177 92 8MB
German Pages 170 Year 1921
jADOLF LOOS
NS LEERE ESPROCHEN 897
NK 775
—
Verlag Der Sturm
L63 1921
MCMXXI
1900
/
Berlin
W
Presented to the
LIBRARY of the UNIVERSITY OF
TORONTO
by
Peter Kaye
INS
LEERE
GESPROCHEN 1897
—
1900
VON
ADOLF LOOS
Verlag Der Sturm MCMXXI
/
Berlin
W'
^on
dieser ersten aufläge
wurden 100 exemplare auf holzfreiem papier gedruckt
7 7ter nehmen können, und die distanz, die das heimische vom fremden kunsthandvverk trennt, kann mit einem schlage ausgeglichen werden. In den letzten monaten haben wir aber ein ganz merkwürdiges Schauspiel erlebt. Eine gruppe von gewerbetreibenden fand heraus, daß die von den ausländem erzeugten gegenstände schlechter gearbeitet und nicht so schön in der form' sind, als die, die wir zu erzeugen pflegen. Das freute doch die leute? Aber nein. Das unglaubliche trat ein. Man behauptete, daß dadurch das wiener kunstgewerbe geschädigt wird. Diese logik war selbst dem wiener publikum, dem man sonst Ich
als die
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zumuten darf, auffallend geworden, und man wurde stutzig. Auch die regierung wurde es. Man sah genau hin, und der erfolg konnte nicht ausbleiben. Denn das gegenteil des ge-
viel
wünschten
effektes
stcllungen
dem
trat ein. Galt es bei den früheren ausösterreichischen kunstgewerbe, so sind es gegenwärtig die fach- und kunstgewerbeschulen, die im österreichischen Museum um in dem Jargon dieser wunderlichen freunde der heimischen Industrie zu reden geschädigt werden. Denn hofrat v. Scala hat englische schülerarbeiten zur ausstellung gebracht. Sind die nun besser oder schlechter als die unseren? Ich glaube, daß sie besser sind. Das ist allerdings gefühlssache. Aber man könnte es auch mathematisch beweisen. Unsere fachschulen und kunstgewerbeschulen sind nämlich eine nachahmung der englischen einrichtungen. Nachdem wir aber stillgestanden sind, während sich die Engländer rapid vorwärts bewegt haben, so befinden sich unsere schulen im besten falle auf dem Standpunkte, auf dem sich die englischen vor zwanzig jähren befanden.
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Bleiben Wir also dabei, daß die englischen schülerarbeiten besser sind als die unseren. Dann sind wir verpflichtet, den schon oben erwähnten schlag zu führen, um die distanz auszugleichen. Wir haben es ja verhältnismäßig leicht. Die Engländer, als pfadsucher, urbarmac"her und pfadfinder in einer unbekannten richtung und einem unbekannten gebiet, haben zeit verloren. Ohne kraftvergeudung, ohne experimente können wir nun auf den bequemen ausgetretenen pfaden nachrücken. Unsere schulen haben den kontakt mit dem leben verloren. Auf den schulen wird dem schüler die gegenwart verleidet: wie schön war's doch im Mittelalter! Und erst zur Renaissancezeit! Da rauschte es von brokaten und knisternden seiden. Hei, wie die pauken wirbelten und nackte frauen im zuge schritten, den könig einzuholen. Und schmuck, und färbe, und wallende federn! Und jetzt? Einfach grauslich. Karrierte anzüge, telefondrähte, pferdebahngeklingel. Aber was geht das uns an? Wir wollen dastehen wie ein fels im modernen häßlichen getriebe, und rauschende seiden und wallende federn. Nieder mit dem telefon! Und wenn schon! Dann wollen wir ein kompromiß eingehen. Wir versehen das telefongehäuse mit rokokoornamenten und die hörrohre mit rokokogriffen. Oder gothisch. Oder barock. Je nach wünsch des bestellers. Wie hieß das Schlagwort, das in den letzten jähren in der Kunstgewerbeschule geprägt wurde? „Alte möbel für moderne bedürfnisse.^'
O
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Mit
dem
„stilvollen"
telefongehäuse
wurden wir
ver-
schont. Das verdanken wir nur dem umstände, daß das telefon nicht in Deutschland oder Österreich, sondern in Amerika erfunden wurde. Bei den straßenautomaten waren wir nicht so glücklich. Auch unsere gaskandelaber fallen in diese kategorie, die wohl auch dem blinden den großen rückschritt, der sich in der Wandlung unseres geschmackes seit der aufstellung der letzten englischen vollzogen hat, zum bewußtsein bringen wird. Den kontakt mit dem leben haben unsere schulen verloren. Fragt nur unjsere industriellen, kunsthandwerker und geschäftsleute. Da herrscht nur eine stimme: Die jungen leute aus unseren schulen sind unbrauchbar. Sie können was, das ist
wahr. Aber
sie
können gerade
das,
was am wenigsten
bezahlt wird. Sie beherrschen den münchner bierkneipenstil, den Stil jener leute, die um eine mark drei gänge und ein dessert beanspruchen. Sie können lusterweibchen und den lieben, guten, alten, altdeutschen dekorationsdivan, der schon seit einem Jahrzehnt tagtäglich von zwanzig Sängerinnen in zwanzig wiener ,, Kleinen Anzeigern'' zum teile des anschaffungspreises zu haben ist. Vom geschmacke des kaufkräftigen Publikums, also jenem geschmacke, der bei Förster, Wcidman oder Würzl kultiviert wird, wurde ihnen erzählt, daß er unkünstlerisch sei. Diese geschäfte, ich könnte ja dutzende von
namen nennen, haben
stets im ,, englischen'' geschmacke, oder im vornehmen geschmacke gearbeitet. Denn alles vornehme nennen die Wiener jetzt englisch. Wie könnten unsere schulen den anschluß an das leben wieder gewinnen? Die gegenwärtige ausstellung der Engländer gibt uns die beste antwort. Wir sehen, wie dort die guten Jahresarbeiten von den verschiedenen schulen nach London wandern, um sich einer prüfung zu unterziehen. Dadurch hat man die schulen von einer stelle aus in der hand. Man kann sich mit leichtigkeit davon überzeugen, wo etwas gutes gearbeitet wird. Man kann der schule, die ein wenig zurückbleibt, neues blut in gestalt eines tüchtigen lehrers oder direktors zuführen. Wir haben ja auch etwas ähnliches: Die Inspektoren. Aber ist das englische System nicht einfacher und praktischer? Die eingesendeten arbeiten wierden also geprüft und die besten davon prämiiert. Von wem? Nun, von den dazu vom Staate bestimmten Organen. Falsch! Die Engländer machen das anders. Die sagen sich: Ein schulinspektor mag ja einen sehr guten geschmack besitzen. Der beamte wird diejenigen Sachen für die besten halten, die seinem wesen, seinen be-
besser
gesagt
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dürfnissen am meisten entsprechen. Aber die weit besteht nicht aus schulinspektoren. Viel besser eignen sich künstler und industrielle zu solchen sachen. Die wissen am besten, was uns frommt, was wir vermeiden müssen und was wir brauchen. Dieses jähr gab es zirka dreißig Juroren (examiners), wie sie der bericht nennt. Namen wie Arthur Hacker, Fred. Brown und Walter Crane fallen uns auf. Keiner hängt in irgend einer weise mit den schulen zusammen. Zu drei und drei liegt ihnen die pflicht ob, die in gruppen geteilten arbeiten zu begutachten. Sehen wir zu, wie sie ihre aufgäbe erledigen. Nehmen wir die gruppe architektur. Wir lesen: Examiners: Professor G. Aitchison, R. A.; T. G. Jackson, R. A.; J. J. Stevenson.
Architektonische entwürfe. Die qualität der arbeiten in diesem jähre erreicht nicht das hohe niveau der arbeiten des Vorjahres. ,
Die examiners freuen
sich,
viele
entwürfe für arbeiter-
wohnhäuser vorzufinden, und würden es gerne sehen, wenn man mehr konkurrenzen für diese aufgaben ausgeschrieben hätte. Einige von den planen zeigen, daß sich die architekten wenig zeit genommen haben; die examiners denken, daß man beim entwerfen nicht hudeln soll (that planning should not be hurried).
Die examiners wiederholen, worauf sie jähr für jähr aufmerksam machen mußten, daß halbe holzkonstruktionen, wenn sie überhaupt angewendet werden sollten (z. b. parterre stein, oben holz), echt sein müssen. Sie wiederholen ihren wünsch vom letzten jähre, die übertrieben gezierten buchstaben bei der beschreibung des planes zu unterlassen, da viele von den aufschriften nur mit mühe entziffert werden konnten. Die examiners bemerkten einige plane, die symmetrisch angelegt waren, obwohl die Symmetrie diesen bauwerken nicht folgerichtig entspricht.
himmelsgegenden
Die
geben
sollten
bei
allen
planen
ange-
sein.
Und dann
die kurze kritik der einzelnen blätter. Zum) „Die Zeichnung von Allan Healey aus der BradfordKunstschule (Technical College) für einen screen und pult zeigt einige erfindung, doch das material ist nicht beschrieben und
beispiel:
die
sind
details
So müssen ziehen. So heißt so
armselig
entfallen
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roh.**
sich
(paar),
kann."
einer ziemlich herben kritik unterden entwürfen für linoleum: ,,Sie sind daß keine auszeichnung auf dieselben alle
es bei
Von solchen leuten beurteilt zu werden und preise zu erhalten, ehrt schüler und anstalt. Die fabrii