Insolvenzstrafrecht: Handbuch für die Praxis [Reprint 2012 ed.] 9783110917628

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German Pages 928 [932] Year 2012

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Table of contents :
Vorwort
Muster, Schaubilder, Tabellen, Übersichten
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Einleitung
1. Kapitel: Informationsbeschaffung
§ 1 Informationsbeschaffung der Staatsanwaltschaft und Gestaltung des Ermittlungsverfahrens
§ 2 Die Buchhaltung als wesentliche Informationsquelle
§ 3 Die Gerichte im Ermittlungsverfahren
§ 4 Anwaltliche Strategien im Ermittlungsverfahren
2. Kapitel: Die gesellschaftsrechtlichen Funktionsträger
§ 5 Die einzelnen Funktionsträger
§ 6 Pflichten im Vorfeld der Krise
§ 7 Pflichten bei Eintritt der Krise
§ 8 Eröffnungsverfahren: Auswirkung der Antragstellung und gerichtlicher Maßnahmen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Stellung der Verfahrensbeteiligten
§ 9 Auswirkung des eröffneten Insolvenzverfahrens auf die Rechtsstellung und die Rechtspflichten der Beteiligten
§ 10 Die Pflichten nach Abweisung mangels Masse und wegen Masseunzulänglichkeit sowie bei der Nachtragsliquidation
3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften
§ 11 Insolvenzverschleppung (am Beispiel des § 84 GmbHG)
§ 12 Bankrott, §§ 283, 283a StGB
§ 13 Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB
§ 14 Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB
§ 15 Betrug, § 263 StGB
§ 16 Untreue, § 266 StGB
§ 17 Kreditbetrug, § 265b StGB
§ 18 Subventionsbetrug, § 264 StGB
§ 19 Unterschlagung, § 246 StGB
§ 20 Vereitelung der Zwangsvollstreckung, §288 StGB
§ 21 Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, § 266 a StGB
§ 22 Schuldnerbegünstigung, § 283d StGB
4. Kapitel: Besondere strafrechtliche Risiken
§ 23 Rechte und Pflichten des Insolvenzverwalters
§ 24 Umfeldaktivitäten des Insolvenzverwalters
§ 25 Sanierung in der Insolvenz
§ 26 Insolvenzgeld
§ 27 Die Banken
§ 28 Der Berater
§ 29 Professionelle Unternehmensbestatter
§ 30 Gläubigerpool
§ 31 Untreue im (qualifizierten) faktischen Konzern
5. Kapitel: Besondere Verfahrensfragen
§ 32 Die Verständigung im Strafverfahren; der „Deal“
§ 33 Gewinnabschöpfung und Rückgewinnungshilfe
6. Kapitel: Zwischen- und Hauptverfahren
§ 34 Die Staatsanwaltschaft
§ 35 Das Gericht
§ 36 Die Beteiligung der Finanzbehörden
§ 37 Die Verteidigung
Stichwortverzeichnis
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Insolvenzstrafrecht: Handbuch für die Praxis [Reprint 2012 ed.]
 9783110917628

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Folker Bittmann (Hrsg.) Insolvenzstrafrecht Handbuch für die Praxis de Gruyter Handbuch

Folker Bittmann (Hrsg.)

Insolvenzstrafrecht Handbuch für die Praxis

W DE

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RECHT

De Gruyter Recht · Berlin

Herausgeber u n d Autoren: Oberstaatsanwalt Folker Bittmann, Halle/Saale Rechtsanwalt Wolfgang Ferner, Fachanwalt f ü r Strafrecht, Heidelberg StaatsanwältinAneff Ganz, Schwerin Rechtsanwalt Christian Gerloff, M ü n c h e n Staatsanwältin Heike Geyer, Halle/Saale Staatsanwalt Axel Goos, Kiel Professor Dr. Urs Peter Gruber, Halle/Saale Professor Dr. Wolfgangjoecks, Greifswald Rechtsanwalt Dipl.-Betriebswirt Michael Martinez Ferber, Karlsruhe Staatsanwalt Volker Meyer, Halle/Saale Rechtsanwältin Carolin Rudolph, Fachanwältin f ü r Strafrecht, Halle/Saale Staatsanwalt Frank-Thomas Schulze, Halle/Saale Professor Dr. Stefan Smid, Kiel

Zitiervorschlag: Ferner in Insolvenzstrafrecht § 4 R d n 15

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. ISBN 3-89949-121-1

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

© Copyright 2004 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Umschlaggestaltung: Christopher Schneider, Berlin Datenkonvertierung/Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck und Bindung: Kösel GmbH & Co. KG, Altusried-Krugzell

Vorwort Dieses Buch ist ein Experiment! Soweit ersichtlich, gibt es kein strafrechtlich ausgerichtetes Werk, welches neben der Darstellung des Insolvenzstrafrechts im engeren und weiteren Sinne auch noch das prozessuale Geschehen in theoretischer wie praktischer Weise sowie die Grundlagen des Insolvenz- und des Gesellschaftsrechts erläutert. In dem hier vorliegenden Erstling werden zudem auch noch bestimmte insolvenz(straf)rechtliche Konstellationen aufgegriffen und in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht umfassend untersucht. Als Herausgeber danke ich allen Mitautor(inn)en (Professoren dreier verschiedener Rechtsgebiete, Insolvenzverwalter, Rechts- und Staatsanwälte) und vor allem dem Verlag für den aufgebrachten Wagemut. Das Werk ist für die Praxis geschrieben. Es will dem Leserkreis sowohl Zugang zu der häufig sehr komplexen und rechtsgebietsübergreifenden Materie, ihm also einen Überblick verschaffen, als auch ihm mit vertiefenden Darstellungen sowie weiterführenden Hinweisen bei der Lösung von Fällen jenseits der täglichen Routine dienlich sein. Die Berücksichtigung außerstrafrechtlicher Rechtsprechung und Literatur in strafrechtlichen Beiträgen soll einen Beitrag zur Einheit der Rechtsordnung leisten. Überdies soll es - wie das gesamte Buch überhaupt - den in verschiedenen Rollen am Insolvenz- und Insolvenzstrafverfahren Beteiligten Anregungen bieten nicht nur für eine sachgerechte Bewältigung ihrer Aufgaben, sondern vor allem für die Zusammenarbeit mit den anderen in derselben Angelegenheit Befaßten. Es soll ferner den Dialog all derjenigen befruchten, die mit Insolvenz(straf)verfahren in irgendeiner Hinsicht befaßt sind. Das Buch hat demgemäß sowohl einen wissenschaftlichen Anspruch als auch Servicecharakter - beides ist aus Sachgründen in den jeweiligen Paragraphen unterschiedlich ausgeprägt. Es wendet sich nicht nur an die in der Strafjustiz mit insolvenz(straf)rechtlichen Themen befaßten Juristen, sondern auch an Verteidiger und darüberhinaus an Insolvenzverwalter. Letztere verpassen nämlich nur allzu häufig Chancen zur Massemehrung, weil sie die Synergieeffekte einer intensiven Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft unterschätzen. Ein neues Buch kann weder alle (Druck- wie inhaltlichen) Fehler vermeiden - dafür bitte ich schon im vorhinein um Nachsicht - noch jemals alle Wünsche der Leser erfüllen. Das ist zumal dann nicht möglich, wenn es auf einer neuen Konzeption beruht. Es wäre deshalb nicht nur nicht störend, sondern nachgerade erwünscht, wenn aus dem Kreis der Nutzer Anregungen, Kritik und Ergänzungswünsche an die Autor(inn)en herangetragen werden würden. Gerade ein Werk für die Praxis kann im Dialog mit seinem Adressatenkreis nur gewinnen. Allein auf diese Weise ist ein spezifizierteres Eingehen auf die Bedürfnisse der Leser in späteren Auflagen möglich. Es scheue sich deshalb niemand, ihre/seine Gedanken dem Autorenkreis zugänglich zu machen (über Zuschriften an den Verlag, den Herausgeber oder per eMail . Die einzelnen Teile berücksichtigen durchweg die Gesetzeslage, Rechtsprechung und das Schrifttum bis zum 1.1.2004. Im Bemühen, den Leserkreis so aktuell wie möglich zu informieren, war es im Zuge der Drucklegung in manchen Paragraphen sogar möglich, Veröffentlichungen bis Anfang Juni 2004 zu berücksichtigen. Auf diese Weise vermochte ζ. B.

V

Vorwort

in $ 2 1 bereits auf das unmittelbar vor der Verabschiedung stehende Gesetz zur Intensivierung der Bekämpfung der Schwarzarbeit und damit zusammenhängender Steuerhinterziehungen mit den vorgesehenen Änderungen des S 266a StGB und somit auf den alsbaldigen Rechtszustand eingegangen zu werden. Das zum 1 . 7 . 2 0 0 4 in Kraft getretene Justizvergiitungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) konnte bereits berücksichtigt werden. Wenn das vorliegende Buch, sei es kritisch, sei es zustimmend, angenommen werden würde und vor allem dem Leserkreis die Arbeit wenigstens etwas erleichterte, dann hätte es seinen Zweck erfüllt. Halle/Saale, im Juni 2004

VI

Folker Bittmann Herausgeber

Inhaltsübersicht Seite

Vorwort Muster, Schaubilder, Tabellen, Übersichten Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis

Bearbeiter

V XXXVII XXXIX LXI

Einleitung 1. Kapitel: Informationsbeschaffung S 1 Informationsbeschaffung der Staatsanwaltschaft und Gestaltung des Ermittlungsverfahrens X. Informationsbeschaffung bei anderen Behörden 1. Steuerbehörden 2. Arbeitsverwaltung § 2 Die Buchhaltung als wesentliche Informationsquelle. . . S 3 Die Gerichte im Ermittlungsverfahren S 4 Anwaltliche Strategien im Ermittlungsverfahren 2. Kapitel: Die gesellschaftsrechtlichen Funktionsträger § 5 Die einzelnen Funktionsträger V. Faktische Organe, insbesondere der faktische Geschäftsführer VI. Der Strohmann VII. Die Liquidatoren S 6 Pflichten im Vorfeld der Krise S 7 Pflichten bei Eintritt der Krise § 8 Eröffnungsverfahren: Auswirkung der Antragstellung und gerichtlicher Maßnahmen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Stellung der Verfahrensbeteiligten § 9 Auswirkung des eröffneten Insolvenzverfahrens auf die Rechtsstellung und die Rechtspflichten der Beteiligten $ 10 Die Pflichten nach Abweisung mangels Masse und wegen Masseunzulänglichkeit sowie bei der Nachtragsliquidation

1 Bittmann 98 106 109 131 143

Joecks Schulze Martinez Ferber Bittmann Ferner

155 Gruber 173 190 197 199 221

Meyer Rudolph Gruber Gruber Gruber

256 Smid 264 Smid 285 Gruber

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften S 11 Insolvenzverschleppung (am Beispiel des § 84 GmbHG) 293 Bittmann S 12 Bankrott, §$ 283,283a StGB 330 Bittmann $ 13 Verletzung der Buchführungspflicht, $ 283b StGB . . . 432 Bittmann $ 14 Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB 436 Bittmann νπ

Inhaltsübersicht

S 15 Betrug, $ 263 StGB S 16 Untreue, S 266 StGB s 17 Kreditbetrug, S 265b StGB § 18 Subventionsbetrug, § 264 StGB § 19 Unterschlagung, § 246 StGB § 20 Vereitelung der Zwangsvollstreckung, § 288 StGB. . . . $ 2 1 Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, . . . $ 266 a StGB $ 22 Schuldnerbegünstigung, J 283d StGB

453 474 514 517 521 526 531

Schulze Bittmann Schulze Schulze Schulze Schulze Bittmann

580 Bittmann

4. Kapitel: Besondere strafrechtliche Risiken § 23 Rechte und Pflichten des Insolvenzverwalters III 4 Datenschutz III 5 Umweltdelikte S 24 Umfeldaktivitäten des Insolvenzverwalters S 25 Sanierung in der Insolvenz $ 26 Insolvenzgeld § 27 Die Banken § 28 Der Berater § 29 Professionelle Unternehmensbestatter $ 30 Gläubigerpool S 31 Untreue im (qualifizierten) faktischen Konzern

587 597 597 599 616 637 649 671 687 706 711

Joecks Gerloff Gerloff Gerloff Gerloff Gerloff Ganz Geyer Gerloff Rudolph Joecks

5. Kapitel: Besondere Verfahrensfragen S 32 Die Verständigung im Strafverfahren; der „Deal" . . . . § 33 Gewinnabschöpfung und Rückgewinnungshilfe . . . .

721 Meyer 744 Goos

6. Kapitel: Zwischen- und Hauptverfahren S 34 Die Staatsanwaltschaft S 35 Das Gericht $ 36 Die Beteiligung der Finanzbehörden $ 37 Die Verteidigung

781 789 797 801

Stichwortverzeichnis

825

VIII

Bittmann Bittmann Joecks Ferner

Inhaltsverzeichnis Vorwort Muster, Schaubilder, Tabellen, Übersichten Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis

V XXXVn XXXIX LXI

Einleitung 1. Kapitel: Informationsbeschaffung $1 Informationsbeschaffung der Staatsanwaltschaft und Gestaltung des Ermittlungsverfahrens I. Beginn eines Ermittlungsverfahrens 1. Strafanzeigen 2. Andere Informationsquellen 3. Mitteilungen in Zivilsachen 4. Die Grenzen des $ 97 Abs 1 S 3 InsO Π. Aufnahme der Ermittlungen 1. Frühzeitige Einstellung nach dem Opportunitätsprinzip a) SS 153 Abs 1 und 153a Abs 1 StPO b) Beschränkung des Verfahrensstoffs, SS 154,154a StPO 2. Planung der Ermittlungen a) Aktenaufbau b) Akteneinsichtsgesuche c) Handakten d) Zusammenarbeit Staatsanwaltschaft/Polizei III. Allgemeine Informationsquellen 1. Krankenkassen 2. Insolvenzgericht 3. Gerichtsvollzieher 4. Schuldnerverzeichnis 5. Handelsregister 6. Gewerberegister 7. Arbeitsamt 8. Banken IV. Durchsuchung und Beschlagnahme 1. Handhabung a) Allgemeines b) Vorbereitung aa) Inhaltlich bb) Technisch (1) Einsatzort (2) Zeitpunkt (3) Beteiligung des Staatsanwalts (4) Gestaltung des Einsatzes

1 1 2 3 5 9 9 9 10 11 11 13 13 13 18 18 18 19 19 20 21 21 21 25 25 25 26 26 27 28 28 29 32 IX

Inhaltsverzeichnis

(5) Logistische Vorbereitung (6) Beweisrichtung (7) Sonstige Vorbereitungen (a) Zusätzliche Einsatzkräfte (b) Asservate (c) Presse 2. Regeln strafprozessualen Zwangsmitteleinsatzes a) Ermittlungsrichter b) Sicherstellung und Beschlagnahme, S 94 StPO aa) Grundlagen bb) Anordnung: Befugnis, § 98 StPO, und Bestimmtheit cc) Herausgabeverlangen, § 95 StPO dd) Beschlagnahmeverbote, § 97 StPO (1) Grundlagen (2) Buchführungsunterlagen (3) Notarielle Urkunden (4) Grenzen und Ausnahmen (a) Verhältnis zu SS 111b ff StPO (b) Kein Schutz von Organen juristischer Personen (c) Entbindung von der Schweigepflicht (d) Verzicht und Gegenausnahmen (aa) Verteidigungsunterlagen (bb) Anderkonten c) Beschlagnahme und Arrest zur Sicherung von Verfall und Einziehung, §S 111b ff StPO d) Durchsuchung aa) Grundlagen bb) Durchsuchung beim Verdächtigen, S 102 StPO cc) Durchsuchung bei Dritten, S 103 StPO dd) Durchsuchungen zur Nachtzeit, S 104 StPO ee) Anordnungsbefugnis, $ 105 Abs 1 StPO, und Bestimmtheit ff) Rechtsfolgen bei Gesetzesverstößen gg) Regeln für die Durchführung der Durchsuchung, SS 105 Abs 2 bis 107,109 StPO hh) Zufallsfunde, S 108 StPO ii) Durchsicht von Papieren, S 110 StPO e) Rechtsschutz, §S 98 Abs 2 S 2 und 304 ff StPO aa) S 98 Abs 2 S 2 StPO bb) SS 304 ff StPO cc) Praktische Konsequenzen V. Zusammenarbeit Staatsanwaltschaft/Insolvenzverwalter 1. Aufgaben des Insolvenzverwalters 2. Einschaltung der Staatsanwaltschaft aus der Sicht des Insolvenzverwalters 3. Insbesondere: Rückgewinnungshilfe 4. Strafprozessuale Pflichtenstellung des Insolvenzverwalters VI. Der Wirtschaftssachverständige 1. Allgemeines 2. Interne Wirtschaftsprüfgruppe, Rechtsstellung des Gutachters, Rechtsfolgen 3. Externe Gutachter X

33 34 35 35 35 36 36 36 38 38 41 44 45 45 46 47 48 48 49 50 52 54 55 56 56 56 58 59 60 60 63 64 66 67 70 71 72 72 72 72 74 76 78 79 79 80 89

Inhaltsverzeichnis

VII. Der Zeuge VIII. Der Beschuldigte 1. Allgemeines 2. Vernehmung 3. Der Verteidiger 4. Inhaftierung des Beschuldigten IX. Akteneinsicht an Dritte X. Informationsbeschaffung bei anderen Behörden 1. Steuerbehörden a) Reichweite des Steuergeheimnisses aa) „Verhältnisse" bb) „Eines anderen" b) Durchbrechung des Steuergeheimnisses aa) Durchführung eines Steuerstrafverfahrens bb) Durchführung eines Strafverfahrens, das sich nicht auf Steuerstraftaten bezieht (1) Gesetzliche Regelung (2) Zustimmung des Betroffenen (3) S 30 Abs 4 Nr 4 AO (4) $ 30 Abs 4 Nr 5 AO cc) Grenzen der Verwertbarkeit c) Gesamtergebnis 2. Arbeitsverwaltung a) Allgemeine Regelungen b) Sonderregelungen des SGB III

89 90 90 92 93 95 96 98 98 98 98 99 100 101 101 101 102 102 103 106 106 106 106 107

S 2 Die Buchhaltung als wesentliche Informationsquelle I. Informationsquelle betriebliches Rechnungswesen 1. Die Buchführung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens 2. Arten von Buchführungspflichten 3. Die allgemeine (handelsrechtliche) Buchführungspflicht 4. Die steuerrechtliche Buchführungspflicht 5. Sonstige Aufzeichnungspflichten II. Der Inhalt der Buchführungspflicht 1. Überblick 2. Die Bilanz 3. Die Gewinn-und Verlustrechnung 4. Der Anhang 5. Der Lagebericht III. Auswertungsarten und Informationsgehalt - Beschreibung anhand der D ATE V-Aus Wertungen 1. DATEV-Kontenrahmen 2. Die Hierarchie der DATEV-Auswertungen 3. DATEV-Primanota 4. DATEV-Kontoauszüge 5. Summen-und Saldenlisten 6. BWAs und Zusatzauswertungen 7. DATEV-Bilanz, GuV und Kontennachweise IV. Sonstige Informationsquellen aus dem betrieblichen Rechnungswesen . . . . 1. Kostenrechnung 2. Betriebliche Statistik und Vergleichsrechnung

109 109 110 110 112 114 114 114 115 116 116 117 117 117 117 118 119 121 123 124 124 124 124 XI

Inhaltsverzeichnis

3. Planungsrechnung 4. Kapitalflussrechnung 5. Segmentberichterstattung V. Überblick über Techniken des forensischen Rechnungswesens bei Insolvenzstraftaten 1. Begriffsabgrenzung 2. Fälle von Mehrfachzahlungen an denselben Zahlungsempfänger 3. Fälle von Mehrfachzahlungen an verschiedene Zahlungsempfänger. . . . 4. Rechnungen über fiktive Leistungen 5. Fälle mangelhafter Lieferungen 6. Wertmanipulationen

125 125 125 126 126 127 128 129 130 130

S 3 Die Gerichte im Ermittlungsverfahren I. II. III. IV.

Aufgabenverteilung im Ermittlungsverfahren Der Ermittlungsrichter Das Rechtsmittel der Beschwerde Besonderheiten des Haftrechts 1. Zuständiger Haftrichter 2. Der Haftbefehl a) Seine Voraussetzungen b) Rechtsschutz aa) Die Beschwerde bb) Die Haftprüfung 3. Die besondere Haftprüfung durch das Oberlandesgericht

131 132 134 135 135 136 136 138 138 138 139

$ 4 Anwaltliche Strategien im Ermittlungsverfahren I. Durchsuchungen 1. Aufgaben des Verteidigers 2. Die Anordnung der Durchsuchung und „Gefahr im Verzug" 3. Rechtsmittel bei Durchsuchungen II. Untersuchungshaft III. Beschuldigte, Zeugen und andere Beteiligte 1. Der Zeuge 2. Der Zeugenbeistand 3. Der faktische Geschäftsführer 4. Berufsgeheimnisträger 5. Beihilfe durch Berufsberater 6. Der Sanierer 7. Der Sachverständige 8. Der Wirtschaftsreferent der Staatsanwaltschaft 9. Die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit . IV. Der Verteidiger 1. Strategische Überlegungen 2. Verteidigerpost 3. Akteneinsicht V. Insolvenzstraf-und-verfahrensrecht 1. Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens und der Grundsatz „nemo tenetur" 2. Die Feststellung der Krise 3. Vorsatz

XII

143 143 145 145 146 146 147 148 149 149 150 150 151 151 152 152 152 153 153 153 154 154

Inhaltsverzeichnis

2. Kapitel: Die gesellschaftsrechtlichen Funktionsträger S 5 Die einzelnen Funktionsträger I. Einführung II. Die Geschäftsführer 1. Bestellung a) Organschaftliche Bestellung b) Schuldrechtliches Anstellungsverhältnis 2. Geschäftsführungsbefugnis a) Befugnisse nach dem GmbHG aa) Abgrenzung zur Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung . . bb) Weisungsgebundenheit und Informationspflicht der Geschäftsführer cc) Grenzen der Weisungsbefolgungspflicht (1) Überblick (2) Weisung einer unzuständigen Person (3) Gesetzeswidrige Weisungen (4) Sittenwidrige Weisungen (5) Die GmbH in ihrer Existenz gefährdende Weisungen (6) Auf einem nichtigen Gesellschafterbeschluss beruhende Weisungen (7) Auf einem anfechtbaren Gesellschafterbeschluss beruhende Weisungen b) Abweichung von der Zuständigkeitsordnung durch Gesellschaftsvertrag aa) Einschränkungen der Befugnisse des Geschäftsführers bb) Erweiterungen der Befugnisse des Geschäftsführers c) Verteilung der Geschäftsführungsbefugnis im Verhältnis der Geschäftsführer zueinander aa) Grundsatz der Gesamtgeschäftsführung (1) Erfordernis der einstimmigen Beschlussfassung (2) Haftungsfragen bb) Abweichende Regelungen (1) Überblick (2) Ressortaufteilung (a) Überwachungspflicht (b) Verschärfung der Überwachungspflicht in der Krise . . . . (3) Einzelgeschäftsführungsbefugnis d) Delegation auf Dritte 3. Vertretungsmacht III. Die Gesellschafterversammlung 1. Geschäftsführungsbefugnis a) Befugnisse nach dem GmbHG b) Ausübung der Kompetenzen aa) Beschluss der Gesellschafterversammlung bb) Die Rechte des einzelnen Mitglieds (1) Fehlende Organstellung (2) Teilnahme-und Stimmrechte 2. Vertretungsmacht IV. Der Aufsichts-oder Beirat 1. Aufsichtsrat

155 156 156 157 157 157 157 159 161 161 162 162 162 163 163 164 165 165 165 165 165 165 166 167 167 167 167 168 168 168 169 170 170 170 170 170 171 171 171 172 172 172

ΧΙΠ

Inhaltsverzeichnis

2. Beirat V. Faktische Organe, insbesondere der faktische Geschäftsführer 1. Ausgangslage 2. Organ- und Vertreterhaftung nach S 14 StGB (§ 9 OWiG) a) Überblick b) Begriff des Vertreters c) Unwirksamkeit der Rechtshandlung 3. Haftung nach den Grundsätzen der faktischen Geschäftsführung a) Überblick b) Voraussetzungen der faktischen Geschäftsführung aa) Tatsächliche Geschäftsleitung bb) Einverständnis der Gesellschafter cc) Tatsächliche Verfügungsmacht c) Strafrechtliche Haftung des faktisch Handelnden d) Strafrechtliche Haftung eines faktisch handelnden Gesellschafters . . . e) Vertreter einer Bank als faktischer Geschäftsführer f) Konzernvertreter als faktischer Geschäftsführer g) Kriterien zur faktischen Geschäftsführung h) Pflichtenstellung des faktischen Geschäftsführers aa) Einzelne Pflichten bb) Beantragung des Insolvenzverfahrens cc) Strafbarkeit wegen Betruges dd) Strafbarkeit wegen Untreue i) Subjektive Voraussetzungen einer Strafbarkeit VI. Der Strohmann 1. Allgemeines 2. Faktisches Vorkommen a) Der Strohmann als natürliche Person b) Der Strohmann als Geschäftsführer einer GmbH 3. Rechtliche Einordnung 4. Insolvenzverschleppung 5. Bankrott a) Insolvenz des Hintermannes b) Insolvenz des Strohmannes 6. Vorenthalten von Arbeitsentgelt a) Verdeckte Stellvertretung aa) Strafbarkeit des Strohmannes bb) Strafbarkeit des Hintermannes b) Offene Stellvertretung c) Geschäftsführer als Strohmann 7. Untreue 8. § 130 OWiG 9. Täterschaft und Teilnahme 10. Garantenstellung, $ 13 StGB 11. Strafzumessung VII. Die Liquidatoren 1. Auflösung, Liquidation und Beendigung 2. Bestimmung der Liquidatoren 3. Aufgaben

XIV

173 173 173 174 174 174 175 175 175 176 176 179 179 179 183 183 184 185 185 185 186 187 187 189 190 190 190 190 191 191 192 193 193 193 194 194 194 194 195 195 195 196 196 197 197 197 197 198 199

Inhaltsverzeichnis

$ 6 Pflichten im Vorfeld der Krise I. Einführung II. Der Geschäftsführer 1. Pflichten zum Zweck der Kapitalerhaltung a) Auszahlungs verbot nach § 30 Abs 1 GmbHG aa) Übersicht bb) Auszahlung an einen Gesellschafter (1) Auszahlung (a) Vermögensminderndes (rechtsgeschäftliches) Verhalten . . (b) Verdeckte Gewinnausschüttungen (verdeckte Vorteilgewährungen) (2) Gesellschafter als Empfanger der Zahlung (a) Maßgebender Zeitpunkt (b) Anweisungsfälle (c) Sicherheitenbestellung für Gläubiger des Gesellschafters . . (d) Zahlung an dem Gesellschafter nahestehende Personen . . (e) Anwendung auf Nicht-Gesellschafter bei Zahlung an Gesellschafter cc) Schmälerung des Gesellschaftervermögens (1) Niederschlag in der Bilanz (2) Schmälerung des Erfolgspotentials dd) Herbeiführung oder Verschärfung einer Unterbilanz ee) Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 30 Abs 1 GmbHG für den Geschäftsführer 2. Pflichten zum Schutz des Gesellschaftsvermögens a) Verbot der Weggabe von Gesellschaftsvermögen an Gesellschafter bei Existenzgefährdung b) Risikogeschäfte mit Dritten 3. Rechnungslegungspflichten 4. Informationspflichten a) Informationspflichten gegenüber den Gesellschaftern aa) Pflicht zur Einberufung einer Gesellschafterversammlung bei Herabsinken des Eigenkapitals auf den halben Wert des Stammkapitals (1) Feststellung in Jahresbilanz oder Zwischenbilanz (2) Feststellung außerhalb einer Bilanz, Verdachtsfälle bb) Weitere Informationspflichten b) Informationspflichten gegenüber Dritten 5. Loyalitäts- und Treuepflichten 6. Arbeitgeberpflichten III. Der Gesellschafter 1. Pflichten zum Zweck der Kapitalerhaltung a) Haftung nach $ 31 GmbHG bei Unterbilanz b) Keine weitergehende Schadensersatzhaftung 2. Pflichten zum Schutz des Gesellschaftsvermögens, insbes Verbot existenzvernichtender Eingriffe 3. Loyalitäts-und Treuepflichten

199 200 200 200 200 201 201 201 202 203 203 204 204 205 207 207 207 208 209 209 210 210 211 211 212 212 212 212 213 213 214 214 215 216 216 216 218 218 220

XV

Inhaltsverzeichnis

S 7 Pflichten bei Eintritt der Krise I. Einführung II. Insolvenzeröffnungsgründe 1. Einführung a) Funktion der Eröffnungsgriinde b) Feststellung der Eröffnungsgründe aa) Feststellung durch das Insolvenzgericht bb) Feststellung durch den Geschäftsführer 2. Der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit a) Tatbestandliche Voraussetzungen aa) Begriff der „fälligen Zahlungspflichten" (1) Zahlungspflichten (2) Fälligkeit bb) Fehlende Fähigkeit des Schuldners zur Erfüllung der Zahlungspflichten (1) Bestimmung der Zahlungsunfähigkeit (2) Maßgeblicher Zeitraum (3) Unwesentliche Schulden (4) Abgrenzung zur Zahlungsunwilligkeit b) Nachweis der Zahlungsunfähigkeit aa) Bilanzieller Nachweis bb) Vermutung bei Zahlungseinstellung (1) Definition (2) Kasuistik (a) Verhaltensweisen des Schuldners, die eine Zahlung ausschließen (b) Art und Umfang der nicht beglichenen Verbindlichkeiten . (c) Pfändungen, Wechselproteste uä (d) Erklärungen des Schuldners (3) Widerlegung der Vermutung 3. Der Eröffnungsgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit a) Beschränkung der Antragsbefugnis b) Das Merkmal der drohenden Zahlungsunfähigkeit aa) Erforderlichkeit einer Prognoseentscheidung bb) Die Gegenstände der Prognoseentscheidung im Einzelnen (1) Zukünftige Zahlungspflichten (2) Zukünftige Fähigkeit des Schuldners zur Erfüllung der Zahlungspflichten (3) Maßgeblicher Zeitraum cc) Wahrscheinlichkeit dd) Nachweis der drohenden Zahlungsunfähigkeit 4. Eröffnungsgrund der Überschuldung a) Überblick b) Die Bewertungsgrundsätze im Allgemeinen aa) Fortführungsprognose (1) Voraussetzungen einer positiven Fortführungsprognose . . . . (2) Auswirkungen der positiven Fortführungsprognose auf Ansatz und Bewertung bb) Bilanzierungsregeln c) Kasuistik XVI

221 221 221 221 221 221 222 222 222 222 222 223 224 224 224 225 225 226 226 226 226 227 227 227 227 228 228 228 228 229 229 229 229 230 230 231 231 231 231 232 232 232 233 234 234

Inhaltsverzeichnis

aa) Aktiva bb) Passiva III. Der Geschäftsführer 1. Pflichten zum Zweck der Kapitalerhaltung a) Auszahlungsverbot nach § 30 Abs 1 GmbHG b) Auzahlungsverbot bei eigenkapitalersetzenden Leistungen der Gesellschafter 2. Pflichten zum Schutz des Gesellschaftsvermögens a) Verbot der Vornahme von Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bzw nach Feststellung der Überschuldung aa) Überblick bb) Tatbestandsvoraussetzungen (1) Zahlung zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung der GmbH (2) Ausnahmsweise zulässige Zahlungen (3) Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (4) Verschulden cc) Rechtsfolgen b) Sanierungspflicht 3. Rechnungslegungspflichten 4. Informationspflichten a) Informationspflichten gegenüber den Gesellschaftern b) Informationspflichten gegenüber Dritten aa) Überblick bb) Informationspflicht bei Zahlungsunfähigkeit der GmbH (§17 InsO) cc) Informationspflicht bei drohender Zahlungsunfähigkeit der GmbH (§18 InsO) dd) Informationspflicht bei Überschuldung der GmbH (§ 19 InsO) . . . 5. Loyalitäts-und Treuepflichten 6. Arbeitgeberpflichten 7. Insolvenzantragspflicht a) Überblick b) Voraussetzungen der Vorschrift im Einzelnen aa) Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung bb) Antragsverpflichtete cc) Höchstfrist für Antrag (1) Sanierungsmöglichkeit als Voraussetzung (2) Fristbeginn (3) Fristende c) Rechtsfolgen eines Verstoßes durch den Geschäftsführer aa) Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern bb) Haftung gegenüber der Gesellschaft IV. Der Gesellschafter 1. Pflichten zum Zweck der Kapitalerhaltung a) Ausschüttungsverbot nach S 30 Abs 1 GmbHG b) Nachschusspflicht c) „Finanzierungsfolgenverantwortung" bei eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen aa) Einführung bb) Voraussetzungen des Eigenkapitalersatzrechts

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(1) Krise der Gesellschaft (2) Leistung durch Gesellschafter (3) Darlehen, Kreditsicherheit oder wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlung (a) Überblick (b) Darlehen, S 32a Abs l G m b H G (c) Bestellen von Kreditsicherheiten, § 32a Abs 2 GmbHG . . . (d) Wirtschaftliche entsprechende Rechtshandlungen, S 32a Abs 3 GmbHG (4) Rechtsfolgen (a) Darlehen (aa) Rechtsprechungsregeln (bb) Novellenregeln (b) Kreditsicherheiten (aa) Rechtsprechungsregeln (bb) Novellenregeln (c) Wirtschaftlich entsprechende Rechtshandlungen, insbes Nutzungsüberlassung (aa) Rechtsprechungsregeln (bb) Novellenregeln 2. Pflichten zum Schutz des Gesellschaftsvermögens 3. Loyalitäts-und Treuepflichten V. Der Aufsichtsrat oder Beirat

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S 8 Eröffnungsverfahren: Auswirkung der Antragstellung und gerichtlicher Maßnahmen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Stellung der Verfahrensbeteiligten I. Einleitung des Insolvenzverfahrens iwS 1. Der Insolvenzantrag und seine Bearbeitung durch das Insolvenzgericht . a) Antragsprinzip b) Antragsbefugnis und Anforderungen an den Antrag c) Glaubhaftmachung 2. Aufgaben des Insolvenzgerichts bei der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung a) Charakter des Insolvenzverfahrens als Eilverfahren b) Amtsermittlungsgrundsatz II. Antragspflichten des Schuldners bzw der gesellschaftsrechtlichen Organe schuldnerischer Gesellschaften 1. Keine allgemeine gesetzliche Antragspflicht 2. Gesellschaftsrechtliche Antragspflichten III. Auswirkung insolvenzgerichtlicher vorläufiger Anordnungen bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf die Stellung der Verfahrensbeteiligten 1. Gesetzliche Regelung der § § 2 1 ff InsO a) Schutz der Vermögenslage des Schuldners: Insolvenzgerichtliche Maßregeln vor Erlass des Eröffnungsbeschlusses aa) Aufgabe einstweiliger Maßnahmen bb) Gesetzliche Regelbeispiele insolvenzgerichtlicher vorläufiger Anordnungen cc) Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in die Rechtsstellung des Schuldners b) Wirkungsweise des Vefügungsverbots gem § 21 Abs 2 Nr 2, § 24 InsO. . XVIII

256 256 256 257 258 259 259 259 260 260 260 261 261 261 261 261 262 262

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2. Auswirkungen der vorläufigen Anordnung auf Rechte und Pflichten von Schuldner und vorläufigem Verwalter a) Inbesitznahme der (künftigen) Masse durch den vorläufigen Verwalter. b) Durch den vorläufigen Verwalter begründete Masseverbindlichkeiten . c) Zivilrechtliche Haftung für Verpflichtungen aus Rechtshandlungen während des Eröffnungsverfahrens aa) Haftung des Schuldners bb) Persönliche Haftung des vorläufigen Verwalters d) Geschützte Beteiligte aa) Dritte bb) Schuldner

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S 9 Auswirkung des eröffneten Insolvenzverfahrens auf die Rechtsstellung und die Rechtspflichten der Beteiligten I. Die Reform des Insolvenzrechts II. Die Funktion des Insolvenzverfahrens 1. Gesetzliche Bestimmung des § 1 InsO a) Haftungsverwirklichung par conditio creditorum b) Sanierung und Restschuldbefreiung 2. Aufgabe einer legislatorischen „Zweckbestimmung" für das Insolvenzverfahren a) $ 1 InsO als Programmsatz b) Verfahrenszwecke als Auslegungsmaßstab bei der Beurteilung der Pflichtmäßigkeit des Handelns der Beteiligten c) Renaissance der „Konkurszweckwidrigkeit" III. „Einheitlichkeit" des Insolvenzverfahrens 1. „Normalfall" des Insolvenzverfahrens 2. Das Insolvenzplanverfahren a) Sanierungsverfahren unter dem Dach des „einheitlichen" Insolvenzverfahrens b) Sanierung durch den Schuldner IV. Beteiligte des Insolvenzverfahrens 1. Insolvenzfähigkeit des Schuldners a) Insolvenzverfahrensfähigkeit des Schuldners b) Insolvenzverfahrensfähigkeit prozessunfähiger oder teilrechtsfähiger Schuldner c) Insolvenzfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts . . . . 2. Der Schuldner als Verfahrensbeteiligter im neuen einheitlichen Insolvenzverfahren a) Im liquidierenden Verfahren b) Im Sanierungsverfahren c) Unterwerfung unter Verfahrensdiktate; Wirkungen der Verfahrenseröffnung auf den Status des Schuldners 3. Die Gläubiger a) Insolvenzgläubiger b) Absonderungsberechtigte Gläubiger c) Aussonderungsberechtigte Gläubiger 4. Das Insolvenzgericht a) Übersicht b) Insolvenzrichter und Insolvenzrechtspfleger c) Amtshaftung

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5. Der Verwalter a) Übersicht über die Stellung des Verwalters im „Normalfall" des liquidierenden Verfahrens b) Der Verwalter im Sanierungsverfahren 6. Massegläubiger V. Konstitution der Masse 1. Insolvenzanfechtung a) Übersicht b) Zwangsvollstreckungssperre 2. Aufrechnungsverbote 3. Gegenseitige Verträge a) Grundlagen b) Einzelfragen c) Kündigung von Beschäftigungsverhältnissen

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510 Die Pflichten nach Abweisung mangels Masse und wegen Masseunzulänglichkeit sowie bei der Nachtragsliquidation I. Abweisung mangels Masse und wegen Masseunzulänglichkeit 1. Überblick 2. Die Pflichten der Liquidatoren a) Überblick b) Die Pflichten im Einzelnen aa) Beendigung der laufenden Geschäfte bb) Einziehung von Forderungen, Umsetzung von Gesellschaftsvermögen in Geld cc) Begleichung von Schulden der Gesellschaft dd) Rechnungslegung, Buchführung ee) Aufbewahrungspflicht bei Geschäftsunterlagen ff) Sonstige anwendbare Vorschriften 3. Die Gesellschafter II. Nachtragsliquidation 1. Voraussetzungen a) Vorhandenes Vermögen b) Noch fehlende Abwicklungsmaßnahmen 2. Die Liquidatoren 3. Rechte der Gläubiger der GmbH

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften 511 Insolvenzverschleppung (am Beispiel des $ 84 GmbHG) I. Allgemeines II. Pflicht zur Anzeige des Verlustes des hälftigen Stammkapitals 1. Anzeigepflicht a) Pflichtenstellung b) Kein Bilanzerfordernis 2. Rechtsgut 3. Subjektiver Tatbestand 4. Praktische Bedeutung, Straferwartung, Konkurrenzen, Verjährung . . . . III. Insolvenzverschleppung, § 84 Abs 1 Nr 2 GmbHG 1. Zusammenhang mit S 64 GmbHG 2. Rechtsgut XX

293 293 293 293 294 295 296 296 297 297 297

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3. Tathandlung a) Handlungspflicht b) Anforderungen an einen dem Gesetz genügenden Insolvenzantrag. . . 4. Sonderdelikt 5. Ausscheiden des Geschäftsführers zB durch Amtsniederlegung 6. Wechsel des Geschäftsführers in und unmittelbar vor der Krise 7. Antragsfrist a) Fristbeginn b) Fristenlauf 8. Insolvenzauslösetatbestände a) Zahlungsunfähigkeit aa) Zahlungseinstellung bb) Verständnis des Begriffs der Zahlungsunfähigkeit cc) Feststellung der Zahlungsunfähigkeit (1) Zu berücksichtigende Umstände (2) Feststellungsmethoden b) Drohende Zahlungsunfähigkeit aa) Bedeutung und Begriffs Verständnis bb) Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit c) Überschuldung aa) Begriffsverständnis bb) Feststellung der Überschuldung (1) Korrektur der Bilanzansätze (2) Fortbestehensprognose (3) Liquidations- und Fortführungswerte (4) Prüfungsschema (5) Der Nachweis der Überschuldung im Ermittlungs- und Strafverfahren 9. Der subjektive Tatbestand 10. Fahrlässige Insolvenzverschleppung, $ 8 4 Abs 2 GmbHG 11. Rechtswidrigkeit, Straferwartung und -rahmen, Verjährung, Konkurrenzen

298 298 299 301 303 304 304 304 305 307 308 308 309 312 312 313 315 315 316 317 317 318 318 321 323 326 326 327 328 329

S 12 Bankrott, $$ 283,283a StGB I. II. III. IV. V.

Allgemeines Tatbestandsstruktur Auswirkungen der Insolvenzreform Rechtsgut Taugliche Täter 1. Sonderdelikt 2. Schuldner 3. „ Schuldner" kraft Zurechnung aufgrund Haftung 4. $ 14 StGB VI. Interessentheorie 1. Systematik 2. Interessentheorie als Kollisionsregelung VII. In einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise 1. Wirtschaftswidrigkeit als Grenzüberschreitung zur Rechtswidrigkeit. . . 2. Tathandlung als Indiz für Wirtschaftswidrigkeit 3. Konkretisierung der „Wirtschaftswidrigkeit"

330 332 333 335 336 336 337 337 338 340 340 341 343 343 344 344 XXI

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VIII. IX.

X.

XI. XII. XIII.

XIV.

XV.

XXII

a) Gesetz b) Untergesetzliche Regeln c) Interessenabwägung aa) Kriterien bb) Prognosecharakter d) Beispiele e) Besonderheit des $ 283 Abs 1 Nr 8 StGB f) § 283 Abs 2 StGB Handeln bei Überschuldung, drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit § 283 Abs 1 Nr 1 StGB 1. Vermögensbestandteile, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören 2. Beiseiteschaffen a) Auslegung des Begriffs b) Beispiele c) Privatnützige Entnahmen d) Vollendung, Beendigung 3. Verheimlichen 4. Zerstören, beschädigen oder unbrauchbar machen S 283 Abs 1 Nr 2 StGB 1. Risikogeschäfte 2. Unwirtschaftliche Ausgaben § 283 Abs 1 Nr 3 StGB 5 283 Abs 1 Nr 4 StGB § 283 Abs 1 Nr 5 StGB 1. Bedeutung der Bestimmung 2. Unterlassene und mangelhafte Buchführung 3. Maßgeblichkeit des Handelsrechts a) Täterqualität: Kaufmann oder Gleichgestellter gemäß § 14 StGB . . . . b) Inhaltliche Anforderungen aa) Buchhaltungssysteme bb) Handelsbücher cc) Anforderungen im Einzelnen c) Mangelhafte Buchführung, §283 Abs 1 Nr 5,2. Alt StGB aa) Tathandlungen bb) Erschwerter Überblick über den Vermögensstand 4. Möglichkeit und Zumutbarkeit der Pflichterfüllung $ 283 Abs 1 Nr 6 StGB 1. Täterqualität 2. Geschützte Unterlagen 3. Schutzdauer 4. Tathandlungen § 283 Abs 1 Nr 7 StGB 1. Bedeutung der Handelsbilanz und Verhältnis zur Steuerbilanz 2. Allgemeine Bedeutung der Vorschrift und Täterqualität 3. Bilanz a) Bilanzarten aa) Eröffnungsbilanz bb) Abschlussbilanz b) Inhaltliche Anforderungen

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4. § 283 Abs 1 Nr 7a StGB a) Bilanzmängel b) Erschwerter Überblick über den Vermögensstand 5. S 283 Abs 1 Nr 7b StGB a) Fristen b) Fristablauf nach Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen aa) Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Abweisung mangels Masse bb) Zahlungseinstellung c) Scheinbilanzen d) Verspätete Bilanzierung e) Einschaltung Dritter, insbes Steuerberater f) Unmöglichkeit XVI. S 283 Abs 1 Nr 8 StGB 1. Die wirtschaftswidrige Verringerung des Vermögensstands in anderer Weise a) Bestimmtheitsgebot b) Tathandlungen 2. Verheimlichung oder Verschleierung der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse a) Tathandlungen b) Grobe Wirtschaftswidrigkeit XVII. S 283 Abs 2 StGB XVIII. $ 283 Abs 3 StGB XIX. Vorsatz XX. $ 283 Abs 4 StGB XXI. § 283 Abs 5 StGB XXII. $ 283 Abs 6 StGB 1. Zusammenhang zwischen Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen a) Notwendigkeit einer Verbindung b) Inhaltliche Anforderungen an den Zusammenhang c) Indizcharakter von Bankrottat und Strafbarkeitsbedingung f ü r Krisenidentität d) Keine Personenidentität erforderlich 2. Überwindung der Krise XXIII. Vollendung, Beendigung, Strafrahmen, Mittäterschaft, Beihilfe, Konkurrenzen 1. Vollendung und Beendigung 2. Der Strafrahmen 3. Handeln mehrerer 4. Konkurrenzen a) Innerhalb von § 283 StGB b) Verhältnis zu anderen Delikten XXIV. Auslandsberührung XXV. S 283a StGB 1. S 283a Nr 1 StGB 2. S 283a Nr 2 StGB 3. Unbenannte besonders schwere Fälle 4. Subjektiver Tatbestand, Versuch und Konkurrenzen

392 392 393 394 394 395 395 396 397 397 398 398 399 399 399 400 402 402 404 405 406 407 410 413 414 415 415 416 418 419 419 421 421 421 421 422 422 425 426 428 428 429 431 431

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S 13 Verletzung der Buchführungspflicht, S 283b StGB I. II. III. IV.

Systematische Bedeutung Tathandlungen Rechtsgut und Deliktscharakter Kein erforderlicher Zusammenhang zwischen Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen 1. Gegenteilige Auffassung der Rechtsprechung und herrschenden Meinung 2. Zutreffende Gegenauffassung 3. Besonderheiten bei der Verfolgungsverjährung V. Fahrlässigkeit, Straflosigkeit des Versuchs, taugliche Täter, Konkurrenzen. . .

432 432 433 433 433 434 435 435

S 14 Gläubigerbegünstigung, S 283c StGB I. Allgemeine und systematische Bedeutung II. Rechtsgut III. Gläubiger 1. Anforderungen an die Gläubigerstellung 2. Keine Privilegierung von Schuldnern 3. Organmitglieder als Gläubiger IV. Sicherung oder Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners V. Inkongruenz 1. Begriff und Vergleich zur Insolvenzanfechtung 2. Nicht, nicht in der Art, nicht zu der Zeit a) Nicht b) Nicht in der Art c) Nicht zu der Zeit VI. Begünstigung VII. Nachteil VIII. Mitwirkung des Gläubigers IX. Vollendung, Beendigung, Notwendigkeit aktiven Begehens, subjektiver Tatbestand X. Versuch XI. Straflose und strafbare Mitwirkung des Gläubigers XII. Konkurrenzen

436 437 437 437 438 439 440 441 441 444 444 445 446 446 447 449 449 451 451 452

S 15 Betrug, $ 263 StGB I. Die Bedeutung der Vorschrift in der Praxis II. Die Tatbestandsvoraussetzungen 1. Der objektive Tatbestand a) Die Täuschungshandlung aa) Täuschung durch positives Tun cc) Täuschung durch Unterlassen b) Irrtum c) Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal: Die Vermögensverfügung . . . d) Der Vermögensschaden aa) Vermögensbegriff bb) Persönlicher und individueller Schadenseinschlag 2. Der subjektive Tatbestand a) Vorsatz b) Die Absicht rechtswidriger Bereicherung III. $ 263 Abs 3 StGB XXIV

453 454 454 454 455 457 459 460 461 461 464 467 467 467 469

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IV. Konkurrenzen V. Der Täter im Unternehmen 1. Der Geschäftsführer als Täter 2. Der Gesellschafter als Täter VI. Ermittlungsansätze

470 471 472 473 473

S 16 Untreue, S 266 StGB I. Die Bedeutung der Vorschrift für die Praxis 1. Allgemeines, Rechtsgut 2. Die Bedeutung der Untreue in Fällen der Unternehmensinsolvenz . . . . II. Die Tatbestände und ihre Merkmale 1. Missbrauchs-und Treubruchtatbestand 2. Die einzelnen Tatbestandsmerkmale a) Die Vermögensbetreuungspflicht b) Befugnismissbrauch und Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht. aa) Anforderungen an die Tathandlung bb) Pflichtwidrigkeit (1) Einverständnis (2) Unternehmerische Freiheit (3) Risikogeschäfte c) Befugnis-bzw pflichtenbegründendes Verhältnis d) Der Nachteil e) Kausalität 3. Der subjektive Tatbestand 4. Vollendung, Beendigung, Verjährung 5. Die Strafe III. Taugliche Untreuetäter in oder vor der Insolvenz 1. Fremdheit 2. Der Einzelhandelskaufmann 3. Die Personengesellschaft 4. Die GmbH & Co KG 5. Kapitalgesellschaften a) Vertretungsberechtigte und Aufsichtsorgane b) GmbH-Gesellschafter 6. Sonstige Vermögensbetreuungspflichtige IV. Der GmbH-Geschäftsführer als tauglicher Untreuetäter 1. Grundsätzliches a) Der Alleingeschäftsführer b) Mehrköpflge Organe und Arbeitsteilung c) Rollenmehrheit: Der Gesellschafter-Geschäftsführer d) Zeitliche Grenzen 2. Pflichtverstöße a) Abgrenzung zu nicht treuwidrigem Handeln b) Treuwidriges Handeln in und unmittelbar vor der Krise c) Konzernfälle d) Untreue durch Auszahlung von Stammkapital, S 30 GmbHG e) Untreue durch Rückzahlung von Eigenkapitalersatz f) Finanzplankredite

474 474 475 476 476 476 476 479 479 480 480 481 483 485 486 488 488 490 490 492 492 492 493 493 494 494 494 497 497 497 497 498 499 500 500 500 503 505 507 510 514

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s 17 Kreditbetrug, s 265b StGB I. Die Bedeutung der Vorschrift in der Praxis II. Allgemeines III. Die Tathandlung 1. S 265b Abs 1 Nr 1 StGB 2. § 265b Abs 1 Nr 2 StGB IV. Vollendung, tätige Reue, Konkurrenzen

514 514 515 515 516 516

$ 18 Subventionsbetrag, $ 2 6 4 StGB I. Die Bedeutung der Vorschrift für die Praxis II. Allgemeines III. Die Tatbestandsmerkmale 1. Subvention 2. Leistungsempfänger 3. Subventionserhebliche Tatsachen 4. Die Tathandlungen a) § 264 Abs 1 Nr 1 StGB b) § 2 6 4 Abs 1 Nr 2 StGB c) S 2 6 4 Abs 1 Nr 3 StGB d) $ 2 6 4 Abs 1 Nr 4 StGB IV. Strafe, Regelbeispiele, tätige Reue, Konkurrenzen

517 517 518 518 518 518 519 519 519 520 520 520

§ 19 Unterschlagung, $ 246 StGB I. Allgemeines II. Die Tatbestandsmerkmale 1. Fremde, bewegliche Sache 2. Die Zueignung 3. Qualifikation gem § 246 Abs 2 StGB III. Konkurrenzen

521 522 522 522 524 525

§ 20 Vereitelung der Zwangsvollstreckung, $ 288 StGB I. Die Bedeutung der Vorschrift für die Praxis II. Der Tatbestand 1. Drohen der Zwangsvollstreckung 2. Täterqualität 3. Bestandteile des Vermögens 4. Die Tathandlungen a) Veräußern b) Beiseiteschaffen 5. Vereitelungsabsicht und Vorsatz III. Antragsdelikt, § 288 Abs 2 StGB IV. Konkurrenzen

526 527 527 528 528 528 528 529 530 530 530

$ 21 Vorenthalten u n d Veruntreuen von Arbeitsentgelt, S 266a StGB I. $ 266a Abs 1 StGB 1. Bedeutung der Vorschrift für die Praxis 2. Rechtsgut 3. Arbeitgeber (natürliche Personen; Organe juristischer Personen, $ 14 StGB) XXVI

531 531 533 535

Inhaltsverzeichnis

II. III. IV. V.

4. Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung a) Versicherungsrechtliche Grundlagen aa) Beitragspflicht bb) Nettolohnabrede cc) Geringfügig Beschäftigte dd) Gleitzone ee) Nicht unter § 266a Abs 1 StGB fallende Leistungen b) Pflichtversicherte aa) Abgrenzung Arbeitnehmer-Selbständige bb) Arbeitnehmerähnliche Selbständige cc) Organmitglieder, insbes GmbH-Geschäftsführer dd) Gesellschafter 5. Nur Arbeitnehmeranteile 6. Fälligkeit 7. Einzugsstelle 8. Vorenthalten 9. Unterlassungsdelikt 10. Vollendung, Beendigung und Verjährung 11. Subjektiver Tatbestand 12. Verschiedenes a) Verbuchung b) Anfragen bei den Einzugsstellen c) Arbeitnehmeranfragen d) Strafbefehl e) Urteilsfeststellungen f) Rechtsfolgen einschließlich Strafzumessung g) Konkurrenzen § 266a Abs 2 StGB S 266a Abs 3 StGB S 266a Abs 5 StGB § 266a Abs 6 StGB

538 538 538 538 539 540 541 541 541 543 543 544 545 546 548 548 550 560 561 563 563 566 567 568 568 569 572 575 577 577 578

S 22 Schuldnerbegünstigung, $ 283d StGB I. Systematische Bedeutung II. Tathandlungen III. Verständnis der Handlungsalternativen: mit „Einwilligung" und „zu Gunsten" 1. „Mit Einwilligung" 2. „Zu Gunsten" IV. Subjektiver Tatbestand V. Objektive Bedingungen der Strafbarkeit VI. Versuch VII. Besonders schwerer Fall VIII. Konkurrenzen

580 581 581 582 582 583 583 583 584 584

4. Kapitel: Besondere strafrechtliche Risiken S 23 Rechte und Pflichten des Insolvenzverwalters I. Überblick II. Allgemeine Schädigungsverbote 1. Strafbarkeit wegen Betrugs

587 589 589 XXVII

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2. Strafbarkeit wegen Untreue a) Missbrauchstatbestand b) Treuebruchstatbestand III. Spezielle Pflichtenkreise des Insolvenzverwalters 1. Rechnungslegung 2. Sozialversicherungsbeiträge 3. Steuerliche Pflichten 4. Datenschutz 5. Umweltdelikte

589 590 590 593 593 593 594 597 597

S 24 Umfeldaktivitäten des Insolvenzverwalters I. Die Beschäftigung von abhängigen Hilfskräften 1. Die Struktur der Insolvenzverwaltervergütung 2. Kosten der Hilfskräfte 3. Strafrechtliche Risiken a) Betrug b) Untreue II. Vergütung bei Einsatz besonderer Sachkunde 1. Die C&ialifikation des Insolvenzverwalters a) Natürliche Person b) Einzelfalleignung c) Geschäftskundigkeit d) Unabhängigkeit 2. Strafrechtliche Risiken III. Beteiligung des Verwalters am wirtschaftlichen Ergebnis der von ihm eingeschalteten selbständigen Hilfskräfte IV. Eigenerwerb des Insolvenzverwalters oder Erwerb ihm Nahestehender aus der Insolvenzmasse V. Fortführung von Aufträgen der Insolvenzschuldnerin VI. Erwerb von Insolvenzforderungen unter Nennwert VII. Insidergeschäfte VIII. Korruptionsstraftaten

599 599 602 604 604 605 605 606 606 606 607 607 609 609 612 613 614 614 615

S 25 Sanierung in der Insolvenz I. Interessenslagen II. Sanierungsbeteiligte 1. Bisherige Eigentümer 2. Organschaftliche Vertreter / persönlich haftende Gesellschafter 3. Investoren - neue Eigentümer 4. (Vorläufiger) Insolvenzverwalter 5. Gläubigerversammlung 6. Arbeitnehmer III. Sanierungsarten 1. Übertragene Sanierung 2. Insolvenzplanverfahren a) Liquidationsplan b) Sanierungsplan c) Übertragungsplan d) Mischverträge e) Sonstige Pläne IV. Praktische Probleme des (vorläufigen) Insolvenzverwalters XXVIII

616 618 618 619 619 620 622 622 623 623 624 625 625 625 626 626 626

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1. Betriebsfortführung durch schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter . . a) Treuhandkontenmodell b) Gerichtliche Ermächtigung für Masseverbindlichkeiten 2. Übertragende Sanierung bzw Verwertung vor Berichtstermin 3. Konzerninsolvenz 4. Sonstige strafrechtliche Risiken für den Insolvenzverwalter aus der Betriebsfortführung

626 627 629 630 633 636

S 26 Insolvenzgeld I. Historischer Hintergrund II. Interessenlagen 1. Die Situation des Geschäftsführers 2. Die Interessenlage der Gesellschafter 3. Situation des (vorläufigen) Insolvenzverwalters III. Die Insolvenzgeldversicherung IV. Voraussetzungen f ü r die Leistung von Insolvenzgeld 1. Arbeitnehmer 2. Insolvenzereignis 3. Insolvenzgeldzeitraum 4. Anspruchshöhe V. Anspruchsausschluss u n d Anspruchsverlust VI. Gestaltungsspielräume 1. Vorfinanzierung von Insolvenzgeld 2. Organe juristischer Personen VII. Strafrechtliche Grenzen 1. Strafrechtlich relevante Handlungen von Geschäftsführern bzw Vorständen 2. Strafrechtliche Risiken für den (vorläufigen) Insolvenzverwalter 3. Arbeitnehmer

637 637 637 638 638 639 639 639 640 640 641 642 643 643 645 645 645 646 648

S 27 Die Banken I. Verhaltensalternativen in der Krise 1. Liquidation a) Wirksamkeit der bestellten Sicherheiten b) Folgen der Kündigung von Krediten 2. Unternehmenssanierung a) Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens (freie Sanierung). . . . aa) Sanierungs-und Überbrückungskredite bb) Forderungsverzicht, Besserungsschein, Rangrücktritt ee) Umwandlung des Kreditengagements in Eigenkapital ff) Q.uasi-Gesellschafterhaftung gg) Knebelung und Konzernhaftung hh) Risiko der Banken b) Sanierung innerhalb des Insolvenzverfahrens 3. Handlungsmöglichkeiten im Insolvenzeröffnungsverfahren 4. Handlungsmöglichkeiten im eröffneten Insolvenzverfahren 5. Untätigkeit II. Strafrechtliche Risiken 1. Strafbarkeit nach den SS 283 ff StGB 2. Insolvenzverschleppung 3. Untreue insbesondere durch Vergabe weiterer (va ungesicherter) Kredite .

649 650 650 652 654 654 656 657 658 661 661 662 663 663 664 665 666 666 668 669 XXIX

Inhaltsverzeichnis

S 28 Der Berater I. Der „echte" fremdnützige Berater 1. Problemstellung 2. Steuerberater und Wirtschaftsprüfer a) Situation in der Krise b) Strafrechtliche Risiken aa) Eigene Straftaten (1) Bankrottdelikte (2) Strafbarkeit nach § 332 HGB (3) Steuerhinterziehung (4) Insolvenzverschleppung bb) Teilnahme an Straftaten anderer (1) Grundlagen (2) Einzelne Tatbestände (a) Bankrottdelikte (b) Steuerhinterziehung (c) Insolvenzverschleppung (d) Betrug 3. Rechtsanwälte a) Das Insolvenzmandat b) Weiterführende Tätigkeiten aa) Sanierer bb) Insolvenzverwalter cc) Liquidator c) Strafverteidigung in Wirtschafts-und Steuerstrafverfahren 4. Unternehmensberater und andere II. Der eigennützige Scheinberater

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S 29 Professionelle Unternehmensbestatter I. Problemstellung II. Ablauf des „Insolvenzaufkaufs" 1. Ausgangssituation 2. Verkäufer 3. Aufkäufer 4. Kontakt zwischen Verkäufer und Aufkäufer 5. Notartermin 6. Zusatzvereinbarung 7. Das weitere Vorgehen nach der Veräußerung a) Einsetzen neuer Geschäftsführer b) Information der Gläubiger c) Sitzverlegung d) Vernichtung der Geschäftsunterlagen e) Stellung von Insolvenzanträgen f) Anlagevermögen 8. Typische Arten des Insolvenzaufkaufs a) Aufkauf ohne weitere Sanierungsaktivitäten b) Aufkauf zur Verwertung des Firmenmantels c) Aufkauf und anschließende Insolvenzantragstellung d) Aufkauf und gleichzeitiger Verkauf einer Vorratsgesellschaft III. Strafrechtliche Wertung XXX

687 689 689 689 690 690 691 691 692 692 692 693 693 693 693 694 694 694 694 695 695

Inhaltsverzeichnis

1. Strafbarkeit des Altgeschäftsführers a) Insolvenzverschleppung - § § 64,84 GmbHG b) Bankrottdelikte - $ 283 StGB aa) Bankrotthandlung nach § 283 Abs 1 Nr 1 StGB bb) Bankrottstrafbarkeit nach § 283 Abs 1 Nr 5 StGB cc) Bankrottstrafbarkeit nach § 283 Abs 1 Nr 6 StGB dd) Bankrottstrafbarkeit nach $ 283 Abs 1 Nr 7 StBG ee) Bankrottstrafbarkeit nach $ 283 Abs 1 Nr 8 StGB c) Untreue-§266 StGB d) Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen - § 266a Abs 1 StGB . . . . e) Hehlerei-§259 StGB f) Urkundenfälschung-§267 StGB 2. Strafbarkeit des Neugeschäftsführers a) Täterschaft des Neugeschäftsführers b) Insolvenzverschleppung c) Bankrottdelikte-§ 283 StGB d) Untreue - § 266 StGB e) Urkundenunterdrückung-§274 StGB f) Begünstigung-§257 StGB g) Vorenthaltung von Arbeitnehmerbeiträgen - § 266a Abs 1 StGB . . . . h) Betrug gegenüber dem Altgeschäftsführer - § 263 StGB i) Strafvereitelung-§258 StGB 3. Strafbarkeit der Gesellschafter und Hintermänner a) Faktischer Geschäftsführer b) Strafbarkeit wegen Anstiftung und Beihilfe 4. Strafbarkeit des beurkundenden Notars

695 695 696 697 698 698 698 699 699 699 699 700 700 700 700 701 702 702 703 703 703 703 704 704 704 705

§30 Gläubigerpool I. II. III. IV.

Interessenlage Zivilrechtliche Grundlagen Auswirkung auf Rechtsverfolgung und Sicherungsrechte Strafrechtliche Risiken bei der Poolbildung

706 708 709 710

§31 Untreue im (qualifizierten) faktischen Konzern I. Der bisherige Meinungsstand 1. Zivilrechtslage: Das Aktienrecht als Maßstab? 2. Strafrechtslage: Untreue als Instrument des Gläubigerschutzes? a) Treuepflichten bei der GmbH b) Zustimmung aller Gesellschafter II. Vulkanurteil und Untreuestrafbarkeit 1. Die zivilrechtliche Neuorientierung mit dem Vulkan-Urteil 2. Die Weiterentwicklung der Rspr III. Die strafrechtliche Seite 1. Treuepflicht 2. Grenzen des Gesellschafterhandelns 3. Die Bedeutung des Ausgleichsanspruchs IV. Zusammenfassung

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XXXI

Inhaltsverzeichnis

5. Kapitel: Besondere Verfahrensfragen S 32 Die Verständigung im Strafverfahren; der „Deal" I. Bedeutung für die Praxis 1. Allgemeines 2. Verfahrensbeendende Absprachen II. Die Verständigung im Ertnittlungs- und Zwischenverfahren 1. Einstellung des Verfahrens 2. Erlass eines Strafbefehls 3. Einvernehmliche Verfahrensbeendigung im Zwischenverfahren 4. Verständigung über den Urteilsinhalt III. Zulässigkeit und Grenzen der Verständigung über den Urteilsinhalt 1. Prinzip der materiellen Wahrheit 2. Verfassungsmäßigkeit kooperativer Verfahrensnormen 3. Voraussetzungen zulässiger Absprachen a) Einhaltung des Öffentlichkeitsgrundsatzes b) Gewährung rechtlichen Gehörs c) Protokollierung d) Grundsatz der materiellen Wahrheit e) Wahrung der freien Willensentschließung des Angeklagten f) Keine Zusage über die Höhe der Strafe g) Schuldangemessene Strafe h) Besorgnis der Befangenheit i) Aufklärung des Angeklagten j) Grundsätzliche Bindung des Gerichts an die zulässige Abrede k) Rechtsmittelverzicht IV. Absprachen nach Urteilsverkündung V. Prozessuale Behandlung einer fehlgeschlagenen Vereinbarung 1. Kein Verfahrenshindernis 2. Verfahrensrüge a) Verstoß gegen das Gebot rechtlichen Gehörs b) Verstoß gegen die Grundsätze der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit . c) Abweichen von zugesagter Strafobergrenze d) Besorgnis der Befangenheit 3. Allgemeine Sachrüge a) Verstoß gegen § 46 Abs 1 , 2 StGB b) Fehlende Berücksichtigung eines (abgesprochenen) Geständnisses . . . c) Fehlerhafte Beweiswürdigung 4. Rechtsmittel verzieht 5. Wiederaufnahme des Verfahrens 6. Beschwerde VI. Fazit

721 721 721 723 723 724 724 724 725 725 726 726 726 727 727 728 729 729 730 730 732 733 734 738 738 738 739 739 740 740 740 740 740 741 741 741 742 742 742

S 33 Gewinnabschöpfung und Rückgewinnungshilfe I. Materiellrechtliche Grundlagen 1. Praktische Bedeutung 2. Entstehungsgeschichte 3. Voraussetzungen des Verfalls und Verfall von Wertersatz a) Vorbemerkungen/Übersicht b) Der Verfall - § 73 Abs 1 StGB c) Nutzung und Surrogate - $ 73 Abs 2 StGB XXXII

744 744 744 745 745 747 748

Inhaltsverzeichnis

d) Bedeutung und Rechtsfolge des Verfalls - $ 73e StGB e) Der Verfall des Wertersatzes-$ 73a StGB f) Rechtsfolgen des Wertersatzverfalls 4. Schätzung gem S 73b StGB 5. Verfall/Wertersatzverfall gegenüber Dritten/Tatunbeteiligten - § 73 Abs 3 StGB a) Auffassung der Literatur b) Auffassung des Bundesgerichtshofes c) Stellungnahme 6. Ausschluss des Verfalls/Wertersatzverfalls bei unbilliger Härte - $ 73c StGB 7. Ausschluss/Beschränkung des Verfalls/Wertersatzverfalls durch Rechte Dritter - $ 73 Abs 1 S 2 StGB II. Prozessrechtliche Grundlagen 1. Erster Überblick 2. Beschlagnahme von Verfallsgegenständen gern § 111c StPO 3. Dinglicher Arrest gern § H l d S t P O - S i c h e r u n g von Wertersatzverfall. . . 4. Anordnungskompetenz für Verfall und Wertersatzverfall 5. Durchsuchungsmaßnahmen 6. Aufhebung der Beschlagnahme und Arrestanordnung/Rechtsmittel. . . . 7. Benachrichtigung des Verletzten - § 11 l e StPO 8. Befriedigung von Ansprüchen der Verletzten bei Verfallsgegenständen . . 9. Befriedigung von Ansprüchen der Verletzten bei Wertersatzverfall . . . . 10. Hinterlegung von gepfändeten Forderungen/Geld 11. Rückgewinnungshilfe als Ermessensausübung 12. Rückgewinnungshilfe und Insolvenz 13. Kosten der Rückgewinnungshilfe

749 750 751 752 753 754 755 756 757 759 761 761 764 766 769 769 769 771 772 774 777 777 779 780

6. Kapitel: Zwischen- und Hauptverfahren §34 Die Staatsanwaltschaft I. Die Abschluss Verfügung 1. S 153 Abs 1 StPO 2. § 153a Abs 1 StPO 3. §§ 154 Abs 1 und 154aAbs 1 StPO 4. Die Verwarnung mit Strafvorbehalt 5. Der Strafbefehl 6. Die Anklageerhebung a) Die sachliche Zuständigkeit b) Die örtliche Zuständigkeit II. Das Zwischenverfahren III. Das Hauptverfahren IV. Rechtsmittel V. Vollstreckung

781 781 782 783 784 784 784 785 786 786 787 789 789

S 35 Das Gericht I. Zuständigkeitsgestaltung durch Verordnung, Allgemeinverfügung und Geschäftsverteilungsplan II. Das Zwischenverfahren und die Eröffnungsentscheidung ΠΙ. Das Hauptverfahren 1. Vorbereitung

789 790 791 791 XXXIII

Inhaltsverzeichnis

2. Die Hauptverhandlung a) Konzentration auf den entscheidungserheblichen Verfahrensstoff . . . b) Die Stellung des Gerichts zur Verteidigung c) Die Stellung des Gerichts zum Angeklagten IV. Das Berufungsgericht

792 792 795 795 796

S 36 Die Beteiligung der Finanzbehörden I. Voraussetzungen der Beteiligung II. Finanzbehörde III. Rechte im Einzelnen 1. Recht auf Information 2. Anwesenheitsrecht 3. Äußerungsrecht 4. Fragerecht 5. Grenzen der Beteiligung a) Beteiligung, wenn es auf die Sachkunde ankommt b) Einschränkung IV. Rechtsfolgen von Verstößen gegen $ 4 0 7 AO

797 798 798 798 798 798 799 799 799 800 800

S 37 Die Verteidigung I. Verteidigung im Zwischenverfahren II. Vorbereitung der Hauptverhandlung III. Verteidigungsstrategien in der Hauptverhandlung 1. Festlegung von Haupt-, Neben-und Ersatzziel 2. Absprachen in der Hauptverhandlung 3. Zuständigkeitsrügen a) Rüge der sachlichen Zuständigkeit b) Rüge der örtlichen Zuständigkeit c) Taktische Überlegungen d) Besetzungsrüge e) Überprüfung der Besetzung aa) Berufsrichter bb) Schöffen cc) Form der Besetzungsrüge 4. Ablehnungsanträge a) Ablehnung eines Richters b) Konkrete Befangenheitsgründe c) Ablehnung von Schöffen und Urkundsbeamten d) Ablehnung von Sachverständigen und Dolmetschern e) Ablehnung des Staatsanwalts 5. Aussetzungsanträge a) Aussetzung wegen verspäteter Ladung b) Aussetzung wegen verspäteter oder unvollständiger Akteneinsicht c) Aussetzung zur Einziehung von Erkundigungen d) Aussetzung bei veränderter Sach- und Rechtslage 6. Sitzordnung 7. Beweisanträge a) Inhalt des Beweisantrages b) Form des Beweisantrages c) Zeitpunkt der Antragsstellung d) Beweisermittlungsantrag XXXIV

. .

801 802 803 803 804 805 805 805 806 806 807 807 807 807 807 807 808 810 810 810 811 811 811 812 812 813 814 814 814 815 815

Inhaltsverzeichnis

e) Ablehnungsbeschluss f) Präsente Beweismittel 8. Hauptverhandlungsprotokoll a) Die Beweiskraft des Protokolls b) Wörtliche Protokollierung c) Protokollierungsantrag 9. Plädoyer a) Allgemeines b) Inhaltliche Gestaltung des Plädoyers 10. Das letzte Wort des Angeklagten 11. Rechtsmittelverzicht IV. Der Verteidiger im Rechtsmittelverfahren Stichwortverzeichnis

816 816 816 817 817 818 818 818 819 821 822 822 825

XXXV

Muster, Schaubilder, Tabellen, Übersichten S1 Rn 51

Aktenaufbau

51 Rn 78

Kontoanfrage

51 Rn 283

Musterregelung Wirtschaftsprüfgruppe

51 Rn 287

Musterauftrag für die Erstellung eines betriebswirtschaftlichen Gutachtens

S 2 Rn 1

Buchführung als Teil des betrieblichen Rechnungswesens

5 2 Rn 27

Gliederung Jahresabschluß

S 2 Rn 30

Anlagekonto

S 2 Rn 31 ff

Übersicht Bilanz

5 2 Rn 34

Übersicht Gewinn- und Verlustrechnung

S 2 Rn 39

Hierarchie der DATEV-Auswertungen

S 2 Rn 43

DATEV-Kontoauszüge

S 2 Rn 47

Summen- und Saldenliste

S 2 Rn 51

Debitorenliste

S 2 Rn 52

Kreditorenliste

S 2 Rn 68

Techniken forensischen Prüfungswesens

S11 Rn 107

Prüfungsschema Überschuldung

S 21 Rn 110

Verbuchung von Nachzahlungen rückständiger Arbeitnehmeranteile

S 21 Rn 115

Muster Krankenkassenanfragen

S 21 Rn 117

Muster Arbeitnehmeranfragen

S 21 Rn 119

Muster Strafbefehl wegen § 266 a Abs 1 StGB

S 21 Rn 125

Tabelle Strafvorschläge § 266 a Abs 1 StGB

S 33 Rn 5

Übersicht Verfall Übersicht Wertersatzverfall

S 33 Rn 42

Übersicht Sicherstellung durch Beschlagnahme und dinglichen Arrest Zuständigkeiten und Durchführung der Beschlagnahme von Verfallsobjekten Zuständigkeiten und Vollziehung des dinglichen Arrests bei Wertersatzverfallobjekten

S 33 Rn 75 und 77

Rangbeispiele

S 33 Rn 81

Übersicht Ermessensausübung vermögensabschöpfender Maßnahmen

S 37 Rn 66

Übersicht protokollpflichtiger wesentlicher Förmlichkeiten

Abkürzungsverzeichnis aA aaO abgedr AbgG

Abi abl AblKR Abs Abschn abw AcP AdoptionsG ADS aE aF AFB AFG AG AGB AGB-Banken AGBG

AGB-Komm AGO (Preußen) AHB AiB AKB AktG ALB allg AllgKriegsfolgenG

allgM

anderer Ansicht am angegebenen Ort abgedruckt Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages (Abgeordnetengesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.2.1996 (BGBl IS 326; BGBl IH/FNA1101-8) Amtsblatt ablehnend(e/er) Amtsblatt des Kontrollrats in Deutschland Absatz, bei Gesetzesangabe als römische Ziffer verwendet Abschnitt abweichend Archiv für die civilistische Praxis [Band (Jahr) Seite] Gesetz über die Annahme als Kind und zur Änderung anderer Vorschriften (Adoptiongsgesetz) vom 2.7.1976, (BGBl IS 1749) Allgemeine Deutsche Seeversicherungsbedingungen am Ende alter Fassung Allgemeine Feuerversicherungsbedingungen Arbeitsförderungsgesetz vom 25.6.1969 (BGBl IS 582; BGBl ΠΙ/ FNA 810-1) Aktiengesellschaft, Amtsgericht, Ausführungsgesetz, auch Die Aktiengesellschaft. Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Jahr, Seite) Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeine Geschäftsbedingungen der Banken, Fassung Januar 1998 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9.12.1976 (BGBl IS 3317) idF der Bekanntmachung vom 29.6.2000 (BGBl IS 946; BGBl III/FNA 402-28) Kommentar zum Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) Allgemeine Gerichtsordnung für die Preußischen Staaten vom 6.7.1793, Berlin, 1815 Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung Arbeitsrecht im Betrieb (Jahr, Seite) Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung Aktiengesetz vom 6.9.1965 (BGBl IS 1089; BGBl m/FNA 4121-1) Allgemeine Lebensversicherungsbedingungen allgemein (e/er/es) Gesetz zur allgemeinen Regelung durch den Krieg und den Zusammenbruch des Deutschen Reiches entstandener Schäden (Allgemeines Kriegsfolgengesetz) vom 5.11.1957 (BGBl IS 1747; BGBl III/FNA 653-1) allgemeine Meinung XXXIX

Abkürzungsverzeichnis

AllgT Alt aM ÄndVO AnfG

Anh Ani Anm AnVNG AnwBl AO AOÄG AOK AP

ApothG ArbG ArbGG ArbR ArbRHb ArchBürgR arg ARS

ARST Art AT AtomG

AÜG Aufl AufsVO

AuR ausf Ausg XL

Allgemeiner Teil Alternative anderer Meinung Änderungsverordnung Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz) vom 5.10.1994 (BGBl S 2911; BGBl III/FNA 311-14-2) Anhang Anlage Anmerkung Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten vom 23.2.1957 Anwaltsblatt (Jahr, Seite) (BGBl IS 88; BGBl III/FNA 821-2) Abgabenordnung vom 16.3.1976 (BGBl IS 613; BGBl III/FNA 610-1-3) Gesetz zur Änderung der Reichsabgabenordnung und anderer Gesetze vom 15.9.1965 (BGBl IS 1356, S 1817; BGBl ΙΠ/FNA 610-1) Allgemeine Ortskrankenkasse Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts [bis 1954 Zeitschrift: Arbeitsrechtliche Praxis (Jahr, Seite) seit 1954 Gesetzesstelle und Entscheidungsnummer] Gesetz über das Apothekenwesen in der Bekanntmachung vom 15.10.1980 (BGBl IS 1993) Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz vom 3.9.1953 (BGBl IS 1267) idF der Bekanntmachung vom 2.7.1979 (BGBl IS 853, ber S 1036; BGBl III/FNA 320-1) Arbeitsrecht Arbeitsrechtshandbuch Archiv für bürgerliches Recht (1.1888-43.1919; Band, Seite) argumentum Arbeitsrechtssammlung, Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte (Band, Seite), früher Bensheimer Sammlung Arbeitsrecht in Stichworten (zitiert bis 1964: Band, Seite, Nr, ab 1964: Jahr, Seite, Nr) Artikel Allgemeiner Teil Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (Atomgesetz) vom 23.12.1959 (BGBl IS 814) idF der Bekanntmachung vom 15.7.1985 (BGBl IS 1565, BGBl III/ FNA 751-1) Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in der Bekanntmachung vom 3.2.1995 (BGBlIS 158) Auflage Verordnung des Bundesrates vom 8.8.1914 betreffend die Anordnung einer Geschäftsaufsicht zur Abwendung des Konkursverfahrens (Aufsichtsverordnung) (RGBl S 363) Arbeit und Recht, Zeitschrift für die Arbeitsrechtspraxis (Jahr, Seite) ausführlich Ausgabe

Abkürzungsverzeichnis

AV AVG AVLJM AVO Az BadRpr BadWürttNotZ BAG BAGE BankArch Bankbetrieb BankGesch BankR BauFordSG BauG BausparkassenG BauR BayJMBl BayObLG bayrPAG

BayrRPflZ BayVBl BayZ BB BBergG BB1 BBodSchG Bd BDSG BfA BeamtVG

Bearb

Die Angestelltenversicherung (Jahr, Seite) Angestelltenversicherungsgesetz vom 28.5.1924 (RGBl IS 563; BGBl III/FNA 821-1) Ausführungsverordnung des Landesjustizministers Ausführungsverordnung Aktenzeichen Badische Rechtspraxis und Annalen der Großherzogisch Badischen Gerichte (Jahr, Seite) Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg (Jahr, Seite) Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (1.1954 ff; Band, Seite) Bankarchiv, Zeitschrift für Bank- und Börsenwesen (Jahr, Seite; 1.1901-43.1943, aufgegangen in Bankwirtschaft) Zeitschrift für Bankpolitik und Bankpraxis (Jahr, Seite; früher Bankwirtschaft) Bankgeschäfte Bankrecht Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen vom 1.6.1909 (RGBl S 449; BGBl III/FNA 213-2) Baugesetzbuch idF der Bekanntmachung vom 27.8.1997 (BGBl IS 2141, BGBl III/FNA 213-1) Gesetz über Bausparkassen in der Bekanntmachung vom 15.2.1991 (BGBl IS 454) Baurecht, Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht (ab 1970, Jahr, Seite) Bayerisches Justizministerialblatt (Jahr, Seite) Bayerisches Oberstes Landesgericht; auch: Entscheidungssammlung in Zivilsachen (Jahr, Seite) Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei in Bayern (Polizeiaufgabengesetz - PAG -) idF der Bekanntmachung vom 24.10.1974 (GVB1S 739, ber S 814) Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (1.1905-30.1934; vorher: Seufferts Blätter für Rechtsanwendung; Jahr, Seite) Bayrische Verwaltungsblätter (Jahr, Seite) Zeitschrift für Rechtspflege in Bayern (Jahr, Seite) Der Betriebsberater (Jahr, Seite) Bundesberggesetz vom 13.8.1980 (BGBl IS1310, BGBl ΠΙ/ FNA 750-15) Betriebswirtschaftliche Blätter (Jahr, Seite) Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten (Bundes-Bodenschutzgesetz vom 17.3.1998 (BGBl IS 502; BGBl ΠΙ/FNA 2129-32) Band Bundesdatenschutzgesetz in der Bekanntmachung vom 20.12.1990 (BGBl IS 2954) Bundesanstalt für Arbeit, Bundesagentur für Arbeit Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz) idF der Bekanntmachung vom 16.3.1999 (BGBl IS 322, BGBl III/FNA 2030-25) Bearbeitung XLI

Abkürzungsverzeichnis

BEG

Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz) idF der Bekanntmachung vom 29.6.1956 (BGBl IS 559; BGBl III 251-1) Begründung Begr Begr EGemeinschuldO Motive zum Entwurf einer Deutschen Gemeinschuldordnung (zitiert nach Band- und Seitenzahlen der Ausgabe des Verlages der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R.v.Decker), Berlin, 1873) Motive zu dem Entwurf eines Einführungsgesetzes einer KonkursordBegrEGKO nung, zitiert nach Seitenzahlen der RT-Drucks Motive zu dem Entwurf einer Konkursordnung, zitiert nach SeitenBegr EKO zahlen der RT-Drucks Begr ζ KO Nov 1898 Begründung zu den Entwürfen eines Gesetzes betr die Änderungen der Konkursordnung und eines zugehörigen Einführungsgesetzes; zitiert nach der Seitenzahl der Drucksachen, 9. Legislaturperiode, V. Session, 1897/98 Nr 100 Beilage Beil BeitrVO Verordnung über die Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Abstimmung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Beitragszahlungsverordnung) vom 22.5.1989 in der Fassung vom 28.7.1997 (BGBl IS 1927) Bemerkung (en) Bern Bericht Ber berichtigt ber BerlAnwBl Berliner Anwaltsblatt (Jahr, Seite) BerlinFG 1990 Gesetz zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) idF der Bekanntmachung vom 2.2.1990 (BGBl IS 173; BGBl III/FNA 610-6-5) Berliner Verfassungsgerichtshof BerlVerfGH besonders bes Besprechung Bespr betreffend betr betriebliche Altersversorgung (Jahr, Seite) BetrAV Betriebsverfassungsgesetz vom 15.1.1972 (BGBl IS 13; BGBl III/ BetrVG FNA 801-7) BeurkG Beurkundungsgesetz vom 28.8.1969 (BGBl IS 1513) Bundesfinanzhof BFH BFHE Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Bundesfinanzhofs (Band, Seite) Sammlung der (bis 1997: amtlich nicht veröffentlichten) EntscheidunBFH/NV gen des Bundesfinanzhofs (1.1985 ff; Jahr, Seite) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Jahr, Seite) BFuP Die Berufsgenossenschaft (Jahr, Seite) BG BGB Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl S 195) idF der Bekanntmachung vom 2.1.2002 (BGBl IS 42; ber S 2909 und BGBl 12003 S 738; BGBl III/FNA 400-2) Bundesgesetzblatt (Jahr IS; III/FNA S) BGBl Bundesgerichtshof BGH BGHR BGH-Rechtsprechung, hrsg von den Richtern des Bundesgerichtshofes Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen BGHSt (1.1951 ff; Band, Seite) BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen; amtliche Sammlung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Band, Seite) XLII

Abkürzungsverzeichnis

BGSG BImSchG

BImSchG 1974 BinSchG

BJagdG BKA B1 BlfGenW B1GBW B1PMZ BIStSozArbR BMF BNotO BörsG Bolze RG BPatG BR BRAGO BRAO BrbgVerfG BR-Drucks Brem bremPG BrZ BSG BSGE BSHG BSpkG

BStBl BT-Drs BT-RA BürgerlR, BürgR BUrlG

Gesetz über den Bundesgrenzschutz (Bundesgrenzschutzgesetz) vom 19.10.1994 (BGBl I S 2978, BGBl III/FNA13-7-2) Gesetz z u m Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen u n d ähnliche Vorgänge (Bundes-Immissionsschutzgesetz) idF der Bekanntmachung vom 14.5.1990 (BGBl I S 880; BGBl III/FNA 2119-8) Bundesimmissionsschutzgesetz vom 15.3.1974 (BGBl I S 721,1193; BGBl III/FNA 2129-8) Gesetz, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschifffahrt (Binnenschiffahrtsgesetz) vom 15.6.1895 (RGBl S 301) in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.5.1898 (RGBl S 369,868; BGBl III/FNA 4103-1) Bundesjagdgesetz idF der Bekanntmachung vom 29.9.1976 (BGBl I S 2849, BGBl ΙΠ/FNA 792-1) Bundeskriminalamt Blatt Blätter für Genossenschaftswesen (13.1866 ff; vorher: Die I n n u n g der Zukunft) Blätter f ü r Grundstücks-, Bau- u n d Wohnungsrecht (Jahr, Seite) Blatt f ü r Patent-, Muster- und Zeichenwesen (Jahr, Seite) Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung u n d Arbeitsrecht (Jahr, Seite) Bundesminister der Finanzen Bundesnotarordnung vom 24.2.1961 (BGBl I S 98, BGBl III/FNA 303-1) Börsengesetz vom 22.6.1896 (RGBl S 157) idF der Bekanntmachung vom 9.9.1998 (BGBl I S 2682, BGBl III/FNA 4110-1) Die Praxis des Reichsgerichts in Zivilsachen, bearb von A. Bolze Bundespatentgericht Bundesrat Bundesgebührenordnung f ü r Rechtsanwälte vom 26.7.1957 (BGBl I S 907; BGBl III/FNA 368-1) Bundesrechtsanwaltsordnung vom 1.8.1959 (BGBl I S 565; BGBl m / FNA 303-8) Brandenburgisches Verfassungsgericht Drucksachen des deutschen Bundesrates (Band, Jahr, Seite) Bremen, bremisch Bremisches Polizeigesetz vom 5.7.1960 (Brem GBl S 731) Britische Zone Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts (1.1955 ff; Band, Seite) Bundessozialhilfegesetz idF der Bekanntmachung vom 23.3.1994 (BGBl I S 646, BGBl III/FNA 2170-1) Gesetz über Bausparkassen (Bausparkassengesetz) vom 16.11.1972 (BGBl I S 2097) idF der Bekanntmachung vom 15.2.1991 (BGBl I S 454, BGBl III/FNA 7691-2) Bundessteuerblatt (Teile I, II u n d III; Jahr, Seite) Drucksachen des Deutschen Bundestages (ab 1949); zitiert: Legislaturperiode/Nr/S Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages Bürgerliches Recht Bundesurlaubsgesetz vom 8.1.1963 (BGBl I S 2)

XLni

Abkürzungsverzeichnis

BuW BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE BWNotZ bzgl BZRG

bzw ca CIM

CR das DB DepotG

ders DGVZ dh dies DiskE Diss DJ DJT DJZ DNA-IFG DNotV DNotZ DR DRiZ DRpfl DRSP-ROM DRZ DStR DStZ Dt DtJurTag XLIV

Betrieb und Wirtschaft. Zeitschrift für Rechnungswesen, Steuern, Wirtschafts-, Arbeits- und Sozialrecht im Betrieb (Jahr, Seite) Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band, Seite; 1.1952 ff) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Band, Seite; 1.1954 ff) Mitteilungen aus der Praxis, Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg (Jahr, Seite) bezüglich Gesetz über das Zentralregister und das Erziehungsregister (Bundeszentralregistergesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.9.1984 (BGBIIS 1229,ber 1985IS 195; BGBl III/FNA312-7),zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22.12.2003 (BGBl IS 2834) beziehungsweise circa Convention internationale concernant le transport des marchandises par chemins des fer; Internationales Übereinkommen über den Eisenbahnfrachtverkehr vom 25.2.1961 (BGBl Π S 1520) Computer und Recht (Jahr, Seite) daselbst Der Betrieb (Jahr, Seite) Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz) idF der Bekanntmachung vom 11.1.1995 (BGBl IS 34, BGBl III/FNA 4130-1) derselbe Deutsche Gerichtsvollzieherzeitung (Jahr, Seite) das heißt dieselbe Diskussionsentwurf Dissertation Deutsche Justiz, Zeitschrift für Rechtspflege und Rechtspolitik (Jahr, Seite) Deutscher Juristentag Deutsche Juristenzeitung (Jahr, Spalte bzw Seite) DNA-Identitätsfeststellungsgesetz vom 7.9.1998 (BGBl IS 2646) Zeitschrift des Deutschen Notarvereins Deutsche Notarzeitschrift (früher: Zeitschrift des Deutschen Notarvereins, DNotV; Jahr, Seite) Deutsches Recht (1.1931-15.1945; Jahr, Seite) Deutsche Richterzeitung (Jahr, Seite) Der Deutsche Rechtspfleger (Jahr, Seite) Deutsche Rechtsprechung auf CD-ROM Deutsche Richterzeitung (Jahr, Seite); (bis 1935, ab 1946 Deutsche Rechtszeitschrift, ab 1951 Übergeleitetin die Juristenzeitung) Deutsches Steuerrecht (Jahr, Seite) Deutsche Steuerzeitung (1.1912-34.1945,35.1947 ff, ab 1948 geteilt in Ausgabe A und B; Jahr, Seite) Deutsch (e/er/es) Deutscher Juristentag

Abkiirzungsverzeichnis

DuR DZWIR

Demokratie und Recht (Jahr, Seite) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Jahr, Seite)

E € ebd EDV EFG EG

Entwurf Euro ebenda Elektronische Datenverarbeitung Entscheidungen der Finanzgerichte ( 1.1953 ff; Jahr, Seite) Europäische Gemeinschaft, Einführungsgesetz Einführungsgesetz zur Abgabenordnung vom 14.12.1976 (BGBl I S 3341, ber 19771S 667; BGBl ΠΙ/FNA 610-1-4) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 (RGBl S 604) idF der Bekannmachung vom 21.9.1994 (BGBl IS 2494, ber 19971S 1061; BGBl IH/FNA 400-1) Entwurf einer Deutschen Gemeinschuldordnung 1873 Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877 (RGBl S 77, BGBl ΠΙ/FNA 300-1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 22.8.2002 (BGBl 13390) Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche vom 10.5.1897 (RGBl S 437; BGBl III/FNA 4101-1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 1.12.2003 (BGBl IS 2446) Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl I S 2911, BGBl ΠΙ/FNA 311-14-1) Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24.5.1968 (BGBl IS 503, BGBl ΙΠ/FNA 454-2) Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch vom 2.3.1974 (BGBl IS 469; BGBl III/FNA 450-16) Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25.3.1957 (BGBl II S 766) Einführung Einführungsgesetz Einleitung einschließlich einschränkend Europäisches Justizielles Netz Entwurf einer Konkursordnung 1875 Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl 1952 Π S 685) Übersicht über die Entscheidungen der Sozial- und Arbeitsgerichte in Berlin entsprechend Entwurf Verordnung über das Erbbaurecht vom 15.1.1919 (RGBl S 72, ber S 122; BGBl III/FNA 403-6) Erbrecht Erläuterungen Einkommensteuergesetz idF der Bekanntmachung vom 16.4.1997 (BGBl IS 821, BGBl ΠΙ/FNA 611-1) et cetera Europäische Union

EGAO 1977 EGBGB EGemeinschuldO EGGVG

EGHGB

EGInsO EGMR EGOWiG EGStGB EGV Einf EinfG Einl einschl einschr EJN EKO EMRK EntschKalender entspr Entw ErbbauVO ErbR Erl EStG1997 etc EU

XLV

Abkürzungsverzeichnis

EuGH EuGVÜ

EuZW EV

evtl EWG EWiR EWIV EzA f FamR FamRZ FAZ ff FG FGG FGO FGPrax FilmR FLF Fn FS Fundst G GA GaststG GBl GBO GbR geänd GebrMG gem GenG

GesamthafenBetriebsG

XLVI

Europäischer Gerichtshof Brüsseler EWG-Übereinkommen vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl 1972 II, S 774) idF des 4. Beitrittsübereinkommens vom 29.11.1996 (BGBl 1998 II S 1411) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (1.1990 ff; Jahr, Seite) Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31.8.1990 (BGBl II S 889) eventuell Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht, Kurzkommentare, hrsg von Bruno M. Kübler (Jahr, Seite) Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgend(e) Familienrecht Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht (ab 9.1962,4 ff: Zeitschrift für das gesamte Familienrecht, 1.1954 ff) Frankfurter Allgemeine Zeitung folgende Finanzgericht Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898 (RGBl S 771; BGBl III/FNA 315-1) Finanzgerichtsordnung vom 6.10.1965 (BGBl IS 1477; BGBl III/ FNA 350-1) Praxis der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (Jahr, Seite) Filmrecht F inanzierung, Leasing, Factoring (Jahr, Seite) Fußnote Festschrift Fundstelle(n) Gesetz Goltdammer's Archiv für Strafrecht (1953 ff; Jahr, Seite) Gaststättengesetz vom 5.5.1970 (BGBl IS 465; BGBl ΠΙ/ FNA 7130-1) Gesetzblatt Grundbuchordnung idF der Bekanntmachung vom 26.5.1994 (BGBl I S 1114; BGBl III/FNA 315-11) Gesellschaft bürgerlichen Rechts geändert Gebrauchsmustergesetz idF der Bekanntmachung vom 28.8.1986 (BGBl IS 1455; BGBl III/FNA 421-1) gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 1.5.1889 (RGBl S 55) idF der Bekanntmachung vom 19.8.1994 (BGBl IS 2202; BGBl III/FNA 4125-1) Gesetz über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter (Gesamthafenbetrieb) vom 3.8.1950 (BGBl IS 352; BGBl III/ FNA 800-10)

Abkürzungsverzeichnis

GesBlf.d.KGR Baiern GeschmMG GesellschaftsR GesO GewArch GewO GewStDV GewStG 1999 GG ggf GK GKG GleichberG

GmbH GmbHG

GmbHR GoB GöttDiss GrESBWG SchlHoIst

GrEStG GruchotBeitr GrünhutsZ Grundz GRUR GS GSB GÜKG GUG

GVB1

Gesetzblatt für das Königreich Baiern Gesetz über das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11.1.1876 (RGBl S i l ; BGBl III/FNA 442-1) Gesellschaftsrecht Gesamtvollstreckungsordnung idF der Bekanntmachung vom 23.5.1991 (BGBl IS 1185; BGBl III/FNA Anhang III-ll) Gewerbearchiv (Jahr, Seite), Zeitschrift für Gewerbe- u Wirtschaftsverwaltungsrecht Gewerbeordnung idF der Bekanntmachung vom 22.2.1999 (BGBl S 202; BGBl III/FNA 7100-1) Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung idF der Bekanntmachung vom 21.3.1991 (BGBl IS 831; BGBl III/FNA 611-5-1) Gewerbesteuergesetz idF der Bekanntmachung vom 19.5.1999 (BGBlIS 1491;BGBl III/FNA611-5) Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 (BGBl IS 1; BGBl ΠΙ/FNA 100-1) gegebenenfalls Großkommentar Gerichtskostengesetz vom 18.6.1878 (RGBl S 141) idF der Bekanntmachung vom 15.12.1975 (BGBl IS 3047; BGBl III/FNA 360-1) Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (Gleichberechtigungsgesetz) vom 18.6.1957 (BGBl IS 609; BGBl III/FNA 400-3) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung vom 20.4.1892 (RGBl S 477) idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898 (RGBl S 846; BGBl III/FNA 4123-1) GmbH-Rundschau (Jahr, Seite) Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung Göttinger Dissertation Gesetz über die Befreiung von der Grunderwerbsteuer bei Maßnahmen des sozialen Wohnungsbaus, bei Maßnahmen aus dem Bereich des Bundesbaugesetzes und bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur idF vom 16.9.1974 (GVB1S 353; BStBl IS 940) Grunderwerbsteuergesetz idF vom 26.2.1997 (BGBl I S 418, ber S 1804, BGBl III/FNA 610-6-10) Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, begründet von Gruchot (Bandjahr, Seite) Zeitschrift für das Privat- und Öffentliche Recht der Gegenwart, begründet von Grünhut (Band, Seite; 1.1874-42.1916) Grundzüge Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr, Seite) Gedächtnisschrift, Gesetzessammlung, Großer Senat Gesetz über die Sicherung der Bauforderungen vom 1.6.1909 (RGBl S 449; BGBl III/FNA 213-2) Güterkraftverkehrsgesetz vom 22.6.1998 (BGBl IS 2132; BGBl ΙΠ/ FNA 9241-34) Gesetz über die Unterbrechung von Gesamtvollstreckungsverfahren (Gesamtvollstreckungs-Unterbrechungsgesetz) in der Fasssung der Bekannmtachung vom 23.5.1991 (BGBl IS 1191) Gesetz- und Verordnungsblatt

XLVII

Abkürzungsverzeichnis

GVG GVGA GV NW GWB

H hA HAG Halbs HambSOG HandwO HansGZ

HansOLG Hdb HessSOG

HEZ

HFR HGB HinterlO hL hM HöfeO HRR Hrsg, hrsg Hs HVG HwVG HypBankG

iAllg idF idFdGv idR IdW ie XLVIII

Gerichtsverfassungsgesetz idF der Bekanntmachung vom 9.5.1975 (BGBl IS 1077; BGBl ΠΙ/FNA 300-2) Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher Gesetz- und Verordnungsblatt von Nordrhein-Westfalen Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen idF der Bekanntmachung vom 26.8.1998 (BGBl IS 2546; BGBl IH/FNA 703-4) Heft herrschende Ansicht Heimarbeitergesetz vom 14.3.1951 (BGBl IS 191; BGBl III/FNA 804/1) Halbsatz Hamburg: Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vom 14.3.1966 (GVB1S 77) Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) idF vom 24.9.1998 (BGBl IS 3074; BGBl III/FNA 7110-1) Hanseatische Gerichtszeitung (1.1880-48.1927; danach: Hanseatische Rechts- und Gerichtszeitschrift - HansRGZ - ; vorher: Hamburger Handelsgerichtszeitung, ab 1868; Jahr, Seite) Hanseatisches Oberlandesgericht Handbuch Hessisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung idF vom 26.1.1972 (GVBl IS 24; zuletzt geändert durch das LandesrechtAnpassG vom 4.9.1974, GVBl IS 361) Höchstrichterliche Entscheidungen, Sammlung von Entscheidungen der Oberlandesgerichte und der Obersten Gerichte in Zivilsachen (1.1948-3.1950,1) Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung (Jahr, Seite) Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl S 219; BGBl ΠΙ/FNA 4100-1) Hinterlegungsordnung vom 10.3.1937 (RGBl IS 285; BGBl III/ FNA 300-15) herrschende Lehre herrschende Meinung Höfeordnung idF der Bekanntmachung vom 26.7.1976 (BGBl IS 1933; BGBl III/FNA 7811-6-2) Höchstrichterliche Rechtsprechung (Jahr, Nr; 4.1928-18.1942; vorher: Die Rechtsprechung, Beilage zur Jurist. Rundschau 1.1925-3.1927) Herausgeber, herausgegeben Halbsatz Gesetz über die Altersversorgung für das Deutsche Handwerk; aufgehoben durch HwVG mit Wirkung vom 1.1.1962 Gesetz über die Rentenversicherung der Handwerker vom 8.9.1960 (BGBl IS 737; BGBl III/FNA 8250-1) Hypothekenbankgesetz idF vom 9.9.1998 (BGBl IS 2674; BGBl III/ FNA 7628-1) im Allgemeinen in der Fassung in der Fassung der (des) Gesetze(s) vom in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer im einzelnen

Abkürzungsverzeichnis

iE ieS iGgs INF insbes InsG-DA InsO InsR InsRKomm InsRR InsW InVo InvZulG 1993 IPRax iS iSd iSv iV iVm iü iwS iZw JA Jb JBeitrO JBl JbRR JFG JGG

Jhdt(s) JherJb

JMB1LSA JMB1 NW JR Judicium JurA Jura JurBüro JurLitBl JurTag(s) JuS

im Ergebnis im engeren Sinne im Gegensatz Die Information über Steuer und Wirtschaft (1.1947 ff; Jahr, Seite) insbesondere Durchfuhrungsanweisung der Bundesanstalt für Arbeit zum Insolvenzgeld Insolvenzordnung vom 5.10.1994 (BGBl IS 2866; BGBl III/ FNA 311-13) Insolvenzrecht Kommission für Insolvenzrecht Insolvenzrechtsreport, herausgegeben von Harald Hess (Jahr, Nr) Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung vom 19.8.1998 Insolvenz und Vollstreckung (1.1996 ff) Investitionszulagengesetz 1993 Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Jahr, Seite) im Sinne im Sinne des im Sinne von in Verbindung in Verbindung mit im übrigen im weiteren Sinne im Zweifel Juristische Arbeitsblätter (Jahr, Seite) Jahrbuch Justizbeitreibungsordnung vom 11.3.1937(RGBlIS298;BGBlm/ FNA 365-1) Juristische Blätter (Jahr, Seite) Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie (Band, Jahr, Seite) Jahrbuch für Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechtes (Jahr, Seite) Jugendgerichtsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 11.12.1974 (BGBl IS 3427; BGBl ΙΠ/FNA 451-1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 27.12.2003 (BGBl IS 3007) Jahrhunderts) Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts; vorher: Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts (1.1857-90.1942; Band der Gesamtreihe, Seite) Justizministerialblatt von Sachsen-Anhalt (Jahr, Seite) Justizministerialblatt von Nordrhein-Westfalen (Jahr, Seite) Juristische Rundschau (Jahr, Seite) Vierteljahresschrift für die gesamte Zivilrechtspflege (1.1928-5.1933; Jahr, Seite) Juristische Analysen (Jahr, Seite) Juristische Ausbildung (Jahr, Seite) Das juristische Büro (Jahr, Seite) Juristisches Literaturblatt (1.1889-29.1917/18) Juristentag(es) Juristische Schulung (Jahr, Seite) XLIX

Abkürzungsverzeichnis

Justiz JVBl JVEG

JW JZ KAGG KapAEG

KapCoRiLiG KAÜG KG KGaA KGBl

KGJ

Kgl KGR KG-Report KKZ KO Komm KommBer

KonkursR KonTraG KO-Prot

KostO KraftStG 1994

I

Die Justiz. Amtsblatt des Justizministeriums Baden-Württemberg (1.1952ff;Jahr,Seite) Justizverwaltungsblatt (Jahr, Seite) Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz in der Fassung des Artikels 2 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl I, S 718 Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite, bisweilen auch Nummer) Juristenzeitung (Jahr, Seite) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften idF der Bekanntmachung vom 9.9.1998 (BGBl IS 2726; BGBl III/FNA 4120-4) Gesetz zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Konzerne an Kapitalmärkten und zur Erleichterung der Aufnahme von Gesellschafterdarlehen (Kapitalaufnahmeerleichterungsgesetz) vom 20.4.1998 (BGBl IS 707; BGBl III/FNA 4100-1/1) Kapitalgesellschaften- u Co-Richtlinie-G vom 24.2.2000 (BGBl IS 154) Konkursausfallgeld Kammergericht, Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Blätter für Rechtspflege im Bezirk des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (Jahr, Seite) Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit, in Kosten-, Stempel- und Strafsachen (bis 19.1899: in Sachen der nichtstreitigen Gerichtsbarkeit; Band, Seite; I.1881-53.1922) Königlich Königreich KG-Report. Schnelldienst zur Zivilrechtsprechung des Kammergerichts Berlin (Jahr, Seite) Kommunal-Kassen-Zeitschrift (Jahr, Seite) Konkursordnung idF 20.5.1898 (RGBl S 612; BGBl III/FNA 311-4) Kommentar Bericht der VI. Kommission über die Entwürfe eines Gesetzes betr Änderungen der Konkursordnung sowie eines zugehörigen Einführungsgesetzes - Nr 100 der Drucksachen (zitiert nach: Seitenzahl von Nr 237 der Aktenstücke zu den Verhandlungen des Reichstages 1897/1898; Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstages, 9. Legislaturperiode, V. Session, 3. Anlageband, S 1946 ff) Konkursrecht Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27.4.1998 (BGBl IS 786, BGBl III/FNA 4121-1/2) Protokolle der Reichstagskommission von 1875/1876 (zitiert nach: Seitenzahl der Drucksachen des Reichstags, 2. Legislaturperiode, II. Session 1874, Nr 200; IV. Session 1876, Nr 4) Kostenordnung in der Bekanntmachung vom 26.7.1957 (BGBl IS 861) Kraftfahrzeugsteuergesetz 1994 idF der Bekanntmachung vom 24.5.1994 (BGBl IS 1102; BGBl III/FNA611-17)

Abkürzungsverzeichnis

Krim krit KSchG KStG 1999 KTS KuS KuT KWG LAG

Lb LehrKomm Leipz.rw. Studien LG Lit LM

LS LSG LStDV 1990 lt Ltd LuftfzRG LuftVG LUG LwAnpG

LwVfG LZ m M

Kriminalistik. Zeitschrift für die gesamte kriminalistische Wissenschaft und Praxis (Jahr, Seite) kritisch Kündigungsschutzgesetz idF der Bekanntmachung vom 25.8.1969 (BGBl I S 1317; BGBl III/FNA 800-2) Körperschaftssteuergesetz vom 31.8.1976 (BGBl I S 2599) idF der Bekanntmachung vom 22.4.1999 (BGBl I S 817; BGBl IU/FNA 611-44) Zeitschrift für Konkurs- Treuhand- und Schiedsgerichtswesen, seit 1989 Zeitschrift für Isolvenzrecht, Konkurs,Treuhand, Sanierung (Jahr, Seite) Kostenerstattung und Streitwert (Jahr, Seite) Konkurs und Treuhandwesen; Monatsschrift für Wirtschaft und Recht (Jahr, Seite; bis 1941, ab 1955 KTS) Gesetz über das Kreditwesen idF der Bekanntmachung vom 9.9.1998 (BGBl I S 2776; BGBl III/FNA 7610-1) Gesetz über den Lastenausgleich vom 14.8.1952 (BGBl I S 446) idF der Bekanntmachung vom 2.6.1993 (BGBl I S 847, ber BGBl I S 248, BGBl III/FNA 621-1); Auch Landesarbeitsgericht Lehrbuch Lehrkommentar Leipziger rechtswissenschaftliche Studien, hrsg von der Leipziger Juristen-Fakultät Landgericht Literatur Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs, hrsg von Lindenmaier und Möhring ua (Nummer der Entscheidung zu der angegebenen Gesetzesstelle) Leitsatz Landessozialgericht Lohnsteuerdurchführungsverordnung (LStDV 1990) idF der Bekanntmachung vom 10.10.1989 (BGBIIS 1848;BGBlm/FNA611-2) laut Limited Gesetz über Rechte an Luftfahrzeugen vom 26.2.1959 (BGBl I S 57; BGBl III/FNA 403-9) Luftverkehrsgesetz vom 27.3.1999 (BGBl I S 150; BGBl m/FNA 96-1) Gesetz betr das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LiteratururheberG) vom 19.6.1901 (RGBl S 227) Gesetz über die strukturelle Anpassung der Landwirtschaft an die soziale und ökologische Marktwirtschaft in der Deutschen Demokratischen Republik Landwirtschaftsanpassungsgesetz idF der Bekanntmachung vom 3.7.1991 (BGBl I S 1418; BGBl III/FNA VI.-l) Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen vom 21.7.1953 (BGBl I S 667; BGBl III/FNA 317-1) Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht (Jahr, Spalte; Beipiel; 1911, 7 8 - ohne „Sp") mit Motive zum Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches erster Lesung für das Deutsche Reich, Amtliche Ausgabe, Band 1 bis 5, Berlin, Leipzig 1888 (zitiert: M Band, Seite) LI

Abkürzungsverzeichnis

MarkenG

MDR mE MitbestG MittBayNot MittRhNotK

MiZi mN Montan-MitbestG

Motive I Motive II

Motive z. Entw. eines ZVG MuSchG MuW mwN MzEG

Ν Nds NdsRpfl NEhelG nF NGefAG

NGO NJ NJW NJW-RR NLO Nov Nr NRW, NW LU

Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen (Markengesetz - MarkenG) vom 25.10.1994 (BGBl IS 3082, ber 19951 S 156; BGBl ΠΙ/FNA 423-5-2) Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr, Seite) meines Erachtens Mitbestimmungsgesetz vom 4.5.1976(BGBlIS 1153) Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins Mitteilungen der Rheinischen Notarkammer (vor 11.61 : RhNK = Niederschriften über die Notarkammersitzungen der Rheinischen Notarkammer) Mitteilungen in Zivilsachen mit Nachweisen Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21.5.1951 (BGBl IS 347) Begründung des Entwurfs einer Gemeinschuldordnung von 1873, Berlin 1873 Begründung des Entwurfs einer Konkursordnung von 1875 (zitiert nach der Seitenzahl der Reichstagsdrucksache Nr 200 der 2. Legislaturperiode, II. Session 1874) Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen nebst amtlichen Begründungen, Berlin 1889 Mutterschutzgesetz idF der Bekanntmachung vom 17.1.1997 (BGBl IS 22, ber S 293; BGBl III/FNA 8052-1) Markenschutz und Wettbewerb (Jahr, Seite) mit weiteren Nachweisen Motive zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (siehe M) zitiert nach der Guttentag'schen Ausgabe, Berlin, Leipzig 1888 Nachweis(e/n) Niedersachsen, niedersächsisch Niedersächsische Rechtspflege (ab 1.7.47, vorher Hannoversche Rechtspflege; Jahr, Seite) Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19.8.1969 (Nichtehelichengesetz) (BGBl IS 1243; BGBl III/FNA 404/18) neue Fassung; neue Folge Niedersächsisches Gefahrenabwehrgesetz idF der Bekanntmachung vom 20.2.1998 (Nds GVB1S 101), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 11.12.2003 (Nds GVBl S 414) Niedersächsische Gemeindeordnung idF vom 22.8.1996 (Nds GVBl S 382) Neue Justiz (Jahr, Seite) Neue Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Jahr, Seite) Niedersächsische Landkreisordnung idF vom 22.8.1996 (Nds GVBl S 365) Novelle Nummer Nordrhein-Westfalen

Abkürzungsverzeichnis

NStZ NStZ-RR NZA NZA-RR NZG NZI NZM NZS NZV OBG-NW

öffentl öJBl ÖJZ Österr OFD OGH OHG OK OLG OLG-NL OLG-Report OLGRspr

OLGSt OLGZ OVG OWiG

Ρ

PA PachtKrG PartGG

PatAnwO PatG PflVG PlProt

Neue Zeitschrift für Strafrecht (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Strafrecht, Rechtsprechungs-Report (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht, Rechtsprechungs-Report (1.1996 ff; Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Mietrecht (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Sozialrecht (1.1992 ff; Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht (1.1988 ff;Jahr, Seite) Nordrhein-Westfälisches Gesetz über Aufbau und Befugnisse der Ordnungsbehörden (Ordnungsbehördengesetz) idF der Bekanntmachung vom 13.5.1980 (GV NW S 528, SGV Fundstellennachweis Nr 2060) öffentlich Österreichische Juristische Blätter (Jahr, Seite) Österreichische Juristen-Zeitung (Jahr, Seite) Österreichisch (en, es) Oberfinanzdirektion Oberster Gerichtshof (für die britische Zone) Offene Handelsgesellschaft Organisierte Kriminalität Oberlandesgericht OLG-Rechtsprechung Neue Länder (1.1994 ff; Jahr, Seite) OLG-Report. Zivilrechtsprechung der Oberlandesgerichte (Jahr, Seite) Die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte auf dem Gebiete des Zivilrechts; herausgegeben von Mugdan und Folkmann (von 1900 bis 1928, Bände 1 bis 46; Band, Seite) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Straf-, Ordnungswidrigkeiten- und Ehrengerichtssachen (Loseblattsammlung) Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (hrsg von Deisenhofer und Jansen; Jahr, Seite) Oberverwaltungsgericht Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24.5.1968 (BGBl IS 481) idF der Bekanntmachung vom 19.2.1987 (BGBl IS 602; BGBl m/FNA 454-1) Protokolle zweiter Lesung zum Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches (zitiert nach der Guttentag'schen Ausgabe, Berlin, Leipzig 1888; Band, Seite) Patentamt Pachtkreditgesetz idF vom 5.8.1951 (BGBl IS 494; BGBl ΠΙ/FNA 7813-1) Partnerschaftsgesellschaftsgesetz vom 25.7.1994 (BGBl IS 1744; BGBl III/FNA 4127-1), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 10.12.2001 (BGBl IS 3422) Patentanwaltsordnung Patentgesetz idF vom 2.1.1968 (BGBl IS 2; BGBl ΠΙ/FNA 420-1) Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (Pflichtversicherungsgesetz) vom 5.4.1965 (BGBl IS 213; BGBl m/FNA 925-1) Stenographische Protokolle zu den Plenarsitzungen des Deutschen Bundestages Lm

Abkürzungsverzeichnis

PosMSchr PrABG Preußische AGO PrGS Prot PrOVG prPVG PSVaG PucheltsZ

PWR RabelsZ RAG RAO RBerG RBÜ Pariser Fassung

RdA RdL Recht RefE RegBl RegE ReichssiedlungsG Rev RFH RG RGBl RGes RGSt RG Warn

RGZ RHaftpflG

LIV

Juristische Monatsschrift für Posen, West- und Ostpreußen und Pommern ( 1.1898-21.1928; Jahr, Seite) Allgemeines Berggesetz für die preußischen Staaten v. 24.6.1865 (GS S 705) Allgemeine Gerichtsordnung für die preußischen Staaten, Berlin 1815 Gesetzsammlung für die Kgl Preußischen Staaten (ab 1907: Preußische Gesetzsammlung; 1810-1945) Protokolle Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts (bis 1918: KglPrOVG; 1.1877-106.1941) Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz vom 1.6.1931 (PrGS S 77) Pensionssicherungsverein auf Gegenseitigkeit Zeitschrift für französisches Zivilrecht (ab 31.1900: Zeitschrift für deutsches bürgerliches Recht und französisches Zivilrecht), begründet von Puchelt (1.1870-38.1907) Praxis Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von Ernst Rabel (Jahr, Seite) Reichsarbeitsgericht Reichsabgabenordnung Rechtsberatungsgesetz vom 13.12.1935 (RGBl IS 1478), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 19.12.1998 (BGBl IS 3836) Revidierte Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst vom 13.11.1908 (RGBl 1910 S 965); in der revidierten Pariser Fassung vom 24.7.1971 (BGBl II 1973 S 1069) Recht der Arbeit (Jahr, Seite) Recht der Landwirtschaft (Jahr, Seite) Das Recht (Jahr, Spalte; seit 1935 Beilage zur Deutschen Justiz; auch Jahr, Seite, Nummer) Referentenentwurf Regierungsblatt Regierungsentwurf Reichssiedlungsgesetz vom 11.8.1919 (RGBl S 1429; BGBl ΙΠ/FNA 2331-1) Revision Reichsfinanzhof; amtliche Sammlung der Entscheidungen des RFH (Band, Seite) Reichsgericht Reichsgesetzblatt Reichsgesetz Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen (1.1880-77.1944; Band, Seite) Warneyer Rechtsprechung, Rechtsprechung des Reichsgerichts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des RG abgedruckt ist, herausgegeben von Warneyer (Jahr, Nummer) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen; amtliche Sammlung der Reichsgerichtsentscheidungen in Zivilsachen (Band, Seite) Gesetz betreffend die Verbindlichkeit zum Schadensersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken usw herbeigeführten

Abkürzungsverzeichnis

RHeimstG RheinArch Rh.-Pf rh.-pf. PVG

RiStBV RJA RKnappschG rkr RL Rn ROHG Rpfleger RPflG Rspr RsprÜb RStBl RT RT-Drucks RVO RWS-Skript s S sa SachR, SachenR SAE SächsArch SächsOLG SächsRpfl SARpfl ScheckG SchiffsBG SchRegO

Tötungen und Verletzungen (Reichshaftpflichtgesetz) vom 7.6.1871 (RGBl S 207; BGBl III/FNA 935-1) Reichsheimstättengesetz vom 25.11.1937 (RGBl IS 1291; BGBl ΠΙ/ FNA 2332-1), aufgehoben durch Gesetz vom 17.6.1993 (BGBl IS 912) Archiv für Zivil- und Strafrecht der Königlich preußischen Rheinprovinz (Band, Jahr, Seite) Rheinland-Pfalz Polizeiverwaltungsgesetz von Rheinland-Pfalz idF vom 29.7.1973 (GVB1S 180; zuletzt geändert durch Landesgesetz vom 5.11.1974, GVB1S469) Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren. Neuf, ab 1.1.1977 (bundeseinheitlich vereinbart) Reichsjustizamt, Entscheidungssammlung in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts (Band, Seite) Reichsknappschaftsgesetz idF vom 1.7.1926 (RGBl IS 369; BGBl ΙΠ/ FNA Nr 822-1); ersetzt durch SGB VI rechtskräftig Richtlinie Randnummer Reichsoberhandelsgericht, Entscheidungssammlung des Reichsoberhandelsgerichts (Band, Seite) Der Deutsche Rechtspfleger (Jahr, Seite) Rechtspflegergesetz vom 5.11.1969 (BGBl IS 2065) Rechtsprechung Rechtsprechungsübersicht Reichssteuerblatt (Jahr, Seite) Reichstag Drucksachen des Reichstags (Nr, Wahlperiode, Jahr, Seite) Reichsversicherungsordnung vom 19.7.1911 (RGBl IS 509) idF der Bekanntmachung vom 15.12.1924 (RGBl IS 779; BGBl III/FNA 820-1) Kommunikationsforum Recht - Wirtschaft - Steuern siehe Satz, Seite siehe auch Sachenrecht Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen der Vereinigung der Arbeitgeberverbände (Jahr, Seite) Sächsisches Archiv für Bürgerliches Recht und Prozess (ab 14.1904: für Deutsches Bürgerliches Recht; 1.1891-15.1905; Band, Seite) Annalen des sächsischen Oberlandesgerichts zu Dresden (von 1880 bis 1920; Band, Seite) siehe SARpfl Sächsiches Archiv für Rechtspflege (1.1906-15.1920; N. F. 1.19213.1923) Scheckgesetz vom 14.8.1933 (RGBl IS 597; BGBl III/FNA 4132-1) Gesetz über Schiffsbanken (Schiffsbankgesetz) idF v. 8.5.1963 (BGBl I S 301; BGBl III/FNA 7628-2) Schiffsregisterordnung idF der Bekanntmachung vom 26.5.1951 (BGBl IS 360), zuletzt geändert durch Art 107 des Gesetzes vom 2.3.1974 (BGBl IS 469) LV

Abkürzungsverzeichnis

SchlHA schlh.LVwG

SchRG

SchuldR SchuldRAnpG

SchwarzarbG

SE SeeR SeeUG

SeuffArch SeuffBl SG SGB SGG SJZ Slg so sog SozplG

SozR Sp StA StaatsbankG StB StBerG Stbg std stenogr. Bericht SteuerR LVI

Schleswig-Holsteinische Anzeigen (Jahr, Seite) Allgemeines Verwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein (LVwG) vom 18.4.1967 (GVB1S 131), zuletzt geändert durch Gesetz zur Anpassung des schleswig-holsteinischen Landesrechts an das 2. Gesetz zur Reform des Strafrechts und andere straf- und bußgeldrechtliche Vorschriften des Bundes (LStrAnpG II) vom 9.12.1974 (GVB1S 453) Gesetz über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken (Schiffsrechtegesetz) vom 15.11.1940 (RGBl IS 1499; BGBl III/ FNA 403-4) Schuldrecht Gesetz zur Anpassung schuldrechtlicher Nutzungsverhältnisse an Grundstücken im Beitrittsgebiet (Schuldrechtsanpassungsgesetz) vom 21.9.1994 (BGBl IS 2538) Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit in der Fassung der Bekanntmachung vom 6.2.1995 (BGBl IS 165), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit vom 23.7.2002 (BGBl IS 2787) Société européenne, Societas Europaea (Europäische Aktiengesellschaft) Seerecht Gesetz über die Untersuchung von Seeunfällen (Seeunfalluntersuchungsgesetz) vom 6.12.1985 (BGBl IS 2146; BGBl III/FNA 9510-17) Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den deutschen Staaten (Band, Nummer) Seufferts Blätter für Rechtsanwendung in Bayern (Band, Seite) Sozialgericht Sozialgesetzbuch Sozialgerichtsgesetz idF vom 23.9.1975 (BGBl IS 2535; BGBl III/ FNA 330-1) Süddeutsche Juristenzeitung (Jahr, Seite, ab 1947 Spalte) Sammlung siehe oben sogenannte (er; es) Gesetz über den Sozialplan im Konkurs- und Vergleichsverfahren vom 20.2.1985 (verlängert durch Gesetz vom 20.12.1988, BGBl IS 2450 und Gesetz vom 22.12.1989, BGBl IS 2405) Sozialrecht. Rechtsprechung und Schrifttum, bearbeitet von den Richtern des Bundessozialgerichts (Loseblattsammlung) Spalte Staatsanwal t(schaft) Gesetz über die Staatsbank Berlin vom 29.6.1990 (GBl DDRI Nr 38, S 504) Der Steuerberater. Organ der Bundessteuerberaterkammer (Jahr, Seite) Steuerberatungsgesetz idF vom 4.11.1975 (BGBl IS 2735; BGBl III/ FNA 610/10) Die Steuerberatung (1.1958 ff; Jahr, Seite) ständig(e) Verhandlungen des Reichstags, Stenographischer Bericht nebst Anlagen (zitiert nach Legislaturperiode, Session, Band, Seite) Steuerrecht

Strafgesetzbuch idF der Bekanntmachung vom 13.11.1998 (BGBl I S 3322; BGBl III/FNA 450-2) Gesetz über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder" (StHG) idF der Bekanntmachung vom 31.10.1972 (BGBl I S 2045; BGBl III/FNA 2172-1) Strafprozessordnung idF der Bekanntmachung vom 7.4.1987 (BGBl I S 1074, ber S 1319; BGBl IH/FNA 312-2) streitig Strafverteidiger Forum (Jahr, Seite) Sechstes Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26.1.1998 (BGBl I S 164) Steuerrechtsprechung in Karteiform. Höchstgerichtliche Entscheidungen in Steuersachen (Mrozek-Kartei) ständige Rechtsprechung Strafvollstreckungsordnung vom 1.4.2001 (BAnz Nr 87 S 9157) Steuer und Wirtschaft (Jahr, Spalte bzw Nummer) Strafverteidiger (Jahr, Seite) Strafverfahrensänderungsgesetz 1999 vom 2.8.2000 (BGBl IS 1253) Straßenverkehrsgesetz vom 19.12.1952 (BGBl IS 837; BGBl ΠΙ/FNA 9231-1) 1. Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9.12.1974 (BGBl I S 3393 und S 3533; BGBl ΠΙ/FNA 312-8-1) Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 7.12.1935 idF der Bekanntmachung vom 28.9.1988 (BGBl IS 1793; BGBl ΙΠ/FNA 9232-1) Steuer-Warte (1.1922 ff; 23.1950 ff; Jahr, Seite) siehe unten Subventionsgesetz vom 29.7.1976 (BGBl IS 2034) teilweise Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt, (1854-1918; Band, Seite) Titel Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts zu Transparenz und Publizität vom 19.7.2002 (BGBl 12002 S 2681) Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts (Tranportrechtsreformgesetz) vom 25.6.1998 (BGBl IS 1588; BGBl III/FNA 4100-1/2) Tarifvertragsgesetz in der Bekanntmachung vom 25.8.1969 (BGBl I S 1323) und und andere(m) und ähnliche(s) Gesetz über Unternehmensbeteiligungen vom 17.12.1986 (BGBl I S 2488) idF vom 9.9.1998 (BGBl IS 2765; BGBl ΙΠ/FNA 4126-1) Archiv für Urheber-, Film-, Funk- und Theaterrecht Umwandlungsgesetz vom 28.10.1994 (BGBl IS 3210, ber 19951S 428; BGBl ΙΠ/FNA 4120-9-2) unstreitig Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz) vom 9.9.1965 (BGBl IS 1273; BGBl ΙΠ/FNA 440-1) LVn

Abkürzungsverzeichnis

UrhR Urt USG

UStG 1999 UStR usw uU UVR UWG

va VAG

VerBAV VerbrKrG Verf VerfGH Verh VerlG VerlR VermA VermBG

VermG

VersR VerwZG VerZSe Vfg VG vgl VglO VO VOB/B VOBl Voraufl LVni

Urheberrecht Urteil Gesetz über die Sicherung des Unterhalts der zum Wehrdienst einberufenen Wehrpflichtigen und ihrer Angehörigen (Unterhaltssicherungsgesetz) vom 26.7.1957 (BGBl IS 1046; BGBl III/FNA 53-3) Umsatzsteuergesetz idF der Bekanntmachung vom 9.6.1999 (BGBl I S 1270; BGBl III/FNA 611-10-14) Umsatzsteuer-Rundschau (Beilage zur Finanzrundschau; Jahr, Seite) und so weiter unter Umständen Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht (Jahr, Seite) Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vom 7.6.1909 (RGBl S 499; BGBl III/FNA 43-1) vor allem Gesetz über die Beaufsichtigung der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen (Versicherungsaufsichtsgesetz) idF vom 17.12.1992 (BGBl 19931S 2; BGBl III/FNA 7631-1) Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen (Jahr, Seite) Verbraucherkreditgesetz idF der Bekanntmachung vom 29.7.2000 (BGBl IS 940; BGBl III/FNA 402-6) Verfasser Verfassungsgerichtshof Verhandlungen Gesetz über das Verlagsrecht vom 19.6.1901 (RGBl IS 217; BGBl III/ FNA 441-1) Verlagsrecht Vermittlungsausschuss Fünftes Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer 5. Vermögensbildungsgesetz idF der Bekanntmachung vom 4.3.1994 (BGBl IS 406; BGBl III/FNA 800-9) Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz VermG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.12.1998 (BGBl I S 4026; BGBl III/FNA III-19) Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung (Jahr, Seite) Verwaltungszustellungsgesetz vom 3.7.1952 (BGBl IS 379; BGBl III/ FNA 201-3) Vereinigte Zivilsenate Verfügung Verwaltungsgericht vergleiche Vergleichsordnung vom 26.2.1935 (RGBl IS 321, ber S 356; BGBl ΠΙ/ FNA 311-1) Verordnung Verdingungsordnung für Bauleistungen, Fassung 30.5.2000; Bundesanzeiger 2000, Nr 126a Verordnungsblatt Vorauflage

Vorbemerkung Verkehrsrechts-Sammlung (1.1949 ff; Band, Seite) Verbraucher und Recht (Jahr, Seite) Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz) vom 30.5.1908 (RGBl S 263; BGBl III/FNA 7632-1) Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.1.1960 (BGBl IS 17) idF der Bekanntmachung vom 19.3.1991 (BGBl IS 686, BGBl III/FNA 340-1), zuletzt geändert durch Gesetz vom 20.12.2001 (BGBl IS 3987) Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz vom 27.4.1953 (BGBl IS 157; BGBl III/FNA 201-4), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.1997 (BGBl IS 3039) Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen, als Fortsetzung der von Otto Warneyer hrsg Rechtsprechung des Reichsgerichts (1959/60 ff) Warneyer, Rechtsprechung des Reichsgerichts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des RG abgedruckt ist, herausgegeben von Warneyer (Jahr, Nummer) Gesetz über das Wohnungseigentum und das Dauerwohnrecht (Wohnungseigentumsgesetz) vom 15.3.1951 (BGBl IS 175, ber S 209; BGBl III/FNA 403-1) Wechselgesetz vom 21.6.1933 (RGBl IS 399; BGBl III/FNA 4133-1) Wirtschaftsrechtliche Beratung. Zeitschrift f. Wirtschaftsanwälte und Unternehmensjuristen (Jahr, Seite) Gesetzblatt der Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebiets (1.1947-3.1949) Erstes Gesetz zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität vom 29.7.1976 (BGBl IS 2034; BGBl III/FNA 453-18-1) Zeitschrift für (bis 15.1996: Wirtschaft, Steuer, Strafrecht) Wirtschaftsund Steuerstrafrecht (1.1982 ff) Wertpapier-Mitteilungen (Teil IV, Wirtschafts-, Wertpapier- und Bankrecht; Jahr, Seite) weitere Nachweise Gesetz zur Sicherung der Zweckbestimmung von Sozialwohnungen (Wohnungsbindungsgesetz) idF der Bekanntmachung vom 19.8.1994 (BGBl IS 2166, ber S 2319; BGBl III/FNA 2330-14) Wohnungsbau-Prämiengesetz (WoPG 1996) idF vom 30.10.1997 (BGBl I 2678; BGBl III/FNA 2330-9) Die Wirtschaftsprüfung (Jahr, Seite) Wertpapierhandelsgesetz in der Bekanntmachung vom 9.9.1998 (BGBl I S 2708) Gesetz über eine Berufsordnung der Wirtschaftsprüfer (Wirtschaftsprüferordnung) idF vom 5.11.1975 (BGBl IS 2803; BGBl m/FNA 702-1) Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht (Band, Seite) Zeitschrift des Württembergischen Notarvereins Wohnungs wirtschaft und Mietrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht (Jahr, Seite) zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Jahr, Seite) LIX

Abkürzungsverzeichnis

ZBlFG ZfA ZfB ZfbF ZfG ZGR ZHR

Ziff ZInsO ZIP ZKW ZMR ZNotP ZPO ZPR ZRP ZSEG

ZStrW zT zust zutr ZVersWiss ZVG

zw ZZP

LX

Zentralblatt für die freiwillige Gerichtsbarkeit und Notariat (Jahr, Seite) Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Betriebswirtschaft (Jahr, Seite) Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Jahr, Seite) Zeitschrift für Gesetzgebung (Jahr, Seite) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (bis 1960 = Band 123: Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht) zitiert: [Band (Jahr) Seite] Ziffer Zeitschrift für das gesamte Insolvenzrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis (Jahr, Seite) Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen (Jahr, Seite) Zeitschrift für Miet- und Raumrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für die Notarpraxis (1.1998 ff; Jahr, Seite) Zivilprozeßordnung idF vom 12.9.1950 (BGBl IS 533; BGBl III/ FNA310-4) Zivilprozessrecht Zeitschrift für Rechtspolitik (Jahr, Seite) Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1.10.1969 (BGBl IS 1756; BGBl III/FNA 367-1) Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft [Band (Jahr) Seite] zum Teil zustimmend zutreffend Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft (von 1901 bis 1943, Bände 1-43; Jahr, Seite) Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung (Zwangsversteigerungsgesetz) vom 24.3.1897 (RGBl S 97) idF der Bekanntmachung vom 20.5.1898 (RGBl S 713; BGBl III/FNA 310-14), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5.4.2002 (BGBl IS 1250) zweifelhaft Zeitschrift für Zivilprozess [Band (Jahr) Seite]

Literaturverzeichnis ACFE Fraud Examiner's Manual

Association of Certified Fraud Examiners (Hrsg.), Fraud Examiner's Manual, 3. Aufl., Austin/Tx. 1999

ACFE Ponzi Schemes

Association of Certified Fraud Examiners (Hrsg.), Recognizing Ponzi Schemes, Austin/Tx. 1999

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Wassermann, Rudolf (Hrsg.), Kommentar zur Strafprozessordnung, Reihe Alternativkommentare, Neuwied 1992

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Assmann, Heinz-Dieter (Hrsg.), Wertpapierhandelsgesetz, 3. Aufl., Köln 2003

A/W/Bearbeiter

Achenbach, Hans/Wannemacher, Wolfgang J., Beraterhandbuch zum Steuer- und Wirtschaftsstrafrecht, Herne/Berlin, Stand Januar 1999

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Balz, Manfred/Landfermann, Hans-Georg, Die neuen Insolvenzgesetze, 2. Aufl., Düsseldorf 1999

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Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus J., Handelsgesetzbuch, 31. Aufl., München 2003

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Baumbach, Adolf/Hueck, Götz, GmbH-Gesetz, 16. Aufl., München 1996

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Baur, Fritz/Stürner, Rolf, Zwangsvollstreckungs-, Konkurs-, und Vergleichsrecht, Bd. 1 Einzelvollstreckung, Heidelberg 1995; Bd. 2 Insolvenzrecht, Heidelberg 1999

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Beck, Siegfried/Depré, Peter (Hrsg.), Praxis der Insolvenz. Ein Handbuch für die Beteiligten und ihre Berater, München 2003

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Budde, Wolfgang Dieter/Clemm, Hermann/Ellrott, Helmut/Förschle, Gerhardt/Schnicke, Christian, Beck'scher Bilanz-Kommentar Handels- und Steuerrecht, 3. Aufl., München 1995

Beck'sches Handbuch der GmbH/ Bearbeiter

Müller, Welf/Hense, Burkhard, Beck'sches Handbuch der GmbH, 3. Aufl., München 2002

Bente Diss

Bente, Ulrich, Die Strafbarkeit des Arbeitgebers wege Beitragsvorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt (S 266a StGB), Diss. Univ. Göttingen 1991, Frankfurt am Main 1992

Berscheid

Berscheid, Ernst-Dieter, Arbeitsverhältnisse in der Insolvenz, Recklinghausen 1999 LXI

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Birkholz, Matthias, Untreuestrafbarkeit als strafrechtlicher „Preis" der beschränkten H a f t u n g , Berlin 1998

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Bockemühl, Jan (Hrsg.), Handbuch des Fachanwaltes Strafrecht, 2. Aufl., Neuwied 2002

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Brandes, Helmut, Höchstrichterliche Rechtsprechung z u m Insolvenzrecht, 3. Aufl., Köln 1997

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Braun, Eberhard (Hrsg.), Insolvenzordnung. Kommentar, München 2002

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Braun, Eberhard/Uhlenbruck, Wilhelm, Unternehmensinsolvenz: Grundlagen, Gestaltungsmöglichkeiten, Sanierung mit der Insolvenzordnung, Düsseldorf 1997

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Breutigam, Axel/Blersch, Jürgen/Goetsch H. W., Berliner Praxiskommentar Insolvenzrecht, Freiburg/ Berlin, Stand 1998 (Loseblatt)

Bruder

Bruder, in: Wimmer, Klaus/Dauernheim, Jörg/Wagner, Martin/Weidekind, Sabine-Sofie, Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht, Neuwied 2002

Brun Informatik - Revision i Controlling

Brun, Jürg, Informatik - Revision & Controlling, Zürich 2000

Budde/Förschle

Budde, Wolfgang Dieter/Förschle, Gerhart, Sonderbilanzen: von der Gründungsbilanz bis zur Liquidationsbilanz, 3. Aufl., München 2002

Burgermeister

Burgermeister, Udo, Der Sicherheitenpool im Insolvenzrecht, 2. Aufl., Köln 1996

Ciolek-Krepold

Ciolek-Krepold, Katja, Durchsuchung u n d Beschlagnahme in Wirtschaftsstrafsachen, München 2000

Coenenberg

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Beginn eines Ermittlungsverfahrens

Vor der Frage, wo die benötigten Informationen für ein Ermittlungsverfahren zu beschaffen 1 sind, steht die Entscheidung, auf welche Tatsachen es überhaupt ankommt. Obwohl natürlich jeder Fall seine Besonderheiten aufweist, lassen sich dazu einige generelle Aussagen treffen. Im Vordergrund steht dabei die Aufgabe, die regelmäßig vorzufindende Komplexität zu reduzieren. Das geschieht durch Selektieren des Tatsachenstoffs und Zuordnen der Informationen zu den jeweiligen Taten. Erforderlichenfalls muss noch eine weitere Aufteilung in verschiedene Tatteile oder in für die Beurteilung maßgebliche Aspekte vorgenommen werden. Hinzu kommt meist noch die Zusammenstellung der tat-

übergreifenden Gesichtspunkte. 1.

Strafanzeigen

Die Staatsanwaltschaft kann auf verschiedene Art auf mögliche Insolvenzdelikte aufmerk- 2 sam werden. 1 Zum einen kann sie eine Strafanzeige erreichen, die entweder unmittelbar bei ihr oder bei der Polizei einging. Weiter kann eine Mitteilung vom Insolvenzgericht auf der Basis der Anordnung über die Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi2) eingehen. Erlangt die Staatsanwaltschaft die Kenntnis von möglichen Straftaten durch Übersendung von Zivilakten, Anfragen, Anrufen oder durch die Lektüre allgemein zugänglicher Tageszeitungen, kann sie die Ermittlungen von Amts wegen aufnehmen. Je nachdem, worin die erste Informationsquelle bestand, werden mehr oder weniger kon- 3 krete und verlässliche Angaben vorliegen. Am gehaltvollsten sind sicherlich die auf der Basis einer MiZi angeforderten Insolvenzakten, 3 gefolgt von Strafanzeigen, die meistens von den Rechtsvertretern geschädigter Gläubiger oder von gesetzlichen Krankenkassen als Einzugsstellen der Sozialversicherungsbeiträge, 4 seltener von Insolvenzverwaltern stammen. In allen Fällen besteht aber üblicherweise weiterer, vom Einzelfall abhängiger Ermittlungsbedarf. Strafanzeigen müssen zunächst auf ihre Schlüssigkeit geprüft werden. Rechtlich handelt 4 es sich dabei um die Klärung der Frage, ob ein Anfangsverdacht iSv $ 152 Abs 2 StPO besteht. 5 Zwar werden Strafanzeigen aufgrund der Aktenordnung immer in das Js-Register der Staatsanwaltschaft eingetragen. Dies dient aber nur Registraturzwecken. Die Vergabe eines Js-Aktenzeichens ist deshalb keineswegs gleichbedeutend mit der Bejahung eines An-

1 2 3 4 5

U m f ä n g l i c h e A u f l i s t u n g bei B/Quedenfeld/RichterRn D a z u Näheres unten Rn 10 ff. Zur Verwertungsproblematik vgl u n t e n Rn 16 ff. Vgl d a z u u n t e n § 21 Rn 6 2 f. Ciolek-Krepold Rn 18.

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fangsverdachts.6 Ob ein solcher vorliegt, muss bei Strafanzeigen immer gesondert geprüft werden und zwar unabhängig davon, ob bereits ein Js-Aktenzeichen vergeben wurde oder nicht. Nur wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat vorliegen, dh wenn ein Anfangsverdacht zu bejahen ist, darf die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen förmlich aufnehmen.7 Ist das der Fall, so muss sie in die Ermittlungen eintreten. Sie unterliegt also dem Legalitätsprinzip. 5 Unter welchen Voraussetzungen ein Anfangsverdacht zu bejahen ist, liegt nicht im Ermessen der Staatsanwaltschaft. Sie verfügt aber über einen gewissen Beurteilungsspielraum. Sie hat dabei zu prüfen, ob der bekannte Sachverhalt unter ein Strafgesetz fällt oder auf die Verwirklichung einer Straftat hindeutet. Bei der Entscheidung dürfen kriminalistische Erfahrungen berücksichtigt werden. Es können entfernte Indizien genügen, die aber nicht nur in reinen Vermutungen bestehen dürfen.8 6 Insbes bei Strafanzeigen von Privatpersonen kommt es recht häufig vor, dass der Sachverhalt unklar ist. In einem solchen Fall hängt das weitere Vorgehen davon ab, ob das Mitgeteilte es immerhin denkbar erscheinen lässt, dass durch Nachfragen ein Anfangsverdacht entsteht. In diesem Fall kann der Anzeigeerstatter angeschrieben, zur Polizei oder Staatsanwaltschaft zwecks Vernehmung vorgeladen oder er in Eilfällen auch angerufen werden. Ergibt sich auch aufgrund der ergänzenden Angaben kein konkreter Tatverdacht, hat die Staatsanwaltschaft die Aufnahme von Ermittlungen ebenso abzulehnen, als wenn die Strafanzeige von vorn herein nicht auf eine mögliche Straftat hinweist - sei es, dass sie unklar ist, die Unklarheiten aber auf sich beruhen können, weil aufgrund des Mitgeteilten nichts auf ein strafbares Geschehen hindeutet, sei es, dass der Sachverhalt zwar umfassend dargelegt wurde, er aber unter kein Strafgesetz fällt. 7 Es kann nicht genug Sorgfalt auf die Prüfung der Schlüssigkeit von Strafanzeigen verwandt werden. Es ist nicht nur eine Fehlsteuerung von Ressourcen, sondern streng genommen sogar rechtswidrig, Ermittlungsschritte vorzunehmen oder zu veranlassen, wenn kein Anfangsverdacht besteht. Deutet der in der Strafanzeige geschilderte Sachverhalt nicht auf das mögliche Vorliegen einer Straftat hin, so ist die Aufnahme von Ermittlungen sogleich abzulehnen und der Anzeigende nebst Rechtsbelehrung gem oder analog $ 171 StPO entsprechend zu bescheiden. Es ist falsch, ohne Schlüssigkeitsprüfung in die Ermittlungen einzutreten. Ein erheblicher Teil der Überlastung auch insolvenzstrafrechtlich ausgerichteter staatsanwaltschaftlicher Dezernate findet seine Erklärung darin, dass Akten ohne Prüfung des Anfangsverdachts mit Ermittlungsaufträgen zur Polizei gesandt werden. Gelangen sie dann nach Wochen oder Monaten wieder auf den Tisch des Staatsanwalts, dann ist sein Aufwand zur Feststellung mangelnden Tatverdachts ungleich größer als es am Anfang der Fall gewesen wäre: Während er zu Beginn der Ermittlungen den Inhalt von vielleicht nur 10 Aktenblättern hätte auswerten müssen, kann es vorkommen, dass er sich nun durch 200 oder mehr Aktenblätter durcharbeiten muss. Natürlich kommt es vor, dass im Zuge solcher nicht angezeigten Ermittlungen trotzdem ein Tatverdacht bekannt wird. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine Zufallserkenntnis, es ändert aber nichts an der Systemwidrigkeit einer derartigen Handhabung. 2.

Andere Informationsquellen

8 Erhält die Staatsanwaltschaft auf andere Weise als durch eine Strafanzeige Kenntnis von einem möglicherweise strafbaren Verhalten, so hat sie von Amts wegen ebenfalls zu prü6 7 8

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Verkannt von Ciolek-Krepold Rn 3 2 f. Ciolek-Krepold Rn 3 0 f. Meyer-Go^ner Rn 4 zu $ 152StPO.

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Informationsbeschaffung der Staatsanwaltschaft und Gestaltung des Ermittlungsverfahrens

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fen, ob die vorliegenden Informationen bereits die Schwelle des Anfangsverdachts überschritten haben oder nicht. Bejahendenfalls ist das einzuleitende Verfahren sogleich im JsRegister zu erfassen. Verneinendenfalls muss die Staatsanwaltschaft den Vorgang unter AR registrieren und weitere klärende Schritte unternehmen. Auch wenn diese Aktivitäten auf Informationsbeschaffung gerichtet sind, so handelt es sich 9 doch nicht um förmliche Ermittlungen. Aus diesem Grunde stehen ihr in diesem Stadium des Verfahrens die strafprozessualen Zwangsmittel noch nicht zur Verfügung. 9 Sie ist deshalb darauf angewiesen, dass ihr die erfragten Informationen freiwillig mitgeteilt werden. Im Einzelfall kann es allerdings vorkommen, dass das zögerliche Verhalten oder die Verweigerungshaltung gegenüber einem Auskunftswunsch nach kriminalistischer Erfahrung die Möglichkeit einer Straftat um so wahrscheinlicher erscheinen lässt, dass allein deswegen nunmehr ein Anfangsverdacht zu bejahen ist. Liegen nach Eingang der erforderlichen weiteren Informationen genügende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer verfolgbaren Straftat vor, hat die Staatsanwaltschaft die förmlichen Ermittlungen aufzunehmen und den AR-Vorgang aufgrund des nunmehr bestehenden Anfangsverdachts von Amts wegen in das Js-Register umzutragen. 3.

Mitteilungen in Zivilsachen

Die Insolvenzgerichte sind nach Nrn Xlla 2 und 3 des 2. Teils, 3. Abschnitt der Anordnung 10 über die Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi) verpflichtet, die Staatsanwaltschaften davon in Kenntnis zu setzen, wenn sie ein Insolvenzverfahren eröffnet oder einen Antrag auf Eröffnung mangels Masse abgewiesen haben. Überdies sind die Vollstreckungsabteilungen der Amtsgerichte gem Nr X 2 Abs 1 Nrn 1 und 2 MiZi verpflichtet, den Staatsanwaltschaften die Termine zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung gem $ 807 ZPO ebenso bekannt zu geben wie Haftanordnungen gem $ 901 ZPO, soweit davon eine Gesellschaft ohne unbeschränkt haftende natürliche Person betroffen ist. Bei der MiZi handelt es sich um eine bundesweit einheitliche, auf Ländervereinbarung beruhende Verwaltungsvorschrift, welche seit Inkrafttreten des Justizmitteilungsgesetzes10 am 1.6.1998 ihre Rechtsgrundlage auch in § 12 Abs 5 EGGVG finden könnte. Die MiZi sollen die Staatsanwaltschaften in die Lage versetzen, gezielt nach Anhaltspunk- 11 ten für Insolvenzdelikte zu suchen. 11 Sie gehen mit eingehenden Mitteilungen der Amtsgerichte ganz unterschiedlich um und bewegen sich dabei zwischen den Extremen, einerseits jede in einer MiZi bezeichnete Akte anzufordern und auszuwerten und andererseits nur dann weitere Aktivitäten zu entfalten, wenn der Inhalt der Mitteilung selbst einen Anfangsverdacht begründet (zB bei Abweisung eines von einer gesetzlichen Krankenkasse gestellten Insolvenzantrags). Ersteres mag reiner Lehre entsprechen, ist aber aus Kapazitätsgründen nicht ohne Einschränkungen durchführbar. Letzteres wird hingegen in dieser Schärfe den Intentionen der MiZi nicht gerecht, bietet aber insoweit einen zutreffenden Ausgangspunkt, als diese Ansicht auf den Zweck der MiZi hinweist. Eine alternative Handhabung besteht in einer Absprache mit dem Insolvenzgericht, die Akten von Amts wegen zu übersenden, wenn sie Hinweise auf Straftaten enthalten. Zu empfehlen ist diese Praxis aber nur dann, wenn sie von den Insolvenzrichtern zuverlässig eingehalten wird. Der Eingang einer MiZi soll der Staatsanwaltschaft die Prüfung ermöglichen, ob sie tätig 12 werden muss. Zum Einschreiten ist sie aber gem S 152 Abs 2 StPO nur verpflichtet, wenn ein Anfangsverdacht besteht. Das bedeutet, dass die im Anschluss an den Eingang einer MiZi 9 Lange DRiZ 2002, 2 6 4 , 2 7 0 f. 10 vom 18.6.1997, BGBl 1,1430. 11 M-G/B/Bieneck Rn 75/51. Bittmann

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entfaltete staatsanwaltschaftliche Tätigkeit gerade nicht das Vorliegen eines Anfangsverdachts zwingend voraussetzt. Es ist folglich zu unterscheiden: Begründet der Inhalt der MiZi selbst den Anfangsverdacht einer verfolgbaren Straftat, dann muss die Staatsanwaltschaft förmliche Ermittlungen aufnehmen und die anzulegende Akte im Js-Register erfassen. 12 Lässt der Inhalt der MiZi hingegen offen, ob ein Anfangsverdacht vorhanden ist oder nicht, darf die Staatsanwaltschaft den Eingang der MiZi zum Anlass weiterer Prüfungen unter einem AR-Aktenzeichen nehmen, ist dazu aber nicht in jedem Fall gezwungen. Sie hat ihre diesbezügliche Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen und sich dabei an kriminalistischen Erfahrungen zu orientieren. Es empfiehlt sich, allgemeine Regeln dafür (zB in einer Hausverfügung) aufzustellen, welche allerdings nicht endgültig festgeschrieben, sondern den jeweils vorhandenen Kapazitäten flexibel angepasst werden sollten. 13

Nicht erforderlich ist es zB, die Akten aller Verbraucherinsolvenzen auszuwerten. Auch wenn ein Insolvenzantrag gegen einen Einzelhandelskaufmann oder eine mit einem persönlich haftenden Gesellschafter versehene Personenhandelsgesellschaft nicht von einer gesetzlichen Krankenkasse stammt, ist die Anforderung der IN-Akte nicht zwingend erforderlich. Es kann zwar sein, dass sie Hinweise auf zB Buchführungs- und/oder Bilanzierungsmängel, auf beiseite geschaffte Vermögensgegenstände oder auf unwirtschaftliches Gebaren enthält. Das ist aber lediglich möglich und nicht etwa derart wahrscheinlich, dass allein aufgrund der MiZi mit dem Vorliegen einer Insolvenzstraftat gerechnet werden müsste.

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Zwar ist staatsanwaltschaftliches Einschreiten gegen den Geschäftsführer einer GmbH geboten, wenn er für diese die eidesstattlichen Offenbarungsversicherung abgegeben oder die Erfüllung dieser Pflicht mit der Folge verweigert hat, dass Haftbefehl gemäß $ 901 ZPO erging, nicht aber schon aufgrund jeder Mitteilung eines Termins dazu. 13 Es kann nämlich auch unter Geltung der InsO durchaus vorkommen, dass diese Zuspitzung lediglich auf einer Zahlungsstockung 14 beruht und es ist j a auch noch keineswegs gewiss, ob die eidesstattliche Versicherung tatsächlich abgegeben werden muss, weil der antragstellende Gläubiger durchaus noch vor dem Termin Befriedigung erfahren könnte. Es empfiehlt sich aber sehr, derartige MiZi zu registrieren. Das gilt für alle derartigen Mitteilungen, wenn sie sich auf Verantwortliche solcher Gesellschaften beziehen, hinsichtlich derer die Unterlassung rechtzeitiger Insolvenzanmeldung strafbewehrt ist. 15 Nach allgemeinen Erfahrungen spricht nämlich jedenfalls die dritte Ladung zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung binnen 6 Monaten für Insolvenzreife aufgrund eingetretener Zahlungsunfähigkeit. In einem solchen Fall sind Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung einzuleiten, ohne dass es zuvor der Auswertung der den MiZi zugrundeliegender Akten (des Gerichtsvollziehers oder des Vollstreckungsgerichts) bedürfte.

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Im Gegensatz dazu bieten MiZi über Insolvenzeröffnung oder Abweisung mangels Masse für sich allein regelmäßig noch keinen ausreichenden Anlass, schon zu diesem Zeitpunkt von Amts wegen ein förmliches Ermittlungsverfahren einzuleiten. Bezieht sich eine solche MiZi aber auf einen Insolvenzantrag einer gesetzlichen Krankenkasse, so ist es unabhängig von der Rechtsform des Schuldners angezeigt, die IN oder IK-Akten vom Insolvenzgericht anzufordern. Gleiches gilt unabhängig vom Antragsteller für die Mitteilung einer Insolvenz einer solchen Gesellschaft, bezüglich derer das Unterlassen rechtzeitigen Stellens eines Insolvenzantrags strafbar ist. 16

12 Verkannt von Ciolek-Krepold Rn 36. 13 Ciolek-Krepold Rn 37; sa Weyand Rn 141. 14 Vgl dazu unten S 7 Rn 15 und $ 11 Rn 58. 15 Vgl dazu unten § 11 Rn 1. 16 Vgl dazu u n t e n S U R n l . 4

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Die Grenzen des $ 97 Abs 1 S 3 InsO

Dass die Insolvenzakten von der Staatsanwaltschaft angefordert werden dürfen, ist unstreitig. Was die Staatsanwaltschaft m i t ihnen anfangen darf, ist jedoch aufgrund der Verwend u n g s b e s c h r ä n k u n g s r e g e l u n g 1 7 des $ 9 7 Abs 1 S 3 I n s O 1 8 heftig umstritten. Das LG Stuttgart 1 9 hält es schon für unzulässig, dass die Staatsanwaltschaft aufgrund des Inhalts der Insolvenzakten ein Ermittlungsverfahren einleitet, wenn dem Insolvenzverfahren ein Eigenantrag des Schuldners zugrunde liegt. Es empfiehlt stattdessen, allein aufgrund der Tatsache der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse auf das Vorliegen eines Anfangsverdachts der Insolvenzverschleppung zu schließen. 2 0 Ein solcher Schluss ist nun aber keineswegs zwingend, weil sich bei genauer Prüfung eben doch i m m e r mal wieder zeigt, dass zB mangels subjektiven Tatbestands eine Strafbarkeit gem $ 8 4 Abs 1 Nr 2 G m b H G zu verneinen ist. Richter21 empfiehlt als Konsequenz aus dem zitierten Beschluss des LG Stuttgart, Insolvenzakten nur noch als Beiakten zu führen und auf das Fertigen von Ablichtungen für die Akten des Ermittlungsverfahrens zu verzichten. Köhler22 hingegen wollte ursprünglich $ 9 7 Abs 1 S 3 InsO nur dann eingreifen lassen, wenn die Auskunft nach richterlicher Anordnung erteilt worden war. Seine j e t z i g e Ansicht deckt sich jedoch m i t der hier vertretenen Auffassung. Bei genauer Prüfung zeigt sich, dass die Vorschrift des $ 9 7 Abs 1 S 3 InsO keineswegs so weit reicht, wie va das LG Stuttgart, aber auch Richter und Weyand sie interpretieren. 2 3 Nicht verwendbar iS eines V e r w e r t u n g s v e r b o t s m i t u m f a s s e n d e r F e r n w i r k u n g 2 4 sind nämlich ebenso a u s s c h l i e ß l i c h wie a u s n a h m s l o s alle A n g a b e n des Schuldners bzw bei Gesellschaften ihres Organs (oder ihrer Rechtsvertreter 2 5 ), die in E r f ü l l u n g d e r A u s k u n f t s pflicht nach $ 97 Abs 1 S 1 InsO getätigt wurden. 2 6 Alle Pflichtangaben im Zusammenhang m i t einem E i g e n a n t r a g , § 15 Abs 2 S 1 InsO, fallen demgegenüber nicht unter § 9 7 Abs 1 S 3 InsO. Insoweit gilt allerdings ein V e r w e r t u n g s v e r b o t nach den Grundsätzen des Gemeinschuldnerbeschlusses des BVerfG. 2 7 Im Unterschied zum Verwendungsverbot des § 9 7 Abs 1 S 3 InsO fehlt es beim bloßen Verwertungsverbot an einer Fernwirkung. Falsche Angaben und (ganz oder teilweises) Schweigen des Schuldners oder dessen Organs sind sogar uneingeschränkt verwendbar. 2 8 Hat nur ein Mitglied eines vertretungsberechtigten Organs Angaben gemacht, so sind diese im Verfahren gegen ein anderes Mitglied verwertbar. 2 9 Aber auch die Fernwirkung des Verwendungsverbots des § 9 7 Abs 1 S 3 InsO führt lediglich dazu, dass die Staatsanwaltschaft selbst die darunter fallenden Angaben weder unmittelbar

17 Zum Unterschied zwischen einem Verwertungs- und einem Verwendungsverbot vgl allgemein Dencker FS Meyer-Goßner, S 237ff; Hefendehl, wistra 2003, 1, 6, betrachtet beide Begriffe hingegen als Synonyme. 18 M-G/BIBieneck, Rn 76/67 ff, spricht anschaulich, aber nicht ganz zutreffend, vom „Insolvenzgeheimnis". Anders als zB beim „Sozialgeheimnis" nach §§ 67 ff SGB X schützt nämlich § 97 Abs 1 S 3 InsO nicht den Inhalt, sondern lediglich eine bestimmte Herkunftsquelle. 19 wistra 2000,439 f m krit Anm Richter; zust Weyand Rn 143. 20 Ebenso Richter wistra 2 0 0 0 , 1 , 2 ; Weyand ZInsO 2001,108,109. 21 Wistra 2000,440. 22 W β/Köhler, 1. Aufl, Rn 2/528; nunmehr Rn 7/408. 23 Ähnlich wie hier Hefendehl wistra 2003,1 ff. 24 Weyand ZInsO 2001,108,109. 25 M-G/B IBieneck Rn 75/83. 26 Bittmann/Rudolph wistra 2001,81,84; M-G/B IBieneck Rn 75/81; Uhlenbruch NZI2002,401,405. 27 BVerfGE 56, 41; wistra 2004, 19; sa NJW 2001, 745 f: Verwertungsverbot hinsichtlich solcher Erkenntnisse, welche der Insolvenzverwalter aus der Lektüre der ebenfalls der Postsperre gem § 99 InsO unterliegenden Verteidigerpost gewonnen hat; krit dazu Marberth - Kubicki StV 2001,433 ff. 28 Richter wistra 2000,1,3; M-G/B IBieneck Rn 75/77 f; Bittmann/Rudolph wistra 2001,81,83 f. 29 M-G/B/Bieneck Rn 75/83.

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verwerten noch mittelbar als Ansatz zu weiteren Ermittlungen verwenden darf. Sie hat dagegen nicht etwa die zusätzliche Bedeutung, dass die im Insolvenzverfahren (auch) unter Nutzung der Angaben des Schuldners bzw dessen Organs gewonnenen Erkenntnisse für die Staatsanwaltschaft tabu wären.30 Was zB der Verwalter im Insolvenzverfahren vom Schuldner bzw dessen Organ erfährt, darf die Staatsanwaltschaft nicht verwenden, selbst wenn sie es vom Verwalter mitgeteilt bekommt. Was aber der Verwalter aufgrund der Angaben des Schuldners bzw dessen Organs herausfindet, darf die Staatsanwaltschaft uneingeschränkt verwenden und verwerten.31 § 97 Abs 1 S 3 InsO normiert keine mittelbare Fernwirkung.32 Erkenntnisse, die der Verwalter sowohl aufgrund von unter § 97 Abs 1 S 3 InsO fallenden Angaben als auch aus anderen, von diesen Angaben unabhängigen Ομεΐΐεη gewonnen hat, darf die Staatsanwaltschaft ebenfalls soweit uneingeschränkt nutzen, wie gesichert ist, dass sie sich dabei nicht auf die Angaben des Schuldners bzw dessen Organs stützt. Die erwähnten unabhängigen Quellen dürfen also im Ermittlungs- und Strafverfahren ohne Einschränkung zu Beweiszwecken genutzt werden.33 20 Aus diesem Grunde dürfen die Geschäfts- oder sonstige einschlägige Unterlagen 34 , insbes, soweit sie die Buchführung betreffen, von der Staatsanwaltschaft ohne Einschränkung umfassend ausgewertet werden. Das ist im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung, einhellige Auffassung. Ob sie zuvor versteckt waren und der Verwalter sie schließlich nur aufgrund einer Auskunft des Schuldners oder dessen Organs aufgefunden hatte oder ob er zuerst aus gleicher Quelle auf Manipulationen der Buchhaltung oder auf unlautere Finanztransaktionen aufmerksam gemacht worden war, spielt selbst dann keine Rolle, wenn die Staatsanwaltschaft erst aufgrund einer Aussage des Verwalters auf diesen Straftatverdacht aufmerksam wurde. Maßgeblich ist allein, dass die Auskünfte des Schuldners oder die von dessen Organ getätigten Angaben nicht im Ermittlungs- oder Strafverfahren verwendet werden. Führen aber solche Informationen das Insolvenzgericht oder den Insolvenzverwalter, ggf auch andere Personen wie zB Gläubiger, zu Erkenntnisquellen mit selbständigem Beweiswert, so gibt es für die Strafjustiz keine Verwendungshindernisse. 21 Der von Hefendehl35 vorgenommenen Differenzierung zwischen der uneingeschränkten Verwertbarkeit von Unterlagen, die der Schuldner aufgrund von handelsrechtlichen Buchführungspflichten aufzubewahren hatte, und der Unverwertbarkeit vom Schuldner dem Verwalter zugänglich gemachter freiwillig aufbewahrter oder geführter Unterlagen kann nicht gefolgt werden. Der Schuldner hat nämlich dem Verwalter, im Insolvenzeröffnungsverfahren sogar dem schlichten Gutachter, sämtliche Vermögenswerte offen zu legen. Dazu gehören nicht nur die vom Handelsrecht erfassten Buchführungsunterlagen,36 sondern auch sämtliche den Vermögensstand betreffende Unterlagen, wie § 283 Abs 1 Nr 6 StGB zeigt.37 Das bedeutet aber nicht nur eine Gleichsetzung zwischen Buchhaltungs- und sonstigen Unterlagen, sondern auch eine Gleichbehandlung mit sämtlichen herausgabe- oder auch nur vorlagepflichtigen Vermögensgegenständen des Schuldners. Es muss daher bei

30 Hefendehl wistra 2 0 0 3 , 1 , 8 f. 31 Ebenso Hefendehl wistra 2 0 0 3 , 1 , 8 f, aber beschränkt auf aufbewahrungspflichtige Buchhaltungsunterlagen. 3Z M-G/B/Bieneck Rn 75/75. 33 Einzelheiten bei Bittmann/Rudolph wistra 2001, 81, 82ff; ebenso, wenn auch zweifelnd M-G/B/ Bieneck Rn 75/79 ff. 34 Insoweit aA Hefendehl wistra 2 0 0 3 , 1 , 9 . 35 Wistra 2 0 0 3 , 8 f. 36 Unstr, vgl zB S/S¡Stree/Heine Rn 3 zu $ 283 StGB. 37 Vgl auch insoweit S/S¡Stree/Heine Rn 39 zu § 283 StGB.

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dem Befund 38 bleiben, dass sämtliche Vermögensgegenstände mit eigenem Beweiswert im Ermittlungs- und Strafverfahren verwertbar sind, auch wenn sie dem Verwalter erst durch eine Auskunft des Schuldners oder von dessen Organ bekannt wurden. Wollte man anders entscheiden, dann geriete man zudem in unlösbare Auslegungsprob- 22 lerne hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an eine „Auskunft": Soll es etwa schon zur Unverwertbarkeit führen, wenn der Schuldner dem Verwalter (oder zuvor dem Gutachter) die schlichte Auskunft erteilt, er finde zB „alles was er brauche in diesem Schrank" und dort Hinweise auf beiseitegeschaffte bzw veruntreute Vermögensgegenstände lagern? Dürfen diese Hinweise strafprozessual nur verwendet werden, wenn dem Schuldner oder dessen Organ die Brisanz der Unterlagen nicht bewusst war? Oder führt es nur dann zur Unverwertbarkeit, wenn die Auskunft die Manipulation ganz konkret bezeichnet? Bejahte man ersteres, würde der Insolvenzverwalter als Zeuge nahezu völlig ausscheiden. Letzterenfalls hätte $ 97 Abs 1 S 3 InsO hingegen fast keinen Anwendungsbereich mehr. Soll die Verwertbarkeit hingegen von der inneren Tatsache des Wissens um die Brisanz der Auskunft abhängen, so wäre die Bestimmung kaum mehr justitiabel. Fazit: Es gibt kein sachgerechtes, die Anforderungen an das Vorliegen einer „Auskunft" differenzierendes Kriterium! Auch dies zeigt, dass jegliche „Auskunft" unverwertbar sein muss, sich die Unverwertbarkeit aber nicht auf den selbständigen Beweiswert eines jeden Vermögensgegenstands des Schuldners, also auch aller Unterlagen, erstrecken kann. Die Staatsanwaltschaft muss demzufolge genau prüfen, ob sie Informationen, welche sie 23 den Insolvenzakten entnimmt, verwenden und verwerten darf. Stimmt der Beschuldigte der strafprozessualen Verwendung seiner Angaben aus dem Insolvenzverfahren zu, dann besteht für Staatsanwaltschaft und Gerichte keinerlei Einschränkung hinsichtlich der Verwertbarkeit. Die Zustimmung ist unwiderruflich. 39 Der Beschuldigte kann auch nur einen Teil seiner Angaben freigeben. Nicht in seiner Macht steht es hingegen zu bestimmen, wofür und gegen wen seine freigegebenen Angaben verwendet werden dürfen.40 Um die Staatsanwaltschaft aber zunächst einmal überhaupt in die Lage zu versetzen, eine 24 solche Prüfung tatsächlich durchführen zu können, muss sie die Angaben aus den Insolvenzakten zur Kenntnis nehmen dürfen. Daran ist sie jedenfalls nicht durch § 97 Abs 1 S 3 InsO gehindert, normiert diese Vorschrift doch ausschließlich ein Verwendungs- und Verwertungs-, nicht aber ein Erhebungsverbot. 41 Alles andere wäre auch nicht systemgerecht, weil es nachgerade widersinnig wäre, der Staatsanwaltschaft mit der Regelung der MiZi die Aufgabe zuzuweisen, die Insolvenzakten zu untersuchen, ihr aber gleichzeitig verbieten zu wollen, deren Inhalt zur Kenntnis zu nehmen. Die Staatsanwaltschaft darf also auch unter Geltung der InsO die Insolvenzakten wie 25 nach altem Recht anfordern und auswerten. Sie darf auch aus deren Inhalt den Anfangsverdacht bestimmter Insolvenzstraftaten schöpfen. Anders als früher darf sie sich für ihre weiteren Ermittlungen aber nicht mehr uneingeschränkt auf den Inhalt der Insolvenzakten stützen. Sie ist vielmehr gehalten, im Einzelnen zu prüfen, aus welcher Quelle der Hinweis auf die mögliche Straftat stammt. Darüber kann im Einzelfall schon der Inhalt der Insolvenzakte verlässliche Erkennt- 26 nisse bieten. Das ist nicht nur dann der Fall, wenn der Verwalter in seinem Gutachten an-

3 8 Oben Rn 19. 3 9 M-G/B/Bieneck Rn 7 5 / 7 6 . 4 0 M-G/B/Bí'enrefe Rn 7 5 / 7 6 . 4 1 IE ebenso Deticker FS Meyer-Goßner, S 2 3 9 , 253, auch 243; ausführlich Hefendehl wistra 2 0 0 3 , 1, 4 ff; aA Uhlenbruch NZI 2 0 0 2 , 4 0 1 , 4 0 4 ; nicht eindeutig jedoch GmbHR 2 0 0 2 , 9 4 1 , 9 4 4 ; Weyand ZInsO 2001,108,109.

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führt, dass sich der Schuldner oder dessen Organ ihrer Auskunftspflicht entzogen haben, oder darlegt, dass er aufgrund eigener Recherchen auf strafrechtlich relevante Umstände wie zB verspätete Bilanzierung oder ab einem bestimmten Zeitpunkt auf nicht mehr geführte Bücher gestoßen ist, sondern auch dann, wenn der Eigenantragsteller die den Tatverdacht begründenden Informationen seinem Insolvenzantrag beifügte.42 Diese Angaben dürfen zwar aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht unmittelbar verwertet, wohl aber als Ermittlungsansätze verwendet werden. 27 Gibt die Insolvenzakte allein noch keinen Aufschluss über die Verdachtsquelle(n), dann ist die Staatsanwaltschaft gehalten, denjenigen zu vernehmen, der den Verdacht im Insolvenzverfahren aktenkundig gemacht hat. Das kann im Einzelfall ein Gläubiger oder der Insolvenzrichter, wird aber regelmäßig der Verwalter gewesen sein. In der Vernehmung ist dann die Herkunft der den Verdacht einer Straftat begründenden Information zu eruieren. Stammt sie vom Schuldner oder von dessen Organ, ist ferner zu klären, ob es für diese Information daneben auch noch eine selbständige Quelle gibt. Nur wenn das der Fall ist, darf die Staatsanwaltschaft diese Information verwenden und ihre weiteren Ermittlungen darauf stützen. 28 Der Zwischenschritt zur Klärung der Herkunft einer für die Ermittlungen relevanten Information unterbleibt in der Praxis allerdings nur allzu oft. Die Rechtsfolgen eines derartigen Verfahrensverstoßes können im Einzelfall gravierend sein und zur Einstellung des Verfahrens führen. Das findet seinen Grund darin, dass § 97 Abs 1 S 3 InsO eben nicht nur ein Verwertungs-, sondern ein Verwendungsverbot enthält, die Ermittlungsbehörden also eine Auskunft des Schuldners oder dessen Organs demzufolge auch nicht als Basis für weitere Ermittlungen benutzen dürfen. 29 Haben sie sich über dieses Verbot hinweggesetzt, so muss in dem konkreten Stadium, in welchem sich das Verfahren gerade befindet, retrospektiv geprüft werden, welche Erkenntnisse (Beweismittel, Informationen etc) ohne den Verfahrensverstoß nicht gewonnen worden wären. Dabei kommt es entscheidend auf die Kausalität an. Ebenso wie wenn Polizei oder Staatsanwaltschaft willkürlich Gefahr im Verzug annahmen und eine Durchsuchung selbst anordneten,43 greift ein Verwertungsverbot nur dann ein, wenn es den Ermittlungsorganen, ggf auch dem Gericht, nicht möglich gewesen wäre, die benötigten Informationen auch in rechtmäßiger Weise zu gewinnen.44 Ergibt die Prüfung, dass der Verfahrensverstoß nicht in diesem Sinne kausal für den aktuellen Erkenntnisstand war, muss das Verfahren schlicht fortgesetzt werden. Ist die Kausalität nur für bestimmte Beweismittel zu bejahen, so dürfen diese weder verwertet noch verwendet werden. Das Verfahren ist unter Beschränkung auf die übrigen, erforderlichenfalls durch ergänzende, auf einwandfreie Weise zu gewinnende Quellen fortzusetzen. Die eine Verurteilung tragende gerichtliche Überzeugung von der Schuld des Angeklagten muss jedenfalls auf einer Argumentationskette ohne jeglichen Rückgriff auf die erteilte Auskunft beruhen.45 30 Ergebnis der Prüfung kann aber zB auch sein, dass ohne den Verfahrensverstoß kein hinreichender Tatverdacht zu begründen gewesen wäre. Damit wäre also eine gleichwohl eingereichte Anklageschrift nicht zur Hauptverhandlung zugelassen worden. Gelangt das

42 Vgl dazu bereits oben Rn 18. 43 Vgl dazu unten Rn 221 ff. 44 OLG Naumburg, Urteil vom 1 4 . 1 . 2 0 0 4 , 2 Ss 449/03; LG Stuttgart wistra 2 0 0 0 , 4 3 9 f ; aA Hefendehl, wistra 2003, 1, 7f, aufgrund einer bereits im Ansatz verfehlten Disziplinierungsüberlegung. Die Staatsanwaltschaft ist aber nicht Partei des Strafverfahrens und es gibt keinen Grund, einen Angeklagten von einem Verfahrensfehler über dessen Beseitigung hinaus profitieren zu lassen. 45 Hefendehl wistra 2 0 0 3 , 1 , 7 .

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Informationsbeschaffung der Staatsanwaltschaft und Gestaltung des Ermittlungsverfahrens

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Gericht zu dieser Einsicht, so hat es das Verfahren einzustellen, außerhalb der Hauptverhandlung durch Beschluss, innerhalb der Verhandlung durch Prozessurteil, S 260 Abs 3 StPO. Das Verfahren gelangt damit wieder in das Stadium des Ermittlungsverfahrens zurück. Die Staatsanwaltschaft hat nun zu prüfen, ob es noch andere, zulässige Ermittlungsansätze gibt. Ist das nicht der Fall oder führen sie nicht zu einem hinreichenden Tatverdacht, so hat sie das Verfahren gem $ 170 Abs 2 StPO einzustellen. Dass es zu dieser Problematik außer dem Beschluss des LG Stuttgart keine veröffentlichte 31 Rspr gibt, obwohl die Prüfung der Herkunft und damit der Verwendbarkeit einer Information nicht durchweg mit der rechtlich gebotenen Sorgfalt geschieht, zeigt, dass sich ein solcher Verfahrensverstoß in den meisten Fällen mangels Kausalität nicht auf das Ermittlungsergebnis auswirkte.

II.

Aufnahme der E r m i t t l u n g e n

1.

Frühzeitige Einstellung nach dem Opportunitätsprinzip

a)

SS 153 Abs 1 und 153a Abs 1 StPO

Die Bejahung eines Anfangsverdachts zwingt die Staatsanwaltschaft aber nicht in jedem 32 Fall zu weiteren Ermittlungen. Abhängig vom Sachverhalt kann das Verfahren schon in diesem frühen Stadium reif für eine Einstellung nach dem Opportunitätsprinzip (§§ 153 ff StPO) sein. Zur Schonung der durchweg knappen Ressourcen empfiehlt es sich, einen solchen Verfahrensabschluss so früh wie möglich zu prüfen. Stellt sich nämlich heraus, dass eine Einstellung wegen Geringfügigkeit nach § 153 Abs 1 StPO (zB bei der verspäteten, aber vollständigen Nachzahlung der Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung, § 266a Abs 1 StGB, oder der verspäteten Errichtung einer Bilanz, § 283 Abs 1 Nr 7b oder § 283 Abs 1 Nr 3b StGB) möglich ist, so ist jede weitere Ermittlung nichts anderes als die Verschwendung von Kapazitäten.46 Wenn lediglich eine Einstellung gegen Auflagen nach $ 153a Abs 1 StPO angemessen er- 33 scheint, muss allerdings genau geprüft werden, ob eine derartige Erledigung ohne weitere Ermittlungen mit Aussicht auf Erfolg angepeilt werden kann. So sinnvoll das an sich ist, so sehr zeigt die Erfahrung, dass manche Beschuldigte, insbes Wirtschaftsstraftäter, die Zustimmung zur Erfüllung von Auflagen in einem frühen Verfahrensstadium nicht zu erteilen bereit sind. Dazu ringen sie sich häufig erst durch, wenn sie sich davon überzeugt haben, dass sie sich nur auf diese Weise vor unangenehmeren Folgen bewahren können. Die Staatsanwaltschaft muss also schon deshalb genau prüfen, ob sie dem Beschuldigten die Einstellung nach § 153a Abs 1 StPO anbietet, obwohl ihre Informationsbasis noch nicht gesichert ist. Verweigert der Beschuldigte die Zustimmung, so kann dies das Verfahren in doppelter 34 Weise belasten. Zum einen ist es zumeist nicht angemessen, einem Beschuldigten, der einmal die Zustim- 35 mung zu einer solchen Erledigung verweigert hat, ein derartiges Entgegenkommen nochmals anzubieten. Wer in Kenntnis seiner Straftaten noch nicht einmal bereit ist, eine milde und formlose Ahndung zu akzeptieren, der zeigt regelmäßig, dass er nicht zu seiner Verantwortung steht. Dann aber reicht auch die Festsetzung einer unterschwelligen Rechtsfolge regelmäßig nicht mehr aus. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei umfänglicher Einlassung mit Hinweisen auf tatsächliche oder rechtliche Zweifel, die vor der Erteilung der Zu-

4 6 Gleiches gilt für §§ 1 5 4 und 154a StPO, vgl dazu unten Rn 38ff. Begrenzter Strafklageverbrauch tritt nur nach gerichtlicher Einstellung (§ 153 Abs 2 StPO) ein, BGH NStZ 2 0 0 4 , 2 1 8 ff.

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1. Kapitel: Informationsbeschaffung

stimmungserklärung ausgeräumt werden sollen, kann ein wiederholtes Angebot zur Einstellung des Verfahrens gemäß $ 153a StPO sachgerecht sein. 36 Zum anderen hängt zwar der Verfahrensabschluss nach $ 153a Abs 1 StPO nicht davon ab, dass der Sachverhalt vollständig ermittelt ist. Er sollte aber immerhin soweit aufgeklärt sein, dass die Staatsanwaltschaft eine sichere Prognose dahingehend abgeben kann, dass die weiteren Ermittlungen zu einem hinreichenden Tatverdacht führen würden. Es ist nämlich nicht sachgerecht, bei verweigerter Zustimmung zu einer Einstellung gemäß S 153a Abs 1 StPO das Verfahren nach § 153 Abs 1 StPO oder gar nach $ 170 Abs 2 StPO einzustellen. Das würde den fatalen Eindruck erwecken, dass die Staatsanwaltschaft zurückweiche, wenn sich ein Beschuldigter nur als genügend hartnäckig erweise. Die Staatsanwaltschaft muss also von vorn herein das Risiko, dass nachträglich der Tatverdacht entfällt oder er sich minimiert, so gering wie möglich halten. Die folgenlose Einstellung nach gescheitertem Versuch, zu einer Verfahrensbeendigung gemäß $ 153a Abs 1 StPO zu gelangen, darf also nur die absolute Ausnahme sein. 37 So sehr es auch geboten ist, von der Einstellungsmöglichkeit gem § 153a Abs 1 StPO so früh wie möglich Gebrauch zu machen, so wird es doch nur höchst selten sachgerecht sein, letztgenannten Weg unmittelbar nach Bejahung des Anfangsverdachts zu beschreiten. Ein Ausnahmefall kann jedoch zB dann gegeben sein, wenn lediglich Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung, $ 266a Abs 1 StGB, in einer Höhe von vielleicht 4.000 € unbeglichen sind und keine Zweifel am Vorliegen der Leistungsfähigkeit bestehen. b)

Beschränkung des Verfahrensstoffs, SS 154,154a StPO

38 Eine Teileinstellung gemäß $ 170 Abs 2 StPO ist zwingend, soweit zwar ein ursprünglicher Anfangsverdacht nicht verneint werden kann, dieser aber aufgrund anderer Erkenntnisse bereits widerlegt ist. Darüber hinaus sollte aber auch geprüft werden, ob bestimmte Verdachtsmomente so gravierend sind, dass die Ermittlungen bereits zu diesem frühen Zeitpunkt auf sie konzentriert werden können. Ist das der Fall, so bietet es sich an, das Verfahren sogleich im Übrigen gemäß S 154 Abs 1 StPO vorläufig einzustellen oder die Verfolgung auf bestimmte rechtliche Aspekte zu konzentrieren.47 39 Ein solcher Schritt darf allerdings nicht leichtfertig unternommen werden. Es ist nämlich kaum einmal sicher abzusehen, wie sich ein Verfahren entwickelt. Auch wenn der Erkenntnisstand noch so eindeutig zu sein scheint, kann nie ganz ausgeschlossen werden, dass eine Verurteilung unterbleibt. Das kann auch bezüglich solcher Taten geschehen, auf welche das Verfahren konzentriert wurde. Dann müssen die Ermittlungen zu den übrigen Taten wieder aufgenommen werden. Daher ist es geboten, von vorn herein grundsätzlich alle Beweise zu sichern. Abgesehen werden kann davon ohne Risiko nur dann, wenn wie bei Urkunden keine Verschlechterung der Beweisqualität zu befürchten ist. Das gilt aber auch nur für den Fall, dass diese Beweismittel sicher aufbewahrt und zugänglich gehalten werden. Weil ein derart schulmäßiges Herangehen den Verfahrensstoff (jedenfalls im Ermittlungsverfahren) nicht sonderlich mindert, vermag die Praxis diesen Anforderungen aufgrund ihrer permanenten Überlastung allerdings nur zum Teil gerecht zu werden. 40 Eine frühzeitige Konzentration kann sich auch deshalb als nachteilig erweisen, weil sie den übrigen Verfahrensbeteiligten, va dem Gericht und dort insbes den Schöffen, allzu leicht ein verkürztes Bild vom tatsächlichen Geschehen vermittelt. Ist nur eine, wenn auch schwere Tat angeklagt, so liegt die Assoziation nahe, es habe sich um einen Einzelfall eines ansonsten seriösen Angeklagten gehandelt. Häufig verstärkt die Verteidigung diese Sichtweise auch noch dadurch, dass sie behauptet, die Einstellung des Verfahrens wegen aller 47

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Wey and Rn 159.

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Informationsbeschaffung der Staatsanwaltschaft und Gestaltung des Ermittlungsverfahrens

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übrigen Vorwürfe zeige, dass die Staatsanwaltschaft von Anfang an übertrieben habe und sich jetzt nur zur Wahrung des eigenen Gesichts an dem verbliebenen, aber ebenfalls haltlosen Vorwurf festbeiße. Im Falle nicht geständiger Beschuldigter empfiehlt sich deshalb nur ausnahmsweise die Konzentration des Verfahrensstoffs vor der Hauptverhandlung auf eine Tat. Um eine Verurteilung in einer Größenordnung zu erlangen, welche den Handlungen des Angeklagten angemessen ist, bedarf es also häufig auch dann einer umfassenden Anklageschrift, wenn die Staatsanwaltschaft von vorn herein bereit ist, in einigen Punkten nicht auf einer Verurteilung zu bestehen. 2.

Planung der Ermittlungen

Steht neben dem Anfangsverdacht fest, dass vor einem Verfahrensabschluss noch weitere Ermittlungen getätigt werden müssen, dann ist deren sorgfältige Planung angezeigt. Was zu Beginn der Ermittlungen falsch gemacht wird, lässt sich im späteren Verlauf des Verfahrens selten vollständig korrigieren. Manche Erkenntnisquellen werden mit Bekanntwerden der Aufnahme von Ermittlungen ein für alle Mal verschüttet und andere verlieren ganz oder teilweise ihren Beweiswert, wenn sie zu spät genutzt werden. Eine ungeschickte Gestaltung des Ermittlungsverfahrens kann zu einem unnötig hohen Aufwand führen, der bei anderer Handhabung vermeidbar gewesen wäre.

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So sehr es also nötig ist, sich die Ermittlungsschritte detailliert zu überlegen, so schwierig 4 2 ist es, die richtige Herangehensweise abstrakt zu beschreiben. In jedem Fall treten mehr oder weniger Besonderheiten auf, welche eine Abweichung vom standardisierten Vorgehen rechtfertigen können, aber nicht müssen. Gleichwohl gibt es gewisse Aspekte, die zu beachten in der Regel unverzichtbar ist. So bietet es sich schon ganz zu Beginn des Verfahrens an, den genauen Verfahrensgegen- 4 3 stand in Form eines Aktenvermerks festzuhalten. Er ist aus dem Wust der zahlreichen zur Akte gelangten, zum großen Teil allerdings für die strafrechtliche Bewertung völlig unwichtigen Informationen akribisch herauszufiltrieren. Wichtig ist dabei, auch die jeweiligen Blattzahlen zu notieren, auf welchen sich alle aktenkundigen einschlägigen Informationen für die jeweilige Tat befinden. Dieser Vermerk zum Verfahrensgegenstand ist bei jeder erneuten Befassung mit dem Verfahren fortzuschreiben. Wird die Akte in dieser Weise aufbereitet, so erspart sich der Staatsanwalt die Notwendigkeit, den regelmäßig sehr umfangreichen Akteninhalt mehrfach komplett durchzulesen. Auch wenn die Akte erst nach Monaten erneut zur Bearbeitung ansteht und die Erinnerung an den Sachverhalt schon sehr verblasst ist, so bereitet die erneute zügige Einarbeitung in den Verfahrensstoff auf der Basis derartiger Vermerke keinen größeren Aufwand. a)

Aktenaufbau

Besondere Sorgfalt ist gerade in umfangreichen Verfahren auf den Aktenaufbau 4 8 zu legen. Maßgebliches Ordnungskriterium ist dabei der Grundsatz der Übersichtlichkeit. Wird dieser nicht gewahrt, so kann das Verfahren alsbald nicht mehr geführt werden und es ist jedenfalls ein Suchaufwand unumgänglich, welcher die Mühe ordentlicher Aktenführung wesentlich überschreitet. In allen Verfahren wegen Insolvenzdelikten empfiehlt es sich deshalb, neben den einzelnen chronologisch geordneten sog „Hauptakten" Sonderhefte oder -bände 4 9 anzulegen. Bei ihnen handelt es sich um Aktenbestandteile, die einzig dazu

4 8 Detaillierte Übersicht bei Zeißig wistra 1 9 9 4 , 2 9 5 ; sa ¡anovsky Krim 1 9 9 8 , 3 3 1 , 3 3 6 f . 4 9 Der Unterschied zwischen einem Heft und einem Band liegt nur in der Anzahl der darin enthaltenen Blätter: Ab B151 wird aus einem Heft ein Band.

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1. Kapitel: Informationsbeschaffung

dienen, die Hauptakten übersichtlich zu halten. In Sonderhefte bzw -bände sind zB die Ablichtungen aller beigezogenen Akten (zB des Handelsregisters und des Insolvenzgerichts 50 ) zu nehmen. 45 Beiakten sind demgegenüber ausschließlich die im Original zur Strafakte gesandten Akten anderer Behörden oder anderer Ermittlungs- bzw Strafverfahren. Aus diesem Grunde sind sie im Gegensatz etwa zu Sonderheften bzw -bänden nicht Bestandteile der Akten des Verfahrens, zu welchem sie (lediglich) beigezogen sind. 46 Ablichtungen von beweiserheblichen Unterlagen gehören zweckmäßigerweise ebenfalls nicht in die Hauptakten. Es bietet sich an, dafür spezielle Beweismittelordner anzulegen. Der Sache nach handelt es sich zwar auch insoweit um Sonderhefte bzw -bände. Der Übersichtlichkeit wegen sollten sie aber konkret wie vorgeschlagen bezeichnet werden. 4 7 Nicht nur in Großverfahren, sondern immer auch dann, wenn in einem Verfahren zahlreiche Beteiligte und/oder eine Mehrzahl von Firmen eine wesentliche Rolle spielen, ist es überdies sinnvoll, auch noch gesonderte Tat- oder Fall-, Personen- und/oder Firmenakten anzulegen. Auch dies sind lediglich aus Klarheitsgründen spezifiziert bezeichnete Sonderhefte oder -bände. In diese sollten sämtliche sich auf die jeweilige Tat, Person oder Firma beziehenden Informationen Eingang finden. Das können zB Ablichtungen von Handelsregister· oder Insolvenzakten sein. Dann ersetzen sie die insoweit überflüssigen (unspezifischen) Sonderhefte. Im Bedarfsfall kann bei den Firmenakten noch zusätzlich differenziert werden. So kann es zB hilfreich sein, die für die wirtschaftliche Lage einer Gesellschaft maßgeblichen Informationen in einem gesonderten Ordner zusammenzufassen. 51 In die Personen-, im Bedarfsfall aber auch in die Fall- und Firmenakten gehören auch Ablichtungen von regelmäßig zu den Hauptakten zu nehmenden Vernehmungsniederschriften oder jedenfalls von den Teilen solcher, welche sich auf die Tat, Person oder Firma beziehen. Dass die Akten bei einem derartigem Aufbau an verschiedenen Stellen inhaltsgleich sind, ist unschädlich und der besseren Orientierung wegen hinzunehmen. 48 Werden die vorgenannten Dokumente ausgegliedert, bestehen die Hauptakten dann im Wesentlichen nur aus den den Verfahrensgang dokumentierenden Unterlagen wie Strafanzeigen, Ladungen, Vermerken und Vernehmungen. Letztere dürfen aber auch ausschließlich Eingang in eine Personen- oder Firmenakte finden. Allerdings sollte diese Handhabung auf die seltenen Fälle beschränkt werden, in welchen sich die Vernehmung ausschließlich auf eine Person oder Firma bezieht. 49 Empfehlenswert ist zudem das Anlegen eines Aktenspiegels und eines Inhaltsverzeichnisses jedes Aktenhefts oder -bands einschließlich der Sonderhefte bzw -bände. Aus dem Aktenspiegel sollte sich in übersichtlicher Form die Systematik des Aktenaufbaus ergeben. 50 Dazu gehört auch die Bezeichnung insbes von Personen- und Firmenakten. Sie können zB mit „SH P" oder „SH F" gekennzeichnet werden. Jeder einzelnen Person und Firma sollte ferner noch zusätzlich eine laufende römische Ziffer zugeordnet werden. Genügt ein Heft oder Band nicht, um alle Informationen zu einer Person oder Firma aufzunehmen, so sollte die römische Ziffer hinter einem Schrägstrich noch zusätzlich mit einer laufenden arabischen Ziffer versehen werden, also zB „SH ΡIII/2". Anstatt der Chiffrierung kann natürlich auch der volle Name verwandt werden, etwa „SH Fa. X/3". Dafür gibt es keine festen Regeln. Wesentlich ist allein, dass, wenn nicht generell, dann in jedem Einzelfall klare Regeln festgelegt und konsequent durchgehalten werden. Maßstab ist allein die Wahrung der Übersicht. Das nachfolgende Beispiel wurde aus einem Originalfall nur leicht abgewandelt. 51 Skizze siehe auf den Seiten 14 und 15.

50 51

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Vgl dazu oben Rn 16 ff, insbes Rn 24. Zeißig wistra 1 9 9 4 , 2 9 5 , 2 9 8 .

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Informationsbeschaffung der Staatsanwaltschaft und Gestaltung des Ermittlungsverfahrens

b)

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Akteneinsichtsgesuche

In größeren Verfahren ist mit einer Vielzahl von Akteneinsichtsgesuchen zu rechnen. 52 Diese können regelmäßig zu Beginn des Ermittlungsverfahrens nicht erfüllt werden. Geheimhaltungsgründe stehen ebenso entgegen wie die Notwendigkeit, mit den Akten arbeiten zu müssen. Zum Teil wird man sich in Ermittlungsverfahren darauf beschränken müssen, die Akten nur dem Verteidiger zur Verfügung zu stellen. Insbes Haftsachen dürfen nämlich nicht durch die Gewährung von Akteneinsicht an Dritte (Geschädigte, Versicherer, Gläubiger) verzögert werden, vgl Nr 184 RiStBV. Solche Ersuchen müssen häufig bis zum Abschluss der Ermittlungen zurückgestellt werden und können dann mit Doppelakten erfüllt werden, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr täglich benötigt werden. Damit kein Akteneinsichtsgesuch übersehen wird, sollte schon gleich zu Beginn der Ermittlungen eine Liste geführt werden, in welcher die Akteneinsichtsgesuche mit Fundstellen notiert werden. Die Liste ist zweckmäßigerweise bei den Handakten aufzubewahren. Zu beachten ist ferner, dass nicht alle Aktenteile von jedem eingesehen werden dürfen, der S3 ein Akteneinsichtsrecht hat. Technische Geschäftsgeheimnisse, aber auch psychologische Gutachten bleiben Dritten verschlossen, vgl § 477 Abs 2 StPO; Nr 186 Abs 2 RiStBV. Um einen späteren unverhältnismäßig höheren Aufwand durch Prüfung einer Menge von Aktenblättern zu vermeiden, sollten die Aktenteile, die nicht der Einsicht Dritter unterliegen, entweder von vorn herein gesondert, zB in einem Sonderheft oder -band geführt oder zumindest gesondert aufgelistet werden. c)

Handakten

Beim Durcharbeiten der Akte kommen dem Staatsanwalt regelmäßig Ideen und Gedanken 54 zur möglichen weiteren Entwicklung des Verfahrens. Sie müssen in kleineren oder Routinefällen nicht schriftlich fixiert werden. Bei darüber hinausgehendem Umfang des Verfahrens bietet es sich aber an, diese Einfalle für die spätere Bearbeitung festzuhalten. Das kann auf Schmierzetteln oder in Vermerkform geschehen. In keinem Fall gehören diese Notizen allerdings zu den Akten. Es handelt sich insoweit um interne Arbeitshilfen, die zu einem erheblichen Teil aus Vermutungen bestehen müssen und spekulativer Natur sind. Sie sind Teil der staatsanwaltschaftlichen Handakten. d)

Zusammenarbeit Staatsanwaltschaft/Polizei

Sorgfältiger Planung bedarf auch die Einschaltung der Polizei in die Ermittlungen wegen 55 Insolvenzstraftaten. Die Polizei hat es in Wirtschaftsstrafsachen allgemein sehr schwer, weil sich die Anforde- 56 rungen an derartige Ermittlungen doch weitgehend von denjenigen in den übrigen Kriminalitätsfeldern unterscheiden.52 Es sind zahlreiche Unterlagen auszuwerten, also ist viel Lesearbeit zu leisten. Das ist in der Tat nicht immer aufregend. Damit die Lektüre für das Verfahren einen Erkenntnisgewinn bringt, bedarf es zudem spezifischen Wissens. Kriminalbeamte bedürfen deshalb neben ihrer allgemeinen Ausbildung zusätzlicher Schulungen, bevor sie mit Gewinn Verfahren der Wirtschaftskriminalität bearbeiten können. Da die Stellen in den (Fach-)Kommissariaten für Wirtschaftsstrafsachen aber nicht höher dotiert sind als auf anderen Gebieten, trachten die qualifizierten Wirtschaftskriminalisten verständlicherweise nach einer Beförderung auf eine ihren Fähigkeiten entsprechende Stelle. Davon

52 Wagner, Krim 1 9 9 8 , 6 5 9 f f , will des Aufwands und der niedrigen Straferwartung wegen (zu Unrecht!) die Insolvenzdelikte zu Privatklagedelikten herabstufen. Das wäre das E n d e des forensischen Insolvenzstrafrechts!

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1. Kapitel: Informationsbeschaffung

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η , Schecks, diskontfähige Wechsel, fällige Forderungen),148 auch die in der maßgeblichen Frist liquidierbaren Mittel (wie zB Vorfinanzierung später fällig werdender Forderungen, kurzfristiger Verkauf nicht betriebsnotwenigen Anlagevermögens),149 allerdings nur dann, wenn und solange deren Verflüssigung ernsthaft und mit Aussicht auf Erfolg versucht wurde. Bei Anwendung der betriebswirtschaftlichen Methode150 müssen deshalb auch etwaige kurzfristig liquidierbare Aktiva zu den liquiden Mitteln gezählt werden, solange nicht als sicher feststeht, dass ihre Verflüssigung nicht gewollt oder nicht möglich war. Während Erlöse aus Straftaten ebenfalls zu den liquiden Mitteln zählen,151 rechnen beiseitegeschaffte oder verheimlichte Gegenstände nicht dazu.152 Bei der GmbH & Co KG ist die Haftung der Komplementär-GmbH nicht zu aktivieren, weil mit dieser Haftung kein Anspruch der KG korrespondiert.153 Es bedarf folglich für die Aktivierungsfähigkeit einer ggf auch stillschweigenden Zusage der GmbH, der KG zum Zwecke der Vermeidung der Insolvenzanmeldung Mittel zuzuführen. 67 Wenn Schuldner Forderungen des (Gemein-)Schuldners bestreiten, dann zählen diese für die Zahlungsunfähigkeit in aller Regel nicht zum kurzfristig liquidierbaren Vermögen,154 weil selbst bei voller Ausnutzung der 3-Wochen-Frist nicht damit gerechnet werden kann, dass eine Titulierung und Durchsetzung möglich ist. Maßgeblich sind auch nicht nur die bereits fälligen Verbindlichkeiten, auch nicht nur diejenigen, die bereits entstanden sind und bis zum Fristablauf fällig werden, sondern sämtliche bis zum Fristablauf fällig werdenden Verbindlichkeiten, auch wenn sie zum Stichtag noch nicht begründet sind.155 Bei jeder Art von Frist würde man andernfalls die Betrachtung der wirtschaftlichen Lage auf lediglich einen Teilausschnitt reduzieren. Für die drohende Zahlungsunfähigkeit entspricht die Berücksichtigung sämtlicher bis zum Ablauf des Prognosezeitraums fällig werdender Verbindlichkeiten der hM.156

1 4 4 D a z u o b e n Rn 5 5 f. 1 4 5 AllgM, s zB Harz ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 , 1 9 5 ; Rohm S 9 7 f f . 1 4 6 LG A u g s b u r g DZWIR 2 0 0 3 , 3 0 3 , 3 0 5 . 1 4 7 Solange sie nach der allerdings fragwürdigen Rspr pfändbar sind, BGH NJW 2 0 0 1 , 1 9 3 7 f f ; aA RÄftmS 1 0 4 f. 1 4 8 Weyand R n 4 0 . 1 4 9 B G H NJW 1999, 6 4 5 , 6 4 6 (zur Zahlungseinstellung); LG A u g s b u r g DZWIR 2 0 0 3 , 3 0 3 , 304; A/V/IWeyand Rn 2 3 / 1 7 4 ; Harz ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 , 1 9 5 , auch 196; IDW ZIP 1 9 9 9 , 505, 507, E m p f e h l u n g 21; M-G/B¡Bieneck Rn 7 6 / 4 1 (nur für das alte Recht); Scholz/Tiedemann Rn 4 5 z u § 8 4 G m b H G ; vgl auch o b e n § 7 Rn 14 u n d 18; aA Bieneck StV 1999, 4 3 , 4 4 ; Haas Insolvenzrecht S 4 f ; M-G/B/Bieneck Rn 7 6 / 5 6 (für das g e l t e n d e Recht); Reck G m b H R 1 9 9 9 , 2 6 7 , 2 6 8 ; ν Onciul S 97; Rohm S 9 9 ff; Weyand Rn 51. 1 5 0 Vgl d a z u u n t e n Rn 6 9 u n d 108 ff. 1 5 1 B G H wistra 1 9 8 2 , 1 8 9 , 1 9 1 ; M-G/B ¡Bieneck Rn 7 6 / 4 3 . 1 5 2 M-G/B ¡Bieneck Rn 76/43a; sa u n t e n § 1 2 Rn 2 6 9 . 1 5 3 M-G/B ¡Bieneck Rn 7 6 / 5 0 . 1 5 4 Zu e i n e m Sonderfall vgl KG wistra 2 0 0 2 , 3 1 3 , 3 1 6 u n d d a z u u n t e n Rn 87. 155 AA Harz ZInsO 2 0 0 1 , 193, 197; Haas Insolvenzrecht S 6 f ; ν Onciul S 9 7 f ; Rohm S 1 0 8 (einziger Unterschied zur d r o h e n d e n Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t , S 137); vgl bereits o b e n Rn 62. 1 5 6 Bittmann wistra 1 9 9 8 , 3 2 1 , 3 2 5 f m N ; H a r e ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 , 1 9 7 ; ν Onaul S 9 7 f ; aA Eft/erj/Drieling S 4 6 f.

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Insolvenzverschleppung (am Beispiel des § 84 GmbHG)

(2)

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Feststellungsmethoden

Zu strafrechtlichen Zwecken kann die Zahlungsunfähigkeit auf zwei methodisch ganz 68 unterschiedlichen Wegen festgestellt werden: durch ein betriebswirtschaftliches Gutachten 1 5 7 oder durch Auflistung von Krisenanzeichen (kriminalistische Methode). Wenn auch beide Möglichkeiten prinzipiell gleichwertig nebeneinander stehen, 158 also weder die gutachterliche noch die kriminalistische Art der Feststellung den Vorrang vor der jeweiligen anderen Methode genießen, so können doch Staatsanwaltschaft und Gericht keineswegs immer zwischen beidem frei wählen. Das betriebswirtschaftliche Gutachten 1 5 9 hat zum Ziel, den genauen Grad der Unter- 69 deckung ab einem vom Staatsanwalt (oder Gericht) bestimmten Zeitpunkt festzustellen. Das geschieht im in der Praxis seltenen Idealfall allein durch Auswertung der Buchhaltung und der Bilanz. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich der Gutachter zuvor davon überzeugt hat, dass beide ein getreues Abbild der Wirklichkeit darstellen. Zunächst ist dann in einem 1. Schritt ein stichtagsbezogener Liquiditätsstatus aufzustellen. Als 2. Schritt folgt die nachträgliche, aber vom Stichtag ausgehende prospektive Aufstellung eines Finanzoder Liquiditätsplans. 160 In der Praxis ist sicherzustellen, dass der Gutachter nicht allein die objektive Lage feststellt, sondern auch untersucht, ob und wenn ja, wann der Geschäftsführer sie zur Kenntnis nahm. Andernfalls genügt das Gutachten nicht zum Nachweis der subjektiven Tatseite. Zum Teil ist die Buchhaltung aber nicht vollständig, sei es, dass sie schon gar nicht zuverläs- 70 sig geführt, sei es, dass sie nachträglich (ganz oder teilweise) zerstört oder versteckt wurde. In einem solchen Fall sind die zum Verfahren gezogenen Unterlagen häufig nicht aussagekräftig genug, u m auf sie betriebswirtschaftlich zuverlässige Aussagen stützen zu können. Gleiches kann geschehen, wenn Bilanzen fehlen oder fehlerhaft sind. Dann kommt nur die kriminalistische Methode 1 6 1 in Betracht. Sie besteht darin, die Krisenanzeichen, welche nach kriminalistischer, aber auch nach 71 betriebswirtschaftlicher Erfahrung auf das Vorliegen eingetretener Zahlungsunfähigkeit schließen lassen, in chronologischer Reihenfolge zusammenzustellen. In ihren einfachsten Varianten kann das sogar ohne sachverständige Hilfe geschehen. Zum einen kann die Feststellung genügen, dass Sozialversicherungsbeiträge nicht beglichen wurden. Hier trifft sich der qualitative Ansatz Richters162 mit der Rspr des BGH in Zivilsachen. Sie anerkennt nicht nur die Indizwirkung offener Sozial Versicherungsbeiträge, 163 sondern hält es sogar für möglich, die Überzeugung von der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit allein auf

157 In kleineren Fällen genügt die Sachkunde des Gerichts, BGH wistra 1993, 184f; ebenso in Evidenzfällen; BGH NJW 2001,1874,1875; LG Köln wistra 92,269 f; zust W/J/Becfc Rn 6/80. 158 BGH MDR (H) 1987,624; StV 2000,487,489; A/W/Weyand Rn 23/174; NK/Ktndhäuser Rn 101 vor $ 283 StGB; Weyand Rn 45 rawN; sa BGH(Z) NJW 2001,2163 ff; für den Vorrang des betriebswirtschaftlichen Gutachtens Τ ¡Fischer Rn 9 vor § 283 StGB. 159 BGH wistra 2003, 232; Harz ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 , 1 9 6 f; Reck Rn 65 ff; W/J/Beck Rn 6/80 (mit Aufbauschema für einen Finanzplan); die Prüfungsempfehlungen des IDW finden sich in ZIP 1999,505,506 f. 160 Harz ZInsO 2001, 196f; auch Ρenzlin S 80ff. Die iü unfruchtbare Kontroverse zwischen Lütke, wistra 2003, 52 ff sowie 295, und Weber, wistra 2003, 293 ff, zeigte immerhin auf, dass nicht allein auf betriebswirtschaftliche Liquiditätskennzahlen abgestellt werden darf, so aber A/W/Weyand Rn 23/173, sondern eine Einzelbetrachtung aller Verbindlichkeiten wie Forderungen vorzunehmen ist. 161 BGH wistra 2003,232; Harz ZInsO 2001,193,195 f; Reck Rn 104ff; W/J/Becfc Rn 6/81. 162 Vgl dazu oben Rn 58 aE. 163 BGH NJW 2002, 512, 515; 515, 517f; ebenso OLG Dresden NZI 2001, 261 f; OLG Stuttgart ZIP 2004,129 ff (mit zutreffendem Hinweis, dass nicht etwa auch umgekehrt aus dem fehlenden Antrag auf die fortbestehende Zahlungsfähigkeit geschlossen werden könne); einschr AG H a m b u r g NZI 2003,163.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

das Bestehen von Beitragsrückständen zu stützen. 1 6 4 Maßgeblich dafür ist nicht allein die Strafbarkeit der Beitragsvorenthaltung, sondern vor allem die Praxis der Sozialversicherungsträger, Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Sozialversicherungsbeiträge für 2 Monate nicht abgeführt wurden. 165 Aus dieser den Arbeitgebern allgemein bekannten Praxis leitete der BGH den Erfahrungssatz ab, dass sie Beitragsrückstände über mehrere Monate hinweg nur bei eingetretener Zahlungsfähigkeit auflaufen ließen. Mit Richter und dem BGH in Zivilsachen ist deshalb anzunehmen, dass Zahlungsunfähigkeit iS von $ 17 Abs 2 S 1 InsO eingetreten ist, wenn Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von mindestens 3 Monatsraten unbeglichen blieben. 72

Zum anderen kommt die Auflistung fruchtloser Zwangsvollstreckungen über den Erlass von Haftbefehlen nach § 901 ZPO bis hin zur Abgabe der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung, § 807 ZPO, evtl ergänzt um eine Aufstellung der M-Akten, 166 in Betracht. Zumeist wird diese Aufgabe einer Buchhaltungskraft der Staatsanwaltschaft oder der Polizei übertragen. Bei länger andauernder Insolvenzverschleppung lassen sich bereits auf diese Weise ausreichend sichere Feststellungen treffen: Häufen sich die Maßnahmen ab einem bestimmten Zeitpunkt und tritt bis zum Insolvenzantrag keine Trendwende ein, so ist dieser Zeitpunkt dem Verfahren als derjenige des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit zugrunde zu legen. Regelmäßig führt die wirtschaftskriminalistische Methode zu einem späteren

Zeitpunkt nachgewiesener Zahlungsunfähigkeit als ein betriebswirtschaftliches

Gutachten, 1 6 7 weil die Entstehung der mit für das Geschäft nachteiliger Außenwirkung verbundenen kriminalistischen Beweisanzeichen noch eine gehörige Weile vermieden zu werden pflegt, auch wenn intern schon längst die Krise, insbes die Zahlungsunfähigkeit offenbar ist. Mit der kriminalistischen Methode kann daher regelmäßig nur der Endzeitr a u m der vor der Insolvenz liegenden Krise nachgewiesen werden. Dem Angeklagten geschieht deshalb kein Unrecht, wenn er auf der Basis der gröberen wirtschaftkriminalistischen Methode verurteilt wird. 73

Führt dieser Weg nicht zum Erfolg, etwa weil es der Geschäftsführer über längere Zeit verstand, seine wenigen liquiden Mittel zum Ausgleich der in die Zwangsvollstreckung geratenen Verbindlichkeiten einzusetzen, dann müssen - regelmäßig mit sachverständiger Hilfe das Buchwerk, soweit es vorhanden ist, und daneben die Geschäftsunterlagen ausgewertet werden. Ziel kann dann allerdings wegen der Unzuverlässigkeit der Bücher und/oder Bilanzen nicht die Feststellung des genauen Satzes der Unterdeckung wie bei der betriebswirtschaftlichen Methode sein. Angestrebt wird vielmehr die Aufdeckung weiterer aus den Geschäftsunterlagen und dem evtl bruchstückhaft vorhandenen Buchwerk ersichtlicher Krisenanzeichen als da wären 1 6 8 Mahnungen, Ankündigungen von Zwangsmaßnahmen, Scheck- und Wechselproteste, 169 aber auch rückständige Sozialversicherungsbeiträge, 170 und Frühsignale wie die Ausdehnung von Zahlungszielen, Lieferantenwechsel, Umsatz- und Gewinnrückgang und Umstrukturierungen. 171 Auch hier deckt sich der späteste Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mit dem Zeitpunkt des Beginns der Ballung jedenfalls von Krisenanzeichen und der ausgebliebenen Trendwende bis zum Insolvenz-

164 BGH ZIP 2003,1666,1669, für einen Fall, in welchem 6 Monatsbeiträge offenstanden. 165 BGH ZIP 2004,319,320. 166 Vgl dazu oben $ 1 Rn 69. 167 Al Wl Wey and Rn 23/181; M-G/B/Bieneck Rn 76/39. 168 Umfangreiche Checklisten bei A/W/Weyand Rn 23/179; App Jur Büro 1996, 177f; Reck, Rn 104, und Weyand, Rn 40 und 46; sa M-G/B/Bieneck Rn 76/46 ff; ν Onciul S 69,105 und 107. 169 Bittmann wistra 1999,10,15 mwN in Fn 113. 170 Vgl oben Rn 71. 171 Scholz/Tiedemann Rn 98 zu $ 84 GmbHG. 314

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Insolvenzverschleppung (am Beispiel des $ 84 GmbHG)

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antrag. In krassen Fällen kann auch schon eine Vielzahl von Frühsignalen ausreichen. Ihr Vorhandensein belegt jedenfalls das Vorliegen der subjektiven Tatseite, meist des Vorsatzes, mindestens aber der Fahrlässigkeit. Für die Praxis bietet es sich an, zunächst den Versuch zu unternehmen, die Zahlungs- 74 Unfähigkeit mit der einfachsten Variante der kriminalistischen Methode festzustellen, weil dies am wenigsten aufwendig ist.172 Misslingt dies, so ist es, wenn eine Einstellung des Verfahrens nach Opportunitätsgesichtspunkten ausscheidet, unumgänglich, einen betriebswirtschaftlichen Sachverständigen einzuschalten. Ob er schneller und sicherer mit der höheren Variante der kriminalistischen Methode oder durch Erstellung eines den Grad der Unterdeckung genau ausweisenden Gutachtens zu einem sicheren Ergebnis kommt, ist abhängig vom Einzelfall. Generalisierungen sind hier nicht möglich. In aller Regel lässt sich auf eine der genannten Arten feststellen, ob und wann Zahlungs- 75 Unfähigkeit eingetreten ist. Das Ergebnis kann natürlich auch darin bestehen, dass sich der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit zu einem strafrechtlich relevanten Zeitpunkt nicht feststellen lässt. Davon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen alle Wege ergebnislos enden. Beides wirkt sich allerdings zu Gunsten des Beschuldigten aus. b)

Drohende Zahlungsunfähigkeit

aa)

Bedeutung und Begriffsverständnis

Der Vorwurf der Insolvenzverschleppung kann nur darauf gestützt werden, dass trotz ein- 76 getretener Zahlungsunfähigkeit oder bestehender Überschuldung kein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wurde. Nach § 18 InsO bildet zudem bereits die drohende Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzauslösetatbestand. 173 Das gilt gem $ 18 Abs 1 InsO aber nur bei einem Eigenantrag. Ein Gläubiger kann deshalb seinen Insolvenzeröffnungsantrag nicht erfolgreich auf das Drohen der Zahlungsunfähigkeit stützen. Das Gesellschaftsrecht schreibt der GmbH bzw ihrem Geschäftsführer nicht vor, bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit Insolvenz anzumelden. Diese gesetzlichen Umstände bedeuten also, dass es der Gesellschaft freisteht, ob sie schon im Vorfeld eingetretener Zahlungsunfähigkeit Insolvenzantrag stellt oder nicht. Fehlt eine Weisung der Gesellschafter(versammlung) und besteht keine satzungsmäßige Einschränkung, so kann der Geschäftsführer nach eigenem Ermessen entscheiden, ob er eine außergerichtliche Sanierung anstrebt, bis zum Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung abwartet oder sich schon jetzt der Möglichkeit einer Sanierung, theoretisch auch einer Liquidation im staatlichen Insolvenzverfahren bedient. Allerdings muss er sachgerecht auf die bedrohliche wirtschaftliche Lage reagieren.174 Es handelt sich bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit demnach um einen fakultativen Insolvenzgrund. Angesichts dessen ist es nur konsequent, dass es straflos ist, wenn es der Geschäftsführer trotz drohender Zahlungsunfähigkeit unterlässt, Insolvenz anzumelden. Zahlungsunfähigkeit droht nach der Legaldefinition des § 18 Abs 2 InsO dann, wenn der 77 Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungsverpflichtungen im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu erfüllen. Dieser Insolvenzauslösetatbestand175 ist in Anlehnung an die Definition der (eingetretenen) Zahlungsunfähigkeit

172 A/Vf/Weyand Rn 23/178. 173 Penzlin, S 113 ff, 115, setzt ihn mit der Überschuldung gleich; Röhm, N Z I 2 0 0 2 , 1 3 4 f f , hält ihn im Eingangssatz des $ 283 StGB für verfehlt. 174 VOnciul, S 114ff;RofftS243. 175 Rechtspolitische Kritik an diesem Insolvenzauslösetatbestand übt Penzlin S 134ff, 137, und NZG 2 0 0 0 , 4 6 4 , 4 6 8 ff.

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Sii

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

auszulegen und dann zu bejahen, wenn mit Ausnahme der Dauer und des Grades der ünterdeckung (3 Wochen und 25 %, bis zu 3 Monaten und 10%)176 die übrigen Voraussetzungen der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit schon vorliegen und der Eintritt auch der beiden genannten Voraussetzungen wahrscheinlich ist.177 78 Zahlungsunfähigkeit kann sowohl drohen, wenn Liquiditätsschwierigkeiten schon bestehen und nicht absehbar ist, dass sie alsbald überwunden werden können, als auch dann, wenn sie erst für die Zukunft absehbar sind. Maßgeblich sind sowohl ein graduelles als auch ein zeitliches Moment. bb)

Feststellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit

79 Ob und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit droht, lässt sich durch das Aufstellen eines Liquiditätsplans feststellen.178 Weist ein solcher aus, dass Verbindlichkeiten zu einem späteren Zeitpunkt dauerhaft nicht mehr erfüllt werden können, dann droht (bereits jetzt) Zahlungsunfähigkeit. Maßgeblich ist dafür eine einfache Prognose. Sie hängt jedoch häufig von verschiedenen Ungewissheiten ab. Diese müssen nach betriebswirtschaftlichen Methoden bewertet werden. Nur wenn danach der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit überwiegend wahrscheinlich und nicht bloß möglich ist, kann von drohender Zahlungsunfähigkeit die Rede sein. 80 Aufgrund der Unsicherheiten, die mit jeder Prognose notwendig verbunden sind, ist es nicht sinnvoll, sie bis in alle Zukunft hinein zu erstrecken. Nach dem Gesetzeswortlaut ist auf den Zeitraum abzustellen, bis zu welchem die letzte der schon bestehenden Verbindlichkeiten fällig sein wird. Das kann allerdings Jahre dauern (zB bei Annuitätendarlehen für Bauvorhaben). Da sich die wirtschaftliche Entwicklung über einen derart langen Zeitraum aber nicht überblicken lässt, muss die Frist kürzer bemessen werden. Regelmäßig wird die Betrachtung deshalb auf ein Jahr179 zu beschränken sein. Spätere Ereignisse können nur dann maßgeblich sein, wenn sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eintreten werden.180 Die Frist liegt unter einem Jahr, wenn die letzte der bereits begründeten Verbindlichkeiten früher fällig wird.181 Ein realistisches Bild der zukünftigen wirtschaftlichen

176 Vgl d a z u oben Rn 61 ff. 177 Bittmann wistra 1 9 9 8 , 3 2 1 , 3 2 4 m N ; B/Quedenfeld/RichterRn 9/134; Kirchhofen 115; M-G/B IBieneck Rn 76/52 m N (nur z u m alten Recht); s auch oben $ 7 Rn 36. Moosberger, S 168 ff, stellt allein auf die Intensität der D r o h u n g ab; unklar Plathner, S 182 ff. Er hält Verf eine Vermengung von d r o h e n d e r Zahlungsunfähigkeit u n d Zahlungsstockung vor. Darauf ist z u erwidern, dass letztere n u r d a n n vorliegt, w e n n prognostiziert werden kann, dass die Liquidität spätestens b i n n e n drei Monaten zu 90 % wiederhergestellt sein wird, der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit während dieser Zeit also gerade nicht d r o h t . D r o h e n d e Zahlungsunfähigkeit u n d Zahlungsstockung unterscheiden sich d e m z u f o l g e deutlich voneinander, auch w e n n sie sich nicht wechselseitig ausschließen (auch im Zustand d r o h e n d e r Zahlungsunfähigkeit k a n n es bereits vor d e m erwarteten Eintritt der Zahlungsunfähigkeit z u vorübergehenden Zahlungsstockungen k o m m e n ) . Vgl d a z u allg oben § 7 Rn 36ff. W/J/Beck, Rn 6/88ff, befürwortet im Hinblick auf d e n auf das Strafrecht nicht übertragbaren Zweck des $ 18 InsO einen eigenen, weiteren strafrechtlichen Begriff der „ d r o h e n d e n Zahlungsunfähigkeit". Die P r ü f u n g s e m p f e h l u n g e n des IDW finden sich in ZIP 1 9 9 9 , 5 0 5 , 5 0 7 . 178 Burger/SchellbergKTS 1995, 563, 572f; EWers/Drieling S 46f; ν Onciul S 114ff; Röhm S 149; Plathner S 182; abw will NKIKindhäuser, Rn 103 vor $ 283 StGB, d r o h e n d e Z a h l u n g s u n f ä h i g k e i t n u r d a n n ann e h m e n , w e n n alle Berechnungsmethoden dies z u m eindeutigen Ergebnis haben. 179 Ebenso M-G/B/Bieneck Rn 76/59; Rohm S 152ff; auch oben $ 7 Rn 44; tendentiell auch Haas Insolvenzrecht S 11 f; aA Reck Rn 120: 30 Tage; ders G m b H R 1999, 267, 270: Zeitpunktilliquidität; Harz ZInsO 2001, 193, 197 u n d ν Onciul S 116f: bis z u m Ablauf des folgenden Geschäftsjahres; insolvenzrechtlich will Β urger, DB 1992, 2149, 2151, tatsächlich auf den Z e i t p u n k t abstellen, zu welchem die letzte der bestehenden Verbindlichkeiten fällig wird; ebenso Burger/Schellberg KTS 1 9 9 5 , 5 6 3 , 5 7 2 f. 180 Zu d e n Einzelheiten vgl Bittmann wistra 1 9 9 8 , 3 2 1 , 3 2 5 ; s auch oben $ 7 Rn 44. 181 Röhm S 154.

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Entwicklung setzt zudem voraus, dass nicht nur bereits bestehende Verbindlichkeiten berücksichtigt werden, sondern auch solche, die absehbar begründet werden (müssen), sofern sie nur vor Ablauf des Prognosezeitraums fällig werden.182 Geboten ist es ferner, auch drohende Verluste anzusetzen.183 c)

Überschuldung

aa)

Begriffsverständnis

Während eine Unterbilanz 184 schon dann vorliegt, wenn das Reinvermögen der Gesell- 81 schaft geringer ist als das gezeichnete Kapital, das Stammkapital also nicht mehr uneingeschränkt zur Verfügung steht, liegt Überschuldung 185 gemäß $ 19 Abs 2 S 1 InsO dann vor, wenn das Vermögen des Schuldners dessen bestehende Verbindlichkeiten nicht mehr abdeckt, das Stammkapital also gänzlich verbraucht ist. In der Betriebswirtschaft ist und nach früherem Recht war auch juristisch sowohl umstritten, ob Liquidations- oder Fortführungswerte anzusetzen sind, als auch, welche Methode der Überschuldungsprüfung zugrunde zu legen war. Zumindest für das Insolvenzrecht ist die Streitfrage durch § 19 Abs 2 S 2 InsO geklärt. Er schreibt vor, dass „jedoch" bei der Bewertung des Vermögens die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen ist, wenn diese nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Damit hat der Gesetzgeber der InsO nicht nur der historisch bereits zuvor überholten ein- 82 stufigen oder statischen Methode der Überschuldungsprüfung eine Absage erteilt, sondern auch eindeutig die unter Geltung von KO und GesO entwickelte und vom BGH seit der Dornier-Entscheidung 186 in stRspr 187 angewandte sog modifizierte zweistufige Überschuldungsprüfung abgelehnt. Danach mussten rechnerische Überschuldung und negative Fortführungsprognose kumulativ vorliegen, um rechtliche Überschuldung bejahen zu können. Demzufolge trugen also die Gläubiger das Risiko einer Fehlprognose allein. Nach dem jetzigen Recht wird das Risiko zwischen Gläubigern und Schuldner auf-

182 Haas Insolvenzrecht S 10 f; Harz ZInsO 2001, 193, 197; Τ/Fischer Rn 11 vor $ 283 StGB mN; ausf Rohm, S 138 ff (mit berechtigter Kritik, S 146, an der mangelnden Präzision des Abstellens von Werf auf die Jeweils" falligen Zahlungspflichten); s auch oben S 7 Rn 38; aA Βieneck, StV 1 9 9 9 , 4 3 , 4 5 , und M-G/B/Bieneck, Rn 76/59, der zwischen dem Stichtag einerseits und dem Prognosezeitraum andererseits unterscheidet. Für ersteren können (selbstverständlich) erst später entstehende Verbindlichkeiten nicht berücksichtigt werden, für letzteren hält auch Bieneck die erst noch einzugehenden Verbindlichkeiten für berücksichtigungsbedürftig, allerdings nur eingeschränkt, weil allein die drohende Nichterfüllung bereits bestehender Verbindlichkeiten maßgeblich sei. Das aber erscheint wenig sachgerecht, weil dann am Ende des Prognosezeitraums unbegrenzt hohe Verbindlichkeiten offenbleiben könnten, ohne dass dies derzeit de jure (trotz Absehbarkeit) drohende Zahlungsunfähigkeit begründen würde, nur weil die zwangsläufig entstehenden Verbindlichkeiten halt noch nicht begründet sind. Reck, GmbHR 1 9 9 9 , 2 6 7 , 2 7 0 , will das Merkmal „bestehende Zahlungspflichten" möglichst eng verstanden wissen. - Zum Parallelproblem bei der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit vgl oben Rn 62 und 66 f. 183 Vgl zu beidem Bittmann wistra 1998, 321, 325 f; Reck Rn 189; s auch oben $ 7 Rn 39; aA Burger/ Schellberg KTS 1 9 9 5 , 5 6 3 , 5 7 2 f; Uhlenbruck KTS 1 9 9 4 , 1 6 9 , 1 7 1 f; ders wistra 1 9 9 6 , 1 , 4 . 184 Crezelius FS Uhlenbruck, S 619; Harz ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 , 1 9 8 ; vgl dazu allg oben S 6 Rn 4. 185 BGH wistra 2003, 232; Crezelius FS Uhlenbruck, S 619, 620; Götz KTS 2003, 1 ff (ausf auch zur Geschichte); ders ZInsO 2 0 0 0 , 7 7 ff; Harz ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 , 1 9 8 ; vgl dazu allg oben $ 7 Rn 48 ff. 186 BGHZ 1 1 9 , 2 0 1 , 2 1 4 . 187 Nachweise bei Penzlin S 86, Fn 399.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

geteilt. 188 Maßgeblich ist demnach allein der (ursprüngliche oder herkömmliche, auch alternative) zweistufige Überschuldungsbegriff. Das gilt auch für das Strafrecht. 189 bb)

Feststellung der Überschuldung

(1)

Korrektur der Bilanzansätze

83

Ob eine Überschuldung vorliegt, kann regelmäßig nicht einfach der Jahresbilanz entnommen werden, weil es sowohl aus Gründen des Gläubigerschutzes als auch um zu verhindern, dass marktgängige Unternehmen unnützerweise in ein Insolvenzverfahren gezwungen werden, erforderlich ist, weitestmöglich den wahren Wert des Unternehmens festzustellen. Erforderlich ist deshalb das Aufstellen einer Überschuldungsbilanz (oder: Status). 1 9 0 Für diese dienen die Werte der Handelsbilanz aber als A u s g a n g s p u n k t , bed ü r f e n jedoch der Korrektur, 1 9 1 es sei denn, es fehlen Anhaltspunkte für Korrekturposten (zB Buchwerte sind nicht geringer als die Liquidationswerte; keine Anhaltspunkte für stille Reserven). 192 8 4 Unabhängig davon, welche Art von Werten 193 anzusetzen sind, müssen einerseits sämtliche Vermögenswerten und verwertbaren 1 9 4 Posten und dürfen andererseits n u r die „ e c h t e n " Verbindlichkeiten, 1 9 5 diese aber grundsätzlich unabhängig von ihrer Fälligkeit, 196 Eingang in den Status finden.

188 Zweifelnd ν Onciul, S 132, unter Hinweis darauf, dass die auf Fortführungswerten beruhende Überschuldungsbilanz für die Gläubiger keine größere Sicherheit mit sich bringe als eine seriöse Fortbestehensprognose; auch Κ Schmidt, ZGR 1998, 633, 654, meint, eine positive Fortführungsprognose schließe weiterhin stets die Überschuldung aus. 189 Bteneck StV 1999, 43, 43 f; Harz ZInsO 2001, 193, 198; Höffner BB 1999, 198, 205 und 252, 253 f; M-G/B/Bieneck Rn 76/32; Plathner S 210; Reck Rn 144; Rohm S 171 f; Scholz/Tiedetnann Rn 47a zu $ 84

GmbHG; Weyand Rn 34; aAPenzlin, S 97 ff und 155ff, der nach wie vor den modifizierten zweistufigen Überschuldungsbegriff befürwortet und ihn strafrechtlich sogar de lege lata für maßgeblich hält, weil sachliche Richtigkeit der Gesetzesterminlogie vorgehe, S 112, und auf die Prognoseunsicherheiten hinweist und die daraus folgende Notwendigkeit, nur eindeutige Fälle unter $ 84 GmbHG fallen zu lassen, S 99. 190 BGH wistra 2003, 301 f; A/W¡Weyand Rn 23/129 ff (zum Inhalt, auch zur Abgrenzung gegenüber dem Jahresabschluss = der Bilanz); S/S /Stree/Heine Rn 51 zu S 283 StGB; τ¡Fischer Rn 7 vor § 283 StGB; Weyand Rn 30; W/J¡Beck Rn 6/93 ff (mit Schema Rn 98 in Abgrenzung zur Insolvenzeröffnungsbilanz, Rn 99). 191 BGH NJW 2001,1136 mN; 1280ff; ZIP 2001,839 f; Goette ZInsO 2001,529, 530; Haas Insolvenzrecht S 23 f; ders DStR 2003,423,424; Höffner BB 1999, 252, 254; NK/Kindhäuser Rn 94 vor $ 283 StGB;

Reck Rn 172 ff, 204; ders BuW 1999, 823, 827; Scholz/Tiedemann Rn 49 zu § 84 GmbHG; Wengel DStR

2001,1769; zu den Einzelheiten vgl unten Rn 85 f und Rn 100 f f . 192 OLGNaumburg ZInsO 2002,730. 193 Dazu unten Rn 94 ff. 194 S Auflistung bei A/W/Weyand, Rn 23/141 ff, und bei Weyand, Rn 36. Die einem Aussonderungsrecht unterliegenden Vermögenswerte gehören lt ν Onciul, S 145, 155 ff, nicht dazu. Das ist zumindest zweifelhaft, solange dadurch gesicherte Verbindlichkeiten passiviert werden und ein Anwartschaftsrecht (zB beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt) oder eine Kaufoption (beim Leasingvertrag) besteht. Erst nach Eröffnung entstehende Ansprüche zB aus Anfechtung gehören aber ebensowenig in die Überschuldungsbilanz wie erst aufgrund des Insolvenzverfahrens entstehende Kosten, ν Onciul S 145, 158 f, einschließlich der Liquidationskosten, Ehlers DStR 1998,1756,1757; insoweit aA ν Onciul S 159; sa Vhlenbruck, KTS 1994,169, 173, der die Kosten ansetzen will, wenn die Liquidation feststeht - das soll ja aber auf der Basis des Status' gerade erst geprüft werden. 195 S/SIStree/Heine Rn 51 zu $ 283 StGB; Auflistung bei A/W/Weyand Rn 23/150ff. 196 V Onciul S 158. Anderes gilt hingegen im Fall positiver Fortführungsprognose für längerfristige Verbindlichkeiten, die eben ohne Insolvenz nicht sofort zu bedienen sind. Insoweit ist eine (umgekehrte) Wertberichtigung erforderlich, vgl Haas DStR 2003,423,425 mN. 318

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Insolvenzverschleppung (am Beispiel des § 84 GmbHG)

Sil

Demzufolge müssen auf der Aktivseite auch stille Reserven 197 (zB aufgrund steuerrechtlicher Abschreibungen über die tatsächliche Abnutzung hinaus, vgl $ 254 HGB) 1 9 8 und ebenfalls in der Jahresbilanz nicht aktivierungsfähige marktgängige immaterielle Vermögenswerte, 199 zB Patente, Kundendatei 200 und der Firmenwert, 201 berücksichtigt werden. Letzterer darf freilich nur dann angesetzt werden, wenn mindestens ein Erwerbsinteressent vorhanden ist, welcher ernsthaft bereit ist, dafür einen Preis zu zahlen 2 0 2 und gesichert ist, dass dieser Erlös dem Unternehmen, dh seinen Gläubigern, und nicht dem bisherigem Unternehmensträger zuflösse. Grundstücke sind trotz Belastung mit Grundpfandrechten dann zum vollen Verkehrswert anzusetzen, wenn die dinglichen Belastungen lediglich ohnehin passivierte Verbindlichkeiten der Gesellschaft sichern. 203 Zu aktivieren sind auch Ansprüche gegen Gesellschafter und/oder Geschäftsführer, 204 sofern sie werthaltig sind. Nicht ansatzfähig sind hingegen Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen für die Ingangsetzung des Unternehmens und eigene Geschäftsanteile. 205

85

Auf der Passivseite 2 0 6 bedarf es zB der Eliminierung solcher Rückstellungen, die sich auf zukünftige Verbindlichkeiten beziehen, welche im Liquidationsfall nicht mehr anfallen würden, 207 zB Sonderrücklage für eigene Aktien oder Geschäftsanteile, Sonderposten mit Rücklagenanteil 208 und evtl passivierte steuerliche Sonderabschreibungen. 209 In einen Status der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG müssen Rückstellungen, die generell im Überschuldungsstatus zu passivieren sind, 210 in Höhe der KG-Verbindlichkeiten einfließen, für welche die GmbH aufgrund ihrer persönlichen Haftung voraussichtlich in Anspruch genommen werden wird. 211 Keinen Eingang auf der Passivseite finden die nachrangigen, vgl $ 39 Abs 1 Nr 5 InsO, Verbindlichkeiten 212 wie Stammkapital und Rücklagen, wohl aber Rückstellungen für auch bei Liquidation (obwohl erst später) fällig werdende Verbindlichkeiten. 213 Verpflichtungen aus einem beschlossenen, nicht aber einem

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197 BGH wistra 2003,301,302; Reck BuW 1999,823,827 und 829. 198 BGH wistra 2003,232. 199 Fröhlich/Röchling ZInsO 2002,478 ff; Harz ZInsO 2001,193,200; Reck Rn 182; ders BuW 1999,823, 828. 200 OLG Saarbrücken NZI2001,41 f. 201 Harz ZInsO 2001,193, 200; Reck BuW 1999, 823,828; Steinbeck NZG 1999,133 ff; Wertenbruch ZIP 2002, 1931; zur Personalfirma vgl Barnert KTS 2003, 523 ff; Winter GmbHR 2002, 257; zur eingeschränkten Berücksichtigungsfähigkeit des Firmenwerts in der Vorbelastungsbilanz vgl BGH NJW 1999, 283 f; für die Fälle des § 30 GmbHG scheidet die Aktivierung aus, OLG Celle BB 2004, 713. Der Firmenwert besteht im (potentiellen) Erlös oberhalb der Buchwerte und ist bei Verlustunternehmen (jedenfalls nach Aufdeckung stiller Reserven und Vornahme der sonstigen Korrekturen der Jahresbilanz) negativ! 202 OLG Frankfurt/Main NZG 2001,173; Bork ZInsO 2001,145 ff mwN; Kallmeyer GmbHR 1999,16, 17; ν Onciul S 154; Reck Rn 183; Wenge! DStR 2001,1769,1770. 203 BGH wistra 2003,301,302. 204 Bittmann wistra 1999,10,13; ν Onciul S 1521 Sedemund DB 2003,2423 ff (zum Regress bei Verfallanordnung. Einschr oben $ 7 Rn 65. Zur Pflichtenstellung des Liquidators vgl Müller DB 2003,1939 ff. 205 Lutter ZIP 1999,641,644. 206 Auflistung bei WeyandRn 37. 207 KG NZG 2000,479,481; zum Ganzen vgl Bittmann wistra 1999,10,12 ff. 208 Reck BuW 1999,865,867f. 209 Zu allen drei Positionen Lutter ZIP 1999,641,644. 210 BGH DB 2003,2481 ff (dazu Karsten NJ 2004,129). Während der werbenden Tätigkeit gilt das ab dem Zeitpunkt, zu dem mit der Inanspruchnahme gerechnet werden muss. Das soll für Schadenersatzansprüche wegen betriebsbezogener Straftaten erst dann gelten, wenn mit der Entdeckung zu rechnen ist, BGH NJW 2003,1821,1823, zw. 211 AA Richter GmbHR 1984,137,142 mN auch zur Gegenansicht. Die Haftung der KomplementärGmbH ist in der Bilanz der KG aber kein Aktivposten, ν Onciul S 153 f, wenn auch die GmbH insolvenzreif ist. 212 Zu Unrecht einschr Huntcmznn/Graf Brockdorff Rn 2/36. 213 V Onciul S 160. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

noch ausstehenden Sozialplan214 sind ebenso zu passivieren wie unverfallbare im Gegensatz zu verfallbaren Pensionsanwartschaften.215 Bestrittene Verbindlichkeiten müssen in Höhe des (objektiven) Risikos des Prozessverlustes passiviert werden, weil anderenfalls selbst unsubstantiiertes Bestreiten zB aus unsachlichen (Manipulations-)Gründen zur Vermeidung einer (angesichts der wahren wirtschaftlichen Lage erforderlichen) Passivierung genügen würde.216 Drohverluste sind dann zu passivieren, wenn mit ihrem Eintritt auch im Liquidationsfall gerechnet werden muss.217 Gleiches gilt für Eventualverbindlichkeiten, für die Rückstellungen zu bilden sind.218 87 In dem Sonderfall einer krisenbehafteten, aber ruhenden GmbH, deren einziger Vermögenswert in einem umstrittenen Steuererstattungsanspruch bestand, billigte es das KG219, dass die Geschäftsführung trotz Krise den Insolvenzantrag bis zur endgültigen Entscheidung über diesen Anspruch hinausgeschoben hatte. Dem kann nicht zugestimmt werden. Die Ausführungen des KG beschränkten sich auf die Frage nach dem Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit. Sie sei erst zu dem Zeitpunkt eingetreten, zu welchem festgestanden habe, dass der Steuererstattungsanspruch nicht bestand. Das ist nicht richtig. Darauf, dass die GmbH aufgrund ihres Ruhens keine neuen Verbindlichkeiten begründete, kann es nicht ankommen. Wenn sie sich fälligen Forderungen ausgesetzt sah und diese nicht beglichen hat - andernfalls wäre die Annahme einer Krise nicht gerechtfertigt - , dann ist sie zahlungsunfähig, auch wenn es sich um ältere Verbindlichkeiten handelte. Anderes würde nur im Fall der Stundung gelten. Dann wäre die Zahlungsunfähigkeit entfallen und erst mit dem Ende der Stundungsfrist eingetreten. Völlig ausgeblendet hatte das KG die Frage des Vorliegens einer Überschuldung. Sie wäre nur zu verneinen gewesen, wenn die Bewertung des (behaupteten) Steuererstattungsanspruchs nach dem Vorsichtsprinzip ergeben hätte, dass die Verbindlichkeiten noch von den Aktiva gedeckt waren. 88 Unmittelbar220 kapitalersetzende Leistungen221 sind dann zu passivieren, wenn sie diesen Charakter lediglich kraft Gesetzes, $ 32a GmbHG, oder aufgrund der sog „Rechtsprechungsregeln"222 tragen. Dem Geschäftsführer soll nämlich nicht das Risiko rechtlicher Fehleinschätzung insbes seitens der Gesellschafter aufgebürdet werden.223 Es kann von kurzfristigen wirtschaftlichen Entwicklungen abhängen, ob eine Leistung als Kapitalersatz erbracht oder - noch schwieriger - nachträglich kapitalersetzend geworden ist. Aus Gründen der Rechtsklarheit darf deshalb eine de jure kapitalersetzende Leistung nur dann außer Ansatz bleiben, wenn der Zuwender erklärt hat, er verzichte für den Fall der Insolvenz auf die Rückgewähr oder beanspruche sie erst nach vollständiger Befriedigung sämtlicher (anderen) Fremdgläubiger und dies auch in verlässlicher Weise dokumentiert hat.224 214 VOnciul S 159. 215 VOnciul S 160. 216 Verkannt von OLG Köln NZG 2 0 0 0 , 4 3 9 , 4 4 0 ; Roth S 242; wie hier Wengel DStR 2 0 0 1 , 1 7 6 9 , 1 7 7 2 ; tendentiell wohl auch Wey ani Rn 37. 217 Z u m T h e m a vgl Reck BuW 1999, 823, 828; 865, 866; auch Haas/Scholl ZInsO 2002, 645 ff (nebst Darstellung der Möglichkeiten, die Passivierungspflicht d u r c h Rangrücktrittsvereinbarungen aufzuheben) 218 Reck BuW 1999,823, 829. 219 wistra 2 0 0 2 , 3 1 3 , 3 1 5 f; z u t r dagegen Maurer wistra 2 0 0 3 , 1 7 4 , 1 7 6 . 220 Zur B e h a n d l u n g der Sicherheitsleistungen m i t kapitalersetzendem Charakter vgl u n t e n § 16 Rn 124 ff. 221 Dazu allgemein oben § 7 Rn 125 ff. 222 Dazu oben § 7 Rn 138. 223 BGH NJW 2001, 1280. Die Entscheidung erging zwar noch z u m Konkursrecht, f ü r die InsO d ü r f t e aber nichts anderes gelten, vgl Bormann G m b H R 2001, 689ff; Ehlers DStR 1998, 1756, 1759; Goette ZInsO 2001, 529, 534f. Sa Kußmaul DB 2002, 2258ff; Paulus ZGR 2002, 320ff; Wittig NZI 2001, 169 ff. 224 Reck Rn 301 ff (Ersichtlichkeit aus B u c h f ü h r u n g s u n t e r l a g e n genügt).

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Bittmann

Insolvenzverschleppung (am Beispiel des $ 84 GmbHG)

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E i n e solche R a n g r ü c k t r i t t s - ebenso wie eine P a t r o n a t s e r k l ä r u n g g e n ü g t auch u n t e r G e l t u n g der InsO, o b w o h l $ 3 9 Abs 1 Nr 5 InsO die Gläubiger kapitalersetzender Leistungen zu den Insolvenzgläubigern z ä h l t . 2 2 5 Da sowohl F o r t f ü h r u n g als auch Liquidation der Aufstellung des Status erst n a c h f o l g e n , trägt er i m m e r Prognosecharakter. Welcher Wert bei der Zwangsvollstreckung oder i m Falle der Liquidation des U n t e r n e h m e n s tatsächlich erzielt wird, ist j a noch offen und k a n n erst in der Z u k u n f t b e a n t w o r t e t werden. F ü r die nachträgliche strafrechtliche B e t r a c h t u n g folgt daraus, dass etwaige spätere für den Beschuldigten günstigere tatsächliche E n t w i c k l u n g e n zu seinen G u n s t e n z u berücksichtigen sind. (2)

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Fortbestehensprognose

Z u n ä c h s t 2 2 6 ist eine F o r t f ü h r u n g s p r o g n o s e a u f z u s t e l l e n , deren E r g e b n i s darüber e n t s c h e i d e t , o b in den Ü b e r s c h u l d u n g s s t a t u s F o r t f ü h r u n g s - oder L i q u i d a t i o n s w e r t e E i n gang zu finden h a b e n . Zu prüfen ist die (objektive) Ü b e r l e b e n s f ä h i g k e i t und die (subjektive) Ü b e r l e b e n s w i l l i g k e i t . Letztere fehlt r e g e l m ä ß i g bei A u s h ö h l u n g s h a n d l u n g e n des Geschäftsführers, aber auch bei die Übersicht über den Vermögensstand erschwerenden B u c h f ü h r u n g s - und B i l a n z v e r s t ö ß e n . 2 2 7

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Was genau u n t e r einer F o r t f ü h r u n g s p r o g n o s e zu verstehen ist, wird unterschiedlich b e a n t wortet. W e i t g e h e n d e E i n i g k e i t b e s t e h t mittlerweile j e d o c h d a h i n g e h e n d , dass die F o r t f ü h r u n g s p r o g n o s e k l ä r e n soll, ob n a c h g e g e n w ä r t i g e m E r k e n n t n i s s t a n d die Z a h l u n g s f ä h i g k e i t bis z u m ü b e r n ä c h s t e n B i l a n z s t i c h t a g g e s i c h e r t ist. 2 2 8 Der P r o g n o s e z e i t r a u m beträgt d e m g e m ä ß m a x i m a l 2 J a h r e . 2 2 9 Obwohl d a m i t auch die k ü n f t i g e Zahlungsfáhig-

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225 BGH wistra 2003, 301, 302 (ausdrücklich aber nur für das Konkursrecht); OLG Naumburg ZIP 2004, 566ff (zu $ 16 Abs 3 DMBilG); Bittmann wistra 1999, 10, 15 mwN in Fn 105-110; B/Quedenfeld/Richter Rn 9/145 (unklar aber Rn 156); Goette ZInsO 2 0 0 1 , 5 2 9 , 5 3 5 ; Haas N Z I 1 9 9 9 , 2 0 9 ff; Härtung NJW 1995, 1186 ff (zum alten Recht); Pape ZInsO 2001, 397, 398 f; Reck Rn 289, 298 ff, 310; Κ Schmidt Z G R 1 9 9 8 , 6 3 3 , 6 6 0 ; s auch oben $ 7 Rn 71; aA, aber widersprüchlich Scholz/Tiedemann, Rn 49 und 52 zu § 84 GmbHG einerseits und (wie hier) Rn 45 und 51 andererseits; aA Harz ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 201 f; Rohm S 197 ff; τ/Fischer Rn 7 vor $ 283 StGB; und sogar für das alte Recht OLG München GmbHR 1998,281 f; nur konstruktiv abweichend, iE aber wie hier Bieneck, StV 1 9 9 9 , 4 3 , 4 5 f, und M-G/B/Bieneck, Rn 76/14 sowie 80/20 und 29 f, der zwar ohne Erlass Passivierung verlangt, sie aber bilanziell durch Aktivierung des Freistellungsanspruchs in gleicher Höhe wieder neutralisiert sehen will. Diese Vorgehensweise ist bei eigenkapitalersetzender Sicherung eines Fremddarlehens zwingend, vgl MeyerLöwy ZIP 2 0 0 3 , 1 9 2 0 ff. 226 Höjfner BB 1999, 198, 201; vOnaul S 129; Reck Rn 139 ff; ders BuW 1999, 823, 824; Κ Schmidt ZGR 1 9 9 8 , 6 3 3 , 6 5 4 ; auch Rohm S 173 f; s auch oben $ 7 Rn 52. Es ist also nicht erforderlich, als erstes auf der Basis von Liquidationswerten die Überschuldung festzustellen und nur bei Bejahung eine Fortbestehensprognose aufzustellen, an welche sich, sollte sie sich als positiv erweisen, erst als dritter Schritt unter Ansatz von Fortführungswerten die Überschuldung zu prüfen wäre, Bittmann wistra 1 9 9 9 , 1 0 , 1 1 mN; aA Huntcmunnl Graf Brockdorff Rn 2/35, der zudem eine Fortführungsprognose nur in der Unternehmensinsolvenz für nötig erachtet, Rn 2/37 und 39; Lutter ZIP 1999, 641, 644; Scholz [Tiedemann Rn 47b zu J 84 GmbHG; W/J¡Beck Rn 6/95 f; Uhlenbruch KTS 1 9 9 4 , 1 6 9 , 1 7 3 . Der Beginn der Überschuldungsprüfung mit der Aufstellung einer Fortbestehensprognose ist nicht etwa juristisch vorgeschrieben, Haas Insolvenzrecht S 19 f; Rühm S 173 f. Bestehen zB bei relativ geringer Überschuldung sicher zum Ausgleich genügende stille Reserven (zB im Unternehmensgrundstück), dann kann die rechtliche Überschuldung bereits mit Blick darauf verneint werden. Das Errichten einer Fortbestehensprognose ist auch dann verzichtbar, wenn es einfacher erscheint, unter Ansatz von Liquidationswerten einen Überschuldungsstatus aufzustellen und dieser, zB aufgrund stiller Reserven, keine rechnerische Überschuldung ausweist. 227 M-G/B/Bieneck Rn 76/25. 228 Näheres sogleich unten Rn 92 f. 229 Haas DStR 2003,423,425; Ρenzlin S 159; Schaub DStR 1 9 9 3 , 1 4 8 3 , 1 4 8 6 ; s auch oben $ 7 Rn 53; aA Bieneck StV 1999, 43, 44; Rohm S 184f: Maximal 1 Jahr. Zu pauschal sowohl OLG Saarbrücken NZG 2 0 0 1 , 4 1 4 f , welches im Fortbestand über 18 Monate eine positive Fortführungsprognose sieht, als auch Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

keit geprüft wird, zielt die Fortbestehensprognose als Teil der Überschuldungsprüfung auf die Feststellung der gegenwärtigen Leistungsfähigkeit der Gesellschaft und nicht wie die Prüfung drohender Zahlungsunfähigkeit auf die Feststellung zukünftiger Leistungsunfähigkeit. 230 92

Nach dem Fachausschuss Recht des Instituts der Wirtschaftsprüfer ist „die Fortführungsprognose . . . das qualitative, wertende Gesamturteil über die Lebensfähigkeit des Unternehmens in der voraussehbaren Zukunft bzw über dessen Verwertungsaussichten. Sie wird auf der Grundlage des Unternehmenskonzepts und der Finanzplanung getroffen." 231 Diese Definition muss für die praktische Anwendung noch konkretisiert werden. In Betracht kommt dabei zum einen, sich an Wiederbeschaffungswerten zu orientieren. Dies wäre allerdings mit zu großen Unsicherheiten behaftet. Eher justitiabel, wenn auch immer noch mit den jeglicher Prognose innewohnenden Unsicherheiten behaftet, ist es, sich an der zukünftigen Ertragsfähigkeit zu orientieren. Dabei wird man sich an den Daten der Vergangenheit, den Ergebnissen einzelner Betriebsabteilungen, den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen sowie den sonstigen mikro- und makroökonomischen Kennzahlen orientieren können. Auch das benchmarking kann hilfreich sein. Daneben werden auch „weiche" Kriterien wie zB die Bereitschaft der Gesellschafter zu etwaigen Nachschüssen, der Ausbildungsstand des Personals und die Leistungsfähigkeit des Managements Berücksichtigung finden müssen. 232

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Weil es aber darauf ankommt festzustellen, ob die Gläubiger nach gegenwärtigem Stand (auch) in Zukunft Aussicht auf vollständige Befriedigung haben, kann die Ertragsfähigkeit nur im Fall positiver Aussicht allein ausschlaggebend sein. 233 Bei fehlender Ertragsfähigkeit (im maßgeblichen Zeitraum, dh bis zum übernächsten Bilanzstichtag) ist deshalb zusätzlich auf der Basis eines Finanz- = Liquiditätsplans zu prüfen, ob gleichwohl die zukünftige Zahlungsfähigkeit als gesichert erscheint. 234 Das kann zB der Fall sein aufgrund der festen Aussicht auf die Zufuhr von Fremd- oder Eigenkapital(-ersatz).235 Realistisch ist dies regelmäßig aber nur in der Anlaufphase eines Unternehmens oder nach außergerichtlichen Sanierungsmaßnahmen mit massiver Kostensenkung, 235 also zu Überbrückungszwecken, weil nicht nur Fremd-, sondern auch Eigenkapital ohne Aussicht auf ν Onciul, S 119, der bei einer binnen 2 Jahren drohenden Zahlungsunfähigkeit eine negative Fortbestehensprognose annimmt. Für eine Sanierung kann der Zeitraum durchaus länger sein, Nonnenmacher FS MoxterS 1315,1323 f. 230 V Onciul S 141. 231 Wpg 1997, 22, 24; sa LG Hildesheim GmbHR 2003, 1484, 1485 f m Anm Blöse; Al Wl Weyand Rn 23/160ff; Höffner BB 1999, 198, 2 0 2 f und 204f; Kirchhof Rn 119; Nonnenmacher FS Moxter S 1315, 1316 ff; Reck BuW 1 9 9 9 , 8 2 3 , 8 2 5 . 232 Bittmann wistra 1 9 9 9 , 1 0 , 1 4 ; Tiedemann Rn 160f vor § 283 StGB. 233 Penzlin S 85; ders NZG 2000, 4 6 4 , 4 6 6 f f ; Harz, ZInsO 2 0 0 1 , 1 9 3 , 1 9 8 , stellt umgekehrt vorrangig auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit und erst darüber hinaus auf die Ertragskraft ab. Ausf zur Thematik Drukarczyk WM 1994,1737,1741ff. 234 MW/Weyand Rn 23/160; Bieneck, StV 1 9 9 9 , 4 3 , 4 4 ; Bittmann wistra 1999,10, 14; Burger/Schellberg KTS 1 9 9 5 , 5 6 3 , 5 7 1 ; Röhm S 177ff, insbes S 183 mN. (Dem berechtigten Kern seiner Kritik auch an den Ausführungen von Verf dürfte mit den jetzigen Formulierungen Genüge geleistet sein.); die Ergebnisse einer etwaigen vorangegangenen Zahlungsunfähigkeitsprüfung können insoweit ohne weiteres herangezogen werden, Harz ZInsO 2001, 193, 199; s auch oben Rn 56. OLG Düsseldorf GmbHR 1 9 9 6 , 6 1 6 , 6 1 9 , ΒIQuedenfeld/Richter, Rn 9/119, Haas Insolvenzrecht S 21 f, Nonnenmacher ΐ S MoxterS 1315,1323 ff, und Schaub,DStR 1 9 9 3 , 1 4 8 3 , 1 4 8 5 f, verlangen sowohl einen Finanzais auch einen Ertragsplan; sa BGH N J W 1 9 9 7 , 3 1 7 1 , 3 1 7 2 ; M-G/B/Bieneck Rn 76/23. 235 V Onciul S 137ff. Die Wirksamkeit einer solchen Zusage kann allerdings vom Fortbestehen des Unternehmens abhängig sein, KG NZG 2 0 0 1 , 7 4 9 f. 236 M-G/B/Bieneck Rn 76/26. Sind Gläubiger nicht zum (Teil-)Verzicht bereit, hängt aber der Erfolg der Sanierung von diesem Verzicht ab, so ist die Fortführungsprognose negativ, BGH DB 2004, 1256, 1257.

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Insolvenzverschleppung (am Beispiel des $ 84 GmbHG)

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eine genügende Ertragskraft nicht erwartet werden kann. Eine Ausnahme mag bei besonderem Affektionsinteresse eines reichen Mäzens gemacht werden können - eine absolute Ausnahmesituation.

(3)

Liquidations- oder Fortführungswerte

Das Ergebnis der Fortführungsprognose ist maßgeblich dafür, welche Werte im Über-

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s c h u l d u n g s s t a t u s 2 3 7 a n z u s e t z e n sind. 2 3 8 Überschuldung im Rechtssinne kann sowohl beim Ansatz von L i q u i d a t i o n s - als auch bei Zugrundelegen von F o r t f ü h r u n g s w e r t e n vorliegen. Das ist i m m e r dann der Fall, wenn der status ergibt, dass die - sei es nach Liquidations·, sei es nach Fortführungsgesichtspunkten angesetzten - V e r m ö g e n s w e r t e die Ver-

bindlichkeiten nicht mehr abdecken, der Saldo also auf der Aktivseite als nicht durch E i g e n k a p i t a l g e d e c k t e r F e h l b e t r a g ausgewiesen werden muss. Fällt die F o r t f ü h r u n g s p r o g n o s e n e g a t i v aus, ergibt sie also eine Wahrscheinlichkeit gegen die Überlebensfähigkeit bis z u m übernächsten Bilanzstichtag, dann sind für den Überschuldungsstatus die L i q u i d a t i o n s w e r t e maßgeblich. Wegen des auch insoweit bestehenden Prognosecharakters lassen sie sich nicht m i t mathematischer Gewissheit feststellen. Die Praxis kann sich aber regelmäßig damit begnügen, die B i l a n z w e r t e m i t bestimmten A b s c h l ä g e n zu übernehmen. 2 3 9 Maßgeblich sind die Werte der einzelnen Aktiva. Liegt aber ein (höheres) Angebot zur Übernahme des gesamten Unternehmens oder auch nur b e s t i m m t e r Teile davon 2 4 0 vor, dann ist dieser höhere Preis maßgebend. 2 4 1 Die genaue H ö h e des Abschlags richtet sich nach Erfahrungswerten, über welche der Kaufmann für seine Branche regelmäßig verfügt. Im Ermittlungs- und Strafverfahren bedarf der Staatsanwalt bzw Richter hingegen regelmäßig sachverständiger Hilfe. Die Bilanzwerte dürfen auch nicht um einen Abschlag in für alle Positionen gleicher Höhe vermindert werden. Es k o m m t vielmehr auf die konkrete, also auch konjunkturabhängige Marktgängigkeit jedes einzelnen Gutes an. Die voraussichtlichen Kosten eines Insolvenzverfahrens dürfen im Überschuldungsstatus nicht passiviert werden, bevor die Entscheidung über die Notwendigkeit eines Insolvenzantrags gefallen ist. 2 4 2

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Obwohl unter Gläubigerschutzgesichtspunkten an sich die schlechteste Verwertungsmöglichkeit a n g e n o m m e n werden müsste m i t der Folge des Ansatzes von aufgrund des Zeitdrucks und der Veräußerungsnotwendigkeiten sehr niedrigen Z e r s c h l a g u n g s w e r t e n , spricht das Erfordernis, das Recht für die von ihm in die Pflicht G e n o m m e n e n handhabbar zu gestalten, dafür, die (höheren) Erlöse zugrunde zu legen, die bei einer g e o r d n e t e n L i q u i d a t i o n erzielt werden können. 2 4 3 Sie sind für gebrauchte Teile des Anlagevermögens regelmäßig 2 4 4 noch i m m e r niedrig genug.

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Fällt die F o r t f ü h r u n g s p r o g n o s e hingegen positiv aus, so sind im Überschuldungsstatus die sog F o r t f ü h r u n g s w e r t e anzusetzen.

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Auch wenn dies theoretisch unbestritten ist, besagt das für deren konkrete Feststellung noch relativ wenig. Die Einzelheiten sind so umstritten, dass Tiedemann245 der Auffassung

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237 Vgl dazu oben Rn 83 f. 238 HttrzZInso 2001,193,198. 239 Harz, ZInsO 2001, 193, 199, hält die Einzelveräußerungspreise für maßgeblich; ν Onciul, S 148, befürwortet den Substanzwert als Untergrenze; sa M-G/B/Bi'enecfc Rn 76/21. 240 Haas Insolvenzrecht S 25. 241 Rohm S 190 f. 242 Bittmann wistra 1999,10,11 f. 243 Bittmann wistra 1999, 10, 11; Haas Insolvenzrecht S 25; Harz ZInsO 2001, 193, 198; ausf Höffner BB 1999,198,199 f; Rohm S 190; s auch oben S 7 Rn 58. 244 Anderes gilt zB für Spezialmaschinen insbes neuester Technik. 245 Rn 158 vor § 283 StGB; auch Scholz/Tiedemann Rn 47 zu § 84 GmbHG; ebenso Wß/Beck Rn 6/102; Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

ist, dass für das Strafrecht nur dann von einer Überschuldung unter Ansatz von Fortführungswerten die Rede sein könne, wenn sämtliche der dazu vertretenen Auffassungen zu diesem Ergebnis führten. Befürwortet werden in der Literatur im Wesentlichen der Rückgriff auf das steuerrechtliche Teilwertprinzip 2 4 6 oder der Ansatz der Reproduktionskosten, von Wiederbeschaffungs-, Ertrags-, 247 Substanz- und Werten der Handelsbilanz. Alle diese Auffassungen sind unterschiedlichen Einwendungen ausgesetzt. 100

Zutreffend dürfte es sein, bei Beschränkung auf den Wert des Unternehmens als Ganzes die Werte aus der Handelsbilanz, allerdings nur in korrigierter Form, zu übernehmen. 2 4 8

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So sind zB trotz Annahme der Fortführung (zB durch steuerliche Sonderabschreibungen 249 gebildete) stille Reserven aufzudecken, 250 durchsetzbare und verfolgte Forderungen gegen Gesellschafter oder Geschäftsführer ebenso zu aktivieren wie selbst entwickelte immaterielle Vermögensgegenstände einschließlich des Firmenwerts. 251 Bestehen Bilanzierungswahlrechte, so sind Vermögenswerte zu aktivieren, Verbindlichkeiten aber grundsätzlich nicht zu passivieren. 252 Für eine Evidenzprüfung mag es genügen, die Handelsbilanz zugrunde zu legen und nur um die stillen Reserven zu korrigieren. 253 In aller Regel wird es auch für die Bewertung unter Fortführungsgesichtspunkten erforderlich sein, einen Sachverständigen zu beauftragen. 254

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Fällt die Fortbestehensprognose für das laufende Geschäftsjahr positiv, für das folgende aber negativ aus, so ist sie dann insgesamt positiv, wenn die Erträge des laufenden Jahres die Einbußen des Folgejahres auszugleichen versprechen. Ist umgekehrt die Fortbestehensprognose für das Folgejahr positiv, nicht aber für das laufende Geschäftsjahr, dann ist sie insgesamt negativ, solange nichts dafür spricht, dass die Überschuldung binnen maximal drei Wochen beseitigt zu werden vermag. 255

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Denkbar ist auch, dass die Fortführungsprognose zu keinem klaren Ergebnis führt. Dann sind nach der eindeutigen Entscheidung des Gesetzgebers der InsO für einen verstärkten Gläubigerschutz die Liquidationswerte wie im Fall einer negativen Fortführungsprognose 256 anzusetzen. $ 19 Abs 2 S 2 InsO lässt den Ansatz von Fortführungswerten nur dann zu, wenn die Fortführung des Unternehmens überwiegend wahrscheinlich ist. Davon kann keine Rede sein, wenn die Prüfung der Fortführungsfähigkeit gerade kein bejahendes Ergebnis erbrachte. Der Ansatz der regelmäßig höheren Fortführungswerte setzt also voraus, dass die mittelfristige Überlebensfahigkeit iS einer Prognose feststeht.

S/S/Stree/Heine, Rn 51 zu $ 283 verlangt das für das Tatbestandsmerkmal Überschuldung insgesamt; ν Onciul, S 148ff, scheint keine Auffassung für überzeugend zu halten; Förster, ZInsO 1999, 555f, will Fortführungswerte aufgrund der Unsicherheit ihrer Feststellung schlicht „vergessen". 246 Reck Rn 165 ff. Ähnlich oben § 7 Rn 57. 247 Spliedt DB 1999,1941 f; Haas Insolvenzrecht S 25 f; abl Otto, NJW 1999, 554,555, für den Ertragswerte nicht weit von „Kaffeesatzleserei" entfernt sind; krit auch Höffner BB 1999,198, 200,201 sowie 252,254. 248 Bittmann wistra 1999, 10, 12; Höffner BB 1999, 252, 253; sa Harz ZInsO 2001, 193, 199; Penzlin S 84f; Röhm S 186ff. 249 Nonnenmacher FS Moxter S 1315,1328 f; Reck Rn 232ff; ders BuW 1999,823,829, für die Sachanlagen auf den Marktpreis abstellend; allg 865,869. 250 M-C/ß/Bieneck Rn 76/20. 251 Huntemann/Gra/BrocMürjJRn 2/37; vgl dazu allgemein oben Rn 85 sowie $ 7 Rn 64. 252 Reck Rn 205 ff; ders BuW 1999,865. 253 Bieneck wistra 2001,53,54. 254 Höffner BB 1999,198,201. 255 VOnciul S 143. 256 Oben Rn 95 ff. 324

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Insolvenzverschleppung (am Beispiel des § 84 GmbHG) Dieses Ergebnis trifft nicht nur für das Insolvenzrecht zu, sondern gilt auch im Strafrecht. Der Grundsatz „in dubio pro reo" greift insoweit nicht ein, 257 weil er sich allein darauf bezieht, ob bestimmte Tatsachen festgestellt werden können oder nicht, während es sich bei der Entscheidung, welcher Art Werte in den Überschuldungsstatus Eingang zu finden haben, ausschließlich um eine Rechtsfrage handelt. Bestehen hingegen bei Prüfung der Fortführungsprognose im Ermittlungs- oder Strafverfahren Unklarheiten über das Vorliegen bestimmter Tatsachen, so gilt der in - dubio - Grundsatz uneingeschränkt. 258 In der Praxis sind die Fälle nicht gerade selten, in welchen der nunmehr insolvente Kaufmann, meist der Geschäftsführer einer insolventen GmbH, trotz erkannter wirtschaftlicher Schwierigkeiten einfach weiterarbeitete, 2 5 9 seine Anstrengungen evtl sogar vermehrte, 260 ohne aber eine diesen Namen verdienende und damit im Rechtssinne anzuerkennende Fortführungsprognose 2 6 1 anzustellen. In solcher Lage sind wiederum die Liquidationswerte maßgeblich, weil es eben an der erforderlichen positiven Fortführungsprognose fehlt. 262 Es kommt dem Geschäftsführer also auch strafrechtlich nicht zugute, dass er sich um die Sicherung der Überlebensfähigkeit nicht im erforderlichen Maße kümmert. Wusste er hingegen nicht, dass er aufgrund der krisenhaften Lage eine Fortführungsprognose anzustellen hatte, so unterlag er einem - regelmäßig: vermeidbaren - Gebotsirrtum, S 17 StGB. Behauptet er jedoch, er habe eine Fortführungsprognose angestellt und diese sei positiv ausgefallen, dann gilt es zunächst, diese Einlassung auf Plausibilität zu überprüfen, 263 wobei ein gewisser Beurteilungsspielraum des Geschäftsführers anzuerkennen ist, 264 und eine ex-ante-Betrachtung zugrunde gelegt werden muss. 265 Einer nachträglichen Erstellung der vom Geschäftsführer nicht aufgestellten Fortführungsprognose bedarf es regel-

257 Bieneck StV 1999,43,44; Bittmann wistra 1999,10,17; Röhm S 183 f; wohl auch Weyand Rn 34; aus zivilrechtlicher Sicht ebenso OLG Düsseldorf GmbHR 1996, 616, 619; ν Gerkan EWiR S 64 GmbHG 2/99, 409; Haas DStR 2003, 423, 425; ders NZG 1999, 373, 379; Kirchhof Rn 119; Veit DB 2000, 1928, 1929; sowie oben $ 6 Rn 45; aA B/Quedenfeld/Richter Rn 9/118; Helwich MDR 1998, 516, 517; Reck BuW 1999,823,825; Scholz/Tiedemann Rn 44a zu S 84 GmbHG; Tiedemann Rn 154f vor § 283 StGB; W/J/Beck Rn 6/101. Zur Unternehmensbewertung s BGH wistra 2003,457,459 (zu pauschal). 258 Bieneck StV 1999,43,44; M-G/B¡Bieneck Rn 76/34. 259 Beispiel: OLG Düsseldorf NZI1999,320,322. 260 ZB kann er kapitalersetzende Leistungen erbracht haben. Das genügt entgegen OLG Bremen, NZG 1999, 74, 75, aber keineswegs für das Vorliegen einer positiven Fortführungsprognose, weil ein solches Verhalten lediglich die subjektive Sicht des Leistenden dokumentiert. Sie kann aber auch auf einer bloßen Hoffnung beruhen. Die objektive wirtschaftliche Lage, auf die es ankommt, kann aber eine ganz andere sein. 261 Vgl BGH DB 2004,1256,1257; OLG Düsseldorf NZI 1999,320,322; OLG Köln WM 2001,1160, 1161 f; ν Gerkan gegen OLG Düsseldorf EWiR S 64 GmbHG 2/99,409; M-G/B/Bieneck Rn 76/28; ν Onciul S 137 ff; Roth S 241 ff; Veit, DB 2000, 1928, 1929, verlangt für die Bejahung einer anzuerkennenden Fortführungsprognose das Einhalten bestimmter normativer Voraussetzungen. Hoffnungen, Wünsche und Ideen allein genügen nicht, OLG Karlsruhe, DStR 2000, 1529 (in der Bearbeitung von Haas). AA OLG Frankfurt/Main NZG 2001,173,174 für die Rechtslage unter Geltung der KO, welches es sogar genügen ließ, dass eine tatsächlich gar nicht aufgestellte Fortführungsprognose vermutlich positiv ausgefallen wäre; auch Reck, BuW 1999, 823, 825, stellt außerhalb der vom KonTraG erfassten Unternehmen keine besonderen Anforderungen an die Fortbestehensprognose. 262 AA Reck, Rn 156; ders BuW 1999, 823, 825; ders GmbHR 1999, 267, 272ff, der bis zum Zeitpunkt der Insolvenzanmeldung die Fortführungswerte für maßgeblich erachtet, es sei denn, in den letzten drei Monaten zuvor überwogen die Auszahlungen die Einzahlungen. 263 Bittmann wistra 1999, 10, 16. Dazu bedarf es der Einschaltung eines betriebswirtschaftlichen Gutachters, vgl dazu oben Rn 69 und unten Rn 108 ff. 264 OLG Koblenz NZI 2003, 463, 464; OLG Naumburg NZG 2001, 136, 137 mN; Haas DStR 2003, 423,425; Roth S 241 ff. 265 OLG Koblenz NZI 2003,463,464. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

mäßig nicht. 266 Zeigen die für den maßgeblichen (in der Vergangenheit liegenden) Zeitpunkt feststellbaren Wirtschaftsdaten, dass bei ernsthafter Prüfung kein Raum für eine positive Fortführungsprognose bestand, so ist die Einlassung widerlegt. Maßgeblich sind dann die Liquidationswerte. Lässt sich hingegen die Darstellung des Beschuldigten nicht widerlegen, dann mangelt es an einer Tatsachenfeststellung. Weil das nicht zu Lasten des Beschuldigten gewertet werden darf, sind in einem solchen Fall die Fortführungswerte

maßgeblich. (4)

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Prüfungsschema

Graphisch lässt sich das Prüfungsschema wie folgt darstellen:267

FALLI

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FALL2

FALL3

FALL 4

Der Nachweis der Überschuldung im Ermittlungs- und Strafverfahren

Die Überschuldung und ihr Erkennen seitens des Geschäftsführers lässt sich im Ermittlungs- und Strafverfahren nur in eindeutigen Fällen, zB bei hoher Überschuldung und fehlenden Bilanzpositionen, welche zum Ausgleich ausreichende stille Reserven enthalten können, 268 ohne sachverständige Hilfe feststellen. Regelmäßig wird ein betriebswirtschaftliches Gutachten einzuholen sein. Auch hier ist wiederum darauf zu achten, dass der Sachverständige neben der objektiven Lage ebenfalls prüft, wann der Geschäftsführer welche die Überschuldung belegende Information zur Kenntnis genommen hat. Der

266 Vgl dazu unten Rn 110. 267 Die Darstellung bei Drukarczyk/Schüler, 1. Aufl, Rn 62, ist hier insoweit ergänzt, als der negativen Fortführungsprognose der Fall des non liquet gleichgestellt wurde. 268 M-G/B/Bieneck Rn 76/27.

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Insolvenzverschleppung (am Beispiel des $ 84 GmbHG)

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Nachweis der subjektiven Tatseite ist zumeist schwieriger zu führen als bei der sinnlich eher wahrnehmbaren Überschuldung. Der Gutachter hat es relativ leicht, wenn Buchführung und Bilanzen vollständig vorliegen und verlässlich sind. Er kann sich in einem solchen Fall auf die Prüfung der Posten beschränken, um welche die Bilanz zum Zwecke der Aufstellung eines Überschuldungsstatus zu korrigieren ist. 269 In der insolvenzstrafrechtlichen Praxis liegen aber nur ganz selten alle erforderlichen Unterlagen vor und es bestehen außerdem häufig Zweifel an ihrer inhaltlichen Richtigkeit. Bei solchem Befund muss der Sachverständige zunächst über Plausibilitätsprüfungen herauszufinden trachten, an welchen Stellen die Bilanz, aber auch die Buchführung unrichtig sind. Soweit möglich, hat er anschließend diese Mängel auszugleichen und nachträglich selbst die Buchführung zu vervollständigen und/oder einen Überschuldungsstatus aufzustellen. Das ist relativ leicht, wenn lediglich nachzubuchen ist, schon aufwendiger, wenn ziffernmäßig bedeutsame Manipulationen berücksichtigt werden müssen und sehr komplex, wenn verschiedene kleinere oder größere Mängel zu eliminieren sind. Je eindeutiger die Fehler allerdings sind, desto sicherer deuten sie auf bewusstes Handeln hin. Eine Fortführungsprognose muss der Sachverständige nachträglich regelmäßig nicht errichten.

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Das gilt selbst dann, wenn der Geschäftsführer behauptet (oder mit einer solchen Einlassung gerechnet werden muss), dass er zB bis zuletzt nach Prüfung zu einer leider schriftlich nicht mehr vorhandenen positiven Fortführungsprognose gelangt ist. 270 Hier genügt in der Regel eine Plausibilitätsprüfung.271 Nur wenn diese nicht geeignet ist, die Angaben des Geschäftsführers zu widerlegen, muss der Sachverständige, so es denn trotz Zeitablaufs noch möglich ist, eine Fortführungsprognose nachträglich erstellen.

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Inhaltlich hat sich der betriebswirtschaftliche Gutachter an die gesetzlichen Vorhaben zu halten. Im übrigen ist er methodisch frei. Weil es sich aber auch insoweit um Rechtsanwendung handelt, sind der Staatsanwalt, insbes aber das Gericht jedoch befugt, die vom Sachverständigen zugrundegelegte Methode zu verwerfen. Das kommt in der Praxis aber nicht häufig vor. Abweichungen finden sich allerdings nicht ganz selten beim Verständnis der rechtlichen Vorgaben. Solche Differenzen bieten allerdings Anlass, den subjektiven Tatbestand oder die Vorwerfbarkeit des Handelns des Geschäftsführers einer genauen Prüfung zu unterwerfen.

111

9.

Der subjektive Tatbestand

In subjektiver Hinsicht ist auch für die Merkmale Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung Vorsatz erforderlich. Der Geschäftsführer muss also wissen, dass sich die GmbH in der Krise befindet. Es genügt allerdings bedingter Vorsatz.272 Er ist schon dann zu bejahen, wenn der Täter die maßgeblichen Tatsachen erkannt hat, er zB weiß, dass der Gerichtsvollzieher vergeblich zu pfänden versuchte, die Sozialversicherungsbeiträge nicht mehr beglichen werden können oder die Konten ebenso wie die Kasse leer ist bzw der Jahresbilanz entnommen hat, dass das Eigenkapital mehr als aufgezehrt ist und keine stillen Reserven vorhanden sind. Nicht erforderlich für die Bejahung des (bedingten) Vorsatzes ist es, dass er aus den von ihm erkannten Tatsachen auch den Schluss auf das Vorliegen von Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gezogen hat. 273

269 270 271 272 273

Vgl dazu oben Rn 85 f und allg § 7 Rn 50 sowie 59 ff. Vgl dazu bereits oben Rn 105, auch 103 f. Bittmann wistra 1 9 9 9 , 1 0 , 1 6 . Scholz/Tiedemann Rn 98 zu § 84 GmbHG. AA Scholz/Tiedemann, Rn 97 zu § 84 GmbHG, der Bedeutungskenntnis für erforderlich erachtet.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Kannte der Täter die maßgeblichen Tatsachen nicht, 274 bewertete er zB Vermögensgegenstände falsch oder stellte er eine unrichtige Prognose an, so unterlag er einem Tatbestandsirrtum. 275 Damit scheidet eine Bestrafung wegen vorsätzlichen Handelns aus. Es bleibt jedoch die Möglichkeit fahrlässiger Begehung. Glaubte der Täter jedoch trotz Kenntnis sämtlicher Tatsachen lediglich, nicht zum Handeln verpflichtet zu sein, so unterlag er einem (regelmäßig: vermeidbaren 276 ) Gebotsirrtum. 277

114 Die forensische Praxis ist zu Unrecht sehr zurückhaltend mit der Bejahung des wenigstens bedingten Vorsatzes und glaubt Beschuldigten nur allzu oft ungeprüft, wenn sie behaupten, von der insbes Überschuldung nichts geahnt zu haben. Ein Grund für diese Vorsicht dürfte darin liegen, dass sie ihre eigene, also juristische Sicht der Dinge zugrundelegt. Der Kaufmann denkt demgegenüber anders. Für ihn steht regelmäßig der Ertrag der Tätigkeit des Unternehmens (allerdings nicht notwendig allein) im Vordergrund. Er weiß daher viel eher und genauer als es die zur nachträglichen Beurteilung berufenen Juristen annehmen, wie es um dessen wirtschaftlichen Verhältnisse steht. 278 Auch wenn er manche Einzelheiten nicht kennt, weiß er sehr schnell und sehr sicher, dass sich das Unternehmen in der Krise befindet. Dass er seine Erkenntnis vor Gericht leugnet, ist sein Recht, wird dadurch aber nicht glaubhafter. Und selbst wenn er dies unwiderlegt behauptet und dazu noch ausführt, mangels Finanz- oder Ertragsplans, ganz zu schweigen von einem Überschuldungsstatus, keine Übersicht über den Vermögensstand gehabt zu haben, dann nutzt ihm dies regelmäßig auch nichts: Wirtschaftet er von vorn herein nicht ordnungsgemäß, so ist das der typische Fall bedingten Vorsatzes.279

10. 115

Fahrlässige Insolvenzverschleppung, $ 84 Abs 2 GmbHG

Trotz ihrer ungerechtfertigten Zurückhaltung bei der Bejahung vorsätzlichen Handelns gelangen die Gerichte aber nur selten zum Freispruch, weil Insolvenzverschleppung auch fahrlässig 280 begangen werden kann, zB S 84 Abs 2 GmbHG. Aufgrund der mit der Übernahme der Geschäftsführung verbundenen Pflichten ist es praktisch unmöglich, ohne vermeidbare Pflichtverletzung die Insolvenzreife zu verkennen. Zwar besteht keine allgemeine

Pflicht zur ständigen Beobachtung der Liquidität sowie der Gewinn- bzw Verlust-

entwicklung. 281 Sie setzt aber beim Auftreten von Krisenanzeichen ein. 282 Solche vermag der Geschäftsführer nicht ohne Verstoß gegen seine Pflichten zu übersehen. Er hat sich

Das ist unvereinbar mit der Auffassung, dass Zahlungsunfähigkeit auch mit der kriminalistischen Methode nachgewiesen werden kann, vgl dazu oben Rn 70 ff. 274 S/SIStree/Heine Rn 56 zu $ 283 StGB (zur Buchführungs- und Bilanzierungspflicht). 275 Scholz¡Tiedemann Rn 97 zu $ 84 GmbHG. 276 Schoiz/Ttedemann Rn 5 und 99 zu S 84 GmbHG; W/J/Köhler Rn 7/47. 277 S/S IStree/Heine Rn 56 zu § 283 StGB. 278 Vgl Reck Rn 3 4 , 3 7 . 279 ΒIQuedenfeldlRichter Rn 9/124; sa Ehlers DStR 1 9 9 8 , 1 7 5 6 , 1 7 5 7 . 280 Scholz/Tiedemann, Rn 104 zu $ 84 GmbHG, rät zwecks Eingrenzung der Strafbarkeit zu einer Beschränkung auf Fälle grober Fahrlässigkeit. Das Gesetz bietet dafür aber keinen Ansatzpunkt. Die von ihm angeführte „Schwäche zur Selbsterkenntnis" entschuldigt auch andere Straftaten nicht. Fälle geringen Verschuldens sollten allerings ohne Umstände nach § 153 StPO eingestellt werden, vgl dazu bereits oben Rn 4 6 , 5 1 und 64 sowie unten Rn 119. 281 So aber wohl BGH NJW 1 9 9 4 , 2 2 2 0 , 2 2 2 4 ; Bremer GmbHR 2002,257; Bretzhe KTS 1 9 8 5 , 4 1 3 , 4 1 5 ; Haas DStR 2 0 0 3 , 4 2 3 , 4 2 4 ; Penzlin S 91 f; Κ Schmidt ZGR1998, 6 3 3 , 6 5 5 ; Uhlenbruch WiB 1 9 9 6 , 4 0 9 , 4 1 3 ; ders GmbHR 1 9 9 9 , 3 1 3 , 3 2 0 ; ebenso oben $ 6 Rn 50 und § 7 Rn 7. 282 BGHSt 15, 306, 311; OLG Düsseldorf NZI 1999, 156ff; de Angelis/Bodenbenner MDR 2003, 1145; Kallmeyer GmbHR 1999, 16, 18; ν Onciul S 29f, 67 und 68; Roth S 249ff; Scholz/Tiedemann Rn l O l f zu § 84 GmbHG; W/J/Köhler Rn 7/48; vgl auch unten § 12 Rn 299.

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dann einen verlässlichen Überblick über den Vermögensstand der Gesellschaft zu verschaffen und, falls damit der Verdacht der Insolvenzreife nicht schon verlässlich ausgeräumt ist, 283 auf dieser Grundlage eine Fortbestehensprognose als Teil eines Vermögensstatus zu erstellen. 284 Ihm steht dabei ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. 285 Fehlen ihm die zu Deutung erforderlichen intellektuellen Fähigkeiten oder das erforderliche Fachwissen, so knüpft der Fahrlässigkeitsvorwurf an das Übernahmeverschulden 2 8 6 an, es sei denn, er lässt sich fachkundig beraten. 287 Fahrlässigkeit kann auch darin liegen, dass der Geschäftsführer irrtümlich annahm, eine kurzzeitige Insolvenzlage sei (rechtzeitig) überwunden, 288 oder er aufgrund verschuldeter Organisationsmängel nicht rechtzeitig Kenntnis vom Vorliegen der Insolvenzreife erlangte. 289 In geeigneten Fällen sollte die Strafverfolgung zur Vermeidung aufwendiger Ermittlungen gemäß S 154a Abs 1 S 2 StPO auf das Fahrlässigkeitsdelikt, $ 84 Abs 2 GmbHG, beschränkt werden.

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Nicht vorzuwerfen ist einem Geschäftsführer, wenn er sich auf eine ihm günstige vertretbare Rechtsauffassung stützte. Allerdings ist hier genau zu prüfen, ob wirklich lediglich differierende Rechtsauffassungen bestehen, oder ob mit einer solchen Behauptung lediglich mangelnde Schlussfolgerungen aus in Wirklichkeit sehr wohl auch in ihren Konsequenzen richtig erkannten Informationen verdeckt werden sollen. 290

117

11.

Rechtswidrigkeit, Straferwartung und -rahmen, Verjährung, Konkurrenzen

Ein Rechtfertigungsgrund ist kaum denkbar. Das Interesse an der Erhaltung des Unternehmens oder der Arbeitsplätze genügt dafür schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber den Interessenkonflikt selbst entschieden hat und zwar zugunsten der Pflicht, Insolvenzantrag zu stellen. 291

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Eine Tat der vorsätzlichen Insolvenzverschleppung ist mit Geldstrafe oder mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe zu ahnden. Im Fall fahrlässigen Handelns beträgt das Höchstmaß der Freiheitsstrafe ein Jahr. In der Praxis hält sich für den Ersttäter einer kleinen GmbH die Strafe regelmäßig in einer Spanne von meist 60 bis 100, in Ausnahmefällen auch mal 40 oder 120 Tagessätzen. Signifikante Unterschiede in der Strafhöhe zwischen Fällen vorsätzlichen und solchen fahrlässigen Handelns sind bei den Routinefällen nicht feststellbar. Bei einsichtigen Beschuldigten, denen nichts weiter zur Last zu legen ist, kommt, wenn sie Ersttäter sind, häufig eine Einstellung nach § 153a StPO, weniger allerdings nach § 153 StPO in Betracht. Bei bestreitenden Beschuldigten bietet es sich angesichts der Aufwendigkeit der erforderlichen Ermittlungen häufig an, die Strafverfolgung wegen Insolvenzverschleppung gemäß $ 154 StPO zugunsten einer Konzentration auf andere Delikte (meist

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283 So zB im Fall OLG Hamburg, GmbHR 2003, 587 ff, m zust Anm Emde: Keine Notwendigkeit zur Aufstellung eines Überschuldungsstatus, weil der Geschäftsführer nach rechtlicher Beratung sicher mit dem später dennoch aus Rechtsgründen überraschend gescheiterten Eingang von Zahlungen rechnen durfte. 284 BGH NJW 1994, 2220, 2224; OLG Düsseldorf GmbHR 1999, 479ff; OLG Köln WM 2001, 1160, 1161 f; OLG Naumburg NZG 2001, 136, 137; Haas DStR 2003, 423, 424; Louven/Lohmann OLG-Report Karlsruhe/Stuttgart Kommentar 14/2000, Κ 29, Κ 31; ν Onciul S 30 und 84; Perniiti S 92; Roth S 250ff; Thümmel BB 2002,1105 ff. 285 OLG Naumburg NZG 2 0 0 1 , 1 3 6 f. 286 Scholz/Tiedemann Rn 103 zu § 84 GmbHG. 287 BGH NJW 1 9 9 4 , 2 2 2 0 , 2 2 2 4 . 288 W/J/KofticrRn 7/48. 289 Scholz/Tiedemann Rn 104 zu § 84 GmbHG. 290 Bittmann wistra 1 9 9 9 , 1 0 , 1 6 . 291 WH/Kühler Rn 7/42. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

§ 266a Abs 1 StGB, aber auch §$ 263,266 und 283 oder 283b StGB) zurücktreten zu lassen. Haben sich die unbeglichenen Verbindlichkeiten während der Phase der Insolvenzverschleppung wesentlich erhöht, dann ist das nachhaltig strafschärfend zu berücksichtigen. 120 Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Vorsatz- und der Fahrlässigkeitstat liegt allerdings in der unterschiedlichen Verjährung. Sie beträgt für die vorsätzliche Begehungsweise 5 Jahre, § 78 Abs 3 Nr 4 StGB und beläuft sich im Fall bloßer Fahrlässigkeit auf lediglich 3 Jahre, § 78 Abs 3 Nr 5 StGB. Die absolute Verjährung beträgt demzufolge 10 bzw nur 6 Jahre, S 78c Abs 3 S 2 StGB. Wer weiß, wie lange Wirtschaftsstrafverfahren mitunter dauern, der kann ermessen, wie schnell die kurzen Verjährungsfristen verstreichen. Es kommt deshalb in der Praxis durchaus nicht selten vor, dass die Bestrafbarkeit eines konkreten Angeklagten davon abhängt, ob das Gericht vorsätzliches oder lediglich fahrlässiges Handeln bejaht. Allerdings beginnt der Lauf der Verjährungsfrist erst mit Beendigung.292 121 Im Verhältnis zu anderen Delikten wird zumeist Tatmehrheit anzunehmen sein. Das gilt beim Zusammentreffen mit anderen Unterlassungsdelikten allerdings dann nicht, wenn die verschiedenen Pflichten durch dieselbe(n) Handlung(en) erfüllt werden müssten.293 Das ist für mehrere Antragspflichten verschiedener Gesellschaften, auch wenn es sich dabei um eine GmbH & Co KG und deren Komplementär - GmbH handelt, nicht der Fall.294 Im Verhältnis zu Begehungsdelikten ist Tateinheit anzunehmen, wenn die unterlassene Insolvenzanmeldung mindestens teilidentisch mit einer Ausführungshandlung ist, also etwa einem Kreditbetrug dient.295 In aller Regel liegt aber im Verhältnis zu SS 283-283c, 266, 263, 267 und 266a StGB, aber auch zu S 370 AO Tatmehrheit vor.296 Wurde aber eine Sanierung in ungetreuer Weise unterlassen oder diente die Insolvenzverschleppung zugleich der Begünstigung eines bestimmten Gläubigers, dann handelt es sich jeweils um eine Tat.297

S 12 Bankrott, SS 283,283a StGB I.

Allgemeines

1 Die Vorschrift des S 283 StGB in der Fassung des 1. Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität stellt seit dem 1.9.1976 das Kernstück des Insolvenzstrafrechts dar. Sie sichert insbes mit den beiden bedeutsamen Alternativen „Beiseiteschaffen" und „Verheimlichen" des Absatzes 1 Nr 1 ebenso wie die Vorschriften der §§ 283c und d den zentralen insolvenzrechtlichen Grundsatz „par condicio creditorum", die Gleichbehandlung aller Gläubiger des (Gemein-)Schuldners.1 Allein letzteres ist Ziel des S 283c StGB, während die übrigen Vorschriften vorrangig die Verringerung der den Gläubigern zur Verfügung stehenden Haftungsmasse verhindern wollen.2

292 M-G/B/Bieneck Rn 84/18; vgl z u r Beendigung oben Rn 22 f. 293 Vgl Scholz/Tiedemann Rn 106 zu § 84 G m b H G (zB b e i m Z u s a m m e n t r e f f e n m i t U n t r e u e d u r c h unterlassene Sanierung); sa Bittmann/Ganz wistra 2 0 0 2 , 1 3 0 ff (zu $ 266a StGB). 294 Ohne nähere B e g r ü n d u n g abw Scholz/Tiedemann Rn 106 zu $ 84 G m b H G . 295 Scholz/Tiedemann Rn 107 zu § 84 G m b H G . 296 Scholz/Tiedemann Rn 108 zu § 84 G m b H G ; W/J/Köhler Rn 7/52. 297 W/J/KoftierRn 7/51. 1 2

Dazu ausführlich oben $ 9 Rn 5 f. Tiedemann ZIP 1 9 8 3 , 5 1 3 , 5 1 4 .

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Bankrott, $$ 2 8 3 , 2 8 3 a StGB

§ 283 Abs 1 StGB befasst sich mit Verhaltensweisen nach Eintritt der Krise, während S 283 Abs 2 StGB ebendiese Verhaltsenweisen zum Gegenstand hat, wenn sie die Krise auslösen. Innerhalb des Abs 1 lassen sich bestandsbezogene und informationsbezogene Tathandlungen unterscheiden.3 Für die Praxis ist neben der Pönalisierung des Beiseiteschaffens und Verheimlichens von größter Bedeutung die Strafbarkeit von Buchfiihrungs- und Bilanzverstößen in S 283 Abs 1 Nrn 5 und 7 StGB. Weil die Geschäftsvorfälle oftmals kürzere oder auch längere Zeit vor dem Zusammenbruch nicht mehr aufgezeichnet zu werden pflegen, kommen die sog Formaldelikte unterlassene Buchführung und Bilanzierung recht häufig vor und sind relativ einfach nachweisbar. Darauf ist deshalb bei der Sichtung der Insolvenzakten ebenso besonders zu achten wie auf Anhaltspunkte für die Fortsetzung der wirtschaftlichen Aktivitäten des (Gemein-)Schuldners oder des Organs der insolventen Kapitalgesellschaft, insbes des GmbH-Geschäftsführers unter neuer Firmierung. Im letztgenannten Fall ist zu prüfen, ob Aktiva, insbes aus dem Anlage- oder Umlaufvermögen der (Gemein-)Schuldnerin auf das neue Unternehmen transferiert wurden. Häufig zeigt sich nämlich dann, dass dies unentgeltlich oder unter Wert und damit in strafbarer Weise4 geschah. Obwohl in den weitaus meisten Fällen, welche die Praxis beschäftigen, die Insolvenz einer GmbH zugrunde liegt, erfasst $ 283 StGB für sich allein betrachtet diese Fälle nicht. Für das Verständnis der Systematik dieser Bestimmung ist es von grundlegender Bedeutung, sich zu verdeutlichen, dass sie ausschließlich auf den Schuldner abstellt. Das ist für die Bankrottvorschrift idealtypisch der Einzelhandelskaufmann. Soweit der Beschuldigte nicht Einzelhandelskaufmann war oder ist, muss S 283 StGB immer im Zusammenhang mit den Bestimmungen des $ 14 StGB gelesen werden. Das betrifft in erster Linie die Fälle der Insolvenz von Kapitalgesellschaften, aber auch von (teil-)rechtsfáhigen Personengesellschaften iSd S 14 Abs 2 BGB, also der Personenhandelsgesellschaften und der BGBGesellschaft. Es ist also immer ganz genau zu unterscheiden zwischen der (Gemein-)Schuldnerin einerseits und der Person des Beschuldigten andererseits, auch wenn wie im Fall des Einzelhändlers beides in einer Person zusammenfallen kann.5 Unter Geltung der Insolvenzordnung ab 1.1.1999 ist umstritten, ob S 283 StGB auch auf Fälle der Verbraucherinsolvenz anwendbar ist. Weil sich in der gesamten Bestimmung wirtschaftliche Begriffe und sonstige auf Wirtschaftliehe Aktivitäten deutende Bezüge finden, will ein Teil der Lit6 ihren Anwendungsbereich im Wege der teleologischen Reduktion oder jedenfalls de lege ferenda auf die Insolvenz von Kaufleuten beschränken. Manipulationen im Zusammenhang mit einer Verbraucherinsolvenz sollen danach nur von § 288 StGB erfasst werden, sofern nicht die allgemeinen vermögensrechtlichen Strafbestimmungen wie Untreue, Betrug oder Unterschlagung eingreifen. Für eine derartige Beschränkung gibt es aber keinen durchgreifenden Grund. Die Tatsache, dass manche der in § 283 Abs 1 Nrn 1-8 erfassten Verhaltensweisen für die Verbraucherinsolvenz bedeutungslos sind (zB Nrn 5 und 7), besagt für sich noch nichts über

3 Vgl unten Rn 10. 4 Für das Organ allerdings regelmäßig nicht nach $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB, sondern nach $ 2 6 6 StGB, vgl dazu unten Rn 4 4 ff. 5 Näheres unten Rn 2 9 ff, insbes Rn 36. 6 So Moosmayer S 63ff, < z u s t Otto NJW 1999, 554, 555; Röhm S 2 5 2 f f > ; Otto Rn 6 1 / 8 6 ; Rohm ZInsO 2 0 0 3 , 535, 5 3 7 ff; W/S/Arenj, Rn 21/8, der aber fälschlicherweise von vorn herein nur Kaufleute als Normadressaten ansieht; W/J/Beck, Rn 6/61, weist lediglich auf Schwierigkeiten und Anwendungsprobleme hin, lässt die Entscheidung aber offen.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

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den Anwendungsbereich. Schließlich verweist zB $ 283 Abs 2 StGB unstreitig auf die gesamte Palette des Abs 1, obwohl schon theoretisch kaum vorstellbar ist, dass Insolvenz allein wegen verspäteter Bilanzierung eintritt. S 283 StGB gilt demzufolge also auch in der Verbraucherinsolvenz. 7

II.

Tatbestandsstruktur

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Während der Schuldner außerhalb der Krise nach Gutdünken wirtschaften darf, hat er m i t d e m Beginn einer solchen in erster Linie auf die Wahrung der finanziellen Interessen seiner Gläubiger zu achten. 8 Das Gesetz bringt dies dadurch zum Ausdruck, dass der Eingangssatz des S 283 Abs 1 StGB dessen Anwendungsbereich auf ein Handeln in der Krise, dh bei Überschuldung oder eingetretener bzw drohender Zahlungsunfähigkeit, 9 einschränkt. Die in § 283 Abs 1 Nrn 1 - 8 StGB beschriebenen Handlungen müssen unterbleiben, soweit sie den Grundsätzen ordnungsmäßigen Wirtschaftens widersprechen, dh wirtschaftswidrig sind. Das ist bei den informationsbezogenen Alternativen (§ 283 Abs 1 Nrn 1 , 2 . Alt; 4 - 7 und 8 , 2 . Alt StGB) generell der Fall und muss bei den bestandsbezogene Alternativen (§ 283 Abs 1 Nrn 1 , 1 . u 3. Alt; 2 , 1 . u 2. Alt; 3 und 8 , 1 . Alt StGB) 1 0 gesondert festgestellt werden. 11 Den Eintritt eines besonderen Erfolgs setzt Abs 1 nicht voraus. Die Fälle des § 283 Abs 1 StGB sind also als abstrakte Gefährdungsdelikte 1 2 formuliert. $ 283 Abs 2 StGB erstreckt den Anwendungsbereich des $ 283 Abs 1 Nrn 1 - 8 StGB auf Taten vor Beginn der Krise, verlangt aber zusätzlich, dass sie einen Erfolg herbeigeführt haben, nämlich Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit, 13 nicht notwendig aber auch eine Gefährdung der Gläubiger. 14 Die Tatbestandsmäßigkeit des Handelns allein genügt aber für eine Bestrafung nach $ 283 StGB nicht aus. Sie ist immer nur dann möglich, wenn zusätzlich auch noch eine der in $ 283 Abs 6 normierten Strafbarkeitsbedingungen vorliegt. 15

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Die im Eingangssatz aufgeführten Krisenmerkmale stellen die Vorstufe des in Abs 6 in Bezug genommenen wirtschaftlichen Zusammenbruchs dar. 16 Beide Aspekte müssen genau unterschieden werden, weil sie völlig unterschiedliche Funktionen erfüllen.

12

§ 283 Abs 6 StGB normiert objektive Bedingungen der Strafbarkeit und ist in den Fällen der §§ 283b und c aufgrund ihrer jeweiligen 3. Abs entspr anwendbar. Wegen Bankrotts kann folglich nur bestraft werden, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder ein entsprechender Antrag mangels Masse abgewiesen wurde. Weil insoweit allein die objektive Lage maßgeblich ist, kommt es auf den Vorsatz des Beschuldigten nicht an. Das bedeutet zB, dass es für die Be7 BGH wistra 2001,306ff (zum früheren Recht) ; wie hier auch Bieneck StV 1999,43 (aber nur de lege lata); Penzlin S 203 ff; Rönnau NStZ 2003, 525, 529 (ebenfalls nur de lege lata); S/S/Stree/Heine Rn la vor und 7a zu $ 283 StGB; Ί/Fischer Rn 18 vor § 283 StGB; Weyand Rn 27. 8 Krause S 232ff, insbes 246f, 311 sowie 367ff; NK/Kindhäuser Rn 76 vor und Rn 16 zu $ 283 StGB. S auch oben § 7 Rn 82. 9 Näheres unten Rn 17f sowie ausführlich oben S 7 Rn 9ff, 34ff und 48ff, ferner S 11 Rn 54ff, 76ff und 8 Iff. 10 Zu beidem Krause S 3 5 ff; auch Rohm S 268 ff. 11 Einzelheiten unten Rn 58 ff. 12 Vgl dazu unten Rn 27. 13 Näheres unten Rn 269 ff. 14 NK /Kindhäuser Rn 3 zu § 283 StGB. 15 Näheres unten Rn 307 ff. 16 Tiedemann Rn 95 vor $ 283 StGB. 332

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Bankrott, §§ 283,283a StGB

strafung ausreicht, wenn die Strafbarkeitsbedingung der strafbaren Handlung nachfolgt, also erst später eintritt und auf diese Weise ein bis dahin zwar tatbestandsmäßiges, aber nicht der Bestrafung zugängliches Handeln strafbar wird. Wer eine der in 5 283 Abs 1 oder 2 StGB beschriebenen Handlungen begeht, gleiches gilt für von §§ 283b und c StGB erfasste Verhaltensweisen, der trägt also auch strafrechtlich das Risiko der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung.17 IGgs zur Strafbarkeitsbedingung des § 283 Abs 6 StGB handelt es sich bei den Krisenmerk- 13 malen des Eingangssatzes des § 283 Abs 1 StGB um echte Tatbestandsmerkmale. Auf sie muss sich demzufolge im Fall des Abs 1 auch der Vorsatz beziehen. Wer also nicht weiß, dass er sich in der Krise befindet, zB bei vorhandener Liquidität die Überschuldung nicht kennt, der kann nicht wegen vorsätzlichen Bankrotts bestraft werden. In den Fällen der Abs 4 und 5 genügt jedoch fahrlässige Unkenntnis.18 Das Vorliegen der Krisenmerkmale iS des Eingangssatzes bedeutet folglich nicht not- 14 wendig, dass zugleich auch eine der Strafbarkeitsbedingungen eingetreten ist. Häufig fallen die Zeitpunkte des Handelns in der Krise einerseits und des Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen andererseits weit auseinander. Dazwischen können ggf Jahre liegen. Ebensowenig reicht es für die Strafbarkeit aus, dass eine der in § 283 Abs 1 Nrn 1 - 8 bezeichneten Handlungen begangen wurde. Nötig ist entweder, dass sich der Schuldner zur Tatzeit in einer wirtschaftlichen Krise befand, § 283 Abs 1 StGB, oder dass eine solche herbeigeführt wurde, Abs 2. Selbst die Bejahung einer bestandsbezogenen Tathandlung genügt noch nicht, weil die Strafbarkeit nur dann zu bejahen ist, wenn sie in wirtschaftswidriger Weise begangen wurde. III.

Auswirkungen der Insolvenzreform

Das Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung hat zwar den Wortlaut des $ 283 StGB nur 15 geringfügig verändert: Aus Konkursverfahren und -masse wurde Insolvenzverfahren bzw -masse. Das Inkrafttreten der Insolvenzordnung zum 1.1.1999 hat aber über diese sprachlichen Änderungen hinaus weitere inhaltliche Neuerungen bewirkt. Ziel des Insolvenzverfahrens ist nach wie vor die möglichst weitgehende Befriedigung der 16 Gläubiger des (Gemein-)Schuldners, § 1 InsO.19 Die Sanierung, etwa im Wege der Durchführung eines Insolvenzplans, §§ 217ff InsO, stellt nach der Systematik des Gesetzes lediglich eine Variante zur Befriedigung der Gläubiger dar.20 Erstmals sind die Insolvenzauslösetatbestände (drohende und eingetretene Zahlungs- 17 Unfähigkeit sowie Überschuldung) in den §§ 17-19 InsO für das Insolvenzrecht gesetzlich definiert. Das bedeutet aber nicht von vorn herein, dass diese Definitionen auch im Strafrecht Geltung beanspruchen. Ihr strafrechtliches Verständnis bedarf vielmehr eigener Auslegung der jeweiligen Strafnorm, in welcher sich diese Begriffe als Tatbestandsmerkmale finden.21 Dabei ist allerdings eine weitgehende Anlehnung an die insolvenzrechtlichen Definitionen 22 ebenso wünschenswert wie ein einheitliches strafrechtliches Verständnis der

17 Näheres unten Rn 307 ff, insbes Rn 318. 18 Einzelheiten unten Rn 295 ff und Rn 304 ff. 19 BGH NJW 2001, 2966, 2967; 2003 1865, 1867; NZI 2003, 315, 316 m Anm Leithaus; Achenbach GS Schlüchter S 257,264f;Dohmen/Sinn KTS 2 0 0 3 , 2 0 5 , 2 1 l;Jaiternig§ 591. Vgl dazu oben § 9 Rn 8 und 13. 20 BGH NJW 2 0 0 3 , 1 8 6 5 , 1 8 6 7 ; ν Onciul S 1 ff; SIS/StreelHeine Rn la vor $ 283 StGB; Wβ/Beck Rn 6/10 und 58; ausf oben $ 9 Rn 9 ff und 22 ff sowie unten § 25. 21 Achenbach GS Schlüchter S 257 ff; Penzlin S 70 ff, 163; PlathnerS 141 ff; T/Fischer Rn 6 vor S 283 StGB mN. 22 Vgl dazu oben § 7 Rn 9 ff, 34 ff und 48 ff, auch $ 11 Rn 54 ff, 76 ff und 81 ff.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

in verschiedenen Tatbeständen verwendeten Begriffe. Während letzteres möglich erscheint und Verf deshalb drohende Zahlungsunfähigkeit sowie Überschuldung in S 84 GmbHG nicht anders als in S 283 StGB versteht,23 kann die insolvenzrechtliche Definition der Zahlungsunfähigkeit nur zurückhaltend in das Strafrecht übernommen werden, um die Pönalisierung nichtstrafwürdigen Verhaltens zu vermeiden. Für die strafrechtliche Praxis ist Zahlungsunfähigkeit dann anzunehmen, wenn mehr als 25 % der Verbindlichkeiten einen Monat oder nach Ablauf von 3 Monaten noch 10 % unbeglichen blieben.24 Zahlungsunfähigkeit droht, wenn nach den betriebswirtschaftlich maßgeblichen Daten mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit binnen Jahresfrist zu rechnen ist.25 Die Überschuldung ist zweistufig zu prüfen: Führt die Fortbestehensprognose zu der Annahme, dass das Unternehmen bis zum übernächsten Bilanzstichtag, dh maximal zwei Jahre, liquide bleiben, Zahlungsunfähigkeit also (voraussichtlich) nicht eintreten wird, dann ist der erforderliche Vermögensstatus nach Fortführungswerten aufzustellen. Bei negativer Fortbestehensprognose sind dagegen die (regelmäßig niedrigeren) Liquidationswerte maßgeblich. Hat der spätere (Gemein-)Schuldner keine Fortbestehensprognose aufgestellt, so muss er gemäß $ 19 Abs 2 Satz 2 InsO die Liquidationswerte gegen sich gelten lassen.26 Für die Bankrottstrafbarkeit ist bedeutsam, dass eine Ausweitung gegenüber dem früheren Rechtszustand dadurch eingetreten ist, dass das Insolvenzverfahren nunmehr auch wegen drohender Zahlungsunfähigkeit eröffnet werden kann, dafür aber die Möglichkeit selbständiger Vergleichsverfahren, die statistisch allerdings kaum eine Rolle spielten und selbst dann nur in äußerst wenigen Fälle erfolgreich abgeschlossen wurden, also zumeist in einen Anschlusskonkurs mündeten, entfallen ist. Beides führt dazu, dass die Strafbarkeitsbedingung des S 283 Abs 6 StGB häufiger als früher eintritt. Ihr Anwendungsbereich ist nach vorne ausgedehnt worden. Sie verlangt nicht mehr den wirtschaftlichen Zusammenbruch. Vielmehr genügt nunmehr der Eintritt einer schweren Krise.27 Spürbare Auswirkungen auf das Strafrecht hat die Ausweitung der Vermögensgegenstände, welche in die Masse fallen. Dazu gehören gemäß § 35 InsO (letzter Satzteil) auch die neuerworbenen Güter, während sich das Konkurs- wie das Gesamtvollstreckungsverfahren auf die bei Verfahrenseröffnung vorhandene Masse beschränkte. Der Masse Neuerwerb vorzuenthalten, zB Arbeitseinkommen,28 ist demzufolge jetzt anders als früher strafbar.29 Ganz neue Phänomene werden durch die Eigenverwaltung, §§ 270 ff InsO, auftreten.30 Sie wird va dann in Betracht kommen, wenn allein der lediglich fakultative Insolvenzauslöse-

23 Achenbach, GS Schlüchter S 257,258; Penzlin zB S 91 ff, 101 ff, 148 ff und 160ff, und Plathner, zB S 91 (S 84 GmbHG: akzessorisch) und S 141 ff ($ 283 StGB: selbständig) gelangen hingegen für dieselben Begriffe in $ 84 GmbHG und $ 283 StGB zu Verständnisunterschieden; Penzlin, S 113 ff, 115, setzt zudem drohende Zahlungsunfähigkeit mit Überschuldung gleich. 24 Einzelheiten dazu oben § 11 Rn 5 9 ff. 25 Einzelheiten s oben $ 11 Rn 77 ff. 26 Vgl dazu oben $ 11 Rn 81 ff, insbes Rn 82 und 105. 27 Penzlin S 173 ff und 179 ff (zust Bittmann StV 2002, 228, 230); Reck GmbHR 1999, 267, 267 f; Rohm S 214ff und 228 ff; ders NZI 2002, 134ff (jeweils trotz rechtspolitischer Kritik); ders ZInsO 2003, 535, 537; Rönnau NStZ 2003, 525,526; Scholz/Tiedemann Rn 30 vor $ 82 GmbHG; Tiedemann Rn 88 vor $ 283 StGB; T/Fischer Rn 18 vor $ 283 StGB; aA Moosmayer S 183 ff, 191 ff; Plathner S 218ff; Uhlenbruch ZInsO 1998,250 ff; krit W/J/Beck Rn 6/65 f; BIQuedenfeld/Richter, Rn 9/135, leugnen unter Hinweis auf die marginale Bedeutung der VerglO jede Verschärfung durch das neue Recht. 28 S dazu unten Rn 94. 29 Zum Neuerwerb im Verbraucherinsolvenzverfahren vgl Pape NJW 2003, 2951, 2954; Smid/Grub DZWIR1999,2,3 ff. 30 Vgl dazu zB Buchalik NZI 2000,294 ff.

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Bankrott, SS 2 8 3 , 2 8 3 a StGB

tatbestand der drohenden Zahlungsunfähigkeit vorliegt. In Großinsolvenzen wurde auch zT versucht, den bereits vorinsolvenzlich bestellten Sanierer zum Verwalter ernennen zu lassen. Auch bei der Insolvenz eines an sich gesunden, aber aufgrund zB des Ausfalls eines Großgläubigers zahlungsunfähigen Unternehmens kann die Eigenverwaltung als sinnvoll erscheinen. Der Eigenverwalter ist unabhängig von vor der Eröffnung bestehenden gesellschaftsrechtlichen Bindungen allein verfiigungsbefugt.31 Zwar werden die Insolvenzgerichte aufgrund der erheblichen Manipulationsgefahr 3 2 22 von der Möglichkeit, Eigenverwaltung anzuordnen, nur zurückhaltend Gebrauch machen. Diejenigen allerdings, die es darauf anlegen, sich im Wege eines Insolvenzverfahrens auch unter Begehung strafbarer Handlungen zu sanieren, werden vermutlich alles daran setzen, dass Eigenverwaltung angeordnet wird. Wird in einem solchen Fall der Antrag nach professioneller Beratung frühzeitig und unter Vorlage eines schlüssig erscheinenden Insolvenzplans (SS 217ff InsO) gestellt und mit lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit begründet, so wird das Insolvenzgericht häufig die wahren Absichten gar nicht erkennen können. Gibt es zudem keinen ersichtlichen Grund, an der Seriosität des Antragstellers zu zweifeln, dann unterliegt das Insolvenzgericht einem durchaus spürbaren moralischen und finanziellen Druck, dem Antrag auf Eigenverwaltung stattzugeben. Gelangen derartige, auf den ersten Blick perfekt erscheinende Insolvenzverfahren den Ermittlungsbehörden zur Kenntnis, so ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Hier ist die besonders genaue Prüfung eines Anfangsverdachts von Insolvenzdelikten unumgänglich. Vage Hinweise auf Straftaten, welche bei Routineverfahren keinen Anlass bieten würden, von Amts wegen Ermittlungen aufzunehmen, begründen unter den dargelegten Umständen - trotz des damit verbundenen erheblichen Aufwandes - zureichende tatsächliche Anhaltspunkte iSd $ 152 Abs 2 StPO. Hinzuweisen ist zudem auf die Neugestaltung des Anfechtungsrechts im Insolvenzverfah- 23 ren.33 Die Anfechtungstatbestände der InsO sind stringenter gefasst als nach der KO und geben deshalb dem Insolvenzverwalter ein schärferes Schwert in die Hand als früher. Da sich hinter Anfechtungstatbeständen vielfach Vermögensverschiebungen verbergen, ist damit zu rechnen, dass in Zukunft in den Verwalterberichten nicht nur mehr Hinweise auf anfechtbare Rechtshandlungen zu finden sind, sondern dass sie zudem verstärkt Anhaltspunkte für Insolvenzstraftaten aufzeigen werden. Auch die Pflichtenstellung des (Gemein-)Schuldners nach Antragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens wurde in den $$ 97f, 101 InsO stärker akzentuiert. Das wirkt sich allerdings vor allem in einer erweiterten Untreuestrafbarkeit aus.34

IV.

24

Rechtsgut

Das Rechtsgut des § 283 StGB wird nicht einheitlich beschrieben.35 Unstreitig ist allerdings, 25 dass die Vorschrift dem Gläubigerschutz gegen Verringerung und Verschleierung der (potentiellen oder schon vorhandenen) Masse 36 sowie neben S 283c StGB auch der gleichmäßigen

3 1 Prutting/Huhn ZIP 2 0 0 2 , 7 7 7 ff. 3 2 Vgl oben $ 9 Rn 25 (offener bei lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit allerdings Rn 2 6 ff). 3 3 Vgl zu den Einzelheiten oben S 9 Rn 5 8 ff. 3 4 Vgl dazu unten § 16 Rn 8 7 ; zur Verbraucherinsolvenz vgl oben Rn 7ff; zur Neuregelung des Insolvenzgelds vgl § 2 6 Rn 1 und 10 ff. 3 5 Vgl Krause S 155ff (für Abs 1), 1 8 1 f (für Abs 2); M-G/B/Bieneck Rn 7 5 / 4 und 39; Penzlin S 13ff; Plathner S 145 f; Ί/Fischer Rn 3 vor § 2 8 3 StGB; W/J/Köhler Rn 7 / 1 0 5 ; VI/S/Ahrens Rn 2 1 / 1 ; für § 2 8 3 Abs 1 Nr 7 vgl ausführlich Schüppen S 9 0 ff, va S 106 ff, 115 ff. 3 6 Haas, N Z I 2 0 0 4 , Heft 3 S Vf, sieht in den Vorschriften der §§ 2 8 3 Abs 1 Nrn 5 - 7 und 283b StGB sogar den dogmatischen Kern der Rspr zur Haftung für existenzvernichtende Eingriffe (vgl dazu unten

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Befriedigung der Gläubiger dient. Da sich die Folgen einer Insolvenz jedoch regelmäßig nicht auf die Gesellschaftsgläubiger beschränken, hat die Vorschrift daneben aber auch den Schutz des ordnungsgemäßen Ablauf des Insolvenzverfahrens im Blick und schützt zudem vor willkürlich herbeigeführten Insolvenzen. Sie dient also auch der Sicherung des Wirtschaftsverkehrs 37 und hier schwerpunktmäßig der Kreditwirtschaft 38 . 26

Da eine Bankrotttat nach $ 283 StGB nicht nur zu einer Zeit begangen werden kann, zu welcher es bereits eine Insolvenzmasse gibt, was insbes in den Fällen des Abs 2 deutlich wird, kann diese nicht immer das geschützte Rechtsgut sein. Gleiches gilt umgekehrt für die potentielle Masse, weil die Tat auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begangen worden sein kann. Eines von beiden ist aber immer gegeben. Abzustellen ist daher alternativ auf die potentielle oder die vorhandene Masse. Τiedemann 39 hingegen betrachtet den Schutz der Masse, soweit sie tatsächlich vorhanden ist, nur als besonderen Unterfall der Sicherung des Wirtschaftsverkehrs, weil bei Tatbegehung nicht feststehen müsse, ob es in Zukunft eine Masse geben werde und es zumindest denkbar sei, dass eine Abweisung mangels Masse auch ohne Bankrotttat erfolgen müsse.

27

5 283 Abs 2 StGB stellt auf das Herbeiführen der Insolvenz ab, ist also als Erfolgsdelikt ausgestaltet. Demgegenüber handelt es sich in den Fällen des § 283 Abs 1 StGB um abstrakte Gefährdungsdelikte, aufgrund der Strafbarkeitsbedingungen des § 283 Abs 6 StGB allerdings genauer um abstrakt-konkrete Gefährdungsdelikte. 40 Sie weisen allerdings zum Teil Elemente von Erfolgsdelikten auf. ZB greifen § 283 Abs 1 Nrn 5, 6 und 7a StGB nur dann ein, wenn durch die Buchführungs- bzw Bilanzierungsmängel die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird. Weil eine konkrete Rechtsgutsgefährdung jedoch erst in der Insolvenz eintritt, diese aber in Abs 1 gerade nicht Tatbestandsmerkmal ist, sondern allein durch das Erfordernis des Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen des Abs 6 zum Ausdruck gebracht wird, handelt es sich in allen Fällen des Abs 1 nicht um Erfolgsdelikte. 41

28

V.

Taugliche Täter

1.

Sonderdelikt

Das Gesetz verwendet zwar den allgemeinen Begriff „wer", normiert aber gleichwohl Sonderdelikte für (Gemein-)Schuldner, wie sich sowohl aus dem Eingangssatz des Abs 1 als auch aus Abs 6 ergibt. 42 Das können Kaufleute ebenso wie andere natürliche Personen, 4 3 also auch „Verbraucher" is der Sondervorschriften über die Verbraucherinsol-

$ 16 Rn 68ff, 97 und 106ff sowie unten $ 31). Krause, S 162f, sieht unter Geltung der InsO auch das Gestaltungsinteresse der Gläubiger als geschützt an (abl Thilow S 117f) und misst dem Vermögen aufgrund von dessen Fähigkeit, zu verschiedenen Zwecken eingesetzt zu werden, auch eine personale Komponente zu, S 170. 37 Röhm S 63 ff; S/S/Stree/Heine Rn 2 vor $ 283 StGB; M-G/B/Bieneck, Rn 75/4 und 39, sieht auch die Interessen der Arbeitnehmer am Erhalt ihrer Arbeitsplätze als mitgeschützt an; zum Rechtsgut der Nrn 5 und 7, auch aaO Rn 82/3. 38 BGH NJW 2003,974,975; Bieneck wistra 2001,53; Tiedemann ZIP 1983, 513; 519f; abl Dohmen/Sinn KTS 2003,205 ff; Krause, S 170, NK/Kindhäuser Rn 20 ff vor $ 283 StGB, Penzlin, S 29 ff; ders Jura 1999,56; und Thilow S 119 ff, die in S 283 StGB ein reines Vermögensdelikt sehen. 39 Rn 7,45 ff und 56 vor $ 2 8 3 StGB. 40 NK¡Kindhäuser Rn 35 vor und 3 zu S 283 StGB; SIS/StreelHeine Rn 1 zu § 283 StGB; differenzierend Τ/Fischer Rn 3 vor $ 283 StGB; krit Krause S 247 f. 41 Ausführlich dazu Krause S 222 ff; Tiedemann Rn 3 und 5 ff zu § 283 StGB; sa Vìi]¡Köhler Rn 7/107. 42 W/UKöhler, Rn 7/7 und 109. 43 Vgl oben S 9 Rn 29 ff.

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Bankrott, $J 283,283a StGB

venz, 44 und juristische Personen sein. Nach $ 283 Abs 1 Nrn 5 bis 7 kann allerdings nur ein Kaufmann bestraft werden, weil nur dieser buchführungspflichtig ist.45 Bei der Schuldner- bzw Kaufmannseigenschaft handelt es sich um strafbarkeitsbegründende besondere persönliche Merkmale iSv SS 28 Abs 1,14 Abs 1 StGB.46 Eine doppelte Milderung für den Helfer (sowohl nach $ 27 als auch nach $ 28 StGB) findet aber nicht statt. 47 2.

Schuldner

Schuldner 48 ist derjenige, welcher nach dem Zivilrecht zu eigener Leistung verpflichtet 29 ist. Wie bereits dargelegt 49 regelt $ 283 StGB unmittelbar nur den Fall der selbst schuldenden 30 natürlichen Person, idealtypisch des Einzelhandelskaufmanns. Hier ist der Täter zugleich auch der Schuldner, also derjenige, auf dessen Vermögensverhältnisse es ankommt. 3.

„Schuldner" kraft Zurechnung aufgrund Haftung

Bei Personenverbindungen schuldet nicht jede einzelne beteiligte natürliche Person, 31 sondern die Gesamtheit. Das ist bei juristischen Personen selbstverständlich, gilt aber auch für (teil-)rechtsfáhige Personengesellschaften iS von § 14 Abs 2 BGB, also für die BGBGesellschaft, PartGG und die Personenhandelsgesellschaften (OHG, KG). Sie sind zwar insolvenzfähig, § 11 Abs 2 S 1 InsO,50 ebenso die Vor-GmbH. sl Das bedeutet aber nicht etwa, dass sie juristischen Personen oder diesen gleichgestellt wären. Da nur eine natürliche Person bestraft werden kann, bedarf es bei schuldenden Personenmehrheiten Normen, welche die Pflichten des Schuldners bestimmten natürlichen Personen zurechnen. Sie sind dann „Schuldner kraft Zurechnung". 52 Die Zurechnungsfunktion erfüllen bei den (teil-)rechtsfähigen Personengesellschaften die zivilrechtlichen Bestimmungen über die Haftung. 53 Sie trifft jedes einzelne Mitglied einer PartGG, BGB-Gesellschaft, OHG oder Vorgesellschaft, während bei der KG nur haftet, wer Komplementär ist. 54

4 4 Vgl dazu oben Rn 7 ff. 45 Für N r 6 ist das str, vgl dazu u n t e n Rn 193 ff. 46 Str, wie hier Tiedemann Rn 59 vor S 283 StGB; Weyand Rn 18; aA Grub S 66 f u n d 120. 47 BGH NJW 1975,837; S/S/Stree/Heine Rn 65 zu § 283 StGB; W/J/Köhler Rn 7/135. 48 Der Begriff ist wie im Zivilrecht zu verstehen, Grub S 22; öffentlich-rechtliche Körperschaften sind nicht insolvenzfähig, wohl aber die von ihnen als Allein- oder Mitgesellschafter gegründeten privatrechtlich verfassten U n t e r n e h m e n , vgl Gundlach/Frenzel/Schmidt N Z I 2 0 0 0 , 5 6 1 ff. 4 9 Oben Rn 5. 50 Vgl d a z u Kirchhof Rn 3 9 , 9 9 ff. 51 BGH ZIP 2003,2123. 52 Z u m Haftungsschuldner, der für eine f r e m d e Schuld einzustehen hat, vgl u n t e n Rn 37. 53 Str, wie hier ausf Grub S 25 ff; NK/Kindhäuser Rn 39 vor $ 283 StGB; Richter G m b H R 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 4 3 ; T/Fischer Rn 19 vor § 283 StGB; W/S/Ahrens Rn 21/9; aA Penzlin, S 57ff, u n t e r Hinweis auf die Insolvenzfähigkeit dieser Personengesellschaften; zust Röhm S 248 f; in diese Richtung interpretiert Achenbach, wistra 2 0 0 2 , 4 4 1 , 4 4 2 , auch die B e g r ü n d u n g des Gesetzgebers z u m EU-Rechtsinstrumente-AG; ebenso aus zivilistischer Sicht Κ Schmidt Z G R 1 9 9 8 , 6 3 3 , 6 4 2 . 54 Grub S 32 u n d 53; S/SILenckner/Perron Rn 23 zu $ 14 StGB; W/J/KOhler Rn 7/111.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

4.

S 14 StGB

32

Im Übrigen Ubernimmt die Zurechnungsfunktion der S 1 4 StGB. 55

33

Dessen Abs 1 Nr 1 gilt für diejenigen, die allein ein vertretungsberechtigtes Organ einer juristischen Person 56 bilden, und für Mitglieder solcher Organe. 57 Bei der GmbH 5 8 trifft das auf den oder die Geschäftsführer, bei der AG und der Genossenschaft auf das oder die Vorstandsmitglied(er) zu. Erfasst sind aber auch die Vorstandsmitglieder eingetragener Vereine. Bei der GmbH & Co KG bedarf es einer doppelten Zurechnung: 59 Die Pflichten der KG werden von der Komplementär-GmbH als Organ der KG übernommen. Um sie dem GmbHGeschäftsführer zuzuordnen, bedarf es, genauso wie wenn es sich um den Fall eines NurGmbH-Geschäftsführers handelte, der erneuten Anwendung des S 14 Abs 1 Nr 1 StGB. Bei allen erwähnten Gesellschaften erfasst diese Bestimmung auch die Liquidatoren. 60

34 Maßgeblich ist die Funktionsstellung zur Zeit der Begehung der Tathandlung und nicht zur Zeit des Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen des S 283 Abs 6 StGB. 61

35

Allerdings bleibt ein Organ(-mitglied) auch nach Übergang der Verwaltungs- und Ver-

fügungsbefugnis auf den (vorläufigen) Insolvenzverwalter tauglicher Täter einer

Straftat nach § 283 Abs 1 StGB. 62 Seine Pflichtenstellung hat sich dann zwar gewandelt, ist aber nicht beseitigt. 63 Der Wortlaut des S 14 StGB („vertretungsberechtigtes Organ") steht dem nicht entgegen, weil er nur der Abgrenzung zu nichtvertretungsberechtigten Organen wie der Gesellschafterversammlung bei der GmbH oder der Hauptversammlung bei der AG dient. Das Gesetz hat nur die werbende GmbH und den Liquidator, nicht aber das Insolvenzverfahren im Blick. Dass § 14 StGB dazu schweigt, lässt also nicht den Gegenschluss zu, im Insolvenzverfahren habe das Organ(-mitglied) seine Stellung als tauglicher Täter verloren. Der Wortlaut lässt das sachgemäße Ergebnis zu, dass es für die Zurechnung nur auf die abstrakte und nicht auf die konkrete Verfügungsbefugnis ankommt. Tauglicher Täter ist ein Organ oder dessen Mitglied demnach dann, wenn es von dieser Stellung her verfügungsbefugt sein kann, ohne es aber im konkreten Fall auch wirklich sein zu müssen. 64 Die strafbewehrte Pflichtenstellung endet allerdings mit dem Ende der Organstellung, 65 auch wenn noch insolvenzrechtliche Auskunfts- und andere Mitwirkungspflichten bestehen, SS 101 Abs 1 S 2 , 9 7 Abs 1 , 9 8 InsO. 36

Die Anwendbarkeit des S 283 StGB auf diesen Täterkreis hängt allerdings noch von einer berichtigenden Auslegung des $ 283 Abs 6 StGB ab, welcher seinem Wortlaut nach auf

55 Vgl Tiedemann Rn 225 zu § 283 StGB; zum faktischen Geschäftsführer und zum Strohmann vgl oben § 5 Rn 59 ff und Rn 119 ff. 56 Sie muss rechtswirksam entstanden sein, S/S/Lenckner/Perron Rn 15 zu § 14 StGB. Ist das nicht der Fall, so können die Schein-Organe selbst Adressat der Pflicht sein, M-G/B/Bieneck Rn 77/11 (für die VorGmbH), oder nach § 14 Abs 2 StGB haften.

57

M-G/B/Bieneck Rn 77/5; W/J /Köhler Rn 7/112 und 114.

58 Übersicht über die Normadressaten bei S/S/Lenckner/Perron Rn 16/17 zu S 14 StGB. 59 M-G/B/Bieneck Rn 77/10; iE ebenso Grub, S 85 ff, der zutr darauf hinweist, dass die GmbH schon aufgrund ihrer Eigenschaft als Komplementärin selbst haftet. 60 Zu den den Gläubigern nach Abweisung mangels Masse verbleibenden Möglichkeiten vgl oben $ 1 Rn 264.

61 Βiletzki NStZ 1999, 537, 538; M-G/B/Bieneck Rn 77/6; NK/Kindhäuser Rn 41 vor $ 283 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 46 zu $ 14 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 65 zu § 283 StGB; Wß/KöhlerRn 7/128.

62

AA M-G/B/Bieneck Rn 77/15.

63 Κ Schmidt ZGR 1998, 633, 645; s oben $ 8 Rn 1; vgl zum vergleichbaren Problem bei $ 266 StGB Bittmann/Rudolph wistra 2000,441 ff. 64 Um Missverständnisse zu vermeiden: Das bedeutet nicht etwa, dass auch der von der Verfügungsbefugnis ausgeschlossene OHG-Gesellschafter tauglicher Täter ist, weil er ja von vorn herein nur intern geschäftsführungsbefugt ist. 65 BGH MDR1981,100; W/S/Ahrens Rn 21/43.

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Bittmann

Bankrott, $§ 283,283a StGB die wirtschaftlichen Verhältnisse des „Täters" abstellt, obwohl es der Sache nach auf den (Gemein-)„Schuldner" ankommt. Dies ist dem Gesetz allerdings mit noch hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen. 6 6 Abgeleiteter, aber insolvenzstrafrechtlich vollständig einem originären gleichgestellter Schuldner ist auch derjenige, der für fremde Verbindlichkeiten einzustehen hat, also zB der Bürge. In einem solchen Fall kommt es aber im Gegensatz zu den „Schuldnern kraft Zurechnung" 6 7 nicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des zu eigener Leistung Verpflichteten, dh des originären Selbst-Schuldners, an, sondern auf die wirtschaftlichen Umstände dessen, der haftet. Der Haftungsschuldner trägt demzufolge also nur das zivilrechtliche, nicht etwa auch das strafrechtliche Risiko der weiteren Entwicklung der wirtschaftlichen Lage des Selbst-Schuldners. Schuldner ist hingegen nicht, wer nicht haftet, zB der Kommanditist. 68

37

Die Vorschrift des S 14 Abs 1 Nr 3 StGB gilt für gesetzliche Vertreter, also zB für Eltern minderjähriger Kinder. Sie kann auch im Fall der Nachlassverwaltung oder Testamentsvollstreckung akut werden. Va ist sie aber anwendbar auf (starke vorläufige) Insolvenzverwalter. 69

38

Problematisch ist die Regelung des $ 14 Abs 1 Nr 2 StGB. Wie bereits ausgeführt, haften die von dieser Bestimmung erfassten vertretungsberechtigten Gesellschafter von (teil-)rechtsfähigen Personengesellschaften bereits nach zivilrechtlichen Grundsätzen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Demzufolge bedarf es dafür keiner weiteren Zurechnungsnorm. 7 0 Die Vorschrift ist insoweit also nur deklaratorischer Natur. Sie hat daneben allerdings auch eine konstitutive, nämlich strafbarkeitsbeschränkende Wirkung, weil sie die nach zivilrechtlichen Grundsätzen ebenfalls haftenden nichtvertretungsberechtigten Gesellschafter für das Strafrecht von der Zurechnung befreit. 71 Zum Zwecke der Abgrenzung gegenüber Straftaten, welche bei Gelegenheit der Tätigkeit in einer der von $ 14 Abs 1 Nrn 1 und 3 erfassten Rollen begangen wurden, verlangen die zitierten Bestimmungen, dass der Täter „als" Organ bzw Vertreter handelte. 72

39

Während sich § 14 Abs 1 StGB mit den Repräsentanten fremder Vermögen befasst, ermöglicht S 14 Abs 2 StGB eine Zurechnung fremder Pflichten auf Dritte. 7 3

40

Dabei kann es sich sowohl um Angehörige des Unternehmens, zB den Leiter der Buchhaltung, als auch um Externe handeln wie zB Steuerberater 74 , Sanierer 75 oder die für die Hausbank Tätigen. 76 Zu unterscheiden sind vollständige oder teilweise Leitung eines Betriebes oder Unternehmens einerseits und die Übernahme einzelner Pflichten anderer-

41

es Grub S 14; NK/Kindhäuser Rn 44 vor $ 283 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 59a zu $ 283 StGB; Scholz/Tiedemann Rn 29 vor S 82 GmbHG; Tiedemartn Rn 63 mwN in Fn 49; T/Fischer Rn 21 vor § 283 StGB; Wβ/Köhler Rn 7/113. 67 Dazu oben Rn 31. 68 Grub S 60 ff; Tiedemann Rn 60 vor $ 283 StGB; zu § 14 Abs 1 Nr 2 vgl unten Rn 39. 69 BGH NJW1992,2485,2486 (für den seinerzeitigen Sequester). 70 S/S/Lenckner/Perron Rn 20/21 zu $ 14 StGB; iE ebenso wenn auch mit anderer Gegründung Grub S 34ff und 37 ff mwN; aA M-G/B/Bieneck Rn 77/9. Aufgrund der deklaratorischen Natur bestand (entgegen Penzlin S 61 ff, ihm zust Bieneck wistra 2001, 53, 54; auch M-G/B/Bieneck Rn 77/11) auch vor Inkrafttreten des EU-Rechtsinstrumente-AG keine Strafbarkeitslücke. 71 NK/Kindhäuser Rn 47 f vor § 283 StGB; Tiedemann Rn 65 vor § 283 StGB; aA S/S/Lenckner/Perron Rn 20/21 zu $14 StGB. 72 Einzelheiten dazu unten Rn 44 ff. 73 Vgl M-G/B/Bieneck Rn 77/12ff; S/S/Lenckner/Penon Rn 27ff zu § 14 StGB; W/J/Köhler Rn 7/115. 74 Eft/m/Drieling S 29; Scholz/Tiedemann Rn 45 vor $ 82 GmbHG; T/Fischer Rn 21 vor und 20 zu $ 283 StGB; vgl allg unten S 28 Rn 3 ff. 75 Wessing NZI2003,1,4f. 76 Tiedemann ZIP 1983,513,514; vgl dazu allg unten § 27 Rn 69ff. Bittmann

339

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften seits. 77 Letzterenfalls trifft den Dritten die strafrechtliche Haftung aus Gründen der Rechtssicherheit aber nur dann, wenn er vom Berechtigten 78 ausdrücklich 7 9 mit der eigenverantwortlichen Wahrnehmung konkret bezeichneter Pflichten betraut wurde. 80 42

In beiden Fällen verlangt § 14 Abs 2 StGB, dass der Übernehmende in Ausübung des erteilten Auftrags handelt. Diese im Gesetz ausdrücklich aufgeführte Einschränkung bereitet in Missbrauchsfällen Probleme, zB, wenn der Täter seine ihm treuhänderisch übertragenen Pflichten aus Eigennutz verletzte. Die damit im Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten werden nachfolgend im Zusammenhang mit der Interessentheorie beleuchtet. 81

43

Ob der Träger einer der von $ 14 Abs 1 und 2 StGB erfassten Funktionen zivilrechtlich wirksam bestellt wurde, ist gemäß § 14 Abs 3 StGB irrelevant. Die Vorschrift setzt lediglich voraus, dass der Bestellungsakt überhaupt stattgefunden hat. Ein Anwendungsfall ist zB dann gegeben, wenn die Berufung zum GmbH-Geschäftsführer deshalb gemäß $ 6 Abs 2 S 3 GmbHG nichtig 82 ist, weil der Täter in den letzten 5 Jahren wegen einer Tat nach den §§ 2 8 3 - 2 8 3 d StGB bestraft wurde.

44

VI.

Interessentheorie

1.

Systematik

S 14 Abs 1 StGB verlangt ein Handeln „als" Organ oder Vertreter, dh in einer der in Nrn 1 und 3 aufgeführten Rollen. Wie bereits erwähnt, dient dies der Abgrenzung zu Straftaten, welche bei Gelegenheit der Wahrnehmung der genannten Aufgaben begangen werden. Parallel dazu verlangt $ 14 Abs 2 StGB ein Handeln aufgrund des erteilten Auftrags. Die Rspr des BGH hat hierzu die sogenannte Interessenformel 8 3 entwickelt: Nur der Beschuldigte handelt in der übernommenen Rolle, der seine (kriminellen) Aktivitäten - jedenfalls auch - i m Interesse des Fremdvermögens begeht. 84 Bei eigennützigem Handeln liegt hingegen meist Untreue, § 266 StGB, vor.

77 W/J /Köhler Rn 7/116 ff. 78 S/S/Lenckner/Pemn Rn 38 zu S14 StGB. 79 Schriftlichkeit ist nicht erforderlich, M-G/B/Bieneck Rn 82/18. 80 S/S/Lenckner/Perron Rn 34 ff zu $ 14 StGB. 81 Dazu unten Rn 44 ff. 82 Die Nichtigkeitsfolge tritt selbst bei einer Auslandstat ein, OLG Naumburg GmbHR 1999,378 ff. 83 BGHSt 28, 371, 374; 30, 127, 128; GA 1963, 307; NStZ 1987, 279, wistra 1982, 148; 1986, 262; 1987, 216, 218; GA 1979, 311, 313; NStZ 1984, 119 (L); MDR (H) 1979, 806. Labsch wistra 1985, 1, 5. Dazu ausf Grub S 123 ff; sie gilt auch im Fall rechtsgeschäftlichen Handelns, BGHSt 30, 127; dazu M-G/B ¡Bieneck Rn 77/22. Im Fall des Einverständnisses sämtlicher Gesellschafter einer KG (auch: GmbH & Co KG) soll ein Handeln im Interesse der Gesellschaft vorliegen, BGHSt 34,221,223 f; wistra 1989,264,267; W/J/Köhler Rn 7/178. 84 Abi m beachtlichen Gründen AG Halle-Saalkreis NJW 2002,77 f. M-G/B /Bieneck, Rn 77/21 ff, va 21, 27, stellt auf objektive Zurechnungskriterien ab. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit der Personenhandelsgesellschaften hält Grub, S 42 f, die Interessentheorie insoweit für von vorn herein nicht anwendbar. Das ist wegen der Differenzierung zwischen betrieblichem Gesamthands- und Privatvermögen jedenfalls zw. Grub lehnt die Interessentheorie aber auch im übrigen ab und hält allein die obj Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen für maßgeblich, S 147. Dazu entwickelte er die Theorie des objektiv-funktionalen Zusammenhangs, S 152ff. Einen solchen Zusammenhang bejaht er immer bei rechtsgeschäftlichem Handeln für die Gesellschaft, S 154, und allgemein, wenn der Täter die Möglichkeiten nutzt, die ihm seine Organ- bzw Auftragsstellung ermöglicht, S 155. Die Ergebnisse gleichen weitgehend denen der hier vertretenen Ansicht. Abi auch Richter GmbHR 1984, 137, 143 f; Weyand Rn 67. Radtke, GmbHR 1998,361,368 f, stellt allein darauf ab, ob der Täter im Einverständnis mit den Gesellschaftern handelte, dann Beiseiteschaffen, oder nicht, dann Untreue. Sa NK/Kindhäuser Rn 52 ff vor $ 283 StGB. 340

Bittmann

Bankrott, $$ 2 8 3 , 2 8 3 a StGB

Hintergrund dieser Abgrenzungstheorie ist neben den erwähnten Formulierungen in § 14 45 StGB die Tatsache, dass § 283 StGB seinem Wortlaut nach auf die natürliche Person als (Gemein-)Schuldner abstellt. Schafft sie ihre Vermögenswerte beiseite oder verschleiert sie ihre wirklichen Vermögensverhältnisse, so geschieht das sicherlich in ihrem eigenen Interesse. Übertragen auf Organhandeln oder Vertretungsverhältnisse bedeutet dies, dass die Tathandlung im Interesse eben nicht des Handelnden, also des Täters, sondern des betreuten Vermögens liegen muss. Dieser Ausgangspunkt der Interessentheorie ist demnach systemgerecht. 85 2.

Interessentheorie als Kollisionsregelung

Die Interessenformel kann aber nur soweit sachgerecht Anwendung finden, wie die 46 Parallele zur natürlichen Person reicht. 86 Das bedeutet, dass in den Fällen, in welchen schon die Grundtatbestände des $ 283 StGB in der Anwendung auf die natürliche Person kein Handeln im Eigeninteresse verlangen, die Verfolgung eines derartigen Eigeninteresses auch nicht zur Voraussetzung der Anwendung des $ 283 StGB iVm $ 14 StGB auf Vertretungsverhältnisse sein kann. Reduziert man die Interessentheorie derart auf ihren systemgerechten Anwendungs- 4 7 bereich, so lassen sich mit ihr durchaus sachgerechte strafrechtliche Ergebnisse erzielen. Bereits in $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB ergibt sich dann die Differenzierung, dass die Interessentheorie nur auf die Alternativen des Verheimlichens und des Beiseiteschaffens Anwendung finden kann, nicht aber auf das Zerstören, Beschädigen oder Unbrauchbarmachen von Vermögensgegenständen. Letzteres liegt auch beim Einzelhandelskaufmann als Täter nicht in dessen wirtschaftlichem Interesse. Gleiches gilt in den Fällen des § 283 Abs 1 Nrn 3 und 5 - 7 StGB.87 Auch hier spielt die Interessenformel mangels Parallelität zu den Aktivitäten eines Einzelhandelskaufmanns keine Rolle. 88 Anders liegt es wiederum bei S 283 Abs 1 Nr 8 StGB.89 Hier ist zu differenzieren zwischen 4 8 der Verringerung des Vermögensstands einerseits und dem Verheimlichen und Verschleiern andererseits. In den beiden letztgenannten Alternativen findet die Interessenformel Anwendung. Für den ersten Fall ist zu differenzieren: Fände sie auf das Verringern des Vermögensstands nie Anwendung, so führte dies in ein Dilemma: § 283 Abs 1 Nr 8 StGB ist nicht nur Auffangtatbestand, wenn Verringerung, Verheimlichen und Verschleiern von Vermögen nicht unter eine andere Ziffer des § 283 Abs 1 StGB fallen, sondern ist im Verhältnis zu § 283 Abs 1 Nr 1 StGB auch lex generalis: Auch das Beiseiteschaffen iS des § 283 Abs 1 Nr 1 StGB kann den den Gläubigern zur Verteilung stehenden Vermögensstand verringern. Wenn und

8 5 Das gilt allerdings nicht ausnahmslos, weil es jedenfalls bei unbewusster Fahrlässigkeit an einer subjektiven Tendenz gerade fehlt, Grub S 145, es hier also objektiver Kriterien zwingend bedarf. Achenbach, wistra 2 0 0 2 , 4 4 1 , 4 4 2 , meint, der Begründung des Gesetzgebers zum EU-Rechtsinstrumente-AG Hinweise gegen die Interessentheorie entnehmen zu können. S/S/Stree/Heine, Rn 4a ζ § 2 8 3 StGB, wollen die Interessentheorie nicht auf die Ein-Mann-GmbH anwenden. 86 NKIKindhäuser Rn 57 vor $ 2 8 3 StGB; iE ebenso S/S/Lenckner/Perron, Rn 2 6 zu S 14 StGB: Voraussetzung ist entweder Notwendigkeit eigennützigen Handelns oder Vorliegen objektiv ambivalenter Bedeutung; auch S/S/Stree/Heine Rn 4a, 35 und 4 0 zu S 283 StGB; iGgs dazu wendet die Rspr die Interessenformel wohl auf alle Alt des § 2 8 3 StGB an, B/Quedenfeld/Richter Rn 9/169. 8 7 Zu Nr 5 ebenso SIS/Lenckner/Pcrron Rn 2 6 zu § 14 StGB; iE auch Reck, Rn 4 4 2 , weil Buchführungsverstöße nie allein im Interesse des Geschäftsführers lägen. 8 8 NK/Kindhäuser Rn 57 zu § 2 8 3 StGB; auch unten S 2 9 Rn 63; aA BGH wistra 2 0 0 0 , 136, 137; ähnlich GA 6 1 , 3 5 6 ; wistra 1 9 8 2 , 1 4 8 ; einschr hingegen wistra 1 9 9 5 , 1 4 7 ; in wistra 1 9 9 9 , 4 5 9 , 4 6 3 hielt der BGH eine Tat nach Nr 5 für möglich, ohne auf die Interessen theorie einzugehen, obwohl eigennütziges Handeln vorgelegen haben dürfte. 8 9 BGH, wistra 2 0 0 0 , 1 3 6 , 1 3 7 , hält die Interessentheorie pauschal für anwendbar.

Bittmann

341

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

weil insoweit die Interessenformel greift, kann für Nr 8 nichts anderes gelten. Dies zwingt

dazu, von einer abstrakten Betrachtung Abstand zu nehmen und auf den konkreten

Fall abzustellen: Läge die Verringerung des Vermögensstands auch beim Einzelhandelskaufmann nicht in seinem Interesse, so ist es in Vertretungsverhältnissen ebenfalls nicht erforderlich, dass der Täter im Interesse des Fremdvermögens handelte. Umgekehrt gilt, dass eine im Interesse des Einzelhandelskaufmanns liegende Verringerung seines Vermögensstands, zB die Einrichtung einer stillen Treuhand am übertragenen Vermögen, in Vertretungsfällen nur dann als Bankrott iS des $ 283 Abs 1 Nr 8 StGB bestraft werden kann, wenn dies im Interesse des Fremdvermögens geschah. Das wird allerdings nicht sehr häufig so sein. 49

Auch in den Fällen des $ 283 Abs 1 Nrn 2 und 4 StGB ist eine konkrete Betrachtungsweise wie bei der Vermögensverringerung iS des § 283 Abs 1 Nr 8 StGB angezeigt. So kann zB die übermäßig hohe Schmiergeldzahlung (jedenfalls: auch) im Interesse der Gesellschaft liegen. 90

50

Besondere Schwierigkeiten stellen sich in den Fällen des S 283 Abs 2 StGB.

51

Tiedemann91 meint, hier zeitige die Interessentheorie die groteske Konsequenz, dass selbst das gezielte Herbeiführen der Insolvenz nicht als Insolvenzdelikt strafbar sei. Diese Folge kann aber nur dann eintreten, wenn die Interessenformel auch insoweit Anwendung findet. Wenn sich bei Betrachtung der verschiedenen Tatmodalitäten ergeben sollte, dass das Herbeiführen der Insolvenz nie im wirtschaftlichen Interesse einer natürlichen Person liegt, dann wäre die Interessentheorie in den Fällen des $ 283 Abs 2 StGB überhaupt nicht einschlägig.

52 Für die Sachverhalte, in denen in den Fällen des S 283 Abs 1 StGB die Bankrotthandlung eines Einzelhandelskaufmanns, wäre sie nach Kriseneintritt begangen worden, nicht in seinem wirtschaftlichen Interesse läge, gilt Gleiches für den Fall des § 283 Abs 2 StGB: Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass das Herbeiführen der Insolvenz in seinem Interesse liegen könnte. 53

Zu klären ist daher lediglich noch, ob die Taten, die beim Handeln einer natürlichen Person generell ($ 283 Abs 1 Nrn 1 und 8 StGB hinsichtlich des Beiseiteschaffens und Verheimlichens bzw des Verschleierens) oder bei konkreter Betrachtungsweise (§ 283 Abs 1 Nrn 1 und 8 StGB hinsichtlich des Zerstörens, Beschädigens und Unbrauchbarmachens bzw des Verringerns des Vermögensstands, sowie § 283 Abs 1 Nr 4 StGB) in deren Interesse liegen,

auch dann noch ihrem wirtschaftlichen Vorteil dienen können, wenn sie die Insolvenzgründe erst herbeifuhren. Das kann nur dann so sein, wenn zwischen den Abs 1 und 2 ein rechtlich erheblicher Unterschied besteht.

5 4 Ein solcher besteht in der Tat, weil es sich nur in den Fällen des Abs 2 um Erfolgsdelikte handelt. Die Folgen der Tat unterscheiden sich daher wesentlich: Während der Schuldner in den Fällen des Abs 1 bereits insolvenzbedroht war, tritt diese Folge in den Fällen des Abs 2 erst aufgrund der Tat ein. Die Insolvenz hat nun allerdings für den (Gemein-)Schuldner derart gravierende Folgen, dass sie im Fall ihrer Vermeidbarkeit bei objektiver Betrachtung nie in seinem Interesse liegen kann, selbst wenn er sich subjektiv Vorteile von der Tat verspricht.

55 Handlungen iS des $ 283 Abs 2 StGB liegen also niemals im objektiven Interesse der

in die Insolvenz fallenden natürlichen Person. Dies entzieht der Anwendung der Interessenformel auf die Fälle des § 283 Abs 2 StGB den Boden. Die Interessentheorie ist in den Fällen des S 283 Abs 2 StGB also nicht anwendbar. Es bedarf daher nicht des Ziehens einer Parallele zu den Fällen des Abs 1. Da es aus Rechtsgründen irrelevant ist, in 90 91

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Tiedemann Rn 7 9 vor § 2 8 3 StGB; W/J/Köh/erRn 7/178. Rn 85 vor $ 2 8 3 StGB.

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Bankrott, $$ 283,283a StGB

wessen subjektiven Interesse die die Insolvenz herbeiführende Tathandlung begangen wurde, kann folglich auch der Täter in einem Vertretungs- oder Auftragsverhältnis Bankrotttaten nach § 283 Abs 2 StGB begehen. Die hier vorgenommene Reduzierung des Anwendungsbereichs der Interessentheorie auf 56 tatsächliche Parallelen zur Strafbarkeit des Einzelhandelskaufmanns bewährt sich auch bei den fahrlässig begangenen Bankrottaten: Da es auch beim Einzelhändler jedenfalls bei unbewusster Fahrlässigkeit an einer subjektiven Tendenz mangelt, kann für das Handeln von Organen und sonstigen Vertretern juristischer Personen nichts anderes gelten. Und da der Täter bei bewusster Fahrlässigkeit vorrangig darauf vertraut, dass er rechtmäßig handelt, liegt sein Tun (nicht unbedingt auch das Ergebnis, aber darauf kommt es nicht an) jedenfalls auch im Interesse des repräsentierten oder vertretenen Vermögens. Die Interessentheorie schränkt folglich die Anwendung des S 283 StGB für die Fahrlässigkeitsdelikte nicht ein. 92 Wendet man die Interessentheorie so an wie hier entwickelt, so lassen sich system- und praxisgerechte Ergebnisse erzielen und werden die von Tiedemann befürchteten grotesken Folgen weitgehend vermieden. Ein Problem ist allerdings auch dann noch nicht gelöst: Die Berufsverbotsregelung der $$ 6 f GmbHG knüpft allein an eine Verurteilung wegen einer Tat nach den §§ 283-283d StGB an. Auch bei der differenzierten Anwendung der Interessentheorie verbleibt es aber dabei, dass es Fallkonstellationen gibt, welche bei der Insolvenz einer natürlichen Person im Rahmen des § 283 Abs 1 StGB als Bankrott strafbar sind, während in den Vertretungs- und Auftragsverhältnissen eine Bestrafung nach den 55 283 Abs 1 und 14 Abs 1 oder 2 ausscheidet. Das ist unter dem Gesichtspunkt der Generalprävention inkonsequent und sollte tunlich vermieden werden. Solange die Rspr nicht zu einem Verständnis des § 14 StGB gelangt, welches ein Handeln genügen lässt, zu dem es ohne die Übernahme der Funktion oder Aufgabe des Täters nicht gekommen wäre, ist hier der Gesetzgeber aufgerufen. Er muss eine Regelung finden. Sie sollte im Rahmen des GmbHG gefunden werden. Freilich scheidet eine einfache Ausdehnung der §§ 6 f GmbHG auf zB Betrug und Untreue aus, weil eine Verurteilung nach den §§ 263 und 266 StGB nicht auf Wirtschaftskriminelle beschränkt ist. Es sollte daher an § 74c Abs 1 Ziff 6 GVG angeknüpft werden: Das Berufsverbot sollte einer Verurteilung wegen Betrugs oder Untreue immer dann folgen, wenn sie wegen einer Wirtschaftsstraftat iS der Bestimmung des $ 74c Abs 6 StGB ausgesprochen wurde. Aus Gründen der Rechtssicherheit und -klarheit müsste diese Folge allerdings Aufnahme in den Urteilstenor finden. VII.

In einer den Anforderungen einer o r d n u n g s g e m ä ß e n Wirtschaft widersprechenden Weise

1.

Wirtschaftswidrigkeit als Grenzüberschreitung zur Rechtswidrigkeit

57

Die Strafbarkeit der bestandsbezogenen 93 Alt des Tatbestands des § 283 Abs 1 Nrn 1-3 58 und 8 StGB hängt strafbarkeitsbeschränkend (ebenso wie die Tatbestandsmäßigkeit des § 283d Abs 1, letzte 3 Alt StGB) nach dem Gesetzeswortlaut davon ab, dass die Handlung den Anforderungen einer ordnungsmäßigen Wirtschaft widerspricht oder dies sogar in grober Weise der Fall ist (Nr 8). Es handelt sich bei der Wirtschaftswidrigkeit um einen unbestimmten Rechtsbegriff und um ein zentrales Element dieser Fallgruppe.94 Das gilt

92 IE ebenso M-GIB/Bieneck Rn 77/28; S/S/Lenckner/Perron Rn 26 zu § 14 StGB; Scholz/Tiedemann Rn 33 vor $ 8 2 GmbHG. 93 Zum Begriff s oben Rn 10. 94 Tiedemann ZIP 1983,513,520ff.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

in gleichem Maße allerdings auch für die informationsbezogenen95 Alt des § 283 StGB. Weil die Erfüllung eines der Tatbestände dieser Fallgruppe aber nach der Wertung des Gesetzes immer wirtschaftswidrig ist, bedarf es dazu jedoch - anders als bei den bestandsbezogenen Alternativen - keiner Beschränkung.96 59 Wenn die Strafbarkeit in einer der bestandsbezogenen Alternativen des § 283 Abs 1 StGB von ihrer Wirtschaftswidrigkeit abhängt, dann heißt das zunächst, dass die bezeichneten Verhaltensweisen durchaus einmal den Anforderungen ordnungsgemäßen Wirtschaftens entsprechen und damit rechtmäßig sein können.97 Da das Gesetz nicht auf ordnungsgemäßes kaufmännisches Handeln98 abstellt, sondern auf das Wirtschaften, gilt dieses Kriterium auch für natürliche Personen, welche nicht Kaufmann sind.99 60 Dem (Gemein-)Schuldner ist es folglich auch in der Krise nicht ausnahmslos verboten, riskante Geschäfte einzugehen. Die Antwort auf die Frage nach der Wirtschaftsgemäßheit seines Handelns bildet demnach die Scheidelinie zwischen rechtmäßigem und strafbarem Handeln.100 Investition und Innovation soll selbstverständlich ebenso wie Modernisierung und Reparatur möglich bleiben. Auch das Aussondern abgeschriebener und wertloser Teile des Anlagevermögens soll nicht verhindert werden.101 2.

Tathandlung als Indiz für Wirtschaftswidrigkeit

61 In der Krise hat sich der Schuldner wie erwähnt102 in erster Linie um die Erfüllbarkeit seiner Verbindlichkeiten zu kümmern, also die finanziellen Interessen seiner Gläubiger zu wahren. Wie § 283 Abs 2 StGB zeigt, hat er seine Erfüllungsfähigkeit103 auch außerhalb einer Krise zu erhalten. Handeln iS der bestandsbezogenen Alternativen des § 283 Abs 1 StGB gefährdet nun aber ebenso wie ein von $ 283 Abs 2 StGB erfasstes Verhalten durchweg die Durchsetzbarkeit der Gläubigerforderungen in konkreter, wenn auch unterschiedlich intensiver Weise. Ein solches Tun kann deshalb nur ausnahmsweise rechtmäßig sein, nämlich dann wenn es trotz des Risikos nicht wirtschaftswidrig ist. Die Wirtschaftsgemäßheit wirkt also strukturell wie ein Rechtfertigungsgrund, obwohl die Wirtschaftswidrigkeit vom Gesetz als Tatbestandsmerkmal ausgestaltet ist. Das ändert aber nichts an der Indizwirkung der Tathandlungen. Diese hat zur Folge, dass eine Bestrafung nur dann ausscheidet, wenn feststeht, dass der Täter wirtschaftsgemäß handelte. Zweifel gehen demnach zu Lasten des Täters. Das gilt allerdings nicht bei § 283 Abs 1 Nr 8 StGB, weil diese Alt einen „groben" Verstoß verlangt.104 3.

Konkretisierung der „WirtschaftsWidrigkeit"

62 Die Konkretisierung der unbestimmten Rechtsbegriffe der Wirtschaftsgemäßheit bzw Wirtschaftswidrigkeit kann nicht in immer gleicher Weise vorgenommen werden. Maßgeblich können gesetzliche Bestimmungen ebenso wie Handelsbräuche oder die Verkehrs95 Z u m Begriff s oben Rn 10. 96 Krause S 424 ff; NK/Kindhäuser Rn 63 u n d 81 vor $ 283 StGB. 97 Vgl Tiedemann ~Rn 101 vor S 283 StGB. 98 Dazu BretzkeKTS 1 9 8 5 , 4 1 3 , 4 1 6 ff. 99 NK/Kindhäuser Rn 70 vor S 283 StGB. 100 NK/Kindhäuser Rn 71 vor $ 283 StGB. 101 Tiedemann Rn 49 z u § 283 StGB. 102 Oben Rn 10. 103 Krause S 35 f . 104 Krause S 93 ff, 371; referierend NK/Kindhäuser Rn 65 vor $ 283 StGB; aA Tiedemann, ZIP 1983,513, 521, der die Feststellung zweifelsfreier Unvertretbarkeit verlangt. Vgl z u § 283 Abs 1 N r 8 StGB u n t e n Rn 89 u n d 266 f.

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Bankrott, SS 283,283a StGB

sitte 105 sein. Was zivil- oder handelsrechtlich erlaubt ist, kann nicht strafbar sein.106 Aber nicht jedes zivilrechtlich sittenwidrige oder iS von $ 266 StGB treuwidrige Handeln ist bereits wirtschaftswidrig. 107 Wo besondere Regeln aber wie häufig nicht existieren oder nicht einschlägig sind, bedarf es einer Abwägung der Interessen des Schuldners mit denen der Gläubiger, wobei letztere grundsätzlich vorrangig sind. 108 Das Abwägungsergebnis wird auch davon beeinflusst, ob der Schuldner bestimmte Verfahrensregeln wahrte oder verletzte. Dabei kann auf die Regeln zur Beurteilung von Fahrlässigkeit und zur Produkthaftung rekurriert werden. 109 Bei der Frage, welche Grundsätze ordnungsgemäßen Wirtschaftens zu beachten sind, ist 63 zunächst zu unterscheiden, ob es sich bei dem (Gemein-)Schuldner um einen Privaten, einen Selbständigen oder einen Kaufmann handelt. Sie genießen zwar sämtlich im Grundsatz Privatautonomie, müssen sich aber jedenfalls in der Krise Einschränkungen zu Gunsten des Gläubigerschutzes gefallen lassen, ohne dass sie, insbes ein Kaufmann, jedes Risiko vermeiden müssten. Auch ein Privater darf aber bei sich abzeichnender Liquiditätskrise zB keine Weltreise unternehmen, wenn er die Raten für das für sein Einfamlienhaus aufgenommenes Annuitätendarlehen sowieso oder aufgrund des Luxusurlaubs nicht mehr begleichen kann. Die bisherige Praxis beschäftigte sich mit derartigen Fällen kaum. Je häufiger aber das Verbraucherinsolvenzverfahren genutzt und (auch zum Zwecke der Restschuldbefreiung) ein Treuhänder eingesetzt werden wird, desto öfter werden in der Krise getätigte unwirtschaftliche Ausgaben Privater bekannt werden und auch die Justiz beschäftigen. 110

a)

Gesetz

Zum Teil kann die Entscheidung über die Frage nach der Ordnungsgemäßheit bzw der 64 Wirtschaftswidrigkeit schuldnerischen Gebarens bereits unmittelbar dem Gesetz entnommen werden. Vertragliche Verpflichtungen darf und muss der Schuldner grundsätzlich auch in der Krise befriedigen, es sei denn, er hat sie bereits in wirtschaftswidriger Weise begründet 111 (zB ist bereits der Abschluss des Vertrages über eine Luxusreise und nicht erst dessen Erfüllung wirtschaftswidrig). Aber es gibt Vorschriften, welche die Pflicht zur Erfüllung einschränken oder gar ganz beseitigen. ZB dürfen mit Baugeldern iS des $ 1 Abs 3 BauFordSG andere als projektbezogene Ver- 65 bindlichkeiten nicht beglichen werden, 112 es sei denn, dadurch würde die Verwendung von Mitteln aus anderen Quellen ausgeglichen. Gleiches gilt bei einem Verstoß gegen eine rein vertragliche Zweckbindung. 113 Als Verbotsnorm ist praxisrelevant in erster Linie S 64 Abs 2 GmbHG. 114 Die Bestimmung 66 untersagt dem Geschäftsführer um den Preis persönlicher Haftung jegliche Zahlung nach Eintritt der Insolvenzreife. Sie wird von der Rspr sehr streng gehandhabt. 115 Gleichwohl 105 BGH ZIP 2 0 0 3 , 3 5 6 , 3 5 8 ; Krause S 405 ff. 106 Krause S 284 ff; Tiedemann Rn 123 vor S 283 StGB. 107 Krause S 349 ff bzw 101 f, 394; NK/Kindhäuser Rn 66 vor S 283 StGB. 108 NK/Kindhäuser Rn 73 vor § 283 StGB. 109 KrauseS 189 bzw 331. 110 Vgl S/SIStree/Heine Rn 7a zu S 283 StGB. 111 Krause S 286 ff, 290 ff. 112 Krause S 295 f. 113 Str, wie hier Krause S 296 f, o h n e sich aber auf die einschlägige Alt festzulegen (zutr.: N r 8); Tiedemann Rn 176 zu § 283 StGB. 114 Parallelvorschriften f ü r andere Gesellschaften ohne eine persönlich h a f t e n d e natürliche Person finden sich in SS 92 Abs 3, 93 Nr 6 AktG; 99 Abs 2 , 3 4 Nr 4 GenG sowie 130a Abs 2 u n d 3 HGB (ggf iVm S 177a HGB); z u m Ganzen Krause S 308ff. 115 Vgl dazu oben S 7 Rn 76 ff.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften wird man dem Geschäftsführer zumindest die Erfüllung solcher Pflichten gestatten müssen, zu welchen die Gesellschaft gesetzlich (zB Steuern, Sozialversicherung) verpflichtet ist, 116 weil das Erfüllen eines Gesetzesbefehls schlechterdings nicht wirtschaftswidrig sein kann. Trotz dieser Einschränkung erfüllt diese Bestimmung die Funktion, bestimmte Zahlungen in der Krise zu verbieten. 67

Die Rspr betrachtet es auch als die Haftung gem § 6 4 Abs 2 GmbHG begründend, wenn der Geschäftsführer eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene und wirksame Verbindlichkeit erfüllt. 117 Krause118 und Kindhäuser119 halten demgemäß Zahlungen, welche ein GmbH-Geschäftsführer entgegen § 64 Abs 2 GmbHG 1 2 0 veranlasst, immer für wirtschaftswidrig und damit als strafbar gem § 283 Abs 1 Nr 8, 1. Alt StGB. 121 Das ist zweifelhaft, weil die Bestimmung nur bei einer Verringerung des Vermögensstands anwendbar ist, die GmbH in Höhe der Leistung ja aber von einer Verbindlichkeit befreit wird. Letzteres ließe sich nur dadurch verneinen, dass man in § 64 Abs 2 GmbHG eine Vorschrift sähe, welche es verböte, fällige Zahlungen dann zu leisten, wenn die zugrunde liegende Verbindlichkeit nicht mehr uneingeschränkt werthaltig ist. In einem solchen Fall könnte man in der Leistung entspr der Höhe des Wertberichtigungsbedarfs, der zuvor bestanden hatte, die Befreiungswirkung verneinen, weil die Gläubigerforderung insoweit sowieso nicht mehr durchsetzbar war. Ob § 64 Abs 2 GmbHG nebst der dargestellten Schlussfolgerung so zu verstehen ist, kann aber letztlich dahinstehen.

68

Strafrechtlich ist nämlich die Sperrwirkung des S 283c StGB zu beachten: Aus der Tatsache, dass nur die inkongruente Erfüllungsleistung von S 283c StGB erfasst wird, 122 folgt, dass die kongruente Erfüllung strafrechtlich irrelevant, dh nicht strafbar ist. 123 § 283c StGB erfasst zwar nur ein Handeln während eingetretener Zahlungsunfähigkeit. Die Sperrwirkung wirkt aber auch in Fällen, in welchen der Geschäftsführer handelte, als der GmbH die Zahlungsunfähigkeit erst drohte oder sie lediglich überschuldet war, weil diese beiden Insolvenzgründe gegenüber der Zahlungsunfähigkeit eine Vorverlagerung darstellen, quasi gesetzliche Prognosen späterer Zahlungsunfähigkeit sind. 124 Wenn aber sogar nach Eintritt des die Erfüllungsfähigkeit am stärksten einschränkenden Insolvenzgrundes kongruente Erfüllungsleistungen straflos sind, dann muss das erst recht im Vorfeld gelten.

69

Die Sperrwirkung des § 283c StGB entfaltet sich aber auch noch in anderer, stärkerer Weise: Weil inkongruente, aber wertgleiche 125 Erfüllungsleistungen nur nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit strafbar sind, sind sie zuvor, dh auch bei Vorliegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, straflos. 126 Nach § 283 Abs 1 Nr 8 StGB sind aber solche 116 IE ebenso Krause S 312; sa unten § 21 Rn 88 ff. 117 BGH NJW 2003,2316 f (sogar für den Fall, dass ihm die Mittel zweckgebunden von dritter Seite zur Verfügung gestellt wurden!). 118 S 308 ff. 119 NKRn 87 vor $283 StGB. 120 Gleiches muss für die Parallelvorschriften gelten, zB §§ 92 Abs 3 AktG, 130a Abs 2 und 177a HGB. 121 S 266 StGB scheidet aus, wenn und weil diese Zahlungen im Interesse der GmbH erfolgten. 122 Vgl unten § 14 Rn 23 ff, insbes Rn 27. 123 IE ebenso Krause S 286ff und 313, Fn 129. Auch wenn NK¡Kindhäuser, Rn 85 vor $ 283 StGB, eindeutig hervorhebt, dass Verbindlichkeiten auch in der Krise zu erfüllen sind, obwohl der Aktiv-PassivTausch in der Krise zu einer absoluten Verminderung der zur Verteilung an die übrigen Gläubiger zur Verfügung stehenden Haftungsmasse führt, Rn 84 vor sowie 91 zu $ 283 StGB und 8 zu S 283c StGB, ist er der Ansicht, dass ein Verstoß gegen § 64 Abs 2 GmbHG (oder gegen eine der Parallelvorschriften für andere Gesellschaftsformen) wirtschaftswidrig und damit strafbar ist. 124 Vgl dazu oben § 11 Rn53,77 und 90ff. 125 Eine Leistung zB an Erfüllungs statt kann aber gem § 266 StGB strafbar sein, wenn ihr Wert das Geschuldete übersteigt, vgl unten § 14 Rn 3. 126 Verkannt von Krause, der die Gewährung inkongruenter Deckung während der Krise undifferen346

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Bankrott, M 283,283a StGB

inkongruenten, aber wertgleichen Leistungen, die nach § 64 Abs 2 GmbHG verboten sind, selbst dann nicht strafbar, wenn sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erbracht wurden, weil insoweit die privilegierende Bestimmung des § 283c StGB als speziellere Regelung vorgeht. Aufgrund der Sperrwirkung des § 283c StGB ist also nicht jede gesellschaftsrechtlich 70 verbotene Zahlung nach § 283 Abs 1 Nr 8 StGB strafbar. Diese Vorschrift greift bei einer gegen § 64 Abs 2 GmbHG verstoßenden Zahlung nur ein, soweit diese Leistung nicht zugleich eine Verbindlichkeit verminderte. Das aber ist keine Besonderheit und gilt, soweit der Sachverhalt nicht bereits von einer der anderen Alt des § 283 Abs 1 StGB erfasst wird, unabhängig von der Rechtsform und von § 64 Abs 2 GmbHG. Für Handlungen originär schuldender oder haftender natürlichen Personen (Private, 71 Einzelhandelskaufleute, persönlich haftende Gesellschafter rechtsfáhiger Personengesellschaften iS von § 14 Abs 2 BGB) gilt daher im Ergebnis nichts Abweichendes. Dazu bedarf es keiner (strafrechtlich gar nicht zulässigen) Rechtsanalogie zu $ 64 Abs 2 GmbHG und seinen Parallelvorschriften, weil die Genannten sowieso bereits persönlich zur Leistungserbringung verpflichtet sind, ohne dass sie dazu erst durch eine gesonderte Haftungsnorm für die Krise verpflichtet werden müßten. Wenn aber die Zahlung eines GmbH-Geschäftsführers wirtschaftswidrig ist, obwohl der Schuldnerin, dh der Gesellschaft, daraus ein - jedoch nicht immer in voller Höhe liquider - Rückgewähranspruch gegen den Geschäftsführer in eben jener Höhe erwächst, dann kann die gleiche Zahlung nicht wirtschaftsgemäß sein, falls sie von einem Schuldner stammt, ohne dass dieser einen derartigen zusätzlichen Haftungsanspruch erhält. b)

Untergesetzliche Regeln

Hilft das Gesetz nicht weiter, so ist auf sonstige Regeln zurückzugreifen. 72 Für Selbständige gibt es häufig berufs- oder standesrechtliche Regeln, welche zur Kon- 73 kretisierung und inhaltlichen Ausfüllung der Grundsätze ordnungsmäßigen Wirtschaftens herangezogen werden können. Welches im Einzelnen die kaufmännischen Grundsätze ordnungsgemäßen Wirtschaf- 74 tens sind, lässt sich nur branchen- und situationsabhängig beurteilen. Anhaltspunkte bietet allerdings schon das Gesetz selbst. § 347 Abs 1 HGB normiert den allgemeinen handelsrechtlichen Maßstab des ordentlichen Kaufmanns,127 welcher in den bereichsspezifischen Regelungen der §§ 93 Abs 1 Satz 1 AktG, 43 Abs 1 GmbHG und 34 Abs 1 S 1 GenG, auch in § 429 Abs 1 HGB, konkretisiert wird. Die gesetzlichen Bestimmungen werden ausgefüllt durch die jeweilige Verkehrssitte und die allgemeine kaufmännische Übung (tatsächliche, von der Überzeugung ihrer Richtigkeit getragene Handhabung sowie Richtlinien nationaler wie internationaler Organisationen oder Verbände),128 welche im Bedarfsfall zumeist bei den Industrie- und Handelskammern erfragt werden können. Allerdings verletzt nicht jeder Regelverstoß die Grundsätze ordnungsmäßigen Wirtschaftens und zwar selbst dann nicht, wenn damit eine strafbare Handlung begangen, zB zwecks Erhalt eines lukrativen Auftrags Schmier- oder Bestechungsgeld gezahlt wird.129

ziert für wirtschaftswidrig, S 271 ff, und für nach $ 283c StGB strafbar, S 274ff, erachtet, ohne zwischen Zahlungsunfähigkeit einerseits und den beiden anderen Insolvenzauslösetatbeständen andererseits zu unterscheiden. Seine Ausführungen treffen nur für Handlungen zu, welche der Geschäftsführer tätigte, nachdem die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig geworden war. 127 Bretzke KTS 1 9 8 5 , 4 1 3 , 4 1 6 ff. 128 Tiedemann Rn 111,115 und 118 vor $ 283 StGB. 129 Krause S 314ff; NKIKindhäuser Rn 79 vor § 283 StGB. Eine spezielle Regelung gilt für die Aufzeichnung der Geschäftsvorgänge, welche nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung und

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

75

76

Anzulegen ist ein normativer Maßstab und nicht etwa ein empirischer. Den K a u f m a n n treffen in der Krise besondere u n d gesteigerte Sorgfaltspflichten, auch wenn rechtstatsächlich immer wieder festzustellen ist, dass die im wirtschaftlichen Überlebenskampf Stehenden nahezu ausschließlich die Sicherung der Fortexistenz ihres Unternehmens im Blick haben und sogar die für den Normalverlauf einzuhaltenden Sorgfaltspflichten missachten, in der Krise also eine besonders starke Diskrepanz besteht zwischen den Anforderungen einerseits und andererseits dem, was für die Betroffenen im Vordergrund steht, ihre Aufmerksamkeit erregt und meist ihre gesamte Kraft in Anspruch nimmt. Die forensische Praxis bringt häufig ein übergroßes Verständnis für die angespannte Lage der Angeklagten auf und lässt große Milde walten: Zu Unrecht, da in der Regel j a auch eigenes Verhalten zur wirtschaftlichen Krise beigetragen hat, und bei dieser Nachsicht va verkannt wird, dass wirtschaftswidriges Verhalten in aller Regel die Krise verschärft und ihre Überwindung mit legalen Mitteln erschwert, j a häufig unmöglich macht. Gerade um dem krisenverstärkenden „Weiterwursteln" entgegenzuwirken, haben sich j a die vom Gesetzgeber mit gutem Grund in Bezug genommenen, von den beteiligten Kreisen selbst entwickelten besonderen Sorgfaltspflichten in der Krise herausgebildet. Ihre Missachtung zeigt also gerade die, wenn nicht rechtsfeindliche, so doch jedenfalls rechtsferne Einstellung des Angeklagten und verdient daher keine Nachsicht. 1 3 0

c)

Interessenabwägung

aa)

Kriterien

Fehlt es an gesetzlichen Regelungen und helfen auch unterhalb des förmlichen Gesetzes angesiedelte Reglungen nicht weiter, dann bedarf es der Abwägung zwischen den Interessen des Schuldners an seiner (zunächst nur: geplanten) Handlung und den Risiken, welche daraus für die Gläubiger erwachsen. Mit zunehmender Krisenintensität sind die Interessen der Gläubiger stärker zu berücksichtigen. Nötig ist eine wirtschaftlich vernünftige Zielsetzung, eine sorgfaltige Risikoabwägung und eine Entscheidung auf einer

hinreichend gesicherten Informationsbasis.131 77

Wirtschaftswidrigkeit liegt nach Krause132 vor, „wenn der Schuldner bei Vornahme der Vermögensdisposition Zwecke verfolgt, die mit den Zielen des Insolvenzrechts unvereinbar sind. Ein Verstoß liegt auch dann vor, wenn er - bei Verfolgung zulässiger Ziele - dasjenige missachtet, was ein auf Gläubigersicherung bedachter Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr in der wirtschaftlichen Lage des Schuldners hinsichtlich der Höhe des mit der Vermögensdisposition verbundenen Risikos bzw hinsichtlich der als Grundlage seiner Entscheidung dienenden I n f o r m a t i o n beachtet hätte." Wirtschaftsgemäß handelt der Schuldner also, wenn er ein zulässiges Ziel auf der Basis ausreichender Informationen in der für die Gläubiger risikoärmsten Weise verfolgt. 133 Es sind hier Parallelen zur Anwendung des Übermaßverbots 1 3 4 im Verhältnis Bürger - Staat nicht zu übersehen.

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Wirtschaftsgemäß wird ein Gebaren in der Regel daher nur dann sein können, wenn bestimmte Verfahrensregeln für den Abwägungsprozess eingehalten werden. Es bedarf einer

Bilanzierung zu erfolgen hat, vgl Tiedemann Rn 102-105 und 120-124 vor S 283 StGB. Da die Buchführungs- und Bilanzierungspflichten aber nicht zu den bestandsbezogenen Alternativen des $ 283 Abs 1 StGB zählen, spielen sie im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle. 130 Das gilt für die originär wirtschaftswidrige Verwirklichung der informationsbezogenen Alternativen des $ 283 Abs 1 StGB erst recht. 131 NK/Kindhäuser Rn 75 ff und 88 vor $ 283 StGB. 132 S 365. 133 Krause S 365 f. 134 Krause S 395 ff.

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Bankrott, J§ 283,283a StGB Gesamtschau aller Einzelumstände und deren Beurteilung nach einem generalisierenden Maßstab. 1 3 5 Das schuldnerische Verhalten kann sich aus ganz verschiedenen Gründen als wirtschaftsgemäß oder wirtschaftswidrig erweisen. Zunächst ist zu prüfen, ob überhaupt ein Interessengegensatz zwischen Schuldner und Gläubigergesamtheit besteht. Das ist nur dann der Fall, wenn eine Gefahr für die Erfüllungsfähigkeit des Schuldners besteht. Das ist auf der Ebene der Zielverfolgung nicht der Fall, wenn der Handlungszweck im Streben nach Erhalt oder Vermehrung des (als Haftungsmasse zur Verfügung stehenden) Vermögens besteht. 136 Das gilt auch für aussichtsreich erscheinende Sanierungsversuche. 1 3 7 Sie sind unter dem Gesichtspunkt eines Bargeschäfts 1 3 8 zulässig. 139 Im Ergebnis nichts anderes gilt, wenn das Gewerbe auf einen Dritten übertragen wird, weil sich gleichwohl die Haftungsmasse nicht ändert. 140 Es kann aber ein (untauglicher) Versuch gem S 283 Abs 3 StGB vorliegen. Weniger eindeutig ist das für Aufwendungen z u m Lebensunterhalt (zB Gehaltszahlung): Dem Abfluss an Haftungsvermögen steht der Erhalt der zur Bewahrung oder gar Mehrung des Vermögens erforderlichen Arbeitskraft gegenüber. Hier wird man nicht nur gerade einmal existenznotwendige Ausgaben als wirtschaftsgemäß ansehen können, sondern alle angemessenen = marktgerechten Aufwendungen, dh Gehälter, wie sie in der jeweiligen Branche in Krisenzeiten Externen gezahlt werden müssten. Gleiches gilt für Entnahmen. Höhere Aufwendungen für den Lebensunterhalt sind dementsprechend wirtschaftswidrig. 141 Wirtschaftswidrig können Vermögensabflüsse grundsätzlich nur dann sein, wenn sie sich auf Gegenstände beziehen, welche zur (potentiellen) Masse gehören (würden). Das ist bei pfändungsfreien (anders aber im Fall teuren Ersatzkaufs!) und wertlosen Gegenständen ebenso wenig der Fall 1 4 2 wie bei der Begründung unklagbarer Verbindlichkeiten (§ 762 BGB, Spiel und Wette, $ 764, Differenzgeschäft). 143 Bei deren Erfüllung handelt es sich dann allerdings um eine wirtschaftswidrige Ausgabe, § 283 Abs 1 Nr 2 StGB. 144 Objektiv geringwertige Sachen stehen wertlosen im Ergebnis gleich. 145 Anderes gilt hingegen bei mit Aus- oder Absonderungsrechten belasteten Wirtschaftsgütern. Hier ist nicht nur ein möglicher Wert für die Masse aufgrund der Beteiligung der Gläubiger an den Verwertungskosten zu berücksichtigen (§§ 170 f InsO), sondern auch und va, dass die mit den genannten Mitteln gesicherten Gläubigerforderungen Insolvenzverbindlichkeiten darstellen. Die Wirtschaftswidrigkeit ist deshalb nur dann zu verneinen, wenn der Abfluss derart belasteter Gegenstände sowohl dem gesicherten Gläubiger zugute kommt 1 4 6 als auch das Vermögen

135 Krause S 360. 136 Krause S 385 f. 137 BGHZ 75,96,107ff; Krause S 339 ff, 386 ff. Unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 283c StGB weist Thilow, S 141, darauf hin, dass zum Zwecke aussichtsreicher Sanierung geleistete konguente oder inkongruente Leistungen nicht mit der Intention einer Begünstigung bestimmter Gläubiger erbracht werden. Das trifft allerdings nur dann zu, wenn die Sanierung ohne Abstriche der Gläubiger an ihren Forderungen geplant ist. Andernfalls begünstigte bei Teilverzicht der übrigen die komplette Leistung an bestimmte Gläubiger eben diese. Unentgeltliche Vermögensübertragungen etwa auf Tochtergesellschaften im Rahmen von (zB zu Sanierungszwecken vorgenommenen) Umstrukturierungsmaßnahmen können nach S 134 InsO anfechtbar, Meyer ZIP 2002,250 ff mN, und als Beiseiteschaffen strafbar sein, BGH JZ 79,76. 138 Vgl dazu unten J 14 Rn 25. 139 BGH NJW 2002,3252 mwN; ZIP 1999,76,78. 140 Krause S 253 f. 141 Krause S 402 ff. 142 Krause S 250. 143 Krause S 255. 144 Krause S 255. 145 Krause S 253,278 ff. 146 Krause S 251 f. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften nicht über den Wert der Verbindlichkeit hinaus belastet wird, insbes der Wert eines Anwartschaftsrechts dem Schuldnervermögen verbleibt oder ihm unverzüglich wieder zugeführt wird. 81

Wirtschaftsgemäß ist ein Vermögensabfluss auch dann, wenn die Vermögensminderung durch einen Zufluss mindestens kompensiert wird (Wertausgleichsprinzip). 1 4 7 Das gilt zB bei Austauschverträgen, falls man auch in diesen Fällen die Leistung des Schuldners als tatbestandsmäßiges Beiseiteschaffen ansieht. 148

82

Fehlt es wie in den soeben dargelegten Konstellationen bereits an der Möglichkeit der Minderung des Haftungsvermögens, dann ist die schuldnerische Handlung ohne weitere Abwägung als wirtschaftsgemäß und damit straflos anzusehen.

83

Bildet eine Vermögensdisposition hingegen ein Risiko für das Schuldnervermögen, dann darf es bestenfalls dann eingegangen werden, wenn der Schuldner bzw die für diesen handelnde Person die Entscheidung umfassend vorbereitet hat. Dazu gehören die genaue Beschreibung des Handlungsziels, die Beschaffung ausreichender Informationen, die Prüfung etwaiger Handlungsalternativen und die Bewertung des Risikos einschließlich der möglichen Folgen für die eigene Erfüllungsfähigkeit und damit der etwaigen Schäden auf Seiten der Gläubiger. 149 Mit steigendem Risiko für die Gläubiger wächst das Gewicht ihrer Interessen. 150 Je geringer die Chance ist, desto stärker wiegen die Gläubigerinteressen. Umgekehrt darf ein Risiko j e eher eingegangen werden, desto größer die Gefahr der Vermögensminderung im Fall des Unterlassens ist. 151 Hier zeigen sich die Parallelen zur Produkthaftung und zur Fahrlässigkeit am deutlichsten. 152 bb)

Prognosecharakter

84

Zu beachten ist indes auf allen Ebenen, dass wirtschaftliche Entscheidungen und damit auch die zu beachtenden Grundsätze ordnungsmäßigen Wirtschaftens von Prognosen abhängen.

85

Bei der zeitlich - häufig: sehr viel - späteren strafrechtlichen Bewertung stehen deutlich mehr Informationen zur Verfügung als zu dem Zeitpunkt, zu welchem die Entscheidung getroffen werden musste. Va kennt der nachträgliche Betrachter die weitere Entwicklung und weiß gerade im Insolvenzstrafverfahren, ob der Tat alsbald der wirtschaftliche Zusammenbruch nachfolgte. Wenn und weil diese weiteren Informationen dem (späteren: Gemein) Schuldner in der Handlungssituation (bei erst anschließendem Eintritt der Strafbarkeitsbedingung: regelmäßig) nicht zur Verfügung stehen, können sie der strafrechtlichen Bewertung nicht zugrunde gelegt werden, jedenfalls nicht zu Lasten des Beschuldigten. Erforderlich ist folglich eine ex-ante-Betrachtung. 1 5 3

86 Ähnlich wie in der rechtswissenschaftlichen Diskussion ist auch betriebswirtschaftlich häufig nicht zwischen richtig u n d falsch, sondern lediglich zwischen vertretbar u n d unvertretbar zu unterscheiden. Jede vertretbare Entscheidung ist wirtschaftsgemäß und damit straflos. 154 Hinzunehmen ist eine Entscheidung, noch dazu eine Prognose, selbst wenn sie sich im Ergebnis als verheerend ausgewirkt haben sollte, wenn sie lege artis vor-

147 148 149 150 151 152 153 154 350

Krause S 256 ff; NK/Kindhäuser Rn 83 vor $ 283 StGB. Dagegen unten Rn lOOff. Krause S 323 ff, 358 ff, 371 ff, 395 ff. Krause S 408 ff. Krause S 411 f. Krause S 189 bzw 331. NK/Kindhäuser Rn 73 vor S 283 StGB; Tiedemann Rn 106 f vor § 283 StGB. Vgl NK/Kindhäuser Rn 73 vor $ 283 StGB; Tiedemann ZIP 1983,513,521. Bittmann

Bankrott, M 283,283a StGB

bereitet und mit sachgerechten Erwägungen getroffen wurde. Dazu gehört die ausreichende Beschaffung und angemessene Bewertung der erforderlichen Informationen. 155 Betriebswirtschaftlich ist dazu die Beobachtung, Prüfung und (Finanz- und Sanierungs-)Planung durch Sachkundige, ggf durch einzuschaltende externe Berater, sowie die der Entscheidung folgende Kontrolle erforderlich, um notwendige Korrekturen unverzüglich vornehmen zu können. War eine Maßnahme, zB zu Sanierungszwecken, allerdings von vorn herein (nahezu) aussichtslos, kontraproduktiv oder ersichtlich an sachfremden (meist: eigensüchtigen) Erwägungen orientiert, dann widerspricht die ihrer Vornahme zugrunde liegende Entscheidung den Grundsätzen ordnungsmäßigen Wirtschaftens. 156 Sachgerechte Erwägungen müssen nicht immer und sämtlich schriftlich dokumentiert wer- 87 den, obwohl das in Wirtschaftseinheiten, an deren Leitung mehrere Personen beteiligt sind, nicht nur wünschenswert, sondern häufig notwendig sein wird. Im Ermittlungsverfahren ist daher danach zu trachten, betriebswirtschaftliche Analysen und Protokolle von Zusammenkünften der Leitungsgremien beizuziehen. Dokumentieren sie, was erforderlichenfalls unter sachverständiger Hilfe zu ermitteln ist, einen seriösen Entscheidungsprozess und darauf fußende angemessene (iS von Vertretbarkeit) Entscheidungen, dann wird in der Regel angenommen werden können, dass die Grundsätze ordnungsmäßigen Wirtschaftens gewahrt wurden. Andernfalls geben sie für den Tatnachweis wichtige Hinweise - gerade auch in subjektiver Hinsicht. Existieren hingegen derartige Unterlagen überhaupt nicht, so spricht eine tatsächliche Vermutung für ein Handeln im Widerspruch zu den Grundsätzen ordnungsmäßigen Wirtschaftens. d)

Beispiele

Den Grundsätzen ordnungsgemäßen Wirtschaftens widerspricht danach zB die Vergabe 88 von Blankokrediten, die Weiterbelieferung eines säumigen Kunden ohne Sicherheiten und der dauerhafte und nicht durch andere Vorteile kompensierte Verkauf unterhalb der Einstandspreise. Insolvenzstrafrechtlich zulässig 157 ist der Verkauf zu Dumpingpreisen hingegen im Rahmen von rechtmäßigen Sonderaktionen (wie etwa dem Sommerschlussverkauf) oder aus sachgerechten besonderen Gründen (zB im Rahmen einer Mischkalkulation, um Kunden mit „Schnäppchen" anzulocken oder zwecks Räumung eines Lagers, um dieses anderweit selbst zu nutzen oder zu verpachten). 158 Der Erhalt der Arbeitsplätze ist dagegen für sich allein kein Kriterium ordnungsgemäßen Wirtschaf tens. Eine bestimmte Kapitalausstattung ist nicht vorgeschrieben, so dass „Unterkapitalisierung" allein nicht wirtschaftswidrig ist 159 (wohl aber die Voraussetzung dafür bieten kann, eine bestimmte Maßnahme als den Grundsätzen ordnungsmäßigen Wirtschaftens widersprechend einzuschätzen). 160 e)

Besonderheit des $ 283 Abs 1 Nr 8 StGB

Eine Besonderheit gilt für $ 283 Abs erfasst, ist es erforderlich, zunächst schließend zu entscheiden, ob gegen widrigkeit festzustellen als Basis für

1 Nr 8 StGB. Weil diese Vorschrift nur grobe Verstöße 89 den maßgeblichen Grundsatz herauszuarbeiten, anihn verstoßen wurde, um danach das Maß der Pflichtdie Entscheidung, ob ein - strafloser - einfacher oder

155 Krause S 414 f . 156 Tiedemann Rn 109,117 und 122 vor § 283 StGB. 157 Zu beachten sind aber sowohl das allgemeine Wettbewerbsrecht als auch evtl spezielle Beschränkungen, ggf öffentlich-rechtlicher Natur. 158 Zahlreiche weitere Beispiele insbes aus der Rspr bei Krause S 112ff (Nr 1), 116f und 124ff (Nr 2), 1 3 6 f ( N r 3 ) u n d 140f(Nr8). 159 Krause S 303 ff; Tiedemann Rn 118 f und 124 vor $ 283 StGB. 160 Krau5CS410f.

Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

ein strafbarer grober Verstoß vorliegt.161 Hier entfaltet eine Tathandlung anders als im übrigen162 keine Indizwirkung. f)

$ 283 Abs 2 StGB

90 Aufgrund der unterschiedlichen Struktur und der divergierenden wirtschaftlichen Situation des Schuldner in den Fällen des S 283 Abs 1 StGB einerseits und des Abs 2 andererseits können die Maßstäbe für beide Tatgruppen nicht deckungsgleich sein. In den Fällen des Abs 1 ist jegliche Vermögensdisposition gläubigerrelevant. In den Fällen des Abs 2 gilt es hingegen lediglich, den Eintritt der Insolvenzreife zu verhindern. Der Spielraum des Schuldners für rechtmäßige Entscheidungen ist in den Fällen des Abs 2 deshalb deutlich größer.163 Handlungen, die das Insolvenzrisiko nicht erhöhen, sind von vorn herein nicht tatbestandsmäßig,164 selbst wenn sie wirtschaftlicher Vernunft noch so sehr zuwiderlaufen.165

VIII. Handeln bei Überschuldung, drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit 91 Seit Inkrafttreten der InsO am 1.1.1999 erfasst der Eingangssatz des $ 283 Abs 1 StGB sämtliche Insolvenzgründe,166 während zuvor die drohende Zahlungsunfähigkeit, welche schon früher Teil des Eingangssatzes des $ 283 Abs 1 StGB war, keinen Insolvenzauslösetatbestand darstellte. Das bedeutet, dass die Deckungsgleichheit zwischen den Insolvenzgründen und den im Eingangssatz von $ 283 Abs 1 StGB genannten Umständen nur äußerlicher Natur ist. 92 Diese Erkenntnis hat Folgen für den Umfang des Anwendungsbereich des § 283 Abs 1 StGB. Überschuldung ist nur bei juristischen Personen und Personenhandelsgesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter, also vor allem bei der GmbH & Co KG, Insolvenzgrund, während die drohende ebenso wie die eingetretene Zahlungsunfähigkeit den Insolvenzfall auslösen kann für sämtliche Personen und sonstigen insolvenzfähigen Gebilde. Bestünde eine innere Verbindung zwischen dem jeweils abstrakt maßgeblichen Insolvenzgrund der im Einzelfall betroffenen (Gemein-)Schuldnerin und den für die Anwendbarkeit von § 283 Abs 1 StGB erforderlichen Umständen, so hätte das zur Folge, dass ein Handeln allein bei Überschuldung und ohne dass Zahlungsunfähigkeit bereits drohte, geschweige denn, eingetreten wäre, nur dann für die Tatbestandsmäßigkeit genügte, wenn von der Insolvenz eine juristische Person oder eine ihr gleichgestellte Personenhandelsgesellschaft betroffen wäre. Da $ 283 Abs 1 StGB allein, dh ohne S 14 StGB, nur anwendbar ist, wenn der Täter auch (zivilrechtlich) selbst schuldet oder zumindest haftet,167 hätte das zur Folge, dass das Tatbestandsmerkmal „Überschuldung" in § 283 Abs 1 StGB ausschließlich für Organe oder Vertreter juristischer Personen und der ihnen gleichgestellten Personenhandelsgesellschaften, $ 14 Abs 1 und 2 StGB, bedeutsam wäre. Da ein derartiger innerer Zusammenhang aber gerade nicht besteht, ist $ 283 Abs 1 StGB bei einem Handeln während eingetretener Überschuldung selbst dann einschlägig, wenn die Überschuldung für die im kon-

161 162 163 164 165 166 167

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Näheres s unten Rn 266 f. Vgl dazu oben Rn 61. Krause S 357f, 416ff; NK/KindhäuserKn 90f vor und 97 zu § 283 StGB. NK/Kindhäuser Rn 98 zu $ 283 StGB. NK/Kindhäuser Rn 92 vor $ 283 StGB. Zum Inhalt vgl oben $ 7 Rn 9 ff, 34ff und 48 ff sowie $ 11 Rn 54ff, 76 ff und 81 ff. Vgl oben Rn 29 und 31.

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Bankrott, SS 283,283a StGB

kreten Fall betroffene (Gemein-)Schuldnerin keinen Insolvenzgrund darstellt. 168 Darin liegt kein Verstoß gegen das Schuldprinzip oder den Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, weil es angesichts der Strafbarkeitsbedingung des § 283 Abs 6 StGB zu einer Bestrafung nur dann kommen kann, wenn für diese (Gemein-)Schuldnerin ein Insolvenzgrund bestand, weil andernfalls das Insolvenzverfahren nicht eröffnet oder ein entsprechender Antrag nicht mangels Masse abgewiesen worden wäre. IE nichts anderes gilt bei Zahlungseinstellung jedenfalls dann, wenn sie nicht nur die Vermutungsbasis für Zahlungsunfähigkeit darstellt, vgl § 17 Abs 2 Satz 2 InsO, sondern zugleich auch die eingetretene Zahlungsunfähigkeit nach außen dokumentiert. 169

IX.

$ 283 Abs 1 Nr 1 StGB

1.

Vermögensbestandteile, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören

Das Strafrecht verzichtet auf eine eigenständige Beschreibung der Tatobjekte des $ 283 93 Abs 1 Nr 1 StGB. Es begnügt sich mit einer Verweisung auf die InsO. Diese befasst sich in den §§ 35 ff mit der Insolvenzmasse. Abgesehen vom für die Praxis selten relevanten Fall des Gesamtguts bei der Gütergemeinschaft, § 37 InsO, sind vor allem die §§35 und 36 InsO maßgeblich. IGgs zur früheren Rechtslage fällt nunmehr auch der Neuerwerb gemäß § 35, letzter Satz- 94 teil InsO, in die Insolvenzmasse. Hauptanwendungsfall ist sicherlich die Insolvenz einer natürlichen Person. Sie hat demzufolge vor allem ihr trotz Insolvenz und daher meist anderweit erzieltes Arbeitsentgelt dem Verwalter auszuhändigen, obwohl die Arbeitskraft selbst nicht in die Masse fällt. 170 Derjenige, welcher mögliche und zumutbare Arbeit scheut, macht sich also nicht allein deswegen nach § 283 Abs 1 Nr 8 StGB strafbar. 171 Die Regelung über den Neuerwerb gilt aber auch in der Insolvenz juristischer Personen, welche zB etwaige erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig werdende Zinsen der Masse zur Verfügung zu stellen hat. Zum Vermögen gehören sämtliche im In- und Ausland befindlichen beweglichen und unbe- 95 weglichen Sachen, also sowohl (körperliche) Gegenstände als auch (dingliche wie obligatorische) Rechte,172 sofern sie einen wirtschaftlichen Wert repräsentieren und die im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Masse gehören würden, zB auch ein Rückauflassungsanspruch nach unentgeltlicher Eigentumsübertragung. 173 Eine materiellrechtliche Bagatellgrenze gibt es nicht. 174

168 Ebenso NK/Kindhäuser Rn 100 vor § 283 StGB; Penzlin S 205; S/S/Stree/Heine Rn 51 zu § 283 StGB; Weyand Rn 29. 169 ZB Tiedemann, Rn 75 u n d 162 vor $ 283 StGB; z u m zivilrechtlichen Verständnis der Begriffe Überschuldung, d r o h e n d e u n d eingetretene Zahlungsunfähigkeit u n d zu ihrem strafrechtlichen Inhalt vgl oben § 7 Rn 9 ff, 34 ff u n d 48 ff sowie $ 11 Rn 54 ff, 76 ff u n d 81 ff. 170 Smid FS Rolland S 3 5 5 , 3 6 2 ; Tiedemann Rn 24 zu § 283 StGB m w N ; s allg Grub/Smid DZWIR 1999, 2, 4ff; Keller, NZI 2000, 449ff (mit rechtspolitischer Kritik daran, dass das Arbeitseinkommen als Neuerwerb in die Masse fällt). Zur Frage, wie die Pfandungsfreigrenzen zu berücksichtigen sind, vgl Grote NZI 2000, 66 ff; Smid FS Rolland S 355, 358; Smid/Wehdeking InVo 2000, 293 ff; Steder ZIP 1999, 1874 ff. 171 Aus insolvenzrechtlicher Perspektive bejahte das AG D o r t m u n d , NZI 1 9 9 9 , 4 2 0 ff, eine Erwerbsobliegenheit des insolventen Verbrauchers. 172 M-G/B/Bieneck Rn 78/2; W/S/Ahrens Rn21/21; Weyand Rn 60 ff. 173 Vgl BGH NJW 2 0 0 3 , 1 8 5 8 ff (Übertragung eines Grundstücks auf die Ehefrau nebst E i n r ä u m u n g eines per Vormerkung gesicherten Rechts jederzeitiger Rückforderung). 174 AA NK/Kindhäuser Rn 8 zu § 283 StGB.

Bittmann

353

512

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

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Zum Vermögen in diesem Sinne rechnen daher - unabhängig von der Rechtmäßigkeit ihres Erwerbs 1 7 5 - bewegliche körperliche Gegenstände, Grundstücke, Erbbaurechte, Wohnrechte, Wohnungseigentum, Anwartschaftsrechte, 176 Forderungen (aber nicht, soweit der Schuldner sie lediglich einziehen darf), Ansprüche auf Eigentumserwerb, 177 Gesellschaftsanteile, Ansprüche auf Auseinandersetzungsguthaben, immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente und Know how, Geschäftsbücher (§ 36 Abs 2 Nr 1 InsO), 178 die Kundendatei, sonstige bewegliche Sachen wie die Geschäftseinrichtung und das Umlaufvermögen, aber auch sichere Gewinnerwartungen (zB aus bereits abgeschlossenen Aufträgen) und die Arbeitsergebnisse, welche die beim (Gemein-)Schuldner beschäftigten Arbeitnehmer erzielen (geschieht dies in einem anderen Unternehmen, so tritt an die Stelle der Arbeitsergebnisse der Anspruch entweder aus dem zugrunde liegenden Vertrag oder in Höhe der Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung) 179 . Ferner rechnen dazu die Firma einer Kapitalgesellschaft 180 und Halbfertigerzeugnisse, nicht aber das Potential vorangegangener Investitionen. 181

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Gegenstände, welche der Aussonderung 182 unterliegen, zB unter einfachem Eigentumsvorbehalt bezogene Waren, 183 fallen gemäß $ 47 InsO nicht in die Insolvenzmasse, wohl aber ein etwaiges Anwartschaftsrecht. 184 Zur Masse gehören auch nicht die dem Schuldner zur Sicherheit überlassenen Gegenstände. 185 Hingegen sind Gegenstände, aus denen ein Gläubiger abgesonderte Befriedigung verlangen kann, §§ 49 ff InsO, Teil der Masse und unterliegen gemäß SS 165 ff InsO der Verwaltung und Verwertung des Insolvenzverwalters, welcher dafür gemäß S 171 InsO 9 % des Erlöses für die Feststellung und Verwertung zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer vom Absonderungsberechtigten verlangen kann. 1 8 6 Dazu gehören gemäß S 50 Nr 1 InsO auch die Gläubiger, denen der (Gemein)Schuldner Sicherungseigentum übertragen hat. 1 8 7 Gleichgestellt sind nach S 50 Nrn 3 und 4 InsO bestimmte Zurückbehaltüngsrechte. Auch der durch eine Verarbeitungsklausel oder Sicherungszession verlängerte Eigentumsvorbehalt gewährt nur ein Absonderungsrecht. 188

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Str ist, ob eine Sache, die sicherungsübereignet oder über ihren Wert hinaus belastet ist, etwa ein Grundstück mit einer Grundschuld, zum (im Insolvenzverfahren) zu offenbarenden Vermögen gehört. 189 Unter Geltung der InsO wird man dies bejahen müssen. Sichert die Sache (mindestens: auch) eine Verbindlichkeit der Masse, dann gehört sie schon deshalb zum (Offenbarungspflichtigen) Vermögen, weil die gesicherten Schulden nicht dop-

175 M-G/B/Bieneck Rn 78/11; zu Unrecht einschr für die Fälle des Erhalts im Wege des Diebstahls oder der Unterschlagung NK/Kindhäuser Rn 9 zu S 283 StGB: Soll der unrechtmäßige Erwerb privilegiert, der Verwalter zum unfreiwilligen Begünstiger gemacht werden? 176 NK¡Kindhäuser Rn 11 zu $ 283 StGB. 177 NK/Kindhäuser Rn 11 zu § 283 StGB. 178 NK¡Kindhäuser Rn 9 zu § 283 StGB. Sie sind auch vom Steuerberater an den Insolvenzverwalter herauszugeben, LG Cottbus ZInsO 2002,635 ff. 179 Tiedemann Rn 24 zu S 283 StGB. 180 NK/Kindhäuser Rn 10 zu S 283 StGB; str, vgl M-G/B /Bieneck Rn 78/4 mwN; aA A/W/Weyand Rn 23/9. 181 M-G/B/Bieneck Rn 78/5. 182 Schuldrechtliche Treuhandvereinbarungen allein begründen kein Aussonderungsrecht, wenn die dingliche Rechtsänderung formgebunden ist, BGH NJW 2003,3414 ff. 183 W/J/Köft/erRn 7/139. 184 M-G/B /Bieneck Rn 78/8. 185 M-G/B/Bieneck Rn 78/11. 186 Vgl Eftfcß/Drieling S 70. 187 NK/Kindhäuser Rn 11 zu $ 283 StGB; Wß/KöhlerKn 7/139. 188 M-G/B/Bieneck Rn78/9 f. 189 Verneinend M-G/B /Bieneck Rn 78/6a; NK /Kindhäuser Rn 8 zu S 283 StGB; bejahend A/W/Weyand Rn 23/8; T/Fischer Rn 3 zu S 283 StGB; Weyand Rn 60, je mN. 354

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pelt, einmal (korrekt) als Erhöhung der Passiva, und ein zweites Mal (inkorrekt) als Verminderung der Passiva, berücksichtigt werden dürfen.190 Ist die Sache hingegen ausschließlich zu Gunsten eines oder mehrerer Dritter belastet, dann stellt sie zwar an sich für die Masse keinen Wert mehr dar,191 es sei denn, das Sicherungsrecht valutiert nur noch in einer den (Grundstücks-)Wert unterschreitenden Höhe. Aufgrund der 9-%igen Feststellungs- und Verwertungskostenpauschale, die ein Verwalter zuzüglich Mehrwertsteuer vom Sicherungsnehmer verlangen könnte, 192 repräsentiert aber auch die überbelastete Sache einen (mittelbaren) Wert für die Masse. Sie ist daher ebenfalls zu offenbaren. In solchem Fall ist zudem noch zu prüfen, ob bereits in der Bestellung des Sicherungsrechts eine strafbare Handlung des Bankrotts oder der Untreue lag. Nicht in die Insolvenzmasse fallen die gemäß $ 36 Abs 1 und 3 InsO unpfändbaren Gegen- 99 stände. Dabei verweist zwar § 36 Abs 1 InsO pauschal auf die Zivilprozessordnung. Aber nicht alle nach der ZPO bei der Einzelzwangsvollstreckung unpfändbaren Gegenstände sind dies auch im Insolvenzverfahren. Gemäß § 36 Abs 2 InsO unterliegen Geschäftsbücher (zum Zwecke der Sicherung ordnungsgemäßer Insolvenzverwaltung) und die § 811 Nrn 4 und 9 ZPO unterfallenden Sachen (zur Landwirtschaft und zum Betrieb einer Apotheke erforderliche Gegenstände) dem Zugriff des Insolvenzverwalters.193 Gemäß § 36 Abs 3 InsO sind Hausratsgegenstände, durch deren Verwertung nur ein geringfügiger Erlös erzielt werden könnte, unpfändbar. 2.

Beiseiteschaffen

a)

Auslegung des Begriffs

Diesen Begriff so mit Inhalt zu füllen, dass er der gesetzlichen Systematik entspricht, bereitet Schwierigkeiten. Der sehr weite Wortlaut erfasst auch Verhaltensweisen, welche zweifelsfrei rechtmäßig sind wie zB das Erfüllen einer rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeit. Er bedarf deshalb der teleologischen Reduktion.

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Ob dies dadurch zu geschehen hat, dass man angesichts der Tatsache, dass $ 283 Abs 1 Nr 8 101 StGB den Grund(und Auffang-)tatbestand auch des $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB bildet,194 dessen Tatbestandsmerkmal „eines den Anforderungen ordnungsgemäßen Wirtschaftens grob widersprechenden Handelns" entgegen dem Wortlaut von $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB auch auf die Alternative des Beiseiteschaffens (eventuell ebenso auf die des Verheimlichens) erstreckt,195 oder dadurch, dass man dem Begriff „Beiseiteschaffen" eine subjektive Tendenz dahingehend beimisst, dass er nur dann bejaht wird, wenn das Handeln des Täters von einer finalen Gläubigerbenachteiligungsabsicht getragen ist, 196 ist für die praktische Rechtsanwendung weniger bedeutsam. Maßgeblich ist insoweit jedenfalls, dass von einem „Beiseiteschaffen" iS des S 283 Abs 1 Nr 1 StGB nur dann die Rede sein kann, wenn das Handeln des Täters geeignet ist, die Durchsetzung von Rechten der Gläubiger unmöglich zu machen oder jedenfalls wesentlich zu erschweren. 197 Wer die teleologische Reduktion

190 Vgl dazu oben $ 11 Rn 85. 191 Der BGH, ZIP 2003, 2370, 2372 mN, misst demgegenüber auch dem sicherungsübereigneten Gegenstand einen selbständigen Vermögenswert bei. 192 Vgl dazu oben Rn 97. Gegen diese Schlussfolgerung BGH ZIP 2 0 0 3 , 2 3 7 0 , 2 3 7 2 . 193 H/B/Murati-Laebe Rn4/4ñ. 194 Tiedemann Rn 9 ff und 28 zu § 283 StGB. 195 NK/Kindhäuser Rn 15 zu $ 283 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 4 zu $ 283 StGB; W/J/Köhler Rn 7/140; Weyand Rn 63; wN bei Tiedemann Rn 27 zu § 283 StGB, dort Fn 13. 196 Tiedemann Rn 28 zu $ 283 StGB. 197 M-G/B/Bieneck Rn 78/12; V//S/Ahrens Rn 21/23.

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gänzlich ablehnt, muss aufgrund der Sperrwirkung des $ 283c StGB aber ebenfalls zur Straflosigkeit der geschuldeten Leistung an einen Gläubiger gelangen.198 102 Das allein genügt aber noch nicht, um den Begriff des „Beiseiteschaffens" mit solchen Konturen zu versehen, dass er in der Praxis handhabbar wird. Zwar weniger aus Gründen der erforderlichen Bestimmtheit, wohl aber aus systematischen und Gründen der Abgrenzung der verschiedenen in § 283 Abs 1 StGB aufgeführten Alternativen sollten unter „Beiseiteschaffen" nur solche Handlungen subsumiert werden, nach deren Vornahme der Täter weiterhin Zugriff auf den beiseitegeschafften Gegenstand oder dessen Wert behält. 199 Für eine solche Einschränkung spricht auch die tatbestandliche Nähe zum Verheimlichen - einer Handlung, bei welcher der Täter den Vermögensgegenstand ebenfalls nicht aus seiner Herrschaftssphäre entlässt. Die bloße Verminderung des Vermögensstands fällt danach nicht unter die Alternative „Beiseiteschaffen".200 Derartige Fälle sind als „zerstören, beschädigen oder unbrauchbar machen" iS von $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB aufzufassen, andernfalls nach Nrn 2 oder 8, evtl auch Nr 3 strafbar. Mit dem hier zugrunde gelegten Verständnis des „Beiseiteschaffens" gibt es auch keine Abgrenzungsprobleme zu § 283 Abs 1 Nr 2 StGB, der unwirtschaftlichen Ausgabe.201 Der Rechtsanwendung kann daher die übliche Definition des „Beiseiteschaffens" als „Vereitelung oder wesentliche Erschwernis des alsbaldigen Gläubigerzugriffs durch (dinglich)rechtliche oder tatsächliche Verfügungen" 202 nur mit den erwähnten Einschränkungen zugrunde gelegt werden. b)

Beispiele

103 Dementsprechend sind folgende Handlungen nicht als Beiseiteschaffen iSv S 283 Abs 1 Nr 1 StGB strafbar: 203 - Das Erbringen einer fälligen 204 Leistung 205 - Vertragsabschlüsse oder tatsächliche Handlungen, welche zwar auch mit Vermögensabflüssen verbunden sind, bei denen die Gegenleistung allerdings gleichwertig ist oder überwiegt, so dass sich das Handeln bei Saldierung im Ergebnis als vorteilhaft auswirkt oder dies jedenfalls sollte.206 Aber selbst dann, wenn das geschäftliche Ereignis von vorn herein als nachteilig erkannt wird und sich auch so auswirkt (zB bei Schenkungen), liegt kein „Beiseiteschaffen" vor, wenn Partner ein Dritter ist und keinerlei Rückflüsse oder sonstige Vorteile des (späteren Gemein-)Schuldners vereinbart oder erwartet wurden.207 Bei Betriebsaufspaltungen208 ist gleichwohl immer auch die Übernahme wirtschaftlich gleichwertiger Pflichten durch den abgespaltenen Betrieb erforderlich.209 Bleibt auch er in der wirtschaftlichen Sphäre des Täters, so würde dieser sich andernfalls wegen „Bei198 Vgl dazu unten § 14 Rn 27 f. 199 AA S/S/Stree/Heine Rn 7 zu $ 283 StGB; auch T/Fischer, Rn 4 zu § 283 StGB, der gerade umgekehrt vor dinglicher Rechtsänderung nur Versuch annimmt. 200 AA M-G/B/Bieneck Rn 78/12. 201 Krause, S 118f, und NK/Kindhäuser, Rn 17 zu § 283 StGB, grenzen (auf der Basis der hM: überzeugend) beides danach gegeneinander ab, ob der Handlung nur das Motiv zugrunde liegt, den Gegenstand dem Gläubigerzugriff zu entziehen, dann Beiseiteschaffen, oder ob noch zusätzlich ein weiteres Ziel der Leistung hinzukommt, zB die Zahlung (überhöhter) Löhne, dann (unwirtschaftliche) Ausgabe. 202 NK /Kindhäuser Rn 12 zu § 283 StGB; Tiedematin Rn 25 zu S 283 StGB; T/Fischer Rn 4 zu § 283 StGB. 203 Zum Ganzen Tiedetnann Rn 2 9 - 3 6 zu $ 283 StGB; auch Eftierc/Drieling S 31 f. 204 Bei mangelnder Fälligkeit ist $ 283c StGB einschlägig, vgl dazu unten § 14 Rn 39. 205 S/S/Stree/Heine Rn 4 zu § 283 StGB; Tiedemann Rn 29 zu $ 283 StGB. 206 M-G/B/Bieneck Rn 78/13; Reck Rn 382. 207 Tiedemann Rn 33 zu $ 283 StGB, dagegen mindestens missverständlich aaO, Rn 30. 208 Vgl dazu unten Rn 259. 209 Tiedemann Rn 30 zu § 283 StGB.

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seiteschaffens" strafbar machen können. Bei Verbindung von Aufspaltung und Übertragung wäre hingegen § 283 Abs 1 Nr 2 oder 8 einschlägig. - Bestellen einer nichtvalutierten Hypothek 210 - Zahlung von zum Geschäftsabschluss notwendigen Schmiergeldern211 - Offenes Verbringen von Vermögensgegenständen in ein anderes Land der EU 2 1 2 - Geschenke an Dritte. 213 Strafbar nach $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB wegen Beiseiteschaffens sind hingegen folgende 104 Handlungen: 214 - Wirkliche oder scheinbare Übertragung von Vermögenswerten (körperliche Gegenstände, Forderungen, Pfandrechte) auf Treuhänder (insbes auf nahe Angehörige,215 aber auch auf ein tätereigenes Unternehmen 216 ), zB Sicherungsübertragungen217 - Fraudulöses Anerkenntnis einer eingeklagten, aber nicht bestehenden Forderung, um der Ehefrau einen Vollstreckungstitel zu verschaffen, mit welchem sie sich am letzten verbliebenen Vermögenswert ihres Ehegatten (= des Schuldners) ein Pfändungspfandrecht sichern kann, um Drittgläubigern den Vollstreckungszugriff zu verunmöglichen218 - Verstecken einer einem Dritten sicherungsübereigneten Sache 219 - Einziehung von Forderungen auf fremde Konten 220 - bei einer juristischen Person ist zu differenzieren: Sollte mit der „Umleitung" die finanzielle Handlungsfähigkeit der Gesellschaft (zB nach einer Kontopfändung) gesichert werden, dann liegt Bankrott vor,221 sollten die Mittel hingegen dem Gesellschaftsvermögen entzogen werden, so handelt es sich um Untreue, sollte ein Teil eigen-, ein anderer fremdnützig verwandt werden, so liegt Tateinheit vor.222 Auch wenn der Täter nach Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf einen (vorläufigen) Verwalter handelt, so liegt Beiseiteschaffen223 bzw bei j uristischen Personen Untreue 224 vor.

210 AA T/Fischer Rn 4 zu $ 283 StGB. Das Verschweigen der dadurch tatsächlich entstandenen Eigentümergrundschuld ist aber als Verheimlichen strafbar. 211 Ihnen liegt regelmäßig das Bestreben zugrunde, ein im Ergebnis für das Unternehmen günstiges Geschäft abzuschließen, Tiedemann Rn 36 zu $ 283 StGB; aA BGHSt 2 8 , 3 7 1 , 3 7 4 . 212 Insoweit macht der Täter nur von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch. Anderes gilt beim Verbringen in Nicht-EU-Ausland, weil damit regelmäßig der Zugriff der Gläubiger und des Verwalters erschwert ist. Verschleiert er den Auslandstransfer, so liegt hingegen immer ein Beiseiteschaffen vor, selbst wenn die Gegenstände innerhalb der EU verbleiben. Es gilt dann nichts anderes als beim Verstecken im Inland. Vgl auch unten § 20 Rn 7. 213 Entgegen der Rspr (zB BGH wistra 2 0 0 1 , 3 0 6 , 3 0 7 ; zust Krause NStZ 2002,42) liegt nach hiesiger Auffassung ein Fall des $ 283 Abs 1 Nr 8 StGB vor. Der Beschenkte haftet bei vorsätzlichem Handeln als Helfer, ebd. 214 Sa Auflistungen bei NK/Kindhäuser, Rn 2 0 f f zu $ 283 StGB, und bei Reck, Rn 381, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, dass beide das Kriterium der fortbestehenden Zugriffsmöglichkeit nicht verlangen. 215 BGH NJW 2 0 0 1 , 1 8 7 4 , 1 8 7 5 . 216 BGHJZ 1979,76; Meyer ZIP 2 0 0 2 , 2 5 0 ff; sa oben Rn 83. 217 BGH, bei Holtz,MDR 1979,457. 218 BGH KTS 2 0 0 0 , 1 2 3 , 1 3 0 . 219 Vgl BGH GA 1955,150. 220 Τ /Fischer Rn 4 zu S 283 StGB mN. 221 Vgl BGH MDR 1987,774f; enger BGHSt 3 4 , 3 0 9 ff; S/S/Stree/Heine Rn 4 zu § 283 StGB; obiter hält BGH, wistra 2 0 0 0 , 1 3 6 , 1 3 7 , Untreue iS einer konkreten Vermögensgefährdung für möglich, wenn das Konto wesentlichen Mitarbeitern gegenüber verheimlicht wird. Vgl unten § 16 Rn 39. 222 BGHSt 2 8 , 3 7 1 , 3 7 2 f ; abl Richter GmbHR 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 4 3 f: Nur Bankrott, wobei Verwendung für Gesellschaftszwecke lediglich Schadens wiedergutmachung darstelle. 223 AA NK/Kindhäuser Rn 24: Verheimlichen. 224 Bittmann/Rudolph wistra 2 0 0 0 , 4 0 1 ff.

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- Bewilligung einer Auflassungsvormerkung ohne ernstlich gewolltes Verkaufsgeschäft - Zahlung von Schmiergeld über das zum Abschluss des Geschäfts erforderliche Maß hinaus, wenn damit spätere Rückflüsse oder die Gewährung sonstiger Vorteile verbunden sind. Andernfalls mangelt es am Fortbestehen des Zugriffs des Handelnden auf den Vermögensgegenstand oder seinen Wert 225 - Einziehen und Verbrauchen einer Forderung am Verwalter vorbei 226 - Umwandlung eines kapitalersetzenden Darlehens in eine Kaufpreisforderung 227 - Zusammenwirken mit Dritten, die gemäß § 283d StGB Vermögenswerte zugunsten des (Gemein-)Schuldners beiseiteschaffen, wobei bereits bewusstes Unterlassen des Einschreitens genügt (Anstiftung oder Beihilfe zu § 283d StGB tritt dann aus Konkurrenzgründen zurück).228

c)

Privatnützige Entnahmen

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Problematisch ist die strafrechtliche Beurteilung von Entnahmen aus dem Firmenver-

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Vorausgeschickt sei, dass Privattransfers aus dem Vermögen juristischer Personen und ihnen gleichgestellter Personenhandelsgesellschaften nach der Interessentheorie 229 nicht nach § 283 Abs 1 Nr 1 StGB zu beurteilen sind, sondern unter § 266 StGB fallen 230 . Beim

mögen zu privaten Zwecken.

Einzelhandelskaufmann und den Personengesellschaften gibt es aber keine selb-

ständige juristische Einheit „Kaufmann". Die Überführung eines geschäftlich genutzten Gegenstands in das Privatvermögen des Einzelhändlers ist also nicht mit einem Eigentumswechsel verbunden. Sie erschwert auch für sich gesehen nicht, jedenfalls nicht ohne weiteres den Zugriff der Gläubiger und muss nur dann betrieblich verbucht werden, wenn der Schuldner einer handelsrechtlichen Buchführungspflicht unterliegt. 231 Ebenso liegt es bei einer ordnungsgemäß verbuchten privatnützigen Übertragung aus der gewerblichen Sphäre einer OHG oder KG auf einen der persönlich haftenden Gesellschafter - und zwar selbst dann, wenn letzterenfalls damit ein Eigentumswechsel (zB von Gesamthandseigentum zu Alleineigentum) verbunden ist. Derartige Übertragungen können etwa aus steuerlichen Erwägungen (Spekulation auf Wertsteigerung und geplante steuergünstige Realisierung der so gebildeten „stillen Reserven" im Privatvermögen) heraus sinnvoll und rechtmäßig sein. 107 Anderes gilt allerdings, wenn solcherart Übertragungen deshalb vorgenommen werden, um sie auf diese Weise leichter, weil für Dritte weniger erkennbar, verstecken und damit dem Zugriff von Gläubigern entziehen zu können. Dann ist nicht erst die spätere Verschleierungshandlung, sondern bereits der Transfer in das Privatvermögen als Beiseiteschaffen strafbar, vorausgesetzt, der Zugriff der Gläubiger ist bereits mit der Übertragungshandlung erschwert. Auch das Horten aus der geschäftlichen Sphäre entzogener Gegenstände 232 ist nur dann als Beiseiteschaffen strafbar, wenn sein Verbleib verschleiert wird. Die UnWirtschaftlichkeit und Nachteiligkeit für den Bestand des Unternehmens allein ist ebenso-

225 Zu diesem Erfordernis s oben Rn 102; anders Tiedemann Rn 79 vor § 283 StGB. 226 BGH, bei Herían, GA1961,358; aA Ί¡Fischer Rn 4 zu $ 283 StGB. 227 Vgl BGH NStZ 2002,327. 228 Str, vgl dazu ausführlich Tiedemann Rn 37 zu $ 283 StGB; ferner unten § 22 Rn 19 zu $ 283d StGB. 229 Vgl dazu oben Rn 44 ff. 230 Vgl dazu oben Rn 44 und unten $ 16 Rn 9 7 , 1 0 9 ff und 123. 231 Tiedemann Rn 43 zu § 283 StGB unter dem Aspekt des Verheimlichens. 232 BGH NStZ 1981,259.

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wenig wie übermäßiger oder gar verschwenderischer Verbrauch233 ein „Beiseiteschaffen". Derartige Aktivitäten sind nun allerdings weder rechtmäßig noch straflos. Sie werden aber nur von $ 283 Abs 1 Nr 2 StGB erfasst. Im Fall der Insolvenz einer Personengesellschaft müssen die Gesellschafter damit rechnen, dass die Gläubiger sie persönlich in die Haftung nehmen. Dieses Wissen kann den vorausschauenden Gesellschafter dazu verleiten, auch persönliches, nicht der der gesamthänderischen Bindung unterliegendes Vermögen rechtzeitig „in Sicherheit zu bringen". Drohte zu jener Zeit bereits die Zwangsvollstreckung, so hat sich der Täter nach § 288 StGB strafbar gemacht. Bestand der Haftungsanspruch aber noch gar nicht, sondern war lediglich sein Entstehen voraussehbar, so liegt § 288 StGB tatbestandlich nicht vor.234 In beiden Fällen kann aber dem Gesellschafter zur Tatzeit bereits die Zahlungsunfähigkeit gedroht haben, weil für diesen Insolvenzauslösetatbestand nach ganz hM auch noch nicht begründete Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sind, wenn ihr Entstehen wie vorliegend gewiss ist. d)

Vollendung, Beendigung

Das „Beiseiteschaffen", das regelmäßig nicht durch Unterlassen verwirklicht werden kann,235 ist mit Abschluss der Tathandlung vollendet, 236 auch wenn möglicherweise die Strafverfolgung mangels Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen (noch) nicht möglich, die Tat also noch nicht beendet ist. Des Eintritts eines weiteren Erfolges, etwa einer tatsächlichen Benachteiligung eines oder mehrerer Gläubiger bedarf es nicht.237 3.

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Verheimlichen

Die Tathandlung besteht im Verbergen 238 eines zur Masse gehörenden239 Vermögensbestandteils 240 vor den Gläubigern bzw vor dem Insolvenzverwalter. Dazu bedarf es nicht des ja bereits vom Tatbestandsmerkmal „Beiseiteschaffen" erfassten körperlichen Versteckens, sondern es genügt ein Verhalten, welches dazu führt, dass den Gläubigern oder dem Verwalter unbekannt bleibt,241 dass ein Gegenstand zum (gemein)schuldnerischen Vermögen gehört. Das kann durch Ableugnen, Verschweigen, aber auch durch zB Vortäuschen eines den Gläubigerzugriff hindernden Rechtsverhältnisses, etwa der Behauptung des Besitzes aufgrund eines bloßen Mietverhältnisses, geschehen.242 Der Tatbestand ist schon dann vollendet, wenn der Vermögensbestandteil lediglich vorübergehend verborgen wird.243 Bei nachträglicher freiwilliger Offenbarung bietet sich die Prüfung der Anwendung von S 59 StGB oder der §§ 153 ff StPO an.

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Im Gegensatz zum „Beiseiteschaffen" geschieht das „Verheimlichen" sehr häufig durch Unterlassen. 244 Zwar trifft den Schuldner nicht schon aufgrund seiner Stellung als solcher

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233 AA Tiedemann Rn 31 zu § 283 StGB, zutreffend hingegen, wenn auch auf die betriebliche Sphäre beschränkt Rn 33. 234 Vgl dazu unten § 20 Rn 2. 235 Tiedemann Rn 37 zu $ 283 StGB; zu einer Ausnahme vgl oben Rn 104 aE. 236 M-G/B/Bieneck Rn 78/20. 237 Tiedemann Rn 28 zu $ 283 StGB. 238 Auflistung von Beispielen bei Reck Rn 391. 239 NK/Kindhäuser Rn 25 zu S 283 StGB. 240 Zum Inhalt des Begriffs vgl oben Rn 93 ff. 241 Insoweit enthält der Tatbestand ein Erfolgselement, S/S/Stree/Heine Rn 5 zu § 283 StGB mN, str. 242 Vgl Tiedemann Rn 38 und 40 zu § 283 StGB. 243 Wn/Köhler Rn 7/141; W/S !Ahrens Rn 21/24; Weyand Rn 64. 244 M-G/B/Bieneck Rn 78/23.

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eine Offenbarungspflicht gegenüber seinen Gläubigern. 245 Aber sowohl in der Einzelzwangsvollstreckung (§ 807 ZPO) als auch im Insolvenzverfahren ist er verpflichtet, sämtliche Vermögenswerte anzugeben. Gemäß $ 97 Abs 1 Satz 1 InsO muss er sowohl gegenüber dem Insolvenzgericht und dem Insolvenzverwalter als auch gegenüber dem Gläubigerausschuss und (hier allerdings nur auf Anordnung des Insolvenzgerichts) der Gläubigerversammlung über alle das Verfahren betreffenden Verhältnisse Auskunft erteilen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist als Verheimlichen von Vermögensbestandteilen nach § 283 Abs 1 Nr 1 StGB strafbar. 246 1 1 2 Wie bei der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung gemäß S 807 ZPO so hat auch der (Gemein)Schuldner im Bedarfsfall an Eides Statt zu versichern, dass er die Auskunft richtig und vollständig erteilt habe, $ 98 Abs 1 S 1 InsO. Ist die Versicherung nach § 98 Abs 1 S 1 InsO falsch, so liegt eine Straftat gemäß § 283 Abs 1 S 1 StGB in Tateinheit mit § 156 StGB vor.247 Gleiches gilt bei Abgabe einer falschen eidesstattliche Offenbarungsversicherung gemäß § 807 ZPO und (nachfolgendem) Eintritt der Strafbarkeitsbedingung des S 283 Abs 6 StGB, weil das Verheimlichen im Rahmen der eidesstattlichen Offenbarungsversicherung gemäß S 807 ZPO regelmäßig in der Krise, nämlich bei mindestens drohender Zahlungsunfähigkeit, erfolgt. Das spätere Verschweigen desselben Vermögensbestandteils im Insolvenzverfahren und die dadurch (erneut) durch Verheimlichen begangene Straftat nach § 283 Abs 1 Nr 1 StGB steht dazu in Tatmehrheit. Eine Garantenpflicht zur Offenbarung besteht auch dann, wenn der Schuldner vor oder im Verfahren, zB gegenüber dem Insolvenzverwalter gutgläubig eine unrichtige Auskunft erteilte, später die Wahrheit erfährt, eine Berichtigung aber nicht vornimmt. 248 113

Das „Verheimlichen" kann auch dadurch begangen werden, dass ein Anwartschaftsrecht verschwiegen wird, während in Schuldnerbesitz befindliches fremdes (Voll-)Eigentum nicht angegeben zu werden braucht. Offenbart werden müssen auch Ansprüche, die dem (Gemein-)Schuldner aufgrund von gegen sein Vermögen gerichtete Straftaten erwachsen sind. Das gilt selbst dann, wenn sich der Schuldner an diesen Taten, zB im Wege der Anstiftung, in strafbarer Weise beteiligt hatte. Der Bestrafung nach $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB wegen Verheimlichens steht S 97 Abs 1 S 3 InsO nicht entgegen. Diese Bestimmung verhindert lediglich die Verfolgung der Anstiftung, wenn der (Gemein)Schuldner sie gemäß S 97 Abs 1 S 1 und 2 InsO offenbarte.

1 1 4 Der (Gemein-)Schuldner muss auch sämtliche Tatsachen mitteilen, aus denen sich für den Insolvenzverwalter ein Anfechtungsrecht ergibt. 249 Insoweit steht die Praxis aber häufig vor schwierigen Irrtumsproblemen, weil die Regeln der Insolvenzanfechtung kompliziert und nicht allgemein bekannt sind. Hilfreich wäre es, wenn der Insolvenzverwalter die einzelnen in Betracht kommenden Tatbestände beim (Gemein-)Schuldner konkret abfragte. Dazu bietet sich entweder ein detaillierter Fragebogen oder ein intensives Gespräch an. 115

Wenn der (Gemein-)Schuldner eine Forderung einzieht und den Erhalt des Barbetrags nicht offenbart, so ist für die strafrechtliche Einordnung die zeitliche Abfolge maßgeblich. Zieht er die Forderung vor Anordnung vorläufiger Insolvenzverwaltung (§§ 20 ff InsO) ein, ohne dies zu dokumentieren, so hat er den erhaltenen Betrag beiseitegeschafft. Zieht er dagegen eine dem (starken vorläufigen) Insolvenzverwalter nicht bekannte Forderung ein, handelt er

245 Tiedemann Rn 41 f zu § 283 StGB. 246 SIS/Stree/Heine Rn 5 zu S 283 StGB; T/Fischer Rn 5 zu § 283 StGB. Beispiel nach BGH GA 1956, 123: Das Unterlassen der Aufklärung über einen vorhandenen, aber in den Büchern nicht verzeichneten Gegenstand, ist ohne Aufforderung zur Offenbarung strafbar. 247 BGHSt 11,145 f; Richter GmbHR 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 4 9 . 248 Tiedemann Rn 43 zu § 283 StGB. 249 RGSt 66,152.

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also erst nach Verlust der Verfügungsbefugnis (vgl § 21 Abs 2 Nr 2 InsO), so ist dem Beiseiteschaffen des Geldbetrags das Verheimlichen der Forderung vorgeschaltet und er hat sich (bereits) deswegen strafbar gemacht. Das nachfolgende Beiseiteschaffen ist in diesem Fall mitbestrafte Nachtat.250 Ebenso liegt es beim Verschweigen eines werthaltigen Anspruchs auf Wiedergewähr zu Unrecht zurückgezahlter eigenkapitalersetzender Leistungen, soweit letzteres als Untreue gemäß § 266 StGB strafbar ist. 251 Verheimlicht ein Organ(-mitglied) zu Gunsten der juristischen Person etwas, nachdem die Verfügungsbefugnis auf den (vorläufigen) Insolvenzverwalter übergegangen ist, so macht er sich gleichwohl nach § 283 Abs 1 Nr 1 strafbar, weil er seine Täterqualität ebensowenig wie bei S 266 StGB verloren hat. 252 Folgte man dem nicht, so bedeutete dies aber keineswegs die Straflosigkeit solchen Handelns. Vielmehr läge ein Betrug durch Unterlassen vor.253 Für Vollendung und Beendigung gilt das zum Beiseiteschaffen Ausgeführte254 entspr.255 4.

Zerstören, beschädigen oder unbrauchbar machen

Die Tatsache, dass drei Alternativen vorgesehen sind, welche sich teilweise überschneiden, zeigt, dass das Gesetz sämtliche unredlichen vermögensmindernden Aktivitäten erfassen will. Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale zerstören, beschädigen und unbrauchbar machen kann sich am Verständnis des § 303 StGB, der Sachbeschädigung, orientieren. Es kommen allerdings nicht nur einzelne körperliche Gegenstände als Tatobjekte in Betracht, sondern auch Sachgesamtheiten und Funktionseinheiten - im Extrem ganze Betriebe.256 Der Tatbestand erfasst entgegen seinem Wortlaut nicht etwa auch wirtschaftlich sinnvolle Verhaltensweisen wie zB den Abbruch eines baufälligen Hauses,257 wohl aber das Ausschlachten eines nutzbaren Gutes, zB eines Anwesens. Der spätere Einbau in eine andere im Eigentum des Schuldners stehende Sachgesamtheit stellt dann nur eine Schadenswiedergutmachung dar, die den Tatbestand unberührt lässt. War das von Anfang an geplant, so kann bei unmittelbar eintretendem Wertausgleich bereits der Tatbestand entfallen, jedenfalls aber der subjektive Tatbestand zweifelhaft sein. Eine Beschädigung liegt vor, wenn die Brauchbarkeit des Objekts durch Substanzeinbüßen zwar gemindert, aber noch vorhanden ist. Unbrauchbar gemacht ist etwas, wenn die Eignung für die bestimmungsgemäße Verwendung beseitigt wird. Ob das durch Substanzminderung oder auf andere Weise geschieht, ist ohne Bedeutung. Die Tathandlung kann auch durch Entziehen der Sache begangen werden. Zerstören bedeutet die völlige Beseitigung der Eignung zur bestimmungsgemäßen Verwendung durch Substanzvernichtung. 258 Demnach ist Zerstören eine spezielle Form des Unbrauchbarmachens und die Endkonsequenz der Beschädigung. Es kann daher zwar in Tateinheit mit Unbrauchbarmachen, nicht aber mit Beschädigen stehen. Zwischen Beschädigen und Unbrauchbarmachen kann ebenfalls Tateinheit bestehen.

250 251 252 253 254 255 256 257 258

116

Vgl M-G/B/Bieneck Rn 78/39. M-G/B/Bieneck Rn 78/25 f und 28. Vgl dazu oben Rn 24 und 35 sowie unten $ 16 Rn 87. M-G/B/Bieneck Rn 78/23. Vgl dazu oben Rn 109. M-G/B/Bieneck Rn 78/ 24 und 36. Tiedemann Rn 45 zu S 283 StGB; W/S/Ahrens Rn 21/26. Weyand Rn 65. Tiedemann Rn 4 6 - 4 8 und 50 zu § 283 StGB.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

X.

S 283 Abs 1 Nr 2 StGB

119 Die Vorschrift unterscheidet zwischen bestimmten Risikogeschäften und unwirtschaft-

lichen Ausgaben.

120 In der ersten Fallgruppe genügt das Eingehen der aufgeführten Geschäfte, sofern dies den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widerspricht. Auf den Eintritt des Erfolgs, also des Verlusts, kommt es folglich nicht an. Ein nachträglich angefallener Gewinn kann die Strafbarkeit daher nicht beseitigen.259 Das widerspräche auch den allgemeinen Regeln über den nachträglichen Wegfall der die Strafbarkeitsbedingungen begründenden Voraussetzungen.260 In der zweiten Gruppe ist Voraussetzung für die Strafbarkeit, dass übermäßige Beträge verbraucht wurden oder eine entsprechende Zahlungspflicht, auch eine unvollkommene Verbindlichkeit261, begründet wurde. Die Häufung unbestimmter Rechtsbegriffe ist nicht gerade praxisfreundlich. Sie bietet dem Täter Anreiz zu Ausflüchten und zwingt schon deswegen zu einer eher zurückhaltenden Interpretation. Auch hier verzichtet das Strafrecht auf eigenständige Definitionen, so dass wiederum auf die zivilrechtlichen Kategorien zurückgegriffen werden muss.

1.

Risikogeschäfte

121 Von Verlustgeschäften kann nur dann die Rede sein, wenn sich die Nachteiligkeit von Anfang an, j edenfalls vor Eingehung der vertraglichen Bindung als (nahezu) gewiss absehen lässt.262 So liegt es zB, wenn der Kaufpreis die kalkulatorischen Kosten, der Werklohn den Aufwand nicht deckt.263 Handelt es sich hingegen nur scheinbar um ein nachteiliges Geschäft, während der Täter in Wirklichkeit den vollen wirtschaftlichen Wert weiterhin in seiner Einflusssphäre behält, dann liegt kein Verlustgeschäft iS von § 283 Abs 1 Nr 2 StGB vor, sondern ein Beiseiteschaffen mit nachfolgendem Verheimlichen, so dass die Tat von § 283 Abs 1 Nr 1 StGB erfasst wird. Wirtschaftswidrig ist ein Verlustgeschäft nur dann, wenn kein sinnvoller Grund für seine Vornahme besteht. 264 122 Spekulationsgeschäfte iS des § 283 Abs 1 Nr 2 StGB liegen nur dann vor, wenn in der Hoffnung auf einen übermäßigen Gewinn ein besonders hohes Risiko eingegangen wurde (und dies auch noch den Grundsätzen ordnungsmäßigen Wirtschaftens widerspricht). Das wird lediglich dann bejaht werden können, wenn das Geschäft in hohem Grade gewagt und gefährlich ist.265 Wenn Tiedemanti 266 unter Berufung auf RGSt 16, 238,240 allerdings zusätzlich verlangt, dass das Gelingen des Geschäfts „vom reinen Zufalle abhängen" müsse, so kann dem nicht gefolgt werden, weil dies im Ernst kaum einmal bejaht werden kann. Mit einem solchen Erfordernis würde der Anwendungsbereich dieser Alternative gegen Null gedrückt. Dass dies auch nicht iS Tiedemanns267 ist, zeigt sein zutreffend angeführtes Beispiel der Investition in eine im Aufbau befindliche Unternehmung, also in Risikokapital. Allgemein wird man sagen können, dass übermäßige Vorleistungen in der Hoffnung auf

259 AA A/WIWeyand Rn 23/21; NK/Kindhäuser Rn 113 vor und Rn 34 zu S 283 StGB; Reck Rn 398; Tiedemanti Rn 61 zu § 283 StGB mwN in Fn 29; Ί/Fischer Rn 10 zu S 283 StGB mwN. 260 Vgl dazu unten Rn 323 ff zu S 283 Abs 6 StGB. 261 Τ/Fischer Rn 13 zu $ 283 StGB; aA A/WIWeyand Rn 23/25; NK/Kindhäuser Rn 38 zu $ 283 StGB; Tiedemanti Rn 69 zu § 283 StGB. 262 NK/Kindhäuser Rn 29 zu $ 283 StGB; Reck Rn 396; Tiedemanti Rn 54 zu § 283 StGB; W/J/Köhler Rn 7/143. 263 weyand Rn 69. 264 Reck Rn 396. 265 Tiedetnann Rn 5 5 f zu $ 283 StGB. 266 Rn 56 zu $ 2 8 3 StGB. 267 Rn 57 zu % 283 StGB.

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Bankrott, $$ 283,283a StGB

$12

eine nachfolgende hohe Rendite in der Krise unzulässig sind. Ob sich das Risiko verwirklichte, ist für den Tatbestand irrelevant.268 Differenzgeschäfte sind zunächst solche nach § 764 BGB, aber auch Gegengeschäfte in der Absicht, Gewinn aus dem Unterschied zwischen An- und Verkaufspreis zu erzielen, ohne dass der Gegenstand des Geschäfts eine ausschlaggebende Rolle spielen würde.269 Auch der Börsenterminhandel ist hierher zu zählen. 270 Er ist allerdings auch in der Krise nicht durchweg pönalisiert, und zwar weder für berufsmäßige Händler noch für sonstige Marktteilnehmer, weil ja die Strafbarkeit davon abhängt, dass der Börsenterminhandel Grundsätzen ordnungsmäßigen Wirtschaftens widerspricht. Das genügt als Korrektiv.271 Unstreitig erfasst werden hingegen Waren- und Devisentermingeschäfte.

123

Zum Erfordernis eines Widerspruchs zu den Anforderungen ordnungsgemäßen Wirtschaftens vgl zunächst die allgemeinen Ausführungen. 272 Für die Risikogeschäfte der ersten Gruppe des $ 283 Abs 1 Nr 2 StGB gilt allgemein, dass sie in der Krise nur unter besonderen, quasi rechtfertigenden Umständen zulässig sind. Allein die Zielsetzung, das Unternehmen mit dem erhofften hohen Gewinn fortführen zu können, genügt dafür jedenfalls nicht. 273

124

2.

Unwirtschaftliche Ausgaben

Aus der zweiten Gruppe des $ 283 Abs 1 Nr 2 StGB können Spiel und Wette, § 762 BGB, wohl nur bei einer Beteiligung an einem Gewinnspiel nach dem Scheeballsystem größere praktische Relevanz erlangen. 274

125

Für die UnWirtschaftlichkeit von Ausgaben ist der Handlungszeitpunkt maßgebend. 275 Beim Einzelhandelskaufmann und bei persönlich haftenden Gesellschaftern kommt es nicht darauf an, ob das Betriebs- oder das Privatvermögen von der unwirtschaftlichen Ausgabe betroffen ist. 276 Sind mit den Ausgaben allerdings Vermögensmehrungen in mindestens gleichen Umfang verbunden, so sind die Ausgaben jedenfalls solange nicht „unwirtschaftlich", wie der Aktivtausch die Position der Gläubiger nicht (nennenswert) verschlechtert 277 zB aufgrund eines Nützlichkeitsverlusts. 278 Bei unmittelbarer Vermögensminderung, zB einer Schenkung, 279 greift § 283 Abs 1 Nr 2 StGB aber von vorn herein nicht ein. Einschlägig ist dann § 283 Abs 1 Nr 8 (nach hM: Nr 1) StGB 2 8 0 und bei juristischen Personen $ 266 StGB. Die Einstellung eines mitarbeitenden Familienangehörigen zum Zwecke seiner sozialen Absicherung ohne betriebliche Notwendigkeit ist aber auch dann unwirtschaftlich, wenn der Lohnzahlung eine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. 281

126

268 Vgl oben Rn 120. 269 Tiedemann Rn 58 zu $ 283 StGB. 270 NK/Kindhäuser Rn 32 zu S 283 StGB; T/Fischer Rn 9 zu $ 283 StGB (anders in den Fällen des Abs 4, Rn 34); aA MW/Weyand Rn 23/19; S/S/Stree/Heine Rn 11 zu S 283 StGB. 271 M-G/B/Bieneck Rn 86/ 5; W/S/Ahrens Rn 21/29; AA Tiedemann, Rn 59 zu $ 283 StGB, welcher allerdings die Alternative der Spekulationsgeschäfte für einschlägig hält. 272 Oben Rn 62 ff. 273 Tiedemann Rn 62 zu $ 283 StGB; aA S/S/Stree/Heine, Rn 12 zu S 283 StGB, die verlangen, dass das Handeln sich als zweifelsfrei unvertretbar zu erweisen habe. 274 Tiedemann Rn 63 zu § 283 StGB. 275 M-G/B IBieneck Rn 86/9. 276 A/Vi/Weyand Rn 23/23; NK/Kindhäuser Rn 36 zu § 283 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 17 zu S 283 StGB mN; Ί/Fischer Rn 11 zu $ 283 StGB; W/J/Köhler Rn 7/145; aA M-G/B IBieneck Rn 86/10. 277 NK/Kindhäuser Rn 37 und 43 zu $ 283 StGB; Tiedemann Rn 65 und 67 zu S 283 StGB. 278 M-G/B/BieneckBsi 86/12. 279 A/W/Weyand Rn 23/29. 280 M-G/B/Bieneck Rn 86/11. 281 Weyand Rn 71. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

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Umstritten ist, ob die Wirtschaftswidrigkeit einer übermäßigen Ausgabe genügt 2 8 2 oder ob - enger - deren Sinnlosigkeit feststehen muss. 283 Weil es über Sinn oder Unsinn bestimmter Ausgaben unterschiedliche Auffassungen geben kann, bedarf es zum Zwecke der Justitiabilität eines normativen Maßstabs: Was „unwirtschaftlich" ist, bestimmt sich nach den Grundsätzen ordnungsmäßigen Wirtschaftens. 2 8 4 Demzufolge ist eine Ausgabe dann unwirtschaftlich, wenn sie unangemessen hoch ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen oder ein rational handelnder Dritter in der konkreten wirtschaftlichen Lage des Täters diese Ausgabe so nicht getätigt hätte. 285 Eine konkretere Definition ist angesichts der Vielfalt der einschlägigen denkbaren Gesichtspunkte kaum möglich. Sie hat allerdings den Vorteil, das weitere Tatbestandsmerkmal, nämlich die Übermäßigkeit der Ausgabe oder der eingegangenen Verpflichtung gleich mit zu enthalten: Was unangemessen hoch ist, ist nicht nur unwirtschaftlich, sondern zugleich auch übermäßig. 2 8 6 Steht demnach die Unwirtschaftlichkeit fest, dann bedarf es nicht noch zusätzlich einer weiteren Übermäßigkeitsprüfung. Bezugspunkt ist jeweils die gesamte wirtschaftliche Lage (die im Urteil ebenso wie die konkrete Verwendung der als unwirtschaftlich angesehenen Mittel genau beschrieben werden muss) 2 8 7 . Verfügt der Täter zB über mehrere Betriebe, von denen einer gute Gewinne abwirft, die anderen aber so defizitär arbeiten, dass das positive Ergebnis des einen die Verluste der anderen Betriebe nicht auszugleichen vermag, so befindet sich der betreffende Kaufmann in der Krise und darf die liquiden Mittel des Renditebetriebs nicht zum Bestreiten unwirtschaftlicher Ausgaben verwenden. 288 Eine verlustbringende Tochtergesellschaft muss erforderlichenfalls aufgegeben werden. 289 Für die Rechtsanwendung bedeutet das, dass zunächst zu prüfen ist, ob es sich um eine besondere Ausgabe handelt, ob sie „aus dem Rahmen" fällt und damit in keinem angemessenen Verhältnis zur wirtschaftlichen Lage des Täters steht. 2 9 0 Dies muss sicher festgestellt werden. Lässt sich für sie dann kein rationaler Grund im Sinne des genannten normativen Maßstabs erkennen, so ist sie ohne weiteres als unwirtschaftlich anzusehen.

128

Als Beispiele 291 unwirtschaftlicher Ausgaben lassen sich anführen: aussichtslose Investitionen oder Sanierungsbemühungen; langfristig wirksame Beschaffungen, wenn dadurch für sofort erforderliche Maßnahmen keine liquiden Mittel mehr zur Verfügung stehen; unangemessener Werbeaufwand (zB Finanzierung eines Radrennteams durch einen in der Krise befindlichen Fahrradhändler: ein Problem, das sich im Rahmen des Sponsoring in Zukunft häufiger stellen dürfte); Nutzung einer repäsentativen Villa (sei es zu Werbezwecken, sei es zum luxuriösen Wohnen); Aufrechterhalten unrentabler Betriebsteile oder von defizitären Beteiligungen an Tochtergesellschaften; Luxusanschaffungen (zB Sportflugzeug, Yacht, Sportwagen, prunkhafte Büro- oder Wohnungseinrichtung); übermäßige Aufwendungen für Barbesuche, Kleidung oder Urlaubsreisen; Spesenrittertum; überhöhte Gehälter und unangemessen hohe Schmiergelder. Werden die Gründungskosten einer Auffanggesellschaft vom krisenbehafteten Unternehmen getragen, so handelt es sich für dieses um unwirtschaftliche Ausgaben. 292

282 So M-G/B/Bieneck Rn 86/12. 283 Tiedemann Rn 65 zu $ 283 StGB. 284 Dazu oben Rn 62 ff. 285 Vgl Weyand Rn71. 286 AA A/W/Weyand Rn 23/25; M-G/B/Bieneck Rn 86/14; NK/Kindhäuser Rn 41 zu $ 283 StGB. 287 Tiedemann Rn 68 zu $ 283 StGB. 288 Tiedemann Rn 66 zu $ 283 StGB. 289 NK/Kindhäuser Rn 44 zu $ 283 StGB. 290 S/S/Stree/Heine Rn 17 zu § 283 StGB. 291 A/W/Weyand Rn 23/23; NK /Kindhäuser Rn 42 und 44 zu § 283 StGB; Scholz/Tiedemann Rn 39 vor § 82 GmbHG; T/Fischer Rn 11 zu $ 283 StGB; Weyand Rn 71. 292 Tiedemann ZIP 1983,513,517. 364

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Bankrott, SS 283,283a StGB Tatbestandsmäßigkeit liegt auch dann vor, wenn die durch derartige Anschaffungen außerhalb der Krise begründeten Aufwendungen in der Krise nicht vermindert werden, obwohl das rechtlich möglich und tatsächlich z u m u t b a r wäre. 2 9 3 Problematisch kann allerdings sein, ob sich ein solcher Vorwurf auf ein T u n oder ein Unterlassen bezieht, weil die Tat Elemente von beidem enthält. Regelmäßig dürfte der Schwerpunkt allerdings beim aktiven T u n liegen, weil die Ausgaben selbst dann aufgrund einer Willensentscheidung fortgesetzt werden, wenn ihr Abfließen aufgrund von Einzugsermächtigung oder Dauerauftrag automatisiert ist. Selbst derjenige, der „den Kopf in den Sand steckt" und die Dinge treiben lässt, macht dies nicht unbewusst, auch wenn er an die konkreten Pflichten nicht im Einzelnen denkt. Eine vergleichbare Problematik stellt sich dann, wenn der (Gemein-)Schuldner unwirtschaftliche Ausgaben Dritter, sei es Familienangehöriger, sei es seiner Mitarbeiter, duldet. 2 9 4 Bei Annahme eines Unterlassungsdelikts ließe sich die Garantenstellung entweder aus dem Gesichtspunkt der Ingerenz oder aus dem Beschützergedanken, beim Dulden von betrieblichen Aktivitäten Dritter aus dem Aspekt des Überwachungsgaranten herleiten.

129

Mehrere unwirtschaftliche Ausgaben k ö n n e n in unterschiedlichem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. 2 9 5 Besteht zwischen ihnen keinerlei inhaltlicher Zusammenhang, dann liegt Tatmehrheit vor. Tateinheit besteht hingegen dann, wenn entweder mehrere, j e für sich akzeptable Ausgaben erst aufgrund ihres zeitlichen Zusammenfallens unwirtschaftlich sind oder sie Teil eines einheitlichen Zusammenhangs sind (zB eine Reise zu überteuertem Flug m i t Unterkunft in einem Luxushotel).

130

XI.

s 283 Abs 1 Nr 3 StGB

Die Vorschrift befasst sich m i t einer b e s o n d e r s g r a v i e r e n d e n B a n k r o t t h a n d l u n g , welche nahezu i m m e r den kreditgewährenden Gläubiger schädigt und zudem geeignet ist, eine bereits eingetretene Überschuldung zu vertiefen. § 2 8 3 Abs 1 Nr 3 StGB stellt nicht nur wie die übrigen Alternativen des § 2 8 3 Abs 1 StGB einen Unterfall von $ 2 8 3 Abs 1 Nr 8 StGB dar, sondern ist auch lex specialis im Verhältnis zu S 2 8 3 Abs 1 Nr 2 StGB in dessen das (vorsätzliche 2 9 6 ) Verlustgeschäft betreffender Alternative. 2 9 7 Das hat zur Folge, dass i m m e r dann, wenn Nr 3 nicht einschlägig ist, geprüft werden muss, ob Nr 2 oder Nr 8 eingreift. § 2 8 3 Abs 1 Nr 3 StGB bezieht sich seinem Wortlaut g e m ä ß nicht auf sämtliche Bestandteile des Vermögens, sondern lediglich a u f W a r e n u n d W e r t p a p i e r e . Mangels eigener strafrechtlicher Definition sind beide Tatbestandsmerkmale wie im Zivilrecht zu verstehen. Waren sind demnach alle beweglichen Sachen, welche Gegenstand des Handelsverkehrs sind bzw sein können, § 1 Abs 2 Nr 1 HGB, 196 Abs 1 Nr 1 BGB. 2 9 8 Wertpapiere sind nur solche, bei denen das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier folgt. 2 9 9

131

Der Tatbestand setzt voraus, dass die Waren oder Wertpapiere „ b e s c h a f f t " wurden. Das bedeutet, dass das bloße Verpflichtungsgeschäft noch nicht ausreicht. Sie greift allerdings nicht erst ein, wenn das Verfügungsgeschäft getätigt wurde, sondern i m m e r (schon) dann, wenn der Täter die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit, in der Regel also den Besitz, er-

133

293 Tiedemann Rn 65 und 67 zu S 283 StGB. 294 Tiedemann Rn 70 zu $ 283 StGB. 295 Sa unten Rn 335. 296 T/Fischer Rn 35 zu § 283 StGB; s dazu auch unten Rn 134,137 und 139. 297 M-G/BIBieneck Rn 86/3;NK/Kindhäuser Rn 45 zu S 283 StGB; Tiedemann, Rn 72 zu § 283 StGB; T/Fischer Rn 7 zu § 283 StGB; Weyand Rn 72. 298 Tiedemann Rn 73 zu $ 283 StGB. 299 HM, vgl M-G/B/Bieneck Rn 86/18; Tiedemann Rn 74 zu $ 283 StGB mwN; W/S/A/ireni Rn 21/34.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

langt hat. Das ist insbes relevant bei unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Waren. Sie werden folglich von § 283 Abs 1 Nr 3 StGB mit erfasst. 300 1 3 4 „Auf Kredit" beschafft sind nicht nur solche Waren, deren Lieferung (auch) ein Darlehensvertrag zugrunde liegt, sondern sämtliche Waren und Wertpapiere, welche nicht Zug-umZug vollständig bezahlt wurden. Der Begriff ist also wirtschaftlich auszulegen. Erfasst wird folglich auch die Gewährung eines Zahlungsziels oder Zahlungsaufschubs 301 . Erforderlich ist allerdings, dass die Kreditierung von dem Lieferanten erfolgte. Beschaffungen aus von Dritten darlehensweise überlassenen Mitteln können demgemäß lediglich unter § 283 Abs 1 Nr 2 oder Nr 8 StGB subsumiert werden. 302 Dass das Gesetz den Begriff der Kreditierung wirtschaftlich versteht, erhellt auch aus der Tatsache, dass es den auf Kredit beschafften Waren die Gegenstände gleichstellt, welche aus den Waren hergestellt wurden. 303 Dabei ist es nicht erforderlich, dass der neue Gegenstand ausschließlich aus den kreditierten Waren hergestellt wurde. Es genügt, dass sie mitverarbeitet wurden. Erfasst werden folglich sämtliche Verarbeitungsformen.304 135

Das Gesetz erfasst nicht nur die, gegf unentgeltliche Veräußerung, dh die Eigentums- oder Übertragung seines sonstigen (dinglichen) Rechts auf Dritte, 305 sondern stellt es dem gleich, wenn der Täter die Waren oder Wertpapiere „sonst abgibt". Damit werden Vorgänge erfasst, welche zwar den wirtschaftlichen Wert auf den Dritten übergehen lassen, nicht aber das Eigentum. Das ist bei der Bestellung von Sicherungsrechten so, zB bei der Verpfändung. 306

136

Das Gesetz pönalisiert aber nicht die Abgabe auf Kredit beschaffter Waren oder Wertpapiere schlechthin, sondern greift nur dann ein, wenn die Veräußerung oder sonstige Abgabe „unter ihrem Wert" und zudem auch noch „in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise" erfolgte. Angesichts des Zwecks der Vorschrift, den kreditierenden Gläubiger zu schützen, liegt der Gedanke nahe, den Wert mit dem Einkaufspreis gleichzusetzen. Dann wären allerdings auch Verhaltensweisen erfasst, welche nicht strafwürdig sind, wie zB der Verkauf im laufenden Geschäftsbetrieb zu den Einkaufspreis unterschreitenden Marktpreisen, wenn das Preisniveau erheblich gesunken ist. Deshalb stellt die hM zutr auf den Marktpreis im Zeitpunkt der Veräußerung oder Abgabe ab. 307 Allerdings würde auch die Gegenauffassung zu gleichen Ergebnissen führen, weil keine Rede davon sein könnte, dass die Abgabe zu Marktpreisen den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widerspräche. Lässt sich ein Marktpreis nicht feststellen, dann kommt es auf den „üblichen Preis" an. Um diesen festzustellen, muss auf frühere, gleichgelagerte Geschäfte des Täters zurückgegriffen und deren Preisniveau festgestellt werden. Etwaige Veränderungen des Marktniveaus sind auch bei der Feststellung des üblichen Preises beachtlich. In der Regel werden sich Markt- und üblicher Preis nicht ohne sachverständige Hilfe feststellen lassen.

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Im Gegensatz zu $ 283 Abs 1 Nr 2 StGB verlangt Nr 3 eine Veräußerung oder Abgabe „erheblich" unter dem Wert der Waren oder Wertpapiere. Aus systematischen Gründen will

300 M-G/B/Bieneck Rn 86/18; Reck Rn 407; SIS/Stree/Heine Rn 20 zu $ 283 StGB; Tiedemann Rn 75 zu § 283 StGB mwN. 301 NK/Kmdftäuser Rn 46 zu § 283 StGB. 302 Reck Rn 406; Tiedemann Rn 76 zu § 283 StGB. 303 Reck Rn 407. 304 Tiedemann Rn 76 zu § 283 StGB. 305 S/S/Stree/Heine Rn 21 zu S 283 StGB. 306 Wß/Köhler Rn 7/146. 307 Reck Rn 409; NK/Kindhäuser Rn 48 zu $ 283 StGB; S/S¡Stree/Heine, Rn 22 zu § 283 StGB; Tiedemann Rn 78 zu $ 283 StGB; Weyand Rn 74.

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Bankrott,

283,283a StGB

Tiedemann308 gleichwohl denselben Maßstab wie beim Verlustgeschäft anlegen. Dann aber wäre das Tatbestandsmerkmal „erheblich" überflüssig. Angesichts dessen kann der Auffassung Tiedemanns nicht gefolgt werden. Erforderlich ist vielmehr das Unterschreiten des Marktniveaus in nennenswerter Weise. Davon kann erst dann die Rede sein, wenn es um 25 % oder mehr unterschritten wurde. Strafbarkeitslücken entstehen dadurch nicht, weil Verkäufe zu einem Preis von zB 10 % unter dem Markt- oder üblichen Preis von % 283 Abs 1 Nr 2 oder Nr 8 StGB erfasst werden können. Die Veräußerung oder Abgabe erheblich unter Wert widerspricht dann nicht den Anforde- 138 rangen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft, wenn das Geschäft auf sachgerechten Erwägungen beruht. Da Markteinflüsse bereits bei der Wertbildung berücksichtigt werden, können an dieser Stelle allein unternehmerische Entscheidungen maßgeblich sein. Zulässig sind danach Mischkalkulationen, Sonderangebote, RäumungsVerkäufe309 (aber nicht zum Zweck der Geschäftsaufgabe) und Lockvogel-Angebote.310 Weiß der Täter von einem bevorstehenden Preissturz, so darf er zudem den Versuch unternehmen, kreditierte Waren unter Marktniveau zu verkaufen, wenn auf diese Weise höhere Erlöse als nach dem Preissturz zu erwarten sind.311 Der Wortlaut des § 283 Abs 1 Nr 3 StGB stellt nur darauf ab, dass die Wertpapiere oder 139 Waren auf Kredit beschafft wurden. Das bedeutet zum einen, dass zur Zeit der Beschaffung noch kein Verschleuderungsvorsatz bestanden haben muss.312 Er erstreckt sich zum anderen aber auch auf die Fälle, in welchen zwar ursprünglich eine Kreditbeschaffung vorlag, der Täter aber bei Veräußerung oder sonstiger Abgabe seinen Lieferanten oder sonstigen Geschäftspartner längst bezahlt hatte. Im Hinblick darauf, dass die Vorschrift nicht nur den schützen will, welcher auf Kredit leistete, sondern auch den Eintritt oder die Vertiefung der Überschuldung verhindern soll, ließe sich daran denken, die Vorschrift auch nach Befriedigung des Kreditierenden anzuwenden. Das aber würde im Ergebnis bedeuten, dass jede Veräußerung erheblich unter Wert strafbar wäre, wenn ihr nur irgendwann einmal ein Kreditgeschäft zugrunde lag. Damit würden weite Teile des Anwendungsbereichs der gemäß § 283 Abs 1 Nr 2 StGB pönalisierten Verlustgeschäfte auch unter Nr 3 fallen. Weil dies kein sinnvolles Auslegungsergebnis sein kann, muss S 283 Abs 1 Nr 3 StGB dahingehend teleologisch reduziert werden, dass im Zeitpunkt der Veräußerung oder Abgabe der Ursprungslieferant noch nicht vollständig befriedigt sein darf. 313 Mangels Gläubigergefährdung ist zudem eine Abgabe erheblich unter Wert, aber in Höhe oder sogar über dem Einstandspreis nicht nach $ 283 Abs 1 Nr 3 StGB strafbar.314

XII.

s 283 Abs 1 Nr 4 StGB

Während es bei § 283 Abs 1 Nrn 1-3 StGB um Verminderungen auf der Aktivseite der Bilanz geht, befasst sich $ 283 Abs 1 Nr 4 StGB mit Erhöhungen der Passiva, will also vor ungerechtfertigter Schmälerung der Quote der übrigen Gläubiger schützen.315 Bei den Taten handelt es sich entweder um verselbständigte Vorfelddelikte vor Vermögensverschiebungen oder um nachträgliche Verschleierungen.316 Bei erfolgtem Vermögensabfluß tritt $ 283 308 309 310 311 312 313 314 315 316

Rn 78 zu § 283 StGB. T/FiscfterRn 15 zu § 283 StGB. M-G/B/Bieneck Rn 86/21; Weyand Rn 74. Tiedemann Rn 79 zu $ 283 StGB. S/S/Stree/Heine Rn 20 zu § 283 StGB; Vf/]/Köhler Rn 7/146. M-G/B/Bieneck Rn 86/19; NK/Kindhäuser Rn 46 zu § 283 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 20 zu § 283 StGB. M-G/B/Bieneck Rn 86/21; S/S/Stree/Heine Rn 23 zu § 283 StGB; Tiedemann Rn 79 zu § 283 StGB. Reck Rn 412; Ί/Fischer Rn 17 zu $ 283 StGB. M-G/B/Bieneck Rn 83/2.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Abs 1 Nr 4 StGB hinter Nr 8, nach hM: Nr 1, zurück, soweit diesbezüglich nicht lediglich ein Versuch vorliegt. 317 141

Auch die Tatbestandsmerkmale dieser Vorschrift sind i m wirtschaftlichen Sinne aufzufassen. Maßgeblich ist danach, ob das vorgetäuschte oder erdichtete (schuldrechtliche oder dingliche) Recht dem Begünstigten im Insolvenzverfahren eine bessere Befriedigungschance gewähren würde als ohne die Straftat. Nicht erfasst sind demnach Handlungen, welche dem Begünstigten keinen derartigen Vorteil gewähren und - damit korrespondierend - umgekehrt zu keiner Schmälerung der Befriedigungschancen der übrigen Gläubiger führen können. 3 1 8 Hingegen ist es nicht maßgeblich, ob es zu einer Minderung der Quote tatsächlich gekommen ist. 319

142

Beide Alternativen des S 283 Abs 1 Nr 4 StGB beziehen sich auf dieselben (schuldrechtlichen, dinglichen oder Vor-) 320 „Rechte". Eine Differenzierung ist auch nicht im Hinblick auf unvollkommene Verbindlichkeiten (§ 762 BGB: Spiel- oder Wettschulden) oder auf rechtsvernichtende Einreden geboten: Letzterenfalls, also zB beim Vorhandensein der Möglichkeit, die Einrede der Verjährung zu erheben, ist der Bestand des Rechtes selbst, hier also der Forderung, nicht berührt. Die Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit kann folglich nicht unter $ 283 Abs 1 Nr 4 StGB fallen. 321 Gibt es dafür allerdings einen sachlichen Grund (zB Erfüllen verjährter Gewährleistungsansprüche im Hinblick auf eine langfristige und bisher erfolgreiche Geschäftsverbindung, aus Kulanz), dann ist die Erfüllung auch nach hM straflos. 322 Werden hingegen unvollkommene Verbindlichkeiten als solche angeführt, dann liegt allein darin weder ein Vortäuschen noch ein Erdichten. Die Erfüllung derartiger Verbindlichkeiten fällt schon gar nicht unter § 283 Abs 1 Nr 4 StGB, 323 weil kein Grund dafür ersichtlich ist, sie neben § 283 Abs 1 Nr 2 StGB ein zweites Mal strafbar sein zu lassen. Tatbestandsmäßig ist auch das bloße Fingieren eines Insolvenzvorrechts. 324 Das schlichte Erfüllen einer Nichtschuld soll hingegen nicht gem Nr 4 tatbestandsmäßig sein, 325 fällt aber unter Nr 8 (nach hM: Nr 1).

143

Die übrigen Umstände unterscheiden sich allerdings in den beiden Alternativen des § 283 Abs 1 Nr 4 StGB durchaus. Ein - ggf auch konkludent mögliches - Vortäuschen setzt ein Handeln mit Außenwirkung voraus. Allerdings muss der Adressat bei der Tathandlung noch nicht feststehen und es bedarf im Gegensatz zum Anerkennen nicht der Mitwirkung des angeblichen Rechtsinhabers. 326 Tatbestandsmäßig ist deshalb zB die Aufnahme unzutreffender Verbindlichkeiten in die Buchführung, wenn damit in einem etwaigen späteren Insolvenzverfahren der Insolvenzverwalter getäuscht werden soll. Bei der Auslegung der Erklärungen kommt es auf den Empfängerhorizont an. Demzufolge liegt kein Vortäuschen vor, wenn zwar eine Forderung eines Dritten aufgeführt, zugleich aber deutlich gemacht wird, dass sie nicht durchsetzbar ist (zB weil die Leistungsklage bereits rechtskräftig abgewiesen wurde). Ebenfalls nicht unter Vortäuschen kann das Verschweigen erfolgreicher Verteidigungsmöglichkeiten subsumiert werden. 327

317 NK/Kindhäuser Rn 50 zu $ 283 StGB; Reck Rn 414; aA ScholzITiedemann Rn 38 vor § 82 GmbHG. 318 Tiedemann Rn 82 und 87 zu § 283 StGB. 319 Krause S 39; Reck Rn 414. 320 M-G/B/B ieneck Rn 83/8. 321 AA A/WIWeyand Rn 23/32; auch § 283c StGB greift nicht ein, vgl unten $ 14 Rn 35. 322 Ύ/Fischer Rn 18 zu § 283 StGB; Weyand Rn 76. 323 IE ebenso A/W/Weyand Rn 23/33; vgl oben Rn 125. 324 S/SIStree/Heine Rn 25 zu § 283 StGB; Weyand Rn 76. 325 T/Fischer Rn 18 zu $ 283 StGB unter Berufung auf eine BGH-Entscheidung aus dem Jahr 1952; ebenso Tiedemann Rn 86 zu § 283 StGB; sa unten Rn 144. 326 Weyand Rn 76. 327 Tiedemann Rn 84 zu $ 283 StGB; ebenso für $ 266 StGB BGH NStZ 2001,431,433. 368

Bittmann

Bankrott, $$ 2 8 3 , 2 8 3 a StGB

Das Anerkennen eines erdichteten Rechtes setzt sowohl voraus, dass sich der Scheingläubiger des Rechtes berühmt, als auch, dass der (Gemein-)Schuldner diese Behauptung bestätigt. Beide müssen aber personenverschieden sein. Daher ist die Anmeldung einer erdichteten Gehaltsforderung des GmbH-Geschäftsführers nicht tatbestandsmäßig. 328 Unerheblich ist dagegen die zeitliche Reihenfolge der beiden Handlungsteile. Ebenfalls irrelevant ist, ob das Verhalten zwischen (Gemein-)Schuldner und Scheingläubiger abgesprochen worden war oder nicht. Maßgeblich ist lediglich die tatsächliche Übereinstimmung der beiden - unzutreffenden - Erklärungen. Auf die Voraussetzungen eines zivilrechtlichen Anerkenntnisses gemäß § 781 BGB kommt es deshalb ebensowenig an wie auf die Wahrung der Formen des Anerkenntnisses im Zivilprozess. Ob die bloße Erfüllung einer Nichtschuld als Anerkenntnis eines erdichteten Rechtes aufgefasst werden kann, 329 kann für die Praxis dahinstehen, da es kaum denkbar ist, dass eine derartige Erfüllungshandlung nicht auf einer zumindest konkludenten Vereinbarung zwischen (Gemein-)Schuldner einerseits und Scheingläubiger andererseits beruht. Unabhängig davon aber, wie man diese Frage beantwortet, entstehen keine Strafbarkeitslücken, da verneinendenfalls § 283 Abs 1 Nr 8 StGB eingreift. Ebenso liegt es, wenn das tatbestandsmäßige Vortäuschen oder Anerkennen von Rechten der Verschleierung bereits vorgenommener Vermögensverschiebungen dient, 330 und Nr 4 deshalb aus Konkurrenzgründen zurücktritt.

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Die Tat ist vollendet und kann bei Vorliegen der Bedingungen des § 283 Abs 6 StGB mit Abschluss des Vortäuschens oder Anerkennens bestraft werden, ohne dass es darauf ankommt, ob das anerkannte oder vorgetäuschte Recht im Insolvenzverfahren tatsächlich Bedeutung erlangt oder nicht. Es handelt sich folglich bei der Nr 4 um einen Gefahrdungstatbestand. Es genügt also, ist aber auch erforderlich, dass das Recht im Zeitpunkt der Vortäuschung oder Anerkennung als bestehend behandelt wird. 331 Der Scheingläubiger ist zwar kein tauglicher Täter einer Straftat nach $ 283 Abs 1 Nr 4 StGB, haftet aber regelmäßig als Helfer oder Anstifter.332

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Regelmäßig setzt das Erfüllen der Tatbestände des § 283 Abs 1 Nr 4 StGB aktives Tun voraus. Tiedemann333 will ein Begehen durch Unterlassen nur insoweit anerkennen, als eine Garantenstellung aus Ingerenz besteht, also zB in den Fällen, in welchen ein Recht zwar pflichtwidrig, aber unvorsätzlich zu Unrecht anerkannt wurde und der (Gemein-)Schuldner nach Bemerken des Irrtums eine Korrektur unterlässt. Tiedemann will auf diese Weise das Herbeiführen unredlicher (zivilrechtlicher) Verurteilungen des (Gemein-)Schuldners durch bewusstes Unterlassen der Verteidigung im Zivilprozess aus dem Tatbestand des § 283 Abs 1 Nr 4 StGB heraushalten.

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Dem kann nicht gefolgt werden. Wiederum ist kaum denkbar, dass das Veranlassen einer unrichtigen Verurteilung nicht auf einer - ggf: konkludenten - Absprache zwischen dem (Gemein-)Schuldner und dem Scheingläubiger beruht. Dann aber liegt regelmäßig ein Anerkenntnis erdichteter Rechte vor, welches in der Entstehung lediglich die Besonderheit aufweist, dass es über den „Umweg" des gerichtlichen Verfahrens herbeigeführt wurde. Trotz der Elemente des Unterlassens von Erklärungen im gerichtlichen Verfahren liegt der Schwerpunkt des Handelns auf dem aktiven Tun, nämlich dem Zusammenwirken zwischen

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3 2 8 S/SIstree/Heine Rn 25 zu $ 2 8 3 StGB; aA Schoiz/Tiedemann Rn 3 8 vor $ 8 2 G m b H G mN. 3 2 9 Vgl oben Rn 142. 3 3 0 Tiedemann Rn 8 6 zu § 2 8 3 StGB, welcher allerdings § 2 8 3 Abs 1 Nr 1 StGB für einschlägig hält, weil er ein Beiseiteschaffen unabhängig davon bejaht, ob der (Gemein)Schuldner weiterhin Zugriff auf den Vermögensbestandteil hat oder nicht. 3 3 1 Tiedemann Rn 81 und 8 6 f zu $ 2 8 3 StGB; Weyand Rn 77. 3 3 2 M-G/B/Bieneck Rn 8 3 / 1 1 . 3 3 3 Rn 8 8 zu s 2 8 3 StGB; ebenso NK/Kindhäuser Rn 53 zu S 2 8 3 StGB; aA zutr SIS/Stree/Heine Rn 2 6 zu S 2 8 3 StGB.

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S 12

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

(Gemein-)Schuldner und Scheingläubiger sowie der Entscheidung des Täters, sich verurteilen zu lassen. Demgemäß liegt auch bei dieser Konstellation ein Begehungs-, und kein Unterlassungsdelikt vor. Weder ist es zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich, dass der verklagte (Gemein-)Schuldner zur Vermeidung seiner Verurteilung Verteidigungserklärungen gegenüber allen seinen tatsächlichen Schuldnern abgibt, noch ist Folge der hier vertretenen Ansicht die Einführung einer allgemeinen Pflicht, sich im Zivilprozess sachgerecht zu verteidigen. Zwar kann die Tathandlung des § 283 Abs 1 Nr 4 StGB auch außerhalb der Krise begangen werden, § 283 Abs 2 StGB. Es kann aber keine Rede davon sein, dass die Veranlassung einer unzutreffenden Verurteilung durchweg oder auch nur überwiegend zur Insolvenzreife führt. Wenn aber in bestehender oder herbeigeführter Krise versucht wird, Scheingläubigern (oder sich selbst) zielgerichtet durch Vortäuschung oder Anerkennung in Wahrheit nicht bestehender Rechte Vorteile zu Lasten der übrigen, also der wirklichen Gläubiger zu gewähren, so gibt es keinen Grund, dies nur deshalb als straflos anzusehen, weil die Tat unter Einschaltung eines (Zivil-)Gerichts begangen wurde. XIII. s 283 Abs 1 Nr 5 StGB

1.

Bedeutung der Bestimmung

148 Der Tatbestand wird zu den sog „Formaldelikten" gerechnet, weil er sich auf Verletzungen formeller Bestimmungen, nämlich der im Handelsrecht normierten Vorschriften zur kaufmännischen Buchführung bezieht. Dies darf allerdings nicht zu dem Missverständnis verleiten, derartige Formalverstöße stellten lediglich Lässlichkeiten ohne materielles Unrecht dar.334 Eine solche Verharmlosung widerspräche der zentralen Bedeutung, welche originär das Handels- und unterstützend das Strafrecht der kaufmännischen Buchfuhrung als dem Informationszentrum des Kaufmanns 335 beimisst.336 Ohne ausreichende Information ist ein ordnungsmäßiges Wirtschaften nicht möglich. In welcher Weise sich der Kaufmann diese Informationen zu verschaffen hat, ist vom Gesetz in den Buchführungsvorschriften standardisiert worden. Sie dienen zwar zunächst nur der Informationsverschaffung, sollen dem Kaufmann aber gerade die Steuerung seines Unternehmens ermöglichen, damit also vor allem seine Insolvenz vermeiden und, falls das nicht mehr gelingen kann, ihm ein rechtzeitiges Handeln, nämlich das Stellen eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ermöglichen.337 Es handelt sich um öffentlichrechtliche Pflichten.338 Handelsrechtlich besteht kein Zweifel daran, dass die Buchführungspflichten in der Krise besonders ernst zu nehmen sind. Bei angespannter Wirtschaftslage treffen den Kaufmann gesteigerte Sorgfaltspflichten, welche sich auch darin zeigen, dass die Aufzeichnung der Geschäftsvorfalle sofort und damit schneller als im Normalfall erforderlich ist. 339 Angesichts dieser gesetzlichen Wertung ist das beliebte Verteidigungsvorbringen, dass in der Krise Rettungsmaßnahmen wichtiger waren als die Erfüllung „irgendwelcher bürokratischer Pflichten" rechtlich irrelevant. 149 Die Verletzung der Buchführungspflicht erfüllt zudem eine wichtige Rolle als Auffangtatbestand. 340 Hinterlässt der insolvent gewordene Kaufmann hohe Verbindlichkeiten, so stellt sich regelmäßig auch die Frage, ob er seine Geschäftspartner in betrügerischer Weise 334 335 336 337 338 339 340

370

Wie hier M-G/B/Bieneck Rn 82/3. Reck Rn 426. A/W/Weyand Rn 23/35 f. Vgl oben $ 7 Rn 7 f. M-G/B/Bieneck Rn 82/3. M-G/B/Bieneck Rn 76/7; Reuter BB 2 0 0 3 , 1 7 9 7 , 1 7 9 9 . Tiedemann Rn 106 zu S 283 StGB. Bittmann

Bankrott, $§ 283,283a StGB geschädigt hat. 341 Das ist zB dann zu bejahen, wenn trotz Zahlungsunfähigkeit weitere Verbindlichkeiten begründet wurden. Wenn es nicht möglich oder nicht ausreichend ist, die Zahlungsunfähigkeit nach der kriminalistischen Methode festzustellen, dann bedarf es zur Ermittlung der das Tatbestandsmerkmal „Zahlungsunfähigkeit" ausfüllenden Tatsachen des Rückgriffs auf die Buchhaltung. Gleiches gilt im Hinblick auf die Verschleierung etwaiger anderer Bankrottaten durch Buchführungsverstöße.342 Die Buchhaltung ist insoweit von zentraler Bedeutung und (auch) zum Nachteil des Kaufmanns beweisgeeignet. Das unterlassene oder mangelhafte Führen der handelsrechtlich vorgeschriebenen Geschäftsbücher stellt demzufolge eine gesetzlich verbotene Beweisvereitelung dar. Gelingt dies aber dem Kaufmann und erreicht er es auf diese Weise, dass er mangels Beweises nicht oder nur zum Teil wegen Betruges oder anderer Insolvenzdelikte bestraft werden kann, so entspricht es einer an Gerechtigkeitsvorstellungen orientierten Gesetzesauslegung, die Buchführungsverstöße als gravierendes kriminelles Unrecht hart zu bestrafen. Nur so kann verhindert werden, dass das Strafrecht Gesetzesverstöße privilegiert. Zwar kann es auf diese Weise, vorkommen, dass ein Kaufmann härter bestraft wird als es bei ordnungsmäßiger Erfüllung der Buchführungspflicht der Fall wäre, nämlich dann, wenn den Geschäftsbüchern nicht entnommen werden könnte, dass er bei Auslösung der Bestellung oder Entgegennahme der Lieferung bereits zahlungsunfähig war. Ihm geschieht aber trotz harter Verurteilung auch dann kein Unrecht, weil die Verletzung der Buchführungspflicht selbst pönalisiert ist, $ 283 Abs 1 Nr 5 StGB sich also nicht auf die beschriebene Funktion als Auffangtatbestand beschränkt. Zudem war er es selbst, der das Risiko herbeiführte, entlastende Umstände nicht anführen zu können. Überdies kann das Risiko dadurch gemindert werden, dass die Geschäftspartner als Zeugen gehört werden. Geben sie an, über die Krise bescheid gewusst zu haben, so mindert sich der kriminelle Gehalt des Buchführungsverstoßes erheblich und die Strafe wird entspr niedriger ausfallen. 2.

150

Unterlassene und mangelhafte Buchführung

$ 283 Abs 1 Nr 5 StGB soll die Gläubiger davor bewahren, dass der Kaufmann auf seine wirtschaftliche Krise zu spät reagiert, weil er aus seinen Büchern seine wirkliche wirtschaftliche Lage nicht jederzeit erkennen kann. 343 Zu unterscheiden sind zwei Alternativen. Erfasst wird in der 1. Alternative das (gänzliche) Unterlassen jeder Buchführung. Es handelt sich insoweit um ein echtes Unterlassungsdelikt. Diese Bestimmung ist aber schon dann nicht einschlägig, wenn ein Teil der erforderlichen Handelsbücher formal zutreffend geführt wird. Ordnen und Kontieren der Belege allein ist jedoch noch kein ausreichendes Buchen. 344 Gleichwohl: Ein Minimum an Buchführung genügt, um eine Bestrafung nach dieser Alternative zu vermeiden.345 Bei zeitweiliger Buchführung ist zu differenzieren. Im Grundsatz gilt auch hier, dass ein Teil der Buchhaltung eben nicht als deren völliges Fehlen angesehen werden kann. Weist also die an sich vorhandene Buchhaltung zeitliche Lücken auf, so ist lediglich die 2. Alternative einschlägig. Erfasst aber eine derartige Lücke ein ganzes Geschäftsjahr, so liegt wegen der jährlichen Bilanzierungspflicht für dieses Geschäftsjahr keine Buchhaltung vor. Ein solches Unterlassen fällt unter die 1. Alt.346 Das gilt auch, wenn verspätet vollständig nachgebucht wurde.347 Werden die Bücher später fehler-

341 Vgl oben $ 15 Rn 75 ff. 342 Vgl dazu Weyand Rn 78. 343 RegnerS 16. 344 M-G/B/Bieneck Rn 82/28; Weyand Rn 85. 345 BGH wistra 1995,146,147; Tiedemann Rn 102 zu $ 283 StGB. 346 Vgl NK/Kindhäuser Rn 59 zu § 283 StGB. 347 S/SIStree/Heine Rn 33 zu $ 283 StGB. Bittmann

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151 152

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

haft fortgeführt, so liegt darin eine Tat nach der 2. Alt. 348 Zwischen beiden besteht allerdings dann Tateinheit, wenn sich die Fehlerhaftigkeit nur daraus ergibt, dass zeitweise nicht gebucht und dies auch nicht nachgeholt worden war. Eine weitere Ausnahme muss auch für den in der Praxis häufigsten Fall gemacht werden, nämlich das Aufgeben der Buchführung in der Krise bis zum (eigenen oder fremden) Insolvenzantrag. In dieser Konstellation steht nicht die Verschleierung im Vordergrund, sondern die Konzentration auf andere, scheinbar wichtigere Aufgaben. Die Buchführung wird als angeblich nebensächlich beiseite geschoben, also gänzlich unterlassen. Wer dies nicht wie hier als Fall der 1. Alt betrachtet, wird aber nicht zur Straflosigkeit, sondern zur Einschlägigkeit der 2. Alt gelangen.

153 Der gänzlich unterlassenen ist die mangelhafte Buchführung gleichgestellt,349 allerdings mit der Einschränkung, dass die Mängel so beschaffen sein müssen, dass dadurch die Übersicht über das Vermögen (mindestens) erschwert sein muss. In dieser 2. Alt treffen Unterlassungs- und Elemente aktiven Tuns zusammen. Es handelt sich um ein schlichtes Tätigkeitsdelikt. 350 Da das Erschwernismerkmal nur den erforderlichen Grad der Mangelhaftigkeit bezeichnet, 351 setzt die Vorschrift keinen bestimmten Erfolg voraus. Weil sie auch dann eingreift, wenn der Täter trotz der Mangelhaftigkeit der Buchführung seinen wahren Vermögensstand kennt, 352 trägt sie abstrakten Gefährdungscharakter.

3.

Maßgeblichkeit des Handelsrechts

1 5 4 S 283 Abs 1 Nr 5 StGB erfasst nur die handelsrechtlichen Buchführungsvorschriften. 353 Sie

normieren öffentlich-rechtliche Pflichten zur Eigen- und Fremdinformation. Sie

dienen in erster Linie dem Kaufmann selbst. 354 Auf diese Weise haben sie zudem mittelbaren Gläubigerschutzcharakter. 355 Das geschützte Fremdinteresse kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Buchführung „einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens" vermitteln muss, S 238 Abs 1 S 2 HGB. Dieser Dokumentationswert gewinnt im Insolvenzverfahren besondere Bedeutung, weil der Insolvenzverwalter ohne verlässliche Buchführung seine Pflichten nicht umfassend erfüllen kann. 356 Dem entspricht die übliche Praxis der Verwalter, die vorgefundene desolate Buchführung zunächst aufarbeiten und die Bilanzen nachträglich erstellen zu lassen.

a) 155

Täterqualität: Kaufmann oder Gleichgestellter gemäß S14 StGB

Täter kann (auch bei § 283 Abs 1 Nr 6 StGB) 357 nur ein Kaufmann sein, weil nur ihn die handelsrechtlichen Buchführungspflichten treffen. Freiberufler sind demzufolge nicht erfasst. 358 Handelt ein Dritter unter den Voraussetzungen des $ 14 StGB für den Kaufmann, dann ist auch er tauglicher Täter. Das gilt nicht nur für den Steuerberater, sondern auch für den Insolvenzverwalter,359 der für die Dauer des Insolvenzverfahrens die Bücher zu führen 348 Tiedemann Rn 103 zu $ 283 StGB. 349 Einzelheiten s unten Rn 178 ff. 350 Tiedemann Rn 109 zu $ 283 StGB. 351 Tiedemann ebd. 352 M-G/B/Bieneck Rn 82/30; Tiedemann Rn 105 zu $ 283 StGB. 353 Reck Rn 445 mit Übersichtsliste Rn 456. 354 BGH MDR(H) 1981,454; auch NJW 1 9 8 1 , 3 5 4 , 3 5 5 ; A/W/Weyand Rn 23/36; NK/KindhäuserRn 28 vor $ 283 StGB; Weyand Rn 79; Maurer wistra 2 0 0 3 , 2 5 3 , 2 5 4 . 355 W/SIAhrens Rn 21/42; Weyand Rn 79. 356 Tiedemann Rn 90 zu $ 283 StGB; Weyand Rn 79. 357 Dazu unten Rn 193 ff. 358 M-G/B/Bieneck Rn 82/13. 359 Eftim/Drieling S 136 ff; Huntemann/Gtif Brockdorff Rn 6/38 ff; s allgemein unten § 23 Rn 25 ff.

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Bittmann

Bankrott, §§ 283,283a StGB

hat. 360 Während der Liquidationsphase, unabhängig davon, worauf sie beruht, ist der Liquidator buchführungs- und bilanzierungspflichtig, $ 71 GmbHG. Wer Kaufmann ist, bestimmt sich nach §§ 1 ff HGB. Zu beachten sind dabei die Änderungen durch das Handelsrechtsreformgesetz von 1998.361 Es erweiterte den Kaufmannsbegriff auf jegliche gewerbliche Tätigkeit und beseitigte den Sollkaufmann. Auch der Begriff des Minderkaufmanns ist im Gesetz nicht mehr enthalten. Es differenziert nunmehr danach, ob die

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gewerbliche Tätigkeit einen kaufmännisch eingerichteten Betrieb erfordert oder nicht. 362 Maßgeblich ist dabei nicht die tatsächliche Gestaltung, sondern das rechtliche Gebotensein. 363 Ist das nicht der Fall, so liegt überhaupt kein kaufmännisches Gewerbe vor. Die Unterscheidung richtet sich aber nach denselben Kriterien, die nach der früheren Rechtslage für die Abgrenzung zum Minderkaufmann maßgeblich waren. Demnach kommt es auf die Gesamtschau verschiedener Kriterien wie Höhe des Umsatzes, Anzahl der Betriebsstätten und Beschäftigten, der Gegenstände der geschäftlichen Befassung (Erzeugnisse, Leistungen), Größe des Anlage- und Betriebskapitals, Inanspruchnahme und Gewährung von Kredit, Umfang und Vielfalt der Geschäftsbeziehungen und der Korrespondenz sowie der Größe und Beschaffenheit der Betriebsräume an.364 Der Kann-Kaufmann, § 2 HGB, ist mit Eintragung im Handelsregister als (Voll-)Kaufmann zu behandeln. 365 Weil S 238 HGB für inländische Niederlassungen ausländischer Kaufleute ebenfalls gilt, 366 ist auch die Verletzung der Buchführungspflichten in derartigen Fällen, ggf unter zusätzlicher Anwendung von § 14 StGB, pönalisiert. Erfasst sind Einzelhandelskaufleute und Handelsgesellschaften. Die Pflichtenstellung 157

beginnt mit Begründung der Kaufmannseigenschaft und endet auch mit ihr.367 Das

ist beim Einzelhandelskaufmann regelmäßig 368 unproblematisch. Bei der Handelsgesellschaft beginnt die Kaufmannseigenschaft mit Aufnahme der Geschäftstätigkeit, wenn diese einen kaufmännisch eingerichteten Betrieb erfordert. Maßgeblich ist also nicht die Eintragung in das Handelsregister. Das gilt auch für Kapitalgesellschaften, wenn sie bereits vor Eintragung ihre Geschäftstätigkeit beginnen. Auf die Rechtsnatur der Vorgesellschaft 369 kommt es dabei nicht an. Das Unterlassen der Buchführung ist auch nach Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen des § 283 Abs 6 StPO strafbar. 370 Praktische Bedeutung hat das vor allem für die Zahlungseinstellung und die erforderliche, vielfach aber nur auf dem Papier stehende Liquidation nach einer Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse, §§ 60 Abs 1 Nr 5, 66 Abs 1 GmbHG. 371 Die Buchführungspflicht erlischt bei Kapitalgesellschaften erst mit der Vollbeendigung. 372 3 6 0 KG NZG 1 9 9 8 , 7 4 f ( z u m Konkursrecht). 3 6 1 Vgl dazu Κ Schmidt NJW 1 9 9 8 , 2 1 6 1 ff. 3 6 2 Vgl d a z u M-G/B/Bieneck R n 8 2 , 6 f; W/J/Köft/er R n 7/150. 3 6 3 Tiedemann Rn 9 7 z u S 283 StGB. 3 6 4 Tiedemann R n 97 z u § 2 8 3 StGB; Weyand R n 80. 365 Reck R n 448; S/S/Stree/Heine Rn 29 z u § 283 StGB. 3 6 6 S/SIStreelHeine Rn 29 z u § 283 StGB; vgl u n t e n Rn 3 4 4 u n d 346. 3 6 7 Tiedemann R n 96 u n d 99 z u S 283 StGB. 3 6 8 Schwierig k a n n es sein, w e n n das G e w e r b e auf einen a n d e r e n als d e n es tatsächlich B e t r e i b e n d e n a n g e m e l d e t ist. D a n n ist j e d e n f a l l s der H a n d e l n d e selbst b u c h f ü h r u n g s p f l i c h t i g , Ύ/Fischer R n 20 z u § 283 StGB. 3 6 9 Vgl d a z u Bittmann/Pikarski v/ístíí 1 9 9 5 , 9 1 , 9 2 m N . 3 7 0 Tiedemann R n 219 z u $ 2 8 3 StGB; aA Biletzki N S t Z 1 9 9 9 , 5 3 7 , 5 4 0 ; s u n t e n R n 2 4 2 u n d R n 318. 3 7 1 Vgl BAG KTS 2 0 0 3 , 1 5 4 , 1 5 5 f ; Kögel G m b H R 2003, 4 6 0 f f ; u n d a l l g e m e i n d a z u o b e n S 10 insbes Rn 1 u n d 11 ff, a u c h u n t e n Rn 220. Selbst nach Abschluss des I n s o l v e n z v e r f a h r e n s k a n n ein Liquidat i o n s v e r f a h r e n erforderlich w e r d e n , w e n n - u n p l a n m ä ß i g - n i c h t das g e s a m t e Vermögen im Insolvenzv e r f a h r e n verteilt w u r d e , B G H NJW 2 0 0 1 , 2 9 6 6 f f ; Konzen FS U l m e r S 323 ff. Bei E i n s t e l l u n g des Insolv e n z v e r f a h r e n s m a n g e l s K o s t e n d e c k u n g scheidet eine N a c h t r a g s v e r t e i l u n g aus, LG M a r b u r g NZI 2 0 0 3 , 1 0 1 f, so dass a u c h in d i e s e m Fall n u r die L i q u i d a t i o n bleibt. 3 7 2 AA OLG Düsseldorf wistra 1 9 9 8 , 3 6 0 ; wie h i e r M-G/B/Bieneck, R n 82/58, m i t d e m allerdings n u r

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

158 Wer bei Handelsgesellschaften buchführungspflichtig ist, richtet sich zunächst nach der Rechtsform. Es gelten die jeweils maßgeblichen handels- und gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen. In der offenen Handelsgesellschaft ist danach jeder Gesellschafter buchführungspflichtig, soweit er nicht von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist. Die Pflicht in der Kommanditgesellschaft trifft jeden Komplementär, nicht aber die Kommanditisten. Bei der GmbH ist jeder Geschäftsführer unabhängig von der internen Zuständigkeitsverteilung,373 bei der Aktiengesellschaft und der Genossenschaft jedes Vorstandsmitglied für die Buchführung verantwortlich. Deren strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung folgt allerdings nicht allein aus § 283 Abs 1 Nr 5 StGB, sondern ergibt sich erst aus der ergänzenden Heranziehung des $ 14 Abs 1 Nrn 1 und 2 StGB. Sie beginnt mit der (tatsächlichen) Übernahme der Funktion und endet mit deren Aufgabe und zwar ohne Rücksicht auf den Beendigungsgrund. Sie bleibt trotz formaler Amtsniederlegung bestehen, wenn der Geschäftsführer tatsächlich im Wesentlichen unverändert weiterhin tätig wird.374 Eine Nachwirkungspflicht des Ausgeschiedenen ist, wenn sie zivilrechtlich bestehen sollte, nicht strafbewehrt.375 Wohl aber ist ein bestellter Geschäftsführer unter Strafdrohung verpflichtet, etwaige Versäumnisse seines Vorgängers in angemessener Zeit zu beseitigen, die Buchhaltung also entweder nachzuholen oder deren Mängel zu beseitigen.376 159 Natürlich muss der kraft Gesetzes Verantwortliche seine Buchführungspflicht nicht in eigener Person erfüllen. Zulässig ist die Delegation der Pflichten ebenso wie die Arbeitsteilung im mehrköpfigen Vertretungsorgan. Den originär Pflichtigen treffen aber besondere Auswahl-, Informations- und Überwachungspflichten.377 Verletzt er diese, so macht er sich (bei Vorliegen der übrigen strafbegründenden Umstände) nach S 283 Abs 1 Nr 5 StGB strafbar.378 Für originäre Fehler des Delegationsempfängers, insbes des Steuerberaters, die nicht auf einer Delegationspflichtverletzung beruhen und die er auch bei Erfüllung seiner Kontrollpflicht nicht hat oder hätte erkennen können, hat er strafrechtlich hingegen nicht einzustehen.379 160 Übernimmt ein anderer als der kraft Gesetzes Verantwortliche die Buchführungspflicht, so richtet sich dessen Strafbarkeit danach, ob er die in § 14 Abs 2 (insbes Nr 2) StGB normierte Selbständigkeit besitzt. Da es ohne weiteres zulässig ist, auch einem Kommanditisten die Buchführungspflicht zur selbständigen Erfüllung zu übertragen, kann in der Kommanditgesellschaft auch er tauglicher Täter sein.380 Das gilt allerdings nicht allein kraft Gesetzes, sondern verlangt einen gesonderten Bestellungsakt, eine Absprache. Der Kommanditist ist also nie als solcher und nicht ohne seine Mitwirkung an einer entspr Vereinbarung buchführungspflichtig.381 Der Leiter des Rechnungswesens ist tauglicher Täter nach § 14 Abs 2 Nrn 1 oder 2 StGB, der Wirtschaftsprüfer kann es ebenso sein wie ein Unternehmensberater

für S 283 Abs 1 Nr 5,2. Alt, zutreffenden Hinweis, dass nach Aufgabe des Geschäftsbetriebs nur noch selten die Übersicht über den Vermögensstand erschwert sein dürfte. Sa oben $ 10 Rn 13. 373 BGH wistra 1998,177,178; s aber sogleich Rn 159. 374 Ύ/Fischer Rn 20 zu S 283 StGB. 375 BGH, bei Holtz, MDR1981,100; Tiedemann Rn 100 zu $ 283 StGB; Weyarn! Rn 82. 376 M-G/B/Bieneck Rn 82/25 und 49. 377 AllgM, vgl zB Biletzki NStZ 1999,537,540 mN in Fn 47. Darf ein ressortfremder Geschäftsführer annehmen, dass der Zuständige seine Pflichten ordnungsgemäß erfüllt, so hat er für dessen Straftaten, soweit sie nicht das Unternehmen als ganzes betreffen, BGHSt 37, 106 ff (Lederspray), nicht einzustehen, BGH StV 1998,126,127; s ferner M-GIB/Bieneck Rn 82/15 und 23 f; Tiedemann Rn 101 zu § 283 StGB mwN; T/Fischer Rn 20 zu S 283 StGB; W/S/Ahrens Rn 21/45. 378 SIS/Stree/Heine Rn 32 zu $ 283 StGB. 379 Regner S 56. 380 AA Tiedemann Rn 98 zu $ 283 StGB mwN. 381 BGHSt 34, 221,222.

374

Bittmann

Bankrott, $$ 283,283a StGB (zB Sanierer) und ein Bankmitarbeiter nach $ 14 Abs 2 Nr 2 StGB. 3 8 2 Gleiches gilt für den Steuerberater. Hat er nicht nur die Bilanzerstellung, sondern auch die Buchführung übernommen, so scheidet der Irrtum aus, nur steuerrechtlichen Regeln zu unterliegen. 383 b)

Inhaltliche Anforderungen

aa)

Buchhaltungssysteme

Der Inhalt der Pflichten zur Buchführung 3 8 4 bestimmt sich auch für das Strafrecht nach den Vorschriften der 55 238 f f HGB. Sie werden ergänzt durch Bestimmungen in Spezialgesetzen (SS 150, 152 AktG, 4 1 f f GmbHG, 33 Abs 1 GenG, 1, 5, 11 PublizitätsG). 385 Nicht maßgeblich sind hingegen sonstige gesetzliche, vor allem steuerrechtliche Aufzeichnungspflichten, zB $ 141 AO. Bei diesen handelt es sich um „sonstige erforderliche Aufzeichnungen" gemäß § 239 Abs 1 HGB, welche nicht vorrangig der Eigeninformation des Kaufmanns dienen. 386 Selbst wenn man sie allerdings zu den von $ 283 Abs 1 Nr 5 StGB erfassten Buchführungspflichten zählen würde, führten Verstöße gegen sie regelmäßig nicht zur Strafbarkeit, weil sich nicht feststellen ließe, dass dadurch die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wäre. 387 Derartige Sondervorschriften stellen allerdings manchmal Konkretisierungen handelsrechtlicher Grundsätze dar. Dann kann auf sie, insbes auf $$ 145 f AO, ergänzend zurückgegriffen werden. 388

161

Von der zwingenden Geltung der deutschen Buchführungsregeln gibt es Ausnahmen. An internationalen Börsen notierte Aktiengesellschaften haben für den Konzernabschluss gemäß $ 292a HGB ein Wahlrecht zwischen den deutschen und international anerkannten Rechnungslegungsgrundsätzen (zB US-GAAP, IFRS < früher: IAS>). Die Einzelabschlüsse deutscher Konzernunternehmen, auch der deutschen Konzernmutter, müssen aber immer noch nach $$ 23 8 ff HGB erstellt werden. Die Globalisierung geht einher mit einer Internationalisierung der Buchführungsvorschriften. Sie folgen nicht dem deutschen Vorsichtsprinzip, sondern sollen vielmehr die wahre Stärke eines Unternehmens (Erfolg, Liquidität und Potential für den zukünftigen Nutzen) zum Ausdruck bringen. Nationale Systeme treten zunehmend in den Hintergrund. Das gilt auch für die US-GAAP. Die Tendenz zielt derzeit auf eine weltweite Einführung des Rechnungslegungsstandards IFRS (International Financial Reporting Standards, früher: IAS = International Accounting Standards) Nach gegenwärtiger Planung sollen alle börsennotierten Unternehmen in der Europäischen Union ihre Konzernabschlüsse spätestens ab 2005 nach IFRS-Regeln aufstellen. 389

162

bb)

Handelsbücher

Dass das Gesetz von Handelsbüchern spricht, hat historische Gründe. Die Aufzeichnungen waren früher vorwiegend in gebundenen Heften oder Bänden vorzunehmen. Der Begriff ist

163

382 M-G/B/Bieneck Rn 82/16. 383 M-G/B/Bieneck Rn 82/20. 384 Übersicht bei Fink/WoringJuS 2001,1067ff. 385 M-G/B/Bieneck Rn 82/12 und 14; W/J/Köhler Rn 7/151; Tiedemann, Rn 92 zu S 283 StGB, der auch ausländische Vorschriften genügen lässt, Rn 244. Das ist aber nur für die seltene Verfolgung einer Auslandstat im Inland von Bedeutung, vgl dazu unten Rn 343. 386 Tiedemann Rn 91 zu § 283 StGB. 387 Zu diesem Erfordernis s unten Rn 185 ff. 388 Tiedemann Rn 112 zu $ 283 StGB. 389 Vgl zB BurgerfUlbrich DB 2003,2397; Busse von Ceibe BB 2002,1530 ff; Hayn/Bösser/Pilhofer BB 2003, 1607ff; Helmschrott DStR 2000,941 ff; Hüttemann BB 2004,203 ff; von Keitz DB 2003,1801 ff; Köhler/Marten/Schlereth/Crampton BB 2003,2615 ff; Meyer DStR 2003,850 ff; Thetle DB 2003,1745 ff; Zeif/er DB 2003, 1529 ff. Bittmann

375

S 12

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

beibehalten worden, obwohl die Buchhaltung heute weitgehend digitalisiert ist. Dem trägt das Gesetz in § 239 Abs 4 HGB Rechnung und lässt auch Aufzeichnungen in anderer als Buchform zu, soweit sie jederzeit innerhalb angemessener Frist lesbar gemacht werden können. Maßgeblich ist also nicht die äußere Form, sondern die Wahrung der Dokumentationsfunktion. 3 9 0 Dieser erweiterte Buchbegriff gilt auch für das Strafrecht.

164 Welche Bücher zu führen sind, ist gesetzlich nirgendwo festgeschrieben. Erforderlich

ist allerdings mindestens ein Journal, auch Grundbuch genannt, welches die Geschäftsvorfälle in chronologischer Reihenfolge erfasst 391 und ein Kassebuch. 392

165

Je nach Art und Umfang des kaufmännischen Betriebes kann es zudem erforderlich sein, die Aufzeichnungen barer und unbarer Vorgänge voneinander zu trennen oder nach unterschiedlichen sachlichen Aspekten (Kunden, Lieferanten, evtl einzelnen umfangreichen Vorhaben) vorzunehmen. Die einzelnen Geschäftsvorfälle müssen korrekt angegeben werden und erkennbar sein, 393 auch wenn die aufbewahrungspflichtigen und im Ball ihres Fehlens der Ordnungsgemäßheit der Buchführung entgegenstehenden 3 9 4 Belege selbst nicht zu den Handelsbüchern zählen. 395 Ebensowenig gehören zu ihnen vorbereitende Notizen, Zwischenablagen oder sonstige Aufzeichnungen. 396

166

Umstritten ist, ob zu den Handelsbüchern iS des S 283 Abs 1 Nr 5 StGB auch das Inventar und die Bilanz gehören. Die Antwort auf diese Frage hat auch Bedeutung für das Konkurrenzverhältnis zwischen § 283 Abs 1 Nr 5 und Nr 7 StGB. S 283 Abs 1 Nr 7b StGB erwähnt sowohl Inventar wie Bilanz, Nr 7a bezieht sich nur auf Bilanzen. Obwohl in Nr 7 also eine Regelung für Inventar und Bilanz enthalten ist, soll Nr 5 beides nach hM ebenfalls erfassen. Dafür gibt es allerdings in dieser Pauschalität keinen überzeugenden Grund. Systematisch überzeugender ist es, die Nr 7 für die dort erfassten Konstellationen als lex specialis zu Nr 5 anzusehen. 397

167

Zu klären ist jedoch noch, ob das Aufstellen eines falschen Inventars strafbar ist. § 283 Abs 1 Nr 7a StGB erfasst diesen Fall nicht. Da das Inventar aber in Nr 7b neben der Bilanz gesondert aufgeführt wird, liegt auf den ersten Blick der Gegenschluss nahe, die unrichtige Erstellung eines Inventars sei straflos. Da aber den verschiedenen Bestimmungen des § 283 Abs 1 StGB kein logisches Gesamtkonzept zugrunde liegt, gibt es für einen derartigen Gegenschluss keine ausreichende Basis. Es wäre auch ein Wertungswiderspruch, andere Buchführungsmanipulationen zu pönalisieren, die Erstellung des besonders aussagekräftigen Inventars aber straflos bleiben zu lassen. Demgemäß fällt also die Errichtung eines falschen Inventars unter S 283 Abs 1 Nr 5 StGB. Im Gegensatz dazu richtet sich die Strafbarkeit der unterlassenen Inventarisierung ebenso wie der unterlassenen oder unrichtigen Bilanzierung ausschließlich nach § 283 Abs 1 Nr 7 StGB. Versteht man § 283 Abs 1 Nr 7 StGB als Sonderfall des § 283 Abs 1 Nr 5 StGB, dann besteht bei Verwirklichung beider Vorschriften nicht schon von vorn herein Tateinheit.

390 Tiedemann Rn 94 f zu $ 283 StGB. 391 Weyand Rn 84; wohl weitergehend Reck Rn 461 mit Auflistung. Großzügiger will Ύ/Fischer, Rn 21 zu S 283 StGB, die geordnete Ablage von Belegen genügen lassen. Das gilt aber nur dann, wenn es den GoB, unten Rn 168 und 169ff sowie 189, entspricht, § 239 Abs 4 HGB. Das wird nur in gerade so den Kaufmannsbegriff erfüllenden Kleinunternehmen der Fall sein. 392 A/W/Weyand Rn 23/40. 393 BGH, bei Herían, GA1961,358 394 BGH, bei Herían, GA 1961,358 f; s unten Rn 177 und 189. 395 NK/Kindhäuser Rn 55 zu § 283 StGB. 396 BGHSt 4,271,275; Tiedemann Rn 94 und 112 zu S 283 StGB. 397 Das entspricht der Einordnung sonstiger Alt des § 283 Abs 1 StGB als Sonderfälle von dessen Nr 8, vgl dazu unten Rn 250. 376

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Bankrott, $§ 283,283a StGB

S 238 Abs 1 HGB verwendet den Begriff der „Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung" (GoB)398 und verweist damit auf die Verkehrssitte. Welchen Inhalt sie im Einzelnen hat, legen die §$ 238 ff HGB nur zum Teil selbst fest. Im Übrigen kommt es auf die Handhabung im jeweiligen Verkehrskreis an.399 Was Usus ist, muss der Richter im Urteil als Tatsache feststellen. 400 Vermag er das nicht mit der erforderlichen Gewissheit, so gilt der Grundsatz in dubio pro reo. Neben der objektiven Feststellung einer bestimmten Verkehrssitte setzt die Bestrafung wegen eines Verstoßes auch voraus, dass der Täter ihren Inhalt kannte. Üblicherweise müssen neben dem Zahlenwerk auch die Art der Geschäfte und die Namen der Gläubiger ersichtlich sein. Hinzu kommen muss regelmäßig auch eine sachliche und chronologische Ordnung sowie die Aufbewahrung der Belege.401

cc)

168

Anforderungen im Einzelnen

Ein bestimmtes Buchführungsmodell ist ebenfalls nicht vorgeschrieben. Es genügt aller- 169 dings nicht, die Geschäftsvorfälle lediglich (einfach) aufzuzeichnen. Der Kaufmann hat sich aufgrund der von § 238 Abs 1 HGB vorgeschriebenen Verkehrssitte der sog doppelten Buchführung zu befleißigen. 402 Am häufigsten fand sich in der Praxis das DATEV-System. Die DATEV ist eine privatrecht- 170 liehe, von Steuerberatern getragene Nürnberger Gesellschaft in der Rechtsform einer eingetragenen Genossenschaft. Wer ihr angeschlossen ist, übermittelt ihr die Buchungsdaten online und erhält für seinen Mandanten, den Kaufmann, die monatlichen betriebswirtschaftlichen Auswertungen und zum Ende des Geschäftsjahres nach Versand der vorbereitenden Buchungen auch die Bilanz. Die Vormachtstellung der DATEV geriet allerdings aufgrund der technischen Entwicklung ins Wanken. Nicht nur Großunternehmen verfügen heute über die (preiswerte) Software, die das Buchen (und selbst das Bilanzieren) im Betrieb selbst wieder rentabler erscheinen lässt. Am kostengünstigsten dürfte dies sein, wenn die Routinetätigkeiten ins Ausland (auch auf externe Einrichtungen) verlagert werden und der Datentransfer per eMail abgewickelt wird. Einzuhalten ist ein bestimmter Kontenrahmen. In der Praxis sind üblich der Gemein- 171 schaftskontenrahmen (GKR) und der Industriekontenrahmen (IKR). Ihnen entsprechen im Grundsatz der SK 03 und der SK 04 von DATEV. Der gewählte Rahmen ist durch Anpassung an die betrieblichen Verhältnisse eines jeden Unternehmens zu einem Kontenplan zu verfeinern. Die inhaltlichen Anforderungen an die (doppelte) Buchführung haben sich an den in $ 238 172 Abs 2 HGB festgeschriebenen Prinzipien zu orientieren. Danach müssen die Aufzeichnungen vollständig, richtig, rechtzeitig und geordnet vorgenommen werden. Das Prinzip der Vollständigkeit besagt, dass sämtliche Geschäftsvorfälle zu erfassen sind. 173 Dabei sind nur die Vermögensänderungen maßgeblich. Dabei ist eine wirtschaftliche Betrachtung anzustellen. Das schuldrechtliche Geschäft als solches findet demgemäß keinen Eingang in das Buchwerk. 403 Zu buchen sind also Bestandsveränderungen, also zB der Emp-

398 Einen Unterfall stellen die von der Finanzverwaltung 1978 erlassenen „Grundsätze o r d n u n g s mäßiger S p e i c h e r b u c h f ü h r u n g " (BStBl 1,1978,250) dar. Zu möglichen Manipulationen vgl Goltz/Streitz PStR 2 0 0 2 , 1 5 ff. 399 M-G/B/Bieneck Rn 82/28ff; Schuppen S 5f u n d 153ff; Tiedemann Rn 111 zu $ 283 StGB; Weyarn! Rn 83; krit Regner S 63 ff. 400 Vgl Schuppen S 156 f; Beispiel (für einen Handelsbrauch): OLG Jena NJ 2003,436; sa BGH NJ 2002, 308 zu Handelsbräuchen u n a b h ä n g i g von Buchführungspflichten. 401 M-G/B/Bieneck Rn 82/29. 402 WeyandRn84;aAS/S/Stree/HeineRn 31 zu § 283 StGB. 403 S/S/Stree/Heine Rn 34 zu § 283 StGB.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

fang gelieferter Waren und die noch offenstehende Gegenleistung. Notwendig ist eine fortlaufende, also chronologische Erfassung. Dabei sind nicht nur die Zahlen (zB Kaufpreis, Wert) aufzuzeichnen. Vielmehr müssen die den Veränderungen zugrunde liegenden Geschäfte nach Art und Vertragspartner selbst erkennbar sein. 404 174 Der Grundsatz der Richtigkeit zwingt dazu, die Geschäftsvorfälle in ihrer wirklichen wirtschaftlichen Bedeutung in die Buchhaltung eingehen zu lassen. Dazu gehört, dass die einschlägigen, vom jeweiligen Buchführungssystem vorgegebenen Konten angesprochen werden müssen. Es besteht also kein Wahlrecht. Was zum Umlaufvermögen gehört, darf also zB nicht im Anlagevermögen gebucht werden. Obwohl beides zur Aktivseite der Bilanz gehört, unterscheiden sich beide Arten zB bei den Absetzungen für Abnutzung, üblicherweise Abschreibungen genannt. 405 175 Rechtzeitigkeit bedeutet, dass die Erfassung der Geschäftsvorfälle nicht „auf die lange Bank geschoben" werden darf. Nicht notwendig ist allerdings durchweg eine sofortige Verbuchung. Eine Prüfung darf selbstverständlich zunächst vorgenommen, auch dürfen andere, wichtiger erscheinende Aufgaben vorgezogen werden. Wie lange eine Zurückstellung zulässig ist, wird unterschiedlich beantwortet. Außerhalb der wirtschaftlichen Krise schwanken die Fristen zwischen 10 Tagen und 6 Wochen. Die strafrechtliche Praxis sollte sich an letzterer Frist orientieren. 406 Veränderungen in der Kasse, also Bargeschäfte, sind allerdings täglich zu erfassen. Das Zurückstellen von Buchungen entbindet allerdings nicht vom Einhalten der übrigen Buchführungsgrundsätze. 407 Es ist deshalb beim Nachholen der Buchungen erforderlich, die Belege zu nummerieren und das jeweilige Datum des Geschäftsvorfalls zutreffend anzugeben. In der Krise gelten verschärfte Anforderungen. Der Kaufmann muss unverzüglich reagieren können, also entweder Maßnahmen zur Überwindung der Krise ergreifen oder Insolvenzantrag stellen. Um sachgerecht entscheiden zu können, benötigt er möglichst aktuelle Informationen über seine tatsächliche wirtschaftliche Lage. Diese erhält er in verlässlicher Weise aber nur dann, wenn die Geschäftsvorfälle umgehend gebucht werden. In der Krise ist deshalb zwar auch keine sofortige Buchung nötig, wohl aber eine Buchung im unmittelbaren Anschluss an die unverzüglich durchzuführende Prüfung. 176 Das Erfordernis der Geordnetheit verlangt Klarheit und Übersichtlichkeit der Buchungen. Danach sind Zusammenfassungen verschiedener Geschäftsvorfälle grundsätzlich auch dann zu unterlassen, wenn sie wie im Fall der Aufrechung zu rechnerisch richtigen Ergebnissen führen würden, $ 246 Abs 2 HGB.408 Auch eine Vermischung verschiedener Kontenarten ist unzulässig. Die Systematik der vom Kaufmann gewählten Buchführungsart (zB DATEV) ist zu wahren. 177 Ein weiteres Buchführungsprinzip besteht darin, dass eine Erfassung ohne Belege nicht zulässig ist. Nur so ist die Überprüfbarkeit gewährleistet. Die Belege sind vor der Verbuchung zu nummerieren, abzuzeichnen und geordnet aufzubewahren. 409 In der Praxis werden sie meist mit einem Stempel versehen, in welchen dann die erforderlichen Eintragungen, manchmal unter Einschluss der anzusprechenden Konten, vorgenommen werden. Es können sich weitere Anforderungen an das Buchhaltungswerk stellen. Dabei kommt es aber auf die Umstände des Einzelfalls an.

4 0 4 Tiedemann Rn 112 z u $ 283 StGB. 405 Beispiele f ü r die z u t r e f f e n d e Verbuchung bei Miet- u n d Leasingverträgen sowie verschiedener Sicherungsrechte bei Regner S 148 ff. 406 Ebenso M-G/B/Bieneck Rn 82/28; W/S/Ahrens, Rn 21/47, b e f ü r w o r t e t hingegen eine Höchstgrenze von einem Monat; Weyand, Rn 85, im Hinblick auf verbesserte Technik von 2 Wochen. 4 0 7 Vgl zB Winnefeld Rn A 60. 408 Reck Rn 480. 409 Tiedemann Rn 112 z u § 283 StGB m w N ; zu d e n Fristen vgl u n t e n Rn 197.

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Bankrott, $$ 283,283a StGB

c)

Mangelhafte Buchführung, S 283 Abs 1 Nr 5,2. Alt StGB

Die 2. Alternative des § 283 Abs 1 Nr 5 StGB kann auf zweierlei Weise verwirklicht werden. Entweder werden die Geschäftsvorfälle schon überhaupt nicht (zutreffend) erfasst, oder die ursprünglich richtige Verbuchung wird später derart verändert, dass sich der Vorgang nicht mehr korrekt ablesen lässt.410 Das Gesetz sieht also die originäre Falschbuchung als ebenso gravierend an wie die nachträgliche. Im letzteren Fall ist Tateinheit mit Urkundenfälschung möglich.411 Voraussetzung dafür ist aber, dass überhaupt noch papierne Aufzeichnungen erfolgen und die Geschäftsvorfälle nicht von Anfang an nur digital erfasst werden. Letzterenfalls kommt jedoch eine Strafbarkeit gem $ 274 Abs 1 Nr 2 StGB in Betracht. Eine Veränderung iS des § 283 Abs 1 Nr 5 StGB liegt allerdings dann nicht vor, wenn ein Vorfall zunächst irrtümlich falsch verbucht wurde. Die Korrektur eines derartigen Irrtums muss selbstverständlich straflos möglich sein. Streichungen oder Radierungen sind allerdings nicht zulässig, ohne dass aber Verstöße dagegen notwendig zur Strafbarkeit führen. Ordnungsgemäß geschieht die Korrektur jedoch nur im Wege der Gegenbuchung einerseits, auch Stornierung genannt, und der zutreffenden Nachbuchung andererseits. Buchführungsmanipulationen bilden häufig auch die Grundlage für weitere Delikte, zB nach §§ 263, 264, 265b StGB und 370 AO.412 Hauptbeispiel ist die willkürliche Überbewertung von Anlage- und/oder Umlaufvermögen, kaschiert durch ungerechtfertigte Abschlussoder Luftbuchungen bzw unterlassene Wertberichtigung, zT prüfbar anhand eines Vergleichs zwischen Inventar und Rechnungen bzw deren Fehlen oder ihrer Veränderungen.413 Die Tathandlung kann auch im Verschleiern des Geschäftspartners oder der Art der getätigten Geschäfte, mangelnder Aufbewahrung der Belege oder im Fehlen des Bezugs einzelner, auch durchaus richtiger Zahlen zu den betreffenden Geschäftsvorfällen bestehen.414 Dann aber wird die Strafbarkeit häufig daran scheitern, dass die Übersicht über den Vermögensstand nicht erschwert ist.415 aa)

Tathandlungen

Die Tathandlungen 416 bestehen zumeist in Verstößen gegen die Buchführungsprinzipien. Dabei kann derselbe Verstoß mehrere Prinzipien verletzen. Das Prinzip der Vollständigkeit kann zB dadurch verletzt werden, dass auf der Aktiv- wie auf der Passivseite Geschäftsvorfälle nicht erfasst werden. Der neue Lastkraftwagen wird zB nicht im Anlagevermögen, die Lieferung weiterzuverarbeitender Waren nicht im Umlaufvermögen gebucht. Am häufigsten unterbleibt die Verbuchung von Barvorgängen und zwar sowohl Bareinnahmen als auch Barausgaben (letzteres vor allem zu privaten Zwecken). Es ist aber nicht nur verboten, tatsächliche Vorgänge nicht zu erfassen, sondern auch, nicht Vorhandenes zu buchen. Dabei wird zugleich gegen den Grundsatz der Richtigkeit verstoßen. Wer zB seine Überschuldung verschleiern möchte, könnte versucht sein, seine Warenvorräte überhöht anzugeben, etwa eine zusätzliche Lieferung fiktiv ein-, oder Verkäufe nicht auszubuchen. Wer das Beiseiteschaffen verschleiern will, mag geneigt sein, Scheingeschäfte in entspr Höhe zu buchen. Das alles ist ebensowenig zulässig wie das Unterlassen gebotener Abschreibungen oder Wertberichtigungen von Forderungen, deren Duchsetzung zweifelhaft geworden ist.417 410 411 412 413 414 415 416 417

178 179

S/S/StreelHeineRn 34 und 3 5 zu § 283 StGB. M-G/BIBieneck Rn 82/31; Tiedemann Rn 107 zu $ 283 StGB. Vgl dazu M-G/B/Scftmid Rn 40/1,7 ff, 12ff und 21 ff; zu § 263 StGB auch M-G/B IBieneck Rn 76/31. M-G/B IBieneck Rn 82/43. τ ¡Fischer Rn 23 zu $ 283 StGB. Vgl unten Rn 185 ff. Beispiele bei M-G/B /Schmid Rn 4 0 , 2 , 2 1 und 23 f; bei Reck Rn 464; und bei Weyand Rn 85. Tiedemann Rn 114 zu S 283 StGB.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

182

Dem Grundsatz der Richtigkeit widersprechen nicht nur Buchungen mit unzutreffenden Beträgen, Wertangaben und Überträgen, sondern auch unterlassene Abschreibungen, Rückstellungen oder Gegenbuchungen, Umbuchungen statt Stornierungen und Eintragungen auf dem falschen Konto. 418 Im letzteren Fall ist allerdings zu differenzieren: Dient die Falschbuchung der Verschleierung (zB Tarnung einer unzulässigen Entnahme durch Ansatz fiktiver Betriebskosten), dann ist der Grundsatz der Richtigkeit verletzt. Wird dagegen ohne derartige Tendenz auf dem unzutreffenden Konto gebucht (zB Benzin für den zu einer Dienstreise genutzten Dienst-PKW als Betriebskosten des Lastkraftwagens), dann ist der Grundsatz der Geordnetheit verletzt. Falsche Bewertungen sind nur dann strafbar, wenn die ihnen zugrunde liegenden Vorfälle in unvertretbarer Weise behandelt wurden. 419 Es können verschiedene Entscheidungen vertretbar sein. Manches Wirtschaftsgut kann ebenso innerhalb von 4 wie von 5 Jahren auf Null abgeschrieben werden. Entscheidet sich der Kaufmann hier für einen Zeitraum, welcher dem Richter unangemessen erscheint, so liegt dennoch keine Strafbarkeit wegen unrichtiger Verbuchung vor. Anders ist es hingegen, wenn nach 5 Jahren noch überhaupt nicht abgeschrieben wurde. Die hM wendet hier (inhaltlich wohl deckungsgleich) den Maßstab der Willkür an.

183

Ein Verstoß gegen das Erfordernis rechtzeitigen Buchens liegt dann vor, wenn die Geschäftsvorfalle außerhalb der Krise erst nach Ablauf der sechswöchigen Frist 4 2 0 oder in der Krise nicht unverzüglich erfasst werden.

184

Schwierig zu beantworten ist aber die Frage, wie ein Verstoß gegen das Gebot rechtzeitiger Buchung strafrechtlich erfasst werden kann. Im praktisch wichtigsten Fall, der Einstellung der Verbuchung vor der Insolvenz, greift § 283 Abs 1 Nr 5 , 1 . Alt ein. Der Täter hat sich wegen unterlassener Buchführung strafbar gemacht. 421 Hat er zeitweise nicht gebucht, so liegt eine Verletzung des Vollständigkeitsprinzips vor. Für die 2. Alt, die mangelhafte Verbuchung, bleiben also nur die Fälle der verspäteten Erfassung, der Nachbuchung außerhalb des für die Rechtzeitigkeit zur Verfügung stehenden Zeitraums. Stellte man mit dem Reichsgericht 422 für den Vollendungszeitpunkt allerdings auf den Eintritt der Strafbarkeitsbedingung des § 283 Abs 6 StGB ab, dann wäre der nachbuchende Täter trotz Verspätung straffrei. Diese Rspr ist allerdings unvereinbar mit dem wesentlichen Zweck der Pönalisierung von Buchführungsverstößen, der Selbstinformation des Kaufmanns. 423 Der Tatbestand ist demnach mit Verwirklichung der Tathandlung vollendet, 424 auch wenn die Bestrafung zusätzlich den Eintritt der Strafbarkeitsbedingung voraussetzt. Demzufolge wird also die verspätete Nachholung als Verstoß gegen das Prinzip der Rechtzeitigkeit von § 283 Abs 1 Nr 5 , 2 . Alt StGB erfasst. In der Praxis führen derartige Verstöße allerdings regelmäßig nicht zur Bestrafung. Wenn die Verspätung der Nachbuchung überhaupt einmal bekannt wird, dann ist aufgrund der in der Nachbuchung zum Ausdruck gekommenen Rückkehr zum Recht das Verschulden derart gemindert, dass häufig die Einstellung gemäß S 153 Abs 1 StPO angezeigt ist. Anders wird aber dann zu verfahren sein, wenn die Nachbuchung von einem Nachfolger veranlasst wurde.

418 Tiedemann ~Rn 117 zu § 283 StGB. 4 1 9 M-G/B/Schmid Rn 40/22; Schuppen S 158 ff; NK/Kindhäuser, Rn 62 zu $ 283 StGB, stellt auf Willkürfreiheit ab. 4 2 0 M-G/B/Bieneck Rn 82/28. 421 Vgl dazu oben Rn 152. 4 2 2 RGSt 29, 222, 225; wohl auch noch BGH, bei Herían, GA 1961, 359; wN bei M-G/B/Bieneck Rn 82/51. 423 Vgl dazu oben Rn 148 und 154. 4 2 4 HM, M-G/B/Bieneck Rn 82/60; Tiedemann Rn 116,118 zu s 283 StGB; W/S/Ahrens Rn 21/64.

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Bankrott, SS 283,283a StGB

bb)

$12

Erschwerter Überblick über den Vermögensstand

Die nicht ordnungsgemäße Buchführung ist aber n u r dann strafbar, wenn der Mangel dazu führt, dass die Ü b e r s i c h t ü b e r d e n V e r m ö g e n s s t a n d e r s c h w e r t ist. Dieses einschränkende Tatbestandsmerkmal wird gemeinhin so verstanden, dass es dann vorliegt, wenn ein

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sachkundiger Dritter nicht in der Lage ist, sich anhand der vorgefundenen Informationen binnen angemessener Zeit einen verlässlichen Überblick über den wirklichen

V e r m ö g e n s s t a n d z u verschaffen. 4 2 5 Diese Formulierung knüpft zwar an die Regelung in § 2 3 8 Abs 1 S 2 H G B an, harmoniert aber nicht m i t der Schutzrichtung der Buchführungsvorschriften. 4 2 6 Wenn die Pönalisierung von Buchführungsverstößen vorrangig der Selbstinformation des Kaufmanns dienen soll, dann muss auch für das Erschwernismerkmal darauf abgestellt werden, ob der K a u f m a n n selbst anhand seiner A u f z e i c h n u n g e n der Geschäftsvorfälle in der L a g e war, sich b i n n e n k u r z e m einen Ü b e r b l i c k über seinen V e r m ö g e n s s t a n d zu verschaffen. Es ist also keine ex-post, sondern eine ex-ante-Betrachtung vorzunehmen. 4 2 7 Dabei k o m m t es nicht darauf an, ob die Verletzung von Buchführungsregeln dem Kaufmann den Überblick über sein Vermögen tatsächlich erschwerte. Es genügt, ist aber auch erforderlich, dass der festgestellte Verstoß seiner Art nach geeignet ist, den Überblick über das Vermögen zu erschweren. Maßgeblich ist allein d e r I n h a l t des B u c h w e r k s und dessen Verständnis durch einen idealtypischen Kaufmann. 4 2 8 Wann der Überblick über das Vermögen erschwert ist, muss aufgrund einer rechtsgutsorientierten Betrachtung entschieden werden. Für den Selbstinformationszweck des Kaufmanns genügen B u c h f ü h r u n g und Bilanz allein nicht, weil aus ihnen die Krise nicht ablesbar ist. Eine Unterbilanz 4 2 9 löst aber die Pflicht zur ständigen Beobachtung der wirtschaftlichen Lage aus. 4 3 0 F ü r die Prüfung der Zahlungsunfähigkeit hat der Kaufmann dann einen Liquidationsstatus aufzustellen. Ob Überschuldung vorliegt, ist anhand eines Vermögensstatus, auch Überschuldungsstatus oder Überschuldungsbilanz genannt, zu entscheiden. 4 3 1 Die dafür erforderlichen Angaben sind zwar dem Buchwerk zu entnehmen, aber nicht unverändert, weil zB stille Reserven aufzudecken sind. 4 3 2 Wenn sich Mängel der Buchhaltung bei Aufstellung eines Status gar nicht auswirken können, weil die mangelhaften Angaben nicht in den Status zu übernehmen sind oder sie gar dem entsprechen, was nach Umwandlung der korrekten Angaben sowieso in den Status Eingang gefunden hätte, dann sind sie schon abstrakt nicht geeignet, den Überblick über das Vermögen zu erschweren. 4 3 3 So liegt es zB, wenn Vorbehaltsgüter nicht aktiviert, eigenkapitalersetzende, im Rang zurücktretende Darlehen ausgebucht und Geschäftsvorfälle vor ihrer Realisierung verbucht wurden. 4 3 4 Eine S t r a f b a r k e i t wegen B u c h f ü h r u n g s m ä n g e l n ist also i m m e r n u r dann m ö g l i c h , wenn die T a t h a n d l u n g a b s t r a k t g e e i g n e t ist, das E r k e n n e n einer wirtschaftlichen Krise in irgendeiner Weise z u e r s c h w e r e n . Dabei ist es iE gleichgültig, ob man das Vorliegen eines Buchführungsmangels und das Erschwernismerkmal gesondert prüft, 4 3 5 oder ob man als Buchführungsmangel iSv $ 2 8 3 Abs 1 Nr 5 StGB von

425 BGH NStZ 2002, 327; StV 1999,26; wistra 1999,459,463; A/W/Weyand Rn 23/40; M-G/B¡Bieneck Rn 82/30; NK/Kindhäuser Rn 64 zu $ 283 StGB; Tiedemann Rn 108 und 118 zu $ 283 StGB. 426 Dazu oben Rn 148 und 154. 427 Regner, S 81; dazu Bittmann, wistra 2000,336 f. 428 IE nicht abweichend Biletzki, NStZ 1999,537,539, auch wenn er auf einen Dritten abstellt. 429 Zum Begriff vgl oben § 11 Rn 81. 430 Vgl dazu oben § 11 Rn 115. 431 Vgl zu beidem oben S 7 Rn 50 und 59 ff sowie § 11 Rn 83 ff. 432 Vgl zur Überschuldungsbilanz oben $ 7 Rn 59 ff und § 11 Rn 85 f. 433 Regner S 82 und 123 ff. 434 Regner S 131 ff und 170 f. 435 So Tiedemann Rn 110 zu $ 283 StGB. Bittmann

381

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften vorn herein nur solche Fehler ansieht, die geeignet sind, die Erkennbarkeit der Krise zu erschweren. 436 Denn auch letzterenfalls setzt der Tatbestand voraus, dass ein Buchführungsmangel zu bejahen ist. Erst nachdem dies geschehen ist, kann und muss geprüft werden, ob er auch geeignet ist, den Überblick über das Vermögen zu erschweren. Dieses Merkmal bzw diese Komponente wirkt also strafbarkeitsbeschränkend. 188

Allerdings ist das Erschwernismerkmal nicht nur auf der abstrakten Ebene bedeutsam. Falls nämlich der Buchführungsmangel zwar abstrakt-generell geeignet ist, die Erkennbarkeit der tatsächlichen Verhältnisse zu erschweren, das Buchwerk im konkret-individuellen Fall aber trotzdem die krisenhafte wirtschaftliche Lage objektiv zutreffend ausweist, ist die Übersicht über den Vermögensstand nicht erschwert. Eine Bestrafung scheidet deshalb auch in einem solchen Fall aus. Maßgeblicher Zeitpunkt ist nicht der des Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen des $ 283 Abs 6 StGB, sondern der der mangelhaften Verbuchung. 4 3 7

189

Sind die Belege, die nicht selbst zum Buchwerk gehören, 438 aber zu den Buchhaltungsunterlagen gerechnet werden, zwar nicht verbucht, aber vollständig vorhanden, so genügt das zwar auch in kleineren kaufmännischen Unternehmungen regelmäßig nicht den GoB. Bei wenig umfangreichem Geschäftsbetrieb, va bei häufig oder gar regelmäßig wiederkehrenden oder sonst wenig vielfältigen Geschäftsvorgängen kann es allerdings möglich sein, dass sich der Kaufmann allein anhand des Belegwesens einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen in der Lage ist. Die Rspr, 439 welche das Erschwernismerkmal in derartigen Fällen verneinte, ist also auch vereinbar mit der hier befürworteten ex-ante-Betrachtung. Vor Pauschalierungen muss aber gewarnt werden: Erstrebt etwa der Täter, die wirtschaftliche Lage abweichend von der tatsächlichen darzustellen, dann kann er dies durch im Wege der Nichtbuchung einzelner weniger Geschäftsvorgänge erreichen. Da ein nicht eingeweihter Betrachter die Lückenhaftigkeit nicht ohne weiteres erkennen kann, ist in einem solchen Fall eine strafbare Buchführungsmanipulation umstandslos zu bejahen. 4.

Möglichkeit u n d Zumutbarkeit der Pflichterfüllung

190

Eine Bestrafung wegen § 283 Abs 1 Nr 5 , 1 . Alt StGB scheidet dann aus, wenn dem Täter die Handlung nicht möglich oder nicht z u m u t b a r ist. 440 Das entspricht den allgemein für Unterlassungsdelikte geltenden Grundsätzen. 441 Es ist zwar kaum ein Fall der Unzumutbarkeit denkbar, wohl aber ein Fall der Unmöglichkeit.

191

Ein solcher liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn der Kaufmann, der selbst nur über unzureichende Buchführungskenntnisse verfügt, seine Schulden nur noch teilweise begleichen kann. In einem derartigen Mangelfall genießen die strafbewehrten Pflichten Vorrang. 4 4 2 Das gilt für das Abführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung 443 ebenso wie für Buchführungs- und Bilanzierungspflichten. Nur wenn die Liquidität des

436 Regner S 82 und 123 ff. 437 M-G/B/Bieneck Rn 82/30; NK/Kindhäuser Rn 65 zu S 283 StGB; aA Weyand Rn 86. 438 Vgl oben Rn 165. 439 ZB BGH wistra 1998,177,178; wN bei Biletzki NStZ 1999, 537, 539; Tiedemann Rn 118 zu $ 283 StGB; ebenso NK/Kindhäuser Rn 55 zu $ 283 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 36 zu $ 283 StGB. 440 AA wohl nur A/W/Weyand, Rn 23/38, unter Berufung auf die Möglichkeit, die kaufmännische Betätigung aufzugeben. 441 Vgl zB Τ¡Fischer'Rn 14 ff zu § 13 StGB mN. 442 OLG Frankfurt am Main NJW-RR 1999, 104, 105; Doster wistra 1998, 326, 327f; Ehlers DStR 1998,1756,1758; M-G/B/Bieneck Rn 82/26a; Rennau NStZ 2003,525,530 (trotz Kritik an der diesbezüglichen Rspr zu $ 266a StGB); Scholz/Tiedemann Rn 48 vor $ 82 GmbHG. 443 Dazu unten § 21 Rn 71 ff. 382

Bittmann

Bankrott, M 283,283a StGB

Kaufmanns derart angespannt ist, dass sie nicht einmal mehr zur Bezahlung eines Steuerberaters oder einer Buchführungsgesellschaft ausreicht, ist ihm die Erfüllung unmöglich, die Unterlassung der Buchführung für sich gesehen also straflos.444 Bei Gesellschaften ohne persönlich Haftenden wird in derartigen Fällen allerdings eine Insolvenzverschleppung vorliegen. Die Geschäftstätigkeit wird aber bei solcher Finanzlage nicht nur von derartigen Gesellschaften, sondern auch von sonstigen Kaufleuten nur in strafbarer Weise fortgesetzt werden können. Sie wird dann regelmäßig von Betrugshandlungen begleitet werden und stellt zudem eine grob wirtschaftswidrige Verschleierung des Vermögensstands iS von § 283 Abs 1 Nr 8 StGB dar.445 Wer das Einstellen der Buchungen bis zum Insolvenzantrag nicht wie hier unter die 1. Alt, sondern unter die 2. Alt des § 283 Abs 1 Nr 5 StGB subsumiert,446 der muss die Unmöglichkeit im dargelegten Sinn auch im Rahmen der 2. Alt berücksichtigen. Ob Gleiches gilt, wenn der Kaufmann, welcher keinen Externen mehr beauftragen kann, selbst bucht, dabei aber gegen GoB verstößt, ist zweifelhaft. Tiedemann447 bejaht dies für den Fall, dass der Mangel unmittelbare Folge der Liquiditätsschwäche ist. Dem kann allerdings nur bei UnvoIIständigkeit durch das Auftreten zeitlicher Lücken gefolgt werden. Bewusste Falschbuchungen sind auch dem illiquiden, sachunkundigen Kaufmann nicht gestattet. Eine solche Handlung wäre auch nicht notwendige Folge des Geldmangels. Irrtümliche Fehlbuchungen beruhen hingegen nicht auf vorsätzlichem Handeln. Denkbar ist hier allerdings eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit gemäß § 283 Abs 5 Nr 1 StGB, zB bei Erkundigungsmängeln. XIV.

s 283 Abs 1 Nr 6 StGB

1.

Täterqualität

Die Vorschrift stellt im Vergleich zu den sonstigen von § 283 Abs 1 StGB erfassten strafbaren Handlungen eine Besonderheit dar, weil nach ihrer Wortfassung Tatobjekte Handelsbücher oder sonstige Unterlagen sind, zu deren Aufbewahrung nicht etwa „er" = der Täter, wie bei Gleichstellung mit den übrigen Strafbestimmungen des $ 283 Abs 1 StGB zu erwarten wäre, sondern „ein Kaufmann" nach Handelsrecht verpflichtet ist.

192

193

Die hM folgert daraus, dass $ 283 Abs 1 Nr 6 StGB einzig kein Sonderdelikt darstelle, Täter 194 also jedermann sein könne. 448 Diese Schlussfolgerung liegt aber nur bei isoliertem Blick auf $ 283 Abs 1 Nr 6 StGB nahe. Betrachtet man hingegen § 283 StGB insgesamt, dann zeigt sich, dass die hM mit $ 283 Abs 6 StGB unvereinbar ist: Täter kann, und das gilt auch für Abs 1 Nr 6, nur der sein, hinsichtlich dessen Vermögen eine der Strafbarkeitsbedingungen eingetreten oder dessen Repräsentant er iS des $ 14 StGB ist. Bereits letzteres verlangt eine berichtigende Auslegung.449 Eine Erweiterung dahingehend, dass (nur !) für die Fälle der Nr 6 keinerlei Beziehung zwischen dem Täter und dem betroffenen Vermögen zu bestehen braucht, kann angesichts des allgemeinen Ziels des $ 283 StGB, Gläubiger gerade vor besonderen Gefahren aus dem Herrschaftsbereich über das Vermögen ihres Schuldners

444 Vgl KG wistra 2002, 313, 314. Die veröffentlichte Rspr vernachlässigt in letzter Zeit allerdings nur allzu oft den Aspekt der Vorrangigkeit. Βeckemper, JZ 2003, 806 ff; M-G/B/Bieneck, Rn 82/26; und S/SIStree/Heine, Rn 33 zu $ 283 StGB (anders aber Rn 47 bzgl der Bilanzierungspflicht) verlangen im Fall fehlender finanzieller Mittel die Beendigung der Geschäftstätigkeit. Ebenso und noch weitergehend sehen W/J¡Köhler, Rn 7/152, und Weyand, Rn 82, auch bei Krankheit keine Unmöglichkeit. 445 Tiedemann Rn 120 zu S 283 StGB. 446 DazuobenRnl52undl84. 447 Rn 119 zu $ 283 StGB. 448 Vgl zB T/Fischer Rn 24 zu $ 283 StGB mN. 449 Vgl dazu oben Rn 36 und unten Rn 310. Bittmann

383

S 12

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

zu schützen, methodisch de lege artis nicht begründet werden. Strafbar ist demzufolge nicht etwa auch ein Dritter, welcher mehr oder weniger zufällig (als Mitarbeiter der Buchführungsabteilung, als Besucher, als Putzkraft oder als für Asservate zuständiger Staatsanwalt) mit Handelsbüchern in Berührung kommt und sie wegwirft. 195

Täter auch nach Nr 6 kann also vielmehr ebenfalls n u r der (Gemein-)Schuldner oder der unter den Voraussetzungen des S 14 StGB Handelnde sein. 450 2.

Geschützte Unterlagen

196

S 283 Abs 1 Nr 6 StGB bezieht sich anders als § 283 Abs 1 Nr 5 StGB nicht allein auf Handelsbücher, sondern erstreckt sich auch auf sonstige aufbewahrungspflichtige Unterlagen. 4 5 1 Welche das sind, bestimmt jedenfalls auch § 257 HGB.

197

Geschützt sind hiernach neben Handelsbüchern (zB Journalen, Kassebüchern, Sach- und Personenkontenblättern), Buchführungsbelegen, Inventaren, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüssen (Gewinn- und Verlustrechnung, Lageberichte und Anhang), Konzernabschlüssen, Konzernlageberichten nebst Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen auch empfangene Handelsbriefe, Vervielfältigungen abgesandter Handelsbriefe und zwar entweder in Papierform oder als Mikrokopic. 452 Die Aufbewahrungsfrist gemäß $ 257 HGB ist ab dem 1 . 1 . 1 9 9 9 für Buchführungsunterlagen auf 10 Jahre verlängert worden. Korrespondenz ist 6 Jahre aufzubewahren, § 257 Abs 4 HGB. 4 5 3 Die Frist beginnt erst mit der letzten Eintragung, $ 257 Abs 5 HGB. Streitig ist, ob auch die Verletzung sonstiger Aufbewahrungspflichten ($§ 274 HGB, 273 Abs 2 AktG, 74 Abs 1 GmbHG und 93 GenG) von Nr 6 erfasst wird. 454

198

Bis zum Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes 1998 erfasste Nr 6 nach hM nicht nur Handelsbücher und sonstige Unterlagen Buchführungspflichtiger, sondern auch freiwillig aufgehobene Geschäftsunterlagen. 4 5 5 Ein solches Verständnis lag nach dem Wortlaut nie besonders nahe, hebt das Gesetz doch ausdrücklich hervor, dass eine handelsrechtliche Aufbewahrungspflicht bestehen müsse. 456 Ein solche ließ sich allenfalls für freiwillig buchende Minderkaufleute begründen. 457 Nach dem Handelsrechtsreformgesetz 1998 fallen aber auch Unterlagen der früheren Minderkaufleute nicht m e h r unter Nr 6. 4 5 8 Gewerbetreibende, deren Aktivitäten keinen nach kaufmännischen Grundsätzen organisierten Geschäftsbetrieb erfordern, sind nach dem neuen Recht überhaupt keine Kaufleute mehr. Auch freiwillige oder auf Standesrecht beruhende Buchungen Selbständiger fallen nicht unter Nr. 6. 4 5 9 Demnach werden also von Nr 6 ebenso wie von Nr 5 lediglich Handelsbücher von Kaufleuten erfasst, wobei Nr 6 die Tatobjekte im Gegensatz zu Nr 5 allerdings auch auf die sonstigen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen erstreckt.

199

Beschränkt man den Anwendungsbereich des § 283 Abs 1 Nr 6 StGB wie hier, dann entstehen gleichwohl keine Strafbarkeitslücken, weil das grob wirtschaftswidrige Verschleiern

450 IE ebenso NK/Kindhäuser Rn 67 zu $ 283 StGB. 451 S/S/Stree/Heine Rn 39 zu § 283 StGB. 452 M-G/B/Bieneck, Rn 82/34, zählt neben den EDV-Datenträgern auch die Ausdrucke dazu, zw. 453 Dazu Τ /Fischer Rn 24 zu § 283 StGB. 454 Verneinend Tiedemann Rn 123 zu § 283 StGB. 455 ZB A/Vi/Weyand Rn 23/44. 456 Wie hier bereits für die Zeit vor Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes NK/Kindhäuser Rn 66 ff zu §283 StGB. 457 Tiedemann Rn 121 zu § 283 StGB. 458 AA M-G/B/Bieneck Rn 82/33; Wß/Köhler Rn 7/156; W/S/Ahrens Rn 21/50. 459 Str, wie hier Reck Rn 468; Tiedemann Rn 122 zu $ 283 StGB; tendentiell auch S/S/Stree/Heine Rn 39 zu § 283 StGB; aA Weyand Rn 87. 384

Bittmann

Bankrott, §§ 283,283a StGB

S 12

und Verheimlichen der Vermögensverhältnisse g e m ä ß § 2 8 3 Abs 1 Nr 8 StGB o h n e die für Nr 6 geltenden Restriktionen strafbar ist. 4 6 0 Nicht erforderlich ist, dass sich die Tat auf sämtliche Handelsbücher oder auf alle sonstige aufbewahrungspflichtige Unterlagen erstreckt. 4 6 1 Es genügt, wenn sich die Tathandlung auf einzelne der Tatobjekte bezieht. Erfasst ist auch das Löschen, j a sogar das b l o ß e Sperren 4 6 2 von e l e k t r o n i s c h g e s p e i c h e r t e n D a t e n . 4 6 3

3.

200

Schutzdauer

Die Aufbewahrungspflicht endet nicht mit dem Wegfall der Kaufmannseigenschaft.464

201

Sie geht nicht nur auf denjenigen über, welcher ein Unternehmen erwirbt und fortführt, sondern auch auf die Erben des Kaufmanns, den Testamentsvollstrecker und den Insolvenzverwalter. Ob diese selbst Kaufmann sind, ist dabei bedeutungslos. Die handelsrechtliche Pflicht zur Aufbewahrung endet auch nicht nach Durchführung oder Einstellung eines Insolvenzverfahrens. Str ist aber, ob eine nach den genannten Zeitpunkten begangene Tathandlung strafbar ist oder nicht. 4 6 5 Tiedemann466 stellt darauf ab, ob die Gläubiger weiterhin ein Aufbewahrungsinteresse haben oder nicht. Wonach sich das bemessen und vom Aufbewahrungspflichtigen erkannt werden soll, bleibt dabei allerdings offen. Dieser Maßstab ist für die Praxis k a u m geeignet. Keine Lösung ist es, m i t dem Reichsgericht 4 6 7 bei einer Verletzung der Aufbewahrungspflicht zu einem derart späten Zeitpunkt den erforderlichen Z u s a m m e n h a n g zwischen Bankrotthandlung und Unternehmenszusammenbruch zu verneinen, weil die erforderliche Krisenidentität 4 6 8 zweifelsfrei vorliegt und Kausalität nicht erforderlich ist. Der Gesetzgeber räumt der Aufbewahrungspflicht aber nicht ohne Grund einen h o h e n Rang ein. Die Unterlagen können i m m e r wieder und aus verschiedenen Anlässen von Bedeutung sein. Wer sie in Kenntnis der Rechtswidrigkeit beseitigt, der n i m m t zumindest billigend in Kauf, dass sie im Bedarfsfall nicht mehr vorliegen. Das genügt. Die Aufbewahrungsfristen werden folglich durch die Beendigung eines Insolvenzverfahrens nicht verkürzt. $ 2 8 3 Abs 1 Nr 6 StGB trägt insoweit also Elemente eines abstrakten Gefährdungsdelikts. Die Strafbarkeit ist allerdings begrenzt auf den Fortbestand der Krise. 4 6 9 F ü h r t demzufolge das Insolvenzverfahren zur Vollbeendigung der zB G m b H , dann ist ein nachfolgendes Liquidationsverfahren nicht mehr erforderlich. Die Verletzung ausschließlich der nachwirkenden Aufbewahrungspflicht des $ 7 4 Abs 2 G m b H G 4 7 0 ist demzufolge jedenfalls nicht nach § 2 8 3 Abs 1 Nr 6 StGB strafbar. Endet das Insolvenzverfahren hingegen nicht m i t der Vollbeendigung, so hat der Insolvenzverwalter die Unterlagen dem Liquidator (bei der AG dem Vorstand, ggf einem alleinvertretungsberechtigten Vorstandsmitglied) 4 7 1 heraus-

460 NK/Kindhäuser Rn 69 zu $ 283 StGB. 461 NK/Kindhäuser Rn 71 zu S 283 StGB; S/S /Stree/Heine Rn 40 zu § 283 StGB. 462 S/S/Stree/Heine Rn 40 zu $ 283 StGB. 463 Tiedemann Rn 125 zu § 283 StGB; Weyand Rn 88. 464 Reck Rn 469. 465 Für die Zeit nach Abschluss des Konkursverfahrens verneinend NK/Kindhäuser Rn 73 zu $ 283 StGB. 466 Rn 123 und 125 zu $ 283 StGB; ebenso S/S/Stree/Heine Rn 41 zu § 283 StGB; M-G/B/Bieneck Rn 82/36 nimmt in diesen Fällen (nur ?) $ 274 StGB an. 467 RGSt 9,134ff. 468 Dazu unten Rn 311 ff, insbes 316. 469 Τ/Fischer Rn 16 vor S 283 StGB. 470 Dazu Haas NZG 1999,373,380. S auch oben § 10 Rn 14f. 471 OLG Stuttgart ZIP 1998,1880,1882ff. Bittmann

385

202

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

zugeben. Dessen Aufbewahrungspflicht ist bis zur Vollbeendigung strafbewehrt. Bei natürlichen Personen(-vereinigungen) endet die Strafbewehrung, wenn sie wieder leistungsfähig sind, zB nach Wirksamwerden der Restschuldbefreiung, $ 289 InsO. 4.

Tathandlungen

203 Das Gesetz beschreibt - mit Ausnahme des Unbrauchbarmachens - die Tathandlungen ebenso wie in $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB. Da allerdings das „Zerstören" sämtliche Fälle der Aufhebung der Funktionsfähigkeit erfasst,472 unterfallen alle als Unbrauchbarmachung fassbare Handlungen der im Gesetz erwähnten Alternative des Zerstörens.473 Geschützt ist nicht die Substanz der Bücher als solche, sondern nur ihr Inhalt.474 Die irreparable Auflösung einer Loseblattsammlung genügt.475 Die Vorschrift des § 283 Abs 1 Nr 6 StGB ist von deutlich größerer praktischer Bedeutung als diejenige des § 283 Abs 1 Nr 1 in der Alt des Zerstörens usw.476 204 Im Gegensatz zu S 283 Abs 1 Nr 1 StGB verzichtet Nr 6 auf das eingrenzende Merkmal, dass die Tat den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechen müsse. Das erklärt sich daraus, dass das Gesetz sich mit der Beschränkung auf die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen von vorn herein auf die Objekte beschränkt, deren Aufbewahrung für eine ordnungsmäßige Wirtschaft erforderlich ist. Diese Objekte erfasst Nr 6 aber auch vollständig.477 205 Außerdem verlangt $ 283 Abs 1 Nr 6 StGB iGgs zu Nr 1 tatbestandseinschränkend, dass durch die Tathandlung ebenso wie bei Nr 5 die Übersicht über den Vermögensstand erschwert wird. Dieses Merkmal ist hier wie dort zu verstehen.478 Zu beachten ist dabei aber, dass sich die Erschwernis des Überblicks auf den Zeitpunkt der Tathandlung und wenn dieser sich nicht genau feststellen lässt, auf das aktuelle Vermögen bezieht. Es kommt hier also nicht darauf an, ob die Entwicklung des Vermögens bis zum frühesten Zeitpunkt der 10-Jahres-Frist lückenlos dokumentiert ist, sondern nur darauf, ob der Vermögensstand zum maßgeblichen Zeitpunkt verlässlich dokumentiert ist. Je älter also vorenthaltene Unterlagen, insbes Geschäftsbriefe sind, desto seltener wird das Erschwernismerkmal bejaht werden können. Es liegt aber zB dann vor, wenn Unterlagen über noch offene, unverjährte Forderungen nicht mehr (vollständig) vorhanden oder wenn Bilanzen verschwunden sind. 206 Der Hauptanwendungsfall von § 283 Abs 1 Nr 6 StGB besteht darin, dass der Kaufmann dem Insolvenzverwalter die aufbewahrungspflichtigen Handelsbücher und sonstigen Unterlagen nicht oder jedenfalls nicht vollständig aushändigt. Dabei ist in der Praxis nicht nur regelmäßig unklar, ob die fehlenden Handelsbücher oder sonstigen Unterlagen beiseitegeschafft, verheimlicht, oder zerstört wurden, sondern auch, ob sie überhaupt jemals angelegt worden waren. In einem solchen, sehr häufig auftretenden Fall kann oft nicht entschieden werden, ob ein Buchführungsmangel iS von § 283 Abs 1 Nr 5 StGB vorliegt, oder ob der Kaufmann eine vorhandene oder vorhanden gewesene Buchhaltung unterdrückt(e). Sind sämtliche Erkenntnismöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft worden, dann bestehen keine Bedenken gegen eine Wahlfeststellung zwischen § 283 Abs 1 Nr 5 und Nr 6 StGB, wobei zudem auch noch die jeweils verwirklichte Alternative offenbleiben kann. 472 473 474 475 476 477 478

386

Tiedemann Rn 125 zu $ 283 StGB. Zu den Tathandlungen im Einzelnen vgl oben Rn 118. NK/Kindhäuser Rn 71 zu S 283 StGB. Ί/Fischer Rn 24 zu § 283 StGB. Weyand Rn 89. Tiedemann Rn 125 zu S 283 StGB. Dazu oben Rn 185 ff.

Bittmann

Bankrott, §S 283,283a StGB

XV.

s 283 Abs 1 Nr 7 StGB

1.

Bedeutung der Handelsbilanz und Verhältnis zur Steuerbilanz

Die Bilanz soll die wirtschaftliche Lage des Kaufmanns zu einem b e s t i m m t e n Stichtag abbilden. 4 7 9 § 2 8 3 Abs 1 Nr 7 StGB bezieht sich allein auf H a n d e l s b i l a n z e n . Diese Beschränkung ist von ganz erheblicher praktischer Bedeutung, weil insbes in kleinen Untern e h m e n häufig lediglich eine S t e u e r b i l a n z , errichtet vom Steuerberater, aufgestellt wird. Weil eine Steuerbilanz anderen Zwecken dient, kann sie nicht wie selbstverständlich als Handelsbilanz angesehen werden. Der bedeutsamste Unterschied besteht im Vorsichtsprinzip: Dem Kaufmann ist die Pflicht z u m Erstellen einer Handelsbilanz zwar ebenso wie die Pflicht zur Buchführung in erster Linie zur Selbstinformation aufgegeben, aber eben nicht als Selbstzweck, sondern u m ihn in die Lage zu versetzen, im Vermögensinteresse seiner Gläubiger auf etwaige Krisenanzeichen rechtzeitig reagieren zu können. E r muss deshalb im Zweifel eher niedrigere Werte bilanzieren (Vorsichtsprinzip). Den Zwecken der Handelsbilanz wird nämlich auch der Kaufmann gerecht, der geringere als tatsächlich vorhandene Vermögenswerte (bei Abschreibungen bis zur Vertretbarkeitsgrenze des S 2 5 3 Abs 4 H G B ) 4 8 0 ausweist. Ist er in Wirklichkeit leistungsfähiger als seine Bilanz glauben lässt, so gefährdet das - jedenfalls außerhalb der Krise - die Durchsetzung der Interessen seiner Gläubiger nicht. Geradezu umgekehrt ist es bei der Steuerbilanz. Sie soll dazu dienen, eine gleichmäßige Besteuerung nach dem Maßstab der Leistungsfähigkeit sicherzustellen. Daher widerspräche es ihrem Zweck und würde zu einer Verkürzung von Steuern führen, das Vermögen zu gering auszuweisen. Umgekehrt würde es den Steueranspruch des Fiskus nicht gefährden, würde das Vermögen des Kaufmanns in der Bilanz überbewertet.

207

Das grundsätzliche Verhältnis zwischen Handels- und Steuerbilanz regelt $ 5 Abs 1 208 EStG nach dem sog M a ß g e b l i c h k e i t s p r i n z i p . 4 8 1 Danach folgen die für die Steuerbilanz maßgeblichen Bestimmungen prinzipiell den Vorschriften für die Handelsbilanz. Steuerrechtliche Abweichungen müssen ausdrücklich im Gesetz aufgeführt werden. Fehlen derartige B e s t i m m u n g e n , dann gilt auch m i t Wirkung für das Steuer- das Handelsrecht. In einigen, allerdings relativ wenigen Fällen gilt das Prinzip der „ u m g e k e h r t e n M a ß g e b l i c h k e i t " : Steuerrechtliche Regelungen dürfen dann auch der Handelsbilanz zugrunde gelegt werden, $ 5 Abs 1 S 2 EStG. 4 8 2 I m Interesse der Verbesserung der Steuereinnahmen hat der Gesetzgeber in letzter Zeit einige Ausnahmen vom Maßgeblichkeitsprinzip vorgeschrieben. So sind beispielsweise Rückstellungen für drohende Verluste zwar handelsrechtlich passivierungspflichtig, § 2 4 9 Abs 1 HGB, steuerrechtlich aber nur begrenzt passivierungsfähig, $ 5 Abs 4a EStG. Der erworbene Geschäfts- oder Firmenwert ist handelsrechtlich über die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben, § 2 5 5 Abs 4 HGB, steuerrechtlich aber über höchstens 15 Jahre, § 7 Abs 1 S 3 EStG. Patentrückstellungen müssen nach spätestens 3 Jahren in der Steuerbilanz aufgelöst werden, $ 5 Abs 3 S 2 EStG, und nach § 6 Abs 1 Nr 3a EStG sind bestimmte Arten von Rückstellungen für Steuerzwecke abzuzinsen. Hinzu k o m m t , dass manche handelsbilanzrechtlichen Wahlrechte steuerlich zwingend sind. Aktivierungs- und Passivierungsmöglichkeiten des Handelsrechts entsprechen dann steuerrechtliche Aktivierungs- bzw Passivierungsverbote. Dadurch werden die stillen Reserven in der Steuerbilanz verringert.

479 Schlippen, S 5 ff, unterscheidet insoweit zwischen Abgrenzungs-, Gliederungs- und Bewertungsfunktion. 480 Anders aber bei der AG, Τιedemann Rn 138 zu S 283 StGB. 481 Vgl dazu M-G/B/Schmid Rn 40/16; Reck Rn 174ff;dmBuW 1999,823,827 ff; Schuppen S 5,38ff; zu internationalen Bezügen s Kußmaul/Kkin DStR 2001,546 ff. 482 M-G/B/Bieneck Rn 76/17; Reck Rn 219 ff; ders BuW 1999,865,866 ff; Schuppen S 5. Bittmann

387

209

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

210 Der Maßgeblichkeitsgrundsatz wie das Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit gelten

nur für den Inhalt der Bilanz. Für die Errichtungsfristen gilt handelsrechtlich allein das HGB. Vom Finanzamt gewährte Fristverlängerungen zur Vorlage der Steuerbilanz können deshalb nicht von der Einhaltung der handelsrechtlichen Bilanzierungsfristen

suspendieren.483

211 Der Kaufmann ist folglich im Grundsatz verpflichtet, zwei verschiedene Bilanzen aufzustellen: eine nach handelsrechtlichen, eine zweite nach steuerrechtlichen Regeln. Um diesen Pflichten zu genügen, ist es allerdings keineswegs nötig, zwei getrennte Schriftstücke mit allen jeweils erforderlichen Angaben zusammenzustellen. Es genügt, eine Bilanz aufzustellen und - soweit überhaupt geboten - die jeweiligen Abweichungen kenntlich zu machen. In der Praxis, insbes bei kleineren Unternehmen, dominiert diese sog Einheitsbilanz. 484 Sie ist eine nach steuerlichen Grundsätzen aufgestellte Handelsbilanz. 212 Wird bei Ermittlungen lediglich eine einzige Bilanz für das jeweilige Geschäftsjahr aufgefunden, so bedarf es also der Prüfung, um was für eine Art Bilanz es sich handelt. Ist sie eine Handels- oder Einheitsbilanz, dann liegt eine handelsrechtlich vorgeschriebene Bilanz vor. Findet sich hingegen lediglich eine Steuerbilanz, so ist den handelsrechtlichen Vorschriften nicht genügt. Trotz Vorliegens einer Steuerbilanz fehlt es dann an einer vom Handelsrecht vorgeschriebenen Bilanz. Das ist Beschuldigten mit kaufmännischer Ausbildung auch durchweg bewusst. Auch diese Konstellation fällt unter § 283 Abs 1 Nr 7b StGB.485

2.

Allgemeine Bedeutung der Vorschrift und Täterqualität

213 $ 283 Abs 1 Nr 7 StGB486 lehnt sich in weitem Maße an die Bestimmungen des § 283 Abs 1

Nr 5 StGB an. In Nr 7b ist ein abstraktes Gefährdungs- und (Dauer-)Unterlassungsdelikt 487 normiert, während es sich bei Nr 7a u m ein schlichtes Tätigkeitsdelikt handelt. Auch Bilanzierungsmängel sind nur dann strafbar, wenn sie geeignet sind, die Übersicht über den Vermögensstand zu erschweren. 488 Es kann auch hierfür auf die Ausführungen zu Nr 5 zurückgegriffen werden. 489 214 Tauglicher Täter eines Delikts nach § 283 Abs 1 Nr 7 StGB ist wie bei § 283 Abs 1 Nr 5 StGB nur der Kaufmann oder dessen Organ. 490 Das war bereits vor Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes 1998 so.491 Der Kaufmann kann sich zwar zum Errichten der Handelsbilanz Hilfspersonen, insbes Steuerberatern oder Buchführungsgesellschaften, bedienen. Eine vollständige Delegierung ist allerdings nicht möglich, wie das Erfordernis der Unterschrift des Kaufmanns oder aller vertretungsberechtigten Gesellschafter bzw Organmitglieder zeigt, S 245 HGB. Dritte können also lediglich Teilnehmer, in der Regel Gehilfen, aber auch Anstifter sein.492

483 AllgM, vgl Weyand Rn 99. 484 M-G/B/Bieneck Rn 76/16. 485 AA M-G/B/Bieneck Rn 82/42. 486 Zur Abgrenzung gegenüber S 331 HGB vgl Schuppen S 30ff. 487 M-G/B/Bieneck Rn 82/57a. 488 Schuppen S 19. 489 Tiedemann Rn 135 zu S 283 StGB; zu den maßgeblichen Aspekten vgl oben Rn 185 ff. 490 Es genügt eine faktische Organstellung, aA Schuppen S 146 ff; vgl zur allgemeinen Problematik oben S 5 Rn 66 ff. 491 Tiedemann Rn 129 zu S 283 StGB. 492 Str, wie hier Tiedemann Rn 129 zu § 283 StGB mwN.

388

Bittmann

Bankrott, $$ 283,283a StGB

3.

Bilanz

Das Bilanzstrafrecht ist dem Bilanzrecht des H G B weitgehend akzessorisch. 4 9 3 Die B i l a n z ist eine s t i c h t a g s b e z o g e n e V e r m ö g e n s a u f s t e l l u n g des K a u f m a n n s . Die linke, die Aktivseite weist die Verwendung, die rechte, die Passivseite die Herkunft der Mittel aus. § 2 4 2 H G B spricht von der Darstellung des Vermögens und der Schulden. N u r diese A u f s t e l l u n g ist B i l a n z iSv § 2 8 3 Abs 1 Nr 7 StGB. 4 9 4 Die in S 2 4 2 Abs 2 H G B geregelte G e w i n n - u n d

215

Verlust-, also Erfolgsrechnung, fallt dagegen ebensowenig unter den Bilanzbegriff wie der g e m ä ß § 2 4 2 Abs 3 H G B für Kapitalgesellschaften vorgeschriebene L a g e b e r i c h t n e b s t A n h a n g , obwohl letzterer g e m ä ß $ 2 6 4 Abs 1 Satz 1 H G B m i t Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung eine (für § 2 8 3 Abs 1 Nr 6 maßgebliche 4 9 5 ) Einheit bildet. Dieser enge Bilanzbegriff folgt aus der strafrechtlichen Maßgeblichkeit des Handelsrechts, welches zwischen Bilanz einerseits, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und Lagebericht andererseits deutlich unterscheidet. In der Regel werden sich allerdings Mängel der Letztgenannten auch auf die Bilanz auswirken. Sollte das nicht der Fall sein, so kann eine Strafbarkeit zwar nicht g e m ä ß § 2 8 3 Abs 1 Nr 7a StGB, wohl aber g e m ä ß Nr 5 oder Nr 8 StGB vorliegen. Das Unterlassungsdelikt des $ 2 8 3 Abs 1 Nr 7b StGB ist allerdings nicht verwirklicht, wenn zwar die Bilanz, nicht aber die Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang und Lagebericht vorliegen. Das Fehlen oder ein Mangel Letztgenannter ist zwar nicht nach § 2 8 3 Abs 1 Nr 7 StGB strafbar, wohl aber kann ihr Inhalt eine Bestrafung nach dieser Vorschrift verhindern. Wenn sich darin nämlich Erklärungen unklarer Bilanzpositionen finden, dann kann das dazu führen, dass das Erschwernismerkmal zu verneinen ist. So kann aus einer an sich mangelhaften noch eine strafrechtlich zu akzeptierende Bilanz werden. 4 9 6

a)

216

Bilanzarten

Es gibt verschiedene Arten von Bilanzen, welche unter § 2 8 3 Abs 1 Nr 7 StGB fallen. 4 9 7 Zu unterscheiden sind die E r ö f f n u n g s - , auch Anfangs- oder Gründungsbilanz genannt, und

217

Strafrechtlich ist - auch im Hinblick auf die Rechtzeitigkeit - allein die A u f s t e l l u n g d e r B i l a n z maßgeblich. 4 9 8 Auf eine gesellschaftsrechtlich oder gesetzlich vorgesehene Feststellung durch Gesellschafter und/oder Aufsichtsorgane 4 9 9 k o m m t es ebensowenig an wie auf ein möglicherweise vorgeschriebenes Testat einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Letzteres fällt in der Praxis allerdings häufig zeitlich mit der Errichtung zusammen. Nicht ausreichend ist hingegen die bloße EDV-Speicherung der Bilanzdaten 5 0 0 oder eine vorläufige Bilanz. 5 0 1

218

die Abschlussbilanz, § 242 HGB.

aa)

Eröffnungsbilanz

Eine Eröffnungsbilanz ist nicht nur bei Aufnahme der kaufmännischen Geschäftstätigkeit aufzustellen. 5 0 2 493 Vgl Schuppen S140, zum Einfluss des Europarechts S 183 ff. 494 Str, wie hier M-G/B/Bieneck Rn 82/41; NK/Kindhäuser Rn 77 zu § 283 StGB; Schuppen S 149 ff; Tiedemann Rn 130 zu § 283 StGB mwN; aA A/W/Weyand Rn 23/50; Weyand Rn 91. 495 Vgl dazu oben Rn 197. 496 M-G/B/Bieneck Rn 82/41; Tiedemann Rn 130 zu § 283 StGB. 497 Übersicht bei Weyand Rn 91. 498 A/W /Weyand Rn 23/52; M-G/B/Bieneck Rn 82/45; S/S/Stree/Heine Rn 44 zu § 283 StGB; Weyand Rn 94. 499 M-G/B/Bieneck Rn 82/45; NK/Kindhäuser Rn 82 zu § 283 StGB; Reck ZInsO 2001,633,637. 500 M-G/B/Bieneck Rn 82/45. 501 AA Reck Rn 492. 502 NK/Kindhäuser Rn 79 zu $ 283 StGB. Bittmann

389

219

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften 220

Notwendig ist ihre Errichtung vielmehr auch bei jedem Inhaberwechsel, sei er rechtsgeschäftlicher oder sei er gesetzlicher Natur (zB Erbfall), und beim Hinzutreten eines weiteren Gesellschafters bei einer Personenhandelsgesellschaft. 503 Bei einer Kapitalgesellschaft ist hingegen eine Eröffnungsbilanz nur zu Beginn der Geschäftstätigkeit zu errichten. Auch zu Beginn der Liquidation ist - rechtsformunabhängig - eine Eröffnungsbilanz zu erstellen. Der Liquidator hat (ebenso wie ein neu bestellter Geschäftsführer des werbenden Unternehmens 5 0 4 ) fehlende Bilanzen aus der Zeit der werbenden Tätigkeit ggf innerhalb laufender Frist nachzuholen. 505 Eine Liquidationsbilanz wird in der Praxis allerdings regelmäßig nur erstellt, wenn der Liquidation ein Gesellschafterbeschluss oder Entschluss des Einzelhandelskaufmanns zugrunde liegt. Eine Liquidation kann jedoch auch kraft Gesetzes erforderlich sein, zB nach Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse oder Entdeckung von Vermögenswerten nach Abschluss des Insolvenzverfahrens. 506 Dieser Pflicht wird in der Praxis nur sehr selten genügt. Das Unterlassen der Aufstellung einer Liquidationsbilanz in diesen Fällen ist ebenfalls nach § 283 Abs 1 Nr 7b StGB strafbar. 507 Das folgt aus dem Rechtsgut und der Tatsache, dass eine ordnungsmäßige Liquidationsbilanz den Gläubigern Auskunft über Vollsteckungsmöglichkeiten böte. Die erforderliche Krisenidentität 508 ist gewahrt.

221

Für die Praxis ist die unterlassene Liquidationseröffnungsbilanz nach Abschluss des Insolvenzverfahrens nicht sehr bedeutsam. Wenn nachträglich überhaupt einmal weitere Vermögenswerte bekanntwerden, dann waren sie regelmäßig im Insolvenzverfahren verheimlicht worden, so dass eine Straftat nach § 283 Abs 1 Nr 1 StGB oder - bei juristischen Personen - nach $ 266 StGB begangen wurde. Ein ernsthaftes Bedürfnis, das Unterlassen der Errichtung der Liquidationseröffnungsbilanz gesondert zu bestrafen, besteht in diesen Fällen deshalb nur dann, wenn der Liquidator nicht mit dem Kaufmann oder den früher Vertretungsberechtigten personengleich oder eine Bestrafung wegen der vorausgegangenen Straftat an der Verjährung scheitert. Beides ist in der Praxis höchst selten.

222

Im Gegensatz dazu ist die Pflicht des Kaufmanns, der vertretungsberechtigten Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften und der Organmitglieder der Kapitalgesellschaften 5 0 9 als geborene Liquidatoren nach Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse für eine ordnungsmäßige Abwicklung des Restvermögens zu sorgen und zu diesem Zwecke eine Eröffnungsbilanz zu erstellen, für die strafrechtliche Praxis von Interesse. In diesen Fällen wird selten ein anderer zum Liquidator gekoren. Unterlässt der genannte Personenkreis das Aufstellen einer Liquidationseröffnungsbilanz, so ist für die Gläubiger häufig nicht zu erkennen, ob und dass noch Restvermögen vorhanden ist. 510 Wohl hat der

503 M-GIB/Bieneck Rn 82/46; T/Fischer Rn 26 zu $ 283 StGB. 504 T/Fischer Rn 29 zu § 283 StGB. 505 BayObLG wistra 1990,201; W/J ¡Köhler Rn 7/164. 506 Vgl BAG KTS 2003, 154, 155 f; BlQuedenfeld/Richter Rn 9/187; M-G/B/Bieneck Rn 75/74ff; Tiedemann Rn 132 zu $ 283 StGB; Uhlenbruch GmbHR 1999, 313, 314f, auch 390, 395, 400; W/J/Beck Rn 6/ 131; zur Nachtragsliquidation vgl zB BayObLG NZG 2000, 833 f. Κ Schmidt, ZGR 1998,633, 637, weist darauf hin, dass die Gesellschaft an sich im Insolvenzverfahren vollständig abzuwickeln ist. Das Erreichen dieses Ziels ist aber nicht Voraussetzung für die Beendigung des Insolvenzverfahrens, vgl BGH NJW 2001,2966; Konzen FS Ulmer S 323 ff; s bereits oben Rn 157 sowie § 10 insbes Rn 1 und Rn 11. 507 Richter GmbHR 1984,113,121; sa unten Rn 222 und 242. 508 Vgl dazu unten Rn 311 ff, insbes 316. 509 Bei der GmbH ist der Geschäftsführer „geborener" Liquidator, § 66 Abs 1 GmbHG, dazu OLG Saarbrücken, OLGR Saarbrücken, 2001, 227f. Bei einer Publikums-KG muss der Liquidator analog S 273 Abs 4 AktG gerichtlich bestellt werden, BGH ZIP 2003,1338 ff. 510 Konzen, FS Ulmer, S 323,347, und Κ Schmidt, ZGR 1998,633,639, fordern iGgs zu hM, dass bei der Liquidation nach Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse der insolvenzrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz eingehalten wird; tendentiell ähnlich, aber beschränkt auf die Unzulässigkeit der Bevorzugung der Gesellschafter oben § 10 Rn 10. 390

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Bankrott, §§ 283,283a StGB

Kaufmann spätestens im Insolvenzeröffnungsverfahren Auskunft über seinen Vermögensstand zu geben und die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Angaben an Eides Statt zu versichern, doch kann sich der Vermögensstand bis zum Zeitpunkt der Abweisung mangels Masse durchaus verändert haben, etwa dann, wenn eine Verbindlichkeit überraschenderweise, meist in Unkenntnis der Krise, doch noch beglichen wurde. Angesichts dessen besteht in dieser Lage durchaus ein Bedürfnis für die Erstellung einer Liquidationseröffnungsbilanz und das Unterlassen von deren Aufstellung kann, ggf als einzige Straftat des Kaufmanns oder Organmitglieds, nach § 283 Abs 1 Nr 7b StGB geahndet werden. bb)

Abschlussbilanz

Eine (Abschluss-)Bilanz511 ist zum Ende eines jeden Geschäftsjahres aufzustellen, 223 welches maximal 12 Monate betragen darf. Sie ist auch bei Geschäftsaufgabe und dann erforderlich, wenn der Gewerbebetrieb nicht mehr eine kaufmännische Organisation erfordert. Wird im Laufe des Geschäftsjahres eine Zwischenbilanz aufgestellt, so ersetzt sie die Jahresabschlussbilanz nicht 512 . Die Bilanzierungspflicht dauert bis zur Vollbeendigung der juristischen Person fort.513 Auch wenn eine Krise aus der Bilanz allein nicht ablesbar ist,514 soll die Bilanz dem Kauf- 224 mann wenigstens einmal im Kalenderjahr eine verlässliche Übersicht über seine wirtschaftliche Situation ermöglichen. Für deren Richtigkeit hat er auch nach außen hin die Verantwortung zu übernehmen und dies durch seine Unterschrift zu dokumentieren. b)

Inhaltliche Anforderungen

Für die Aufstellung der Bilanz sind neben einigen Sondervorschriften515 die Bestimmungen 225 der SS 243 ff und 264 ff HGB maßgeblich. Sie legen im Einzelnen fest, was zu bilanzieren ist und wie die Bilanz gegliedert werden muss. Die genannten Vorschriften enthalten also sowohl formelle als auch inhaltliche Regelungen. Ähnlich wie die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sind die Grundsätze ordnungs- 226 mäßiger Bilanzierung einzuhalten.516 Die wesentlichen Prinzipien sind die der Vollständigkeit sowie der Bilanzklarheit und der Bilanzwahrheit. Soweit das Gesetz keine ausdrückliche Regelung trifft, ist neben den in der Rspr herausgearbeiteten Grundsätzen die tatsächliche Übung maßgeblich. Hier gelten die gleichen Voraussetzungen für die Bestrafung im Einzelfall wie bei den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung.517 Die Werte der letzten Bilanz sind die Ausgangswerte der nächsten: Grundsatz des formellen Bilanzzusammenhangs. s18 Obwohl der Einzelhandelskaufmann, die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft und die Komplementäre auch mit ihrem Privatvermögen haften, ist lediglich das gewerbliche Vermögen zu bilanzieren.519 511 Bei priifungspflichtigen Unternehmen, S 316 HGB, ist die Prüfung Voraussetzung für einen wirksamen Jahresabschluss, vgl Schuppen S 48. Die Vorschrift des § 256 Abs 1 Nr 2 AktG wird bilanzrechtlich auf die GmbH analog angewandt. Die Analogie hat aber strafrechtlich keine Bedeutung. 512 Tiedemann Rn 132 zu § 283 StGB. 513 M-G/B/Bieneck Rn 82/58; aA OLG Düsseldorf, wistra 1998 360. 514 Vgl dazu oben Rn 186. 515 ZB SS 290 ff HGB für Konzernbilanzen und $$ 340 ff HGB für Bilanzen bestimmter Wirtschaftszweige wie Versicherungen und Geldinstitute. 516 Reck ZInsO 2001, 633, 636f; Schuppen S 6ff, 23, auch 141. Er systematisiert in Regeln zur Beurkundung, Bewertung, Benennung und Beurteilung. 517 Vgl dazu oben Rn 168. 518 BFHNJW 1998,3798 fmN. 519 T/Fischer Rn 25 zu § 283 StGB. Das war früher umstritten, vgl Tiedemann Rn 137 zu S 283 StGB; aA W/S/Ahrens Rn 21/53; nicht eindeutig M-G/B/Bieneck Rn 82/41 mit Fn 31.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften 227

Zunächst sind für die Bilanz die rechtlichen Verhältnisse maßgeblich, S 246 HGB. Soweit sie allerdings die tatsächliche Wirtschaftskraft nicht angemessen ausdrücken können, ist für die Bilanz eine wirtschaftliche Betrachtung vorzunehmen, vgl § 240 Abs 1 HGB. 5 2 0 Das gilt insbes bei den Sicherungsrechten (Eigentumsvorbehalt, Sicherungsübereignung), und ist beim Leasing wegen seiner Unterschiedlichkeit der Erscheinungsformen besonders schwierig und im Einzelnen umstritten. 5 2 1 Wegen der Gläubigerschutzfunktion gilt das Vorsichtsprinzip, § 252 Abs 1 Nr 4 HGB 5 2 2 . Ausfluss dessen ist das grundsätzliche Aktivierungsverbot des know how wie des good wills (Firmenwerts), sofern er nicht erworben wurde. 523 Ausdrücklich verboten ist die Aktivierung nicht entgeltlich erworbener immaterieller Vermögensgegenstände, $ 248 Abs 2 HGB.

228

Aufzunehmen sind sämtliche betrieblichen 5 2 4 Vermögenswerte, soweit kein Ansatzverbot wie zB § 248 Abs 2 HGB für selbstgeschaffene immaterielle Vermögenswerte eingreift, 525 und alle Verbindlichkeiten. Schwierig ist häufig, mit welchem Wert die einzelnen Positionen anzusetzen sind. 526 Grundsätzlich ist eine Einzelbewertung zum Bilanzstichtag vorzunehmen. Gruppenbewertungen sind nur unter den Voraussetzungen des $ 240 Abs 4 HGB zulässig. Anlage- und Umlaufvermögen dürfen höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungswerten aktiviert werden. Das führt bei Wertsteigerungen (zB bei Grundstücken, Beteiligungen, Wertpapieren und Geldanlagen in Fremdwährung) zu sog „stillen Reserven", also zu einer Aktivierung unter dem wahren (Verkehrs-)Wert. Auch dies ist Ausfluß des Vorsichtsprinzips. In welcher Höhe Abschreibungen auf das Anlagevermögen vorzunehmen sind, ist steuerrechtlich häufig festgelegt, während handelsrechtlich ein Spielraum besteht. Maßgeblich ist dabei neben der Abnutzung auch der betriebliche Nutzen und - insbes auf dem EDV-Sektor - die Innovationsgeschwindigkeit. Vielfach sind auch Schätzungen erforderlich.

229

Der Kaufmann hat also einen recht erheblichen Bewertungsspielraum. Seine Entscheidung ist handelsrechtlich hinzunehmen, soweit sie nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung getroffen wurde. 527 Strafrechtlich ist danach alles akzeptabel, was sich i m R a h m e n des Vertretbaren bewegt. 528 4.

$ 283 Abs 1 Nr 7a StGB

a)

Bilanzmängel

230

Die Vorschrift erfasst sowohl formelle als auch materielle = inhaltliche Bilanzverstöße. 5 2 9

231

Formelle Verstöße widersprechen in der Regel dem Grundsatz der Bilanzklarheit, § 243 HGB. Hierher gehört das Prinzip der Einzelbewertung und das Verbot der Saldierung von

520 Schüppen S 7. 521 VOnciulS 155 ff; Regner S 148 ff; Winnefeld Rn D 23 Off. 522 Vgl dazu bereits oben Rn 207. 523 Vgl Schüppen S 142. 524 NK¡Kindhäuser, Rn 83 zu § 283 StGB, verlangt unter Hinweis auf ältere Rspr auch die Bilanzierung des Privatvermögens des Einzelkaufmanns. 525 RecfeRn 481. 526 Vgl Schüppen S 8. 527 Hoffinann/Liidenbach DB 2003,1965 ff; Schuppen S10,13 f und 21. 528 Auch hier stellt die hM auf Willkür ab, vgl M-G/B/Bieneck Rn 82/44; Tiedemann Rn 138 zu $ 283 StGB; zum vergleichbaren Problem bei S 283 Abs 1 Nr 5 StGB s oben Rn 182. 529 Ehlers DStR 1999,461,462; Reck ZInsO 2001,633,636 f; ders Rn 485 mit Auflistung. Vgl zum Handelsrecht oben Rn 172 ff. 392

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Bankrott, Sì 283,283a StGB

512

Geschäftsvorgängen, S 246 Abs 2 HGB.530 Bei derartigen Verstößen ist es ebenso wie bei Abweichungen von den Gliederungsvorschriften des $ 266 HGB, mangelhaften Bezeichnungen oder Postenvermischungen nicht selbstverständlich, dass die Mängel den Überblick über das Vermögen erschweren. Sowohl der Kaufmann selbst als auch sachkundige Dritte können häufig trotz der formellen Unstimmigkeiten die wahre Vermögenslage im Wesentlichen erkennen. Verletzungen der Grundsätze der Bilanzwahrheit und der Vollständigkeit stellen dem- 232 gegenüber inhaltliche Bilanzverstöße dar. Die Verminderung von Verbindlichkeiten oder die Aufnahme fiktiver Aktivposten erschweren durchweg den Überblick über das Vermögen. Gleiches kann aber auch bei bloßen Fehlbezeichnungen gelten, etwa wenn Aktiverhöhungen aus der Auflösung stiller Reserven als Ergebnisse der laufenden Geschäftstätigkeit dargestellt werden. 531 In der Praxis haben sich die Ansätze der Aufwendungen für Ingangsetzen und Erweitern des Geschäftsbetriebs, für Beteiligungen, Vorräte und Forderungen gegenüber Gesellschaftern auf der Aktivseite und für Rückstellungen und Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern auf der Passivseite als besonders manipulationsanfällig erwiesen. Ziel ist meist der Ausweis überhöhten Eigenkapitals. 532 Bei Prüfung einer Bilanz ist auf die genannten Aspekte vorrangig zu achten.

b)

Erschwerter Überblick über den Vermögensstand

Ebenso wie § 283 Abs 1 Nr 5 StGB in der Alternative der Buchführungsmängel sind auch 233 Bilanzverstöße nach § 283 Abs 1 Nr 7a StGB nur dann pönalisiert, wenn der Fehler geeignet ist, ggf gemeinsam mit weiteren, den Überblick über das zu bilanzierende Vermögen zu erschweren. 533 Die ältere Rspr 534 stellte für das Erschwernismerkmal ebenso wie bei $ 283 Abs 1 Nr 5 234 StGB auf den Zeitpunkt des Eintritts der Strafbarkeitsbedingung des § 283 Abs 6 StGB ab. Dem kann aber für § 283 Abs 1 Nr 7a StGB ebensowenig wie für die Nr 5 gefolgt werden. 535 Für Nr 7a kommt noch hinzu, dass das Gesetz nicht auf verschiedene Bilanzen als Einheit, sondern auf jede einzelne Bilanz abstellt. Außerdem ist eindeutig, dass die verspätete, also immerhin nachgeholte Bilanz unter § 283 Abs 1 Nr 7b StGB fällt. Zu dieser gesetzgeberischen Entscheidung bestünde ein Wertungswiderspruch, wäre das Manipulieren der Bilanz straffrei, wenn sie nur vor Eintritt der Strafbarkeitsbedingung berichtigt würde, ist doch das Tätigkeitsdelikt des $ 283 Abs 1 Nr 7a StGB strafwürdiger als die Unterlassung gemäß

S 283 Abs 1 Nr 7b StGB. Maßgeblicher Zeitpunkt ist demnach derjenige der Tathandlung.536 Nach der hier vertretenen Auffassung wirkt die Bilanzberichtigung eines Nachfolgers nicht 235 zu Gunsten dessen, der ursprünglich die Bilanz falsch erstellt hatte. Berichtigt hingegen der Manipulateur selbst, so kann dem auf diese Weise geminderten Strafbedürfnis erforderlichenfalls durch Anwendung der Opportunitätsvorschriften der $$ 153 und 153a StPO Rechnung getragen werden. Auch nach der älteren Rspr stellt zwar die Errichtung einer zutreffenden Bilanz für einen späteren Zeitraum für sich allein keine zur Straffreiheit

530 Reck Rn 480; Schuppen S 7; Tiedemann Rn 141 zu § 283 StGB. 531 Εή/m/Dricling S 143; Tiedemann Rn 139 zu S 283 StGB. 532 Beispiel: Eine Überbewertung der aktivierten Vorräte f ü h r t z u m verringerten Ausweis von Materialkosten in der Gewinn- u n d Verlustrechnung u n d damit zu einem Mehrgewinn, der das passivierte Eigenkapital erhöht. 533 Vgl f ü r Nr 5 oben Rn 185 ff. 534 Nachweise bei Tiedemann Rn 118 u n d 144 zu $ 283 StGB. 535 Vgl d a z u oben Rn 188. 536 NK¡Kindhäuser Rn 84 zu § 283 StGB.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

führende Berichtigung dar, zum Zeitpunkt des Eintritts der Strafbarkeitsbedingung gemäß S 283 Abs 6 StGB wird sich bei Vorliegen einer späteren zutreffenden Bilanz aber häufig nicht feststellen lassen, dass die Übersicht über den Vermögensstand (noch) erschwert ist. Darauf kommt es jedoch nicht an, wenn man wie hier der Gegenauffassung folgt. Dann sind auch für das Erschwernismerkmal allein die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Errichtung der Bilanz maßgeblich. 5.

$ 283 Abs 1 Nr 7b StGB

236 Diese Bestimmung stellt es unter Strafe, entgegen dem Handelsrecht die Bilanz oder das Inventar nicht in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen. Demnach ist es nicht nur strafbar, das Aufstellen der Bilanz oder des Inventars überhaupt zu unterlassen, sondern auch, beides erst verspätet zu errichten. Die fehlende Unterschrift allein führt nach hM nicht zur Strafbarkeit wegen eines Bilanzverstoßes, falls sich auf andere Weise feststellen lässt, dass nicht nur ein Bilanzentwurf vorliegt.537 Die Tat ist mit Ablauf der Aufstellungsfrist vollendet. Beendet ist sie frühestens mit dem Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen.538 Die Pflicht zur Erstellung einer Bilanz endet nicht mit dem Ablauf ihrer gesetzlichen Erstellungsfrist. Daher kann die vor Eintritt der Krise gem § 283b Abs 1 Nr 3b StGB strafbare Unterlassung rechtzeitiger Bilanzerstellung zu einer Tat nach $ 283 Abs 1 Nr 7b StGB werden, wenn die Bilanz nicht nachträglich und zwar vor Krisenbeginn aufgestellt wurde. Dies verkennt die Rspr,539 die $ 283 Abs 1 Nr 7b StGB nur dann anwendet, wenn die Krise vor Fristablauf einsetzte. a)

Fristen

237 Bestimmte Fristen zum Errichten der Abschlussbilanz schreibt das Gesetz nur für Kapitalgesellschaften vor. Wirtschaftsgenossenschaften müssen sie gemäß $ 336 Abs 1 HGB spätestens 5 Monate, andere Kapitalgesellschaften gemäß $ 264 Abs 1 HGB spätestens 3 Monate nach Abschluss des Geschäftsjahres fertiggestellt haben. Für kleinere Kapitalgesellschaften besteht eine Erleichterung dahingehend, dass die Frist 6 Monate beträgt, allerdings nur dann, wenn dies einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entspricht, § 264 Abs 1 S 3 HGB. Da den Kaufmann in der Krise besondere Sorgfaltspflichten treffen,540 gilt diese erweiterte Frist nicht, wenn sich die Gesellschaft in der Krise befindet.541 Was eine kleine Kapitalgesellschaft ist, definiert § 267 Abs 1 HGB.542 Seit dem 1.1.1999 gelten dafür erhöhte Rahmendaten. $ 264a HGB stellt den Kapitalgesellschaften offene Handels- und

537 M-G/B/Bieneck Rn 82/45; Tiedemann Rn 136 und 150 zu $ 283 StGB; aA W/S/Ahrens Rn 21/53. 538 Vgl dazu unten Rn 240 ff, 307 und 329. 539 BGH wistra 1998,105; 2 0 0 3 , 2 3 2 , 2 3 3 ; KG wistra 2 0 0 2 , 3 1 3 , 3 1 4 ; ebenso T/Fischer Rn 25 zu S 283 StGB; Wilhelm NStZ 2003, 511, 514; dagegen zutr wie hier Doster wistra 1998, 326, 327; Maurer wistra 2003, 174, 174f. Der Versuch Rönnaus, NStZ 2003, 525, 531, diese Rspr damit zu verteidigen, dass andernfalls in dogmatisch unzulässiger Weise erst in der Beendigungsphase die Qualifikation einträte, geht fehl, weil die handelsrechtliche Pflicht zur Bilanzerrichtung fortbesteht, weshalb ein neuer Geschäftsführer die bei seinem Eintritt fehlende Bilanz nachholen muss und bei Unterlassung der Erfüllung dieser Pflicht im Fall des Bestehens der Krise zB schon bei Aufnahme seiner Tätigkeit selbstverständlich nach s 283 Abs 1 Nr 7b StGB und nicht nur nach $ 283b Abs 1 Nr 3b StGB zu bestrafen ist. Für den schon zur Zeit des Ablaufs der Frist zur Bilanzaufstellung amtierenden Geschäftsführer kann aber nichts anderes gelten. 540 Vgl dazu oben Rn 148 sowie § 11 Rn 115. 541 A/W/Weyand Rn 23/54; NK/Kindhäuser Rn 85 zu $ 283 StGB; Reck ZInsO 2001, 633, 637; Scholz/ Tiedemann Rn 48 vor $ 82 GmbHG; Τ /Fischer Rn 29 zu S 283 StGB; wohl ebenso, wenn auch nicht eindeutig M-G/B/Bieneck Rn 82/48. 542 Weyand Rn 96.

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Bankrott, $§ 283,283a StGB

Kommanditgesellschaften dann gleich, wenn in ihnen nicht wenigstens ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, also zB die GmbH & Co KG. Für Einzelhändler und die übrigen Personenhandelsgesellschaften stellt das Gesetz allein darauf ab, was einem ordnungsmäßigen Geschäftsgang entspricht. Die Praxis orientiert sich insoweit an den Fristen für die kleine Kapitalgesellschaft.543 Auch für die Eröffnungsbilanz enthält das Gesetz keine festen Aufstellungsfristen. Zu be- 238 achten ist allerdings, dass die Eröffnungsbilanz zum jeweiligen Anlass zu errichten ist, vgl $$ 242 Abs 1 und 243 Abs 3 HGB.544 Allzuweit führt dieses Argument allerdings nicht, weil ja auch die Abschlussbilanz „zum" Ende des Geschäftsjahres aufzustellen ist. Die Praxis verlangt zwar eine unverzügliche oder eine dem ordnungsgemäßen Geschäftsgang entsprechende545 Errichtung, sieht dieses Erfordernis aber bei Einhaltung einer Frist von 3 Monaten auch noch als gewahrt an. Es empfiehlt sich für die strafrechtliche Praxis, sich an der 3-Monats-Frist zu orientieren. 546 b)

Fristablauf nach Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen

Von erheblicher praktischer Bedeutung ist, was gilt, wenn die Errichtungsfrist erst nach Eintritt der Strafbarkeitsbedingung abläuft. Dabei ist zwischen der Zahlungseinstellung einerseits und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse andererseits zu unterscheiden. aa)

239

Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Abweisung mangels Masse

Es gibt ältere Rspr,547 welche die Vollendung des Tatbestands dann bejaht, wenn die nach 240 der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse verbleibende Frist trotz zügigen Handelns nicht mehr ausreicht, die Bilanz rechtzeitig zu erstellen. Abgesehen davon, dass ein derartiges Kriterium nur schwer justitiabel ist, dürfte diese Rspr auch angesichts der technischen Entwicklung überholt sein. Unter Zuhilfenahme der automatisierten Datenverarbeitung kann eine Bilanz unter Aufbieten der erforderlichen, regelmäßig nicht übermäßig aufwendiger Kapazitäten binnen kürzester Zeit gefertigt werden. Das mag allerdings bei einer „Waschkorbbuchhaltung" anders sein. Gleichwohl empfiehlt es sich wegen des spekulativen Elementes, nicht auf diese ältere Rspr zurückzugreifen.548 Dementsprechend ist die Tat nicht vollendet, wenn eine der beiden genannten Strafbarkeitsbedingungen vor Fristablauf eintrat. Lässt sich feststellen, dass es der Täter in der angebrochenen Frist bewusst unterlassen hat, eine Bilanz aufzustellen und sich dies bis zu deren Ablauf auch nicht ändern sollte, so liegt ein gemäß S 283 Abs 3 StGB strafbarer Versuch vor. Strafbarkeitslücken sind also nicht zu befürchten. Hinzu kommt, dass das Gesetz in $ 283 Abs 1 Nr 7b StGB die unterlassene Aufstellung 241 eines Inventars der unterlassenen Bilanzierung gleichstellt. Da die Inventarisierung als deren Basis 549 der Bilanzierung vorauszugehen hat, kann es also durchaus sein, dass 543 Das ist verfassungsgemäß, BVerfG NJW 1978, 1423 f (zu § 240 Abs 1 Nr 4 KO aF); M-G/B/Bieneck Rn 82/50; Tiedemann Rn 147 zu $ 283 StGB mwN; T/Fischer Rn 27 zu § 283 StGB. W/J¡Köhler, Rn 7/163, will regelmäßig, Reck, Rn 491 (anders aber wohl Rn 488: 1 Jahr), und W/S/Ahrens, Rn 21/55, wollen maximal 6, Weyand, Rn 98, sogar bis zu 9 Monate gelten lassen. 544 Tiedemann Rn 148 zu $ 283 StGB. 545 Ί¡Fischer Rn 26 zu § 283 StGB. 546 Weyand Rn 97. 547 Nachw bei Weyand Rn 99, Fn 360; ebenso S/SIStree/Heine Rn 47 zu S 283 StGB. 548 Tiedemann Rn 151 zu § 283 StGB; einschr auch NK/Kindhäuser Rn 87 zu S 283 StGB; aA W/J /Kohler, Rn 7/165, unter Hinweis auf BGH NStZ 1992, 182; Weyand Rn 99; andere Akzente bei M-G/B/Bieneck Rn 82/52. 549 NK/Kindhäuser Rn 81 zu S 283 StGB. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

zwar die Frist für die Errichtung der Bilanz noch nicht abgelaufen ist, wohl aber bereits ein Inventar hätte errichtet werden müssen. Da ein Inventar regelmäßig 550 durch körperliche Bestandsaufnahme zum Ende des Geschäftsjahres bis zum 10. Tag nach dessen Ablauf schriftlich 551 zu errichten ist,552 ist die Unterlassung der Inventarerstellung kurz nach Ablauf des Geschäftsjahres vollendet. Einer körperlichen Bestandsaufnahme bedarf es allerdings nur dann, wenn von den rechtlichen und technischen Möglichkeiten für eine permanente Inventur kein Gebrauch gemacht wird, $ 241 Abs 2 HGB. Dann ist ein Inventar jederzeit vorhanden. Es liegen heute die technischen Voraussetzungen dafür vor, jede Bestandsveränderung digital zu erfassen und so einen ständigen Überblick auch über das Umlaufvermögen zu haben. Eine körperliche Bestandsaufnahme ist aber auch dann einmal jährlich nötig. Die maßgeblichen Vorschriften für das Inventar finden sich in den §§ 240 f HGB. Ein Inventar ist aber nicht nur zum Ende des Geschäftsjahres aufzustellen. Wer ein krisenhaftes (Einzel-)Unternehmen übernimmt, der hat sofort ein Inventar zu errichten. 553

bb)

Zahlungseinstellung

242 Anderes gilt für die Zahlungseinstellung. Bei ihr handelt es sich um einen Realakt, ohne dass sich ein gerichtlich geordnetes Verfahren anschlösse. Die bisherigen Verantwortlichkeiten ändern sich demzufolge nicht. Sie bestehen ebenso wie Gesellschaft fort, solange letztere nicht beendet und gelöscht ist, vgl $ 141a FGG. Es gibt demzufolge keinen inneren Grund, die Strafbewehrung der gesetzlichen (Buchführungs- und) Bilanzierungspflichten eines Geschäftsführers oder Liquidators mit der Zahlungseinstellung enden zu lassen,554 selbst für den Fall, dass sie ihr Amt erst danach angetreten haben. 555 Die entgegenstehende Rspr 556 ist unverständlich, weil sie die Verantwortung für fortbestehende gesetzliche Pflichten beseitigt und insbes mit der Strafbewehrung der Bilanzierungspflicht des Liquidators nach Abweisung mangels Masse 557 unvereinbar ist. Sie reduziert den Anwendungsbereich des § 283 Abs 1 Nr 7b StGB auf ein Minimum, nämlich auf die Fälle, in denen die Frist zur Errichtung der Bilanz in der Krise, aber vor Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen des § 283 Abs 6 StGB endet. Lief sie davor ab, so soll, obwohl die Tat noch nicht beendet ist, nur $ 283b Abs 1 Nr 3b einschlägig,558 endet sie danach, so soll die Unterlassung gar straflos sein. Der frühere Geschäftsführer als geborener Liquidator muss zwar die Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr nicht unter Strafdrohung nachholen, wenn er vor Ablauf der Errichtungsfrist Insolvenz angemeldet hat, wohl aber zum Zeitpunkt der Abweisung

550 Bei zeitlich vor- oder nachverlagerter Inventur k a n n die körperliche Bestandsaufnahme innerh a l b von drei Monaten vor oder innerhalb von zwei Monaten nach d e m Inventurstichtag erfolgen, § 241 Abs 3 N r 1 HGB. 5 5 1 Reck Rn 494. 552 Noch enger R e d Rn 493: Mit d e m Ablauf des Geschäftsjahres. 553 S/SIStree/Heine Rn 45 z u § 283 StGB. 554 H M , vgl Tiedemann Rn 96 vor S 283 StGB, der allerdings n u r Versuch a n n e h m e n will, Rn 151 zu $ 283 StGB; Τ /Fischer Rn 29 z u S 283 StGB; auch Doster wistra 1 9 9 8 , 3 2 6 , 3 2 8 ; s allg u n t e n Rn 318, auch o b e n R n 157. 555 AA NK¡Kindhäuser Rn 88 zu § 283 StGB u n t e r B e r u f u n g auf BGH MDR (H) 1991,1023. 556 BGHR StGB § 283 Abs 1 Nr 7b Zeit 1; NStZ 1992,182; wistra 1998,105; OLG Düsseldorf wistra 1998, 360 f; n u r scheinbar z u s t B/Quedenfeld/Richter Rn 9/173: s Rn 9/176; diese Rspr s t ü t z t e sich möglicherweise auf einen jedenfalls inzwischen d u r c h $ 17 InsO überholten Begriff der Zahlungseinstellung, die zuvor teilweise erst bei einer Unterdeckungsquote von m e h r als 50% bejaht w u r d e . Aber selbst d a n n k ö n n t e ihr nicht gefolgt werden u n d k ä m e es allein darauf an, ob ü b e r h a u p t noch Mittel in H ö h e der B u c h f ü h r u n g s - u n d Bilanzierungskosten vorhanden waren, Doster wistra 1 9 9 8 , 3 2 6 , 3 2 8 . 557 Vgl dazu oben Rn 220 u n d 222. 558 Vgl oben Rn 236. Z u d e m verlangt der BGH, dass der Täter die Krise insbes die Überschuldung, schon z u r Zeit des Laufs der Bilanzierungsfrist k e n n t u n d von ihr nicht erst a u f g r u n d der Bilanz erfahrt, vgl u n t e n Rn 291.

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Bittmann

Bankrott, §§ 283,283a StGB mangels Masse eine Liquidationseröffnungsbilanz aufstellen. Demgemäß gilt es festzuhalten, dass die Bilanzierungspflicht fortbesteht, bis die Gesellschaft vollbeendet ist. Die Verantwortlichkeit dafür trifft den Geschäftsführer oder Liquidator nur während des Insolvenzeröffnungs- und des Insolvenzverfahrens nicht. Eine Bestrafung wegen unterlassener Bilanzierung scheidet allerdings auch dann aus, wenn ihre Errichtung aus finanziellen Gründen unmöglich war und ist. Das ist aber nicht schon mit Eintritt der insolvenzrechtlichen Zahlungsunfähigkeit oder bei Zahlungseinstellung der Fall, weil die Bilanzierungspflicht vorrangig zu erfüllen ist. 559 c)

Scheinbilanzen

Die hM versteht das Unterlassen der Bilanzierung anders als bei § 283 Abs 1 Nr 5 StGB das Unterlassen der Buchführung nicht wortgetreu, sondern stellt die Errichtung von Scheinbilanzen den fehlenden gleich. 5 6 0 Diese Gleichstellung ist deshalb gerechtfertigt, weil das Strafgesetz mit der Verweisung auf die handelsrechtlichen Vorschriften 561 zugleich gewisse inhaltliche Anforderungen an eine „Bilanz" zu nennende Zusammenstellung der wirtschaftlichen Verhältnisse mit in bezug nimmt. Allein dann, wenn deren Erfassung aus der Buchführung entwickelt wird und sich im Wesentlichen an den handelsrechtlichen Vorschriften orientiert, also zumindest eine kontenmäßige Gegenüberstellung von Aktiva und Passiva vorhanden ist, S62 liegt eine „Bilanz" iSd § 283 Abs 1 Nr 7b StGB vor.563 Zudem muss die Zusammenstellung mit dem Ziel der Vollständigkeit gefertigt worden sein. Ist das nicht der Fall, dann handelt es sich nicht um eine handelsrechtliche Bilanz. Gleiches gilt für eine 2. Bilanz (zum Vorzeigen), die neben einer zutreffenden zusammengestellt wurde. 564 Manipulationen an derartigen Schriftstücken oder sonstige Mängel fallen auch nicht unter § 283 Abs 1 Nr 7a StGB. Die Verwendung solcher Scheinbilanzen kann allerdings je nach Sachverhalt als Betrug oder Kreditbetrug, 565 aber auch nach § 283 Abs 1 Nr 8 StGB 5 6 6 strafbar sein. Mangelnde Übersicht, das Fehlen einzelner Positionen und unzulässige Zusammenfassungen führen allerdings ebensowenig wie die fehlende Unterschrift 5 6 7 zur Annahme einer Scheinbilanz. 568 d)

244

Verspätete Bilanzierung

Die Errichtung von Bilanzen nach Fristablauf führt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht z u r Straffreiheit. 5 6 9 Bei verspäteten Bilanzen aus früheren Geschäftsjahren gilt es allerdings zu klären, ob auch für diese die erforderliche Krisenidentität 5 7 0 besteht. Ferner bedarf die Prüfung des Verspätungsvorsatzes häufig besonderer Sorgfalt.

559 560 561 562 563 564 565 566 567 568 569 570

243

Vgl dazu unten Rn 248. Ί/Fischer Rn 29 zu § 283 StGB mN. Vgl dazu oben Rn 207 und 225. NK/Kindhäuser Rn 82 zu S 283 StGB. M-G/B/Bieneck Rn 82/41; NK/Kindhäuser Rn 86 zu $ 283 StGB; VJß/Köhler Rn 7/167; Weyand Rn 99. NK/Kindhäuser Rn 84 und 93 zu § 283 StGB. Tiedemann Rn 145 zu $ 283 StGB. Vgl unten Rn 261. Vgl dazu oben Rn 236. Vgl Tiedemann Rn 152 zu $ 283 StGB mwN. NK/Kindhäuser Rn 87 zu § 283 StGB. Vgl dazu unten Rn 311 ff, insbes 316.

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397

245

$12

e) 246

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Einschaltung Dritter, insbes Steuerberater

Der Bilanzpflichtige kann sich seiner Pflicht zwar einerseits nicht vollständig durch Delegieren entledigen, 571 haftet strafrechtlich aber andererseits nicht für jedes Versäumnis des Steuerberaters oder der Buchführungsgesellschaft. Seine Pflicht, für eine rechtzeitige Bilanzerrichtung zu sorgen, erfüllt er bereits dadurch, dass er den Helfer frühzeitig auswählt, ihm die erforderlichen Informationen einschließlich Unterlagen so rechtzeitig zur Verfügung stellt, dass dieser in der Lage ist, die Bilanz vor Fristablauf zu errichten und ihn ferner derart kontrolliert, dass er auf Versäumnisse des Dritten zeitnah aufmerksam werden kann, um im Bedarfsfall das Mandat einem anderen zu übertragen. 572 Erfüllt der originär Bilanzpflichtige die genannten Anforderungen, dann ist er strafrechtlich nicht dafür verantwortlich, wenn aufgrund von Versäumnissen aus der Sphäre des Helfers die Bilanz nicht rechtzeitig vor Fristablauf vorliegt. 573 Wird der nach § 14 Abs 2 Nr 2 StGB verantwortliche Helfer nicht mehr bezahlt, so darf er die ihm überlassenen Buchführungsunterlagen nicht zurückbehalten. Zur Vermeidung eigener Strafbarkeit hat er sie, erforderlichenfalls unter Kündigung des Vertrages mit der Schuldnerin, an den originär Verpflichteten herauszugeben. 574

f)

Unmöglichkeit

247

Bezahlt der Bilanzierungspflichtige oder der ihm gemäß S 14 StGB Gleichgestellte den Steuerberater (oder sonstigen Helfer) nicht mehr, weil das bilanzierungspflichtige Vermögen dazu aus finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage ist, dann stellt sich die Frage, ob die Pflichterfüllung unmöglich ist. Erfüllt der Delegationsempfänger seine Aufgabe nicht, dann lebt die originäre Pflicht des Delegierenden wieder auf. Der Kaufmann oder sein Repräsentant gemäß § 14 StGB hat dann folglich selbst zu versuchen, eine Bilanz aufzustellen. Dazu ist jemand mit einer kaufmännischen Ausbildung durchaus in der Lage. Fraglich kann insoweit nur sein, wieviel Zeit dazu erforderlich ist und ob sie neben der Erfüllung der zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs erforderlichen Aktivitäten aufgebracht werden kann. Nur für den Fall, dass es dem originär Verpflichteten objektiv unmöglich ist, selbst zu bilanzieren, stellt sich die Frage, ob die Einstellung der Aktivitäten des Steuerberaters (oder sonstigen Helfers) insgesamt zur Unmöglichkeit der Pflichterfüllung und damit zur Straflosigkeit unterlassener Bilanzierung führt.

248

Das aber ist keineswegs schon immer dann der Fall, wenn der Dritte mangels Bezahlung seine Tätigkeit einstellt oder er die Herausgabe der errichteten Bilanz von der Begleichung seiner Rechnung abhängig macht. Nur dann, wenn dem originär Pflichtigen die Finan-

zierung des Helfers objektiv unmöglich ist, entfällt die Strafbarkeit. Es gelten hier die gleichen Maßstäbe wie bei § 283 Abs 1 Nr 5 StGB. 575 Auch die strafrechtlich bewehrte Bilanzierungspflicht genießt also Vorrang vor anderen, nicht strafbewehrten Pflichten, 576 so dass Unmöglichkeit nicht schon dann zu bejahen ist, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig iSd §17Ins0577ist.

571 Vgl dazu oben Rn 214. 572 BGH wistra 2000,136; sa B/Quedenfeld/Richter'Rn 9/177 und 183. 573 BGH wistra 2000,136 (arg großzügig); krit K/Quedenfeld/Rkhter Rn 9/177. 574 BGH NJW 1990, 510 ff (dazu Nassall NJW 1990, 496 f); M-G/B/Bienecfc Rn 82/20; sa unten § 28 Rn6f. 575 BGH wistra 2003, 232, 233; Doster wistra 1998, 326, 327f; Reck ZInsO 2001, 633, 637f; vgl im Übrigen dazu oben Rn 191. 576 Verkannt von BGH wistra 2001,465,466 (Gleichsetzung von Zahlungsunfähigkeit mit mangelder Möglichkeit zur Bilanzerstellung); wie hier OLG Düsseldorf wistra 1998, 360, 361; ΒIQuedenfeldl Richter Rn 9/182; W/J/KöftierRn 7/169. 577 Vgl dazu oben $ 7 Rn 9 ff, $ 11 Rn 54 ff und $ 21 Rn 71 ff, insbes 76. 398

Bittmann

Bankrott,

2 8 3 , 2 8 3 a StGB

Unmöglichkeit ist allerdings dann zu bejahen, wenn ein neuer Verantwortlicher aufgrund lückenhafter Belege keine ordnungsgemäße Bilanz erstellen kann. 5 7 8

249

XVI. s 283 Abs 1 Nr 8 StGB $ 283 Abs 1 Nr 8 StGB enthält als letzte Ziffer einen generalklauselartigen Auffangtatbestand, 5 7 9 der als Grundnorm (oder Grundtatbestand 5 8 0 ) für die übrigen Alt fungiert. Er kann immer nur dann Anwendung finden, wenn keine der in den Nummern 1 - 7 erfassten Spezialregelungen einschlägig ist. Diese sind für die von ihnen angesprochene Materie nicht abschließend. 5 8 1 Zur Bejahung des Merkmals „in anderer Weise" genügt deshalb ein „ähnliches" wirtschaftswidriges Gebaren. 5 8 2 Die Vorschrift pönalisiert eine Vielzahl von Verhaltensweisen, welche erfahrungsgemäß nachteilig sowohl für den Kaufmann selbst als auch für seine Gläubiger sind. Die Praxis verkennt häufig die Reichweite der Nr 8 und schöpft daher die Möglichkeiten dieser Norm viel zu selten aus.

250

Zu unterscheiden sind die beiden Tatbestandsalternativen der Verringerung des Vermö-

251

gensstandes einerseits und der Verschleierung oder Verheimlichung der wirklichen

geschäftlichen Verhältnisse andererseits. Die Auffangfunktion in Ergänzung zu den Nummern 1 - 7 erfüllt vor allem die erste Alt, die Verringerung des Vermögensstandes. Die zweite Alt enthält eine wesentliche Ausdehnung des im Grundsatz von § 4 UWG normierten Verbots der irreführenden Werbung. 5 8 3 Die Tathandlungen des § 283 Abs 1 Nr 8 StGB können sowohl durch positives Tun als auch durch Unterlassen begangen werden. Wie die in der Krise bestehende Pflicht zur Wahrung der Gläubigerinteressen 5 8 4 für sich allein nicht die Intensität etwa der Vermögensbetreuungspflicht iSv § 266 StGB erreicht, so ist ein Unterlassen allerdings nur dann tatbestandsmäßig, wenn der Kaufmann eine anderweit begründete Garantenstellung innehat. Eine solche wird zB durch eine verbindliche Erklärung begründet. Erweist sie sich als unverschuldet falsch, so muss er sie berichtigen. 5 8 5

1.

Die wirtschaftswidrige Verringerung des Vermögensstands in anderer Weise

a)

Bestimmtheitsgebot

Die erste Alt kann zum einen dadurch verwirklicht werden, dass einzelne H a n d l u n g e n zu einer Verringerung des Vermögensstandes führen oder 5 8 6 dadurch, dass eine zu erwartende Vermögensmehrung verhindert wird. Gehören allerdings einzelne vermögensmindernde Handlungen zu einem sinnvollen Gesamtplan, so fehlt es an einem (groben) Verstoß gegen die Grundsätze ordnungsgemäßen Wirtschaftens. 587 Zum anderen ist die Verwirklichung der ersten Alt nach zutreffender Ansicht aber auch in der Weise möglich, dass die Verringerung des Vermögensstands erst durch eine Mehrzahl einzelner Handlungen, zB durch einen Handlungsstrang oder -komplex geschieht, zu welchem auch einzelne für sich gesehen vermögensmehrende Tätigkeiten gehören können. Strafbar ist in diesen Fällen

S 78 579 580 581 582 583 584 585 586 587

W/J/K0«erRn 7 / 1 6 8 . NK/Kindhäuser Rn 6 und 8 9 zu s 2 8 3 StGB; T/Fischer Rn 3 0 zu $ 2 8 3 StGB. Rohm ZInsO 2 0 0 3 , 5 3 5 , 5 3 9 ; abl NK/Kindhäuser Rn 6 und 8 9 zu § 283 StGB. NK/Kindhäuser Rn 6 und 8 9 zu $ 2 8 3 StGB. Scholz/Tiedemann Rn 4 1 vor $ 82 GmbHG. Tiedemann Rn 178 zu § 2 8 3 StGB. Vgl dazu oben Rn 10 und 61. Tiedemann Rn 171, auch 159 zu $ 2 8 3 StGB. Nach Krause, S 141, und NK/Kindhäuser, Rn 9 0 zu § 2 8 3 StGB: nur. NK/Kindhäuser Rn 8 0 vor $ 2 8 3 StGB.

Bittmann

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252

S 12

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

aber das zu der Einheit zählende unwirtschaftliche Wirtschaften als solches.588 Das darf allerdings nicht zu einer Einschränkung des Bestimmtheitserfordernisses führen. 253 Demzufolge genügt es nicht, lediglich das wirtschaftswidrige Ergebnis festzustellen. Vielmehr muss im Einzelnen festgestellt werden, welche Entscheidung oder Disposition wirtschaftswidrig war. Allerdings kann eine für sich gesehen neutrale oder sogar wirtschaftsgemäße Handlung aufgrund des Kontextes, in welchem sie begangen wurde, also zB aufgrund einer anderen, ebenfalls für sich betrachtet wirtschaftgemäßen Handlung, gleichwohl wirtschaftswidrig sein. Das sieht auch Krause589 iE nicht anders, wenn er die Erfüllung einer wirtschaftswidrig begründeten Verbindlichkeit ebenfalls als wirtschaftswidrig betrachtet, obwohl die Erfüllung bestehender Verbindlichkeiten für sich gesehen wirtschaftsgemäß ist. Überdies kann sich die Wirtschaftswidrigkeit des gesamten Wirtschaftens zB aus einem Zusammentreffen verschiedener Luxusaufwendungen ergeben, welche jede für sich gesehen wirtschaftsgemäß ist.590 Wesentlich ist demzufolge die Einhaltung des Bestimmtheitsgebots. Die Ergebnisse differieren nicht oder kaum, sieht man nun wie hier die Möglichkeit der Gesamtbetrachtung als gleichberechtigte Alt zur Einzelbetrachtung an oder lässt sie wie Krause nur als Ausnahme zu. 254 Es besteht zudem ein Kausalitätserfordernis. Es muss deshalb genau festgestellt werden, dass es wirklich die wirtschaftswidrige(n) Handlung(en) war(en), welche den Vermögensstand verringerte(n). Wurde hingegen ein eingetretener Verlust durch unverschuldete interne (zB Fehlkalkulation aufgrund eines Computerfehlers) oder externe (zB Insolvenz eines Abnehmers) Fehler herbeigeführt, dann liegt insoweit keine Strafbarkeit gemäß S 283 Abs 1 Nr 8 StGB vor. Das schließt allerdings nicht aus, dass wirtschaftswidrige Handlungen hinzutreten, welche den Verlust vergrößerten. Dafür wiederum hat der Kaufmann (in Höhe des von ihm verschuldeten Zusatzverlusts) nach § 283 Abs 1 Nr 8 StGB einzustehen. b)

Tathandlungen

255 Eine Verringerung des Vermögensstands kann sowohl durch eine Verringerung der Aktiva als auch durch Erhöhung der Passiva herbeigeführt werden. Maßgeblich ist dabei grundsätzlich das Erfüllungsgeschäft. Das Begründen von Verbindlichkeiten genügt allerdings.591 Etwaige Anfechtungsansprüche bleiben ebenso außer Betracht wie eine möglicherweise zivilrechtliche Nichtigkeit aufgrund Gesetz- oder Sittenwidrigkeit.592 256 IGgs zu § 283 Abs 1 Nr 1 StGB, welcher sich auf „Bestandteile seines Vermögens" beschränkt, erstreckt sich der „Vermögensstand" iS des S 283 Abs 1 Nr 8 StGB auch auf nicht selbständig fassbare oder pfändbare Aussichten und Chancen sowie Hoffnungen eines Unternehmens, wenn sie denn vermögenswert sind.593 Tatbestandsmäßig ist deshalb bereits eine Lieferung ohne ausreichende Sicherheit594 und die Schädigung des Rufs des eigenen Unternehmens ebenso wie die Kündigung qualifizierter Arbeitskräfte des bisherigen Unternehmens und deren „Weiter"-Beschäftigung im Nachfolgeunternehmen.595 In letztgenannten Fällen liegt die Verringerung des Vermögensstandes also in der Vereitelung be-

588 Tiedemann Rn 162 zu $ 283 StGB mwN; aA Krause S 98 f, 431 ff; NK/Kindhäuser Rn 80 vor § 283 StGB. 589 ZB S 290 f, 439 f. 590 Hier wird allerdings zumeist nicht § 283 Abs 1 Nr 8, sondern Nr 2, jeweils iVm Abs 2 StGB einschlägig sein. 591 NK/Kindhäuser Rn 90 zu $ 283 StGB; Tiedemann Rn 160 zu $ 283 StGB. 592 Krause, NStZ 2002,42, unter durchaus fragwürdiger Berufung auf BGH wistra 2001,306,308. 593 Tiedemann Rn 155 und 161 zu § 283 StGB; W/S/Ahrens Rn 21/59. 594 Weyand RnlOl. 595 Tiedemann Rn 155 zu S 283 StGB; Wβ/Köhler Rn 7/173.

400

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Bankrott, §§ 283,283a StGB

S 12

stehender vermögenswerter Chancen, dh in einer Beeinträchtigung bzw Vereitelung eines Vermögenszuwachses. 5 9 6 Tatbestandsmäßig ist ebenfalls das Nichtausnutzen von Exportlizenzen, 5 9 7 aber auch das b l o ß e Unterlassen entsprechender Vertragsabschlüsse, also die mangelnde Ausnutzung konkreter Absatzmöglichkeiten. 5 9 8 Das Zurückziehen des günstigsten Angebots in einem Vergabeverfahren führt genauso zu einer Vermögensminderung und fällt damit unter Nr 8 , 1 . Alt. 5 9 9 Ein grob wirtschaftswidriges Verhalten liegt ferner in der verlustreichen Verlagerung aussichtsreicher geschäftlichen Aktivitäten auf ein verbundenes, insbes auf ein Nachfolgeunternehmen. Ü b e r n i m m t es ohne angemessene Vergütung den Kundenstamm und die Ausführung erteilter Aufträge oder schließt es den vom Täter angebahnten Vertrag m i t einem sonstigen Kunden, 6 0 0 so wird das bisherige U n t e r n e h m e n verbotenerweise ausgehöhlt. 6 0 1 Dieses strafbare Verhalten darf allerdings nicht verwechselt werden mit dem zulässigen „Totschrumpfen", 6 0 2 der Aufgabe des Geschäftsbetriebs in Eigenregie ohne Gefährdung von Gläubigerinteressen. Auch die Beendigung selbständigen Wirtschaftens ist für sich gesehen nicht strafbar. 6 0 3 Es bedarf deshalb besonderer Prüfung, ob die Verlagerung geschäftlicher Aktivitäten grob wirtschaftswidrig 6 0 4 ist oder nicht. 6 0 5 Strafbar ist auch bereits ein Wirtschaften ohne ausreichenden Überblick, wenn es zu einem Verlust führt. 6 0 6 I m Einzelfall kann sogar die materielle Unterkapitalisierung unter die erste Alt von § 2 8 3 Abs 1 Nr 8 StGB fallen, dann nämlich, wenn derart hohe Kreditkosten anfallen, dass m i t der Kreditsumme keine wertmäßig entspr Vermögenszuwächse erwirtschaftet werden können. 6 0 7 Ein Fall des § 2 8 3 Abs 1 Nr 8 StGB liegt allerdings nur bei einer Unterkapitalisierung in der Krise vor. Das kann z B eine durch überhöhte Gründungskosten herbeigeführte Überschuldung sein. 6 0 8 F ü h r t die Unterkapitalisierung hingegen erst zur Krise, so ist S 2 8 3 Abs 2 StGB einschlägig. 6 0 9 Strafbar sind auch wirtschaftlich untragbare Investitionen, die Aufnahme von Krediten zu überhöhten Kosten, die Gewährung eines Kredits ohne Prüfung der Kreditwürdigkeit, die Weiterbelieferung eines in Zahlungsrückstand befindlichen Kunden und die Übernahme eines besonders großen wirtschaftlichen Risikos, wenn auf diese Weise Verluste herbeigeführt werden. 6 1 0 I m Extremfall kann sogar die Aufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit selbst unter die 1. Alt fallen 6 1 1 . I m Normalfall führen allerdings fehlerhafte Reaktionen, wenn sie auf fachlicher Unzulänglichkeit beruhen, nicht zur Strafbarkeit. 6 1 2

596 Tiedemann Rn 160 zu § 283 StGB. 597 Tiedemann Rn 155 zu § 283 StGB. 598 Tiedemann Rn 161 zu S 283 StGB. 599 BGHSt 19, 147, 148 f; ob die von einem (verbotenen) Kartell versprochene Aussicht auf einen anderen Auftrag die Vermögensverringerung ausgleichen kann, so Tiedemann Rn 161 zu $ 283 StGB, erscheint angesichts der juristischen Unwirksamkeit der Kartellabsprache und deren Strafbarkeit gemäß $ 298 StGB als zweifelhaft. 600 BGHSt 20,143,145. 601 NK/Kindhäuser Rn 90 zu $ 283 StGB. M-G/BIBieneck, Rn 88/7 und 49, bejaht das nur dann, wenn entweder sichere Gewinnerwartungen bestanden oder bereits getätigte Aufwendungen nicht ausgeglichen werden. 602 Tiedemann Rn 168 zu $ 283 StGB. 603 Wey and ZInsO 2002,270 f; gegen Schulte ZInsO 2002,265 ff. 604 Vgl dazu unten Rn 266 f. 605 OLG Düsseldorf NJW 1982,1712,1713. 606 BGH NJW 1981,354, 355. 607 Tiedemann Rn 163 zu § 283 StGB. 608 Tiedemann Rn 163 zu S 283 StGB. 609 Vgl dazu unten Rn 269 ff. 610 Tiedemann Rn 167f zu $ 283 StGB. 611 Tiedemann Rn 169 zu § 283 StGB. 612 Tiedemann Rn 169 zu § 283 StGB. Bittmann

401

257

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

258

Das Verhältnis von § 64 Abs 2 GmbHG und seiner Parallelvorschriften für andere Gesellschaften ohne unbeschränkt haftende natürliche Person zu § 283 Abs 1 Nr 8 StGB wurde bereits oben ausführlich erörtert. 613

259

Betriebsaufspaltungen und die Gründung von Auffanggesellschaften können ebenfalls unter § 283 Abs 1 Nr 8, 1. Alt StGB fallen, 614 zB wenn durch zwar wertgleiche Übernahme von Aktiva und Passiva zwangsläufig aber die Quotenaussicht der übrigen Gläubiger verringert wird.615 Straflos bleibt demnach nur die Aufspaltung oder Neugründung durch Aktivtausch, also Anlage- und/oder Umlaufvermögen gegen Geld, sieht man mal von der zwar denkbaren, aus wirtschaftlichen Gründen aber regelmäßig ausscheidenden Möglichkeit der Übernahme sämtlicher Verbindlichkeiten ab. Tiedemann616 hält auch das Umleiten von Nachschüssen zahlungsbereiter Gesellschafter auf eine Nachfolgegesellschaft für eine Straftat nach § 283 Abs 1 Nr 8 , 1 . Alt StGB. Möglich mag das durch Einwirkung der personenverschiedenen Vertretungsberechtigten auf die Nachschusswilligen sein. Entscheiden diese allerdings aus eigener Initiative, ihr (weiteres) Geld nicht mehr in das bisherige, sondern in ein anderes Unternehmen zu investieren, dann ist an einer solchen Entscheidung strafrechtlich nichts zu erinnnern. 617

2.

Verheimlichung oder Verschleierung der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse

a)

Tathandlungen

260

S 283 Abs 1 Nr 8, 2. Alt StGB erfasst das Verheimlichen oder Verschleiern der wirklichen geschäftlichen Verhältnisse. Tauglicher Täter kann außer einem Kaufmann auch ein Privater sein, wenn er bei seinen Geschäften unzutreffende, die Kreditwürdigkeit betreffende 618 Angaben über seine geschäftlichen, dh wirtschaftlichen Verhältnisse macht.

261

Die Tathandlung muss gegenüber irgendeinem Adressaten begangen werden. Nicht notwendig ist allerdings, dass der Täter eine bestimmte Person als Adressaten ins Auge fasst. Es genügt ein bestimmbarer Personenkreis, zB potentielle Gläubiger.619 Die Tat kann in geschäftlichen Mitteilungen, zB in Werbebroschüren,620 aber auch in Prospekten, verbindlichen Auskünften und der Vorlage von Vermögensübersichten (zB Vorlage von Scheinbilanzen, 621 jedenfalls bei wiederholter und beharrlicher Verwendung) begangen werden. Die Tat muss sich auf „geschäftliche Verhältnisse" beziehen. Dieser Begriff ist enger als der des Vermögens. Er umfasst in Anlehnung an $ 400 Abs 1 Nr 1 AktG alles, was für die Teilnahme am Wirtschaftsverkehr wesentlich ist (zB Bonität, Kreditwürdigkeit).622 Mit „geschäftlichen Verhältnissen" sind nicht nur gegenwärtige Tatsachen, sondern auch Werturteile und Prognosen erfasst. Unter die 2. Alt fallen deshalb auch Äußerungen des in der Krise befindlichen Kaufmannes, wie zB „er habe erfreuliche Ergebnisse" erwirtschaftet. Angesichts

dessen erweitert $ 283 Abs 1 Nr 8, 2 Alt StGB den Anwendungsbereich der Spezial-

613 Rn 66 ff. 614 Vgl Tiedemann Rn 157 zu S 283 StGB; auch M-G/B/Bieneck Rn 88/46 ff. NK/Kindhäuser, Rn 91 zu § 283 StGB, sieht insoweit für S 283 Abs 1 Nr 8 StGB keinen Anwendungsbereich, kommt aber unter Anwendung von Nrn 1 oder 2 bzw $ 283c StGB ebenfalls zur Strafbarkeit. Vgl bereits oben Rn 103. 615 Vgl NK ¡Kindhäuser Rn 91 zu § 283 StGB, auch Rn 84 vor § 283 StGB und Rn 8 zu $ 283 StGB. 616 Rn 155 zu $ 283 StGB. 617 Weyand Rn 101. 618 NK/Kindhäuser Rn 94 zu S 283 StGB. 619 Tiedemann Rn 174 zu $ 283 StGB; aA NK /Kindhäuser Rn 95 zu § 283 StGB. 620 AA NK/Kindhäuser Rn 95 zu § 283 StGB. 621 BGHSt 3 0 , 1 8 6 f; NK/KindhäuserRn 93 (auch Rn 84) zu § 283 StGB. 622 Tiedemann Rn 172 zu $ 283 StGB.

402

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Bankrott, M 283,283a StGB

regelungen zB der SS 82 oder 84 Abs 1 Nr 1 GmbHG auf alle kaufmännischen Unternehmen. Unzulässig sind ferner unzutreffende Angaben zu den weiteren Plänen des Kaufmanns, zB zur Verwendung von Krediten. Zu den „geschäftlichen Verhältnissen" gehören außerdem Angaben zu Verkaufs-, insbes Anlageobjekten, zur Höhe von Provisionen, aber auch zur Verschachtelung beteiligter Gesellschaften.623 Die Tathandlung besteht im Verschleiern oder Verheimlichen. Der Anwendungsbereich beider Merkmale lässt sich nicht strikt voneinander abgrenzen, die Übergänge sind fließend. Das ist angesichts der Gleichbehandlung im Gesetz unproblematisch. 624 Beim Verheimlichen liegt der Schwerpunkt auf der Unrichtigkeit der Darstellung, beim Verschleiern in der gewollten Nichterkennbarkeit des zutreffend Dargestellten. Das Verheimlichen ist im Wesentlichen wie bei $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB zu verstehen. Es liegt vor allem bei einer in maßgeblichen Punkten unrichtigen Darstellung vor. Es ist auch dann zu bejahen, wenn das Thema der geschäftlichen Mitteilung so unvollständig behandelt wird, dass ein falscher Eindruck entsteht. Voraussetzung dafür ist, dass wichtige Informationen weggelassen werden. Tatbestandsmäßig ist ferner das Vernichten von Unterlagen nicht Buchführungspflichtiger .625 Was unter Verschleiern zu verstehen ist, lässt sich in Anlehnung an die Rspr zu den SS 3 und 4 UWG beantworten. 626 Es ist zu bejahen, wenn eine Darstellung in den wesentlichen Punkten undeutlich ist. Beispiele finden sich bei beschönigender Werbung für Kapitalanlagen, Angeboten von Warentermingeschäften und (nicht nur, aber auch) steuerbegünstigten Bauvorhaben (etwa von Bauträgern) 627 und sonstiger auf die eigene wirtschaftliche Leistungskraft abstellender Werbung. Ein wesentliches praxisrelevantes Anwendungsgebiet des § 283 Abs 1 Nr 8, 2. Alt StGB findet sich auf dem Bausektor. 628 Zwar schreibt das Gesetz zur Sicherung von Bauforderungen vor, dass ein sog Baubuch geführt und Einnahmen projektbezogen zu verwenden sind. Diese Pflichten beschränken sich aber auf den Einsatz von „Baugeld", welches definiert ist als realkreditgesichertes (Hypotheken, Grundschulden) Fremdgeld. 629 Baugeld wird zwar häufig vom Bauherrn eingesetzt, wenn auch meist nur teilweise, nicht aber vom selbstbauenden Bauträger und liegt vor allem im Verhältnis zwischen General- und Subunternehmer nicht vor. Der Anwendungsbereich des GSB ist deshalb recht eingeschränkt. In der Praxis kommt es nun durchaus häufig vor, dass der Generalunternehmer für bestimmte Gewerke Subunternehmer einschaltet, dessen Kosten gegenüber dem Bauherrn abrechnet, den Subunternehmer aber gleichwohl nicht bezahlt. Der Nachweis eines Eingehungsbetruges scheitert in der Praxis meist daran, dass der Generalunternehmer bei Auftragserteilung an den Subunternehmer mit Zahlungen des Bauherrn rechnen konnte, also seine mangelnde Zahlungsfähigkeit nicht vorspiegelte. Eine Strafbarkeit wegen Untreue scheidet mangels Vorliegens einer Vermögensbetreuungspflicht ebenfalls aus. Befand sich der Generalunternehmer (bei Auftragserteilung oder Entgegennahme der Leistungen) allerdings bereits in einer wirtschaftlichen Lage, in welcher er nicht mehr fähig war, eingehende Gelder projektbezogen zu verwalten, dann kann dies unter den Voraussetzungen des Verheimlichens oder Verschleierns gegenüber dem Subunternehmer eine 623 Tiedemann Rn 173 zu J 283 StGB. 624 Tiedemann Rn 175 zu $ 2 8 3 StGB. 625 Tiedemann Rn 174 zu $ 283 StGB; f ü r Buchführungspflichtige gilt $ 283 Abs 1 Nr 6 StGB; z u m Insolvenzgeld bei in Wahrheit nicht gewollter F o r t f ü h r u n g des Betriebes vgl Scho\z/Tietkmann Rn 42 vor J 82 G m b H G m N ; Tiedemann Rn 156 zu $ 283 StGB; sowie allg unten $ 26 Rn 43 ff. 626 Tiedemann Rn 175 zu § 283 StGB. 627 Tiedemann Rn 155 zu § 2 8 3 StGB. 628 Vgl bereits oben Rn 65. 629 Z u m Begriff BGH NJW 2000,956; z u m GSB allgemein: Lemme, wistra 1998,41.

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Bankrottat nach § 283 Abs 1 Nr 8 , 2 . Alt StGB darstellen. 630 Gleiches gilt allgemein für die zweckwidrige Verwendung von Kundengeldern, zB dann, wenn sie entgegen einer Zusage nicht auf einem personen- oder projektbezogenen Sonderkonto verwaltet und nicht nur für die diesbezüglichen Zwecke eingesetzt werden.631 b)

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Die Tatbestandsmäßigkeit setzt allerdings voraus, dass das Handeln des Kaufmanns den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft grob widerspricht. Das Handeln muss deshalb eindeutig unvertretbar sein 632 und es muss sich um einen elementaren oder um einen besonders gewichtigen Verstoß handeln. 633 Erfasst werden vor allem beharrliche und wiederholte, aber auch nicht hinnehmbare einzelne Verhaltensweisen. In jedem Fall ist von einem Kaufmann ein Handeln auf der Basis eines Mindestmaßes von Übersicht und Planung zu verlangen.634

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Maßgeblich für § 283 Abs 1 Nr 8 StGB sind die in der Krise verschärften allgemeinen kaufmännischen Pflichten ebenso wie die branchenabhängigen, vielfach auf tatsächlicher Übung beruhenden Regeln. Der Vorschrift unterfallen je nach Schutzrichtung strafbares und ordnungswidriges Verhalten sowie va die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit nach Eintritt der Insolvenzreife. 635 Das gilt auch für den Einzelhändler und die Personenhandelsgesellschaften mit einer unbeschränkt haftenden natürlichen Person, obwohl in diesen Fällen die Insolvenzverschleppung als solche nicht strafbar ist. Besondere Bedeutung hat dieser Aspekt bei wirtschaftlichen Aktivitäten inländischer Gesellschaften ausländischer Rechtsform. 636 § 283 Abs 1 Nr 8 StGB dehnt damit nicht etwa den Anwendungsbereich der Bestimmungen über die Strafbarkeit der Insolvenzverschleppung, zB § 84 GmbHG, auf alle Kaufleute aus, weil iGgs 637 zu den speziellen Strafnormen über die Insolvenzverschleppung nicht diese selbst, sondern nur das Weiterwirtschaften trotz Insolvenzreife strafbar ist.

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Streitig ist, ob sich das Tatbestandsmerkmal des groben Widerspruchs gegen die Anforderungen ordnungsmäßigen Wirtschaftens nur auf die erste oder auch auf die zweite Alt der Nr 8 bezieht. Diese Streitfrage ist allerdings von geringerer praktischer Bedeutung als es zunächst den Anschein haben mag. Auch diejenigen nämlich, welche die Einschränkung nicht auf die 2. Alt erstrecken, sehen diese nur dann als verwirklicht an, wenn sich die Tathandlung auf wesentliche Umstände bezieht und ein besonders verwerfliches oder gefährliches Handeln vorliegt.638 Da diese Kriterien aber noch konturenloser sind, ist es vorzuziehen, das im Gesetz normierte einschränkende Tatbestandsmerkmal auch auf die 2. Alt der Nr 8 anzuwenden.

630 Scholz/Tiedemann Rn 41 vor § 82 GmbHG; Τ/Fischer Rn 30 zu $ 283 StGB; W/J/Köhler Rn 7/174; Weyand Rn 101. 631 Tiedemann Rn 176 zu $ 283 StGB. 632 NK/Kindhäuser Rn 6 und 89 zu $ 283 StGB; Scholz/Tiedemann Rn 42 vor $ 82 GmbHG; Tiedemann Rn 167 zu § 283 StGB; Weyand Rn 100. 633 Tiedemann Rn 169 zu $ 283 StGB; abl NK /Kindhäuser Rn 6 und 89 zu § 283 StGB. 634 BGH NJW 1 9 8 1 , 3 5 4 , 3 5 5 . 635 Schölz/Tiedemann Rn 42 vor § 82 GmbHG; Tiedemann Rn 168 zu $ 283 StGB. 636 BGH NJW 2 0 0 3 , 1 4 6 1 f; vgl dazu unten Rn 344ff. 637 Vgl dazu oben § 11 Rn 21. 638 Tiedemann Rn 177 zu $ 283 StGB mwN.

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XVII. s 283 Abs 2 StGB § 283 Abs 2 StGB erfasst Handlungen außerhalb der Krise und ist als Erfolgsdelikt ausgestaltet. Strafbar ist das Herbeiführen der Insolvenzreife, während deren Vertiefung unter $ 283 Abs 1 StGB fallt 639 . Erforderlich ist dafür der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung, während die Herbeiführung der lediglich drohenden Zahlungsunfähigkeit, wiewohl Insolvenzeröffnungsgrund (§18 InsO), nicht genügt. 640 Bei der Prüfung, ob Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung eingetreten ist, bleiben verheimlichte oder beiseitegeschaffte Vermögenswerte außer Betracht, weil sie wegen der Tathandlung dem Gläubigerzugriff nicht mehr ohne weiteres zur Verfügung stehen. 541 Es gilt hier nichts anderes als bei $ 263 StGB: Bei der Berechnung des Betrugsschadens durch Vergleich des Vermögensstandes vor und nach der Verfügung bleibt die Schadenersatzforderung des Opfers selbstverständlich ebenfalls außer Betracht. Grundsätzlich 642 ist jede in § 283 Abs 1 Nrn 1-8 StGB erfasste Tathandlung geeignet, die Insolvenz herbeizuführen. Das ist für die Fälle des § 283 Abs 1 Nrn 1 - 4 und 8 StGB ohne weiteres einsichtig, gilt aber auch für die Nummern 5-7. Eine Geschäftstätigkeit ohne ein Mindestmaß an Planung ist grob wirtschaftswidrig. 643 Eine Planung ohne verlässliche Daten ist schlechterdings nicht möglich. Wird also der Kaufmann mangels Übersicht über sein Vermögen von einer Entwicklung überrascht (zB der Fälligstellung einer größeren Forderung aufgrund wegen Nichtwissens bezahlter Raten), dann kann dies im Extremfall durchaus in die Krise führen. Es genügt aber auch, wenn Banken mangels Vorlage einer Bilanz durch Kreditkündigung die Krise auslösen.644 Die Tathandlung muss die Krise herbeiführen, also für sie kausal sein. Dabei ist es nicht durchweg erforderlich, dass die Krise unmittelbare Folge der Tathandlung ist. Es genügt vielmehr, dass die Tathandlung eine Entwicklung in Gang setzt, an deren Ende die Insolvenzreife steht. Nicht erforderlich ist zudem, dass nur die Tathandlung die Insolvenzsituation auslöste. Mitursächlichkeit genügt. 645 Eine Tathandlung ist dann kausal, wenn sie nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass auch der Erfolg, die Insolvenz, entfällt. Bleibt das zweifelhaft, so scheidet eine Bestrafung nach § 283 Abs 2 StGB aus. Belässt man es für die Kausalität bei der conditio-sine-qua-non-Formel, so wird dadurch eine tendentiell unbegrenzte Anzahl von Handlungen des Kaufmanns, va auch aus lange zurückliegender Zeit mit erfasst. Als Korrektiv dieser Weite wirkt nicht nur das Vorsatzerfordernis, 646 sondern auch das die Tathandlungen des § 283 Abs 1 Nrn 1-8 StGB durchziehende Merkmal der Pflichtwidrigkeit. Bei den Erläuterungen zu § 283 Abs 1 StGB wurde bereits mehrfach auf die gesteigerte Sorgfaltspflicht in der Krise hingewiesen. Diese gesteigerten Sorgfaltspflichten können bei S 283 Abs 2 StGB nicht greifen, es sei denn, die Tathandlung wurde begangen, als Zahlungsunfähigkeit bereits drohte, weil im übrigen § 283 Abs 2 StGB nur ein Handeln außerhalb der Krise erfasst. In welcher Art und Weise, wie und mit wem der Kaufmann seine Geschäfte betreibt, hat er außerhalb der Krise im Rahmen der Gesetze selbst zu entscheiden. Er ist nicht gezwungen, sein Vermögen zu mehren und darf (ggf mit Zustimmung aller Gesellschafter) auch unproduktive Ausgaben

639 Krause NStZ 2 0 0 2 , 4 2 , 4 3 . 640 Weyand Rn 102. 641 BGH NJW 2001, 1874, 1875; OLG Frankfurt/M wistra 1997, 274; M-G/B/Bieneck Rn 76/43a; aA Krause NStZ 1999,161 ff; Ronnau NStZ 2 0 0 3 , 5 2 5 , 5 3 2 ; sa oben $ 11 Rn 66. 642 Ausnahme zB: verspätete Bilanzierung, vgl dazu bereits oben Rn 8 aE. 643 Vgl d a z u oben Rn 257. 644 Tiedemann Rn 181 zu 5 283 StGB. 645 Weyand Rn 103. 646 Vgl dazu u n t e n Rn 280, insbes 283.

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tätigen. Diese allgemeine Wirtschaftsfreiheit ist bei Auslegung der Tathandlungen des § 283 Abs 1 Nrn 1-8 StGB im Rahmen des § 283 Abs 2 StGB immer zu berücksichtigen.647 273 Das Beiseiteschaffen oder Verheimlichen von Vermögensgegenständen mag außerhalb der Krise nach anderen Vorschriften (etwa § 370 AO) strafbar sein. Von § 283 Abs 2 iVm § 283 Abs 1 Nr 1 StGB wird es allerdings nur dann erfasst, wenn es unmittelbar zur Gläubigergefährdung führt oder diese auf einer Kausalkette beruht, welche ihren Ursprung in der Tathandlung hat.648 Außerhalb der Krise dürfen auch einzelne Spekulationsgeschäfte (§ 283 Abs 1 Nr 2 StGB) und aus betriebswirtschaftlich vernünftigem Anlass auch Verlustgeschäfte (S 283 Abs 1 Nr 3 StGB) eingegangen werden.649 Tiedemann650 meint, dass aufgrund der bei $ 283 Abs 2 iVm Abs 1 Nrn 1-7 StGB gelockerten Pflichten der Nr 8 im Rahmen des $ 283 Abs 2 StGB besondere Bedeutung zukomme. Die Aussage bedarf allerdings der Differenzierung. Die freiere Stellung des Kaufmanns außerhalb der Krise ist nämlich auch bei $ 283 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 8 StGB beachtlich. Hinzu kommt, dass diese Vorschrift sowieso nur Verhaltensweisen erfasst, welche den Grundsätzen ordnungsgemäßen Wirtschaftens in grober Weise widersprechen. Folglich gilt auch für Nr 8, dass diese Bestimmung im Rahmen des § 283 Abs 2 StGB nur dann Anwendung finden kann, wenn die Tathandlung durch ihre Gläubigergefährdung gekennzeichnet ist. Das ist zB dann der Fall, wenn die zweckwidrige Verwendung von Kundengeldern651 die Insolvenz auslöst.652

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274 $ 283 Abs 3 StGB ordnet unterschiedslos die Versuchsstrafbarkeit für alle Fälle des $ 283 Abs 1 und Abs 2 StGB an. Die Vorschrift ist also sehr weit gefasst.653 Gleichwohl führt sie in der Praxis eher ein Schattendasein. Der Grund dafür dürfte in mangelnder Tatentdeckung liegen. 275 Stellt man für die Vollendung der Tat wie hier durchweg, also auch für § 283 Abs 1 Nrn 5 und 7 StGB,654 auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Tathandlung ab, dann ist prinzipiell für jede in den Abs 1 und 2 erfasste Verhaltensweise ein unmittelbares Ansetzen zur Tat möglich. Stellte man hingegen für $ 283 Abs 1 Nrn 5 und 7 StGB für die Vollendung erst auf den Zeitpunkt des Eintritts der Strafbarkeitsbedingung des S 283 Abs 6 StGB ab, dann würden in diesen Fällen weitgehend Versuch und Vollendung zusammenfallen. 276 Darüber, wann in den Fällen des Abs 1 unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung anzunehmen ist, herrscht weitgehend Uneinigkeit.655 277 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass für die Versuchsstrafbarkeit ebenso wie für die Vollendung Krisenidentität656 erforderlich ist. Darüber hinaus ist es nötig, dass der zu einer Bankrottat entschlossene Täter entweder bereits einzelne Tatbestandsmerkmale erfüllt hat

647 Tiedemann Rn 181 f zu $ 283 StGB. 648 Vgl oben Rn 271. 649 Tiedemann Rn 183-185 zu $ 283 StGB. 650 Rn 186 zu $ 283 StGB. 651 Vgl dazu oben Rn 264 f. 652 In den die Praxis beschäftigenden Fällen findet sich eine derartige Handhabung allerdings zumeist erst nach Eintritt der Krise. 653 Bedenken gegen die Strafbarkeit des untauglichen Versuchs in der Form des Irrtums des Täters über seine eigene Tauglichkeit als Tatsubjekt bei Tiedemann Rn 188f zu § 283 StGB. NK/Kindhäuser, Rn 100 zu $ 283 StGB, spricht sich aus Bestimmtheitsbedenken für eine enge Interpretation aus. 654 Vgl dazu oben Rn 188 und 234 sowie unten Rn 328. 655 Tiedemann Rn 200 zu § 283 StGB mwN. 656 Vgl dazu unten Rn 311 ff, insbes 316; ferner Tiedemann Rn 197 zu $ 283 StGB.

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oder dies kurz bevorsteht, etwa beim Beiseiteschaffen oder Zerstören, § 283 Abs 1 Nr 1 StGB. Der Abschluss eines obligatorischen Vertrags stellt nicht ohne weiteres, sondern nur dann ein unmittelbares Ansetzen dar, wenn er einen notwendigen Schritt zu einer vorgesehenen Bankrottat bildet. 657 Wann bei zeitlich gestreckten Tatbeständen der Versuch beginnt, entzieht sich einer generalisierenden Beschreibung. Erforderlich ist eine wertende Betrachtung im Einzelfall. Die Aufnahme einzelner unrichtiger Belege in die Buchhaltung kann noch bloße Vorbereitungshandlung sein. 658 Zu den Unterlassungsdelikten des S 283 Abs 1 Nr 5, 1. Alt, und Nr 7b StGB wird in dem Zeitpunkt unmittelbar angesetzt, in welchem der Täter den zur Erfüllung seiner Pflichten zur Verfügung stehenden Zeitraum in der Absicht (weiter) verstreichen lässt, die erforderlichen Handlungen auch bis zum Fristablauf nicht vornehmen zu wollen. Erforderlich ist allerdings, dass dieser Tatentschluss durch äußere Umstände objektiviert wird.659 Dafür kann es genügen, dass der Täter trotz fortgeschrittenen Fristenlaufs keinerlei Anstalten zur Pflichterfüllung trifft. Auch vorangegangene, insbes vergleichbare Mängel erlauben die Annahme eines Entschlusses zu einer weiteren Pflichtwidrigkeit. Ein Versuch des S 283 Abs 1 Nr 6 StGB liegt vor, wenn Bücher zwar beschädigt wurden, die Übersicht über den Vermögensstand dadurch aber noch nicht erschwert wurde 660 oder wenn der Abtransport der zur Vernichtung bestimmten Unterlagen oder der zum Beiseiteschaffen vorgesehenen sonstigen Vermögenswerte verhindert werden konnte. 661 Zu einer Tat nach § 283 Abs 2 StGB kann auch dadurch unmittelbar angesetzt werden, dass die Tathandlung vollständig verwirklicht wird, der Taterfolg aber nicht eintritt. Rücktritt ist nach allgemeinen Regeln möglich. 6 6 2 Die Freiwilligkeit des Rücktritts ist auch dann anzunehmen, wenn der Entschluss dazu auf einer vom Täter nicht beeinflussten Verbesserung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beruht.

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Auch der untaugliche Versuch ist strafbar, zB die Unterlassung der Buchführung trotz irriger Annahme einer Buchungspflicht oder das Beiseiteschaffen pfändungsfreier Gegenstände.663 Hält sich der Täter irrig für tauglich, so ist zu unterscheiden: Kannte er den Sachverhalt und hielt lediglich sein Tun irrig für strafbar, so beging er ein strafloses Wahndelikt. Nahm er hingegen irrig einen Sachverhalt an, der im Fall seines Vorliegens zur Strafbarkeit geführt hätte, so beging er einen strafbaren untauglichen Versuch.664

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XIX. Vorsatz Eine Bestrafung nach S 283 Abs 1-3 StGB ist nur bei vorsätzlichem Handeln des Täters 2 8 0 möglich. $ 283 Abs 4 StGB erweitert die Strafbarkeit allerdings auf solche Fälle, in welchen zwar die Tathandlung vorsätzlich begangen wurde, der Täter die Krise aber fahrlässig nicht kannte oder sie wenigstens leichtfertig herbeiführte. Lediglich für § 283 Abs 1 Nrn 2, 5 und 7, auch iVm Abs 2 StGB sieht § 283 Abs 5 StGB eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit vor.665 Für die Annahme vorsätzlichen Handelns gelten die allgemeinen Regeln. Es genügt 281 daher Eventualvorsatz.

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Str, vgl Tiedemann Rn 200 zu S 283 StGB mwN; W/J/Koft/er Rn 7/186. Tiedemann Rn 200 zu § 283 StGB mwN. Tiedemann Rn 201 zu S 283 StGB. Wß/KöhlerRn 7/186. Weyand Rn 108. Weyand Rn 109. Weyand Rn 109. So (wohl) auch NK/Kindhäuser Rn 101 zu § 283 StGB. Zu s 283 Abs 4 und 5 StGB vgl unten Rn 295 ff und Rn 304 ff.

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Dass gleichwohl etliche Vorsatzprobleme auftauchen, hängt damit zusammen, dass die Vorschriften des § 283 StGB überproportional viele normative Tatbestandsmerkmale aufweisen, deren Behandlung zu den umstrittensten strafrechtlichen Themen gehört. Ein normatives ist ein vollwertiges Tatbestandsmerkmal. Kennt der Täter dessen Bedeutung nicht, dann handelt er grundsätzlich im Tatbestandsirrtum. Eine Bestrafung wegen einer Vorsatztat scheidet dann aus, § 16 StGB. Selbst wenn der Täter sämtliche Tatsachen kennt, aber nicht imstande ist, aus deren Vorliegen auf die Bedeutung des (normativen) Tatbestandsmerkmals zu schlussfolgern, soll es am Vorsatz fehlen. 666 Das wird jedenfalls dann nicht gelten können, wenn der Täter das Verbotensein seines Handelns iS einer Parallelwertung in der Laiensphäre kennt. 6 6 7 Dass er außerdem noch weiß, nach welcher Vorschrift das Verbot besteht und ob es strafbewehrt ist, ist nicht Voraussetzung für die Bestrafung. Anderes gilt auch dann, wenn der Täter aus den zutreffend erkannten Tatsachen den rechtlich zutreffenden Schluss nicht ziehen will. Er hat dann die Möglichkeit zutreffender rechtlicher Schlussfolgerung erkannt und handelt deshalb, auch wenn er sich für ein anderes Verständnis entscheidet, mit bedingtem Vorsatz.

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Ebenfalls kein Tatbestandsirrtum liegt vor, wenn der Täter einem als Verbotsirrtum zu behandelnden Subsumtionsirrtum unterliegt. Das ist dann der Fall, wenn der Täter alle Tatumstände kennt, daraus auch die zutreffenden rechtlichen Schlussfolgerungen zieht, gleichwohl aber der Auffassung ist, das Handlungsver- oder -gebot treffe auf ihn oder seine Situation nicht zu. 6 6 8 Um einen derartigen Subsumtionsirrtum handelt es sich, wenn sich der faktische Geschäftsführer nicht für einen tauglichen Bankrottäter hält, also zB meint, ihn treffe keine Pflicht zur Buchführung und Bilanzierung. 669 Vom Vorsatz muss entweder das Vorliegen (§ 283 Abs 1 StGB) oder das Herbeiführen der Krise ($ 283 Abs 2 StGB) erfasst sein. 670 Er muss sich auch auf Existenz und Inhalt der handelsrechtlichen Pflichten (S 283 Abs 1 Nrn 5 - 7 StGB) und den Widerspruch gegen die Grundsätze ordnungsgemäßen Wirtschaftens (§ 283 Abs 1 Nrn 1, 2 und 8 StGB) beziehen. Wer also entweder nicht weiß, dass er Kaufmann ist oder trotz dieses Wissens seine Pflichten zum Führen und Aufbewahren von Handelsbüchern sowie zur rechtzeitigen Bilanzierung nicht kennt, handelt unvorsätzlich. 671 Selbiges gilt bei Unkenntnis einschlägiger Handelsbräuche. 672

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Die Normativstruktur etlicher Tatbestandsmerkmale des $ 283 StGB führt dazu, dass sich bereits auf der Tatbestandsebene das Problem unterschiedlicher Rechtsauffassungen stellen kann. Es ist nicht nach dem Grundsatz in dubio pro reo zu entscheiden, weil der Zweifelssatz nur für die Feststellung von Tatsachen gilt. Daran ändert sich nichts, auch wenn streitige Rechtsfragen im Rahmen von Tatbestandsmerkmalen entschieden werden müssen. Es darf allerdings niemand bestraft werden, der sich bewusst für eine vertretbare Rechtsauffassung entscheidet und sie seinem Handeln zugrunde legt. Gibt es zu einem Thema noch keine gefestigte Rspr oder hM, dann darf jedermann ohne strafrechtliches Risiko jeder vertretbaren Auffassung folgen. Lässt sich also eine bewusste Entscheidung für eine andere als letztlich vom Gericht vertretene Auffassung feststellen, dann ist dies wie ein Tatbestandsirrtum zu behandeln. Hat sich der Täter nicht bewusst für eine bestimmte Handhabung entschieden, dann ist zu differenzieren: Lässt sich feststellen, dass

666 Str, vgl Tiedemann Rn 189 zu $ 283 StGB mwN. 667 Zumindest ähnlich, wenn nicht ebenso NK/Kindhäuser Rn 99 zu S 283 StGB. 668 T/FischerRn 32 zu $ 283 StGB. 669 Str, vgl S/S/Stree/Heine Rn 56 zu § 283 StGB; Tiedemann Rn 188 zu $ 283 StGB mwN. 670 BGH wistra 2000. 671 SIS/Stree/Heine Rn 56 zu $ 283 StGB; Weyand Rn 104; aA M-G/B/Bieneck, Rn 82/65, der nur hinsichtlich der tatbestandlichen Voraussetzungen der Pflichten § 16 StGB, bezüglich ihres Inhalts aber S 17 StGB bejaht. 672 Vgl dazu oben Rn 62,74 und 168 sowie unten Rn 289 und 294. 408

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ihm bei seinem Handeln die Rechtmäßigkeit seines Vorgehens egal war, dann handelte er ohne Irrtum, aber mit bedingtem Vorsatz. Lässt sich eine derartige Rechtsgleichgültigkeit nicht oder sogar umgekehrt feststellen, dass der Täter auf die Rechtmäßigkeit seines Verhaltens vertraute, so ist er ebenso zu behandeln wie derjenige, welcher sich bewusst für eine vertretbare Rechtsauffassung entschied; auf ihn sind also die Regeln des Tatbestandsirrtums anzuwenden. Das wesentliche Problem in der Praxis liegt allerdings weniger in diesen Vorsatzregeln 285 selbst, als vielmehr in der Aufgabe zu erkennen, ob der Täter tatsächlich in der behaup-

teten Unkenntnis der (normativen) Tatbestandsmerkmale handelte, oder - wie sehr häufig - seine Unwissenheit lediglich vorschützt. Es ist immer wieder faszinierend festzustellen, wie Wirtschaftsstraftäter, die in ihren Unternehmen, bei den Kunden und gesellschaftlich das große Wort führen, auf ihre Kompetenz hinweisen und als Chef auftreten, nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch von nichts gewusst haben wollen oder behaupten, nicht entscheidungsbefugt gewesen oder hintergangen worden zu sein. Sie stellen sich nur allzu häufig als uninformierte und überforderte „kleine Lichter" dar. Natürlich gibt es tatsächlich auch solche Kaufleute, Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder. Diese gilt es bereits im Ermittlungsverfahren zu erkennen und vor falscher strafrechtlicher Haftung zu bewahren. Doch üblich sind derartige Tätertypen nicht. Im Regelfall ist eine solche Einlassung der Unwissenheit eine unwahre Schutzbehauptung. Der Kaufmann kennt seine Pflichten, insbes die Notwendigkeit laufender Beobachtung der wirtschaftlichen Lage zum Zwecke Selbstinformation. 673 Er kennt sich in wirtschaftlichen Dingen jedenfalls wesentlich besser aus als der naturgemäß in der jeweiligen Branche nicht tätige Staatsanwalt oder Richter. Wem es allerdings auf schnelle Bereicherung ankommt, der mag in der Tat manche Regeln nicht kennen. Er weiß aber, dass es welche gibt und unterwirft sich ihnen bewusst nicht. Er handelt also trotz seiner Ignoranz mit bedingtem Vorsatz. Wer sich bewusst der Kenntnisnahme einschlägiger Regeln entzieht, kann strafrechtlich nicht privilegiert werden. Prüft man die Angaben der Beschuldigten in der dargestellten Weise ohne Naivität, dann wird sich in den meisten Fällen ein vorsätzliches Handeln feststellen lassen. Das gilt auch und gerade für die Krisenmerkmale. Selbst dort, wo die Post nicht Chefsache 286 ist, bleibt dem (oder den) Verantwortlichen des Unternehmens nicht verborgen, wenn Verbindlichkeiten offenbleiben, sich Mahnungen häufen, an welche sich zunächst Mahnbescheide und Klagen, anschließend Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anschließen. Obwohl derartige Krisenindikatoren nicht mit dem Eintritt von Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit gleichzusetzen sind, lösen sie die dem Pflichtigen durchweg bekannte Notwendigkeit aus, die wirtschaftliche Lage des Unternehmens im Einzelnen festzustellen. Unterlässt er dies, und das geschieht in aller Regel bewusst, dann rechnet er durchaus mit der Insolvenzreife des Unternehmens. Wirtschaftet er gleichwohl weiter, so handelt er bezüglich der Krisenmerkmale mit mindestens bedingtem Vorsatz.674 Der Vorsatz bei Nr 1 fehlt aber zB dann, wenn der Täter die Zugehörigkeit des Vermögens- 287 bestandteils zur (potentiellen) Insolvenzmasse verkennt oder ihn für wertlos hält. Hingegen wäre die Annahme, unrechtmäßig erworbene Vermögensbestandteile dürften beiseitegeschafft werden, ein Verbotsirrtum. 675 Bei Nr 2 ist die irrige Annahme eines wirtschaftlich berechtigten Zweckes für ein Differenz- 288 geschäft ebenso Tatbestandsirrtum wie das Verkennen der Unwirtschaftlichkeit von Aus-

673 Vgl zu diesen Pflichten BGH NJW 1994, 2220, 2224; OLG Köln WM 2001, 1160, 1161; Goette ZInsO 2001,529; ferner oben J 11 Rn 115. 674 Reck ZInsO 2 0 0 1 , 6 3 3 , 6 3 5 . 675 Tiedemann Rn 191 zu § 283 StGB.

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gaben und der Übermäßigkeit von Verbrauch. Die Annahme hingegen, die Vornahme zB von Differenzgeschäften sei zulässig, wäre Verbotsirrtum. 676 289

Tatbestandsirrtum bei Nr 3 ist zB die Unkenntnis von der Kreditierung der veräußerten Waren oder Wertpapiere und das mangelnde Wissen vom Unterschreiten des Markt- oder üblichen Preises. Verkennt der Täter, dass er in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise handelt, so kann das - abhängig von den Ursachen - Tatbestands- oder Subsumtionsirrtum sein. 677 Ob der Verschleuderungsvorsatz bereits bei Beschaffung bestand, ist irrelevant. Maßgeblich ist allein der Zeitpunkt der Veräußerung oder Abgabe. 678

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Bei Nr 4 ist der Irrtum über das Bestehen der anerkannten Rechte Tatbestandsirrtum. Ein unbeachtlicher Subsumtionsirrtum läge hingegen vor, nähme der Täter an, Nr 4 beziehe sich ausschließlich auf dingliche Rechte. 679

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Bei Nrn 5 und 7 muss sich der Vorsatz auf die eigene Buchführungs- und Bilanzpflichtigkeit beziehen. 680 Demgegenüber behandelte der BGH 6 8 1 in einer zu § 283b Abs 1 Nr 3b StGB ergangenen Entscheidung die Unkenntnis von der Buchführungs- und Bilanzierungspflicht als Verbotsirrtum. 682 In Abgrenzung zu $ 283b StGB verlangt der BGH, dass der Täter gem Nr 7b nicht erst aus der Bilanz die Überschuldung erfährt, sondern schon zuvor Kenntnis von der Krise hatte. 683

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Im Übrigen bedarf der Vorsatz bei Einschaltung von Hilfspersonen (Steuerberatern, Buchführungsgesellschaften) besonderer Prüfung, weil der Täter für eigene Fehler der Hilfspersonen strafrechtlich nur dann einzustehen hat, wenn er sie mitverursachte. 684

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Bei Nr 6 muss sich der Vorsatz auf die Dauer der Aufbewahrungsfrist beziehen. Zudem muss der Täter wissen, dass es sich bei vorenthaltenen Unterlagen um aufbewahrungspflichtige handelt. Auch muss er mindestens iS bedingten Vorsatzes wissen, dass das Entziehen der Schriftstücke geeignet ist, den Überblick über das Vermögen zu erschweren. 685

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Bei Nr 8 muss sich der Vorsatz nicht nur auf die Verringerung des Vermögens beziehen, sondern (mindestens iS einer Parallelwertung) auch auf den (groben) Widerspruch zu den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft. Bei der 2. Alt muss der Täter wissen, dass er von Verhaltensanforderungen abweicht, muss diese also im Grundsatz kennen. Nimmt der Täter hingegen an, unter Nr 8 fielen lediglich gegenständliche Werte, so handelt er in einem Verbotsirrtum. 686

XX. 295

S 283 Abs 4 StGB

Nach § 283 Abs 4 StGB sind sämtliche Bankrotthandlungen des § 283 Abs 1 und 2 StGB auch dann strafbar, wenn der Täter in den Fällen des Abs 1 die Krise fahrlässig nicht

kennt (Nr 1) oder sie in den Fällen des Abs 2 leichtfertig verursacht (Nr 2). Es handelt

sich bei Nr 1 um ein Fahrlässigkeitsdelikt, an welchem Teilnahme nicht möglich ist. Bei Nr 2

676 677 678 679 680 681 682 683 684 685 686 410

Tiedemann Rn 192 zu $ 283 StGB mwN. Vgl oben Rn 58 ff, insbes Rn 62,74,168 und 283 sowie unten Rn 294. Tiedemann Rn 193 zu § 283 StGB. Tiedemann Rn 194 zu $ 283 StGB. Zum Subsumtionsirrtum vgl oben Rn 283. NJW1981 354,355. Ebenso T/Fischer Rn 32 zu $ 283 StGB; dagegen Tiedemann Rn 188 zu S 283 StGB. BGH wistra 1999,459,463; 2000,136. Vgl dazu oben Rn 159 und 246. Tiedemann Rn 195 zu $ 283 StGB. Tiedemann Rn 196 zu $ 283 StGB. Bittmann

Bankrott, §§ 283,283a StGB

handelt es sich hingegen gem § 11 Abs 2 StGB um ein teilnahmefähiges Vorsatzdelikt.687 Die Vorschrift erfüllt eine wichtige Auffangfunktion, wenn dem Täter nicht wenigstens bedingter Vorsatz im Hinblick auf die Krise nachweisbar ist. 688 Der Fahrlässigkeitsvorwurf setzt voraus, dass zur Zeit der Tathandlung die Krise objektiv 2 9 6 erkennbar 689 und die Unkenntnis dem Täter vorgeworfen werden kann, sie also pflichtwidrig ist. 690 Die Grundsätze ordnungsmäßigen Wirtschaftens verlangen vom Kaufmann ein Mindestmaß an Übersicht und Planung. 691 Diese allgemeine Pflicht wird konkretisiert durch die Vorschriften zur Buchführung und Bilanzierung und ergänzt durch Prüfpflichten beim Auftreten bestimmter Krisenanzeichen.692 Die konkreten Pflichten sind situations- und branchenabhängig.693 Τiedemann69* hegt zu Unrecht verschiedene Bedenken. Soweit er ausführt, dass der Gesetzgeber nur für Kapitalgesellschaften (also in den Fällen, in welchen Insolvenzverschleppung strafbar ist) eine Pflicht zur Selbstprüfung annehme, steht das im Widerspruch zu seinen Ausführungen, die Grundsätze ordnungsgemäßen Wirtschaftens verlangten neben einem Mindestmaß an Planung auch ein solches an Übersicht, also erforderlichenfalls die Prüfung der Vermögens- und Ertragslage. Demnach begründen also die die Insolvenzverschleppung pönalisierenden Strafnormen nicht erst die Selbstprüfungspflicht, sondern setzen sie, eben als Grundsatz ordnungsgemäßen Wirtschaftens, voraus. Sie ergänzen sie lediglich durch die Anordnung der Strafbarkeit im Falle des Unterbleibens der erforderlichen Konsequenz, nämlich dem Stellen des Insolvenzantrags. Im Übrigen hält Τiedemann selbst die Fortführung eines insolvenzreifen Unternehmens ohne Rücksicht auf dessen Rechtsform zu Recht für grob wirtschaftswidrig.695 Verlangen also die Grundsätze ordnungsgemäßen Wirtschaftens vom Kaufmann eine Selbstprüfung, dann liegt in deren Unterlassen trotz Erforderlichkeit eine Pflichtwidrigkeit, ohne dass es der Verletzung einer weiteren, speziellen Anforderung (etwa der Buchführungspflicht) bedürfte.696 Der Maßstab ordnungsgemäßen Wirtschaftens gilt auch für Nichtkaufleute, bei 297 welchen allerdings die genannten Konkretisierungen unanwendbar sind. Der Private muss zwar nicht auf Heller und Pfennig über seine wirtschaftliche Situation orientiert sein, darf aber, soweit er Adressat der Bestimmungen des § 283 Abs 1 und Abs 2 StGB ist, die dort erfassten wirtschaftlichen Verhaltensweisen ebenfalls nicht auf Kosten seiner Gläubiger vornehmen. Auch der Private muss sich also in der Krise und zwecks Verhinderung des Eintritts einer solchen eine Übersicht über seine wesentlichen wirtschaftlichen Verhältnisse verschaffen und darf nicht völlig planlos wirtschaften.697 Es ist also weniger das Bestehen der Selbstprüfungspflicht als solche problematisch als vielmehr die Frage, wann Anlass dazu besteht, und vor allem, welche konkreten Handlungspflichten sie auslöst. Über die Vorschriften zur Buchführung und Bilanzierung hinaus besteht für den Kaufmann Anlass zur Selbstprüfung, wenn bestimmte Entwicklungen zur wirtschaftlichen Krise führen können. Diese Entwicklungen können ihre Ursache im Unternehmen selbst, aber

687 688 689 690 691 692 693 694 695 696 697

NK/KindhäuserKn 104 zu § 283 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 5 7 zu $ 283 StGB. Tiedemann Rn 2 0 4 zu § 2 8 3 StGB. Zu Warnzeichen M-G/B/Bieneck Rn 76/46; Weyand Rn 4 0 und 46. ZB bei Fehlen einer Bilanz, M-G/B/Bieneck Rn 76/29. Bretzke KTS 1 9 8 5 , 4 1 3 , 4 1 6 ff. Weyand Rn 106. Vgl NK/KindhäuserKn 103 zu $ 283 StGB; vgl dazu oben Rn 7 4 f und unten Rn 300. Rn 205 fund 2 0 8 zu $ 2 8 3 StGB. Rn 168 zu § 283 StGB und passim. AA wohl Tiedemann Rn 2 0 6 zu § 283 StGB. NK/Kindhäuser Rn 103 zu S 283 StGB.

Bittmann

411

298

299

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

auch außerhalb haben. Zu nennen sind etwa ein stetiger Absatzrückgang, konjunkturelle Besonderheiten, politische Umwälzungen im Heimatland eines Lieferanten oder Abnehmers, Einwirken höherer Gewalt, Innovation oder Erfindungen eines Konkurrenten, zu hohe Kosten, die Ablehnung von Krediten, überhöhte Privatentnahmen, Wertberichtigungen oder Sonderabschreibungen. Überdies sind sämtliche Frühindikatoren und die für die Feststellung der Zahlungsunfähigkeit nach der kriminalistischen Methode maßgeblichen Krisenanzeichen Auslöser der Selbstprüfungspflicht. 698 Bei Privaten stellt sich die Finanzierungsfrage schon dann, wenn die Ausgaben durchweg das Einkommen überschreiten.

300 Auf die Auslöser der Selbstprüfungspflicht muss so reagiert werden, wie es die jeweiligen konkreten Umstände verlangen. 699 Kann der Ausfall eines Lieferanten durch Ersatzbeschaffungen ausgeglichen werden, so ist weiter nichts zu veranlassen. Brechen hingegen ganze Absatzmärkte zusammen, dann muss uU die Produktion eingeschränkt, Personal entlassen werden. Die Überschreitung einzelner Zahlungsziele ist unproblematisch; können sie jedoch durchweg nicht mehr eingehalten werden, so ist hingegen eine intensivere Ursachenforschung erforderlich. Besteht tatsächlich die ernsthafte Aussicht auf den Eingang einer höheren Summe (und nicht wie üblicherweise nur die irreale Hoffnung darauf), dann mag es genügen, mit den Gläubigern Stundungsvereinbarungen zu treffen. Andernfalls muss ein Finanzplan, ein Liquiditäts- oder Vermögensstatus erstellt werden. Daran müssen sich im Bedarfsfall Sanierungsmaßnahmen, ggf nach Beratung durch eine externe Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, anschließen. Derart aufwendige Prüfungen sind also nur erforderlich, wenn die Selbstprüfungspflicht auslösende Momente entweder gehäuft auftreten 700 oder besonders schwerwiegend sind. Maßgeblich ist also der Anlass und nicht die Größe des Unternehmens. 701 Bemüht sich der Täter ernsthaft, seine wirkliche wirtschaftliche Situation zu erkennen, dann ist ihm in aller Regel kein Fahrlässigkeitsvorwurf zu machen, auch wenn er sie dadurch verkannte, dass er bestimmte zusätzliche Erkenntnismöglichkeiten nicht nutzte. Fahrlässigkeit kann folglich nur dann bejaht werden, wenn sich der Täter außerhalb des Rahmens vertretbarer Verhaltensweisen bewegte.702 301

Ein Fahrlässigkeitsvorwurf kann nur demjenigen gemacht werden, welcher von seinen

Fähigkeiten und Kenntnissen her in der Lage ist, sachgerecht zu handeln. Allerdings

kann ein Sorgfaltsverstoß bereits darin liegen, dass jemand ohne die erforderliche Qualifikation eine Aufgabe übernimmt (Übernahmeverschulden). 703 Diese Überforderung muss für ihn allerdings wenigstens erkennbar gewesen sein. 704 Den Täter kann allerdings eine Schwäche zur Selbsterkenntnis solange nicht entschuldigen wie seine Schuldfähigkeit uneingeschränkt besteht. 705 Hält der Täter die Mindestanforderungen ein, so trifft ihn selbst dann kein Fahrlässigkeitsvorwurf, wenn er die darüber hinausgehenden weiteren Sorgfaltsanforderungen verletzte, deren Einhaltung ihm aufgrund seiner individuellen Fähigkeiten möglich gewesen wäre.706

698 Tiedemann Rn 207 zu § 283 StGB; vgl auch oben $ 11 Rn 115. 699 NK¡KindMuser Rn 103 zu $ 283 StGB. 700 So Tiedemann Rn 207 zu § 283 StGB. 701 AA Tiedemann, Rn 207 zu S 283 StGB, mit dem Hinweis darauf, dass Überschuldung nur dann Insolvenzgrund sei, wenn niemand persönlich hafte. Dabei verkennt er, dass $ 283 StGB im Eingangssatz die erhöhten Anforderungen an ordnungsgemäßes Wirtschaften unabhängig von der Rechtsform auch schon im Fall drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung annimmt. 702 Tiedemann, Rn 207 zu § 283 StGB, befürwortet tendentiell eine Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit. Dem kann de lege lata nicht gefolgt werden, weil lediglich $ 283 Abs 4 Nr 2 StGB auf Leichtfertigkeit abstellt, während Nr 1 jegliche Fahrlässigkeit erfasst. 703 NK/Kindhänser Rn 103 zu $ 283 StGB. 704 Tiedemann Rn 210 zu § 283 StGB. 705 AA Tiedemann Rn 210 zu § 283 StGB. 706 Bretzke KTS 1 9 8 5 , 4 1 3 , 4 2 2 .

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Bittmann

Bankrott, $$ 283,283a StGB

§ 283 Abs 4 Nr 2 StGB verlangt leichtfertiges Handeln. Leichtfertigkeit bedeutet grobe Fahr- 3 0 2 lässigkeit. Tiedemann707 spricht missverständnisträchtig von Vorsatznähe. Leichtfertigkeit ist bei grober Achtlosigkeit708 zu bejahen, wenn grundlegende Sorgfaltsanforderungen missachtet werden, etwa Privatentnahmen ohne Rücksicht auf die angespannte wirtschaftliche Situation, Investieren ohne ausreichende Planung oder (bei Privatleuten) übermäßiges Konsumieren. Da im Fall des § 283 Abs 4 Nr 2 StGB die Tathandlung vorsätzlich begangen worden sein 303 muss, handelt es sich im Hinblick auf die leichtfertig herbeigeführte Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit um einen Fall des § 11 Abs 2 StGB, so dass es sich bei S 283 Abs 4 Nr 2 StGB insgesamt um ein Vorsatzdelikt handelt. XXI. $ 283 Abs 5 StGB S 283 Abs 5 StGB normiert Fahrlässigkeitsdelikte, bei welchen im Gegensatz zu § 283 Abs 4 StGB auch die Tathandlung fahrlässig begangen wurde. Im Hinblick auf die Krise genügt ebenso wie bei $ 283 Abs 4 StGB fahrlässige (§ 283 Abs 1 StGB) bzw leichtfertige ($ 283 Abs 2 StGB) Unkenntnis. IGgs zu den Fällen des § 283 Abs 4 StGB erfasst Abs 5 nur $ 283 Abs 1 Nrn 2, 5 und 7 (ggf iVm Abs 2 StGB). Während § 283 Abs 5 Nr 2 StGB nur das Herbeiführen von Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit erfasst, das Herbeiführen lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit also nicht umschließt, bezieht sich § 283 Abs 5 Nr 1 StGB auf ein Handeln während eingetretener oder lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit und/oder bestehender Überschuldung.

304

Das Gesetz spricht im Hinblick auf die Krise von wenigstens fahrlässiger bzw leichtfertiger 305 Unkenntnis. Damit erfasst Abs 5 seinem Wortlaut nach auch den Täter, welcher im Hinblick auf die Tathandlung zwar fahrlässig, im Hinblick auf die Krise aber vorsätzlich handelt. Eine derartige Kombination kommt in der Praxis allerdings so gut wie nie vor 709 und ist auch überhaupt nur für die Fälle des § 283 Abs 5 Nr 1 iVm Abs 1 Nrn 2, 5 und 7 StGB denkbar. Es ist nämlich logisch unmöglich, durch fahrlässiges Handeln vorsätzlich die Krise herbeizuführen, S 283 Abs 5 Nr 2 iVm Abs 2 StGB. 710 Zudem ist es in den Fällen des $ 283 Abs 5 Nr 1 iVm Abs 1 Nr 2 StGB auch nur schwer vorstellbar, wie eine der Tathandlungen fahrlässig begangen werden soll. Der Anwendungsbereich dieser Alt beschränkt sich demzufolge (jedenfalls im Wesentlichen) auf die Fälle, in welchen der Täter darüber irrt, dass sein Verhalten den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widerspricht bzw unwirtschaftlich ist.711 Obwohl $ 283 Abs 1 Nr 3 StGB ein Unterfall der Nr 2 ist, können fahrlässige Schleuderverkäufe nicht bestraft werden,712 weil 5 283 Abs 5 StGB, wenn auch systemwidrig, § 283 Abs 1 Nr 3 StGB nicht erfasst und damit eine Sperrwirkung entfaltet. Auch das fahrlässige Unterlassen von Buchführung und Bilanzierung ist so gut wie unmöglich, wenn der Kaufmann oder sonstige Verantwortliche diese Pflichten zu erfüllen selbst übernommen hat. Gleichwohl beschränkt sich der Anwendungsbereich des § 283 Abs 5 Nr 1 iVm Abs 1 Nrn 5, 1. Alt und 7b StGB nicht ebenfalls auf Fälle des Tatbestandsirrtums (zB über die Kaufmannseigenschaft oder die Länge der Bilanzerstellungsfrist),713 weil diese Be707 Tiedemann, Rn 213 zu $ 283 StGB. 708 WeyandKn 106. 709 Vgl NK/Kindhäuser Rn 106 zu $ 283 StGB. 710 T/Fischer Rn 37 zu $ 283 StGB; Weyand Rn 107. 711 Tiedemann Rn 215 zu § 283 StGB mwN; Weyand Rn 107. Lt NK /Kindhäuser, Rn 107 zu $ 283 StGB, ist in diesen Fällen die Fahrlässigkeit nur bezüglich des verbotenen Risikos erfasst, während aufgrund des finalen Elementes in Bezug auf die Vermögensverfügung nur vorsätzliches Handeln denkbar sei. 712 NK ¡Kindhäuser Rn 108 zu $ 283 StGB. 713 So aber Tiedemann Rn 217zu § 283 StGB. Bittmann

413

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Stimmung auch und va Anwendung findet bei nicht ausreichender Überwachung von Buchhaltungskräften und Steuerberatern.714 Bei Buchführungs- und Bilanzierungsfehlern kann sich hingegen die Fahrlässigkeit auf die Unkenntnis hinsichtlich bestimmter Anforderungen ebenso wie auf das Erschwernismerkmal beziehen.715 306 Hauptanwendungsgebiet von S 283 Abs 5 StGB ist das Verhalten des Unternehmensverantwortlichen zu seinen Hilfspersonen. Bereits oben716 wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass der Vorsatz dann einer genaueren Prüfung bedarf, wenn der Kaufmann Hilfspersonen (Steuerberater, Buchführungsgesellschaften) einschaltete. Für deren Fehler haftet er strafrechtlich nur eingeschränkt. Wegen einer Vorsatztat kann der Kaufmann in diesen Fällen nur dann bestraft werden, wenn er mit der Hilfsperson kollusiv zusammenwirkte, also mit ihr bewusst die Fehlerhaftigkeit herbeiführte. In den Fällen der Einschaltung Dritter beschränkt sich die Pflicht des Kaufmanns allerdings nicht darauf, (gemeinsame) Manipulationen zu unterlassen. Vielmehr haftet er außerdem für die sorgfältige Auswahl und Überwachung seiner Helfer. Wenn der Kaufmann merkt, dass der Helfer nicht, nicht rechtzeitig oder nicht sorgfältig arbeitet, dann muss er zu einem anderen wechseln. Verstößt er gegen derartige Pflichten, dann haftet er strafrechtlich wegen vorsätzlicher, müßte er die Schwierigkeiten hingegen erkannt haben, ohne dass sich dies feststellen lässt oder tatsächlich der Fall war, so haftet er wegen fahrlässiger Buchführungs- oder Bilanzverstöße.717

XXII. $ 283 Abs 6 StGB 307 § 283 Abs 6 enthält drei objektive Bedingungen der Strafbarkeit. Eine Bestrafung wegen Bankrotts setzt voraus, dass mindestens eine davon zusätzlich zur Erfüllung einer der Tatbestandsalternativen des $ 283 Abs 1-5 StGB eingetreten ist. Weil ohne sie tatbestandliches Handeln selbst dann bestraft werden könnte, wenn die Zahlungen nicht eingestellt718 wurden, kein Insolvenzverfahren eröffnet oder ein entsprechender Antrag mangels Masse abgewiesen wurde, wirken sie strafbarkeitsbeschränkend.719 Schwächelnde Unternehmen sollen vor Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen keine (über das Normalmaß hinausgehende) Strafverfolgung ihrer Verantwortlichen und das damit häufig verbundene endgültige wirtschaftliche Aus befürchten müssen.720 Vorsatz oder Fahrlässigkeit brauchen sich nicht auf eine der Strafbarkeitsbedingungen zu beziehen. Eine ihrer wichtigsten Funktionen besteht darin, dass in den Fällen, in welchen sie erst nach Begehung der Tathandlung entsteht, die Verjährungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn die Bedingung eintritt.721 308 Während im Ermittlungs- und Strafverfahren geprüft werden muss, ob der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hatte, entfalten die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw die Abweisung mangels Masse Tatbestandswirkung, dh im Ermittlungs- und Strafverfahren wird nicht nachgeprüft, ob diese Entscheidungen zu Recht ergingen.722 Die Aufhebung des 714 Weyand Rn 107. 715 Tiedemann Rn 217 zu $ 283 StGB m w N . 716 Vgl oben Rn 159 u n d 246 sowie 292. 717 NK/Kindhäuser Rn 109 zu $ 283 StGB; Tiedemann R n 218 z u $ 283 StGB. 718 Z u m Begriff der Zahlungseinstellung vgl oben S 11 Rn 5 5 f. 719 Tiedemann Rn 89 vor § 283 StGB; im Anschluss an Otto sieht sie Penzlin, S 168, als z u m objektiven Tatbestand gehörende „Strafwürdigkeitsmerkmale" an, auf welche sich aber Vorsatz u n d Fahrlässigkeit nicht beziehen müssen. 720 T/Fischer Rn 5 vor § 283 StGB. 721 Tiedemann Rn 95 vor § 283 StGB. 722 M-G/B/Bieneck Rn 76/65; NK/Kindhäuser Rn H O f vor S 283 StGB; Tiedemann Rn 162 vor S 283 StGB; W/J/Becfe Rn 6/133; W/S/Ahrens Rn 21/6; Weyand Rn 55; ders ZInsO 2002, 851, 854; einschr hin-

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Bittmann

Bankrott, $§ 283,283a StGB Eröffnungsbeschlusses, § 34 Abs 3 InsO, lässt jedoch die objektive Strafbarkeitsbedingung (mit Rückwirkung) wieder entfallen. Das gilt aber nicht bei späterer Einstellung, §$ 207, 258 InsO. 723 Str ist, ob die Tatbestandswirkung der Verfahrenseröffnung auch dann gilt, wenn lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit vorlag und ein Insolvenzplan bestätigt wurde, S 258 InsO. Das ist zu bejahen, weil auch in einem solchen Fall Gläubiger Opfer erbringen mussten. 724 Selbst dann, wenn das einmal tatsächlich ausgeschlossen werden könnte, die Sanierung in einem Insolvenzplanverfahren also nur aufgrund von Kostensenkungen und Umstrukturierungen gelungen sein oder alle Gläubiger ihre Forderungen vollständig und mit Zinsen erfüllt bekommen haben, entfällt nicht notwendig das Strafbedürfnis, weil keineswegs sicher ist, dass dieser Erfolg auf den Aktivitäten des geläuterten Bankrottäters beruht. Ist er einem Nachfolger zu verdanken, dann besteht kein Grund, den früher Verantwortlichen strafrechtlich zu privilegieren. Hat dieser die Folgen seines Handelns jedoch wirklich selbst beseitigt, dann liegt ein Fall der Schadenswiedergutmachung vor, der (allein) auf der Rechtsfolgenseite mildernd (bis hin zu § 153 StPO) zu berücksichtigen ist. Verunglückt ist der Wortlaut des § 283 Abs 6 StGB, wonach beim „Täter" eine der Strafbarkeitsbedingungen eingetreten sein müsse. Identität zwischen Täter und krisenbehaftetem Vermögenssubjekt besteht aber nur, wenn eine natürliche Person betroffen ist. Schon bei Vereinigungen natürlicher Personen ist das nicht unproblematisch. 725 Bei juristischen Personen fallen aber Täter und Schuldner immer auseinander. Dem Regelungsgehalt nach ist in § 283 Abs 6 StGB nicht der „Täter", sondern der „Schuldner" gemeint. Das kommt angesichts des § 14 StGB im Gesetz mit noch hinreichender Bestimmtheit zum Ausdruck. 726 1.

Z u s a m m e n h a n g zwischen Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen

a)

Notwendigkeit einer Verbindung

309

310

Umstritten ist, ob und wenn ja, in welcher Weise ein Z u s a m m e n h a n g zwischen Tathandlung (insbes in den Fällen des Abs 1) und dem Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen bestehen muss. 727 Dabei ist die Frage zu beantworten, ob die Strafbarkeitsbedingung für eine bestimmte Bankrotthandlung iS des § 283 Abs 1 oder 2 StGB auch dann eingetreten ist, wenn die Tathandlung und die den Eintritt der Strafbarkeitsbedingung auslösende Krise nichts miteinander zu tun haben.

311

Das kann etwa in Fällen einer größeren zeitlichen Distanz zwischen der Aktivität des Täters und zB der Eröffnung des Insolvenzverfahrens so sein. Erwarb etwa die Pelzhändler GmbH zu einer Zeit, als das Geschäft boomte, in besonders leichtsinniger Weise Warenterminoptionen, weil sich der Alleingesellschafter und Geschäftsführer einen von ihm zu entnehmenden hohen Gewinn erhoffte, der es ihm ermöglichen sollte, sich vorzeitig zur Ruhe zu setzen, und fiel er dabei auf Betrüger herein mit der Folge, dass bei der GmbH Überschuldung eintrat, überwand sie aber die Krise angesichts der guten Nachfrage ohne Insolvenzverfahren, so stellt sich die Frage, ob die drei Jahre später zu verzeichnende Krise, ausgelöst durch Aktivitäten von Tierschützern, in deren Folge die Nachfrage radikal sank, und die

312

sichtlich der Folgen Penzlin S 176ff, 188f (dagegen Bittmann StV 2002, 228, 230); zu den unterschiedlichen Funktionen vgl oben Rn 11 ff. 723 M-G/B/Bienecfe Rn 76/65; W/J/Becfe Rn 6/134. 724 Vgl dazu oben $ 9 Rn 5 ff und 22 ff. 725 Vgl dazu oben Rn 31 und 39. 726 Vgl dazu oben Rn 36. 727 Tiedemann insbes Rn 95 vor S 283 StGB. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

nachfolgende Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse geeignet sind, die Strafbarkeit der Bankrottat gemäß S 283 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 2 StGB auszulösen. 313 Gegen die Notwendigkeit eines inneren Zusammenhangs spricht der Gesetzeswortlaut, welcher keinerlei Verbindung zwischen der Tathandlung einerseits und der Strafbarkeitsbedingung andererseits herstellt. Auch lässt sich eine Kausalität iS der conditio-sine-quanon-Formel nicht leugnen: Ohne den Verlust, welcher vor drei Jahren zu verzeichnen war, wäre die Insolvenz nicht so, dh nicht zu dieser Zeit und unter diesen Umständen eingetreten. Gleichwohl kann es nicht richtig sein, dass eine Handlung, die zu einer Zeit begangen wurde, zu der sie straflos war, nur aufgrund von Umständen strafbar werden soll, auf welche der Kaufmann keinerlei Einfluss nehmen konnte, die ihn sozusagen zufallig trafen. Die Assoziation an Willkür wird noch deutlicher, wenn zwischen Bankrottat und Strafbarkeitsbedingung überhaupt keine Kausalität besteht, zB die Bilanz 1980 von der erwähnten, zu jener Zeit noch wirtschaftlich gesunden Pelzhändler GmbH erst im September 1981 erstellt und dessen (zu jener Zeit noch:) Konkursantrag im November 1985 mangels Masse abgewiesen wurde. 314 Fasst man die im Eingangssatz von $ 283 Abs 1 StGB aufgeführten Krisenmerkmale mit Tiedemann71* als Vorstufe des von den Strafbarkeitsbedingungen in Bezug genommenen wirtschaftlichen Zusammenbruchs auf, dann hat man für die Notwendigkeit eines inneren Zusammenhangs zwischen Bankrotthandlung und Strafbarkeitsbedingung sogar einen Anhaltspunkt im Gesetz selbst. Mit der hM ist deshalb anzunehmen, dass zwischen Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen ein (noch näher zu beleuchtender) Zusammenhang bestehen muss. 729 b)

Inhaltliche Anforderungen an den Zusammenhang

315 Damit steht zwar fest, dass zwischen den beiden genannten Aspekten eine Verbindung bestehen muss, offen ist aber noch, welcher Art sie zu sein hat. Um eine Kausalbeziehung kann es sich dabei für § 283 Abs 1 StGB (anders für Abs 2) nicht handeln.730 S 283 Abs 1 StGB ist ja von vorn herein nicht einschlägig, wenn die Bankrottat die Insolvenz verursachte. In derartigen Fällen gilt nur $ 283 Abs 2 StGB. Zudem kann keine Rede davon sein, dass im obigen Beispiel die Verspätung auch der erst im Juli 1985 erstellten Bilanz für 1984 die Insolvenz auslöste, obwohl kein ernsthafter Zweifel daran bestehen kann, dass sich der Pelzhändler damit nach § 283 Abs 1 Nr 7b StGB strafbar gemacht hat. Es ist deshalb zumindest missverständlich anzunehmen, es stellten sich strukturell vergleichbare Fragen wie hinsichtlich des Rechtswidrigkeitszusammenhangs beim Fahrlässigkeitsdelikt.731 Einer irgendwie gearteten Auswirkung der Bankrottat auf den Zusammenbruch bedarf es gerade nicht. 316 Gemeinsamer Bezugspunkt zwischen Bankrotthandlung einerseits und Strafbarkeitsbedingung andererseits ist die, und zwar dieselbe wirtschaftliche Krise.732 Bei Kriseniden728 Rn 95 vor $ 283 StGB; s auch oben Rn 11 ff. 729 BGHSt 28, 231,233 f; MDR (H) 1981,454; NJW 2001,1874, 1876; Penzlin S 179 ff; Röhrn S 223 ff; ders DZWIR 2003, 143, 144f; S/S/Stree/Heine Rn 59 zu $ 283 StGB; Scholz/Tiedemann Rn 31 vor $ 82 GmbHG; Tiedemann Rn 224 zu S 283 StGB; T/Fischer Rn 17 vor § 283 StGB; Weyand Rn 56. 730 M-G/B/Bteneck Rn 76/68 und 82/59; W/J/Köhler Rn 7/128; aA NK/Kindhäuser, Rn 113 vor § 283 StGB, der einen „Risikozusammenhang" und damit Kausalität zwischen Bankrotthandlung und Krise verlangt, für die Versuchsfalle des $ 283 Abs 3 StGB aber nicht nur eine Ausnahme machen muss und macht, Rn 100 zu § 283 StGB, sondern sich damit auch noch in einen Widerspruch zu seiner Auffassung bringt, die Bankrotthandlung könne dem Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen nachfolgen, Rn 107 vor § 283 StGB; aA auch Schiippen S 177 für § 283 Abs 1 Nr 7b (und $ 283 Abs 1 Nr 3b StGB); Wilhelm NStZ 2003,511,514f (zu § 283b Abs 1 Nr 3b StGB). 731 Krause S 226 ff. 732 IE ebenso M-G/B/Bieneck Rn 82/59 f; Penzlin S 183 f; W/J /Köhler Rn 7/130.

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Bittmann

Bankrott, §§ 2 8 3 , 2 8 3 a StGB

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tität ist der erforderliche innere Zusammenhang zu bejahen, während er zu verneinen ist, wenn die Bankrottat während einer Krise begangen wurde, welche mit derjenigen, die schließlich zum Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen führte, nichts zu tun hatte. Krisenidentität fehlt also nicht schon dann, wenn eine vorübergehende Besserung der wirtschaftlichen Situation eingetreten war733 oder wenn bei Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen sämtliche Verbindlichkeiten, welche zur Zeit der Tathandlung offenstanden, beglichen sind. Es kommt daher nicht auf die Identität oder auch nur Teilidentität der offenen Verbindlichkeiten,734 sondern auf die Identität der Krise als solcher an.735 Der erforderliche Zusammenhang zwischen Bankrotthandlung und Krise entfällt auch nicht schon dann, wenn sich die Gefahr für die Gläubiger im Ergebnis nicht realisierte.736 Straflosigkeit tritt auch dann nicht ein, wenn die Bankrotthandlung die Gefährdung der 317 Gläubiger deshalb nicht mehr verstärken konnte, weil sie schon zuvor keine Chance mehr hatten, ihre Rechte durchzusetzen. Folgte man den gegenteiligen Entscheidungen des BayObLG,737 so verlangte man eben doch eine Kausalbeziehung und es entstünde nicht nur ein rechtsfreier Raum, sondern außerdem auch ein Anreiz für den Schuldner, die Befriedigungschancen der Gläubiger möglichst frühzeitig, nachhaltig und gründlich zu beseitigen, um ungestraft Bankrotthandlungen begehen zu dürfen. Entgegen Penzlin738 gilt $ 283 Abs 6 StGB auch nicht erst ab einer Unterdeckung von mindestens 20 %, weil der Eingangssatz des § 283 StGB ein Handeln bei lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit genügen lässt.739 Markiert der Beginn der zum wirtschaftlichen Zusammenbruch führenden Krise den 318 frühesten Zeitpunkt, zu welchem eine strafbare Bankrottat begangen werden kann, so markiert ihr Ende grundsätzlich den letztmöglichen Tatzeitpunkt. Da der Eingangssatz des § 283 Abs 1 nur auf das Bestehen von Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit, letzterenfalls auch deren Drohen, abstellt, kommt es (bei Krisenidentität) für die Strafbarkeit nicht darauf an, ob die Strafbarkeitsbedingung vor oder nach der Bankkrottat eintrat.740 Demzufolge kann eine Straftat gemäß § 283 Abs 1 StGB auch noch nach Abweisung des Insolvenzantrags und nach Abschluss des Insolvenzverfahrens bis zur Vollbeendigung begangen werden.741 Letztere setzt Auflösung und Löschung im Handelsregister voraus, §§ 60 Abs 1 Nr 5 GmbHG, 262 Abs 1 Nr 4 AktG, 81a Nr 1 GenG, 131 Abs 1 Nr 4, Abs 2 Nr 2 HGB, 141a FGG. Auch eine Tat nach S 283 Abs 1 Nr 6 StGB kann trotz der darüber hinaus reichenden Aufbewahrungsfristen und der nachwirkenden Aufbewahrungspflicht des $ 74 Abs 2 GmbHG danach nicht mehr begangen werden, weil mit Vollbeendigung auch die

7 3 3 BGH JZ 1 9 7 9 , 7 5 , 7 6 ; aA NK/Kindhäuser Rn 113 vor § 2 8 3 StGB; Penzlin S 185. 7 3 4 Sie bestand im Fall BGH, NJW 2 0 0 1 , 1 8 7 4 , 1 8 7 6 , sogar. 7 3 5 B/Quedenfeld/Richter Rn 9 / 1 8 5 ; S/S/Stree/Heine Rn 5 9 zu $ 2 8 3 StGB; Tiedemann Rn 2 2 4 zu § 2 8 3 StGB. 7 3 6 AA Krause S 229. Ihm ist zu widersprechen, auch wenn man in % 2 8 3 Abs 6 StGB ein Erfolgselement sehen mag. Kausalität zwischen Bankrotthandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen ist aber nach allgM nicht Voraussetzung für eine Bestrafung nach § 2 8 3 StGB, vgl dazu oben Rn 315. 7 3 7 NJW 2 0 0 3 , 1960 f. Das Gericht verkannte, dass der Zusammenhang nur zwischen einer vorausgehenden Bankrotthandlung und dem nachfolgendem Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen verneint werden kann. Ohne Begründung übertrug der Senat das Erfordernis des Zusammenhangs auf die umgekehrte Lage, in welcher die Bankrottat dem Eintritt der Strafbarkeitsbedingung nachfolgte. 7 3 8 S 188 f. 7 3 9 Bittmann StV 2 0 0 2 , 2 2 8 , 230. 7 4 0 Allg M, BGHSt 1 , 1 8 6 , 1 9 1 ; bei Herían, GA 1 9 7 1 , 3 8 ; B/Quedenfeld/Rkhter Rn 9 / 1 3 7 ; M-G/B/Bieneck Rn 7 5 / 4 5 ; NK/Kindhäuser Rn 107 vor § 2 8 3 StGB; Röhm S 2 2 8 mN; Τ/Fischer Rn 16 vor S 2 8 3 StGB (anders aber Rn 23 zu $ 2 8 3 StGB für S 2 8 3 Abs 1 Nr 5 StGB). 7 4 1 τ/Fischer Rn 16 vor % 2 8 3 StGB mN; s bereits oben Rn 157 und 242.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Krise entfällt.742 Ein bestätigter Insolvenzplan führt zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens gemäß § 259 Abs 1S 2 InsO. Damit erhält der (Gemein-) Schuldner das Recht zurück, über die Insolvenzmasse frei zu verfügen.743 Solange die Krise aber noch nicht nachhaltig überwunden ist, hat er den Rahmen des Insolvenzplans strengstens einzuhalten. Sprengt er dessen Grenzen eigenmächtig, dann ist eine Bestrafung unter den tatbestandlichen Voraussetzungen der §§ 283 ff StGB nach allgemeinen Regeln möglich.744 Die Einhaltung des Insolvenzplans wirkt hingegen wie ein Rechtfertigungsgrund. 319 Im Übrigen ist die Frage nach dem letztmöglichen Tatzeitpunkt selten praxisrelevant. Betätigt sich der Schuldner nicht mehr kaufmännisch, so entfällt auch die Buchführungsund Bilanzierungspflicht. Denkbar bleiben allerdings von § 283 Abs 1 Nrn 2,3 und 8 StGB erfasste unwirtschaftliche Geschäfte. Verwendet der Schuldner dafür verheimlichtes oder beiseitegeschafftes Vermögen, so gingen diesen Straftaten die zuvor begangenen Bankrotttaten, regelmäßig solche nach S 283 Abs 1 Nr 1 StGB, voraus. Bei den nachfolgenden (Verwertungs-)Taten handelt es sich daher mangels weiterer oder stärkerer Rechtsgutsverletzungen um mitbestrafte Nachtaten. Sie erlangen nur dann selbständige Bedeutung und werden Grundlage einer strafrechtlichen Verurteilung, wenn die vorangegangenen Straftaten, zB aus Verjährungsgründen, nicht mehr verfolgt werden dürfen. Gleiches gilt für Verwertungshandlungen, die zwar für sich gesehen nicht unwirtschaftlich sind, aber ebenfalls beiseitegeschaffte oder verheimlichte Vermögenswerte betreffen und deren Erlös (zB nach Abweisung mangels Masse) eigentlich zur Gläubigerbefriedigung im Rahmen der Liquidation verwandt werden müsste. Die Vorgänge in diesem Stadium verbleiben allerdings durchweg im Dunkeln.745 c)

Indizcharakter von Bankrottat und Strafbarkeitsbedingung für Krisenidentität

320 Dogmatisch handelt es sich bei der Krisenidentität allerdings nicht um eine Tatsache, deren Feststehen Voraussetzung für die Bestrafung des Täters wäre. Es verhält sich vielmehr umgekehrt: Festgestellt werden muss lediglich eine Bankrottat und der Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen. Das Fehlen der Krisenidentität ist hingegen eine negative Tatsache, welche verhindert, dass die Rechtsfolge des § 283 Abs 6 StGB Platz greift. Die Merkmale, welche positiv feststehen müssen, tragen demzufolge einen Symptomoder Indizcharakter.746 Dieser kann widerlegt werden durch den Nachweis mangelnder Krisenidentität. Verfehlt ist demgegenüber die neue Rspr des BayObLG,747 welche den Nachweis eines definitiven Zusammenhangs zwischen Bankrottat und Krise verlangt und ihn zB schon dann verneint, wenn die verspätete Bilanz vor Kriseneintritt nachgeholt wurde. Das ist mit dem Gesetz unvereinbar.748 321 Es handelt sich um die gleiche dogmatische Struktur wie bei S 19 Abs 2 S 2 InsO, aus dessen Wortlaut folgt, dass für den Überschuldungsstatus Liquidationswerte anzusetzen sind, es sei denn, die Fortführbarkeit des Unternehmens ist überwiegend wahrscheinlich.749 Dort wie hier gilt die für den Täter nachteiligere Rechtslage, es sei denn, die Indizwirkung ist wi-

7 4 2 Vgl dazu bereits oben Rn 2 0 2 . 7 4 3 Tiedemann Rn 1 0 0 vor $ 2 8 3 StGB. 7 4 4 M-G/B/Bieneck Rn 7 6 / 7 5 . 7 4 5 Vgl M-G/B/Bieneck Rn 76/78. 7 4 6 Biletzki NStZ 1999, 537, 540; NKIKindhäuser Rn 1 1 4 vor $ 2 8 3 StGB; Tiedemann Rn 9 5 vor $ 2 8 3 StGB; Wilhelm NStZ 2 0 0 3 , 5 1 1 , 5 1 4 f ; aAPenzlin S 188. 7 4 7 NStZ 2 0 0 3 , 2 1 4 f ; zutr Maurer wistra 2 0 0 3 , 2 5 3 . 7 4 8 Vgl ausführlich dazu unten S 13 Rn 7f. 7 4 9 Vgl dazu oben S 11 Rn 103 f.

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Bankrott, $$ 2 8 3 , 2 8 3 a StGB

derlegt.750 Weil dies Folgen des materiellen Rechts sind, gilt hier der Grundsatz, in dubio pro reo, nicht.751 Die Folge der Verneinung einer Strafbarkeit nach § 283 StGB mangels Krisenidentität ist nun allerdings nicht in allen Fällen die gänzliche Straffreiheit des Täters. Er ist für Buchfiihrungs- und Bilanzdelikte vielmehr nach dem milderen $ 283b StGB zu bestrafen, der keinen Zusammenhang zwischen Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen voraussetzt.752 d)

Keine Personenidentität erforderlich

Das Erfordernis der (sachlichen) Krisenidentität findet keine Entsprechung auf der persona- 322 len Ebene. Das bedeutet einerseits, dass der Täter auch dann noch wegen Bankrotts bestraft werden kann, wenn er bei Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen nicht mehr in verantwortlicher Stellung ist.7S3 Andererseits kommt es ihm aber zugute, wenn nach seinem Ausscheiden der neu eingetretene Verantwortliche das Eintreten einer der Strafbarkeitsbedingungen vermeidet.754 2.

Überwindung der Krise

Eng mit der Frage nach der inneren Verbindung zwischen Bankrottat und Strafbarkeits- 323 bedingung hängt das Problem zusammen, ob die Wirkung des Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen auch dann entfällt, wenn die Krise nach deren Eintritt, aber vor dem Urteilsspruch überwunden wurde. Dieses Thema ist unter Geltung der InsO von noch größerer Brisanz, weil das selbständige Vergleichsverfahren nicht mehr beantragt werden kann und es die neuen Vorschriften erleichtern sollen, die Befriedigung der Gläubiger im Wege der Sanierung, va im Insolvenzplanverfahren, 5$ 217 ff InsO, zu erzielen. Würde die erfolgreiche Sanierung in einem Insolvenzverfahren die Strafbarkeit entfallen lassen, so könnte über eine Verurteilung erst nach rechtskräftigem Abschluss des Insolvenzverfahrens, uU also erst nach Jahren entschieden werden. Gleichwohl wird verbreitet die Auffassung vertreten, dass ein bestätigter Insolvenzplan, § 258 InsO, die Strafbarkeit entfallen lässt.755 Schon unter dem früheren Recht war nicht einsehbar, dass allein dass Ergebnis, Wiederauf- 324 erstehung nach dem wirtschaftlichen Zusammenbruch, das Strafbedürfnis nachträglich beseitigen sollte. Das gilt de lege lata erst recht, erweiterte der Gesetzgeber § 283 Abs 6 StGB doch auf den Eintritt einer schweren Krise.756 Wenn Bankrottaten die Insolvenzreife auslösen, § 283 Abs 2 StGB, oder in der Krise begangen werden, § 283 Abs 1 StGB, und dies im

7 5 0 S/S/Stree/Heine Rn 59 zu $ 2 8 3 StGB; Tiedemann Rn 91 ff vor § 283 StGB; Vf¡J/Köhler Rn 7 / 1 3 0 ; iE kaum abweichend Vf/S/Ahrens, Rn 2 1 / 7 1 , und Weyand, Rn 56; ders ZInsO 2 0 0 2 , 8 5 1 , 8 5 4 , die Krisenidentität nur bei nachhaltiger Überwindung der Krise verneinen; aA M-G/B/Bieneck Rn 7 6 / 7 2 , etwas näher bei der hier vertretenen Ansicht hingegen Rn 8 2 / 6 0 . 7 5 1 B/Quedenfeld/Richter Rn 9 / 1 8 4 ; T/Fischer Rn 17 vor § 2 8 3 StGB; Wilhelm NStZ 2 0 0 3 , 5 1 1 , 5 1 4 f ; aA, aber widersprüchlich Tiedemann Rn 9 2 vor § 2 8 3 mwN in Fn 6 9 ; Penzlin S 188. 7 5 2 B/Quedenfeld/Richter Rn 9 / 1 8 6 ; vgl dazu unten § 13 Rn 7f. 7 5 3 Scholz/Tiedemann Rn 3 4 vor § 8 2 GmbHG. 7 5 4 Scholz/Tiedemann Rn 3 2 vor $ 82 GmbHG. 7 5 5 So Moosmayer S 116; S/S/Stree/Heine Rn 5 9 zu § 283 StGB; Uhlenbruch ZInsO 1998, 2 5 0 , 252; sämtlich aber nur für den Fall, dass ausschließlich drohende Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzauslösegrund vorhanden war; zweifelnd W/J/Beck Rn 6 / 6 4 ff (in Rn 133 die Tatbestandswirkung aber uneingeschränkt bejahend); aA Ehlers DStR 1999, 4 6 1 , 4 6 5 ; M-G/B/Bieneck Rn 7 6 / 7 1 a (aber nur de lege lata); Penzlin S 1 9 0 ff (zust Bittmann StV 2 0 0 2 , 2 2 8 , 2 3 0 ) ; Scholz/Tiedemann Rn 3 2 vor $ 8 2 GmbHG; Tiedemann Rn 1 8 0 vor § 2 8 3 StGB; W/S/Ahrens Rn 21/13. 7 5 6 Vgl dazu oben Rn 19; Scholz/Tiedemann, Rn 31 vor § 8 2 GmbHG, zieht daraus unverständlicherweise den gegenteiligen Schluss.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Zusammenhang mit einer der Strafbarkeitsbedingungen steht, dann ist nach dem Gesetz Strafbarkeit zu bejahen, enthält es doch keine Regelung über tätige Reue. Insbes bei Tathandlungen nach § 283 Abs 1 Nrn 1 und 8 StGB fehlt es an einer sachlogischen inneren Rechtfertigung dafür, dass der Täter straffrei würde, nur weil er es - eventuell gar ohne eigenes Zutun - geschafft hat, die Insolvenzvoraussetzungen nachträglich zu beseitigen. In aller Regel gelingt ihm dies ja nicht ohne die Hilfe Dritter. Forderungsnachlässe, Rangrücktrittserklärungen oder - häufig - Subventionen müssen sämtlich von Dritten geleistet und finanziert werden, soll die Sanierung erfolgreich abgeschlossen werden. Straffreiheit durch Inanspruchnahme Externer wäre aber unverdient. 325

Dass der Gesetzgeber den redlichen (Gemein-)Schuldner besserstellen will, zeigt sich auch daran, dass die Restschuldbefreiung gemäß §§ 286 ff InsO dem Unredlichen gemäß § 290 InsO versagt wird. Gemäß § 290 Abs 1 Nr 1 InsO besteht ein Versagungsgrund in einer Verurteilung wegen einer Straftat gemäß den §§ 2 8 3 - 2 8 3 c StGB. Zwar stünde die Straffreiheit nach erfolgreicher Sanierung zu dieser Bestimmung nicht in logischem Widerspruch, weil es in diesem Falle j a gerade nicht zu einer entspr Verurteilung käme. Es läge aber ein Wertungswiderspruch vor. Uhlenbruch757 ist hingegen der Auffassung, dass bereits die Aufnahme staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen entgegen den Intentionen des Gesetzgebers der InsO regelmäßig geeignet sei, das Vertrauen in die Person des Schuldners oder Organs derart zu erschüttern, dass nicht allein die Eigenverwaltung, sondern die Sanierung insgesamt zum Scheitern verurteilt sei. Dem kann schon deshalb nicht gefolgt werden, weil staatsanwaltschaftliche Ermittlungen auf der Basis der hier abgelehnten Auffassung ja nicht beendet werden könnten, bevor der Insolvenzplan bestätigt wäre, die Ermittlungen aber oftmals bereits aufgenommen werden müssen, bevor feststeht, dass ein Insolvenzplan zustande kommt. Leitet die Staatsanwaltschaft das Verfahren hingegen erst nach Bestätigung des Insolvenzplans ein, so hat dies regelmäßig keinen Einfluss auf die Durchführung des Insolvenzplans. Anders kann es im Fall der Inhaftierung des Schuldners bzw dessen Organs liegen. In solchem Fall besteht aber regelmäßig der dringende Verdacht einer schweren (Insolvenz-)Straftat. Ob ein derart Verdächtiger den Insolvenzplan im Interesse der Befriedigung der Gläubiger jedoch erfolgreich durchgeführt hätte, ist mit Fug zu bezweifeln.

326 Demzufolge hat die erfolgreiche Sanierung nach Eintritt einer der Strafbarkeitsbe-

dingungen keinen Einfluss auf die Strafbarkeit. Nur dann, wenn es dem Täter gelingt, die Verwirklichung der Voraussetzungen der Strafbarkeitsbedingung von vorn herein zu verhindern, also die Krise vorher zu überwinden, geht er trotz tatbestandlichen Handelns straffrei aus. Auch dies kann selbstverständlich unverdient sein, weil auch die erfolgreiche Sanierung vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch meist von Leistungen Dritter abhängt. Die Ungerechtigkeit der Straffreiheit in diesen Fällen ist aber Folge der Entscheidung des Gesetzgebers, die Strafbarkeit vom Eintritt bestimmter Strafbarkeitsbedingungen abhängig zu machen. Das hat der Gesetzesanwender hinzunehmen.

327

Überwand der Täter die Krise allerdings tatsächlich ohne fremde Hilfe (zB durch freiwilliges nachträgliches Zurverfügungstellen beiseitegeschaffter Vermögensgegenstände oder Beschaffung der zur Sanierung erforderlichen Finanzmittel aus eigener Kraft), so kann das Strafrecht derartige Bemühungen nicht unberücksichtigt lassen. Obwohl der Weg zur Beseitigung der Strafbarkeitsbedingung aus Rechtsgründen verstellt ist, bedeutet das nicht zwingend, dass der Täter auch tatsächlich bestraft werden muss, weil Abhilfe auf der Rechtsfolgenseite möglich ist. Je nach den Umständen des Einzelfalles kann den individuellen Besonderheiten durch eine Verwarnung mit Strafvorbehalt gemäß S 59 StGB, durch eine Einstellung gegen Auflagen gemäß § 153a StPO oder gar ohne Auflagen nach § 153 StPO Rechnung getragen werden. 757

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ZInsO 1 9 9 8 , 2 5 0 , 2 5 2 .

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Bankrott, M 283,283a StGB

512

XXIII. Vollendung, Beendigung, Strafrahmen, Mittäterschaft, Beihilfe, Konkurrenzen 1.

Vollendung und Beendigung

Soweit es sich bei § 283 Abs 1 StGB um ein Tätigkeitsdelikt handelt, ist die Tat mit Ab- 328 schluss der Handlung vollendet.758 Bei den Unterlassungsdelikten gemäß $ 283 Abs 1 Nrn 5,1. Alt, und 7b (gegf iVm Abs 2) StGB tritt Vollendung mit Ablauf der jeweils maßgeblichen Frist ein." 9 In keinem Fall ist eine Tat gem $ 283 StGB erst mit nachträglichem Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen vollendet.760 Hinsichtlich der Beendigung ist bei § 283 Abs 1 StGB zu unterscheiden:761 Tritt die Straf- 329 barkeitsbedingung des $ 283 Abs 6 StGB ein, nachdem der Täter handelte oder die Fristen abgelaufen sind, so liegt Beendigung erst mit dem Entstehen der Strafbarkeitsbedingung vor.762 Tritt sie jedoch vor Begehung der Bankrottat ein, so fallen Vollendung und Beendigung zusammen. Die Verjährungsfrist beginnt mit Beendigung zu laufen, $ 78a S 1 StGB. Geht die Bankrotthandlung dem Eintritt der Strafbarkeitsbedingung voraus, so kann also zwischen der Handlung des Täters und dem Eintritt der Verjährung ein längerer Zeitraum liegen als die fünfjährige Verjährungsfrist des § 78 Abs 3 Nr 4 StGB. Bei § 283 Abs 2 StGB fallen Vollendung und Beendigung regelmäßig zusammen und zwar 330 im Zeitpunkt des Erfolgseintritts. 2.

Der Strafrahmen

Die einfache Bankrottat wird mir Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder mit Geldstrafe be- 331 straft. Eine Verurteilung hat zur Folge, dass dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt wird, § 290 Abs 1 Nr 1 InsO.763 3.

Handeln mehrerer

Sind verschiedene Personen an der Tat beteiligt, so ist zu unterscheiden: Bei den Unter- 332 lassungsdelikten des § 283 Abs 1 Nrn 5,1 Alt, und 7b StGB ist jeder persönlich haftende und vertretungsbefugte Gesellschafter, jedes Mitglied eines aus Externen gebildeten Vertretungsgremiums und bei juristischen Personen jedes Mitglied eines vertretungsberechtigten Organs selbständig handlungsverpflichtet.764 Sind sie sämtlich säumig, so liegt ohne gemeinsamen Tatentschluss Nebentäterschaft vor. Gleiches mag bei Tätigkeitsdelikten theoretisch ebenfalls denkbar sein, wird in der Praxis aber kaum einmal vorkommen. In der Regel wird Mittäterschaft zu bejahen sein. Bei entsprechendem Vorsatz gilt gleiches auch bei den Unterlassungsdelikten. Streitig ist, ob eine Mittäterschaft zwischen dem Schuldner bzw ihm gemäß $ 14 StGB Gleichgestellten einerseits und einem Externen andererseits möglich ist.765 Da allerdings Externe nicht Täter sein können, ist es auch nicht möglich,

758 S/S/Stree/Heine Rn 63 zu $ 283 StGB. 759 Tiedemann Rn 220 zu § 283 StGB. 760 τ ¡Fischer Rn 33 zu $ 283 StGB. 761 Tiedemann Rn 221 zu $ 283 StGB. 762 AA BGH wistra 1998,105; wie hier M-G/B IBieneck Rn 76/66; Vi β ¡Kohler Rn 7/186. 763 Die Bestimmung setzt nicht voraus, dass die Verurteilung wegen einer Tat erfolgte, die im Zusammenhang mit dem betroffenen Insolvenzverfahren stand, BGH NJW 2003, 974 f. Die Vorschrift ist schwierig zu handhaben, vgl BGH NJW 2003,2167ff; OLG Celle NZI2001,155; 314. 764 Vgl dazu oben Rn 31,39 und 158 f sowie allg oben § 5 Rn 3 5 ff. 765 Vgl dazu Tiedemann Rn 226 zu § 283 StGB. Bittmann

421

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften dass sie Mittäter sind. 766 Bei gemeinsamem Tatentschluss mit dem Schuldner haften sie strafrechtlich also als Helfer (evtl als Anstifter), soweit sie nicht Täter einer Schuldnerbegünstigung iS des § 283d StGB sind. 767 Weil in derartigen Fällen nur wegen Fehlens eines besonderen persönlichen Merkmals eine Bestrafung wegen Beihilfe statt wegen Täterschaft erfolgt, wird der Strafrahmen nicht doppelt, also sowohl nach § 27 Abs 2 StGB als auch nach S 28 Abs 1 StGB, sondern insgesamt nur einmal gemildert. 768 333

Streitig ist die strafrechtliche Haftung desjenigen, welcher Partner des Schuldners (oder des gemäß $ 14 StGB Gleichgestellten) bei solchen Bankrotthandlungen ist, welche der Täter nicht ohne Beteiligung eines Dritten begehen kann. Das Problem stellt sich allerdings nur dann, wenn der Dritte weiß, dass sich der Täter in der Krise befindet. Andernfalls fehlt es ihm am Vorsatz. Kennt er allerdings die Krise des Täters, dann ist kein Grund für das Entfallen einer Strafbarkeit wegen Anstiftung ersichtlich. Beihilfe soll hingegen nach verbreiteter Auffassung in Anwendung der Grundsätze notwendiger Teilnahme weitgehend ausscheiden. 769 Unter dem Aspekt des Rechtsgüterschutzes ist es allerdings nicht einzusehen, dass derjenige, welcher sich bewusst dafür hergibt, dass der Schuldner (oder der ihm gemäß § 14 StGB Gleichgestellte) gläubigergefährdende Straftaten begeht, ja diese Taten durch sein Mitwirken erst ermöglicht, selbst straflos sein soll. Dem Fehlen einer eigenen Verbindung zu den Gläubigern des Schuldners wird durch die Strafrahmenmilderung des S 27 Abs 2 StGB hinreichend Rechnung getragen. Überzeugend lässt sich die Straflosigkeit des Dritten nach den Grundsätzen notwendiger Teilnahme nur für die Fälle wertgleicher Austauschgeschäfte begründen.

334

Umstritten ist ferner, ob zwischen d e m Zeitpunkt des Abschlusses der Bankrotthandlung u n d dem Eintritt der Strafbarkeitsbedingung noch Beihilfe geleistet werden kann, oder ob in einem solchen Fall die $$ 2 5 7 f f StGB gelten. Es ist allerdings kein Grund dafür ersichtlich, für § 283 StGB von den allgemeinen Regeln abzugehen: Bis zum Zeitpunkt der Beendigung 7 7 0 kann Beihilfe geleistet werden. 771 Danach greifen die §§ 2 5 7 f f StGB ein. 772

335

4.

Konkurrenzen

a)

Innerhalb von $ 283 StGB

Die Strafbarkeitsbedingungen des § 283 Abs 6 StGB haben nicht die Kraft, m e h r e r e

Bankrotthandlungen zu einer Tat im Rechtssinn zusammenzufassen.773 Das Konkurrenzverhältnis richtet sich daher nach den allgemeinen Grundsätzen. 774 Mehrere Tathandlungen, die verschiedene Alt des § 283 Abs 1 StGB verletzen, stehen folglich ebenso wie mehrfaches Beiseiteschaffen im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander, 775 soweit sich die 766 AA für S 283 Abs 2 und Abs 4 Nr 2 Τ¡Fischer Rn 38 zu § 283 StGB. 767 Tiedemann Rn 227 zu $ 283 StGB. 768 BGHSt 26,53 ff; Tiedemann Rn 228 zu § 283 StGB. 769 Vgl dazu NK/Kindhäuser Rn 113 zu S 283 StGB; Tiedemann Rn 229 zu $ 283 StGB mwN. 770 Vgl dazu oben Rn 329 f. 771 NK /Kindhäuser Rn 112 zu S 283 StGB. 772 BGHSt 1, 186, 190 ff; sa Tiedemann, Rn 230 zu $ 283 StGB mwN, der selbst allerdings trotz Annahme der Beendigung erst mit Vorliegen der Strafbarkeitsbedingung bei vorangegangener Bankrotthandlung, Rn 221, für den Zeitraum zwischen Abschluss der Bankrottat und dem Eintritt der Strafbarkeitsbedingung eine Haftung des Unterstützers nicht nach Beihilferegeln, sondern nach den SS 257ff StGB bejaht. 773 BGH, bei Herían, GA 1971, 38; wistra 1998, 105, 106; NK/Kindhäuser Rn 116 zu S 283 StGB; S/S/Stree/Heine Rn 66 zu § 283 StGB. 774 Tiedemann Rn 231 zu § 283 StGB; W/J/Köhler Rn 7/171, auch 177. 775 M-G/B/Bieneck Rn 78/39. 422

Bittmann

Bankrott, $$ 2 8 3 , 2 8 3 a StGB

Ausfiihrungshandlungen nicht überschnitten. 776 Das ist zwischen $ 283 Abs 1 Nr 1 und Nr 6 StGB möglich. 777 § 283 Abs 1 StGB schließt grundsätzlich 778 Abs 2 ebenso wie Abs 4 und 5 aus. Das gilt auch umgekehrt. Ebenso kann nur entweder $ 283 Abs 4 oder Abs 5 vorliegen. 779 Im Verhältnis zu § 283b StGB ist $ 283 lex specialis. 780 Wurde innerhalb derselben Wirtschaftsperiode ein Teil der Buchführungsverstöße vor, ein anderer hingegen erst nach Eintritt der Krise begangen, so liegt eine einheitliche Tat nach $ 283 Abs 1 Nr 5 StGB vor.781 Gleiches gilt für mehrere Manipulationen innerhalb einer Periode und ein späteres vollständiges Unterlassen der Buchführung innerhalb desselben Geschäftsjahres. 782 Da innerhalb des § 283 Abs 1 StGB Nr 8 den Grundtatbestand darstellt, tritt er als lex generalis hinter die speziellen Tatbestände der Nrn 1 - 7 zurück. Str ist, ob nach S 283 Abs 1 StGB oder nach Abs 2 zu bestrafen ist, wenn eine Tat während drohender Zahlungsunfähigkeit begangen wurde und zur Zahlungsunfähigkeit führte. Der BGH 7 8 3 nahm Tateinheit an, während Τiedemann 784 Abs 1 hinter Abs 2 zurücktreten lässt. Wenn erst mehrere Tathandlungen gemäß § 283 Abs 1 iVm Abs 2 StGB gemeinsam den wirtschaftlichen Zusammenbruch verursachen, also zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs führen, dann liegt Tateinheit vor.785

336

Wurde ein Gegenstand zunächst verheimlicht und anschließend beiseitegeschafft, so ist letzteres mitbestrafte Nachtat. Gleiches gilt im umgekehrten Fall. Beides ist allerdings str; die Rspr neigt zur Annahme von Tateinheit. 786 Treffen mit der mitbestraften Nachtat weitere Delikte tateinheitlich zusammen, so besteht im Verhältnis zur ersten Tat Tatmehrheit, str. 787 Wird derselbe Gegenstand mehrfach verheimlicht, so liegt hinsichtlich der Wiederholungen ebenfalls mitbestrafte Nachtat vor. Bei Erfüllung vorgetäuschter oder erdichteter Rechte tritt § 283 Abs 1 Nr 4 StGB nach hM 7 8 8 im Falle der Vollendung hinter Nr 1 oder Nr 8 zurück, 789 während im Fall des nur versuchten Beiseiteschaffens Tateinheit zwischen beiden Alternativen besteht, str. 790

337

Treibt der Täter in mehrfacher Hinsicht übermäßigen Aufwand iS des § 283 Abs 1 Nr 2 StGB, so nimmt der BGH 7 9 1 eine Tat an. Das kann allerdings nur dann gelten, wenn sich die Ausführungshandlungen überschnitten. Wurde hingegen aus dem Firmenvermögen in einem Monat ein zu großes Privatfahrzeug angeschafft, mit welchem im nächsten Monat eine zu aufwendige Reise angetreten wurde, dann besteht zwar zwischen diesen beiden Tathandlungen Idealkonkurrenz, nicht aber mit dem zu üppigen Empfang einen Monat vor dem Kauf des Kraftfahrzeugs. Letztgenannter Fall stellt eine selbständige Straftat nach 5 283 Abs 1 Nr 2 StGB dar.

338

7 7 6 Vgl Wß/KöhlerRn 7 / 1 4 0 . 7 7 7 Ύ¡Fischer Rn 41 zu S 2 8 3 StGB. 7 7 8 Zu einer möglichen Ausnahme s Rn 3 3 6 . 7 7 9 Tiedemann Rn 2 3 2 zu $ 2 8 3 StGB. 7 8 0 BGH wistra 1 9 9 8 , 1 0 5 , 1 0 6 ; Tiedemann Rn 2 3 2 , 2 3 4 und 2 3 7 zu § 2 8 3 StGB. 7 8 1 BGH wistra 1998, 105, 106; B/Quedenfeld/Richter Rn 9 / 1 8 0 ; S/S/Stree/Heine Rn 3 7 zu $ 2 8 3 StGB; T/Ftscher Rn 23 zu $ 283 StGB. 7 8 2 B/Quedenfeld/Richter Rn 9 / 1 7 2 . 7 8 3 JZ 1 9 7 5 , 7 6 ; ebenso M-G/B/Bieneck Rn 7 6 / 6 9 . 7 8 4 Rn 8 und 2 3 3 zu S 2 8 3 StGB; sa NK/Kindhäuser Rn 4 zu § 2 8 3 StGB. 7 8 5 AA Tiedemann Rn 2 3 5 zu § 2 8 3 StGB. 7 8 6 Vgl dazu Tiedemann Rn 2 3 4 zu $ 2 8 3 StGB mwN. 7 8 7 Die Rspr nimmt, von ihrem Ausgangspunkt aus gesehen: konsequenterweise, Tateinheit an. 7 8 8 Nach hiesiger Auffassung liegt allerdings $ 2 8 3 Abs 1 Nr 1 StGB tatbestandlich nicht vor, da der Schuldner die Verfügungsgewalt über die Gegenstände nicht behält, vgl dazu oben Rn 102. 7 8 9 Auch §§ 2 6 3 und 2 6 6 StGB verdrängen danach $ 2 8 3 Abs 1 Nr 4 StGB. 7 9 0 Vgl dazu M-G/B/Bieneck Rn 8 3 / 4 f; Tiedemann Rn 2 3 4 zu S 2 8 3 StGB mwN. 7 9 1 St 3 , 2 3 , 2 6 ; vgl bereits oben Rn 130.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften 339

Mehrere Buchführungsverstöße in derselben Periode 7 9 2 stellen als Dauerdelikt unter dem Gesichtspunkt der Erfolgseinheit, der BGH spricht von Bewertungseinheit, 793 lediglich eine einzige Tat gemäß § 283 Abs 1 Nr 5 , 2 . Alt StGB dar. 794 Das gilt auch dann, wenn ein Teil der Buchführungsverstöße vorsätzlich, ein anderer fahrlässig begangen wurde und ebenso, wenn ein Teil der Tathandlung vor, ein anderer nach Eintritt der Strafbarkeitsbedingung begangen wurde. 795 Mehrere Buchfuhrungverstöße in verschiedenen Perioden stehen tatmehrheitlich zueinander. 796 Der BGH 7 9 7 nimmt allerdings unter Hinweis darauf, dass ein Buchfiihrungsverstoß die Buchführung insgesamt unrichtig mache, auch insoweit Tateinheit an. Es gibt jedoch keinen Grund für die Privilegierung eines derartigen Mehrfachtäters. Wenn nicht geklärt werden kann, ob die oder jedenfalls bestimmte Handelsbücher gar nicht erst geführt oder ob sie erst nachträglich beseitigt wurden, so ist Wahlfeststellung zwischen Nrn 5 , 1 . Alt, und Nr 6 möglich. 798 Weil die Bilanz z u m Buchwerk des Kaufmanns gehört, ist $ 283 Abs 1 Nr 7 lex specialis gegenüber Nr 5. 7 9 9 Ist die unterlassene Bilanzierung die Folge der unterlassenen Buchführung, so lag früher Tateinheit zwischen $ 283 Abs 1 Nr 5 , 1 . Alt StGB und Nr 7b vor. 800 Nachdem der Große Senat des BGH die Rspr zur fortgesetzten Handlung aufgegeben hat, 8 0 1 liegt nunmehr Tatmehrheit vor. 802 § 283 Abs 1 Nr 5 StGB kann mehrere Taten nach Nr 7 nicht tateinheitlich verbinden. 803 Allerdings kann dies sowieso nur für den Fall bezweifelt werden, dass man entgegen hiesiger Auffassung periodenübergreifende Buchführungsverstöße als lediglich eine Tat ansieht. Zwar führen mehrere Mängel einer Bilanz nur zu einer Tat. Aber jede manipulierte oder unterlassene Bilanz stellt eine gesonderte Tat dar. 804 Weil die Bilanzierungspflicht nicht mit Fristablauf endet, sondern fortbesteht, ist ein vor Eintritt der Krise begangenes Bilanzdelikt nicht nach § 283b Abs 1 Nr 3 StGB, sondern nach § 283 Abs 1 Nr 7 StGB zu bestrafen, wenn die Bilanz nicht vor Eintritt der Krise nachgeholt wurde. 805

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Wenn der vom Kaufmann eingeschaltete Steuerberater weder bucht noch bilanziert, dann verletzt der Kaufmann, soweit er gegen seine Kontroll- und Überwachungpflichten verstößt, tateinheitlich § 283 Abs 1 Nr 5, 1. Alt und Nr 7b StGB. 806 Verletzt der Täter Buchführungs- und Bilanzierungspflichten innerhalb verschiedener Unternehmen, insbes Gesellschaften, so begeht er regelmäßig verschiedene Taten. Sind davon allerdings bei der GmbH & Co KG sowohl die KG als auch die Komplementär-GmbH betroffen, so nimmt der BGH Tateinheit an, wenn der Täter eine, regelmäßig die Bilanz der GmbH, nicht erstellen kann, bevor die Bilanz der KG errichtet ist. 807 Nach den Umständen des Einzelfalles kann

792 Zur Handhabung bei Periodenverschiedenheit vgl sogleich. 793 BGH wistra 1995,146,147; 1998,105. 794 Rissing-van Saan FS-BGH, 475,481; Tiedemann Rn 234 und 236 zu § 283 StGB. 795 M-G/B/Bieneck, Rn 82/57 und 57a, zutr gegen BGH wistra 98, 105; wie hier auch Β/Quedenfeld/ Richter Rn 9/175; W/J/Köft/er, Rn 7/155, unter Berufung aufBGHNStZ 1998,192,193. 796 OLG Frankfurt am Main NJW-RR 1999, 104f; B/Quedenfeld/Richter Rn 9/178; NK/Kindhäuser Rn 119 zu s 283 StGB; Tiedemann Rn 235 zu $ 283 StGB mwN. 797 wistra 1995,146,147; 1998 105. 798 S/SIStree/Heine Rn 49a zu § 283 StGB; W/J/Köhler Rn 7/177. 799 Wl] ¡Köhler Rn 7/158. 800 BGH wistra 1987,61 f. 801 BGHSt40,138. 802 BGH wistra 1998, 105, 106; Doster wistra 1998, 326, 327; M-G/B/Bi'enecfc, Rn 82/64; T/Fischer Rn 23 zu § 283 StGB. 803 BGH wistra 1998,105,106; T/Fischer, Rn 23 zu $ 283; Wß/Köhler, Rn 7/155. 804 B/Quedenfeld/Richter Rn 9/178. 805 So zutr BGH NJW 1979, 1418; aA aber BGH wistra 1998, 105; 2003, 232, 233; (dagegen zutr Dosier wistra 1998,326 ff; Maurer wistra 2003,174f). 806 NK/Kindhäuser Rn 118 zu $ 283 StGB. 807 BGH (H) MDR1981,454; ebenso Vffí/KohUr Rn 7/114; nur für Nr 7a zust M-G/B/Bieneck Rn 82/62.

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Bankrott, SS 283,283a StGB

jedoch auch Tatmehrheit vorliegen. Gleiches gilt im Falle verschiedener Konzerngesellschaften. Wurde zB in einer Tochtergesellschaft nicht gebucht, dann kann die Bilanz der Muttergesellschaft nicht erstellt werden. Soweit für beide Verstöße dieselbe Person verantwortlich ist, liegt hier Tateinheit zwischen § 283 Abs 1 Nr 5, 1. Alt StGB und Nr 7b vor. Buchführungsverstöße zweier abhängiger Gesellschaften stellen hingegen selbständig Straftaten dar. Das pflichtwidrige Nichterstellen mehrerer Bilanzen steht ebenso wie das unrichtige Erstellen verschiedener Bilanzen im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander. Selbst wenn ein Buchführungs- oder Bilanzierungsverstoß der Verschleierung einer anderen Bankrottat dient, so verknüpft dieser gemeinsame Zweck beides nicht zu einem einheitlichen Delikt.808 b)

Verhältnis zu anderen Delikten

Bei ungeschmälerter Masse stellt § 283c StGB eine Privilegierung gegenüber § 283 Abs 1 341 Nr 1 StGB dar. Die täterschaftliche Haftung gemäß § 283d StGB verdrängt die strafrechtliche Haftung wegen Beihilfe zu § 283 Abs 1 Nr 1 StGB. Bankrottaten stehen zur Insolvenzverschleppung im Verhältnis der Tatmehrheit. Gleiches gilt in der Regel auch im Verhältnis zur Untreue, anders aber, wenn Buchführungsverstöße gleichzeitig Untreuehandlungen sind.809 Ein Verheimlichen iS von § 283 Abs 1 Nr 1 StGB steht ebenso wie eine Straftat gemäß § 283 Abs 1 Nr 4 StGB zu einer im Insolvenzverfahren abgegebenen falschen Versicherung an Eides statt im Verhältnis der Tateinheit. Beim Vorbehalts- und Sicherungseigentum stand vor Inkrafttreten des 6. StrRG das Bei- 3 4 2 seiteschaffen des Anwartschaftsrechts in Tateinheit mit Unterschlagung. Wegen der mit Wirkung vom 1.4.1998 eingefügten Subsidiaritätsklausel in $ 246 Abs 1 StGB tritt nunmehr die Unterschlagung zurück.810 Zwischen § 263 oder § 265b StGB einerseits und $ 283 Abs 1 Nr 3 StGB andererseits kann Tateinheit bestehen.811 Dient eine Tat nach $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB der Sicherung eines durch Betrug (oder eine andere Vermögensstraftat) erlangten Vorteils, dann handelt es sich nicht um eine mitbestrafte Nachtat. Vielmehr stehen beide Gesetzesverletzungen im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander.812 Bei Überlappung der Ausführungshandlungen einer Vereitelung der Zwangsvollstreckung und einer Tat nach $ 283 oder $ 283c StGB geht letztere vor, str.813 Zwischen (insbes Lieferanten-)Betrug und Bankrott besteht Tatmehrheit. Gleiches gilt im Verhältnis zu § 370 AO. Das Verhältnis zu § 37 DepotG ist str.814 Bezüglich der Baugeldgläubiger geht S 5 BauforderungssicherungsG dem $ 283 StGB als lex specialis vor, soweit beide Vorschriften tatbestandlich vorliegen.815 Wurden die Gelder aber nicht nur für ein anderes Objekt verwandt, sondern gänzlich beiseitegeschafft, so liegt Tateinheit vor.816

808 Tiedemann, Rn 237 zu S 283 StGB. 809 Vgl dazu unten S 16 Rn 100. 810 AA T/Fischer Rn 43 zu S 283, anders evtl Rn 29 zu S 246. 811 Vgl Tiedemann Rn 240 zu S 283 StGB. S dazu und zum Verhältnis auch zu $$ 2 0 3 , 2 6 6 , 2 6 4 , 2 6 6 a und 267 StGB sowie zu SS 370 AO und 17 UWG M-G/B/Schmid Rn 40/3 ff und 21 ff. 812 S/S/StreelHeine Rn 68 zu $ 283 StGB. 813 Vgl Tiedemann Rn 240 zu $ 283 StGB mwN. 814 Für Tateinheit Tiedemann Rn 241 zu S 283 StGB. 815 NK/Kindhäuser Rn 122 zu S 283 StGB; Tiedemann Rn 241 zu $ 283 StGB. 816 M-C/B/Bieneck Rn 78/52.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

XXIV. Auslandsberührung 343

Eine Bestrafung i m Inland nach § 283 StGB ist auch dann möglich, wenn nur entweder die Tathandlung im Inland begangen wurde oder die Strafbarkeitsbedingung im Inland eintrat. 817 Soweit materielles ausländisches Zivilrecht, inbes Insolvenzrecht anwendbar ist, ist dieses vom deutschen Strafgericht der Beurteilung zugrunde zu legen. 818 Das hat zB zur Folge, dass dann, wenn nach deutschem internationalem Privatrecht ausländisches Gesellschaftsrecht maßgeblich ist, dieses für die Beurteilung der Tatbestandsmerkmale des § 283 StGB zugrunde zulegen ist. Das hat va Bedeutung für Gesellschaften, welche ihren Sitz im Ausland haben. Soweit nach dem maßgeblichen ausländischen Recht keine Buchführungspflicht besteht, kann also der Täter im Inland nicht bestraft werden. An der Maßgeblichkeit des ausländischen Rechts ändert es allein nichts, wenn es strengere Vorschriften enthält als das deutsche. Allerdings ist eine Bestrafung nur insoweit möglich, als die ausländischen Regeln mit deutschen vergleichbar sind. Verstöße gegen weitergehende ausländische Bestimmungen können nach deutschen Strafrecht nicht geahndet werden.

344

Soweit allerdings eine ausländische Gesellschaft, insbes eine juristische Person, in Deutschland handelt, ist sie mangels einer dem inländischen Gesetz entspr Rechtsform im Handelsregister nicht eintragungsfähig, wohl aber strafbewehrt buchführungspflichtig. 819 Gemäß der nach deutschem internationalen Privatrecht bis vor kurzem uneingeschränkt einschlägigen Sitztheorie ist sie als OHG anzusehen, 820 im Fall der Ein-Mann-Gesellschaft als Einzelhandelskaufmann. Das galt zB für im US-Bundesstaat Delaware vereinfacht gegründete Kapitalgesellschaften, 821 ist aber wegen der Meistbegünstigungsklausel in Art XXV des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrags von 1954 jedenfalls dann anders geworden, wenn nach EU-Recht gegründete Gesellschaften im Inland größere Freiheiten genießen. 8 2 2

345

Was innerhalb der EU (bedeutsam va für die englische Limited und niederländische Besloten Vennootshap ) gilt, war auch nach den Entscheidungen des EuGH in Sachen Centros 8 2 3 und Überseering 824 streitig. Der 7. Zivilsenat des BGH sah danach solche Auslandsgesellschaften mit Sitz im Inland als juristische Personen an. 825 Eine Entscheidung des 2. Zivilsenats des BGH, der originär für das Gesellschaftsrecht zuständig ist, steht noch aus. Die Instanzgerichte hielten - jedenfalls teilweise - an der Sitztheorie fest 8 2 6 und ver817 Tiedemann Rn 242 f zu S 283 StGB mwN; weitergehend und auf S 7 Abs 2 Nr 1 StGB abstellend Τ /Fischer Rn 2 zu § 283b StGB. 818 Tiedemann Rn 244 zu § 283 StGB. 819 S/S/Stree/Heine Rn 29 zu S 283 StGB, vgl bereits oben Rn 156. 820 BGH NJW 2002, 3539 ff; AG Hamburg NZI 2003, 442 ff m Anm Mock/Schildt; Beckemper GmbHR 2002,465,466. 821 Vgl dazu OLG Naumburg, Urt ν 19.12.1995,7 U 146/95. 822 Vgl BFH ZIP 2003, 1340, 1343; Leible/Hoffinann ZIP 2003, 925, 930; Ζiemons ZIP 2003, 1913, 1918. 823 NJW 1999,2027 ff; dazu zB Kindler NJW 1999,1993 ff; Refft ZIP 1999,861; WerlauffZIP 1999,867. 824 NJW 2002,3614ff; vgl dazu zB Leible/Hoffinann ZIP 2003,925 ; Schulz NJW 2003,2705 ff. 825 NJW 2003,1461 f. 826 Vgl zur Thematik zB BGH NJW 2003,1607ff; KG ZIP 2003, 2297ff; Cour d'appel Versailles ZIP 2004, 377; OLG Düsseldorf, NJW 2001, 2184f; OLG Hamm NJW 2001, 2183 f; OLG Nürnberg NZG 2002, 874ff; OLG Zweibrücken ZIP 2000, 2172f; LG Frankenthal NJW 2003, 762; LG Hannover NZI 2003, 608f; LG Magdeburg NJ 2003, 155 (L); AG Duisburg NZI 2003, 610f, 658f; AG Hamburg NZI 2003,442 ff (auf Missbrauch abstellend) m Anm Mock/Schildt; dazu auch Brenner EWiR Art 3 EUInsVO 4/03, 925; AG Köln NZI 2004,15Iff; Altmeppen/Wilhelm DB 2004, 1083ff; Fleischer DStR 2000, 1015 ff; Görg GmbHR 1999, 793 ff; Heidenhain NZG 2002, 1141 ff; Horn NJW 2004, 893 ff; Kallmeyer, DB 2004, 636ff; Karsten NJ 2003, 122f; Kindler NJW 2003, 1073ff; LeiHe/Hoffmann DB 2002, 2203ff; Säbel NZI 2004,126 ff; Sandrock BB 2004,897ff; Schaub NJW 2003,2125,2130; Schulz NJW 2003,2705 ff; Schumann DB 2004,743 ff. 426

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Bankrott, $§ 283,283a StGB

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neinten zB die Eintragungsfähigkeit der Verlegung des Sitzes einer deutschen GmbH in das EU-Ausland. 827 Obwohl das angesichts europarechtlich geschaffener Gesellschaftsformen wie der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWiV) und der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) 828 konsequent war, hat der EuGH in Sachen „Inspire Art" für Zuzugsfalle anders entschieden und der Niederlassungsfreiheit den Vorrang eingeräumt. 8 2 9 Danach muss eine EU-Auslandsgesellschaft mit Sitz im Inland in ihrer ausländischen Rechtsform, ggf also als juristische Person, anerkannt werden. Sie darf also zB die deutschen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über Mindestkapital, Haftung und Gläubigerschutz unterlaufen. Wie angesichts dessen der laut EuGH gleichwohl zulässige nationale Schutz vor Betrug und Missbrauch aussehen soll, ließ das Gericht offen. Es wird mit seiner Bemerkung kaum gemeint haben, dass die Inlandsunternehmen ausländischer Rechtsform nur zivilrechtlich anerkannt, strafrechtlich aber inländischen Standards unterworfen werden dürfen. Dies wäre ja auch eine völlige Verkehrung der ultima-ratio-Funktion des Strafrechts. Die Anerkennung von Inlandsgesellschaften ausländischer Rechtsform als juristische Personen auch im Inland führt deshalb zwangsläufig zu Strafbarkeitslücken. Das betrifft va die Insolvenzverschleppung, selbst wenn diese nach dem Recht des Gründungsstaates strafbar ist. 830 Diese Lücke lässt sich aber durch Anwendung des § 283 Abs 1 Nr 8 StGB verkleinern: Weiterwirtschaften trotz Insolvenzreife ist eine Bankrottstraftat! 8 3 1 Weil weder $ 266 StGB 8 3 2 noch die §§ 283 ff (ggf iVm § 14) StGB nur für bestimmte Rechtsformen gelten, setzen diese Vorschriften auch dem Handeln innerhalb von Unternehmen fremder Rechtsordnung Grenzen. 833

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Obwohl also die Anerkennung von Gesellschaften fremder Rechtsform mit Sitz im Inland keinen (straf-)rechtsfreien Raum geschaffen hat, erschwert eben dies die strafrechtliche Praxis deutlich. 834 Es wird zB abzuwarten sein, ob die inländischen Maßstäbe uneingeschränkt Anwendung finden dürfen, oder ob auf die jeweiligen nationalen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen und die dazu ergangene ausländische Rspr Rücksicht zu nehmen ist. Dafür spricht, dass strafrechtlich nicht geahndet werden darf, was gesellschaftsrechtlich zulässig ist.

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Dagegen ist jedoch anzuführen, dass manche ausländischen Rechtsordnungen im Vergleich zu den deutschen Bestimmungen strengere Vorschriften über die Verantwortlichkeit der

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827 OLG Hamm NJW 2001,2183 f; OLG Düsseldorf NJW 2001,2184 f. 828 SE = societas europaea, vgl dazu Thoma/LeueringNpN 2002, 1449ff; Kallmeyer ZIP 2003, 1531 ff; Kraushaar BB 2003,1614ff; Teichmann BB 2004,53 ff. Zur Europäischen Genossenschaft vgl El Mahi DB 2004,967 ff. 829 EuGH NJW 2003, 3331 ff; vgl dazu zB Altmeppen NJW 2004, 97ff; Bayer BB 2003, 2357ff; Haas NZI 2003, Heft 12, Vf; Kindler NZG 2003,1086 ff; Kleinen/Probst DB 2003,2217f; Maul/Schmidt BB 2003, 2297ff; Sandrock BB 2003, 2588 f; Triebel BB 2003,2409 ff; Ziemons ZIP 2003,1913 ff; Zimmer NJW 2003, 3585 ff. Für Wegzugsfälle darf nichts anderes gelten, aA BayObLG ZIP 2004, 806 ff; dagegen zutr Wächter EWiR Art 43 EG 1/04,375 f; wie hier auch Wenglorz BB 2004,1061 ff. 830 Weller IPRax 2003,207,208 f; Zimmer NJW 2003,3585,3590. Sa Horn NJW 2004,893,899. 831 Vgl dazu oben Rn 267. 832 Untreue scheidet aus, wenn die juristische Person nicht mehr besteht. Eine Ltd wird aber von Amts wegen in England gelöscht, wenn die fällige Jahresgebühr nicht entrichtet wurde, wie es bei tatsächlichem Sitz außerhalb des Vereinigten Königreichs nicht selten vorkommt. Es empfiehlt sich daher regelmäßig eine Anfrage bei der englischen Registerbehörde. 833 Zur Haftung wegen existenzgefährdenden Eingriffs vgl unten $ 16 Rn 69ff, 97 und 106ff, und zur Anwendung auf inländische Kapitalgesellschaften ausländischer Rechtsform Altmeppen NJW 2004, 97, 101 ff; Altmeppen/Wilhelm DB 2004, 1083, 1088; Hölzle ZIP 2003, 1376, 1381; Horn NJW 2004, 893, 899; Schulz NJW 2003,2705,2708; Weiler IPRax 2003,207 ff; Zimmer NJW 2003,3585,3588 f; iAZiemons ZIP 2003,1913,1917. 834 Vgl zB OLG Frankfurt am Main wistra 2003,236. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Handelnden als Ausgleich für die geringeren Anforderungen an die Gründung einer juristischen Person kennen. Handelt es sich dabei um strengere als deutsche Strafnormen, so darf sie jedoch der deutsche Strafrichter nicht anwenden. Wenn also eine andere Rechtsordnung eine in sich durchaus ausgewogene, wenn auch anders als in Deutschland geartete Regelung zur Gründungsfreiheit juristischer Personen und der persönlichen Verantwortlichkeit der für sie Handelnden getroffen hat, dann führt der Rechtstransfer in das Inland gleichwohl dann zu einer Störung des Gleichgewichts, wenn es hier nicht anwendbare strafrechtliche Elemente enthält. 349

Um zu verhindern, dass allein die grenzüberschreitende Freiheit genutzt, die damit korrelierende Verantwortlichkeit aber nicht sichergestellt werden kann, müssen im Rahmen der deutschen rechtsformunabhängigen Strafnormen die inländischen handelsrechtlichen Standards uneingeschränkt auf inländische Unternehmen ausländischer Rechtsform Anwendung finden. Die Verfahren werden durch absehbare Hinweise auf mangelnde Kenntnis deutscher Standards gleichwohl komplizierter werden. Sollte hingegen eine Bestrafung im Inland nur insoweit erfolgen dürfen, wie das Verhalten auch nach der maßgeblichen ausländischen Rechtsordnung verboten, wenn auch nicht notwendig strafbar ist, so bedeutete dies, dass die Bearbeitung einer Vielzahl von Fällen die Kenntnis ausländischen Rechts voraussetzte, die Erledigung also noch schwieriger sein und die Verfahren (bei knapper werdendem Personal) noch langwieriger als jetzt bereits vonstatten gehen würden. Klarheit wird wohl erst ein noch nicht einmal in Ansätzen absehbarer strafrechtlicher EU-Einheitsstandard schaffen können. XXV. s 283a StGB

350 In § 283a StGB benennt der Gesetzgeber in Anwendung der Regelbeispiel-Technik einige (wenige) Umstände, welche zumeist zur Annahme eines besonders schweren Falles führen. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist aber nicht jedesmal ein besonders schwerer Fall gegeben. Ein solcher ist auch nicht nur dann zu bejahen, wenn die im Gesetz genannten Umstände vorliegen. Es handelt sich bei § 283a StGB um eine Strafzumessungsnorm mit erhöhtem Mindest- und Höchststrafmaß. Liegt ein besonders schwerer Fall vor, so ist in der Regel die Verhängung einer bloßen Geldstrafe ausgeschlossen ($ 47 StGB).835 351 Besonders schwer können nur Fälle des § 283 Abs 1 bis Abs 3 StGB sein, also lediglich mit wenigstens bedingtem Vorsatz begangene Taten.836 Bemerkenswert ist, dass $ 283a StGB auch § 283 Abs 3 StGB, also auch den versuchten Bankrott erfasst, ohne Unterschiede im Strafrahmen vorzusehen. Das bedeutet, dass der Strafrahmen für einen besonders schwerer Fall selbst dann 6 Monate bis 10 Jahre Freiheitsstrafe beträgt, wenn es sich um einen Bankrottversuch handelt, ohne dass eine Milderung gemäß § 49 Abs 1 StGB in Betracht kommt.837 1.

J 283a Nr 1 StGB

352 Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter aus Gewinnsucht handelt, § 283a Nr 1 StGB. 353 Sucht ist lediglich als Motiv zu verstehen, so dass ein allgemeiner Hang nicht vorausgesetzt wird. Daher ist eine Abgrenzung zu legalem Gewinnstreben erforderlich. Gewinnsucht 835 Tiedemann Rn 1 zu $ 283a StGB. 836 NKjKindhäuser Rn 2 zu $ 283a StGB; Tiedemann Rn 13 zu $ 283a StGB. 837 Str, wie hier NK/Kindhäuser Rn 2 und 13 zu $ 283a StGB; Tiedemann Rn 15 zu § 283a StGB; Ί/Fischer Rn 1 zu $ 283a StGB.

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Bankrott, $$ 283,283a StGB ist nur unter deutlich engeren Voraussetzungen zu bejahen, etwa, wenn der Täter nach „ungesundem" 8 3 8 Gewinn um jeden Preis strebt, besonders rücksichtslos ist, einen außergewöhnlich hohen Gewinn anstrebt oder in anderer Weise sittlich anstößig vorgeht, 839 kurz: schnell Kasse machen will. 840 Die hM nennt dies „restriktive" Auslegung. Das ist insoweit missverständlich, als dadurch eine zurückhaltende Anwendung nahegelegt wird. Das aber ist weder gemeint noch angemessen. Liegen in Abgrenzung zum legalen Gewinnstreben die Voraussetzungen für die Annahme von Gewinnsucht vor, dann ist § 283a Nr 1 StGB ohne wenn und aber anzuwenden. Gewinnsucht wird in erster Linie dort vorliegen, wo es dem Täter vorrangig um eine Verm e h r u n g und nicht nur eine Sicherung seines Vermögens geht. Als Beispiele können Unternehmen dienen, die von Anfang an auf illegitime Gewinne ausgerichtet sind (durch Kapitalanlagen und/oder Unterlassen der Anmeldung beim Finanzamt und bei den Einzugsstellen der Sozialversicherungen). 841 Die Tathandlungen des S 283, insbes des Abs 1, Nrn 1, 4 und 8 StGB, dienen aber häufig allein der Abwehr rechtmäßiger Zugriffe Dritter. Bezweckt wird dann nicht die Mehrung, sondern die Wahrung des bereits vorhandenen Vermögensstandes. Bei derartiger Motivation kann ein besonders schwerer Fall nur dann angenommen werden, wenn überaus hohe Schäden bewirkt oder das Handeln von Anfang an und nicht erst aufgrund der erkannten Krisensituation so geplant war, also zB, wenn durch Straftaten erlangte Werte gesichert wurden oder werden sollten. Ähnlich wird in den Fällen des § 283 Abs 1 Nr 2 StGB ein besonders schwerer Fall nur bei gezieltem Aushöhlen vorliegen. 842 2.

354

S 283a Nr 2 StGB

§ 283a Nr 2 StGB erfasst zwei jeweils tatbezogene Alternativen. Er verlangt, dass der Täter entweder viele Personen in die Gefahr des Verlustes ihrer i h m anvertrauten Vermögenswerte oder in wirtschaftliche Not brachte. Zwischen dem Handeln und dem Erfolg muss Kausalität 8 4 3 bestehen. Laut Fischer844 entfällt die Regelvermutung für einen besonders schweren Fall schon dann, wenn die Strafbarkeitsbedingung nicht durch eine Bankrotthandlung ausgelöst wurde. Das hätte zur Folge, dass der Anwendungsbereich des $ 283a S 2 Nr 2 StGB auf die Fälle des § 283 Abs 2 StGB reduziert wäre. Das aber kann dem Gesetz nicht entnommen werden und wäre auch mit der Strafbarkeit des Versuchs gem § 283 Abs 3 StGB als besonders schwerer Fall nicht zu vereinbaren. Weil in der ersten Alt die Gefährdung ausreicht, geht bei Verwirklichung beider Alternativen die zweite vor. 845 Von $ 283a Nr 2, 1. Alt StGB werden vorrangig Geldinstitute, aber auch Betreiber von Kapitalanlagegesellschaften erfasst. Letzterenfalls kommt es wesentlich darauf an, ob ihnen 838 SIS/Stree/Heine Rn 4 zu $ 283a StGB. 839 Tiedemann Rn 3 zu S 283a StGB; sa A/W/Weyand Rn 23/68; NK/Kindhäuser Rn 4 zu S 283a StGB. 840 WeyandRnlll. 841 Weyand R n l l l . 842 NK/KindhäuserRn 6 zu $ 283a StGB; Tiedemann Rn 4 zu $ 283a StGB. 843 Tiedemann Rn 5 zu % 283a StGB hält Mitursächlichkeit nicht schlechthin für ausreichend. Insbes soll das Mitverschulden des Opfers die Annahme eines besonders schweren Falles ausschließen können. Zutreffend daran ist, dass Kausalität hier nicht iS von conditio sine qua non verstanden werden kann. Traten die von $ 283a Nr 2 StGB erfassten Folgen nur aufgrund eines Zusammenwirkens des strafbaren Handelns des Täters und sonstiger Umstände ein, so können ihm letztere nicht zugerechnet werden, wenn er sie nicht kannte. Waren sie ihm jedoch bewusst, so kalkulierte er sie in sein Handeln mit ein und es ist kein Grund dafür ersichtlich, die Annahme eines besonders schweren Falles gemäß $ 283a Nr 2 StGB abzulehnen. 844 Τ ¡Fischer Rn 5 zu S 283a StGB. 845 NX./Kindhäuser Rn 9 zu § 283a StGB; Tiedemann Rn 5 zu § 283a StGB; T/Fischer Rn 5 zu S 283a StGB. Bittmann

429

355

356

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften das Vermögen anvertraut wurde oder nicht. Bei bloßen Beteiligungen, etwa bei Aktienerwerb, ist das nicht der Fall, wohl aber dann, wenn der Anleger nach der Anlage kaum noch Kontrollmöglichkeiten hatte, etwa als Kommanditist einer Publikums-KG, bei Erwerb von Gewinnanteilsscheinen, als Gesellschafter einer Abschreibungsgesellschaft und bei Lieferung unter Eigentumsvorbehalt. 846 357

Weil eine konkrete Gefährdung ausreicht, ist ein eingetretener Verlust nicht nötig. 847 Selbst der Verlust eines Teils des dem Täter anvertrauten Vermögens kann deshalb für $ 283a Nr 2 , 1 . Alt StGB ausreichen, wenn schon dieser Teil einen großen Wert darstellt, 848 aber nicht, wenn der Verlust unter einem Drittel der anvertrauten Werte liegt. 8 4 9 Zum Verständnis des Merkmals „viele" ist auf die Breitenwirkung der Tat abzustellen. 850 Liegen nicht besonders hohe Verluste vor, so fehlt es an dieser Voraussetzung, wenn nicht das Vermögen von mindestens 10 natürlichen 8 5 1 Personen, zB Warenkreditgläubigern, 852 gefährdet wurde, 853 wobei es genügen kann, dass sich die Gefahr nur bei einem Opfer in einem eingetretenen Schaden realisierte. 854

358

Lässt § 283a Nr 2 , 1 . Alt StGB eine Gefährdung ausreichen, so muss in der 2. Alt die Not

tatsächlich eingetreten und durch die Bankrottat herbeigeführt worden sein. Wirt-

schaftliche Not liegt nicht bereits dann vor, wenn das Opfer seinen bislang gewöhnten Lebensstil einengen muss, auch nicht bei geringfügiger oder nur kurzfristiger wirtschaftlicher Bedrängnis, sondern erst bei einer ernsten Bedrohung des durchschnittlichen Lebensbedarfs der Bevölkerung. Eine Bedrohung des E x i s t e n z m i n i m u m s ist dafür nicht erforderlich. 8 5 5 Ein wesentlicher Anwendungsfall des § 283a Nr 2 StGB sind entlassene und dadurch in wirtschaftliche Bedrängnis geratene Arbeitnehmer. 856 Versicherungsleistungen, auch öffentliche wie Arbeitslosen- oder Insolvenzgeld kommen dem Täter zugute, nicht aber der Bezug von Sozialhilfe. 857 359

Bankrotthandlungen eines Veräußerers unfertiger Eigenheime können sowohl unter § 283a Nr 1 StGB als auch unter Nr 2 fallen, weil ihm die Erwerber regelmäßig ihr Geld anvertrauten und durch Total- oder Verlust eines erheblichen Anteils in wirtschaftliche Not geraten können, wenn sie entweder das Investierte ganz verlieren oder die Vollendung des Baues durch einen Dritten mit weiteren Finanzmitteln sicherstellen müssen. 858 Beide Alt können aber wohl nur dann angenommen werden, wenn das Opfer Vorauszahlungen geleistet hatte.

846 Str; vgl Tiakmann Rn 6 und 7 zu $ 283a StGB; wie hier NK/Kindhäuser Rn 5 zu $ 283a StGB; Weyand Rn 114. 847 S/S/Stree/Heine Rn 5 zu $ 283a StGB. 848 Tiedemann Rn 8 zu $ 283a StGB; Τ /Fischer Rn 40 zu $ 283 StGB. 849 Weyand R n l l 3 . 850 Tiedemann Rn 9 zu § 283a StGB. 851 BGH wistra 2001,59. 852 A/W/Weyand Rn 23/69. 853 A/W/Weyand Rn 23/69; NK/Kindhäuser Rn 7 zu $ 283a StGB; T/Fischer Rn 3 zu § 283a StGB; Weyand Rn 112. Bei wenigen, im Extremfall nur einem Geschädigten scheidet zwar die Annahme von $ 283a Nr 2 StGB aus, es kann bei besonders hohem Schaden allerdings ein unbenannter besonders schwerer Fall vorliegen, Tiedemann Rn 9 zu $ 283a StGB. 854 BGH wistra 2001,59 f. 855 S/S/Stree/Heine Rn 6 zu § 283a StGB; Tiedemann Rn 10 zu § 283a StGB; Weyand Rn 115; A/W/ Weyand, Rn 23/69, spricht vom Ruin der seitherigen Existenz. 856 M-G/B/Bieneck Rn 77/44. 857 Tiedemann Rn 11 zu § 283a StGB. 858 Tiedemann Rn 11 zu S 283a StGB. 430

Bittmann

Bankrott, §§ 283,283a StGB

3.

Unbenannte besonders schwere Fälle

Unbenannte besonders schwere Fälle können vorliegen, wenn der Täter überaus trick- 360 reich handelte, das von § 283 StGB erfasste durchschnittliche Maß kriminellen Handelns wesentlich überschritt, (im Falle von Großinsolvenzen) sehr hohe Schäden bei Gläubigern oder sonstigen Dritten, 859 evtl gar nur bei einem Gläubiger, 860 bzw kleinere Schäden, dafür aber bei einer Vielzahl Betroffener anrichtete, ohne sie in Not geraten zu lassen.861 Auch schwere Folgewirkungen auf die Gesamtwirtschaft wie die nachfolgende Insolvenz weiterer Unternehmen gehören hierher. 862

4.

Subjektiver Tatbestand, Versuch und Konkurrenzen

Ein besonders schwerer Fall kann nur dann vorliegen, wenn der Täter Vorsatz hinsichtlich 361 der Voraussetzungen hatte. Er muss bei S 283a Nr 1 StGB allerdings nicht geschlussfolgert haben, dass er „aus Gewinnsucht" handelte. Es genügt vielmehr, dass ihm die Voraussetzungen bewusst waren, die sein Verhalten als (objektiv) gewinnsüchtig erscheinen lassen.863 Im Gegensatz zu S 283a Nr 1 StGB genügt für Nr 2 bedingter Vorsatz nicht, weil das Gesetz insoweit ausdrücklich „Wissentlichkeit" verlangt. 864 Dem Täter muss deshalb bei seinem Handeln zB bewusst sein, dass er eine Vielzahl Dritter schädigt. Der Versuch eines besonders schweren Bankrotts 865 kann vorliegen, wenn die Bankrott- 362 handlung nicht vollendet wurde. Er ist auch 866 zu bejahen, falls die Vermögensinteressen Vieler nicht schon konkret gefährdet wurden. Auch die Not braucht nicht tatsächlich eingetreten zu sein. 867 Ein untauglicher Versuch eines besonders schweren Falles nach § 283a Nr 2 StGB liegt beispielsweise dann vor, wenn dem Täter nicht bekannt war, dass die von ihm bewirkte wirtschaftliche Bedrängnis der Opfer durch eine Versicherung gemildert oder gar aufgefangen wurde. Bei $ 283a Nr 1 StGB handelt es sich um zur Anwendung von $ 28 Abs 2 StGB führende 363 täter-, bei Nr 2 hingegen um tatbezogene Umstände. § 283a Nr 1 StGB gilt deshalb nur für den (Mit-)Täter, Anstifter oder Helfer, welcher selbst aus Gewinnsucht handelte. Erfüllt hingegen einer der Genannten in eigener Person nicht die Voraussetzungen des S 283a Nr 2 StGB, so können sie ihm dann zugerechnet werden, wenn er von ihrem Vorhandensein in der Person eines (Mit-)Täters Kenntnis hatte. 868 Das gilt selbst dann, wenn beim Täter eine

859 Ein Bezug z u m Rechtsgut ist dabei nicht erforderlich, vgl Tiedemann Rn 12 zu $ 283a StGB. 860 S/S/Stree/Heine Rn 7 zu S 283a StGB. 861 Weyarn* Rn 116. 862 S/SIStree/Heine Rn 7 zu $ 283a StGB; aA NKIKindhäuser Rn 11 zu S 283a StGB. 863 Tiedemann Rn 13 z u § 283a StGB; NK IKindhäuser, Rn 12 z u S 283a StGB, hält in Bezug auf die Gewinnsucht n u r direkten Vorsatz f ü r denkbar. 864 NK/Kindhäuser Rn 6 z u S 283a StGB. 865 Einschränkend f ü r Nr 2 NK IKindhäuser Rn 13 zu S 283a StGB. 866 Abi T/Fischer Rn 1 zu $ 283a StGB. 867 Str, wie hier BGHSt 33, 370, 373 ff f ü r S 243 StGB. Tiedemann, Rn 14 zu S 283a StGB, ist demgegenüber der Auffassung, dass die Not tatsächlich eingetreten sein muss. Eine B e g r ü n d u n g d a f ü r bleibt er allerdings schuldig. Sie k ö n n t e darin liegen, dass $ 283a StGB nicht selbst Versuchsregeln enthält. D a n n aber müsste die gleiche Konsequenz auch f ü r S 283a N r 2 , 1 . Alt StGB gezogen werden, weil deren Verwirklichung eine konkrete G e f ä h r d u n g voraussetzt. G e n ü g t d a f ü r aber schon allein die subjektive Tatseite, d a n n muss gleiches auch f ü r die 2. Alt gelten, weil - trotz der Strukturunterschiede zwischen G e f ä h r d u n g u n d Erfolg - in beiden Fällen die objektiven Voraussetzungen des vom Gesetz erfassten besonders schweren Falles eben nicht vorliegen. Im Ergebnis unterscheiden sich beide Auffassungen allerdings nicht wesentlich, weil Tiedemann bei b l o ß vorgestellter wirtschaftlicher Not die Möglichkeit eines u n b e n a n n t e n besonders schweren Falles bejaht. 868 SISIStree/Heine Rn 10 zu $ 283 StGB; Tiedemann Rn 16 zu $ 283a StGB.

Bittmann

431

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Haftung gemäß § 283a StGB mangels subjektiven Tatbestands bezüglich der die besondere Schwere des Falles ausmachenden Umstände ausscheidet,869 weil § 283a StGB keine eigenständige Strafnorm, sonden nur eine Strafzumessungsregelung trifft. Die Strafe des Helfers ist gemäß §§ 27,49 Abs 1 StGB zu mildern. 364 Geht S 283 StGB ein spezielleres Gesetz vor, so ändert sich daran nichts, selbst wenn ein besonders schwerer Fall des Bankrotts zu bejahen wäre. Das gilt selbst dann, wenn die Spezialnorm den Strafrahmen des § 283a StGB nicht erreicht, etwa dann, wenn sie keine besonders schweren Fälle kennt. 870 Im Urteilstenor ist die Verwirklichung von $ 283a StGB nicht aufzuführen.871 Geschieht dies dennoch - und das ist zur Klarstellung durchaus sinnvoll - , so ist das allerdings unschädlich.872

s 13 Verletzung der Buchführungspflicht, $ 283b StGB I.

Systematische Bedeutung

1 Die Bestimmungen des $ 283b StGB stellen die von § 283 Abs 1 Nrn 5 - 7 StGB erfassten Bankrotthandlungen auch für den Fall unter Strafe, dass sie zu einer Zeit begangen wurden, zu welcher sich der Schuldner noch nicht in der Krise befand, seine Krise nicht nachweisbar ist oder sie zwar objektiv bestand, dies dem Schuldner aber unbekannt oder jedenfalls nicht nachweislich bekannt war, ohne dass ihm insoweit ein Fahrlässigkeitsvorwurf zur Last fällt.1 War dem Schuldner die Krise aus Fahrlässigkeitsgründen unbekannt, so ist allerdings nicht § 283b StGB, sondern $ 283 Abs. 4 Nr 1 iVm Abs 1 Nrn 5 , 6 oder 7 StGB einschlägig. Die Vorschrift ist ein Sonderdelikt. Täter kann nur der Schuldner oder in den Fällen des § 14 StGB dessen Vertreter sein.2 Sie ist darüber hinaus ein Sonderpflichtdelikt, weil sie nur von einem Kaufmann zu erfüllende Anforderungen erfasst.3 II.

Tathandlungen

2 Die Tathandlungen sind deckungsgleich mit denen des S 283 Abs 1 Nrn 5 - 7 StGB. Auch bei S 283b Abs 1 Nr 2 StGB muss - aufgrund des von $ 283 Abs 1 Nr 6 StGB abweichenden Wortlauts: unstr - der Täter Kaufmann sein.4 Zudem ist hier eindeutig, dass Tatobjekte nur Handelsbücher oder sonstige aufbewahrungsß/Zi'chiige Unterlagen sind.5

869 870 871 872

AA NK/Kindhäuser Rn 14 zu § 283a StGB. Ttedemann Rn 17 zu S 283a StGB. Vgl allgemein BGHSt 2 7 , 2 8 7 , 2 8 9 . Ttedemann Rn 18 zu $ 283a StGB mwN.

1 Vgl Ttedemann Rn 3 zu $ 283b StGB. 2 Ttedemann Rn 5 zu $ 283b StGB. 3 Ttedemann Rn 1 zu S 283b StGB. 4 Tiedemann Rn 4 zu § 283b StGB; T/Fischer Rn 2 zu § 283b StGB; Weyand Rn 119; zu § 283 Abs 1 Nr 6 StGB vgl oben S 12 Rn 193 ff. 5 Vgl zur Frage, ob $ 283 Abs 1 Nr 6 StGB auch freiwillig erstelltes Buchwerk erfasst, oben S 12 Rn 198 f.

432

Bittmann

Verletzung der Buchführungspflicht, § 283b StGB

III.

Rechtsgut und Deliktscharakter

Rechtsgut des $ 283b StGB ist der Schutz der Vermögensinteressen der Gläubiger, 3 vermittelt über die Selbstinformation des Kaufmannes.6 Die Vorschrift ist im Grundsatz ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Umstritten ist, welche Abstriche daran vorzunehmen sind. Soweit es nicht um gänzlich unterlassene Buchführung oder Bilanzierung geht, verlangt nämlich der Tatbestand ebenso, wie es auch bei $ 283 Abs 1 Nrn 5 und 7a StGB der Fall ist, dass die Tathandlung zu einer Erschwerung der Vermögensübersicht führt. Dadurch wird aus dem abstrakten Gefährdungsdelikt ein Gefährdungsdelikt mit Erfolgs-

elementen.7 IV.

Kein erforderlicher Zusammenhang zwischen Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen

1.

Gegenteilige Auffassung der Rechtsprechung und herrschenden Meinung

Die Rspr verlangt darüber hinaus, dass es zwischen der Tathandlung und dem Zusam- 4 menbruch, also einer der Strafbarkeitsbedingungen der §§ 283b Abs 3,283 Abs 6 StGB, „irgendeine" Beziehung geben müsse.8 Der BGH begründet seine Auffassung mit systematischen Überlegungen. Weil eine Straf- S barkeit nach § 283 StGB bei Überwindung der Krise auch ausscheide,9 würde die Strafbarkeit nach § 283b StGB, welcher keine Krisensituation voraussetze, in nicht vertretbarer Weise ausgedehnt werden, wenn sie auch für solche Verstöße zu bejahen wäre, die in keinerlei Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch stünden. Dem Erfordernis des Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen würde eine Auslegung nicht entsprechen, welche eine folgenlose und für einen späteren wirtschaftlichen Zusammenbruch völlig unerhebliche Verletzung von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten unter Strafe stellte. Ausführungen dazu, welcher Art der Zusammenhang sein müsse, macht der BGH nicht. Seine Vorstellungen bewegen sich zwischen den Eckpunkten, dass ein Kausalzusammenhang nicht erforderlich sei, ein bloßer zeitlicher Zusammenhang aber nicht genüge. Es reiche allerdings aus, wenn die Bilanzierungspflicht bei Insolvenzeintritt noch nicht erfüllt war und vom Verwalter nachgeholt werden musste. Tiedemann10 nimmt eine Konkretisierung des auch von ihm für erforderlich gehaltenen Zu- 6 sammenhangs dahingehend vor, dass er zu verneinen sei, wenn die im Vorfeld der Krise aufgetretenen Mängel rechtzeitig vor Kriseneintritt beseitigt wurden und auch keinerlei Auswirkung mehr auf diesen hatten. Aus der Notwendigkeit, jährlich eine Bilanz erstellen zu müssen, $ 242 HGB, folgert Wilhelm11 für die Fälle des $ 283b Abs 1 Nr 3b StGB, dass der Gesetzgeber eine Bilanz nach Ablauf der Erstellungsfrist für den Abschluss des Folgejahres als ungeeignet ansehe, den Gefahren für die Durchsetzung der Rechte der Gläubiger begegnen

6 Vgl Tiedemann Rn 1 zu $ 283b StGB. Wilhelm, NStZ 2003, 511, 512, sieht darüber hinausgehend auch noch die Transparenz im Insolvenzverfahren als Rechtsgut an, bleibt dafür aber eine Begründung schuldig. Vgl zum Buchführungszweck der Selbstinformation des Kaufmanns oben § 12 Rn 148, auch Rn 185 ff. 7 Vgl H Schäfer wistra 1990,81 ff, 87; vgl auch Tiedemann Rn 1 z u S 2 8 3 b S t G B . 8 BGH wistra 2003, 232, 233; NJW 1 9 7 9 , 1 4 1 8 ; bejaht bei unterlassener Bilanzierung ca 18 Monate vor dem Zusammenbruch, BGH bei Herían GA 1953, 75; BayObLG NJW 2003, 1960f (zur Kritik vgl oben § 12 Rn 317). 9 Vgl zu dieser Thematik einschr oben § 12 Rn 323 ff. 10 Rn 2 , 1 4 f zu $ 283b StGB. 11 NStZ 2 0 0 3 , 5 1 1 , 5 1 3 f. Bittmann

433

$13

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

zu können. Sei bis dahin noch keine der Strafbarkeitsbedingungen eingetreten, habe sich das Unterlassen des Verantwortlichen als ungefährlich und damit als straflos erwiesen. Für das gleiche Ergebnis spreche es aber auch, wenn der Abstand zwischen Fristablauf, dh Vollendung des Tatbestands, und Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen nur kurz sei, weil dann nicht angenommen werden könne, dass die geringe Verspätung den Eintritt der Strafbarkeitsbedingung beeinflusst habe. 12 Damit verengt Wilhelm zum einen die Anwendbarkeit dieses Tatbestands auf Verspätungen, die im Zeitraum von vielleicht 3 Monaten bis maximal einem Jahr vor Eintritt der Strafbarkeitsbedingung auftreten, ohne dass in der Strafvorschrift eine derartige Minimierung ihres Regelungsgehalts zum Ausdruck käme. Zum anderen verlangt er, wenn auch unausgesprochen, eine Kausalbeziehung zwischen Tathandlung und eingetretener Strafbarkeitsbedingung, obwohl es seiner Auffassung nach nur darauf ankommen soll, ob „während der Gefährdungsphase" (= Verspätung) „ein die Geschäftsentwicklung beeinflussendes Ereignis eingetreten ist, mit dessen Hilfe eine Verknüpfung zur Insolvenz hergestellt werden kann," er also die Kausalbeziehung verbaliter nur zwischen der Geschäftsentwicklung nach abgelaufener Bilanzerrichtungsfrist und Eintritt der Strafbarkeitsbedingung verlangt.

2. 7

Zutreffende Gegenauffassung

Die Auffassung, zwischen einer Tathandlung nach S 283b StGB und einer der Strafbar-

keitsbedingungen müsse ein wenigstens irgendwie gearteter Zusammenhang be-

stehen, ist bereits im Ansatz abzulehnen. 13 Sie ist m i t dem Wortlaut des $ 283b Abs 1 Nr 3b StGB unvereinbar. Bezeichnenderweise setzen sich weder die Rspr 1 4 noch die Lit 1 5 mit dieser Bestimmung auseinander. Häufig wird gar das Nachholen (richtiger Buchungen und/oder der Bilanzerrichtung) als Beseitigung des (wenn auch zu Unrecht verlangten) Zusammenhangs zwischen Tathandlung und Strafbarkeitsbedingung angesehen. 8

Bestraft wird nach § 283b Abs 1 Nr 3b StGB, wer es entgegen dem Handelsrecht unterlässt, die Bilanz seines Vermögens oder das Inventar in der vorgeschriebenen Zeit aufzustellen. Diese Vorschrift erfasst also nicht nur die gänzliche Unterlassung der Bilanzaufstellung, sondern auch die Verzögerung. Letzterenfalls wurde aber der ursprüngliche Mangel gerade behoben. Ist das aber vor Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen der Fall, dann fehlt es an Auswirkungen auf den Zusammenbruch. Wer einen Zusammenhang zwischen der Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen verlangt, verneint zwar nicht die Strafbarkeit eines jeden Verzögerungsverstoßes, engt den Anwendungsbereich der Vorschrift aber auf die Fälle ein, in welchen die geforderte Handlung erst nach Kriseneintritt nachgeholt wurde. 16 Für eine derartige Differenzierung bietet aber der Gesetzeswortlaut keinen Anhaltspunkt. Wenn aber für die verspätete Bilanzierung und Inventarisierung kein Zusammenhang zwischen Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen erforderlich ist, dann kann auch für die anderen Tatalternativen des § 283b Abs 1 StGB nichts anderes gelten. Ein Wertungs-

widerspruch zur Notwendigkeit der Krisenidentität bei S 283 StGB17 besteht nicht,

12 Wilhelm NStZ 2003,511,514 f. 13 H Schäfer wistra 1990, 81, 87f; aA A/W/Weyand Rn 23/75; M-G/B/Bieneck Rn 76/73 und 82/61; NKIKindhäuser Rn 8 zu S 283b StGB; Rohm S 224; ders DZWIR 2003, 143, 145; S/S/Stree/Heine Rn 7 zu $ 283b StGB; Ί/Fischer Rn 1 zu $ 283b StGB; Weyand Rn 121. 14 ZB BayObLG wistra 2003,30 f. 15 ZB Wilhelm NStZ 2003,511 ff. 16 So explizit R eck Rn 497; iE auch M-G/B /Bieneck Rn 82/61; wie hier hingegen Maurer, wistra 2003, 253, 254, ohne allerdings daraus die Konsequenz zu ziehen, dass es für $ 283b StGB überhaupt keines Zusammenhangs zwischen Tathandlung und Strafbarkeitsbedingung bedarf. 17 Vgl dazu oben § 12 Rn 316.

434

Bittmann

Verletzung der Buchführungspflicht, $ 283b StGB

S 13

weil die Verneinung von § 283 StGB nicht zur Straffreiheit, sondern dazu führt, dass der Täter (lediglich, aber immerhin) nach § 283b bestraft wird.18

3.

Besonderheiten bei der Verfolgungsverjährung

Obwohl es also bei § 283b StGB keines Zusammenhangs zwischen Tathandlung und Strafbarkeitsbedingung, iGgs zu S 283 StGB also keiner Krisenidentität bedarf, ist in einer Hinsicht doch eine Einschränkung geboten. Die Verjährungsfrist beginnt bei vorangegangener Tathandlung bekanntlich erst mit Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen zu laufen. 19 Das hätte ohne Korrektur zur Folge, dass selbst eine 10 und mehr Jahre vor dem Zusammenbruch in wirtschaftlich gesunden Zeiten verspätet aufgestellte Bilanz oder ein seinerzeitiger Buchführungsmangel noch bestraft werden könnte. 20 Im Ergebnis bedeutete das, dass die strafbarkeitsbeschränkende Wirkung des Erfordernisses des Eintritts einer der Strafbarkeitsbedingungen der §§ 283b Abs 3, 283 Abs 6 StGB, weitgehend unterlaufen, nämlich auf die Fälle der Liquidation eines Unternehmen ohne wirtschaftliche Not reduziert würde. Ein derartiges Verständnis wäre nicht sachgerecht. Die Verjährungsvorschriften müssen deshalb analog auf die Fälle angewandt werden, in welchen der letzte Teil der Tathandlung der Verletzung der Buchführungspflicht bei Eintritt der zeitlich frühesten Strafbarkeitsbedingung bereits 5 Jahre zurückliegt. Für die unterlassene oder verspätete Bilanzierung ist der Ablauf der Bilanzierungsfrist 21 maßgeblich.

V.

9

Fahrlässigkeit, Straflosigkeit des Versuchs, taugliche Täter, Konkurrenzen

Gem § 283b Abs 2 StGB können die von S 283b Abs 1 Nrn 1 und 3 StGB erfassten Tathandlungen auch fahrlässig begangen werden. In Betracht kommen eigene Nachlässigkeiten des Kaufmannes (oder seines Vertreters in den Fällen des § 14 StGB), auf Sorgfaltsverstößen beruhende Unübersichtlichkeiten über den Vermögensstand und va die nicht ausreichende Überwachung derjenigen, auf welche die Buchführungs- und Bilanzierungspflichten delegiert wurden.22

10

$ 283b StGB kennt keine Versuchsstrafbarkeit. Die Vollendung des Tatbestandes tritt mit dem Abschluss der Tathandlung bzw mit Fristablauf ein. Zur Verjährung gilt das zu $ 283 StGB Ausgeführte entsprechend.23

11

Andere Personen als Kaufleute oder in den Fällen des § 14 StGB deren Vertreter können nur Anstifter oder Gehilfen sein. Ihr Vorsatz muss sich auch auf die Buchführungs- oder Bilanzierungsmängel beziehen. Für Täter und Teilnehmer genügt bedingter Vorsatz.24 Hinsichtlich der Konkurrenzverhältnisse gilt das zu $ 283 StGB Ausgeführte entsprechend.25

12

Im Verhältnis zu S 283 ist die Verletzung der Buchführungspflicht gemäß § 283b StGB subsidiär. Die Vorschrift wird also nicht tatbestandlich von S 283 StGB verdrängt. Das wirkt sich vor allem dann aus, wenn ein Buchführungs- oder Bilanzierungsverstoß zwar während

18 19 20 21 22 23 24 25

Vgl dazu oben S 12 Rn 321 sowie unten Rn 14. Vgl oben $ 12 Rn 329. Rohm S 223 f. Vgl oben § 12 Rn 237f. Tiedemann Rn 9 zu $ 283b StGB; Weyand Rn 120. Vgl dazu oben § 12 Rn 329. Tiedemann Rn 17 zu § 283b StGB. Vgl dazu oben S 12 Rn 335 ff.

Bittmann

435

13 14

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

einer Krise begangen wurde, mangels Krisenidentität aber eine Strafbarkeit nach S 283 StGB ausscheidet.26 Der Täter ist dann nicht straffrei, sondern nach § 283b StGB zu bestrafen, weil diese Bestimmung keinen Zusammenhang zwischen der Tathandlung und einer der Strafbarkeitsbedingungen verlangt.

S 14 Gläubigerbegünstigung, $ 283c StGB I.

Allgemeine u n d systematische B e d e u t u n g

1 Nach S 283c Abs 1 StGB ist strafbar, wer trotz Zahlungsunfähigkeit einem Gläubiger eine überobligatorische Sicherheit oder Befriedigung gewährt, sofern er ihn dadurch im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern begünstigt (und die übrigen Gläubiger damit benachteiligt). Es handelt sich demnach um ein Erfolgsdelikt. 1 § 283c ist ein Sonderdelikt, welches nur von einem Schuldner begangen werden kann. 2 Externe können nur Beihilfe leisten oder zur Gläubigerbegünstigung anstiften. 2

IGgs zu $ 283 StGB erfasst § 283c Abs 1 StGB nur das Handeln bei (tatsächlich eingetretener) Zahlungsunfähigkeit. Ein Tätigwerden bei lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung genügt also nicht. Im Verhältnis zu § 283 stellt $ 283c Abs 1 StGB eine Privilegierung dar,3 ist allerdings nicht auf diese Funktion beschränkt. 4 Interpretiert man das „Beiseiteschaffen" iS von § 283 Abs 1 Nr 1 StGB wie hier 5 einschränkend dahingehend, dass der Täter weiterhin Zugriff auf den beiseitegeschafften Gegenstand haben muss, so stellt sich die Konkurrenzfrage zwar nicht im Verhältnis zwischen S 283 Abs 1 Nr 1 StGB einerseits und § 283c Abs 1 StGB andererseits, wohl aber zwischen letztgenannter Vorschrift und § 283 Abs 1 Nrn 2, 3 und 8 StGB. 6 Die Interessentheorie, wenn man sie überhaupt auf $ 283c StGB übertragen will, kann dessen Anwendungsbereich nicht einschränken, weil aufgrund der zumindest teilweisen Erfüllungswirkung das Handeln des Geschäftsführers immer jedenfalls auch im Interesse der Gesellschaft liegt. 7

3

Soweit sich der Tatbestand auf vorfristige Leistungen bezieht, hat er nur die Verteilungsgerechtigkeit im Blick. Gebührt dem Gläubiger die Leistung hingegen nicht oder nicht in der Art, so ist neben dem Verteilungsinteresse auch noch der gegenständliche Bestand der Masse geschützt. Die Vorschrift greift aber nicht, soweit der Gläubiger zu Befriedigungszwecken eine höherwertige Leistung erhält als er von Rechts wegen verlangen kann. In einem solchen Fall ist hinsichtlich des den Wert der Forderung übersteigenden Teils S 283 StGB, 8 bei juristischen Personen § 266 StGB anzuwenden. § 283c StGB erfasst insoweit also nur den Fall, dass der Gläubiger eine andere, aber im Wert den Anspruch nicht

26

Vgl dazu oben $ 12 Rn 316.

1 M-G/B/Bieneck Rn 79/15; NK/Kindhduser Rn 2 zu S 283c StGB; Tiedemann Rn 1 , 2 zu S 283c StGB. 2 Tiedemann Rn 3 und 36 zu $ 283c StGB. 3 Reck Rn 501; Thilow S 9 5 f f (zum Grund der Privilegierung S 9 7 f f und 168ff); T/Fischer Rn 1 zu $ 283c StGB. 4 Vgl dazu unten Rn 16. 5 Vgl dazu oben § 12 Rn 102. 6 Zum Verhältnis zur Untreue vgl unten Rn 3 und 16 sowie zu den Konkurrenzen allgemein unten Rn 58 ff. 7 M-G/B/Bieneck Rn 79/6; aA Richter GmbHR 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 4 6 für Leistungen an die Gesellschafter. 8 BGH, bei Herían, GA1971,36; NK/KindhäuserRn 13 zu $ 283c StGB. Beispiel nach LG Wuppertal (Z) ZInsO 2002, 337ff: Zahlung höherer als der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren ohne schriftliche Honorarvereinbarung.

436

Bittmann

Gläubigerbegünstigung, S 283c StGB

oder ihn gerade erreichende Leistung erhält. Wegen des vorübergehenden Charakters einer Sicherang spielt deren Wert allerdings keine Rolle. Bei Erfüllung ist die Sicherung zurückzugewähren. Im Sicherungsfall gilt gleiches hinsichtlich des den Anspruch des Gläubigers übersteigenden Erlöses. § 283c StGB erfasst also die Leistung einer Sicherheit, obwohl der Gläubiger überhaupt keine solche oder eine andere, auch eine höherwerte verlangen konnte. Die Vorschrift ist nicht nur deshalb problematisch, weil das Verständnis einzelner Tat- 4 bestandsmerkmale Mühe bereitet, sondern va deswegen, weil die Abgrenzung zwischen gerade noch zulässigem Handeln und bereits verbotenem Tun besonders schwierig ist. Einige Praktiken, welche sich unter § 283c StGB ohne Schwierigkeiten subsumieren lassen, sind nicht nur verbreitet, sondern werden dazu auch noch vom Glauben an ihre Rechtmäßigkeit getragen. Es ist deshalb nicht nur der subjektive Tatbestand sehr genau zu prüfen, sondern bereits in objektiver Hinsicht zu fragen, ob ein bestimmtes Verhalten wirklich verboten ist oder nicht. Überdies ist die Beschränkung des Tatbestands auf inkongruente Leistungen wenig überzeugend. 9

II.

Rechtsgut

Das Rechtsgut des § 283c StGB ist nicht (jedenfalls nicht durchweg) die Sicherung oder 5 der Erhalt des Werts der Masse, sondern das (Vermögens-)Interesse der einzelnen Gläubiger an der Befriedigung ihrer Ansprüche, aber nur insoweit, 10 als sie nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit durch Gewährung inkongruenter Leistungen 11 beeinträchtigt werden. 12 Die Vorschrift hindert den Schuldner also nicht, weiter am (Zivil-)Rechtsverkehr teilzunehmen, beschränkt allerdings die Zulässigkeit seiner Handlungsmöglichkeiten.

III.

Gläubiger

1.

Anforderungen an die Gläubigerstellung

Gläubiger ist, wer einen Vermögenswerten Anspruch gegen den Schuldner hat. 13 6 Dabei kommt es nicht darauf an, ob dieser Anspruch öffentlich-rechtlicher oder privatrecht- 7 licher Natur ist. Erfasst werden sowohl Masse- als auch einfache Insolvenzforderungen. Unschädlich ist ferner, wenn der Gläubiger abgesonderte Befriedigung verlangen kann. 14 Besteht hingegen ein Aussonderungsrecht, so ist zu differenzieren: Erhält der Gläubiger den Gegenstand zurück, welchen er aussondern darf, so ist er insoweit nicht Gläubiger iS des $ 283c StGB. Diente das Aussonderungsrecht allerdings Sicherungszwecken, so ist auch der Aussonderungsberechtigte ein von § 283c Abs 1 StGB erfasster Gläubiger, und zwar im Hinblick auf das zugrunde liegende Rechtsverhältnis. Der Verzicht des Schuldners auf sein Anwartschaftsrecht fällt demzufolge unter § 283c Abs 1 StGB. Die Gläubigerstellung hindert es nicht, wenn die Forderung noch nicht fällig, betagt oder bedingt ist. Folglich ist auch

9 Thilow insbes S 135 ff. 10 Überzeugende Kritik an der Beschränkung des Tatbestands auf i n k o n g r u e n t e Deckungen bei Thilow, insbes S 135 ff. 11 Dazu u n t e n Rn 23 ff. 12 M-G/B/Bieneck Rn 79/2; Tiedemann Rn 1 zu $ 283c StGB. Thilow, S 112 ff, betrachtet wegen der Notwendigkeit eines Quotenschadens allgemein das Vermögen der Insolvenzgläubiger als geschütztes Rechtsgut. 13 Ί ¡Fischer Rn 2 zu 5 283c StGB. 14 BGH(Z) NJW 2003,360, 362; 2 0 0 1 , 1 9 4 0 , 1 9 4 1 .

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

der Bürge Gläubiger iSv § 283c Abs 1 StGB.15 Bei fehlendem oder nichtigem Grundgeschäft mangelt es aber an der Gläubigerstellung. § 283c Abs 1 StGB ist dann grundsätzlich nicht anwendbar. Glaubte der Täter aber an die Gläubigereigenschaft, dann liegt zumindest ein (untauglicher) Versuch iSd § 283c Abs 2 StGB vor. Wäre sein Verhalten auf der Basis seiner Vorstellung eine Straftat des Bankrotts oder der Untreue, scheidet eine Bestrafung nach einer dieser Vorschriften aber aufgrund seines Glaubens an die Gläubigerstellung des Empfängers, also wegen Tatbestandsirrtums aus, so greift $ 283c Abs 1 StGB als Auffangtatbestand ein und ist der Täter wegen vollendeter Gläubigerbegünstigung zu verurteilen.16 8 Nach hM muss die Gläubigerstellung bei Vornahme der Tathandlung bereits begründet gewesen sein. Es soll nicht genügen, wenn sie erst gleichzeitig mit der Tathandlung entsteht. 17 9

Das trifft im Grundsatz, nicht aber ausnahmslos zu. Straffrei ist, wer bei Vertragsschluss dem Gläubiger die Gegenleistung vertragswidrig nicht erst später, sondern sogleich oder eine nicht vereinbarte Sicherung oder Befriedigung gewährt. Das kann jedoch nur dann gelten, wenn die Abweichung vom Vertrag nicht der Manipulation dient. Andernfalls ist die Tat entweder nach § 283 c StGB oder je nach den Umständen nach SS 283 Abs 1 Nr 1 oder 266, evtl nach § 263 StGB strafbar.

10 Nicht erforderlich ist hingegen, dass die Gläubigerstellung bereits bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit begründet war.18 11 Die Gegenmeinung will inkongruente Leistungen an Gläubiger, die ihre Stellung erst nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit gewonnen haben, nach § 283 StGB beurteilen, um keinen unnötigen Manipulationsanreiz zu bieten. Beruht aber die Gläubigerstellung auf vertraglicher Basis, so besteht der Grund für die Privilegierung durch $ 283c StGB bei ernstgemeinten Verabredungen auch dann, wenn der eine Teil bei Vertragsschluss bereits zahlungsunfähig war. Für gesetzliche Ansprüche gilt im Ergebnis nichts anderes. Bei Manipulationen, die insbes auf dem Gebiet des Deliktsrechts durchaus denkbar sind, gilt wiederum $ 283 StGB. 19

2.

Keine Privilegierung von Schuldnern

12 Gläubiger iSd $ 283c Abs 1 StGB ist nicht, wer zugleich Schuldner ist. 13

Das gilt nicht nur im Falle der Nachlassinsolvenz, sondern auch hinsichtlich der Einlagenforderungen bei Personenhandels- oder sonstigen rechtsfähigen Personengesellschaften. Kommen hier Vermögensverschiebungen vor, so sind sie nach § 283 StGB 20 zu beurteilen. Werden sie hingegen zum Nachteil von Kapitalgesellschaften oder sonstigen juristischen Personen vorgenommen, so ist § 266 StGB einschlägig. Das gilt auch bei der Rückzahlung eigenkapitalersetzender Leistungen,21 ja sogar dann, wenn für deren Rückgewähr lediglich 15 Tiedemann Rn 7 zu $ 283c StGB. 16 M-GIB/Bieneck Rn 79/19. 17 NK/Kindhäuser Rn 4 zu S 283c StGB; Thilow S 89; Tiedemann Rn 8 zu $ 283c StGB; T/Fischer Rn 2 zu $ 283c StGB. 18 HM, BGHSt 35, 357, 361; M-G/B/Bieneck Rn 79/20; NK/Kindhäuser Rn 4 zu S 283c StGB; T/Fischer Rn 2 zu s 283c StGB; W/J/Köftfcr Rn 7/200. 19 NK/Kindhäuser Rn 4 zu § 283c StGB; vgl bereits oben Rn 9. 20 BGHSt 3 4 , 2 2 1 , 2 2 4 ff. 21 BGH, bei Herían, GA 1971, 36; Bieneck StV 1999, 43, 45; M-GIB/Bieneck Rn 79/10f; NK/Kindhäuser Rn 19 zu $ 283 StGB (verkannt in Rn 3 zu S 283c StGB hinsichtlich stehengelassener Gehaltsansprüche des Gesellschafter-Geschäftsführers, vgl dazu unten S 16 Rn 27); Richter GmbHR 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 4 7 ; Thilow S 100 f; S/S/Stree/Heine, Rn 4a zu $ 283 StGB, lehnen ebenfalls die Anwendung von $ 283c StGB ab, nehmen stattdessen aber Bankrott an. Zu kapitalersetzende Leistungen vgl allg oben $ 7 Rn 122, zur Untreue durch ihre Rückgewähr unten S 16Rn 118ff.

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Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB

Sicherheiten eingeräumt werden (zB nachträglich eine unbedingte Grundschuld für ein kapitalersetzendes Darlehen bestellt wird),22 allerdings nur solange, wie es sich um solche handelt, also nicht nach Überwindung der Krise. Trotz der argumentationskräftigen Kritik Thilows23 ist daran festzuhalten, dass Schuldner 14 (jedenfalls im Grundsatz) an der Privilegierungswirkung des § 283c StGB nicht teilhaben können. Die Thematik stellt sich ja nur in den Fällen, in denen es trotz Zusammentreffens von Gläubiger- und Schuldnerstellung nicht zu einer Konfusion und damit zum Erlöschen der Gläubigerstellung gekommen ist. Das ist nur dann der Fall, wenn unterschiedliche Vermögensmassen betroffen sind. Die von ihm als Schuldner zu befriedigenden Forderungen des Gläubigers unterliegen aber regelmäßig besonderen Bindungen wie zB die Einlage in eine Gesellschaft, so dass deswegen keine mit einem einer derartigen Bindung ledigen Drittgläubiger vergleichbare Sachlage besteht. Sorgt hingegen zB im Fall der Nachlassinsolvenz der Miterbe für die Begleichung der ihm zustehenden C&iote seiner Forderung, so ist das sowieso straflos. Bedient er sich aber in darüber hinausgehendem Maße, so nutzt er seine faktischen Möglichkeiten zu Lasten der übrigen Gläubiger aus und verdient dafür kein Entgegenkommen durch Anwendung lediglich einer privilegierenden Strafnorm, auch wenn anders geartetes eigennütziges Handeln 24 vom Gesetz als weniger strafwürdig eingestuft wird. Soweit solche besonderen Bindungen fehlen, mag allerdings in der Tat daran zu denken sein, (mit-)schuldende Gläubiger Dritten gleichzustellen. In Betracht kommen könnte dafür je nach den Umständen etwa der Kaufpreisanspruch eines Gesellschafters an die oHG. 3.

Organmitglieder als Gläubiger

Umstritten ist, ob Organe oder Mitglieder von Organen juristischer Personen Gläubi- 15 ger iSv S 283c StGB sind. 25 Die Diskussion leidet allerdings darunter, dass sie unter dem Blickwinkel der Privilegie- 16 rungsfunktion des § 283c StGB im Verhältnis zu § 283 StGB geführt wird. Bei Vermögensverschiebungen zugunsten von Organen oder deren Mitgliedern ist aber nach der Interessentheorie 26 nicht § 283 StGB, sondern § 266 StGB einschlägig. Das bedeutet, dass es hier überhaupt nicht um das Verhältnis zwischen § 283 und § 283c StGB, sondern um dasjenige zwischen § 266 und § 283c StGB geht. Sähe man die Organe oder deren Mitglieder von vorn herein nicht als Gläubiger der juristischen Person an mit der Folge dass die Anwendung von § 283c StGB schon deswegen ausschiede, würde das iE zur völligen Straffreiheit führen. 27 Aufgrund der mit der Leistung verbundenen Erfüllung einer bestehenden Verbindlichkeit fehlt es an einer Schmälerung der Masse. Soweit durch die Leistung an das Organ oder dessen Mitglied die Chancen der übrigen Gläubiger auf Durchsetzung ihrer Forderungen beeinträchtigt werden, trifft den Geschäftsführer (oder sonstigen Verantwortlichen) aber gerade keine Vermögensbetreuungspflicht. Deswegen kann § 266 StGB gar nicht erfüllt sein. Es besteht demnach keine Überschneidung der Anwendungsbereiche des $ 283c StGB einerseits und des $ 266 StGB andererseits. Es gibt demnach keinen Grund, Organe oder Mitglieder von Organen juristischer Personen nicht als Gläubiger iSv $ 283c Abs 1

22 Thilow S 101. 23 S 148 ff. 24 ZB eigene Vorteile durch Z u w e n d u n g e n an einen Dritten erstrebt, vgl Thilow S 150. 25 Bejahend Thilow S 148 ff; verneinend BGHSt 34, 221, 225 f; NK/Kindhäuser Rn 3 zu § 283c StGB; Tiedemann Rn 11 zu $ 283c StGB m w N ; Wlß/Köhler Rn 7/204. 26 Vgl d a z u oben § 12 Rn 44 ff. 27 R('cftierGmbHR1984,137,146.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

StGB anzusehen. Hier zeigt sich, dass S 283c StGB nicht allein als Privilegierung andernfalls schwerer zu bestrafender Handlungen angesehen werden kann, sondern in den genannten Fällen die Strafbarkeit erst begründet. 17 Die Anwendung des § 283c StGB auf Organe und Mitglieder von Organen juristischer Personen ist auch in sich stimmig. In den einschlägigen Fällen haben sie als Privatpersonen Forderungen an die Gesellschaft. Erhalten sie anderes als ihnen gebührt, dann befinden sie sich in der gleichen Lage wie externe Gläubiger. Auch dass § 283c StGB nicht für die Rückführung von Stammkapital und diesem gleichstehenden kapitalersetzenden Leistungen gilt, ist konsequent. (Nur) diesbezüglich unterliegen nämlich die Betroffenen den Kapitalbindungsvorschriften. Dies rechtfertigt den Unterschied und die Anwendung von § 266 StGB im Falle der Rückgewähr von Kapital oder Kapitalersatz: (Nur) hier bekommen die Empfänger etwas, was sie von Rechts wegen nicht zu fordern haben. IV.

Sicherung oder Befriedigung aus dem Vermögen des Schuldners

18 „Sicherheit" ist im weitesten Sinne zu verstehen. Gemeint sind aber nur dingliche Sicherheiten; schuldrechtliche reichen nicht aus. 19 Erfasst werden nicht nur rechtsgeschäftliche Sicherungen (zB Sicherungsübereignung oder -abtretung, vereinbartes Zurückbehaltungsrecht28), schon gar nicht beschränkt auf die von $ 232 BGB erfassten Möglichkeiten (Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren; Verpfändung bestimmter Forderungen oder beweglicher Sachen; Bestellung von Schiffs- oder Hypotheken an inländischen Grundstücken bzw die Verpfändung letzterer), sondern auch Realakte wie zB die Übertragung des Besitzes.29 Dabei kommt es nur auf die Vereinbarung als solche an, nicht auch auf deren zivilrechtliche Wirksamkeit.30 Erforderlich ist hingegen, dass sich die Sicherheit auf das Recht selbst und nicht nur auf eine verbesserte Beweislage31 bezieht. Auch ein (scheinbar oder tatsächlich wertloses) Grundpfandrecht an einem bereits überlasteten Grundstück gehört hierher.32 20 „Befriedigung" erhält der Gläubiger, wenn er die geschuldete Leistung erhält, § 362 BGB, ggf nach Einlösung einer Leistung erfüllungshalber, § 364 Abs 2 BGB, aber auch nach Annahme als Erfüllungs statt, $ 364 Abs 1 BGB.33 Der Begriffsinhalt geht folglich über denjenigen der „Erfüllung" hinaus.34 21 $ 283c Abs 1 StGB erfasst die Befriedigung und die Gestellung einer Sicherheit nur dann, wenn sie dem Gläubiger aus dem Vermögen des Schuldners gewährt wurde.3S Wie er sie sich verschafft hat, ist irrelevant.36 Es genügen demzufolge darlehensweise überlassene Mittel ebenso wie solche, die ihm von dritter Seite gerade für die Erfüllung der getilgten Verbindlichkeit zur Verfügung gestellt wurden.37

28 M-G/B/Bteneck Rn 79/12; Tiedemann Rn 13 zu § 283c StGB mwN. 29 Tiedemann Rn 14 zu § 283c StGB. 30 NKiKindhänser Rn 6 zu S 283c StGB; Tiedemann Rn 13 zu § 283c StGB; aA A/W¡Weyand Rn 23/84. 31 Das ist ein wesentlicher Aspekt bei der Pool-Bildung, aber nur, soweit der Schuldner daran mitgewirkt hat, vgl dazu unten $ 30 Rn 19. 32 S dazu unten Rn 45, auch § 12 Rn 98. 33 Τ/Fischer Rn 5 zu § 283c StGB. 34 Thilow S 88. 35 T/Fischer Rn 3 zu S 283c StGB; Weyand Rn 124. Das ist auch dann der Fall, wenn die Leistung von einem Dritten erbracht wird, welcher damit zugleich eine Verbindlichkeit gegenüber dem späteren (Gemein-)Schuldner erfüllt, OLG München ZIP 2001, 1924, 1926 (ob im entschiedenen Fall eine Leistungspflicht bestand, ist nach den veröffentlichen Gründen jedoch zweifelhaft). 36 BGH NJW 2002,1574,1575 (dazu Kulzer/Müller ZInsO 2002,313 ff). 37 BGH NJW 2003,3347,3348; NZI2003,460; 597,598; aA wohl KG GmbHR 2003,591,594.

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Gläubigerbegünstigung, J 283c StGB

Dass die Leistung aus dem Vermögen des Schuldners stammen muss, ist dem Wortlaut 22 unmittelbar zu entnehmen. Nimmt also der Lieferant den Gegenstand zurück, an dem ihm das - ggf mit einem Anwartschaftsrecht des Schuldners belastete - Vorbehaltseigentum zusteht, so ist S 283c StGB nicht anwendbar. Gleiches gilt, wenn ein Dritter, auch ein Gesellschafter einer Gesellschaft ohne eine unbeschränkt haftende natürliche Person als Gesellschafter,38 zahlt, 39 bürgt 40 oder ein Pfandrecht an einem schuldnerfremden Gegenstand bestellt. Auch das spätere Erlöschen der Bürgschaftsforderung wie des Pfandrechts nach ordnungsgemäßer, also kongruenter Befriedigung des Gläubigers ist nicht tatbestandsmäßig, weil die genannten Rechte nicht unmittelbar durch Leistung aus dem Vermögen des Schuldners abgelöst wurden, sondern dies allein gesetzliche Folgen zulässigen Schuldnerhandelns sind.41 Der Rückgriffsanspruch des leistenden Bürgen und desjenigen, dessen Eigentum durch Pfandverwertung in Anspruch genommen wurde, sind schon deshalb für $ 283c StGB irrelevant, weil es sich dabei lediglich um schuldrechtliche Ansprüche handelt. Gleiches gilt für vom Schuldner ausgestellte Schecks oder Wechsel. Sie werden zwar erfüllungshalber erbracht, belasten das Vermögen des Schuldners aber ebenfalls lediglich schuldrechtlich. Ihre spätere Einlösung führt dann zu einer kongruenten Deckung.42 V.

Inkongruenz

1.

Begriff und Vergleich zur Insolvenzanfechtung

Kernstück des $ 283c Abs 1 StGB ist die Inkongruenz der gewährten Sicherheit oder Befrie- 23 digung. Ist ein Rechtsgeschäft mangels Form, als Scheingeschäft, wegen Gesetzes oder Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig oder liegt ein Einigungsmangel vor, so hat der Gläubiger de jure nichts erhalten. Der Tatbestand des § 283c StGB ist dann nicht verwirklicht.43 Das gilt aber nicht, wenn der Gläubiger aufgrund des zwar nichtigen Rechtsgeschäfts tatsächlich aber etwas, zB den Besitz, erhalten hat. Wer das verneint, der muss einen nach $ 283c Abs 2 StGB strafbaren untauglichen Versuch annehmen,44 wenn der Täter die Nichtigkeit nicht kannte. Das Gesetz unterscheidet zwischen Leistungen, welche der Gläubiger nicht, nicht in der Art 24 oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Die gleiche Formulierung findet sich in $ 131 Abs 1 InsO, welcher die Insolvenzanfechtung aufgrund Leistung in inkongruenter Deckung normiert. Die Rspr zu dieser Vorschrift ist auf § 283c StGB jedenfalls teilweise übertragbar45 und bietet reichhaltige Fallbeispiele. Inkonguenz bedeutet, dass der Gläubiger auf die Leistung, so wie er sie tatsächlich erhalten hat, keinen fälligen Anspruch hatte, er also eher, besser oder gewisser befriedigt oder gesichert wurde, 44 sofern die Abweichung nicht lediglich geringfügig ist und der Verkehrssitte oder einem Handelsbrauch ent-

38 NK/Kindhäuser Rn 85 vor § 283 StGB. 39 BGH ZIP 2 0 0 3 , 1 6 6 6 , 1 6 6 9 ; A/W¡Weyand Rn 23/82. 40 Tiedemann Rn 14 zu $ 283c StGB; hier fehlt es zudem am dinglichen Charakter. 41 Vgl Tiedemann Rn 16 zu § 283c StGB. 42 M-G/B/Bieneck Rn 79/24; Tiedemann Rn 16 zu S 283c StGB. 43 Weyand ZInsO 2 0 0 2 , 8 5 1 , 8 5 6 ; aA für die Nichtigkeitsfalle M-G/B/¡¡ieneck Rn 79/17. 4 4 Insoweit zutr M-G/B/B ieneck Rn 79/17. 45 M-G/B/Bieneck Rn 79/18; Thilow, S 90, befürwortet ein identisches Verständnis. Das scheidet jedoch zumindest in den Fällen aus, in denen die Inkongruenz iSd $ 1 3 1 InsO allein aus der Tatsache folgt, dass die Leistung innerhalb des Zeitraums von 3 Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurde; s dazu unten Rn 26, weil die Strafbarkeit zum Zeitpunkt des Begehens der Tat feststehen muss, zu dieser Zeit aber offen ist, wann Insolvenzantrag gestellt werden wird. 46 Tiedemann Rn 1 und 13 zu $ 283c StGB. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften spricht. 47 Inkongruenz liegt aber auch dann vor, wenn der Gläubiger wertmäßig weniger erhält als ihm gebührt, er jedoch auf eine andere Weise als vertraglich vereinbart teilweise befriedigt oder gesichert wurde, er also auf das konkret Geleistete gerade keinen Anspruch hatte. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Leistung oder die Gestellung einer Sicherheit ist zivilrechtlich der des Eintritts ihrer rechtlichen Wirkungen, letzterenfalls also nicht erst der ihrer Inanspruchnahme. 48 Strafrechtlich kann hingegen nur auf den Zeitpunkt abgestellt werden, zu welchem die zur inkongruenten Befriedigung oder Gestellung einer Sicherheit erforderlichen Handlungen begangen wurden. 25

Kongruenz liegt in den Fällen sog Bargeschäfte, 4 9 $ 142 InsO, vor. Unter diesen Begriff fallen zum einen bar bezahlte Leistungen, es sei denn, Leistung und Gegenleistung stehen in einem auffalligen Missverhältnis zueinander. Zum anderen werden aber auch sämtliche sonstigen, also an sich: „unbaren" Leistungen erfasst, soweit sie in einem (zumindest: nahezu) unmittelbaren und va wertmäßig ausgewogenen Austauschverhältnis stehen.

26

Die Rspr zum Anfechtungsrecht ist äußerst konsequent. Sie sieht sogar die - strafrechtlich irrelevante - Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung und eine binnen drei Monaten vor Insolvenzantrag 50 erbrachte Leistung oder Vereinbarung von Ratenzahlung 51 zu deren Abwendung 52 oder zum Zwecke der Beseitigung von Maßnahmen im Rahmen der Zwangsvollstreckung wie eine Kontopfändung oder ein Zahlungsverbot, 53 die Zahlung unter Drohung mit der Inanspruchnahme einer Bürgschaft 54 oder einem Insolvenzantrag, 55 nach unberechtigter Kontosperre, 56 ja sogar die bloß verspätete Leistung ohne drohende 47 BGH ZIP 2003, 356, 358. Nach LG Dresden, ZIP 2002, 91 ff, ist inkongruent geleistetes Baugeld nicht zurückzugewähren. 48 BGH NJW 1999, 3046, 3047 mN; sa ZIP 1999, 406, 406 f; OLG Frankfurt am Main OLG-Report 2000,51. 49 BGH NJW 2002,3252f; 2001,1650,1651 f je mwN; ZIP 2002,2182,2184. Überweisungen Dritter auf ein debitorisches Kontokorrentkonto unterhalb der Kreditlinie sind inkongruent. Das gilt aber nicht in Höhe wieder abgeflossener Beträge, weil insoweit ein Bargeschäft vorliegt, BGH NJW 2002, 1722,1723 f (zust Bruckhoff NJW 2002,3304 ff; krit, iE aber ebenfalls zust RigollHomann ZIP 2003,15 ff); 2001, 304f; 2000, 668f; 1999, 3780ff; ZIP 2002, 2182, 2184 (zust Huber EWiR S 30 KO 1/03, 29); OLG Hamm, ZIP 2001, 1683, 1686 f. Kein Bargeschäft ist die nach weitgehendem Verbrauch der Kreditsumme verspätet bestellte vertraglich vereinbarte Grundschuld, OLG Brandenburg ZIP 2002,1902ff. Im Fall inkongruenter Deckung scheidet die Annahme eines Bargeschäfts aus, BGH ZIP 1999,76,78. 50 BGH NJW 2002, 2568, 2569; 2003, 3347, 3348; auch NZI2003, 597, 598; 2004, 87, 88; ZIP 2003, 1506,1508 mN; 1900,1901 f; 2004,319,320 und 324 (dazu Huber NZI 2004,205 f); OLG Stuttgart ZIP 2002,2264 ff; Pape NJW 2003, 2502, 2505 f. Bei Pfändung zukünftiger Forderungen ist der Zeitpunkt ihrer Entstehung maßgeblich, BGH NJW 2003, 2171 f. Ein Anfechtungstatbestand kann auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eintreten, ν Gerkan FS Ulmer S 1293 ff. 51 OLG Karlsruhe ZInsO 2002,585 f. 52 BGH NJW 2003, 897f; 2002, 2568; 1574, 1576 (dazu Kulzer/Müller ZInsO 2002, 313ff); 1997, 3445 f; ZIP 2003, 1304 f; OLG Brandenburg ZIP 2002, 1698 ff; OLG Dresden ZInsO 1999, 110; OLG Frankfurt am Main EWiR § 130 InsO 2/02, 1013 f (Plagemann); OLG Jena OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2001,43 f; OLG Stuttgart EWIR $ 131 InsO 4/02,813 f (Gerhardt); ZIP 2003,1341 f; LG Stralsund ZIP 2001,2058 f (selbst bei Pfändung von Bargeld); AG Duisburg ZIP 1999, 668 f; aA Paulus/Allgayer ZInsO 2001, 241 ff. Das OLG Düsseldorf, ZIP 2003, 1163 ff, sah die verspätete, aber vor Zustellung eines (Versäumnis-)Urteils erbrachte Zahlung als kongruent an. Übersicht bei Bischoff ZInsO 2002,1071 ff. 53 LG Bonn ZIP 1997, 82f; AG Bonn ZIP 1999, 976ff. Eine bloße Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eintragung einer Sicherungshypothek verliert mit Verfahrenseröffnung ipso jure ihre Wirkung, BGH NJW 2000,2427f (zum Gesamtvollstreckungsrecht). 54 LG München I EWiR $ 131 InsO 6/03,1153 (Lindemann). 55 BGH ZIP 2004,319 ff; G Fischer FS Kirchhoff S 73 ff. Das LG Hamburg, ZInsO 2002,144,145, und das AG Hamburg, ZInsO 2002, 687 f, halten (allerdings in zivilrechtlichen Judikaten) sogar die Annahme unter Druck erbrachter Leistungen für eine Beteiligung an einer Gläubigerbegünstigung. 56 BGH ZIP 2004,324ff; sa BGH ZIP 2004,620ff; Inkongruenz eines Pfandrechts an Kontoguthaben aufgrund zugelassener Verfügungen trotz gemäß § 1281S 2 HS 1 BGB rechtmäßiger Kontosperre; OLG 442

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Gläubigerbegünstigung, $ 283c StGB

Zwangsvollstreckung als inkongruent an,57 weil die Forderung gegen einen krisenbehafteten Schuldner wirtschaftlich nicht mehr vollwertig ist, also buchhalterisch wertberichtigt werden muss. Die vertragsgemäße Leistung des Schuldners als solche ist aber selbst dann strafrechtlich 27 irrelevant, wenn sie nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit erbracht wurde, mag sie auch verspätet erfolgt sein und deswegen der Anfechtung nach $ 131 Abs 1 InsO (oder nach anderen Bestimmungen) unterliegen.58 Zwar wird auch dadurch der Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger durchbrochen. Das aber ist nach ausdrücklicher gesetzlicher Regelung für sich allein nicht strafbar. Ob eine Leistung (Sicherheit oder Befriedigung) kongruent ist oder nicht, bestimmt sich ausschließlich nach den vertraglichen Vereinbarungen. Umfassen sie bereits die Befugnis, konkrete Sicherheiten zu verlangen oder die Befriedigung auf andere Weise zu bewirken als vorrangig vorgesehen (Ersetzungsbefugnis), dann sind alle darunter zu subsumierenden Leistungen kongruent.59 Gleiches gilt für die volle Rückzahlung eines Darlehens, nachdem der Vertrag vom Darlehensgeber wirksam gekündigt wurde,60 zB wegen drohender Zahlungsunfähigkeit des Darlehensnehmers.61 Zulässig ist sowohl der Abschluss und die Erfüllung neuer Verträge (einschließlich Gestel- 28 lung der vereinbarten Sicherheiten) als auch eine vertragliche Neuregelung. Es ist deshalb zB rechtmäßig, dass Schuldner und Gläubiger ihre Vereinbarungen dahingehend ergänzen, dass der Gläubiger auf ein Leistungsverweigerungsrecht gem § 321 BGB verzichtet und sich der Schuldner in einer ordnungsmäßigem Wirtschaften entsprechenden Weise verpflichtet, für bereits bestehende Forderungen des Gläubigers neue Sicherheiten zu stellen. Bei wirtschaftlich ausgewogenem Verhältnis ist die Gewährung derartiger Sicherheiten nicht inkongruent.62 Macht hingegen ein Geschäftspartner seine (weiteren oder neuen) Leistungen nicht nur davon abhängig, dass die Bezahlung sichergestellt wird, sondern auch davon, dass seine offenstehenden Verbindlichkeiten erfüllt werden, so erhält er im Fall von deren Begleichung eine insolvenzrechtlich inkongruente Deckung.63 Das gilt auch im Fall der Zahlung rückständigen Arbeitslohns.64 Da aber auf diese Weise eine fällige Verbindlichkeit in vertragsgemäßer, wenn auch verspäteter Weise erfüllt wird, scheidet eine Strafbarkeit gemäß § 283c Abs 1 StGB aus. Dem Steuerberater, der seine (ggf: weitere) Tätigkeit davon abhängig macht, dass er Vor- 29 kasse erhält oder ihm eine Sicherheit gestellt wird, darf eines von beiden gewährt werden.65 Inkongruent ist hingegen die Vorverlagerung der Fälligkeit ohne ausreichende GegenDiisseldorf ZIP 2004,1008 ff (Inkongruenz der Verrechnung von Gutschriften bei nicht gekündigtem Kontokorrentkredit). 57 Jedenfalls dann, wenn die Verspätung auf einer Gewährung von Zahlungsaufschub oder Kreditierung beruht, BGH ZIP 2003,488,493: Verschiebung um eine Woche! Im Allgemeinen ist das Unmittelbarkeitserfordernis allerdings bei Bewirken von Leistung und Gegenleistung binnen 2 Wochen gewahrt, BGH NJW 2002, 1722, 1724. Das OLG Köln, ZIP 2001, 251f, betrachtete hingegen die um 7 Wochen verspätete Honorarzahlung an einen Sanierer nicht als inkongruent, weil der Verspätung keine Stundungsvereinbarung zugrunde lag. Das sah der BGH, NJW 2002,3252 f, anders und hob die Entscheidung des OLG Köln auf. 58 Vgl dazu oben S 9 Rn 58 ff. 59 Thilow S 161 f. Der weitergehende Gebrauch hingegen ist inkongruent, OLG Rostock ZIP 2004, 864 ff (Einsatz eines Frachtführerpfandrechts als Zurückbehaltungsrecht, zw). 60 OLG Köln OLG-Report Köln 2002,101 f. 61 BGH ZIP 2003,1336 ff; s auch unten Rn 39. 62 BGH WM 2002, 558 ff (zu $ 320 BGB); Tiedemann Rn 23 zu S 283c StGB. Inkongruent ist hingegen sowohl ein Gläubigerwechsel als auch die damit verbundene Stellung einer zusätzlichen Sicherheit, BGH ZIP 2004,1060 ff. 63 BGH NJW 2003,1865,1866 f; ZIP 2003,855,856. 64 OLG Celle NZI2003,266 f. 65 Zweifelnd Eftiers/Drieling S 29. Bittmann

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S14

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

leistung. 66 Inkongruenz besteht auch dann, wenn eine Auffanggesellschaft 67 vom Schuldner Aktiva ohne Leistung vollen Wertausgleichs erhielt und zwar auch dann, wenn sie dafür selbst höhere Verbindlichkeiten von ihm übernommen hatte. 68 30

Die Gestellung einer Sicherheit ist selbst dann inkongruent, wenn sie zu einer Zeit erfolgt, zu welcher der Gläubiger bereits Befriedigung verlangen und ggf auch erhalten könnte. Der Anspruch auf Erfüllung gibt nämlich dem Gläubiger nicht zugleich das Recht auf Leistung einer Sicherheit. 69

31

Wörtlich genommen liegt eine inkongruente Deckung sogar dann vor, wenn der Schuldner seine Zahlungsverpflichtung nicht in bar, sondern per Überweisung erfüllt, ohne dass dies vertraglich vereinbart war.70 Der Schuldner leistet mit der Überweisung nicht unmittelbar an den Gläubiger, sondern weist seine Bank lediglich an, einen bestimmten Betrag auf das Konto des Gläubigers umzubuchen oder umbuchen zu lassen mit der Folge, dass dieser einen Anspruch gegen sein Geldinstitut auf Auskehr des Überweisungsbetrags erhält. In aller Regel wird allerdings eine Leistung per Überweisung bereits vertraglich vereinbart sein, wobei es nach der Verkehrssitte genügt, dass auf den Geschäftspapieren die Kontonummer des Gläubigers angegeben ist. 71 Aber selbst dort, wo es an einer vertraglichen Grundlage mangelt, begeht der Schuldner mit der Überweisung keine strafbare Gläubigerbegünstigung. Dabei spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob man angesichts der Üblichkeit die Inkongruenz verneint, die Strafbarkeit mangels eines Nachteils bei den übrigen Gläubigern 72 ablehnt oder den Anwendungsbereich des § 283c StGB teleologisch reduziert.

2.

Nicht, nicht in der Art, nicht zu der Zeit

3 2 Das Gesetz unterscheidet zwischen einer Sicherheit oder Befriedigung, die der Gläubiger

nicht, nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. a)

Nicht

33

Das Verständnis der ersten Alternativen ist für die Fälle der Befriedigung dadurch erschwert, dass § 283c Abs 1 StGB seinem Eingangssatz entsprechend nur dann anwendbar ist, wenn die Gläubigerstellung bei der Leistung besteht.73 Mit „nicht" kann deshalb nicht gemeint sein, dass der Schuldner die Leistung unabhängig von einem bestehenden Schuld Verhältnis74 zum Gläubiger erbrachte. Erforderlich ist also auch in diesem Fall, dass der Schuldner mit Blick auf ein bestimmtes tatsächlich bestehendes Schuldverhältnis leistete. Außerdem ist zu bedenken, dass höherwertige Schuldnerleistungen vom Tatbestand nicht erfasst werden.75 Unter die erste Alternative inkongruenter Befriedigungen fällt demnach mit Gewissheit nur eine unvollkommene Verbindlichkeit wie bei Spiel oder Wette, § 762 BGB.

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Wann dagegen eine (tatsächlich gestellte) Sicherheit (zB Eintragung einer Grundschuld, 76 Abtretung einer Eigentümergrundschuld 77 ) überhaupt nicht zu beanspruchen war, lässt 6 6 M-G/B IBieneck Rn 7 9 / 2 5 . 6 7 Vgl dazu unten $ 2 5 R n 3 2 f f , auch 6 1 . 6 8 Tiedemann Rn 23 zu § 2 8 3 c StGB; Wessing N Z I 2 0 0 3 , 1 , 3 ; sa Meyer ZIP 2 0 0 2 , 2 5 0 ff. 6 9 BGH NJW 2 0 0 0 , 9 5 7 , 9 5 8 ; M-G/B IBieneck Rn 7 9 / 2 1 ; SIS/Stree/Heine Rn 8 zu S 2 8 3 c StGB; Tiedemann Rn 23 zu $ 2 8 3 c StGB mwN. 7 0 So in der Tat NK/Kindhäuser Rn 9 zu $ 2 8 3 c StGB. 7 1 Thilow, S 35, nimmt durchweg eine konkludente Vereinbarung an. 7 2 Vgl dazu unten Rn 4 2 ff. 7 3 Vgl dazu oben Rn 8 f. 7 4 Es fehlt auch dann, wenn die Vereinbarung nichtig ist, zB wegen Wuchers oder als Scheingeschäft, vgl Tiedemann Rn 21 zu § 2 8 3 c StGB. 75 Vgl d a z u o b e n R n 3 . 7 6 LG Potsdam D Z W I R 1 9 9 9 , 4 0 f . 7 7 BGH ZIP 1 9 9 9 , 1 9 6 ff.

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Gläubigerbegünstigung, J 283c StGB

sich anhand der vertraglichen Abreden feststellen. Hier kommt es in der Praxis gerne zu Verschleierungstatbeständen, indem für bestehende Forderungen eingeräumte neue Sicherheiten als solche für neue Ansprüche dargestellt werden, zB wenn eine interne Kreditlinie nach Ausschöpfung auf eine vertragliche Grundlage gestellt oder eine bereits uneinbringliche Forderung gestundet wird,78 weil der Schuldner hier im Gegensatz zur zulässigen Novation79 nichts, jedenfalls nichts ausgewogen Zusätzliches erhält. Die hM 80 wendet diese Alternative allerdings auch dann an, wenn der Schuldner ein be- 35 stehendes Gestaltungsrecht nicht ausübt, also zB die Einrede der Verjährung nicht erhebt, einen Vertrag nicht nach § 119 BGB 81 anficht, von der Möglichkeit, die Leistung zu verweigern, keinen Gebrauch macht, eine Verrechnung oder ein Versäumnisurteil hinnimmt. Sie macht damit aus der Möglichkeit zur Wahrnehmung eines Gestaltungsrechts eine Pflicht. Für ein solches Verständnis gibt es im Gesetz aber keinen Anhaltspunkt. Diese Auffassung steht zudem im Widerspruch zur Annahme, dass $ 283c Abs 1 StGB nicht durch Unterlassen begangen werden kann.82 Folge der hier vertretenen Auffassung ist allerdings nicht, dass in diesen Fällen § 283 oder $ 266 StGB Anwendung finden, sondern die Straffreiheit des Schuldners, der Gestaltungsrechte nicht ausübt. b)

Nicht in der Art

„Nicht in der Art" wie tatsächlich erbracht hatte der Gläubiger etwas zu beanspruchen, 36 wenn die vom Schuldner tatsächlich vorgenommene Ist-Leistung von der vertraglichen SollLeistung abweicht. Das kann bei der Leistung an Erfüllungs statt, § 364 Abs 1 BGB,83 zB einer Sach- statt der 37 vertragsmäßigen Geldleistung,84 oder erfüllungshalber, § 364 Abs 2 BGB, der Fall sein. Ein Beispiel für letzteres ist die Weitergabe eines Kundenschecks an den Gläubiger.8S Das Ausstellen eines Schecks oder Wechsel durch den Schuldner selbst geschieht zwar ebenfalls erfüllungshalber, fällt aber wegen der trotz Übertragung des Eigentums am Wertpapier rein schuldrechtlichen Wirkung nicht unter § 283c StGB.86 Weitere Beispiele für vom Vertrag abweichende Leistungen sind die Hingabe von Waren für eine Geldschuld, die Rückgabe von Waren, die ohne Eigentumsvorbehalt geliefert worden waren, die Teilleistung eines einheitlich geschuldeten Werkes,87 die Abtretung einer Forderung statt einer Geldzahlung88

78 M-G/B /Bieneck Rn 79/21; Weyand ZInsO 2 0 0 2 , 8 5 1 , 8 5 6 . 79 Vgl dazu oben Rn 28. 80 A/Vf/Weyand Rn 23/84; Tiedemann Rn 21; S/S/StreelHeine Rn 9 zu $ 283c StGB; Weyand Rn 125 und ZInsO 2 0 0 2 , 8 5 1 , 8 5 6 ; aA hingegen zutr NK/Kindhäuser Rn 11 zu S 283c StGB, in Rn 13 allerdings doch weitgehend der hM zuneigend. 81 Die Insolvenzanfechtung bleibt von vorn herein außer Betracht, zumal da sie ja vom Verwalter und nicht vom Schuldner zu erklären ist. 82 Vgl dazu unten Rn 49. 83 NK ¡Kindhäuser Rn 14 zu $ 283c StGB; T/Fischer Rn 6 zu $ 283c StGB. 84 OLG Hamm NZI 2001, 432, 434 (die Tarnung durch einen die Aufrechnung ermöglichenden Kaufvertrag sah das Gericht aufgrund der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise als unbeachtlich an). 85 BGH NJW 1 9 9 3 , 3 2 6 7 , 3 2 6 8 ; OLG Brandenburg ZIP 1 9 9 9 , 1 0 1 5 , 1 0 1 7 ; OLG Dresden ZInsO 1999, 110; Tiedemann Rn 16 und 22 zu § 283c StGB. 86 T/Fischer Rn 6 zu $ 283c StGB; vgl dazu oben Rn 18f. 87 Weyand Rn 125. 88 BGH NJW 2000, 211, 212; ZInsO 2002, 766; Tiedemann Rn 22 zu § 283c StGB mwN; zu Unrecht einschränkend, weil hypothetischen Kausalverlauf berücksichtigend, NK/Kindhäuser, Rn 16 zu S 283c StGB, für den Fall, dass der Schuldner die Forderung selbst hätte einziehen und aus dem Erlös seinen Gläubiger ohne Verzug hätte befriedigen können. Zum AnfG aF hat der BGH, KTS 2000, 428, 429 f, kategorisch die Berücksichtigung hypothetischer Kausalverläufe abgelehnt.

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sowie die Anweisung an einen (Dritt-)Schuldner, an den Gläubiger direkt zu leisten,89 allgemein, die Übernahme von Verbindlichkeiten durch den Schuldner des Schuldner anstelle einer Geldzahlung.90 Enthält jedoch bereits der Vertrag konkret 91 die später vom Schuldner wahrgenommene Ersetzungsbefugnis, so leistete er nicht in inkongruenter Weise.92 Das ist für die AGB der Banken umstritten,93 aber richtigerweise zu verneinen, weil ein konkreter Anspruch auf einen individuelles Sicherungsgut erforderlich ist.94 38 Nicht in der geschuldeten Art wird eine Leistung auch dann erbracht, wenn Schuldner und Gläubiger durch zweckgerichtete Abreden eine Aufrechungslage schaffen, welche dem Gläubiger die Befriedigung durch Aufrechungserklärung ermöglicht.95 Die Aufrechnungserklärung selbst ist zwar für sich betrachtet kongruent und daher strafrechtlich irrelevant. Tathandlung ist aber bereits die Schaffung einer derartigen Aufrechnungslage selbst. Sie stellt eine inkongruente Sicherung dar, sofern sie nicht Ausfluss der ursprünglichen vertraglichen Abreden ist. Zivilrechtliche Folge ist die Unwirksamkeit der Aufrechnungserklärung.96 Das steht der Strafbarkeit jedoch nicht entgegen. c)

Nicht zu der Zeit

39 Relativ unproblematisch ist die letzte Alternative, nämlich dass der Gläubiger die Leistung „nicht zu der Zeit" verlangen konnte. Das ist dann der Fall, wenn der Anspruch noch nicht fällig97 oder aufschiebend bedingt war. Allerdings bedarf es auch hier der genauen Prüfung der zivilistischen Rechtslage. Sie kann von der Krise des Schuldners beeinflusst werden, weil der Gläubiger unter dem Gesichtspunkt der Kreditgefährdung zB nicht mehr vorleistungspflichtig ist, § 321 BGB.98 Die verspätete Zahlung ist hingegen nicht tatbestandsmäßig. VI.

Begünstigung

40 Die Gewährung einer inkongruenten Sicherheit oder Befriedigung ist aber nur dann strafbar, wenn sie zu einem Erfolg führte, nämlich zu einer Begünstigung des empfangenden Gläubigers vor den übrigen.99 Er muss sich also im Verhältnis zu den anderen Gläubigern besserstehen, dh einen Vorteil erlangt haben, der ihm nicht zustand. Er liegt nicht 89 BGH NZI1998, 118,120; sa ZIP 1999,1764 ff; OLG Rostock ZIP 2004, 864. Die Tilgung fremder Verbindlichkeiten selbst ist nicht anfechtbar. Die Anfechtbarkeit setzt eine Leistungsbeziehung wie bei der Leistungskondiktion voraus, BGH BB 2004,1073 ff. 90 Krause S 274 ff. 91 Fehlend im Fall LG Dresden ZIP 2001,1428 f. 92 BGH InVo 2000,265,266; S/S/StreelHeine Rn 10 zu S 283c StGB; Ύ/Fischer Rn 7 zu $ 283c StGB. 93 Tiedemann Rn 22 zu $ 283c StGB mN. 94 BGH NJW 2002, 1722f; 1999, 645f; B/Quedenfeld/Richter Rn 9/189; M-G/B/Bieneck Rn 79/22; aA EckardtZIV 1999,1417ff. 95 BGH, bei Herían, GA 1961, 359; Krause S 297ïï; NK/Kindhäuser Rn 86 vor § 283 StGB; Tiedemann Rn 16 zu $ 283c StGB; BGH NJW 2001,1940ff (der Senat ließ sogar das bewusste Schaffen einer Aufrechnungslage genügen, obwohl mit den Abreden noch andere Ziele verfolgt wurden; er beschränkte allerdings die Wirkungen der Anfechtung auf die Beseitigung der Aufrechnungslage); OLG Hamm NZI 2001,432. 96 BGH NJW 2002, 1722, 1723; 2001, 1940, 1941 und 1942; ZIP 2003, 2370, 2371; 2004, 957ff; Thilow S 154 ff. 97 BGH DZWIR 2003, 160ff: Bezahlung erbrachter Werkleistungen vor Erstellung einer nach VOB erforderlichen prüffähigen (Abschlags-)Rechnung; NJW 2003, 360, 361: Rückführung gekündigten Kredits vor Fristende; NZI 2003, 433 f: Leistung vor Ablauf der letzten Zahlungsfrist zur Abwendung unmittelbar danach zu erwartender Zwangsvollstreckung. Demgegenüber behandelte das OLG Koblenz, ZInsO 2001,967 f, eine Leistung wenige Tage vor dem Fälligkeitstermin als fällig. 98 BGH ZIP 2003,1336 f; vgl dazu oben Rn 27. 99 BGH NJW 2001,1940,1942 zur Begünstigungsabsicht iS von § 30 KO.

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Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB bereits in der im Empfang der Leistung als solcher liegenden Ungleichbehandlung, da andernfalls das Tatbestandsmerkmal der notwendigen Begünstigung überflüssig wäre. 100 Es ist demzufolge unumgänglich, die durch die inkongruente Leistung entstandene Situation mit derjenigen zu vergleichen, die (hypothetisch) vorläge, wenn sich der Schuldner strikt an die zivilrechtlichen Grundlagen gehalten hätte. 1 0 1 Regelmäßig wird es deshalb a m Tatbestand mangeln, wenn der Gläubiger eine vollwertige Gegenleistung erbrachte. 1 0 2 Wann dies geschah, ist grundsätzlich irrelevant. 103 Das gilt aber nicht, wenn der Schuldner vorfristig leistete und der Gläubiger gerade und nur durch die vorfristige Leistung des Schuldners Befriedigung (oder Sicherheit) für seine vollständig erbrachte (Gegen-)Leistung erlangte, welche er dann, hätte der Schuldner seine Pflicht erst bei Fälligkeit erfüllen wollen, nicht mehr vollständig erhalten hätte, das von ihm, dem Gläubiger, an den Schuldner Geleistete also zwar in die Masse gefallen, sein Gegenanspruch auf Leistung seitens des Schuldners aber zu einer Insolvenzforderung mit bloßer Aussicht auf eine (üblicherweise sehr niedrige) Quote geworden wäre. 104 Verfügte der Gläubiger in diesem Beispiel jedoch bereits über eine andere werthaltige Sicherheit, zB über ein Aussonderungsrecht, so erhielt er keinen Vorteil. Mangels Inkongruenz ist auch eine Vorleistung des Schuldners nicht strafbar, wenn der Gläubiger seine Leistung vertragsgemäß erst später erbringen muss. Eine Begünstigung findet auch nicht statt, wenn sämtlichen Gläubigern in gleichmäßiger Weise eine inkongruente Deckung gewährt wird. 105 Hätte aber der eine Sicherheit empfangende Gläubiger andernfalls vertragsgemäße Befriedigung erlangt, so ändert das nichts an der Begünstigung, 106 weil es sich bei der in Wirklichkeit nicht vorgenommenen vertragsgemäßen Befriedigung um eine nach allgemeinen Grundsätzen nicht zu berücksichtigende Ersatzursache handelt. 107 Falls in solchen Fällen auch einmal der subjektive Tatbestand zu bejahen sein sollte, liegt allerdings die Anwendung von § 153 Abs 1 StPO durchaus nahe. VII.

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Nachteil

Gleichsam als Kehrseite der Begünstigung eines Gläubigers muss ein Nachteil bei der (potentiellen) Masse eingetreten sein. 108 Das allein genügt aber noch nicht, weil das Gesetz auf die Begünstigung vor den übrigen Gläubigern 1 0 9 abstellt. 110 Nur wenn aufgrund der Tathandlung ein absonderungsberechtigter Gläubiger geringer als ohne sie befriedigt würde bzw tatsächlich wurde, oder wenn die Q_uotenaussicht bzw die Quote der übrigen Gläubiger geringer ausfiel, ist der Nachteil eingetreten. 111 In aller Regel korrespondiert jedoch mit einer Begünstigung eines Gläubigers der Nachteil der übrigen. Ohne besondere Anhaltspunkte ist es deshalb nicht erforderlich, nach Feststellung einer Begünstigung auch noch den eingetretenen Nachteil gesondert zu prüfen und festzustellen. 112 100 Tiedemann Rn 26 zu $ 283c StGB; aA für § 131 Abs 1 InsO LG Hamburg ZIP 2001,711 ff. 101 NK/Kindhäuser Rn 16 zu S 283c StGB. 102 Tiedemann Rn 26 zu § 283c StGB. 103 Tiedemann Rn 1 und 7, einschr Rn 28 zu § 283c StGB. 104 Vgl BGH NJW 2001, 1940, 1941 (allerdings nicht wegen Vorfristigkeit, sondern aufgrund gezielter Herstellung einer Aufrechnungslage); M-G/B/Bieneck Rn 79/15. 105 Tiedemann Rn 26 zu $ 283c StGB. 106 AA Tiedemann Rn 26 zu $ 283c StGB. 107 Thilow S 93; vgl auch BGH KTS 2000,428,429 f. 108 Tiedemann Rn 1,2 und 27 zu S 283c StGB. 109 Das können nach der Insolvenzrspr (BGH ZIP 2001, 1641 1643 f; OLG Brandenburg ZIP 2002, 1698,1699) auch Massegläubiger sein. Zust Biehl/Bograkos DZWIR 2002,139 ff. 110 BGH ZIP 2003,1506,1508; Thilow S 92. 111 BGH KTS 2000,123,126 f; NZI2004,253 ff (Überlassung eines freigestellten Arbeitnehmers). 112 Tiedemann Rn 27 zu 5 283c StGB, zu einer Ausnahme s unten Rn 45. Bittmann

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Demgegenüber will Τhilow113 ohne nähere Begründung den Eintritt eines Nachteils erst dann bejahen, wenn die übrigen Gläubiger bei der Verteilung eine geringere Quote erhalten haben als es ohne die Tathandlung der Fall gewesen wäre. Folgte man ihm, so bedeutete dies eine erhebliche Einschränkung des sowieso geringen Anwendungsbereichs des § 283c StGB. Nicht nur wäre die Vollendung vor Eintritt einer der Strafbarkeitsbedingungen unmöglich, sondern es käme eine Verurteilung praktisch auch nur noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - und dies auch noch erst kurz vor dessen Abschluss - in Betracht. Die Möglichkeit, dass die nicht begünstigten Gläubiger bei bloßer Zahlungseinstellung, va aber bei einer Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse ohne die gläubigerbegünstigende Handlung des Schuldners oder dessen Vertreters nicht leer ausgegangen wären, ist doch eher allein theoretischer Natur. Aufgrund des weit in die Zukunft hinausgeschobenen Vollendungszeitpunkts käme die Praxis überdies nicht umhin, sich auf die Bestrafung des bloßen und bereits vor Ausschüttung begonnenen (unbeendeten) Versuchs zu beschränken. Thilows Versuch, die potentielle Insolvenzmasse, genauer: die potentielle Befriedigungsquote der übrigen Gläubiger aus dem Schutzbereich des § 283c StGB herauszuhalten, überzeugt also nicht.

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Konsequenterweise genügt demgemäß eine konkrete Gefährdung der übrigen Gläubiger als Nachteil iS des $ 283c Abs 1 StGB. 114 Der Nachteil muss dann also nicht tatsächlich, schon gar nicht endgültig eingetreten sein. Eine erfolgreiche Insolvenzanfechtung ist deshalb für den Tatbestand des $ 283c Abs 1 StGB irrelevant.115 Erforderlich ist allerdings, dass der Nachteil unmittelbare Folge des Schuldnerhandelns ist. 116 Nicht nötig ist es hingegen, dass der Nachteil alle (übrigen) Gläubiger einheitlich trifft. 117

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Demzufolge genügt es für den Tatbestand, wenn die Fortsetzung der Produktion einerseits zum Verlust von Vorbehaltseigentum und andererseits zu einer - vertraglich nicht vorgesehenen - Werterhöhung von Sicherungsgut führt. 118 Nachteilig ist auch das im Wege der Aufrechnung eines Lieferanten eintretende Erlöschen einer an eine Bank wirksam zur Sicherung abgetretenen Forderung. 119 Das gilt für die Abtretung einer (Eigentümer-) Grundschuld des (Gemein-)Schuldners an seinem Grundstück selbst dann, wenn ihr Rang keine Befriedigung in der Zwangsversteigerung erwarten lässt, weil allein ihr Bestehen einen „Lästigkeitswert" repräsentiert, der bei freihändiger Veräußerung zu Gunsten der Masse realisiert werden könnte. 120

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Keinen Nachteil stellt hingegen die vom Schuldner zum Zwecke der Rückführung eines eingeräumten Kredits veranlasste Zahlung eines Gläubigers an die Bank dar, wenn dieser zuvor die Forderung wirksam sicherungsabgetreten war.121 Ebenfalls keinen Nachteil soll es darstellen, wenn trotz einer inkongruente Leistung an einen bevorrechtigten Gläubiger die

113 S 91. 114 Ebenso wie bei $ J 263 und 266 StGB; aA I'hilow S 91 ff. 115 Tiedemann Rn 27 zu § 283c StGB; Weyand Rn 126. Dabei spielt es keine Rolle, ob man konstruktiv von vorn herein keinen endgültigen Nachteil verlangt oder ob man die Insolvenzanfechtung aus normativen Erwägungen für ebenso unbeachtlich hält wie einen Schadenersatzanspruch bei $ 263 StGB. 116 Tiedemann Rn 28 zu $ 283c StGB. 117 Tiedemann Rn 29 zu $ 283c StGB. 118 Vgl dazu M-G/B/Bieneek Rn 79/13; NK¡Kindhäuser Rn 6 zu S 283c StGB; Tiedemann Rn 15 zu S 283c StGB. Das ist aber genau zu prüfen. Inkongruent ist die Leistung nämlich nur dann, wenn sie dazu führt, dass das Sicherungsgut einen über das vertragsmäßig Vereinbarte hinausgehenden Wert erhält. 119 BGH NJW 2 0 0 1 , 1 9 4 0 , 1 9 4 1 f. 120 OLG Hamburg ZIP 2001, 1332ff; NK¡Kindhäuser Rn 6 zu $ 283c StGB; S/S/Stree/Heine Rn 4 zu 5 283c StGB. Allerdings kann der subjektive Tatbestand zweifelhaft sein. Vgl bereits $ 12 Rn 98, ferner oben Rn 19. 121 BGH NJW 2 0 0 3 , 3 6 0 , 3 6 1 .

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Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB

Befriedigung aller übrigen vor- oder gleichrangigen Gläubiger uneingeschränkt möglich bleibt. 122 Das ist im Hinblick auf die zumindest faktische Aussicht nachrangiger Gläubiger auf kongruente (Teil-)Befriedigung wenig überzeugend. An einem Nachteil fehlt es bei einer inkongruenten (zweiten) Abtretung an einen Gläubiger, dem die Forderung bereits zuvor in kongruenter Weise übertragen worden war.123

VIII. Mitwirkung des Gläubigers $ 283c Abs 1 StGB setzt voraus, dass der Gläubiger in irgendeiner Weise mitwirkte. 124 Andernfalls soll kein „gewähren" vorliegen.125 Dafür genügt es, dass er die gewährte Sicherheit oder Befriedigung annimmt. 1 2 6

IX.

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Vollendung, Beendigung, Notwendigkeit aktiven Begehens, subjektiver Tatbestand

Der Tatbestand ist mit Eintritt des Nachteils bei den übrigen Gläubigern bzw der Insolvenzmasse vollendet. Da § 283c Abs 3 StGB auf § 283 Abs 6 StGB verweist, setzt die Beendigung den Eintritt einer der darin genannten Strafbarkeitsbedingungen 127 voraus. Mit deren Eintritt beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, es sei denn, der Tatbestand wird erst nach diesem Zeitpunkt vollendet. Dann fallen Vollendung und Beendigung zusammen und es beginnt ab diesem Zeitpunkt der Lauf der Verjährungsfrist. 128

48

Nach hM kann die Tat mangels einer Garantenstellung des Schuldners nur durch aktives 4 9 Tun begangen werden.129 Ihn trifft keine allgemeine Garantenpflicht zum Erhalt der Masse. Es ist aber im Einzelfall genau zu prüfen, ob wirklich nur ein Unterlassen oder nicht doch 50 ein aktives Tun vorliegt. Eine Insolvenzverschleppung, § 84 GmbHG, genügt für sich gesehen selbst dann nicht als Tathandlung nach $ 283c Abs 1 StGB aus, wenn dadurch einzelne Gläubiger noch in die Lage versetzt wurden, erfolgreich die Einzelzwangsvollstreckung zu betreiben. 130 War die Zwangsvollstreckung aber nur deshalb erfolgreich, weil der Schuldner trotz Insolvenzreife weiter produzierte, so beschränkt sich sein Verhalten nicht nur auf die Insolvenzverschleppung. Es liegt vielmehr aktives Tun vor. Bestand diesbezüglich eine Vereinbarung zwischen dem vollstreckenden Gläubiger und dem Schuldner, so ist der Tatbestand des § 283c Abs 1 StGB erfüllt. 131 Gleiches gilt, wenn Poolgläubigern

122 BGH NJW 1 9 9 2 , 2 4 8 5 , 2 4 8 6 ; OLG Jena ZInsO 1999,111 f. 123 BGH KTS 2 0 0 0 , 4 1 Iff. 124 Zur strafrechtlichen Bewertung des Gläubigerhandelns vgl unten Rn 56 f. 125 Weyand Rn 124; einschr S/S/Stree/Heine Rn 6 zu $ 283 StGB. 126 Unterbleibt dies, so ist das Handeln des Schuldners als Beiseiteschaffen is von § 283 Abs 1 Nr 1 StGB, beim Vertreterhandeln als Untreue strafbar. 127 Vgl dazu oben $ 12 Rn 307 ff. 128 Tiedemann Rn 32 zu $ 283c StGB. 129 Tiedemann Rn 18 zu S 283c StGB; iE ebenso NK/Kindhäuser Rn 11 zu $ 283c StGB. Verbal anders T/Fischer Rn 4 zu S 283 StGB, dessen Beispiele aber durchweg Momente aktiven Tuns aufweisen, wie zB kollusives Zusammenwirken mit dem Gläubiger zwecks Erwirkung eines akzeptierten Versäumnisurteils. Zum Vorliegen zivilrechtlicher Gestaltungsrechte vgl oben Rn 35. 130 NK/Kindhäuser Rn 11 zu S 283c StGB; Tiedemann Rn 19 zu S 283c StGB. Unklar T/Fischer Rn 4 zu s 283c StGB: wie hier, gegen Rn 6 aE: Gewährung inkongruenter Deckung. Die Rückschlagsperre des § 88 InsO wirkt nur einen Monat vom Zeitpunkt der Antragstellung zurück und erfasst lediglich Sicherungen, greift also nicht bei erfolgreich beendeter Zwangsvollstreckung, Paulus/Allgayer ZInsO 2001, 241,242. 131 NK/Kindhäuser Rn 86 vor § 283 und Rn 11 zu $ 283c StGB. Weitere Beispiele bei Tiedemann Rn 19 zu § 283c StGB. Bittmann

449

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

iGgs zu anderen Gläubigern aufgrund der Fortsetzung der wirtschaftlichen Tätigkeiten wertmäßig erhöhte Sicherheiten zur Verfügung stehen.132 Nicht nach $ 283c StGB strafbar ist die Fortsetzung der Geschäftstätigkeit ohne Stellen des erforderlichen Insolvenzantrags zum Zwecke der Befriedigung von Betrugsopfern der GmbH, wenn die Zahlungen kongruent sind, die Opfer also bereits einen fälligen Rückzahlungs- oder Schadenersatzanspruch haben.133 51 Der subjektive Tatbestand verlangt hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit und der Begünstigung, damit aber auch in Bezug auf den damit korrespondierenden Nachteil,134 kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung direkten Vorsatz.135 Im Übrigen reicht bedingter Vorsatz aus.136 Er kann fehlen, wenn eine Sicherheit an einem bereits überlasteten Gegenstand bestellt wird. 52 Nicht genügend ist es jedoch, wenn der Täter zwar sämtliche Tatsachen kennt, sie rechtlich aber nicht mindestens laienhaft so wertet wie das Gesetz.137 Nimmt der Täter irrig an, er sei nicht zahlungsunfähig oder leiste in kongruenter Deckung, so unterliegt er einem Tatbestandsirrtum, S 16 StGB. Glaubt er hingegen irrtümlich, er dürfe eine inkongruente Leistung erbringen, so unterliegt er einem Verbotsirrtum, § 17 StGB.138 Jedenfalls am Vorsatz 139 mangelt es, wenn der Täter glaubt, durch die Tat nicht nur dem unmittelbar Begünstigten, sondern auch allen übrigen Gläubigern zu dienen, weil er mit dem Stellen neuer, aber vertraglich nicht geschuldeter Sicherheiten die Voraussetzungen dafür schuf, dass ihm neue finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt wurden.140 53 Soweit für den Täter bedingter Vorsatz nicht genügt,141 so gilt das auch für den Teilnehmer.142 Für ihn reicht allerdings in Bezug auf den Vorsatz des Täters eigener bedingter Vorsatz.143

132 Tiedemann ZIP 1983,513,518. 133 Von BGH, wistra 1999, 459, 460 und 463, nicht problematisiert. Wenn es denn aber stimmen sollte, dass die Staatsanwaltschaft in Kenntnis der Konkursreife die Weiterführung der werbenden Tätigkeit der insolventen GmbH gebilligt hatte, wie es die dazu nur knappen Urteilsgründe nahelegen, dann wäre das zwar keine Beihilfe zur Gläubigerbegünstigung, im Hinblick auf das zivilrechtliche Unterlaufen des insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes und der vermutlichen Anfechtbarkeit der Leistungen, va aber aufgrund der damit verbundene Unterstützung der Fortsetzung der Insolvenzverschleppung zumindest äußerst bedenklich. 134 Thiltnv S 94. 135 T/Fischer, Rn 8 zu § 283c StGB, der allerdings „Absichtlichkeit" nur dann bejaht, wenn es dem Täter auf die Begünstigung des Gläubigers ankam. Praktische Auswirkungen hat diese enge Interpretation nicht, weil auch „Wissentlichkeit" genügt und jedenfalls dafür direkter Vorsatz ausreicht. Zivilrechtlich lässt der BGH (ZIP 2004, 957, 959 mN) bedingten Vorsatz genügen. Er stellt bei einer Weisung an den Geschäftsführer auf den Benachteiligungswillen des (Allein-)Gesellschafters ab, aaO S 960. 136 W/J/Köhler Rn 7/202; aA NK/Kindhäuser, Rn 17 zu $ 283c StGB, und Tiedemann, Rn 30 zu § 283c StGB, die aufgrund der Sachnähe auch für die Gläubiger- und Schuldnereigenschaft direkten Vorsatz verlangen. - Die Notwendigkeit einer Begünstigungsabsicht zwingt nicht dazu, für die Inkongruenz mindestens direkten Vorsatz zu verlangen, da die Bevorzugung auch auf andere, wenn auch auf nicht strafbare Weise angestrebt werden kann, ebenso Thilow S 95; Tiedemann Rn 31 zu $ 283c StGB; aA NK/Kindhäuser Rn 18 zu § 283c StGB. 137 Tiedemann Rn 30 zu $ 283c StGB; insolvenzrechtlich lässt der BGH (NJW 2000, 957, 958) die Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen genügen. 138 Tiedemann Rn 30 zu $ 283c StGB. 139 Vermutlich aber bereits am Fehlen des objektiven Tatbestands, weil das Eintreten eines Nachteils nicht festgestellt werden kann. 140 NKIKindhäuser Rn 17 zu § 283c StGB; Tiedemann Rn 31 zu § 283c StGB. 141 Vgl dazu oben Rn 51. 142 AA NK/Kindhäuser Rn 20 zu § 283c StGB. 143 Tiedemann Rn 37 zu $ 283c StGB.

450

Bittmann

Gläubigerbegünstigung, § 283c StGB

X.

§14

Versuch

Gemäß § 283c Abs 2 StGB ist der Versuch der Gläubigerbegünstigung strafbar. Im Beginn 54 der Begünstigungshandlung liegt das unmittelbare Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung.144 Jedenfalls ein Versuch liegt auch dann vor, wenn der Schuldner die Begünstigungshandlung 55 vornimmt, also zB einen Überweisungsauftrag erteilt, einen Kundenscheck oder -Wechsel an den Gläubiger schickt, ihm eine vollstreckbare Urkunde überreicht, ihm ein Grundpfandrecht bewilligt oder zusagt, mit dem Insolvenzantrag abzuwarten, bis der Gläubiger ein insolvenzfestes Pfändungspfandrecht erworben hat.145 Gleiches gilt, wenn die vorgenommene Sicherungsübereignung mangels Bestimmtheit unwirksam ist 14i oder die Mitwirkungshandlung des Gläubigers147 unterbleibt, der Schuldner ihre Vornahme allerdings erwartet hatte. Um einen Versuch des § 283c StGB handelt es sich auch dann, wenn der Schuldner irrig annimmt, eine nichtige Verpflichtung, die er abweichend vom Vereinbarten erfüllen will, sei wirksam, oder wenn die angenommene Begünstigung des empfangenden Gläubigers ausbleibt.148 Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass für § 283c StGB Abs 2 StGB das Erbringen einer inkongruenten Leistung in Begünstigungsabsicht ausreicht.149 Strafbar ist auch der untaugliche Versuch.150

XI.

Straflose und strafbare Mitwirkung des Gläubigers

Wie ausgeführt,151 verlangt die Vollendung des Tatbestands des § 283c StGB eine Mitwir- 56 kungshandlung des Gläubigers. Beschränkt sich dieser darauf, lediglich das zur Verwirklichung des Tatbestands unbedingt Erforderliche zu tun, so ist er nach den Grundsätzen der sog „notwendigen Teilnahme" straflos.152 Die Straflosigkeit des Gläubigers reicht aber nicht weiter als die Notwendigkeit seiner Teilnahme.153 Bei intensiverer Beteiligung haftet er deshalb nach den allgemeinen Grundsätzen wegen Beihilfe oder insbes wegen Anstiftung. Der Gläubiger darf demnach zwar straflos die Leistung entgegen-, ein Übereigungsangebot 57 annehmen, bei der Sicherungsübereignung ein Übergabesurrogat vereinbaren und eine schuldrechtliche Sicherungsvereinbarung abschließen.154 Fußt die Tathandlung aber auf einer den Vertrag als solchen unberührt lassenden Vereinbarung, an deren Zustandekommen der Gläubiger mitwirkte, so liegt strafbare Beihilfe vor. Ging von ihm die Initiative aus, so haftet er wegen Anstiftung. Nach Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners machen sich also die Mitarbeiter von Banken oder Lieferanten wegen Anstiftung zur Gläubigerbegünstigung strafbar, wenn sie den Schuldner veranlassen, vertraglich nicht geschuldete zusätzliche Sicherheiten zu stellen.155 144 Vfβ/Köhler Rn 7/206. 145 Tiedemann Rn 34 u n d 14 zu § 283c StGB. 146 Tiedemann Rn 13 zu § 283c StGB. 147 Vgl d a z u oben Rn 47 u n d u n t e n Rn 56 f. 148 NK/Kindhäuser Rn 24 zu § 283c StGB. 149 Tiedemann Rn 1 zu $ 283c StGB. 150 AA Tiedemann, Rn 35 zu § 283c StGB, f ü r die irrige A n n a h m e bestehender Zahlungsunfähigkeit u n d die Schuldnereigenschaft; wie hier NK/Kindhäuser Rn 24 zu S 283c StGB. 151 Vgl d a z u oben Rn 47. 152 Mit beachtlichen G r ü n d e n lehnt Sowada, GA 1 9 9 5 , 6 0 ff, die Rechtsfigur der „notwendigen Teiln a h m e " ab. 153 NK/Kindhäuser Rn 21 zu S 283c StGB; Wey and Rn 128. 154 Tiedemann Rn 38 z u § 283c StGB. 155 Zu den AGB der Banken vgl oben Rn 37.

Bittmann

451

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

XII.

Konkurrenzen

58 Das Konkurrenzverhältnis zwischen S 283c und § 283 StGB ist im Wesentlichen von der Privilegierungswirkung ersterer Norm gekennzeichnet.156 Die Gläubigerbegünstigung ist im Verhältnis zum Bankrott lex specialis.157 Das bedeutet nicht nur, dass dann, wenn an sich beide Vorschriften erfüllt wären, nur aus § 283c StGB bestraft wird, sondern auch, dass dann, wenn $ 283c StGB überhaupt thematisch einschlägig ist, eine Strafbarkeit nach S 283 StGB selbst dann ausscheidet, wenn auch eine Gläubigerbegünstigung tatbestandlich nicht vorliegt. S 283c StGB übt also eine Sperrwirkung aus. Der Anwendungsbereich des S 283c StGB ist immer dann berührt, wenn der Täter mit der Leistung einen Gläubiger (nur) sichern oder befriedigen will.158 Wendet er dem Gläubiger einen höheren Wert zu, dann besteht Tateinheit zwischen § 283c StGB einerseits und § 283 Abs 1 Nr 8 (nach hM: Nr 1) bzw § 266 StGB andererseits.159 59 Wer annimmt, dass es sich bei jeder Verminderung der Aktiva um ein Beiseiteschaffen iS des § 283 Abs 1 Nr 1 StGB handelt,160 § 283 Abs 1 Nr 1 StGB also selbst bei Leistung in kongruenter Deckung tatbestandlich einschlägig ist, der gelangt aufgrund der Sperrwirkung des § 283c StGB im Ergebnis also ebenfalls zur Straflosigkeit der kongruenten Leistung.161 Die Sperrwirkung greift auch dann ein, wenn die gläubigerbegünstigende Handlung im Zeitpunkt lediglich drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, jedenfalls bei nicht oder noch nicht eingetretener Zahlungsunfähigkeit begangen wurde.162 Eine Bestrafung nach $ 283 StGB ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner nicht mit der von § 283c StGB geforderten Vorsatzintensität handelte.163 Das Verheimlichen einer straflosen Gläubigerbegünstigungshandlung kann wegen der Sperrwirkung auch nicht als Bankrott nach $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB bestraft werden.164 60 Bleibt nach dem Sachverhalt unklar, ob die Voraussetzungen des § 283 (oder § 266) StGB oder diejenigen des § 283c StGB vorliegen, zB wenn nicht zu klären ist, ob auf einen wirksamen oder unwirksamen Vertrag geleistet wurde, dann ist der Schuldner allein nach § 283c StGB zu bestrafen.165 Erhielt der Gläubiger mehr als ihm gebührte, so liegt insoweit eine Straftat nach § 283 Abs 1 Nr 1 oder § 266 StGB vor.166 In diesen Fällen liegt Tateinheit mit S 283c StGB vor.167 Beabsichtigte der Schuldner dagegen gar nicht erst, an einen Gläubiger iSv § 283c StGB zu leisten, so ist $ 283c StGB überhaupt nicht einschlägig. Eine solche Tat ist allein nach S 283 oder § 266 StGB zu beurteilen. Eine Ausnahme gilt für § 283 Abs 1 Nr 4 StGB. Diese Bestimmung wird von § 283c StGB deshalb nicht eingeschränkt, weil nicht auf ein wirkliches Schuldverhältnis geleistet wird, der Gläubiger also lediglich Scheingläubiger ist.168 Wird ein wirtschaftlich unausgewogener Vertrag zum Vorteil des Vertragspartners ausgehandelt, so liegt nur § 283 oder $ 266 StGB vor.169 Mehrere Gläubigerbegünstigungs-

156 Vgl dazu oben Rn 2. 157 M-G/BIBieneck Rn 79/1. 158 Thilow S 99 f; Tiedemann Rn 39 zu § 283c StGB mN. 159 Vgl dazu bereits oben Rn 3 und unten Rn 60. 160 Dagegen oben $ 12 Rn 101. 161 Tiedemann Rn 39 zu § 283c StGB. 162 Tiedemann Rn 1 und 5 zu § 283c StGB; zur Frage, ob bei irriger Annahme von Zahlungsunfähigkeit eine Strafbarkeit wegen untauglichen Versuchs zu bejahen ist, vgl oben Rn 55. 163 Tiedemann Rn 39 zu $ 283c StGB. 164 Tiedemann Rn 39 zu S 283c StGB. 165 Str, vgl Tiedemann Rn 40 zu $ 283c StGB mwN; NK/Kindhäuser Rn 25 zu S 283c StGB; T/Fischer, Rn 11 zu § 283c StGB, bejaht Wahlfeststellung. 166 Vgl dazu bereits oben Rn 3. 167 M-G/B /Bieneck Rn 79/29; W/J/Köhler Rn 7/208. 168 Tiedemann Rn 41 zu § 283c StGB. 169 M-G/B/Bi'enecfc Rn 79/20.

452

Bittmann

Betrug, S 263 StGB

S 15

handlungen stehen im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander. 1 7 0 Wird eine Gläubigerbegünstigungshandlung unzutreffend oder nicht verbucht, so liegt zwischen S 283c und $ 283 Abs 1 Nr 5 StGB Tatmehrheit vor. 171 Das Gesetz zur Sicherung von Bauforderungen geht § 283c StGB zwar vor, 172 übt aber keine Sperrwirkung aus.

5 1 5 Betrug, $ 263 StGB I.

Die Bedeutung der Vorschrift in der Praxis

Die Insolvenz eines Kaufmanns, häufig aber auch die eines Verbrauchers, wird nicht selten von Betrugstaten begleitet. Wenn die Finanzlage sich ernstlich verschlechtert, dann verschließen sich die davon Betroffenen immer wieder der Einsicht in ihr wirtschaftliches Scheitern. Selbst wenn sie sich nicht in irreale Hoffnungen auf Besserung flüchten, so wollen sie sich ihren Geschäftspartnern doch häufig nicht offenbaren. Sie wirtschaften weiter und gehen neue Verpflichtungen ein, lösen zB neue Bestellungen aus, wohl (mindestens latent) wissend, dass sie sie nicht erfüllen können. Sie verschaffen sich auf diese Weise

1

Daher ist bei der Beendigung eines Unternehmens durch Insolvenz der Schutz der Gläubiger durch $ 263 StGB von erheblicher Bedeutung: Kann der Kaufmann oder der für eine juristische Person in den Fällen des § 14 StGB Handelnde damit rechnen, dass seine unmittelbare Verantwortung in Form der Vermögenshaftung aufgrund der Insolvenz leer läuft, so kann ihn doch seine indirekte strafrechtliche Verantwortlichkeit davon abhalten, rücksichtslos auf Kosten seiner Gläubiger weiterzuwirtschaften. So bildet der generalpräventive Aspekt einer Strafbarkeit unredlichen Verhaltens als Betrug ein Gegengewicht zu der von der Krise ausgehenden Versuchung, vom gesetzgeberischen Leitbild des „redlichen Kaufmanns" abzuweichen. Dass es nicht ausreicht, zeigt sich in einer Vielzahl von Strafanzeigen wegen Lieferantenbetrugs. Sie bilden das Schwergewicht der Ermittlungsverfahren wegen Betrugs bei den Strafverfolgungsorganen zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität.

2

Diese Strafanzeigen dienen allerdings den Anzeigenden oft lediglich als Mittel, den Druck auf den Schuldner zu erhöhen. Ziel ist es weniger, dessen Bestrafung zu erreichen als vielmehr, ihn zum Begleichen seiner offenen Verbindlichkeiten zu veranlassen. Begehrt wird in solchen Fällen ein strafrechtliches Quasi-Inkasso der ausstehenden Forderung. Führt diese Strategie zum Erfolg, so erreicht die Staatsanwaltschaft häufig ein Schreiben des Anzeigenden, in welchem er die Strafanzeige zurücknimmt. Teils wird derartiges bereits in der Strafanzeige selbst angekündigt oder darum gebeten, das Ermittlungsverfahren doch tunlichst nicht mit einer Bestrafung, sondern mit einer Schadenswiedergutmachungsauflage abzuschließen. So verständlich das Streben der Gläubiger ist, so deutlich muss hervorgehoben werden, dass seine Befriedigung de jure nur ein Nebeneffekt des Strafverfahrens sein kann. Der staatliche Strafanspruch unterliegt nicht der Disposition des Anzeigenden. Die Rücknahme der Strafanzeige führt daher nicht automatisch zu einer Einstellung des Verfahrens nach § 170 Abs 2 StPO. In geeigneten Fällen hat die Staatsanwaltschaft natürlich eine Einstellung unter Opportunitätsgesichtspunkten zu prüfen.

3

den Wert der Leistung ihres Opfers, ohne ihre eigene (Gegen-)Leistung erbringen zu können.

170 171 172

Tiedemann Rn 4 2 zu $ 2 8 3 c StGB. Str, wie hier Tiedemann Rn 43 zu § 2 8 3 c StGB. AA Tiedemann, Rn 4 3 zu § 2 8 3 c StGB: Vorrang des § 2 8 3 c StGB.

Bittmann/Schulze

453

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

II. 4

Die Tatbestandsvoraussetzungen

Der Betrugstatbestand des § 263 StGB schützt ausschließlich das wirtschaftliche Vermögen des Opfers als Ganzes vor Schädigung durch Täuschung. Auf die Verletzung eines bestimmten Gegenstandes kommt es im Gegensatz zu den Eigentumsdelikten nicht an. Die Dispositionsfreiheit als Ausfluss einer liberalen Wirtschaftsordnung 1 für sich oder gar „Treu und Glauben" im Rechtsverkehr erfasst der Schutzbereich nicht.

1. 5

Der objektive Tatbestand

Der objektive Tatbestand des Betrugs gem § 263 Abs 1 StGB setzt einen durch Täuschung seitens des Täters hervorgerufenen I r r t u m des Getäuschten voraus, der zu einer Vermögensverfügung und diese zu einem Vermögensschaden führt. 2 Die genannten Merkmale müssen dabei in einem kausalen und funktionalen Z u s a m m e n h a n g stehen.

a)

Die Täuschungshandlung

6

Täuschungshandlung ist die intellektuelle Einwirkung auf das Vorstellungsbild eines anderen (durch ausdrückliches Vorspiegeln, konkludentes 3 Verhalten oder Unterlassen 4 der rechtlich gebotenen Aufklärung), um eine Fehlvorstellung über Tatsachen, also einen Irrtum, hervorzurufen.

7

Die Vorschrift erfasst nur die Täuschung über Tatsachen. Das sind alle Vorgänge oder Zustände der Gegenwart oder Vergangenheit, die die Außenwelt oder psychische Vorgänge betreffen und dem Beweis zugänglich sind. 5 Unter diesen Tatsachenbegriff fallen sowohl äußere Tatsachen wie zB die Zahlungsfähigkeit, als auch innere Tatsachen wie zB die Zahlungswilligkeit. 6

8

Den Gegensatz zur Tatsachenbehauptung bilden Meinungsäußerungen und Werturteile, die durch Elemente der subjektiv-persönlichen Stellungnahme geprägt sind. Die Abgrenzung ist vor allem bei übertreibenden Anpreisungen und offensichtlich überzogener Reklame schwierig. 7 Da sowohl Verbraucher als auch Unternehmer wissen, dass Übertreibungen zum Zweck der Absatzförderung zulässig sind, wird nicht jede Werbeaussage als ernsthafte Behauptung iS einer nüchternen Information über ein Produkt verstanden. Es kommt darauf an, ob der Erklärungswert der Anpreisung nach Abzug des „Übertreibungszuschlags" einen objektivierbaren, der Nachprüfung zugänglichen Tatsachenkern aufweist. 8 Nur wenn dieser unrichtig ist, handelt es sich um eine Täuschungshandlung iS des § 263 StGB. Im Übrigen ist (nur) der Bereich der Selbstverantwortung des Teilnehmers am Rechtsverkehr tangiert. 9 So begründet etwa das schlichte Stellen einer überhöhten Rechnung für sich allein noch keine Täuschung über Tatsachen. 10

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Ί¡Fischer Rn 3 zu § 263 StGB. S/S ¡Cramer Rn 5 zu S 263 StGB. Vgl BGH wistra 1998,177. ΤIFischer Rn 12 ff zu 263 StGB mwN. SIS/Cramer Rn 8 zu $ 263 StGB. Vgl zB BGH wistra 1996,32; 1998,179. Vgl BGH wistra 1992,256. S/S/Cramer Rn 9 zu S 263 StGB mwN. Vgl auch $ 4 UWG. OLG Frankfurt am Main NJW 1996,2172f.

454

Schulze

Betrug, J 263 StGB

aa)

S 15

Täuschung durch positives Tun

Eine Täuschung durch positives Tun ist zunächst in der Weise möglich, dass der Täter aus- 9 drücklich die Unwahrheit sagt, also die unwahre Tatsache zum Gegenstand seiner Aussage macht, 11 zB indem er dem Käufer nicht vorhandene Eigenschaften der Kaufsache zusichert. Dabei ist es gleichgültig, ob diese Zusicherung Bestandteil eines schriftlichen Vertrages geworden ist, oder nur mündlich abgegeben wurde. 12 Eine Strafbarkeit wegen Betruges kommt hier auch in Betracht, wenn der schriftliche Vertrag die Klausel enthält, mündliche Abreden seien unbeachtlich. 13 Weitere Beispiele für diese Tatbestandsalternative sind das Einsetzen falscher Posten in eine 10 Rechnung, selbst wenn andere, tatsächlich geschuldete Beträge dort fehlen, 14 die Vorlage fingierter Unterlagen bei den Steuerbehörden zur Erlangung von Vorsteuervergütung, 15 das so genannte „Krankfeiern" 16 und die Täuschung eines Kreditinstituts über Vermögensverhältnisse zur Erlangung einer Scheckkarte.17 Die unrichtige Darstellung zukünftiger Absichten stellt eine Tatsachentäuschung dar, nämlich über die gegenwärtigen Absichten. 18 Eine Täuschung durch positives Tun kann ferner durch konkludentes = schlüssiges Ver- 11 halten begangen werden, 19 wenn der Täter die Unwahrheit zwar nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, wohl aber durch sein Verhalten miterklärt. Hier ist entscheidend, welcher objektive Erklärungswert dem Gesamtverhalten des Täters nach der Verkehrsanschauung zukommt. Die Verkehrsanschauung ist abhängig vom jeweiligen Geschäftstyp, der hierfür geltenden Risikoverteilung unter den Partnern unter Berücksichtigung eines Minimums an Redlichkeit. Eine Täuschungshandlung ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil sich der Täter - isoliert betrachtet - einer wahren Tatsachenbehauptung bedient. 20 Zwar kann, ausgehend vom Wortlaut des § 263 StGB: „falschen Tatsachen", mit inhaltlich „wahren" Behauptungen nicht getäuscht werden; andererseits kann der Inhalt einer Behauptung, der isoliert betrachtet als wahr anzusehen wäre, durch das Hinzutreten bestimmter weiterer Momente, für die der Erklärende einzustehen hat, als insgesamt unwahr und damit als betrugsrelevant zu qualifizieren sein. 21 Ein Verhalten wird in diesen Fällen zur tatbestandlichen Täuschung, wenn der Täter die Eignung der inhaltlich richtigen Erklärung, einen Irrtum hervorzurufen, planmäßig einsetzt und damit unter dem Anschein „äußerlich verkehrsgerechtem Verhaltens" 22 gezielt die Schädigung des Adressaten verfolgt, die Irrtumserregung also nicht die bloße Folge, sondern der Zweck der Handlung ist. In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Täter Angebotsschreiben planmäßig durch Verwendung typischer Rechnungsmerkmale wie zB die hervorgehobene Angabe einer Zahlungsfrist so abgefasst, dass der Eindruck einer Zahlungspflicht entstand, während die

11 LKITiedemann Rn 24 zu S 263 StGB. 12 OLG H a m m NJW 1960,643. 13 Vgl OLG München NJW 1978,435. 14 RGSt 64,347. 15 Vgl BayObLG NJW 1988,2550 - Nach der neueren Rspr des BGH ist allerdings auch bei vollständig erfundenen Steuervorgängen, die Gegenstand einer Täuschung sind, allein eine Straftat nach S 370 AO anzunehmen. So k o m m t nach BGHSt 36, 100 bei Täuschung eines Unternehmers über tatsächlich nicht getätigte Umsätze § 370 AO zur Anwendung; zur Einkommenssteuer vgl BGH wistra 1990,58. 16 FrankeJuS 1982,67. 17 B G H M D R 9 1 , 1 0 5 . 18 BGH NJW 1998,1223. 19 LK/Tiedemann Rn 28 zu $ 263 StGB. 20 BGH wistra 2001, 386 f; aA OLG F r a n k f u r t NStZ 1997, 187. Das OLG hat seine abweichende Ansicht in NStZ-RR 2 0 0 2 , 4 7 , 4 9 aufgegeben. 21 Geis/er NStZ 2 0 0 1 , 8 6 , 8 7 . 22 BGH NJW 2001,2187f.

Schulze

455

S 15

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

(rückseitig abgedruckten) kleingedruckten Hinweise auf den Angebotscharakter völlig in den Hintergrund traten (sog Insertionsofferte). 23 Der BGH hat diese Grundsätze auch auf einen Fall übertragen, in dem der Täter vermeintliche Kreditverträge per Nachnahme an die Geschädigten versandte. 24 12

So enthält das Eingehen einer Vertragsverpflichtung (zB zum Zweck des Warenbezugs) konkludent die Erklärung der Zahlungsfähig- und -Willigkeit. 25 Dies gilt ohne Einschränkung zumindest bei erstmaliger Vertragsbindung oder wenn trotz ausstehender Zahlung bei demselben Lieferanten innerhalb der Zahlungsfrist neue Ware bestellt und ausgeliefert wird. 26 Wenn allerdings trotz fälliger offener Rechnungen durch den Gläubiger weitere Warenlieferungen ausgeführt werden, bedarf es im Hinblick auf die Frage, ob diese späteren Lieferungen noch auf der Vorspiegelung der Zahlungsfähigkeit und -Willigkeit beruhen, genauerer Feststellungen. Eine Fortwirkung der ursprünglichen Täuschungshandlung ist zB dann anzunehmen, wenn der Lieferant etwa aufgrund arbeitsteiligen Wirtschaftens oder im Fall echten Factorings keine Kenntnis von dem Zahlungsverzug erlangt und deshalb die späteren Bestellungen ausgeführt hatte. 2 7 Des öfteren täuscht der Täter seine Geschäftspartner zT mehrmals neu über seine Zahlungsfähigkeit und -Willigkeit - ggf mit immer neuen Versprechungen und Erklärungen. Regelmäßig wird dann genau zu prüfen sein, welche Zahlungsmodalitäten (Fälligkeit mit Rechnungslegung, Zahlungsfristen und -ziele) vereinbart waren, ob eine Stundungsvereinbarung vorlag, die Gläubiger die Zahlung angemahnt oder gar Mahn- und Vollstreckungsbescheide erwirkt hatten. 2 8 Denn kannte und wusste der Gläubiger um die Krise des Schuldners, hat letzterer ihm ggf sogar seine krisenhafte Situation dargelegt, so irrte er nicht, sondern nahm vielmehr einen Verlust aus einem riskanten Geschäft in Kauf. Dann entfällt aber die Basis für eine konkludente Zusicherung des Schuldners, so dass ohne Vorliegen einer erneuten, hier nur durch aktives Tun möglichen Täuschungshandlung, ein vollendeter Betrug ausscheidet. 29 Je nach der im Verfahren zu ermittelnden Vorstellung des Schuldners ist aber auch eine Strafbarkeit wegen lediglich versuchten Betrugs denkbar. 30

13

Das Einfordern einer Leistung enthält konkludent die Erklärung, dass eine entsprechende Verbindlichkeit besteht, 31 unabhängig von der Tatsache, ob die Leistung in einem angemessenen Verhältnis zur Gegenleistung steht. 3 2 Im Angebot einer Sache zum Kauf liegt die schlüssige Erklärung, zu ihrer Veräußerung befugt und zur Eigentumsverschaffung imstande zu sein. Als weiteres Beispiel der vielfältigen Fallgestaltungen ist hier schließlich das Verschweigen der zweckwidrigen Verwendungsabsicht hinsichtlich eines Investitionsdarlehens zu nennen. 33

14

Nicht jedem Verhalten ist aber ein konkludenter Erklärungsinhalt und damit die Möglichkeit einer Täuschungshandlung immanent. So ist mit der bloßen Entgegennahme einer

23 AA Pawlik, S tv 2003, 297ff, der für ein restriktives Täuschungsverständnis und eine stärkere Eigenverantwortlichkeit des Adressaten eintritt. 24 BGH wistra 2001,386. 25 Vgl BGH NJW 1954, 1414f; NStZ-RR 1998, 247; Τ /Fischer Rn 7b zu S 263 StGB mwN; aA Bosch, wistra 1999,410 ff, der mit dogmatisch beachtlichen Argumenten als zusätzliche Voraussetzung hier eine Fehlvorstellung des Verfügenden über bestehende Sicherheiten des Schuldners oder tatsächliche Verwertungsmöglichkeiten verlangt. 26 Vgl BGH StV 1999,24. 27 BGH NStZ 1993,440. 28 BGH StV 1999,24. 29 BGH wistra 1992,298; 1996,262,263 f. 30 BGH wistra 1993,224. 31 Vgl BGH NStZ 1994,188. 32 Vgl oben Rn 8. 33 BGH JZ 1979,75. 456

Schulze

Betrug, S 263 StGB

5 15

Leistung nicht die Erklärung verbunden, dass diese auch geschuldet ist. Die Annahme von zuviel Wechselgeld begründet zB keinen Betrug, weil es allein in den Risikobereich des anderen Teils fällt, das Wechselgeld richtig abzuzählen. 34 Bei Verfügung über den Betrag einer bankinternen Fehlbuchung oder einer Fehlüberweisung fehlt es schon an einer Täuschungshandlung, da mit der Fehlbuchung/Fehlüberweisung zunächst ein entspr Anspruch im Rahmen des Girovertrages entsteht 3 5 . Eine in einem Überweisungs- oder Auszahlungsauftrag liegende Behauptung eines sich aus den Kontounterlagen ergebenden Guthabens ist daher nicht unwahr. 36 Das Auszahlungsrisiko trägt regelmäßig die Bank. Auch in der Vorlage blanko unterschriebener und abredewidrig ausgefüllter Überweisungsformulare bei der Bank liegt keine Täuschungshandlung, da Bankmitarbeiter regelmäßig nur formale Richtigkeit und Kontodeckung, nicht aber die sachliche Berechtigung der Überweisung prüfen. 37 Selbiges gilt auch für die Vorlage eines Schecks bei nicht bestehender Schuld. 38 Unabhängig hiervon kann allerdings schon bei Erlangung der Blankoformulare eine tatbestandsmäßige Täuschung als Teil einer umfassenden Betrugshandlung gegeben sein. Wer für eine Leistung oder Ware einen bestimmten Preis fordert, erklärt damit grundsätzlieh nicht, dass dieser Preis auch angemessen bzw üblich ist, da die Preisgestaltung der Vertragsfreiheit unterliegt. 39 Dies gilt trotz § 632 Abs 2 BGB auch für Werklohnforderungen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur für die Fälle anerkannt, in denen der Preis öffentlich-rechtlich festgesetzt ist und der Leistungsempfänger die Forderung nicht ohne weiteres auf ihre Übereinstimmung mit dem amtlich festgesetzten Preis überprüfen kann. Wer hier die fehlende Sachkunde eines anderen zur Erzielung eines erhöhten Entgelts ausnutzt, begeht einen Preisgestaltungsbetrug. 4 0 bb)

15

Täuschung durch Unterlassen

Eine Täuschung kann schließlich auch durch Unterlassen begangen werden, wenn eine Garantenpflicht (= Rechtspflicht zum Einschreiten), dh eine Pflicht zur Aufklärung eines ohne Zutun des Täters entstandenen Irrtums besteht. 41

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Eine solche betrugsspezifische Rechtspflicht zur Aufklärung kann sich zunächst aus einem außerstrafrechtlichen Gesetz ergeben, wenn im Einzelfall ein besonderes Vertrauensverhältnis 4 2 besteht. Hierunter fallen zB die Anzeigepflicht des Sozialleistungsempfängers nach $ 60 Abs 1 SGB I 4 3 und die zivilrechtliche Auskunftspflicht nach § 666 BGB. Der BGH bejahte eine Aufklärungspflicht ferner in einem Fall, in welchem der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH den Übererlös aus dem im Einvernehmen mit dem Konkursverwalter vorgenommenen Verkauf von Gegenständen einer insolventen GmbH & Co KG der Masse plangemäß vorenthielt und ihn für sich (und andere Kommanditisten) behalten

17

34 OLG Köln NJW 1980,2366. 35 Die frühere Rspr hatte beim Abheben eines Guthabens, welches dem eigenen Konto durch eine Fehlbuchung (innerhalb der Bank) zu Unrecht gutgeschrieben wurde, einer Täuschung bejaht, vgl OLG Celle StV 1994, 188. Im Falle der auf einer Fehlüberweisung beruhenden unberechtigten Gutschrift zwischen zwei verschiedenen Banken wurde sie verneint, BGHSt 39, 397. Diese Unterscheidung wurde in BGHSt 46,194, aufgegeben. 36 BGH wistra 2001,20 f; für die Fehlüberweisung BGH wistra 1994,62,63 f. 37 BGH NStZ 2001, 375. 38 BGH NStZ 2002,144. 39 BGH bei HoltzMDR 1989,1053. 40 RGSt42,150. 41 T/Fischer Rn 22 zu § 263 StGB mwN. 42 Vgl BGHSt 39,392,399; BayObLG StV 1999,30. 43 OLG Köln NJW 1964,1979. Schulze

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

hatte.44 Die Pflicht zur Aufklärung folgte hier aus der Vereinbarung mit dem Konkursverwalter, der sich auf des Täters Fachkenntnisse gestützt hatte. 18 Ferner kann eine Aufklärungspflicht aus einem geschlossenen Vertrag folgen, wobei es nicht auf dessen zivilrechtliche Wirksamkeit ankommt. So besteht nach der Rspr selbst bei Vertragsverhandlungen, in denen die Parteien entgegengesetzte Interessen verfolgen, für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten konnte.45 Beim Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen ist beispielsweise im Hinblick auf den für den Kaufpreis im Regelfall erheblichen Ertragswert insbes zu beachten, dass der am Kauf Interessierte sich ein einigermaßen zutreffendes Bild von den wertbildenden Faktoren in erster Linie nur anhand der Bilanzen, der laufenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen, sonstiger Buchführungsunterlagen und ergänzende Auskünfte des Inhabers oder Geschäftsführers machen kann. Die besonderer Abhängigkeit des Käufers von der Vollständigkeit und Richtigkeit der ihm erteilten Informationen vor allem zu Umsatz- und Ertragslage des Unternehmens sowie die regelmäßig weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der Kaufentscheidung rechtfertigen es, dem Verkäufer eine gesteigerte Aufklärungspflicht aufzuerlegen und an die hierbei anzuwendende Sorgfalt einen strengen Maßstab anzulegen. Die Aufklärungspflicht erstreckt sich insbes auf alle Umstände, welche die Überlebensfähigkeit ernsthaft gefährden, insbes also drohende46 oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Unternehmens.47 Nicht ohne weiteres lässt sich eine solche Aufklärungspflicht allerdings allein aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben iSv S 242 BGB herleiten.48 Sie kann sich nur aufgrund besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalles ergeben, zB wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis oder eine auf gegenseitigem Vertrauen beruhende Verbindung zwischen den Vertragsparteien besteht.49 Die bloß sittliche Anstößigkeit des Schweigens genügt hier nicht. Auch kann im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis des Art 103 Abs 2 GG nicht jede zivilrechtliche Aufklärungspflicht in das Strafrecht übertragen werden. Deshalb begründet selbst die Tatsache, dass ein Besteller mit einem Lieferanten wiederholt Verträge abgeschlossen hat, nicht notwendig ein für die Bejahung einer Aufklärungspflicht besonders intensives Vertrauensverhältnis.50 19 Auch aus dem nachträglichen Eintritt einer geänderten Sachlage folgt noch keine Verpflichtung zur Mitteilung. So ergibt sich aus der Tatsache, dass sich nach Auftragserteilung herausstellt, dass Zahlungen nicht vertragsgemäß vorgenommen werden können, noch keine strafbewehrte Aufklärungspflicht.51 Erst wenn weitere Umstände hinzutreten, die vom Schuldner erkennbar die Gläubiger in Sicherheit wiegen, ist eine solche Pflicht zu bejahen. Ein solcher Umstand ist insbes die Kenntnis eigener Zahlungsunmöglichkeit vor Entgegennahme der Leistung des anderen Vertragsteils. Anderenfalls könnte der insolvente Schuldner ohne jede Sanktion zB Warenlieferungen entgegennehmen, da zivilrechtliche Schadensersatz- und Rückgewähransprüche im Hinblick auf die finanzielle Situation regelmäßig ins Leere laufen.

44 45 46 47 48 49 50 51

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BGH wistra 1991,305 ff. BGH NJW-RR1996,429. Einschr insoweit oben $ 7 Rn 100. BGH NJW 2 0 0 1 , 2 1 6 4 . Vgl BGHSt 3 9 , 3 9 2 , 4 0 0 ; T/FischerRn 30 zu § 263 StGB mwN. Vgl BGH wistra 1988,262. BGH wistra 1992,298. BGH StV 1988,386.

Schulze

Betrug, $ 263 StGB

Andererseits schuldet der Verkäufer keine Aufklärung darüber, ob die Ware anderswo billiger zu haben ist, es sei denn, ein bestimmtes Entgelt wäre festgesetzt.52 Eine Garantenstellung kann auch auf Ingerenz beruhen. Erforderlich ist dazu ein objektiv pflichtwidriges, gefahrerhöhendes Vorverhalten, welches derart nachwirkt, dass der Vertragspartner noch zur Zeit des Vertragsschlusses einer Fehlvorstellung unterliegt. Nur dann wird iS der Gleichstellungsklausel des § 13 StGB durch Unterlassen ein Irrtum erregt.53 In den bereits angesprochenen Fällen der Verfügung über Guthaben aus bankinterner, ohne Mitwirkung des später Verfügenden erfolgter Fehlbuchung besteht keine Garantenpflicht iSd S 13 StGB zur Offenlegung. Ingerenz scheidet aus, da die Kontoführung der hierzu aus dem Girovertrag verpflichteten Bank obliegt. 54 Die Gefahr des Eintritts eines hohen Schadens führt hier ebenfalls nicht zu einem rechtlichen Einstehenmüssen. Die Frage der Garantenpflicht ist aus der Eigenart der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zu klären, die unabhängig von der auf Zufälligkeiten beruhenden Höhe möglicher Schäden beurteilt werden muss.55

b)

20

Irrtum

Zur Erfüllung des Tatbestandes ist weiterhin erforderlich, dass die Täuschungshandlung 2 1 beim Getäuschten einen Irrtum erregte oder unterhielt. 56 Irrtum bedeutet eine Fehlvorstellung über Tatsachen. Nicht erforderlich ist dabei aktuelles Bewusstsein. Es genügt sachgedankliches Mitbewusstsein oder ständiges Begleitwissen.57 Nicht vom Irrtumsbegriff des § 263 Abs 1 StGB umfasst ist dagegen reines Nichtwissen ohne jede konkrete Fehlvorstellung (ignorantia facti).58 Meldet der Arbeitgeber zB keinen seiner Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an, erhalten die Sozialversicherungsträger von dessen Verpflichtung zur Abführung keine Kenntnis und irren nicht, da keine konkrete Vorstellung über die (Nicht-)Beschäftigung vorliegt. Einschlägig ist in diesen Fallgestaltungen allerdings $ 266a StGB 59 . Anderes gilt, wenn nur ein Teil der Beschäftigten oder ein geringerer Bruttolohn gemeldet wird. Der Sozialversicherungsträger geht in solchem Fall davon aus, dass die Angaben gemäß SS 28a, 28 f SGB IV in den Anmeldungen den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen und irrt damit 60 . Zwischen der Täuschungshandlung und dem Irrtum muss Kausalität, also ein Beruhenszusammenhang, bestehen. Naivität oder Leichtgläubigkeit beseitigen ihn ebensowenig wie mangelnder Selbstschutz.61 Auch der an der vorgetäuschten Tatsache Zweifelnde irrt solange, als er die Wahrheit noch für möglich hält. Der Getäuschte fällt der List des Täters auch dann zum Opfer, wenn er trotz aller Zweifel infolge der Täuschung die Vermögensverfügung vornimmt. Ein tatbestandsmäßiger Irrtum ist erst dann nicht mehr gegeben, wenn er zwar die vorgespiegelte Tatsache für möglich hält, jedoch zur Frage der Wahrheit innerlich nicht Stellung bezieht, dem Getäuschten der

52 BGH NJW 1990,2006; s auch oben Rn 15. 53 S/S/Cramer Rn 20 zu S 263 StGB. 54 BGH wistra 2 0 0 1 , 2 0 , 2 2 . 55 BGHSt 3 9 , 3 9 2 , 4 0 1 . 56 LK/Ttedemann Rn 76 zu $ 263 StGB. 57 S/S ¡Cramer Rn 39 zu S 263 StGB. 58 LK/Tiedemann Rn 78 zu $ 263 StGB. 59 Vgl unten $ 21 Rn 136ff. Die Lücke, die darin besteht, dass $ 266a Abs 1 StGB nur Arbeitnehmeranteile erfasst, soll nach einem Referentenentwurf noch im Jahr 2004 mit einem neuen S 266 a Abs 2 StGB geschlossen werden. 60 BGH NJW 2 0 0 3 , 1 8 2 1 , 1 8 2 3 . 61 S/S/Cramer Rn 32 zu $ 263 StGB mwN; Schiinemann NStZ 1986,439.

Schulze

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Sis

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Wahrheitsgehalt gleichgültig ist und er die Vermögensverfügung unabhängig von ihrer Wahrheit trifft. 62 22

Erregen ist Hervorrufen der Fehlvorstellung, Unterhalten ist Bestärken einer vorhandenen Fehlvorstellung oder Verhinderung bzw Erschwerung der Aufklärung,63 nicht dagegen bloßes Ausnutzen eines vorhandenen Irrtums. 64

c)

Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal: Die Vermögensverfügung

23

§ 263 Abs 1 StGB verlangt zudem, dass der Irrtums Grundlage einer Vermögensverfügung wurde. Letztere ist ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal. Es erfasst jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen mit Vermögensbezug, das unmittelbar, wenn auch evtl erst in der Zukunft, zu einer Vermögensminderung führt. 65 Der Täter hat eine Vermögensminderung bewirkt, wenn das Opfer sie täuschungsbedingt ohne deliktische Zwischenakte des Täters veranlasste. An einer solchen Verfügung fehlt es, wenn der Täter mit der Täuschung eine Situation herbeiführte, die es ihm lediglich ermöglichte, sich selbst, dh durch eine weitere eigene Handlung, einer fremden Sache zu bemächtigen. In einem solchen Fall kann jedoch ein (Trick-)Diebstahl vorliegen.

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Schaltet der Täter einen Dritten ein, den er täuscht, um durch ihn eine fremde Sache zu erlangen, sog Dreiecksbetrug, so kommt es nicht so sehr darauf an, ob der Dritte Mitgewahrsam an der Sache hat, als darauf, ob der Dritte, ohne seine Verfügungsmöglichkeit zu erkennen, Werkzeug für den Täter ist (dann Diebstahl) oder an Stelle des Eigentümers die Sache mit Verfügungsbewusstsein herausgibt (dann Betrug).66 Beim Dreiecksbetrug rechtfertigen nur solche täuschungsbedingten Vermögensverfügungen die Anwendung des $ 263 StGB, die durch eine Person vorgenommen werden, die in einem Näheverhältnis zur Vermögenssphäre des Geschädigten stehen (Lagertheorie). 67

25

Ein solches Näheverhältnis besteht zB nicht zwischen der Bank und einem Vermieter im Hinblick auf eine auf einem Sparbuch angelegte Mietkaution, wenn der Bank die Zweckbestimmung nicht bekannt ist und nach außen allein der Mieter verfügungsberechtigt ist.68 Verfügt der Mieter, so scheidet eine Strafbarkeit wegen Betruges aus. Der Mieter verwirklicht allerdings durch Verfügung über den Betrag den Tatbestand der Untreue. Andererseits ist eine Nähebeziehung zwischen Insolvenzverwalter und Gemeinschuldner gegeben, so dass die unberechtigte Geltendmachung von Insolvenzforderungen gegenüber ersterem den objektiven Tatbestand des Betruges begründet.

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Ein Sonderfall des Dreiecksbetrug ist der sog Prozessbetrug durch Täuschung der Gegenpartei bzw des Gerichts (Richter, Rechtspfleger, Gerichtsvollzieher), um so eine rechtswidrige Bereicherung auf Kosten des Prozessgegners zu erreichen. Ein Prozessbetrug setzt voraus, dass eine mittels Täuschung und Irrtumserregung veranlasste Verfügung einen Vermögensschaden als unmittelbare Folge der gerichtlichen Entscheidung herbeiführte. 69 Zur Tatbestandsverwirklichung ist die Einwirkung des Täters auf Dritte, zB durch Veranlassung falscher Zeugenaussagen, ausreichend.70

62 63 64 65 66 67 68 69 70

460

BGH NJW 2 0 0 3 , 1 1 9 8 , 1 1 9 9 mwN. LKITiedemann Rn 95 zu $ 263 StGB. Vgl BGH JZ 1989,550. VglBGHStl4,171. Τ/Fischer Rn 47 ff zu $ 263 StGB mwN. Vgl BGH NStZ 1 9 9 7 , 3 2 f . BayObLG wistra 1998,157. Vgl OLG Karlsruhe NStZ 9 6 , 2 8 2 . VglBGHSt43,317.

Schulze

Betrug, § 263 StGB

d)

Der Vermögensschaden

Die Vollendung des Tatbestandes setzt schließlich noch voraus, dass unmittelbare Folge der Vermögensverfügung ein Vermögensschaden ist. Er kann beim Getäuschten (= Verfügenden) selbst oder bei einem Dritten eintreten, sofern der Getäuschte in dessen Lager steht. 71

aa)

27

Vermögensbegriff

Der Vermögensbegriff selbst ist in Rspr und Lit umstritten: Der ursprünglich von der Rspr 7 2 vertretene „wirtschaftliche Vermögensbegriff erfasst alle wirtschaftlichen Güter einer Person unabhängig davon, ob sie ihr rechtlich zustehen oder rechtlich anerkannt sind. Danach gibt es kein strafrechtlich ungeschütztes Vermögen. Erfasst wird auch widerrechtlich Erlangtes, zB der Besitz von Diebesbeute. Dieser Vermögensbegriff ist allerdings im Randbereich zunehmend eingeschränkt worden. 73

28

Nach dem in der strafrechtlichen Lit vertretenen juristisch-ökonomischem Vermögensbegriff gehören zum Vermögen einschr nur solche Positionen mit wirtschaftlichem Wert, die daneben noch unter dem Schutz der Rechtsordnung stehen. Nicht erfasst sind danach der rechtswidrig erlangte Besitz 7 4 sowie nichtige Forderungen. Diese Einschränkung des wirtschaftlichen Vermögensbegriffs wird mit dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung begründet: Dem Strafrecht sei es verwehrt, Güter im Widerspruch zur (übrigen) Rechtsordnung zu schützen. 75 Wenn § 263 einen „rechtswidrigen" Vermögensvorteil verlange, so werde dadurch gerade auf die fehlende Anerkennung der Vermögensverschiebung durch das Privatrecht verwiesen. Dies sei bereits bei der Definition des Schadensbegriffs zu berücksichtigen. Anderenfalls werde aus dem Betrug als Vermögensdelikt ein konturenloser Unredlichkeitstatbestand.

29

Diese Auffassung verkennt, dass es zur Tatbestandverwirklichung auf die Rechtswidrigkeit des beim Täter erlangten Vorteils ankommt, nicht hingegen auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des Opfervermögens.

30

Das KG 7 6 hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem sich der Täter mit dem vorgetäuschten Versprechen, die Ehefrau des Betrugsopfers umzubringen, einen Vorschuss auf den „Killerlohn" erschwindelt hatte. Es bejahte das Vorliegen vollendeten Betruges mit folgenden Erwägungen: „Vermögen ist die Summe aller wirtschaftlichen Güter einer Person. Ein Vermögensschaden liegt in der Minderung der Wertsumme, ohne eine Gegenleistung dafür erhalten zu haben. Dies gilt auch, wenn es sich um eine rechtswidriges Geschäft handelt. Ein Vermögensverlust kann nicht deshalb schon verneint werden, weil das Verlorene gemäß S 817 S 2 BGB nicht im Rechtswege zurückverlangt werden kann. Im Gegenteil muss derjenige, der nicht die Möglichkeit hat, nachträglich einen Ausgleich seines Verlusts zu erreichen, erst recht als geschädigt gelten. Die zivilrechtliche Betrachtungsweise darf dabei nicht irre führen. Wenn $ 817 S 2 BGB dem Leistenden den Rückforderungsanspruch vorenthält, so kann er damit die Tatsache des Verlustes nicht aus der Welt schaffen Die Verfolgung verbotener Zwecke durch den Getäuschten kann kein Freibrief für den Schädiger sein, sich die Vermögenswerte, die der Getäuschte zu unerlaubten Zwecke riskiert, zu eigenen Nutzen zu verschaffen."

31

71 72 73 74 75 76

Vgl dazu oben Rn 24. StRspr, vgl zB BGH 16,220; 26,347 - sa LK/Ttedmann § 263 StGB Rn 127 ff. BGH wistra 1989,142; NJW 1995 1910. Str, da gegen verbotene Eigenmacht geschützt. Vgl BGH JZ 1987,684. NJW 2001,86.

Schulze

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

32

Auf der Grundlage des in der strafrechtlichen Praxis aufgrund seines weiteren Schutzbereiches vorzugswürdigen wirtschaftlichen Vermögensbegriffs liegt ein Vermögensschaden immer dann vor, wenn durch die Vermögensverfügung der Gesamtwert des Vermögens - wirtschaftlich gesehen - gesunken ist. Ob eine Vermögensminderung eingetreten ist, kann durch einen Vergleich des Vermögenswerts vor und nach der Verfügung festgestellt werden. 77

33

Selbst rein faktische Positionen, die von der Privatrechtsordnung nicht geschützt werden, namentlich nichtige oder unklagbare Forderungen, unterfallen dem Vermögensbegriff, sofern sie infolge ihrer tatsächlichen Realisierbarkeit einen Vermögenswert darstellen. 78 Eine täuschungsbedingte Erfüllung von Naturalobligationen kann jedenfalls dann zu einem Vermögensschaden führen, wenn der Schuldner ohne die Täuschung nicht geleistet hätte. Anderes gilt bei vom Gläubiger lediglich schwer beweisbaren und somit gerichtlich kaum durchsetzbaren Forderungen. Hier mag zwar die fortbestehende Verfügungsmacht über den Forderungsgegenstand für den Schuldner vorteilhafter erscheinen als die Befreiung von einer Verbindlichkeit. 79 Im Gegensatz zu nicht einklagbaren Forderungen besteht aber für fällige, einredefreie Verbindlichkeiten die rechtliche Verpflichtung, diese Forderungen unverzüglich zu erfüllen. Es führte zu einer Überspannung des sog wirtschaftlichen Vermögensbegriffs und uU zu unauflöslichen Wertungswidersprüchen, die Tilgung von Verbindlichkeiten, zu der die Rechtsordnung den Schuldner verpflichtet, als Vermögensschaden anzusehen. 80 Weder die Verfügungsmacht über ein Wirtschaftsgut, das dem Inhaber wegen einer gegen ihn bestehenden fälligen einredefreien Forderung nicht (mehr) zusteht, noch eine günstige Beweissituation, die der wahren Rechtslage widerspricht, stellen für sich im Rahmen des $ 263 StGB 8 1 einen geschützten Vermögenswert dar. Ob ein Vermögensschaden iSd genannten Vorschriften eintritt, hängt also davon ab, ob die durch die Vermögensverfügung herbeigeführte tatsächliche Situation im Einklang mit der materiellen Rechtsordnung steht. 82 Der Einsatz rechtswidriger Methoden - Nötigung, Täuschung, Überschreitung der eingeräumten Verfügungsmacht - mit denen der Täter die Erfüllung der Forderung durchsetzt, ist für die rechtliche Beurteilung des Vermögensschadens ohne Bedeutung. 83

34

So liegt ein Betrug vor, wenn der mit dem Verkauf einer gestohlenen Sache beauftragte Hehler dem Dieb einen geringeren Erlös vorspiegelt, um den Überschuss zu behalten. 84 Die Realisierbarkeit der Restforderung trotz Sittenwidrigkeit des Geschäfts und damit der Vermögenswert folgt aus der grundsätzlichen Erfüllungsbereitschaft des Hehlers. Der wirtschaftliche Vermögensbegriff umfasst auch redlich Besessenes, also „gutes Geld", das zur Erfüllung eines beiderseits unsittlichen Rechtsgeschäfts in der Regel durch Vorleistung aufgeopfert wird, zB Zahlung für ein unwirksames Abtreibungsmittel. Geschützt sind zudem geldwerte Erwerbsanwartschaften, 85 zB bei Bewerbungen, Ausschreibungen, Verlosungen oder einem erworbenen Kundenstamm.

35

Geschützt ist schließlich auch die menschliche Arbeitsleistung, 8 6 nicht dagegen die reine Arbeitskraft, die eine Fähigkeit, aber keinen Vermögensbestandteil darstellt. 87 Die Arbeits77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 462

BVerfG NStZ 1998, 506; BGH wistra 1988,188. S/S/Cramer Rn 91 zu $ 263 StGB. BGHSt 3,160,162. LK/LacknerKn 155 zu s 263 StGB mwN. Gleiches gilt für §§ 253 und 266 StGB. BGH NStZ-RR 2000,140. Vgl BGHSt 20,136,138; BGHR $ 266 Abs 1 Nachteil 9,14; BGH NStZ 1995,185. Vgl BGHSt 2, 364. Vgl BGHSt 19,42. Vgl BGH NStZ 1998, 85. LK/Tiedemann Rn 138 zu $ 263 StGB; Τ ¡Fischer Rn 27 zu § 263 StGB mwN. Schulze

Betrug, J 263 StGB

S 15

leistung gehört dann zum Vermögen iS des § 263 StGB, wenn für die erbrachten Leistungen üblicherweise auf der Basis eines Dienst-, Arbeits- oder Werkvertrages ein Entgelt zu entrichten ist. 88 Die persönliche Arbeitsleistung wird so zum Gegenstand einer vermögensrechtlichen Beziehung, welche nach den allgemeinen Grundsätzen die Strafbarkeit wegen Eingehungs- und Erfüllungsbetrugs eröffnet. Der Vermögensschaden des Opfers ist darin begründet, dass es seine Arbeitskraft nicht anderweitig einsetzen konnte, wobei es unbeachtlich ist, ob die Möglichkeit dazu tatsächlich bestand. 89 Werden hingegen Dienst- oder Arbeitsleistungen aufgrund einer verbotenen oder sittenwidrigen Vereinbarung erbracht, so kann diesen Leistungen kein rechtlich anerkennenswerter Marktwert zukommen (dienstpflichtwidrige 90 Handlung /Auftragsstraftat); die Entgeltforderung dafür zählt daher nicht zum Vermögen. 91 Täuscht der Täter seinen Mittäter darüber, dass dieser für seine Mitwirkung einen Anteil an der beiseitegeschafften Insolvenzmasse erhalten solle, so ist eine Betrugsstrafbarkeit nicht gegeben. Handlungen solcher Art, die der Verwirklichung strafrechtlicher Tatbestände dienen, wohnt kein messbarer wirtschaftlicher Wert inne. Auch ein denkbarer Beuteanteil hat keinen Vermögenswert iSd $ 263 Abs 1 StGB. Ein Tatbeteiligter erwirbt gegen seine Tatgenossen keinen Vermögenswerten, rechtlich geschützten Anspruch. Bei gegenseitigen Verträgen liegt ein Schaden nur vor, wenn die Vermögensminderung auf Seiten des Opfers nicht durch einen gleichzeitigen Vermögenszuwachs (Gegenleistung oder werthaltiger Anspruch) ausgeglichen wird. 92 Es ist also eine Saldierung vorzunehmen (sog Saldotheorie). Der maßgebliche Zeitpunkt hierfür ist der der Verfügung. 9 3 Die Vereitelung einer Vermögensmehrung führt aber nicht zu einem Schaden iS des $ 263 StGB.

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Gewährt zB der Verkäufer einen Sonderrabatt infolge einer Täuschung über den Verwendungszweck der Ware, so reicht dieser Umstand allein für die Annahme eines Betrugsschadens in Höhe des erschlichenen Rabatts nicht aus. Nur wenn der Wert des Anspruchs auf die Leistung des Täuschenden hinter dem Wert der Verpflichtung zur Gegenleistung des Getäuschten zurückbleibt, ist der Getäuschte geschädigt. Bei der Bewertung der gekauften Ware kommt es nicht auf die Herstellungskosten, sondern auf den Verkaufspreis an, der auf der betreffenden Umsatzstufe am Markt normalerweise erzielt wird. Es dürfen daher nur die Gewinnaussichten berücksichtigt werden, die bei einem anderweitigen Verkauf der Ware wahrscheinlich zu realisieren gewesen wären. 94 Ein Betrug zu Lasten des Sozialversicherungsträgers setzt voraus, dass dessen Anspruch noch werthaltig gewesen wäre. Befand sich der Betrieb des Täters in einer wirtschaftlich angespannten Lage und wurde er gar in der zeitlichen Abfolge insolvent, ist dies genau zu prüfen. Ein Vermögensschaden iSd § 263 StGB liegt nicht vor, wenn der Sozialversicherungsträger auf Grund der schlechten Finanzlage des Unternehmens auch bei zutreffender Meldung der Beschäftigungsverhältnisse seinen Beitragsanspruch nicht hätte realisieren können 95 . Das subjektive Schadensgefühl des Opfers ist unerheblich. 9 6 Es kommt nicht darauf an, dass der Getäuschte den Vertrag bei Kenntnis der wahren Sachlage nicht geschlossen haben würde, denn § 263 schützt nicht die Verfügungsfreiheit, sondern das Vermögen. 88 89 90 91 92 93 94 95 96

BGH NJW 2001,981 f. BGH NJW 2001,981 f. BGH NStZ 2001,534. Τ/Fischer Rn 67 zu $ 263 mwN. Vgl BGH NStZ 1994,341. Vgl BGH NStZ 1999,353, 354; BGH NJW 2001, 981. BGHSt 17,147,148; BGH NStZ 1991,488 f. BGH wistra 1993,17; NJW 2003,1821,1824. S auch unten $ 21 Rn 137. Vgl BGH wistra 1986,169.

Schulze

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S15 bb)

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Persönlicher und individueller Schadenseinschlag

39 Die Wertdifferenz von Leistung und Gegenleistung ist bei der erforderlichen Saldierung nach einem objektiven Maßstab zu ermitteln. Ausgangspunkt muss die objektive Bewertung durch den Wirtschaftsverkehr sein. Da jedoch ein und dieselbe Sache nicht für alle Menschen zwingend den gleichen Wert besitzt, sind die individuellen Verhältnisse des Betroffenen nach wirtschaftlich vernünftigen Gesichtspunkten mit zu berücksichtigen, wobei aber rein subjektive Wertschätzungen unbeachtet bleiben. Nach der Rspr des BGH ist trotz objektiver Gleichwertigkeit der Leistungen ein solcher sog „persönlicher oder individueller Schadenseinschlag" zu bejahen, wenn der Gegenstand für die persönlichen Bedürfnisse des Opfers erkennbar unbrauchbar ist,97 es insbes die Gegenleistung nicht in der vertraglichen oder einer sonst zumutbaren Weise einsetzen kann. Einschlägig ist dies ua bei mangelnder individueller Verwendbarkeit einer erworbenen Sache (zB reicht die Kapazität der angepriesenen Melkmaschine nicht für alle 10 vorhandenen, sondern nur für 2-3 Kühe des Landwirts, der die Maschine bestellt98), wenn das Opfer aufgrund der eingegangenen Verpflichtung zu vermögensschädigenden Maßnahmen gezwungen ist (zB zur Aufnahme hochverzinslicher Darlehen, dem Unterwertverkauf von Sachwerten) oder seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit aufgrund des Liquiditätsverlusts unvertretbar stark eingeschränkt ist. 40 Gegenrechte, die dem Opfer aus der Täuschung kraft Gesetzes erwachsen, bleiben für die Schadensermittlung außer Betracht (zB Anfechtung gemäß $ 123 BGB, Schadenersatzoder Gewährleistungsansprüche, Werkunternehmer-, nicht aber ein vertraglich bestelltes Pfandrecht). Anderenfalls würde der seitens des Betrugstatbestandes intendierte strafrechtliche Vermögensschutz mit Hilfe des Zivilrechts aus den Angeln gehoben. Das widerspricht nicht dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung, sondern verwirklicht ihn, zumal da das Opfer ohne rechtliche Beratung seine Rechte häufig ebensowenig kennt oder durchsetzen kann wie ihm die ebenfalls außer Betracht bleibende Stornierungsbereitschaft des Täters99 bekannt ist. Auch ein nachträglicher Ausgleich des Schadens ist auf Tatbestandsebene irrelevant. Er ist aber bei der Strafzumessung mildernd zu berücksichtigen. Die Schadenswiedergutmachung muss nicht notwendig in einer Geldleistung bestehen. Sie liegt zB auch in der nachträglichen Leistung eines Vorschussbetrügers. 41 Bei Schenkungen und allen bewusst wirtschaftlich negativen Geschäften (zinsloses Darlehen, Transferleistung, Spende) liegt ein Schaden noch nicht in der irrtumsbedingten Hingabe des Vermögenswertes, sondern erst in der unbewussten Verfehlung des Zwecks, dem die Leistung dienen sollte.100 42 Bei Fehlleitung von Subventionen gilt § 264 StGB, der bereits mit der Täuschungshandlung über subventionserhebliche Tatsachen vollendet ist. Es handelt sich insoweit um einen Sonderfall des allgemeinen Betrugstatbestandes101. 43 Ein Schaden iSd § 263 StGB liegt auch in einer konkreten Vermögensgefährdung. Voraussetzung dafür ist, dass das Vermögen des Geschädigten - wirtschaftlich betrachtet deshalb schon vermindert ist, weil eine endgültige Einbuße naheliegt.102 Die nur abstrakte Möglichkeit eines späteren Schadenseintritts genügt hingegen nicht.103 Die eine Vermögensgefährdung begründenden Tatsachen müssen feststehen, dh bei lebensnaher Be9 7 Vgl BGHSt 1 6 , 3 2 1 ff; BGH NStZ-RR 2 0 0 1 , 4 1 f; sa S/S/Cramer Rn 122 f zu § 263 StGB m w N . 98 BGHSt 1 6 , 3 4 6 . 99 Vgl BGHSt 2 3 , 3 0 2 . 100 Vgl BGH NJW 1995,539. 101 S/S/Cramer Rn 104f z u $ 263 StGB m w N ; vgl d a z u u n t e n $ 17 Rn 13. 102 Vgl BGH NStZ 1995,323; 1998,570. 103 Vgl BGH StV 1 9 9 5 , 2 4 .

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Betrug, J 263 StGB

$15

trachtung muss die Gefahrdung der Wertminderung gleichkommen.104 Es bietet sich an, hier die aus der Buchhaltung bekannten Kriterien entspr anzuwenden: Ist mit dem Eintritt einer künftigen Verbindlichkeit zu rechnen, so muss eine Rückstellung passiviert werden. Vergleichbares gilt bei der Notwendigkeit, zweifelhafte Forderungen wertzuberichtigen. Konkret ist die Vermögensgefährdung namentlich dann, wenn der endgültige Verlust nicht mehr wesentlich vom Zutun des Getäuschten abhängt. Hat dieser das zum Schaden führende Geschehen aber noch nicht endgültig aus der Hand gegeben und besteht noch eine mehr als nur theoretische Abwehrmöglichkeit, so ist der Betrug allenfalls versucht. Eine schadensäquivalente Gefährdung liegt zB vor, wenn der Gläubiger aufgrund seines Sicherungseigentums zwar de jure ausreichend gesichert, der zahlungsunwillige Schuldner ihm die Sache aber wie von Anfang an geplant vorenthält. Gleiches gilt, wenn Anlagebeträge überhaupt nicht oder jedenfalls nicht in vertragsgemäßer oder einer dem entsprechenden Weise angelegt werden.105

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So begründet bereits die täuschungsbedingte Eingehung einer nachteiligen Verbind- 46 lichkeit und nicht erst der spätere Leistungsaustausch einen Betrugsschaden in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung. Die zivilrechtlichen Abwehrmöglichkeiten bleiben dabei wiederum außer Betracht.106 Nachteilig ist der Vertragsschluss insbes dann, wenn der unredliche Vertragspartner zur Leistungserbringung nicht willens oder imstande oder die von ihm versprochene Leistung nicht gleichwertig ist. Bei der Schadensermittlung ist allerdings auf das gesamte Geschäft abzustellen. Das hat zur Folge dass Betrug dann ausscheidet, wenn der Getäuschte vertraglich ausreichend gesichert,107 zB nicht vorleistungspflichtig, also entweder auf der Vorleistung des Täuschenden bestehen kann oder nur zur Zug-um-Zug Leistung verpflichtet108 ist. Es liegt allerdings versuchter Betrug vor, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Täter trotz der vertraglichen Gestaltung die vom Vertragspartner geschuldete Leistung vor oder gar ohne Erbringung der eigenen Leistung erhalten wollte.109 Hat der Verfügende eine Forderung auf Rückgewähr des durch Täuschung Verlorenen, so fehlt es an einem Vermögensschaden (Gefährdungsschaden), wenn eine ausreichende „Deckungsrücklage" besteht, also werthaltige Sicherheiten gegeben sind, die das Ausfallrisiko abdecken und ohne finanziellen und zeitlichen Aufwand und ohne eine Vereitelungsmöglichkeit des Schuldners realisierbar sind.110 Hat beispielsweise eine Versicherungsgesellschaft einen RückZahlungsanspruch hinsichtlich der an einem Versicherungsmakler geleisteten Provisionen, fehlt es an einem Vermögensschaden, wenn der Gläubiger über eine durchsetzbare selbstschuldnerische Bürgschaft verfügt. Eine Schädigungsvorsatz entfällt beim Darlehensbetrug aber nicht schon deshalb, weil der Täter beabsichtigt, hofft oder glaubt, den endgültigen Schaden abwenden zu können. Davon unberührt bleibt das Erfordernis, dass der Täter im Zeitpunkt der Kreditgewährung die Minderwertigkeit des RückZahlungsanspruchs im Vergleich zu dem erhaltenen Geldbetrag gekannt hat. Dazu genügt seine Kenntnis aller die Vermögensgefährdung begründenden Umstände und das Wissen, dass die Forderung nach allgemeinen Bewertungsmaßstäben nicht als gleichwertig angesehen wird, mag er sie selbst auch anders bewerten.111

104 105 106 107 108 109 110 111

BGH wistra 1995, 223. Vgl BGH NStZ 2000,376. Vgl dazu oben Rn 40. Vgl BGH wistra 1996,33. BGH wistra 1998,59,60. Vgl BGH StV 1995,255,99,24. BGH NStZ 1999,353; τ ¡Fischer Rn 102 zu § 263 StGB. NStZ-RR 2001, 328 f.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Auch das Fehlen einer, bei Vertragsschluss ausbedungenen Sicherheit führt nicht zu einer Vermögensgefährdung, wenn der Anspruch auf andere Weise hinreichend besichert ist. 112 Dazu kann bereits das übrige Vermögen des Schuldners ausreichen. 113 49

Die nachträglich vereinbarte Stundung einer Forderung führt nur dann zu einer Vermögensminderung, wenn hierdurch die Aussichten für die Durchsetzung der Forderung verschlechtert werden. 114 Dies ist nicht der Fall, wenn der Schuldner bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Stundung zahlungsunfähig war. 115 Nimmt ein Gläubiger täuschungsbedingt den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurück, so kann dies nur dann zu einem Vermögensschaden führen, wenn die Durchführung des beantragten Insolvenzverfahrens für den Gläubiger erfolgreich gewesen wäre, wenn also seine Forderung zumindest zum Teil aus der Insolvenzmasse hätte befriedigt werden können 1 1 6 oder die Quote über der tatsächlich erzielten gelegen hätte. Übergibt der Täter seinen Gläubigern ungedeckte Schecks (Vertröstungsschecks), um diese „ruhig zu stellen", und verzichten die Gläubiger - zumindest vorübergehend - darauf, ihre Forderungen weiter geltend zu machen, so ist (versuchter) Betrug nur gegeben, wenn die Vermögenslage der Gläubiger durch Verzicht auf vorübergehende Geltendmachung ihrer Forderungen verschlechtert worden wäre (oder der Täter in dieser Vorstellung gehandelt hätte). Das ist bei einem vermögenslosen Täter nicht der Fall. 117

50

Beim Submissionsbetrug (Ausschreibungsbetrug) liegt zum einen durch die Ausschaltung des Wettbewerbs, auch bei freihändiger Vergabe mit Angebotsanfragen durch öffentliche und private Auftraggeber an zumindest zwei Unternehmer (Teilnahmewettbewerb), 118 ein Schaden vor, wenn der Auftraggeber ein über dem Marktpreis liegendes Entgelt bezahlen muss. Aber auch bei Vergabe zu sonst angemessenen Preisen kann es zur Schädigung des Ausschreibenden in Form eines Gefährdungsschadens kommen (Eingehungsbetrug). Hierbei ist der über Angebot und Nachfrage gebildete Marktpreis (Wettbewerbspreis) maßgebend, der nach den Umständen des Einzelfalls hinsichtlich derselben Ware und Dienstleistung variieren kann. 1 1 9 Bei Vorliegen von Preisabsprachen im Ausschreibungsverfahren ist ein „hypothetischer Wettbewerbspreis" zu ermitteln. Dieser entspricht der Angebotsumme, die sich bei ordnungsgemäßer Durchführung des Ausschreibungsverfahrens, also ohne Kartellabsprache und ohne Täuschung des Auftraggebers gebildet hätte. 1 2 0 Der Schaden liegt in der Differenz zwischen Zuschlag und Wettbewerbspreis. Ausreichend für dessen Feststellung können Indizien sein; die Zahlung von Schmiergeld und Ausgleichsbeträgen an Außenseiter sind „nahezu zwingende Beweisanzeichen dafür, dass der ohne Preisabsprachen erzielbare Preis den tatsächlich vereinbarten Preis unterschritten hätte". 1 2 1 Nach dieser Rspr besteht ein weiter Spielraum für Schadensfeststellung oder auch Schätzung desselben 122 . In der wettbewerbswidrigen Absprache zwischen einem Anbieter und einem Mitarbeiter des Ausschreibenden, zB zur nachträglichen Manipulation eines Angebots, liegt regelmäßig auch ein Eingehungsbetrug zu Lasten des sonst aussichtsreichsten Mitbewerbers. 123 112 113 114 115 116 117 118 119 120 121 122 123

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Vgl BGH 1 StR 292/87; BGH NStZ 1999,353 f; BGH wistra 1995,28 f ; 2001,423 ff. BGH NStZ-RR 2000,331 f. Vgl BGH wistra 1993,17. BGH wistra 2003,232,233; Τ ¡Fischer Rn 101 zu § 263 StGB mwN. BGH wistra 2001,463 f. BGH NStZ 1998,85,86. BGHSt 47,83 ff. BGH wistra 2001,103 f; NJW1995,737. BGHSt 38,186,196. BGHSt 47, 83, 88. BGH NStZ 2000,260; wistra 2001,103 f. BGH NJW 1997,3034,3037. Schulze

Betrug, J 263 StGB

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Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ein Betrugsschaden vorliegt, wenn der Wirtschaftliehe Gesamtwert des betroffenen Vermögens durch die Verfügung des Getäuschten nach objektiv-individuellen Kriterien geschmälert wurde. 2.

Der subjektive Tatbestand

a)

Vorsatz

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Die Bestrafung setzt Vorsatz voraus, dh Wissen und Wollen bezüglich der Verwirklichung 52 aller objektiven Tatbestandsmerkmale. Bedingter Vorsatz genügt, dh der Täter muss die Tatbestandsverwirklichung zumindest „billigend in Kauf nehmen" (dolus eventualis). So ist bezüglich der konkreten Vermögensgefährdung ausreichend die Kenntnis der die Gefahr begründenden Umstände und das Wissen, dass die Forderung nach allgemeinen Bewertungsmaßstäben nicht als gleichwertig angesehen wird, mag der Täter selbst auch eine andere Wertung treffen 124 und hoffen oder darauf vertrauen, dass die Gefährdung nicht zu einem Verlust führen werde.125 Nötig ist jedoch, dass er im Zeitpunkt der Täuschung die Minderwertigkeit des Anspruchs des Getäuschten kannte. 126 In der Praxis bereitet der Nachweis einer Täuschung über die Zahlungsfähigkeit dann keine 53 besonderen Probleme, wenn der Täter oder das von ihm vertretene Vermögenssubjekt, zB eine GmbH, bereits bei Eingehung der Schuld (zB der Bestellung von Baumaterial) fällige Verbindlichkeiten in erheblichem Umfang nicht beglichen hatte. Trägt der beschuldigte Bauunternehmer im Verfahren vor, er habe die eingegangene Schuld aus dem Erlös des Vorhabens stets begleichen wollen, so ist genau zu hinterfragen, welche Vorkehrungen er zur Sicherung der Forderung seines Lieferanten getroffen hatte. Die Feststellung der inneren Tatseite kann sehr aufwendig sein. Meist lässt sich der eines 54 (Waren-)Eingehungsbetruges Beschuldigte entweder nicht zur Sache ein oder führt quasi formelhaft an, er habe angenommen, die wirtschaftliche Lage werde sich verbessern, so dass er in der Lage sein werde, die Verpflichtung zum Fälligkeitszeitpunkt zu erfüllen. Beliebt ist auch die Berufung auf - meist aus der Luft gegriffene - Mängel und damit auf angebliche Gegenrechte. In solchen Fällen kann und muss der erforderliche Vorsatz bezüglich der Täuschung aus den Umständen der Tatausführung ermittelt werden. So ist ggf festzustellen, in welchem Umfang tatsächlich realisierbare Aufträge vorlagen und ob die daraus zu erwartenden Einnahmen - unter Berücksichtigung der Altverbindlichkeiten - zum Zeitpunkt der Bestellung die (behauptete) Annahme des Geschäftsinhabers rechtfertigten.127 Vertrauen ins Blaue hinein hindert die Annahme eines Betrugsvorsatzes nicht. Die Strafverfolgungsbehörden müssen die Vermögensverhältnisse umfassend prüfen. Aus ihrer objektiven Feststellung lassen sich dann Rückschlüsse auf die subjektive Tatseite ziehen.128 b)

Die Absicht rechtswidriger Bereicherung

Auf subjektiver Ebene ist weitere Voraussetzung die Absicht 129 stoffgleicher Bereicherung 55 als jede günstigere Gestaltung des eigenen oder eines fremden Vermögens (zB Realisierung einer Forderung, Abwehr von Ersatzansprüchen). Die Stoffgleichheit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal liegt vor, wenn Mehrung und Schaden auf derselben Verfügung

124 125 126 127 128 129

Vgl BGH wistra 1 9 9 1 , 3 0 7 . BGH NStZ 1 9 8 1 , 3 5 1 . BGH NStZ 2 0 0 1 , 3 3 0 . BGH wistra 1 9 9 1 , 2 1 8 . Vgl ua BGH wistra 1 9 8 4 , 2 2 4 ; 1 9 9 1 , 2 1 8 . Dazu unten Rn 57.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

beruhen und der Vorteil auf Kosten des geschädigten Vermögens gewonnen werden soll.130 S 263 StGB fordert also die Absicht des Täters, sich oder einem Dritten aus dem Schaden des Opfers einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Tatsächlich einzutreten braucht die Bereicherung nicht. Der erstrebte Vorteil ist also das auf das Subjektive beschränkte Gegenstück zum Vermögensschaden des Opfers. Immaterielle Vorteile, zB Befriedigung des Geltungsbedürfnisses; Schadenfreude dessen, der unter fremdem Namen Waren bestellt und an Dritte schicken lässt, scheiden von vorn herein aus. Auch sonstige eingetretene Schäden (zB Aufwendungen für Zinsen, Kosten für Verpackung und Versand der erschwindelten Warenlieferung) oder Vorteile von dritter Seite (zB die für die Schädigung zugesagte Belohnung) genügen mangels Stoffgleichheit nicht zur Erfüllung des Tatbestands. Gleiches gilt, wenn ein Provisionsvertreter Aufträge durch Täuschung erschwindelt, um von dem Unternehmen, für welches er tätig ist, Provision zu erhalten.131 Statt des entfallenden eigennützigen Betrugs zum Nachteil des Kunden liegt jedoch ein fremdnütziger Betrug zugunsten der Firma vor, weil der schädigenden Bestellung die Gewinnanwartschaft seitens des Unternehmens entspricht. Diese strebt der Vertreter als Voraussetzung seines Provisionsanspruches an. Hinzu kommt noch ein eigennütziger Betrug zu Lasten des Unternehmens, wenn der Vertreter seine Provision für die anfechtbare und daher minderwertige Bestellung kassiert.132 Absicht ist zielgerichteter Wille. Es genügt, dass der Vorteil, auf den allein sie sich beziehen muss, als Neben- oder Zwischenziel für einen dahinter liegenden weiteren Zweck erstrebt wird.133 Nicht ausreichend ist aber eine Bereicherung als unvermeidbare und innerlich unerwünschte Nebenfolge eines anderen Beweggrundes. Ist die Verwirklichung der Bereicherung ein bei Verfolgung des Hauptziels unvermeidlich eintretender Nebeneffekt, so muss genau geprüft werden, ob der Täter auch diesen begrüßte oder zumindest billigend in Kauf nahm, oder ob er ihn - selten - eigentlich vermeiden wollte. Wer zB unter einem fremdem Namen Waren bestellt, um den Empfänger zu ärgern, erstrebt die für ihn unentgeltlichen Dienstleistungen des Lieferanten als notwendiges Zwischenziel. Der Besteller hat nichts von der Leistung, der Empfänger soll sich über die Zahlungs- oder Rückgabepflicht ärgern, nicht aber, das Empfangene unentgeltlich behalten, so dass ein betrugsrelevanter weiterer Zweck fehlt.134 Wer hingegen Reisekosten gegenüber seinem Dienstherrn oder Auftraggeber unrichtig abrechnet, um zu verheimlichen, dass er eine vorgeschriebene Dienstreise pflichtwidrig unterlassen hat, nimmt die Bereicherung nicht nur als notwendige Nebenfolge hin, ohne sie anzustreben. Hier vertuscht der Beamte sein Dienstvergehen um den Preis eines Betruges. Es fehlt an der Untrennbarkeit der Verbindung zwischen Vornahme der Dienstreise und der Abrechnung: Es gibt keine Pflicht, Reisekosten tatsächlich abzurechnen; man kann darauf verzichten. Die Vermögensverschiebung muss schließlich objektiv im Widerspruch zur Vermögensordnung stehen. Dabei muss der Täter Vorsatz - dolus eventualis genügt - bzgl des Widerspruchs zur Vermögensordnung haben. Der erstrebte Vorteil ist rechtswidrig, wenn auf ihn nach materiellem Recht kein fälliger und einredefreier Anspruch besteht. Die Durchsetzung eines begründeten Anspruchs mit unlauteren oder verbotenen Mitteln (zB gefälschten Beweisurkunden) macht den erstrebten Vorteil hingegen nicht rechtswidrig.135 130 Vgl BGHSt 34, 379; wistra 2003,180; LK/Tiedemann Rn 256 zu § 263 StGB; vgl auch BGH NStZ 2001,650. 131 Vgl BGH NJW 1961, 684. 132 S/S/CramerRn 169 zu § 263 StGB mwN. 133 BGHSt 16,1. 134 AA BayObLG JZ 1972,25. 135 Vgl BGH NJW 1983,2648; 1990,2476; wistra 2003,383 f; OLG Düsseldorf wistra 1998,69f.

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Betrug, $ 263 StGB

Verweigert zB der Verkäufer die Übergabe des Kaufgegenstandes, da er das getätigte Ge- 60 schäft bereut, so besteht ein fälliger Übereignungsanspruch, der wiederum bei täuschungsbedingter Verschaffung der Sache den Widerspruch zur Vermögensordnung und damit die Strafbarkeit entfallen lässt. Ebenso liegt kein Betrug im Erschleichen eines Darlehens, um damit aufzurechnen, es sei denn, dass ein Aufrechnungsausschluss zB durch Vereinbarung von Barzahlung vorliegt. Der aus dem betrügerischen Geschäft selbst stammende, nach § 123 BGB anfechtbare Leis- 61 tungsanspruch kann den erstrebten Vermögensvorteil hingegen nicht rechtfertigen. Bezüglich der Rechtswidrigkeit des Vorteils reicht jede Form des Vorsatzes. Absicht wie 62 bezüglich des Vermögensvorteils ist nicht erforderlich. 136 Glaubt der Täter, es bestehe ein unbedingter Anspruch auf den Vorteil, so handelt er im Tatbestandsirrtum gemäß S 16 StGB,137 der vorsätzliches Handeln entfallen lässt. Eine Tat nach $ 263 Abs 1 StGB ist mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe 63 bedroht. Bei der Strafzumessung sind vor allem die Schadenshöhe,138 die kriminelle Energie des Täters, sowie die näheren Umstände der Tatbegehung 139 wie zB ein besonderer Vertrauensbruch zu berücksichtigen.140

III.

S 263 Abs 3 StGB

$ 263 Abs 3 StGB enthält eine Strafzumessungsregel für besonders schwere Fälle des Be- 64 truges. Die Vorschrift wurde durch das 6. StrRG zum 1.4.1998 um einen Satz 2 mit Regelbeispielen ergänzt. Dabei wurde gleichzeitig die Mindestfreiheitsstrafe von bisher einem Jahr auf sechs Monate gesenkt. Da es sich bei § 263 Abs 3 StGB nF um das mildere Gesetz iSd § 2 Abs 3 StGB handelt, 141 muss die Vorschrift auch auf Taten angewendet werden, die in nicht rechtsverjährter Zeit vor dem 1.4.1998 begangen wurden. Trotz der Verwirklichung eines der Regelbeispiele ist bei der Sanktionsfindung aber auf den normalen Strafrahmen zurückzugreifen, wenn in dem Tun oder in der Person des Täters Umstände vorliegen, die das Unrecht seiner Tat oder seine Schuld deutlich vom Regelfall abheben, so dass die Anwendung des erschwerten Strafrahmens als unangemessen erscheint.142 Bei den insolvenztypischen Warenkredit- und Lieferantenbetrugsfallen kommen vor allem 65 gewerbsmäßiges Handeln (Nr 1), ein Vermögensverlust großen Ausmaßes (Nr 2) und die Verursachung wirtschaftlicher Not Dritter (Nr 3) in Betracht. Gewerbsmäßigkeit ist gegeben, wenn der Täter sich aus wiederholter Tatbegehung eine 66 nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang verschaffen möchte, ohne dass er daraus ein „kriminelles Gewerbe" zu machen braucht. 143 Gewerbsmäßigkeit wird durch ein subjektives Moment begründet, welches schon durch die erste der ins Auge gefassten gleichartigen Tathandlungen erfüllt ist.144 Ein Vermögensverlust großen Ausmaßes liegt vor, wenn die Schadenshöhe (nicht not- 67 wendig der erlangte Vermögensvorteil) außergewöhnlich hoch ist. Die Grenze ist dabei objektiv zu bestimmen, da der besondere, opferbezogene Vermögensverlust über Nr 3 er136 137 138 139 140 141 142 143 144

BGHSt 31,181. LKITiedemann Rn 269 zu $ 263 StGB mwN. BGHSt 36,320,325. Τ/Fischer Rn 118 zu $ 263 StGB. BGH NStZ 1988,408. BGH wistra 2001,105 f. OLG Karlsruhe NStZ-RR2002,333. Τ/Fischer Rn 120 zu $ 52 StGB; BGHSt 1,383. BGH StV 1998,663.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

fasst wird. Die Grenze dürfte bei ca 50.000 € liegen. Str ist, ob eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreicht, oder ob der Verlust tatsächlich eingetreten sein muss.145 Nach dem Wortlaut des Gesetzes (... eine große Zahl von Menschen ...), der insoweit die Grenze der Auslegung bestimmt, sind in den Fällen des Abs 3 Nr 2 nur die Beeinträchtigungen natürlicher, nicht auch juristischer Personen von diesem Q_ualifikationstatbestand umfasst.146 68

Wirtschaftliche Not iSv Nr 3 liegt vor, wenn der Geschädigte als Folge der Tat in eine Mangellage gerät, die seine geschäftliche Daseinsgrundlage gefährdet oder auf Grund derer der notwendige persönliche Lebensunterhalt ohne Hilfe Dritter nicht mehr gewährleistet ist. Bloße wirtschaftliche Bedrängnis ist nicht ausreichend.147 Damit wird in den Schutzbereich der Vorschrift die Verursachung von Schäden einbezogen, die nicht stoffgleich iS des Betrugstatbestandes sind. 148

IV. 69

Konkurrenzen

Bei Vorliegen mehrerer Betrugstaten scheidet ein Fortsetzungszusammenhang regelmäßig aus.149 Regelmäßig liegt Tatmehrheit vor. Dann ist für jede Tat eine Einzelstrafe festzusetzen und nach allgemeinen Regeln eine Gesamtstrafe zu bilden Bei deren Bildung ist ein enger sachlicher oder situativer Zusammenhang mildernd zu berücksichtigen ist. Es ist eine Beurteilung des Gesamtunrechts erforderlich.

Die Konkurrenzfrage ist für jeden Beteiligten gesondert zu prüfen. Die Ergebnisse können durchaus unterschiedlich ausfallen. So begeht der Geschäftinhaber nur eine Tat, auch wenn seine Mitarbeiter aufgrund seiner Weisung zahlreiche und für sie in Tatmehrheit stehende betrügerische Verträge abschließen. Nur soweit er sich über die allgemeine Anordnung oder Einrichtung des Geschäftsbetriebes hinaus selbst an konkreten Vertragsverhandlungen beteiligt, liegen auch für ihn rechtlich selbstständige Taten vor.150 71 Im Verhältnis zu den Insolvenzstraftaten (Bankrott ua, SS 283 ff StGB, insbes den Buchführungdelikten, SS 283 Abs 1 Nrn 5 - 7 und 283b StGB und Untreue, S 266 StGB) besteht regelmäßig Tatmehrheit. 70

72

Möglich ist aber auch ein tateinheitliches Zusammentreffen, etwa wenn Untreue mittels Täuschung begangen wird, zB Gelder durch eine Täuschungshandlung erlangt und sodann zweckwidrig verwendet werden,151 wenn also dem durch Betrug eingetretenen Nachteil durch das ungetreue Verhalten des Täters ein weiterer Schaden hinzugefügt wird.152 Die Täuschung begründet hier zusätzliches Tatunrecht. 153 Anderes gilt aber, wenn eine Beitragsvorenthaltung gemäß S 266a Abs 1 StGB bei Täuschung der zuständigen Einzugsstelle über ihr vorenthaltene Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung mit einem Betrug zusammentrifft. Es verbleibt bei einer Strafbarkeit nach S 263 Abs 1 StGB. 154 Für eine gleichzeitige Anwendung des S 266a Abs 1 StGB ist kein Raum, wenn nur der Teil der auf den Arbeitnehmer entfallenden Sozialversicherungs-

145 146 147 148 149 150 151 152 153 154

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So S/S ¡Cramer Rn 188c zu % 263 StGB; aA LK/Tiedemann Rn 298 zu S 263 StGB. BGH wistra 2 0 0 1 , 5 9 . Τ ¡Fischer Rn 27 zu s 291 StGB. LK/Tiedemann Rn 300 zu § 263 StGB. BGH(GS) wistra 1995,102. BGH wistra 1 9 9 9 , 1 7 9 f . BGHSt 8 , 2 5 4 , 2 6 0 . BGH NStZ 2 0 0 1 , 1 9 5 f. LK/Tiedemann Rn 315 zu $ 263 StGB mwN. BGH NJW 2 0 0 3 , 1 8 2 3 mwN; anders noch BGHSt 4 7 , 3 1 8 , 3 1 9 . Schulze

Betrug, S 263 StGB

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beiträge vorenthalten wird, der schon aufgrund der vorangegangenen Täuschung zu niedrig bestimmt wurde. Die Beitragsvorenthaltung tritt zurück, da sich der Betrug nicht nur aufgrund der erweiterten Qualifizierungstatbestände als die schärfere Strafnorm darstellt, sondern iGgs zu § 266 a Abs 1 StGB Arbeitnehmer wie Arbeitgeberanteile erfasst. Scheidet eine Betrugsstrafbarkeit mangels Realisierbarkeit der Beitragsforderung aus, so lebt die ggfs mitverwirklichte Beitragsvorenthaltung wieder auf.155 Bei einem ebenfalls verwirklichten Bankrottdelikt ist Tateinheit möglich insbes mit dem Verheimlichen von Vermögensbestandteilen gemäß § 283 Abs 1 Nr 1 StGB und der Verschleuderung kreditierter Ware nach Abs 1 Nr 3.156 Schwierigkeiten bereitet die Frage, ob ein erneuter Schaden eintritt, wenn der Täter, der 73 einen Vermögensvorteil durch ein Vermögensentziehungsdelikt, zB §J 242 ff, 253,263,266 StGB, erlangt hat, durch Täuschung die Geltendmachung von Ersatzansprüchen verhindert. Bei einer juristisch-normativen Betrachtung ist dies zu bejahen. Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist das Opfer dagegen nur dann geschädigt, wenn es sich seines Anspruches gegen den Täter bewusst ist und der Anspruch durchsetzbar ist. Dabei dürfte es sich in der Praxis jedoch um einen seltenen Fall handeln. Hier ist § 263 StGB tatbestandlich erfüllt, tritt jedoch als Sicherungsbetrug iS einer mitbestraften Nachtat zurück157. Dies gilt demgemäß nicht, wenn die durch beide Taten verursachten Schäden nicht deckungsgleich sind, zB wenn gestohlene Schecks betrügerisch verwendet werden.158

V.

Der Täter im Unternehmen

Täter des Betruges kann grundsätzlich jedermann sein, der eine Täuschungshandlung 74 begeht. Es besteht kein Unterschied, ob der Täter Einzelhändler, Gesellschafter einer oHG oder KG ist, oder ob er über die Organhaftung ($14 StGB) als Geschäftsführer einer GmbH, GmbH & Co. KG oder Aktiengesellschaft zur Verantwortung gezogen wird. Gerade in den Fällen des Warenbetrugs stehen dem späteren Opfer häufig (lediglich) die Angestellten eines Unternehmens gegenüber. Wissen sie von der desolaten wirtschaftlichen Lage, so sind sie Betrugstäter. Regelmäßig verfügen sie aber über keine Kenntnis von der finanziellen Situation des Unternehmens. Dann mangelt es an der subjektiven Tatseite, weil sie keinen Vorsatz bezüglich der Täuschung über die Zahlungsfähigkeit haben. Eine Ausnahme im Hinblick auf die Strafbarkeit des Arbeitnehmers bildet der sog Beitragsbetrug gegenüber den Trägern der Sozialversicherung durch falsche Angaben hinsichtlich beitragsrelevanter Tatsachen, zB durch unrichtige Beitragsnachweise. Wie ausgeführt, setzt der Betrugstatbestand weder voraus, dass der Täter Arbeitgeber ist, noch dass er selbst den Vermögensvorteil erlangt hat. Daher kann iGgs zur Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a StGB Täter auch der Arbeitnehmer, ggf im Zusammenwirken mit dem Arbeitgeber, sein. In der Praxis häufig anzutreffen ist diese Konstellation bei der Beschäftigung im Leistungsbezug der Arbeitsverwaltung stehender Arbeitsloser159 mit Aushilfsarbeiten über die erlaubten Grenzen hinaus. Damit liegt grundsätzlich ein beitragspflichtiges Arbeitsverhältnis vor. Allerdings ist hier der Nachweis des Leistungsmissbrauchs, also des Betruges durch Unterlassen (S 60 SGB I) gegenüber der Arbeitsverwaltung idR einfacher zu führen, so dass sich 155 Vgl oben Rn 37 u n d u n t e n S 21 Rn 137. 156 LK/Tiedemann Rn 240 zu S 283 StGB. 157 BGH wistra 1989,60. 158 T/Fischer Rn 134 zu $ 263 StGB. 159 Es h a n d e l t sich u m Betrug durch Unterlassen der geschuldeten A u f k l ä r u n g - die Mitteilungspflicht über die gänderten tatsächlichen Verhältnisse des Leistungsempfängers ergibt sich aus $ 60 Abs 1 N r 2 SBGI.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

eine Beschränkung der Strafverfolgung hinsichtlich der Beitragsenthaltung nach § 266a Abs 1 StGB nach Opportunitätsgrundsätzen anbietet. Der Nachweis der Beitragsvorenthaltung ist hier - wenn überhaupt - häufig nur mit einem immens gesteigerten Ermittlungsaufwand zu führen, da es regelmäßig an einer genauen Dokumentation von Arbeitsumfang und dafür gezahltem Entgelt fehlt.

1.

Der Geschäftsführer als Täter

75 Wirtschaftlich interessanter für den Gläubiger ist aber die Verantwortlichkeit der Geschäftsleitung des Unternehmens, insbes des Geschäftsführers einer GmbH, der sehr häufig auch (Mit- oder gar Allein-)Gesellschafter ist. In der Regel tätigen sie Bestellungen für das Unternehmen nicht selbst. Gleichwohl tragen sie durchweg strafrechtliche Verantwortung. Ob sie Allein-, mittelbarer oder Mittäter sind oder lediglich wegen Anstiftung haften, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. 76 Bei einer Einzelanweisung an den die Bestellung auslösenden Mitarbeiter ist der Geschäftsführer mittelbarer Alleintäter, wenn er den Bestellenden über die wirtschaftliche Lage im Unklaren lässt. Klärt er ihn jedoch auf, so handeln beide gemeinschaftlich, sind Mittäter. Überlässt der Geschäftsführer trotz Besprechung einer bestimmten Bestellung die Entscheidung hingegen dem Mitarbeiter, dann ist letzterer unmittelbarer Alleintäter und ersterer Anstifter. 77 Für von den Angestellten im Rahmen des laufenden Geschäftsbetriebes - des „Alltagsgeschäfts" - getätigte betrügerische Bestellungen haftet der Geschäftsführer regelmäßig als mittelbarer Täter. Dafür ist noch nicht einmal erforderlich, dass er die Mitarbeiter in Kenntnis der (drohenden) Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens aktiv zur Erteilung weiterer Aufträge (ausdrücklich oder konkludent) anhält,160 sondern es genügt, dass er der veränderten wirtschaftlichen Lage Rechnung tragende Weisungen unterlässt. 78 Dabei hängt eine Strafbarkeit wegen Betruges nicht davon ab, ob die unmittelbar Handelnden gutgläubig waren oder ob sie die Bestellungen in Kenntnis der vorliegenden Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens vornahmen. Als Täter kraft Tatherrschaft kommt nämlich auch derjenige in Betracht, der durch Organisationsstrukturen bestimmte Rahmenbedingungen ausnutzt, die regelhafte Abläufe auslösen, die ihrerseits zu der vom Hintermann erstrebten Tatbestandsverwirklichung führen. Diese in der Politbüroentscheidung entwickelten Grundsätze hat der BGH auch auf unternehmerische Betätigungen übertragen.161 79 Beim Warenbetrug genügt zum Nachweis des subjektiven Tatbestandes der Nachweis, dass der Geschäftsführer nach Art und Umfang Kenntnis davon hatte, welche regelmäßigen Bestellungen zur Aufrechterhaltung der Produktion im normalen Geschäftsbetrieb ausgelöst wurden. Trägt er zur Beibehaltung des Geschäftsbetriebs im bisherigen Umfang bei, so will und weiß er, dass die weiteren Warenbestellungen durch die Mitarbeiter nur unter Täuschung der Lieferanten über die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft erfolgen können.162 80 Die einzelnen Bestellungen vereinigen sich für den Geschäftsführer in einer Handlung im Rechtssinne, soweit sein Tatbeitrag sich in dem einmaligen Entschluss erschöpft, den Geschäftsbetriebs (im bisherigen Umfang) fortzuführen.163 81 Strafrechtlich verantwortlich ist nach allgemeiner Ansicht auch der faktische Geschäftsführer.164 160 161 162 163 164

472

Vgl BGH wistra 1998,177. BGHSt 4 0 , 2 1 8 , 2 3 6 ; NStZ 1 9 9 6 , 2 9 6 , 2 9 7 . Vgl BGH wistra 1 9 9 8 , 1 4 8 , 1 5 0 . Vgl dazu bereits oben Rn 70. Zusammenfassend oben § 5 Rn 59 ff.

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Betrug, J 263 StGB

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Die Anweisung an den Geschäftsführer zu tatbestandlichem Handeln iSd $ 263 StGB durch 82 den/die Gesellschafter hat keine Rechtfertigungswirkung für den Täter. Auch die Annahme einer mittelbaren Täterschaft der Gesellschafter dürfte im Hinblick auf das eigenverantwortliche Handeln und die Möglichkeit der Ablehnung dieser Anweisung fern liegen. 2.

Der Gesellschafter als Täter

Durch die vorgenannte Anweisung an den Geschäftsführer kann der Gesellschafter eine strafbare Teilnahme am Betrug, insbes Anstiftung begehen. Eine Strafbarkeit der Gesellschafter wegen täterschaftlichen Betruges kommt weiter ne- 83 ben der Täuschung über allgemeine unternehmensbezogene Tatsachen insbes bei der Übertragung von Geschäftsanteilen von Personen- oder Kapitalgesellschaften nach den vorgenannten Grundsätzen in Betracht, zB bei Täuschung über die Kapitalausstattung der Gesellschaft. Dies ist häufig im Vorfeld von Insolvenzen anzutreffen. Keine Besonderheiten gelten, wenn Gesellschafter und Geschäftsführer in der Person des Täters zusammentreffen. An die Stellung des Gesellschaftergeschäftsführers, auch des faktischen, knüpfen keine strafrechtlichen Anforderungen an. Es ist stets erforderlich zu prüfen, in welcher Rolle, als Gesellschafter oder als Geschäftsführer, der Beschuldigte handelte. 165

VI.

Ermittlungsansätze

In der Praxis der Wirtschaftsstaatsanwaltschaften kommt es relativ selten zu Verurteilun- 84 gen wegen (Eingehungs-)Lieferantenbetrugs. Wegen des meist erforderlichen Ermittlungsaufwands werden diese Delikte häufig gemäß $ 154 Abs 1 StPO im Hinblick auf die einfacher nachzuweisenden Insolvenzverschleppungs- und Bankrottdelikte eingestellt. Zu berücksichtigen ist aber, dass durch Lieferantenbetrug in vielen Fällen ein hoher Schaden verursacht wird, der in der Folge auch zur Insolvenz des Lieferanten führt. Im Rahmen einer (drohenden) Unternehmensinsolvenz wird durch die Geschäftsführung regelmäßig zunächst versucht, fehlende Liquidität durch (unfreiwillige) Lieferantenkredite auszugleichen. Es wird in Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit weiterhin Ware bezogen, um ausstehende Aufträge abzuarbeiten. Damit wäre grundsätzlich der Tatbestand des Betruges verwirklicht. 1 " Liegt objektiv eine Täuschung eines Lieferanten vor, so bestehen allerdings Schwierigkeiten insbes im Nachweis der subjektiven Tatseite, also des Vorsatzes bezüglich der Täuschung. Gerade in der Baubranche, in der ein Großteil der Ermittlungsverfahren angesiedelt ist, ist 85 hierzu häufig ein hoher Ermittlungsaufwand zu betreiben, da viele Unsicherheitsfaktoren eine Rolle spielen. Die Standardeinlassung des Bestellers geht dahin, der Täter habe entweder aus dem erwarteten Auftragserlös oder ggf aus weiteren Außenständen den Lieferanten habe bezahlen wollen. Hier ist anhand der Buchhaltung des Beschuldigten die Plausibilität der Angaben zu prüfen. Handelt der Täter auf eigene Rechnung zB als Bauträger, so besteht eine erhebliche Prognoseunsicherheit im Hinblick auf die mögliche Vermarktung der erstellten Bauvorhaben. Ist allerdings schon keine aussagekräftige Buchhaltung und Finanzplanung vorhanden, so dürfte es sich in der Überzahl der Fälle um eine Schutzbehauptung handeln. 167 Mögliche Ermittlungsansätze zum Nachweis des Zeitpunkts des

165 Vgl unten S 16 Rn 84f; zu den Fällen der Firmenbestattung vgl unten $ 29 insbes Rn 93 ff. 166 Hat der Lieferant allerdings, wie oben (Rn 12) bereits dargelegt, zB durch unbeglichene Rechnungen und erfolglose Mahnungen Kenntnis von der schwierigen Lage seines Schuldners, so scheidet nach den dargelegten Grundsätzen eine konkludente Täuschung über die Zahlungsfähigkeit aus. 167 Insbes Einzelunternehmen, die häufig keiner Buchhaltungspflicht unterliegen - bei Kapitalgesellschaften führt die Kaufmannseigenschaft zur Buchführungspflicht nach HGB.

Schulze

473

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Eintritts der Zahlungsunfähigkeit und der Kenntnis des Täters hiervon sind dann Serienbriefe mit ausformulierten Fragen an die Gläubiger, mit denen sich Bestellungs-, Rechnungs- und Mahndaten neben der Höhe der einzelnen Verbindlichkeiten erheben lassen, und Anfragen an das zuständige Vollstreckungsgericht. Ggf sind diese Einzelheiten auch durch Zeugenvernehmung der (Angestellten der) Lieferanten zu ermitteln. Von besonderem Interesse ist die (Original-)Kreditakte eines finanzierenden Bankinstituts. Zur Heranziehung derselben empfiehlt sich die Beantragung eines richterlichen Durchsuchungsbeschlusses gemäß § 103 StPO, der bei einer Verzögerungstaktik des Kreditinstituts vollstreckt werden kann. Die Abforderung einer Ablichtung der Akte im Wege eines staatsanwaltschaftlichen Herausgabeverlangens gem. $ 95 Abs 1 StPO ist im Regelfall untunlich, da hier eine Veränderung der - bei Realisierung des Kreditrisikos häufig auch für die beteiligten Institute „unangenehmen" - Unterlagen 168 nicht ausgeschlossen werden kann. 8 6 Ähnlicher Ermittlungsaufwand ist zu betreiben, wenn sich der Besteller einer Leistung, der wegen möglicher Täuschung über seine Zahlungsfähigkeit unter Betrugsverdacht steht, Mängelrügen einwendet und die Zahlungen einstellt. So ist häufig nicht absehbar, ob dies begründet ist oder auf Dauer geschieht. Sofern diese nicht, wie häufig, gänzlich aus der Luft gegriffen sind, haben die Ermittlungsbehörden zunächst im Rahmen einer Plausibilitätsbetrachtung zu prüfen, ob bei objektiver Betrachtung ein solches Recht bestehen könnte. Nur in den seltensten Fällen wird eine vollständige Zurückbehaltung der Gegenleistung berechtigt sein. In einem zweiten Schritt wird man dann auf den Wissenshorizont des Beschuldigten abzustellen haben. Auch hier lassen sich die Angaben des Beschuldigten durch Vernehmung der Vertragspartner und ggf von dessen Mitarbeitern widerlegen.

$16 Untreue, $ 266 StGB

1

2

I.

Die Bedeutung der Vorschrift für die Praxis

1.

Allgemeines, Rechtsgut

Die Vorschrift wird gemeinhin als in der Anwendung schwierig 1 und im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gebot der Bestimmtheit, Art 103 GG, auch § 1 StGB, als problematisch 2 angesehen. Das mag für manche Anwendungsbereiche zutreffen, kann aber hier dahinstehen. Die Dogmatik ist für solche Fälle des S 266 StGB, welche im Zusammenhang mit der Beendigung eines Unternehmens stehen, jedenfalls im Kernbereich geklärt, so dass sich die Unschärfen nur an den Rändern zeigen. Das ist keine Besonderheit des Untreuetatbestands. Die beiden Tatbestände des § 266 Abs 1 StGB normieren Vermögensdelikte. Sie sind deshalb nur erfüllt, wenn das Opfer eine Vermögenseinbuße erlitt, nicht aber bereits dann, wenn der Täter gegen Anweisungen verstieß oder die Dispositionsbefugnis des Trägers des zu betreuenden fremden Vermögens missachtete, ohne dass sich dessen Vermögen minderte oder die Minderung von einem mindestens gleichwertigen unmittelbaren Zuwachs ausgeglichen wurde. Auf eine Bereicherung des Täters oder eines Dritten k o m m t es

1 6 8 Nach den Umständen des Einzelfalles kommt zB eine Beihilfe zur Insolvenzverschleppung durch die Mitarbeiter des kreditierenden Bankinstituts in Betracht, vgl dazu unten S 2 7 Rn 79. 1 ZB A/W/Se/erRn 2 1 / 1 5 ; Seier/Martin ¡aS 2 0 0 1 , 8 7 4 ff. 2 ZB Dierlamm NStZ 1 9 9 7 , 5 3 4 f f (recht polemisch); ausf z u m Thema LK/Schiinemann Rn 2 9 f f zu $ 2 6 6 StGB; sa A/W/Seier Rn 2 1 / 1 7 .

474

Schulze/Bittmann

Untreue, J 266 StGB

nicht an. 3 Rechtsgut ist daher allein das vom Täter zu betreuenden Vermögen. 4 Daran ändert es nichts, dass der Schutz des betreuten Vermögens mittelbar auch dessen Gläubigern zugute kommt. s Sie sind nicht Verletzte einer Untreue. 6 Anders als bei anderen Vermögensdelikten ist der Versuch der Untreue nicht mit Strafe 3 bedroht.

2.

Die Bedeutung der Untreue in Fällen der Unternehmensinsolvenz

Während die Insolvenzdelikte der $$ 283 ff StGB gläubigerschützenden Charakter haben, 4 hat § 266 StGB nur das betreute Vermögen im Visier und nicht auch das Befriedigungsinteresse von Gläubigern. 7 Die Vorschrift schützt im Fall der Insolvenz juristischer Personen das Gesellschaftsvermögens gegen Minderungen von innen, regelmäßig seitens des Geschäftsführers, und will bei Personengesellschaften die Mitgesellschafter vor derartigen Nachteilen bewahren. Weil das nur möglich ist, wenn die Forderungen der Gläubiger vertragsgemäß erfüllt werden, 8 wirkt sich $ 266 StGB in der praktischen Anwendung allerdings häufig auch zugunsten der Gläubiger aus: Sie vermögen ihre Forderungen insbes gegen eine GmbH nur dann durchzusetzen, wenn deren Vermögen von den Gesellschaftern nicht ausgehöhlt wurde. Ein Vertragspartner einer GmbH ist dann unmittelbar durch eine Untreuehandlung 5 verletzt, wenn die Gesellschaft selbst Pflichten übernommen und missachtet hat, deren Verletzung unter § 266 StGB fällt. Zwar können auch bei einer juristischen Person solche Pflichten nur von einer natürlichen Person erfüllt werden. Nur eine solche kann auch strafrechtlich für die Verletzung haften, nämlich unter den Voraussetzungen des S 14 StGB. Die Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Vertragspartner trifft aber in diesen Fällen nicht den Geschäftsführer als Person, sondern die Gesellschaft. Der Geschäftsführer hat aber gemäß § 14 StGB für deren Verpflichtung strafrechtlich einzustehen. 9 Erleidet neben dem Gläubiger auch die Gesellschaft aufgrund mangelnder Pflichterfüllung einen Nachteil, so handelt es sich um zwei Fälle der Untreue, die allerdings regelmäßig tateinheitlich zusammentreffen. Die häufige Anwendbarkeit des § 266 StGB in Insolvenzfällen findet ihren Grund in der 6 vom BGH vertretenen Interessentheorie. 10 Danach setzt die Anwendung des $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB auf das Organhandeln einer juristischen Person voraus, dass die Tat jedenfalls auch in deren Interesse begangen wurde. Handelte der Geschäftsführer einer GmbH aller3 M-G/B/Schmid Rn 31/1. Die Bezeichnung der U n t r e u e als „Vermögensverschiebungsdelikt" ist jedenfalls nicht ganz präzis, weil es t a t b e s t a n d s m ä ß i g e H a n d l u n g e n o h n e Vermögensverschiebungen gibt, zB unterlassene W a h r n e h m u n g einer Geschäftschance. 4 BGH NJW 2000, 154, 155; A/W/S«'er Rn 21/9; Gribbohm ZGR 1990, 1, 25; LK/Schunemann Rn 28 zu 5 266 StGB; M-G/B/Schmid Rn 31/3; NK/Kindhäuser Rn 1 zu S 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 1 zu $ 266 StGB; Τ /Fischer Rn 2 zu $ 266 StGB; Wodicka S 27. 5 Vgl Müller-Christmann/Schnauder JuS 1998, 1080, 1082ff (zB Fn 17). Die T h e m a t i k ist heftig u m stritten. Ein Teil der Lehre n i m m t eine strikte T r e n n u n g zwischen d e m d u r c h § 266 StGB geschützten Vermögen einerseits u n d d e m allein von $$ 283 ff StGB n o r m i e r t e n Gläubigerschutz andererseits vor, u n d bejaht deshalb eine uneingeschränkte Befugnis des Vermögensträgers z u r Einwilligung, dagegen z u t r wie hier BGH NJW 2 0 0 0 , 1 5 4 , 1 5 5 , der die Einwilligung bei konkreter E x i s t e n z g e f ä h r d u n g (zB bei Eingriffen in das Stammkapital) f ü r u n w i r k s a m hält, dazu u n t e n Rn 97 f u n d 114; vgl z u m Streitstand Τ/Fischer Rn 53 m N ; Wodicka S 208 ff. 6 BGH NJW 2 0 0 0 , 1 5 4 , 1 5 5 . 7 BGH NJW 2 0 0 0 , 1 5 4 , 1 5 5 . 8 Scholz Wiedemann Rn 15 vor S 82 G m b H G . 9 BGH NJW-RR 1988, 671 f; M-G/B/Schmid Rn 31/83; NK/Kindhäuser Rn 62 zu § 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 32 zu S 266 StGB. S bereits oben S 5 Rn 64. 10 Vgl d a z u ausführlich oben J 12 Rn 44 ff.

Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

dings wie regelmäßig nur eigennützig, dann fallen die von § 283 Abs 1 Nr 1 StGB beschriebenen Tathandlungen des Verheimlichens und des Beiseiteschaffens von Vermögensbestandteilen allein unter § 266 StGB. Die Verminderung des Vermögens im Zusammenhang mit der Insolvenz einer GmbH, ebenso einer AG und einer eingetragenen Genossenschaft, wird laut Rspr demgemäß durchweg nur von § 266 StGB erfasst.

7

8 9

II.

Die Tatbestände und ihre Merkmale

1.

Missbrauchs- und Treubruchtatbestand

§ 266 Abs 1 StGB enthält zwei verschiedene Tatbestände, deren Verhältnis zueinander nicht unbestritten ist. In der Praxis hat sich aber das Verständnis durchgesetzt, dass der Missbrauchstatbestand lex specialis gegenüber dem Treubruchtatbestand ist.11 Ersterer ist regelmäßig 12 dann einschlägig, wenn ein rechtsgeschäftliches Handeln nach außen in Rede steht, also bei zivilrechtlich wirksamen, gleichwohl unrechtmäßigen Verfügungen und Verpflichtungen.13 Der Täter verfügt im Außen Verhältnis (gegenüber dem Vertragspartner) über Vertretungs- oder Verfügungsmacht, von der er aber aufgrund bestimmter, im Innenverhältnis (zum Vertretenen) wurzelnder Bindungen nicht wie geschehen Gebrauch machen durfte. Kurz: Das rechtliche Können übersteigt das rechtliche Dürfen. 14 Bei allen anderen Einwirkungen oder tatsächlichen Verfügungen (bzw deren Unterlassung) kommt allein der Treubruchtatbestand in Betracht. 15 Für beide Tatbestände enthält das Gesetz teilweise die gleichen Voraussetzungen. 2.

Die einzelnen Tatbestandsmerkmale

a)

Die Vermögensbetreuungspflicht

Zentrale Bedeutung hat das Tatbestandsmerkmal der Vermögensbetreuungspflicht. Nach bis 1972 herrschendem Verständnis galt es, wie der Wortlaut der Bestimmung nahelegt, lediglich für den Treubruchtatbestand. Für den Missbrauchstatbestand genügte hingegen jede Möglichkeit zur Verfügung über fremdes Vermögen oder zu dessen Verpflichtung. Auf diese Weise war ein weitgehend lückenloser Vermögensschutz gewährleistet. So war zB der Griff in die Kasse seitens der Kassiererin als Untreue in Form des Missbrauchstatbestandes strafbar. Mit diesem Verständnis brach der BGH in der sog „Euroscheckent-

11 A/W/Seier Rn 21/33 und 4 4 f f (bei deutlicher eigener Skepsis); Müller-ChristmannlSchnauder JuS 1 9 9 8 , 1 0 8 0 , 1 0 8 1 mN; NK/Kindhäuser Rn 18 ff, insbes 39; Ύ ¡Fischer Rn 6 zu $ 266 StGB („ausgestanzter Spezialfall"); aA LK/Schünemann Rn 25 zu § 266 StGB mN, der iS zweier sich schneidender Kreise nur eine teilweise Deckungsgleichheit von Missbrauchs- und Treubruchtatbestand bejaht, iü aber beide Alternativen für selbständig hält, zB die fremdnützige Treuhand allein dem Treubruchtatbestand zuordnet; abl auch S/S¡Lenckner/Perron Rn 2 zu $ 266 StGB. 12 Mögliche Ausnahme: Rechtsgeschäftliches Handeln für den Betreuten aufgrund eines lediglich aus tatsächlichen Gründen bestehenden, also nicht kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags oder Rechtsgeschäfts begründeten Treueverhältnisses, vgl dazu unten Rn 35. 13 M-GIB/Schmid Rn 31/5,13, 25 und 44; LK/Schünemann Rn 37ff, 46, 50 zu $ 266 StGB (der darüber hinausgehend den Missbrauchstatbestand auch bei zivilrechtlicher Unwirksamkeit zB aufgrund sittenwidrigen Zusammenwirkens zwischen Treupflichtigem und dem Geschäftspartner bejaht, Rn 32ff; aA A/W/Seier Rn 21/41: Treubruchtatbestand; ebenso in Evidenzfällen, Rn 42, sehr zw); τ/Fischer Rn 25 zu S 266 StGB. 14 A/W ¡Seier Rn 21/86; LK/Schünemann Rn 32 zu § 266 StGB; M-G/B ¡Schmid Rn 31/28; NK ¡Kindhäuser Rn 118 und 127 zu $ 266 StGB; S/S ¡Lenckner/Perron Rn 17 zu § 266 StGB; T/FischerRn 9 zu § 266 StGB. 15 LK/Schünemann Rn 91 zu $ 266 StGB; M-G/B/Schmid Rn 31/51 und 72.

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Bittmann

Untreue, $ 266 StGB

S 16

Scheidung". 16 Das Ausstellen eines derartigen Schecks trotz fehlender Deckung auf dem Konto führte bis zum 3 1 . 1 2 . 2 0 0 1 aufgrund einer mit Ausgabe der Schecks verbundenen, auf 4 0 0 DM begrenzten Einlösegarantie zu einer Zahlungspflicht der bezogenen Bank. Der BGH verneinte gleichwohl das Vorliegen einer Untreue und bejahte stattdessen den Betrugstatbestand. Begründet hat er dies mit dem Fehlen der auch für den Missbrauchstatbestand erforderlichen Vermögensbetreuungspflicht. Trotz der ursprünglich vielfältigen Kritik an der „Euroscheckentscheidung" hielt der BGH in der Folgezeit daran fest, dass auch für den Missbrauchstatbestand eine Vermögensbetreuungspflicht vorliegen müsse. Dieses Erfordernis entspricht nunmehr seiner ständigen Rspr. Der BGH stellt auch keine, jedenfalls keine grundsätzlich unterschiedlichen Anforderungen an das Vorhandensein einer Vermögensbetreuungspflicht. Ihr Vorliegen ist daher unabhängig davon zu beurteilen, ob der Missbrauchs- oder der Treubruchtatbestand in Rede steht. 17 Die dadurch aufgetretenen Strafbarkeitslücken hat bisher weder die Rspr noch - trotz zahlreicher Änderungen des StGB - mit Ausnahme des § 266b StGB der Gesetzgeber geschlossen. 18

10

Eine Vermögensbetreuungspflicht besteht dann, wenn der Täter zur Fürsorge für ein fremdes Vermögen, zB des Geschäftsherren, 19 verpflichtet ist. Es muss sich dabei entweder um die Haupt- 2 0 oder jedenfalls um eine für das Rechtsverhältnis wesentliche 2 1 oder typische, 2 2 es also prägende Pflicht von einiger Dauer und gewissem U m f a n g 2 3 handeln. Ihre Erfüllung darf zudem nicht im einzelnen vorgegeben sein, sondern der Täter muss über einen selbständigen Entscheidungsspielraum verfügen. 24 Maßgeblich ist dabei immer die jeweilige konkrete Pflicht. Es genügt also nicht die Erkenntnis, dass zwischen dem Täter und dem Fremdvermögen ein Verhältnis besteht, welches den Täter zur Betreuung dieses Fremdvermögens verpflichtet. Hinzukommen muss vielmehr, dass der herbeigeführte Nachteil 25 gerade auf die Verletzung 26 einer solchen Pflicht zurückzuführen ist, welche für sich gesehen alle Merkmale erfüllt, die Voraussetzung für die Bejahung einer Vermögensbetreuungspflicht iS des § 266 Abs 1 StGB sind. 27

11

Verletzungshandlungen, die lediglich „bei Gelegenheit" der Wahrnehmung einer Vermögensbetreuungspflicht begangen werden, fallen nicht unter § 266 StGB. Hat ein Rechtsanwalt zB von einer GmbH ein verkehrsrechtliches Mandat aufgrund eines Unfalls des Firmenwagens erhalten, so trifft ihn hinsichtlich seiner Aufgabe, Schadenersatzansprüche

12

16 BGHSt 24, 386 ff; sa BGHSt 33, 244, 250 f; zu den Folgen ausf LK/Schünemann Rn 8f zu $ 266 StGB. 17 Vgl A/W/Seier Rn 21/46 und 119; Τ ¡Fischer Rn 6 zu § 266 StGB mN. Deshalb wird hier nicht der terminologischen Differenzierung des BGH (wistra 2002, 143, 144f) zwischen der Vermögensbetreuungspflicht beim Missbrauchs- und der Vermögensfürsorgepflicht beim Treubruchtatbestand gefolgt. Die Lit folgt dem BGH nicht durchweg, vgl zB LK/Schünemann Rn 8 ff, 32 ff und 57 ff; auch NK/Kindhäuser Rn, 18 ff und 46 ff, sieht sich zu Differenzierungen veranlasst, auch wenn er einen einheitlichen Begriff der Vermögensbetreuungspflicht propagiert. 18 S dazu SIS/Lenckner/Perron Rn 2 zu § 266 StGB. 19 M-G/B/Schmid Rn 31/16. 20 M-G/B/Schmid Rn 31/86; Τ/Fischer Rn 29 zu § 266 StGB. 21 S/S/Lenckner/Perron Rn 23 zu $ 266 StGB; Τ/Fischer Rn 18 zu S 266 StGB. 22 Vgl NK/Kindhäuser Rn 50 f und 69 ff zu $ 266 StGB. 23 LK /Schünemann Rn 87f zu $ 266 StGB; M-C/B/Schmid Rn 31/91; S/S/Lenckner/Perron Rn 24 zu $ 266 StGB; T/Fischer Rn 28 zu § 266 StGB. 24 M-G/B/Schmid Rn 31/90; NK/Kindhäuser Rn 52 f und 73 ff zu S 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 23a, 24 und 25 zu § 266 StGB; T/Fischer Rn 28 f zu S 266 StGB. 25 Vgl dazu unten Rn 36 ff. 26 Zur Pflichtwidrigkeit vgl unten Rn 20 ff. 27 A/W/Seier Rn 21/146; zur Bedeutung beim GmbH-Geschäftsführer vgl unten Rn 76 ff. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

zu verfolgen und die überwiesene Versicherungssumme auszukehren, eine Vermögensbetreuungspflicht. Erfährt er jedoch in Ausübung seines Mandats zudem, dass die über Kontovollmacht verfügende Sekretärin des im Krankenhaus liegenden Gesellschafter-Geschäftsführers ohne dessen und des Mitgesellschafters Einverständnis private Ausgaben aus der Firmenkasse bestreitet, dann begeht er keine Untreue, wenn er sein Wissen für sich behält. Übernimmt er hingegen für den im Koma liegenden Geschäftsführer aus eigener Initiative, dh ohne dafür gesondert mandatiert zu sein,28 neben seinem verkehrsrechtlichen Mandat zusätzlich auch noch die Leitung des ansonsten (mangels Sachverstands) handlungsunfähigen (Klein-)Unternehmens, dann macht er sich wegen Untreue strafbar, wenn er das Treiben der Sekretärin duldet und es unterlässt, die Ansprüche der GmbH gegen sie zu verfolgen. 13 Die einzelnen Kriterien, welche die Rspr herausgearbeitet hat, sind allerdings nicht wie Tatbestandsmerkmale zu verstehen, die sämtlich erfüllt sein müssen. Sie stellen vielmehr lediglich Gesichtspunkte dar, anhand derer zu entscheiden ist, ob eine Vermögensbetreuungspflicht vorliegt oder nicht. Das Fehlen eines Kriteriums kann deshalb durch eine besondere Ausprägung eines der anderen Aspekte ausgeglichen werden. So scheitert zB die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht dann nicht an der fehlenden Selbständigkeit des Betreuers, wenn er eine für das betreute Vermögen besonders bedeutsame Aufgabe wahrzunehmen hat.29 Erst aufgrund einer typologischen oder wertenden Gesamtbetrachtung lässt sich die Entscheidung treffen.30 Wesentlich ist dabei der Aspekt der Herrschaft über fremdes Vermögen iS einer Möglichkeit, auf dieses einzuwirken,31 also der Geschäftsbesorgungscharakter,32 die fremdnützige Dispositionsbefugnis.33 14 Als Täter kommen Organe, Vertreter und Repräsentanten (zB Insolvenzverwalter, Bürgermeister) in Betracht. Den schlichten Boten trifft hingegen keine Vermögensbetreuungspflicht. Keine derartige, zur Annahme des Treubruchtatbestands führende Vermögensbetreuungs15 pflicht34 besteht zB bei einem Verstoß gegen das Konkurrenzverbot35, zw; im Verhältnis einer Anlagegesellschaft bzw ihrem Kunden einerseits und dem Anlageberater andererseits (dieser sollte frei gewordene Gelder entweder auszahlen oder sie mit Zustimmung des Kunden neu anlegen, verwendete sie aber für sich);36 einem Kaufmann und seinem Lieferanten (ersterer veräußerte unter einfachem Eigentumsvorbehalt gekaufte Ware mit Zustimmung des Lieferanten in seinem normalen Geschäftsbetrieb, führte den Erlös aber nicht ab);37 einem General- und einem Subunternehmer (Endkunde zahlte an Generalunternehmer, dieser verwandte das Geld aber für andere geschäftliche Zwecke);38 einem Kreditgeber und einem Kreditnehmer (Verwendung der Darlehenssumme für andere als vor28 Z u r Frage, ob § 266 StG voraussetzt, dass, die Vermögensbetreuungspflicht „ ü b e r t r a g e n " w u r d e vgl u n t e n Rn 17 u n d 3 4 f . 29 Ablehnend NK/Kindhäuser Rn 54 f u n d 78 ff z u $ 266 StGB, der t a t b e s t a n d s m ä ß i g n u r das Treffen von das f r e m d e Vermögen b e r ü h r e n d e n E n t s c h e i d u n g e n ansieht, Rn 83. 30 Vgl zB BGHSt 41, 224, 229; A/W/Seier Rn 21/132; B/Quedenfeld/Richter Rn 9/222; eingehend LK/Schünemann Rn 1, 17, 19, 23 u n d 73 z u S 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 24 z u § 266 StGB; Τ/Fischer Rn 29 z u $ 266 StGB. 31 LK/Schünemann Rn 20 u n d 58 z u § 266 StGB. 32 A/W/Seier Rn 21/134; S/S/Lenckner/Perron Rn 23a z u § 266 StGB; Τ/Fischer Rn 29 aE z u $ 266 StGB. 3 3 S/S/LencknerlPerron Rn 2 zu $ 266 StGB. 34 Auflistungen bei A/W/Seiet Rn 21/136ff; LK/Schünemann Rn 103 ff; NK /Kindhäuser Rn 86 z u § 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 26 zu $ 266 StGB; u n d T/Fischer Rn 37 z u S 266 StGB. 35 OLG F r a n k f u r t / M NStZ-RR 1 9 9 7 , 2 0 1 f. 3 6 BGH wistra 2 0 0 2 , 1 4 2 f. 3 7 BGHSt 2 2 , 1 9 0 f f . 38 BGH NJW 1978, 2105 ff; hier k a n n aber bei K r e d i t f i n a n z i e r u n g eines Bauwerks ein Verstoß gegen das BauFG oder bei H a n d e l n nach Eintritt der Insolvenzreife ein Verstoß gegen $ 283 Abs 1 N r 8 StGB zu bejahen sein, vgl d a z u oben § 12 Rn 264.

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Bittmann

Untreue, S 266 StGB gesehene Zwecke bei Totalverlust) 39 und einem Bauherrn und einem Bauunternehmer (entgegen § 17 VOB unterlassene Zahlung des Sicherungseinbehalts auf ein Sperrkonto), 40 auch nicht bei privater Nutzung von Abgeordneten in Ausübung ihrer Mandate erworbener „Bonusmeilen". 41 Zu bejahen ist die von § 266 StGB (je nach Sachverhalt: für den Missbrauchs- oder den Treubruchtatbestand) geforderte Vermögensbetreuungspflicht 42 hingegen für den Aufsichtsrat einer AG, der zB den Vorstand nicht zu Handlungen veranlassen darf, welche er aufgrund seiner Überwachungspflicht gerade umgekehrt verhindern müsste, 43 bei der Pflicht zum Einzug 4 4 ebenso wie zur selbständigen Anlage fremder Gelder, 45 bei der Überlassung von Scheckkarte und Geheimzahl, 46 der Geschäftsbesorgung auf fremde Rechnung, wie zB der Kassenarzt bei der Verschreibung von Medikamenten, welche eine gesetzliche Krankenkasse zu bezahlen hat und der Filialleiter im Verhältnis zum Geschäftsherrn, 47 der Übernahme eines komplizierten Geldtransfers aus dem Ausland, 48 der Verwaltung des Mündelvermögens durch den Betreuer nach § 1890 BGB, 4 9 der Nachlassverwaltung 50 und der Pflicht zur verzinslichen Anlage der Mietkaution. 51 Auch der GmbH-Geschäftsführer unterliegt einer Vermögensbetreuungspflicht, 52 ebenso der Liquidator. 53 b)

Befugnismissbrauch und Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht

aa)

Anforderungen an die Tathandlung

Die Tathandlung besteht im Missbrauch der wirksam eingeräumten 5 4 Befugnis (§ 266 Abs 1 , 1 . Alt StGB) bzw in der Verletzung der Pflicht ($ 266 Abs 1,2. Alt StGB) z u r Vermögensbetreuung. Während der Missbrauchstatbestand nur durch eine Verfügung über fremdes Vermögen oder dessen Verpflichtung begangen werden kann, 5 5 ist die Verwirklichung des Treubruchtatbestands prinzipiell auf jede denkbare Weise, also auch durch rein tatsächliches, dh nichtrechtsgeschäftsliches Handeln möglich. 56 Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Handelnde auch für sich oder einen Dritten einen Vorteil erlangt oder auch nur erstrebt hätte. Die Untreue ist kein Bereicherungsdelikt. 5 7 Das ermöglicht eine kriminologische Differenzierung zwischen eigen- und fremdnütziger Untreue. Diese Unterscheidung wirkt sich in erster Linie bei den unterschiedlichen Anforderungen an den subjektiven Tatbestand und bei der Strafzumessung aus. 58 39 BGH NStZ 1989, 72 f. 40 Greeve/Müller NZBau 2000,239 ff. 41 Schwaben NStZ 2002,636 f. 42 Auflistungen bei A/W/Sei'er Rn 21/143 f; LK/Schünemann Rn 107ffund 120 ff; NK/Kindhäuser Rn 87 zu § 266 StGB; S/SILencknerIPerron Rn 25 zu $ 266 StGB; sowie bei Ί¡Fischer Rn 36 zu S 266 StGB. 43 BGH wistra 2002, 143, 147 f mwN (Sponsoring); dazu Gehrlein NZG 2002, 463 f; Sauer wistra 2002,465 ff; krit Beckemper NStZ 2002,3 24 ff. 44 BGH ZIP 1999, 105,106. 45 BGH wistra 1999,339f. 46 OLG Hamm wistra 2003,356. 47 Vgl allg BGHSt 1, 186 ff; OLG Stuttgart NJW 1968, 1340, 1341; speziell zum Kassenarztrecht BGH wistra 2004,143,145; zum Filialleiter BGH wistra 2004,105,107. 48 BGH NJW-RR 1988, 671 f. 49 OLG Stuttgart NJW 1999,1564ff m Anm Thomas NStZ 1999,622 ff. 50 BGH wistra 2003,462 f. 51 BGHSt 41,224 (Vermieter); BayObLG wistra 1998,157f (Mieter); beides zw. 52 Näheres unten Rn 76 ff. 53 OLG Dresden NZG 2000,259. 54 Dazu unten Rn 34. 55 Vgl zB NK/Kindhäuser Rn 120 und 128 zu $ 266 StGB. 56 A/Vf/SeierKn 21/124ff mit Beispielen. 57 S bereits oben Rn 2. 58 Vgl dazu unten Rn 51 ff. Bittmann

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16

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften 18

Unter einer Verfügung ist in Anlehnung an die zivilrechtliche Terminologie eine rechtsgeschäftliche Handlung zu verstehen, welche unmittelbar zu einer Änderung der bestehenden dinglichen Rechtslage führt. 5 9 Sie kann sowohl im Übergang des Eigentums als auch in seiner Belastung zB durch ein Pfandrecht bestehen. Ihr kann eine vom Missbrauchstatbestand ebenfalls erfasste Verpflichtung zu einer solchen dinglichen Rechtsänderung vorausgehen, muss es aber nicht, zB im Fall unberechtigter Entnahmen. Unter einer Verpflichtung ist ein Rechtsgeschäft zu verstehen, welches die verbindliche Zusage enthält, eine bestimmte Leistung zu erbringen. 60 Letztere kann ebenfalls rechtsgeschäftlicher Natur sein wie etwa die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung, muss es aber nicht. Erfasst ist daher auch die Begründung einer Verbindlichkeit zum Erbringen bestimmter Dienste oder eines Werks. In Betracht kommt auch die Vereinbarung ungünstiger Verrechnungspreise.

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Vom Treubruchtatbestand sind zB erfasst die Unterlassung, ein gewinnträchtiges Geschäft abzuschließen, ohne dass es darauf ankäme, ob die dazu nötigen Verträge anstatt mit der GmbH mit dem Geschäftsführer persönlich abgeschlossen wurden; die Überlassung eines Kundenstamms ohne oder jedenfalls ohne gleichwertige Gegenleistung; die Verschleierung bestimmter Buchungsvorgänge, um die Durchsetzung bestehender Forderungen zu verunmöglichen und die unterlassene Herabsetzung des Geschäftsführergehalts. bb)

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Die Tathandlungen sind nur dann untreuerelevant, wenn sie in pflichtwidriger Weise begangen wurden. 61 Pflichtwidrigkeit deckt sich (jedenfalls:) weitgehend mit der für die Fahrlässigkeit maßgeblichen Sorgfaltswidrigkeit. 62 Kraft Gesetzes sind Umstände, welche nach dem allgemeinen Verbrechensaufbau zur Rechtswidrigkeit gehören, Elemente des Tatbestandes. 63 Besteht also die Befugnis zu einer bestimmten Handlung, so ist weder der Missbrauchs- noch der Treubruchtatbestand einschlägig. Es mangelt dann bereits an der Tatbestandsmäßigkeit und nicht erst an der Rechtswidrigkeit. Der Inhalt der Pflichtenstellung richtet sich nach dem jeweiligen Rechtsverhältnis zwischen dem Pflichtigen und dem zu betreuuenden Vermögen. 64 (1)

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Pflichtwidrigkeit

Einverständnis

Pflichtwidrigkeit ist etwa dann zu verneinen, wenn der Träger des betreuten (fremden) Vermögens mit der Handlung des Beschuldigten einverstanden ist, wenn und weil ihm die Dispositionsbefugnis zusteht. 65 Es muss spätestens bei Begehung der Tathandlung vorliegen; nachträgliche Genehmigung genügt nicht, 6 6 wohl aber die mutmaßliche Einwilligung. 67 Der Tatbestand, 68 nicht erst die Rechtswidrigkeit, entfällt nur dann, wenn das 59 LK/Schünemann Rn 46 zu $ 266 StGB; M-G/B/Schmid Rn 31/5; S/S/LencknerlPerron Rn 15 zu $ 266 StGB. 60 LK ¡Schünemann Rn 46 zu § 266 StGB; M-G/B/Schmid Rn 31/5; S/S/Lenckner/Perron Rn 15 zu § 266 StGB. 61 A/Vf/SeierRn 21/105 mit Beispielen. 62 A/W/S«'erRn 21/106. 63 Str, vgl S/S/Lenckner/Penon Rn 21 zu $ 266 StGB mN. 64 Vgl Τ /Fischer Rn 40 zu $ 266 StGB. 65 LK /Schünemann Rn 94 zu § 266 StGB; NK/Kindhäuser Rn 97 ff zu § 266 StGB; SIS/Lenckner/Perron Rn 21 zu s 266 StGB; Ί/Fischer Rn 24 zu $ 266 StGB. 66 OLG Hamm NStZ 1986, 119; A/W/Seier Rn 21/80; LK/Schünemann Rn 100 zu § 266 StGB; M-G/ B/Schmid Rn 31/59. 67 A/W/Seier Rn 80. Irrte der Täter, so ist er gleichwohl straffrei, wenn er aufgrund der Umstände annehmen durfte, dass der Berechtigte bei Kenntnis der Umstände mit seinem Handeln einverstanden gewesen wäre. 68 Τ/Fischer Rn 49 zu S 266 StGB mN. 480

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Untreue, J 266 StGB

Einverständnis wirksam erklärt wurde. Das ist im Fall einer Mehrheit von Berechtigten, zB GmbH-Gesellschaftern, zu verneinen, wenn jedenfalls außerhalb der Gesellschafterversammlung auch nur ein einziger nicht zustimmte. Insoweit gilt das Prinzip der Einstimmigkeit.69 Außerdem sind der Wirksamkeit eines Einverständnisses rechtliche Grenzen gesetzt.70 22 Das Einverständnis der Gesellschafter etwa mit verbotenen Handlungen des Geschäftsführers ist sittenwidrig und damit unwirksam. Daher ist es zB juristisch ohne Bedeutung, wenn sämtliche Gesellschafter ihre Zustimmung 23 zu einer Finanztransaktion des Geschäftsführers (etwa zugunsten einer Schwestergesellschaft) erteilten, welche das Stammkapital der GmbH angreifen würde.71 Auch wenn die Gesellschafterversammlung satzungsgemäß mit Mehrheit abstimmen und dadurch das Prinzip der Einstimmigkeit durchbrechen durfte, so kann es einem derart zustande gekommenen Beschluss gleichwohl an der rechtfertigenden Kraft mangeln, zB wenn sich seine Durchführung einseitig zu Lasten eines Minderheitengesellschafters auswirken würde (zB Abschluss eines Vertrages zu überhöhten Konditionen mit einem anderen Unternehmen des Mehrheitsgesellschafters). Ein derartiger Beschluss wäre (zivilrechtlich) treu- und damit ebenfalls rechtswidrig, strafrechtlich daher unwirksam.72 Wenn andernfalls eine Liquiditätskrise droht, will der BGH 73 sogar die Pflicht eines Gesellschafters annehmen, einen (außergesellschaftlichen) Anspruch gegen die GmbH vorübergehend nicht geltend zu machen. Das erschlichene, zB auf Täuschung beruhende Einverständnis ist hingegen wirksam, 74 so dass eine Strafbarkeit wegen Untreue nicht in Betracht kommt. Möglicherweise liegt allerdings eine Betrugshandlung vor. (2)

Unternehmerische Freiheit

Unternehmerisches Handeln verlangt Flexibilität. Ohne Entscheidungsfreiheit kann 24 kein Kaufmann oder - für § 266 StGB relevant - Geschäftsführer bzw Vorstand seine Aufgabe in sinnvoller Weise erfüllen. Der notwendige Ermessenspielraum 75 wird von der Untreuevorschrift nicht beschnitten, sondern, im Gegenteil, gerade vorausgesetzt. Wer mit Blick auf das Unternehmenswohl durchdachte und abgewogene Entscheidungen trifft, der muss keine Bestrafung fürchten, auch wenn sie im Ergebnis zu einem hohen Schaden führen.76 So ist zB die Vergabe eines notleidend gewordenen Kredits seitens einer Bank nicht schon 25 deshalb strafbar, weil keine Sicherheiten verlangt und bestellt wurden.77 Die Verletzung bankmäßiger, der Gewährleistung der Rückzahlung dienender Bestimmungen wie zB § 18 KWG führt in Höhe des Wertberichtigungsbedarfs allerdings zu einer Strafbarkeit wegen Untreue (je nach Zuständigkeit des Angeklagten nach dem Missbrauchs- oder dem Treubruchtatbestand). Selbst Aufwendungen ohne (unmittelbare) Gegenleistungen wie beim Sponsoring müssen nicht strafbar sein. Die Einzelheiten sind zwar noch nicht abschließend 69 Scho\z/Tiedemann Rn 15 vor § 82 GmbHG. Vgl oben § 5 Rn 24 und 49. 70 BGH wistra 2004, 25 (Kollusion); LK/Schünemann Rn 100 zu $ 266 StGB; M-G/B/Schmid Rn 31/57; NK/Kindhäuser Rn 105 zu § 266 StGB; Τ/Fischer Rn 49 ff zu § 266 StGB. 71 BGH ZIP 2004, 263, 265; Gribbohm ZGR 1 9 9 0 , 1 , 23; LK/Schünemann Rn 125 c) bb) zu S 266 StGB; M-G/B /Schmid Rn 31/62; krit S/S/Lenckner/Perron Rn 21 zu § 266 StGB; T/Fischer Rn 53 zu § 266 StGB; Wodicka S 203 ff. S unten Rn 93 sowie allg oben $ 5 Rn 23 ff, insbes Rn 27. 72 BGH wistra 2 0 0 4 , 2 5 f. 73 BGH wistra 2004, 25, 26. 74 AA BGH wistra 2 0 0 3 , 3 8 5 , 3 8 7 ; NK/Kindhäuser Rn 98 zu § 266 StGB. 75 Dazu ausführlich Roth S 8ff; ders BB 2004, 1066ff, zu den Auswirkungen des vorgesehenen Gesetzes zur Unternehmensintegrität und zur Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG). 76 Thomas FS Rieß S 7 9 5 , 8 0 0 ff. 77 BGH wistra 2 0 0 1 , 4 2 3 , 4 2 4 mN.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften geklärt, hatte es der BGH 7 8 doch - soweit ersichtlich - bislang nur mit einem eindeutigen Fall zu tun. Er bestätigte die Verurteilung eines Vorstandsvorsitzenden einer Stadtwerke AG und deren Aufsichtsratsvorsitzenden (und seinerzeitigen Verkehrsministers) wegen von Letztgenanntem gewünschter verschiedener Spenden an den Fußballverein seines Wohnorts, weil der Zweck der Zuwendungen dem Unternehmensgegenstand ferngestand, diese privatem Interesse gedient hatten, sie im Hinblick auf die Finanzlage der AG unangemessen hoch ausgefallen und innerbetriebliche Verschleierungshandlungen vorgenommen worden waren. Die zweckwidrige Verwendung staatlich gewährter Fraktionszuschüsse ist nach Auffassung des Rheinland-pfälzischen Verfassungsgerichtshofs, 79 wenn überhaupt, dann nur in Fällen evidenten Missbrauchs als Untreue strafbar. 26

In jedem einschlägigen Fall muss deshalb entschieden werden, ob i m Zeitpunkt des Handelns die weiten Grenzen unternehmerischen Ermessens eingehalten oder ob sie überschritten wurden. Das gilt allgemein, aber auch und gerade für Untreuefälle, die im Zusammenhang mit einer Unternehmensinsolvenz stehen. Verfügungen sind zB dann rechtmäßig, wenn sie der Erfüllung wirksam begründeter Verbindlichkeiten dienen. Verpflichtungsgeschäfte dürfen eingegangen werden, wenn eine Gegenleistung zu Marktpreisen vereinbart wird, es sei denn, die Gegenleistung ist für das Unternehmen wertlos. 80

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Trotz Krise nicht auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschluss beruhende Entnahmen erfüllen etwa dann nicht den Missbrauchstatbestand, wenn sie dem Ausgleich fälliger 81 Gehaltsansprüche des Geschäftsführers dienen, 82 selbst wenn sich diese allein aus S 612 BGB ergeben. 83 Das gilt auch und trotz S 30 GmbHG selbst bei der Ein-PersonenGmbH, weil auch bei ihr die Geschäftsführertätigkeit nicht ohne Gegenleistung erbracht zu werden braucht. In diesem Fall ist allerdings, was den Gründen des vom BGH entschiedenen Falles nicht entnommen werden kann, zu differenzieren: Hat der GesellschafterGeschäftsführer rückständige Gehaltsansprüche stehengelassen, so hat er eine eigenkapitalersetzende Leistung erbracht, welche während des Fortbestands der Krise nicht zurückgefordert werden darf. 84 Aus diesem Grund mangelt es bei dieser Konstellation an der Fälligkeit der ursprünglichen Gehaltsansprüche. Werden sie gleichwohl erfüllt, so liegt hierin - anders als beim Erfüllen laufender Gehaltsansprüche in einer der Krise angemessenen Höhe - eine Untreuehandlung in der Form des Missbrauchstatbestands. Anderes gilt beim Fremdgeschäftsführer. Mangels eines Näheverhältnisses fehlt es regelmäßig an der Umqualifizierung zu Eigenkapitalersatz. Daher ist die Erfüllung von dessen rückständigen Gehaltsansprüchen in rechtmäßiger Weise möglich.

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Der organschaftliche Vertreter hat aber nicht nur bestimmte Handlungen zu unterlassen, sondern muss auch bestimmte Pflichten erfüllen, zB zwingende Geschäftschancen ergrei-

78 wistra 2002, 143, 145 f; Sauer wistra 2002, 465 ff; krit Beckemper NStZ 2002, 324ff; Kühne StV 2002,198 f. 79 NVwZ 2003,75,80. 80 Vgl unten Rn 77 aE und 99. 81 Vor Fälligkeit ausgezahlte Vergütungsansprüche führen aufgrund des damit verbundenen Liquiditätsentzugs zu einem Untreuenachteil, der regelmäßig in einem Zinsschaden bestehen wird, BGH wistra 2001,345 ff; ebenso, allerdings zu Unrecht den Nachteil nicht quantifizierend LG Chemnitz wistra 2003,194 ff. 82 BGH wistra 1995,114; M-G/B/Schmid Rn 31/135; kri t T/Fwcher Rn 76 zu $ 266 StGB. 83 BGH wistra 1999,340 f; Ausnahme: Auch gegenüber der Gesellschaft bestehende, Kapitalgebern versprochene Pflicht zur während einer Sanierungsphase unentgeltlichen Tätigkeit, OLG Naumburg NZG 1999,353,354. 84 BGHZ 81, 365, 366 f; BGH NJW 2002, 1342, 1343 (für Tantiemeansprüche), DB 2003, 2481, 2484; OLG Karlsruhe ZIP 2003, 2082f; einschr: OLG Hamburg NZG 2000, 839, 840; M-GIB/Bieneck Rn 79/11. Vgl dazu näher oben $ 7 Rn 122 ff und unten Rn 118 ff. 482

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Untreue, § 266 StGB fen, 85 realistische Prognosen aufstellen, 86 für eine funktionsgerechte Organisationsstruktur 8 7 und eine ausreichende Kontrolle 88 sorgen. Er hat in aller Regel bestehende Ansprüche durchzusetzen und darf darauf nur im übergeordneten Interesse des Unternehmens verzichten, 89 hat auf eine günstige Vertragsgestaltung zu achten 9 0 und darf nicht ohne sachliche Gründe von marktüblichen Bedingungen zum Nachteil des betreuten Vermögens abweichen. 91 (3)

Risikogeschäfte

Besonderheiten gelten bei Risikogeschäften. 9 2 Dabei handelt es sich um solche Transaktionen, welche im Erfolgsfall (meist: hohe) Gewinne versprechen, der Eintritt des Erfolgs aber nicht garantiert ist, zB von vom Geschäftsführer nicht beeinflussbaren Umständen abhängt, 93 und häufig zunächst erhebliche Aufwendungen verlangt. Die strafrechtliche Beurteilung solcher Fälle hat mit der Prüfung des Rechtsverhältnisses zwischen Vertretenem und Vertreter anzusetzen. 94 Grundsätzlich ist es - in gewissen Grenzen - Sache des Vertretenen, welches Risiko er eingehen will. Er ist deshalb regelmäßig auch befugt, den Rahmen der Risiken zu bestimmen, innerhalb dessen sich der Vertreter bewegen, dh frei entscheiden darf. Seine Weisung oder sein Einverständnis entlasten im Fall ihrer Wirksamkeit den deshalb dann straffreien Vertreter. 95 Die Zulässigkeit von Risikogeschäften ist deshalb eine Frage der Pflichtwidrigkeit des Handelnden. 96

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Die Grenzen des Eingehens zulässiger Risiken ergeben sich für den Vertretenen aus dem Gesetz. 9 7 In der Krise sind zB Spekulationsgeschäfte verboten, $ 283 Abs 1 Nr 2 StGB. Außerdem darf nicht nur keinen Geschäften zugestimmt werden, die mit Gewissheit das Stammkapital angreifen würden, § 283 Abs 2 StGB, sondern auch solchen, bei denen die konkrete Gefahr eines Eingriffs in das Stammkapital besteht, 98 weil bedingter Vorsatz genügt. Aber auch dort, wo keine speziellen gesetzlichen Bestimmung eingreifen, ist der wirtschaftliche Spielraum in der Krise aus Gläubigerschutzgründen enger als außerhalb. Die Gesellschafterversammlung darf daher nicht sehenden Auges kostenträchtigen Vorschlägen des Geschäftsführers zustimmen oder ihn zum Abschluss eines derartigen Geschäfts anweisen, wenn dadurch nur unter weitgehend zufälligen Umständen der erhoffte hohe Gewinn eintreten kann.

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85 Roth S 109 f. 86 Roth S 110 f. 87 Roths 112 ff. 88 Roth S 116 ff. 89 RothS 119 ff. 90 Roth S 129 f. 91 Roth S 131. 92 A/W/Seier Rn 21/259ff; M-G/B/Schmid Rn 31/115ff; NK/Kindhäuser Rn 108ff und 139 zu $ 266 StGB; Scho\z/Tiedemann Rn 19 vor § 82 GmbHG; S/SILenckner/Perron Rn 20f zu § 266 StGB; Τ/Fischer Rn42ff zu $ 266 StGB. 93 LKISchünemann Rn 95 ff; M-G/B¡Schmid Rn 31/117. Wenn Thomas, FS Rieß, S 795,800, darauf verweist, dass jede geschäftliche Entscheidung finanzielle Risiken birgt, dann ist das ebenso richtig wie banal, besagt aber nichts über die Behandlung der speziellen Gefahren, die mit den Transaktionen verbunden sind, die gemeinhin wie auch hier als Risikogeschäfte bezeichnet werden. 94 Vgl S/S/Lenckner/Perron Rn 20 zu § 266 StGB. 95 Vgl OLG Zweibrücken NZG 1999,506 ff; T/Fischer Rn 50 zu $ 266 StGB. 96 A/W/S«'erRn 21/262. 97 Vgl dazu allgemein Roth S 108 ff; zu den strafrechtlichen Risiken vernachlässigten Risikomanagements vgl Eidam S 149; Windolph NStZ 2000,522ff. 98 Scholz/Tiedemann Rn 19 vor $ 82 GmbHG; gleichgestellt sind Gefährdungen der Existenz und der Liquidität. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

31 Die für den Vertretenen geltenden Grenzen hat auch der Vertreter einzuhalten. Im Übrigen sind ihm riskante Geschäfte im Geschäftsleben durchaus nicht von vorn herein verboten." Sie sind nicht nur erlaubt, sondern vielfach sogar notwendig. Der Vertreter muss aber zusätzlich zu den auch für den Vertretenen geltenen Regeln auch noch die darüber hinausgehenden Beschränkungen aus dem Innenverhältnis wahren. Sie können neben dem Gesetz100 aufgrund des Geschäftsführer- oder Dienstvertrags, der Satzung oder aufgrund Einzelweisung bestehen und müssen nicht explizite vorgegeben sein. Maßgebliches Kriterium ist, ob eine rationale Entscheidung101 getroffen wurde, sich der Pflichtige also im Rahmen seiner Befugnis zum Eingehen von Risikogeschäften bewegte, die bestmögliche Informationsbasis schuf und auch alle übrigen Umstände sorgfältig prüfte.102 Gesellschaftsvermögen darf ohne sachlichen Grund nicht ohne die Möglichkeit einer mindestens wertgleichen Gegenleistung weggegeben werden.103 Ohne Einverständnis des Vertretenen darf der Vertreter ein Geschäft nicht eingehen, wenn in einer Gesamtbetrachtung die Gefahr eines Verlustes größer als die Aussicht auf Gewinn ist.104 Grob unverhältnismäßige soziale Aufwendungen sind ihm verboten.105 32 Der Inhalt solcher den Vertreter bindenden Beschränkungen106 kann in absoluten Grenzen bestehen und dem Geschäftsführer zB bestimmte Arten von Geschäften (etwa: Grundstückskaufverträge), Vertragsschlüsse über eine bestimmte Summe, ohne Versicherung oder Sicherheitsleistung107 untersagen.108 Möglich ist aber auch, dass vor Abschluss bestimmter Geschäfte gewisse vorbereitende, das Risiko minimierende 109 Verfahrensregeln110 eingehalten werden müssen, zB Gutachten oder die Stellungnahme eines Wirtschaftsprüfers einzuholen sind.111 Haas112 unterscheidet die 4 Pflichtenkreise der umfänglichen Wahrnehmung der Aufgaben, ihrer sorgfältigen Vorbereitung, der Orientierung am Unternehmenswohl und der Risikominimierung. Hält der Geschäftsführer diese Regeln ein, dann macht er sich auch dann nicht der Untreue schuldig, wenn sich das Risiko verwirklicht, die Gesellschaft also einen Verlust erleidet. Handelt der Geschäftsführer hingegen jenseits der gesetzlichen Grenzen oder hält er die Beschränkungen aus dem Innenverhältnis nicht ein, dann begeht er mit dem Abschluss eines Risikogeschäfts regelmäßig Untreue. Sie ist in Form einer schadensgleichen Vermögensgefährdung mit Vertragsschluss vollendet.113 Realisiert sich später das Risiko, dann tritt der Schaden endgültig ein. Das hat allerdings nur für die Strafzumessung (schärfend) Bedeutung.

9 9 Ύ¡Fischer Rn 44 zu § 266 StGB. 100 Es bindet selbst dann, wenn seine Verletzung dem betreuten Vermögen förderlich wäre, Roth S 131 ff. 101 LK/Schänemann Rn 96 zu $ 266 StGB. 102 M-G/B/SchmidRn 31/118 und 122. 103 Vgl dazu Roth S 108 f. 104 BGH NJW 1975, 1234, 1236 mN; SIS/Lenckner/Perron Rn 20 zu § 266 StGB. Es ist in der Praxis aber sehr schwer, diese Voraussetzungen in objektiver wie in subjektiver Hinsicht zu ermitteln. 105 Roth S U l f . 106 Τ¡Fischer Rn 45 zu S 266 StGB. 107 OLG JenaNZG 2 0 0 1 , 8 6 ff mN; zustHaas D S t R 2 0 0 1 , 8 6 3 f. 108 Roth, S 235 ff, 255, 269f, befürwortet die Haftung der Mitglieder eines vertretungsberechtigten Organs für den aufgrund von Insolvenzverschleppung verschlechterten Vermögensstand der Gesellschaft. Würde ihm die Rspr folgen, so hätte das weitreichende Konsequenzen. ZB läge strafrechtlich in etlichen Fällen eines Vergehens nach § 84 Abs 1 Nr 2 GmbHG tateinheitlich auch Untreue (mit einem deutlich höheren Strafrahmen) vor. 109 Vgl OLG Zweibrücken NZG 1999,506, 507. 110 LKISchiinemann Rn 97 zu S 266 StGB; zu Fehlern beim Vorgehen in der Krise vgl Roth S 249 ff. 111 Vgl zB Louven/Lohmann OLG-Report Karlsruhe/Stuttgart Kommentar 14/2000, Κ 29, Κ 33 f. 112 DStR 2 0 0 1 , 8 6 3 , 8 6 4 ; sa de Angelis/Bodenbenner MDR 2 0 0 3 , 1 1 4 5 . 113 Vgl Τ /Fischer Rn 42 aE zu § 266 StGB.

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Untreue, J 266 StGB

Bei Risikogeschäften muss es sich keineswegs um Spekulationsgeschäfte handeln, sondern 33 es kann sich zB auch um Investitionen in neue, noch nicht anwendungsreife Techniken handeln. Auch die Vergabe von Geld- oder Warenkrediten ohne Sicherheiten gehören hierher. 114 Selbst in der Krise sind derartige Geschäfte aber nicht von vorn herein verboten. Der Geschäftsführer verfügt auch dann noch über einen Ermessenspielraum. Verzögert sich zB die Entwicklung eines neuen Flugzeugs und kündigen die Banken deshalb die Kredite mit der Folge des Eintritts der Insolvenz (vgl den Fall „Dornier" 11S ), so können die nach seriöser Prüfung beschlossenen Investitionen selbst dann nicht als Untreue bestraft werden, wenn ein solches Risiko bereits zur Zeit der Investitionsentscheidung erkannt, seine Realisierung aber als unwahrscheinlich angesehen worden war. Wurde hingegen „ins Blaue hinein" gewirtschaftet oder eine sicherere Handlungsalternative nicht ergriffen, 116 so liegt die Annahme eines bedingt vorsätzlich begangenen Treubruchs nahe. Umgekehrt kann das Unterlassen des Abschlusses eines Risikogeschäfts nicht als Untreue - Treubruchtatbestand angesehen werden, wenn dem Geschäftsführer nach ernsthafter Prüfung das Risiko als zu hoch erschien. In der strafrechtlichen Praxis wird das Eingehen von Risikogeschäften regelmäßig nur in eindeutigen Fällen aufgegriffen. c)

Befugnis- bzw pflichtenbegründendes Verhältnis

Der Missbrauchstatbestand verlangt, dass die Möglichkeit zur Einwirkung auf fremdes 34 Vermögen auf einem Gesetz oder einem behördlichen Auftrag beruht oder kraft Rechtsgeschäfts (zB Vollmacht und Ermächtigung) besteht. In Betracht kommen auch Mischformen, in denen zB eine gesetzliche Pflicht erst kraft Rechtsgeschäfts oder behördlichen, zB beim Insolvenzverwalter gerichtlichen Auftrags eingreift. 117 Das Rechtsverhältnis muss wirksam begründet worden und sich der Pflichtige im Rahmen seines rechtlichen Könnens halten, so dass eine Strafbarkeit nach dieser Alternative 118 ausscheidet, wenn die Wirksamkeit des Handelns nach außen auf andere Gründe zurückzuführen ist, zB das Eingreifen von Gutglaubensbestimmungen. 119 Beim Treubrauchtatbestand genügt daneben auch jedes sonstige Treueverhältnis. Es 35 muss nicht durch Übertragung begründet werden, 120 sondern kann auch durch eigenständige, dem (zB erkrankten oder urlaubsabwesenden) Vermögensinhaber möglicherweise sogar unbekannte Übernahme einer Aufgabe oder Tätigkeit durch den Handelnden Zustandekommen. Daher ist es nicht erforderlich, dass die verletzte Vermögensbetreuungspflicht in dem das Treueverhältnis ursprünglich begründenden Rechtsverhältnis fußt. Auf diese Weise ist es möglich, die Verletzung tatsächlicher Einwirkungs- 121 und Unterlassungsmöglichkeiten 122 , etwa bei unwirksamen oder erloschenen, ja sogar unsittlichen oder gesetzwidrigen Rechtsverhältnissen, aber auch aufgrund bloß faktischer (zB: Organ-)Stellung als strafbare Untreue zu erfassen 123 und damit zu verhindern, dass der über seinen 114 Roth S 125 ff, 127ff. 115 BGHZ 119, 201 ff. 116 Refft S 245. 117 A/W/Seier Rn 21/93 ff mit Beispielen); LK/Schiinemann Rn 48 und 60 zu § 266 StGB; M-G/ B/Schmid Rn 31/10. 118 Möglich und deshalb zu prüfen ist aber eine Verletzung des Treubruchtatbestands, A/W/Ser'er Rn 21/35 f u n d 103. 119 A/W /Seier Rn 21/35 f und 103; NK/Kindhäuser Rn 130 und 133 zu § 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 11 und 17f zu $ 266 StGB; Τ /Fischer Rn 16 f und 20 zu $ 266 StGB. 120 So aber NK/Kindhäuser Rn 3, auch 93 zu § 266 StGB. 121 M-G/B/Schmid Rn 31/111; Ί ¡Fischer Rn 28 zu % 266 StGB. 122 M-G/B/Schmid Rn 31/112. 123 BGH wistra 1996, 344, 345; NStZ 1999, 558; LK/Schünemann Rn 62ff zu § 266 StGB; M-G/B/ Schmid Ka 31/78 ff; S/S/Lencktier/Perron Rn 35 zu § 266 StGB.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Pflichtenkreis hinaus124 missbräuchlich handelnde Täter straffrei ausgeht. Es genügt aber auch dann nicht jede faktische Einwirkungsmöglichkeit, ein Handeln „bei Gelegenheit", weil der Tatbestand andernfalls nicht nur uferlos wäre, sondern auch zB Diebstahlshandlungen erfasste. Erforderlich ist demnach immer ein Verhältnis, welches eine Vermögensbetreuungspflicht auslöst. Ob es sich um ein solches handelt, ist eine Rechtsfrage.125 d)

Der Nachteil

36 Beide Alt des § 266 Abs 1 StGB setzen den Eintritt eines Nachteils126 im betreuten Vermögen voraus. Im Fall der GmbH-Untreue ist das das Vermögen der GmbH selbst und nicht etwa dasjenige ihrer Gesellschafter.127 Letzteres ist aber maßgeblich beim Handeln im Rahmen von zB Personenhandelsgesellschaften.128 Ist das Einverständnis auch nur eines GmbH-Gesellschafters unwirksam oder fehlt es ganz, so tritt aufgrund des Prinzips der Einstimmigkeit129 der Nachteil bei der GmbH in voller Höhe ein und nicht etwa nur in Höhe der Qpote des nicht einverstandenen Gesellschafters. „Nachteil" iS von J 266 StGB wird in grundsätzlich gleicher Weise verstanden wie „Schaden" iSv § 263 StGB. Nach hM gilt deshalb derselbe juristisch-ökonomische Nachteils- = Schadensbegriff wie beim Betrugstatbestand.130 Der Vermögensschutz des S 266 StGB reicht aber über den des S 263 StGB noch hinaus, weil er sich auch auf die Pflicht zur Mehrung des betreuten Vermögens erstreckt.131 Ein Nachteil kann allerdings nur dann bejaht werden, wenn eine gesicherte Aussicht auf den Vorteil bestand.132 Es wird also auch insoweit nicht jede pflichtwidrig unterbliebene Handlung als Untreue bestraft. Weil es nicht auf den (etwaig) erstrebten Vorteil ankommt, sondern auf den angerichteten Nachteil, sind Aufwendungen des Täters nicht abzugsfähig.133 37 Der Nachteil wird im Wege des Vergleichs des Werts des Vermögens vor und aufgrund der Tathandlung berechnet. Abzustellen ist dabei auf jede einzelne Pflichtwidrigkeit. Kein Nachteil tritt dann ein, wenn die Tathandlung zugleich und unmittelbar zu einer mindestens gleichwertigen Vermögensmehrung fuhrt:134 Prinzip der Gesamtsaldierung.135 Nicht genügend ist es hingegen, wenn das Vermögen lediglich nach Abschluss verschiedener Handlungen mindestens den gleichen Wert wie vor dem Geschehen repräsentiert.136 Den Tatbestand unberührt lässt es ferner, wenn ein eingetretener Schaden erst durch eine weitere Handlung wieder ausgeglichen wird. Hier liegt nur eine allein für die Strafzumessung bedeutsame nachträgliche Wiedergutmachung des bereits eingetretenen Schadens

124 S/S/Lenckner/Penon Rn 36 aE zu $ 266 StGB. 125 S/S/Lenckner/Perron Rn 30 zu § 266 StGB; T/Fischer Rn 31 zu $ 266 StGB. 126 LK/Schünemann Rn 132ff z u $ 266 StGB; NK/Kindhäuscr Rn 141 ff z u § 266 StGB; Beispiele bei M-G/B/Schmid Rn 31/125. 127 W/J/Köhler Rn 7/243; verkannt von BGH wistra 2 0 0 3 , 3 4 4 , 3 4 7 ; 3 8 5 , 3 8 6 . 128 Vgl d a z u u n t e n Rn 58 u n d 60. 129 Vgl d a z u oben Rn 21. 130 Vgl oben $ 15 Rn 28 ff. 131 BGH wistra 2003, 379, 381; A/W¡Stier Rn 21/20ff, 151ff u n d 154; M-G/B/Schmid Rn 31/133; NK/Kindhäuser Rn 146 f z u § 266 StGB; S/S/Lenckner/Penon Rn 35a u n d 46 zu $ 266 StGB; Τ/Fischer Rn 56 u n d 60 zu $ 266 StGB; anders b e i m Betrug, vgl zB BGH NStZ 1991, 488 f. Z u r U n t r e u e beim Verkauf von T r e u h a n d u n t e r n e h m e n bei m e h r e r e n H a n d l u n g s a l t e r n a t i v e n vgl Reck wistra 1996, 127ff; auch Reck/Hey NStZ 1 9 9 6 , 5 2 3 ff. 132 T/Fischer Rn 60 z u § 266 StGB. A/W/Seier, Rn 21/155, will Wahrscheinlichkeit g e n ü g e n lassen. 133 AA BGH wistra 2 0 0 4 , 2 5 , 2 6 (ohne Begründung). 134 BGH NStZ 2003, 545, 546; A/W/Seier Rn 21/156; NK/Kindhäuser Rn 156 ff z u § 266 StGB; S/S/Lenckner/Penon Rn 41 zu § 266 StGB; T/Fischer Rn 73 zu $ 266 StGB. 135 BGH wistra 2 0 0 4 , 2 5 . 136 BGH wistra 2 0 0 2 , 3 0 0 ff.

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Untreue, J 266 StGB vor. 137 Die Abgrenzung kann dann besonders schwierig sein, wenn verschiedene Transaktionen Teil eines von vorn herein geplanten, nicht auf Schädigung angelegten, aber mit Risikoüberwälzungen verbundenen Geschehens sind und das Risiko sich verwirklicht hat. Liegt dem Handeln ein betriebswirtschaftlich vernünftiger Gesamtplan zugrunde, so wird in der Regel eine Strafbarkeit wegen Untreue bereits mangels Pflichtwidrigkeit 138 und selbst dann ausscheiden, wenn sich einzelne Aktivitäten, die in Verfolgung des insgesamt rechtmäßigen Planzieles ergriffen werden, bei isolierter Betrachtung vermögensmindernd auswirken. 139 Ebenso wie beim Betrug 1 4 0 reicht eine nachteils- = schadensgleiche Vermögensgefährdung dann zur Tatbestandserfüllung bereits aus, wenn zwar der Schaden noch nicht endgültig eingetreten ist, sein Drohen aber schon zu einer Verminderung des Vermögens führt. 141

38

Das kann zB dann der Fall sein, wenn aufgrund unrichtiger Buchungen damit gerechnet werden muss, dass im Streitfall kein Prozess mit Aussicht auf Erfolg geführt werden könnte, 1 4 2 bei der Lieferung von Waren auf ungesicherten Kredit an einen krisenbehafteten Empfänger oder bei der Übernahme einer Bürgschaft. Zieht der Geschäftsführer eine Gesellschaftsforderung auf sein privates Konto ein, so hängt die Strafbarkeit wegen Untreue von den Umständen ab: Im Fall der Verschleierung und/oder des Verbrauchs zu eigenen Gunsten liegt regelmäßig der Missbrauchstatbestand vor. Handelte der Geschäftsführer aber, weil das Geschäftskonto gepfändet war, und wollte er mit dem Geld die Handlungsfähigkeit der Gesellschaft stützen, so machte er sich nur dann strafbar, wenn bis zur Disposition zu Gunsten der Gesellschaft eine schadensgleiche Vermögensgefährdung bestanden hatte. Das ist jedenfalls dann zu verneinen, wenn der Geschäftsführer die Leistung ordnungsgemäß (auch als Kredit an sich selbst) verbuchte und jederzeit über ausreichend liquide Mittel zur Rückführung des Geldes in die Verfügungsgewalt der Gesellschaft verfügte, 143 ihm zB keine Zwangsvollstreckung in sein Privatvermögen drohte. Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung kann aber schon dann vorliegen, wenn der Geschäftsführer Gelder auf ein eigenes Konto der GmbH transferierte, dies aber den wesentlichen Mitarbeitern gegenüber verheimlichte. 144 Unabhängig von etwaiger Straflosigkeit gemäß S 266 StGB bleibt die Strafbarkeit wegen Bankrotts gem $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB (Beiseiteschaffen von Vermögenswerten) zu prüfen. 145

39

Auch wenn es sich hierbei um eines der noch nicht umfassend geklärten Randgebiete des Untreuetatbestands handelt, 144 so lässt sich doch feststellen, dass die dogmatische Figur der nachteils- = schadensgleichen Vermögensgefahrdung im Grundsatz jedenfalls in stRspr ebenso wie von der überwiegenden Meinung des Schrifttums anerkannt ist. Als Faustregel

40

137 BGH NJW 1975,1234,1235; 1962,973. 138 A/W/Seier Rn 21/158; Thomas FS Rieß S 795,800 ff. 139 LKISchünemann Rn 137 zu § 266 StGB; NKIKindhäuser Rn 168 zu § 266 StGB; M-G/B/Schmid Rn 31/137; S/S/Lenckner/Perron Rn 41 zu $ 266 StGB, die sämtlich einen Nachteil verneinen. Näher liegt hingegen bereits die Verneinung der Pflichtwidrigkeit. Deutlich enger T/Fischer Rn 73 aE zu S 266 StGB. 140 Vgl dazu oben § 15 Rn 43 ff. 141 BGH NJW 2003, 3717, 3718f; wistra 2003, 457, 458f; M-G/B/Schmid Rn 31/126; NK/Kindhäuser Rn 163 zu S 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 45 zu § 266 StGB; T/Fischer Rn 61 zu S 266 StGB. 142 Vgl dazu unten Rn 100. 143 BGH wistra 2004,61 f; M-G/B/Schmid Rn 31/136. 144 BGH wistra 2000,136,137. Diese Problematik stellt sich zB bei der Verheimlichung von Vermögen der hessischen CDU in liechtensteinischen Stiftungen (Fall Kanther). 145 Vgl dazu oben $ 12 Rn 104. 146 Vgl dazu eingangs Rn 1. Bittmann

487

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

lässt sich mE eine Parallele zu Buchhaltungsgrundsätzen ziehen: Immer dann, wenn die tatsächlichen Umstände nach betriebswirtschaftlichen Kriterien zu einer Wertberichtigung bestimmter Bilanzpositionen zwingen (zB dubiose Forderungen; Abwertung der Lagerbestände nach Einbruch von Absatzmärkten etc) oder im Fall der Verbuchung zwängen, liegt ein bereits eine dem Nachteil gleichstehende konkrete Vermögensgefährdung vor. Der endgültige Eintritt des Nachteils stellt dann nur noch eine Änderung des Aggregatszustands dar, die strafschärfend zu berücksichtigen ist. Die Tat bleibt dieselbe. Ihre Vollendung tritt mit Beginn der konkreten Gefährdung ein, sie wird aber erst beendet, wenn sich der Nachteil vollständig realisiert.147 e)

Kausalität

41 Zwischen dem Missbrauch der auf einem der im Gesetz aufgeführten Verhältnisse beruhenden Befugnis bzw der Verletzung der Pflicht zur Betreuung fremden Vermögens und dem eingetretenen Nachteil muss eine Kausalbeziehung148 dergestalt bestehen, dass letzterer gerade auf den Verstoß gegen die konkret als solche qualifizierte Vermögensbetreuungspflicht149 zurückzuführen ist. 3.

Der subjektive Tatbestand

42 Anders als § 263 StGB für den Betrug verlangt § 266 StGB in subjektiver Hinsicht lediglich vorsätzliches Handeln. Bedingter Vorsatz genügt.150 Er kann häufig aus den Umständen und der Zielrichtung, aber auch aus dem Verheimlichen151 des Handelns geschlussfolgert werden. Das gilt insbes dann, wenn der Täter eigennützig handelte und die Tat zu seiner oder der Bereicherung ihm Nahestehender führte. Das sind bei Untreuetaten im Zusammenhang mit einer Insolvenz nur allzu häufig schon vor dem Zusammenbruch gegründete neue Unternehmen, welche mit den von der insolventen Gesellschaft ohne oder jedenfalls ohne marktgerechten Gegenwert übernommenen Aktiva, aber ohne die „sozialisierten" Verbindlichkeiten unter gleicher Führung, ggf allerdings unter Einsatz eines „Strohmanns",152 die früheren Geschäfte fortführen. In solchen Fällen ergeben sich beim Nachweis des Vorsatzes keine ernsthaften Schwierigkeiten. Gelegentlich wird verteidigungsseits das Vorliegen eines Irrtums vorgebracht und leider wird von manchen Gerichten ein solcher Einwand unnötig ernst genommen. Wer wie beschrieben handelte, der ging zielgerichtet und keineswegs ohne Bedacht vor. Er mag bestenfalls über das Verbotensein seines Tuns geirrt haben. Ein solcher, in der Praxis aber angesichts des Vorhandenseins oft sogar mehrerer (Rechts-, Steuer-, Wirtschafts- oder Sanierungs-)Berater kaum einmal wirklich zu bejahender Verbotsirrtum wäre jedenfalls leicht vermeidbar153 und könnte allenfalls zu einer minimalen Strafmilderung führen. 43 Auch wenn es nicht richtig ist, zu hohe Anforderungen an die Bejahung des Vorsatzes zu stellen, so darf das nicht etwa zu dem Missverständnis führen, der subjektive Tatbestand sei

147 BGH NStZ 2001,650f; wistra 2003,379,380. 148 NK/Kindhäuser, Rn 148 zu § 266 StGB, verlangt zusätzlich noch einen „Pflichtwidrigkeitszusammenhang". Er soll nicht bestehen, wenn der durch unterlassene Mehrung eingetretene Nachteil bei pflichtgemäßem Handeln ebenfalls eingetreten oder noch größer ausgefallen wäre. Damit würde aber unzulässigerweise hypothetischen Kausalverläufen eine ihnen im Strafrecht nicht zukommende Bedeutung beigemessen. 149 Vgl dazu oben Rn 8 ff und unten Rn 88. 150 Τ/Fischer Rn 77 zu S 266 StGB. 151 BGH wistra 2002,300 ff. 152 Vgl dazu oben $ 5 Rn 119 ff. 153 A/W/Sa'erRn 21/85.

488

Bittmann

Untreue, § 266 StGB

kaum einmal problematisch. Es ist nämlich sehr wohl erforderlich, den (bedingten) Vorsatz hinsichtlich jedes einzelnen Merkmals des objektiven Tatbestands festzustellen. So ist es zB keineswegs selbstverständlich, dass der Geschäftsführer bei einer finanziellen Transaktion zugunsten der Gesellschafter oder verbundener Unternehmen wenigstens damit rechnete, dass sie zur Überschuldung oder zu Liquiditätsschwierigkeiten führen würde. Das gilt auch im Vorfeld der Krise, wenn der GmbH etwa die Zahlungsunfähigkeit droht. Es ist zwar die Pflicht des Geschäftsführers, die wirtschaftliche Lage im Blick zu haben. Dass er diese Pflicht aber auch tatsächlich erfüllt hat, bedarf jedoch zunächst der Prüfung und dann der Feststellung. Im Einzelfall kann es durchaus sein, dass der Geschäftsführer damit rechnen durfte, dass die GmbH die Leistung verkraften würde und es nur deshalb nicht tat, weil sich etwa eine Forderung überraschenderweise als nicht einbringlich erwies. Der Vorsatz muss sich auch auf die Pflichtenstellung des Täters beziehen. Nicht erforder- 4 4 lieh ist allerdings die zutreffende rechtliche Einordnung. Das Bewusstsein einer irgendwie gearteten Pflichtverletzung genügt.154 Die Bejahung des Vorsatzes bei fremdnütziger Untreue verlangt den Nachweis des Be- 4 5 wusstseins der Pflichtwidrigkeit und unterliegt nach stRspr155 auch im Übrigen besonders strengen Anforderungen, weil es sich nicht sich von selbst versteht, dass der Handelnde einen Nachteil anrichten will, wenn er davon nicht profitiert. Die Motivationslage im Zeitpunkt des Handelns bedarf daher genauer Prüfung. Vorsatz ist aber nicht etwa nur dann gegeben, wenn der Täter aus Rache handelt. Wenigs- 46 tens dolus eventualis ist zB auch in solchen Fällen anzunehmen, in welchen der Täter das unvertretbare Risiko seines Handelns erkennt, die Gesellschafter aber nicht davon unterrichtet, weil er darauf vertraut, dass „alles gut gehen" und sich das Geschäft als höchst profitabel erweisen wird.156 Gleiches gilt bei eigenmächtiger Gewährung kurzfristiger Kredite, mit denen ein riskantes Eigengeschäft finanziert und aus dessen Gewinn die Darlehenssumme zurückgeführt werden soll. Hier kennt der Täter das Risiko und wälzt es ganz bewusst auf das von ihm zu betreuende Vermögen ab. Auch wenn er keinen Nachteil anrichten will, so nimmt er doch dessen Herbeiführung im Fall der Verwirklichung des Risikos bewusst in Kauf. Noch geringer sind die Anforderungen, die für die Annahme (bedingten) Vorsatzes fremdnütziger Untreue vorliegen müssen, wenn der Handelnde, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen, höhere als zulässige oder jedenfalls erforderliche Kosten aufwendet: Es darf ihm eben gerade nicht egal sein, wie hoch der Preis ist, weil er die Kosten halt nicht selbst tragen will. Besonderes Augenmerk ist auf das mögliche Vorliegen des subjektiven Tatbestands auch 47 dann zu legen, wenn die Verantwortlichkeit von Mitgliedern mehrköpfiger, arbeitsteilig organisierter Organe in Rede steht.157 In der Praxis ist es höchst selten, dass ein Beschuldigter zugesteht, dass er mit dem Eintritt 4 8 eines Nachteils rechnete und sich damit abfand oder dass ihm die (überhöhten) Kosten egal waren. Der Nachweis des subjektiven Tatbestands kann in solchen Fällen daher nur aus den Umständen des Geschäfts geschlossen werden. Häufig hilft bereits die Frage weiter, was sich der Handelnde für den Fall des Scheiterns vorgestellt habe, weil die Antwort darauf

154

T/Fischer Rn 77 zu § 266 StGB.

1 5 5 ZB BGH NJW 1 9 9 0 , 3 2 1 9 , 3 2 2 0 ; 1 9 9 1 , 9 9 0 , 9 9 1 ; 2 0 0 2 , 2 8 0 1 , 2 8 0 3 ; wistra 2 0 0 0 , 6 0 f ; 2 0 0 3 , 4 6 3 , 4 6 4 ; allg dazu ausf LKISchünemann Rn 151 ff zu $ 2 6 6 StGB; NK/Kindhäuser Rn 180 zu § 2 6 6 StGB; zu

Recht krit A/W/Seier, Rn 21/75 ff; S/S/Lenckner/Perron, Rn 50 zu § 266 StGB, und T/Fischer, Rn 78a zu

§ 2 6 6 StGB, die zutreffend darauf hinweisen, dass der objektiven Tatbestand nicht aufgrund erhöhter Beweisanforderungen an den subjektiven Tatbestand eingeschränkt werden kann. 1 5 6 τ ¡Fischer Rn 7 7 zu § 2 6 6 StGB. 1 5 7 Vgl dazu oben § 5 Rn 35 ff und 39 ff sowie unten Rn 81 ff.

Bittmann

489

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften hindeutet, dass dieses Risiko jedenfalls nicht er selbst tragen wollte. Das genügt. Auch dann, wenn der Beschuldigte von seinem Schweigerecht Gebrauch macht, bleibt nichts anderes übrig, als die Umstände zu ermitteln. Zeigt sich dann, dass der Handelnde eine Person ist, welche üblicherweise sachkundig, abwägend und bewusst zu agieren pflegt, so spricht nichts für bloßes unsorgfältiges Vorgehen und es liegt die Annahme wenigstens bedingten Vorsatzes so nahe, dass sie gerechtfertigt ist, falls es keine gegenteiligen Gesichtspunkte gibt. 49

Die irrige Annahme vorliegenden wirksamen Einverständnisses ist Tatbestandsirrtum, wenn sie sich auf das Einverständnis bezieht, 1 5 8 betrifft sie hingegen die Wirksamkeit, so handelt es sich um einen Verbotsirrtum. 4.

50

Vollendung, Beendigung, Verjährung

Eine Tat der Untreue in Form schadensgleicher Vermögensgefährdung wird vollendet mit Beginn der konkreten Gefährdungslage, zB dem Abschluss eines ungünstigen Vertrages. Beendigung tritt ein, wenn sich die Gefahr nicht realisierte. Mutierte hingegen der Untreuenachteil von der Gefährdung zu einem konkreten Schaden, dann bleibt die Tat dieselbe und wird erst mit dem Eintritt des gesamten Nachteils beendet. 1 5 9 Geht dem Eintritt eines Nachteils keine konkrete Vermögensgefährdung voraus, dann können Vollendung u n d Beendigung zusammenfallen. Die Beendigung folgt der Vollendung hingegen nach, wenn der Nachteil zunächst noch nicht in voller Höhe eintritt. Wird er erst durch m e h r e r e Ereignisse, zB sukzessiv, herbeigeführt, dann kommt es auf das letzte an. 1 6 0 Erst wenn sich der Nachteil vollständig realisiert hat, beginnt deshalb der Lauf der fünfjährigen Verjährungsfrist. Nach allgemeinen Regeln beginnt der Lauf der Verjährungsfrist gegen einen Teilnehmer grundsätzlich erst mit Beendigung der Haupttat. 161 5.

Die Strafe

51

Wie bei § 263 StGB beträgt der Strafrahmen für den Normalfall des § 266 Abs 1 StGB Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren.

52

Für benannte 1 6 2 oder unbenannte 163 besonders schwere Fälle 1 6 4 gilt über die Verweisung in $ 266 Abs 2 StGB der in § 263 Abs 3 S 1 StGB normierte Strafrahmen von Freiheitsstrafe zwischen 6 Monaten und 10 Jahren. Die in „kapitaler gesetzgeberischer Fehlleistung" 1 6 5 mitenthaltene Verweisung auf die Regelbeispiele des $ 263 Abs 3 S 2 StGB 1 6 5 entfaltet für die Untreue nur geringe Bedeutung. Einschlägig sind eigentlich nur die Herbeiführung eines Vermögensverlustes großen Ausmaßes, 167 §§ 266 Abs 2, 263 Abs 3 S 2 Nr 2 StGB, und das Anrichten wirtschaftlicher Not, 1 6 8 §§ 266 Abs 2, 263 Abs 3 S 2 Nr 3 StGB. Ersteres setzt den 158 Ύ¡Fischer Rn 77 zu § 266 StGB. 159 BGH NStZ 2001,650f; wistra 2003,379,380. 160 BGH NJW 2001,2102,2106; NStZ 2001,650; T/F/scfterRn 81 zu $ 266 StGB. 161 BGHSt 20,227,228; NStZ 2001,650; LKIJähnke Rn 15 zu § 78a StGB. 162 Zur Entkräftung der Indizwirkung eines Regelbeispiels vgl BGH NStZ-RR 2003,297. 163 Beispiel: Tatserie, BGH NStZ-RR 2003, 297 f (jede Einzeltat der Serie stellt einen besonders schweren Fall dar). Zur Gewerbsmäßigkeit vgl OLG Köln NStZ-RR 2003, 298 f (kennzeichnet nicht den Schuld-, nur den Strafausspruch; aA BayObLG NStZ-RR 2003,209 f). Sie besteht auch bei Handeln zum Zwecke der Tilgung bereits bestehender Verbindlichkeiten, BGH NStZ-RR 2003,297,298; wistra 2003,460,461. 164 S dazu allg Peglau wistra 2004,7 ff. 165 LKISchünemann Rn 177 zu § 266 StGB; ähnlich S/S/Lenckner/Perron Rn 53 zu $ 266 StGB. 166 Vgl dazu oben $ 15 Rn 64 ff. 167 Zum Inhalt vgl oben $ 15 Rn 67 und unten § 21 Rn 128. 168 Zum Inhalt vgl oben $ 12 Rn 358 f und $ 15 Rn 68. 490

Bittmann

Untreue, J 266 StGB

Eintritt, dh nicht nur die Gefährdung, eines Nachteils 169 nicht unter 50.000 € voraus.170 Letzteres wäre bei der GmbH-Untreue an sich immer zu bejahen, weil die Tat, abgesehen vom Fehlen der Zustimmung aller Gesellschafter außerhalb der Krise, nur dann unter S 266 StGB fällt, wenn sie die Existenz der GmbH gefährdet. Dies wäre unter dem Gesichtspunkt des § 46 Abs 3 StGB, dem Verbot, zum Tatbestand gehörende Umstände nochmals bei der Strafzumessung zu berücksichtigen, höchst bedenklich. Nach der Rspr des BGH reicht aber sowieso nur die Not einer natürlichen Person aus,171 so dass die Anwendung der §§ 266 Abs 2, 263 Abs 3 S 2 Nr 3 StGB nicht allein auf die Existenzgefährdung der GmbH selbst gestützt werden darf. Bedenklich, aber nach der Rspr 172 verfassungsgemäß ist auch die Schärfung gemäß § 266 Abs 2, 263 Abs 3 S 2 Nr 4 StGB bei Missbrauch der Befugnisse als Amtsträger, obwohl dieser Aspekt bei einem Handeln kraft behördlichen Auftrags bereits den Grundtatbestand konstituiert. Bedeutung haben va die zahlenmäßig aber durchaus seltenen Fälle, in denen ein hoher Schaden ab ca 50000 € nach einer Gesamtabwägung 173 einen unbenannten besonders schweren Fall begründet. Obwohl bei der Unterlassungstat 174 § 13 Abs 2 StGB analog anzuwenden ist, liegt eine 53 Strafmilderung mangels konkreter Schulddifferenz regelmäßig nicht nahe. 175 Anderes mag gelten, wenn der Täter ausschließlich passiv blieb und keinerlei Maßnahmen zur Verschleierung unternahm. 176 Eigenbereicherung darf strafschärfend berücksichtigt werden. 177 Das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht ist ein strafbarkeitsbegründendes 54 besonderes persönliches Merkmal iSd S 28 Abs 1 StGB.178 Die Strafe des Teilnehmers, also auch des Anstifters, 179 ist deshalb zu mildern. Beim Gehilfen erfolgt aber keine doppelte Milderung, wenn seine strafrechtliche Haftung als Täter nur am Fehlen der Vermögensbetreuungspflicht scheitert. 180 Das bloße Wissen eines Externen um die Untreue seines Verhandlungspartners ist noch keine Beihilfe dazu, auch wenn ihm dessen Tat wirtschaftliche Vorteile verschafft. Strafbar ist erst ein kollusives Zusammenwirken mit dem Pflichtigen. 181

169 BGH NJW 2 0 0 3 , 3 7 1 7 f f . 170 BGH NJW 2 0 0 4 , 1 6 9 ff; Peglau wistra 2 0 0 4 , 7 , 9 . 171 BGH wistra 2 0 0 1 , 5 9 . 172 BGH wistra 2 0 0 0 , 4 2 1 f. 173 BGH NStZ-RR 2002, 50 f; T/Fischer Rn 84 zu $ 266 StGB; sa S/S/Lenckner/Perron Rn 53 zu S 266 StGB; einschränkend BGH wistra 2003, 460, 461: Die Verwirklichung eines Regelbeispiels indiziere einen besonders schweren Fall, o h n e dass es einer P r ü f u n g bedürfe, ob der Sachverhalt überdurchschnittlich schwerwiege. 174 A/WISekr Rn 21/65 ff m i t Beispielen. 175 Τ/Fischer Rn 82 zu S 266 StGB; sa A/W/Seier Rn 21/69 ff. 176 BGH StV 1998,127. 177 Τ/Fischer Rn 82 zu S 266 StGB; aA S/S/Lenckner/Perron Rn 53 zu $ 266 StGB. 178 BGH NJW 1975,837. 179 BGH StV 1 9 9 5 , 7 3 m w N ; wistra 2 0 0 2 , 1 4 3 , 1 4 8 ; LK/Schünemann Rn 162 zu S 266 StGB. 180 Τ /Fischer Rn 80 zu § 266 StGB m N . Generell gegen doppelte M i l d e r u n g S/S/Lenckner/Perron Rn 52 zu S 266 StGB; wohl auch A/W/Seier, Rn 21/56 f, weil ein Vermögensbetreuungspflichtiger i m m e r Täter u n d nie bloßer Teilnehmer, also auch nicht n u r Helfer sein könne. Das ist zwar richtig, t r i f f t aber auf d e n nicht selbst Vermögensbetreuungspflichtigen gerade nicht zu. Ein solcher k a n n deshalb d u r c h a u s o h n e Tatherrschaft eine f r e m d e Tat fördern u n d vereint in diesem Fall beide Milderungsg r ü n d e in sich u n d seiner Tat. 181 Τ /Fischer Rn 80 zu § 266 StGB.

Bittmann

491

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

III.

Taugliche Untreuetäter in oder vor der Insolvenz

1.

Fremdheit

55 Von ausschlaggebender Bedeutung ist die Beschränkung der Vermögensbetreuungspflicht auf die Fürsorge für fremdes Vermögen. „Fremdheit" lässt sich sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter rein juristischen Gesichtspunkten verstehen. Je nachdem, für welche Alternative man sich entscheidet, gelangt man zu verschiedenen, ja teilweise gegensätzlichen Ergebnissen. Das zeigt sich va bei der Ein-Personen-GmbH. Bei wirtschaftlicher Betrachtung gehört sie zum Vermögen ihres Alleingesellschafter-Geschäftsführers. Danach wäre folglich das Vermögen einer solchen GmbH für den Geschäftsführer nicht fremd. Ein derartiges Verständnis hat aber nur noch rechtsgeschichtliche Bedeutung. 56 Heute ist es ganz hM, dass „Fremdheit" allein nach (zivil-)rechtlichen Kriterien zu beurteilen ist. 182 Maßgeblich dabei ist nur, ob es sich um das Vermögen einer eigenen, von der Person des Handelnden verschiedenen Rechtspersönlichkeit handelt oder nicht. Als Rechtsträger kommen dabei ausschließlich natürliche und juristische Personen, nicht aber sonstige Personenmehrheiten in Betracht. 57 Auch wenn in der Rspr der Zivilgerichte Personenvereinigungen bis hin zur BGB-Gesellschaft tendenziell eine immer stärkere eigenständige Handlungsfähigkeit zugebilligt wird und inzwischen selbst das StGB (zB in § 14) den - missverständlichen - Begriff einer „rechtsfähigen Personengesellschaft" aus § 14 Abs 2 BGB übernommen hat, so ändert das nichts daran, dass allein natürliche und juristische Personen im umfassenden Sinne selbständig Träger von Rechten und Pflichten sind. 58 Dementsprechend gilt es, zunächst zu klären, wer Träger des von einer Handlung betroffenen Vermögens ist. Nur dann, wenn allein das juristisch dem Handelnden zuzurechnende Vermögen berührt ist, ist das Merkmal „Fremdheit" zu verneinen. Das Vermögen anderer natürlicher oder juristischer Personen ist demgegenüber „fremd" iS des § 266 StGB. Bei Personenmehrheiten, die keine juristischen Personen sind, insbes also bei Personenhandelsgesellschaften und der BGB-Gesellschaft, ist deshalb nicht auf das Gesellschaftsvermögen als solches, sondern auf das Vermögen des bzw der Mitgesellschafter/-s abzustellen. Zu diesem zählt allerdings auch der ideelle Anteil am Gesellschaftsvermögen. Wird dessen Wert geschmälert, so liegt Untreue vor, wenn auch die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen zu bejahen sind. 2.

Der Einzelhandelskaufmann

59 Der Einzelhandelskaufmann kann sich in der Krise nur in Ausnahmefällen wegen Untreue strafbar machen, weil er nur auf eigene Rechnung handelt. Normale Kreditgeschäfte mit Banken oder Vorbehaltslieferanten begründen keine Vermögensbetreuungspflichten. Anders kann es aber im Fall enger wirtschaftlicher Zusammenarbeit mit Dritten liegen. Aber auch dann wird eine Vermögensfürsorgepflicht nur aufgrund besonderer Vereinbarung bejaht werden können, zB bei einer detaillierten Abrede über den Verwendungszweck eines aus Gewinnerzielungsabsicht gewährten Darlehens. In derartigen Fällen liegt allerdings meist bereits ein Eingehungsbetrug vor, so dass die Untreuehandlung keinen weiteren Schaden anrichtet. Ob sie dann bereits nicht einmal tatbestandsmäßig iS des § 266 StGB ist oder lediglich aus Konkurrenzgründen (zB als mitbestrafte Nachtat) zurücktritt, spielt in der Praxis so gut wie keine Rolle. 182 Vgl allg BGHSt 1,186,187f; A/W/Seier Rn 21/89 und 232; Gribbohm DStR 1991, 248; LK¡Schünemann Rn 125 a) zu S 266 StGB; NK¡Kindhäuser Rn 44f zu § 266 StGB (er weist zutr darauf hin, dass auch öffentlich-rechtliche Normen maßgeblich sein können); Radtke GmbHR 1998, 361, 362 ff;

SIS/Lenckner/Perron Rn 6 zu $ 266 StGB; τ[Fischer Rn 11 zu § 266 StGB; Wodicka S 192 ff. 492

Bittmann

Untreue, $ 266 StGB

3.

Die Personengesellschaft

In Personengesellschaften trifft den geschäftsführenden Gesellschafter (ebenso wie 60 einen Fremdgeschäftsführer) eine Vermögensbetreuungspflicht. Sie besteht allerdings nicht gegenüber der Personengesellschaft 183 als solcher, weil diese selbst dann einer juristischen Person nicht gleichsteht, wenn es sich um eine sog „rechtsfähige Personengesellschaft" iS des $ 14 Abs 2 BGB handelt. Die Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, besteht aber gegenüber den einzelnen (Mit-)Gesellschaftern. 184 Dazu gehören auch Kommanditisten bei der KG sowie stille Gesellschafter.185 Gleiches gilt bei der Gewährung eines partiarischen Darlehens.

4.

Die GmbH & Co KG

Bei der GmbH & Co KG186 ist idealtypischerweise der Alleingesellschafter der GmbH auch 61 deren Geschäftsführer, während die GmbH als juristische Person, vertreten durch ihren Geschäftsführer, Komplementärin und damit geschäftsführende Gesellschafterin der KG ist. Untreuerechtlich ist deshalb zunächst zu prüfen, ob der Täter als GmbH-Geschäftsführer in Bezug auf das GmbH-Vermögen oder als Organ der GmbH mit Bezug auf das Vermögen der KG handelte. Ferner ist zu klären, in wessen Vermögen der Nachteil eintrat. Untreue kann nur dann vorliegen, wenn der Täter als GmbH-Geschäftsführer deren Vermö- 62 gen oder die GmbH, vertreten durch den Täter als ihr Organ, das Vermögen der Kommanditisten minderte, weil nur in diesen Verhältnissen eine Vermögensbetreuungspflicht besteht. Handelt die GmbH, vertreten durch den Täter, so ist sie mit dem Eintritt eines Untreuenachteils bei der KG einverstanden. Das gilt auch für den Täter als Kommanditist der KG. Ist das Einverständnis allerdings unwirksam, so kann auch die GmbH selbst untreuegeschädigt sein, zB wenn ein Geschäft zur Zahlungsunfähigkeit der GmbH & Co KG führt und die Haftung der Komplementär-GmbH diese in ihrer Existenz gefährdet. 187 Dann hat der Täter der GmbH als deren Geschäftsführer und zugleich, für die GmbH als Komplementärin handelnd, der KG mit derselben Handlung einen Nachteil bereitet. So kann es zB liegen, wenn die GmbH sich in existenzgefährdender Weise für eine die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der GmbH & Co KG überfordernde Verbindlichkeit verbürgt. Der Täter haftet dann für den Nachteil, den er der GmbH bereitet hat, unmittelbar aus $ 266 StGB, und für den bei etwaigen personenverschiedenen Kommanditisten der KG angerichteten Schaden unter zusätzlicher Anwendung von § 14 Abs 1 Nr 1 StGB.188 Die genaue Funktion des Beschuldigten herauszuarbeiten ist nicht allein von theoretischer, 63 sondern von eminent praktischer Bedeutung, weil eine GmbH & Co KG keineswegs immer so einfach wie im idealtypischen Fall strukturiert ist. Sind an der GmbH zB mehrere Gesellschafter beteiligt, dann ist für die Frage eines etwaigen Einverständnisses mit der Schädigung des GmbH-Vermögens nicht allein auf die Zustimmung des Geschäftsführers abzustellen.

183 AA f ü r die kapitalistischen Personengesellschaften (zB G m b H & Co KG) Richter G m b H R 1984, 137,146. 184 BGHSt 34, 221, 222f; wistra 2003, 385, 387; A/W/Seier Rn 236ff; M-G/B/Schmid Rn 31/19, 33 u n d 35; S/S/Lenckner/Perron Rn 39 z u § 266 StGB; Ί/Fischer Rn 57 zu $ 266 StGB; W β/Köhler Rn 7/246. 185 Insoweit tendenziell abl OLG Karlsruhe wistra 1992, 2 3 3 , 2 3 4 . 186 Vgl d a z u BGH wistra 2003, 385, 387f; A/W/Saer Rn 21/245 f; Schoiz/Tiedemann Rn 26f vor S 82 GmbHG. 187 BGH wistra 2 0 0 3 , 3 8 5 , 3 8 7 f ; M-G/B/Schmid Rn 31/70. 188 A/W/Seier Kri 21/64.

Bittmann

493

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

5.

Kapitalgesellschaften

a)

Vertretungsberechtigte und Aufsichtsorgane189

64 Bei Kapitalgesellschaften haben auf jeden Fall der Vorstand (zB bei der AG190 und der Genossenschaft) und der Geschäftsführer der GmbH sowie der Liquidator191 eine Vermögensbetreuungspflicht zu erfüllen. Diese besteht gegenüber der juristischen Person als solcher. In bestimmten Fällen trifft auch die Mitglieder des Aufsichtsrats (etwa einer AG) oder - je nach Ausgestaltung der Satzung - des (fakultativen) Beirats einer GmbH eine Vermögensbetreuungspflicht.192 Das gilt etwa bei der Zustimmungspflichtigkeit riskanter Geschäfte, aber auch, und das ist für die Insolvenzlage häufiger relevant als es die Praxis beschäftigt, wenn es darum geht, Haftungsansprüche der Gesellschaft gegen Vorstand193 oder Geschäftsführung durchzusetzen, oder gegen deren schädigendes Handeln einzugreifen. b)

GmbH-Gesellschafter

65 Den GmbH-Gesellschafter trifft eine Vermögensbetreuungspflicht nur in ganz seltenen Fällen, dafür dann aber in bedeutendem Maße. 66 Soweit er sich im Wesentlichen auf das Erteilen von Anweisungen im Rahmen des § 37 Abs 1 GmbHG sowie auf Zustimmungsentscheidungen beschränkt und am Tagesgeschäft bestenfalls mitwirkt, es aber nicht betreibt, kann er sich lediglich wegen Beihilfe oder Anstiftung zur Untreue seitens des Geschäftsführers strafbar machen, weil ihn insoweit keine eigene Vermögensbetreuungspflicht trifft.194 67 So liegt es zB, wenn er, sofern er nicht Alleingesellschafter ist, den Geschäftsführer veranlasst, ihm, dem Gesellschafter, ihm nicht gebührende Vorteile aus dem Gesellschaftsvermögen zu gewähren195 oder wenn ein Mehrheitsgesellschafter außerhalb einer Krise der GmbH damit einverstanden ist, dass Waren auf Kredit geliefert werden, ohne dass ein (verlängerter) Eigentumsvorbehalt erklärt wird. Letzterenfalls liegt darin Beihilfe zur täterschaftlichen Untreue des Geschäftsführers, wenn beide von der Krise des Empfängers wissen, aufgrund derer die Bezahlung nicht zu erwarten ist. Die Strafbarkeit entfällt dagegen, wenn auch das Einverständnis der anderen Gesellschafter vorliegt. Fehlt dieses und weiß nur der Mehrheitsgesellschafter, nicht aber auch der Geschäftsführer von der existenzbedrohenden Krise des Empfängers, dann handeln beide, Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer, straflos, wenn die Leistung ohne die Krise einem ordnungsgemäßen

189 Z u m Fall Mannesmann/Vodafone vgl Rönnau/Hohn NStZ 2 0 0 4 , 1 1 3 ff. 190 Vgl z u r zivilistischen H a f t u n g Busse JURA 2000, 3 3 7 f f ; z u d e n verschärften A n f o r d e r u n g e n nach d e m KonTraG Altmeppen ZGR 1999, 2 9 1 f f ; Bieder NZI 2000, 514ff; Β ormanti NZI 1999, 389ff; Gernoth DStR 2001, 2 9 9 f f ; Götz NJW-Sonderheft f ü r Weber (2001) S 2 1 f ; Haas DZWIR 1999, 177ff; Lingemann/Wasmann BB 1 9 9 8 , 8 5 3 , 8 5 9 ; Mosiek wistra 2 0 0 3 , 3 7 0 f f ; Pahlke NJW 2 0 0 2 , 1 6 8 0 f f ; Reuter BB 2003, 1797ff; Windolph NStZ 2000, 5 2 2 f f ; z u weiterem Reformbedarf Reichert/Weiler ZRP 2 0 0 2 , 4 9 ff; z u r Pflichtenstellung in der Insolvenz vgl Hauptmann/Müller-Dott BB 2 0 0 3 , 2 5 2 1 ff. 191 OLG Dresden NZG 2 0 0 0 , 2 5 9 . 192 BGHSt 9, 203, 208 ff; OLG H a m m NStZ 1986, 119; sa BGHZ 64, 238 ff; A/W/Seier Rn 21/183; Βuchta/van Kann DStR 2003, 1665 ff; Henze NJW 1998, 3 3 0 9 f f ; Mosiek wistra 2003, 370, 374f; Scholz/ Tiedemann Rn 17f v o r $ 82 G m b H G ; Ί¡Fischer Rn 54 z u S 266 StGB. S auch oben § 7 Rn 146f. 193 BGH NJW 1997, 1926ff (dazu zB Henze NJW 1998, 3309ff; Kindler ZHR 162 < 1 9 9 8 > , l O l f f ) . D e m g e g e n ü b e r soll der Ermessenspielraum der Gesellschafterversammlung einer G m b H bei der Entscheidung über die E n t l a s t u n g eines Geschäftsführers deutlich weiterreichen. Selbst Straftaten s t ü n d e n einer E n t l a s t u n g nicht entgegen, obwohl d a m i t der Verzicht auf Schadenersatzansprüche v e r b u n d e n ist, OLG Köln NZG 2 0 0 0 , 1 1 3 5 ff. In ihrer krit A n m e r k u n g (S 1137) weist Grunewald darauf h i n , dass der BGH zuvor ebenso j u d i z i e r t hätte. Z u m UMAG-E vgl Roth BB 2 0 0 4 , 1 0 6 6 ff. 194 AA Gribbohm ZGR 1 9 9 0 , 1 , 2 1 . 195 Vgl OLG N a u m b u r g NZG 1 9 9 9 , 3 5 3 ff.

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Untreue, $ 266 StGB Geschäftsgang entsprochen hätte (zB innerhalb einer langjährig störungsfrei funktionierenden Geschäftsbeziehung oder an ein verbundenes Unternehmen): Dem Geschäftsführer mangelt es am Vorsatz, so dass eine Beteiligung des Gesellschafters am Handeln des Geschäftsführers aus Rechtsgründen nicht strafbar ist (vgl §$ 26, 27 StGB), 196 und die mittelbare Täterschaft des Gesellschafters führt nicht zu dessen Bestrafung, weil er mangels eigener Vermögensbetreuungspflicht kein tauglicher Täter ist. Ein Gesellschafter kann aber auch Täter einer Untreue sein. Das gilt nicht nur dann, wenn er faktischer Geschäftsführer 1 9 7 ist, sondern bereits dann, wenn er sich über das von einem Gesellschafter üblicherweise ausgeübte Maß hinaus aktiv und bestimmend am Tagesgeschehen als sog „aktiver (Mehrheits-)Gesellschafter" beteiligt. 198 Wann das der Fall ist, ist allerdings schwer zu bestimmen und im einzelnen noch nicht geklärt. Aus rechtssystematischen Gründen wird man aber nur der Geschäftsführertätigkeit nahekommende Aktivitäten von erheblicher Bedeutung genügen lassen können. Sie müssen deshalb entweder von einiger Dauer oder von erheblichem strategischen oder wirtschaftlichem Gewicht sein. Darüber hinaus trifft den Gesellschafter die untreuerelevante Pflicht, existenzgefahrdende Eingriffe zu unterlassen. 1 9 9 Weil diese Haftung von der Rspr (in Zivilsachen!) erst im Jahr 2001 entwickelt wurde, sind die Einzelheiten und sogar die wesentlichen Anwendungsfälle noch unklar. Untreue eines GmbH-Gesellschafters ist aber wohl jedenfalls dann zu bejahen, wenn er in der Gesellschafterversammlung an der Fassung eines existenzgefährdenden Beschlusses, zB einer Weisung an den Geschäftsführer, mitwirkt. Gleiches dürfte für eine dementsprechende Weisung des Alleingesellschafters gelten. Für die Konkretisierung der Anwendungsfälle kann auf Vorarbeiten in der Literatur zurückgegriffen werden. 200 Weil Gesellschafter die GmbH nicht vertreten, können sie von vorn herein bestenfalls den Treubruchtatbestand erfüllen, 201 soweit sie lediglich von ihren gesetzlichen Befugnissen Gebrauch machen. Handeln sie hingegen aufgrund einer ihnen von der Geschäftsführung erteilten (generellen, beschränkten oder Einzel-) oder aufgrund DuldungsVollmacht 202 , so kommen sie auch als taugliche Täter eines Missbrauchstatbestands in Betracht. Das GmbH-Vermögen ist, wiewohl es ihnen in ihrer gesellschaftlichen Verbundenheit wirtschaftlich zusteht, den Gesellschaftern gegenüber rechtlich selbständig und damit „fremd" iS des $ 266 StGB. Die GmbH hat gegen ihre Gesellschafter zwar kein unbeschränktes Recht auf Erhaltung ihrer Existenz. Schließlich dürfen sie jederzeit die Liquidation beschließen. Solange sie das aber nicht tun, genießt die GmbH jedoch gegen ihre

196 So für einen Aushöhlungsfall durch den undolosen, vom faktischen Geschäftsführer der Alleingesellschafterin angewiesenen Geschäftsführer BGH StV 2000,486 f. 197 So im Fall BGH NStZ 2003,545 f. Vgl auch oben $ 5 Rn 59 ff. 198 BGH wistra 1996, 344ff; Altmeppen ZIP 1997, 1173, 1182f; LK/Schünemann Rn 125 b) zu § 266 StGB; sa Scholz/Tiedemann Rn 3 5 zu § 84 GmbHG; Wodicka S 315 ff. 199 Vgl dazu unten Rn 106ff und allgemein oben $ 6 Rn 36ff und 67ff; Joecks, unten $ 31 Rn 13ff, bejaht in diesen Fällen eine täterschaftliche Untreue hingegen nur für den „aktiven Mehrheitsgesellschafter" iS von BGH wistra 1996, 344ff; ebenso ΒIQuedenfeldlRichter Rn 9/141 und 222; nach Schoiz/Tiedemann, Rn 17 vor S 82 GmbHG, trifft die Gesellschafter generell keine Vermögensbetreuungspflicht (und auch nicht im Konzern, Rn 23 und 25). Das OLG Rostock, ZIP 2004, 118 ff, dehnte die Treuepflicht auf den „mittelbaren faktischen Gesellschafter" aus, einen Ehemann, der anstatt seiner Ehefrau, die (formal?) Gesellschafterin war, handelte. Er war aber gewiss faktischer Geschäftsführer. Treugeber unterliegen als „mittelbare Gesellschafter" dem Rückzahlungsverbot des S 30 GmbHG (dazu unten Rn 109 ff), BGH ZIP 2004,263,264 mN. 200 ZB Gribbohm ZGR 1990, 1, 21 ff; Radtke GmbHR 1998, 361, 367f; grundlagend Wodicka S 249ff, inbes S 306 ff. 201 Gribbohm ZGR 1990,1,22; Radtke GmbHR 1998,361,368. 202 Diesbezüglich bejahen S/S/Lenckner/Perron, Rn 4 zu S 266 StGB, allein den Treubruchtatbestand. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Gesellschafter einen unter dem strafrechtlichen Schutz des § 266 StGB stehenden Bestandsschutz dergestalt, dass es diesen untersagt ist, die GmbH durch eigenes Handeln, Duldung des Handelns anderer Gesellschafter oder der Geschäftsführung in eine wirtschaftliche Lage zu versetzen, in welcher sie nicht mehr fähig wäre, ihre falligen Verbindlichkeiten zu erfüllen203 oder in der das Stammkapital nicht mehr ungeschmälert zur Verfügung stünde.204 Das GmbHG verbietet also die Liquidation „auf kaltem Wege".205 Es garantiert demnach zwar nicht die Existenz der GmbH, wohl aber deren Haftkapital.206 Vergleichbares wird auch für die Zeit nach einem Liquidationsbeschluss anzunehmen sein. Hier besteht zwar kein Bestandsschutz mehr, wohl aber ist das vorhandene Haftkapital insoweit geschützt, wie es zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger benötigt wird. 72 Diese Pflicht der Gesellschafter besteht der GmbH gegenüber, auch wenn sie ihnen letztlich im Interesse von deren Gläubigern auferlegt ist. Obwohl dieser Schutz den Gläubigern nur aufgrund der der Gesellschaft gegenüber bestehenden Pflicht der Gesellschafter zur Unterlassung existenzgefährdender Eingriffe, also mittelbar zugute kommt, spricht auch dies für die Fremdheit der von den Gesellschaftern zu wahrenden Vermögensinteressen.207 Soweit der Schutz reicht, handelt es sich für die Gesellschafter um nicht disponibles Fremdvermögen.208 73 Den Gesellschaftern obliegt kraft ihrer Gesellschafterstellung die Pflicht, dieses Vermögen ohne wirksamen Rechtsgrund nicht an sich oder Dritte auszuzahlen bzw auszahlen zu lassen. Da es ihnen im Übrigen freisteht, über das Gesellschaftsvermögen zu verfügen und sie auch eigenständig darüber zu befinden haben, wie sie ihre Pflicht zur Unterlassung existenzgefährdender Eingriffe zu erfüllen gedenken, genießen sie bei der Wahrnehmung dieser Pflicht die Freiheit zu selbständiger Entscheidung. Überdies bestimmt die Notwendigkeit, existenzgefährdende Eingriffe zu unterlassen, das Verhältnis Gesellschafter-Gesellschaft ganz wesentlich, ja prägt es. Aus all diesen Gründen handelt es sich deshalb um eine Vermögensbetreuungspflicht iS des Treubruchtatbestands.209 Gleiches gilt regelmäßig auch bei einem Handeln aufgrund Vollmacht, dann jedoch für den Missbrauchstatbestand. 74 Zivilrechtlich trifft den Gesellschafter eine weitergehende Treuepflicht auch gegenüber den Mitgesellschaftern. Eine solche hat der BGH210 sogar im Verhältnis von Aktionären untereinander bejaht. Derartige Treuepflichten erfüllen aber nicht die Voraussetzungen der Vermögensbetreuungspflicht iS des S 266 StGB. Ihre Verletzung ist deshalb jedenfalls nicht als Untreue strafbar.

203 BGH NJW 2001,3622 ff; Diem ZIP 2003,1283,1285. 204 So bereits Richter GmbHR 1984,137,144; sa Gehrlein NJW 2000,1089,1090; Hartmann GmbHR 1999,1061,1066. 205 Vgl dazu Höhle ZIP 2003, 1376, 1379ff; Keßler GmbHR 2002, 945, 949f; Wodicka S 252f mN. Ebenso oben S 6 Rn 70. 206 B/Quedenfeld/Richter Rn 9/141 und 224. 207 Hier zeigt sich, dass S 266 Abs 1 StGB mittelbar auch die Gläubiger des zu betreuenden GmbHVermögens schützt, vgl dazu bereits oben Rn 2. 208 Radtke GmbHR 1998,361,367. 209 Von BGH StV 2000, 486 f vor der Bremer-Vulkan-Entscheidung noch ohne nähere Prüfung verneint. Wie hier bereits Richter GmbHR 1984,137,144f; Tiedemann ZStrW 111 (1999), 693 ff; Wodicka S 292ff; widersprüchlich Fischer/Gasteyer NZG 2003, 517, 522, einerseits und 519 sowie 523 andererseits. 210 BGHZ 129,136,144 ff.

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Untreue, J 266 StGB

6.

Sonstige Vermögensbetreuungspflichtige

Taugliche Untreuetäter können wie zB Innenrevisoren 211 auch andere Mitarbeiter sein, 75 gehören sie zur Unternehmensleitung oder nicht. Maßgeblich ist jeweils die ihnen eingeräumte Pflichtenstellung. Hat sie selbständige Bedeutung, so können nicht nur Filialleiter, sondern selbst Erfüllungsgehilfen, zB einfache Arbeiter, treupflichtig sein.212 Die Vermögensbetreuungspflicht besteht in solchen Fällen nicht etwa gegenüber dem Delegierenden, sondern unmittelbar gegenüber dem zu betreuenden Vermögen, so dass es der Anwendung des § 14 Abs 2 StGB nicht bedarf.213 IV.

Der GmbH-Geschäftsführer als tauglicher Untreuetäter

1.

Grundsätzliches

a)

Der Alleingeschäftsführer

Ein häufiger Anwendungsfall der Untreue 214 bezieht sich auf das Verhältnis zwischen 76 dem Geschäftsführer 215 einer GmbH und dieser. 216 Begründet wird es durch Rechtsgeschäft, dem Abschluss eines Dienstvertrags, dessen Inhalt sowohl vom GmbHG ($§ 6 und 35) als auch dem Gesellschaftsvertrag beeinflusst und konkretisiert wird. Die Vertretungsbefugnis kann nach außen hin nicht beschränkt werden, § 37 Abs 2 GmbHG. Der Geschäftsführer ist gegenüber der GmbH vermögensbetreuungspflichtig, nicht aber gegenüber den Gesellschaftern. 217 Weil der Geschäftsführer die GmbH nach außen vertritt, § 37 StGB, kommt er als Täter des Missbrauchstatbestand in Betracht, wenn er für die GmbH nachteilige Geschäfte abschließt und durchführt oder für einen unzulässigen, wirksamen Vermögensabfluss sorgt. Zu beachten ist dabei allerdings, dass nicht jeder Verstoß gegen satzungsmäßige Bin- 77 düngen gemäß § 266 StGB strafbar ist. Untreue ist ein Vermögens- und kein Ungehorsamsdelikt. Darf zB der Geschäftsführer ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung lediglich Geschäfte mit einem Volumen bis zu 10000 € allein abschließen, dann handelt er zwar rechtswidrig, wenn er einen Vertrag über 50000 € schließt. Wirkt sich der Vertrag allerdings positiv auf das Gesellschaftsvermögen aus, so mangelt es an einem Nachteil und damit am Untreuetatbestand, es sei denn, der konkret erworbene Gegenstand ist für die GmbH nutzlos und kann auch nicht wieder mindestens zum Einstandspreis veräußert werden (zB ein großer Posten modischer Waren im Sonderangebot, welche in der laufenden Saison nicht mehr in nennenswertem Umfang abgesetzt zu werden vermögen und im Folgejahr als unmodern gelten und nur noch zu einem symbolischen Wert verkauft werden können). Auch die Überschreitung der Innenbindung einer Kontovollmacht ist ohne bewirkten Nachteil (zB bei Tilgung einer Verbindlichkeit) nicht strafbar. 218 Der GmbH-Geschäftsführer ist aber auch tauglicher Treubruchtäter, weil ihm kraft seiner 78 Funktion die Pflicht obliegt, für die Gesellschaft günstige Geschäfte abzuschließen und 211 Aldenhoff/Kuhn ZIP 2 0 0 4 , 1 0 3 , 1 0 4 f. 212 LK/Schunemann Rn 6 7 zu $ 266 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 13 zu § 266 StGB; z u m Filialleiter s BGH wistra 2 0 0 4 , 1 0 5 , 1 0 7 . 213 A/V//Seier Rn 21/61. 214 Zur Berechnung des Nachteils u n t e r Berücksichtigung der steuerlichen Folgen vgl Gratz/Müller, Die W i r t s c h a f t s p r ü f u n g 1 9 9 4 , 5 1 3 f f . 215 Der fehlerhaft bestellte Geschäftsführer steht d e m o r d n u n g s g e m ä ß b e r u f e n e n gleich, OLG N a u m b u r g NZG 1 9 9 9 , 3 5 3 , 3 5 5 raN. 216 Müller-ChristmannlSchnauder JuS 1998, 1080, 1081 f; Beispiele bei Langkeit WiB 1994, 64ff. Gleiches gilt f ü r den Vorstand von AG u n d Genossenschaft. 217 OLG H a m m ZIP 2 0 0 2 , 1 4 8 6 , 1 4 8 7 . S aber u n t e n Rn 94. 218 BGH wistra 2004, 25 f.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

er ihr keine Gewinnchancen verstellen darf.219 Vermag er zB bestimmte Waren zu einem bestimmten Preis zu bekommen, dann darf er sie nicht von einem anderen Lieferanten teurer beziehen, nur um diesem einen Gefallen zu tun. Va darf er das lukrative Geschäft nicht auf eigene Rechnung durchführen und den Gewinn privat einstreichen.220 Das schließt allerdings private Geschäfte im Tätigkeitgebiet der Gesellschaft nicht völlig aus.221 Die Möglichkeit, öffentliche Fördermittel zu erhalten, hat er zu nutzen.222 79 An der gesetzlich bestimmten Pflichtenstellung ändert es nichts, wenn der bestellte Geschäftsführer lediglich Strohmann223 ist.224 Treupflichtig ist auch der lediglich faktische Geschäftsführer.225 80 Eine für S 266 StGB ausreichende Vermögensbetreuungspflicht besteht auch im Fall der Ein-Personen GmbH, weil diese ebenso wie jede andere GmbH selbständig Trägerin von Rechten und Pflichten ist und ihr Vermögen nicht mit dem ihres Gesellschafter-Geschäftsführers gleichgesetzt oder auch nur diesem als eigenes zugerechnet werden kann. Das ist nicht nur st Rspr, sondern auch im Schrifttum ganz hM.226 Wegen der Personengleichheit von Gesellschafter und Geschäftsführer liegt dessen Handeln allerdings immer das Einverständnis des Gesellschafters zugrunde. Untreue kann der Geschäftsführer folglich nur dann begehen, wenn das Einverständnis unwirksam ist. Insoweit gelten die allgemeinen Regeln.227 b)

Mehrköpfige Organe und Arbeitsteilung

81 Bei mehrköpfigen Organen trifft grundsätzlich jedes Mitglied die volle Geschäftsführerpflicht: Grundsatz der Allzuständigkeit.228 Er gilt uneingeschänkt allerdings nur für Umstände, welche die Gesellschaft als Ganzes betreffen (zB Buchführungs- und Bilanzierungspflichten (im Grundsatz); Notwendigkeit, Insolvenzantrag zu stellen; aber auch bestimmte „wesentliche" Geschäfte wie Produkthaftung229) und hindert weder eine (horizontale) Arbeitsteilung noch beschränkte Ressortzuständigkeiten. Im Tagesgeschäft darf sich das Mitglied darauf beschränken, „seinen" Zuständigkeitsbereich ordnungsgemäß zu führen. Darüber hinaus treffen ihn aber ressortübergreifende Kontrollpflichten. Er muss sich deshalb auch ohne konkreten Anlass regelmäßig vergewissern, dass im zuständigen Ressort die die Gesellschaft als Ganzes treffenden Pflichten230 ordnungsgemäß erfüllt 219 KG NZG 2001, 129: Übertragung günstiger Mietverhältnisse auf eine andere Gesellschaft, in welcher der Geschäftsführer Prokurist war. Allerdings darf der Geschäftsführer private (Grundstücks-)Geschäfte abschließen und zwar auch in derselben Branche, in welcher die Gesellschaft tätig ist, BGH ZIP 1997,1063,1064; vgl dazu bereits oben Rn 33 sowie S 6 Rn 55 und 67. 220 BGH NJW 1986, 585, 586; 1989, 2687f; Busse JURA 2000, 337, 340f unter Hinweis auf § 88 AktG; Höhle ZIP 2003,1376,1378; Goette DStR 1998,1308,1309 unter Hinweis auf BGH DStR 1995, 695. 221 BGH NJW 1997, 2055 f für ein AG-Vorstandsmitglied unterhalb der Schwelle des S 88 AktG. Enger wohl oben $ 6 Rn 71. 222 OLG Hamm NJW-RR1999,1715 f. 223 Vgl dazu allg oben $ 5 Rn 119 ff. 224 BGH ZIP 2004, 263, 265; LK¡Schänemann Rn 125 b) zu $ 266 StGB; aA A/W¡Seiet Rn 21/222; SIS/Lenckner/Perron Rn 33 zu S 266 StGB. 225 LK/Schünemann Rn 125 b) zu § 266 StGB; vgl dazu allg oben $ 5 Rn 59 ff. 226 A/W/Seier Rn 21/232; LK/Schünemann Rn 125 a) zu S 266 StGB; M-G/B¡Schmid Rn 31/61; Scholz/Tiedemann Rn 15 vor § 82 GmbHG; Τ/Fischer Rn 11 zu $ 266 StGB. 227 Vgl dazu oben Rn 22 f und unten Rn 97. 228 Vgl dazu oben S 5 Rn 35 ff und 39 ff, auch $ 11 Rn 36; ferner Ransiek ZGR1999,613 ff. 229 Vgl grundlegend BGH NJW 1990,2560. 230 Eidam S 247 ff. Bei sonstigen Vorgängen, dh bei solchen, die nicht das Unternehmen als Ganzes betreffen, muss ohne besonderen Anlass keine ressortübergreifende (Kontroll-)Aktivität entfaltet werden, OLG Köln, NZG 2001,135,136.

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Untreue, $ 266 StGB

werden. Erfährt er dabei oder aber auf andere Weise von Unregelmäßigkeiten, so darf er sich keineswegs auf seine Ressortzuständigkeiten beschränken, sondern muss alles, was ihm eben möglich ist, daransetzen, entweder selbst die dem Organ als Ganzem obliegenden Pflichten zu erfüllen oder sie durch andere erfüllen zu lassen. Untreue begeht deshalb auch der Personalvorstand, der gegen ihm bekanntgewordene Produkthaftungsrisiken im Zuständigkeitsbereich des für die Technik zuständigen Vorstandsmitglieds nicht einschreitet (und umgekehrt). In solchen Fällen ist allerdings sehr genau zu prüfen, welche Zuständigkeiten bestanden, 82 wie sie gehandhabt und ob die verbliebenen Prüfungs- und Kontrollpflichten wahrgenommen wurden. In aller Regel bedarf es dazu neben Vernehmungen auch der Sicherstellung der Protokolle der Sitzungen des Gesellschaftsorgans. Sie können va Aufschluss über den Wissensstand der Organmitglieder geben und dienen daher wesentlich der Klärung des subjektiven Tatbestands. Es ist sehr genau zu prüfen, worin der Vorsatz des jeweiligen Beschuldigten bestand und ob er sich wirklich auf sämtliche Tatbestandsmerkmale bezog. Ein Mitglied des Vorstands oder der Geschäftsführung kann im Fall vertikaler Arbeits- 83 teilung auch dann als Täter belangt werden, wenn ein Nachgeordneter (zB ein Prokurist 231 ) ebenfalls deliktisch handelt (Täter hinter dem Täter).232 In solchen Fällen haftet der im Leitungsorgan Verantwortliche nicht notwendigerweise lediglich als Anstifter oder Helfer, obwohl es sein kann, dass er je nach den tatsächlichen Umständen nur als Beteiligter bestraft werden kann. Hatte er allerdings die „Fäden in der Hand", gestaltete er die Tatsituation, wenn vielleicht auch nur geistig oder iS des Schaffens einer günstigen Gelegenheit wesentlich mit, dann ist auch er (Untreue-)Täter. Es finden insoweit dieselben Grundsätze Anwendung, die der BGH in der Politbüroentscheidung233 für politische Leitungsgremien entwickelt hat. c)

Rollenmehrheit: Der Gesellschafter-Geschäftsführer

In der Praxis wird die Handhabung des Untreuetatbestands häufig als besonders schwierig 84 empfunden, wenn eine Person verschiedene Rollen einnimmt. Exemplarisch sei hier der Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH genannt. Bei einer solchen Konstellation gerät man va dann in Schwierigkeiten, wenn man die unterschiedlichen Pflichtenstellungen vermengt. Das gilt es, auf jeden Fall zu vermeiden. Die Bearbeitung wird wesentlich erleichtert, wenn man sich bewusst macht, dass es keine besonderen Rolle oder Funktion etwa des genannten Gesellschafter-Geschäftsführers gibt. Es ist für die rechtliche Bewertung immer nur und ausschließlich auf die Pflicht abzustellen, welche bei Ausübung einer bestimmten Rolle zu erfüllen ist: Handelte der Betreffende als Gesellschafter, dann hatte er (lediglich) die Gesellschafterpflichten zu erfüllen, auch wenn er daneben auch noch Geschäftsführer war, es sei denn, die Pflicht knüpft wie zB § 43a GmbHG, dem Verbot der Gewährung eines Darlehens aus dem Stammkapital, nicht an ein Handeln, sondern an die Person des Geschäftsführers an. 234 Wesentlich ist also in den Regelfällen, dass zunächst geklärt wird, in welcher Funktion der 85 Beschuldigte handelte. Das herauszufinden kann allerdings in tatsächlicher Hinsicht durchaus schon schwierig genug sein. Hinzu kommt die Rechtsfrage, ob zB ein Gesellschafter seine privaten Vermögensinteressen auch dann uneingeschränkt wahrnehmen darf, wenn sie im Widerspruch zu den von ihm als Geschäftsführer wahrzunehmenden wirt-

231 232 233 234

BGH NJW 2 0 0 1 , 3 1 2 3 ff. Eidam S 244 ff. BGH NJW 1 9 9 4 , 2 7 0 3 , 2 7 0 5 ff; zust Bottke FS Gössel S 235 ff; abl Donna FS Gössel S 261 ff. BGH ZIP 2004, 263, 264.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

schaftlichen Interessen der Gesellschaft stehen. Das ist im Grundsatz zu bejahen. Ausnahmen wird man allerdings dann machen müssen, wenn der Beschuldigte nicht mit „offenen Karten spielte", zB in der Beratung der Gesellschafterversammlung über die Zustimmung zu einem bestimmten Geschäft ein ihm bekanntes Risiko verschwieg, weil er aufgrund seines wirtschaftlichen Engagements beim in Aussicht genommenen Vertragspartner ein privates Interesse am Zustandekommen des Vertrags hatte. Das gilt insbes dann, wenn er dies den Mitgesellschaftern gegenüber ebenfalls nicht offenlegte. Das Einverständnis als Gesellschafter in eigene, als Geschäftsführer vorgenommene existenzgefährdende Eingriffe zB in das Stammkapital ist unwirksam.235

d)

Zeitliche Grenzen

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Die Vermögensbetreuungspflicht gegenüber der GmbH setzt nicht erst mit der Eintragung ein. Sie besteht bereits während des Bestehens der Vor-GmbH, also mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages,236 auch wenn sich ein Verstoß erst nach Errichtung der GmbH, also ihrer Eintragung, nachteilig auf ihr Vermögen auswirken kann. Eine Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht in der Vor-GmbH kann deshalb als Untreue zum Nachteil der GmbH nur dann bestraft werden, wenn die juristische Person tatsächlich entstanden ist. Während der Zeit des Bestehens der Vor-GmbH, aber auch schon in der Vorgründungsphase können den Handelnden allerdings Treupflichten zugunsten der (Mit-)Gesellschafter treffen, deren Verletzung als Untreue zu deren Nachteil strafbar sein kann, auch wenn die GmbH als solche niemals errichtet wurde.

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Die Vermögensbetreuungspflicht endet frühestens mit der Vollbeendigung der juristischen Person, also nicht bereits mit der Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Abweisung eines Insolvenzantrages mangels Masse.237 Sie besteht also auch im von Gesetzes wegen nachfolgenden Liquidationsverfahren. 238 Eigennützige Transfers in das Privatvermögen (auch der Gesellschafter) zu Lasten der Gläubiger sind daher auch in diesem Stadium als Untreue strafbar.

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2.

Pflichtverstöße

a)

Abgrenzung zu nicht treuwidrigem Handeln

Das Vorhandensein einer Vermögensbetreuungspflicht bedeutet nicht, dass die Verletzung einer jeden den Geschäftsführer treffenden Verpflichtung als Untreue strafbar wäre.239 Hier wie allgemein gilt, dass für jede Einzelpflicht konkret zu prüfen und zu entscheiden ist, ob gerade sie die Voraussetzungen für die Annahme einer Vermögensbetreuungspflicht iS des S 266 Abs 1 StGB erfüllt oder nicht, 240 ob also ein innerer oder funktionaler Zusammenhang zwischen der Vermögensbetreuungspflicht und dem konkreten Handeln besteht. 241 Das führt auch dazu, dass sich mit der Pflichtenstellung während der verschiedenen „Lebens-"Phasen der juristischen Person der Inhalt der strafbewehrten Vermögensbetreuungspflicht wandelt. Den Geschäftsführer der werbenden GmbH treffen deshalb

235 M-G/B/Scftm/d Rn 31/61. 236 Im Einzelfall mag sie sogar schon in der Vorgründungsphase vorhanden sein. 237 Bittmann/Rudolph wistra 2000, 401 ff. Zum Zivil- und Gesellschaftsrecht oben $ 10 insbes Rn 1 und 10. 238 Vgl oben S 10, auch $ 12 Rn 157 und 220. 239 Vgl dazu allg bereits oben Rn 11. 240 Gribbohm DStR 1 9 9 1 , 2 4 8 , 2 4 9 . Vgl dazu allg oben Rn 8 ff. 241 S/S/Lenckner/Penon Rn 23 zu $ 266 StGB; Τ/Fischer Rn 38 und 40 zu § 266 StGB.

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Untreue, $ 266 StGB ganz andere Aufgaben als er zB nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erfüllen hat. 2 4 2 Auch der Liquidator, sei es nach Abweisung eines Insolvenzantrags mangels Masse, sei es nach einem unabhängig von einer Insolvenzlage getroffenen Liquidationsbeschluss, ist ebenso wie im Insolvenzverfahren der Eigenverwalter 243 tauglicher Untreuetäter.

Nicht jede das GmbH-Vermögen bewusst mindernde Handlung des Geschäftsführers 89 ist als Untreue strafbar. Wenn und weil die Gesellschafter einen Gewinnausschüttungsanspruch haben, ist ein Vermögenstransfer auf sie oder einen von ihnen nicht per se strafbar oder auch nur rechtswidrig. Das gilt selbstverständlich für gesellschaftsrechtlich ordnungsgemäß beschlossene Auskehrungen, aber im Fall des wirksamen 2 4 4 Einverständnisses der Gesellschafter trotz Verletzung gesellschaftsrechtlicher oder sonstiger Bestimmungen auch für einige darüber hinausgehende Fälle sog „verdeckter" Gewinnausschüttungen, kurz: vGA. 245 Eine solche liegt zB vor, wenn ein Gesellschafter dadurch Vorteile erhält, dass die Gesellschaft für seine Leistungen zu hohe Vergütungen (in welcher Form auch immer) erbringt oder er für Leistungen der Gesellschaft an ihn zu geringes Entgelt entrichtet. Derartige Vorteile haben eine steuer(-straf-)rechtliche Komponente, weil sie nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, sondern neben der Einkommensteuer beim Gesellschafter auch der Körperschaftssteuer unterliegen. 246 Untreuerechtlich geht es nicht (unmittelbar) um den Schutz der anderen Gesellschafter vor Minderungen ihrer Gewinnansprüche, 247 sondern nur um mögliche Nachteile der GmbH selbst, zB durch Verstöße gegen Kapitalerhaltungsvorschriften, insbes § 30 GmbHG. 2 4 8 Verdeckte Gewinnausschüttungen sind nur dann gemäß § 266 StGB strafbar, wenn sie entweder nicht vom Einverständnis aller Gesellschafter gedeckt sind oder das Stammkapital bereits nicht mehr ungeschmälert vorhanden ist oder durch die Ausschüttung angegriffen wird. Verdeckte Gewinnausschüttungen 249 liegen nicht nur dann vor, wenn an einen Gesellschafter ausgezahlte Gelder nicht verbucht oder dieser Mittelabfluss in der Buchhaltung verschleiert wird, sondern auch dann, wenn die Gesellschaft etwas (Dienste oder Waren) von einem Gesellschafter zu überhöhtem Preis erwirbt bzw ihm derartige Leistungen erbringt, welche er nicht oder nur teilweise entgilt (zB GmbH baut ohne Vergütung Haus des Gesellschafters, privater Erwerb aus Gesellschaftsmitteln finanziert, GmbH finanziert privates Personal des Gesellschafters, 250 GmbH begleicht private Schulden des Gesellschafters, 251 Forderungen an einen Gesellschafter werden weder bilanziert noch geltendgemacht 252 ). Gleiches gilt für Leistungen an verbundene Gesellschaften. Prüfungsmaßstab ist dabei der Fremdvergleich, also ob das Geschäft zu gleichen Konditionen auch mit einem fremden Geschäftspartner

242 Dazu App BuW 1999, 385, 386f; Hensj/er ZInsO 1999,121,122 ff; Uhlenbruck GmbHR 1995,195, insbes 205; zu den strafrechtlichen Folgen vgl Bittmann/Rudolph wistra 2000,401,402ff; aA S/S/Lenckner/Perroti Rn 23 zu $ 266 StGB. 243 LKISchtinemann Rn 47 zu S 266 StGB. 244 Zu den Folgen bei Unwirksamkeit vgl oben Rn 22 f und unten Rn 95. 245 Gribbohm ZGR1990,117 f. S allg oben § 6 Rn 12 ff. 246 ZB BGH ZIP 2003,1938 ff. 247 Vgl oben Rn 76; aA Beck'sches Handbuch der GmbH/Jung Rn 8/9: Beachtung der gesellschaftsrechtlichen Gleichbehandlung. S aber unten Rn 94. 248 Goette ZNotP 1998, 42, 51, vgl dazu oben $ 6 Rn 3 ff, § 7 Rn 74ff sowie unten Rn 109 ff und Rn 118ff; zum AktG vgl KG NZG 1999,16lfm Anm Mennicke. 249 Übersicht bei Wagner/Hermann, BB 1999, 608 ff, die allerdings die Modifikation von BGHSt 34, 379 ff durch BGHSt 35,333 ff nicht genug betonen. 250 Jeweils BGH NJW 1988,1397,1398. 251 Vgl BGH(Z) MDR1968,663 f. 252 BGH NJW 1989, 307 f. Bittmann

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abgeschlossen worden wäre. Besonders schwierig ist die Prüfung, wenn entweder die Verbindung (zB durch Treuhandverträge) verschleiert oder der Vorteil erst am Ende einer Leistungskette, evtl sogar unter Beteiligung fremder Unternehmen, bei dem verbundenen Unternehmen ankommt. Die Auszahlung von Gesellschaftsvermögen stellt bei Einverständnis sämtlicher Gesellschafter keine untreuerelevante Pflichtverletzung gegenüber der Gesellschaft dar, soweit die Dispositionsbefugnis der Gesellschafter gegenüber der GmbH reicht, also die Grenzen der §§ 30 f, 33,43 Abs 3,64 Abs 2 GmbHG und der Schutz vor existenzvernichtenden Eingriffen gewahrt sind.253 Ein Nachteil ist etwa dann zu verneinen, wenn Gelder im Vorgriff auf einen Auszahlungsanspruch entnommen werden. Das gilt sowohl für bereits entstandene Gewinne, hinsichtlich derer lediglich noch kein Verwendungsbeschluss gefasst wurde, als auch für zukünftige Gewinne, die vorab ausgeschüttet werden dürfen, wenn sie sicher zu erwarten sind. Sind an der GmbH mehrere Gesellschafter beteiligt, so wird man allerdings verlangen müssen, dass der Abzug solcher Mittel offengelegt, zumindest zutreffend verbucht wird. Andernfalls wäre nämlich nicht gesichert, dass eine Verrechnung mit den zukünftig zu treffenden Gewinnverwendungsansprüchen auch tatsächlich stattfindet. Die Bereicherung auf Kosten der übrigen Gesellschafter wäre als Untreue (zum Nachteil der GmbH) strafbar.254 Bei zutreffender Verbuchung ist ein Nachteil hingegen selbst dann zu verneinen, wenn die übrigen Gesellschafter von der Leistung an den zB Gesellschafter-Geschäftsführer nichts wussten. Unterlässt er gleichwohl später die Anrechnung auf seinen Gewinnanspruch, dann begeht er allerdings nunmehr eine Untreuehandlung. Fehlt es am Einverständnis des Berechtigten oder ist es unwirksam, dann sind nachteilige Handlungen des Pflichtigen (zumindest: objektiv) ungetreu.255 Obwohl sie zunächst wirksam sind, soll nach der Rspr nur der Treubruchtatbestand in Betracht kommen, weil mangels Wirksamkeit der Einwilligung bereits das rechtliche Können fehle.256 Eine Vorabausschüttung trotz unsicherer Gewinnerwartung durch zB einen Gesellschafter-Geschäftsführer ist dann als Untreue strafbar, wenn sie in der Krise stattfindet, zu einer Gefährdung des Stammkapitals oder mangelnder Liquidität führt oder ohne Einverständnis der übrigen Gesellschafter stattfindet. In der ersten und dritten der genannten Alt ist der Nachteil bereits eingetreten, in der zweiten und vierten liegt hingegen lediglich ein Gefährdungsschaden vor. Selbst wenn also der Gesellschafter(-Geschäftsführer) nach Erstellung der Bilanz den vorab ausgeschütteten Betrag zurückgewährt, liegt darin lediglich eine allein für die Strafzumessung relevante, für den Tatbestand aber bedeutungslose Schadenswiedergutmachung. Entnimmt der Alleingesellschafter-Geschäftsführer außerhalb einer Krise der GmbH Mittel oder lässt sie sich der Alleingesellschafter von einem Fremdgeschäftsführer auszahlen, dann begeht er selbst dann keine Untreue, wenn eine ordnungsgemäße Verbuchung unterbleibt. Bei der GmbH tritt in solchem Fall zwar ein Vermögensnachteil ein. Der Liquiditätsentzug ist aber nicht als Untreue strafbar, weil er mit Einverständnis des (Allein-)Gesellschafters geschieht. Unberührt davon bleibt allerdings eine etwaige Strafbarkeit wegen

253 BGH NJW 1999, 2817, 2818; wistra 2003, 385, 387; 457, 460; NZG 2003, 528 mN. S bereits oben $ 5 Rn 23 ff, insbes Rn 27, sowie oben Rn 22 f. 254 BGH wistra 1 9 9 2 , 3 4 0 f . 255 Gribbohm Z G R 1 9 9 0 , 1 , 1 8 . 256 Τ /Fischer Rn 22 f zu § 266 StGB mN. Ob diese Einordnung überzeugend vorgenommen ist, erscheint deshalb als zweifelhaft, weil die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer nach außen hin nicht beschränkt werden kann. Nur im wirtschaftlichen Sinn handelt es sich zwischen Gesellschaftern und GmbH nicht um das Außenverhältnis.

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Untreue, $ 266 StGB Buchführungs- oder Bilanzierungsmängeln ($§ 283b Abs StGB oder 331 HGB) 2 5 7 und va wegen Hinterziehung von Körperschafts- und/oder Einkommensteuer. Die eigenmächtige Entnahme von Mitteln der GmbH durch den Fremdgeschäftsführer oder einen Mitgesellschafter-Geschäftsführer ohne Einwilligung aller (übrigen) Gesellschafter ist hingegen als Untreue strafbar. b)

Treuwidriges Handeln in u n d unmittelbar vor der Krise

Als Untreue ist es strafbar, 258 wenn eine verdeckte oder jedenfalls nicht auf einem ordnungsgemäßen Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafterversammlung, aber auch auf einem früheren ordnungsgemäßen Beschluss, der aber von der wirtschaftlichen Situation überholt ist, beruhende Ausschüttung zu einer konkreten Gefährdung der Existenz der GmbH führt. 2 5 9 Das ist dann der Fall, wenn sie entweder das Stammkapital (erstmals oder weiter) angreift ($ 30 GmbHG), 260 zu einer Überschuldung führt bzw eine solche vertieft 2 6 1 (auch während der Liquidation 262 ), der Gesellschaft notwendige Produktionsgrundlagen entzieht, 2 6 3 oder zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit bzw sonstige Liquiditätslücken bewirkt. 2 6 4 Letzteres liegt dann sehr nahe, wenn besonders hohe Entnahmen zu verzeichnen waren und die Insolvenz alsbald nachfolgte. 265 Dann bedarf es noch nicht einmal der Aufstellung einer Vermögensbilanz. 266 Eine entgegenstehende Weisung gesellschafterseits steht vorbehaltlich etwaiger Irrtümer einer Bestrafung ebensowenig entgegen wie das Einverständnis, weil beide wegen Gesetzesverstoßes unwirksam sind. 267 Die Ideen von (insbes: Gesellschafter-)Geschäftsführern, ihre eigene wirtschaftliche Zukunft aus den noch vorhandenen Mitteln eines insolventen Unternehmens zu finanzieren, sind

257 Scholz/Tiedemann Rn 15 vor $ 82 GmbHG. 258 Beispiele bei Gribbohm DStR 1991, 248; Mülkr-Oiristmann/Schnauder JuS 1998, 1080, 1081 ff; R adtke GmbHR 1998,311,314. 259 BGHSt 35,333,335 f; wistra 2000,18,19f (dazu Roth LM $ 823 BGB Nr 13); 2003,344,346, 385,387; BGH(Z)NJW 1999,2817,2818 (dazu G ehrlein NJW 2000,1089f); A/W/Sei'erRn 21/215ff (mit umfassender Dokumentation der Entwicklung der Rspr); Gribbohm ZGR 1990, 1, 18f; Scholz/Tiedemann Rn 15 vor $ 82 GmbHG (einschr aber Rn 21 aE); T/Fischer Rn 52 zu § 266 StGB; zum Zivilrecht vgl Hartmann GmbHR 1999,1061 ff; sowie oben $ 6 Rn 36 ff. 260 Einzelheiten unten Rn 109 ff. 261 BGH NJW 1990, 1730, 1731 f; KG NZG 2000, 1224, 1225; M-G/B/Schmid Rn 31/67; T/Fischer Rn 52 zu S 266 StGB. Vgl dazu allg oben $ 6 Rn 31. Das wird von einer späteren Entscheidung des BGH (wistra 1999, 381 ff) nicht in Frage gestellt, obwohl der Leitsatz zu Missverständnissen führen könnte: Der Untreuenachteil ist danach auf den Wert der freien Vermögenswerte einschließlich konkreter Erwerbsaussichten beschränkt, bezieht sich aber nicht auf die Belastung mit aufgrund der Haftungsbeschränkung sowieso nicht durchsetzbaren Verbindlichkeiten. In den Gründen stellt der 4. Senat aber klar, dass das nur für den Fall zutrifft, dass keine Aussicht auf Gesundung der GmbH besteht. Diese Rspr ist zudem für Fälle, in denen der GmbH konkrete Vermögenswerte entzogen wurden, von vorn herein ohne Bedeutung. 262 Vgl oben Rn 87 sowie § 10 Rn 10. 263 M-G/B/Schmid Rn 31/63. 264 BGHSt 35, 333ff; wistra 1996, 344, 347; NJW 2001, 3622ff; Gribbohm DStR 1991, 248, 249f. Radtke, GmbHR 1998,361,364, bejaht hingegen nur die von § 30 GmbHG normierte Grenze, das Verbot, Stammkapital auszuzahlen. Dem kann nicht gefolgt werden, weil es aus der Sicht der Gläubiger wesentlich auf die Sicherung der Liquidität ankommt. Selbst die Überschuldung ist als prognostizierte Zahlungsunfähigkeit zu verstehen, vgl dazu oben $ 11 Rn 53. Der Schutz des $ 30 GmbHG greift mit der Sicherung des vollen Stammkapitals sogar schon deutlich früher als bei Überschuldung ein. Wird daher die Liquidität in einer den Bestand der GmbH gefährdenden Weise geschmälert, dann liegt darin erst recht ein nach $ 266 Abs 1 StGB verbotener existenzgefährdender Eingriff. 265 BGH NJW 1989,112,113. 266 M-G/B/Schmid Rn 31/66. 267 Nachw bei T/Fischer Rn 52 zu § 266 StGB, der selbst aber aA ist, Rn 53; ähnlich S/S/Lenckner/ Perron Rn 21 zu § 266 StGB. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

teilweise durchaus phantasievoll, wie folgendes der Praxis entstammendes Beispiel zeigt: Das Privatfahrzeug finanzierte die „alte" Gesellschaft, die brauchbaren Teile der Geschäftsausstattung standen der Nachfolgerin ebenso zur Verfügung wie die von der „alten" Gesellschaft bezahlten ergänzenden Anschaffungen für die Ausstattung und das sonstige Anlagevermögen, Barvermögen und Kontoguthaben waren auf die „neue" Gesellschaft übertragen und den verbliebenen Gläubigern wurde mitgeteilt, dass sich die Kontonummer geändert habe - verschwiegen hatte der Beschuldigte, dass es sich um das Konto der Nachfolgegesellschaft handelte. Zusammen mit verheimlichten RückZahlungsverpflichtungen mehrerer in der Buchhaltung verschleierter Darlehen an den Geselschafter ergab sich auf die genannte Weise ein Gesamtschaden von ca 100000 € - und das bei einem kleinen, als Familiengesellschaft betriebenen Bauunternehmen! 9 9 Investitionen, die sich angesichts der Krise nicht amortisieren können, sind ebenfalls treuwidrig. Der Geschäftsführer spekuliert diesbezüglich häufig auf einen Unterwerterwerb aus der Masse für sein Nachfolgeunternehmen. 268 Der Tatbestand kann auch durch Unterlassen begangen werden. Dem Geschäftsführer obliegt es nämlich, mit Beginn der Krise, aber vor Eintritt der Insolvenzreife, mögliche Sanierungsmaßnahmen zu prüfen und durchzusetzen, 269 zB durch Anmeldung von Kurzarbeit. 270 Allerdings wird es in der Praxis sowohl schwierig sein, den Kausalitätsnachweis zu führen als auch den Untreuenachteil zu quantifizieren. Auch ein verfrühter Insolvenzantrag kann eine Untreuehandlung darstellen. 271 1 0 0 Jedenfalls in der Krise hat der Geschäftsführer auch dafür Sorge zu tragen, dass etwaige aus-

stehende Einlagen geleistet272 und an Gesellschafter gewährte Darlehen zurückge-

zahlt werden.273 Führen Buchhaltungsmängel dazu, dass Rechte der Gesellschaft nicht mehr durchgesetzt oder gegen sie geltend gemachte Ansprüche nicht mehr abgewehrt zu werden vermögen, so ist bereits die Manipulation der Bücher als Untreue strafbar wegen der konkreten Gefahr eines Rechtsverlustes.274 Darüber hinaus hat der Geschäftsführer zur Vermeidung eines Treubruchs in der Krise sein Gehalt entsprechend den verschlechterten wirtschaftlichen Bedingungen entweder selbst zu kürzen oder einem Kürzungsansinnen der Gesellschafter zu entsprechen. 275 Die Erfüllung bestehender, wenn auch schlecht beweisbarer Verbindlichkeiten stellt hingegen keinen Nachteil dar.276

2 6 8 Richter GmbHR 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 4 5 . 2 6 9 De AngelisfBodenbenner MDR 2 0 0 3 , 1145, 1 1 4 6 und 1 1 4 8 f ; ν Onciul S 3 1 ; Reuter BB 2 0 0 3 , 1797, 1 7 9 8 ; Roth S 2 4 5 , 2 5 3 f; Uhlenbruch GmbHR 1995, 81, 8 6 ; ders WiB 1 9 9 6 , 4 0 9 , 4 1 2 . S auch oben S 7 Rn 9 Iff. 2 7 0 BGH NJW 2 0 0 3 , 3 5 8 ff. 2 7 1 Roth S 2 4 6 ff. 2 7 2 BGH bei Herían GA 1958, 3 6 8 f ; Gribbohm DStR 1 9 9 1 , 2 4 8 , 2 4 9 ; ders ZGR 1990, 1, 18; Richter GmbHR 1 9 8 4 , 1 3 7 , 1 4 5 ; Scholz/Tiedemann Rn 2 0 vor $ 8 2 GmbHG. 2 7 3 BGH ZIP 2 0 0 4 , 2 6 3 f f ; Richter GmbHR 1984, 137, 145. Gleiches gilt gemäß § 4 3 a S 2 GmbHG auch für Darlehen an Geschäftsführer. 2 7 4 BGHSt 20, 3 0 4 ; 33, 3 3 3 , 3 3 6 ; GA 1956, 3 6 3 ; wistra 1996, 184; NStZ 2 0 0 1 , 4 3 2 , 4 3 4 (abl dazu Mosenheuer NStZ 2 0 0 4 , 179ff); A/W/Seier Rn 2 1 / 1 6 9 ; Gribbohm ZGR 1990, 1, 17 mN; LK/Schünemann Rn 1 4 6 zu $ 2 6 6 StGB; NK/Kindhäuser, Rn 1 6 4 zu $ 2 6 6 StGB; S/S/Lenckner/Perron Rn 4 5 zu § 2 6 6 StGB; Τ/Fischer Rn 61 zu $ 2 6 6 StGB; sa Scholz/Tiedemann Rn 2 0 und 2 1 vor $ 8 2 GmbHG. Untreue scheidet jedoch aus, wenn der GmbH gar keine Forderung zusteht, BGH NStZ 2 0 0 3 , 5 4 5 , 5 4 6 . Aus der gläubigerschützenden Funktion der Buchführungs- und Bilanzdelikte schlussfolgert Haas, N Z I 2 0 0 4 , Heft 3, S Vf, dass sie den dogmatischen Kern der Rspr z u m existenzvernichtenden Eingriff bilden. 275 BGH(Z) DB 1988, 1 0 0 7 ; ZIP 1 9 9 2 , 1 1 5 2 ; BGH(Str) wistra 1995, 144; OLG Naumburg DB 2 0 0 4 , 1 7 8 f; Richter GmbHR 1 9 8 4 , 1 4 5 unter Hinweis auf BGH GmbHR 1 9 5 5 , 8 0 . S auch oben § 7 Rn 102. Die Kürzungsnotwendigkeit kann auch auf Verpflichtungen gegenüber externen Kapitalgebern beruhen, OLG Naumburg, NZG 1 9 9 9 , 3 5 3 , 3 5 4 . 2 7 6 BGH NStZ 2 0 0 1 , 4 3 2 , 4 3 4 mN (Es wäre ja auch noch schöner, Wahrheitsliebe zu bestrafen!).

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Konzernfälle

Konzernfälle 277 bereiten der strafrechtlichen Praxis besondere Schwierigkeiten. Das gilt zum einen in tatsächlicher Hinsicht. Aufgrund der Abhängigkeitsverhältnisse besteht zwischen den rechtlich selbständigen Konzerngesellschaften und ihrer „Mutter"(-gesellschaft) eine enge, sich häufig auch in der Personengleichheit der Organe oder deren Mitglieder wiederfindende Verbindung. Es ist deshalb nicht immer von vorn herein klar, für welche Gesellschaft dieselbe natürliche Person nun im konkreten Fall gerade tätig war. Die Verbindung der Konzerngesellschaften drückt sich zudem häufig in einer Vielzahl von Geschäften dieser Gesellschaften untereinander aus. Manche abhängige Gesellschaft wird nur deshalb gegründet oder erworben, weil sie eine bestimmte (zB Verwaltungs- oder Produktions-)Aufgabe im Gesamtkonzern erfüllen soll. Im Extremfall beschränken sich ihre sämtlichen Aktivitäten auf diese Aufgabe und sie schließt mit Dritten keinerlei Geschäfte ab. In Konzernfällen hat die Praxis deshalb häufig mit einer Vielzahl einzelner Transaktionen im Binnenbereich der Konzernunternehmen zu tun. Die strafrechtliche Verantwortung einzelner Personen für bestimmte Handlungen festzustellen, ist in solchen Fällen auch deshalb besonders schwer, weil es durchweg auf den genauen Stand verschiedener (nur) rechtlich selbständiger Vermögensmassen ankommt. Abhängige Konzerngesellschaften dienen ihrer Natur nach auch oder sogar vorrangig den Vermögensinteressen ihrer „Mutter". Gewinnverlagerungen, nicht marktgerechte Verrechnungspreise und Vermögensverlagerungen sind demnach Alltag in der Konzerngesellschaft und strafrechtlich nicht ohne weiteres relevant. Die Verschiebung von Vermögensgegenständen ist manchmal der wesentliche Zweck der Konzernierung und begegnet deshalb anders als die Fälle der Übertragung der Aktiva des vor der Insolvenz stehenden Unternehmens auf eine Nachfolgegesellschaft nicht von vorn herein (straf-)rechtlichen Zweifeln. Was den Gesellschaftern gesellschaftsrechtlich erlaubt ist, das dürfen die Geschäftsführer rechtmäßig und jedenfalls straffrei durchführen. 278 Der Geschäftsführer einer 100 %igen Tochter darf daher auf Weisung der Muttergesellschaft Vermögenswerte bis zur Grenze der Existenzgefährdung 279 auf diese übertragen. Verfügt die Muttergesellschaft dagegen lediglich über eine Mehrheitsbeteiligung, dann rechtfertigt ihr Einverständnis allein den nachteiligen Eingriff nicht. 280 Vielmehr gilt insoweit das Einstimmigkeitsprinzip. 281

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Die Rspr des 2. Zivil-, des Gesellschaftsrechtssenats des BGH, versuchte die Konzernfälle über ca 105 15 Jahre hinweg mit dem Tatbestand der Haftung im „qualifizierten faktischen GmbHKonzern" unter analoger Anwendung bestimmter Vorschriften des AktG zu lösen.282 Zeigte sie zunächst Tendenzen einer weiten Zustandshaftung, so verstand sie den Tatbestand ab 1992 nur noch als Haftung für ein Gesamtverhalten, welches keine ausreichende Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft genommen hatte. Als Untreue trafbar

waren derartige Eingriffe aber (und sind es noch immer) nur unter den allgemeinen Voraussetzungen eines Angriffs auf das Stammkapital bzw der Vertiefung einer Überschuldung oder bei Herbeiführung einer Liquiditätskrise oder gar der Zahlungsunfähigkeit. 283 Mit der Entscheidung im Fall des „Bremer Vulkan" nahm der BGH Abschied von dieser 106 Rechtsfigur und stellt jetzt nur noch darauf ab, ob das Bestandsintereresse der abhängi-

277 278 279 280 281 282 283

A/W/Seier Rn 21/247 ff; LK¡Schünemann Rn 128 zu § 266 StGB; M-G/h/Schmid Rn 31/113 ff. ScholzITiedemann Rn 23 vor § 82 G m b H G . Dazu s oben Rn 69 ff, u n t e n Rn 106 ff so wie ausführlich $ 3 1 i n s b e s R n 1 7 u n d 3 2 . Scholz ITiedemann Rn 23 vor S 82 G m b H G . Vgl d a z u oben Rn 21. Einzelheiten u n t e n $ 31 Rn 4 ff. Bittmann/Terstegen wistra 1 9 9 5 , 2 4 9 , 2 5 3 f; Wellkamp NStZ 2 0 0 1 , 2 1 3 ff.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

gen Gesellschaft verletzt wurde.284 Zwar haben weder die Gesellschafter noch (erst recht nicht!) die Geschäftsführer die Pflicht, eine bestimmte Kapitalausstattung der GmbH zu gewährleisten. Sie sind nicht verpflichtet, fehlendes Kapital nachzuschießen. Wohl aber dürfen sie, auch einverständlich das Kapital nicht schmälern, das zum Bestand der Gesellschaft erforderliches ist. Ihnen sind existenzgefährdende, erst recht existenzvernichtende Eingriffe verboten. Mit der neuen Rspr seit dem Urteil zum „Bremer Vulkan" stellte der BGH für den Geschäftsführer den Gleichklang der Zivilrspr mit der strafrechtlichen Judikatur her.285 Darüber hinausgehend kreierte er aber auch die Haftung der Obergesellschaft, also der (Allein- oder Mehrheits-)Gesellschafterin der abhängigen Gesellschaft im einstufigen Konzern. Bei Mehrstufigkeit wird die Haftung der „Konzernmutter" über die Beherrschung der Gesellschaften auf den verschiedenen Stufen vermittelt.286 Die Muttergesellschaft - und das gilt für jeden Gesellschafter auch außerhalb des Konzernrechts287 - trifft danach - und das ist das entscheidend Neue - eine eigene Treuepflicht zur Wahrung des Bestandsinteresses der abhängigen Gesellschaft.288 Weil sie der Konzernvereinbarung immanent ist und im Krisenfall die wesentliche Pflicht der Gesellschafterin darstellt, handelt es sich um eine Vermögensbetreuungspflicht iSd $ 266 StGB. Die Verantwortlichen der „Konzernmutter", im mehrstufigen Konzern auch diejenigen der Zwischengesellschaften, sind daher neben dem Geschäftsführer der abhängigen Gesellschaft taugliche Untreuetäter. Personenverschiedene Verantwortliche von Schwestergesellschaften, auf welche die Obergesellschaft Vermögen der abhängigen Gesellschaft transferiert hat,289 haften strafrechtlich dagegen nur wegen Anstiftung oder Beihilfe. 107 Nach der früheren Rspr hatte die abhängige Gesellschaft kraft Gesetzes einen Verlustausgleichsanspruch analog S 302 AktG gegen die Obergesellschaft. Ein solcher wird nach der neuen Auffassung des BGH jedenfalls aus §§ 823 Abs 2 BGB iVm 266 StGB in gleicher Höhe weiterhin zu bejahen sein.290 Er ist aber bei der Beurteilung der Nachteiligkeit eines das Bestandsinteresse der abhängigen Gesellschaft berührenden Eingriffs der Obergesellschaft grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.291 Es gelten insoweit dieselben Regeln wie fürjeden Schadenersatzanspruch nach Begehung eines Vermögensdelikts.292

284 NJW 2001,3622ff; aufrechterhalten und weiterentwickelt NJW 2002,1803 ff und 3024ff; nunmehr auch für das Strafrecht übernommen, BGH, Urteil vom 13.5.2004,5 StR 73/03 (Bremer Vulkan); sa OLG Jena GmbHR 2002,112,114f; OLG Karlsruhe ZIP 2003,2082ff; OLG Rostock ZIP 2004,118 ff; LAG Köln ZIP 2003, 1893 ff; schon früher ebenso Wodicka S 249 ff und S 306 ff; aus der Flut der dem Urteil in Sachen „Bremer Vulkan" nachfolgenden Veröffentlichungen s Altmeppen ZIP 2001, 1837ff; ders 2002, 961 ff; ders 1553ff; Benecke BB 2003, 1190ff; Bitter WM 2001, 2133ff; Burgard ZIP 2002, 827ff; Diem ZIP 2003, 1283ff; Drygala GmbHR 2003, 729ff; Fischer/Gastier NZG 2003, 517, 521 ff; Haas NZI2004, Heft 3 S Vf; Heidenhain LMK 2003,7f; Henze BB 2002,1011 ff; Höhle ZIP 2003,1376ff; Janert MDR 2003, 724; Jawansky DB 2003, 2757ff; Keßler GmbHR 2002, 945ff; Kiethe/Groeschke NZI 2001, 504ff; Lutter/Banerjea ZGR 2003, 402ff; dies, ZIP 2003, 2177ff; Nassall ZIP 2003, 969ff; Römermann/Schröder GmbHR 2001, 1015ff; Κ Schmidt NJW 2001, 3577ff; Ulmer JZ 2002, 1049ff; ders ZIP 2001, 2021 ff; Vetter ZIP 2003, 601ff; Westermann NZG 2002, 1129ff; Wilhelm NJW 2003, 175ff; und Wilhelmi DZWIR 2003, 45 ff; sa Scholz¡Tiedemann Rn 23 vor $ 82 GmbHG; zuvor bereits Röhricht FS BGH S 83 ff. Vgl dazu allgemein oben § 6 Rn 67 ff. 285 Ebenso unten S 31 Rn 31 f. 286 Schneider/Burgard FS Ulmer S 579ff. 287 Vgl dazu bereits oben Rn 69 ff mN. 288 Vgl dazu oben Rn 71. 289 Vgl dazu Rawer FS Ulmer S 493 ff. 290 Ebenso unten S 31 Rn 34 f. 291 Bittmann/Terstegen wistra 1995, 249, 253 f. Das Gleiche gilt für die Feststellung der Überschuldung, und zwar sowohl als Tatbestandsmerkmal des § 84 GmbHG als auch als solches des § 283 StGB. 292 Vgl zB Τ ¡Fischer Rn 93 zu § 263 StGB mN.

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Untreue, $ 266 StGB Eine Ausnahme gilt aber für den Fall, dass die Obergesellschaft zum einen ihre Einstandspflicht für den Fall, dass und soweit ein Eingriff von ihr zur Existenzgefahrdung der Tochtergesellschaft führt, dokumentiert (zB in der Konzernierungsvereinbarung, im Gesellschaftsvertrag oder in einer selbständigen Zusage an die Tochtergesellschaft) u n d eine entstandene Pflicht als Verbindlichkeit verbucht, dh passiviert. Es gelten insoweit die gleichen Überlegungen wie zur Passivierungspflicht kapitalersetzender Leistungen ohne Rangrücktrittserklärung. 293 Zum anderen muss dieser Ausgleichsanspruch werthaltig, also durchsetzbar sein, weil andernfalls bei der Saldierung doch eine Minderung des Vermögens der abhängigen Gesellschaft feststellbar ist. 294 Ferner kann es nicht genügen, wenn ein solcher Anspruch erst zum (späteren) Bilanzstichtag 2 9 5 entsteht, wie es § 302 AktG vorsieht. Vielmehr muss ihn die Obergesellschaft schon dann erfüllen, wenn dies zur Beseitigung der Insolvenzreife der abhängigen Gesellschaft erforderlich ist. Für die Praxis bedeutet das, dass für die Frage der Nachteiligkeit eines Eingriffs der Obergesellschaft immer dann, wenn es deswegen z u r Insolvenz der Tochtergesellschaft kam, ein etwaiger Schadenersatz- oder Ausgleichsanspruch a u ß e r Betracht bleiben muss. d)

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Untreue durch Auszahlung von Stammkapital, S 30 GmbHG

Die Auszahlung des Stammkapitals oder eines Teils davon entgegen $ 30 GmbHG 2 9 6 an einen Gesellschafter oder eine ihm nahestehende 2 9 7 (natürliche oder juristische) Person ist i m m e r (auch während der Liquidation 298 ) als Untreue strafbar. 299 Überwindet die GmbH ihre Krise ohne Rückführung des entgegen § 30 GmbHG Ausgezahlten, so ist das nur, aber trotz fortbestehenden Anspruchs 300 für die Strafzumessung relevant. Nach S 30 GmbHG ist nur der Geschäftsführer verpflichtet. Ein Prokurist kann aber in gleichem Maße nach den Grundsätzen positiver Forderungsverletzung zivilrechtlich und wegen Untreue strafrechtlich haften. 301

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In solchen Fällen ist zunächst zu prüfen, ob überhaupt eine „Auszahlung" iSd § 30 GmbH vorliegt. Obwohl der Begriff weit zu fassen ist 3 0 2 und nur durch den Erfolg, Eingriff in das Stammkapital, gekennzeichnet ist, wenn dieser denn auf unzulässige Weise herbeigeführt wurde, genügt nicht jeder Abzug von Liquidität.

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Jedenfalls in der Regel handelt es sich bei der Erfüllung ausgewogener vertraglicher Vereinbarungen gegenüber einem Gesellschafter nicht um verbotene Auszahlungen. 303 Buchungstechnisch gesehen liegt ein erfolgsneutrales Handeln vor, weil mit der Zahlung (= Verminderung der Aktivseite) auch die entsprechende Verbindlichkeit dazu (= Verminderung der

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293 Vgl dazu oben $ 11 Rn 88. 294 Bittmann/Terstegen wistra 1995, 249, 253; Schoiz/Tiedemann Rn 24 vor § 82 GmbHG; ebenso unten $ 31 Rn 34. 295 BGH NJW 2000,210 f: Entstehen nicht erst durch Feststellung der Bilanz. 296 Diese Vorschrift verdrängt zivilrechtlich die Bestimmungen der $S 134 und 812 ff BGB, BGH NJW 1997,2599 ff; vgl allg zu § 30 GmbHG oben $ 6 Rn 3 ff. 297 Beck'sches Handbuch der GmbHßung Rn 8/37 (zB Kinder, aber auch Treuhänder oder Hintermann). 298 Vgl oben Rn 87 und $ 10 Rn 10. 299 BGH wistra 1990, 99; 1996, 344, 347; LG Kassel ZInsO 2001, 1068 ff (ungesicherte Gewährung eines Darlehens der Komplementär-GmbH an die wirtschaftlich bereits so angeschlagene KG, dass der Rückgewähranspruch nicht mehr gewährleistet war); ScholzITiedemann Rn 15 vor S 82 GmbHG; Wodicka S 229 ff und 266 ff. 300 BGH NJW 2000,2577ff; DB 2003,2481,2482. Vgl dazu oben S 6 Rn 62. 301 BGH NJW 2001,3123 ff (dazu H-F Müller ZGR 2003,441 ff, insbes 454f). 302 UhknbruckWiB 1996,409,411. 303 Vgl zB OLG Dresden NJ 2003, 151 f: ausgewogener Vergleichsschluss; OLG Jena OLG-NL 2001, 18,19. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Passivseite) einhergeht, so dass eine solche Leistung keinen Einfluss auf die Stammkapitalziffer hat. Anders ist die Sachlage allerdings, wenn die Durchsetzung des Anspruchs aufgrund der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft gefährdet war,304 er also bei Aktivierung als dubiose Forderung hätte wertberichtigt werden müssen. In einem solchen Fall standen sich Leistung und Gegenleistung nicht mehr gleichwertig gegenüber. In dem Maße, in welchem die Leistung den wirklichen Wert überschritt, liegt deshalb eine Auszahlung iSd § 30 GmbHG vor. Auch der Verzicht auf eine zur Deckung des Stammkapitals erforderliche Forderung gegen einen Gesellschafter ist eine verbotene Auszahlung iSd S 30 GmbHG,305 ebenso die Leistung der Gesellschaft an einen Dritten für Rechnung eines Gesellschafters.306 112 Schon die Bestellung eines aufgrund von $ 251 HGB noch nicht bilanzwirksamen Sicherungsrechts am Vermögen der Gesellschaft für Verbindlichkeiten eines Gesellschafters (oder auch des Geschäftsführers, ja eines jeden Dritten) kann eine „Auszahlung" von Stammkapital darstellen.307 Sind nicht alle Gesellschafter mit der Belastung einverstanden, so liegt in ihr unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft eine Untreuehandlung. Liegt das Einverständnis aller Gesellschafter hingegen vor, so ist die Bestellung eines derartigen Sicherungsrechts für eine fremde Verbindlichkeit dann ungetreu, wenn mit dessen Inanspruchnahme zu rechnen ist und das Stammkapital entweder bereits angegriffen ist oder nach Geltendmachung nicht mehr vollständig vorhanden wäre.308 113 Ist eine Forderung eines Gesellschafters an die Gesellschaft gesichert, dann darf er nach den Regeln des Kapitalersatzrechts309 auf die bestellte Sicherheit, selbst wenn er sie rechtmäßig erworben hatte, nicht zugreifen, wenn das Stammkapital nicht mehr vollständig vorhanden ist oder soweit es aufgrund der Geltendmachung nicht mehr ungeschmälert zur Verfügung stünde. Die Inanspruchnahme der Sicherheit darf auch nicht zur Zahlungsunfähigkeit führen. Diese Restriktionen bei der Geltendmachung eines Sicherungsrechts gelten für externe Dritte nicht. Insoweit kann Untreue, wie ausgeführt, nur mit der ursprünglichen Bestellung des Sicherungsrechts begangen werden. Die strafrechtliche Praxis gelangt allerdings selten zu einer Verurteilung wegen solcher Handlungen, weil der erforderliche Nachweis, der Geschäftsführer habe bereits zu dem Zeitpunkt, zu dem er das Gesellschaftsvermögen zu Sicherungszwecken belastete, sowohl mit der Inanspruchnahme der Sicherung als auch damit gerechnet, dass zumindest danach Insolvenzreife bestehen werde, bestenfalls unter Überwindung großer Schwierigkeiten geführt werden kann. 114 Weiterhin ist zu prüfen, ob die Leistung das Stammkapital berührte. Nun ist es allerdings nicht etwa so, dass irgendwo das Stammkapital (zB auf einem Konto) aufbewahrt wird und es genügen würde, es unangetastet zu lassen. Das Stammkapital stellt kein Sondervermögen dar, sondern muss lediglich bei Errichtung gegenständlich, und das noch nicht einmal immer vollständig, vgl § 7 Abs 2 GmbHG, vorhanden gewesen sein und ist danach lediglich noch eine Rechengröße. Es genießt lediglich wertmäßigen Schutz.310 Das Auszahlungsverbot gem § 30 GmbHG stellt sich in der Praxis daher als Verbot von Auszahlungen bei - sei es schon zuvor, sei es jedenfalls danach - geschmälerter Stammkapital-

304 Vgl OLG Hamburg NZG 2000,839,840. 305 BGHZ 122, 333, 338; das soll nicht gelten, wenn ein solcher Anspruch aufgrund der vertraglichen Gestaltung zwischen der GmbH und dem Gesellschafter gar nicht erst zur Entstehung gelangte, BGH NJW 2000,1571 f; dazu ablehnend Altmeppen DB 2000,657ff. 306 BGH DB 2003,2481,2483. 307 Vgl zur Problematik KG NZG 2000, 479ff m Anm Kleindiek; OLG München NJW-RR 1999, 261; Diem ZIP 2003,1283ff; Fischer/Gasteyer NZG 2003,517ff. S dazu allg oben § 6 Rn 10 und 18. 308 Vgl dazu unten Rn 118ff und allgemein oben S 7 Rn 122ff. 309 Diem ZIP 2003,1283,1285 f. 310 BGH ZIP 2004,263, 264; Beck'sches Handbuch der GmbH/Jung Rn 8/8; Crezelitis FS Uhlenbruck S 619,623.

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Untreue, J 266 StGB

Ziffer dar. Weil aber bereits der Austausch liquider Haftungsmasse gegen eine zeitlich herausgeschobene schuldrechtliche Forderung die Vermögenslage der Gesellschaft und damit die Befriedigungsaussichten ihrer Gläubiger verschlechtert, ist im Fall der Unterbilanz die reale Substanz des Gesellschaftsvermögens zu wahren, so dass die Gewährung eines Kredits an einen Gesellschafter selbst im Fall der Werthaltigkeit des Rückforderungsanspruchs unzulässig und damit treuwidrig ist.311 Ob Stammkapital ausgezahlt wurde, ist deshalb häufig bereits in objektiver Hinsicht schwie- 115 rig zu entscheiden. Das gilt sowohl für den Geschäftsführer in der Handlungssituation als auch für die spätere (ex-ante-)Beurteilung - auch in subjektiver Hinsicht - in einem Ermittlungs- oder Strafverfahren. Hier ist die nachträgliche Aufstellung einer Bilanz 312 zum Geschehenszeitpunkt erforderlich, wenn die Tatsache, dass das Stammkapital nicht mehr ungeschmälert vorhanden war, nicht aufgrund anderer Umstände, zB einer vorausgehenden Jahresbilanz ohne vorhandene stille Reserven, festgestellt werden kann. Die bilanziellen Ansätze sind zwar zivilrechtlich ohne Veränderung maßgeblich. Es gelten also nicht die Erleichterungen wie beim Überschuldungsstatus. 313 Dafür, dies auf das Strafrecht zu übertragen, spricht, dass es diesseits der Insolvenzreife nur die Handelsbilanz ist, welche den Vermögensstand der Gesellschaft abbildet und nach der Konzeption des GmbHG mindestens das darin ausgewiesene Stammkapital den Gläubigern als Haftungsgrundlage zur Verfügung stehen soll. Gleichwohl wird man aber strafrechtlich zumindest stille Reserven zu den Aktiva hinzuzurechnen haben, weil deren Vorhandensein in einem zur Deckung des Stammkapitals genügenden Maße eine Gefahrdung der Gläubiger ausschließt.314 Der Ersatzanspruch aus $ 31 Abs 1 GmbHG 315 bleibt bei der Berechnung des Nachteils 116 außer Betracht. Der Geschäftsführer hat ihn aber unter Strafdrohung gem § 266 StGB einzufordern. Eine Aufrechnung ist analog § 19 Abs 2 S 2 GmbHG unwirksam. 316 Eine gleichwohl erfolgte Aufrechnung ist untreuerechtlich jedoch insoweit irrelevant, als sie zu einer Befreiung von einer durchsetzbaren Verbindlichkeit führte. Das ist zB dann nicht der Fall, wenn die Verbindlichkeit den Regeln des Kapitalersatzrechts unterlag. 317 Untreue wird man auch dann bejahen müssen, wenn der Geschäftsführer die Aufrechnung duldete, obwohl die GmbH liquide Mittel existenznotwendig brauchte. Der betroffene Gesellschafter haftet evtl als Helfer oder Anstifter. Nach der neuen, im Bremer-Vulkan-Urteil begonnenen Rspr 318 ist auch an eine täterschaftliche Untreue des Gesellschafters wegen existenzgefährdenden Eingriffs - sei es bereits durch den Abzug, sei es erst durch mangelnde Rückzahlung - zu denken. Wurde ein Gewinnverwendungsanspruch in ein Genußrecht des Gesellschafters umgewandelt und dies entsprechend verbucht, dann wird bei seiner Erfüllung ein externer Anspruch bedient, so dass zwar die Auszahlungssperre des S 30 GmbHG nicht greift, 319 meist aber die Regeln über den Kapitalersatz der Geltendmachung entgegenstehen werden. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Transfers auf einen Gesellschafter als Darlehen be311 BGH ZIP 2004, 263 ff. 312 Zu den A n f o r d e r u n g e n vgl Müller DStR 1997, 1577ff; dabei ist die A n n a h m e z u g r u n d e zu legen, die Sicherheit werde in Anspruch g e n o m m e n , Fischer/Gasteyer NZG 2 0 0 3 , 5 1 7 , 5 1 8 . 313 BGH NJW 1999, 3120, 3121 m N ; DB 2003, 2481, 2482 (dazu Karsten NJ 2004, 129); OLG H a m b u r g NZG 2000, 839, 840; Beck'sches H a n d b u c h der G m b H /Jung Rn 8/7; Crezelius FS Uhlenbrock S 619, 624; Fischer/Gasteyer NZG 2003, 517, 518; Keßler G m b H R 2002, 945, 949; Lutter/Hommelhoff Rn 14ff zu § 30 G m b H G m N . Der F i r m e n w e r t ist nicht zu berücksichtigen, OLG Celle BB 2 0 0 4 , 7 1 3 . 314 Vgl B/Quedenfeld/Richter, Rn 9/142, die auf den wahren wirtschaftlichen Wert is v o r h a n d e n e n Schuldendeckungspotentials abstellen, also die f ü r den Überschuldungsstatus maßgeblichen Regeln anwenden. 315 Vgl d a z u ausführlich oben $ 6 Rn 59ff. 316 BGH NJW 2 0 0 1 , 8 3 0 f ; abl Lange NJW 2 0 0 2 , 2 2 9 3 ff. 317 Vgl OLG H a m b u r g NZG 2 0 0 0 , 8 3 9 , 8 4 0 . 318 BGH NJW 2001, 3622 ff. 319 Lüfter FS DöllererS 3 8 3 , 3 8 7 f .

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften zeichnet werden. Untreue durch Angriff auf das Stammkapital kann gleichwohl vorliegen und zwar dann, wenn - wie meist - der RückZahlungsanspruch aufgrund der desolaten wirtschaftlichen Lage des Gesellschafters wertberichtigt werden muss. Überdies liegt Untreue vor, wenn das Darlehen der Gesellschaft zur Unzeit Liquidität entzog. 117

Fälle, in denen nur das Stammkapital iS des S 30 GmbHG angegriffen wird, beschäftigen die Praxis selten. Anders ist es hingegen, wenn hohe Entnahmen, oft in verschleierter Weise, nicht nur zum Unterschreiten der Stammkapitalziffer, sondern, damit verbunden, zum Eintritt der Krise führten. Noch häufiger sind die unmittelbaren oder phantasievoll gekennzeichneten Entnahmen zu einer Zeit, zu welcher das Stammkapital schon längst nicht mehr ungeschmälert vorhanden war. Hier zeigt sich die kriminogene Wirkung des sich abzeichnenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs: Solange mit dem Fortbestand des Unternehmens gerechnet wird, bleibt das Geld im Unternehmen. Muss aber mit dem alsbaldigen Ende gerechnet werden, so steigt die Versuchung, die Insolvenz des Unternehmens nicht zum persönlichen wirtschaftlichen Kollaps führen zu lassen.

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Ähnliche Erwägungen liegen dem Eigenkapitalersatzrecht zugrunde: Solange die Gesellschafter mit dem Fortbestand der Gesellschaft rechnen, sind sie bereit, die Liquidität der Gesellschaft erforderlichenfalls aus eigenen oder Mitteln nahestehender Dritter 3 2 0 sicherzustellen. Muss hingegen mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch gerechnet werden, so sind sie meist bestrebt, möglichst viele Vermögenswerte für sich, oft für ihre weitere wirtschaftliche Existenz zu sichern. Das Wesen eigenkapitalersetzender Leistungen besteht aber nun einmal gerade darin, der GmbH 3 2 1 als juristischer Person zur Sicherung der

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Untreue durch Rückzahlung von Eigenkapitalersatz

Stammkapitalziffer (zinslos) Mittel zur Verfügung zu stellen322 oder trotz Abzugsmöglichkeit 3 2 3 zu belassen, welche die andernfalls bestehende Notwendigkeit, einen

Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, beseitigen soll.324 Diese Bindung bleibt auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters bestehen. 325 Sie gilt auch in der Liquidationsphase. 326 119

Der mittlerweile in S 32a Abs 1 GmbHG legaldefinierte Begriff der Krise iS des Rechts des Kapitalersatzes geht allerdings weiter. 327 Er erfasst nicht nur die Fälle eingetretener Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung, sondern auch die bloße Kreditunwürdigkeit. 3 2 8 320 Auch diese fallen unter S 32a Abs 3 GmbHG, Beck'sches Handbuch der GmbH ¡Jung Rn 8/309 ff; zB die Ehefrau, BGH DB 1990, 2365, 2366; NJW 2000, 3278 f; OLG Frankfurt/Main GmbHR 2004, 53 ff (m abl Anm Blöse); das minderjährige Kind, BGHZ 81, 365, 367ff; eine von dem Gesellschafter beherrschte andere Gesellschaft, BGH NJW 1999, 2822f; DStR 1999, 510f m Anm Goette; NZI 2001, 136, 137; der stille, OLG Hamm NZI 2000, 599ff; aber auch der frühere Gesellschafter, BGH WiB 1996,428 f. Vgl dazu allg oben § 7 Rn 129. 321 Zur AG vgl LG Düsseldorf ZIP 2003,1856f; Lösler NJW 2000,564f. 322 Maßgeblicher Zeitpunkt ist der der Kreditzusage, nicht derjenige der Auszahlung, BGH NJW 1996,3203,3204. 323 BGH DB 2004, 1256ff; 1990, 2365; NJW 1998, 3200, 3201; Beck'sches Handbuch der GmbH/ Jung Rn 8/229 und 232. Wird ein Gesellschafterdarlehen unmittelbar nach Erkennen der Krise gekündigt, so darf es ohne rechtliche Hindernisse zurückgezahlt werden, OLG Köln, ZIP 2001,961 ff. Folge mag allerdings die Insolvenzantragspflicht sein. Die Überlegungsfrist darf 6 Wochen nicht überschreiten. Sie wird regelmäßig nur 3 Wochen betragen. Gleiches gilt bei Rückzahlung eines Überbrückungskredits, der von vorn herein keinen eigenkapitalersetzenden Charakter trägt, BGH NStZ 2003,545,546. 324 Ausführlich zur insolvenzrechtlichen Prägung des Kapitalersatzrechts Haas NZI 2001,1 ff. 325 BGH WiB 1996,428. 326 Vgl oben Rn 87 sowie $ 10 Rn 10. 327 AllgM, zB Boujong NZG 2003,497, 502. Indizien für und gegen die Annahme von Kapitalersatz im Beck'schen Handbuch der GmbH/Jung Rn 8/221. 328 BGH NJW 1997, 3171, 3172; 1999, 3120, 3121; LG Hildesheim GmbHR 2003, 1484 ff m Anm 510

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Untreue, § 266 StGB

Auch dafür ist allerdings nicht auf die Bilanzwerte abzustellen, sondern es sind ebenfalls mindestens die stillen Reserven aufzudecken. 329 Der Begriff der Krise iSd $ 32a Abs 1 GmbHG ist zudem nicht deckungsgleich mit dem 120 insolvenz(-straf-)rechtlichen Krisenbegriff.330 Letzterer umfasst zwar auch die drohende Zahlungsunfähigkeit. Eine Krise iSv S 32a Abs 1 GmbHG kann demgegenüber aber schon dann vorliegen, wenn weder das Stammkapital angegriffen ist, noch Zahlungsunfähigkeit droht, obwohl mindestens eines von beiden regelmäßig, aber eben nicht begriffsnotwendig, vorliegt. Ist für eine Risikoinvestition einer wirtschaftlich gesunden Gesellschaft auf dem Kapitalmarkt kein Darlehen zu erhalten, stellen ihr aber die Gesellschafter darlehensweise die gewünschten Mittel zur Verfügung, so handelt es sich dabei zwar um eine kapitalersetzende Leistung. Ihr Abzug ist aber strafrechtlich solange bzw wieder und in dem Maße möglich, wie die Gesellschaft auch ohne diese Mittel weder überschuldet noch zahlungsunfähig wäre oder eben dies werden würde. Von strafrechtlicher Bedeutung sind derartige - ungebundene 331 - kapitalersetzende Leistungen ebensowenig wie krisenunabhängig zugesagte oder gewährte Kapitalersatzleistungen vor Eintritt der Krise332. Das ändert sich aber mit dem Zeitpunkt, in welchem nur diese Mittel dem Zwang zum Insolvenzantrag entgegenstehen, also ohne sie entweder Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung vorläge. Die Regeln über den Kapitalersatz gelten kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung 121 nicht bei einer Minderheitsbeteiligung von bis zu 10 %, falls es sich nicht um einen geschäftsführenden Gesellschafter handelt, § 32a Abs 3 S 2 GmbHG, und auch nicht für zum Zwecke der Sanierung unter den in $ 32a Abs 3 S 3 GmbHG genannten Umständen gewährte Kredite. In den beiden letztgenannten Fällen sind die Darlehensgeber wie Fremdgläubiger zu behandeln. Die Rückzahlung dieser Darlehen ist deshalb nicht als Untreue strafbar. Sie sind aber uneingeschränkt zu passivieren. Das mindert ihre Sanierungsfunktion. Diese Minderung kann aber durch eine Rangrücktrittserklärung beseitigt werden, allerdings nur um den Preis mangelnder Rückzahlbarkeit. So gesehen laufen diese Teile des KapAEG333 und des KonTraG 334 ins Leere!

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Kapitalersetzende Mittel erfüllen denselben Zweck wie das (nicht mehr vorhandene) Stammkapital und nehmen deshalb an dessen Bestandsschutz in gleicher Weise teil. Die - direkte oder verschleierte - Rückgewähr unmittelbar kapitalersetzender Leistungen durch den Geschäftsführer335 an den nach Kapitalersatzregeln Gebundenen erfüllt deshalb regelmäßig 336 den Missbrauchstatbestand. 337

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Blöse; Kriterien dafür bei Schaut DStR 1 9 9 3 , 1 4 8 3 , 1488 f; die Notwendigkeit, Kredit bei einem Gesellschafter aufzunehmen, hat Indizcharakter, OLG Frankfurt/M NZG 2 0 0 0 , 5 4 6 , 5 4 7 . 3 2 9 BGH DStR 2 0 0 1 , 8 6 0 f m w N ; N J W 1 9 9 9 , 3 1 2 0 , 3 1 2 1 . 3 3 0 Vgl dazu allg oben § 6 Rn 2 und S 7 Rn 125 f. 3 3 1 Vgl Beck'sches Handbuch der GmbH/Jung Rn 8 / 2 0 2 und 2 3 5 ; s auch oben S 7 Rn 138. 3 3 2 Vgl dazu OLG München GmbHR 1 9 9 9 , 3 4 8 ff. 3 3 3 Vom 2 0 . 4 . 1 9 9 8 , BGBl I, 7 0 7 ; dazu zB Dorrte ZIP 1 9 9 9 , 1 2 ff. S a unten Rn 3 8 ff. 3 3 4 Vom 2 7 . 4 . 1 9 9 8 , BGBl I, 7 8 6 ; dazu zB Altmeppen ZGR 1999, 291ff; Bieder NZI 2 0 0 0 , 5 1 4 f f ; Bormann NZI 1999, 3 8 9 f f ; Gernoth DStR 2 0 0 1 , 2 9 9 f f ; Götz NJW-Sonderheft für Weber (2001) S 21 f; Lingemann/Wasmann BB 1998, 8 5 3 , 8 5 9 ; Pahlke NJW 2 0 0 2 , 1680ff; Windolph NStZ 2 0 0 0 , 5 2 2 f f ; zu beiden Gesetzen Haas D Z W I R 1 9 9 9 , 1 7 7 f f . S a unten $ 2 8 Rn 38ff. 335 Mangels Schadens keine Untreue ist es hingegen, wenn erst der Verwalter (zB durch anderweite günstigere Verwertung) bewirkt, dass der Gesellschafter von seiner aus den Regeln über den Eigenkapitalersatz folgenden Verpflichtung befreit wird, vgl aus zivilrechtlicher Sicht BGH DStR 1999, 1 4 0 9 sowie die Anm dazu von Goette DStR 1 9 9 9 , 1 4 0 9 f. 3 3 6 Ausnahmen sind denkbar, wenn trotz Krise das Stammkapital noch ungeschmälert vorhanden ist. Dann aber wird der Abzug von Liquidität regelmäßig zur Zahlungsunfähigkeit führen, so dass Untreue unter dem Gesichtspunkt des verbotenen existenzvernichtenden Eingriffs vorliegen wird. 3 3 7 Ebenso, aber die Alt offenlassend OLG München (Z), NZG 2 0 0 1 , 4 1 2 f (in einem Fall, in welchem

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

124 Anderes gilt aber bei Sicherheitsleistungen mit mittelbar kapitalersetzendem Charakter, 338 wenn zB ein Gesellschafter aufgrund einer rechtmäßigen Leistung der Gesellschaft an einen (Waren- oder Geldkredit-)Gläubiger von der ihm (dem Gesellschafter) diesem (dem Gläubiger) gegenüber bestehenden eigenkapitalersetzende Bürgschaft befreit wird.339 Der Gesellschafter muss dann zwar zivilrechtlich dafür einstehen und der Gesellschaft Leistungen in Höhe ihrer Zahlung an den Gläubiger erbringen.340 Der Geschäftsführer hat sich aber nicht etwa aufgrund der von ihm bewirkten Leistungsfreiheit des bürgenden Gesellschafters gegenüber dem Gläubiger gem $ 266 StGB strafbar gemacht: Die Gesellschaft, durch ihn handelnd, durfte ja schließlich den Gesellschaftsgläubiger befriedigen.341 Zudem ist der Gesellschaft kein Nachteil entstanden, weil sie aufgrund der Tilgungswirkung der Zahlung in gleicher Höhe von einer Verbindlichkeit befreit wurde. 125 Das bedeutet aber nicht etwa, dass der Geschäftsführer in solchen Fällen immer straffrei wäre. Er hat nämlich den Anspruch der Gesellschaft geltend zu machen, der aus entweder SS 32a, b GmbHG folgt oder aus der vertraglichen Sicherungsabrede mit dem Sicherungsgeber, der die Sicherheit zurückbekommen hat.342 Vor der Befriedigung des Gläubigers richtete sich dieser Anspruch der Gesellschaft auf Freistellung343, danach zielt er auf Erstattung 344 . Ist er werthaltig, so muss ihn der Geschäftsführer verfolgen. Vor der Leistung muss er versuchen, den Bürgen zur Zahlung zu veranlassen, danach muss er ihn auf Zahlung in Anspruch nehmen. Unterlässt er das, so erfüllt er damit regelmäßig345 den Treubruchtatbestand.346 Der (Regress-)Anspruch des Bürgen aus dem Grundverhältnis oder aus § 774 BGB ändert daran nichts. Er besteht zwar, ist aber solange nicht durchsetzbar, wie die Eigenkapitalersatzbindung wirkt. 126 Das Bestehen des Freistellungs- oder Erstattungsanspruchs hat zur Folge, dass er im Fall seiner Ernsthaftig- und Werthaltigkeit zu aktivieren ist. Im Idealfall gleicht er auf diese

der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH an sich selbst Forderungen der GmbH gegenüber Kunden zum Zwecke der Rückführung eines kapitalersetzenden Darlehens abgetreten hatte); BayObLG RReg 3 St 157/81 (Bankrott oder Untreue durch Tilgung eines kapitalersetzend verbürgten Kredits); Gribbohm DStR 1991,248,249; ders ZGR1990,1,7, je mN; Härtung NJW 1996,229,231 ff und 236; M-G/BIBieneck Rn 80/12; LK/Schünemann Rn 125c) bb) zu § 266 StGB; Richter GmbHR 1984,137, 141,147; Schoiz/Tiedemann Rn 20 vor $ 82 GmbHG; T/Fischer Rn 52 aE zu § 266 StGB; in der Begründung, nicht aber im Ergebnis abweichend Wodicka S 273 f; sa BGH NStZ 2003, 545, 546. Beck'sches Handbuch der GmbH¡Axhausen, Rn 15/132, hält hingegen unter SS 32a und b GmbHG fallende kapitalersetzende Darlehen ohne Differenzierung für jederzeit abziehbar (die zitierten Entscheidungen des BGH und des BFH stützen Axhausens Ansicht nicht), zutr aber Beck'sches Handbuch der GmbH/Jung Rn 8/202,238,248 und 250: Rückzahlung zwar nicht durch $ 32a Abs 1 GmbHG, wohl aber nach den sog Rsprregeln auch für unter SS 32a, b GmbHG fallende Gesellschafterleistungen verboten. NK¡Kindhäuser, Rn 106, behandelt diese Thematik im Rahmen seiner Ausführungen zum Treubruchtatbestand. 338 Vgl dazu Meyer-Löwy ZIP 2003,1920 ff. 339 AA Richter GmbHR 1984,137,141. 340 Vgl BGH DB 2004,1256,1258; GoetteDStR 1998,1308,1309 mN; Saenger GmbHR 1999,837ff. 341 AA Härtung NJW 1996,229,234f. 342 ΒIQuedenfeld/Richter Rn 9/150; M-G/B/Bieneck Rn 80/15; zum Zivilrecht vgl Κ Schmidt ZIP 1999, 1821 ff. 343 BGH NJW 1997,3171,3172; 1992,1166; 1987,1697,1698. 344 BGHNJW 1997,3171,3172. 345 Im Fall von Verschleierungshandlungen kann auch der Missbrauchstatbestand erfüllt sein, zB wenn die Gesellschaft durch ihren Geschäftsführer ein fremdfinanziertes, vom Gesellschafter aber verbürgtes Anlagegut trotz Eigenkapitalersatzcharakters an diesen - durchaus zum Marktpreis mit der Folge verkauft, dass der Gesellschafter von seiner Bürgschaftsverpflichtung befreit wird, anstatt die geleistete Summe als Bürgschaftsleistung ohne Gegenleistung in Empfang zu nehmen. 346 B/Quedenfeld/R ich ter Rn 9/150.

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Weise die zu passivierende, von einer kapitalersetzenden Leistung gesicherte Verbindlichkeit wieder aus. 347 In diesen Fällen steht folglich die nur entweder kraft Gesetzes oder aufgrund der Rechtsprechungsregeln kapitalersetzende Leistung im wirtschaftlichen Ergebnis bilanziell einer unmittelbar kapitalersetzenden Leistung mit Rangrücktrittserklärung gleich. 3 4 8 Beabsichtigt der (inbes Alleingesellschafter-)Geschäftsführer hingegen nicht, den Freistellungs- oder E r s t a t t u n g s a n s p r u c h zu verfolgen, dann ist das nicht nur untreuerelevant, 3 4 9 sondern hat außerdem zur Folge, dass er nicht aktiviert werden darf. Aufgrund der trotzdem bestehenbleibenden Passivierungspflicht der (gesicherten) Verbindlichkeit hat das wegen der für den Kapitalersatz konstitutiven Krise regelmäßig die Überschuldung der GmbH zur Folge. Die gleichwohl unterbleibende Insolvenzanmeldung ist nach S 8 4

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Indizien für die mangelnde Bereitschaft zur Verfolgung des Freistellungs- oder Erstattungsanspruchs sind die fehlende Aktivierung und die unterbliebene Offenlegung im Insolvenz(-eröffnungs-)verfahren. 351 Anhaltspunkte für die fehlende Werthaltigkeit bietet neben einer möglichen angespannten Finanzlage des Kapitalersatzgebers auch dessen fehlender Wille zur Anerkennung (und Erfüllung) seiner Verbindlichkeit. 3 5 2 Die strafrechtliche H a f t u n g des begünstigten Gesellschafters hängt davon ab, welche Rolle er bei der Rückgewähr spielte.

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War er bei der vom Geschäftsführer bewirkten Rückführung an sich selbst die treibende Kraft oder handelte er jedenfalls in Kenntnis sowohl der Kapitalbindung als auch der Folgen der Rückzahlung, dann ist er aufgrund des Verbots existenzgefährdender Eingriffe Mittäter einer Untreue. Führte er dagegen aufgrund einer ihm erteilten Vollmacht die Valuta in Eigenregie an sich zurück, so ist er Alleintäter. Ob der Gesellschafter nach der Entscheidung zum Bremer Vulkan bei der Rückgewähr von Kapitalersatz noch bloßer Teilnehmer einer Untreue des Geschäftsführers oder gar bei passiver Entgegennahme als notwendiger Teilnehmer völlig straffrei sein kann, dürfte zu verneinen sein, weil ihn eine Erfolgsabwendungspflicht trifft, soweit ihm diese zu erfüllen möglich ist. Deshalb dürfte Beihilfe oder Anstiftung selbst bei ausschließlicher Mitwirkung an der Rückgewähr zugunsten eines Mitgesellschafters zu verneinen und (Mit-)Täterschaft zu bejahen sein. Bei mittelbarem Kapitalersatz 3 S 3 kann der Gesellschafter schon dadurch eine strafbare U n treue begehen, dass er sich zu Unrecht weigert, den Freistellungsanspruch zu erfüllen, wohl wissend, dass die Gesellschaft auf diese Weise in ihrer Existenz gefährdet wird. Gleiches gilt, wenn er die Erfüllung des E r s t a t t u n g s a n s p r u c h s bewusst zu Unrecht ablehnt.

130

Eine dem Geschäftsführer gem § 37 GmbHG erteilte Weisung des Gesellschafters, nicht gegen ihn, den Gesellschafter, vorzugehen, ist jedenfalls dann unwirksam, wenn die Gesellschaft insolvenzreif ist oder es ohne die Leistung des Gesellschafters würde. Eine derart unwirksame - und dazu sogar regelmäßig selbst strafbare - Weisung führt nicht zur Straflosigkeit des Handelns des Geschäftsführers, wenn er sich an sie hält.

132

GmbHG350 strafbar.

347 Beck'sches Handbuch der GmbH/Jung Rn 8/219; auch M-G/BIBieneck Rn 76/14 und 80/31. 348 Vgl M-G/B IBieneck Rn 80/30 auch für den Fall der seiner Ansicht nach trotz Rangrücktritts zu passivierenden unmittelbar kapitalersetzenden Leistung. 349 Vgl oben Rn 125. 350 Vgl dazu oben § 11 Rn 18 ff. 351 B/Quedenfeld/Richter Rn 9/151. 352 ΒIQuedenfeldlRichter Rn 9/156. 353 Vgl oben Rn 124 ff. Bittmann

513

129

131

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

f) 133

Finanzplankredite

Werden der Gesellschaft Finanzplankredite zur Verfügung gestellt, so sind sie ebenfalls funktionelles Eigenkapital. Sie dürfen der Gesellschaft deshalb nicht ohne weiteres entzogen werden. 354 Trotz wirksamer Kündigung müssen sie der Gesellschaft aber nur dann belassen werden, wenn bei dieser andernfalls Insolvenzreife einträte. 355 In einem solchen Fall läge im Abzug eine gemäß § 2 6 6 StGB strafbare Missbrauchshandlung.

$ 17 Kreditbetrug, $ 265b StGB I. 1

Die Bedeutung der Vorschrift für die Praxis

Praktische Konsequenz erlangt die Strafbarkeit nach § 265b StGB im Insolvenzstrafrecht bereits zu Beginn der Krise eines Unternehmens. Hier hat der um Erhöhung der Liquidität und Abwendung der Insolvenz durch Kredite bemühte Unternehmer bei der (regelmäßig verlangten) Vorlage der Bücher über darüber hinaus eingetretene Verschlechterungen aufzuklären. Häufig verkannt wird hier aber, dass die Kreditvergabeentscheidung grundsätzlich Risiko des Kreditierenden ist, S 265b StGB gerade nicht dessen unternehmerisches Wagnis absichert. Liegen die Fakten das Unternehmen betreffend klar auf dem Tisch, fehlt es an dem erforderlichen Täuschungselement. Eine Strafbarkeit wegen Kreditbetrugs scheidet aus.

II.

Allgemeines

2

Rechtsgut des Kreditbetruges gem $ 265b StGB ist das Vermögen des Kreditgebers, welches bereits im Vorfeld des Betruges geschützt wird. 1 Ein überindividuelles Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft, dh an der Aufrechterhaltung von Grundregeln der Marktgerechtigkeit, ist allenfalls mittelbar geschützt. 2

3

Der Kreditbetrug gem $ 265b StGB erfasst nicht Kredite von oder an Private, sondern n u r solche bei denen sowohl Kreditgeber als auch Kreditnehmer Betriebe oder Unternehm e n sind. Maßgebend ist insoweit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Unanwendbar ist die Vorschrift deshalb, wenn einem Unternehmer ein Kredit zu privaten Zwecken gewährt wird, zB zur Anschaffung eines Privatwagens oder zum Bau eines Einfamilienhauses.

4

Durch Abs 3 Nr 1 der Vorschrift wird klargestellt, dass auch die Betriebe von freiberuflich Tätigen erfasst werden. Andererseits werden im Unterschied zu § 2 6 4 StGB Kleinbetriebe und kleine Unternehmen, welche nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordern, ausgeschieden 3 . Für den „in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb" sind Einrichtungen wesentlich, wie sie ein Kaufmann zum Zwecke ordentlicher und zuverlässiger Geschäftsführung schaffen muss 4 . Indi-

354 355

V Onciul S 88. BGH NJW 1999,2809 ff m Anm Altmeppen; dazu auch Κ Schmidt ZIP 1999,1241 ff.

1 Die Gegenansicht sieht mit dem Gesetzgeber des 1. WiKG als Rechtsgut (auch) die „Funktionsfähigkeit des Kreditwesens", vgl SIS/LencknerfPerron Rn 3 zu $ 265b StGB; LK/Tiedemann Rn 9f zu s 265b StGB; OLG Stuttgart NStZ 1993,545. 2 Ί¡Fischer Rn 3 zu § 265b StGB. 3 In Anlehnung an § 1 Abs 2 HGB. 4 Anders als $ 2 HGB kommt es nicht auf kaufmännische Geschäfte an. 514

Bittmann/Schulze

Kreditbetrug, § 265b StGB

zien sind vor allem die geordnete Kassen- und Buchführung einschließlich der Bilanzerrichtung und das Bestehen einer Bankverbindung.5 Im Einzelfall muss die Notwendigkeit einer entspr Einrichtungen nach Art und Umfang bestehen, wobei beide Kriterien kumulativ erfüllt sein müssen. Das Unternehmen, für welches der Kredit beantragt wird, muss mit den in Abs 3 Nr 1 ge- S nannten Eigenschaften bereits im Zeitpunkt der Antragstellung bestehen; dass ein entspr Betrieb erst geschaffen werden soll und der Kredit für diesen gedacht ist, genügt nicht, weil der Grund für die Beschränkung auf Betriebe gerade darin liegt, dass bei diesen die Prüfung der Kreditwürdigkeit mit wesentlich größeren Schwierigkeiten verbunden ist als bei einem Privaten oder einem Kleinbetrieb.6 Auf der Kreditnehmerseite genügt zur Erfassung von Schein- und Schwindelunternehmen auch ein vorgetäuschter Betrieb. In solchen Fällen wird darüber getäuscht, dass ein Betrieb iSd Abs 3 Nr 1 gerade nicht vorliegt. Der dem Schutzbereich des § 265b StGB unterfallende Kredit ist in Abs 3 Nr 2 legaldefi- 6 niert. Zu den Gelddarlehen gehören alle auf die Hingabe, zeitweise Belassung und Rückzahlung von Geld gerichteten Verträge unabhängig von Laufzeit und Verzinslichkeit, ob der Kredit als Personal- oder Realkredit, als Kontokorrentkredit mit vereinbarter Fälligkeit oder als Tilgungsdarlehen gewährt wird.7 Erfasst wird aber auch die Stundung einer Geldforderung. Dabei handelte sich um das auf einer Abrede beruhende Hinausschieben der Fälligkeit einer Forderung bei bestehenbleibender Erfüllbarkeit.8 Das gilt unabhängig davon, ob sie schon bei Vertragsschluss oder später vereinbart worden ist und ob sie auf bestimmte oder unbestimmte Zeit erfolgt.9 Da die Stundung jeder beliebigen Geldforderung genügt, ist auch die Einräumung eines Warenkredits erfasst.10 Eine bestimmte Höhe des Kredits ist dabei nicht erforderlich.

III.

Die Tathandlung

Tathandlung ist eine besonders qualifizierte Täuschungshandlung gem § 265 b Abs 1 Nr 1 7 und 2 StGB gegenüber einem Betrieb oder Unternehmen im Zusammenhang mit einem Antrag auf Gewährung, Belassung oder Veränderung der Bedingungen eines Kredits für einen Betrieb. Im Gegensatz zu § 263 StGB ist nicht erforderlich, dass die Täuschung tatsächlich zu einem entspr Irrtum geführt hat, insbes braucht es auch nicht zu der Kreditgewährung gekommen zu sein. 1.

$ 265b Abs 1 Nr 1 StGB

Abs 1 Nr la der Vorschrift erfasst die Vorlage von unrichtigen oder unvollständigen 8 Unterlagen betreffend die wirtschaftlichen Verhältnisse. Unterlagen sind neben den im Gesetz genannten sämtliche verkörperte Beweismittel, die gegenüber den Angaben im Kreditantrag eine unterstützende Funktion aufweisen.11 Sie sind unrichtig, wenn sie einen Sachverhalt wiedergeben, der keine Entsprechung in der Wirklichkeit findet. Unvollständig sind sie, wenn sie Teile des Sachverhalts weglassen, die üblicherweise und nach Erwartung

5 6 7 8 9 10 11

S/S/Lenckner/Perron Rn 10 zu $ 2 6 5 b StGB. S/S/Lenckner/Perron Rn 5 zu § 2 6 5 b StGB. LK/Tiedemann Rn 38 ff zu § 2 6 5 b StGB. BGH NJW 2 0 0 0 , 2 5 8 0 , 2 5 8 2 . Palandt/Heinrichs Rn 1 4 z u $ 271 BGB. S/S/Lenckner/Perron Rn 15 zu S 2 6 5 b StGB. Nur mündliche Falschangaben sind tatbestandlich nicht erfasst.

Schulze

515

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

des Kreditgebers gemeinsam mit dem mitgeteilten Sachverhalt hätten offengelegt werden müssen.12 im Unterschied zu SS 263, 264 StGB, die eine Täuschung über Tatsachen voraussetzen, können hier die unrichtigen Angaben über die wirtschaftlichen Verhältnisse auch in unrichtigen oder unvollständigen Bewertungen (zB in Bilanzen) bestehen. Häufig existiert gerade bei Bilanzansätzen ein verhältnismäßig breiter Gestaltungsspielraum. Hier kann der objektiven Tatbestand nur bejaht werden, wenn die Unrichtigkeit nach fachmännischem Urteil eindeutig ist, eine gegenteilige Auffassung also nicht als vertretbar erscheint.13 Anders als in SS 283 Abs 1 Nr 7a, 283b Abs 1 Nr 3a StGB und S 331 HGB werden durch S 265b StGB nur Verstöße gegen die Bilanzrichtigkeit und -Vollständigkeit, also sachliche Unrichtigkeiten, sanktioniert, nicht aber solche gegen die Bilanzklarheit. Beispiele für solche ergebnisverändernden Darstellungen sind das Einstellen falscher Posten14 wie die Aufnahme überhöhter oder nicht vorhandener Aktiva, das Weglassen von Posten, wie das Nichtaufführen von Verbindlichkeiten und die Vornahme bewusst unzutreffender Wertansätze.15 9 Abs 1 Nr lb erfasst schriftliche Angaben des Täters im Rahmen der Kreditvergabe. Eine körperliche Urheberschaft ist nicht erforderlich. In beiden Alternativen müssen Unterlagen oder Angaben vorteilhaft oder erheblich sein. Erheblich sind Unterlagen oder Angaben, wenn sie in generalisierender Betrachtung üblicherweise bei Anträgen dieser Art von Bedeutung sind.16 Dabei kommt es auf die Sicht eines „verständigen, durchschnittlich vorsichtigen Dritten" 17 an. Vorteilhaft sind Angaben, wenn sie bei objektiver ex-ante-Betrachtung die Entscheidung des Kreditgebers möglicherweise zu Gunsten des Antragstellers zu beeinflussen in der Lage sind. 2.

S 265b Abs 1 Nr 2 StGB

10 Die Tatbestandsalternative des Abs 1 Nr 2 sanktioniert als echtes Unterlassungsdelikt die unterbliebene Aufklärung über eine inzwischen eingetretene Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation bei der Vorlage von zu einem früheren Zeitpunkt angefertigten Unterlagen. Die Aufklärungspflicht gilt aber nur für eine Verschlechterung speziell der in den Unterlagen dargelegten wirtschaftlichen Verhältnisse, soweit sie für die Kreditgewährung erheblich sind. IV.

Vollendung, tätige Reue, Konkurrenzen

11 Die Tat ist vollendet mit Zugang der unrichtigen Unterlagen bzw Angaben. Eine Versuchsstrafbarkeit ist nicht normiert. Eine versuchte Täuschung über Tatsachen kann aber ggf von S 263 StGB erfasst werden. 12 Auf Grund der weiten Vorverlagerung des Handlungserfolges eröffnet S 265b Abs 2 StGB die Möglichkeit tätiger Reue bei vollendeter Tat. Dazu muss der Täter die Erbringung der beantragten Leistung verhindern. Dies ist zB bei einem Gelddarlehen nicht der Vertragsschluss, sondern erst die Auszahlung der Darlehenssumme, bei in Raten zu erbringenden

12 13 14 15 16 17

516

LK/Tiedemann Rn 5 5 z u § 265b StGB. Vgl T/Fischer Rn 2 1 zu § 265b; LK/Tiedemann Rn 68 z u $ 265b StGB. BGHSt 30, 285. Vgl LK/Tiedemann Rn 70 ff zu § 265b StGB. BGH wistra 1982, 71. BGHSt 3 0 , 2 8 5 , 2 9 2 ; sa BGH StV 2 0 0 3 , 4 4 4 f .

Schulze

Subventionsbetrug, S 264 StGB

Kreditleitungen der Zeitpunkt der ersten Leistung. Bei Stundungen oder der E i n r ä u m u n g von Warenkrediten genügt andererseits der Abschluss der entsprechenden Vereinbarung. Auf Konkurrenzebene tritt, wenn es zumindest z u m Versuch des Betruges k o m m t , § 2 6 5 b hinter S 2 6 3 StGB zurück. 1 8 Anders als bei S 2 6 4 StGB, der $ 2 6 5 b StGB verdrängt, handelt sich u m keine dem $ 2 6 3 vorgehende Sonderregelung. Das ergibt sich schon aus der geringeren Strafandrohung und daraus, dass $ 2 6 5 b StGB weder einen Schädigungsvorsatz noch einen tatsächlich eingetretenen Schaden voraussetzt oder letztgenannten auch nur mit abgölte.

13

Beim Zusammentreffen von Abs 1 Nr l a und b oder von Nr 1 und Nr 2 liegt nur eine Tat nach § 2 6 5 b StGB vor. Tateinheit ist möglich mit $§ 2 6 7 , 2 6 9 StGB, während mit §§ 3 3 2 und 3 3 4 StGB idR Tatmehrheit bestehen dürfte.

s 18 Subventionsbetrug, $ 264 StGB I.

Die Bedeutung der Vorschrift für die Praxis

Bedeutung im Insolvenzstrafrecht erlangt $ 2 6 4 StGB insbes in Förderfällen, in denen in einem Subventionsantrag über die Insolvenzreife eines Unternehmens - so es sich u m eine s u b v e n t i o n s e r h e b l i c h e T a t s a c h e handelt - getäuscht wird. Teilweise wird in Förderbescheiden der nachträgliche Eintritt der Insolvenz für subventionserheblich erklärt und so eine betrugsrelevante nachträgliche Mitteilungspflicht begründet. Nicht selten sind die Fälle, in denen im Subventionsbescheid als Förderungsvoraussetzung die E i n b r i n g u n g weiteren Kapitals durch den Beantragenden nachzuweisen ist. Dieses „geistert" aus Nachweisgründen kurzzeitig durch die Bücher, steht dem U n t e r n e h m e n aber real nicht zur Verfügung. In der Folge wird dann die Subvention zur Seite geschafft und „insolviert". Der Nachweis des Subventionsbetruges ist in der Regel wegen der im Allgemeinen vorliegenden umfangreich dokumentierten Fördervorgänge nicht schwer zu führen. Aufgrund des formalen Charakters der Vorschrift ist es aber im Ermittlungsverfahren ratsam, große Sorgfalt auf die Prüfung der s u b v e n t i o n s e r h e b l i c h e n T a t s a c h e n zu verwenden. Sind diese nicht h i n r e i c h e n d b e s c h r i e b e n oder e r k e n n b a r , k o m m t wegen der Täuschung (nur) eine Strafbarkeit wegen Betruges in Betracht. In der Praxis steht und fällt die Strafbarkeit nach § 2 6 4 StGB daher mit Gestaltung und Inhalt des Zuwendungsbescheids.

II.

1

1

Allgemeines

Der Missbrauch von Subventionsleistungen im Rahmen wirtschaftlicher Betätigung tritt immer häufiger zutage, so dass eher von einem allgemeinen Phänomen als von einem Ausnahmedelikt gesprochen werden kann. Gerade in der Krise des Unternehmens wächst der Anreiz, die fehlende Liquidität durch (unberechtigte) Subventionen auszugleichen. Z u m Schutz des Vermögens des Subventionsgebers wurde daher der Tatbestand des Subventionsbetrugs g e m § 2 6 4 StGB geschaffen. 1

3

Im Vergleich zu § 2 6 3 StGB ist die Strafbarkeit erheblich v o r v e r l a g e r t . Die Tat ist vollendet schon mit einer Täuschung durch Handeln oder Unterlassen, die Verwirklichung weite-

4

18

1

Die Gegenansicht nimmt Idealkonkurrenz an, vgl S/S/Lenckner/Perron Rn 51 zu § 2 6 5 b StGB.

ΎΙFischer Rn 2 f zu § 2 6 4 StGB.

Schulze

517

S18

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

rer Deliktsmerkmale ist nicht erforderlich. In subjektiver Hinsicht reicht bereits bloße Leichtfertigkeit aus (SS 264 Abs 1 Nr 1,2 iVm Abs 3 StGB). 5 Die Vorschrift gilt nur im Rahmen der Vergabe oder Verwendung von Subventionen, die in Abs 7 für das gesamte öffentliche Recht legaldefiniert werden. Nach $ 264 Abs 7 S 1 Nr 1 StGB ist Subvention eine Leistung aus öffentlichen Mitteln, dh eine geldwerte direkte Zuwendung an den Empfänger aus Mitteln der öffentlichen Hand, also von Bund, Ländern oder Gemeinden, außerhalb regelmäßiger Haushaltszuweisungen. Indirekte Subventionen durch Steuernachlässe wie Tarifermäßigungen und Abschreibungsvergünstigungen oder nach steuerrechtlichen Vorschriften gewährte Zahlungen werden strafrechtlich hingegen ausschließlich von den SS 370 ff AO geschützt. III.

Die Tatbestandsmerkmale

1.

Subvention

6 Die Leistung muss zunächst ohne marktmäßige Gegenleistung gewährt werden, die Gegenleistungsfreiheit kann ganz oder teilweise (zB Darlehen zu verbilligten Zinsen) bestehen. Hauptform der Subvention ist der sog verlorene Zuschuss, bei dem eine Geld- oder geldwerte Leistung ohne Verpflichtung des Empfängers zur Rückzahlung erbracht wird. Er findet sich vor allem in Bereichen, in denen es nicht um die individuelle Prüfung und Lenkung der Belange des Empfängers geht, sondern um Unterstützung eines großen Personenkreises. 2.

Leistungsempfänger

7 Als Leistungsempfänger werden ausschließlich Betriebe und Unternehmen erfasst.2 Damit scheiden kraft ausdrücklicher Regelung des Gesetzes Privathaushalte als Subventionsempfänger aus. Die sog Sozialsubventionen, zu deren Empfängern unterstützungsbedürftige Einzelpersonen wie Arbeitslose, kinderreiche Familien usw gehören, sind deswegen aus dem Anwendungsbereich des Tatbestandes ausgeschlossen, obwohl diese Subventionen teilweise auch der Wirtschaftsförderung dienen sollen. Dies gilt auch für alle arbeitsmarktbezogenen Zuwendungen der öffentlichen Hand. Der Begriff des Betriebes ist dabei nicht auf den Bereich der gewerblichen Wirtschaft beschränkt. Er umfasst auch Arzt- und Anwaltspraxen, Forschungseinrichtungen uÄ.3 Für das Vorliegen eines Unternehmens ist ausreichend jede auf eine gewisse Dauer angelegte organisatorische Zusammenfassung von sachlichen und persönlichen Mitteln mit dem Zweck der Hervorbringung von Gütern oder Leistungen materieller oder immaterieller Art.4 3.

Subventionserhebliche Tatsachen

8 Subventionserheblich sind solche Tatsachen, die der Subventionsgeber durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes als subventionserheblich bezeichnet hat ($ 264 Abs 8 Nr 1 StGB).5 Diese Bezeichnung muss angesichts der vielen Normativbegriffe des Subventionsrechts grundsätzlich der Tat vorausgehen. Der Pflicht des Subventionsgebers zur Bezeich-

2 LK/Tiedemann Rn 38 z u S 264 StGB. 3 SIS/Lenckner/Perron Rn 22 z u S 264 StGB. 4 LKISchtinemann Rn 54 z u $ 14 StGB. 5 Nicht ausreichend ist die B e n e n n u n g in Verwaltungsvorschriften, Richtlinien usw - BGHSt 44, 237.

518

Schulze

Subventionsbetrug, $ 264 StGB

nung der Subventionserheblichkeit einer Tatsache kommt eine große Bedeutung zu, da einerseits der Antragsteller die Vergabevoraussetzungen klar erkennen und andererseits der Subventionsgeber etwaige Täuschungshandlungen schnell und eindeutig feststellen können muss.6 § 2 Abs 1 SubvG verpflichtet daher den Subventionsgeber zu dieser ausdrücklichen Bezeichnung. Erfolgt sie erst nach Gewährung des Subvention, so kann bei Feststellung der Subventionserheblichkeit im Wege der Auslegung des Subventionsgesetzes $ 264 Abs 1 Nr 2 StGB einschlägig sein. 4.

Die Tathandlungen

Die Vorschrift des § 264 StGB beschreibt in Abs 1 Nr 1 bis 4 sich teilweise überschneidende tatbestandliche Handlungen. a)

9

$ 264 Abs 1 Nr 1 StGB

Strafbar ist nach § 264 Abs 1 Nr 1 StGB die Angabe unrichtiger oder unvollständiger Tat- 10 sachen, die für die Gewährung der Subvention von Bedeutung sind. Tatbestandlich sind dabei nur solche Angaben, die für den Täter oder einen anderen vorteilhaft sind.7 Damit werden unrichtige Angaben ausgeschlossen, die zu einer Verringerung oder Nichtgewährung der erstrebten Subvention führen. Im Tatbestand nicht ausdrücklich erwähnt, aber als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal anzusehen ist das Erfordernis, dass der Täter mit seinen Erklärungen vorspiegeln muss, die Angaben seien richtig bzw vollständig.8 Damit handelt derjenige nicht tatbestandsmäßig, der erklärt, er müsse bestimmter Angaben, die objektiv falsch sind, noch auf ihre Richtigkeit prüfen oder seine Angaben seien noch ergänzungsbedürftig. Dieser Überprüfungsvorbehalt muss aber deutlich erklärt sein. Unrichtig sind Angaben, die mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmen.9 Erfasst sind auch unvollständige Angaben. Nach $ 4 Abs 1 S 1 SubvG sind bei Gewährung von Subventionen des Bundes Scheingeschäfte und Scheinhandlungen unerheblich,10 so dass ihre Angabe als Nichtscheingeschäft und das Verschweigen des durch die Scheinhandlungen verdeckten Sachverhalts eine unvollständige und damit tatbestandsmäßige Angabe ist. Zu den subventionsrechtlich relevanten Scheingeschäften zählen zB der fiktive Export von Gütern zur Erlangung von EG-Ausfuhrerstattungen und Mehrwertsteuererstattung insbes an eine Scheinfirma. Als Täter kommen sowohl hier als auch bei Abs 1 Nr 4 neben dem Inhaber des Unternehmens vor allem seine Angestellten, aber auch außerhalb des Betriebs stehende Personen wie Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Berater der Landwirtschaftskammer in Betracht, sofern sie (für sich oder) „ f ü r " das Unternehmen Angaben über subventionserhebliche Tatsachen machen. b)

$ 264 Abs 1 Nr 2 StGB

Die Tatbestandsalternative des § 264 Abs 1 Nr 2 StGB erfasst bereits den bloßen Verstoß gegen eine Verwendungsbeschränkung des Subventionsgebers. Täter kann hier nicht nur der Subventionsempfänger, sondern auch ein Dritter sein, bei abgeleitetem Erwerb von Gegenständen iSv Nr 2 jedoch nur, wenn die Verwendungsbeschränkung fortbesteht. 6 OLG München NJW 1982,457 f. 7 BGHSt 34,270. 8 LK/Tiedemann Rn 80 und 86 zu S 264 StGB. 9 BGHSt 34,115. 10 Die Landessubventionsgesetze ordnen überwiegend global die Anwendbarkeit der SS 2 - 6 SubvG des Bundes an, Nachw bei LK/Tiedemann Rn 103 zu S 264 StGB.

Schulze

519

11

S 18 c)

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

S 264 Abs 1 Nr 3 StGB

12 Das Unterlassen der Aufklärung iSd $ 264 Abs 1 Nr 3 StGB ist ein Fall der Täuschung durch Unterlassen, da der Subventionsgeber über eine Tatsache in Unkenntnis ist. Der Täter muss auf Grund von Rechtsvorschriften zur Aufklärung verpflichtet sein. Solche sind insbes in $ 3 Abs 1 und 2 SubvG normiert. Die Regelung der Nr 3 findet erst Anwendung, wenn ein Antrag mit positiven Angaben gestellt ist, vor allem aber nach Abschluss des Subventionsverfahrens, wenn eine entspr Mitteilungspflicht nach dem SubvG besteht. Dies ist insbes der Fall bei Luft- und Karussellgeschäften, bei denen formelle Subventionsvoraussetzungen dem Subventionszweck zuwider künstlich geschaffen werden. Erfasst wird aber zB auch die Fehlleitung verbilligt erhaltener Ware oder der nachträgliche Wegfall der Vergabevoraussetzung von Flächenstillegungsprämien bei Neubewirtschaftung. Täter iS dieser Tatbestandsalternative kann nur der Subventionsnehmer sein, da $ 3 SubvG als in Bezug genommene Vergabevorschrift nur den „Subventionsnehmer" verpflichtet, dem Subventionsgeber unverzüglich die genannten Tatsachen mitzuteilen. 11 d) 13

$ 264 Abs 1 Nr 4 StGB

$ 264 Abs 1 Nr 4 StGB regelt einen Spezialfall der Täuschung durch aktives Tun. Bescheinigung ist jede schriftliche Äußerung eines anderen als des Täters, dessen Äußerung bereits von der Tatbestandsalternative der Nr 1 erfasst werden. Soweit sie eine Subventionsberechtigung bescheinigt, muss sie von einer Stelle stammen, die über die Berechtigung verbindlich entscheiden kann. Auch die Bescheinigung muss für den Subventionsnehmer vorteilhaft sein. IV.

Strafe, Regelbeispiele, tätige Reue, K o n k u r r e n z e n

14 Der Regelstrafrahmen des § 264 Abs 1 StGB sieht Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren vor. Darüber hinaus droht § 264 Abs 2 Nr 1 - 3 StGB für besonders schwere Fälle des Subventionsbetrugs eine erhöhte Strafe an und typisiert diese im Rahmen einer Strafzumessungsregel zum Zwecke der stärkeren Bindung des richterlichen Ermessens als Regelbeispiele. 12 Eine Subvention großen Ausmaßes, auf die Abs 2 Nr 1 abstellt, dürfte erst ab einer Größenordnung von ca 50000 € gegeben sein. 13 Hinzukommen muss, dass der Täter die Subvention entweder aus grobem Eigennutz oder unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege erlangt. Die Nrn 2 und 3 sanktionieren die Mitwirkung eines Amtsträgers, der seine Befugnisse missbraucht, an der Subventionsvergabe. Über die aufgeführten Regelbeispiele hinaus kommt ein besonders schwerer Fall zB in Betracht bei der Erschleichung extrem hoher Subventionen, auch ohne die zusätzlichen Voraussetzungen der Nr 1, bei einer besonders raffinierten Begehungsweise oder wenn sich der Täter durch die bestimmungswidrige Verwendung der Subvention erhebliche Wettbewerbsvorteile verschafft und dadurch andere schwer schädigt. 14 Abs 3 der Vorschrift enthält eine Qualifikation für die gewerbsmäßige Tatbegehung durch Bandenmitglieder.

11 12 13 14

520

Sonderdelikt, vgl BayObLG NJW 1982,2202. Vgl S 370 Abs 3 Nr 1 - 3 AO. ÍK/Tiedemann Rn 147 zu $ 264 StGB. S/S/Lenckner/Perron Rn 72 zu S 264 StGB. Schulze

Unterschlagung, § 246 StGB

Der Versuch des S 264 StGB ist nicht strafbar, da schon der Grundtatbestand die Strafbarkeit in den (abstrakten) Gefährdungsbereich vorverlagert und ein weitergehendes Strafbedürfnis nicht besteht. Vollendet ist die Tat nach Nr 1, sobald die falschen Angaben dem Subventionsgeber gegenüber gemacht sind, nach Nr 2, sobald die Leistung entgegen der Verwendungsbeschränkung tatsächlich eingesetzt wird, zum Beispiel durch Überweisung auf ein hierfür genutztes Konto. Das Unterlassungsdelikt nach Nr 3 ist vollendet, sobald bei bestehender Offenbarungspflicht die erste Möglichkeit verstrichen ist, die Pflicht zu erfüllen; Nr 4, sobald der Täter die Bescheinigung der zuständigen Stelle vorlegt, diese also Kenntnis nehmen kann. Beendet mit der Wirkung des Beginns des Laufs der Verjährungsfrist ist eine Tat nach Nummern 1, 2 und 4 mit der Erlangung der letzten auf der unrichtigen Angabe beruhenden Subventionsleistung oder bei endgültiger Versagung der Subvention. 15 Auf Grund der weitgehenden Vorverlegung der Deliktsvollendung sieht Abs 5 tätige Reue als persönlichen Strafaufhebungsgrund vor. Die Regelung entspricht konstruktiv den Voraussetzungen des Rücktritts vom beendeten Versuch, wobei an Stelle der Vollendung der Tat die Gewährung der Subvention tritt. Ist sie gewährt, so besteht kein Raum für tätige Reue mehr.

IS

Auf der Ebene der Konkurrenzen ist zu beachten, dass der Subventionsbetrug gegenüber $ 263 StGB einen Sondertatbestand darstellt, der dem allgemeinen Betrugstatbestand vorgeht. Ist S 2 6 4 Abs 1 StGB hingegen nicht anwendbar, liegen aber die Voraussetzungen eines versuchten oder vollendeten Betruges vor, so ist der Täter nach S 263 StGB zu bestrafen. Die zur wirksameren Bekämpfung der Subventionskriminalität eingeführte Vorschrift des § 264 StGB soll nicht durch eine Sperrwirkung zu einer Privilegierung des Täters in solchen Fällen führen, in denen zwar die Voraussetzung des Betruges, nicht aber die des Subventionsbetrugs gegeben sind. 16

17

16

Schwieriger ist die Abgrenzung zu § 370 AO. Unterliegt der in Frage stehende Sachverhalt einer steuerrechtlichen Regelung, so sind nur die $$ 370 ff AO einschlägig. $ 264 StGB scheidet schon auf Tatbestandsebene aus, da dieser bloße Ergänzung für die Fälle ist, in denen nicht bereits die steuerstrafrechtlichen Tatbestände eingreifen. 17 Zu beachten ist weiterhin, dass gem S 6 SubvG Gerichte und Behörden des Bundes, der Länder und von kommunalen Trägern der öffentlichen Verwaltung Tatsachen, die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht eines Subventionsbetrugs begründen, den Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen haben. Die Anzeigepflicht trifft den für die Behörde Vertretungsbefugten. Im Falle des Unterlassens der Mitteilung ist der Verpflichtete ggf wegen Strafvereitelung gemäß § 258 StGB, Strafvereitelung im Amt gemäß § 258a StGB oder Begünstigung gemäß $ 257 StGB strafbar. 18

18

s 19 Unterschlagung, $ 246 StGB I.

Allgemeines

Systematisch gehört die Unterschlagung zu den Eigentumsdelikten und dort zu den Zueignungsdelikten. In der Krise des Schuldners oder des vom Verantwortlichen nach § 14 StGB vertretenen Vermögensträgers erfüllt § 246 StGB eine allerdings nur sehr lücken-

15 16 17 18

Ύ/Fischer Rn 38 zu 5 264 StGB. BGHSt 4 4 , 2 4 3 . LK¡Tiedemann Rn 161 zu $ 2 6 4 StGB. S/S/StreeRn 19 zu S 258 StGB.

Schulze

521

1

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

hafte Auffangfunktion. Tatobjekt der Unterschlagung ist eine fremde bewegliche Sache, also ein körperlicher Gegenstand. Damit scheiden Rechte, insbes Forderungen, als Schutzobjekte aus. II.

Die Tatbestandsmerkmale

1.

Fremde, bewegliche Sache

2 Fremd ist eine Sache, die wenigstens auch einem anderen als dem Täter gehört.1 Demgemäß sind solche Gegenstände nicht von dem tatbestandlichen Schutz umfasst, die entweder im Alleineigentum des Täters stehen oder herrenlos sind. Es besteht eine strenge Akzessorietät zum Zivilrecht.2 Dies gilt auch für das Sicherungseigentum als unverzichtbarem Sicherungsrecht im Wirtschaftsleben und für Pfandrechte. Bei der Vereinbarung von Vorbehaltseigentum gemäß § 455 BGB bleibt der Verkäufer Eigentümer der Sache mit der Folge, dass der Erwerber sie unterschlagen kann.3 3 Weil eine Sache auch dann fremd iSv § 246 StGB ist, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht, kann Täter einer Unterschlagung auch der Mit- oder Gesamthandseigentümer (wie bei der OHG oder der KG4) sein. Für den Gesellschafter einer Ein-MannGmbH sind deren Sachen im Rechtssinne, wenn auch nicht wirtschaftlich, fremd.5 Zu einer Bestrafung wegen Unterschlagung kommt es in solchen Fällen gleichwohl in den meisten Fällen nicht. Es fehlt bei alleiniger Vertretungsbefugnis, insbes in der Ein-Mann-GmbH, aufgrund wirksamer Einwilligung schon an der Tatbestandsmäßigkeit.6 Soweit dies nicht der Fall ist, etwa aufgrund der Unwirksamkeit der Einwilligung in den Fällen der Gefährdung der Existenz der GmbH,7 der Tatbestand also vorliegt, scheitert die Anwendung dieser Vorschrift aber gleichwohl an ihrer Subsidiarität, wenn die Tat wie in solcher Lage regelmäßig als Untreue gemäß S 266 StGB zu bestrafen ist. 4 Beweglich ist eine ortsveränderliche Sache. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihr Fortschaffen ohne Beschädigung oder Loslösung möglich ist. 5 Seit der Neufassung der Vorschrift durch das 6. Strafrechtsänderungsgesetz ab dem 1.4. 1998 kommt es auf den Gewahrsam des Täters an der Sache nicht mehr an. Ein Exklusivitätsverhältnis zwischen Diebstahl und Unterschlagung besteht somit nicht mehr.8 2.

Die Zueignung

6 Tathandlung ist das rechtswidrige Sich- oder einem Dritten Zueignen. Während beim Diebstahl gemäß S 242 StGB die Absicht rechtswidriger Zueignung ausreichend ist, muss sich der Täter der Unterschlagung die Sache tatsächlich zugeeignet haben. Dazu ist ein wirksamer Eigentumserwerb nicht erforderlich. § 246 StGB verlangt auch weder zwingend eine dauernde Enteignung des Berechtigten noch notwendig den tatsächlichen Eintritt einer zumindest vorübergehenden Aneignung durch den Täter oder einen Dritten.9

1 BGHSt6,377. 2 SKIHoyer Rn 11 zu $ 242 StGB. 3 W/Ruß Rn 6 zu § 246 StGB. 4 BGH NJW 1992,250. 5 S/S/E ser Rn 14 zu § 242 StGB; τ ¡Fischer Rn 5 zu § 242 StGB. 6 Ύ¡Fischer Rn 3 zu $ 246 StGB. 7 Scholz¡Tiedemann Rn 15 vor $$ 82 GmbHG. 8 Gropp JuS 1999,1041,1045. 9 T/Fischer Rn 7f zu $ 246 StGB: Anbieten fremder Sache zwecks Pfändung seitens des Gerichtsvollziehers.

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Schulze

Unterschlagung, § 246 StGB

Erforderlich ist aber, dass der Täter seinen Zueignungswillen nach außen zu erkennen gibt, sich also wie ein Eigentümer des Gegenstandes geriert (Manifestationstheorie). 10 Tauglich sind dafür alle Verhaltensweisen, in denen sich der Zueignungswille objektiviert. Eine Zueignung liegt damit vor, wenn ein objektiver Beobachter die Handlung als Betätigung des Willens ansieht, die Sache sich oder einem Dritten anzueignen.11 Ausreichend ist hierzu das Vorenthalten einer Sache, insbes das Verschweigen des Besitzes 7 auf ausdrückliche Nachfrage nach der Sache.12 Das bloße Unterlassen der Herausgabe genügt dagegen nicht.13 Die abredewidrige Weiterbenutzung einer überlassenen Miet-14 oder Leasingsache15 stellt nur dann eine Zueignung dar, wenn die Sache durch den weiteren Gebrauch erheblich an Wert verliert.16 Ein Teil der Lit wendet sich gegen die weite Subjektivierung der Zueignung durch die Ein- 8 beziehung formell ordnungsgemäßen Verhaltens. Er fordert, mehrdeutige Handlungen auszuschalten und nur solche Handlungen genügen zu lassen, aus denen ein alle Umstände des Falles kennender Beobachter auf einen Zueignungswillen schließen würde.17 Nach dem Verzicht auf das Gewahrsamserfordernis besteht in der Tat die Gefahr der ufer- 9 losen Ausweitung des Unterschlagungstatbestandes. Nach seinem Wortlaut ist eine Beziehung zwischen Täter und zugeeigneter Sache nicht erforderlich. Verlangt man aber keine Beziehung des Täters zur Sache und begnügt man sich mit der Manifestation des Zueignungswillens, so kann eine Unterschlagung vorliegen, obwohl sich keinerlei Veränderung in der Außenwelt ergeben hat. Der Tatbestand der Unterschlagung wäre zB erfüllt, wenn der in München weilende A dem Β in Halle telefonisch die dem C gehörende Produktionsmaschine in Leipzig „sicherungsübereignet". Der Wortlaut der Vorschrift ist also zu weit geraten. Die Bestimmung muss daher ein- 10 schränkend ausgelegt werden. § 246 StGB erfasst auch nach der Neufassung nur solche Sachverhalte, in denen der Täter zum Zeitpunkt der Zueignungshandlung oder kurz davor zumindest mittelbaren Besitz innehatte. Auf diese Weise wird verhindert, dass bloße Vorbereitungshandlungen zu anderen Eigentums- und Vermögensdelikten als vollendete Unterschlagung strafbar sind. Dieses restriktive Verständnis beeinträchtigt den Schutzzweck des $ 246 StGB nicht. Er erstreckt sich sowohl auf die formale Rechtsstellung als auch auf die in $ 903 BGB gewährte Freiheit des Eigentums. Die Bestimmung will den Eigentümer vor Beeinträchtigungen seitens Dritter schützen, die sich die Verfügungsmacht über seine Sachen anmaßen wollen. Um aber die Verfügungsmacht in einer den Eigentümer beeinträchtigten Weise zu erhalten, ist die Möglichkeit, auf die Sache selbst einwirken zu können, zwingende Voraussetzung. 18 Vom Tatbestand nicht erfasst sind nach dieser Auslegung die Fälle, in denen der Täter die Sache erst erlangen oder unmittelbar einem Dritten verschaffen will. Überwiegend sind in insolvenzstrafrechtlichen Fallgestaltungen umfangreiche Ermittlungen erforderlich. Wird zB dem GmbH-Geschäftsführer vorgeworfen, er habe der Gesellschaft eine im Eigentum eines Dritten stehende Produktionsmaschine kurz vor Anmeldung 10 BGHSt 14,39; SK/Hoyer Rn 11 ff zu $ 246 StGB. 11 Zu weitgehend T/Fischer, Rn 6 zu $ 246 StGB, der zur Feststellung die Kenntnis des Dritten von der Täterabsicht fordert. 12 BayObLG 5 5 , 7 2 . 13 BGHSt 3 4 , 3 1 2 ; OLG Koblenz StV 1984,288. 14 OLG Hamm wistra 1999,112. 15 OLG Hamburg StV 2001, 577 f. 16 BGHSt 3 4 , 3 0 9 . 17 SK/Hoyer Rn 11 ff zu § 246 StGB; Samson JA 1 9 9 0 , 5 , 7 f ; zum Streitstand s Ί/Fischer Rn 10 zu § 246 StGB. 18 Catitzler]A 2 0 0 1 , 5 6 7 , 5 6 9 .

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$19

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

der Insolvenz durch Verkauf zugeeignet, so ist zu prüfen, ob eine tatbestandsauschließende Z u s t i m m u n g des Eigentümers vorlag. In anderen Fällen ist zu berücksichtigen, dass der Verkauf vor Erwerb über Veräußerungsketten mit verschiedenen beteiligten Unternehmen durchaus branchenüblich sein kann. Bleibt das Erfüllungsgeschäft wegen der erforderlichen, aber ausgebliebenen Genehmigung des Eigentümers unwirksam, so begründet dies ggf nur einen Schadenersatzanspruch des Käufers. In der Vereinbarung eines Übergabesurrogats liegt dann aber noch keine Manifestation der Zueignung, so dass eine Bestrafung des Verkäufers wegen Unterschlagung ausscheidet. 11

Eine vollendete Zueignung verlangt also nach wie vor, dass die tatsächliche Lage des Berechtigten verschlechtert wird. Das kann geschehen durch Verbrauch, Verzehr, Verarbeitung, Veräußerung unter Weggabe der Sache oder im Wege tatsächlicher Eingliederung in das Vermögen des Täters oder eines Dritten. 1 9 Nicht einschlägig sind aber Fälle, in denen der Täter die Sache erst in Zukunft erlangen oder einem Dritten verschaffen will. Auch rein verbale Gefährdungen ohne tatsächliche Einwirkung auf die Sache oder - bei entsprechender Handlungspflicht ein das Eigentumsrecht entziehendes Unterlassen 2 0 vermögen eine vollendete Unterschlagung nicht zu begründen. Nach den Umständen des Einzelfalles kommt hier allenfalls der untaugliche Versuch einer Unterschlagung in Betracht, welcher über § 246 Abs 3 StGB strafbewehrt ist. Verkaufsangebote an Dritte, Ableugnen des Besitzes oder die Berühmung des Eigentums können daher auch nach der Neufassung des Gesetzes für sich nicht als vollendete Zueignung angesehen werden 2 1 . Es verbleibt lediglich bei einer Indizwirkung für eine vollzogene Zueignung.

3.

Qualifikation gem $ 246 Abs 2 StGB

12

Qualifiziert wird die Unterschlagung gem S 246 Abs 2 StGB, wenn die unterschlagene Sache dem Täter anvertraut worden war. Das ist dann der Fall, wenn die Sache dem Täter mit der Maßgabe überlassen ist, mit ihr im Interesse oder nach Weisung des Eigentümers zu verfahren oder sie dem Eigentümer zurückzugeben. 22 Eine Vermögensbetreuungspflicht wie bei § 266 StGB ist dafür nicht erforderlich. Ein Anvertrauen liegt zB vor beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt oder bei Überlassung von Werkzeugen oder Arbeitsmaterialien an die Arbeitnehmer eines Betriebes.

13

Häufig nehmen in Insolvenzfällen Geschäftsführer oder sonstige Mitarbeiter, die noch offene Entgeltforderungen besitzen, aber auch Lieferanten mit ausstehenden Forderungen, Firmeninventar mit. Dabei handeln sie, um entweder eine Sicherung für ihre tatsächlich bestehenden Forderungen zu bekommen oder - weitaus häufiger - um sich aus diesen Gegenständen Befriedigung für ihre offenen Forderungen zu verschaffen. Ersterenfalls liegt keine Straftat vor, es sei denn, sie handelten im Einvernehmen mit dem dann nach § 283c StGB strafbaren Verantwortlichen, während sie sich letzterenfalls, abhängig von der Gewahrsamssituation, wegen veruntreuender Unterschlagung oder wegen Diebstahls strafbar machen. Hat der Geschäftsführer für die GmbH Ware unter Eigentumsvorbehalt erworben (oder zur Sicherheit übertragen), so führt die Missachtung des Vorbehalts zur Strafbarkeit wegen veruntreuender Unterschlagung, weil eine Vermögensbetreuungspflicht iSd § 266 Abs 1

19 Τ /Fischer Rn 8 zu $ 246 StGB. 20 ZB Schweigen auf die Frage des Gerichtsvollziehers nach dem Eigentum an einer (fremden) Sache. 21 SKIHoyer Rn 27 zu S 246 StGB mwN. 22 Samson JA 1990,5,10.

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Unterschlagung, J 246 StGB

S 19

StGB nicht besteht und damit eine Bestrafung wegen Untreue ausscheidet23. Das gilt für die Aneignung von Sicherungsgut oder des Anlagevermögens (Verpfändung, Übertragung von Sicherungseigentum, Verkauf oder Einverleibung in ein Nachfolgeunternehmen) grundsätzlich hinsichtlich aller Gesellschaftsformen ebenso wie beim Einzelhandelskaufmann. Tatbestandlich ist schließlich auch die Ansichnahme von Aktiva bei der KG durch den Kommanditisten.24 III.

Konkurrenzen

Ausweislich des Wortlautes des S 246 Abs 1 StGB ist die Unterschlagung als Auffangtat- 14 bestand mit gesetzlich angeordneter Subsidiarität gegenüber gleichzeitig verwirklichten, mit schwererer Strafe bedrohten Delikten konzipiert. Maßgeblich ist die Tat im materiellrechtlichen Sinne. Erforderlich ist, dass die Tathandlung des ebenfalls verwirklichten Delikts mit der Zueignungshandlung im Rahmen des S 246 StGB zusammenfällt. Betroffen sind also die Gleichzeitigkeitsfälle, wobei Teilidentität genügt. Der Zueignungsakt muss folglich nicht allein den Tatbestand der primär eingreifende Norm, sondern auch den des S 246 StGB erfüllen.25 In der Lit wird vielfach angenommen, schwereres Delikt könne nur ein solches mit gleicher 15 Schutzrichtung sein, also ein solches, das sich gegen Eigentum oder Vermögen richtet,26 da nur solche Normen das im Unterschlagungstatbestand enthaltene Zueignungsunrecht miterfassen.27 Der BGH trat dieser Ansicht entgegen, da eine solche Einschränkung der Subsidiaritätsklausel mit dem Wortlaut des Gesetzes, dessen möglicher Wortsinn die äußerste Grenze der Auslegung strafrechtlicher Bestimmungen zum Nachteil des Angeklagten markiere, unvereinbar sei.28 Die Subsidiaritätsklausel greift auch ein, wenn Vermögensgegenstände einer GmbH bei- 16 seitegeschafft werden und zwar unabhängig davon, ob man der Interessentheorie des BGH29 folgt oder nicht, weil entweder mit dem BGH § 266 StGB oder andernfalls $ 283 Abs 1 Nr 1 StGB tatbestandlich erfüllt ist. Hat der Geschäftsführer einer GmbH dieser gehörende Gegenstände vor Anordnung vorläufiger oder endgültiger Insolvenzverwaltung in der Absicht, sie für sich zu verwenden, in einen nur ihm zugänglichen Kellerraum verbracht, so hat er sich wegen Untreue strafbar gemacht. Die Unterschlagung tritt tatbestandlich zurück. Nach der Rspr des BGH in Strafsachen zur Rechtslage vor Inkrafttreten der InsO, also vor dem 1.1.1999, entfiel allerdings die Vermögensbetreuungspflicht des GmbH-Geschäftsführers mit dem Zeitpunkt der Anordnung der Sequestration über das Vermögen der GmbH, erst recht mit Eröffnung des Konkursverfahrens, so dass der Geschäftsführer kein taugliche Untreuetäter mehr war.30 Bei Übertragung dieser alten Rspr auf die Rechtslage nach Inkrafttreten der InsO wäre daher

23 BGHSt22,191 f. 24 Beim Komplementär dürfte im Hinblick auf die Vermögensbetreuungspflicht $ 266 StGB vorliegen. 25 CantzlerJA 2001,567,571 mwN. 26 S/S/Eier Rn 32 zu § 246;JflgerJuS 2000,1167,1171. 27 AA BGHSt 43,237 für die Subsidiaritätsklausel des $ 125 StGB. 28 BGH NStZ 2002, 480 - Kritik an der Gesetzesfassung auch bei Otto Jura 1998, 550, 551 - aA Freund/Putz NStZ 2003, 24ff: Sie legen die formelle Subsidiaritätsklausel als bloße (materielle) Konkurrenzregel aus und sehen in der „Tat", von der die Subsidiaritätsklausel spricht, die Unterschlagung. 29 Dazu oben § 12 Rn 44 ff. 30 BGH wistra 1991,30ff; 1997,146 f; 1998,105 f. Schulze

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften der Anwendungsbereich der Unterschlagung eröffnet. Allerdings hat die InsO die Pflichtenstellung des Geschäftsführers so ausgestaltet, dass ihn iGgs zu früher nunmehr unabhängig von den Entscheidungen des Insolvenzgerichts auch weiterhin eine Vermögensbetreuungspflicht trifft und er auch nach Berufung eines vorläufigen und/oder endgültigen Insolvenzverwalters tauglicher Untreuetäter ist. 31 Voraussetzung dafür ist jedoch, dass er seine ihm verbliebene Stellung zu Handlungen missbraucht, welche sich der Gesellschaft gegenüber nachteilig auswirken. 17

Eine Subsidiarität der Unterschlagung ist entgegen dem missverständlichen Wortlaut der Klausel („bedroht") allerdings nur gerechtfertigt, wenn der Täter wegen der vorrangigen Tat zumindest schuldig gesprochen wird. 32 Es handelt sich hier also um einen Fall der Anwendungssubsidiarität.

18

Die Nachrangigkeit gilt auch für die versuchte und die veruntreuende Unterschlagung nach Abs 2 und 3 der Vorschrift. 33 Nicht erfasst werden von der Subsidiaritätsklausel dagegen die Fälle mehrmaliger Zueignung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut („die Tat") und der Formulierung „anderen Vorschriften". Der BGH hat zur alten Fassung der Norm entschieden, 34 dass der Täter in Fällen, in denen er sich die Sache zugeeignet hat, den Tatbestand nicht noch einmal erfüllen kann, weitere Zueignungsakte also tatbestandslos sind (sog „Tatbestandslösung" 35 ). Soweit der Täter nach Vollendung der Tat weitere Zueignungsakte ausführt, könnte diese Rspr auch nach der Neufassung des Unterschlagungstatbestands fortgelten. 36 In den Gleichzeitigkeitsfällen ist die Tatbestandslösung seit Inkrafttreten der Subsidiaritätsklausel hingegen unanwendbar. 37

s 20 Vereitelung der Zwangsvollstreckung, $ 288 StGB I. 1

Die Bedeutung der Vorschrift für die Praxis

Der Tatbestand der Vereitelung der Zwangsvollstreckung dient dem Recht des Gläubigers auf Durchsetzung seines bestehenden, nicht notwendig bereits titulierten Anspruchs, also seiner Befriedigung aus dem Schuldnervermögen. 1 $ 288 StGB bezieht sich nur auf die Einzelzwangsvollstreckung. Die Vorschrift dehnt jedenfalls bei der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen 2 den Gläubigerschutz bereits auf das Vorfeld der Insolvenz aus. Für Vereitelungshandlungen in der wirtschaftlichen Krise, insbes für den Fall der Insolvenz, enthält § 283 StGB eine spezielle Regelung. Weil Taten nach § 288 StGB zumeist nicht von Kaufleuten begangen werden, wird in Verfahren wegen Insolvenzdelikten kaum wegen S 288 StGB ermittelt. Das könnte sich ändern, wenn in Zukunft der Trend anhält, dass sich die Staatsanwaltschaften immer mehr mit Verbraucherinsolvenzen zu befassen haben. 31 Bittmann/Rudolph wistra 2000,401 ff mwN. 32 Mitsch ZStW 111 (1999), 96. 33 Τ ¡Fischer Rn 29 zu S 246 StGB mwN. 34 BGH (GS) 14,38. 35 BGH NStZ-RR 1996, 132. Im Schrifttum wird hingegen überwiegend vertreten, dass in einer wiederholten Betätigungen des Herrschaftswillen eine erneute Zueignung liegt, diese aber als mitbestrafte Nachtat gegenüber dem ersten Zueignungsakt zurücktritt (sog „ Konkurrenzlösung"); vgl Mitsch JuS 1998,307,312 mwN. 36 Ύ/Fischer Rn 20 zu § 246 StGB mwN. 37 Mitsch ZStW 111 (1999), 92; Ύ ¡Fischer Rn 15 zu § 246 StGB mwN. 1 BGH NJW 1991,2420; S/S/Eser/Heine Rn 1 zu s 288 StGB. 2 Anders zB bei der Herausgabevollstreckung. Sie kann gem § 288 StGB unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Schuldners vereitelt werden.

526

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Vereitelung der Zwangsvollstreckung, $ 288 StGB

II.

Der Tatbestand

1.

Drohen der Zwangsvollstreckung

$20

Der objektiver Tatbestand erfordert, dass der Täter bei einer ihm drohenden Zwangsvoll- 2 Streckung Bestandteile seines Vermögens veräußert oder beiseiteschafft. Der die Zwangsvollstreckung begründende Anspruch muss effektiv bestehen, 3 bereits entstanden oder einem bereits bestehenden Anspruch gleichgestellt 4 und durchsetzbar sein. Das Bestehen des Anspruchs unterliegt der selbständigen Prüfung des Strafrichters.5 An der Rechtsbeständigkeit und Durchsetzbarkeit eines Anspruchs fehlt es nicht nur, wenn das die Anspruchsgrundlage bildende Rechtsgeschäft nichtig oder wirksam angefochten ist, sondern auch, wenn der Schuldner sich auf eine Einrede wie zB die Verjährung der Forderung beruft. Das Drohen der Zwangsvollstreckung als Tatbestandsmerkmal beschreibt die Tatsituation, 3 die den Beginn der strafrechtlichen Schutzwürdigkeit des materiellrechtlichen Anspruchs bestimmt. Die Auslegung der Rspr ist extrem weit. Die gebotene Einschränkung auf sozialschädliche Handlungen erfolgt erst über den Gefährdungserfolg und eine strikte Interpretation der Vereitelungsabsicht.6 Eine Zwangsvollstreckung iSd S 288 StGB ist die zwangsweise Durchsetzung eines Anspruchs durch die zuständigen staatlichen Organe. 7 Sie droht dem Täter, wenn objektiv anzunehmen ist, dass der Gläubiger demnächst zur zwangsweise Durchsetzung seines Anspruchs schreiten wird,8 wenn er den ernstlichen Willen hat, seinen Anspruch nötigenfalls und sobald als möglich durch Zwangsvollstreckung zu verwirklichen. Nicht erforderlich ist, dass die Zwangsvollstreckung schon begonnen hat. 9 Ausreichend soll es zB sein, dass der dazu objektiv erkennbar entschlossene Gläubiger mit Klageerhebung droht, um den Schuldner zur freiwilligen Leistungen zu veranlassen.10 Hier ist jedoch eine zeitliche Grenze für das „Drohen der Zwangsvollstreckung" kaum noch erkennbar. Dadurch wird zwar grundsätzlich ein starker Gläubigerschutz erstrebt, der aber in der strafrechtlichen Praxis aufgrund der Schwierigkeit des Nachweises jedenfalls des subjektiven Tatbestandes, der Vereitelungsabsicht und des Vorsatzes, nicht erreicht wird. Das Drohen der Zwangsvollstreckung kann sich auch aus der Natur der konkreten Forderung, zB einem Wechselanspruch,11 ergeben oder aus den Umständen des zugrunde liegenden Lebenssachverhalts hervorgehen. Beispiele sind die Vollstreckungsvereitelung im Wege der Geschäftsveräußerung oder die Verschiebung von Waren- und Inventarbeständen. Dabei ist es ohne Bedeutung, wenn der Gläubiger die Zwangsvollstreckung mangels Kenntnis der wahren Sachlage noch nicht betreibt, aber diese Absicht bei vollständiger Sachverhaltskenntnis anzunehmen wäre.12 Die bloße Fälligkeit einer Forderung reicht aber noch nicht aus. 13

3 AA wohl SK/Hoyer Rn 6 f zu § 288 StGB. 4 ZB rechtlich begründete Anwartschaft wie der Rückfall des zur Sicherung des Gläubigers übereigneten Gegenstandes nach Erfüllung der Verbindlichkeit. 5 S/S/Eser/Heine Rn 7 zu $ 288 StGB. 6 LKISchünemann Rn 15 zu S 288 StGB. 7 Unanwendbar ist § 288 StGB, wenn der rechtskräftig zu Geldstrafe oder Vermögenssanktion Verurteilte die Vollstreckung nach $5 459 ff StPO vereitelt, da der Staat in Ausübung der Strafrechtspflege und nicht als Gläubiger eines materiellen Befriedigungsrecht handelt und der Grundsatz der Straflosigkeit der Selbstbegünstigung einer Tatbestandsmäßigkeit entgegensteht. 8 RGSt 63, 341. 9 Τ/Fischer Rn 4 zu § 288 StGB. 10 Vgl BGH MDR 1977,638. 11 RGSt 20, 256. 12 RGSt 2 3 , 1 7 7 . 13 T/Fischer Rn 4 zu S 288 StGB.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften Eine bereits begonnene Zwangsvollstreckung droht solange, wie noch nicht alle Vollstreckungsmaßnahmen abgeschlossen sind. 14

2. 4

Täter kann regelmäßig nur der Vollstreckungsschuldner sein. 15 Bei juristischen Personen oder Personenhandelsgesellschaften gilt die Zurechnungsnorm des S 14 StGB. Die Schuldnereigenschaft ist kein persönliches Merkmal iSd S 28 Abs 1 StGB. 16 Handelt allerdings ein sonstiger gewillkürter Vertreter, so ist der Schutzbereich des $ 288 StGB nicht eröffnet. 17 Bedient sich der Schuldner eines Dritten als Werkzeug, so ist er mittelbarer Täter gem § 25 Abs 2 StGB mit der Folge, dass ihm die Handlung des Dritten zugerechnet wird.

3. 5

Täterqualität

Bestandteile des Vermögens

Bestandteile des Vermögens sind alle Sachen und Rechte einer Person, in die eine wirksame Einzelzwangsvollstreckung betrieben werden kann. Darunter kann auch der Besitz fremder Sachen zB des Vorbehaltskäufers fallen, gegen den der Verkäufer die Vollstreckung seines Herausgabeanspruchs oder Geldvollstreckung in seine eigene Sache betreibt. 18

6

4.

Die Tathandlungen

a)

Veräußern

Veräußern iSv S 288 StGB ist jede Handlung, welche einen dem Gläubiger haftenden Vermögenswert rechtlich aus dem Vermögen des Schuldners ausscheidet, ohne dass der volle Gegenwert in das Schuldnervermögen gelangt, 19 zB die Erfüllung 2 0 eines Verkaufs zum Schleuderpreis. Ausreichend ist auch die Dereliktion von Sachen, die Bewilligung der Eintragung einer Vormerkung 2 1 auf Auflassung und der Verkauf sämtlicher Geschäftsanteile einer GmbH ohne Erhalt einer Sicherheit für den Kaufpreisanspruch. 22 Hat der befriedigte Gläubiger hingegen einen unanfechtbaren Anspruch auf gerade den bestimmten Forderungsgegenstand oder besteht Wertgleichheit des Anspruchs zum Forderungsgegenstand, sog kongruente Erfüllung, so liegt eine Veräußerung iSv $ 288 StGB nicht vor. 23 Seine fällige Schuld bei einem anderen Gläubiger darf der Schuldner stets befriedigen. 24 Eine strafbare Vereitelung der Zwangsvollstreckung ist nicht gegeben, wenn der Schuldner seinem anwaltlichen Vertreter (als Treuhänder) Forderungen mit dem Ziel abtritt, die Einzelzwangsvollstreckung einzelner Gläubiger während der Dauer eines außergericht14 RGSt 35,63. 15 RGSt 68,108. 16 LK/Roxin Rn 56 zu § 28 StGB. 17 Τ /Fischer Rn 5 zu $ 288 StGB. 18 BGHSt 16,330; T/Fischer Rn 6 zu § 288 StGB mwN. 19 Geppert Jura 1987,429. 20 Die schuldrechtliche Vereinbarung begründet idR noch kein Ausscheiden aus dem Vermögen; anders aber bei einer Verpachtung, da sich das Eigentum an den Früchten ändert, RGSt 6,100. 21 RGSt 59,314. 22 OLG Dresden MDR 2001,884. 23 S/S/E ser/Heine Rn 16 zu 288 StGB. 24 Ύ ¡Fischer Rn 9 zu $ 288 StGB. 528

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Vereitelung der Zwangsvollstreckung, $ 288 StGB

$20

liehen Schuldenbereinigungsverfahrens zu verhindern, um mit allen Gläubigern im Wege außergerichtlicher Verhandlungen zu einer Schuldenbereinigung zu gelangen. Hier fehlt es an einer Veräußerung iSd S 288 StGB, da die Zwangsvollstreckung durch Maßnahmen berührt wird, die der insolvenzrechtlich geforderten und gewollten gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger dienen. 25

b)

Beiseiteschaffen

Beiseiteschaffen ist jede Handlung, welche einen Gegenstand der Vollstreckung des Gläubigers tatsächlich entzieht. 26 Tatbestandlich ist zB das Verstecken 2 7 oder Zerstören 2 8 einer Sache, die Scheinveräußerung, das Einziehen einer Forderung vor Fälligkeit 2 9 und eine in Täuschungsabsicht rückdatierte nachträgliche Sicherungsübereignung. 3 0 Nicht ausreichend für ein Beiseiteschaffen ist hingegen der unangekündigte Auszug des säumigen Mieters sofern dem Vermieter die Nachfolgeadresse bekannt ist. Einschlägig ist wegen „Vereitelung" des Vermieterpfandrechts aber § 289 Abs 1 StGB. 31 Dabei ist die Feststellung eines „Beiseiteschaffens" durch den Täter in der Praxis regelmäßig mit einer Sachverhaltswertung verbunden. Exemplarisch sei dies an einem Beispiel verdeutlicht: 32 Der Täter, ein österreichischer Gastronom, ist an einem mit einem Freund in einer GbR betriebenen Restaurant in der Bundesrepublik beteiligt. Nachdem der Betrieb in eine wirtschaftliche Krise gerät, entfernt er die Masse der Einrichtungsgegenstände, verbringt sie offen nach Österreich und baut sie in seinen dortigen Betrieb ein. Das Eigentum an den Gegenständen war nicht zu klären. Handelt es sich um Eigentum der GbR, besteht dieses fort, sofern nicht fest in der österreichischen Gaststätte verbaut. Selbiges gilt auch bei Alleineigentum des Täters. Dann können die Gegenstände zwar der hypothekenrechtlichen Zubehörhaftung unterfallen, gehörten aber nicht unmittelbar in die Insolvenzmasse der selbständig insolvenzfähigen GbR. § 288 StGB wäre jedenfalls einschlägig, wenn man in dem Verbringen ins Ausland ein Beiseiteschaffen sieht, was zumindest bei dauerhaftem Einbau in den Gasthof gegeben sein dürfte. Bei lediglich verbrachten Gegenständen dürfte es im Hinblick auf den gemeinsamen Wirtschaftsraum und die Freizügigkeit in der EU hingegen abzulehnen sein.

25 LG München II ZinsO 2000, 677ff. Nach Ansicht des OLG München scheitert eine Strafbarkeit jedenfalls am Mangel des subjektiven Tatbestands, da eine Gläubigerbenachteiligungsabsicht nicht anzunehmen sei, ZIP 2000,1841 f. 26 Die Definition entspricht der auch zu 5 283 StGB vertretenen hM, nicht aber der insoweit oben $ 12 Rn 100 ff, vertretenen Ansicht (Erfordernis fortbestehender Zugriffsmöglichkeit für den Täter). Für S 288 StGB ist dem weiten Begriffsverständnis schon deshalb zu folgen, weil die Vorschrift das Zerstören ebensowenig wie einige andere der in $ 283 StGB gesondert erfassten Tathandlungen eigenständig regelt. 27 RGSt35,63. 28 RGSt 19, 25. 29 RGSt 71,229. 30 BGH wistra 2000,311. 31 Liegt ein Fall des „Versteckens" vor, so kommt Idealkonkurrenz in Betracht. 32 Zum Beiseiteschaffen unter dem Gesichtspunkt des Bankrotts vgl oben S 12 Rn 103. Schulze

529

7

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

5.

Vereitelungsabsicht und Vorsatz

8 Der subjektive Tatbestand erfordert Absicht iS eines bestimmten Vorsatzes33 bezüglich der (zumindest zeitweisen) Vereitelung der Befriedigung des Gläubigers. 34 Der Schuldner muss eine Vereitelung der Befriedigung des Gläubigers wollen. Ausreichend ist, dass der Täter die Benachteiligung des Gläubigers als sichere Nebenfolge voraussieht. Bleiben hingegen noch genügend andere Vermögensgegenstände übrig, in welche erfolgreich vollstreckt werden könnte, so fällt die Entziehung eines bestimmten Gegenstandes nicht unter § 288 StGB, es sei denn, der Gläubiger hätte einen Anspruch auf Herausgabe gerade dieser Sache. Eine Vereitelungsabsicht wird weiter dann fehlen, wenn sich der Schuldner vorgestellt hat, sein Vorgehen könne zur Folge haben, dass dem Gläubiger, von dem ihm die Zwangsvollstreckung droht, später bessere Zugriffsmöglichkeiten geboten werden. Ebenso ist die Vereitelungsabsicht zu verneinen, wenn sich der Schuldner vorgestellt hat, dass der Gläubiger auch ohne die Veräußerung der Bestandteile seines Vermögens eine Zugriffsmöglichkeit nicht gehabt hätte. 35 Im Übrigen genügt dolus eventualis in Bezug auf die drohende Zwangsvollstreckung und die weiteren Tatbestandsmerkmale.

III. 9

Antragsdelikt, s 288 Abs 2 StGB

Nach Abs 2 der Vorschrift handelt es sich um ein absolutes Antragsdelikt. Antragsberechtigt ist der Gläubiger, von welchem dem Täter die Zwangsvollstreckung drohte, dessen Befriedigung also vereitelt werden sollte. 36 Fällt der Gläubiger selbst in Insolvenz, so besteht sein Antragsrecht neben dem des Insolvenzverwalters fort. 37

IV.

Konkurrenzen

10 Auf Konkurrenzebene besteht zwischen dem Vereiteln der Zwangsvollstreckung und den Insolvenzdelikten regelmäßig Tatmehrheit, allerdings ist auch Tateinheit möglich, wenn zum Tatbestand des § 288 StGB nachträglich Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung hinzu kommen. Bezüglich S 289 StGB kommt mit § 288 StGB schließlich Idealkonkurrenz in Betracht. 38

3 3 Dolus directus 2. Grades. Bei anderer Sichtweise müsste der Beweggrund des Täters darin liegen, die Befriedigung gerade dieses Gläubigers zu vereiteln. IdR wird es dem Täter aber nur darauf ankommen, sich den Vermögensbestandteil für seine eigenen Bedürfnisse zu erhalten. 3 4 RGSt 5 9 , 3 1 5 ; S/S/Eser/HeineRn 1 9 f f zu 2 8 8 StGB; T/FischerRa 12 zu $ 2 8 8 StGB. 3 5 BGH N J W - R R 1 9 9 1 , 4 6 7 , 4 6 8 . 3 6 RGSt 1 7 , 4 5 . 3 7 S/S /Eser/Heine Rn 2 8 zu 2 8 8 StGB. 3 8 T/Fischer Rn 7 zu § 2 8 9 StGB.

530

Schulze

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, § 266a StGB

$ 21 Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt, $ 266a StGB I.

$ 266a Abs 1 StGB

1.

Bedeutung der Vorschrift für die Praxis

Das in der amtlichen Überschrift des $ 266a StGB genannte „Vorenthalten" von Arbeitsent- 1 gelt bezieht sich auf $ 266a Abs 1 StGB. Dieser stellt den Schwerpunkt der Straftaten nach 266a StGB dar. Er beschreibt ein typisches Begleitdelikt bei drohender oder eingetretener Insolvenz von Unternehmen unbeschadet ihrer Rechtsform.1 In der Krise denkt der Kaufmann in erster Linie daran, wie er seinen Geschäftsbetrieb aufrechterhalten kann. Die Beachtung rechtlicher Pflichten wird nur allzu häufig hintangestellt. Dem Arbeitgeber erscheint es als vorrangig, dass ihn seine Lieferanten weiterhin mit den nötigen Produktionsmitteln versehen und die Geldinstitute, welche zumeist einen recht verlässlichen Einblick in die geschäftliche Situation haben, die gewährten Kredite nicht kündigen oder Kreditlinien zurückfahren. Wenn möglich, versucht er auch noch (ggf wenigstens schleppend oder teilweise) die Netto-Entgelte an die Beschäftigten zu leisten. Anders sieht es hingegen mit seiner Motivationslage zum Abführen öffentlich-rechtlicher 2 Abgaben aus. Diese stellen betriebswirtschaftlich betrachtet störende Kostenfaktoren dar. Ihre Erfüllung ist keine wirtschaftliche Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des aktiven Geschäftsbetriebs. Im Gegenteil vermag sich der Unternehmer durch mangelnde Begleichung dieser Art von Verbindlichkeiten bei weiterlaufenden Einnahmen Liquidität zu verschaffen, welche er zur Erfüllung der aus seiner Sicht dringenderen Verbindlichkeiten einzusetzen vermag. Da folglich in der Krise keinerlei ökonomische Anreize für den Unternehmer bestehen, die öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen und die zwangsweise Beitreibung gerade wegen der Krisensituation häufig nicht mehr möglich ist, ist es erforderlich, die Nichterfüllung dieser Pflichten mit einer Strafnorm, also durch indirekte Verantwortlichkeit, zu sichern.2 Die Strafjustiz ist deshalb mit Fällen des § 266a Abs 1 StGB nahezu ausschließlich dann befasst, wenn die Beitragsrückstände in einer Unternehmenskrise auftraten.3 Demgegenüber behandelte das „Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler 3 Beschäftigung und Schwarzarbeit" vom 23.7.2002 4 § 266a StGB als eine Vorschrift zur Ahndung illegaler Beschäftigung. Das ist sie aber nur ausnahmsweise und zwar dann, wenn bei einer Einzugsstelle pflichtwidrig gar kein Beschäftigter des Arbeitgebers gemeldet ist und $ 266a Abs 1 StGB deshalb iS einer Auffangfunktion anstelle von § 263 StGB eingreift, weil es mangels Einwirkung auf die Vorstellung der Verantwortlichen der betreffenden Einzugsstelle an einer Täuschung mangelt.5 Diesbezüglich ist vorgesehen, § 266 a StGB noch im Jahr 2004 zu novellieren. Gemäß einem neuen Abs 2 soll es nach dem Vorbild des S 370 AO strafbar werden, wenn der Arbeitgeber entweder falsche oder pflichtwidrig keine Angaben gegenüber der zuständigen Einzugsstelle macht und dadurch Arbeitgeberanteile zur Gesamtsozialversicherung verkürzt. Insoweit handelt es sich um ein Arbeitsmarkt-

1 Schmitt S 107. 2 BGH NJW 2003, 3787, 3789. Die ökonomische Krise stellt demgemäß gerade keinen Milderungsoder gar Entschuldigungsgrund dar, grundlegend missverstanden von Schmitt, S 75, der die Intention des Gesetzgebers auf den Kopf stellt und der Sondersituation der Krise mit einer Senkung der normativen Sorgfaltsanforderungen begegnen will! 3 M-G/B/Heitmann Rn 36/5. 4 BGBl I, 2787. 5 Vgl dazu unten Rn 137. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

delikt. Dadurch wird aber erst recht deutlich, wie verfehlt es ist, (auch) die Vorschrift des § 266 a Abs 1 StGB unter Verkennung ihres hauptsächlichen Anwendungsgebietes kriminologisch dem Arbeitsmarktstrafrecht zuzuordnen. Unzutreffend ist auch die Einschätzung von Schmitt,6 der Erfüllung des Tatbestand gingen regelmäßig bußgeldbewehrte Verstöße gegen Auskunfts- und Meldepflichten voraus. Das ist in den insolvenznahen Fällen aber gerade nicht so. 4

Artikel 8 des genannten Gesetzes vom 2 3 . 7 . 2 0 0 2 gestaltete den Wortlaut des § 266a Abs 1 StGB um. Bedeutsam ist dabei allein die (systematisch allerdings verfehlte 7 ) Verankerung der Lohnpflichttheorie im Wortlaut des Gesetzes. Die übrigen Änderungen des Abs 1 haben zu keiner inhaltlichen Neubestimmung geführt. Die Novelle brachte aber als neuen Abs 4 erstmals die Normierung von besonders schweren Fällen des Abs l . 8 Die bisherigen Abs 4 und 5 wurden dadurch wortgleich zu Abs 5 und 6. Zudem begründet nunmehr eine Anklage wegen $ 266a StGB zum Landgericht sinnvollerweise die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer, $ 74c Abs 1 Nr 6a GVG.

5 Diese Entscheidungen des Gesetzgebers und die Inkonsequenz, nicht auch das Vorenthalten der Arbeitgeberanteile zu pönalisieren, haben dem § 266a Abs 1 StGB einen gehörigen Teil seiner Legitimität genommen. Daran wird der neue § 266 a Abs 2 StGB mit seiner von Abs 1 abweichenden Struktur 9 nichts ändern. 6

Die Staatsanwaltschaften erlangen überwiegend auf zweierlei Wegen Kenntnis vom Verdacht des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt:

7

Die erste Hauptinformationsquelle bilden die Mitteilungen in Zivilsachen (MiZi).10

8

Die gesetzlichen Krankenkassen sind ebenso wie die Ersatzkassen aufgrund innerdienstlicher Arbeitsanweisungen gehalten, möglichst zügig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des arbeitgeberischen Unternehmens zu stellen, damit die Zeit, in welcher sie Versicherungsleistungen ohne entsprechende Beitragseinnahmen erbringen müssen, möglichst kurz gehalten wird. Da die Insolvenzgerichte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder die Abweisung eines Antrags auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gemäß MiZi den Staatsanwaltschaften mitzuteilen haben, erlangen diese mit Eingang der Nachricht Kenntnis von Beitragsrückständen eines bestimmten Arbeitgebers. Sie sind damit in die Lage versetzt und angesichts von § 152 Abs 2 StPO auch gesetzlich verpflichtet nachzuprüfen, ob sich diese Beitragsrückstände auch auf Arbeitnehmeranteile 11 erstrecken. Die zweite Hauptinformationsquelle der Staatsanwaltschaften stellen Strafanzeigen der Krankenkassen dar. Wie zügig sie den Staatsanwalt einschalten, ist von Krankenkasse zu Krankenkasse verschieden.

9

10

Es kommt auch vor, dass Arbeitnehmer ihren - dann zumeist: früheren - Arbeitgeber wegen mangelnder Beitragsabführung anzeigen. Dass dies so selten geschieht, liegt va daran, dass der Arbeitnehmer in der Regel nicht erfährt, ob sein Arbeitgeber die auf dem Lohnzettel oder der Gehaltsabrechnung ausgewiesenen Arbeitnehmeranteile tatsächlich an die Einzugsstelle abgeführt hat. Zudem gehört der einzelne Arbeitnehmer nicht zu den durch Beitragsvorenthaltung Geschädigten.12

6 7 8 9 10 11 12

S 25. Vgl dazu ausführlich Bittmann wistra 1999,441 ff. Näher dazu unten Rn 126 ff. Vgl oben Rn 3. Reck ZInsO 2 0 0 2 , 1 6 ; vgl dazu allg oben S 1 Rn 2 und lOff. Vgl dazu unten Rn 51 ff. Vgl unten Rn 13 ff.

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Bittmann

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, $ 266a StGB

Die g r o ß e forensische Bedeutung des S 266a Abs 1 StGB zeigt sich zum einen daran, dass nicht selten ca 1 / 3 der Wirtschaftsstrafsachen einer Staatsanwaltschaft (auch) Straftaten des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt zum Gegenstand haben. Zum anderen gewann diese Vorschrift als Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB erhebliche zivilrechtliche Bedeutung. Diese steht in der höchstrichterlichen Rspr sogar eindeutig im Vordergrund. Die wesentlichen dogmatischen Streitfragen wurden zeitweise nahezu ausschließlich von Zivilgerichten behandelt. Bei der Lektüre bürgerlich-rechtlicher Entscheidungen ist aber immer zu prüfen, ob zivilprozessuale (insbes: Beweis-)Grundsätze auch auf die Beurteilung des strafrechtlichen Schutzgesetzes angewandt wurden. So sind zB die Zivilgerichte der Auffassung, der Arbeitgeber trage die sekundäre Darlegungslast, müsse folglich seine Leistungsfähigkeit substantiell bestreiten 1 3 und schließen sehr schnell vom Vorliegen des objektiven auf das Vorhandensein auch des subjektiven Tatbestands. Solche Grundsätze sind nicht (ohne weiteres) auf das Strafverfahren übertragbar. 14

11

S 266a Abs 1 StGB ist ein Unterlassungs- und Erfolgsdelikt. 1 5 Der Tatbestand verlangt 16

12

a) einen Arbeitgeber, der b) einen Dritten sozialversicherungspflichtig beschäftigt, c) und die Abführung der d) fälligen Arbeitnehmeranteile unterlässt, e) obwohl die Leistung möglich gewesen wäre.

2.

Rechtsgut

Die systematische Stellung des § 266a StGB in unmittelbarer Nachbarschaft zur Untreuebestimmung des $ 266 StGB zeigt, dass es sich bei $ 266a StGB um eine untreueähnliche oder jedenfalls dieser nahestehende Bestimmung handelt. Damit steht aber noch nicht fest, wessen Vermögensinteressen die Bestimmung dient.

13

Die amtliche Überschrift, welche auf Arbeitsentgelt abstellt, verleitet zu der Annahme, dass $ 266a Abs 1 StGB die Interessen der Arbeitnehmer als Gläubiger der Forderung auf Arbeitsentgelt gegen den Arbeitgeber schütze. Diese Auffassung, welche zu den Vorläuferbestimmungen des S 266a Abs 1 StGB ($$ 529, 1428 RVO, 225 AFG, 150 AVG, 234 RKnappschG) herrschend war, wird zum Teil auch unter Geltung des $ 266a Abs 1 StGB vertreten. Sie wird zwar auch durch das Tatbestandsmerkmal „Beiträge des Arbeitnehmers" gestützt, 17 trifft indes iE nicht zu.

14

§ 266a Abs 1 StGB vermag die Interessen der Arbeitnehmer nämlich schon deshalb nicht zu schützen, weil deren Versicherungsverhältnis in der gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung mit ihrer tatsächlichen Eingliederung in den Betrieb ihres Arbeitgebers begründet wird, §§ 22 Abs 1 iVm 2 Abs 2 Nr 1, 7 Abs 1 SGB IV; 5, 186 Abs 1 SGB V. Für den Versicherungsschutz kommt es folglich nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die fälligen Sozialversicherungsbeiträge (Arbeitgeber- wie Arbeitnehmeranteile, ganz oder zum Teil) abführte oder nicht, ja nicht einmal darauf, ob der Arbeitnehmer der Ein-

15

13 Vgl dazu BGH NJW 2002, 1123, 1124f mN und ausführlich Brückl/Kersten NZI 2001, 288, 291 ff mwN. 14 Bittmann NStZ 2001,95,96 (auch ders DStR 2001,855,858); Heger JuS 1998,1090,1092. 15 LK/Gribbohm Rn 63 zu $ 266a StGB; Rohm DZWIR 2003, 27, 28. Schmitt, S 24, nimmt zwar auch an, bei S 266a Abs 1 StGB handele es sich um ein Unterlassungsdelikt, er leugnet aber, dass der Tatbestand auf einen Erfolg abzielt und befürwortet stattdessen die Annahme eines abstrakten Gefahrdungsdelikts. 16 Vgl dazu - teilweise abweichend - Beute Diss S 67 und 76. 17 Ranft DStR 2001,132,134 f; dagegen Bittmann DStR 2001,855,858. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

zugssteile überhaupt gemeldet wurde.18 Beitragsschuldner auch für die Arbeitnehmeranteile ist einzig und allein der Arbeitgeber, §§ 253 SGB V, 1396 RVO aF, 118 AVG aF, jeweils iVm § 28e Abs 1 StGB IV.19 Er leistet kraft gesetzlicher Anordnung an die Einzugsstelle als Dritte mit der Folge der Schuldbefreiung gemäß § 362 BGB. 20 Selbst eine nachrangige Haftung des Arbeitnehmers für „seine" Beitragsanteile besteht in den Fällen des $ 266a Abs 1 StGB nicht. Der Arbeitgeber hat lediglich das Recht, die Arbeitnehmeranteile bei Auszahlung vom Lohn- oder Gehalt abzuziehen, $ 28 g S 1 SGB IV (Lohnabzugsverfahren21). Ein unterbliebener Abzug darf nur zu den nächsten drei Fälligkeitsterminen nachgeholt werden, $ 28 g S 2 SGB IV.22 16 Demgemäß ist alleiniges Rechtsgut des § 266a Abs 1 StGB der Schutz des Beitragsaufkommens der Sozialversicherung,23 allerdings nur insoweit, als deren Leistungsfähigkeit gerade vom Erbringen der Arbeitnehmeranteile abhängt. 24 Dies stellte der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages im Gesetzgebungsverfahren des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität klar und entspricht inzwischen der hM. Demgemäß ist es nicht möglich, dass der Arbeitgeber den Tatbestand durch kollusives Zusammenwirken mit den Arbeitnehmern („Schwarzarbeit" 25 ) aushebeln kann. Den Rechtsgüterschutz, Sicherung des Beitragsaufkommens der Sozialversicherung, verwirklicht § 266a Abs 1 StGB aber nur unvollkommen, weil er - inkonsequenterweise - nur die Arbeitnehmeranteile erfasst, nicht aber auch die ebenso schutzbedürftigen Arbeitgeberanteile.26 17 Weil § 266a Abs 1 StGB die Vermögensinteressen der Arbeitnehmer nicht zu schützen vermag, hat der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern auch keine treueähnliche Pflicht, die Arbeitnehmeranteile nach dem Abzug vom Entgelt für diesen aufzubewahren und bei Fälligkeit an die Einzugsstelle abzuführen. 27 Ein der Untreue ähnliches Verhältnis besteht aber zwischen dem Arbeitgeber und den Sozialversicherungsträgern, diese vertreten durch die Einzugsstelle. 28

18 BGH NJW 2000, 2993, 2995; OLG Köln NStZ-RR 2003, 212, 213; A/WIBente Rn 2 7 / l l f ; Ignor/ Rixen/Pananis Rn 4/721 und 731; Marburger/Wolber S 52 f; Pape/Voigt WiB 1 9 9 6 , 8 2 9 , 8 3 3 ; Schmitt S 26; sa NK/Tag Rn 43 zu $ 266a StGB; verkannt von OLG Frankfurt/Main ZIP 2 0 0 2 , 1 8 5 2 , 1 8 5 6 . 19 Vgl dazu BGH NIW 2 0 0 2 , 2 4 8 0 f. 20 NK/Tag Rn 7 zu § 266a StGB. ZI Zur Geschichte des Lohnabzugsverfahrens Bittmann wistra 1 9 9 9 , 4 4 1 , 4 4 2 f; allgemein Tag S 8 ff. 22 BGH NIW 2002, 2480, 2481. 23 HM, BGH NIW 2000, 2993, 2 9 9 4 f ; OLG Köln NIW 2003, 212f; A /W/Benfe Rn 27/4f; Bittmann wistra 1 9 9 9 , 4 4 1 , 4 4 5 , mwN in Fn 40; ders DStR 2001, 855, 858; Heger JuS 1 9 9 8 , 1 0 9 0 , 1 0 9 1 ; Hellmann JZ 1998, 1005; Huber S 9 ff; Ignor/Rixen/Panan/i Rn 4/720 (er sieht darin auch eine überindividuelle Schutzrichtung); Kiethe ZIP 2003, 1957, 1958 (er sieht nur das Beitragsaufkommen allgemein, nicht aber die konkrete Einzugsstelle als geschützt an); Rönnau wistra 1997, 179; Schmitt S 20 ff; S/S/ Lenckner/Perron Rn 2 zu $ 266a StGB; Stapelfeld BB 1 9 9 1 , 1 5 0 1 , 1 5 0 5 ; SK/Samson/Günther Rn 4 zu $ 266a StGB; Ί/Fischer Rn 2 zu $ 266a StGB; aA OLG Frankfurt/Main ZIP 2 0 0 2 , 1 8 5 2 , 1 8 5 6 ; LK/Gribbohm Rn 5 und 7 zu S 266a StGB; M-G/B/Heitmann Rn 36/12; NK/Tag Rn 6 zu § 266a StGB; Ranft DStR 2 0 0 1 , 1 3 2 , 133 f (der aber nicht aufzuzeigen vermag, welchem Rechtsgut S 266a Abs 1 StGB stattdessen dienen soll); Tag S 38; evtl auch BGH ZIP 2003, 1666, 1668: Der Senat spricht von „geschädigten Arbeitnehmern". 24 Jestaedt GmbHR 1 9 9 8 , 6 7 2 , 6 7 6 . 25 Vgl dazu unten Rn 2 9 , 1 2 4 und 136ff. 26 Hey GmbHR 1999, 760, 761; M-G/B¡Heitmann Rn 36/13 f; T/Fischer Rn 9a zu $ 266a StGB; zur anstehenden Novellierung vgl oben Rn 3. 27 BGH NIW 2 0 0 2 , 2 4 8 0 . 28 BGH ZIP 2003, 1666, 1668; Bittmann wistra 1999, 441, 445; S/S /Lenckner/Perron Rn 2 zu $ 266a StGB; T/Fischer Rn 2 zu $ 266a StGB; aA noch BGH NIW 2000, 2993, 2995; Bender EWiR § 10 GesO 3/01, 577; vgl auch unten Rn 77.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, $ 266a StGB 3.

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Arbeitgeber (natürliche Personen; Organe juristischer Personen, S 1 4 StGB)

S 266a Abs 1 StGB ist ein Sonderdelikt. 2 9 Täter kann nur ein Arbeitgeber oder eine diesem (zB durch § 14 StGB) gleichgestellte Person sein.

18

Das StGB definiert weder in $ 266a Abs 1 noch an anderer Stelle, wer Arbeitgeber ist. Da die Vorschrift dem Schutz des Beitragsaufkommens der Sozialversicherung dient, 30 liegt es nahe, denjenigen als Arbeitgeber anzusehen, welcher es nach d e m Sozialrecht ist. 31 Arbeitgeber ist danach derjenige, dem der Arbeitnehmer Dienste iSd §§ 61 I f f BGB leistet, wenn dieser zu ihm in einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit steht, die sich vornehmlich in seiner Eingliederung in den Betrieb äußert. 32 Die Arbeitgebereigenschaft verlangt keine Absicht, Gewinne zu erzielen, 3 3 so dass auch die Verantwortlichen eines gemeinnützigen Vereins oder derjenige Arbeitgeber iSv § 266a Abs 1 StGB ist, der jemanden in seinem Haushalt beschäftigt.

19

In Betracht kommen folgende natürliche Personen: 34

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- Dienstherr als derjenige, welchem der Arbeitnehmer gemäß $$ 611 ff BGB Dienste leistet, zB dem Einzelhandelskaufmann; - Dienstherr kraft faktischem Direktionsrecht (gegenüber einem Strohmann oder sonstigem Dritten, welcher die Löhne auszahlt, mit fremden Betriebsmitteln arbeitet oder den Betrieb für fremde Rechnung führt, kurz: der Geldgeber); 35 - der Entleiher bei legaler Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs 1AÜG; - Entleiher bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung, § 10 Abs 1 Satz 1 AÜG; 36 - Verleiher bei illegaler Arbeitnehmerüberlassung, § 10 Abs 3 Satz 2 AÜG, - Vorläufiger „starker" Insolvenzverwalter, dh mit Vertretungsrecht bei Betriebsfortführung; 3 7 - (Endgültiger) Insolvenzverwalter bei Betriebsfortführung; - Betriebsleiter im Sinne des $ 14 Abs 2 Nr 1 StGB (zB Hauptabteilungsleiter, Obermeister, Vorarbeiter, Wiegemeister); - zu eigenverantwortlicher Pflichterfüllung vom Arbeitgeber Beauftragter iS von § 14 Abs 2 Nr 2 StGB (zB leitender Angestellter oder der Leiter der Lohnbuchhaltung). Neben den genannten Einzelpersonen kommen als Arbeitgeber aber auch Personenvereinigungen in Betracht. Arbeitgeber ist danach zwar die oHG oder die KG selbst. Sie erfüllen ihre Pflichten aber durch ihre persönlich haftenden Gesellschafter. Dies stellt § 14 Abs 1

29 AllgM, vgl T/Fischer Rn 3 zu S 266a StGB; Ignor/Rixen/Psnani's Rn 4/723; NK/Tag Rn 15 zu § 266a StGB. 30 Vgl oben Rn 16. 31 A/W/Benfe Rn 27/6ff; Bengelsdorf NJW 1999, 1817, 1818; Hauck NZS 1998, 262f; Huber S 25; Ignor/Rixen/Pananis Rn 4/723; Lackner/Kühl Rn 3 zu S 266a StGB; LK/Gribbohm Rn 15 zu $ 266a StGB; M-G/B/Heitmann Rn 36/15, 19 ff; (iE auch) NK/Tag Rn 16 ff zu $ 266a StGB; S/S/Lenckner/Perron, Rn 11 zu s 266a StGB; SKISamson ¡Günther Rn 7 ff zu S 266a StGB; Tag BB 1997,1115,1116; Τ irischer Rn 4 f zu 5 266a StGB; Wegner wistra 1998,283,284; Ignor/Rixen, Rn 2/49, betonen die arbeitsrechtliche Prägung auch des sozialrechtlichen Arbeitgeberbegriffs; W/J/Köhler Rn 7/252, stellt auf das Arbeits- und Sozialrecht gleichermaßen ab. 32 BSGE 26,280,282 f; 34,111,113 f; NJW 1967,2031. 33 BVerfG NJW 2003,961. 34 Benfe Diss S 30 ff; zu S 266a Abs 5 StGB vgl unten Rn 152. 35 Vgl oben $ 5 Rn 139. AA Wegner wistra 1998, 283, 284 f; vgl allg zum faktischen Geschäftsführer oben J 5 Rn 66 ff. 36 Vgl dazu LK/Gribbohm Rn 16 ff zu $ 266a StGB; NK/Tag Rn 22 zu § 266a StGB. 37 LK/Gribbohm Rn 15 zu S 266a StGB; Pape/Voigt WiB 1996, 829, 831; VJß/Kohler Rn 7/257; Wegner wistra 1998,283,285; ausf unten $ 23 Rn 4 und 32. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Nr 2 StGB klar. 38 Folglich sind (regelmäßig: 39 sämtliche) oHG-Gesellschafter und die Komplementäre der KG taugliche Täter. Gleiches gilt für BGB-Gesellschafter. Bei einer vermögenslosen Vor-GmbH haften die Gesellschafter auch im Außenverhältnis für die Beitragsschulden 40 und sind damit taugliche Täter. 22

Arbeitgeber iSd § 266a Abs 1 StGB kann auch eine juristische Personen sein. Für die Haftung der natürlichen Personen, welche für die juristische Person tätig wurden, bedarf es einer strafrechtlichen Zurechnungsnorm. Diese ist in § 14 Abs 1 Nr 1 StGB enthalten. 41 Eine Weisung der Gesellschafter(-versammlung) an den Geschäftsführer, keine Arbeitnehmeranteile mehr abzuführen, ist gesetzwidrig und damit unbeachtlich. 42 Der faktische Geschäftsführer ist rechtlich wie ein bestellter zu behandeln. 43 Daneben haftet jedoch uneingeschränkt auch der „Strohmann". 4 4 Ein Fremdgeschäftsführer der Vor-GmbH haftet unter den Voraussetzungen des S 14 Abs 2 StGB als Beauftragter. 45

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Organmitglieder oder vertretungsberechtigte Gesellschafter haften strafrechtlich gemäß § 266a Abs 1 StGB ab dem Moment, zu dem sie ihr Amt antreten, nicht aber für davor liegende Verstöße. 46 Ihre Verantwortlichkeit dauert an, solange sie ihre Funktion ausüben. Das hat zur Folge, dass zB ein Geschäftsführer einer GmbH durch Amtsniederlegung seine Strafbarkeit beeinflussen kann. 4 7 Tritt er vor dem Fälligkeitstermin zurück, so kann er, auch wenn er noch im Handelsregister eingetragen ist, 48 im für ihn günstigsten Fall seine

38 Vgl oben $ 12 Rn 31 und 39. 39 KG GmbHR 2003, 591, 593 f, verneint die Haftung dessen, der die Gesellschafterstellung lediglich treuhänderisch ausübt, zw. 40 LSG Stuttgart, ZIP 1997, 1651; Hauetl NZS 1998, 262, 266ff (und 268f zur VorgründungsGmbH); allg BGH NJW 1997,1507,1509. 41 Vgl oben § 12 Rn 32 f; schwer verständliche, jedenfalls unbegründete Kritik daran bei Schmitt S 28 f. 42 OLG Naumburg wistra 2000,34,3 5. 43 BGH NJW 2002, 2840,2842 (im Grundsatz abl, in concreto dem Erg aber unter Hinweis auf § 14 Abs 2 Nr 2 StGB zust Radtke NStZ 2003, 155, 156); OLG Naumburg GmbHR 2000, 558f m krit Anm Peetz; T/Fischer Rn 5 zu $ 266a StGB; vgl dazu allg oben $ 5 Rn 88 und 91; zu den Pflichten gegenüber den Kassen BGH wistra 1990, 97, 98; S/S/Lenckner/Perron, Rn 11 zu § 266a StGB, weisen zutreffend darauf hin, dass sich bereits nach dem Sozialversicherungsrecht in faktischer Betrachtungsweise bestimmt, wer Arbeitgeber ist; aA KG NJW-RR 1997, 1126, dazu Götze WiB 1997, 1190 (lt Sachverhalt war aber schon zweifelhaft, ob der in Anspruch Genommene überhaupt faktischer Geschäftsführer war); Huber S 30 f; Ignor/Rixen/Panan« Rn 4/725; Schmitt S 29 ff. 44 BGH NJW 2002, 2840, 2842 (zust Radtke NStZ 2003,155,156); OLG Rostock GmbHR 1997, 845; KG GmbHR 2003, 591, 594; aA OLG Hamm, NStZ-RR 2001, 173, in Missachtung der Tatsache, dass die wesentlichen Pflichten des Geschäftsführers kraft Gesetzes bestehen, BGH aaO, also der Parteidisposition entzogen sind, verkannt von Ignor/Rixen/Pananù Rn 4/725 und 741; NK/Tag Rn 26 aE zu § 266a StGB; Tag JR 2002, 521; T/Fischer Rn 5 zu S 266a StGB. Die Handlungspflicht des Strohmanns entfällt auch nicht unter dem Aspekt der Unzumutbarkeit, weil er grundsätzlich jederzeit sein Amt niederlegen kann. Vorsatzprobleme bestehen allenfalls dann, wenn der Strohmann entweder nichts davon weiß, dass Arbeitnehmer beschäftigt werden, derart unkundig ist, dass er die Pflichten eines Arbeitgebers zur Beitragsentrichtung nicht kennt oder ohne Verstoß gegen seine Überwachungspflicht nichts von den aufgetretenen Liquiditätsschwierigkeiten weiß (Kenntnis speziell vom Unterbleiben der Beitragsabführung ist nicht erforderlich, BGH aaO mN). Dies ist äußerst selten. Die Praxis behilft sich dann mit § 153 Abs 1 StPO. 45 KG ZIP 2002,438 ff; nicht erörtert von KG GmbHR 2003, 591 ff. 46 BGH NJW 2002,1122; vgl aber unten Rn 107. 47 BGH GmbHR 2003, 544ff; NJW 2003, 3787, 3789; sa OLG Naumburg GmbHR 2000, 558f m Anm Peetz; 2002,1237ff. Str ist allerdings, ob die Pflichten aus der Organstellung auch bei einer Amtsniederlegung zur „Unzeit" enden, von OLG Naumburg, GmbHR 2002,1237,1239, auch für den Fall bejaht, dass der vormalige Geschäftsführer als Mitgesellschafter nicht für die Bestellung eines Notgeschäftsführers sorgte, von BGH NJW 2003, 3787, 3789 f, offengelassen; vgl dazu allg Hirte NJW 2003,1154,1160 mN; Huber S27 f f ; NK/Tag Rn 25 zu $ 266a StGB; sowie oben $ 11 Rn 37ff. 48 OLG Düsseldorf NZI2003,342 f. 536

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, § 266a StGB Strafbarkeit ganz vermeiden, wenn die Sozialversicherungsbeiträge in der Vergangenheit rechtzeitig abgeführt wurden und er seiner Vorsorgepflicht 49 genügte. Ein Rücktritt vermag dem Geschäftsführer allerdings nur dann zugute zu kommen, wenn er auch tatsächlich und nicht nur pro forma geschieht. In einem Fall, in welchem der Geschäftsführer zwar zurücktrat, sich aber bis zur Überwindung der Vakanz als Nothelfer zur Verfügung stellte, behandelte ihn der BGH 5 0 trotz formeller Amtsniederlegung als voll verantwortlichen, dh als faktischen Geschäftsführer. Strafrechtlich maßgeblich ist unbeschadet des Schicksals des meist daneben bestehenden Dienstvertrags 51 allein das Ende der Organstellung. 52 Die Verantwortlichkeit endet außerdem mit dem Verlust der Verfügungsbefugnis, also zB mit der Einsetzung eines „starken" vorläufigen Insolvenzverwalters und spätestens mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens. 53 Möglich und in der betrieblichen Praxis häufig, wenn nicht gar regelmäßig ist es, gesonderte Ressortzuständigkeiten zu schaffen. 54 Daneben ist es möglich, Pflichten auf Nachgeordnete zu delegieren. Eine solche Delegation entbindet den tauglichen Täter jedoch nicht von seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit, gestaltet aber seinen konkreten Pflichtenkreis um: 5 5 Anstatt selbst für die Beitragsabführung zu sorgen, muss der Ressortfremde ebenso wie der Delegierende überwachen, ob der Zuständige seine Beitragsabführungspflichten erfüllt. Auch die bloße Urlaubsabwesenheit entlastet den originär Pflichtigen nicht. Er hat vielmehr durch geeignete organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten, dass seine Pflichten auch während seiner Abwesenheit ordnungsgemäß erfüllt werden. Dazu gehört auch die Sicherstellung der Erfüllung der Arbeitgeberpflichten gegenüber der Einzugsstelle in Bezug auf die Arbeitnehmeranteile. Darauf hat er in angespannter wirtschaftlicher Lage besonders zu achten. 56 Falls er allerdings alle ihm als ordentlichem Kaufmann obliegende Pflichten in gehöriger Weise für die Zeit seiner Abwesenheit delegierte, so haftet er nicht für etwaige gleichwohl währenddessen auftretende Pflichtverletzungen. Im Interesse der Vermeidung von Schadenersatzpflichten sollte er für die Zeiten seiner Abwesenheit detaillierte Anweisungen erteilen, diese schriftlich niederlegen und sich den Empfang bestätigen lassen.

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Delegationsempfänger haften strafrechtlich unter den Voraussetzungen des $ 14 Abs 2 StGB.

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Der Auftraggeber eines Werkvertrages, bei dem es für die Ausführung regelmäßig nicht auf eine bestimmte Person ankommt, ist nicht Arbeitgeber. 57 Der Grundstückseigentümer, der

26

49 Vgl dazu unten Rn 77 ff. 50 BGH NJW 1997,130,131; OLG Naumburg GmbHR 2000,558 f m Anm Peetz; abl Huber S 29 f. 51 Zur Problematik vgl BGH NJW 2003, 351 f; Hümmerich NJW 1995, 1177ff. Ferner oben S 5 Rn 10 f. 52 Huber S 34. 53 Huber S 106 ff; W/J/Köhler Rn 7/275; Wegner wistra 1998,283,290; vgl iE unten $ 23 Rn 2 ff und 32. 54 Zu den rechtlichen Folgen bei Arbeitsteilung vgl oben § 5 Rn 35 ff und 39 ff; sa Benfe wistra 1997, 105; Jestaedt GmbHR 1998,672,676 f. 55 BGH NJW 2003,3787,3789; 2002, 2840, 2842 (zust Radtke NStZ 2003,155,156); OLG Brandenburg GmbHR 2003, 595; OLG Düsseldorf NZI 2003, 342; OLG Rostock OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2002, 46; Groß ZIP 2001, 945, 946; Haase GmbHR 2002, 210, 211; Ignor/Rixen/Panani'i Rn 4/727f; NK¡Tag Rn 25 zu $ 266a StGB (einschr aber dies]K 2002,521); T/Fischer Rn 5 zu § 266a StGB; ausf dazu Huber S 3 7 ff; aA Schmitt S 31 ff (trotz grundsätzlich dogmatisch gleichem Ausgangspunkt). 56 OLG Rostock OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2002, 46; Frings GmbHR 2001, 241; Ignor/Rixen/Panam's Rn 4/727f; für OLG Schleswig, GmbHR 2002, 216ff; und LG Braunschweig, NZI 2001,486,487, genügt Unkenntnis zur Straffreiheit. Das trifft aber nur dann zu, wenn der Ressortfremde seine nicht delegierbaren Pflichten in Bezug auf das Unternehmen als Ganzes erfüllt hat, also die Unkenntnis von der angespannten Finanzlage nicht auf mangelnder Sorgfalt beruht. 57 Benfe Diss S 30. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften sich von einem Unternehmen in Schwarzarbeit ein Haus errichten lässt, begeht zwar eine Ordnungswidrigkeit nach § 2 SchwarzarbG, ist aber nicht Arbeitgeber iSv $ 266a Abs 1 StGB.

4.

Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung

a)

Versicherungsrechtliche Grundlagen

aa)

Beitragspflicht

27

S 266a Abs 1 StGB bezieht sich ausschließlich auf die Pflichtbeiträge der Arbeitnehmer zur Gesamtsozialversicherung, S 28d S 1 und 2 SGBIV, also zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung 58 gemäß SS 5 , 2 2 3 , 2 2 6 SGB V, 1 , 1 6 1 , 1 6 8 SGB VI, 24, 341 SGB III, 20 und 5 4 f f SGB XI. 59 Maßgeblich ist allein die rechtliche Existenz der Beitragspflicht 60 zur deutschen 61 Sozialversicherung. Sie hängt nicht von der Erfüllung der Anmeldepflicht des Arbeitgebers ab 6 2 . Die H ö h e der Beitragspflicht knüpft an das Bruttoentgelt, 63 die „beitragspflichtigen Einnahmen" iSv § 223 SGB V, an. Dabei gilt nach im Sozialversicherungsrecht hM 5 4 nicht das Zuflußprinzip mit der Folge, dass die Beitragshöhe nicht davon abhängt, ob das Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt, auch tatsächlich ausbezahlt wird. Aus diesem Grunde kann es in rechtstaatlich zweifelhafter Weise 65 dazu kommen, dass strafbewehrte Arbeitnehmeranteile auf „Phantomlöhne" zu entrichten sind! Pflichtbeiträge 66 werden auch auf Zahlungen erhoben, die während der Freistellung bei Altersteilzeit geleistet werden, vgl SS 7 Abs la, 23b SGB IV.

28

Allgemein gilt, dass die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen nicht der Disposition von Arbeitgeber und Arbeitnehmer unterliegen, § 32 SGB I. Deren - ggf durch Tarifvertrag begrenzte - Vertragsfreiheit beschränkt sich auf den Inhalt des Arbeitsver-

bb)

Nettolohnabrede

58 LK/Gribbohm Rn 29 zu S 266a StGB; sa Hickmann GmbHR 2003,1041. 59 Da die Voraussetzungen nicht für alle Zweige gleich sind, müssen sie gesondert geprüft werden, A/W/Bente Rn 27/13 ff; zu Sonderfällen von Beitragsschuldnern vgl Marburger/Wolber S 47 ff. 60 Zur Beitragspflicht von Notarassessoren zur Arbeitslosenversicherung vgl BSG NJW 2002,919. 61 Unterfallen im Inland beschäftigte ausländische Wanderarbeiter der Sozialversicherungspflicht ihres Heimatstaates, so sind sie im Inland beitragsfrei, Ignor/Rixen, wistra 2001, 201 ff; M-G/B/Hdfmann Rn 36/66 (letzterer hält allerdings die Strafjustiz in Verkennung der Akzessorietät des Strafzum Sozialrecht für befugt, die die Sozialversicherungsträger bindenden, nicht gefälschten ausländischen Bescheinigungen auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen, dagegen NK/Tag Rn 48 zu § 266a StGB). 62 Lackner/Kühl Rn 7 zu $ 266a StGB; vgl auch LK/Gribbohm Rn 15 zu S 266a StGB. 63 LK/Gribbohm Rn 40 zu S 266a StGB; M-G/B/Heitmann Rn 36/25, Fn 48; zur Nettolohnabrede vgl unten Rn 29. Ausführliche Übersicht bei Benner/Bals BB-Beilage 2/2004; die Nutzungen des Firmenwagens gehören dazu, BFH BB 2002, 1466, nicht aber der Vorteil der Garagennutzung für den Firmenwagen, BFH BB 2002, 1954, dazu Spitzenorganisationen der Sozialversicherung BB 2003, 1736; Warengutscheine und Sachgeschenke zählen ebenfalls zum beitragspflichtigen Entgelt, Spitzenorganisationen der Sozialversicherung BB 2003,2295 f. 64 LSG Halle JMBl LSA 2003,219,221 fmN; vgl dazu auch unten Rn 68 mN. 65 Problematisch ist das va bei Geltung eines für allgemeinverbindlich erklärten, aber auf das Arbeitsverhältnis tatsächlich, wenn auch rechtswidrigerweise nicht angewandten Tarifvertrags. Die Beiträge richten sich aufgrund der Unverzichtbarkeit tarifvertraglicher Ansprüche auch dann nach dem Soll-Entgelt und zwar selbst dann, wenn die Arbeitnehmer aufgrund von Ausschlussfristen die Differenz zum Tariflohn nicht mehr beanspruchen können (!), vgl LSG Halle JMBl LSA 2003, 219, 222. 66 Zur Einbeziehung Selbständiger in die gesetzliche Rentenversicherung vgl M Ulmer ZRP 2001, 257ff.

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träges.67 An ihn knüpfen die Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs an und legen die sozialversicherungsrechtlichen Folgen zwingend fest. Das wirkt sich vor allem bei der rechtlichen Einordnung der Nettolohnabrede aus. Zu unterscheiden ist zwischen der zulässigen Vereinbarung eines Nettolohns im Arbeitsvertrag und der einvernehmlichen „Schwarzarbeit". 68 Bei Vereinbarung eines Nettolohns trägt der Arbeitgeber die gesamten öffentlich - rechtlichen Abgaben zusätzlich und allein. Der dem Arbeitnehmer dadurch zufließende Vorteil ist nach $ 14 Abs 2 SGB IV seinerseits beitragspflichtig. Die Höhe der Beiträge ergibt sich unter Anwendung einer versicherungsmathematischen Berechnung aus dem Nettolohn zuzüglich der Höhe des Beitragsvorteils.69 Bei vereinbarter „Schwarzarbeit", die ebenfalls von § 266a Abs 1 StGB erfasst wird,70 muss der Arbeitgeber letztlich zwar auch für die gesamten Abgaben aufkommen. Mit der Begründung, dass er dem Arbeitnehmer gerade nicht den Vorteil der Übernahme der Beiträge zukommen lassen wolle, schließlich sollten sie ja ganz „erspart" werden, hatten die Gerichte aber entschieden, 71 dass sich die Höhe der zu entrichtenden, bei Schwarzarbeit also nachzuzahlenden, weil hinterzogenen Beiträge nach dem ausbezahlten (Netto-)Entgelt richte. Das führte auf der Tatbestandsebene allerdings zu einer unverdienten Privilegierung gegenüber dem Arbeitgeber, der die Arbeitnehmer immerhin ordnungsgemäß anmeldet, die Arbeitnehmeranteile aber nicht entrichtet hatte. Das konnte nur bei der Strafzumessung berücksichtigt werden.72 Diese Ungereimtheit beseitigte der Gesetzgeber mit der Ergänzung von $ 14 Abs 2 SGB IV durch Art 3 Nr 2 des „Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit" vom 23.7.2002. 7 3 Seit dem 1 . 8 . 2 0 0 2 sind deshalb Netto(-schwarz-)lohn und die Sozialversicherungsbeiträge zu addieren.

cc)

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Geringfügig Beschäftigte

Geringfügig Beschäftigte sind Arbeitnehmer. Sie unterlagen nach Inkrafttreten des „Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse" vom 2 4 . 3 . 1 9 9 9 7 4 der Sozialversicherungspflicht. Diese ist mit Wirkung vom 1.4.2003 aufgrund Art 2 Nr 2 des „Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen" („Hartz II") 75 wieder abgeschafft worden. Der Arbeitgeber trägt die insoweit anfallenden (geminderten) Sozialversicherungsbeiträge allein. Nach § 8 Abs 1 Nr 1 SGB TV ist iS der Sozialversicherung geringfügig tätig, wessen regelmäßiges 76 Arbeitsentgelt 4 0 0 € nicht übersteigt. 77 Kurzfristig beschäftigt ist, 67 Zur Frage, ob und wie sich ein Wandel der tatsächlichen Verhältnisse auf den Status auswirken kann vgl BGH NJW 2 0 0 0 , 1 8 6 4 , 1 8 6 5 . 68 Vgl zum Rechtszustand bis zum 3 1 . 7 . 2 0 0 2 A/W/Benre Rn 27/22; Berne Diss 47ff; M-G/B/Ho'fmann Rn 36/6 und 22. 69 A/Wtiente Rn 27/21; Ignor/Rixen/Pananis Rn 4/735; LK/Gribbohm Rn 40, auch 5 4 f zu $ 266a StGB; M-G/B/Heifmann Rn 36/25; NK/Tag Rn 37 zu § 266a StGB; SK/Samson/Günther Rn 16 zu $ 266a StGB; Wegner wistra 1 9 9 8 , 2 8 3 , 2 8 6 . 70 Bittmann wistra 1 9 9 9 , 4 4 1 , 4 4 5 f mwN in Fn 49; SK/Samson/GüntherKn 17ff zu S 266a StGB; Wegner wistra 1998, 283, 286. 71 BFH wistra 1992, 196ff; BGH wistra 1992, 259f; 1993, 148f; 1997, 187; 2001, 22, 23; M-G/B/ Heitmann Rn 36/26 f; aA LK/Gribbohm Rn 41 ff. 72 Vgl dazu unten Rn 124. 73 BGBl I, 2787. 74 BGBl 1,388. 75 BGBl 1,4621; dazu Bauer/Krets NJW 2003, 5 3 7 , 5 4 4 f; Gaul/Otto DB 2 0 0 3 , 9 4 , 9 5 f; Rolfs NZA 2003, 6 5 , 6 6 ff; ders ZIP 2 0 0 3 , 1 4 1 ff (mit tabellarischen Übersichten). 76 Gelegentliche Überschreitungen sind unschädlich, Rolfs NZA 2 0 0 3 , 6 5 , 6 7 . 77 Einmalzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld sind anteilig auf den Zeitraum zu verteilen, für welchen sie geleistet werden, also nicht nur im Monat der Auskehrung zu berücksichtigen, vgl dazu Berndt, DStR 2 0 0 0 , 1 5 2 0 mwN, für das frühere Recht, und Rolfs, NZA 2003, 65, 67, zum jetzigen Recht.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

wer innerhalb eines Kalenderjahres nicht mehr als 2 Monate oder 50 Arbeitstage tätig ist, es sei denn, er übt diese Beschäftigung berufsmäßig 78 und für einen Lohn von mehr als 400 € aus, § 8 Abs 1 Nr 2 SGB IV. Die Sonderregeln für haushaltsnahe geringfügige oder kurzzeitige Beschäftigungen sind allein sozialversicherungsrechtlicher Natur 7 9 und strafrechtlich ohne Bedeutung. 31 Hinsichtlich des strafbewehrten Unterlassens der Abführung von Arbeitnehmeranteilen von 1999 bis zum31.3.2003 ist (für Altfälle) zu differenzieren: 80 32 Übte der geringfügig Beschäftigte eine versicherungspflichtige Hauptbeschäftigung oder eine weitere geringfügige Beschäftigung aus, mit welcher zusammen er die Geringfügigkeitsgrenzen überschritt, so gölten die allgemeinen Vorschriften: Der Lohn war zu addieren und aus der Summe waren die Sozialversicherungsbeiträge zu errechnen. Es handelte sich dabei um Pflichtbeiträge, deren Nichtabführung hinsichtlich der Arbeitnehmeranteile unter § 266a Abs 1 StGB fiel. 81 33 Beschränkte sich die Tätigkeit des Arbeitnehmers hingegen auf eine geringfügige Beschäftigung, so war er nicht im sonstigen Sinne pflichtversichert. Der Arbeitgeber hatte lediglich gemäß S 172 Abs 3 SGB VI pauschalierte Beiträge an die Einzugsstelle abzuführen. 82 Unterblieb dies, so machte er sich aber nicht strafbar, weil diese Pauschalen weder zu den Pflichtbeiträgen iS des § 266a Abs 1 StGB rechneten, noch es sich, auch nicht hälftig, um Arbeitnehmeranteile handelte. 83 Stockte der Arbeitnehmer den Beitragsanteil des Arbeitgebers zur Rentenversicherung von 12 % um einen Eigenanteil von 7,5 % auf, so handelte es sich bei letzterem zwar um Arbeitnehmeranteile. Da insoweit aber keine Arbeitnehmeranteile zu einer Pflichtversicherung vorlagen, fielen diese Aufstockungsbeiträge gleichwohl nicht unter $ 266a Abs 1 StGB, sondern (nur) unter $ 266a Abs 2 StGB.84 34 Trotz Geringfügigkeit einer Beschäftigung unterliegen die daraus erzielten Einkünfte allerdings auch seit dem 1.4.2003 dann der allgemeinen Sozialversicherungspflicht mit Ausnahme der Arbeitslosenversicherung, wenn mindestens eine weitere geringfügige Beschäftigung zu der ersten solchen hinzutritt, während geringfügige oder kurzfristige Nebentätigkeiten ebenso beitragsfrei sind wie eine geringfügige Beschäftigung, die mit einer kurzfristigen zusammentrifft. 85 Die Aufstockungsbeiträge des Arbeitnehmers zur Rentenversicherung können weiterhin (nur) $ 266a Abs 2 StGB unterfallen.

dd)

Gleitzone

35 Oberhalb der geringfügigen Beschäftigung ist seit dem 1.4.2003 für Arbeitsentgelt ab 400 € bis zu 800 € eine Gleitzone angesiedelt, um die Sozialversicherungslast nicht sprunghaft, sondern schrittweise ansteigen zu lassen. Zwar fällt der Arbeitgeberanteil in voller Höhe an. Für Arbeitnehmer beträgt der Beitrag aber nur 4,15 % für Entgelt von 400,01 €, bis er bei 800 € die regulären (je nach Beitragssatz der Krankenkasse) ca 21 % erreicht, §§ 226 Abs 4 SGB IV, 163 Abs 10 SGB VI und 344 SGB III.86

78 Keine Berufsmäßigkeit liegt bei untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung vor. Spitzenorganisationen der Sozialversicherung BB 2003,1848. 79 Rolfs NZA 2003,65,69. 80 Wegner DB 1999,2111. 81 M-G/B/Heitmann Rn 36/33. 82 Goretzki/Hohmeister NZS 1999,369,370. 83 M-G/B/Heitmann Rn 36/30 ff; sa Reiserer/Große Vorholt BB 2001,1843,1845f. 84 Wie hier (wohl) Jacobi/Reufels BB 2000, 771, 772; aA M-G/B/Heitmann Rn 36/36; Wegner DB 1999, 2111,2112. 85 Rolfs NZA 2003,65,68. 86 Bauer/Krets NJW 2003,537,545; Rolfs NZA 2003,65,70 ff.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, S 266a StGB

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Für die staatsanwaltschaftliche Praxis bedeutet dies, dass nicht mehr nur sichergestellt 36 werden muss, dass die Rückstandsaufstellungen der Krankenkassen keine Beiträge von Geringverdienern enthalten bzw dass diese strafrechtlich herausgerechnet werden müssen, sondern auch, dass ermittelt werden muss, ob die bei den Kassen aufgelaufenen Beitragsrückstände auf Gleitzonen-Versicherte entfallen. Verhält es sich so, dann müssen die Arbeitnehmeranteile für jeden einzelnen dieser Versicherten festgestellt werden. Nur die Rückstände in Höhe dieser variablen Beiträge sind strafbewehrt. Demzufolge deckt sich die Höhe der Arbeitgeberanteile mit derjenigen der Arbeitnehmeranteile nur noch dann, wenn der Arbeitgeber keine Gleitzonen-Versicherten beschäftigt. ee)

Nicht unter S 266a Abs 1 StGB fallende Leistungen

Die Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz trägt der Arbeitgeber ebenso allein wie 37 die Beiträge zur Berufsgenossenschaft, die Winterbauumlage und die Beiträge zu Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes.87 Diese Pflichten sind folglich für $ 266a Abs 1 StGB irrelevant. Die Tatsache, dass nur die Pflichtbeiträge zur Gesamtsozialversicherung erfasst sind, bedeutet, dass das Unterlassen der Abführung freiwilliger Beiträge für $ 266a Abs 1 StGB88 irrelevant ist. Bei den Ermittlungen, insbes den Anfragen an die Einzugsstellen (Krankenkassen)89 ist deshalb von vornherein darauf zu achten, dass in die errechneten Beitragsrückstände keine freiwilligen Beiträge einfließen. b)

Pflichtversicherte

Im Einzelfall kann es Mühe bereiten festzustellen, welche der Versicherten pflicht- und 38 welche anderen freiwillig versichert sind. Schwierigkeiten tauchen dabei in der Praxis insbes auf, wenn es um Dienste „höherer Art" ($ 627 Abs 1 BGB) geht. aa)

Abgrenzung Arbeitnehmer - Selbständige

Arbeitnehmer und Selbständige unterscheiden sich durch den Grad der persönlichen 39 Abhängigkeit.90 Der Arbeitnehmer ist bezüglich Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort seiner Leistung weisungsabhängig und in die betriebliche Organisation eingebunden, vgl § 7 Abs 1 SGBIV. Selbständig ist demgegenüber in Anlehnung an § 84 Abs 1 Satz 2 HGB, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.91 Maßgeblich ist nicht, ob sämtliche Kriterien erfüllt sind, sondern stets eine Gesamtschau.92 So ist bei Versicherungsvertretern93 sowie bei Wirtschafts- und Finanzberatern, die im 40 wesentlichen für nur ein Unternehmen tätig sind, zB im Finanzvertrieb, und die regelmäßig keinen festen Dienstzeiten unterliegen, darauf abzustellen, ob sie im Übrigen, zB im Umfang des Einsatzes ihrer Arbeitskraft weisungsfrei sind und ob sie das unternehmerische Risiko tragen. Wer in eigener Person und ohne Mitarbeiter, ohne wesentliches eigenes

87 Zu diesen vgl M-G/B/Heitmann Rn 36/77 ff. 88 NK/Tag Rn 41 zu $ 266a StGB. Freiwillige Beiträge fallen allerdings in den Anwendungsbereich des § 266a Abs 2 StGB, vgl dazu unten Rn 142. 89 Vgl unten Rn 113 ff. 90 Ignor/Rixen Rn 2/67 mit Checkliste Rn 2/84, auch Rn 2/60, 70, 76, 83 und 107 sowie RsprÜb Rn 104 f. 91 Zur Abgrenzung vgl BGHZ 68, 127, 129; 140, 11, 20ff; BB 1999, 73 f; BAGE 34, 111, 112; NJW 1998, 701; ZIP 1998, 612 mwN; BSGE 26, 282; NJW 1967, 2031; Wannagat, SGB IV, 2000, Rn 12 zu S 28e. 92 Ignor/Rixen Rn 2/51 ff, insbes 56,59,69 und 79. 93 Zu deren Status vgl Bolle NJW 2001,422. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

Kapital und nur geringer Büroorganisation tätig ist, der ist ungeachtet freier Dienstzeiten Arbeitnehmer. Die Übernahme bestimmter Risiken ohne zusätzliche Gewinnchance macht aus einem Arbeitnehmer noch keinen Selbständigen. 94 Für die Statusentscheidung kann es neben dem Vertragstext ankommen auf Terminlisten, Fahrtrouten, Anzeige-, Nachweis-, Abstimmungs- und Benachrichtigungspflichten. Die objektiven Umstände sind dabei wesentlicher als der Wortlaut des zwischen den Beteiligten geschlossenen Vertrags. 95 Das hat zur Folge, dass ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auch gegen den erklärten Willen der Parteien angenommen werden kann. 41

Trotz der völligen inhaltlichen Neugestaltung des § 7 Abs IV SGBIV aufgrund Art 2 Nr 2 des „Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" 9 6 stellt sich inhaltlich nach wie vor das Problem etwaiger Scheinselbständigkeit, weil Verträge unter Selbständigen dem Auftraggeber den Vorteil bieten, Lohnnebenkosten zu sparen, während der Auftragnehmer seine Aufwendungen als Betriebskosten steuerlich geltend machen kann. Entfallen ist lediglich die frühere Vermutungswirkung, welche bei der Erfüllung dreier von fünf Kriterien, die im Gesetz aufgeführt waren, für die Annahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung sprach. Es gelten demzufolge die allgemeinen Abgrenzungskriterien und hinsichtlich des Arbeitnehmerbegriffs keine Besonderheiten. 97

42

Sozialversicherungsträger und Sozialgerichte sind nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gehalten, alle Umstände aufzuklären, also auch all das zu ermitteln, was für und gegen eine Arbeitnehmerstellung spricht. 98 Wer einen bis zu dreijährigen Existenzgründungszuschuss nach § 4211 SGB III erhält („Ich-AG"), der gilt sozialversicherungsrechtlich kraft Gesetzes als Selbständiger, § 7 Abs 4 S 2 SGB IV.

43

Scheinselbständige sind Dienstverpflichtete, die zwar de jure keinen Arbeits-, sondern einen Dienstvertrag abschlossen, de facto aber verpflichtet sind, (mindestens: nahezu) wie ein Arbeitnehmer tätig zu werden, ohne jedoch Urlaubsansprüche zu erwerben, die keinen Kündigungsschutz genießen und sich selbst sozial absichern, also das Unternehmerrisiko tragen müssen, ohne dass dem eine realistische unternehmerische Chance gegenüberstünde. In Betracht kommen Lohnschiachter in Zerlegebetrieben, 99 Kurierfahrer, 100 Spediteure, Ausfahrer, aber auch Franchisenehmer. 101 Bedarf es aber des Einsatzes Dritter, um die Dienstleistung zu erbringen, dann liegt regelmäßig kein Arbeitsverhältnis vor. 102

44

Der BGH 1 0 3 sah einen Spediteur als selbständig an, obwohl er eines seiner Fahrzeuge für 5 Jahre bei zugesicherter gleichmäßiger Auslastung an einen Auftraggeber gebunden hatte und eigene Fahrten damit nur unter Einhaltung einer für einen Unternehmer unzumutbaren Anmeldefrist von 8 Tagen übernehmen durfte, weil er noch einen weiteren LKW besaß, der von einem bei ihm Angestellten gefahren wurde. Damit besaß er ein gewisses Maß

94 BSG NZA1991,907,908. 95 BSGE 38,53,58f; BAG NZA 1998,873. 96 BGBl 1,2002,4621 („Hartz II"); dazu Rolfs NZA 2003,65 f. 97 Vgl oben Rn 25; ebenso schon zum früheren Recht BTDrs 14/1855, 6f und 2046, 5 ff; Berndt NJW 2000, 464; Reiserer/Freckmann NJW 2003, 180ff; s allg IgnorlRixen Rn 2/87; NK/Tsg Rn 19f zu $ 266a StGB. 98 Bengelsdorf NJW 1999,1817,1820. 99 BGH wistra 2001,464 f. 100 BAG NJW 2002,2125 f (in concreto aber die Arbeitnehmereigenschaft verneint). 101 Zur Frage der Scheinselbständigkeit bei Nebentätigkeiten von Beamten und anderen Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes vgl Lippert NJW 2001,1188. 102 Β AG NJW 2002,2411 ff. 103 BGHZ 68, 127,129; vgl auch BAGE 14, 17, 19; 66, 113, 116 ff; zur Abgrenzung zwischen selbständigem Frachtführer gemäß S 407 HGB einerseits und dem Erbringen von Frachtleistungen in abhängiger Beschäftigung vgl LAG Hamm NZA-RR 2000,575 mwN. 542

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, $ 266a StGB

an unternehmerischer Dispositionsfreiheit. Außerdem entfiel seine Existenzgrundlage bei Ausbleiben der Aufträge des einen Auftraggebers nicht völlig. Das BAG 104 hielt einen Kantinenpächter für selbständig, der durch Auswahl des Sortiments sowie eigene Preisgestaltung und Werbung seinen Ertrag beeinflussen konnte und deshalb unternehmerische Gestaltungsfreiheit besaß. Bei Franchiseverträgen 105 wird regelmäßig zu prüfen sein, ob dem Franchisenehmer genü- 4 5 gend Raum zur eigenen unternehmerischen Entfaltung bleibt, weil er einerseits Kapital selbst aufzubringen hat, im eigenen Namen handelt und in Lagerhaltung, Transport, Kundendienst und Gewährleistung Unternehmerfunktionen übernimmt, andererseits aber der Wahrung der Einheitlichkeit dienende Vorgaben des Franchisegebers erfüllen und dessen Kontrollen erdulden muss. In der sog „Eismann-Entscheidung" erklärte der BGH 1 0 6 einen Franchisenehmer zum abhängig Beschäftigten, weil ihm neben seiner Pflicht, an 240 Tagen im Jahr mit einem bestimmten Umsatzziel nach genauen Vorgaben des Franchisegebers gefrorene Lebensmittel auszufahren, trotz vertraglicher Erlaubnis aus tatsächlichen Gründen keine weitere Erwerbstätigkeit möglich war und auch das Entgelt nicht dem sächlichen und persönlichen Aufwand eines Unternehmers entsprach. Das OLG München 107 sah in einem für 40 Wochenstunden beschäftigten Rechtsanwalt entgegen dem Wortlaut des Dienstvertrages ebenfalls einen Arbeitnehmer und keinen freien Mitarbeiter. bb)

Arbeitnehmerähnliche Selbständige

Arbeitnehmerähnliche Selbständige 108 (zB Handelsvertreter, mitarbeitende Gesellschaf- 4 6 ter von Personen- oder Kapitalgesellschaften , Freiberufler iSv § 18 Abs 1 Nr 1 EStG, 109 nicht aber GmbH-Geschäftsführer 110 ) sind nach S 2 S 1 Nr 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig. Sie haben aber ihre Beiträge allein aufzubringen, §§ 169 Nr 1,173 S 1 SGB VI. Daher fallen Beitragsrückstände nicht unter $ 266a Abs 1 StGB. Ihre Auftraggeber sind keine tauglichen Täter. 111 cc)

Organmitglieder, insbes GmbH-Geschäftsführer

Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften unterfallen schon kraft Gesetzes nicht 4 7 der Sozialversicherungspflicht, §§ 1 S 4 SGB VI, 27 Abs 1 Nr 5 SGB III. 112 Nicht so eindeutig verhält es sich beim GmbH-Geschäftsführer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Kran-

104

E 34, 111, 112. 105 Giesler NZS 1999,483. 106 Ζ 140,11. 107 NZA-RR1999,604 ff. 108 Der Begriff war in $ 2 S 1 Nr 9 SGB VI, eingeführt durch das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung vom 19.12.1998 (BGBl I, 1998, 3843), bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 2 0 . 1 2 . 1 9 9 9 (BGBl I, 2000, 2) legaldeflniert. Der Inhalt der Vorschrift hat sich aber durch das Entfallen der Legaldefinition nicht geändert. Arbeitnehmerähnliche Selbständige gelten als sozial schutzbedürftig. Beispiel: Gemäß $ 2 S 1 Nr 2 SGB VI ist ein selbständiger Krankenpfleger rentenversicherungspflichtig. Stellt er aber einen ggf geringfügig beschäftigten Mitarbeiter ein, so ist er unternehmerisch tätig und wäre ohne $ 2 S 1 Nr 9 SGB VI (renten-)versicherungsfrei. Die „Hartz-Gesetze" haben daran mit Ausnahme der Entgeltgrenze (nun: 400 €) nichts geändert, Rolfs NZA 2 0 0 3 , 6 5 , 6 6 . Zu „arbeitnehmerähnlichen Personen" vgl Ignor/Rixen Rn 85. 109 Kommentar zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung, Hrsg: Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, $ 2 SGB VI Rn 11.2. 110 Nägele BB 2 0 0 1 , 3 0 5 , 3 1 2 . 111 M-G/J}/Heitmann Rn 36/18. 112 Diese Regelung gilt für Vorstandsmitglieder von Vereinen nicht entsprechend, BSG Urt ν 19.6. 2001, Β 12 KR 44/00 R; zum Status eines Vorstandsmitglieds einer Sparkasse vgl BGH NJW 2000, 1864; einer Genossenschaft SG Altenburg NZS 2 0 0 1 , 6 7 0 .

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543

3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften ken- oder Ersatzkasse ist. Er kann, wenn er die Beitragsbemessungsgrenze unterschreitet, pflicht- oder freiwillig versichert sein. 113 48

Die versicherungsrechtliche Beurteilung richtet sich dann danach, ob es sich bei dem Einsatz des Geschäftsführers um eine abhängige (oder unselbständige) oder um eine selbständige Tätigkeit handelt. Während der Fremdgeschäftsführer, dh derjenige, der nicht zugleich Gesellschaftsanteile hält, regelmäßig Arbeitnehmer iSd Sozialversicherung ist, 114 muss bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer differenziert werden. Ein mitarbeitender Gesellschafter einer GmbH ist dann bei ihr iSd Sozialrechts 115 abhängig beschäftigt, wenn er funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess der GmbH teilhat, ein seiner Beschäftigung entsprechendes Arbeitsentgelt erhält und nicht kraft seines Anteils am Stammkapital maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH hat. Liegt seine Kapitalbeteiligung bei mindestens 50%, so verfügt er aber im allgemeinen über einen maßgeblichen Einfluss mit der Folge, dass er sozialversicherungsrechtlich als Selbständiger anzusehen ist. 116 Das gilt auch, wenn das Stammkapital einer Zwei-Personen-GmbH jeweils zur Hälfte auf die beiden Gesellschafter entfällt. Ausnahmen können allerdings bestehen, wenn ein Gesellschafter, welcher mindestens die Hälfte des Stammkapitals auf sich vereinigt, für einen Dritten als Treuhänder tätig ist.

49

Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit ist allerdings nicht in jedem Fall eine Kapitalbeteiligung von mindestens 50%. Das ist ohne weiteres zB dann einsichtig, wenn vier gleichberechtigte Gesellschafter jeweils zugleich auch Geschäftsführer sind. Als Selbständiger gilt allgemein jeder, der in der Lage ist, seinen Willen in der Gesellschaft durchzusetzen. 1 1 7 Das kann zB schon dann der Fall sein, wenn er über eine Sperrminorität 1 1 8 verfügt, an der Leitung beteiligt, faktischer Geschäftsführer oder aus sonstigen Gründen, zB familiärer Bindungen, 1 1 9 in der Lage ist, Weisungen zu unterlaufen. Eine gute Orientierung ermöglichen die Übersichten in WiB 1 9 9 4 , 2 2 6 und PWR 2 0 0 2 , 1 4 .

dd) 50

Gesellschafter

Auch Gesellschafter von Personen- und Kapitalgesellschaften können, sei es als Geschäftsführer, sei es anderweit, zugleich Beschäftigte 1 2 0 dieser Gesellschaften sein. In Personengesellschaften kann der von einem Gesellschafter zu erbringende Beitrag in der Leistung

113 Figge DNotZ 1998, 20; Plagemann WiB 1994, 223; von Hoyningen-Huene NJW 2000, 3233 mwN in Fn4. 114 BSG NJW-RR 2002, 758 ff; ebenso BGH, NZI 2003, 199 ff, für das Arbeits- und Gesamtvollstreckungsrecht. Lt BAG, BB 2003,2352ff, ist der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH nicht Arbeitnehmer iSd Arbeitsrechts. Sa U Fischer NJW 2003, 2417 ff; Kayser FS Kirchhof S 259 ff. Zum Arbeitnehmerbegriff iSd Insolvenzgeldrechts vgl Grams GmbHR 2003,29 ff. 115 Arbeits- und insolvenzrechtlich kann das durchaus anders sein. Gemäß OLG Jena, NZI 2001, 429 f, ist der GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer auch dann, wenn er keine wesentliche Beteiligung hält, kein im Hinblick auf seine Gehaltsansprüche gesamtvollstreckungsrechtlich privilegierter Arbeitnehmer. 116 BGH ZIP 2003, 1662ff (aber für die KO); LSG Mainz Urt vom 27.7.2000 - L 5 KR 41/99; vgl zum Ganzen Nägele BB 2001,305,310 ff. 117 Nägele BB 2001,305,311 (mit Kriterienkatalog zur Abgrenzung). 118 BSG NZA 1991, 869, 870; OLG Naumburg GmbHR 2000, 558, 559; Figge DNotZ 1998, 20, 24f; auch Vorstände einer eingetragenen Genossenschaft können abhängig Beschäftigte sein, obwohl sie nur einem „verfeinerten, auf die funktionsgerechte, dienende Teilhabe am Arbeitsprozess beschränkten" Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegen, vgl BSG DB 1991,1736. 119 Figge DNotZ 1998,20, 25. 120 Boujong NZG 2000,1193 mN; von Hoyningen-Huene, NJW 2000,3233, bezeichnet sie als „Scheingesellschafter". 544

Bittmann

Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, § 266a StGB

von Diensten121 bestehen. Das kommt in freien Berufen (Rechtsanwalts- oder Ärztegesellschaften) häufig vor. Der Gesellschafter einer GmbH kann seine Einlage ebenfalls in Form von Diensten erbringen.122 Ob die in der Gesellschaft tätigen Gesellschafter Arbeitnehmer oder Selbständige sind, richtet sich nach den für Geschäftsführer dargelegten Kriterien.123 Mehrheitsgesellschafter können nicht Arbeitnehmer sein, auch wenn sie nicht Geschäftsführer sind.124 Werden aber (noch dazu: ausländische) Mitarbeiter für die vorübergehende Zeit ihrer Beschäftigung von 3 Monaten als BGB-Gesellschafter aufgenommen, so sind sie de jure Arbeitnehmer.125 5.

N u r Arbeitnehmeranteile

Die Pflichtbeiträge zur Gesamtsozialversicherung (mit Ausnahme der wirtschaftlich nur 51 von den Arbeitnehmern getragenen Pflegeversicherung) werden je zur Hälfte von den Arbeitgebern und den Arbeitnehmern aufgebracht, §§ 20 Abs 1 SGB IV, 253 SGB XI, 168 SGB VI, 340, 346 SGB III und 3 SGB V. Die Sozialversicherungsbeiträge, die auf das von der Bundesanstalt für Arbeit gezahlte Kurzarbeiter- und Winterausfallgeld entfallen, trägt allerdings der Arbeitgeber allein und zwar neben den Arbeitgeberanteilen, die auf den von ihm (außer bei Kurzarbeit Null) weiterzuzahlenden Lohnanteil zu entrichten sind, §§ 249 Abs 2 Nr 3 SGB V, 168 Abs 1 Nr 1 SGB VI und 58 Abs 1 S 2 SGB XI. Wie bereits die Vorläuferbestimmungen, zuletzt die §§ 529,1428 AVO, 225 AFG, 150 AVG und 234 RknappschG, so beschränkt sich auch $ 266a Abs 1 StGB auf die Pönalisierung des Vorenthaltens der Arbeitn e h m e r a n t e i l e zur Gesamtsozialversicherung. 1 2 6

Dies ist angesichts des Rechtsguts des § 266a Abs 1 StGB inkonsequent.127 Hier schwingt 52 allerdings noch das unzutreffende Verständnis vom Schutz der Arbeitnehmer durch Pönalisierung der Beitragsvorenthaltung mit. Vorschläge, im Zuge der Reformgesetzgebung des Zweiten Gesetzes zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität die Strafbarkeit auch auf das Vorenthalten von Arbeitgeberanteilen zu erstrecken, lehnte der Gesetzgeber allerdings, wenn auch ohne überzeugende Begründung,128 ebenso ab wie der entsprechende Vorschlag im Referentenentwurf zum Gesetz zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit nicht Gesetz wurde. Das hat die Praxis hinzunehmen. Nunmehr ist allerdings vorgesehen, die Hinterziehung von Arbeitgeberanteilen in einem neuen § 266 a Abs 2 StGB zu pönalisieren. Wegen der von Abs 1 abweichenden Struktur129 beseitigt das aber nicht die Inkonsequenz, mindert sie jedoch immerhin. Eine Sonderstellung nimmt die gesetzliche Pflegeversicherung ein. Die Beiträge dafür 53 haben allein die Arbeitnehmer aufzubringen. Die Arbeitgeber werden durch sie finanziell nicht belastet. Gleichwohl wird auch insoweit zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen differenziert und erfasst § 266a Abs 1 StGB nur erstere. Der finanzielle Ausgleich für die Arbeitgeber besteht im Entfallen der Arbeitsfreiheit an Büß- und Bettag.130

121 Vgl SS 7 0 6 Abs 3 BGB (dazu Palandt/Tftomaj Rn 4 f ) , 1 0 5 Abs 2 und 161 Abs 1 HGB. 122 Vgl § 3 Abs 2 G m b H G (andere Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft), dazu Lutter/Hommelhoff Rn 3 / 1 7 , 2 1 . 123 Vgl oben Rn 4 8 f; krit von Hoyningen-Huene NJW 2 0 0 0 , 3 2 3 3 , 3 2 3 6 . 124 BAG NJW 1 9 9 8 , 3 7 9 6 ff. 125 LAG Wiesbaden NZA-RR 2 0 0 1 , 1 5 6 f f . 126 NK/Tag Rn 3 6 zu $ 2 6 6 a StGB. 127 Vgl oben Rn 16. 128 Vgl dazu Bittmann NStZ 2 0 0 1 , 9 5 , 9 7 m N . 129 Vgl oben Rn 3 u n d 5. 130 A u s n a h m e : Sachsen. Dort ist der B ü ß - und Bettag nach wie vor arbeitsfrei. Dafür tragen die Arbeitnehmer den gesamten Beitrag zur gesetzlichen Pflegeversicherung allein, § 5 8 Abs 3 S 1 SGB

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

54 Demzufolge erfasst S 266a Abs 1 StGB im Regelfall jeweils die hälftigen Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. 6.

Fälligkeit

55 Strafbar ist nur das Unterlassen der Abführung fälliger Beiträge. Die Fälligkeit richtet sich nach den sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen. § 23 Abs 1 S 1 SGB IV verweist zwar diesbezüglich auf die Satzungen der Krankenkassen.131 Die weiteren Bestimmungen des S 23 Abs 1 SGB IV enthalten dafür jedoch Vorgaben. 56 Bis zum 31. Dezember 1996 waren vorbehaltlich anderweitiger Regelungen in der Satzung der jeweiligen Krankenkasse die Beiträge am 15. des Folgemonats fällig, in welchem sie entstanden waren. Die Beiträge für zB Juli 1996 waren folglich am 15. August 1996 fällig. Zwecks Stärkung der Liquidität der Sozialversicherungen sieht das Gesetz nunmehr in § 23 Abs 1 SGB IV eine gespaltene Fälligkeit vor: Bei Lohnzahlungen bis zum Monatsfünfzehnten einschließlich müssen die Beiträge nunmehr bis zum 25. des jeweils laufenden Monats an die Einzugsstelle abgeführt werden. Zahlt der Arbeitgeber die Löhne hingegen erst nach dem jeweiligen Monatsfünfzehnten aus, so muss er wie bisher die Gesamtsozialversicherungsbeiträge bis zum 15. des Folgemonats abführen.132 Für die Rechtzeitigkeit der Leistung kommt es anders als nach allgemeinem Schuldrecht nicht auf das Absenden, sondern auf den Eingang133 bei der Einzugsstelle, grundsätzlich: auf die Wertstellung134 an. 57 Eine Besonderheit enthält S 266a Abs 6 StGB.135 Nutzt der Arbeitgeber dessen Möglichkeiten, so hat das allerdings keinen Einfluss auf die Fälligkeit der Beiträge. Das zeigt der an die Fälligkeit anknüpfende Eingangssatz des § 266a Abs 6 StGB. 58 Die Fälligkeit wird hingegen hinausgeschoben, wenn die Einzugsstelle die Beiträge vor Eintritt der Fälligkeit stundet.136 Das ist grundsätzlich137 zulässig. Eine Stundung ist aber auch dann wirksam, wenn sie nicht gewährt werden durfte,138 es sei denn, der Arbeitgeber kannte die Unzulässigkeit. Der Einhaltung einer besonderen Form bedarf die Stundungsabrede zu ihrer Wirksamkeit nicht. Im Interesse des Arbeitgebers dürfte es allerdings liegen, auf einer schriftlichen Stundungsvereinbarung zu bestehen. Die bloße Duldung verspäteter Zahlungen seitens der Einzugsstelle bedeutet jedenfalls keine Stundung.139 Einzugsstelle und Arbeitgeber ist es auch unbenommen, einen Zahlungsplan zu vereinbaren. Innerhalb der festgelegten Zahlungsfristen sind dann die Beiträge bzw Teile davon gestundet. Da gestundete Beiträge nicht fällig werden, beeinflusst eine Stundung auch die Strafbarkeit nach $ 266a Abs 1 StGB. Hält sich der Arbeitgeber an die Stundungsvereinbarung, so macht er sich folglich nicht strafbar. XI. Die strafbewehrte Pflicht z u r A b f ü h r u n g der Arbeitnehmeranteile bezieht sich daher auf 100 % der Beiträge z u r Pflegeversicherung. 131 BGH NJW 1992, 177, 178; folgt nach d e m Fälligkeitstermin ein späterer Zahltag, so ist dieser m a ß g e b e n d , BGH NJW 1998, 1306 (zust Huber S 168 ff); LK/Gribbohm Rn 50 z u § 266a StGB; z u Besonderheiten vgl Marburger/Wolber S 53 ff. 132 Zu d e n Konsequenzen f ü r die Justizpraxis vgl u n t e n Rn 109 u n d H l . 133 Plagemann NZS 2 0 0 0 , 5 2 5 , 5 2 8 ; W/J ¡Köhler Rn 7/262. 134 NIC/Tag Rn 58 z u § 266 a StGB; Tag S 113. Das gilt aber nicht, w e n n bei verspäteter Leistungsh a n d l u n g die Wertstellung rückwirkend z u m Fälligkeitstermin vereinbart wird, weil d a n n der Tatbestand bereits erfüllt ist. 135 Einzelheiten vgl u n t e n Rn 153 ff. 136 OLG H a m b u r g G m b H R 2000, 185, 186; Ignor/Rixen/Piwaíwí Rn 4/739; NK/Tag Rn 46 u n d 72 zu S 266a StGB. 137 Zu d e n Grenzen vgl u n t e n Rn 59 f. 138 Huber S 181, einschr NK/Tag Rn 4 7 z u § 266a StGB. 139 OLG B r a n d e n b u r g G m b G H 2003, 595, 596; Ignor/Rixen/Pananú Rn 4/739; Marburger/Wolber S 55 f; S/S/Lenckner/Perron Rn 18 zu $ 266a StGB.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, $ 266a StGB Stundungsvereinbarungen sind allerdings nicht ohne Grenzen zulässig. Die Einzugsstelle und deren verantwortliche Mitarbeiter sind gehalten, das Beitragsaufkommen der verschiedenen Sparten der Sozialversicherungszweige zu sichern. Dieses ist durch Stundungsvereinbarung insbes dadurch gefährdet, dass die Sozialversicherungsleistungen unabhängig davon erbracht werden müssen, ob die Beiträge abgeführt werden. 1 4 0 Stundungsvereinbarungen dürfen folglich zur Vermeidung einer Strafbarkeit der auf Seiten der Einzugsstelle Beteiligten wegen Untreue (§ 2 6 6 StGB) nur in einem engen R a h m e n geschlossen werden. 1 4 1 Der Spielraum ist unter Geltung der InsO ein anderer geworden als früher, weil sie den Vorrang der Beitragsansprüche beseitigte. Deshalb besteht einerseits eine größere Verlustgefahr, wenn nämlich die Stundung die Insolvenz lediglich hinausschiebt. Andererseits ist ein Verlust bei bereits bestehender Insolvenzlage auch o h n e Stundung bestenfalls durch sofortiges Stellen des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vermeidbar. 1 4 2 Das erweitert den Spielraum zulässiger Stundungen etwas, jedenfalls solange wie Ausfälle durch die Zahlung von Insolvenzgeld ausgeglichen werden können.

59

Die Einzugsstellen haben sich bei Stundungsentscheidungen am Wirtschaftlichkeitsgebot zu orientieren, § 7 6 Abs 4 SGB IV. 143 Unproblematisch sind StundungsVereinbarungen, wenn der Arbeitgeber eine werthaltige Sicherheit zu leisten in der Lage ist. Vermag er dies angesichts seiner wirtschaftlichen Situation schon nicht mehr, so müssen sämtliche Stundungen über m e h r als maximal einen Monat die Ausnahme bleiben. Rechtmäßig sind sie n u r dann, wenn der Arbeitgeber verlässlich dartut, warum er zwar nicht j e t z t , wohl aber zu einem späteren Termin sicher zur Zahlung in der Lage sein wird. Zu erwartende Werklohnforderungen hat sich die Krankenkasse mindestens bis zur Höhe der gestundeten Beiträge zur Sicherheit abtreten zu lassen. Stundungen sind auch noch in ganz anderer Hinsicht problematisch. Sie können nämlich eine g e m ä ß Art 87 Abs 1 EGV europarechtlich unzulässige Beihilfe darstellen. 1 4 4

60

K e i n e n Einfluss auf die Verwirklichung des Tatbestands des § 2 6 6 a Abs 1 StGB haben hingegen solche Stundungsvereinbarungen zwischen der Einzugsstelle und dem Arbeitgeber, welche n a c h E i n t r i t t d e r Fälligkeit geschlossen wurden. 1 4 5 Lagen nämlich auch die übrigen Voraussetzungen vor, so wurde der Tatbestand des § 2 6 6 a Abs 1 StGB mit Ablauf des Tages, an welchem die Beiträge fällig geworden waren, vollendet. Spätere Vorkommnisse können an der einmal eingetretenen Strafbarkeit also nichts mehr ändern. Das bedeutet allerdings nicht, dass nachträgliche Stundungsvereinbarungen strafrechtlich völlig ohne Relevanz wären. Gibt die Krankenkasse mit einer den oben skizzierten Rahmen der Rechtmäßigkeit einhaltenden nachträglichen Stundungsvereinbarung zu erkennen, dass sie die Verspätung akzeptiert, so zeigt sie, dass sie des strafrechtlichen Schutzes nicht in dem M a ß e bedarf, wie in anderen Fällen. Das öffentliche Strafbedürfnis und damit die Strafwürdigkeit sind deshalb erheblich gemindert. Das muss sich auf der Rechtsfolgeseite auswirken. Jedenfalls dann, wenn der Arbeitgeber die nachträgliche Stundungsvereinbarung erfüllt, wird in der Regel das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung erloschen sein. Vorbehaltlich etwaiger Besonderheiten (zB Wiederholungstäter, besonders hoher Schaden) wird in solchen Fällen das Ermessen zur Anwendung des § 153 Abs 1 StPO auf Null reduziert sein 1 4 6 . Glei-

61

140 Vgl oben Rn 15. 141 Vgl dazu LK¡Gribbohm Rn 51 zu § 266a StGB; Marburger/Wolber S 55 f; M-G/B/Heitmann Rn 36/24; Reck GmbHR 1999,102,103; Tag S 93 ff. 142 Zur Insolvenzanfechtung vgl unten Rn 98. 143 Dazu ausführlich (auch zur Niederschlagung und zum Erlass) Plagemann NZS 2000,525. 144 EuGH EuZW 1999,506 (zur Vorgängervorschrift Art 92 Abs 1 EGV). 145 BGH NJW 1998, 227, 228; OLG Düsseldorf GmbHR 1997, 650, 651; LK/Gribbohm Rn 51 zu S 266a StGB. 146 Vgl dazu unten Rn 101 fund 122.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

ches gilt für von Stundungsvereinbarungen zu unterscheidenden Teilzahlungsabreden.147 Letztere lassen die Fälligkeit unberührt, so dass Zinsen und Säumniszuschläge anfallen können. 7.

Einzugsstelle

62 Der Arbeitgeber muss die Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung nicht gesondert an die verschiedenen Sozialversicherungsträger abführen. Die Beiträge sind vielmehr insgesamt an die sog „Einzugsstelle"148 zu leisten. In den Regelfällen einer Pflichtversicherung in allen vier Sparten ist gemäß §§ 28 h, i SGBIV die zuständige Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) die Einzugsstelle. Für Mitglieder der Ersatzkassen149 übernehmen diese die Funktion der Einzugsstelle. Sonderfälle sind in den §§ 28i und m SGB IV geregelt. Beschäftigt ein Arbeitgeber Arbeitnehmer, welche zB in verschiedenen Kassen kranken- oder nicht in allen Sparten pflichtversichert sind, so muss er die monatlichen Sozialversicherungsbeträge an verschiedene Einzugsstellen abführen. Das Unterlassen gegenüber jeder einzelnen Einzugsstelle stellt eine selbständige Tat im materiellen wie im prozessualen Sinne dar, auch wenn die Handlungspflichten am selben Tag zu erfüllen sind.150 63 Der Arbeitgeber darf sich darauf beschränken, mit den jeweiligen Einzugsstellen Kontakt aufzunehmen. Stunden sie ihm die Beiträge oder treffen mit ihm eine Zahlungsvereinbarung, so wirkt diese strafrechtlich für die gesamten Sozialversicherungsbeiträge, selbst wenn die Einzugsstelle intern nicht befugt war, Erklärungen mit Wirkung für die anderen Zweige der Sozialversicherung abzugeben oder für diese Vereinbarungen zu schließen. Anderes gilt nur für die - praktisch bedeutungslosen - Fälle, in welchen der Arbeitgeber weiß, dass die Einzugsstelle nicht befugt ist, auch für die anderen Sparten der Sozialversicherung zu handeln. 8.

Vorenthalten

64 Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Erleichterung der Bekämpfung von illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit" am 1.8.2002 ist die Streitfrage, ob die Strafbarkeit nach § 266a Abs 1 StGB die Zahlung von Nettoentgelt voraussetzt oder nicht, gesetzlich zugunsten der letztgenannten Alternative entschieden. Obwohl diese Entscheidung des Gesetzgebers systemwidrig ist, muss sie von der Praxis hingenommen werden. Nach der (gesetzlichen) Lohnpflichtheorie ist § 266a Abs 1 StGB (gemeinsam mit $ 266a Abs 5 StGB) ein strafrechtliches Unikum:151 Als einzige Strafnormen pönalisieren sie die schlichte Nichterfüllung einer schuldrechtlichen Verbindlichkeit! 65 Die Lohnpflichttheorie stellt die Praxis vor zusätzliche Schwierigkeiten. Das findet seinen Grund darin, dass S 266a Abs 1 StGB ein Unterlassungsdelikt ist, die Bestrafung also voraussetzt, dass die gebotene Handlung nicht nur zumutbar, sondern auch möglich war.152 Nach der Lohnpflichtteorie muss daher nach Bejahung des Tatbestandsmerkmals 147 OLG Düsseldorf GmbHR 1999,717; WiB 1997,922; auch Tag S 99. 148 OLG Hamburg ZIP 2001,708,710. 149 Diese sind den Pflichtkassen gleichgestellt, OLG Frankfurt/Main ZIP 1980,684 f. 150 Vgl dazu unten Rn 133. 151 Fischer WiB 1997,923; vgl dazu auch Benfe Diss S 58 f; Jestaedt GmbHR 1998, 672,673 f; Marxen/ Eisner EWiR § 266a StGB 2/00, 1123, 1124; SK/Samson/Günther Rn 21 zu $ 266a StGB; aA Heghmanns wistra2001,51,52f. 152 BGH NJW 2002, 2480, 2481; OLG Hamm wistra 2003, 73; Ignor/Rixen/Panani'i Rn 4/741; NK/ Tag Rn 63 zu s 266a StGB; Schmitt S 42; einschr Tag S 117; zu Folgen für den Vorsatz vgl Sente wistra

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, § 266a StGB

des Vorenthaltens iS einer schlichten Nichterfüllung der Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung noch weiter geprüft werden, ob der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Beiträge 153 leistungsfähig war oder nicht. Dazu muss die konkrete wirtschaftliche Situation des Arbeitgebers ggf über Monate hinweg zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen genau festgestellt werden. 154 Dabei kommt es für natürliche Personen(-vereinigungen) als Arbeitgeber nicht nur auf die wirtschaftliche Lage des Betriebs, sondern mangels unterschiedlicher Rechtsträgerschaft 155 auch auf das Privatvermögens des persönlich Haftenden an. 156 Die Lohnzahlungstheorie hatte hingegen mit der Leistungsfähigkeit regelmäßig keine 66 Probleme: Die Auszahlung der Nettolöhne dokumentierte die Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers. Eine etwaige strafrechtlich relevante Unmöglichheit zur Erfüllung seiner Pflicht zum Abführen der Arbeitnehmeranteile konnte sich deshalb nur aus Vorkommnissen in der Zeit zwischen Lohnzahlung und Beitragsfälligkeit ergeben. Zudem muss nach der Lohnpflichttheorie genau geprüft werden, ob der Arbeitgeber ein- 6 7 seitig die Lohnauszahlung (ganz oder teilweise) unterließ - dann ändert sich an der Beitragsforderung nichts -, 1 5 7 oder ob dem eine Vereinbarung mit den Arbeitnehmern zugrunde lag. Letzterenfalls handelt es sich um eine Stundung der Löhne. Diese Modifikation der arbeitsvertraglichen Grundlagen wirkt sich auch auf das Abgabenrecht aus.158 Letzteres untersteht zwar nicht der Parteidisposition, knüpft aber an die dispositiven 68 arbeitsvertraglichen Grundlagen an. Die Beitragspflicht entsteht mit Erbringen der Arbeitsleistung, § 22 Abs 1 SGB IV. Sie wird jedoch erst fällig, wenn der Arbeitnehmer den Lohn „erzielt" hat, § 23 Abs 1 S 2 und 3 SGB IV. Was darunter zu verstehen ist, ist streitig. 159 Nach der Gesetz gewordenen Lohnpflichttheorie kann es jedenfalls nicht darauf ankommen, dass die Löhne tatsächlich ausbezahlt wurden. 160 Mit ihr vereinbar ist aber die Annahme, dass die Lohnzahlung arbeitsvertraglich wenigstens fällig sein muss. Für Einmalzahlungen gilt seit dem 1.1.2003 aufgrund von § 22 Abs 1 SGB IV allerdings das Zuflussprinzip. 161

1 9 9 2 , 1 7 7 , 1 7 9 ; s allg T/Fischer Rn 14 zu $ 13 StGB; verkannt von Beckemper JZ 2003, 806, 807f. Zu den Einzelheiten s u n t e n Rn 71 ff. 153 BGH NJW 2 0 0 2 , 2 8 4 0 , 2 8 4 1 ; Tag S 115. 154 An dieser N o t w e n d i g k e i t ändert sich auch d a n n nichts, w e n n m a n mit Heghmanns, wistra 2001, 5 1 , 5 1 f, das Erfordernis der Leistungsfähigkeit in das Tatbestandsmerkmal „vorenthalten" integriert. 155 Vgl oben Rn 21 u n d $ 12 Rn 31. 156 BGH NJW 2 0 0 2 , 2 8 4 0 , 2 8 4 1 ; daran ä n d e r t es nichts, dass das Arbeitsrecht den Arbeitgeber nicht in seinem privaten Wirkungskreis ergreift, MüKo/Müller-Glöge § 611 BGB Rn 165. 157 Marburger/Wolber S 52. 158 Berndt DStR 2 0 0 0 , 1 5 2 0 f f ; Reck ZInsO 2 0 0 2 , 1 6 , 1 9 ; S/S/Lenckner/Perron Rn 9 zu S 266a StGB; einschr Τ ¡Fischer Rn 12 zu § 266a StGB; aA de AngelisfBodenbenner MDR 2 0 0 3 , 1 1 4 5 , 1 1 4 7 (unter u n z u t r e f fender B e r u f u n g auf den BGH). Bei t a r i f g e b u n d e n e m Arbeitsverhältnis bedarf es dazu aber einer Öffnungsklausel. Der nachträgliche Verzicht hat hingegen auf die H ö h e der Sozialversicherungsbeiträge selbst d a n n keinen Einfluss, w e n n i h m die Tarifvertragsparteien g e m ä ß $ 4 Abs 4 S I TVG zus t i m m t e n , weil die Beiträgspflicht bereits auf der Basis des ursprünglich geschuldeten Entgelts entstanden war u n d d a m i t unbeschadet des Schicksals des N e t t o l o h n a n s p r u c h s in der e n t s t a n d e n e n H ö h e bestehen bleibt. Bei Leistung von Kurzarbeiter- oder Winterausfallgeld entfällt die Pflicht z u r Leistung von Sozialversicherungsbeiträgen f ü r die Differenz zwischen arbeitsvertraglichem u n d einschließlich der öffentlichen Mittel a u f z u b r i n g e n d e m Lohn; s oben Rn 51. 159 NK/TagRn 50 zu $ 266a StGB m N . 160 BGH NJW 2000, 2993 setzt deshalb u n t e r B e r u f u n g auf BSGE 75, 61, 66, „erzielt" mit „verd i e n t " iS von „ g e b ü h r e n d " gleich; ebenso BGH NJW 2 0 0 1 , 9 6 9 , 9 7 0 ; iE auch KG wistra 1 9 9 1 , 1 8 8 , 1 8 9 ; Marburger/Wolber S 52; Rolfs NZA 2003, 65, 67; SKISamson/Günther, Rn 15 u n d 20 zu § 266a StGB; aA LKIGribbohm Rn 37 f zu $ 266a StGB; Ridi G m b H R 1 9 9 9 , 1 0 2 , 1 0 3 . 161 Rolfs NZA 2003, 65, 67.

Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften 69

D i e Lohnpflichtteorie f ü h r t bei B e j a h u n g der V o r r a n g i g k e i t 1 6 2 z u einer deutlich schärferen H a f t u n g des Arbeitgebers als die n u n m e h r gesetzlich ausgeschlossene L o h n z a h l u n g s t h e o rie. Typisch für die Praxis ist es, dass etwa 4 M o n a t e vor d e m I n s o l v e n z a n t r a g der K r a n k e n kasse als Einzugsstelle die B e i t r a g s a b f ü h r u n g u n t e r b l i e b , die (Netto-)Löhne aber noch m i n destens 2 M o n a t e l ä n g e r ausbezahlt wurden. Nach der L o h n z a h l u n g s t h e o r i e h a f t e t e der Arbeitgeber bei dieser Konstellation für Beitragsrückstände von 2 M o n a t e n , n a c h der L o h n pflichttheorie h i n g e g e n von 4 M o n a t e n (eine Verdoppelung!).

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U m die nach der L o h n p f l i c h t t h e o r i e zusätzlich erforderlichen E r m i t t l u n g e n z u b e g r e n z e n , e m p f i e h l t es sich, die Strafverfolgung g e m ä ß § 1 5 4 Abs 1 StPO tunlichst a u f die Fälle z u b e g r e n z e n , in welchen die N e t t o l ö h n e beglichen wurden. I h r e A u s z a h l u n g durch den A r b e i t g e b e r 1 6 3 b e w e i s t nach wie vor die L e i s t u n g s f ä h i g k e i t des Arbeitgebers. 1 6 4 D a h e r ist die genaue Feststellung seiner wirtschaftlichen Lage n u r d a n n erforderlich, w e n n auch solche Fälle einer B e s t r a f u n g z u g e f ü h r t werden sollen, in denen es n i c h t z u r A u s z a h l u n g der N e t t o l ö h n e k a m . 1 6 5 9.

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Unterlassungsdelikt

Wie bereits ausgeführt setzt die B e s t r a f u n g wegen eines Unterlassungsdelikts voraus, dass d e m T ä t e r die H a n d l u n g möglich, er also in den Fällen des $ 2 6 6 a Abs 1 S t G B l e i s t u n g s f ä h i g war. S t r i t t i g ist, o b § 2 6 6 a Abs 1 S t G B n u r u n d erst d a n n eingreift, w e n n der Arbeitgeber die A b f ü h r u n g der A r b e i t n e h m e r a n t e i l e unterlässt, o b w o h l i h m seine wirtschaftliche S i t u a t i o n die E r f ü l l u n g seiner s ä m t l i c h e n z u m Z e i t p u n k t der B e i t r a g s a b f ü h r u n g s p f l i c h t fälligen V e r b i n d l i c h k e i t e n e r m ö g l i c h e n würde, oder ob die A r b e i t n e h m e r a n t e i l e 1 6 6 m i t der h M 1 6 7 v o r r a n g i g a b z u f ü h r e n sind.

162 Vgl dazu unten Rn 71 ff. 163 Anders bei Leistung durch einen Dritten, zB durch den Geschäftsführer privat oder durch eine Auffanggesellschaft. Die Strafbarkeit entfallt aber auch in solcher Lage nur dann, wenn der Arbeitgeber nicht einmal mehr zu Teilleistungen fähig war, vgl dazu unten Rn 71 ff, oder es bei Erfüllung seiner Vorsorgepflicht, vgl dazu unten Rn 77 ff, gewesen wäre, vgl OLG Düsseldorf, GmbHR 2000, 1261 ff; N Z I 2 0 0 1 , 3 2 4 f ; dazu Reck ZInsO 2 0 0 2 , 1 6 , 2 0 f . 164 BGH ZIP 2 0 0 3 , 9 2 1 , 9 2 3 f; KG NZG 2 0 0 0 , 9 8 8 , 9 9 0 ; Brückl/Kersten NJW 2 0 0 3 , 2 7 2 ; dies NZI 2001, 288; Holzkämper BB 1 9 9 6 , 2 1 4 2 , 2 1 4 3 . 165 Zur Behandlung der in der Praxis im Vorfeld der Insolvenz immer wieder vorkommenden Teilzahlungen vgl unten Rn 107 ff. 166 BGH, ZIP 2 0 0 3 , 9 2 1 ff, erweiterte den Vorrang im Rahmen der zivilrechtlichen Bürgenhaftung (unverständlicherweise) auch auf die Arbeitgeberanteile (sowie die Nebenforderungen, S 923!), wenngleich der 3. Zivilsenat meinte, lediglich eine gleichrangige Befriedigung mit den Lohnforderungen herzustellen, S 924. Dann hätte er aber der Klage der Einzugsstelle nur in Höhe der Beiträge stattgeben dürfen, welche auf das um die Zahlung der gesamten Sozialversicherungsbeiträge verminderte Entgelt entfallen wäre. Da er ihr aber in toto stattgegeben hat, stellte er der Sache nach die Arbeitgeberanteile zuzüglich der Nebenforderungen den Arbeitnehmeranteilen einschließlich der Pflicht zur vorrangigen Befriedigung gleich. Eine inhaltliche Begründung dafür, geschweige denn eine sachlich überzeugende, findet sich in der Entscheidung nicht. 167 BGH NJW 2003, 3787, 3788; 2002, 2480, 2481; 1123, 1124f; 1997, 133, 134; ZIP 2003, 921ff; KG NZG 2000, 988, 991; OLG Dresden ZIP 2003, 360, 361 ff; OLG Hamburg GmbHR 2 0 0 0 , 1 8 5 , 1 8 7 ; OLG Hamm (Str) ZInsO 2003, 35 f; OLG Rostock OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2 0 0 2 , 4 6 , 4 7 ; Brückl/Kersten NJW 2 0 0 3 , 2 7 2 ; dies NZI 2 0 0 1 , 2 8 8 , 2 9 0 f; Groß ZIP 2 0 0 1 , 9 4 5 , 9 4 9 ; Haase GmbHR 2001, 723, 725; ders GmbHR 2002, 210, 211 f; Heger JuS 1998, 1090, 1092; Ignor/ Rixen/Panants Rn 4/741 gegen Rn 4/742 f; Reck ZInsO 2 0 0 2 , 1 6 , 1 8 ; S/S/Lenckner/Perron Rn 10 zu S 266a StGB; Scholz/Tiedemann Rn 59 vor $ 82 GmbHG; W/J/Köhler Rn 7/271; Wegner wistra 1 9 9 8 , 2 8 3 , 2 8 8 ; sa Bittmann DStR 2 0 0 1 , 8 5 5 , 856 f; im Grundsatz auch Τ/Fischer, Rn 15 ff zu § 266a StGB, der allerdings das Zurückhalten solcher Leistungen, die zur Aufrechterhaltung des Unternehmens dienen, für unzumutbar hält und deshalb eine Abwägung in jedem Einzelfall für erforderlich erachtet; zweifelnd auch Rohm DZWIR 2003, 27, 30 f; aA Huber S 154ff; Kiethe ZIP 2003, 1957, 1959 ff; NK/Tag Rn 66 zu

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Ein derartiger Vorrang lässt sich in rechtstaatlich einwandfreier Weise ohne weiteres aus der Tatsache der Strafbewehrung schlussfolgern, hebt diese die Forderungen der Sozialversicherungsträger auf Abführung der Arbeitnehmeranteile doch deutlich gegenüber anderen Verbindlichkeiten des Arbeitgeber hervor.168 Der 5. Strafsenat folgerte daraus, dass die Tatbestandsmäßigkeit eines Verhaltens nur beim Vorliegen eines Rechtsfertigungsgrundes entfallen kann, die Begleichung anderer Verbindlichkeiten aber keine rechtfertigende Wirkung haben könne. Er verschwieg dabei aber nicht, dass diese Erwägung die Entscheidung für den Vorrang bereits voraussetzt. Zuweilen 169 wird die Auffassung vertreten, die auf die Strafbewehrung gestützte Annahme des Vorrangs beruhe auf einem Zirkelschluss, weil ja bereits die Strafbarkeit als solche darauf zurückzuführen sei, dass der Gesetzgeber die arbeitgeberische Pflicht zum Ausgleich der angefallenen Arbeitnehmenanteile besonders herausstellte. Diese Kritik geht jedoch fehl. Vielmehr liegt der Vorrang gerade in der Konsequenz der Entscheidung des Gesetzgebers für die Strafbewehrung. Zudem bedürfte es der Vorschriften des § 266a Abs 6 StGB nicht, suspendierte bereits jegliehe Liquiditätslücke die Strafbarkeit der Pflicht zur Abführung der Arbeitnehmeranteile.170 Weil sich dieser Vorrang nur auf die Zeit vor Beginn eines Insolvenz(-eröffnungs-)verfahrens bezieht, hat daran die Abschaffung der Privilegierung der Forderungen der Sozialversicherungsträger, welche nach der Konkursordnung bestand, durch die Insolvenzordnung nichts geändert. 171 Auch die BeitrVO steht nicht im Widerspruch zur Annahme eines Vorrangs der Pflicht zur Begleichung der Arbeitnehmeranteile, 172 obwohl sie nicht die vorrangige Verbuchung eingehender Zahlungen auf die Arbeitnehmeranteile vorsieht. § 2 S 1 BeitrVO ordnet vielmehr an, dass Zahlungen des Arbeitgebers ohne konkrete Leistungsbestimmung vorrangig auf Auslagen zu verbuchen sind und im Übrigen eine hälftige Anrechnung auf fällige Arbeitnehmer- wie Arbeitgeberanteile zu erfolgen hat, $ 2 S 3 BeitrVO.173 Da aber die Art der Verrechnung den Betrag nicht schmälert, welchen die Einzugsstellen erhalten, wirken sich die Regeln der BeitrVO jedenfalls nicht zu Lasten der Sozialversicherungsträger aus. Sie verstärken vielmehr den Druck auf den Arbeitgeber, auch den nicht durch seine bisherigen Zahlungen ausgegelichenen Teil der Arbeitnehmeranteile aufzubringen und wirken deshalb in dieselbe Richtung wie § 266 a Abs 1 StGB. Im Übrigen hat die BeitrVO nach der hier vertretenen Auffassung 174 sowieso keine Auswirkungen auf die Strafbarkeit des Arbeitgebers. Selbst wenn aber ein Widerspruch vorläge, so könnte doch eine bloße Rechtsverordnung das Gesetz und dessen Auslegung nicht beeinflussen.

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Weil die Arbeitnehmeranteile vorrangig zu befriedigen sind, ist ein Arbeitgeber nicht 76 immer schon dann leistungsunfähig, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt. Das ist für die Insolvenzgründe der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung ohne weiteres einsichtig, weil sie gerade keinen aktuellen Mangel an Liquidität voraussetzen. Aber auch die Zahlungsunfähigkeit iSd $ 17 InsO ist keineswegs gleichbedeutend mit Leistungs§ 266a StGB; Radtke NStZ 2002, 155, 156; Schmitt S 36ff; Tag JR 2002, 521 ff; SK/Samson/Gunther Rn 26 ff zu s 266a StGB. 168 BGH NJW 2002,2480, 2481; OLG Dresden ZIP 2003,360,363. 169 ZB von Ignor/Rixen/Panan/i Rn 4/743 mN; zust NK/Tflg Rn 67 zu $ 266a StGB. 170 BGH NJW 2003, 3787, 3788; 2002, 2480, 2481; 1997,1237,1238; OLG Dresden ZIP 2003, 360,

363 f; Brückl/Kersten NZI 2001,288,289; zA Frister JR 1998,63,65; Tag BB 1997,1115,1117. 171 1282 172 173 174

BGH (Str) NJW 2003, 3787, 3788f; (Z) ZIP 2003,1666,1668; aA noch BGH (Z) NJW 2001, 1280, mwN;A Scftm/df EWÍR2001,185,186. So aber NK/Tag Rn 67 zu § 266a StGB. Vgl dazu unten Rn 107. Vgl unten Rn 107.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften Unfähigkeit im Sinne des S 266a Abs 1 StGB. Zahlungsunfähigkeit iS von § 17 InsO verlangt lediglich, dass der Schuldner mehr als nur einen - wie auch immer definierten - geringen Teil seiner Verbindlichkeiten zu erfüllen außer Stande ist. Nach der weitesten Auffassung liegt die Grenze bei 25 %, so dass er immerhin 75 %, nach allen engeren Ansichten sogar noch einen darüber hinausgehenden Teil seiner Verbindlichkeiten abzudecken vermag. Bejahte man dennoch im Hinblick auf die Abführung der Arbeitnehmeranteile das Vorliegen von Leistungsunfähigkeit, so wäre die Bestimmung des § 266a Abs 1 StGB weitgehend unanwendbar. Leistungsunfähigkeit liegt iSv $ 266a Abs 1 StGB daher erst bei wesentlich verschärfter Liquiditätslage und nicht bereits bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit iSd § 17 InsO vor. 77

Für die Frage nach der Leistungsfähigkeit kann nicht allein auf den Zeitpunkt abgestellt werden, zu welchem die Beiträge fällig sind. Bereits unter der Geltung der Vorläuferbestimmungen zu $ 266a Abs 1 StGB hatte der BGH ebenso wie zu dessen ursprünglicher Fassung entschieden, dass der Arbeitgeber Vorsorge dafür zu treffen habe, dass er bei Fälligkeit in der Lage sein werde, die Arbeitnehmeranteile abzuführen. 175 Diese Rspr basiert auf dem Auseinanderfallen des Zeitpunkts der Nettolohnzahlung und der - späteren - Fälligkeit der sozialversicherungsrechtlichen Beitragsforderungen. Da der Arbeitgeber bei der Auszahlung der Nettolöhne die Arbeitnehmeranteile einzubehalten hat und bei Leistungsfähigkeit auch in unproblematischer Weise tatsächlich einbehält, hat er in der Zeit zwischen der Nettolohnzahlung und der Abführung der Arbeitnehmeranteile dafür Sorge zu tragen, dass die dafür vorgesehene Summe zum Fälligkeitszeitpunkt zur Verfügung steht. In dieser Pflicht zeigt sich gerade das treueähnliche Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und den Sozialversicherungsträgern. Er muss die bereits entstandenen Beitragsansprüche noch nicht sogleich erfüllen, sondern darf sie bis zur Fälligkeit in seinem Vermögen behalten. Dieses ihm Liquidität und Zinsvorteile ermöglichende Privileg ist nun allerdings mit der Pflicht verbunden, Vorsorge für die tatsächliche Abführung zum Fälligkeitszeitpunkt zu treffen.

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Sind seine Finanzen in Ordnung, so kann er mit der vorhandenen Liquidität normal wirtschaften. 176 Zu besonderen Vorsorgemaßnahmen ist er erst verpflichtet, wenn seine Liqui-

175 BGH VersR 1981, 529, 530; NJW 2002, 2480, 2481 (im Grundsatz abl, in concreto aber zust Radtke NStZ 2003, 155f); 1123, 1125; 1997, 1237, 1238 mwN; 1998, 227, 228; 2001, 967, 968; 969, 970; KG NZG 2000, 988, 991; OLG Brandenburg GmbHR 2003, 595, 596; Celle NJW 2001, 2985 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 1983, 1128; OLG Hamm wistra 2003, 73, 74; OLG Rostock OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2002, 46, 47; A/W/Bente Rn 27/29; Benfe Diss S 64 ff; Bittmann DStR 2001,855, 856 f; Brückl/Kersten NJW 2003,272,273; dies NZI2001,288 ff, 291; Groß ZIP 2001, 945, 949; Heger, JuS 1998, 1090, 1092f; Heïlmann JZ 1998, 1005, 1006 (er betont ebenso wie Richter, GmbHR 1984, 137,148, T/Fischer, Rn 11 zu S 266a StGB, und Wegner, wistra 1998, 283, 288 f, zutreffend, dass nicht die Verletzung der Vorsorgepflicht als solche zur Strafbarkeit führt, weil der Arbeitgeber andernfalls trotz fristgerechter Beitragsabführung, zB nach überraschendem Eingang einer schon abgeschriebenen Forderung, strafbar wäre; dies widerspräche aber dem Charakter des § 266a Abs 1 StGB als Erfolgsdelikt; verkannt von Jestaedt GmbHR 1998, 672, 676; vgl dazu auch Frister JR 1998, 63, Fn 1); Ignor/Rixen/Piwan« Rn 4/741; LK/Gribbohm Rn 56 zu § 266a StGB; M-G/B/ Heitmann Rn 36/23, Fn 43 und Rn 40; Tag S 118ff; aA OLG Celle wistra 1996, 114 (m krit Anm Bente); Frister JR 1998, 63 f; Huber S llOff; Röntiau wistra 1997, 179, 180; Schmitt S 33 ff und 119ff; Scholz/ Tiedemann Rn 59 vor $ 82 GmbHG; SK/Samson/Günther Rn 28 ff zu § 266a StGB; W/J/Köhler Rn 7/272; zweifelnd Röhm DZWIR 2003,27,30f. 176 BGH NJW 2002,2840,2841 (zust Radtke NStZ 2003,155 f); 1997,1237,1238; Bente Diss S 67; Tag S 114f, 124; aA LG Augsburg NJW 1992, 2642, 2643, welches gar eine Sonderungspflicht annimmt, weil sich der Arbeitgeber vom Tag der Nettolohnzahlung so behandeln lassen müsse, als habe er die Arbeitnehmeranteile bereits abgeführt (dann bedürfte es aber keiner von der Nettolohnzahlung abweichenden Regelung über die Fälligkeit der Beiträge). 552

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dität angespannt ist. 177 Im Bedarfsfall muss er Rücklagen 178 bilden, ggf auch einen Liquiditätsplan 179 aufstellen. Sind Krisenanzeichen bereits vor Auszahlung der Nettolöhne erkennbar, so muss er notfalls die Auszahlungsbeträge um die anfallenden Arbeitnehmeranteile kürzen, um sie bei Fälligkeit abzuführen in der Lage zu sein. 180 Verwendet er den Betrag in Höhe der Arbeitnehmeranteile in Kenntnis seiner Liquiditätsschwierigkeiten zum Erfüllen anderer Verbindlichkeiten, dann hat er seine Leistungsunfáhigkeit zum Fälligkeitszeitpunkt selbst verschuldet. Nach den Grundsätzen der sog „omissio libera in causa" 181 bewahrt ihn diese selbstverschuldete Leistungsunfáhigkeit nicht vor einer Bestrafung wegen Beitragsvorenthaltung gemäß § 266a Abs 1 StGB. Dem Arbeitgeber wird also - anders als zB bei der Gläubigerbegünstigung gemäß § 283c StGB - nicht nur angelastet, wenn er andere Gläubiger vorfristig bedient oder sie anderes erhielten als sie von Rechts wegen fordern konnten (sog „inkongruente Deckung"), sondern er hat seine Leistungsunfáhigkeit auch dann selbst verschuldet, wenn er mit seinen vorhandenen begrenzten Mitteln anderweitige fällige Verbindlichkeiten in sog „kongruenter Deckung" erfüllte. 182 In der Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer trotz erkennbarer Leistungsunfähigkeit und dem auf diese Weise bewirkten Entstehen der (offengebliebenen) Beitragsansprüche liegt allein aber noch keine Verletzung der Vorsorgepflicht.183 Letztere erwächst vielmehr erst aufgrund der entstandenen Pflicht zur Entrichtung der Arbeitnehmeranteile. Gerät der Arbeitgeber erst nach Auszahlung der Nettolöhne und der damit verbundenen Einbehaltung der Arbeitnehmeranteile in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so ist er auch dann gehalten, die ihm nun noch mögliche Vorsorge für die Erfüllung seiner Beitragsabführungspflicht zu treffen. Er darf zB eine eingehende, der Höhe der fällig werdenden Arbeitnehmeranteile entsprechende Summe nicht für andere Zwecke ausgeben. 184 Kommt er dieser Pflicht nicht nach, so macht er sich dann strafbar, wenn es ihm nicht gelingt, die Arbeitnehmeranteile zum Fälligkeitszeitpunkt dennoch abzuführen. Keine Strafbarkeit liegt hingegen dann vor, wenn ihm die liquiden Mittel im Wege der Zwangsvollstreckung weggepfändet werden, weil der Zweckbestimmung, Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung begleichen zu wollen, keine die Zwangsvollstreckung hindernde Funktion innewohnt. 185 Gleichfalls straffrei ist der Arbeitgeber, der nur deshalb die fällig werdenden Arbeitnehmeranteile schuldig bleiben muss, weil ihm selbst ein Gläubiger ohne Kompensation ausfiel, ohne dass dies bei der Auszahlung der Nettolöhne bereits

177 BGH NJW 2002, 2840, 2841 f; 1997, 1237, 1238; 2001, 967, 968; 969, 970; Brückl/Kersten NJW 2 0 0 3 , 2 7 2 , 273. 178 BGH NJW 2 0 0 1 , 9 6 7 , 9 6 8 ; 9 6 9 , 9 7 0 ; aA Huber S 164. 179 BGH NJW 2 0 0 1 , 9 6 9 , 970. 180 Vgl dazu oben Rn 71 ff und unten Rn 8 4 . 181 Zur „omissio libera in omittendo" vgl unten Rn 87. 182 BGH NJW 2 0 0 2 , 2 8 4 0 , 2841 f; 1 1 2 3 , 1 1 2 5 ; 1 9 9 7 , 1 3 3 , 1 3 4 ; 1237,1238; OLG Dresden NZI 2000, 376, 377 (zweifelnd ZIP 1997, 1036,1037); OLG Düsseldorf GmbHR 1999, 717, 718; OLG Frankfurt/Main NStZ-RR 1999, 104, 105; OLG Köln, wistra 1997, 231; OLG Rostock OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2002, 4 6 , 4 7 ; Altmeppen ZIP 1997, 1173, 1184; Bittmann DStR 2001, 855, 856; Brückl/Kenten NZI 2001, 288, 290f; Filsch NZS 1994, 496, 499; Heger JuS 1998, 1090, 1093 f; Hellmann JZ 1998, 1005, 1006; S/S/Lenckner/Perron Rn 10 zu § 266a StGB; Vi/]/Köhler Rn 7/271; einschr NK/Tag Rn 65 ff zu S 266a StGB; Tag S 125 ff, 139 f; Τ/Fischer Rn 15 ff, insbes 17 zu S 266a StGB; aA OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1448; 1996, 289, 290; Cahn ZGR 1998, 367, 373 ff; Frister JR 1998, 63, 64f; Lüke/Mulansky ZIP 1998, 673, insbes 676; Radtke NStZ 2003, 155, 156; Rönnau wistra 1997, 179, 180; Schmitt S 125 f; SK/Samson/Günther, Rn 28 ff, insbes 31 zu $ 266a StGB; Tag BB 1997, 1115, 1117; Wegner wistra 1998, 283, 2 8 9 f (der aber immerhin verlangt, dass für die anderweite Verwendung sachliche Gründe vorliegen). 183 BGH NJW 2 0 0 2 , 1 1 2 3 , 1 1 2 5 f;iABrückl/Kersten NJW 2 0 0 3 , 2 7 2 , 2 7 3 ; dies NZI 2 0 0 1 , 2 8 8 , 2 9 3 . 184 Vgl Brückl/Kersten NZI 2 0 0 1 , 2 8 8 , 2 8 9 . 185 Vgl BGH NJW 2002, 2840, 2842. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften ersichtlich und es ihm deshalb möglich gewesen wäre, erfolgreich Vorsorge zu treffen, um die Arbeitnehmeranteile bei Fälligkeit tatsächlich begleichen zu können. 1 8 6 81

Auch hier zeigen sich die Schwierigkeiten der Lohnpflichttheorie. 187 Sie ist nicht in der Lage, einen sachlogisch überzeugenden Anfangszeitpunkt zu nennen, zu welchem die Pflicht zur Vorsorge einsetzt und durch welche konkreten Handlungen sie wann und wie erfüllt werden muss, so dass sie an sich ohne zeitliche Beschränkung gelten müsste. Aber soll wirklich im Dezember Ol Vorsorge für die Erfüllbarkeit der im Dezember 02 fälligen Arbeitnehmeranteile getroffen werden müssen? Die Frage stellen, heißt, sie zu verneinen. Aus diesem Dilemma befreite sich vor der Novelle ein Teil der Vertreter der Lohnpflichttheorie um den Preis der Inkonsequenz, indem er doch auf den ja eigentlich für irrelevant erklärten Zeitpunkt der Lohnzahlung abstellte. Ein anderer Teil 1 8 8 leugnete schlichtweg die Vorsorgepflicht und damit auch jeglichen Vorrang der Arbeitnehmeranteile und bejahte eine Strafbarkeit nur dann, wenn der Arbeitgeber wirtschaftlich in der Lage war, sämtliche am Tag der Abführungspflicht fälligen Forderungen, dh auch die der übrigen Gläubiger, zu erfüllen, also bei uneingeschränkter Liquidität. Damit wäre der Strafvorschrift nahezu ihr gesamter, jedenfalls ihr in der Praxis relevanter Anwendungsbereich genommen.

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Praktikabel ist es allein, insoweit eine Anleihe bei der iü nicht mehr vertretbaren Lohnzahlungstheorie zu nehmen. Danach setzte die Vorsorgepflicht mit der Auszahlung des Nettoentgelts als dem Zeitpunkt ein, zu welchem aufgrund der Verschiebung der Fälligkeit das treueähnliche Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Einzugsstelle begann. 1 8 9 Weil es nach der Lohnpflichttheorie nicht mehr auf die Auszahlung des Entgelts ankommt, bedarf es allerdings einer Modifizierung dahingehend, dass anstatt auf die Auszahlung nunmehr auf die Fälligkeit des Arbeitsentgelts abzustellen ist. Die Dauer der Vorsorgepflicht beschränkt sich danach auf den maximal einen Monat währenden Zeitraum zwischen Nettolohnzahlung und Beitragsfälligkeit: Erst ab Fälligkeit des Entgelts genießt die Pflicht zum Abführen der Arbeitnehmeranteile - beschränkten - juristischen Vorrang vor den übrigen vom Arbeitgeber zu erfüllenden Verbindlichkeiten.

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Beschränkt ist der Vorrang zum einen, weil er kein Vollstreckungshindernis darstellt 1 9 0 und zum anderen, weil noch andere Pflichten gleichrangig zu bedienen sind wie zB die Pflicht zur Sicherstellung der Buchführung und Bilanzierung. 191 Haas192 rechnet auch noch die steuerlichen Verbindlichkeiten dazu. Setzt der Arbeitgeber die nach der Auszahlung des Nettoentgelts verbleibenden Mittel in Höhe der Arbeitnehmeranteile aber nicht für derartige Verpflichtungen ein, dann muss er sie am Fälligkeitstag zwingend zur Begleichung der Arbeitnehmeranteile verwenden, will er sich nicht strafbar machen. Auf diese Weise erhält die Vorsorgepflicht zeitliche wie inhaltliche und damit rechtstaatliche Konturen.

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Eine weitere Folge der Lohnpflichttheorie 193 zeigt sich bei einem Blick auf die unter Geltung der Lohnzahlungstheorie schon vom Reichsgericht 194 entwickelte Rspr zur Notwendigkeit, die Auszahlung der Nettolöhne zu kürzen, wenn die Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers nicht ausreicht, sowohl die Nettolöhne auszuzahlen als auch die Sozialver186 Brückl/Kersten NZI2001,288. 187 Bittmann DStR 2001, 855, 856 f; exemplarisch BGH NJW 2002, 1123, 1125; ZIP 2003, 1666, 1668; OLG Brandenburg GmbHR 2003,595, 596 f; auch OLG Rostock OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2002,46,47. 188 Ebenso allerdings auch Ranft DStR 2001, 132, 136f, als Vertreter der Lohnzahlungstheorie zu § 266a Abs 1 StGB aF. 189 Vgl dazu oben Rn 17 und 77. 190 Vgl dazu oben Rn 80. 191 Vgl dazu oben $ 12 Rn 191 und 248. 192 181 ff und speziell zu § 266a StGB 196ff. 193 Bittmann DStR 2001,855,856f. 194 Erstmals im Urteil vom 17.6.1897, RGSt 30,161,162. 554

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, § 266a StGB

sicherungsbeiträge abzuführen. Sie hatte lediglich zur Folge, dass der Arbeitgeber die Nettolöhne nur soweit ausgekehren durfte, dass die auf den ausbezahlten Teil entfallenden Arbeitnehmeranteile beglichen werden konnten. 195 Sie basierte damit auf der Gleichrangigkeit des Anspruchs des Arbeitnehmers auf Auszahlung der Nettolöhne einerseits und der Forderung der Sozialversicherungsträger auf Abführung der Arbeitnehmeranteile andererseits. In diesem Sinne konnten auch noch die - allerdings durchaus schon nicht mehr eindeutigen - Formulierungen des BGH aus dem Jahre 1997 196 verstanden werden. Unter Geltung der Lohnpflichttheorie erhält die Fortsetzung dieser hergebrachten und bewährten Rspr jedoch eine völlig andere Dimension: Sie führt nunmehr zu einem zuvor nicht vorhandenen absoluten Vorrang der Ansprüche der Einzugsstellen auf Begleichung der Arbeitnehmeranteile 197 vor den Ansprüchen der Arbeitnehmer auf Auszahlung des Nettolohnanspruchs. 198 Für eine derartige Rangfolge bietet die Entstehungsgeschichte des S 266a Abs 1 StGB199 keinerlei Anhaltspunkt. Standen dem Arbeitgeber nicht einmal mehr so viele finanzielle Mittel zur Verfügung, dass 85 er die Arbeitnehmeranteile (wenigstens teilweise) hätte abführen können, so war er zum Fälligkeitszeitpunkt tatsächlich leistungsunfähig. Auf das Privatvermögen eines Organs einer arbeitgeberischen juristischen Person kommt es dabei nicht an. 200 Das hat auch zur Folge, dass sich an der Leistungsunfähigkeit selbst dann nichts ändert, wenn einzelne Verbindlichkeiten von Dritter Seite zB dem GmbH-Geschäftsführer aus seinem Privatvermögen oder einer Auffanggesellschaft, getilgt 201 oder zweckgebunden (zB zur Zahlung der Nettolöhne) zur Verfügung gestellt werden. 202 Liegt auch keine Verletzung der Vorsorgepflicht vor, so ist der Arbeitgeber straffrei. Anderes folgt auch nicht aus der für die Sozialversicherungsträger möglicherweise günstigeren Möglichkeit, Insolvenzantrag zu stellen. 203 Gelingt es dem Arbeitgeber allerdings danach, wenn ggf auch nur vorübergehend, die Leistungsunfähigkeit zu überwinden, dann muss er die nunmehr vorhandenen Mittel zur Tilgung der zunächst straffrei vorenthaltenen Arbeitnehmeranteile einsetzen. Tut er dies nicht, so macht er sich nunmehr nach § 266a Abs 1 strafbar. 204 Die Strafbarkeit wegen eines Unterlassungsdelikts setzt aber nicht nur voraus, dass der 86 Adressat in der Lage war, seine Pflicht zu erfüllen, sondern darüber hinaus auch, dass ihm dies zumutbar 2 0 5 war. Nach der Rspr des BGH in Zivilsachen 206 hat der Arbeitgeber im Bedarfsfall seine Möglich- 87 keiten auszuschöpfen, sich die zum Begleichen der falligen Arbeitnehmeranteile erfor195 Das w u r d e von RGSt 3 0 , 1 6 1 , 1 6 2 , auch deutlich ausgesprochen. 196 NJW 1 9 9 7 , 1 2 3 7 , 1 2 3 8 ; ähnlich BGH NJW 2 0 0 1 , 9 6 7 , 9 6 8 ; 9 6 9 , 9 7 0 . 197 In Bürgschaftsfallen von BGH, ZIP 2003, 923 ff (dazu oben Rn 71), sogar auf die Arbeitgeberanteile sowie die N e b e n f o r d e r u n g e n erstreckt! 198 Ranft DStR 2001, 132, 135 (vgl d a z u Bittmann DStR 2001, 855, 856f), der bereits BGH NJW 1 9 9 7 , 1 2 3 7 , 1 2 3 8 , in diesem - d u r c h a u s möglichen Sinne - interpretiert u n d einen derart weitgehenden Vorrang zu Recht ablehnt; ebenso Gieseke G m b H R 1999, 1032; Stein DStR 1998, 1055, 1061; SK/ Samson/Günther Rn 30 zu S 266a StGB; d e m g e g e n ü b e r bejahte OLG Düsseldorf NJW-RR 2001, 246, 247 schon vor d e m 1 . 8 . 2 0 0 2 den Vorrang der Pflicht z u r A b f ü h r u n g der Arbeitnehmeranteile vor der Nettolohnzahlungspflicht; ebenso Βriickl/Kersten NZI 2 0 0 1 , 2 8 8 . 199 BTDrs 10/318 S 28. 200 BGH NJW 2 0 0 2 , 2 8 4 0 , 2 8 4 1 ; Huber S 108 m N ; S/S/Lenckner/Perron Rn 10 zu S 266a StGB. 201 AA OLG Düsseldorf G m b H R 2000, 1261 ff; NJW-RR 2001, 246, 247. Der Senat billigte d e m Geschäftsführer allenfalls einen vermeidbaren Verbotsirrtum zu. 202 KG G m b H R 2 0 0 3 , 5 9 1 , 5 9 4 . 203 BGH ZIP 2003, 1713 ff m z u s t Anm Κ Schmidt; aA Brückl/Kersten NJW 2003, 272, 273; dies NZI 2001,288,293. 204 OLG Dresden NZI 2 0 0 0 , 3 7 6 , 3 7 7 ; SK /Samson/Günther Rn 33 zu $ 266a StGB; W β/Köhler Rn 7/274. 205 Vgl d a z u Tag S 127 ff. 206 NJW 2000, 2993; ebenso W/J¡Köhler Rn 7/273; z u t r aA BGH (Str) NJW 2002, 2840, 2842 (zust Radtke NStZ 2 0 0 3 , 1 5 5 , 1 5 6 ) .

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

derlichen Geldmittel im Wege des Kredits zu beschaffen. Unterlässt er dies und ist er gerade und nur deswegen zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge leistungsunfähig, so soll er nach den Grundsätzen der sog „omissio libera in omittendo" gemäß § 266a Abs 1 StGB zu bestrafen. Die Erfüllung einer derartigen Pflicht, (weiteren) Kredit aufzunehmen, ist dem Arbeitgeber aber nicht in jedem Fall z u z u m u t e n . Falls er sich bereits in einer angespannten wirtschaftlichen Lage befindet, so darf er einen weiteren Kredit nur in Anspruch nehmen, wenn gleichwohl die Tilgung (zB beim unechten Factoring) gewährleistet ist. Selbst wenn die Inanspruchnahme einer noch nicht ausgeschöpften Kreditlinie mangels Aufklärungspflicht keine Strafbarkeit wegen Betruges auslöst - das hängt von den Umständen des Einzelfalls ab - , so darf er von Rechts wegen nicht gehalten sein, Schulden zu machen, die er voraussichtlich nicht zurückzahlen kann. 2 0 7 Eine Pflicht zur Kreditschöpfung zum Zwecke der Tilgung fällig werdender Arbeitnehmeranteile besteht also nur dann, wenn der Arbeitgeber entweder ausreichend Sicherheiten zu stellen fähig ist oder seine gesamte wirtschaftliche Situation genügend Gewähr zur vertragsgemäßen Tilgung bietet. 88

Im J a h r l 9 9 6 entbrannte eine rege Diskussion über die Bedeutung des S 64 Abs 2 GmbHG, der den Geschäftsführer grundsätzlich zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung der Gesellschaft geleistet hat. Daraus leitete als erster Rönnau20a ab, dass § 266a Abs 1 StGB nicht mehr eingreifen könne, wenn die GmbH als Arbeitgeber im Zeitpunkt der Fälligkeit der Pflicht zur Beitragsabführung zahlungsunfähig oder überschuldet war. Es könne dem Geschäftsführer nicht zugemutet werden, dass er unter Strafdrohung öffentlich-rechtliche Pflichten der GmbH erfülle, zu deren Ersatz er der GmbH gegenüber aus seinem Privatvermögen verpflichtet wäre. Auftrieb erhielt dieses Argument durch zivilrechtliche Entscheidungen, welche in der Tat Geschäftsführer verpflichteten, der Masse die an die Einzugsstelle geleisteten Zahlungen zu ersetzen. 209 Auch der 2. Zivilsenat des BGH schloss sich dieser Auffassung an - bislang allerdings lediglich in einem obiter dictum. 210

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Das ändert aber nichts daran, dass die genannte Argumentation nicht durchgreift. Sie berücksichtigt nämlich nicht (ausreichend) die Regelung des S 64 Abs 2 Satz 2 GmbHG. Danach trifft die Geschäftsführer dann keine Ersatzpflicht, wenn die Zahlungen, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung geleistet hat, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar waren. Die Abführung laufender Arbeitnehmer207 So der berechtigte Kern der noch weitergehenden Kritik von Ranft DStR 2001, 132, 135 f (zust Sittmann DStR 2001, 855, 857), und Heghmanns, wistra 2001, 51, 52, an BGH NJW 2000, 2993; auch Huber, S 160 f, und T/Fischer, Rn 17 zu $ 266a StGB, lehnen eine undifferenzierte Pflicht zur Kreditschöpfung ab; sa NK/Tag Rn 65 zu § 266a StGB. Zur Pfändbarkeit einer offenen Kreditlinie vgl BGH ZIP 2001,825 ff; 2004,513f. 208 wistra 1997,13,14ff;jetztauchNJW2004,976ff. 209 OLG Dresden ZIP 1997,1428,1429, leugnet unter Hinweis auf die vom Geschäftsführer begangene, also selbst verschuldete Insolvenzverschleppung einen Konflikt zwischen § 64 Abs 2 GmbHG und S 266a Abs 1 StGB - freilich zu Unrecht, da die Rechtsfolge eines Verstoßes gegen S 64 Abs 1 StGB nicht in einer - wirtschaftlich gesehen - Verdoppelung der zivilrechtlichen Haftung besteht; LG Hagen ZIP 1997, 324 f (allerdings nur für Nachzahlungen auf bereits vorenthaltene Arbeitnehmeranteile). 210 BGH NJW 2001,1280,1282; ebenso Goette DStR 2000,1320 (unter zweifelhafter Berufung auf BGH DStR 2000, 210, weil sich das Gericht in dieser Entscheidung gar nicht mit der Frage befasste, wann Zahlungen trotz Insolvenzreife mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar sind); Gundlach/FrenzellSchirrmeister NZI2003,418,420; Karsten NJ 2003,449,453; Pape/Voigt WiB 1996, 829, 832 (die daraus unter Hinweis auf die Möglichkeit des Arbeitgebers, Insolvenzantrag zu stellen, aber gleichwohl keine Unzumutbarkeit folgern); Wegner wistra 1998, 283,290; ähnlich auch Huber S 143 ff und 151 ff; einschr Plagemann zu OLG Dresden EWiR $ 266a StGB 3/97, 619; sa Schmitt S 59ff, U l f und 115 ff, der letztlich (wohl) ein Wahlrecht des Geschäftsführers zwischen Zahlung ohne Haftung und Nichtzahlung ohne Bestrafung bejaht, S 119. 556

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anteile zum Fälligkeitszeitpunkt widerspricht aber kaufmännischem Gebaren nicht. 211 Der Arbeitgeber, der die Leistung seiner Arbeitnehmer entgegennimmt und damit sein Vermögen mehrt, 212 der muss auch den Preis dafür entrichten. Dieser besteht aber gerade nicht allein im Nettoentgelt, sondern es kommen, ohne dass er dieses ändern könnte, die öffentlich-rechtlichen Abgaben, also auch die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung hinzu. 213 $ 64 Abs 2 GmbHG führt folglich nicht zu einer Einschränkung der Pflicht zum Abführen der Arbeitnehmeranteile, und damit zu einer Reduzierung des Anwendungsbereichs von S 266a Abs 1 StGB, sondern enthält in seinem Satz 2 selbst eine Bestimmung, die eine Kollision zwischen den öffentlich-rechtlichen Beitragsforderungen einerseits und der Pflicht aus § 64 Abs 2 Satz 1 GmbHG andererseits von vornherein vermeidet. Diese gesetzliche Regelung entzieht den Zumutbarkeitserwägungen den Boden, weil sie dafür sorgt, dass die pflichtgemäß handelnden Geschäftsführer erst gar nicht in eine Pflichtenkollision geraten können. Auf diese Weise wird auch eine Ungleichbehandlung von Einzelhändlern und vertretungsberechtigten Gesellschaftern von Personenhandelsgesellschaften einerseits, für welche dem § 64 Abs 2 GmbHG entsprechende Bestimmungen nicht gelten, und Mitgliedern von Organen juristischer Personen andererseits vermieden.

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Eine völlig andere Lösung entwickelte der 5. Strafsenat des BGH. 214 Er misst dem § 64 Abs 2 9 1 GmbHG sehr wohl auch strafrechtliche Bedeutung zu, siedelt sie allerdings nicht auf Tatbestandsebene als Unzumutbarkeitserwägung an, sondern sieht in $ 64 Abs 2 GmbHG einen Rechtfertigungsgrund für die Unterlassung der Beitragsabführung. Weil aber $ 64 Abs 2 GmbHG nicht an die Insolvenzreife an sich anknüpfe, sondern wie $ 64 Abs 1 GmbHG lediglich eine dreiwöchige Schonfrist für Sanierungsversuche einräume, 215 entfalle die rechtfertigende Wirkung, wenn die Geschäftsführung die 3-Wochen-Frist verstreichen lasse, ohne Insolvenz anzumelden. Danach müssten die Arbeitnehmeranteile wiederum vorrangig abgeführt werden. Weil im konkreten Fall nur solche Beitragsforderungen in Rede standen, welche nach Ablauf der 3-Wochen-Frist fällig geworden waren, bestätigte der BGH die Verurteilung durch das Landgericht. Tragend sind demnach lediglich die Gründe, denen zufolge S 64 Abs 2 GmbHG nach Fristablauf keine rechtfertigende Wirkung mehr zu erzielen vermag. Bei der Aussage, innerhalb der 3-Wochen-Frist sei die Unterlassung der Beitragsabführung gerechtfertigt, handelt es sich demnach um ein obiter dictum.

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Diese Ansicht des BGH, wenn man ihr denn folgen will, und das wird die strafgerichtliche 93 Praxis tun, bedarf aber der Differenzierung, weil der Senat seinen eigenen Ansatz nicht konsequent durchhielt. Die Notwendigkeit, nach Eintritt der Insolvenzreife einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, ist nämlich nicht bedingungslos für 3 Wochen suspendiert. Voraussetzung ist vielmehr, wie der Senat selbst ausführt, dass die Geschäftsführung ernsthafte und bis zum Fristablauf erfolgsversprechende Sanierungsbemühungen unternimmt. 2 1 6 Unterbleiben derartige Versuche oder besteht keine 211 OLG Dresden ZIP 2003, 3 6 0 , 3 6 4 und 365; OLG Hamm (Str) ZInsO 2 0 0 3 , 3 5 , 3 6 ; Altmeppen, ZIP 1 9 9 7 , 1 1 7 3 , 1 1 8 4 ; Bauer ZInsO 2 0 0 2 , 1 5 3 , 1 5 5 ; Brückl/Kersten N Z I 2 0 0 1 , 2 8 8 , 2 9 0 ; Caftn ZGR 1998,367, 381 f; Groß ZIP 2001, 945, 950; Heger JuS 1 9 9 8 , 1 0 9 0 , 1 0 9 3 f; Hellmann JZ 1 9 9 8 , 1 0 0 5 , 1 0 0 6 f; S/S/Lenckner/Perron Rn 10 zu S 266a StGB; Stein DStR 1998, 1055, 1062; wohl auch NK/Tag Rn 66 zu § 266a StGB; iAKiethe ZIP 2 0 0 3 , 1 9 5 7 , 1 9 6 0 . 212 Für den reinen Aktivtausch anerkennt der 2. Zivilsenat des BGH (NZI 2 0 0 3 , 4 6 0 mN), dass das Handeln des Geschäftsführers wirtschaftsgemäß ist. 213 Vgl oben S 7 Rn 104. 214 NJW 2003, 3787ff; zust Flitsch BB 2 0 0 4 , 3 5 1 f; Karsten NJ 2 0 0 4 , 2 3 1 f; iE auch Rönnau NJW 2004, 9 7 6 , 9 7 8 f. 215 BGH NJW 2 0 0 3 , 3 7 8 7 , 3 7 8 8 mN; vgl dazu allgemein oben § 11 Rn 47 ff. 216 BGH NJW 2 0 0 3 , 3 7 8 7 , 3 7 8 8 mN; vgl dazu allgemein oben § 11 Rn 47ff. Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften Aussicht, die Insolvenzreife binnen 3 Wochen zu beseitigen, dann muss sofort Insolvenz angemeldet werden. Wenn man für die rechtfertigende Wirkung des S 6 4 Abs 2 GmbHG also mit dem BGH an die Regelung des S 6 4 Abs 1 GmbHG anknüpft, muss dies in der Weise geschehen, dass Bezugspunkt die erfolgsversprechenden Sanierungsbemühungen sein müssen und die 3 Wochen lediglich die Bedeutung einer Höchstfrist haben. Eine Rechtfertigung ist demnach nicht schon dann zu bejahen, wenn die Forderung der Einzugsstelle auf Abführung der Arbeitnehmeranteile in die 3-Wochen-Frist des $ 64 Abs 1 GmbHG fällt, sondern nur dann und auch lediglich solange, wie die Geschäftsführung ernsthafte Sanierungsbemühungen unternimmt und zu erwarten ist, dass diese binnen der Höchstfrist von 3 Wochen die Insolvenzreife zu beseitigen vermögen. 94

Meist genügt es aber, mit dem BGH auf die 3-Wochen-Frist abzustellen, weil die Pflicht z u m Abfuhren der Arbeitnehmeranteile nicht mit dem Ablauf des Fälligkeitstages endet, sondern solange fortbesteht, bis entweder die Beiträge gezahlt werden oder der Arbeitgeber untergeht. 217 Das hat zur Konsequenz, dass mit dem Ablauf der 3-Wochen-Frist des § 64 Abs 1 GmbHG die Rechtfertigung der Unterlassung der Abführung der Arbeitnehmeranteile entfällt. 2 1 8 Sie wird allerdings nicht etwa rückwirkend beseitigt, endet aber ex nunc. Zum Fristende müssen also entweder die Arbeitnehmeranteile nachgezahlt oder es muss Insolvenz angemeldet werden. Geschieht keines von beidem, dann kann das nicht nur als Insolvenzverschleppung bestraft werden, sondern ab diesem Zeitpunkt ist auch das weitere Schuldigbleiben der Arbeitnehmeranteile, das zum ursprünglichen Fälligkeitszeitpunkt gerechtfertigt war, nunmehr strafbar. Die Rspr des 5. Strafsenats des BGH führt also in den meisten Fällen zu einer lediglich vorübergehenden Rechtfertigung. Sie steht damit in der strafrechtlichen Wirkung einer um 3 Wochen verzögerten Vollendung gleich. Nur dann, wenn rechtzeitig, dh spätestens nach Ablauf der 3-Wochen-Frist des $ 64 Abs 1 GmbHG Insolvenz angemeldet wird, müssen die Arbeitnehmeranteile nicht nachgezahlt werden. 219 In allen anderen Fällen kann die Zahlung nur um den Preis der Strafbarkeit ausbleiben.

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Ob zu einem Fälligkeitstag begangene Taten zeitweise gerechtfertigt waren und wenn ja, die zu welchem Termin begangenen, steht häufig nicht fest, muss aber zumeist auch gar nicht entschieden werden. In aller Regel wird es nämlich genügen, für sämtliche Taten einen um drei Wochen hinausgeschobenen Tatbeginn anzunehmen. Weil sich das nur zugunsten des Beschuldigten auswirken kann, erleidet er auf diese Weise keinen Nachteil.

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S 6 4 Abs 2 S 1 GmbHG kann gem der Rspr des 5. Strafsenats des BGH die Bestrafung nach S 266 a Abs 1 StGB bestenfalls für die auf einen einzigen Monat entfallenden Arbeitnehmeranteile zur Gesamtsozialversicherung hindern und zwar dann, wenn die letzten vor Insolvenzanmeldung schuldig gebliebenen Beiträge in die 3-Wochen-Frist fallen und diese erst nach dem Insolvenzantrag endet. In vielen, wenn nicht gar den meisten Fällen wird sich aber ausschließen lassen, dass die Frist des § 64 Abs 1 GmbHG erst lief, als die als letzte nicht abgeführten Arbeitnehmeranteile fällig wurden. Das gilt nicht nur dann, wenn der Zeitpunkt bekannt ist, zu welchem der Beschuldigte die eingetretene Insolvenzreife erkannte 2 2 0 oder festgestellt werden kann, dass die Geschäftsführung keine, jedenfalls keine privilegierten, dh binnen 3 Wochen erfolgversprechenden Sanierungsbemühungen unternommen hatte, sondern auch, wenn 3 Monate hintereinander keine Arbeitnehmeranteile abgeführt wurden. Üblicherweise werden nämlich die Sozialversicherungsbeiträge sei es zusammen mit den Nettolöhnen, sei es sogar noch darüber hinaus - bis zum Schluss, 217 BGH wistra 1992,23; s dazu unten Rn 103. 218 BGH NJW 2003,3787,3789; insoweit ablehnend ROnnau NJW 2004,976,979f. 219 Es sei denn, man hält die bisher Verantwortlichen oder den vorläufigen Insolvenzverwalter auch nach Stellen eines Insolvenzantrags für abfiihrungspflichtig, dagegen unten § 23 Rn 4 ff und 32. 220 Das ist der von der für Rspr als maßgeblich erachtete Zeitpunkt, vgl BGH NJW 2003,3787,3788, und allgemein oben 11 Rn 43 ff. 558

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, $ 266a StGB

dh solange überhaupt noch flüssige Mittel vorhanden sind, gezahlt, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Wenn also trotzdem jemand Rückstände bei den Einzugsstellen aufkommen lässt, dann geschieht das durchweg in einer wirtschaftlichen Lage, zu welcher das Unternehmen zuvor bereits nicht mehr fähig war, sonstige Gläubiger (vollständig) zu befriedigen, also zahlungsunfähig war.221 Dann belegt regelmäßig, dh beim Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte, zumindest die erneute Beitragsvorenthaltung zum dritten Fälligkeitstermin, dass die Insolvenzreife spätestens im vorangegangenen Monat eingetreten ist und dass, wenn überhaupt, jedenfalls keine privilegierten Sanierungsbemühungen unternommen wurden. In Zweifelsfällen sollte jedoch nach § 154 StPO verfahren werden. Soweit $ 64 Abs 2 GmbHG die Nachzahlung bereits vorenthaltener Arbeitnehmeranteile 9 7 nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung verbietet, wird dem Arbeitgeber (lediglich) die Schadenswiedergutmachung nach bereits eingetretener Strafbarkeit verweigert. Strafrechtlich liegt darin kein Zumutbarkeitsproblem, weil dieses auf der Tatbestandsebene angesiedelt ist. Gibt es aber konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Geschäftsführer nur wegen 5 64 Abs 2 GmbHG auf die Wiedergutmachung verzichtete, so ist das strafmildernd zu berücksichtigen. Zahlte er hingegen trotz § 64 Abs 2 GmbHG und wird anschließend in Höhe der Zahlung vom Insolvenzverwalter oder von einem Gesellschaftsgläubiger in Anspruch genommen, dann liegt darin jedoch kein Strafmilderungsgrund, weil der Geschäftsführer ohne die Nachzahlung aus dem Gesellschaftsvermögen gegenüber der Einzugsstelle im selben Umfang gemäß § 823 Abs 2 BGB, 266a Abs 1 StGB zur Zahlung aus seinem Privatvermögen verpflichtet wäre. Es spielt für seine wirtschaftliche Lage aber keine Rolle, ob er eine Pflicht in der selben Höhe gegenüber dem einen oder dem anderen Gläubiger erfüllt. Ein weiteres Zumutbarkeitsproblem stellt sich hinsichtlich einer eventuellen Insolvenzanfechtung, §§ 129 ff InsO. In den Fällen einer Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge nach Eintritt der Insolvenzreife nimmt die Zivilrspr eine Leistung in inkongruenter Deckung an. 222 Nach § 130 Absätze 1 und 2 InsO ist unter den dort näher genannten Umständen die Befriedigung eines Gläubigers sogar in kongruenter Deckung im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter anfechtbar.223 Die Frage aber, ob dem Arbeitgeber unter Strafdrohung zugemutet werden kann, anfechtbare Leistungen zu erbringen, stellt sich unabhängig davon, welche der Bestimmungen der §§ 130 ff InsO einschlägig ist. Sie wird vereinzelt verneint, 224 freilich zu Unrecht. 225

221 Vgl BGH WM 2001,1118; KTS 2 0 0 3 , 9 0 , 9 2 . 222 Zur vergleichbaren Problematik bei S 283c StGB vgl oben $ 14 Rn 26 f. 223 BGH NJW 2000, 211, 213; OLG Dresden ZIP 1997, 1 0 3 6 , 1 0 3 7 f ; 1428; auch WiB 1997, 1246 m Anm Scheid (sämtlich zu $ 10 Abs 1 Nr 4 GesO); OLG Brandenburg ZIP 1 9 9 9 , 1 0 1 5 (zu $ 10 Abs 1 Nr 1 GesO), OLG Hamm ZIP 1996, 469 (zu § 30 Nr 1 KO); dazu auch LG Ellwangen InVo 1999, 47 m Anm Silcher. Zur Insolvenzanfechtung gezahlter Sozialversicherungsbeiträge (einschließlich der Arbeitnehmeranteile) existiert mittlerweile eine kaum noch zu überblickende Fülle von Veröffentlichungen, zB BGH NJW 2001, 967ff; 2002, 512ff; 515ff; 2568; (auch 1574ff); ZIP 2002, 1159ff; 2003, 356ff; 1506ff (dazu Hölzle EWIR $ 133 InsO 01/03 1097); 1666ff; 1900ff (zust Bichl NJ 2004, 176); OLG Celle ZInsO 2002, 979 ff; OLG Dresden ZIP 2003, 360 ff (dagegen Gundlach/Frenzel EWiR S 129 InsO 2/03, 717); OLG Frankfurt ZIP 2002, 1852ff (dazu Plagemann EWiR S 130 InsO 2/02,1013); OLG Hamburg ZIP 2001, 708 ff; LG Coburg ZInsO 2 0 0 1 , 9 7 3 f; LG Hamburg ZIP 2001, 711ff; ZInsO 2002, 144f; AG Düsseldorf NZI 2001, 492f; AG Hamburg ZInsO 2002, 687f; G Fischer FS Kirchhof S 73ff; Frind/Schmidt ZInso 2001, 1133 ff; 2002, 8, 12; ν Gerkan FS Ulmer S 1293 ff; Gundlach/Frenzel/Schmidt DZWIR 2002, 89 ff; Gundlach/Schmidt DZWIR 2003, 126 f; Pape NJW 2003, 2502, 2505 f; Stiller ZInsO 2002, 793 ff. Die Abführung der Lohnsteuer steht gleich, BGH ZIP 2 0 0 4 , 5 1 3 ff. Anfechtungsgegner ist nur die Einzugsstelle, BGH ZIP 2 0 0 4 , 8 6 2 ff. 224 Karsten NJ 2003, 449, 452; Lüke/Mulansky ZIP 1998, 673, 675; RUnnau NJW 2004, 976, 980; Ύ¡Fischer Rn 15 zu § 266a StGB. 225 Wie hier BGH NJW 2003, 3787, 3788 f; 2001, 967 (zust A Schmidt EWiR S 266a StGB 1/01, 185); Bittmann

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

99 Der Arbeitgeber vermag im Zeitpunkt seiner Leistung noch gar nicht sicher abzusehen, ob ein Insolvenzantragsverfahren erforderlich sein wird und wenn ja, ob es mit einer Antragsabweisung mangels Masse oder der Eröffnung des Insolvenzverfahrens endet. Nur im letztgenannten Fall kommt eine Insolvenzanfechtung226 in Betracht. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, hängt von verschiedenen Umständen ab, die der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Zahlung ebenfalls nicht genau zu überblicken vermag. Er weiß also gar nicht, ob seine Leistung angefochten werden kann und wird. Außerdem bedeutet die Anfechtbarkeit lediglich, dass die Zahlung, die Abführung der Sozialversicherungsbeiträge, von einem anderen als dem Leistenden, nämlich vom Insolvenzverwalter, wieder von der Einzugsstelle zurückgefordert werden kann. Es ist nicht ersichtlich, wieso das Recht eines Dritten, des Insolvenzverwalters, dazu führen soll, dass dem Arbeitgeber die Erfüllung seiner Pflicht zur Leistung der Beiträge zur Sozialversicherung unzumutbar sein soll. Steht allerdings fest, dass der Insolvenzverwalter die Leistung angefochten hätte, so entfällt trotz Tatbestandserfüllung mangels Schadens die zivilrechtliche Haftung auf Schadenersatz.227 Das ist strafmildernd zu berücksichtigen.228 10.

Vollendung, Beendigung und Verjährung

100 Das Merkmal „Vorenthalten" und damit der Tatbestand des S 266a Abs 1 StGB ist - bei Erfüllung der übrigen Voraussetzungen - mit Ablauf des Fälligkeitstages erfüllt. Werden die am 15. des Folgemonats fälligen Beiträge also erst am 16. geleistet,229 dann ändert das grundsätzlich230 nichts mehr an der Verwirklichung jedenfalls des objektiven Tatbestands des § 266a Absl StGB. Da der Arbeitgeber in der Regel um seine sozialversicherungsrechtlichen Pflichten weiß, liegt zumeist auch der subjektive Tatbestand vor. 101 Bei - insbes nur minimaler - Verspätung, aber im Übrigen vollständiger Pflichterfüllung stellt sich die Frage, ob dies nicht doch bereits Auswirkungen auf der Ebene des Tatbestands hat. In Anlehnung an § 370 AO wird dieses Problem unter dem Stichwort „Vorenthalten auf Zeit" diskutiert. Anders als in § 370 Abs 4 AO für die Steuerhinterziehung enthält allerdings S 266a StGB keine näheren Erläuterungen hinsichtlich einer etwaigen Differenzierung innerhalb des Merkmals „Vorenthalten". Es bleibt demnach keine andere Möglichkeit, als für den Tatbestand allein auf den Fälligkeitszeitpunkt abzustellen. Die Vorschrift verlangt kein Vorenthalten auf Dauer. Der nachträgliche Eingang geschuldeter Beiträge hebt die eingetretene Strafbarkeit nicht auf,231 es sei denn, es liegt ein Fall des § 266a Abs 6 StGB OLG Hamm ZInsO 2 0 0 3 , 3 5 f; OLG Stuttgart ZIP 2 0 0 4 , 1 2 9 f f ; LG Halle Urt ν 2 6 . 6 . 2 0 0 3 - 9 O 451/02; Brückl/Kersten N Z I 2 0 0 1 , 2 8 8 , 2 9 1 . 226 Die Voraussetzungen für die auch nach Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse mögliche Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz sind deutlich schärfer als diejenigen für eine Insolvenzanfechtung. Eine Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz kommt auch aufgrund der den Gläubigern meist fehlenden Informationen, also aus tatsächlichen Gründen seltener in Betracht. Die Chancen der Einzugsstelle, in anfechtbarer Weise erbrachte Beitragsleistungen behalten zu können, sind daher im Fall der Antragsabweisung mangels Masse deutlich größer als bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens. 227 BGH NJW 2001, 967, 969 (zust A Schmidt EWiR $ 266a StGB 1/01, 185, 186); aA Brückl/Kersten NZI 2 0 0 1 , 2 8 8 , 2 9 1 . 228 Aber nur, wenn feststeht, dass die Anfechtung erklärt worden wäre, vergleichbar der Wirtschaftsgemäßheit, vgl dazu oben § 12 Rn 61, und dem Ansatz von Fortführungswerten, vgl dazu oben § 11 Rn 103 ff. 229 Vgl oben Rn 56 aE. 2 3 0 Vgl aber sogleich Rn 101. 231 BGH wistra 1990, 353; LK/Gribbohm Rn 52 zu § 266a StGB; M-G/B/Heitmann Rn 36/29; S/S/ Lenckner/Perron Rn 19 zu $ 266a StGB; SK/Samson/Günther Rn 24; Wegner wistra 1998, 283, 291; einschr Bente Diss S 60 ff und 93.

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Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsgelt, § 266a StGB

vor.232 Das Maß der Schuld und die Strafwürdigkeit dieser Fälle unterscheidet sich allerdings ganz erheblich von den Fällen der Beitragsvorenthaltung auf Dauer und muss deshalb bei der Höhe der Sanktion gebührend berücksichtigt werden. Die Nachzahlung kann gemäß § 46a Nr 2 StGB zu einer Herabsetzung des Strafrahmens nach $ 49 Abs 1 StGB führen, wenn mehr als nur eine schlichte Nachzahlung erfolgte, also entweder auch rückständige Arbeitgeberanteile ganz oder teilweise ausgeglichen wurden oder die nachträglichen Leistungen durch persönlichen Verzicht möglich wurden.233 Fehlen allerdings erschwerende Umstände, so sollte in allen Fällen vollständiger NachZahlung von $ 153 StPO Gebrauch gemacht werden.234 Diese Einstellungsmöglichkeit wegen geringer Schuld, bietet dem Arbeitgeber auch einen erheblichen Anreiz, die Beiträge nachzuentrichten, weil er trotz Tatbestandserfüllung straffrei zu bleiben vermag. Dieser Weg sollte nur dann nicht beschritten werden, wenn es sich bei dem Arbeitgeber zB um einen notorischen Pflichtverletzer handelt oder er die zur Nachzahlung verwandten Mittel aus anderen Straftaten schöpfte. Auch dann, wenn er im Verdacht weiterer, aber nur aufwendig zu ermittelnder Straftaten steht, sollte von einer Einstellung gemäß S 153 StPO abgesehen werden. Ist die Nachzahlung noch nicht oder nicht vollständig erfolgt, aber in Zukunft möglich, so bietet es sich an, von den Möglichkeiten der §§ 153a StPO und 59 StGB Gebrauch zu machen. Im letzteren Fall stehen für Nachzahlungen immerhin maximal 3 Jahre zur Verfügung, S 59a Abs 1 StGB.

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Eine Tat nach $ 266a Abs 1 StGB ist nach der Rspr235 beendet, wenn die Beitragspflicht erloschen oder der Beitragsschuldner weggefallen ist. Gem S 78 a S 1 StGB beginnt die Verjährung mit Beendigung der Tat. Beließe man es dabei, so würde das den Beginn der fünfjährigen, § 78 Abs 1 Nr 4 StGB, Verjährungsfrist ggf weit hinausziehen und zudem zu einer Ungleichbehandlung von natürlichen Personen als Arbeitgebern und Organen arbeitgeberischer juristischer Personen führen. Es erscheint deshalb angemessener und auch aus Gründen der Rechtsklarheit praktikabler, wie beim Unterlassen der Erklärung von Fälligkeitssteuern236 für die Verjährung auch bei § 266a Abs 1 StGB auf den Fälligkeitstermin abzustellen. Die Verjährungsfrist beginnt dann schon mit Vollendung der Tat zu laufen.237

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11.

Subj ektiver Tatbestand

Eine Bestrafung ist nur möglich, wenn der Täter vorsätzlich gehandelt hat. Bedingter Vorsatz genügt. 238 Wie bei Unterlassungsdelikten allgemein so reicht es auch bei S 266a Abs 1 StGB aus, dass der Täter die Umstände kennt, die seine Handlungspflicht begründen,239 und er ihre Verletzung zumindest billigend in Kauf nimmt. Für den Vorsatz genügt das Bewusstsein und der Wille, die Abführung der Beiträge bei Fälligkeit zu unterlassen.240 232 Ein solcher liegt bereits im unverzüglichen Nachholen der vollständigen Überweisung der geschuldeten Arbeitnehmeranteile, wenn darin die Mitteilung nach § 266a Abs 6 S 1 Nr 1 StGB zu sehen ist, SK/Samson/GüntherRn 50 zu S 266a StGB. 233 BGH wistra 2 0 0 0 , 9 5 ; 2 0 0 1 , 2 2 , 2 3 ; OLG Dresden wistra 2 0 0 1 , 2 7 7 . 234 Eente Diss S 141; Heger JuS 1 9 9 8 , 1 9 9 0 , 1 0 9 5 ; SK/Samson/Gunther Rn 25 zu $ 266a StGB; vgl oben Rn 61 und unten Rn 122. 235 BGH wistra 1992, 23; ebenso B/Quedenfeld/Richter Rn 9/199; S/S/Lenckner/Penon Rn 31 zu S 266a StGB. 236 Vgl zur Beendigung bei unterlassener Abgabe einer Umsatzsteuerjahreserklärung BGH wistra 1991,215; 1 9 9 2 , 9 3 , 9 4 . 237 IE ebenso LK/Gribbohm Rn 66 f zu S 266a StGB, der allerdings bereits Vollendung und Beendigung zusammenfallen lässt. 238 BGHNJW 1 9 9 2 , 1 7 7 , 1 7 8 ; 1 9 9 7 , 1 3 0 , 1 3 2 f ; KG GmbHR 2 0 0 3 , 5 9 1 , 5 9 2 ; NK/TögRn 69 zu S 266a StGB; Τ/Fischer Rn 23 zu $ 266a StGB; einschr Huber S 191 f. 239 AA Huber S 174 ff mwN (auch zur Gegenansicht); SIS/Lenckner/Perron Rn 17 zu S 266a StGB. 240 BGH NJW 2 0 0 1 , 9 6 7 , 9 6 9 mwN, auch 9 6 9 , 9 7 0 f.

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3. Kapitel: Die Strafbarkeit nach den verschiedenen Strafvorschriften

105 Der Arbeitgeber kennt in aller Regel seine Verpflichtungen.241 Das wird durch die Erfüllung der Beitragspflichten vor Beginn des Rückstandszeitraums belegt. Zudem mahnen die Kassen die Beiträge regelmäßig unter Hinweis auch auf die strafrechtlichen Folgen an. Der Vorsatz muss im Zeitpunkt der Handlungspflicht vorliegen. Dieser deckt sich regelmäßig mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit. Verlangt die wirtschaftliche Lage, dass der Arbeitgeber seiner Vorsorgepflicht nachkommt, dann muss der Vorsatz zu diesem Zeitpunkt bestehen.242 In Delegationsfällen muss sich sein Vorsatz auf seine Kontrollpflicht erstrecken. Außerhalb von Krisenzeiten darf sich der Arbeitgeber zwar im allgemeinen darauf verlassen, dass die Delegationsempfänger ihre Pflichten erfüllen, so dass er sich auf stichprobenartige Kontrollen in größeren Abständen beschränken darf. Bei angespannter wirtschaftlicher Lage ist seine Überwachungspflicht jedoch verschärft.243 Es geht aber zu weit, von ihm zu verlangen, dass er sich bei seiner Bank vergewissern müsse, ob ein Überweisungsauftrag vorliege, wenn ihm sein Chefbuchhalter auf telefonische Nachfrage mitteilte, er, der Buchhalter, habe die Weisung zum Abführen der Sozialversicherungsbeiträge erfüllt.244 Der Vorsatz muss sich nicht auf eine dauerhafte Vorenthaltung richten, weil für den objektiven Tatbestand bereits ein Vorenthalten auf Zeit genügt.24S Bedingter Vorsatz wird in der Praxis meist nur in Delegationsfällen und im Hinblick auf die Vorsorgepflicht246 vorkommen. Am Vorsatz fehlt es, wenn der Arbeitgeber bei der Einzugstelle einen Scheck einreichte und trotz Kontoüberziehung mit seiner Einlösung rechnen durfte.247 106 Der Irrtum 248 über die Pflicht, Delegationsempfänger kontrollieren zu müssen, ist ein Gebotsirrtum. Gleiches gilt bei irriger Annahme stillschweigender Stundung.249 Hier kann der Irrtum aber unvermeidbar gewesen sein, wenn das Verhalten der Einzugsstelle dem Arbeitgeber Anlass zu dieser Annahme gab. Ebenso liegt es, wenn sich der Arbeitgeber bei einer öffentlichen Stelle erkundigte und eine falsche Auskunft erhielt. Das gilt selbst dann, wenn die Behörde nicht zuständig war, den Arbeitgeber darauf aber nicht hinwies.250 Sind ihm Regelungen (zB zu seinen Verhaltenspflichten im Krisenfall251) nicht geläufig, so muss

2 4 1 Eine Ausnahme mag bestehen, wenn ein Tarifvertrag zwar einschlägig, dem Arbeitsverhältnis aber tatsächlich nicht zugrunde gelegt wird, vgl dazu oben Rn 27. 2 4 2 BGH NJW 1 9 9 7 , 1 2 3 7 , 1 2 3 9 ; S/S/Lenckner/Perron Rn 17 zu § 2 6 6 a StGB; das Vertrauen auf rechtzeitige Erfüllung seitens eines Gläubigers hindert ohne dessen konkrete Zusage nicht die Annahme bedingten Vorsatzes, Huber S 188. 243 BGH NJW 1 9 9 7 , 130, 132; OLG Rostock OLG Report Brandenburg Dresden Jena Naumburg Rostock 2 0 0 2 , 4 6 , 4 8 . 2 4 4 So aber BGH NJW 2 0 0 1 , 9 6 9 , 9 7 0 f ; abl Frings GmbHR 2 0 0 1 , 2 4 1 ; OLG Hamburg, GmbHR 2 0 0 0 , 1 8 5 , 1 8 7 , verlangt - ebenfalls zu weitgehend - dass sich der Geschäftsführer nicht nur bei seiner Bank erkundigen müsse, ob sie den Auftrag zur Überweisung der Sozialversicherungsbeiträge ausgeführt habe, sondern darüber hinausgehend auch noch, dass er sich die Weigerung zu überweisen, nicht gefallen lassen dürfe! Wie soll er einer solchen Maßgabe gerecht werden? 245 Vgl oben Rn 101. 2 4 6 ZB BGH NJW 1 9 9 7 , 1 2 3 7 , 1 2 3 9 ; 1 9 9 8 , 2 2 7 , 2 2 8 ; 2 0 0 1 , 9 6 9 , 9 7 0 f. 2 4 7 BGH NJW 1 9 9 2 , 1 7 7 , 1 7 8 ; zust und allg zur Problematik des Vertrauens auf Kreditierung Huber S 186. 2 4 8 Vgl dazu Tag S 135ff; W/J/KöhierRn 7 / 2 7 8 . 2 4 9 Zu beidem vgl BGH NJW 1 9 9 7 , 130, 132, 133; BGH NJW 2 0 0 1 , 9 6 9 , 9 7 0 f, sieht zutr auch im Irrtum über den Umfang der Überwachungspflicht einen Verbotsirrtum (ebenso Boujong NZG 2 0 0 3 , 4 9 7 , 506); Bente Diss S 6 9 ff (er sieht nur im Irrtum über die Abführungspflicht einen Verbotsirrtum