OECD-Leitlinien setzen das Ziel der Aktionspunkte 8-10 des OECD-BEPS-Projekts, eine Übereinstimmung zwischen Verrechnungspreisergebnissen und Wertschöpfung zu gewährleisten, folgerichtig um. Die damit einhergehende Abkehr von der kostenorientierten Bemessung der Poolbeiträge zugunsten eines auf Marktpreise abstellenden, wertorientierten Ansatzes sowie die Einführung von Anpassungsmechanismen führen jedoch zur steuerlichen Gleichstellung von Kostenumlagevereinbarungen mit allen anderen Geschäftsvorfällen zwischen verbundenen Unternehmen, was dem Ziel der OECD der Missbrauchsvermeidung durchaus zuträglich sein mag, den Sinn und Zweck eines F&E-Umlagepools aber völlig konterkariert. Dies gilt insbesondere für den Aspekt der Risikoteilung zwischen den Teilnehmern eines F&E-Umlagepools, der sich noch nicht einmal im Ansatz in den geänderten Verrechnungspreisgrundsätzen niederschlägt. Letztlich hat das Kapitel VIII der OECD-Leitlinien in seiner aktuellen Fassung keinen über die allgemeinen Grundsätze der übrigen Kapitel hinausgehenden eigenen Regelungsinhalt mehr und ist durch die Überarbeitung eher redundant geworden.66 Im Ergebnis wird die steuerliche Administration von F&E-Kostenumlagevereinbarungen zukünftig sehr viel aufwendiger, was ihre Attraktivität, insbesondere im Hinblick auf die von international agierenden Unternehmensgruppen i.d.R. gewünschte Rechtssicherheit, stark beeinträchtigt. Tatsächlich stellt die Bestimmung eines Marktpreises für die von den Poolmitgliedern geleisteten Beiträge multinationale Unternehmensgruppen vor praktische Herausforderungen und bietet umfangreiche Angriffspotentiale für lokale Steuerbehörden, z.B. bezogen auf die relativen Anteile der lokalen Poolmitglieder an der F&E-bezogenen Wertschöpfung. Kostenumlagen bei F&E-Verhältnissen auf der Grundlage der überarbeiteten OECD-Leitlinien scheinen zukünftig nur noch dann praktikabel zu sein, wenn die damit verbundenen Steuerrisiken durch bi- oder multilaterale Advance Pricing Agreements (APAs) reduziert werden können, die bestätigen, dass die vertraglichen Bestimmungen des Kostenumlagevertrags geeignet sind, zu fremdvergleichskonformen Ergebnisabgrenzungen zwischen den Poolmitgliedern zu führen. 65 Vgl. VWG Umlageverträge, Tz. 4.1. Siehe auch Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 AStG Anm. 2114 ff.; Liebchen in Flick/Wassermeyer/ Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art. 9 Anm. 409 ff. 66 Vgl. Greil in Kroppen/Rasch, Handbuch Internationale Verrechnungspreise, Kapitel VIII Kostenumlagevereinbarungen (Cost Contribution Arrangements), Rn. 222 f. (Stand: 28. EL Dezember 2018).
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Aktuelle Überlegungen in Bezug auf die Ausgestaltung der Profit-Split-Methode Inhaltsverzeichnis I. Rahmenbedingungen der transaktionsbezogenen Gewinnaufteilungsmethode II. Überarbeitete Leitlinien zur Anwendung der transaktionalen Gewinnaufteilung 1. Zielsetzung 2. Aufteilungsgrundsätze 3. Schlussfolgerungen
1. Ausgangspunkt 2. Konzepte 3. Gewinnaufteilung 4. Stellungnahme a) Anknüpfungspunkt der Besteuerung b) Gewinnaufteilung IV. Zusammenfassung
III. Vorschläge der OECD zur Bewältigung der Herausforderungen durch die d igitale Ökonomie
I. Rahmenbedingungen der transaktionsbezogenen Gewinnaufteilungsmethode Lange Zeit war die transaktionsbezogene Gewinnaufteilung eine Art „Aschenputtel“ unter den Verrechnungspreismethoden. Die Verwaltungsgrundsätze 1983 kannten im Prinzip nur Standardmethoden (Preisvergleichsmethode, Wiederverkaufspreismethode und Kostenaufschlagsmethode), ließen aber zu, dass Betriebsergebnisse verglichen werden oder „die Gesamtergebnisse zusammenhängender Geschäftsbereiche und ihre Aufteilung auf die einzelnen Geschäftsbereiche von Unternehmensgruppen herangezogen werden (…) wenn die Anwendung der Standardmethoden wegen besonderer Umstände (…) nicht zu sachgerechten Ergebnissen führen würde(…)“.1 Zwar war die Gewinnaufteilungsmethode auch in anderen Ländern grundsätzlich an1 BMF-Schreiben v. 23.2.1983 – IV C 5-S 1341-4/83, BStBl. 1983 I, 218, BStBl. 2005 I, 570 Tz. 2.4.5. Primäres Ziel war es, besondere Prüffelder zu ermitteln oder Verrechnungspreise zu verproben; als eigenständige Methode wurde die Anwendung der Gewinnaufteilung von der deutschen Finanzverwaltung abgelehnt, da sie unter Fremden nur in Ausnahmefällen anzutreffen sei; vgl. Runge, Quo vadis, internationaler Verrechnungspreis, cui bono, neuer OECD-Verrechnungsbericht?, IStR 1995, 505; Menck, Die neuen US-amerikanischen Verrechnungspreis-Richtlinien, StBp 1993, 221. Experten sahen bei dieser Methode sogar den Grundsatz des Fremdvergleichs verletzt; vgl. Weiss, Herausforderungen durch die endgültigen U.S. Verrechnungspreisrichtlinien, DBW 1997, 252; Werra, Die OECD auf dem Weg zu einem internationalen Konsens über Verrechnungspreise, IStR, 1994, 483, Eggers, Die neuen OECD-Guidelines zu den internationalen Verrechnungspreisen – Entstehungsgeschichte und Hintergründe, DStR 1996, 393; Günkel, Die Prüfung der steuerlichen Verrechnungspreise durch den Abschlußprüfer, WPg 1996, 839 ff. sowie auch der Jubilar mit Sieker, Ausgewählte Verrechnungspreisprobleme im Lichte des neuen OECD-Berichts, IStR 1995, 517.
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erkannt.2 Zur Anwendung dieser Methode gab es jedoch bis zu Beginn der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts nur wenig konkrete Hinweise. Vorbildfunktion für die weitere Entwicklung hatten insoweit die auf das 1988 US White Paper3 zurückgehenden Endgültigen Richtlinien der U.S. amerikanischen Finanzverwaltung zu Sec 482-6 IRC aus dem Jahre 1994 und die Verrechnungspreisgrundsätze für multi nationale Unternehmen und Steuerverwaltungen der OECD aus dem Jahre 1995.4 Mit der Residual allocation method und der Comparable profit split method wurde die Gewinnaufteilung durch die Verrechnungspreisrichtlinien der U.S. amerikanischen Finanzverwaltung in den Rang einer eigenständigen Verrechnungspreismethode erhoben.5 Ziel der residualen Gewinnaufteilung war die Ermittlung des Erfolgs, der auf den Einsatz immaterieller Werte zurückzuführen ist, indem der transaktionsbezogene Gesamterfolg um die Vergütungen reduziert wird, die den gewöhnlichen Funktionen des Geschäftsbetriebs zuzuordnen sind. Die Methode der vergleichbaren Gewinn aufteilung analysiert die Gewinnzuordnung bei unabhängigen Unternehmen, die vergleichbare Geschäftstätigkeit ausüben, vergleichbare Risiken tragen und vergleichbaren Marktbedingungen unterliegen, und überträgt den Aufteilungsschlüssel, der aus den relativen Anteilen am Gesamterfolg gewonnen wird, auf die Gewinnzuordnung im verbundenen Unternehmen. In ähnlicher Form wurde die residuale Gewinn aufteilung und vergleichbare Gewinnaufteilung auch in den Leitlinien der OECD beschrieben und um weitere Ansätze ergänzt (Beitragsanalyse und, mit Vorbehalten, die Methode des eingesetzten Kapitals). Weder das White Paper noch die Richtlinien der U.S. Treasury setzten sich aber mit dem Modus für die Aufteilung des residualen Gewinns auseinander. Der residuale Gewinn sollte dem Strategieträger zugeordnet oder, wenn weitere Gesellschaften komplexe Funktionen wahrnehmen, erhebliche Risiken tragen und über bedeutsame immaterielle Wirtschaftsgüter verfügen, nach dem relativen Wert der immateriellen Werte aufgeteilt werden.6 Da es hierfür jedoch in aller Regel keine vergleichbaren Informationen aus unabhängigen Unternehmen gibt, war die Aufteilung von Erträgen aus immateriellen Werten für die Autoren des White Paper „largely a matter of judgement“. Seit der Überarbeitung der Leitlinien im Jahr 2010 ist die Eigenständigkeit der geschäftsfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode auch durch die OECD anerkannt und gilt als ein gleichrangig neben den Standardmethoden anwendbares Verfahren, wenn diese, da zum Beispiel Vergleichsdaten fehlen, zuverlässigere Ergebnisse erzielt als die Anwendung einer Standardmethode.7 Bei 2 Vgl. Maisto, Generalbericht, I.F.A., CDFI LXXVIIa, 1992, S. 180. 3 Siehe Treasury Department und Internal Revenue Service, White Paper, 1988; H.R. Confer ence Report No. 841, 99th Congress, 2nd Session, 1986, II-638. 4 Vgl. OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, Paris 1995, Tz. 3.5; insgesamt betonte die OECD allerdings den im Vergleich zu den Standardmethoden nachrangigen Charakter der transaktionsbezogenen Gewinnaufteilung; in der deutschen Steuerrechtspraxis wurde die transaktionsorientierte Gewinnaufteilung zu diesem Zeitpunkt heftig kritisiert, vgl. Becker, IWB, Fach 10, International, Gruppe 2, S. 960. 5 Vgl. Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 3. Aufl. 1995. 6 Vgl. Treasury Department und Internal Revenue Service, A Study of Intercompany Pricing, 1988, S. 101. 7 Vgl. OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2010, OECD Pubishing, Paris, Tz. 2.4.
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Überlegungen zur Ausgestaltung der Profit-Split-Methode
hochintegrierten Transaktionen dürfte die Gewinnaufteilung inzwischen die allein anwendbare Methode sein; im Hinblick auf die Herausforderungen, die sich aus der Digitalisierung der Wirtschaft ergeben, wird über die Anwendung einer modifizierten Gewinnaufteilungsmethode, der formelhaften Gewinnaufteilung und vertriebsbasierter Ansätze nachgedacht, um vor allem den Marktstaaten neue Besteuerungsrechte einzuräumen.8 Die deutsche Finanzverwaltung hat sich im Rahmen ihrer Verwaltungsgrundsätze – Verfahren den Leitlinien der OECD angeschlossen und erkennt die geschäftsfallbe zogene Gewinnaufteilungsmethode für den Fall an, dass sich die Standardmethoden nicht oder nicht verlässlich anwenden lassen.
II. Überarbeitete Leitlinien zur Anwendung der transaktionalen Gewinnaufteilung 1. Zielsetzung Im Rahmen des BEPS-Aktionsplans wurden unter anderem auch die Empfehlungen der OECD zur Anwendung der transaktionsbezogenen Gewinnaufteilung überar beitet, um insbesondere „die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode im Zu sammenhang mit globalen Wertschöpfungsketten zu erläutern“.9 Danach bleibt es zwar bei der grundsätzlichen Prämisse, dass die transaktionsorientierte Gewinnaufteilungsmethode anwendbar ist, wenn sie für den vorgesehenen Fall die am besten geeignete Methode ist. Die OECD will aber in ihren neuen Leitlinien „genauer herausarbeiten“, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist und nutzt hierzu vor allem Anwendungsbeispiele. Für die Anwendung der geschäftsfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode ist danach grundsätzlich eines oder sind mehrere der folgenden Kriterien relevant:10 –– Jede Partei leistet einzigartige und wertvolle Beiträge, i.e. Beiträge, die nicht mit denen dritter Parteien vergleichbar sind und eine wesentliche Quelle für den wirtschaftlichen Geschäftserfolg darstellen; –– Die Geschäftstätigkeit ist hochgradig integriert, so dass die Beiträge der Parteien nicht isoliert voneinander zuverlässig bewertet werden können, da insbesondere Funktionen gemeinsam ausgeübt und Vermögenswerte gemeinsam genutzt werden oder die Beiträge der Parteien voneinander abhängig sind; 8 Vgl. OECD, Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS, OECD, Paris 2019, S. 12 ff. 9 Vgl. OECD, Revised Guidance on the Application of the Transactional Profit Split Method: Inclusive Framework on BEPS: Action 10, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Paris 2018, Executive Summary, S. 9. 10 Vgl. OECD, Revised Guidance on the Application of the Transactional Profit Split Method: Inclusive Framework on BEPS: Action 10, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD Paris 2018, Tz. 2.125-2.142.
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–– Die Parteien tragen wirtschaftlich bedeutsame Risiken gemeinsam oder übernehmen Risiken, die eng mit den Risiken der jeweils anderen Vertragspartei verbunden sind. Inhaltlich beziehen sich die Leitlinien heute weitgehend auf die Aufteilung der tatsächlich erzielten Gewinne, was nicht nur den Anwendungsbereich der geschäftsfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode unterstreicht, sondern auch deren Nutzung vereinfacht, das Streitpotenzial (über die Erwartungen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses) herabsetzt und Eigenschaften der globalen formelhaften Gewinnaufteilung übernimmt. Sie dürfte aber die Anwendung der geschäftsfallbezogenen Gewinnaufteilung in den Fällen in Frage stellen, in denen die beteiligten Unternehmen bessere Alternativen haben.11 Sie ist nicht am besten geeignet, wenn zuverlässige Vergleichswerte verfügbar sind. Keinesfalls reichen allein fehlende Vergleichswerte aus, um die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode zu rechtfertigen. Zwar wird nicht verlangt, dass jede Methode in jedem Fall einer eingehenden Analyse unterzogen wird. Jedoch sollte bei der Auswahl der am besten geeigneten Methode die relative Angemessenheit und Zuverlässigkeit der gewählten Methode im Vergleich zu alternativ anwendbaren Methoden berücksichtigt werden.12 2. Aufteilungsgrundsätze Im Einzelnen hängt die Anwendung der geschäftsfallbezogenen Gewinnaufteilungsmethode vom Sachverhalt und den verfügbaren Informationen ab. Das übergeordnete Ziel besteht darin, eine Gewinnaufteilung zu erreichen, die sich einstellen würde, wenn die Parteien unabhängige Unternehmen gewesen wären. Dazu soll die Gewinn aufteilung mit der Funktionsanalyse der konzerninternen Transaktion im Einklang stehen und die Übernahme der wirtschaftlich signifikanten Risiken widerspiegeln. Erwartet wird aber auch, dass die Laufzeit der Vereinbarung und die Kriterien oder Gewinnaufteilungsfaktoren im Vorfeld der Transaktion vereinbart sowie, wenn sich die Umstände nicht ändern, die Ermittlung und Aufteilung der Gewinne über die Laufzeit einheitlich auch in Verlustjahren angewendet werden.13
11 Vgl. Oestreicher, Comments on Julie Roin “Transfer Pricing in the Courts: A Cross-Country Comparison”, in Schön, Konrad (Hrsg.), Fundamentals of International Transfer Pricing in Law and Economics, 2012, S. 245-254. OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2010, OECD Pubishing, Paris, Tz. 2.122., zu einem instruktiven Beispiel siehe Vögele/Gonnet/Gottschling, BNA Tax Planning International Transfer Pricing 11/2008, S. 1. 12 Vgl. OECD, Revised Guidance on the Application of the Transactional Profit Split Method: Inclusive Framework on BEPS: Action 10, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD, Paris 2018, Tz. 2.118. 13 Siehe hierzu und im Folgenden OECD, Revised Guidance on the Application of the Transactional Profit Split Method: Inclusive Framework on BEPS: Action 10, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD, Paris 2018, Tz. 2.146 ff.
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Methodisch beschränken sich die überarbeiteten Leitlinien auf die Beitragsanalyse und die Residualanalyse.14 Die Beitragsanalyse orientiert sich am relativen Wert der Beiträge, die die an der Transaktion beteiligten Unternehmen leisten. Sie kann durch Vergleich von Art und Umfang dieser Beiträge (zum Beispiel Dienstleistungen, Entwicklungen, zur Nutzung überlassene Vermögenswerte oder investiertes Kapital) und Zuweisung eines Prozentsatzes auf der Grundlage des relativen Vergleichs und externer Marktdaten erfolgen. Soweit das möglich ist, sollte zur Bewertung dieser Beiträge auf eine (zum Beispiel in Bezug auf Joint-Venture-Vereinbarungen) tatsächlich be obachtete Gewinnaufteilung zwischen fremden Dritten abgestellt werden. Externe Marktdaten können aber auch herangezogen werden, um den Wert der Beiträge zu bewerten, die die verbundenen Unternehmen zu den Transaktionen leisten. Können die Beiträge einzelner Parteien auf Basis einseitiger Methoden oder eines Preisvergleichs zuverlässig bewertet werden, wird die Beitragsanalyse im Rahmen der residualen Gewinnaufteilung auf die verbleibenden Beiträge und Gewinne beschränkt. Die Ermittlung der aufzuteilenden Gewinne setzt voraus, dass die Transaktion, die Aggregationsebene sowie die hiermit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen und Erträge bestimmt werden. Soweit sich die Gewinnaufteilung nicht auf die Gesamttätigkeit der Parteien erstreckt, ist nach einheitlichen Rechnungsstandards ein Segmenterfolg zu ermitteln. Möglich ist hier grundsätzlich die Orientierung an tatsächlich erzielten und erwarteten Gewinnen. Teilen sich die Parteien gleiche wirtschaftlich signifikante Risiken oder übernehmen sie eng miteinander verbundene Risiken separat, ist es für die OECD richtig, die tatsächlich erzielten Gewinne aufzuteilen. Ist eine Partei an der Übernahme wirtschaftlich signifikanter Risiken nicht beteiligt (zum Beispiel die Produktionsgesellschaft an bestimmten Vertriebsrisiken), sollte sie an diesen Risiken nicht teilhaben; dies lässt sich für die OECD erreichen, wenn die Aufteilung nach Maßgabe der erwarteten Gewinne vollzogen wird. Diese Methode hat aber den Nachteil, dass eine nachträglich bessere Erkenntnis zulasten des Steuerpflichtigen gehen kann. Daher sollte die Gewinnaufteilung regelmäßig überprüft und an unvorhergesehene Entwicklungen angepasst werden. Gegenstand der Gewinnaufteilung ist in aller Regel das Betriebsergebnis. Diese Aufteilung stellt sicher, dass die Konzerngesellschaften den auf sie entfallenden Anteil sowohl an den Erträgen als auch den Aufwendungen tragen. Richtigerweise hängt die aufzuteilende Größe jedoch vom Ausmaß der gemeinsam getragenen Risiken ab. Beschränken sich diese Risiken auf den Markt und die Herstellung von Gütern und Dienstleistungen, wäre die Orientierung am Bruttogewinn zielführender, wenn die Betriebs- und Entwicklungskosten in der Verantwortung lediglich einer Vertragspartei liegen. Die Gewinnaufteilung selbst erfolgt in aller Regel über eine oder mehrere Gewinnaufteilungsfaktoren. Diese Faktoren sollten die wesentlichen Wertbeiträge der Parteien 14 Der in den Leitlinien aus dem Jahre 2010 noch enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit einer Aufteilung nach Maßgabe des eingesetzten Kapitals, siehe OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2010, OECD Publishing, Paris, Tz. 2.145, ist nicht mehr enthalten.
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in Bezug auf die Transaktion wiederspiegeln. Ihre Bestimmung und Gewichtung sollte auf einer Funktionsanalyse beruhen und den Kontext (zum Beispiel die jeweilige Branche) berücksichtigen, in dem die Transaktion durchgeführt wird. Übliche Aufteilungsfaktoren sind Vermögenswerte oder Kapital, Ausgaben und Kosten. Vermögenswerte (zum Beispiel das Betriebsvermögen oder Teile des Betriebsvermögens) eignen sich, wenn ein starker Zusammenhang zwischen den Sachanlagen, immateriellen Werten oder dem Kapital und der Wertschöpfung besteht. Die Kosten, insbesondere die Vergütungen für die Mitarbeiter, aber auch Ausgaben für das Marketing oder die Forschung und Entwicklung, empfehlen sich, wenn die Wertschöpfung auf den Leistungen des Personals, der Vermarktung oder der Entwicklung einzigartiger und wertvoller immaterieller Vermögenswerte beruht. Zwar ist der Zusammenhang zwischen den Kosten und dem Wert eines immateriellen Vermögenswerts nicht belastbar, in aller Regel bilden sie jedoch einen hilfreichen Maßstab für den relativen Wert dieser Beiträge, wenn auch für den zeitlichen Bezug Korrekturen erforderlich sind. 3. Schlussfolgerungen Vergleicht man diese Merkmale der transaktionsbezogenen Gewinnaufteilung mit den Empfehlungen der OECD aus dem Jahre 2010, zeigt sich, dass das Ausmaß der letzten Revision überschaubar ist. Zwar zeichnen sich die aktuellen Empfehlungen der OECD durch eine Reihe von Beispielen aus, die den Anwendungsbereich dieser Methode anhand praktischer Fälle dokumentieren. Der Wert dieser meist einfachen Beispiele erscheint aber begrenzt. Gleichwohl unterstreichen die wenigen Beispiele zur rechnerischen Durchführung der Gewinnaufteilung, dass die transaktionsbezogene Gewinnaufteilungsmethode zunehmend die Merkmale einer formelhaften Gewinnaufteilung für integrierte Geschäftsbeziehungen annimmt. Diese Entwicklung zeigt sich nicht nur in der Tatsache, dass die Beispiele auf die Zurechnung von Ge winnanteilen Bezug nehmen - im Hinblick auf die Zugehörigkeit der transaktions bezogenen Gewinnaufteilung zum Kanon der Verrechnungspreismethoden wäre zu erwarten, dass Verrechnungspreise ermittelt werden – eine Überführung von Ge winnanteilen in Verrechnungspreise bleibt in den Beispielen der OECD jedoch aus. Die zunehmende Orientierung an der einfachen Gewinnaufteilung zeigt sich auch in methodischer Hinsicht. Lag in 2001 das Gewicht auf der Bestimmung von Verrechnungspreisen auf der Basis erwarteter Gewinne „because it is not possible for the taxpayers to know what the profits of the business activity would be at the time the conditions are established”,15 steht heute die Orientierung an der Aufteilung tatsächlicher Gewinne im Vordergrund.16 Die Verrechnungspreisleitlinien 2010 machen zwar bereits deutlich, dass in der Verrechnungspreispraxis die Aufteilung sowohl auf Basis erwarteter als auch tat15 OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2010, OECD Pubishing, Paris, Tz. 3.11. 16 OECD, Revised Guidance on the Application of the Transactional Profit Split Method: Inclusive Frame-work on BEPS: Action 10, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, OECD, Paris 2018, Tz. 2.159.
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sächlich erzielter Gewinne zu beobachten ist,17 weisen aber im Zusammenhang mit einer Anwendung der residualen Gewinnaufteilung auf die Möglichkeit hin, „das Ergebnis von Verhandlungen zwischen unabhängigen Unternehmen auf dem freien Markt nachzuahmen“. Der insoweit hypothetische Fremdvergleich ist in den Empfehlungen der OECD ebenso gestrichen wie die Bezüge der Verrechnungspreisleitlinien auf die Verrechnungspreissetzung ex ante. Neu ist aber auch die Abkehr vom strengen Transaktionsbezug.18 Beide Entwicklungen erfahren eine weitere Steigerung in den Vorschlägen der OECD zur Bewältigung der Herausforderungen durch die digitale Ökonomie. Zusätzlich wird in diesem Zusammenhang ein Bezug zum Umsatz („Sales factor“) hergestellt.
III. Vorschläge der OECD zur Bewältigung der Herausforderungen durch die digitale Ökonomie 1. Ausgangspunkt Im Rahmen ihrer Initiative gegen Gewinnverlagerungen und die Verkürzung von Bemessungsgrundlagen richtete sich die Politik der OECD auch auf die Absenkung der Besteuerungsschwelle für den Gewinn ausländischer Unternehmen durch Markt staaten.19 Hierzu gehören Maßnahmen, die der „künstlichen“ Vermeidung einer Betriebsstätte durch die Nutzung von Kommissionärsmodellen oder vergleichbare Strategien entgegenwirken sollen. Sie richtete sich aber auch gegen die missbräuchliche Nutzung spezieller Ausnahmetatbestände im Hinblick auf Tätigkeiten, die vorbereitenden oder Hilfscharakter haben, die Fragmentierung der Unternehmenstätigkeit und vertragliche Gestaltungen im Zusammenhang mit Bauausführungen und Montagen. In diesem Sinne ist nach den Empfehlungen der OECD die sachliche Verflechtung zum Inland bereits ausreichend gegeben, wenn die Tätigkeiten eines Vertreters zum regelmäßigen Abschluss von zu erfüllenden Verträgen führen sollen; anderes gelte nur, wenn der Vertreter seine Tätigkeit im Rahmen eines unabhängigen Unternehmens ausübt. Vergleichbar damit sollen die maßgebenden Ausnahmetatbestände, wie zum Beispiel der Betrieb eines Auslieferungslagers, unter den Vorbehalt gestellt werden, dass die damit verbundene Tätigkeit vorbereitenden oder Hilfscharakter hat. Diese Maßnahmen zielen zwar auf die Gestaltungen internationaler Konzerne in Bezug auf die Organisation ihrer Lieferungs- und Leistungsbeziehungen in rechtlicher und funktionaler Hinsicht, berücksichtigen aber nicht die Entwicklungen im Bereich 17 Vgl. OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2010, OECD Pubishing, Paris, Tz. 2.157. 18 Vgl. OECD, Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2010, OECD Pubishing, Paris, Tz. 2.118, 2.127 19 Vgl. OECD, Preventing the Artificial Avoidance of Permanent Establishment Status, Arti cle 7 – 2015 Final Report, OECD/G20 Base Erosion Profit Shifting Project, OECD Publish ing, Paris 2015; zur Umsetzung siehe OECD, Model Tax Convention on Income and on Capital, Article 5 Permanent Establishment, Paris 2017, sowie in komprimierter Form unter https://dx.doi.org/10.1787/mtc_cond-2017-en.
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der digitalen Wirtschaft, die auf feste Geschäftseinrichtungen oder Vertreter verzichten kann, wenn es um den grenzüberschreitenden Verkauf einer breiten Palette von Gütern und Dienstleistungen geht. Im Unterschied zur steuerlich motivierten Gestaltung konzerninterner Lieferungsund Leistungsbeziehungen, bezieht sich Digitalisierung auf den Wandel von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, der auf die Entwicklung digitaler Technologien zurückzuführen ist.20 Wesentlichen Einfluss auf diesen Wandel haben gegenwärtig vor allem die Entstehung und Verbreitung sozialer Medien, mobiler Geräte, analytischer Anwendungen, des Cloud Computing und des Internet der Dinge. Ihre Nutzung und vor allem die Speicherung, Verarbeitung und Analyse großer Datenmengen beruhen auf einer Infrastruktur (Rechen- und Speicherkapazitäten sowie Kommunikationswege, allen voran das Internet), die nicht nur die Geschäftswelt, sondern auch das Verhalten der Konsumenten nachhaltig verändert hat. Sie bieten die Möglichkeit einer globalen Vernetzung und schaffen die Voraussetzungen für effizienten Informationsaustausch, eine Neugestaltung von Arbeitsabläufen und die Verbreitung neuer Produkte und Dienstleistungen. In diesem Sinne werden digitale Technologien nicht nur in der Produktion, der Lieferkette oder zur „Anreicherung“ der Produkte eingesetzt. Vielmehr sind in den vergangenen Dekaden innovative Geschäftsmodelle entstanden, die darauf beruhen, dass Lieferanten, Nutzer oder Kunden mithilfe von Webseiten, Online-Plattformen oder mobilen Anwendungen weltweit schnell erreichbar sind, und durch Verbindung der Nutzergruppen auf der Basis von Onlineoder webbasierten Benutzeroberflächen die Realisation vor allem indirekter Netzwerk effekte ermöglichen. Hier zeigen die Erfolge zum Beispiel von „Amazon Marketplace“, „Booking.com“, „Google/Google Play“, „Apple iTunes store“, „Uber“, „Facebook“, „LinkedIn“ oder „Twitter“, um nur einige bekanntere Namen zu nennen, dass digitale Geschäftsmodelle keine feste Geschäftseinrichtung im Absatzmarkt voraussetzen und schon heute eine Größenordnung erreicht haben, die keine Randerscheinung mehr ist. Vor diesem Hintergrund wird diskutiert, ob nicht die Voraussetzung der körperlichen Anwesenheit fester Einrichtungen oder ständiger Vertreter durch das Prinzip einer „wirtschaftlichen Präsenz“ ersetzt werden sollte21 oder spezielle Anknüpfungsmerkmale (zum Beispiel Nutzerbeteiligung) für digitale Geschäftsmodelle geschaffen werden sollen. In letztere Richtung gehen auch die Vorschläge sowohl der britischen Finanzverwaltung als auch der Europäischen Kommission, während die OECD in ihrem Abschlussbericht zum Aktionspunkt 1 das breitere Konzept der „ökonomischen Präsenz“ unterstützt und die USA auf die Anwesenheit von Marketingwerten abstellen.22 20 Vgl. van Dijk, The Network Society, Social Aspects of New Media, London, Thousand Oaks, New Delhi, Sage Publications, 2006. 21 Siehe bereits Avi-Yonah, International Taxation of Electronic Commerce, Tax Law Review 1997, 507; Hellerstein, State Taxation of Electronic Commerce, Tax Law Review 1997, 425; McLure, Taxation of Electronic Commerce: economic Objectives, Technological Constraints, and Tax Laws, Tax Law Review 1997, 269. 22 Dazu HM Treasury, Corporate tax and the digital economy: position paper, London 2017; Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von
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2. Konzepte Das Konzept der Nutzerbeteiligung bezieht sich auf die Wertbeiträge, die im Rahmen digitaler Geschäftsmodelle durch die Entwicklung einer aktiven und engagierten Nutzerbasis sowie die hiermit verbundene Einwerbung von Daten und Inhalten geschaffen werden. Es beruht auf der Vorstellung, dass die Einwerbung eines nachhal tigen Engagements und einer aktiven Nutzerbeteiligung wichtige Bestandteile der Wertschöpfung in digitalen Geschäftsmodellen ist. Nach dieser Vorstellung tragen die Aktivitäten und Beteiligung dieser Nutzer zur Entwicklung der Marke, zur Verarbeitung wertvoller Daten und der Entwicklung einer kritischen Masse bei und helfen Marktmacht zu erzeugen. Der damit verbundene Wertbeitrag ist von besonderer Bedeutung für die Geschäftsmodelle der (1) Social-Media-Plattformen, deren Wert in der Anzahl und Vernetzung seiner Nutzer insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit zum Verkauf von Werbeflächen liegt, (2) Suchmaschinen, die ihren Wert ebenfalls aus den Beiträgen ihrer Nutzer gewinnen, und (3) Online-Marktplätzen, deren Wert von der Anzahl der Nutzer auf beiden Marktseiten sowie der Qualität und Vielfalt an Gütern oder Leistungen, die von Seiten der Nutzer angeboten werden, abhängig sind. Die signifikante digitale Präsenz dient einer Erfassung von Gewinnen ausländischer Unternehmen aus der Bereitstellung digitaler Dienstleistungen über eine digitale Schnittstelle, die mit Nutzern im Steuergebiet erzielt werden. Dabei bezeichnet „digitale Schnittstelle“ eine Software, zum Beispiel eine Webseite oder Teile einer Webseite, und Anwendungen, die für den Nutzer zugänglich sind. Digital sind Dienstleistungen, die über das Internet oder ein elektronisches Netzwerk erbracht werden, deren Erbringung aufgrund ihrer Art im Wesentlichen automatisiert und nur mit minimaler menschlicher Beteiligung erfolgt und die ohne die Informationstechnologie nicht erbracht werden könnten. Zentrale Elemente dieser notwendigen Informationstechnologie sind vor allem standardisierte Schnittstellen und Protokolle, die Dienste auf Endgeräten nutzbar machen. Die menschliche Beteiligung ist minimal, wenn diese sich darauf beschränkt, die technischen Voraussetzungen der digitalen Dienstleistung zu schaffen, indem der Dienstleister die Infrastruktur einrichtet, regelmäßig wartet und bei Bedarf wieder instand setzt. Zu digitalen Dienstleistungen gehören danach insbesondere, aber nicht ausschließlich, die Überlassung digitaler Produkte, zum Beispiel Software, oder Dienste, die in elektronischen Netzwerken eine Präsenz vermitteln oder unterstützen, zum Beispiel eine Website. Nach dem Vorschlag der signifikanten wirtschaftlichen Präsenz, die auf den Aktionspunkt 1 der BEPS Initiative zurückgeht,23 ergibt sich der Anknüpfungspunkt für die orschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz, V COM(2018) 147 final, Brüssel 2018; OECD, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Action 1 – 2015 Final Report“, OECD Publishing, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, Paris 2015; OECD, Addressing the Tax Challenges of the Digitalisation of the Economy, OECD Publishing 2019. 23 Siehe OECD, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Action 1 – 2015 Final Report“, OECD Publishing, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, Paris 2015.
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Besteuerung aus Tatbeständen, die eine zielgerichtete und nachhaltige Interaktion im Marktstaat mithilfe digitaler Technologien und anderer automatisierter Formen dokumentieren. Wesentliche Voraussetzung ist zunächst, dass nachhaltig Einnahmen erzielt werden. Hinzukommen müssen aber weitere Faktoren, zu denen vor allem (1) die Existenz einer Nutzerbasis und der hiermit verbundene Erwerb von Nutzerdaten, (2) das Ausmaß digitaler Inhalte, die aus dem Marktstaat gewonnen werden, (3) Rechnungsstellung und Inkasso in lokaler Währung oder Zahlungsweise, (4) die Unterhaltung einer Webseite in lokaler Sprache, (5) die Verantwortung für die Auslieferung an die Kunden oder den Kundenservice oder (6) nachhaltige Marketingtätigkeit und Verkaufsförderungsaktivitäten zählen. Zu diesem Zweck wäre eine Verbindung herzustellen zwischen der einnahmenerzielenden Tätigkeit des Unternehmens und seiner signifikanten wirtschaftlichen Präsenz. Daneben wären die Geschäftsvorfälle und mögliche Schwellenwerte zu definieren und abzugrenzen. Das Konzept der immateriellen Marketingwerte will Situationen erfassen, in denen multinationale Unternehmen entweder auf elektronischem Weg oder auf der Basis funktionsarmer Einrichtungen (zum Beispiel in der Form eines Limited Risk Distrib utors) eine Nutzerbasis, Kundenstämme oder andere immaterielle Marketingwerte im Marktstaat (Absatzmarkt) entwickeln. Diese stellen aus Sicht dieses Konzepts eine funktionale Verbindung zum Absatzmarkt her, da immaterielle Marketingwerte (wie zum Beispiel die Marke oder ein Warenzeichen) positive Einstellungen im Kopf des Kunden erzeugen können oder das Resultat einer gezielten Kundenansprache sind (Beispiele sind Kundendaten, Kundenbeziehungen und Kundenlisten), so dass diese Werte als im Marktstaat hergestellt gelten können. Ordnet man diese Wirtschaftsgüter dem Marktstaat zu, ergibt sich ein Besteuerungsrecht dieses Landes in Bezug auf das Einkommen des Unternehmens, das aus der Nutzung dieser Wirtschaftsgüter unter Berücksichtigung der damit verbundenen Risiken selbst dann erzielt wird, wenn das Unternehmen im Marktstaat keine Betriebsstätte unterhält. Vergleichbares gilt aber auch für den Fall, dass im Marktstaat lediglich einfache Funktionen gegeben sind, während die mit Kundendaten, Kundenbeziehungen und Kundenlisten korrespondierenden DEMPE Funktionen außerhalb dieses Staates ausgeübt werden. International sind diese Ansätze nicht für sich konsensfähig. Daher stellt das aktuelle Arbeitsprogramm der OECD vor allem auch darauf ab, die Vorschläge zu den Anknüpfungspunkten der neuen Besteuerungsrechte auf Ebene der Marktstaaten zu vereinheitlichen und neue „Nexus rules“ zu entwickeln.24 3. Gewinnaufteilung Die Vorschläge der OECD, einzelner Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission, die nach dem aktuellen Arbeitsprogramm der OECD zu vereinheitlichen sind, beruhen auf Kriterien, die mit dem gegenwärtigen Verständnis einer Besteuerung am 24 Vgl. OECD, Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS, OECD, Paris 2019, Tz. 24, 39.
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Ort der Wertschöpfung nicht in Einklang zu bringen sind. Sie unterstellen zudem, dass es kaum möglich erscheint, die Gewinne, die sich aus den Ansprüchen der Marktstaaten auf Beteiligung am Gewinn der multinationalen Unternehmen ergeben, mithilfe klassischer Verrechnungspreismethoden zu ermitteln. Voraussetzung wäre, dass diese Steueransprüche durch Gewinnermittlung bestimmt werden. Daher gehen die Überlegungen in die Richtung einer residualen Gewinnaufteilung; alternativ werden die bruchteilige Gewinnzuordnung, vertriebsbasierte Gewinnzuordnungen oder Quellensteueransprüche der Marktstaaten diskutiert. Die residuale Gewinnaufteilung beruht grundsätzlich auf dem folgenden Muster:25 –– Berechnung des residualen Gewinns aus der unternehmerischen Geschäftstätigkeit; da dieser Gewinn nicht transaktionsbezogen bestimmt werden kann, stehen alternativ lediglich der residuale Geschäftserfolg, ein Bereichs- oder nach regionalen Gesichtspunkten segmentierter Teilerfolg zur Diskussion – vollzieht sich die Gewinnabgrenzung im Übrigen auf der Basis des Fremdvergleichs, wird dieser residuale Gewinn ermittelt, in dem der Geschäfts- oder Bereichserfolg um die Vergütungen für Routinetätigkeiten zu reduzieren ist. –– Identifikation des Teils dieser residualen Gewinne, die auf die Orte der Wertschöpfung im Marktstaat entfallen; die zugrundeliegende Wertschöpfung liegt, je nach Konzept, in der Nutzerbeteiligung, den Funktionen der signifikanten digitalen Präsenz (insbesondere die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung, Analyse, Bereitstellung und der Verkauf von Daten auf Nutzerebene, „Nutzerbeiträge“, der Verkauf von Online-Werbeflächen oder die Bereitstellung von Inhalten Dritter auf einem digitalen Marktplatz), den Funktionen der wirtschaftlichen Präsenz oder den Gewinnanteilen, die auf immaterielle Marketingwerte entfallen. –– Aufteilung dieser Gewinne auf die betroffenen Marktstaaten nach einem vorab vereinbarten Verteilungsschlüssel. –– Zuteilung der Besteuerungsrechte an die Marktstaaten, unabhängig davon, ob das Unternehmen in diesem Staat eine feste Geschäftseinrichtung betreibt. Im Rahmen der bruchteiligen Gewinnzuordnung sollen die Markterfolge nach einer Formel auf die Marktstaaten verteilt werden. Dabei können die Markterfolge zum Beispiel durch Anwendung einer globalen Gewinnmarge auf die Außenumsätze zu ermitteln sein. Die vertriebsbasierte Gewinnzuordnung hat eine vereinfachte Zuordnung von Vertriebserfolgen zum Gegenstand.26
25 Vgl. OECD, Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS, OECD, Paris 2019, Tz. 28. 26 Vgl. OECD, Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, OECD/G20 Inclusive Framework on BEPS, OECD, Paris 2019, Tz. 30 ff.
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4. Stellungnahme a) Anknüpfungspunkt der Besteuerung Den Vorschlägen ist das Ziel gemeinsam, dass sie Orten, die zur Wertschöpfung und damit dem Gewinn der multinationalen Unternehmen beitragen, einen Teil dieses Unternehmensgewinns zuordnen. Damit beruhen sie konzeptionell auf dem langjährigen Konsens unter den OECD Mitgliedstaaten, demzufolge Unternehmensgewinne zwischen dem Ansässigkeitsstaat und dem oder den Quellenstaat/en aufzuteilen sind, soweit in diesen Quellenstaaten zur Herstellung der Güter und Dienstleistungen beigetragen wird – die Tatsache, dass ein Gewinn erst zustande kommen kann, wenn die Güter oder Dienstleistungen nachgefragt werden (einen Markt haben), spielt für diese Aufteilung keine Rolle.27 Die Zuordnung von Einkünften zum Quellenstaat wird aus der wirtschaftlichen Zugehörigkeit („Economic allegiance“) des Unternehmens zu diesem Staat, seiner Teilhabe am wirtschaftlichen Leben28 und dem sich hieraus ergebenden Nutzen (Infrastruktur, Rechtsschutz und andere öffentliche Güter), der eine Gegenleistung rechtfertigt, abgeleitet.29 Neu ist, dass die Anknüpfungspunkte der Besteuerung über die feste Geschäftseinrichtung und den Vertreter hinaus auf digitale oder immaterielle, in jedem Fall körperlich nicht fassbare Merkmale ausgedehnt werden sollen, für die die Orte der Produktion nicht beobachtet werden können, sondern unterstellt werden müssen. Diese Technik ist grundsätzlich bekannt, sie findet vor allem auch im Rahmen der Gewinnabgrenzung mit Hilfe des Fremdvergleichsgrundsatzes schon heute Anwendung. Würde man bei einer ausländischen Tochtergesellschaft signifikante Marketingaufwendungen identifizieren oder feststellen, dass mit bestimmten Kunden wiederholt Umsätze gemacht werden, folgte nach der Logik einer Bestimmung internationaler Verrechnungspreise, dass damit verbundene Marketingwerte im Preis zu berücksichtigen sind, der Vertriebsfunktion mithin ein entsprechender Anteil am Unternehmensgewinn zuzurechnen ist. Voraussetzung ist bisher allerdings, dass sich die Anknüpfungspunkte der Besteuerung aus einer körperlichen Anwesenheit des Unternehmens (Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte) ergeben. Unterstellt man den Anknüpfungspunkt der Besteuerung am „Ort der Wertschöpfung“, entspricht es der Logik des Fremdvergleichs, dass der Markt oder fremde Dritte diesem Ort der Wertschöpfung einen Teil des Gewinns zuordnen würden. Die Probleme liegen hier einmal darin, den Ort eines körperlich nicht fassbaren Merkmals zu lokalisieren und unerwünschte Konsequenzen von hilfsweise herangezogenen stellvertretenen Beobachtungen im Blick zu haben. Die primäre Frage ist aber, ob die (von 27 Vgl. OECD, Addressing the Tax Challenges of the Digital Economy, Action 1 – 2015 Final Report, OECD Publishing, OECD/G20 Base Erosion and Profit Shifting Project, Paris 2015; dazu auch Kofler/Mayr/Schlager, Taxation of the Digital Economy: A Pragmatic Approach to Short-Term Measures, European Taxation 2018, 123. 28 Vgl. OECD, Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, OECD Publishing, Paris 2017. 29 Vgl. Becker/Englisch, Taxing Where Value Is Created: What’s ‘User Involvement’ Got to Do with It, Intertax 2019, 161; Schön, Ten Questions about Why and How to Tax the Digita lized Economy, Bulletin for International Taxation 2018, 278; Schön, International Tax Coordination for a Second-Best World (Part I), World Tax Journal 2009, 67.
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Mitgliedern) der OECD vorgeschlagenen Anwesenheitskriterien mit den Grundsätzen der internationalen Gewinnaufteilung im Einklang stehen und Orte der Wertschöpfung beschreiben, denen der Markt einen Teil des Unternehmensgewinns zuordnen würde. Dies scheint nicht der Fall zu sein. So ist eine mit der Beteiligung der Nutzer verbundene Wertschöpfung den Nutzern zuzurechnen und dort auch steuerpflichtig, wenn, wie das im Hinblick auf „Influencer“ der Fall ist, diese Nutzer vom Betreiber der Plattform ein Entgelt dafür erhalten;30 Vergleichbares gilt für Beiträge im Rahmen des „Crowd sourcing“ .31 In gleicher Weise dürfte auch die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen über eine digitale „Schnittstelle“ keinen Ort der Wertschöpfung im Quellenstaat vermitteln. Die Webseite, Teile einer Webseite oder Anwendung, auf die das Konzept der digitalen Schnittstelle abstellt, existiert im Internet; sie lässt sich weder lokalisieren noch geografisch verorten. Vergleichbares gilt für die Algorithmen und Speicherplätze, mit deren Hilfe diese Schnittstellen betrieben werden. Eine wirtschaftliche Präsenz erscheint zwar möglich; Voraussetzung wären hier aber Personen, die im Marktstaat Entscheidungen treffen, Kontrolle ausüben, über finanzielle Ka pazität verfügen und ein mit der Verantwortung verbundenes Risiko tragen.32 Vollziehen sich Auf- und Ausgaben außerhalb des Marktstaates, rechtfertigen aber auch auf elektronischem Wege erzeugte „Einstellungen im Kopf der Kunden“, Kundendaten oder Kundenlisten keine Anknüpfungspunkte der Besteuerung. Will man die Tatsache berücksichtigen, dass auch die Nutzer in Marktstaaten erreicht werden, müssen die Voraussetzungen des Fremdvergleichs in Abweichung vom Status quo gelockert werden. b) Gewinnaufteilung Das oben dargestellte Muster einer residualen Gewinnermittlung deckt sich grundsätzlich mit der Vorgehensweise, die die OECD im Rahmen ihrer Verrechnungspreisleitlinien empfiehlt. Es bliebe bei einer Ermittlung der Routinevergütungen auf Basis einer Verrechnungspreisanalyse, die sich an Marktpreisen oder marktüblichen Gewinnspannen vor allem in Bezug auf die Kosten der Güter und Leistungen orientiert. Ein erster Unterschied zu den Empfehlungen der OECD besteht aber schon darin, dass sich die Ermittlung des residualen Gewinns auf den Unternehmens- oder Bereichserfolg bezieht. Ein zweiter Unterschied besteht in der Zielsetzung, den Teil der residualen Gewinne zu identifizieren, der auf den Ort der Wertschöpfung im Marktstaat entfällt. Diese Restgewinnanalyse (auf der Basis des in Produktions- und Marketingwerten ein gesetzten Kapitals) unterstellt aber nicht nur einheitliche Renditen für investierte 30 Vgl. Schön, Ten Questions about Why and How to Tax the Digitalized Economy, Bulletin for International Taxation 2018. 31 Vgl. Becker/Englisch, Taxing Where Value Is Created: What’s ‘User Involvement’ Got to Do with It, Intertax 2019, 161. 32 Vgl. OECD, Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen, OECD Publishing, Paris 2017.
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Andreas Oestreicher
Produktions- und Marketingwerte. Sie geht auch davon aus, dass die auf die Marketingwerte entfallenden Gewinne (marktmachtbedingte Rente zuzüglich der im Monopolgewinn enthaltenen marktgerechten Verzinsung der außerhalb der Marktstaaten getragenen Fixkosten für zum Beispiel den Aufbau des Kundenstamms und der IT Infrastruktur) im vollen Umfang den Marktstaaten zuzurechnen sind; sie entspräche einer vollständigen Besteuerung der Monopolgewinne im Marktstaat und ginge auch insoweit über das Ziel einer „fairen“ Beteiligung der Marktstaaten am Gewinn des Unternehmens hinaus. Die Gewinnzuordnung nach einer Formel würde die entstandenen Aufwendungen für die Technologie, die Marke und das Netzwerk gleichmäßig nach den unterliegenden Formelfaktoren verteilen. Sie brächte im digitalen Bereich vor allem zeitliche Verwerfungen mit sich, wenn im laufenden Betrieb hohen Umsatzerlösen nur geringe Faktorkosten entgegenstehen und stünde mit dem Grundsatz des Fremdvergleichs offensichtlich nicht im Einklang.
IV. Zusammenfassung Die grenzüberschreitende Integration betrieblicher Aktivitäten stellt die Gewinnabgrenzung im Konzern schon viele Jahre vor große Herausforderungen.33 Mit der Revision ihrer Verrechnungspreisleitlinien 2018 vollzieht die OECD im Bereich der transaktionsorientierten Gewinnaufteilung einen weiteren Schritt in Richtung einer Teilung realisierter Gewinne nach Maßgabe der primär an den Kosten und Vermögenswerten orientierten Beiträge der verbundenen Unternehmen. Zur Lösung der Probleme, die sich mit der Digitalisierung verbinden, ist die OECD offensichtlich bereit, den Transaktionsbezug weiter aufzuweichen und bezieht auch den Umsatz (oder andere „Wertbeiträge“), die in den Marktstaaten realisiert werden, in die Aufteilungsformel ein.
33 Siehe dazu etwa Oestreicher, Konzern-Gewinnabgrenzung, 2000, insbesondere S. 1-5.
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M
Michael Puls
G pr
Digitalisierung von Unternehmensprozessen und die Frage nach der Kostenverrechnung im grenzüberschreitend tätigen Konzern Inhaltsverzeichnis I. Einführung II. Konzerninterne Dienstleistungen als Konzernrealität III. Besonderheiten bei Digitalisierungs initiativen in grenzüberschreitend tätigen Konzernen 1. Projektbezogene und interne Prozess aufgaben 2. Produktbezogene Digitalisierungs projekte IV. Beispielssachverhalte 1. Neueinführung bzw. Release-Wechsel im ERP-Bereich 2. Verbesserte IT-Architektur im Konzern/ Steering Business Digitally V. Verrechenbarkeit dem Grunde nach 1. Vorbemerkungen 2. Abgrenzungsfragen
a) Gesellschafterinteresse bei Digita lisierungsfragestellungen und „benefit test“ b) Filterkriterien im Hinblick auf die Verrechenbarkeit c) Projektarten und -stagen d) Bislang vertretene Auffassungen 3. Verrechnungsformen 4. Alternative Kostenallokation der Höhe nach a) Vorbemerkung b) Messung der Effizienzgewinne auf Grundlage einer Prozessleistungs analyse c) Pauschalierende Betrachtung d) Nachweis eines erlangten wirtschaftlichen Vorteils 5. Abgrenzung zur Lizenzierung VI. Schlusswort
I. Einführung Die Frage nach der Verrechnung von Kosten in grenzüberschreitend tätigen Konzernen, die durch Digitalisierungsinitiativen im Bereich der Verbesserung von unter nehmensinternen Prozessen entstehen, ist bis dato im Schrifttum von Seiten der Finanzverwaltung sowie supranationaler Organisationen – wie bspw. der OECD – kaum oder allenfalls beiläufig diskutiert worden. Die Thematik ist es – aufgrund ihrer mannigfachen Präsenz in der Praxis der grenzüberschreitenden Unternehmensbesteuerung – allerdings wert, im Rahmen eines Beitrags für diese Freundesgabe näher beleuchtet zu werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Hubertus Baumhoff mit Fragen der Verrechenbarkeit von Dienstleistungen im multinationalen Konzern bereits während seiner Promotionszeit eingehend beschäftigt und hierzu ein grundlegendes Werk in Gestalt einer Dissertationsschrift geschaffen hat.1 Dies soll Anlass genug sein, die hinter dieser Grundthematik stehenden Fragen am aktuellen 1 Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen, 1986.
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Beispiel der Verrechnung von Kosten im Zusammenhang mit projektbezogenen Digitalisierungsinitiativen in grenzüberschreitend tätigen Konzernen näher zu beleuchten.
II. Konzerninterne Dienstleistungen als Konzernrealität Konzernweite Projekte zur Verbesserung der unternehmensinternen Prozessleistungsfähigkeit in unterschiedlichen Unternehmensbereichen sind nicht nur seit dem Auftreten von Digitalisierungsfragestellungen an der Tagesordnung. Der gesamte Themenkomplex der Erbringung und Verrechnung von konzerninternen Leistungen ist spätestens seit der Veröffentlichung des OECD-Reports zu „Verrechnungspreisen und Multinationalen Unternehmen“ im Jahre 1979 ein „steuerliches Thema“.2 Hubertus Baumhoff hat diese Materie bereits Mitte der achtziger Jahre aufgegriffen und die Fragestellung nach der Bestimmung von Verrechnungspreisen für Dienstleistungen im grenzüberschreitenden Konzern seiner Dissertationsausarbeitung zugrunde gelegt. Hierbei hat er – neben den methodischen Grundlagen der Verrechnungspreisbestimmung – dezidiert einen speziellen Blickwinkel auf die Frage nach der Verrechenbarkeit dem Grunde nach sowie – im Lichte einer sachgerechten Verrechnungspreisermittlung – der Höhe nach gestellt. In der Tat ist das Thema der Dienstleistungsverrechnung im multinational tätigen Konzern eines der „Dauerbrenner“ im Bereich der steuerlichen Verrechnungspreise geblieben. Kennern der Materie fällt hierbei auf, dass der Themenkomplex der konzerninternen Dienstleistungen und der damit verbundenen Kostenverrechnung seit Jahren einen der Prüfungsschwerpunkte in steuerlichen Betriebsprüfungen bildet.3 Dies ist nachvollziehbar, da innerhalb der grenzüberschreitenden „Konzernwelt“ sehr unterschiedliche Dienstleistungsarten angeboten und nachgefragt werden und diesbezüglich – aufgrund der Spezialität der Dienstleistungen – regelmäßig keine Fremdvergleichspreise existieren.4
III. Besonderheiten bei Digitalisierungsinitiativen in grenzüberschreitend tätigen Konzernen 1. Projektbezogene und interne Prozessaufgaben Im Zusammenhang mit der Digitalisierung von Organisations- und Prozessstrukturen international tätiger Unternehmen werden insbesondere die Begriffe „Indus 2 OECD-Publikation „Transfer Pricing and Multilateral Enterprises, Report of the OECD Committee on Fiscal Affairs, 1979; abrufbar unter https://read.oecd-ilibrary.org/finance-and-invest ment/transfer-pricing-and-multinational-enterprises_9789264167773-en#page1. 3 Ditz/Bärsch/Kluge/Eberenz/Müller/Schröder/Palmer, Transferpreisstudie 2018 – Transferpreise zwischen Unternehmenssteuerung, BEPS und Digitalisierung, 2018. 4 Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 6.87.
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trie 4.0“ und „Internet of Things (IoT)“ verwendet, welche die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen in Unternehmen auf Grundlage von Informations- und Kommunikationstechnologie umfassen sollen. Hierzu zählen bspw. (i) die Flexibilisierung von Produktionstätigkeiten, um verschiedene Produkte in einer Produktionslinie sowie eine bessere Kapazitätsauslastung zu erreichen; (ii) die Optimierung von Logistikprozessen, (iii) die optimierte Generierung und Verarbeitung von Kundendaten für effizientere Produktions- und Absatzzwecke etc. In diesem Zusammenhang geht es auch um die Vernetzung von „Menschen und Maschinen“ mithilfe digitaler Sensorik, die über das Internet miteinander kommunizieren.5 Insbesondere regelbasierte Aufgaben lassen sich dergestalt automatisieren, dass Unternehmen frei werdende Ressourcen für zukunftsrelevante Themen und Investitionsvorhaben einsetzen können. Ein weiterer Vorteil der Prozessdigitalisierung kann zudem in der Steigerung der „Compliance“ des Unternehmens gesehen werden, denn durch standardisierte Prozesse wird die Fehler- und Missbrauchsanfälligkeit von Unternehmensprozessen erheblich reduziert. Der größte Vorteil ist allerdings wohl in der verbesserten Schnittstelle zu den Unternehmenskunden zu sehen, so dass die „Unternehmen-Kunde“- Kommunikation auf eine vollumfänglich neue und effizientere Plattform gestellt werden kann.6 Die Digitalisierung stellt Unternehmen hinsichtlich der Transformation ihrer internen sowie externen (analogen) betrieblichen Prozesse und Geschäftsabläufe nach den Erfahrungen des Verfassers mitunter vor enorme Herausforderungen. So ist häufig ein intensiver prozessualer Verbesserungsbedarf vorhanden, der im Rahmen der digitalen Transformation offen zutage tritt und ggf. nach umfangreichen binnenorganisatorischen Anpassungen verlangt: Typische Beispiele hierfür sind eine fehlende Digitalisierung von End-to-End-Prozessen (E2E) in Unternehmen sowie der Einsatz unterschiedlicher Systeme, die eine durchgängige und koordinierte Prozessautomation, -transparenz und -steuerung in bestimmten Unternehmensbereichen verhindern. Ferner fehlt es mitunter an nötigen Investitionen in die grundlegende Erneuerung der Prozess- und IT-Architektur: So finden im Kontext der Digitalisierung zunehmend digitale E2E-Prozessplattformen Einzug in multinational operierende Unternehmen. Jene Plattformen steuern und orchestrieren die Automation der Kerngeschäft-, Service- und Verwaltungsprozesse im Unternehmen und ermöglichen mit diesen Informationen ein aussagekräftigeres Monitoring bzw. Steuern von Geschäftsprozessen. Aus steuerlicher Verrechnungspreissicht verbirgt sich hierin die Fragestellung, wie entsprechende Kosten zur Erreichung eines neuen „Digitalisierungslevels“ im grenz überschreitend tätigen Konzern auf die einzelnen Konzerngesellschaften „umgelegt“ werden können. Mithin geht es um die Frage der Verrechenbarkeit derartiger „Digitalisierungskosten“ dem Grunde wie der Höhe nach. Kosten, die hierbei entstehen, sind in der Regel vornehmlich Kosten der unternehmenseigenen IT-Abteilungsressourcen sowie ggf. externe IT-Beraterkosten sowie (Software-)Lizenzkosten. 5 Siehe hierzu allgemein www.plattform-i40.de (hrsg. v. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie sowie Bundesministerium für Bildung und Forschung). 6 Vgl. etwa https://www.mittelstand-digital.de/MD/Redaktion/DE/Dossiers/A-Z/unternehmens prozesse.html.
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2. Produktbezogene Digitalisierungsprojekte Daneben bestehen in multinational tätigen Unternehmen Initiativen, zu produzierende und zu vertreibende Produkte als solche zu „digitalisieren“. Ein exponiertes Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Bereich der sog. Connectivity Services, die als quasi digitales Annex-Produkt neben einem Hardware-Produkt im Absatzmarkt angeboten werden. In diesem Zusammenhang kann es bspw. um die Remote-Steuerung eines Produkts oder das Online-Monitoring eines Wartungs- oder Ersatzteilbedarfs gehen. Derartige Funktionalitäten können mithin auch auf die Verbesserung bzw. Erweiterung eines bereits bestehenden Produkts gerichtet sein und beziehen sich damit nicht primär auf die (digitalisierte) Binnenprozessorganisation eines Unternehmens.7 Kosten für derartige Produktfunktionalitäten sind entweder in den Veräußerungspreis einzubeziehen oder separat – sofern es sich um einen abgrenzbaren Leistungsgegenstand handelt – als „digitales“ Produkt zu bepreisen; sie sollen im Rahmen dieses Beitrag nicht näher beleuchtet werden.
IV. Beispielssachverhalte 1. Neueinführung bzw. Release-Wechsel im ERP-Bereich Projekte zur Binnendigitalisierung von Unternehmen beginnen nach den Erfahrungen des Verfassers nicht selten mit der Einführung neuer Generationen von ERP-Systemen. Multinational tätige Unternehmen, die bspw. SAP nutzen, führen S/4HANA Enterprise Managementsysteme als neue ERP-Generation ein, um Systemabläufe entlang der gesamten End-to-End-Prozessketten zu harmonisieren und zu vereinfachen. Damit geht in der Regel ein umfassendes Transformationsprojekt auf Basis neuer und geänderter Prozesse, Funktionen sowie einer geänderten IT-Landschaft einher, welches regelmäßig nicht nur die Konzernmutter, sondern auch ausländische Tochterkonzerngesellschaften umfasst. Konkret geht es hierbei in einer Vielzahl von Fällen um die Berücksichtigung eines modifizierten „Target Operating Models“ (Stichwort „Operational Readiness“), des gesamten unternehmensbezogenen Steuerungskonzepts („Managerial Readiness“), des Datenbestands und seiner -qualität („Data Readi ness“) sowie um die Begleitung dieser Themenstellungen aus Perspektive eines Projekt- und Change-Managements.8 Derartige Projekte bieten aus Perspektive der Konzernmutter, aber auch aus Sicht der beteiligten Tochterkonzerngesellschaften, mannigfache Anknüpfungspunkte für die Fragestellung, wie mit entsprechenden laufenden und/oder projektbezogenen Aufwendungen aus steuerlicher Verrechnungspreissicht umzugehen ist.
7 Siehe etwa Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, „Mittelstand-Digital“, S. 4 f., abrufbar unter https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Mittelstand/mittelstand-di gital.pdf?__blob=publicationFile&v=37. 8 Vgl. dazu auch Treiblmaier/Beck, Business Transformation through Blockchain, 2018, S. 61 f.
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2. Verbesserte IT-Architektur im Konzern/Steering Business Digitally Ein weiteres konkretes Beispiel wie Digitalisierungsinitiativen im grenzüberschreitend tätigen Konzern „wirken“, verkörpert die bereits oben angesprochene Unternehmenssteuerung als solche: Die Möglichkeiten der Digitalisierung eröffnen hier neue Wege, weitere Prozess- und Kosteneffizienzen zu realisieren und zugleich Qualität, Geschwindigkeit und Relevanz der Informationsversorgung im Gesamtunternehmen massiv zu steigern. Hierbei stehen Themenkomplexe wie „Big Data“ und „Predictive Analytics“ im Vordergrund, verbunden mit einer zunehmenden, grenzüberschreitenden Integration der Geschäftsprozesse über einzelne Konzernunternehmen als rechtliche Einheiten.9 In diesem Zusammenhang geht es mithin um schlankere und stärker automatisierte Steuerungen von Geschäftsprozessen, ohne dass hierbei die aus ertragsteuerlicher Sicht bedeutende –jedoch separat zu betrachtende – Frage des Orts der Geschäftsleitung i.S.d. § 10 AO (oder der Begründung einer Geschäftsleitungsbetriebsstätte nach § 12 Satz 2 Nr. 1 AO bzw. Art. 5 Abs. 2 lit. a) OECD-MA) berührt werden soll.
V. Verrechenbarkeit dem Grunde nach 1. Vorbemerkungen Die Frage nach der grundsätzlichen Verrechenbarkeit von Leistungen, die im Rahmen von konzernweiten Digitalisierungsinitiativen initiiert werden, stellt viele grenz überschreitend tätige Unternehmen vor nachhaltige Herausforderungen. Zum einen gilt es, derartige Projekte bzw. laufende Leistungserbringungen in diesem Bereich aus steuerlicher Verrechnungspreisperspektive zunächst zu identifizieren; zum anderen geht es darum, der Fragestellung nachzugehen, welche dieser Kosten aus einem inländischen Konzern an die ausländischen Konzerngesellschaften vor dem Hintergrund des Fremdvergleichsgrundsatzes weiter zu belasten sind. Gerade im Hinblick auf durch die Konzernmuttergesellschaft (oder auf ihr Geheiß durch eine spezielle Konzerndienstleistungsgesellschaft) angestoßene Digitalisierungsprojekte ist zunächst der Frage nachzugehen, (i) welche direkten und indirekten Kosten diesbezüglich entstanden sind und (ii) ob und ggf. in welcher Intensität ein Projekt bzw. eine Leistungserbringung durch das Gesellschafterinteresse bedingt ist oder einen wirtschaftlichen Vorteil („economic benefit“) beim Leistungsempfänger vermittelt, der eine Verrechenbarkeit dem Grunde nach erlaubt bzw. ggf. auch erfordert.10 Ferner steht die Frage im Raum, ob es sich um laufende Dienstleistungskosten handelt (Operating Expenditures – „OpEx“) oder um aktivierungsfähige Aufwendungen, 9 Siehe bereits McKinsey, The Age of Analytics – Competing in a Data Driven World, 2016, https://www.mckinsey.com/~/media/McKinsey/Business%20Functions/McKinsey%20 Analytics/Our%20Insights/The%20age%20of%20analytics%20Competing%20in%20a%20 data%20driven%20world/MGI-The-Age-of-Analytics-Full-report.ashx. 10 Hierzu Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 6.103 f.
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die über den AfA-Aufwand im Konzern verteilt werden müssen (Capital Expendi tures – „CapEx“). Die nachfolgende Abhandlung soll in diesem Zusammenhang grundsätzlich für beide Erscheinungsformen des „betrieblichen Werteverzehrs“ gelten, wobei die Frage nach der Bilanzierungsfähigkeit von Projektergebnissen im Rahmen dieses Beitrags nicht näher vertieft werden kann.11 2. Abgrenzungsfragen a) Gesellschafterinteresse bei Digitalisierungsfragestellungen und „benefit test“ Eine Dauerfragestellung im Bereich der Verrechenbarkeit von Kosten dem Grunde nach ist die Definition des sog. Gesellschafteraufwands (sog. „shareholder costs“). Bis dato werden unter dem Begriff des „Gesellschafteraufwands“ sämtliche Kosten verstanden, die durch Maßnahmen entstehen, welche eine Muttergesellschaft trifft, um (i) ihre Rechte als Gesellschafterin ggü. einer Tochtergesellschaft wahrzunehmen oder (ii) um deren Tätigkeiten im Rahmen ihrer Gesellschafterstellung zu überwachen. Aus dieser grundlegenden Erkenntnis wird abgeleitet, dass bspw. Leistungen für den Bereich der Konzernorganisation als in der Regel nicht verrechenbar anzusehen sind.12 Sog. Mischleistungen sind gegeben, wenn gleichermaßen verrechenbare und nicht verrechenbare Leistungen vorliegen. Bei derartigen Leistungen handelt es sich um solche, die im Interesse der Konzernmutter erbracht werden, jedoch auch im (wirtschaftlichen) Interesse von Konzerntochtergesellschaften liegen. Insoweit ist der Begriff des „Gesellschafteraufwands“ funktional eng mit dem sog. „benefit test“ zu betrachten, der eine Leistung als verrechenbar ansieht, als sie für den Empfänger einen greifbaren wirtschaftlichen Vorteil begründet. Im Grunde geht es bei der Frage nach der Verrechenbarkeit mithin allgemein um die Fragestellung, wer aus einer Leistung einen (wirtschaftlichen) Nutzen davonträgt und in einer Fremdvergleichssituation für den Leistungsempfang bereit wäre, ein Entgelt zu entrichten („benefit test“ und “willing-to-pay test“).13 Problematisch an diesem vorstehenden – tradierten – Definitionsansatz ist, dass ihm auf internationaler Ebene unterschiedliche Interpretationen widerfahren und er mithin eine Quelle zahlreicher Doppelbesteuerungskonflikte verkörpert. So wird bspw. aus Sicht der deutschen Finanzverwaltung der Terminus „Gesellschafteraufwand“ tatbestandlich sehr weit ausgelegt, um gerade Kostenverrechnungen von ausländischen Konzernmüttern an deutsche Tochtergesellschaften im Bereich der Managementund Kontrolltätigkeiten zu verhindern.14 Gerade bei konzerninternen Leistungen im Bereich von Digitalisierungsprojekten und der damit verbundenen Kostenallokation 11 Siehe hierzu Entchelmaier, Supply Performance Measurement, 2008, S. 92. 12 Siehe Baumhoff (Fn. 4), Rz. 6.119; OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 7.10 f.; BMF v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, S. 218, Tz. 6.3.2.; siehe auch Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8.A. 2016, S. 689 f. 13 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 7.6 f. 14 Siehe BMF v. 23.2.1983 (Fn. 12), Tz. 6.2.2.; Baumhoff (Fn. 4), Rz. 6.118.
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hat die Frage nach der Nutzenverteilung eine besondere Bedeutung und mithin eine Reflexwirkung auf den Begriff des Gesellschafteraufwands: Denn hier verschwimmen oftmals Vorteile aus Sicht der Konzernmutter und den nachgeordneten Tochtergesellschaften und machen die oben geforderte Abgrenzung eines „wirtschaftlichen Vorteils“ auf Ebene einer leistungsempfangenden Konzerngesellschaft mitunter kaum möglich. Zudem besteht im Rahmen des o.g. „benefit tests“ – zumindest aus deutsch-steuerlicher Sicht – eine enge Verbindung zur Frage nach der betrieblichen Veranlassung von Kosten.15 Bereits nach Ansicht der Rechtsprechung gelten bei verbundenen Unternehmen Aufwendungen dann als betrieblich veranlasst, wenn sie in einem objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens stehen. Aber auch bei einer mittelbaren Veranlassung der Aufwendungen, die mit dem Betrieb zusammenhängen, kann es sich im Ergebnis um „Betriebsaufwand“ handeln. Hierbei kommt es entscheidend auf die subjektiven Erwägungen des Steuerpflichtigen an; eine „betriebliche Veranlassung“ liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige mit den Aufwendungen seinen Betrieb „subjektiv fördern wollte“.16 An dieser Stelle ist auf die Leitfigur des ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsführers zurückzugreifen. Kann davon ausgegangen werden, dass ein derartiger Geschäftsleiter die entsprechenden Aufwendungen getragen hätte, so qualifizieren sie sich als „betrieblich veranlasst“.17 Gerade bei Digitalisierungsprojekten spielt die Fragestellung nach den nur mittelbar in einem objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Aufwendungen – wie nachfolgend dargestellt wird – eine nicht zu unterschätzende Rolle. Denn eine Vielzahl von Prozessautomatisierungen infolge von Digitalisierungsinitiativen im Konzern können ggf. nur eine Reflexwirkung auf Ebene der Tochtergesellschaften entfalten (z.B. Auswertung von gesammeltem CRM-Datenmaterial bei der Konzernmutter und Berücksichtigung dieser Daten bei der Planung von Vertriebszielen der Tochtergesellschaft, die über einen eigenen Kundenstamm verfügt). Gleichwohl können sie bei einer Tochterkonzerngesellschaft einen betrieblichen Nutzen erzeugen, auch wenn dieser ggf. nur mittelbar besteht und es weiterer Tätigkeiten auf Ebene der Tochterkonzerngesellschaft bedarf. Die Frage geht mithin dahin, ob bereits ein derartiger mittelbarer Nutzen eine Verrechnungspflicht entsprechender Kosten erfordert bzw. rechtfertigen kann. Es handelt sich insoweit auch nicht um sog. (nicht verrechenbare) „incidental benefits“ nach der Terminologie in den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen. b) Filterkriterien im Hinblick auf die Verrechenbarkeit aa) „Tradiertes“ Kriterium: Grundsatz des zu erwartenden Vorteils Eine Verrechenbarkeit wird dann bejaht, wenn die dahinter stehende „Leistung“ beim Empfänger einen wirtschaftlichen Nutzen (bzw. einen wirtschaftlichen Vorteil) gene15 Dazu Baumhoff (Fn. 4), Rz. 6.110. 16 Vgl. BFH v. 21.11.1983, GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160. 17 Im Einzelnen ferner dazu Baumhoff/Liebchen (Fn. 4), Rz. 3.143 ff.
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riert und dieser zum Leistungszeitpunkt auch objektiv zu erwarten war.18 Es ist mithin entscheidend, ob zum Zeitpunkt der Leistungserbringung von einer Förderung der Geschäftstätigkeit des konzerninternen Leistungsempfängers vernünftigerweise auszugehen war bzw. dies erwartet werden konnte. Mithin ist eine Verrechnung auch dann möglich, wenn der erwartete Nutzen sich später nicht einstellt oder sogar Nachteile aus dem Bezug der „Leistung“ entstehen. In diesem Zusammenhang sind auch sog. „on-call“-Leistungen (insbesondere im IT-Supportbereich) grundsätzlich verrechenbar, denn das Bereitstellen einer Leistung, die im Bedarfsfall abgerufen werden kann, ist bereits seinerseits als verrechenbare „Leistung“ zu qualifizieren.19 bb) Eindeutige Abgrenzbarkeit und Messbarkeit/Konkretisierung der Leistung Ferner soll eine „Leistung“ (nur) dann verrechenbar sein, wenn sie einzeln erfasst werden kann und infolgedessen konkretisierbar ist.20 Diese, von Seiten der Finanzverwaltung (noch immer) geforderte Voraussetzung für eine Verrechenbarkeit erscheint für den Digitalisierungsbereich problematisch, denn bei konzerninternen Leistungen im Digitalisierungsbereich kann es sich auch um nicht oder nur teilweise marktgängige Leistungen handeln, die nur wenig spezifizierbar sind. Darüber hinaus werden Leistungen häufig aggregiert erbracht und können ineinander verschmelzen, so dass u.U. nur ein mittelbarer Nutzen auf Ebene des Empfängers entstehen kann (siehe dazu das o.g. Beispiel zu CRM-Daten). Auch hier gilt, dass eine Verrechen barkeit immer dann anzunehmen sein sollte, wenn dem Empfänger dergestalt ein wirtschaftlicher Vorteil zufällt, den auch ein fremder Dritter nicht unentgeltlich hätte erwarten können. Dies erfordert jedoch teilweise eine intensive (mitunter unverhältnismäßig aufwendige) „benefit“-Analyse, gerade im Hinblick auf lediglich mittelbare Vorteile. In der Praxis sollte es daher gerechtfertigt sein, bei lediglich mittelbaren Vorteilen einen großzügigeren Betrachtungsmaßstab anzulegen, so dass nicht jede Form eines „mittelbaren Vorteils“ – aus Perspektive einer deutschen Konzernmutter – eine Verrechnungspflicht auslöst. Legt der Steuerpflichtige hier bspw. sachgerechte Filterkriterien an und dokumentiert er diese hinreichend, so sollte dieses Vorgehen von der Finanzverwaltung anerkannt werden, denn auch fremde Dritte würden hier eine Abwägungsentscheidung treffen. cc) Ersparte Kosten beim Empfänger Schließlich soll – zumindest nach Ansicht der deutschen Finanzverwaltung – das Kriterium der ersparten Kosten (ex-post) beim Empfänger erfüllt sein müssen, um eine Verrechnung von entsprechenden Kosten dem Grunde nach steuerlich anzuerkennen
18 Konkret OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 7.6.; Baumhoff (Fn. 4), Rz. 6.115. 19 BMF v. 23.2.1983 (Fn. 12), Tz. 6.2.3. ist insoweit inhaltlich „veraltet“ und nicht nachvollziehbar; siehe auch EU-JTPF , KOM(2011) 16, Rz. 56 f., abrufbar unter https://ec.europa. eu/taxation_customs/sites/taxation/files/resources/documents/taxation/company_tax/ transfer_pricing/forum/c_2011_16_de.pdf. 20 BMF v. 23.2.1983 (Fn. 12), Tz. 6.2.2.
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zu können.21 Zunächst ist bei diesem Kriterium kein hinreichender Unterschied zum Postulat eines „wirtschaftlichen Vorteils“ zu sehen; zum zweiten erscheint dieses Kriterium im Ergebnis nicht wirklich sinnstiftend, wenn beim Empfänger insgesamt höhere Erträge durch den Bezug der Leistung entstanden sind. Grundsätzlich sollte es daher bei der o.g. ex-ante-Betrachtung bleiben.22 c) Projektarten und -stagen Unterstellt man, dass Digitalisierungsprojekte im grenzüberschreitenden Konzern für unterschiedliche Konzerngesellschaften – einschließlich der Konzernmutter (und dies nicht in ihrer Eigenschaft als „shareholder“) – einen „user benefit“ ermöglichen, so ist über eine sachgerechte Kostenallokation zwischen Konzernmutter und den beteiligten Tochtergesellschaften zu entscheiden. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu identifizieren, um welche Projektart es sich handelt und welche (zeitliche) Projektstage in Rede steht: aa) Projektarten: Grundlagenprojekte und Prototypen Prototypenprojekte im Bereich von Digitalisierungsprojekten entfalten regelmäßig noch keinen wirtschaftlichen Vorteil auf Seiten von Tochtergesellschaften, da sie vornehmlich auf die Schaffung eines „Musters“ (i.S.e. technischen Vorlage) zur späteren Weiterentwicklung und praktischen Umsetzung im Konzern gerichtet sind. Erfolgen derartige Projekte zum späteren „roll-out“ in den gesamten Konzern, so sind die Kosten für das Prototyp-Projekt zunächst auf Ebene der Konzernmuttergesellschaft zu „parken“ und – ein späterer konkreter Projektnutzen vorausgesetzt – nachträglich an die nutznießenden Tochtergesellschaften zu verrechnen. Die diesbezügliche Kosten erfassung kann mitunter sehr komplex sein, da in diesem Zusammenhang zu entscheiden ist, welche Kosten tendenziell in den Bereich der „Grundlagenforschung“ hineinfallen und demgemäß bei der Konzernmutter verbleiben sollten. Dies ist bspw. dann gerechtfertigt, wenn die Konzernmutter zugleich als „project owner“ (bspw. als F&E-Entrepreneur) fungiert und demzufolge entsprechendes digitales ProzessKnow-how (weiter) zu entwickeln versucht. Projektkosten für die Erstellung von „Prototyp“-Lösungen im Bereich der Prozessdigitalisierung sollten mithin zunächst bei der Konzernmutter verbleiben und erst dann verrechnet werden können, wenn sich aus dem Prototypen ein wirtschaftlicher Praxisnutzen auf Ebene der Tochtergesellschaft herauskristallisiert. Ein derartiges Vorgehen ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn der Impetus zum „project launch“ auf Ebene der Konzernmutter getroffen wird, die entsprechende Projektrisikosteuerung bei ihr liegt und sie im Grunde zunächst die aus dem Projekt erwachsenden Erkenntnisse exklusiv nutzen dürfte.
21 Abermals BMF v. 23.2.1983 (Fn. 12), Tz. 6.2.2. 22 Siehe auch OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 7.4.
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bb) Projektstagen Ähnlich verhält es sich mit Kosten für den Bereich der Planung, des Projektdesignsbzw. der Projektkonzeptionierung von digitalisierten Prozesslösungen im grenzüberschreitenden Konzern. Bei derartig frühen Projektphasen entsteht auf Ebene der Tochterkonzerngesellschaften in der Regel noch kein wirtschaftlicher Nutzen. Auch hier ist es gerechtfertigt, wenn die Projektkosten zunächst auf Ebene der Konzernmutter „geparkt“ werden und die Frage nach einer Verrechenbarkeit erst im weiteren Projektverlauf beantwortet wird. Im Hinblick auf eine pragmatische Handhabung des Zeitpunkts einer Kostenweiterbelastung in den Konzern ist regelmäßig davon aus zugehen, dass eine Verrechnung erst im Rahmen der jeweiligen Implementierungsphase gerechtfertigt sein wird, denn erst ab diesem Zeitpunkt dürfte der Tochterkonzerngesellschaft ein wirtschaftlicher Nutzen – sofern dieser aus dem Projektresultat tatsächlich gegeben ist – zufließen. d) Bislang vertretene Auffassungen Äußerungen von „offizieller“ Seite zur Frage nach der Verrechenbarkeit von Digitalisierungskosten sind bislang – soweit ersichtlich – kaum vorhanden. So wird von Vertretern der Finanzverwaltung (inoffiziell) die Ansicht vertreten, die bisherigen Kriterien zur Behandlung von verwaltungsbezogenen Leistungen im grenzüberschreitenden Konzern seien vorliegend uneingeschränkt anwendbar. Nach Auffassung des EU-JTPF soll bei der Behandlung von – generell – „IT-Kosten“ eine einzelfallabhängige Betrachtung erfolgen. Der hierbei anzulegende Betrachtungsmaßstab soll sich an den allgemeinen Grundsätzen der Frage nach der Behandlung der konzerninternen Kostenallokation orientieren.23 Auch in der Literatur lässt sich bis dato keine dezidierte Auseinandersetzung mit den Besonderheiten der Allokation von Digitalisierungskosten erkennen. 3. Verrechnungsformen Grundsätzlich kommen auch bei der Verrechnung von Digitalisierungskosten die steuerlich anerkannten Verrechnungsformen im grenzüberschreitenden Konzern in Betracht; dies ist neben der (i) bilateralen Verrechnung, die (ii) Konzern- sowie die (iii) Kostenumlage nach dem Poolkonzept. Bei der „klassischen“ Konzernumlage geht es um die indirekte Verrechnung von Projektkosten. Hierbei werden zunächst sämtliche projektbezogene Kosten (in der Regel Kosten eigener Ressourcen sowie ggf. externe Berater- und Lizenzkosten) gesammelt und auf Basis eines sachgerechten Schlüssels auf die nutznießenden Tochterkonzerngesellschaften unter Berücksichtigung eines (moderaten) Gewinnaufschlags umgelegt.24 23 EU-JTPF KOM(2011) 16, Anhang 2, Ziff. d3). 24 Siehe hierzu auch OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 7.44 ff., 7.49, wonach insbesondere IT-bezogene Aktivitäten als „low value adding“ zu betrachten sein sollen. Dies gilt – neben den von der OECD aufgeführten Beispielen – auch für den Support im Rahmen von digitalisierten Prozessverbesserungslösungen, die durch unternehmensinterne
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In der Praxis hat sich das Modell der Fokussierung derartiger Tätigkeiten durch spezielle Projekt- oder Dienstleistungsgesellschaften im Konzern etabliert, die in der Regel von der Konzernmutter entsprechend beauftragt worden sind. Hierbei werden Projektkosten auf reiner Kostenbasis verrechnet und die Konzerndienstleistungsgesellschaft erhält für ihre diesbezüglichen (Administrations-)Tätigkeiten eine „handling fee“, die im wirtschaftlichen Ergebnis auf eine „Cost Plus“-Vergütung hinausläuft. Die Verrechnung über das Instrument einer Kostenumlage (im Sinne eines Pool-Konzepts) begegnet seit der Implementierung des Kapitel 8 der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017 und dem BMF-Schreiben vom 5.7.2018 hingegen größeren Bedenken sowie praktischen Umsetzungsschwierigkeiten.25 Denn insoweit sind sämtliche Beiträge der Pool-Teilnehmer in die Poolsphäre im Prinzip nach Maßgabe von (fiktiven) „Marktpreisen“ zu bewerten. Dies bedeutet in der Praxis, dass beispielsweise bei der Verrechnung von Kosten für Digitalisierungsprojekte im Konzern der „fair market value“ dieser Leistungen in Gestalt eines Fremdpreises zu berechnen wäre. Ferner soll der Teilnehmerkreis auf solche Konzerngesellschaften beschränkt sein, die entsprechend „befähigt“ sind, die Funktions- und Risikosteuerung der Projektrealisierung zu überschauen und ggf. entsprechend mitzuentscheiden. Zwar wird von den OECD-Verrechnungspreisgrundsätzen 2017 für den Bereich der sog. reinen „Service CCAs“ eine Ausnahme vom o.g. „Marktpreisprinzip“ in Gestalt einer reinen Kos tenverrechnung grundsätzlich zugelassen;26 in der Praxis kann aber selbst für einen derartigen Ansatz nicht ausgeschlossen werden, dass er Gegenstand erheblicher Diskussionen mit der Finanzverwaltung werden wird. Erste Beispiele aus Betriebsprüfungsgesprächen, die auf Basis von Kapitel 8 der OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017 mit ausländischen Fisci geführt werden, weisen in diese Richtung. 4. Alternative Kostenallokation der Höhe nach a) Vorbemerkung In multinationalen Unternehmen durchgeführte Digitalisierungsprojekte sind – wie oben bereits festgestellt – in der Regel auf Prozessverbesserungen und -vereinfachungen gerichtet und sollen neben vereinfachter und verbesserter Anwendung auch der Fehlerreduzierung sowie der Kosteneinsparung dienen. Vor diesem Hintergrund könnte die Erwägung nahe liegen, die Allokation von aus Digitalisierungsprojekten resultierenden Kosten nach dem Maßstab der daraus generierten Effizienzgewinne vorzunehmen. Problematisch ist in der Praxis allerdings die genaue Prognostizierbarkeit bzw. Bestimmung derartiger Effizienzgewinne. Derartige Ansätze erweisen sich als sehr komplex, da die „Messung“ von wirtschaftlichen Vorteilen aus den Projektergebnissen und deren Anwendung in der Prozesslandschaft grenzüberschreitender Ressourcen „kreiert“ worden sind. Werden hierbei auch Leistungen externer Anbieter (bspw. externe IT-Berater) in Anspruch genommen, so werden diese in der Regel „at cost“ weiterbelastet, ggf. zuzüglich der o.g. „handling fee“ für Administrationstätigkeiten. 25 Siehe hierzu grundlegend Puls/Heravi, Ubg 2018, 507 ff. 26 OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 8.28 S. 1 u. 2.
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Unternehmen von einer Vielzahl verschiedener Parameter und Prozessindikatoren abhängt. b) Messung der Effizienzgewinne auf Grundlage einer Prozessleistungsanalyse Im Hinblick auf die Fragestellung nach der Höhe des von der jeweiligen Konzerngesellschaft zu tragenden Kostenanteils kann im Grundsatz auch der durch die Nutzung resultierende Prozessverbesserungsvorteil in Gestalt eines o.g. Effizienzgewinns herangezogen werden. Ein derartiges Vorgehen setzt jedoch voraus, dass bei der Analyse von unternehmensinternen Prozessen bestimmte Leistungsindikatoren vorhanden sind, die eine Effizienzauswertung durch die Nutzung von digitalen Lösungen ermöglichen. Insoweit bedarf es standardisierter Leistungsindikatoren im Konzern, die aus vorhandenen IT-Systemen in entsprechende „Data Warehouses“ überführt werden und dort ablesbar sind, um eine sachgerechte und fehlerfreie Messung von Prozessverbesserungen überhaupt durchführen zu können. In einem Folgeschritt müssten die dergestalt gemessenen Prozessleistungen vorab definierten Benchmarks gegenübergestellt werden, um eine Vergleichsanalyse durchführen zu können. In diesem Zusammenhang wären – ausgehend vom jeweiligen Prozessziel – entsprechende Leistungsindikatoren sowie die zu erreichenden Benchmarks zu definieren. Sodann wären in einem weiteren Schritt – quasi als Prozesscontrolling – die vorhandenen Prozesse nach vorab definierten Leistungsindikatoren zu überwachen.27 Auf Basis von Data Mining-Analysen bzw. durch die Nutzung von OLAP-Analysen (Online Analytical Processing) können diesbezüglich dezidiertere Untersuchungen der vorhan denen Prozesse zur Identifikation von Mustern im Prozessleistungsdatenbestand genutzt werden; all dies ist auch typischerweise aus der Nutzung von Business Intelligence (BI) bzw. Business Performance Management-Systemen in Unternehmen bekannt. Beispielhaft kann vor diesem Hintergrund die Organisation von Ein- bzw. Verkaufsprozessen im Unternehmen zu betrachten sein. Sollen im Hinblick auf Bestellungen durch Kunden vertriebsseitig gewisse Lieferzeiträume eingehalten werden, so muss sowohl die Beschaffung der Produkte bzw. die Produktion innerhalb eines für den Kunden akzeptablen Zeitraums erfolgen. Insoweit müsste anhand der Bearbeitungsdauer für die Kundenbestellung sowie der Durchlaufgeschwindigkeit der Bestellabwicklung bzw. des „Product Sourcings“ bei Zulieferern eine Kennzahl definiert werden. Wird diese Kennzahl durch den Einsatz einer Digitallösung „verbessert“ (z.B. durch eine End-to-End-Prozesskettenlösung), so kann daraufhin in der Regel eine Verbesserung der Prozessleistung festgestellt und insgesamt ein verbessertes Process Mining definiert werden. Der hieraus resultierende Effizienzgewinn korreliert mit Kosteneinsparungen und ggf. einer Verbesserung der Absatz- und Vertriebsmöglichkeiten; er ließe sich – jedenfalls konzepttheoretisch – auch konkret quantifizieren und könnte als Schlüssel für die Zuordnung von entsprechenden Digitalisierungskosten zwischen den beteiligten Konzernunternehmen zugrunde gelegt werden. 27 Siehe Atzert, Strategisches Prozesscontrolling, 2011, 211, 229 f.
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Derartige Prozessleistungsanalysen sind in vielen Unternehmen „gelebte Realität“; sie als Grundlage für eine steuerliche Kostenallokation zu nutzen ist indes nicht „trivial“. Denn die Beantwortung der Frage nach einer Korrelation zwischen prozessualen Effizienzgewinnen und damit verbundenen Kosteneinsparungen als Leitfaktor für die Wahl eines (steuerlichen) Kostenverteilungsschlüssels zu nutzen, hängt von weiteren betriebswirtschaftlichen Analyseschritten ab, die mitunter nur mit einem großen Administrativaufwand zu bewerkstelligen sind. Im Lichte des Verhältnismäßigkeitsprinzips ist der Steuerpflichtige mithin nicht verpflichtet, eine Kostenallokation auf Basis eines derartigen Betrachtungsmaßstabs vorzunehmen und zu dokumentieren. c) Pauschalierende Betrachtung Eine pauschalierende Betrachtung im Rahmen der Beantwortung der Frage nach der Kostenallokation der Höhe nach dürfte in der Mehrzahl der Praxisfälle daher eher in Betracht kommen und den Steuerpflichtigen nicht vor unverhältnismäßige Dokumentationsanforderungen stellen. Insoweit hat sich eine nach vordefinierten Skalen ausgerichtete Betrachtung eines erzielbaren wirtschaftlichen Nutzens in der Praxis bewährt. Demnach wird auf Basis von bestimmten Fallgruppen eine Einordnung des zu erwartenden Nutzens auf der Grundlage einer sachgerechten kaufmännischen Beurteilung durchgeführt, die eine entsprechende Kostenzuordnung an den Leistungsempfänger nach sich zieht. Der zu erwartende wirtschaftliche Nutzen (und die damit verbundene wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit) aus einer digitalen Prozesslösung kann regelmäßig auf Basis einer 5-stufigen Kategorisierung vorgenommen werden: –– 0% Kostenallokation bei keinem zu erwartenden Nutzen, –– 25% Kostenallokation bei Erwartung eines teilweisen, jedoch sehr moderaten Nutzens, –– 50% bei einem teilweise zu erwartenden Nutzen, der eine hälftige Teilung der Kosten und Verrechnung an den Leistungsempfänger rechtfertigt, –– 75% Kostenallokation bei einem zu erwartenden erheblichen Nutzen und –– 100% Kostenallokation bei ausschließlichem Nutzen des Leistungsempfängers). Weitere, einzelfallabhängige Abstufungen bzw. Untergliederungen derartiger Fallgruppen sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich möglich. Zu unterstreichen ist, dass eine gestaffelte Betrachtung des erzielten Effizienzgewinns, die auf Grundlage einer sachgerechten Schätzung durch den Steuerpflichtigen beruht und entsprechend dokumentiert wird, von der Finanzverwaltung grundsätzlich anzuerkennen ist. Bestehen Zweifel an der durch den Steuerpflichtigen sachgerecht vorgenommenen und entsprechend dokumentierten Kostenallokation und soll eine diesbezügliche Einkünftekorrektur erfolgen, so trägt die Finanzverwaltung hierfür
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nach den allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung die vollumfängliche Feststellungslast.28 Die Tatsache, dass im Rahmen der Kostenverteilung der Höhe nach ein vernünftiger Beurteilungsspielraum zugunsten des Steuerpflichtigen bestehen muss, folgt bereits aus dem Betrachtungsmaßstab der Rechtsfigur des ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters. Das Handeln eines derartigen Geschäftsleiters sollte sich zunächst vornehmlich am Interesse des von ihm geführten Betriebs ausrichten und damit die Umsetzung der eigenbetrieblichen Gewinnmaximierung als primäres Ziel verfolgen. Für die Frage nach einer fremdvergleichskonformen Kostenallokation ist hierbei im Grundsatz zu unterstellen, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter – als Ausdruck seines Gewinnmaximierungsziels – in der Regel nur einen möglichst geringen Kostenteil tragen wollen würde. 29 Diese subjektive Handlungsmaxime soll nach allgemeiner Ansicht mit einem rationalen Entscheidungskalkül versehen sein: Dies bedeutet, dass jene Rechtsfigur ihre unternehmerischen Entscheidungen unter Einbezug marktbedingter Unsicherheiten und Handlungseinschränkungen fällen muss, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass etwaige Handlungsspielräume durch Handlungen bzw. Entscheidungen der anderen gedachten Transaktionsparteien (in diesem Fall der anderen Vertragsseite) regelmäßig eingeschränkt sind.30 Nach Ansicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung hat der vorgenannte Fremdvergleichsgrundsatz zentrale Bedeutung für die Fragestellung nach einer Veranlassung einer Handlung durch das Gesellschaftsverhältnis.31 Dies bedeutet, dass eine entsprechende Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis (und damit im Ergebnis ein nicht-fremdvergleichskonformes Handeln) anhand eines Vergleichs zwischen dem tatsächlichen Geschehensablauf und dem hypothetischen Handeln eines ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiters „gemessen“ wird. Weicht der tatsächliche Geschehensablauf von dem ab, was ein ordentlicher und gewissenhaft handelnder Geschäftsleiter mutmaßlich unter vergleichbaren Voraussetzungen getan hätte, so wird die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis widerlegbar vermutet; es liegt insoweit ein nicht-fremdvergleichskonformes Handeln vor.32 Die Rechtsprechung sowie die herrschende Auffassung in der Literatur billigem dem ordentlich und gewissenhaft handelnden Geschäftsleiter insoweit einen Beurteilungsbzw. Handlungsspielraum zu, sodass sich unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes eine gewisse „Bandbreite“ zulässiger Handlungsalternativen ergeben kann. 33 Diesen Beurteilungsspielraum hat die Finanzverwaltung auch bei der Kostenallokation anzu28 Siehe explizit BMF v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, S. 570, Rz. 4.2 („VerwGrs-Verf “). 29 Durch die Beteiligung mehrerer Vertragspartner ist folglich auch die andere Vertragsseite entsprechend ihrer wirtschaftlichen Interessenlage durch einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter vertreten und muss daher in einem sog. doppelten Fremdvergleich berücksichtigt werden; vgl. Baumhoff/Liebchen (Fn. 4), Rz. 3.144. 30 Vgl. stellvertretend Roeder in: Ubg 2008, 202 f. 31 Siehe Wassermeyer in Wassermeyer/Baumhoff (Fn. 4), Rz. 2.42 m.w.N. 32 Siehe auch BFH v. 11.9.2013, I R 28/13, BStBl. II 2014, S. 726. 33 Vgl. Baumhoff/Liebchen (Fn. 4), Rz. 3.147.
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erkennen, wenn der Steuerpflichtige darlegen kann, dass die Kostenallokation nach objektiven Kriterien und einer gebotenen kaufmännischen Vorsicht vorgenommen worden ist. Hierbei besteht zugunsten des Steuerpflichtigen ein Beurteilungsspielraum, was als kaufmännisch vernünftig und sachgerecht eingeschätzt worden ist. d) Nachweis eines erlangten wirtschaftlichen Vorteils In der Praxis ist die Fragestellung, wie der Nachweis eines erlangten wirtschaftlichen Vorteils auf Ebene einer Tochterkonzerngesellschaft zu führen ist, Gegenstand kontroverser Diskussionen mit den jeweilig beteiligten Finanzverwaltungen. Insbesondere bei IT-gestützten Prozesslösungen wird bisweilen von ausländischen Fisci – im umgekehrten Inbound-Fall aber auch zunehmend von der deutschen Finanzverwaltung – die Ansicht vertreten, die durch die Konzernmutter zur Verfügung gestellten IT-Lösungen und Prozess-Tools seien insgesamt „zu komplex“, aus lokaler Perspektive täte es auch eine „einfachere“ – und damit kostengünstigere – Lösung, so dass die insoweit an eine ausländische Tochterkonzerngesellschaft zu verrechnenden Aufwendungen ganz oder teilweise als steuerlich „nicht abzugsfähig“ zu qualifizieren seien. Ferner müsse eine strenge Nachweispflicht gelten, ob die durch bestimmte IT-Lösungen angebotenen Leistungen auch tatsächlich von der Tochterkonzerngesellschaft genutzt worden seien. Gegen derartige Argumentationsansätze ist grundsätzlich Folgendes einzuwenden: Gerade bei IT-gestützten Lösungen im Bereich der innerbetrieblichen Prozessverbesserungen, die zentral im Konzern genutzt werden, vollzieht sich der o.g. „benefit test“ in der Regel „automatisch“, da die beteiligten Tochterkonzerngesellschaften durch den Systemzugriff von den Prozessoptimierungen immanent profitieren. Durch die Dokumentation des Systemzugriffs seitens der jeweiligen Tochterkonzerngesellschaft wird daher gleichzeitig auch die wirtschaftliche Vorteilhaftigkeit der Nutzung der besagten IT-Lösung dargelegt – und letztlich auch belegt. Insoweit ist es zur Sicherstellung der steuerlichen Abzugsfähigkeit entsprechender Aufwendungen zweckmäßig, den Systemzugriff und die darauf basierenden Funktionalitäten aus operativer Perspektive aufzuzeichnen. Die häufig anzutreffende zweite Argumentationslinie mancher Fisci, dass entsprechende, ggf. weniger komplexe IT-Lösungen „günstiger“ von lokalen Anbietern zu beschaffen wären, verkennt die diesbezügliche unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Konzernmutter. Das Anzweifeln eines derartigen Leistungsbezugs liefe im Endeffekt auf eine unzulässige „Recharakterisierung“ des Transaktionsverhältnisses hinaus: Nach OECD-Ansicht34 sind derartige „Recharakterisierungen“ von tatsächlich vorgenommenen Geschäftsvorfällen nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig, und zwar nur dann, wenn die von den verbundenen Parteien eingegangene Transaktion in ihrer Gesamtheit von demjenigen abweicht, was fremde Dritte unter Berücksichtigung vernünftiger kaufmännischer Gründe und der alternativen Handlungsoptionen vereinbart hätten; davon kann nur in absoluten Ausnahmefällen (z.B. einer 34 Siehe OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 1.122.
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augenscheinlichen Nichtverwendbarkeit des Leistungsergebnisses etc.) ausgegangen werden. Die Finanzverwaltung ist jedoch nicht der „bessere Unternehmer“, der unternehmensbezogene Entscheidungen grundsätzlich hinterfragen und ggf. durch eigene, vermeintlich „bessere“ kaufmännische Entscheidungen ersetzen darf. Zudem führen konzernweit einheitliche Lösungsansätze bei der Prozesssteuerung zu verbesserter Systemstabilität, geringerem Wartungsaufwand und optimierten Zugriff durch den „User“; auch dies ist ein „economic benefit“, der einen entsprechenden Leistungsbezug zweifellos rechtfertigt. 5. Abgrenzung zur Lizenzierung Von der bloßen Kostenverrechnung im Rahmen von Digitalisierungsprojekten ist die Lizenzierung von entsprechenden Projektergebnissen und ggf. daraus entstehenden Software-Applikationen abzugrenzen.35 Eine Lizenzierung setzt hierbei stets das Vorhandensein eines tauglichen Lizenzobjekts voraus: Denn bei einer „Lizenzierung“ handelt es sich m.a.W. um eine zeitweilige Überlassung eines Immaterialgüterrechts zur Nutzung durch den Nutzungsberechtigten, so dass dieser hieran eine eigene Nutz anwendung vornehmen kann.36 Nach Ansicht der Rechtsprechung liegt vor diesem Hintergrund ein Lizenzverhältnis (nur) dann vor, wenn bspw. ein Leistungserbringer dem Auftraggeber seine eigenen Kenntnisse und Erfahrungen (als „Know-How“-Positionen) zu einer eigenen Nutzung vermittelt. Geht es demgegenüber bei einer bloßen Leistungserbringung – etwa in Gestalt des Zugänglichmachens von Projektwissen bzw. -verfahren – um die Anwendung eigenen Wissens und eigener Erfahrungen im Interesse des Auftraggebers, so liegt hingegen eine Dienstleistung – und keine Lizenzierung von Know-How oder dergleichen – vor.37 Die OECD definiert die Abgrenzung zwischen Dienstleistungserbringungen und Lizenzvergaben maßgeblich über die Regelung des Art. 12 OECD-MA. Danach liegen Lizenzentgelte im tatbestandlichen Sinn vor, wenn Zahlungen für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen („Know-How“, s.o.) erfolgen. Die Erbringung von Dienstleistungen stellt demgegenüber regelmäßig keine Überlassung von Know-How dar. Die Abgrenzung zwischen Know-How-Lizenzverträgen und Dienstleistungsverträgen erfolgt dabei auf Grundlage der „Art der Verwertung“ des eingesetzten Wissens des Leistungserbringers: Werden Erfahrungen und Spezialkenntnisse nicht dem Auftraggeber zugänglich gemacht, sondern vom Leistungserbringer im eigenen Tätigkeitsbereich angewandt und dem Auftraggeber (lediglich) in Form von Leistungselementen bzw. Arbeitsergebnissen (bspw. als „Prozess-Tool“) zur Verfügung gestellt, liegt keine Know-How-Überlassung, sondern eine Dienstleitungserbringung vor.38 Demgegenüber liegt eine Know-How-Überlassung 35 Die Fragestellung nach der bilanziellen Abgrenzung kann hier nicht näher vertieft werden. 36 Siehe Schaub in: Staudinger, BGB, vor § 581, Rz. 83 f. 37 Siehe BFH v. 16.12.1970 – I R 44/67, BStBl. II 1971, 235. 38 Siehe OECD-MK zu Art. 12 OECD-MA, Tz. 11 bis 11.6.
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(und damit dem Grunde nach ein Lizenzverhältnis) vor, wenn eine Partei sich verpflichtet, –– ihre besonderen Erfahrungen und ihr Wissen der anderen Partei mitzuteilen, damit diese sie für ihre eigenen Zwecke verwerten kann, –– derjenige, der das Know-How zur Verfügung stellt, bei der Verwertung des überlassenen Wissens nicht selbst mitzuwirken braucht, und –– derjenige, der das Know-How zur Verfügung stellt, auch nicht für den Erfolg der Nutzung garantiert.39 Eine Mischform ist dann denkbar, wenn Lizenzverträge gleichzeitig die Erbringung von (technischen) Dienstleistungen vorsehen (oder umgekehrt). Dann soll nach OECD-Auffassung das Gesamtentgelt auf die verschiedenen Komponenten aufgeteilt werden. Sofern jedoch ein Leistungsbereich „prägend“ ist, soll das Gesamtentgelt nach den auf diesen Teil anwendbaren Vorschriften behandelt werden.40 In der Regel handelt es sich bei dem Zugänglichmachen von Projektergebnissen im Bereich IT-gestützter Binnenprozesse im Unternehmen nicht um tatbestandliche „Lizenzobjekte“, für die ein Lizenzentgelt an die Konzernmutter zu zahlen wäre. Vielmehr geht es regelmäßig um eine Kostenverrechnung für eine erbrachte „Leistung“ in Gestalt der jeweiligen Prozessoptimierung und dem Zugänglichmachen dieser Prozessanwendung, deren Nutzung nicht in einer isolierten Erfolgseintrittssteuerung durch die jeweilige Konzerngesellschaft liegt. Dass diese Prozessanwendungen mit einer IT-Infrastruktur verbunden bzw. in diese eingebettet sind, hat keine Auswirkungen auf einen in dieser Hinsicht regelmäßig vorliegenden Dienstleistungscharakter.41
VI. Schlusswort Die Verrechnung von unternehmensprozessbezogenen Digitalisierungskosten ist in der Unternehmenspraxis eine sehr relevante, bis dato von Seiten des Schrifttums sowie der Finanzverwaltung jedoch kaum beachtete Spezialfragestellung. Hubertus Baumhoff hat bereits im Rahmen seiner Dissertationsschrift auf die grundlegende Bedeutung der Thematik einer fremdvergleichskonformen Verrechnung von Dienstleistungen im multinationalen Konzern hingewiesen und diese systematisch analysiert. Für die hiesigen Fragestellungen bedeutet dies, dass die bereits von Hubertus Baumhoff in grundlegender Weise skizzierten Betrachtungsmaßstäbe für die Verrechenbarkeit dem Grunde wie der Höhe nach im Prinzip fortgelten sollten. Gleich39 Dazu auch OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2017, Tz. 6.13. 40 Siehe OECD-MK zu Art. 12. OECD-MA (Fn. 38). 41 Gleichwohl ist auch bei der Leistungsverrechnung zu prüfen, ob ggf. eine Quellensteuerpflicht besteht, da viele Fisci bei derartigen Sachverhalten von einem Quasi-Know-how-Lizenzverhältnis ausgehen; siehe hierzu auch Baumhoff (Fn. 4), Rz. 6.95.
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wohl erfordert die Materie eine Weiterentwicklung der Betrachtung, da digitale Prozessoptimierungen zunehmend eine Ausstrahlungswirkung auf die Wertschöpfungsbeiträge der jeweiligen Konzernunternehmen besitzen. Denn eine erfolgreiche Prozessdigitalisierung kann zu einer besseren Wettbewerbsposition und sinkendem Kostendruck im jeweiligen Konzernunternehmen führen; sie ist betriebswirtschaftlich mithin von erheblicher Relevanz. Es ist das Verdienst von Hubertus Baumhoff über die Jahre stets mit wachem Blick aktuelle Entwicklungen in der sich stark fortentwickelnden Verrechnungspreislandschaft begleitet zu haben und entsprechende Entwicklungen sowohl mit seiner fundierten Beratungsexpertise als auch mit seinem kritisch-analytischen Sachverstand kommentiert zu haben. Das Thema der Digitalisierung von Unternehmensprozessen und die damit verbundene Kostenverrechnung im Konzern zeigt hierbei exem plarisch, wie sehr – einerseits – der bewährte Blick auf Basis allgemeiner (tradierter) Verrechnungspreisprinzipien und – andererseits – betriebswirtschaftliche Erkenntnisse aus der digitalen Transformation von multinationalen Unternehmen zusammengehören. Auch Hubertus Baumhoff hat in seinem Wirken immer verstanden, die notwendigen Brücken zwischen verschiedenen, aber dennoch zusammen gehörenden Themenwelten zu bauen.
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Interdependenzen zwischen Verrechnungspreisen, Zoll und Umsatzsteuern Inhaltsverzeichnis I. Ertragsteuer- und Zollbelastungen 1. Ertragsteuerliche Behandlung der Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen 2. Die zollrechtlichen Bestimmungen wirken zunehmend auf die Verrechnungspreisbildung
3. Umsatzsteuerliche Auswirkungen auf Zollwerte und Verrechnungs preissetzung II. Fazit
I. Ertragsteuer- und Zollbelastungen Die Belastungen mit Steuern und Zöllen bei grenzüberschreitenden Produktions ketten werden in internationalen Konzernen regelmäßig unabhängig voneinander beurteilt, nicht selten sogar durch unterschiedliche Abteilungen. Ertragsteuerliche Aspekte werden vor allem bei Standortentscheidungen und der Gewinnallokation einbezogen, Zölle und Umsatzsteuern dagegen regelmäßig im Hinblick auf die tatsächliche Warenbewegung. Soll die gesamte Abgabenlast optimiert werden, ist aufgrund der wechselseitigen Beeinflussung zwischen Zöllen und ertragsteuerlich re levanten Verrechnungspreisen ein gleichzeitiges Einbeziehen aller Abgabearten erforderlich. Konkret hat der EUGH in seiner Hamamatsu Photonics Deutschland1 Entscheidung die Diskussion, welcher Wert für die Zollbemessung richtig ist, nicht endgültig gelöst. Der den Verrechnungspreisgrundsätzen entsprechend vereinbarte Transaktionswert als Rechnungsbetrag kann danach nicht als Zollwert zugrunde gelegt werden, wenn es zu einer pauschalen Berichtigung des Verrechnungspreises nach Ablauf des Abrechnungszeitraums kommt. Die Entscheidung ist insofern wesentlich, als die Zollbelastung schon aufgrund ihrer signifikanten Wirkung auf die oft genutzte Kennzahl EBIT und die Ertragsteuern aufgrund ihres besonders werttreibenden Nettoeffekts minimiert werden sollte.2 Wie dies möglich ist im Wechselspiel zwischen Ertragsteuern und Zoll bedarf einer engen und zeitgleichen Abstimmung der unterschiedlichen Wertbemessungen in einer Rechnung als Transaktionswert im Verhältnis zum festzusetzenden Verrechnungspreis. Höchste Aktualität erlangt dies auch aufgrund der jüngsten Entwicklungen, wie der Einführung des Unions-Zollkodex
1 EUGH v. 20.12.2017 – C-529/16 – Hamamatsu Photonics Deutschland, ECLI:EU:C:2017:984. 2 Vgl. Locker/Grosse-Ruyken, Chefsache Finanzen in Einkauf und Supply Chain, 1. Aufl. 2013, S. 44 ff.
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(UZK), neuer Verrechnungspreisleitlinien der OECD3 und umsatzsteuerlicher Reformvorschläge seitens der EU,4 sowie nicht zuletzt durch den Brexit5 und die jüngste Zoll- und Steuerpolitik der USA. 1. Ertragsteuerliche Behandlung der Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen Aus ertragsteuerlicher Sicht muss bei grenzüberschreitenden Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen ein angemessener Verrechnungspreis (§ 1 AStG) angesetzt werden. Je nach Art des Produktes können unterschiedliche Methoden zur Anwendung kommen: Von der deutschen Finanzverwaltung anerkannt sind die Preisvergleichs-, die Wiederverkaufspreis-, die Kostenaufschlagsmethode als Standardmethoden und darüber hinaus die Gewinnaufteilungs- sowie die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode. Letztere wird in der Praxis am häufigsten verwendet.6 Allen Methoden gemein ist das arm‘s length principle, d.h. die Bestimmung eines Preises wie zwischen fremden Dritten. Die Verschiebung von Gewinnen mithilfe von Verrechnungspreisen stand im Mittelpunkt des BEPS Projektes7 der OECD: Dabei beziehen sich die Aktionspunkte 8 bis 10 auf das Verhältnis von verbundenen Unternehmen und Aktionspunkt 13 auf die Verrechnungspreisdokumentation. Die Empfehlungen der OECD sind auch für deren Mitgliedsstaaten nicht verbindlich und können – wenn überhaupt – von jedem Staat individuell in das nationale Steuerrecht implementiert werden. Ein multinationales Unternehmen muss daher mit den Verrechnungspreisvorgaben in allen Staaten, in denen es mit einem verbundenen Unternehmen oder einer Betriebsstätte aktiv ist, vertraut sein. Dabei sind nicht nur die Preise für die letztlich an den Endverbraucher veräußerten Waren oder Dienstleistungen relevant, sondern bspw. auch für die Überlassung von immateriellen Werten bzw. deren Nutzungsrechten (Marken, Patente) und Kapital. Die Preise können intern so ausgestaltet werden, dass diese auch in dieser Höhe von den Finanzbehörden anerkannt werden. Alternativ können die internen Preise auch von den steuerlichen Verrechnungspreisen abweichen, wenngleich dies deutlich aufwendiger ist.8
3 Am 10.7.2017 hat die OECD eine aktualisierte Version der Verrechnungspreisrichtlinien veröffentlicht, welche jetzt die Ergebnisse des BEPS-Projektes beinhalten. 4 Vgl. Küffner, DB 2017, M4 ff. 5 Vgl. Scheller, DStR 2016, 2196 (2197 ff.); VCI Positionspapier zur Betroffenheit der chemisch-pharmazeutischen Industrie durch den Brexit 2017, S. 1 ff., wonach allein die chemische Industrie zusätzliche Zölle i.H.v. 200 Mio. Euro jährlich erwartet. 6 Vgl. Eigelshoven in Lehner, Kommentar Doppelbesteuerungsabkommen, 6. Aufl. 2015, Art. 9 OECD-MA Rz. 86. 7 Vgl. OECD Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting 2013, S. 13 ff. 8 Dies ist auch bekannt unter den Formulierungen One Set of Books und Two Sets of Books. Vgl. aktuell dazu m.w.N. Haak/Reineke/Weiskirchner-Merten/Wielenberg, WU International Taxation Research Paper Serie, No 2017 – 08.
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Eine besondere Schwierigkeit bildet die Akzeptanz der Verrechnungspreise durch die involvierten Finanzbehörden, da diese prinzipiell gegensätzlichen Interessen verfolgen dürften. Denn wird davon ausgegangen, dass die jeweilige Finanzbehörde einen möglichst hohen Gewinnanteil im Land realisieren möchte, müsste derselbe Preis aus Verkäufersicht möglichst hoch und der Einkaufspreis aus Käufersicht möglichst niedrig sein. Abhilfe kann ein sog. Advanced Pricing Agreement (APA bzw. Vorabverständigungsverfahren) schaffen, was sich durchaus über mehrere Jahre hinziehen kann9 und auch deshalb in der Praxis eher selten durchgeführt wird. Ohne ein solches besteht immer das Risiko, dass es im Rahmen von Betriebsprüfungen zu einer nachträglichen Anpassung der Verrechnungspreise kommt. Besonders zwischen etablierten Industriestaaten und aufstrebenden Schwellenländern werden die divergierenden Interessenlagen deutlich: Finanzbehörden letzterer Staaten wollen die Standortvorteile gewinnerhöhend berücksichtigen, wohingegen die deutsche Finanzverwaltung den ausländischen Tochtergesellschaften oft nur Routinefunktionen und damit geringere Gewinnanteile zurechnet.10 Diesen partiellen Interessengegensatz spiegelt aktuell auch das UN Verrechnungspreishandbuch für Entwicklungsländer 2017 wider, in dem bedeutende Schwellenländer ihre von der OECD abweichende Position darlegen.11 Verständigungsverfahren und APA mit diesen Ländern sind nicht möglich oder bisher kaum erfolgversprechend.12 2. Die zollrechtlichen Bestimmungen wirken zunehmend auf die Verrechnungspreisbildung Ein deutliches Mehr an unilateraler Harmonisierung gibt es – zumindest innerhalb der EU – im Rahmen des Zollrechts. Zentral ist dabei der seit dem 1.5.2016 in der EU anwendbare Unionszollkodex (UZK) der den bisherigen Zollkodex (ZK) ersetzt. Als wesentliche Neuerung hervorzuheben ist der Wegfall der Möglichkeit, den Vorerwerberpreis als Zollwert anzusetzen (Art. 128 UZK-IA gegenüber Art. 147 Abs. 1 ZKDVO). Das Zollabkommen CETA zwischen der EU und Kanada ist am 21.9.2017 vorläufig in Kraft getreten und wird die Zölle auf rund 98% aller gehandelten Waren zwischen beiden Gebieten abschaffen.13 Eine weitere Neuerung ist das WTO-Abkommen über Handelserleichterungen, das ebenfalls 2017 in Kraft getreten ist.14 Grundsätzlich ist gegenwärtig eine Zunahme regionaler und auch bilateraler Zollabkommen zu beobachten,15 die die Komplexität insb. bei Warenbewegungen über viele Landesgrenzen erhöhen. Die Regelungen zur Bestimmung des Zollwertes in der EU orientie-
9 Vgl. Stiftung Familienunternehmen, Internationale Verrechnungspreise – Herausforderungen und Lösungsansätze für Familienunternehmen 2015, S. 17, wonach die Bearbeitungsdauer eines APA in der Praxis zwischen 18 und 36 Monaten beträgt. 10 Vgl. Eigelshoven/Totzek, IStR 2015, 540 (541). 11 Vgl. UN Practical Manual on Transfer Pricing for Developing Countris 2017, S. 525 ff. 12 Vgl. Eigelshoven/Ebering, IStR 2014, 16 (21). 13 Vgl. EU-Kommission, CETA Factsheet 1 2017, S. 1. 14 Vgl. Yalcin/Beier, ifo Schnelldienst Nr. 7 2017, 40 ff. 15 Vgl. Yalcin/Beier, ifo Schnelldienst Nr. 7 2017, 40 (48 f.); Altemöller, EuZW 2017, 917 (921).
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ren sich am GATT-Zollwert-Kodex16,17 weshalb im Folgenden auf den UZK Bezug genommen wird. Maßgeblich ist der Zollwert, der die Bemessungsgrundlage darstellt, auf die der Zollsatz anzuwenden ist. Dabei gilt als Zollwert grundsätzlich der Transaktionswert i.S.d. gezahlten/zu zahlenden Preises (Art. 70 Abs. 1 UZK). Gem. Art. 70 Abs. 3 Buchst. d) UZK, gilt dies aber nur, wenn Käufer und Verkäufer nicht verbunden sind oder der Preis durch die Verbindung nicht beeinflusst wird. Liegen Anhaltspunkte18 für eine Preisbeeinflussung vor, verschiebt sich die Beweislast auf den Einführer.19 Besondere Relevanz kommt den Ursprungsregeln (Rules of Origin) zu, die in den Zollbestimmungen enthalten sind. Diese variieren produktspezifisch je nach Zollabkommen und entscheiden, ob eine Ware als in einem Land hergestellt gilt und damit zollrechtliche Begünstigungen erfährt. Konsequenz ist, dass das bloße Verbringen eines Gutes in ein Land, um bspw. ein gegenüber dem direkten Weg günstigeres Zollabkommen auszunutzen, somit nicht möglich ist. Wird ein komplexeres Produkt in mehreren Schritten in verschiedenen Ländern hergestellt, ist es bedeutend, welchen zollrechtlichen Vorgaben der jeweilige Produktionsfortschritt unterliegt. Es kann dann bspw. vorteilhaft sein, eine bestimmte Zollklassifizierung gerade (nicht) zu erreichen. Zwischen der Ertragsteuer und den Zöllen gibt es insb. hinsichtlich der Bemessungsgrundlage deutliche Schnittmengen. Werden diese Schnittmengen und die damit verbundenen Wechselwirkungen zwischen Zöllen und Steuern beachtet, kann im Endeffekt die Steuerwirkung – anders als meist in Wissenschaft20 und Praxis21 üblich – nicht isoliert, sondern vielmehr im Zusammenspiel analysiert werden. Im Idealfall wäre das tatsächlich gezahlte Entgelt zwischen den beteiligten Unternehmen gleichzeitig der angemessene Verrechnungspreis und der Zollwert. In der Praxis wird dies höchst selten der Fall sein, was schon anhand der grundsätzlichen Interessenlage bzgl. Zollwert und Verrechnungspreis deutlich wird: Die Zollverwaltung wird bei der Wareneinfuhr einen höheren Zollwert im Zweifel nicht beanstanden, da dieser die Zolleinnahmen positiv beeinflusst; aus ertragsteuerlicher Sicht vermindert ein hoher Verrechnungspreis hingegen die Bemessungsgrundlage.22 Weiterhin wird der Verrechnungspreis oft als Mittelwert für eine Vielzahl von Geschäften gebildet, wohinge16 Beim sog. GATT-Zollwert-Kodex handelt es sich um das Agreement on Implementation of Article VII of the General Agreement on Tariffs and Trade 1994. 17 Vgl. Niestedt in Herrmann/Niestedt, EU-Außenwirtschafts- und Zollrecht, Art. 69 UZK Rz. 11 (Stand: 9. EL 2017). 18 Gem. Art. 31 der Dienstvorschrift Zollwertrecht sind bspw. die Bezeichnung „Verrechnungspreis“ aber auch das Überschreiten einer fremdüblichen Netto- oder Bruttomarge Anhaltspunkte für eine Beeinflussung. 19 Vgl. Vonderbank, IStR 2016, 329 (331). 20 Vgl. für eine Übersicht bisheriger Arbeiten: Villegas/Oenniche, European Journal of Operational Research No. 3 2008, 829 (831 und 845). Vgl. für ein Modell unter Einbezug von Verrechnungspreisen und Zöllen: Vidal/Goetschalckx, European Journal of Operational Research No. 1 2001, 134 ff. 21 Vgl. Locker/Grosse-Ruyken, Chefsache Finanzen in Einkauf und Supply Chain, 1. Aufl. 2013, S. 170 f. 22 FG München v. 15.9.2016 – 14 K 1974/15, BB 2016, 995 (997 f.).
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gen sich der zollrechtliche Transaktionswert auf ein konkretes Geschäft bezieht.23 Zollrechtlich kommt daher die Zusammenfassung einzelner Kaufgeschäfte über unterschiedlichste Waren, auf die zolltariflich unterschiedliche Zollsätze anzuwenden sind, nicht in Betracht.24 Kommt es zu einer nachträglichen Anpassung von Verrechnungspreisen, z.B. weil im Rahmen eines APA festgelegte Bandbreiten der Umsatzrenditen unter- oder überschritten wurden, stellt sich die Frage, ob daraus auch unmittelbare zollrechtliche Konsequenzen gezogen werden können. Verfahrensrechtlich wäre dies möglich, da im Gegensatz zum Steuerbescheid, der Einfuhrabgabenbescheid durch die Zollbehörde jederzeit innerhalb der Festsetzungsfrist geändert werden kann, wenn Erkenntnisse vorliegen, die außerhalb des bei der Einfuhr angewendeten Überprüfungsverfahrens gewonnen wurden (Art. 103 UZK).25 In einem konkreten Fall einer Verminderung der Verrechnungspreise in Form der Gutschrift wollte der Steuerpflichtige auch die Zölle erstattet haben. Die Frage der nachträglichen Anpassung von Zollwerten wurde daraufhin vom FG München dem EuGH (Hamamatsu Photonics Deutschland) vorgelegt,26 der jedoch ein späteres Herabsetzen der Zollwerte nicht zuließ.27 Aus Sicht des betroffenen Unternehmens ist vor allem zu berücksichtigen, dass die derzeitige Auffassung der Zollverwaltung dazu führt, dass ertragsteuerliche Nachbelastungen den Zollwert erhöhen (Art. 74 Abs. 3 UZK), wohingegen Gutschriften nach Art. 70 UZK unberücksichtigt bleiben.28 Dieses in der Literatur kritisierte Urteil des EuGH29 verdeutlicht die enorme aktuelle praktische Relevanz der Thematik. Hinzu kommt, dass die Behandlung nachträglicher Verrechnungspreis anpassungen durch die Zollbehörden weltweit inkonsistent ist.30 Insoweit muss weiterhin abseits dieses Urteils über eine Erstattung des entrichteten Zolls gestritten werden. In einigen Ländern, so in Belgien,31 ist die nachträgliche Anpassung des Zollwertes nach Verrechnungspreis-Korrekturen möglich, wenn die Korrektur auf anerkannten Verrechnungspreis-Methoden basiert. Sind in der dem Zoll unterliegenden Ware auch Entwicklungsleistungen enthalten, was bei einem multinationalen Konzern der Regel- und nicht der Ausnahmefall sein wird, sind diese bei der Zollwertermittlung zu berücksichtigen und das von der OECD entwickelte DEMPE-Konzept32 kann zu zollrechtlichen Implikationen füh23 Vgl. Stein/Schwarz/Hundebeck (2017), S. 471. 24 Vgl. Laska, ISR 2016, 408 (411). 25 Vgl. Laska, ISR 2016, 408 (411). 26 FG München v. 15.9.2016 – 14 K 1974/15, BB 2016, 995. 27 EuGH v. 20.12.2017 – C-529/16 – Hamamatsu Photonics Deutschland, ECLI:EU:C:2017:984, RIW 2018, 161 ff. 28 Vgl. Stein/Schwarz/Hundebeck, IStR 2017, 468 (472). 29 Vgl. Rehberg/Boulanger, EU Umsatzsteuerberater 2018, 21 f.; Schöneborn, DB 2018, M4 f.; Roth/Rinnert, DStR 2018, 2090 (2093). 30 Vgl. Laska, ISR 2016, 408. 31 Rundschreiben 2018/C/9. 32 DEMPE steht für Development, Enhancement, Maintenance, Protection, Exploitation und soll die Zuordnung von Erträgen aus der Verwertung immaterieller Werte anhand der individuellen Wertschöpfungsbeiträge regeln (vgl. OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations 2017, S. 257 ff.).
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ren.33 Wird für diese Entwicklungsleistung ein gesondertes Entgelt entrichtet oder hätte es nach dem Fremdvergleichsgrundsatz gezahlt werden müssen, ist dieser Kaufpreisbestandteil auf den Zollwert der Ware aufzuschlagen (Art. 71 Abs. 1 Buchst. b) UZK). Dem Zollwert sind gem. Art. 71 Abs. 1 Buchst. c) UZK ebenfalls Lizenzzahlungen als Zahlungen für Rechte, die in einem engen Zusammenhang mit den eingeführten Waren stehen, hinzuzurechnen. Werden die Verrechnungspreise nach der Nettomargenmethode ermittelt, wird dabei i.d.R. auf ein Betriebsergebnis vor Steuern abgestellt, was jedoch durch die als Betriebsausgaben erfassten Zölle – die i.d.R. nicht einzeln ausgewiesen werden – gemindert wurde. Ändert sich die Zollbelastung, kann dies dazu führen, dass sich die Nettomarge verändert und die relevante Vergleichsbandbreite unter- oder überschreitet, was wiederum eine Anpassung der Verrechnungspreise zur Folge hat. 3. Umsatzsteuerliche Auswirkungen auf Zollwerte und Verrechnungspreissetzung Die Umsatzsteuer stellt für das Unternehmen im Regelfall keine Belastung dar: Die gezahlte Umsatzsteuer kann der Unternehmer als Vorsteuer geltend machen und nur der Endverbraucher wird belastet. Dies gilt grenzüberschreitend bspw. EU-weit für den innergemeinschaftlichen Erwerb (§§ 1 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. 1 a UStG und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG) und die Einfuhrumsatzsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 21 UStG und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG). Für die Unternehmen relevant wird die Umsatzsteuer einerseits aufgrund der Kapitalbindung und andererseits, wenn es aufgrund von Fehlern bei der Erfüllung der Deklarations- und Nachweispflichten zu einer definitiven Belastung kommt.34 Werden Geschäftsvorfälle z.B. aufgrund mangelnder oder unvollständiger Informationen umsatzsteuerlich falsch beurteilt, kann es zur Versagung einer Steuerfreiheit oder des Vorsteuerabzugs kommen. Dies kann auch bei mangelhaften Rechnungen bzw. Ausfuhrnachweisen der Fall sein. Besonders bei komplexen Lieferketten unter Einschaltung dritter Transportunternehmen kann es letztlich zu einer Fehlerquote kommen, die zu einer definitiven Umsatzsteuerbelastung führt. Allein die umfassende Rechtsprechung des EuGH zu innergemeinschaftlichen Lieferungen mit mehreren Unternehmern35 zeigt die Komplexität: Eine korrekte umsatzsteuerliche Beurteilung ist oft nur möglich, wenn bekannt ist, wer die Transportverantwortung trägt (A 3.14 Abs. 10 UStAE) und wann es zum Übergang der Verfügungsmacht36 kommt. Erschwerend kommt hinzu, dass die deutsche Sonderregelung für Reihengeschäfte in § 3 Abs. 6 Satz 5 und 6 UStG keine Entsprechung in der MwStSysRL hat und daher mit den Feststellungen des EuGH nur schwer in 33 Vgl. Nientimp/Stein/Hundebeck, DStR 2017, 2871 (2876). 34 Vgl. Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 1. Aufl. 2014, Kapitel 11, Rz. 11.1. 35 EuGH v. 26.7.2017 – C-386/16 – Toridas, ECLI:EU:C:2017:599, DStR 2017, 1819; EuGH v. 27.9.2012 – C-587/10 – VSTR, ECLI:EU:C:2012:592, DStR 2012, 2014; EuGH v. 16.12.2010 – C-430/09 – Euro Tyre, ECLI:EU:C:2010:786, DStR 2011, 23; EuGH v. 6.4.2006 – C-245/04 – EMAG, ECLI:EU:C:2006:232, DStR 2006, 699. 36 Vgl. Leonard in Bunjes, UStG, 16. Aufl. 2017, § 3 UStG Rz. 214.
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Einklang zu bringen ist.37 Aber auch der beim Import in die EU relevante Vorsteuerabzug der Einfuhrumsatzsteuer kann im Einzelfall falsch sein. Entscheidend ist immer, ob die Einfuhrlieferung bereits als im Drittlandsgebiet (§ 3 Abs. 6 Satz 1 UStG) oder im Inland (§ 3 Abs. 8 UStG) ausgeführt gilt. Im ersten Fall ist i.d.R. der Warenabnehmer zum Vorsteuerabzug aus der Einfuhrumsatzsteuer berechtigt, im zweiten Fall i.d.R. der Lieferer.38 Relevant ist mithin, wer zum Zeitpunkt der Einfuhrabwicklung die Verfügungsmacht besitzt, wofür wiederum die Lieferbedingungen (Incoterms) ein Indiz sein können.39 Zoll und Umsatzsteuer sind rechtlich eng miteinander verbunden: Gem. § 11 UStG stellt der Zollwert die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer dar und gem. § 21 Abs. 2 UStG sind die Zollvorschriften für die Einfuhrumsatzsteuer sinn gemäß anzuwenden; dies gilt auch, wenn aus zollrechtlichen Gründen kein Zoll zu erheben ist.40 Die angesprochenen Vorschriften zur Ermittlung des Zollwerts haben somit unmittelbaren Einfluss auf die Einfuhrumsatzsteuer. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die sinngemäße Anwendung der Zollvorschriften gem. § 21 Abs. 2 UStG automatisch zur Entstehung einer Einfuhrumsatzsteuerschuld führt.41 Dies kann der Fall sein, wenn die Zollschuld nur aufgrund eines Verstoßes gegen die Zollvorschriften (Art 79 UZK) entsteht.42 Zu Qualifikationskonflikten bzgl. der zoll- und umsatzsteuerlichen Nachweispflichten kann es auch im Ausfuhrfall aufgrund des Ausführerbegriffs in Art. 1 Nr. 19 UZK-DA kommen.43 Als Konsequenz wird in bestimmten Situationen die Steuerbefreiung gem. § 6 UStG versagt.44 Die Schnittmenge zwischen den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer ist hingegen relativ gering. Es stellt sich bspw. die Frage, ob in nachträglichen Korrekturen der ertragsteuerlichen Verrechnungspreise auch eine Änderung der Bemessungsgrundlage i.S.v. § 17 UStG zu sehen ist. Dies wird zumindest für das EU-Mehrwertsteuersystem verneint, da es sich bei nachträglichen außerbilanziellen Einkünftekorrekturen nicht um eine nachträgliche Vereinbarung zwischen den am Leistungsaustausch beteiligten Personen handelt.45 Kommt es allerdings zu einer internen Anpassung der Entgelte, damit diese als Verrechnungspreise anerkannt werden, sind diese ab dem Zeitpunkt der Anpassung auch umsatzsteuerlich zu berücksichtigen. In diesem Fall passt das Unternehmen die tatsächlichen an die rechtlichen Gegebenheiten an, um ein „Zweikreissystem“ (Two Sets of Books) zu vermeiden.
37 Vgl. Nieskens, DStR 2017, 1963 (1964 f.). 38 Vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 15 UStG Rz. 1118 (Stand: 173. EL 2017). 39 Vgl. Burghardt, MwStR 2017, 308 (310 f.). 40 Vgl. Weymüller, MwStR 2016, 487 (491). 41 Vgl. Korf/Peterka, UVR 2017, 51 (55). 42 Vgl. Korf/Peterka UVR 2017, 51 (55). 43 Vgl. Harksen/Sieben, UStB 2017, 155 (159). 44 Vgl. Rüttler/Gries/Stößel, DStR 2017, 2193 (2198). 45 Vgl. Heber, MwStR 2015, 372 (375); Lasiński-Sulecki, International Transfer Pricing Journal Nr. 3 2013, 173 (179).
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II. Fazit Diese Darstellung der rechtlichen Schnittpunkte zwischen den drei Abgabenarten macht deutlich, dass eine Minimierung der gesamten Belastung nur bei integrativer Betrachtung von Zöllen, Ertragsteuern und der Umsatzsteuer möglich ist. In der Praxis erfordert dies auf Seiten der Unternehmen einen regelmäßigen Austausch der betreffenden Abteilungen und Mitarbeiter, um wechselseitige Implikationen frühzeitig erkennen zu können. Die Strukturierung der Verrechnungspreise sollte mit den Zoll experten zeitnah abgestimmt werden, um endgültige Kostenbelastungen zu vermeiden. Die Frage, wie eine enge Abstimmung möglich wird, kann durch eine weitgehende Digitalisierung der notwendigen Informationen erreicht werden. Analysen und ein ausgedehntes Reporting werden auf der Basis aller relevanten Datenbestände möglich, sog. Business Intelligence. Eine Kontrolle der vorhandenen (Roh-)Daten kann mit einer sog. Anomalie-Erkennung bewirkt werden, die nach einem Regelwerk, einem Algorithmus erkennt, in welchen Fällen die abzugleichenden Werte nicht aufeinander abgestimmt sind. Mit einer anschließenden Vorausschau, einer Prediction, können sodann die Verrechnungspreise zu den Zollwerten optimiert werden.
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Inhaltsverzeichnis I. Hinzurechnungsbesteuerung 1. Derzeitige Bedeutung der Hinzu rechnungsbesteuerung 2. Kommende Neuregelung der Hinzu rechnungsbesteuerung in Umsetzung der ATAD a) Vorgaben der ATAD b) Umsetzungsessentialia nach hier vertretener Auffassung c) Sich abzeichnende Umsetzung nach Auffassung des BMF 3. Kommende Bedeutung der Hinzu rechnungsbesteuerung
1. Rechtliche Verbindungen zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen 2. Aktuelle Rechtsprechung 3. Intensivierung der Verbindungen zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen durch den BEPS-Prozess 4. Verbindungen zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen de lege ferenda III. Zusammenfassung
II. Bedeutung von Verrechnungspreisen bei der Neuregelung der Hinzurechnungs besteuerung
Hubertus Baumhoff ist Sauerländer, also typischer Westfale, bodenständig, verlässlich, kümmernd, zielstrebig. Auf dieser Grundlage ist seine Leidenschaft für das Gebiet, das im Steuerrecht besonders betriebswirtschaftlich und durch Verhandlungsintensität geprägt ist, entstanden – die Verrechnungspreise. Gleichzeitig ist Hubertus Baumhoff auch über das Thema der Verrechnungspreise hinaus steuerlich besonders international interessiert, womit derzeit das Thema der Hinzurechnungsbesteuerung wegen der anstehenden Neuregelung in den Blick gerät. Die Beziehungen zwischen beidem, der Hinzurechnungsbesteuerung und den Verrechnungspreisen, sind zwar bisher nicht sonderlich praxisrelevant gewesen. Dies ändert sich aber gerade aufgrund aktueller Rechtsprechung, aufgrund der BEPS-Prozess-Konsequenzen und wegen der anstehenden Neuregelung der Hinzurechnungsbesteuerung nachdrücklich. Deshalb liegt es nahe, diesen Beitrag zu Ehren von Hubertus Baumhoff, mit dem der Verfasser freundschaftlich verbunden ist, dem Thema „Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreise“ zu widmen.
I. Hinzurechnungsbesteuerung 1. Derzeitige Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung Die Hinzurechnungsbesteuerung durchbricht die Abschirmwirkung einer ausländischen Kapitalgesellschaft und führt unabhängig von einer Ausschüttung zur Besteue283
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rung bestimmter von der ausländischen Gesellschaft erzielter Einkünfte beim deutschen Gesellschafter.1 Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass Gewinnausschüttungen ausländischer Kapitalgesellschaften aufgrund § 8 b Abs. 1 KStG bei inländischen Kapitalgesellschaften grds. zu 95 % und bei inländischen Einkommensteuerpflichtigen grds. zu 40 % steuerfrei sind.2 Zweck der Hinzurechnungsbesteuerung ist deshalb nicht (wie noch zu Zeiten des Anrechnungsverfahrens) eine erzwungene vorweggenommene Dividendenbesteuerung.3 Es geht vielmehr vor allem um die Beseitigung von Steuervorteilen aus „nicht gewollten“ Einkünfteverlagerungen ins niedrig besteuernde Ausland.4 Die Hinzurechnungsbesteuerung setzt voraus, dass unbeschränkt Steuerpflichtige in ausreichendem Umfang (grds. mit mehr als 50 %)5 an einer ausländischen Gesellschaft6 beteiligt sind, dass die ausländische Gesellschaft Einkünfte aus passivem Erwerb erzielt und dass diese Einkünfte im Ausland einer niedrigen Besteuerung unterliegen (25 %-Grenze). Außerdem darf kein sog. Cadbury-Schweppes-Schutz gegeben sein. Sind die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung erfüllt, sind die passiven Einkünfte gem. § 7 Abs. 1 AStG bei jedem der unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschafter mit dem Teil steuerpflichtig, der auf die ihm zuzurechnende Beteiligung am Nennkapital der ausländischen Gesellschaft entfällt. Sie sind gem. § 10 Abs. 1 AStG als sog. Hinzurechnungsbetrag anzusetzen. Dieser unterfällt der ESt bzw. KSt und – nach einer entsprechenden Gesetzesänderung jedenfalls so gewollt – der GewSt. Die ausländische Steuer ist nach h.M. nur auf die ESt und KSt anrechenbar (soweit sie nicht den Hinzurechnungsbetrag kürzt). Bei ausländischen Steuerbelastungen über 15 % führt das bei Kapitalgesellschaften zu Anrechnungsüberhängen. Eine Beteiligung am Nennkapital i.S.d. § 7 Abs. 1 AStG ist grds. nur eine unmittelbare Beteiligung.7 Die bei der Prüfung der Beteiligungsvoraussetzung einbezogene mittelbare Beteiligung über eine ausländische Kapitalgesellschaft führt daher nicht direkt zu einer Hinzurechnung, sondern wird im Rahmen der Zurechnung nach § 14 AStG berücksichtigt (sog. nachgeschaltete Zwischengesellschaften). Die Wahrnehmung der Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung ist in praxi sehr unterschiedlich. Z.T. wird sie von den betroffenen Steuerpflichtigen als ein enormes Problem empfunden. Z.T. wird wegen der Konzentration nur auf Standardfälle von einem teilweisen Vollzugsdefizit gesprochen und wird die Hinzurechnungsbesteuerung jedenfalls innerhalb der EU/EWR wegen des Cadbury Schweppes-Schutzes als 1 Einkünfteerzielungssubjekt ist dabei die ausländische Gesellschaft. 2 Überdies Hinweis auf die ggf. greifende Abgeltungssteuer und § 8 Nr. 5 GewStG. 3 Wenn auch Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG fingiert werden. 4 Teilweise wird zusätzlich vertreten, dass die Herstellung einer angemessenen Vorbelastung von aus ausländischen Kapitalgesellschaften stammenden Dividendeneinkünften jedenfalls für die von den §§ 7 ff. AStG erfassten Fälle hinzutritt. 5 Sonderregelung für Einkünfte mit Kapitalanlagecharakter. 6 Praktisch relevant ist die ausländische Kapitalgesellschaft. Ausländische Betriebsstätten (§ 20 AStG) werden in diesem Beitrag nicht behandelt. 7 Oder eine Beteiligung über Personengesellschaften.
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ein eher „zahnloser Tiger“ empfunden (wobei insoweit allerdings eine klare Verschärfungstendenz in praxi festzustellen ist).8 2. Kommende Neuregelung der Hinzurechnungsbesteuerung in Umsetzung der ATAD9 a) Vorgaben der ATAD Die ATAD10 enthält eine Vorgabe von Mindeststandards („Mindestschutzniveau“ [vgl. Art. 3 ATAD]) für die Frage, unter welchen Voraussetzungen niedrig bzw. nicht besteuerte Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens in die steuerliche Bemessungsgrundlage des beherrschenden Unternehmens einbezogen werden müssen (Art. 7 und 8 ATAD):11 –– Beherrschendes Unternehmen ist ein Körperschaftsteuersubjekt, das in einem Mitgliedstaat unbeschränkt oder aufgrund einer Betriebsstätte beschränkt steuerpflichtig ist. –– Dieser Steuerpflichtige hält selbst oder zusammen mit Unternehmen, die mit ihm verbunden sind, an einem anderen (beherrschten) Unternehmen unmittelbar und/ oder mittelbar mehr als 50 % der Stimmrechte, des Kapitals oder der Gewinnberechtigung. –– Das beherrschte Unternehmen erzielt die in der Richtlinie aufgezählten (nicht ausgeschütteten) „passiven” Einkünfte, insbesondere Zinsen, Dividenden, Lizenzgebühren, Einkünfte aus finanziellen Tätigkeiten und Einkünfte aus „Abrechnungsunternehmen” mit nur geringem wirtschaftlichen Mehrwert (An- und Verkauf von Waren sowie Erbringung von Dienstleistungen von oder an verbundene Unternehmen). Alternativ ist eine Hinzurechnungsbesteuerung aufgrund Missbrauchs geregelt. –– Die tatsächlich entrichtete Steuer des beherrschten Unternehmens unterschreitet die Steuer, die im Mitgliedstaat des beherrschenden Unternehmens angefallen wäre, um mehr als die Hälfte. 8 Substanzanforderungen abhängig von der Art der Tätigkeit und dem Umfang der Einkünfte, segmentierte Betrachtung etc. 9 Ausgewähltes Schrifttum: Linn, IStR 2016, 645; Oppel, IStR 2016, 767; Rautenstrauch/Suttner, BB 2016, 2391; Schnitger/Nitschke/Gebhardt, IStR 2016, 960; Kahlenberg/Prusko, IStR 2017, 304; Schönfeld, IStR 2017, 721; Quilitzsch/Engelen, FR 2018, 293; Böhmer/Gebhardt/ Krüger, IWB 2018, 849; Wassermeyer, IStR 2018, 744; Kraft, IWB 2019, 104; Haase, DStR 2019, 827. 10 Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarktes, (sog. Anti-Tax-Avoidance-Directive), ABl. EU 2016 Nr. L 193, 1. Auch Hinweis auf die sog. ATAD II betreffend hybride Strukturen. 11 Die Vorschriften der ATAD betreffend die Hinzurechnungsbesteuerung waren eigentlich bis zum 31.12.2018 umzusetzen und spätestens ab dem 1.1.2019 anzuwenden. Diese Frist wurde in Deutschland aber nicht eingehalten.
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Die Hinzurechnung unterbleibt, wenn das beherrschte Unternehmen in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR ansässig ist und nachweisen kann, dass es, gestützt auf entsprechende personelle und sachliche Mittel, eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Bei Drittstaatentöchtern haben die Mitgliedstaaten fakultativ die Möglichkeit, diesen Nachweis zuzulassen.12 Rechtsfolge ist der Einbezug in der Steuerbemessungsgrundlage des beherrschenden Unternehmens nach nationalen Steuervorschriften. Auch die Steueranrechnung erfolgt nach nationalen Vorschriften. Eine spätere Ausschüttung von Gewinnen oder eine Veräußerung der Beteiligung am beherrschten Unternehmen führt beim beherrschenden Unternehmen zum Abzug der bereits der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfenen Einkünfte zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung. b) Umsetzungsessentialia nach hier vertretener Auffassung Hält man sich die Vorgaben der ATAD für die Hinzurechnungsbesteuerung vor Augen, stellt sich zunächst die Frage, ob ein Systemwechsel geboten ist.13 Denn die ATAD setzt erkennbar ein Anrechnungs- und nicht ein (Dividenden-)Freistellungssystem voraus (Gegenstand der Hinzurechnung sollen nicht ausgeschüttete passive Einkünfte inkl. von Ausschüttungserträgen sein). Nach hier vertretener Auffassung ist indes ein solcher Systemwechsel nicht geboten. Die Vorgaben der ATAD sind „mit Verstand“ in die deutsche Unternehmensbesteuerungssystematik hinein zu transportieren und zu integrieren.14 Umsetzungsessentialia sind nach hier vertretener Auffassung: –– Übernahme des Kontrollkonzepts. Vorsehen einer Sonderregelung für Finanzprodukte. –– Einführung eines Katalogs passiver Einkünfte in Anlehnung an die ATAD (ohne Beteiligungseinkünfte). Abschaffung des heutigen Katalogs aktiver Einkünfte. Nichterfassung oder komplette Freistellung von Beteiligungserträgen und Erhalt des § 14 AStG. –– Absenkung der Niedrigbesteuerungsgrenze auf die Höhe des Körperschaftsteuersatzes, derzeit also 15 % (damit auch Vermeidung von Anrechnungsüberhängen bei Kapitalgesellschaften). Sonst wird die Hinzurechnungsbesteuerung wegen der 12 Auch Hinweis auf den sog. 1/3-Escape. Danach besteht ein Mitgliedstaatenwahlrecht, von einer Hinzurechnungsbesteuerung abzusehen, wenn weniger als 1/3 der Einkünfte des beherrschten Unternehmens passiv sind. 13 Die bisherigen Reformüberlegungen konzentrieren sich vor allem auf folgende Aspekte: (1) Verbesserung des überholten Systems der Abgrenzung aktiver von passiven Einkünften mit vielen Unklarheiten (z. B. schädliche Mitwirkungstatbestände, Verständnis § 8 Abs. 1 Nr. 9 AStG und § 8 Abs. 1 Nr. 10 AStG, neue Geschäftsmodelle). (2) Absenkung der zu hohen Niedrigbesteuerungsgrenze. (3) Notwendigkeit des Ausschlusses von Anrechnungsüberhängen (GewSt-Problem bei Kapitalgesellschaften). 14 Wobei sich dann naturgemäß im Einzelfall die Frage nach einer richtlinienwidrigen Umsetzung und deren Rechtsfolgen stellen kann.
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Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreise
weltweiten Absenkungstendenz bei der Unternehmenssteuerbelastung zum Regel-Unternehmenssteuerrecht (wäre also keine Missbrauchsbekämpfungsnorm mehr). –– Deutliche Erhöhung der Freigrenze (Vorbild Zinsschranke) oder Einfügung einer anderen großzügigen quantitativen Escape-Rule. –– Zurückhaltung bei der Erstreckung der Cadbury Schweppes-Ausnahme auch auf Drittstaatentöchter. Die aktuelle Entscheidung des EuGH v. 26.2.201915 hat die Frage noch nicht wirklich geklärt.16 –– Überprüfung des Hochschleusungsumfangs der Steuerbelastung von Hinzurechnungsbeträgen (Zusammenhang mit der Gesamthöhe der Unternehmenssteuerbelastung; Sonderfragen bei ESt-Pflichtigen). –– Vermeidung kumulativer Hinzurechnungsbesteuerungen. c) Sich abzeichnende Umsetzung nach Auffassung des BMF Das hier vertretene Grundverständnis, dass die Vorgaben der ATAD für die Hinzurechnungsbesteuerung keinen grundlegenden Systemwechsel bei der Hinzurechnungsbesteuerung sowie ggf. sogar der Unternehmensbesteuerung insgesamt er forderlich machen, wird offensichtlich auch von der deutschen Finanzverwaltung geteilt. Weniger Übereinstimmung besteht allerdings in der Einschätzung der gebotenen Umsetzungsessentialia. Zwar liegt noch kein offizieller Entwurf zur Neuregelung der Hinzurechnungsbesteuerung in Umsetzung der ATAD vor. Es ist aber ein interner Gesetzesentwurf des BMF zur Reform der Hinzurechnungsbesteuerung vom 19.12.2018 (AStG-E) bekannt geworden, der dankenswerterweise nachstehend in seinen wesentlichen Inhalten wiedergegeben werden darf. Er enthält im Wesentlichen Folgendes: –– Neuregelung der „Deutsch-Beherrschung“ in Anlehnung an die ATAD (Kontrollkonzept).17 –– Neuregelung der passiven Einkünfte, aber in Abweichung von der ATAD wie bisher durch Definition eines Katalogs von aktiven Einkünften. Dabei Verschärfung der Aktivitätsanforderungen, z.T. aber auch Entschärfung. So ist der Handel zwar weiterhin grundsätzlich aktiv. Konzerninterne Einkaufsund Vertriebsgesellschaften erwirtschaften aber grundsätzlich passive Einkünfte. 15 EuGH v. 26.2.2019 – C-135/17, ECLI:EU:C:2019:136 = DStR 2019, 489. 16 S. aber auch die Ausführungen in BFH v. 13.6.2018 – I R 94/15, DStR 2018, 2251. 17 Dabei Einbezug auch beschränkt Steuerpflichtiger. Relevanz auch mittelbarer Beteiligungen, aber nur, soweit bei einer die Beteiligung vermittelnden Person hinsichtlich der Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft nicht schon eine Hinzurechnungsbesteuerung nach dem AStG oder einer vergleichbaren ausländischen Regelung erfolgt ist und die danach hinzugerechneten Einkünfte dadurch insgesamt keiner niedrigen Besteuerung mehr unterliegen. Die Sonderregelung für Beteiligungen an Kapitalanlagegesellschaften soll unverändert bleiben.
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Thomas Rödder
Sie sind nur dann „entlastet“, wenn sie den Cadbury Schweppes-Test erfüllen (der insoweit auch in Drittstaatenfällen möglich sein soll). Entsprechendes gilt für alle gruppeninternen Dienstleistungsgesellschaften. Auch die Lizenzierung von Rechten und anderen immateriellen Wirtschaftsgütern soll anders als bisher immer zu passiven Einkünften führen. Eine Ausnahme bei Verwertung von Ergebnissen aus eigener Forschungs- oder Entwicklungstätigkeit soll ebenfalls nur im Cadbury Schweppes-Test erreicht werden können (insoweit auch in Drittstaatenfällen anwendbar). Gewinnausschüttungen von Kapitalgesellschaften sind nur noch aktiv, wenn sie auch nach § 8b KStG befreit wären (Hinweis auf das Korrespondenzprinzip und § 8b Abs. 4 KStG). Entsprechendes gilt für Veräußerungsgewinne aus Anteilen an einer Gesellschaft. Auch Einkünfte aus Umwandlungen sind grundsätzlich aktiv.18 –– Unklarheit über die Höhe der neuen Niedrigbesteuerungsgrenze, die als politische Entscheidung bezeichnet wird. Ansonsten bleibt es dabei, dass die Prüfung der niedrigen Besteuerung nicht allein anhand des ausländischen Steuersatzes, sondern anhand einer Berechnung der tatsächlichen Belastung erfolgt.19 Hierbei sind die Einkünfte grundsätzlich nach den Regelungen des deutschen Steuerrechts zu ermitteln. –– Neuregelung des Cadbury-Schweppes-Tests. Danach setzt der Gegenbeweis eine wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit voraus (statt einer tatsächlichen wirtschaft lichen Tätigkeit). Der Einsatz der für die Ausübung der Tätigkeit erforderlichen sachlichen und personellen Ausstattung in diesem Staat wird voraussetzt. Die Tätigkeit muss durch hinreichend qualifiziertes Personal selbstständig und eigen verantwortlich ausgeübt werden. Ein Gegenbeweis scheidet also aus, wenn die Gesellschaft ihre wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit durch Dritte erbringt. Dies könnte die in praxi festzustellende Tendenz, die Substanzanforderungen abhängig von Art und Umfang der Tätigkeit (und deren Ergebnis) zu definieren, befördern. Auch soll die segmentierende Betrachtungsweise festgeschrieben werden. –– Versuch der Beseitigung des Problems der Anrechnungsüberhänge bei Kapitalgesellschaften20 durch Anrechnung auf die Gewerbesteuer oder die Einführung eines Sondersteuersatzes auf den Hinzurechnungsbetrag und Beseitigung kumulativer 18 Dies gilt aber nicht, soweit die Einkünfte auf der Übertragung von Wirtschaftsgütern beruhen, die nicht der Erzielung von aktiven Einkünften dienen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass die Umwandlung im Inland ungeachtet des § 1 Abs. 2 und 4 UmwStG zu Buchwerten hätte erfolgen können und im Ausland tatsächlich zu Buchwerten erfolgt ist. 19 Die Prüfung der tatsächlichen Belastung führt bspw. dazu, dass auch Steuervergünstigungen in ansonsten hoch besteuernden Ländern zu einer niedrigen Besteuerung führen können. Umgekehrt führt eine Minderung der Steuerbelastung aufgrund eines Verlustausgleichs mit anderen Einkünften oder eines Verlustvortrags nicht zu einer niedrigen Besteuerung. 20 Beispiel: Das Steuerbelastungsniveau bei der ausländischen Tochterkapitalgesellschaft beläuft sich auf 24 %, das bei der deutschen Mutterkapitalgesellschaft auf 30 %. Auf 100 Punkte passive Einkünfte entfällt folgende Gesamtbelastung (der SolZ wird vernachlässigt): Belastung im Ausland 24; Belastung im Inland: Hinzurechnungsbetrag 100, Steuerbelastung 30, Anrechnung 15, verbleiben 15; Gesamtbelastung 39.
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Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreise
Hinzurechnungssteuer-Belastungen.21 Ansonsten bleibt es bei der Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags nach den deutschen Einkünfteermittlungsnormen. Der Grundgedanke, dass spätere Ausschüttungen nicht mehr besteuert werden dürfen, soweit eine Hinzurechnungsbesteuerung vorausgegangen ist, wird verallgemeinert und z.T. ausgeweitet, z.T. aber auch eingeengt. –– Wegfall des Konzepts der nachgeschalteten Zwischengesellschaften.22 Es soll auch bei einer nachgeschalteten Zwischengesellschaft zu einer „normalen“ Hinzurechnungsbesteuerung aufgrund mittelbarer Beteiligung kommen. Einer Mehrfacherfassung soll einerseits durch die weiterhin vorgesehene grds. Qualifikation von Beteiligungseinkünften als aktive Einkünfte sowie andererseits durch eine Berücksichtigung kumulativer Hinzurechnungsbesteuerungen Rechnung getragen werden. 3. Kommende Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung Entscheidend für die kommende Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung ist vor allem die Festlegung der Niedrigbesteuerungsgrenze. Bei nicht ausreichender Absenkung wird die Hinzurechnungsbesteuerung wegen der weltweiten Absenkungstendenz bei der Unternehmenssteuerbelastung zum Regel-Unternehmenssteuerrecht (wäre also keine Missbrauchsbekämpfungsnorm mehr). Weiter entscheidend ist, wie eng oder weit die aktiven Einkünfte vor allem (aber nicht nur) bei Dienstleistungen oder Handel bestimmt werden. Zentral wird schließlich die Beantwortung der Frage nach den Voraussetzungen des Cadbury Schweppes-Schutzes sein. Ist „wesentliche“ wirtschaftliche Tätigkeit eine schärfere Anforderung als bisher? Sind Segmentbetrachtung und Verständnis der Substanzanforderungen abhängig von Art und Umfang der Tätigkeit und deren Ergebnis geboten? Muss der Cadbury Schweppes-Schutz wegen seiner primärrechtlichen Verankerung nicht in allen Mitgliedstaaten vergleichbar verstanden werden? Zu erwarten ist im Ergebnis zumindest, dass die im AStG-E angelegte Technik zu einer deutlichen Steigerung der mit der Hinzurechnungsbesteuerung verbundenen Erklärungspflichten führen wird. Aber auch eine spürbare Erhöhung der materiellen Steuerbelastung aufgrund der neuen Hinzurechnungsbesteuerung ist nicht auszuschließen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob wir eine sog. „Hinzurechnungsbesteuerung II“ zur Sicherung eines weltweiten Mindeststeuerniveaus im global tätigen Konzern bekommen.23 Die Idee lehnt sich offensichtlich an die Einführung der GILTI-Rules in 21 Auf Antrag des Steuerpflichtigen wird auf seine Einkommen- oder Körperschaftsteuer, die auf den Hinzurechnungsbetrag entfällt, auch die anteilige Steuer angerechnet, die im Staat einer die Beteiligung an der Zwischengesellschaft vermittelnden Gesellschaft oder Betriebsstätte im Wege einer der Hinzurechnungsbesteuerung vergleichbaren Besteuerung tatsächlich erhoben worden ist. 22 Damit auch Wegfall der insoweit bisher geregelten besonderen Variante der funktionalen Betrachtungsweise. Auch eine Gewinn- und Verlustverrechnung zwischen passiven Einkünften der nachgeschalteten Zwischengesellschaft und der eigentlichen Zwischengesellschaft wird dann nicht mehr möglich sein. 23 Ausgewähltes Schrifttum: Kreienbaum, IStR 2019, 121; Wünnemann, IStR 2019, 134.
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der US-Steuerreform an und hat inzwischen auf OECD-Ebene ein fortgeschrittenes Diskussionslevel erreicht, ist also ernst zu nehmen.24 Den Vorschlag einer international abgestimmten Mindestbesteuerung haben Deutschland und Frankreich gemeinsam eingebracht, da sie der Ansicht sind, dass die bisher vereinbarten Maßnahmen keine ausreichende Lösung für die Probleme der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung darstellen. Dabei geht es zwar eigentlich um die digitale Wirtschaft, da das Risiko einer Verlagerung von Unternehmensgewinnen im Kontext von immateriellen Wirtschaftsgütern besonders hoch sei. Jedoch umfasst der vorgeschlagene Anwendungsbereich der Regelungen zur Sicherung einer effektiven Mindestbesteuerung alle verbundenen Unternehmen und nicht nur Unternehmen der „digitalen Wirtschaft“. Alle grenzüberschreitend tätigen Unternehmen sollen einer gewissen Mindestbesteuerung unterliegen. Konkret soll, wenn ein gewisses Mindestbesteuerungsniveau unterschritten wird und somit der Staat der Tochtergesellschaft sein primäres Besteuerungsrecht nicht ausreichend ausgeübt hat, ein subsidiäres Besteuerungsrecht des Sitzstaats der Muttergesellschaft bestehen. Das soll durch eine Ausweitung der nationalen Hinzurechnungsbesteuerung erfolgen. Niedrigbesteuerte Gewinne der ausländischen Tochtergesellschaft sollen dem Gewinn der Muttergesellschaft hinzugerechnet werden. Die Folge der Hinzurechnungsbesteuerung soll unabhängig von Aktivität, Substanz oder Art der Einkünfte eintreten. Entscheidend soll allein das Unterschreiten eines bestimmten effektiven Mindestbesteuerungsniveaus sein. Die Höhe der hinzuzurechnenden Einkünfte soll dabei nach nationalem Recht ermittelt werden, und eine Anrechnung für jede zugrundeliegende gezahlte Steuer soll ermöglicht werden. Die vorgeschlagene Regelung beinhaltet jedoch anders als GILTI keine weltweite Verrechnung im Konzern. Offen ist vor allem die Höhe des effektiven Mindeststeuersatzes. Die Frage, ob die hinzuzurechnenden Einkünfte auf dem Steuerniveau des Sitzstaats der Muttergesellschaft (höheres Steuerniveau) oder durch eine Schedulenbesteuerung (niedrigeres Mindeststeuerniveau) besteuert werden sollen, kann dagegen der Idee nach nur in letzterem Sinne beantwortet werden.25 Zu befürchten ist, dass die Hinzurechnungsbesteuerung II neben die bereits bekannte Hinzurechnungsbesteuerung treten wird. Bei Festlegung einer Niedrigbesteuerungsgrenze in der bekannten Hinzurechnungsbesteuerung in Höhe des Mindeststeuer satzes bei der Hinzurechnungsbesteuerung II könnte konzeptionell aber auch die bekannte Hinzurechnungsbesteuerung entfallen, da beide Varianten der Hinzurech24 Durch GILTI soll die Gewinnverlagerung mittels Verschiebung immaterieller Vermögenswerte aus den USA ins Ausland verhindert werden. Berechnung: In den USA steuerlich nicht berücksichtigtes (Auslands-)Einkommen ./. 10 % x QBAI* (Routinerendite materieller WGs des ausl. verbundenen Unternehmens (CFC); *QBAI = Qualified Business Assets Investment) = abgeleiteter Auslandsgewinn aus immateriellen Wirtschaftsgütern. Reduzierung der Bemessungsgrundlage um 50 % (ab 2026 um 37,5 %). Anwendung KSt-Satz auf reduzierte Bemessungsgrundlage. Ausländische Steuern können zu 80 % angerechnet werden. 25 Hinsichtlich des Inbound-Falls ist u.a. eine Begrenzung des Betriebsausgabenabzugs wie bei der US Base Erosion and Anti-Abuse Tax (BEAT) geplant. Bei Unterschreiten des Mindestbesteuerungsniveaus soll der Betriebsausgabenabzug versagt werden.
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nungsbesteuerung an die nach deutschen Vorschriften ermittelten Einkünfte pro Rechtsträger anknüpfen.
II. Bedeutung von Verrechnungspreisen bei der Neuregelung der Hinzurechnungsbesteuerung 1. Rechtliche Verbindungen zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen Die Hinzurechnungsbesteuerung ist nicht nur abzugrenzen von der Prüfung des Orts der Geschäftsleitung der ausländischen Kapitalgesellschaft26. Sie ist auch abzugrenzen von der „Arm‘s length-Kontrolle“ der konzerninternen Geschäftsbeziehungen mit der ausländischen Kapitalgesellschaft. Letzteres ist die wesentliche rechtliche Verbindung zur Frage der Verrechnungspreise und ihrer Bedeutung für die Hinzurechnungsbesteuerung. Konkret geht es darum, dass die passiven Einkünfte, die in den Hinzurechnungsbetrag eingehen, nach deutschen Einkünfteermittlungsnormen ermittelt werden (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG)27, und dass zu den im vorstehenden Sinne bei der Hinzurechnungsbesteuerung anzuwendenden deutschen Einkünfteermittlungsnormen nach h.M. auch die Normen gehören, die die Verwirklichung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei der Prüfung von Verrechnungspreisen zum Gegenstand haben, also insbesondere die Regeln zur verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage.28 2. Aktuelle Rechtsprechung Sehr deutlich geworden ist der rechtliche Zusammenhang zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und der steuerlichen Überprüfung von Verrechnungspreisen in einer aktuellen Entscheidung des BFH.29 Es ging um folgenden Fall:30
26 Bzw. des Vorliegens einer inländischen Betriebsstätte. 27 Auch die Prüfung der niedrigen Besteuerung erfolgt nicht allein anhand des ausländischen Steuersatzes, sondern anhand einer Berechnung der tatsächlichen Belastung, bei der die Einkünfte ebenfalls grundsätzlich nach den Regelungen des deutschen Steuerrechts zu ermitteln sind. 28 § 1 AStG setzt dagegen „Geschäftsbeziehungen zum Ausland“ voraus, was bei einer schon im Ausland ansässigen Zwischengesellschaft nicht gegeben ist. S. zum Ganzen BMF v. 23.2.1983, BStBl. I 1983, 218, Tz. 1.5.2; BMF-AE zum AStG, Tz. 10.1.1.1.; BFH v. 20.4.1988 – I R 41/82, BStBl. II 1988, 868; BFH v. 19.3.2002 – I R 4/01, BStBl. II 2002, 644; s. auch Kraft/ Bilstein, IStR 2019, 37. Wird bei einer Leistungsbeziehung der deutschen Mutter zu der ausländischen Zwischengesellschaft § 1 AStG angewendet, ist eine Doppelbesteuerung in der Weise zu vermeiden, dass bei der Ermittlung der Zwischeneinkünfte der Muttergesellschaft eine Gegenberichtigung vorgenommen wird. 29 BFH v. 13.6.2018 – I R 94/15, DStR 2018, 2251. 30 Darstellung in Anlehnung an Ditz/Engelen/Quilitzsch, DStR 2019, 361.
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Thomas Rödder
Die im Inland unbeschränkt steuerpflichtige A AG war im Wirtschaftsjahr 2007 zu 100 % an der in den Niederlanden ansässigen B BV beteiligt. Diese wiederum hielt 100 % der Anteile der auf Zypern ansässigen C Ltd. Geschäftsführer der C Ltd. war eine zypriotische Staatsbürgerin (D) mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung, die u.a. administrative Aufgaben wahrgenommen hatte. Die C Ltd. hatte in Zypern ein Büro angemietet. Gegenstand der C Ltd. war es, Lizenzen bei unabhängigen Dritten an Urheberrechten (Büchern) einzuholen und Unterlizenzen an verbundene Unternehmen in Russland und der Ukraine zu vergeben. Hieraus erzielte die C Ltd. entsprechende Lizenzeinkünfte. Das eigentliche Know how für das Lizenzgeschäft nahm der BFH basierend auf den Feststellungen der Vorinstanz in den russischen und ukrainischen Konzerngesellschaften an. Fraglich war in diesem Fall u.a., wie hoch die passiven Einkünfte in der zypriotischen Gesellschaft sind. Der BFH31 verneinte, dass die von der C Ltd. abgerechneten Lizenzgebühren fremdüblich waren. Er urteilte vielmehr, dass die russischen bzw. ukrainischen Konzerngesellschaften zu hohe Lizenzgebühren an die C Ltd. entrichtet haben, so dass im Dreiecksverhältnis eine verdeckte Gewinnausschüttung an die deutsche A AG und daran anschließend eine (zweistufige) verdeckte Einlage in die C Ltd. vorläge. Dies habe zur Folge, dass der Hinzurechnungsbetrag der C Ltd. um die verdeckte Einlage gem. § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG zu mindern sei. Diese Rechtsfolge werde auch nicht durch § 8 Abs. 3 Satz 4 und 5 KStG verhindert.32 Nach den Verrechnungspreiskorrekturen hatte die C Ltd. dann keine wesentlichen Einkünfte mehr, die einer Hinzurechnungsbesteuerung hätten unterliegen können. Für den Restbetrag der Einkünfte der C Ltd. für von ihr wahrgenommene administrative Funktionen scheitere überdies eine Hinzurechnung am Cadbury Schweppes-Test, da insoweit eine wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit in Zypern erbracht worden sei.33 Schon de lege lata hat der BFH damit die Frage, welche Einkünfte die Zwischengesellschaft für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung erzielt, nach dem Chancen- und Risikoprofil sowie der damit verbundenen wirtschaftlichen Substanz einschließlich personeller Ausstattung der Zwischengesellschaft beantwortet. Der BFH hat mithin für substanzarme Zwischengesellschaften die praktische Bedeutung weg vom Cadbury-Test hin zur Einkünftekorrektur nach Regeln auf Grundlage des Fremdüblichkeitsgrundsatzes verlagert und sich dabei auf die Rechtsgrundlage § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG gestützt.34 Dies korrespondiert in gewisser Weise damit, dass § 8 Abs. 2 Satz 5 AStG für den Cadbury Schweppes-Test bestimmt, dass einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Zwischengesellschaft nur solche Einkünfte der Gesellschaft zuzu31 BFH v. 13.6.2018 – I R 94/15, DStR 2018, 2251. S. zu der Entscheidung z.B. van Lishaut, FR 2019, 370; Haase, FR 2019, 560; Ditz/Engelen/Quilitzsch, DStR 2019, 361. 32 Darüber hinaus sei die Freistellung der vGA der Tochtergesellschaften in Russland und der Ukraine bei der A AG auch nicht nach § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG ausgeschlossen, weil die vGA das Einkommen der leistenden Gesellschaften gemindert hätte. Denn insoweit greife die Gegenausnahme des § 8b Abs. 1 Satz 4 KStG. 33 Die Frage einer Hinzurechnungsbesteuerung für die in den russischen bzw. ukrainischen Tochtergesellschaf-ten erzielten Einkünfte war nicht streitgegenständlich. 34 Schönfeld, IStR 2019, 398.
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Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreise
ordnen sind, die durch diese (tatsächliche wirtschaftliche) Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1 AStG) bei Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen beachtet worden ist. Oder anders formuliert:35 „(…) die Substanz ist sowohl im Rahmen der Verrechnungspreise als auch der Hinzurechnungsbesteuerung von Bedeutung. Vereinfachend lässt sich Folgendes festhalten: Verfügt eine beherrschte ausländische Gesellschaft über viel Substanz (Personal, Wirtschaftsgüter, Chancen und Risiken), steht ihr grundsätzlich ein hohes Gewinnpotential zu. Aufgrund der hohen Substanz stellt sich die Frage der Hinzurechnungsbesteuerung (im EU-/EWR-Fall) aber weniger. Verfügt eine beherrschte ausländische Gesellschaft dagegen über wenig Substanz, steht ihr auch nur ein geringes Gewinnpotential zu. Zwar ist dann die Hinzurechnungsbesteuerung eher anwendbar, es bleibt aber kaum Substrat, das besteuert werden kann.“36
3. Intensivierung der Verbindungen zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen durch den BEPS-Prozess Mit der vorstehend erläuterten Entscheidung hat der BFH eine Entwicklung eingeleitet, die durch den BEPS-Prozess noch intensiviert werden dürfte. Im Zuge des BEPS-Prozesses wurde die Sachgerechtigkeit des Fremdvergleichsgrundsatzes zwar nicht grundsätzlich in Frage gestellt, wohl aber der Umstand, dass danach maßgebende Funktionen und Risiken durch vertragliche Bestimmungen nahezu frei zwischen den verschiedenen Steuersubjekten im Konzern verteilt werden können/konnten.37 Dementsprechend ist, bei aller Unschärfe im Detail, durch den BEPS-Prozess stärker als bisher von Bedeutung, dass der Fremdvergleichsgrundsatz auch bedeutet, dass Erträge dort erzielt werden müssen, wo die Wertschöpfung tatsächlich stattfindet. Das Eigentum an Wirtschaftsgütern alleine stellt keine solche Wertschöpfung dar. 35 Böhmer/Schewe, FR 2018, 1099. 36 Und weiter Böhmer/Schewe, FR 2018, 1099: „Dabei ist allerdings eins zu berücksichtigen: Bestehen die Leistungsbeziehungen allein zwischen ausländischen (Konzern-)Gesellschaften einer deutschen Muttergesellschaft, profitiert der deutsche Fiskus nicht von der Verrechnungspreiskorrektur. Auch beim Gesellschafter wird aufgrund von § 8b Abs. 1 KStG keine nennenswerte Besteuerung erfolgen. In Deutschland würde allein die Hinzurechnungsbesteuerung zu einer nennenswerten Besteuerung führen. Letztlich würde sich Deutschland dadurch Besteuerungssubstrat aneignen, das andere Staaten nicht wahrnehmen; im konkreten Sachverhalt hätten diese Einkünfte aber keinerlei Bezug zu Deutschland, da sie auf den Aktivitäten in Russland und der Ukraine beruhen, so dass keine Gewinnverlagerung aus Deutschland heraus erfolgte.“ Zu diesem Aspekt s. auch van Lishaut, FR 2019, 370. 37 Ein typischer Anwendungsfall ist/war die denkbare Vereinbarung einer Auftragsfertigung. Die Vereinbarung einer Auftragsfertigung bewirkt(e) im Rahmen des Fremdvergleichs, dass sich die entsprechenden Risiken zwischen den beteiligten Unternehmen auf die Gesellschaft verschieben, die den Auftrag gibt. Typische Folge ist, dass das fertigende Unternehmen eine geringe Marge erhält, die nach der Kostenaufschlags-methode ermittelt wird. Vergleichbare Strukturen sind/waren z.B. im Vertrieb und bei der Entwicklung gewerblicher Schutzrechte möglich, wenn der Vertrieb durch Kommissionäre oder andere funktionsarme Gesellschaften durchgeführt wird und die Forschung im Auftrag eines Prinzipals.
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Vielmehr findet diese dort statt, wo Konzerngesellschaften tatsächlich wichtige Funktionen ausüben, wo durch diese die tatsächliche Kontrolle und Verwaltung der Wirtschaftsgüter stattfindet bzw. wo es zu deren Einsatz kommt. Dabei kommt es insbesondere auf die sog. „significant people functions“ an. 4. Verbindungen zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen de lege ferenda Vorstehendes zeigt: Die Hinzurechnungsbesteuerung ist bei „richtigen“ Verrechnungspreisen zwar nicht überflüssig, wie in praxi zum Teil behauptet wird. Ihr Anwendungsbereich wird aber zunehmend vorgelagert durch Verrechnungspreiskorrekturen begrenzt.38 Dies wird auch das Verhältnis zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen de lege ferenda prägen, zumal dies auch in der ATAD so angelegt ist. Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der ATAD bestimmt, dass die in die Steuerbemessungsgrundlage des Steuerpflichtigen einzubeziehenden Einkünfte nach den Körperschaftsteuervorschriften des Mitgliedstaats berechnet werden, in dem der Steuerpflichtige steuerlich ansässig oder belegen ist. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 der ATAD bestimmt, dass die Zurechnung der Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens nach dem Fremdvergleichsgrundsatz zu erfolgen hat. Dementsprechend hat auch der o.a. erste BMF-interne Entwurf zur Neuregelung der Hinzurechnungsbesteuerung § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG-E im hier interessierenden Zusammenhang nicht relevant geändert. Die passiven Einkünfte werden unverändert nach deutschen Einkünfteermittlungsnormen ermittelt, zu denen insbesondere auch die Regeln zu verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen gehören. Die aktuelle Rechtsprechung des BFH,39 die oben erläutert worden ist, wird auch de lege ferenda wirken. Die zu erwartenden verschärften Anforderungen für den Cadbury Schweppes-Test gehen damit einher. Auch im Rahmen einer möglichen sog. Hinzurechnungsbesteuerung II ist zu erwarten, dass Verrechnungspreiskorrekturen vorrangig sind.
III. Zusammenfassung 1. Die Hinzurechnungsbesteuerung durchbricht die Abschirmwirkung einer ausländischen Kapitalgesellschaft und führt unabhängig von einer Ausschüttung zur Besteuerung bestimmter von der ausländischen Gesellschaft erzielter Einkünfte beim deutschen Gesellschafter. Die ATAD enthält eine Vorgabe von Mindeststandards für die Frage, unter welchen Voraussetzungen niedrig bzw. nicht besteuerte Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens in die steuerliche Bemessungsgrundlage des beherrschenden Unternehmens einbezogen werden müssen. 38 S. dazu auch die Beispielsfälle aus österreichischer Sicht bei Loukota, SWI 2019, 294. 39 BFH v. 13.6.2018 – I R 94/15, DStR 2018, 2251.
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Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreise
Zwar liegt noch kein offizieller Entwurf zur Neuregelung der Hinzurechnungsbesteuerung in Umsetzung der ATAD vor. Es ist aber ein interner Gesetzesentwurf des BMF zur Reform der Hinzurechnungsbesteuerung vom 19.12.2018 (AStG-E) bekannt geworden, der in diesem Beitrag dankenswerterweise verwendet werden durfte. 2. Entscheidend für die kommende Bedeutung der Hinzurechnungsbesteuerung ist danach vor allem die Festlegung der Niedrigbesteuerungsgrenze. Bei nicht ausreichender Absenkung wird die Hinzurechnungsbesteuerung wegen der weltweiten Absenkungstendenz bei der Unternehmenssteuerbelastung zum Regel-Unternehmenssteuerrecht (wäre also keine Missbrauchsbekämpfungsnorm mehr). Weiter entscheidend ist, wie eng oder weit die aktiven Einkünfte vor allem (aber nicht nur) bei Dienstleistungen oder Handel bestimmt werden. Zentral wird schließlich die Beantwortung der Frage nach den Voraussetzungen des Cadbury Schweppes- Schutzes sein. Ist „wesentliche“ wirtschaftliche Tätigkeit eine schärfere Anforderung als bisher? Sind Segmentbetrachtung und Verständnis der Substanzanforderungen abhängig von Art und Umfang der Tätigkeit und deren Ergebnis geboten? Zu erwarten ist im Ergebnis zumindest, dass die im AStG-E angelegte Technik zu einer deutlichen Steigerung der mit der Hinzurechnungsbesteuerung verbundenen Erklärungspflichten führen wird. Aber auch eine spürbare Erhöhung der materiellen Steuerbelastung aufgrund der neuen Hinzurechnungsbesteuerung ist nicht auszuschließen. 3. Darüber hinaus ist es denkbar, dass wir eine Hinzurechnungsbesteuerung II zur Sicherung eines weltweiten Mindeststeuerniveaus im global tätigen Konzern bekommen. Zu befürchten ist in diesem Fall, dass die Hinzurechnungsbesteuerung II neben die bereits bekannte Hinzurechnungsbesteuerung treten wird. 4. Die Hinzurechnungsbesteuerung ist nicht nur abzugrenzen von der Prüfung des Orts der Geschäftsleitung der ausländischen Kapitalgesellschaft bzw. des Vorliegens einer inländischen Betriebsstätte. Sie ist auch abzugrenzen von der „Arm‘s length- Kontrolle“ der konzerninternen Geschäftsbeziehungen mit der ausländischen Kapitalgesellschaft. Letzteres ist die wesentliche rechtliche Verbindung zur Frage der Verrechnungspreise und ihrer Bedeutung für die Hinzurechnungsbesteuerung. 5. Konkret geht es darum, dass die passiven Einkünfte, die in den Hinzurechnungsbetrag eingehen, nach deutschen Einkünfteermittlungsnormen ermittelt werden (§ 10 Abs. 3 Satz 1 AStG), und dass zu den im vorstehenden Sinne bei der Hinzurechnungsbesteuerung anzuwendenden deutschen Einkünfteermittlungsnormen nach h.M. auch die Normen gehören, die die Verwirklichung des Fremdvergleichsgrundsatzes bei der Prüfung von Verrechnungspreisen zum Gegenstand haben, also insbesondere die Regeln zur verdeckten Gewinnausschüttung und verdeckten Einlage. 6. Sehr deutlich geworden ist der rechtliche Zusammenhang zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und der steuerlichen Überprüfung von Verrechnungspreisen in einer aktuellen Entscheidung des BFH vom 13.6.201840. Schon de lege lata hat der 40 BFH v. 13.6.2018 – I R 94/15, DStR 2018, 2251.
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Thomas Rödder
BFH damit die Frage, welche Einkünfte die Zwischengesellschaft für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung erzielt, nach dem Chancen- und Risikoprofil sowie der damit verbundenen wirtschaftlichen Substanz einschließlich personeller Ausstattung der Zwischengesellschaft beantwortet. Der BFH hat mithin für substanzarme Zwischengesellschaften die praktische Bedeutung weg vom Cadbury-Test hin zur Einkünftekorrektur nach Regeln auf Grundlage des Fremdüblichkeitsgrundsatzes verlagert und sich dabei auf die Rechtsgrundlage § 10 Abs. 3 Satz 1 AStG gestützt. Dies korrespondiert in gewisser Weise damit, dass § 8 Abs. 2 Satz 5 AStG für den Cadbury Schweppes-Test bestimmt, dass einer tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit der Zwischengesellschaft nur solche Einkünfte der Gesellschaft zuzuordnen sind, die durch diese (tatsächliche wirtschaftliche) Tätigkeit erzielt werden und dies nur insoweit, als der Fremdvergleichsgrundsatz (§ 1 AStG) bei Geschäftsbeziehungen mit nahestehenden Personen beachtet worden ist. 7. Mit der vorstehend erläuterten Entscheidung hat der BFH eine Entwicklung eingeleitet, die durch den BEPS-Prozess noch intensiviert werden dürfte. Denn: Durch den BEPS-Prozess ist, bei aller Unschärfe im Detail, stärker als bisher von Bedeutung, dass der Fremdvergleichsgrundsatz auch bedeutet, dass Erträge dort erzielt werden müssen, wo die Wertschöpfung tatsächlich stattfindet. Das Eigentum an Wirtschaftsgütern alleine stellt keine solche Wertschöpfung dar. Vielmehr findet diese dort statt, wo Konzerngesellschaften tatsächlich wichtige Funktionen ausüben, wo durch diese die tatsächliche Kontrolle und Verwaltung der Wirtschaftsgüter stattfindet bzw. wo es zu deren Einsatz kommt. Dabei kommt es insbesondere auf die sog. „significant people functions“ an. 8. Vorstehendes zeigt: Die Hinzurechnungsbesteuerung ist bei „richtigen“ Verrechnungspreisen zwar nicht überflüssig, wie in praxi zum Teil behauptet wird. Ihr Anwendungsbereich wird aber zunehmend vorgelagert durch Verrechnungspreiskorrekturen begrenzt. 9. Da die ATAD insoweit keine abweichenden Vorgaben macht, wird das vorstehende Verhältnis zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Verrechnungspreisen auch die Rechtslage de lege ferenda prägen. Die zu erwartenden verschärften Anforderungen für den Cadbury Schweppes-Test gehen damit einher. Auch im Rahmen einer möglichen sog. Hinzurechnungsbesteuerung II ist zu erwarten, dass Verrechnungspreiskorrekturen vorrangig sind.
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Heide und Harald Schaumburg
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Verrechnungspreise zwischen Steuervermeidung, Steuerumgehung und Steuerhinterziehung
Verr -hin
Inhaltsverzeichnis I. Aktuelle Tendenzen II. Abgrenzung: Steuervermeidung, Steuerumgehung, Steuerhinterziehung 1. Steuervermeidung a) Steuervermeidende Gestaltungs freiheit b) Betriebsstättenvermeidung c) Vermeidung einer Geschäfts beziehung
2. Steuerumgehung a) Abgrenzungen b) Anwendung im Vorfeld der Einkünftekorrektur c) Anwendung im Rahmen der Einkünftekorrektur 3. Steuerhinterziehung a) Tatbestandsmäßigkeit b) Ausgewählte Problembereiche III. Ausblick
I. Aktuelle Tendenzen Nachdem in den Jahren 2011 und 2012 bestimmte Steuerstrukturen internationaler Konzerne in der Öffentlichkeit bekannt wurden1, ist das internationale Steuerrecht stark in Bewegung geraten. Insbesondere die Politik der G20-Staaten hat sich die Bekämpfung von grenzüberschreitender Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS)2 zum Ziel gesetzt. Der in der Folge erstellte Bericht der OECD3 sowie schließlich der BEPS-Aktionsplan4 enthalten entsprechende Vorgaben, die seitens der EU im Rahmen der beiden Anti-BEPS-Richtlinien (ATAD I und ATAD II) weitgehend übernommen wurden5 und seitdem zu weitreichenden Eingriffen auch in das deutsche Normensystem geführt haben. In dem hier interessierenden Zusammenhang geht es insbesondere um die Neufassung von § 90 Abs. 3 AO6, wodurch in Umsetzung von Aktionspunkt 13 des BEPS-Aktionsplans der Umfang der Verrechnungspreisdokumentation erweitert wurde.7 Angesprochen ist darüber hinaus die für multinationale 1 Vgl. nur die Hinweise bei Pinkernell, StuW 2012, 369 ff.; Pinkernell, IStR 2013, 180 ff.; Pinkernell, IFSt-Schrift Nr. 494 (2014, 120 ff.). 2 BEPS = Base Erosion and Profit Shifting. 3 OECD, Adressing Base Erosion and Profit Shifting, 2013; hierzu im Überblick Pelaez-Bonekamp, IWB 2013, 514 ff. 4 OECD, Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting; vgl. hierzu den Überblick über die im Aktionsplan enthaltenen 15 verschiedenen Aktionspunkte Böhmer in Wassermeyer/ Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch, 2. Aufl. 2018, Rz. 14.17 ff. 5 Hierzu Musil, FR 2018, 933 (935 ff.). 6 Anti-BEPS-Gesetz vom 20.12.2016, BGBl. I 2016, 3000. 7 Vgl. die Überblicksdarstellungen bei Ditz/Bärsch/Engelen, IStR 2016, 789 ff.; Schreiber/Greil, DB 2017, 10 ff.
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Heide und Harald Schaumburg
Unternehmensgruppen implementierte Verpflichtung, länderbezogene Berichte über bestimmte betriebswirtschaftliche Daten zu erstellen und dem Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) zu übermitteln (§ 138a AO). Dieses CbCR8 findet seine Rechtsgrundlage in Art. 8aa EU-AHiRL9, § 7 Abs. 10, 11 EU-AHiG, die wiederum ihren Ursprung in Aktionspunkt 13 des BEPS-Aktionsplanes haben. Das CbCR zielt darauf ab, den beteiligten Finanzverwaltungen Einblick insbesondere in die für die grenzüberschreitende Verrechnungspreisprüfung maßgeblichen Beurteilungskriterien zu verschaffen.10 Die Finanzverwaltungen sollen somit frühzeitig Informationen über mögliche Gewinnverlagerungen und –verkürzungen erhalten. Schließlich geht es auch um die Ausdehnung des automatischen Informationsaustauschs auf verbindliche Auskünfte und Zusagen mit grenzüberschreitendem Inhalt sowie Verrechnungspreiszusagen. Rechtsgrundlage hierfür sind Art. 3 Nr. 14, 15, Art. 8a Abs. 1, 2 AHiRL11, § 2 Abs. 3, 4, § 7 Abs. 3, 4 EU-AHiG. Betroffen sind aus deutscher Sicht insbesondere verbind liche Auskünfte/Zusagen und APA12 (§ 89 Abs. 2, § 204 AO, Art. 25 Abs. 1, 2 OECD-MA).13 Von besonderer Bedeutung ist die Meldepflicht für bestimmte grenz überschreitende Steuergestaltungen, die Eingang in einen grenzüberschreitenden Informationsaustausch finden. Die Verpflichtung hierzu ergibt sich aus der ÄnderungsRL (EU) 2018/822 vom 25.5.201814 sowie aus §§ 138d – 138h AO-E.15 Die meldepflichtigen Gestaltungen betreffen auch Verrechnungspreisgestaltungen, und zwar solche, die unilaterale Safe-Harbor-Regeln nutzen, im Zusammenhang mit der Übertragung von „schwer zu bewertenden immateriellen Werten“ stehen oder mit denen nach gruppeninterner grenzüberschreitendender Übertragung von Funktionen, Risiken oder Wirtschaftsgütern und sonstigen Vorteilen beim Übertragenden eine Verminderung des EBIT16 um 50% und mehr zu erwarten ist.17 Das vorstehende, die grenzüberschreitende Verrechnungspreisgestaltung betreffende Regelungsgefüge dient nicht nur der Beseitigung von Informationsasymmetrien, sondern auch der Bekämpfung von „Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung“18, der Eindämmung von auf „Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung“ gerichteten „schädlichen Steuerpraktiken“, die insbesondere bei multinatio-
8 Country-by-Country-Reporting. 9 In der Fassung der ÄnderungsRL (EU) 2016/881 (DAC 4) v. 25.5.2016. 10 Der länderbezogene Bericht ist nicht Teil der gem. § 90 Abs. 3 AO verlangten Verrechnungspreisdokumentation. 11 ÄnderungsRL (EU) 2015/2376 (DAC 3) v. 8.12.2015. 12 Advance Pricing Agreements. 13 Vgl. BMF-Schreiben. v. 17.8.2017, BStBl. I 2017, 1228, Rz. 14. 14 RL (EU) 2018/822 des Rates v. 25.5.2018 zur Änderung der RL 2011/16/EU v. 15.2.2011 bez. des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, ABl. EU 2018 Nr. L 139, 1. 15 Die Umsetzung der ÄnderungsRL (EU) 2018/822 v. 25.5.2018 hat bis zum 31.12.2019 zu erfolgen. 16 Earnings before interest and taxes. 17 Vgl. Anhang IV, Teil II, Buchst. e der ÄnderungsRL (EU) 2018/822 v. 25.5.2018. 18 Rz. 1 der Erwägungsgründe der ÄnderungsRL (EU) 2016/881 v. 25.5.2016 zur EU-AHiRL.
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nalen Unternehmensgruppen vermutet werden19, sowie schließlich der frühzeitigen Erfassung „potentiell aggressiver, grenzüberschreitender Steuerplanungsgestaltungen“.20 Das Nebeneinander verschiedener Begrifflichkeiten, wie Steuervermeidung21, Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressive Steuerplanung22 in der unionsrechtlichen Terminologie mag man als „babylonische Sprachverwirrung“ abtun23, ursächlich hierfür sind indessen die unterschiedlichen Begriffswelten in den Mitgliedstaaten, so dass auch der EuGH eine klare Trennung der vorgenannten Rechtsinstitute regelmäßig nicht vornimmt.24 Darüber hinaus weicht auch die in Art. 6 ATAD25 enthaltene Missbrauchsklausel von der Missbrauchsrechtsprechung des EuGH26 ab.27 Auf Grundlage der unionsrechtlichen Vorgaben und des umgesetzten nationalen Rechts wird zunehmend die Tendenz erkennbar, die im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung vorzunehmende Prüfung grenzüberschreitender Verrechnungspreise in den Dienst der Bekämpfung von „Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und aggressiver Steuerplanung“ zu stellen und somit Verrechnungspreisgestaltungen in die Nähe von Steuerhinterziehung zu rücken. Damit wird nicht selten eine strafrechtliche Drohkulisse aufgebaut28, um den Steuerpflichtigen zu einer tatsächlichen Verständigung zu veranlassen.29 Im Ergebnis verzichten damit die betroffenen Steuerpflichtigen zumeist auf eine gerichtliche Klärung.30 Aus der Sicht des deutschen Steuerrechts beurteilt sich die Frage, ob Verrechnungspreis gestaltungen als bloße Steuervermeidung, Steuerumgehung (Missbrauch) oder ggfs. 19 Rz. 3 u. 4 der Erwägungsgründe der ÄnderungsRL (EU) 2016/881 v. 25.5.2016 zur EUAHiRL. 20 Rz. 6 der Erwägungsgründe der ÄnderungsRL (EU) 2018/822 v. 25.5.2018. 21 Art. 3 Nr. 19, 20 i.V.m. Anhang IV der ÄnderungsRL (EU) 2018/822 v. 25.5.2018. 22 Vgl. Rz. 1 der Erwägungsgründe der ÄnderungsRL (EU) 2016/881 v. 25.5.2016 zur EUAHiRL. 23 So Bergmann, SWI 2010, 477; Holzinger/Holzinger, TPI 2018, 277 (278). 24 Vgl. hierzu Kokott, Das Steuerrecht der EU, 2018, § 2 Rz. 97 ff. mit Nachweisen aus der Rspr des EuGH. 25 RL (EU) 2016/1164 v. 12.7.2016 (ATAD I) geänd. d. RL (EU) 2017/952 v. 29.5.2017 (ATAD II), ABl. EU 2017 Nr. L 144, 1. 26 Vgl. nur EuGH v. 12.9.2006 – C-196/04 – Cadbury Schweppes, ECLI:EU:C:2006:544, Rz. 55; v. 13.3.2007 – C-524/04 – Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, ECLI:EU: C:2007:161, Rz. 72; v. 5.7.2012 – C-318/10 – SIAT, ECLI:EU:C:2012:415, Rz. 40. 27 Zu den Unterschieden vgl. Holle in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2019, Art.6 Rz. 301 ff.; Hey, StuW 2017, 248 (258 ff.); Musil, FR 2018, 933 (936 f.); Haarmann, IStR 2018, 561 (562 f.). 28 Zunehmend auch durch Einleitung eines Strafverfahrens (§ 397 AO). 29 Hierzu Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz. 17; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, Einleitung Rz. 120; Mack, Stbg. 2012, 116 (118, 122). 30 Verfahren über die Angemessenheit von Verrechnungspreisen werden daher auch nur selten bei Finanzgerichten anhängig gemacht; zu dem Problem, dass das Drohpotential strafrechtlicher Verfolgung rechtsschutzverkürzend wirkt, vgl. Krumm in Schön/Sternberg, Zukunftsfragen des deutschen Steuerrechts, III, 2018, 1 (22 f.).
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als Steuerhinterziehung zu qualifizieren sind, nach deutschem Steuerrecht, soweit nicht dem Unionsrecht Anwendungsvorrang31 zukommt.
II. Abgrenzung: Steuervermeidung, Steuerumgehung, Steuerhinterziehung 1. Steuervermeidung a) Steuervermeidende Gestaltungsfreiheit Es gehört zu den grundrechtlich durch Art. 12, 14, 2 Abs. 1 GG verbürgten Freiheiten, Sachverhalte so zu gestalten, dass sie eine möglichst geringe oder gar keine Steuerbelastung auslösen.32 Das gilt auch aus Sicht des Unionsrechts.33 Die bloße Steuervermeidung, die darauf gerichtet ist, den gesetzlichen Steuertatbestand nicht zu erfüllen, ist legal und somit nicht strafbar.34 Die Reduzierung der Steuerbelastung ist auch Gegenstand der betriebswirtschaftlichen Steuergestaltungslehre35 und Aufgabe etwa des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, die für die Gesellschaft günstigste steuerrechtliche Gestaltung zu wählen.36 Zudem ist es Beraterpflicht, auf entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Die vorgenannten Grundsätze gelten auch dann, wenn es sich um eine sog. „aggressive Steuergestaltung“ handelt. Die jenseits rechtlicher Kategorien angesiedelte moralische Diskreditierung37 als rechtspolitisch unerwünschtes Verhalten führt allerdings zunehmend dazu, dass die Spielräume steuersparender Gestaltung normativ eingeengt werden.38 31 Zur Normenhierarchie Schaumburg in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 4.1 ff. 32 BVerfG v. 14.4.1959 – 1 BvL 23/57, BVerfGE 9, 237 (2459 f.); st. Rspr. BFH, zuletzt noch BFH v. 19.1.2017 – IV R 10/14, BStBl. II 2017, 466 Rz. 46; BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, NStZ 2000, 203; Drüen in Tipke/Kruse, § 42 AO Rz. 3; Kirchhof, DStJG (33) 2010, 9 (19). 33 EuGH v. 21.2.2006 – C-255/02 – Halifax, ECLI:EU:C:2006:121; v. 21.2.2008 – C-425/06 – Part Service, ECLI:EU:C:2008:108, Rz. 47; v. 22.12.2010 – C-103/09 – Weald Leasing, ECLI:EU:C:2010:804. 34 BGH v. 10.11.1999 – 5 StR 221/99, NStZ 2000, 203; BFH v. 21.5.1999 – VII B 37/99, BFH/ NV 1999, 1496; Drüen in Tipke/Kruse, § 42 AO Rz. 3; Peters in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 10.106 ff. 35 Vgl. hierzu die Hinweise bei Seer in Tipke/Lang, 23. Aufl. 2018, Rz. 22; speziell zur auf Steuerreduzierung ausgerichteten internationalen Steuerplanung Grotherr in Grotherr, Handbuch der Internationalen Steuerplanung, 3. Aufl. 2011, 3 (5 ff.). 36 Die Effizienz der entsprechenden Steuerplanung wird u.a. in der Konzernsteuerquote abgebildet, die bei kapitalmarktorientierten Unternehmen als Kennzahl im Jahresabschluss veröffentlicht wird; vgl. hierzu Jacobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, 885 ff.; Lühn in Grotherr, Handbuch der internationalen Steuerplanung, 3. Aufl. 2011, 153 ff. 37 Hierzu Pohl, DStZ 2018, 827. 38 So etwa die Zielrichtung der RL (EU) 2018/822 v. 25.5.2018 zur Änderung der RL 2011/16/ EU v. 15.2.2011 bezüglich des verpflichtenden automatischen Auskunftsaustauschs im Be-
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b) Betriebsstättenvermeidung Zu den verbleibenden Gestaltungsmöglichkeiten zählen u.a. solche, die darauf gerichtet sind, sich dem inländischen Verrechnungspreisregime39 zu entziehen. Wenn etwa ein im Ausland ansässiges international operatives Unternehmen für seine Geschäftstätigkeiten im Inland keine Tochtergesellschaft, keine Betriebsstätte (§ 12 AO) und keinen ständigen Vertreter (§ 13 AO) unterhält, vermeidet es für die im Inland erzielten Liefergewinne eine beschränkte Steuerpflicht.40 Soweit Abnehmer für gelieferte Waren und geleistete Dienste keine nahestehende Personen (§ 1 Abs. 2 AStG) sind, entfällt auch jegliche Angemessenheitskontrolle. Dies ist nicht etwa Folge einer missbräuchlichen Betriebsstättenvermeidung41, sondern das Ergebnis der bloß lückenhaften Erfassung von Einkünften aus Gewerbebetrieb nach Maßgabe des § 49 Abs. 2 Nr. 2 EStG.42 Entsprechendes gilt auch in den Fällen, in denen zwar nach inländischem Recht (§ 12 AO) eine Betriebsstätte und damit ein Anknüpfungspunkt für die Besteuerung im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) gegeben ist, abkommensrechtlich die betreffende Geschäftseinrichtung oder Sachgesamtheit aber unter den Negativkatalog (Art. 5 Abs. 4 OECD-MA) fällt, so dass die Besteuerung entsprechender Betriebsstättengewinne trotz inländischer Wertschöpfung entfällt43 mit der Folge, dass auch das deutsche Verrechnungspreisregime nicht eingreift. c) Vermeidung einer Geschäftsbeziehung Eine bloße Steuervermeidung ist ferner dann gegeben, wenn die grenzüberschreitende Gestaltung so gewählt wird, dass eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG unterbleibt. Hierzu zählt der Fall, dass ein inländisches Unternehmen den Kapitalbedarf reich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, ABl. EU 2018 Nr. L 139, 1 sowie die Umsetzungsregelung des § 138d AO-E; zur Legitimität der mit dieser ÄnderungsRL verbundenen Abschreckungsfunktion, Hey, FR 2018, 633 (633 f.); vgl. allgemein zur fortschreitenden Einengung steuerrechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten Mammen/Nielsen, WPg 2018, 1533 ff. 39 Verdeckte Gewinnausschüttung, verdeckte Einlage, Entnahme, Einlage, § 1 AStG. 40 So die Geschäftsmodelle ausländischer E-Commerce-Unternehmen; hierzu Pinkernell, ifstSchrift Nr. 494 (2014), 24 ff.; hiergegen gerichtet sind die Vorschläge der Kommission zu einer Einführung einer Digitalsteuer (Vorschlag für eine RL des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen v. 21.3.2018 – COM (2018), 148 final) und zur steuerlichen Anknüpfung an eine digitale Präsenz (Vorschlag für eine Richtlinie zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz v. 21.3.2018 – COM (2018), 147 final; vgl. hierzu Kokott, IStR 2019, 123 ff.; Hidien, PIStB 2019, 7 ff. 41 So aber die von der EU-Kommission verwendete Formulierung im Aktionsplan für eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung; Mitteilung der Kommission vom 17.6.2015 an das Europäische Parlament und den Rat: eine faire und effiziente Unternehmensbesteuerung in der Europäischen Union – fünf Aktionsschwerpunkte, COM (2015) 302 final; vgl. dazu Oppel, IStR 2015, 813. 42 Hierzu Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 6.160. 43 Vgl. Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 19.259.
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seiner ausländischen Tochtergesellschaft nicht über Darlehen, sondern über eine Kapitalerhöhung bei derselben deckt.44 Hierdurch wird das Tatbestandsmerkmal Geschäftsbeziehung (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AStG) durch eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Kapitalerhöhung vermieden (§ 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b AStG). Dass bei Zuführung von Darlehen angemessene Zinsen hätten berechnet werden müssen45, spielt hierbei keine Rolle, so dass die Grenze etwa zur Steuerumgehung nicht überschritten wird. Die Wertungen des deutschen Steuerrechts sind hier eindeutig: Dem Missbrauchsverdikt ausgesetzt ist nur eine (übermäßige) Gesellschafter fremdfinanzierung46 im Inland generell und im Ausland nur, soweit sie zu niedrig besteuerten passiven Einkünften und somit zur Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 ff. AStG)47 führt. 2. Steuerumgehung a) Abgrenzungen Ist die Steuervermeidung48 die Folge der Umgehung von Steuergesetzen durch Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, greift § 42 AO ein, so dass die Besteuerung entsprechend einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung erfolgt (§ 42 Abs.1 Satz 3 AO). Im Hinblick darauf werden die Rechtsfolgen nicht an den tatsächlich verwirklichten (unangemessenen), sondern an einen fiktiven (angemessenen) Sachverhalt angeknüpft.49 Diese Regelung gilt im Grundsatz auch im internationalen Steuerrecht und dort auch im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen:50 Hier wird der Besteuerung nicht der tatsächlich vereinbarte (unangemessene), sondern der (angemessene) Drittfremdpreis zugrunde gelegt. Die Folge hiervon ist im Anwendungsbereich des materiellen Steuerrechts zwar eine Steuererhöhung, eine Steuerhinterziehung ist damit aber nicht verbunden, es sei denn, über den für die Anwendung des § 42 AO maßgeblichen Sachverhalt sind unrichtige oder unvollständige Angaben (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) gemacht oder es sind steuerliche Offenbarungs44 Zur Finanzierungsfreiheit Beiser, DStZ 2019, 37 (38). 45 Anders für den Fall, dass wirtschaftliche Gründe für die Hingabe unverzinslicher Darlehen oder für die Gestaltung von Garantie- und Patronatserklärungen nachgewiesen werden; vgl. EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt, ECLI:EU:C:2018:366, DStR 2018, 1221; einschränkend nur für sanierungsbedingte Maßnahmen BMF v. 6.12.2018, BStBl. I 2018, 1305. 46 § 4h EStG und § 8a KStG sind als Missbrauchsvorschriften konzipiert; vgl. Hick in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4h EStG Rz. 4, 5, 14; Loschelder in Schmidt, EStG, 38. Aufl. 2019, § 4h EStG Rz. 1, 4. 47 §§ 7 ff. AStG sind eine besondere Ausprägung des § 42 AO; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 7 AStG Rz. 8. 48 Auch im Sinne einer Steuerreduktion. 49 BFH v. 2.3.2016 – I R 73/14, BStBl. II 2016, 887; Drüen in Tipke/Kruse, Vor § 42 AO Rz. 35a; Englisch in Tipke/Lang, 23. Aufl. 2018, § 5 Rz. 134. 50 BFH v. 29.10.1997 – I R 35/96, BStBl. II 1998, 235; v. 20.3.2002 – I R 38/00, BStBl. II 2002, 819; v. 20.3.2002 – I R 63/99, BStBl. II 2003, 50; v. 25.2.2004 – I R 42/02, BStBl. II 2005, 14; Schaumburg, FS 50 Jahre Fachanwälte für Steuerrecht, 1999, 467 ff.
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pflichten (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) verletzt worden.51 Die Regelung des § 42 AO wird allerdings im unionsrechtlichen Kontext überlagert durch das allgemein gültige unionsrechtliche Missbrauchsverbot52 sowie durch Art. 6 ATAD.53 Das bedeutet, dass § 42 AO anwendbar bleibt54, wobei sodann gegebenenfalls eine unionsrechtskonforme Auslegung55 geboten ist.56 b) Anwendung im Vorfeld der Einkünftekorrektur Zu den neben § 42 AO im internationalen Steuerrecht zur Anwendung kommenden Einkünftekorrekturnormen zählen außer § 1 AStG57 auch die Vorschriften der verdeckten Gewinnausschüttung (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG), der verdeckten Einlage (§ 8 Abs. 3 Satz 3 KStG), der Entnahme/Entstrickung (§ 4 Abs. 1 Sätze 2 – 4 EStG) und der Einlage (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG).58 Gegen die vorgenannten Regelungen sind indessen abkommensrechtliche und unionsrechtliche Schrankenwirkungen gerichtet59, so dass etwa verdeckte Gewinnausschüttungen, die angenommen werden, weil den Verrechnungspreisen keine klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarungen zugrunde liegen60, im Ergebnis ebenso folgenlos bleiben61 wie eine Einkünftekorrektur nach § 1 AStG, soweit sie sich als unverhältnismäßig erweist.62 Da es sich hierbei um Einkünftekorrekturvorschriften handelt, die, soweit es um Gewinneinkünfte geht, im Rahmen des Betriebsvermögensvergleichs erst auf der zweiten Stufe der Gewinner51 Drüen in Tipke/Kruse, § 42 AO Rz. 6; Englisch in Tipke/Lang, 23. Aufl. 2018, § 5 Rz. 134; Peters in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 10.106 ff. 52 Vgl. nur EuGH v. 22.11.2017 – C-251/16 – Cussens, ECLI:EU:C:2017:881, UR 2018, 241. 53 Hierzu Hey, StuW 2017, 248 (258 ff.); Musil, FR 2018, 933 (936 f.); Haarmann, IStR 2018, 561 (562 ff.) jeweils mit Hinweisen zu den Unterschieden zu § 42 AO. 54 Zum Umsatzsteuerrecht vgl. BFH v. 16.6.2015 – XI R 17/13, BStBl. II 2015, 1024. 55 Hierzu Kofler in Schaumburg/Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Rz. 13.24 ff. 56 Zur unterschiedlichen Terminologie des Art. 6 ATAD im Vergleich zur einschlägigen Rechtsprechung des EuGH vgl. Holle in Hagemann/Kahlenberg, ATAD, 2019, Art. 6 Rz. 301 ff.; Hey, StuW 2017, 248 (258 ff.); Musil, FR 2018, 933 (936 f.); Haarmann, IStR 2018, 561 (562 ff.). 57 Zum „Spannungsverhältnis“ zwischen § 42 AO und § 1 AStG Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 465. 58 Zum Konkurrenzverhältnis im Einzelnen Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/ Schönfeld, § 1 AStG Rz. 441 ff.; Baumhoff/Liebchen in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz 4.81 ff.; Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017 Rz. 21.137. 59 Art. 9 OECD-MA als bilaterale Einkünftekorrekturklausel sowie Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit). 60 St. Rspr. des BFH; vgl. etwa BFH v. 23.10.1996 – I R 71/95, BStBl. II 1995, 35; zu diesem formellen Fremdvergleich Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 267 ff. 61 Die bilateralen Einkünftekorrekturklauseln stellen auf diesen formalen Gesichtspunkt nicht ab; BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046; v. 17.12.2014 – I R 23/13, BStBl. II 2016, 258 (Nichtanwendungserlass BMF v. 30.3.2016, BStBl. I 2016, 445); Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 19.295. 62 EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt, ECLI:EU:C:2018:366, DStR 2018, 1221; einschränkend BMF v. 6.12.2018, BStBl. I 2018, 1305; hierzu Rasch, ISR 2019, 1: geboten ist eine geltungserhaltende Auslegung des § 1 AStG.
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mittlung zur Anwendung kommen63, ist die Anwendung von § 42 AO den übrigen Vorschriften stets vorgelagert.64 Dies bedeutet etwa, dass die Anwendung z.B. von § 1 AStG nicht in Betracht kommt, wenn es sich um Geschäftsbeziehungen zu einer ausländischen Tochtergesellschaft handelt, der als sog. Basisgesellschaft von vornherein die Anerkennung versagt bleibt.65 Dies deshalb, weil die von der zwischengeschalteten Gesellschaft erzielten Gewinne über § 42 AO letztlich dem hinter dieser Gesellschaft stehenden Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.66 c) Anwendung im Rahmen der Einkünftekorrektur Ausnahmsweise kommt § 42 AO aber auch innerhalb des Anwendungsbereichs des § 1 AStG zur Geltung. Das gilt unabhängig davon, ob § 1 AStG als spezielle Missbrauchsvermeidungsregelung qualifiziert wird: Da sie jedenfalls nicht abschließend ist, kann sie ihrerseits wiederum (missbräuchlich) umgangen werden, womit der Rückgriff auf § 42 AO eröffnet ist.67 Es geht hierbei vor allem um die missbräuchliche Anwendung der Preisvergleichsmethode im Rahmen des inneren Preisvergleichs durch gezielte Einflussnahme auf die Preisbildung.68 Angesprochen sind damit jene Fälle, in denen etwa die inländische Muttergesellschaft gegenüber fremden Dritten niedrigere Preise oder sonst unübliche Bedingungen akzeptiert, um so eine geeignete Vergleichsbasis für Leistungsbeziehungen gegenüber ausländischen Tochtergesellschaften zu schaffen.69 Im Hinblick darauf wird für Zwecke der Ermittlung des angemessenen Verrechnungspreises durch die Preisvergleichsmethode (§ 1 Abs. 3 Satz 1 AStG) ein Mindestvolumen externer Referenztransaktionen verlangt, um so sicherzustellen, dass die Geschäfte mit fremden Dritten nicht allein zum Zwecke der Verrechnungspreisrechtfertigung abgeschlossen wurden.70
63 Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 21.3. 64 BFH v. 18.5.1999 – I B 140/98, BFH/NV 1999, 1516; v. 20.3.2002 – I R 63/99, BStBl. II 2003, 50; Schallmoser in Herrmann/Heuer/Raupach, § 8 KStG Rz. 36; Neumann in Rödder/Herlinghaus/Neumann, § 8 KStG Rz. 178; Lang in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, § 8 Abs. 3 Rz. 633; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 465; Vögele/Raab in Vögele/Borstell/Engler, Verrechnungspreise, 4. Aufl., A Rz. 385 f. 65 Hierzu Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 13.24 ff.; dort auch zum Konkurrenzverhältnis zu den §§ 7 – 14 AStG. 66 Vgl. nur BFH v. 2.3.2016 – I R 73/14, BStBl. II 2016, 887. 67 Drüen in Tipke/Kruse, Vor § 42 AO Rz. 14, § 42 AO Rz. 20b; Hey, DStR-Beih. 3/14, 8 (12); Hey, DStJG 33 (2010), 139 (145 f.); zuletzt FG Hamburg v. 27.6.2017 – 6 K 127/16, EFG 2017, 1718 (Revision eingelegt, Aktenzeichen des BFH: I R 52/17). 68 Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 664. 69 Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 664. 70 Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 665; Jakobs, Internationale Unternehmensbesteuerung, 8. Aufl. 2016, 567; vgl. auch BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171.
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3. Steuerhinterziehung a) Tatbestandsmäßigkeit In dem hier interessierenden Zusammenhang ist der Handlungstatbestand (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) erfüllt, wenn dem Steuerpflichtigen bei Abgabe der Steuererklärung bewusst ist, dass der Erklärungsinhalt auf Grund einer unangemessenen Verrechnungspreisbestimmung fehlerhaft ist und es hierdurch zu einer Steuerverkürzung kommt.71 Der Unterlassungstatbestand (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) ist demgegenüber erfüllt, wenn der Steuerpflichtige die Finanzverwaltung über steuerlich erhebliche Tatsachen pflichtwidrig in Unkenntnis lässt, etwa dann, wenn er auf Grund einer erst nach Abgabe der Steuererklärung gestellten Verrechnungspreisdokumentation erkennt, dass die der Steuererklärung zu Grunde gelegte Verrechnungspreisbestimmung unzutreffend ist.72 Als Täter kommen in Betracht insbesondere die Steuerpflichtigen selbst sowie Vorstände und Geschäftsführer von Kapital- und Personengesellschaften sowie Steuerabteilungsleiter und überhaupt alle Mitarbeiter eines Unternehmens, die im Zusammenhang mit der Verrechnungspreisbestimmung tätig sind.73 Der objektive Tatbestand knüpft an unrichtige oder unvollständige Tatsachen an. Die abzugebenden Steuererklärungen betreffen aber nicht nur Tatsachen. So ist etwa die Angabe des Gewinns in der Steuererklärung das Ergebnis einer vom Steuerpflichtigen selbst vorgenommenen Subsumtion, bei der durchaus von der durch die Rechtsprechung oder der Finanzverwaltung vorgegebenen Normauslegung abgewichen werden kann74. Das gilt insbesondere für den Bereich der Verrechnungspreise, die innerhalb einer bestimmten Bandbreite als fremdvergleichskonform anzusehen sind, so dass insoweit eine Steuerhinterziehung nur in Ausnahmefällen feststellbar sein wird.75
71 So die Formulierung von Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 12.17.; vgl. auch Peters in Kohlmann, § 370 AO Rz. 1594. 72 Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 12.20. 73 Krumm in Tipke/Kruse, § 370 AO Rz. 22; Geuenich/Kiesel, BB 2012, 155; zur steuerstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in arbeitsteiligen Unternehmen BGH v. 15.5.2018 – 1 StR 159/17, WM 2018, 2018; vgl. hierzu auch Pflaum, UR 2019, 63 ff.; speziell zur mittelbaren Täterschaft kraft Organisationsherrschaft Peters in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 370 AO Rz. 393 ff. 74 Zum Streit darüber, ob abweichende Rechtsansichten kenntlich zu machen sind vgl. die Nachweise bei Krumm in Tipke/Kruse, § 370 AO Rz. 49. 75 Krumm in Tipke/Kruse, § 370 AO Rz. 54; Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 12.19; Gocke/Ditz in FS Streck, 2011, 495 ff. (511 ff.); zu Einzelheiten zum objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen Peters in Kohlmann, § 370 AO Rz. 1594 ff.
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b) Ausgewählte Problembereiche76 aa) Tatsächlicher Fremdvergleich und Median Die Ableitung angemessener Verrechnungspreise aus den hierfür maßgeblichen Fremdvergleichswerten regelt § 1 Abs. 3 AStG. Hierbei wird unterschieden zwischen tatsächlichem und hypothetischem Fremdvergleich. Innerhalb des Anwendungsbereichs des tatsächlichen Fremdvergleichs ist darauf abzustellen, ob die in Betracht kommenden Fremdvergleichswerte uneingeschränkt oder nur eingeschränkt vergleichbar sind. Sind sie nur eingeschränkt vergleichbar, sind diese nach Vornahme sachgerechter Anpassungen einer geeigneten Verrechnungspreismethode77 zu Grunde zu legen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 AStG). Sind mehrere eingeschränkt vergleichbare Fremdvergleichswerte78 feststellbar, ist die sich ergebende Bandbreite einzuengen (§ 1 Abs. 3 Satz 3 AStG). Angesprochen sind damit statistisch anerkannte Verfahren, die darauf gerichtet sind, Extremwerte bei der Ermittlung von Durchschnittswerten auszuschalten79. Im Vordergrund hierbei steht die sog. Interquartil-Methode80, bei der sowohl das untere als auch das obere Viertel der Werte der ermittelten Preisband breite unberücksichtigt bleibt. Im Ergebnis wird damit die am Markt ermittelte Bandbreite um 50% pauschal eingeengt81. Liegen die tatsächlich vereinbarten Verrechnungspreise außerhalb der eingeengten Bandbreite, hat eine Einkünftekorrektur zu erfolgen, wobei Maßstab der Median ist (§ 1 Abs. 3 Satz 4 AStG). Mit der Bezugnahme auf den Median wird ein statistischer Begriff verwendet, der bedeutet, dass mindestens 50% aller Merkmalswerte kleiner oder gleich oder mindestens 50% aller Merkmalswerte auch größer oder gleich diesem Wert sind82. Der Median mag zwar für die Bestimmung angemessener Fremdvergleichspreise maßgeblich sein83, aus steuerstrafrechtlicher Sicht ist er indessen ohne Bedeutung. Die Frage nämlich, ob der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung gegeben ist, hängt nicht von statistischen Vorgaben ab, sondern orientiert sich allein an festgestell76 Zum Nachfolgenden Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 15.139 ff. 77 Vor allem die Standardmethoden. 78 So der Gesetzeswortlaut, gemeint sind Fremdvergleichspreise. 79 Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 962. 80 Hierzu Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 967. 81 Zur Kritik Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 967; Baumhoff in FS Wassermeyer, 347 (362 ff.). 82 Zu Einzelheiten Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 991 ff. 83 Zur Kritik hieran Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 998; unionsrechtlich ist auf den für den Steuerpflichtigen günstigsten Wert abzustellen, anderenfalls ist ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) gegeben; vgl. zur Begründung Rasch, TPI 2018, 288 (290 f.) unter Hinweis auf EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt, ECLI:EU:C:2018:366; wegen der von Art. 9 OECD-MA ausgehenden Sperrwirkung findet § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG zudem auch in Abkommensfällen keine Anwendung; vgl. zu Einzelheiten Baumhoff/Ditz/Greinert, DStR 2007, 1461 (1465); Ditz, DStR 2006, 1625 (1628); Rasch, TPI 2018, 288 (291 f.); anders nunmehr BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, DStR 2019, 1034 (keine Sperrwirkung beim sog. Konzernrückhalt).
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ten Vergleichswerten84. Das bedeutet, dass im Zweifel der für den Steuerpflichtigen günstigste Wert innerhalb einer festgestellten Preisbandbreite ohne Einengung auf Grund der sogenannten Interquartil-Methode zu Grunde zu legen ist85. Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung wird daher im Ergebnis überhaupt nur dann zu bejahen sein, wenn feststeht, dass der vereinbarte Verrechnungspreis außerhalb der Bandbreite der am Markt feststellbaren ggfls. angepassten Vergleichspreise liegt86. bb) Hypothetischer Fremdvergleich und Mittelwert Können bei Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs keine eingeschränkt vergleich baren Fremdvergleichswerte festgestellt werden, ist ein hypothetischer Fremdvergleich durchzuführen (§ 1 Abs. 3 Satz 5 AStG)87. Das bedeutet, dass ein am Markt zwischen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleuten typischer Preisbildungsprozess simuliert werden muss88. Hierbei ist davon auszugehen, dass die auf der Anbieter- und Nachfrageseite gedachten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter89 alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehungen kennen (§ 1 Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG)90. Im Rahmen des vorgenannten simulierten Preisbildungsprozesses ist auf Grund einer Funktionsanalyse und innerbetrieblicher Planrechnungen der Mindestpreis des Leistenden und der Höchstpreis des Leistungsempfängers zu ermitteln (§ 1 Abs. 3 Satz 6 AStG). Hierdurch entsteht ein Eini gungsbereich, der letztlich von den jeweiligen Gewinnerwartungen (Gewinnpotentialen) bestimmt wird. § 1 Abs. 3 Satz 6 AStG unterstellt somit, dass die Preisobergrenze des Leistungsempfängers stets über der Preisuntergrenze des Leistenden liegt (Einigungsbereich). Auf der Grundlage des so ermittelten Einigungsbereichs ist derjenige Verrechnungspreis angemessen, der innerhalb dieses Einigungsbereichs angesiedelt ist und der dem Fremdvergleichsgrundsatz mit der höchsten Wahrscheinlichkeit entspricht, wobei, soweit kein anderer Wert glaubhaft gemacht wird, der Mittelwert91 des Einigungsbereichs den angemessenen Verrechnungspreis abbildet (§ 1 Abs. 3 Satz 7 AStG)92. 84 Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 15.151. 85 Vgl. hierzu Peters/Pflaum, wistra 2011, 250 ff. (253). 86 Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 12.52; Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 15.151; Gocke/Ditz in FS Streck, 2011, 495 (507 ff). 87 Diese Pflicht obliegt dem Steuerpflichtigen. 88 Hierzu Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 1041 ff. 89 Zum doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter BFH v. 17.5.1995 – I R 147/93, BStBl. II 1996, 204; Baumhoff, Verrechnungspreise für Dienstleistungen, 1986, 139 ff.; Baumhoff/Liebchen in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 175 ff. 90 Zur Kritik an dieser realitätsfernen Transparenzklausel Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 350; Roeder, Ubg 2008, 202 (205); Piltz in JbFStR 2007/2008, 99 (149 ff.). 91 Mit Mittelwert ist wohl der arithmetische Mittelwert gemeint. 92 Entgegen BFH v. 15.9.2004 – I R 7/02, BStBl. II 2005, 867, wonach wie beim tatsächlichen Fremdvergleich (BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171) auch beim hypothetischen Fremdvergleich auf den für den Steuerpflichtigen günstigsten Wert abzustellen ist.
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In steuerstrafrechtlicher Hinsicht ist dieser Mittelwert ohne Bedeutung. Denn auch beim hypothetischen Fremdvergleich ist darauf abzustellen, ob der tatsächlich zu Grunde gelegte Verrechnungspreis sich innerhalb des Einigungsbereichs befindet93, wobei unter dem Gesichtspunkt des in dubio pro reo-Grundsatzes innerhalb des Einigungsbereichs der für den Steuerpflichtigen günstigste Wert zu Grunde zu legen ist94. cc) Verrechnungspreisdokumentation und Schätzung Für Zwecke der Verrechnungspreisprüfung durch die Finanzbehörden werden dem Steuerpflichtigen umfangreiche Mitwirkungspflichten und Dokumentationspflichten auferlegt (§ 90 Abs. 2, 3 AO). Die Dokumentationspflichten umfassen vor allem eine Sachverhaltsdokumentation, die sich im Grundsatz nur auf Sachverhaltsaspekte bezieht (§ 90 Abs. 3 Satz 1 AO, § 1 Abs. 2 GAufZV). Über diese Sachverhaltsdoku mentation hinaus verlangt § 90 Abs. 3 Satz 2 AO aber auch eine Angemessenheits dokumentation, in deren Rahmen dem Steuerpflichtigen rechtliche Wertungen, insbesondere eine Subsumtion unter § 1 AStG abverlangt werden (§ 1 Abs. 1 GAufZV). Werden die Dokumentationspflichten verletzt, können Steuerzuschläge bei Nichtvorlage und verspäteter Vorlage verwertbarer Dokumentationen festgesetzt werden (§ 162 Abs. 4 AO). Während bei Nichtvorlage ein Steuerzuschlag in Höhe von mindestens EUR 5.000, mindestens aber 5% und höchstens 10% der hinzugeschätzten Einkünfte fällig wird, sind bei verspäteter Vorlage für jeden vollen Tag Versäumnis EUR 100, maximal EUR 1 Mio., zu zahlen. Bei diesen Steuerzuschlägen handelt es sich nicht um Strafen im Rechtssinne, sondern um Beugemittel95 mit der Folge, dass darüber hinaus eine Strafbarkeit wegen Steuerhinterziehung nicht ausgeschlossen ist.96 Darüber hinaus wird gem. § 162 Abs. 3 Satz 1 AO im Rahmen einer Schätzung widerlegbar vermutet, dass die im Inland erzielten steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Dokumentation dient, höher als die erklärten Einkünfte sind. Es handelt sich hier um eine Beweisvermutung zu Lasten des Steuerpflichtigen, die un93 Ist das der Fall, ist bereits der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung zu verneinen; vgl. Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 15.153. 94 Spezifisch steuerliche Beweislastregelungen haben im Steuerstrafverfahren außer Betracht zu bleiben; vgl. BGH v. 24.6.1987 – 3 StR 152/87, wistra 1987, 292; BGH v. 10.9.1985 – 4 StR 487/85, wistra 1986, 65; BFH v. 10.11.2009 – I StR 283/09, wistra 2010, 148; Joecks in Joecks/ Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8.Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 73 ff.; Randt in Joecks/Jäger/ Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 385 AO Rz. 22; Schmitz/Wulf in MüKo-StGB, 2. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 172 ff.; Peters/Pflaum, wistra 2011, 250 (253); a.A. Ransiek in Kohlmann, § 370 AO Rz. 458, 462, der zwischen Taterfolg und Tathandlung differenziert, wonach steuerliche Beweislastregeln zwar bei Feststellung des Taterfolges Geltung haben sollen, nicht aber bei der Frage, ob eine Tathandlung vorliegt, so dass nur insoweit der in dubio pro reo-Grundsatz zur Anwendung kommen soll. 95 Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz. 72. 96 Das Doppelbestrafungsverbot (Art. 103 Abs. 3 GG) greift somit nicht ein; aus unionsrechtlicher Sicht wegen des repressiven Charakters aber zweifelhaft; vgl. EuGH v. 20.3.2018 – C-524/15 – Luca Menci, ECLI:EU:C:2018:197, ZWH 2018, 171.
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mittelbar auf die Rechtsfolge, nämlich höhere Einkünfte, abzielt.97 Soweit der Steuerpflichtige diese zu seinen Lasten gehende Beweisvermutung nicht zu widerlegen vermag und auch die Finanzbehörde aufgrund anderweitiger Erkenntnisse nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verrechnungspreise angemessen sind98, ermächtigt § 162 Abs. 3 Satz 2 AO die Finanzbehörde in den Fällen, in denen sich angemessene Verrechnungspreise innerhalb bestimmter Bandbreiten bewegen, zu einer Schätzung bis zu dem für den Steuerpflichtigen ungünstigsten Ende der Bandbreite.99 Das gilt auch für den Fall, dass eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten bzw. Auskunftspflichten verletzt (§ 162 Abs. 3 Satz 3 AO).100 Im Steuerstrafrecht findet § 162 Abs. 3 AO indessen keine Anwendung101, so dass die dort verankerte Beweisvermutung strafrechtlich ohne Bedeutung ist.102 Daraus folgt: Der objektive Tatbestand der Steuerhinterziehung ist überhaupt nur dann erfüllt, wenn sich der vereinbarte Verrechnungspreis bei Anwendung des tatsächlichen Fremdvergleichs (§ 1 Abs. 3 Sätze 1 u. 2 AStG) außerhalb feststellbarer Bandbreiten und bei Anwendung des hypothetischen Fremdvergleichs (§ 1 Abs. 3 Satz 5 AStG) außerhalb des maßgeblichen Einigungsbereichs befindet und als unangemessen erweist. Der subjektive Tatbestand der Steuerhinterziehung103 setzt Vorsatz voraus104, der in der Praxis nur dann nachweisbar sein wird, wenn etwa der Steuerpflichtige bewusst Verrechnungspreise außerhalb der vorgenannten Bandbreiten festlegt.105 Soweit in diesem Zusammenhang eine Dokumentation vorgelegt wird, aufgrund derer die Überlegungen zur Ermittlung der Verrechnungspreise in vertretbarer Weise dargestellt werden, wird der erforderliche Vorsatz in aller Regel nicht nachzuweisen sein.106 Wer dagegen ohne Rücksicht auf die Vorgaben des § 1 Abs. 3 AStG den Verrechnungspreis festlegt, der sodann „zufällig“ innerhalb der maßgeblichen Bandbrei-
97 Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz. 66. 98 Cordes, Steuerliche Aufzeichnungspflichten bei internationalen Verrechnungspreisen, 2009, 134 f. 99 Der BFH hatte vor Einführung des § 162 Abs. 3 AO noch eine Schätzung an dem für den Steuerpflichtigen günstigsten Ende der Bandbreite vorgeschrieben, vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171. 100 Derartige Personen haben indessen keine originären Mitwirkungspflichten, so dass § 162 Abs. 3 Satz 3 AO insoweit leerläufig ist; hierzu Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz. 71a; Seer, IWB 2012, 350 (356). 101 Seer in Tipke/Kruse, § 162 AO Rz. 16. 102 Dumke/Webel in Schwarz/Pahlke, § 370 AO, Rz. 87a; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 73 ff.; Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht 2015, Rz. 15.129; Peters/Pflaum, wistra 2011, 250 (253). 103 Hierzu Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen 2014, Rz. 12.23. 104 Hierzu Peters/Pflaum, wistra 2011, 250 (255). 105 Gocke/Ditz in FS Streck, 2011, 495 (512). 106 Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 12.33; Peters/Pflaum, wistra 2011, 250 (255).
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ten liegt, wird sich ggfs. einer versuchten Steuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1, 2 AO, §§ 22, 23 Abs. 1 StGB) strafbar gemacht haben.107 dd) Fremdvergleich und Transparenzklausel Maßstab für die Einkünfteberichtigung sind Bedingungen für Geschäftsbeziehungen, die unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AStG). Abzustellen ist damit auf den Drittfremdpreis, und zwar ohne Rücksicht darauf, welche der Einkünftekorrekturnormen108 eingreift. Obwohl die Preisbildung zwischen unabhängigen Dritten durch eine asymmetrische Informationsverteilung geprägt ist109, ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG davon auszugehen, „dass die voneinander unabhängigen Dritten alle wesentlichen Umstände der Geschäftsbeziehungen kennen und nach den Grundsätzen ordentlicher und ge wissenhafter Geschäftsleiter handeln“. Diese wirklichkeitsfremde Transparenzklausel, die für den tatsächlichen und hypothetischen Fremdvergleich gleichermaßen gilt110, entbehrt allerdings einer Parallele im Abkommensrecht111. Wegen der von den Doppelbesteuerungsabkommen ausgehenden Sperrwirkung gegenüber dem nationalen Recht112 bleibt die Transparenzklausel somit in Abkommensfällen außer Betracht mit der Folge, dass auch aus steuerstrafrechtlicher Sicht § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG ohne Bedeutung ist. Das gilt auch im Hinblick darauf, dass die in § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG verankerte Transparenzklausel nichts anderes ist als eine bloße Sachverhaltsunterstellung (Fiktion), die steuerstrafrechtlich unbeachtet bleibt113.
107 Peters/Pflaum, wistra 2011, 250 (255 f.); dort auch mit Hinweisen zur Frage, wann bei nicht fremdüblichen Verrechnungspreisen der Vorwurf der Leichtfertigkeit i.S.d. § 378 AO in Betracht kommt. 108 § 1 AStG, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG, § 8 Abs. 3 Satz 3 KStG, § 4 Abs. 1 Satz 1, 3 EStG. 109 Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 348. 110 Baumhoff/Liebchen in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, § 1 AStG Rz. 350 ff. 111 Baumhoff/Liebchen in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 2014, Rz. 4.189; Schaumburg in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 21.163, 21.180. 112 BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BStBl. II 2013, 1046; v. 17.12.2014 – I R 23/13, BStBl. II 2016, 261; v. 24.6.2015 – I R 29/14, BStBl. II 2016, 258 (Nichtanwendungserlass BMF v. 30.3.2016, BStBl. I 2016, 455); Schaumburg/Häck in Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 4. Aufl. 2017, Rz. 12.292; Ditz/ Haverkamp, Ubg 2019, 10; anders nunmehr BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, DStR 2019, 1034 (keine Sperrwirkung beim sog. Konzernrückhalt). 113 Vgl. hierzu BGH v. 24.6.1987 – 3 StR 152/87, wistra 1987, 292; BGH v. 10.9.1985 – 4 StR 487/85, wistra 1986, 65; BFH v. 10.11.2009 – I StR 283/09, wistra 2010, 148; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8.Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 73 ff.; Randt in Joecks/ Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 385 AO Rz. 22; Schmitz/Wulf in MüKo-StGB, 2. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 172 ff.; Peters/Pflaum, wistra 2011, 250 (253); a.A. Ransiek in Kohlmann, § 370 AO Rz.458, 462, der zwischen Taterfolg und Tathandlung differenziert, wonach steuerliche Beweislastregeln zwar bei Feststellung des Taterfolges Geltung haben sollen, nicht aber bei der Frage, ob eine Tathandlung vorliegt, so dass nur insoweit der in dubio pro reo-Grundsatz zur Anwendung komme.
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III. Ausblick Dass im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen eine Steuerhinterziehung nur in Ausnahmefällen zu bejahen sein wird, ist allgemeine Ansicht.114 Mit der fortschreitenden Erweiterung der für Verrechnungspreise maßgeblichen Dokumentations- und Anzeigepflichten115 steigt allerdings die Gefahr von Pflichtverletzungen, die dann zu einer Steuerhinterziehung führen können, wenn entweder gar keine oder Steuererklärungen mit zu niedrigen Einkünften abgegeben werden oder es sonst in Folge der Verletzung der vorgenannten Pflichten zu keiner oder zu einer zu niedrigen oder verspäteten Steuerfestsetzung kommt.116 Soweit die Pflichtverstöße nicht zu einer vollendeten oder versuchten Steuerhinterziehung führen, kann insbesondere der Tatbestand der Steuergefährdung gemäß § 379 AO erfüllt sein.117 Hubertus Baumhoff hat zuletzt noch darauf hingewiesen, dass es erforderlich ist, in Orientierung an die gesetzlichen Dokumentations- und Mitteilungspflichten für eine Tax-Compliance Sorge zu tragen.118 Ein entsprechendes Compliance-Management, das der Verhin derung von Pflichtverletzungen und darüber hinaus der Aufdeckung von Fällen der „Non-Compliance“ dient, ist Teil der Leitungsverantwortung in Unternehmen.119 Ist eine Compliance-Organisation im Unternehmen eingerichtet120 und kommt es gleichwohl zu Pflichtverletzungen, kann dies im Rahmen eines Steuerstrafverfahrens oder Bußgeldverfahrens (spätestens) bei der Bemessung der Strafe oder der Geldbuße positiv berücksichtigt werden.121 Da die für die Angemessenheitsprüfung von Verrechnungspreisen maßgeblichen rechtlichen Rahmenbedingungen einem schnellen Wandel unterworfen sind, bedarf es einer fortwährenden Anpassung des Com pliance-Risikomanagements.122 In größeren Unternehmen werden daher für Verrechnungspreisthemen eigene Abteilungen unterhalten, an die grenzüberschreitende Sachverhalte zu melden sind und die die weitere Bearbeitung (Preisfestsetzung, Kalkulation, vertragliche Abbildung und Dokumentation) koordinieren.123 Nur unter diesen Voraussetzungen werden im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen keine weitergehenden strafrechtlichen Probleme auftreten. 114 Peters in Kohlmann, § 370 AO Rz. 15.94; Peters in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 15.157; Puls in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014, Rz. 12.3; Gocke/Ditz, FS Streck, 2011, 495 (508). 115 Nur beispielhaft Sachverhaltsdokumentation (§ 90 Abs. 3 S. 2 AO, § 1 Abs. 2 GAufzV), Angemessenheitsdokumentation (§ 90 Abs. 3 S. 2 AO, § 1 Abs. 3 GAufzV), Stammdokumentation (§ 90 Abs. 3 S. 3, § 5 GAufzV), länderbezogene Berichterstattung – Country-by-Country-Reporting/CbCR (§ 138a AO). 116 Schaumburg in Schaumburg/Peters, Internationales Steuerstrafrecht, 2015, Rz. 14.34. 117 Zur Subsidiarität des § 379 AO Mathes in Kohlmann, § 379 AO Rz. 17. 118 Baumhoff/Kluge in FS Kuckhoff, 2018, 21. 119 Merkt, ZIP 2014, 1705 (1707); Schulz, BB 2019, 579 (579 f.). 120 Zur entsprechenden Organisationspflicht der Leitungsebene eines Unternehmens: LG München I v. 10.12.2013 – 5 HK O 1387/10, BB 2014, 850; Fleischer, NZG 2014, 321; Schulz, BB 2019, 579. 121 Vgl. BGH v. 9.5.2017 – 1 StR 265/16, wistra 2017, 390. 122 Schulz, BB 2019, 579 (581). 123 Baumhoff/Kluge in FS Kuckhoff, 2018, 21 (32).
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreis korrekturen Eine Bestandsaufnahme nach dem EuGH-Urteil Hornbach Inhaltsverzeichnis I. Fremdvergleich - hypothetischer und tatsächlicher Fremdvergleich 1. Rechtsgrundlagen 2. Hypothetischer und tatsächlicher Fremdvergleich a) Hypothetischer und tatsächlicher Fremdvergleich bedingen einander b) Geschäftsvorfälle, die es typischer weise nur zwischen verbundenen Unternehmen gibt II. Preisbandbreiten 1. Ursache für Preisbandbreiten: unvollkommene Märkte und fehlende Markttransparenz 2. Fremdüblichkeit 3. Uneingeschränkte Vergleichbarkeit, eingeschränkte Vergleichbarkeit, Unvergleichbarkeit
4. Anpassungsrechnungen 5. Verprobung einer Bandbreite 6. Anzahl von Vergleichsdaten 7. Steigerung der Zuverlässigkeit durch Interquartilsbildung (Wahrscheinlichkeitsrechnung) I II. Höhe einer Verrechnungspreiskorrektur 1. BFH vom 17.10.2001: Beweislastentscheidung auf den für den Stpfl. günstigsten Bandbreitenwert 2. Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG): Mediankorrektur für Auslandssachverhalte 3. OECD Guidelines 2010 und 2017 4. EuGH-Urteile SGI und Hornbach IV. Fazit
I. Fremdvergleich - hypothetischer und tatsächlicher Fremdvergleich 1. Rechtsgrundlagen Sowohl nach dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 OECD-MA als auch nach dem von § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG ist ein hypothetischer Fremdvergleich erforderlich. Es wird nämlich darauf abgestellt, was voneinander unabhängige Unternehmen „miteinander vereinbaren würden“ (= Art. 9 Abs. 1 OECD-MA) bzw. was sie „unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten“ (= § 1 Abs. 1 AStG) und nicht darauf, was unabhängige Unternehmen tatsächlich vereinbart haben. Bei einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist abzugrenzen, ob die von einer Kapitalgesellschaft erbrachten Leistungen ausschließlich eigenbetrieblich oder ob sie – auch – durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sind. Diese Abgrenzung erfolgt ebenfalls anhand eines Fremdvergleichs, der sowohl anhand hypothetischer Überlegungen, die ein ordentlich handelnder Geschäftsleiter angestellt hätte („Soll-Ist-Vergleich“) oder durch einen tatsächlichen Vergleich von 313
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Preisen bzw. Gewinnmargen und Geschäftsbedingungen („Ist-Ist-Vergleich“) durchgeführt werden kann.1 Ergibt der Fremdvergleich, dass das Konzernunternehmen vom Fremdüblichen abweicht, wird hieraus die Vermutung abgeleitet, dass die mit dem Fremdunüblichen in Zusammenhang stehenden Leistungen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und deshalb als vGA i.S.d. § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu qualifizieren sind. Gleiches gilt für die verdeckte Einlage. 2. Hypothetischer und tatsächlicher Fremdvergleich a) Hypothetischer und tatsächlicher Fremdvergleich bedingen einander Der zwischen verbundenen Unternehmen vereinbarte Geschäftsvorfall muss nicht zwangsläufig mit den zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen tatsächlich realisierten Geschäftsvorfällen verglichen werden, sondern kann an einem normativen Fremdgeschäftsvorfall – wie ihn zwei ordentliche und gewissenhafte, voneinander unabhängige Geschäftspartner miteinander vereinbaren würden – gemessen werden (sog. doppelter ordentlicher Geschäftsleiter). Der Fremdvergleich wird also qualitativ „durch Nachdenken“ und quantitativ durch Umfragen oder statistische Erhebungen durchgeführt. Der Blick auf konkrete Tatsachen, auf die Preisgestaltungen des Stpfl. mit Fremden (betriebsinterner Fremdvergleich) sowie auf die Preisgestaltungen zwischen fremden Dritten (betriebsexterner Fremdvergleich) ist auch beim hypothetischen Fremdvergleich natürlich nicht überflüssig. Solche Umstände und die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen sind erforderlich, den qualitativen, wertenden Prozess flankierend zu ergänzen. Andererseits ist beim tatsächlichen – betriebsinternen oder betriebsexternen – Fremdvergleich nicht nur eine Erhebung möglichst vieler Fremddaten erforderlich, sondern es müssen die Fremddaten durch die Setzung von Filtern gewichtet, bewertet und ggfs. ausgesondert werden. Schon das Setzen geeigneter Filter setzt betriebswirtschaftlich vernünftiges Nachdenken voraus. Das Vorgesagte zeigt auf, dass der hypothetische Fremdvergleich immer auch empirischer Daten und Fakten und umgekehrt der tatsächliche Fremdvergleich immer auch des qualitativen Ausfilterns von Daten und der Wertung einer Vergleichbarkeit bedarf. Beide Formen des Fremdvergleichs bedingen somit einander und können den jeweils anderen Fremdvergleich nicht entbehrlich machen. In diesem Zusammenhang ist eine Podiumsdiskussion bei der Jahrestagung der Fachanwälte für Steuerrecht 2004/2005 interessant, die bis heute hochaktuell ist:2
1 Vgl. Wassermeyer in FS Offerhaus, 1999, S. 416. 2 Vgl. die Diskussionsbeiträge von Kroppen und Buciek, JbFSt 2004/2005, S. 717 ff.
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
Kroppen: „Herr Schreiber hat eines meiner Lieblingsthemen aufgeworfen, über das ich mich schon öfter aufgeregt habe. Es geht um die Frage, ob der hypothetische Fremdvergleich tatsächlich dazu dienen kann, tragfähige Ergebnisse eines tatsächlichen Fremdvergleichs zu hinterfragen und sogar zu korrigieren. Ich sage Ihnen ganz dezidiert, dass das grundsätzlich nach meiner Auffassung nicht möglich ist und ich bin auch der Auffassung, dass diese Rechtsfigur des hypothetischen Fremdvergleichs Unfug ist. Denn was bedeutet sie eigentlich? Beim hypothetischen Fremdvergleich kommt man durch Nachdenken zu Preisen. Dies ist meines Erachtens völlig unbestimmt und führt letztendlich durch die völlige Loslösung von objektiven Kriterien in eine Verdachtsbesteuerung. Gerade Mitglieder des 1. Senats sind normalerweise sehr kritisch gegenüber den Themen Verdachtsbesteuerung und unbestimmte Tatbestandsmerkmale. Der hypothetische Fremdvergleich sollte vor diesem Hintergrund noch einmal ganz kritisch geprüft werden. Woran liegt es eigentlich, dass dieser nicht zu vernünftigen tragfähigen Ergebnissen führen kann? Es liegt in der Natur der Sache, weil leider oder vielleicht erfreulicherweise das Ergebnis von Nachdenken nicht immer gleich ist. Rein praktisch würde zunächst der Steuerpflichtige nachdenken und zu einem Preis gelangen. Später kommt der Betriebsprüfer und denkt ebenfalls nach und – weil er klüger ist als jeder Steuerpflichtige – ist das Ergebnis seiner Überlegungen oft ein anderes. Zum Schluss kommt der Klügste von allen, nämlich der Richter, und entscheidet, wer beim Nachdenken Recht hatte. Das alles wird den Kriterien von Rechtsstaatlichkeit und Bestimmbarkeit von Besteuerung nicht mehr gerecht und ich halte das für inakzeptabel. … Selbst wenn eine identische Bepreisung vorliegt, ist zu untersuchen, ob auch die sonstigen Bedingungen des Geschäfts identisch sind. … Haben Dritte unter Umständen noch andere Lieferanten mit anderen Produkten und können sie deshalb eine Kostendeckung erreichen? Ist die Vertriebstochtergesellschaft gegenüber dem Hersteller verpflichtet, die gesamte Produktpalette abzunehmen, während Dritte sich die besonders gängigen Waren aussuchen können? Wie konkret sieht das Marketing aus? Ist die konzerneigene Vertriebsgesellschaft viel intensiver in Marketingbemühungen eingebunden als der Dritte?“ Buciek: „Zunächst möchte ich unterstreichen, wie auch Herr Schreiber völlig zu Recht ausgeführt hat, dass man nicht nur auf den objektiven Preis abstellen kann, wenn man einen Vergleich anstellt. Vielmehr muss man immer auf die sonstigen Konditionen und Umstände Rücksicht nehmen. Zahlt das Tochterunternehmen 2,50 Euro für einen bestimmten Artikel und zahlt auch ein fremder Dritter 2,50 Euro, dann können das ganz unterschiedliche 2,50 Euro sein. Lassen Sie mich einige wenige Worte zur Frage des hypothetischen Fremdvergleichs anbringen, den Herr Kroppen heftig kritisiert hat. Es sind die Worte „Unfug“ und „inakzeptabel“ gefallen. Anschließend hat Herr Kroppen sinngemäß mit lichtvollen Worten genau das getan, was man bei einem hypothetischen Fremdvergleich tut. Er hat nämlich die Überlegungen skizziert, von denen man sich vorstellt, dass sie unter Kaufleuten im Zusammenhang mit der Preisbemessung angestellt würden.“ 315
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Die oben angeführte Podiumsdiskussion zeigt auf, dass zum Nachdenken beim hypothetischen Fremdvergleich stets auch empirisch nachprüfbare Fakten hinzutreten müssen, weil man sonst das Ergebnis des Nachdenkens nicht mehr vorhersehen und sich vor willkürlichen Ergebnissen nicht schützen kann. Alle Beteiligten sollten ihre Überlegungen über das übliche Verhalten ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter daher immer nachvollziehbar und überprüfbar darlegen und nicht etwa nur behaupten, wie das fremdübliche Verhalten – angeblich – aussieht. Ein Negativbeispiel in diesem Sinne – und damit eine Bestätigung der Befürchtungen von Kroppen - ist das Urteil des FG Münster vom 16.3.2006, in dem ohne eine Silbe der Begründung und erst recht ohne jeden Nachweis die Behauptung aufgestellt wird, dass bei der Verlagerung von Produktionsvorgängen ins Ausland unabhängige Lohnfertiger eine hälftige Teilung der entstehenden Kostenvorteile durchsetzen könnten.3 Hätte das Gericht, das mit seinem Urteil ein vielfach genutztes Steuersparmodell kreiert und dem deutschen Fiskus immensen Schaden zugefügt hat, seine Überlegungen begründet und verplausibilisiert, hätte sich ihm erschließen müssen, dass Standortvorteile keineswegs regelmäßig hälftig aufgeteilt werden – schon gar nicht bei Produktionsver lagerungen in Niedriglohnländer – sondern in erster Linie demjenigen zugutekommen, der die größere Verhandlungsmacht hat.4 Dies ist üblicherweise der Auftraggeber (= Geschäftsherr) und nicht etwa der – oftmals leicht austauschbare – Lohnfertiger. Dies gilt in dem vom FG Münster entschiedenen Streitfall erst recht, da dort der Lohnfertiger über keine eigenen wesentlichen IWG wie Markenrechte o.ä. verfügte und ihm zudem die Produktionsanlagen vom Auftraggeber unentgeltlich beigestellt worden waren. Der BFH hatte in den Urteilen vom 17.12.20145 und vom 24.6.20156 noch entschieden, dass in den maßgeblichen Vergleichsmaßstab des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA nur diejenigen (Sachverhalts-)Umstände einbezogen sind, die sich auf die „wirtschaftlichen oder finanziellen Bedingungen“ auswirken, also die Angemessenheit (Höhe) des Vereinbarten berühren. Eine Gewinnkorrektur, die sich nicht nur auf die Angemessenheit (Höhe) des Vereinbarten erstreckt, sondern – in einem zweistufigen Vorgehen – gleichermaßen auf dessen „Grund“ (Üblichkeit der Konditionen, Ernsthaftigkeit), sei hingegen den Vergleichsmaßstäben des „dealing at arm’s length“ fremd, schon um mangels einer entsprechenden Gegenkorrektur andernfalls drohenden doppelten Besteuerungen vorzubeugen. Der BFH hatte damit im Ergebnis eine TWAfA zum Abzug zugelassen, obwohl das Geschäft dem Grunde nach – hier eine Darlehensgewährung ohne Gestellung von Sicherheiten an einen notleidenden Schuldner – zwischen voneinander unabhängigen Geschäftspartnern möglicherweise gar nicht zustande gekommen wäre.
3 FG Münster, Urt. v. 16.3.2006 - 8 K 2348/02 E, EFG 2006, 1562. 4 So auch OECD-GL 2017, Tz 9.151: „Einem auf Auftragsbasis tätigen Produktionsunternehmen (das starker Konkurrenz unterliegt), würde nach dem Fremdvergleichsgrundsatz im Allgemeinen allenfalls ein sehr geringer Teil der Standortvorteile zufallen.“ 5 BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BFHE 248, 170 = BStBl. II 2016, 261. 6 BFH v. 24.6.2015 – I R 29/14, BFHE 250, 386 = BStBl. II 2016, 258.
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Zu der Frage, wie bei Darlehensgeschäften, die zwischen Fremden üblicherweise nicht zustande kommen, ein fremdüblicher Zinssatz (Risikozuschlag) ermittelt werden kann, hatte der BFH in den beiden vorgenannten Urteilen keine Hinweise gegeben. Die Finanzverwaltung hat beide Urteile mit einem Nichtanwendungserlass versehen.7 Erstaunlicherweise hat der Gesetzgeber bis heute nicht geregelt, ob er den OECD Guidelines 2017 folgen will, die genau diese – vom BFH bisher abgelehnte – zweistufige Fremdvergleichsprüfung vorsehen, d.h. eine Prüfung, ob das Geschäft zwischen Dritten dem Grunde nach zustande gekommen wäre und ob der vereinbarte Preis angemessen ist. Der BFH hat nunmehr mit Urteil vom 27.2.20198 seine o.a. Rechtsprechung aufgegeben. Zum neuen Urteil vom 27.2.2019 hat der Vorsitzende Richter des 1. Senats des BFH erläutert,9 dass sich der BFH „zu Recht von der bisherigen Rechtsprechung gelöst“ habe, nach der die dem Art. 9 OECD-MA entsprechenden DBA-Bestimmungen eine Einkunftskorrektur gem. § 1 AStG ausschließen und nur ‚Preis‘-Berichtigungen erlauben. Eine solche Sperrwirkung werde weder vom Wortlaut (Korrektur vereinbarter ‚Bedingungen‘) noch vom Zweck der Norm (‚Gewinn‘-Berichtigung) getragen. Mit Urteil vom 21.12.1994 hatte der BFH entschieden10, dass zwischen Kapitalgesellschaften, die demselben Konzern angehören, die Besicherung von Darlehensforderungen unüblich sei. Gerade deshalb könne als angemessener Zins nur derjenige angesetzt werden, der für besicherte Darlehen gelte. Die Entscheidung ist nicht nachvollziehbar, weil eine Vereinbarung nicht deshalb als fremdüblich angesehen werden kann, weil sie dem entspricht, worauf einander nahestehende Personen sich üblicherweise verständigen bzw. was innerhalb eines Konzerns üblich ist.11 Richtigerweise hat der BFH dies nun in seiner neueren Rechtsprechung gerade gerückt. Zudem hat er herausgestellt, dass der Verzicht auf die Einräumung einer werthaltigen Sicherung von Darlehensansprüchen nicht fremdüblich ist.12 b) Geschäftsvorfälle, die es typischerweise nur zwischen verbundenen Unternehmen gibt Bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes ist im Übrigen daran zu denken, dass es innerhalb einer Unternehmensgruppe Geschäftsvorfälle gibt, die es zwischen fremden Dritten eher selten bzw. sogar nie gibt, wie z.B. die Entsendung von Führungspersonal oder die Etablierung eines Cash Pools. Zur Vermeidung willkürlicher Ergebnisse durch Nachdenken muss in solchen Fällen auf betriebswirtschaftlich 7 Vgl. BMF-Schreiben v. 30.3.2016, BStBl. I 2016, 261. 8 BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, BFHE 263, 525 = DB 2019, 1120. 9 Vgl. Wacker, FR 2019, 449. 10 Vgl. BFH v. 21.12.1994 – I R 65/94, DB 1995, 1312. 11 So auch Wacker, FR 2019, 449 und Schreiber/Greil, DB 2018, 2527 (2528) und Schön, IStR 2011, 777 (778). 12 Vgl. BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, BFHE 263, 525 = DB 2019, 1120.
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vernünftige Handlungsweisen zurückgegriffen werden, die nachvollziehbar dargelegt und begründet werden müssen.
II. Preisbandbreiten 1. Ursache für Preisbandbreiten: unvollkommene Märkte und fehlende Markttransparenz Da der Vergleich von konzernintern vereinbarten Preisen bzw. Margen mit Fremddaten keine exakte Wissenschaft ist13, wird sich – unabhängig davon, welche Verrechnungspreismethode angewandt wird – regelmäßig eine Spanne von mehreren Preisen bzw. Gewinnmargen ergeben. Dies gilt erst recht, wenn mehrere Verrechnungspreismethoden verwendet werden.14 Die Entstehung von Bandbreiten ist auch und gerade darauf zurückzuführen, dass es das in der Volkswirtschaftslehre angewandte Konzept eines vollkommenen Marktes in der praktischen Wirklichkeit nicht gibt. Ein vollkommener Markt ist nur dann gegeben, wenn alle der nachfolgenden Merkmale erfüllt sind:15 –– rationales Verhalten aller Marktteilnehmer, –– sachliche, räumliche, zeitliche, persönliche Homogenität der gehandelten Güter, –– vollständige Markttransparenz, –– alle Anbieter und Nachfrager haben nur sehr kleine Marktanteile (atomistische Angebots- und Nachfragestruktur), –– freier Marktzutritt, –– unendlich schnelle Reaktionsgeschwindigkeit und –– keine Transaktionskosten bei der Durchführung von Anpassungsprozessen. In der Wirklichkeit liegen die oben angeführten Merkmale jedoch niemals vollständig vor. 2. Fremdüblichkeit Eine steuerlich anzuerkennende Fremdvergleichsbandbreite ergibt sich, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen allesamt erfüllt sind: –– Es müssen mehrere Werte ermittelt werden können, –– die vergleichbare Sachverhalte betreffen und
13 So auch Tz. 1.13 der OECD-Leitlinien 2010. 14 Vgl. Tz. 3.55 OECD-Leitlinien 2010. 15 Vgl. Baumhoff in FS Wassermeyer, 2005, S. 347 (348).
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
–– das übliche Verhalten –– zwischen Fremden –– zuverlässig widerspiegeln. Sinn eines Fremdvergleichs ist es, fremdübliche Preisgestaltungen zu identifizieren. Das Wort „fremdüblich“ hat zwei Wortbestandteile: fremd und üblich. Schon aus dem Wortlaut folgt, dass es nur auf das „übliche“ Verhalten zwischen Fremden ankommen kann.16 Es muss deshalb aus dem Gesamtverhalten der Fremden ein „übliches“ Verhalten herausgefiltert werden. Die Notwendigkeit des Filterprozesses mag aus folgendem Beispiel erkennbar werden: Zwischen fremden Dritten kommt es immer wieder vor, dass eine Leistung erbracht wird und der Leistungserbringer eine Abrechnung vergisst bzw. erst nach Eintritt der Verjährung vornimmt. Würde man auch diesen „Preis“ in die Bandbreite mit einbeziehen, könnte jede vergleichbare Leistungserbringung zwischen Nahestehenden mit Null abgerechnet werden. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass nicht jeder Preis, der irgendwann einmal zwischen fremden Dritten zustande gekommen ist, als fremd üblich angesehen werden kann. Vielmehr kann ein Preis (z.B. Lizenz, Zins, Gewinnmarge) erst dann als üblich betrachtet werden, wenn er in einer deutlichen Mehrzahl der Vergleichsgeschäfte zwischen Fremden (= > 75% der Fälle) vereinbart worden ist, d.h. wenn er der Regelfall und nicht die Ausnahme ist. 3. Uneingeschränkte Vergleichbarkeit, eingeschränkte Vergleichbarkeit, Unvergleichbarkeit Für die Annahme einer Fremdpreisbandbreite ist nicht erforderlich, dass eine uneingeschränkte Vergleichbarkeit, d.h. eine Identität von Funktionen, Risiken, eingesetzten Wirtschaftsgütern, vertraglichen Vereinbarungen, Marktverhältnissen (z.B. Marktgröße, Wettbewerbsintensität, Verhandlungsmacht, staatliche Regulierungen) und Geschäftsstrategien gegeben ist. Da allerdings die Vergleichbarkeit unabdingbare Voraussetzung ist, kann eine Bandbreite – im Gegensatz zur Ansicht des BFH – niemals auf den Unterschied von Funktionen, Risiken oder der Geschäftsstrategie zurück zuführen sein.17 Die Entstehung von Bandbreiten erklärt sich vielmehr aus unvoll ständiger Markttransparenz und dem nicht immer rationalen Verhalten der Marktteilnehmer. Bestehen Unterschiede bei den vorgenannten Vergleichbarkeitskriterien, dürfen sie sich entweder nicht wesentlich auf den Preis auswirken oder müssen durch
16 Gl.A. Wassermeyer in F/W/B/S, § 1 AStG Rz. 823.26 (Stand Oktober 2004): „Richtigerweise muss auf das Verhalten einer repräsentativen Zahl von fremden Dritten abgestellt werden.“ S. auch die OECD-Leitlinien 2010, die u.a. in folgenden Tz. auf das „übliche“ Verhalten zwischen fremden Dritten abstellen: 1.23, 1.42, 1.49, 1.52, 1.53, 1.73, 2.33, 2.57, 6.11. 17 So aber BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 (176), wonach sich eine Bandbreite von Preisen „nicht nur aus dem Unterschied zwischen übernommenen Funktionen und Risiken, sondern ebenso z.B. aus unterschiedlichen Unternehmensstrategien und Zielsetzungen erklären kann.“
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entsprechende Anpassungsrechnungen neutralisiert werden oder es müssen diese Fremddaten außen vor bleiben.18 Bei Beurteilung der Vergleichbarkeit spielt insbesondere auch die Verhandlungsmacht eine große Rolle. Es ist nicht üblich, dass der ordentliche Geschäftsleiter eines unabhängigen Unternehmens von seiner Verhandlungsmacht keinen Gebrauch macht, sondern sich dauernd auf seinen Grenzpreis fixieren lässt und seinem Geschäftspartner fortwährend den gesamten Preisspielraum im Rahmen von Verhandlungen überlässt.19 Allerdings ergibt sich rein praktisch das Problem, dass Verhandlungsstärke, -dauer, -strategie und -taktik innerhalb eines Konzerns nur schwerlich Jahre später von einem Betriebsprüfer oder Richter simuliert werden können.20 4. Anpassungsrechnungen Ist eine uneingeschränkte Vergleichbarkeit nicht gegeben, weil Unterschiede bei den Geschäftsbedingungen identifiziert werden konnten, die eine wesentliche Aus wirkung auf den Preis/Gewinn haben, sind im ersten Schritt für die bestehenden Unterschiede so genaue Anpassungsrechnungen durchzuführen, dass hierdurch die
18 So auch die US-Regulations (sec. 1.482-1 e): „Die Fremdvergleichsbandbreite soll ausschließlich aus den Fremdgeschäften ermittelt werden, die entweder von vornherein oder durch entsprechende Anpassungsrechnungen einen ähnlichen Level der Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit aufweisen. Die Fremdgeschäfte, die ein deutlich niedrigeres Vergleichbarkeits- und Zuverlässigkeitsniveau aufweisen, bleiben bei Ermittlung der Fremdvergleichsbandbreite unberücksichtigt.“ 19 Vgl. Tz. 1.15 OECD-Leitlinien 1995: „Es ist z.B. unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen einen Preis akzeptiert, der ihm von einem unabhängigen Unternehmen für sein Produkt angeboten wird, wenn es weiß, dass andere potentielle Kunden bereit sind, unter ähnlichen Bedingungen mehr zu zahlen.“ S. auch Tz. 1.35 OECD-Leitlinien 2010: „Von unabhängigen Unternehmen ist zum Beispiel vor dem Kauf eines Produktes zu einem gegebenen Preis zu erwarten, dass sie Überlegungen anstellen, ob sie dasselbe Produkt zu ansonsten vergleichbaren Bedingungen von einem anderen Unternehmen zu einem niedrigeren Preis kaufen könnten.“ S. auch Tz. 1.72 OECD-Leitlinien 2010: „Ferner sollten die Steuerverwaltungen besonders niedrige Preise als Fremdpreise nicht akzeptieren (z.B. Grenzkostenpreise bei nicht ausgelasteten Produktionskapazitäten) … .“ Im Ergebnis ebenso Borstell, Arbeitsunterlage des 53. Fachkongresses der Steuerberater im Jahr 2001 in Köln, S. 199:„Innerhalb des Preisbandes bestimmen die Marktposition und die wirtschaftlichen Zwänge von Verkäufer u. Käufer, ob man sich eher am oberen oder eher am unteren Ende des Preisbandes einigt.“ Ebenso Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, Sonderdruck aus Flick/Wassermeyer/Baumhoff (Hrsg.), Außensteuerrecht Kommentar § 1 AStG, 2001, Rz. 152–160; Werra, IStR 2005, 19 (20). Ebenso Kleineidam in Schaumburg (Hrsg.), Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, Forum der internationalen Besteuerung, Band 6, 1994, S. 103 (119). 20 Vgl. hierzu Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, Sonderdruck aus Flick/Wassermeyer/Baumhoff (Hrsg.), Außensteuerrecht Kommentar § 1 AStG, 2001, Rz. 152–160, der einerseits anerkennt, dass ein ordentlicher Geschäftsleiter sich nicht dauernd auf seinen Grenzpreis fixieren lässt, andererseits aber anführt, dass Verhandlungsstärke etc. nicht simuliert werden könnten.
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
Auswirkungen auf den Preis bzw. Gewinn eliminiert werden.21 Die Anpassungsrechnungen sind auf die Vergleichstransaktionen – nicht auf die Transaktionen des geprüften Unternehmens – vorzunehmen.22 Wenn z.B. das geprüfte Unternehmen keine Garantie für die von ihm vertriebenen Produkte übernommen hat, die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen diese Funktion mit den entsprechenden Aufwendungen aber übernommen haben, sind die Preise bzw. die Gewinne der Vergleichsunternehmen ohne die Garantieaufwendungen zum Vergleich heranzuziehen. Es sind nicht etwa die Gewinne bzw. Preise des geprüften Unternehmens so anzupassen, als ob es eine Produktgarantie übernommen hätte, zumal es für eine realistische Schätzung der Garantieaufwendungen kaum Anhaltspunkte geben würde. 5. Verprobung einer Bandbreite Kann von einer Vergleichbarkeit der Geschäftsbedingungen aufgrund von Informationsdefiziten nicht ausgegangen werden oder steht nicht fest, dass die vorgenommenen Anpassungsrechnungen die bestehenden Unterschiede bei den Geschäftsbedingungen zuverlässig eliminiert haben, ist eine sich ergebende Bandbreite durch andere Methoden bzw. Überlegungen zu verproben, z.B. anhand der Fragen, ob die Kosten zzgl. eines Gewinnaufschlags oder ob eine marktübliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals23 eingespielt werden kann oder ob eine angemessene Gewinnerzielung in einem überschaubaren Zeitraum möglich ist.24 Eine solche Verprobung macht jedoch zumeist nur bei Unternehmen Sinn, die nur wenige Funktionen und Risiken übernommen und keine hohen Ressourcen eingesetzt haben (= sog. Routineunternehmen). Wenn die aufgrund einer Methode ermittelte Bandbreite von Werten (Preise, Margen etc.) durch eine andere Methode verprobt wird, ist es nicht zwingend, dass immer nur der Überschneidungsbereich als Bandbreite angemessener Werte anzusehen ist. Nur wenn die zusätzlich angewandte Methode neue Aspekte der individuellen betriebsbezogenen Umstände berücksichtigt, kann dies zu einer Einengung der Bandbreite auf den überlappenden Teil der Bandbreiten führen.25 Trägt die Verprobungsmethode 21 Vgl. Tz. 3.4.12.5 b des BMF-Schreibens v. 12.4.2005, BStBl. 2005 I, 570 („Verwaltungsgrundsätze-Verfahren“); ebenso Tz. 1.33 f. OECD-Leitlinien 2010; ebenso sec. 1.482-1 d 2 US-regulations 1994. 22 So auch sec. 1.482-1 d 2 US-regulations 1994. 23 Vgl. Taetzner, IStR 2004, 726. 24 Vgl. Tz. 1.63 OECD-Leitlinien 2010. 25 Siehe hierzu BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 (177): „Der Senat teilt nicht die (…) Auffassung, wonach jeder Preis, der in die Bandbreite angemessener Fremdvergleichspreise fällt, nicht mehr korrigiert werden kann. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter kann sehr wohl gezwungen sein, eine sich nach der Wiederverkaufspreismethode ergebende Preisbandbreite nicht voll auszuschöpfen (…). Die Kostenaufschlagsmethode kann deshalb sehr wohl dazu dienen, eine nach der Wiederverkaufspreismethode sich ergebende Preisbandbreite entsprechend dem im Einzelfall Gebotenen einzuschränken und zu begrenzen.“ So auch Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, Sonderdruck aus Flick/Wassermeyer/Baumhoff (Hrsg.), Außensteuerrecht Kommentar § 1 AStG, 2001, Rz. 152. Werra, IStR 2005, 19 (21),
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den individuellen, betriebsbezogenen Umständen des Einzelfalles nachweislich besser Rechnung als die ursprünglich angewandte Methode, darf nur die Bandbreite berücksichtigt werden, die sich aus der zuverlässigeren Methode ergibt.26 6. Anzahl von Vergleichsdaten Die Frage, wie viele Vergleichsdaten heranzuziehen sind, ist von besonderer praktischer Relevanz. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der Diskussionsbeitrag von Wassermeyer bei der 21. Hamburger Tagung zur Internationalen Besteuerung am 3.12.2004 in der Handelskammer Hamburg:27 „Ist eine ausreichende Zahl (z.B. 50) von Vergleichsobjekten beziehungsweise Fremdvergleichspreisen festgestellt, dann ergibt sich automatisch eine Bandbreite von Preisen, die der Schätzung zu Grunde gelegt werden kann. (…) Natürlich ist eine sehr komplizierte Frage, wie viele Vergleichsobjekte dem Fremdvergleich in der Regel zugrunde gelegt werden müssen. Da hat sich der BFH bis heute nicht festgelegt. Privat habe ich einmal gesagt, unter 10 Vergleichsobjekten fange ich gar nicht erst an zu diskutieren. Das heißt, immer wenn die Zahl der Vergleichsobjekte unterhalb der Grenze von 10 liegt, wäre ich persönlich bereit, von einer bestehenden Unsicherheit auszugehen.“ Diese Unsicherheit hat laut Wassermeyer zur Folge, dass Unsicherheitszuschläge auf die festgestellten Bandbreiten vorzunehmen sind, d.h. dass die Bandbreite „aus Sicherheitsgründen nach oben und unten um jeweils z.B. 10 oder 20%“ auszudehnen ist.“ Dieser Auffassung kann jedoch nicht gefolgt werden. Anderenfalls müsste es fremd üblich sein, dass jemand, der sein Einfamilienhaus verkaufen will und mehrere Gutachter einschaltet, die zu einer Preisbandbreite von 400.000 – 500.000 Euro gelangen, einen Abschlag von bis zu 20% hinnimmt und das Haus für 320.000 Euro verkauft. Genau dies ist aber eben gerade nicht üblich. Wassermeyer vermengt in seinem oben angeführten Diskussionsbeitrag offenbar Fremdverhaltensgrundsätze unzulässigerweise mit Beweislastregelungen. 7. Steigerung der Zuverlässigkeit durch Interquartilsbildung (Wahrscheinlichkeitsrechnung) Letztlich bedingt die Annahme einer Bandbreite, dass die Werte zuverlässig sind. Unter diesem Aspekt hat auch der BFH in seinem Grundsatzurteil vom 17.10.200128 lehnt hingegen eine Einengung auf den Überschneidungsbereich ab, sondern plädiert für eine Addition der einzelnen Bandbreiten. 26 Vgl. Tz. 3.58 OECD-Leitlinien 2010. So auch Baumhoff in Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, Sonderdruck aus Flick/Wassermeyer/Baumhoff (Hrsg.), Außensteuerrecht Kommentar § 1 AStG, 2001, Rz. 152. 27 Der Diskussionsbeitrag ist abgedruckt bei Lüdicke (Hrsg.), Tendenzen der Europäischen Unternehmensbesteuerung, Forum der Internationalen Besteuerung, Bd. 30, 2005, S. 180 ff. 28 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BFHE 197, 68 = DB 2001, 2474 (2476).
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
Wert auf die Feststellung gelegt, dass bei der Nutzung von Datenbanken „Mindestanforderungen an die Qualität der Datenerfassung“ gestellt werden müssen. Die sich aus den Werten mit einer gleich hohen Wahrscheinlichkeit ergebende Bandbreite ist steuerlich in vollem Umfang anzuerkennen, wenn aufgrund zuverlässiger und vollständiger Informationen davon ausgegangen werden kann, dass eine uneingeschränkte Vergleichbarkeit der Geschäftsbedingungen gegeben ist. Liegt ein Unternehmen mit seinem Preis an einem Eckpunkt der Bandbreite, bedeutet dies, dass die Mehrheit der Vergleichsunternehmen andere Preise vereinbart haben und der Preis des Stpfl. nicht üblich ist. Dies bedeutet aber nicht notwendigerweise, dass eine steuerliche Korrektur erforderlich ist, weil gelegentlich gerade der Umstand, dass ein Stpfl. sich nicht üblich verhält – dies auch gar nicht will – die Ursache seines geschäftlichen Erfolgs ist. Solche wirtschaftlichen Gründe muss dann aber nach der aktuellen Rechtsprechung der Stpfl. nachweisen.29 Aus dem Aspekt der Fremdüblichkeit heraus kann somit der auch in den deutschen Verrechnungspreisgrundsätzen30 verfolgte Ansatz einer Einengung von Bandbreiten auf die beiden mittleren Quartile gerechtfertigt werden. Wenn eine Bandbreite aus Werten, die nur eingeschränkt vergleichbar sind, nicht weiter verprobt oder durch Anpassungsrechnungen aussagekräftiger gemacht werden kann, erscheint es sachlich gerechtfertigt und auch dem Fremdverhalten zu entsprechen, die Bandbreite anhand statistischer Methoden zu verengen.31 Die Bildung von Quartilen und der daraus abgeleitete Interquartilsabstand, d.h. die Differenz zwischen dem 75%- und dem 25%-Quartil, ist eine von mehreren möglichen und zulässigen Methoden, um eine Bandbreite fremdüblicher Preise/Renditen zu ermitteln. Die Finanzverwaltung hat in Tz. 3.4.12.5 des BMF-Schreibens v. 12.4.200532 ein Beispiel für die Berechnung des Quartilsabstandes eingefügt. Zwar werden immer wieder Vorbe29 Vgl. EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt AG, ECLI:EU:C:2018:366 , IStR 2018, 461. Ebenso BMF-Schreiben v. 6.12.2018 – IB B 5 – S 1341/11/10004-09. 30 S. Tz. 3.4.12.5 des BMF-Schreibens v. 12.4.2005 („Verwaltungsgrundsätze-Verfahren“), BStBl. I 2005, 570. 31 Vgl. Tz. 3.4.12.5 des BMF-Schreibens v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570; so verfahren auch die US-Regulations (sec. 1.482-1 e): Wenn es vergleichbare Fremdgeschäfte nicht gibt „wird die Fremdvergleichsbandbreite aus den Ergebnissen all der gem. Abs. 2 ii selektierten Fremdgeschäfte ermittelt, die einen ähnlichen Level der Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit ausweisen. In solchen Fällen muss jedoch die Zuverlässigkeit der Analyse soweit wie möglich gesteigert werden, indem die Bandbreiten durch Anwendung einer gültigen statistischen Methode auf die Ergebnisse der ausgewählten Fremdgeschäfte angepasst (verkleinert) wird. Die Zuverlässigkeit der Analyse ist angestiegen, wenn für die Ermittlung einer Bandbreite von Ergebnissen statistische Methoden angewendet werden, mit denen die Grenzen der Bandbreite so festgelegt werden, dass eine jeweils 75%ige Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Ergebnis über dem unteren bzw. unter dem oberen Ende der Bandbreite fällt. Eine solche Bandbreite (interquartile range) bietet normalerweise eine akzeptable Bandbreite; es kann jedoch auch eine andere statistische Methode angewendet werden, wenn sie zu einem zuverlässigeren Ergebnis führt.“ 32 BMF-Schreiben v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570 („Verwaltungsgrundsätze-Verfahren“).
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halte gegen dieses Verfahren vorgebracht, jedoch ist es in zahlreichen Fachbüchern anerkannt sowie in vielen anderen Ländern (siehe hierzu die Länderauflistung in der nachfolgenden Tabelle in diesem Beitrag) und insbesondere auch in Verständigungsverfahren üblich.33 Statistische Methoden zur Eingrenzung von Bandbreiten verengen den Gestaltungsspielraum der Unternehmen und stoßen von daher naturgemäß auf deren Widerstand. So wurde auch im Vorfeld der Veröffentlichung des BMF-Schreibens v. 12.4.200434 seitens der Wirtschaft beanstandet, dass die Verengung auf die Interquartilsbandbreite ohne jede Grundlage im deutschen Gesetz und in den OECD-Leitlinien sei und auf pseudostatistischen, unfundierten Vermutungen beruhe. Selbst wenn man statistische Tests anführe, bei denen man die Annahme einer normal-verteilten Grund gesamtheit nicht ausschließen könne, sei es willkürlich und in der Statistik unüblich, das obere und das untere Viertel abzuschneiden und damit die Hälfte der Beobachtungen als Extremwerte zu taxieren.35 Hierbei wird häufig auch auf das BFH-Urt. vom 17.10.2001 verwiesen.36 Der BFH habe entschieden, dass es für die Anwendung einer Mittelwertmethode im deutschen Steuerrecht an einer Rechtsgrundlage fehle.37 Zudem habe der BFH entschieden, dass die Handhabung von Bandbreiten unter Beweisrisikogesichtspunkten zu sehen sei. Da die Ermittlung von Fremdvergleichspreisen nicht die Sache des Stpfl., sondern gem. § 88 AO allein die Sache des Finanzamts sei, könnten Unsicherheiten bei der Ermittlung solcher Bandbreiten nicht zu Lasten des Stpfl. gehen. Dem ist jedoch Folgendes entgegenzuhalten: a) Das Urteil des BFH vom 17.10.200138 ist zwischenzeitlich überholt, da der Gesetzgeber mit der Einführung des § 90 Abs. 3 AO bestimmt hat, dass die Ermittlung und Dokumentation von Verrechnungspreisen nicht allein die Sache des Finanzamts sein kann, sondern dass der Stpfl., der diese Preise vereinbart, Mitwirkungspflichten hat und sich bei der Preisgestaltung schon Gedanken über die Fremdüblichkeit machen muss, anderenfalls er gar nicht gutgläubig sein kann, eine richtige Steuererklärung abgegeben zu haben. Zudem ist die Bandbreitenverengung mit der Neufassung des § 1 (3) S. 3 AStG durch das UntStRefG 200839 gesetzlich verankert worden.
33 Vgl. Bosch, Statistik für Nichtstatistiker4, München/Wien, S. 104; Bücher, Statistik für Wirtschaftswissenschaftler3, München/Wien, S. 53; W.J. Conover, Practical Nonparametric Statistics3, New York 1999; Eckstein, Repititorium für Statistik, Wiesbaden 1995; Götze/Deutschmann/Link, Statistik, München/Wien, S. 22; Hartung, Statistik Lehr- und Handbuch der angewandten Statistik, 1989. 34 BMF-Schreiben v. 12.4.2005, BStBl. I 2005, 570 („Verwaltungsgrundsätze-Verfahren“). 35 Vgl. Werra, IStR 2005, 19 (21); Finsterwalder, DStR 2005, 765 (769). 36 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 (177). 37 Werra, IStR 2005, 19 (21) weist darauf hin, dass hingegen in den USA die statistische Bandbreitenverengung nach der Interquartilsmethode gesetzlich geregelt sei. 38 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BFHE 197, 68 = BStBl. II 2004, 171. 39 Unternehmensteuerreformgesetz 2008 v. 14.8.2007, BStBl. I 2007, 630.
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
b) Es ist Sinn und Zweck des Fremdvergleichsgrundsatzes, den Stpfl. bei seinen Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Unternehmen zu einer fremdüblichen Preisgestaltung anzuhalten. Das Wort „fremdüblich“ hat zwei Wortbestandteile: fremd und üblich. Schon aus dem Wortlaut folgt, dass es nur auf das „übliche“ Verhalten ankommen kann.40 Es wäre sonderbar, wenn dem Stpfl. bei grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen ein Anreiz geboten würde, sich bei seiner Preisgestaltung zum Nachteil des deutschen Fiskus auf möglichst unübliche und unzuverlässige Methoden und Bandbreiten zu stützen. Hierdurch würden sich regelmäßig hohe Bandbreiten und große Gestaltungsspielräume ergeben und der Stpfl. würde zusätzlich belohnt, wenn die ohnehin schon große Bandbreite noch um Unsicherheitszuschläge ausgedehnt würde. Fremdübliches Verhalten bei der Preisfindung würde so keinesfalls realistisch abgebildet. c) Zudem würden fremde Dritte ihre Preisvereinbarungen grundsätzlich nicht auf Daten stützen, die unzuverlässig, nicht vergleichbar oder nicht repräsentativ sind und sich erst recht nicht auf einen Extremwert einer sich aus solchen Daten ergebenden Bandbreite einigen. Das Erfordernis einer Bandbreitenverengung bei unzuverlässigen oder nur eingeschränkt vergleichbaren Bandbreitenwerten folgt dem Grunde nach somit bereits unmittelbar aus dem Verhalten zweier ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer. Richtig ist lediglich, dass sich die Höhe der Verengung auf die Quartilsabstände nicht unmittelbar aus dem AStG ergibt.41 d) Soweit das BFH-Urt. vom 17.10.200142 herangezogen wird, wird häufig übersehen, dass in diesem Urteil von einer Bandbreite die Rede ist, die anhand der Wiederverkaufspreismethode, d.h. einer Standardmethode, ermittelt wurde. Darüber hinaus geht das Urteil ausdrücklich von der „anschließend“, d.h. nach Vornahme von Verprobungsmethoden, „eingeschränkten Bandbreite angemessener Verrechnungs preise“ aus. Wenn jedoch eine Bandbreite angemessener Preise ermittelt werden konnte und diese anschließend sogar noch anhand von Verprobungsmethoden eingeschränkt werden konnte, ist es nachvollziehbar, dass der BFH von dem für den Stpfl. günstigsten Wert der Bandbreite ausgegangen ist. Gerade auch die OECD-Leitlinien stellen sich dem Standpunkt entgegen, dass jeder Punkt inner-
40 Gl.A. Wassermeyer in F/W/B/S, § 1 AStG Rz. 823.26 (Stand Oktober 2004): „Richtigerweise muss auf das Verhalten einer repräsentativen Zahl von fremden Dritten abgestellt werden.“ S. auch die OECD-Leitlinien 2010, die u.a. in folgenden Tz. auf das „übliche“ Verhalten zwischen fremden Dritten abstellen: 1.23, 1.42, 1.49, 1.52, 1.53, 1.73, 2.33, 2.57, 6.11. 41 Immerhin ist durch § 1 Abs. 3 Satz 3 AStG in der Fassung des UntStRefG 2008 v. 14.8.2007 (BStBl. I 2007, 630) nunmehr dem Grunde nach klar bestimmt, dass Bandbreiten aus Vergleichswerten, die nur eingeschränkt vergleichbar sind, zwingend einzuengen sind. Inwieweit die Einengung der Höhe nach zu erfolgen hat, ist allerdings bisher nicht verbindlich geregelt. Es bleibt abzuwarten, ob dies in der für die nahe Zukunft zu erwartenden Neufassung des § 1 AStG, die allein schon wegen der Umsetzung der grundlegendsten BEPS-Empfehlungen der OECD erforderlich ist, oder in einer Rechtsverordnung zu § 1 AStG nachgeholt wird. 42 BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171.
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halb der Bandbreite dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht und anzuerkennen ist.43 e) Im Übrigen ist zu beachten, dass beim betriebsexternen Fremdvergleich anhand von Datenbankrecherchen regelmäßig Unsicherheiten über die Vergleichbarkeit verbleiben, da Datenbanken sowohl quantitative (keine vollständige Erfassung der Unternehmen) als auch qualitative Mängel aufweisen (keine vollständigen Informationen über die von den Fremdunternehmen jeweils ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken, eingesetzten immateriellen Wirtschaftsgüter und über die jeweils verfolgten Geschäftsstrategien). f) In Tz 3.56 der OECD-Guidelines 2010 und 2017 heißt es zunächst, dass Fremdvergleichsgeschäftsvorfälle, die einen geringeren Grad an Vergleichbarkeit aufweisen als andere, ausgeschlossen werden sollten. Dies erscheint auf den ersten Blick als selbstverständlich, ist in der Praxis jedoch schwierig durchzuführen. Zum einen muss die Vergleichbarkeit in mehrfacher Hinsicht untersucht werden (gleicher Markt, gleiche Geschäftsstrategie, gleiche Volumina, gleiche Funktionen, gleiche Risiken, gleiches vertragliches Umfeld etc.), was sehr arbeits- und zeitaufwändig ist. Zum anderen werden Vergleichsdaten, gerade weil es mehrere Vergleichbarkeitskriterien gibt, oftmals in manchen Teilbereichen (z.B. Funktionen) besser, in anderen Teilbereichen (z.B. Risiken) hingegen schlechter vergleichbar sein. Man muss die einzelnen Vergleichbarkeitskriterien daher gewichten, was kaum machbar und zudem äußerst streitanfällig ist. So besteht international kein Konsens über die Frage, ob nur nationale oder auch internationale Vergleichsdaten herangezogen werden dürfen. In Tz 3.57 der OECD Guidelines 2010 und 2017 wird daher angeregt, statistische Maßnahmen wie die Bildung von Interquartilsbandbreiten heranzuziehen, um die Zuverlässigkeit einer Fremdpreisbandbreite zu erhöhen: „Es kann auch der Fall sein, dass obwohl sämtliche Anstrengungen unternommen wurden, um Werte auszuschließen, die einen geringeren Grad an Vergleichbarkeit aufweisen, eine Bandbreite von Werten erreicht wird, für die angenommen wird, dass – angesichts des für die Auswahl der Vergleichswerte angewandten Verfahrens und der Unzulänglichkeiten der verfügbaren Informationen zu den Vergleichswerten – Vergleichbarkeitsmängel verbleiben, die nicht identifiziert und/oder quantifiziert werden können und deshalb nicht korrigiert wurden. In solchen Fällen, wenn die Bandbreite eine beträchtliche Zahl von Beobachtungen enthält, können statistische Instrumente, die zur Begrenzung der Bandbreite die zentrale Tendenz berücksichtigen (wie beispielsweise die Interquartilsbandbreite oder sonstige Perzentile), dabei helfen, die Verlässlichkeit der Analyse zu verbessern.“ Dies erscheint laut Tz 3.59 OECD-Guidelines 2017 gerade dann angezeigt, wenn es erhebliche Abweichungen zwischen den Bandbreitenwerten gibt, wenn also z.B. der oberste Wert einer Band43 Vgl. Tz. 3.57 OECD-Leitlinien 2010: „In Fällen, in denen die Bandbreite eine beträchtliche Zahl von Beobachtungen enthält, können statistische Instrumente, die die zentrale Tendenz zur Einschränkung der Bandbreite berücksichtigen (z.B. die Interquartilsbandbreite oder andere Perzentile) dabei helfen, die Verlässlichkeit der Analyse zu verbessern.“ S. hierzu auch Kroppen/Rasch, IWB Fach 3 Deutschland Gruppe 1, S. 2057 (2066).
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
breite ein Vielfaches des untersten Wertes beträgt, was bei den der Betriebsprüfung vorgelegten Datenbankstudien regelmäßig der Fall ist. g) Gerade für Datenbankrecherchen hat sich die Interquartilsmethode zwischenzeitlich auch international etabliert. Laut meinen Internetrecherchen und den im Internet abrufbaren aktuellen Länderberichten der Beratungsunternehmen EY, KPMG und WTS ist die Interquartilsbildung in folgenden Ländern üblich bzw. sogar verbindlich vorgeschrieben44: Land
Interquartilsbildung ist üblich
Albanien
Ja
Angola
Ja
Argentinien
Interquartilsbildung ist verbindlich vorgeschrieben
Ja
Australien
Ja
Belgien
Ja
Bulgarien
Ja
Bosnien Herzegowina
Ja
Chile
Ja
China
Ja
Costa Rica
Ja
Dänemark
Ja
Deutschland
Ja
Dominikanische Republik
Ja
Ekuador
Ja
Finnland
Ja
Frankreich
Ja
Ghana
Ja
Griechenland
Ja
Hongkong
Ja
Indonesien
Ja
Israel
Ja
Italien
Ja
Japan
Ja
44 https://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/EY_Worldwide_Transfer_Price_Reference_ Guide/%24File/ey-2017-2018-tp-reference-guide.pdf; https://home.kpmg.com/content/dam/ kpmg/pdf/2016/02/global-transfer-pricing-review-consolidated.pdf; https://www.wts.com/ wts.com/insights/tp-documentation/wts-country-tp-guide_full-version.pdf.
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Rolf Schreiber Land
Interquartilsbildung ist üblich
Kanada
Ja
Katar
Ja
Kolumbien
Ja
Kroatien
Ja
Lettland
Ja
Litauen
Ja
Malawi
Ja
Malaysia
Ja
Marokko
Ja
Mexiko
Ja
Namibia
Ja
Nicaragua
Ja
Niederlande
Ja
Nigeria
Ja
Norwegen
Ja
Österreich
Ja
Panama
Ja
Paraguay
Ja
Peru
Interquartilsbildung ist verbindlich vorgeschrieben
Ja
Polen
Ja
Portugal
Ja
Rumänien
Ja
Russland
Ja
Sambia
Ja
Saudi Arabien
Ja
Schweden
Ja
Schweiz
Ja
Serbien
Ja
Singapur
Ja
Slowenien
Ja
Südafrika
Ja
Südkorea
Ja
Spanien
Ja
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen Land
Interquartilsbildung ist üblich
Tansania
Ja
Taiwan
Ja
Thailand
Ja
Tschechien
Ja
Türkei
Ja
Interquartilsbildung ist verbindlich vorgeschrieben
Ungarn
Ja
Ukraine
Ja
Uruguay
Ja
USA
Ja
Venezuela
Ja
Vietnam
Ja
III. Höhe einer Verrechnungspreiskorrektur 1. BFH vom 17.10.2001: Beweislastentscheidung auf den für den Stpfl. günstigsten Bandbreitenwert Bezüglich der Höhe einer vGA war nach der – zwischenzeitlich durch neue Gesetze überholten (s.o. II. 7 a) – BFH-Rechtsprechung eine Beweislastentscheidung zu treffen. Die Gewinnkorrektur musste sich laut BFH-Urteil vom 17.10.2001 – vorbehaltlich einer anderen Beweisrisikoverteilung (z.B. wegen einer Mitwirkungsverletzung des Stpfl.) – an dem für den Stpfl. jeweils günstigsten Ober- oder Unterwert der Bandbreite von Fremdvergleichsdaten orientieren. Der BFH stützte dies auf die Überlegung, dass innerhalb der letztlich maßgeblichen Bandbreite jeder Wert dem Fremdvergleich entspricht.45 2. Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG): Mediankorrektur für Auslandssachverhalte Der Gesetzgeber hat als Reaktion auf das BFH-Urteil v. 17.10.2001 mit dem UntStRefG 200846 eine Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG eingebaut, wonach nunmehr in den Fällen, in denen der vom inländischen Stpfl. vereinbarte Preis für grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen außerhalb der Bandbreite liegt, für die Korrektur nicht mehr der für den Stpfl. günstigste Wert der Bandbreite, sondern der Median maßgeblich ist. 45 Vgl. BFH v. 17.10.2001 – I R 103/00, BStBl. II 2004, 171 = DB 2001, 2474 (2478); BFH v. 6.4.2005 – I R 22/04, DStR 2005, 1307. 46 UntStRefG 2008 v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912 = BStBl. I 2007, 630.
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Die Regelung ist in § 1 AStG allerdings nicht optimal verortet, weil sie nicht unmittelbar dem Fremdvergleichsgrundsatz entspringt, sondern eher eine Anti-Missbrauchsregelung darstellt, die unerwünschte Steuergestaltungen durch das Ausnutzen von Preisbandbreiten zwischen verbundenen Unternehmen verhindern soll. Zudem wird durch die Beschränkung der Neuregelung auf grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen eine Ungleichbehandlung (hier: Schlechterstellung) gegenüber reinen Inlandsfällen, in denen eine Mediankorrektur gesetzlich nicht vorgesehen ist, geschaffen. Die Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG ist gleichwohl für grenzüberschreitende Fälle sachgerecht. Anderenfalls müsste es der deutsche Fiskus hinnehmen, wenn alle Exporte von Waren und Dienstleistungen an verbundene ausländische Unternehmen zum kleinsten Preis in der Bandbreite und alle Importe von Waren und Dienstleistungen zum höchsten Preis in der Bandbreite abgerechnet werden. Für ein Hochsteuerland wie Deutschland würde dies fiskalisch verheerende Auswirkungen haben. Zudem wäre dem Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten Tür und Tor geöffnet. Man stelle sich vor, dass ein inländisches Unternehmen (A-GmbH) über einen Waren bestand verfügt, der von diversen Gutachtern mit einem Wert zwischen 100 und 130 Mio € taxiert wird. Hätte der Gesetzgeber es bei der BFH-Rechtsprechung vom 17.10.2001 belassen, wonach jeder Wert in der Bandbreite als fremdüblich anzuerkennen ist, könnte die A-GmbH die Waren zum Preis von 100 Mio € an ein verbundenes Unternehmen im Ausland verkaufen, kurze Zeit später für 130 Mio € zurückkaufen und dieses Karussell immer weiter drehen. Zwar können auch nach der Neuregelung in § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG Importe zum höchsten Bandbreitenpreis und Exporte zum niedrigsten Bandbreitenpreis durchgeführt werden, die Betriebsprüfungspraxis der letzten 10 Jahre zeigt jedoch, dass Unternehmen die Mediankorrektur fürchten und deshalb in der Regel erst gar nicht versuchen, die Extremwerte einer Bandbreite auszureizen. Die EuGH-Urteile SGI47 und Hornbach48 besagen unmissverständlich, dass angesichts der im deutschen Ertragsteuerrecht bislang noch bestehenden Ungleichbehandlung von Inlands- u. Auslandsfällen nur eine Korrektur auf den „fremdunüblichen Teil“, d.h. auf den für den Stpfl. jeweils günstigsten Bandbreitenwert durchgeführt werden darf. Die in § 1 Abs. 3 AStG vorgesehene Korrektur auf den Median ist diesen Urteilen zufolge unverhältnismäßig und EU-rechtswidrig.49 Um dem entgegenzutreten, könn47 EuGH v. 21.1.2010 – C-311/08 – SGI, ECLI:EU:C:2010:26, BFH/NV 2010, 571. 48 EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt AG, ECLI:EU:C:2018:366, IStR 2018, 461. Siehe hierzu Eisendle, ISR 2018, 284; Graw, DB 2018, 2655; Jacobsen/Schwechel, DStR 2018, 2563 (Teil I) u. 2716 (Teil II); Schreiber/Greil, DB 2018, 2527; Schwenke, DB 2018, 2329; Wacker, FR 2019, 449; Mitschke/Uterhark/Nagler/Schnitger, IStR 2018, 461; Ditz/Quilitzsch, DB 2018, 2009; Rasch/Chwalek/Bühl, ISR 2018, 275; Schönfeld/Kahlenberg, IStR 2018, 498; Glahe, DStR 2018, 1535; Greil/Gebhardt/Trossen, Ubg 2018, 403. 49 So auch der BFH-Richter Graw in seinen Vortragsunterlagen für das IWB-Verrechnungspreisforum 2019 (Vortrag am 7.5.2019 in Düsseldorf): „Beschränkung der Korrektur auf das ‚Unüblichkeits-Delta‘ (d.h. nur Anpassung an den unteren Bandbreitenwert, nicht Me diankorrektur i.S.v. § 1 Abs. 3 S. 4 AStG)“; so auch Rasch/Chwalek/Bühl, IStR 2018, 275.
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
te der Gesetzgeber z.B. die in § 1 Abs. 3 Satz 3 AStG vorgeschriebene Mediankorrektur auf Inlandsfälle ausdehnen und damit die Ungleichbehandlung beenden (wie dies z.B. in den Niederlanden der Fall ist) oder ein Treaty Override gesetzlich verankern.
Eine deutsche Kapitalgesellschaft überlässt ihre IWG an ihre Anteilseigner (AE) gegen Zahlung einer Lizenzgebühr i.H.v. 1 %. Die fremdübliche Lizenzbandbreite beträgt 2–5 %. > Bei ausländischen AE erfolgt die Korrektur auf den Median lt. § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG. Bei inländischem AE erfolgt die Korrektur auf den günstigsten Bandbreitenwert. Lt. EuGH darf nur die Differenz zwischen vereinbartem und fremdüblichem Preis korrigiert werden. Treaty override in § 1 AStG? Keine Schrankenwirkung, wenn kein DBA besteht! Lizenz
5% 3,8 %
2% 1% AE im Inland: AE im Ausland: vGA § 1 AStG
Ist Mediankorrektur EU-widrig (unverhältnismäßig), da sie über den fremdunüblichen Wert hinausgeht (u. im Inlandsfall nicht vorgesehen ist)?
3. OECD Guidelines 2010 und 2017 Falls der vom Stpfl. vereinbarte Preis (Zins, Lizenz, Warenpreis, Gewinnmarge etc.) außerhalb der von der Steuerverwaltung ermittelten Bandbreite von Fremdvergleichswerten liegt, ist laut Tz 3.61 der OECD Guidelines 2010 u. 2017 in zwei Schritten vorzugehen: –– Zunächst sollte dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eröffnet werden, seine Argumente dafür vorzubringen, dass seine konzerninternen Geschäftsbedingungen doch dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen und dass sein Preis in der Bandbreite der fremdüblichen Werte liegt (d.h. dass sich die Bandbreite der Fremdvergleichswerte von derjenigen unterscheidet, die die Steuerverwaltung ermittelt hat). § 1 AStG lässt eine marktunübliche Preisgestaltung steuerlich ausnahmsweise zu, wenn auch fremde Dritte in einer vergleichbaren Situation auf ein marktübliches Entgelt ganz oder teilweise verzichtet hätten. Solche Ausnahmefälle können z.B. 331
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bei der Lieferung von Waren zu einem unter dem allgemeinen Marktpreis liegenden Preis vorliegen, um den eigenen Absatz zu fördern und/oder um eine in wirtschaftliche Not geratene verbundene Vertriebsgesellschaft wegen ihrer unentbehrlichen Kundenkontakte in einem bestimmten Auslandsmarkt zu stützen. Gleiches gilt für die Stützung einer in Not geratenen Tochtergesellschaft in Form eines zinslosen Darlehens, um eigene Verluste in Form von TW-AfA auf Beteiligung und Forderungen zu vermeiden. Dass - vordergründig - marktunübliche Preise durch wirtschaftliche Rechtfertigungsgründe, die eigenbetrieblich veranlasst sind, steuerlich anerkannt werden können, ist seit jeher weithin unstreitig und wurde auch vom FG Rheinland-Pfalz explizit bestätigt.50 Solche im eigenbetrieblichen Interesse liegenden Gründe wurden in der Vergangenheit zu Recht auch bereits vom FG Düsseldorf51, von Vertretern der Finanzverwaltung52 sowie von Steuerberatern53 anerkannt. Auch der BFH hat im Urteil vom 23.6.2010 entschieden54, dass die Anwendung des § 1 AStG bei einem unverzinslichen Darlehen ausscheidet, wenn entweder der Darlehensbetrag aus gesellschaftsrechtlicher Sicht als Eigenkapital zu beurteilen ist, wenn der verbundene Darlehensnehmer offensichtlich unterkapitalisiert war oder wenn das Darlehen auch im Verhältnis zwischen fremden Dritten unverzinslich gewährt worden wäre. Letzteres könne dann anzunehmen sein, wenn die Darlehensgewährung in erster Linie im eigenen Interesse des Darlehensgebers erfolgt sei.55 Dieser Linie folgt auch das BFH-Urteil vom 25.6.201456, wonach der in § 1 AStG verankerte Fremdvergleich zwar den Einfluss der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen den Geschäftspartnern auf die Preisbildung ausschließt, nicht aber sachbezogene wirtschaftliche Gründe. Das Interesse eines Gesellschafters an möglichst hohen Gewinnausschüttungen seiner Tochterkapitalgesellschaft kann jedenfalls keinesfalls ein anzuerkennender wirtschaftlicher Grund für unangemessene Preisgestaltungen darstellen, da anderenfalls dem Fremdvergleichsgrundsatz der Boden entzogen wäre.57 –– Falls der Steuerpflichtige solche eigenbetrieblichen Gründe nicht nachweisen kann, muss die Steuerverwaltung laut OECD im zweiten Schritt den Punkt innerhalb der Bandbreite von Fremdvergleichswerten bestimmen, auf den die Bedingungen des konzerninternen Geschäftsvorfalls angepasst werden. Falls feststeht, dass alle Werte in der Bandbreite eine mehr oder minder gleiche und hohe Verlässlichkeit enthalten – was in der Praxis äußerst selten ist – kann argumentiert werden, dass jeder Punkt innerhalb der Bandbreite dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müsste sich dann die Berichtigung auf die Differenz zwischen dem vom Stpfl. vereinbarten Preis und dem für ihn günstigsten 50 Vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 28.6.2016 – 1 K 1472/13, IStR 2016, 675 (Tz. 32 und 33). 51 Vgl. FG Düsseldorf v. 11.7.1996 – 6 K 519/92, EFG 1996, 566 zur nachträglichen Gewährung eines Lieferrabatts. 52 Vgl. Hruschka, IStR 2013, 123 und Becker/Sydow, IStR 2010, 195. 53 Vgl. z.B. Glahe, IStR 2015, 97. 54 BFH v. 23.6.2010 – I R 37/09, BStBl. 2010 II S. 895. 55 So auch Niedersächsisches FG v. 23.3.1999 – VI 357/95, IStR 2000, 312. 56 BFH v. 25.6.2014 – I R 88/12, BFH/NV 2015, 57. 57 So im Ergebnis wohl auch Wacker, FR 2019, 449.
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
Preis in der Bandbreite, der die geringste Korrektur nach sich zieht, erstrecken. Wenn jedoch Vergleichbarkeitsmängel verbleiben, kann es zweckmäßig sein, statistische Messgrößen der zentralen Tendenz zu verwenden, um den Preis in der Bandbreite zu bestimmen (z.B. den Median, die Mittelwerte oder die gewichteten Durchschnitte), auf den sich die Berichtigung erstrecken soll (Tz 3.62 der OECD-Guidelines 2010 und 2017). Die in § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG vorgesehene Mediankorrektur ist daher mit den OECD-Guidelines kompatibel. Laut meinen Internetrecherchen und den aktuellen Länderberichten der Beratungsunternehmen EY, KPMG und WTS ist die Mediankorrektur zumindest (d.h. kein Anspruch auf Vollständigkeit) in folgenden Ländern üblich bzw. verbindlich vorgeschrieben58: Albanien Argentinien China Deutschland Ekuador Israel Italien Kenia Malaysia Niederlande Polen Portugal Slowenien Südkorea Taiwan Venezuela
58 https://www.ey.com/Publication/vwLUAssets/EY_Worldwide_Transfer_Price_Reference_ Guide/%24File/ey-2017-2018-tp-reference-guide.pdf. https://home.kpmg.com/content/dam/kpmg/pdf/2016/02/global-transfer-pricing-re view-consolidated.pdf. https://www.wts.com/wts.com/insights/tp-documentation/wts-country-tp-guide_full- version.pdf.
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4. EuGH-Urteile SGI und Hornbach Einerseits hat der EuGH im Urteil vom 31.5.2018 in der Rs. Hornbach59 die Notwendigkeit betont, eine ausgewogene Aufteilung der Besteuerungsbefugnis zwischen den Mitgliedstaaten zu wahren. Diese Besteuerungsbefugnis werde beeinträchtigt, wenn es den gebietsansässigen Gesellschaften erlaubt wäre, ihre Gewinne unversteuert auf verbundene Unternehmen in anderen EU-Staaten zu verlagern. Andererseits hat der EuGH aber auch hervorgehoben, dass entsprechende Regelungen zur Erreichung des Ziels geeignet und darüber hinaus auch verhältnismäßig sein müssten. Deshalb müsse sich eine steuerliche Berichtigung ggfs. auf den Teil beschränken, der über das hinausgeht, was die betreffenden Gesellschaften unter Marktbedingungen vereinbart hätten. Der EuGH hat insoweit sein Urteil vom 21.1.2010 in der Rechtssache SGI60 in vollem Umfang bestätigt. In der Rs. Hornbach hatte die deutsche Regierung in dem Streitfall, in dem es um eine unentgeltliche Patronatserklärung einer deutschen Konzernobergesellschaft an ihre niederländischen Tochtergesellschaften und somit um die Anwendung des § 1 AStG einschließlich seiner Medianregelung ging, „unwidersprochen geltend gemacht“, dass sich die Berichtigungen, die die deutschen Steuerbehörden in solchen Fällen vornähmen, „auf den Teil beschränkten, der über das hinausgehe, was ohne die gegenseitige Verflechtung zwischen den betreffenden Unternehmen vereinbart worden wäre.“61
IV. Fazit a) Der hypothetische Fremdvergleich bedarf empirischer Daten und Fakten wie umgekehrt der tatsächliche Fremdvergleich des Ausfilterns von Daten und der Wertung einer Vergleichbarkeit durch Nachdenken bedarf. Beide Formen des Fremdvergleichs bedingen somit einander und können den jeweils anderen Fremdvergleich nicht obsolet machen. b) Die Untersuchung der Vergleichbarkeit von Fremddaten ist arbeits- und zeitaufwändig und mit großen Unsicherheiten behaftet. Gerade weil es mehrere Vergleichbarkeitskriterien gibt, werden Vergleichsdaten oftmals in mancherlei Hinsicht besser, in anderer Hinsicht aber schlechter vergleichbar sein. Die Beurteilung, ob Fremddaten ein gleiches Maß an Vergleichbarkeit aufweisen oder weniger vergleichbar sind, ist sehr streitanfällig. In der internationalen Praxis ist es daher üblich – und auch von Tz 3.57 der OECD Guidelines 2010 und 2017 gebilligt – statistische Maßnahmen wie die Bildung von Interquartilsbandbreiten heranzuziehen, um die Zuverlässigkeit einer Fremdpreisbandbreite zu erhöhen. 59 EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt AG, ECLI:EU:C:2018:366, IStR 2018, 461. 60 EuGH v. 21.1.2010 – C-311/08 – SGI, ECLI:EU:C:2010:26, BFH/NV 2010, 571. 61 Vgl. EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt AG, ECLI:EU:C:2018:366, IStR 2018, 461, Rz. 50.
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Preisbandbreiten, Median und Verrechnungspreiskorrekturen
c) Die vom Gesetzgeber mit dem UntStRefG 2008 neu eingeführte Regelung in § 1 Abs. 3 Satz 4 AStG, wonach in den Fällen, in denen der vom inländischen Stpfl. vereinbarte Preis für grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen außerhalb der Bandbreite liegt, die Korrektur nicht auf den für den Stpfl. günstigsten Wert der Bandbreite, sondern auf den Median durchgeführt wird, ist sachgerecht und international gebräuchlich, um eine Verlagerung der in Deutschland erzielten Gewinne ins Ausland zu verhindern. Da die EuGH-Urteile SGI und Hornbach aber so zu verstehen sind, dass die Korrektur auf den Median eine unzulässige Beschränkung der Niederlassungsfreiheit darstellt, weil sie in vergleichbaren Inlandsfällen nicht vorgesehen ist, steht der Gesetzgeber vor der Frage, ob und wie er einer Verlagerung von Steueraufkommen aus dem Hochsteuerland Deutschland ins Ausland wirksam begegnet.
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Michael Schwenke
Mi
Der „Konzernrückhalt“ – Versuch einer steuerrechtlichen Einordnung
De ord
Inhaltsverzeichnis I. Definition des Konzernrückhalts II. Bedeutungsgehalt III. Konzernrückhalt bei konzerninternen Finanzierungen 1. Die ältere Rechtsprechung des BFH
2. Die ursprüngliche Auffassung der Verwaltung 3. Die neuere Auffassung der Verwaltung 4. Die neuere Rechtsprechung des BFH 5. Neujustierung der Rechtsprechung des BFH
I. Definition des Konzernrückhalts In seinem literarischen Schaffen hat sich Hubertus Baumhoff u.a. auch mit dem sog. „Rückhalt im Konzern“ oder prägnanter dem sog. „Konzernrückhalt“ beschäftigt.1 Er hat – juristisch mustergültig und völlig zutreffend – an den Anfang seiner Ausführungen eine präzise Definition des Begriffs gestellt und orientiert sich dabei an betriebswirtschaftlichen Grundsätzen, indem er den Konzernrückhalt mit den sog. passiven Konzernwirkungen gleichsetzt. Danach werden „alle Vor- und Nachteile […], die sich bei völliger Passivität der Konzernleitung allein aus der Zugehörigkeit zum Konzernverbund ergeben“2, von dem Begriff des Konzernrückhalts erfasst. Als Beispiele werden eine erhöhte Kreditwürdigkeit, verbilligte Einkaufsmöglichkeiten, Risikostreuung, das Recht auf Führung des Konzernnamens oder günstigere Absatzmöglichkeiten benannt. Diese Begriffsdefinition entspricht der Auffassung der OECD3. Tz. 1.158 der TP 2017 enthält folgende Aussage: „[…] an associated enterprise should not be considered to receive an intra-group service or be required to make any payment when it obtains incidental benefits attributable solely to its being part of a larger MNE group. In this context, the term incidental refers to benefits arising solely by virtue of group affiliation and in the absence of deliberate concerted actions or transactions leading to that benefit.”
Und sie entspricht auch dem (ursprünglichen) Verständnis der Finanzverwaltung in den sog. Verwaltungsgrundsätzen 19834. Tz. 6.3.2. lautet wie folgt: 1 Baumhoff in Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Außensteuerrecht, § 1 Rz. 1768 ff. 2 Vgl. Fn. 1. 3 OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations (TP 2017). 4 BMF v. 23.2.1983 – IV C 5-S 1341-4/83 (VWG 1983), BStBl. I 1983, 218.
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Michael Schwenke „Demgegenüber kann eine Muttergesellschaft z.B. Entgelte nicht verrechnen […] für den sogenannten Rückhalt im Konzern einschließlich des Rechts, den Konzernnamen zu führen, sowie der Vorteile, die sich allein aus der rechtlichen, finanziellen und organisatorischen Eingliederung in den Konzern ergeben […]“.
Die OECD TP 2017 enthalten wie die VWG 1983 damit zwar keine eigentliche Definition des Konzernrückhalts, gehen aber ersichtlich von einem rein passiven Begriffsverständnis aus. Dieses passive Verständnis ist schon allein deshalb zutreffend, weil bei einer Verrechnung passiver Konzernwirkungen der tatsächlich erwirtschaftete Erfolg der einzelnen Konzerngesellschaften nicht der Besteuerung zugrunde gelegt würde. Auch hierauf verweist Baumhoff in seiner Kommentierung zu § 1 AStG5 zutreffend. Bestrebungen in der Literatur6– unabhängig von der Bezeichnung als qualifiziert passiv oder aktiv – neben rein passiven Konzernwirkungen auch weitere Konzerneffekte in die Begriffsdefinition des Konzernrückhalts einzubeziehen, sind deshalb abzulehnen.
II. Bedeutungsgehalt Ausgehend von diesem engen, rein passiven Begriffsverständnis ist der Bedeutungsgehalt des Konzernrückhalts als eher geringfügig einzustufen. Festzuhalten ist dabei zunächst, dass eine Verrechenbarkeit der sich aus dem Konzernrückhalt ergebenden Effekte nicht möglich ist. Soweit in der Vergangenheit Streit darüber bestanden hat, ob ein Konzernrückhalt im Einzelfall nicht doch zu einer Verrechenbarkeit führen kann, ist dies im Ergebnis wohl auch auf eine unzulässige Ausweitung des Begriffs des Konzernrückhalts zurückzuführen. Als Beispiel kann die Problematik der Namensnutzung im Konzern angeführt werden. Für die Erlaubnis, den (Konzern)Namen als Bestandteil des eigenen Firmennamens zu nutzen, sind Lizenzentgelte steuerlich nicht verrechenbar.7 Dies ist Ausdruck eines rein passiv verstandenen Konzernrückhalts. Nur wenn ein untrennbarer Zusammenhang zwischen dem Namensrecht und einem produktbezogenen Markenrecht hergestellt wird, kann die Überlassung des Markenrechts, wenn insoweit ein eigenständiger Wert festzustellen ist, im Vordergrund stehen und insoweit insgesamt (einheitlich) nach Maßgabe der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters ein fremdübliches Entgelt gefordert werden.8 Für diesen Fall hat die Konzernleitung jedoch über das bloße (steuerlich unbeachtliche) Überlassen des Namens hinaus eine werthaltige Marke zur Verfügung gestellt. Sie ist insofern aktiv geworden. Es handelt sich damit nicht mehr nur um einen Vorteil, der auf eine rein passive Konzernwirkung zurückzuführen ist. Diese Unterscheidung mag zwar im
5 Siehe Fn. 1. 6 Vgl. etwa Greil/Wargowske, IStR 2016, 272. 7 Zuletzt BFH v. 21.1.2016 – I R 22/14, BStBl. II 2017, 336; vgl. auch BMF v. 23.2.1983 – IV C 5-S 1341-4/83 (VWG 1983), BStBl. I 1983, 218, Tz. 6.3.2. 8 BFH v. 21.1.2016 – I R 22/14, BStBl. II 2017, 336.
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Einzelfall schwierig sein, sie ist aber unerlässlich, um zu zutreffenden Ergebnissen bei der Bestimmung von Verrechnungspreisen kommen zu können. Weitaus wichtiger, aber auch komplexer und streitanfälliger, sind die Wirkungen des Konzernrückhalts bei konzerninternen Finanzierungen. Dabei ist zwischen verschiedenen Fragestellungen zu differenzieren. Zunächst stellt sich die Frage, ob der Konzernrückhalt als fremdübliche Besicherung anzusehen ist und deshalb ein unbesichertes Darlehen ohne Berücksichtigung eines Risikoaufschlages beim vereinbarten Zinssatz anerkannt werden kann. Weiter ist zu fragen, ob ein bestehender Konzernrückhalt dazu führen kann, dass Teilwertabschreibungen auf nicht mehr werthaltige Darlehen ausgeschlossen werden können. Schließlich ist zu klären, ob bei der Bestimmung angemessener Zinssätze für konzerninterne Kredite die Bonität der kreditnehmenden Konzerngesellschaft auf Basis eines Konzernratings, also unter Berücksichtigung des Konzernrückhalts, bestimmt werden kann.
III. Konzernrückhalt bei konzerninternen Finanzierungen 1. Die ältere Rechtsprechung des BFH Soweit ersichtlich hat sich der BFH zum ersten Mal mit dem Konzernrückhalt – allerdings ohne diesen als solchen zu bezeichnen – in seinem Urteil vom 21.12.19949 beschäftigt. Dabei kommt der BFH in Rz. 19 dieser Entscheidung zu dem Ergebnis, dass die Besicherung des Darlehensrückzahlungsanspruchs regelmäßig schon in den Einflussmöglichkeiten liegt, die jedenfalls der beherrschende Gesellschafter auf seine Kapitalgesellschaft hat. Zwischen Kapitalgesellschaften, die demselben Konzern angehören, sei die Besicherung von Darlehensforderungen unüblich, als angemessener Zins könne deshalb nur derjenige angesetzt werden, der für besicherte Darlehen gelte.10 In seinem Urteil vom 29.10.199711 hat der I. Senat des BFH diese Rechtsprechung fortgeführt und näher erläutert. In Rz. 22 führt er aus: „Die Vereinbarung einer Sicherheitsleistung für Darlehensansprüche hat keinen Selbstzweck. Sie kann nur gefordert werden, wenn auch ein fremder Gläubiger unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen eine Sicherheit gefordert hätte. Dies kann jedenfalls dann zu verneinen sein, wenn der fremde Gläubiger aus tatsächlichen Gründen die Möglichkeit hat, auf den Darlehensschuldner Einfluß zu nehmen und für die Darlehensrückzahlung Sorge zu tragen. Deshalb hat der BFH in seinem Urteil vom 21. Dezember 1994 I R 65/94 […] entschieden, daß bei Darlehensgewährungen zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern keine Sicherheiten gefordert werden können, wenn die Konzernbeziehungen für sich gesehen eine Sicherheit bedeuten. Diese Überlegung ist auch mit dem Fremdvergleich vereinbar. Dieser verlangt nur das „Wegdenken“ der Nahestehensbeziehung. Das Fortbestehen aller übrigen Beziehungen wird unterstellt. Dazu gehören z.B. die Ausstattung der Kapitalgesellschaft mit Eigenkapital durch
9 BFH v. 21.12.1994 – I R 65/94, BFHE 176, 571 = HFR 1995, 445. 10 BFH v. 21.12.1994 – I R 65/94, BFHE 176, 571 = HFR 1995, 445. 11 BFH v. 29.10.1997 – I R 24/97, BFHE 184, 482 = BStBl. II 1998, 573.
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Michael Schwenke die Gesellschafter, die gesellschaftsvertraglichen Vorgaben, der durch den Konzernrückhalt entstehende Geschäftswert und auch eine faktisch vorhandene Sicherheit.“
Die Kernaussage der beiden Urteile ist grundlegend. Zunächst stellt der BFH fest, dass bei konzerninternen Darlehen keine Sicherheiten gefordert werden, weil der Konzernrückhalt diese im Ergebnis ersetzt. Das Absehen von einer Sicherheitsleistung sei bei konzerninternen Finanzierungen damit konzernüblich. Der BFH geht allerdings noch einen Schritt weiter. Er ist der Auffassung, dass dies auch mit dem Fremdvergleich vereinbar sei und setzt damit konzernübliche Bedingungen mit fremdüblichen Bedingungen gleich. Auch wenn der I. Senat des BFH in einer späteren Entscheidung klargestellt hat, dass diese Rechtsprechung nur Darlehen betrifft, die ein beherrschender Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gewährt hat und nicht auf eine Darlehensgewährung der Kapitalgesellschaft an eine Gesellschaft, an der sie selbst nicht beteiligt ist, übertragbar ist,12 bleibt es bei der grundlegenden Aussage, dass konzernübliche Bedingungen zugleich fremdüblich sind. Die Begründung des BFH ist jedoch zumindest angreifbar. Denn wenn der Fremdvergleich nur das Wegdenken der Nahestehensbeziehung verlangt,13 dann besteht auch kein Konzernrückhalt. Ein fremder Dritter würde jedenfalls nicht ohne weiteres einer – ihm fremden – Konzerngesellschaft ein unbesichertes Darlehen gewähren. Soweit der BFH die Konzernüblichkeit einer fehlenden Besicherung mit der Fremdüblichkeit gleichsetzt, lässt sich dies auch nur schwerlich mit einem Grundverständnis des Konzernrückhalts als rein passive Konzernwirkung in Einklang bringen. Denn es handelt sich dabei gerade nicht um eine aktive Einstandsverpflichtung der Konzernmutter, auf die sich ein fremder Dritter berufen könnte. Anders als beispielsweise eine Garantie- oder Patronatserklärung ist der reine Konzernrückhalt gerade nichts „wert“. Es ist daher schwer nachvollziehbar, warum er eine fremdübliche Besicherung ersetzen können soll. 2. Die ursprüngliche Auffassung der Verwaltung Die Finanzverwaltung hat ursprünglich ausweislich der Tz. 6.3.2. in den VWG 1983 den Konzernrückhalt im Sinne einer rein passiven Konzernwirkung verstanden.14 Dies kommt auch in Tz. 4.2.2. VWG 1983 zum Ausdruck, wonach bei der Prüfung der Zinsen u.a. „Sicherheiten und Kreditwürdigkeit des Schuldners (unter Berücksichtigung von Sonderkonditionen, die auch Fremde dem Schuldner im Hinblick auf dessen Zugehörigkeit zum Konzern einräumen würden)“ zugrunde zu legen sind. Anders als der BFH in seiner älteren Rechtsprechung15 stellt die Finanzverwaltung damit nicht auf die Konzernüblichkeit einer fehlenden Besicherung ab und stellt die Konzernüblichkeit nicht mit der Fremdüblichkeit gleich. Es verbleibt bei einem rein passiven Verständnis des Konzernrückhalts und wird allein darauf abgestellt, ob ein 12 BFH v. 8.10.2008 – I R 61/07, BFHE 223, 131 = BStBl. II 2011, 62. 13 So jedenfalls BFH v. 29.10.1997 – I R 24/97, BFHE 184, 482 Rz. 22. 14 Vgl. die Ausführungen unter I. 15 Vgl. die Ausführungen unter III.1.
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fremder Dritter angesichts der Konzernzugehörigkeit Sonderkonditionen einräumen würde. 3. Die neuere Auffassung der Verwaltung Unter dem Einfluss der älteren Rechtsprechung des BFH16 hat die Finanzverwaltung ihr rein passives Verständnis des Konzernrückhalts aufgegeben. Rz. 10 des BMF- Schreibens vom 29.3.201117 lautet wie folgt: „In der Fallgestaltung c) der Rn. 8 -Rückhalt im Konzern -ist es nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 21.12.1994, I R 65/94, BFHE 176, 571, HFR 1995, Seite 445 und vom 29.10.1997, I R 24/97, BStBl 1998 II Seite 573) mit dem Fremdvergleichsgrundsatz vereinbar, dass bei einer Darlehensgewährung im Konzern keine Sicherheiten vereinbart werden, weil die Konzernbeziehung („Rückhalt“), für sich gesehen, eine ausreichende Sicherheit darstellt. Nach Auffassung des BFH führt das Fehlen einer tatsächlichen Sicherheit nicht zu einer Anpassung des Zinssatzes, d. h. für die Prüfung des Zinssatzes ist der Rückhalt im Konzern als fremdübliche Sicherheit anzuerkennen.“
In Rz. 11 kommt das Verständnis des Konzernrückhalts als aktive Konzernwirkung deutlich zum Ausdruck: „Von einem bestehenden Rückhalt im Konzern ist auszugehen, solange der beherrschende Gesellschafter die Zahlungsfähigkeit der Tochtergesellschaft (Darlehensnehmer) gegenüber fremden Dritten (im Außenverhältnis) tatsächlich sicherstellt bzw. solange die Tochtergesellschaft ihre Verpflichtungen im Außenverhältnis erfüllt. Solange der Rückhalt im Konzern insofern tatsächlich besteht, ist grundsätzlich von einer ausreichenden Sicherheit auszugehen, die es rechtfertigt, während der Laufzeit einen Zinssatz, wie er für gesicherte Darlehen unter Beachtung der Grundsätze der Rn. 6 vereinbart wird, anzuerkennen (zu Ausnahmen siehe Rn. 15).“
Man kann es als folgerichtig bezeichnen, wenn die Finanzverwaltung dieses aktive Verständnis des Konzernrückhalts auch auf Fälle der Teilwertabschreibung von Darlehensverbindlichkeiten ausdehnt. Rz. 13 lautet wie folgt: „In der Fallgestaltung c) der Rn. 8 ist für die Anwendung des § 1 AStG (fremdübliche Bedingungen) ungeachtet einer bilanzsteuerrechtlich ggf. zulässigen Teilwertabschreibung auf den Darlehensbetrag grundsätzlich der Rückhalt im Konzern als fortbestehende fremdübliche Sicherheit anzusehen, solange der Darlehensnehmer seinen wirtschaftlichen Verpflichtungen im Außenverhältnis nachkommt. Besteht der Rückhalt im Konzern tatsächlich gegenüber fremden Dritten als werthaltige Sicherheit weiter fort, gilt dies auch für die betreffende Darlehensbeziehung im Konzern. In einem solchen Fall ist für eine Teilwertabschreibung schon nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG kein Raum, da der Rückzahlungsanspruch (Darlehen) nicht als gefährdet anzusehen ist, solange der Rückhalt im Konzern besteht. Eine dennoch vorgenommene Teilwertabschreibung ist damit bereits wegen Fehlens der Voraussetzungen des § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG rückgängig zu machen. § 1 AStG tritt insoweit hinter die Rechtsfolgen des § 6 Absatz 1 Nummer 2 Satz 2 EStG zurück; auf § 1 Absatz 1 Satz 1 AStG wird hingewiesen (siehe Rn. 3).“ 16 Vgl. die Ausführungen unter III.1. 17 BMF v. 29.3.2011, BStBl. I 2011, 277.
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4. Die neuere Rechtsprechung des BFH In seiner neueren Rechtsprechung hat der I. Senat des BFH sich unter Rückgriff auf seine ältere Rechtsprechung zum Konzernrückhalt18 mit der Frage beschäftigt, ob ein bestehender Konzernrückhalt dazu führen kann, dass Teilwertabschreibungen auf nicht mehr werthaltige Darlehen ausgeschlossen werden können. Während der I. Senat des BFH in seinem Urteil vom 17.12.201419 die ältere Rechtsprechung zum Konzernrückhalt als fremdübliche Sicherheit im Hinblick auf die Höhe des vereinbarten Zinssatzes lediglich referiert20 und die Auswirkungen des Konzernrückhalts in Bezug auf Teilwertabschreibungen noch im Ungewissen lässt, wenn er im dritten Leitsatz seiner Entscheidung ausführt, dass sich die Frage, „ob die Teilwertabschreibung der Rückzahlungsforderungen infolge der fehlenden Besicherung gerechtfertigt ist, […] (auch) nach den Maßstäben des sog. Konzernrückhalts [bestimmt]“21, wird er in seinem Urteil vom 24.6.201522, konkret. Die maßgeblichen Ausführungen in Rz. 13 lauten wie folgt: „Soweit die Finanzverwaltung (im BMF-Schreiben vom 29. März 2011, BStBl I 2011, 277, unter 3.2) diese Rechtsprechung (im Zusammenhang mit § 1 Abs. 1 AStG) aber zum Beleg dafür nehmen will, eine an sich gebotene Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG 2002 mangels dauernder Wertminderung auszuschließen, wird die Kernaussage der Spruchpraxis jedoch missverstanden. Es ging dem Senat nicht darum, dem Konzernrückhalt eine „immerwährende“ Besicherung zu entlehnen, welche „nach Art eines ‚In-sich-Geschäfts‘ zur notwendigen Beurteilung der aus sich selbst generierten Werthaltigkeit“ […] Einfluss auf die Werthaltigkeit des der Tochtergesellschaft gewährten Darlehens nähme, sondern nur darum, für den Fall der Konzernierung die Kreditbedingungen zu justieren. Bei Darlehensgewährungen zwischen Kapitalgesellschaften in einem Konzern kann es hiernach fremdvergleichsgerecht sein, von Sicherheiten abzusehen, wenn die Konzernbeziehungen für sich gesehen eine Sicherheit bedeuten. Ob der Rückhalt im Besicherungsfall aber tatsächlich und uneingeschränkt greift, ist damit noch nicht ausgemacht. Dass die Muttergesellschaft im Außenverhältnis regelmäßig für Verbindlichkeiten der Tochtergesellschaft gegenüber Dritten einsteht (sog. Eventualverbindlichkeit), lässt keinen zwingenden Schluss auf die Rückzahlung der Darlehensverbindlichkeit durch die Tochtergesellschaft zu. Gerade dann, wenn die Tochtergesellschaft auf die Inanspruchnahme des Konzernrückhalts angewiesen ist, um Drittgläubiger zu befriedigen, ist vielmehr davon auszugehen, dass die Darlehensverbindlichkeit gegenüber der Muttergesellschaft nicht bedient wird […]. Und so gesehen beeinflusst der Konzernrückhalt die handels- wie steuerrechtlich gebotene sog. Teilwertabschreibung einer konzerninternen Darlehensforderung prinzipiell und auch unter den vom FG festgestellten Gegebenheiten des Streitfalls nicht.“
18 Vgl. die Ausführungen unter III.1. 19 BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BStBl. II 2016, 261. 20 Vgl. BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BStBl. II 2016, 261 Rz. 23. 21 Soweit in Leitsatz 3 ausgeführt wird, dass Rz. 13 des BMF-Schreibens v. 29.3.2011 (BStBl. I 2011, 277) bestätigt wird, findet sich eine derartige Aussage in den Entscheidungsgründen nicht. Es dürfte sich deshalb um ein redaktionelles Versehen beim Erstellen des Leitsatzes handeln. 22 BFH v. 24.6.2015 – I R 29/14, BStBl. II 2016, 258.
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Der „Konzernrückhalt“ – Versuch einer steuerrechtlichen Einordnung
Der I. Senat des BFH beantwortet die Frage, ob ein bestehender Konzernrückhalt dazu führen kann, dass Teilwertabschreibungen auf nicht mehr werthaltige Darlehen ausgeschlossen werden können, mit einem klaren Nein. Er stellt sich damit klar gegen die Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 29.3.201123. Wichtiger erscheint aber, dass er damit ein Grundverständnis des Konzernrückhalts zum Ausdruck bringt, das als rein passive Konzernwirkung zu beschreiben ist. Im Ergebnis verbleibt in dieser Hinsicht ein gewisser Widerspruch zur oben wiedergegebenen älteren Rechtsprechung des BFH.24 5. Neujustierung der Rechtsprechung des BFH In seiner aktuellen Rechtsprechung zu den sog. Sperrwirkungsfällen25 nimmt der I. Senat des BFH nunmehr eine (teilweise) Neujustierung seiner Rechtsprechung zum Konzernrückhalt vor. Die Nichtbesicherung einer Darlehensschuld wird nunmehr – in Abweichung von seiner älteren Rechtsprechung26 – als nicht fremdüblicher Umstand angesehen. Dem Konzernrückhalt könne ohne Hinzutreten einer rechtlichen Verpflichtung, für die Rückzahlung des Darlehens einzustehen, keine fremdübliche Besicherung entnommen und die Einflussnahmemöglichkeit eines beherrschenden Gesellschafters gerade nicht als aktive Einstandsverpflichtung angesehen werden. Der I. Senat des BFH kehrt damit – ohne dies als solches kenntlich zu machen – zu einem rein passiven Verständnis des Konzernrückhalts zurück. Dies ist im Hinblick auf die neuere Rechtsprechung zur Teilwertabschreibung, bei der der I. Senat bereits ein rein passives Verständnis des Konzernrückhalts zum Ausdruck gebracht hat27, nur als konsequent und richtig zu bezeichnen. Offen bleibt, ob bei der Bestimmung angemessener Zinssätze für konzerninterne Kredite die Bonität der kreditnehmenden Konzerngesellschaft auf Basis eines Konzernratings oder eines Stand-alone-Ratings zu berücksichtigen ist.28 Die Beantwortung der Frage hängt wiederum davon ab, wie man den Konzernrückhalt begreift. Würde ein fremder Dritter, ausgehend von einem rein passiven Verständnis des Konzernrückhalts, d.h. ohne dass eine aktive Einstandsverpflichtung vorhanden ist, tatsächlich den Zinssatz auf Basis eines Konzernratings bestimmen?
23 BMF v. 29.3.2011, BStBl. I 2011, 277. 24 Vgl. die Ausführungen unter III.1. 25 BFH v. 27.2.2019 – I R 73/16, BFHE 263, 525; I R 81/17, noch nicht veröffentlicht; I R 51/17, noch nicht veröffentlicht. 26 Vgl. die Ausführungen unter III.1. 27 Vgl. die Ausführungen unter III.4. 28 Vgl. FG Münster v. 7.12.2016 – 13 K 4037/13 K,F, Revision anhängig unter I R 4/17, sowie FG Köln v. 29.6.2017 – 10 K 771/16, Revision anhängig unter I R 62/17.
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Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung in EU-Richtlinien Inhaltsverzeichnis I. Einführung II. Richtlinien zum materiellen Recht 1. GKB-Vorschlag 2. GKKB-Vorschlag
3. ATAD-RL 4. Vorschlag für eine Signifikante Digitale Präsenz III. Schlussbemerkung
I. Einführung Mein hoch geschätzter Kollege und Partner Hubertus Baumhoff verfügt über zahlreiche hervorstechende Eigenschaften, darunter die ausgeprägte Fähigkeit zur Weitsicht. Er hat bereits in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts erkannt, dass die Problematik der internationalen Einkünfteabgrenzung in Wissenschaft und Praxis ein Dauerbrenner werden wird und dieses Feld beginnend mit seiner Dissertation aus dem Jahr 1986 „Verrechnungspreise für Dienstleistungen: Die steuerliche Einkunftsabgrenzung bei international verbundenen Unternehmen auf der Grundlage des Fremdvergleichs“ besetzt und seither maßgebend als Berater und Wissenschaftler geprägt.1 Als Konsequenz der Megatrends „Globalisierung“ und „Digitalisierung“ steht das (ungelöste?) Problem der internationalen Einkünfteabgrenzung an oberster Stelle auf der globalen Agenda des internationalen Unternehmensteuerrechts.2 Es rechnet heute zum Allgemeinwissen, dass auch und insbesondere erst in den vergangenen zehn Jahren zur Weltgröße aufgestiegene US-Konzerne wie Apple, Amazon und Google für ihre außerhalb der USA erzielten Einkünfte äußerst geringe Ertragsteuern entrichten, wofür ganz wesentlich massive Defizite der Regeln zur internationalen Einkünfteabgrenzung verantwortlich gemacht werden.3 Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass auch die Institutionen der Europäischen Union, namentlich die Kommission, sich seit etwa fünf Jahren dem Thema intensiv widmet und dazu sieben Richtlinien bzw. Richtlinienvorschläge vorgelegt hat. Materiell rechtliche Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung 1 Herausragend insbesondere die beiden Standardwerke Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld (Hrsg.), Außensteuerrecht Kommentar; Wassermeyer/Baumhoff, Verrechnungspreise international verbundener Unternehmen, 2014. 2 Entsprechend hat die OECD in ihrem Action Plan on Base Erosion and Profit Shifting, Paris 2013, vier von 15 Maßnahmen dem Feld der Einkünfteabgrenzung gewidmet. 3 Vgl. z.B. Die Zeit, 15.9.2015, „Warum uns das iPhone Milliarden kostet“.
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finden sich (i) im Richtlinienvorschlag für eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) vom 25.10.20164, (ii) im Richtlinienvorschlag über eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB)5, (iii) in der EU Anti-Tax Avoidance Directive (ATAD) vom 12.7.20166 und (iv) jüngstens im Richtlinienvorschlag des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz vom 21.3.20187. Im weiteren Sinne verfahrensrechtliche Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung finden sich (i) in der Richtlinie zum automatischen Austausch verbindlicher Auskünfte, verbindlicher Zusagen und Vorabzusagen zu Verrechnungspreisen8, (ii) in der Richtlinie vom 10.10.2017 zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union9 und (iii) jüngstens in der Richtlinie 2018/822 vom 25.5.2018 über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen.10 Diese verfahrensrechtlichen Regelungen können an dieser Stelle aus Platzgründen nicht weiter erörtert werden. Zusätzlich zu den vorgenannten Richtlinien bzw. Richtlinien-Vorschlägen gehören zum Steuerrecht der Europäischen Union weitere Vorschriften mit Relevanz für die internationale Einkünfteabgrenzung, die hier der Vollständigkeit halber nur kurz erwähnt und nicht weiter behandelt werden. An erster Stelle zu nennen sind die Diskriminierungs- und Beschränkungsverbote gem. Art. 49 Abs. 1 AEUV (Niederlassungsfreiheit), Art. 56 Abs. 1 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) und Art. 63 Abs. 1 AEUV (Kapitalverkehrsfreiheit) sowie die dazu ergangenen Urteile des EuGH in dem belgischen Fall „SGI“ und dem deutschen Fall „Hornbach“.11 Dem Schutz der Steuerpflich 4 Vgl. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB), COM (2016) 685 final, 2016; im Folgenden abgekürzt als GKB-Vorschlag. 5 Vgl. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKKB), COM (2016) 683 final, 2016; im Folgenden abgekürzt als GKKB-Vorschlag. 6 Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates v. 12.7.2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, ABI. EU 2016 Nr. L 193, 1; geändert durch Richtlinie (EU) 2017/952 des Rates v. 29.5.2017 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2016/1164 bzgl. hybrider Gestaltungen mit Drittländern, ABI. EU 2017 Nr. L 144, 1; im Folgenden abgekürzt als ATAD-RL. 7 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Vorschriften für die Unternehmensbesteuerung einer signifikanten digitalen Präsenz v. 21.3.2018, COM (2018) 147 final; im Folgenden abgekürzt als Vorschlag für eine Signifikante Digitale Präsenz. 8 Richtlinie (EU) 2015/2376 des Rates v. 8.12.2015 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bzgl. der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung, ABI. EU 2015 Nr. L 332, 1. 9 Richtlinie (EU) 2017/1852 des Rates v. 10.10.2017 über Verfahren zur Beilegung von Besteuerungsstreitigkeiten in der Europäischen Union, ABI. EU 2017 Nr. L 265, 1. 10 Richtlinie (EU) 2018/822 des Rates v. 25.5.2018 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bzgl. des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen, ABI. EU 2018 Nr. L 139, 1. 11 Vgl. EuGH v. 21.1.2010 – C-311/08 – SGI, ECLI:EU:C:2010:26; EuGH v. 31.5.2018 – C-382/16 – Hornbach-Baumarkt, ECLI:EU:C:2018:366.
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tigen vor Doppelbesteuerung dient die sog. Schiedskonvention vom 23.7.1990, die zwar auf Vorschlag der Kommission (für eine Richtlinie) vom Rat ausgehandelt wurde, jedoch als zwischenstaatliches Abkommen in Kraft getreten ist.12 Abschließend zu erwähnen ist das in Art. 107 ff. AEUV geregelte Beihilfeverbot, auf das sich die EU- Kommission in ihren aufsehenerregenden Verfahren gegen multinationale Konzerne wie z. B. Apple, Amazon, Fiat und Starbucks stützt. Nach Ansicht der EU-Kommission verstoßen die diesen Unternehmen erteilten verbindlichen Auskünfte gegen das Beihilfeverbot weil die tax rulings die Anwendung von nicht fremdvergleichskonformen Verrechnungspreisen erlauben.13
II. Richtlinien zum materiellen Recht 1. GKB-Vorschlag Die Europäische Kommission hatte bereits im Jahre 2011 einen Richtlinienvorschlag für eine Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsrundlage vorgelegt.14 Er konnte jedoch mangels Unterstützung der Mitgliedsstaaten nicht umgesetzt werden. Deshalb sollen nun im ersten Schritt ausschließlich die steuerlichen Ge winnermittlungsvorschriften vereinheitlicht werden. Dazu hat die Kommission am 25.10.2016 ihren Vorschlag für die GKB-Richtlinie vorgelegt.15 Sie hält an dem Ziel der Umsetzung einer Gemeinsamen Konsolidierten Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage fest und hat deshalb taggleich einen weiteren Richtlinienvorschlag zur Konsolidierung und formelhaften Gewinnzerlegung vorgelegt. Der Richtlinienvorschlag vom 25.10.2016 spricht sich in Erwägungsgrund Nr. 14 für die Anwendung des „arm’s length principle“ im Verhältnis zwischen einem Steuerpflichtigen und ihm nahe stehenden Personen aus. Ihre Umsetzung findet diese Erwägung im Kapitel VIII „Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen“. Art. 56 GKB-RLV definiert den Begriff „Verbundene Unternehmen“. Die Definition ist dem Wortlaut nach tendenziell enger als die korrespondierende Definition in Art. 9 Abs. 1 OECD-MA und tendenziell weiter als die korrespondierende Regelung in § 1 Abs. 2 AStG. So verlangt § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG eine Beteiligung von mindestens 25 %, wohingegen Art. 57 Abs. 2 GKB-RLV eine Beteiligung von mehr als 20 % an den 12 Vgl. Übereinkommen Nr. 90/436/EWG über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen v. 23.7.1990, ABl. EG 1990 Nr. L 225, 10. 13 Vgl. dazu Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union, 2018, § 3 Rz. 197 ff.; zu den Fällen Blumenberg in FS Endres, S. 21 ff. 14 Vgl. Europäische Kommission, Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über eine Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage, KOM (2011) 121/4, 2011; vgl. dazu im Überblick mit umfangreichen weiteren Nachweisen Fehling in Schaumburg/ Englisch, Europäisches Steuerrecht, 2015, Kapitel 18. 15 Vgl. zum gesamten Inhalt des Vorschlags Jakob/Fehling, ISR 2017, 290 ff.; Velte/Mock, StuW 2017, 126; Kreiß, IStR 2017, 479 ff.; Scheffler/Köstler, ifst-Schrift 518/2017.
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Stimmrechten genügen lässt; Art. 9 Abs. 1 OECD-MA verlangt hingegen keine Mindestbeteiligungsquote. Art. 57 GKB-RLV regelt „Preisanpassungen in Beziehungen zwischen verbundenen Unternehmen“. Konkret ordnet Art. 57 Abs. 1 GKB-RLV für Beziehungen zwischen verbundenen Unternehmen die Erhöhung und Besteuerung der Einkünfte eines Steuerpflichtigen an, soweit dessen Einkünfte dadurch gemindert worden sind, dass sich die festgelegten oder auferlegten Bedingungen von den Bedingungen zwischen unabhängigen Unternehmen unterscheiden. Erstaunlicherweise fehlt eine Pflicht zur Vornahme einer korrespondierenden Gegenberechtigung wie sie etwa in Art. 9 Abs. 2 OECD-MA vorgesehen ist. Es mangelt ferner an einer Regelung zur Korrektur von gemessen am Fremdvergleichsgrundsatz überhöhten Einkünften wie sie etwa durch das Rechtsinstitut der verdeckten Einlage bewirkt wird. Art. 57 Abs. 2 GKB-RLV regelt die einer Betriebsstätte zuzurechnenden Einkünfte und definiert diese in Anlehnung an Art. 7 Abs. 2 OECD-MA als jene Einkünfte, die eine Betriebsstätte voraussichtlich erzielen würde, wenn sie ein gesondertes und unabhängiges Unternehmen wäre, das dieselbe oder eine ähnliche Tätigkeit unter denselben oder ähnlichen Bedingungen ausübt. Nach ihrem Wortlaut fordert die Regelung sowohl eine Erhöhung als auch eine Minderung der Einkünfte auf den „fremdvergleichskonformen“ Betrag. Sie geht damit weiter als die korrespondierende Regelung in § 1 Abs. 5 AStG, die bekanntermaßen als Rechtsfolge nur eine Erhöhung der Einkünfte statuiert. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass letztere Vorschrift explizit die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes anordnet; die GKB-RLV verwendet den Begriff des Fremdvergleichsgrundsatzes nicht; das gilt im Übrigen - überraschenderweise – ebenso für das OECD-MA. Als Resümee ist festzuhalten, dass der GKB-Vorschlag die internationale Einkünfteabgrenzung allenfalls bruchstückhaft regelt und soweit Regelungen getroffen werden, diese ohne erkennbaren Grund von Art. 7 bzw. Art. 9 OECD-MA als international akzeptierte Normen abweichen. Dies ist insbesondere auch deshalb unverständlich, wenn man bedenkt, dass die EU-Mitgliedsstaaten mit Art. 4 EU-Schiedsübereinkommen bereits seit dem Jahr 1990 über eine gemeinsame Regelung zur internationalen Einkünfteabgrenzung verfügen, die ihrerseits Art. 9 Abs. 1 bzw. Art. 7 Abs. 2 OECDMA a.F. wortwörtlich entspricht. Mehr als zwei Jahre nach Veröffentlichung des GKB-Vorschlags erscheint es sehr fraglich, ob und mit welchem Inhalt der Vorschlag als Richtlinie verabschiedet werden wird. So haben sich etwa Frankreich und Deutschland in einem gemeinsamen Positionspapier nachdrücklich für die Umsetzung des GKB-Vorschlags ausgesprochen, jedoch zugleich den Wunsch geäußert, Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung bis zur Umsetzung der GKKB in der Kompetenz der Mitgliedsstaaten zu belassen.16
16 Vgl. German-French Common Position Paper on CCTB Proposal v. 19.6.2018, www.bun desfinanzministerium.de/Europe/2018-06-02.
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2. GKKB-Vorschlag Das Konzept des GKKB-Vorschlags besteht im Kern darin, die zu einem Konzern gehörenden Unternehmen mit Sitz in der EU als Konzern zu besteuern. Gewinne und Verluste aus Geschäftsvorfällen zwischen Mitgliedern des Konzerns sind konsequenterweise zu eliminieren. Der konsolidierte steuerliche Gewinn des Konzerns wird formelmäßig auf die Mitglieder des Konzerns aufgeteilt und bei den Mitgliedern von ihren Sitzstaaten besteuert.17 Der GKKB-Vorschlag ist revolutionär insoweit die zwischenstaatliche Einkünfteabgrenzung nicht länger auf Basis von nach dem Fremdvergleichsgrundsatz gebildeten Verrechnungspreisen, sondern im Wege einer formelhaften Gewinnzerlegung erfolgt. Dies bewirkt bei den Konzernen eine gewisse Entlastung in Administration und Streitbewältigung. Im Verhältnis zu Drittstaaten verbleibt es allerdings bei der Notwendigkeit der Bestimmung und Überprüfung von nach dem Fremdvergleichsgrundsatz gebildeten Verrechnungspreisen. Geradezu unvermeidlich eröffnet eine formelhafte Gewinnzerlegung ihrerseits Gestaltungsmöglichkeiten und bietet Streitpotential.18 Beides ist den Verfassern des Vorschlags bekannt und hat sie veranlasst, im GKKB-Vorschlag Vorkehrungen gegen eine „Manipulation“ der Zerlegungsfak toren vorzunehmen.19 Im Übrigen werden die Unternehmen auch nach Umstellung der internationalen Einkünfteabgrenzung vom Fremdvergleichsgrundsatz auf eine formelhafte Gewinnzerlegung weiterhin „realitätsgerechte“ Verrechnungspreise bestimmen und praktizieren müssen, um Anforderungen und Verpflichtungen aus Bilanzrecht, Gesellschaftsrecht, Insolvenzrecht und weiteren Vorschriftenwerken zu entsprechen.20 Norbert Herzig vertrat im Jahr 2012 in seiner Bewertung des im Jahr 2011 vorgelegten ursprünglichen Richtlinienvorschlags für eine GKKB die Einschätzung, dass die formelmäßige Aufteilung der EU-einheitlichen Bemessungsgrundlage eine Vision darstelle.21 Diese Einschätzung hatte bis in die jüngste Vergangenheit unverändert Gültigkeit. So hatte sich auch die OECD noch kürzlich nach intensivem Abwägen des Für und Wider für die Fortgeltung des Fremdvergleichsgrundsatzes und gegen dessen Ersetzung durch eine formelhafte Gewinnzerlegung ausgesprochen.22 In Reaktion auf das weiterhin ungelöste Problem der Besteuerung der digitalen Wirtschaft hat die OECD im Mai 2019 jedoch nunmehr beschlossen, die Tauglichkeit der formelhaften Gewinnzerlegung als Ersatz oder Ergänzung zum Fremdvergleichsgrundsatz erneut zu untersuchen.23 17 Vgl. etwa Benz/Böhmer, DB 2016, 2800 (2802). 18 Vgl. etwa Benz/Böhmer, DB 2016, 2800 (2804). 19 Vgl. etwa Art. . 34 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 5 GKKB-Vorschlag. 20 Siehe bereits Schön, IStR 2011, 780. 21 Vgl. Herzig, DB 2012, 1 (5). 22 Vgl. OECD Transfer Pricing Guidelines for Multinational Enterprises and Tax Administrations, July 2017, Chapter I. B.2. 23 OECD, OECD/G20, Inclusive Framework on BEPS, Programme of Work to Develop a Consensus Solution to the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy, Paris, S. 14 f.; siehe dazu z.B. Becker/van der Ham, DB 2019, 1351 ff.
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3. ATAD-RL24 Die ATAD-RL in ihrer ursprünglichen Fassung vom 12.7.2016 muss von den Mitgliedsstaaten gem. Art. 11 Abs. 1 ATAD-RL ab dem 1.1.2019 angewendet werden. Davon ausgenommen ist allein die Regelung in Art. 5 ATAD-RL zur Entstrickungsund Wegzugsbesteuerung, die gem. Art. 11 Abs. 5 ATAD-RL erst ab dem 1.1.2020 anzuwenden ist. Jene Vorschriften der ATAD-RL zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken, die bis zum 31.12.2018 umzusetzen waren, rechnen teils seit vielen Jahren zum Vorschriftenbestand des deutschen Unternehmensteuerrechts.25 Für die deutsche Ge setzgebung besteht deshalb nur begrenzter Handlungsbedarf zur Umsetzung der ATAD-RL. Regelungen mit Bezug zur internationalen Einkünfteabgrenzung finden sich in Art. 7 (Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen) und Art. 8 (Berechnung der Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens) ATAD-RL. Mit diesen Vorschriften werden Mitgliedsstaaten zur Einführung von Regeln zur Hinzurechnungsbesteuerung verpflichtet.26 Dabei dürfen die Mitgliedsstaaten wählen zwischen einem aus §§ 7ff. AStG bekannten Ansatz, nach dem niedrigbesteuerte Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens aus bestimmten passiven Quellen der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen werden und einem als „principal purpose test“ bekannten Ansatz, nach dem nicht ausgeschüttete niedrigbesteuerte Einkünfte des beherrschten ausländischen Unternehmens aus unangemessenen Gestaltungen der Hinzurechnungsbesteuerung unterliegen. Für diesen Zweck gilt eine Gestaltung als unangemessen, „sofern das Unternehmen oder die Betriebsstätte nicht selbst Eigentümer der Vermögenswerte wäre oder die Risiken, aus denen seine gesamten Einkünfte oder Teile davon erzielt werden, nicht eingegangen wäre, wenn es nicht von einer Gesellschaft beherrscht würde, deren Entscheidungsträger die für diese Vermögenswerte und Risiken relevanten Aufgaben ausführen, die für die Erzielung der Einkünfte des beherrschten Unternehmens ausschlaggebend sind.“27 Unterliegen der Hinzurechnungsbesteuerung (nur) Einkünfte aus unangemessenen Gestaltungen i.S.v. Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) ATAD-RL, „so sind die in die Steuerbemessungsgrundlage des Steuerpflichtigen einzubeziehenden Einkünfte auf Beträge begrenzt, die durch Vermögenswerte und Risiken erzielt werden, die mit den Aufgaben von Entscheidungsträgern zusammenhängen, die von der beherrschenden Ge24 Vgl. für die umfangreiche Literatur zur ATAD-RL stellvertretend Hagemann/Kahlenberg (Hrsg.), Anti Tax Avoidance Directive, 2019; Musil in Musil/Weber-Grellet, Europäisches Steuerrecht, 2019, Sekundärrecht, Kapitel F. 25 Zu nennen sind die Regelungen zur Zinsschranke (§ 4h EStG, 8a KStG), zur Entstrickungsund Wegzugsbesteuerung (z.B. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG, § 12 KStG), zur Verhinderung von Missbrauch (§ 42 AO), zur Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7 – 14 AStG) und ansatzweise zu hybriden Gestaltungen (z.B. § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG). 26 Die Verpflichtung folgt aus Art. 3 ATAD-RL; zur Frage der Vereinbarkeit dieser Verpflichtung mit den europäischen Grundfreiheiten vgl. Kreienbaum in DStJG 41, 2018, S. 476 ff. 27 Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) ATAD-RL.
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sellschaft ausgeführt werden. Die Zurechnung der Einkünfte eines beherrschten ausländischen Unternehmens erfolgt nach dem Fremdvergleichsgrundsatz.“28 Zum Sinn und Zweck dieser Regelung findet sich ein Hinweis in Erwägungsgrund (12) der ATADRL: Danach können die Vorschriften für beherrschte ausländische Unternehmen nur auf Einkünfte abzielen, die einer niedrigbesteuerten Tochtergesellschaft künstlich zugeleitet werden. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit soll diese Regelung nur in Situationen eingreifen, „in denen die meisten Entscheidungsaufgaben, aufgrund derer zugeleitete Einkünfte auf Ebene der beherrschten Tochtergesellschaft erzielt wurden, im Mitgliedsstaat des Steuerpflichtigen durchgeführt werden.“29 Welche Sachverhalte der Richtliniengeber bei Abfassung der Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) bzw. Art. 8 Abs. 2 ATAD-RL vor Augen hatte, bleibt unklar. Wenn Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) ATAD-RL fordert, dass die Entscheidungsträger der beherrschenden Gesellschaft jene Aufgaben ausführen, die für die Erzielung der Einkünfte des beherrschten Unternehmens ausschlaggebend sind, kann dies sehr eng interpretiert und auf Fälle begrenzt werden, bei denen das wirtschaftliche Eigentum der Vermögenswerte, aus denen die fraglichen Einkünfte erzielt werden, bei der beherrschenden Person und nicht bei der beherrschten Gesellschaft liegt. Dann wären allerdings jedenfalls nach deutschem Verständnis der beherrschenden Gesellschaft die Einkünfte originär und nicht derivativ zuzurechnen. Die Vorschrift kann jedoch gleichermaßen auch sehr weit ausgelegt werden, etwa bei Sachverhalten, welche die Ausstattung einer Tochtergesellschaft mit Eigenkapital zum Zwecke der Vermögensanlage oder Finanzierung von Konzerngesellschaften zum Gegenstand haben. Man stelle sich etwa vor, dass die Geschäftsführung einer solchen Tochtergesellschaft Darlehen an Konzern gesellschaften nur nach vorheriger Zustimmung eines Aufsichtsrats oder ähnlichen Gremiums vergeben darf. Die Zustimmungsbedürftigkeit des Geschäftsabschlusses sollte das wirtschaftliche Eigentum bzw. die Erzielung der Darlehenseinkünfte durch die Tochtergesellschaft nicht in Frage stellen. Liegt dessen ungeachtet eine unan gemessene Gestaltung vor? Sind bejahendenfalls die gesamten Darlehenseinkünfte der Tochtergesellschaft dem Gesellschafter zuzurechnen? Ist die Zurechnung gem. Art. 8 Abs. 2 Satz 2 ATAD-RL auf einen Betrag begrenzt, der einer fremdvergleichskonformen Vergütung der Mitglieder des Aufsichtsrats entspricht oder sind vielmehr die Darlehenseinkünfte der beherrschten Gesellschaft dem beherrschenden Gesellschafter zuzurechnen? Als Resümee wird man festhalten können, dass jene Mitgliedsstaaten, die aus Gründen des Steuerwettbewerbs ihre Steuerpflichtigen möglichst weitgehend von einer Hinzurechnungsbesteuerung verschonen möchten, aufgrund der Unbestimmtheit der Regelungen in Art. 7 Abs. 2 Buchst. b) und Art. 8 Abs. 2 ATAD-RL dieses Ziel realisieren können ohne ihre Verpflichtung zur Umsetzung der ATAD-RL zu verletzen.
28 Art. 8 Abs. 2 ATAD-RL. 29 Erwägungsgrund (12) ATAD-RL.
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4. Vorschlag für eine Signifikante Digitale Präsenz Nach Ansicht der EU-Kommission können die bestehenden Vorschriften zur Unternehmensbesteuerung eine faire und wirksame Besteuerung der digitalen Wirtschaft nicht sicherstellen. Da die derzeitigen Vorschriften auf die physische Präsenz eines Unternehmens in einem Land abstellen, seien Unternehmen, die in einem Land steuerlich nicht ansässig sind, nur dann steuerpflichtig, wenn sie dort eine Präsenz in Form einer Betriebsstätte haben. Damit gelinge es jedoch nicht, digitale Aktivitäten zu erfassen, bei denen für die Erbringung digitaler Dienstleistungen keine physische Präsenz erforderlich sei.30 Hinzu komme, dass im Falle von bestimmten Geschäftsmodellen die Nutzer von digitalen Dienstleistungen wesentlich zur Wertschöpfung beitragen, indem sie etwa ihre Daten für eine kommerzielle Verwertung überlassen oder zur Bildung eines Netzwerks beitragen, welches seinerseits neue Nutzer attrahiere. Die Staaten, in denen diese Nutzer ihre Tätigkeiten entfalten, können nach den derzeit geltenden Vorschriften keine Ertragsteuer auf die Erträge des in einem anderen Land ansässigen Anbieters einer Plattform oder digitalen Dienstleistung erheben.31 Da einerseits eine international abgestimmte Lösung, an der insbesondere die OECD arbeite, noch nicht in Sicht sei, und andererseits eine zunehmende Zahl von Staaten unilaterale Maßnahmen ergreife, hat die EU-Kommission am 21.3.2018 erstens eine temporäre Lösung in Form der sog. „Digital Services Tax“32 und zweitens als dauerhafte Lösung das Konzept der signifikanten digitalen Präsenz gemäß dem „Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag“ vorgelegt.33 Während die Digital Services Tax als eine Art Quellensteuer i.H.v. 3 %34 der Erlöse aus Online-Werbung, Verkauf von Nutzerdaten oder der Bereitstellung von digitalen Plattformen zur Interaktion zwischen Nutzern konzipiert ist,35 die im Übrigen nur von Großunternehmen36 erhoben werden soll, basiert die „Signifikante Digitale Präsenz“ konzeptionell auf dem traditionellen Betriebsstättenkonzept unter Zurechnung der Einkünfte auf die Betriebsstätte nach dem AOA-Ansatz.37
30 Vgl. Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag, Begründung S. 2. 31 Vgl. European Commission, Communication from the Commission to the European Parliament and the Council of 21.3.2018 COM (2018) 146 final, S. 4. 32 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zum gemeinsamen System einer Digitalsteuer auf Erträge aus der Erbringung bestimmter digitaler Dienstleistungen v. 21.3.2018, COM (2018) 148 final, im Folgenden abgekürzt als Digital Services Tax-Vorschlag. 33 Vgl. für einen Überblick zum Inhalt der Vorschläge und eine zumeist kritische bzw. ablehnende Würdigung z. B. Haase, Ubg 2018, 259 ff.; Roderburg, Ubg 2018, 249 ff.; BDI, Positionspapier EU-Vorschläge zur „Besteuerung der digitalen Wirtschaft“: Digitalsteuer und digitale Präsenz (Stand: September 2018). 34 Vgl. Art. 8 Digital Services Tax-Vorschlag. 35 Vgl. für die Definition der steuerbaren Erträge Art. 3 Digital Services Tax-Vorschlag. 36 Vgl. für die Schwellenwerte Art. 4 Digital Services Tax-Vorschlag. 37 Vgl. Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag, Begründung, S. 10.
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Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung in EU-Richtlinien
Die Signifikante Digitale Präsenz gilt als Betriebsstätte,38 es handelt sich also um eine Fiktion. Für Zwecke der Einkünftezurechnung sollen dieser fiktiven Betriebsstätte fiktiv Funktionen und daran anknüpfend das Innehaben von Wirtschaftsgütern und die Übernahme von Risiken zugeordnet werden, die tatsächlich von Mitarbeitern und Einrichtungen des Stammhauses ausgeübt werden.39 Unter dieser Prämisse soll sodann in einem abschließenden Schritt der vom Stammhaus erzielte Gewinn regelmäßig nach der Gewinnaufteilungsmethode auf Stammhaus und Signifikante Digitale Präsenz-Betriebsstätte aufgeteilt werden.40 Soweit das Stammhaus in einem Drittstaat ansässig ist, mit dem ein Mitgliedsstaat der Signifikanten Digitalen Präsenz-Betriebsstätte ein DBA abgeschlossen hat, sollen die Regelungen erst nach einer entsprechenden Änderung des Abkommens gelten. Die EU-Kommission hat dazu einen Textvorschlag für eine Änderung der Abkommen vorgelegt.41 Im Verhältnis der EU-Mitgliedsstaaten zueinander sollen die Regelungen augenscheinlich Vorrang vor den zwischen den Mitgliedsstaaten abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen genießen.42 Im Richtlinientext selbst fehlt es jedoch an einer ausdrücklichen Bestimmung über die Anordnung eines entsprechenden Vorrangs der Bestimmungen der Richtlinie vor den Bestimmungen der zwischen den Mitgliedsstaaten abgeschlossenen Abkommen. Nach Ansicht der EU-Kommission sind die derzeit geltenden Regelungen des internationalen Steuerrechts im Hinblick auf die moderne globale Wirtschaftlichkeit nicht mehr zeitgemäß, da sie nicht Geschäftsmodelle erfassen, mit denen ohne physische Präsenz in einem Land Gewinne erwirtschaftet werden können. Dies werde auch von weiten Teilen der Öffentlichkeit als unfair empfunden. Nutzer und Kunden von Unternehmen der digitalen Wirtschaft würden zur Wertschöpfung beitragen, was jedoch bei der Besteuerung der Unternehmen der digitalen Wirtschaft derzeit nicht berücksichtigt werde. Dem soll durch das Konstrukt der Signifikanten Digitalen Präsenz abgeholfen werden.43 Es erscheint jedoch sehr fraglich, ob der Richtlinienvorschlag in einer Zuordnung von nennenswerten Gewinnen auf eine Signifikante Digitale Präsenz-Betriebsstätte resultiert. Die in Rede stehenden digitalen Dienstleistungen, wie etwa Online-Werbung, werden an in Europa ansässige Nutzer und Kunden typischerweise nicht von der Spitzeneinheit des ausländischen (US) Konzerns sondern von einer in der EU ansässigen Tochtergesellschaft erbracht. Sofern der Umfang der digitalen Dienstleistungen die in Art. 4 Abs. 3 Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag genannten Schwellenwerte übersteigt, begründet die Tochtergesellschaft in dem jeweiligen Mitgliedsstaat eine Signifikante Digitale Präsenz. Der Gewinn des Unternehmens, welches in einem an38 Vgl. Art. 4 Abs. 1 Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag. 39 Vgl. Art. 5 Abs. 2-5 Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag. 40 Vgl. Art. 5 Abs. 6 Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag. 41 Vgl. Empfehlung der Kommission v. 21.3.2018 bzgl. der Unternehmensbesteuerung einer Signifikanten Digitalen Präsenz, C (2018) 1650 final. 42 Vgl. Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag Begründung, S. 3. 43 Vgl. Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag, Begründung, S. 2.
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Klaus Sieker
deren Mitgliedsstaat über eine Signifikante Digitale Präsenz verfügt, ist nach der Gewinnaufteilungsmethode zwischen Stammhaus und Betriebsstätte in Form der Signifikanten Digitalen Präsenz aufzuteilen.44 Tatsächlich scheint es jedoch in vielen Fällen so zu sein, dass dasjenige in der EU ansässige Unternehmen, welches die digitale Dienstleistung an in der EU ansässige Nutzer bzw. Kunden erbringt, seinerseits nur sehr geringe Renditen erzielt. Dafür ursächlich ist der Umstand, dass die digitale Dienstleistungen erbringenden Unternehmen ihre Erlöse weitgehend als Lizenzen an verbundene Unternehmen abführen.45 Jene Konzernunternehmen, welche die Lizenzen für die Überlassung der ihnen gehörenden immateriellen Wirtschaftsgüter vereinnahmen, erbringen jedoch nicht selbst digitale Dienstleistungen an in der EU ansässige Nutzer bzw. Kunden; sie verfügen also gerade nicht über eine Signifikante Digitale Präsenz in der EU und bleiben weiterhin mangels Anknüpfungspunkt von Ertragsteuern der EU-Mitgliedsstaaten verschont.46 Selbst wenn nahezu der gesamte Gewinn des die digitalen Dienstleistungen erbringenden Unternehmens – etwa aus dem Verkauf von Online-Werbung – in anderen Mitgliedsstaaten unterhaltenen Betriebsstätten in Form einer Signifikanten Digitalen Präsenz zugeordnet werden würde, ist deshalb, gemessen an den Umsatzerlösen, nur ein sehr geringer Betriebsstättengewinn und entsprechend ein sehr geringes Steueraufkommen zu erwarten. Als Resümee ist festzuhalten, dass der Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag nicht geeignet ist, einen im Vergleich zum Status Quo signifikant höheren Anteil der Gewinne aus digitalen Dienstleistungen der Ertragsbesteuerung in den EU-Mitgliedsstaaten, in denen diese Dienstleistungen genutzt werden, zu unterwerfen.
III. Schlussbemerkung Fraglos sind sich die Mitgliedsstaaten und Institutionen der EU der außerordentlichen Bedeutung von Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung für das Funktionieren des EU-Binnenmarkts und des Steueraufkommens bewusst, wovon die sieben Richtlinien bzw. Richtlinienvorschläge zeugen. Allerdings sind die Bemühungen insbesondere der EU-Kommission nicht von Erfolg gekrönt. GKB-Vorschlag und GKKB-Vorschlag verharren im Vorschlagsstadium, mit ihrer Umsetzung ist nicht zu rechnen. Die EU-Digitalsteuer ist bis auf weiteres gescheitert.47 Für dieses Scheitern 44 Vgl. Art. 5 Abs. 6 Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag. 45 Vgl. z.B. Bernhardt in FS Endres, S. 13 zum „Lizenzmechanismus“ am Beispiel des Starbucks-Beihilfeverfahrens; Tavares/Bogenschneider/Pankiv, The Intersection of EU State Aid and US Tax Deferral, Florida Tax Review 2016, 121 ff., 180 ff.; Olbert/Spengel, International Taxation in the Digital Economy: Challenge Accepted? World Tax Journal, February 2017, 3 (32); Becker/Englisch, Ein größeres Stück vom Kuchen: Besteuerung der Gewinne von Google & Co., Wirtschaftsdienst 2017, 801 (808). 46 Gem. Art. 4 Abs. 3 Signifikante Digitale Präsenz-Vorschlag wird von einer signifikanten digitalen Präsenz in einem Mitgliedsstaat ausgegangen, wenn die durch sie ausgeübte Geschäftstätigkeit ganz oder teilweise aus der Bereitstellung digitaler Dienstleistungen über eine digitale Schnittstelle besteht. 47 Vgl. Börsen-Zeitung v. 13.3.2019, S. 7.
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Regelungen zur internationalen Einkünfteabgrenzung in EU-Richtlinien
gibt es viele Gründe, nicht zuletzt die Interessengegensätze zwischen den Mitgliedsstaaten. Bedeutsamer ist jedoch die globale Dimension des Problems der internationalen Einkünfteabgrenzung, für dessen Verhandlung ein globales Forum besser geeignet ist als ein regionales Forum. Das hat die OECD erkannt und mit ihren sog. „Inclusive Framework on BEPS“ ein Forum unter Teilnahme von 127 Staaten etabliert. Das nächste Kapitel zur internationalen Einkünfteabgrenzung wird also erneut von der OECD geschrieben werden, die im Jahre 2020 ihren Abschlussbericht zur Besteuerung der Digitalwirtschaft mit konkreten Handlungsempfehlungen vorlegen soll.48
48 Vgl. dazu jüngst Kreienbaum, IStR 2019, 121.
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Alexander Vögele
A
Profit Split basierte Verrechnungspreissysteme als kommender Standard für Konzerne
P
Inhaltsverzeichnis I. Einführung
3. Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode
II. Methoden 1. Globale Gewinnaufteilungsmethode – „Beitragsanalyse“ 2. Residual-Gewinnaufteilungsmethode – „Restgewinn-Analyse“
III. Anwendungsbereiche IV. Ökonomischer Hintergrund V. Würdigung
I. Einführung1 TNMM und CUP sind die am häufigsten genutzten Verrechnungspreismethoden in den westeuropäischen Ländern. Benchmarkingstudien auf der Basis von externen Datenbanken dienen dem Nachweis der Margen von Routineunternehmen internationaler Konzerne. In vielen Fällen führen diese Benchmarkingstudien zu befriedigenden Ergebnissen. Digitalisierung und Globalisierung führen jedoch zunehmend zu grenzüberschreitenden Wertschöpfungsnetzwerken. Aus diesen ergeben sich nicht nur Kosteneinsparungen, Fixkostendegressionen, Qualitätsverbesserungen Synergien und neue Produkte in weitesten Sinne, sondern auch eine zunehmende Verflechtung der Beiträge der verbundenen Unternehmen. Während viele Unternehmen noch vor wenigen Jahren relativ einfache Wertschöpfungsketten als Supply Chains nutzten, erbringen viele Konzerne heute Ihre Leistungen weitgehend in komplexen Netzwerken. Diese sind oft sehr interdependent und hoch integriert. Die Standardverrechnungspreismethoden und TNMM (CPM in den USA) lassen sich in diesem Umfeld nur noch für einfache Routine-Teilbereiche des Konzerns anwenden. Standardmethoden und Benchmarking sind auch nicht geeignet für Konzerne mit niedriger Profitabilität, bei denen die Summe der Routinevergütungen der Routine- Konzerngesellschaften oft den konsolidierten Gesamtgewinn übersteigt. Auch für diese Fälle ist das Benchmarking wenig hilfreich. Sind die Geschäftsbeziehungen interdependent und hoch integriert oder können die drei Standardmethoden nicht sinnvoll angewendet werden, um die Fremdvergleichsüblichkeit von Verrechnungspreisen nachzuweisen, so kann die geschäftsvorfallbezo1 Vgl. Vögele/Vögele in Vögele u.a., Verrechnungspreise, 5.Aufl. 2019.
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Alexander Vögele
gene Gewinnaufteilungsmethode für die Verrechnungspreisanalyse herangezogen werden (Profit Split).2 Wird letztere korrekt angewendet, ist sie in der Lage, die Einhaltung des Arm’s Length- Grundsatzes zu überprüfen und sauber zu dokumentieren. Die in diesem Abschnitt dargestellte Vorgehensweise simplifiziert und zeigt aus didaktischen Gründen jeweils nur den Profit Split zwischen zwei Parteien innerhalb eines Konzerns. Die Beispiele können jedoch unproblematisch auch für die Aufteilung der Margen zwischen einer großen Zahl von Unternehmen innerhalb eines Konzerns genutzt werden. Sie zeigen eine praktische Perspektive und entsprechen dem aktuellen Stand der OECD VPL im Frühjahr 2019. Das Kapitel zeigt auch, inwieweit die definitorische Abgrenzung von Funktionen und Risiken eine Rolle spielt, wie ermittelte Bandbreiten für Routinemargen im Rahmen der Restgewinnaufteilung verwendet werden können und wie immaterielle Werte in der Praxis ermittelt werden. Dieses Kapitel bespricht insbesondere die Restgewinnanalyse oder Residualgewinnaufteilungs-Methode. Zusammen mit der globalen Beitragsanalyse (Contribution Analysis) oder Gewinnaufteilungsmethode stellt sie eine in den OECD-RL sowie in den US-RL zu Section 482 IRC vorgeschlagene Methode dar, um solche Geschäfte zu analysieren, für die eine „hoch integrierte Tätigkeit“ vorliegt.3 Die OECD nimmt dabei an, dass auch unverbundene Unternehmen bei solchen Geschäften die Aufteilung von Gewinnen beschließen.4 Bei den beiden anderen in diesem Kapitel vorgestellten Gewinnaufteilungsmethoden handelt es sich um spezifischere Methoden. Die Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode wird i.d.R. eingesetzt, wenn es darum geht, Lizenzgebühren auf ihre Angemessenheit zu überprüfen. Die globale Gewinnaufteilungsmethode eignet sich besonders gut in Situationen, die einem Joint Venture ähneln. jedoch in Deutschland oft nicht akzeptiert. Die dargestellten Methoden dienen dazu, Verrechnungspreise auf ihre Angemessenheit hin ex post zu überprüfen. Außerdem eignen sich die Methoden auch dazu, zukünftige Preise für Planungszwecke ex ante zu ermitteln. Der Begriff Gewinnaufteilungs-Methode kann vor diesem Hintergrund leicht falsch interpretiert werden. Es handelt sich nicht um eine Methode zur Aufteilung von Gewinnen im Rahmen von Gewinnausschüttungen, sondern um Methoden zur Ermittlung angemessener Preise für Transaktionen auf schuldrechtlicher Ebene, bei denen ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter den Preis einer Leistung so ermittelt 2 Vgl. OECD-Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuer verwaltungen 2017 (im Folgenden: OECD-VPL 2017), Tz. 2.144 ff. und VGr-Verfahren, Tz 3.4.10.3c). 3 Vgl. OECD-VPL 2017, Tz. 2.144. 4 Vgl. OECD-VPL 2017, Tz. 2.116.
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hätte, dass beide Seiten einen angemessenen Anteil am gemeinsamen Gewinn erzielen. Es gilt also, angemessene Preise zu ermitteln oder bestehende Preise zu testen, die zu einer bestimmten Gewinnaufteilung führen. Ex-ante werden die aus den Gewinnaufteilungsmethoden gewonnenen Margen üblicherweise in Zuschläge zu den Kosten im Rahmen einer Kostenzuschlagskalkulation umgerechnet.
II. Methoden Die deutschen VGr-Verfahren vom 12.4.2005 verweisen bei der Gewinnaufteilungsmethode auf die OECD-RL von 1995 und besagen, dass die geschäftsvorfallbezogene Gewinnaufteilungsmethode bspw. bei der „Gewinnabgrenzung von grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen zwischen mehreren Konzernunternehmen mit ‚Entrepreneur‘-Funktion“5 angewendet werden kann. Sofern sie korrekt angewendet werden, liefern Gewinnaufteilungsmethoden eine gute Alternative zu den „einseitigen“ Betrachtungen der klassischen Standardmethoden sowie der TNMM. Stark integrierte Geschäftsbeziehungen können oft nur gemeinsam betrachtet werden. Die traditionellen Methoden greifen dabei oft zu kurz, da sie komplexe Sachverhalte aus einer nationalen Perspektive analysieren. Im Gegensatz dazu liefern Gewinnaufteilungsmethoden einen ganzheitlichen Ansatz, der den Arm’s Length-Charakter von Geschäftsbeziehungen von einem grenzüberschreitenden Standpunkt aus beleuchtet. 1. Globale Gewinnaufteilungsmethode – „Beitragsanalyse“ Die Anwendung von Gewinnaufteilungsmethoden basiert i.d.R. auf einem von mehreren Parteien gemeinsam erwirtschafteten Gewinn (bzw. Verlust), der anhand der Beiträge bzw. Investitionen auf die teilnehmenden Parteien aufgeteilt wird. In einem zweiten Schritt werden die Verrechnungspreise anhand der Resultate aus dem Profit Split abgeleitet. Dabei werden die Preise so festgesetzt, dass das im Rahmen des Profit Split ermittelte Resultat erreicht wird. Es handelt sich nicht um eine Methode zur Aufteilung von Gewinnen im Rahmen von Gewinnausschüttungen, sondern um eine Methode zur Ermittlung angemessener Preise für Transaktionen auf schuldrechtlicher Basis. Die folgende Abbildung 1 gibt einen kurzen Überblick über die Anwendung der globalen Gewinnaufteilungsmethode basierend auf den kapitalisierten Kosten von zwei verbundenen Unternehmen. Dabei verkauft das verbundene Unternehmen A Halbfertigfabrikate an das verbundene Unternehmen B.
5 VGr-Verfahren, Tz. 3.4.10.3c).
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Alexander Vögele
Verkaufsspreis 200 Gewinn 20
Verrechnungspreis 120
Kosten 60
Gewinn 40
Kosten 80
Unternehmen A
Unternehmen B
Verkaufsspreis 200 Kosten 60
Gewinn 20 Konzern- Gewinn gewinn 40 60
Unternehmen B Kapitalisierte Kosten 100
Kosten 80
Unternehmen A Kapitalisierte Kosten 200
Konsolidierte Wertschöpfung
Eingesetztes Kapitel
Abb. 1: Globale „Beitragsanalyse“ oder Gewinnaufteilungsmethode Quelle: Vögele/Vögele in Vögele u.a., Verrechnungspreise
Die Abbildung 1 zeigt, dass der konsolidierte Konzernumsatz mit fremden Dritten bei 200 liegt, ein Konzerngewinn von 60 erwirtschaftet wurde und die insgesamt eingesetzten kapitalisierten Kosten 300 betragen. Ein Drittel der eingesetzten kapitalisierten Kosten stammen von Unternehmen B und zwei Drittel der gesamtkapitalisierten Kosten werden von Unternehmen A eingesetzt. Der gemeinsam erwirtschaftete Konzerngewinn von 60 wird im obigen Beispiel so aufgeteilt, dass jedes der beiden Unternehmen den Anteil am Konzerngewinn bekommt, der den eingesetzten kapitalisierten Kosten entspricht. Dem Unternehmen A stehen daher 2/3 des Gesamtgewinns von 60 zu. In absoluten Zahlen entspricht dies einem Gewinn von 40. Addiert man diesen Gewinn auf die bei Unternehmen A angefallenen Gesamtkosten von 80, so ergibt sich ein Verrechnungspreis von 120 (40+80=120). Das Beispiel verdeutlicht, dass die Anwendung der globalen Gewinnaufteilungsmethode dazu führt, dass sämtliche Profit Split-Teilnehmer eine gleiche Vergütung für ihren Beitrag (hier die kapitalisierten Kosten) bekommen. Diese Vergütung entspricht dem Vergütungslevel auf Konzernniveau. Konkret bedeutet dies, dass sowohl Unter-
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nehmen A als auch Unternehmen B eine Kapitalverzinsung entsprechend dem Konzernniveau von 20 % erzielen: 40/200 = 20/100 = 60/300 = 20 %
Es wird deutlich, dass eine Gewinnaufteilung auf der Basis von kapitalisierten Kosten zu einer Angleichung der Kapitalverzinsung zwischen den einzelnen Konzerngesellschaften führt. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sämtliche Unternehmen im Konzern an einer marktgerechten Vergütung gemessen werden, nämlich dem tatsächlich vom gesamten Konzern erzielten – von Natur aus fremdvergleichsüblichen – Gewinn. Dieser Gewinn wird anteilsmäßig auf die einzelnen Gesellschaften aufgeteilt und resultiert in einer gleichmäßigen Vergütung in Abhängigkeit von dem Aufteilungsschlüssel. Die Aufteilung auf der Basis von kapitalisierten Kosten aus dem obigen Beispiel führt daher zu einer gleichmäßigen Kapitalverzinsung für die beiden Unternehmen A und B. Dieses Ergebnis ist richtig, sofern alle Konzernunternehmen in Ländern mit gleichen Kapitalkosten tätig sind. Bestehen in den Ländern unterschiedliche Kapitalkosten, dann sind Anpassungsrechnungen vorzunehmen. 2. Residual-Gewinnaufteilungsmethode – „Restgewinn-Analyse“ Anders als bei der globalen Beitragsanalyse oder Gewinnaufteilungsmethode wird bei der Residual- oder auch Restgewinnaufteilungsmethode nur ein Teil des gesamten Konzerngewinns, das sog. Residual, aufgeteilt. Zunächst wird ein entsprechender Routinegewinn den Routinetätigkeiten der Einheiten im Konzern zugewiesen. Dies geschieht bspw. anhand einer der typischen Standardmethoden. Im folgenden Beispiel liefert Unternehmen A Produkte an das verbundene Unternehmen B. Die beiden Unternehmen üben sowohl Routine- als auch Nicht-Routineaktivitäten aus. Sie investieren dazu sowohl Routine-„Kapital“ als auch unternehmerisches „Kapital“. Als „Kapital“ werden hier die kapitalisierten Investitionen bezeichnet. Die vom Unternehmen A ausgeführten Routineaktivitäten schaffen einen relativ hohen Wert. Am Markt erreichen vergleichbare Unternehmen, die nur diese Routineaktivitäten ausüben, eine Kapitalverzinsung i.H.v. beispielsweise 20%, ausgedrückt als Return on Capital Employed (ROCE). Die von Unternehmen B ausgeübten Routinefunktionen sind relativ einfach und schaffen daher einen geringeren Wert. Die am Markt beobachtbare (und durch Benchmarkinganalysen ermittelte) Kapitalverzinsung für diese Aktivitäten beträgt beispielsweise 12,5%. Alternativ können die abzuziehenden Routinemargen durch Benchmarking auch beispielsweise für die Gewinnkennzahl (PLI) ROS ermittelt werden.
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Alexander Vögele
In Abhängigkeit des von beiden Unternehmen investierten Kapitals für die Ausübung der jeweiligen Routinefunktion erhalten beide Seiten eine Routinevergütung. Unternehmen A hat Kapital i.H.v. 100 für Routineaktivitäten investiert. Bei Unternehmen B beträgt diese Investition 160. Beiden Unternehmen steht daher ein Routinegewinn von 20 zu (A: 100 × 20 % ROCE = 20; B: 160 × 12,5 % ROCE = 20). Insgesamt hat der Konzern einen Gewinn i.H.v. 70 erwirtschaftet. Dies bedeutet, dass nach Verteilung der Routinegewinne auf die beiden Unternehmen ein Residual von 30 verbleibt (70 – 20 – 20 = 30). Dieses Residual ist in einem nächsten Schritt zwischen den beiden Unternehmen aufzuteilen. Als Aufteilungsschlüssel dient im unserem Beispiel das von beiden Seiten investierte unternehmerische Kapital. Das unternehmerische Kapital ist eine gute Grundlage für die Aufteilung eines Gewinnes, wenn das Ergebnis einer Investition in einer engen Relation zum eingesetzten Kapital steht. Das ist beispielsweise oft im Automobilbereich der Fall, aber weniger im Bereich der Pharmaunternehmen oder der New Economy. Dieses „Risikokapital“ ist notwendig, damit beide Unternehmen ihren jeweiligen unternehmerischen Tätigkeiten nachgehen können. Unternehmen A hat unternehmerisches Kapital i.H.v. 40 investiert. Bei Unternehmen B beträgt diese Investition 80. Der Residualgewinn von 30 wird daher im Verhältnis 2 : 1 zu Gunsten von Unternehmen B aufgeteilt, da dieses exakt doppelt so viel unternehmerisches Kapital investiert hat. Die auf Seite 363 folgende Abbildung 2 illustriert die beschriebene Vorgehensweise beider Residual-Gewinnaufteilungsmethoden. Unternehmen A steht ein Gesamtgewinn von 30 zu. Dieser setzt sich aus einem Routinegewinn von 20 sowie einem Drittel des ermittelten Residualgewinns (1/3 × 30 = 10) zusammen. Bei Unternehmen B beträgt der ermittelte Gesamtgewinn 40. Er ist die Summe aus einem Routinegewinn von 20 sowie einem Anteil des Residualgewinns von zwei Dritteln, also ebenfalls 20 (2/3 × 30 = 20). Die Residual-Gewinnaufteilungsmethode eignet sich besonders gut für komplexe Situationen, in denen mehrere „Entrepreneurs“ zusammenarbeiten. Die meisten Unternehmen führen i.d.R. sowohl Routine- als auch Nicht-Routinefunktionen aus. Es ist daher vielfach sinnvoll, den jeweiligen Konzerngesellschaften zunächst eine Routinemarge für diese Funktionen zuzuweisen. Dies entspricht dem Arm’s Length-Grundsatz, wonach jeder Routinetätigkeit – zumindest über einen gewissen Zeitraum betrachtet – ein Routinegewinn zusteht. Der darüber hinaus entstehende Restgewinn muss angemessen auf die unternehmerischen Funktionen bzw. Risiken aufgeteilt werden.
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Kosten
Kosten
Gewinn 40 Verrechnungspreis Gewinn 30
Residual Gewinn 30
Kosten Unternehmen A
Routine Gewinn 20
Routine ROCE 12,5 %
Unternehmerisches Kapital 80
20 10 Routine Gewinn 20 Kosten
Unternehmerisches Kapital 40 Routine ROCE 20 %
Unternehmen B
Integrierte Wertschöpfung
Gewinnaufteilung
Routine Kapital 160
Routine Kapital 100
Inves tition Unter nehmen B Inves tition Unter nehmen A
Eingesetztes Kapital
Abb. 2: Residual-Gewinnaufteilungsmethode – „Restgewinnanalyse“ Quelle: Vögele/Vögele in Vögele u.a., Verrechnungspreise
3. Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode Bei der hier beschriebenen Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode handelt es sich nicht um das in Deutschland unzulässige „formula aportionment“, sondern hier wird der (Residual-)Gewinn bzw. -verlust auf Basis von Vergleichsdaten unabhängiger Dritter getestet, zumeist auf der Basis von Lizenzgebühren ähnlich dem internen Preisvergleich. Die Vergleichs-Gewinn-Aufteilungsmethode dient zur Ermittlung angemessener Preise für Transaktionen auf schuldrechtlicher Basis. Dabei muss sichergestellt sein, dass die für den Fremdvergleich herangezogene Transaktion unter vergleichbaren Rahmenbedingungen erfolgte. Dies bezieht sich sowohl auf die Funktionen und Risiken als auch auf die mit der Transaktion zusammenhängenden Kosten. Die Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode wird auch bei der Berechnung von Lizenzgebühren für Patente verwendet. Dabei werden Gewinne zwischen Lizenznehmer und Lizenzgeber basierend auf vergleichbaren unabhängigen Transaktionen von ähn363
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Alexander Vögele
lichen Produkten oder immateriellen Wirtschaftsgütern aufgeteilt. Sie hat große Ähnlichkeit mit dem internen Preisvergleich. Die Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode ist vergleichbar mit der Residual-Gewinn aufteilungsmethode. Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Bestimmung des Aufteilungsschlüssels für die endgültige Zuteilung des Restgewinns bzw. -verlusts auf die verschiedenen „Entrepreneurs“. Im Gegensatz zu der Residual-Methode wird der Aufteilungsschlüssel bei der Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode direkt anhand von vergleichbaren Transaktionen ermittelt. Besonders häufig wird die Vergleichs-Gewinnaufteilungsmethode in der Öl- und Gas- Industrie und in der pharmazeutischen Industrie angewendet. Vereinbaren bspw. zwei Pharmakonzerne die gemeinsame Entwicklung eines Medikaments, so beschließen sie i.d.R., die aus diesem Joint Venture resultierenden Gewinne auf Basis ihrer jeweiligen Investitionen im weitesten Sinne aufzuteilen. Sofern allerdings Pharmakonzerne Lizenzverträge über schon (teilweise) entwickelte Produkte oder Wirkstoffe untereinander abschließen, ist es sehr schwierig, den jeweiligen „buy-in-Wert“ zu ermitteln. Regelmäßig kann er nicht auf den historischen Kosten beruhen. Er richtet sich daher zumeist an den künftigen Ergebnissen aus. Sofern ein Konzern regelmäßig bestimmte Verfahren zur Ermittlung dieser Lizenzgebühren im Verhältnis zu fremden Dritten anwendet, können diese Verfahren als Fremdvergleich zur Bestimmung von Lizenzgebühren innerhalb des Konzerns herangezogen werden. Angemessene Verrechnungspreise für vergleichbare Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen müssen vor diesem Hintergrund zu einem ähnlichen Ergebnis führen, wie dies die unabhängigen Unternehmen für ihr Joint Venture festgelegt haben.
III. Anwendungsbereiche Sämtliche Verrechnungspreismethoden sind darauf ausgerichtet zu bestimmen bzw. zu testen, welche Preise bzw. welches Resultat zustande gekommen wäre, wenn unabhängige Dritte in der gleichen Situation wie die verbundenen Unternehmen gewesen wären. Stehen keine direkten Vergleichspreise zur Verfügung, so müssen Kennzahlen verglichen werden, die aussagekräftige Rückschlüsse auf die den Transaktionen zu Grunde liegenden Preise zulassen. Dazu werden bspw. Rohgewinnmargen, Kostenaufschläge oder Nettomargen miteinander verglichen. In den OECD VerrechnungspreisRL von 2010 wurde die Methodenhierarchie abgeschafft: „Die Auswahl der Verrechnungspreismethode zielt immer darauf ab, für jeden Einzelfall die am besten geeignete Methode zu finden.“6 In den VGr-Verfahren 6 Vgl. Rz. 2.2 der OECD Verrechnungspreisleitlinien für multinationale Unternehmen und Steuerverwaltungen.
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findet sich (noch) eine Methodenhierarchie,7 jedoch mit Verweisen zu älteren OECD Veröffentlichungen. Die Methodenhierarchie in den VGr-Verfahren besagt, dass direkte Vergleichspreise – sofern verfügbar- den zuverlässigsten Nachweis der Fremdvergleichsüblichkeit liefern. Wenn solche direkten Vergleichspreise nicht zu Verfügung stehen, können Wiederverkaufspreis- und Kostenaufschlagsmethode angewandt werden. Diese Methoden überprüfen die Angemessenheit von Verrechnungspreisen anhand von Bruttomargen, die unabhängige Dritte erwirtschaften. Ein zentraler Punkt dabei ist, dass vergleichbare Unternehmen identifiziert werden müssen, damit deren Bruttomargen für den Fremdvergleich ausgerechnet werden können. Oft können keine hinreichend vergleichbaren Geschäftsvorfälle identifiziert werden. Die Suche nach Vergleichsunternehmen ist einfacher bei der Anwendung der transaktionalen Nettomargen-Methode (TNMM), weil bei dieser Methode weniger stringente Vergleichskriterien gelten. Ein wichtiger Anwendungsbereich der Gewinnaufteilungs-Methoden umfasst Fälle, in denen sich keine zuverlässigen Vergleichsunternehmen feststellen lassen. Zwei elementare Gründe dafür sind 1. die verstärkte vertikale und horizontale Integration innerhalb internationaler Konzerne sowie 2. der Einsatz von wertvollen immateriellen Werten sämtlicher Transaktionspartner. In solchen Fällen liefern Gewinnaufteilungs-Methoden häufig den besten Nachweis für die Angemessenheit der Verrechnungspreise. Internationale Konzerne sind zunehmend vertikal und horizontal integriert. Die vertikale und horizontale Integration im Rahmen eines Netzwerks führt dabei häufig zu Synergieeffekten, die sich in niedrigeren Transaktionskosten, effizienten Managementprozessen sowie einem zentralisierten Risikomanagement manifestieren. Die Suche nach unabhängigen Vergleichsunternehmen fokussiert sich dabei systematisch auf Routinegesellschaften, die solche Integrationsvorteile nicht aufweisen. Dabei wird angenommen, dass die Synergieeffekte nur einem Transaktionspartner, dem „Entrepreneur“, zustehen. In der Praxis würden diese Vorteile jedoch – auch unter fremden Dritten – sämtlichen Transaktionspartnern zugutekommen, da sich die Integrationsvorteile nur schwer isolieren lassen. Im Übrigen lassen sich nur in seltenen Fällen Vergleichsunternehmen zu stark vertikal integrierten Konzerngesellschaften finden. Gewinnaufteilungs-Methoden stellen vor diesem Hintergrund oft einen verlässlicheren Ansatz dar. Die auf Seite 366 folgende Abbildung 3 zeigt, inwiefern Kostenvorteile durch vertikale Integration die Suche nach Vergleichsunternehmen erschweren können. Die Abbildung macht deutlich, dass sich durch vertikale Integration häufig Kosten sparen lassen. Im dargestellten Beispiel entfallen bei integrierter Wertschöpfung u.a. die Einkaufs- und Verkaufskosten, die bei nicht-integrierter Wertschöpfung beim Produzenten der Halbfabrikate entstehen. In Abhängigkeit davon, wie die eingesparten Einkaufs- und Verkaufskosten bei integrierter Wertschöpfung auf die beiden abhängigen Konzerngesellschaften aufgeteilt werden, entsteht ein Spielraum für Verrechnungspreise. 7 Vgl. VwG Verfahren Tz. 3.4.10.3.
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Alexander Vögele
Unabhängige Veredelung & Vertrieb
Unabhängige Herstellung von Halbfabrikaten
Gewinn
Gewinn
Kosten für Fertigprodukte & Verkaufskosten
Kosten für Fertigprodukte & Verkaufskosten
Verkaufskosten Gewinn
Gewinn
Kosten für Halbfabrikate
Kosten für Halbfabrikate
Nicht-integrierte Wertschöpfung
Integrierte Wertschöpfung
Integrierte Veredelung & Vertrieb Verrechnungs preis Spielraum Integrierte Herstellung von Halb fabrikaten
Abb. 3: Vertikale Integration von Wertschöpfungsketten Quelle: Vögele/Vögele in Vögele u.a., Verrechnungspreise
Vergleichsunternehmen zu stark im Konzern integrierten Gesellschaften lassen sich vor diesem Hintergrund nur selten identifizieren. Es ist theoretisch kaum möglich, Vergleichsunternehmen zu finden, die als unabhängige Unternehmen die gleichen Integrationsvorteile genießen wie eine zu testende integrierte Gesellschaft. Ein zweiter Grund dafür, dass sich Vergleichsunternehmen häufig nicht finden lassen, liegt im immer stärkeren Einsatz immaterieller Werte auf sämtlichen Ebenen der Wertschöpfungsnetzwerke. Werden von sämtlichen Transaktionspartnern wertvolle Patente, Lizenzen oder Know-how eingesetzt, so lassen sich die Standardmethoden nicht mehr sinnvoll anwenden. Es handelt sich in solchen Fällen um die gemeinschaftliche unternehmerische Tätigkeit mehrerer „Entrepreneurs“, deren Vergütung nur im Rahmen einer der Gewinnaufteilungs-Methoden bestimmt werden kann. In der Praxis wird in diesem Zusammenhang häufig zwischen routine- und nichtroutine-immateriellen Werten unterschieden. Bei den nichtroutine-Intangibles handelt es sich oft um besonders wichtige Vermögensgegenstände, die hoch integriert mit dem wirtschaftlichen Erfolg des gesamten Konzerns verbunden sind. Der Aufbau bzw. die Schaffung dieser immateriellen Werte lässt sich nicht an fremde Dritte ausgliedern. 366
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Profit Split basierte Verrechnungspreissysteme
Fremde unabhängige Unternehmen verfügen daher nur selten über ähnliche Werte und sind daher i.d.R. nicht mit dem zu testenden Unternehmen vergleichbar. Bei routine-Intangibles handelt es sich um relativ einfach zu replizierende immaterielle Werte, deren Herstellung auch bei fremden Dritten in Auftrag gegeben werden kann. Es handelt sich dabei oft um gewöhnliche Investitionen in den organisatorischen Aufbau des Unternehmens wie bspw. den Personalbestand, Routine-IT, einfache Arbeitsprozesse sowie um andere Investitionen, die für die grundsätzliche Unternehmensfortführung notwendig sind; oder um immaterielle replizierbare Werte, die am Markt einfach gekauft werden können. Zu diesen gehören Verlagserzeugnisse, Musiktitel oder Standard-Software. Nur solche Unternehmen, die sich auf den Einsatz von Routine-Intangibles beschränken, können als Vergleichsunternehmen in Frage kommen. Der verstärkte Einsatz zentraler immaterieller Werte im Rahmen der Netzwerke eines Konzerns führt in der Praxis zu großen Schwierigkeiten bei der Suche nach Vergleichsunternehmen.
IV. Ökonomischer Hintergrund Auch bei Anwendung der Gewinnaufteilungs-Methoden steht die Frage im Vordergrund, inwieweit diese Vorgehensweise dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Aufteilung der von Transaktionspartnern gemeinsam erwirtschafteten Gewinne so auch zwischen unabhängigen fremden Dritten erfolgt wäre und damit dem Verhalten eines doppelten ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspricht. Der in der Praxis am häufigsten angewendete Aufteilungsschlüssel ist das investierte Kapital der Transaktionspartner. Es ist daher von großer Bedeutung, inwiefern das investierte Kapital eine ökonomisch sinnvolle Basis für die Aufteilung von Gewinnen darstellt. Dazu gilt es, zunächst die generelle Beziehung zwischen eingesetztem Kapital und erwirtschafteten operativen Gewinnen näher zu analysieren. Als eingesetztes „Kapital“ werden in der Praxis entweder die kapitalisierten Kosten (siehe oben) oder die Summe aus Eigenkapital und zinstragendem Fremdkapital bezeichnet, die für die operative Ausübung der Geschäftstätigkeit notwendig ist. Anders ausgedrückt handelt es sich um das operative Anlagevermögen nach Abzug von nicht-zinstragendem Fremdkapital. Vermögensgegenstände, die nicht direkt operativ notwendig sind wie bspw. überflüssige Kassenhaltung, Wertpapiere, Investitionen in verbundene Unternehmen oder auch Verbindlichkeiten in Zusammenhang mit einmaligen, nicht wiederkehrenden Ereignissen werden nicht zum operativen Geschäftsvermögen gezählt und daher auch nicht als eingesetztes Kapital im Rahmen einer Gewinnaufteilung berücksichtigt.
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Alexander Vögele
Der operative Gewinn dient dazu, die Ansprüche von Eigen- und Fremdkapitalgebern zu befriedigen. Während für das Fremdkapital i.d.R. eine marktübliche und risikoadäquate Vergütung in Form von Zinsen bezahlt wird, erhält das eingesetzte Eigenkapital entweder direkte Vergütungen in Form von Dividenden oder es wird indirekt – durch thesaurierte Gewinne – an zukünftigen Ausschüttungen beteiligt. Langfristig betrachtet ergibt sich der Zusammenhang zwischen eingesetztem Kapital und operativen Gewinnen aus den Kapitalkosten, die von den jeweiligen Kapitalgebern gefordert werden. Die gewichteten Kapitalkosten oder auch „Weighted Average Cost of Capital“ (WACC) spiegeln dabei die gewichtete risikoadäquate Vergütung wider, die Kapitalgebern bei Investitionen in ein spezifisches Unternehmen einer Branche zusteht bzw. die diese aufgrund des Risikoprofils fordern können. Nach dem Modigliani-Miller-Theorem8 ist die Kapitalstruktur irrelevant für die Bestimmung des Unternehmenswerts. Dies bedeutet, dass die Kapitalkosten eines Unternehmens – zumindest aus theoretischer Sicht9 –unabhängig von dessen Kapitalstruktur betrachtet werden können. Im Gegensatz zur klassischen betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweise, die einen optimalen Verschuldungsgrad eines Unternehmens kennt, führt die ökonomische Betrachtungsweise, die als isolierte Betrachtung des Kapitalstrukturrisikos das spezifische Geschäftsrisiko außer Acht lässt, zur Irrelevanz des Verschuldungsgrades bei der Bewertung eines Unternehmens. Es ist mit anderen Worten für die Bewertung einer Investitionsmöglichkeit unerheblich, mit welchen Mitteln die Investition durchgeführt wird. Die ökonomische Begründung für das Modigliani-Miller-Theorem liegt darin, dass Arbitragegewinne in einem vollkommenen Markt nicht möglich sind. Spielte die Art der Verschuldung eine Rolle, so könnte bspw. ein Investor seine Anteile an einem verschuldeten Unternehmen verkaufen, mit dem Erlös Anteile an einem ansonsten ähnlichen, jedoch unverschuldeten Unternehmen zu einem niedrigeren Preis kaufen und durch Aufnahme von Fremdkapital das gleiche Kapitalstrukturrisikoprofil schaffen wie bei seinem ersten Investment. In einem vollkommenen Markt mit symmetrischer Information ist dies nicht möglich. Im Umkehrschluss lässt sich anhand des Modigliani-Miller-Theorems aufzeigen, dass die Kapitalkosten eines Unternehmens langfristig das Risikoprofil der Investition widerspiegeln. Lassen sich bspw. in einem bestimmten Marktsegment oder in einer Branche Gewinne erzielen, die über den marktüblichen Kapitalkosten liegen, so werden neue Wettbewerber so lange in diesen Markt drängen, bis Übergewinne durch die gestiegene Konkurrenz nicht mehr möglich sind. Schöpferischen Unternehmen kann 8 Modigliani/Miller, The Cost of Capital, Corporation Finance and the Theory of Investment, American Economic Review (Juni 1958), Vol 48 No 3. 9 Das erste Modigliani-Miller-Theorem fußt auf theoretischen Überlegungen ohne Steuern, ohne Insolvenzkosten, symmetrischer Information und ohne einen vollkommenen Kapitalmarkt.
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Profit Split basierte Verrechnungspreissysteme
es vor diesem Hintergrund nur kurzfristig gelingen, Übergewinne zu erwirtschaften, nämlich nur so lange, bis der Konkurrenzdruck den Innovationszyklus beendet.10 Sofern die Tätigkeiten der Parteien ein gleiches Risikoprofil aufweisen, zeitgleich er folgen und deren Verhandlungsposition „Bargaining-Power“ ähnlich ist, erscheint der Split auf der Grundlage ihres Kapitals oder ihrer kapitalisierten Kosten oft als angemessen.
V. Würdigung Vorausgesetzt, dass die für die Gewinnaufteilung zentralen Berechnungen in Bezug auf das investierte „Kapital“ sowie den transaktionsbasierten operativen Gewinn fehlerfrei erfolgen, führen Gewinnaufteilungsmethoden zu ökonomisch sinnvollen Ergebnissen, die dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen. Dies ist insb. für solche in Netzwerke integrierten Transaktionen sinnvoll, für die sich keine Vergleichspreise bzw. -margen finden lassen.
10 Vgl. Schumpeter, Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, 1912.
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F
Franz Wassermeyer
B A
Die Besteuerung von Geschäftsbeziehungen im Sinne des § 1 Abs. 4 AStG Inhaltsverzeichnis
I. Vorwort
IV. Bedeutung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG
II. Historische Entwicklung des Begriffs „Geschäftsbeziehung“
V. Das Hornbach-Urteil des EuGH
III. Verhältnis des § 1 AStG zu den dem Art. 9 OECD-MA entsprechenden Vorschriften
VII. Schlusswort
VI. Konkurrenzprobleme
I. Vorwort Dieser Beitrag ist Hubertus Baumhoff aus Anlass seines 65. Geburtstages gewidmet, der am 31. Oktober 2019 gefeiert wurde. Den Verfasser verbindet mit Hubertus Baumhoff seit vielen Jahren eine persönliche Freundschaft, die in der gemeinsamen Herausgabe des Flick/Wassermeyer/Baumhoff/Schönfeld, Kommentar zum Außensteuerrecht, gipfelt. Der Kommentar erschien ursprünglich im Jahr 1973 unter dem Namen „Flick/ Wassermeyer/Becker“. Helmut Becker verlagerte seine Kommentierung des § 1 AStG im Jahr 1999 in den „Becker/Kroppen“, Handbuch Internationale Verrechnungspreise. Er schied als Herausgeber des „Flick/Wassermeyer/Becker“ aus. Seine Herausgeberfunktion und die Kommentierung des § 1 AStG übernahm damals Hubertus Baumhoff in wesentlichen Teilen. Dadurch ergab sich eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit, die bis heute fortdauert. Der folgende Beitrag mag auch als persönliches Dankeschön an Hubertus Baumhoff verstanden werden. Es versteht sich, dass als Thema ein solches aus dem Bereich der Verrechnungspreise gewählt wurde.
II. Historische Entwicklung des Begriffs „Geschäftsbeziehung“ Der Begriff „Geschäftsbeziehung“ war in der bis 1991 anzuwendenden Fassung des § 1 AStG gesetzlich nicht definiert. Der BFH legte den Begriff in seinem Urteil vom 30.5.19901 unter Veranlassungsgesichtspunkten aus. Er differenzierte zwischen einer gesellschaftsrechtlichen und einer betrieblichen Veranlassung. Nur letztere hatte die Eignung, eine Geschäftsbeziehung zu begründen. Der Gesetzgeber schloss sich dieser Differenzierung nicht an. Er definierte in Art. 17 Nr. 1 StÄndG 19922, dass eine Geschäftsbeziehung i.S.d. § 1 AStG schon dann vorläge, wenn sie Teil einer Tätigkeit des 1 BFH v. 30.5.1990 – I R 97/88, BFHE 160, 567 = BStBl. II 1990, 875. 2 StÄndG 1992 v. 25.2.1992, BGBl. I 1992, 297 (324) zum Begriff in § 1 Abs. 4 AStG.
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Franz Wassermeyer
Steuerpflichtigen oder der ihm nahestehenden Person sei, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt würde. Der BFH entschied durch Urteil vom 29.11.20003, dass es an einer Geschäftsbeziehung fehle, wenn eine Muttergesellschaft ihrer ausländischen Tochtergesellschaft eine Leistung erbringe, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sei. Der Gesetzgeber nahm diese Entscheidung zum Anlass, durch das StVergAbG vom 16.5.20034 in § 1 Abs. 4 AStG zu regeln, dass unter den Begriff „Geschäftsbeziehung“ alles falle, was nicht auf einer gesellschaftsvertraglichen Basis beruhe und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der ihm nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit sei, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland ausgeübt würde. Im UntStRG vom 14.8.20075 wurde die Regelung in § 1 Abs. 4 AStG in den Abs. 5 verlagert, ohne dass eine inhaltliche Änderung eintrat. Im AmtshilfeRLUmsG vom 26.6.20136 wurde der bisherige § 1 Abs. 4 AStG ersatzlos aufgehoben. Dadurch wurde aus § 1 Abs. 5 AStG wieder § 1 Abs. 4 AStG. Inhaltlich wird der Begriff „Geschäftsbeziehung“ nunmehr als „einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge (Geschäftsvorfälle)“ definiert. Die Gesetzesänderung ist objektiv unklar. Im Bilanzrecht wird der Geschäftsvorfall als ein Ereignis definiert, das eine Änderung des kaufmännischen Bruttovermögens der Höhe oder der Struktur nach zur Folge hat.7 Es ist jedoch zumindest unklar, ob die handelsrechtliche Definition auch im Rahmen des § 1 Abs. 4 AStG anzuwenden ist. Unter § 1 Abs. 4 AStG fallen jedenfalls nur Geschäftsvorfälle zwischen einem Steuerpflichtigen und einer ihm nahestehenden Person. Es wird also nicht jede Veränderung des kaufmännischen Bruttovermögens erfasst. Im ZollkodexAnpG vom 22.12.20148 erfährt der Begriff „Geschäftsbeziehung“ noch einmal mehrere Konkretisierungen. Allerdings soll durch die Gesetzesänderung lediglich das schon bisher bestehende Verständnis des Begriffes „Geschäftsbeziehung“ klargestellt werden.9 Zum einen wird eine Tätigkeit des Steuerpflichtigen oder der ihm nahestehenden Person gefordert. Zum anderen wird für den Begriff „Geschäftsvorfall im Inland“ die Beteiligung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen oder einer ihm nahestehenden inländischen Person verlangt. Die gesellschaftsrechtliche Vereinbarung wird als eine solche definiert, die unmittelbar zu einer rechtlichen Änderung der Gesellschafterstellung führt. Tendenziell soll die steuerrechtliche Annahme einer gesellschaftsrechtlichen Vereinbarung eingeschränkt und der Anwendungsbereich des § 1 AStG erweitert werden. Man muss das Verständnis des Begriffes „Geschäftsbeziehung“ vor dem Hintergrund sehen, dass der Begriff objektiv unklar ist. Er wird in keinem juristischen Wörterbruch erläutert. Eine Geschäftsbeziehung kann zwischen Personen, aber auch zwischen einer Person und einer Sache bestehen. Der Begriff erfordert allerdings den Bezug zu 3 BFH v. 29.11.2000 – I R 85/99, BFHE 194, 53 = BStBl. II 2002, 720. 4 StVergAbG v. 16.5.2003, BGBl. I 2003, 660. 5 UntStRG v. 14.8.2007, BGBl. I 2007, 1912. 6 AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809. 7 Vgl. Quick/Wolz in Baetge/Kirsch/Thiele, Bilanzrecht, § 238 HGB Rz. 28; Winkeljohann/ Henckel in Beck’scher Bilanzkommentar, § 238 HGB Rz. 95. 8 ZollkodexAnpG v. 22.12.2014, BGBl. I 2014, 2417 (2427). 9 Vgl. BT-Drucksache 18/3017 v. 3.11.2014, 53.
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Besteuerung von Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG
einem „Geschäft“, wobei unklar ist, was darunter zu verstehen ist. Das „Geschäft“ kann aus dem Abschluss oder der Erfüllung eines Vertrages bestehen. Unklar ist, ob auch in einem Betrieb anfallende, nicht gewollte Ereignisse „Geschäfte“ sein können. § 8d Abs. 1 Satz 3 KStG verwendet den Begriff „Geschäftsbetrieb“ und § 14 AO den Begriff „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“. Unter dem Begriff „wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb“ ist gem. § 14 Satz 1 AO eine nachhaltig ausgeübte Tätigkeit zu verstehen, die sich nicht als bloße Vermögensverwaltung darstellen darf. § 1 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. a AStG fasst dagegen unter den Begriff „Geschäftsbeziehungen“ auch Tätigkeiten i.S.d. § 21 EStG. Letztlich belegt dies die Unsicherheiten, die bei der Auslegung des Begriffes bestehen. Grundsätzlich bestehen keine Bedenken, wenn der Gesetzgeber den Begriff „Geschäftsbeziehungen“ i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG gesetzlich definiert. Allerdings entstehen Probleme, wenn die gesetzliche Definition wiederum Auslegungsfragen aufwirft. Dann stellt sich die Frage, inwieweit man auf den allgemeinen Inhalt des Begriffes zurückgreifen kann. Man muss auch das Konkurrenzverhältnis zwischen § 1 AStG und anderen Gewinnkorrekturvorschriften bedenken. Dazu stelle man sich vor, dass ein Steuerinländer an zwei ausländischen Kapitalgesellschaften beherrschend beteiligt ist. Wendet die eine Kapitalgesellschaft der anderen einen Vermögensvorteil zu, so fehlt es an einem wirtschaftlichen Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 4 Nr. 1 AStG, an dem der steuerpflichtige Inländer beteiligt ist. Allerdings wird der Vorgang als eine Ausschüttung der zuwendenden Kapitalgesellschaft an den beteiligten Steuerinländer und als dessen Einlage in das Vermögen der anderen Kapitalgesellschaft interpretiert. Es findet § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG Anwendung. Das Beispiel verdeutlicht die Probleme, die mit dem Erfordernis einer Tätigkeit des Steuerpflichtigen verbunden sind, wenn man an die Möglichkeit denkt, dass der Steuerpflichtige an der Vorteilszuführung in irgendeiner Weise mitgewirkt hat. Fraglich kann auch sein, ob ein solcher Vorgang zu einer rechtlichen Änderung der Gesellschafterstellung des Steuerinländers i.S.d. § 1 Abs. 4 Nr. 1 Buchst. b AStG führt. Ein Problem besonderer Art ist das Verhältnis zwischen § 1 AStG und den Ansprüchen aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB). Dazu stelle man sich eine deutsche Kapitalgesellschaft vor, die an einer österreichischen Tochterkapitalgesellschaft beteiligt ist, der wiederum eine Enkelgesellschaft in einem Drittstaat nachgeschaltet ist. Die Enkelgesellschaft soll unterkapitalisiert sein, weshalb die deutsche Kapitalgesellschaft der Enkelkapitalgesellschaft Personal überlässt, ohne dafür ein angemessenes Entgelt zu verlangen. Die Frage geht dahin, ob die deutsche Mutterkapitalgesellschaft eine Geschäftsführung ohne Auftrag gegenüber ihrer österreichischen Tochterkapitalgesellschaft ausübt und in welchem Verhältnis die Ansprüche aus §§ 677 ff. BGB zu einer Gewinnkorrektur des § 1 AStG stehen. Dazu muss darauf hingewiesen werden, dass Ansprüche aus §§ 677 ff. BGB in der Bilanz zu aktivieren sind, was voraussetzt, dass die Muttergesellschaft Kenntnis von der Existenz der Ansprüche hat. Die §§ 677 ff. BGB begründen nur einen Anspruch auf den Ersatz eigener Aufwendungen. Dies schließt nicht aus, dass eine zusätzliche Gewinnkorrektur auf § 1 AStG gestützt wird, was allerdings voraussetzt, dass sich die Personalüberlassung als eine Geschäftsbeziehung darstellt. 373
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Franz Wassermeyer
III. Verhältnis des § 1 AStG zu den dem Art. 9 OECD-MA entsprechenden Vorschriften Gosch10 erörtert die Frage, wie sich das Verhältnis zwischen § 1 AStG und den abkommensrechtlichen Vorschriften darstellt, die dem Art. 9 OECD-MA entsprechen. Er versteht zutreffend Art. 9 OECD-MA als eine Erlaubnisvorschrift, die die Existenz innerstaatlicher Korrekturmöglichkeiten voraussetzt. Dem Art. 9 OECD-MA kommt keine self-executing-Wirkung zu. Allerdings stehen die dem Art. 9 OECD-MA entsprechenden abkommensrechtlichen Vorschriften an sich der Anwendung innerstaatlicher Korrekturvorschriften entgegen, die über den von Art. 9 OECD-MA vorgegebenen Rahmen hinausgehen. Entgegen der Auffassung von Gosch schließt dies allerdings nicht aus, dass der nationale Gesetzgeber die innerstaatliche Korrekturvorschrift ausdrücklich für gegenüber abkommensrechtlichen Vorschriften vorrangig anwendbar erklärt. Dies hat das BVerfG in seinem Beschluss vom 15.12.201511 bestätigt. In diesem Sinne greift die Rechtsfolge des § 1 Abs. 1 AStG ausdrücklich vorbehaltlich anderer Bestimmungen ein. Nach § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG findet ein DBA nur dann vorrangige Anwendung, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass der andere Staat das DBA anwendet und deshalb die Anwendung der Sätze 1 bis 7 zu einer Doppelbesteuerung führen würde. Die Regelung des § 1 Abs. 5 Satz 8 AStG wurde durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 26.6.201312 eingefügt. Deshalb ist der Anwendungsbereich der DBA spätestens ab diesem Zeitpunkt eingeschränkt. Dies schließt nicht aus, dass man § 1 AStG als Gewinnkorrektur- und nicht als eine Ge winnabgrenzungsvorschrift charakterisiert. Der BFH hatte dies in seinen Urteilen vom 11.10.201213, vom 17.12.201414 und vom 24.6.201515 bezogen auf die frühere Fassung des § 1 AStG anders entschieden. Die Frage war nunmehr in drei weiteren Revisionsverfahren beim BFH anhängig16. Durch Urteile vom 27.2.2019 hat der BFH offensichtlich seine früher vertretene Auffassung aufgegeben und entsprechend den Ausführungen von Schwenke17 entschieden. Damit ist die von Gosch vertretene Rechtsauffassung jedenfalls für die Zukunft im Ergebnis überholt.
IV. Bedeutung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG Nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG sind Geschäftsvorfälle zwischen dem Unternehmen eines Steuerpflichtigen und seiner in einem anderen Staat gelegenen Betriebsstätte anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen. Statt „Geschäftsbeziehungen“ ist hier von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen die Rede, was die Frage aufwirft, ob 10 Gosch, ISR 2018, 289 (290). 11 BVerfG, Beschluss v. 15.12.2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1. 12 AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, 1809 (1827). 13 BFH v. 11.10.2012 – I R 75/11, BFHE 239, 242 = BStBl. II 2013, 1046. 14 BFH v. 17.12.2014 – I R 23/13, BFHE 248, 170 = BStBl. II 2016, 261. 15 BFH v. 24.6.2015 – I R 29/14, BFHE 250, 386 = BStBl. II 2016, 258. 16 BFH – I R 73/16; BFH – I R 51/17; BFH – I R 81/17. 17 Schwenke, DStR 2018, 2310.
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Besteuerung von Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG
unter Geschäftsbeziehungen nicht nur schuldrechtliche Beziehungen fallen. An sich handelt es sich bei den unter § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG fallenden Tatbeständen um Innentransaktionen, die keine zivilrechtliche Grundlage haben. § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG verwendet den Unternehmensbegriff, was bedeutet, dass die Vorschrift auch im Rahmen der §§ 13 und 18 EStG Anwendung findet. Andererseits ist eine Anwendung im Rahmen des § 21 EStG undenkbar. Problematisch ist § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG, weil die Vorschrift nur die Gewinnrealisierung bei dem leistenden Unternehmensteil regelt. Folgerichtig wäre es, wenn bei dem empfangenden Unternehmensteil ein Aufwand angenommen würde, der entweder sofort als Betriebsausgabe abziehbar oder zu aktivieren und in der Regel abzuschreiben ist. Man muss ferner berücksichtigen, dass das Unternehmen des Steuerpflichtigen nicht in Deutschland bestehen muss. Es ist denkbar, dass sich das Unternehmen des Steuerpflichtigen und dessen Betriebsstätte in verschiedenen ausländischen Staaten befinden. Es kann sich auch um ein Unter nehmen im Ausland mit einer Betriebsstätte im Inland handeln. Dabei kann die Abgrenzung zwischen einem Unternehmen und seiner Betriebsstätte Schwierigkeiten bereiten. Es fällt auf, dass § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG weder den Begriff „Stätte der Geschäftsleitung“ (§ 12 Satz 2 Nr. 1 AO) noch den Begriff „Stammhaus“ verwendet. Der ständige Vertreter i.S.d. §§ 13 AO, 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist in den Anwendungsbereich des § 1 AStG über Absatz 5 Satz 5 einbezogen. Der Unternehmens begriff umfasst an sich alle ausländischen Betriebsstätten. Deshalb fallen auch alle Geschäftsvorfälle zwischen zwei ausländischen Betriebsstätten eines inländischen Unternehmens unter § 1 Abs. 4 Nr. 2 AStG. Die ausländischen Betriebsstätten können sogar in demselben Staat belegen sein. Allerdings stellt sich dann die Abgrenzungsfrage, ob ein Geschäftsvorfall zwischen zwei Betriebsstätten anzunehmen ist oder ob sich der Geschäftsvorfall innerhalb einer ausländischen Betriebsstätte mit Einrichtungen an verschiedenen Orten vollzieht.
V. Das Hornbach-Urteil des EuGH Der EuGH hat auf Vorlage des FG-Rheinland-Pfalz18 im sog. Hornbach-Urteil19 über die Vereinbarkeit des § 1 Abs. 1 AStG mit der Niederlassungsfreihit i.S.d. Art. 49 AEUV i.V.m. Art. 54 AEUV entschieden. Das Urteil betrifft die unentgeltliche Abgabe von Garantie- und Patronatserklärungen einer inländischen Mutterkapitalgesellschaft zu Gunsten von zwei niederländischen Tochterkapitalgesellschaften mit negativem Eigenkapital. Die Tochtergesellschaften waren aus wirtschaftlichen Gründen auf die Gewährung von Bankkrediten angewiesen. Die inländische Muttergesellschaft gab die Garantie- und Patronatserklärungen gegenüber einer finanzierenden Bank ab. Nach dem Urteil entspricht die in § 1 AStG getroffene Regelung im Grundsatz dem Unionsrecht. Der EuGH fordert jedoch einschränkend, dass dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit eingeräumt werden muss, sachbezogene wirtschaftliche Gründe für den Abschluss der nicht fremdüblichen Vereinbarung nachzuweisen. Die Finanzver18 FG Rheinland-Pfalz v. 28.6.2016 – 1 K 1472/13, EFG 2016, 1678 = DStRE 2017, 1222. 19 EuGH v. 31.5.2018 – C -382/16 – Hornbach-Baumarkt, ECLI:EU:C:2018:366, DStR 2018, 1221.
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Franz Wassermeyer
waltung20 will die Entscheidung nur auf sanierungsbedingte Maßnahmen und nicht auf Drittstaatenfälle anwenden. Die sanierungsbedingte Maßnahme soll einerseits auf die Vermeidung einer Überschuldung oder der Zahlungsunfähigkeit zielen und andererseits dem Fortbestand des zu sichernden Unternehmens dienen. Diese Einschränkungen lösen neue Streitfragen aus. Zu bedenken ist, dass ein Gesellschafter an sich frei ist, seiner Gesellschaft Eigen- oder Fremdkapital zuzuwenden. Er muss auch eine Mischform wählen können. Ein Gesellschafter muss ferner in der Lage sein, seiner Gesellschaft die unentgeltliche Ausübung einer Geschäftsführertätigkeit zu versprechen. Entscheidend ist, dass die beteiligten Staaten die Geschäftsbeziehung korrespondierend besteuern. Es muss jede Doppelbesteuerung vermieden werden. Die „fiktive“ Einkünftekorrektur in dem einen Staat muss einen „fiktiven“ Aufwand in dem anderen Staat auslösen. Die Staaten müssen ggfs. Verständigungsverfahren durchführen. Dies gilt nicht nur auf der Grundlage eines DBA. Der EuGH hat auch nicht die Geltung der Kapitalverkehrsfreiheit verneint. Er hat zwar seine Entscheidung nur auf die Niederlassungsfreiheit gestützt. Dies beruhte jedoch auf der Tatsache, dass der klagende Gesellschafter eine beherrschende Stellung über seine ausländischen Tochterkapitalgesellschaften besaß. Es ist durchaus denkbar, dass mehrere nicht beherrschende Gesellschafter Sanierungsmaßnahmen zu Gunsten einer Kapitalgesellschaft beschließen, an der sie gering beteiligt sind. Dies schließt die Berücksichtigung der Kapitalverkehrsfreiheit nicht aus.
VI. Konkurrenzprobleme Die Rechtsfolge des § 1 AStG soll nach der Formulierung in Absatz 1 Satz 1 „unbeschadet anderer Vorschriften“ angewendet werden. Nimmt man diese Formulierung wörtlich, so wären die Rechtsfolgen verschiedener Gewinnkorrekturvorschriften (§ 1 AStG, verdeckte Gewinnausschüttung, Entnahme, Einlage) kumulativ anzuwenden. Die Praxis geht indes davon aus, dass sich die Rechtsfolgen verschiedener Gewinnkorrekturvorschriften mit der Folge überlagern, dass jeweils die am weitesten gehende Gewinnkorrektur Anwendung findet. Es bleiben dennoch Konkurrenzprobleme. Dazu stelle man sich vor, dass ein Steuerinländer mit seiner ausländischen Kapitalgesellschaft Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG unterhält. Die ausländische Kapitalgesellschaft soll als niedrig besteuerte Zwischengesellschaft fungieren. Der Steuerinländer soll für seine Leistungen gegenüber der ausländischen Kapitalgesellschaft kein angemessenes Entgelt erhalten. Dies löst bei ihm die Rechtsfolge des § 1 AStG aus, ohne dass das fiktiv angenommene Entgelt im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung als fiktiver Aufwand abgesetzt werden kann.
VII. Schlusswort Bezogen auf ausländische Zwischengesellschaften muss man auch über mögliche Entstrickungsprobleme nachdenken. So kann die Beteiligung zu mehr als der Hälfte i.S.d. 20 BMF v. 6.12.2018 – IV B 5-S 1341/11/10004-09, DStR 2018, 2699 = DOK 2018/0985275.
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Besteuerung von Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 1 Abs. 4 AStG
§ 7 Abs. 2 AStG sich zu einer solchen von weniger als der Hälfte verändern. Die Zwischengesellschaft kann in eine Hochbesteuerung wechseln. Sie kann auch die Erzielung von Zwischeneinkünften aufgeben und künftig nur noch aktiven Tätigkeiten nachgehen. Die Beispiele zeigen, dass der Gesetzgeber viele Besteuerungsfolgen des AStG nicht folgerichtig bedacht hat. Der Umfang der gesetzlichen Regelungen nimmt ständig zu. Die Rechtslage wird jedoch eher unsicherer.
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Dieter Weber
Be hä
Die Besteuerung von in der Schweiz ansässigen Gesellschaftern deutscher Personengesellschaften – Anmerkungen zum Entscheid des schweizerischen Bundesgerichts 2C_707/2016 vom 23.3.2018 Inhaltsverzeichnis I. Ausgangslage II. Der Bundesgerichtsentscheid 2C_707/2016 vom 23.3.2018 1. Sachverhalt 2. Entscheid 3. Begründung III. Konsequenzen für die Besteuerung der verschiedenen Grundformen von Personengesellschaften im Verhältnis Schweiz-Deutschland
1. Unternehmerisch bzw. gewerblich tätige Personengesellschaft 2. Gewerblich geprägte Personen gesellschaft 3. Vermögensverwaltende Personen gesellschaft 4. Geschäftsleitende Holding-Personen gesellschaft 5. Immobilien-Personengesellschaft 6. Sondervergütungen IV. Fazit
I. Ausgangslage Die Besteuerung von Beteiligungen an Personengesellschaften im grenzüberschreitenden Verhältnis Schweiz-Deutschland beschäftigt Steuerpflichtige, Behörden, Gerichte und Berater spätestens seit Inkraftsetzung des heute geltenden DBA CH-DE im Jahr 1972.1 Die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) hat bereits 1972 erstmals Praxishinweise zur Besteuerung von Beteiligungen an Personengesellschaften veröffentlicht.2 Dies erstaunt weiter nicht, sind die beiden Staaten doch wichtige Handelspartner. Personengesellschaften sind in der Praxis in Deutschland deutlich häufiger anzutreffen als in der Schweiz, insbesondere Personengesellschaften mit erheblicher Grösse von Umsatz und Bilanzsumme und einer stattlichen Anzahl Mitarbeiter. Dies mag damit zusammenhängen, dass die in Deutschland häufig gewählte Sonderform der GmbH
1 Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, SR 0.672.913.62 (DBA CH-DE). 2 Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb, Doppelbesteuerungsabkommen Schweiz-Deutschland 1971 und 1978, B 7.7 Nr. 2.
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Dieter Weber
& Co. KG in der Schweiz zivilrechtlich nicht zugelassen ist. Die GmbH & Co. KG ist einer schweizerischen Kommanditgesellschaft gem. Art. 594 OR am ähnlichsten.3 Mit seinem Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018 hat das schweizerische Bundesgericht unlängst den Fall eines in der Schweiz ansässigen Teilhabers einer deutschen vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG entschieden. Dieser Entscheid soll hier aus Sicht der Praxis kommentiert werden. Die sich darüber hinaus stellenden Abgrenzungsfragen zu anderen Formen von Personengesellschaften sollen ebenfalls beleuchtet werden. Sowohl nach schweizerischem als auch nach deutschem Steuerrecht stellen Personengesellschaften kein eigenständiges Steuersubjekt dar. Vielmehr werden die Einkünfte und das Vermögen der Personengesellschaft den Gesellschaftern anteilig zugerechnet.4 Dieser Transparenzgedanke gilt auch gem. DBA CH-DE.5 Abkommensberechtigt sind einzig die Gesellschafter, nicht die Personengesellschaft.6 Gesellschafter einer deutschen Kommanditgesellschaft können sowohl in der Schweiz ansässige natürliche Personen als auch Kapitalgesellschaften sein.7 Für die Zwecke dieses Beitrags beschränke ich mich auf natürliche Personen als Gesellschafter.
II. Der Bundesgerichtsentscheid 2C_707/2016 vom 23.3.2018 1. Sachverhalt8 X, im Kanton Zürich ansässig, ist unter anderem an den nach deutschem Recht errichteten C GmbH & Co. KG und D GmbH & Co. KG („C+D KG“) beteiligt.9 Strittig ist, ob die Anteile von X an C+D KG als Einkommens- bzw. Vermögensbestandteil in der Schweiz zu besteuern sind.
3 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.2. 4 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.2.; Urteile 2C_738/2014 und 2C_739/2014 vom 21.8.2015, 2.2. 5 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.; Urteile 2C_738/2014 und 2C_739/2014, 3 vom 21.8.2015. 6 Urteile 2C_738/2014 und 2C_739/2014 vom 21.8.2015, 3. Es besteht einzig eine Sonderregelung für Entlastungen gem. Art. 10-12 DBA CH-DE, siehe Verhandlungsprotokoll vom 18.6.1971 sowie Verständigungsvereinbarung vom 26.11.1971 und 26.1.1972. 7 Mick/Dyckmanns, in Mössner u.a., Steuerrecht international tätiger Unternehmen, 5. Aufl. 2018, Rz. 9.3, 9.4. 8 Sachverhalt gem. Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018. 9 Dini/Eichenberger in ASA 87/6-7/2018-2019, 6 ff.; Schreiber/Schwarz in ASA 87/6-7/20182019, 361 ff.
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C+D KG halten und verwalten die gesamthänderisch gebundenen Finanzreserven einer (Unternehmer)Familie.10 Sie betreiben die Verwaltung des Vermögens der Kommanditäre, zu denen auch X gehört. Ihr Zweck ist die Anlage von Finanzmitteln im Geld- oder Kapitalmarkt, der Erwerb von Immobilien, Edelmetallen und anderen Vermögensgegenständen sowie die Verwaltung dieses Vermögens. Die Bilanzen weisen entsprechend nur Wertschriften und keine eigentlichen Produktionsmittel aus. C+D KG erbringen keine anderen Leistungen wie Managementaufgaben oder Consulting und bieten ihre Vermögensverwaltungstätigkeiten nicht öffentlich an. Die Höhe des verwalteten Vermögens ist ausserordentlich hoch und es wird professionell bewirtschaftet. Nebst der C+D KG gibt es die I. AG & Co. KG, welche die Konzernobergesellschaft darstellt und nach wie vor im Privatbesitz der ursprünglichen Gründerfamilie ist. Die Beteiligung von X an der I. AG & Co. KG ist nicht Teil des Verfahrens. 2. Entscheid Die Vorinstanzen kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen in der Frage der Qualifikation bzw. Zurechnung von Räumlichkeiten und Personal an die C+D KG, weshalb das kantonale Steuerrekursgericht das Bestehen einer Betriebsstätte in Deutschland bejahte, das kantonale Verwaltungsgericht ein solches dagegen verneinte. Das Bundesgericht hingegen liess die Frage des Bestehens einer Betriebsstätte in Deutschland in casu offen.11 Denn laut Bundesgericht fehle es zumindest an einem der notwendigen Elemente, die für das Vorliegen einer steuerlich relevanten Betriebsstätte gegeben sein müssten, nämlich an der unternehmerischen bzw. auf Gewinnerzielung gerichteten Tätigkeit. Es erübrige sich deshalb, weiter auf die Betriebsstättefrage einzugehen. Da die C+D KG als private Vermögensverwaltungsgesellschaften zu qualifizieren seien, welche keine über das Verwalten des Vermögens der Kommanditäre hinausgehende Geschäftstätigkeit betreiben, seien die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse in der zur Diskussion stehenden Betriebsstätte in Deutschland nicht von Relevanz.12 Deshalb seien das (anteilige) Einkommen und Vermögen der C+D KG am Hauptsteuerdomizil von X im Kanton Zürich (und nicht in einer Betriebsstätte in Deutschland) zu versteuern.13
10 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 3. 11 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 3.2.2. 12 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 3.2.2. 13 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 3.2.2.
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3. Begründung Aus national schweizerischer Sicht hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung zu den kaufmännischen bzw. nichtkaufmännischen Personengesellschaften präzisiert. Bei den C+D KG handle es sich, so das Bundesgericht, nach internem schweizerischem Recht um nichtkaufmännische Gesellschaften. Dies ungeachtet der Frage, ob die C+D KG über eigene feste Anlagen und Einrichtungen verfüge, welche als Betriebsstätte qualifizieren würden. Auch die ausserordentliche Höhe des von den C+D KG verwalteten Vermögens und das Vorliegen einer eigenen professionellen Bewirtschaftung des Vermögens seien nicht massgebend. Die Tätigkeit der C+D KG sei als private Vermögensverwaltung und nicht als unternehmerische Tätigkeit zu qualifizieren.14 Eine Präzisierung bzw. Ausdehnung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum nationalen Recht hat in diesem Entscheid insofern stattgefunden, als der vom Bundesgericht zitierte Entscheid15 zu einem interkantonalen Sachverhalt zwar ebenfalls eine nichtkaufmännische Gesellschaft betraf, diese jedoch, anders als im vorliegenden Fall, über keine ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen verfügte. Ebenso lag keine eigene professionelle Verwaltung des Vermögens vor. Auch in zwei weiteren Urteilen aus dem Jahr 201516 führte das Bundesgericht aus, als nichtkaufmännische Personengesellschaften gelten solche, deren Tätigkeit sich in der gewöhnlichen Vermögensverwaltung erschöpfe und die über keine festen, ständigen Anlagen am Gesellschaftssitz verfügen, die der Geschäftstätigkeit dienen.17 Aus abkommensrechtlicher Sicht hielt das Bundesgericht fest, dass Art. 7 DBA CH-DE (Unternehmensgewinne) auch für Einkünfte aus der Beteiligung an einer Personengesellschaft gelte.18 Für die Vermögensbesteuerung sei Art. 22 Abs. 2 DBA CH-DE einschlägig. Zum Betriebsstättenbegriff nach DBA hielt das Bundesgericht fest, dass Art. 5 Abs. 1 DBA CH-DE sich vom nationalen Recht dadurch unterscheide, dass gem. DBA nur die blosse Tätigkeit anstatt eine Geschäftstätigkeit zur Qualifikation als Betriebsstätte vorausgesetzt werde.19 Dementsprechend könnten auch Einrichtungen, in welchen keine kaufmännische Tätigkeit ausgeübt werde, sondern beispielsweise eine Vermögensverwaltungstätigkeit, eine Betriebsstätte im Sinne von Art. 5 Abs. 1 DBA CH-DE darstellen. Relevant sei jedoch, dass Gegenstand des Art. 7 Abs. 1 DBA CH-DE Unternehmensgewinne seien. Der Begriff des Unternehmens selber werde im Abkommen nicht de-
14 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 3.1. 15 BGE 98 Ia 212 aus dem Jahre 1972. 16 Urteile 2C_738/2014 und 2C_739/2014. 17 Urteile 2C_738/2014 und 2C_739/2014 vom 21.8.2015, 2.3. 18 Art. 7 Abs. 7 DBA CH-DE. 19 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.2.
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finiert, es sei auf das schweizerische Steuerecht zurückzugreifen.20 Es sei aber möglichst, im Sinne einer Entscheidungsharmonie, auf eine einheitliche Anwendung der Normen durch die beiden Vertragsstaaten zu achten. Sei eine Aktivität wie in casu als private Vermögensverwaltung zu qualifizieren, so fehle es in Bezug darauf an einer selbständigen oder unternehmerischen Tätigkeit. Es liege eines der notwendigen Elemente nicht vor, welche auch DBA-rechtlich gegeben sein müssten, damit die entsprechenden Erträge oder Aufwendungen einer Betriebsstätte zugewiesen werden könnten.21 Diese Mindestvoraussetzung für die Annahme einer Betriebsstätte gelte auch für den Fall von Art. 5 Abs. 1 DBA CH-DE, in welchem die blosse Tätigkeit zur Qualifikation als Betriebsstätte genüge.22 Das Bundesgericht beruft sich auch auf die Entscheidungsharmonie. Die Regelungen des DBA seien auf gemeinsame Rechtsfolgen gerichtet. Das wiederum bedeute, dass die Auslegung nach Möglichkeit – d.h. im Rahmen dessen, was sich aus dem Wortlaut ableiten lässt, – auf Entscheidungsharmonie auszurichten sei, seien doch die im DBA verwendeten Begriffe der potentielle Ausdruck eines übereinstimmenden Willens der Vertragspartner und entsprechend auszulegen.23 Mit Blick auf die Entscheidungsharmonie wird vom Bundesgericht festgehalten, dass auch nach deutscher Auffassung eine auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit oder die einer solchen Tätigkeit dienende Betriebseinheit vorliegen und dass die Tätigkeit selbständig ausgeübt werden müsse. Negativ werde daraus ebenfalls abgeleitet, dass vermögensverwaltende Tätigkeiten nicht erfasst seien.24 Die Entscheidungsharmonie wird vom Bundesgericht allerdings nicht konsequent angewendet: In einem ähnlich gelagerten Fall argumentierten die Beschwerdeführer, die deutschen Steuerbehörden hätten die Einkünfte der deutschen Kommanditgesellschaft durch eine deutsche Betriebstätte in die Veranlagung miteinbezogen. Das Bundesgericht kam zum gegenteiligen Schluss und verneinte eine deutsche Betriebsstätte mit dem Hinweis, dass an dieser Erkenntnis auch die Besteuerung der Einkünfte des Beschwerdeführers durch die deutschen Steuerbehörden nichts ändere. Es bestehe für die Schweizer Behörden keine inhaltliche Bindung an die ausländische Entscheidung.25
20 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.3. 21 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.5. 22 Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb (Fn.2), B 5.1 Nr. 59. 23 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.3 mit Verweisen. 24 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.6 mit Verweisen. 25 Urteile 2C_738/2014 und 2C_739/2014 vom 21.8.2015, 3.4.2.
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III. Konsequenzen für die Besteuerung der verschiedenen Grundformen von Personengesellschaften im Verhältnis Schweiz-Deutschland Das Bundesgericht hielt im Ergebnis fest, dass Einkommen und Vermögen einer deutschen Personengesellschaft, welche als reine Finanz- und Vermögensverwaltungsgesellschaft mit erheblichem Vermögen, festen Anlagen und Einrichtungen und ei gener professioneller Organisation organisiert ist, keiner deutschen Betriebsstätte zuzuweisen, sondern am Zürcher Hauptsteuerdomizil des Gesellschafters anteilig zu versteuern sei. Das Hauptargument lautete, dass private Vermögensverwaltung und keine unternehmerische Tätigkeit vorliege. Können Vermögensverwaltungsgesellschaften mangels unternehmerischer Tätigkeit keine Betriebsstätte begründen, so stellt sich die Frage der Abgrenzung zu anderen Grundformen von Personengesellschaften. In der Praxis dürfte, aufgrund der Verbreitung der Personengesellschaften in Deutschland, der grenzüberschreitende Fall eines in der Schweiz ansässigen Gesellschafters einer deutschen Personengesellschaft häufiger anzutreffen sein. Deshalb sollen nachfolgend die in Deutschland gebräuchlichsten Grundformen der Personengesellschaften näher beleuchtet werden.26 1. Unternehmerisch bzw. gewerblich tätige Personengesellschaft Unternehmerisch bzw. gewerblich tätig ist eine Personengesellschaft dann, wenn –– sie ein gewerbliches Unternehmen i.S.v. § 15 Abs.1 Nr.1 i.V.m. Abs. 2 EStG mit der Absicht betreibt, Gewinn zu erzielen (deutsche nationale Sicht);27 –– es sich um eine organisierte Einheit von Arbeit und Kapital handelt, die selbständig, gegen aussen sichtbar und planmässig wirtschaftliche Leistungen für Dritte erbringt (schweizerische nationale Sicht).28 Für eine unternehmerisch bzw. gewerblich tätige Personengesellschaft ist Art. 7 DBA CH-DE massgebend; sie kann dem ausländischen Gesellschafter eine inländische Betriebsstätte gem. Art. 5 DBA CH-DE vermitteln. Gem. Art. 22 Abs. 2 DBA CH-DE gilt dies auch für bewegliches Vermögen. In der Schweiz ansässige Gesellschafter einer in Deutschland gewerblich tätigen deutschen Personengesellschaft mit Betriebstätte in Deutschland unterliegen für die anteiligen Gewinne somit der deutschen Einkommenssteuer. Die anteiligen Einkünfte und das anteilige Vermögen an der deutschen Personengesellschaft werden in der Schweiz unter Progressionsvorbehalt freigestellt.29 26 Mick/Dyckmanns (Fn.7), Rz. 9.7. 27 Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.17. 28 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.4. 29 Art. 24 Abs. 2 DBA CH-DE; Art. 6 Abs. 1 und 3 DBG; § 5 Abs. 1 und 3 StG ZH.
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Aus deutscher nationaler Sicht beziehen Gesellschafter gewerbliche Einkünfte auch dann, wenn die Personengesellschaft neben der gewerblichen auch Tätigkeiten nicht gewerblicher Natur ausführt.30 Abkommensrechtlich tritt diese „gewerbliche Infektion“ in den Hintergrund zu Gunsten des Anwendungsvorrangs der Spezialartikel wie Art. 10 (Dividenden), Art. 11 (Zinsen) oder Art. 12 (Lizenzgebühren) DBA CH-DE.31 Dies entspricht auch dem Vorbehalt in Art. 7 Abs. 8 DBA CH-DE.32 Trotz des Vorbehalts in Art. 7 Abs. 8 DBA CH-DE können Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren trotzdem mit dem (übrigen) Unternehmensgewinn besteuert werden, nämlich dann, wenn das Wirtschaftsgut (Beteiligung, Darlehen oder Lizenz) einer Betriebsstätte gehört. Dies ist anzunehmen, wenn das Wirtschaftsgut in einem funktionalen Zusammenhang mit der in der Betriebsstätte ausgeübten aktiven unternehmerischen Tätigkeit steht.33 2. Gewerblich geprägte Personengesellschaft Bei der gewerblichen Prägung handelt es sich um einen Begriff des internen deutschen Einkommenssteuerrechts34, welcher im internen Schweizer Recht unbekannt ist. Mit dem BFH-Urteil vom 28.4.201035 wurde klar, dass eine gewerblich geprägte deutsche Personengesellschaft abkommensrechtlich nicht unternehmerisch tätig ist und damit in Deutschland abkommensrechtlich keine Betriebsstätte begründen kann. Damit sind auch die gewerblich geprägten GmbH & Co. KGs für Wegzugsfälle aus Deutschland nicht mehr geeignet.36 Nur eine originäre Gewerblichkeit der Kommanditgesellschaft kann hier noch Entstrickungsschutz bieten.37 3. Vermögensverwaltende Personengesellschaft Nach dem besprochenen Urteil des Bundesgerichts dürften ausschliesslich vermögensverwaltend tätige Personengesellschaften im Verhältnis Schweiz-Deutschland keine Probleme bereiten, da sowohl die Schweiz als auch Deutschland sie als nicht unternehmerisch betrachten.38 Das bewegliche Vermögen einer vermögensverwaltenden deutschen Kommandit gesellschaft unterliegt beim in der Schweiz ansässigen Gesellschafter der schweizerischen Einkommens- und Vermögenssteuer. Bemessungsgrundlage ist nicht der 30 Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.74. 31 Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.76. 32 Urteil 2C707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.1. 33 Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb (Fn. 2), B 7.8 Nr. 1 und 3; Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.77; Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 2.4.1. 34 § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. 35 BFH v. 28.4.2010 – I R 81/09, DStR 2010, 1220 = BStBl. II 2014, 754. 36 Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.83. 37 Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.87. 38 Siehe auch Urteil 2C_738/2014 vom 21.8.2015.
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ewinnausweis gemäss Abschluss der Kommanditgesellschaft, sondern sind die anG teiligen Einkünfte bzw. das anteilige Vermögen der durch die Kommanditgesellschaft gehaltenen Vermögenswerte. Diese Vermögenswerte wie z.B. Aktien, Obligationen, Fonds, etc. unterliegen als Privatvermögen der schweizerischen Besteuerung. Dies bedeutet beispielsweise, dass Kapitalgewinne auf Privatvermögen steuerfrei bleiben39 und dass keine Abschreibungen auf diesen Vermögenswerten geltend gemacht werden können. Die vermögensverwaltende Personengesellschaft vermittelt ihren Gesellschaftern auch aus deutscher Sicht abkommensrechtlich Dividenden-, Zins-, Lizenzeinkünfte oder Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen.40 Sind an der vermögensverwaltenden deutschen Personengesellschaft in der Schweiz ansässige Gesellschafter beteiligt und hält die Personengesellschaft Anteile an deutschen Kapitalgesellschaften, unterliegen die Dividenden der deutschen Kapitalertragssteuer von 25%.41 Die Entlastungen gem. Art. 10 DBA CH-DE sowie die Anrechnung der verbleibenden deutschen an die schweizerische Einkommenssteuer bleiben vorbehalten. Auch die Vermietung und Verpachtung inländischer Grundstücke begründet grundsätzlich keine abkommensrechtliche Betriebsstätte.42 Die Frage der Zuordnung beweglichen Vermögens einer deutschen Kommanditgesellschaft zu einer deutschen Betriebsstätte stellt sich auch nach dem DBA CH-DE Erbschaft.43 Art. 6 DBA CH-DE Erbschaft gilt explizit auch für Personengesellschaften.44 Auch in Art. 6 DBA CH-DE Erbschaft wird Betriebsvermögen eines Unternehmens zur Begründung einer Betriebsstätte verlangt. Gemäss DBA CH-DE Erbschaft dürfte somit eine vermögensverwaltende deutsche Kommanditgesellschaft dem in der Schweiz ansässigen Gesellschafter keine Betriebsstätte in Deutschland gem. Art. 6 DBA CH-DE Erbschaft vermitteln. Ist somit Art. 6 DBA CH-DE Erbschaft nicht einschlägig, wird das Vermögen gem. Art. 8 DBA CHDE Erbschaft in dem Vertragsstaat besteuert, in dem der Erblasser im Zeitpunkt des Todes seinen Wohnsitz hatte.45 Hatte der in der Schweiz ansässige Gesellschafter seinen letzten Wohnsitz in der Schweiz, so ist das jeweilige kantonale Erbschaftssteuer-
39 Art. 16 Abs. 3 DBG. 40 Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.87. 41 Mick/Dyckmanns (Fn. 7), Rz. 9.180; Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb (Fn. 2), B 5.1 Nr. 55. 42 Häck in Flick/Wassermeyer/Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art. 5 Rz. 32. 43 Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Nachlass- und Erbschaftssteuern, SR 0.672.913.61. 44 Art. 6 Abs. 9 DBA CH-DE Erbschaft. 45 Zu beachten sind allerdings die Spezialbestimmungen im DBA CH-DE Erbschaft wie Art. 4 Abs. 3, Art. 4 Abs. 4 und Art. 8 Abs. 2 DBA CH-DE Erbschaft.
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gesetz46 anwendbar. Bekanntlich besteuern die einschlägigen kantonalen Erbschaftssteuergesetze in der Regel Vermögensübergänge auf Ehegatten und Kinder47 nicht. 4. Geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft Im Gegensatz zur Schweiz erfreuen sich in Deutschland Personengesellschaften als leitende Konzernobergesellschaften grosser Beliebtheit, so auch in familiengeführten Konzernen und meist in Form einer GmbH & Co. KG. Ist nun ein Gesellschafter einer geschäftsleitenden deutschen Holding-Kommanditgesellschaft in der Schweiz ansässig und unbeschränkt steuerpflichtig, so stellt sich die Frage, ob die Anteile dem deutschen Geschäftsbetrieb bzw. der deutschen Betriebsstätte zugewiesen und in der Schweiz für Einkommens- und Vermögenssteuerzwecke unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung befreit werden.48 Mithin stellen sich zwei Fragen: –– Ist die Kommanditgesellschaft unternehmerisch tätig? –– Verfügt die Kommanditgesellschaft in Deutschland über eine Betriebsstätte? Aus schweizerischer Sicht ist vorab zu beurteilen, ob die Kommanditgesellschaft eine kaufmännische Tätigkeit ausübt. Dies hat das Bundesgericht im Jahr 2015 im Falle einer deutschen Kommanditgesellschaft mit zwei Beteiligungen von je 50% an zwei operativ tätigen GmbHs verneint, primär mit der Begründung, die geltend gemachten „Management-Dienstleistungen“ seien mangelhaft dokumentiert und damit nicht der beherrschenden Gesellschaft, sondern der Tochtergesellschaft, mit welcher ein Arbeitsvertrag bestand, zuzurechnen. Ferner wirke die Zuordnung zur beherrschenden Kommanditgesellschaft gekünstelt. Die beherrschende Kommanditgesellschaft übe keine kaufmännische Tätigkeit aus.49 Aus deutscher Sicht zeichnet sich eine geschäftsleitende Holding-Kommanditgesellschaft dadurch aus, dass sie – nach aussen erkennbar – einem einheitlichen Plan folgend die einheitliche Leitung im Konzern über mehrere abhängige Unternehmen ausübt.50 Damit dürfte die konzernleitende Tätigkeit geprägt sein von einem nachweisbaren Einfluss auf die beherrschten Gesellschaften mittels von aussen erkennbaren, eigenen, für diese Aufgaben zweckmässigen Ressourcen und Strukturen. Abkommensrechtlich kann die Tätigkeit einer geschäftsleitenden Holding als „unternehmerische Tätigkeit“ i.S. von Art. 5+7 DBA CH-DE einzuordnen sein und eine Betriebsstätte begründen, wobei gemäss Häck die Voraussetzungen im Einzelnen nicht abschliessend geklärt seien.51 46 Der Bund kennt kein Erbschaftssteuergesetz. 47 Mit vereinzelten Ausnahmen. 48 Art. 24 Abs. 2 Nr. 1 DBA CH-DE. 49 Urteile 2C_738/2014 und 2C_739/2014 vom 21.8.2015, 2.5. 50 Häck (Fn. 42), Art. 5 Rz. 28.1. 51 Häck (Fn. 42), Art. 5 Rz. 28.1.
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Im hier besprochenen Entscheid des Bundesgerichts ist der in der Schweiz ansässige Gesellschafter X an den entscheidrelevanten deutschen C+D KG beteiligt. Diese halten und verwalten die gesamthänderisch gebundenen Finanzreserven der Familie.52 Zusätzlich ist X gemäss Sachverhalt auch an der deutschen I.AG & Co. KG beteiligt. Diese Beteiligung war nicht Teil des Verfahrens. Die I.AG & Co. KG ist gemäss Sachverhalt die Konzernobergesellschaft und nach wie vor im Privatbesitz der ursprünglichen Gründerfamilie.53 Es könnte sich dabei um eine geschäftsleitende Holding-KG handeln. Die Tatsache, dass diese Beteiligung nicht Teil des im Urteil entschiedenen Verfahrens war, deutet darauf hin, dass in Deutschland eine Betriebsstätte der I.AG & Co. KG begründet wird. Die entsprechenden Einkommens- und Vermögensteile des Gesellschafters X dürften damit in der Schweiz unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung befreit werden. 5. Immobilien-Personengesellschaft Abkommensrechtlich fallen die Einkünfte einer Immobilienpersonengesellschaft mit unbeweglichem Vermögen unter Art. 6 DBA CH-DE, was in Art. 6 Abs. 4 DBA CHDE explizit festgehalten wird (und damit nicht unter Art. 7 DBA CH-DE). Art. 6 Abs. 4 DBA CH-DE will sicherstellen, dass Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen auch dann in dem Staate besteuert werden, in dem das Vermögen liegt, wenn es nicht zu einer dort gelegenen Betriebsstätte gehört.54 Veräusserungsgewinne aus der Veräusserung unbeweglichen Vermögens fallen unter Art. 13 DBA CH-DE. In beiden Fällen steht das Besteuerungsrecht dem Belegenheitsstaat zu. Ist ein Gesellschafter einer deutschen Immobilien-Personengesellschaft in der Schweiz ansässig, so wird das anteilige Einkommen und Vermögen in der Schweiz freigestellt. 6. Sondervergütungen In Deutschland ausgerichtete Sondervergütungen als „Vergütungen, die ein Gesellschafter einer Personengesellschaft von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft, für die Gewährung von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern bezieht“, werden aus deutscher Sicht den Einkünften des Gesellschafters aus der in Deutschland gelegenen Betriebsstätte zugerechnet.55 Sie sind in der Schweiz auch dann von der Bemessungsgrundlage auszunehmen, wenn die Tätigkeit in der Schweiz ausgeübt wird.
52 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 3. 53 Urteil 2C_707/2016 vom 23.3.2018, 3. 54 Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb (Fn. 2), B 6.4 Nr. 1. 55 Art. 7 Abs. 7 DBA CH-DE und § 15 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. A EStG.
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Besteuerung von Personengesellschaften im Verhältnis Schweiz-Deutschland
Für die Besteuerung in der Schweiz können diese Vergütungen je nach Sachverhalt dem Geschäfts- oder Privatvermögen zugeordnet werden.56
IV. Fazit Der besprochene Bundesgerichtsentscheid hält fest, dass eine über eigene feste Anlagen und Einrichtungen verfügende deutsche Personengesellschaft mit ausserordentlich hohem Vermögen und eigener professioneller Bewirtschaftung des Vermögens als private Vermögensverwaltung und nicht als unternehmerische Tätigkeit qualifiziert. Damit kann diese vermögensverwaltende Personengesellschaft keine Betriebsstätte begründen. Die Einkünfte und das Vermögen sind anteilig den Gesellschaftern zuzuweisen und an ihrem Wohnsitz als Privatvermögen zu versteuern. Das Bundesgericht betont mit Blick auf die Entscheidungsharmonie, dass dieses Resultat auch der deutschen Auffassung entspreche. Unternehmerisch bzw. gewerblich tätige Personengesellschaften können ihren Gesellschaftern eine Betriebsstätte vermitteln. In der Schweiz ansässige Gesellschafter einer in Deutschland gewerblich tätigen deutschen Personengesellschaft mit Betriebsstätte in Deutschland unterliegen für die anteiligen Gewinne somit der deutschen Einkommenssteuer. Die anteiligen Einkünfte und das anteilige Vermögen an der deutschen Personengesellschaft werden in diesem Falle in der Schweiz unter Progressionsvorbehalt von der Besteuerung freigestellt. Auch geschäftsleitende Holding-Personengesellschaften üben regelmässig eine unternehmerische Tätigkeit aus, welche den Gesellschaftern eine Betriebsstätte vermitteln kann.
56 Locher/Meier/von Siebenthal/Kolb (Fn. 2), 7.7 Rz. 10 und Rz. 59.
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Stichwortverzeichnis
ATAD –– –– –– –– ––
Einkünfteabgrenzung 350 f. Gewinnaufteilung 203 ff. Hinzurechnungsbesteuerung 283 ff. Substanztest 29 ff. Verrechnungspreisdokumentation 297 f. Authorised OECD Approach –– Betriebsstättengewinnabgrenzung 23 ff., 72, 221 –– Einführung 23 ff. –– Umsetzung in innerstaatliches Recht 25 ff. –– Vertreterbetriebsstätte 44
Base Erosion and Profit Shifting
s. BEPS BEPS –– Country-by-Country-Report 2 f. –– Gewinnaufteilungsmethode 245 ff. –– Hinzurechnungsbesteuerung 29 ff., 283 ff. –– Kostenumlage 227 ff.; s.a. F&E-Pool umlagen –– US-Steuerreform 141 f. –– Vertreterbetriebsstätte 44 ff. Bestimmungslandprinzip 215 ff. Betriebsstätte s.a. Versicherungs betriebsstätte; s.a. Vertreterbetriebsstätte –– Betriebsstättengewinnabgrenzung 17 ff.; s.a. Betriebsstättengewinn abgrenzung –– Bevola & Jens W. Trock 152 ff. –– DBA CH-DE 382 –– digitale 162 ff. –– fiktive 222 ff., 353 ff. –– Freistellungsbetriebsstätte 147 ff. –– Freistellungsmethode 148 –– gebietsfremde 147 ff. –– Lidl Belgium 151 –– Marks & Spencer 149 ff.
–– Nordea Bank 151 f. –– OECD-Betriebsstättenbericht 2010 95 –– Präsenz, signifikante digitale s. Präsenz, signifikante digitale –– Rechtsprechungsentwicklung 149 ff. –– Symmetriethese 148 –– Timac Agro 151 f. –– Verluste, finale 147 ff. Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze 24.12.1999 18 ff. Betriebsstättengewinnabgrenzung –– Art. 7 OECD-MA 2010 23 ff. –– Authorised OECD Approach 23 ff. –– Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätze 24.12.1999 18 ff. –– Betriebsstättengewinnaufteilungs verordnung (BsGaV) 69 ff., 96 –– Entstrickung 21 ff. –– Entwicklung 17 ff. –– finale Entnahmetheorie 20 f. –– Fremdvergleichsgrundsatz 18 ff. –– internationale 17 ff. –– Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) 25, 96 Betriebsstättengewinnaufteilungs verordnung (BsGaV) 69 ff. –– Ermächtigungsrahmen 77 ff. BMF-Schreiben 23.2.1983 –– Änderungen des Entwurfs 174 f. –– Bedeutung 175 ff. –– Entstehung 172 ff. –– gemeinsame Stellungnahme der Wirtschaft 172 ff. –– steuerpolitisches Umfeld 171 f.
CbCR s. Country-by-Country-Report Country-by-Country-Report –– Anwendungsbereich 3 f. –– Ausgliederung Geschäftsfelder 16 –– Doppel-Konzern-Struktur 14 f. 391
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Stichwortverzeichnis
Digitalisierung –– Digitalisierungsprojekte 258 ff. –– Unternehmensprozesse 257 ff. –– Verrechenbarkeit von Leistungen dem Grunde nach 261 ff.; s.a. Verrechnung Digitalisierungskosten Digitalisierungsprojekt –– ERP-Bereich 260 –– produktbezogenes 260 –– Projektarten 265 –– –– Projektstagen 266 –– –– Prozessaufgaben, projektbezogene –– und interne 258 f. –– –– verbesserte IT-Architektur 261 –– Digitalsteuer –– –– Betriebsstättenbegriff 165 f. –– –– Frankreich 164 f. –– Geschäftsmodelle, digitale 160 f. –– –– Gewinnaufteilungsmethode 166 –– Präsenz, signifikante digitale 352 ff. Datennutzungen –– Betrachtung, geschäftsvorfallbezogene –– Richtlinienvorschläge 161 ff. –– Verrechnungspreise 159 ff. 196 Doppelter ordentlicher Geschäftsleiter –– Entrepreneur 198 f. 52, 61, 73, 173, 180, 192, 263, 270, –– Fremdvergleichsgrundsatz 193 ff. 307, 313, 338, 358, 367 –– Funktions- und Risikoanalsye 195 f. –– industrielle Revolution 192 f. –– Mittelgesellschaft 199 f. Einkünfte, passive 30 ff., 286 ff. –– Routinegesellschaft 197 f. Einkünfteabgrenzung –– Unternehmensqualifizierung 200 f. –– Abstimmung, verbesserte internatio–– Verrechnungspreise 191 ff. nale 83 ff. DBA Schweiz-Deutschland –– ATAD 350 f. –– Besteuerung Beteiligung Personen –– Außenprüfung, gemeinsame steuer gesellschaften 379 ff. liche 86 ff. –– Besteuerung Personengesellschaften –– BMF-Schreiben 23.2.1983 169 ff. 384 ff. –– Cross-Border Dialogue 91 f. –– Holding-Personengesellschaft, –– Ertragsteuer 219 ff. geschäftsleitende 387 f. –– EU-Richtlinien 345 ff. –– Immobilien-Personengesellschaft 388 –– GKB 347 f. –– Personengesellschaft, gewerblich –– GKKB 349 geprägte 385 –– ICAP 85 f. –– Personengesellschaft, unternehme–– internationale 345 ff. risch/gewerblich tätige 384 f. –– Kontrolle, begleitende 89 ff. –– Personengesellschaft, vermögens –– Mehrwertsteuer 216 ff. verwaltende 385 ff. –– Rechtssicherheit 81 ff. –– Sondervergütungen 388 f. –– Unternehmen, international verbun–– Urteil 2C_707/2016 379 ff. dene 169 ff. –– –– –– –– –– –– –– ––
Entstehung 2 f. Familienunternehmen 12 ff. Gestaltungsansätze 13 ff. Gestaltungsbedarf 12 f. Gleichordnungs-Konzern 13 Grundlage, gesetzliche 2 f. Inhalt der Reportverpflichtung 5 ff. Konzernuntereinheiten, einzubeziehende 8 f. Mutterunternehmen 4 öffentlicher 9 ff. Parallel-Konzern 14 f. Steuererklärung, inländische 5 Tochtergesellschaft 5 Über-Unterordnungskonzern 13 f. Verzahnung mit ausländischen Regelungen 7 f. Verzicht § 296 HGB 15
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Stichwortverzeichnis
–– Verwaltungsgrundsätze 169 f. –– Wertschöpfung 219 ff. Entstrickung –– Betriebsstättengewinnabgrenzung 21 ff. Ertragsteuer s.a. Ertragsteuer- und Zollbelastung –– Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen 276 f. Ertragsteuer- und Zollbelastung –– Produktionsketten, grenzüberschreitende 275 ff. –– Verrechnungspreise 275 ff.
Familienunternehmen 12 ff. F&E-Poolumlage –– Ausgestaltung, fremdvergleichs konforme 227 ff. –– Ausgleichszahlungen 238 –– Austritt 240 f. –– Beitrag und Nutzen 233 –– Beiträge, laufende 236 ff. –– Eintritt 240 f. –– Ermittlung 233 ff. –– Grundlegendes 230 –– Kostenumlagen 227 ff. –– OECD-Leitlinien 227 ff. –– Poolbeiträge, individuelle 234 –– Poolmitgliedschaft 231 f. –– Verfahren, zweistufiges 238 ff. –– Vorteile, erwartete 233 f. –– VWG-Umlage 227 ff. –– Werte, existierende 235 f. Finale Entnahmetheorie 20 f. Fremdvergleich –– Geschäftsvorfälle zwischen ver bundenen Unternehmen 317 f. Fremdvergleich, hypothetischer –– Fremdvergleich, tatsächlicher 314 ff. –– Rechtsgrundlagen 313 f. Fremdvergleich, tatsächlicher –– Fremdvergleich, hypothetischer 314 ff. –– Rechtsgrundlagen 313 f.
Fremdvergleichsgrundsatz s.a. Fremdvergleich, hypothetischer; s.a. Fremdvergleich, tatsächlicher –– § 1 Abs. 1 AStG 73 –– § 1 Abs. 3 AStG 73 –– § 1 Abs. 5 AStG 73 f. –– Betriebsstättengewinnabgrenzung 18 ff. –– Standard der Gewinnabgrenzung 83 ff. Funktionsverlagerung –– Funktionsverlagerungsverordnung 179 ff. –– Rückverlagerung 179 ff. Funktionsverlagerungsverordnung 69 ff., 179 ff. –– Ermächtigungsrahmen 74 ff. –– Rückverlagerung 179 ff.
Geschäftsbeziehung
–– § 1 Abs. 4 AStG 371 ff. –– Begriff 371 ff. –– Beziehung, anzunehmende schuld rechtliche 374 f. Geschäftsleiter, doppelter ordentlicher 52, 61, 73, 173, 180, 192, 263, 270, 307, 313, 338, 358, 367 Gewinnabgrenzung s. Einkünfte abgrenzung Gewinnaufteilung –– Auswahl 206 f. –– formelhafte, steuerliche 203 ff. –– geschäftsvorfallbezogene 357 ff. –– Gewichtung 209 ff. –– GKB 204 f. –– GKKB 204 f. –– residuale 252 ff. –– Schlüsselgrößen 206 ff. –– Verrechnungspreissysteme 357 ff. –– Voraussetzungen 204 f. Gewinnaufteilungsmethode –– Ausgestaltung 243 ff. –– Digitalsteuer 166 –– Gewinnaufteilung, transaktionale 245 ff. 393
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Stichwortverzeichnis
–– Herausforderungen digitale Ökonomie 249 ff. –– Präsenz, signifikante digitale 251 –– transaktionsbezogene 243 ff. Gewinnausschüttung, verdeckte 83, 107 ff., 185 ff., 291 ff., 303, 313 Gewinnverkürzung –– Country-by-Country-Reporting 297 f. Gewinnverlagerung –– Country-by-Country-Reporting 297 f. GKB 204 f.; s.a. Gewinnaufteilung GKKB 204 f.; s.a. Gewinnaufteilung
Hinzurechnungsbesteuerung
Konzernrückhalt –– Auffassung der Verwaltung 340 f. –– Bedeutungsgehalt 338 f. –– Definition 337 f. –– Einordnung, steuerrechtliche 337 ff. –– Finanzierung, konzerninterne 339 ff. –– Rechtsprechung 339 f., 342 f. Korrekturvorschrift, nationale –– Schrankenwirkung Art. 9 OECD-MA 107 ff. Kostenverrechnung –– Digitalisierungkosten 257 ff. –– Konzerne, grenzüberschreitend tätige 257 ff.
Median
–– ATAD 29 ff. –– Bedeutung Verrechnungspreise 291 ff. –– Bedeutung, derzeitige 283 ff. –– Bedeutung, zukünftige 289 ff. –– BEPS-Prozess 293 f. –– BMF 287 ff. –– Cadbury-Schweppes-Test 34 ff., 284 ff. –– Einkünfte, passive 286 ff. –– Einlage, verdeckte 291 –– Gewinnausschüttung, verdeckte 291 –– Neuregelung 285 f. –– Niedrigbesteuerungsgrenze 286 ff. –– Rechtsprechung, aktuelle 291 ff. –– Substanztest 29 ff. –– Verbindung Verrechnungspreise 291 ff. –– Verrechnungspreise 283 ff. –– Vorgaben ATAD 285 f. Hypothetischer Fremdvergleich s. Fremdvergleich, hypothetischer
–– –– –– –– –– ––
Industrielle Revolution 192 f.
221 ff., 251, 352 ff. –– Digitalsteuer 161 ff. –– Gewinnaufteilungsmethode 251 –– Zuweisung 221 ff. Preisbandbreite –– Anpassungsrechnungen 320 f. –– Fremdüblichkeit 318 f.
–– Datennutzungen 192 ff.; s. a. Datennutzungen
Konzern, grenzüberschreitend tätiger –– Digitalisierungsinitiativen 258 ff.; s.a. Digitalisierungsprojekte
Auslandssachverhalt 329 ff. Hornbach 334 Mediankorrektur 329 ff. OECD-Guidelines 2010/2017 331 ff. SGI 334 Unternehmensteuerreformgesetz 329 ff. Mehrwertsteuer 215 ff., 275 ff.
OECD-MA
–– Betriebsstättengewinnabgrenzung 23 ff., 87 ff., 347 ff. –– Fremdvergleich, hypothetischer 313 ff. –– Korrekturvorschrift, innerstaatliche 374 –– Lizenzierung 272 –– Schrankenwirkung Art. 9 OECD-MA 107 ff. –– Unternehmen, verbundene 347 –– Vertreterbetriebsstätte 44 ff.
Präsenz, signifikante digitale 161 ff.,
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Stichwortverzeichnis
–– Interquartilsbildung 322 ff. –– Ursachen 318 –– Vergleichbarkeit 319 f. –– Vergleichsdaten 322 –– Verprobung Bandbreite 321 f. –– Zuverlässigkeit 322 ff. Profit-Split-Methode s. Gewinn aufteilungsmethode
Rechtsbehelf –– –– –– ––
Art. 25 DBA-D/AUT 126 f. Doppelbesteuerung 121 ff. EU-Schiedskonvention 124 ff. Parallele Verfahren nach EU-Schiedskonvention/Art. 25 DBA-D/AUT 131 ff. –– Paralleler Antrag Einleitung Verständigungsverfahren 129 f. –– Rechtsweg, nationaler 124 –– Verständigungsverfahren, zwischenstaatliches 124 Rückverlagerung –– Abgrenzung 182 ff. –– Begriff 181 –– Funktionen 179 ff. –– Funktionsverlagerungsverordnung 179 ff. –– Inland 179 ff. –– Nutzungsüberlassung 183 f. –– Übertragung Geschäftschancen 185 f. –– Übertragung verlängerte Werkbank 184 f.
Schrankenwirkung Art. 9 OECD-MA –– –– –– –– ––
BFH 11.10.2012 108 ff., 374 BFH 17.12.2014 117 ff. BFH 27.2.2019 119 f. BMF-Schreiben 30.3.2016 119 Darlehen an Tochterkapitalgesellschaften mit Sitz im Ausland 117 ff. –– Fremdvergleichsgrundsatz 107 ff. –– Gewinnauschüttung, verdeckte 107 ff. –– Gewinnkorrektur 107 ff.
–– Teilwertabschreibungen auf Darlehen an ausländische Tochtergesellschaften 115 ff. –– Verrechnungspreise 108 ff. Schweiz s. DBA Schweiz-Deutschland Signifikante digitale Präsenz s. Präsenz, signifikante digitale Steuererklärung –– Country-by-Country-Report 5 Steuerhinterziehung –– Abgrenzung 300 ff. –– Fremdvergleich, hypothetischer 307 f. –– Fremdvergleich, tatsächlicher 306 f. –– Median 306 f. –– Mittelwert 307 f. –– Problembereiche 306 f. –– Schätzung 308 ff. –– Tatbestandsmäßigkeit 305 –– Transparenzklausel 310 –– Verrechnungspreisdokumentation 308 ff. –– Verrechnungspreise 297 ff. Steuerplanung, agressive 29, 137, 298 ff. Steuerpolitik –– BMF-Schreiben 23.2.1983 169 ff. –– Entwicklungslinien 137 ff. –– internationale 137 ff. –– US-Steuerreform 137 ff. Steuerpraktiken, schädliche 298 ff. Steuerumgehung –– Abgrenzung 300 ff. –– Anwendung Einkünftekorrektur 304 –– Anwendung Vorfeld Einkünfte korrektur 303 f. –– Verrechnungspreise 297 ff. Steuervermeidung –– Abgrenzung 300 ff. –– Betriebsstättenvermeidung 301 –– Gestaltungsfreiheit, steuer vermeidende 300 –– Vermeidung einer Geschäfts beziehung 301 f. –– Verrechnungspreise 297 ff. 395
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Stichwortverzeichnis
Substanztest –– ATAD 29 ff. –– Auslegung 38 ff. –– Cadbury Schweppes 34 f. –– Hintergrund 29 ff. –– Hinzurechnungsbesteuerung 29 ff. –– Österreich 29 ff. –– Passiveinkünfte-VO 33 f. –– Substanznachweisgelingen 32 ff. –– wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit 32 ff.
Tatsächlicher Fremdvergleich
s. Fremdvergleich, tatsächlicher
Umsatzsteuer 215 ff., 275 ff.
Unions-Zollkodex 275 ff.; s.a. Zoll Unternehmensprozess –– Digitalisierung 257 ff. Ursprungslandprinzip 215 ff.; s.a. Zuweisung –– Wertschöpfung 219 ff. US-Steuerreform –– Absenkung des Körperschaftsteuersatzes 138 f. –– Aufteilung des Besteuerungszugriffs, international 142 ff. –– BEPS 141 f. –– FDII-Begünstigung 139 f. –– GILTI-Regime 143, 289 f. –– internationaler Steuerwettbewerb 138 ff. –– Reformüberlegungen, weitergehende 143 f. –– Steuerkoordination 141 f. –– Steuerpolitik 137 ff. –– territoriales System 142
Verlust, finaler 147 ff.
Verdeckte Gewinnausschüttung 83, 107 ff., 185 ff., 291 ff., 303, 313 Verordnungsermächtigungen § 1 AStG –– Funktionsverlagerungsverordnung 69 ff. –– Grundlagen 71 –– Historie 71 f.
Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) 25, 96 Verrechnung Digitalisierungskosten –– Abgrenzung Lizenzierung 272 f. –– benefit test 262 f. –– Filterkriterien 263 ff. –– Gesellschafteraufwand 262 f. –– Kostenallokation der Höhe nach 267 f. –– Nachweis erlangter wirtschaftlicher Vorteil 271 f. –– pauschalierende Betrachtung 269 ff. –– Prozessleistungsanalyse 268 f. –– Verechnungsformen 266 f. –– Verrechenbarkeit dem Grunde nach 261 ff. Verrechnungspreise –– anwendbares Gesellschaftsrecht 58 ff. –– Ausgleichsansprüche 67 f. –– Beteiligung außenstehender Gesellschafter 65 f. –– Datennutzungen 191 ff. –– Digitalisierung 257 ff. –– Digitalsteuer 159 ff. –– Fremdvergleichsgrundsatz 61 ff. –– Geschäftsführungs- und Sorgfaltspflichten 60 ff. –– gesellschaftsrechtliche Anforderungen 60 ff. –– Gewinnausschüttung, verdeckt 108 ff. –– Hinzurechnungsbesteuerung 283 ff. –– Kapitalaufbringung AG/GmbH 62 ff. –– Kapitalerhaltung AG/GmbH 64 f. –– Kollisionsrecht 59 f. –– Steuerhinterziehung 297 ff. –– Steuerumgehung 297 ff. –– Steuervermeidung 297 ff. –– Umsatzsteuer 275 ff. –– Unterordnungskonzern 59 ff. –– Verhältnis beteiligte Gesellschaften 66 ff. –– Verrechnungspreisysteme 357 ff.
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Stichwortverzeichnis
–– Wirksamkeitsvoraussetzungen, allgemeine zivilrechtliche 60 –– Zoll 275 ff. Verrechnungspreisysteme –– Anwendungsbereiche 364 ff. –– Beitragsanalyse 359 ff. –– globale Gewinnaufteilungsmethode 359 ff. –– Hintergrund, ökonomischer 367 ff. –– Residual-Gewinnaufteilungsmethode 361 ff. –– Restgewinn-Analyse 361 ff. –– Vergleichs-Gewinnaufteilungs methode 363 f. Versicherungsbetriebsstätte –– Bestimmung Dotationskapital 95 ff. –– Betriebsstättengewinnaufteilungs verordnung 96 ff. –– Kapitalaufteilungsmethode, modifizierte 97 ff. –– Mindestkapitalausstattungsmethode 99 ff. –– OECD-Betriebsstättenbericht 2010 95 f. –– Solvency II-Richtlinie 101 ff. –– Versicherungsaufsichtsgesetz 101 ff. –– Verwaltungsgrundsätze Betriebsstättengewinnaufteilung (VWG BsGa) 96 ff. Vertreterbetriebsstätte –– abkommensrechtlich 45 ff. –– angemessene Vergütung 52 f.
–– –– –– –– –– –– –– –– –– –– ––
AOA-Grundsätze 49 Begriff 44 f. BEPS-Abschlussbericht 44 Chancen und Risiken 51 f. Dotationskapital 52 Einkünfteermittlung 43 ff. Fremdvergleichgrundsatz 44 ff. Gewinnzurechnung 49 ff. OECD-MA 44 ff. Personalfunktionen 49 f. rechtlich eigenständiges Unter nehmen als ständiger Vertreter 53 ff. –– Vermögenswerte 50 f. –– Vertreter, ständiger 44 ff.
Zoll
–– Umsatzsteuerliche Auswirkungen Zollwerte 280 f. –– Unions-Zollkodex 275 ff. –– Verrechnungspreisbildung 277 ff. Zollbelastung s.a. Ertragsteuer- und Zollbelastung Zuweisung –– angestrebte 217 ff. –– Anknüpfungspunkt, territorialer 215 ff. –– Ansässigkeitsstaat 215 ff. –– Bestimmungslandprinzip 215 ff. –– Leistungsortbestimmung, technische 216 f. –– Steueraufkommen 215 ff. –– Ursprungslandprinzip 215 ff.
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