Imperator Augustus: Die diskursive Konstituierung der militarischen "persona" des ersten romischen "princeps" 3515112200, 9783515112208, 9783515112215

Die völlige Kontrolle über den militärischen Apparat war ein Grundpfeiler der Macht des ersten römischen princeps. Von B

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German Pages 424 [426] Year 2016

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Table of contents :
VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
I. EINLEITUNG
II. SCHWERES ERBE – DER FELDHERR CAESAR ALS HERAUSFORDERUNG FÜR AUGUSTUS
III. FELDHERR, FÜHRER, KRIEGSBEENDER – DIE ROLLE OCTAVIANS WÄHREND DES ZWEITEN TRIUMVIRATS UND IM KRIEG GEGEN ANTONIUS
III 1 DIE BÜRGERKRIEGE DER SPÄTEN 40ER- UND FRÜHEN 30ER-JAHRE
III 2 IMPERATOR TRIUMPHANS – DIE PRÄSENTATION DES SIEGES BEI ACTIUM
III 3 FAZIT – OCTAVIAN UND DIE ROLLE DES BEENDERS DER BÜRGERKRIEGE
IV. AUGUSTUS UND OCTAVIAN – DER UMGANG DES PRINCEPS MIT SEINEM WEG ZUR MACHT
IV 1 MORIENDUM ESSE – DIE VERGANGENHEIT ALS ANGRIFFSFLÄCHE
IV 2 RACHE FÜR CAESAR – NIKOLAOSʼ VON DAMASKUS AUGUSTUSVITA
IV 3 MARS ULTOR – RACHE UND STAAT
IV 4 DER PRINCEPS UND DER KRIEGSHERR – RES GESTAE
IV 5 FAZIT – RACHE UND RECHTMÄSSIGKEIT
V. PARTA VICTORIIS PAX – ZUR ENTSTEHUNG EINES „GRUNDBEGRIFFS“ AUGUSTEISCHER HERRSCHAFTSSEMANTIK
V 1 KRIEG UND FRIEDEN IN DEN RES GESTAE DIVI AUGUSTI
V 2 PAX AUGUSTA – EIN KRITISCHER FORSCHUNGSÜBERBLICK
V 3 KRIEG UND FRIEDEN IM AUGUSTEISCHEN PRINZIPAT – EIN ALTERNATIVER ANSATZ
V 4 PARTA VICTORIIS PAX – MANIFESTATIONEN EINER PARADIGMATISCHEN WENDUNG
V 5 FAZIT – DIE FORMEL PARTA VICTORIIS PAX ALS ERGEBNIS EINES KOMMUNIKATIVEN PROZESSES
VI. SIEGER OHNE KRIEG – DIE PRÄSENTATION DES „PARTHERSIEGS“
VI 1 ENTTÄUSCHTE ERWARTUNGEN? – AUGUSTEISCHE PARTHERPOLITIK UND IHRE VORLÄUFER
VI 2 STRATEGIEN DER INSZENIERUNG
VI 3 FAZIT – SIGNA RECEPTA
VII. TRIUMPHATOR PERPETUUS – AUGUSTEISCHE TRIUMPHPOLITIK
VII 1 DER EWIGE TRIUMPHATOR?
VII 2 AUGUSTEISCHE TRIUMPHPOLITIK ALS AUSHANDLUNGSPROZESS
VII 3 FAZIT – TRIUMPHATOR NON TRIUMPHANS
VIII. DIE MILITÄRISCHE PERSONA DES ERSTEN PRINCEPS – FAZIT UND AUSBLICK
IX. BIBLIOGRAPHIE
IX 1 VERZEICHNIS DER IN ÜBERSETZUNG ZITIERTEN QUELLEN
IX 2 SEKUNDÄRLITERATUR
NAMENREGISTER
BEGRIFFE, ORTE, SACHEN
QUELLENREGISTER
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 3515112200, 9783515112208, 9783515112215

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Studies in Ancient Monarchies

Wolfgang Havener

Imperator Augustus Die diskursive Konstituierung der militärischen persona des ersten römischen princeps

Alte Geschichte Franz Steiner Verlag

Wolfgang Havener Imperator Augustus

studies in ancient monarchies Edited by Ulrich Gotter (Konstanz), Nino Luraghi (Princeton) and Kai Trampedach (Heidelberg).

volume 4

Wolfgang Havener

Imperator Augustus Die diskursive Konstituierung der militärischen persona des ersten römischen princeps

Franz Steiner Verlag

Dieses Buch wurde gefördert mit Mitteln des im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder eingerichteten Exzellenzclusters der Universität Konstanz „Kulturelle Grundlagen von Integration“. Die zugrundeliegende Arbeit ist als Teilprojekt des Forschungsprojekts 738/07 „Zwischen Tyrannis und Gottesgnadentum. Antike Alleinherrschaften im interkulturellen Vergleich“ im Rahmen des EXC 16 entstanden.

Umschlagabbildungen: Links: King Tiglath-pileser III of Assyria. Stone panel, ca. 728 BCE. From the Central Palace in Nimrud, now in the British Museum. © akg / Bible Land Pictures Mitte: Emperor Justinian. Mosaic, ca. 540 CE. Church of San Vitale, Ravenna. © akg / Bildarchiv Steffens Rechts: Alexander the Great at the Battle of Issos. Mosaic, ca. 100 BCE. From the Casa del Fauno, Pompeii, now in the Museo Archeologico Nazionale di Napoli. © akg / Nimatallah Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2016 Satz: DTP + TEXT Eva Burri Druck: AZ Druck und Datentechnik GmbH, Kempten Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-11220-8 (Print) ISBN 978-3-515-11221-5 (E-Book)

VORWORT Dieses Buch ist die leicht überarbeitete Fassung meiner im August 2013 vom Fachbereich Geschichte & Soziologie an der Universität Konstanz angenommenen Dissertation. Am Ende einer langen Auseinandersetzung mit dem ersten princeps steht die wohl erfreulichste Aufgabe: die Danksagung an die Menschen, die in ganz unterschiedlicher Art und Weise ihren Teil dazu beigetragen haben, dass ich die vorliegende Arbeit schreiben konnte. An erster Stelle ist mein Doktorvater Prof. Dr. Ulrich Gotter (Konstanz) zu nennen. Seit meinem ersten Proseminar (bezeichnenderweise zum augusteischen Prinzipat) hat er mich während meines gesamten Studiums bis hin zur Promotion unterstützt und ich bin ihm dafür zu größtem Dank verpflichtet. Er hat diese Arbeit in ihrem Entstehungsprozess von der ersten Idee bis zum fertigen Text mit viel Engagement und konstruktiver Kritik begleitet und hatte dabei stets ein offenes Ohr für Anliegen aller Art. Als sich im Laufe der Arbeit an diesem Projekt herausstellte, dass Augustus schließlich – ganz anders als ursprünglich geplant – den kompletten Raum einnehmen würde, hat er mich immer wieder darin bestärkt, mich diesem komplexen und so intensiv erforschten Thema zu stellen. Dr. Ingo Gildenhard (Cambridge) hat sich ohne Zögern dazu bereit erklärt, als Zweitbetreuer zu agieren. Er hat diese Rolle sehr ernst genommen und insbesondere im Hinblick auf die philologisch geprägten Abschnitte dieser Arbeit habe ich von seinen Ratschlägen und kritischen Hinweisen enorm profitiert. Egal ob in langen Mails oder beim spontanen Kaffee „auf der Durchreise“ in Oxford – immer konnte ich mich mit meinen Fragen an ihn wenden. Dafür gebührt ihm ebenfalls großer Dank. Prof. Dr. Stefan Hauser (Konstanz) danke ich herzlich dafür, dass er das Drittgutachten übernommen hat und zudem als zweiter Prüfer für meine Disputatio zur Verfügung stand. Bei den Verantwortlichen des Konstanzer EXC 16 „Kulturelle Grundlagen von Integration“ möchte ich mich dafür bedanken, dass mein Projekt und der Druck dieses Buches aus den Mitteln der Exzellenzinitiative gefördert wurden. Die wahrlich exzellenten Rahmenbedingungen und die Eingliederung in den Forschungsund Organisationszusammenhang des Clusters haben mir ermöglicht, mich ganz auf die inhaltliche Arbeit an meinem Projekt zu konzentrieren, dabei gleichzeitig neue Kontakte zu knüpfen und über den altertumswissenschaftlichen Tellerrand hinaus zu blicken. Viel verdanke ich darüber hinaus meinen Konstanzer Kollegen und Freunden vom Lehrstuhl für Alte Geschichte. Für lange Gespräche in diversen Privatissima, beim Mittagessen, über den Schreibtisch hinweg, auf dem E-Gang, im Biergarten, auf Schweizer Bergen und in türkischen Tälern; für viele inhaltliche und „schreibpraktische“ Anregungen; für das freundschaftliche Klima am Institut; und nicht zuletzt für den großen fußballerischen Sachverstand (der meisten) sei ihnen allen gedankt: Benjamin Biesinger, Henning Börm, Steffen Diefenbach, Johannes Geist-

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Vorwort

hardt, Christian Seebacher, Fabian Seith, Johannes Wienand sowie allen ehemaligen und derzeitigen Hilfskräften und last but certainly not least unserer Sekretärin Patricia Katterre, deren Hilfe in allen organisatorischen Fragen sich seit meiner eigenen Hiwi-Zeit oft als unschätzbar erwiesen hat. Ein Teil dieser Arbeit entstand während eines Forschungsaufenthaltes an der University of Oxford. Gefördert wurde er durch ein Stipendium des DAAD, wofür ich den Verantwortlichen herzlich danken möchte. Die Idee hierzu verdanke ich Boris Chrubasik (Toronto), der sich um nahezu alle organisatorischen Angelegenheiten gekümmert, mich in jeder Hinsicht mit den richtigen Leuten zusammengebracht und sich als unerschöpfliche Quelle in „griechischen Fragen“ erwiesen hat. Prof. Dr. Nicholas Purcell danke ich dafür, dass er sich bereit erklärt hat, das Sponsoring zu übernehmen, obwohl er während meines Aufenthalts selbst nicht in Oxford weilte. Zahlreiche Personen haben auf die eine oder andere Art zur Entstehung dieser Arbeit beigetragen, sei es durch große und kleine inhaltliche Hinweise, durch das Überlassen von unveröffentlichten Manuskripten oder durch das Korrekturlesen meines Textes – ihnen allen sei hiermit ebenfalls herzlich gedankt: Benjamin Färber (Ludwigsburg), Joachim Fugmann (Konstanz), Fabian Goldbeck (Berlin), Matthias Haake (Münster), Carsten Hjort Lange (Aalborg), Jan Meister (Berlin) und Simone Warta (Konstanz). Den Herausgebern der „Studies in Ancient Monarchies“ Professor Ulrich Gotter (Konstanz), Professor Nino Luraghi (Princeton) und Professor Kai Trampedach (Heidelberg) danke ich für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe sowie für hilfreiche Anmerkungen im Rahmen des Überarbeitungsprozesses. Zuletzt möchte ich einigen Menschen danken, die einen sehr persönlichen Bezug zu dieser Arbeit haben: Rosemarie und Herbert Waltenburg-Glöckler haben meinen Weg bis zur Promotion (und darüber hinaus) mit viel Interesse und Herzlichkeit verfolgt und waren in den letzten Jahren eine Anlaufstelle für alle Probleme sowohl universitärer wie nicht-universitärer Natur. Die Wochen, in denen ich in ihrem Haus immer wieder ungestört lesen und schreiben konnte, haben diese Arbeit ein großes Stück vorangebracht. Was ich Isabel verdanke, lässt sich eigentlich nicht in Worte fassen: Egal, ob sie sich bei diversen Spaziergängen ebenso diversen streams of consciousness ausgesetzt sah; ob sie mich aufbaute, wenn Augustus mal wieder nicht so wollte wie ich; oder ob sie in den letzten drei Wochen vor der Abgabe den kompletten Text mit dem Blick für die wichtigen Kleinigkeiten gelesen hat – ohne sie wäre diese Arbeit nicht denkbar! Ich danke ihr dafür von ganzem Herzen. Es würde nicht ausreichen, meinen Eltern nur zu danken. Ihnen möchte ich stattdessen diese Arbeit widmen: Meiner Mutter, die meinen etwas ausgefallenen Berufswunsch immer vorbehaltlos unterstützt und mich dazu ermutigt hat, den einmal eingeschlagenen Weg konsequent weiterzuverfolgen. Und meinem Vater, der mein Interesse für die Geschichte in jeder Hinsicht gefördert hat und der die Fertigstellung dieser Arbeit leider nicht mehr erleben kann. Ich hoffe, er wäre mit dem Ergebnis zufrieden. Stuttgart, 13.08.2015

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort............................................................................................................

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I.

Einleitung ...............................................................................................

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II.

Schweres Erbe – Der Feldherr Caesar als Herausforderung für Augustus ...........................................................................................

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender – Die Rolle Octavians während des Zweiten Triumvirats und im Krieg gegen Antonius ......................... III 1 Die Bürgerkriege der späten 40er- und frühen 30er-Jahre ........... III 1.1 Die universale Existenz des Bürgerkriegs in den frühen Texten des Vergil und Horaz und ihre Hintergründe ................................................................... III 1.2 36 v. Chr. – Überwindung des Bürgerkriegs oder vorläufige Atempause? ................................................... III 2 Imperator triumphans – Die Präsentation des Sieges bei Actium ................................................................................... III 2.1 Der dreifache Triumph im Jahr 29 v. Chr. ....................... III 2.2 Aus Sieg wird Macht – Strategien der Perpetuierung..... III 3 Fazit – Octavian und die Rolle des Beenders der Bürgerkriege .. III 3.1 Discordia als System ...................................................... III 3.2 Der Bürgerkrieg als Dauerschleife ................................. III 3.3 Das Ende des Kreislaufs ................................................. IV.

Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht................................................................................................ IV 1 Moriendum esse – Die Vergangenheit als Angriffsfläche ............ IV 2 Rache für Caesar – Nikolaosʼ von Damaskus Augustusvita ........ IV 2.1 Octavian in Caesars Bürgerkriegen ................................ IV 2.2 Octavian und die Ermordung Caesars ............................ IV 2.3 Octavians Überlegungen zum caesarischen Erbe ........... IV 2.4 Octavians Rolle in der Politik nach den Iden des März .. IV 2.5 Ergebnis .......................................................................... IV 3 Mars Ultor – Rache und Staat ...................................................... IV 4 Der princeps und der Kriegsherr – Res Gestae ............................ IV 4.1 Octavians Anfänge.......................................................... IV 4.2 Zwischenspiel – Krieg gegen Sextus Pompeius und Antonius................................................................... IV 4.3 Die „Überführung“ des Staates....................................... IV 5 Fazit – Rache und Rechtmäßigkeit ..............................................

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Inhaltsverzeichnis

V.

Parta victoriis pax – Zur Entstehung eines „Grundbegriffs“ augusteischer Herrschaftssemantik......................................................... V 1 Krieg und Frieden in den Res Gestae Divi Augusti ..................... V 2 Pax Augusta – Ein kritischer Forschungsüberblick ..................... V 2.1 „Friedensfürst“ Augustus................................................ V 2.2 Kritik am Bild des Friedenskaisers ................................. V 2.3 Konzeptionen der Pax Augusta als „Siegfrieden“ .......... V 3 Krieg und Frieden im augusteischen Prinzipat – Ein alternativer Ansatz .......................................................................................... V 4 Parta victoriis pax – Manifestationen einer paradigmatischen Wendung ...................................................................................... V 4.1 Die Ara Pacis Augustae .................................................. V 4.2 Die Gemma Augustea ..................................................... V 4.3 Die Quadriga auf dem Augustusforum und der Titel pater patriae ................................................................... V 4.4 Die Münzprägung und der Pax-Cistophor des Jahres 28 v. Chr. .............................................................. V 5 Fazit – Die Formel parta victoriis pax als Ergebnis eines kommunikativen Prozesses ................................................

193 193 201 201 205 206 209 212 213 222 225 231 248

VI. Sieger ohne Krieg – Die Präsentation des „Parthersiegs“ ...................... VI 1 Enttäuschte Erwartungen? – Augusteische Partherpolitik und ihre Vorläufer ........................................................................ VI 2 Strategien der Inszenierung ......................................................... VI 2.1 Die Augustusstatue von Primaporta................................ VI 2.2 Der Partherbogen auf dem Forum Romanum ................. VI 2.3 Erfolg der Inszenierung? – Augustusforum und Mars-Ultor-Tempel ......................................................... VI 3 Fazit – signa recepta ....................................................................

253

VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik ......................... VII 1 Der ewige Triumphator? .............................................................. VII 2 Augusteische Triumphpolitik als Aushandlungsprozess .............. VII 2.1 Crassus und Gallus – Sieghaftigkeit als Problem ............ VII 2.2 Balbus und Agrippa – Der Triumph in der Verfügungsgewalt des Einzelnen .... VII 2.3 Triumphator auf Abruf – Tiberius und die ornamenta triumphalia ..................................................................... VII 3 Fazit – Triumphator non triumphans ...........................................

277 284 300 301

255 261 262 266 269 274

327 335 360

VIII. Die militärische persona des ersten princeps – Fazit und Ausblick ....... 363 IX. Bibliographie .......................................................................................... 377 IX 1 Verzeichnis der in Übersetzung zitierten Quellen ........................ 377 IX 2 Sekundärliteratur ......................................................................... 379 Namenregister ................................................................................................. 411 Begriffe, Orte, Sachen ..................................................................................... 415 Quellenregister ................................................................................................ 421

I. EINLEITUNG Als im Jahr 2 v. Chr. ein neues Forum im Herzen Roms feierlich eröffnet wurde, ließ der Bauherr der monumentalen Anlage keinen Zweifel daran aufkommen, wem das Volk diese neue Segnung zu verdanken hatte. An der Fassade des Mars-Ultor-Tempels, der den Komplex dominierte, prangte in großen Lettern die Bauinschrift. Sie verkündete, dass die aus Beutegeldern finanzierte Anlage von dem Mann gestiftet und eingeweiht worden war, der sich dem Betrachter wahrscheinlich mit seiner vollen Titulatur vorstellte: Imperator Caesar Divi filius Augustus pontifex maximus imperator XIIII consul XIII tribunicia potestate XXI pater patriae.1 Diese Signatur war zweifellos beeindruckend. Schließlich konnte sich kein anderer Römer einer derart klangvollen Reihung von Namen und Titeln rühmen wie der erste princeps. Wollte man – neugierig geworden durch diese an prominenter Stelle platzierte Inschrift – den Konnotationen der einzelnen Elemente der Titulatur auf den Grund gehen, so konnte man erste Antworten in der zeitgenössischen Dichtung finden: Unter dem Datum der Iden des Januar behandelt Ovid in seinen Fasti die Titel des princeps. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Titel Augustus, der schließlich zu einem festen Namensbestandteil wurde. In seinem Bemühen, die besondere Stellung und Größe des Augustus hervorzuheben, gibt der Dichter einen Einblick in die Praxis der römischen Namensgebung: Afrikas Namen trägt der Besieger, ein andrer bezeugt, daß / Er der Isaurer Macht oder auch Kreta bezwang. / Hoch über andere hebt Numidien diesen, Messina / Jenen, Numantias Stadt macht einen dritten berühmt. / Seinen Namen und Tod hat Germanien Drusus gegeben – / Wehe mir Armem, wie kurz lebte der tapfere Mann! / Wollte Caesar, er hieße nach denen, die er besiegt hat, / Hätte er ebensoviel Namen, wie Völker es gibt! / Eine Tat nur gab manchem schon Ruhm: Eine Kette des Gegners / Oder ein Rabe, der half, brachte den Titel gleich ein. / Magnus, ein Maßstab deiner Taten ist wahrhaft dein Name; / Größer vom Namen her war der aber, welcher dich schlug! / Nichts jedoch übersteigt den Namen der Fabier: Seinen / Taten verdankt das Geschlecht, daß man „das Größte“ es nennt!2 1

2

Die Rekonstruktion der Inschrift CIL VI 40311 hat Alföldy 1991a, 293–296 vorgenommen (vgl. auch ders. 1992). Mittlerweile wurden wiederholt Zweifel daran geäußert, ob insbesondere die Erwähnung des Gaius und Lucius Caesar, die Alföldy annimmt, den Tatsachen entspricht (vgl. u. a. Ganzert 1996, 70 f. und 191–193). Auch wenn in diesem und anderen Punkten keine endgültige Klarheit erlangt werden kann, dürfte zumindest die Titulatur, die auch aus anderen Inschriften hinlänglich bekannt ist, korrekt sein; vgl. zur Kaisertitulatur in den Inschriften Witschel 2011, 98–106, der darauf hinweist, dass sich bereits unter Augustus die Hauptelemente der Titulatur zu einem standardisierten Formular verdichteten (98 m. Anm. 240). Ov. fast. 1,593–606: Africa victorem de se vocat, alter Isauras / aut Cretum domitas testificatur opes; / hunc Numidae faciunt, illum Messana superbum; / ille Numantina traxit ab urbe notam: / et mortem et nomen Druso Germania fecit; / me miserum, virtus quam brevis illa fuit! / si

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I. Einleitung

Ovid legt den Fokus nicht auf die Gentilnomina der von ihm Angeführten und mithin nicht auf ihre familiäre Abstammung.3 Im Mittelpunkt seiner Ausführungen stehen vielmehr die cognomina, unter die er schließlich auch den Namen Augustus subsummiert. Besonders konzentriert sich Ovid dabei auf die Siegernamen, die cognomina ex virtute oder nomina victae ab se gentis.4 Bis in jüngste Vergangenheit haben laut Ovid berühmte Römer ihre Beinamen für anerkennenswerte militärische Leistungen erhalten, entweder weil sie Siege über ganze Erdteile und Völkerschaften errungen oder wie M. Valerius Corvus einzelne Gegner im Zweikampf überwunden hatten. Solche Namen, die sich eindeutig einem einzelnen Ereignis zuordnen lassen, reichen allerdings in manchen Fällen nicht aus, um die Leistungen bestimmter Männer adäquat zu beschreiben: Magnus, maior, maximus – die Beinamen Caesars, des Pompeius oder der Fabier, so suggeriert der Text durch eine klimaktische Reihung, heben diese bereits über all die Africani, Cretici oder Numantini heraus. Und gleichzeitig scheinen die Möglichkeiten der Namensgebung zur Feier militärischer Erfolge ausgeschöpft, denn „nichts […] übersteigt den Namen der Fabier“. Doch zugleich versichert Ovid, dass nicht einmal Magnus oder gar Maximus sich mit Augustus messen können. Dieser Name erhebt seinen Träger dem Dichter zufolge über alle anderen Römer und versetzt ihn in eine göttliche Sphäre: Aber sie alle feiert mit menschlichen Ehren man, er nur / Trägt einen Namen, der ihn gleichsetzt mit Jupiter selbst. / Nennen augustum ja die Ahnen, was heilig ist; Tempel / Werden augusta, wenn Priester sie weihten, genannt. / Auch augurium wird von dem gleichen Stamm abgeleitet, / Alles ebenso, was Jupiter helfend vermehrt. / Möge er mehren das Reich unsres Fürsten, auch mehren die Jahre, / Möge der Eichenkranz euch immer beschützen die Tür! / Von den Göttern beschützt, mit dem Omen des Vaters soll jener, / Welcher den Beinamen erbt, tragen die Bürde der Welt!5

Ovid schlägt hier einen interessanten Bogen: Ausgangspunkt für das Loblied, das er auf den Namen Augustus anstimmt, sind die „klassischen“ republikanischen Siegernamen. Bezeichnend ist dabei, dass andere Arten von Beinamen keine Erwähnung in diesem Text finden: Weder ehrende Epitheta wie Sapiens noch die Bezeich-

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petat a victis, tot sumet nomina Caesar / quot numero gentes maximus orbis habet. / ex uno quidam celebres aut torquis adempti / aut corvi titulos auxiliaris habent. / Magne, tuum nomen rerum est mensura tuarum: / sed qui te vicit, nomine maior erat. / nec gradus est supra Fabios cognominis ullus: / illa domus meritis Maxima dicta suis. Dies gilt auch für die Fabier, die zwar als gens genannt werden, in Ovids Katalog aber nur aufgrund ihres Beinamens Aufnahme finden. Vgl. für diesen Ausdruck Liv. 30,45,7; zu den Siegernamen der Republik vgl. Fetzer 1952 sowie zu den Entwicklungen der Kaiserzeit Kneißl 1968 und Stäcker 2003, 439–444. Ov. fast. 1,607–616: sed tamen humanis celebrantur honoribus omnes, / hic socium summo cum Iove nomen habet. / sancta vocant augusta patres, augusta vocantur / templa sacerdotum rite dicata manu: / huius et augurium dependet origine verbi / et quodcumque sua Iuppiter auget ope. / augeat imperium nostri ducis, augeat annos, / protegat et vestras querna corona fores: / auspicibusque deis tanti cognominis heres / omine suscipiat, quo pater, orbis onus. (Alle in dieser Arbeit zitierten Übersetzungen sind den in der Bibliographie angegebenen Ausgaben entnommen. Wenn am Text dieser Ausgaben Veränderungen vorgenommen wurden, ist dies gekennzeichnet.)

I. Einleitung

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nung Pius, die der religiösen Sphäre eher nahestehen und einer der Herrschertugenden des clipeus virtutis entsprechen würde, bringt Ovid ins Spiel. Der Bereich, mit dem man den Namen des Augustus messen könnte, ist offensichtlich derjenige der militärischen Leistungen, der Siege und der persönlichen Tapferkeit. Nun weist der Beiname des princeps aber keine explizit militärischen Konnotationen auf, wenn auch natürlich der Ehrenschild, der seine Tugenden aufführt, die virtus als eine der zentralen Eigenschaften des Augustus nennt. Doch Ovid legt die Betonung auf die übermenschliche Qualität des Beinamens. Dies muss unweigerlich die Frage der Vergleichbarkeit nach sich ziehen: Konnte man denn einen solchen Beinamen, wie Augustus ihn trug, überhaupt zu den aufgeführten Siegernamen in Beziehung setzen, wenn die Bezugsgrößen doch unterschiedlich waren? Die einfache Antwort auf diese Frage, die Ovid seinem Parforceritt durch die republikanische Namensgeschichte gleichsam programmatisch voranstellt, lautet „Nein!“: „Lies auf den Wachsmasken in der Adligen Atrien: Keiner, / Findest du dann, bekam so einen Namen verliehn!“6 Durch die Fokussierung auf das cognomen des Augustus und die damit verbundene Verschiebung des Referenzrahmens gelang es Ovid, ein zentrales Problem zu umgehen, das offenkundig wurde, sobald man sich den vollständigen Namen des princeps vergegenwärtigte. Im Gegensatz zu Ovid wollte Augustus offenbar keineswegs darauf verzichten, sich zu den militärischen Erfolgen der Vergangenheit (und auch der Zukunft) in Beziehung zu setzen. Ovid konzentrierte sich insbesondere auf die Sphäre des Göttlichen und brachte auf diese Weise das Moment der Unvergleichbarkeit ins Spiel. Der princeps wurde aus dem Zusammenhang der nobilitären Konkurrenz herausgelöst, was potentielle Reibungsflächen verringern konnte. Augustus dagegen hob in seiner Selbstdarstellung bewusst das Element der Konkurrenz hervor und verdeutlichte dies durch einen äußerst transgressiven Akt: Augustus war nicht nur Augustus – er war Imperator Augustus.7 Der princeps hatte durch die Annahme des praenomen imperatoris den Titel okkupiert, der in den vorangegangenen Jahrhunderten zum eindeutigsten Ausdruck militärischer Erfolge in den Kriegen Roms gegen auswärtige Feinde geworden war.8 Wurde ein Feldherr von seinen Truppen zum imperator ausgerufen, so galt dies als untrügliches Zeichen dafür, dass ihm unter normalen Umständen in Rom die höchste Ehre zuteilwerden würde: Der Triumph garantierte dem imperator ei6 7

8

Ov. fast. 1,591 f.: perlege dispositas generosa per atria ceras: / contigerunt nulli nomina tanta viro. Syme 1958, 183 bezeichnet diese Kombination als „not aesthetically satisfying“ und führt dies als Erklärung dafür an, weshalb eine solche Form in den zeitgenössischen Quellen nicht zu finden ist. Doch es erscheint ebenso möglich, dass darauf verzichtet wurde, zwei revolutionäre Namensbestandteile in unmittelbarer Kombination zu verwenden. Dennoch erweist sich, wie anhand der in dieser Arbeit angestellten Überlegungen deutlich gemacht werden soll, gerade eine solche Kombination für die Beschreibung des augusteischen Prinzipats und die Grundlagen der Macht des ersten princeps als zutreffend – und möglicherweise aus genau diesem Grund für die Selbstbeschreibung des Augustus als nicht funktional. Vgl. hierzu noch immer grundlegend Combès 1966, insbesondere 51–120; kritisch gegenüber einigen Hauptthesen Combèsʼ haben sich Develin 1977 sowie jüngst Assenmaker 2012 geäußert.

12

I. Einleitung

nen Platz in den Geschichtsbüchern.9 Ebenso wichtig war jedoch eine zweite Dimension der Ausrufung. Denn da sich prinzipiell jeder mit einem imperium ausgestattete Magistrat oder Promagistrat als imperator bezeichnen durfte und die Akklamation durch die Truppe folglich formalrechtlich ohne Bedeutung war10, stellte sie ein bedeutendes Zeichen für die Loyalität der Soldaten zu ihrem Feldherrn dar. Von den Truppen unmittelbar nach dem Sieg vorgenommen, stand die Akklamation somit gleichsam sinnbildlich für das besondere Nahverhältnis, das sich zwischen einem Feldherrn und seinen Soldaten herausbilden konnte.11 Vor diesem Hintergrund muss nun die Annahme des praenomen imperatoris durch Octavian12 näher analysiert werden: Welche Botschaften waren damit verbunden und an wen richteten sie sich? Dabei ist zunächst zu klären, wie innovativ dieser Schritt tatsächlich war. Gab es bereits Vorläufer, auf die Octavian mit seinem neuen praenomen rekurrieren konnte? In der Forschung ist mitunter darauf hingewiesen worden, dass Cassius Dio bereits für Caesar ein solches praenomen überliefert.13 Ein Beweis dafür, dass Caesar den Titel als praenomen benutzte, lässt sich jedoch auf der Basis der zur Verfügung stehenden Quellen nicht erbringen – zumal bereits Ronald Syme darauf hingewiesen hat, dass auch das Zeugnis Dios in diesem Fall eher zweifelhafter Natur ist.14 War zwar vor Octavian auf die eine oder andere Weise mit dem imperator-Titel experimentiert worden, so war die Annahme dieses Titels als praenomen ein höchst innovativer Akt.15 Wann dieser Akt stattfand, ist in der Forschung umstritten: Insbesondere Syme vertrat die These, dass die Annahme des praenomen ins Jahr 38 zu datieren und in den Zusammenhang des Kampfes mit Sextus Pompeius einzuordnen sei.16 Theodor Mommsen und in seiner Nachfolge Robert Com9 10 11

12

13 14 15

16

Vgl. zum Zusammenhang zwischen Triumph und Titel Combès 1966, 118–120. Vgl. hierzu Kienast 1961, 404 f. sowie Combès 1966, 60 f. Vgl. Assenmaker 2012, 130–134, der den Anfang dieser Entwicklung jedoch erst seit den 80er-Jahren des 1. Jh. v. Chr. sieht. Combès 1966 geht davon aus, dass jede inschriftlich überlieferte imperator-Bezeichnung eines Feldherrn auf eine vorausgegangene Akklamation verweisen müsse, und sieht mithin diese zweite, auf das Charisma des Feldherrn abzielende Konnotation als Regelfall an. Assenmaker betont demgegenüber, dass diese Bedeutung des Titels erst später hinzugetreten und er bis ins 1. Jh. v. Chr. hauptsächlich im rechtlichen Sinne gebraucht worden sei, d. h. zur Bezeichnung eines Feldherrn cum imperio (113–126). Im Folgenden wird für die Zeit bis zur Verleihung des Augustus-Titels im Jahr 27 v. Chr. aus Gründen der Lesbarkeit im Allgemeinen die Namensform „Octavian“ verwendet; einen Überblick über die Forschungsdiskussionen zur korrekten Bezeichnung Octavians bietet Welch 2012, 13 f. Vgl. Cass. Dio 43,44,2 sowie 44,5,3. Vgl. Syme 1958, 176–179. Vgl. auch Kienast 1961, 417 f., Combès 1966, 123–130, Deininger 1972, 991–993 sowie Stäcker 2003, 427 f. Syme 1958 hat nachgewiesen, dass dabei die Praxis römischer Namensgebung in formaler Hinsicht keineswegs durchbrochen wurde – in inhaltlicher Hinsicht war dies jedoch natürlich sehr wohl der Fall. Zur Entwicklung des imperator-Titels in der späten Republik vgl. Deininger 1972, 982–994. Vgl. Syme 1958, 179–182. Ihm folgen u. a. Levick 2010, 37, Dahlheim 2010, 191 sowie Stäcker 2003, 426. Als terminus ante quem ist das Jahr 38 gesichert, u. a. durch Dokumente, die in die sogenannte „archive wall“ in Aphrodisias aufgenommen wurden und die sich auf die Jahre 39/38 v. Chr. datieren lassen (IAph2007 8.25–32).

I. Einleitung

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bès plädierten dagegen für das Jahr 40 v. Chr.17 Wie noch zu zeigen sein wird, lassen sich für die zweite Variante durchaus plausible Argumente anführen.18 Doch wann immer auch Octavian den Schritt vollzogen haben mag – die Aussage, die sich dahinter verbarg, war eindeutig: „The wider connotations of ‚imperator‘ being admitted, it will appear plausible that the praenomen ‚Imperator‘ embodies and advertises the peculiar claim of Octavianus to be the military leader par excellence.“19 Indem er ihn zu seinem individuellen Rufnamen machte, personalisierte Octavian den Titel der siegreichen römischen Feldherren in einem Maße, wie dies bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgekommen war. Zugleich wurde der Titel auf diese Weise von der Bindung an spezifische Leistungen, d. h. Siege, befreit und damit die Sieghaftigkeit Octavians gleichsam verabsolutiert und unbegrenzt perpetuiert. Der neue Imperator Caesar machte seinen Anspruch deutlich, als ultimativer und unübertrefflicher Sieger aufzutreten. Dass er zu diesem Zweck gerade den imperator-Titel wählte, demonstrierte zudem seine Verbundenheit mit den Soldaten, denn schließlich waren sie es, die dem Titel durch die Akklamation seine besondere Qualität verliehen. Von nun an war für jedermann sichtbar, dass die Macht Octavians auf dem Nahverhältnis zu seinen Soldaten beruhte – und, wie in der Rückschau deutlich werden konnte, auch weiterhin darauf beruhen sollte: So schrieb etwa Cassius Dio, Octavian habe mit dem praenomen ebenso wie Caesar nicht den eigentlichen Siegertitel empfangen. Das praenomen symbolisiere vielmehr, dass Octavian von nun an im Besitz der höchsten Gewalt gewesen sei.20 Eine solche Sichtweise erscheint nach über 200 Jahren Prinzipatsgeschichte, in denen die Herrscher immer wieder deutlich gemacht hatten, dass die Kontrolle über das Heer tatsächlich die Basis der römischen Monarchie darstellte, durchaus folgerichtig.21 Tacitus brachte diesen Sachverhalt in etwas pessimistischerer Form auf den Punkt, als er feststellte, dass Octavian nach dem Ende der Bürgerkriege unter dem Namen princeps das römische Gemeinwesen sub imperium accepit.22 17

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Vgl. Combès 1966, 132–135. So u. a. auch Galinsky 2012, 38 und Assenmaker 2012, 139. Vorsichtiger äußern sich in dieser Frage Bleicken 2010, 265 und Eck 2006, 49, die beide Varianten anführen. Während Kienast 1961, 419 f. sich noch Symes Datierung anschließt, spricht er sich später ebenfalls für das Jahr 40 aus (Kienast 2009, 48). S. u. S. 16 u. 68. Syme 1958, 181. Vgl. ebenso Kienast 1961, 420, Combès 1966, 139–150, Stäcker 2003, 428 f. sowie Assenmaker 2012, 139. Simpson 1998, 422–425 versucht demgegenüber nachzuweisen, dass die Annahme des praenomen imperatoris keineswegs ein revolutionärer Schritt gewesen sei. Ein solcher Ansatz, der die Annahme des praenomen allein mit einer spezifischen Akklamation in Verbindung bringen will, berücksichtigt jedoch seinen semantischen Gehalt nur unzureichend. Cass. Dio 52,41,3 f.: καὶ τὴν τοῦ αὐτοκράτορος ἐπίκλησιν ἐπέθετο. Λέγω δὲ οὐ τὴν ἐπὶ ταῖς νίκαις κατὰ τὸ ἀρχαῖον διδομένην τισίν (ἐκείνην γὰρ πολλάκις μὲν καὶ πρότερον πολλάκις δὲ καὶ ὕστερον ἀπ´ αὐτῶν τῶν ἔργων ἔλαβεν, ὥστε καὶ ἅπαξ καὶ εἰκοσάκις ὄνομα αὐτοκράτορος σχεῖν) ἀλλὰ τὴν ἑτέραν τὴν τὸ κράτος διασημαίνουσαν, ὥσπερ τῷ τε πατρὶ αὐτοῦ. Zur Bedeutung der Armee als Machtfaktor während des römischen Prinzipats vgl. Campbell 1984, 365–424 sowie die systematischen Überlegungen von Flaig 1992, 132–173. Auf Flaigs Modell des Akzeptanzsystems wird im Verlauf dieser Einleitung noch zurückzukommen sein. Tac. ann. 1,1.

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Diese Zeugnisse des Cassius Dio und des Tacitus weisen bereits den Weg zu einer entscheidenden Frage, die mit dem praenomen imperatoris verbunden ist: diejenige nach den Adressaten, an die sich die eben skizzierte Botschaft richtete. Dietmar Kienast stellte fest: Name und Titel imperator gewann so eine ganz andere Stoßkraft und hob seinen Träger als imperator schlechthin über die Vielzahl der anderen Feldherren, die auch imperatores waren, weit hinaus. Die Wirkung des Imperatornamens auf die Soldaten muß daher groß gewesen sein.23

Zweifellos stellten die Soldaten zunächst eine zentrale Adressatengruppe dar – galt es doch für Octavian gerade in den 30er-Jahren des 1. Jh. v. Chr. sich ihrer Gefolgschaft zu versichern, um seine Ansprüche gegen die Konkurrenten durchsetzen zu können. Gleichzeitig müssen jedoch aufgrund der weiteren Entwicklungen Zweifel daran aufkommen, dass das Heer die einzige bzw. die primäre Adressatengruppe war. Denn Augustus verzichtete auch in der Folge keineswegs darauf, sich immer wieder zum imperator ausrufen zu lassen24, und setzte im Rahmen seiner Selbstdarstellung gegenüber den Soldaten eher auf diesen Aspekt als auf das praenomen imperatoris. So lässt sich beispielsweise feststellen, dass der neue Namensbestandteil im Rahmen der Münzprägung nur eine äußerst untergeordnete Rolle spielte. Stattdessen tritt in den umfangreichen Münzserien, die in den Jahren der großen militärischen Unternehmungen im germanischen Raum in Lugdunum geprägt wurden, der imperator-Titel prominent in Erscheinung: Die unterschiedlichen Reversdarstellungen werden eingerahmt von Beischriften, die den Titel und die jeweilige Akklamation anzeigen.25 Die Botschaften, die diese Bild- und Textprogramme übermitteln sollten, richteten sich wohl in erster Linie an die Soldaten der Rheinarmeen – schließlich dürfte ein Großteil der Münzen aus Lugdunum als Soldzahlungen für Germanien bestimmt gewesen sein.26 Eine solche Betonung des imperator-Titels und der Akklamation adressierte weit unmittelbarer die Soldaten, die diesen Akt vornahmen. Der princeps konnte auf diese Weise das Nahverhältnis zu seinen Truppen immer wieder neu in Szene setzen und demonstrieren, welche Bedeutung es für ihn hatte. Der imperator-Titel war somit für die Kommunikation mit den Soldaten weitaus funktionaler als das praenomen, da der Fokus nicht nur auf der Sieghaftigkeit lag, sondern auch auf dem Akt der Ausrufung, in dessen Rahmen den Soldaten die entscheidende Rolle zufiel.27 Der Mehrwert des praenomen imperatoris ist folglich nicht im Bereich der Kommunikation mit den Soldaten zu suchen. Doch worin bestand er dann? Die 23 24 25 26 27

Kienast 1961, 420; vgl. zudem Stäcker 2003, 428–439 und Campbell 1984, 93–96, die die Entwicklung des praenomen imperatoris in der Kaiserzeit und seine Bedeutung für das Verhältnis zwischen Herrscher und Heer näher beleuchten. Vgl. hierzu Schumacher 1985. RIC I2 162–203. Dabei ist natürlich keineswegs davon auszugehen, dass die Soldaten die einzigen Adressaten waren. Es ist jedoch plausibel, sie als die primär intendierte Gruppe zu begreifen; zur in der Forschung mitunter heftig diskutierten Frage des audience targeting. S. u. S. 131 und 236 f. m. Anm. 208. Nicht umsonst wurde die Akklamation seit Augustus durch die Kaiser immer weiter monopolisiert; vgl. hierzu Campbell 1984, 122–128.

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Antwort auf diese Frage kann wiederum beispielhaft an der Bauinschrift des Mars-Ultor-Tempels verdeutlicht werden. Sie gab das Titulatur-Formular wieder, mit dem Augustus in der politischen Öffentlichkeit der Hauptstadt auftrat. Das praenomen imperatoris war ein zentraler Bestandteil dieser Formel und wurde (im Gegensatz zum rein militärischen Kontext) in Rom immer wieder prominent in Szene gesetzt, wie neben der Bauinschrift des Mars-Ultor-Tempels weitere offizielle Inschriften beweisen. So blieb der militärische Vergleichsrahmen, der mit dem praenomen imperatoris aufgerufen wurde, auch nach dem Jahr 27 v. Chr. stets präsent – wenngleich weitere Namensbestandteile und Ehrentitel neue semantische Felder für die Selbstdarstellung des princeps erschlossen.28 Dies legt nahe, dass sich die Botschaft des praenomen imperatoris eben nicht in erster Linie an die Soldaten richtete, sondern an die Kommunikationspartner, die im politischen Raum der Hauptstadt29 präsent waren: die Bevölkerung Roms und insbesondere die Mitglieder der politischen Klasse – die Senatoren. Wenn Octavian die Bezeichnung imperator nun in Form des praenomen für sich in Anspruch nahm, so musste dieser Akt in erster Linie diejenigen adressieren, die zuvor darüber lediglich als Titel verfügen konnten, und dabei handelte es sich um die Angehörigen der senatorischen Elite. Ihnen gegenüber machte Augustus deutlich, dass er den Anspruch erhob, militärische Sieghaftigkeit zu personalisieren und bis zu einem gewissen Grade auch für sich zu monopolisieren. Gerade das praenomen imperatoris eignete sich vorzüglich dafür, Octavians Botschaft im politischen Raum der Hauptstadt zu übermitteln: Im Laufe des 1. Jh. v. Chr. hatte der Senat immer wieder versucht, den Soldaten die Initiative zu nehmen und mithin das Nahverhältnis zwischen Feldherr und Truppen zu durchbrechen bzw. kontrollierbar zu machen.30 Durch die Annahme des praenomen imperatoris machte Octavian deutlich, dass die Beschlüsse des Senats in dieser Hinsicht für ihn keine Rolle spielten. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Formulierung Symes, der das praenomen imperatoris als „name of power“ bezeichnet hat31, als besonders treffend: Der Senat hatte im politischen Raum der Hauptstadt nicht mehr darüber zu befinden, ob sich der neue Machthaber als imperator bezeichnen durfte. Die Sieghaftigkeit des princeps und insbesondere das daraus resultierende Prestige waren auf diese Weise der Kontrolle bzw. der Sanktionierung durch die Angehörigen der senatorischen Elite endgültig entzogen. Es ist daher kaum verwunderlich, dass Octavian im Jahr 28

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Wenn Syme 1958, 182 f. konstatiert, dass das praenomen imperatoris in den Jahren nach 27 v. Chr. zugunsten der Kombinationen Caesar Augustus und Augustus Caesar immer weiter in den Hintergrund gedrängt wurde, trifft diese Aussage folglich nur in begrenztem Maße zu. Das praenomen blieb stets ein Bestandteil der Titulatur. Und wie das Beispiel der Fasti des Ovid zeigt, konnte selbst die Betonung des Namens Augustus den militärisch konnotierten Vergleichsrahmen nicht gänzlich überwinden. Natürlich war der princeps mit dieser Titulatur auch in den Provinzen präsent, wie ebenfalls die große Zahl der dort gefundenen Inschriften bezeugt. Allerdings waren die kommunikativen Rahmenbedingungen in den Provinzen andere als in Rom, weshalb dieser Bereich für die vorliegende Arbeit von untergeordneter Bedeutung ist. Vgl. hierzu u. a. Kienast 1961, 411–414, Combès 1966, 76–86 sowie Assenmaker 2012, 135–138. Syme 1958, 182; vgl. auch Bringmann 2007, 13.

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seines großen Triumphes (29 v. Chr.), als er als Sieger über Antonius und Kleopatra in Rom einzog, sein praenomen besonders in den Fokus rückte.32 Auf diese Weise führte er der politischen Öffentlichkeit unmissverständlich vor Augen, dass kein Angehöriger der senatorischen Elite es an militärischen Meriten künftig mit ihm würde aufnehmen können. Verschärft und erweitert wurde diese provokante Botschaft durch einen zweiten transgressiven Akt, der zum einen ein gewichtiges Argument für Mommsens Datierung der Annahme des praenomen imperatoris liefert und zum anderen die Tragweite dieser Handlung verdeutlicht: In der Folge des Vertrags von Brundisium im Herbst 40 v. Chr. trat Antonius sein Amt als flamen divi Iuli an, was den entscheidenden Schritt zur Vergöttlichung Caesars darstellte.33 Nachdem dieser Schritt vollzogen war, nannte sich der vormalige C. Iulius Caesar allem Anschein nach Imperator Caesar divi filius. Diese umfassende Namensänderung hatte weitreichende semantische Implikationen, die in der Forschung zumeist nicht hinreichend analysiert werden.34 Denn auch die Umwandlung des cognomen „Caesar“ in einen Gentilnamen war mit einer eindeutigen Botschaft verbunden. Ronald Syme handelt in seiner grundlegenden Studie diesen Themenkomplex kurz und vergleichsweise unsystematisch ab. Sein Fokus liegt, wie bereits erläutert, auf dem „more striking phenomenon“ des praenomen imperatoris.35 Hinsichtlich des Gentilnamens kommt er lediglich zu dem Ergebnis: „The Julii, the dominant faction of the nobilitas, are now known as the ‚Caesares‘.“36 Zwar stellt er fest, dass bereits für Sextus Pompeius auf Münzen der Jahre 44/43 v. Chr. der Name „Sextus Magnus Pius“ überliefert sei. Hierin, so Syme könne man unter Umständen eine Parallele zu Octavian sehen – allerdings habe es sich dabei um einen in seiner Reichweite eng begrenzten Versuch gehandelt, der später auch nicht wiederholt worden sei.37 Octavians Umwandlung des cognomen „Caesar“ in ein gentilicium lässt sich Syme zufolge vielmehr in gebräuchliche Schemata der späten Republik einordnen. Als Beispiele führt er unter anderem Q. Caepio Brutus und M. Piso Frugi an, in deren tria nomina der Beiname sogar offiziell bereits die Funktion des gentilicium übernommen habe.38 Octavians Maßnahme erscheint vor diesem Hintergrund weit weniger revolutionär als die Annahme des praenomen imperatoris. Eine solche Interpretation greift jedoch zu kurz: Gerade in Verbindung mit dem Zusatz divi filius entfaltete das neue gentilicium sehr wohl eine neuartige und durch32 33 34

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Vgl. Cass. Dio 52,41,3 f. In der Forschung wird unter Berufung auf diese Stelle immer wieder behauptet, dass der Senat Octavian in diesem Jahr das praenomen offiziell bestätigt habe (so u. a. Kienast 2009, 80, Anm. 8 und Raaflaub 1982, 260). Vgl. Kienast 2009, 49 m. Anm. 184. Zumeist wird die Namensänderung lediglich konstatiert; vgl. u. a. Goldsworthy 2014, 237, Galinsky 2012, 38, Bleicken 2010, 265 sowie Dahlheim 2010, 192. In die richtige Richtung weisen die Überlegungen Ecks (2006, 49) und Zimmermanns (von den Hoff/Stroh/Zimmermann 2014, 66), die sich jedoch jeweils auf einen kurzen Absatz beschränken. Syme 1958, 176. Ebd., 187. Ebd., 175. Ebd.

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aus transgressive Semantik, indem es seinen Träger zum Sohn eines Gottes erklärte und ihn dadurch in die Nähe einer übermenschlichen Sphäre rückte. Dieser Aspekt ist in der Forschung zurecht vielfach hervorgehoben worden.39 Unterbeleuchtet bleibt dabei jedoch zumeist die Verbindung des neuen Gentilnamens mit dem ebenso neuen praenomen. Denn ihre Wirkung entfaltete die neue Namensformel Imperator Caesar divi filius vor allem durch die Kombination ihrer drei Elemente: Der Verzicht auf das gentilicium der Julier löste sowohl den älteren wie auch den jüngeren Caesar aus dem überkommenen Rahmen. Octavian etablierte durch seine Namensänderung nicht nur eine neue gens in einem traditionellen Normensystem, sondern schuf eine ganz neue Art von gens, die die Werte der republikanischen Senatsaristokratie weit hinter sich ließ: Die neuartige „Familientradition“40 zeichnete sich gerade dadurch aus, dass sie Traditionen durchbrach und dass sie sich nicht mehr in althergebrachte Schemata einordnen ließ.41 Dies war die zentrale Aussage des neuen gentiliciums und sie deckte sich mit derjenigen des praenomen imperatoris, das nicht nur eine permanente Erinnerung an das alles überragende militärische Prestige des künftigen princeps darstellte. Es demonstrierte darüber hinaus in Kombination mit den anderen Namensbestandteilen deutlich, dass sein Träger die Regeln des traditionellen senatorischen Konkurrenzkampfes auf allen Gebieten für immer und unwiderruflich überwunden hatte. Die umfassenden Militärreformen, die Augustus in den Jahren nach seiner Machtergreifung durchführte, verliehen den Ansprüchen, die im Namen des princeps zum Ausdruck kamen, auch auf praktischer Ebene Substanz.42 Die Eckdaten dieser Reformen überliefert Sueton: Von seinen Streitkräften verteilte er die Legionen und die Hilfstruppen auf die Provinzen, während er eine Flotte in Misenum und eine weitere in Ravenna zum Schutze des Tyrrhenischen und Adriatischen Meeres stationierte. Die übrigen Truppen erwählte er teils zum Schutz der Stadt Rom, teils zu seinem eigenen […]. Dennoch duldete er nie mehr als drei Kohorten in Rom, und selbst diese nur ohne festes Lager, den Rest pflegte er in die benachbarten Städte 39 40 41

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Vgl. u. a. Galinsky 2012, 22 f., Zanker 2003, 44 f. sowie die knappe Bemerkung von Eck 2006, 49: „Mit dem neuen Namen trat eine völlig neue Familie, seine eigene, in die römische Gesellschaft ein. Und nur er war der Sohn eines unter die Götter versetzten Vaters.“ Von den Hoff/Stroh/Zimmermann 2014, 66. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch die von Syme 1958, 185 lediglich am Rande konstatierte Tatsache erklären, dass bereits in der nächsten Generation das gentilicium „Iulius“ wieder prominent in Erscheinung trat. Die Nomenklatur erwies sich als einer von vielen Bereichen, in denen sich Augustus’ Nachfolger Tiberius von seinem Stief- und Adoptivvater dezidiert abgrenzte (dazu s. u. S. 372–375.). Dass Tiberius für seine Söhne die traditionelle Namensform „Drusus Iulius Caesar“ und (seit der Adoption) „Germanicus Iulius Caesar“ wählte, demonstrierte deutlich die Abkehr von der Idee einer neuartigen, den traditionellen Normen und Werten enthobenen Herrscher-gens, die noch in den Namen der Augustusenkel C. und L. Caesar zum Ausdruck gekommen war. Vgl. zum Folgenden grundlegend Raaflaub 1987 sowie Kienast 2009, 320–332. Die praktischen Aspekte der Reformen wie beispielsweise Organisationsstruktur, Logistik etc. diskutiert zudem Keppie 1984 und 1996, 376–387. Einen Überblick über die Struktur der kaiserzeitlichen Armee, deren Grundlage die augusteischen Reformen darstellten, bieten Rankov 2007 und Gilliver 2007 sowie Le Bohec 1993.

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I. Einleitung in ihre Sommer- und Winterquartiere zu schicken. Für das gesamte Militär im ganzen Reich machte er eine bestimmte Zahl von Dienstjahren und bestimmte Prämiensätze verbindlich, wobei sich Dienstzeit und Entlassungsprämie nach dem Range des Einzelnen richteten, damit die Soldaten nicht aus Altersgründen oder aus Not nach der Entlassung für Umsturzversuche zu gewinnen wären. Damit die Mittel für ihren Unterhalt und für die Belohnungen ständig und ohne Schwierigkeiten ausreichten, schuf er eine mit neuen Einkünften ausgestattete Militärkasse.43

Ebenso klar formulierte Kurt Raaflaub in einer grundlegenden Studie die politische Bedeutung dieser Reformen: Sie haben die römische Armee als stehendes Heer von Berufssoldaten konstituiert; sie haben die unzureichenden Improvisationen der Republik durch eine permanente Organisation ersetzt, die den Bedürfnissen des Weltreiches besser gerecht zu werden vermochte und deshalb während rund zweier Jahrhunderte fast unverändert in Kraft blieb; sie stellen vor allem eine durchdachte, umfassende und in mancher Hinsicht gültige Antwort auf einige der schwierigsten politischen und sozialen Probleme der späten Republik dar – Probleme, die das senatorische Regime zu lösen außerstande gewesen war und die entscheidend zur Herbeiführung eines Bürgerkriegszeitalters und zum Zusammenbruch der Republik beigetragen hatten.44

Tatsächlich sind die augusteischen Militärreformen nur verständlich, wenn man sie vor dem Hintergrund der Bürgerkriege analysiert, in denen die Soldaten und Veteranen mit ihren Forderungen nach Land und Geld entscheidend zur Destabilisierung des politischen Systems beigetragen hatten.45 Dabei muss betont werden, dass es den Soldaten keineswegs ausschließlich um ihre materielle Versorgung ging, wie es insbesondere in der älteren Forschung unter Verwendung des Begriffs der „Heeresklientel“46 immer wieder postuliert wurde. Selbst wenn diese materielle Komponente unzweifelhaft ein wichtiges Element des Prozesses war, der zum Untergang der Republik führte, stellte das Streben nach Gewinn keineswegs die ausschließliche Motivation der Soldaten dar.47 Die Armeen der Bürgerkriegszeit waren nicht 43

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Suet. Aug. 49: Ex militaribus copiis legiones et auxilia provinciatim distribuit, classem Miseni et alteram Ravennae ad tutelam superi et inferi maris conlocavit, ceterum numerum partim in urbis partim in sui custodiam adlegit […]. neque tamen umquam plures quam tres cohortes in urbe esse passus est easque sine castris, reliquas in hiberna et aestiva circa finitima oppida dimittere assuerat. quidquid autem ubique militum esset, ad certam stipendiorum praemiorumque formulam adstrinxit definitis pro gradu cuiusque et temporibus militiae et commodis missionum, ne aut aetate aut inopia post missionem sollicitari ad res novas possent. utque perpetuo ac sine difficultate sumptus ad tuendos eos prosequendosque suppeteret, aerarium militare cum vectigalibus novis constituit. Raaflaub 1987, 250; vgl. auch den knappen Überblick bei Ridley 2005, 51–58 sowie mit unterschiedlichen Prämissen Speidel 2009 (Militärreformen als ein durchstrukturiertes Programm) und Cosme 2012 (Militärreformen als schrittweise Reaktionen auf sich wandelnde Rahmenbedingungen). Die Rolle der Soldaten in der späten Republik war immer wieder Gegenstand breit angelegter Untersuchungen. Zu nennen sind dabei insbesondere die Arbeiten von Botermann 1968, Aigner 1974, de Blois 1987 und 2000 sowie Keaveney 2007. Der Begriff wurde v. a. durch v. Premerstein 1937 etabliert und seitdem immer wieder aufgegriffen, so beispielsweise von Bleicken 1995, 48–52. Kritisch hierzu äußerten sich bereits Brunt 1988, 435–438 und Gruen 1974, 374–378; vgl. zudem Flaig 1992, 168–173. Brunt 1962 hebt in seinem grundlegenden Beitrag v. a. die Bedeutung des materiellen Faktors hervor und verliert dadurch die über diesen hinausweisende Dimension der Politisierung römi-

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nur von ihrem Feldherrn materiell abhängige und daher nach Belieben manipulierbare Instrumente im Konkurrenzkampf der politischen Elite.48 Im Gegenteil: Immer wieder mussten Feldherren einsehen, dass sie auf die Unterstützung ihrer Armeen angewiesen waren und dass auf die Loyalität der Soldaten keineswegs uneingeschränkt Verlass war.49 Nathan Rosenstein und Robert Morstein-Marx führen dies darauf zurück, dass die Soldaten in Zeiten einer hochgradig fragmentierten Legitimitätsstruktur ein eigenständiges politisches Bewusstsein entwickelt hätten: „[…] it may well be that the soldiers who waged the struggles that ultimately established Caesar’s and then Augustus’ personal domination were motivated by their understanding of where that fragmented legitimacy predominated as much as by the material bounty that would come their way with victory.“50 Doch auch wenn sich solche Motive beispielsweise in den Schriften Caesars finden51, kann daraus schwerlich die Motivation der Soldaten rekonstruiert werden. Schließlich richteten sich die commentarii und ähnliche Werke primär an die senatorische Elite, auf die die Aussagen der Texte zugeschnitten waren. Ein Blick in die Quellen legt stattdessen nahe, dass für die Soldaten selbst nicht der Glaube an ein Ideal der res publica oder die Frage nach einer Legitimitätsgrundlage der Ansprüche ihrer Feldherren ausschlaggebend waren, sondern andere Motive ihre Loyalität maßgeblich beeinflussten. Als ein Beispiel unter vielen kann die erzwungene Vereinigung der Truppen des Lepidus und des Antonius nach der

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scher Armeen der Bürgerkriegszeit mitunter aus dem Blick (ähnlich Aigner 1974); vgl. hierzu die Überlegungen von Keavenay 2007, 57–69, Adams 2007, 200–211 und Raaflaub 1982, 253–257 (der für einen differenzierten Gebrauch des Begriffs der „Heeresklientel“ plädiert). Vgl. Boren 1980, 59: „The army, therefore, was not merely an instrument used by the great figures of the late Republic to their own ambitious ends; it was itself an unstable element by its very composition. It had become a second center of power in the state, in several ways separated from the traditional center of power, the senate.“ Dies hat grundsätzlich bereits Helga Botermann herausgearbeitet, die jedoch letztlich ähnlich wie Brunt insbesondere die Bedeutung des materiellen Faktors hervorhebt: „Hemmungsloses Korrumpieren der Soldaten, von allen Beteiligten mit Macht betrieben, hob alle Begriffe von Disziplin und Gehorsamspflicht aus den Angeln. Den Legionären, denen man jeden Tag demonstrierte, daß sie die ausschlaggebende Macht waren, die sich nach eigenem Ermessen den Feldherrn aussuchen konnte, entschwand das Bewußtsein, irgend jemandem zu Gehorsam verpflichtet zu sein. Von dem Willen beseelt, die ihnen gebotenen Chancen, zu Geld und Landbesitz zu gelangen, zu nutzen, sahen sie keinen Sinn darin, in einer kritischen Lage bei ihrem derzeitigen General auszuharren.“ (Botermann 1968, 175.) Eine das Materielle übersteigende Dimension des Handelns sieht Botermann nicht für die aktiven Soldaten, sondern vor allem für die caesarischen Veteranen als bedeutsam an. Das einzige über den materiellen Aspekt hinausweisende Moment sei die pietas der Veteranen für Caesar gewesen, die Octavian im Rahmen des „Vorstellungsbereich[s] der Klientel“ (177) habe instrumentalisieren können. Vgl. zur Politisierung der spätrepublikanischen Armee zudem Alston 2007, 183–185, Keavenay 2007, 37–55 sowie de Blois 2007. Aigner 1974, 158 spricht dagegen noch vom „Desinteresse der Soldaten am Staat und an den politischen Ambitionen der Anführer“. Morstein-Marx/Rosenstein 2006, 632; ähnlich bereits Schmitthenner 1960 und de Blois 2000. Dazu S. 43–45.

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Schlacht von Mutina angeführt werden52: Appian berichtet, dass Antonius, nachdem er die Alpen überschritten hatte, in Gallien auf die Truppen des Lepidus getroffen sei. Er habe daraufhin ein Lager ohne Palisaden und Graben errichtet, so als habe er sich bei einem Freunde niedergelassen. […] Seine [d. h. Lepidus’] Soldaten hatten Achtung vor dem Ansehen des Antonius, sahen außerdem die Unterhändler hin- und hergehen und staunten über die Einfachheit seines Lagers. So mischten sie sich denn unter seine Leute, zuerst heimlich, dann in aller Offenheit, da sie doch Mitbürger und Kameraden seien. Zwar versuchten ihre Tribunen, sie an diesem Verkehr zu hindern, doch kümmerten sie sich nicht um das Verbot und schlugen sogar, um den gegenseitigen Verkehr zu erleichtern, eine Schiffsbrücke über den Fluß. Die sog. Zehnte Legion, ursprünglich von Antonius zum Waffendienste ausgehoben, traf innerhalb von Lepidus’ Lager Vorbereitungen für ihn.

Als Lepidus auf die Warnung eines senatorischen Mitglieds seines Stabes angesichts dieser Situation seinen Soldaten den Abzug befohlen habe, hätten sich diese den Anweisungen ihres Feldherrn widersetzt „und öffneten Antonius die Tore. Eilends begab sich dieser zum Zelt des Lepidus, wobei ihn nunmehr dessen gesamtes Heer begleitete und Lepidus um Frieden und Mitleid für ihre unglücklichen Mitbürger bat.“53 Helga Botermann hat dargelegt, dass es den Soldaten des Lepidus dabei keineswegs um einen umfassenden Frieden ging, sondern um die Einheit des caesarischen Lagers im Kampf gegen die Mörder des Diktators.54 Zugleich weisen Appians Formulierungen darauf hin, dass es nicht Überlegungen zur Legitimität der Ansprüche des Antonius waren, die die Soldaten zum Überlaufen bewegten. Vielmehr verkörperte Antonius die Parole der Einheit der Caesarianer aus Sicht der Soldaten offenbar aufgrund seiner Stellung und seiner Erfolge im Dienst Caesars wie kein anderer Feldherr. Appian schließt seinen Bericht mit den Worten: „So erhob sich Antonius wieder zu großer Macht und erschien seinen Feinden als eine geradezu furchterregende Gestalt […].“55 Der Erfolg des Antonius basierte mithin auf einer der wichtigsten Ressourcen der Bürgerkriegszeit: dem Charisma.56 Die geschilderten Vorgänge machen 52 53

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Zur Einordnung der Ereignisse in die politischen Prozesse der späten 40er-Jahre vgl. Gotter 1996, 176–185 sowie Botermann 1968, 114–130. App. civ. 3,83 f.: ὡς δὴ φίλῳ παραστρατοπεδεύων. […] ὁ δὲ στρατὸς ὁ τοῦ Λεπίδου τό τε ἀξίωμα αἰδούμενοι τὸ Ἀντωνίου καὶ τῶν διαπομπῶν αἰσθανόμενοι καὶ τὴν ἀφέλειαν αὐτοῦ τῆς στρατοπεδείας ἀγάμενοι, ἐπεμίγνυντο τοῖς Ἀντωνίου λανθάνοντες, εἶτα φανερῶς οἷα πολίταις τε καὶ συστρατιώταις γενομένοις, τῶν τε χιλιάρχων κωλυόντων ὑπερεώρων καὶ τὸν ποταμὸν ἐς εὐμάρειαν τῆς ἐπιμιξίας ναυσὶν ἐγεφύρουν· τό τε καλούμενον δέκατον τέλος, ἐξεναγημένον ὑπὸ Ἀντωνίου πάλαι, τὰ ἔνδον αὐτῷ παρεσκεύαζεν. […] τὰ ἐρυμνὰ τοῦ στρατοπέδου κατέλαβον καὶ τὰς πύλας ἀνεῴγνυον Ἀντωνίῳ. ὁ δ᾿ ἐπὶ τὴν Λεπίδου σκηνὴν ἵετο δρόμῳ, τοῦ στρατοῦ παντὸς ἤδη τοῦ Λεπίδου παραπέμποντος αὐτὸν καὶ τὸν Λέπιδον αἰτοῦντος εἰρήνην τε καὶ ἔλεον ἐς ἀτυχοῦντας πολίτας. Vgl. Botermann 1968, 128; vgl. auch Gotter 1996, 182. App. civ. 3,84: ὕτω μὲν ὁ Ἀντώνιος ἐς μέγα δυνάμεως αὖθις ἐπῆρτο, καὶ τοῖς ἐχθροῖς ἦν ἐπιφοβώτατος […]. Vgl. bereits Gotter 1996, 183: „So hatte er [i. e. Lepidus] Antonius’ größerem Charisma wie nach den Iden des März wenig entgegenzusetzen […].“ Anders Brunt 1988, 435–438, der sich zwar gegen eine große Bedeutung des Klientelwesens für die Loyalitätsstrukturen der spätrepublikanischen Armeen ausspricht, gleichwohl jedoch feststellt: „On the whole the legionaries, though in a few instances influenced by the personal charisma of a leader (Caesar above all),

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beispielhaft deutlich, dass die Loyalität der Soldaten in Zeiten der Krise nicht auf dem Faktor Legitimität beruhte. Was zählte, waren in erster Linie das Prestige und die Erfolge, die ein Feldherr vorzuweisen hatte – gleichgültig, ob er sie nun im Dienste der res publica oder als hostis errungen hatte. Für Marius oder Sulla, für Pompeius oder Caesar ebenso wie für Brutus und zahlreiche andere Protagonisten der Bürgerkriegszeit war die Aura des fähigen und erfolgreichen Feldherrn zentraler Bestandteil ihres Kapitals. Auf dieser Grundlage konnte ein Nahverhältnis zu den Soldaten aufgebaut werden, das im Rahmen des politischen Konkurrenzkampfes zur Durchsetzung der eigenen Interessen eingesetzt werden konnte. Loyalität wurde somit in einem irregulären Prozess generiert, der den Normen und Regeln republikanischer Politik in höchstem Maße zuwiderlief: Nicht ihre offizielle Stellung in der res publica, sondern ihr persönliches Charisma und damit ein Faktor, der sich einer Kontrolle durch die senatorische peer group entzog, erlaubte es den Protagonisten der Bürgerkriegszeit, ihre Armeen zum Aufbau einer außerordentlichen Machtbasis zu nutzen. Die Symbiose, die sie mit ihren Armeen eingingen, erwies sich jedoch für die Feldherren als ein zweischneidiges Schwert, denn die Ressource Charisma konnte sich als ebenso wirkmächtig wie instabil erweisen. Octavian selbst hatte in seinen ersten Jahren auf der politischen Bühne Roms beides erlebt: Als er im Oktober 44 v. Chr. nach seinem ersten Marsch auf Rom vor den Soldaten offen über seine Feindschaft zu Antonius sprach, verließen ihn die meisten der caesarischen Veteranen, da sie nicht bereit waren, für den Sohn des Diktators gegen einen seiner engsten Vertrauten und angesehensten Feldherrn zu kämpfen.57 Andererseits konnte Octavian nach seinem Sieg bei Mutina gerade die Soldaten – und das heißt in diesem Fall: die Zenturionen – vorschicken, um vom Senat sein erstes Konsulat zu fordern – glaubt man Sueton, sogar unter Androhung von Waffengewalt.58 Als dies keine Wirkung zeigte, führte Octavian seine Armee erneut gegen Rom und erreichte auf diese Weise sein Ziel.59 Aus beiden Vorfällen hatte Augustus offenbar gelernt: Seine Reformen sollten wesentlich dazu beitragen, den Militärapparat an den princeps zu binden und die Armee auf diese Weise in das neue politische System zu integrieren.60 Dabei ging es nicht darum, das Heer als politischen Faktor vollständig zu eliminieren, wie Ron-

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behaved like the mercenaries of condottieri; it was gratitude for material rewards, and still more the expectation of benefits to come, that sustained their loyalty […].“ (436) Vgl. App. civ. 3,41 f. Suet. Aug. 26,1. Zur Bedeutung der Zenturionen und anderer Angehöriger des „military middle cadre“ für Caesar, Antonius und Octavian vgl. Boren 1980, 58 f. sowie de Blois 2011; wie oben bereits erwähnt, muss de Blois’ Prämisse eines Legitimitätsbewusstsein bei Soldaten und Offizieren kritisch hinterfragt werden. Vgl. App. civ. 3,88. So bereits Cass. Dio 54,25,5; vgl. Raaflaub 1987, 259–271 sowie Syme 2002, 352 f. Henry Boren bezeichnet gar die Armee selbst als „the most important integrative element in the new order.“ (Boren 1980, 60.) Wenn er dies jedoch lediglich damit begründet, dass die augusteische Armee besser als zuvor sämtliche Schichten der römischen Gesellschaft abbildete, erweist sich sein Integrationsbegriff allerdings als unterdeterminiert (ebd., 62–64).

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ald Syme annahm.61 Denn die Soldaten komplett aus den politischen Entscheidungsprozessen auszuschließen, erwies sich, wie sich sowohl während der Regierungszeit des Augustus als auch während der folgenden Jahrhunderte immer wieder zeigte, als unmöglich – und wäre für den princeps geradezu kontraproduktiv gewesen.62 Schließlich gründete er seine Machtposition zu einem wesentlichen Teil auf das Nahverhältnis zu den Truppen und die Kontrolle über den militärischen Apparat. Dies führte er der politischen Öffentlichkeit Roms immer wieder eindeutig vor Augen, wie beispielsweise das praenomen imperatoris und sein dreifacher Triumph im Jahr 29 v. Chr. demonstrieren.63 Ziel musste es folglich sein, das Gefahrenpotential für die Stabilisierung der augusteischen Herrschaft, das von den Soldaten ausgehen konnte, so gut als möglich zu minimieren.64 Von entscheidender Bedeutung war es dabei, den Faktor „Charisma“ im Prozess der Generierung von Loyalität so weit wie möglich zu neutralisieren und damit die Bildung von alternativen Loyalitätsinstanzen zu verhindern.65 Exemplarisch für diesen Prozess ist eine Passage in der Augustus-Vita Suetons, in der dieser den veränderten Umgang beschreibt, den der princeps mit den Soldaten nach dem Ende der Bürgerkriege pflegte: Nach dem Bürgerkrieg nannte er die Soldaten vor versammelter Mannschaft oder in Edikten nie seine „Mitstreiter“, sondern einfach „Soldaten“ und ließ es auch nicht zu, daß sie von seinen Söhnen und Stiefsöhnen, wenn sie ein militärisches Kommando führten, anders genannt wurden, weil er in dieser Bezeichnung eine Schmeichelei erblickte, für die weder die militärische Zucht noch die Friedenszeiten noch seine und seines Hauses erhabene Stellung Veranlassung gaben.66

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Vgl. Syme 2002, 352 f.: „Like the armies as a whole, the individual soldier was to be isolated from politics, divorced from his general and personally attached to the head of the government and, through him, to the Roman State.“ Vgl. Adams 2007, 211–215, Alston 2007, 189–192, Raaflaub 1987, 271–288 und Campbell 1984, 365–414 sowie die strukturelle Analyse des Verhältnisses zwischen Kaiser und Heer bei Flaig 1992, 132–173. Zum Dreifachtriumph s. Kap. III 2.1. Vgl. u. a. Alston 2007, 185–189 sowie Raaflaub 1987, 276 f. und 303 f. Die Tatsache, dass die Kontrolle des militärischen Sektors ein zentrales Element der Machtbasis des ersten princeps bildete, ist in der Forschung zu Recht seit jeher allgemein anerkannt; vgl. exemplarisch die entsprechenden Äußerungen von Crook 1996b, 113–117, Syme 2002, 322 f. und 476, Eck 2006, 81 f., Kienast 2009, 322, Bleicken 2010, 547, Dahlheim 2010, 312, Richardson 2012, 236 und Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 81. Jüngst hat Galinsky 2012, 71 f. versucht, den Fokus von der Armee hin auf andere Grundlagen der Macht des Augustus zu verschieben, ohne dass seine Argumente im Einzelnen überzeugen könnten. Ridley 2005, 49 stellt in zugespitzter Form fest, dass Augustus angesichts seiner nicht zu leugnenden Misserfolge und Unzulänglichkeiten auf militärischem Gebiet auf diesem Sektor leicht ins Hintertreffen geraten konnte: „In short, Augustus was one of the most incompetent generals ever to attempt to command an army or a fleet. He, nevertheless, continued after the end of the civil wars as the commander-in-chief of the Roman legions for more than forty years.“ Zu Mehrwert und Grenzen des Begriffs „Charisma“ als Analysekategorie vgl. Gotter 2008; von zentraler Bedeutung ist dabei, dass der Bedeutungsumfang des Terminus weit über den rein sakralen Bereich hinausweist, auf den er immer wieder reduziert wird (vgl. u. a. Boschung 2015). Suet. Aug. 25,1: neque post bella civilia aut in contione aut per edictum ullos militum commilitones appellabat, sed milites, ac ne a filiis quidem aut privignis suis imperio praeditis aliter

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Die Militärreformen setzten folglich insbesondere auf zwei Ebenen an: Zum einen dienten die Festlegung von Dienstzeiten und Entlassungsprämien sowie die Einrichtung des aerarium militare dazu, die materiellen Ansprüche der Soldaten zu erfüllen und ihnen dadurch das Interesse an politischer Agitation zu nehmen. Gleichzeitig konnte Augustus die Armee an sich binden – denn schließlich war er es, der die Versorgung der Soldaten sowohl während als auch nach ihrer Dienstzeit garantierte.67 Auf diese Weise war er künftig in der Lage, das machtpolitische Potential der Armee zu nutzen, um seine Herrschaft zu etablieren.68 Die zweite Stoßrichtung der Militärreformen zielte dagegen darauf ab, das Aufkommen potentiell gefährlicher Situationen und mithin eine Repolitisierung der Armee a priori zu verhindern. Von entscheidender Bedeutung waren in dieser Hinsicht die Maßnahmen, die garantieren sollten, dass Imperator Augustus nicht nur dem Namen nach, sondern auch in der Praxis an der Spitze der Kommandostrukturen stehen würde. Einen ersten Schritt in diese Richtung stellte bereits das Kernstück der Regelungen von 27 v. Chr. dar – die Verteilung der Provinzen.69 Die Rahmenbedingungen waren eindeutig: Der nunmehrige Augustus ließ sich vom Senat diejenigen Provinzen übertragen, in denen der größte Anteil der römischen Truppen stationiert war. Dies ermöglichte ihm, seine faktische Kontrolle über das Militär aus der Zeit der Bürgerkriege in einer vom Senat legitimierten Form aufrecht zu erhalten.70 Während zu Beginn der Herrschaft des neuen princeps immerhin noch drei senatorisch verwaltete Provinzen71 nennenswerte Truppenkontingente aufwiesen (wobei mitunter nicht eindeutig beantwortet werden kann, ob tatsächlich der senatorische Statthalter

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appellari passus est, ambitiosius id existimans, quam aut ratio militaris aut temporum quies aut sua domusque suae maiestas postularet. Zwar wurde die Militärkasse seit 6 n. Chr. offiziell durch die Erträge einer fünfprozentigen Erbschafts- sowie einer Auktionssteuer in Höhe von einem Prozent gefüllt, doch trug Augustus sowohl durch eine äußerst großzügig bemessene Anschubfinanzierung (vgl. R. Gest. div. Aug.17,2) wie auch – glaubt man den Angaben Cassius Dios (55,25,3 mit dem Kommentar von Swan 2004, 175) – durch regelmäßige Folgezahlungen dafür Sorge, dass das aerarium eng mit seiner Person verbunden war. Verstärkt wurde dieser Eindruck auch durch das ebenfalls bei Dio überlieferte Verbot individueller Beitragsleistungen durch Privatleute (vgl. Raaflaub 1987, 268 f.). Vgl. u. a. Eck 2006, 88 f. Zum sogenannten „Staatsakt“ des Jahres 27 v. Chr. und seiner Funktion vgl. ausführlich Börm/ Havener 2012 mit weiterer Literatur. Vgl. hierzu ebd., 216 sowie u. a. Crook 1996a, 78 f., und 1996b, 114 f., Lacey 1996, 77–99, Girardet 2000, 191–195, Ferrary 2001a, 108–115 und Rich 2012, 55–59. Vervaet 2014, 263 geht davon aus, dass Augustus bereits im Rahmen der Provinzaufteilung auch für alle senatorischen Provinzen ein summum imperium auspiciumque be- bzw. erhalten habe und „the measure of 23, then, merely boosted the relative strength of his consular imperium vis-à-vis that of the proconsuls in these provinces.“ Millar 1966 und 1989 hat auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die die Nutzung des Terminus „senatorial provinces“ für das Verständnis der administrativen Abläufe mit sich bringen kann. Wenn daher im Folgenden von „senatorischen Provinzen“ die Rede ist, soll damit im Sinne Millars keineswegs impliziert werden, dass diese Provinzen „Eigentum“ des Senats gewesen seien (vgl. auch Eck 2012, 152 mit weiterer Literatur in Anm. 4). Der Ausdruck bezieht sich lediglich darauf, dass es sich bei den Statthaltern dieser Provinzen nicht um Augustus oder einen seiner Legaten (die natürlich zumeist ebenfalls Senatoren waren) handelte.

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die Soldaten im Einsatz kommandierte), verfügte schließlich nur noch der Prokonsul der Provinz Africa effektiv über die Gelegenheit, sein militärisches imperium auszuüben.72 Die provincia des Augustus wurde demgegenüber in ihrem Umfang immer wieder an die jeweiligen militärpolitischen Gegebenheiten angepasst. Gleiches galt für das imperium, mit dem der princeps die Truppen in seinen Provinzen befehligte. Offiziell zeitlich befristet, wurde es immer wieder verlängert73 und bildete eine zentrale Konstante der rechtlichen Stellung des princeps. In der Forschung herrschte lange Zeit Einigkeit darüber, dass Augustus spätestens seit 23 v. Chr. über ein sogenanntes imperium proconsulare maius verfügt habe, aufgrund dessen ihm alle übrigen Prokonsuln unterstellt gewesen seien.74 Dies sei zusammen mit der tribunicia potestas die eigentliche Basis seiner Machtstellung gewesen, die er in den Res Gestae aus gutem Grund verschwiegen habe.75 Wie in vielen anderen Bereichen konnte Augustus auch hier auf bereits bestehende Regelungen aufbauen. So wurden Feldherrn wie Pompeius oder Cassius bereits in der späten Republik in Einzelfällen außerordentliche übergeordnete imperia verliehen, die jedoch stets an eine genau definierte provincia gebunden und damit räumlich wie zeitlich begrenzt

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Vgl. zu dieser Entwicklung Hurlet 2006, 131–160. Hurlet betont, dass offiziell, d. h. in formal-rechtlicher Hinsicht, das imperium der senatorischen Statthalter seine militärische Komponente nie eingebüßt habe. Allerdings seien die Gelegenheiten, von diesem imperium Gebrauch zu machen, im Laufe der Herrschaft des Augustus systematisch reduziert worden. Vervaet 2014, 256 geht davon aus, dass Augustus im Rahmen der Provinzverteilung das summum imperium auspiciumque zugesprochen worden sei und folgert: „ […] Imperator Caesar Augustus was now empowered to exercise the exclusive supreme command in the public provinces administered by proconsuls appointed by and from the Senate.“ Dies habe zur Folge gehabt, dass selbst Promagistrate, die ein unabhängiges imperium innehatten, formell „operated under his [i. e. Augustus’] overarching auspices“ (257 f.). Vgl. u. a. Kienast 2009, 113 und 119 f. und Rich 2012, 68 f. Girardet 2000, 490 bezieht diese Verlängerungen nicht auf das imperium als solches, sondern nur auf die provinciae. Indem man Augustus das Privileg verliehen habe, sein imperium militiae auch beim Überschreiten des pomerium zu behalten, habe man seine zeitliche Dauer in das Belieben des princeps gestellt. So bedeutsam diese Regelung für den Einzelfall auch gewesen sein mag (s. Kap. V 4.1 zum Zusammenhang von imperium und Ara Pacis), muss sie nicht, wie Girardet suggeriert, automatisch zu einem Verlust der zeitlichen Beschränkung des imperium militiae geführt haben; vgl. hierzu auch Rich 2012, 69. Zum Terminus imperium proconsulare maius und seiner Bedeutung vgl. Béranger 1953, 74–96. Einen Überblick über die ältere Literatur zum augusteischen imperium bieten Hurlet/dalla Rosa 2009, 173–183 sowie Girardet 2000, 175, Anm. 28; vgl. ferner Crook 1996a, 86 f., Kienast 2009, 105 f., Dahlheim 2010, 216, Bleicken 2010, 352 f. sowie Galinsky 2012, 73. Umstritten war zumeist lediglich die Frage, ob dieses imperium maius bereits im Jahr 27 Bestand hatte oder Augustus erst im Jahr 23 verliehen wurde (vgl. hierzu u. a. Kienast 2009, 87 f. m. Anm. 32). Grundlage für diese Annahme bilden i. A. eine Passage bei Cassius Dio (53,32,5: καὶ ἐν τῷ ὑπηκόῳ τὸ πλεῖον τῶν ἑκασταχόθι ἀρχόντων ἰσχύειν ἐπέτρεψεν) sowie die fünf in den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gefundenen Edikte von Kyrene (vgl. hierzu die noch immer grundlegenden Arbeiten von Stroux/Wenger 1928 sowie de Visscher 1965). Eine umfassende Kritik dieser beiden und anderer potentieller Belege findet sich bei Girardet 2000, 202–214. So u. a. Syme 2002, 337 oder Bringmann 2007, 126 f. und 142; vgl. zudem Heuß 1975, 68 und Ridley 2003, 90–92 mit weiterer Literatur.

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waren.76 Das imperium des Augustus war solchen Beschränkungen nicht unterworfen. Zwar war es abhängig von der Verlängerung seiner Amtsgewalt als Prokonsul. Da es sich dabei jedoch um einen rein formalen Akt handelte, war der princeps faktisch permanent im Besitz einer reichsweit gültigen übergeordneten Befehlsgewalt, worauf in der Forschung zu Recht vielfach hingewiesen wurde.77 War eine derartige Entgrenzung militärischer Befehlsgewalt bereits für sich genommen ein revolutionärer Akt, so lässt sich die transgressive Dimension dieses Vorgangs noch klarer herausarbeiten, als es in der Forschung gemeinhin der Fall ist: Die Art der militärischen Auseinandersetzungen in den letzten Jahrzehnten der Republik bedingte in bestimmten Fällen die Existenz mehrerer Imperiumsträger im selben Aktionsraum.78 Eine solche Konstellation barg ein Konfliktpotential, das für die erfolgreiche Bewältigung der militärischen Aufgaben ein enormes Hindernis darstellen konnte. Um solche pragmatischen Konflikte nicht entstehen zu lassen, erfüllte das imperium maius offenbar vor allem die Funktion, die Verhinderungsmacht einzelner Imperiumsträger zugunsten anderer Kommandeure auszuhebeln. Auf diese Weise konnten Kompetenzstreitigkeiten a priori vermieden werden. Dabei war von zentraler Bedeutung, dass es sich stets um situationsbedingte Regelungen handelte und mit der Verleihung eines imperium maius keinesfalls eine strukturelle und dauerhafte Hierarchisierung der Imperiumsträger beabsichtigt war. Vielmehr wurde ein einzelner Feldherr für einen gewissen und eng begrenzten Zeitraum über seine Standesgenossen erhoben. Damit verbunden war jedoch gleichzeitig die Garantie, dass er sich mit dem Ende seines imperium maius wieder in die Hierarchie der senatorischen peer group einzuordnen hatte.79 Die räumliche und vor allem zeitliche Entgrenzung des augusteischen imperium führte solche Überlegungen, die für die Stabilität des senatorischen Regimes von zentraler Bedeutung waren, ad absurdum und machte deutlich, dass der princeps traditionelle Hierarchien dauerhaft überwunden hatte. Aus einem pragmatischen Mittel zur Konfliktlösung wurde auf diese Weise ein Herrschaftsinstrument. In den letzten Jahren ist demgegenüber wiederholt darauf hingewiesen worden, dass die Formel imperium proconsulare maius erst in tiberianischer Zeit nachweisbar ist.80 Auf dieser Grundlage ist die Existenz eines solch übergeordneten imperium in 76 77 78 79

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Vgl. hierzu u. a. Koehn 2010 sowie Girardet 2000, 175–189 mit einer Auflistung der entsprechenden Fälle. Vgl. u. a. Gruen 2005, 41, Eck 2006, 54 f., Bringmann 2007, 142 f. sowie Koehn 2010, 314–322. Vgl. Koehn 2010, 305–314; Vervaet 2014, 29–53 verweist demgegenüber auf die Existenz eines Prinzips des summum imperium auspiciumque, d. h. des nominellen Oberbefehls, der solche Konflikte gar nicht erst aufkommen lasse. Die Regelungen zum imperium maius können vor diesem Hintergrund als formal-rechtliches Äquivalent zum Triumphritual angesehen werden, dessen Funktion ebenfalls u. a. darin bestand, einen Feldherrn wieder in die Hierarchie seiner Standesgenossen zu integrieren; hierzu s. u. S. 114 f. u. 294 f. Nämlich im Rahmen des sogenannten s. c. de Cn. Pisone patre (zu diesem Dokument Eck/Caballos/Fernández 1996), in dem es heißt: […] ut in quamcumque provinciam venisset, maius ei imperium quam ei, qui eam provinciam procos optineret, esset, dum in omni re maius imperium Ti. Caesari Aug. quam Germanico Caesari esse […]; vgl. u. a. Girardet 2000, 224–227 sowie von diesem abweichend Koehn 2010, 315 f. m. Anm. 52. Hingewiesen wird auch immer wieder auf ein Papyrusfragment, das einen Teil der Leichenrede wiedergibt, die Augustus auf Agrippa

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augusteischer Zeit in Zweifel gezogen worden.81 Vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen spricht jedoch einiges dafür, an der etablierten Ansicht festzuhalten. Zudem lassen sich unabhängig von den Diskussionen um die genaue rechtliche Beschaffenheit des augusteischen imperium einige unstrittige Punkte festhalten: Bereits Jochen Bleicken hat zurecht darauf hingewiesen, dass das imperium des Augustus wenn auch möglicherweise nicht formal, so doch „der Sache nach“ durchaus als imperium maius angesehen werden könne, durch welches „das mit der Niederlegung des Konsulats verlorene höhere Rangverhältnis gegenüber den Prokonsuln wiederhergestellt werden sollte […]. “82 Denn abgesehen von der Frage, ob Augustus seit 23 v. Chr. ein formales imperium maius besaß oder ob sich ein solches imperium erst nach und nach herausgebildet hat und im s. c. de Cn. Pisone patre schließlich festgeschrieben wurde83, sprachen die faktischen Gegebenheiten eine unmissverständliche Sprache. Augustus war während seiner gesamten Regierungszeit darauf bedacht, die tatsächliche Kontrolle über den militärischen Apparat niemals aus der Hand zu geben. Die größeren Teile der römischen Truppen blieben stets in den Provinzen stationiert, die der Befehlsgewalt des Augustus unterstanden. Wie auch immer sein imperium beschaffen war, war es folglich zu allen Zeiten nahezu ausschließlich der princeps, der auf die militärischen Ressourcen zugreifen konnte: Selbst wenn die Statthalter der senatorischen Provinzen ein formal gleichrangiges imperium besessen haben sollten, so hatten sie schlicht keine Gelegenheit mehr, dieses in einer Form auszuüben, die für die Vormachtstellung des princeps Probleme mit sich gebracht hätte.84

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hielt (P. Köln 249). Im Wortlaut des Textes wurde oftmals ein Beleg dafür gesehen, dass Agrippas imperium nicht maius, sondern aequum gewesen sei, was auch für das imperium des Augustus selbst gegolten haben müsse (vgl. Ameling 1994 und Girardet 2000, 216–219 sowie abweichend Koehn 2010, 315 f. mit weiterer Literatur). Gegen diese Sichtweise hat sich Kienast 2009, 105, Anm. 84 ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass „gerade der konservativ eingestellte Tiberius das Institut des imperium maius kaum neu geschaffen hat“. Tatsächlich gerät in der Diskussion um das Senatusconsultum mitunter aus dem Blick, dass dieses Dokument zeitlich nah an die augusteische Herrschaft angrenzt. Hätte Tiberius tatsächlich das imperium maius neu geschaffen, so muss die Frage gestellt werden, weshalb die Quellen eine solche Innovation (im Gegensatz zum augusteischen Befund) nicht einmal andeutungsweise erwähnen – zumal Tiberius selbst (ebenfalls im Gegensatz zu Augustus) offenbar keineswegs davor zurückscheute, diese Vollmacht explizit zu machen. Umfassende Kritik hat insbesondere Girardet 2000 geäußert, der die Existenz eines imperium maius unter Augustus grundsätzlich in Abrede stellt und an anderer Stelle (2014, 71 f.) die Befehlsgewalt des Augustus stattdessen auf die „konsularische Prärogative“ zurückführt. Richardson 2012, 101 plädiert für eine situationsbezogene übergeordnete Befehlsgewalt des princeps: „What Augustus obtained in 23 was almost certainly a recognition that his power was to be greater than that of particular proconsuls in whose provinces he found himself from time to time.“ Hurlet 2006, 177–194 äußert sich zu diesem Punkt ebenfalls vorsichtig und betont: „Plus que l’application mécanique et rigide d’un imperium maius que personne ne songea à remettre en cause une fois qu’il fut établi, c’est le mode de communication entre le pouvoir impérial et les proconsuls qui traduit le mieux la nature de leurs rapports dans tout leur complexité et dans leur vécu.“ (194) Einen Überblick über weitere kritische Literatur liefert Koehn 2010, 301 f. Vgl. Bleicken 1993, 128–133, Zitat S. 131. Vgl. u. a. Ferrary 2001a, 141 sowie Hurlet 2006, 180. Vgl. Ferrary 2001a, 101–113.

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Hinzu kommt die Tatsache, dass die Hierarchiefrage in den Provinzen des Augustus eindeutig geklärt war: Die Kommandeure der dort stationierten Truppen unterstanden als legati Augusti pro praetore allesamt und unzweifelhaft dem Oberbefehl des princeps.85 Selbst wenn sie in Zukunft Siege errangen, taten sie dies nicht in Eigenverantwortung und zum eigenen Nutzen. Von nun an schrieb sich der princeps sämtliche militärischen Erfolge auf die Fahnen, wie er unter anderem in den Res Gestae gleichsam programmatisch hervorhob.86 Dies weist auf eine zweite Stoßrichtung der Militärreformen hin, die Kurt Raaflaub angesprochen hat: „ […] die Entpolitisierung der Armeen setzte die Entpolitisierung der Generalität (oder allenfalls umgekehrt: die Entmilitarisierung der politischen Führungsschicht) voraus.“87 Um dieses Ziel zu erreichen, habe sich der princeps einer ausgeklügelten Personalpolitik bedient, zu der die Erschließung neuer Reservoirs (Angehörige und Freunde, equites und homines novi) ebenso gehörte wie die Kontrolle der senatorischen Kommandeure (begrenzte Dauer der Provinzstatthalterschaften und Legatenposten, Verhinderung von „erblicher“ Besetzung hoher Ämter und Kommandoposten).88 Zugleich, so konstatiert Raaflaub, habe „die bewußte Betonung der ständischen Werte und Privilegien […] entscheidend dazu bei[getragen], den politischen Ehrgeiz in der Führungsschicht wesentlich einzudämmen.“89 Die Maßnahmen, die im Rahmen der augusteischen Militärreformen umgesetzt wurden, dienten somit allesamt einem bestimmten Zweck, wie bereits Cassius Dio mit Blick auf die Provinzordnung treffend zusammengefasst hat: Diese Regelungen traf Caesar, wie er sagte, damit der Senat ungefährdet aus den besten Teilen des Reiches seinen Nutzen ziehen könne, er selbst aber die Mühen und Gefahren sich zu nehmen habe. In Wirklichkeit aber sollten die Senatoren unter diesem Vorwand unbewaffnet und zu keinem kriegerischen Unternehmen fähig sein, während er allein über Waffen verfügte und Soldaten unterhielt.90

Den Angehörigen der senatorischen Elite sollte also die Möglichkeit genommen werden, zum einen direkten Einfluss auf die Armee auszuüben und zum anderen das Prestige, das militärischer Erfolg unweigerlich mit sich brachte, für sich zu nutzen. Beide Aspekte gedachte Imperator Augustus offenbar so gut als möglich für sich zu monopolisieren, um dadurch seine Macht zu stabilisieren. Denn die größte Gefahr für die Herrschaft des princeps und seiner Nachfolger waren und blieben erfolgreiche Militärkommandeure – wie sich zuerst im Falle des M. Licinius Crassus91, aber auch in den folgenden Jahrhunderten immer wieder zeigen sollte. Augustus griff damit tief in die Strukturen des republikanischen Wertegefüges ein: Militärisches Prestige stellte bis zu diesem Zeitpunkt für einen Angehörigen 85 86 87 88 89 90 91

Vgl. u. a. Kienast 2009, 156 f. m. Anm. 20. Vgl. u. a. R. Gest. div. Aug. 30. Raaflaub 1987, 288. Vgl. ebd., 288–303. Ebd., 301. Cass. Dio 53,12,3: […] λόγῳ μὲν ὅπως ἡ μὲν γερουσία ἀδεῶς τὰ κάλλιστα τῆς ἀρχῆς καρπῷτο, αὐτὸς δὲ τούς τε πόνους καὶ τοὺς κινδύνους ἔχῃ, ἔργῳ δὲ ἵνα ἐπὶ τῇ προφάσει ταύτῃ ἐκεῖνοι μὲν καὶ ἄοπλοι καὶ ἄμαχοι ὦσιν, αὐτὸς δὲ δὴ μόνος καὶ ὅπλα ἔχῃ καὶ στρατιώτας τρέφῃ. Hierzu ausführlich Kap. VII 2.1.

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der Nobilität den wichtigsten Bestandteil einer senatorischen Karriere dar. Nur wer Meriten im Feld aufzuweisen hatte, konnte damit rechnen, in der Folge die Gipfel der politischen Laufbahn zu erklimmen. Nicht zufällig galt der Triumph als höchste Ehre, die ein Römer erringen konnte.92 Dieses Prinzip sollte von nun an keine Geltung mehr besitzen. Auszeichnen konnte man sich nur noch im Dienst für den princeps.93 Zwar konnte militärisches Prestige noch immer von Bedeutung sein für einen politischen Aufstieg, doch hatten sich die Rahmenbedingungen fundamental gewandelt: So erfolgreich ein Feldherr auch sein mochte, gab es doch immer jemanden über ihm, der den Sieg für sich beanspruchte und der darauf eine Machtposition gründete, die dem Konkurrenzkampf permanent entzogen war. Zugleich jedoch konnte oder wollte Augustus auf die Dienste der Senatoren als „Funktionselite“94 keineswegs verzichten. Auf der Ebene der Praxis lassen sich folglich keine allzu großen Umbrüche erkennen: Senatoren bekleideten weiterhin die Statthalterposten der Provinzen und andere Schlüsselpositionen der Staatsverwaltung.95 Und es waren auch weiterhin senatorische Feldherren, die die Armeen befehligten und mit einigen Ausnahmen (Präfektur und Legatenposten in Ägypten, Prätorianerpräfektur) die Posten an der Spitze der militärischen Hierarchie besetzten.96 Für den princeps ergab sich aus dieser Tatsache ein gewisses Problem: Denn einerseits sollte, wie eben beschrieben, ja gerade vermieden werden, dass Angehörige der senatorischen Elite als potentielle Rivalen sich mit Hilfe der Armee eine eigene Machtbasis errichteten. Andererseits benötigte Augustus eben diese Angehörigen der senatorischen Elite, um das Funktionieren der administrativen Abläufe zu gewährleisten. Hinzu kommt ein weiterer Faktor, der sich angesichts der römischen Sozialstruktur sogar als noch bedeutsamer erweist: Die Angehörigen der senatorischen Elite nahmen zentrale Positionen im Patronagesystem ein. Wollte der princeps die traditionellen Klientelstrukturen für sich instrumentalisieren, war er auf ihre Kooperation angewiesen.97 „Deshalb“, so formuliert Kurt Raaflaub, „wurde es für Augustus zur unabdingbaren Notwendigkeit, die Kooperationsbereitschaft mindestens großer Teile des Senatorenstandes und zumal der führenden Familien zu gewinnen.“98 92 93 94

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Grundlegend hierzu noch immer Harris 1979, insbesondere 10–41; vgl. zudem Rosenstein 2006a. Vgl. Raaflaub 1981, 301 sowie u. a. Syme 2002, 407 und Kienast 2009, 156–160. Bleicken 2010, 479; vgl. auch Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 122, Dahlheim 2010, 321 und Eck 1995, 122, der darauf hinweist, dass sich Sachzwänge und die Bereitschaft des princeps, die Senatoren in die Regierungsgeschäfte mit einzubeziehen (vgl. Suet. Aug. 37), ergänzten. Vgl. hierzu u. a. Brunt 1984, Talbert 1996 sowie Eck 1986, 2012 und 1995, 118–128, der eine Zahl von über 120 senatorischen Amtsträgern pro Jahr für wahrscheinlich hält (1995, 123). Vgl. u. a. Eck 1995, 120 f. und 2006, 72 sowie Flaig 1992, 144–152 und Campbell 1984, 317– 362. Hierzu s. u. S. 242 f. Raaflaub 1987, 290; vgl. zu den Beziehungen zwischen princeps und Senat im Allgemeinen auch Brunt 1988, 2–12 sowie Talbert 1984 und Sattler 1960. Der Begriff der „Senatsklientel“, den Dettenhofer 2000, 128–144 anführt, wird diesem Verhältnis nur bedingt gerecht; Kienast 2009, 176 betont stattdessen die durchaus ambivalente Dimension dieses Verhältnisses: „Viele

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Gerade für den militärischen Bereich trifft diese Aussage Raaflaubs grundsätzlich zu. Betrachtet man jedoch die Struktur des augusteischen Prinzipats in ihrer Gesamtheit, lässt sie sich möglicherweise in einer Art und Weise methodisch präzisieren, die für die vorliegende Arbeit von entscheidender Bedeutung ist. In der neueren Augustus-Forschung wird der Prinzipat mitunter als „Kompromiss“ zwischen princeps und Führungsschicht99 oder „Experiment“100 bezeichnet. Dabei findet die strukturelle Komponente, die diesen sicherlich zutreffenden Bezeichnungen inhärent ist, jedoch nur selten ausreichende Berücksichtigung.101 Wie Aloys Winterling deutlich gemacht hat, muss eine Untersuchung der politischen Prozesse in der römischen Kaiserzeit – und damit auch im augusteischen Prinzipat – jedoch gerade auf der Verbindung von Struktur- und Ereignisanalyse basieren: „Eine […] neue Kaisergeschichte ist somit eine Ereignisgeschichte, die auf vorweg geleisteten Strukturanalysen basiert. Im Gegenzug trägt sie zu deren Kontrolle, Präzisierung und Veranschaulichung bei.“102 Eine Möglichkeit, die genannten Begriffe strukturell zu unterfüttern, hat Egon Flaig mit seinem Modell des Akzeptanzsystems aufgezeigt.103 Ein solches System basiert nach Flaig nicht auf formalrechtlichen Grundlagen, sondern im Wesentlichen auf der Zustimmung der maßgeblichen Sektoren Armee, Senat und Volk zur Herrschaft des princeps, die sich in der politischen Formel des consensus universorum

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der Maßnahmen, die die Würde des Senats und des Senatorenstandes heben sollten, waren zugleich Maßnahmen, die dem Prinzeps neue Kontrollmöglichkeiten in die Hand gaben.“ So u. a. explizit Bleicken 2010, 377 f., Kienast 2009, 153 sowie Zimmermann/von den Hoff/ Stroh 2014, 121 und 274. Dass Augustus nicht nur im militärischen Bereich auf die Kooperation der senatorischen Elite angewiesen war, betont auch Dahlheim 2010, 173; vgl. zudem Flaig 1992, 177: „Ohne intensive Kommunikation zwischen Kaiser und senatorischem Adel war die römische Herrschaft politisch nicht zu realisieren. Der Kaiser war auf sie angewiesen, weil nur mit der Reichsaristokratie das Imperium zu beherrschen war. Doch umgekehrt war sie auch für den ordo senatorius vordringlich, um den Kaiser ‚einzubinden‘.“ Es ist folglich von entscheidender Bedeutung, dass der Prozess, in dem dieser Kompromiss ausgehandelt wurde, sich keineswegs erschöpfend mit den Begriffen „Kampf, Ringen und Bezwingen“ (Bernstein 2012, 21) beschreiben lässt. So beispielsweise Heuß 1979, 317; vgl. zudem Eck 1986, 106 bzw. 116 f. und 2006, 49 f., Richardson 2012, 235–237 sowie Galinsky 2012, 61–83 (das Kapitel steht unter der Überschrift „The Experiment of the Principate“), und Girardet 2014, 63 (mit Fokus auf den rechtlichen Regelungen). Ronald Syme hatte den vielzitierten Satz geprägt: „The Principate baffles definition.“ (Syme 2002, 323.) Walter 2011, 248 f. hat darauf hingewiesen, dass der idealtypische Aufbau einer Augustus-Biographie einen strukturellen Zugriff auf den Prinzipat mitunter erschwert: Wird der Weg zur Macht des Öfteren strikt chronologisch abgehandelt, folgen danach zumeist systematisierende Kapitel, die einzelne Themenbereiche behandeln. Dies erweckt unter Umständen den Eindruck, es handele sich bei der augusteischen Herrschaft seit 27 v. Chr. um einen statischen Block; die prozessuale Komponente gerät bei einer solchen Herangehensweise zu sehr in den Hintergrund. Winterling 2011a, 9. Zum Folgenden vgl. Flaig 1992, insbesondere 174–207; Hurlet/dalla Rosa 2009, 184–189 setzen sich mit den Prämissen Flaigs kritisch auseinander.

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manifestierte.104 Diese Zustimmung war Flaig zufolge an zuweilen miteinander konkurrierende spezifische Erwartungshaltungen dieser drei Sektoren gebunden, die sie an den princeps herantrugen und deren Erfüllung sie einforderten.105 Für die Stabilität kaiserlicher Herrschaft ergab sich daraus ein grundlegendes Problem: Solange die Gehorsamsmodalitäten sich nicht wandelten, konnte sich der Kaiser nicht gegen die Ansprüche von allen Seiten immunisieren. Die Stabilität der Institution stand demnach in Spannung zur Labilität der persönlichen Inhaberschaft des Kaiseramtes. Die Struktur der Herrschaft hätte sich verändern müssen, damit der Kaiser immunisiert worden wäre. Diese Labilität bewirkte, daß der Kaiser sich so lange hielt, wie er akzeptiert wurde.106

Um die Erfüllung der jeweiligen Erwartungshaltungen gewährleisten zu können, mussten die Kaiser bestimmte „Rollen“107 spielen bzw. bestimmte personae108 verkörpern. Die Annahme dieser Rollen oder personae erleichterte zum einen die Kommunikation mit dem jeweiligen maßgeblichen Sektor und konnte zum anderen dazu dienen, Konflikten vorzubeugen: Im Rahmen der Rolle ließen sich die spezifischen Erwartungshaltungen der Kommunikationspartner erfüllen. Rollen schufen folglich Erwartungssicherheit sowohl bei demjenigen, der die Rolle verkörperte, wie auch bei denjenigen, gegenüber denen er sie verkörperte.109 Zugleich brachte 104 Flaig 1992, 196–201. Die Fokussierung auf die formalrechtlichen Aspekte des Prinzipats, d. h. insbesondere auf die Rechtsstellung des Augustus stellt noch immer einen essentiellen Zweig der modernen Forschung zum ersten princeps dar, wie beispielsweise die neueren Arbeiten von Girardet 2014, Rich 2012, Cotton/Yakobson 2002 oder Ferrary 2001a deutlich zeigen (vgl. den Forschungsüberblick bei Hurlet/dalla Rosa 2009, v. a. 173–183). Obwohl eine solche Perspektive durchaus wichtige Erkenntnisse zur Entstehung und Etablierung des augusteischen Systems liefern kann, geraten dabei jedoch mitunter die außerrechtlichen Faktoren zu sehr aus dem Blick. Denn wenn beispielsweise Girardet 2014, 62 die Frage aufwirft: „Auf welche Weise wird der Übermächtige versuchen, seine künftige Rolle in Staat und Imperium festzulegen, und wie wird diese Rolle ausgestaltet sein?“, so kann die Antwort nicht allein auf einer verfassungsoder staatsrechtlichen Ebene ansetzen. 105 Flaig 1992, 177. 106 Ebd., 183. 107 Ebd., 182: „Der Kaiser mußte mindestens vier nicht nur unterschiedliche, sondern konträre, im Ernstfalle kontradiktorische Rollen spielen: er sollte Primus inter pares gegenüber dem Senat sein, gütiger und zugleich umfangreicher Interaktion zugänglicher Monarch gegenüber der Plebs urbana; den Truppen sollte er der beste Chef sein, den hellenistischen Städten sollte er sich gar als erschienener Gott präsentieren.“ 108 Zum römischen persona-Begriff vgl. Fuhrmann 1979, der darlegt, dass dieser Terminus gerade zur Beschreibung sozialer Rollen genutzt wurde. In dieser Form erweist sich der Begriff der persona durchaus als ein brauchbares Analyseinstrument, wie in der vorliegenden Arbeit aufgezeigt werden soll; vgl. ebenso Walter 2011, 240, Anm. 30. 109 Ein solcher Rollenbegriff ist an Luhmanns Konzeption der sozialen Rolle angelehnt (vgl. Luhmann 1987, 430–432). Wenn dieser selbst jedoch konstatiert, dass sein Modell für vormoderne Gesellschaften aufgrund einer lediglich geringen Rollendiversifizierung nur begrenzte Anwendung finden könne, so trifft dies – wie die Arbeit von Flaig deutlich zeigt – keineswegs zu; vgl. hierzu auch die auf die senatorische Elite der Republik fokussierenden Überlegungen von Hölkeskamp 2011 und Beck 2008 (insbesondere 106 f.), der die „Rollen des Adeligen“ in der Republik in den Blick nimmt und aufzeigt, dass sich gerade die römische Gesellschaft durch die parallele Existenz einer Mehrzahl von „Prominenzrollen“ (ebd., 108) ausgezeichnet habe. Ge-

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ein solches Rollenmodell aufgrund der von Flaig diagnostizierten schwachen Immunisierung des Kaisers gegen die an ihn gerichteten Anforderungen jedoch ein zentrales Problem mit sich: „Für den Princeps als Person hieß das, unentwegt die Rollen wechseln zu müssen, jede Rolle aber glaubwürdig, geistesgegenwärtig und mit hoher Zuwendung zu spielen.“110 Auf dieser methodischen Grundlage lassen sich die zentralen Anliegen dieser Arbeit formulieren: Augustus selbst gründete seine Macht ganz offensichtlich und – wie das praenomen imperatoris und die Militärreformen beispielhaft vor Augen führen – durchaus offensiv auf die absolute und alleinige Kontrolle über den militärischen Apparat und den Aspekt der Sieghaftigkeit, d. h. des auf militärischem Erfolg basierenden Prestiges.111 Damit gab er eine zentrale Rolle bzw. persona gleichsam selbst vor und verlieh ihr eine für seine Herrschaft entscheidende Bedeutung: Es handelt sich um seine militärische persona, um die Rolle des Feldherrn und Siegers. Auch mit dieser Rolle waren, wie im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigt werden soll, spezifische Erwartungshaltungen verknüpft. Die Entwicklungen der späten Republik prägten diese Erwartungshaltungen maßgeblich. Hans Beck hat dargelegt, dass in den letzten Jahrzehnten der Republik die militärische Rolle im Rahmen einer aristokratischen Karriere sämtliche anderen Rollen in den Hintergrund drängte, und dies unter dem Schlagwort der „Monomanie des Militärischen“ zusammengefasst.112 Das beste Beispiel für diese Dominanz der militärischen Rolle war sicherlich Caesar, der sich zur Untermauerung seiner politischen Ansprüche zu einem wesentlichen Teil auf sein Feldherrentum und seine Sieghaftigkeit im Kampf gegen auswärtige wie gegen römische Gegner stützte.113 Seiner militärischen persona gilt aus diesem Grund das Augenmerk des folgenden Abschnittes. Die Erwartungshaltungen an die militärische Rolle des Augustus, die in den folgenden Kapiteln rekonstruiert werden sollen, gingen – und dies ist von entscheidender Bedeutung – jedoch nicht nur von den Angehörigen der senatorischen Elite aus; sie wurden nicht nur an den princeps herangetragen. Vielmehr hatte auch Augustus selbst ganz spezifische Vorstellungen davon, wie seine militärische Rolle auszugestalten sei. Die Entwicklung dieser Rolle vollzog sich folglich im Rahmen eines permanenten Kommunikationsprozesses zwischen princeps und senatorischer Elite.114

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rade in der Kommunikation mit dem Senat gab das traditionelle Rollengefüge der römischen Aristokratie folglich einige Rollen des Kaisers vor. Flaig 1992, 183; vgl. hierzu auch die Anmerkungen von Hölscher 2008, der den Versuch unternimmt, das hier vorgestellte Rollenkonzept für die Analyse kaiserzeitlicher Repräsentationskunst nutzbar zu machen, und sich dabei bezeichnenderweise u. a. auf die Reliefs der Trajanssäule, d. h. eine Darstellung aus dem militärischen Bereich, bezieht. Die Feststellung von Bringmann 2007, 14, Augustus sei „die Geister, die er rief, wieder los[geworden]“, trifft vor diesem Hintergrund nur begrenzt zu: Die „Konnotation einer Militärmonarchie“ haftete der augusteischen Herrschaft auch nach 27 v. Chr. an – und der princeps selbst trug einen guten Teil dazu bei. Beck 2008, 117–123, Zitat auf S. 122. Vgl. ebd., 122. Vgl. Gotter 2008, 180 der den gesamten Prinzipat als „kommunikatives Geflecht“ charakterisiert, in welchem der jeweilige Monarch „den Status seiner Herrschaft […] aushandelt.“ Auch Aloys Winterling gibt zu bedenken, dass es sich bei der Gesellschaft der Kaiserzeit „ um eine

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I. Einleitung

Die einzelnen Stationen und die Felder, auf denen sich dieser Prozess abspielte, sollen in der vorliegenden Arbeit nachgezeichnet und einer eingehenden Analyse unterzogen werden. Die Prämissen, denen dieser Prozess der Ausgestaltung einer imperialen militärischen persona unterlag, lassen sich vor dem Hintergrund der auf den vergangenen Seiten angestellten Überlegungen folgendermaßen zusammenfassen: Die tatsächlichen Machtverhältnisse im römischen Staat waren nach dem Sieg bei Actium weitgehend geklärt. Augustus hatte durch seinen Sieg über Antonius die Kontrolle über den militärischen Apparat errungen, auf der seine Herrschaft im Folgenden wesentlich beruhen würde. Aus diesem Grund konnte der princeps keinerlei Zweifel daran aufkommen lassen, dass er diese Kontrolle nicht mehr aus der Hand geben würde. Die machtpolitischen Realitäten mussten folglich Eingang in die „Außendarstellung“ finden, d. h. sie bildeten von Augustusʼ Seite aus die Basis seiner militärischen persona. Zugleich warf dies notwendigerweise eine zentrale Frage auf: Wie konnte die senatorische Elite in ein Herrschaftssystem integriert werden, in welchem das augusteische Monopol auf militärisches Prestige den Angehörigen dieser Elite ihren privilegierten Zugriff auf eine zentrale Ressource des politischen Konkurrenzkampfes künftig erschwerte oder gar verwehrte?115 Um eine solche Konstellation zu etablieren und für alle Beteiligten akzeptabel zu machen, mussten in die militärische persona des princeps die Ansichten und Erwartungshaltungen der zwei maßgeblichen Sektoren einfließen, die sie adressierte: Armee und senatorische Elite. Dies konnte natürlich Konflikte nach sich ziehen, wenn die potentiell divergierenden Erwartungshaltungen dieser beiden Gruppierungen miteinander in Konflikt gerieten. Allerdings trugen die Rahmenbedingungen dazu bei, solche Probleme a priori zu entschärfen: Denn der princeps spielte seine militärische Rolle gleichsam auf mehreren Bühnen, d. h. in zwei verschiedenen Räumen, in denen die jeweiligen Sektoren sich verorten lassen und die sich nur selten überschnitten: Heerlager und Hauptstadt. Für den Bereich des Heerlagers haben Brian Campbell und Jan Stäcker in ihren Studien die wesentlichen Faktoren herausgearbeitet, die das Verhältnis zwischen den principes und ihren Armeen bestimmten116: Von Bedeutung waren materielle Aspekte, d. h. die oben vormoderne stratifizierte Gesellschaft handelt, in der gesamtgesellschaftlich relevantes Handeln im Rahmen der Kommunikation der durch ‚Ehre‘ ausgezeichneten Oberschicht stattfand. Die Beobachtung wird daher auf solche Ereignisse zu fokussieren sein, die kaiserliches Verhalten im Kontext aristokratischer Kommunikation betreffen […].“ (Winterling 2011a, 9.) 115 Der hier behandelte Themenkomplex ist somit ein Beispiel für ein Grunddilemma des Prinzipats, nämlich der „gleichzeitige[n] Koexistenz und Inkompatibilität von Monarchie und republikanischer Ordnung“ (Winterling 2011c, 27). Adressiert wurde dieses Problem Aloys Winterling zufolge mittels einer „in zwei Ebenen differenzierten doppelbödigen Kommunikation. Auf der Mitteilungsebene wurde kommuniziert, als habe die traditionelle res publica weiterhin Bestand. Auf der Informationsebene dagegen wurde unausgesprochen zugleich mitkommuniziert, dass es einen Kaiser gab, an dem alle ihr Verhalten orientierten. Augustus war es, der dieses Verfahren auf der kaiserlichen Seite perfekt beherrschte und so eine relativ weitreichende aristokratische Akzeptanz seiner Stellung erzielte.“ (Winterling 2011c, 27; vgl. auch ders. 2004, 15–19.) 116 Vgl. Campbell 1984 sowie Stäcker 2003.

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bereits angesprochene Monopolisierung des Patronageverhältnisses durch die Kaiser. Mindestens ebenso wichtig war der Bereich des Rechts, auf dem die Soldaten gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen privilegiert wurden. Zusätzlicher Fokus lag auf der „symbolischen“ Dimension des Nahverhältnisses zwischen Kaiser und Heer, die den persönlichen Kontakt, Kaiserbilder und -statuen oder die sakrale Anbindung der Soldaten an das Kaiserhaus umfasste. Für den Bereich der Hauptstadt, d. h. für die Kommunikation mit der senatorischen Elite, stellt eine umfassende Untersuchung der militärischen persona des ersten princeps jedoch ein Desiderat dar. Ronald Ridley hat sich in einer knappen Studie mit der Bedeutung des Militärischen für Augustus beschäftigt.117 Am Ende seiner Ausführungen fasst er zusammen: „As demonstrated by the Res Gestae, defeat was converted into victory, the victories of others were made his own, endless war became the Augustan peace, and the incompetent victor in the ghastly civil wars became the indispensable commander-in-chief of the armies of the entire empire. From the age of eighteen Augustus had shown himself the unchallenged master of propaganda, but himself as the ever victorious commander-in-chief was his greatest triumph of propaganda over reality.“118 Damit spricht Ridley eine ganze Reihe von Punkten an, die im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen werden. Eine systematische Auswertung der zusammengetragenen Befunde erfolgt jedoch nicht. Ridleys Studie verharrt folglich genau an dem Punkt, an dem eine Auseinandersetzung mit dem Thema eigentlich erst beginnen kann und muss, wie im Rahmen dieser Arbeit deutlich gemacht werden soll. Die Grundfragen, die eine solche Untersuchung leiten, entsprechen dabei denen, die auch Augustus selbst zu beantworten hatte: Wie konnte die senatorische Elite weiterhin in den militärischen Bereich einbezogen werden, ohne ein Konkurrenzverhältnis aufkommen zu lassen? Und wie konnte gleichzeitig die militärische Vorrangstellung des princeps in einen für die Angehörigen dieser Elite akzeptablen Rahmen überführt werden? Diese Fragen wiesen und weisen folglich über den Bereich des unmittelbaren Nahverhältnisses zwischen Augustus und den Soldaten weit hinaus: Im Wesentlichen ging es darum, die Rolle des seinen Soldaten verbundenen Oberbefehlshabers und des ultimativen Siegers im politischen Raum der Hauptstadt und im Zusammenspiel mit den dortigen Kommunikationspartnern zu gestalten, ohne die machtpolitischen Realitäten in Frage zu stellen. Im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen soll daher die Ebene des Diskurses über die militärische persona stehen.119 117 Ridley 2005. 118 Ebd., 76. 119 Dabei soll „Diskurs“ definiert sein als ein strukturierter Zusammenhang von Äußerungen über die militärische persona des princeps. Als „Äußerungen“ gelten dabei nicht nur sprachliche Aussagen; vielmehr muss in Anlehnung an die Ausführungen Ernesto Laclaus und Chantal Mouffes (vgl. u. a. Laclau/Mouffe 2000, 143–145) auch die materielle Dimension des Diskurses über die militärische persona einbezogen werden, d. h. Monumente, Bilder, Rituale, politische Prozesse und institutionelle Rahmenbedingungen. Es wird mithin bewusst ein breiter und offener Diskursbegriff zugrunde gelegt (vgl. Landwehr 2009, 94–96), der die Trennung zwischen diskursiven und nicht-diskursiven Praktiken überwindet, die Michel Foucault in seinen frühen Arbeiten etablierte (vgl. u. a. Foucault 1997) und deren methodologischen Problemen er

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I. Einleitung

Martin Zimmermann hat kürzlich postuliert, bei der Analyse der römischen Monarchie neben aller notwendigen Fokussierung auf Repräsentationsformen und Rollenmuster die eigentlichen Grundlagen dieser Monarchie nicht aus dem Blick zu verlieren: Hinter diesen Überlegungen steht demnach ein Aspekt des Prinzipats, der bei der mittlerweile breiten Adaptation des Akzeptanzgedankens in Teilen der aktuellen Forschung immer mehr in den Hintergrund tritt, nämlich die ungeheure Machtfülle, die der Kaiser trotz aller kommunikativen Elemente herrscherlicher Repräsentation inne hatte. […] Der Kaiser hatte die militärischen Gewaltmittel in seiner Hand und stand unbestritten an der Spitze einer differenzierten Hierarchie. Neben ihm gab es de facto keine Gleichen.120

Doch wiewohl es natürlich vollkommen zutreffend ist, dass die Macht des princeps auf seiner militärischen Befehlsgewalt basierte, soll in der vorliegenden Arbeit aufgezeigt werden, dass auch die Rolle des Oberbefehlshabers und Siegers als das analysiert werden muss, was sie ist: eine Rolle. Dabei kommt dieser Rolle aufgrund ihres von Zimmermann prägnant zusammengefassten Bezugskontextes sicher eine privilegierte Stellung zu.121 Zugespitzt kann man formulieren: Eine Analyse der militärischen persona des ersten princeps liefert insofern einen Beitrag zum Verständnis der römischen Monarchie, als die Verständigungsprozesse zwischen dem Herrscher und der senatorischen Elite eine der Grundlagen für ihre Stabilität bildeten. Eine Untersuchung dieser spezifischen persona ermöglicht es folglich, die tatsächliche Machtgrundlage mit dem Rollenmodell zusammenführen, das die wesentliche Form der Ausgestaltung monarchischer Herrschaftspraxis in der römischen Kaiserzeit darstellte.122 später durch den nicht mehr im Detail theoretisch ausformulierten Begriff des „Dispositivs“ zu begegnen suchte (vgl. Foucault 1992). Auf diese Weise können die historische Diskursanalyse und die ihr zugrundeliegenden Fragestellungen, „nämlich welche Aussagen zu welchem Zeitpunkt an welchem Ort auftauchen“, für die vorliegende Arbeit nutzbar gemacht werden (vgl. Landwehr 2009, 91–99, Zitat S. 92). 120 Zimmermann 2011, 204 f., der sich in seiner Studie u. a. mit Flaigs Akzeptanzmodell im Allgemeinen auseinandersetzt und als bedenkenswerten Hauptkritikpunkt eine allzu schematische Modellierung der maßgeblichen Sektoren Armee, Senat und Volk anmahnt. Tatsächlich, so Zimmermann, seien diese Sektoren viel weiter ausdifferenziert, als Flaig dies angenommen habe – was natürlich die Kommunikation mit den einzelnen Gruppierungen innerhalb der Sektoren und damit auch mit den Sektoren als ganzen ungleich verkompliziert und somit Einfluss auf das zur Verfügung stehende Rollenarsenal gehabt habe (203 f.). 121 Wenn daher Beck 2008, 122 f. konstatiert, Augustus habe die „Polyvalenz des römischen Adelsbegriffs“ wiederhergestellt und die Dominanz der militärischen Rolle durchbrochen, ist dem nur bedingt zuzustimmen. Denn eine solche Durchbrechung der „Monomanie des Militärischen“ konnte im kommunikativen Prozess der Herrschaftsausgestaltung nur dann ihre Wirkung entfalten, wenn die tatsächlichen Machtverhältnisse unumstößlich waren. Vor diesem Hintergrund kommt der militärischen Rolle des princeps noch immer die primäre Bedeutung zu, die eine gesonderte Untersuchung dieser Rolle rechtfertigt. 122 Auf diese Weise erscheint es folglich möglich, eine Frage zu beantworten, die Hurlet/dalla Rosa 2009, 187 in Auseinandersetzung mit Flaigs Akzeptanzsystem aufgeworfen haben: „Come articolare la ricerca del consenso da parte di Augusto con gli altri fondamenti ideologici del nuovo regime come la vittoria [..]?“

II. SCHWERES ERBE – DER FELDHERR CAESAR ALS HERAUSFORDERUNG FÜR AUGUSTUS Als Friedrich Schlegel in einer Welthistorischen Vergleichung Caesar und Alexander einander gegenüberstellte, fand er für den Charakter des ersteren deutliche Worte: Caesars eigentümlichste und unterscheidende Eigenschaft ist […] die innre Konsequenz seines Wesens; die vollkommene Übereinstimmung nämlich einer vollendeten imperatorischen Kraft und eines vollendeten imperatorischen Verstandes. […] Auch Caesars Verstand war durchaus nur ein imperatorischer Verstand, aber dieses war er im höchsten Maße; es war eben ein solcher, wie ihn ein vollkommener Held zum Handeln und zum Siegen braucht, ohne alle andre überflüssige Zugabe.1

Doch genau in dieser herausragenden Qualität sah Schlegel auch das entscheidende Manko des Diktators und sprach von einer „Beschränktheit […] seines politischen Geistes“.2 Denn zum Staatsmann habe er nicht getaugt – dabei habe Rom doch gerade zu seiner Zeit eine solche Persönlichkeit dringend benötigt: Caesar hat während der kurzen Zeit seiner ungestörten Alleinherrschaft viel Großes angefangen, vieles Größere gewollt; nur das einzige nicht, was Rom vor allem Not war, und was allein ihm selbst Sicherheit geben konnte: eine […] fest begründete Verfassung und organische Staatsgestaltung.3

Diesen letzten Ausführungen dürfte Caesar wohl nicht zugestimmt haben und auch in der modernen Forschung hat sich das Bild vom unfähigen Staatsmann mittlerweile deutlich relativiert4: Der Staat des Dictators Caesar, wie ihn Martin Jehne 1 2 3 4

Schlegel 1966, 40 f. Ebd., 45. Ebd., 46. Die grundsätzliche Frage, ob und inwiefern Caesar staatsmännische Qualitäten aufwies oder nicht, hat die altertumswissenschaftliche Forschungsdiskussion lange Zeit maßgeblich bestimmt, wozu insbesondere die Auseinandersetzung zwischen Matthias Gelzer und Hermann Strasburger beigetragen hat (vgl. Strasburger 1953 und Gelzer 1954; hierzu auch Christ 1994, 166–222 sowie Bringmann 2006). Zwar wird mittlerweile im Allgemeinen anerkannt, dass Caesar keineswegs darauf verzichtete, seine Alleinherrschaft bis zu einem gewissen Grad institutionell zu verankern, und das politische System daraufhin ausrichtete (ohne dass dabei die Grundtendenzen des kritischen Caesarbildes Strasburgers in Zweifel gezogen werden müssten). Zugleich hält sich jedoch noch immer die Vorstellung, Caesar habe keinerlei „staatsmännische Einsicht“ besessen oder diese zumindest nicht öffentlichkeitswirksam zum Einsatz gebracht (vgl. u. a. Meier 2004, 16 f. und 1978, 85–89) und „nicht mehr zu bieten [gehabt] als Machtinstinkt, Machtwillen, Machtmittel, Machttechnik – politisch gestaltende, in eine gegen Krisen besser gewappnete Zukunft weisende, also konstruktive Kraft besaß er offensichtlich nicht […].“ (Girardet 1996, 225). Martin Jehne hat demgegenüber deutlich gemacht, dass es auf die Perspektive ankomme, unter der man Caesar als Staatsmann beurteilt: Man könne ihm zwar nicht unbedingt langfristige Planung und ein groß angelegtes Konzept unterstellen. Den-

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II. Schweres Erbe – Der Feldherr Caesar als Herausforderung für Augustus

beschrieben hat5, erwies sich bei eingehender Betrachtung durchaus als eine politische Entität mit funktionellen Institutionen und Mechanismen. Zwar entsprachen diese nur noch bedingt der republikanischen Praxis.6 Doch im geplanten Partherkrieg lediglich eine Fluchtbewegung aufgrund politischer Überforderung und Hilflosigkeit zu sehen, geht fehl.7 Vielmehr stellte die neue militärische Unternehmung in der ratio Caesars den entscheidenden Schritt auf dem Weg dar, die Alleinherrschaft zu festigen und die Prozesse, die ihn über seine Standesgenossen herausgehoben hatten, zum Abschluss zu bringen.8 Zu diesem Zweck in einen neuen, umfassenden Krieg aufzubrechen, entsprach dabei der Strategie, die sich für Caesar bereits vielfach bewährt hatte. Denn dem ersten Zitat Schlegels hätte er sicherlich Beifall gezollt: Seinen „imperatorischen Verstand“ hatte er in den Jahrzehnten vor dem geplanten Feldzug gegen die Parther eindeutig unter Beweis gestellt und ihn letztlich zu einer zentralen Grundlage seiner Ausnahmestellung gemacht.9 Einen wesentlichen Beitrag dazu leisteten Caesars eigene Schriften, die commentarii, die er sowohl über seine Feldzüge in Gallien wie auch über den Bürgerkrieg verfasste. Es steht außer Frage, dass diese Texte erkennen lassen, wie Caesar sich selbst in der römischen Öffentlichkeit darstellen wollte, mit welchen Problemen er sich konfrontiert sah und welche Lösungsstrategien er entwarf. Weil folglich ein – in formaler und stilistischer Hinsicht natürlich durchaus außergewöhnliches10 – Selbstzeugnis eines der Protagonisten der spätrepublikanischen Politik vorliegt, hat sich die Forschung eingehend mit Caesars commentarii befasst und teils stark auseinandergehende Ergebnisse erbracht. Es kann daher an dieser Stelle nicht angezeigt sein, sie eingehend zu analysieren. Dennoch sollen hier die Grundlinien beider Werke aufgezeigt werden, da sie für die in dieser Arbeit behandelten Fragestellungen von zentraler Bedeutung sind. Unabhängig von allen formalen Fragen wie

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noch weise vieles darauf hin, dass er seine Herrschaft durchaus hätte etablieren und ausüben können – wäre er nicht (für Jehne ein „Betriebsunfall“) ermordet worden (vgl. Jehne 2009, Zitat auf S. 160). Vor diesem Hintergrund muss jedoch die Frage gestellt werden, ob die Kategorie des „Staatsmannes“ für eine Beurteilung Caesars überhaupt weiterführend ist. Jehne 1987. Vgl. Jehne 2010, 208, der zusammenfassend von einer „Verabsolutierung des Mechanismus von Leistung und Anerkennung“ spricht; kritisch demgegenüber Morstein-Marx 2009, der hervorhebt, dass Caesars Handlungen und Konzepte wesentlichen Prinzipien der Republik verhaftet gewesen seien. So jedoch u. a. Meier 2004, 538–540 und Girardet 1996, 84. Vgl. u. a. Jehne 1987, 447–462 sowie Gotter 1996, 237; ähnlich auch Dahlheim 2006, 218–221, der jedoch offenbar in Anlehnung an Meiers Überlegungen ein gewisses Desinteresse Caesars an der Innenpolitik diagnostiziert und feststellt, das Denken des Diktators sei allein auf den neuen Krieg ausgerichtet gewesen: „Nur wer über Caesar hinaus dachte, mußte das mühselige Werk innerer Reformen für wichtiger halten als den spektakulären Flug der Legionsadler in den Orient.“ (219) An dieser Stelle sollen nicht die Karriere Caesars und die einzelnen Schritte auf seinem Weg hin zur Alleinherrschaft dargestellt werden; hierfür sei verwiesen auf das noch immer grundlegende Werk von Gelzer 2008 sowie auf die entsprechenden Kapitel in Griffin 2009. Die rein militärhistorische Seite der Kriege Caesars hat zuletzt Le Bohec 2001 umfassend behandelt. Mayer 2011, 192 stellt zu Recht fest, dass Caesars Werke weder der Autobiographie noch der Historiographie eindeutig zugeordnet werden können.

II. Schweres Erbe – Der Feldherr Caesar als Herausforderung für Augustus

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beispielsweise nach dem genauen Zeitpunkt der Abfassung bzw. Publikation beider Werke11, dem intendierten Adressatenkreis12 oder nach Struktur und Vorläufer der commentarii13 dürfte eines unstrittig sein: Bellum Gallicum ebenso wie Bellum Civile dienten dazu, Caesars Handlungen und die ihnen zugrundeliegenden Motive in einem möglichst positiven Licht darzustellen.14 Dabei verfolgten beide Schriften durchaus unterschiedliche Aussageabsichten, worauf im Folgenden eingegangen werden muss. Im Mittelpunkt beider Werke (und auch der drei Fortsetzungen) stand jedoch eindeutig der Feldherr Caesar. Schon die Einführung des Charakters „Caesar“15 im Bellum Gallicum weist den Leser in die entsprechende Richtung: Ohne weitere Erläuterung wird Caesar sogleich als Feldherr in Aktion gezeigt, als er von der drohenden Gefahr durch die Helvetier hört. Seine erste im Text geschilderte Aktion besteht darin, „in möglichst großen Tagesreisen ins jenseitige Gallien [zu reisen]“, dort ein Heer aufzustellen und den Helvetiern den Durchmarsch zu verweigern, indem die Brücke bei Genava abgebrochen wird.16 Mehrere Grundkonstanten des Bildes, das der Text von Caesar zeichnet17, klingen in dieser Passage an: So liegt das Augenmerk bereits hier auf der Schnelligkeit, die einen zentralen Charakterzug Caesars darstellt. Zudem wird der 11

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Für den Bürgerkrieg wird allgemein eine Publikation nach Caesars Tod angenommen; über den genauen Abfassungszeitpunkt herrscht jedoch Uneinigkeit, wobei die genauen Datierungsvorschläge zwischen 48/47 und 44 v. Chr. schwanken (vgl. für einen Überblick Raaflaub 2009, 180–182). Im Falle des Bellum Gallicum dreht sich die Forschungsdiskussion vor allem um die Frage, ob die einzelnen Bücher Jahr für Jahr oder zumindest in Etappen veröffentlicht wurden (so u. a. Wiseman 1998) oder nach dem Sieg über Vercingetorix als Ganzes konzipiert, verfasst und veröffentlicht wurden (so u. a. Rambaud 1966, 9–12 und 403–405). Mittlerweile scheint sich jedoch die Annahme einer sukzessiven Publikation durchzusetzen (vgl. Riggsby 2006, 9–11). Während Wiseman 1998, 3 in Anlehnung an Mommsen insbesondere mit Blick auf den Gallischen Krieg annimmt, Caesar habe das römische Volk adressiert, geht Rüpke 2012, 68–70 davon aus, dass er insbesondere die Eliten als intendiertes Publikum der commentarii vor Augen gehabt hatte. Rüpkes Ansicht erscheint durchaus plausibel, selbst wenn natürlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass Caesars Texte einem breiteren Publikum zu Gehör gebracht wurden – unabhängig davon, ob dies von Anfang an beabsichtigt war oder nicht (vgl. Riggsby 2006, 13–15). Ob sich Caesar nun an einer bestimmten Zielgruppe orientierte, ist möglicherweise nicht mehr endgültig nachzuweisen. Wie zu zeigen sein wird, erwiesen sich die in seinen Werken angeführten Motive und Schlagworte sicher in vielfältiger Hinsicht als anschlussfähig (vgl. Mayer 2011, 196). Vgl. hierzu u. a. Rüpke 1992, 202–210, Mayer 2011, 195, Kraus 2009, 159–161, Raaflaub 2009, 179 f. sowie Batstone/Damon 2006, 8–11. Vgl. u. a. Raaflaub 2009, 180 sowie Mayer 2011, 196. Zur besonderen Erzählperspektive der commentarii und ihrer potentiellen Funktion vgl. Rüpke 2012, 69 f. sowie Riggsby 2006, 150–155 und Kraus 2009, 162 f. Caes. Gall. 1,7,1 f.: Caesari cum id nuntiatum esset eos per provinciam nostram iter facere conari, maturat ab urbe proficisci et quam maximis potest itineribus in Galliam ulteriorem contendit et ad Genavam pervenit. provinciae toti quam maximum potest militum numerum imperat (erat omnino in Gallia ulteriore legio una); pontem qui erat ad Genavam iubet rescindi. Vgl. hierzu den umfassenden und systematischen Überblick über die Qualitäten und Attribute Caesars im Bellum Gallicum von Ramage 2003.

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II. Schweres Erbe – Der Feldherr Caesar als Herausforderung für Augustus

Feldherr als planender Stratege vorgestellt, der die notwendige Truppenstärke im Blick hat und angesichts der ihm zur Verfügung stehenden Informationen rationale Entscheidungen trifft. Im selben Abschnitt wird Caesar zudem als Sachwalter römischer Interessen präsentiert: Caesar, der wohl wusste, dass die Helvetier den Konsul Lucius Cassius erschlagen und sein Heer besiegt und unter das Joch geschickt hatten, glaubte, diese Erlaubnis [zum Durchzug durch die römische Provinz] nicht geben zu dürfen; auch meinte er, so feindlich gesinnte Menschen würden sich bei Genehmigung des Durchzuges durch die Provinz nicht von Rechtsverletzung und Gewalttat zurückhalten.18

In sämtlichen Texten des Corpus Caesarianum stellt die Portraitierung des Feldherrn Caesar in den unterschiedlichsten Situationen den roten Faden dar.19 Neben seiner immer wieder angeführten celeritas20 wird Wert darauf gelegt, dass sich Caesar als entscheidende Instanz für die virtus seiner Soldaten erweist.21 So heißt es beispielsweise in der Beschreibung der Seeschlacht gegen die Veneter: Der weitere Erfolg hing von der Tapferkeit ab, in der unsere Männer weit überlegen waren, um so mehr, als der Kampf vor Caesars und des gesamten Heeres Augen stattfand, so dass keine auch nur etwas herausragende Waffentat verborgen blieb.22

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Caes. Gall. 1,7,4 f.: Caesar, quod memoria tenebat L. Cassium consulem occisum exercitumque eius ab Helvetiis pulsum et sub iugum missum, concedendum non putabat; neque homines inimico animo data facultate per provinciam itineris faciundi temperaturos ab iniuria et maleficio existimabat. Vgl. zum Folgenden neben Ramage 2003 auch Rosenstein 2009 (der jedoch auch auf andere Quellen zurückgreift) sowie Goldsworthy 1998, jeweils mit einer Vielzahl von Quellenbelegen, die hier nicht alle berücksichtigt werden können. Ramage 2003, 339–341 zählt allein im Bellum Gallicum über 80 Verweise auf Caesars Schnelligkeit sowohl bei Einzelaktionen wie auch im Gallischen Krieg als Ganzem; vgl. beispielsweise Caes. Gall. 3,28,1 oder 7,40,2. Auch im Bellum Civile wird immer wieder auf die celeritas Caesars oder seiner Anhänger verwiesen; vgl. Grillo 2012, 14 f. m. Anm. 6. Vgl. Ramage 2003, 332 f., der darauf hinweist, dass virtus zwar nur selten Caesar direkt zugeschrieben wird, dass dieser aber dennoch auf verschiedenste Weise ständig mit ihr in Verbindung gebracht wird. Caes. Gall. 3,14,8: reliquum erat certamen positum in virtute, qua nostri milites facile superabant atque eo magis, quod in conspectu Caesaris atque omnis exercitus res gerebatur, ut nullum paulo fortius factum latere posset. Ganz ähnlich funktioniert die Zuschreibung von virtus (bezeichnenderweise in Verbindung mit einem Verweis auf die celeritas) auch im Bellum Civile, wenn dort eine Szene vor Dyrrhachium beschrieben wird, in der Caesar persönlich eine Abteilung gegen das schwer bewachte Lager der Pompeianer führt: „Quer vor dem Tor lag ein ‚Igel‘. Hier entstand ein kurzes Gefecht, als die Unseren einbrechen wollten, der Gegner aber das Lager verteidigte. Tapfersten Widerstand leistete hier Titus Puleio […]. Doch siegte die Tapferkeit unserer Leute, man sprengte den Igel und drang zuerst in das große und danach in das davon umschlossene kleine Lager ein […].“ (Caes. civ. 3,67,5 f.: erat obiectus portis ericius. hic paulisper est pugnatum, cum inrumpere nostri conarentur, illi castra defenderent, fortissimeque Tito Puleione […] eo loco propugnante. sed tamen nostri virtute vicerunt excisoque ericio primo in maiora castra, post etiam in castellum, quod erat inclusum maioribus castris, inruperunt […].) Vgl. zu virtus im Bellum Civile Grillo 2012, 51–57.

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Hervorgehoben werden oftmals auch Caesars Risikobereitschaft und Verwegenheit.23 Als er im Winter des Jahres 54/53 v. Chr. dem bedrängten Q. Cicero zu Hilfe eilen muss, bricht Caesar, wie im Text besonders betont wird24, mit einer eigentlich ungenügenden Zahl an Soldaten auf und stellt die Feinde gar zur Schlacht – mit glücklichem Ausgang.25 In dieser wie in anderen Situationen verdankt sich Caesars Erfolg seiner Siegessicherheit und Beharrlichkeit: Nach der römischen Niederlage vor Gergovia beruft Caesar eine Heeresversammlung ein und tadelt die Soldaten, „weil sie meinten, mehr als ihr Feldherr von Sieg und Schlachterfolg zu verstehen; er verlange von einem Soldaten ebensoviel Gehorsam und Disziplin wie Tapferkeit und Heldenmut.“26 Eine solche Szene war keineswegs ein Einzelfall, wie Adrian Goldsworthy bemerkt hat: „His army was more than once in a desperate, even apparently hopeless situation, and his subordinates might despair, but Caesar was always sure of eventual victory.“27 Diese Eigenschaft unterschied ihn, so suggeriert es der Bericht, auch von seinen Widersachern: Während Vercingetorix die für ihn strategisch günstige Lage nach dem Sieg nicht nutzt und die Römer fatalerweise abziehen lässt, geht Caesar zum Tagesgeschäft über, „meinte dann, nun sei genug zur Dämpfung gallischer Anmaßung und zur Stärkung des Mutes seiner Soldaten geschehen, und brach ins Häduerland auf.“28 Im Bellum Civile findet sich eine nahezu parallel konstruierte Episode, in der explizit auf Gergovia verwiesen wird und die zahlreiche der Caesar im Gesamtwerk zugeschriebenen Qualitäten exemplarisch vor Augen führt: Nach der ungünstig verlaufenen Belagerung des pompeianischen Lagers bei Dyrrhachium muss Caesar erkennen, dass nur eine Änderung der Strategie ihm den Sieg bringen kann. Wie nach der Schlacht bei Gergovia ruft er seine Soldaten zusammen und ermahnt sie, „den Mut nicht zu verlieren und nicht gegen die vielen glücklichen Gefechte die eine, noch dazu unbedeutende Niederlage zu stellen.“29 Caesar erinnert seine Männer an die Siege in Italien und Spanien und daran, dass ihre Versorgung gesichert sei. Er betont: Laufe nicht alles günstig ab, müsse man dem Glück durch eigene Tatkraft nachhelfen. Die erlittene Schlappe sei jedem anderen eher als ihm anzulasten. Er habe einen günstigen Kampfplatz angeboten, das feindliche Lager erstürmt, den Feind im Kampf vertrieben und besiegt. Sei es

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Vgl. Rosenstein 2009, 92 f. Caes. Gall. 5,49,6: erat magni periculi res tantulis copiis iniquo loco dimicare […]. Caes. Gall. 5,49–52. Goldsworthy 1998, 197 merkt zu dieser Episode an: „Great care was taken to show that he was making the best of an imperfect situation created by factors beyond his control. Caesar’s actions in this campaign were very bold, but it was a boldness based on as much careful preparation as was possible, and certainly not simple recklessness.“ Caes. Gall. 7,52,3 f.: […] tantopere licentiam arrogantiamque reprehendere, quod plus se quam imperatorem de victoria atque exitu rerum sentire existimarent; non minus se a milite modestiam et continentiam quam virtutem atque animi magnitudinem desiderare. Goldsworthy 1998, 201. Caes. Gall. 7,53,3: […] satis ad Gallicam ostentationem minuendam militumque animos confirmandos factum existimans in Haeduos movit castra. Caes. civ. 3,73,2: […] neve his rebus terrerentur, multisque secundis proeliis unum adversum et id mediocre opponerent.

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II. Schweres Erbe – Der Feldherr Caesar als Herausforderung für Augustus nun ihre eigene Verwirrung, irgendein Irrtum oder das Glück gewesen, das den schon erlangten und winkenden Sieg vereitelte, sie müßten sich jedenfalls alle bemühen, den erlittenen Verlust durch Tapferkeit wettzumachen. Dann werde sich das Unheil in Erfolg verwandeln, wie es bei Gergovia geschah, und selbst die, welche bisher den Kampf fürchteten, würden sich von selbst zum Gefecht stellen.30

Nicht nur, dass Caesar wiederum die Moral seiner Truppen aufrichten kann, indem er an ihre virtus appelliert. Zudem hebt er hervor, dass er – wie in jeder anderen denkbaren Situation – das Kriegs- bzw. Schlachtgeschehen korrekt eingeschätzt habe und sich auch im Falle eines temporären Misserfolgs korrekt verhalte.31 Insbesondere diese strategischen Qualitäten sind es, die Caesar in der Darstellung des Bellum Civile von seinem großen Widersacher Pompeius unterscheiden und schließlich den Ausschlag geben für den Sieg des einen und die Niederlage des anderen.32 In der Beschreibung der Schlacht bei Pharsalos erscheint Caesar einmal mehr als umsichtiger Feldherr und Taktiker, der in den entscheidenden Situationen den richtigen Entschluss trifft – ganz im Gegensatz zu Pompeius, von dem es heißt: Wie aber Pompeius seine Reiterei geschlagen und gerade die Truppe, auf die er am meisten baute, in panischer Bestürzung sah, verließ er ohne Zutrauen auf die anderen die Schlacht, ritt sofort ins Lager und rief den Centurionen, die er am Haupttor auf Posten stehen hatte, mit lauter Stimme zu, so daß es auch die Soldaten hörten: „Schützt das Lager und verteidigt es gut, wenn Gefahr eintreten sollte! Ich mache die Runde bei den anderen Toren und spreche den Besatzungen Mut zu.“ Nach diesen Worten zog er sich ins Feldherrnzelt zurück, ohne Vertrauen auf den Sieg, aber noch in Erwartung des Ausgangs.33

Der implizierte Unterschied zu Caesar könnte größer nicht sein, auch was die aktive Teilnahme am Schlachtgeschehen betraf. Gerade dadurch zeichnet sich dieser den commentarii zufolge immer wieder aus. So hat bereits Adrian Goldsworthy darauf hingewiesen, in den Texten werde wiederholt der Eindruck erweckt, dass Caesar

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Caes. civ. 3,73,4–6: si non omnia caderent secunda, fortunam esse industria sublevandam. quod esset acceptum detrimenti, cuiusvis potius quam suae culpae debere tribui. locum se aecum ad dimicandum dedisse, potitum se esse hostium castris, expulisse ac superasse pugnantes. sed sive ipsorum perturbatio sive error aliquis sive etiam fortuna partam iam praesentemque victoriam interpellavisset, dandam omnibus operam, ut acceptum incommodum virtute sarciretur. quod si esset factum, , ut detrimentum in bonum verteret, uti ad Gergoviam accidisset, atque ei, qui ante dicimare timuissent, ultro se proelio offerent. Wie ein solch korrektes Verhalten angesichts einer drohenden Niederlage auszufallen hatte, hatte Caesar bereits im Bellum Gallicum an den Beispielen seiner Legaten Sabinus und Cotta bzw. Cicero deutlich gemacht (Caes. Gall. 5, 28–52), wie Goldsworthy 1998, 202 feststellt; vgl. allgemein zur Rolle der Legaten in den commentarii Welch 1998. Caes. civ. 3,88–99; vgl. hierzu Rosenstein 2009, 94 f. sowie Welch 1998, 85 f. Caes. civ. 3,94,5 f.: sed Pompeius ut equitatum suum pulsum vidit atque eam partem, cui maxime confidebat, perterritam animadvertit, aliis diffisus acie excessit protinusque se in castra equo contulit, et iis centurionibus, quos in statione ad praetoriam portam posuerat, clare, ut milites exaudirent, ‚tuemini‘ inquit ‚castra et defendite diligenter, siquid durius acciderit. ego reliquas portas circumeo et castrorum praesidia confirmo.‘ haec cum dixisset, se in praetorium contulit summae rei diffidens et tamen eventum expectans. Vgl. zur Darstellung des Pompeius Batstone/Damon 2006, 101–105.

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sämtliche Aufgaben seiner Offiziere auf einmal übernommen habe.34 Doch damit nicht genug: Durch seine persönliche Tapferkeit gelingt es Caesar in entscheidenden Situationen, das Schlachtenglück zu seinen Gunsten zu wenden. Bezeichnend hierfür ist Caesars Rolle in der Entscheidungsschlacht um Alesia, als es sein persönliches Erscheinen in vorderster Linie ist, das die Feinde zum fatalen Angriff auf die römischen Truppen verleitet.35 Und selbst wenn Caesars Mut wie bei der missglückten Belagerung von Dyrrhachium nicht zum gewünschten Erfolg führt, so suggeriert der Text mitunter, kann man ihm persönlich nicht den Vorwurf machen, ein schlechtes Beispiel abgegeben zu haben: Überall herrschten Verwirrung, Angst und Flucht, so sehr, daß einige, obschon Caesar die Feldzeichen der Fliehenden eigenhändig ergriff und Halt gebot, ihre Pferde laufen ließen und die Flucht fortsetzten, andere aus Furcht sogar ihre Feldzeichen wegwarfen und gar niemand mehr standhielt.36

Der persönliche Einsatz trägt unweigerlich dazu bei, dass sich zwischen dem Feldherrn und seinen Soldaten ein besonderes Nahverhältnis herausbildet, das Caesar in der Konstruktion des Bellum Civile insbesondere beim Ausbruch des Bürgerkriegs zugute kommt: Er forderte, sie sollten Ehre und Würde ihres Feldherrn vor seinen Feinden schützen, eines Mannes, unter dessen Führung sie 9 Jahre lang dem Staat mit höchstem Erfolg gedient, zahllose Siege errungen und ganz Gallien und Germanien überwunden hätten. Die Soldaten der 13. Legion, die zur Stelle war – Caesar hatte sie bei Beginn der Feindseligkeiten aufgeboten; die übrigen waren noch nicht versammelt – riefen laut, sie seien bereit, ihren Feldherrn und die Volkstribunen vor Unrecht zu schützen.37

Damit sind die Grundlinien des Bildes nachgezeichnet, das Caesar der Feldherr in den commentarii von „Caesar dem Feldherrn“ entwirft. Man ist versucht, darin geradezu eine Illustration späterer Militärhandbücher zu erkennen: Die von Autoren wie Onasander, Frontinus oder Vegetius angeführten Qualitäten und Charakter34

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Vgl. Goldsworthy 1998, 206–210 mit Verweis auf Caes. Gall. 2,20 und 2,25. Gerade in dieser Hinsicht nahm Caesar dabei das Problem möglicher alternativer Darstellungen des Kriegsverlaufes durch diese Offiziere bewusst in Kauf. Welch 1998, 87 hat darauf hingewiesen, dass ihm dies vor allem durch eine Verlagerung des Fokus von den höheren Offizieren auf die Armee und allenfalls die Zenturionen gelang. Caes. Gall. 7,87 f. Caes. civ. 3,69,4: […] omniaque erant tumultus timoris fugae plena, adeo ut, cum Caesar signa fugientium manu prenderet et consistere iuberet, alii dimissis equis eundem cursum confugerent, alii ex metu etiam signa dimitterent neque quisquam omnino consisteret. Caes. civ. 1,7,7 f.: hortatur, cuius imperatoris ductu VIIII annis rem publicam felicissime gesserint plurimaque proelia secunda fecerint, omnem Galliam Germaniamque pacaverint, ut eius existimationem dignitatemque ab inimicis defendant. conclamant legionis XIII, quae aderat, milites – hanc enim initio tumultus evocaverat, reliquae nondum convenerant – sese paratos esse imperatoris sui tribunorumque plebis iniurias defendere. Es ist in der Forschung zu Recht immer wieder darauf hingewiesen worden, dass der commentarius an dieser Stelle die tatsächliche Reihenfolge der Ereignisse möglicherweise verzerrt (vgl. u. a. Batstone/Damon 2006, 55 f.). Für die hier behandelte Frage nach der Art und Weise, wie sich Caesar in seinen commentarii als Feldherr präsentiert, ist dies jedoch nicht von Belang.

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eigenschaften scheinen sich allesamt im „Caesar“ der commentarii wiederzufinden.38 Doch stellte sich Caesar tatsächlich als Verkörperung des römischen Kommandeurs par excellence dar, wie in der Forschung vielfach konstatiert wurde?39 Schilderungen vom Einebnen von militärischen Hierarchien oder dem persönlichen Einsatz in der Schlacht, wie sie in den commentarii immer wieder vorkommen, entsprechen schwerlich dem Ideal eines republikanischen Feldherrn. Vielmehr fühlt man sich an hellenistische Könige erinnert, für die die ständige persönliche Bewährung im Krieg und in der Schlacht die wesentliche Herrschaftsgrundlage bildete.40 Nicht umsonst zog beispielsweise Velleius Paterculus Parallelen zwischen Caesar und dem Archetyp des hellenistischen Herrschers: Obwohl er explizit Wert auf die Kürze und Prägnanz seines Werkes lege41, schrieb Velleius, müsse er sich dennoch eingehender mit der Persönlichkeit des Diktators beschäftigen, denn Caesar stammte aus der altadligen Familie der Julier und leitete seine Abstammung von Anchises und Venus ab – womit auch sämtliche Altertumsforscher übereinstimmen. Er war die schönste Erscheinung unter seinen Mitbürgern, ein überaus scharfsinniger Geist, dabei freigebig bis zur Verschwendung, und mit einer Energie, die über menschliches Maß und menschliche Vorstellungskraft hinausging. Im Höhenflug seiner Ideen, in der Ausdauer der Strapazen und in der Art seiner blitzartigen Kriegführung glich er Alexander dem Großen aufs Haar, freilich ohne dessen Neigung zu Trunk und Jähzorn. Nahrung und Schlaf dienten ihm überhaupt nur, um sich am Leben zu erhalten, nicht, um sich zu verwöhnen.42

Doch nicht nur die hellenistischen Herrschertugenden bildeten den Bezugspunkt für die in den commentarii beschriebenen Eigenschaften und Leistungen Caesars. Ihre Wirkung im politischen und sozialen Bereich entfalteten sie erst vor dem Hintergrund der römischen Tradition. Die Berichte Caesars ließen dabei keinen Zweifel: In den Bereichen, in denen er sich mit den gleichen Anforderungen konfrontiert sah wie andere Feldherren, d. h. auf den Gebieten, auf denen er sich mit seinen römischen Vorgängern (und Zeitgenossen) zu messen hatte, übertraf er sie alle.43 Zu38 39

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Vgl. hierzu Campbell 1987. Verwiesen sei hier exemplarisch auf die Schlussfolgerung Nathan Rosensteins: „Certainly, if victories and conquest are the measure of a great general, Caesar richly deserves the epithet, for few of his contemporaries – and few subsequently – could equal him on that score.“ (Rosenstein 2009, 98.) Vgl. hierzu grundlegend Gehrke 1982. Vgl. zur Funktion der brevitas bei Velleius Lobur 2007 sowie Biesinger (in Vorbereitung). Vell. 2,41,1 f.: Secutus deinde est consulatus C. Caesaris, qui scribenti manum iniicit et quamlibet festinantem in se morari cogit. Hic nobilissima Iuliorum genitus familia et, quod inter omnis antiquitatis studiosos constabat, ab Anchise ac Venere deducens genus, forma omnium civium excellentissimus, vigore animi acerrimus, munificentia effusissimus, animo super humanam et naturam et fidem evectus, magnitudine cogitationum, celeritate bellandi, patientia periculorum Magno illi Alexandro, sed sobrio neque iracundo simillimus, qui denique semper et cibo et somno in vitam, non in voluptatem uteretur […]. Zum Bild Caesars bei Velleius und Valerius Maximus vgl. Toher 2009a, der feststellt, dass Velleius hier bereits die wesentlichen Züge des kaiserzeitlichen Caesarbildes wiedergebe (237); zudem Donié 1996, 76–101. Wenn Letzterer hier jedoch eine Kehrtwende im Vergleich zur augusteischen Zeit diagnostiziert, so trifft dies nur bedingt zu, wie sich im Folgenden zeigen wird. Vgl. hierzu insbesondere Goldsworthy 1998, 211 sowie Rosenstein 2009, 98.

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gleich jedoch sprengte er durch sein transgressives Verhalten den Erwartungshorizont in nie dagewesener Weise. Die militärische persona, die Caesar in seinen eigenen Schriften entwarf, gründete sich folglich auf den expliziten Bruch mit der republikanischen Tradition. Angezweifelt wurden die militärischen Leistungen Caesars dennoch auch in der Folgezeit nie.44 Bereits in den ersten nach-augusteischen Geschichtswerken zeigt sich deutlich die Tendenz, den Diktator gerade darüber zu definieren, wie die zitierte Velleius-Passage deutlich vor Augen führt. Gleich welche Perspektive Biographen wie Plutarch und Sueton45 oder Historiker wie Tacitus, Appian und Cassius Dio46 einnahmen, wenn sie sich mit Caesar beschäftigten: Seine Siege über die Feinde Roms bildeten stets einen der Dreh- und Angelpunkte ihrer Darstellungen. Denn, so erklärt Cassius Dio am Ende seines Berichts über die Exkursion nach Britannien: In Britannien hatte er weder für sich noch für den Staat etwas gewonnen, außer den Ruhm, gegen die Briten einen Feldzug unternommen zu haben. Darauf aber tat er sich selbst viel zugute, und auch die Römer zu Hause brüsteten sich wunder was damit. Indem sie nämlich sahen, wie ihnen das früher Unbekannte deutlich und das zuvor Unerhörte zugänglich geworden war, nahmen sie die daraus entspringende Zukunftshoffnung als schon verwirklicht und freuten sich über alle erst kommenden Erwerbungen wie über einen tatsächlichen Besitz. Und so beschlossen sie, ein zwanzigtägiges Dankesfest abzuhalten.47

Doch zugleich konnten die militärischen Verdienste Caesars nicht über eine zweite Tatsache hinwegtäuschen: Sie waren zum Teil errungen worden im Kampf gegen Römer, in einem blutigen Bürgerkrieg, der die zuvor bekannten Dimensionen innerer Auseinandersetzungen um ein Vielfaches übertraf. Ebenso wie der militärische Sieger war auch der Bürgerkriegsgeneral ein Epitheton Caesars in nahezu allen Texten. Caesar selbst war sich dieses Problems offenbar wohl bewusst, wie seine commentarii zeigen. In der oben zitierten Rede an die Soldaten kombiniert er ebenfalls den Aspekt des Sieges mit dem des Bürgerkriegs – allerdings in gänzlich ver-

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Levick 2009 betont zu Recht, dass die Instrumentalisierung Caesars im Verlauf der Kaiserzeit zwar einerseits stark von den jeweiligen Kontexten abhing (209), dass jedoch insbesondere die militärischen Leistungen des Diktators immer wieder hervorgehoben wurden (216 f.). Zum Caesarbild in den historiographischen und anderen literarischen Quellen der Kaiserzeit vgl. die entsprechenden Kapitel in Griffin 2009 sowie die Zusammenstellung bei Donié 1996, dessen Schlussfolgerungen insbesondere zum Umgang des Augustus mit Caesar jedoch kritisch zu beurteilen sind (s. u.). Dies gilt insbesondere für die oftmals mehr oder weniger implizit vorgenommene Gleichsetzung des Caesarbildes einzelner Autoren mit einem wie auch immer gearteten offiziellen Caesarbild, die auch Kienast 2001, 2, Anm. 8 zu Recht kritisiert. Vgl. Pelling 2009a sowie Donié 1996, 162–205. Vgl. Pitcher 2009 sowie zu Appian Donié 1996, 218–239. Cass. Dio 39,53: […] μηδὲν μήτε ἐκ τῆς Βρεττανίας μήτε ἑαυτῷ μήτε τῇ πόλει προσκτησάμενος, πλὴν τοῦ ἐστρατευκέναι ἐπ‘ αὐτοὺς δόξαι. Τούτῳ γὰρ καὶ αὐτὸς ἰσχυρῶς ἐσεμνύνετο, καὶ οἱ οἴκοι Ῥωμαῖοι θαυμαστῶς ἐμεγαλύνοντο. Ἐμφανῆ τε γὰρ τὰ πρὶν ἄγνωστα, καὶ ἐπιβατὰ τὰ πρόσθεν ἀνήκουστα ὁρῶντές σφισι γεγονότα, τήν τε μέλλουσαν ἐξ αὐτῶν ἐλπίδα, ὡς καὶ παροῦσαν ἔργῳ ἐλάμβανον, καὶ πάνθ‘ ὅσα καταπράξειν προσεδέχοντο, ὡς καὶ ἔχοντες ἤδη, ἠγάλλοντο. Καὶ οἱ μὲν διὰ ταῦτα ἱερομηνίας ἐπὶ εἴκοσιν ἡμέρας ἀγαγεῖν ἐψηφίσαντο.

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schiedener Art und Weise.48 Neben Caesar, den siegreichen Feldherrn, tritt im Bellum Civile Caesar, der Streiter für die res publica. Sein Ziel ist es, zum einen seine persönliche dignitas zu verteidigen und zum anderen den Staat aus den Fängen seiner (und das heißt sowohl Caesars wie des Staates) Gegner zu befreien. Im gesamten Bellum Civile steht neben den militärischen Leistungen Caesars, die eben auch Siege über römische Widersacher umfassten, die Bemühung, seine Handlungen und Motive zu rechtfertigen.49 John Collins hat darauf hingewiesen, dass es Caesar dabei neben der unmittelbaren Legitimierung auch um die Kontrolle über die Erinnerung gegangen sein musste50, und darin ist ihm sicherlich zuzustimmen. Doch der Erfolg, den der Diktator damit hatte, war begrenzt: In Hinsicht auf seine Verdienste als Feldherr gelang es ihm durchaus, die Erinnerung durch seine Version im Bellum Gallicum maßgeblich zu bestimmen. Doch all diesen Bemühungen zum Trotz erinnerte man sich an den Bürgerkriegsgeneral und -sieger Caesar nicht unbedingt aufgrund der Episoden und Motive, die dieser selbst beim Verfassen seiner commentarii in den Mittelpunkt stellte. Bezeichnenderweise blieben denn auch die Aufzeichnungen zum Bürgerkrieg bis nach seinem Tode unveröffentlicht.51 Dass der Text schließlich doch pub48

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Die Argumentationslinie des Bellum Civile fasst Raaflaub 2009, 189–191 prägnant zusammen; vgl. zudem ausführlich Collins 1972, 942–963 sowie Batstone/Damon 2006. Grundlegend zur politischen Auseinandersetzung zwischen Caesar und Pompeius vor dem und im Bürgerkrieg noch immer Raaflaub 1974; kritisch gegenüber Raaflaubs Ansatz, der die persönliche Dimension des Konfliktes in den Mittelpunkt seiner Betrachtungen stellt und versucht, diesen Aspekt mit dem von beiden Seiten für sich reklamierten Kampf für die Interessen der res publica in Einklang zu bringen, Morstein-Marx 2009, 122–135. Collins 1972, 946 weist darauf hin, dass sich der Fokus im Bellum Civile gegenüber dem Bellum Gallicum in dieser Hinsicht deutlich verschiebt (Powell 1998, 112 f. kritisiert, dass man daraus jedoch keineswegs wie Collins die prinzipielle Objektivität des Bellum Gallicum im Vergleich zum Bellum Civile ableiten könne). Demgegenüber ist in der Forschung bereits seit Mommsen immer wieder konstatiert worden, dass auch im Bellum Gallicum das Rechtfertigungsstreben Caesars im Vordergrund gestanden habe. Im Fokus stand dabei oftmals die Behauptung, Caesar habe das Bellum Gallicum verfasst, um der römischen Öffentlichkeit zu versichern, dass es sich beim Krieg in Gallien um ein bellum iustum handele. Collins 1972, 922– 942 widerspricht einer solchen Ansicht vehement und sieht keinerlei Spuren eines auf die bellum-iustum-Theorie bezogenen Rechtfertigungsgedankens (ähnlich auch Botermann 2002). Dennoch wird auch in der neueren Forschung immer wieder ein Bezug hergestellt zwischen einer solchen Theorie und dem Bellum Gallcium – wenn auch weit differenzierter, als dies in der älteren Forschung der Fall war (vgl. u. a. Riggsby 2006, 157–189). Es ist allerdings mit Jörg Rüpke zu fragen, ob der Begriff des bellum iustum in diesem Kontext überhaupt eine passende Analysekategorie darstellt und ob man nicht vielmehr „zunächst die Frage des Kriegsrechtes, ius belli, ganz von der Frage nach der Rechtfertigung des Krieges als solchem, dem bellum iustum […] trennen“ sollte (Rüpke 1990b, 6; vgl. zum Konzept des bellum iustum auch ders. 1990a, 117–121). Grundsätzlich muss darauf hingewiesen werden, dass der commentarius durchaus als ein mögliches Argument in politischen Auseinandersetzungen, in denen das gerade zu dieser Zeit insbesondere durch Cicero neu konzeptionierte Schlagwort vom bellum iustum fallen konnte, anzusehen sein könnte. Auf den Zusammenhang zwischen dem Krieg in Gallien und den innenpolitischen Auseinandersetzungen verweist bereits Timpe 1965. Collins 1972, 963. Vgl. Rüpke 2012, 74 f.

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liziert wurde, ist seinen Mitstreitern Hirtius und Balbus zu verdanken. Die Vermutung liegt nahe, dass durch die Veröffentlichung seiner Schrift einem Bild von Caesar entgegengesteuert werden sollte, zu dem dieser auch durch seine eigene Handlungsweise beigetragen hatte.52 In der Forschung ist Caesar oftmals unterstellt worden, entweder habe er sich um die alten Institutionen und Traditionen der Republik auf dem Weg zu einer „totalitäre[n] Diktatur“53 schlicht nicht gekümmert oder er habe sie gar nicht erst verstanden54. Beides trifft nicht zu: Stattdessen ist immer wieder zu erkennen, dass Caesar bewusst die Grenzen seiner Handlungsspielräume austestete, die ihm diese Institutionen und Traditionen einräumten – und sie sogar übertrat. Caesars Ziel bestand weder darin, im Rahmen der republikanischen Normen eine herausragende Position in der res publica einzunehmen, noch darin, aus dem „Verfassungskonsens der aristokratischen Führungsschicht“ einfach auszusteigen55. Vielmehr ging es ihm darum, traditionelle Spielfelder des aristokratischen Konkurrenzkampfes zu zerstören, indem er die Regeln dieses Wettbewerbs um soziales Prestige und politische Macht nicht nur missachtete, sondern sie vollkommen und explizit negierte.56 Besonders deutlich wird dies bei seinen beiden Triumphen in den Jahren 46 und 45 v. Chr.57 Wie kein anderer Feldherr vor ihm zelebrierte Caesar nicht nur seinen Sieg über die externen Feinde Roms, sondern auch seinen Erfolg im Bürgerkrieg: Im Afrika-Triumph ließ er Bilder mitführen, die zeigten, wie sich Cato, Metellus und andere nach der Niederlage das Leben nahmen. In der Bevölkerung sorgte dies für nicht geringe Bestürzung – hatte man doch bisher immer davor zurückgeschreckt, römische Bürger im Triumphzug als Besiegte mitzuführen.58 Ein Jahr später gab Caesar sogar diese Zurückhaltung auf und feierte einen Triumph, dem nicht einmal mehr der Anstrich eines Sieges über externe Gegner gegeben wurde. Grenzüberschreitungen dieser Art konnten leicht als Nichtachtung des Senats und der res publica im Allgemeinen interpretiert werden – und hielten so auch Einzug in die Literatur. So berichtet Sueton (ohne die Episode einer speziellen Siegesfeier zuzuordnen), dass sich der Volkstribun Pontius Aquila demonstrativ nicht von seinem Sitz erhoben habe, als die Quadriga des Triumphators an der Bank der Tribunen vorbei-

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Rüpke 2012, 76 f. führt dies auch darauf zurück, dass nach Caesars Tod durch die Veröffentlichung des Textes die Parteibildung erleichtert werden sollte. Girardet 1996, 243 f. Exemplarisch sei hier verwiesen auf eine Äußerung Christian Meiers: „Vielleicht hat Caesars mangelnder Sinn für Institutionen – samt seiner Distanz zur römischen Gesellschaft – ihn daran gehindert, diese Probleme zu erkennen.“ (Meier 2004, 531.) So Girardet 1996, 250 f., Zitat auf S. 250. Caesar trieb damit eine Entwicklung auf die Spitze, die Martin Zimmermann beschreibt als „ein Zeitgefühl der politischen Klasse, das von kompromissloser Rivalität und rücksichtsloser Durchsetzung politischer Interessen geprägt war.“ (Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 20.) Vgl. zu den Triumphen Caesars und ihrer Verortung in der „Tradition“ römischer Bürgerkriegstriumphe ausführlich Havener 2014, 170–172. App. civ. 2,101.

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gefahren sei. Dies habe Caesar so in Wut versetzt, dass er ausgerufen habe: „Dann verlange die Republik von mir zurück, wenn du schon Tribun bist, Aquila!“59 Es lässt sich nach diesen Ausführungen unschwer erkennen, welche Herausforderungen Caesar für seinen Adoptivsohn auf dem Gebiet der militärischen Leistungen darstellen musste. Und nicht nur dort: Ronald Syme hat in verschiedenen Schriften immer wieder betont, dass sich Augustus nach seinen Anfangsjahren planvoll und systematisch von Caesar distanziert habe. Paradigmatisch formulierte Syme in seiner Todd Memorial Lecture A Roman Post-Mortem: It was expedient for Augustus to dissociate himself from Caesar; the one had destroyed the Republic, the other restored it. […] The artifice of Augustus is patent. He exploited the divinity of his parent and paraded the titulature of „Divi filius“. For all else, Caesar the proconsul and Dictator was better forgotten.60

Dieses Verdikt Symes hat die Forschung der letzten Jahrzehnte wesentlich bestimmt: Zu Beginn seiner Karriere, so könnte man die etablierte Forschungsmeinung in diesem Punkt zusammenfassen, berief sich Octavian mangels besserer Alternativen tatsächlich nahezu ausschließlich auf das Erbe des Diktators. Sobald dieser jedoch als Legitimationsinstanz nicht mehr benötigt wurde, habe der neue princeps ihn gerade durch die Vergöttlichung der politischen Sphäre entzogen und ihn fast vollkommen in den Hintergrund gedrängt.61 Kritik an Symes Einschätzung wurde nur selten geäußert. Dennoch haben Peter White und Dietmar Kienast demonstriert, dass von einer umfassenden Distanzierung des Augustus von seinem Adoptivvater auch nach dem Jahr 27 v. Chr. keine Rede sein kann, sondern dass dieser eine zentrale Stellung im öffentlichen Leben Roms einnahm – sei es durch seinen Tempel, durch diverse Verweise im Kalender oder durch Spiele und andere Zeremonien, die in Erinnerung an seine Siege durchgeführt wurden.62 Damit nicht genug: Auch für konkrete politische und organisatorische Maßnahmen des Augustus lassen sich Anknüpfungen an Caesar nachweisen. Gerade auf dem Gebiet der Heeresorganisation und der Militärverwaltung sind Parallelen und Entwicklungen festzustellen.63 Und schließlich reaktivierte Augustus selbst bei mehreren Gelegenheiten das Andenken an seinen Adoptivvater.64 Symes pauschales Urteil ist aus diesem Grund zu revidieren. In einem Punkt scheint er jedoch Recht zu behalten: Der Feldherr Caesar, der Eroberer Galliens, Sieger über Ägypten, Pontus und Juba von Numidien wurde zumindest im offiziellen Bereich weit weniger thematisiert, als man es möglicherweise zunächst erwarten würde. Der Schlüssel zum Verständnis 59 60 61 62 63

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Suet. Iul. 78,2: ‚Repete ergo a me Aquila rem publicam tribunus!‘ Syme 1979d, 214; weitere Nachweise bei White 1988, 335. In diesem Sinne etwa Ramage 1985, Hahn 1985 oder Donié 1996, 3–75; zur Forschungsgeschichte vgl. auch Sion-Jenkins 2012, bes. 24–27. Vgl. zur Rolle Caesars im Rahmen von Spielen und anderen Veranstaltungen unter Augustus Bajard 2012. Vgl. hierzu speziell Jehne 2012, bes. 30–33, der jedoch zugleich wesentliche Unterschiede zwischen Caesar und Augustus in der Herrschaftsausübung herausarbeitet und dabei vor allem auf Caesars rein „patronale Denkungsweise“ fokussiert, die Augustus überwunden habe (38– 41); zudem Sion-Jenkins 2012, 16–24. Vgl. White 1988 sowie Kienast 2001.

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dieses Sachverhaltes ergibt sich aus den zuvor angestellten Überlegungen: Wie bereits erwähnt, stellten die Unternehmungen Caesars vor dem Erwartungshorizont der römischen Öffentlichkeit nichts Revolutionäres dar. Es waren allein die Dimensionen seines Erfolges, die Caesar zum größten Feldherrn der römischen Geschichte machten – und nicht zuletzt die Art und Weise, wie er selbst diesen Erfolg in Szene zu setzen wusste. Für seinen Nachfolger musste dies zwangsläufig zur Folge haben, dass er sich auf dem Gebiet militärischer Verdienste mit dieser Überfigur zu messen hatte. Die wohl einzige Alternative wäre es gewesen, diese Bühne nicht zu bespielen. Aus Gründen, die in den folgenden Kapiteln dargelegt werden sollen, konnte Augustus jedoch gerade auf das Prestige militärischer Sieghaftigkeit keineswegs verzichten. Dabei lief er allerdings Gefahr, lediglich als Epigone – oder, etwas pessimistischer formuliert, als schlechter Abklatsch – des großen Feldherrn wahrgenommen zu werden. Natürlich hatte auch er selbst spätestens seit dem Sieg bei Actium und der Eroberung Ägyptens beachtenswerte Meriten vorzuweisen. Doch die Eroberung ganz Galliens, der Übergang über den Rhein, die Expedition nach Britannien und weitere Erfolge ließen die Waagschale weiterhin deutlich zu Caesars Gunsten sinken. Augustus wählte folglich die einzige Möglichkeit, die ihm blieb: Er setzte sich auf diesem Gebiet offenbar bewusst nicht in ein Konkurrenzverhältnis zu seinem Adoptivvater und verzichtete darauf, diesen als Sieger und Feldherrn übertrumpfen zu wollen.65 Es ist jedoch von zentraler Bedeutung, den Umgang des Augustus mit Caesar nicht mit dem Caesarbild der augusteischen Zeit gleichzusetzen. Denn der princeps konnte zwar darauf verzichten, sich mit ihm zu messen – ausblenden konnte er die Leistungen und Verdienste Caesars nicht. Der große Feldherr blieb auch in augusteischer Zeit sehr präsent: Es ist kaum vorstellbar, dass seine commentarii nicht in irgendeiner Form kursierten. Sein Name musste in die Listen der Triumphatoren eingetragen werden, in denen Siege auf einen Blick sichtbar wurden. Das Forum Caesars war ein eindrucksvolles Beispiel seiner Leistungsfähigkeit und der Diktator selbst war dort gerade in der Pose des Feldherrn überaus präsent: Die Quellen berichten sowohl von einer Panzerstatue (möglicherweise die erste ihrer Art innerhalb des pomerium) als auch einem Reiterstandbild. Andere Statuen zeigten Caesar wahrscheinlich in Verbindung mit einem globus und der Victoria, auch sie Symbole seiner Sieghaftigkeit. Auf den rostra standen Statuen des Diktators mit der corona civica und der corona obsidionalis.66 Es erscheint schwer vorstellbar, dass Augustus diese Standbilder abzuräumen befahl und dass sich niemand mehr an sie erinnert haben sollte. Selbst wenn er sie mit dem sidus Iulium krönen ließ, zeigten sie noch immer den Feldherrn Caesar. Peter White hat darauf hingewiesen, dass demgegenüber in der Literatur der augusteischen Zeit der Fokus nicht auf Caesar, dem General und Sieger lag.67 Und 65 66 67

Dies führt jedoch nicht notwendigerweise zur Schlussfolgerung, dass Augustus einen anderen außen- und militärpolitischen Kurs als Caesar verfolgte, wie dies insbesondere in der älteren Forschung mitunter vertreten wurde; vgl. hierzu Sion-Jenkins 2012, 23 f. Vgl. hierzu Zanker 2009, 288–301 sowie ausführlich Cadario 2006. Vgl. White 1988, 348. White stellt allerdings fest, dass dies ebenso für Augustus gelte.

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dennoch war er in dieser Rolle mitunter auch dort präsent.68 Bezeichnend ist dabei, wie Dietmar Kienast herausgearbeitet hat, die Charakterisierung Caesars in den Metamorphosen des Ovid. Zwar sei die größte Tat des Diktators die Adoption Octavians gewesen – ein Statement, dem dieser sicher ohne Zögern zugestimmt hätte. Und doch können die Siege Caesars nicht verschwiegen werden: Obwohl er im Feld und auf dem Forum vortrefflich war, verdankt er die Verwandlung in ein neues Gestirn, einen Kometen, nicht allein Kriegen, die mit Triumphen endeten, Friedenswerken in der Heimat und seinem frühzeitigen Tatenruhm, sondern vor allem seinem Sohn. Denn der Vater dieses Mannes zu sein, ist sein größtes Werk. Ist es etwa mehr, das Seevolk der Britanner bezähmt zu haben und mit siegreichen Schiffen auf dem siebenarmigen Strom des papyrusbewachsenen Nils gefahren zu sein, die rückfälligen Numider, den cinyphischen Iuba und Pontus, das stolz auf den Namen Mithridates ist, alle zum Volk des Quirinus hinzugefügt, viele Triumphe verdient, nur einige wenige gefeiert zu haben? Ist dies alles mehr, als der Vater eines so großen Mannes zu sein? Dadurch, dass ihr ihn zum Lenker der Welt machtet, habt ihr, Himmlische, dem Menschengeschlecht eine überschwengliche Gnade erwiesen.69

Es darf somit kaum verwundern, wenn Caesar in den folgenden Kapiteln immer wieder eine Rolle spielen wird. Auch wenn Augustus selbst dies nicht explizit thematisierte, blieb Caesar stets eine Folie, vor der der neue princeps seine militärische Rolle definieren musste. Wenngleich er selbst sich nicht mit seinem Adoptivvater maß – andere konnten dies selbstverständlich tun. Dies galt nicht nur für den militärischen Erfolg als solchen. Auch auf dem zweiten Gebiet, das hier bereits beschrieben wurde, konnte Caesar ebenfalls als implizites Vorbild des Augustus fungieren.70 Schließlich ähnelten sich die Rahmenbedingungen durchaus: Auch der spätere princeps hatte sich in einem möglicherweise noch größer angelegten Bürgerkrieg gegen seine Widersacher durchgesetzt. Die römische Gesellschaft war gespalten, die res publica nach mehreren Jahrzehnten innerer Auseinandersetzungen sowohl personell wie institutionell an ihrer Leistungsgrenze. In dieser Situation mit dem Bürgerkriegssieger Caesar verglichen zu 68

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Vgl. Kienast 2001, 11–18. So verweist Kienast beispielsweise darauf, dass für die Behandlung des Diktators bei Livius zwar möglicherweise eine ambivalente Einstellung zu seinem Objekt vorauszusetzen sei. Doch die militärischen Leistungen Caesars habe auch der Historiker anerkennen müssen: „Den Gallischen Krieg hat Livius sehr ausführlich und jedenfalls nicht in negativem Sinne erzählt.“ (13) Vgl. zudem Ledentu 2012, 160–162. Ov. met. 15,746–759: […] quem Marte togaque / praecipuum non bella magis finita triumphis / resque domi gestae properataque gloria rerum / in sidus vertere novum stellamque comantem, / quam sua progenies. neque enim de Caesaris actis / ullum maius opus quam quod pater existit huius. / scilicet aequoreos plus est domuisse Britannos / perque papyriferi septemflua flumina Nili / victrices egisse rates Numidasque rebelles / Cinyphiumque Iubam Mithridateisque tumentem / nominibus Pontum populo adiecisse Quirini / et multos meruisse, aliquos egisse triumphos, / quam tantum genuisse virum? quo praeside rerum / humano generi, superi, favistis abunde. Auch White 1988, 355 m. Anm. 59 stellt fest, dass gerade der vergöttlichte Caesar in den Werken augusteischer Autoren als das Symbol römischer Sieghaftigkeit erscheint. Auch insofern ist White daher zuzustimmen, wenn er betont, dass die Divinisierung Caesars diesen keineswegs auf ein Abstellgleis der Geschichte verfrachten sollte, sondern eine Innovation darstellte (354 f.). Vgl. Ledentu 2012, 157–160.

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werden, konnte für Octavian bzw. Augustus unter Umständen höchst kontraproduktiv sein. Denn nach seinem Sieg über die Söhne des Pompeius bei Munda hatte dieser seinen Gegnern ein überdeutliches Signal gegeben: Nachdem […] die Truppen verloren waren, versuchte [Cn.] Pompeius sich in einer Höhle zu verstecken, die in einem Tal und an einer zerklüfteten Stelle lag, um nicht leicht entdeckt zu werden, wenn ihn nicht Gefangene verraten hätten. Dort wurde er getötet. Sein Kopf wurde, als Caesar in Gades war, am Vortag der Iden des April nach Hispalis gebracht und dem Volk zur Schau gestellt.71

Eine solche Erinnerung an Caesars Verhalten im Bürgerkrieg und nach seinem Sieg verdunkelte das Andenken an den Diktator nachhaltig. Caesar hatte sich alle Mühe gegeben, sich selbst als den größten Feldherrn Roms zu präsentieren – und er hatte damit Erfolg. Doch daneben blieb auch das Bild des abgeschlagenen und aufgespießten Kopfes des Cn. Pompeius bestehen, zusammen mit dem offenen Bürgerkriegstriumph. Werner Dahlheim konstatiert: „Der in Hispalis aufgespießte Kopf des Gnaeus Pompeius sollte aller Welt kundtun, daß nun der Krater der Bürgerkriege geschlossen und für Rom die Zukunft wieder offen war.“72 Sollte dies tatsächlich in Caesars Absicht gelegen haben, so war das Symbol, das er wählte, ein denkbar ungünstiges für einen Neuanfang. Für Octavian, der doch tatsächlich zunächst – wie Antonius ganz treffend bemerkte – alles seinem Namen und der Anknüpfung an Caesar verdankte73, musste klar sein: Diesen Fehler durfte er nicht wiederholen. Zwar ging Octavian nach seinem Sieg über die Caesarmörder zunächst sogar noch einen Schritt weiter, indem er den abgeschlagenen Kopf des Brutus nicht nur vor Ort zur Schau stellen, sondern ihn gar nach Rom schicken ließ. Die Präsentation dort wurde den Quellen zufolge nur dadurch verhindert, dass das Schiff auf dem Weg sank.74 Auf lange Sicht erwies sich jedoch für Octavian ein anderer Weg als gangbar. Dieser erlaubte es ihm, sich mit Caesar zu messen und dabei sicher zu sein, in diesem Vergleich als Sieger vom Platz zu gehen: In seinen drei Reden vor Caesar entwickelte Cicero eine Strategie, wie man sich mit dem Sieger der Bürgerkriege arrangieren könne.75 Einer der Dreh- und Angelpunkte dieser Strategie bestand darin, eine bestimmte Interpretationsweise für Caesars Leistungen und die Grundbegriffe seiner Selbstdarstellung vorzugeben, um auf diese Weise eine bestimmte Erwartungshaltung zu formulieren: „[…] he encourages Caesar to render himself redundant by restoring the libera res publica.“76 Als entscheidend erweist sich hierfür ein Abschnitt der Rede pro Marcello: 71

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Bell. Hisp. 39,2 f.: […] amissisque auxiliis ad convallem exesumque locum in speluncam Pompeius se occultare coepit, ut a nostris non facile inveniretur nisi captivorum indicio. Ita ibi interficitur. Cum Caesar Gadibus fuisset, Hispalim prid. Id. April. caput allatum et populo datum est in conspectum. Dahlheim 2006, 217 f. Vgl. Cic. Phil. 13,11,24 f. Vgl. Cass. Dio 47,49,2 sowie Suet. Aug. 13,1. Vgl. hierzu u. a. Hall 2009, 103–107 mit einem Überblick über die verschiedenen Interpretationsansätze in der Forschung sowie insbesondere Gildenhard 2011, 223–243. Ebd., 226.

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II. Schweres Erbe – Der Feldherr Caesar als Herausforderung für Augustus Aber wenn diese Stadt nicht festen Grund erhält durch deine Beschlüsse und Anordnungen, dann wird dein Name nur weit und breit umherschweifen, einen festen Platz und einen sicheren Wohnsitz wird er nicht haben. Es wird sich unter denen, die nach uns geboren werden, ein großer Streit erheben, genau wie es bei uns war. Während die einen deine Taten rühmend in den Himmel heben, vermissen andere vielleicht etwas, und zwar das Wichtigste, wenn du nicht den Brand des Bürgerkriegs durch die Rettung des Vaterlandes auslöschst. Dann wird der Bürgerkrieg als vom Schicksal verschuldet erscheinen, die Rettung aber als Folge weiser Überlegung. Denke also an die Richter, die nach vielen Jahrhunderten über dich urteilen werden, und sicher unbestechlicher als wir. Denn ohne Sympathie und Parteinahme und wieder ohne Hass und Neid werden sie ihr Urteil fällen.77

Die Wahl, vor die Cicero Caesar stellt, ist dabei eindeutig, wie Ingo Gildenhard aufgezeigt hat: „[…] either he restores the res publica (which implies his eventual abdication of the dictatorship and retirement from political life, not unlike Sulla) or he faces the perpetuation of civil war – over his own legacy.“78 Cicero beschwor hier folglich das Schreckensszenario eines permanenten Bürgerkrieges – und traf damit einen Nerv. Als Hirtius sich dazu entschloss, das achte Buch des Bellum Gallicum zu verfassen und Caesars Kommentar über den Bürgerkrieg zu veröffentlichen, schien sich Ciceros Prophezeiung zu bewahrheiten: Der Diktator war ermordet worden, erneut marschierten römische Heere gegeneinander auf und Hirtius konnte in seinem Brief an Balbus nur hilflos feststellen, er habe Caesars letztes, unvollendetes Buch von den Kämpfen in Alexandria an fortgeführt bis zum Ende zwar nicht des Bürgerkrieges, das gar nicht abzusehen ist, sondern bis zu Caesars Tod.79

Derjenige, der diesem Zustand ein tatsächliches Ende setzte und damit vollbrachte, was Caesar nicht geschafft hatte, konnte sich folglich ein Denkmal setzen.80 Vor diesem Hintergrund betrat Octavian die Bühne der großen Politik.

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Cic. Marcell. 29: Sed nisi haec urbs stabilita tuis consiliis et institutis erit, vagabitur modo tuum nomen longe atque late, sedem stabilem et domicilium certum non habebit. Erit inter eos etiam qui nascentur, sicut inter nos fuit, magna dissensio, cum alii laudibus ad caelum res tuas gestas efferent, alii fortasse aliquid requirent, idque vel maximum, nisi belli civilis incendium salute patriae restinxeris, ut illud fati fuisse videatur, hoc consili. Servi igitur eis iudicibus, qui multis post saeculis de te iudicabunt et quidem haud scio an incorruptius quam nos; nam et sine amore et sine cupiditate et rursus sine odio et sine invidia iudicabunt. Gildenhard 2011, 232. Caes. Gall. 8, praef. 2: […] novissimumque imperfectum ab rebus gestis Alexandriae confeci usque ad exitum non quidem civilis dissensionis, cuius finem nullum videmus, sed vitae Caesaris. Bezeichnenderweise wählte Cicero in der oben zitierten Passage der Rede pro Marcello eine Formulierung (nisi belli civilis incendium salute patriae restinxeris), die später in abgewandelter Form das ideologische Zentrum der Res Gestae des Augustus bilden sollte (R. Gest. div. Aug. 34,1: postquam bella civilia exstinxeram).

III. FELDHERR, FÜHRER, KRIEGSBEENDER – DIE ROLLE OCTAVIANS WÄHREND DES ZWEITEN TRIUMVIRATS UND IM KRIEG GEGEN ANTONIUS Kurz nach der Ermordung seines Großonkels erfuhr der junge Octavian, der sich zum Studium und wahrscheinlich in Vorbereitung auf den Partherkrieg des Diktators im epirotischen Apollonia aufhielt, von den Ereignissen in Rom. Dreizehn Jahre später war der noch immer junge Imperator Caesar faktisch uneingeschränkter Herr über die Geschicke Roms und seines Weltreichs. Die Zeit zwischen diesen beiden chronologischen Fixpunkten war geprägt von Krieg, Blutvergießen und Tabubrüchen seitens der Protagonisten, die den römischen Staat mitunter nah an den Rand des Zusammenbruchs führten.1 Octavian hatte, wie er selbst in seinen Res Gestae geradezu programmatisch betont, „aus eigenem Entschluss und mit eigenen Mitteln ein Heer aufgestellt“2 und war mit diesem zuerst gegen Antonius und im Anschluss daran zwei Mal gegen Rom selbst gezogen. Schließlich wurde er zum jüngsten Konsul in der Geschichte der Republik gewählt, nachdem einer seiner Zenturionen mit gezogenem Schwert dem versammelten Senat unmissverständlich deutlich gemacht hatte, wie die Entscheidung des Gremiums in dieser Frage seiner Ansicht nach auszufallen hatte.3 Gemeinsam mit Antonius hatte er in der Schlacht von Philippi die Caesarmörder Brutus und Cassius besiegt (wobei seine eigene Rolle immer wieder Anlass zur Kritik gab). Sechs Jahre später setzte er sich mit Hilfe seines Vertrauten Agrippa zunächst gegen Sextus Pompeius durch und stellte anschließend seinen Mittriumvirn Lepidus vor vollendete Tatsachen, indem er ihm die Truppen abwarb und ihm den wohlgemeinten Rat gab, sich sofort in einer Villa mit Meerblick zur Ruhe zu setzen. Als er auf diese Weise seine Machtbasis im Westen des Reiches auf stabilen Boden gesetzt hatte, blieb schließlich nur noch der Kampf gegen Antonius und Kleopatra, den Octavian ebenfalls für sich entscheiden konnte. Dieser kursorische Überblick über die Ereignisse erweckt leicht den Eindruck einer nahezu zwangsläufigen Entwicklung, die unweigerlich auf die Alleinherrschaft des Augustus zulaufen musste.4 In diesem Kapitel soll aufgezeigt werden, 1 2 3 4

Für einen Überblick über die Ereignisgeschichte der Triumviratszeit vgl. Pelling 1996. R. Gest. div. Aug. 1,1: […] exercitum privato consilio et privata impensa comparavi […]. (Übersetzung modifiziert.) Vgl. Suet. Aug. 26,1. Selbstverständlich vollzog sich der Aufstieg Octavians keineswegs im luftleeren Raum, sondern war nur unter den Voraussetzungen des fundamentalen Wandels denkbar, dem das politische System der Republik im 1. Jh. v. Chr. unterworfen war. Im Rahmen dieser Arbeit kann und soll jedoch nicht im Detail auf die Mechanismen eingegangen werden, die schließlich zum Übergang von der Republik zum Prinzipat führten – ebensowenig wie auf die zahlreichen Ansätze der Forschung, die sich mit diesem Sachverhalt befassen. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auf die noch immer grundlegenden Arbeiten von Brunt 1988, 1–92, Meier 1966 und Gruen

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dass die Mechanismen, die die Jahre zwischen der Ermordung Caesars und dem triumphalen Einzug Octavians in Rom nach seinem endgültigen Sieg über Antonius prägten, weit komplexer waren, als es bei einem Blick auf die Ereignisgeschichte den Anschein haben mag: Welche Motive lagen den Handlungen der Protagonisten dieser Jahre zugrunde? Welche Strategien entwickelten sie, um ihre jeweilige Position auf dem Spielfeld der Macht zu etablieren und zu behaupten? Und nicht zuletzt: Vor welchem Hintergrund mussten und konnten sie agieren, um ihre Ziele zu erreichen? Dieser letzten Frage soll im folgenden Abschnitt auf den Grund gegangen werden, bevor das Augenmerk auf Octavians Rolle im Bürgerkrieg und auf den Sieg im Kampf um die Macht, aus dem er schließlich potens rerum omnium hervorging, gelenkt wird. Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen bildet eine Analyse einiger Texte aus dem Bereich der Dichtung. Um dabei etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, ist es notwendig, eine methodische Präzisierung voranzustellen: Die Beschäftigung mit dem Bürgerkrieg stellt nur eine Ausprägung eines der Grundprinzipien augusteischer Literatur dar. Die Dichter (und Gleiches gilt natürlich auch für Historiographen und andere Literaten) produzierten ihre Texte stets vor dem Hintergrund und unter dem Einfluss der politischen, sozialen und kulturellen Rahmenbedingungen. Das soll keineswegs bedeuten, dass sämtliche Literatur, die in der Zeit der Bürgerkriege und des augusteischen Prinzipats entstand, einen politischen Charakter aufweist. Es ist jedoch nicht zu bestreiten, dass die Dichter bestimmte Themen des politischen Diskurses in ihren Werken aufgriffen und verarbeiteten. Den Hintergrund hierfür mussten notwendigerweise die realen politischen und sozialen Gegebenheiten bilden. Wird dieser Bezug nicht berücksichtigt, geht der Literatur, die sich offensichtlich mit politischen Themen beschäftigte, eine wesentliche Dimension verloren. Die ältere Forschung hat in Texten wie Vergils vierter Ekloge oder den frühen Epoden des Horaz, die im Mittelpunkt der folgenden Ausführungen stehen, oftmals nach Belegen für eine mehr oder weniger offizielle Einflussnahme Octavians oder anderer Protagonisten der Bürgerkriegsära gesucht. Um zu einer differenzierten Sichtweise auf die spätrepublikanische und augusteische Literatur zu gelangen und die Texte in die hier behandelten Zusammenhänge einordnen zu können, muss eine solche Prämisse jedoch kritisch hinterfragt werden.5

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1974, die sich dem Ende der Republik mit unterschiedlichen Prämissen nähern und zu durchaus voneinander abweichenden Schlussfolgerungen gelangen. Wie sich der Aufstieg Octavians in diesen Zusammenhang einordnen lässt, hat Ulrich Gotter in seiner Untersuchung zur Politik der Jahre 44/43 v. Chr. deutlich gemacht (Gotter 1996). Von entscheidender Bedeutung war die Tatsache, dass der Zusammenhalt der politischen Elite in den letzten Jahren der Republik immer weiter erodierte (ebd., 233–266; vgl. auch die in eine ähnliche Richtung weisenden Überlegungen von Morstein-Marx/Rosenstein 2006, 629–635 sowie Jehne 2014 mit besonderem Fokus auf der Bedeutung Caesars), was immer größere Spannungen und schließlich die Katastrophe des Bürgerkriegs nach sich zog. Erst vor diesem Hintergrund konnte Octavian eine Chance haben, sich gegen seine Konkurrenten durchzusetzen und die Rolle des Beenders der Bürgerkriege zu kreieren, die im Folgenden einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden soll. Dabei muss an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass eine Auseinandersetzung mit den literarischen Quellen notwendigerweise lediglich schlaglichtartig erfolgen

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Wenn auch wohl niemand mehr die Dichtung der augusteischen Epoche als „Hofliteratur“ oder Ähnliches bezeichnen würde, so hielt sich bis vor kurzem dennoch das Bild einer durch und durch politisierten spätrepublikanischen und augusteischen Literatur6, das von den wegweisenden Überlegungen geprägt war, die Ronald Syme in seinem Kapitel „The Organisation of Opinion“ angestellt hatte7. Peter White fasst treffend zusammen: Augustus has a program which he seeks to communicate to the public; the program turns as much on issues of policy or government as on the projection of a personal image; poetry in Roman society is at least potentially a medium of mass communication; certain poets receive advisories of some sort directly from Augustus or members of his government; the advisories come systematically, and they concern specific messages to be broadcast by the poets.8

Eine solche Sichtweise, die oftmals in den Kategorien von „augusteisch“ und „anti-augusteisch“ denkt, bezeichnet White zu Recht als anachronistisch. In der Zwischenzeit wurde wiederholt herausgearbeitet, dass eine solche Dichotomie für eine Analyse der spätrepublikanischen und augusteischen Literatur in ihrer Gesamtheit unzureichend ist und dass auch das Verhältnis der Dichter zu den politischen und sozialen Rahmenbedingungen ihres Schaffens damit nicht adäquat erfasst werden kann.9 Das Verhältnis des princeps zu den Dichtern seiner Zeit war weit komplexer, als es Dietmar Kienasts Formulierung der „versteckte[n] Zensur“10 vermuten lässt. Von einem Monopol der Patronage seitens des Augustus konnte (zumal in der Zeit vor der Etablierung seiner Herrschaft) keine Rede sein11, ebenso wenig wie von

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kann. Eine eingehende Betrachtung der politischen Dimension der jeweiligen Werke einzelner Literaten sowie ihres soziopolitischen Hintergrundes im Rahmen einer spätrepublikanischen „Bürgerkriegskultur“ würde Stoff für eine eigenständige Studie liefern; vgl. u. a. die Beiträge in Dominik 2009a, den Überblicksartikel von Little 1982 sowie die entsprechenden Abschnitte bei Kienast 2009, 261–307. So wirft noch Kienast 2009, 277 einerseits den Philologen vor, „die Beeinflussung der Dichter durch den Prinzeps zu unterschätzen“, kritisiert jedoch auch den seiner Ansicht nach bei Syme und anderen Historikern feststellbaren Hang zur Trivialisierung politischer Dichtung im Gegensatz zu „wahrer“ Literatur. Vgl. auch die einleitenden Bemerkungen von Dominik 2009b sowie die kritischen Anmerkungen zum dort postulierten Verständnis literarischer Quellen von Börm 2011. Vgl. Syme 2002, 460, der von einer „systematic exploitation of literature on the grand scale“ spricht, wobei er jedoch (und das wurde oftmals übersehen) gleichzeitig betont: „It would be premature to discern in this metamorphosis a frank and generous recognition of the excellence of Augustus’ policy or an unequivocal testimony to the restoration of public liberty; but it does not follow that the poets and historians who lent their talent to the glorification of the new order in state and society were merely the paid and compliant apologists of despotism.“ (459) White 1993, 95 f. Vgl. u. a. die wichtigen methodologischen Überlegungen von Kennedy 1992 und Phillips 1983 sowie Griffin 2005. In der Forschung wurde angesichts dieser Schwierigkeiten zuweilen auch mit dem Begriff „unaugusteisch“ gearbeitet (vgl. Lefèvre 1988 sowie Fantham 1996, 102– 125), der jedoch zumeist noch in der „klassischen“ Dichotomie von unterstützenden und oppositionellen Äußerungen in literarischer Form verhaftet bleibt. Kienast 2009, 267. Vgl. Griffin 2005, 306 f.

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einer systematischen Politik des Eingreifens in literarische Schaffensprozesse.12 Stattdessen, so folgert Peter White, scheint es, […] that Augustan poetry did not acquire its Augustan stamp as the result of a conscious and concerted effort on Augustus’ part. If much of the poetry nevertheless bears a very strong partisan character, the explanation must be sought in initiatives proceeding from the poets’ side.13

Die sich seit den späten 40er- und 30er-Jahren herausbildende Vormachtstellung des späteren princeps mit ihren Vorstellungsmustern, Leitlinien und Selbstdarstellungsschemata bildete natürlich den politischen und sozialen Kontext, in dem die Werke der Literaten entstanden, und damit notwendigerweise einen ihrer zentralen Bezugspunkte – sowohl in institutioneller wie in thematischer Hinsicht.14 In den literarischen Quellen der Prinzipatszeit aber lediglich einen Spiegel der „offiziöse[n] Propaganda“ zu sehen, in deren Rahmen „Augustus selbst in allen wichtigen Fragen den Ton angab“, greift zu kurz.15 Dies gilt umso mehr für die hier untersuchten Werke, deren Entstehung in die Zeit der Bürgerkriege fällt und damit vor die Etablierung der Herrschaft des ersten princeps. Gerade mit Blick auf die Aufarbeitung des Bürgerkrieges in den literarischen Quellen müssen die außerliterarischen Gegebenheiten verstärkt in den Blick genommen werden. Die Dichter und ihre Werke rekurrierten nicht nur auf eine wie auch immer geartete offizielle Sichtweise, sondern auf den politischen und gesellschaftlichen Diskurs über die Krise der traditionellen Ordnung. Dieser Diskurs bot eine breit gefächerte Palette von Themen und möglichen Anknüpfungspunkten für eine Auseinandersetzung im Rahmen eines literarischen Textes – von der Diskussion über moralische Werte und Tugenden über wandelbare religiöse Grundvorstellungen bis hin zu ästhetischen und literaturtheoretischen Überlegungen, die mit sozialpolitischen Fragestellungen der spätrepublikanischen Zeit verknüpft werden konnten. Dabei wurde der Stoff jedoch keineswegs lediglich wiedergegeben, wie es eine Spiegel-Metapher nahelegen könnte. Vielmehr nahmen die Dichter Themen und Positionen auf, die unter anderem von Octavian und seinem Umfeld, aber genauso von der senatorischen Elite oder anderen gesellschaftlichen Gruppen ausgingen, und verarbeiteten diese auf eigene und oftmals ganz spezifische Art und Weise. Die Literaten der späten Republik entwickelten auf diese Weise ihre eigenen Positionen, waren eigenständige Teilnehmer im Rahmen des Diskurses über den Bürgerkrieg und prägten diesen Diskurs eher mit, als dass sie ihn lediglich reflektierten

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Vgl. White 1993, 154. Ebd., 155. Vgl. zum Prozess der Ausformung einer augusteischen Literaturszene und zur Rolle der Literaten auch Gall 2014, Sanchez Vendramini 2010, 249–345 sowie Schmidt 2003. White 2005, 332 unterscheidet für die Zeit des augusteischen Prinzipats zwischen drei Interaktionskontexten, in denen sich Dichter und princeps begegneten: „as a personal friend or acquaintance, as a head of government, and as an emblem of society and nation.“ Kienast 2009, 261. Richardson 2012, 211–217 unterscheidet zwei Phasen augusteischer Literaturpolitik und diagnostiziert für die Jahre seit den ludi saeculares eine stärkere Einflussnahme des princeps.

III 1 Die Bürgerkriege der späten 40er- und frühen 30er-Jahre

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oder illustrierten. Dennoch blieben sie ihm stets verpflichtet; ihre Werke lassen sich nicht von der politischen Realität abkoppeln.16 Die literarischen Quellen lieferten folglich eine eben literarisch gebrochene und unter Umständen weiterentwickelte Sichtweise auf Themen und Positionen, die Spielraum für Interpretation ließ und als solche für die historische Auswertung der Texte von zentraler Bedeutung ist. Zugleich muss festgehalten werden, dass auch die Perspektive der Literaten, die sich in ihren Texten niederschlug, stets nur eine mögliche unter vielen darstellte. Wenn Iris Mäckel davon ausgeht, dass sich in den Texten der Dichter ein generelles „Zeitbewusstsein“ widerspiegelt17, so erweist sich eine solche Prämisse vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen als unzutreffend. Eine Analyse der Texte Vergils und Horaz’ kann durchaus dazu dienen, verschiedene Äußerungsmodi im Umgang mit dem Bürgerkrieg und der Rolle Octavians herauszuarbeiten. Damit soll jedoch keinesfalls suggeriert werden, dass auf diese Weise alle Facetten des komplexen Diskurses über den Bürgerkrieg erfasst werden könnten. Wenn im Folgenden die Eklogen Vergils und die frühen Epoden des Horaz in den Blick genommen werden, soll daher vor allem aufgezeigt werden, an welchen Punkten des Diskurses sich Anknüpfungsmöglichkeiten für Octavian ergeben konnten und wie er diese für die Etablierung und Legitimierung seiner politischen Vormachtstellung nutzte. III 1 DIE BÜRGERKRIEGE DER SPÄTEN 40ER- UND FRÜHEN 30ER-JAHRE III 1.1 Die universale Existenz des Bürgerkriegs in den frühen Texten des Vergil und Horaz und ihre Hintergründe „Du könntest dich doch diese Nacht hier bei mir auf einem grünen Laublager ausruhen“18, ruft in Vergils erster Ekloge der Hirt Tityrus dem seine Herde in eine ungewisse Zukunft treibenden Meliboeus zu. Doch der Fliehende bleibt die Antwort schuldig. Die letzten Worte, die der Dichter Meliboeus in den Mund legt, richten sich bereits gar nicht mehr an den anderen Hirten, sondern an seine Tiere: Geht, ehemals glückliche Tiere, geht, meine Ziegen! Nie mehr werde ich, ausgestreckt in meiner grünen Grotte, euch fern am dornigen Felsen klettern sehen, nie mehr Lieder singen! Und ihr, meine Ziegen, werdet nicht mehr unter meiner Obhut blühenden Schneckenklee und bittere Salweiden knabbern.19

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Vgl. speziell für Horaz die Studie von Lowrie 2007. Vgl. die allzu verkürzende Aussage von Mäckel 2002, 233 zur vierten Epode des Horaz: „Horaz läßt die Zeitgenossen auf der Via Appia reden. Er gibt also offenbar den herrschenden Zeitgeist wieder.“ Verg. ecl. 1,79 f.: Hic tamen hanc mecum poteras requiescere noctem / fronde super viridi […]. Verg. ecl. 1,74–78: ite meae, quondam felix pecus, ite capellae. / non ego vos posthac viridi proiectus in antro / dumosa pendere procul de rupe videbo; / carmina nulla canam; non me pascente, capellae, / florentem cytisum et salices pascetis amaras.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

Meliboeus musste seine „grüne Grotte“ verlassen, ohne die Hoffnung zu haben, wieder dorthin zurückzukehren.20 Bis vor kurzem noch ähnelten seine Lebensumstände denen des Tityrus, der auf der Wiese sub tegmine fagi ebenfalls in einer grünen Grotte verortet wird.21 Unweigerlich drängt sich daher die Frage auf, ob auch das Idyll des Tityrus inmitten des Chaos von Veteranenansiedlung und Vertreibung entgegen der emphatisch zum Ausdruck gebrachten Hoffnung des Hirten nur von begrenzter Dauer sein könnte22: Meliboeus jedenfalls scheint das Verweilen bei seinem Gegenüber am Ende des Gesprächs nicht mehr als eine Option anzusehen, sondern treibt seine Tiere bereits weiter.23 Die Idylle, die Tityrus am Ende des Gedichtes noch einmal beschreibt, erhält auf diese Weise einen faden Beigeschmack: Sie bietet dem ins Exil Fliehenden keine dauerhafte Sicherheit und Rettung.24 Vergil konfrontiert die Leser und Hörer seines Gedichtes im Jahre 4125 mit der sie umgebenden Realität und lässt sie zurück mit einer extrem pessimistischen Zu20 21 22

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Vergil verwendet hier offenbar zum einzigen Mal in seinem Werk die Vokabel posthac, gleichbedeutend mit „in Zukunft“ oder „von nun an“; vgl. Clausen 1994, 58, der darauf hinweist, dass diese Wendung bei Vergil an anderer Stelle nicht belegt ist. Vgl. v. Albrecht 1995, 150 f. Verg. ecl. 1,59–63: Ante leves ergo pascentur in aethere cervi / et freta destituent nudos in litore piscis, / ante pererratis amborum finibus exsul / aut Ararim Parthus bibet aut Germania Tigrim, / quam nostro illius labatur pectore voltus. („Eher werden leichtfüßige Hirsche im Äther weiden, eher läßt die Flut die Fische schutzlos an der Küste liegen, eher trinkt als Verbannter nach langer Irrfahrt durch Ost und West der Parther vom Wasser der Saône und der Germane vom Tigris, als daß je sein [d. h. seines Beschützers] Antlitz aus meinem Herzen entschwindet.“) Vgl. Powell 2008, 187, der mit Blick auf die Eröffnungsverse zu bedenken gibt: „ […] he [i. e. Vergil] could hardly remain in undisturbed Theocritan mode more briefly.“ Vgl. Batstone 1990, 12–14. Nussbaum 1990, 140 stellt dagegen kategorisch fest: „Of course Meliboeus accepts – to do otherwise, and drive his animals through the night, would simply be bizarre.“ Verg. ecl. 1,82 f.: et iam summa procul villarum culmina fumant / maioresque cadunt altis de montibus umbrae. („Und schon steigt in der Ferne von den Dächern der Gehöfte Rauch auf, und länger fallen von den hohen Bergen die Schatten.“) In der Forschung werden diese Verse oftmals in Zusammenhang mit den vorangehenden Zeilen als eine Beschreibung der idyllischen Umwelt des Tityrus gesehen, als eine Art Landschaftsgemälde, in dem Vergil seinen neuen Typ der Pastorale vorstellt (vgl. u. a. Fraenkel 1959, 25, Anm. 3, Osgood 2006, 125 sowie Clausen 1994, 59 f.). Eine eingehendere Beschäftigung mit den Hintergründen des Gedichtes lässt jedoch möglicherweise eine alternative Lesart zu und wirft die Frage auf: Ist der Rauch über den Gehöften ein Zeichen für die Idylle, in der Tityrus lebt, oder verbirgt sich dahinter implizit ein Hinweis auf den Krieg als eine andere mögliche Ursache des fernen Rauchs über den Gehöften und auf die mögliche Bedrohung eben dieser Idylle? Dabei muss es sich nicht einmal um einen tatsächlichen Krieg handeln, muss in der Erwähnung des Rauchs keineswegs eine Umschreibung für brennende Gehöfte gesehen werden. Der Verweis auf die discordia kann weit subtiler ins Spiel gebracht werden, wenn man v. Albrecht 1995, 145 heranzieht. Er weist darauf hin, dass sich eben auch die Soldaten auf den Höfen ihr Abendessen zubereiten, und sieht darin zugleich ein Zeichen für die Macht der Natur, „die dem Gedicht die Grenze setzt und die auch den Ruhelosen in ihren Frieden mit hineinnimmt.“ Eine Anspielung auf die die Höfe der Vertriebenen besetzenden Soldaten dürfte jedoch wohl gerade die gegenteilige Wirkung erzielt haben. Die genaue Datierung der Eklogen ist seit jeher umstritten (vgl. hierzu Glei 1991, 45, Anm. 13 mit einem Überblick über die entsprechende ältere Literatur sowie Schmidt 1974). Für die erste Ekloge wird jedoch im Allgemeinen ein Entstehungsdatum um das Jahr 41/40 herum angenom-

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kunftsvision: Selbst Tityrus, dessen Ruhe und Sicherheit doch von einem Menschen garantiert werden, den der Hirte aufgrund dieser Leistung wie einen Gott verehrt26, kann sich der Realität nicht verschließen – er ist umgeben vom Bürgerkrieg und seinen Begleiterscheinungen, die jeden in einen Meliboeus verwandeln, jeden zum Flüchtling machen können, der von seinem Land vertrieben wurde und keinen anderen Ausweg mehr sieht, als in die entlegensten Gegenden der Welt zu ziehen ohne die Hoffnung, jemals wieder zurückkehren zu können. Die Ursache dieses Zustandes benennt Meliboeus selbst ganz eindeutig, wenn er ausruft: „So weit hat Zwietracht uns unglückselige Bürger gebracht!“27 Discordia ist es folglich, die die Bürger Roms dazu treibt, gegeneinander ins Feld zu ziehen, und die verantwortlich ist für das Leid, das Meliboeus und seine Schicksalsgenossen infolgedessen trifft. Worauf diese discordia beruht, was ihr Anlass ist, geht jedoch aus den Äußerungen der Hirten nicht hervor – fokussiert wird lediglich auf das Ergebnis: den fortgesetzten Bürgerkrieg, die daraus resultierende unmittelbare Not der Zivilbevölkerung und die neue Verbitterung, die in den Äußerungen des Meliboeus über den „rücksichtslosen“ und „barbarischen“ Soldaten, der sein Landgut besetzt hat, zum Ausdruck kommen.28 Doch nicht nur gegen die Soldaten richtet sich sein Zorn, vielmehr schwingt er implizit auch in den Klagen dem noch verschonten Tityrus gegenüber mit, wenn Meliboeus bereits zu Beginn der Ekloge geradezu vorwurfsvoll ausruft: Du, Tityrus, lehnst dich zurück, beschirmt von der weitverzweigten Buche, und übst auf feinem Schilfrohr ein ländliches Lied. Wir aber müssen den Heimatboden verlassen, die lieben Gefilde! Wir flüchten aus der Heimat; du aber, Tityrus, liegst seelenruhig im Schatten und lehrst die Wälder, ‚Schöne Amaryllis‘ zu antworten.29

Vergil zeigt auf, dass in diesem Zustand, in diesem Ungleichgewicht des individuellen Wohlergehens, bereits wieder neue Spannungen angelegt sind: Neid auf diejenigen, die Profit ziehen aus den Bürgerkriegen oder zumindest von den gravierenden Folgen, wie sie Meliboeus erleiden muss, aufgrund der Patronage eines Mächtigen ausgenommen sind.30 Die Idylle, in der Tityrus lebt, ist also nicht nur durch

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men (vgl. Mäckel 2002, 102, Anm. 13); vgl. dagegen Clausen 1972, dessen Position sich allerdings nicht durchsetzen konnte. Verg. ecl. 1,6–8: O Meliboee, deus nobis haec otia fecit. / namque erit ille mihi semper deus, illius aram / saepe tener nostris ab ovilibus imbuet agnus. („O Meliboeus, ein Gott hat uns diese Muße beschert. Ja, für mich wird er stets ein Gott sein; oft wird ein zartes Lamm von unseren Pferchen seinen Altar mit Blut benetzen.“) Verg. ecl. 1,71 f.: en quo discordia civis / produxit miseros […]. Verg. ecl. 1,70 f.: impius haec tam culta novalia miles habebit, / barbarus has segestes […]. Dabei wird jedoch nicht der Soldat selbst für die Zustände verantwortlich gemacht. Die Landbesetzung ist als Folge des Bürgerkriegs lediglich ein Symptom für die Existenz der discordia; vgl. Videau 2009, 250. Ver. ecl. 1,1–5: Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi / silvestrem tenui Musam meditaris avena: / nos patriae finis et dulcia linquimus arva. / nos patriam fugimus: tu, Tityre, lentus in umbra / formosam resonare doces Amaryllida silvas. Dies wird noch deutlicher durch die Tatsache, dass Meliboeus einerseits seinem Gesprächspartner explizit versichert, keinen Neid zu empfinden, andererseits im selben Atemzug sein eigenes

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

die unmittelbaren Ereignisse in Gefahr, die in einer implizit vorhandenen Verkehrung der idyllischen Ausgangssituation31 als drohende Schatten am Ende des Gedichtes präsent sind. Vielmehr ist es bereits die Existenz dieser Idylle, die zur Aufrechterhaltung der discordia ihren Teil beiträgt – selbst wenn dies gar nicht in der Absicht des Tityrus liegen sollte.32 Die einzige Erklärung, die Vergil anbietet, gleicht folglich einem Zirkelschluss: Zwietracht verursacht Bürgerkrieg verursacht Zwietracht. Das pessimistische Zukunftsbild, das der Dichter dadurch in der ersten Ekloge zeichnet, wird verstärkt durch den Eindruck, dass eine tatsächliche Klärung der Ursachen innerrömischer Spannungen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich erscheint. Der entscheidende Punkt ist, dass der Bürgerkrieg existiert, eine Realität ist, die das Leben eines jeden beeinflusst33: Schicksale können sich wenden, Sicherheit kann nicht dauerhaft und schon gar nicht für alle garantiert werden.34 Damit werden auch der vordergründige

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Leiden vor Tityrus ausbreitet; Verg. ecl. 1,11–13: Non equidem invideo, miror magis: undique totis / usque adeo turbamur agris. en ipse capellas / protinus aeger ago; hanc etiam vix, Tityre, duco. („Nein, ich neide es dir nicht, ich staune vielmehr; so heftig wirbelt es uns überall auf dem flachen Lande durcheinander! Schau, ich selbst treibe unter Schmerzen meine Ziegen vorwärts; diese hier ziehe ich gar nur mit Mühe hinter mir her, mein Tityrus.“) Definiert der Schatten (umbra) zu Beginn des Gedichtes noch das Idyll des Tityrus, wird bezeichnenderweise derselbe Ausdruck am Ende zum Symbol des drohenden Einbruchs der Realität – wenn auch nicht explizit, so doch in einer Lesart, welche die dargelegten Hintergründe berücksichtigt und dazu führt, im Schatten eventuell mehr zu sehen, als nur die hereinbrechende Dunkelheit; vgl. Putnam 1970, 80, der folgert: „[…] the poem as a whole is a design of darkness.“ Powell 2008, 188 f. betont, dass die beiden Hirten untereinander keinen Konflikt ausfechten, und dass sich die Wut des Meliboeus nicht gegen Tityrus richtet, sondern gegen die Triumvirn und ihre Landverteilung. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass Vergil das Spannungspotential der Situation deutlich zum Ausdruck bringt. Vgl. Glei 1991, 46, der in diesem Zusammenhang von einer Historisierung der bukolischen Welt spricht, sowie Powell 2008, 183–186, der auf die Schwierigkeiten hinweist, die für Vergil mit der Bezugnahme auf zeitgeschichtliche Themen verbunden waren. Dabei geht der Befund über die Feststellung bei Mäckel 2002, 108, es scheine „in diesen Jahren nicht mehr wichtig zu sein, wer die Not womöglich verursacht“, hinaus: Die Frage nach Ursache und Verursacher des Bürgerkriegs kann eben nicht beantwortet, sondern lediglich auf eine systemimmanente Ursache zurückgeführt werden. Die Idylle des Tityrus wird hier folglich keineswegs als Lösung der Probleme präsentiert, die auf ein diffuses Zeitbewusstsein rekurrieren könnte, das „sich eine a-politische Idylle, d. h. ein Leben fern von der Politik herbei[sehnt]“, wie Mäckel 2002, 109 dies postuliert, ohne dabei den Begriff des „Zeitbewusstseins“ näher zu definieren. Zwar hat Mäckel Recht, wenn sie betont, dass in der ersten Ekloge Frieden und Sicherheit eine bedeutende Rolle spielen (108). Sie übersieht jedoch, dass der Fokus vor allem auf der Abwesenheit dieser Zustände liegt und dass der Frieden des Tityrus von Vergil erst entworfen und zugleich kritisiert wird, da er ja wieder zu neuer discordia führt. Zum Ausdruck kommt folglich primär die Unsicherheit, die zum Zeitpunkt der Abfassung des Gedichts das politische Geschehen bestimmt. Das Publikumsinteresse wird demnach nicht bedient durch die reine Reflexion einer allgemein verbreiteten Friedenssehnsucht (ebd.) und die Präsentation einer Lösung (vgl. Glei 1991, 49), sondern vielmehr durch die Formulierung des Problems. Das Gedicht ist also im Sinne Osgoods (2006, 127) „not so much a reflection of larger historical events as a part of them. […] It is impossible to imagine the eclogue as belonging to a time of domestic tranquility.“

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Ausweg aus dem Kreislauf von inneren Spannungen und bewaffneten Auseinandersetzungen und der Schutz durch einen der mächtigen Männer relativiert35: Selbst wenn dieser (sei es nun Octavian oder nicht36) Tityrus für den Moment Sicherheit bieten kann, muss dies nicht von Dauer sein, sondern kann wiederum zu neuen Spannungen führen37 – der Perusinische Krieg, der eben diese düstere Zukunftsvision, die Vergil zeichnet, bald bestätigen sollte, scheint hier bereits durch die Zeilen hindurch.38 Diese militärische Auseinandersetzung auf italischem Boden, die in der Belagerung und Plünderung Perusias ihr Ende fand39, brannte sich offenbar tief ins Gedächtnis der Bürgerkriegsgeneration ein. Noch nach Actium führte Properz seinem Publikum die Gewalt und das Leid, das aus dieser erwuchs, vor Augen, wenn er den 35

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Ein Teil der Forschung sieht den Text mit Verweis auf die antiken Kommentare und in Anlehnung an die sog. two-voices-Theorie als eine kritische Auseinandersetzung mit Octavian an (vgl. exemplarisch v. Albrecht 1995, 144 f. sowie Doblhofer 1987, 80). Mäckel 2002, 105 bemerkt, Octavian habe zur Abfassungszeit der Ekloge „noch sehr zwiespältige Gefühle unter den Bürgern ausgelöst.“ Dennoch ist die Überhöhung Octavians seitens des Tityrus wohl nur schwer von der Hand zu weisen, wenn man wohl auch nicht so weit gehen kann wie Glei 1991, 48 f., der davon ausgeht, Octavian habe für Vergil „ein Zeichen der Hoffnung gesetzt […], das im Moment vielleicht nur ein Anfang, aber doch immerhin ein Zeichen ist, das Vergil enthusiastisch begrüßt […].“ Osgood 2006, 121 führt an, dass die Kritik im Text sich vor allem auf die Soldaten beziehe und nicht auf die Triumvirn, die für das Unheil, das über die Enteigneten hereinbrach, verantwortlich waren. Allerdings sei möglicherweise genau in der ambivalenten Haltung zu Octavian einer der wesentlichen Sinngehalte des Gedichtes zu suchen (122); vgl. auch Wimmel 1998 sowie Effe/Binder 2001, 54, die im Octavian der Ekloge den „Stifter von Unfrieden und Frieden, von Chaos und Ordnung“ sehen (ähnlich Powell 2008, 193–196; dagegen Mäckel 2002, 106, Anm. 26). Vor dem Hintergrund der Landkonfiszierungen und der sich daraus ergebenden Konflikte spricht einiges dafür, in diesem deus, der an anderer Stelle auch als iuvenis bezeichnet wird (V. 42), Octavian zu sehen, wie es in der Forschung auch oftmals vorgebracht wurde (vgl. u. a. Osgood 2006, 116 f., der darauf hinweist, dass bereits Servius in seinem Kommentar diese Identifizierung vornimmt, sowie Mäckel 2002, 105 mit Anm. 25; dagegen u. a. Zimmermann/ von den Hoff/Stroh 2014, 111; einen Überblick über anderslautende Positionen gibt Kienast 2009, 209, Anm. 260). In der Forschung sind immer wieder die beiden „ganz verschiedene[n] Lebenssituationen“ der beiden Hirten angeführt worden, die Vergil einander gegenübergestellt habe (vgl. hier exemplarisch Mäckel 2002, 105). Vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen ergibt sich, dass die beiden vordergründig tatsächlich konträren Schicksale des Meliboeus und des Tityrus sich in einem entscheidenden Punkt kreuzen – für beide bildet der Bürgerkrieg den Ausgangspunkt und es muss offen bleiben, ob sich entgegen der Aussagen des Meliboeus und der Hoffnungen des Tityrus letzterer angesichts des Kreislaufs aus discordia und Bürgerkrieg sein Idyll aufrecht erhalten kann; vgl. Dominik 2009c, 122, der auf die gesamte Reihe der Eklogen bezogen von einer „disintegration of the locus amoenus“ spricht und weiter feststellt: „His [d. h. Vergils] Italian landscapes are manifestations of the political disorder and geographical dislocation caused by military and civil conflict to the rural environment of contemporary Italy.“ (125) Osgood 2006, 163 charakterisiert den Krieg den Konfliktlinien folgend, die in der ersten Ekloge nachgezeichnet werden, als Auseinandersetzung zwischen „the landowners of Italy and the soldiers of Octavian“ (vgl. bereits Syme 2002, 208 sowie Powell 2008, 189 f.). Zum bellum Perusinum vgl. Gabba 1971, Kienast 2009, 4 f. sowie Pelling 1996, 14–16.

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bei Perusia gefallenen Verwandten Gallus in Form seines Epitaphs von seinen verstreuten Gebeinen berichten lässt.40 Doch damit nicht genug: Selbst als Octavian den Krieg gegen L. Antonius für sich entschieden hatte, schien es, als sei Italien und seinen Einwohnern keine Ruhe vergönnt. Nachdem der aus dem Osten zurückeilende Antonius mit seinen Truppen vor den geschlossenen Toren Brundisiums stand und Octavian sich anschickte, seine in der Stadt lagernden Legionen zu entsetzen, steuerte man auf einen erneuten Krieg auf italischem Boden zu – dieses Mal jedoch zwischen den Triumvirn selbst.41 Die antiken Quellen berichten, dass lediglich die Veteranen, die sich weigerten gegeneinander zu kämpfen, Octavian und Antonius dazu brachten, eine diplomatische Lösung zu suchen.42 Emilio Gabba deutete diese Haltung der Truppen als Ausdruck eines allgemein herrschenden und die gesamte italische Bevölkerung umfassenden Friedensbedürfnisses, welches die Vorgänge um Brundisium selbst und ihre Nachwirkung nachhaltig geprägt habe.43 Wenn auch die Motive der beteiligten Soldaten, Veteranen und Offiziere vielschichtiger gewesen sein dürften, als eine solch pauschale Formulierung es vermuten lässt44, ist zu konstatieren, dass der Aspekt des Friedens bzw. spezifischer der concordia, des Einvernehmens zwischen Angehörigen des gleichen Volkes bzw. zwischen politischen Entscheidungsträgern45, eine zentrale Rolle in der politischen und literarischen Rezeption der Ereignisse einnahm. 40 41 42 43 44

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Prop. 1,21,9 f.: et quaecumque super dispersa invenerit ossa / montibus Etruscis, haec sciat esse mea. Zu den Nachwirkungen des bellum Perusinum im Bereich der augusteischen Selbstdarstellung s. Kap. IV 1. Vgl. hierzu Gabba 1971, 152 sowie Osgood 2006, 188 und Wallmann 1989, 135–146. App. civ. 5,230–271; Cass. Dio 48,27,3–28,2. Vgl. Wallmann 1989, 146–152 sowie Keaveney 2007, 50. Gabba 1971, 152; vgl. auch Bleicken 2010, 198, der davon spricht, Octavian habe die „Friedenssehnsucht [der Soldaten] vielleicht sogar in seine Berechnungen einkalkuliert.“ Das Heer der späten Republik war eine hochgradig politisierte Institution, die Soldaten vertraten gegenüber ihren Feldherren teils dezidiert eigenständige Interessen; vgl. Keavenay 2007, 50, der mit Bezug auf den Vertrag von Brundisium feststellt: „The subsequent treaty with Antony, known as the peace of Brundisium, came about, in part, because the soldiers desired it and compelled their commanders to act thus.“ Botermann 1968, 172 sieht im Verhalten der Soldaten vor Brundisium den Höhepunkt ihrer politischen Tätigkeit in den Jahren der späten Republik. Wallmann 1989, 151 f. hebt hervor, dass es sich gleichzeitig auch um den Endpunkt dieser Entwicklung handelte, da sich in der Folge die Zusammensetzung der Heere nachhaltig veränderte und die Gemengelage unterschiedlicher Vorstellungen sich verschob. In der Folge, so Wallmann, habe sich das Interesse der neu rekrutierten Soldaten vor allem auf materielle Sicherheit gerichtet, eine „Entpolitisierung dieser Neurekrutierten [sei] deutlich erkennbar“ (158). Tatsächlich stellte die direkte Einflussnahme der Soldaten und Offiziere auf das politische Geschehen einen entscheidenden Schritt in der Politisierung des Heeres dar. Hierin jedoch wie Wallmann gleichzeitig den Endpunkt dieses Prozesses und ein Umschwenken auf rein materialistisch geprägte Denkmuster zu sehen, wird der Rolle, die das Heer auch nach Brundisium in der Politik der späten Republik und des frühen Prinzipats einnahm, nicht gerecht. Zum hier durchscheinenden traditionellen Begriff der „Heeresklientel“, der ebenfalls die materielle Seite der Beziehungen zwischen Soldaten und Feldherren in den Mittelpunkt rückt, und zur Rolle des Heeres in der Politik der späten Republik allgemein s. o. S. 18–21. Vgl. zum Begriff der concordia u. a. Hellegouarc’h 1972, 125–127.

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Diese literarische Bearbeitung der Ereignisse des Perusinischen Krieges und der Vorgänge von Brundisium findet ihre prägnanteste Form in einem der wohl meistuntersuchten Werke der lateinischen Literatur: Vergils vierter Ekloge. Der Dichter, so resümiert Dietmar Kienast, „verkündet hier nicht weniger als den Anbruch eines neuen Goldenen Zeitalters.“46 Tatsächlich schreibt Vergil: „[…] schon wird neuer Nachwuchs vom hohen Himmel herabgesandt. Dem Knaben, der soeben geboren wird und mit dem das eiserne Geschlecht endlich vergehen und auf der ganzen Welt ein goldenes Geschlecht erstehen wird, sei du gnädig, keusche Lucina!“47 In der Gegenwart, in der Zeit, in der das Gedicht selbst entsteht, werden die Grundlagen gelegt für die Entstehung dieses „goldenen Geschlechts“: „Ja, unter deinem Konsulat, Pollio, wird dieses herrliche Zeitalter anheben, beginnen die großen Monde ihren Lauf; unter deiner Führung werden etwa noch verbliebene Spuren unseres Frevels ihre Wirkung verlieren und so die Lande von ständiger Furcht befreien.“48 Das Bild dieses neuen Zeitalters, das Vergil daraufhin zeichnet, hat nichts mehr vom Pessimismus, der noch das Ende der ersten Ekloge so maßgeblich geprägt hat: Es wird eine geradezu utopische Zukunftsvision entworfen49, die ihren utopischen Charakter jedoch sogleich wieder verliert, indem Vergil sie nochmals in der realen Welt fest verankert. Gegen Ende des Gedichts wird die Hoffnung geäußert, dass der Sprecher das Zeitalter, das mit der Geburt des Kindes seinen Anfang nimmt, in seiner endgültigen Ausprägung noch selbst erleben kann: „O möge mir dann der letzte Teil eines langen Lebens verbleiben und noch so viel Schwung, um von deinen Taten zu künden!“50 In der vierten Ekloge sind neben gattungstheoretischen und -geschichtlichen Verweisen sowie sprachlichen, stilistischen und formalen Besonderheiten zahlreiche Motive und Interpretationsansätze angelegt, die in der Forschung bereits vielfach bearbeitet wurden. 51 In den Mittelpunkt der folgenden Überlegungen soll jedoch insbesondere die Frage nach möglichen Hintergründen des Gedichts und der Konzeption des Begriffspaares discordia – concordia rücken, die bereits in der Betrachtung der ersten Ekloge aufgeworfen wurde. Vergil gruppiert seinen Text um ein zentrales Leitmotiv herum: die Inversion der Weltalterlehre Hesiods52, die hier 46 47 48 49 50 51 52

Kienast 2009, 290. Verg. ecl. 4,7–10: iam nova progenies caelo demittitur alto. / tu modo nascenti puero, quo ferrea primum / desinet ac toto surget gens aurea mundo, / casta fave Lucina […]. Verg. ecl. 4,11–14: teque adeo decus hoc aevi, te consule inibit, / Pollio, et incipient magni procedere menses; / te duce, si qua manent sceleris vestigia nostri, / inrita perpetua solvent formidine terras. Vgl. Galinsky 1996, 91. Verg. ecl. 4,53 f.: o mihi tum longae maneat pars ultima vitae, / spiritus et quantum sat erit tua dicere facta. Die Sekundärliteratur zu diesem Gedicht ist mittlerweile nahezu unüberschaubar. Einen Überblick über die einschlägigen Forschungspositionen liefern Galinsky 1996, 91 m. Anm. 32 sowie Nisbet 2008. Hes. erg. 90–200. Vgl. Powell 2008, 212 sowie Osgood 2006, 195: „Vergil’s poem overrules the literary tradition – and therefore, human destiny – by claiming that the Golden Age has arrived, and is achievable in the present.“ Unabhängig davon, ob Vergil sich hier direkt auf Hesiod oder auf ein Sibyllinisches Orakel bezog (vgl. hierzu Kubusch 1986, 91 f.), ist die Auf-

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erstmals in der lateinischen Literatur in dieser Form in Erscheinung tritt –Vergil verwendet hier noch nicht den Ausdruck aurea saecula, sondern spricht in Anklang an Hesiods χρύσεον γένος noch von einer gens aurea.53 Die Gegenwart wird folglich charakterisiert als Zeit einer gens ferrea, eines „ehernen Geschlechts“, das unter dem Einfluss eines „Frevels“ (scelus) steht, dessen allfällige Spuren noch sichtbar sind.54 Es dürfte unschwer zu erkennen sein, dass Vergil damit auf den Bürgerkrieg (möglicherweise sogar ganz spezifisch auf den Perusinischen Krieg und die Vorgänge bei Brundisium) anspielt, als dessen Ursache Meliboeus in der ersten Ekloge das Vorhandensein der discordia benannt hatte.55 Das gegenwärtige „Menschengeschlecht“ der vierten Ekloge ist folglich charakterisiert durch die Existenz der discordia und des durch sie verursachten Bürgerkriegs. Ebenso wie in der ersten Ekloge wird für die Entstehung der discordia keine Erklärung geboten, die zu einer Lösung des Problems beitragen könnte. Die Existenz der gens ferrea wird vielmehr eingeordnet in unabänderliche Zeitläufe, in „die große Reihe der Äonen“, die von neuem beginnt.56 Was angesichts der gegenwärtigen Zustände, die auf diese Weise ebenfalls gleichsam unabänderlich erscheinen, bleibt, ist folglich die Hoffnung, dass „das eiserne Geschlecht endlich vergehen und auf der ganzen Welt ein goldenes Geschlecht entstehen wird“. Symbol für diesen Neubeginn, der von der gens ferrea zur gens aurea führt, ist der puer, dessen Geburt unmittelbar bevorsteht. Mit ihm wird das goldene Ge-

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nahme und Bearbeitung hesiodischer Motivik unverkennbar und als solche nur selten in Zweifel gezogen worden (vgl. ebd., 93 f.; Du Quesnay 1999, 298, Anm. 146 verweist auf Parallelen zwischen Hesiod und Vergils Ekloge). Gegen den Aspekt der Inversion wendet sich Gatz 1967, 103: „Von einer stufenmäßigen, allmählichen Entwicklung der goldenen Zeit bis zur Vollendung ist nichts zu finden. Vielmehr ist mit der Geburt des Kindes das goldene Zeitalter endgültig da und präsent.“ Vgl. Kubusch 1986, 93 sowie Gatz 1967, 90. Zur Entwicklung der Begriffe gens aurea und aurea saecula vgl. Baldry 1952. Vor diesem Hintergrund erweist sich das oben zitierte Diktum Gatzʼ (s. Anm. 52) als unhaltbar. Die explizite Bezugnahme auf die priscae vestigia fraudis zeigt deutlich, dass das goldene Zeitalter sich erst entwickeln muss. Die Erklärung, die Gatz 1967, 100 liefert („Das goldene Zeitalter, das in seiner ganzen Fülle da ist, wird zeitweilig aufgehoben und kehrt dann wieder zurück.“) kann nicht befriedigen. Gatzʼ Leseweise ist möglicherweise gerechtfertigt, wenn man die Situation der Säkularspiele des Jahres 17 v. Chr. der Interpretation der Ekloge zugrunde legt, nicht jedoch die Umstände Ende der 40er- und Anfang der 30er-Jahre (vgl. hierzu Biesinger [i. Vorb.]). Vgl. Osgood 2006, 194 m. Anm. 131 sowie Mäckel 2002, 113. Verg. ecl. 4,5: magnus ab integro saeclorum nascitur ordo. Vergil greift den hesiodischen Plan einer absteigenden Anordnung der Zeitalter hier in gewisser Weise noch einmal auf, um ihn daraufhin in sein Gegenteil zu verkehren. Dennoch impliziert die Wendung iam redit et Virgo, redeunt Saturnia regna (Verg. ecl. 4,6), dass bereits eine bessere Zeit als die Gegenwart existierte (zur spezifischen Bedeutung des Ausdrucks Saturnia regna und seinem Bezug zu den Georgica vgl. Kubusch 1986, 94–103 sowie Galinsky 1996, 93–101 und 121–128). Im Gegensatz zu Hesiod, der seine Reihe mit der eisernen Generation enden lässt, ist bei Vergil jedoch die Überwindung dieses Zeitalters Voraussetzung für das Entstehen (oder Wiederkehren) einer neuen goldenen Zeit – wenn man sich auch fragen mag, ob ein erneuter Verfall nicht möglicherweise impliziert wird, wenn die Reihe der saecula sich wiederholt.

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schlecht entstehen, sein Wachstumsprozess verläuft parallel zu den verschiedenen Stufen, die zur Vollendung des neuen Zeitalters führen. Dabei macht Vergil durch die Formulierungen, die er wählt, um die Verbindung zwischen dem goldenen Zeitalter und dem Kind herzustellen, deutlich, dass der puer auf das Geschehen selbst keinen Einfluss nimmt. Zwar „wird er einen Erdkreis regieren, der durch die Heldentaten seines Stammvaters befriedet ist.“57 Doch die Entstehung des Zeitalters selbst vollzieht sich gleichsam ohne sein (oder irgendjemand anderes) Zutun58: Die Erde wird ihm von sich aus „kleine Erstlingsgaben in Fülle spenden“, „freiwillig werden die Ziegen ihre von Milch strotzenden Euter nach Hause tragen“ und „von selbst wird deine Wiege für dich einen lieblichen Blumenteppich ausbreiten“.59 Auch später begleitet das Kind in seinem Prozess des Erwachsenwerdens die Vollendung des goldenen Zeitalters mehr, als dass es Einfluss darauf nehmen würde. Die Figur des puer kann somit auf der Ebene des Textes als eine Art pars pro toto gelesen werden, als ein Bestandteil der gens aurea, die die Verwirklichung eines neuen goldenen Zeitalters erlebt.60 Seine Geburt und seine Entwicklung stehen eher symbolisch für die Entwicklung dieses Zeitalters, als dass sie die notwendige Voraussetzung dafür bilden würden. Ebenso wie die eiserne Generation ein existierendes Faktum darstellt, werden auch die Ablösung des gegenwärtigen Zustandes, der geprägt ist durch den frevelhaften Bürgerkrieg und die discordia, und die Vollendung des goldenen Zeitalters, in dem schließlich umfassender Frieden und Wohlstand herrschen werden, sich unweigerlich vollziehen, ohne dass die Menschen selbst darauf Einfluss nehmen müssten. Offenbar bedarf es jedoch bestimmter Voraussetzungen für das Anbrechen des neuen Zeitalters, bestimmter Voraussetzungen für die Geburt des Kindes. In der Forschung sind zahlreiche Versuche unternommen worden, den erwähnten puer mit einem historischen Kind zu identifizieren.61 Die Fronten zwischen den Gegnern und den Befürwortern dieser Vorgehensweise lassen sich als verhärtet beschreiben62, was möglicherweise einen unvoreingenommenen Blick auf den Text erschwert. Die textgebundene und die den Kontextbezug suchende Interpretation 57 58 59 60 61

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Verg. ecl. 4,17: pacatumque reget patriis virtutibus orbem. Clausen 1994, 122 sieht hierin die Fortsetzung eines Herkulesbezugs, der in den vorangehenden Versen explizit gemacht werde. Vgl. Galinsky 1996, 91. Verg. ecl. 4,18–23: At tibi, puer, nullo munuscula cultu / errantis hederas passim cum baccare tellus / mixtaque ridenti colocasia fundet acantho. / ipsae lacte domum referent distenta capellae / ubera, nec magnos metuent armenta leones; / ipsa tibi blandos fundent cunabula flores. Vgl. u. a. Galinsky 1996, 92 sowie Mäckel 2002, 112, Anm. 42; ähnlich auch Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 113. Kienast 2009, 291 spricht dagegen davon, dass die Geburt des Kindes „das neue Zeitalter heraufführen soll“. Einen Überblick über die unterschiedlichen Vorschläge liefern Kienast 2009, 291, Anm. 263 sowie Du Quesnay 1999, 209–292. Abzulehnen ist wohl die Vermutung G. Binders, der in dem puer einen Verweis auf Octavian selbst sehen will (Binder 1983; vgl. ebenso Glei 1991, 56). Eine relativ komplizierte Konstruktion, die als Beleg angeführt werden muss (vgl. auch Snijder 2010), sowie eine zwingende Identifizierung des puer mit Octavian sind jedoch für das Verständnis des Gedichts nicht vonnöten. So schreibt bereits Putnam 1970, 143: „It is equally precarious – and unnecessary – to measure the qualifications of one candidate or another to be the boy in question, if indeed a real child is

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müssen sich keineswegs widersprechen63: Die Figur des puer muss nicht entweder dem einen oder dem anderen Motiv zugeordnet werden, sondern kann sowohl als pars pro toto angesehen werden wie auch als Prophezeiung, die ein in der Realität erwartetes Kind betrifft. Von Bedeutung ist vor allem die Verbindung von Ursache und Wirkung, die Vergil seinem Gedicht einschreibt: Im Konsulat des Pollio werden die Grundlagen gelegt für das Anbrechen eines goldenen Zeitalters des Friedens, hier wird der Zeitpunkt der Empfängnis des Kindes verortet – seine Geburt dagegen liegt eindeutig in der Zukunft. An dieser Stelle rücken somit tatsächlich die realen politischen Geschehnisse in den Blickpunkt. Unter Verweis auf die jüngsten politischen Entwicklungen konnte das Publikum des Dichters dessen pessimistische Vision aus der ersten Ekloge bestätigt sehen, schließlich schien auch der Perusinische Krieg keine endgültige Entscheidung gebracht, sondern lediglich neue Zwietracht zwischen den Triumvirn gesät zu haben. Umso erfreuter muss der Vertrag von Brundisium, der einen erneuten Krieg auf italischem Boden abgewendet hatte, aufgenommen worden sein: Die Triumvirn (mit Ausnahme von Lepidus, der im Laufe der Beratungen keine besondere Rolle spielte) hatten sich auf eine Neuaufteilung ihrer Kompetenzen und Zuständigkeitsbereiche geeinigt und die neue Einvernehmlichkeit mit der Ehe zwischen Antonius und Octavia besiegelt.64 Pollio war an den Verhandlungen als Vertreter des Antonius in prominenter Stellung beteiligt, was Vergil in seinem Gedicht entsprechend würdigt65: Unter Führung Pollios (te duce)66 wurde ein Zustand der concordia hergestellt, d. h. der Einigkeit zwischen den politischen Führern und zugleich zwischen den potentiellen Konfliktparteien eines erneut aufflammenden Bürgerkriegs. Diese Tatsache sieht Vergil offenbar als die notwendige Voraussetzung für ein Zustandekommen des goldenen Zeitalters an. Erst die concordia schafft (ob nun in der Realität oder im übertragenen Sinn) die Gelegenheit zur Zeugung des Kindes, dessen Geburt stell-

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meant in the first place.“ Dagegen heißt es bei Du Quesnay 1999, 290: „No attempt to explain the child as an abstract, a symbol or as identical with the age itself will be convincing […].“ Vgl. Hardie 1998, 21 sowie v. Albrecht 2001, 131. Pelling 1996, 18 bezweifelt zwar eine Verbindung der vierten Ekloge mit dem Vertrag von Brundisium, verzichtet jedoch darauf, diese Zweifel argumentativ zu untermauern. Die vierte Ekloge lässt sich folglich in den Zeitraum nach dem Vertragsabschluss datieren, da dieser den einzig möglichen Hintergrund für die im Text aufgegriffenen Motive und ihre spezifische Verbindung mit dem Konsulat Pollios darstellt; vgl. u. a. Du Quesnay 1999, 287 f. sowie Kienast 2009, 291 und Powell 2008, 207 f. Korrekterweise müsste es natürlich heißen: Unter Führung Pollios und anderer, die Vergil an dieser Stelle allerdings verschweigt – geschuldet möglicherweise seinen persönlichen Loyalitätsverhältnissen in diesem Zeitraum oder auch nur seiner politischen Sensibilität; vgl. Du Quesnay 1999, 285–287 sowie Kienast 2009, 291. Pollio aufgrund der Formulierung teque adeo eine aktivere Rolle in der Konzeption Vergils zuzuschreiben, wie Osgood 2006, 194 f. es tut, geht jedoch möglicherweise einen Schritt zu weit. Gleiches gilt für die These von Cairns 2008, 54–63, wonach der puer der Ekloge ein Sohn Pollios gewesen sei. Zur Rolle und zu den Interessen Pollios im Rahmen der Verhandlungen von Brundisium vgl. u. a. Bosworth 1972, 463–473.

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vertretend steht für den Beginn der aetas aurea.67 Die Geburt selbst liegt in der Zukunft, das goldene Zeitalter ist zum Zeitpunkt der Aushandlung des Vertrags von Brundisium und der Abfassung der vierten Ekloge noch nicht verwirklicht68 – die Voraussetzungen scheinen durch die Herstellung der concordia jedoch geschaffen zu sein.69 Wenn die vierte Ekloge folglich als Ausdruck einer allgemein verbreiteten Friedenssehnsucht angesehen wird, so mag dies zwar sicherlich zutreffen, der eigentliche Kern des Gedichts ist jedoch die Feier der concordia.70 Der Text zeichnet somit ein explizites Gegenbild zur düsteren Stimmung der ersten Ekloge, in der die discordia das prägende Element darstellte. Das Mittel zur Überwindung der gens ferrea, das im früheren Text noch nicht einmal angedeutet wurde, nimmt nun Gestalt an: Nur die Herstellung von concordia kann den Kreislauf aus discordia, bellum civile und erneuter discordia unterbrechen und der gens aurea zum Entstehen verhelfen. Dass der Vertrag von Brundisium unter dem Leitmotiv der concordia verhandelt wurde bzw. dass dies zumindest so dargestellt werden konnte, demonstriert bereits ein kursorischer Blick auf die Regelungen des Vertrags selbst sowie die in der Folgezeit getroffenen Vereinbarungen.71 Die Verteilung der Provinzen; die Anerkennung von „Oktavians eigenmächtige[r] Inbesitznahme Galliens“72 durch Antonius; der Beschluss, Italien als gemeinsame Basis für die Rekrutierung neuer Soldaten zu nutzen; die Ratifizierung der Maßnahmen, die Antonius in Judäa vorgenommen hatte; die Weihung des Antonius zum flamen divi Iuli; und die Hinrichtung jeweils eines Vertrauten der beiden Triumvirn – all dies machte deutlich, dass der Vertrag eine neue Stufe im Verhältnis der beiden Machthaber zueinander darstellte. Die Angleichung der Machtgrundlagen und die gegenseitige Anerkennung zentra67 68 69

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Die Identifizierung des Kindes mit dem erwarteten Sohn des Antonius und der Octavia gewinnt vor diesem Hintergrund durchaus an Plausibilität, wenn darin auch nicht die einzig mögliche Interpretation zu sehen ist (s. o.); vgl. u. a. Syme 2002, 218–220 sowie Du Quesnay 1999, 291 f. Vgl. Du Quesnay 1999, 289 sowie Osgood 2006, 195 f. Der Vertrag von Brundisium stellt für Vergil folglich nicht den Durchbruch zum Frieden dar, wie Binder 1983 postuliert, und nicht den Endpunkt der Entwicklung des goldenen Zeitalters, sondern erst den Beginn dieses Weges. Man kann die Feststellung von Osgood 2006, 197 weiter differenzieren: „Antony and Octavia, as partners in the marriage that sealed the pact, were both the agents and the symbols of the new concord. Vergil, in a most original way, extends this logic by making their future child the agent and the symbol of the new pax that is born from concordia. The peace, like the boy, was conceived in Pollio’s consulship, will be ‚born‘ shortly after, and will steadily ‚grow‘ over the next two decades to reach full size.“ Gewürdigt wird in der vierten Ekloge eben vor allem die Herstellung der concordia als Voraussetzung für die pax, als deren Symbol Osgood das Kind sieht. Mäckel 2002, 112 spricht von einem „tiefen Optimismus“ des Vergil und stellt fest: „So zeichnet diese Ecloge die hoffnungsvolle Reaktion schon auf die leiseste Andeutung von Frieden in der Tagespolitik. Frieden ist der wichtigste Wert, er wird in der Ecloge nicht mit Namen genannt, sondern steht hinter der Vorstellung von dem neuen, glücklichen Zeitalter.“ Die Unterscheidung, die hier zwischen concordia und dem Frieden selbst vorgenommen wird, berücksichtigt Mäckel dabei nicht (vgl. ähnlich Bleicken 2010, 207 und Glei 1991, 55 f.). Auch dieser Befund spricht gegen eine Identifizierung des Kindes mit Octavian selbst, der eben nur die concordia als Voraussetzung herstellt. Vgl. hierzu im Einzelnen Pelling 1996, 18 f. sowie Kienast 2009, 47 f. Kienast 2009, 47.

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ler Elemente der Legitimierungsstrategie des jeweils anderen waren dazu angetan, potentielle Problemfelder zu umgehen und auf diese Weise zu verhindern, dass erneut discordia zwischen Octavian und Antonius entstehen konnte. Und auch die „propagandistische“ Aufarbeitung des Vertragsschlusses zeigt deutlich, dass concordia nach den Ereignissen der vergangenen Monate das politische Schlagwort der Stunde war.73 In den Monaten nach dem Vertragsschluss brachten beide Triumvirn entweder in eigenem Namen oder unter dem Namen ihrer jeweiligen Legaten eine Reihe von Münzemissionen heraus, in denen die neue Einvernehmlichkeit zwischen ihnen hervorgehoben wurde.74 Antonius legte den Akzent dabei insbesondere auf seine Eheschließung mit Octavia. Zahlreiche Münztypen zeigen die Portraits der beiden entweder getrennt auf Avers und Revers75 oder einander zugewandt auf dem Avers76. Octavian wie auch Antonius ließen Münzen prägen, die neben dem eigenen Portrait auch das des Mittriumvirn zeigten und für beide ähnliche Titulaturen aufführten.77 Die Prägungen Octavians zeigen zudem wiederholt den caduceus als ein spezifisch der concordia zugeordnetes Symbol.78 Als „deutlichste[n] Hinweis“ 79 auf die concordia zwischen den beiden Triumvirn sieht Peter Wallmann zu Recht einen Quinarius Octavians aus dem Jahr 39 an80, der auf dem Avers die personifizierte Concordia zeigt, auf dem Revers dagegen einen caduceus, der von zwei sich fassenden Händen gehalten wird: „Gleich drei Symbole der Eintracht sind hier zu sehen: Concordia, caduceus und die diesen umfassenden Hände. Weiterhin ist zu beachten, daß die Namen beider Triumvirn auf dem Revers nebeneinander zu finden sind: ebenfalls ein Hinweis auf ihre Einmütigkeit.“81 All dies lässt erkennen, dass Vergils vierte Ekloge einen der zentralen Programmpunkte triumviraler Politik aufgriff und verarbeitete: Stärker noch als die Triumvirn selbst brachte der Dichter concordia mit pax bzw. mit der Vorstellung 73 74 75 76 77

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Vgl. zum Folgenden auch Wallmann 1989, 80–82 und 85–87. Crawford, RRC, Nr. 527–529; vgl. auch Sear 1998, Nr. 259–263, 268, 274–296, 301–304. Crawford, RRC, Nr. 527/1 sowie Sear 1998, Nr. 262 = RPC I 2201. Sear 1998, Nr. 263 = RPC I 2202. U. a. Crawford, RRC, Nr. 528/1 (Antonius) und Nr. 529/1 (Octavian). Wallmann 1989, 81 weist auf die Titulatur Octavians hin, die von den bis zu diesem Zeitpunkt genutzten Formeln „erheblich abweicht“ und sieht in der Angleichung an die Titulatur des Antonius (CAESAR IMP bzw. ANTONIVS IMP) ein Zeichen für „die gleichberechtigte Stellung beider Triumvirn wie auch ihr gutes Einvernehmen“. Crawford, RRC, Nr. 529/2 und 3. Zum caduceus als Symbol der concordia ebd., 751 sowie Wallmann 1989, 81. Auch hier zeigt sich, dass die Begriffe concordia und pax zwar eng miteinander verbunden sind, jedoch nicht als Synonyme angesehen werden: Auf dem Denar Crawford, RRC, Nr. 520/1 aus dem Jahr 40 wird der caduceus zusammen mit zwei cornucopiae abgebildet. Statt hier ein reines Symbol des Friedens zu sehen, wie Wallmann 1989, 85 dies tut, kann an diesem Beispiel aufgezeigt werden, wie sich in der Symbolsprache concordia und pax verbinden lassen: Eintracht fördert den Frieden, ein Motiv, das in Vergils vierter Ekloge prägnant auf den Punkt gebracht wird; vgl. auch Osgood 2006, 191: „Octavian’s coin, then, invites its holder to recognize his and Antony’s Concordia as the guarantee of a pax now to be enjoyed.“ Wallmann 1989, 81. Crawford, RRC, 529/4. Wallmann 1989, 82; vgl. auch Pelling 1996, 19.

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eines goldenen Zeitalters in Verbindung, das sich auf der Grundlage des durch den Vertrag von Brundisium hergestellten Einvernehmens zwischen Octavian und Antonius der Verwirklichung nähern konnte. Vergil war dabei bei weitem nicht der einzige, der auf die Hervorhebung der concordia durch die Triumvirn rekurrierte: In Casinum stellten die duumviri in Anspielung auf den Vertrag ein Monument der Göttin Concordia wieder her und versahen es mit einer neuen Inschrift, die gerade den Akt der Wiederherstellung in den Fokus rückt.82 Die Botschaft, die sich dahinter verbarg, war eindeutig: „As concordia was restored, so was her statue.“83 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Vergil in der ersten und vierten Ekloge zwei einander entgegengesetzte Zukunftsvisionen zeichnet, die sich um zwei zentrale Begriffe gruppieren: discordia wird concordia gegenübergestellt, erstere dabei als Ursache und zugleich als Folge des Bürgerkriegs angesehen, letztere als Voraussetzung für das Entstehen einer gens aurea. In ihrer Betrachtung der Eklogen kommt Iris Mäckel zu dem Schluss, Vergil zeige in seinen Texten […] das Zeitbewusstsein eines Mannes, der Kritik vor allem an bestimmten Ereignissen äußert, die seinen konkreten Lebensbereich berühren. Er geht in seinen Unmutsbezeugungen nicht darüber hinaus. Der Bürgerkrieg bringt Unruhe und Unordnung in die Hirtenwelt. […] Vergil selber spricht nicht vom bellum civile, er spricht von einer discordia civium, die zu der Vertreibung der Hirten von ihren kleinen Landgütern geführt hat. Er vermeidet hier also nicht jede Begründung oder Erklärung, warum diese Zustände der Unruhe und Gefahr herrschen. Allein die Auswirkungen und Folgen sind für den Dichter wichtig, aber auch die Hoffnung, daß zumindest für die Enkel wieder das gewohnte Leben zurückkehren wird.84

Diese Aussage muss vor dem Hintergrund der vorangegangenen Überlegungen an einigen Punkten modifiziert werden. Es ist zutreffend, dass Vergil seinem Publikum keinerlei Erklärung für die Existenz der discordia liefert. Doch genau darin liegt der eigentliche Kern des Konzepts, das in den Eklogen entwickelt wird: Vergil erreicht dadurch, dass er auf eine möglicherweise erwartete Begründung verzichtet, nicht nur eine Fokussierung auf den Frieden, sondern verdeutlicht, dass für die Existenz von Bürgerkrieg und Leid keine andere Erklärung gegeben werden kann als die bloße Existenz von discordia. Concordia muss vor diesem Hintergrund als das Unwahrscheinliche erscheinen. Doch erst durch die Herstellung von concordia, durch die Durchbrechung des Teufelskreises aus Zwietracht und Bürgerkrieg, der in der ersten Ekloge vorgeführt wird, lässt sich an den Zuständen etwas ändern.85 82

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ILLRP 562a: M(arcus) Papius M(arci) f(ilius) L(ucius) Matrius L(uci) f(ilius) / duoviri i(ure) d(icundo) / signum Concordiae ex c(onscriptorum) c(onsulto) restituendum / coeraverunt eidemq(ue) dedicarunt / et basim gradum aram sua pecunia / faciunda coer(averunt) eidemq(ue) probaver(unt) / a(nte) d(iem) IIII Eid(us) Oct(obres) Cn(aeo) Domit(io) C(aio) Asinio co(n) s(ulibus); vgl. Pelling 1996, 19. Osgood 2006, 193. Mäckel 2002, 117. Galinsky 1996, 91 stellt korrekterweise fest: „The poem is, no doubt, an evocative expression of the yearning for peace and tranquility after decades of civil wars (with no complete assurance as yet that they will come to an end), all of which explains why Augustus’ rule was accepted so widely. Yet while the Augustan era fulfilled some of the hopes voiced in the poem, we need to be careful not to view the eclogue as a kind of poetic blueprint of the incipient Au-

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Auch für Vergil bedeutete die Herstellung der concordia folglich keineswegs das sofortige Ende sämtlicher militärischer Auseinandersetzungen: Trotzdem bleiben auch dann noch einige Spuren der früheren Arglist zurück; sie lassen die Menschen die Fluten der Thetis mit Schiffen erproben, Städte mit Mauern umgürten und die Erde mit Furchen zerteilen. Dann wird es einen zweiten Tiphys geben und eine zweite Argo, die auserwählte Helden trägt; auch kommen dann andere Kriege. Wiederum wird ein großer Achilles gegen Troja entsandt.86

Tatsächlich waren diese „anderen Kriege“ – ohne dass der Dichter sich explizit auf sie bezogen haben muss – im Vertrag von Brundisium bereits angelegt, wie Appian berichtet: „Mit Pompeius sollte Octavian den Krieg fortführen, falls nicht irgendein Vertrag zustande komme, ebenso Antonius mit den Parthern, indem er an ihnen wegen des Vertragsbruchs gegenüber Crassus Rache nehme.“87 Der Krieg gegen die Parther, mithin gegen externe Feinde, die dem römischen Staat eine der schwersten Niederlagen seiner Geschichte zugefügt und eine Art kollektives Trauma verursacht hatten, dürfte in der politischen Öffentlichkeit und bei der breiten Bevölkerung durchaus Beifall gefunden haben.88 Die militärische Auseinandersetzung mit Sextus Pompeius hingegen war dazu angetan, ein geteiltes Echo hervorzurufen und die von Vergil in der vierten Ekloge entworfene Zukunftsvision in einem entscheidenden Punkt zu relativieren89: Zwar wurde im Vertrag von Brundisium die concordia zwischen Octavian und Antonius wiederhergestellt, doch eine Fortsetzung der Kriege von Römern gegen Römer war damit keineswegs ausgeschlossen, sondern sogar expliziter Gegenstand der vertraglichen Regelungen.90

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gustan dispensation.“ Wallace-Hadrill 1982, 25 behauptet dagegen unter zusätzlichem Verweis auf die Aeneis, Vergils goldenes Zeitalter sei „conditional upon the person of Augustus.“ Verg. ecl. 4,31–36: pauca tamen suberunt priscae vestigia fraudis, / quae temptare Thetin ratibus, quae cingere muris / oppida, quae iubeant telluri infindere sulcos. / alter erit tum Tiphys, et altera quae vehat Argo / delectos heroas; erunt etiam altera bella / atque iterum ad Troiam magnus mittetur Achilles. (Übersetzung modifiziert.) App. civ. 5,275: πολεμεῖν δὲ Πομπηίῳ μὲν Καίσαρα, εἰ μή τι συμβαίνοι, Παρθυαίοις δὲ Αντώνιον, ἀμυνόμενον τῆς ἐς Κράσσον παρασπονδήσεως. Zur Partherpolitik der späten römischen Republik und unter Augustus s. Kap. VI 1. Mäckel 2002, 114 f. postuliert eine Unterscheidung Vergils zwischen den Termini scelus und prisca fraus. Während ersteres sich auf den Bürgerkrieg beziehe (vgl. auch Wallace-Hadrill 1982, 25), sei die Vokabel fraus mit dem Krieg im Allgemeinen verbunden, den Vergil dadurch als von Anbeginn der Menschheit an vorhanden charakterisiere. Vgl. dagegen u. a. Coleman 1977, 135 sowie Clausen 1994, 133 und 137, die keinen Unterschied zwischen den Begriffen feststellen. Tatsächlich spricht nichts dagegen, diese beiden Interpretationen zu verbinden und dem Ausdruck prisca fraus mehrere Deutungsmöglichkeiten einzuschreiben. Cass. Dio 48,29,1 f. Lange 2009, 29 sieht im Vertrag von Brundisium die Rechtfertigung für eine Fortführung des Triumvirats durch die Ergänzung der ursprünglich festgelegten Aufgaben. Die Beendigung des Bürgerkriegs, so stellt Lange korrekterweise fest, sei dabei ein zentrales Element gewesen. Die Semantik des Vertrags von Brundisium und der ihn begleitenden Aktionen kann gerade vor dem Hintergrund der Erwartungshaltung, die in den literarischen Quellen zum Ausdruck kommt, um einen entscheidenden Aspekt erweitert werden: das Zusammenspiel von verhindertem Bürgerkrieg auf der einen und neu zu führendem Bürgerkrieg auf der anderen Seite; vgl. auch Welch 2012, 236 f.

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Nach der Niederlage der Caesarmörder bei Philippi und dem Ende des bellum Perusinum war die Basis des Sextus Pompeius auf Sizilien zu einer Art Auffangbecken für Gegner der Triumvirn und insbesondere Octavians geworden.91 Pompeius richtete seine politischen Bemühungen in der Folge auf eine Spaltung der Triumvirn und ein Bündnis mit Antonius, das durch die Einigung von Brundisium in weite Ferne rückte.92 Peter Wallmann sieht in dem oben bereits erwähnten Quinarius folglich nicht nur ein Mittel, um die wiederhergestellte concordia hervorzuheben, sondern auch einen Seitenhieb Octavians gegen Sextus Pompeius: „[…] die Prägungen sind gleichzeitig ein Zeichen des Triumphs über alle, die sich in der Vergangenheit bemüht hatten, ihn mit Antonius zu entzweien und politisch zu entmachten.“93 Pompeius antwortete auf diese Provokation mit einer verstärkten Blockade Italiens, die die Lebensmittelversorgung Roms massiv erschwerte, was wiederum die Stellung der Triumvirn und insbesondere Octavians unterminierte94 – dies umso mehr, da zur Finanzierung des drohenden Krieges Appian zufolge zusätzliche Steuern und Zollabgaben erhoben werden mussten.95 Die politischen Rahmenbedingungen boten folglich Anlass zu neuer Sorge. Zwar war durch die Einigung der Triumvirn ein potentieller Bürgerkrieg abgewendet, von Frieden konnte jedoch keine Rede sein – das goldene Zeitalter, das Vergil beschworen hatte, schien noch immer weit entfernt. Auch die Handlungsweise der Triumvirn selbst zeigte keineswegs den Einfluss der Idealvorstellung eines kriegsoder gar staatsfreien Lebens, die Iris Mäckel in Vergils Eklogen zum Ausdruck gebracht sehen will.96 Vielmehr stellten Octavian und Antonius im Rahmen ihrer Selbstdarstellung neben der concordia gerade die militärischen Aspekte gegenüber dem Frieden eindeutig in den Vordergrund: Nach dem Vertragsschluss von Brundisium zogen beide in zwei separaten, jedem von ihnen vom Senat einzeln bewilligten ovationes in Rom ein. Die Triumphalfasten verzeichnen diese beiden Feiern mit dem Zusatz quod pacem cum … fecit.97 Josiah Osgood stellt fest, dass auf diese Weise die diplomatische Aushandlung eines Vertrags, der die concordia wiederher91

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App. civ. 4,355; Cass. Dio 48,17,3. Vgl. hierzu Gowing 1992a, 185 f. und 201 f. sowie Wallmann 1989, 186 f., Hecht 2009, 83–85 und Welch 2012, 215–217. Osgood 2006, 203 fasst zusammen: „[…] Sextus, after the Lex Titia was passed, had scoured the western coast of Italy for refugees of the triumvirs: the proscripts and those otherwise alienated by Rome’s new rulers. Offering to those who saved the proscribed double the reward for killing them, Sextus gained not only further allies, but also the sympathy of those back in Italy hostile to the triumvirs.“ Dabei war Sextus Pompeius natürlich keineswegs die einzige Anlaufstelle für Gegner der Triumvirn (vgl. Welch 2002, 49–51); die Propaganda Octavians fokussierte jedoch nahezu ausschließlich auf diesen, was die Sorge vor einem eventuell bevorstehenden neuen Krieg vertieft haben dürfte. Vgl. Wallmann 1989, 188–190 sowie Welch 2002, 51 und 2012, 230–238. Wallmann 1989, 82. Vgl. Pelling 1996, 20 f. App. civ. 5,282; vgl. auch Kienast 2009, 50. Vgl. Mäckel 2002, 109. Vgl. Degrassi 1947, 568. Bleicken 2010, 201 sieht in dieser Zeremonie lediglich eine Vorwegnahme des imperialen adventus, berücksichtigt dabei jedoch nicht die besonderen Umstände, unter denen sie stattfand.

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gestellt hatte, gemäß der Formel parta victoriis pax parallelisiert werde mit einem militärischen Sieg, der allgemein als Grundlage eines darauf folgenden Friedens angesehen werden konnte.98 Es handelt sich bei den beiden ovationes jedoch um weit mehr als nur die performative Parallelisierung von Vertragsschluss und Sieg auf dem Schlachtfeld. Beide Aspekte wurden nicht nur auf die gleiche Stufe gehoben, der diplomatische Lösungsansatz wurde vielmehr quasi zum militärischen Sieg stilisiert, indem er auf die gleiche Art und Weise gefeiert wurde. Der Akt, der weitere kriegerische Auseinandersetzungen verhindert hatte99, wurde dadurch militarisiert. In einen solchen Prozess der Militarisierung könnte sich auch die Annahme des praenomen imperatoris einordnen lassen. Die hier skizzierten Umstände erscheinen durchaus als ein passender Hintergrund für diesen Schritt. Schließlich konnte die Personalisierung von Sieghaftigkeit, die das praenomen imperatoris eindrücklich symbolisierte, als logischer nächster Schritt auf dem Weg der Militarisierung angesehen werden.100 Den Auftakt zu einem goldenen, kriegsfreien und ganz auf den umfassenden Frieden ausgerichteten Zeitalter mochte sich mancher, der diesen Siegesfeiern zusah, anders ausgemalt haben.101 Vergils Bild des Generationenübergangs ermöglichte ihm, diesen Sachverhalt in seine Vision zu integrieren, indem er auf die „Spuren der früheren Arglist“ verweisen konnte, die die Jugend des Kindes begleiten. Erst wenn der Übergang von der gens ferrea hin zur gens aurea vollendet war, so konnte man aus den Versen der vierten Ekloge herauslesen, wenn das Kind zum Mann herangewachsen war, würden auch diese Spuren verschwinden. Und tatsächlich schien sich die Hoffnung Vergils zu erfüllen: Im Jahr 39 kam es nach dem Ausbruch von massiven Aufständen unter der römischen Bevölkerung, die noch immer unter der Blockade der pompeianischen Flotte zu leiden hatte, bei Misenum zu einem weiteren Vertragsabschluss zwischen den potentiellen Konfliktparteien unter Einbezug des Sextus Pompeius, dem die Inseln Sizilien, Sardinien und Corsica sowie die Peloponnes zugesprochen wurden. Im Gegenzug übernahm er die Verantwortung für die Lebensmittelversorgung der Hauptstadt. Die Regelungen sahen zudem eine Rückkehr 98 Osgood 2006, 191. Ähnlich auch Lange 2013, 80. 99 Vgl. Lange 2015, 135, der die ovationes als „a quite different and novel form of ovation (beginning with Caesar), namely the ovation simply as a ceremonial entry into Rome, without a preceding war“ ansieht. 100 Diese Datierung legen auch die in der Einleitung angestellten Überlegungen zur Kombination des praenomen mit dem ebenfalls im Jahr 40 angenommenen Gentilnomen Caesar nahe; s. o. S. 16 f. Das Schema der Militarisierung und Personalisierung nicht-militärischer Erfolge wiederholte sich jedenfalls im weiteren Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Antonius und Octavian sowie in der Herrschaftszeit des Augustus in entscheidenden Momenten, am eindeutigsten nach dem diplomatischen Erfolg des Jahres 20 v. Chr., als die Römer die verlorenen Feldzeichen der Heere des Crassus und des Antonius von den Parthern zurückerlangen konnten; hierzu s. Kap. VI 2. 101 Anders dagegen Itgenshorst 2004, 444, die unter Verweis auf den Eintrag in den fasti die Frage aufwirft: „Ob der Princeps seine spätere Rolle als ‚Friedensfürst‘ in das Jahr 40 zurückprojizieren wollte?“ Erscheint dies bereits vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen zweifelhaft, muss auch die generelle Vorstellung von Augustus als „Friedensfürst“ hinterfragt werden; hierzu s. Kap. V 2.

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der exilierten Senatoren vor, die sich zu Pompeius geflüchtet hatten.102 Konnte man in diesem Vertrag unmittelbar nach seinem Zustandekommen nun tatsächlich ein Ende der innerrömischen Auseinandersetzungen sehen und Vergil sich in seiner Vision nun schließlich doch bestätigt fühlen, so wurden die Hoffnungen und Erwartungen schnell von den Ereignissen überholt.103 Wenn auch die Quellen unterschiedliche Angaben über den Anlass der erneuten Feindseligkeiten zwischen Octavian und Sextus Pompeius machen104, stimmen sie doch darin überein, dass zwischen dem Vertragsabschluss und dem Bruch der Abmachungen, der schließlich zu einem neuen Bürgerkrieg führen sollte, lediglich eine sehr kurze Zeitspanne lag. Im Jahr 38 stellte sich die Situation folglich wieder genauso dar wie nach dem Vertrag von Brundisium: Von der Einigkeit, die für kurze Zeit zwischen den Konfliktparteien herrschte, war man wieder weit entfernt – und damit auch von einem Zustand, der Vergils Idealbild aus der vierten Ekloge nahegekommen wäre. Vor diesem Hintergrund ließ die politische Gemengelage folglich auch andere, weit pessimistischere Interpretationsansätze zu, denen beispielsweise Horaz in der siebten und sechzehnten Epode eine hörbare Stimme verlieh.105 Tatsächlich scheint der Dichter in den Eröffnungsversen der siebten Epode auf eben diese Situation nicht mehr nur latenter, sondern offener Spannungen anzuspielen: „Wohin, wohin, Verruchte, stürmt ihr? Und warum in eure Rechte / nehmt ihr die Schwerter, die doch schon geruht? / Ist denn zu wenig über Land und Meere hin /

102 Vgl. zum Vertrag selbst und den möglicherweise dahinter stehenden Motiven der beteiligten Parteien, die hier nicht im Einzelnen thematisiert werden können, u. a. Welch 2012, 238–250, Kienast 2009, 49 f. sowie Pelling 1996, 20 f. und Wallmann 1989, 190–199. 103 Kienast 2009, 51 stellt fest: „Daß der Frieden von Misenum nicht von Dauer sein werde, mußte jedem nüchternen Beobachter klar sein.“ Auch wenn dieses Diktum der Unvermeidlichkeit möglicherweise zu sehr einer ex-post-Perspektive geschuldet sein mag, erscheint die darin enthaltene Charakterisierung der Verträge von Brundisium und Misenum als eine Art von Octavian herbeigeführter und vor allem zu seinem Vorteil dienender Atempause durchaus plausibel (vgl. ebd., 50). 104 App. civ. 5,325–329 kritisiert (ohne selbst eine Alternative anzugeben) die angeblich von Octavian selbst in Umlauf gebrachte Version, in deren Mittelpunkt die Haltung des Antonius zur Frage der Überlassung der Peloponnes stand; Cass. Dio 48,46,1 f. dagegen führt den Bruch der Abmachungen auf die Desertion des Menodoros zu Octavian und die Reaktion des Sextus Pompeius auf diese Vorgänge zurück. In der Forschung wurden immer wieder Argumente für jede der beiden Versionen vorgebracht; vgl. für eine Bevorzugung Appians Gowing 1992a, 192 f. sowie als Plädoyer für Dios Bericht Wallmann 1989, 199 f. 105 Vgl. zu den Epoden des Horaz im Allgemeinen Mankin 2010, Lowrie 2007, Watson 2007 sowie Maurach 2001, 15–54. Zur Datierung der beiden Epoden vgl. u. a. Doblhofer 1992, 82–89 sowie Ableitinger-Grünberger 1971, 60–65. Kraggerud 1984 will die Epoden 7 und 16 wie die Epoden 1 und 9 in die Zeit nach dem Sieg von Actium datiert wissen (vgl. dagegen Burck 1986). Selbst wenn es ohne Zweifel korrekt ist, hinter der Anordnung der Texte des Epodenbuchs zum Zeitpunkt seiner Veröffentlichung eine bestimmte Absicht des Autors zu vermuten (vgl. hierzu insbesondere Mankin 2010), muss dies nicht zwangsläufig dazu führen, die Schlacht von Actium und den Sieg Octavians als alleinigen Bezugspunkt für das Verfassen der Epoden anzusehen (vgl. Mäckel 2002, 121, Anm. 68).

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vergossen worden an Latinerblut?“106 Mag man diese Aussage womöglich noch als einen Aufruf gegen den Krieg im Allgemeinen interpretieren, lässt Horaz im weiteren Verlauf keinen Zweifel daran, weshalb diejenigen, die zum Schwert greifen, in seinen Augen scelesti sind107: Nicht um sich gegen auswärtige Feinde durchzusetzen108, wird das Blut der Latiner vergossen, „sondern dafür, daß nach der Parther Wünschen durch eigene / Hand zugrunde gehe diese Stadt“109. Rom ist im Begriff seine Waffen in einem erneuten Bürgerkrieg gegen sich selbst zu richten, und wird dadurch womöglich vernichtet. Horaz greift ein Motiv auf, dem bereits in Vergils erster Ekloge eine zentrale Bedeutung zukam: Die Schwerter hatten zwar geruht, waren jedoch niemals gänzlich verschwunden, sondern lediglich eine Zeitlang in ihren Scheiden verborgen (enses conditi). Die Verträge von Brundisium und Misenum, so konnte das Publikum aus diesen Zeilen heraushören, waren von vornherein als eine Art „Atempause“110 angelegt und keineswegs als ein Endpunkt der innerrömischen Auseinandersetzung zu verstehen. Der Kreislauf, den auch Vergil in seiner ersten Ekloge beschreibt, war durch die Einigungen nicht in seinem Grundsatz durchbrochen, die discordia wurde nicht von einer umfassenden concordia abgelöst, der erneute Bürgerkrieg war daher eine unumgängliche Konsequenz – die Schwerter fügen sich gleichsam automatisch wieder in die Hände der zum Kampf bereiten scelesti.111 Zwar stellt der fiktive Sprecher dem ebenso fiktiven Publikum, das die im Text inszenierte und vom realen Kontext dieser Inszenierung zu unterscheidende Kommunikationssituation voraussetzt, durchaus die Frage nach der Ursache für das Aufflammen neuer Konflikte – doch die verschiedenen Antworten, die im Laufe des Gedichts auf diese Frage gegeben (und nicht gegeben) werden, führen die Unausweichlichkeit nur umso deutlicher vor Augen. So wird zunächst eine Reihe möglicher Gründe angeführt: „Ob blinde Wut euch hinreißt oder allzu heiße Leidenschaft, / ob Schuld? Antwort gebt!“112 Wut und Leidenschaft (oder der eigentlichen Wortbedeutung nach eher Kraft bzw. Gewalt) sind keine rationalen Kategorien, wären mithin keine logischen und nachvollziehbaren Erklärungen für die „Selbstzerfleischung“113 der Römer. Würde diese lediglich auf Wut oder Gewaltbereitschaft zurückgeführt, auf den Bereich der Affekte also, wäre die Frage nach den Ursachen nicht beantwortet, und es würde sich stattdessen die neue Frage nach den Auslösern des furor ergeben. Vergleichbar funktioniert der Aspekt der Schuld: Schuld laden 106 Hor. epod. 7,1–4: Quo, quo scelesti ruitis? aut cur dexteris / aptantur enses conditi? / parumne campis atque Neptuno super / fusum est Latini sanguinis […]? 107 Kraggerud 1984, 50 sieht ausgehend von seiner Datierung in den scelesti v. a. Antonius und seine Anhänger. Horaz habe an dieser Stelle kein „allegemeines [sic!] Verdammungsurteil“ (49) aussprechen wollen (dagegen Burck 1986, 18). 108 Vgl. Bond 2009, 134 sowie Mäckel 2002, 123. 109 Hor. epod. 7,9 f.: […] sed ut secundum vota Parthorum sua / urbs haec periret dextera? 110 So auch Ableitinger-Grünberger 1971, 11, die diese Feststellung jedoch lediglich als ein Argument für die Datierung der siebten Epode heranzieht, ohne die inhaltlichen Hintergründe ausreichend zu berücksichtigen. 111 Vgl. ebd., wo auf die „mediale Form des Zeitwortes“ (aptantur) hingewiesen wird. 112 Hor. epod. 7,13 f.: furorne caecus an rapit vis acrior / an culpa? responsum date. 113 Maurach 2001, 24.

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Menschen auf sich, beispielsweise indem sie einen Frevel oder ein Verbrechen begehen. Culpa benötigt folglich mehr noch als furor oder vis eine Voraussetzung, auf deren Grundlage sie überhaupt erst zustande kommen kann. Doch auch hier stellt sich die Frage, welches Verbrechen der Auslöser für die vom Redner angesprochene Schuld ist. Die angeführten Alternativen furor, vis und culpa stellen folglich allesamt keine zufrieden stellenden oder gar endgültigen Antworten auf die Frage nach den Ursachen des erneuten Bürgerkriegs dar. Geradezu folgerichtig lässt Horaz das fiktive Publikum mit blassen Gesichtern schweigen.114 Der Sprecher der Epode nimmt jedoch diese Reaktion seines Publikums zum Anlass, das Rad in einem bezeichnenderweise veränderten Kommunikationszusammenhang weiterzudrehen115: Der Sprecher wendet sich nun nicht mehr an seine fiktive Zuhörerschaft, sondern spricht über dieses Publikum. Die folgenden Verse wenden sich somit weit unmittelbarer an den extratextuellen Adressatenkreis als die vorangegangenen: „So ist es: herbes Schicksal treibt die Römer um / und Frevel auch des Brudermords, / seit niederfloß zur Erde des unschuldigen Remus / Blut: den Enkeln Fluch.“116 Tatsächlich wird hier also eine ganz bestimmte culpa als Ursache des Bürgerkriegs präsentiert. Diese Erklärung gleicht jedoch ähnlich wie in Vergils erster Ekloge einem Zirkelschluss: Der Begriff der culpa verweist Doris Ableitinger-Grünberger zufolge auf die „Verantwortlichkeit des Menschen“.117 Doch wie genau äußert sich diese Verantwortlichkeit? Bei der Schuld handelt es sich um eine Art Erbschuld, die den Römern durch den ursprünglichen Mord des Romulus an seinem Bruder Remus aufgeladen wurde.118 Die Verantwortlichkeit des Menschen ist somit eher eine indirekte119: Was konnte die Generation der Zeitgenossen des Horaz an dieser Erbschuld ändern? Wenn darüber hinaus Schuld die Ursache für den Bürgerkrieg war, für den erneuten Brudermord, der wiederum neue Schuld mit sich brachte, wenn also die Römer aufgrund eines lange zurückliegenden scelus selbst wieder zu scelesti werden mussten – wie konnte dieser Kreislauf zu einem Ende gebracht werden?120 Bezeichnenderweise lautet das letzte Wort der Epode cruor – Blut. 114 Hor. epod. 7,15 f.: tacent et albus ora pallor inficit / mentesque perculsae stupent. 115 Vgl. Mäckel 2002, 123, die jedoch den Wechsel der Sprechhaltung bereits in den Versen 13 f. verortet, in denen eindeutig noch das fiktive Publikum der Adressat ist. 116 Hor. epod. 7,17–21: sic est: acerba fata Romanos agunt / scelusque fraternae necis, / ut inmerentis fluxit in terram Remi / sacer nepotibus cruor. 117 Ableitinger-Grünberger 1971, 13 f. 118 Vgl. ebd., 14, wo auf die Parallelen zum Geschichtsbild des Sallust hingewiesen wird, das von Horaz jedoch bereits „überhöht und symbolisch verdichtet“ worden sei. Zu Sallust s. u. S. 143 f.; vgl. auch Mäckel 2002, 125: „Die Zeitgenossen [d. h. Vergil und Horaz] fliehen offenbar aus der jüngsten Zeitgeschichte und aus der Gegenwart bis in die mythische Geschichte, um die Gegenwart zu erklären und für ihre Leser sichtbar zu machen.“ Wie bei Vergil geht es auch bei Horaz jedoch viel eher darum, dass eben keine Erklärung möglich ist. Selbst der Rückgriff auf den Mythos ist nicht dazu geeignet, den Anfang des Kreislaufs zu finden – und schon gar nicht dazu, das Ende herbeizuführen. 119 Büchner 1970, 59 sieht den Vorwurf des Gedichtes „proleptisch nicht gegen die Person, sondern gegen den Bürgerkrieg an sich“ gerichtet. 120 Vgl. Maurach 2001, 24, der (allerdings ohne im Weiteren darauf einzugehen) feststellt: „Gewalt zeugt Gewalt […].“ Ableitinger-Grünberger 1971 spricht von „einer zwangsläufigen Wie-

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Zeichnete bereits die siebte Epode ein weit pessimistischeres Bild als Vergils vierte Ekloge, so entwirft Horaz in Epode 16 geradezu ein Gegenbild zu Vergils Vision eines goldenen Zeitalters.121 Die Motivik lässt dabei deutliche Anklänge erkennen. Auch Horaz führt seinem Publikum ein Land vor Augen, […] wo die Erde ohne Ackern Getreide schenkt noch jedes Jahr / und unbeschnitten immer weiter wächst der Wein; /es grünt und nimmer trügt dort der Olivenzweig, / die junge Feige ziert den eigenen Baum, / Honig tropft aus hohler Eiche, von hohen Bergen / leicht springt herab das Wasser rauschenden Fußes. / Dort kommen ungeheißen zum Melktrog die Ziegen, / heim bringt willig die Herde strotzende Euter, / nicht brummt des Abends der Bär um den Schafstall, / nicht schwillt der Boden hoch von Schlangen, / keine Seuchen schaden dem Vieh, keines Gestirns / heiße Unheilsmacht dörrt aus die Herde.122

Während Vergil jedoch seine ähnlich konstruierte Vision mit der Realität verknüpfte, indem er einerseits den Beginn des goldenen Zeitalters in der Gegenwart verortete und andererseits den allumfassenden Charakter dieses Zeitalters hervorhob, dessen Segnungen sich auf den gesamten Erdkreis erstrecken würden, vertritt Horaz ebenso wie in der siebten Epode eine weit pessimistischere Sichtweise. Zwar existiert – anders als bei Vergil – das beschriebene Land bereits in der Gegenwart des Textes, doch könnte es zugleich von der Heimat des Sprechers und von den dort herrschenden Zuständen nicht weiter entfernt sein: „Jupiter hat jene Gestade einem frommen Geschlecht zugeteilt, / als unrein er werden ließ einst mit Erz die goldene Zeit; / mit Erz, danach mit Eisen hat verhärtet er die Generationen, deren / Frommen nur glücklich Entkommen wird zuteil, da ich es ihnen künde.“123 Auch Horaz lehnt sich folglich an Hesiods Schema der Zeitalterabfolge an, das er jedoch an entscheidenden Punkten modifizierte. Während Vergil seine Vision auf die Inversion des hesiodischen Musters stützte, wählt Horaz einen anderen Weg: Stellte für Vergil die vollkommene Rückkehr des goldenen Zeitalters das Ziel der in der vierten Ekloge zum Ausdruck gebrachten Hoffnungen dar, ist dieses Zeitalter im Text des Horaz als ein Überrest der Vergangenheit präsent.124 Der Radius dieses Überrests ist jedoch eng begrenzt. Um die arva beata zu erreichen, so postuliert der Text,

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derholung der ersten Bluttat“ (18), will darin jedoch keinen „Ausdruck absoluter Ausweglosigkeit“ sehen (19); vgl. dagegen u. a. Büchner 1970, 71. Die genaue Abfolge von Epode 16 und Ekloge 4 ist in der Forschung seit jeher umstritten. Mittlerweile scheint sich jedoch die Auffassung durchzusetzen, dass die Epode später entstanden ist und auf Vergils Gedicht direkt Bezug nimmt (dagegen Büchner 1970, 87 f.). Einen Verweis auf die entsprechenden Positionen liefert Osgood 2006, 233, Anm. 112 (vgl. u. a. auch Maurach 2001, 18 und Nisbet 1984, 2). Hor. epod. 16,43–62: reddit ubi cererem tellus inarata quotannis / et inputata floret usque vinea, / germinat et numquam fallentis termes olivae / suamque pulla ficus ornat arborem, / mella cava manant ex ilice, montibus altis / levis crepante lympha desilit pede. / illic iniussae veniunt ad mulctra capellae / refertque tenta grex amicus ubera, / nec vespertinus circumgemit ursus ovile / nec intumescit alta viperis humus; / nulla nocent pecori contagia, nullius astri / gregem aestuosa torret inpotentia. Hor. epod. 16,63–66: Iuppiter illa piae secrevit litora genti, / ut inquinavit aere tempus aureum, / aere, dehinc ferro duravit saecula, quorum / piis secunda vate me datur fuga. Vgl. Kubusch 1986, 148.

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ist es notwendig, die derzeitige Heimat zu verlassen.125 Dabei reicht es jedoch nicht aus, sich einfach auf den Weg zu machen: […] „Ehʼ nicht die / Steine schwimmen auf vom Grund / der Wogen leicht empor, sei Rückkehr nicht erlaubt; / nicht scheuen wollen wir, die Segel heimwärts zu setzen, erst wenn / der Po bespült des Matinus Gipfel, / ins Meer sich stürzt der hohe Apennin / und neue Ungeheuer sich geformt in Gier / so wunderlicher Liebe, daß Tiger sich zu Hirschen legen / und buhlt die Taube mit dem Falken; / ehʼ nicht mehr, nun vertrauensvoll, das Vieh die gelben Löwen fürchtet / und salzige Meeresflächen liebt der glattgewordene Bock.“ / Dies und was sonst noch kann verschließen süße Rückkehr / ist der Schwur; wir wollen gehen, die ganze Bürgerschaft / oder der Teil, der besser als die ungelehrige Herde ist; wer weich, wer ohne Hoffnung ist, / der drücke weiterhin den fluchbeladenen Pfühl!126

Der Blick zurück ist denjenigen, die sich auf die Suche nach den arva beata machen, verboten. Sie müssen ihre Heimat und auf dem Weg in die Vergangenheit gleichsam die eigene Gegenwart hinter sich lassen. Eindeutig charakterisiert wird diese Gegenwart bereits in den ersten Versen der Epode: „Die zweite Generation schon reibt sich auf in Bürgerkriegen, / Rom richtet selber sich durch eigene Kraft zugrund.“127 Die Zeitgenossen des Sprechers (und mithin die des Verfassers) sind „ein ruchlos Geschlecht, verfluchten Blutes Erben […].“128 Erneut greift Horaz hier Motive auf, die bereits in der siebten Epode angelegt waren.129 Wiederum verweist er auf die Schuld des Brudermordes als Ursache für die Bürgerkriege, die er dieses Mal explizit als solche benennt, und beklagt, dass nicht externe Feinde zur Gefahr für Rom werden, sondern die eigenen Bürger. Die einzige Möglichkeit, so suggeriert der Text, ist die endgültige Abkehr von den gegenwärtigen Zuständen. Iris Mäckel will in diesen Versen ebenso wie bei Vergil eine Abkehr vom römischen Staat als solchem sehen, „eine Flucht aus der Politik“.130 Gerade vor dem Hintergrund der siebten Epode bietet es sich jedoch an, den Text in einem übertragenen Sinne zu lesen: Die „fluchbeladenen Pfühl“ (inominata cubilia) sind nicht nur als eine Umschreibung des Ortes Rom zu verstehen; vielmehr kann damit auch das in Epode 7 und in den Eingangsversen von Epode 16 beschriebene System, der Kreislauf aus Schuld und Bürgerkrieg, gemeint sein, d. h. die gegenwärtige politische Situation, die den Hintergrund des Gedichts bildet. Dieses System ist es, das die Römer hinter sich lassen müssen, diesen Kreislauf gilt es ein für allemal zu durchbrechen. Horaz fordert hier folglich nicht das „Ende aller Politik“131, viel125 Vgl. Osgood 2006, 234. 126 Hor. epod. 16, 25–38: […] simul imis saxa renarint / vadis levata, ne redire sit nefas; / neu conversa domum pigeat dare lintea, quando / Padus Matina laverit cacumina, / in mare seu celsus procurrerit Appenninus / novaque monstra iunxerit libidine / mirus amor, iuvet ut tigris subsidere cervis, / adulteretur et columba miluo, / credula nec ravos timeant armenta leones / ametque salsa levis hircus aequora. / haec et quae poterunt reditus abscindere dulcis / eamus omnis exsecrata civitas, / aut pars indocili melior grege; mollis et exspes / inominata perpremat cubilia. 127 Hor. epod. 16, 1 f.: Altera iam teritur bellis civilibus aetas, / suis et ipsa Roma viribus ruit. 128 Hor. epod. 16, 9: inpia perdemus devoti sanguinis aetas […]. 129 Vgl. Ableitinger-Grünberger 1981, 26. 130 Mäckel 2002, 128. 131 Ebd.

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mehr appelliert er an sein Publikum und vor allem an die politisch Verantwortlichen, an diejenigen, die die Möglichkeiten haben, concordia herzustellen und das römische Volk dadurch zu den arva beata zu führen.132 Wahre virtus und pietas133, so heißt es, zeigen sich darin, die gegenwärtigen Zustände zu überwinden und diejenigen zurückzulassen, die daran kein Interesse haben.134 So ist es auf der einen Seite zwar korrekt, dass Horaz seinem Publikum „die neuen Kämpfe um so schrecklicher, die politische Lage um so aussichtsloser erscheinen [lässt].“135 Dies gilt jedoch nur, wenn das römische Volk ein Gefangener des Kreislaufs aus Schuld, Bürgerkrieg und daraus entstehender neuer Schuld bleibt. Ein Entkommen aus diesem Kreislauf ist nur möglich durch einen einschneidenden Akt, der dem Verlassen Roms gleichkommt – ohne dass Horaz so weit gehen würde, diesen Akt zu benennen. III 1.2 36 v. Chr. – Überwindung des Bürgerkriegs oder vorläufige Atempause? Octavian scheute einige Jahre später keineswegs vor diesem Schritt zurück, sondern führte im Gegenteil der römischen Öffentlichkeit demonstrativ vor Augen, auf welche Weise sich der Bürgerkrieg beenden ließ und welche Rolle er sich dabei selbst zuschrieb. Nachdem sich die Auseinandersetzung zwischen Octavian und Sextus Pompeius in den Jahren nach Abschluss der Vertrags von Misenum permanent verschärft hatte, wobei der Ton zwischen beiden Kontrahenten deutlich rauer wurde136, brachte das Abkommen, das im Jahr 37 v. Chr. zwischen den Triumvirn in Tarent geschlossen wurde, eine Entscheidung. Antonius rückte nach zähen Verhandlungen von Pompeius ab, was Octavian ermöglichte, gegen den Rivalen vorzugehen.137 In der Rückschau war der folgende Krieg dem Augustus lediglich vier Worte wert: Mare pacavi a praedonibus – „dem Meer habe ich Ruhe vor den Seeräubern verschafft.“138 Tatsächlich waren für den Sieg über Sextus Pompeius weit größere Anstrengungen vonnöten, als dieses knappe Resümee suggeriert.139 132 Osgood 2006, 233 charakterisiert die Epode als „a public speech urging his fellow citizens to join him on his trip to paradise.“ Insofern ist die Aussage von Fraenkel 1959, 46, dass man aus der Epode nichts über „actual political trends in contemporary Rome“ erfahren könne, zu modifizieren. Fraenkel stellt korrekterweise fest, dass man die Epode nicht als politische Propaganda bzw. als Ausdruck der politischen Ziele einer bestimmten Partei zu lesen hat. Sie ist allerdings ein Zeugnis dafür, welchen Erwartungshaltungen sich die politisch Handelnden gegenüber sahen. 133 Zur pietas als einem Leitmotiv der Epode vgl. Ableitunger-Grünberger 1971, 53 f. 134 Hor. epod. 16,39 f.: vos, quibus est virtus, muliebrem tollite luctum, / Etrusca praeter et volate litora. Vgl. auch Osgood 2006, 236. 135 Mäckel 2002, 129; vgl. für diese Sichtweise auch Syme 1964, 284 f. 136 Zur Propaganda beider Seiten in den Jahren 39–36 v. Chr. vgl. Wallmann 1989, 163–274 sowie Powell 2002a. 137 Vgl. Welch 2012, 268, Kienast 2009, 53 f. sowie Pelling 1996, 24–27. 138 R. Gest. div. Aug. 25,1; zu dieser Passage ausführlicher Kap. IV 4.2. 139 Vgl. für einen Überblick über die Ereignisse des Jahres 36 v. Chr. und die Schlacht bei Naulochos Pelling 1996, 27–36 sowie Welch 2012, 261–289.

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Dennoch konnte es nach der Schlacht vor Naulochos keinen Zweifel geben: Octavian hatte einen weiteren Gegner aus dem Weg geräumt. Damit nicht genug: Unmittelbar nach dem Sieg über Pompeius gelang es Octavian, einen weiteren Machtfaktor im politischen Spiel auszuschalten. Lepidus, der sich offenbar aufgrund seiner Beteiligung an den militärischen Aktionen auf Sizilien eine Aufwertung der eigenen Position erhofft hatte, musste schließlich feststellen, dass sein Amtskollege ihn ausmanövriert hatte, als er sich plötzlich ohne eigene Truppen wiederfand und von Octavian kurzerhand ins Exil nach Circei geschickt wurde. 140 Die Rahmenbedingungen des Jahres 36 v. Chr. gestalteten sich folglich sicher nicht nur in der Retrospektive Appians relativ eindeutig: Es fanden nämlich auch nach dem Tode des Cassius und Brutus weitere Bürgerkriege ähnlicher Art statt, doch gab es keinen Oberbefehlshaber mehr über sämtliche Streitkräfte, wie jene es einst gewesen waren, vielmehr wurden die anderen Kriege vereinzelt geführt, bis endlich Sextus Pompeius, der jüngere Sohn des Pompeius Magnus und bis zuletzt noch verbliebene Führer dieser Partei, ebenso wie zuvor Brutus und Cassius den Tod fand, Lepidus seinen Anteil an der Führung verlor und das ganze römische Reich auf nur zwei Persönlichkeiten überging, auf Antonius und Octavian.141

Dietmar Kienast interpretiert die Ereignisse rund um die Schlacht bei Naulochos als „einen entscheidenden Schritt auf dem Wege zur Monarchie.“142 Er stellt fest: „Dieser [d. h. Octavian] wußte die Gunst der Stunde umsichtig und energisch zu nutzen.“143 Tatsächlich sprachen die Handlungen Octavians eine deutliche Sprache: Appian berichtet, Octavian habe dem Senat und dem Volk gegenüber öffentlich Rechenschaft abgelegt für seine Taten.144 „Frieden und Frohsinn kündigte er an, erklärte die Bürgerkriege für beendet, erließ die noch ausstehenden Steuern und befreite die Zolleinnehmer von Abgaben und ebenso die Staatspächter von Zahlungsrückständen.“145 Zudem wurde dem Präfekten C. Calvisius Sabinus der Auftrag erteilt, das auf den Straßen der italischen Halbinsel um sich greifende Räuberunwesen einzudämmen.146 Die Sklaven, die im Heer des Pompeius Zuflucht gefunden hatten, wurden entweder ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben oder – so diese nicht zu ermitteln waren – gekreuzigt.147 Auch das Heer, das in den letzten Jahrzehnten einen Unruheherd dargestellt hatte, brachte Octavian unter 140 App. civ. 5,524. Vgl. hierzu auch Kienast 2009, 54 f. sowie Pelling 1996, 36. 141 App. civ. 5,3: ἐγίγνετο γὰρ δὴ καὶ μετὰ Κάσσιόν τε καὶ Βροῦτον ἕτερα ἐμφύλια ὅμοια, στρατηγοῦ μὲν οὐδενὸς ὄντος ἐπὶ πᾶσιν ὥσπερ ἐκείνοις, κατὰ μέρος δὲ ἑτέρων, μέχρι Πομπήιός τε Σέξστος, ὁ νεώτερος παῖς Πομπηίου Μάγνου, λοιπὸς ὢν ἔτι τῆσδε τῆς στάσεως, τοῖς ἀμφὶ τὸν Βροῦτον ἐπανῃρέθη, καὶ Λέπιδος ἐξέπεσε τοῦ μέρους τῆς ἡγεμονίας καὶ ἡ Ῥωμαίων ἀρχὴ πᾶσα περιῆλθεν ἐς δύο μόνον, Ἀντώνιόν τε καὶ Καίσαρα. 142 Kienast 2009, 55. 143 Ebd. 144 App. civ. 5,539. 145 App. civ. 5,540: κατήγγελλέ τε εἰρήνην καὶ εὐθυμίαν, ἐς τέλος τῶν ἐμφυλίων ἀνῃρημένων, καὶ τῶν εἰσφορῶν τοὺς ἔτι ὀφείλοντας ἀπέλυε καὶ φόρων τελώνας τε καὶ τοὺς τὰ μισθώματα ἔχοντας ὧν ἔτι ὀφείλοιεν. 146 Vgl. Kienast 2009, 57. 147 Ebd.

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Kontrolle148, indem er die Veteranenansiedlungen, die wenige Jahre zuvor noch zum Ausbruch des bellum Perusinum geführt hatten, nun scheinbar zur Zufriedenheit der Betroffenen durchführte.149 Schließlich übertrug er den Magistraten wieder die ihnen zukommenden Aufgaben und entschied sich – so berichtet wiederum Appian – zu einem Schritt von enormer symbolischer Bedeutung: Alle Schriften, soweit sie Wahrzeichen des Bürgerkrieges waren, ließ er verbrennen und erklärte, die gesamte alte Verfassung wiederherstellen zu wollen, wenn Antonius aus dem Partherkrieg zurückkomme; er sei nämlich überzeugt, daß auch jener sein Amt niederlegen wolle, nachdem doch die Bürgerkriege zu Ende seien.150

Octavian erklärte folglich die Bürgerkriege offiziell für beendet. Seine Taten deuteten darauf hin, dass er sich bis zu einem gewissen Grad von der Gewaltherrschaft und den Proskriptionen der 40er-Jahre zu distanzieren gedachte und dass nun tatsächlich wieder Sicherheit und Ordnung herrschen würden.151 Jochen Bleicken zufolge erwuchs daraus die berechtigte Hoffnung, nun werde eine neue, friedliche Zeit anbrechen: Wovon Vergils 4. Ecloge so sehnsuchtsvoll gekündet hatte, schien endlich nahe und die Segnungen von Frieden, Gerechtigkeit und Wohlstand nicht mehr fern zu sein. Viele verbanden mit ihren Hoffnungen überdies die Erwartung, daß mit dem Ende der inneren Wirren auch das Triumvirat wieder der alten Ordnung, in der Konsuln und Senat die Geschicke von Stadt und Reich gelenkt hatten, weichen würde, war es doch aus der Notwendigkeit, den Bürgerkrieg zu beenden, überhaupt begründet worden.152

Unabhängig davon, ob Octavian tatsächlich beabsichtigte, seine triumviralen Vollmachten nach dem Ende des von Antonius geführten Partherkriegs niederzulegen, wurden ihm Appian zufolge aufgrund der oben beschriebenen Handlungen vom Senat und Volk eine ganze Reihe von Ehrungen zuerkannt, „die er nach eigener Entscheidung entweder insgesamt oder nur insoweit sie ihm zusagten, annehmen

148 Vgl. ebd., 58. Hierzu s. o. Kap. I. 149 Vgl. hierzu Pelling 1996, 37. 150 App. civ. 5,548: καὶ γραμματεῖα, ὅσα τῆς στάσεως σύμβολα, ἔκαιε, καὶ τὴν ἐντελῆ πολιτείαν ἔλεγεν ἀποδώσειν, εἰ παραγένοιτο ἐκ Παρθυαίων Ἀντώνιος: πείθεσθαι γὰρ κἀκεῖνον ἐθέλειν ἀποθέσθαι τὴν ἀρχήν, τῶν ἐμφυλίων καταπεπαυμένων. 151 Vgl. Pelling 1996, 37 sowie Wallmann 1989, 270 f., der darauf hinweist, dass Octavian fortan in der Titulatur auf den von ihm geprägten Münzen auf den Titel des Triumvirn verzichtete. 152 Bleicken 2010, 237. Auch Lange 2009, 38 sieht den Sieg über Sextus Pompeius und die damit verbundene Erklärung Octavians, die Bürgerkriege seien nun beendet, als den Akt an, der die im Zuge der Verlängerung des Triumvirats im Vertrag von Tarent festgelegten Vereinbarungen und die dadurch neu definierten Aufgaben der Triumvirn zur Erfüllung brachte: „Octavian was clearly making it clear that he had done what was expected from him and was ready to carry out the promise of returning power when the remainder of the assignment [d. h. der von Antonius geführte Krieg gegen die Parther] was complete.“ (48) Vgl. dagegen Wallmann 1989, 272 f., der darin v. a. einen gegen Antonius gerichteten propagandistischen Schachzug sieht, der darauf abzielte, die Senatoren auf die Seite Octavians zu ziehen. Dahlheim 2010, 95 hebt hervor, dass es gerade in dieser Situation, in der eine zentrale Grundlage der Machtposition Octavians wegfiel, notwendig gewesen sei, „die Beibehaltung der militärischen Gewalt [zu] rechtfertigen“.

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durfte.“153 Und tatsächlich legt die von Appian im Folgenden gewählte Formulierung nahe, dass er im weiteren Bericht nur die Ehrungen aufführt, die Octavian tatsächlich annahm, andere dagegen unerwähnt lässt: Von den ihm bewilligten Ehrungen nahm Octavian nur eine Prozession und die jährliche Feier seiner Siegestage entgegen, ferner, dass seine Statue auf dem Forum auf einer goldenen Säule in der Kleidung stehen solle, in der er die Stadt betreten hatte. Rings um die Säule aber sollten Schiffsschnäbel angebracht sein. Und das Bildwerk fand dort seinen Platz, mit der Inschrift: „Den seit langem durch Bürgerkriege gestörten Frieden hat er zu Wasser und zu Lande wiederhergestellt.“154

Die von Appian hier angeführte Inschrift ehrte Octavian folglich als Friedensbringer und vor allem als den Beender der Bürgerkriege. Ihm wurde das Verdienst zugeschrieben, den Kreislauf, den Vergil und Horaz beschrieben hatten, durchbrochen zu haben – die Vorrausetzung für die Wiederherstellung von Sicherheit, Ordnung und dem Frieden, den die Inschrift feiert.155 Vor diesem Hintergrund hat man in der Forschung immer wieder die Inschrift als ein frühes Zeugnis für eine tatsächliche oder zumindest suggerierte Wandlung Octavians vom Bürgerkriegsgeneral zum Friedensbringer sehen wollen.156 Ohne Zweifel spielte der Frieden bei der Präsentation der Ereignisse von Naulochos und ihrer Folgen eine wichtige Rolle, wie die Handlungen Octavians demonstrierten. Darin kann sich jedoch die Auswertung des Befundes nicht erschöpfen: Vielmehr gilt es herauszuarbeiten, auf welcher Grundlage Octavian den Frieden wiederhergestellt sehen wollte. Worin bestand der Akt, der die Durchbrechung des Kreislaufs von discordia und Bürgerkrieg bedeutete? 153 App. civ. 5,538: ἐρχομένῳ δ᾽ ἥ τε βουλὴ τιμὰς ἐψηφίσατο ἀμέτρους, ὧν αὐτὸν ἐποίουν κριτήν, ἢ πάσας λαβεῖν ἢ ὅσας δοκιμάσειε […]. 154 App. civ. 5,541 f.: ἐκ δὲ τῶν ἐψηφισμένων τιμῶν ἐδέχετο πομπήν, ἐτήσιόν τε ἱερομηνίαν εἶναι, καθ‘ ἃς ἡμέρας ἐνίκα, καὶ ἐπὶ κίονος ἐν ἀγορᾷ χρύσεος ἑστάναι μετὰ σχήματος οὗπερ ἔχων εἰσῆλθε, περικειμένων τῷ κίονι νεῶν ἐμβόλων. καὶ ἕστηκεν ἡ εἰκών, ἐπιγραφὴν ἔχουσα, ὅτι „τὴν εἰρήνην ἐστασιασμένην ἐκ πολλοῦ συνέστησε κατά τε γῆν καὶ θάλασσαν“. (Übersetzung modifiziert) 155 Appian nutzt an dieser Stelle das Verb στασιάζω. Das diesem Verb zugrunde liegende griechische Konzept der στάσις basiert interessanterweise auf ähnlichen Grundlagen wie das hier dargestellte Bürgerkriegsverständnis im Rom der 40er- und 30er-Jahre; vgl. Gehrke 1985, 357 f., der vom „Unvermögen, der Stasis nachhaltig zu begegnen und an der Wurzel beizukommen“ spricht und fortfährt: „Dieses Unvermögen […] wird nirgends deutlicher als in den beschwörenden Appellen zur ὁμόνοια, zur Eintracht, die in der Regel als der Gegenbegriff zur Stasis erscheint.“ (Zum Zusammenhang und den Unterschieden zwischen den griechischen Termini für Bürgerkrieg und ihren lateinischen Pendants vgl. auch Brown 2003, 103.) Selbst wenn wir die lateinische Formulierung der columna-rostrata-Inschrift nicht kennen, so kann man doch vermuten, dass dort eine ähnliche Wendung in Anlehnung an den Begriff der discordia o. Ä. Verwendung gefunden haben dürfte. Immerhin ist die Inschrift das einzige Dokument, das Appian in diesem Kontext zumindest wörtlich zu zitieren vorgibt, was durchaus damit zusammenhängen könnte, dass die Inschrift auch zu seiner Zeit noch zu überprüfen war. Schließlich beschreibt noch im 4. Jh. Servius in seinem Vergil-Kommentar das Säulenmonument des Augustus (s. u. S. 108 f. m. Anm. 332). 156 So beispielsweise Dahlheim 2010, 93; vgl. auch Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 87: „Man behauptete, das Ende der Kriege im Innern sei eine gewaltlose Friedenstat – auch wenn dies tatsächlich damals noch ein frommer Wunsch war.“

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Eine eindeutige Antwort auf diese Frage liefert ein Überblick über die Ehrungen, die Octavian laut Appian akzeptierte. So wurde die Inschrift, in der die Wiederherstellung des Friedens gefeiert wird, an einem Monument angebracht, das für den Betrachter mit spezifischen Konnotationen versehen gewesen sein dürfte: Es handelte sich dabei, wie aus dem Bericht Appians hervorgeht, um eine columna rostrata, ein Säulenmonument, das mit Schiffsschnäbeln versehen und von einer Statue Octavians gekrönt war. Die Form des Monuments selbst verwies dabei durch die Anbringung der rostra auf ein bestimmtes Ereignis: den Sieg des C. Duilius über die Karthager in der Seeschlacht bei Mylae im Jahr 260 v. Chr.157 Für diesen Erfolg hatte der Senat dem Duilius den ersten triumphus navalis der römischen Geschichte bewilligt.158 Selbst wenn sie sich in ihrer formalen und rituellen Gestaltung nicht von den üblichen Triumphen unterschied, so stellte die explizite Hervorhebung der Ursache für diese Siegesfeier dennoch eine Innovation dar159: Erstmals wurde ein Seesieg mit einem Triumph belohnt und zugleich durch die Errichtung der columna rostrata in seiner besonderen Dimension nochmals gewürdigt. Man entwickelte mithin eine neuartige Ehrung, die zwar an traditionelle Formen anschloss, zugleich jedoch gerade diese Neuartigkeit in den Vordergrund rückte. Wenn Octavian im Jahr 36 ebenfalls mit einer columna rostrata geehrt wurde, so konnten dadurch diese Konnotationen erneut aufgerufen werden. Zum einen handelte es sich bei der mit Schiffsschnäbeln geschmückten Säule eindeutig um ein Siegesmonument, wie das Vorbild jedem Betrachter vor Augen führte.160 Zum anderen wies der Sieg Octavians einen Aspekt auf, der ihn – so suggerierte es zumindest die Inschrift – von allen vorhergehenden Siegen, auch den Seesiegen des Duilius und anderer Admiräle, unterschied: Octavian hatte die Bürgerkriege beendet, hatte den Kreislauf aus discordia und Bürgerkrieg durchbrochen und den Frieden

157 Vgl. zum Säulenmonument des Augustus u. a. Palombi 1993 sowie zur columna rostrata des Duilius Chioffi 1993. 158 Degrassi 1947, 548: C. Duilius M. f. M. n. co(n)s(ul) primus navalem de Sicul(eis) et classe Poenica egit k. interkalar. an. CDXCIII. Vgl. Dart/Vervaet 2011, 270 f. 159 Vgl. ebd., 275 f. 160 Aufgegriffen wurde das Symbol der rostra zudem in einer weiteren Ehrung, die jedoch nicht Octavian selbst, sondern Agrippa zuteil wurde, der den Sieg gegen Sextus Pompeius eigentlich errungen hatte. Agrippa wurde eine corona navalis zuerkannt, d. h. ein mit rostra versehener Kranz (vgl. u. a. Liv. per. 129 und Vell. 2,81,3). Birgit Bergmann hat im Rahmen einer Analyse der entsprechenden Belege in Literatur, Plastik und Münzbildern die These entwickelt, dass es sich – entgegen der etablierten Forschungsmeinung – bei dieser Auszeichnung nicht um ein traditionelles donum militarium gehandelt habe, sondern um eine speziell für Agrippa zu diesem Anlass entworfene, innovative Ehrung (Bergmann 2011). Sollte dies zutreffen, so würde auch durch die corona navalis die Neuartigkeit des Sieges eindrücklich illustriert. Sieht man sie im Zusammenhang mit der columna für Octavian, so würde zugleich die intendierte Hierarchisierung deutlich, die den weiteren Umgang Octavians mit Siegen, die andere für ihn oder in seinem Namen errangen maßgeblich prägen sollte; zur augusteischen Triumphpolitik, in deren Rahmen auch Agrippa eine bedeutende Rolle zukam s. u. Kap. VII 2.

III 1 Die Bürgerkriege der späten 40er- und frühen 30er-Jahre

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wiederhergestellt.161 Doch die Voraussetzung für diese Erneuerung war der militärische Erfolg, den der Sieger gebührend zu feiern gedachte. In der Forschung ist wiederholt angemerkt worden, dass Octavian Rom eben nicht im Rahmen eines Triumphzugs betrat162, sondern die abgeschwächte Variante der ovatio vorzog.163 Zur Begründung wurde dabei insbesondere angeführt, dass es rechtlich wie moralisch nicht möglich gewesen sei, einen Triumph für einen Sieg im Bürgerkrieg zu feiern.164 Stattdessen habe Octavian sich für die Form der ovatio entschieden, um seinen Sieg mangels auswärtiger Feinde zumindest in die Nähe von Siegen gegen aufständische Sklaven oder Seeräuber zu rücken, für welche die ovatio allgemein als angemessen erachtet wurde165, und dadurch den Bürgerkriegscharakter der Auseinandersetzung mit Sextus Pompeius zu verschleiern.166 Vor dem Hintergrund der Ereignisse selbst und auch ihrer Verarbeitung in den literarischen Quellen, die im letzten Abschnitt analysiert wurde, muss sich jedoch die Frage ergeben, ob eine solche Umdeutung ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Jedem Zuschauer, der die Prozession im Jahr 36 v. Chr. am Straßenrand verfolgte, dürfte klar gewesen sein, dass hier ein Sieg in einem Krieg gefeiert wurde, in dem auf beiden Seiten römische Bürger gekämpft hatten. Carsten Lange hebt hervor, dass diese Dimension des Konflikts, d. h. der Bürgerkriegscharakter der Auseinandersetzung, in der Präsentation keineswegs verheimlicht wurde. Dennoch, so Lange weiter, sei dieser Krieg insbesondere durch die ovatio vor allem als Sklavenkrieg dargestellt worden.167 Diese Annahme ist natürlich grundsätzlich korrekt, wie auch ein Blick in die Res Gestae zeigt. Tatsächlich wurde der Krieg gegen Pompeius im Rahmen der Präsentation mit diversen anderen Kriegsformen in Verbindung gebracht. Doch muss betont werden, dass gerade die von Appian überlieferte Inschrift, die an der columna rostrata angebracht wurde, keinen Zweifel aufkommen ließ: Octavian hatte in einem Bürgerkrieg gekämpft und diesen durch seinen Sieg beendet. Jeder Versuch, den Bürgerkriegscharakter der Auseinandersetzung zu leugnen, 161 Vgl. dagegen Balbuza 1999, 278, die konstatiert, gerade durch die Errichtung der Säule werde „suggeriert, daß man Octavians Sieg im Bürgerkrieg ohne weiteres mit dem Sieg über den Außenfeind vergleichen kann.“ 162 Diesen Unterschied übergeht Dahlheim 2010, 95. 163 Degrassi 1947, 569: Imp. Caesar Divi f. C. f. II, IIIvir r(ei) p(ublicae) c(onstituendae) II, ovans ex Sicilia idibus Novembr. a. DCCXVII. 164 Vgl. u. a. Cooley 2009, 121 sowie Dart/Vervaet 2011, 278 f. Die Frage nach der Möglichkeit oder Unmöglichkeit eines Bürgerkriegstriumphs soll an dieser Stelle nicht weiter erörtert, sondern stattdessen im Rahmen der Überlegungen zur Präsentation des Sieges bei Actium umfassend thematisiert werden; vgl. zudem die den Stand der Diskussion zu diesem Thema zusammenfassenden Arbeiten Havener 2014 sowie Lange 2013. 165 Vgl. Lange 2009, 38: „Sextus Pompey ‚made a mistake‘ by having Sicily as his base; this was too good for Octavian not to use, as Sicily was associated with slave rebellion.“ Allerdings weist Lange zugleich darauf hin, dass der Eintrag in den fasti im Gegensatz zu vergleichbaren Siegesfeiern nicht den Zusatz de servis o. Ä. aufweist. 166 Vgl. Osgood 2006, 301, der sich v. a. auf die columna rostrata bezieht, jedoch korrekterweise zugleich darauf hinweist, dass bereits in diesem Monument die Aussage mitschwang, „that it was more than just crushing a slave rebellion.“ 167 Lange 2013, 81.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

wäre zum Scheitern verurteilt gewesen, da die realen Gegebenheiten eine solche Vorgehensweise schlicht nicht zugelassen hätten und der Sieger seine Glaubwürdigkeit eingebüßt hätte. Zudem zeigen sowohl die Inschrift als auch die in den Quellen kolportierten Handlungen Octavians, dass dieser ein deutliches Interesse daran haben musste, den Krieg als Bürgerkrieg darzustellen, da die Botschaft, die das Ende der Bürgerkriege verkündete, ansonsten wirkungslos gewesen wäre.168 Es trifft folglich zu, dass im Rahmen der Präsentation des Sieges Elemente herangezogen wurden, die aus anderen Bereichen bekannt waren und die den Sieg im Bürgerkrieg, dessen Präsentation sich während der gesamten Zeit der späten Republik generell als problematisch erwiesen hatte, anschlussfähig machten.169 Sie alle wiesen jedoch in dieselbe Richtung: Es ging um die Darstellung Octavians als Sieger. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Modi der Darstellung, die aus anderen Zusammenhängen bekannt waren, auf die Bürgerkriegssituation übertragen. Am Charakter der Auseinandersetzung änderte dies nichts. In der Pose des Siegers ließ Octavian sich Appian zufolge auch auf der Spitze der columna rostrata darstellen170: Seine Statue sollte die Kleider zeigen, die er bei seinem Einzug in die Stadt getragen hatte. Auf diese Weise wurde die Zeremonie wieder aufgegriffen und gleichsam verstetigt. Der ihr zugrunde liegende Sieg sollte den Betrachtern des Monuments permanent in Erinnerung gerufen werden, was durch die jährliche Feier, die ebenfalls Teil der von Appian überlieferten Ehrungen 168 Vgl. Sumi 2005, 206 f., der die ovationes der Jahre 40 und 36 v. Chr. miteinander in Verbindung bringt und sie jeweils als den demonstrativen Beginn eines neuen Zeitabschnitts in der Karriere Octavians sehen will, der mit der Beilegung innerer Auseinandersetzungen verknüpft war. 169 Vgl. dazu im Einzelnen Havener 2014. Die spezifische Form der Präsentation stellte somit einen möglichen Weg dar, die Probleme, die ein Bürgerkriegssieg für den Sieger mit sich brachte, in performativer Form zu bearbeiten. Bei der Demonstration seines Sieges über Antonius wählte Octavian eine andere Strategie, die neue Aussageschwerpunkte erkennen lässt (s. Kap. III 2.1); dagegen Lange 2013, 82, der in den Ereignissen des Jahres 36 v. Chr. ein Vorbild für die Präsentation des Sieges über Antonius sieht. 170 Vgl. Zanker 2003, 50, der dies anmerkt ohne weiter darauf einzugehen. Er führt stattdessen eine weitere Statue auf, die jedoch „nur durch Münzen bekannt“ sei (48). Dabei bezieht sich Zanker auf RIC I2 256. Der Denar zeigt eine nackte männliche Gestalt, die in der rechten Hand ein aplustre, d. h. ein Schiffsheck, als Siegestrophäe hält, in der linken eine Lanze. Zanker sieht hier das Abbild einer „nicht weniger aussagekräftige[n] Statue“ Octavians (50), die wie die Statue auf der columna rostrata den Sieg über Pompeius feiere. Beide Statuen, so fasst Zanker zusammen, zeigten Octavian „wie die hellenistischen Herrscher des Ostens“ und „rühmten die Sieghaftigkeit des Divi filius und verkündeten seinen Anspruch auf Alleinherrschaft“ (52). Die Bearbeiter des RIC sind bei der Identifizierung des Dargestellten weit vorsichtiger und geben als eine Möglichkeit lediglich Neptun an. Tatsächlich ist durch das Münzbild, selbst wenn es tatsächlich Octavian zeigen sollte, nicht unbedingt bewiesen, dass eine eventuell abgebildete Statue im Zuge der Ehrungen des Jahres 36 v. Chr. errichtet wurde. Es findet sich, wie Zanker selbst eingesteht, in den literarischen Quellen kein Hinweis darauf. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Debatten um die Datierung der sog. „Triumphalserie“, der dieser Münztyp entstammt (hierzu S. 127–132), erweist es sich als problematisch, endgültige Aussagen über die Abbildung selbst sowie über mögliche Vorbilder in Statuenform zu treffen. Sollten die Annahmen Zankers zutreffen, wäre dies jedoch ein weiterer Beleg für die spezifische Stoßrichtung, die der Präsentation des Sieges über Pompeius zugrunde lag.

III 2 Imperator triumphans – Die Präsentation des Sieges bei Actium

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war, noch zusätzlich unterstrichen wurde.171 Die Botschaft, die sich hinter diesen Ehrungen verbarg, war somit eindeutig definiert: Der Bürgerkrieg war beendet, Frieden, Sicherheit und Ordnung waren wiederhergestellt. Die Grundlage hierfür war der Sieg über Sextus Pompeius. Erinnert werden sollte nicht an den Frieden, der – so lautete die in der Inschrift der columna rostrata verbreitete Grundaussage – nun dauerhaften Bestand hatte, sondern an den Sieg. Seine Bedeutung erschöpfte sich folglich nicht darin, lediglich ein Mittel der Friedensstiftung zu sein, vielmehr kam dem militärischen Erfolg ein eigener Wert zu. Die Durchbrechung des Kreislaufs aus discordia und Bürgerkrieg war somit aufs Engste verknüpft mit dem Sieg Octavians über Sextus Pompeius. Als anschlussfähig erwies sich dabei für Octavian die Rolle des Beenders der Bürgerkriege, die bereits in den Werken Vergils und Horazʼ angelegt war und die wegweisend werden sollte für die Präsentation des Sieges über Antonius.172 III 2 IMPERATOR TRIUMPHANS – DIE PRÄSENTATION DES SIEGES BEI ACTIUM In seiner Historia Romana nutzt der frühkaiserzeitliche Historiker Velleius Paterculus die Schilderung der Rückkehr Octavians in die Hauptstadt nach dem Krieg gegen Antonius und Kleopatra für einen Exkurs über die Leistungen, die der erste princeps für das römische Volk erbracht hat: Dann aber gab es nichts, was Menschen von den Göttern erflehen noch die Götter den Menschen gewähren können, nichts, was sich durch Gelübde erreichen noch vom Glück erlangen läßt, was Augustus nicht nach seiner Rückkehr nach Rom dem Staat, dem römischen Volk und der Welt geschenkt hätte. Nach zwanzig Jahren wurde der Bürgerkrieg beendet, die auswärtigen Kriege beigelegt, der Friede wiederhergestellt, die Raserei der Waffen allenthalben zur Ruhe gebracht. Die Gesetze erhielten ihre Kraft zurück, die Gerichte ihre Autorität, der Senat seine hohe Würde; die Amtsgewalt der Magistrate wurde auf ihr früheres Maß eingeschränkt.

171 Gleiches würde für das Recht, ständig den Lorbeerkranz zu tragen, gelten, das Octavian Cassius Dio zufolge zu diesem Zeitpunkt ebenfalls zugestanden worden sein soll (Cass. Dio 49,15,1; vgl. Kienast 2009, 56). Tatsächlich ist Octavian im Rahmen der Münztypen, die auf den Sieg bei Naulochos anspielen, mit einem Lorbeerkranz dargestellt (RIC I2 271; vgl. Zanker 2003, 50). Ob Octavian diese Ehrung tatsächlich akzeptiert hatte, lässt sich nicht endgültig entscheiden, da Dio nicht zweifelsfrei zwischen solchen Ehrungen und denjenigen, die abgelehnt wurden, differenziert (vgl. Lange 2009, 34). 172 Carsten Lange sieht in der Beendigung des Bürgerkriegs eine der Hauptaufgaben des Triumvirats, die im von ihm so bezeichneten „triumviral assignment“ festgeschrieben worden sei und die formale Grundlage für das Handeln der Triumvirn und später Octavians gebildet habe (Lange 2009, 191 f. u. ö.). Zwar erscheint es durchaus möglich, ein solches „triumviral assignment“ und seine Kernpunkte zu definieren (kritisch hierzu jedoch Sumi 2010). Allerdings soll in diesem Kapitel ein anderer Schwerpunkt gesetzt werden, der weniger auf formale Aspekte fokussiert. Im Mittelpunkt sollen nicht die Aufgabenverteilung der Triumvirn und die Frage, wie sich die Beendigung des Bürgerkriegs in diesen Komplex einfügen lässt, stehen, sondern vielmehr die Bedeutung des Bürgerkriegs und der Rolle Octavians im politischen Diskurs der 40er- und 30er-Jahre.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender Es wurden lediglich zu den acht Prätoren noch zwei hinzugewählt. Die althergebrachte Form des Staates wurde wiederhergestellt, die Äcker fanden wieder Pflege, die Heiligtümer wurden geehrt, die Menschen genossen Ruhe und Frieden und waren sicher im Besitz ihres Eigentums. Vorhandene Gesetze erhielten nützliche Verbesserungen, neue wurden zum allgemeinen Nutzen erlassen. Die Wahl in den Senat wurde zwar nicht nach rigorosen, aber doch nach strengen Grundsätzen vorgenommen. Führende Männer, die Triumphe und Ehrenstellen aufzuweisen hatten, lud der Princeps durch seine Aufmunterung dazu ein, sich für die Verschönerung der Stadt einzusetzen.173

Die Rückkehr Octavians aus den Bürgerkriegen wird in diesem Text als entscheidender Wendepunkt für die Geschicke des römischen Volkes dargestellt. Die Passage lässt Anklänge an Augustusʼ eigene Formulierung aus den Res Gestae erkennen.174 Dort heißt es: Nachdem ich die Bürgerkriege beendet hatte, überführte ich während meines sechsten und siebten Konsulates die res publica – obwohl ich durch allgemeine Zustimmung Gewalt über alles besaß – aus meiner potestas in die Verfügungsgewalt von Senat und römischem Volk. Dieses meines Verdienstes wegen wurde ich durch einen Beschluss des Senats Augustus genannt. Die Türpfosten meines Hauses wurden mit Lorbeer versehen, die Bürgerkrone wurde über meiner Tür angebracht und ein goldener Schild wurde in der Curia Iulia aufgestellt. Die Inschrift auf dem Schild bezeugte, dass Senat und Volk von Rom ihn mir verliehen hatten aufgrund meiner virtus, clementia, iustitia und pietas. 175

Allerdings findet eine deutliche Schwerpunktverschiebung statt: Während der princeps selbst vor allem die „Überführung“ des Gemeinwesens in die Entscheidungshoheit des Senats und Volkes von Rom hervorhebt, feiert Velleius ihn nicht nur als Wiederhersteller der Gesetze und der traditionellen Ordnung. Vielmehr portraitiert er Octavian als den Friedensbringer par excellence, der die innerrömischen Konflikte ebenso wie die auswärtigen Kriege beendet hatte und dadurch jedem Römer persönliche und materielle Sicherheit, Freiheit sowohl von jeder Art von Un173 Vell. 2,89,2–4: Nihil deinde optare a dis homines, nihil dii hominibus praestare possunt, nihil voto concipi, nihil felicitate consummari, quod non Augustus post reditum in urbem rei publicae populoque Romano terrarumque orbi repraesentaverit. Finita vicesimo anno bella civilia, sepulta externa, revocata pax, sopitus ubique armorum furor, restituta vis legibus, iudiciis auctoritas, senatui maiestas, imperium magistratuum ad pristinum redactum modum; tantummodo octo praetoribus adlecti duo. Prisca illa et antiqua rei publicae forma revocata rediit cultus agris, sacris honos, securitas hominibus, certa cuique rerum suarum possessio; leges emendatae utiliter, latae salubriter; senatus sine asperitate nec sine severitate lectus. Principes viri triumphisque et amplissimis honoribus functi adhortatu principis ad ornandam urbem inlecti sunt. 174 Die Verbindung beider Texte erwähnt auch Elefante 1997, 425, ohne jedoch an dieser Stelle in die Tiefe zu gehen. 175 R. Gest. div. Aug. 34,1: in consulatu sexto et septimo, postquam bella civilia extinxeram, per consensum universorum potens rerum omnium, rem publicam ex mea potestate in senatus populique Romani arbitrium transtuli. quo pro merito meo senates consulto Augustus appellatus sum et laureis postes aedium mearum vestiti publice coronaque civica super ianuam meam fixa est, et clupeus aureus in curia Iulia positus, quem mihi senatum populumque Romanum dare virtutis clementiaeque iustitia et pietatis causa testatum es per eis clupei inscriptionem. (Übersetzung modifiziert.) Vgl. für eine eingehendere Analyse des Textes Börm/Havener 2012 mit entsprechenden Hinweisen auf ältere Literatur sowie Kap. IV 4.3.

III 2 Imperator triumphans – Die Präsentation des Sieges bei Actium

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terdrückung als auch von der Angst vor dem Ausbruch neuer innerrömischer Auseinandersetzungen sowie die Absenz des Krieges im Allgemeinen garantierte. Bezeichnend ist, dass Velleius an dieser Stelle im Rahmen des Narrativs erstmals den Namen „Augustus“ verwendet.176 Während Augustus selbst (zumindest im zitierten Abschnitt der Res Gestae) diesen Namen vor allem mit der Rückgabe der res publica verbunden sehen will, steht für Velleius eindeutig der Friedensaspekt im Vordergrund. Zwar geht auch er auf die Renaissance von Recht, Gesetz und Tradition ein, was natürlich der Linie des augusteischen Tatenberichts entspricht. Doch anders als der princeps selbst verknüpft Velleius in seinem Text die Verleihung des Augustus-Namens, selbst wenn er den Akt als solchen nicht referiert, durch die unkommentierte Einführung auf der Ebene des Narrativs untrennbar mit einer Wiederherstellung des Friedens.177 In der Forschung hat die gesamte Passage des Velleius seltsamerweise nur äußerst geringen Widerhall gefunden.178 Dabei lässt sich vor dem Hintergrund dieses Textes beispielhaft eine Debatte skizzieren, die die Forschungsdiskussion zum augusteischen Prinzipat nahezu von Beginn an geprägt hat: Welche Rolle spielten die Idee des Friedens und die Vorstellung von Octavian/ Augustus als Friedensbringer für die Darstellung der Schlacht bei Actium und ihrer Folgen? Tatsächlich erwies sich das Versprechen, das die Inschrift der columna rostrata im Jahr 36 v. Chr. verkündete, als verfrüht. Nur wenige Jahre nach ihrer Errichtung hatte Rom einen erneuten blutigen Bürgerkrieg hinter sich, in dem zwar im Gegensatz zu den Auseinandersetzungen der späten 40er- und frühen 30er-Jahre die italische Halbinsel selbst kein Kriegsschauplatz mehr war, der jedoch trotzdem tausende römische Bürger im Kampf gegeneinander das Leben gekostet hatte. Vorausgegangen war diesem erneuten Bürgerkrieg eine Auseinandersetzung zwischen Octavian und Antonius auf dem Gebiet der Propaganda, die enorme Ausmaße angenommen und die Jahre zwischen dem Sieg über Sextus Pompeius und der 176 Zwar wird Augustus bereits vorher einige Male so genannt, dies jedoch nie in einem rein narrativen Zusammenhang, sondern immer gleichsam proleptisch, wenn Velleius an bestimmten Stellen auf künftige Ereignisse eingeht, die in die Regierungszeit des princeps fallen (vgl. Rubincam 1992, 93). Alternativ kann die Bezeichnung „Augustus“ vor dieser Passage auch in Zusammenhang mit divus auftreten; vgl. exemplarisch Vell. 2,36,1: Consulatui Ciceronis non mediocre adiecit decus natus eo anno divus Augustus […]. 177 Zugleich trifft Velleius jedoch eine Unterscheidung von zentraler Bedeutung zwischen bella civilia und bella externa; hierzu S. 200, Anm. 45. 178 Weder die Kommentare zum Werk des Velleius (neben Elefante 1997 immer noch maßgeblich Woodman 1983) noch Einzelstudien zu bestimmten Aspekten, Intentionen oder Hintergründen (etwa Gowing 2007 mit einer Übersicht über die Forschungsliteratur zu Velleius sowie Schmitzer 2000 und Kober 2000) befassen sich mit diesem Abschnitt im Detail. Wenn die Stelle herangezogen wird, so geschieht dies nicht im Rahmen von Untersuchungen des augusteischen, sondern des tiberianischen Prinzipats (Hillard 2011, Schmitzer 2011) oder der biographischen Herangehensweise des Autors (Pelling 2011). Eine Ausnahme bildet hier Richardson 2012, 76 f., der in seiner Analyse der Passage jedoch lediglich feststellt: „It mirrors in many ways the account Augustus himself gave in his Res Gestae, but it reflects both the sense of the new beginning that was marked by the end of the war in Egypt and the work of restoration that needed to be done.“ (77)

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

Schlacht bei Actium geprägt hatte.179 Umso mehr, so könnte man die etablierte Meinung eines großen Teils der Forschung zusammenfassen, habe Octavian in seiner Selbstdarstellung betonen müssen, dass nun der Friede wiederhergestellt sei.180 Dies habe eine allgemeine Sehnsucht nach Frieden vom Sieger geradezu zwingend verlangt.181 Octavian sei diesen Erwartungen nur zu gern nachgekommen: Der Frieden schien mit dem Sieg bei Actium hergestellt. Aber nicht der Frieden selbst, also die Abwesenheit von Krieg, sondern seine symbolische Abstraktion sollte nach dem Willen des Augustus das Bewußtsein der Menschen prägen, daß sie nun in einer friedlichen Welt lebten, die unauflöslich an seine Person geknüpft war. Der Frieden, den die Römer allen unterworfenen Völkern gebracht hatten und den sie jetzt, nach dem Ende der Bürgerkriege, selbst genossen, ging auf Augustus zurück (Pax Augusta).182

Für Jochen Bleicken läuteten der Sieg bei Actium und seine Präsentation die Etablierung des Konzeptes der Pax Augusta ein. Vor diesem Hintergrund wurde insbesondere der dreifache Triumph interpretiert, den Octavian im Jahr 29 v. Chr. feierte.183 Im Folgenden soll diese Perspektive auf den Triumph im Speziellen und auf die Darstellung des Sieges bei Actium im Allgemeinen kritisch hinterfragt werden: War tatsächlich die Herstellung des Friedens der alles bestimmende Faktor im Rahmen der Präsentation? Welche Botschaft wollte Octavian mit seinen Handlungen vermitteln? Wie wurde die Stellung beschrieben, die er im Rahmen des Endes der Bürgerkriege einnahm?

179 Vgl. zu den Einzelheiten dieser Auseinandersetzung Wallmann 1989, 249–342. 180 Schlange-Schöningen 2005, 83 spricht in diesem Zusammenhang vom „Wunsch Octavians, zukünftig nicht als Gewaltherrscher, sondern als Friedensfürst akzeptiert und verehrt zu werden.“ 181 Vgl. Dahlheim 2010, 163 sowie Eck 2006, 40, Lange 2009, 11 und Richardson 2012, 77. 182 Bleicken 2010, 512. 183 Vgl. u. a. Lange 2009, 153 und 156 f., der sich explizit gegen die These wendet, Octavian habe sich als Welteroberer präsentiert, und stattdessen betont, die Vermischung von externem Krieg und Bürgerkrieg sei durch die beiden Triumphe für Actium und die Eroberung Alexandrias sichtbar gemacht worden. Die Zeremonie als Ganze habe vor allem dazu gedient, deutlich zu machen, dass Octavian die Bürgerkriege beendet, Ägypten erobert und auf diese Weise den Römern einen lang ersehnten Frieden gebracht habe. Auch Eck 2006, 39 f. sieht hierin die Hauptfunktion des Triumphs; vgl. auch Bringmann 2009, 81. Dahlheim 2010 entwirft ein differenzierteres Bild und führt die beiden Aspekte der Friedensbringung und der Erringung der Herrschaft zusammen. Einerseits, so erklärt er, habe man Siege auf drei Erdteilen feiern können (157 f.), andererseits sei der Triumph das Sinnbild einer neuen, friedlichen Weltordnung (157) – allerdings fügt er zu Recht hinzu, dass die Zeremonie gleichzeitig in vorher nie gekannter Deutlichkeit Octavian als den neuen und alleinigen Herrscher darstellte (159). Dennoch privilegiert auch Dahlheim letztlich den Aspekt des Friedens (s. u. S. 207). In der aktuelleren Forschung zur Pax Augusta beschränkt sich die kritische Auseinandersetzung mit dem Paradigma des Friedensbringers ebenfalls zumeist auf die externe Dimension, d. h. auf die Expansionsbestrebungen des ersten princeps. So erwähnt beispielsweise Rich 2003, 331 f. die Bürgerkriege nur in einem kurzen Abschnitt und stellt schlicht fest, Octavian sei nach der Beendigung der inneren Auseinandersetzungen als Friedensbringer geehrt worden; vgl. bereits Weinstock 1960, 47.

III 2 Imperator triumphans – Die Präsentation des Sieges bei Actium

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III 2.1 Der dreifache Triumph im Jahr 29 v. Chr. „Er feierte drei kurulische Triumphe für seine Siege in Dalmatien, bei Actium und bei Alexandria, alle an drei aufeinanderfolgenden Tagen.“ 184 In aller Kürze handelt Sueton in seiner Augustus-Biographie den dreifachen Triumph des Jahres 29 v. Chr. ab. Er steht damit in Einklang mit der einfachen Feststellung des princeps aus den Res Gestae. 185 Augustus bemerkt ebenfalls schlicht, er habe dreimal triumphiert, und gibt dabei nicht einmal die Denominationen der einzelnen Triumphe an. Die meisten historiographischen und biographischen Werke orientierten sich offenbar an dieser Formulierung: Weder beim bereits angeführten Sueton noch bei Velleius Paterculus, weder bei Florus noch bei Appian lassen sich ausführlichere Beschreibungen der Zeremonien von 29 v. Chr. finden.186 Eine Ausnahme bildet hier die Schilderung des Cassius Dio. Als einzige tradierte Quelle187 liefert der Text mehr als nur eine kurze Aufzählung der Triumphtitel und gewährt einen Blick auf Ablauf und Hintergründe der einzelnen Prozessionen: Um von Caesars Triumph zu sprechen, so feierte er am ersten Tage seine Siege über die Pannonier und Dalmatier, die Japyden und ihre Nachbarstämme, ferner über einige Germanen und Gallier. Denn Gaius Carrinas hatte die Moriner und andere Völkerschaften, die sich mit ihnen zusammen erhoben hatten, unterworfen und die Sueben, die in feindlicher Absicht über den Rhein gegangen waren, zurückgeschlagen. Und deshalb feierte auch Carrinas seinen Triumph und das, obgleich sein Vater von Sulla hingerichtet und er selbst samt den anderen Männern in gleicher Lage einstmals von der Bekleidung eines Amtes ausgeschlossen worden war. Caesar triumphierte ebenfalls, da ihm in seiner Eigenschaft als oberstem Befehlshaber die Ehre des Sieges zukam. Am ersten Tag nun fanden diese Feierlichkeiten statt; anderntags wurde des Seesiegs bei Actium und am dritten Tag der Unterwerfung Ägyptens gedacht. Glänzend erwiesen sich in der Tat schon die anderen Festzüge, dank der aus Ägypten stammenden Beute – man hatte nämlich dort Beute in solcher Menge eingebracht, daß sie für sämtliche Festzüge ausreichte –, die Siegesfeier über Ägypten jedoch ließ an Kostbarkeit und Prunk alles sonstige 184 Suet. Aug. 22: Curulis triumphos tris egit, Delmaticum, Actiacum, Alexandrinum, continuo triduo omnes. Vgl. zum Dreifachtriumph Degrassi 1947, 570 sowie Itgenshorst 2005, 410–418 unter den Katalognummern 287–289 (für die anderen in diesem Kapitel besprochenen Triumphe werden im Folgenden nur noch die Katalognummern angegeben). Bezeichnenderweise vermerkt Itgenshorst für alle drei Triumphe jeweils unter Punkt 4 des Eintrags mit der Überschrift „Besonderheiten beim Triumph (Außergewöhnliches, Details, Konflikte)“: „nicht bekannt“. 185 R. Gest. div. Aug. 4,1: Bis ovans triumphavi, tris egi curulis triumphos et appellatus sum viciens et semel imperator. 186 Vgl. Suet. Aug. 41; Suet. Tib. 6; Vell. 2,89,1; Flor. 2,21,10; App. Ill. 28,83. Eine vollständige Auflistung der literarischen Quellen zu den Triumphen Octavians bietet Degrassi 1947, 570. 187 Interessant wäre an dieser Stelle u. a. ein Vergleich mit dem vollständigen Text des Livius. Die Periochae (133) geben, ebenso wie die anderen angeführten Quellen, lediglich die Denominationen der Triumphe wieder. Zur Diskussion, ob Livius die Quelle für Dios Beschreibung der Triumviratszeit darstellte, vgl. Millar 1964, 83–92 sowie Reinhold 1988, 6–9 mit einer Zusammenstellung der älteren Literatur. Dio selbst erwähnt an einer Stelle (44,35,3) die Autobiographie des Augustus als Quelle, in der der Triumph mit großer Wahrscheinlichkeit im Gegensatz zu den Res Gestae aufgrund der gegensätzlichen Stoßrichtung der beiden Texte auch ausführlicher thematisiert worden sein dürfte; zur Autobiographie und der Möglichkeit einer Rekonstruktion ihrer Hauptaussagen s. Kap. IV 2.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender hinter sich. Unter anderen Schaustücken wurde das Bild der auf einer Liegestatt ruhenden toten Kleopatra mitgeführt, so daß gewissermaßen auch sie mit den übrigen Gefangenen und ihren Kindern Alexander, auch Helios genannt, und Kleopatra, auch Selene genannt, als Siegestrophäe zu sehen war. Sodann kam Caesar hinter ihnen allen in die Stadt geritten und verrichtete sämtliche Handlungen in der hergebrachten Weise, nur daß er seinen Mitkonsul und die übrigen Amtsträger im Gegensatz zur früheren Ordnung zusammen mit den restlichen Senatoren, die an seinem Siege teilgenommen hatten, hinter sich herziehen ließ; denn es war Sitte, daß die Beamten vorausgingen und nur die Senatoren nachfolgten.188

Soweit das Grundgerüst Dios, das sich scheinbar passgenau in den Rahmen einfügt, den die übrigen Quellen vorgeben. An dieser Stelle muss in der gebotenen Kürze auf den möglichen Hintergrund eingegangen werden, vor dem Cassius Dio seine Aussagen niederschrieb. Denn schließlich lebte der Autor selbst zu einer Zeit, in der die Themen Bürgerkrieg und Sieg über römische Feinde im Rahmen der Auseinandersetzungen nach der Ermordung des Commodus und kurz darauf des Pertinax akut in den Fokus rückten. In der Forschung wurde wiederholt herausgearbeitet, dass insbesondere die Augustus-Bücher im Werk Cassius Dios oftmals dazu dienten, politische Vorgänge sowie die eigenen Urteile und Meinungen des Autors in die Zeit der Etablierung des Prinzipats zurückzuprojizieren.189 Die Triumphpolitik der Severer und der Umgang des Septimius Severus mit seinem Sieg im Bürgerkrieg könnten somit auch den Hintergrund für die angeführten Aussagen Dios bilden190: So wurde dem ersten severischen Kaiser zwar ein Triumphbogen auf dem Forum, also an äußerst prominenter Stelle, errichtet – von einem dazugehörigen Triumph, in dem der Bürgerkrieg thematisiert worden wäre, wird jedoch nichts berichtet. Offenbar stellte noch am Ende des zweiten Jahrhunderts die Präsentation eines Erfolges im Bürgerkrieg den Sieger vor nicht zu unterschätzende Herausforderungen, die im Text Dios durchaus ihren Niederschlag gefunden haben: Die Kritik an Severus für sein Verhalten nach dem Sieg über Clodius Albinus zeigt deutlich, wie ein solches Ereignis politisch instrumentalisiert werden konnte.191 Den möglichen Eindruck einer verborgenen Kritik an Octavians Präsentation des Erfolgs von Actium 188 Cass. Dio 51,21,5–9: ἑώρτασε δὲ τῇ μὲν πρώτῃ ἡμέρα τά τε τῶν Παννονίων καὶ τὰ τῶν Δελματῶν, τῆς τε Ἰαπυδίας καὶ τῶν προσχώρων σφίσι, Κελτῶν τε καὶ Γαλατῶν τινων. Γάιος γὰρ Καρρίνας τούς τε Μωρίνους καὶ ἄλλους τινὰς συνεπαναστάντας αὐτοῖς ἐχειρώσατο, καὶ τοὺς Σουήβους, τὸν Ῥῆνον ἐπὶ πολέμῳ διαβάντας ἀπεώσατο· καὶ διὰ ταῦτα ἤγαγε μὲν καὶ ἐκεῖνος τὰ νικητήρια, καίτοι τοῦ τε πατρὸς αὐτοῦ ὑπὸ τοῦ Σύλλου θανατωθέντος, καὶ αὐτὸς ἄρξαι ποτὲ μετὰ τῶν ἄλλων τῶν ὁμοίων οἱ κωλυθείς, ἤγαγε δὲ καὶ ὁ Καῖσαρ, ἐπειδὴ ἡ ἀναφορὰ τῆς νίκης τῇ αὐτοκράτορι αὐτοῦ ἀρχῇ προσήκουσα ἦν. ἐν δὲ τῇ δευτέρᾳ ἡ πρὸς τῷ Ἀκτίῳ ναυκρατία, κἀν τῇ τρίτῃ ἡ τῆς Αἰγύπτου καταστροφή. τά τε γὰρ ἄλλα καὶ ἡ Κλεοπάτρα ἐπὶ κλίνης ἐν τῷ τοῦ θανάτου μιμήματι παρεκομίσθη, ὥστε τρόπον τινὰ καὶ ἐκείνην μετά τε τῶν ἄλλων αἰζμαλώτων καὶ μετὰ τοῦ Ἀλεξάνδρου τοῦ καὶ Ἡλίου, τῆς τε Κλεοπάτρας τῆς καὶ Σελήνης, τῶν τέκνων, ὡς πομπεῖον ὀφθῆναι. μετὰ δὲ δὴ τοῦτο ὁ Καῖσαρ ἐφ‘ ἅπασιν αὐτοῖς ἐσελάσας τὰ μὲν ἄλλα κατὰ τὸ νομιζόμενον ἔπραξε, τὸν δὲ δὴ συνύπατον τούς τε λοιποὺς ἄρχοντας περιεῖδε παρὰ τὸ καθεστηκὸς ἐπισπομένους οἱ μετὰ τῶν λοιπῶν βουλευτῶν τῶν συννενικηκότων εἰώθεσαν γὰρ οἱ μὲν ἡγεῖσθαι οἱ δὲ ἐφέπεσθαι. 189 Vgl. u. a. Reinhold 1988, 10 sowie Millar 1964, 83 und 101. 190 Vgl. Manuwald 1979, 282–284. 191 Cass. Dio 76,7,3–4.

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bestätigt Dio sogar explizit, wenn er Severus die Härte des ersten princeps loben und gleichzeitig die clementia Caesars als schwach zurückweisen lässt.192 Ein solcher Verweis auf eine mögliche Reflexion von Problemen der aktuellen politischen Situation erfasst jedoch die Dimension des zitierten Abschnittes über den augusteischen Dreifachtriumph nur unzureichend. Denn wenngleich man davon ausgehen kann, dass hier solche Überlegungen eine Rolle spielten, ergeben sich dennoch einige weiterführende Fragen. So muss zum einen die severische Siegesdarstellung in ihrem Kontext gesehen werden. Der Umgang der neuen Dynastie mit ihren Anfängen entstand kaum im luftleeren Raum, sondern fügte sich in eine Reihe ähnlicher Situationen ein, an deren Anfang unzweifelhaft der Sieg Octavians bei Actium und die Etablierung seiner Alleinherrschaft standen. Es handelt sich somit bei Dios Aussagen nicht um eine bloße Rückprojektion gegenwärtiger Zustände. Ebensowenig ist darin lediglich ein der Konzeption des Gesamtwerkes geschuldeter Reflex der in Dios Text immer wieder auftauchenden Octavian-Kritik zu erkennen.193 Vielmehr betrafen diese Überlegungen sicherlich auch die spezifische Situation des Jahres 29 v. Chr. Denn nicht umsonst erscheint der Sieg bei Actium in Dios Werk als der entscheidende Wendepunkt der römischen Geschichte194, musste also auch die Präsentation dieses Sieges im Rahmen des Dreifachtriumphs für Dio wichtig sein – wie schon die im Vergleich zu anderen Quellen recht ausführliche Beschäftigung mit diesem Ereignis zeigt. In der Forschung gab man sich bisher dennoch vorwiegend damit zufrieden, die Schilderung Dios dazu zu nutzen, die dürftigen Angaben der Res Gestae, der Augustusvita Suetons oder der Einträge in den fasti mit Details zu unterfüttern. Eine ausführlichere Beschäftigung mit der Dio-Passage unterblieb zumeist.195 Dabei kann sich der Nutzen dieser Textstelle keineswegs in der Funktion eines bloßen Lückenfüllers erschöpfen. Blickt man nämlich über die reine Beschreibung der Zeremonien hinaus, muss sich durch die Einbeziehung des ihr vorangehenden Satzes bereits eine neue Lesart der Passage ergeben. Im vierten Satz des Abschnitts schreibt Dio: Infolge dieser Maßnahmen [d. h. materieller Vergünstigungen für die Einwohner Roms] und weil er von den Städten Italiens das ihm gelobte aurum coronarium nicht annahm, ferner nicht nur alle eigenen Schulden an die Gläubiger zurückzahlte, sondern auch, wie berichtet, auf Forderungen anderen gegenüber verzichtete, vergaßen die Römer ihre sämtlichen unerfreulichen

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Cass. Dio 76,8,1. Vgl. zur Octavian-Kritik im Werk Dios Manuwald 1979, 12–21 sowie 273 f. Vgl. Reinhold 1988, 13. Vgl. hierzu u. a. Millar 1964, 92–96 sowie Manuwald 1979, 79. Weder in den einschlägigen Arbeiten zum Triumph allgemein (vgl. Östenberg 2009a oder Beard 2007, 299–301, die lediglich darauf hinweist, dass in Bezug auf die Rekonstruktion möglicher Regeln der augusteischen Triumphpolitik auch die Angaben Dios kritisch zu prüfen seien) noch in den Analysen des Dreifachtriumphs im Besonderen (vgl. Itgenshorst 2008 und 2004 sowie Hickson 1991) findet sich mehr als der bloße Verweis auf die angeführten Textstellen. Auch in den Arbeiten zum Werk Dios nimmt die Triumphbeschreibung keinen breiteren Raum ein (vgl. u. a. Reinhold 1988, 156–158, der lediglich auf die Detailfrage, ob am ersten Tag auch über Germanen und Gallier triumphiert wurde, näher eingeht).

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender Erfahrungen mit ihm und schauten mit Vergnügen dem Triumphe zu, gerade so, als wenn die Besiegten ausschließlich Fremde gewesen wären.196

Hieran lässt sich ein zentrales Problem aufzeigen, das für die Analyse des dreifachen Triumphs von entscheidender Bedeutung ist: In der Bemerkung Dios, man habe den Triumph betrachtet, als seien die dazu gehörigen Siege ausschließlich über externe Feinde errungen worden, schwingt implizit die Unterstellung mit, den Zuschauern sei sehr wohl bewusst gewesen, dass gerade dies nicht der Fall war. Um die Botschaft, die mit dem Triumph vermittelt werden sollte, zu erfassen, ist es daher notwendig, zunächst der Frage nachzugehen, welcher Charakter dem Krieg, der mit den Schlachten bei Actium und Alexandria zu Ende ging, in der öffentlichen Wahrnehmung zugeschrieben wurde. Bürgerkrieg oder externer Krieg? Im Jahr 31 v. Chr. war die Stimmung in Rom in höchstem Maße aufgeheizt. Octavian war in den Besitz des Testaments des Antonius gelangt und hatte das Schriftstück vor den versammelten Senatoren verlesen lassen. Neben der Anerkennung Caesarions als Sohn Caesars und der Ankündigung umfassender Schenkungen an die Kinder, die er mit Kleopatra gezeugt hatte, erregte vor allem die Bestimmung, man solle den Leichnam des Antonius nicht in Rom, sondern in Alexandria beisetzen, den Zorn der Senatoren und der Stadtbevölkerung.197 Er konzentrierte sich, so beschreibt es Dio in der ausführlichsten erhaltenen Schilderung der Ereignisse, insbesondere auf die ägyptische Königin: […] Kleopatra aber erklärten sie offen den Krieg, legten ihre Soldatenmäntel an, als stünde der Kampf unmittelbar vor der Tür, und betraten den Tempel der Bellona, um dort durch Caesar als fetialis sämtliche einem Krieg vorausgehende Riten in herkömmlicher Weise vollziehen zu lassen.198

Octavian schleuderte einen Speer in ein Stück Land, das als feindliches Territorium definiert worden war, und erklärte damit Ägypten und seiner Königin den Krieg.199 Antonius fand im Rahmen dieser Zeremonie vordergründig keine Erwähnung. Und doch, so betont Dio weiter: „Diese Handlungen waren dem Worte nach gegen Kle-

196 Cass. Dio 51,21,4: καὶ ἐπί τε τούτοις, καὶ ὅτι παρὰ τῶν πόλεων τῶν ἐν τῇ Ἰταλία τὸ χρυςίον τὸ τοῖς στεφάνοις προσῆκον οὐκ ἐδέξατο, καὶ ὅτι καὶ πάντα ἃ τε αὐτὸς ὤφειλέ τισιν ἀπέδωκε, καὶ ἃ οἱ ἄλλοι ἐπώφειλον οὐκ ἐσέπραξεν, ὥσπερ εἴρηται, τῶν τε δυσχερῶν πάντων οἱ Ῥωμαῖοι ἐπελάθοντο, καὶ τὰ ἐπινίκια αὐτοῦ ἡδέως ὡς καὶ ἀλλοφύλων ἁπάντων τῶν ἡττηθέντων ὄντων εἶδον […]. 197 Cass. Dio 50,3,4. Vgl. hierzu auch Kienast 2009, 67 sowie Wallmann 1989, 310–313. 198 Cass. Dio 50,4,4 f.: τῇ δὲ Κλεοπάτρᾳ τὸν πόλεμον ἄντικρυς ἐπήγγειλαν, καὶ τάς τε χλαμύδας ὡς καὶ ἐν χερσὶν ὄντος αὐτοῦ μετημπίσχοντο, καὶ πρὸς το Ἐννεῖον ἐλθόντες πάντα τὰ προπολέμια κατὰ τὸ νομιζόμενον, διὰ τοῦ Καίσαρος ὡς καὶ φητιαλίου, ἐποίησαν […]. 199 Vgl. zur Frage, ob es sich bei diesem Ritus um eine Erfindung Octavians oder um die Wiederbelebung eines alten Brauchs handelte u. a. Rich 1976, 57 m. Anm. 3 (Wiederbelebung) sowie Wiedemann 1986, 480–484 (Erfindung). Zum Fetialrecht vgl. ausführlich Rüpke 1990a, 97– 117 sowie Santangelo 2008.

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opatra, in Wirklichkeit jedoch gegen Antonius gerichtet.“200 Dieser Nachsatz öffnet das eben angesprochene Spannungsfeld: Handelte es sich beim Krieg gegen Kleopatra und Antonius um einen Krieg gegen auswärtige Feinde oder ist der Konflikt als Bürgerkrieg anzusehen? In den antiken Quellen wird diese Frage mitunter recht eindeutig beantwortet. So erklärt beispielsweise Appian am Ende seines Berichts über die Eroberung Illyriens durch Octavian, der Senat habe ihm dafür einen Triumph bewilligt. Gefeiert habe er diesen jedoch erst später – gemeinsam mit einem weiteren für den Sieg über Antonius.201 Die moderne Forschung dagegen hat sich intensiv mit dieser Frage auseinandergesetzt und zeichnet ein scheinbar eindeutiges Bild: Der Kampf zwischen Octavian und Antonius sei ein Kampf um die Vorherrschaft im römischen Reich gewesen, der jedoch als solcher nicht präsentiert werden konnte.202 Tatsächlich hatte Octavian selbst – laut Aussage Appians und wie oben bereits beschrieben – nach seinem Sieg über Sextus Pompeius die Bürgerkriege für beendet erklärt.203 Aus diesem Grund war es ihm, wollte er seine Glaubwürdigkeit nicht aufs Spiel setzen, unmöglich, selbst eine neue innerrömische Auseinandersetzung zu beginnen. Das Verhältnis des Antonius zur ägyptischen Königin bot daher einen willkommenen Anlass für die Wiederaufnahme der Feindseligkeiten204, die im Idealfall sogar von Antonius ausging.205 Die Forschung folgt hier offenbar zumeist einer Ansicht, die sich bereits im Text Cassius Dios findet. Dort heißt es: Aus den genannten Gründen stimmten sie für Krieg gegen Kleopatra, erließen aber freilich keine derartige Erklärung gegen Antonius, wohl wissend, daß er auf jeden Fall zum Feinde werden müsse, weil er doch sicher sie nicht im Stiche lassen und Caesars Sache unterstützen konnte. Außerdem wollten sie ihm eben noch den weiteren Makel ankleben, daß er aus freien Stücken den Krieg an der Seite der Ägypterin gegen sein Vaterland aufgenommen habe, wiewohl ihm persönlich vom Volke daheim nichts Schlimmes widerfahren sei.206

200 Cass. Dio 50,4,5: […] ἅπερ που λόγῳ μὲν πρὸς τὴν Κλεοπάτραν, ἔργῳ δὲ καὶ πρὸς τὸν Ἀντώνιον ἔτεινεν […]. 201 App. Ill. 28,83: καὶ αὐτῷ ἡ βουλὴ θρίαμβον Ἰλλυρικὸν ἔδωκε θριαμβεῦσαι, ὃν ἐθριάμβευσεν ὕστερον ἅμα τοῖς κατ Ἀντωνίου. 202 Vgl. exemplarisch die Formulierung von Rich/Williams 1999, 184: „Octavian’s side represented the war not as a civil war against Antony, but as an external war against the Queen of Egypt.“ 203 Hierzu s. Kap. III 1.2. 204 So beispielsweise Kienast 2009, 68 sowie Bleicken 2010, 273 f., Dahlheim 2010, 127–129 und Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 70. Zur octavianischen Propaganda der Jahre 37 bis 30 v. Chr. vgl. Wallmann 1989, bes. 334–336, der zusammenfassend feststellt: „Meisterhaft nutzte Oktavian alle offenen und latenten Vorurteile der Römer vor dem Osten, um Antonius in eine unhaltbare Lage zu bringen. Angesichts solcher Zielsetzungen konnte ein Krieg gegen das Paar nur mit der völligen Vernichtung des Gegners enden.“ (336) 205 Vgl. Lange 2009, 68 f. sowie 80: „In the end he [d. h. Octavian] was able to represent Antonius as attacking his fatherland and helping the enemy of Rome, his mistress Cleopatra.“ Vgl. ebenso Lange 2013, 83. 206 Cass. Dio 50,6,1: Τῇ μὲν οὖν Κλεοπάτρᾳ διὰ ταῦτα τὸν πόλεμον ἐψηφίσαντο, τῷ δ‘ Ἀντωνίῳ οὐδὲν δῆθεν τοιοῦτον ἐπήγγελειλαν, εὖ γε εἰδότες ὅτι καὶ ἄλλως πολεμωθήσοιτο (οὐ γάρ που προδοὺς ἐκείνην τὰ τοῦ Καίσαρος πράξειν ἔμελλε) καὶ βουλόμενοι καὶ αὐτὸ τοῦτο προσεγ-

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

Dennoch bleibt auch nach dieser Begründung das Problem bestehen, dass im folgenden Krieg Römer gegen Römer kämpften – selbst wenn Antonius die Initiative ergriffen haben sollte. In der Forschung wurde mitunter angeführt, dass Antonius zum hostis erklärt worden sei und der Krieg daher offiziell nicht als Bürgerkrieg bezeichnet werden konnte.207 Der Quellenbefund erweist sich in dieser Frage jedoch als inkonsistent, was eine endgültige Entscheidung der Frage erschwert, ob Antonius zur Zeit des Sieges bei Actium ein Staatsfeind war oder nicht.208 Und selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, ergeben sich bei einer genaueren Analyse des hostis-Begriffs neue Probleme: Denn abstrahiert man von der formalrechtlichen Ebene209 und bezieht den Bereich der Wahrnehmung bzw. der politischen Praxis der späten Republik in die Überlegungen mit ein, erweist sich der hostis-Begriff vor allem als ein politisches Schlagwort und als ein Produkt politischer Machtkämpfe, in deren Rahmen eine existierende formalrechtliche Kategorie aufgegriffen, in einen neuen Kontext transponiert und an die jeweiligen Verhältnisse bzw. Interessen der Akteure angepasst wurde.210 Der hostis domesticus war eine „künstliche“ Kategorie mit vorgeblichem Rechtsanspruch, die von der realen Wahrnehmung der Zeitgenossen jedoch getrennt werden muss. Eine Analyse der spätrepublikanischen Bürgerkriegstriumphe erbringt das Ergebnis, dass es in der Praxis von untergeordneter Bedeutung war, ob der Anführer der gegnerischen Partei zum hostis erklärt worden war oder nicht. In der Wahrnehmung der politischen Öffentlichkeit konnte auf diese Weise nicht verschleiert werden, dass es sich bei der Mehrheit der Unterlegenen noch immer um Römer handelte und diese auch als solche wahrgenommen wurden.211 Entscheidend ist folglich: Ein Bürgerkrieg kann per Definition nur gegen jemanden geführt werden, der als Bürger angesehen wird – selbst wenn er rein rechtlich gesehen keine Bürgerrechte mehr besitzt. Für die

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καλέσαι οἱ, ὅτι τὸν ὑπὲρ τῆς Αἰγυπτίας πόλεμον ἑκὼν κατὰ τῆς πατρίδος, μηδενὸς αὐτῷ δεινοῦ οἴκοθεν ἰδίᾳ συμβάντος, ἀνείλετο. In der Forschung ist über diese Frage heftig diskutiert worden, vgl. Fadinger 1969, 245–264 sowie Pelling 1996, 54 m. Anm. 294, die für eine hostis-Erklärung plädieren. Dagegen Lange 2009, 69, der betont, Octavian habe Antonius nicht zum hostis erklären lassen können, weil dadurch der Krieg unvermeidlich als Bürgerkrieg zu erkennen gewesen wäre. Vielmehr sei Antonius durch die Initiative zu den neuen Feindseligkeiten, die die Propaganda Octavians ihm erfolgreich untergeschoben habe, gleichsam automatisch und ohne offizielle Erklärung zum hostis geworden (68). Tatsächlich weichen die Überlieferungsstränge in diesem Punkt deutlich voneinander ab: Während Dio explizit eine solche Maßnahme verneint (50,3,3; vgl. auch Plut. Ant. 60,1), erwähnen sowohl Sueton (Aug. 17,2) als auch Appian (civ. 4,38), dass der Senat Antonius zum Staatsfeind erklärt habe. Vgl. zu den rechtlichen Auswirkungen einer hostis-Erklärung u. a. Kunkel/Wittmann 1995, 238–240. Lange 2013 sieht auf der Grundlage dieser formalrechtlichen Regelungen in der hostis-Erklärung eine Alternative zur Externalisierung des Krieges, die zur Legitimierung eines Bürgerkriegstriumphs angeführt werden konnte. Vgl. zur Entwicklung des hostis-Begriffs Hellegouarc’h 1972, 188 f. sowie Ungern-Sternberg 1970; einen Überblick über die hostis-Erklärungen in republikanischer Zeit bietet Allély 2012. Vgl. hierzu ausführlicher Havener 2016, 155–157.

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Wahrnehmung der Auseinandersetzungen war die hostis-Erklärung daher keine maßgebliche Kategorie. Auch ein weiteres Argument, das gegen den Bürgerkriegscharakter des Konflikts ins Feld geführt wurde, erweist sich bei genauerer Analyse als unzureichend. Entscheidend ist hier der Abschnitt in Dios Text, der den bereits angeführten Aussagen vorausgeht212: Dort wird ausführlich über die Degeneriertheit des Antonius berichtet, der der ägyptischen Königin hörig sei. Antonius und Kleopatra hätten sich in Gestalt griechischer oder ägyptischer Götter malen lassen, ein römischer Feldherr habe gemeinsam mit Eunuchen eine fremde Königin auf den Marktplatz Alexandrias begleitet und „sich auf eine Art [gekleidet], die den heimatlichen Sitten widersprach“213. Ein Teil der modernen Forschung hat diese Sichtweise übernommen und im Krieg der beiden Kontrahenten tatsächlich einen großen Kampf zwischen römisch-italischem Westen und griechischem Osten sehen wollen, der sich bei Actium entschieden habe.214 Zwar hat bereits Ronald Syme Zweifel daran geäußert, dass sich die offizielle Version der Propaganda Octavians mit den tatsächlichen Motiven deckte.215 Dennoch ist diese Tradition noch in jüngeren Arbeiten präsent: In den Res Gestae berichtet Octavian vom Gefolgschaftseid, den ganz Italien ihm vor Actium leistete.216 Es ist die einzige Stelle, an der der Krieg gegen Antonius in dem Tatenbericht erwähnt wird, und im Mittelpunkt steht dabei eben nicht der Sieg in der Schlacht, sondern die Tatsache, dass Octavian sich hier in seiner eigenen Darstellung als Sachwalter des römisch-italischen Westens präsentierte. Diese Darstellung hat die Forschungshaltung bezüglich der Schlacht von Actium und der Vorgänge, die zu diesem Punkt führten, bis heute maßgeblich geprägt.217 Der Gefolgschaftseid des Jahres 32 v. Chr. wird oftmals als ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur Alleinherrschaft verstanden, die Auseinandersetzung der beiden Kontrahenten wird

212 Cass. Dio 50,5. 213 Cass. Dio 50,5,2 f.: […] καὶ ἀκινάκην ἔστιν ὅτε παρεζώννυτο, ἐσθῆτί τε ἔξο τῶν πατρίων ἐχρῆτο […]. 214 Vgl. exemplarisch Tarn/Charlesworth 1967, 101. 215 Syme 2002, 270 f.: „The official Roman version of the cause of the War of Actium is quite simple, consistent and suspect – a just war, fought in defence of freedom and peace against a foreign enemy: a degenerate Roman was striving to subvert the liberties of the Roman People, to subjugate Italy and the West under the rule of an oriental queen. An expedient and salutary belief. Octavianus was in reality the aggressor, his war was preceded by a coup d’état: Antonius had the consuls and the constitution on his side. It was therefore necessary to demonstrate that Antonius was ‚morally‘ the aggressor. The situation and the phraseology recur in the history of war and politics whenever there is a public opinion worth persuading or deceiving. The version of the victors is palpably fraudulent; the truth cannot be disinterred, for it has been doubly buried, in erotic romance as well as in political mythology.“ 216 R. Gest. div Aug. 25,2: Iuravit in mea verba tota Italia sponte sua et me belli, quo vici ad Actium ducem depoposcit. Iuraverunt in eadem verba provinciae Galliae Hispaniae Africa Sicilia Sardinia. Einen Überblick über die Forschung zum Eid von 32 v. Chr. gibt Cooley 2009, 215 f. 217 Wallmann 1989, 313–318 sieht in dem Eid eine Strategie, dem Problem des Bürgerkriegs zu begegnen.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

dabei zuweilen unzulässigerweise auf diese Dimension reduziert.218 Sicherlich trug der Eid dazu bei, die Position Octavians sowohl im Vorfeld wie auch nach der Schlacht von Actium zu stabilisieren.219 Dennoch – und dies zeigt beispielhaft die angeführte Dio-Passage220 – musste jedem Bürger Roms und insbesondere den Angehörigen der senatorischen Elite deutlich vor Augen stehen, dass der eigentliche Feind in diesem Krieg ein Römer war, wie degeneriert er auch immer in der octavianischen Propaganda dargestellt wurde – zumal auf der Seite des Antonius römische Soldaten und Offiziere kämpften, gegen die sich diese Art der Propaganda nicht richtete. Gerade diese Bemühungen sind demnach ein Zeichen dafür, dass Octavian sich mit dem Problem, Römer zu bekämpfen, auseinandersetzen musste, um in der Hauptstadt die Unterstützung nicht zu verlieren. Zu fragen ist folglich, wie sich externer Krieg und Bürgerkrieg im Rahmen der octavianischen Darstellung der Ereignisse bei und nach Actium zueinander verhielten. Aufgrund der oben angeführten Überlegungen neigt der Großteil der Forschung dazu, in den Ereignissen des Jahres 31 einen Krieg zu sehen, der zumindest in der offiziellen Präsentation als rein extern charakterisiert wurde, da der Römer Octavian dem Römer Antonius niemals den Krieg habe erklären können – selbst wenn man sich darüber bewusst gewesen sein sollte, worum es beim Kampf der beiden Rivalen eigentlich ging.221 Demgegenüber hat nur eine Minderheit darauf hingewiesen, dass man diese Tatsache nicht einfach übergehen könne.222 Ein Teil der Forschung sieht aus diesem Grund die Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis von externem Krieg und Bürgerkrieg in einer Vermischung der beiden, die Octavian bewusst forciert habe.223 Er habe, bemerkt beispielsweise Carsten Lange, nie verschwiegen, dass es sich beim Feldzug gegen Kleopatra und Antonius auch um einen 218 Vgl. u. a. Dahlheim 2010, 130: „Augustus selbst hat im Loyalitätserweis Italiens und der militärischen Klientel des Westens das Schlüsselereignis der Kriegsvorbereitung gesehen.“ Ähnlich Bleicken 2010, 274 f. sowie Rich/Williams 1999, 188. Auch Johnson 1976, 96 betont, dass der Gefolgschaftseid und die damit verbundene Zurschaustellung traditioneller römischer Werte für die Festigung der Stellung Octavians von entscheidender Bedeutung gewesen sei. Aus diesem Grund habe Octavian den Sieg in einem Krieg gegen äußere Feinde benötigt und den Kampf gegen Antonius (insbesondere die Schlacht von Actium) nicht als innerrömische Auseinandersetzung darstellen können. 219 Vgl. hierzu und zur Frage der Gleichsetzung des Eides mit dem consensus universorum der Res Gestae (34,1) ausführlicher Börm/Havener 2012, 207–209. 220 Zu den zeitgenössischen literarischen Quellen, in denen sich diese Sichtweise ebenso findet, vgl. u. a. Lange 2009, 82–93. 221 Für einen Überblick über die entsprechende Forschungsliteratur vgl. Lange 2009, 79, Anm. 30. Exemplarisch formuliert Dahlheim 2010, 122: „Ihr [d. h. Kleopatras] Bündnis mit Antonius verwandelte den Bürgerkrieg in einen auswärtigen Krieg, in dem niemand beiseitestehen durfte.“ 222 So beispielsweise Woodman 1983, 211–213 sowie Pelling 1996, 54. 223 Vgl. Wallmann 1989, 315, der davon ausgeht, dass eine hostis-Erklärung des Antonius stattfand, und darin einen bewussten Schritt Octavians sieht, wodurch die Sphären von privater inimicitia und bellum externum vermischt worden seien. Bezeichnenderweise fällt in Wallmanns Argumentation jedoch nicht der Ausdruck Bürgerkrieg. Die Auseinandersetzung lediglich als eine Art Privatfehde zu charakterisieren, wird dem Wesen des Konflikts zwischen Octavian und Antonius jedoch nicht gerecht.

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Bürgerkrieg gehandelt habe, wobei er Letzterem die Verantwortung für den erneuten Ausbruch der innerrömischen Feindseligkeiten zugeschrieben habe.224 Mit Hinweis auf diese Vermischung von externem Krieg und Bürgerkrieg postuliert Lange, es sei kaum überraschend, dass der Krieg als hinreichend extern angesehen wurde und daher einen Triumph rechtfertige.225 Gleich welcher Interpretation der Vorgänge, die schließlich zur Schlacht von Actium führten, man letztlich folgen will, gilt es hier einige zentrale Punkte hervorzuheben. Zum einen sind berechtigte Zweifel an der Sichtweise angebracht, der Krieg habe sich allein auf die Auseinandersetzung mit Kleopatra beschränkt und Antonius sei lediglich als ein ihr aufgrund ihrer erotischen Verführungskraft höriger Sklave dargestellt worden, der daher kein Römer mehr sein könne. Anders formuliert: Die von großen Teilen der Forschung als gegeben angesehene Annahme, es habe sich um einen rein externen Krieg gehandelt, muss kritisch hinterfragt werden. Tatsächlich fokussierte die Propaganda auf Kleopatra als Feindin. Doch dürfte jedem Zeitgenossen ebenso zweifellos bewusst gewesen sein, dass der Krieg zugleich gegen Antonius und die Römer, die mit ihm kämpften, geführt wurde. Für den Bereich der Kriegsvorbereitung kann man daher tatsächlich mit einer Vermischung von externer und interner Dimension der Auseinandersetzung argumentieren, wie beispielsweise Lange und Wallmann dies tun. Zugleich ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, sich die Hintergründe für diese Vermischung vor Augen zu führen, die bereits Syme treffend zusammengefasst hat: The clue is to be found in the character of the War of Actium – as it was designed and contrived by the party of Octavianus. It was not a war for domination against Antonius – Antonius must not be mentioned. To secure Roman sanction and emotional support for the enterprise it was necessary to invent a foreign danger that menaced everything that was Roman as Antonius himself assuredly did not. The propaganda of Octavianus magnified Cleopatra beyond all measure and decency. To ruin Antonius it was not enough that she should be a siren: she must be made a fury – ‚fatale monstrum‘.226

Die Fokussierung auf Kleopatra im Rahmen der Kriegsvorbereitung und Mobilisierung war der Tatsache geschuldet, dass Octavian einen Legitimierungsgrund für den entscheidenden Waffengang gegen Antonius benötigte. Da er selbst die Bürgerkriege für beendet erklärt und dies in der Darstellung des Sieges über Sextus Pompeius besonders hervorgehoben hatte, hätte er sich durch eine von ihm selbst ausgehende Wiederaufnahme der Feindseligkeiten in eine prekäre Lage manövrieren können.227 Seine Position wurde in der zweiten Hälfte der 30er-Jahre maßgeblich dadurch gefestigt, dass er die Rolle des Beenders der Bürgerkriege und des Garanten für den Schutz der italischen Halbinsel und Roms einnahm. Eine offen zur 224 Lange 2009, 80 f. sowie 93: „Summing up, the standard perception of the war against Antony and Cleopatra amongst scholars is that the war was declared on Cleopatra, not Antonius, and that the ideology of the regime tried to conceal that Actium was also a civil war. The war was in fact declared on Cleopatra, but the conclusion is still wrong, as the sources, contemporary and later, are in agreement that the war at Actium was indeed a foreign and a civil war.“ 225 Ebd., 150. 226 Syme 2002, 275. 227 Vgl. Lange 2009, 60–70.

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Schau getragene Bereitschaft zu einem neuen Bürgerkrieg hätte sich vor diesem Hintergrund aller Wahrscheinlichkeit nach als kontraproduktiv erwiesen. Dennoch muss nun in einem nächsten Schritt überprüft werden, ob diese Annahmen, die für die Vorbereitung des Krieges gelten, auch die Basis für die Präsentation des Sieges bildeten, wie in der Forschung immer wieder postuliert wird. Die Thematisierung des Bürgerkriegs im Triumphritual Ronald Syme sah in der Präsentation des Sieges bei Actium das zentrale Element des Gründungsmythos, den die augusteische Propagandamaschinerie für das Prinzipat entwarf – zugespitzt jedoch auf den großen Konflikt West gegen Ost: Actium was a shabby affair, the worthy climax to the ignoble propaganda against Cleopatra, to the sworn and sacred union of all Italy. But the young Caesar required the glory of a victory that would surpass the greatest in all history, Roman or Hellenic. In the official version of the victor, Actium took on august dimensions and an intense emotional colouring, being transformed into a great naval battle, with lavish wealth of convincing and artistic detail. More than that, Actium became the contest of East and West personified, the birth-legend in the mythology of the Principate.228

Diese Sichtweise erwies sich für die weitere Forschung in vielerlei Hinsicht als prägend.229 Zwar gab es seit der Veröffentlichung der Roman Revolution immer wieder Kritik an der Annahme, es habe eine zentral gesteuerte, allumfassende und den gesamten politischen wie öffentlichen Diskurs bestimmende Propagandamaschinerie existiert.230 Doch erst vor einigen Jahren unterzog Rorbert Gurval in seiner Studie Actium and Augustus die Thesen Symes einer umfassenden kritischen Überprüfung.231 Gurval spricht sich dabei vor allem gegen die Ansicht aus, Octavian habe sofort nach dem Sieg über Antonius diesen zum Angelpunkt seiner Legitimationsstrategien gemacht: Historians view the public glorification of Actium as something spontaneous, clearly and forcefully defined by an official regime, fixed and invariable, as if the political outcome decided in the waters of the Ambracian Gulf held the same meaning to everyone in the Roman world throughout the forty-five years of Augustan rule. […] Actium, so it is claimed, was the military achievement that Augustus at once proclaimed his greatest success and the start of a new world order, the victory that the proud ruler kept prodding his reluctant poets to celebrate in epic verse.232 228 Syme 2002, 297. 229 Einfluss hatte und hat dieses Konzept vor allem in der Literaturwissenschaft; vgl. Gurval 1995, 6 f. 230 Vgl. insbesondere Zanker 2003, 13: „Moderne Erfahrung hat dazu verführt, hier einen Propagandaapparat zu vermuten. Aber einen solchen hat es nie gegeben. Was sich im nachhinein [sic!] wie ein raffiniertes System ausnimmt, ergab sich aus dem Ineinandergreifen von Selbstdarstellung des Herrschers und ihm dargebrachten, mehr oder weniger spontanen Ehrungen, und zwar in einem über weite Strecken hin selbstläufigen Prozeß.“ 231 Gurval 1995. Gurvals Studie hat nach ihrem Erscheinen viel Aufsehen erregt und wurde äußerst kontrovers diskutiert; vgl. u. a. die kritischen Rezensionen von Clauss 1996 und Pelling 1997 sowie die Kritik von Lange 2009, 4 u. ö. 232 Gurval 1995, 3 f.

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Gurval versucht stattdessen nachzuweisen, dass Octavian selbst zu Beginn seiner Alleinherrschaft, die faktisch natürlich mit dem Sieg über Antonius begonnen hatte, keineswegs aus der Schlacht von Actium politisches Kapital habe schlagen wollen.233 Vielmehr sei der Bürgerkriegscharakter der Auseinandersetzung bewusst nicht thematisiert worden.234 In den literarischen Texten, die sich mit Actium beschäftigen und die den Bürgerkrieg sehr wohl thematisieren235, sieht er daher keine Reaktionen auf eine offizielle Propaganda des neuen Herrschers, sondern vielmehr persönliche Reflexionen der Dichter.236 Gurval beginnt seine Überlegungen mit einer Untersuchung der Selbstdarstellung Octavians in den Jahren nach Actium und widmet sich dabei zunächst dem Dreifachtriumph des Jahres 29 v. Chr. Zwar streitet auch er nicht ab, dass der Bürgerkrieg und Octavians Sieg über andere Römer im Hintergrund stets präsent gewesen sein müssen, argumentiert dann jedoch, eine offene Zurschaustellung eines solchen Sieges sei in Rom schlicht nicht möglich gewesen.237 Gurval beruft sich dabei auf eine in der Forschung immer wieder zitierte Passage aus den Facta ac dicta memorabilia des Valerius Maximus. Dort heißt es im Abschnitt über das Triumphrecht: Niemand, selbst wenn er große Taten in einem Bürgerkrieg vollbracht hatte, die für den Staat von großem Nutzen waren, wurde jedoch dafür zum imperator ausgerufen; es wurden keine Dankesfeste beschlossen und niemand triumphierte in Form der ovatio oder mit dem Triumphgespann, da solche Siege zwar als notwendig, aber stets als traurig angesehen wurden, weil sie mit dem Blut von Landsleuten, nicht dem von Fremden gewonnen wurden.238

Eine nähere Beschäftigung mit der angeführten Textpassage und insbesondere der exempla-Reihe, die der Autor zur Untermauerung seiner Feststellung anführt, ergibt jedoch, dass die darin verborgenen Implikationen weit komplexer sind, als Gurvals Verwendung es hier vermuten lässt.239 Valerius Maximus relativiert die anfangs wiedergegebene Norm der Unmöglichkeit eines Bürgerkriegstriumphs im Rahmen seiner exempla-Sammlung deutlich und spielt auf eine zentrale Dimension des Bürgerkriegssieges und seiner Präsentation an, die auch für die folgenden Überlegungen von Bedeutung sein wird: Die politische Praxis zeigt deutlich, dass die Darstellung eines Sieges über römische Bürger im Rahmen des Triumphrituals in der spä-

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Ebd., 17. Ebd., 134. Hierzu S. 146–148. Gurval 1995, 10; vgl. auch Galinsky 1996, 80, der eine Ideologie „in the modern sense of the word“ für die augusteische Zeit generell in Abrede stellt. Kritisch zur Annahme Gurvals in Bezug auf die rein persönliche Dimension der Actium-Literatur u. a. Gowing 1997, 640. 237 Gurval 1995, 19 f. 238 Val. Max. 2,8,7: Verum quamvis quis praeclaras res maximeque utiles rei publicae civili bello gessisset, imperator tamen eo nomine appellatus non est, neque ullae supplicationes decretae sunt, neque aut ovans aut curru triumphavit, quia ut necessariae istae, ita lugubres semper existimatae sunt victoriae, utpote non externo sed domestico partae cruore. 239 Vgl. hierzu ausführlich Havener 2016, 157–159.

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ten Republik durchaus möglich war, sofern gewisse Regeln eingehalten wurden.240 Sämtliche Protagonisten der Bürgerkriegsära feierten ihre Siege über Mitbürger und nutzten gerade das Triumphritual dazu, um diese Erfolge und ihre sich daraus ergebende politische Machtstellung der römischen Bevölkerung vor Augen zu führen. Zwar entwickelte jeder von ihnen eigene Strategien im Umgang mit der Präsentation des Sieges im Bürgerkrieg; dabei ging es jedoch nicht darum, diese Erfolge zu verschleiern, sondern im Gegenteil die Grenzen des Machbaren auszutesten und wie im Falle Caesars bewusst zu übertreten. Der Bürgerkriegstriumph war fester Bestandteil der politischen Praxis der späten Republik. Exemplarisch seien als Beleg an dieser Stelle lediglich die Vorgänge des Jahres 43 v. Chr. angeführt: Nach dem Sieg über Antonius bei Mutina und mithin einem eindeutig von Römern über Römer errungenen Erfolg wurde D. Brutus vom Senat ein Triumph zuerkannt, ohne dass sich aus den Quellen eine Diskussion darüber erschließen ließe, wie sie vor dem Hintergrund einer angenommenen Gültigkeit der von Valerius Maximus wiedergegebenen Regel eigentlich zu erwarten wäre. Der Triumph als solcher wird in den literarischen und historiographischen Texten nie hinterfragt. Kritik wird lediglich daran geäußert, dass Octavian im Vergleich zu D. Brutus keine ausreichenden Ehrungen zuerkannt worden seien. Das Paradigma, ein Triumph für einen Sieg im Bürgerkrieg sei prinzipiell unmöglich gewesen, hält einer Analyse der politischen Praxis nicht stand.241 Nichtsdestotrotz bildet diese Grundannahme für Gurval die Basis seiner Hauptaussage zum Triumph Octavians: The triumph in honor of the Actian victory occupied the middle of the three-day celebration. This fact should not lead us to assume that it held the center of attention or somehow acted as the climax of the triple triumph ceremonies. Placed between the other two triumphs – the first distinguished by a long parade of defeated enemies and the glory of standards returned, and the last adorned with the riches of Egypt and the dramatic representation of the dead queen – the Actian victory was upstaged. This was not an unforeseen event or some act of indifference by Octavian but a shrewd and deliberate manipulation of an audience by the showman of Rome par excellence.242

Dieses Verdikt Gurvals hat die neuere Forschung zum Triumph Octavians maßgeblich beeinflusst.243 Die bis hierher angestellten Überlegungen haben jedoch gezeigt, dass hinter der kritischen Herangehensweise Gurvals ein umfassendes Paradigma der Unmöglichkeit eines Bürgerkriegstriumphs steht, das – genau wie die Kritik 240 Vgl. hierzu Havener 2014 sowie mit etwas anderem Ansatz Lange 2013. 241 Zum Triumph des D. Brutus und seiner Rezeption in den Quellen vgl. Havener 2016, 153–155. 242 Gurval 1995, 28. Diese These greift auch Walker 2007, 488 auf: „The triumphant conclusion of a civil war was a challenge of presentation, resolved by sandwiching the celebration of Actium between the less controversial victories over Illyria and Egypt.“ Zwar lässt sich hier erwidern, dass auch die Chronologie des Krieges die Anordnung der Triumphe bestimmt haben dürfte (vgl. Lange 2009, 151). Allerdings kann sich die Auseinandersetzung mit Gurvals Thesen darin nicht erschöpfen. 243 Vgl. u. a. Östenberg 2009a, 142 f. und 1999, 159 f., Schipporeit 2008, 96, Sumi 2005, 215 f. sowie Balbuza 1999, 277. Interessanterweise rezipiert Tanja Itgenshorst Gurval in keiner ihrer Arbeiten über den augusteischen Triumph.

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Gurvals selbst – als solches und insbesondere im Hinblick auf seine Bedeutung im Rahmen der politischen Praxis der späten Republik hinterfragt werden muss.244 Im Folgenden soll daher in Auseinandersetzung mit den von Gurval maßgeblich geprägten Thesen der Forschung und anhand einer genaueren Analyse der oben bereits zitierten Beschreibung des Triumphs durch Cassius Dio sowie unter Zuhilfenahme der Parallelüberlieferung untersucht werden, wie sich Octavian im Rahmen des Dreifachtriumphs mit der Problematik des Bürgerkriegssieges auseinandersetzte, welchen Zweck er damit verfolgte und wie sich die Zeremonie in das Gesamtbild der militärischen persona des ersten princeps einordnen lässt. Gurval besteht darauf, dass die Triumphe für den Sieg bei Actium und Alexandria als eine Einheit anzusehen seien, in der bewusst nicht der Sieg im Bürgerkrieg angesprochen worden sei, sondern der Sieg im großen Krieg gegen Kleopatra und im Konflikt zwischen Westen und Osten.245 Allerdings zieht diese These unweigerlich die Frage nach einem Mehrwert des Actium-Triumphs nach sich: Wenn, wie Gurval postuliert, der Sieg im Bürgerkrieg nicht präsentiert werden konnte oder sollte und stattdessen alles versucht wurde, daraus einen Sieg im Krieg gegen ausschließlich externe Feinde zu machen, erscheint eine Doppelung des Kleopatra-Triumphs, wie sie dann durch die Erinnerung sowohl an Actium als auch an Alexandria der Fall wäre, unnötig wenn nicht gar unangebracht.246 Weshalb hätte Octavian für nur einen Sieg in einem rein externen Krieg zwei Triumphe feiern sollen – zumal die Siegesfeier für die Eroberung der ptolemaischen Hauptstadt Alexandria weit besser dazu geeignet war, den Sieg über Kleopatra und den Osten darzustellen, als diejenige für den Erfolg bei Actium? Eine Antwort auf diese Frage kann, so soll im Folgenden demonstriert werden, die Betrachtung der Siegesfeier unter ritualtheoretischen Gesichtspunkten liefern.247 Rituale vereinen in sich zwei integrale Bestandteile: Inhalt und Form.248 Die Kombination dieser beiden Faktoren macht aus Ritualen „Aufführungen, die der Selbstdarstellung und Selbstverständigung, Stiftung bzw. Bestätigung oder auch Transformation von Gemeinschaften dienen und unter Anwendung je spezifischer Inszenierungsstrategien und -regeln geschaffen werden.“249 In ihrer ganzen Dimension lassen sich solche performativen Akte nur im Rahmen ihrer Kontexte erfassen.250 Denn Rituale sind keineswegs starre Strukturen, sondern erweisen sich in ihren einzelnen Elementen als enorm wandelbar.251 Auf diese Weise können Rituale den besonderen Anforderungen, die sich aus unterschiedlichen Kontexten ergeben, angepasst werden. Folglich können sich situative Änderungen des Kontextes prägend auf die spezifische Ausgestaltung eines Rituals auswirken. Andererseits 244 245 246 247 248 249 250 251

Vgl. Havener 2014 sowie konträr Östenberg 2014. Vgl. Gurval 1995, 33. Vgl. Osgood 2006, 384, Anm. 131. Vgl. zum Folgenden exemplarisch Michaels 2001, Wulf/Zirfas 2004 sowie ausführlicher Havener 2016, 160 f. Vgl. Tambiah 1985. Fischer-Lichte 2003, 47. Vgl. hierzu grundlegend Geertz 1973 sowie Turner 1969 und Soeffner 1992. Eine gegenteilige Ansicht vertritt u. a. Rappaport 1999, 36 f.

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ist von Bedeutung, dass Rituale sich stets in ihre einzelnen Bestandteile, d. h. in einzelne Sequenzen zerlegen lassen.252 Eine solche Vorgehensweise legt die Frage nahe, ob eine bestimmte Anordnung dieser Sequenzen eine inhaltliche Schwerpunktsetzung nach sich ziehen kann, d. h. inwiefern die Form des Rituals Einfluss auf die Aussage, die mit ihm verbunden ist, nehmen kann.253 Zu überlegen ist folglich, ob nicht nur der Kontext das Ritual beeinflusst, sondern ob auch eine Umgestaltung des Rituals Auswirkungen auf den Kontext haben kann. Konkret bedeutet das für die hier untersuchte Fragestellung, dass im Folgenden diejenigen Bestandteile des Dreifachtriumphs herausgearbeitet werden sollen, die die Siegesfeier Octavians konstituierten. Auf diese Weise lässt sich die spezifische Botschaft rekonstruieren, die durch die Inszenierung des Rituals vermittelt werden sollte. Eines der zentralen Argumente, die gegen eine Anspielung auf den Bürgerkrieg beim Triumph sprechen, sieht Gurval im Fehlen jeglichen Bezugs auf Antonius: „Octavian did not allow personal animosity or vengeance to adorn his triumphs. Antony and the Romans who supported his cause were found nowhere in Octavian’s triumphs.“254 Tatsächlich heißt es in Dios Bericht lediglich, am zweiten Tag sei an den „Seesieg bei Actium“ erinnert worden.255 Der Gegner, über den triumphiert wurde, wird – wie Gurval korrekt beobachtet hat – weder bei Dio noch in der Parallelüberlieferung genannt. Dabei stellte die Präsentation des besiegten Feindes eines der zentralen Elemente des römischen Triumphrituals dar.256 In den Prozessionen wurde eine möglichst große Anzahl Gefangener mitgeführt, die den Sieg des Triumphators neben der Beute und den Darstellungen bestimmter Kriegsereignisse etc. dem römischen Publikum exemplarisch vor Augen führen sollten. Folglich geht Dio bei der Beschreibung der beiden anderen Prozessionen vergleichsweise ausführlich auf die jeweiligen Besiegten ein: Für den ersten Tag nennt er eine Vielzahl von Stämmen und Völkerschaften, von denen einige während des Feldzugs in Dalmatien und Illyrien, für den der Triumph gewährt worden war, nicht einmal zu den Gegnern der Römer gezählt hatten.257 Besonderes Augenmerk lag bei der Zurschaustellung der Besiegten naturgemäß auf dem gegnerischen Anführer, sei es ein 252 Vgl. u. a. Gladigow 2004 sowie Soeffner 2004. 253 Oppitz 2001, 95 spricht in diesem Zusammenhang von einem „Montageplan von Ritualen“ und betont: „Ein Ritual unterscheidet sich von einem zweiten durch die spezifische Auswahl von Gegenständen und deren Anordnung, durch die Auswahl bestimmter sprachlicher Äußerungen und deren Abfolge sowie durch einen festen Satz charakteristischer Handlungen, die allesamt aus einem begrenzten Vorrat stammen, dessen Volumen ein jeweiliges religiöses Universum umschreibt. Die von den berufenen Akteuren getroffene Auswahl und Mischung der diesem Vorrat entstammenden Elemente folgt einem Entwurf, dem Montageplan, an dem der Typ eines Rituals, die Art einer religiösen Äußerung und der Stil einer Religion ablesbar sind.“ 254 Gurval 1995, 28. Vgl. Lange 2013, der daraus den Schluss zieht, selbst wenn der Bürgerkriegscharakter der Auseinandersetzung nicht prinzipiell geleugnet wurde, sei er in der Darstellung mit dem externen Krieg vermischt worden: Die Handlungen des Antonius und der Kleopatra hätten den Krieg automatisch zu einer Auseinandersetzung gemacht, die Elemente sowohl des externen wie des internen Krieges aufgewiesen habe. 255 Cass. Dio 51,21,7. 256 Vgl. hierzu Östenberg 2009a, 128–188 sowie Beard 2007, 107–142. 257 Cass. Dio 51,21,5.

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Stammeshäuptling oder ein hellenistischer Monarch.258 Zwar erwähnt Dio für den Dalmatientriumph keine feindlichen Herrscher, doch offenbar verfehlte auch die Zurschaustellung einer Vielzahl barbarischer Gefangener ihre Wirkung nicht: Im Rahmen der Schildbeschreibung im achten Buch der Aeneis griff Vergil genau dieses Element wieder auf, um seinem Publikum die Siegesfeier ins Gedächtnis zu rufen.259 Unabhängig von der Frage, ob die vom Dichter aufgezählten Völker und Stämme nun mit den tatsächlichen Gegebenheiten oder der Schilderung Dios übereinstimmen260, zeigt dies deutlich, dass der Fokus des ersten Triumphs auf den externen Kriegen und den militärischen Erfolgen Octavians über Stämme und Völker des Balkanraumes und an der Nordgrenze des Reiches lag und dass die Vorführung dieser Gegner in der Wahrnehmung das entscheidende Element der Siegesfeier des ersten Tages bildete. Etwas anders verhielt es sich am dritten Tag der Feierlichkeiten, als der Schilderung Dios zufolge Kleopatra in den Fokus rückte: Nach der Eroberung Alexandrias, so berichtet der Autor, habe Octavian die Absicht gehabt, die Königin im Triumph durch Rom zu führen.261 Diese konnte sich einer Zurschaustellung in diesem Triumph jedoch durch ihren Selbstmord entziehen, was den Sieger offenbar und verständlicherweise wenig erfreute.262 Zwar sah sich der Sieger auf diese Weise eines bedeutenden Bestandteils der Prozession beraubt, schuf aber durch das Mitführen der Kinder des Antonius und der Kleopatra sowie eines Abbildes der toten 258 Vgl. Östenberg 2009a, 131–135 und Beard 2007, 121. 259 Verg. Aen. 8,720–728: Ipse sedens niveo candentis limine Phoebi, / dona recognoscit populorum aptatque superbis / postibus; incedunt victae longo ordine gentes, / quam variae linguis, habitu tam vestis et armis. / Hic Nomadum genus et discinctos Mulciber Afros, / hic Lelegas Carasque sagittiferosque Gelonos / finxerat; Euphrates ibat iam mollior undis, / extremique hominum Morini, Rhenusque bicornis, / indomitique Dahae, et pontem indignatus Araxes. („Selber thronte am schneeweißen Tor er des leuchtenden Phöbus, / musterte prüfend die Gaben der Völker und ließ an die stolzen / Pfeiler sie heften. Der Zug der Besiegten dehnte sich weithin, / vielfach verschieden an Sprache, verschieden an Kleidung und Waffen. / Dargestellt sah man Nomaden, Afrer mit wallenden Kleidern, / Leleger, Karer, mit Pfeil und Bogen bewehrte Gelonen. / Ruhiger strömte der Euphrat bereits. Vom Rande der Erde / kamen die Moriner, weiter der Rhein mit der zweifachen Mündung, / trotzig die Daher, zum Schluß der Araxes, der Brücken verabscheut.“) Vgl. hierzu u. a. Östenberg 1999. 260 Vgl. hierzu u. a. ebd., 159 f. mit weiterer Literatur. 261 Cass. Dio 51,13,1: Καὶ ἡ μὲν τοιαῦτα ὡς καὶ ἐλεηθησομένη ἔλεγε, Καῖσαρ δὲ πρὸς μὲν ταῦτα οὐδὲν ἀπεκρίνατο, φοβηθὲις δὲ μὴ ἑαυτὴν διαχρήσηται, θαρσεῖν τε αὐτῇ αὖθις παρεκελεύσατο, καὶ οὔτε τὴν θεραπείαν αὐτῆς αφείλετο καὶ ἐν ἐπιμελείᾳ αὐτὴν ἐποιεῖτο, ὅπως οἱ τὰ ἐπινίκια ἐπιλαμπρύνῃ. („Solche Worte sprach die Frau, um Mitleid zu finden, doch Caesar blieb darauf stumm; aus Furcht freilich, sie möchte sich das Leben nehmen, hieß er sie wieder, guten Mutes sein, und beließ ihr nicht nur ihre Dienerschaft, sondern verwandte auch noch besondere Fürsorge auf sie, damit sie seinem Triumph noch größeren Glanz verleihe.“) Vgl. auch Plut. Ant. 85 f., Liv. per. 133 und Vell. 2,87,1. 262 Cass. Dio 51,14,6: […] ὁ δὲ δὴ Καῖσαρ μηδένα τρόπον ἀναβιώσασθαι τὴν Κλεοπάτραν δυνηθεὶς ἐκείνην μὲν καὶ ἐθαύμασε καὶ ἠλέησεν, αὐτὸς δὲ ἰσχυρῶς ἐλυπήθη ὡς καὶ πάσης τὴς ἐπὶ τῇ νίκῃ δόξης ἐστερημένος. („Caesar jedenfalls fühlte, als er Kleopatra auf keine Weise mehr ins Leben zurückzurufen vermochte, Bewunderung und Mitleid für die Frau und war persönlich tief betrübt, wie wenn man ihm seinen ganzen Siegesruhm geraubt hätte.“)

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Königin Abhilfe.263 Er erfüllte auf diese Weise eine der wichtigsten Anforderungen an das Ritual: Der Sieg wurde durch eine Fokussierung auf den Unterlegenen, gleichsam durch eine Personalisierung der Niederlage, den Zuschauern deutlich vor Augen geführt. Sowohl dem Dalmatien-Triumph als auch dem Triumph über Ägypten wurde auf diese Weise ein Gesicht gegeben. In beiden Fällen war der jeweilige Sieg eindeutig einem auswärtigen Gegner zugeordnet. Demgegenüber lässt sich keiner Quelle der Hinweis auf eine ähnliche Personalisierung für den Actium-Triumph entnehmen. Gurval unternimmt im Hinblick auf seine These allerdings den Versuch, eine solche zu konstruieren, indem er betont, an die Stelle des Antonius seien in der Prozession zwei seiner Verbündeten getreten: der galatische Tetrarch Adiatorix sowie König Alexander von Emesa.264 Ein Blick in die entsprechenden Quellen zeigt jedoch, dass sich diese Vermutung keineswegs so eindeutig beweisen lässt, wie Gurval dies suggeriert. Zwar wird für beide Herrscher bezeugt, sie seien im Rahmen des Dreifachtriumphs als Gefangene mitgeführt, Alexander gar am Ende hingerichtet worden.265 Dass die beiden am zweiten Tag der Feierlichkeiten zur Schau gestellt wurden, geht jedoch aus den Texten keineswegs zwingend hervor.266 Da Alexander und seine Hinrichtung bei Dio an ande263 Cass. Dio 51,21,8. 264 Gurval 1995, 29. 265 Ob er gemäß der Tradition erdrosselt wurde, wie es dem jeweiligen Hauptgegner nach einem Triumph widerfuhr, lässt sich aus der Formulierung nicht erschließen. 266 Zu Adiatorix s. Strab. Geo. 12,3,35: ὁ μὲν γὰρ Καῖσαρ θριαμβεύσας τὸν Ἀδιατόριγα μετὰ παίδων καὶ γυναικὸς ἔγνω ἀναιρεῖν μετὰ τοῦ πρεσβυτάτου τῶν παίδων […]. („Nachdem Caesar nämlich den Adiatorix mit Frau und Kindern im Triumphzug mitgeführt hatte, beschloss er, ihn zusammen mit dem ältesten der Söhne hinzurichten […].“) Zudem Strab. Geo. 12,3,6: λαβὼν δὲ παρ᾽ Ἀντωνίου τὸ μέρος τοῦτο τῆς πόλεως Ἀδιατόριξ ὁ Δομνεκλείου τετράρχου Γαλατῶν υἱός, ὃ κατεῖχον οἱ Ἡρακλειῶται, μικρὸν πρὸ τῶν Ἀκτιακῶν ἐπέθετο νύκτωρ τοῖς Ῥωμαίοις καὶ ἀπέσφαξεν αὐτούς, ἐπιτρέψαντος, ὡς ἔφασκεν ἐκεῖνος, Ἀντωνίου: θριαμβευθεὶς δὲ μετὰ τὴν ἐν Ἀκτίῳ νίκην ἐσφάγη μεθ᾽ υἱοῦ. („Als dann Adiatorix, der Sohn des Domnekleios, des Tetrarchen der Galater, von Antonius den Teil der Stadt bekommen hatte, den die Herakleioten bewohnten, überfiel er kurz vor dem Aktischen Krieg nachts die Römer und metzelte sie nieder – mit Antoniusʼ Erlaubnis, wie er behauptete; er wurde in dem Triumphzug nach dem Sieg bei Aktion mitgeführt und zusammen mit einem Sohn hingerichtet.“) Zwar wird hier der Name des Adiatorix mit Actium in Verbindung gebracht, die Nennung von Actium ist, ebenso wie im ersten Teil des Satzes, durch die Präposition μετὰ jedoch eindeutig als eine Zeitangabe gekennzeichnet. Es ist nicht ersichtlich, ob Strabo hier spezifisch auf den Triumph des zweiten Tages anspielt. Zu Alexander s. Cass. Dio 51,2,2: […] τόν τε Ἀλέξανδρον τὸν τοῦ Ἰαμβλίχου ἀδελφὸν καὶ τῶν δυναστειῶν ἔπαυσε· καὶ τοῦτον, ὅτι μισθὸν αὐτὴν τῆς ἐκείνου κατηγορίας εἰλήφει, καὶ ἐς τὰ ἐπινίκια παραγαγὼν ἀπέκτεινε. („[…] und schließlich den Alexander, den Bruder des Iamblichos, entsetzte er sogar ihrer Herrscherwürde. Den Letztgenannten ließ er, da er sein Reich als Belohnung für die Anklage gegen Caesar empfangen hatte, außerdem im Triumph aufführen und dann hinrichten.“) Augustus selbst gibt in seinen Res Gestae (4) die Zahl der im Triumph mitgeführten Könige und Königskinder mit „neun“ an, ohne dabei zwischen den einzelnen Herrschern zu unterscheiden oder einen davon einem speziellen Triumph zuzuordnen. Auch die Formulierung des Properz, der von mit goldenen Ketten gefesselten Königen spricht, lässt eine genaue Zuordnung nicht zu – ganz im Gegensatz zu den rostra, die eindeutig mit dem Sieg bei Actium in Verbindung gebracht werden (Prop. 2,1,33: aut regum auratis circumdata colla catenis).

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rer Stelle (ohne Nennung der Denomination des entsprechenden Triumphs, aber unter Angabe eines spezifischen Grundes, der keineswegs der Auseinandersetzung mit Kleopatra und Antonius, sondern dem Bereich der Rache für Caesar zuzuordnen ist) bereits erwähnt werden, müsste man sich – angesichts der vergleichsweise ausführlichen Beschäftigung mit den Besiegten der beiden anderen Triumphe – eher fragen, weshalb der Autor in der Triumphbeschreibung die Hinrichtung des angeblichen Hauptgegners im Rahmen des Actium-Triumphs verschweigt. Ebenso konnten die beiden Teil des Triumphs über Ägypten und Kleopatra samt ihren Verbündeten gewesen sein und aus diesem Grund in Dios Beschreibung des Dreifachtriumphs, die auf Kleopatra fokussiert, außen vor gelassen worden sein. Die Tötung Alexanders könnte, so sie denn stattfand, vor diesem Hintergrund als eine Reaktion Octavians auf die rituellen Erfordernisse gelesen werden, die die Hinrichtung eines Gegners vorschrieben.267 Zudem bleibt die Tatsache, dass kein anderer Bericht über den Dreifachtriumph Octavians die beiden Könige als Gegner des zweiten Tages benennt. Selbst wenn Octavian sie im Rahmen des Triumphs für Actium vorgeführt haben sollte, erfüllten sie offenbar weder in der Präsentation noch in der Wahrnehmung des Sieges die personalisierende Funktion, die insbesondere dem Abbild Kleopatras zukam. Dennoch zieht Gurval aus diesen Annahmen zwei weitreichende Schlussfolgerungen: Zum einen sei der Actium-Triumph aufgrund der Präsentation der beiden Verbündeten des Antonius deutlich der Sphäre des externen Krieges zuzuordnen268; zum anderen geht er davon aus, dass der Triumph über Dalmatien, der zwar schon im Jahr 34 v. Chr. bewilligt, von Octavian jedoch bis zum Zeitpunkt seines Sieges über Antonius verschoben worden sei, eindeutig die Behauptung stütze, es habe sich beim Kampf gegen diesen um einen auswärtigen Krieg gehandelt.269 Eine genaue Untersuchung des Dio-Textes sowie der entsprechenden Parallelüberlieferung führt jedoch zu abweichenden Ergebnissen: Die Fokussierung auf externe Gegner bezog sich insbesondere auf die Siegesfeiern des ersten und dritten Tages. Dabei kam dem Sieg über Kleopatra, der sich durch die spezifische Zuordnung des dritten Triumphs von den anderen Erfolgen über auswärtige Feinde abhob, eine gesonderte Bedeutung zu. Für den Actium-Triumph des zweiten Tages lässt sich eine vergleichbare Vorgehensweise, die auch diese Zeremonie in den Kontext eines Sieges über externe Feinde oder gar über Kleopatra selbst hätte rücken können, nicht nachweisen. Als Einwand gegen diesen Befund könnte nun ein Argument angeführt werden, das sich in der Forschung zum Dreifachtriumph immer wieder findet: Der Bezug auf den Krieg gegen Kleopatra sei dadurch gegeben, dass Actium und Alexandria formal und daher auch in der Präsentation als zwei Schlachten in einem einzigen Krieg anzusehen seien.270 Den Hintergrund hierfür bildet oftmals die oben bereits 267 Gleiches gilt für den von Strabo genannten Adiatorix, den Dio überhaupt nicht mit dem Dreifachtriumph in Verbindung bringt. 268 Gurval 1995, 28. 269 Ebd., 25. 270 Bei Gurval 1995, 32 f. sind diese Überlegungen zwar auch angelegt, werden aber nicht expliziert. Vgl. jedoch u. a. Lange 2009, 72: „The battles of Actium and Alexandria saw monarchy

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angeführte Annahme, der Krieg sei allein Kleopatra erklärt worden und daher auch offiziell ein rein auswärtiger Konflikt. Neben den grundsätzlichen Fragen nach dem Charakter des Krieges gegen Antonius und Kleopatra würden sich für den Triumph jedoch rein praktische Probleme ergeben, wie Carsten Lange feststellt, der jedoch zugleich erklärt: „There is a clear ambivalence towards the question of how to conceptualize the victories, as there is a single war and two triumphs.“271 Aus diesem Grund, so resümiert Lange, müsse man davon ausgehen, dass dem Krieg selbst zugleich eine externe und eine interne Dimension eingeschrieben worden sei, der Sieg über externe Feinde und der Sieg im Bürgerkrieg folglich auch in der Präsentation miteinander vermischt worden seien.272 Eine entsprechende Durchsicht der Triumphalfasten führt zu dem Ergebnis, dass sich kein Beispiel für eine im Fall des Dreifachtriumphs angenommene Praxis der Aufspaltung eines Feldzugs in einzelne Schlachten, für die getrennt triumphiert wurde, finden lässt. Begründen lässt sich dies durch das Wesen dieser Zeremonie. Jörg Rüpke bezeichnet den Triumph treffend als „Kriegsbeendigungsritus. In feierlicher Form markiert er nicht das Ende einer Schlacht, sondern das Ende eines ganzen Feldzugs.“273 Zwar lässt sich anführen, dass insbesondere in der Frühzeit der Republik oftmals eine einzige Schlacht den Krieg entschied, doch sowohl die rituelle wie die institutionelle Rahmung belegen eindeutig, dass es beim Triumph nicht nur um diese einzelne Schlacht, sondern stets um die gesamte Unternehmung ging, wie Rüpke zum einen an den Votivstrukturen, zum anderen an der Frage des imperium deutlich macht.274 Die strikte Unterscheidung zwischen den beiden Triumphen für Actium und für die Eroberung Ägyptens, die sich in der Personalisierung des dritten Triumphs und im Fehlen jeglichen expliziten Bezugs auf Kleopatra im Rahmen des Actium-Triumphs zeigt, weist somit eher darauf hin, dass – zumindest in der Präsentation – offenbar gezielt demonstriert werden sollte, dass es sich um zwei voneinander zu unterscheidende militärische Konflikte handelte. Ein möglicher Ansatzpunkt für die Frage, ob es sich bei den Feldzügen von Actium und Alexandria um einen einzigen oder zwei getrennte Konflikte handelte, kann in der Denomination der Triumphe bzw. in ihrer Betitelung in den literarischen Quellen gesucht werden.275 Gurval spricht in einem Nebensatz von einer

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return to Rome, with Augustus as the sole ruler. Together they form one of the most decisive turning points in world history: one battle decided the war (Actium), the other ended it (Alexandria).“ Und weiter (150): „This attaches great significance to the battle of Actium, earning a triumph though not finishing the war.“ Ebd., 92. Ebd., 93 und 157 sowie 149: „ […] Octavian […] chose to go ahead and celebrate two triumphs for one war.“ Rüpke 1990a, 225. Ebd., 225 f. Lange 2009, 90 f. weist auf die Disparität der Angaben in den Quellen hin, die teils von einem einzigen Krieg berichten, teils jedoch von zwei separaten militärischen Auseinandersetzungen ausgehen. Für die Beschreibung des Krieges selbst mag dies zutreffen. Es gilt jedoch wiederum, zwischen dem Krieg und dem Aspekt der Präsentation des Sieges zu unterscheiden und die literarischen Quellen auf diese Unterscheidung hin zu überprüfen.

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„disparity of the titles for the ‚Actian‘ triumph found in ancient literary sources“.276 Davon kann jedoch keine Rede sein. Eine Durchsicht der entsprechenden Quellenbelege ergibt, dass der Triumph des zweiten Tages – so er denn explizit benannt und nicht nur umschrieben wird – stets eindeutig als Actiacum o. Ä. bezeichnet wird.277 Zudem müsste eine plausible Alternative gefunden werden, was sich als schwierig erweisen dürfte, wenn man die verschiedenen Möglichkeiten durchgeht: triumphus ex bello civili, triumphus ex Graecia, triumphus de Cleopatra – all dies dürfte eher unwahrscheinlich sein. Demgegenüber finden sich diverse Benennungen des Triumphs am dritten Tag: Die Fasti Barberiniani führen ihn unter der Denomination ex Aegypto auf278, Sueton nennt ihn in seiner Augustus-Vita Alexandrinum279, in den Periochae des Livius erscheint er als tertium de Cleopatra280. Mit Unsicherheiten im Bereich der Betitelung kann daher nicht für Gurvals Thesen argumentiert werden. Im Gegenteil zeigt sich, dass gerade der Actium-Triumph stets und ausschließlich als solcher bezeichnet wurde, während der Ägypten-Triumph unterschiedlich benannt wurde. Dies kann somit keineswegs als Beleg dafür angeführt werden, dass ersterer lediglich als eine Art Anhängsel des großen Triumphs über Kleopatra angesehen und damit der Bürgerkriegscharakter der Auseinandersetzung verschleiert wurde. In Anknüpfung an Gurval sieht Ida Östenberg in den drei Triumphen ebenfalls eine Einheit und begründet dies vor allem damit, dass Octavian – wie aus dem Cassius-Dio-Text hervorgehe – nur am letzten Tag in die Stadt eingezogen sei. Auch Carsten Lange hält einen Einzug Octavians am dritten Tag für wahrscheinlich und führt als Beleg eine Stelle aus dem Kommentar des Servius zu Vergils Aeneis an.281 Dabei müsse man jedoch davon ausgehen, so Lange, dass es sich trotzdem um drei voneinander getrennte Prozessionen handelte, wovon der Actium-Triumph nicht beeinträchtigt worden sei. Tatsächlich ist die von Lange angeführte Servius-Passage der einzige Beleg dafür, dass Octavian lediglich einmal in die Stadt eingezogen sein soll – wobei schon die Vertauschung der Triumphe für Actium und Dalmatien Zweifel an der Verlässlichkeit dieser Quelle aufkommen lässt. Aus der Passage bei Cassius Dio, die den Actium-Triumph beschreibt, geht dies (anders als Östenberg annimmt) nicht hervor. Dort heißt es, wie oben bereits angeführt: Denn Gaius Carrinas hatte die Moriner und andere Völkerschaften, die sich mit ihnen zusammen erhoben hatten, unterworfen und die Sueben, die in feindlicher Absicht über den Rhein gegangen waren, zurückgeschlagen. Und deshalb feierte auch Carrinas seinen Triumph und das, obgleich sein Vater von Sulla hingerichtet und er selbst samt den anderen Männern in gleicher Lage 276 Gurval 1995, 33. 277 Vgl. Suet. Aug. 22; Suet. Tib. 6; Liv. per. 133; Strab. Geo. 12,3,6; Cass. Dio 51,21,7. Bezeichnenderweise führt auch Itgenshorst 2005, Kat.-Nr. 288 den Triumph unter der Bezeichnung ex Actio auf, ohne dies jedoch zu problematisieren. 278 Vgl. Degrassi 1947, 345. 279 Suet. Aug. 22. 280 Liv. per. 133. 281 Lange 2009, 152. Vgl. Serv. Aen. 8,714: Triplici triumpho tres enim Augustus habuit triumphos: nam primo die triumphavit exercitus qui Antonium vicerat navali bello, secundo qui Dalmatas vicerat, tertio ipse cum Alexandrino est ingressus triumpho.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender einstmals von der Bekleidung eines Amtes ausgeschlossen worden war. Caesar triumphierte ebenfalls, da ihm in seiner Eigenschaft als oberstem Befehlshaber die Ehre des Sieges zukam.282

Eine wörtliche Lektüre des Dio-Textes müsste daher eher zu dem Schluss führen, dass Octavian gemeinsam mit Carrinas im Triumph in die Stadt einzog. Ein solches Vorgehen erscheint jedoch vor dem Kontext der 30er- und 20er-Jahre nicht praktikabel. Zudem zeigt der entsprechende Eintrag in den Fasti Barberiniani, dass Dio an dieser Stelle die Chronologie der Ereignisse falsch wiedergibt, was eine Diskussion der Frage nach den genauen Abläufen eines nicht existenten Doppeltriumphs hinfällig werden lässt.283 Keinesfalls kann daher die Passage über den Triumph des Carrinas als Argument dafür herangezogen werden, dass Octavian lediglich am dritten und letzten Tag als Triumphator die Stadt betrat und dass es sich aus diesem Grund bei der gesamten Zeremonie um eine Einheit handelte, wie Östenberg dies annimmt. Stattdessen wird in sämtlichen Quellen – sowohl in den literarischen wie in den fasti – betont, dass es sich bei den Zeremonien des Jahres 29 v. Chr. um drei separate Triumphe handelte. Augustus selbst gibt in den Res Gestae an, er habe drei kurulische Triumphe gefeiert. Die Fasten verzeichnen den Triumph für Dalmatien und den für Ägypten getrennt. Man darf folglich annehmen, dass auch die Siegesfeier für Actium extra aufgeführt wurde.284 Im Gegensatz dazu lässt ein Blick auf 282 Cass. Dio 51,21,6 (s. o. Anm. 188). 283 Vgl. Degrassi 1947, 570: [C. Carr]inas ex [G]al[l]is prid. eid. Iu[l.] triumph(avit), palmam dedit. Selbst wenn das Jahr 28, das Itgenshorst 2005, Kat.-Nr. 291 für den Triumph angibt, ebenfalls nur hypothetisch angenommen werden kann, beweist die Datierung des Triumphs auf den Vortag der Iden des Juli, dass dieser nicht im Rahmen des augusteischen Dreifachtriumphs gefeiert worden sein kann, wie Degrassi es bereits im Kommentar vermerkt. Alberto dalla Rosa nimmt den Triumph des Carrinas zum Ausgangspunkt für seine Überlegungen zu Octavians auspicia zur Zeit des Bürgerkriegs und unmittelbar danach. Er geht davon aus, dass Octavian den Erfolg des Carrinas aufgrund seiner faktisch übergeordneten auspicia für sich reklamierte und ihn in die Zeremonie am ersten Tag des Dreifachtriumphs integrierte. Dass Carrinas im Jahr darauf selbst einen Triumph feiern durfte, deutet dalla Rosa als Ergebnis eines Kompromisses: „The Senate may have conceded to Octavian that he had the right to celebrate that particular victory because of his extraordinary position as leader of the entire Republic, but did not make Carrinas a subordinate, considering his auspicia still independent and thus giving him the honour he deserved.“ (Dalla Rosa 2011, 260.) 284 Gurval 1995, 31–33 stützt sich in seiner Argumentation auf die Fasti triumphales Barberiniani und auf die Beobachtung, dass in dieser Liste lediglich der Dalmatien- und der Ägypten-Triumph genannt werden (vgl. Degrassi 1947, 345: Imp. Caesar de Dalma[t]is eid. Sext. triumph(avit), palmam dedit. Imp. Caesar ex A[egy]pto XIIX k. Sept. triumpavit.). Gurval folgt dabei der Ansicht des CIL-Editors, wonach der zweite und der dritte Triumph in der öffentlichen Wahrnehmung als zusammengehörig betrachtet und daher in der Inschrift gleichgesetzt worden seien. Er stellt fest: „[…] the argument for ‚brevity‘ is not convincing.“ (32) Unglücklicherweise ist ein Vergleich mit den Fasti Capitolini, der eventuell zur Klärung der Frage beitragen könnte, nicht möglich, da der Text an dieser Stelle verloren ist. Dennoch ist in der Forschung wiederholt festgestellt worden, dass der Actium-Triumph in dieser (d. h. mithin in der „augusteischen“) Liste der Triumphe seinen eigenen Eintrag erhalten haben muss (vgl. u. a. Lange 2009, 151). Wie die Konsistenz der Formulierung in den literarischen Quellen zeigt, ist dabei durchaus davon auszugehen, dass die Bezeichnung auch in den Kapitolinischen Fasten nicht davon abwich. Dennoch ist die Auslassung des Triumphs in den Fasti Barberiniani erklärungsbedürftig. Beard

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ähnlich gelagerte Fälle erkennen, dass Triumphe, die sich über mehrere Tage erstreckten, bei denen der Triumphator lediglich einmal in die Stadt einzog und die daher tatsächlich als Einheit anzusehen waren, nur einmal in die Liste aufgenommen und mit einem Vermerk über ihre Dauer versehen wurden.285 Sogar wenn wie im Falle des dritten Pompeius-Triumphs mehrere Gegner aufgezählt wurden, wurde dieser Grundsatz beibehalten. Die Frage, ob Octavian nur einmal oder an allen drei Tagen in die Stadt einzog, lässt sich anhand des vorliegenden Quellenmaterials nicht endgültig klären.286 Wenn die drei Triumphe jedoch als vollgültige Feiern durchgeführt wurden, wie Augustus selbst dies durch seine Formulierung in den Res Gestae nahelegt, ist es durchaus möglich, von drei Einzügen in die Stadt auszugehen, von denen Dio lediglich einen (den letzten?) aufgrund seiner Besonderheiten wiedergibt.287 Die ohnehin nicht zweifelsfrei belegbare Annahme eines einmaligen Einzugs lässt sich jedenfalls nicht als Beweis für die These anführen, es habe sich bei den Triumphen um eine Einheit gehandelt, im Rahmen derer der Sieg im Bürgerkrieg bewusst in den Hintergrund gerückt werden sollte. Zwei Ergebnisse lassen sich an dieser Stelle festhalten: Zum einen zeigt ein differenzierter Blick auf die bei Dio und in den Parallelquellen überlieferten Abläufe der dreitägigen Zeremonien und die entsprechenden Rahmenangaben, dass die Triumphe eindeutig voneinander getrennt wurden. Jeder der gefeierten Siege stand somit auf der Ebene der Darstellung zunächst für sich alleine und beanspruchte individuelle Gültigkeit. Es ist aus diesem Grund natürlich vollkommen zutreffend, in der Feier des Sieges über Kleopatra und in der Präsentation Octavians als Eroberer eine der zentralen Aussagen des Dreifachtriumphs zu sehen. Diesen Aspekt jedoch zum alleinigen Sinn der Zeremonien zu erklären, greift zu kurz. Insbesondere hinsichtlich der letzten beiden Triumphe ist nicht von einer bewussten Vermischung von Bürgerkrieg und externem Krieg auszugehen.288 Vielmehr nutzte Octavian bei der Gestaltung seiner Siegesfeiern ein zentrales Element des Triumphrituals, um die Unterscheidung der Triumphe und der mit ihnen verbundenen Erfolge deutlich zu machen: Indem er dem ersten Triumph fremde Gegner aus den Grenzregionen des Reiches zuordnete und den dritten Triumph vollkommen auf die Figur der besiegten ägyptischen Königin ausrich-

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2007, 303 f. weist zu Recht darauf hin, dass gerade der offen zur Schau gestellte Bürgerkriegscharakter den Zusammensteller dazu bewogen haben könnte, den Triumph aus seiner Auflistung zu streichen, „attempting to ‚clean up‘ triumphal history by finessing Actium out of the picture.“ Tatsächlich erwies sich die Rolle, die Octavian im Bürgerkrieg spielte, während seiner gesamten Regierungszeit als ein Thema, mit dem sowohl der princeps selbst als auch die politische Öffentlichkeit im Allgemeinen sich explizit auseinandersetzte; s. hierzu Kap. IV. Vgl. u. a. den dreitägigen Triumph des Aemilius Paullus über Perseus von Makedonien (Itgenshorst 2005, Kat.-Nr. 200) sowie den dritten Triumph des Pompeius (Itgenshorst 2005, Kat.-Nr. 258). Vgl. Lange 2015, 137, der einen dreimaligen Einzug Octavians als „probable“, zugleich jedoch als „somewhat curiously“ bezeichnet. Hierzu S. 118–121. Lange 2009, 152 stellt zwar selbst fest: „Importantly, there are still three very distinct triumphs, all important, and with different spoils. The Actian triumph was certainly not downplayed by Octavian.“ Den entscheidenden Schritt, hier nicht nur eine Trennung der Triumphe, sondern eine konzeptionelle Unterscheidung der Siege selbst zu sehen, unternimmt er danach jedoch nicht.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

tete, der man offiziell den Krieg erklärt hatte, wurde die externe Dimension dieser Siege explizit und den Anforderungen des Rituals gemäß hervorgehoben. Beim Triumph für Actium ist eine solche Zuordnung nicht erkennbar, der Hinweis auf einen bestimmten Gegner fehlte: Wer hätte es auch sein sollen, da Kleopatra in der Prozession des dritten Tages den Sieg über Ägypten verkörperte? Die implizite Aussage musste jedem Betrachter offenbar sein: Am zweiten Tag wurde nicht über Kleopatra triumphiert – und auch über niemand anderen, den man ohne Weiteres als Hauptgegner hätte nennen können. Der besiegte Gegner, der nicht genannt werden konnte, war unzweifelhaft Antonius, wobei sich nicht in Abrede stellen ließ, dass es sich bei Antonius und seinen Anhängern um römische Bürger handelte. Wäre man der Linie gefolgt, die die Propaganda der Vorkriegsjahre vorgegeben hatte, und hätte man Antonius als degenerierten, quasi zum Barbaren mutierten Sklaven der ägyptischen Königin stilisiert, so hätte man durchaus ein Abbild des Feldherrn an der Seite seiner Partnerin erwarten können. Dies war offenbar weder möglich noch vom Sieger beabsichtigt. Anstatt durch eine Fokussierung auf den auswärtigen Gegner den Sieg über römische Bürger tatsächlich zu verschleiern, wie noch Caesar dies zumindest vordergründig getan hatte289, schuf Octavian absichtlich eine auffällige Leerstelle, die im Zusammenspiel mit der am dritten Tag folgenden Fokussierung auf Kleopatra von enormer Aussagekraft war: Statt einer Vermischung der externen und internen Dimensionen des Krieges, die sich für die Vorbereitung der Auseinandersetzung durchaus nachweisen lässt, fand im Rahmen der Präsentation des Sieges bzw. der Siege eine deutliche Unterscheidung zwischen Bürgerkrieg und externem Krieg statt, die sich gerade durch das Nicht-Vorhandensein eines nominellen Hauptgegners im Actium-Triumph manifestierte, der ansonsten jedoch als vollkommen gleichwertig aufgefasst wurde. Der Sieg bei Actium wurde explizit nicht dem externen Krieg gegen Kleopatra zugeordnet, sondern spezifisch mit dem Bürgerkrieg, dem Krieg gegen Antonius, in Verbindung gesetzt.290 Dass diese Botschaft, die Octavian im Rahmen des Triumphrituals vermitteln wollte, durchaus rezipiert und verstanden wurde, lässt sich an einer bemerkenswerten Quelle aufzeigen, die in der Forschung unter diesem Gesichtspunkt nahezu keine Berücksichtigung erfahren hat291: In den Fasti Amiternini, einer Inschrift aus 289 Vgl. zu den Triumphen Caesars und zu dessen Strategie, im Rahmen der Zeremonien seinen Sieg im Bürgerkrieg zu betonen, Havener 2014, 170–172. 290 Vgl. auch Beard 2007, 303, die den Sieg bei Actium ansieht als „a victory in civil war, without even a euphemistic foreign label.“ Allerdings erschöpft sich ihre Analyse der Präsentation dieses Sieges bereits in dieser Feststellung. Östenberg 2014, 184–188 sieht gerade das Fehlen eines Hauptgegners im Rahmen der Prozession als einen Grund dafür an, weshalb der Bürgerkriegstriumph als Ritual nicht habe funktionieren können: „[…] the absence of the true enemies of the victorious side, the defeated Romans, devoided the ritual of much of its meaning. It unveiled the discrepancy between the war fought and the war represented, and the triumph became a halting, unbalanced performance that told only half the story. […] Reality and representation simply did not match.“ (188) 291 Eine Ausnahme bildet ein kurzer Artikel von Géza Alföldy (Alföldy 1991b), der jedoch nicht auf die offensichtliche Verbindung des Actium-Eintrags mit dem Triumph Octavians eingeht, sondern sich insbesondere der Rekonstruktion eines zerstörten Abschnittes widmet, der auf den Eintrag zu Actium folgt (dazu im Einzelnen s. u. S. 118 m. Anm. 332).

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der mittelitalischen Gemeinde Amiternum, die Géza Alföldy zufolge im Jahr 28 v. Chr. aufgezeichnet wurde292, erwähnen einige Einträge explizit die römischen Bürgerkriege. So heißt es dort unter anderem: [Bellu]m civil(e) Mutine(n)se | cum M. [A]ntonio Bellum in cam[p]is Ph[ilippicis | cum] M. Brut[o] e[t C. C]a[ssio] Bellum Perusinu[m cum] | L. Ant[o]nio Bellum Actie(n)s(e) class[iar(ium)] | cum M. Antonio293

Der letzte Eintrag lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass als Gegner der Schlacht bei Actium Antonius angesehen wurde, nicht Kleopatra. Es wird somit keineswegs geleugnet, dass Octavian gegen Römer gekämpft und über Römer gesiegt hatte. Zudem wird spezifisch Actium und nicht Alexandria in den Fasti aufgeführt. Ein solcher Eintrag in einem unmittelbar nach den Siegesfeiern veröffentlichten, sicherlich nicht von Octavian initiierten Dokument lässt sich nur erklären, wenn er als Reflex auf den Triumph verstanden wird: Die Inschrift orientierte sich an den Botschaften, die im Rahmen des Rituals vermittelt werden sollten und die Actium eindeutig mit dem Bürgerkrieg gegen Antonius in Verbindung brachten.294 Hätte Octavian den Krieg als eine Auseinandersetzung mit auswärtigen Feinden dargestellt, müsste man an dieser Stelle einen Verweis auf den entsprechenden Gegner, d. h. insbesondere auf Kleopatra, erwarten. Die im Ritual geschaffene Leerstelle wurde auf diese Weise der Intention Octavians entsprechend ausgefüllt. Der Eintrag der Fasti Amiternini zeigt somit exemplarisch die Unmissverständlichkeit dieser Botschaft. Um die Besonderheit des Sieges bei Actium hervorzuheben, instrumentalisierte Octavian zusätzlich ein weiteres zentrales Element des Triumphrituals: die Präsentation der Beute.295 In seinem Bericht über den Dreifachtriumph gibt Cassius Dio an, dass alle drei Triumphe mit den in Ägypten errungenen Reichtümern ausgestattet worden seien. Robert Gurval sieht darin wiederum ein Argument für seine These, im Mittelpunkt der dreitägigen Feier habe nicht die Präsentation des Sieges bei Actium gestanden, sondern insbesondere der Triumph über Ägypten.296 Die Präsentation der reichen Beute habe den Höhepunkt der Zeremonien dargestellt, die beiden anderen Triumphe seien lediglich eine Art Vorspiel gewesen.297 Dies spricht nach Ansicht Gurvals ebenfalls gegen eine Auseinandersetzung mit der Bürgerkriegsthematik im Rahmen des Actium-Triumphs. Angesichts der bisher angestellten Überlegungen lassen sich hinsichtlich des Zwecks, den die Präsentation der Beute im Rahmen des Dreifachtriumphs und der 292 Vgl. ebd., 167. 293 CIL IX 4190 (Auszüge). 294 Rosenberger 1992, 53–63 weist zurecht darauf hin, dass es sich bei der expliziten Nennung des jeweiligen Gegners in den Einträgen zu den Bürgerkriegen um ein spezifisches Charakteristikum der Fasti Amiternini handelt. Gerade diese Tatsache verdeutlicht jedoch, dass von einer zentralen Steuerung der Rezeption durch Octavian keine Rede sein kann. 295 Vgl. zur Bedeutung der Beute-Präsentation im Triumphritual u. a. Östenberg 2009a, 19–127 sowie kritisch Beard 2007, 143–186. 296 Gurval 1995, 29. 297 Ähnlich auch Östenberg 1999, 159.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

Vermittlung der mit diesem verbundenen Botschaften erfüllte, andere Schlüsse ziehen. Offenbar konnte und wollte Octavian auf diesen integralen Bestandteil des Siegesrituals nicht verzichten. Dabei dürfte er sich jedoch mit dem Problem konfrontiert gesehen haben, dass weder der Krieg auf dem Balkan noch die reine Seeschlacht bei Actium genug Beute abgeworfen hatten, um eine angemessene Siegesfeier ausrichten zu können.298 Es erscheint daher durchaus plausibel, dass man sich für die Ausstattung der ersten beiden Triumphe aus der ägyptischen Beute bediente: Anders als bei den prominenten Gefangenen, deren Zurschaustellung ebenfalls Teil des Rituals war, ging es bei der Beute nicht um eine spezifische Zuordnung zum besiegten Gegner, d. h. um eine Personalisierung der Niederlage. Stattdessen scheint hierbei vorrangig die Qualität der erbeuteten Kunstwerke oder die Masse an Gold und anderen Edelmetallen, die durch die Straßen getragen wurden, von Bedeutung gewesen zu sein.299 Vor diesem Hintergrund verliert die These, man habe durch die Verteilung der ägyptischen Beute auf alle drei Triumphe die Einheit der Zeremonien verdeutlichen wollen, an Gewicht. Vielmehr darf man annehmen, dass nach der Eroberung und Plünderung Alexandrias schlichtweg ausreichend Material zur Verfügung stand, das nicht spezifisch der ägyptischen Sphäre zuzuordnen war und das sich daher dazu eignete, die zentrale Funktion der Beute im Rahmen des Triumphzugs – die Zurschaustellung materiellen Überflusses – zu erfüllen. Zugleich nutzte Octavian jedoch auch diesen Bestandteil des Rituals, um den Bürgerkrieg und den Sieg über Antonius zu thematisieren: Im zweiten Buch seiner Elegien berichtet der Dichter Properz, dass im Rahmen von Octavians Triumph Schiffsschnäbel die Via Sacra entlang transportiert worden seien, die von der gegnerischen Flotte bei Actium stammten und auf diese Weise an den Erfolg Octavians erinnerten.300 Diese rostra waren, so lässt sich der Aussage des Properz entnehmen, ein zentrales Element der Prozession und sind sicher dem zweiten Tag der Zeremonien zuzuordnen, der ja ausschließlich dem Seesieg gewidmet war.301 Ida Östenberg sieht in den Schiffsschnäbeln vor allem eine Parallele zu den großen Mengen 298 Vgl. auch Lange 2009, 154. 299 So heißt es beispielsweise in der Beschreibung des flavischen Triumphs durch Flavius Josephus (Ios. bell. Iud. 7,5,5): Ἀμήχανον δὲ κατὰ τὴν ἀξίαν εἰπεῖν τῶν θεαμάτων ἐκείνων τὸ πλῆθος καὶ τὴν μεγαλοπρέπειαν ἐν ἅπασιν οἷς ἄν τις ἐπινοήσειεν ἢ τεχνῶν ἔργοις ἢ πλούτου μέρεσιν ἢ φύσεως σπανιότησιν […]. ἀργύρου γὰρ καὶ χρυσοῦ καὶ ἐλέφαντος ἐν παντοίαις ἰδέαις κατασκευασμάτων ἦν ὁρᾶν οὐχ ὥσπερ ἐν πομπῇ κομιζόμενον πλῆθος, ἀλλ᾽ ὡς ἂν εἴποι τις ῥέοντα ποταμόν […]. („Man ist außerstande, die Vielzahl jener Sehenswürdigkeiten und die Pracht aller jener nur erdenklichen Gegenstände nach Gebühr zu schildern, seien es Kunstwerke, Luxusgegenstände oder Naturseltenheiten. […] Denn die vielen Geräte aus Silber, Gold und Elfenbein in den mannigfaltigsten Formen nahmen sich nicht so sehr als Teile eines Festzuges aus, sondern flossen, so möchte man sagen, einem ununterbrochenen Strome gleich, dahin […].“) 300 Prop. 2,1,34: Actiaque in Sacra currere rostra Via. Gurval 1995 erwähnt die rostra in seinen Ausführungen zum Dreifachtriumph nicht, sondern geht lediglich im Kapitel zu den ersten drei Büchern des Properz darauf ein, ohne jedoch das Motiv der rostra in den Elegien mit dem Triumph selbst in Verbindung zu bringen. 301 Dart/Vervaet 2011, 279 f. betrachten den Actium-Triumph aus diesem Grund als letzten der von ihnen untersuchten „naval triumphs“.

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an Beute, die im Ägypten-Triumph mitgeführt wurden. Symbolisierten letztere ihrer Ansicht nach die Dominanz Octavians zu Lande, sollten erstere demonstrieren, dass sich diese Vorherrschaft auch auf den Bereich des Meeres erstreckte. Dadurch, so Östenberg, sei der Weltherrschaftsanspruch Octavians, der sich im Dreifachtriumph manifestiert habe, zusätzlich untermauert worden.302 Vor dem Hintergrund der Annahme, dass die Hauptaussage speziell des Actium-Triumphs sich nicht auf die allgemeine Darstellung der allumfassenden Sieghaftigkeit Octavians bezog, sondern dass dabei der Erfolg im Bürgerkrieg thematisiert wurde, ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Bereits nach seinem Sieg über Sextus Pompeius bildeten die Schiffsschnäbel, die an der columna rostrata angebracht waren, ein zentrales Element der Präsentation und wurden – das zeigt die oben zitierte Inschrift – eindeutig einem Sieg im Bürgerkrieg zugeordnet. Auch die rostra, die im Actium-Triumph mitgeführt wurden, waren keineswegs nur weitere Beutestücke. Vielmehr nahmen sie im Rahmen der Prozession die Rolle ein, die dem Abbild der Kleopatra in der Prozession des dritten Tages zukam. Die rostra versinnbildlichten den Sieg Octavians und traten an die Stelle des unterlegenen Gegners, wo dieser nicht explizit genannt oder gar gezeigt werden konnte. So wie bei anderen Triumphen der gefangene Anführer dazu diente, die Niederlage des Feindes und damit auch den Erfolg des siegreichen Feldherrn und Triumphators zu personalisieren, konnten die Schiffsschnäbel der Flotte des Antonius als eindeutige Zeichen für dessen Sturz angesehen werden. Mit den rostra stand Octavian folglich eine Art Chiffre zur Verfügung, die an die Stelle des besiegten Feindes treten konnte und spezifisch mit Actium und dem Bürgerkrieg verknüpft war. Diese Verbindung wird auch deutlich, wenn man einen Blick auf den Ort der Schlacht selbst wirft. Rostra bildeten einen zentralen Bestandteil des Siegesmonuments, das Octavian bei Actium errichten ließ.303 Robert Gurval konstatiert, dass sich dieses Monument und die weiteren Elemente der Darstellung des Sieges vor Ort (der Bau von Nikopolis und die Einrichtung von Spielen) nur auf den griechischen Kontext beziehen.304 Der Eindruck, den sie in Rom gemacht hätten, sei – sofern sie dort überhaupt bekannt gewesen seien – nur gering gewesen: The exaltation of Octavian’s name and his Actian victory served the victor well in his reorganization and settlement of authority in the Greek East; the official recognition and glorification of Actium in this area, however, should not be associated with or mistaken for the consolidation of power and the shaping and reception to the princeps’ public image in Rome.305

Diese Ansicht erweist sich jedoch bei näherer Betrachtung und bei Berücksichtigung von aktuelleren Grabungsbefunden als nicht gerechtfertigt. Stattdessen zeigt 302 Östenberg 1999, 51 f. Lange 2009, 151 stellt fest: „Actium produced rams, Egypt produced riches.“ 303 Zum Actium-Monument vgl. besonders die Grabungsberichte von Murray/Petsas 1989 mit der Ergänzung Murray 2002 sowie Zachos 2001 und 2003. Einen Überblick über die entsprechenden archäologischen Debatten, auf die hier nicht im Detail eingegangen werden kann, und den aktuellen Forschungsstand bieten Lange 2009, 106–123 und Schmuhl 2008, 154–159. 304 Gurval 1995, 83. 305 Ebd., 84.

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sich sowohl auf der Ebene der Gestaltung als auch der inhaltlichen Schwerpunktsetzung, dass von einer ausschließlichen Beschränkung des Adressatenkontextes auf den griechischen Osten keineswegs die Rede sein kann.306 Dabei ist zunächst an die geographische Lage Actiums zu erinnern. Der Ort der Schlacht gegen Antonius war nicht weit von Italien entfernt und auch für die Bewohner Roms durchaus erreichbar. Weit aussagekräftiger sind jedoch die gestalterischen Elemente des Monuments, nämlich Inschrift und Bildprogramm. Gegen eine Orientierung auf den griechischen Raum spricht zunächst die Tatsache, dass die Inschrift des Siegesmonuments auf Latein verfasst wurde.307 Der Text spielt wiederholt nicht auf einen griechischen, sondern einen römischen Kontext an308: Sowohl die Feststellung, der Krieg sei pro re publica geführt worden, d. h. für den römischen Staat, der für einen griechischen Adressaten nicht die gleiche Bedeutung gehabt haben dürfte wie für einen Römer, als auch die Nennung der römischen Götternamen etc. weisen eindeutig in diese Richtung. In der Forschung ist zudem mehrfach darauf hingewiesen worden, dass das Monument in seiner baulichen Gestaltung auf griechisch-hellenistischen ebenso wie römischen Architekturformen basiert und sie miteinander verbindet.309 Den römischen Bezugspunkt bildet dabei nach allgemeiner Ansicht die Rednertribüne auf dem Forum: Sowohl dort wie auch am Siegesmonument wurden die bronzenen Schnäbel besiegter Schiffe angebracht. Wie oben bereits beschrieben, wurden diese Schiffsschnäbel im Triumph des Octavian zum Sinnbild für den Sieg bei Actium. Diese Symbolik lässt sich somit auch am Ort der Schlacht selbst wiederfinden, was die Zuordnung des Zeichens zum konkreten Ereignis noch deutlicher hervorhebt.310 Die rostra sind eine hervorstechende Verbindung zwischen dem Monument und dem Triumph, stellen aber möglicherweise nicht die einzige Bezugnahme dar: Vor einigen Jahren wurde bei Grabungen eine Reihe von Reliefplatten entdeckt, von denen einige zu einem Zyklus gehören, der einen Triumphzug abbildet. Obwohl bislang keine umfassende und zusammenhängende Publikation der Funde vorliegt, wird in der Forschung allgemein akzeptiert, dass es sich hier um eine Wiedergabe des Dreifachtriumphs handelt.311 Im Reliefschmuck des Monuments 306 Bezeichnenderweise spart Gurval das Siegesmonument in seinen Überlegungen nahezu vollkommen aus. Zwar verweist er auf „this impressive study“ von Murray und Petsas (ebd., 66, Anm. 115); auf ihre Argumente, die seinen eigenen zum Teil erheblich widersprechen, geht er jedoch nicht näher ein. 307 Vgl. Lange 2009, 114 f., der feststellt, dass man zumindest eine zweisprachige Version des Textes hätte erwarten können, wenn lediglich das Umland oder die Griechisch sprechende Welt als Adressaten intendiert gewesen wären. 308 Für den vollständigen Text der Inschrift s. u. S. 122. 309 So bereits Murray/Petsas 1989, 116 f. Vgl. auch Lange 2009, 114 sowie Schmuhl 2008, 158. Auch die Dekorationselemente beziehen eindeutig den römischen Kontext mit ein. So förderte Zachos bei seinen Grabungen Terrakottafragmente zu Tage, auf denen die Romulus und Remus säugende Wölfin dargestellt ist (vgl. Zachos 2003, 79). 310 Vgl. Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 98–100. 311 So Zachos 2003, 90–02, Schäfer 2008, 149 f. und Pollini 2012, 191–196. Lange 2009, 108 stellt fest, dass sich hier Probleme bei der Datierung des Monuments ergeben. Das Denkmal wird anhand der Inschrift zumeist auf das Jahr 29 v. Chr., also ins unmittelbare zeitliche Umfeld des

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wird damit explizit der Bezug zur Präsentation des Sieges in Rom hergestellt. Diese Verknüpfung betont die Eigenständigkeit des Sieges bei Actium: Während in Rom mit den rostra, die als Symbol für den Actium-Sieg eingesetzt wurden, dieser Erfolg eindeutig von den anderen beiden Triumphen und den mit ihnen verbundenen Erfolgen abgegrenzt wurde, findet diese Hervorhebung beim Actium-Monument durch die Bezugnahme auf den Triumph in umgekehrter Richtung statt.312 Die Aussage bleibt jedoch die gleiche: Der Sieg bei Actium zog für sich gesehen einen Triumph nach sich und konnte dadurch als vom Sieg über Kleopatra und Ägypten unabhängig begriffen werden. Der Triumphzug, der am zweiten Tag der insgesamt dreitägigen Zeremonien durchgeführt wurde, thematisierte somit eindeutig und ausschließlich den Bürgerkrieg. Hatte während der beiderseitigen Mobilisierungsphase insbesondere Octavian den Charakter der Auseinandersetzung noch verunklart, indem die Kriegserklärung lediglich der ägyptischen Königin galt und die Propaganda Antonius zu einem degenerierten, die Werte eines römischen Bürgers Dreifachtriumphs datiert (vgl. Lange 2009, 111 sowie Schäfer 1993). Da eine genaue Festlegung nicht möglich ist, ergibt sich die Frage, ob es sich bei dem Relief um ein Zitat des tatsächlichen Triumphs handelte oder um eine unabhängige Darstellung. Dieses Problem wird man mit großer Wahrscheinlichkeit nicht endgültig lösen können. 312 Vgl. Beard 2007, 45: „[…] the triumph was replayed in marble on the site of the battle.“ Als mögliches Gegenargument des Actium-Bezuges mag man die Darstellung von zwei kleinen Gestalten auf der Reliefplatte anführen, die gemeinsam mit dem Triumphator auf dem Wagen zu sehen sind. In der Forschung wurden verschiedenste Vorschläge zur Identifizierung gemacht: Einer Hypothese zufolge werden hier die Büsten des Antonius und der Kleopatra gezeigt (vgl. Schäfer 2008, 150). Geht man davon aus, dass das Relief die Prozession wiedergibt, würde diese Option wegfallen, da sämtliche Quellen die Absenz des Antonius hervorheben. Sofern hier jedoch nicht die eigentliche Prozession abgebildet wird, mag sogar dieser Vorschlag denkbar sein. Schäfer 2008, 150 und Pollini 2012, 194–194 plädieren dafür, dass es sich hier um die von Dio für den Ägypten-Triumph erwähnten Kinder des Antonius und der Kleopatra handelt. Auch Zachos 2003, 91 f. führt diese Variante an, hält es jedoch gleichzeitig für möglich, dass die Reliefs den Actium-Triumph darstellen. Lange 2009, 108 stellt zu Recht fest, dass in der Dio-Passage die beiden Kinder nicht im Triumphwagen Octavians verortet werden, sondern unter den anderen Gefangenen. Lange argumentiert daher, dass es sich um Angehörige der Familie Octavians handeln müsse und folgt damit einem Vorschlag Mary Beards, die in den Abgebildeten Julia und Drusus sieht (Beard 2007, 224). In der Tat bezeugt Sueton die Teilnahme des Marcellus und des Tiberius an der Prozession (Suet. Tib. 6,4). Da es durchaus üblich war, Kinder aus der Familie des Triumphators auf dem Wagen mitfahren zu lassen (vgl. u. a. Beard 2007, 20), ist auch Beards Vorschlag zu berücksichtigen. Ebenso wie die Datierungsfrage wird man jedoch – vor allem in Anbetracht der unzureichenden Publikationslage – auch dieses Problem momentan nicht endgültig lösen können, zumal ohnehin nicht klar ist, ob es sich hierbei um eine wahrheitsgetreue Wiedergabe der Zeremonie handelt. Vor diesem Hintergrund kann auch John Pollinis Feststellung, er habe auf einem der unpublizierten Fragmente des Reliefs eine Darstellung Kleopatras bzw. ihres von Dio erwähnten Abbildes auf einem Schiff identifiziert, das in der Prozession mitgeführt worden sei, zu diesem Zeitpunkt nicht abschließend bewertet werden (vgl. Pollini 2012, 193 m. Anm. 146). Sollte dies zutreffen, wäre es ein Hinweis auf eine stilisierte Wiedergabe des Dreifachtriumphs, die Elemente aus allen Prozessionen in sich vereinen und den Fokus auf die allgemeine Sieghaftigkeit Octavians lenken würde (so auch Lange 2009, 154 f.). In Bezug auf die Interpretation der Ereignisse in Rom und die Bedeutung der rostra-Chiffre würde sich dadurch jedoch nichts ändern.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

nicht mehr vertretenden Sklaven abstempelte, hob er diese Vermischung von externer und interner Dimension des Krieges im Rahmen der Präsentation des Sieges explizit auf. Bürgerkrieg und externe Kriege wurden klar voneinander unterschieden, jeder Sieg wurde mit einem individuellen Triumph bedacht. Der Bürgerkrieg wurde nicht verschleiert, stattdessen schrieb man ihm demonstrativ einen eigenen Wert zu, der ihn auf eine Stufe mit dem Krieg gegen externe Feinde stellte.313 Verbunden mit dieser Feststellung war jedoch eine weitere Aussage, die für die Gesamtbotschaft des Dreifachtriumphs ebenso konstitutiv war. Triumphritual und Bürgerkriegssieg Wie an anderer Stelle bereits erwähnt, charakterisiert Jörg Rüpke den Triumph u. a. als einen „Kriegsbeendigungsritus“.314 Als solcher stehe dieses Ritual in enger Verbindung mit dem Auszug des Feldherrn bzw. der nuncupatio voti. Dabei, so Rüpke weiter, könne der Triumph wohl nicht als Einlösung des Votums selbst angesehen werden, sondern eher als Gelegenheit zur Verpflichtung, das Votum nach tatsächlich siegreicher Heimkehr einzulösen. Im Zentrum des Triumphs stehe folglich die Siegesmeldung an Jupiter.315 Der Triumph muss vor diesem Hintergrund nicht nur als Ritual, das die Beendigung des Krieges anzeigte, verstanden werden, sondern als Ritual, dass die siegreiche Beendigung des Krieges feierte.316 Die Struktur des Rituals selbst war so angelegt, dass es ohne Sieg keinen Triumph geben konnte. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Figur des Feldherrn: „Der Triumphator ist vor allem Sieger, so sehr nur Sieger, daß seine Individualität – zumindest rituell – hinter der Maske Jupiters zurückbleibt.“317 Mochte der siegreiche Feldherr im Rahmen des Rituals auch seine Individualität verlieren318, so zeigt die Praxis des republikanischen Triumphs, dass in allen Bereichen, die über die rein rituellen Elemente hinauswiesen, gerade der entgegengesetzte Fall eintrat. Der Triumph wurde zu einer der beliebtesten Arenen des aristokratischen Konkurrenzkampfes, in der die militärische virtus und die Sieghaftigkeit des Einzelnen in den Vordergrund gerückt wurden.319 Nicht umsonst waren die Bemühungen der Senatsaristokratie darauf 313 Das Argument von Lange 2009, 156, der Sieg bei Actium sei als „sufficiently external“ angesehen worden, um einen Triumph zu rechtfertigen, muss daher modifiziert werden (vgl. auch Lange 2013). Vielmehr lässt sich Octavians Siegesfeier einordnen in die Abfolge von Bürgerkriegstriumphen der späten Republik, die den Sieg über römische Bürger als eigenständige Leistung feierten und die offenbar entgegen den Angaben des Valerius Maximus unter bestimmten Voraussetzungen durchführbar waren; vgl. Havener 2014. 314 Rüpke 1990a, 225. 315 Ebd. 316 Vgl. u. a. auch Östenberg 2009a, 1; ebenso Beard 2007, 3 sowie Sumi 2005, 29. 317 Rüpke 1990a, 231. 318 Und sogar hierfür lässt sich ein Gegenbeispiel anführen: Als Pompeius sich bei seinem Triumph über Mithridates den Mantel Alexanders des Großen um die Schultern legte, setzte er an exakt diesem Punkt an und nutzte ein zentrales Element des Rituals dazu, seine eigene Person in eindeutiger Weise hervorzuheben; vgl. Beard 2007, 7–41. 319 Vgl. zur zentralen Rolle des militärischen Sektors, des Triumphs und der virtus im Rahmen der politischen Kultur u. a. McDonnell 2006, Rosenstein 2006a und 1990 sowie Flaig 2004.

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ausgerichtet, das im Triumph über alle Maßen herausgehobene Individuum wieder in die Gruppe seiner Standesgenossen zu integrieren.320 Dieses Grundprinzip des Triumphs als Siegesritual muss ebenso für den dreifachen Triumph Octavians gelten. Tatsächlich schreibt auch Robert Gurval den Siegesfeiern Octavians diese Funktion zu, betont dabei jedoch nochmals, dass das Augenmerk dabei nicht auf dem Bürgerkrieg gelegen habe: When it came time to celebrate the triumphal show, Octavian formally accepted three curule triumphs but orchestrated the ceremonies to exaggerate the magnitude of his foreign conquests and perhaps at the same time to make the boast of universal peace. […] There was no uncertainty […] about what Octavian had achieved. The triple triumph celebrated the might of the victor who waged wars on land and sea and restored peace, symbolized by the closure of the temple doors of Janus in the same year.321

Zweifellos kam der Darstellung der militärischen Sieghaftigkeit Octavians eine enorme Bedeutung zu – ganz so, wie das Triumphritual es vorsah. Dem römischen Volk wurde eindrucksvoll vor Augen geführt, dass Octavians Heere auf zahlreichen Kriegsschauplätzen, an den Grenzen des römischen Reiches und vor allem im großen Krieg gegen Kleopatra siegreich gewesen waren. Es ist sicher zutreffend, in dieser eindrucksvollen Demonstration eine Antwort auf die gegen Octavian gerichtete Propaganda der 40er- und 30er-Jahre zu sehen: Immer wieder wurden ihm militärisches Unvermögen und sogar Feigheit unterstellt; die Geschichten über seine schwächliche Konstitution, die seine Teilnahme an Caesars Africa-Feldzug verhinderte, oder über sein Verhalten bei Philippi wurden stets von Neuem gegen ihn ins Feld geführt.322 Gerade die Kriege im Balkanraum dienten dazu, diesen Vorwürfen 320 Vgl. u. a. Beard 2007, 205 sowie Itgenshorst 2005, 193–200. 321 Gurval 1995, 33. Ausgehend von der Schilderung des Triumphs in Vergils Schildbeschreibung, wird die Idee entwickelt, Octavian habe – ebenso wie beispielsweise Pompeius vor ihm – die Eroberung der Welt durch Triumphe für Siege auf allen drei Kontinenten verdeutlichen wollen (vgl. ebd., 34–36 und 242–244). Dabei stehe der Dalmatien-Triumph für Europa, der Ägypten-Triumph für Afrika und der Actium-Triumph vermittels der mitgeführten königlichen Gefangenen für Asien (vgl. Östenberg 1999, 159 f.). Doch abgesehen von der oben aufgezeigten Tatsache, dass eine Zuordnung der beiden gefangenen Herrscher zum Actium-Triumph keineswegs sicher ist, hat bereits Carsten Lange festgestellt, dass es keinerlei Anhaltspunkt dafür gibt, dass Octavian Actium als Symbol für die Eroberung Asiens ansah (vgl. Lange 2009, 153). Und tatsächlich muss bezweifelt werden, dass ein Sieg an der Westküste Griechenlands und ganz in der Nähe des kürzest möglichen Seewegs nach Italien wirkungsvoll als ein Triumph ex Asia hätte propagiert werden können. Zudem stand mit Ägypten bereits ein Gegner zur Verfügung, der zwar auf dem afrikanischen Kontinent lag, jedoch eindeutig ebenfalls der „asiatisch“-hellenistischen Sphäre zugeordnet werden konnte. 322 Vgl. Wallmann 1989, 333–342 u. ö. Glaubt man dem Zeugnis Plutarchs, so sah sich auch Augustus selbst beispielsweise in seiner Autobiographie gezwungen, Kritik an seiner angeblichen Feigheit bei Philippi irgendwie zu begegnen: „Caesar – wie er selbst in seinen Lebenserinnerungen erzählt – war, weil einer seiner Freunde, Marcus Artorius, einen Traum gehabt hatte, wonach Caesar sich entfernen und das Lager verlassen sollte, kurz vorher fortgeschafft worden, und man glaubte, er sei tot, denn man fand seine leere Sänfte von Lanzen und Spießen durchbohrt.“ (Plut. Brutus 41,3: καὶ Καῖσαρ μέν, ὡς αὐτὸς ἐν τοῖς ὑπομνήμασιν ἱστορεῖ, τῶν φίλων τινὸς Ἀρτωρίου Μάρκου καθ᾽ ὕπνον ἰδόντος ὄψιν κελεύουσαν ἐκστῆναι Καίσαρα καὶ μετελθεῖν ἐκ τοῦ χάρακος, ἔφθασε μικρὸν ὑπεκκομισθεὶς ἔδοξέ τε τεθνάναι. τὸ γὰρ φορεῖον κενὸν

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

zu begegnen und mit dem militärischen Erfolg des Antonius gleichzuziehen bzw. ihn angesichts der Misserfolge im Kampf gegen die Parther auf diesem Gebiet hinter sich zu lassen.323 Wenn Octavian nun am ersten Tag der Feierlichkeiten als Sieger in diesen Kriegen gefeiert wurde und wenn zusätzlich am dritten Tag des Sieges über eines der mächtigsten Reiche des Mittelmeerraumes gedacht wurde, indem das marmorne Abbild seiner toten Königin durch die Straßen Roms getragen wurde, war dies zweifellos dazu angetan, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, die Octavian den Feldherrnruhm absprechen wollten. Umso provokanter war vor diesem Hintergrund der Hinweis auf den Bürgerkrieg. Er nahm im Rahmen der Präsentation den gleichen Raum ein wie die Kriege gegen externe Feinde. Parallelisiert wurden auf diese Weise jedoch nicht nur die jeweiligen Auseinandersetzungen selbst, sondern auch die Siege Octavians, die er sowohl gegen äußere wie eben auch gegen innere Feinde errungen hatte. Der Triumph in seiner Eigenschaft als Siegesritual ließ keinen Zweifel aufkommen: Octavian wollte sich auch als Sieger im Bürgerkrieg feiern lassen und stellte diesen Erfolg auf die gleiche Stufe wie diejenigen, die er auf dem Balkan und über das Heer Kleopatras errungen hatte. Der Sieg im Bürgerkrieg war auf diese Weise aufs Engste verbunden mit der militärischen persona Octavians, die sich insbesondere im Rahmen der innerrömischen Konflikte ja überhaupt erst herausgebildet hatte und die sich im Dreifachtriumph eindrucksvoll manifestierte. Und doch, so könnte man an dieser Stelle im Hinblick auf die eingangs der Untersuchung des Dreifachtriumphs bereits zitierte Forschungsmeinung einwenden, diente dieser Sieg, selbst wenn er noch so sehr hervorgehoben wurde, nur einem Zweck: der Wiederherstellung des Friedens. In der Forschung wurde immer wieder versucht, den Sieg im Bürgerkrieg in ein umfassendes Schema der Pax Augusta einzuordnen, das in der Herstellung des Friedens das Hauptziel des Augustus und auch das wesentliche Motiv im Rahmen seiner Selbstdarstellung erkennen will. Carsten Lange formuliert prägnant: „Peace just sounds so much better than victory after civil war.“324 Und an anderer Stelle:

ἀκοντίοις καὶ ὑσσοῖς βάλλοντες διήλασαν; vgl. auch Plut. Ant. 22,2 sowie App. civ. 4,110.) Ähnliches lässt sich hinsichtlich des Fehlens bei Caesars Africa-Feldzug feststellen. Bezeichnenderweise gibt Nikolaos von Damaskus in zwei aufeinanderfolgenden Abschnitten seiner Augustusvita zwei sich eigentlich widersprechende Erklärungen, wenn er Octavians Absenz auf das Veto seiner Mutter (VI [14]) und eben auf dessen schwächliche Konstitution (VI [15]) zurückführt (vgl. Malitz 2006, 112, Anm. 53). Es drängt sich der Eindruck auf, Nikolaos könnte hier zwei zeitgenössische Erklärungsmuster für Octavians Verhalten aufgegriffen haben, die sowohl eine negative (Untauglichkeit) wie eine positive (Gehorsam gegenüber der Mutter) Lesart abdeckten. Sueton führt demgegenüber an, Octavian habe zu diesem Zeitpunkt das nötige Alter noch nicht erreicht (Suet. Aug. 8,1) – auch diese eine Möglichkeit, Kritik an Octavians Verhalten zu begegnen. 323 Vgl. u. a. Bringmann 2007, 87–89, Wallmann 1989, 281–284 sowie Schmitthenner 1958, 225 f. 324 Lange 2009, 11; vgl. auch Dahlheim 2010, 163 und Bringmann 2007, 106 sowie Zimmermann/ von den Hoff/Stroh 2014, 74: „Das Zauberwort, mit dem ein Neuanfang und das dafür nötige Vergessen zu erreichen waren, konnte nicht häufig genug hinausposaunt werden: Friede, Friede, Friede.“

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This may suggest that the foremost example of the res gestae of Octavian was not the victory, not the triumph, but the ending of the war and the bringing of peace, as part of the triumviral assignment. The honours given to Octavian after the victories over Antonius and Cleopatra at Actium and Alexandria were numerous and accentuate both the great importance of both victories and of Octavian, the provider of victory and peace after civil war, and hopefully, most likely not exclusively on an ideological and political level, the bringer of normality to the res publica after turmoil. The ideology gave the Romans something they wanted: peace – peace after civil war.325

Zur Bestätigung dieser Sichtweise wird in der Forschung immer wieder der Bericht des Cassius Dio angeführt.326 Dort heißt es, nach seinem Sieg bei Actium habe keine Ehrung Octavian mehr Freude bereitet als die vom Senat angeordnete Schließung des Janustempels.327 Dieser rituelle Akt wurde (so heißt es in den Res Gestae) durchgeführt als Zeichen, dass im gesamten Herrschaftsbereich des römischen Volkes ein durch Siege gefestigter Frieden herrsche.328 Zweifellos kam dem Frieden im Rahmen der weiteren Be- und Verarbeitung des Themenkomplexes „Actium“ eine große Bedeutung zu. Dies soll an dieser Stelle nicht bestritten werden. Reduziert man die Botschaft, die Octavian nach seinem Erfolg vermitteln wollte, aber allein auf diesen Aspekt, wird man ihrer Komplexität nur bedingt gerecht. Frieden und Sieg gingen in der öffentlichen Darstellung vielmehr eine Symbiose ein, ohne dass dabei der Aspekt des Friedens besonders bevorzugt worden wäre.329 Dies gilt auch für das Ritual der Schließung des Janustempels: Bereits Jörg Rüpke hat in diesem Zusammenhang „vor einem pazifistischen Mißverständnis antiker Friedenswünsche“ gewarnt: „Der Friede, um den es hier geht, muß ein Siegfrieden sein […].“330

325 Lange 2009, 131. 326 Vgl. u. a. ebd., 148 sowie Kienast 2009, 80 und Richardson 2012, 76: „The closing of the gates of Janus signified the coming of peace to a people who had been wracked by war, and the birth of a new age.“ 327 Cass. Dio 51,20,4: πλεῖσον δὲ ὅμως ὑπὲρ πάντα τὰ ψηφισθέντα οἱ ὑπερήσθη ὅτι τὰς τε πύλας τὰς τοῦ Ἰανοῦ ὡς καὶ πάντων σφίσι τῶν πολέμων παντελῶς πεπαυμένων ἔκλεισαν, καὶ τὸ οἰώνισμα τὸ τῆς Ὑγιείας ἐποίησαν […]. 328 R. Gest. div. Aug. 13: Ianum Quirinum, quem claussum esse maiores nostri voluerunt, cum per totum imperium populi Romani terra marique esset parta victoriis pax, cum prius, quam nascerer, a condita urbe bis omnino clausum fuisse prodatur memoriae, ter me principe senatus claudendum esse censuit. 329 Selbst wenn in der Forschung zugestanden wird, dass der Sieg die Voraussetzung für die Etablierung des Friedens war, wird der Friede zumeist noch immer als das eigentliche Ziel Octavians angesehen; vgl. u. a. Lange 2009, 156 f. sowie Dahlheim 2010, 163 f. Zwar hebt Dahlheim hervor, dass dieser Friede sich lediglich auf Italien und die Provinzen erstreckt habe, während gleichzeitig Kriege gegen auswärtige Völker auch weiterhin möglich und erforderlich gewesen seien. Zugleich jedoch betont er, dass Octavian auch als Augustus stets die Herstellung des inneren Friedens „als seine größte Leistung herausgestellt“ habe. Einen etwas anderen Ansatz, der letztlich jedoch nur die Perspektive wechselt und gleichzeitig an der Grundthese festhält, wählt Schmitthenner 1962, 32, wenn er die Schließung des Tempels durch den Senat als subversiven Akt ansieht, „als eine indirekte Nötigung […], das Blutvergießen – wenigstens unter Bürgern – nun zu beendigen.“ 330 Rüpke 1990a, 141.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

Diese von Rüpke allgemein gehaltene Formulierung331 lässt sich auf die Situation der ersten Schließung des Tempels unter Octavian nach dem Sieg bei Actium übertragen: Der Triumph zeigte deutlich, dass dem Aspekt des Sieges im Bürgerkrieg eine mindestens ebenso große Bedeutung zukam wie dem Frieden als Folge dieses Sieges. Der Sieg stellte für Octavian nicht lediglich ein Mittel zum Zweck dar, diente nicht ausschließlich dazu, den Frieden herbeizuführen. Der Friede wurde im Rahmen des Triumphs an keiner Stelle thematisiert. Vielmehr hob Octavian den militärischen Erfolg um seiner selbst willen hervor. Im Mittelpunkt des Rituals stand der Akt, der den externen wie den internen Krieg beendete – der Sieg; und mit ihm der Mann, der diesen Sieg errungen hatte. Der Fokus der Zeremonie lag nicht auf dem Friedensbringer, sondern auf dem erfolgreichen Feldherrn, der die Feinde des römischen Gemeinwesens und damit zugleich seinen erbittertsten Rivalen im Kampf um die Macht innerhalb dieses Gemeinwesens aus dem Weg geräumt hatte: Die innerrömischen Auseinandersetzungen waren aufgrund der Verdienste Octavians endgültig beendet.332 Octavian selbst war aus diesen Konflikten als alleiniger Sieger hervorgegangen – eine Tatsache, die er während seiner gesamten Regierungszeit immer wieder hervorhob und auf die sich letztlich seine Machtstellung wesentlich gründete. Dies sollte der römischen Öffentlichkeit durch den dreifachen Triumph im Jahr 29 v. Chr. demonstriert werden. Die Machtposition, die Octavian zu diesem Zeitpunkt innehatte, beruhte nahezu ausschließlich darauf, dass kein Konkurrent mehr vorhanden war, der sie ihm hätte streitig machen können.333 Vor Augen geführt wurde dem Publikum diese Machtposition durch eine letzte Änderung des rituellen Ablaufs der Siegesfeier: Beim Einzug in die Stadt gingen die römischen Magistrate nicht, wie Dios Bericht zufolge sonst üblich, dem Viergespann voran, sondern schritten hinter dem Triumphator durch die porta triumphalis.334 In der Forschung ist zu Recht wiederholt darauf hingewiesen worden, dass es 331 Zur weiteren Rolle des Janustempels im Zusammenhang der Konzeption der Pax Augusta und zur literarischen Verarbeitung des Rituals s. u. S. 202–204. 332 An dieser Stelle sei nochmals auf die bereits zitierte Passage der Fasti Amiternini verwiesen. Im Anschluss an den Eintrag, der Actium und Marcus Antonius nennt, findet sich ein weiterer, der jedoch nur schlecht erhalten ist. In den älteren Ausgaben (vgl. beispielsweise Degrassi 1947, 171) wurde er folgendermaßen ergänzt: Bell[um classia]r(ium) confect(um). An dieser Ergänzung hat Alföldy 1991b, 168 f. fundamentale Kritik geübt und stattdessen folgende Variante vorgeschlagen: Bell[a civilia p(opuli)] R(omani) confect(a). Sollte sich diese Ergänzung Alföldys als zutreffend erweisen, wären die Fasti Amiternini auch in diesem Zusammenhang gleichsam ein Spiegel octavianischer Selbstdarstellung und würden den Schluss der Res Gestae vorwegnehmen, indem die Bürgerkriege für endgültig beendet erklärt wurden. Endgültige Sicherheit über den Wortlaut der Passage kann natürlich aufgrund des Erhaltungszustandes nicht erlangt werden. Vor dem Hintergrund der in diesem Kapitel angestellten Überlegungen spricht jedoch einiges für die Korrektheit der Annahme Alföldys. 333 Vgl. zur Problematik der rechtlichen Grundlagen der Stellung Octavians in den frühen 20er-Jahren Börm/Havener 2012. 334 Itgenshorst 2008, 36, Anm. 39 weist darauf hin, dass es „allerdings keine Quelle aus republikanischer Zeit [gebe], die aussagt, daß die übrigen Magistrate und Senatoren in republikanischer Zeit überhaupt im Triumph aufgetreten sind.“ Tatsächlich könnte beispielsweise Suetons Bericht über einen der Triumphe Caesars (Iul. 78,2) in diese Richtung weisen, der angibt, Caesar

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sich dabei um ein Abweichen von der republikanischen Tradition handelte, das der Interpretation bedarf.335 Doch an der Art und Weise, wie dies bisher zumeist vonstattenging, lässt sich eines der Grundprobleme der Augustus-Forschung illustrieren: Michel Tarpin, Carsten Lange und andere haben korrekterweise angemerkt, dass sich die Magistrate an eben jener Stelle in die Prozession einreihten, an der auch das Heer des erfolgreichen Feldherrn in die Stadt einzog.336 Die Amtsträger erschienen dem Betrachter somit nicht mehr als Repräsentanten der res publica, sondern als Teil der Armee Octavians – oder wie Jochen Bleicken formuliert als „seine Befehlsempfänger“.337 Um diese Tatsache zu erklären, wurde in der Forschung oftmals eine Verbindung zur oben bereits erwähnten Passage der Res Gestae hergestellt, in der der princeps an den Gefolgschaftseid erinnert, der die Grundlage für sein Kommando im Krieg gegen Antonius gewesen sei. Dort heißt es: Den Gefolgschaftseid hat mir ganz Italien aus freien Stücken geleistet und mich in dem Krieg, in dem ich Sieger bei Actium war, nachdrücklich als Führer gefordert. Den gleichen Eid geleistet haben die Provinzen Galliens und Spaniens, Afrika, Sizilien und Sardinien. Von denen, die damals unter meinen Feldzeichen kämpften, waren mehr als 700 Senatoren, und darunter waren 83, die entweder vorher oder nachher bis zu dem Tag, an dem ich dies schreibe, Konsuln geworden sind, und etwa 170 Angehörige von Priesterkollegien.338

Auf Basis dieser Formulierung wird mitunter vermutet, Senatoren und Magistrate seien von Octavian als Teilnehmer an seinem Sieg in die Inszenierung integriert worden – und nicht nur sie: „[…] perhaps the gesture was intended to emphasize the involvement of the whole state in the victory.“339 Doch so attraktiv eine solche Annahme auf den ersten Blick auch erscheinen mag, erweist sie sich bei näherer Betrachtung als problematisch. Denn ihr liegt eine Perspektive zugrunde, die nach über 40 Jahren des kontinuierlichen Experimentierens, der Suche nach Kompromissen und des Neu- und Umformulierens von Sprachregelungen ihren Niederschlag in den Res Gestae und ihrer Interpretation der Ereignisse fand. Auf diese Weise wird ein Bild auf die Ereignisse des Jahres 29 v. Chr. zurückprojiziert, das sich erst vor dem Hintergrund des Wissens um die weitere Entwicklung seit 27 v. Chr. ergibt.

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sei „an den Bänken der Volkstribunen“ (subsellia tribunicia praeteruehenti) vorbeigefahren. Sollte dies jedoch der Fall gewesen sein, so wäre die Handlungsweise Octavians sogar noch weit revolutionärer, als dies aus der Schilderung Dios hervorgeht. Vgl. u. a. Tarpin 2009, 140 f., Lange 2009, 154 f., Bleicken 2010, 301 f. sowie Dahlheim 2010, 158 f. Vgl. Tarpin 2009, 140 und Lange 2009, 155 sowie ders. 2015, 137: „[…] it seems more reasonable to presume that the senators and magistrates had been soldiers in the army of Octavian and were thus relocated.“ Bleicken 2010, 302; vgl. auch Reinhold 1988, 158: „The deference to Octavian is patent.“ R. Gest. div. Aug. 25,2 f.: Iuravit in mea verba tota Italia sponte sua et me bello, quo vici ad Actium, ducem depoposcit. iuraverunt in eadem verba provinciae Galliae Hispaniae Africa Sicilia Sardinia. Qui sub signis meis tum militaverint, fuerunt senatores plures quam DCC, in iis qui vel antea vel postea consules facti sunt ad eum diem quo scripta sunt haec, LXXXIII, sacerdotes circiter CLXX. Goldsworthy 2014, 212.

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Um jedoch die Wirkmächtigkeit des Dreifachtriumphs nachvollziehen zu können, ist es notwendig, den Blick nochmals auf den spezifischen Kontext und die Aussagen zu legen, die durch das Ritual vermittelt werden sollten. Nur auf diese Weise ist es möglich, sich vom Ballast des augusteischen Prinzipats, dessen Ausformung im Jahr 29 v. Chr. keineswegs abzusehen war, freizumachen. Es ist bezeichnend, dass dies auch Arbeiten, die einen anderen Ansatz bei der Interpretation der Prozessionsänderung verfolgen, nicht gelingt. So sehen zwar Jochen Bleicken und Geoffrey Sumi in der Aktion dezidiert eine Manifestation der monarchischen Ansprüche Octavians. Doch nahezu im gleichen Atemzug, in dem sie dies konstatieren, relativieren sie die Tragweite ihrer Feststellung wieder. Sumi verfällt in die Prinzipatsrhetorik, wenn er die geänderte Prozessionsordnung sowohl als „a show of his [i. e. Octavians] own supremacy“ interpretiert wie auch als die Zurschaustellung eines „new political consensus – with himself [i. e. Octavian – oder eher Augustus?] at the center.“340 Und Bleicken fragt gar direkt im Anschluss an seine Formulierung von den „Befehlsempfängern“: „War das ein Hinweis auf die künftige Ordnung des Staates oder nur eine peinliche Panne, die im Rausch der Feier unterlaufen war?“341 Beides trifft nicht zu. Zum einen kann man vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen davon ausgehen, dass im Rahmen des Dreifachtriumphs nichts dem Zufall überlassen und alles daran gesetzt worden sein dürfte, jegliche „Pannen“ zu vermeiden. Zum anderen muss auch hinterfragt werden, wie weit die Prozession des Jahres 29 v. Chr. tatsächlich die künftige politische Ordnung vorwegnehmen konnte: Ebenso wie Bleicken konstatiert Werner Dahlheim, die Änderung der Prozessionsordnung habe „weit in die Zukunft“ gewiesen.342 Zugleich stellt er fest, dass durch den Triumph und die mit ihm verbundenen Feierlichkeiten „das Bild des Alleinherrschers“ enthüllt worden sei.343 Doch wie in der Forschung vielfach bemerkt wurde, legte man in der Zukunft des augusteischen Prinzipats gerade Wert darauf, das Bild des Alleinherrschers so gut wie möglich zu verschleiern. Wie konnte ein Akt, der angeblich die monarchischen Ansprüche Octavians explizierte wie kein zweiter, die Regelungen des augusteischen Prinzipats vorwegnehmen, die darauf abzielten, genau diese Ansprüche hinter einer Fassade der res publica restituta zu verbergen? Der Widerspruch, der sich in Dahlheims Formulierungen implizit offenbart und der die Basis für Konstruktionen wie die Bezugnahme auf den Gefolgschaftseid der Res Gestae bildet, lässt sich nur auflösen, wenn man nicht versucht, eine Passfähigkeit zwischen dem Octavian des Jahres 29 v. Chr. und dem Augustus der Jahre nach 27 v. Chr. (oder gar der Res Gestae) zu konstruieren. Die eigentliche Aussage des Dreifachtriumphs wird deutlich, wenn man eine Formulierung Dahlheims konsequent zu Ende denkt: „Der da zum Kapitol zog, war im Besitz der absoluten Macht

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Sumi 2005, 217. Bleicken 2010, 302. Dahlheim 2010, 158. Ebd., 159.

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und durfte sich mit Fug und Recht als Herrscher der Welt vorstellen.“344 Es konnte Octavian nicht darum gehen, die politische Ordnung des Prinzipats und seine kommunikative Fassade im Triumph gleichsam symbolisch vorwegzunehmen, denn beide mussten erst entworfen werden. Ein solches ex-post-Argument, das in der Forschung immer wieder explizit angeführt oder implizit zur Interpretationsgrundlage gemacht wird, ist nicht zulässig. Das Bild des Alleinherrschers, das im Triumph enthüllt wurde, war keineswegs das Bild des princeps. Die hier angestellten Überlegungen zeigen vielmehr deutlich, dass es im spezifischen Kontext des Jahres 29 v. Chr. um die reine Zurschaustellung der Macht des Siegers ging. Der Triumphator Octavian zeigte durch das neuartige Arrangement des Einzugs in die Stadt nicht, dass er die politische und soziale Ordnung der Republik nach Belieben neu gestalten konnte. Stattdessen machte er deutlich, dass er diese althergebrachte Ordnung vollkommen überwunden und sich die res publica unterworfen hatte.345 Die Grundlage dafür bildete sein militärischer Erfolg: die Siege über Feinde an den Reichsgrenzen, über die Armee der ägyptischen Königin – und der Sieg über seine römischen Widersacher, der die Bürgerkriege beendet hatte, der im Triumph zur Schau gestellt wurde und der ihn nicht nur zum Herrn der Welt, sondern ganz spezifisch auch zum Herrn Roms machte. III 2.2 Aus Sieg wird Macht – Strategien der Perpetuierung Mit der Darstellung des Sieges bei Actium im Triumph folgte Octavian dem Schema, das bereits nach dem Sieg über Sextus Pompeius zur Anwendung kam und dessen Grundaussage lautete: Sieg beendet Bürgerkrieg. Im Vergleich zur Situation des Jahres 36 v. Chr. hatten sich jedoch die Rahmenbedingungen entscheidend gewandelt. War der Erfolg bei Naulochos lediglich ein Schritt auf dem Weg hin zur Alleinherrschaft, war diese mit dem Sieg über Antonius Realität geworden. Octavian hatte durch diesen Sieg eine Machtfülle errungen, wie sie zu Zeiten der Republik undenkbar gewesen wäre. Zugleich stand er nach seinem Dreifachtriumph vor der zentralen Herausforderung, seine neue Position innerhalb des Gemeinwesens, die wesentlich auf dem Sieg im Bürgerkrieg basierte und die er der römischen Öffentlichkeit im Triumph eindrucksvoll demonstriert hatte, zu sichern und zu stabilisieren. Genau hier ergab sich für Octavian jedoch ein zentrales Problem. Siege, so hat es Tonio Hölscher treffend beschrieben, sind zunächst nur ein ephemeres Phänomen: A victorious battle is a momentary factual event, limited in space and time, and is achieved by means of physical, technical, and economic force. It may have limited consequences for the actual military strength and economic resources of the defeated enemy. Political power, by 344 Ebd. 345 Vor diesem Hintergrund erscheint es unwahrscheinlich, dass die Initiative für die Änderung der Prozessionsordnung auf die Magistrate und Senatoren selbst zurückging, wie Vervaet 2011, 102 dies annimmt. Auch Michel Tarpins Feststellung, wonach Octavians Triumph abgesehen von dieser Änderung der republikanischen Tradition verpflichtet gewesen sei, trifft weder in formaler noch in inhaltlicher Hinsicht zu (vgl. Tarpin 2009, 140 f.).

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender contrast, is a longterm structural concept, based on political, social, and religious institutions as well as on ideological foundations. Its aim is general stability for the leader and his regime over space and time. Therefore, in order for military victories to be more than just short-term successes, they have to be transformed into political power.346

Um diesen ephemeren Charakter des militärischen Sieges zu überwinden und ihn dadurch dauerhaft nutzbar zu machen, musste er folglich in einen strukturellen Zusammenhang überführt und eingebettet werden: This is achieved through practical political measures that ensure the exercise of power by strong institutions, and through symbolic manifestations that fix and perpetuate conceptually the victor’s superiority and dominance. […] In Greek and Roman antiquity, the symbolic transformation of military victories into political power, external as well as internal, was achieved on the one hand by significant actions, such as rituals and celebrations, and on the other hand by visual signs, above all by powerful monuments.347

Neben den rechtlichen Konstruktionen und den konkreten politischen Maßnahmen, die in den 20er-Jahren entwickelt und durchgeführt wurden, kam dabei dem Themenkomplex „Actium“ und dem Sieg im Bürgerkrieg sowie dem Zusammenspiel von militärischem Erfolg auf der einen und Frieden auf der anderen Seite entscheidende Bedeutung zu. Die Thematisierung des Bürgerkriegssieges im Triumphritual stellte dabei nur den Auftakt zu einer breit angelegten Kampagne dar, deren Ziel als Perpetuierung des Sieges beschrieben werden kann. In den folgenden Abschnitten sollen die Mechanismen, die dieser Kampagne zugrunde lagen, anhand einiger Beispiele näher erläutert werden. Die Inschrift des Siegesmonuments von Actium Auf das Denkmal, das Octavian nach seinem Sieg am Ort der Schlacht selbst errichten und zum einen mit reichem Reliefschmuck, zum anderen mit erbeuteten rostra der Flotte des Antonius verzieren ließ, ist bereits an anderer Stelle eingegangen worden.348 In diesem Zusammenhang soll insbesondere die zuvor nur kursorisch erwähnte Inschrift eine Rolle spielen, da eine genaue Analyse dieses Textes dazu dienen kann, das Verhältnis zwischen Sieg und Frieden genauer zu beleuchten. Die Inschrift kann aufgrund der bisher gefundenen Blöcke folgendermaßen rekonstruiert werden: [Imp(erator) Caesa]r div[i Iulii] f(ilius) vict[oriam consecutus bell]o quod pro [r]ep[u]blic[a] ges[s]it in hac region[e cons]ul [quintum i]mperat[or se]ptimum pace parta terra [marique Nep]tuno [et Ma]rt[i c]astra [ex] quibu[s ad hostem in]seq[uendum egr]essu[s est navalibus spoli]is [exorna]ta c[onsacravit vacat.349 346 347 348 349

Hölscher 2006, 27. Ebd. Vgl. auch Hölscher 2004, 90 f. S. o. S. 111–113. Murray/Petsas 1989, 76. Diese Fassung wird in der Forschung allgemein akzeptiert, allerdings schlägt Zachos 2003, 76 aufgrund eines von ihm neu entdeckten Fragmentes eine Vertauschung von Mars und Neptun vor. Lange 2009, 109 f. sieht es als problematisch an, dass sich die Rekonstruktion von Murray/Petsas auf Suet. Aug. 18,2 stütze. Vgl. zur Inschrift auch Oliver 1969 sowie Schäfer 1993.

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Auch hier findet sich die bereits für die Inschrift auf der columna rostrata des Jahres 36 v. Chr. vermutete Wendung pace parta terra marique. Im Gegensatz zu dieser Ehrung des Siegers durch den Senat weist die Inschrift von Actium, die von Octavian im Nominativ spricht und ihn folglich unmittelbar als Initiator des Monuments kennzeichnet, die Ergänzung victoriam consecutus bello quod pro republica gessit auf. Dabei wird bereits durch die Stellung der Satzglieder eine enge Verbindung zwischen Octavian und dem Sieg hergestellt: Die Vokabel victoria folgt unmittelbar auf die Titulatur. An dieser Stelle würde man üblicherweise die Angabe des Amtes oder der Ämter des Initiators erwarten, die jedoch erst nach der von victoriam consecutus abhängigen Konstruktion angeführt wird.350 Erst danach erscheint schließlich die Wendung pace parta terra marique, die folglich im Vergleich relativ weit von der Titulatur entfernt steht. Sie erscheint gleichsam ebenso wie die Angabe des cursus als eine Art temporale Ergänzung351, die semantisch von victoriam consecutus abhängig zu sein scheint und ihre Bedeutung nur im Zusammenhang mit dieser Wendung entfaltet. Somit kommt zwar auch in dieser Inschrift dem Frieden eine nicht geringe Bedeutung zu, die Betonung liegt jedoch noch eindeutiger als in der Inschrift der columna rostrata auf dem Aspekt des Sieges, der nicht nur syntaktisch eng mit der Person des princeps verknüpft wird. Dieser Sieg wurde in einem Krieg errungen, den Octavian pro republica führte. Dies war die eigentliche Leistung, die Octavian der Inschrift zufolge für das römische Volk erbracht hatte und auf der sein Ruhm beruhen sollte. Nicht umsonst folgt die Aufzählung der Ämter erst nach der Wendung pro republica.352 Der Frieden wird in der Inschrift als ein Produkt des Sieges dargestellt, nicht jedoch als die Basis der Machtstellung, die Octavian nach seinem Erfolg zukam. Die rostra als Chiffre des Bürgerkriegs Die Zurschaustellung der Schiffsschnäbel, die bei Actium erbeutet worden waren, stellte eines der zentralen Elemente des Triumphzuges dar. Die rostra stellten, wie oben bereits dargelegt, den Bezug zwischen der Zeremonie selbst, dem Anlass der Feier sowie dem Ort des Sieges her. In Rom waren die rostra nicht nur im Triumph 350 Darin weicht die Inschrift signifikant von den Inschriften römischer Magistrate ab, in deren Tradition Lange 2009, 116 sie verortet. Werner Eck hat in seinem maßgeblichen Beitrag zur Funktionsweise senatorischer Selbstdarstellung im Bereich der Epigraphik herausgearbeitet, dass die Einführung des gesamten cursus honorum in Inschriften, die für oder von lebenden Personen gesetzt wurden, eine Entwicklung ist, die sich erst für die augusteische Zeit überhaupt nachweisen lässt (vgl. Eck 2010a, 38–43). Doch auch zuvor wurde zumindest „das Amt, das für die Dedikanten von Wichtigkeit ist, d. h. wohl die amtliche Stellung, in der sich der Anlass für die Ehrung ergab“, angeführt (ebd., 39). 351 Zwar ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob es sich hier um einen temporalen oder kausalen Ablativ handelt, die gesamte Konstruktion legt jedoch eher eine temporale Variante nahe (Hinweis von Joachim Fugmann). 352 Vgl. Eck 2010b, 394: „A cursus honorum was neither a biography nor a curriculum vitae in our sense of the word […]. The cursus honorum was meant to show what was done for the res publica and in its service.“

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präsent. Sie waren ein prägendes Element der Kampagne zur dauerhaften Präsentation des Sieges im Bürgerkrieg. Tonio Hölscher nimmt an, die Hauptstadt müsse „damals überschwemmt worden sein von Denkmälern, die mit Teilen eroberter Schiffe oder deren Nachbildungen auf den Sieg über Antonius hinwiesen.“353 Der offizielle Charakter insbesondere der großen Monumente brachte sie dabei eindeutig mit der octavianischen Präsentation des Themas in Verbindung, auch wenn der Sieger nicht selbst als Initiator in Erscheinung trat. Zu nennen sind dabei zunächst die in der Forschung oftmals nur am Rande behandelten columnae rostratae. In seinem Kommentar zu Vergils Georgica beschreibt Servius vier mit rostra verzierte Säulen, die zu Ehren Octavians und Agrippas errichtet und später von Domitian auf das Kapitol gebracht worden seien.354 An dieser Stelle soll nicht auf die archäologischen Debatten um den genauen ursprünglichen Aufstellungsort oder die exakte Form des Monuments eingegangen werden.355 Wichtiger ist seine Aussage, die sich im Kontext der octavianischen Präsentation des Sieges von Actium ergab: Mit der Errichtung der Säulen und ihrer Verzierung mit erbeuteten rostra wurde Bezug genommen auf die Ehrung, die der Senat Octavian nach seinem Sieg über Sextus Pompeius bei Naulochos 36 v. Chr. zuerkannte. Die Inschrift, die diese Säule trug, wies den Leser explizit darauf hin, dass das Monument das durch Octavians Sieg herbeigeführte Ende der Bürgerkriege feierte. Selbst wenn eine eventuell an dem einige Jahre später errichteten Vier-Säulen-Denkmal angebrachte Inschrift nicht mehr zu rekonstruieren ist, steht zu vermuten, dass der Text die frühere Formulierung ebenfalls wieder aufgegriffen haben dürfte. Wenn die These Palombis zutrifft, dass die Säule für den Sieg bei Naulochos in das spätere Monument integriert wurde, wäre diese Verbindung sogar noch deutlicher.356 Unabhängig davon konnte die Form des Monuments mit seinen Anklängen an die columna rostrata des Jahres 36 vor dem Hintergrund der Botschaft des Dreifachtriumphs als Verweis darauf gelesen werden, dass der Sieg bei Actium im Bereich der innerrömischen Auseinandersetzungen zu verorten war. Die Ehrung bezog sich somit nicht auf den Sieg über Ägypten, bei dem es sich schließlich auch nicht um einen Erfolg auf See handelte. Im Mittelpunkt der monumentalen Inszenierung stand der Konflikt mit Antonius.357 Dabei wurde jedoch die Bedeutung 353 Hölscher 1985, 84. 354 Serv. Georg. 3,29: Columnas dicit, quae in honore Augusti et Agrippae rostratae constitutae sunt. Augustus victor totius Aegypti, quam Caesar pro parte superavit, multa de navali certamine sustulit rostra, quibus conflatis quattuor effecit columnas, quae postea a Domitiano in Capitolio sunt locatae, quas hodieque conspicimus; unde ait ‚navali surgentes aere columnas‘. 355 Vgl. hierzu Schmuhl 2008, 143–145 und 149 f. sowie Sehlmeyer 2002, 223–226. 356 Vgl. Palombi 1993. 357 Dies bedeutet natürlich nicht, dass in der Rezeption des Monuments eine differierende Interpretation ausgeschlossen war (vgl. Lange 2009, 163), wie sowohl der Kommentar des Servius als auch die originale Vergil-Stelle zeigen: In foribus pugnam ex auro solidoque elephanto / Gangaridum faciam victorisque arma Quirini, / atque hic undantem bello magnumque fluentem / Nilum ac navali surgentes aere columnas (Verg. Georg. 3,26–29). Tatsächlich beschreibt Vergil hier einen Kampf zwischen externen Feinden und Römern und verknüpft sprachlich das Siegesmonument auch mit der Eroberung Ägyptens, symbolisiert durch den Nil. Eingebettet wird die Passage in den Georgica in einen Lobpreis anderer Kriege gegen externe Gegner. Wie in

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Actiums durch die Vervielfachung der Säulen – immerhin wurden nun drei bzw. vier statt nur einer errichtet – besonders hervorgehoben.358 Dieser Schritt mochte durchaus als Zeichen dafür interpretiert werden, dass das Versprechen der Inschrift aus dem Jahr 36 nun tatsächlich eingelöst werden sollte. Anlässlich seines Triumphs ließ Octavian zudem ein weiteres Monument weihen, das eng mit den rostra verknüpft war: den Tempel des Divus Julius auf dem Forum.359 Der Tempel selbst nahm dabei Bezug auf einen weiteren Themenkomplex, der jedoch ebenfalls eindeutig dem Bereich der Bürgerkriege zuzuordnen war: die Rache für Caesar.360 Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit spielte dieses Motiv, wie im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit noch gezeigt werden soll, für Octavian eine entscheidende Rolle hinsichtlich einer Legitimierung der eigenen politischen Ambitionen und der Mittel, die er zu ihrer Verwirklichung einsetzte.361 Der Konflikt mit Antonius wurde dabei von Octavian (auch später als Augustus) mehrfach abgehandelt und auch die Weihung des Tempels kann in dieser Hinsicht gedeutet werden: Vor dem Bauwerk ließ Octavian eine neue Rednerbühne errichten, die der alten republikanischen Anlage genau gegenüberlag.362 Ebenso wie diese nach dem Sieg der Römer bei Antium mit den erbeuteten Schiffsschnäbeln der geschlagenen gegnerischen Flotte geschmückt worden war, ließ auch Octavian die rostra, die nur wenige Tage zuvor noch im Triumph durch die Straßen gezogen wurden und jedem Zuschauer eindeutig vor Augen führten, wer der Gegner in der Schlacht bei Actium gewesen war, an seiner neuen Red-

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anderen Fällen auch, so muss hier jedoch unterschieden werden zwischen zwei Interpretationsebenen: Die hier beschriebene Deutung des Monuments spiegelt die Perspektive Octavians wider, die dieser im Rahmen seines Dreifachtriumphs der römischen Öffentlichkeit unmissverständlich vor Augen führte. Demgegenüber gibt der Text Vergils Einblick in den Prozess der Rezeption sowohl der Ereignisse selbst als auch ihrer monumentalen Präsentation: Der Entstehungszeitraum der Georgica-Passage fällt unter Umständen in den Zeitraum zwischen dem Sieg selbst und der Feier des Dreifachtriumphs, mithin in eine Zeit in der sich für Vergil ebenso wie für alle anderen die Notwendigkeit ergab, in potentieller Unkenntnis der Perspektive Octavians zu den Ereignissen und den damit verbundenen Ehrungen Stellung zu beziehen. Die Verbindung von Actium und dem Säulen-Monument mit der Sphäre des externen Krieges könnte vor diesem Hintergrund auch als ein Kunstgriff Vergils interpretiert werden: Eine solche Lesart ermöglichte es dem Dichter, den Sieg als solchen zu feiern, ohne dabei den potentiell problematischen Aspekt des Bürgerkriegs in den Vordergrund zu rücken, falls dies nicht im Sinne Octavians gewesen wäre. (Diesen wichtigen Hinweis verdanke ich Ingo Gildenhard.) Es ging folglich nicht lediglich darum, allgemein die republikanische Form des Denkmaltyps columna rostrata durch Vervielfältigung zu übertreffen (so Schmuhl 2008, 150), sondern ganz spezifisch um eine Auseinandersetzung mit der Ehrung des Jahres 36 v. Chr. und ihrer Aussage. Vgl. hierzu u. a. Coarelli 1992, 308–324 sowie Haselberger 2007, 75–77 und mit Hinweisen auf die entsprechenden archäologischen Diskussionen Lange 2009, 160 f. sowie Schmuhl 2008, 152 f. Seine Aussage geht damit über eine von Paul Zanker konstatierte bloße Verherrlichung der Verdienste, die die gens Julia für den römischen Staat erbracht hatte, hinaus (vgl. Zanker 1972, 14). Hierzu s. Kap. IV. Hölscher 1985, 87 weist zudem darauf hin, dass im Reliefschmuck des Tempels die Ahnherrin des iulischen Hauses Venus bildlich mit Victoria verknüpft wurde. Zu den republikanischen und den augusteischen rostra vgl. Coarelli 1999 sowie Verduchi 1999 mit weiterführender Literatur.

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nertribüne anbringen. Auf diese Weise wurde der Sieg über Antonius einerseits mit dem Rachemotiv und mit den daran anschließenden Überlegungen Octavians bzw. des Augustus zur Legitimierung seiner Position verknüpft, die in der Autobiographie bzw. bei Nikolaos von Damaskus greifbar sind.363 Zugleich entstand so ein Monument, das den Triumph durch die permanente Zurschaustellung der in diesem Rahmen prominent in Szene gesetzten rostra gleichsam perpetuierte und die Erinnerung an den Sieg Octavians im Bürgerkrieg wachhielt.364 Actium und die rostra waren somit sowohl in der Darstellung als auch in der Wahrnehmung eng miteinander verknüpft. Paul Zanker hat daher vollkommen zu Recht auf den „Chiffren-Charakter“ der rostra und anderer Symbole hingewiesen, die in der augusteischen Bildersprache mit dem Seesieg assoziiert wurden.365 Doch nicht erst die augusteischen Monumente, auf die er sich dabei in erster Linie bezieht366, waren dafür ausschlaggebend. Bereits im Rahmen des Triumphs führte Octavian mit den rostra die Chiffre ein, die die Repräsentation seiner Herrschaft später prägen sollte. Der Vorteil solch einfacher und doch aussagekräftiger Zeichen liegt auf der Hand: „Solche Bilder hatten den Vorzug, daß man sie leicht nachahmen, überall anbringen und ohne Schwierigkeiten mit anderen Zeichen verbinden konnte.“367 Darin ist Zanker uneingeschränkt zuzustimmen. Wenn er jedoch im Folgenden erklärt, man habe „die Schlacht von Actium zu einem säkularen, die neue Herrschaft begründenden Heilsgeschehen stilisiert“, das nach und nach von seinem „düstere[n] Anlass“ abgekoppelt worden sei, so ist dies kritisch zu hinterfragen.368 Wie Zanker selbst feststellt, waren die neuen, einfachen Zeichen der Tatsache geschuldet, dass man den Gegner von Actium offenbar nicht explizit benennen wollte.369 Doch durch die Bilder, mit denen der Sieg bei Actium dargestellt wurde, 363 Hierzu s. Kap. IV 2. 364 In der Forschung wurde mitunter darauf hingewiesen, die neuen rostra seien als eine Zurückdrängung der Leistungen Caesars zu sehen. So schreibt Donié 1996, 14: „Augustus betonte so pflichtschuldig seine pietas gegenüber seinem Vater und bemühte sich zugleich, wie es allenthalben in augusteischer Zeit geschah, über die Propagierung des Gottes den Menschen und Politiker Caesar vergessen zu machen. Der Gott Caesar ist nämlich ständig mit den irdischen Erfolgen seines ‚Sohnes‘ Augustus konfrontiert […].“ (Vgl. auch Ramage 1985, 243.) Vor dem Hintergrund der hier und im folgenden Kapitel angestellten Überlegungen scheint jedoch eher das Gegenteil der Fall gewesen zu sein; auf die fortdauernde Bedeutung des Tempels in dynastischer Hinsicht verweisen bereits Kienast 2001, 5 f. sowie White 1988, 336 f. Auch Donié muss im Folgenden selbst eingestehen, dass gerade die dynastische Komponente des Divus-Julius-Tempels eine bedeutende Rolle spielte (15 f.). Vor allem im Hinblick auf den Kontext der Fertigstellung und Weihung des Tempels kann nur unterstrichen werden, dass hier kein Beispiel für eine bewusste Verdrängung Caesars aus dem öffentlichen Raum vorliegt. Lange 2009, 160 f. sieht im Verweis auf den Bürgerkrieg v. a. eine Verbindung zur ursprünglichen Vereinbarung, die dem Triumvirat zugrunde lag und die mit dem Sieg Octavians als erfüllt gelten konnte. Angesichts der hier und im folgenden Kapitel vorgebrachten Argumente muss jedoch konstatiert werden, dass die Botschaft, die mit den rostra und dem Tempel des Divus Julius verbunden war, auch über diesen Kontext hinauswies. 365 Zanker 2003, 90. 366 Vgl. ebd., 88. 367 Ebd.; ebenso Hölscher 1985, 101. 368 Zanker 2003, 89. 369 Ebd., 88; vgl. auch Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 101.

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waren der Erfolg Octavians und damit auch die Niederlage des Antonius, war der Bürgerkriegscharakter der Auseinandersetzung, der zwar nicht expliziert, aber eben auch nicht geleugnet wurde, stets präsent. Wenn diese Zeichen in die Bildersprache der neuen Herrschaft eingingen und mit neuen Symbolen wie dem clipeus virtutis, der Weltkugel o. Ä. verknüpft wurden370, so ist dies nicht als Abgrenzung vom ursprünglichen Kontext zu lesen. Stattdessen muss man davon ausgehen, dass Octavian sich auch als Augustus intensiv mit den eigenen Anfängen auseinandersetzte und offenbar nicht auf die Demonstration seines Sieges verzichten wollte, war dieser doch sein zentrales Kapital. Zwar gingen die Symbole für Actium in einem neuen allgemeinen Bildprogramm auf, und es ist natürlich keineswegs ausgeschlossen, dass sich im Rahmen des komplexen, sowohl vom princeps selbst wie auch von der senatorischen Führungsschicht gestalteten Prozesses der Ausbildung einer neuen Bildersprache damit auch neue Bedeutungen und Lesarten verbinden konnten, wie Zanker dies vorschlägt.371 Zugleich hingen jedoch die originalen rostra für alle sichtbar an der von Augustus neu errichteten Rednertribüne und erinnerten stets an den Ursprung dieser Chiffre und an die Aussage, die Octavian mit ihr in seinem Triumph verband.372 Actium in der Münzprägung – Die „Triumphalserie“ Die rostra erschienen nicht nur auf Monumenten, sondern hielten auch Einzug in anderen Mediengattungen. Zu nennen ist dabei vor allem die Münzprägung, insbesondere die sogenannte „Triumphalserie“.373 Dabei handelt es sich hauptsächlich um Silber- und Goldmünzen (Denare und Aurei), die aufgrund ihrer Legenden (CAESAR DIVI F und IMP CAESAR) in zwei unterschiedliche Emissionsreihen

370 Hölscher 1985, 84–86 weist in diesem Zusammenhang auf einen Fries mit Schiffsteilen und Priesterattributen hin, in dem er „schon bald nach Actium die exemplarische Verbindung von virtus und pietas, wie sie später an der Ara Pacis und am Augustus-Forum in der Gegenüberstellung von Romulus und Aeneas demonstriert wird“, verwirklicht sieht. Die rostra verkörpern in diesem Fall die militärische Tapferkeit und Sieghaftigkeit allgemein (vgl. auch Boschung 1999, 202 f.). Dies muss jedoch nicht zwingend den Schluss nach sich ziehen, dass sie von ihrem ursprünglichen Bedeutungszusammenhang abgekoppelt wurden. 371 Vgl. Zanker, 13 und 102 f. sowie Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 102. Auf die Reziprozität dieses Prozesses weist unter besonderer Bezugnahme auf das Actium-Thema und das rostra-Motiv bereits Hölscher 1985, 81 und 94 hin; zur Übernahme von Elementen der offiziellen Bildersprache in den halb-öffentlichen oder privaten Bereich und ihrer Nutzung durch andere gesellschaftliche Gruppen wie beispielsweise munizipale Eliten und Freigelassene vgl. Kellum 2010. 372 Von einem kompletten Wandel Octavians zu Augustus, wie ihn U. Theisen gerade durch die Bildersprache nachweisen will, kann folglich keine Rede sein (vgl. Theisen 2008, 156 f.). Zwar veränderten sich die Darstellungsmodi, und es kam zweifellos zu einer Erweiterung der Semantik bestimmter Zeichen, doch blieben die Vergangenheit und Octavian auch nach der Umbenennung des princeps stets präsent. 373 Die Bezeichnung stammt von Mannsperger 1974, 939. Einen Überblick über die ältere Literatur zu diesem Thema und vor allem zur Frage der Datierung bieten Gurval 1995, 50–52 sowie Simon 1993, 8–13.

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gegliedert werden.374 Ausgangspunkt der Forschungsdiskussionen war bisher zumeist die Frage der Chronologie beider Serien, wobei sich im Wesentlichen Vertreter einer Früh- und einer Spätdatierung gegenüberstehen375: Schreiben erstere die Emissionen der Zeit nach dem Sieg bei Naulochos über Sextus Pompeius zu, gehen letztere von einem engen Zusammenhang zwischen den Münzen und dem Dreifachtriumph aus. Einen Kompromissvorschlag hat Harold Mattingly formuliert, der die Serien auf die Jahre 31–27 v. Chr. datiert und den Wechsel der Legende von CAESAR DIVI F hin zu IMP CAESAR ins Jahr 29 verortet.376 Mattingly hebt zugleich hervor, dass das Einführen der zweiten Legende keineswegs gleichbedeutend sein musste mit einem Ende der ersten Emissionsserie. Beide Reihen hätten parallel weitergeprägt und ausgeschüttet werden können.377 Vor dem Hintergrund der differierenden Forschungsmeinungen erweist es sich letztlich wohl als unmöglich, eine endgültige Antwort auf die Frage nach der exakten Chronologie und Abfolge der einzelnen Münztypen zu finden. Festhalten lässt sich jedoch dies: Alle chronologischen Zuschreibungen gleich welcher Art basieren jeweils auf inhaltlichen Analysen der Portraits und Reversdarstellungen. Einige der Münzbilder lassen sich eindeutig einem Seesieg zuordnen. So werden beispielsweise auf mehreren Typen columnae rostratae378 oder ein auf einem Schiffsbug platziertes tropaeum mit Ruder und Anker379 abgebildet. Zugleich gibt es einige Münztypen mit expliziter Sieges-380 und Triumphalsymbolik381. Robert Gurval postuliert, dass keines dieser Motive sich zweifelsfrei und ausschließlich auf Actium beziehen lasse.382 Unabhängig von der genauen Datierung der Münzen geht er davon aus, dass mit den Münzen keine spezifischen Aussagen verbunden waren, sondern dass sie – ebenso wie der Dreifachtriumph – auf ein allgemeines politisches Programm verwiesen, in dessen Mittelpunkt Octavian als Welteroberer, als Sieger zu Land und zu Wasser stehe und das bereits nach dem

374 Vgl. Gurval 1995, 50 f. mit einem Überblick über die entsprechenden Debatten. Mannsperger 1991, 363–367 datiert insbesondere die Münztypen RIC I2 250a–256 in die Zeit nach Naulochos und beruft sich für die Datierung der übrigen Typen auf Sutherland 1976, der den Beginn der Aurei, die den beiden Serien angehörten, und den ihnen zugehörigen Denaren ins Jahr 32 verortet. 375 Vgl. hierzu Simon 1993, 9 sowie Assenmaker 2007. 376 Mattingly 1965, CXXf. Assenmaker 2007, 167–170 hebt dagegen hervor, dass sich viele der Münztypen und ihre Bildprogramme nur schwer absolut datieren ließen. 377 Vgl. dagegen Mannsperger 1991, 368, der sich gegen eine parallele Ausprägung beider Titulatur-Varianten ausspricht und den Wechsel mit der Neuorganisation der Münzstätte verbunden wissen will. 378 RIC I2 271. 379 RIC I2 265a. 380 U. a. mehrfach eine Victoria auf dem Globus (RIC I2 255 und RIC I2 268) oder in einer Biga (RIC I2 261), jeweils verbunden mit dem Portrait Octavians auf dem Avers; vgl. hierzu Assenmaker 2008, 57–59. 381 RIC I2 259: Reversdarstellung einer Triumphalquadriga, Octavian-Portrait auf dem Avers. RIC I2 267: Darstellung eines Triumphbogens mit Quadriga, Portrait Octavians auf dem Avers. 382 Gurval 1995, 57.

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Sieg über Sextus Pompeius formuliert worden sei: „The outcome at Actium only served to confirm what Octavian had already boasted after Naulochos.“383 Nicht jeder der Münztypen muss sich spezifisch auf Actium beziehen, darin ist Gurval durchaus zuzustimmen. Allerdings unterschlägt Gurval hierbei, dass sich auch für eine eindeutige Verbindung einzelner Motive mit dem Sieg von Naulochos kein stichhaltiger Beweis erbringen lässt384: Die columna rostrata beispielsweise war, wie oben bereits gezeigt wurde, keine Ehrung, die exklusiv für den Sieg des Jahres 36 v. Chr. errichtet worden war. Auch nach Actium wurde ein solches Monument aufgestellt, bei dem der Bezug zum Sieg über Antonius deutlich sichtbar war. Da diese beiden Monumente aufeinander Bezug nahmen, erscheint es durchaus plausibel, in dem entsprechenden Münzbild eine Anspielung sowohl auf Actium wie auf Naulochos zu vermuten. Zudem liefert die Triumphalsymbolik einiger Typen Hinweise darauf, dass sich die Aussagen der Münzen auf Actium beziehen, da Octavian nach dem Sieg vor Sizilien lediglich eine ovatio feierte, also nicht mit der abgebildeten Quadriga in die Stadt einzog. Entscheidender für den Nachweis eines möglichen Actium-Bezugs sind jedoch zwei Typen, die Gurval in seiner Analyse der Münzserie nicht berücksichtigt385: Die beiden Typen lassen sich sowohl der CAESAR DIVI F-Serie wie auch der IMP CAESAR-Serie zuordnen. Auf dem Avers ist jeweils eine den Siegeskranz tragende Victoria abgebildet, die auf einem rostrum steht, das Revers zeigt jeweils einen Triumphator in der Quadriga, der einen Palmzweig hält. Der Verweischarakter dieser beiden Münzbilder ist eindeutig: Ebenso wie bei den archäologischen Quellen wird auch hier das Symbol der rostra aufgegriffen und demonstrativ mit dem Triumph in Verbindung gebracht.386 Damit wird wiederum der Actium-Triumph besonders hervorgehoben, vor allem im Vergleich zu den beiden anderen Siegesfeiern, die im Rahmen der Münzprägung gar nicht oder nur am Rande er-

383 Ebd., 65. 384 Darauf weist bereits Simon 1993, 11 hin (vgl. auch 94–101). Als einzige Ausnahme führt sie den Typus RIC I2 273 an, dessen Motivik ihrer Ansicht nach auf Naulochos anspielt (94 f.). Assenmaker 2007, 170–176 versucht demgegenüber nachzuweisen, dass bestimmte Münztypen mit Naulochos in Verbindung gebracht werden können. 385 RIC I2 263 und RIC I2 264. In Gurvals Auflistung werden beide Typen zwar aufgeführt. Doch in der eingehenderen Untersuchung, auf die er seine Argumente stützt, erscheinen die beiden signifikanterweise nicht; vgl. hierzu auch Assenmaker 2007, 176 f., der sich jedoch letztlich Gurvals Schlussfolgerung anschließt und feststellt: „À l’inverse de ce que l’on a souvent prétendu, la victoire d’Actium n’occasionne en réalité aucun changement dans le monnayage d’Octave.“ Daraus kann man allerdings keineswegs Gurvals Schluss ziehen, dass der Sieg im Bürgerkrieg generell in der augusteischen Selbstdarstellung nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe. Dies wird besonders deutlich, wenn man den numismatischen Befund in Beziehung zu den anderen Formen der Präsentation des Themenkomplexes Actium setzt, wie dies hier geschieht. Auch die Schlussfolgerung von Assenmaker 2008, 84, wonach der Sieg bei Actium „ni un point de départ ni une rupture, mais une étape – capitale et nécessaire, certes – dans l’acheminement vers le Principat“ gewesen sei, muss vor diesem Hintergrund kritisch hinterfragt werden. 386 Auch RIC I2 258 und 259 zeigen eine Quadriga, das Avers ziert jedoch das Portrait Octavians.

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scheinen.387 Mittels der rostra-Chiffre wird somit auch im Rahmen der Münzprägung der Bürgerkrieg thematisiert und durch den Verweis auf den Triumph an Actium gekoppelt. Auch für den Bereich der Münzprägung hat insbesondere Dietrich Mannsperger die These formuliert, dass Octavian als Friedensbringer charakterisiert worden sei. Vor allem das Portrait Octavians, aber auch die programmatischen Reversmotive seien […] nicht der Ausdruck des schrankenlosen Triumphes nach der Erringung der absoluten Herrschaft […]. War es psychologisch und taktisch vorstellbar, daß ein Mann von der Vorsichtigkeit, ja Schlauheit Octavians die faktische Erringung der Alleinherrschaft zwischen 31 und 29 v. Chr. in dieser maßlosen Weise auskostete, um dann gleichsam über Nacht mit dem Jahr 28 sich zum Anwalt der Freiheit des römischen Volkes zu wandeln?388

Die Antwort auf diese Frage lautet „ja“. Gerade die Siegesfeier selbst, in deren Rahmen der römischen Öffentlichkeit die neuen Machtverhältnisse vor Augen geführt wurden, sowie die Versuche Octavians, den Sieg durch Monumentalisierung und durch die Übernahme in das Massenmedium der Münzprägung zu perpetuieren, weisen in diese Richtung – zumal auch die Wandlung zum Vorkämpfer für die Freiheit des römischen Volkes sich in der Selbstdarstellung Octavians keineswegs „gleichsam über Nacht“ oder auch nur so umfassend vollzog, wie Mannsperger es suggeriert. Zudem wendet er selbst ein, dass sich die Einheitlichkeit des Münzprogramms, so von ihr überhaupt die Rede sein kann, erst in der Rückschau ergibt: Unsere so monumental und geschlossen anmutende Prägeserie ist dies vor allem als Produkt der hochqualifizierten Künstler einer Münzstätte und der sie verbindenden Grundintentionen, bei näherem Zusehen zeigt sie jedoch durchaus auch Uneinheitlichkeit, Vielfalt und Zeichen einer Entwicklung, die eine Erstreckung über längere Zeit nahelegen.389

Hier liegt der Schlüssel für das Verständnis des Münzprogramms der Triumphalserie: Die Argumente, die für die rostra im Bereich der Bildersprache angeführt wurden, müssen auch im Bereich der Münzprägung zur Anwendung kommen. Ein sämtliche Typen beider Serien umfassendes einheitliches Programm muss sich einerseits nicht feststellen lassen, muss andererseits jedoch auch gar nicht erst intendiert gewesen sein. Mannsperger sieht in den verschiedenen Typen zwei Schwerpunkte, einen zivilen und einen militärischen.390 Eine solch strikte Unterteilung lässt sich zwar nur bedingt aufrechterhalten. In ihrem Grundsatz weist eine solche These jedoch in die richtige Richtung: Gerade für die Triumphalserie, die wohl in einer mit Octavian verbundenen, möglicherweise mobilen Münzstätte in Italien geprägt wurde, ist es notwendig, sich den Adressatenkontext vor Augen zu führen. Selbst wenn sich, wie Mannsperger dies postuliert, die Münzen insbesondere an die Soldaten richteten, deren Sold mit ihnen bezahlt wurde, so konnte – anders als bei387 Die einzige Ausnahme bildet dabei im Rahmen der Triumphalserie RIC I2 275a. Gezeigt wird hier auf dem Revers ein Krokodil mit der Legende AEGVPTO CAPTA. 388 Mannsperger 1991, 373. 389 Ebd., 367. 390 Vgl. ebd.

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spielsweise bei den sich rein auf den militärischen Kontext beziehenden Emissionen, die in Gallien für den Unterhalt der Armeen in Germanien geprägt wurden – im Kontext der Triumphalserie auch die italische und römische Zivilbevölkerung als Adressat in Betracht kommen. Ohne hier die These zu vertreten, es habe eine Art audience targeting vorgelegen391, muss daher darauf hingewiesen werden, dass sich die Programme der verschiedenen Münztypen durchaus an den Erwartungen der in Frage kommenden unterschiedlichen Adressaten orientiert haben konnten. Eine Hervorhebung des Friedens gegenüber den Soldaten Octavians hätte wohl nur einen begrenzten Mehrwert entfaltet. Die Prägungen, die im weiteren Verlauf der Herrschaft des Augustus eindeutig dem militärischen Kontext zuzuordnen sind, setzen allesamt deutlich andere Schwerpunkte und betonen insbesondere die Sieghaftigkeit des princeps oder thematisieren die Dynastie.392 In dieses Schema lässt sich auch der Großteil der Münztypen der Triumphalserie einordnen. Allerdings finden sich auch Typen, die nur bedingt einen Bezug zum militärischen Bereich aufweisen, so beispielsweise Reversdarstellungen von Merkur393, einem Reiterstandbild Octavians394 oder einer mit einem Ochsengespann pflügenden männlichen Figur395. Anzuführen sind insbesondere zwei Münztypen, die nach Meinung zahlreicher Wissenschaftler die Göttin Pax zeigen.396 Tatsächlich wird Pax auf den beiden Typen dem Bildprogramm der Serie entsprechend nicht durch eine Beischrift identifiziert. Man beruft sich stets auf ihre Attribute, den (Oliven-)Zweig und das Füllhorn397 – die sich jedoch, wie in der Forschung durchaus angemerkt wurde und wie ja beispielsweise die Kontroverse um die Abbildung der Tellus auf der Ara Pacis zeigt398, nicht ausschließlich mit Pax in Verbindung bringen lassen, sondern beispielsweise auch Fortuna oder Concordia kennzeichnen können.399 Schwer wiegt hierbei auch der Einwand, dass auf republikanischen Münzen Pax mit einer möglicherweise auch zu bezweifelnden Ausnahme gar nicht erscheint400, es also 391 Die Frage des audience targeting im Bereich der Münzprägung ist in der Forschung stark umstritten. Tatsächlich muss die Frage gestellt werden, ob sich eine prinzipielle Ausrichtung einzelner Münztypen an den Erwartungen spezifischer Gruppierungen, die mit diesen Münzen in Kontakt kamen, beweisen lässt. Dennoch kann es an bestimmten Punkten sinnvoll sein, den Adressatenkontext einer Münze detaillierter zu analysieren; hierzu s. u. S. 236 f. m. Anm. 208. 392 Vgl. u. a. die Prägungen aus Spanien oder Gallien (RIC I2 1–249). 393 RIC I2 257. 394 RIC I2 262. 395 RIC I2 272. 396 RIC I2 252 und 253. Zur Identifizierung als Pax vgl. u. a. Simon 1994, Kat.-Nr. 14 und 19 mit Verweis auf Liegle 1941, Mannsperger 1991, 363 und Giard 1976, 26–34 sowie Gurval 1995, der die Münzen in den Beischriften zu Taf. 1 ebenfalls als Pax identifiziert, und Assenmaker 2008, 59 f. 397 Vgl. u. a. Mannsperger 1991, 364 f. 398 S. u. S. 215 f. 399 Vgl. u. a. Gurval 1995, 48 f. m. Anm. 55. sowie bereits Kraft 1969, 206. 400 Crawford, RRC 480/24. Bezeichnenderweise kann Pax hier gerade nicht durch ihre Attribute identifiziert werden, da lediglich der Kopf einer weiblichen Personifikation abgebildet ist. Die Benennung erfolgt durch eine erklärende Inschrift. Das Register des RRC-Bandes führt zudem

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

schwierig wäre, sie auf dem ersten Münzbild, auf dem sie abgebildet wäre, ohne Beischrift eindeutig zu identifizieren. Die Einträge des RIC suggerieren hier somit eine Sicherheit, die keineswegs gegeben ist.401 Dennoch ist es natürlich durchaus möglich, in der abgebildeten Gottheit wenn nicht Pax, so doch zumindest eine Personifikation der Eintracht oder des Wohlstandes zu sehen. Eine solche Darstellung würde gerade im Zusammenhang des Endes der Bürgerkriege und in Anbetracht der potentiellen Adressaten Sinn ergeben und – ähnlich wie die Formulierungen der Inschriften auf der columna rostrata des Jahres 36 und dem Siegesdenkmal bei Actium – den Aspekt des Friedens thematisieren, der insbesondere für die italische Zivilbevölkerung von Bedeutung gewesen sein dürfte. Zugleich muss jedoch festgehalten werden, dass der Schwerpunkt der Triumphalserie auf der militärischen Sieghaftigkeit liegt, insbesondere bei denjenigen Typen, die explizit Actium thematisieren und die den Fokus eindeutig auf den Sieg und auf die Figur des Siegers Octavian legen.402 Auch für das Münzprogramm gilt somit das Prinzip, das sich für die bereits betrachteten Monumente formulieren ließ: Im Mittelpunkt steht das Ende des Bürgerkriegs, das Frieden und Wohlstand herbeigeführt hat. Dieser Zustand verdankt sich aber vor allem dem Sieg Octavians, symbolisiert im Münzprogramm durch die vielfältigen Erscheinungsformen der Victoria, die auf nahezu allen Münztypen präsent ist.403 Die Statue der Victoria in der Kurie Neben den rostra stand Octavian mit der Figur der Victoria ein weiteres Symbol zur Verfügung, das den Aspekt des Sieges noch deutlicher hervorhob und das an prominenter Stelle in Szene gesetzt wurde. Unmittelbar nach seinem Bericht über den Triumph Octavians gibt Dio an, dieser habe in der von ihm neu geweihten Curia Iulia, dem Versammlungsort des Senats, die Statue der Victoria aus Tarent aufstellen lassen. Möglicherweise, so spekuliert der Autor, habe Octavian damit zum AusRRC 262/1 als mögliche Darstellung der Pax an, allerdings lediglich unter Vorbehalt: „If the branch held by the goddess in the biga could be securely identified as olive, the goddess would be Pax; but she may be Juno Regina, holding a laurel-branch […].“ 401 Eine dritte Ausnahme schlägt Schmidt-Dick 2002, 86 (Typ PAX f5B/01) vor, die in einer auf einem Thron sitzenden weiblichen Figur mit Szepter und Zweig eben dieses Zweiges wegen Pax erkennen will, jedoch selbst zu bedenken gibt, dass die gleiche Darstellung später unter Nerva durch eine Beischrift als Justitia vorgestellt wird. Der RIC-Eintrag (RIC I2 219) verzeichnet hier lediglich eine „draped female figure“. Zudem muss auch hier wiederum angeführt werden, dass Pax keinen Vorläufer in der republikanischen Münzprägung hatte und somit eine Identifizierung anhand ihrer Attribute gerade für diesen Bereich problematisch ist. 402 Vgl. Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 98: „Die Serie ist ein intellektuell anspruchsvolles Konstrukt, durch das einzelne Bildchiffren zu einem ideologisch hoch aufgeladenen Programm der triumphalen Überhöhung der Leistungen und der Stellung des Imperators C. Caesar stilisiert wurden, ohne dass die Münzen dies je explizit machten.“ 403 Mögen sich einige seiner Argumente mittlerweile zwar als überholt erweisen, behält Krafts Terminus „Siegesprägungen“ (Kraft 1969, 206) somit eindeutig seine Gültigkeit. Wenn Assenmaker 2008, 57–61 eine Gleichrangigkeit von Frieden und Sieg im Münzprogramm der Jahre 36–27 v. Chr. impliziert, entspricht dies dagegen nur bedingt dem Befund.

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druck bringen wollen, dass er von ihr die Herrschaft erhalten habe.404 In der Forschung ist an einer Verbindung zwischen der Göttin und dem Sieger von Actium und Alexandria stets festgehalten worden.405 Bezeichnenderweise neigte man jedoch auch in diesem Fall dazu, die Handlungen und die implizierten Intentionen Octavians weitgehend zu entschärfen. So schreibt Tonio Hölscher: Daß er die Victoria gerade im Senatsgebäude, dem Zentrum der Opposition gegen ihn, aufstellte, ist kein Zufall: Unmöglich, daß er den Senat zu Füßen des Sinnbildes seiner persönlichen Sieghaftigkeit tagen lassen wollte, daß er den Senatoren damals oder später vor einem Standbild dieser Bedeutung zu opfern befohlen hätte – das hätte ja geheißen, einen Loyalitätserweis zu erzwingen. […] Vielmehr machte Octavian mit dieser Weihung seinen Sieg zu einer Sache des Senats und des ganzen römischen Volkes. In seiner Sieghaftigkeit bestand die aller Römer. Letztlich war ja Actium auch ein Sieg Italiens und damit des Römertums gegen den Osten unter Antonius.406

Doch zeigt gerade die Zusammenschau mit dem Triumph, worin der eigentliche Zweck der Victoria-Statue in der Kurie zum Zeitpunkt ihrer Aufstellung bestand: Mag man sich auch darüber streiten, ob es sich hier um eine Repräsentation der persönlichen Siegesgöttin Octavians handelte oder nicht – die Aussage Dios kann nicht einfach ignoriert werden. Denn sie stützt die Annahme, dass Octavian sich eindeutig als Sieger stilisierte. Indem er die Victoria am Versammlungsort des Senats aufstellen ließ (denn wie Hölscher bemerkt, geschah dies offenbar nicht auf Initiative des Senats hin407), führte er den Mitgliedern der senatorischen Elite deutlich und vor allem permanent vor Augen, was seiner Ansicht nach seine wichtigste Errungenschaft war: der Sieg, der ihm, wie Dio es treffend formulierte, die Herrschaft gebracht hatte. Von Octavian als Friedensbringer ist in diesem speziellen Kontext und ganz im Einklang mit der Präsentation des Sieges bei Actium im Allgemeinen keine Spur zu finden.408 Man kann an dieser Stelle einwenden, dass sich 404 Cass. Dio 51,22,1 f.: ἐνέστησε δὲ ἐς αὐτὸ τὸ ἄγαλμα τὸ τῆς Νίκης τὸ καὶ νῦν ὄν, δηλῶν, ὡς ἔοικεν, ὅτι παρ‘ αὐτῆς τὴν ἀρχὴν ἐκτήσατο […]. 405 Vgl. Kienast 2009, 228, Lange 2009, 161 f., Weinstock 1971, 111 f. sowie grundlegend Hölscher 1967, 6–17. 406 Hölscher 1967, 11. Ebenso Kienast 2009, 228 sowie Weinstock 1971, 111. 407 Vgl. Hölscher 1967, 11. 408 Vgl. Zimmermann/von den Hoff7Stroh 2014, 97: „Der Senat tagte gleichsam in einem Siegesdenkmal der Familie des Imperators.“ Dennoch hebt Hölscher 1967, 163 gerade diesen Aspekt der augusteischen Victoria hervor: „Victoria als Friedensbringerin: Das ist eine Idee, die damals mit neuer Energie proklamiert wurde. Ansätze hierzu finden sich schon seit Sulla. Nach Actium wurde jedoch Wirklichkeit, was vorher nur Wunsch und Programm gewesen war. […] Der Charakter der Victoria erweitert sich hiermit: Sie wird allgemein zum Ausdruck des Schutzes, der Sicherheit und der Wohlfahrt. Sie verbindet sich mit Salus und Pax, mit der corona civica, dem ‚servator‘ und dem ‚pater patriae‘, die dieselben Vorstellungen ausdrücken.“ Zeitgleich mit der Ara Pacis und der Ausrufung des saeculum aureum begegnet auch ein neuer Victoria-Typus auf den Münzen (Nachweise bei Hölscher 1967, 180, VG 11): „Sie stürmt nicht mehr mit Tropaeum, Standarte oder Kranz und Palmzweig über den Globus, sondern sitzt ruhig auf der Weltkugel, die Hände in den Schoß gelegt.“ Dies trifft sicherlich zu, allerdings darf nicht aus dem Blick geraten, dass dieser neue Typus, der enger mit der Idee des Friedens verbunden ist, genau wie die Ara Pacis und das Säkularlied des Horaz den letzten beiden Dekaden des 1. Jh. v. Chr. zuzuordnen ist. Wenn also auch eine entsprechende Erweiterung der mit der

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ein spezieller Bezug der Victoria zu Actium nicht nachweisen lässt, dass der Sieg im Bürgerkrieg hier somit keine zentrale Rolle spielte und vor allem auf die umfassende neue Herrschaft Octavians angespielt werden sollte. Ein Blick auf den Triumph und auf die Münzprägung zeigt jedoch, dass die allgemein akzeptierte Verbindung der Victoria zum Konglomerat der Siege, die 29 v. Chr. gefeiert wurden, auch den Bürgerkrieg einschließen musste. Die weitere Geschichte der Victoria in der Kurie zeigt dabei beispielhaft die Probleme auf, die sich mit einer solchen Strategie verbinden konnten. Sueton berichtet davon, dass im Rahmen der Suche nach Ehrungen für den verstorbenen Augustus vorgeschlagen wurde, dem Leichenzug die Statue der Siegesgöttin voranzutragen. Dieser, so Sueton, wie auch andere Vorschläge seien als übermäßige Ehren abgelehnt worden.409 Hölscher hat darin ein Anzeichen dafür gesehen, dass die Victoria von einer persönlichen Siegesgöttin Octavians zu einer Gottheit des gesamten römischen Volkes geworden sei: „So sehr sträubte man sich, die Siegesgöttin aller Römer jetzt wieder auf einen einzigen zu übertragen.“410 Geht man jedoch davon aus, dass sich Augustus offenbar zeit seines Lebens mit seiner Rolle im Bürgerkrieg auseinandersetzen musste411, ergibt sich eventuell auch für diese Episode eine andere Deutungsmöglichkeit. Die Victoria in der Kurie war eng mit den Siegesfeiern des Jahres 29 v. Chr. verbunden und als solche dazu angetan, die Erinnerung an den Sieg Octavians im Bürgerkrieg wachzuhalten. Sie nun im Leichenzug des Augustus durch die Stadt zu tragen und dadurch die für die Angehörigen der senatorischen Elite ja durchaus prekäre Situation nach dem Krieg gegen Antonius gleichsam wieder ins Gedächtnis zu rufen, dürfte daher verständlicherweise auf Ablehnung gestoßen sein. Und selbst wenn diese von Sueton kolportierte Episode nicht historisch sein sollte, so zeigt sie dennoch eines sehr deutlich: Nicht nur Augustus musste sich bis zu seinem Tode mit seiner Vergangenheit und den Bürgerkriegen befassen, sondern auch in der Senatorenschaft wurde darüber diskutiert. Die Victoria in der Kurie konnte dabei aufgrund der mit ihr verbundenen Botschaften als eine Chiffre im Diskurs selbst ebenso wie als ein literarisches Symbol zu dessen Abbildung genutzt werden.

Victoria verbundenen Konnotationen nicht auszuschließen ist, muss wiederum zwischen dem situativen Kontext ihrer Aufstellung und der späteren Entwicklung differenziert werden: Die Victoria fügt sich in ein sich wandelndes Bild der augusteischen Herrschaft ein, das sich jedoch ebenfalls nicht auf den Aspekt des friedensbringenden princeps beschränken lässt. Bezeichnenderweise haben die Münzbilder in den Jahren nach Actium noch ein gänzlich anderes Erscheinungsbild, wie Hölscher selbst anführt. Vgl. hierzu auch Koortbojian 2006 sowie Gurval 1995, 61 f., der sich kritisch mit den Victoria-Darstellungen der IMP-CAES- und der CAESAR-DIVI-F-Serien und der älteren Forschung dazu auseinandersetzt. 409 Suet. Aug. 100,2 f.: Senatus et in funere ornando et in memoria honoranda eo studio certatim progressus est, ut inter alia complura censuerint quidam funus triumphali porta ducendum, praecedente Victoria quae est in curia, canentibus neniam principum liberis utriusque sexus […]. Verum adhibito honoribus modo bifariam laudatus est […]. 410 Hölscher 1967, 11. 411 Hierzu s. Kap. IV.

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Der Triumphbogen Die bisher vorgestellten Monumente und die numismatischen Quellen ließen sich stets auf die mehr oder weniger direkte Initiative Octavians zurückführen: Er selbst zeichnete verantwortlich für die Errichtung des Siegesdenkmals bei Actium, unter seiner Ägide wurden die Münzen der Triumphalserie geprägt und auf seinen Beschluss ging letztlich auch die Aufstellung der Victoria in der Kurie zurück. Zugleich konnte bereits verschiedentlich aufgezeigt werden, dass auch der senatorischen Oberschicht eine Rolle im Prozess der Präsentation des Themenkomplexes „Actium“ zukam: Der Senat ließ den Tempel des Janus schließen, als die Nachricht vom Sieg Octavians bei Actium in Rom eintraf. Den Magistraten wurden im Triumphzug neue Plätze zugewiesen. Die Angehörigen der senatorischen Oberschicht übernahmen im Bereich der Bildersprache die Chiffre der rostra, deren Semantik dadurch erweitert wurde. Tonio Hölscher hat insbesondere die senatorische Elite als Adressat der in der Bildersprache zum Ausdruck kommenden Botschaften des princeps bezeichnet und anhand verschiedenster Beispiele aufgezeigt, wie die Resonanz dieser Gruppe auf die Selbstdarstellung Octavians ausfiel.412 Die Verständigung über Actium stellte eine der zentralen Arenen dar, in der die Stellung Octavians im Staat nach seinem Sieg ausgehandelt wurde. Zum Abschluss der Untersuchung der Strategien, die Octavian anwandte, um die im Triumph demonstrierten Botschaften zu verstetigen, soll darum an dieser Stelle auf ein Monument eingegangen werden, in dem die Reziprozität dieses Prozesses exemplarisch zum Ausdruck kommt: der Triumphbogen, den der Senat für den Sieger von Actium errichten ließ. Der Senat, so heißt es im Text des Cassius Dio, habe Octavian für seinen Seesieg zahlreiche Ehrungen zukommen lassen, darunter einen Triumphbogen in Brundisium und einen auf dem Forum in Rom.413 Dieses Monument war in der Forschung Gegenstand zahlreicher Debatten, die sich insbesondere auf die Frage nach dem genauen Verhältnis des Bogens für Actium zum Partherbogen konzentrierten, was an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden soll.414 Von Bedeutung ist aber tatsächlich die Frage, ob es den Bogen für Actium überhaupt gegeben hat. So bestreitet beispielsweise Robert Gurval nicht Dios Aussage, dass ein Bogen errichtet wurde, verneint jedoch einen spezifischen Bezug des Monuments zu Actium und zum Bürgerkrieg. Stattdessen setzt er den Bogen wiederum in Verbindung mit dem Paradigma des Friedens: 412 Vgl. Hölscher 1985, 94. 413 Cass. Dio 51,19,1: Ἐν δὲ τούτῳ καὶ ἔτι πρότερον συχνὰ μὲν καὶ ἐπὶ τῇ τῆς ναυμαχίας νίκῃ οἱ ἐν οἴκῳ Ῥωμαῖοι ἐψηφίσαντο. τά τε γὰρ νικητήρια αὐτῷ ὡς καὶ τῆς Κλεοπάτρας, καὶ ἁψῖδα τροπαιοφόρον ἔν τε τῷ Βρεντεσίῶ καὶ ἑτέραν ἐν τῇ Ῥωμαίᾳ ἀγορᾷ ἔδωκαν […]. Nur nebenbei sei hier bemerkt, dass diese Textstelle ein weiteres Beispiel für die Trennung des Triumphs für Actium vom Sieg über Kleopatra darstellt. 414 Im Mittelpunkt standen dabei vor allem die ursprüngliche Form des Bogens, sein Standort sowie die Veränderungen, die nach dem sogenannten Parthererfolg an ihm vorgenommen wurden. Vgl. hierzu Schmuhl 2008, 150 f. mit einer Übersicht über die ältere Literatur, Roehmer 1997, 19–32, de Maria 1988, 267 f. sowie die grundlegenden Arbeiten Elisabeth Nedergaards (Nedergaard 1988 und 1993). Zum Partherbogen und den an ihm aller Wahrscheinlichkeit nach angebrachten Triumphalfasten s. u. S. 266–269 und 342–347.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender Octavian’s arch, nonetheless, would surely not have been an ‚Actian‘ monument, at least not if this would mean that the stone structure commemorated the fame of the naval victory. […] Whatever formal inscription might have adorned the massive attic of the arch, the message would have proclaimed the military prowess of the victor, the establishment of peace, and the salvation of the state. Actium would have received no official or overt recognition on Octavian’s arch.415

Dabei muss sich Gurval zunächst den Vorwurf gefallen lassen, dass seine These lediglich auf einem Argument ex negativo basiert. Mag man auch davon ausgehen, dass ebenso wie im Triumph Actium bzw. der Bürgerkrieg nicht explizit erwähnt wurden, so heißt dies – wie ebenfalls gerade das Beispiel des Triumphs zeigt – keineswegs, dass der Sieg über Römer nicht in der Botschaft des Monuments mitschwingt. Deutlich wird dies, wenn man sich die Umstände seiner Errichtung vor Augen führt: Gurval übersieht, dass der Bogen zumindest laut der Aussage Cassius Dios nicht auf die Initiative Octavians zurückging, sondern dass der Senat ihm zu Ehren das Monument errichten ließ. An diesem Bogen lassen sich somit einige Grundprobleme exemplifizieren, die den Diskurs über Actium und den Sieg Octavians im Bürgerkrieg bestimmten: Octavian hatte Antonius besiegt und damit seinen letzten nennenswerten Rivalen im Kampf um die Alleinherrschaft beseitigt. Die Angehörigen der römischen Senatsaristokratie sahen sich mit einer Tatsache konfrontiert, die eine Reaktion von ihnen verlangte – und diese Reaktion erfolgte sogar bereits, bevor Octavian selbst im Rahmen seines Dreifachtriumphs deutlich machte, welche Botschaft er zu vermitteln gedachte. Der Bogen des Senats für den Sieger stellte in seiner anzunehmenden Form und seinem Errichtungskontext etwas Neues dar: Zwar gab es bereits in der Republik Ehrenbögen416, wobei insbesondere der fornix Fabianus als Vorläufer zu nennen ist.417 Ähnlich wie der Bogen für Augustus stand er in Verbindung mit einem militärischen Sieg und einem Triumph, dem des Quintus Fabius Maximus über die Allobroger im Jahr 120 v. Chr.418 Und ähnlich wie auf den Münzbildern des Actium-Bogens die Quadriga das Monument bekrönt419, stand offenbar auf dem fornix Fabianus ebenfalls eine Statue des Geehrten. Doch der insbesondere im hier behandelten Kontext entscheidende Unterschied zwischen den beiden Monumenten bestand darin, dass der fornix Fabianus offenbar vom Geehrten selbst errichtet wurde und dass sich auch in der Folgezeit ausschließlich die Familie des Triumphators von 120 v. Chr. um den Bogen kümmerte, um den Triumph des Vorfahren und die gens Fabia gebührend in das öffentliche Gedächtnis einzuschreiben.420 Der Bogen für

415 Gurval 1995, 46. 416 Vgl. Roehmer 1997, 11–14 und de Maria 1988, 31–54. 417 Zum Folgenden Schmuhl 2008, 110–113 sowie de Maria 1988, 264–266 mit weiterer Literatur und einer Übersicht über die Quellen. 418 Vgl. Itgenshorst 2005, Kat.-Nr. 221. 419 Zur Diskussion um die zur bereits mehrfach erwähnten Triumphalserie gehörigen Münzdarstellungen (RIC I2 267) vgl. Roehmer 1997, 20 f. sowie kritisch Gurval 1995, 40 f. 420 Vgl. Schmuhl 2008, 111 f., Roehmer 1997, 12 sowie de Maria 1988, 264.

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den Sieg bei Actium wurde demgegenüber vom Senat für Octavian errichtet.421 Eine Reduzierung des Monuments auf eine möglicherweise von Octavian selbst intendierte Botschaft wird seiner komplexen Aussagestruktur daher nicht gerecht.422 Vielmehr manifestiert sich in dem Triumphbogen beispielhaft die Tatsache, dass nicht nur der princeps, sondern auch die senatorische Oberschicht sich mit den neuen politischen Rahmenbedingungen und der neu errungenen Machtposition des Siegers auseinanderzusetzen hatte. Marion Roehmers Ansatz, in dem Monument einerseits eine Machtdemonstration Octavians zu erkennen, andererseits in der Ehrung auch „eine öffentlich demonstrierte Sanktionierung seiner Taten und seiner Stellung“423 zu sehen, versucht zwar, beide Aspekte zu vereinen, greift dabei in ihrer inhaltlichen Dimension jedoch zu kurz. Eine „Demonstration der Machtstellung Octavians“424, die dessen militärische Sieghaftigkeit hervorhebt, kommt in dem Monument zweifellos zum Ausdruck und sie entspricht der Selbstdarstellung Octavians, wie sie beispielsweise im Triumph zum Ausdruck kam. Umso bezeichnender ist es, dass der Bogen nicht von ihm selbst errichtet wurde. Vielmehr stellte das Monument eine Reaktion des Senats bzw. der senatorischen Oberschicht auf die neue Sachlage nach dem Sieg Octavians dar. Der Bogen kann somit gleichsam als eine Antizipation des Siegerwillens gedeutet werden und als eine Anerkennung der durch die Niederlage des Antonius geschaffenen Tatsachen. Die Dimensionen des gestifteten Monuments übertrafen mögliche Vorgängerbauten sowohl inhaltlich wie formal: Die offenbar erstmalige Bekrönung eines Bogens durch die Triumphalquadriga425 zeigte die Bedeutung des zugrunde liegenden Sieges überdeutlich – Actium eingeschlossen. Die Mitglieder des Senats, so könnte man formulieren, hatten die Zeichen der Zeit erkannt und brachten dies unübersehbar zum Ausdruck. Gleichzeitig offenbart der Bogen möglicherweise, dass hinter der Ehrung für Octavian und der impliziten Anerkennung der gewandelten Zustände mehr als nur eine Anlehnung an die Selbstdarstellung des Siegers steht. Dem Monument wird in der Forschung im Allgemeinen eine heute verlorene Inschrift zugewiesen, deren Text auf eine Stiftung des Senats für Octavian schließen lässt. Als Begründung für die Ehrung wird angeführt, er habe den Staat vor Gefahren bewahrt: Senatus popu-

421 Vgl. hierzu die Überlegungen von Wallace-Hadrill 1990, der in den Ehrungen des SPQR für Octavian/Augustus ein Mittel sieht, um die Stellung des neuen Machthabers in der res publica zu definieren (168). 422 Dies impliziert jedoch die Aussage Schmuhls, Octavian habe unter Verwendung republikanischer Elemente „eine neue, für die Kaiserzeit bestimmende Monumentform geschaffen – den Triumphbogen.“ (Schmuhl 2008, 151.) Auch Gurvals Ansichten weisen – abgesehen von der inhaltlich kritisch zu betrachtenden These, der Bogen habe Actium und den Bürgerkrieg gar nicht thematisiert – in diese methodisch problematische Richtung (vgl. Gurval 1995, 46 f.). 423 Roehmer 1997, 31. 424 Ebd., 30. 425 Zwar ist die Darstellung der Triumphalquadriga bereits früher bezeugt, in Verbindung mit dem Bogen erscheint sie jedoch als ein Novum. Vgl. Schmuhl 2008, 151 m. Anm. 876 sowie Roehmer 1997, 31.

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lusque Romanus / Imp(eratori) Caesari divi Iuli f(ilio) co(n)s(uli) quinct(o) / co(n) s(uli) design(ato) sext(o) imp(eratori) sept(ies) / re publica conservata.426 Gurval hat zwar durchaus zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Verbindung von Monument und Inschrift keineswegs zwingend sei.427 Sicher ist jedoch aufgrund der Titulatur eine Datierung ins Jahr 29 v. Chr. Unabhängig davon, ob die Inschrift nun dem Triumphbogen zuzuweisen ist oder nicht, bilden die Siegesfeierlichkeiten somit auf jeden Fall den Kontext der Inschrift und des mit ihr verbundenen Monuments. Die Inschrift verdeutlicht dabei – im Idealfall im Rahmen ein und desselben Monuments – das Grundproblem der senatorischen Elite im Umgang mit dem Sieg Octavians: Einerseits musste dessen neue Stellung tatsächlich anerkannt werden, wie es durch den Bogen ja auch geschah. Andererseits musste Octavian einen Weg finden, den Sieg und die sich daraus ergebenden neuen Rahmenbedingungen für die senatorische Elite akzeptabel zu machen – ebenso wie die Angehörigen dieser Elite selbst sich mit den neuen Gegebenheiten arrangieren mussten.428 Es konnte kaum im Interesse der Senatoren sein, offen Octavians Sieg im Bürgerkrieg zu verherrlichen und damit gleichsam ihre eigene Verdrängung aus den Schaltzentralen der Macht einzugestehen. Die Ehrungen für den Sieger mussten mit einem Sinn versehen werden, der es sowohl Octavian als auch der senatorischen Elite ermöglichte, das Gesicht zu wahren. Wie dieser Prozess ablief, lässt sich an der Inschrift ablesen: Der Sieg Octavians war insofern akzeptabel, als er sich für den Staat als nützlich darstellen ließ. Die Republik wurde durch den Erfolg eines Einzelnen gerettet, weshalb ihm Ehrungen in einem vorher nicht gekannten Maß zukommen konnten, ohne dass dabei die realen Machtverhältnisse ausgesprochen werden mussten.429

426 CIL VI 873. Zur Zuweisung der Inschrift vgl. insbesondere Rich 1998, 100–114 sowie Lange 2009, 165 m. Anm. 29 und Verweisen auf weitere Literatur. 427 Gurval 1995, 42. Die Argumente gegen Gurvals Annahme, die Inschrift habe eher an der Curia Julia, dem Tempel des Divus Julius oder an einem anderen Monument ihren Platz gehabt, führt Lange 2009, 165 f. auf. Eine endgültige Entscheidung kann aufgrund des Befundes nicht getroffen werden. Allerdings sei darauf hingewiesen, dass der Bogen explizit auf eine Stiftung des Senats zurückgeht, während die Kurie und der Tempel des Divus Julius auf Initiative Octavians fertiggestellt wurden. Der Text der Inschrift lässt erkennen, dass sie sich an einem Monument zu Ehren Octavians befunden haben muss, was eine Zuweisung zum Bogen wahrscheinlicher werden lässt. 428 Vgl. Zanker 2003, 96. 429 Vgl. Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 273: „Ohne Bürgerkriege und die Erinnerung an den Schrecken dieser Jahre hätte der inaugurierte Wandel seine Aura des Alternativlosen und damit auch die Akzeptanz unter den Bürgern verloren. So waren die meisten – auch jene, die anfänglich Gegner waren – bereit, die verlogene Formel der res publica restituta mit positivem Inhalt zu füllen, wenn auf die eine oder andere Weise Kapital aus den neuen Verhältnissen geschlagen werden konnte.“ Ansätze, die demgegenüber solche Denkmuster lediglich auf die Selbstdarstellung des ersten princeps beziehen, und in ihnen nur eine Antwort auf eine unter der römischen Oberschicht verbreitete Friedenssehnsucht erkennen wollen, berücksichtigen die Komplexität des Diskurses über Octavians Sieg im Bürgerkrieg folglich nur unzureichend; vgl. etwa Hardwick 2000, 340.

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Die Jahre nach dem Sieg bei Actium waren durch die Suche nach Strategien geprägt, die die im Triumphbogen und seiner Inschrift angelegten Erfordernisse erfüllen konnten. Die rechtlichen Regelungen der 20er-Jahre ebenso wie die Prozesse der Etablierung einer neuen Bildersprache oder der literarischen Beschreibung des Prinzipats durch Dichter und Historiographen dienten der Aushandlung eines neuen politischen und sozialen Systems, das durch die Existenz eines neuen Machthabers unausweichlich geworden war. Die Etablierung des Prinzipats war ein Aushandlungsprozess, insbesondere zwischen Octavian und den Angehörigen der senatorischen Elite. Der Triumphbogen zeigte deutlich, wie sich dieser Prozess gestalten konnte, indem die wahrscheinlich auf ihm angebrachte Inschrift, die ihn als Ehrung des Senats für Octavian kennzeichnete, ein Angebot aufgriff, das Octavian in der Inschrift des Actium-Monuments vorgebracht hatte: Der Sieg wurde für den Staat, pro republica bzw. re publica conservata, errungen. Dem römischen Volk wurden nach den Bürgerkriegen Sicherheit und Ordnung zurückgegeben. Mit dieser Formulierung konnte sich offenbar auch die senatorische Oberschicht arrangieren, wie die Aufnahme der Formel in die Inschrift des Triumphbogens zeigte. Zugleich jedoch – dies macht der Triumphbogen besonders deutlich – war der Sieg Octavians im Bürgerkrieg als Grundlage sowohl seiner Machtposition als auch des wiedergewonnenen Friedens in den Monumenten immer präsent (und musste ebenfalls von allen Seiten als Tatsache akzeptiert werden).430 Die Grundlagen für den Aushandlungsprozess über die neue Staatsordnung, der sich auf den verschiedensten Ebenen abspielte, waren gelegt. Als anschlussfähig für alle erwies sich dabei die Rolle des Beenders der Bürgerkriege, die Octavian einnahm. Im folgenden Abschnitt soll der Versuch unternommen werden, ein Modell zu entwickeln, mit dessen Hilfe die vorgestellten Ergebnisse in den übergeordneten Zusammenhang des Umgangs mit dem Bürgerkrieg im spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Rom eingeordnet werden können.

430 Die Analyse der entsprechenden Monumente widerlegt daher die Aussagen Gurvals: „To be sure, the historical evidence is not conclusive, but a reassessment of the modern opinion on the Actian victory and its role in the public ideology of the Augustan Principate seems in order. The all-too-familiar roll call of ‚Actian‘ monuments has been overly exaggerated and often misunderstood. In the immediate aftermath of his defeat of Antony and Cleopatra, Octavian does not seem to have taken any extraordinary steps to exalt the fame of his naval victory. The anniversary of the battle (September 2) was enrolled in the official calendars with solemn rituals, but similar honors had earlier been awarded for the victory at Naulochos (September 3) and, more importantly, were later added for the defeat of Antony and Cleopatra at Alexandria (August 1). Actium merited a triumph, but the triple triumph ceremonies were not a glorification of the naval battle.“ (Gurval 1995, 131.) Dennoch ist es von Bedeutung, dass der Aspekt des Friedens nicht vollkommen vernachlässigt wurde, wie Gruen 1996, 190 es postuliert: „The monuments and the ceremonies spelled out these messages clearly: they exalted not pax but the gloria of the conqueror.“

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III 3 FAZIT – OCTAVIAN UND DIE ROLLE DES BEENDERS DER BÜRGERKRIEGE Es könnten die Worte des vertriebenen Meliboeus sein, der auf sein ehemaliges Land zurückblickt: Untergehen soll dieses Land, überflutet werden, auf dass anstelle seines jetzigen Besitzers lieber ein Fremder es künftig als Fischgrund nutzen möge. Denn das sei immer noch besser, als dass sein Land der Preis sei für Verbrechen, unter denen die römischen Bürger zu leiden hätten – Verbrechen, deren Urheberin letztlich Discordia selbst sei, die ihren eigenen Bürgern stets feindlich gesonnen sei. Soll er denn dazu gezwungen worden sein, sein Land zu verlassen, nur damit ein Soldat es als Belohnung für den tödlichen Krieg erhält? Lieber soll es auf ewig verflucht sein.431 So enden die in der Appendix Vergiliana überlieferten Dirae. Tatsächlich mochte der anonyme Autor dieses Gedichts, das aller Wahrscheinlichkeit nach in der frühen Kaiserzeit entstand, die erste Ekloge Vergils vor Augen gehabt haben, als er den Vers tuque inimica tui semper Discordia civis verfasste, der durchaus Anklänge an die auch im Rahmen dieses Kapitels bereits zitierte Wendung en quo discordia civis produxit miseros aufweist.432 In diesen wenigen Worten werden einige grundsätzliche Fragen zum Umgang der Römer mit dem Phänomen des Bürgerkriegs angesprochen, anhand derer sich ein theoretischer Überbau für die in den vorangegangenen Abschnitten erzielten Erkenntnisse skizzieren lässt. Im Folgenden werden daher auf Grundlage der zitierten Verse aus den Dirae zum einen diese grundsätzlichen Aspekte verdeutlicht, zum anderen wird der Bezug hergestellt zwischen ihnen und den Geschehnissen und Entwicklungen nach dem Sieg Octavians bei Actium. Auf diese Weise soll am Ende eine Bewertung der Ereignisse der 40erund vor allem der 30er-Jahre ermöglicht werden, die über die oftmals rein chronologische und ereignisgeschichtliche Aufarbeitung dieser Geschehnisse in den umfassenden Werken zum ersten princeps hinausweisen kann. III 3.1 Discordia als System So banal es zunächst klingen mag, ist es dennoch von grundlegender Bedeutung, dass discordia und Bürgerkrieg in den Versen der Dirae eindeutig zusammen gedacht werden. Dem exilierten Bürger ist die personifizierte Zwietracht feindlich gesonnen und hat ihn letztlich von seinem Land vertrieben. Der Soldat hingegen, der im Bürgerkrieg kämpft, profitiert von der Existenz der discordia, indem er als Lohn für seinen Einsatz in dieser verderblichen und todbringenden Auseinandersetzung das Land erhält. Discordia und Bürgerkrieg werden somit in den Dirae als 431 Dirae 79–85: cum delapsa meos agros pervenerit unda, / piscetur nostris in finibus advena arator, / advena, civili qui semper crimine crevit. / o male devoti, raptorum crimina, agelli / tuque inimica tui semper Discordia civis, / exsul ego indamnatus egens mea rura reliqui, / miles ut accipiat funesti praemia belli. Zit. n. Fraenkel 1966. 432 Vgl. Fraenkel 1966, 150.

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Teil desselben Komplexes vorgestellt und sind untrennbar miteinander verbunden. Bereits Cicero hatte in den Philippica festgestellt: „Wenn ihr nicht auf der Hut seid, Patres Conscripti, werdet ihr überall Haß, überall Zwietracht finden, die zum Bürgerkrieg führen wird.“433 Das Gegenteil der discordia ist dabei stets die concordia, die Eintracht zwischen den Bürgern.434 In Analogie zum eben Dargelegten bedeutet dies, dass der Komplex der concordia die Abwesenheit von Bürgerkrieg einschließt. Vor diesem Hintergrund lassen sich beispielsweise die Handlungen der Triumvirn nach dem Ende des Perusinischen Krieges erklären, die zu Beginn des Kapitels bereits thematisiert wurden. Dem Bürgerkrieg wurde explizit das Konzept der concordia entgegengesetzt, das den Frieden beinhaltete. Die ovationes, die Octavian und Antonius zelebrierten, fügen sich in dieses Schema ein. Vergil hat in seiner ersten Ekloge ein eindrückliches Bild vom Einfluss gezeichnet, den der Bürgerkrieg auf das Leben römischer und italischer Bürger haben konnte. Horaz hebt diese von Vergil geschilderte, relativ konkrete Situation auf eine abstrakte Ebene, wenn er in den frühen Epoden dem römischen Volk als einzigen Ausweg aus der gegenwärtigen Hoffnungslosigkeit das Exil aufzeigt und seine Mitbürger dadurch gleichsam auffordert, ihre gewohnte Lebensweise aufzugeben. Wie umfassend der Bürgerkrieg das Leben Einzelner prägen konnte, zeigt auch ein Blick auf ein außergewöhnliches Dokument aus der Zeit der innerrömischen Auseinandersetzungen: In der laudatio Turiae, immerhin eine der längsten erhaltenen privaten Inschriften aus Rom, nimmt die Beschreibung der Proskriptionen und insbesondere des Schicksals eines einzelnen Proskribierten sowie seiner Ehefrau einen breiten Raum ein.435 Nach Ausweis der Inschrift waren nicht nur Hab und Gut des Verfolgten in Gefahr, sondern sein Leben stand auf dem Spiel. Seine Frau musste sich aufgrund politischer Machtspiele von Lepidus demütigen lassen, als sie um Gnade für ihren Mann bat, die ihm Octavian eigentlich bereits gewährt hatte.436 Erst „nachdem die Welt befriedet, das Gemeinwesen wiederhergestellt war, waren uns ruhige und glückliche Zeiten vergönnt.“437 Erst nach dem Ende der Bürgerkriege also konnten die Eheleute sich der für sie nach Ausweis der Inschrift zentralen Frage nach Kindern und Familienplanung zuwenden. Auch in diesen Zeilen 433 Cic. Phil. 7,25: omnia videbitis, patres conscripti, nisi prospicitis, plena odiorum, plena discordiarum, ex quibus oriuntur bella civilia. Vgl. auch Breed 2010c, 4. 434 Vgl. u. a. Cic. Phil. 8,8 sowie Cic. rep. 1,49. Weitere Stellen im TLL s. v. discordia; vgl. hierzu auch Lobur 2008, 36–58, der insbesondere auf die Verbindung der Konzepte der concordia und des consensus eingeht. 435 Vgl. zu diesem Text Flach 1991 sowie Osgood 2014 und 2006, 67–79 mit weiteren Literaturangaben. 436 Vgl. hierzu Gowing 1992b, der in der langen Schilderung des Treffens zwischen Turia und Lepidus v. a. eine spätere Reminiszenz an die Perspektive des Siegers, d. h. Octavians, sieht: „[…] he [d. h. Turias Ehemann] appealed to precisely the type of slander so characteristic of a historiographical tradition that sought to exculpate Octavian and incriminate his partners.“ (296) 437 Laudatio Turiae II,25 f.: Pacato orbe terrarum, restituta re publica quieta deinde nobis tempora contigerunt.

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wird somit ein markanter Gegensatz zwischen zwei Systemen hergestellt, die jeweils das individuelle Geschick römischer Bürger maßgeblich bestimmten.438 Discordia und concordia können also, wenn man den Aussagen der Quellen folgt, nicht parallel existieren. Es handelt sich vielmehr um zwei miteinander konkurrierende und einander ausschließende Systeme, die die Grundlage der jeweiligen politischen und sozialen Ordnung bilden und auf diese Weise jeden Bereich des Lebens römischer Bürger prägen können.439 Die Bewertung dieser beiden Grundzustände römischer Existenz erweist sich dabei in den Quellen als äußerst konstant: In allen im Rahmen dieses Kapitels untersuchten Quellen (und nicht nur darin440) wird der Bürgerkrieg, wird mithin das System der discordia als der schlechtestmögliche Zustand für das römische Gemeinwesen identifiziert. III 3.2 Der Bürgerkrieg als Dauerschleife Die Erkenntnis, dass der Bürgerkrieg das Leben der römischen Bürger sowie die politische Ordnung des Staates und die Aktionen der politischen Protagonisten insbesondere im zweiten Drittel des 1. Jh. v. Chr. maßgeblich bestimmte, dass also das System der discordia sich durchgesetzt hatte, bildete folglich die Grundlage für die zeitgenössische Auseinandersetzung mit den herrschenden Zuständen. Discordia, die personifizierte Zwietracht, hatte die römische Gesellschaft fest im Griff. Diese Stimmung griffen die Dirae wieder auf: Discordia wird hier vorgestellt als brutale und geradezu tyrannische Beherrscherin der römischen Bürger, die damit zu ihren Untertanen gemacht werden.441 Horaz hatte in seinen frühen Epoden die geradezu verzweifelte Frage gestellt, warum die Römer immer wieder von Neuem die Waffen gegeneinander erhoben, weshalb sie dem gegenseitigen Morden kein Ende setzten. Die implizite Frage, die sich hinter diesen Versen verbarg, zielte dabei unzweifelhaft auf die Bereitschaft der Römer, den Bürgerkrieg zu beenden. Hatten sich die scelesti, wie Horaz seine Mitbürger zu Beginn der siebten Epode nennt, selbst der Discordia verschrieben? Oder hatte, wie Vergils Wendung en quo discordia civis produxit miseros, anklingen lässt, Discordia Besitz von den Römern ergriffen und

438 Osgood 2006, 72 spricht von einer „entirely different texture“, die das Leben vor und nach Actium annimmt; vgl. auch Osgood 2014, 45–86. 439 Vgl. Masters 1992, 72 sowie Breed 2010c, 7 f. Jal 1963a, 57 bezeichnet den Bürgerkrieg als „une véritable ‚catégorie de la pensée romaine‘“. 440 Vgl. hierzu die umfassenden Ausführungen von Jal 1963a, insbesondere 360–488, Rosenberger 1992, 150–159 sowie Brown 2003, 102–120. Gotter 2011, 61 sieht die Grundlagen hierfür in der religiösen Konstruktion des Krieges in Rom: „Vor diesem Hintergrund wird das bellum civile zum begrifflichen Ungetüm, dessen Monstrosität in der Kombination von bellum und civile liegt. Die Konsequenzen einer solchen Perversion sind aus römischer Perspektive einschneidend. Im Grunde ist jedes Töten im Bürgerkrieg ein Unrecht gegen göttliches und menschliches Recht, für das es nur unzureichende Rechtfertigungen gibt.“ Auch Brown 2003, 103 betont die paradoxe Semantik des Terminus bellum civile. 441 Vgl. Breed 2010c, 5.

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sie in blutige Schlachten geführt, ohne dass diese sich dagegen zur Wehr setzen konnten? Woher kam der Drang dazu, unablässig Mitbürger zu töten? Für das Narrativ des Bürgerkriegs waren diese Fragen von entscheidender Bedeutung. Albrecht Koschorke hat in einem Aufsatz unter dem Titel Wie Bürgerkriege erzählt werden dargelegt, welche Funktion solche Narrative, wie wir sie in spezieller Form beispielsweise bei Vergil und Horaz finden, erfüllen: Die Erzählweisen vom Krieg, oder allgemeiner: von gewalttätigen Konflikten, sind nicht einfach sprachliche Repräsentationen von etwas, das außerhalb von ihnen besteht und auf die eine oder andere Weise aufgefasst werden kann. Vielmehr dienen sie gewissermaßen als Formatierungsvorlagen, mit denen sich sowohl die Beteiligten selbst als auch die Außenstehenden den Konflikt begreiflich zu machen versuchen und wonach sie ihr Handeln ausrichten.442

Für die römischen Bürgerkriege trifft dies in besonderem Maße zu, wie der Blick auf die Quellen deutlich gezeigt hat. Es galt, das Unvorstellbare verständlich zu machen, die Perversität des Bürgerkriegs zu erklären und auf diese Weise handhabbar zu machen. Nur eine Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg, zu der Literaten wie Horaz und Vergil ihr Publikum explizit aufriefen, nur ein Reflektieren über das Wesen des Systems der discordia konnte dazu führen, in der concordia ein Alternativsystem zu sehen, das es anzustreben galt. Von besonderer Bedeutung sind Koschorke zufolge für jedes Narrativ über den Bürgerkrieg die gewählten Anfangspunkte, die dieses Narrativ erst anschlussfähig machen und ihm dadurch sein erklärendes Potential verleihen: [Die Erzählung] muss an aktivierbare soziale Wahrnehmungen und kulturelle Gedächtnisbestände anknüpfen und ihnen eine Evidenz leihen, die für sich selbst zu sprechen scheint. Eine wichtige Vorentscheidung betrifft dabei den Erzählanfang, der das gegenwärtig Gemachte, die erzählte Welt, von einer diffusen, narrativ ungeordneten Prähistorie trennt und auf diese Weise immer auch schon das Problem definiert, auf das die Erzählung antwortet.443

Als Paradebeispiel für diese These aus dem Bereich der Rede über den römischen Bürgerkrieg können die Historien des Sallust angeführt werden. In einem der erhaltenen Fragmente heißt es: Seitdem die Furcht vor den Puniern beseitigt war und man wieder freie Zeit hatte, Rivalitäten auszutragen, entstanden sehr viele Unruhen, Aufstände und schließlich Bürgerkriege, indem nur wenige Mächtige, deren Gnade die meisten sich anheimgegeben hatten, unter dem ehrbaren Namen des Senats oder der Plebs nach Alleinherrschaft trachteten; und da alle in gleicher Weise verdorben waren, bezeichnete man Bürger als gut und schlecht nicht wegen ihrer Verdienste gegenüber dem Staat, sondern je nachdem, wie ein jeder besonders begütert und im gewaltsamen Vorgehen stärker war, galt er als gut, weil er schützend eintrat für die augenblicklichen Verhältnisse.444

442 Koschorke 2011, 38. 443 Ebd., 39. 444 Sall. hist. frg. 12 M : Postquam remoto metu Punico simultates exercere vacuum fuit, plurumae turbae, seditiones et ad postremum bella civilia orta sunt, dum pauci potentes, quorum in gratiam plerique concesserant, sub honesto patrum aut plebis nomine dominationes adfectabant, bonique et mali cives adpellati non ob merita in rem publicam omnibus pariter corruptis, sed uti quisque locupletissumus et iniuria validor, quia praesentia defendebat, pro bono ducebatur.

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Sallust wählt hier einen eindeutigen Anfangspunkt für seine Erzählung über den Bürgerkrieg, die sich wiederum einfügt in die zugrunde liegenden Überlegungen zum Verfall der römischen Gesellschaft als solcher.445 Der Bürgerkrieg erfüllt in diesem Konstrukt einen spezifischen Zweck als Markierung für die von Sallust diagnostizierte Verderbtheit des römischen Volkes. Die Existenz der Bürgerkriege wird daher mit dem Aufbrechen sozialer Konflikte aufgrund des Fehlens eines ebenbürtigen auswärtigen Feindes gekoppelt. Auf diese Weise wird die Grundaussage, die Sallust an dieser Stelle vermitteln will, anschlussfähig gemacht. Die Frage nach dem Anfang der Bürgerkriege erfüllt hier somit eine ganz spezifische Funktion. Sallust war keineswegs der einzige, der die Frage nach den Ursprüngen des Bürgerkriegs und der discordia civium stellte. Die Anfangspunkte ließen sich dabei ganz verschieden setzen, wie Timothy Wiseman in seiner Betrachtung der unterschiedlichen Erklärungsmodelle für den Bürgerkrieg demonstrieren konnte. Dabei kam es insbesondere darauf an, welche Funktion das Bürgerkriegsnarrativ als solches erfüllen sollte, d. h. an welche Botschaften es anknüpfen sollte und vor allem, welche Botschaften es anschlussfähig machen sollte.446 Vor diesem Hintergrund ist die Herangehensweise, die Vergil und Horaz wählten, umso signifikanter: Wie bereits herausgearbeitet wurde, ging es ihnen gerade darum, keinen eindeutigen Anfangspunkt des Bürgerkriegs zu benennen – oder ihn, wenn überhaupt, in eine mythische Vergangenheit zu verlagern. Der Erzählanfang wurde somit bewusst verunklart, wurde gerade nicht „von einer diffusen, narrativ ungeordneten Prähistorie [ge]trennt“, sondern vielmehr im Bereich dieser Prähistorie verortet. Der Bürgerkrieg ließ sich nach Aussage der Dichter nicht adäquat erklären, sein Ursprung war nicht ohne Weiteres herzuleiten.447 Zwar hatte bereits Sallust eine ähnliche Richtung eingeschlagen, als er postulierte, man könne dem Schicksal des Bürgerkriegs nicht entrinnen. Doch war es möglicherweise der Gattung der Historiographie geschuldet, dass Sallust dennoch ein relativ präzises Datum für den Beginn der innerrömischen Auseinandersetzungen ansetzten musste – selbst wenn oder gerade weil er diese Datierung im Rahmen seiner Dekadenz-Konzeption auf spezifische Art instrumentalisierte. Im Rahmen der Dichtung erfüllte jedoch gerade die Tatsache, dass eine solche Datierung nicht nur nicht vorgenommen, sondern explizit negiert wurde, einen ebenso spezifischen Zweck: Auf diese Weise erschienen der Bürgerkrieg und das ihn umfassende System der discordia als permanent existent, als von jeglichem denkbaren Beginn an vorhanden – und damit gleichzeitig grundsätzlich als endlos.448 Josiah Osgood hat darauf hingewiesen, dass in den oben zi445 Vgl. zum Dekadenzgedanken bei Sallust im Besonderen und in der römischen Literatur im Allgemeinen Biesinger (in Vorb.). 446 Vgl. Wiseman 2010, 41 f. 447 Vgl. Breed 2010c, 9. 448 Folgt man den Thesen von Jamie Masters, so gelangte diese Herangehensweise im Werk des Lukan zur Vollendung. Masters sieht das Ende des Versepos, das immer wieder als unfertig bezeichnet wurde, als Ausdruck der Vorstellung an, dass der Bürgerkrieg als solcher kein Ende haben konnte (vgl. Masters 1992, 216–259). Jal 1963b, 209 spricht in Anlehnung an Cass. Dio 44, 29,1 von einem „cycle éternel de représailles“.

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tierten Versen aus den Dirae der Exilierte keineswegs resigniert.449 Zwar muss er dem Soldaten, der sein Land besetzt, letztlich weichen. Doch noch auf der Flucht ins Exil ist er nicht bereit, das Geschehene einfach hinzunehmen, sondern verflucht das Land und den neuen Eigentümer. Dieses Muster des potentiell ewigen Kreislaufs ließ sich bereits in der ersten Ekloge Vergils sowie in den Epoden des Horaz nachweisen: Discordia hat die Römer dazu gebracht, gegeneinander Krieg zu führen. Am Ende der bewaffneten Auseinandersetzung steht jedoch nicht Frieden, sondern lediglich neue Zwietracht. III 3.3 Das Ende des Kreislaufs Der oben zitierte Vers aus den Dirae spricht noch einen dritten Punkt an: Discordia beherrscht die Römer und treibt sie immer wieder aufs Neue zum Kampf gegeneinander. Eine grausame Herrscherin, die ihre eigenen Untertanen ins Verderben führt, kann diesen nur feindlich gesonnen sein – inimica semper Discordia.450 Discordia selbst wird hier also zu einer Art gemeinsamem Feindbild der sich bekämpfenden Parteien stilisiert. In der Forschung wurde dieser Prozess mitunter als eine Verdrängungsstrategie beschrieben, deren Hauptfunktion darin bestehe, die Tatsache zu verschleiern, dass im Bürgerkrieg eben tatsächlich Bürger gegen Bürger kämpften.451 Zugleich jedoch wird durch diese Schaffung eines neuen Feindbildes der Fokus verschoben. Den Bürgern wird ein neues Ziel vor Augen geführt: Anstatt sich blindwütig gegenseitig auszulöschen gilt es, die Ursache für das Morden zu bekämpfen, indem man sich gegen Discordia selbst wendet, indem man also das System, das die politische und soziale Ordnung bestimmt, durch ein anderes ersetzt. In einem solchen Szenario kam natürlich einer Rolle die zentrale Bedeutung zu: derjenigen des Beenders der Bürgerkriege. Wenn es jemandem gelang, den potentiell ewigen Kreislauf aus discordia, Bürgerkrieg und neuer discordia zu durchbrechen, waren die Voraussetzungen geschaffen für eine systemische Neuorientierung, für einen neuen Kreislauf aus concordia und Frieden innerhalb der römischen Bürgerschaft. Genau diesen Aspekt spricht Dio in seiner Beschreibung der Ereignisse nach dem Perusinischen Krieg und dem Pakt von Brundisium an, wenn er schreibt: Wie sehr sich also die Bürger über die Aussöhnung zwischen Antonius und Caesar freuten – gleich als bedeutete deren Einheit Friede für die Stadt –, so sehr und noch mehr waren sie über deren Krieg mit Sextus aufgebracht.452

Ὁμόνοια, concordia, Eintracht zwischen den Konfliktparteien führt zu εἰρήνη, zu pax, zum Frieden für alle. Dio bringt prägnant die Hoffnung auf den Punkt, die 449 450 451 452

Vgl. Osgood 2006, 154. Vgl. Breed 2010c, 4. Vgl. ebd., 5. Cass. Dio 48,31,2: οὐκέθ´ ἡσύχαζον, ἀλλ´ ὅσον ἐπὶ ταῖς τοῦ Ἀντωνίου καὶ τοῦ Καίσαρος καταλλαγαῖς, ὡς καὶ σφετέρας εἰρήνης τῆς ἐκείνων ὁμονοίας οὔσης, ἥσθησαν, τοσοῦτον ἢ καὶ πλεῖον ἐπὶ τῷ πρὸς τὸν Σέξτον σφῶν πολέμῳ ἤσχαλλον.

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bereits die vierte Ekloge Vergils formuliert hatte und die sich als konstantes Element in Texten der unterschiedlichsten Gattungen wiederfindet. Diese Art des Umgangs mit dem Bürgerkrieg bildete, wie in den vorangegangenen Abschnitten wiederholt demonstriert werden konnte, auch einen Anknüpfungspunkt für das Handeln Octavians: Sowohl nach seinem Sieg über Sextus Pompeius als auch nach seinem Erfolg bei Actium richtete Octavian das Augenmerk der politischen Öffentlichkeit in Rom auf die Tatsache, dass der Frieden wiederhergestellt war.453 Octavian nahm die Rolle des Bürgerkriegsbeenders ein, der den Kreislauf durchbrochen hatte: The age of Discord was formally supplanted by a new era in which Rome could go back to her traditional role of eliminating external threats while enjoying internal peace. Augustus had brought Concord back to Rome, an achievement thoroughly celebrated in coins and buildings of the period, most notably in a rebuilt aedes Concordiae.454

Diese Aussage trifft zweifellos zu. Darüber hinaus muss jedoch ein weiterer entscheidender Punkt angesprochen werden: die Art und Weise, in der Octavian die für alle anschlussfähige Rolle des Bürgerkriegsbeenders ausgestaltete. Albrecht Koschorke hat darauf hingewiesen, dass die Erzählung über einen Bürgerkrieg und der Konflikt selbst sich gegenseitig beeinflussen können: „[Konflikte] reagieren auf ihre Außendefinition und passen sich ihrerseits den ‚Formatierungsvorlagen‘ an. Der Konflikt modelliert die Erzählung und die Erzählung modelliert den Konflikt.“455 Gerade die Prozesse und Entwicklungen unmittelbar nach Actium und in den darauf folgenden Jahren zeigen, dass es dabei nicht nur auf den Erzählanfang ankommt, sondern auch auf das Erzählende, auf den bewusst gesetzten Schlusspunkt in der Erzählung über den Bürgerkrieg. Der Sieg Octavians bei Actium war ein solcher Schlusspunkt und er wurde vom Sieger selbst auch als solcher hervorgehoben. Der Herrschaft Discordias über die Römer wurde ein Ende gesetzt, der Erfolg Octavians initiierte einen neuen Kreislauf und implementierte ein neues System, dessen Grundlage die concordia war. Sieg und Frieden waren in der Rolle des Beenders der Bürgerkriege eng miteinander verknüpft. Diese Verknüpfung ermöglichte jedoch zugleich, spezifische Schwerpunkte zu setzen, indem entweder der eine oder der andere Aspekt dieses Komplexes in den Vordergrund gerückt wurde, indem also entweder der Sieg als Ursache des Friedens betont werden konnte oder der Frieden als Ergebnis des Sieges. Dichter und Literaten, die sich mit dem Krieg zwischen Antonius und Octavian 453 Glaubt man dem Zeugnis Tertullians (de an. 46), so bestand Augustus in seiner Autobiographie sogar darauf, dass ihm diese Rolle gleichsam in die Wiege gelegt worden sei: „Auch die Römer kennen prophetische Träume dieser Art. Den Neuschöpfer des Reiches, noch ein Knäblein mit privatem Status, als Iulius Octavius geboren und ihm unbekannt, erkannte M. Tullius bereits aus einem Traum als Augustus und als Überwinder der Bürgerkriege. Dies steht in seiner Autobiographie.“ (Noverunt et Romani veritatis huiusmodi somnia. reformatorem imperii, puerulum adhuc et privati loci et Iulium Octavium natum et sibi ignotum, Marcus Tullius iam et Augustum et civilium turbinum sepultorem de somnio norat. in vitae illius commentariis conditum est; zit. n. Bringmann 2008, 193.) 454 Breed 2010c, 10; ebenso Gotter 2011, 63. 455 Koschorke 2011, 39.

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bzw. dessen Sieg bei Actium befassen, entwickelten ganz unterschiedliche Herangehensweisen an diesen Themenkomplex. Ohne dass an dieser Stelle eine eingehende Analyse ihrer Texte erfolgen kann456, lässt sich feststellen, dass beispielsweise Horaz in seiner neunten Epode den Sieg Octavians feierte, weil dieser endlich den ersehnten Ausweg aus dem Kreislauf aufzeigen konnte, den der Dichter zuvor noch als ausweglos dargestellt hatte.457 Auch in Vergils Georgica erscheint Octavian als eine Art Erlöserfigur, die den andauernden Bürgerkrieg durch ihren Sieg beenden kann.458 Der Sieg Octavians ist somit ein Mittel zum Zweck, ermöglicht er doch die Wiederherstellung des inneren Friedens und erlaubt es den Römern, ihre Energien wieder auf den Kampf gegen auswärtige Feinde zu richten.459 Eine pessimistischere Sichtweise nahm Properz ein. In seinen Elegien wies er wiederholt darauf hin, dass die Schrecken des Bürgerkriegs zwar nach dem Erfolg Octavians der Vergangenheit an456 Vgl. hierzu u. a. die Überlegungen von Gurval 1995, 137–247, die weniger problematisch sind als seine Ausführungen zum Dreifachtriumph. Auch wenn die Texte der Dichter natürlich weit vielschichtiger sind, als es hier dargestellt werden kann, lassen sich dennoch einige Grundaussagen festhalten, die für die hier angestellten Überlegungen von Bedeutung sind. 457 So fordert Horaz in einer Anrufung des Triumphgottes, man solle Octavians Sieg feiern, wie es ihm gebühre (Hor. epod. 9,22–26): io Triumphe, tu moraris aureos / currus et intactas boves? / io Triumphe, nec Iugurthino parem / bello reportasti ducem / neque Africanum, cui super Carthaginem / virtus sepucrum condidit. („Io Triumphgott – hältst du zurück die goldenen / Wagen und die unberührten Opferkühe? / Io Triumphgott – nicht hast du gleichen Rangs aus dem Jugurtha- / Kriege heimgeführt den Feldherrn, / noch Africanus, dem über Karthago / sein hoher Wert das Grab gewölbt.“) 458 Vgl. u. a. Verg. georg. 1,498–504: Di patrii, Indigetes, et Romule Vestaque mater, / quae Tuscum Tiberim et Romana Palatia servas, / hunc saltem everso iuvenem succurrere saeclo / ne prohibete! Satis iam pridem sanguine nostro / Laomedonteae luimus periuria Troiae; / iam pridem nobis caeli te regia, Caesar, / invidet, atque hominum queritur curare triumphos […]. („Heimische Götter – Heroen der Ahnen – du, Romulus – Mutter / Vesta, die du den Tiber und Roms Palatium hütest: / Hemmt nicht den Jüngling hier, bitte, der fast schon verlorenen Menschheit / unsres Zeitalters Rettung zu bringen! Wir sühnten mit unsrem / Blut zur Genüge den Bruch des spartanischen Gastrechts durch Troja. / Längst schon mißgönnen uns, Caesar, die Herrscher des Himmels dein Wirken, / klagen darüber, daß du dich bemühst um irdische Triumphe.“ Übersetzung modifiziert.) Nappa 2005 begreift die Georgica auch vor diesem Hintergrund als Lehrgedicht, dessen wichtigster Adressat Octavian selbst gewesen sei (vgl. u. a. 64 mit explizitem Bezug auf den Triumph). Es dürfte sich grundsätzlich als schwierig erweisen, Vergil die Intention nachzuweisen, sich hier als Ratgeber Octavians gerieren zu wollen, wie Nappa dies in seiner Analyse postuliert. Unabhängig von der Frage, ob Octavian als direkter Adressat intendiert war und gleichsam die Rolle des „Schülers“ einnehmen sollte, ist jedoch festzuhalten, dass gerade an dieser und anderen Stellen Überlegungen angestellt werden, die die künftige Rolle des Siegers im Staat betreffen. 459 Vgl. Verg. georg. 4,559–562: Haec super arvorum cultu pecorumque canebam / et super arboribus, Caesar dum magnus ad altum / fulminat Euphraten bello victorque volentes / per populos dat iura viamque adfectat Olympo. („Derart besang ich Ackerbau, Viehzucht und Pflege von Bäumen, / während der große Caesar am tiefen Euphrat im Kampfe / funkelnde Blitzstrahlen schleudert, als Sieger den willigen Völkern / Recht und Gesetze verleiht und den Weg zum Olympos beschreitet.“) Powell 2008, 271–276 versucht nachzuweisen, dass Vergil hier und an anderer Stelle Parallelen zieht zwischen dem Sieger Octavian und sich selbst: „General and poet alike will have their triumph over superior Greek-speaking femininity. Octavian conquered his Cleopatra, Virgil his Muses.“ (275)

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gehörten, dass der Sieg bei Actium sie jedoch keineswegs vergessen machen konnte.460 Die Gräber toter Römer waren ein Mahnmal auch für künftige Generationen. Auf diese Weise führte Properz seinem Publikum die Ambivalenz der Rolle des Beenders der Bürgerkriege vor Augen: „Das ist Caesars Leistung, das Caesars Ruhm: Mit jener Hand, mit der er siegte, hat er die Waffen begraben.“461 Octavian selbst wiederum ließ bei der Präsentation seines Erfolgs, insbesondere im Rahmen seines dreitägigen Triumphs, keinen Zweifel daran, welche Strategie er bei der Ausgestaltung seiner Rolle verfolgte: Er machte den Sieg zum Selbstzweck. Der Frieden war ein nützliches Produkt, das ihm die Akzeptanz der Bevölkerung verschaffte. Die Grundlage für seine Machtposition bildete jedoch der militärische Sieg über seine zumeist römischen Gegner, insbesondere über Antonius. Octavian hatte, so könnte man formulieren, das System der discordia beseitigt, indem er die Verursacher der discordia ausgelöscht hatte, die passenderweise jeweils seine Konkurrenten im Kampf um die Macht im römischen Staat gewesen waren.462 Octavian war nach seinem Sieg bei Actium der alleinige Machthaber und ließ daran keine Zweifel aufkommen, wie die Veränderung der Einzugsordnung im Triumph deutlich vor Augen führte. Voraussetzung dafür war der Sieg im Bürgerkrieg, der auf verschiedene Weise dauerhaft ins Gedächtnis der römischen Öffentlichkeit eingeschrieben wurde. Damit verband sich jedoch ein neues Problem, dessen sich der neue Machthaber annehmen musste: Denn das Zeitalter des bellum civile war in Rom allein schon deshalb nicht verdrängbar, weil an seinem Ende nicht die Wiederherstellung des status quo ante stand, mit einer vielleicht mehr oder weniger veränderten personellen Zusammensetzung der Führungsschicht, sondern die Geburt eines neuen Regimes, dessen Parameter in der Sache, wenn auch nicht in der Form, dem gesamten Normensystem der Republik ins Gesicht schlug.463 460 Vgl. Breed 2010b, 233 f. Nethercut 1983, 1839 will im Werk des Properz an verschiedenen Stellen eine direkte Kritik an Octavian nachweisen, da der Dichter beispielsweise in der ersten Elegie des zweiten Buches den Sieg bei Actium mit Perusia in Verbindung bringt, „coloring them [d. h. die Verse über den Triumph] with this introductory reference to civil murder.“ Dem folgt Gurval 1995, 175; vgl. auch Stahl 1985, 103–121. Mäckel 2002, 264 stellt hingegen die Frage, ob Properz angesichts seiner Verbindung mit Maecenas ein solch pauschal negatives Urteil habe fällen können und kommt zu dem Schluss, dass „offenbar in seinen Augen in diesem Moment Krieg und Bürgerkrieg identisch sind.“ Ähnlich argumentiert auch Syndikus 2006, 248, der in der nicht chronologisch geordneten Aufzählung der einzelnen Schlachten v. a. ein stilistisches Mittel sieht, mit dem Properz habe demonstrieren wollen, dass es ihm unmöglich sei, dieses Material adäquat zu behandeln. 461 Prop. 2,16,41 f.: Caesaris haec virtus et gloria Caesaris haec est: / illa, qua vicit, condidit arma manu. 462 Octavian machte sich damit ein Schema zunutze, das Bürgerkriegen im Allgemeinen zugrunde liegt. Jal 1963b, 211 hebt zu Recht hervor, dass jeder, der einen Bürgerkrieg führe, per definitionem unter einem enormen Legitimationsdruck stehe. Die Legitimierung der eigenen Taten könne dabei nur erfolgreich sein, wenn es gelinge, die Gegenpartei zu delegitimieren. „Folgerichtig ist im Diskurs der Bürgerkriegskonstellation grundsätzlich immer der Andere am Desaster schuld […], und der Sieger muss partout versuchen, sich auf Kosten des Geschlagenen rein zu waschen.“ (Gotter 2011, 61.) 463 Gotter 2011, 63. Positiver fällt die Deutung bei Eck 2014a aus, der zwar ebenfalls konstatiert, dass Augustus die Macht in einer Zeit der Auflösung traditioneller Formen und Normen ergriff:

III 3 Fazit – Octavian und die Rolle des Beenders der Bürgerkriege

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Bürgerkriegsende und Alleinherrschaft waren somit in einer Art Symbiose miteinander verbunden: Die Vormachtstellung Octavians beruhte im Wesentlichen auf der Leistung, den Bürgerkrieg beendet zu haben. Die in diesem Kapitel angestellten Überlegungen sollen dazu beitragen, die Prozesse, an deren Ende die Etablierung der Alleinherrschaft stand, weiter zu differenzieren. Grundvoraussetzung für die Option Octavians, zur Legitimierung der eigenen Machtstellung das Ende der Bürgerkriege zu nutzen, war die Gegenüberstellung zweier alternativer Systeme: discordia versus concordia. Zugleich konnten diese beiden Systeme als eine Grundlage politischer und sozialer Ordnung charakterisiert werden und als solche mit politischen Systemen in Verbindung gebracht werden: Republik vs. Prinzipat. Der potentiellen Endlosigkeit des Bürgerkriegs wurde auf diese Weise die Alleinherrschaft entgegengesetzt. Dabei – und das ist entscheidend – bedeutete „Alleinherrschaft“ nicht nur das Ende des Bürgerkriegs, sondern im Gegensatz zu seiner permanenten Existenz im Zeitalter der discordia seine ebenso dauerhafte Abwesenheit: In einer oben bereits zitierten Passage der Rede pro Marcello hatte Cicero dem siegreichen Caesar zugerufen, er müsse „den Brand des Bürgerkriegs durch die Rettung des Vaterlandes auslösch[en]“ (Cic. Marcell. 29: belli civilis incendium salute patriae restinxeris). Bezeichnenderweise griff Augustus diese Formulierung in seinen Res Gestae wieder auf und betonte, er habe die Bürgerkriege tatsächlich „ausgelöscht“ (exstinxeram).464 Was Caesar nicht gelungen war, das hatte Augustus vollbracht. Vor diesem Hintergrund wird auch die in den nach-augusteischen Quellen greifbare Tabuisierung des Bürgerkriegstriumphs, die der politischen Praxis der späten Republik entgegenstand, erklärbar: Als Valerius Maximus schrieb, niemals habe ein römischer Feldherr für einen Sieg über römische Bürger einen Triumph gefeiert, so traf dies vordergründig scheinbar zu. In den Triumphalfasten findet sich verständlicherweise kein Eintrag für einen triumphus ex bello civili. Und doch wurde der Sieg im Bürgerkrieg in der späten Republik im Rahmen des Triumphrituals wiederholt thematisiert.465 Gerade Octavians Siegesfeier war ein Paradebeispiel für diesen Sachverhalt. Ein Blick auf die Reihe der von Valerius Maximus „Damit aber waren ungewöhnliche Voraussetzungen für ein einerseits intensives und andererseits langes, kontinuierliches Handeln und Gestalten geschaffen, wie sie, zumindest in den folgenden 300 Jahren, keinem Herrscher Roms mehr gegeben waren.“ 464 R. Gest. div. Aug. 34,1. Lange 2009, 183 f. sieht im sog. „Staatsakt“ vom Januar 27 v. Chr. die Erfüllung der Vereinbarungen und Aufgaben, die die Grundlage des Triumvirats gebildet hatten, und im Eingangssatz des Res-Gestae-Kapitels vor allem einen Verweis auf dieses „triumviral assignment“. Angesichts der Erkenntnisse, die in diesem Kapitel erzielt werden können, muss konstatiert werden, dass der Gehalt der Formulierung bella civilia extinxeram über einen solchen Zusammenhang hinausweist. Wiewohl es durchaus möglich ist, dass in diesem Terminus das Triumvirat und ihm zugrunde liegende Vereinbarungen nochmals aufgegriffen wurden, bildet den Hintergrund für die Aussagen des princeps zweifellos der umfassendere politische Diskurs der 40er- und 30er-Jahre über den Bürgerkrieg und die Rolle Octavians. Die formalen Grundlagen für die Legitimierung des Triumvirats bildeten zwar, wie Lange herausgearbeitet hat, sicherlich einen wichtigen Bestandteil dieses Diskurses, waren letztlich jedoch nur ein Aspekt unter vielen. 465 Vgl. Havener 2014.

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III. Feldherr, Führer, Kriegsbeender

angeführten exempla kann verdeutlichen, dass dies auch dem Autor der Facta ac dicta memorabilia sehr wohl bewusst war.466 Weshalb die geradezu einer Norm gleichende Feststellung über die Unvereinbarkeit von Bürgerkrieg und triumphalen Ehren dennoch Einzug in den Text hielt, wird erst vor dem Hintergrund der in diesem Kapitel angestellten Überlegungen vollständig verständlich: Nach Octavian konnte und durfte es keinen weiteren Sieger im Bürgerkrieg geben. Der Bürgerkriegstriumph Octavians war notwendig, damit Augustus garantieren konnte, dass eine solche Zeremonie nie wieder stattfinden musste.467 Das politische System des Prinzipats konnte auf diese Weise mit dem System der concordia verknüpft und als Alternative zum Bürgerkrieg und zum System der discordia verstanden werden. Den Angelpunkt stellten dabei der Sieg Octavians bei Actium und die sich daraus ergebende spezifische Ausgestaltung der Rolle des Bürgerkriegsbeenders dar: Der entscheidende Schritt auf dem Weg zur Alleinherrschaft war gleichzeitig der entscheidende Schritt zur Beendigung des Kreislaufs aus Zwietracht und Bürgerkrieg, der die letzten Jahre der Republik in jeder Hinsicht geprägt hatte. Dies änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass Octavian seine militärische persona zunächst notwendigerweise vor dem Hintergrund der innerrömischen Auseinandersetzungen entwerfen musste. Das Erbe der Bürgerkriege sollte während seiner gesamten Regierungszeit präsent bleiben und dafür sorgen, dass sich der princeps immer wieder gezwungen sah, sich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Welche Formen dies annehmen konnte, soll im folgenden Kapitel erläutert werden.

466 Vgl. hierzu Havener 2016, 157–159. 467 In diesem Punkt wich Octavian in entscheidender Weise von den Ansichten Ciceros ab, der insbesondere in seinen Briefen immer wieder konstatierte, dass – gleichgültig wer ihn erringe – ein Sieg im Bürgerkrieg „das Schlimmste aller Übel“ darstelle (Cic. fam. 9,6,3: extremum malorum omnium esse civilis belli victoriam; vgl. Brown 2003, 109 f. mit weiteren Belegen).

IV. AUGUSTUS UND OCTAVIAN – DER UMGANG DES PRINCEPS MIT SEINEM WEG ZUR MACHT IV 1 MORIENDUM ESSE – DIE VERGANGENHEIT ALS ANGRIFFSFLÄCHE In seiner Augustusvita geht der unter Hadrian schreibende Biograph Sueton in zwei Abschnitten auf den sogenannten Perusinischen Krieg ein, die bewaffnete Auseinandersetzung zwischen Octavian auf der einen und Lucius Antonius, dem Konsul des Jahres 41 v. Chr. und Bruder des Triumvirn, sowie dessen Frau Fulvia auf der anderen Seite.1 Dort heißt es: Nach der Einnahme von Perusia ließ er an sehr vielen die Strafe vollziehen, wobei er denen, die Verzeihung zu erbitten oder sich zu rechtfertigen suchten, nur immer das eine entgegenhielt: „Es muß gestorben werden!“ Einige schreiben, es seien von denen, die sich ergeben hatten, an den Iden des März 300 ausgewählte Gefangene beider Stände an dem für den göttlichen Julius errichteten Altar wie Opfertiere hingeschlachtet worden. Es hat auch Autoren gegeben, die überlieferten, er habe es verabredungsgemäß zu einem Kampf kommen lassen, damit sich alle verborgenen Feinde und überhaupt alle, die mehr ihre Angst als freier Wille zurückhielt, offenbarten, wenn sich Lucius Antonius als Führer anbot, und er dann nach ihrer Vernichtung und Enteignung die den Veteranen versprochenen Belohnungen zahlen konnte.2

Zwar wird in der Forschung über die Authentizität dieser Episode diskutiert.3 Doch unabhängig von der genauen Anzahl der Opfer und den Umständen der Massenhinrichtungen lassen sich anhand dieses Abschnitts grundlegende Probleme erörtern, die sich für Octavian während der Bürgerkriege und noch zur Zeit seiner Herrschaft als Augustus ergaben. Wie wird nun Octavian in dieser Szene dargestellt? Zum einen knüpft die hinter dem Bericht verborgene Polemik an ein zentrales Element der Legitimationsstrategie Octavians zur Zeit der Bürgerkriege an: die pietas seinem Adoptivvater gegen1 2

3

Suet. Aug. 14 f. Zu den Hintergründen des bellum Perusinum vgl. Kienast 2009, 44 f. sowie Pelling 1996, 16 und Gabba 1971; zudem s. o. S. 46 f. Suet. Aug. 15: Perusia capta in plurimos animadvertit, orare veniam vel excusare se conantibus una voce occurrens moriendum esse. scribunt quidam trecentos ex dediticiis electos utriusque ordinis ad aram Divo Iulio extructam Idibus Martiis hostiarum more mactatos. extiterunt qui traderent, compecto eum ad arma isse, ut occulti adversarii et quos metus magis quam voluntas contineret, facultate L. Antoni ducis praebita, detegerentur devictisque is et confiscatis promissa veteranis praemia solverentur. So hält Stefan Weinstock die Überlieferung insgesamt für glaubwürdig, wenn er auch die Zahl von 300 getöteten Senatoren und Rittern relativiert (Weinstock 1971, 398 f. m. Anm. 10). Ebenso Kienast 2009, 46, Anm. 169 mit weiterer Literatur. Skeptischer äußern sich Klaus Bringmann und Thomas Schäfer: „Die Erzählung über den Umfang und die Umstände der Massentötungen […] ist vermutlich, wie ihre Einführung als unverbürgte Erzählung [bei Dio] erkennen läßt, aus dem Arsenal der zeitgenössischen Polemik geflossen. Doch ist in dieser Frage keine Sicherheit zu gewinnen.“ (Bringmann/Schäfer 2002, 159, Anm. 71.)

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

über4, die auch nach dem Sieg über die Caesarmörder eine bedeutende Rolle im Rahmen der öffentlichen Selbstdarstellung Octavians spielte5. Die pietas und verbunden mit ihr das Schlagwort „Rache für Caesar“ waren zentrale Elemente der Kommunikation zwischen Octavian und seinen Soldaten, insbesondere den Veteranen.6 Wenn von Octavian berichtet wurde, er habe 300 Senatoren an den Iden des März an einem Altar für seinen vergöttlichten Adoptivvater geopfert, rückte dies seine pietas in ein negatives Licht: Octavian, so konnte man diese Episode lesen, hatte in seinem Verlangen nach Rache jedes Maß verloren. Die zentrale Legitimation seiner Machtposition wurde auf diese Weise ebenso unterminiert wie die Grundlage seines Verhältnisses zu den Soldaten. Gleichzeitig wurde auch dieses Verhältnis selbst als äußerst problematisch dargestellt: Sueton gibt Gerüchte wieder, wonach der gesamte Krieg nur ein Vorwand gewesen sei, um die Güter der Besiegten zu konfiszieren und Octavian damit in die Lage zu versetzen, die ihm nach dem Sieg bei Philippi zukommende Aufgabe der Veteranenansiedlung zu erfüllen. Hierin zeigt sich deutlich die Stoßrichtung des Arguments im Rahmen des Diskurses über Octavian und das Heer: Am Nahverhältnis zwischen ihm und den Truppen, namentlich den Veteranen, die auf seiner Seite und damit unter dem Banner der pietas gegen die Mörder seines Adoptivvaters ins Feld gezogen waren, bestand kein Zweifel. Eben dieses Nahverhältnis machte Octavian laut Ausweis der Sueton-Passage jedoch zum Gegner der senatorischen Elite, die er rücksichtslos bekämpfte, wenn es seinen Zielen diente. Octavian erscheint hier somit als skrupelloser Kriegsherr, der sogar Krieg gegen einen legitimen Vertreter des römischen Staates führte, um durch den Sieg und den damit verbundenen (widerrechtlichen) Gewinn sein gutes Verhältnis zum Heer aufrechtzuerhalten. In der Schilderung der Ereignisse von Perusia sind folglich zwei zentrale Motive zu benennen: Rache und Rechtmäßigkeit. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Verknüpfung dieser beiden Themen. Der vollkommen übersteigerte Rachedurst Octavians wirkt sich auf die Legitimität und auch die Legalität seiner Handlungen in höchstem Maße negativ aus. Der maßlose Rächer gerät in Konflikt mit dem römischen Staat.7 So zog der Sieg bei Perusia für Octavian einerseits ganz reale Schwierigkeiten nach sich, wie beispielsweise den Verlust von Rückhalt und Vertrauen im Senat, den der Krieg gegen einen Amtsträger des Staates zur Folge hatte, oder die Vertiefung der Kluft zwischen ihm und Antonius.8 Gleichzeitig ließ sich nach einer solchen Aktion – in welchem Umfang auch immer sie stattgefunden haben mochte – im Rahmen der politischen Propaganda ein Negativbild entwerfen, das gerade im Hinblick auf den Diskurs über die militärische persona Octavians bzw. des Augus4 5 6 7

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Zusammenfassend hierzu Kienast 2009, 9. Vgl. u. a. Zanker 2003, 42–46 sowie Weinstock 1971, 398–401 und Kienast 2001. Vgl. Zanker 2003, 43 sowie Wallmann 1989, 78 und Botermann 1968, 14–19. Lange 2015, 134 weist darauf hin, dass Octavian die Grenzen einer Instrumentalisierung offenbar tatsächlich bewusst austestete. Darauf lassen Ausführungen Cassius Dios schließen (Cass. Dio 48,16,1): Zwar habe Octavian nach seinem Sieg keinen vollgültigen Triumph durchgeführt. Er sei jedoch im Triumphalgewand und mit einem Lorbeerkranz auf dem Haupt in Rom eingezogen. Vgl. Kienast 2009, 46 f.

IV 2 Rache für Caesar – Nikolaosʼ von Damaskus Augustusvita

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tus von Bedeutung war. Denn selbst wenn das Ausmaß der Massenhinrichtungen dem Bereich der Fiktion zuzuordnen sein sollte, so war es doch „gut genug erfunden, um geglaubt zu werden.“9 Wie die (wenn auch weniger plakative) Parallelüberlieferung10 zeigt, handelte es sich hier um mehr als nur ein Stück zeitgenössischer Propaganda. Vielmehr wurde hier ein negatives Bild Octavians, seines Weges zur Macht und seines Verhältnisses zum Heer konstruiert, das offenbar Einzug in die Überlieferungstradition fand und mit dem sich wohl auch der princeps selbst auseinandersetzen musste. Am Beispiel der Berichte über die Massenhinrichtungen von Perusia lässt sich somit exemplarisch aufzeigen, mit welchen Hypotheken sich der Sieger von Actium nach dem Ende der Bürgerkriege konfrontiert sah: In den Auseinandersetzungen mit den Caesarmördern und mit Antonius hatte sich Octavian zwar die alleinige Macht gesichert. Zugleich hatten ihn seine Aktionen als Feldherr im Bürgerkrieg jedoch angreifbar gemacht – auch und vor allem, was seine Bindung zum Heer betraf. Im Diskurs über die Beziehungen zwischen Octavian und den Soldaten konnte sich auf diese Weise Kritik manifestieren. Zu fragen ist daher an dieser Stelle, wie sich Augustus mit seiner Vergangenheit auseinandersetzte, wie er mit den Problemen umging, die sein Verhalten im Bürgerkrieg nach sich zog, und auf welche Weise er selbst Einfluss auf den Diskurs nahm bzw. seine Positionen vertrat.11 Antworten hierauf lassen sich insbesondere in zwei Quellen finden, die im Folgenden einander gegenüber gestellt werden: die Augustusbiographie des Nikolaos von Damaskus sowie Augustusʼ Res Gestae. Durch einen Vergleich dieser beiden Texte sollen in den folgenden Abschnitten die Grundlinien der augusteischen Selbstdarstellung in Bezug auf die eigene Rolle im Bürgerkrieg sowie die Entwicklung dieser Grundlinien nachgezeichnet werden. IV 2 RACHE FÜR CAESAR – NIKOLAOSʼ VON DAMASKUS AUGUSTUSVITA „[…] nachdem dieser Mann den Gipfel der Macht und der Klugheit erreicht hatte, herrschte er über so viele Menschen wie noch nie jemand seit Menschengedenken, und er zog die am weitesten entfernten Grenzen, die die Römer je gehabt haben.“12 Mit diesen Worten leitet der am Hof Herodes des Großen tätige Diplomat, Philosoph und Historiker Nikolaos von Damaskus13 seine Augustusbiographie ein. Er wolle, so schreibt der Autor weiter, über die Taten des Augustus berichten, aus de9 10 11 12 13

Bleicken 1998, 193. Cass. Dio 48,14,1–5 und App. civ. 5,201. Dabei war Augustus offenbar auch bemüht, gerade das zweifelhafte bellum Perusinum in das richtige Licht zu rücken, wie aus einer Passage Appians (civ. 5,42–45) hervorgeht, der sich als Quelle auf die Autobiographie des Augustus beruft. Nik. I (1): δυνάμενος γὰρ καὶ φρονήσεως εἰς τὰ πρῶτα ἀνελθὼν οὗτος ὁ ἀνὴρ πλείστων μὲν ἦρξεν ἀνθρώπων τῶν διὰ μνήμης μακροτάτους τε ὅρους ἐποιήσατο τῆς Ῥωμαίων δυναστείας […]. Zu Nikolaosʼ Biographie vgl. u. a. Wacholder 1962, 14 f. sowie Malitz 2006, 1–5. Vgl. außerdem Schüler/Staffhorst 1992–1994.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

nen jeder die Wahrheit herauslesen könne.14 Dieser Anspruch hat Nikolaos insbesondere in Verbindung mit dem panegyrischen Grundton der Einleitung in der modernen Forschung viel Kritik eingebracht: Nikolaos von Damaskus hat mit seiner Augustusbiographie, von der große Teile in den konstantinischen Exzerpten auf uns gekommen sind, ein Werk hinterlassen, das zu den meistgeschmähten der antiken Literatur gehört, und zwar mit Recht. Einzelne Rettungsversuche haben es nur noch deutlicher gemacht, daß die vorwiegend ablehnende Haltung, die die Forschung der Glaubwürdigkeit des Nikolaos in diesem Werk entgegenbringt, auf Tatsachen begründet ist, die auf die Dauer immer wieder ihre Wirkung ausüben werden.15

Doch auch seine Kritiker mussten einräumen, dass Nikolaos „eine Sonderstellung unter den Historikern der augusteischen Zeit“16 einnimmt: Es darf an sich als höchst wahrscheinlich gelten, daß Nikolaos dort, wo – noch dazu bei solchem Stoff! – eine […] offizielle Version von höchster Autorität vorlag, sich an sie anschloß, ja anschließen mußte. […] Jedenfalls besteht ein besonderer Wert des Βίος Καίσαρος darin, daß er uns in vielem an die verlorenen Memoiren des Augustus heranführt.17

Bei diesen Memoiren handelt es sich um die nicht mehr erhaltene Autobiographie des Augustus, die dieser nach dem Krieg gegen die Kantabrer zwischen 25 und 20 v. Chr. veröffentlichte.18 In der Forschung herrscht mittlerweile trotz aller Kritik an der Glaubwürdigkeit des Nikolaos-Textes weitgehend Konsens darüber, dass die Autobiographie eine zentrale Quelle für die Augustusvita darstellte.19 Nikolaos verarbeitete somit relativ zeitnah20 eine Darstellung der Ereignisse des Bürgerkriegs, 14 15 16 17 18

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Nik. II (2): καὐτὸς δ΄ ἀφηγήσομαι τὰ πεπραγμένα, ἐξ ὧν οἷόν τε γνῶναι σύμπασι τὴν ἀλήθειαν. Dobesch 1978, 91 mit der entsprechenden Literatur in Anm. 2. Kienast 2009, 271. Dobesch 1978, 93. Zur Autobiographie vgl. die Beiträge in Smith 2009 sowie Hahn 1959, der jedoch davon ausgeht, dass sich nur wenige Kerngedanken im Text des Nikolaos erhalten haben (148). Kritisch auch Toher 1985a, 133–139; vgl. zudem Dobesch 1978, 124 f. sowie Malitz 2006, 10–12 und Kienast 2009, 262 mit einem Überblick über die ältere Forschungsliteratur. Dabei geht Gabbas Aussage, das Werk sei lediglich eine freie Paraphrase der Autobiographie gewesen, wohl etwas zu weit (vgl. Gabba 1984, 62); vgl. zum Zusammenhang von Nikolaosʼ Text und der Autobiographie Bellmore 1984, xxii–xxvii, Lewis 1993, 672 f. sowie Malitz 2006, 7–10. Kritik an dieser Prämisse hat Toher 2009b geäußert, der insbesondere den Umgang der modernen Forschung mit dem Text des Nikolaos in Frage stellt und zusammenfassend konstatiert: „The method of source-criticism as it has been applied to the relationship between Augustus’ lost autobiography and the Bios Kaisaros of Nicolaus does a disservice to both documents. […] This misuse of an extant source to recover a lost work leads to no significant or certain conclusions about the nature of the lost work and actually obscures what in fact the work of Nicolaus can tell us about the autobiography. An approach that considers the Bios as a coherent work rather than a text to be dissected for its ‚sources‘ yields some useful information about how the tradition on Octavian’s early career formed and with it some information about what was likely not to have been in the autobiography.“ (141) Die Datierung des Werkes war lange Zeit Gegenstand einer kontroversen Diskussion. Vertreten wurden dabei sowohl eine Spätdatierung auf die Jahre nach Augustusʼ Tod (vgl. v. a. Toher 1985a und 1985b sowie 2009b, 132 f.) wie auch eine Frühdatierung auf die Zeit kurz nach Erscheinen der Autobiographie, d. h. in die zweite Hälfte der 20er-Jahre oder die erste Hälfte der

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die von Augustus selbst ausging und in der dieser die Beweggründe für sein Handeln darlegte.21 Wenn das Werk des Nikolaos auch auf den östlichen Bereich und das griechischsprachige Publikum abzielte, was die Perspektive auf das Erzählte sowie die Darstellung selbst natürlich beeinflusste, ergibt sich hier dennoch eine Möglichkeit, die Ebene der augusteischen Selbstdarstellung in ihren Grundzügen zu rekonstruieren und die Legitimierungsstrategien des ersten princeps zu einer Zeit nachzuverfolgen, in der die Bürgerkriege und auch Octavians Rolle in diesen Kriegen noch präsent und nicht durch die spätere pater-patriae-Ideologie überlagert waren22: Gleich zu Beginn des erhaltenen Textes erklärt Nikolaos Gegenstand und Vorgehensweise seiner Biographie. Geht er dabei auch zunächst auf die Leistungen des Augustus im Bereich der Außenpolitik ein23, nennt er im zweiten Absatz die beiden großen „Handlungsstränge“ des Textes: Die Mächtigkeit der Klugheit und Tüchtigkeit dieses Mannes so gut wie möglich zu schildern, sowohl im Bereich der Staatsführung in Rom wie auch in der Führung des Heeres in großen Kriegen gegen innere wie auch gegen äußere Feinde, das ist die Vorlage für ein rhetorisches und literarisches Kabinettstück, mit dem man sehr berühmt werden kann.24

Der Bürgerkrieg, so wird bereits hier betont, wird keineswegs verschwiegen, sondern stellt einen wichtigen Teil der Lebensbeschreibung dar. Augustusʼ Größe ergibt sich neben seinen zivilen Leistungen wesentlich aus seinen Taten im Krieg. Der Diskurs über die militärische persona des princeps und über seine Rolle in den innerrömischen Auseinandersetzungen erscheint somit als zentrales Thema des Textes – und man darf durchaus annehmen, dass dieselbe Prämisse auch für die Autobiographie des Augustus galt.25 Von Bedeutung ist dies erstmals in den Ab-

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10er-Jahre v. Chr. (so schon Jacoby im Kommentar zu FGrHist, Nr. 90; ebenso Scardigli 1978 sowie Gabba 1984, 62 und Malitz 2006, 6 f.). Vgl. hierzu auch Kienast 2009, 272: „Diese Schrift ist somit ein wichtiges Zeugnis für die rasche Wirkung der Autobiographie des Augustus und für die Art, wie damals wohl auch sonst die Person und die Herrschaft des Augustus propagiert wurden.“ Eine Abhängigkeit des Nikolaos-Textes von der Autobiographie konstatiert auch Clark 1973, 38–58, die allerdings im Motiv der „Rache für Caesar“ eine Erfindung des Historikers sieht. Wenn sie dabei jedoch zur Begründung darauf verweist, dass der princeps sein Handeln in den Res Gestae anders legitimiere, greift dies zu kurz, wie im Folgenden aufgezeigt werden soll. Die apologetische Grundausrichtung der Autobiographie heben u. a. Rich 2009, 158, Powell 2009 und Lewis 1993, 677–682 hervor. Pelling 2009, 44 weist natürlich zu Recht darauf hin, dass aufgrund einer generellen „looseness of generic expectations“ Vorsicht bei einer Rekonstruktion des Inhalts dieser Autobiographie geboten ist. Dennoch gilt Pelling zufolge: „Perhaps we distinguish too readily between material appropriate to Augustus’ Autobiography and material appropriate to the later monumental Res Gestae: achievements are the stuff of both.“ Nik. I (1). Nik. II (2): περὶ δὲ τούτου τοῦ ἀνδρὸς φρονήσεως τε καὶ ἀρετῆς ἰσχὺν δεῖξαι ὁπόσον δύναται, τὰ μὲν ἐκ τῆς πολιτείας, ἥντινα ἐν τῆι πατρίδι ἐπολιτεύσατο, τὰ κατὰ στρατηγίας μεγάλων πολέμων ἐγχωρίων τε καὶ ἀλλοεθνῶν, ἀγώνισμα μὲν ἀνθρώποις πρόκειται λέγειν καὶ γράφειν, ὡς ἂν εὐδοκιμοῖεν ἐν καλοῖς ἔργοις […]. Eine solche Grundannahme ist keineswegs gleichbedeutend mit der von Toher 2009, 133–136 kritisierten Methode, bestimmte Passagen des Nikolaos-Textes als Übernahmen oder Paraphrasen aus der Autobiographie zu kennzeichnen. Zwar muss man Toher insofern zustimmen, als er

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

schnitten der Vita des Nikolaos, in denen die Rolle Octavians in den Bürgerkriegen Caesars im Fokus steht. IV 2.1 Octavian in Caesars Bürgerkriegen Obwohl Octavian bereits in jungen Jahren täglich militärische Übungen betreibt26, wird er von seiner Mutter Atia und seinem Stiefvater Philippus bei Ausbruch des Bürgerkriegs zwischen Caesar und Pompeius auf eines der Landgüter in Familienbesitz geschickt.27 Dass eine solche Behandlung keineswegs den Wünschen des jungen Mannes entspricht, zeigt sich, als Caesar nach dem Sieg über Pompeius den Rest der republikanischen Partei nach Africa verfolgt: Der junge Caesar wollte ihn auf diesem Feldzug begleiten, um auch militärische Erfahrungen zu sammeln. Als er aber bemerkte, daß seine Mutter Atia dagegen war, widersprach er ihr nicht und schwieg stille. Es war klar, daß auch der ältere Caesar ihn aus Fürsorge nicht in den Krieg ziehen lassen wollte, damit er seine Lebensweise angesichts seiner schwachen Konstitution nicht ändern müsse und sich sein gesamtes Befinden nicht verschlechtere. Deswegen wurde er von der Teilnahme am Feldzug freigestellt.28

Octavian beugt sich somit den Wünschen der Mutter und vor allem des Förderers, obwohl er selbst durchaus bereit und willens ist, sich im Krieg zu beweisen. Ähnlich ergeht es ihm bei dem Feldzug, den Caesar gegen die Söhne des Pompeius in Spanien führt. Zwar kann Octavian ohne Einwände Atias aufbrechen, doch als er in Spanien ankommt, sind die Kämpfe bereits vorüber. Innerhalb von sieben Monaten habe Caesar den Krieg bereits beendet, lautet Nikolaosʼ lapidare Erklärung.29

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kritisiert, dass ein solches Vorgehen der Autobiographie eine „Tendenz“ (136) unterstellt, für die sich nur schwer Belege finden lassen. Es muss jedoch unterschieden werden zwischen „pure conjecture“ (127) und plausiblen Rückschlüssen, die sich sowohl aus dem Kontext als auch aus möglichen Gattungsmerkmalen ergeben. Wie Smith 2009b, 75 hervorhebt, scheint der Fokus auf militärische Errungenschaften ein Grundzug der römischen Autobiographie gewesen zu sein. Rich 2009, 157–161 argumentiert dafür, dass eine solche Grundausrichtung auch für die Autobiographie des Augustus anzunehmen ist. Und wie im vorangegangenen Kapitel erläutert wurde, stellte die militärische persona von Beginn an einen zentralen Bestandteil der Selbstdarstellung Octavians bzw. des Augustus dar. Es ist daher nur schwer vorstellbar, dass Augustus in seiner Autobiographie nicht auf seine Rolle im Bürgerkrieg eingegangen sein dürfte, die für diese persona in den ersten Jahren prägend war. Aus diesem Grund erweist sich die Annahme, dass ein sicherlich bedeutender Aspekt dieses Werkes in der Folge auch Einzug in die Vita des Nikolaos gefunden haben dürfte, als durchaus plausibel – ohne dass sich daraus die von Toher korrekterweise kritisierte Schlussfolgerung ergeben muss, es handele sich dabei lediglich um eine freie Paraphrase der Autobiographie. Nik. III (6). Nik. IV (7). Nik. VI (14 f.): βουλόμενος συστρατεύειν αὐτῶι ὁ νέος Καῖσαρ, ὡς καὶ πολεμιῶν ἔργων ἔμπειρος εἴη, ἐπεὶ ἤισθετο ἐναντιουμένην Ἀτίαν τὴν μητέρα, οὐδὲν ἀντειπὼν ἠρέμα εἶχε. δῆλος δ΄ ἦν καὶ ὁ πρεσβύτερος Καῖσαρ ὑπ΄ εὐνοίας οὐδέπω βουλόμενος αὐτὸν στρατεύεσθαι, ὡς μὴ τὴν [τε] δίαιταν ἐν ἀσθενεῖ σώματι μεταβαλὼν καὶ ὅλην ἕξιν φαύλως διατεθείη. διὰ μὲν δὴ ταῦτα τῆς στρατείας παρελύετο. Nik. X (21 f.).

IV 2 Rache für Caesar – Nikolaosʼ von Damaskus Augustusvita

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Vordergründig mag man hier schlicht eine Entgegnung auf die im Rahmen des Konflikts mit Antonius immer wieder gegen Octavian erhobenen Vorwürfe der Feigheit erkennen30: Als Antwort auf die Frage, warum der von Caesar in so außerordentlichem Maße Geförderte31 nicht an der Seite des Diktators gegen dessen Feinde gezogen sei, wird darauf verwiesen, dass es nicht in der Macht Octavians gestanden habe, diese Entscheidung zu treffen. Einmal ist es Caesar selbst, der den Großneffen schonen will, ein anderes Mal kam der Sieg, bevor Octavian die Gelegenheit hatte, in die Kämpfe einzugreifen. Zudem wird sowohl nach der Schilderung des Africa-Feldzugs wie auch nach dem Bericht über den Krieg gegen Cn. Pompeius in Spanien hervorgehoben, dass Octavian sich beim Sieger für unterlegene Gegner eingesetzt habe. So wird wiederholt Octavians φιλανθρωπία hervorgehoben32 und an einer Stelle sogar explizit mit der Einstellung Caesars gegenüber den Besiegten kontrastiert33. Im Vergleich mit der eingangs des Kapitels zitierten Sueton-Passage zeigt sich hier deutlich das Bemühen, Octavian gerade nicht als unversöhnlichen Schlächter darzustellen, sondern zu zeigen, dass er ebenfalls zu clementia fähig war – und dies gar noch in Situationen, in denen der ansonsten für seine Milde gegenüber besiegten Gegnern gerühmte Caesar diese vermissen ließ. Die eigentliche Bedeutung dieser Passagen für den Gesamttext und die mit ihm verbundene Aussage über Octavians Rolle im Bürgerkrieg wird jedoch an anderer Stelle deutlich. Nach dem Sieg über die Republikaner zieht Caesar im Triumph in Rom ein: Octavian, den er bereits zu seinem Sohn gemacht hatte, was er – als sein nächster Verwandter – in gewisser Weise ja auch wirklich war, wies er an, seinem eigenen Triumphwagen zu folgen, geschmückt mit militärischen Auszeichnungen, als ob er sein Zeltgenosse in diesem Feldzug gewesen sei. In gleicher Weise durfte er auch bei den Opfern ganz in seiner Nähe stehen, und die übrigen erhielten den Befehl, ihm den Vortritt zu lassen.34

Obwohl Octavian nicht einmal am Krieg teilgenommen hat, werden ihm außergewöhnliche militärische Ehren zuerkannt. Die Legitimation für diese Ehrungen leitet sich allein aus der Verwandtschaft mit und der Förderung durch Caesar her. Eine quasi-dynastische Verbindung legt somit den Grundstein für den – wenn auch nur 30 31

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Vgl. hierzu u. a. Pelling 1996, 8 und 46 f. Ebenso Eck 2003, 32 sowie Wallmann 1989, 283. Auch im Text des Nikolaos kontrastieren die Ehrungen für Augustus mit seiner Rolle im Bürgerkrieg: So wird zunächst berichtet, wie Mutter und Stiefvater Octavian aufs Land schicken, nur um danach sofort die Erhebung zum pontifex und andere außergewöhnliche Ehrungen anzuführen (Nik. IV [7]-V [13]). Vgl. zu den frühen Auszeichnungen Octavians auch Alföldi 1976, 16–22 sowie Schmitthenner 1973, der jedoch die Ehrungen für Octavian als „üblich im Rahmen der Protektion“ bezeichnet (10). Nik. VIII (18): καὶ ὁ μὲν οὐκ ὀλίγα ζώμυρα καὶ φιλανθρωπίας ἅμα καὶ φρονήσεως φυσικής ἀπεδείκνυτο. Ebenso Nik. XII (27): πάντες τε ἀνὰ στόμα εἶχον τὴν τε ἡμερότητα φιλανθρωπίαν καὶ τὴν ἐν ταῖς ἐντεύξεσι φρόνησιν. Nik. VII (16): τοῦτον οὐδέν πω πρότερον αἰτήσας Καίσαρα ἐβούλετο μὲν ἐξαιτεῖσθαι, ὑπὸ δὲ αἰδοῦς ὤκνει καὶ ἅμα ὁρῶν αὐτὸν ὡς διέκειτο πρὸς τοὺς ἑν ἐκείνωι τῶι πολέμωι ἑαλωκότας. Nik. VIII (17): καὶ τὸν νέον Καίσαρα υἱὸν ἤδη πεποιημένος, ὄντα δὲ τρόπον τινὰ καὶ φύσει διὰ τὸ ἀγχοτάτω τοῦ γένους εἶναι, ἐκέλευσε τῶι ἑαυτοῦ ἅρματι ἕπεσθαι, κόσμοις αὐτὸν στρατηγικοῖς ἀσκήσας, ὡς ἂν αὐτοῦ σύσκηνον ἐν τῶι πολέμωι γεγονότα.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

performativen – militärischen Erfolg. Im Text wird diese Verbindung sogar noch herausgehoben, obwohl dadurch die chronologischen Fakten verzerrt werden: Zur Zeit des afrikanischen Triumphs war die Adoption Octavians zumindest offiziell noch nicht erfolgt – anders als es Nikolaos darstellt.35 Die Schilderung der Rolle Octavians in Caesars Bürgerkrieg dient somit zu weit mehr als nur zur Entkräftung und Zurückweisung eines möglichen Feigheitsvorwurfes. Stattdessen wird die Gelegenheit genutzt, um bereits von Beginn an die Beziehung zwischen Caesar und Octavian hervorzuheben. Für den Diskurs über die militärische persona des princeps ist dies, wie die weitere Untersuchung des Textes zeigen soll, von zentraler Bedeutung. IV 2.2 Octavian und die Ermordung Caesars Durch das Attentat auf seinen Großonkel gerät Octavian, der sich zu diesem Zeitpunkt im epirotischen Apollonia aufhält, in eine problematische Situation. Der Freigelassene, der den Brief mit der Nachricht von Caesars Tod überbringt, warnt Octavian und seine Begleiter: Groß sei die Gefahr für die Verwandten des Ermordeten, und man müsse zuerst darüber nachdenken, wie man dieser Gefahr entkommen könne: Nicht klein sei die Partei der Attentäter, die jetzt die Anhänger Caesars aus der Stadt vertrieben und töteten.36

Es folgen „intensive Beratungen“, in deren Verlauf verschiedene Möglichkeiten für ein weiteres Vorgehen erörtert werden. Seine Freunde raten ihm, […] sich zum Heer in Makedonien zu begeben, das für den Partherkrieg ausgesandt worden war (es wurde angeführt von Marcus Acilius); mit diesem Heer solle er um seiner Sicherheit willen nach Rom ziehen und sich an den Mördern rächen. Auch die Soldaten würden über das Geschehene wegen ihres Eifers für Caesar empört sein, und das Mitleid werde hinzukommen, wenn das Heer den Knaben gesehen habe. Man erwartete, daß sich Rächer für Caesar erheben würden, diejenigen, denen es zu seinen Lebzeiten sehr gut gegangen sei, die in Ämter befördert und durch ihn zu Reichtum gekommen seien, die große Geschenke besäßen, die zu besitzen sie nie im Traum erwartet hätten.37 35

36 37

Auch in Nikolaosʼ Text ergibt sich ein Widerspruch, da er später die testamentarische Adoption nochmals ausdrücklich erwähnt (Nik. XVII [48] und XVIII [55]). Über den tatsächlichen Zeitpunkt der Einsetzung Octavians als Erbe ist wohl keine endgültige Klarheit zu erlangen. Vgl. jedoch mit guten Argumenten und einer Auseinandersetzung mit den Thesen Schmitthenners (1973) Kienast 2009, 5–8, der zu dem Ergebnis kommt: „Man wird also wohl doch an der Überlieferung festhalten dürfen, wonach Caesar seinen Großneffen schon zu seinen Lebzeiten in auffallender Weise begünstigte und ihn in seinem Testament durch Erbeinsetzung und Adoption als seinen Nachfolger hat empfehlen wollen.“ (8) Nik. XVI (39): μέγα δ΄ εἶναι τὸν κίνδυνον τοῖς τοῦ ἀνηιρημένου συγγενέσι, ὃν δεῖ πρῶτον σκοπεῖν ὅπως διαφεῦξεται· οὐ μικρὰν γὰρ εἶναι μερίδα τὴν τῶν σφαγέων, ὃι τοὺς Καίσαρος ἐλαύνουσί τε καὶ ἀναιτοῦσι. Nik. XVI (41): πολλῆς δὲ σκέψεως γενομένης οἱ μὲν παρήινουν τῶν φίλων ἐπὶ τὸ ἐν Μακεδονίαι στράτευμα χωρεῖν, ὃ προεξεπέπεμπτο ἐπὶ τὸν Παρθικὸν πόλεμον (ἡγεῖτο δ΄ αὐτοῦ Μάρκος Ἀκίλιος) καὶ σὺν αὐτωι ἥκειν τἀσφαλοῦς ἕνεκεν εἰς Ῥώμην ἐπὶ ἄμυναν τῶν σφάγεων· ὑπάρξειν δὲ καὶ τοὺς στρατιώτας ὑπ΄ εὐνοίας τῆς πρὸς ἐκεῖνον τοῖς ἀχθομένους·

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An dieser Stelle tritt erstmals das Rachemotiv in Erscheinung, das sich wie ein roter Faden durch den weiteren Text ziehen wird. Von Bedeutung ist dabei dreierlei: Erstens wird bereits hier eine Verbindung zwischen der Rache für Caesar und der Beziehung Octavians zu den Soldaten hergestellt. Die Bindung an den Großonkel, die ja auch im Text hervorgehoben wird, stellt für die Freunde den Ansatzpunkt zur Gewinnung einer Machtbasis dar, die im Heer für den Partherfeldzug besteht. Dabei wird zunächst die Treue der Soldaten zu Caesar betont, die sich – so lautet zumindest die Argumentation der Freunde – auf Octavian übertragen müsse. Als Grundlage hierfür sehen sie die Herstellung einer affektiven Beziehung zu den Truppen an. Für das im Text angesprochene Mitleid der Soldaten mit Octavian lässt sich jedoch kein objektiver Grund finden. Es geht in dieser Szene folglich nicht so sehr darum, das gewünschte Nahverhältnis zu den Truppen tatsächlich auf eine affektive Basis zu stellen, als vielmehr darum, die Existenz einer solchen Basis zu suggerieren. Die Adressaten einer solchen Argumentation sind nicht die Soldaten selbst, sondern diejenigen, gegen die sie Octavian beistehen sollen.38 Die Verknüpfung von Octavians engem Verhältnis zu Caesar und dem vorgeschlagenen Appell an die Soldaten verfolgt somit zwei Stoßrichtungen: Im Mittelpunkt steht neben der Notwendigkeit der Gewinnung des Heeres auch die Frage, wie man die auf diesem Wege erlangte Machtposition begründen und nach außen hin darstellen könne. Zudem ist in dieser Passage auffallend, dass die Rache nicht das einzige Motiv für die Gewinnung des Heeres darstellt. An erster Stelle nennen die Freunde die Sicherheit Octavians, die ja durch die Schilderung der Gefahren für Caesars Angehörige tatsächlich bedroht erscheint. Aus dem Text geht jedoch nicht deutlich hervor, wie die Verbindung zwischen der Sicherheit Octavians und der Rache für Caesar im Rahmen des Arguments zu denken ist39: So ist es – sprachlich gesehen – durchaus möglich, in der Ausschaltung der Caesarmörder lediglich das Instrument zur Bewahrung von Octavians Leben zu sehen. Die Rache für Caesar wäre somit nicht um ihrer selbst willen von Bedeutung, sondern lediglich ein Mittel zum Zweck. Dass dies (und damit das Rachekonzept seiner Freunde) nicht den Kern des octavianischen Rachegedankens trifft, wird im weiteren Text deutlich. Verbunden mit diesen Überlegungen ist schließlich drittens die Tatsache, dass die Rachethematik an dieser Stelle nicht von Octavian monopolisiert wird. Es wird als selbstverständlich angesehen, dass auch andere Personen ein vitales Interesse daran haben, Rache für den Tod ihres Förderers zu nehmen. Und auch der Vorschlag selbst kommt hier nicht von Octavian, sondern von seinen Beratern. Weshalb dies von Bedeutung ist, wird ebenfalls erst im weiteren Verlauf des Textes

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προσγενήσεσθαι δὲ καὶ τὸν ἀπὸ τοῦ παιδὸς οἶκτον ὀφθέντος τῶι στρατῶι. τιμωροί τε ἔσεσθαι Καίσαρι προσεδόκων [τε] οἳ καὶ ζῶντος ἀπήλαυον τῆς τύχης, εἴς τε ἀρχὰς καὶ πλοῦτον ὑπ΄ αὐτου προηγμένοι δωρέας τε μεγάλας ἔχοντες καὶ οἵας οὐδ΄ ὄναρ ἤλπισαν. Vgl. Botermann 1968, 14–19, die diese Dimension des Rachemotivs im Rahmen des Nikolaos-Textes jedoch nicht berücksichtigt. Die Übersetzung durch Malitz, der das Problem durch Beiordnung umgeht, trifft nicht den Kern des Textes. Malitzʼ Übersetzung wird der Mehrdeutigkeit des griechischen ἐπὶ, das in Verbindung mit dem Akkusativ eben sowohl lokal oder temporal wie auch kausal übersetzt werden kann, nicht gerecht.

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deutlich: Die Diskussionen in Apollonia enden mit der Aussage, die Zeit sei noch nicht reif für solch weitreichende Aktionen, wie sie die Freunde Octavians mit ihrem Racheplan vorsehen, denn […] für einen ziemlich jungen Mann schien dies schwierig zu sein, und in seinem gegenwärtigen Alter und seiner Unerfahrenheit eine zu große Aufgabe, zumal auch die Gesinnung des Volkes ihm gegenüber noch unklar war und ihm viele Feinde auflauerten. Dieser Vorschlag setzte sich also nicht durch.40

Diese Begründung erweist sich jedoch als oberflächlich. In einer Rede an die Soldaten, die Octavian unmittelbar vor seinem Aufbruch nach Italien hält, legt er seine wahren Motive dar: Aus dem Heer kamen nicht wenige Reiter und Fußsoldaten, Militärtribunen und Zenturionen zu ihm; sehr viele kamen, um ihm zu dienen, andere aber auch aus Eigennutz. Manche rieten ihm damals, zu den Waffen zu greifen, und versprachen, mit ihm zusammen in den Krieg zu ziehen und andere zum Kampf für die Rache an Caesars Tod zu gewinnen. Er lobte sie, sagte aber, daß er sie gegenwärtig nicht brauche; wenn er sie aber zur Rache aufriefe, dann sollten sie bereit sein. Sie aber gehorchten.41

Es ist nicht sein jugendliches Alter, das Octavian davon abhält, bereits jetzt mittels des Rachemotivs auf die Ressourcen der makedonischen Legionen zuzugreifen, die diese ihm sogar selbst anbieten. Vielmehr kommt es ihm darauf an, selbst eine bewusste Entscheidung zu treffen. Nicht die Soldaten oder die Berater sind es, die den „Startschuss“ zur Rache an den Caesarmördern geben, sondern Octavian selbst. Hier zeigt sich, dass Octavian das im Text bereits hervorgehobene enge Verhältnis zu Caesar durchaus dafür nutzt, sich eine Machtposition zu konstruieren, die wesentlich auf guten Beziehungen zu den Soldaten basiert. Gleichzeitig wird jedoch betont, dass es hierbei einzig und allein auf Octavian selbst ankomme, auf seine Ziele, Absichten und Strategien42: Das Rachemotiv wird personalisiert. IV 2.3 Octavians Überlegungen zum caesarischen Erbe Bei seiner Ankunft in Italien findet Octavian eine für ihn nicht ungünstige Situation vor – so suggeriert es zumindest der Text des Nikolaos. Zunächst trifft er auf Römer, die Caesars Begräbnis miterlebt haben und die ihm auch über das Testament 40 41

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Nik. XVI (42): […] ταῦτα δυσχερῆ ὑπεφαίνετο ἀνδρὶ κομιδῆ νέωι καὶ μεὶζω ἢ κατὰ τὴν παροῦσαν ἡλικίαν τε καὶ ἀπειρίαν, ἄλλως τε καὶ ἀδήλου ἔτι οὔσης τῆς τῶν πολλῶν διανοίας καὶ πολλῶν ἐφεστώτων ἐχθρῶν. οὐκ ἐκράτει οὖν ἧδε ἡ γνώμη. Nik. XVII (46): ἦλθον δ΄ ὡς αὐτὸν ἐκ τῆς στρατιᾶς οὐκ ὀλίγοι ἱππεῖς τε καὶ πεζοί, χιλίαρχοι τε καὶ ἑκατοντάρχαι ἄλλοι τε πάμπολλοι θεραπείας χάριν, οἱ δὲ κατ΄ ἰδίας χρείας· οἳ τότε παρήινουν ἐπὶ τὰ ὅπλα χωρεῖν καὶ αὐτοὶ ὑπισχνοῦντο συστρατεύσειν τε καὶ ἄλλους προσποιήσειν ἐπεξιόντας τὸν Καίσαρος θάνατον. ὁ δ΄ ἐπαινέσας αὐτοὺς οὐθὲν δεῖν ἔφη ἐν τῶι παρόντι· ὅταν μέντοι καλῆι ἐπὶ τὴν τιμωρίαν, ἠξίου ἑτοίμους εἶναι. οἱ δ΄ ἐπείθοντο. Dagegen will Botermann 1968, 16 in der Reaktion Octavians auf das Hilfsangebot der Soldaten lediglich eine bewusste Akzeptanz der Tatsache sehen, dass Octavian sich nicht zum Führer aufrührerischer Soldaten machen konnte.

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des Diktators und über seine darin vorgenommene Adoption berichten.43 Über die Lage in Rom erfährt Octavian: Am ersten und zweiten Tag [nach dem Attentat], als die Freunde Caesars noch am Boden zerstört gewesen wären, hätten sich ihnen [d. h. den Caesarmördern] viele angeschlossen; als aber die Kolonisten aus den benachbarten Städten, die Caesar angesiedelt und den Städten zugeteilt habe, in großer Zahl zu Lepidus, dem magister equitum, und zu Antonius, dem Mitconsul Caesars, gekommen seien und versprochen hätten, seine Ermordung zu rächen, da seien die meisten auseinandergelaufen.44

Unabhängig von allen Überlegungen Octavians – so scheint es zumindest – stellt die Rache an den Caesarmördern die entscheidende Motivation für die Veteranen des Diktators dar.45 Wenn sich also Octavian dazu entschließt, die Rolle des Caesarrächers anzunehmen, kann er auf ein großes Ressourcenreservoir zurückgreifen. Auch hier schwingt im Hintergrund mit, dass es vor allem auf eine bewusste Entscheidung des jungen Mannes ankommt. Ob er die sich ergebenden Möglichkeiten nutzt, liegt in seiner Hand, insbesondere da sich ein ernsthafter Konkurrent bereits selbst diskreditiert: Alle diese Leute [d. h. die Attentäter und ihr Gefolge] seien freilich wenig später das Kapitol heruntergestiegen, weil Antonius, der schon großen Einfluß besäße und gegenwärtig die Vergeltung für Caesar nicht weiterverfolgen würde, ihnen freies Geleit zugesichert hätte.46

Antonius handelt dabei explizit gegen den Willen des römischen Volkes – und natürlich auch gegen den der Veteranen, für deren Rachewunsch er ja eine der ersten Anlaufstationen darstellt. So berichten die Boten Octavian weiter: Auch die Häuser der Caesarmörder seien vom Volk belagert worden, ohne daß es einen Anführer gegeben habe, weil das Volk selbst wegen seiner Zuneigung für Caesar über den Mord erbittert war, und ganz besonders in dem Augenblick, da es sein blutgetränktes Gewand gesehen

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Nik. XVII (48). Nik. XVII (49): τῆι τε πρώτηι ἡμέραι καὶ δευτέραι καταπεπλημένων ἔτι τῶν Καίσαρος φίλων, πολλοὺς αὐτοῖς προσέχειν, ἐπεὶ δ΄ οἱ ἐκ τῶν περιοικίδων πόλεων κληροῦχοι, οὓς ἐκεῖνος κατώκισέ τε καὶ ταῖς πόλεσιν ἐγκατέστησεν, ἧκον παμπληθεῖς ὡς τοὺς περὶ Λέπιδον τὸν ἱππάρχην καὶ Ἀντώνιον τὸν συνύπατον Καίσαρος, ἐπεξιέναι αὐτοῦ τὸν φόνον ὑπισχουμένους, σκεδασθῆναι τοὺς πολλούς […]. In der Forschung wird dies oftmals kritiklos akzeptiert (vgl. u. a. Aigner 1974, 76–81, Alföldi 1978, 68 sowie Keaveney 2007, 47), wobei man sich vor allem auf die Schilderung Appians stützt, der berichtet, die Veteranen und Soldaten seien von sich aus zu Octavian gekommen, hätten Rache an den Mördern ihres Patrons gefordert und ihn gebeten, sie dabei anzuführen (App. civ. 3,41). Botermann 1968, 17 weist zwar darauf hin, dass Nikolaos „die Akzente seiner Darstellung wesentlich anders [setzt]“ und Octavian selbst sowie seine Entscheidungen in den Fokus rückt. Sie verfolgt dies jedoch nicht weiter, sondern betont: „Appians Bericht ist an dieser Stelle unbedingt vorzuziehen.“ Die Bedeutung des Nikolaos-Textes im Rahmen der augusteischen Selbstdarstellung wird hier vollkommen übergangen. Nik. XVII (50): καὶ τούτους μέντοι ὀλίγον ὕστερον καταβῆναι πάντας ἐκ τοῦ Καπιτωλίου πίστεις λαβόντας παρὰ Ἀντωνίου δύναμιν ἤδη μεγάλην ἔχοντος καὶ διαμεθιέντος ἐν τῶι παρόντι τὴν ὑπὲρ Καίσαρος ἐπέξοδον […].

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht habe, und wie der Leichnam des gerade Ermordeten zum Begräbnis gebracht wurde; da habe das Volk den Leichnam unter Gewaltanwendung mitten auf dem Forum begraben.47

Die Kontrastierung von Volkszorn und Verhalten des Antonius wird noch hervorgehoben durch die Reaktion Octavians, als er von diesen Vorgängen erfährt: „Als Octavian davon hörte, brach er in Tränen und Klagen aus, in Erinnerung an Caesar und an seine Liebe zu ihm, und trauerte erneut.“48 Der Boden für eine Übernahme der Rächerrolle durch Octavian scheint somit bereitet – was fehlt, ist seine Entscheidung. An dieser Stelle wird ein weiteres zentrales Motiv des Textes ins Spiel gebracht, das – ebenso wie das Rachethema – bereits in der eingangs des Kapitels zitierten Sueton-Passage eine entscheidende Rolle spielt: die Rechtmäßigkeit der Position und der Ansprüche Octavians. Teil der Entscheidung, die Rächerrolle zu übernehmen, war die Frage, ob Octavian das Erbe Caesars überhaupt akzeptieren solle.49 Sein Stiefvater Philippus rät dem jungen Mann davon ab, damit ihn nicht das gleiche Schicksal ereile wie den Diktator. Octavian wußte zwar, daß Philippus dies gut meinte, doch war er anderer Meinung. Er schmiedete bereits große Pläne und war voller Zuversicht, obwohl er dabei Mühen und Gefahren auf sich nahm und die Feindschaft seiner Gegner auf sich zog, denen er nicht gefallen würde mit seiner Weigerung, auf einen solchen Namen und auf eine solche Machtstellung zu verzichten, zumal das Vaterland ihn ermutigte und ihn zur Übernahme der väterlichen Ehren aufrief, die ihm von Rechts wegen zustünden; denn sowohl aufgrund seiner Verwandtschaft als auch aus gesetzlichen Gründen stünden ihm als nächstem Verwandten und adoptiertem Sohn diese Ämter zu. Dies durchzusetzen und Caesar zu rächen, der so viel erlitten hatte, das schien ihm der gerechteste Weg zu sein.50

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Nik. XVII (50): πολιορκηθῆναι δ΄ αὐτῶν ὑπὸ τοῦ δήμου καὶ τὰς οἰκίας, ἡγεμόνος μηδενὸς ἐφεστῶτος, ἀλλ΄ αὐτοῦ τοῦ πλήθους ὑπὸ τῆς περὶ Καίσαρα εὐνοίας δυσχεραίνοντος τὸν φόνον, καὶ μάλιστα ἐπειδὴ τήν τε ἐσθῆτα εἶδεν ἡιμαγμένην καὶ σῶμα νεοσφαγὲς ἐκκομιζόμενον εἰς ταφήν, ὅτε καὶ βιασάμενος θάψειεν αὐτὸ ἐν μέσηι ἀγορᾶι. Nik. XVIII (51): ταῦτα ὡς ἤκουσε Καῖσαρ ὁ νέος, εἴς τε δάκρυα καὶ οἶκτον ὑπὸ μνήμης τἀνδρὸς καὶ φιλοστοργίας ἐρρύη, καινότερόν τε τὸ πένθος ἐποίει. Vgl. hierzu Kienast 2009, 9: „Mit der Übernahme der Erbschaft erwuchsen aber dem Oktavian nicht bloß materielle, sondern auch moralische Verpflichtungen, darunter in erster Linie die Aufgabe, Rache zu nehmen an Caesars Mördern. Die in neueren Arbeiten gelegentlich erhobene Frage, wie Oktavian wirklich zu seinem ‚Vater‘ Caesar stand, ist dabei sicherlich falsch gestellt. Die Rache für Caesars Ermordung war für den jungen Oktavian eine Verpflichtung der pietas, der er gar nicht ausweichen konnte, selbst wenn er es gewollt hätte.“ In Anbetracht der hier angestellten Überlegungen erscheint diese Sichtweise nicht vollkommen zutreffend. Natürlich ergab sich aus dem Testament die Verpflichtung zur Rache. Die Rächerrolle war aber nicht ausschließlich eine Folge der Annahme des Erbes, sondern spielte in der Selbstdarstellung Octavians von vornherein eine entscheidende Rolle. Vgl. auch Gotter 1996, 57 f. mit einem Überblick über die unterschiedlichen Forschungsmeinungen zum „Danaergeschenk“ Caesars. Nik. XVIII (53): ὁ δὲ Καῖσαρ ἤιδει μὲν ὑπ΄ εὐνοίας ταῦτα παραινοῦντα, ἐγίνωσκε δε τἀναντία, μεγάλα ἐπινοῶν ἤδη καὶ φρονήματος μεστὸς ὤν, ποιούμενος δε ἴδια πόνον καὶ κίνδυνον ἢ ἀνδρῶν ἀπέχθειαν, οἷς οὐκ ἔμελλεν ἀρεστὸς φανεῖσθαι, τοσοῦδε ὀνόματος καὶ ἀρχῆς παραχωρήσειεν ὁτωιοῦν, ἄλλως τε καὶ τῆς πατρίδος συμπροθυμουμένης καὶ ἐπὶ τὰς πατρώιους τιμὰς καλούσης αὐτὸν ἐκ τοῦ δικαιοτάτου· καὶ γὰρ φύσει καὶ νόμωι τάς ἀρχὰς αὐτῶι προσήκειν

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Für die Selbstdarstellung Octavians bzw. des Augustus ist diese Stelle von entscheidender Bedeutung. Hier werden zwei zentrale Motive sowohl der augusteischen Legitimationsstrategien als auch der Kritik am princeps verarbeitet: Rache und Rechtmäßigkeit.51 Wie bereits in der Untersuchung der Sueton-Passage über den Perusinischen Krieg angeklungen ist, kam der Verknüpfung dieser beiden Motive eine Schlüsselfunktion im Rahmen der Selbstdarstellung des Herrschers zu. In den Überlegungen über die Annahme des Erbes und die Adoption bei Nikolaos lassen sich daher grundlegende Linien der Auseinandersetzung des Augustus mit seiner eigenen Vergangenheit in den späten 20er-Jahren nachvollziehen: Die Legitimität der Stellung Octavians nach der Ermordung Caesars ergibt sich aus seiner Bindung an diesen. Die Adoption verschafft ihm – so wird im Text betont – in den Augen des Volkes die Rechtsgrundlage für den Griff nach der Macht. Die Ämter und Ehren Caesars stehen seinem Erben von Rechts wegen zu (ἐκ τοῦ δικαιοτάτου). Die Rache für Caesar und die Rechtmäßigkeit jeglicher Ansprüche Octavians werden auf diese Weise untrennbar miteinander verknüpft. Aus eben diesem Grund kann Nikolaos die Adoption Octavians als einen Schlüsselmoment der römischen Geschichte beschreiben: „Für ihn selbst und für alle Menschen war die Adoption der Beginn von viel Gutem, am meisten aber für sein Vaterland und alle Römer.“52 IV 2.4 Octavians Rolle in der Politik nach den Iden des März Diese Verbindung von Rachemotiv und Legitimationsbestrebung ist auch für das weitere Handeln Octavians – so wie es im Text des Nikolaos geschildert wird – die zentrale Triebfeder. Durch die Annahme des Erbes hat Octavian den ersten Schritt zur Übernahme der Macht getan. Doch noch immer ist er nicht bereit, tatsächlich zum Angriff auf die Caesarmörder überzugehen. Stattdessen wiederholt sich die Szene, die sich bereits in Apollonia abgespielt hat: Die Freunde, die bei ihm waren, rieten ihm damals, wie schon in Apollonia, sich zu den Kolonien seines Vaters zu begeben, die Truppen auszuheben und die Soldaten dann mit der Berufung auf die Größe seines Namens zum Feldzug für sich aufzurufen. Die Soldaten würden nämlich der Führung durch Caesars Sohn sehr gerne Folge leisten und zu allem bereit sein; denn sie waren erfüllt von wunderbarer Treue und Liebe zu Caesar und von der Erinnerung daran, was sie zu seinen Lebzeiten zusammen vollbracht hatten. Sie waren beseelt von dem Wunsch, in seinem Namen eine Herrschaft zu erkämpfen, wie sie sie vorher Caesar verschafft hatten.53

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ἄγχιστα τοῦ γένους ὄντι καὶ ὑπ΄ αὐτοῦ κείνου παιδὶ τεθειμένωι· καὶ τὸ ἐπεξελθεῖν δ΄ αὐτῶι καὶ τιμωρῆσαι τοιαῦτα πεπονθότι πάντων εἶναι δικαιότατον. Vgl. Lewis 1993, 676 f., der das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren zwar ebenfalls hervorhebt, ohne es jedoch systematisch zu analysieren. Nik. XVIII (55): […] καὶ αὐτῶι καὶ πᾶσιν ἀνθρώποις ἀρχὴ ἀγαθῶν ἦν, πολὺ δὲ μάλιστα τῆι πατρίδι καὶ σύμπασι τῶι Ῥωμαίων γένει. Nik. XVIII (56): παρήινουν δὲ καὶ τότε αὐτῶι τῶν φίλων ὃι καὶ ἐν Ἀπολλωνίαι χωρεῖν ἐπὶ τὰς ἀποικίας τοῦ πατρὸς καὶ τὰ στρατεύματα συγκροτεῖν, κἀκείνους εἰς τὴν ὑπὲρ αὐτοῦ ἔξοδον ἄλλως τε καὶ τοῦ ὀνόματος μεγάλου * *. ἥδιστα γὰρ καὶ τοὺς στρατιώτας ἡγουμένου τοῦ Καίσαρος υἱέος ἀκολουθήσειν τε καὶ πάντα δράσειν· θαυμαστὴ γάρ τις αὐτοῖς πίστις τε καὶ

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

Auch hier wird wieder die affektive Bindung an den Diktator und seinen Erben als Grundlage für den Aufbau einer Machtposition hervorgehoben. Bezeichnenderweise sind es erneut die Freunde, die dies zur Sprache bringen. Denn für Octavian würde sich aus einer solchen Vorgehensweise ein nicht unerhebliches Problem ergeben: Würde er sich allein auf das Nahverhältnis zu Caesars Veteranen stützen, könnte sich dies negativ auf seine Legitimationsbemühungen auswirken. Als reiner „warlord“ würde er unweigerlich in Konflikt mit der res publica geraten, da seine Stellung jeder Rechtsgrundlage entbehren würde. Folglich wird der Vorschlag der Freunde wiederum abgelehnt – dieses Mal jedoch nicht mit der Begründung, Octavian sei noch zu jung: Aber für dieses Unternehmen schien die Zeit noch nicht reif zu sein. Octavian war bestrebt, die Ehrenämter seines Vaters auf rechtmäßige Weise durch einen Senatsbeschluß zu erlangen, um nicht den Ruf eines Mannes zu bekommen, der mehr ehrgeizig als rechtschaffen sei.54

Die Aussage, die hinter dieser Textpassage steht, ist eindeutig: Obwohl sie die Grundlage seines Aufstiegs bildet, kann die Rache für Caesar allein Octavian nicht zur Macht verhelfen. Der zweite Faktor ist der Senatsbeschluss. Vor diesem Hintergrund erscheint der Erbe Caesars auf der politischen Bühne Roms.55 Die Situation in der Stadt ist geprägt durch die Konflikte der Mächtigen. Vordergründig erscheinen die Fronten zwar eindeutig: Die Attentäter stehen den Caesarianern unter der Führung von Lepidus und Antonius gegenüber, wobei sich keine der beiden Parteien endgültig durchsetzen kann.56 Weit problematischer ist jedoch, dass auch die Anhänger Caesars uneinig über das weitere Vorgehen sind. Nikolaos schildert die Diskussionen zwischen Lepidus, Antonius, Hirtius und den anderen Führern der Partei des ermordeten Diktators, in denen es vor allem um die Frage geht, wie mit den Mördern zu verfahren sei. Lepidus plädiert dafür, Rache an den Attentätern zu nehmen – eine Ansicht, die unter den Anhängern Caesars durchaus verbreitet ist. Gegen den Widerstand des Antonius kann er sich jedoch nicht durchsetzen.57 Obwohl er sich in diesem politischen Klima einem gewissen Risiko aussetzt, tritt Octavian gleich nach seiner Ankunft in Rom demonstrativ als Erbe und Rächer Caesars auf58: Octavian, voller Selbstbewußtsein, fürchtete sich keineswegs und veranstaltete Spiele für das gerade anstehende Fest, das sein Vater zu Ehren der Venus eingerichtet hatte. Er wandte sich,

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εὔνοια ὑπῆρχε πρὸς ἐκεῖνον καὶ μνήμη ὧν συγκατειργάσαντο ζῶντι, πόθος τε ἐπὶ τοῦ ἐκείνου ὀνόματος συναγωνίζειν ἣν αὐτοὶ ἐκείνωι πρότερον περιέθεσαν ἀρχήν. Nik. XVIII (57): ἀλλὰ τῶνδε μὲν οὐδέπω ὁ καιρὸς ἐφαίνετο εἶναι· ἐσπούδαζε νομίμως τὰς πατρίους ἀρχὰς μετὶων γνώμηι συγκλήτου μὴ λαβεῖν δόξαν φιλοτιμουμένου μᾶλλόν περ ἢ νομίμου. Für eine genaue Chronologie der Ereignisse und der einzelnen politischen Schachzüge, auf die im Rahmen dieser Arbeit nicht näher eingegangen werden kann, vgl. Alföldi 1976, 25–30 sowie Gotter 1996, 59–65. Nik. XXVII (102). Nik. XXVII (104–106). Vgl. zum Folgenden Gotter 1996, 75–92 sowie Kienast 2009, 27–37.

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umgeben von einer noch größeren Schar von Freunden, wieder an Antonius und forderte ihn auf, die Aufstellung des Throns mit dem Kranz für seinen Vater zu genehmigen.59

Im heraufziehenden Konflikt mit Antonius, der die Ehrungen für Caesar ablehnt, weiß Octavian die Soldaten seines Adoptivvaters auf seiner Seite, wie im Text an dieser Stelle explizit hervorgehoben wird: Als er nun das Theater betrat, gab das Volk starken Beifall, und auch die Soldaten seines Vaters applaudierten wieder und wieder während der gesamten Vorstellung und gaben damit zu erkennen, wie empört sie darüber waren, daß Octavian an der Erneuerung der Ehrenbeschlüsse für seinen Vater gehindert werde.60

Zwar ist sich Octavian auch weiterhin bewusst, dass er eine formal rechtmäßige politische Basis, sprich: ein Amt, benötigt, um seine Ansprüche durchsetzen zu können. Doch bezeichnenderweise findet nun im Text eine zentrale Schwerpunktverlagerung hinsichtlich der Definition von Rechtmäßigkeit statt: Octavian sah – was für ihn aus der gegenwärtigen politischen Lage auch klar hervorging –, daß er eine politische Stellung brauchte. Er bemerkte, daß auch die Konsuln offen gegen ihn standen, große Macht hatten und noch mehr Macht anstrebten. Denn auch das Aerarium der Stadt, das sein Vater mit viel Geld angefüllt hatte, hatten die Konsuln innerhalb von zwei Monaten nach Caesars Tod unter jedem beliebigen Vorwand geleert und das gesamte Geld inmitten des Aufruhrs herausgeschafft; obendrein waren sie den Caesarmördern freundlich gesonnen. Allein Octavian war noch als Rächer seines Vaters übrig, da Antonius diese Position völlig aufgegeben hatte und stattdessen eine Amnestie für die Caesarmörder befürwortete.61

Erneut sind Rache und Rechtmäßigkeit miteinander verknüpft: Die amtierenden Konsuln – bezeichnenderweise wird Antoniusʼ Name hier von seinem Amt getrennt – sind zum einen auf persönlichen Machtgewinn und individuelle Bereicherung aus, zum anderen vernachlässigen sie die Rache an den Attentätern.62 Diese Aufgabe, die doch eigentlich – so suggeriert es der Text – den formal rechtmäßigen Amtsträgern der res publica zufallen müsste, wird nun zum Monopol eines jungen Privatmannes, der sich jedoch mit einem nicht geringen Problem konfrontiert sieht: So große Heere waren damals versammelt, und so viele Befehlshaber, von denen jeder einzelne für sich den Anspruch auf die gesamte Macht erhob; alles Recht und alle Ordnung waren aufgehoben, und die politischen Entscheidungen fielen entsprechend der Machtfülle, die einer je59 60 61

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Nik. XXVIII (108): Καῖσαρ δ΄ οὐδὲν ὀρρωδῶν ἐκ τοῦ μεγαλόφρονος θέας ἐποίει ἐνστάσης ἑορτῆς, ἣν ὁ πατὴρ αὐτοῦ κατεστήσατο Ἀφροδίτηι. καὶ αὗθις προελθὼν σὺν πελείσιν ἔτι καὶ φίλοις παρεκάλει Ἀντώνιον συγχωρῆσαι τὸν δίφρον μετὰ τοῦ στεφάνου τίθεσθαι τῶι πατρὶ. Nik. XXVIII (108): εἰσιόντα γε μὴν αὐτὸν εἰς τὸ θέατρον ἐκρότει ὁ δῆμος εὖ μάλα καὶ οἱ πατρικοὶ στρατιῶται ἠχθημένοι διότι τὰς πατρώιους ἀνανεούμενος τιμὰς διεκωλύθη […]. Nik. XXVIII (110): ἑώρα τε Καῖσαρ, ὅπερ αὐτῶι ἐκ τῶν τότε παρόντων καταφανὲς γέγονε, προσταςίας δεόμενος πολιτικῆς. ἑώρα δὲ καὶ τοὺς ὑπάτους ἐκ τοῦ φανεροῦ ἀνθεστῶτας ἰσωύν τε πολλὴν ἔχοντας καὶ ἄλλην ἔτι σφίσι προσποιοῦντας. καὶ γὰρ τὸ ταμιεῖον τῆς πόλεως ὃ πολλῶν χρημάτον ὁ πατὴρ αὐτοῦ ἐνέπλησεν, ἐντὸς δυοῖν μηνοῖν ἢ Καίσαρα τελευτῆσαι κενὸν ἐποίησαν καθ΄ ἣν τύχοι πρόφασιν ἐν ἀκατασταςίαι πολλῆι πραγμάτων ἐκφοροῦντες ἀθρόον τὸ ἀργύριον, καὶ τοῖς σφαγεῦσι φίλοι ἦσαν. μόνος δ΄ ἔτι λοιπὸς ἦν Καῖσαρ τιμωρὸς τῶι πατρί, διαμεθέντος Ἀντωνίου τὸ σύμπαν καὶ τὴν πρὸς τοὺς φονεῖς ἀγαπῶντος ἀμνηστίαν. Dabei ist natürlich der gesamte Text des Nikolaos aufgrund seiner Abhängigkeit von der Autobiographie explizit Antonius-feindlich konzipiert; vgl. Gotter 1996, 16.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht weils besaß. Allein Octavian hatte keinen Anteil an irgendeinem Truppenteil, obwohl ihm doch die gesamte Macht gemäß der Befugnis dessen, der sie vorher besessen hatte, und aufgrund der Verwandtschaft rechtmäßig hinterlassen worden war.63

Diese Zeilen erweisen sich für die Analyse der spezifischen Verknüpfung von Rache und Rechtmäßigkeit als Schlüsselstelle. Zunächst fällt auf, dass die hier zitierte Übersetzung den Charakter der Nikolaos-Passage nur unzureichend erfasst: Ist im deutschen Text mehrfach von „Macht“ die Rede, so stellt Nikolaos die Termini δυναστεία und κράτος einander gegenüber und unterscheidet dadurch die Macht der ἄρχοντες von der Macht Octavians. Bezeichnenderweise verwendet Nikolaos dabei mit dem Begriff δυναστεία einen Terminus, der in griechischen Texten oftmals zur Umschreibung der Tyrannis einer kleinen Gruppe oder einer Oligarchie herangezogen wurde und folglich eine dezidiert negative Konnotation aufweisen konnte.64 Die Rechtmäßigkeit der Macht, die Octavians Konkurrenten ausüben, wird auf diese Weise in Zweifel gezogen – selbst wenn es sich bei diesen um reguläre Amtsträger der res publica handelt. Die Tatsache, dass Nikolaos zufolge jeder einzelne dieser Kriegsherren auch noch den alleinigen Anspruch auf die δυναστεία erhob, musste diese Ansprüche notwendigerweise in ein noch negativeres Licht rücken. Wenn Octavians Macht dagegen mit dem Begriff κράτος umschrieben wird, wird dadurch ein explizites Gegenbild zum negativen Machtstreben eines Antonius oder Lepidus entworfen. Octavians entscheidender Nachteil, d. h. das Fehlen einer militärischen Machtbasis, rückt auf diese Weise noch stärker in den Fokus. Den zweiten und entscheidenden Schritt stellt die Definition des κράτος dar, die Nikolaos anfügt: Die Legitimität der Macht Octavians ergibt sich aus der Tatsache, dass sie ihm von Caesar κατά τ΄ ἐξουςίαν […] καὶ συγγένειαν hinterlassen worden sei. Die Dimension einer solchen Aussage muss im Kontext der Auseinandersetzungen nach Caesars Tod und auch der späteren Aufarbeitung der Ereignisse durch den princeps besonders hervorgehoben werden: Zum einen wird hier suggeriert, dass Caesar die Befugnis zugekommen sei, über seine Stellung (die bezeichnenderweise nicht näher definiert wird, wie ja auch im übrigen Text meist von „Ehren“ o. Ä. gesprochen wird) beliebig zu verfügen; zum anderen wird die Verwandtschaft als Kriterium eingeführt, das die Entscheidung Caesars νομίμως, „rechtmäßig“, gemacht habe. Die res publica mit ihren Institutionen spielt in einer solchen Konzeption keine Rolle. Die formale Legitimität des Amtes und das imperium erscheinen hier vor allem als ein Mittel zum Zweck. Die tatsächliche, von der rein formalen Ebene abstrahierende Rechtmäßigkeit politischer Ansprüche wird allein generiert durch verwandtschaftliche Beziehungen und die Rolle Octavians als Erbe Caesars. Die Bindung an den Adoptivvater, aus der sich auch die im Text prominent in Szene

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Nik. XXVIII (113): τοσαῦτα μὲν στρατεύματα ἐν τῶι τότε συνειστήκει, καὶ τοσοίδε ἄρχοντες, αὐτός τις ἕκαστος ἑαυτὸν ἀξιῶν τὴν τῶν ὅλων δυναστείαν ἔχειν, ἀνηιρημένου παντὸς νομίμου καὶ δικαίου, κατ΄ ἰσχὺν δὲ τὴν ἑκάστοις προσοῦσαν τοῦ πράγματος βραβευμένου. μόνος δὲ Καῖσαρ, ὧι τὸ σύμπαν κράτος καταλειπτο νομίμως κατά τ΄ ἐξουςίαν τοῦ πρότερον κεκτημένου καὶ συγγένειαν, ἄμοιρος ὢν δυνάμεως ἡστινοσοῦν […]. Diesen wichtigen Hinweis verdanke ich Nino Luraghi.

IV 2 Rache für Caesar – Nikolaosʼ von Damaskus Augustusvita

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gesetzte Rächerrolle ergibt, wird somit zum Grundstein für Octavians Aufstieg. Die Übernahme der Rächerrolle erweist die Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche. Vor diesem Hintergrund liegt eine Schlussfolgerung besonders nahe: Ebenso rechtens wie seine Macht bzw. seine Ansprüche an sich ist Octavians Entschluss, sich nun die Grundlage für ihre Durchsetzung zu verschaffen – die Unterstützung der Veteranen und Soldaten.65 Dass er damit rechnen kann, wird auch hier nochmals (mit einem Seitenhieb gegen Antonius) hervorgehoben: Danach versammelten sie sich [d. h. die Soldaten in Rom] und tadelten sich gegenseitig noch mehr; sie gingen zum Haus des Antonius – auf diese Soldaten vertraute nämlich auch er – und sprachen hier ganz offen darüber, daß es richtig sei, wenn er sich Octavian gegenüber maßvoller verhielte und sich daran erinnere, was dessen Vater angeordnet habe. Auch für sie selbst sei es nämlich eine Verpflichtung, diese Anordnungen nicht zu übersehen, vielmehr selbst nebensächliche Bestimmungen aus seinem Nachlaß einzuhalten, und ganz gewiß sei es eine Verpflichtung, seinen Sohn nicht zu vergessen, der von ihm als Nachfolger eingesetzt worden sei.66

Auch die Soldaten führen ihre Parteinahme explizit darauf zurück, dass Caesar Octavian zu seinem „Nachfolger“, seinem διάδοχος, ernannt habe. So trifft Octavian nun die oben bereits angesprochene bewusste Entscheidung, sich an die Veteranen Caesars zu wenden und sie auf seine Seite zu ziehen.67 Zentrale Bedeutung kommt dabei sowohl dem Aspekt der ererbten Stellung wie auch dem im Text bis hierhin ausdifferenzierten Rachemotiv zu: Darüber dachte er nach und kam zu der Erkenntnis, daß er sich zu den Kolonien seines Vaters flüchten müsse, wo Caesar Land verteilt hatte und deren Gründer er war; er müsse die Kolonisten an dessen Wohltaten erinnern und Klage führen über das, was Caesar erlitten habe und was er selbst gegenwärtig erleide; damit, meinte er, werde er Helfer gewinnen, und andere könne er auch mit Geldgeschenken auf seine Seite bringen. Allein dieses Vorgehen würde ihm nämlich zugleich Sicherheit und großes Ansehen verschaffen, und er werde damit die Macht seines Hauses erneuern. Denn dies sei um vieles besser und gerechter als von gänzlich Fremden aus der väterlichen Ehrenstellung verdrängt zu werden und dann, wie sein Vater, gegen Gesetz und Recht zugrundezugehen.68 65 66

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Vgl. Bringmann 2007, 45. Zur Rolle der Soldaten und Veteranen in der Politik nach den Iden des März und zur Motivation ihres Handelns allgemein vgl. Gotter 1996, 98 f. sowie gegensätzlich Botermann 1968, 50–54. Nik. XXIX (115): μετὰ δὲ ταῦτα ἀθρόοι γινόμενοι μᾶλλόν τι κατεμέμφοντο σφᾶς, συνιόντες ἐπὶ τὴν Ἀντωνίου οἰκίαν (τούτοις γὰρ κἀκεῖνος ἐθάρρει) καί τινας λόγους ἐποιοῦντο ἐκ φανεροῦ, διότι καλῶς ἔχει μετριώτερον αὐτὸν χρῆσθαι Καίσαρα καὶ μεμνῆσθαι ὧν ἐπέσκηψεν ὁ πατὴρ· καὶ γὰρ αὐτοῖς εὐσεβέστερον εἶναι μὴ περιορᾶν ταῦτα, ἀλλὰ καὶ τὰ τυχόντα τῶν ἐκείνου ὑπομνημάτων διασώζειν, μήτι γε τὸν παῖδα καὶ διάδοχον ἀποδειχθέντα […]. Für Halfmann 2014, 42–48 stellt eine solche bewusste Entscheidung den Schlüssel zum tatsächlichen Verständnis von Octavians Aufstieg dar. Caesar habe seinen Großneffen keineswegs über die Maßen ausgezeichnet und als Nachfolger designiert, wie in der Forschung immer wieder vermutet wird. Vielmehr habe Octavian selbst aus nicht vollkommen zu erschließenden Motiven den Entschluss gefällt, einen „revolutionären Akt“ (46) zu begehen. Vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen muss sich jedoch die Frage ergeben, ob Halfmanns These nicht auf genau der augusteischen Perspektive beruht, die er in anderen Arbeiten zu diesem Themenkomplex nachweisen will (41). Nik. XXXI (131): Ταῦτ΄ οὖν ἐνθυμούμενος ἔγνω χρῆναι φεύγειν ἐπὶ τὰς πατρώιους ἀποικίας, αἷς ἔδωκε τὰς κληρουχίας ὁ πατὴρ αὐτοῦ καὶ οἰκιστὴς ἐγένετο τῶν πόλεων, ὡς ἀναμνήσας τοὺς

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

IV 2.5 Ergebnis Dem Zeugnis Ciceros zufolge bezeichnete Antonius den jungen Octavian bei seinem Erscheinen auf der politischen Bühne als Jungen, „der du alles nur deinem Namen verdankst“.69 Tatsächlich wusste Octavian auch später, wie er diesen Namen und das Verhältnis zu seinem Adoptivvater in Szene zu setzen hatte, um daraus größtmöglichen Gewinn zu ziehen, wie die Analyse der Augustusvita des Nikolaos demonstriert hat.70 Es lassen sich an dieser Stelle einige grundsätzliche Beobachtungen festhalten, die für eine Untersuchung der augusteischen Selbstdarstellung im Rahmen des Diskurses über die eigene militärische persona von Belang sind: Die für die Beschreibung und Bewertung der Person und der Handlungen Octavians zur Zeit der Bürgerkriege zentralen Faktoren sind Rache und Rechtmäßigkeit – ebenso wie in der eingangs zitierten Sueton-Passage.71 Das Konfliktpotential, das ein Zusammenbringen dieser beiden Motive in sich birgt, wird in der Vita des Nikolaos (und man darf davon ausgehen, dass dies auch in der Autobiographie der Fall war) durch bestimmte Schwerpunktsetzungen und durch das Einbringen von narrativen „Scharnierstellen“ gezielt bearbeitet. Zu beobachten ist dabei eine massive Personalisierung der Rächerrolle durch Octavian. Sind es unmittelbar nach dem Attentat noch die Freunde, die ihm zu einer Annahme des Erbes und zu umfassender Vergeltung raten, tritt er am Ende des überlieferten Textes als alleiniger Rächer seines Adoptivvaters auf. Seine Dynamik erlangt dieser Prozess wiederholt nur durch bewusste Entscheidungen Octavians: Er allein entschließt sich zur Annahme des Erbes, auch gegen Widerstände. Er allein nimmt mit dem Erbe auch die Rolle des Caesarrächers ein. Und er allein kommt am Ende zu dem Schluss, dass er sich durch die Gewinnung der Veteranen eine Machtbasis konstruieren muss.72

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ἀνθρώπους τῶν ἐκείνου εὐεργεθίων καὶ ὀδυρόμενος περὶ ὧν ἐκείνός τε ἔπαθε καὶ αὐτὸς πάσχει, λάβοι βοητούς, τοὺς δὲ καὶ χρημάτων δόσει προσαγάγοιτο. τοῦτο γὰρ αὐτῶι μόνον καὶ τἀσφαλὲς ἅμα καὶ εὔκλειαν μεγάλην παρέξειν, ἀνασώσεσθαι ἀνόμως τε καὶ τὸ τοῦ οἴκου κράτος· πολὺ γὰρ ἄμεινον εἶναι καὶ δικαιότερον μᾶλλόν περ ἢ ὑπὸ τῶν μηδὲν προσηκόντων περιωθούμενον τῆς πατρώιας τιμῆς ἔτι καὶ προσαπολέσθαι ἀνόμως τε καὶ ἀδίκως ὃν τρόπον καὶ ὁ πατὴρ. Cic. Phil. 13,25: […] qui omnia nomini debes. Selbst wenn man wie Dobesch 1978, 116 und 118 hervorhebt, dass der Text des Nikolaos keineswegs eine bloße Übertragung der Autobiographie ins Griechische sei, muss dennoch konstatiert werden, dass die hier aufgezeigten Grundlinien (bei aller möglichen Ausschmückung durch den Biographen) bereits im Text des Augustus vorhanden gewesen sein müssen; vgl. auch Donié 1996, 69 sowie (ohne Bezugnahme auf die Nikolaosvita) Bringmann 2014, der die Rolle der Ressourcen hervorhebt, die Octavian durch das Erbe erlangte. Zumindest für den überlieferten Teil der Augustusvita muss dabei die Aussage Gabbas zurückgewiesen werden, es gehe Nikolaos hauptsächlich um die Themen Frieden und Stabilität (vgl. Gabba 1984, 63). Eine solche Herangehensweise dürfte die tatsächlichen Überlegungen Octavians im Jahr 44 durchaus wiedergegeben haben (vgl. Gotter 1996, 62), insbesondere da die Rächerrolle im politischen Konkurrenzkampf keineswegs von ihm allein instrumentalisiert wurde. Dies demonstriert exemplarisch der Brief des Antonius an die senatorischen Feldherren, den Cicero in der dreizehnten Philippica (22–48) überliefert; vgl. Bringmann 2007, 52–54.

IV 2 Rache für Caesar – Nikolaosʼ von Damaskus Augustusvita

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Die Rechtmäßigkeit der politischen Ansprüche Octavians wird dabei immer wieder auf das Engste mit seiner Bindung an Caesar und der sich daraus ergebenden Rächerrolle verknüpft.73 Die Rolle des rächenden Nachfolgers versetzt ihn in die Lage, Forderungen nicht nur zu stellen, sondern sie auch durchzusetzen. Unterstützung erhält er dabei stets von den Soldaten und Veteranen seines Adoptivvaters, die ihm später auch zum Sieg gegen die Caesarmörder und am Ende gegen Antonius verhelfen werden. Nikolaos macht hier keinen Hehl daraus, dass es die militärische Machtposition ist, die die Basis für Octavians politische Macht und seine Stellung im Staat bildet. Damit wird ein Motiv wieder aufgegriffen, das Octavian selbst bereits im Rahmen seines Dreifachtriumphs im Jahr 29 v. Chr. explizit anführte.74 Gerechtfertigt wird dies durch die Kritik an den streng formal gesehen „rechtmäßigen“ Entscheidungsträgern und der politischen Elite. Diejenigen, denen die Rächerrolle von Amts wegen eigentlich zukommen würde, vernachlässigen diese aus reinem Eigennutz. Sie vernachlässigen sogar die res publica selbst, um ihre Macht zu sichern und sich materiell zu bereichern. Wahre Rechtmäßigkeit, so scheint es am Ende des überlieferten Textes, ist verbunden mit der Nachfolge in den „Ehrenstellungen“ Caesars und mit der tatsächlichen Annahme der Rächerrolle. Damit kommt einzig Octavians Machtstellung auf legitimem Wege zustande. Geht man davon aus, dass sich Nikolaos an der Autobiographie bzw. an der Selbstdarstellung des princeps orientiert hat, ist auffallend, dass Octavian selbst diese Konzeption offenbar auch noch nach dem in der Forschung immer als wegweisend bezeichneten Jahr 27 v. Chr. vertreten hat – Augustus identifizierte sich nach der demonstrativen Rückgabe des Staates an Senat und Volk noch immer mit dem Octavian der Bürgerkriege.75 Der Sieger von Actium propagierte auch als alleiniger Machthaber noch immer massiv die Rolle des Caesarrächers: keine Spur der augusteischen auctoritas-Ideologie der Res Gestae. Zu fragen ist daher nun, wie sich das Verhältnis von Rache und Rechtmäßigkeit im Rahmen der augusteischen Selbstrepräsentation im Laufe seiner Herrschaft als princeps wandelte. Das Jahr 27 war offenbar – zumindest für diesen Bereich der Selbstdarstellung, der für den Diskurs über die militärischen persona von zentraler Bedeutung war – nicht ausschlaggebend. 73

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Vgl. Kober 2000, 94 f.; dagegen Ramage 1985, 229, der feststellt, im Text des Nikolaos stehe vor allem die Rechtmäßigkeit der Machtstellung Octavians im Mittelpunkt. Ramage sieht darin den Ausdruck einer generellen Strategie der Abgrenzung von Caesar, die Octavian (auch als Augustus) verfolgt haben soll. Gegen eine solche Sichtweise spricht jedoch gerade der Befund der Vita des Nikolaos; zum Umgang des Augustus mit Caesar s. o. S. 46-50. S. hierzu Kap. III 2.1. Dass auch die Zeitgenossen sich mit Blick auf die realen Machtverhältnisse keiner Illusion hingaben, zeigt eine Äußerung Ciceros: „Denn man treibt sein Spiel mit uns, Brutus, die Soldaten mit ihrer Zügellosigkeit, die Feldherrn mit ihrer Anmaßung; jeder beansprucht soviel Einfluß im Staate, wie seine Stärke ihm verschaffen kann […].“ (Cic. ad Brut. 12,3: illudimur enim, Brute, tum militum deliciis tum imperatorum insolentia; tantum quique se in re publica posse postulat, quantum habet virium […].) Wallmann 1989, 160 stellt dagegen fest: „Das Rachemotiv hatte indes seine Bedeutung nach dem Sieg über die Caesargegner eingebüßt. Als Oktavian in den Konflikten von Perusia und Brundisium erneut auf dieses Mittel zurückgriff, blieben seine Bemühungen weitgehend wirkungslos.“

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

IV 3 MARS ULTOR – RACHE UND STAAT In der Schlacht gegen die Caesarmörder, so schreibt Sueton in seiner Augustusvita, habe Octavian Mars Ultor, dem rächenden Mars, einen Tempel gelobt.76 Der Name des Gottes legt nahe, dass wiederum das Rachemotiv von Bedeutung ist, das auch im Text des Nikolaos von Damaskus im Mittelpunkt stand. In diesem Abschnitt soll daher anhand einer Untersuchung des Tempels und der mit ihm verbundenen Aussagen überprüft werden, wie sich das Verhältnis von Rache und Rechtmäßigkeit 25 Jahre nach der Etablierung des Prinzipats entwickelt und gegebenenfalls gewandelt hatte. Das Forum Augustum und insbesondere der Tempel des Mars Ultor werden in der Forschung vielfach als das „Meisterwerk“77 der augusteischen Baupolitik angesehen78 – sowohl in künstlerischer wie in ideologisch-politischer Hinsicht.79 Hier zeigte sich Tonio Hölscher zufolge am deutlichsten die völlige Vereinnahmung der oberschichtlichen Bautätigkeit durch den princeps.80 Nicholas Purcell sieht in dem Bauwerk einen der Ausgangspunkte für die zunehmende Kontrolle der symbolischen Topographie Roms durch das Kaisertum.81 Aus diesem Grund zog der Komplex aus Tempel und Forum seit jeher das Interesse der Forschung auf sich. Im Fokus standen dabei neben der reinen Beschreibung und Auswertung des archäologischen Befundes auch immer wieder die mit dem Bauwerk und insbesondere mit der Statuenausstattung verknüpften Aussagen.82 Zwei grundlegende Ergebnisse dieser Beschäftigung, die auch für die dieser Arbeit zugrunde liegende Fragestellung von Bedeutung sind, lassen sich festhalten: Zum einen ist das Bildprogramm des Forums vollkommen und in höchst spezifischer Weise auf Augustus zugeschnitten.83 Zum anderen ist das Rachemotiv in zwei 76 77 78 79

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Suet. Aug. 29,2: aedem Martis bello Philippensi pro ultione paterna suscepto voverat […]. Zanker 1968, 26. Vgl. u. a. Spannagel 1999, 9. Favro 2005, 246 nennt das Forum auch „atrium of the State“. Zum politischen Gehalt des augusteischen Bauprogramms vgl. Kienast 2009, 408–449 sowie Zanker 2003 und Favro 1996. Prägnant formuliert Andrew Wallace-Hadrill: „In embellishing Rome as befitted the ‚majesty‘ of an imperial city, he made the city a showplace of Rome’s power in the world, and of his own power in Rome. In so doing, he transformed the function of the city. […] Augustus’ Rome is still a Rome in transition: it begins with the restoration of little temples, and little names, of the past; it ends with the monumental celebration of a dynasty. The restoration of the old only provided the foundations for the new.“ (Wallace-Hadrill 2005a, 62.) Vgl. Hölscher 2000, 254. Vgl. Purcell 1996, 790 f. Zu den rein archäologischen Aspekten vgl. Ganzert 1996 und (in der Auswertung des Befundes allerdings unbefriedigend) 2000. Zum Statuenprogramm des Forums noch immer grundlegend Zanker 1968 sowie Spannagel 1999; vgl. auch Anderson 1984, 80–88. Eine zusammenfassende Beschreibung geben Ganzert/Kockel 1988. Dies hebt bereits Zanker 1968, 26 hervor: „Als ganzes verstanden enthüllt das Bildprogramm wie kein anderes augusteisches Monument die unumschränkte Machtstellung des Princeps. Seine Gestalt steht überragend im Zentrum aller Bezüge.“ Vgl. auch Zanker 2003, 196–217. Symbolisiert wird dies vor allem durch die in der Mitte des Platzes aufgestellte Quadriga mit dem Titel pater patriae; hierzu Kap. V 4.3. Der Machtaspekt bildet den zentralen Punkt der Aussage des Bildprogramms. Versuche, diesen Faktor nur als einen unter vielen darzustellen

IV 3 Mars Ultor – Rache und Staat

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verschiedenen Kontexten grundlegend für die politisch-ideologische Aussage des Bauwerks84: Einerseits wird wiederum die Rache an den Caesarmördern verarbeitet, wie auch die eingangs dieses Abschnitts zitierte Sueton-Passage über das Votum verdeutlicht. Andererseits geht es um Rache für die Niederlagen der Römer im Krieg gegen die Parther: Die Feldzeichen, die Crassus und Antonius im Osten verloren hatten und die Augustus 20 v. Chr. auf diplomatischem Wege wieder erringen konnte, werden nach der Einweihung des Tempels hier ausgestellt.85 Aus diesem Grund betont Valentin Kockel: „In dem neuen Tempel auf dem Augustusforum verbanden sich Staatsrache, private Rache und Triumph und bezogen sich mittels der Statuengalerie in direkter Weise auf Augustus.“86 Trifft diese Aussage zwar im Grunde zu, erweist sie sich bei genauerer Betrachtung im Hinblick auf das Rachemotiv und seine Ausgestaltung allerdings als unzureichend. Wie im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, kommt es auf die spezifische Verbindung von Rache und Rechtmäßigkeit an, auf die Scharnierstellen und Anknüpfungspunkte. Den expliziten Bezug des Tempels und seiner Vorgeschichte auf die Rachethematik hat auch Martin Spannagel in seiner Untersuchung des Augustusforums hervorgehoben87 und dabei ausgehend von Überlegungen zum Baubeginn die Frage aufgeworfen, welches der beiden Rachemotive für die Konzeption des Tempels bestimmend gewesen sein mag: Bei einem frühen Baubeginn wäre der Tempel im Augustusforum zunächst allein als Denkmal der Rache für Caesar konzipiert gewesen und diese Konzeption erst nachträglich auf das zweite Thema ausgeweitet worden, bei einem späten Beginn aber wäre von vornherein der Verweis auf die Rache an den Parthern implizit gewesen, ja dieser Aspekt hätte möglicherweise sogar den eigentlichen Anstoß zu der Stiftung gegeben.88

Spannagel geht davon aus, das Thema der Rache für Caesar sei „offenbar sekundär“ gewesen.89 Im Mittelpunkt habe der Parthersieg gestanden, das Forum und der Tempel seien erst nach 20 v. Chr. überhaupt geplant worden.90 Das Caesar-Motiv sei le-

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und stattdessen die Erziehungsfunktion der Bildersprache in den Vordergrund zu rücken, wie es beispielsweise J. Geiger tut, werden dieser Aussage nicht in vollem Maße gerecht (vgl. Geiger 2008). J. Scheid spricht sich sogar für eine dreifache Dimension des Rachemotivs aus und bezieht auch den Bürgerkrieg gegen Antonius mit ein (vgl. Scheid 1992, 127). Eine Betrachtung der entsprechenden augusteischen Propaganda während des Bürgerkriegs und der Bearbeitung des Sieges im Bürgerkrieg zeigt jedoch, dass dieser Konflikt auf andere Art und Weise dargestellt wurde. Schwerpunkt war hier gerade nicht wie beim Krieg gegen die Caesarmörder das Rachemotiv. Hierzu s. Kap. VI 2.3. Ganzert/Kockel 1988, 157. Ebenso Kienast 2009, 242. Vgl. Spannagel 1999, 12. Ebd., 62. Ebd. Anders Siebler 1988, 150, der nicht die Rache für Caesar, sondern die Rache für die Niederlage bei Carrhae „als die zeitlich und entwicklungsmäßig spätere“ ansieht; ebenso Anderson 1984, 67. Vgl. Spannagel 1999, 72. Im weiteren Verlauf präzisiert Spannagel seine Datierung auf das Jahr 17 v. Chr., das Jahr der Adoption der Agrippa-Söhne (vgl. ebd., 79–83).

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

diglich aus Gründen der „Propagierung einer Dynastie“ hinzugetreten.91 Dass diese These kritisch hinterfragt werden muss, lässt sich exemplarisch an einem seiner Argumente verdeutlichen: Bezüglich des Votums von Philippi nimmt Spannagel an, […] daß es sich bei diesem Votum von dem uns bezeichnenderweise nur im Zusammenhang mit dem fertigen Tempel, nicht aber in unabhängigen Schilderungen der – von den Siegern angeblich sogar im Zeichen des Apollo geführten – Schlacht von Philippi berichtet wird, um eine nachträgliche, erst für den Tempel im Augustusforum geschaffene Fiktion handelt.92

Die tatsächliche Historizität des Votums wird sich wohl nicht mehr ermitteln lassen. Doch selbst wenn Octavians Gelübde lediglich ben trovato wäre, würde sich gerade darin zeigen, dass die Rache für Caesar eben kein Sekundärmotiv war – und sie schon gar nicht, wie mitunter vorgebracht wurde, ganz hinter die Rache für die Niederlage bei Carrhae zurückgetreten war.93 Gerade wenn die Episode bei Philippi nur für den Tempelbau erfunden wurde, wird die Rolle Caesars und mit ihr die Rolle Octavians als Rächer seines Adoptivvaters besonders deutlich thematisiert. Spannagels Erklärung, die Motiverweiterung habe ausschließlich aus dynastischen Gründen stattgefunden, kann somit nicht überzeugen. Vielmehr zeigt sich in Verbindung mit den Überlegungen aus dem vorigen Abschnitt, dass es sich hier um eine weitere Stufe der Bearbeitung der augusteischen Bürgerkriegs-persona handelt. Der Tempel des Mars Ultor stellte ein weiteres und neuartiges Bindeglied zwischen Rache und Rechtmäßigkeit dar: Tempel und Forum führten die Stellung des princeps im Staat vor Augen, hier wurde der Anspruch auf die Rechtmäßigkeit dieser Position geradezu überdeutlich formuliert.94 Dabei hatten sich die Grundlagen des Legitimitätsanspruchs verändert: Die Rache für Caesar und die Rache für den römischen Staat standen nun auf einer Stufe; erstere bildete nicht mehr – wie noch in der durch Nikolaos erhaltenen Autobiographie – die alleinige Basis für die Rechtmäßigkeit der Stellung des Augustus im Staat. Neben die Stilisierung als Rächer Caesars traten nun Faktoren wie die Sieghaftigkeit im Dienst des römischen Staates und eine quasi dynastische Legitimierung – symbolisiert in den Statuengalerien des Forums.95 91 92

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Ebd., 85, wo es weiter heißt: „Die zunächst als Grundlage seiner Herrschaft erscheinende persönliche ‚Leistung‘ des Princeps wurde somit überlagert durch den Gedanken an eine erbliche Sukzession.“ Das Bildprogramm insgesamt fügt sich laut Spannagel in diese Konzeption ein. Ebd., 73. Spannagel folgt mit dieser Meinung im Grundsatz den Thesen S. Weinstocks, der die Historizität des Gelübdes ebenfalls anzweifelt (vgl. Weinstock 1971, 128–132). Dagegen jedoch bereits Wallmann 1977 sowie Siebler 1988, 144–150. Auch Kienast 2009, 241 hält das Votum für historisch. So jedoch u. a. Donié 1996, 16 f. sowie Hahn 1985, 25. Gegen diese Sichtweise hat sich zu Recht bereits White 1988, 339 gewandt. E. Flaig entwirft anhand des Augustusforums gar eine komplexe Verweisstruktur des dort sich manifestierenden Rachemotivs und kommt zu dem Schluss: „Die Rache wird zum Gründungsakt der Monarchie.“ (Flaig 2009, 212.) Vgl. u. a. Kienast 2009, 244: „Die enge Verflochtenheit des Augustus und seiner Dynastie mit dem Staat wurde damit einmal mehr eindrucksvoll verdeutlicht.“ Vgl. Zanker 2003, 213: „Die beiden Statuengalerien begründeten die Stellung der Familie des Princeps also mit ihrem einzigartigen historischen Rang. Die jahrhundertelange Konkurrenz der großen Familien mit ihrem Auf und Ab und die geringe Bedeutung der Julier vom 4. bis 2.

IV 4 Der princeps und der Kriegsherr – Res Gestae

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Und dennoch: An dieser Stelle wurde keineswegs eine Kehrtwendung in der Selbstdarstellung vollführt. Obwohl im Mars-Ultor-Tempel und dem dazugehörigen Forum eine neue Komponente der Selbstdarstellung betont und die Augustus-Rolle mit allen ihren Aspekten (civilitas principis, pater patriae, dynastisches Prestige etc.) verstärkt hervorgehoben wurde, war Octavian noch immer präsent. Auch hier identifizierte sich Augustus noch immer mit seiner Bürgerkriegsvergangenheit. Dies geschah jedoch bei weitem nicht mehr so ausschließlich, wie es noch bei der Abfassung der Autobiographie der Fall gewesen war. Das Rachemotiv wurde nicht geleugnet, selbst wenn es in seiner Bedeutung zurückgenommen wurde – genauso (und dies ist für den Diskurs über die militärische persona des princeps entscheidend) wie die mit diesem Motiv verbundenen Konnotationen: Stellte für den Caesarrächer noch die Bindung an die Veteranen das hauptsächliche Instrument zur Durchsetzung seiner Ansprüche dar, gab es nun auch andere Mittel, um die eigenen Ziele zu erreichen und die politische Entscheidungsgewalt zu erringen und zu erhalten. IV 4 DER PRINCEPS UND DER KRIEGSHERR – RES GESTAE Seit seiner Publikation durch Theodor Mommsen ist die Beschäftigung mit dem so genannten Tatenbericht des Augustus, den Res Gestae Divi Augusti, fester Bestandteil der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem augusteischen Prinzipat. Dabei konfrontiert der Text seine Interpretatoren mit nicht geringen Herausforderungen: Die Feder sträubt sich, wenn sie zu Worten über das Monumentum Ancyranum (MA) ansetzt. Einst von Mommsen die Königin der lateinischen Inschriften genannt, ist dies bedeutsame Dokument im Verlauf der modernen Forschung zu einem Schutthaufen sich wiedersprechender [sic!] Thesen und Theorien geworden, deren meiste schon, kaum daß sie das Licht des Tages erblickten, gezeichnet waren. Nur allzusehr wäre deshalb Abstinenz auf diesem Gebiete angezeigt.96

Und dennoch ist über die Res Gestae stets kontrovers diskutiert worden, sodass die Forschungslage zum augusteischen Tatenbericht mittlerweile nahezu unüberschaubar geworden ist.97 Im Mittelpunkt des Interesses standen dabei neben Fragen der literarischen Form98 und Datierung99 auch Kompositionsprinzipien100,

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Jh. v. Chr. wurden so retuschiert. Jetzt erschien es, als seien sie von Anfang an die wichtigsten gewesen; denn aus ihrem Stamm sollte ja der Retter kommen.“ Heuß 1975, 55. Vgl. hierzu Ridley 2003, 25–50. Vgl. die Zusammenstellung möglicher Paralleltexte bei Ridley 2003, 51–66. Zum Vergleich wurden – jeweils mit eher mäßigem Erfolg – beispielsweise die Tatenberichte hellenistischer oder altorientalischer Herrscher herangezogen (vgl. u. a. Schmitt 1988; dagegen bereits Hoffmann 1969, der die Verortung vor dem republikanischen Hintergrund hervorhebt), ebenso wie republikanische Triumphalberichte (so Gagé 1950, 29 f., jedoch relativiert von Heuß 1975, 56) oder Elogien (u. a. Gagé 1950, 29 f., Volkmann 1955, 85 f. sowie Simon 1993, 24). Kienast 2009, 208 hebt dagegen die gattungsgeschichtliche Sonderstellung der Res Gestae hervor: „Für diesen index rerum a se gestarum gibt es in der ganzen antiken Literatur keine wesentliche Parallele.“ Kienast ist es auch, der die wohl am wenigsten problematische Definition entwirft:

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

Publikum101 und Intention102 des Werks. Der nachstehende Abschnitt versteht sich nur in begrenztem Maße als Beitrag zu solch allgemeinen Fragestellungen. Vielmehr soll im Folgenden überprüft werden, wie sich das Verhältnis von Rache und Rechtmäßigkeit in den Res Gestae gestaltet und welche Entwicklungslinien im Umgang des Augustus mit der eigenen Bürgerkriegsvergangenheit sich im Vergleich zum Text des Nikolaos und der Konzeption der Autobiographie nachzeichnen lassen. Dabei muss zunächst konstatiert werden, dass sich die beiden Texte – Tatenbericht und Vita bzw. Autobiographie – in einem Punkt fundamental voneinander unterscheiden: War Letztere sicherlich auf Papyrus niedergeschrieben und in erster Linie an ein Publikum gerichtet, das im Wesentlichen der senatorischen Elite angehörte, können die Res Gestae nicht ohne ihren monumentalen Kontext gedacht werden. Die originale Fassung der Res Gestae wurde auf zwei bronzenen Pfeilern zu beiden Seiten des Eingangs zum augusteischen Mausoleum auf dem Marsfeld ein-

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„Wie aber jene Monumente [d. h. fasti und Augustusforum] den Prinzeps nicht als Person sondern als siegreichen Leiter des Staates und neuen Monarchen feierten, so dienten auch die Res Gestae nicht dem persönlichen Nachruhm des Oktavian/Augustus. Sie waren nicht ein etwas lang geratenes Elogium, sondern die Darstellung der neuen Monarchie in der Form eines Leistungsberichts.“ (2009, 211.) Gegen den Elogium-Vergleich auch Heuß 1975, 58. Diskutiert wurden im Wesentlichen – ähnlich wie beim Text des Nikolaos von Damaskus – eine Früh- und eine Spätdatierung (vertreten v. a. durch Ramage 1987 und 1988) sowie die Frage, ob die Res Gestae in einem Zug verfasst wurden oder ob eine bereits früh entstandene Fassung immer wieder erweitert wurde. Eine Übersicht über die Datierungskontroverse bietet Cooley 2009, 42 f., die sich selbst für Ramages Spätdatierung ausspricht. In der Forschung wurde aus kompositionstechnischen Gründen immer wieder vorgeschlagen, dass eine erste Fassung bereits 2 v. Chr. vorgelegen habe, die sukzessive überarbeitet worden sei (vgl. z. B. Simon 1993, 8 und Kienast 2009, 210). Vgl. hierzu u. a. Alonso-Núñez 1984. Dabei wurde jede mögliche Gruppe mindestens einmal als Adressat in Betracht gezogen. Insbesondere in der älteren Forschung wurde dabei die These vertreten, die Res Gestae hätten sich primär an die plebs urbana gerichtet. Yavetz 1984 weist diese Ansicht mit Recht zurück; dabei kann jedoch sein eigener Vorschlag, die römische Jugend als Adressat und damit die Res Gestae selbst als Instrument augusteischer Erziehungsbemühungen darzustellen, ebensowenig überzeugen. Edwin Ramage sah die Res Gestae als ein Dokument, in dem Augustus seinem Nachfolger Tiberius eine Art „Leitfaden des Prinzipats“ (Simon 1993, 184) an die Hand habe geben wollen (Ramage 1987, 115 f.; vgl. auch die in eine ähnliche Richtung weisenden Überlegungen von Peachin 2013, 263–265). Die Tatsache, dass sich Tiberius immer wieder auf die Res Gestae berief (vgl. Kienast 2009, 212), führt jedoch nicht zwingend zu dem Schluss, dass der Text von Augustus für diesen Zweck vorgesehen war. Für die Fragestellung dieser Arbeit sicher am bedeutendsten ist der von Dietmar Kienast in den Vordergrund gerückte Aspekt der Kommunikation mit der Elite (Kienast 2009, 174). Gerade bei der Bearbeitung des Rachemotivs zeigt sich, dass der Senat bzw. die senatorische Führungsschicht einen zentralen Bezugspunkt der Res Gestae darstellte (s. u.). Auch für diesen Bereich erweist sich die Definition Kienasts (vgl. Anm. 98) als die zutreffendste; ebenso bereits Syme 2002, 522 f. Vgl. für eine Übersicht über die verschiedenen Deutungsansätze zu den Res Gestae Cooley 2009, 30–41, deren eigener Vorschlag, Augustus habe die Res Gestae verfasst, um seine Vergöttlichung auch nach dem Tod voranzutreiben und zu legitimieren, jedoch hinterfragt werden muss.

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graviert. Im Gegensatz zur Autobiographie war dieser Text somit permanent im öffentlichen Raum präsent. Diese Art der Aufstellung machte die Botschaften, die der Text vermitteln sollte, einem weitaus größeren Adressatenkreis zugänglich, wodurch der Kommunikationsprozess zwischen princeps und senatorischer Elite auf die gesamte römische Öffentlichkeit ausgeweitet wurde. In der Forschung ist wiederholt darauf hingewiesen worden, dass der monumentale Charakter und die inschriftliche Form der Res Gestae bei einer Analyse des Inhalts berücksichtigt werden müssen.103 Besonderes Augenmerk wurde dabei auch auf die Bedeutung des Materials Bronze als Inschriftenträger gelegt.104 Auf Bronzetafeln wurden in republikanischer Zeit v. a. offizielle Texte veröffentlicht, d. h. Senatsbeschlüsse, Statuen, Gesetze und andere Rechtstexte, Verträge etc.105 Callie Williamson hat hervorgehoben, dass neben dem eigentlichen Inhalt solcher Texte auch die symbolische Dimension des Mediums der Bronzeinschrift von großer Bedeutung war: „We have the sense often that bronze tablet and legal document were one and the same thing, in the perception of at least some Romans.“106 Werner Eck zieht daraus den Schluss: „Publicae constitutiones and publication on metal (i. e. bronze) had become intrinsically connected in the perception of the Romans. Nothing else was conceivable. And this concept was transferred from leges to other normative texts, such as senatus consulta and, later, decision or letters of the Principes.“107 Die spezifische Verknüpfung von Inhalt und Inschriftenträger verstärkte somit nicht nur die Aura des Autoritativen, die offiziellen Texten eigen war. Vielmehr konnte die Veröffentlichung als Bronzeinschrift Texten eine solche Aura überhaupt erst verleihen. Im Hinblick auf die Res Gestae wurde wiederholt postuliert, dass genau darin der Zweck ihrer von Augustus bewusst gewählten spezifischen Publikationsform gelegen habe: Die Bronzetafeln vor dem Mausoleum hätten den Betrachter notwendigerweise an andere öffentliche Aufstellungsorte offizieller Dokumente wie das Kapitol erinnert und den Text des Tatenberichts damit auf eine Stufe mit solch offiziellen Schriftstücken gestellt.108 Dies, so folgert Alison Cooley, habe dazu beigetragen, die Vorbildfunktion des princeps und seiner Taten für die römische Gesellschaft zu etablieren: „By choosing bronze, Augustus was implicitly elevating his account of his achievements, evoking the moral authority usually enjoyed by texts inscribed on bronze, in accordance with his ambition to act as role 103 Vgl. u. a. Lowrie 2009, 279–309, die den Fokus auf die performative Dimension des Begriffs auctoritas legt und betont: „The mode of representation conveying Augustusʼ auctoritas, inscription on bronze and the dissemination of monuments across the empire, differs from the nature of the power represented therein, just as Vergilʼs written text differs from the song it conveys. Augustus, like Vergil, privileges the lived and performative over the written and static, but like most poets in this period, is preoccupied not only with transmitting a message, the renowned Augustan programme of peace, stability, and moral renewal, but with the means of conveying it.“ (281) 104 Vgl. zuletzt Peachin 2013. 105 Vgl. Eck 2014b, 134–138. 106 Williamson 1987, 170. 107 Eck 2014b, 145. 108 Vgl. u. a. Peachin 2013, 259–261.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

model for the rest of society.“109 Augustus habe sich auf diese Weise selbst zum exemplum für nachfolgende Generationen stilisiert, als Schnittstelle zwischen römischer Vergangenheit und Zukunft.110 Für die hier untersuchten Fragestellungen ist jedoch ein anderer Aspekt von entscheidender Bedeutung, der sich aus der Anknüpfung an das Medium der Bronzeinschrift und der damit verbundenen Denkweise ergibt, die Werner Eck beschreibt: Bronzeinschriften, die senatus consulta, Gesetztestexte oder Ähnliches wiedergaben, konnten als sichtbarer Ausdruck von institutionellen Entscheidungsprozessen angesehen werden. In solchen Inschriften manifestierte sich folglich die Funktionsfähigkeit der res publica mit ihren Entscheidungsinstitutionen und -trägern, mithin der senatus populusque Romanus. Diese Konnotation machte das Medium der Bronzeinschrift für Augustus höchst attraktiv, deckte sie sich doch mit einer der zentralen Aussagen seines Tatenberichts, in welchem die res publica und der SPQR immer wieder prominent in Szene gesetzt wurden. Als zentrale Leistung des Augustus werden in den Res Gestae die Wiederherstellung von Recht und Ordnung nach den Bürgerkriegen sowie die Rückkehr zur traditionellen Ordnung der res publica mit ihren Institutionen und Werten propagiert. Natürlich ließ der Text letztlich keinerlei Zweifel daran, dass es sich dabei nur um eine res publica „unter augusteischen Vorzeichen“ handeln konnte. Dies machte der princeps auch dadurch deutlich, dass er den Tatenbericht am Eingang seines Mausoleums, d. h. einem Monument mit einer dezidiert dynastischen Konnotation, aufstellen ließ. Und dennoch wurde der SPQR darin als zentrale Bezugsgröße auch für die Leistungen des princeps charakterisiert. Dieses Leitmotiv war, wie im Folgenden gezeigt werden soll, auch für die Auseinandersetzung des Augustus mit der eigenen Vergangenheit von maßgeblicher Bedeutung. Denn ebenso wie in der Form unterschied sich die in den Res Gestae verbreitete Version auch in ihrer inhaltlichen Dimension, d. h. in der Gewichtung von Rache und Rechtmäßigkeit, fundamental von derjenigen, die in der Autobiographie entworfen wurde und die Einzug in die Vita des Nikolaos hielt. Im Mittelpunkt der folgendem Überlegungen stehen die vom Schema der „nach Themen erfolgende[n] Systematisierung“111 abweichenden Kapitel des Tatenberichts, in denen der Text über die reine Anhäufung von Vergleichsdaten hinausgeht und in denen nicht nur die Ergebnisse des Aufstiegs Octavians, sondern auch der Prozess der Machtergreifung als solcher thematisiert wird.112

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Cooley 2009, 3. Vgl. Peachin 2013, 263–270. Heuß 1975, 63. Vgl. ebd., 64 f. Ridley 2011, 284 übergeht diesen Bruch in der Struktur, indem er auch diese narrativen Passagen in das Schema der thematischen Gliederung einzuordnen versucht: „What he did was extract successes and honors and treat them thematically. This is an extremely clever way to cover the most difficult part of his career.“

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IV 4.1 Octavians Anfänge Bereits der Eingangssatz der Res Gestae ist für den gesamten Text – insbesondere im Hinblick auf das Rachemotiv – programmatisch: Mit neunzehn Jahren habe ich aus eigenem Entschluss und aus eigenen Mitteln ein Heer aufgestellt, mit dem ich dem Staatswesen, das durch die Gewaltherrschaft einer politischen Machtgruppe unterdrückt wurde, die Freiheit wiedergab.113

Schon hier wird eine spezifische Lesart der Rolle Octavians im Bürgerkrieg verfolgt und präsentiert, die – zumindest in den narrativen Abschnitten – den Hintergrund für den gesamten weiteren Text bildet. Bereits Alfred Heuß hat betont, in diesem ersten Satz werde „der von Grund auf ungesetzliche Anfang von der Karriere des Augustus geradezu auf den Präsentierteller gesetzt.“114 Dies, so Heuß weiter, diene vor allem zur Präsentation des Faktums, „daß der Staat, die res publica, von einem außerordentlichen Republikaner, einem, der im Grund gar nicht nötig hätte, Republikaner zu sein, getragen wird […].“115 Doch hinter diesem ersten Satz verbirgt sich mehr als nur die Herausstellung des Offensichtlichen: Augustus betont hier seinen Status als Privatmann, den er zum Zeitpunkt seines Auftritts auf der politischen Bühne innehatte. Dies war – wie oben bereits gezeigt wurde – genau der Faktor, der in der Schilderung des Nikolaos dem Geschehen nach den Iden des März seine Dynamik verlieh. Auch hier wird der Zusammenhang zwischen diesem Status und den Beziehungen zum Heer hervorgehoben. Augustus rückt das persönliche Nahverhältnis zu den Truppen, die er eben aus eigener Initiative ausgehoben hatte und aus eigenen Mitteln unterhielt, in den Fokus. Vordergründig ergibt sich somit dieselbe Stoßrichtung, wie sie bei Nikolaos zu greifen ist und wohl auch für die Autobiographie des Augustus vermutet werden kann. Auch der Aspekt der bewussten Entscheidung Octavians wird hervorgehoben. Doch bereits die zweite Hälfte des Satzes relativiert diese Sichtweise: War bei Nikolaos stets die Rache für Caesar der Bezugspunkt für die Aktionen und Pläne Octavians, ist es nun die res publica, mit der die Handlungen des jungen Mannes verknüpft werden – und dies in ganz spezifischer Weise. Auch zu Beginn der Res Gestae wird suggeriert, dass Octavian allein gegen eine ganze Gruppe von politischen Gegnern stand, die alle das rechte Ziel aus den Augen verloren hatten. Doch anders als in der Vita des Nikolaos, in der betont wird, nur Octavian habe noch Rache für Caesar gefordert und nur zu diesem Zweck sich eine militärische Machtbasis verschafft, sieht er sich in der Perspektive des Tatenberichts nun mit einer Gruppierung konfrontiert, die den Staat unterdrückt und aus deren Fängen er allein die res publica schließlich befreit. Dass auch hinter der im Text genannten factio 113 R. Gest. div. Aug. 1,1: Annos undeviginti natus exercitum privato consilio et privata impensa comparavi, per quem rem publicam a dominatione factionis oppressam in libertatem vindicavi. (Übersetzung modifiziert.) 114 Heuß 1975, 86. W. Weber spricht in diesem Zusammenhang von einem „Bekenntnis zur revolutionären Tat“ (Weber 1969, 141). Vgl. zum Eingangssatz der Res Gestae auch Lehmann 2004, der in den Worten des Augustus vor allem den Bezug auf Pompeius Magnus sieht. 115 Heuß 1975, 86.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

sich nur Antonius und seine Anhänger verbergen können, ist eindeutig.116 Die Konstellation, die im Eingangssatz der Res Gestae aufgezeigt wird, ist somit nahezu identisch mit derjenigen, die bei Nikolaos und mutmaßlich auch in der Autobiographie dargestellt wurde. Der Fokus hat sich jedoch entscheidend verschoben, wie vor allem der nächste Satz des ersten Kapitels deutlich macht: Um dessentwillen hat mich der Senat im Konsulatsjahr des Gaius Pansa und Aulus Hirtius mit ehrenden Beschlüssen in seine Körperschaft aufgenommen, mir den Rang eines Konsuls bei den Abstimmungen zuerkannt sowie ein imperium übertragen.117

Hier wird das zweite Motiv angesprochen, dem ebenfalls bereits bei Nikolaos eine zentrale Rolle zukommt: die Rechtmäßigkeit der Stellung Octavians, die die Grundlage für seinen Aufstieg zur Alleinherrschaft bildete. Zwei Aspekte sind dabei insbesondere von Belang. Zum einen werden zwei Faktoren expliziert, die Legitimität determinieren: die Aufnahme in den Senat (der konsularische Rang bei den Abstimmungen ist in diesem Fall als eine Steigerung dieses Faktors zu betrachten) und das rechtmäßige Innehaben eines militärischen Kommandos. Auch hierin weicht die Perspektive des Tatenberichts deutlich von derjenigen der Vita ab: Betont wird die Verleihung des imperium durch den Senat, die Octavian vom Status des Privatmannes mit eigenem Heer in den eines Feldherrn der res publica versetzt. Anders als im Text des Nikolaos, in dem jeder Anspruch auf politische Positionen und Entscheidungsbefugnisse mit der Rache für Caesar begründet wird, ergibt sich in der Diktion der Res Gestae Legitimität eben nicht allein aus einer privaten Initiative, sondern aus einem Senatsbeschluss.118 Und dies gilt auch und gerade für das militärische Kommando, während die Beziehungen zwischen Octavian und den Soldaten in der Augustusvita des Nikolaos ausschließlich auf der gemeinsamen Bindung an Caesar und dem Ziel der Rache an seinen Mördern beruhen.119 Und doch wird zwischen der privaten Initiative und der Legitimierung der Position Octavians in mehreren Schritten eine Verknüpfung hergestellt, die für die Perspektive der Res Gestae bezeichnend ist: Zunächst wird – wie oben bereits an116 So bereits Heuß 1975, 87. 117 R. Gest. div. Aug. 1,2: Eo nomine senatus decretis honorificis in ordinem suum me adlegit C. Pansa et A. Hirtio consulibus consularem locum sententiae dicendae tribuens et imperium mihi dedit. (Übersetzung modifiziert.) 118 Vgl. Hodgson 2014, 257, die jedoch zu Recht betont, dass es sich dabei um einen nachträglichen Akt der Legitimation handelte und dass Augustus selbst gerade den eigentlich illegalen Akt der Truppenaushebung ohne formales imperium besonders hervorhebt. Heinz Bellen geht dagegen davon aus, dass die Soldaten selbst auch bei fehlendem Senatsbeschluss Octavian das Kommando übertragen hätten (Bellen 1985, 170 f.); dass diese These jeder Grundlage entbehrt, zeigt Gotter 1996, 275 f. Auch Halfmann 2014, 47 übersieht diese entscheidende Schwerpunktverschiebung, wenn er lediglich feststellt: „Der spätere Augustus stellt jenes privatum consilium vom Sommer/Herbst 44 v. Chr. an den Anfang seiner Leitungsbilanz, nicht eine Förderung durch seinen Adoptivvater […].“ 119 Zwar ist davon auszugehen, dass auch im weiteren Verlauf des verlorenen Nikolaos-Textes die Verleihung des proprätorischen imperium thematisiert worden sein dürfte. Dennoch zeigt sich bereits durch einen Vergleich mit den erhaltenen Passagen, dass die Stoßrichtungen offenbar wesentlich anders verliefen.

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gesprochen – erstere eben keineswegs geleugnet oder in ihrer Bedeutung zurückgesetzt, sondern bildet den Ausgangspunkt für alle weiteren Aktionen sowohl Octavians wie auch des Senats. Im Text werden die private Initiative und bewusste Entscheidung des jungen Mannes dann explizit mit der Rettung des Staates verbunden, ohne dass sich daraus politische Ansprüche Octavians ergeben würden. Es kommt hier lediglich auf die Befreiungstat als solche an. Der entscheidende Schritt ist dann die Legitimierung durch den Senat, sprachlich deutlich gemacht durch den Ausdruck eo nomine.120 Nicht die Rache für Caesar ist es, die der politischen Stellung Octavians ihre Rechtmäßigkeit verleiht, sondern die Tatsache, dass er sich in herausragender Weise um die res publica verdient gemacht hat. Die private Initiative bildet zwar auch hier die Grundlage für die Legitimation der Ansprüche Octavians. Die Dynamik der Ereignisse entfaltet sich jedoch erst durch den legitimierenden Schritt, den der Senatsbeschluss darstellt. Mit dieser Darstellung macht sich Augustus die Perspektive Ciceros zu Eigen, der exakt dieselben Schwerpunkte setzt, wie sie in den beiden Eingangssätzen der Res Gestae erscheinen.121 In seiner dritten Philippica thematisiert Cicero genau wie später Augustus das schwierige Verhältnis zwischen privatum consilium und Rechtmäßigkeit des Kampfes gegen Antonius122, wenn er das Problem umreißt: Wir müssen unsern hervorragenden Führern unser offizielles Plazet erteilen, ihren tapferen Soldaten Aussicht auf Belohnungen machen und nicht nur mit Worten, sondern durch Taten bekunden, daß Antonius nicht nur nicht als Konsul, sondern als Staatsfeind zu betrachten ist. Denn wenn er Konsul ist, verdienen die Legionen niedergeknüppelt zu werden, die ihren Konsul verlassen haben; dann ist Caesar ein Verbrecher und Brutus ein Frevler, die aus eigenem Entschluss Armeen gegen den Konsul ins Feld gestellt haben. Wenn wir aber für die Soldaten wegen ihres übermenschlichen, unsterblichen Verdienstes nach unerhörten Ehren suchen, wenn wir den Führern auch nicht im entferntesten den gebührenden Dank abstatten können, wer wollte da nicht den Mann als Staatsfeind betrachten, in dessen bewaffneten Gegnern wir die Erhalter des Staates sehen?123 120 Diese Verbindung hebt auch Braunert 1974, 358 hervor. Durch seinen Versuch, den zweiten Satz der Res Gestae als Wiedergabe einer durch den Senat gesteuerten Politik erscheinen zu lassen, in der die im Text hervorgehobene Befreiung des Staates durch Octavian als „Ersatzhandlung für den handlungsunfähigen Senat“ dargestellt wird, entfernt sich Braunert jedoch zu sehr von den Aussagen des augusteischen Textes. 121 Vgl. ebd., 355–360 sowie Gotter 1996, 19 f., Anm. 40. Die Verbindung zwischen Ciceros Konzept und dem Beginn der Res Gestae ist in der Forschung bereits vielfach erkannt worden: So u. a. von Schäfer 1957, Béranger 1973, 128 und Bellen 1985, 63, die im Tatenbericht sogar eine bloße Paraphrase der entsprechenden Cicero-Stellen sehen (vgl. Simon 1993, 37), was jedoch dem Text der Res Gestae keineswegs gerecht wird. Vgl. zudem die differenzierteren Bemerkungen von Cooley 2009, 106–108. Die spezifischen Konnotationen der Übernahme ciceronischer Formulierungen und Konzepte, die sich durch den Vergleich mit Nikolaos ergeben, sind bisher jedoch nicht ausreichend berücksichtigt worden. 122 Vgl. Hodgson 2014, 257–261, Arena 2007a, 60–67 und 72 sowie Gotter 1996, 104: „Die Rede hat ihren unsichtbaren Angelpunkt in der erst sehr spät offen ausgesprochenen Alternative, daß entweder Antonius ein unrechtmäßiger Beamter oder aber der Aufruhr seiner Gegner D. Brutus, Oktavian und ihrer Gefolgsleute ein Verbrechen war.“ 123 Cic. Phil. 3,14: […] non invitis, ut et praestantissimis ducibus a nobis detur auctoritas et fortissimis militibus spes ostendatur praemiorum et iudicetur non verbo, sed re non modo non

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

Wenn also das Ziel des privatum consilium die Rettung des Staates ist und der Kampf gegen Antonius, der durch sein Verhalten das Konsulat bereits verspielt hat und durch den der Staat nun sogar bedroht ist, im Mittelpunkt steht, so ist Cicero zufolge die private Initiative gerechtfertigt und sogar notwendig.124 Der entscheidende Faktor ist die libertas des Staates und damit Octavians Rolle als liberator: Vor diesem Unheil hat Caesar aus eigenem Entschluss – es war ja die einzige Möglichkeit! – den Staat bewahrt. Wäre er nicht unserem Staate entsprossen, wir hätten infolge des verbrecherischen Treibens des Antonius keinen Staat mehr. Denn das ist meine unumstößliche Überzeugung: hätte dieser eine junge Mann seine wahnwitzigen Übergriffe, seine grauenvollen Absichten nicht vereitelt, wäre es mit dem Staate ein für allemal zu Ende gewesen. Ihm müssen wir am heutigen Tage – denn dank seiner guten Tat sind wir heute zum ersten Male wieder unter Bedingungen zusammengetreten, die es uns gestatten, unsere Gefühle frei zu äußern – die offizielle Vollmacht erteilen, Patres Conscripti, damit er die Verteidigung des Staates nicht nur als ein privates Unternehmen, sondern auch in unserem Auftrag führen kann.125

Eben dieses Konstrukt tritt im Eingangssatz der Res Gestae wieder in Erscheinung und bildet die Grundlage für Augustusʼ eigene Darstellung seiner Rolle nach der Ermordung Caesars.126 Durch diesen Konnex wird die Frage der Rechtmäßigkeit vom Rachethema vollkommen abgekoppelt.127 An seine Stelle treten hier die Mo-

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consul, sed etiam hostis Antonius. nam, si ille consul, fustuarium meruerunt legiones, quae consulem reliquerunt, sceleratus Caesar, Brutus nefarius, qui contra consulem privato consilio exercitus conparaverunt. si autem militibus exquirendi sunt honores novi propter eorum divinum atque inmortale meritum, ducibus autem ne referri quidem potest gratia, quis est, qui eum hostem non existimet, quem qui armis persequantur conservatores rei publicae iudicentur? (Übersetzung modifiziert.) Vgl. hierzu Arena 2007a, 58 f. und 2007b, 63–66 sowie Gotter 1996, 169–171 und (allerdings mit teils problematischen Schlussfolgerungen) Ortmann 1988, 439–441. Cic. Phil. 3,5: qua peste privato consilio rem publicam – neque enim fieri potuit aliter – Caesar liberavit. qui nisi in hac re publica natus esset, rem publicam scelere Antoni nullam haberemus. sic enim perspicio, sic iudico, nisi unus adulescens illius furentis impetus crudelissimosque conatus cohibuisset, rem publicam funditus interituram fuisse. cui quidem hodierno die, patres conscripti – nunc enim primum ita convenimus, ut illius beneficio possemus ea, quae sentiremus, libere dicere –, tribuenda est auctoritas, ut rem publicam non modo a se susceptam, sed etiam a nobis commendatam possit defendere. Vgl. hierzu u. a. Rich 2010, 174–179. Wenn Rich jedoch vermutet, dass diese Strategie auch die Grundlage für die Auseinandersetzung des princeps mit seiner eigenen Vergangenheit im Zuge der Autobiographie bildete (176 und 178 f.), muss diese Hypothese aufgrund der hier erzielten Erkenntnisse kritisch hinterfragt werden. Cicero selbst hatte sich wiederholt kritisch über das Rachemotiv Octavians geäußert; vgl. z. B. Cic. Att. 16,17,3: at quae contio! nam est missa mihi. iurat „ita sibi parentis honores consequi liceat“, et simul dextram intendit ad statuam. μηδὲ σωθείην ὑπὸ γε τοιούτου! […] me nullo modo facere posse, ni mihi exploratum esset eum non modo non inimicum tyrannoctonis, verum etiam amicum fore. („Aber diese Rede vor dem Volke! Man hat mir nämlich davon berichtet. Da schwört er ‚so wahr er hoffe, seines Vaters Ehren zu erlangen‘ und zeigt dabei auf dessen Standbild. Von so einem möchte ich nicht gerettet werden! […] und [ich habe] ihm gesagt, das könne ich nur tun, wenn ich die Überzeugung gewänne, daß er sich gegen die Tyrannenmörder nicht nur nicht feindlich, sondern ausgesprochen freundlich stelle.“)

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tive der Rettung der res publica und des vindex libertatis.128 Dabei geht Augustus sogar noch einen Schritt weiter als Cicero selbst: In den Philippica stehen neben den Feldherren selbst stets auch ihre Soldaten im Mittelpunkt. Nicht nur die Anführer sollen belohnt werden, sondern auch ihre Truppen. Augustus klammert diese Komponente am Beginn der Res Gestae nahezu vollkommen aus. Zwar kommt dem Militär bzw. der militärischen Machtbasis Octavians natürlich auch im Eingangssatz des Tatenberichts eine entscheidende Bedeutung zu. Das besondere Nahverhältnis zu den Truppen, das noch Nikolaos so extrem in den Vordergrund rückt, tritt hier zusammen mit dem Rachemotiv jedoch hinter den Aspekt der Legitimität zurück. Es war offenbar fest mit der Rachethematik verbunden, was eine besondere Betonung der Truppennähe Octavians an dieser Stelle nicht opportun erscheinen ließ.129 Verstärkt wird dieser Eindruck noch durch den letzten Teil des ersten Kapitels: Dafür, daß der Staat keinen Schaden erleide, hieß er [d. h. der Senat] mich im Range eines Propraetors zugleich mit den Konsuln Sorge tragen. Das Volk aber wählte mich im gleichen Jahr zum Konsul, als beide Konsuln im Krieg gefallen waren, und zum Triumvirn zur Neuordnung des Staatswesens.130

Die Soldaten, deren Unterstützung in der Vita des Nikolaos noch von so zentraler Bedeutung war, treten hier nicht in Erscheinung. Als Entscheidungsinstanzen werden hier (der allgemeinen Stoßrichtung des Tatenberichts entsprechend) lediglich Senat und Volk aufgeführt, d. h. der senatus populusque Romanus. Hinter dieser bewussten Schwerpunktverschiebung verbirgt sich eine Konzeption des Soldaten bzw. der Armee, die eng mit dem spezifischen Entwurf der Rechtmäßigkeit, der oben geschildert wurde, verknüpft ist: Den Soldaten und Veteranen wird in den Res Gestae der Status als eigenständige Gruppe aberkannt, der ihnen im Bericht des Nikolaos zugeschrieben wird. Immer wieder wird dort geschildert, wie die Angehörigen des Militärs entscheidend in politische Prozesse eingreifen und Entscheidungen maßgeblich (mit-)bestimmen – gerade wenn es darum geht, Octavian zur Durchsetzung seiner Ansprüche zu verhelfen. Dies entsprach, wie in der Einleitung dargelegt wurde, durchaus den realen Gegebenheiten. Doch ein solcher Status als eigenständiger Machtfaktor entsprach in keiner Weise der traditionellen Vorstellung des römischen Bürgersoldaten im Dienste der res publica. Die politisierten und politisierenden Soldaten der Bürgerkriegszeit standen außerhalb der traditionellen soziopolitischen Ordnung. Aus diesem Grund konnten sie nicht als legitimierende 128 Vgl. hierzu die eingehende Analyse der Passage durch Hodgson 2014, 262–268, die resümierend feststellt: „Taken as a whole, it shows Augustus drawing on the political discourse of the Late Republic in his summary of his life to provide a semblance of legitimacy for the illegalities that marked his early career.“ (268) Zum Konzept des vindex libertatis s. u. S. 243–248. 129 Tatsächlich ist in den gesamten Res Gestae nur äußerst selten die Rede von Soldaten bzw. von ihrem Verhältnis zu Octavian und Augustus. Ausnahmen bilden dabei die Berichte über die Veteranenansiedlung bzw. über die Zahlungen an aus dem Militärdienst Ausgeschiedene (R. Gest. div. Aug. 3,4; 15,4; 16 f.); vgl. hierzu Heuß 1975, 68. 130 R. Gest. div. Aug. 1,3 f.: Res publica ne quid detrimenti caperet, me pro praetore simul cum consulibus providere iussit. Populus autem eodem anno me consulem, cum consul uterque in bello cecidisset, et triumvirum rei publicae constituendae creavit.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

Instanz auftreten. Wenn Octavian sich mit ihrer Hilfe seine Machtposition verschaffte, so handelte auch er der Werteordnung der res publica zuwider. Wenn nun der princeps in den Res Gestae eine Rückkehr zu eben dieser Werteordnung propagierte und die Rechtmäßigkeit seiner Ansprüche nicht mehr auf die Rache für Caesar, sondern auf eine Entscheidung des SPQR zurückführte, konnten die Soldaten als eigenständige Gruppe keine Rolle mehr spielen. Erst das imperium, das ihm durch Senatsbeschluss verliehen wurde, sowie das Amt, in das ihn das Volk gewählt hatte, erlaubten es Octavian, sich für seinen Kampf gegen die Feinde der res publica an die Truppen zu wenden. Wenn folglich die Soldaten in den ersten Abschnitten der Res Gestae nicht in Erscheinung treten (allenfalls als Bestandteil des SPQR), so unterstrich dies das Leitmotiv des Tatenberichts: die Wiederherstellung der traditionellen Ordnung unter augusteischen Vorzeichen. Dass genau dieser Sachverhalt durchaus auch anders gedeutet werden konnte, zeigt wiederum eine Szene, die bei Sueton überliefert ist: Das Konsulat hat er im 20. Lebensjahr an sich gerissen, indem er seine Legionen drohend auf Rom marschieren ließ und Leute vorausschickte, die dieses Amt für ihn im Namen des Heeres verlangen sollten. Bei dieser Gelegenheit hat der Zenturio Cornelius, der Anführer der Gesandtschaft, als der Senat zögerte, seinen Mantel zurückgeschlagen, den Griff seines Schwertes sehen lassen und sich nicht gescheut, in der Kurie zu erklären: „Dieses wird ihn zum Konsul machen, wenn ihr ihn nicht dazu macht!“131

Betont wird gerade nicht der zivile Charakter der Übertragung des Konsulats. Vielmehr wird sogar das Zögern des Senats erwähnt. In Octavian-kritischer Perspektive wird, ähnlich wie in der Schilderung des bellum Perusinum, der Kriegsherr in den Vordergrund gerückt, der zur Durchsetzung seiner Ansprüche allein auf die Unterstützung der Soldaten baut und der auch vor Waffengewalt gegen die rechtmäßigen Vertreter der Staates nicht zurückschrecken würde. Einer solchen Kritik setzt Augustus in seinem Tatenbericht eine neue Version des Geschehens entgegen.132 Diese neue Sichtweise der Anfänge Octavians wird im zweiten Abschnitt der Res Gestae demonstrativ der Perspektive, die sich im Text des Nikolaos fassen lässt, gegenübergestellt. Erst nachdem im ersten Kapitel eine Neubewertung der Vorgänge nach den Iden des März stattgefunden hat, kommt die Sprache auf die Rache an den Caesarmördern: Diejenigen, die meinen Vater ermordet haben, trieb ich in die Verbannung und rächte durch gesetzmäßige gerichtliche Verfolgung so ihr Verbrechen. Und als sie darauf Krieg gegen den Staat anfingen, besiegte ich sie in doppelter Feldschlacht.133

131 Suet. Aug. 26,1: Consulatum vicesimo aetatis anno invasit admotis hostiliter ad urbem legionibus missisque qui sibi nomine exercitus deposcerent; cum quidem cunctante senatu Cornelius centurio, princeps legationis, reiecto sagulo ostendens gladii capulum non dubitasset in curia dicere: „hic faciet, si vos non feceritis.“ Vgl. auch die Parallelüberlieferung App. civ. 3,88 und Cass. Dio 46,43. 132 Ridley 2011, 286 bewertet die Aussagen des Augustus vor dem Hintergrund der von Sueton geschilderten Ereignisse schlicht als „nonsense“. 133 R. Gest. div. Aug. 2: Qui parentem meum necaverunt, eos in exilium expuli iudiciis legitimis ultus eorum facinus et postea bellum inferentis rei publicae vici bis acie.

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Dreierlei ist an diesem kurzen Abriss der Bürgerkriegsgeschichte bis 42 v. Chr. von besonderem Interesse: Zunächst wird auch die Rache an den Attentätern als legitim und zugleich als legal dargestellt. Bei Nikolaos ist das Rachemotiv stets verknüpft mit der persönlichen Bindung Octavians an seinen Adoptivvater. Diese Beziehung allein ist die Begründung für den Wunsch nach Vergeltung, über die konkreten Mittel werden zumindest im erhaltenen Text keine Aussagen getroffen. In den Res Gestae tritt das besondere Nahverhältnis zwischen Caesar und Octavian wie das Rachemotiv insgesamt hinter den Aspekt der Rechtmäßigkeit zurück.134 Desweiteren wird diese Zurückstufung des Rachethemas noch deutlicher, als Augustus den tatsächlichen Ausbruch des Bürgerkriegs erwähnt: So sind es zunächst die Caesarmörder, die die Initiative ergreifen. Weit wichtiger ist jedoch die Behauptung, der Krieg habe sich gegen den Staat selbst gerichtet. Hier klingt dasselbe Motiv an, das bereits aus dem ersten Kapitel bekannt ist. Und wieder ist es Octavian, der den Krieg gewinnt, somit die Gefahr für die res publica beseitigt und auf diese Weise natürlich auch seine eigene Tapferkeit demonstriert – all das natürlich nicht in der Verfolgung eigener Interessen, sondern allein im Dienst für den Staat. Zwar wird in der Forschung immer wieder betont, dass im Text der Res Gestae nach diesen beiden Abschnitten die erzählende bzw. chronologisch angeordnete Form aufgegeben wird.135 Dennoch steht auch der nächste Abschnitt noch in enger Verbindung zu den ersten beiden Kapiteln.136 Augustus fährt fort: Kriege zu Wasser und zu Lande gegen innere und äußere Feinde habe ich auf dem ganzen Erdkreis oftmals geführt, und als Sieger habe ich allen Mitbürgern, die um Gnade baten, Schonung gewährt.137

Diese Passage liest sich wie eine Antwort auf die eingangs des Kapitels zitierte Sueton-Stelle. Wieder nimmt Augustus eine demonstrative Gegenüberstellung vor: Wenn er gleich nach dem Bericht über die Rache an den Caesarmördern nochmals die Kriege gegen innere Feinde anführt, zeigt er dadurch, dass es durchaus auch weitere, von der Rache für Caesar unabhängige Bürgerkriege gab. Explizit wird dabei auf die Milde gegenüber den Unterlegenen hingewiesen – eine Eigenschaft, die Octavian in der bei Sueton und anderen überlieferten kritischen Sichtweise ja gerade abgesprochen wird. Augustus suggeriert hier – wie auch in den ersten beiden Abschnitten – eine Abkopplung vom Rachemotiv: Den Mördern seines Vaters gewährt er keine Schonung (dies jedoch vor allem ihres Krieges gegen die res publica wegen). Die Rache für Caesar beeinflusst jedoch nicht sein Handeln in anderen 134 Wenn Ridley 2011, 286 diese Passage als „example of the way Augustus had converted family or private history into state or public history“ anführt, trifft dies folglich nur bedingt zu. Vielmehr lässt sich eine gegenläufige Tendenz erkennen. 135 Vgl. u. a. Cooley 2009, 116. 136 Es handelt sich hier eben nicht nur um eine ganz allgemein gehaltene Vorstellung des Augustus als Kriegsherr, wie Heuß sie annimmt (vgl. Heuß 1975, 80) und als an dieser Stelle „ganz zufällig“ bezeichnet (ebd., 85). 137 R. Gest. div. Aug. 3,1: Bella terra et mari civilia externaque toto in orbe terrarum saepe gessi victorque omnibus veniam petentibus civibus peperci.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

Auseinandersetzungen und das heißt eben auch in den weiteren Bürgerkriegen. Die Maxime Octavians, wie Augustus sie darstellt, lautet eben gerade nicht moriendum esse. Nach Philippi, so lässt sich die Aussage der ersten Abschnitte der Res Gestae zusammenfassen, ist die Rache für Caesar, die ohnehin nicht die eigentliche Triebfeder des Handelns Octavians war, abgeschlossen. IV 4.2 Zwischenspiel – Krieg gegen Sextus Pompeius und Antonius Die in den Eingangskapiteln eingeschlagene Richtung setzt sich auch in den weiteren chronologisch organisierten Passagen fort. In Abschnitt 25 beschreibt Augustus die Kriege gegen Sextus Pompeius und Antonius mit folgenden Worten: Dem Meer habe ich Ruhe vor den Seeräubern verschafft. In diesem Krieg habe ich von den Sklaven, die ihren Herren entlaufen waren und Waffen gegen den Staat ergriffen hatten, fast 30 000 gefangen genommen und ihren Herren zur Bestrafung übergeben. Den Gefolgschaftseid hat mir ganz Italien aus freien Stücken geleistet und mich in dem Krieg, in dem ich Sieger bei Actium war, nachdrücklich als Führer gefordert. Den gleichen Eid geleistet haben die Provinzen Galliens und Spaniens, Afrika, Sizilien und Sardinien. Von denen, die damals unter meinen Feldzeichen kämpften, waren mehr als 700 Senatoren, und darunter waren 83, die entweder vorher oder nachher bis zu dem Tag, an dem ich dies schreibe, Konsuln geworden sind, und etwa 170 Angehörige von Priesterkollegien.138

Die Grundaussage dieses Abschnitts konnte bereits Alfred Heuß herausarbeiten, der treffend zusammenfasste: Die Absicht ist durchsichtig. Nach dem Eindruck, den die Worte im Leser hervorrufen müssen, galt keiner der beiden Kriege den Machtzielen des Augustus. Durch Naulochos befreite er Italien von sozialer Not und bei Actium stand er als Mann da, den Italien und schließlich der ganze Westen zu dieser Auseinandersetzung trieben, wie sich versteht und nicht gesagt zu werden braucht, zum Schutze der Bedrohten.139

Darin erschöpft sich der Aussagewert dieser Passage jedoch keineswegs. Gerade im Hinblick auf das Rachemotiv, auf die augusteische Charakterisierung der eigenen Rolle im Bürgerkrieg und auf den Diskurs über die militärische persona des princeps im Allgemeinen lassen sich noch einige weitere Aspekte festhalten. Dabei ist zunächst von zentraler Bedeutung, dass Sextus Pompeius nicht namentlich genannt wird. Die Bezeichnung des Krieges als Seeräuberkrieg läuft am eigentlichen Charakter der Auseinandersetzung zwischen Pompeius und Octavian

138 R. Gest. div. Aug. 25: Mare pacavi a praedonibus. Eo bello servorum, qui fugerant a dominis suis et arma contra rem publicam ceperant, triginta fere millia capta dominis ad supplicium sumendum tradidi. Iuravit in mea verba tota Italia sponte sua et me belli, quo vici ad Actium, ducem depoposcit. Iuraverunt in eadem verba provinciae Galliae Hispaniae Africa Sicilia Sardinia. Qui sub signis meis tum militaverint, fuerunt senatores plures quam DCC, in iis qui vel antea vel postea consules facti sunt ad eum diem quo scripta sunt haec, LXXXIII, sacerdotes circiter CLXX. 139 Heuß 1975, 89.

IV 4 Der princeps und der Kriegsherr – Res Gestae

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vollkommen vorbei140: Wie die Ehrungen für Octavian nach dem Sieg bei Naulochos und vor allem die vorgebliche Verkündung des Endes der Bürgerkriege141 zeigen, wurde auch vom Sieger selbst in der unmittelbar folgenden Propaganda ein anderes Bild gezeichnet als in den Res Gestae. Die Wandlung der Darstellung des Sieges über Pompeius erweist sich jedoch als vollkommen verständlich, wenn man sie in Verbindung zu den hier angestellten Überlegungen zum Paradigmenwechsel der augusteischen Selbstrepräsentation setzt: Dem Gesamtkonzept des Tatenberichts folgend, kann Sextus Pompeius in diesem Text nicht in Erscheinung treten, da nur so jegliche Caesar-Anspielung und damit jeglicher Verweis auf das Rachemotiv aus dieser Passage verbannt werden kann.142 Eben solche Verweise stellten jedoch einen Schwerpunkt der Propaganda unmittelbar nach dem Sieg dar. Sextus Pompeius hatte vor der Schlacht wiederholt den Konflikt zwischen seinem Vater und Caesar in Erinnerung gerufen, um seine Anhängerschaft zu mobilisieren, und die eigene pietas gegenüber dem Vater – genau wie Octavian – beispielsweise auf Münzen besonders nach ersten Erfolgen gegen die Flotte des Caesarsohnes hervorgehoben: Die Propaganda des Sextus Pompeius, so schreibt Paul Zanker, könne daher durchaus als Anspielung auf eine „späte Rache für den Sieg Caesars über Pompeius bei Pharsalos“ verstanden werden.143 In seiner Untersuchung der Siegesdarstellung Octavians hat Zanker gezeigt, dass Octavian nach dem Sieg bei Naulochos durch die Verwendung der gleichen Bildersprache eine „polemische Antwort auf die frühere Propaganda des Sextus Pompeius“ gab.144 Diese Antwort bestand somit in einer expliziten Betonung des Rachemotivs und steht in auffälligem Einklang mit der Schwerpunktsetzung, die sich in Nikolaosʼ Vita greifen lässt. Bei der Abfassung der Res Gestae ergab sich damit für Augustus das Problem, den in solcher Weise propagandistisch ausgeschlachteten Sieg wie seinen gesamten Weg zur Macht von der Rachethematik abzukoppeln. Er tat dies, indem er die Person des Sextus Pompeius, mit der sich das Motiv der Vergeltung ja in der früheren Propaganda explizit verband, unerwähnt ließ und stattdessen in einer durchaus ironischen Anlehnung an den Kampf des Pompeius Magnus gegen die Seeräuber in den 60er-Jahren wiederum die Gefährdung des Staates in den Vordergrund rückte. In der Beschreibung des Krieges mit Marcus Antonius wird ebenfalls ein ganz spezifischer Schwerpunkt gesetzt: Während in der Darstellung des Nikolaos, die auf der Autobiographie basierte, gerade der Konflikt mit Antonius durch die wechselseitigen Bemühungen gekennzeichnet ist, die Unterstützung der Soldaten zu gewinnen und diese als die entscheidende Instanz jeglichen politischen Handelns dar140 Vgl. Welch 2012, 262 sowie Ridley 2003, 183–187. 141 Hierzu s. Kap. III 1.2. 142 Es handelt sich dabei auch nicht um eine damnatio memoriae, wie Ronnick 1997 annimmt. Bei dieser Maßnahme ging es nicht darum, den Namen aus dem Gedächtnis der Menschen zu tilgen, sondern vielmehr darum, genau diese Tilgung performativ stets aufs Neue in Erinnerung zu rufen. Folglich kann die Verschleierungsaktion, die Augustus hier vornimmt, nicht als eine damnatio gedeutet werden; zur damnatio vgl. Flower 2006 sowie (allerdings mit Schwächen auf der Ebene der Befundauswertung) Krüpe 2011. 143 Zanker 2003, 48. 144 Ebd.; vgl. hierzu auch Wallmann 1989, 268–274 sowie Welch 2012, 108–110 und 190–195.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

gestellt wurden, treten im Tatenbericht explizit die Senatoren in den Vordergrund. Die einzige Erwähnung des Krieges zwischen Octavian und Antonius dient dazu, die Unterstützung, die ersterer durch die Senatoren erhielt, in den Fokus zu rücken. Die gesamte Entstehungsgeschichte der Auseinandersetzung, auf die in der bei Nikolaos überlieferten Version so viel Wert gelegt wurde, spielt in den Res Gestae keine Rolle mehr. Auf diese Weise wird in der Darstellung auch die Bedeutung der Soldaten vermindert. An die Stelle des rücksichtslosen und nur seinen Soldaten verpflichteten Kriegsherrn Octavian rückt das im Nachhinein entworfene Bild des Augustus als Führer des gesamten Reiches (wenn auch zunächst nur des Westens) und aller gesellschaftlichen Gruppen. Der kurze Bericht über den Krieg gegen Antonius stellt somit in der Gliederung der Res Gestae den Anknüpfungspunkt für die letzten beiden erzählenden Abschnitte dar und ist damit eine zentrale Scharnierstelle des Textes. IV 4.3 Die „Überführung“ des Staates In der Forschung hat wohl kein Kapitel der Res Gestae so viel Beachtung gefunden wie die beiden Schlussabschnitte. An dieser Stelle soll dabei nicht näher auf die viel gestellten Fragen nach dem Ablauf des Staatsaktes vom Januar 27 v. Chr.145, der Art des augusteischen Republikbezugs146 oder der genauen Form der neuen „Prinzipatsverfassung“ eingegangen werden147. Ebenso wenig kann das genaue Verhältnis von auctoritas und potestas hier Gegenstand der Untersuchung sein.148 Stattdessen soll überprüft werden, ob und wie sich die Rahmenwirkung der ersten und letzten Kapitel149 auch in Bezug auf das Rachemotiv und die Charakterisierung der militärischen persona des princeps nachweisen lässt. Augustus beginnt seinen Bericht über die Ereignisse des Jahres 27 v. Chr. bezeichnenderweise wiederum mit einem Verweis auf die Bürgerkriege und seine Rolle darin: Nachdem ich die Bürgerkriege beendet hatte, überführte ich während meines sechsten und siebten Konsulates die res publica – obwohl ich durch allgemeine Zustimmung Gewalt über alles 145 Vgl. hierzu Börm/Havener 2012. 146 Dazu s. u. S. 211, Anm. 88. 147 Einen Überblick über die umfangreiche Forschungsliteratur zu diesem Aspekt bieten Bringmann/Schäfer 2002, 45, Anm. 1; vgl. hierzu auch Kienast 2009, 83–98. 148 Vgl. dazu u. a. Heuß 1975, 94 f., Galinsky 1996, 10–41, Bringmann/Schäfer 2002, 54 f. sowie Kienast 2009, 84 f. m. Anm. 25, in der die ältere Literatur zu diesem Thema verarbeitet wird. Die Diskussion über diesen Punkt dauert an: So hat kürzlich Gregory Rowe entgegen der communis opinio den Versuch unternommen, den Begriff der auctoritas in den Res Gestae einem spezifischen Ereignis zuzuordnen, nämlich der Ernennung des Augustus zum princeps senatus im Jahr 28 v. Chr. (Rowe 2013, 11–15.) Der Fokus der Passage 34,3 liegt Rowe zufolge nicht auf dem Terminus auctoritas, sondern auf dem Begriff potestas und auf der Versicherung des princeps, er habe ungeachtet seiner größeren auctoritas seine Amtskollegen an Amtsgewalt nicht übertroffen (9–11). 149 Vgl. Heuß 1975, 85.

IV 4 Der princeps und der Kriegsherr – Res Gestae

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besaß – aus meiner potestas in die Verfügungsgewalt von Senat und römischem Volk. Dieses meines Verdienstes wegen wurde ich durch einen Beschluss des Senats Augustus genannt. Die Türpfosten meines Hauses wurden mit Lorbeer versehen, die Bürgerkrone wurde über meiner Tür angebracht und ein goldener Schild wurde in der Curia Iulia aufgestellt. Die Inschrift auf dem Schild bezeugte, dass Senat und Volk von Rom ihn mir verliehen hatten aufgrund meiner virtus, clementia, iustitia und pietas. Seit dieser Zeit überragte ich alle an auctoritas, an Amtsgewalt aber besaß ich nicht mehr als die anderen, die auch ich im Amt zu Kollegen hatte.150

Augustus eröffnet den Schlussabschnitt seines Tatenberichts mit einer Art Zustandsbeschreibung nach dem Ende der Bürgerkriege. Die Grundaussage ist zunächst äußerst schlicht: Dem Sieger von Actium kommt die alleinige Macht im Staat zu. Verkompliziert wird der Satz jedoch, wie bereits Alfred Heuß festgestellt hat, durch den Ausdruck per consensum universorum.151 Augustus führe diesen Begriff ein, so Heuß, um die Grundaussage der Passage zu relativieren: „Actium alleine ist nur ein militärisches Ereignis, aber Augustus legt Wert darauf, daß die weltpolitische Wendung, nämlich die Beseitigung der Ära der Bürgerkriege, nicht nur ein militärischer Sieg war.“152 Und tatsächlich werden in der nachfolgenden Schildbeschreibung all die Tugenden hervorgehoben, die das Bild des princeps formen.153 An die Stelle der Rache treten mithin nun die typischen Herrschertugenden, die in der gesamten Repräsentation des augusteischen Regimes immer wieder hervor150 R. Gest. div. Aug. 34: In consulato sexto et septimo, postquam bella civilia exstinxeram, per consensum universorum potens rerum omnium, rem publicam ex mea potestate in senatus populique Romani arbitrium transtuli. Quo pro merito meo senatus consulto Augustus appellatus sum et laureis postes aedium mearum vestiti publice coronaque civica super ianuam meam fixa est et clupeus aureus in curia Iulia positus, quem mihi senatum populumque Romanum dare virtutis clementiaeque iustitiae et pietatis causa testatum est per eius clupei inscriptionem. Post id tempus auctoritate omnibus praestiti, potestatis autem nihilo amplius habui quam ceteri qui mihi quoque in magistratu conlegae fuerunt. (Übersetzung modifiziert.) Die Wiedergabe des lateinischen Textes folgt hier der Edition von Cooley 2009, 98, die die von Mommsen vorgeschlagene Ergänzung „potitus rerum omnium“ durch „potens rerum omnium“ ersetzt. Cooley bezieht sich dabei auf einen Aufsatz von Paola Botteri, die anhand eines Fragments des Monumentum Antiochenum nachweist, dass potens die korrekte Form ist (vgl. Botteri 2003). In neueren Textausgaben hat sich diese Form mittlerweile durchgesetzt, allerdings nicht in den Neuauflagen der etablierten deutschsprachigen Ausgaben. Aus diesem Grund entspricht der erste Satz in der hier angeführten Übersetzung keiner dieser Editionen. Die Ergänzung Botteris beendet eine in der Forschung durchaus kontrovers geführte Debatte über den Sinn der Passage, die – noch ohne Kenntnis des Inschriftenfragments – bereits William Turpin zusammengefasst hat. Turpin betont folgerichtig, dass auch die Ergänzung potens möglich sei und verweist darauf, dass (unabhängig von der tatsächlichen Form) die Grundaussage der Stelle gleich bleibe: „Augustus is claiming to have received not some formal title or theoretical power, but a very real political position at the head of the state.“ (Turpin 1994, 434.) Dabei handelte es sich jedoch nicht um eine formalrechtliche Legitimierung bzw. Legalisierung seiner Position, die in den Jahren 32–27 schlicht nicht existierte; vgl. hierzu Börm/Havener 2012, insbesondere 214 f. 151 Vgl. Heuß 1975, 92, wobei sich die dort angesprochenen Probleme einer zeitlichen Beiordnung von per consensum potiri zum Sieg von Actium durch die Ersetzung von potitus durch potens lösen lassen. 152 Ebd., 93. 153 Vgl. Kienast 2009, 95–98 sowie Galinsky 1996, 80–90.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

gehoben werden.154 Die Rache für Caesar bildet nicht mehr den Grundstock der Legitimation des Augustus. An ihre Stelle tritt – wie dies bereits in Abschnitt 25 angekündigt wurde – der consensus universorum: Durch diesen Konsens, geboren aus der Gefährdung des Staates, hat Augustus seine Macht erlangt.155 Tatsächlich schließt sich damit der zu Beginn des Tatenberichts eröffnete Kreis: Wie am Anfang des Textes wird auch hier die Sorge um die res publica zur alleinigen Motivation Octavians erklärt. Während zu Beginn der Res Gestae die Rachethematik im Hintergrund noch präsent ist, ist sie nun vollkommen verdrängt worden. Und mit dem Rachemotiv verschwinden – so scheint es zumindest auf den ersten Blick – auch die Soldaten nahezu in der Bedeutungslosigkeit: Als ich mein dreizehntes Konsulat verwaltete, gaben mir der Senat, der Ritterstand und das römische Volk einmütig den Titel „Vater des Vaterlandes“. Sie beschlossen, dies solle inschriftlich verzeichnet werden in der Vorhalle meines Hauses sowie in der Curia Iulia und auf dem Augustusforum auf der Basis des Viergespanns, das mir dort auf Senatsbeschluss hin errichtet worden war.156

Der Titel pater patriae steht nicht zufällig am Ende des Tatenberichts: Er wird dadurch quasi zum Höhepunkt der Laufbahn des princeps und umfasst die gesamten Leistungen, mit denen sich Augustus um den Staat verdient gemacht hat.157 Von besonderer Bedeutung – gerade im Hinblick auf die hier verfolgte Fragestellung – ist dabei der explizit plebiszitäre Charakter des Titels bzw. seiner Verleihung.158 Senat, Ritter und Volk sind es, die Augustus den – so erscheint es in der Schilderung der Res Gestae – wichtigsten Titel überhaupt verleihen. Nicht erwähnt werden dabei die Soldaten. Auch an dieser Stelle können sie nicht als eigenständige Gruppe auftreten, sondern sind als Teil des SPQR auch Teil des consensus. Die Macht des princeps, symbolisiert durch den pater-patriae-Titel, beruht nicht auf ihrem Votum, sondern auf dem der traditionellen und rechtmäßigen Entscheidungsinstanzen der res publica. Allerdings wird genau diese Aussage gleichsam im selben Atemzug wieder relativiert: Die Res Gestae enden mit der Feststellung, dass der Titel auf der Basis der Quadriga auf dem Augustusforum angebracht wurde, auf einem Siegesmonument also, das nach Meinung Paul Zankers Augustus als Triumphator darstellte.159 154 Vgl. Zanker 2003, 101–103. 155 Vgl. hierzu Börm/Havener 2012. 156 R. Gest. div. Aug. 35,1: Tertium decimum consulatum cum gerebam senatus et equester ordo populusque Romanus universus appellavit me patrem patriae idque in vestibulo aedium mearum inscribendum et in curia Iulia et in foro Aug. sub quadrigeis, quae mihi ex s. c. positae sunt, censuit. 157 Vgl. Alföldi 1971 sowie Kienast 2009, 132 f., der den Titel auch als „Schlußstein am Gebäude der neuen Monarchie des Augustus“ bezeichnet (133). 158 Vgl. Heuß 1975, 95 sowie Richardson 2012, 204 f. 159 Vgl. Zanker 1968, 12. Unter Berufung auf Vell. 2,39,2 (Divus Augustus praeter Hispanias aliasque gentis, quarum titulis forum eius praenitet […].) geht Zanker auch davon aus, dass die Kriegstaten des Augustus unter dem Titel pater patriae verzeichnet waren. Zwar räumt Zanker selbst ein, dass sich diese Stelle nicht unbedingt auf die Quadriga beziehen muss. Die Möglichkeit besteht jedoch sicherlich.

IV 5 Fazit – Rache und Rechtmäßigkeit

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Wenn der Titel des pater patriae nun auf einem Monument präsentiert wird, das – in welcher Form auch immer – die militärische Sieghaftigkeit des princeps vor Augen führte, so wurde er damit auch auf seine aus dem militärischen Bereich stammende Grundbedeutung zurückgeführt.160 Die Aussage, die sich dahinter verbirgt, ist mindestens ebenso prägnant wie die Hervorhebung des Titels in den Res Gestae – allerdings zielt sie genau in die entgegengesetzte Richtung. Mag der Titel auch all das umfassen, was Bestandteil der neuen Prinzipatsideologie ist: Durch seine performative Verknüpfung mit der militärischen Sphäre zeigte Augustus trotz aller Bekundungen in seinem Tatenbericht deutlich, wo seine eigentliche Machtbasis lag.161 IV 5 FAZIT – RACHE UND RECHTMÄSSIGKEIT Wie die Res Gestae zeigen, setzte sich Augustus während seiner gesamten Regierungszeit mit dem Octavian der Bürgerkriege auseinander.162 Dreh- und Angelpunkte waren dabei die Schlagworte „Rache“ und „Rechtmäßigkeit“ bzw. ihre Verknüpfungen.163 Unter Zuhilfenahme dieser Schlagworte lässt sich auch eine der Tugenden differenzierter beschreiben, die auf dem clipeus virtutis erwähnt werden: die pietas.164 In der Forschung ist bereits festgestellt worden, dass dieser Terminus unterschiedlich konnotiert sein kann – je nachdem, welche Ergänzungen ihm beigegeben werden: Die pietas erga parentem ist grundsätzlich zu unterscheiden von der pietas erga deos et patriamque.165 Bezeichnenderweise wird pietas in den Res Gestae nicht spezifiziert. Der Text des Tatenberichts weicht damit offenbar von der Inschrift des Ehrenschildes ab, in der explizit die zweite Variante erscheint.166 Die vorangegangenen Überlegungen haben den Grund dafür verdeutlicht: Beide Konnotationen des Begriffs waren für Octavian/Augustus von Bedeutung – die Rache für den ermordeten Vater und die Sorge um den Staat, die seinem Handeln Legiti-

160 Vgl. ebd., 25. 161 Hierzu s. Kap. V 4.3. 162 Yavetz 1984, 4 f. nimmt an, Augustus sei nach 23 v. Chr. zur Überzeugung gekommen, dass er seinen Aufstieg zur Macht nicht mehr rechtfertigen müsse. Aus diesem Grund habe er die Arbeit an der apologetischen Autobiographie eingestellt und stattdessen mit der Konzipierung der an die Nachwelt gerichteten Res Gestae begonnen. Diese Aussage erweist sich jedoch vor dem Hintergrund der in diesem Kapitel angestellten Überlegungen als nicht haltbar. 163 Ridley 2011, 285 diagnostiziert allgemeiner eine Spannung innerhalb des Textes „between revolution and tradition“. 164 Galinsky 1996, 86 bezeichnet die pietas als „the culminating and most quintessentially Roman virtue of the four virtues on the shield.“ 165 Vgl. ebd. sowie die Überlegungen zur Semantik des pietas-Begriffs von Weinstock 1971, 248– 259, Hellegouarc’h 1972, 276–278, Fears 1981a und (mit besonderem Bezug auf die augusteische Ausgestaltung) Zanker 2003, 108–140. 166 Vgl. die Kopie des Ehrenschildes aus Arles (AE 1952, 165): Senatus / populusque Romanus / Imp(eratori) Caesari divi f(ilio) Augusto / co(n)s(uli) VIII dedit clupeum / virtutis clementiae / iustitiae pietatis erga / deos patriamque.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

mität verschaffte.167 Was sich änderte, war die Hierarchie, die zwischen diesen beiden Aspekten hergestellt wurde. Für eine Untersuchung der augusteischen Perspektive im Rahmen des Diskurses über die eigene militärische persona ist dieses Element der prinzipalen Selbstdarstellung von besonderer Bedeutung: Wie gezeigt werden konnte, verbanden sich mit den beiden Leitmotiven stets mehr oder weniger explizite Aussagen über das Nahverhältnis des Herrschers zum Heer. Geht man davon aus, dass im Text des Nikolaos die Grundaussagen der augusteischen Autobiographie fassbar sind, lässt sich konstatieren, dass dort das Verlangen nach Vergeltung für den Mord an Caesar eindeutig im Vordergrund stand. Aus der Rolle des Caesarrächers ergeben sich alle politischen Ansprüche Octavians ebenso wie die Mittel, um diese Ansprüche durchzusetzen. Legitimität wird definiert durch die alleinige Übernahme dieser Rolle durch den Adoptivsohn, während die Beamten und allen voran die Konsuln – diejenigen also, die eigentlich für eine Bestrafung der Caesarmörder offiziell verantwortlich gewesen wären – lediglich ihre eigenen Ziele verfolgen. Das Instrument zur Durchsetzung jeglicher Ansprüche stellen dabei die Soldaten dar, um deren Gunst sich sämtliche Rivalen bemühen.168 Der entscheidende Unterschied zwischen einem Antonius, einem Lepidus und einem Octavian ist jedoch, so suggeriert es die Argumentation bei Nikolaos, dass letzterer für die einzig gerechte Sache kämpft: die Rache an den Attentätern.169 Auf diese Weise erscheint einzig sein Bemühen um den Aufbau einer militärischen Machtbasis legitim, die seine spätere Stellung im Staat wesentlich begründen würde. Diese Sichtweise bildete auch nach dem in der Forschung so oft als entscheidend bezeichneten Jahr 27 v. Chr. die Grundlage für die augusteische Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit, wie die Verarbeitung im Text des Nikolaos von Damaskus demonstriert. Wenn in den Res Gestae somit die Rettung des Staates als alleinige Triebfeder Octavians dargestellt und die „Rückgabe“ des Staates an Senat und Volk von Rom als zentraler Wendepunkt hervorgehoben wird, geschah dies im Hinblick auf die Bearbeitung der Rolle des princeps im Bürgerkrieg offenbar erst ex post.170 Auch in dieser Hinsicht ist es folglich zutreffend, wenn John 167 Vgl. u. a. Galinsky 1996, 88 sowie Welch 2012, 304–312, deren Überlegungen sich durch die hier erzielten Erkenntnisse präzisieren lassen. 168 In den Schilderungen der Ereignisse nach den Iden des März wird immer wieder darauf verwiesen, dass auch Lepidus, Antonius und andere die Parole „Rache für Caesar“ dafür nutzen, um sich eine eigene Machtbasis zu verschaffen (zu Lepidus Cass. Dio 44,22,2; zu Dolabella Cass. Dio 47,29,3; zu Antonius u. a. Cic Phil. 13,24 f.; vgl. auch Gotter 1996, 89 und 153 zu den Motiven des Antonius). 169 Dass diese Argumentation sicher der Perspektive Octavians – und auch derjenigen, die Augustus zum Zeitpunkt der Abfassung seiner Autobiographie vertrat – entsprach, zeigt sich in den Quellen der Triumviratszeit, in denen dieser Aspekt deutlich in den Vordergrund rückt: Neben der pietas Octavians wird vor allem in den Bildprogrammen der Münzen immer wieder auf das Rachemotiv angespielt, wenn Octavian mit deutlich sichtbarem Trauerbart dargestellt wird (vgl. hierzu Sears 1998, 87–91). 170 Wenn Donié 1996, 6 f. feststellt, Caesar im Allgemeinen und das Rachemotiv im Besonderen habe nach dem Sieg bei Actium keine Rolle mehr in der augusteischen Selbstdarstellung gespielt, trifft dies folglich nicht zu. Die Bezugnahme auf Caesar geht dabei über den rein dynas-

IV 5 Fazit – Rache und Rechtmäßigkeit

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Rich die Res Gestae als Paradebeispiel einer „economy with the truth“ charakterisiert.171 Dennoch bleibt festzuhalten: Die Wandlung in der Selbstdarstellung des Augustus könnte fundamentaler nicht sein.172 Auch in den Res Gestae ist die Rache für Caesar als Motiv präsent. Die Frage der Rechtmäßigkeit ist von ihr jedoch vollkommen abgekoppelt und stattdessen untrennbar mit der Rolle Octavians/Augustusʼ als Wiederhersteller der res publica verbunden.173 Damit einher geht eine Abwertung der Soldaten bzw. ihres Nahverhältnisses zum Herrscher: In den Res Gestae treten sie als eigenständiger und dadurch zugleich illegitimer Machtfaktor im politischen Spiel nicht mehr in Erscheinung und spielen daher für die Legitimierung der Stellung des Augustus in der res publica keine Rolle mehr.174 Die Instanz, die den Ansprüchen Octavians ihre Rechtmäßigkeit verleiht, ist in der Diktion der Res Gestae allein der senatus populusque Romanus. Im Rahmen des Diskurses über die militärische persona war dies von entscheidender Bedeutung. Wie die eingangs des Kapitels zitierte Suteon-Passage verdeutlichte, stießen auch die Kritiker des princeps ins gleiche Horn, wenn sie Octavian als grausamen Kriegsherrn portraitierten, der nur seinen Rachegelüsten frönte. Die in diesem Kapitel skizzierte Entwicklung des Rachemotivs und der mit ihm verbundenen Fragestellungen zeigt somit, dass nicht der princeps allein den Diskurs über seine militärische persona prägte, sondern dass dieser sich in reziproker Auseinandersetzung auch mit Kritikern dieser persona entfaltete.175 Unter diesen Umständen lässt sich auf die von Christopher Pelling aufgeworfene Frage nach dem Mehrwert der Autobiographie in augusteischer Perspektive eine mögliche Antwort formulieren: Die Autobiographie und die dort offenbar gewählte Strategie, die zur Darstellung der Rolle Octavians im Bürgerkrieg angewandt wurde, können als Reaktion auf Kritik angesehen werden, die gerade in den 20er-Jahren, d. h. in der entscheidenden Phase der Formierung des Prinzipats, äußerst ungelegen gekommen sein dürfte.

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tischen Aspekt, den Donié selbst anführt, hinaus. Allein die Existenz der Autobiographie und der in ihr festgelegten Grundlinien zeigt zudem, dass auch in den Jahren nach 20 v. Chr. keine explizite Abkehr von Caesar anvisiert war (so jedoch Hahn 1985, 13, der in den Jahren von 23 bis 17 v. Chr. „die entscheidende Etappe dieses Prozesses“ verortet). Rich 2010, 168; vgl. hierzu auch Ridleys Auflistungen von Auslassungen, die entweder im Text selbst angedeutet werden oder durch eine Analyse des Kontexts sichtbar gemacht werden können (Ridley 2003, 67–227). Vgl. Richardson 2012, 207: „The autobiography was a defensive polemic against the propaganda of his enemies, written in the aftermath of Actium, when he still felt the need to restore his reputation after the damage done to it in the turbulent years of the civil war. There is nothing defensive about the Res Gestae: by the time it was completed, the record (as Augustus presented it) spoke for itself and his greatness was implied in every section.“ Dabei erweist sich dieser spezifische Umgang mit Caesar im Tatenbericht als weit weniger „erstaunlich“, als Donié 1996, 24 annimmt. Bezeichnenderweise erscheint in den Res Gestae auch das praenomen imperatoris nicht, das dieses Nahverhältnis im Rahmen der politischen Öffentlichkeit der Hauptstadt den dortigen Kommunikationspartnern des princeps permanent vor Augen geführt hatte; vgl. hierzu Ridley 2003, 74 f. mit weiterer Literatur (zum praenomen und seiner Semantik s. o. S. 11–16). Vgl. Pelling 2009b, 47.

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IV. Augustus und Octavian – Der Umgang des princeps mit seinem Weg zur Macht

Dabei muss die Frage gestellt werden, ob ein bestimmter Zeitpunkt für die hier aufgezeigte Wandlung festgestellt werden kann, oder ob es sich dabei nicht vielmehr um einen Prozess handelte, an dessen Anfang die Autobiographie stand und dessen Ende der Tatenbericht bildete.176 Einen Anhaltspunkt hierfür lieferte die Untersuchung des Mars-Ultor-Tempels. In ihm sind – ebenso wie in den Textquellen – beide Leitmotive vertreten. Doch anders als in den Texten scheint hier keines der beiden zu überwiegen. Gerade dadurch lässt sich die Schwerpunktverschiebung im Bereich der augusteischen Selbstdarstellung noch deutlicher aufzeigen. Die vorangegangenen Ausführungen haben deutlich gemacht, dass sich Augustus permanent mit seiner eigenen Vergangenheit auseinandersetzen musste und dass der Weg zur Macht eine Angriffsfläche potentieller Kritik am princeps darstellte.177 Doch an der Leistung des Augustus änderte dies nichts: Auch wenn der Bürgerkrieg im politischen Diskurs nachwirkte, so war er dennoch endgültig beendet. Römer erhoben keine Schwerter mehr gegen Römer. Vor diesem Hintergrund änderte sich auch der Charakter der römischen Armee. Im Text des Nikolaos und in den Res Gestae werden zwei sich fundamental voneinander unterscheidende Arten von Soldaten einander gegenübergestellt: auf der einen Seite die Soldaten der Bürgerkriegszeit, die sich entgegen der Tradition als eigenständigen Machtfaktor verstanden und immer wieder in politische Entscheidungsprozesse eingriffen; auf der anderen Seite Soldaten, die als Teil des SPQR agieren. Es erscheint als wesentliche Leistung des princeps, die Soldaten wieder in die Werteordnung der (augusteischen) res publica integriert zu haben. Aus einem Bürgerkriegsheer wurde so eine reguläre Armee, die ihre Waffen nur noch gegen äußere Feinde richtete. Unter diesen Voraussetzungen war es folglich möglich, den Krieg wieder in die externe Sphäre zu überführen, in der er ursprünglich angesiedelt war.

176 Immerhin erwies sich das Motiv der „Rache für Caesar“ als Grundlage der Machtposition des princeps beispielsweise noch für Ovid als anschlussfähig (Ov. fast. 3,709 f.): hoc opus, haec pietas, haec prima elementa fuerunt / Caesaris, ulcisci iusta per arma patrem. („Dies war die Tat, war die Pflicht, der Anfang der Leistungen Caesars / War’s: Mit gerechtem Schwert hat er den Vater gerächt.“) 177 Vgl. u. a. Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 64 f. Dass dies auch in späterer Zeit so blieb, zeigen die Ausführungen des Tacitus zum Aufstieg des Augustus: Tacitus gibt jeweils eine Octavian-freundliche und eine Octavian-feindliche Version der Ereignisse der Bürgerkriegszeit wieder (Tac. ann. 1,9 f.; vgl. hierzu u. a. Rich 2010, 169–171). Bezeichnenderweise gruppierte er die Überlegungen, die er vorgeblich nicht selbst anstellt, sondern in seinen Quellen vorgefunden haben will, um genau die beiden Motive, die im Mittelpunkt der vorangegangenen Überlegungen stehen: pietas erga parentem et necessitudo rei publicae.

V. PARTA VICTORIIS PAX – ZUR ENTSTEHUNG EINES „GRUNDBEGRIFFS“ AUGUSTEISCHER HERRSCHAFTSSEMANTIK V 1 KRIEG UND FRIEDEN IN DEN RES GESTAE DIVI AUGUSTI „Kriege zu Wasser und zu Land gegen innere und äußere Feinde habe ich auf dem ganzen Erdkreis oftmals geführt […]“1, schreibt der princeps in seinem Tatenbericht und führt damit unmittelbar nach den Ausführungen zu seinen eigenen politischen Anfängen bereits früh einen der zentralen Themenkreise ein: den der militärischen Leistungen, der Eroberungen und der siegreichen Kämpfe gegen die Gegner Roms. Wenn Augustus im Folgenden zunächst auf die Ämter und Vollmachten sowie auf den großen Bereich der impensae zu sprechen kommt und erst im Anschluss tatsächlich die einzelnen militärischen Aktionen und außenpolitischen Erfolge seiner Herrschaftszeit im Einzelnen behandelt, unterstreicht dies eines der entscheidenden Kompositionsprinzipien des gesamten Textes: Die militärischen und diplomatischen Unternehmungen des princeps bilden gleichsam eine Art Rahmen. Beschäftigen sich die ersten beiden Abschnitte – wie oben gezeigt – vor allem mit dem Bürgerkrieg und der Rolle Octavians in den innenpolitischen Auseinandersetzungen, so treten in den Kapiteln drei und vier der Kampf gegen äußere Feinde und die Auszeichnungen, die Augustus für diese Leistungen erhalten hatte, prominent hinzu. Einzeln abgehandelt werden diese Taten jedoch erst im letzten Teil, bevor die Einleitung der abschließenden zwei Abschnitte erneut den Bürgerkrieg aufgreift. Auf diese Weise wird auf der kompositorischen Ebene eine eindeutige Verknüpfung hergestellt zwischen den im Text als solchen benannten Grundlagen des Prinzipats, die in den ersten und letzten beiden Abschnitten angeführt werden, und dem Bereich der virtus. Alfred Heuß hat treffend beobachtet, dass das imperium proconsulare, das die reale Grundlage für die Alleinherrschaft des Augustus darstellte, in den gesamten Res Gestae keine Erwähnung findet und dass auch die Soldaten nur in Ausnahmefällen in Erscheinung treten.2 Tatsächlich konnte der princeps eine explizite Erwähnung dieses nicht unbedingt unproblematischen Sachverhaltes in seinem Tatenbericht vermeiden, ohne dadurch auf die zentrale Aussage zu verzichten: Die kompositorische Koppelung von Herrschaftsgrundlagen auf der einen und militärischen Leistungen auf der anderen Seite, die erreicht wird, indem beide Aspekte als Rahmen des gesamten Textes fungieren, lenkt den Blick des Lesers automatisch auf den entscheidenden Aspekt des Prinzipats: die

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R. Gest. div. Aug. 3,1: Bella terra et mari civilia externaque toto in orbe terrarum saepe gessi […]. Vgl. Heuß 1975, 68.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

Kontrolle des militärischen Sektors durch den princeps, auf der seine Herrschaft beruhte.3 Nur ein einziges Mal wird im Text diese Gliederung durchbrochen, wenn im 13. Kapitel der Tempel des Janus und die mit ihm verbundenen Rituale erwähnt werden und es heißt, dass der Tempel „nach dem Wunsch unserer Vorväter geschlossen sein sollte, wenn im gesamten römischen Reichsgebiet zu Wasser und zu Lande durch Siege errungener Friede herrschte […].“4 Bezeichnenderweise erscheint dieser erneute Verweis auf den Bereich der militärischen Leistungen genau an dem Punkt, an dem der Bericht über die Augustus zuerkannten Ehrungen endet und derjenige über die impensae beginnt.5 Zwar kann der Abschnitt über die Schließung des Janus-Tempels vordergründig sicher zu den Ehrungen für den princeps gerechnet werden, doch ist auffallend, dass er sich bereits in der sprachlichen Gestaltung von den anderen Passagen abhebt, die diese Ehrungen referieren: Während in diesen Kapiteln stets Augustus der Bezugspunkt der Ehrung ist, tritt er an jener Stelle als temporale Referenzgröße in Erscheinung (priusquam nascerer, me principe). Folglich lässt sich hier neben der Aufteilung in erzählende und thematische Passagen ein weiteres Gliederungsprinzip des Textes formulieren, das auf die militärischen Leistungen des princeps fokussiert und sie mithin als den zentralen Aspekt der augusteischen Herrschaft vorstellt. In der Forschung ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass der Bericht über die militärischen und außenpolitischen Erfolge des Augustus ein entscheidender Bestandteil des Tatenberichts ist und dass in diesem Zusammenhang der Betonung des Sieges gegenüber dem Frieden weitaus mehr Raum gegeben wurde: „He pronounced no pacifist’s creed but declared a warrior’s achievement.“6 Diese grundsätzliche Feststellung Erich Gruens trifft zweifellos zu. Wie im Folgenden gezeigt werden soll, lassen sich jedoch die Funktionsmechanismen der Rede über (Bürger-)Krieg, Sieg und Frieden in den Res Gestae noch differenzierter beschreiben, als es bisher zumeist der Fall war7: Der princeps nutzte den Text seines Tatenberichts, um durch die Ponderierung dieser vier Elemente des Komplexes „Krieg und Frieden“ eine Reihe von spezifischen Botschaften zu generieren, die in der Zusammenschau seinen Umgang mit einem der zentralen Themenfelder seiner Herrschaft verdeutlichen. Zunächst ist zu konstatieren, dass der Terminus pax im gesamten Text der Res Gestae tatsächlich nur im bereits zitierten Kapitel 13 erscheint. Ansonsten ist, wie 3

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Wenn Ridley 2011, 295 seine Kritik an der Feststellung, dass das imperium proconsulare nicht erwähnt wird, mit genau diesem Sachverhalt begründet, läuft diese somit ins Leere: Denn gerade die Tatsache, dass man sich über die realen Machtverhältnisse durchaus im Klaren gewesen sein dürfte, ermöglichte Augustus die Komposition seines Textes. R. Gest. div. Aug. 13,1: Ianum Quirinum, quem claussum esse maiores nostri voluerunt, cum per totum imperium populi Romani terra marique esset parta victoriis pax […]. Vgl. zu dieser Strukturierung des Textes Heuß 1975, 61 f. Gruen 1985, 54; vgl. auch Heuß 1975, 69–79, der jedoch vor allem völkerrechtliche Fragestellungen in den Blick nimmt. Vgl. auch die Behandlung des Themenkomplexes durch Ridley 2011, 302–312, der hauptsächlich auf die Verlässlichkeit der Angaben in den Res Gestae fokussiert.

V 1 Krieg und Frieden in den Res Gestae Divi Augusti

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bereits Gruen hervorgehoben hat, stets von „Befriedung“, nicht von „Frieden“ die Rede: The Res Gestae places emphasis not on peace but on pacification. Augustus has recourse to the verbs pacare and pacificare. […] In each case peace derives from force of arms. And its maintenance required continued use of force, or the threat of force.8

Tatsächlich lässt sich insbesondere vor dem Hintergrund der bisher erzielten Erkenntnisse eine Unterscheidung zwischen den Konzepten des Friedens und der Befriedung feststellen, die in den Res Gestae zum Ausdruck kommt. Werner Eck hat mit Bezug auf die augusteische Konzeption des Friedens festgestellt: „Tatsächlich traf diese Propagierung des Friedens vor allem für das Innere des Reiches zu. Nach außen hat Augustus freilich so viele und verlustreiche, aber insgesamt auch erfolgreiche Kriege geführt wie kein anderer Römer vor ihm […].“9 Führt man diesen Gedankengang konsequent zu Ende, so liegt darin sowohl der Schlüssel zum Verständnis der entsprechenden Passagen in den Res Gestae als auch der Ansatzpunkt für eine Analyse des augusteischen Umgangs mit dem Themenkomplex „Krieg und Frieden“. Die Wiederherstellung eines permanenten Friedens war, so hat sich in den vorhergehenden Kapiteln gezeigt, einer der zentralen Aspekte der Legitimationsstrategie Octavians nach den Bürgerkriegen. Innerrömische Auseinandersetzungen sollten von nun an für immer der Vergangenheit angehören. Garantiert wurde dieser Zustand durch den umfassenden Sieg Octavians. Diese Legitimationsstrategie fand bezeichnenderweise auch Eingang in den Tatenbericht und wurde dort noch einmal konsequent ausformuliert: Immer wenn im Text der Bürgerkrieg zur Sprache kommt, tritt Augustus als Sieger und Feldherr in Erscheinung.10 So heißt es im zweiten Kapitel, Octavian habe die Mörder Caesars zwei Mal in offener Feldschlacht besiegt.11 Im folgenden Kapitel gibt der princeps zu Protokoll, er habe „als Sieger“ jedem Bürger Gnade gewährt, der darum gebeten habe.12 Im weiteren Verlauf des Textes verkündet Augustus wiederum, dass er „als Sieger“ die von Antonius geplünderten Tempel der Provinz Asia wieder prachtvoll ausgestattet habe13 und dass er mit der Unterstützung ganz Italiens in den Krieg von Actium gezogen sei, den er schließlich gewonnen habe14. Diese demonstrative Überbetonung der Tatsache, dass Octavian als Sieger aus den innerrömischen Machtkämpfen hervorgegangen war, findet in den Kapiteln, die 8 9 10 11 12 13 14

Gruen 1985, 54 f.; vgl. auch Rich 2003, 333 sowie Raaflaub 2011, 330. Eck 2006, 90. Die einzige Ausnahme von diesem Schema bildet bezeichnenderweise Abschnitt 34,1; hierzu s. o. Kap. IV 4.3. R. Gest. div. Aug. 2: Qui parentem meum interfecerunt, eos in exilium expuli iudiciis legitimis ultus eorum facinus et postea bellum inferentis rei publicae vici bis acie. R. Gest. div. Aug. 3,1: […] victorque omnibus veniam petentibus civibus peperci. R. Gest. div. Aug. 24,1: in templis omnium civitatium provinciae Asiae victor ornamenta reposui, quae spoliatis templis is, cum quo bellum gesseram, privatim possederat. R. Gest. div. Aug. 25,2: iuravit in mea verba tota Italia sponte sua et me belli quo vici ad Actium ducem depoposcit.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

sich mit den Erfolgen im Kampf gegen äußere Feinde beschäftigen, keine Entsprechung: Nur zweimal erscheinen hier Formulierungen aus dem Wortfeld vincere, und beide beziehen sich nicht auf Augustus selbst, sondern bezeichnen als Partizipien besiegte Völker näher.15 Sogar in parallel konstruierten Zusammenhängen wird eine entsprechende Formulierung vermieden.16 Als Erklärung für diesen Sachverhalt kann angeführt werden, dass das Konzept der Befriedung, das hier vor dem Leser des Tatenberichts ausgebreitet wird, den Sieg selbst stets schon beinhaltet.17 Ist eine Provinz befriedet, so bedeutet dies, dass diesem Zustand der Ruhe ein militärischer Sieg vorausgegangen ist, der ihn erst ermöglicht – ganz so, wie die Formulierung parta victoriis pax es zum Ausdruck bringt.18 Für den Bürgerkrieg kann dies nicht in gleichem Maße gelten, denn Befriedung steht zugleich stets für Unterwerfung: Der princeps leitet den Bericht über die auswärtigen Siege ein mit der Formulierung: „Das Gebiet aller Provinzen des römischen Volkes, die Volksstämme zu Nachbarn hatten, die nicht unserem Befehl gehorchten, habe ich vergrößert.“19 Das Ziel der Befriedungsstrategie liegt dem Wortlaut der Res Gestae zufolge somit darin, das Gebiet, das der römischen Befehlsgewalt untersteht, zu vergrößern. Dafür werden die militärischen Siege errungen: „Die Völker Pannoniens, mit denen kein Heer des römischen Volkes jemals zusammengetroffen war, bevor ich der erste Mann des Staates wurde, habe ich der Herrschaft des römischen Volkes unterworfen […].“20 Der Sieg im Bürgerkrieg dagegen dient gerade dazu, Rom unter die Befehlsgewalt Octavians zu bringen – eine explizite Parallelisierung beider Sachverhalte im Rahmen der Res Gestae wäre vor diesem Hintergrund nicht angezeigt gewesen. Die clementia, die Octavian gegenüber den besiegten Bürgern walten lässt, unterscheidet sich fundamental von der Verzeihung, die als fortan ungefährlich eingestuften auswärtigen Gegnern gewährt wird.21 Die Formulierung Vergils, die in den Res Gestae und ihrem Konzept der Befriedung anklingt und die lautete, man habe „die Unterworfnen zu schonen, doch Trotzige niederzuringen“22, konnte sich nur auf die äußere Sphäre beziehen. 15

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R. Gest. div. Aug. 30: Pannoniorum gentes, quas ante me principem populi Romani exercitus nunquam adit, devictas per Ti. Neronem, qui tum erat privignus et legatus meus, imperio populi Romani subieci, protulique fines Illyrici ad ripam fluminis Danuvi. citra quod Dacorum transgressus exercitus meis auspicis victus profligatusque est, et postea trans Danuvium ductus exercitus meus Dacorum gentes imperia populi Romani perferre coegit. Vgl. beispielsweise R. Gest. div. Aug. 2 und 26,5: […] maximaeque hostium gentis utriusque copiae caesae sunt in acie et complura oppida capta. Vgl. hierzu u. a. Rich 2003, 333 mit entsprechenden Belegstellen aus der antiken Literatur. Vgl. Gruen 1985, 54. R. Gest. div. Aug. 26,1: omnium provinciarum populi Romani, quibus finitimae fuerunt gentes quae non parerent imperio nostro, fines auxi. R. Gest. div. Aug. 30,1: Pannoniorum gentes, quas ante me principem populi Romani exercitus nunquam adit, […] imperio populi Romani subieci […]. In eine ähnliche Richtung wiesen möglicherweise bereits die Ausführungen des Augustus in seiner Autobiographie, die Appian überliefert (Ill. 14 f.). R. Gest. div. Aug. 3,2: externas gentes, quibus tuto ignosci potuit, conservare quam excidere malui. Verg. Aen. 6,853: parcere subiectis et debellare superbos.

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Bereits zu Beginn des Tatenberichts wird dieses Motiv zudem mit einem weiteren verknüpft: Octavian, so heißt es dort, habe „ein Heer aufgestellt, mit dem ich dem Staatswesen, das durch die Gewaltherrschaft einer politischen Machtgruppe unterdrückt wurde, die Freiheit wiedergab.“23 Er hatte die Leistungen im Bürgerkrieg, so suggeriert der Text, allein um des römischen Staates willen vollbracht. Auch in allen übrigen Kapiteln, die den Bürgerkrieg behandeln, finden sich, wie oben gezeigt, entsprechende Formulierungen: „Damit der Staat keinen Schaden nehme“24, habe man Octavian zum Propraetor ernannt; die Caesarmörder führten Krieg gegen den Staat (bellum inferentis rei publicae); eine große Anzahl von höchsten Amtsträgern und Angehörigen der römischen Oberschicht versammelte sich bei Actium unter Octavians Fahnen25; als er die Bürgerkriege beendet hatte, überführte er schließlich die res publica wieder in die Verfügungsgewalt von Senat und Volk26. Immer ist also die Leistung für den Staat die Triebfeder und Legitimation für das Handeln Octavians.27 Demgegenüber hat Erich Gruen mit Bezug auf die Passagen, die von Siegen über externe Gegner berichten, treffend festgestellt: The princeps does not here engage in concealment, disguise, or euphemism. […] he eschews apologies, justifications, or explanations. The legitimacy of Roman conquest and expansion is simply taken for granted.28

Tatsächlich findet sich an keiner Stelle eine ähnliche Bemühung zur Legitimierung von Kriegen gegen äußere Feinde, wie sie für den Bürgerkrieg unternommen wird – da derartige Konflikte und die römische Expansion als solche schlicht keiner Rechtfertigung bedurften. Der Krieg und die Expansion, so suggeriert der Tatenbericht, waren bereits allein dadurch gerechtfertigt, dass es Völker gab, die nicht der römischen Befehlsgewalt unterstanden. Worauf es ankam, war allein die Tatsache, dass der Krieg „regelgerecht“ geführt wurde, d. h. dass den formalen Anforderungen, die an eine militärische Auseinandersetzung gestellt wurden, Genüge getan wurde.29 Nicht umsonst betont der princeps, er habe niemals ungerechterweise ein fremdes Volk angegriffen.30 Krieg wurde nach dem Ende der innerrömischen 23 24 25 26 27 28 29 30

R. Gest. div. Aug. 1,1: […] exercitum […], per quem rem publicam a dominatione factionis oppressam in libertatem vindicavi. R. Gest. div. Aug. 1,3: res publica ne quid detrimenti caperet […]. R. Gest. div. Aug. 25. R. Gest. div. Aug. 34. Zu diesem Themenkomplex ausführlich Kap. IV 4. Gruen 1985, 55; vgl. auch ders. 1996, 190. Zur in der Forschung mitunter lebhaft geführten Debatte über die Ideologie des bellum iustum und ihre Implikationen für die römische Politik s. o. 44, Anm. 49. R. Gest. div. Aug. 26,3: Alpes a regione ea, quae proxima est Hadriano mari, ad Tuscum pacari feci nulli genti bello per iniuriam inlato. Möglicherweise ist in der Tatsache, dass gerade die Befriedung der Alpenregion zum Anlass für diese Feststellung genommen wird, auch ein Seitenhieb auf die Praxis der Bürgerkriegsära zu sehen: L. Antonius, der Bruder des Triumvirn, hatte einen eher zweifelhaften Triumph über Stämme aus dieser Gegend gefeiert (vgl. hierzu u. a. Sumi 2005, 193 f.). Durch seine Betonung der regelgerechten Kriegsführung konnte sich der princeps von der Jagd nach Triumphen, die die Spätphase der Republik geprägt hatte, zusätzlich abgrenzen.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

Kämpfe wieder so geführt, wie es sich gehörte – und vor allem gegen die Feinde, gegen die man Krieg führen durfte. Bezeichnenderweise setzt Augustus den Bericht über die zahlreichen von ihm eingerichteten Veteranenkolonien in diesen Abschnitt und löst sie vollkommen aus dem Kontext des Bürgerkriegs heraus, in dem dieser Aspekt eine zentrale Rolle gespielt hatte.31 Die wichtigste Aussage, die hinter diesen Feststellungen steht, ist unmissverständlich: Der princeps behauptet von sich selbst, er habe den Krieg wieder in die Sphäre überführt, in der er ursprünglich anzusiedeln sei – und damit letztlich auch den Begriff pax; denn sofern man dem Zeugnis Dios Glauben schenken darf, führte Augustus explizit die „Befriedung“ der Provinzen zur Legitimierung seines Kommandos an.32 In dieser Sphäre tritt Augustus stets als Handelnder in Erscheinung. Das mag im Rahmen des Genres „Tatenbericht“ zunächst nicht verwunderlich erscheinen, erhält jedoch durch die spezifischen Rahmenbedingungen des beginnenden Prinzipats ein nicht zu unterschätzendes Gewicht. Denn schließlich zeichnete sich die Regierungszeit des Augustus gerade dadurch aus, dass er ab Mitte der 20er-Jahre selbst nicht mehr ins Feld zog und dass die Siege über fremde Völker entweder von senatorischen Prokonsuln mit eigenem imperium oder von Legaten des princeps errungen wurden.33 Dennoch ist es im Tatenbericht immer Augustus selbst, der die Siege erringt, die Provinzen befriedet und das Reichsgebiet vergrößert. Seine Legaten erwähnt er nur ein einziges Mal, wobei diese Erwähnung sogleich mit den Worten relativiert wird, diese Männer hätten ihre Siege „unter meinen Auspizien“ errungen.34 Der princeps unterstreicht diese Tatsache dadurch, dass er allein zwei 31

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R. Gest. div. Aug. 28: colonias in Africa Sicilia Macedonia utraque Hispania Achaia Asia Syria Gallia Narbonensi Pisidia militum deduxi. Italiam autem XXVIII colonias, quae vivo me celeberrimae et frequentissimae fuerunt, mea auctoritate deductas habet. Vgl. hierzu auch Lange 2008, 198 f. Cass. Dio 53,12,1 f. und 53,13,1; vgl. hierzu auch Rich 2003, 346–357 sowie ders. 2013, 56–58 und 2010, 187 f.: „Augustus undertook to pacify all those provinces which were disturbed or had dangerous enemies on their borders – and naturally those were the provinces which held most of the legions. […] In fact, external policies and internal politics cannot be divorced: Augustus needed to satisfy the popular expectation of great conquests, and to provide princes of the imperial house with opportunities for glory. Above all, he needed to show the achievements in pacification which would justify the division of the provinces.“ Einzuwenden ist gegen Richs Formulierung, dass er zwischen den Konzepten des Friedens und der Befriedung, zwischen Bürgerkrieg und externen Kriegen, nicht ausreichend unterscheidet: „It had been the triumvirs’ task to end civil wars and so establish peace. The achievement of this assignment had been symbolized by the closing of the doors of the temple of Janus. Now the pacification process was to be extended to Rome’s external enemies.“ Es ging nicht lediglich darum, den Prozess der Befriedung auf die externe Sphäre auszudehnen. Vielmehr stellte die Befriedung ein vom Umgang mit dem Bürgerkrieg verschiedenes Konzept dar. Sie kann als ein Bestandteil des Systems der concordia beschrieben werden: Der in jeder Hinsicht regulär geführte Krieg gegen die externen Gegner trat an die Stelle des Bürgerkriegs. Diese Tatsache sollte insbesondere Auswirkungen auf die Triumphpolitik des Augustus haben; hierzu s. Kap. VII 1. R. Gest. div. Aug. 4,2: ob res a me aut per legatos meos auspicis meis terra marique prospere gestas quinquagiens et quinquiens decrevit senatus supplicandum esse dis immortalibus. dies autem, per quos ex senatus consulto supplicatum est, fuere DCCCLXXXX.

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Angehörige der kaiserlichen Familie, Gaius und Tiberius, in einem militärischen Zusammenhang namentlich nennt.35 Wenn ansonsten Beamten mit Namen verzeichnet werden, so geschieht dies ausschließlich zum Zweck der Datierung bestimmter Angaben.36 Gleichzeitig liefern die Abschnitte des Tatenberichts, die sich mit den militärischen Leistungen des princeps befassen, das beste Beispiel für das monarchische Grundelement, das Alfred Heuß für die Res Gestae diagnostiziert hat.37 Könige geben ihre Kinder in die Obhut des Augustus38 oder fliehen selbst zu ihm39, Gesandte erbitten „unsere Freundschaft“ bzw. „meine und die Freundschaft des römischen Volkes“40. Augustus tritt somit nicht nur als ausschließlich handelnde Instanz auf, sondern wird im Text auch immer mehr zum Bezugspunkt (außen)politischer Handlungen: Der princeps handelt nicht nur im Namen der res publica, sondern tritt an die Stelle der res publica.41 Während er seine Taten im Bürgerkrieg noch im Dienste des römischen Gemeinwesens erbracht hat, bildet diese Schwerpunktverlagerung unmissverständlich die neuen Machtverhältnisse nach dem Sieg im Bürgerkrieg ab: Im ersten Kapitel betont der princeps noch, dass seine Befehlsgewalt ihm verliehen worden sei, um damit den Staat vor Gefahr zu bewahren. Die Verleihung der Ämter an den jungen Octavian sei allein dadurch motiviert gewesen. Bereits in Kapitel vier hat sich dies grundlegend geändert. Die Ehrungen, die ihm aufgrund seiner militärischen Leistungen zuteilwerden, erscheinen in einem gänzlich anderen Licht: Nicht weil er seine Leistungen für das römische Gemeinwesen erbracht hat, sondern allein aufgrund der Tatsache, dass er sie überhaupt vollbracht hat, werden dem princeps in der Konstruktion des Textes Dankfeste zuerkannt. Erich Gruen hat mit Blick auf die Res Gestae zusammenfassend konstatiert: „The Res Gestae, in short, registers the authority of Rome everywhere in the known 35 36 37 38 39 40 41

R. Gest. div. Aug. 27,2 (domitam per Gaium filium meum) und 30,1 (devictas per Tiberium Neronem). Beispielsweise R. Gest. div. Aug. 17,2: et M. Lepido et L. Arruntio consulibus in aerarium militare, quod ex consilio meo constitutum est, ex quo praemia darentur militibus, qui vicena aut plura stipendia emeruissent, HS milliens et septingentiens ex patrimonio meo detuli. Vgl. Heuß 1975, 59 f. R. Gest. div. Aug. 32,2: ad me rex Parthorum Phrates Orodis filius filios suos nepotesque omnes misit in Italiam, non bello superatus, sed amicitiam nostram per liberorum suorum pignora petens. R. Gest. div. Aug. 32,1: ad me supplices confugerunt reges Parthorum Tiridates et postea Phrates regis Phratis filius; Medorum Artavasdes, Adiabenorum Artaxares, Britannorum Dumnobellaunus et Tincommius, Sugambrorum Maelo, Marcomanorum Sueborum […]. R. Gest. div. Aug. 29,2: Parthos trium exercitum Romanorum spolia et signa reddere mihi supplicesque amicitiam populi Romani petere coegi. Dass dies durchaus der politischen Realität entsprach, kann anhand der Ereignisse deutlich gemacht werden, die sich während Augustusʼ Aufenthalt in Spanien Mitte der 20er-Jahre abspielten: So belegt beispielsweise eine Inschrift aus Mytilene (IGRR iv 33), dass die Polis eine Gesandtschaft nach Tarraco schickte, um Augustus persönlich über einen Bündnisvertrag mit Rom entscheiden zu lassen. Erst als Augustus sein Einverständnis gegeben hatte, wandte sich die Gesandtschaft nach Rom und brachte dort ihr Anliegen vor (vgl. hierzu dalla Rosa 2015a, 574–577 und Bringmann 2007, 133 f. mit weiteren Beispielen).

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world and the martial virtue that subdued or overawed the most distant nations, a virtue embodied in the person of the princeps.“42 Wenn Gruen auf diese Weise einem von der Forschung immer wieder angenommenen Konzept der Pax Augusta die Komponente der virtus, d. h. der militärischen Tapferkeit und Sieghaftigkeit des princeps, gegenüberstellt, so trifft dies zweifellos zu. Die Res Gestae konstruieren mit ihrer programmatischen Formel parta victoriis pax keinesfalls das Bild einer Pax Augusta, wenn man darunter eine durch Augustus verkörperte umfassende Friedensordnung versteht.43 Die vorangegangenen Überlegungen machen jedoch deutlich, dass die Aussagen des Tatenberichts auch über die Antithese Gruens weit hinausweisen. Denn so wenig es in den Res Gestae um die Pax Augusta geht, so wenig erschöpft sich der Text in einer bloßen Propagierung militärischer Leistungsfähigkeit des Augustus. Entworfen wird vielmehr ein umfassendes Konzept, das die Aspekte des Krieges gegen externe Feinde, des Bürgerkrieges, des Sieges und des Friedens miteinander in ein spezifisches Verhältnis setzt: Dem Leser des Tatenberichts tritt das Konzept einer Pax Augusti entgegen, eines Siegfriedens, der spezifisch mit der Person und vor allem den militärischen Erfolgen des princeps verknüpft ist und der ausschließlich unter den Bedingungen des Augustus zustande kommen und bestehen bleiben kann. Dabei wird unterschieden zwischen innerem Frieden und nach außen gerichteter Befriedung. Beides ist den Siegen des princeps zu verdanken, doch die Konzeptionen, die mit dem jeweiligen Begriff verbunden sind, sind voneinander zu unterscheiden. Dies umso mehr, als der Ausdruck Pax Augusta in der zeitgenössischen Literatur nicht erscheint44: Der einzige entsprechende Nachweis findet sich im Werk des Velleius Paterculus, der bezeichnenderweise genau die Unterscheidung wieder aufgreift, die in den Res Gestae vorgenommen wird.45 Und dennoch ist in 42 43

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Gruen 1985, 55. Vgl. zur Entwicklung Begriffs Pax Augusta Fears 1981a, 884–889, der zusammenfasst: „Pax Augusta thus proclaimed the profound association existing between Augustus and that divine power which produced pax: the godhead Pax performed her function within the sphere of Augustus’ activity.“ (887) Der entsprechende TLL-Eintrag führt lediglich zwei Belegstellen auf, die den Namen des Augustus in direkten Zusammenhang mit der Vokabel pax bringen: Zum einen die Inschrift eines Altars aus Gallia Narbonensis, der ins 1. Jh. n. Chr. datiert wird (CIL XII 4335: Paci Aug(ustae) / T(itus) Domitius Romulus / votum posuit quod / fidecommissum Phoebum liberu(m) / recepit), sowie eine Passage bei Livius (1,19,3), der jedoch ebenfalls nicht den Terminus Pax Augusta verwendet, sondern lediglich feststellt: […] post bellum Actiacum ab imperatore Caesare Augusto pace terra marique parta. Vell. 2,126,3: Diffusa in orientis occidentisque tractus et quidquid meridiano aut septentrione finitur, pax augusta per omnis terrarum orbis angulos a latrociniorum metu servat immunes. Rich 2003, 333 weist darauf hin, dass der Ausdruck sich im Zusammenhang bei Velleius auf die Verbreitung dieses Zustandes durch Tiberius bezieht und nicht auf Augustus selbst; vgl. dagegen Weinstock 1960, 46: „[…] Horace and Velleius praising in similar terms the blessings of the Pax Augusta.“ Karl Christ bezeichnet Velleius auch in dieser Hinsicht als „Opfer der augusteischen Ideologie“ (vgl. Christ 2003, 77). Dass diese Charakterisierung weder dem Autor noch der „augusteischen Ideologie“ gerecht wird, sollen die folgenden Ausführungen verdeutlichen. Dass der Text des Velleius vielschichtiger ist, als Christ suggeriert, ergibt sich auch durch einen Vergleich mit der bereits zitierten Passage Vell. 2,89,2–4: Zwar verknüpft Velleius

V 2 Pax Augusta – Ein kritischer Forschungsüberblick

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der modernen Forschung insbesondere mit Verweis auf die Wendung parta victoriis pax diese Unterscheidung immer wieder vernachlässigt worden, während man zugleich das Bild des Friedenskaisers Augustus zeichnete, der dem Reich einen umfassenden Frieden gebracht habe. In den folgenden Abschnitten soll die Genese dieses (Forschungs-) Konzeptes der Pax Augusta in seinen Entwicklungsstufen näher beleuchtet und kritisch hinterfragt werden, um im Anschluss daran eine alternative Herangehensweise an diesen Themenkomplex vorzuschlagen und die genauen Funktionsmechanismen bzw. die Abstufungen im Verhältnis der Aspekte „Sieg“ und „Frieden“ im Rahmen der augusteischen Herrschaft nachzuzeichnen. V 2 PAX AUGUSTA – EIN KRITISCHER FORSCHUNGSÜBERBLICK V 2.1 „Friedensfürst“ Augustus Als geradezu paradigmatisch für das Bild des Friedensfürsten erweist sich eine Formulierung Viktor Gardthausens: „Das Kaiserreich ist der Friede“; dieses oft missbrauchte Wort galt in der That von der Schöpfung des Augustus, sowohl für die äusseren wie namentlich für die inneren Kriege. Caesar [i. e. Augustus] hatte Kriege geführt, weil sie nothwendig waren; seiner Natur nach aber war er kein Kriegsfürst, sondern liebte es vielmehr, sich als Friedensfürst feiern zu lassen.46

Die Vorstellung eines alle Bereiche umfassenden Friedens wird hier gleichsam als eine Triebfeder augusteischen Handelns dargestellt. Der Terminus „Friedensfürst“ wurde in der Folge zu einem Schlagwort sowohl der populärwissenschaftlichen Darstellung als auch der Augustusforschung.47 Auch Hans Erich Stier portraitierte den ersten princeps auf diese Weise und ging von einer „Ausrichtung seiner Politik auf den Weltfrieden hin, die Pax Augusta“, aus.48 Hermann Bengtson stellte gar fest, man könne „getrost von einem Friedensprogramm des Augustus sprechen, es

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an dieser Stelle, wie oben gezeigt (s. o. S. 85 f.), die Verleihung des Augustus-Namens, selbst wenn er den Akt als solchen nicht referiert, untrennbar mit einer Wiederherstellung des Friedens. Zugleich trifft er jedoch die Unterscheidung zwischen bella civilia und bella externa. Während er erstere als tatsächlich beendet (finita) ansieht, beschreibt er letztere lediglich als „begraben“ (sepulta). Velleius schließt also keineswegs aus, dass auch nach der von ihm an dieser Stelle gefeierten Rückkehr des Frieden bringenden Augustus Kriege gegen externe Feinde geführt werden können. Und tatsächlich beschließt er seine Charakterisierung des augusteischen Zeitalters nur wenige Sätze später mit den Worten: „Wollte man die Kriege unter seiner Führung beschreiben, die Befriedung des Erdkreises durch seine Siege und alles, was er innerhalb und außerhalb Italiens vollbracht hat, dann würde selbst ein Geschichtsschreiber, der seine ganze Lebenszeit nur auf dieses eine Werk verwenden wollte, dabei müde werden.“ (Vell. 2,89,6: Bella sub imperatore gesta pacatusque victoriis terrarum orbis et tot extra Italiam domique opera omne aevi sui spatium impensurum in id solum opus scriptorem fatigant […].) Gardthausen 1891, 477. Vgl. exemplarisch die gleichlautenden Titel eines Überblicksartikels von Hartwin Brandt (Brandt 2000) sowie einer ZDF-Dokumentation aus dem Jahr 2004: „Augustus – Totengräber und Friedensfürst“. Stier 1975, 14; vgl. bereits ders. 1950 sowie Beckmann 1951 für eine ähnliche Perspektive.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

ist von der Bevölkerung mit Beifall und Verständnis aufgenommen worden.“49 Selbst in neueren Arbeiten zu Augustus finden sich noch immer Anklänge an eine solche Sichtweise der Pax Augusta und des ersten princeps. So spricht Heinrich Schlange-Schöningen vom „Wunsch Octavians, zukünftig nicht als Gewaltherrscher, sondern als Friedensfürst akzeptiert und verehrt zu werden .“50 Als Kronzeuge dieser Sichtweise wird in der Regel Augustus selbst angeführt, der ja in den Res Gestae der Schließung des Janustempels den bereits erwähnten eigenen Abschnitt widmete. Die Prominenz, die der zeremoniellen Schließung der Tore im Tatenbericht zukommt, wurde in der Forschung oftmals als Beweis dafür gesehen, dass Augustus sich tatsächlich die Errichtung eines Friedensreiches zum Ziel gesetzt hatte und jeden Schritt auf dem Weg zur umfassenden Pax Augusta in gebührender Weise feiern ließ.51 Ein ähnliches Argument lässt sich auch bei Cassius Dio finden, wenn er schreibt, nach seinem Sieg bei Actium habe keine Ehrung Octavian mehr Freude bereitet als die vom Senat angeordnete Schließung.52 Eine auf den Charakter, die Wünsche und Ideale des ersten princeps fokussierende Perspektive konnte darin scheinbar Bestätigung finden. Dabei wurde jedoch nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Konstruktion der nicht als solche bezeichneten Pax Augusta, wie sie uns in den Quellen entgegentritt, sich als weit komplexer erweist, als die angeführten Forschungsmeinungen vermuten lassen. Dies lässt sich bereits anhand der Figur des Janus und ihrer Funktion sowie anhand des Tempels des Gottes und der mit ihm verbundenen Rituale demonstrieren: Eine Untersuchung des Janus-Motivs in der augusteischen Literatur zeigt, dass damit keineswegs ausschließlich die Konnotation eines umfassenden permanenten Friedens verbunden war.53 Während die geschlossenen Türen des Janustempels für Horaz die neue Ära des Friedens symbolisieren, die unter Augustus ihren Anfang nimmt54, zeichnet Vergil in seiner Aeneis ein diffe49 50 51 52

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Bengtson 1981, 95. Schlange-Schöningen 2005, 83. Vgl. u. a. Stier 1975, 19 sowie Rubin 1984, 21 f. Differenzierter argumentiert Lange 2015, 137 und 140, der für alle Schließungen unter Augustus den Aspekt der Pazifizierung hervorhebt. Cass. Dio 51,20,4: πλεῖστον δὲ ὅμως ὑπὲρ πάντα τὰ ψηφισθέντα οἱ ὑπερήσθη ὅτι τὰς τε πύλας τὰς τοῦ Ἰανοῦ ὡς καὶ πάντων σφίσι τῶν πολέμων παντελῶς πεπαυμένων ἔκλεισαν, καὶ τὸ οἰώνισμα τὸ τῆς Ὑγιείας ἐποίησαν […]. Zur Rolle der Schließung des Tempels im Rahmen der Präsentation des Sieges über Antonius und Kleopatra s. o. S. 117 f. Vgl. bereits Syme 1979c sowie DeBrohun 2007 und Schmitt 2010. Hor. carm. 4,15,17–24: custode rerum Caesare non furor / civilis aut vis exiget otium, / non ira, quae procudit ensis / et miseras inimicat urbis; / non qui profundum Danuvium bibunt / edicta rumpent Iulia, non Getae, / non Seres infidique Persae, / non Tanain prope flumen orti […]. („Ist Caesar Wächter der Welt, dann wird nicht Wüten / der Bürger oder Gewalttat vertreiben die Ruhe, / nicht Zorn, der da schmiedet die Schwerter / und stürzt in Feindschaft unselige Städte; / nicht werden, die da aus der tiefen Donau trinken, / die julischen Gebote brechen, nicht die Geten, / nicht die Serer und die treulosen Perser, / nicht jene, die am Tanaisstrome geboren.“) Auch an dieser Stelle wird im Übrigen durch die Formulierung eine Unterscheidung zwischen internen und externen Kriegen vorgenommen: Für externe Gegner haben die „julischen Gebote“ Gültigkeit, sie werden als Unterworfene charakterisiert – im Gegensatz zu den Römern, denen Augustus schlicht Ruhe nach dem Bürgerkrieg bringt.

V 2 Pax Augusta – Ein kritischer Forschungsüberblick

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renzierteres Bild55: Dort prophezeit Jupiter zwar ebenfalls, dass unter Augustus die Türen des Tempels geschlossen werden und dass Kriege der Vergangenheit angehören sollen. Gleichzeitig impliziert er jedoch, dass der Furor impius im Innern des Tempels nur darauf wartet, sich von seinen Ketten zu befreien und die Welt wieder ins Chaos zu stürzen. Augustus erscheint hier gleichsam als Sieger über den Krieg. Diese Charakterisierung des princeps ist vor dem Hintergrund der in diesem Kapitel angestellten Überlegungen von besonderer Aussagekraft. In den Fasti des Ovid erscheinen sogar innerhalb eines Werks sich vermeintlich widersprechende Aussagen über Janus.56 Jörg Rüpke hat den Blick zudem auf die Tatsache gelenkt, dass der rituellen Schließung jeweils auch eine Öffnung vorangegangen sein muss.57 Die Betonung der mehrfachen Schließung durch Augustus in den Res Gestae hebt nicht eine widerwillige Anerkennung der Tatsache hervor, dass von einem dauerhaften Frieden 55

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Verg. Aen. 1,286–296: Nascetur pulchra Troianus origine Caesar, / imperium oceano, famam qui terminet astris, – / Iulius, a magno demissum nomen Iulo. / Hunc tu olim caelo, spoliis Orientis onustum, / accipies secura; vocabitur hic quoque votis. / Aspera tum positis mitescent saecula bellis; / cana Fides, et Vesta, Remo cum fratre Quirinus, / iura dabunt; dirae ferro et compagibus artis / claudentur Belli portae; Furor impius intus, / saeva sedens super arma, et centum vinctus aenis / post tergum nodis, fremet horridus ore cruento. („Aus dem erhabnen Geschlecht ersprießt, als Trojaner, dann Caesar; / bis an den Ozean dehnt sich sein Reich, sein Ruhm zu den Sternen; / Iulius lautet sein Name, vererbt vom großen Iulus. / Ledig der Sorgen, empfängst du Himmel ihn einst, wo er eintrifft / mit den Trophäen des Ostens; auch ihm winkt göttliche Ehre. / Aufhören wird dann der Krieg, die Härte der Menschen sich mildern. / Fides, ergraut schon, und Vesta, Quirinus, vereint mit dem Bruder / Remus, erlassen Gesetze; des Krieges schreckliche Tore / schließt man mit eisernen Riegeln. Drin hockt auf den grausigen Waffen / Furor, der Gottlose, rücklings mit hundert ehernen Ketten / sicher gefesselt, und knirscht entsetzlich mit blutigem Rachen.“) Ov. fast. 1,117–124: quicquid ubique vides, caelum, mare, nubila, terras / omnia sunt nostra clausa patentque manu. / me penes est unum vasti custodia mundi, / et ius vertendi cardinis omne meum est. / cum libuit Pacem placidis emittere tectis, / libera perpetuas ambulat illa vias: / sanguine letifero totus miscebitur orbis, / ni teneant rigidae condita Bella serae. („Was du auch ringsum erblickst – Meer, Himmel, Wolken und Erde –, / Alles mit eigener Hand öffnʼ ich und mach’s wieder zu. / Liegt doch allein bei mir des unendlichen Weltalls Bewachung; / Dessen Angeln zu drehn bin ich alleine befugt. / Wenn’s mir beliebt, aus dem stillen Hause den Frieden zu senden, / Kann er, von keinem gestört, sämtliche Straßen begehn. / Blut dagegen und Tod erfüllen alles auf Erden, / Wenn nicht der Riegel den Krieg fest in Gefangenschaft hält.“) Dagegen Ov. fast. 1,276–282: ‚at cur pace lates, motisque recluderis armis?‘ / nec mora, quaesiti reddita causa mihi est: / ‚ut populo reditus pateant ad bella profecto, / tota patet dempta ianua nostra sera. / pace fores obdo, ne qua discedere possit; / Caesareoque diu numine clausus ero.‘ („‚Warum öffnet man dich im Krieg, schließt zu dich im Frieden?‘, / Fragte ich und bekam schnell die Erklärung genannt: / ‚Daß dem Volk, das ins Feld zog, offen dann stehe die Heimkehr, / Fallen die Riegel, so daß ganz sich eröffnet das Tor. / Ist dann Frieden, verschließ ich’s; er kann nicht entweichen, und lange / Werde verschlossen ich sein; so will es Caesars Befehl.‘“) Vgl. hierzu auch Krasser 2008b. Vgl. Rüpke 1990a, 136–141. Rich 2003, 355 f. argumentiert, dass die dritte dekretierte Schließung des Tempels im Jahr 11 v. Chr. nicht stattfand und die Tore bis in die Regierungszeit Neros geöffnet blieben; vgl. dazu Ridley 2003, 114 f. sowie Lange 2015, 141: „Similar to how he preserved the uniqueness of the triple triumph by declining more triumphs, Augustus may have declined the last closing of the temple of Janus, as he no longer campaigned in person.“

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

keine Rede sein konnte, sondern betont die immer wieder aktualisierte Sieghaftigkeit des princeps. Vor diesem Hintergrund sollte die Frage nach der Bedeutung des Rituals differenzierter gestellt werden, als dies bisher zumeist der Fall war. Wenn die Schließung des Janus-Tempels den Beginn des Friedens im gesamten Herrschaftsbereich symbolisierte, dann verwies sie zumindest implizit auch immer auf die Grundlage dieses Friedens, den Sieg. Erst Letzterer ermöglicht ja überhaupt das Ritual, der Sieg ist der notwendige Auslöser der Schließung. Dieser Aspekt des Rituals, der der literarischen Konzeption des Janus-Motivs entspricht, darf nicht unterschlagen werden.58 Wie oben bereits gezeigt wurde, macht Velleius in seiner Charakterisierung des augusteischen Prinzipats deutlich, dass Kriege gegen externe Feinde sehr wohl einen elementaren Bestandteil der Herrschaft des Augustus bildeten – dies sogar in einem Maße, so formuliert es der Autor pointiert, das jede Beschreibung im Rahmen (s)eines Geschichtswerks unmöglich mache. Auch hier klingen die Formulierungen des Augustus an: Im Abschnitt über die Schließung des Janustempels hebt der princeps hervor, dass dadurch ein Friede gefeiert werde, der durch Siege hervorgebracht wurde: parta victoriis pax. Wie eine eingehende Untersuchung des Tatenberichts gezeigt hat, treten weitaus prominenter als der von ihm angeblich so hochgeschätzte Frieden die militärischen Unternehmungen des Augustus in den Res Gestae in Erscheinung. Im Gegensatz zu Velleius scheut der princeps keineswegs davor zurück, seine Erfolge im Krieg gegen auswärtige Feinde wie auch innere Gegner vor dem Leser seines Tatenberichts auszubreiten. Und tatsächlich war seine Regierungszeit geprägt von massiven Expansionsbestrebungen und Auseinandersetzungen an nahezu allen Fronten: In Germanien und Spanien, auf dem Balkan sowie an der Grenze zum Partherreich führten die augusteischen Legionen Krieg.59 Vor diesem Hintergrund ergibt sich zumindest auf den ersten Blick ein gewisser Widerspruch, wenn im Rahmen einer Untersuchung der Herrschaft des ersten prin-

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Gruen 1985, 54 hat auf den Zusammenhang mit der Formel parta victoriis pax bereits hingewiesen und betont, dass die geschlossenen Türen nicht einen permanenten Frieden symbolisierten, sondern lediglich „a temporary breathing spell between wars.“ Von einer defensiven Grundausrichtung der augusteischen Außenpolitik, wie sie Meyer 1961, 3–13 formuliert hat, kann keine Rede sein; vgl. die Kritik dieser Perspektive bei Brunt 1963. Brunts Sichtweise eines breit angelegten Expansionsstrebens (vgl. auch Brunt 1990b) unter Augustus wird mittlerweile im Grundsatz nicht mehr bestritten; vgl. hierzu auch Kienast 2009, 332–377, Eck 2006, 89–99 und Gruen 1996 sowie die differenzierte und erkenntnisreiche Analyse von Rich 2003, 342–357. Sommer 2014, 148 sieht im römischen Reich ein Beispiel für den „imperialen Imperativ“ und diagnostiziert für die augusteische wie nachaugusteische Zeit „Denkmuster eines zu permanenter Expansion förmlich verdammten Imperiums und die daraus resultierende Unfähigkeit zu echter Außenpolitik“ (150). Kritischer äußert sich Bartenstein 2014, 180, der dafür plädiert, dass „die unterschiedlichen Grenzregionen und die militärischen Aktionen des Augustus […] immer innerhalb ihrer jeweiligen Situation betrachtet und flexibel den Erfordernissen der jeweiligen Zeit angepasst“ worden seien. Seine Studie der „Grenz- und Expansionspolitik in der augusteischen Zeit“ wird jedoch der Komplexität des Themas weder inhaltlich noch methodisch gerecht (vgl. auch die entsprechende Rezension von Wendt 2014).

V 2 Pax Augusta – Ein kritischer Forschungsüberblick

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ceps einerseits die Pax Augusta hervorgehoben wird, andererseits jedoch Kapitel zu Konflikten und kriegerischen Unternehmungen breiten Raum einnehmen.60 V 2.2 Kritik am Bild des Friedenskaisers Angesichts dieses Befundes ist es kaum verwunderlich, dass bereits früh Kritik an dem Bild von Augustus als Friedenskaiser geübt wurde, wie es Gardthausen, Stier und andere zeichneten. Schon Ronald Syme stellte fest: „Pax Augusta could not be dissociated from Victoria Augusti.“61 Jesse Fears gab zu Recht zu bedenken, die Formulierung der Res Gestae lege nahe, dass in der augusteischen Herrschaftsdarstellung der Sieg die unabdingbare Voraussetzung für den Frieden bildete.62 Die umfassendste Kritik formulierte Erich Gruen, der die Vorstellung vom „Friedensfürsten“ in einem wegweisenden Aufsatz problematisierte und die Schwachstellen dieses Konzeptes herausarbeitete.63 Gruen widmete sich zahlreichen Aspekten der augusteischen Politik und Selbstdarstellung, die zuvor immer wieder zur Untermauerung der These vom Friedenskaiser herangezogen worden waren, und kam zu dem Ergebnis, dass von einer Ideologie des Friedens bei Augustus keine Rede sein könne: The emphasis of his ideology did not fall upon peace and tranquility. Augustus had emulated and surpassed the Republican martial heroes of old, just as he emulated and surpassed the greatest of Macedonian conquerors [i. e. Alexander]. The image cast would be sharply defined. Augustus stood as guarantor of a world order – but one that he had acquired by force of arms and retained through display of might and authority.64

Auch John Rich betonte, dass das tradierte Quellenmaterial ein anderes Bild entwerfe, als es die Vertreter der Idee des Friedensfürsten gerne zeichneten, und verwies ebenso wie Gruen auf ein spezifisch römisches Konzept des Friedens, das den

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Vgl. exemplarisch die Äußerung von Bengtson 1981, 74: „In keinem Zeitalter der Antike hat der Friedensgedanke einen so starken Ausdruck gefunden wie in den Jahren unmittelbar nach der Entscheidungsschlacht bei Actium. Die ganze Welt feierte Augustus als den Bringer des Friedens. Dennoch sind dem ersten Princeps der römischen Geschichte Kriege nicht ganz erspart geblieben, und wenn es in seinem Zeitalter an weitausgreifenden Unternehmungen gefehlt hat, so ist dies allein auf den Mangel an Kräften zurückzuführen.“ Syme 2002, 470; vgl. auch Galinsky 1996, 107. Vgl. Fears 1981b, 807, der darin die Grundlage einer „theology of victory at Rome“ sieht. Allerdings verfolgt Fears diesen Ansatz nicht konsequent genug weiter, wie auch sein unmittelbar folgender Beitrag zu den virtutes der römischen Kaiser zeigt, in dem er sich u. a. mit der Pax Augusta beschäftigt (Fears 1981a); vgl. auch Galinsky 1996, 162. Vgl. Gruen 1985. Christian Seebacher konnte aufzeigen, wie sehr die Sichtweise des augusteischen Prinzipats von der hadrianischen Rezeption und Bearbeitung des Themenkomplexes geprägt ist. Erst unter Hadrian verlor die Pax Augusta ihre militärische Konnotation und wurde in eine Ideologie des umfassenden Friedens verwandelt, die den spezifischen Rahmenbedingungen und Anforderungen der hadrianischen Herrschaft weit mehr entsprach, als es bei Augustus der Fall gewesen war (vgl. Seebacher 2013). Gruen 1985, 72.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

Sieg immer bereits mit einschloss.65 Die Politik der Pazifizierung, die der erste princeps verfolgte, lasse sich insbesondere darauf zurückführen, dass eine permanente Legitimationsgrundlage für die Aufteilung der Provinzen und das damit verbundene Monopol des Augustus über die dort stationierten Truppen vonnöten gewesen sei.66 Der scheinbare Widerspruch zwischen Friedenskaiser und Eroberer, der sich aus der oben angeführten Passage des Velleius ergeben könnte, löse sich vor diesem Hintergrund auf: „There was in any case no contradiction between the commemoration of Augustus as victor and as peacemaker, since in the Roman conception pacification was achieved through victories.“67 V 2.3 Konzeptionen der Pax Augusta als „Siegfrieden“ Der Frieden, den Rom brachte, war stets ein Siegfrieden. In der Forschung ist vielfach darauf hingewiesen worden, dass die Grundbedeutung des Stammverbs pacisci „einen Vertrag schließen“ lautet.68 Diese Verträge waren zum größten Teil dadurch gekennzeichnet, dass sie zwischen ungleichen Parteien geschlossen wurden: Rom agierte aus der Position des Stärkeren, wenn es Frieden mit den unterlegenen Gegnern schloss. Frieden brachte zwar Sicherheit und Wohlstand für beide Parteien, doch schloss dies immer die Unterwerfung des Unterlegenen mit ein, wie auch die entsprechenden Formulierungen in den Res Gestae demonstrieren.69 Dabei hat Nathan Rosenstein darauf hingewiesen, dass das römische Friedenskonzept gleichsam das Paradoxon einschloss, dass Frieden immer neuen Krieg nach sich zog.70 Krieg und Frieden gingen im römischen Denken somit eine Symbiose ein. Zugleich konnte sich die Reichweite des pax-Begriffs in Verbindung mit dem Konzept der concordia auch auf die internen Verhältnisse Roms erstrecken.71 Worauf es wesentlich ankam, war folglich eine spezifische Schwerpunktsetzung bzw. eine Definition der Reichweite des verwendeten pax-Begriffs, die im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg eine andere sein musste als im Rahmen des Kampfes gegen externe Gegner: „Frieden“ vs. „Befriedung“. Gruens Kritik und der wiederholte Verweis auf die Anschlussfähigkeit republikanischer Traditionen wurden in der Forschung durchaus bereitwillig aufgenommen. Bis auf vereinzelte Ausnahmen wird mittlerweile nicht mehr bestritten, dass Krieg und Expansion auch für die Herrschaft des ersten princeps eine wichtige Rolle spielten und dass militärische Sieghaftigkeit und Frieden prinzipiell eng mit-

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Vgl. Rich 2003, 339 f. Vgl. ebd., 347. Ebd., 333. Vgl. u. a. Lopez 2002 mit Angaben zur älteren Literatur. Vgl. Weinstock 1960, 45, Chantraine 1984, 36 sowie Barton 2007, 251 und Raaflaub 2011, 323–328. Rosenstein 2007, 236. S. Kap. III 4.3.

V 2 Pax Augusta – Ein kritischer Forschungsüberblick

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einander verbunden waren.72 Zwei Grundaussagen, die an die beiden oben beschriebenen Konnotationen des pax-Begriffs anknüpfen, scheinen sich dabei als communis opinio herauskristallisiert zu haben, die hier kurz skizziert und zugleich kritisch hinterfragt werden sollen: Zum einen wird bei der Beschreibung des Verhältnisses von Krieg und Frieden nahezu ausnahmslos mehr oder weniger explizit eine Hierarchie eingeführt, die die beiden Elemente des Komplexes in eine relative Abhängigkeit voneinander setzt. Krieg, so formulieren es auch Gruen und Rich und folgen damit einem Ansatz von Jesse Fears, wurde in der augusteischen Darstellung zur notwendigen Voraussetzung des Friedens: parta victoriis pax.73 Es ist bezeichnend, dass trotz dieser im Vergleich zur einigermaßen unreflektierten Perspektive, die in Augustus schlicht den „Friedensfürsten“ par excellence sah, natürlich weit differenzierteren Betrachtungsweise noch immer der Frieden gegenüber dem Aspekt des Sieges privilegiert wird. Der Sieg wird – analog zur im vorangegangenen Kapitel skizzierten Herangehensweise an die Bearbeitung des Bürgerkriegs durch Octavian/Augustus und die senatorische Elite – als Voraussetzung des Friedens anerkannt; genau darin erschöpft sich jedoch seine Rolle in den meisten Untersuchungen zum augusteischen Prinzipat. So heißt es beispielsweise bei Werner Dahlheim: Wiederum wird ein einfacher Gedanke beschworen, der gebetsmühlenartig wiederholt wird: Friede und Weltherrschaft sind untrennbar. Das eine gibt es nicht ohne das andere, und die Götter haben Rom auserwählt, beides zu schaffen. […] Als Augustus sich als Friedensfürst feiern ließ, so schloss dies – so paradox es in den Ohren eines modernen Zuhörers klingen mag – das Preislied auf den Kriegsherrn ein.74

Und weiter: Er herrschte über große territoriale Binnenräume in Mitteleuropa und hatte den Charakter des Imperiums als ein auf das Mittelmeer zentriertes Weltreich verändert. Auch wenn alle Länder jenseits des Euphrats selbständig blieben, durften die Dichter mit einigem Recht von einem Reich ohne Grenzen in Raum und Zeit träumen. Wirklichkeit konnte es nur werden, wenn es gelang, den geschundenen Untertanen die Hoffnung auf ein besseres Leben zurückzugeben.75

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Exemplarisch sei hier die Formulierung Werner Dahlheims angeführt: „Pax, die personifizierte Göttin des Friedens, wurde zum Sinnbild des ganzen Zeitalters. Sie symbolisierte allerdings mehr als ein vor langer Zeit verlorenes und nun wiedergefundenes Paradies. Der nüchterne Sinn der Römer hatte die Hoffnung auf Frieden bereits früh mit dem Gedanken imperialer Herrschaft verbunden. Dem römischen Eroberer geschuldete Gesetze (leges), gesichertes Recht (ius certum) und dauerhafter Friede (firma pax) sind nur verschiedene Seiten ein und derselben Sache.“ (Dahlheim 2010, 250.) Ähnlich Kienast 2009, 334; vgl. auch Southern 1998, 105 sowie Bringmann 2009. Vgl. Fears 1981b, 804–808, der explizit betont: „Pax was thus the blessed condition brought about by Augustus’ labor. It rested upon Victoria; and Augustan propaganda constantly and intimately linked the imperial virtues of Pax and Victoria. Pax could only be achieved through Victoria; and the promise of permanent Pax lay entirely in the guarantee of perpetual Victoria. Victory was thus the essential prerequisite for peace […].“ (807) Fears erkennt somit die essentielle Bedeutung der Kombination der Aspekte Sieg und Frieden, führt diesen Ansatz jedoch nicht weiter aus, wie es in den folgenden Abschnitten geschehen soll. Dahlheim 2010, 252. Ebd., 396.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

Noch eindeutiger vertritt Jochen Bleicken diese Ansicht. Er stellt mit Bezug auf die wiederholte Schließung des Janustempels fest, dass Augustus sich „nicht nur als Friedensbringer, sondern auch als Bewahrer und Hüter des Friedens“ präsentiert habe und dass seine Herrschaft auch in der Phase erneuter Expansion nach 16 v. Chr. […] keine Spannungen zwischen der Idee des Friedens und der Wirklichkeit aufkommen lässt. Denn in Italien und in den Provinzen bleibt der Frieden ungebrochen, und die umfangreichen militärischen Unternehmungen an den Grenzen dienen der Sicherung dieses Zustandes. Das römische Heer ist keine Kriegsfurie, sondern Bewahrer und Bringer des Friedens. […] Das Heer steht in keiner Spannung zum Gedanken des Friedens, sondern ist dessen Voraussetzung.76

An diesen Beispielen kann aufgezeigt werden, dass auch in der aktuelleren Forschung noch immer die Herstellung eines Zustands allgemeinen Wohlstands und umfassender Sicherheit als die Priorität des ersten princeps angesehen wird. Krieg und Sieg werden lediglich als ein Mittel angesehen, dass der eigentlichen Zielsetzung des Augustus den Weg bereitete. Der Sieg als Selbstzweck, den Gruen postuliert und den auch Dietmar Kienast als wesentliches Element der augusteischen Herrschaftslegitimation ansieht77, stellt zumeist keine Option für die Beschreibung des Prinzipats dar, sondern wird stets nur im Zusammenhang mit einer Ideologie des Friedens gesehen, innerhalb derer dem Sieg erst eine Bedeutung zugeschrieben wird: „[…] the princeps was a peacemaker because he was an imperator.“78 Ausgangspunkt solcher Überlegungen war dabei oftmals die zweite Grundannahme, dass sich in der Ära der Bürgerkriege die Friedensvorstellung der Römer gewandelt habe: Zwar habe die Vorstellung des Siegfriedens, wie er unterlegenen Gegnern diktiert wurde, weiterhin ihre Gültigkeit behalten. Zugleich sei das Konzept des Friedens jedoch in Anklang an die Konjunktur des concordia-Begriffs mit einer weiteren Konnotation versehen worden. Die langen Jahre fortwährender Gewalt, so lässt sich die Forschungsmeinung auf den Punkt bringen, hätten eine Sehnsucht der Römer nach einem umfassenden Frieden hervorgebracht79, auf die sich Octavian berufen habe, dessen Herrschaft bis zu einem gewissen Grad dadurch erst ermöglicht worden sei80. Der Sieg im Bürgerkrieg erscheint auf diese Weise als eine Art „notwendiges Übel“ auf dem Weg zum Frieden und zur Verwirklichung von

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Bleicken 2010, 512 f.; vgl. ähnlich auch Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 177, Richardson 2012, 222 f., Eck 2006, 89 f. sowie Balbuza 1999. Vgl. Kienast 2009, 334. Woolf 1993, 190 f. beschreibt diesen Zusammenhang treffend, indem er im Hinblick auf die gesamte Kaiserzeit die These aufstellt, dass der römische Frieden, wie die Kaiser ihn konzipierten, prinzipiell einem Kriegszustand gleichkomme: „The emperors ruled not by abolishing violence but by channelling it […].“ Die Monarchie in Rom, so Woolf, legitimiere sich im Wesentlichen über das imperium des Monarchen. Dieses imperium war eng verbunden mit dieser Konzeption des Friedens, der gleichsam ein ideologisches Konstrukt war, das ohne den Kontext der Monarchie nicht zu verstehen sei. Augustus legte Woolf zufolge die Grundlage für diese Entwicklung. De Souza 2008, 85. Vgl. Barton 2007, 251 und de Souza 2008, 82 f. Vgl. u. a. Rosenstein 2007, 242 sowie Lange 2009, 156.

V 3 Krieg und Frieden im augusteischen Prinzipat – Ein alternativer Ansatz

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Wünschen und Idealen sowohl der Bürger Roms wie auch des Augustus selbst.81 Eine solche Sichtweise unterscheidet jedoch nicht ausreichend zwischen den Bereichen der inneren und äußeren Auseinandersetzungen, zwischen permanentem Frieden im Innern und nach außen gerichteter Befriedung. Dass diese beiden Konzepte nicht deckungsgleich waren, hat sich bereits aus der Untersuchung der entsprechenden Abschnitte der Res Gestae ergeben. Insbesondere die senatorische Elite wird als Trägerin dieser Friedenssehnsucht angesehen, die während des Bürgerkriegs einen hohen Blutzoll zu entrichten hatte und vom Sieger nun erwartete, einen Zustand sowohl moralischer wie politischer Neuordnung durch die Rückkehr zu den traditionellen Werten, den mores maiorum, herzustellen.82 Zeev Rubin geht davon aus, dass die Friedenspropaganda des Augustus an solch spezifischen Erwartungen ausgerichtet gewesen sei.83 Er spricht damit einen zentralen Punkt an, der oftmals zu wenig Berücksichtigung bei der Analyse und Bewertung des Konzeptes der Pax Augusta findet: Ebenso wie die gesamte neue Herrschaftsordnung, wie der augusteische Prinzipat als solcher, war auch die Etablierung dieses Konzeptes keineswegs nur das Werk des princeps selbst. Tatsächlich musste er Rücksicht nehmen auf die Interessen bestimmter Adressatengruppen sowie auf die politischen und sozialen Rahmenbedingungen. Aus diesem Grund muss auch die augusteische „Friedensideologie“ neu bewertet werden, müssen das Bild des Augustus als Friedenskaiser in seinem Entstehungsprozess und seinen einzelnen Bestandteilen ebenso wie die Paradigmen der Forschung zu diesem Punkt, deren potentieller Problemgehalt auf den vorangegangenen Seiten dargelegt wurde, kritisch überprüft werden. Die Vorstellung von Augustus als Friedenskaiser, als einer Art Erlöser und als Garant allen Wohlergehens, die sich in den Quellen finden lässt, diktiert noch allzu oft zumindest implizit die Sichtweise auch der modernen Forschung – selbst wenn, wie die Studien Dahlheims oder Bleickens zeigen, dieses Bild mittlerweile weit differenzierter gezeichnet wird, als es früher der Fall war. V 3 KRIEG UND FRIEDEN IM AUGUSTEISCHEN PRINZIPAT – EIN ALTERNATIVER ANSATZ Im Folgenden soll nun eine alternative Herangehensweise an den Themenkomplex „Krieg und Frieden“ vorgeschlagen und der Versuch unternommen werden, die im Forschungsüberblick angeführten Problemstellungen auf diese Weise zu adressieren. Dabei soll der Terminus Pax Augusta, der in den zeitgenössischen Quellen nicht zur Beschreibung der Zustände verwendet wurde, möglichst vermieden werden. Stattdessen liegt das Augenmerk auf der bereits mehrfach zitierten Formel aus 81 82 83

Der Einwurf Symes: „Peace became the prerogative of the victors“ (Syme 2002, 303) ist dabei nur unzureichend berücksichtigt worden. Vgl. u. a. Zanker 2003, 107, Eck 2006, 39 f., Bringmann 2007, 241 f., de Souza 2008, 82 sowie Rosenstein 2007, 242. Vgl. Rubin 1984, 26.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

den Res Gestae – parta victoriis pax –, da immerhin der princeps selbst diese verwendete, um seine Vorstellung vom Zusammenhang zwischen Krieg, Sieg und Frieden zu umschreiben. Die Bedeutung dieser Formel ist in der Forschung durchaus erkannt worden.84 Allerdings ging dies, wie durch die eingehende Analyse der Forschungsliteratur demonstriert werden konnte, stets mit einer Privilegierung des Friedens einher. Die Betonung liegt in dieser Formel der communis opinio zufolge somit auf dem Terminus pax.85 Im Rahmen dieser Arbeit soll nicht bestritten werden, dass dem Frieden in der Präsentation der augusteischen Herrschaft tatsächlich eine wichtige Rolle zukam. Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend mit der Annahme, dass die Formel parta victoriis pax Ausdruck einer augusteischen Friedensmaxime war, die die Politik und die Handlungen des ersten princeps bestimmte. Vielmehr – so lautet die hier in Anknüpfung an die oben zitierten, eher kursorischen Anmerkungen Jesse Fearsʼ vertretene These – stellt die Formel das Ergebnis eines komplexen Kommunikationsprozesses zwischen Augustus und der senatorischen Elite dar, in dem sich beide Seiten über die Rolle verständigten, die der princeps in der res publica einnehmen sollte.86 Die Formel, die Augustus in seinem Tatenbericht benutzte, versinnbildlichte einen Kompromiss, indem sie inhaltliche Schwerpunktsetzungen erlaubte, die den potentiell divergierenden Interessen der Beteiligten möglichst weit entgegenkamen und die vor allem je nach Kontext variieren konnten. Gleichzeitig zeigt eine Analyse dieser Formel und der unterschiedlichen Formen, in denen sie sich manifestierte, weshalb im Rahmen des augusteischen Prinzipats die beiden sich eigentlich konträr zueinander verhaltenden Rollen des Augustus als Friedensbringer und Welteroberer parallel existieren konnten, ohne dass es dabei zu wesentli84 85

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Vgl. etwa de Souza 2008, 82 oder Dahlheim 2010, 396. Bezeichnend hierfür ist auch die Deutung bei Momigliano 1942a, der die Semantik der Ergänzung terra marique bzw. ihres griechischen Pendants κατὰ γῆν καὶ θάλασσαν analysiert und feststellt: „The words terra marique parta (victoriis) pax justified the closing of the temple of Janus. […] Whether new or old in the Augustan age, the formula introduced something which – unless some piece of evidence has escaped me – was not known to the Hellenistic world: it officially exalted Peace rather than the Peace-maker. […] Rule over Land and Sea had been the condition of Athenian liberty; Ruler over Land and Sea had been the Hellenistic definition of a sovereign; Peace over Land and Sea was now the justification of Roman Rule.“ (63 f.) Das eigentlich Innovative an Augustus’ Adaption der Formel ist für Momigliano folglich der spezifische Fokus auf dem Aspekt des Friedens – der Sieg wird dabei demonstrativ ausgeklammert. Rubin 1984, 26 stellt fest, dass „eine stetige Friedenspropaganda“ des Augustus sich vor allem „an die Zivilbevölkerung des Reiches – besonders an die Bürger Roms, und an deren Spitze an den Senat“ gerichtet habe (vgl. auch de Souza 2008, 82). Eine Ausrichtung augusteischer Politik an den Vorstellungen der senatorischen Elite ist bis zu einem gewissen Grade sicher erkennbar, wobei sie gleichwohl natürlich nicht die einzige Triebfeder darstellt. Rubin verkennt jedoch den reziproken Charakter des politischen Diskurses: Die „Friedenspropaganda“ (ein Ausdruck, der an sich bereits Anlass zu einiger Kritik gibt, wie die Überlegungen im vorliegenden Kapitel zeigen) war nicht nur auf die Elite Roms zugeschnitten. Die Botschaft, die sich hinter der Formel parta victoriis pax verbarg, hatte diese Elite aktiv mitgestaltet. Die Angehörigen der senatorischen Oberschicht waren nicht nur Adressaten augusteischer Propaganda, sondern aktive Teilnehmer in der Gestaltung des politischen Diskurses.

V 3 Krieg und Frieden im augusteischen Prinzipat – Ein alternativer Ansatz

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chen Friktionen im Rollengefüge kam.87 Die ausschließlich den Frieden privilegierende hierarchische Abstufung beider Aspekte, die in der Forschung immer wieder vorgenommen wurde und wird, kann nicht dazu dienen, diesen angenommenen Widerspruch aufzulösen. Die Rahmenbedingungen für die Konstituierung einer bestimmten Umgangsweise mit dem Themenkomplex „Krieg und Frieden“ wie auch für den Diskurs über die militärische Rolle des princeps waren eindeutig und sollen hier nur kurz rekapituliert werden: Nach seinem Sieg über Antonius ging Octavian faktisch als der alleinige Machthaber aus dem Bürgerkrieg hervor. Allen Beteiligten war bewusst, dass die Zeiten der Republik und der uneingeschränkten Souveränität der politischen Klasse bzw. der senatorischen Elite vorüber waren – gleichgültig, wie sehr man diesen Eindruck zu vermeiden versuchte.88 Octavian konnte nicht mehr in die traditionellen politischen und sozialen Hierarchien eingeordnet werden. Durch seinen endgültigen und umfassenden militärischen Sieg hatte er sich eine Position verschafft, die den republikanischen Rahmen sprengte und die im Wesentlichen auf seiner Kontrolle des Militärapparats basierte. Dennoch – das ist vielfach vollkommen zu Recht festgestellt worden – war der neue Herrscher auf die Kooperation der Elite angewiesen, weshalb es angezeigt erscheinen musste, ihre Vorstellungen zu berücksichtigen. Die Angehörigen der senatorischen Führungsschicht wiederum mussten sich in irgendeiner Art und Weise mit der neuen Ordnung arrangieren. Zum einen, weil sich schlicht keine Alternative anbot, zum anderen weil sie selbst Profit aus der neuen politischen Situation ziehen konnten. So mussten einerseits Wege gefunden werden, die neue Position des Augustus und die neuen Machtverhältnisse generell für die alten und neuen Eliten akzeptabel zu machen; andererseits mussten diese 87 88

Bringmann 2007, 13 bezeichnet Augustus unter Verweis auf eben diese beiden Rollen als „wirkungsmächtigste und widersprüchlichste Gestalt der römischen Geschichte.“ Eine umfassende Beschäftigung mit dem Terminus der res publica restituta und der Forschungsdebatte über ein potentiell zugrunde liegendes augusteisches Konzept der Wiederherstellung der Republik liegt außerhalb der Reichweite dieser Arbeit. Grundlegend hierzu noch immer Bleicken 1991; vgl. auch umfassend Kienast 2009, 81–98 mit einer Übersicht über die ältere Literatur zu diesem Thema sowie Bringmann 2002, Eder 2005, Gruen 2005 und die wichtige Arbeit von Rich/Williams 1999. Für einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand vgl. ferner Hurlet/Mineo 2009a sowie die restlichen Beiträge in Hurlet/Mineo 2009b. Unzweifelhaft nahm Augustus seine Anleihen aus der republikanischen Tradition (vgl. hierzu grundlegend Eder 2005), entwickelte diese aber in einer Form weiter, die den Prinzipat grundlegend von der Republik unterschied (vgl. bereits die Kritik von Judge 1974 sowie daran anschließend Sion-Jenkis 2000 und die entsprechenden Überlegungen von Seebacher 2013). Die faktischen Machtverhältnisse sprechen eine deutliche Sprache: Der sogenannte Staatsakt des Jahres 27 v. Chr., der vielfach als Basis für die res publica restituta angesehen wurde, stellt sich bei näherer Betrachtung im Wesentlichen als eine Farce heraus, die an den realen Kräfteverhältnissen letztlich nichts änderte (vgl. Börm/Havener 2012). Eine wie auch immer geartete Wiederherstellung der Republik als alleinige Grundlage der augusteischen Herrschaftsordnung anzusehen, greift daher zu kurz (Girardet 2014, 67 bezeichnet die Formel als „interpretatorische Sackgasse“). Der augusteische Prinzipat beruhte auf spezifischen Funktions- und insbesondere Kommunikationsmechanismen. Diese Schemata prägten auch den Diskurs über die militärische persona des princeps und über die Pax Augusta.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

(auch um sich weiterhin von der übrigen Bevölkerung und insbesondere potentiellen Klienten abgrenzen zu können) quasi vor sich selbst und insbesondere auch vor anderen legitimieren, die neuen Verhältnisse anzuerkennen oder sie gar im Dienst für den princeps aktiv mitzugestalten. Einen, wenn nicht den entscheidenden Schlüssel bildete hier die Formel parta victoriis pax. In den folgenden Abschnitten wird gezeigt, wie sie sich in verschiedenen Kontexten manifestierte und dass sich infolge dieser unterschiedlichen Kontexte unterschiedliche Schwerpunkte setzen ließen, die die Gesamtaussage der Formel jeweils in eine bestimmte Richtung verschieben konnten. Auf diese Weise wird deutlich, wie sich der Themenkomplex „Krieg und Frieden“ dazu eignete, auf unterschiedliche Anforderungen, die von verschiedenen Seiten an die militärische persona des princeps herangetragen wurden, zu reagieren. V 4 PARTA VICTORIIS PAX – MANIFESTATIONEN EINER PARADIGMATISCHEN WENDUNG Ausgangspunkt der folgenden Ausführungen sind methodische Bemerkungen Ralf von den Hoffs zur Analyse von Kaiserbildnissen.89 In einem entsprechenden Beitrag charakterisiert von den Hoff Herrscherportraits als Repräsentationsmedien und „Bestandteile der visuellen Kommunikation im Spannungsfeld von Auftraggeber, Dargestelltem und Betrachter.“90 Um die Aussagekraft solcher Bildnisse verstehen zu können, sei es notwendig, „Bedingungen von Bildsprache, Charakter und Funktion der Repräsentationsmedien als Informationsträger“91 zu berücksichtigen. Um dies zu ermöglichen, erstellt von den Hoff drei Kriterien, die die Grundlage für eine Beschäftigung mit Kaiserbildern darstellen können: „die Urheberschaft des konkreten Bildnisses, die Sichtbarkeit des Bildnisses für die konkreten Adressaten und die Unmittelbarkeit der Ehrung gegenüber dem expliziten Adressaten.“92 Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, diese Kriterien nicht nur auf die Kaiserportraits anzuwenden, sondern sie fruchtbar zu machen für die Untersuchung von Monumenten verschiedenster Art (in deren Kontext natürlich auch Kaiserbildnisse präsent waren), um auf diese Weise eine Vergleichbarkeit dieser Monumente hinsichtlich ihrer Aussagen in Bezug auf die Formel parta victoriis pax zu erreichen.93 89 90 91 92 93

Vgl. von den Hoff 2011. Ebd., 15. Ebd., 19. Ebd., 22. Dabei ist von Bedeutung, dass – im Gegensatz zum Bereich der Herrscherbildnisse – der princeps hier in unterschiedlichen Kontexten nicht hauptsächlich als Adressat oder „Thema“ der Bildnisse in Erscheinung tritt, sondern mitunter eine aktive Rolle im Entstehungs- und Gestaltungsprozess der zu untersuchenden Monumente spielt. Für die Herrscherportraits hat von den Hoff die Prämisse aufgestellt: „Kaiserbildnisse hatten […] zwei Adressaten: Der Kaiser war ihr expliziter Adressat, sie erreichten aber in direkter Kommunikation tatsächlich nur diejenigen, für die sie im gewählten Verwendungskontext konkret sichtbar waren. Der Princeps in Rom war allenfalls in der Lage, anhand der ihm überall – auch in Rom – gemachten Ehrungen, wenn

V 4 Parta victoriis pax – Manifestationen einer paradigmatischen Wendung

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Anhand von vier Fallstudien soll deutlich gemacht werden, wie ein spezifischer Kontext, der mittels der Kriterien von den Hoffs erschlossen werden soll, Einfluss auf die Botschaft des entsprechenden Monuments haben konnte. In den Blick genommen werden die Ara Pacis Augustae, die Gemma Augustea, das Augustusforum und der dort prominent in Erscheinung tretende Titel pater patriae sowie Bild- und Textprogramm der Anfang der 20er-Jahre in Ephesos geprägten Pax-Cistophoren. V 4.1 Die Ara Pacis Augustae Vor allem der Ara Pacis94 kommt für die Analyse der Entwicklung der Formel parta victoriis pax als einer Form ihrer bildlichen Umsetzung bzw. als einer Stufe des Kommunikationsprozesses zwischen princeps und senatorischer Elite, an deren Ende die Formel schließlich stand, eine enorme Bedeutung zu.95 Die Ara Pacis reiht sich ein in eine Serie von Monumenten, mit denen Augustus im Laufe der Jahre das Marsfeld neu gestaltete.96 Eine besonders enge Verbindung wurde in der Forschung immer wieder für das Ensemble aus Mausoleum, Obelisk und Ara Pacis angenommen, die alle als Teil des sogenannten Horologium oder Solarium Augusti angesehen wurden. In der maßgeblichen Studie zu diesem Komplex schlägt Edmund Buchner eine Brücke zwischen dem Monument und der oben beschriebenen Vorstellung der Pax Augusta: Welche eine Symbolik! Am Geburtstag des Kaisers […] wandert der Schatten [der Kugel, die auf dem Obelisken angebracht war und als Zeiger der von Buchner angenommenen Sonnenuhr diente] von Morgen bis Abend etwa 150 m weit die schnurgerade Äquinoktienlinie entlang

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er von ihnen Kenntnis erhielt, seine Stellung zu beurteilen und auszuwählen, ob er Teile dieser Angebote zur Selbstdarstellung, beispielsweise in einem neuen Porträtmodell, aufgriff.“ (Ebd.) Im Zusammenhang mit der hier untersuchten Fragestellung ist hervorzuheben, dass die reziproke Dimension der in den Blick genommenen Monumente größer ist, als es für den Bereich der Herrscherbildnisse angenommen werden kann: Der princeps war mitunter nicht nur Adressat, sondern zugleich auch Miturheber. Die Literaturlage zur Ara Pacis entspricht der zu Augustus im Allgemeinen. Die Zahl an Studien zum Gesamtprogramm, zur Ikonographie einzelner Szenen, zur Identifizierung der abgebildeten Personen, Götter und Personifikationen, zur politischen Aussagekraft des Monuments etc. ist nur schwer zu überblicken. Aktuelle Synthesen sind beispielsweise Simon 2010, Mlasowsky 2010 sowie Rossini 2006 und die kurze Zusammenfassung bei Kienast 2009, 239– 241. Grundlegend ferner noch immer Koeppel 1987 mit Katalog und umfassender Bibliographie sowie Settis 1988. Momigliano 1942b, 230 postuliert, dass die Ara Pacis mehr sei als nur eine Illustration der Wendung aus den Res Gestae. Vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen erweist sich diese Formulierung als durchaus aktuell: Tatsächlich sind die Formel parta victoriis pax und ihr Entstehungsprozess weit komplexer, als auf den ersten Blick deutlich wird. Auch wenn es Momigliano in seiner kurzen Miszelle versäumt, näher auf die Semantik dieser Formel einzugehen, hat er insofern Recht, als dieser Vielschichtigkeit bisher nur ungenügende Beachtung geschenkt wurde. Die Ara Pacis ist daher durchaus als Illustration des Terminus aus dem Tatenbericht zu sehen. Allerdings muss das Konzept als ganzes neu definiert werden. Vgl. zur augusteischen Baupolitik und zum Bauprogramm auf dem Marsfeld allgemein Kienast 2009, 336–365, Haselberger 2007, Rehak 2006, Favro 1996 und 2005.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik genau zur Mitte der Ara Pacis; es führt so eine direkte Linie von der Geburt dieses Mannes zu Pax, und es wird sichtbar demonstriert, daß er natus ad pacem ist. Der Schatten kommt von einer Kugel, und die Kugel (zwischen den Läufen des Capricorn etwa) ist zugleich wie Himmels- so auch Weltkugel, Symbol der Herrschaft über die Welt, die jetzt befriedet ist. Die Kugel aber wird getragen von dem Obelisken, dem Denkmal des Sieges über Ägypten (und Marcus Antonius) als Voraussetzung des Friedens.97

Buchner akzeptiert zwar den Konnex von Sieg und Frieden. Es wird jedoch deutlich, wo er den Schwerpunkt innerhalb der Formel parta victoriis pax verortet: Augustus ist seiner Ansicht nach „zum Frieden geboren“, der Sieg lediglich die Voraussetzung zur Verwirklichung dieses Zustandes. Auch wenn Buchners Annahme aufgrund neuer astronomischer Berechnungen überzeugend in Frage gestellt wurde98 und aufgezeigt werden konnte, dass es sich bei dem von ihm beschriebenen Monument unter Umständen nicht einmal zwingend um eine Sonnenuhr handelte99, hält sich seine These auch in der aktuellen Forschungsliteratur noch immer hartnäckig.100 Dies mag auch daran liegen, dass Buchner ein Thema aufgreift, dass sich für die Betrachtung des augusteischen Zeitalters als prägend erwiesen hat. Buchner schreibt: Mit Augustus beginnt also – an Solarium und Ara Pacis ist es sichtbar – ein neuer Tag und ein neues Jahr: eine neue Ära, und zwar eine Ära des Friedens mit all seinen Segnungen, mit Fülle, Üppigkeit, Glückseligkeit. Diese Anlage ist sozusagen das Horoskop des neuen Herrschers, riesig in den Ausmaßen und auf kosmische Zusammenhänge deutend.101

In diesem Sinne wird die Ara Pacis oftmals als eine Art Paradigma der aetas aurea angesehen, als ein Sinnbild des neuen Zeitalters des Friedens, das die Herrschaft des Augustus darstelle und das durch die Säkularspiele des Jahres 17 v. Chr. eingeläutet worden sei.102 Dagegen hat Erich Gruen zu Recht darauf hingewiesen, dass 97 Buchner 1982, 37. 98 Vgl. Schütz 1990 und 2011; abweichend davon Hannah 2014. Kritisch gegenüber den Ergebnissen von Buchner wie von Schütz äußern sich Frischer/Fillwalk 2014, die mittels einer neuen Computersimulation nachweisen konnten, dass „there were dates when an ancient observer standing on die Via Flaminia on axis with the E entrance of the Ara Pacis would have seen the sunset we have illustrated […]; and September 23 is not a candidate.“ (88) 99 Zusammenfassungen der Diskussion um den Charakter des Monuments finden sich bei Heslin 2007 sowie umfassend bei Haselberger 2014b. 100 Vgl. exemplarisch Pollini/Cipolla 2014, Haselberger 2011 und Simon 2010, 12, die die Formulierung Buchners wieder aufgreift, sowie Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 198. Auch bei Raaflaub 2011, 332 und Kienast 2009, 241 ist diese Sichtweise noch immer zu finden, auf die Korrekturen von Schütz 1990 wird nicht näher eingegangen. Ein ausführliches Plädoyer gegen Schütz hat zuletzt Rehak 2006, 80–87 vorgelegt, der an einer programmatischen Verbindung zwischen der Sonnenuhr und der Ara Pacis festhalten will, selbst wenn der Schatten des Obelisken nur in die Richtung der Ara Pacis gezeigt haben sollte (vgl. auch La Rocca 2014, 123 f. und 157 f., der versucht, diese ideologische Verbindung in eine umfassende Analyse des Bauprogramms auf dem Marsfeld einzuordnen). 101 Buchner 1982, 37. 102 Vgl. u. a. Zanker 2003, 172–188 sowie Kienast 2009, 239. Bleicken 2010, 516 spricht vom „klaren Verweis des Altars auf Augustus als Friedensbringer“; vgl. auch Strothmann 2000, 46–72.

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allein die Existenz des Altars noch nicht beweise, dass der Frieden eine alles dominierende Rolle im Rahmen der augusteischen Herrschaft gespielt habe.103 Gruen fordert eine eingehendere Auseinandersetzung sowohl mit dem Bildprogramm als auch mit dem Kontext der Ara Pacis und bringt selbst einige zentrale Punkte zur Sprache, die Zweifel an der These von der bildlichen Verherrlichung eines umfassenden Friedens schüren müssen: So wurde zum einen wiederholt festgestellt, dass Pax auf dem Monument nirgends abgebildet ist.104 Zwar wurde verschiedentlich versucht, diesem Kritikpunkt zu begegnen105, doch bleibt festzuhalten, dass tatsächlich keine eindeutig als solche zu identifizierende Abbildung der Pax vorhanden ist. Zum anderen erkannte nicht nur Gruen, dass im Bildprogramm der Ara Pacis die militärische Komponente durchaus eine Rolle spielt, dass also dem Krieg bzw. dem Sieg und seiner Verbindung zum Frieden durchaus Platz eingeräumt wurde106 – verwiesen sei nur auf die Gegenüberstellung von Tellus und der militä103 Vgl. Gruen 1985, 62. 104 Vgl. ebd. sowie u. a. Raaflaub 2011, 331 und Galinsky 1996, 148 f., der auch wiederholt auf die Polysemie des sogenannten Tellus-Reliefs hingewiesen hat (vgl. ders. 1992 und 1966). Im Anschluss daran auch Torelli 1982, 39–42, der eine Dreifachidentität für die abgebildete Figur vorschlägt (Venus-Tellus-Pax). Settis 1988, 413 f. weist zwar diese Mehrfachidentifikation zurück, erklärt jedoch ebenfalls, dass es sich schon allein aufgrund der Position des Reliefs, das in keiner Weise gegenüber den anderen Darstellungen herausgehoben sei, wie man es für eine Darstellung der namensgebenden Gottheit erwarten würde, nicht um Pax handeln könne. Weinstock 1960, 52–56 nahm das Fehlen einer bildlichen Darstellung der Pax gar zum Anlass, an der korrekten Benennung des Monuments als Ara Pacis zu zweifeln. 105 Bereits Kähler 1954 hat festgestellt, dass keine der abgebildeten Figuren zweifelsfrei als Pax zu identifizieren ist. Doch gerade hierin bestand Kähler zufolge „das Wunderbare an dem Werk, von dem Augustus wollte, daß es zu seinem Gedächtnis entstehe, daß man den Frieden spürt, ohne daß er sichtbar vor uns tritt.“ (89) Er sieht den Frieden durch das Zusammenspiel aller einzelnen Reliefdarstellungen vergegenwärtigt. Simon 1986, 30 geht davon aus, dass eine Statue der Pax in der Nähe des Altars aufgestellt wurde. De Grummond 1990 vertrtitt dagegen die Ansicht, dass es sich bei der zentralen Figur des Tellus-Reliefs eben doch um Pax handeln müsse. 106 Gruen 1985, 62. Vgl. auch Lamp 2009, 2 sowie Rose 1990, 454 und Raaflaub 2011, 332. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt auch Rehak 2001, der eine neue Interpretation des sogenannten Aeneas-Reliefs vorschlägt. Er sieht in der darauf abgebildeten Figur nicht Aeneas, sondern Numa und will ihn parallel zur Gegenüberstellung von Roma und Tellus als „friedliches“ Pendant zum „kriegerischen“ Romulus interpretiert wissen. Mag Rehak auch Recht damit haben, dass das Verhältnis von Frieden und Krieg die zentrale Aussage der beiden Personifikationsreliefs darstellt (vgl. auch Rehak 2006, 134–137), so kann seine Argumentation für Numa nur bedingt überzeugen. Besonders problematisch ist dabei, dass Rehak die Identifikation des Aeneas mit dem Argument auszuhebeln versucht, die Ikonographie entspreche nicht der üblichen Darstellungsweise des Aeneas in augusteischer Zeit, die sich vor allem in der Statuengruppe des Augustusforums manifestiere. Er übersieht jedoch, dass auch die Darstellung des Romulus auf der Ara Pacis keineswegs dazu angetan ist, ihn als Krieger zu sehen – anders als die Statue des Augustusforums, die gerade auf diesen Aspekt fokussiert. Die von Rehak vermutete Grundaussage ist zwar durchaus attraktiv und anhand anderer Beispiele für den Zusammenhang der Ara Pacis durchaus zu belegen. Für die Konstruktion eines gewollten Gegensatzes zwischen Numa und Romulus bzw. zwischen Frieden und Krieg ist sie jedoch unzutreffend. An der Identifizierung der Figur des Aeneas muss wohl festgehalten werden.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

risch gekleideten und auf einem Waffenstapel sitzenden Roma.107 Doch selbst wenn dies akzeptiert wird, lässt sich auch hier in der Forschung die Tendenz erkennen, den Frieden gegenüber dem Sieg zu privilegieren und folglich weiterhin das Primat des Friedens in der augusteischen Politik zu postulieren – selbst wenn dem Krieg und dem Sieg als Voraussetzung zur Herstellung dieses Zustandes eine wichtige Rolle zukam.108 Als Beleg hierfür wird oftmals Augustusʼ eigene Formulierung in den Res Gestae angeführt: Als ich aus Spanien und Gallien, nachdem ich in diesen Provinzen siegreiche Taten vollbracht hatte, im Konsulatsjahr des Tiberius Nero und Publius Quintilius nach Rom zurückkehrte, beschloß der Senat zum Dank für meine Rückkehr einen Altar des Augustusfriedens zu weihen, und zwar beim Marsfeld, wo die Beamten, die Priester und die Vestalinnen jedes Jahr auf Geheiß des Senats ein Opfer darbringen sollten.109

„Nicht ohne Grund“110 erwähne Augustus in seinem Tatenbericht die Errichtung der Ara Pacis unmittelbar vor dem Abschnitt zur Schließung des Janustempels, die ja in der Forschung ebenfalls als Argument für eine genuin augusteische Friedensidee herangezogen wird.111 Allerdings lassen sich – analog zur Komplexität des Janus-Motivs – durch eine eingehendere Betrachtung des Monumentkontextes möglicherweise differenziertere Aussagen über die durch die Ara Pacis vermittelten Botschaften treffen: So ist zunächst von Bedeutung, dass es sich bei der Ara Pacis nicht um ein Monument handelt, das allein auf die Initiative des princeps zurück107 Zanker 2003, 179 führt als Argument für eine Identifizierung als Pax eben diese Gegenüberstellung an: „Der Betrachter sollte die beiden Bilder zusammen lesen und sehen, wie die Segnungen des Friedens durch die wiedererstarkte virtus der römischen Waffen gewonnen und gesichert waren.“ Obwohl die Herstellung eines solchen Zusammenhangs zweifellos zutreffend ist, kann dennoch nicht mit Gewissheit postuliert werden, dass es sich nicht um Tellus, Italia oder eine andere Personifikation bzw. Gottheit handelt. Schließlich war gerade die Figur der Tellus eines der Kennzeichen des Goldenen Zeitalters, das in der Forschung und auch von Zanker selbst angesprochen wird. Letztlich spielt die genaue Identifizierung für Zanker ohnehin keine entscheidende Rolle: „Welche Muttergottheit in augusteischer Zeit auch dargestellt wird, alle verkörpern dieselben Werte.“ (179) Dennoch ist es durchaus von Bedeutung, dass auf einem Altar des Friedens dieser nicht als eindeutig identifizierbare Personifikation dargestellt ist. 108 Vgl. exemplarisch Dahlheim 2010, 252–254. Zanker 2003, 188–196 sieht in der Ara Pacis einen Schritt auf dem Weg hin zu einer neuen Form von Sieghaftigkeit, die Augustus vor allem nach dem „Parthersieg“ zu etablieren gedachte (dazu s. Kap. VI 3). Auch Eck 2006, 89 weist auf den Zusammenhang von Krieg und Frieden hin, ordnet jedoch gleichzeitig die Ara Pacis eher dem „Anspruch, Rom den Frieden gebracht zu haben“ zu als dem Bereich militärischer Sieghaftigkeit. Hannestad 1986, 64 formuliert: „A great many portents concerning the Child Octavian associate him with the sun, maintaining that a direct line from the birth of the Princeps, via victory and world dominion, to Pax, with promises of a future deification symbolized by the mausoleum and the ustrinum.“ 109 R. Gest. div. Aug. 12,2: cum ex Hispania Galliaque, rebus in iis provincis prospere gestis, Romam redi, Ti. Nerone et P. Quintilio consulibus, aram Pacis Augustae senatus pro reditu meo consacrandam censuit ad campum Martium, in qua magistratus et sacerdotes virginesque Vestales anniversarium sacrificium facere iussit. 110 Simon 2010, 14. 111 Vgl. u. a. Kähler 1954, 67, Hanell 1960, 98–102, de Grummond 1990, 666 sowie Rehak 2001, 198.

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geht, wie Augustus selbst erklärt (senatus […] censuit). Vielmehr handelt es sich um eine Ehrung für den princeps durch den Senat. In der Forschung ist die Rolle des Augustus und insbesondere des Agrippa im Entstehungsprozess der Ara Pacis zwar diskutiert worden112, allerdings ist es zur communis opinio geworden, den Beschluss des Senats zwar zu erwähnen, zugleich jedoch Augustus selbst als letzten Entscheidungsträger zu sehen, der sowohl für die Form der Ehrung als Altar wie auch für das Bildprogramm verantwortlich gewesen sei.113 Natürlich muss man davon ausgehen, dass Augustus in irgendeiner Form in die Entscheidungsprozesse einbezogen war. Wie für alle anderen offiziellen Monumente gilt die Grundannahme, dass darauf nichts abgebildet worden sein dürfte, was den Vorstellungen des princeps grundsätzlich zuwiderlief. Dies erscheint vor dem Hintergrund der zuvor angestellten Überlegungen zur Perspektive der Forschung auf den Themenkomplex Pax Augusta durchaus folgerichtig – schließlich ist es zweifellos verlockend, die Ara Pacis und die Botschaft, die sie vermittelt, als Paradigma augusteischer Selbstdarstellung anzusehen, als „principal monument of Augustan ideology“114. Tatsächlich kann jedoch nicht einfach unterschlagen werden, dass im Entscheidungsprozess zwar einerseits Augustus selbst eine wesentliche Rolle spielte115, dass nach außen jedoch der Senat als offizieller Urheber der Ehrung für den princeps in Erscheinung trat.116 Insbesondere im Vergleich zu den anderen hier noch zu untersuchenden Monumenten ist dieses Element von Bedeutung. Für das Kriterium der Sichtbarkeit sowohl des Gesamtmonuments als auch der Darstellung des Augustus in diesem Rahmen gilt, dass die Ara Pacis eine äußerst prominente Position im öffentlichen Raum einnahm, wie die eingangs angestellten Betrachtungen zu ihrem baulichen Kontext gezeigt haben. Das Monument war jederzeit für jeden Einwohner Roms sichtbar und wurde zudem laut Aussage des Tatenberichts durch die dort abgehaltenen Rituale regelmäßig in den Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Auf diese Weise wurde das Augenmerk der hauptstädtischen Öffentlichkeit stets von Neuem auch auf das Bildprogramm gelenkt. 112 Vgl. u. a. Lamp 2009, 8. Strong 1988, 83 bringt Agrippa ins Spiel, der ihm zufolge für die Auswahl der Künstler verantwortlich war und diese Aufgabe während seiner Aufenthalts im Osten des Reiches erledigte. 113 Vgl. exemplarisch Settis 1988, 406 f. und Pollini 2002, 142 sowie Strothmann 2000, 66 m. Anm. 64: „Zweifellos war es für Augustus außerordentlich wichtig, capite velato und damit als pontifex maximus zu erscheinen.“ Vgl. auch Rehak 2006, 98: „[…] the Ara Pacis represents a completely new design, one of Augustus’s own […].“ 114 Hannestad 1986, 63; vgl. auch Dahlheim 2010, 252 sowie Bleicken 2010, 514. 115 Zanker 2003, 177 weist jedoch zu Recht darauf hin, dass selbst in diesem Fall das Monument letztlich durch „eine Senatskommission bestellt und gebilligt“ worden sei. 116 Dabei kann natürlich durchaus die Frage gestellt werden, ob diese Unterscheidung von den Adressaten, d. h. von der hauptstädtischen Bevölkerung, als solche überhaupt wahrgenommen wurde. Lowrie 2009, 315 hebt hervor, dass Monumente wie die Ara Pacis auch eine Bedeutung aus sich selbst heraus entfalten konnten, ohne dass der jeweilige Bezugsrahmen für alle Betrachter vollkommen erschließbar war. Dennoch ist beispielsweise auf Grundlage der von Augustus selbst in den Res Gestae gewählten Formulierungen durchaus davon auszugehen, dass gerade in diesem Fall der Charakter des Monuments als Ehrendenkmal für den princeps wahrgenommen wurde.

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Die Botschaft, die dadurch vermittelt werden sollte, wurde so immer wieder aktualisiert. Die beiden genannten Aspekte determinieren in gewisser Weise das dritte Kriterium, die Intensität der Ehrung bzw. die Frage, wie unmittelbar der princeps mit seiner Darstellung im Rahmen des Monuments adressiert wurde. Entscheidend ist hierbei, dass die Ehrung für Augustus in einem Rahmen vorgenommen wurde, in welchem dieser selbst agierte und präsent war. Zugleich war die Darstellung des princeps, auf die er selbst sicherlich Einfluss nahm, keineswegs nur an ihm als explizitem Adressaten orientiert. Zwar war die Ehrung natürlich offiziell an Augustus gerichtet; die öffentliche Dimension der Ara Pacis machte jedoch auf einer sekundären Ebene jeden Bürger Roms zum potentiellen Adressaten und stellte auf diese Weise eine Möglichkeit dar, die Rolle des princeps nicht nur diesem selbst und den Angehörigen der senatorischen Oberschicht, sondern einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Dieser Grundgedanke dürfte für die Gestaltung des Bildprogramms und die damit verbundene Aussage über den Themenkomplex parta victoriis pax von zentraler Bedeutung gewesen sein. Vor diesem Hintergrund rückt natürlich insbesondere die Darstellung des Augustus auf der Ara Pacis in den Fokus.117 Der princeps nimmt im großen Prozessionsfries die zentrale Rolle ein. Er ist capite velato dargestellt, erinnert dadurch auch an den Typus der Statue von der Via Labicana118 und an die Tugend der pietas, die diese eindrucksvoll verkörpert119. Obwohl das Relief selbst stark zerstört ist, geht man im Allgemeinen davon aus, dass Augustus bei der Ausführung eines wie auch immer gearteten religiösen bzw. rituellen Aktes gezeigt wird, sei es bei der Ausgießung eines Trankopfers oder einen lituus haltend. Die Figur des Augustus wird auf der einen Seite gerahmt von seinen Liktoren und vermutlich einer Reihe von Opferdienern, auf der anderen Seite von den flamines maiores, auf die wiederum Angehörige der Familie des princeps folgen. Die Liktoren haben die Beile aus den Rutenbündeln entfernt, was den Übergang in die Sphäre des imperium domi markiert. Augustus wird folglich als rein ziviler Magistrat dargestellt, wobei der Fokus dabei insbesondere auf seiner pietas liegt. Damit folgt die Darstellung auf der Ara Pacis einem Schema, das sich für die Herrscherbildnisse des Augustus in Rom und im Westen des Reiches allgemein beobachten lässt: Die Imperatorenrolle, die Reiter- und Panzerstatuen repräsentierten – Statuentypen, die den Dargestellten über den zivilen Togatus erhoben […] –, trat in den Bildnissen der ersten Principes [d. h. Augustus und Tiberius] also aufs Ganze gesehen besonders im Westen zurück. Öffentlich sichtbar für die Bürger waren an unterschiedlichen Orten des Imperiums unterschiedliche Kaiserrollen, zumeist aber nicht der imperator, sondern der civilis princeps […]. Militärische Rollen übernahmen überall zumeist andere Mitglieder der domus Augusta.120

117 Vgl. zum Folgenden Koeppel 1987, 121, Kat.-Nr. 16 sowie Hannestad 1986, 68. 118 Vgl. dazu Hofter 1988, 323, Kat.-Nr. 168. 119 Vgl. zur Bedeutung der pietas im Herrschaftsprogramm des Augustus u. a. Kienast 2009, 96 f., Zanker 2003, 107–140 sowie Galinsky 1996, 86–88. 120 Von den Hoff 2011, 33 f.

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Und doch: Der Verweis auf die Sphäre des imperium militiae ist natürlich durch die Liktoren ex negativo implizit ebenfalls vorhanden. Schließlich waren die Beile bis zum Einzug in die Stadt und damit bis zum Übergang in den zivilen Bereich vorhanden. Es ist bereits verschiedentlich festgestellt worden, dass die Ara Pacis ziemlich genau an dem Punkt errichtet wurde, wo dieser Schritt stattfand, mithin nicht nur an der räumlichen Stadtgrenze, sondern auch an der symbolischen Scheidelinie der beiden Arten von imperium.121 Symbolisiert wird dies auch durch die Figur des Drusus, der zwar nicht im Panzer, aber doch im paludamentum und damit in einer eindeutig dem militärischen Bereich zuzuordnenden Kleidung abgebildet wird.122 Drusus hat folglich den Schritt vom imperium militiae zum imperium domi noch nicht vollzogen bzw. wird gerade bei diesem Akt gezeigt.123 Augustus selbst wird nach diesem Übergang gezeigt und vordergründig ganz im zivilen Sektor verortet. Umso bezeichnender ist dies vor dem Hintergrund der realen Bestimmungen in Bezug auf das imperium des Augustus, die bereits zum Zeitpunkt des Senatsbeschlusses 13 v. Chr. Gültigkeit besaßen: Zehn Jahre zuvor hatte Augustus das Amt des Konsuls niedergelegt und damit auch das imperium consulare verloren. Dieser Schritt stellte für Jochen Bleicken den entscheidenden Punkt im Prozess des Verlusts einer militärischen Befehlsgewalt des Konsuls und damit der seit Sulla voranschreitenden Beschränkung auf den Bereich domi dar und konfrontierte den princeps zugleich mit einer Reihe von Problemen.124 So habe er einerseits das Instrument verloren „mit dem er in Rom [d. h. im Bereich domi] seinen Willen durchgesetzt und etwaige Obstruktion niedergehalten hatte.“125 Zudem habe er durch den Verlust des imperium consulare auch „die Überordnung über die Prokonsuln im Bereich militiae“126 eingebüßt. Als eine Art Ersatz hierfür wurden einige Regelungen getroffen, die die Position des Augustus inner- und außerhalb der Stadt Rom trotz der offiziellen Aufgabe des Konsulats stärkten. So erhielt er zum einen die tribunicia potestas und zum anderen das imperium proconsulare.127 Für den hier untersuchten Zusammenhang ist jedoch insbesondere ein spezielles Privileg von Bedeutung, das ebenfalls in den Bestimmungen des Jahres 23 enthalten war128: Ohne das imperium consulare hätte Augustus jedes Mal, wenn er das pomerium 121 Vgl. u. a. Torelli 1982, 29 f. 122 Vgl. Koeppel 1987, 125 f., Kat.-Nr. 39 sowie Rehak 2001, 199, der sich jedoch der Tragweite dieser Form der Abbildung nicht bewusst zu sein scheint und hervorhebt, dass eben nur eine einzige Person in militärischer Kleidung gezeigt wird. 123 Simon 2010, 39 sieht Drusus im Begriff, den Mantel abzulegen. Es ist auch vorgebracht worden, dass die Abbildung des Drusus im Feldherrnmantel Bezug darauf nehme, dass dieser zum Zeitpunkt des Beschlusses im Jahr 13 v. Chr. gerade an der Nordgrenze Krieg geführt habe (vgl. u. a. Rehak 2001, 199, Anm. 114). Mag dies möglicherweise auch der reale Hintergrund sein, so muss man sich dennoch der symbolischen Bedeutung der Figur des Drusus für das Bildprogramm bewusst sein. 124 Vgl. Bleicken 1993, 118 f., Anm. 2. 125 Ebd., 130. 126 Ebd. 127 Zur Frage nach dem Charakter des imperium proconsulare (maius oder nicht) s. o. S. 24–26. 128 Vgl. zum Folgenden Bleicken 1993, 130, Ferrary 2001b, Girardet 2000, 195–200 sowie ders. 1990, 116 und Vervaet 2014, 261–263.

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überschritt, sein imperium militiae verloren – gleichgültig, ob es sich lediglich auf die Provinzen bezog, die ihm im Jahre 27 v. Chr. zugesprochen worden waren, oder auf andere. Nicht zufällig legte er sein imperium consulare außerhalb des pomerium nieder.129 Um dieses Problem zu umgehen, sprach ihm der Senat das Recht zu, „wie ein Konsul das pomerium zu überschreiten, ohne – im Gegensatz zum Prokonsul – die auspicia und das imperium militiae zu verlieren.“130 Diese Bestimmung hatte weitreichende Folgen: Dank dieses Privilegs behielt Augustus auch innerhalb der Stadt, d. h. auch wenn er sich im Bereich domi bewegte, sein imperium für den Bereich militiae.131 Im Jahr 19 v. Chr. schließlich wurde Augustus zudem das Recht zugestanden, ebenso wie extra „auch intra pomerium zum Zeichen seiner vollen konsularischen Amtsgewalt domi in Begleitung der zwölf Liktoren aufzutreten […].“132 Folglich stellten die Liktoren auf dem Relieffries auch einen sichtbaren Verweis auf die Tatsache dar, dass Augustus selbst in der Rolle des zivilen Magistraten selbstverständlich noch immer seine militärische Befehlsgewalt innehatte, selbst wenn er sie innerhalb des pomerium nicht ausübte.133 Als sie den Übergang von der Sphäre des imperium militiae in diejenige des imperium domi vollzogen, entfernten die Liktoren die Beile aus den Rutenbündeln und unterstützten den zivilen Magistrat 129 Vgl. Vervaet 2014, 259. 130 Girardet 2000, 197; vgl. auch Gruen 2005, 36. 131 Vgl. Girardet 2000, 198 m. Anm. 92, der zu Recht darauf hinweist, dass dies weit über die in der Forschung vertretene Ansicht hinausgeht, die Regelungen sollten lediglich von „lästigen Formalitäten“ befreien. Girardet geht sogar noch einen Schritt weiter: „Andererseits aber bedeutete das Pomerium-Privileg nicht mehr und nicht weniger, als daß die zeitliche Dauer seines imperium consulare militiae in sein Belieben gestellt, seine militärische Kommandogewalt (auspicia und imperium) folglich potentiell lebenslänglich war.“ Vgl. auch Vervaet 2014, 266 f. Rich 2013, 69 stellt dagegen fest, dass das Prinzip der temporären Verleihung des imperium auch nach dieser Regelung noch immer Gültigkeit besaß und ihr theoretisch übergeordnet war; vgl. ebenso Ferrary 2001b. Hurlet/dalla Rosa 2009, 177 stellen fest, das Privileg sei „significativa in quanto permetteva a un romano di cumulare permanentemente il potere civile e quello miltare.“ 132 Girardet 2000, 198. In der Forschung ist umstritten, ob Augustus zu diesem Zeitpunkt auch wieder ein umfassendes imperium consulare erhielt (so u. a. Girardet, Kienast 2009, 112 f. m. einer Übersicht über anderslautende Positionen in Anm. 114; dagegen u. a. Bleicken 1990, 101–103). Die Formulierung Cassius Dios (54,10,5) ist nicht eindeutig, sondern erwähnt die mit dem Konsulat verbundenen Ehrungen wie eben das Liktoren-Privileg, die Augustus zu diesem Zeitpunkt gewährt wurden. Letzte Sicherheit ist in dieser Frage folglich wohl nicht zu erlangen. Folgt man jedoch der Ansicht Jochen Bleickens, so hatte das imperium consulare zu diesem Zeitpunkt seine militärische Komponente unabhängig davon, ob eine entsprechende gesetzliche Regelung existierte (vgl. Hurlet 2011, 323 f. für einen Überblick über die Forschungsdiskussion), faktisch ohnehin bereits vollkommen eingebüßt (vgl. auch Hurlet 2011, 329 f. und 2006, 28–30). Sollte eine Verleihung stattgefunden haben, bezog sich das imperium consulare folglich v. a. auf die Funktionalität augusteischer Herrschaft im Bereich domi und war damit in seiner rechtlichen Qualität für die hier verhandelten Fragestellungen von untergeordneter Bedeutung – ganz im Gegensatz zum Privileg, die zwölf Liktoren mitzuführen. Für Vervaet 2014, 267 f. stellen diese Privilegien den entscheidenden Schritt zu einem permanenten und formalisierten summum imperium auspiciumque dar. 133 Vgl. hierzu Rich 2013, 68 m. Anm. 81.

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Augustus in seiner Amtsführung. Sobald dieser jedoch den umgekehrten Weg ging, würden die Beile wieder zurückkehren, wie jedem Betrachter klar sein musste. Bildlich unterstrichen wurde all dies durch die Anordnung der Reliefdarstellungen: Der princeps steht an der Spitze einer Prozession, hat folglich den gleichen Weg zurückgelegt wie seine Familienmitglieder, die sich hinter ihm aufreihen. Auch Augustus hat somit den Schritt vollzogen, den Drusus gerade unternimmt: Er hat das militärische Gewand ab- und die Toga des zivilen Magistraten angelegt. Ausgangspunkt war jedoch der Raum des imperium militiae. Das gesamte Monument, so gibt der princeps in den Res Gestae selbst zu Protokoll, wurde schließlich aufgrund seiner siegreichen Rückkehr aus den gallischen und spanischen Provinzen errichtet – aus Provinzen also, die hauptsächlich im Wirkungsbereich des imperium militiae zu verorten waren.134 Aus diesen Beobachtungen ergeben sich zwei Folgerungen: Wenn Augustus den Übergang von der militärischen in die zivile Sphäre vollzog und auf einer äußerlichen Ebene das paludamentum gegen die Toga tauschte, so ging dies faktisch nicht einher mit der Ablösung der einen Rolle durch die andere. Vielmehr waren sowohl die Rolle des siegreichen Imperators wie die des zivilen Magistraten permanent und untrennbar mit der Person des princeps verbunden. Allerdings konnte Augustus im Rahmen der Ara Pacis schwerlich in beiden Rollen gleichzeitig dargestellt werden. Aufgrund des Kontexts und des Charakters des Monuments als einer Ehrung des Senats für den princeps, der oben beschrieben wurde, erscheint es folgerichtig, dass bei der Darstellung des Augustus der Fokus auf die zivile Rolle gelegt wurde. Das Bildprogramm in seiner Gesamtheit zeigt jedoch deutlich, dass man auf den militärischen Bereich offenbar nicht verzichten wollte: Der Krieg wurde als wichtiges Element römischer Politik keineswegs geleugnet, er nahm im Gegenteil auf der Ara Pacis einen ebenso prominenten Raum ein wie der Frieden – Roma sitzt Tellus auf Augenhöhe gegenüber. Um eine Verknüpfung zwischen Augustus und dieser Sphäre zu erreichen, musste man folglich mit Anspielungen arbeiten. Im Mittelpunkt stand dabei zum einen der implizite Verweis auf den Besitz des imperium militiae. Weit wichtiger war jedoch die Figur des Drusus: Die Ara Pacis war ein eindeutig dynastisch ausgerichtetes Monument, das Reliefprogramm führte den Betrachtern die Einheit der kaiserlichen Familie deutlich vor Augen. Die Übernahme bedeutender militärischer Kommandos durch Familienangehörige stellte während der gesamten Regierungszeit des Augustus ein wichtiges Instrument seiner Militärpolitik dar. Die Darstellung des Drusus im paludamentum konnte daher als Symbol für die Kontrolle der militärischen Sphäre durch den princeps und seine Familienangehörigen verstanden werden. Die Ara Pacis stellt somit eine mögliche Variante der Formel parta victoriis pax dar. Deutlich wurde im Bildprogramm dieses Monuments die Verbindung zwischen Krieg, Sieg und Frieden hergestellt. Eine eindeutige Privilegierung des letzten As134 An den Senat zurückgegeben wurde von den gallischen Provinzen lediglich die Narbonensis (22 v. Chr.). In Spanien wurde 13 v. Chr. die senatorische Provinz Baetica geschaffen (vgl. hierzu Kienast 2009, 353, Anm. 121). In beiden Provinzen standen keine nennenswerten Truppenkontingente.

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pekts gegenüber den ersten beiden lässt sich jedoch nicht erkennen. Zwar wurde Augustus selbst als ziviler Magistrat dargestellt, was angesichts des Kontexts der Ehrung des Staates für den princeps durchaus folgerichtig war. Gleichzeitig wurden seine Person und seine Herrschaft jedoch durch zahlreiche Verweise eng mit der militärischen Sphäre verbunden. Die militärische persona des princeps war somit auch in dem Monument präsent, das in der Forschung immer wieder zum Paradigma des augusteischen Friedensgedankens stilisiert wurde. V 4.2 Die Gemma Augustea Einen gänzlich anderen Kontext – und damit auch eine vollkommen andere Kommunikationssituation – als die Ara Pacis weist die in der Forschung oftmals als „Höhepunkt der augusteischen Glyptik“135 beschriebene Gemma Augustea auf136, deren Entstehung im Allgemeinen auf die Jahre um 10–14 n. Chr. datiert wird.137 Sie wurde zumeist dem direkten Umfeld des princeps zugeschrieben138 oder gar in seinem persönlichen Besitz verortet139. Für das Kriterium der Urheberschaft lässt sich mithin festhalten, dass zwar auch die Gemma Augustea in gewisser Weise eine Ehrung für den princeps darstellt, dass hier zugleich jedoch nicht der Senat als Institution auftritt, sondern das Schmuckstück einem eher privaten Rahmen zugeordnet werden muss. Dieser Sachverhalt erweist sich als maßgeblich für den Aspekt der Sichtbarkeit: Anders als das Bildprogramm der Ara Pacis adressierte die Gemma Augustea ausschließlich den princeps selbst sowie die Angehörigen des Hofes. Wenn es auch letztlich nicht nachweisbar ist, ob der Kameo „sogar zum Schatz des Kaiserhauses“140 gehörte, so ist doch mit Recht darauf hingewiesen worden, dass eine Darstellung, wie sie dem Betrachter auf der Gemma Augustea begegnet, mit einem öffentlichen Denkmal wie der Ara Pacis nur schwer in Einklang zu bringen gewe135 Zwierlein-Diehl 2007, 149. 136 Vgl. zur Gemma Augustea u. a. Zwierlein-Diehl 2007, 149–154, Meyer 2000, 59–80, Hölscher 1988, 371–373, Megow 1987, 8–11, Hannestad 1986, 78–82 sowie Oberleitner 1985, 40–44. Einen Überblick über die ältere Literatur bietet Zazoff 1983, 319 m. Anm. 82; ergänzend Zwierlein-Diehl 2007, 432–434. Vergleichbare Argumente könnten auch für die Silberbecher aus Boscoreale angeführt werden, wie Hölscher 1988, 373 aufzeigt; vgl. zu diesen v. a. Kuttner 1995. 137 An der Datierung der Gemme in spätaugusteische Zeit ist nur vereinzelt Kritik geäußert worden, die sich jedoch nie durchsetzen konnte; vgl. u. a. Meyer 2000, 78–80, der den Kameo vor allem aufgrund stilistischer Argumente in die claudische Zeit datieren will. 138 Vgl. u. a. von den Hoff 2011, 39. 139 Zwierlein-Diehl 2007, 153: „Der Kameo war für den engsten Kreis des Hofes bestimmt. Wer der Auftraggeber war, läßt sich schwerlich ermitteln, als Empfänger kommt am ehesten Augustus selbst in Frage.“ Ebenso Hannestad 1986, 77. Auch über den Künstler kann letztlich nur spekuliert werden. Immer wieder vorgeschlagen wurde Dioskurides, „der nachweislich für Augustus gearbeitet hat.“ (Megow 1987, 11.) 140 Hölscher 1988, 371. Ähnlich Pollini 1993, 285 f., der jedoch auch Tiberius als Empfänger in Betracht zieht.

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sen wäre.141 Man kann wohl grundsätzlich mit Tonio Hölscher von einer „nicht-offiziösen Funktion“142 der Kameen allgemein und der Gemma Augustea im Besonderen sprechen. In ihrem spezifischen Kontext stellte die Gemma Augustea ein Kommunikationsmedium mit einem hohen Grad an Intensität dar: Die Gemma Augustea war ein Angebot an Augustusʼ imperiales Selbstverständnis. Er kam durch solche Medien direkt in Kontakt mit diesen Erwartungen. […] Man wird es positiv und huldigend verstanden haben, den regierenden Princeps göttergleich vor seinen militärisch legitimierten Nachfolgern zu zeigen, und zwar in der unmittelbaren Ehrung an ihn unter äußerst eingeschränkter Öffentlichkeit.143

Betrachtet man vor dem Hintergrund dieses von der Ara Pacis vollkommen verschiedenen Kontextes das Bildprogramm des Kameos näher, ergeben sich wiederum im Vergleich mit dem zuvor analysierten Monument einige interessante Beobachtungen. Im Bildprogramm der Gemma Augustea finden sich zahlreiche Elemente wieder, die auch auf der Ara Pacis dargestellt sind – allerdings an entscheidenden Punkten variiert und neu zusammengesetzt: Im Mittelpunkt steht unzweifelhaft Augustus, der in der Pose Jupiters144 neben Roma thront und den Triumphator Tiberius sowie den ebenfalls militärisch gekleideten Drusus oder Germanicus empfängt. Auch der untere Teil des Bildfeldes ist explizit militärisch konnotiert: Gezeigt werden gefangene Barbaren sowie die Aufrichtung eines tropaeum. Dieser besondere Fokus der Gemma Augustea auf die militärische Sieghaftigkeit ist natürlich in der Forschung bereits erkannt worden.145 Die wahre Bedeutung ihres Bildprogramms wird jedoch erst deutlich, wenn man die Gemma Augustea in Beziehung zur Ara Pacis und ihrer Botschaft setzt. Wenn Elemente ihres Bildprogramms wieder aufgegriffen werden, handelt es sich dabei keineswegs um ein bloßes Zitat. Vielmehr werden die Schwerpunkte der Aussagen, die die Darstellungen der Ara Pacis vermitteln, deutlich verschoben – insbesondere, was das Verhältnis von Augustus, Tellus und Roma angeht, und mithin das Verhältnis zwischen Krieg, Sieg und Frieden.

141 Zwierlein-Diehl 2007, 153. Auch Hannestad 1986, 78 hebt hervor, dass sich die Bildprogramme der Kameen im Allgemeinen stark von solchen öffentlicher Monumente und ihren Aussagen unterscheiden. 142 Hölscher 1988, 371 f. 143 Von den Hoff 2011, 39. 144 Hervorgehoben wird dies auch durch den Adler, der unter dem Thron des Augustus dargestellt ist; vgl. hierzu von den Hoff 2011, 39, der darin zu Recht „eine weit über das bisher Gesehene hinausgehende Überhöhung“ des princeps sieht, sowie Zanker 2003, 232–239, der darin einen direkten Verweis auf den Herrscherkult vermutet, Pollini 1993, 260–267 und Boschung 1999, 205 f. 145 Vgl. v. a. Hölscher 1988, 372: „Thema der komplexen Darstellung ist die militärische Weltherrschaft des Augustus.“ Vgl. auch Galinsky 1996, 120 f. Dabei muss die viel diskutierte Frage nach der Identität der im unteren Bildfeld dargestellten Figuren offen bleiben. Ob tatsächlich jede von ihnen (außer den besiegten Barbaren) mit einer Gottheit identifiziert werden kann, ist wohl nicht eindeutig zu klären (vgl. zu dieser Problematik u. a. Hölscher 1988, 372 sowie Zwierlein-Diehl 2007, 152 f.).

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Auf der Gemma Augustea ist es nicht länger Tellus, die Roma auf Augenhöhe gegenübersitzt, sondern Augustus, der sich den Thron mit der kriegerischen Personifikation der Stadt teilt. Tellus ist zwar präsent, jedoch im Vergleich zu Augustus und Roma lediglich eine Randfigur, die an Größe von den beiden deutlich überragt wird146 – ganz im Gegensatz zur Darstellung der Ara Pacis. Der princeps ist das klare Zentrum, wie die Blickrichtung der einzelnen Figuren erkennen lässt.147 Er sitzt neben Roma über dem Waffenstapel, Tiberius148 als der eigentliche Sieger tritt auf Augustus zu. Dabei ist der princeps nicht nur als „Kosmokrator“149 dargestellt. Vielmehr verrät ein kleines Detail, dass Augustus hier noch eine weitere Rolle einnimmt: In der Hand hält er den lituus, die Amtsinsignie der Auguren. Verwiesen wird damit auf das auspicium des Augustus, das sein imperium demjenigen anderer Militärbefehlshaber überordnete und jeden Sieg, den einer seiner Legaten errang, letztlich zum Sieg des princeps machte. Dies bezog sich auch auf künftige Siege, die ohne Zweifel errungen werden würden, wie die ungeduldig das Triumphgespann antreibende Victoria zeigt. Auch wenn also Tiberius hier als Triumphator erscheint, so ist es Augustus, dessen militärische Sieghaftigkeit neben anderen Aspekten im Mittelpunkt steht.150 Ebenso wie das Bildprogramm der Ara Pacis spielt die Gemma Augustea somit wiederum auf das imperium des Augustus an. Während im ersten Fall jedoch vor allem das imperium domi und die Rolle des Augustus als ziviler Magistrat hervorgehoben werden, liegt der Fokus des Kameo eindeutig auf dem militärischen Aspekt des imperium. Präsent ist der Friedensbringer natürlich dennoch, wenn beispielsweise die Personifikation hinter dem princeps diesen mit der corona civica bekränzt.151 Im Vordergrund stehen aber andere Facetten – der Vergleich des Augustus mit Jupiter sowie die militärische persona des princeps. Der Unterschied zur Darstellung des Augustus auf der Ara Pacis könnte folglich größer kaum sein. Die Gemma Augustea stellt somit eine weitere Variante, eine andere bildliche Ausformung der Formel parta victoriis pax dar. Auch auf ihr wird Augustus durchaus als Garant des Friedens präsentiert, wenn Tellus sich auf den Thron des princeps stützt. Zugleich macht die Gesamtaussage unmissverständlich deutlich, dass die Gewichtung der beiden Elemente der Formel in diesem spezifi146 Bezeichnenderweise zählt Hannestad 1986, 78 sie zu den „three minor deities“. 147 Vgl. Boschung 1999, 206. 148 Zur Rolle des Tiberius auf der Gemma Augustea vgl. u. a. Hölscher 1988, 371 und Pollini 1993, 267 f. Problematisch dagegen Scherrer 1988. 149 Hannestad 1986, 78. 150 Zur Frage der Stellung des Tiberius gegenüber dem princeps im Rahmen der augusteischen Triumphpolitik s. Kap. VII 2.3. 151 Dabei verband die Ehrung der corona civica in ihrer Semantik ebenfalls die beiden Dimensionen „Frieden“ und „Sieg“, wurde sie doch ursprünglich verliehen, sofern ein Feldherr durch einen Sieg römische Bürger gerettet hatte. Augustus erweiterte diese Semantik durch die Nutzung des Symbols der Bürgerkrone in unterschiedlichsten Kontexten und ihre Nennung in den Res Gestae gemeinsam mit dem clipeus virtutis. Ebenso wie andere Elemente der augusteischen Bildersprache konnte auch die Bürgerkrone fortan verschiedene Themenkomplexe symbolisieren. Dennoch dürfte die militärische Grundbedeutung der corona weiterhin im Gedächtnis geblieben sein; vgl. hierzu u. a. Cooley 2009, 264–266 mit weiterer Literatur sowie Maxfield 1981, 70–74.

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schen Kontext trotz einer teilweisen Parallelität der bildlichen Mittel deutlich anders vorgenommen werden konnte, als dies bei der Ara Pacis der Fall war: Die corona civica krönt hier eindeutig mehr den militärischen Sieger als den civilis princeps oder Friedensfürsten. Beide Rollen sind zwar präsent, treten jedoch gegenüber der Imperatorenrolle und den Anspielungen auf die Sphäre des Göttlichen in den Hintergrund. Die Emphase liegt nicht auf dem Frieden als dem Produkt des Sieges, sondern auf dem Sieg selbst.152 V 4.3 Die Quadriga auf dem Augustusforum und der Titel pater patriae Das dritte hier zu untersuchende Fallbeispiel zeichnet sich im Vergleich zur Ara Pacis und zur Gemma Augustea ebenfalls durch eine individuelle Kombination der drei Kriterien von den Hoffs aus. Was die Urheberschaft des Komplexes betrifft, so lässt sie sich im Gegensatz zum Altar des Augustusfriedens eindeutig dem princeps selbst zuschreiben, der in seinem Tatenbericht betonte, dass es sich dabei um ein Monument handelte, das eng mit seiner Person verknüpft war: „Auf Privatgrund und aus der Kriegsbeute erbaute ich den Tempel des Mars Ultor und das Augustusforum.“153 Doch auch wenn das Forum auf privatem Grund errichtet wurde, war es selbstverständlich anders als die Gemma Augustea ein Monument höchster Sichtbarkeit im öffentlichen Raum – schließlich stellte es eines der markantesten Mittel dar, die Augustus dafür einsetzte, eben diesen öffentlichen Raum neu zu definieren. Zugleich wurde jedoch in der baulichen Gestaltung des Forums Wert darauf gelegt, dass es als ein abgeschlossener Komplex erhalten blieb und als solcher wahrgenommen wurde. Auf diese Weise wurde es deutlich vom Forum Romanum und vom Caesarforum abgegrenzt, was die Fokussierung auf den princeps als Bauherrn und Stifter der Anlage sowie die Mischung aus öffentlichem und „privatem“ Raum noch stärker hervortreten ließ. Das Bild- und Inschriftenprogramm, das ganz auf Augustus zugeschnitten war, ebenso wie die Funktionen, die mit dem neuen Forum verknüpft waren, führten dabei eindrücklich vor Augen, dass der militärische Sieg für den Bauherrn eine zentrale Rolle spielte: Die Darstellung der summi viri im Triumphalornat, die Hervorhebung von Romulus und den spolia opima, die Verbindung von Forum und Mars-Ultor-Tempel, die Zeremonien wie der Aufbruch der ausziehenden Feldherren und die politischen Entscheidungen über Krieg und Frieden, die mit dem Forum verbunden waren, weisen alle eindeutig in diese Richtung 152 Ob man so weit gehen will wie Pollini 1993, 260, der in der Gemma Augustea einen Ausdruck der „underlying monarchical tendencies in the Augustan regime“ sieht, mag dahin gestellt bleiben. Es ist jedoch sicher zutreffend, hier Anklänge an eine eher dem griechisch-hellenistischen Kontext entstammende Perspektive zu sehen, die über das bloße Kopieren eines hellenistischen Stils hinausreichen (vgl. Hannestad 1986, 82 sowie Scherrer 1988, 126, dessen übrige Argumente jedoch nicht vollkommen überzeugen können und der vor allem nicht sauber zwischen den Aussagen der Gemma Augustea sowie des Augustusforums und der Ara Pacis differenziert). 153 R. Gest. div. Aug. 21,1: in privato solo Martis Ultoris templum forumque Augustum ex manibiis feci.

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und lassen keinen Zweifel daran, wie die Gewichtung innerhalb der Formel parta victoriis pax in diesem Kontext vorgenommen wurde.154 Zugleich jedoch findet sich auch auf dem Augustusforum ein Monument, das den Charakter des Prozesses verdeutlicht, der zur Etablierung der Formel führte. Denn in diesem Kontext, in dem der princeps nicht wie bei der Ara Pacis hauptsächlich als Adressat agierte, sondern den er explizit definierte, lässt sich der Kommunikationsprozess mit der senatorischen Elite ebenfalls an einem Beispiel aufzeigen. Die Res Gestae enden mit der Feststellung, dass der Titel pater patriae auf Senatsbeschluss an der Basis der Quadriga angebracht wurde, die in der Mitte der Platzanlage stand.155 Auch im Kontext des Augustusforums wurde folglich eine Ehrung des princeps vorgenommen, trat Augustus mithin als Adressat einer unmittelbar an ihn gerichteten öffentlichen Erwartungshaltung in Erscheinung. Im Gegensatz zur Ara Pacis geschah dies jedoch in einem Rahmen, den der princeps dominierte. Dieser Sachverhalt wirkte sich durchaus auf die spezifische Ausgestaltung der Formel parta victoriis pax aus, wie eine eingehende Betrachtung des Titels pater patriae und der Quadriga, auf der er angebracht war, verdeutlichen kann. Selbst wenn der Schwerpunkt des Gesamtmonuments eindeutig auf dem militärischen Bereich und dem Aspekt der Sieghaftigkeit lag, brachten die Quadriga und der darauf sichtbare Titel den zweiten Bestandteil der Formel in diesen Kontext ein. Die Bezeichnung pater patriae156 wird in der Forschung im Allgemeinen als eine Art Apex des augusteischen Prinzipats angesehen, als Ziel, welches Augustus während seiner gesamten Regierung angestrebt habe.157 Der Titel symbolisiere wie kein anderer den consensus universorum, auf dem die Herrschaft des ersten princeps basiere. Aus diesem Grund habe er die Verleihung bewusst ans Ende der Res Gestae gestellt.158 Der semantische Schwerpunkt wird dabei wahlweise auf die besondere Form der auctoritas des Augustus, die ihn – gemäß seiner eigenen Aussage im Tatenbericht – über alle anderen römischen Bürger erhoben habe159, oder auf die pietas gelegt, die mit dem Begriff des pater familias und dessen Pflichten verbunden war160. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass der Titel pater patriae solche Konnotationen natürlich beinhaltete und sich daher für die neue Art von Herrschaft, die Augustus in Rom einführte, als nutzbringend erweisen konnte: Die Parallelisierung der Bezeichnungen pater familias und pater patriae trifft bis zu einem gewissen 154 Diese verschiedenen Aspekte des Augustusforums werden im Folgenden immer wieder eine Rolle für die jeweiligen Fragestellungen der Einzelkapitel spielen. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle auf eine umfassende Behandlung des Gesamtkomplexes verzichtet; für einen Überblick vgl. u. a. Spannagel 1999 sowie Ganzert/Kockel 1988. 155 R. Gest. div. Aug. 35,1. 156 Zu ihrer Entwicklung vgl. Alföldi 1971. 157 Kienast 2009, 132 bezeichnet den Titel als „Schlußstein im Gebäude der neuen Monarchie“ und Dahlheim 2010, 221 formuliert gar: „So nahm er den Titel mit Tränen in den Augen an. Er verstand ihn als die höchste aller ihm zuteil gewordenen Auszeichnungen.“ Vgl. auch Bernstein 2012, 49 f. 158 Vgl. Levick 2010, 92 sowie Strothmann 2000, 20; vgl. auch Galinsky 1996, 371. 159 Vgl. beispielsweise Levick 2010, 92 sowie Eder 2005, 29. 160 Vgl. Dahlheim 2010, 221, Kienast 2009, 132 f. sowie insbesondere Strothmann 2000, 78–80.

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Grade sicher zu, wenn damit auf eine wechselseitige Verpflichtung zur Fürsorge und zum Gehorsam angespielt wird. Für die Stellung des princeps in der römischen Gesellschaft waren diese semantischen Aspekte des Titels durchaus von Bedeutung, wie beispielsweise in der Sittengesetzgebung sichtbar wird.161 Wie in so vielen anderen Bereichen lässt sich jedoch die Aussage, die durch die Bezeichnung pater patriae unterstrichen werden sollte, keineswegs ausschließlich auf die in der Forschung hervorgehobenen Aspekte begrenzen. Vielmehr muss auch hier wiederum eine weitere Konnotation des Titels in Betracht gezogen werden, die ins Herz des Themenkomplexes „Krieg und Frieden“ zielt: Wenn wir auf die […] Liste der römischen Größen einen Blick werfen, die vor Augustus das Prädikat des Landesvaters erhielten, dann muß es auffallen, daß sie nicht etwa wegen ihres warmen Herzens und väterlichen Wesens, nicht für ihr Wohlwollen und ihre Fürsorge für friedliche Bürger so gefeiert worden sind, sondern für eine befreiende Tat im Krieg oder wegen der Unterdrückung einer Revolution […].162

Der Bezeichnung pater patriae war somit ursprünglich eine dezidiert militärische Komponente inhärent, die ausdrücklich auf die Sieghaftigkeit des Einzelnen bzw. auf individuelle Leistungen im Krieg rekurrierte. Erst in der späten Republik, so stellt Andreas Alföldi fest, kam eine neue Konnotation hinzu: Neben die militärische trat „die staatliche und politische Rettung.“163 Maßgeblich für diese Entwicklung war Alföldi zufolge Cicero, der damit sowohl seine eigene Rolle im Staat nach der Niederschlagung der Verschwörung des Catilina als auch die von Cicero für Octavian vorgesehene Position in der nach-caesarischen Ordnung charakterisiert habe. Alföldi postuliert eine Übernahme der ciceronischen Formulierungen durch Augustus.164 Vor dem Hintergrund der in diesem Kapitel angestellten Überlegungen erweist sich eine solche Annahme jedoch als problematisch. So muss zunächst hinterfragt werden, ob die Neukonzeption des pater patria-Konzeptes durch Cicero die ursprüngliche Semantik des Titels tatsächlich verdrängte. Die von Alföldi selbst angeführten Stellen bei Livius oder Plinius165 zeigen, dass die „militärischen Wurzeln des Landesvater-Gedankens“166 auch in der Folgezeit und mithin zur Zeit des Augustus selbst durchaus weiterhin präsent waren. Wie bereits an einigen Beispielen demonstriert werden konnte, muss bei einer Analyse der Entwicklung der Formel parta victoriis pax stets die Frage nach Kontexten und Akteuren gestellt wer-

161 162 163 164

Vgl. Alföldi 1971, 46. Ebd., 47. Ebd., 59. Vgl. ebd., 62 f.: „Die Umbiegung der Retteridee des alten Rom, wo das ganze Leben auf den Krieg eingestellt gewesen, in eine ganz anders geartete Retterkonzeption, wo cives servare der Anspruch des führenden Politikers – mit möglichst wenig Risiko – geworden ist, die wir bei Cicero verfolgen konnten, vererbte sich unmittelbar auf Oktavian.“ 165 Vgl. ebd., 47 f., wo Alföldi beispielsweise die Schilderung des Livius (3,29,3) erwähnt, wonach „die dankbare Armee ihrem Retter vor der Umschließung durch die Gegner beneficii… memor einen Goldkranz anbot und ihn als Patronus ehrte (patronum salutaverit), – was eine bemerkenswerte Variante zu der üblichen Begrüßung des Befreiers als parens ist.“ 166 Ebd.

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den: Welche Konnotationen des pater patriae-Begriffs wurden unter welchen Umständen und auf welche Weise aufgerufen? Augustus nahm den ihm vom Senat verliehenen Titel an, das steht natürlich fest. Es muss jedoch die Frage gestellt werden, ob er damit gleichsam einem Impuls väterlicher Fürsorge nachkam oder ob sich hinter diesem Schritt andere Motive verbergen, die mit der multiplen Semantik des Begriffs in Zusammenhang stehen können. Wie oben bereits erwähnt, dürfte die Verbindung zum Komplex des pater familias durchaus eine Rolle für Augustus gespielt haben. Zugleich zeigt jedoch das Augustusforum, dass für den princeps darüber hinaus auch die militärische Komponente des Titels eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben dürfte167 – übrigens ebenso wie die dynastische, wie durch eine Betrachtung der entsprechenden Münztypen ersichtlich wird.168 167 Besonders eindrücklich vor Augen geführt wird diese Tatsache in der Münzprägung. Bereits in den Jahren 19/18 v. Chr. wurden in einer spanischen Münzstätte eine Reihe von Denaren geprägt (RIC I2 96–101), die allesamt Variationen der Legende SPQR PARENT(I) CONS(ERVATORI) SVO trugen. Ihre Bildprogramme bestanden aus Elementen der Triumphalsymbolik, darunter bezeichnenderweise ebenfalls eine Quadriga sowie eine Abbildung des Triumphalornats bestehend aus toga picta und tunica palmata; vgl. Cooley 2009, 273 sowie Simon 1993, 126, Nr. 86. Alföldi 1971, 92, der den Prägekontext der Serie fälschlicherweise in Rom verortet, sieht hierin einen Beweis dafür, dass Augustus bereits vor der eigentlichen Verleihung des Titels auch offiziell als pater bzw. parens patriae bezeichnet wurde; vgl. ebenso Trillmich 1988, 516, Kat.-Nr. 344. Die Münzserie fällt in die Zeit der Propagierung des „Parthersieges“, in deren Rahmen Augustus gerade die Militarisierung und die Hervorhebung persönlicher Tapferkeit massiv in den Vordergrund rückte (dazu s. Kap. VI). Die Münzen verweisen daher eindeutig auf die militärische Komponente des Titels pater patriae und zeigen somit, dass diese Konnotation in augusteischer Zeit durchaus präsent war. Da die Münzen wohl vor allem für die Bezahlung der zu dieser Zeit in Spanien stationierten Legionen bestimmt waren, führen sie vor Augen, wie Augustus selbst als offizieller Herausgeber der Münzen (zumindest dürfte er von den Soldaten als solcher wahrgenommen worden sein) den Titel parens verstanden wissen wollte. Von einem Bescheidenheitsgestus, wie ihn Trillmich 1988, 516, Kat.-Nr. 344 insbesondere in der Bildnislosigkeit der Münze sehen will, kann keine Rede sein. 168 In der augusteischen Reichsprägung tritt der Titel pater patriae eher selten in Erscheinung – bezeichnenderweise nahezu ausschließlich in Verbindung mit mehr oder weniger expliziten Hinweisen auf die kaiserliche Dynastie: Am eindeutigsten ist dies sicherlich bei einer Reihe von Typen (RIC I2 205–212), in deren Bildprogrammen die Legende CAESAR AVGVSTVS DIVI F PATER PATRIAE mit der bildlichen Darstellung von Gaius und Lucius Caesar verbunden ist. Die Titulatur des princeps fokussiert dabei auf den dynastischen Aspekt, indem sowohl der Hinweis auf die Abstammung des Augustus als auch der Titel pater patriae verwendet werden, wohingegen beispielsweise das praenomen imperatoris weggelassen wird. Dies wird auch in der Reverslegende wieder aufgegriffen, in der die Caesares als Söhne des Augustus bezeichnet werden. Ähnliches lässt sich auch für eine Reihe weiterer Typen feststellen (RIC I2 221–224), die Tiberius in Verbindung mit Augustus bringen und die militärische mit der dynastischen Komponente des Titels verknüpfen: Während Augustus als pater patriae apostrophiert wird, zeigt die Reversdarstellung Tiberius in Triumphalornat auf der Quadriga. Ein eher impliziter Verweis auf die Dynastie ist in einer Serie von Typen zu sehen, die den Altar von Lyon abbilden. Selbst wenn auf den ersten Blick hier kein eindeutiger Bezug zur Dynastie hergestellt wird, wurde dieser Altar dem Augustus und der Göttin Roma von Drusus geweiht und war mithin ebenfalls mit einem Mitglied der Kaiserfamilie verbunden. Gerade für die Münztypen mit den Abbildungen von Gaius und Lucius Caesar ergibt sich daraus die Frage, ob die dynas-

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Nicht zufällig geht Augustus darauf ein, dass die Inschrift auf Senatsbeschluss an drei verschiedenen Orten zu sehen war: seinem Haus, der Kurie und seinem Forum. Es ist unschwer zu erkennen, dass die verschiedenen Kontexte der Inschrift jeweils unterschiedliche Aspekte des pater patriae-Begriffs in den Vordergrund gerückt haben dürften. So dürfte die Inschrift, die im Vorhof seines Hauses angebracht wurde, unzweifelhaft auf den pater familias und die Übertragung dieses Themenkomplexes auf den gesamten römischen Staat angespielt haben. Im Kontext des Augustusforums, das so eindeutig auf militärische Leistungen und Sieghaftigkeit ausgerichtet war, konnte demzufolge ebenfalls kein Zweifel daran aufkommen, dass hier die militärische Komponente des Titels thematisiert werden sollte – dies jedoch auf eine ganz spezifische Art und Weise: Augustusʼ Bericht zufolge wurde die Inschrift dort sub quadrigis angebracht, am Sockel der Quadriga also, die ein zentrales Element der Statuendekoration des Augustusforums bildete. Bezeichnenderweise äußern sich die mehrfache Semantik des Titels pater patriae und damit auch die Flexibilität der Formel parta victoriis pax einmal mehr in einem Monument, das laut Aussage des princeps explizit – und im Gegensatz beispielsweise zum Tempel des Mars Ultor – nicht von ihm allein initiiert worden war. Über die Quadriga als solche ist nur wenig bekannt.169 Im Allgemeinen wird sie in der Mitte des Forums verortet, gleichsam als Zentrum des Bildprogramms.170 Nach Meinung Paul Zankers muss es sich dabei um ein Siegesmonument gehandelt haben, das Augustus in irgendeiner Weise als Triumphator darstellte, „vielleicht von Victoria bekränzt“.171 Eine weitere These hat kürzlich Volker Strocka vorgebracht. Er sieht im Wagenkasten einer Biga in den Vatikanischen Museen172 die Überreste der Quadriga des Augustusforums.173 Im Gegensatz zu Zanker geht Strocka davon aus, dass der Wagen leer war, dass also keine Statue des Augustus als Triumphator oder Wagenlenker Teil des Ensembles war. Den Verweis auf Augustus sieht er vielmehr durch die Dekoration auf der Innenseite des Wagenkastens gegeben, die eine Anspielung auf Apollo und dadurch auch auf seinen Schützling Octavian darstellen soll.174 Auf der Außenseite weist der Wagenkasten eine Rankenmotivik auf, die derjenigen der Ara Pacis in auffallender Weise gleicht175 und die

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tische Komponente insbesondere im militärischen Kontext, für den die in Lugdunum geprägten Emissionen vorrangig bestimmt gewesen sein dürften, eine so wichtige Rolle spielte, dass sie auf diese Art und Weise dargestellt wurde; die Bedeutung des dynastischen Gedankens für das römische Kaisertum allgemein unterstreicht Börm 2015a. In den meisten Arbeiten wird die Quadriga wohl nur aus Gründen der Vollständigkeit genannt. Nach einem Überblick über die verschiedenen Rekonstruktionsvorschläge und Aufstellungsmöglichkeiten kommt auch Strocka 2009, 23 zunächst zum Ergebnis: „Wir müssen uns also eingestehen, daß wir über die Quadriga auf dem Augustusforum nichts weiter wissen.“ So bereits Zanker 1968, 12; vgl. auch Spannagel 1999, 193. Diese Annahme hat sich in der Forschung mittlerweile durchgesetzt; vgl. den Überblick über die entsprechende Literatur bei Strocka 2009, 23, Anm. 8. Vgl. Zanker 1968, 12. Grundlegend zur Vatikanischen Biga ist noch immer Lippold 1956, 101–103, Kat.-Nr. 623. Vgl. Strocka 2009, 51. Vgl. ebd., 42. Vgl. ebd., 32.

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Strocka überhaupt erst dazu veranlasst, den Wagen ins letzte Jahrzehnt des 1. Jh. v. Chr. zu datieren.176 Die Bedeutung dieser Dekoration und damit des gesamten Monuments sieht er ebenfalls in einer Anknüpfung an die Aussage der Ara Pacis: Daß Augustus entgegen einer weit verbreiteten Annahme nicht als Statue auf dem Wagen stand, sondern unsichtbar blieb, ist ein Bescheidenheitsgestus, der ihm zu Lebzeiten politisch notwendig erschien und der umso wirksamer seine außerordentliche Stellung betonte. Die Wagenreliefs zeigen, anders als einige Münzen (von 19 v. Chr.), keine Victorien oder andere Sieges- und Rachesymbolik, sondern betonen den Schutz der Götter und ihre Garantie eines neuen Goldenen Zeitalters. Wenn schon ein Münzbild von 19 v. Chr. dem parens und conservator huldigte, dann paßt die Anspielung des Lorbeers auf Sieg und Reinigung, der Rankenreliefs auf Frieden und Gedeihen vorzüglich zum pater patriae.177

Vor dem Hintergrund der zuvor angestellten Überlegungen zur Ara Pacis erweist sich Strockas These als durchaus attraktiv, wobei jedoch zu bedenken ist, dass sie nur schwer zu beweisen sein dürfte und es sicherlich wichtige Gründe gibt, die gegen eine Identifizierung der Vatikanischen Biga mit der Quadriga des Augustusforums sprechen.178 Man muss jedoch darauf hinweisen, dass Strocka den entscheidenden Punkt übersieht: Es wäre keineswegs ein augusteischer „Bescheidenheitsgestus“, sondern eine spezifische Variante der Formel parta victoriis pax, die die Form und das Aussehen des Monuments in diesem Kontext bestimmt. Ein Zitat der „paradiesischen Ranken“179 der Ara Pacis wäre daher durchaus denkbar und würde sich mit der Botschaft, die dieses Monument aussandte, ja auch decken. Zugleich – und dies geht aus Strockas Ausführungen nicht deutlich genug hervor – würde ein solches Zitat ausdrücklich in einen von Augustus selbst geprägten und vollkommen auf den militärischen Bereich ausgerichteten Kontext verpflanzt, was den Verweis auf den Aspekt des Friedens relativieren würde. All dies beruht natürlich auf der These, dass es sich bei der Vatikanischen Biga tatsächlich um den Wagenkasten der Quadriga handelt – eine Annahme, die letztlich hypothetisch bleiben muss. Festhalten lässt sich jedoch Folgendes: Die Verbindung des Titels auf dem Augustusforum mit der Quadriga, d. h. mit einem eindeutigen Symbol militärischer Sieghaftigkeit (unabhängig davon, ob Augustus selbst nun als Triumphator sichtbar war oder nicht), brachte die Verbindung von militärischen und „zivilen“ Aspekten zum Ausdruck. Die Quadriga war wie das gesamte Forum eine Reminiszenz an die Sieghaftigkeit des Augustus. Gleichzeitig wurde durch die Anbringung der Inschrift auf ihrem Sockel die militärische Grundbedeutung des Titels aufgerufen.180 In einem Kontext, der sich sowohl von dem der Ara Pacis (v. a. durch die Rolle des princeps als Initiator) wie auch von dem der Gemma Augustea (v. a. hinsichtlich der öffentlichen Dimension) unterschied, lässt sich folglich eine weitere Variante der Formel parta victoriis pax beobachten. Die beiden Elemente dieser Formel 176 Vgl. ebd., 39. 177 Ebd., 53. 178 Strocka selbst ist sich dessen durchaus bewusst; vgl. ebd., 54. Nicht zufällig versucht er in weiten Teilen seines Aufsatzes, mögliche Gegenargumente a priori zu widerlegen. 179 Zanker 2003, 184. 180 Vgl. Zanker 1968, 26.

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wurden wiederum spezifisch gewichtet: Das Bildprogramm und die Funktionen, die mit dem Augustusforum verbunden waren, ließen keinen Zweifel daran aufkommen, welcher der beiden Aspekte in den Vordergrund gerückt werden sollte. Der militärische Sieg in verschiedenster Form bildete die Grundlage für den Gesamtkomplex und die Botschaft, die der römischen Bevölkerung vermittelt werden sollte. Zugleich war der Aspekt des Friedens präsent – wenn auch in anderer Form als im Rahmen der Ara Pacis und der Gemma Augustea. Wiederum war es die Form der Ehrung für Augustus, in der dieser zweite Bestandteil der Formel dem Publikum präsentiert wurde: Durch die Hervorhebung des pater patriae-Titels in diesem Kontext konnten mehrere Bedeutungen aufgerufen werden, die sich jedoch alle um die Formel parta victoriis pax gruppierten. Auch hier wurde die militärische Komponente natürlich nicht ausgeblendet – im Gegenteil. Gleichzeitig konnte allerdings die zweite Bedeutung des pater-patriae-Titels ins Gedächtnis gerufen werden, die sich seit ihrer Einführung durch Cicero etabliert hatte und die sich insbesondere durch die Anbringung der Inschrift am Haus des Augustus manifestierte: Aus innerer und äußerer Bedrohung hatte er den Staat gerettet. Ob cives servatos kam ihm der Titel Pater Patriae zu. Doch wird die militärische Servator-Vorstellung […] wie bei der Verleihung der corona civica im Jahre 27 v. Chr. mit einem umfassenden politischen Gehalt potenziert.181

Auf diese Weise konnte eine Perspektive auf die Rolle des princeps im römischen Staat eingebracht werden, die nicht nur auf die militärische Sieghaftigkeit des Augustus und seine daraus resultierende Machtfülle fokussierte, sondern auch auf seine Verantwortung für den römischen Staat, auf seine Rolle als Garant des Friedens. Die Quadriga sandte somit auch eine Botschaft an Augustus selbst aus: Seine „Untertanen“ akzeptierten die neue politische und soziale Ordnung, die mit seiner Machtübernahme verbunden war – solange sie selbst davon profitierten und der princeps seiner Verantwortung gerecht wurde. Die Quadriga auf dem Augustusforum stellt folglich in einem spezifischen Kontext eine dritte mögliche Variante der Kompromissformel parta victoriis pax dar. V 4.4 Die Münzprägung und der Pax-Cistophor des Jahres 28 v. Chr. Im numismatischen Befund erweist sich die Formel parta victoriis pax ebenfalls als zentrales Element.182 Während Sieges- und Triumphsymbolik in allen erdenklichen Spielarten eines der Hauptthemen der augusteischen Münzprägung ist183, kann dies 181 Ebd., 25 f. 182 Für einen Überblick über die augusteische Münzpolitik vgl. Kienast 2009, 315–331 sowie Harl 1996, 73–96. 183 Ob im Rahmen der Präsentation des Bürgerkriegssieges, des „Parthersieges“ oder der militärischen Expansion in Germanien – zahlreiche Münztypen aus allen Phasen des augusteischen Herrschaft zeigen Victoria (Schmidt-Dick 2002 zählt insgesamt 17 unterschiedliche Victoria-Typen in der augusteischen Reichsprägung, die in Kombination mit verschiedensten anderen Motiven auf den Münzen zu sehen sind), verweisen auf den princeps als Sieger oder als

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für die angeblich für den princeps so zentrale Friedensideologie keineswegs behauptet werden. Erich Gruen hat darauf hingewiesen, dass Pax als Göttin oder als politisches Schlagwort nur sehr vereinzelt und im Rahmen von „short-lived and limited issues“ erscheint.184 Zudem lässt seine nur wenige Beispiele umfassende Auflistung erkennen, dass es sich dabei vor allem um provinziale Prägungen handelte, die lokal initiiert waren, und nicht um die von Augustus kontrollierte Reichsprägung.185 Tatsächlich finden sich im Register des entsprechenden RIC-Bandes für Octavian/Augustus lediglich zwei Ausnahmen: Zum einen wird eine Darstellung der Pax auf zwei von Gruen nicht berücksichtigten Typen der CAESAR DIVI F-Prägungen der Jahre 32–29 v. Chr. vermutet.186 Wie an anderer Stelle bereits demonstriert wurde, ist diese Annahme jedoch kritisch zu hinterfragen.187 Etwas anders verhält es sich mit der zweiten Ausnahme, die Gruen anführt: dem Pax-Cistophor aus Ephesos.188 Gruen geht auf diese Münze nicht weiter ein, sondern stellt lediglich fest: „Even the pax of the cistophoric tetradrachm is enclosed in a laurel wreath.“189 Es ist natürlich zutreffend, dass die Abbildung des Lorbeerkranzes auch auf dieser Münze die militärische Komponente anspricht, worauf noch zurückzukommen sein wird. Dennoch stellt die Münze insofern ein Problem dar, als es sich dabei, wenn auch nicht unbedingt um ein „hochoffizielles Denkmal“190, wie Mannsperger annimmt, so doch möglicherweise um einen den Frieden besonders hervorhebenden Münztypus der Reichsprägung handelte, von der im Allgemeinen angenommen wird, dass sie ausschließlich der Kontrolle des Augustus unterstand.191 Selbst wenn man folglich den Ausnahmecharakter dieses Münztypus hinsichtlich des gesamten augusteischen Münzprogramms zu Recht betont, handelte es sich hier um einen Münztypus, der zwar zeitlich begrenzt, jedoch in massivem Umfang geprägt wurde.192 Aus diesem Grund erscheint eine differenziertere Auseinandersetzung mit dem Pax-Cistophor notwendig.

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Triumphator (vgl. u. a. RIC I2 162–165, 250–274 etc.), bilden geschlagene Feinde ab (vgl. RIC I2 287–292) oder können sogar als Versuch gewertet werden, militärische Sieghaftigkeit auf die nächste Generation zu übertragen (vgl. RIC I2 198 f.). Bereits dieser kursorische Überblick zeigt die Omnipräsenz von Siegessymbolik auf augusteischen Münzen. Gruen 1985, 59. Vgl. RPC I, wo für die Herrschaft des Augustus lediglich insgesamt drei Typen aufgeführt werden, die Pax bzw. Eirene thematisieren: RPC I 2738 (Cos), 2062 (Nicomedia) sowie der Pax-Cistophor Nr. 2203, auf den im weiteren Verlauf detailliert eingegangen werden soll. Im Rahmen der Reichsprägung tritt Pax erst seit Galba und vor allem unter Vespasian prominent in Erscheinung; vgl. die Übersicht bei Schmidt-Dick 2002, 82–86. Vgl. RIC I2 252 u. 253. So unter anderem Simon 1993, Kat.-Nr. 14 u. 19 mit Verweis auf Liegle 1941, Mannsperger 1991, 363 und Giard 1976, 26–34. S. o. S. 131 f. RIC I2 476; vgl. zudem Sutherland 1970, 12–14 und 40–44. Gruen 1985, 59. Mannsperger 1973, 381. Vgl. u. a. Sutherland 1984, 23 f. und 1976, 107 f. sowie ausführlich 1971, 27–52. Ebenso Drexhage 2007, 70 f., Wolters 1999b, 83 sowie Bruun 1999, Kunisz 1976, 13–43 und Burnett 1977, 58. Vgl. Sutherland 1970, 12 sowie Drexhage 2007, 72 f. Bereits Sutherland konnte auf einen Befund von 50 Avers- und 70 Revers-Stempeln zurückgreifen. Die Frage der Quantifizierung im

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In der Forschung lassen sich insbesondere zwei Erklärungsansätze für diesen im Rahmen des gesamten augusteischen Münzprogramms ungewöhnlichen Münztypus identifizieren. So wird zum einen die ökonomische Dimension der Pax-Cistophoren in den Vordergrund gerückt. Ihre Hauptfunktion, so ist vielfach zu lesen, sei die Stabilisierung der Währung und des umlaufenden Geldbetrags in Kleinasien gewesen, wie sowohl ihre Form, d. h. die Beibehaltung der traditionellen Silberwährung Kleinasiens, als auch ihr Prägekontext in Ephesos zeigten. Die Pax-Cistophoren seien folglich primär für die Zirkulation im Wirtschaftskreislauf von Asia Minor gedacht gewesen.193 Tatsächlich war der Cistophor eine spezifisch kleinasiatische Währungsform, die dort seit attalidischer Zeit verbreitet war.194 Zudem herrschte in Kleinasien nach den Jahrzehnten des Bürgerkriegs, in denen insbesondere die poleis dieser Region an ihre finanziellen Grenzen gelangt waren, akuter Bedarf an einer stabilen Währung ebenso wie an neuen Münzen, um den Geldkreislauf wieder anzukurbeln.195 Der enorme Umfang, in dem der Pax-Cistophor ausgeprägt wurde, stützt diese These. Zudem muss darauf hingewiesen werden, dass die ökonomische Dimension von Münzen in der Forschung oftmals zugunsten ihrer ebenfalls unbestreitbaren Funktion als Informationsträger196 vernachlässigt wird: Münzen waren nie ausschließlich Botschaftsträger und Medien, sondern stets auch Zahlungsmittel.197 Dennoch gilt umgekehrt ebenso unzweifelhaft: Münzen waren bereits in republikanischer Zeit und auch unter Augustus und seinen Nachfolgern nicht nur Zahlungsmittel, sondern immer auch Träger von Botschaften, die in Avers- und Reversdarstellungen, in Legenden und Beischriften vermittelt wurden.198 Diese

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Bereich der Numismatik und ihrer Grenzen ist in der Forschung viel diskutiert worden. Der Umfang einer einzelnen Ausschüttung kann zwar berechnet werden, dies jedoch nur unter Berücksichtigung zahlreicher Variablen. Wenn man dennoch davon ausgehen kann, dass mit einem einzigen Stempel u. U. bis zu mehrere Tausend Münzen geprägt werden konnten, ergibt sich für die Serie der Pax-Cistophoren eine durchaus umfangreiche Größenordnung; vgl. hierzu u. a. Howgego 1992, 2 f. sowie Wolters 1999a, 107 m. Anm. 246 und Angaben zur entsprechenden Literatur. Prominentester Vertreter dieser Ansicht ist Sutherland 1970, 89 f.; vgl. auch Kunisz 1976, 49 f. sowie Crawford 1985, 262. Vgl. u. a. Drexhage 2007, 74. Zwar weist Drexhage auf Quellenbelege hin, die zeigen, dass Cistophoren im Rahmen von Bank- und Kreditgeschäften auch nach Rom gelangten (Cic. Att. 11,1,2 und 11,2,3); dennoch darf der Cistophor wohl nur im Osten des Reiches als ernstzunehmende „Konkurrenz“ zum römischen Silberdenar gelten – und dies auch nur im Rahmen eines Währungssystems, in dem der Denar die Leitwährung darstellte, nach der auch die Cistophoren gewertet wurden. Vgl. Drexhage 2007, 73–77; ähnlich Raaflaub 2007a, 236, der darauf hinweist, dass die Verbreitung des Cistophors sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf Kleinasien beschränkte. In der Forschung wurde in diesem Zusammenhang intensiv über den Begriff der „Münzpropaganda“ diskutiert, der hier vermieden werden soll (vgl. hierzu u. a. Wolters 1999a, 255–265). Die Verwendung des Terminus „Propaganda“ erweist sich in Anwendung auf die römische Monarchie als ein unzureichendes bzw. problematisches Analyseinstrument (vgl. Weber/Zimmermann 2003a sowie Eich 2003). Vgl. Howgego 1992, 30 sowie Wienand 2012, 45. Vgl. u. a. Howgego 1995, 67–87 sowie Wallace-Hadrill 1986, Wolters 2003 und Wienand 2012, 44 f.

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Grundannahme bringt für die Analyse des Pax-Cistophors ein Problem von zentraler Bedeutung mit sich: Wenn sich der Münztypus, bedingt durch seinen Verbreitungskontext, notwendigerweise hauptsächlich an ein griechisches Publikum richtete, weshalb waren dann die Titulatur Octavians (IMP CAESAR DIVI F COS VI LIBERTATIS PR VINDEX) und die Beischrift PAX der Reversdarstellung lateinisch gehalten? Eine Antwort auf diese Frage liefert möglicherweise ein zweiter Erklärungsansatz: Die Münze, so wird mitunter angenommen, sei hinsichtlich ihrer Form und ihres Inhalts als spezifische Antwort auf die Cistophoren-Prägung des Antonius aus den frühen 30er-Jahren zu sehen, die ebenfalls in Ephesos stattgefunden hatte.199 Tatsächlich gleicht insbesondere ein Cistophorentypus des Antonius dem Pax-Cistophor auffallend200: Während auf dem Avers die Portraits von Antonius und seiner Gattin Octavia abgebildet sind, erscheint auf dem Revers Dionysos, stehend auf einer dem Münztypus seinen Namen gebenden cista mystica zwischen zwei Schlangen. Pax wird auf den augusteischen Münzen ganz ähnlich abgebildet, was durchaus als Rekurs auf die Prägungen des Antonius angesehen werden könnte: An die Stelle des neos Dionysos Antonius trat nach dem Sieg Octavians Pax mit ihrem Füllhorn als Symbol für den Wohlstand, den der Erfolg des neuen Machthabers nicht nur Rom und Italien, sondern eben auch den Provinzen Asia Minors brachte.201 Zudem trugen die Cistophoren des Antonius komplexere lateinische Legenden (Avers: M ANTONIVS IMP COS DESIG ITER ET TERT; Revers: III VIR R P C), sodass man schlussfolgern könnte, die Verwendung der lateinischen Sprache auf Münzen habe in Griechenland grundsätzlich kein Problem dargestellt. Gegen beide Ansätze lässt sich grundsätzlich nichts einwenden. Der ökonomische Aspekt muss allein aufgrund ihres angenommenen Umfangs ein wesentliches Motiv für die Emission gewesen sein. Aus ihrem potentiellen Charakter als Antwort auf die Prägungen des Antonius ergibt sich zudem eine mögliche Erklärung für das Bildprogramm des Münztypus, das in diesem Fall auf den Bürgerkrieg bzw. auf sein Ende verweisen würde202: Gerade in den poleis Kleinasiens, die unter den Ereignissen des Bürgerkriegs in besonderem Maße zu leiden hatten203, dürfte eine solche Botschaft wohl durchaus auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Das Ende der Bürgerkriege, garantiert durch den Sieg Octavians, bedeutete für die Region die Möglichkeit, sich finanziell wie ökonomisch zu erholen.204 Im Folgenden soll je199 Vgl. Kraft 1978, der den Cistophor und seine Legende mit der Propaganda Ciceros gegen Antonius im Vorfeld des Mutinensischen Krieges in Verbindung bringt und daraus den Schluss zieht, der Cistophor könne sich nur an ein römisches und nicht an ein griechisches Publikum gerichtet haben; vgl. zudem Sutherland 1971, 33 und 1987, 5 sowie Sear 1998, 263. 200 RPC I, 2202. 201 Vgl. Sutherland 1970, 90. 202 So in einem Nebensatz auch Gruen 1985, 59, ohne auf diesen Sachverhalt jedoch näher einzugehen. 203 Vgl. hierzu Börm 2016. 204 Sutherland 1976, 33 sieht hier (möglicherweise zu Unrecht) bereits einen Verweis auf die Regelungen des Jahres 27 v. Chr.: „Here was a political manifesto of an emphasis not otherwise matched in the Augustan coinage. It was certainly intended to foreshadow (or announce – the date would allow either possibility) the constitutional Settlement of 27 – not, however, to the

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doch aufgezeigt werden, dass sich der Sinngehalt des Cistophors hierin keineswegs erschöpft: Selbst wenn man Pax aufgrund der Ikonographie noch mit Eirene gleichsetzen konnte205 – die Bezeichnung vindex libertatis populi Romani dürfte für die griechischen Einwohner Kleinasiens inhaltlich deutlich schwerer zu erfassen gewesen sein. Einerseits zählte sich die Mehrheit der Griechen sicher nicht zum populus Romanus (und würde auch von den Römern selbst nicht dazu gezählt werden), andererseits war der vindex libertatis ein Schlagwort der politischen Sprache Roms in der späten Republik206 und für die Einwohner Kleinasiens nicht mit dem Sinngehalt verbunden, den ihm ein römischer Bürger zugeschrieben haben dürfte. Hinter dem Terminus verbarg sich weniger eine dem griechischen Adressatenkreis auch in römischer Form vertraute Amtsbezeichnung, für die die lateinische Darstellung auf Münzen tatsächlich die Regel ist, sondern eben ein vielschichtigeres inhaltliches Konzept. Obwohl der Rekurs auf die Münzprägung des Antonius grundsätzlich plausibel erscheint, kann der hier skizzierte Erklärungsansatz daher nicht vollständig überzeugen – insbesondere in Bezug auf die Fragen, ob es für die Einwohner Kleinasiens von größerer Bedeutung war, ob nun Octavian oder Antonius in Rom herrschte, und weshalb sich Octavian vor einem solchen Hintergrund als Retter des römischen und nicht des griechischen Volkes geriert haben sollte. Die entscheidende Frage ist folglich, wer außer den griechischen Einwohnern der Provinzen Kleinasiens durch das Bildprogramm des Münztypus adressiert worden sein könnte207 bzw. ob eine bestimmte Zielgruppe identifiziert werden kann, auf die dieempire at large, where cistophori would have no currency, but to Asia Minor in particular, which was to receive a special reminder of Octavian’s contribution to its prosperity and of the freedom from arbitrary government which he stood for.“ 205 Vgl. hierzu u. a. Ferrero 2005 sowie Kader 2003 und Simon 1988. Dennoch ist zu fragen, inwieweit sich die inhaltlichen Konzepte, die sich hinter den Termini pax und eirene verbargen, deckten. Die deutliche Verbindung des Friedensgedankens mit den Themenkomplexen „Krieg“ und „Sieg“ scheint dabei eher ein römisches als ein griechisches Phänomen zu sein (vgl. Hölscher 1967, 94 sowie Dieter 1994 und insbesondere Weinstock 1960, 44–46). Auch dies könnte darauf hinweisen, dass aufgrund der Anspielung auf diesen spezifischen Aspekt im Bildprogramm und der Benennung der Göttin als Pax ein anderes Zielpublikum als die griechischen Einwohner Kleinasiens intendiert gewesen sein könnte. 206 Hierzu S. 243–248. 207 Einen Ansatz, der in diese Richtung weist, liefert Kienast 2009, 317 f. Er geht davon aus, dass die Ausschüttung des Pax-Cistophors hauptsächlich dazu diente, die Bedürfnisse des römischen Ostheeres zu erfüllen – wie im Übrigen die gesamte augusteische Münzprägung Kienast zufolge vor allem für die Besoldung der Armee gedacht war (vgl. ebd. 30 f.). Eine solche Interpretation würde zwar womöglich die lateinische Legende und ihren spezifisch römischen Hintergrund erklären. Allerdings vernachlässigt Kienast zwei entscheidende Faktoren: Der Umfang der Ausschüttung sowie der auf den vorangehenden Seiten skizzierte ökonomische Hintergrund sprechen dagegen, im Pax-Cistophor lediglich ein Zahlungsmittel im militärischen Kontext zu sehen. Zudem wäre es wohl gerade dem Heer gegenüber nicht unbedingt opportun gewesen, den Frieden besonders hervorzuheben. Dies war weder zu dieser Zeit noch später in der augusteischen Münzprägung der Fall. Stattdessen zeigen beispielsweise die Prägungen aus Lugdunum in den Jahren der großen militärischen Unternehmungen in Germanien, die definitiv für einen militärischen Kontext bestimmt gewesen sind, deutlich, dass gegenüber den Soldaten die Rolle Octavians als Sieger besonders hervorgehoben wurde, gerade auch mit Verweis auf

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ses Bildprogramm zugeschnitten worden sein könnte.208 Aus diesem Grund soll nun der Versuch unternommen werden, den Cistophor unter Zuhilfenahme der drei für die Untersuchung der bisherigen Fallbeispiele genutzten Kriterien von den Hoffs ebenfalls einer differenzierteren Analyse zu unterziehen und dadurch möglicherweise einen auf den bisher angeführten Erklärungen basierenden neuen Ansatz für die Interpretation des Münztypus zu präsentieren. Zu fragen ist folglich zunächst nach der Urheberschaft: Wer war für die Ausprägung des Cistophors verantwortlich und wie wirkte sich dieser Aspekt möglicherweise auf die Botschaft aus, die vermittelt werden sollte? Wie oben bereits angeführt, geht man im Allgemeinen davon aus, dass Augustus als princeps die Kontrolle über die Reichsprägung ausübte und darauf ein ganzes monetäres Organisationssystem gründete: Sutherland spricht stellvertretend für diese Ansicht vom „instantaneous impact upon the officially controlled mint-organisms of the commands of the head of the state, directly expressed through his subordinates.“209 Es ist in der Forschung viel über die Frage diskutiert worden, inwiefern Augustus und seine Nachfolger tatsächlich Einfluss auf die Ausgestaltung der Bild- und Textprogramme einzelner Münztypen genommen haben.210 Johannes Wienand hat in seiner Analyse der Münzprägung der tetrarchischen und konstantinischen Zeit aufgezeigt, dass eine eindeutige Antwort auf diese Frage schlicht nicht möglich sei, dass vielmehr „die Gestaltung der Bild- und Textprogramme einer Münze als vielschichtiger Pro-

Actium und den Sieg über Antonius (vgl. RIC I2 162–203). Zu einer Zeit, in der Octavian sich hauptsächlich über seinen militärischen Erfolg definierte und diesen als Grundlage seiner politischen Machtposition apostrophierte, wäre eine Betonung des Friedens gegenüber der Gruppe, die wesentlich zu diesem Erfolg beigetragen hatte, geradezu anachronistisch. 208 Die Frage des sogenannten audience targeting ist in der Forschung insbesondere für die Kaiserzeit breit diskutiert worden; einen Überblick über die entsprechenden Debatten gibt insbesondere Levick 1999 (vgl. auch Wolters 2003, 189–193). Im Mittelpunkt steht dabei oftmals die Frage, ob mittels verschiedener Denominationen unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden konnten. Hekster 2003, 23 f. hat darauf hingewiesen, dass langfristige Schemata solcher Art nur schwer nachzuweisen seien, und stattdessen eine andere Herangehensweise vorgeschlagen (26): „Similarly, I would argue, moments in which one needs specific layers of society as power bases are going to be the moments in which targeting those layers is of prime importance.“ Natürlich könne man schon allein aufgrund des Charakters von Münzen als Zahlungsmedium und des damit verbundenen Geldkreislaufs nur schwer davon ausgehen, dass bestimmte Münztypen ausschließlich für bestimmte Zielgruppen geprägt worden seien. Dennoch könne man durchaus annehmen, dass bei der Gestaltung bestimmter Münztypen in spezifischen Situationen auf primäre Adressaten fokussiert worden sei (vgl. hierzu auch Wolters 1999a, 287–290). Für eine Analyse des Pax-Cistophors erweist sich eine solche Herangehensweise als äußerst produktiv, wie im Folgenden gezeigt werden soll. Die Berücksichtigung eines bestimmten Kreises primärer Adressaten könnte einen möglichen Lösungsansatz für die oben genannten Probleme liefern, ohne dass damit impliziert werden sollte, dass sich die Funktion der Münzen darin erschöpfte. 209 Sutherland 1971, 33. 210 Aus dem breiten Spektrum der Literatur zu diesem Thema seien exemplarisch lediglich Jones 1956, Sutherland 1959 und 1989, Levick 1982 und 1999, Crawford 1983, Hekster 2003 sowie Wolters 2003 genannt.

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zess“ 211 angesehen werden müsse, „zu dessen Entstehen in wechselnder Form und in wechselndem Grade ganz unterschiedliche Kräfte auf allen Ebenen der Münzadministration beigetragen haben.“212 Wenn man natürlich zum einen auch davon ausgehen muss, dass die imperiale Verwaltungsorganisation in tetrarchischer Zeit ungleich weiter ausgebaut war als in den Jahren der Etablierung des Prinzipats unter Augustus, und zum anderen vermuten darf, dass trotz individuellen Einflusses auf unterschiedlichen Ebenen die grundsätzlichen Linien imperialer Politik, die die Bild- und Textprogramme der Münzen widerspiegeln, natürlich vom Kaiser selbst ausgingen, so sollte man dennoch hinterfragen, ob Münzen als ein reines Medium imperialer Selbstdarstellung angesehen werden können.213 Dies muss umso mehr für die Zeit des Übergangs zwischen Republik und Prinzipat gelten, in der sich die administrativen und organisatorischen Strukturen, die die Monarchie später charakterisierten, noch gar nicht ausgebildet hatten oder erst im Entstehen begriffen waren. Aus diesem Grund erweisen sich die immer wieder zugrunde gelegten Überlegungen zu einem umfassenden System augusteischer Münzpolitik, das sich erst im Laufe der Herrschaft des ersten princeps herausbilden konnte, gerade für die Untersuchung des Pax-Cistophors als irreführend214: Im Jahr 28 v. Chr. konnte von einem solchen System nicht die Rede sein, schließlich waren gerade die Jahre nach Actium geprägt durch ein Experimentieren sowohl seitens Octavians wie auch des Senats. Die Prinzipatsordnung, wie sie uns im Jahr 14 n. Chr. beim Herrschaftsantritt des Tiberius vor Augen tritt, steckte zum Zeitpunkt der Prägung und Emission des Pax-Cistophors noch in den Kinderschuhen. Den Hintergrund für diese Münzserie bildeten nicht die Strukturen des organisatorischen Systems der augusteischen Münzprägung215, sondern die Abläufe der späten Republik und die spezifischen Verhältnisse in der Provinz Asia vor und nach dem Sieg Octavians über Antonius. Asia war weder vor noch nach Actium offizieller Teil der provincia Octavians, auch wenn dieser natürlich gerade in der Zeit nach Actium mit seiner Reise durch den Osten und der Überwinterung auf Samos ein deutliches Zeichen dafür setzte, dass er sich auch für diesen Teil des Reiches verantwortlich fühlte. Dennoch unterstand Asia nominell seit Einrichtung der Provinz einem Statthalter prokonsulari211 212 213 214

Wienand 2012, 47–57, hier 53. Ebd., 55. Vgl. u. a. Wolters 2003, 185–189. Zumal – wie aus der zitierten Charakterisierung des augusteischen Münzsystems durch Sutherland (s. o. Anm. 204) deutlich hervorgeht – auch in späterer Zeit andere Instanzen als der princeps eine bedeutende Rolle im Prozess der Münzprägung einnehmen konnten: Als Beleg hierfür seien die spanischen Prägungen des Legaten P. Carisius aus den Jahren 25–23 v. Chr. angeführt (RIC I2 1–25; vgl. hierzu u. a. Sutherland 1976, 13 f., 22 f. und 42 f. sowie Kienast 2009, 322). In ihren Bild- und Textprogrammen tritt nicht nur Augustus prominent in Erscheinung, sondern auch Carisius. Wenn auch Augustus somit natürlich als Bezugspunkt gelten muss, kann man dennoch vermuten, dass Carisius in seiner Funktion als Legat zumindest für einen Teil der spanischen Münzprägung verantwortlich war und diese auch dafür nutzen konnte, seinen eigenen Namen in Szene zu setzen. Es wäre zumindest erklärungsbedürftig, wenn man davon ausginge, dass der princeps hier den Namen seines Untergebenen auf den Münzen in solchem Maße hervorgehoben hätte. 215 Vgl. hierzu Wolters 1999b.

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schen oder propraetorischen Ranges.216 Unmittelbar nach Actium übernahm dieses Amt im Jahr 31 v. Chr. offenbar C. Norbanus Flaccus, Konsul 38 v. Chr. und Triumphator ex Hispaniae (34 v. Chr.) – ein Mann der ersten politischen Reihe und offenbar Parteigänger Octavians (er hatte bei Philippi für den erkrankten Triumvirn das Kommando geführt).217 Diese Personalie verdeutlicht zweierlei: Zum einen war die Statthalterschaft der Provinz Asia seit jeher eine der prestigeträchtigsten Positionen im senatorischen cursus – und sollte dies gemeinsam mit Africa auch unter Augustus bleiben, wie die Regelungen des Jahres 27 v. Chr. bestätigen. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass auch in den Jahren zwischen dem Sieg Octavians und der Neuorganisation der Provinzen vier Jahre später Asia eine Schlüsselstellung innerhalb der Administration des Imperiums einnahm. Die Ernennung des Norbanus Flaccus spricht für eine solche Perspektive. Octavian wollte sich die Kontrolle über diese wichtige Provinz, die ihm nach seinem Sieg zugefallen war, sichern und setzte deswegen einen seiner Gefolgsleute als Statthalter ein. Zugleich entsprachen jedoch die Prominenz des Ernannten und seine Rolle in der politischen Landschaft dem Status der Provinz: Asia behielt den prokonsularischen Statthalter und damit auch offiziell gegenüber Octavian eine gewisse Autonomie, die im Jahr 27 v. Chr. schließlich formal bestätigt wurde.218 Vor diesem Hintergrund erscheint die Annahme durchaus plausibel, dass Octavian auch im Bereich der Münzprägung gerade im Falle Asias an republikanische Traditionen anknüpfte. Andrew Burnett hat für die Zeit der Republik vier verschiedene Typen der Münzautorität skizziert und geht insbesondere auf die Rolle der Prokonsuln ein. Er betont, dass vor allem in Syria und Asia die leges provinciae zumindest die Statthalter prokonsularischen Ranges dazu ermächtigten, Silbermünzen im Namen Roms zu prägen.219 Für die Zeit nach 27 v. Chr. geht er von einem ähnlichen Schema aus und führt einige Beispiele prokonsularischer Münztypen an, in denen die aus der augusteischen Reichsprägung bekannte Formel PERMISSV AVGVSTI auf die senatorischen Statthalter übertragen wird. Zudem folgert Burnett (und dem ist in der Forschung seitdem offenbar nicht widersprochen worden): „Similarly the occurrence of the proconsul’s name on coins even without PERM should probably be interpreted as implying proconsular control and hence authority for coining in the province.“220 Auch in augusteischer Zeit kann man folglich davon ausgehen, dass prokonsularische Statthalter in eigener Autorität in ihren Provinzen Münzen prägten. Gerade vor dem Hintergrund der Rolle, die Asia in den Jahren zwischen 31 und 27 v. Chr. einnahm, erscheint es somit durchaus plausibel, dass die

216 Zur Verwaltung der Provinz in der späten Republik und während des augusteischen Prinzipats vgl. u. a. Levick 1996 sowie Mitchell 1999 und Drexhage 2007, 20–28 mit weiterer Literatur. 217 Vgl. Chapot 1904, 314 sowie Syme 2002, 303, Anm. 3 mit dem Verweis, Norbanus habe das Amt „perhaps for more than one year“ innegehabt. 218 Vgl. auch Eck 1986, der ausführt, dass Octavian/Augustus die administrativen Strukturen vor allem in den Provinzen insgesamt nur in geringem Maße veränderte. 219 Burnett 1977, 58. 220 Ebd.

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dortigen Prokonsuln für die Münzprägung offiziell verantwortlich waren – und damit auch für die Prägung des Pax-Cistophors im Jahr 28 v. Chr.221 Unglücklicherweise existieren für die Jahre 28 und 27 v. Chr. keine eindeutigen Aufzeichnungen, die eine zweifelsfreie Benennung des Statthalters zulassen würden. Es wurden jedoch immer wieder die gleichen Namen ins Spiel gebracht, vor allem Ciceros Sohn Marcus222, dessen Statthalterschaft später allerdings eher in die Jahre 24/23 v. Chr. datiert wurde.223 Mittlerweile plädieren die einschlägigen Studien zumeist für M. Herennius Picens224, den Ronald Syme als homo novus beschreibt, der im Zuge der octavianischen Politik des Einbezugs lokaler italischer Eliten in den Senatorenstand aufgestiegen sei, im Jahr 34 als consul suffectus das Konsulat bekleidet und fünf Jahre nach Ablauf seiner Amtszeit den Statthalterposten in Asia übernommen habe.225 Auch Herennius, über dessen Karriere, abgesehen von diesen mageren Angaben, nichts bekannt ist226, gehörte somit zwar der neuen Aristokratie an, auf die Octavian während des Triumvirats und insbesondere während des aufziehenden Konflikts mit Antonius seine Macht stützte.227 Zugleich macht die Ernennung des Herennius das ambivalente Verhältnis Octavians zu den Mitgliedern seiner eigenen Partei deutlich: Bereits Syme hat festgestellt, dass nur eine sehr geringe Zahl der Männer (ob nun homines novi oder Angehörige der alten Nobilität), die vor der Schlacht bei Actium das Konsulat innehatten, danach eine militärische Provinz befehligten – sei es als legatus Augusti oder als senatorischer Statthalter.228 Der princeps hielt sie offenbar bewusst von den bedeutenden militärischen Kommanden und den daraus resultierenden Möglichkeiten der Selbstdarstellung fern.229 Es erscheint somit möglich, dass Personen wie Herennius eben nicht zur ersten Reihe der Gefolgsleute Octavians gehörten, selbst wenn sie ihm ihren Aufstieg verdank221 Vgl. auch Raaflaub 2007a, 236. Kienast 2009, 317, Anm. 21 geht dagegen davon aus, dass „bis zum Jahr 23 v. Chr. […] Augustus als Consul über den Senat auch in den senatorischen Provinzen eine Prägung veranlassen“ konnte. Bezeichnenderweise verweist Kienast als Beleg auf Burnett, der jedoch gerade das Gegenteil behauptet. Es bleibt zudem festzuhalten, dass in jedem Fall der Senat an der Prägung in den senatorischen Provinzen beteiligt war – sei es in Person des Prokonsuls oder als Instanz, die der princeps als Konsul für diese Provinzen zu berücksichtigen hatte. Dass sich dies mit der Ausweitung des imperium proconsulare im Jahr 23 v. Chr. möglichweise änderte (vgl. Burnett 1977, 59), ist für die hier angestellten Überlegungen zum Pax-Cistophor ohne Belang. 222 So unter anderem Stumpf 1991, 86–88 und Magie 1950, 1580 (allerdings beide mit Fragezeichen). 223 Vgl. Szramkiewicz 1976, 517 sowie Atkinson 1958, 325. 224 Vgl. Szramkiewicz 1976, 517 und Atkinson 1958, 324 auf Grundlage einer Inschrift aus Ephesos (Syll.3 784). Magie 1950, 1580 datiert seine Statthalterschaft (allerdings ohne Angabe von Gründen) in die Jahre 33/32 v. Chr. 225 Vgl. Syme 2002, 92 sowie Wiseman 1971, 235, Nr. 205, der für das Prokonsulat allerdings noch die Datierung Magies übernimmt. 226 Vgl. Wiseman 1971, 242. 227 Vgl. dazu ebd., 349–368. Vgl. zudem Kienast 2009, 152, Eck 1995b sowie Sattler 1960, 14–57. 228 Vgl. Syme 2002, 328. 229 Hierzu S. 27 f.

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ten. Die wichtigen Positionen besetzte der princeps jedenfalls anderweitig. Und doch: Diese homines novi hatten als Lohn für ihre Dienste nicht deswegen den Eintritt in den Senat und die höheren Ämter erstrebt, um nun mitsamt dem Senat einfach beiseite geschoben zu werden. Mögen sie auch als einzelne weniger Macht und Gewicht besessen haben, zusammen mit den Resten der alten Nobilität bildeten sie eine politische Größe, mit der Augustus rechnen mußte.230

Wenn nun eine Persönlichkeit wie Herennius die Statthalterschaft der Provinz Asia erhielt, erscheint es ebenso plausibel, dass dieser die sich dadurch bietende Chance zu nutzen gedachte, indem er in innovativer Art und Weise einen Themenbereich aufgriff, der dem princeps erwiesenermaßen wichtig war. Auf diese Weise konnte er einerseits seine Loyalität zum Sieger der Bürgerkriege unter Beweis stellen und sich andererseits für weitere Aufgaben empfehlen, die ihm wiederum im Konkurrenzverhältnis zu seinen Standesgenossen zugutekamen. Natürlich muss die Motivation, die Herennius zur Ausprägung des Pax-Cistophors bewegte, letztlich Spekulation bleiben. Festhalten lässt sich jedoch, dass im Rahmen der Münzemission wiederum ein von den vorigen Fallbeispielen zu unterscheidender Urheberkontext vorliegt: Offiziell trat Octavian als Initiator nicht in Erscheinung, die Verantwortung lag beim senatorischen Prokonsul der Provinz und damit in einem Kontext, in dem der princeps nicht in dem Maße agierte und präsent war, wie dies in Rom selbst der Fall war. Angesichts der Freiheit, die Münzmeistern während der Republik auch in Rom selbst bei der Gestaltung der von ihnen zu verantwortenden Münztypen zukam231, scheint die Folgerung möglich, dass sich dies im Falle des Herennius ähnlich gestaltete und dieser letztlich für das spezifische Bildprogramm des Münztypus verantwortlich zeichnete. Wie genau sah dieses Bildprogramm nun aus? Der Cistophor greift beide Elemente der Formel parta victoriis pax auf – wobei natürlich kein Zweifel daran besteht, auf welchem Aspekt hier der Schwerpunkt liegt. Doch trotz aller Fokussierung auf den Frieden finden sich auch im Bildprogramm der Münze verschiedene Hinweise auf den militärischen Bereich: Zu nennen ist dabei der Lorbeerkranz, der sowohl im Portrait Octavians erscheint wie auch die Reversdarstellung der Friedensgöttin einrahmt und der selbstverständlich als Verweis auf den Triumph und die Rolle Octavians als Sieger gesehen werden konnte.232 Doch der Zusammenhang 230 Kienast 2009, 153; vgl. auch Wiseman 1971, 173–181. 231 Vgl. hierzu u. a. Meadows/Williams 2001, 37–49, Wolters 2003, 181–185, Wolters 1999a, 23–37 sowie zusammenfassend Crawford 1983, 59: „The reason, I think, is a combination of accident and human nature. The accident is that Rome, when it adopted the idea of coinage, was governed by an intensely competitive oligarchy. The Republican oligarchy entrusted the production of its coinage, as it was bound to do, to an annually changing magistracy; the rest followed.“ 232 Vgl. u. a. Rich/Williams 1999, 174. Dabei ist ebenfalls festzuhalten, dass sich die Bedeutung dieses Gestaltungselements keineswegs in einem Verweis auf Octavian als Sieger erschöpfte. Zum einen stellte der Lorbeerkranz eine Reminiszenz an die Tradition der Cistophorenprägung dar, waren Lorbeer- oder Efeukranz doch schon auf hellenistischen Münzen ein fester Bestandteil des Bildprogramms (vgl. Harl 1996, 99). Zudem konnte Mannsperger 1973 deutlich machen, dass der Lorbeerkranz als Symbol Apollos gedeutet werden konnte und damit möglicher-

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zwischen Frieden und Sieg wird weit deutlicher in der Darstellung der Pax selbst zum Ausdruck gebracht, die auf einem parazonium, also einem Militärdolch, steht. Auf dem Pax-Cistophor findet sich folglich eine spezifische Schwerpunktsetzung, die das Verhältnis von Sieg und Frieden ebenso eindeutig formuliert, wie dies beim Augustusforum der Fall sein würde – allerdings in genau entgegengesetzter Stoßrichtung: Der militärische Sieg bildet die Basis des Friedens. Diese Tatsache wird nicht geleugnet. Im Gegensatz zum Augustusforum erschöpft sich darin jedoch die Rolle des Sieges, der hier keineswegs zum Selbstzweck stilisiert wird. Der Fokus liegt auf dem Frieden als solchem, der Sieg erscheint buchstäblich nur als Beiwerk. Erklärbar wird diese Schwerpunktsetzung jedoch nur, wenn die beiden Kriterien der Sichtbarkeit und der Intensität herangezogen werden. Dabei stellt sich insbesondere die Frage nach dem Adressaten der Botschaft, die durch den Cistophor vermittelt werden sollte: Eine Fokussierung auf die Griechisch sprechende Einwohnerschaft Kleinasiens als Adressaten für die Botschaft des Cistophors erscheint vor dem Hintergrund der inhaltlichen Dimension des Bild- und Textprogramms eher unangebracht. Die Lösung für dieses Problem könnte eine Gruppe liefern, die in der Forschung zum Pax-Cistophor mitunter angeführt wurde233, ohne dass dieser Ansatz konsequent genug weiter verfolgt worden wäre: Schon während der Republik war in Kleinasien eine relativ große Anzahl an römischen bzw. italischen Bürgern vertreten, die entweder auf Zeit oder dauerhaft in Städten wie Ephesos, Pergamon oder weiter im Osten ihren Geschäften nachgingen.234 Als Belege hierfür können beispielsweise die Zahl von über 80.000 getöteten Römern und Italikern, die im Zusammenhang mit der Ephesischen Vesper 89/88 v. Chr. genannt wird, sowie die „zahlreich bezeugten conventus civium Romanorum bzw. die als sympoliteuomenoi Romaioi in den griechischen Poleis organisierten Bürger“235 angeführt werden. Bei diesen „Exilrömern“ handelte es sich in augusteischer Zeit entweder um Veteranen, die in neu gegründeten Kolonien angesiedelt wurden, oder um Finanziers und Geschäftsleute236, die in den poleis, in denen sie sich niedergelassen hat-

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weise auf die in der Zeit des Konflikts zwischen Octavian und Antonius oft angeführte Parallelisierung der beiden Triumvirn mit Apollo respektive Dionysos rekurrierte. Es soll an dieser Stelle nicht bezweifelt werden, dass der Lorbeerkranz im Rahmen des Bildprogramms des Pax-Cistophors mehrere Bedeutungsdimensionen umfassen konnte. Allerdings war er doch sicherlich stets auch als Siegessymbol präsent. Vgl. Sutherland 1970, 89 f. sowie Raaflaub 2007a, 237: „Aus Sicht der Ephesier und der ganzen Provinz, die unter dem harten Regime und den Requisitionen von Antoniusʼ Generälen gelitten hatten, war der Sieg Octavians sicher eine Befreiung. Die Münze sollte deshalb als Ausdruck der dankbaren Anerkennung dieses Befreiungsaktes interpretiert werden. […] Die Legende und das Bildprogramm richten sich gezielt nur an die Bevölkerung und namentlich die römischen Bürger der Provinz Asia (deshalb die Erwähnung des populus Romanus).“ Wie im Folgenden aufgezeigt werden soll, weist dieser Ansatz zwar bereits in die richtige Richtung, kann aber in entscheidenden Punkten noch weiterentwickelt werden. Grundlegend hierzu noch immer Hatzfeld 1919. Vgl. zudem u. a. MacMullen 2000, 1–29, Ferrary 2002, Sartre 1991, 268–270 sowie Millar 1993, 238 f. Halfmann 2007, 167. Vgl. Purcell 2005, 91 sowie Mitchell 1978. Zu den Kolonien speziell Levick 1967 und Bowersock 1965, 62–72.

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ten, oftmals Eingang in die lokale Elite fanden und daher eine bedeutende Rolle im Rahmen des Kontakts zwischen römischem Imperium und griechisch-hellenistischen Stadtstaaten einnahmen.237 Insbesondere die Geschäftsleute unter den römischen Bürgern in den Provinzen waren in finanzieller Hinsicht für den römischen Staatshaushalt von Bedeutung, mussten sie doch bestimmte Steuern und Abgaben entrichten oder traten selbst als Steuerpächter (publicani) auf.238 Auf der anderen Seite waren die Angehörigen der römischen Diaspora Teil eines breiten Patronagesystems, das bereits seit dem Beginn der römischen Herrschaft in Kleinasien bestand und sich auch unter Augustus fortsetzte. Sie konnten dabei aufgrund ihrer privilegierten Stellung die Rolle des Patrons gegenüber den griechischen Bürgern in ihren poleis einnehmen, waren zugleich jedoch oftmals Klienten eines Angehörigen der römischen Oberschicht.239 Nach und nach setzte sich Augustus an die Spitze dieses Patronagesystems: Who was whose patron mattered. Not only was the game of competition and rivalry within and between cities a source of considerable disorder, but the wealth disposed of by the Romans of the diaspora and their local relatives and allies gave them important advantages, which was only enhanced by the new implication of linkage with the supreme authority of Augustus. Augustus saw to it that he became the patrons’ patron, arbiter throughout the world of the law of persons.240

Die Bindung der römischen Diaspora an seine Person war folglich für den ersten princeps von Beginn an ein zentrales Anliegen, das zur Etablierung und Stabilisierung seiner Machtposition diente.241 In vielfältiger Art und Weise wurden die Mitglieder der römischen Diaspora in das neue Herrschaftssystem eingebunden, beispielsweise durch die schrittweise Etablierung des Herrscherkultes gerade in den östlichen Teilen des Imperiums.242 Die römischen und italischen Bürger in den Provinzen stellten für Octavian/Augustus folglich eine bedeutende Zielgruppe dar: „The Roman diaspora gave Augustus another stage, and his acting cemented the audience together.“243 Der Pax-Cistophor kann vor diesem Hintergrund als eine Möglichkeit verstanden werden, diese Gruppe der in Kleinasien ansässigen römischen Bürger und Geschäftsleute gezielt anzusprechen. 237 238 239 240

Vgl. Purcell 2005, 85 und Halfmann 2008, 298 sowie ders. 2007, 167. Vgl. Drexhage 2007, 31–36. Vgl. Purcell 2005, 100. Ebd. 101; vgl. auch Levick 1996, 647–658 sowie Crook 1996b, 115 f. Diese Dimension des augusteischen und späteren kaiserzeitlichen Patronagesystems unterschätzt Brunt 1988, 439, wenn er den Fokus seiner Untersuchung insbesondere auf die Patronageverhältnisse in der römischen und italischen Gesellschaft richtet und konstatiert: „Only in this metaphorical sense was the emperor the universal patron.“ 241 Vgl. Purcell 2005, insbesondere 101 f. und 104. 242 Zwar verehrten die römischen Bürger nicht Augustus direkt (dies blieb den hellenistischen lokalen Eliten vorbehalten und stellte eines der zentralen Mittel im Rahmen der Kommunikation dieser Eliten mit dem princeps dar; vgl. hierzu grundlegend Price 1984 und Kienast 2009, 244–260 sowie speziell auf Asia bezogen die Ausführungen bei Magie 1950, 446–452, Bowersock 1965, 112–121 und Marek 2010, 398–400), wohl aber Roma und den Divus Iulius (vgl. Purcell 2005, 102 sowie Price 1984, 88–90). 243 Purcell 2005, 104.

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Die spezifische Ausprägung der Formel parta victoriis pax richtete sich nach einem ebenso spezifischen Kontext: Der neue Machthaber wurde auf diese Weise einer zentralen Adressatengruppe gegenüber als Garant von Frieden, Sicherheit und Stabilität präsentiert. Dies konnte den Interessen Octavians nur entgegenkommen, der dies daher sicher wohlwollend zur Kenntnis nahm. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass es in diesem Kontext eben nicht Octavian selbst war, der sich so darstellte, sondern dass ein Angehöriger der senatorischen Elite den neuen Machthaber auf diese Weise portraitierte. Eine an die angestellten Überlegungen anschließende Frage kann folglich lauten, ob der Initiator – sei es nun Herennius oder ein anderer senatorischer Statthalter – im Rahmen des Aushandlungsprozesses zwischen Octavian und der senatorischen Elite möglicherweise Nutzen aus einer solchen Handlungsweise ziehen konnte. Tatsächlich lässt eine Betrachtung der übrigen Elemente des Bild- und Textprogramms des Cistophors möglicherweise den Schluss zu, dass der Münztypus vor dem Hintergrund einer Octavian entgegenkommenden Leitidee dafür genutzt werden konnte, bestimmte Erwartungshaltungen zu formulieren. Sie ließen sich aus der spezifischen Gewichtung ableiten, die innerhalb der Formel parta victoriis pax vorgenommen wurde. Von Interesse ist dabei, dass die Hervorhebung des Friedens im Rahmen des Bildprogramms auf dem Pax-Cistophor mit einem weiteren Schlagwort in Verbindung gebracht wird: der libertas. Unter Berufung auf die Titulatur Octavians auf diesem Münztypus wurde (wie bereits erwähnt) im Allgemeinen davon ausgegangen, dass es sich hier um eine Selbstbeschreibung des Siegers von Actium handele, die bereits die Regelungen des Jahres 27 v. Chr. vorwegnehme und sich in ein augusteisches Programm einordnen lasse, das sich bis in die Res Gestae fortsetze, wo es bereits zu Beginn heißt: rem publicam […] in libertatem vindicavi.244 An dieser Sichtweise ist zu Recht Kritik geübt worden.245 Die Wendung der Res Gestae, die sich spezifisch auf die Situation der späten 40er Jahre bezieht und sich, wie bereits dargelegt, im Wesentlichen dem Rückgriff auf Formulierungen Ciceros verdankt, kann nicht einfach als ein Regierungsprogramm des princeps gelesen werden, sondern muss vor ihrem spezifischen Kontext interpretiert werden. Sie lässt sich nicht ohne Weiteres auf die Ereignisse der Jahre 28/27 v. Chr. projizieren – zumal der einzige Beleg für die Charakterisierung Octavians als vindex libertatis im Zusammenhang mit dem Sieg über Antonius und der „Rückgabe“ der res publica gerade nicht aus den Res Gestae stammt, sondern durch die Legende des Pax-Cis-

244 R. Gest. div. Aug. 1,1. Vgl. Wickert 1954, 2080 f., Scheer 1971 und Mannsperger 1973, 399 f. sowie Bleicken 1962, 19, Anm. 1, der libertas als „das Stichwort [bezeichnet,] unter dem Augustus sein Werk verstanden wissen wollte.“ Vgl. auch Bleicken 2010, 298 f. Eine Übersicht über die entsprechende Literatur geben auch Stylow 1972, 136, Anm. 9 sowie Kienast 2009, 214, Anm. 37 und 38. Zur Verwendung des Terminus in den Res Gestae ausführlich Kap. IV 4.1. 245 Vgl. u. a. Kunkel 1969, Stylow 1972, 28 f. und die Anmerkungen von Cooley 2009, 108–111, die zwar die Äußerungen im Tatenbericht nicht überbewertet wissen will, die Titulatur des Pax-Cistophors jedoch gleichzeitig als eine Art „Selbstaussage“ ansieht.

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tophors geliefert wird.246 Vor dem Hintergrund der bis zu diesem Punkt angestellten Überlegungen lässt sich die Bezeichnung Octavians als vindex libertatis möglicherweise differenzierter interpretieren. In der Forschung ist immer wieder (gerade mit Verweis auf den Cistophor) die These aufgestellt worden, dass die libertas ein zentrales Element des augusteischen Herrschaftsprogramms gewesen sei.247 Dabei sind jedoch mehrere Dinge zu beachten: Zum einen lassen sich plausible Argumente dagegen anführen, dass Octavian bzw. Augustus während seiner Herrschaft die libertas besonders in den Fokus rückte.248 Wie hätte dies auch möglich sein sollen, konnte doch eine neue Form der libertas, die der Prinzipat möglicherweise für sich reklamieren konnte, mit der republikanischen Freiheitsidee schon allein aufgrund der geänderten Rahmenumstände, sprich der faktischen Existenz eines princeps, nur noch wenig gemein haben.249 Zum anderen kommt es wie so oft auch bei einer Analyse dieser Vorstellungsmuster auf die jeweiligen Akteure und ihre Perspektive an. Angesichts der Konjunktur, die der Begriff der libertas in der späten Republik erfuhr, könnte man unter Umständen den unzutreffenden Schluss ziehen, er habe keine festgelegte Bedeutung mehr gehabt und sei zu einer bloßen Parole im politischen Machtkampf geworden, die von jeder Partei nach Belieben zur Rechtfertigung ihrer Handlungen und Ziele eingesetzt werden konnte250: Als vindex libertatis wurden unter anderem der Republikgründer Brutus, Valerius und Horatius, die das Regime der decemviri beendeten, oder Servilius Ahala bezeichnet, der den Usurpator Spurius Maelius tötete. Das Schlagwort libertas bildete die Legitimationsgrundlage für die Gracchen genauso wie für ihre Mörder Scipio Nasica und Opimius, für Catilina ebenso wie für Cicero. 246 Einen kritischen Überblick über die entsprechenden Argumente der Forschung gibt Raaflaub 2007a, 233 f. Auf einen solchen Zusammenhang verweisen Rich/Williams 1999; dagegen Raaflaub 2007a, 236 f. Für eine eingehende Auseinandersetzung mit ihren Thesen s. u. Anm. 259 f. 247 Vgl. hierzu u. a. Galinsky 2006, der den Versuch unternimmt, die Erwähnungen der libertas im Werk Vergils mit den Konnotationen des Terminus im politischen und sozialen Diskurs der augusteischen Zeit zu verknüpfen. 248 So jüngst Raaflaub 2007a, 229–239 sowie 253 f., der die Argumente der Befürworter dieser These einer kritischen Überprüfung unterzieht und zu dem Ergebnis kommt, es gebe „in den Quellen keine Bestätigung für die von Syme, Bleicken und anderen vertretene Auffassung, daß libertas über den unmittelbaren Anfang von Octavians Karriere hinaus in dessen Selbstdarstellung oder gar Herrschaftsideologie eine wichtige Rolle gespielt hätte.“ (253) 249 So bereits Syme 2002, 506: „The defeat of the nobiles was spiritual as well as political. It was not merely that the Principate engrossed their power and their wealth: worse than that, it stole their saints and their catchwords. Despotism, enthroned at Rome, was arrayed in robes torn from the corpse of the Republic. Libertas, as has been sufficiently shown, may be appropriated by any faction and any government: it soon went the way of Pax and became Libertas Augusta.“ Raaflaub 2007a, 232 sieht in diesen Äußerungen Symes eine Bestätigung für die Ansicht, dass libertas im augusteischen Prinzipat eine zentrale Rolle gespielt habe, und lehnt sie daher ab. Sieht man in Symes Aussagen jedoch eine Formulierung der Tatsache, dass eine wie auch immer geartete libertas unter Augustus und seinen Nachfolgern grundsätzlich von früheren Konzepten unterschieden werden musste, ist ihnen durchaus zuzustimmen; vgl. auch Wirszubski 1950, 97–171, Stylow 1972, 30–34 sowie Bleicken 2010, 494 f. und Dahlheim 2010, 166–168. 250 Nachweise für eine solche Sichtweise insbesondere in der älteren Literatur liefert Raaflaub 1974, 156 m. Anm. 219.

V 4 Parta victoriis pax – Manifestationen einer paradigmatischen Wendung

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Cicero bezeichnete auch Milos Auseinandersetzungen mit Clodius als Kampf für die libertas, während letzterer wiederum das Exil Ciceros als Sieg der libertas feierte. Schließlich wurde die libertas zu einem Leitmotiv sowohl für Caesar wie auch für seine Gegner.251 Und auch für Octavian/Augustus gelte, wie Werner Dahlheim formuliert: „Rom begrüßte ihn als Befreier […], eine vertraute Formel, die nichts und alles besagte.“252 All den situativen Ausprägungen des libertas-Begriffs, die hier genannt werden, ist eines gemeinsam: Immer ist es die Befreiung von der Dominanz eines Einzelnen bzw. einer bestimmten factio, die im Mittelpunkt steht.253 Libertas war folglich gerade kein inhaltsleeres Konstrukt, sondern mit einer sehr spezifischen Konnotation verbunden.254 Allein aus diesem Grund konnte es schließlich für die Legitimierung politischer Machtansprüche attraktiv werden.255 Eine bloße Parole ohne tatsächliche Aussagekraft hätte kaum eine solche Wirkung entfalten können, wie es das Schlagwort der libertas tat.256 Für Augustus selbst erga251 Vgl. zur Verwendung des Begriffs in den politischen Auseinandersetzungen des 1. Jh. v. Chr. Arena 2012, 169–243. 252 Dahlheim 2010, 166. 253 Vgl. Arena 2012, 244–257, Gotter 1996, 169 f., Hellegouarc’h 1972, 548 sowie Brunt 1988, 349 f. und speziell auf Ciceros Konstruktion der libertas in seiner Schrift De officiis bezogen Arena 2007b. Galinsky 2006, 6–8 sieht in diesem Aspekt auch die Grundlage für ein augusteisches Konzept der libertas. 254 Ersichtlich wird dies beispielhaft aus einer Äußerung des Asinius Pollio, überliefert im ciceronischen Briefkorpus: „Wenn es also darauf hinausläuft, daß wieder alles in die Hand eines einzigen kommt, mag er sein, wer er will, dann bekenne ich mich als seinen Gegner, und es gibt keine Gefahr, der ich mich für die Freiheit entziehen oder versagen werde.“ (Cic. fam. 10,30,3: Ita, si id agitur, ut rursus in potestate omnia unius sint, quicumque is est, ei me profiteor inimicum, nec periculum est ullum, quod pro libertate aut refugiam aut deprecer.) Insbesondere diese Äußerung hat Pollio bereits in der Antike den Ruf des Republikaners eingebracht. Trotz dieses Bekenntnisses zur res publica libera unternahm er jedoch bezeichnenderweise bis in den Sommer 43 v. Chr. hinein keine konkreten Schritte zur Unterstützung der Senatspartei. Er hielt sich von den politischen Brennpunkten fern, bevor er schließlich im August doch auf Seiten der Caesarianer in die Auseinandersetzung eingriff (vgl. Gotter 1996, 140 f., Gelzer 1972 sowie Zecchini 1982, 1271–1277). Bosworth 1972, 452–462 argumentiert, dass Pollios scheinbare „devotion to the free state“ (452) in Wahrheit höchst ambivalent sei und dass die Freiheitsparole in diesem „peculiarily evasive letter“ (457) keineswegs gleichbedeutend sei mit einer absoluten Identifikation mit der Sache der Senatspartei: „Pollio’s activities in 43 B. C. are best interpreted as political opportunism.“ (461) 255 Zum semantischen Gehalt des libertas-Begriffs vgl. insbesondere Arena 2012, 45–168, Hellegouarc’h 1972, 542–559 und Fears 1981a, 869–875. Wenn Brunt 1988, 283 folglich schreibt: „Both conceptually and in practical application libertas meant different things to different people“, so trifft dies zweifellos zu (vgl. auch Galinsky 2006). Es muss jedoch betont werden, dass dies nicht gleichbedeutend damit ist, im Begriff der libertas ein sinnentleertes Konstrukt zu sehen, was ja auch Brunt selbst keineswegs tut (vgl. auch Arena 2007a, 50). Vielmehr kommt es, wie ein Vergleich zwischen der Verwendung des Begriffs durch Augustus selbst und im Bildproramm des Cistophors demonstrieren kann, auch hier auf eine Analyse des jeweiligen Kontextes an, in dem das Konzept der libertas zum Einsatz kommt. 256 So bereits Raaflaub 1974, 157: „Wieviel eine potentiell gewichtige Parole dann effektiv ausmachte, hing vom agitatorischen Geschick dessen, der sie vorbrachte, vor allem aber von der Situation ab, in der er sie vorbrachte.“

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ben sich gerade aus der eindeutigen Semantik des libertas-Begriffs natürlich gewisse Probleme – konnte er doch nach seinem Sieg bei Actium genau als einer dieser mächtigen Einzelnen dargestellt werden, gegen die es die libertas zu verteidigen galt. Nicht zufällig verwendet der princeps selbst – wie oben erwähnt – in seinen Res Gestae den heiklen Begriff nur ein einziges Mal und dies in einem sehr spezifischen Umfeld.257 Gerade im Kontext des Jahres 28 v. Chr., in dem der Pax-Cistophor geprägt wurde, lässt sich die Bezeichnung vindex libertatis vor diesem Hintergrund möglicherweise auch als eine Botschaft an Octavian lesen: Dieser hatte nach seinem Sieg über Antonius deutlich gemacht, wie die Machtverhältnisse sich gestalteten. Er hatte bewusst den Sieg und seine Rolle als Sieger in den Mittelpunkt gerückt und ihn als Basis seiner neuen Position im Staat dargestellt. Der Erfolg bei Actium hatte Octavian die vollkommene Kontrolle über den Militärapparat verschafft und ihn auf diese Weise zum faktischen Herrscher über das Imperium gemacht, was er auch unmissverständlich kommunizierte. Dem hatte die senatorische Elite nicht viel entgegenzusetzen. Die Hervorhebung der libertas auf dem Pax-Cistophor lässt sich daher möglicherweise als die Formulierung einer Erwartungshaltung an den neuen Machthaber verstehen: Was dem Betrachter hier entgegentrat, war nicht eine mögliche octavianische Konzeption von libertas, die Freiheit nur im Rahmen einer prinzipiell monarchischen Ordnung für möglich erachtete. Es war vielmehr ein Versuch, eine an Cicero orientierte Vorstellung von libertas in Erinnerung zu rufen, die vor allem die Konzentration der Macht in den Händen der politischen Klasse zum Gegenstand hatte.258 Ebenso wie den Frieden, so lautete der hier vertretene Anspruch, sollte der unbestrittene Sieg Octavians auch der senatorischen Aristokratie ihre libertas und mithin ihre traditionelle Position im politischen und vor allem sozialen Machtgefüge zurückgeben.259 Auf dieser Grundlage konnte man sich mit 257 Allein daraus eine Prominenz des Konzeptes der libertas im augusteischen Herrschaftsprogramm abzuleiten, wie es beispielsweise Galinsky 2006, 8 f. tut, geht folglich einen Schritt zu weit und berücksichtigt die Kontextgebundenheit des Terminus in den Situationen, in denen er verwendet wird, zu wenig. Raaflaub 2007a, 254 geht davon aus, dass eine solche Erwartungshaltung, wie sie im Cistophor zum Ausdruck komme, den Intentionen des princeps daher geradezu habe zuwiderlaufen müssen: „Jede Hervorhebung von libertas hätte Hoffnungen geweckt, die weit über das hinausgingen, was Augustus im Interesse sowohl des Staates wie auch seiner eigenen Person zu tolerieren bereit war.“ Die Existenz des Cistophors demonstriert, dass in der Zeit des Übergangs genau solche Hoffnungen zum Ausdruck gebracht werden konnten. Es spricht für sich, dass solche Erwartungshaltungen offenbar nicht mehr formuliert wurden, sobald Augustus seine Vormachtstellung etabliert hatte. 258 Vgl. u. a. Arena 2007b, 44 f., Syme 2002, 155 sowie Brunt 1988, 321–330, Hellegouarc’h 1972, 543 und Wirszubski 1950, besonders 40–44 und 87–91, die jedoch allesamt nicht auf den möglichen Zusammenhang mit dem Pax-Cistophor eingehen. 259 Rich/Williams 1999, insbesondere 184–188 sehen im Bildprogramm des Cistophors einen Rekurs auf die Ereignisse, die im Jahr 28 in Rom stattfanden, als Octavian u. a. diejenigen Handlungen und Gesetze des Triumvirats für ungültig erklärte, die als unrechtmäßig angesehen werden konnten (vgl. auch Rich 2013, 103 f. sowie dalla Rosa 2015b). Als Beweis dafür führen sie an, dass der Cistophor in Ephesos parallel zu einem Aureus ausgeprägt wurde, der auf dem Revers die Legende LEGES ET IVRA RESTITVIT trägt (175 f.). Rich/Williams lehnen eine

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der Stellung des Siegers arrangieren – wäre sie doch auf diese Weise nicht nur für ihn, sondern für die senatorische Elite selbst von Nutzen. Anstelle einer Selbstaussage Octavians symbolisiert der Pax-Cistophor somit eher eine senatorische Perspektive auf die Ereignisse rund um den Sieg bei Actium in einer entscheidenden Phase der Konstituierung einer neuen staatlichen Ordnung, in der sowohl der künftige princeps wie auch die senatorische Elite ihre Rolle neu zu formulieren und ihre Ansprüche abzustecken hatten. Ebenso wie in der Form der Ehrung durch die Ara Pacis oder die Verleihung des Titels pater patriae in Rom wurden auf diese Weise mittels einer spezifischen Schwerpunktsetzung innerhalb der Formel parta victoriis pax gewisse Erwartungen formuliert, die an die Rolle des künftigen princeps herangetragen werden konnten – ohne dass dabei die realen Machtverhältnisse hinterfragt worden wären. Dabei war der Pax-Cistophor noch weit mehr als die anderen hier untersuchten Fallbeispiele mit dem Kontext der Bürgerkriege verbunden. Das Ende der innerrömischen Auseinandersetzungen bildete unzweifelhaft den Hintergrund für die hier vorliegende spezifische Verbindung der Aspekte des Sieges und des Friedens. Gerade aus diesem Grund ist der Cistophor für die Analyse der Formel parta victoriis pax und ihrer unterschiedlichen Ausprägungen von Interesse: Von zentraler Bedeutung war laut Aussage des Bildprogramms der Frieden im Innern des Reiches, den der Sieg Octavians gewährleisten sollte.260 Die Kräfte des Einflussnahme auf der provinzialen Ebene ab (186: „[…] this is not the most likely explanation.“) und implizieren damit, dass das Bildprogramm des Cistophors auf einer offiziellen Maßgabe aus Rom basierte und sich hauptsächlich an römische Bürger gerichtet habe: Sie führen die Gestaltung des Münztypus auf einen Senatsbeschluss zurück, der Octavian für die Rücknahme der Triumviratsbestimmungen geehrt habe und in dem Octavian als vindex libertatis bezeichnet worden sein müsse (187). Raaflaub 2007a, 236 f. hat demgegenüber zu Recht darauf hingewiesen, dass ein solches angenommenes Senatsdekret von Octavian bzw. Augustus bei keiner anderen Gelegenheit aufgegriffen worden wäre, was angesichts der Hervorhebung solcher Ehrungen insbesondere in den Res Gestae einigermaßen verwunderlich sei. Dies decke sich mit dem Befund, dass Augustus das Schlagwort der libertas generell nicht besonders in den Fokus gerückt habe. Angesichts der hier angestellten Überlegungen muss die These von Rich/Williams tatsächlich kritisch hinterfragt werden: Prinzipiell ist eine solche Sichtweise natürlich plausibel und es ist durchaus möglich, dass der Cistophor in Verbindung mit dem Aureus auf die Handlungen Octavians Bezug nahm (vgl. hierzu auch Börm/Havener 2012, 206–208). Dies ist jedoch nicht gleichbedeutend damit, dass zwingend eine direkt mit Octavian in Verbindung stehende offizielle Maßgabe für die Gestaltung des Bildprogramms erfolgt sein muss. Wahrscheinlicher dürfte sein, dass auf der Provinzebene und namentlich vom für die Münzprägung verantwortlichen Statthalter bestimmte Aspekte aufgegriffen, bearbeitet und mit einer spezifischen Konnotation versehen wurden: Die Charakterisierung Octavians als vindex libertatis ist eine Weiterentwicklung, die sich aus den im Dekret des Jahres 28 v. Chr. angelegten Botschaften ergeben konnte. Aber sie ist nicht notwendigerweise eine offizielle Aussage Octavians oder eines ansonsten nicht nachzuweisenden Senatsdekrets (vgl. auch die kritische Auseinandersetzung mit den Thesen von Rich/Williams bei Mantovani 2008, der jedoch andere Schwerpunkte als die hier behandelten setzt). 260 In dieselbe Richtung weist auch der von Rich/Williams 1999 untersuchte Aureus (vgl. auch die ergänzenden Ausführungen von Rich 2013, 89–95). Eine Verbindung beider Münztypen erscheint daher durchaus plausibel, ohne dass man in den Bild- und Textprogrammen zwingend eine unmittelbar vom princeps ausgehende Botschaft sehen muss. Auf diese Weise lässt sich auch ein Problem lösen, das Rich 2013, 95–100 erneut aufgreift, nämlich mögliche Parallelen

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

römischen Staates konnten unter diesen Voraussetzungen wieder auf andere Aufgaben ausgerichtet werden. Mit seiner Betonung des inneren Friedens und der an Augustus gerichteten Erwartungshaltung steht der Cistophor somit gleichsam am Beginn des hier beschriebenen Kommunikationsprozesses, indem er einen anschlussfähigen Weg für die weitere Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex „Krieg und Frieden“ aufzeigte, der seinen Niederschlag auch in den anderen hier untersuchten Fallbeispielen fand. V 5 FAZIT – DIE FORMEL PARTA VICTORIIS PAX ALS ERGEBNIS EINES KOMMUNIKATIVEN PROZESSES Wie in den vorangegangenen Abschnitten aufgezeigt wurde, tritt die Formel parta victoriis pax in verschiedenster Ausprägung an zahlreichen zentralen Punkten augusteischer Herrschaftsrepräsentation und ihrer Rezeption durch die senatorische Elite prominent in Erscheinung. Sie stellt in ihrer endgültigen Form, die sie in den Res Gestae des ersten princeps annimmt, die sprachliche Ausformung des in einem umfassenden und permanenten kommunikativen Prozess ausgehandelten Kompromisses zwischen Augustus und der senatorischen Elite über einen bedeutenden Aspekt der Stellung des neuen Machthabers in der politischen und sozialen Ordnung des römischen Reiches dar. Die Formel brachte den grundlegenden Zusammenhang von Krieg, Sieg und Frieden prägnant zum Ausdruck, während sie zugleich einen flexiblen Rahmen zur Verfügung stellte, innerhalb dessen spezifische inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden konnten. In den Res Gestae wurden die Konzepte des Friedens und der Befriedung voneinander unterschieden und einander gegenübergestellt. Bezog sich der Frieden v. a. auf die Bürgerkriege, so beschrieb die Befriedung den adäquaten Umgang mit externen Gegnern. Frieden bezog sich somit in der Konstruktion des Tatenberichts auf den innerrömischen Bereich: Durch den einen notwendigen und endgültigen Sieg hatte Octavian dem römischen Volk permanente Ruhe und Sicherheit gebracht. Einen erneuten Kampf von Römern gegen Römer und damit auch einen erneuten Sieg im Bürgerkrieg konnte es vor diesem Hintergrund nicht geben. Im Kampf gegen externe Feinde zeichnete sich der princeps demgegenüber gerade durch die ständige Aktualisierung seiner militärischen Sieghaftigkeit aus: Zahlreiche Völker wurden unterworfen, das Gebiet des römischen Einflussbereiches erweitert, Augustus wurde zum Agenten und zum Bezugspunkt der Außen- und Militärpolitik. Es galt folglich das Prinzip: Im Innern des Reiches Frieden, dagegen siegreicher Kampf zwischen besagtem Aureus und einem Typen der IMP-CAES-Serie, der Octavian in ähnlicher Pose zeigt – allerdings nicht mit einer Schriftrolle, sondern mit einer Victoria-Statuette in der ausgestreckten Hand (RIC I2 270). Auch der Aureus würde dann eine Aussage, die Octavian weit unmittelbarer zuzuordnen ist, aufgreifen und mit einer neuen Konnotation versehen, die den Intentionen des neuen Machthabers nicht zuwiderlaufen, dabei jedoch im Rahmen der Formel parta victoriis pax und im Kontext des Sieges im Bürgerkrieg zugleich einen anderen Schwerpunkt setzen würde.

V 5 Fazit – Die Formel parta victoriis pax als Ergebnis eines kommunikativen Prozesses 249

gegen die Feinde an den Grenzen und Eroberung neuer Gebiete, die künftig der Herrschaft des römischen Volkes unterstehen würden. Auf diese Weise wurden in den Res Gestae die beiden zentralen Rollen des Friedensbringers sowie des militärischen Siegers und Feldherrn aufgegriffen und miteinander in Verbindung gebracht. Diese beiden Rollen stellten nach dem Ende der Bürgerkriege zentrale Bezugspunkte des Diskurses über die Stellung des neuen Machthabers im politischen System dar, der sich in zahlreichen Medien manifestierte. Die Untersuchung der vier hier vorgestellten Fallbeispiele hat demonstriert, dass die Darstellung des Augustus im Rahmen der Monumente bzw. der Münzprägung stets mehr oder weniger explizit auf das genaue Verhältnis dieser beiden Rollen fokussierte. Dabei kam ein Prinzip zur Geltung, das Ralf von den Hoff mit Blick auf den Komplex der Herrscherbildnisse zur Zeit des Prinzipats folgendermaßen beschrieben hat: Es zeigt sich […], dass von einem konsistenten, normative Gültigkeit beanspruchenden Kaiserbild im visuellen Kommunikationssystem des frühen Prinzipats keine Rede sein kann. Vielmehr bestand die Leistungsfähigkeit des Systems darin, flexibel Bedürfnisse im Hinblick auf das Image des Kaisers und stifterliche Loyalitätsdemonstrationen zu ermöglichen. Weder war das Kriterium der Öffentlichkeit entscheidend für die Wahl der Darstellungsformen, noch war eine Hierarchie der vorbildlichen Rolle(n) der Kaiser – trotz der öffentlichen Dominanz der Rolle des civilis princeps – festgelegt. Vielmehr bedurften die Leitrollen des Princeps orts-, zeit- und kontextbezogen der Aushandlung in der direkten und indirekten Kommunikation zwischen Bürgern und Herrschern und der Bürger untereinander.261

Gerade für den in diesem Kapitel untersuchten Diskurs lassen sich zum einen die Gültigkeit dieses Prinzips und zum anderen seine Funktionalität exemplarisch aufzeigen: Tatsächlich ist eine Hierarchisierung der beiden Rollen des Friedensbringers und des Siegers a priori nicht zu erkennen. Sie bildeten lediglich das konstante Grundinventar, das für die Beschreibung der Stellung des princeps zur Verfügung stand. Eine Gewichtung der beiden in der Formel parta victoriis pax zusammengefassten Rollen konnte immer wieder von Neuem vorgenommen werden und richtete sich dabei stets nach dem Kontext, in dem sie vorgenommen wurde. Für die konkrete Umsetzung waren dabei insbesondere die Faktoren der Urheberschaft, der Sichtbarkeit (oder Öffentlichkeit) und der Intensität bzw. Unmittelbarkeit ausschlaggebend. Die jeweils spezifische Kombination dieser drei Faktoren ermöglichte eine ebenso spezifische Ausgestaltung der prinzipiell neutralen Formel, die unterschiedlichen Motivationen oder Zielsetzungen Rechnung tragen konnte. So ist beispielsweise für Ehrungen, die die res publica als ganze dem princeps zukommen ließ, eine deutliche Tendenz zu erkennen, diesen als zivilen Magistraten darzustellen.262 Im Bildprogramm der Ara Pacis, der Verleihung des Titels pater patriae oder der Charakterisierung Octavians als vindex libertatis auf dem Pax-Cistophor ist eine solche Tendenz zweifellos nachweisbar. Dies bedeutete jedoch keineswegs, dass der militärische Aspekt in diesen Zusammenhängen ohne Bedeutung gewesen wäre. In jedem der hier untersuchten Fälle wurde die Rolle des Siegers 261 Von den Hoff 2011, 42 f. 262 Vgl. ebd., 41.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik

und Feldherrn durch Verweise in den Zusammenhang eingebracht. Die militärische Sphäre war sowohl in der Darstellung des Drusus auf der Ara Pacis, in der ambivalenten Semantik des pater patriae-Titels wie auch im Bildprogramm des Cistophors präsent. Worauf es ankam, war die spezifische Schwerpunktsetzung im jeweiligen Kontext. Die Gemma Augustea sowie das Augustusforum als Gesamtkomplex mit der Quadriga im Zentrum demonstrieren, dass die Gewichtung zwischen den beiden Rollen auch in umgekehrter Weise vorgenommen werden konnte. Auch hier war der jeweilige Kontext ausschlaggebend: Während der Kameo wohl vor allem als Ausdruck der Loyalität seines Stifters gegenüber dem princeps anzusehen ist263, trat Augustus beim Bau und der Ausgestaltung seines Forums explizit selbst als Urheber und Stifter auf. In beiden Fällen liegt eindeutig eine Überhöhung der Rolle des Siegers vor. Zugleich lassen sich zwischen beiden Fallbeispielen bestimmte Unterschiede feststellen, die ebenfalls dem jeweiligen Kontext geschuldet waren: Eine Tendenz zur Vergöttlichung des princeps, wie sie in der Gemma Augustea zutage tritt, ist beim Augustusforum nicht vorhanden. Vielmehr wurde dort durch die Quadriga und den auf ihr verzeichneten Titel pater patriae die Rolle des Friedensbringers und zivilen Magistraten weit mehr einbezogen. Es bleibt somit festzuhalten: Die Formel parta victoriis pax vereinte diese beiden möglichen Perspektiven auf die Position des Augustus im Staat in einer prägnanten Weise. Sie ließ genug Spielraum zur Schwerpunktsetzung durch die Verlagerung der Hierarchien zwischen den beiden Elementen. Sie stellt damit nicht wie in der Forschung vielfach angenommen eine augusteische Handlungsmaxime dar, sondern das Ergebnis eines Aushandlungsprozesses: Durch den Verweis auf die Formel parta victoriis pax konnte Loyalität bekundet werden, konnten bestimmte Erwartungshaltungen vom princeps und an den princeps formuliert werden und sowohl die Machtposition des Augustus wie auch die Stellung der senatorischen Elite einer breiten Öffentlichkeit in der Hauptstadt und den Provinzen prägnant vor Augen geführt werden. Die Vorstellung von Augustus als dem Friedenskaiser par excellence muss folglich differenziert, wenn nicht gar revidiert werden. Die militärische persona des Kaisers blieb zentraler Bestandteil des vielschichtigen Diskurses über seine Rolle im Staat und wurde keineswegs durch eine universale Friedensideologie überlagert. Eindrücklich belegt dies einer der wohl bekanntesten Texte der augusteischen Zeit264: das Carmen Saeculare, das Horaz im Jahr 17 n. Chr. aus Anlass der Säku263 Vgl. ebd.: „Es sieht damit so aus, als sei die stark metaphorisch-überhöhende Ehrung des Kaisers und die Hervorhebung seiner militärischen Macht unter Augustus und Tiberius besonders da üblich gewesen, wo mit dem Kaiser sozial gleichrangige oder ihm de iure loyale Partner kommunizierten, die für seine Position äußerst relevante und gegebenenfalls auch kritische Machtfaktoren waren: im kaisernahen Bereich am Hof und im Heer. Die Stifter bezeugten ihre Loyalität dort mit besonderem Aufwand.“ 264 Erich Gruen hat eine ganze Reihe von Beispielen angeführt, die zeigen, dass insbesondere Horaz und Vergil Augustus als siegreichen Feldherrn, als Eroberer und als Garanten römischer Weltherrschaft beschreiben; vgl. Gruen 1985, 55–59 sowie Rich 2003, 335–338. Das Thema „Krieg und Frieden“ wurde von nahezu allen Literaten des augusteischen Zeitalters aufgegrif-

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larspiele dichtete und das den Höhepunkt dieser Feierlichkeiten darstellte. Dort heißt es: „[…] schon Treue und Friede und Ehre und Scham / wie in alter Zeit und auch die verschmähte Tugend wiederzukehren / wagen, und es erscheint segensreich mit vollem / Füllhorn der Reichtum.“265 Der Dichter feiert in diesen Versen die Rückkehr der alten Qualitäten, die den Römern in den Jahrzehnten zuvor verlorengegangen waren. Nun breche jedoch ein neues Zeitalter der Sicherheit und des Wohlstands an, garantiert durch die Herrschaft des Augustus. Erich Gruen hat zu Recht darauf hingewiesen, dass Pax in diesem Text prominent in Erscheinung trete. Dies geschehe jedoch erst, nachdem Horaz unmittelbar davor ein Loblied auf die Macht und Stärke Roms gesungen habe, die sich in militärischer Sieghaftigkeit manifestiere. Und tatsächlich gehen der Verherrlichung des neuen Zeitalters folgende Verse voraus: Und was erfleht von euch mit weißer Rinder Weihung / des Anchises und der Venus edler Sproß, / mög er’s erlangen, dem Gegner übermächtig, dem überwundenen / Feinde mild: / Schon zu Meer und zu Land unsere mächtigen Scharen / der Meder fürchtet und auch die Beile von Alba; / schon bitten die Skythen um Antwort, die stolzen / Inder nun auch […].266

Parta victoriis pax – eine eindrücklichere Ausformulierung dieser Formel als die des Horaz ist nur schwer vorstellbar. Der Dichter nahm dabei offenbar Bezug auf die Kulthandlungen, die Augustus und Agrippa am dritten Tag des Festes vorgenommen hatten. Das inschriftlich erhaltene Protokoll überliefert das Gebet der beiden: fen und bearbeitet. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen, soll auf eine Auseinandersetzung mit dieser literarischen Dimension des Themas „Krieg und Frieden“ verzichtet werden (vgl. zur politischen Dimension römischer Literatur im Allgemeinen die Beiträge in Dominik 2009a, den Überblicksartikel Little 1982 sowie die entsprechenden Abschnitte bei Kienast 2009, 261–307; zudem s. o. S. 52–55). Festhalten lässt sich jedoch in Anlehnung an die Ausführungen Gruens, dass Dichter wie Vergil, Horaz oder Properz dabei auf hier bereits angeführte Schwerpunktsetzungen im Umgang mit der Formel parta victoriis pax zurückgriffen, ohne dabei unbedingt einer bestimmten Position oder Ausprägung den Vorzug zu geben. Eine in der Forschung immer wieder angeführte Prämisse, wonach Augustus in den literarischen Quellen hauptsächlich als Friedenskaiser charakterisiert werde, ist daher zu korrigieren. Die Aeneis, die Georgica und die Oden des Horaz thematisieren den Zusammenhang von Krieg, Sieg und Frieden und heben die virtus des römischen Volkes und die des Augustus im Besonderen hervor, während zugleich die Beschreibung des Goldenen Zeitalters eine zentrale Metapher in diesen Texten darstellt. Ein Widerspruch ergab sich dabei offenbar weder für die Dichter selbst noch für ihr Publikum (anders Mäckel 2002, 301). Es ist folglich auch nicht zwingend notwendig, die virtus gegenüber der pax zu privilegieren, wie es Gruen versucht, wenn er die Texte der Dichter mit den Res Gestae in Verbindung bringt (Gruen 1985, 54). Eine solche Hierarchisierung in die literarischen Quellen hineinzuinterpretieren, wird der genuinen Leistung der Dichter nur bedingt gerecht, da eine solche Hierarchie gar nicht notwendigerweise vorhanden sein musste. In den Versen des Horaz sind zahlreiche Perspektiven und Interpretationen der Formel parta victoriis pax zu erkennen und treten hier gleichrangig nebeneinander. 265 Hor. carm. saec. 57–60: iam Fides et Pax et Honos Pudorque / priscus et neglecta redire Virtus / audet adparetque beata pleno / Copia cornu. 266 Hor. carm. saec. 49–56: Quaeque vos bobus veneratur albis / clarus Anchisae Venerisque sanguis, / impetret, bellante prior, iacentem / lenis in hostem. / iam mari terraque manus potentis / Medus Albanasque timet securis, / iam Scythae responsa petunt, superbi / nuper et Indi.

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V. Parta victoriis pax – „Grundbegriff“ augusteischer Herrschaftssemantik Apollo, wie es für Dich in den Sibyllinischen Büchern geschrieben steht: damit alles dem römischen Volk, den Quiriten, zu größerem Heil gedeihe, soll Dir ein Opfer von jeweils neun Kuchen dargebracht werden. Ich bitte und flehe Dich an: Mehre die Herrschaft und Hoheit des römischen Volkes, der Quiriten, in Krieg und Frieden und beschirme immer den Stamm der Latiner, gib dem römischen Volk, den Quiriten, auf Dauer Unversehrtheit, Sieghaftigkeit und Gesundheit, gewähre dem römischen Volk, den Quiriten, und den Legionen des römischen Volkes, der Quiriten, Deine Gunst und bewahre den Staat des römischen Volkes, der Quiriten, unversehrt, sei wohlgeneigt dem römischen Volk, den Quiriten, dem Kollegium der Fünfzehnmänner, mir, meinem Haus und meiner Familie. Nimm dieses Kuchenopfer gnädig an. Deshalb sei geehrt durch das Opfer der Kuchen der ersten Art und sei wohlgeneigt dem römischen Volk der Quiriten, dem Kollegium der Fünfzehnmänner, mir, meinem Hause und meiner Familie.267

Herrschaft und Hoheit, Krieg und Frieden, Unversehrtheit, Sieghaftigkeit und Gesundheit, göttliche Gunst für die Legionen des römischen Volkes, Gnade für Rom, Augustus und seine Familie – wie durch ein Brennglas wird der Fokus auf die zentralen Begriffe des in diesem Kapitel analysierten Diskurses gerichtet. Was bleibt, ist schließlich auch hier die alle diese Begriffe umfassende Wendung parta victoriis pax.

267 Vgl. CIL VI 32323. Die Übersetzung folgt Bringmann/Schäfer 2002, 276 f. Sie weisen darauf hin, dass der genaue Text des Gebets nur für den ersten Tag überliefert ist. Allerdings gehe aus dem Protokoll hervor, dass der Wortlaut auch an den übrigen Tagen gleich geblieben sei und man lediglich die Götternamen ausgetauscht habe.

VI. SIEGER OHNE KRIEG – DIE PRÄSENTATION DES „PARTHERSIEGS“ Als am Ende der Aeneis der entscheidende Zweikampf zwischen dem Helden und seinem Widersacher Turnus stattfindet, unterstützt Göttervater Jupiter seinen Schützling Aeneas mit einer seiner gefährlichsten Waffen – der Rachegöttin. Bezeichnend ist die Art und Weise, in der Vergil sie beschreibt: Ebenso gleitet, geschnellt von der Sehne, ein Pfeil durch die Wolken, / den ein Parther oder Kydone mit tödlichem Gifte / tränkte, bevor er ihn abschoß zum Schlagen unheilbarer Wunden; / schwirrend durchsaust er, von keinem gesehen, die flüchtigen Schatten: / derartig flog die Tochter der Nacht und erreichte die Erde.1

Die Macht des Bösen wird in diesen Versen gleichgesetzt mit einer Waffe, deren verheerende Wirkung römische Soldaten nur wenige Jahrzehnte zuvor zu spüren bekommen hatten: Im Jahr 53 v. Chr. hatte ein Heer unter Führung des Triumvirn M. Licinius Crassus auf der Ebene von Carrhae eine verheerende Niederlage gegen die Parther erlitten. Tausende waren gestorben oder von den Siegern als Gefangene ins Kernland ihres Reiches verschleppt worden. Mindestens ebenso traumatisch wie die tatsächlichen Verluste wog die symbolische Dimension der Niederlage: Die Feldzeichen mehrerer Legionen waren dem Gegner in die Hände gefallen. Die Dichter der augusteischen Zeit waren sich einig: Diese Scharte musste ausgewetzt werden.2 Die Parole „Rache für Carrhae“ fand auf vielerlei Weise Eingang in die Werke der Literaten: So berichtet beispielsweise Vergil in der Aeneis über die Öffnung und Schließung des Janus-Tempels, dies sei eine althergebrachte Sitte, wenn man Krieg führe und von den Parthern die signa des Crassus zurückfordere.3 Properz ruft explizit dazu auf, die signa des Crassus mit Waffengewalt zurückzuholen.4 Und Horaz bezeichnet in der fünften Römerode die Gefangenschaft der Soldaten des Crassus als Schande für den Staat.5 An anderer Stelle verurteilt er den Bürgerkrieg und ruft seine Landsleute stattdessen dazu auf, ihre Schwerter lieber gegen 1 2 3

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Verg. Aen. 12,856–860: non secus ac nervo per nubem impulsa sagitta, / armatam saevi Parthus quam felle veneni, / Parthus sive Cydon, telum immedicabile, torsit, / stridens et celeris incognita transilit umbras: / talis se sata Nocte tulit terrasque petivit. Vgl. hierzu ausführlich Wissemann 1982 sowie Lerouge 2007, 99–101. Verg. Aen. 7,601–606: Mos erat Hesperio in Latio, quem protinus urbes / Albanae coluere sacrum, nunc maxima rerum / Roma coluit, cum prima mouent in proelia Martem / siue Getis inferre manu lacrimabile bellum / Hyrcanisque Arabisque parant, seu tendere ad Indos / Auroramque sequi Parthosque reposcere signa […]. Wissemann 1982, 36 plädiert dafür, dass es sich hier um einen expliziten Verweis auf Planungen für einen militärischen Feldzug handelt, dessen Motiv eben nicht nur die Rückgabe der signa war, sondern vor allem die Eroberung des mit den Parthern gleichgesetzten Orients. Prop. 3,5,47 f.: vos, quibus arma / grata magis, Crassi signa referte domum! Hor. carm. 3,5,2–12: praesens divus habebitur / Augustus adiectis Britannis / imperio gravibusque Persis. / milesne Crassi coniuge barbara / turpis maritus vixit et hostium / – pro curia

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VI. Sieger ohne Krieg – Die Präsentation des „Parthersiegs“

„die wilden Perser“ zu richten.6 Die Erwartungshaltung war somit klar formuliert: Man forderte nicht weniger als ein umfassendes aggressives und (wie bei Properz ersichtlich ist) vor allem militärisches Vorgehen gegen den Gegner, an dessen Ende nicht nur die Rückgewinnung der signa stehen sollte, sondern eine Unterwerfung des Partherreiches.7 Dabei hatte Horaz auch gleich den Namen desjenigen genannt, an den diese Forderungen zwangsläufig herangetragen wurden: Augustus. Schließlich mussten die Hoffnungen, die man in den princeps setzte, durchaus berechtigt erscheinen: Hatte man ihm nicht die Kontrolle über die gefährdeten Provinzen des Reiches, darunter auch das an das Partherreich angrenzende Syrien, übertragen, weil er als Garant römischen Erfolgs galt?8 Und hatte er sich nicht immer wieder als Sieger par excellence in Szene gesetzt? Tatsächlich stellte, wie in den vorangegangenen Kapiteln bereits mehrfach aufgezeigt wurde, die Sieghaftigkeit eine zentrale Komponente der militärischen persona des Augustus dar. Eine solche Betonung der Rolle des erfolgreichen Feldherrn setzte Octavian bzw. Augustus in gewisser Weise unter Zugzwang: Den Worten mussten Taten folgen. Gerade die 30er- und 20er-Jahre waren geprägt von Versuchen, sich auf diesem Feld zu bewähren, ohne dabei den mit großen Folgekosten versehenen Umweg des Bürgerkriegs permanent in den Vordergrund rücken zu müssen.9 Beleg hierfür sind der Beginn der Offensive in den Alpenregionen10 oder die umfassenden Unternehmungen im Balkanraum11. Demonstrativ hatte sich Octavian im Krieg gegen die Stämme des Illyricum persönlich in Gefahr begeben und war zweimal verwundet worden.12 Die zweite Hälfte der 20er-Jahre stand ganz im Zeichen des Krieges gegen die spa-

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inversique mores! – / consenuit socerorum in armis, / sub rege Medo Marsus et Apulus, / anciliorum et nominis et togae / oblitus aeternaeque Vestae, / incolumi Iove et urbe Roma? Hor. carm. 1,2,21–24: audiet civis acuisse ferrum / quo graves Persae melius perirent, / audiet pugnas vitio parentum / rara iuventus. Die politische Dimension, die dem Parthermotiv in der augusteischen Dichtung zukam, unterstreicht auch Wissemann 1982, 132–137. Wenn er jedoch postuliert, dass „die Forderungen nach einem Partherkrieg in dieser Zeit als eine Entsprechung der Politik des Princeps zu erkennen“ seien (135), so muss man – wie aus den folgenden Ausführungen hervorgehen wird – die Frage nach Ursache und Wirkung stellen; vgl. zudem Spannagel 1999, 229 f. sowie Campbell 1993, 225–227 und Wiesehöfer 2010, 187. Kienast 2009, 333 nimmt an, dass eine solche Verpflichtung, die sich – neben allen damit verbundenen Vorteilen wie beispielsweise der nahezu ausschließlichen Kontrolle des Militärapparats – für den princeps durch die Übertragung des imperium proconsulare und die Aufteilung der Provinzen ergab, tatsächlich bestand. In dieselbe Richtung weisen auch die Überlegungen John Richs, der die Verpflichtung zur Pazifizierung der Provinzen, die mit den Regelungen von 27 v. Chr. verbunden war, als Schlüssel zum Verständnis der augusteischen Außenpolitik ansieht (vgl. Rich 2003). Vgl. hierzu u. a. Kienast 2009, 350–353 sowie Bringmann 2007, 87–89. Vgl. hierzu u. a. Kienast 2009, 355–360. Vgl. Schmitthenner 1958, der zusammenfassend konstatiert: „Die kriegerischen Bewegungen hängen ab von der Auseinandersetzung der Triumvirn und der stadtrömischen Politik. Vor allem in ihrem militärpolitischen Aspekt erweisen sie sich als Funktion der Anstrengung Octavians, alle Kräfte auf die Behauptung der Macht zu sammeln.“ (233) Vgl. App. Ill. 20 und 27 sowie Suet. Aug. 20,1.

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nischen Kantabrer, der auf verschiedenste Weise ebenfalls prominent in Szene gesetzt wurde.13 Was also – so fragt man sich auf den ersten Blick – hätte für den princeps näher liegen können, als einen großen Feldzug gegen den Feind an der östlichen Reichsgrenze zu führen? Denn schließlich hätte er dadurch zum einen die an ihn herangetragenen Erwartungshaltungen der römischen Öffentlichkeit erfüllen und zum anderen das Bild des ultimativen Siegers weiter kultivieren können, das für seine Selbstdarstellung und Konzeption der eigenen militärischen persona von so großer Bedeutung war. Ein differenzierter Blick auf die Art und Weise, wie Augustus mit dem Thema des Parthersiegs und der „Rache für Carrhae“ umging, ergibt jedoch ein komplexeres Bild. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, mit welchen Herausforderungen sich der princeps in dieser Hinsicht konfrontiert sah und welche Strategien er anwandte, um diesen gerecht zu werden. VI 1 ENTTÄUSCHTE ERWARTUNGEN? – AUGUSTEISCHE PARTHERPOLITIK UND IHRE VORLÄUFER Die Niederlage des Crassus bei Carrhae stellte seit 53 v. Chr. das Fanal der römisch-parthischen Beziehungen dar. Obwohl sie militärstrategisch und machtpolitisch gesehen nur geringe Auswirkungen nach sich zog, „[…] bekam die Niederlage trotz des scheinbaren Ausgleichs durch die diplomatischen Triumphe des Augustus eine fast traumatische Bedeutung.“14 Das Schlagwort „Rache für Carrhae“ sowie die Forderung nach der Rückgabe der verlorenen signa und der Gefangenen wurden zu Leitmotiven der römischen Partherpolitik.15 Aufgegriffen hatte die Parole erstmals Caesar, der sie zur Legitimierung seines geplanten Feldzugs einsetzte.16 Wichtig ist hierbei jedoch die Trennung zwischen Präsentation und Motivation: Mag das Rachemotiv auch einen Kernbestandteil der ersteren bilden, so greift es dennoch zu kurz, den Feldzug Caesars allein darauf zu reduzieren.17 Die Hintergründe der geplanten Unternehmung waren weit vielschichtiger. So hat Werner Dahlheim dargelegt, dass Caesar nach dem Sieg im Bürgerkrieg den Feldzug gegen die Parther als „die Fortsetzung des imperialen Krie-

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Zum Kantabrerkrieg und seiner Präsentation in Rom, die einen bedeutenden Schritt im Rahmen der augusteischen Triumphpolitik darstellte, s. u. S. 295–298. Timpe 1962, 105. In Carrhae jedoch einen Auslöser für den Untergang der Republik zu sehen, wie H. Fischer dies tut, geht sicherlich zu weit (vgl. Fischer 1989, 367). Vgl. hierzu grundlegend Timpe 1962 sowie Lerouge 2007, 83–98. Vgl. Kienast 2009, 342. So jedoch Timpe 1962, 114 und in seiner Folge u. a. Sonnabend 1986, 182 f. sowie Lerouge 2007, 95, laut deren Argumentation Caesar die Unterwerfung des Orients mittels des Rachegedankens zu einer „nécessité morale“ gemacht habe. Die Funktion des Rachemotivs im Diskurs über den Partherkrieg Caesars schätzt auch Malitz 1984 nicht richtig ein. Dabei verdeutlicht Timpe selbst an anderer Stelle, dass im Hinblick auf Augustus eine solche Reduzierung problematisch sei (vgl. Timpe 1975, 11).

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ges“18 ansehen konnte, die jedoch nun vor allem seinem persönlichen Ruhm und Ansehen dienen sollte19. Die unverkennbare Alexander-Reminiszenz, die sich hinter dieser Einstellung verbarg20, sollte sich gerade für Augustus als bedeutend erweisen: Eine Apotheose des erfolgreichen Feldherrn, wie sie Caesars Feldzug verkörpert hätte, stellte für den ersten princeps vor allem im Rahmen der Kommunikation mit der senatorischen Elite keine gangbare Option dar. Nach Caesars Tod blieben das Rachemotiv sowie die damit verbundene Forderung nach Rückgabe von Feldzeichen und Gefangenen feste Bestandteile des politischen Diskurses. Sowohl Octavian als auch Antonius instrumentalisierten sie für ihre Zwecke: Nach den Siegen des Ventidius Bassus über die Heere des Labienus (39 v. Chr.) und des Pacorus (38 v. Chr.) erklärte Octavian, die Niederlage von Carrhae sei gesühnt; ein größerer Feldzug, wie ihn Antonius plane, sei nicht mehr vonnöten.21 Antonius selbst berief sich ebenfalls auf die „Rache für Carrhae“ – und zwar gerade, um sich von Octavians Äußerungen abzugrenzen. Noch kurz vor Beginn seines Feldzugs erklärte sich Antonius gegenüber dem Partherkönig Phraates IV. zu einem Friedensschluss bereit, wenn dieser ihm im Gegenzug die Feldzeichen und die Gefangenen überlasse. Auch in dieser Situation war das Vergeltungsthema jedoch kein Motiv für den Feldzug. Hinter den Unternehmungen des Antonius stand wohl immer noch das Ziel, durch einen Sieg gegen die Parther und das daraus resultierende Prestige seine Stellung gegenüber Octavian zu festigen.22 Vielmehr machte sich Antonius vor allem die propagandistische Wirkung des Rachemotivs zunutze.23 Dieser knappe Überblick über die „ostpolitischen“ Vorgänger des Augustus berührt einen Kernpunkt des römischen Umgangs mit den Parthern, der auch die Vorgehensweise des ersten princeps prägte: Das Thema der „Rache für Carrhae“ diente im Rahmen der Kommunikation innerhalb der römischen Führungsschicht als eine Art Chiffre, hinter der sich verschiedene Aussagen verbergen konnten und die für

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Dahlheim 2006, 219. Ebd., 220. Vgl. hierzu ebd. 182 f. Vgl. Wallmann 1989, 236: „Er versuchte hiermit, Antonius die Möglichkeit zu weiteren, größeren Erfolgen gegen die Parther zu nehmen, um ihn nicht über seine eigene Stellung im Westen hinauswachsen zu lassen.“ Inwieweit es sich bei der Forderung eben nicht um eine tatsächliche Reduzierung der politischen Ziele handelte, wie sie Timpe 1975, 162 annimmt, sei daher dahingestellt. Gerade der Feldzug selbst spricht ja dafür, dass Antonius seine Eroberungsziele nicht aufgegeben hatte; vgl. auch Ziegler 1964, 35. Wallmann 1989, 264: „Der Schluß liegt daher nahe, daß diese Verhandlungen in erster Linie für die römische Öffentlichkeit bestimmt waren. Oktavian hatte ja ständig betont, mit der Schlacht am Gindaros sei der Partherkrieg beendet; es bedürfe keines weiteren Feldzuges mehr. Da zu erwarten war, daß Phraates das Ansinnen des Antonius ablehnen würde, da ihm ein Eingehen auf dessen Forderungen als Schwäche hätte ausgelegt werden können, war es Antonius möglich, mit Hilfe dieser Haltung des Parthers zu beweisen, daß der Krieg noch nicht abgeschlossen war, da ihn die parthische Seite nicht als beendet ansah.“

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unterschiedliche Zwecke instrumentalisiert werden konnte.24 Für Caesar wie für Antonius diente sie dazu, ihre einer durchaus eigennützigen Motivation geschuldeten Feldzüge zu legitimieren. Interessant ist dabei die doppelte Aussage, die in beiden Fällen hauptsächlich hinter der Rache-Chiffre stand: So war einerseits eine Anknüpfung an Crassus möglich. Durch die Erinnerung an seine Niederlage konnte die Gefahr, die von den Parthern ausging, vorzüglich dokumentiert und der Gegner im Osten auf diese Weise als potentieller Aggressor dargestellt werden, gegen den eine militärische Aktion notwendig sei. Bezeichnend ist für diese Verwendung des Rachemotivs eine Passage in Caesars Bellum Civile. Darin kritisiert er Metellus Scipio für den Abzug der Truppen aus Syrien: Als diese versammelt waren, ließ er die benachbarten Parther, die unlängst den Feldherrn M. Crassus getötet und M. Bibulus belagert hatten, als Feinde hinter sich und führte seine Legionen und Reiter aus Syrien fort. Als dadurch seine Provinz in höchste Sorge und Furcht vor einem Parthereinfall geriet und die Soldaten wiederholt äußerten, sie würden zwar sofort gegen den Feind marschieren, doch gegen einen Bürger und Consul die Waffen nicht erheben, verlegte er die Legionen nach Pergamon […].25

Caesar kontrastiert den Krieg gegen die Parther hier explizit mit dem Bürgerkrieg. Während er letzteren dabei durch die Weigerung der Soldaten, gegen ihn als den rechtmäßigen Amtsträger ins Feld zu ziehen, als illegitim darstellt, charakterisiert er auf diese Weise den Partherfeldzug gleichsam als eine Art bellum iustum.26 Auch Marcus Antonius beschritt ja – wie bereits erwähnt – den gleichen Weg. Zum anderen konnte der Bezug auf Carrhae als eine demonstrative Abgrenzung gegenüber Crassus angesehen werden und auf diese Weise potentieller Kritik von vornherein die Spitze nehmen: Der Feldzug des Triumvirn war von seinen Gegnern im Nachhinein eben gerade nicht als bellum iustum dargestellt worden, sondern als 24

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Ähnlich auch Timpe 1962, 129, der zwar die Entwicklung des „vielschichtige[n] gedankliche[n] Komplex[es]“ „Carrhae“ nachzeichnet, gleichzeitig jedoch bei der Einordnung der aufgezeigten Aspekte – wie oben bereits erwähnt – zum Teil zu stark vereinfacht. Gerade in Bezug auf die Inszenierung des Sieges des Augustus wird sich zeigen, dass sich hinter der Chiffre „Carrhae“ weit mehr verbarg als nur eine Verschleierung des „definitiv werdende[n] Machtdualismus des römischen und des Arsakidenreiches […] mit dem unwirklichen ideologischen Nebel des römischen Herrschaftsanspruches über die Welt […].“ (Ebd., 128.) Vgl. auch Mattern-Parkes 2003, 393: „Crassus’ defeat is just one example of a phenomenon that was very important in Roman international relations – the military disaster that was perceived as a national disgrace that justified, even required, a war of revenge and conquest.“ Caes. civ. 3,31,3 f.: quibus coactis, finitimis hostibus Parthis post se relictis, qui paulo ante M. Crassum imperatorem interfecerant et M. Bibulum in obsidione habuerant, legiones equitesque ex Syria deduxerat. summamque in sollicitudinem ac timorem Parthici belli provincia cum venisset ac nonnullae militum voces cum audirentur sese, contra hostem si ducerentur, ituros, contra civem et consulem arma non laturos, deductis Pergamum […]. Hinter dem Rachemotiv verbirgt sich durch die Gegenüberstellung mit dem Bürgerkrieg, die Malitz 1984 an dieser Stelle einfach übergeht, weit mehr. Dass diese Taktik Caesars durchaus Erfolg hatte, zeigt ein Brief Ciceros (Cic. fam. 12,19), in dem dieser seine Sorge über einen bevorstehenden Partherangriff deutlich zum Ausdruck bringt. Vgl. dagegen Malitz 1984, 30, Anm. 48, der dies nicht nur übersieht, sondern sogar dahingehend deutet, Cicero halte die Parther für wenig gefährlich.

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eklatanter Verstoß gegen die Regeln – was als ein weiterer Beleg für die im Rahmen dieser Arbeit bereits geäußerte Vermutung gewertet werden kann, wonach die Theorie des bellum iustum ein politisch motiviertes Konstrukt ist.27 Die Legitimierungsbemühungen, die Caesar und Antonius mit der Chiffre „Rache für Carrhae“ assoziierten, zielten folglich darauf, eben solche Kritik zu vermeiden. So war die Berufung auf Crassus verknüpft mit der Aussage, man werde es besser – und das bedeutete in diesem Fall: auf legitime Art und Weise – machen als dieser. Die hier angestellten Überlegungen zeigen, wie vielfältig die Chiffre der Rache und die damit zusammenhängenden Forderungen nach Rückgabe der signa und der Gefangenen genutzt werden konnten. Und eben diese Chiffre war es, mittels derer auch an Augustus herangetragene Forderungen und Erwartungshaltungen formuliert wurden, wie die eingangs des Kapitels zitierten Passagen aus den Werken der Dichter demonstrieren. In diesem Diskurs positionierte sich auch Augustus28, wenn er beispielsweise unmittelbar nach dem Scheitern des Feldzugs des Antonius den Misserfolg herausstellte und ihn mit der Abhängigkeit des Triumvirn von Kleopatra verknüpfte.29 Und noch in den Res Gestae nutzte Augustus die Chiffre der signa-Rückgabe, um seine Partherpolitik als Erfolg darzustellen. Er betonte dabei gerade die Tatsache, dass seinen Vorgängern in den Auseinandersetzungen mit den Parthern kein Erfolg beschieden war: Zahlreiche Feldzeichen, die durch andere Feldherren verloren gegangen waren, habe ich nach dem Sieg über die Feinde zurückerhalten, und zwar in Spanien und Gallien und von den Dalmatiern. Die Parther habe ich dazu gezwungen, mir die Beutestücke und die Feldzeichen dreier römischer Heere zurückzugeben und bittflehend um die Freundschaft des römischen Volkes nachzusuchen. Diese Feldzeichen ließ ich im inneren Raum des Mars-Ultor-Tempels aufstellen.30

Damit unterstützte Augustus natürlich auch die ihm entgegengebrachte Erwartungshaltung, es nun besser zu machen als Antonius bzw. den Feldzug überhaupt durchzuführen, was seinem Adoptivvater verwehrt geblieben war.31 Dies setzte ihn jedoch gleichzeitig unter Zugzwang. Aus diesem Grund war die Partherpolitik des Augustus bis 20 v. Chr. durchaus von einer offensiven Grundeinstellung geprägt – sichtbar in den wiederholten Eingriffen in innerparthische Thronstreitigkeiten und den Auseinandersetzungen um Armenien.32 Einen Eroberungsfeldzug gegen das 27 28 29 30

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Vgl. Timpe 1962, 106 f. sowie Mattern-Parkes 2003; zur Diskussion um die Theorie des bellum iustum s. o. S. 44, Anm. 49. Vgl. Spannagel 1999, 228 f. Vgl. hierzu Wallmann 1989, 267 f. sowie Timpe 1962, 125. R. Gest. div. Aug. 29: Signa militaria complura per alios duces amissa devictis hostibus recepi ex Hispania et Gallia et a Dalmateis. Parthos trium exercitum Romanorum spolia et signa reddere mihi supplicesque amicitiam populi Romani petere coegi. Ea autem signa in penetrali, quod est in templum Martis Ultoris, reposui. So auch Kienast 2009, 342. Ders. 1969, 448–451 sieht in der Planung des Partherfeldzugs auch eine bewusste Reminiszenz an Alexander, was jedoch – wie oben bereits dargelegt – für Augustus gerade in diesem Fall problematisch gewesen wäre. Vgl. hierzu Kienast 2009, 342–347 sowie Timpe 1975, der auch hervorhebt, dass es beispielsweise im Jahr 30 v. Chr. gerade nicht um eine Rückgabe der Feldzeichen ging, wenn diese auch

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Partherreich führte der princeps allerdings nicht.33 Dies jedoch darauf zurückzuführen, dass die Außenpolitik des Augustus generell defensiv ausgerichtet gewesen sei, ist überaus problematisch. Gerade am Beispiel der Partherpolitik des Augustus ist in der Forschung immer wieder der Versuch unternommen worden, eine solch „grundsätzliche Defensive“ nachzuweisen.34 Die Regelung des Jahres 20 v. Chr. ist in diesem Zusammenhang als eine „de-facto-Aufgabe des römischen Weltherrschaftsanspruches“ dargestellt worden, in deren Rahmen die Rückgabe der signa vor allem dazu dienen sollte, einen „Prestigeverlust“ zu verhindern.35 Zwar ging es bei der Rückgabe der signa durchaus um eine solche Verhinderung – die Gründe dafür waren jedoch vollkommen andere. Vor dem Jahr 20 v. Chr. sah die Ausgangslage für die Durchsetzung römischer Ansprüche recht gut aus36: Das Partherreich war einmal mehr von inneren Wirren und Thronstreitigkeiten geschwächt, und tatsächlich griff Augustus auf der Seite des Prätendenten Tiridates in innerparthische Machtkämpfe ein. Als dieser sich jedoch gegen Phraates IV. nicht behaupten, letzterer hingegen seine Position sogar wieder festigen konnte, erlitten die Bemühungen des princeps einen herben Rückschlag. Weitreichende Zugeständnisse des Partherkönigs, die Einsetzung eines Klientelkönigs mit Hilfe römischer Truppen oder gar eine Eroberung des Partherreiches waren wieder in weite Ferne gerückt. Vor diesem Hintergrund erklärte sich Augustus bereit, den Thronprätendenten fallen zu lassen, und forderte im Gegenzug die Rückgabe der Feldzeichen des Crassus und des Antonius sowie die Auslieferung der Gefangenen von Carrhae. Auf diese Weise „erneuerte [Augustus] die Forderung des Antonius“.37 Zugleich ließ sich jedoch nicht leugnen, dass die Erwartungshaltung der römischen Öffentlichkeit auf diese Weise keineswegs erfüllt war38: Zwar musste Phraates in der Folge die römische

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von Octavian gefordert wurde: „Das Nichtzustandekommen einer Verständigung legt deshalb die Annahme nahe, daß Octavian damals sehr viel höhere Ansprüche stellte und glaubte, sie auch durchsetzen zu können.“ (164) Daraus ist jedoch keineswegs abzuleiten, Augustus habe damit „auf die Erwartungen des römischen Volkes“ reagiert, dessen Friedenssehnsucht die „friedliche Lösung des Partherkonfliktes“ zu „eine[r] Notwendigkeit“ gemacht habe, wie dies Landskron 2005, 39 tut. Gerade die Untersuchung der Dichtung zeigt, dass die Erwartungshaltung genau in die entgegengesetzte Richtung wies (anders jedoch Meyer 1961, der in der expansionistischen Einstellung der Dichter und in der Politik des Augustus einen eklatanten Widerspruch sieht; dagegen Timpe 1975, 165). Auch Lerouge 2007, 103 und Campbell 1993, 221 f. bestreiten, dass Augustus die Absicht gehabt habe, einen umfassenden Partherfeldzug überhaupt zu planen. So Meyer 1961, 2; dagegen bereits Schmitthenner 1965. So v. a. Sonnabend 1986, 200; ähnlich auch Campbell 1993, 227: „He [i. e. Augustus] set out to make diplomacy seem respectable, even glorious, so he concealed what he later was to recognize himself, namely the comparability of Rome and Parthia.“ Vgl. hierzu u. a. Schippmann 1980, 46 f. Timpe 1975, 167. So schreibt Dieter Timpe von einer „eine[r] unfreiwillige[n] und peinliche[n] Reduktion der politischen Ziele [, die] hinter einem Prestigeanspruch“ verborgen werden sollte (ebd.). Diese Aussage Timpes trifft den Kern der Problematik der Regelung von 20 v. Chr. besser als seine frühere Annahme, die signa-Rückgabe habe nur den neuen Machtdualismus verschleiern sollen (s. o. Anm. 24). Bezeichnenderweise spricht Timpe selbst im Satz zuvor noch davon, dass das Ergebnis von 20 v. Chr. „in krassem Widerspruch zu den Erwartungen [stand], die man von

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VI. Sieger ohne Krieg – Die Präsentation des „Parthersiegs“

Oberhoheit über Armenien und die Festlegung des Euphrats als Grenze anerkennen, doch – und dies dürfte für den Partherkönig in Anbetracht seiner Bemühungen um eine Stärkung der eigenen innenpolitischen Position zunächst wohl von größerer Bedeutung gewesen sein – hatte er sich durch die Rückgabe der signa Ruhe vor römischen Übergriffen erkauft, ohne dafür selbst einen zu großen Preis zahlen zu müssen. Tatsächlich scheint die Einigung von 20 v. Chr. Phraates im Rahmen der parthischen Innenpolitik wenig geschadet zu haben, da er danach noch 18 Jahre lang regierte, bevor er von der Mutter seines Thronfolgers umgebracht wurde.39 Insbesondere in Anbetracht der Möglichkeiten, die die Römer vor 20 v. Chr. hatten verstreichen lassen bzw. verstreichen lassen müssen, konnte der Partherkönig mit dem Ergebnis durchaus zufrieden sein – ganz anders als der princeps. Von einem umfassenden militärischen Erfolg konnte somit wahrlich keine Rede sein. Dass auch Augustus selbst die Unmöglichkeit wahrnahm, die Regelung explizit als einen Sieg auf dem Schlachtfeld darzustellen40, macht bereits die Ablehnung des ihm aller Wahrscheinlichkeit nach vom Senat zugestandenen Triumphs deutlich.41 Ganz im Gegenteil: Die Ereignisse des Jahres 20 v. Chr. standen sogar

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seiner Orientpolitik gehegt hatte.“ (Timpe 1962, 128.) Allerdings geht Timpe auf die Probleme, die dies mit sich brachte, nicht näher ein, sondern stellt lediglich lapidar fest, der Erfolg sei trotzdem wie ein militärischer Sieg gefeiert worden, was vor allem dadurch zu verstehen sei, dass im Rahmen „der Doppelbödigkeit der kaiserlichen Herrschaftsideologie“ die Weltherrschaft durch die signa-Rückgabe auch den Parthern gegenüber hergestellt sei, was ihn zu seiner These der Verschleierung eines Machtdualismus führt. Dass genau in der Militarisierung des „Erfolgs“ jedoch der entscheidende Schritt der augusteischen Partherpolitik und der Siegesdarstellung bestand, übersieht Timpe aufgrund seines monokausalen Erklärungsmusters. Auf die Risiken, die ein Verzicht auf ein offensives Vorgehen gegen die Parther mit sich brachte, weist auch Kienast 2009, 242 hin und gibt zu Recht zu bedenken, dass schon allein aus diesem Grund ein solcher Verzicht nicht das Ziel der augusteischen Ostpolitik gewesen sein konnte; vgl. auch Schippmann 1980, 47. Anders beispielsweise Lerouge 2007, 104, die die Rückgabe der signa als „un véritable succès“ bezeichnet. Vgl. hierzu Schippmann 1980, 47 f., der jedoch die günstige Position Roms gegenüber dem Partherreich hervorhebt. So u. a. auch Rich 1998, 73. Wenn Rich 2013, 58 und 67 jedoch postuliert, Augustus habe von Anfang an geplant, den Partherkonflikt auf diplomatischem Wege zu lösen, trifft dies nur bedingt zu. Es würde bedeuten, dass der princeps bewusst in Kauf genommen hätte, die an ihn gerichteten Erwartungen zu enttäuschen. Dass dies nicht in seinem Sinne gewesen sein konnte, wird durch eine Analyse der Inszenierungsstrategien deutlich. Aus den literarischen Quellen geht nicht eindeutig hervor, dass der Senat Augustus einen Triumph zuerkannte. Cassius Dio (54,8,3) berichtet zum einen davon, dass Octavian auf einem Rennpferd in Rom eingezogen sei (vgl. hierzu Hickson 1991, 136, die annimmt, Dio habe damit fälschlicherweise auf eine ovatio anspielen wollen, und darauf verweist, dass Augustus in den Res Gestae nur zwei ovationes erwähnt und die fasti belegen, dass beide in die Zeit der Bürgerkriege fallen). Andererseits liefert Dio auch die alternative Version, Augustus habe die Stadt bei Nacht betreten, um Feierlichkeiten zu vermeiden (54,10,4). Rich 1998, 115–120 hat jedoch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Bildprogramme der in diesem Zeitraum erschienenen Münztypen durch ihre triumphale Ikonographie durchaus den Rückschluss zulassen, dass der Senat Augustus einen Triumph zuerkannt hatte, den dieser jedoch ablehnte (vgl. auch Hickson 1991, 136 sowie Kienast 2009, 343). Aus der Ablehnung des Triumphs jedoch eine so vollkommene Zurückhaltung herzuleiten, wie dies Zanker 2003, 190 tut, geht – wie noch zu

VI 2 Strategien der Inszenierung

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im Widerspruch zur eigenen Stilisierung des Augustus als militärischer Sieger, die die Jahre zuvor geprägt hatten.42 Für den princeps ergab sich daraus auf der Ebene des Diskurses die Schwierigkeit, möglichen Schaden von seiner militärischen persona abzuwenden, der durch die diplomatische Einigung hätte entstehen können.43 Um dieses Ziel zu erreichen investierte der princeps einiges, wie im Folgenden anhand dreier Fallstudien exemplarisch dargelegt werden soll. VI 2 STRATEGIEN DER INSZENIERUNG Bei den drei in diesem Kapitel näher zu untersuchenden Fallstudien handelt es sich ausschließlich um Monumente, die in inhaltlichem Zusammenhang mit den Ereignissen des Jahres 20 v. Chr. stehen: die Augustusstatue von Primaporta, der Partherbogen auf dem Forum Romanum sowie (nochmals) der Tempel des Mars Ultor und das Augustusforum. Für die Fokussierung auf archäologische Quellen sind zwei Gründe ausschlaggebend: Zum einen entstanden die meisten literarischen Quellen (d. h. der Großteil der augusteischen Dichtkunst und vor allem die Res Gestae) nicht zeitnah zum Ereignis. Zwar gilt dies natürlich auch für den Mars-Ultor-Tempel und das Forum Augustum; dennoch ist zweitens zu konstatieren, dass anhand der Monumente – selbst wenn man mit Paul Zanker zu Recht ihren Charakter als

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zeigen sein wird – zu weit. Immerhin ließ sich Augustus offenbar zum neunten Mal zum imperator ausrufen (vgl. u. a. Schumacher 1985, 212 m. Anm. 124). Ein solcher Akt trug zweifellos dazu bei, dem diplomatischen Erfolg eine dezidiert militärische Konnotation zu verleihen. Wenn Barnes 1974, 21 argumentiert, dass ein solcher Erfolg mehr Ruhm gebracht habe als ein militärischer Sieg, und daraus die imperatorische Akklamation herleitet, ist dies daher zurückzuweisen. Unabhängig davon, ob ein solcher auf diplomatischem Wege erzielter Erfolg einer beispielsweise von Bringmann 2007, 131 f. unter Berufung auf Angaben Suetons (Suet. Aug. 25,4) postulierten charakterlichen Disposition des Augustus eher entsprach, kommt dieser Tatsache folglich eine weiter reichende Bedeutung zu. Schließlich konstatiert auch Bringmann, dass der Erfolg „wie große Siege von Staats wegen gefeiert“ (156) worden sei. Es kann folglich keine Rede davon sein, dass die Propagierung des Parthererfolgs nur die tatsächlichen Ergebnisse der Einigung wiedergab, wie es Linz 2009, 65 u. ö. postuliert. Seine Argumentation beruht dabei auf einer Überbewertung der militärischen Begleiterscheinungen, wie beispielsweise des Marsches des Tiberius nach Armenien. Zwar mag dies für die Entscheidung des Phraates durchaus von Belang gewesen sein – die Darstellung der Einigung als militärischer Erfolg konnte man darauf nicht stützen. Dies führt auch in Linzʼ Bewertung der Präsentation des „Parthersiegs“ zu einer Verwechslung von Ursache und Wirkung, wenn er schreibt: „Die unterschiedlichen, durch die Feldzeichen evozierten Assoziationen dienten letztlich einzig und allein der Selbstdarstellung des Augustus. Dieser hatte erfolgreich seine virtus bewiesen, seine auctoritas gegenüber den Parthern demonstriert, die dignitas Roms wiederhergestellt und die superbia der Parther bestraft.“ (Ebd., 65) Vielmehr diente die öffentliche Präsentation – wie in den folgenden Abschnitten gezeigt werden soll – sehr wohl dazu, die Ereignisse in einer für Augustus vorteilhaften Weise umzudeuten. Relativiert werden muss daher auch die Aussage Dietmar Kienasts, die Regelung sei „in Rom durchaus als ein militärischer Erfolg gewertet“ worden (Kienast 2009, 344).

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Ehrungen für den princeps betont44 – der Umgang mit dem „Parthersieg“ im Rahmen des politischen Diskurses unmittelbar nach den Ereignissen selbst sowie in der Folgezeit nachzeichnen kann: Wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, war das Ehrungssystem des augusteischen Prinzipats eine der Arenen, in denen sich der Aushandlungsprozess zwischen Augustus und der senatorischen Elite über die Stellung des princeps in der res publica manifestierte. Jedes Monument kann mittels bestimmter Kriterien in diesen Kontext eingeordnet werden. Auf diese Weise lassen sich intendierte Botschaften und Adressaten herausarbeiten. Was sich für den Themenbereich der Pax Augusta als gewinnbringende Methode erwiesen hat, wird daher im Folgenden auch auf den Komplex des „Parthersiegs“ angewandt. In der Forschung ist wiederholt darauf hingewiesen worden, dass sich im Rahmen der Propagierung des „Parthersiegs“ eine vollkommen neue Darstellungsweise der Parther ausgebildet bzw. eine solche Darstellungsweise vorher überhaupt nicht existierte habe.45 Wichtig ist dabei für die in dieser Arbeit verfolgte Fragestellung vor allem, dass die Parther in der augusteischen Bildersprache vor allem durch Gesten der Unterwerfung gekennzeichnet waren. Sowohl die Abbildungen von Parthern in Reliefs als auch auf Münzen oder als Vollplastik zeigen in augusteischer Zeit kniende Männer, die ein signum überreichen.46 Der Kniefall als Geste der Unterordnung ist also auch hier eng verbunden mit der Chiffre der signa: Ihre Rückgabe symbolisiert die Unterwerfung der Parther – ganz so, als hätte Augustus einen militärischen Sieg errungen. VI 2.1 Die Augustusstatue von Primaporta Die Statue des Augustus, die am 20. April 1863 in Livias Villa Ad Gallinas Albas gefunden wurde und seitdem in den Vatikanischen Museen ausgestellt ist, zeigt laut Paul Zanker „[d]ie reichste Ausgestaltung des Partherthemas“47. Dieses Grundthema ist dabei anscheinend der einzige Aspekt der Statue, der in der Forschung nicht umstritten ist.48 Zu nahezu jedem Detail der Figur hat sich eine Vielzahl von Hypothesen und Forschungsmeinungen herausgebildet49 – angefangen von der Da44 45

46 47 48 49

Zanker 2003, 190. Vgl. u. a. Wiesehöfer 2010, 188 f. sowie die Arbeiten von Rolf Michael Schneider (1986, 1998 und 2007) und Landskron 2005, 102–113, deren historischer Einordnung und Bewertung des Parthererfolgs allerdings zu widersprechen ist (s. o. Anm. 33). Ob man bei der augusteischen Partherdarstellung von der Konstituierung eines neuen Feindbildes sprechen kann, wie dies Charles Brian Rose tut (Rose 2005, 21), ist fraglich, da er nur unzureichend den Begriff des Feindbildes reflektiert. Eine weitere Untersuchung dieser Fragestellung könnte sich jedoch mit einem entsprechenden theoretischen Hintergrund als lohnend erweisen. Um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu überschreiten, muss an dieser Stelle darauf verzichtet werden. Vgl. Schneider 1986, 39–45. Eine Übersicht über die augusteische Münzprägung zum Parthersieg gibt Simon 1993, 123–136. Zanker 2003, 192. Dennoch wird auch an der Zuweisung der Statue zum „Parthersieg“ mitunter Kritik geübt; vgl. z. B. Simpson 2005. Einen guten Überblick über die entsprechenden Ansätze bietet Cadario 2004, 251–257.

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tierung über die Frage, ob es sich bei der Statue um ein Original oder eine Kopie handelt50, bis hin zu möglichen Ergänzungen der rechten Hand.51 Im Mittelpunkt des Interesses stand jedoch stets der Panzer der Statue mit seinem Figurenprogramm.52 Auch für diesen speziellen Bereich sieht man sich daher mit einer nahezu unüberschaubaren Fülle von Vorschlägen sowohl zur Gesamtinterpretation als auch zur Identifikation einzelner Figuren konfrontiert. Allgemein akzeptiert ist dabei – wie bereits erwähnt – lediglich die These, es handele sich bei der Darstellung in der Mitte des Panzers um die Rückgabe der signa im Jahr 20 v. Chr. Doch schon die beiden Figuren des Römers und des Parthers haben Anlass zu teils fundamental voneinander abweichenden Deutungen gegeben. Relativ unproblematisch ist dabei die Figur des Parthers, der die Feldzeichen übergibt. Zwar wurden auch hier verschiedenste Vorschläge vorgebracht, die von einer allgemeinen Personifikation des Partherreiches53 über König Phraates IV.54 bis hin zu einer Identifizierung mit dem vergöttlichten Mithridates I.55 oder einer Verkörperung des parthischen Kriegsgottes56 reichen. Für die Interpretation der Szene als solcher war und ist die Identität des Parthers von untergeordneter Bedeutung. Lediglich die Gleichsetzung der Figur mit Phraates IV. spielt in Verbindung mit der Frage nach der Identität des Römers eine größere Rolle. Wenn es sich bei dem Parther um den König des Jahres 20 v. Chr. handelte, so lautet das Argument, müsse man davon ausgehen, dass die Szene den tatsächlichen historischen Vorgang der signa-Rückgabe wiedergebe. Bei dem römischen Gegenüber des Parthers könne es sich daher nur um Tiberius handeln, der die Verhandlungen geführt hatte.57 Allerdings erweist sich diese Deutung schon allein aus ikonographischen Gründen als problematisch.58 Ebenso unwahrscheinlich dürfte die Identifizierung der Figur mit Roma sein.59 Vielmehr hat sich in der Forschung mittlerweile die Ansicht durchgesetzt, bei dem Römer handele es sich um eine Abbildung des Mars Ultor60, dem der Parther „als dem Repräsentanten der römischen Militärmacht“61 die signa überreicht. Gerade dieser letzte Aspekt ist von zentraler Bedeutung für die Frage nach den augusteischen Inszenierungsstrategien: Der Kriegsgott auf dem Panzer konno50

51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61

Eine Übersicht über die verschiedenen Ansätze zu dieser doppelten Problematik bietet Brommer 1980. Ein endgültiges Ergebnis der Diskussion um die Datierung liegt bis heute nicht vor. Dennoch ist wohl zu sagen, dass die Befürworter einer Frühdatierung der Statue auf die Jahre kurz nach dem „Parthersieg“ die besseren Argumente aufweisen können (dazu vgl. ebd., 80 sowie Simon 1991, 216–220). Für eine Übersicht über die ältere Literatur mit ihren Forschungskontroversen vgl. Jucker 1997 sowie Simon 1991. Vgl. hierzu die ausführliche Beschreibung bei Cadario 2004, 260–274. Vgl. Rose 2005, 26 f. sowie Cadario 2004, 269. So u. a. Kähler 1959, 17. Ingholt 1969, 85, allerdings mit wenig überzeugenden Argumenten. Simon 1991, 210. So u. a. Kähler 1959, 18. Vgl. auch Gross 1959. Vgl. für die entsprechenden Gegenargumente Simon 1991, 207 sowie Cadario 2004, 266 f. So zuletzt Rose 2005, 25 ff. Dagegen bereits Simon 1991, 209. Vgl. exemplarisch Simon 1991, 216; ebenso Zanker 2003, 192 sowie Cadario 2004, 267 f. Schäfer 2001, 42. Vgl. auch Hölscher 1988, 386.

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tiert die Rückgabe der Feldzeichen explizit militärisch. Zwar wird dadurch nicht behauptet, die Römer hätten in einer Schlacht gesiegt und die Parther dadurch zur Rückgabe der Feldzeichen gezwungen. Doch wird man Mars Ultor wohl kaum als Personifikation einer auf diplomatischem Wege errungenen, friedlichen Einigung mit den Parthern ansehen können.62 Wichtig ist zudem eine weitere Beobachtung: Das Feldzeichen, das der Parther darreicht, ist nicht gerade, sondern beschreibt eher einen Bogen, der offenbar dazu dient, den Adler genau in die Herzgrube des Panzers einzusetzen. Zwar wäre dies sicher möglich gewesen, ohne dem signum einen solchen Bogen zu geben. Gerade dies betont jedoch nicht nur die Richtung des Feldzeichens, sondern auch die Blickrichtung des Parthers: Indem sein Blick dem Adler auf dem Feldzeichen folgt, der kaum ohne Absicht genau in der Mitte des Bildes über der Herzgrube mit ausgebreiteten Schwingen sitzt, blickt der Parther […] empor zu dem Haupt des Kaisers über diesem Panzer, als sei dieses Haupt der eigentliche Empfänger des Feldzeichens, die Gestalt mit dem Hund auf dem Panzer nur sein Vertreter im Bilde.63

Auf diese Weise wird der militärische Sieg, auf den die Mars-Ultor-Figur anspielt, personalisiert und auf Augustus bezogen: Der princeps hat mit seiner militärischen Macht – symbolisiert durch Mars – die Rückgabe der signa erreicht und dadurch die eigene Sieghaftigkeit unter Beweis gestellt. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass in der Forschung die Tatsache, dass es sich bei der Statue von Primaporta um eine Panzerstatue handelt, oftmals unterschätzt wird. Unabhängig von der Frage, ob die erhobene Rechte nun in einer adlocutio-Geste ergänzt werden muss64 oder ob er darin eine Lanze bzw. ein anderes militärisches Symbol hielt65, kann kein Zweifel daran bestehen, dass sich der princeps hier als Krieger darstellen lässt. Die Statue soll ganz explizit die militärische Sieghaftigkeit des Augustus ehren.66 Dies wird schon allein daraus ersichtlich, dass es zuvor offenbar keine Panzerstatuen mit einem solch ausgearbeiteten Figurenprogramm gab67, was wiederum bedeutet, dass die Panzerstatue durchaus mit Bedacht als „Trägermedium“ ausgewählt worden sein muss. Dies beinhaltete zwangsläufig die diesem Statuentyp inhärente Militarisierung der damit verbundenen Aussagen.68 Unterstützt wird eine sol62 63 64 65 66 67 68

So jedoch Landskron 2005, 105, die folgert, Mars kompensiere in dieser Darstellung der auf diplomatischem Wege erreichten signa-Rückgabe sein Versagen im Kampf. Östenberg 2009b, 65 sieht in der ausgestreckten Hand „a clear gesture of amicitia“. Kähler 1959, 18, dem dieses Argument jedoch lediglich dazu dient, die Gleichsetzung des Römers auf dem Panzer mit Mars Ultor in Zweifel zu ziehen. So u. a. Rose 2005, 24. Eine Übersicht über die verschiedenen Ergänzungsvorschläge bietet Simon 1991, 228, die selbst für eine mit der Spitze nach unten gerichtete Lanze als Symbol für Mars Ultor plädiert; vgl. auch Cadario 2004, 253 f. Dagegen Kähler 1959, 19, für den die barfüßige Darstellung einen Bezug auf die militärische Sphäre unmöglich macht und stattdessen auf den vergöttlichten Augustus hindeutet. Vgl. Simon 1991, 222. Dies unterschätzt Ralf von den Hoff, wenn er mit Bezug auf das Bildprogramm feststellt: „In poetischer Form ist damit die Friedens-, Wohlstands- und Ruhmesideologie des Principats aus-

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che Lesart auch durch die Abbildungen der beiden Provinzpersonifikationen rechts und links der Mittelszene. Zwar ist ihre genaue Identifizierung durchaus umstritten69, jedoch darf man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, dass es sich dabei um Darstellungen der im Tatenbericht genannten weiteren Völker handelt, von denen Augustus signa zurückerobert hatte.70 Dabei geht es allerdings nicht um eine Pazifizierung von Ost und West, wie Charles Brian Rose annimmt.71 Gerade wenn die Figur, deren Schwert noch in der Scheide steckt, als Personifikation der hispanischen Provinzen angesehen werden kann72, werden durch die signa-Chiffre explizit die Eroberung und Unterwerfung der Feinde in den Mittelpunkt gerückt. In der Forschung ist vielfach und vollkommen zu Recht hervorgehoben worden, dass die Szene der signa-Rückgabe auf dem Panzer auf eine „kosmische Ebene“73 gehoben und in einen über das Ereignis selbst weit hinausgreifenden Zusammenhang eingebettet wurde. Der Bezug, den vor allem Zanker zum Carmen Saeculare des Horaz herstellt, ist unübersehbar: Der Parthersieg wird also als Voraussetzung und zugleich als Folge des saeculum aureum gefeiert. Aus dem einmaligen historischen Ereignis wird ein exemplarisches Geschehen der neuen Heilsgeschichte, in dem die Götter bzw. die Gestirne den Ablauf garantieren, ohne noch eingreifen zu müssen. Der ehrfürchtig zum römischen Adler aufblickende Parther ist bezeichnenderweise die einzig handelnde Figur.74

Diese Verbindung von historischem Einzelereignis und kosmischem Gesamthorizont, die auch Tonio Hölscher hervorhebt75, ist sicherlich eine der zentralen Aussagen der Augustusstatue von Primaporta. In dieser Verknüpfung die einzige Botschaft des Bildwerks zu sehen, wird ihm jedoch nicht gerecht. Vielmehr ist trotz ihres Zusammenhangs zwischen dem historischen Einzelereignis und dem Gesamtkonzept sowie den jeweiligen Aussagen, die darüber getroffen werden, zu unterscheiden – gleichsam zwischen Ursache und Ergebnis.76 Nichts spricht dagegen, in der Darstellung des „Parthersiegs“ einen Hinweis auf den Anbruch des Goldenen Zeitalters zu sehen. Gleichzeitig darf jedoch die zweite Botschaft, die mit diesem Ereignis im Rahmen der Statue verbunden ist, nicht vernachlässigt werden: Der

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geführt, die wiederum jeden Anklang an Krieg oder Gewalt ausblendet und die Gültigkeit dieser frohen Botschaft auch für die eroberten Völker beansprucht.“ Das Bildprogramm ist nicht ohne seine Rahmung, ohne sein „Trägermedium“ zu denken. Vgl. für einen Überblick über die verschiedenen Deutungsansätze Simon 1991, 211 f. sowie Cadario 2004, 270–272. So u. a. ebd. sowie Schäfer 2001, 46; vgl. R. Gest. div. Aug. 29,1. Rose 2005, 27. So die Deutung von Simon 1991, 211. Ebenso Hölscher 1986, 387. Dagegen Zanker 2003, 193, der in der Figur eher die Personifikation der nicht unterworfenen, aber botmäßig gemachten Völker im Osten oder in Germanien sieht. Gerade der Verweis auf Hor. epist. 1,12,25–29, den Zanker selbst anbringt, macht jedoch eine Deutung der Figur als Personifikation Hispaniens oder der Kantabrer möglich: In der Horaz-Stelle werden diese explizit hervorgehoben. Liverani 2004, 188; van der Vins Schlussfolgerung, die dargestellt Szene sei „symbolic and not realistic“ erweist sich dabei als ebenso zutreffend wie banal (van der Vin 1981, 121). Zanker 2003, 195; vgl. auch Cadario 2004, 275. Hölscher 1988, 387. Vgl. Gruen 1985, 61.

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„Parthersieg“ wird hier massiv militärisch konnotiert77 und zugleich personalisiert. Auch wenn er im Nachhinein als Ausgangspunkt des augusteischen Friedenszeitalters dargestellt wird78 – sein Zustandekommen verdankt sich vor allem der militärischen Sieghaftigkeit des princeps.79 Eine solche Deutung des Bildprogramms der Statue ist zunächst unabhängig von ihrem Aufstellungskontext. Dennoch ist zu beachten, was Ralf von den Hoff in Bezug auf die drei Kriterien Urheber, Sichtbarkeit und Unmittelbarkeit hervorhebt: So oft sie [d. h. die Statue von Primaporta] auch als Signum des ersten Princeps abgebildet wird, sie ist für seine statuarische Repräsentation nicht charakteristisch, sondern eine Ausnahme, und zudem eine früh, bereits kurz nach 20 v. Chr. entstandene. Dies versteht man besser, wenn man den Grad ihrer Sichtbarkeit berücksichtigt: Sie stammt aus einer Villa im Besitz der Kaiserfamilie, also nicht aus dem öffentlichen Raum. Ihre Urheber gehören somit ins kaiserliche Umfeld; die Öffentlichkeit sah sie nicht.80

Wenngleich diese Analyse des Kontextes der Primaporta-Statue sicherlich zutreffend ist, so wird ihre Aussagekraft dadurch keineswegs gemindert. Gerade weil sie einem Kontext entstammt, der eng mit dem princeps verbunden war, darf angenommen werden, dass die Botschaft, die die Statue vermittelte, sich eng an dessen Sichtweise anlehnte. Da die Statue zudem im unmittelbaren zeitlichen Umfeld der Ereignisse entstanden sein dürfte81, kann man in ihr einen Reflex auf die vom princeps selbst vorgegebenen Grundlinien im Umgang mit dem „Parthersieg“ erkennen. Es gilt nun zu überprüfen, inwieweit diese Perspektive in die öffentliche Präsentation der signa-Rückgabe Eingang gefunden hat und ob sich die Aspekte der Militarisierung und Personalisierung des Ereignisses auch dort nachweisen lassen. VI 2.2 Der Partherbogen auf dem Forum Romanum Ist bei der Augustusstatue von Primaporta vor allem ihre Deutung Gegenstand der Forschungskontroverse, so wird in Bezug auf den mit dem „Parthersieg“ verbundenen Triumphbogen auf dem Forum schon dessen Existenz in Frage gestellt.82 Die Diskussion kreist dabei vor allem um die Zuweisung eines Ende des 19. Jahrhunderts ausgegrabenen Bogenfundaments in der Nähe des Tempels für den Divus Iu77 78 79

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Vgl. ebd., 64 sowie Cadario 2004, 270. Östenberg 2009, 66 sieht im Verweis auf „a new era of world dominion and global peace“ die Hauptfunktion der gesamten Präsentation des „Parthersiegs“ durch Augustus. Folgt man der These Cadarios, der die Statue als „una sorta di bilancio del primo decennium dell’imperium augusteo che aveva reso sicuri i confini“ (Cadario 2004, 276) beschreibt, so wird der Bezug zum Themenkomplex parta victoriis pax noch deutlicher: Ebenso wie auf der Gemma Augusta wird der princeps auch hier explizit als erfolgreicher Feldherr dargestellt, der Schwerpunkt innerhalb der Formel wird eindeutig auf die victoria gelegt. Dennoch ist im Bildprogramm auch die andere Komponente der Formel präsent. Von den Hoff 2011, 33; vgl. auch Cadario 2004, 251 f. und 281 f., der zu Recht darauf hinweist, dass der Kontext der Villa Ad Gallinas Albas eng mit dem princeps verbunden war. Vgl. Cadario 2004, 274–276, der die Entstehung der Statue in die Jahre 19–17 v. Chr. datiert. Vgl. u. a. Simpson 1992.

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lius: Der Ausgräber Otto Richter selbst hatte dieses Fundament zunächst mit dem Partherbogen identifiziert; im Grabungsbericht widerrief Richter jedoch seine These und sprach sich stattdessen dafür aus, dass es sich bei den Überresten um den Triumphbogen handele, den der Senat Octavian nach seinem Sieg bei Actium und der Einnahme Alexandrias bewilligt habe.83 In der Folge bildeten sich unter Archäologen und Bauforschern zwei Lager84: Während ein Teil der Forschung Richters zweiter These folgte und die Fundamente als Reste des Actiumbogens oder eines Monuments für den Sieg über Sextus Pompeius bei Naulochos ansah, brachte ein anderer Teil die Überreste auch immer wieder mit einigen stadtrömischen und provinzialen Münzprägungen in Verbindung.85 Auf ihnen ist ein dreitoriges Monument abgebildet, dessen Mittelbogen von der Inschrift SPQR IMP CAE und einer Triumphalquadriga bekrönt wird, während auf den beiden Seitenbögen jeweils eine stehende Figur zu erkennen ist. Die Attribute dieser beiden Figuren weichen auf den Prägungen voneinander ab. Auf einem 16 v. Chr. in Rom geprägten Denar des L. Vinicius trägt eine der Figuren eine konische Kappe, beide halten einen Bogen in der Hand. Sie sind aus diesem Grund in der Forschung zumeist als Parther identifiziert worden, das abgebildete Monument daher als Partherbogen. 86 Die andauernde Diskussion um dieses Monument unter den Archäologen kann an dieser Stelle nicht im Detail wiedergegeben werden. Festzuhalten bleibt jedoch, dass die Argumente für eine Historizität des Bogens überwiegen. Zwar kann die genaue Form des Monuments durch die voneinander abweichenden Münzdarstellungen nicht endgültig rekonstruiert werden. Für die in diesem Kapitel zu bearbeitenden Fragestellungen sind aber drei Aspekte entscheidend: Es handelt sich zum einen um die Existenz des Bogens als solche, zum anderen um ein Detail, das auf allen Darstellungen übereinstimmt und das auch in der Forschung nicht in Zweifel gezogen wurde – die Triumphalquadriga mit Augustus als Triumphator – sowie um die Tatsache der Anbringung der fasti consulares et triumphales am Bogen.87 Wie bereits erwähnt, war die Durchführung eines tatsächlichen Triumphs nach den Ereignissen des Jahres 20 v. Chr. offenbar in der römischen Öffentlichkeit nicht durchzusetzen bzw. dem princeps aufgrund der Diskrepanz zwischen Erwartungshaltung und Ergebnis nicht opportun erschienen. Dennoch stilisierte sich Augustus mittels der Verwendung der signa-Chiffre sehr wohl als militärischer Sieger. Mag Augustus auf der einen Seite ostentativ Zurückhaltung geübt haben, indem er den Tri-

83 84 85 86 87

Hierzu Nedergaard 1988, 224–230. Für einen Überblick über die Forschungsdiskussion vgl. Rich 1998, 97–107. RIC I2 131 (spanischer Aureus, 18/17 v. Chr.) sowie RIC I2 359 (Denar des L. Vinicius, Rom, 16 v. Chr.). So beispielsweise durch Nedergaard 1988. Dagegen jedoch Rich 1998, 100. An dieser Stelle kann keine eingehende Untersuchung der augusteischen Triumphpolitik erfolgen; hierzu umfassend Kap. VII 2 mit einer Analyse der fasti (S. 342–347). Im Folgenden soll lediglich die Bezugnahme auf den Parthersieg im Mittelpunkt der Überlegungen stehen, wobei ähnlich wie für die Augustusstatue von Primaporta gilt, dass die hier aufgestellten Thesen keineswegs als eine monokausale Erklärung des Partherbogens und vor allem der fasti angesehen werden sollen.

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umph ablehnte, zeigt beispielsweise die Statue von Primaporta, dass im Rahmen der Selbstdarstellung ein anderes Bild gezeichnet werden konnte.88 In dieses Bild fügt sich auch der Partherbogen ein, der die Prämissen der Primaporta-Statue in den öffentlichen Raum übertrug. Eines ist dabei ganz deutlich: Die Errichtung eines Triumphbogens versetzte den „Parthersieg“ – ähnlich wie im Rahmen der Statue von Primaporta – eindeutig in den militärischen Bereich. Ein solches Monument wäre für einen als rein diplomatisch dargestellten Erfolg wohl kaum errichtet worden. Gleichzeitig hebt der Partherbogen einen weiteren Aspekt der Siegesdarstellung verstärkt hervor, der ebenfalls schon bei der Primaporta-Statue vorhanden war: die Personalisierung des Sieges. Charles Brian Rose hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Parther zu beiden Seiten der Triumphalquadriga nicht im ansonsten klassischen Unterwerfungsgestus dargestellt sind, sondern dass es eher so scheint, als akklamierten sie Augustus als Sieger und Triumphator.89 Daraus jedoch den Schluss zu ziehen, die Parther seien hier als Beiträger zur Pax Augusta und der Bogen daher insgesamt als ein Monument dieses neuen, umfassenden und dauerhaften Friedens anzusehen, führt in die falsche Richtung.90 Statt um die Propagierung des Friedens geht es hier vor allem um die Personalisierung des Sieges, um die Inszenierung des princeps und seiner militärischen Sieghaftigkeit im öffentlichsten aller Räume Roms.91 Ob nun die Quadriga des Partherbogens das erste gesicherte Beispiel der Darstellung eines Menschen auf dem Triumphalgespann ist, wie ebenfalls Rose es vermutet, sei dahingestellt.92 Doch allein die Tatsache, dass Augustus der herausgehobene Teil des Bildprogramms des Bogens ist, zeigt die Dimension der Personalisierung, die sich in diesem Monument manifestiert. Verstärkt wird dies noch durch die Triumphalfasten: Durch ihre Anbringung am Bogen wird der Erfolg des Augustus in Beziehung zu den größten militärischen Erfolgen der römischen Geschichte gesetzt: „Auf dem Bogen aber stand die Quadriga mit dem Triumphator Augustus, sinnbildhaft erhoben über alle siegreichen Feldherrn der Vergangenheit.“93 Der princeps reiht sich nicht nur in die Abfolge der großen römischen Feldherren und Sieger ein, sondern übertrifft alles Vorangegangene durch seinen Erfolg und erscheint so als der ultimative Sieger.94 88 89 90 91 92 93 94

Dies entkräftet auch den Einwand, der Triumphbogen habe der Selbstdarstellung des Augustus widersprochen und könne schon allein aus diesem Grund nie errichtet worden sein; vgl. Simpson 1992, 837 sowie Rich 1998, 108. Rose 2005, 33. Ebd. Auch durch weitere Monumente wurde in der Folge dieser Aspekt besonders betont. Das Forum Romanum wurde zum „Repräsentationsplatz der Julier“ (Zanker 2003, 87) und die Sieghaftigkeit spielte dabei eine zentrale Rolle. Rose 2005, 29. Kienast 2009, 206. Rose 2005, 33 bezeichnet folglich die Regelung von 20 v. Chr. als „culmination of all earlier triumphs“. Doch gerade dies zeigt, dass es hier nicht um die Feier des Friedens ging – wie Rose ja vermutet –, sondern um die der militärischen Sieghaftigkeit. Vgl. auch Schipporeit 2008, 126 f., der darauf hinweist, „daß ein ‚normaler‘ Senator mit einem ‚normalen‘ blutigen Sieg an ihr [d. h. der augusteischen Messlatte] scheitern muß“, und daraus den Schluss zieht: „Die Reihe der Triumphatoren läuft letztlich auf den siegreichen Augustus zu, der auf dem Bogen

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Der Partherbogen stellt somit im diskursiven Spannungsfeld zwischen Erwartungshaltung und prinzipaler Selbstdarstellung ein offensives Austesten der Grenzen dar. Zwar trat offiziell der Senat als stiftende Instanz in Erscheinung, war also der Triumphbogen offiziell kein Monument des Augustus, sondern eine Ehrung für den princeps. Gleichwohl darf man annehmen, dass ein solches Monument kaum ohne die Zustimmung des Augustus errichtet werden konnte – und wie der Blick auf das Bildprogramm der Primaporta-Statue verdeutlicht, deckt sich die Aussage des Bogens durchaus mit der Perspektive, die in einem weniger öffentlichen Rahmen zum Ausdruck gebracht wurde. Allerdings stand diese Botschaft in krassem Widerspruch zu den eigentlichen Vorgängen und Ergebnissen des Jahres 20 v. Chr. Gerade durch ihren offensiven Charakter macht sie jedoch deutlich, wo offenbar Kritik am princeps ansetzen konnte: Die militärische persona des Siegers wurde zu einem großen Teil über die Sieghaftigkeit definiert. Folglich musste jeder Kritik an dieser Sieghaftigkeit begegnet werden. Vor diesem Hintergrund war die Aussage des Partherbogens an Deutlichkeit nur schwer zu überbieten. Gleichzeitig zeigt sie jedoch, dass die Kritik am princeps und seiner Sieghaftigkeit ebenso massiv gewesen sein dürfte, und dass die mit den Parthern vereinbarte Regelung keineswegs den Erwartungen der römischen Öffentlichkeit entsprach. Die einzige Antwort, die Augustus offenbar darauf geben konnte, beruhte – in einer dem im höchsten Maße öffentlichen Rahmen geschuldeten, weit offensiveren Weise als bei der Statue von Primaporta – auf einer Militarisierung des Erfolgs und auf einer Personalisierung des Sieges. VI 2.3 Erfolg der Inszenierung? – Augustusforum und Mars-Ultor-Tempel Neben ihrer Darstellung auf dem Panzer der Statue von Primaporta treten die zurückgewonnenen signa an einer weiteren Stelle prominent in Erscheinung. In der bereits zitierten Passage der Res Gestae, in der Augustus über die Feldzeichen berichtet, stellt er fest, er habe die Standarten im Innersten des Mars-Ultor-Tempels aufstellen lassen.95 In der Forschung ist bereits vielfach darauf hingewiesen worden, dass es sich dabei um den Tempel des Gottes auf dem Forum Augustum habe handeln müssen.96 Wie im letzten Kapitel bereits aufgezeigt wurde, verband dieses Monument in besonderer Weise höchste Sichtbarkeit im öffentlichen Raum und die Person des princeps als Stifter. Der Mars-Ultor-Tempel stellte damit in Bezug auf den Kontext der signa gleichsam eine Art Mischform zwischen der Primaporta-Statue und dem Triumphbogen dar.

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über allen als der letzte und der dauernde Triumphator steht. In diesem Sinne erübrigt es sich auch für ihn, den Triumph tatsächlich zu feiern.“ Ebenso Östenberg 2009b, 56. Die Botschaft des Partherbogens setzt jedoch keineswegs voraus, dass die Reihe der Triumphe als solche abgeschlossen ist; hierzu S. 346 f. R. Gest. div. Aug. 29,3. Vgl. u. a. Rich 1998, 79 f. sowie Spannagel 1999, 60 f.

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Da das Bauwerk jedoch erst im Jahr 2 v. Chr. geweiht wurde, ergibt sich die Frage, wo die signa sich in der Zwischenzeit befunden haben mögen. Eine Antwort liefert scheinbar eine Passage bei Cassius Dio, in der dieser schreibt, Augustus habe auf dem Kapitol nach dem Vorbild des Heiligtums für Jupiter Feretrius einen Tempel für Mars Ultor errichtet, der zur Aufnahme der Partherfeldzeichen bestimmt gewesen sei.97 Diese Passage dient in Verbindung mit erhaltenen Münzbildern eines Rundtempels für Mars Ultor, der definitiv nicht dem auf dem Forum entsprechen kann, in der Forschung zumeist als Nachweis für die Historizität des Tempels auf dem Kapitol.98 Dessen ungeachtet wurden jedoch die Dio-Stelle und die Existenz des Tempels selbst oftmals in Zweifel gezogen.99 Mittlerweile scheint sich als Konsens herausgebildet zu haben, dass, selbst wenn der Tempel nicht ausgeführt wurde, er zumindest geplant war. Der Bau wurde demzufolge durch die Planung des Augustusforums mit dem neuen Tempel für Mars Ultor überflüssig.100 Eine endgültige Antwort auf die Frage nach der Existenz des Tempels kann an dieser Stelle nicht gegeben werden. Gerade die Bedeutung, die den signa in Bezug auf die augusteische Selbstdarstellung und im Diskurs mit der senatorischen Oberschicht zukam, legt jedoch nahe, dass gleich nach der Rückkehr des princeps aus dem Osten ein herausragender Aufbewahrungsort geschaffen worden sein muss.101 Vor diesem Hintergrund spricht wenig dafür, dass die Feldzeichen jahrelang übergangsweise im Tempel des Jupiter Feretrius aufbewahrt worden sein sollen, wie es Martin Spannagel für möglich hält.102 Folgt man also Dio – zur Kritik besteht letztlich kein zwingender Anlass –, ist ohnehin die Frage von größerer Bedeutung, was mit einem solchen Tempel auf dem Kapitol ausgesagt werden sollte – unabhängig davon, ob er am Ende ausgeführt wurde oder nicht. In diesem Zusammenhang hat bereits John Rich hervorgehoben, dass die Einrichtung eines Tempels für Mars Ultor auf dem Kapitol zur Aufnahme der signa eine unübersehbare Reminiszenz an den auch von Cassius Dio genannten 97 Cass. Dio 54,8,3. 98 Exemplarisch hierfür Schäfer 1998, 49 mit den entsprechenden Belegen. Eine Übersicht über die Literatur, die für die Historizität des Tempels argumentiert, liefert Rich 1998, 82, Anm. 42 f. 99 Dies jedoch oft mit wenig stichhaltigen Argumenten: So hat bereits Spannagel 1999, 66, Anm. 325 darauf hingewiesen, dass sich unter anderem die Thesen von Smith 1951, wonach Dio die Existenz des Tempels mehr oder weniger erfunden haben soll, als unhaltbar erweisen. Gleiches gilt Spannagel zufolge für die Annahmen von Simpson 1977, 93, der davon ausgeht, Dio habe von der Existenz des Mars-Ultor-Tempels auf dem Forum nichts gewusst; vgl. für einen Überblick über die einschlägige Literatur, die sich gegen die Existenz eines Tempels ausspricht, auch Rich 1998, 82, Anm. 41. 100 Dazu grundlegend Spannagel 1999, 60–70. Ebenso Rich 1998, 86; vgl. zuletzt auch Schmuhl 2008, 170. 101 Zur Datierungsproblematik des Tempels auf dem Augustusforum s. o. S. 171 f. 102 Vgl. Spannagel 1999, 68. Spannagel hält zwar den Beschluss zum Bau eines Tempels auf dem Kapitol, den Dio überliefert, für historisch (66), meldet jedoch zugleich Zweifel daran an, dass er zur Ausführung kam (69). Sollten Spannagels Vermutungen jedoch zutreffen und der Tempel des Jupiter Feretrius tatsächlich als provisorischer Aufbewahrungsort für die signa gedient haben, so könnte man dies sogar als noch eindeutigeren Beweis für ihre Parallelisierung mit den spolia opima ansehen, da sich diese schließlich ebenfalls in dem Tempel befanden.

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Tempel des Jupiter Feretrius darstellt.103 Diesem Gott hatte Romulus die ersten spolia opima geweiht, die Rüstung, die er dem feindlichen König Acron nach seinem Sieg im Zweikampf abgenommen hatte.104 Im Tempel des Jupiter Feretrius auf dem Kapitol sollten auch die folgenden spolia opima geweiht werden. Der Tempel für Mars Ultor stellte eine genau Parallele hierzu da: Dort sollten künftig alle zurückgewonnenen signa ausgestellt werden. Dieser ursprüngliche Plan wurde für den neuen Tempel des Mars Ultor auf dem Augustusforum übernommen: Hier wurden nach seiner Fertigstellung die Partherfeldzeichen ausgestellt und hier sollten alle zurückerlangten signa ihren Platz finden.105 Auch der Romulus-Bezug wurde auf den neuen Tempel und das Forum insgesamt übertragen: Die dort aufgestellte Statue des Romulus zeigte diesen nicht als den mythischen Stadtgründer, der ebenfalls ins Bildprogramm gepasst hätte. Vielmehr wurde Romulus als Träger der spolia dargestellt.106 Den entscheidenden Schritt, der über diesen Befund hinausführt, unternimmt Rich jedoch nicht107: Zu fragen ist an dieser Stelle natürlich, welche Botschaft durch die Parallelisierung von signa und spolia übermittelt werden sollte. Genau wie bei der Statue von Primaporta und beim Partherbogen auf dem Forum Romanum geht es hier wiederum um eine Betonung der militärischen Sieghaftigkeit des princeps. Noch stärker als beim Triumphbogen wird dabei der Sieg über die Parther mittels der signa-Chiffre personalisiert, ja geradezu individualisiert: Die Gleichsetzung der Feldzeichen mit den spolia opima hebt die Rückgewinnung der signa durch Augustus auf eine Stufe mit der höchsten Form individueller militärischer Tapferkeit.108 Die Regelung von 20 v. Chr. entspricht dem Sieg des Romulus im Zweikampf, der princeps selbst hat damit ebenso seine virtus und seine Sieghaftigkeit unter Beweis gestellt wie der Stadtgründer.109 Doch ebenso wie beim Parther103 Vgl. Rich 1998, 91. 104 Zu den spolia opima allgemein vgl. u. a. Rüpke 1990a, 217–223; ausführlich zudem s. u. S. 301–310. 105 Vgl. Ganzert/Kockel 1988, 156 f. Bustany 1994 äußert Zweifel an einer Überführung der Feldzeichen in den Tempel auf dem Forum, ohne dafür jedoch hinreichend stichhaltige Argumente anführen zu können. 106 Hierzu u. a. Spannagel 1999, 132–161, Rich 1998, 95–97 sowie Bringmann/Schäfer 2002, 250 f. Geiger 2008 lässt diesen für das Statuenprogramm zentralen Aspekt vollkommen außer Acht. Die Bezüge zwischen Romulus und Augustus bzw. zwischen den spolia und den signa sind also definitiv vorhanden, auch wenn Schipporeit 2008, 125 darauf hinweist, dass in den fasti triumphales ein Verweis auf die spolia des Romulus fehlt. 107 Sein Kapitel über den Mars-Ultor-Tempel schließt mit der Feststellung, dass es eine solche Parallelisierung gab (vgl. Rich 1998, 97); vgl. auch Flower 2000, 55–58. 108 Unter Umständen sollte daher die Parallelisierung von signa und spolia auch eine Antwort auf die Probleme darstellen, die wenige Jahre zuvor die Affäre um M. Licinius Crassus, den Enkel des von den Parthern getöteten Triumvirn, verursacht hatte; dazu ausführlich Kap. VII 2.1. 109 Martin Spannagel liefert detaillierte Argumente, die für eine Parallelisierung von spolia opima und Partherfeldzeichen sprechen (Spannagel 1999, 224–255). Die hier angesprochene Dimension des signa-spolia-Vergleichs wird dabei zwar erwähnt, tritt jedoch im weiteren Verlauf seiner Überlegungen allzu sehr in den Hintergrund. Nahezu gänzlich vernachlässigt wird sie von Schmuhl 2008, bei der doch gerade der Aspekt der Sieghaftigkeit im Vordergrund stehen sollte. Östenberg 2009b, 62 f. wendet sich gegen eine Parallelisierung von signa und spolia.

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VI. Sieger ohne Krieg – Die Präsentation des „Parthersiegs“

bogen erscheint diese Sieghaftigkeit des Augustus nicht isoliert, sondern wird explizit in Beziehung zu den großen militärischen Erfolgen der Vergangenheit gesetzt: In den Elogien, die unter den Statuen der summi viri angebracht waren, standen eindeutig die militärischen Großtaten im Vordergrund.110 Wenn schließlich das Statuenprogramm wiederum auf den Triumphator Augustus in der Quadriga111 ausgerichtet war, der ebenso wie auf dem Partherbogen der bestimmende Teil der Bildausstattung des Forums war112, so zeigt sich, dass die Aussage, die gleich nach dem Parthersieg gemacht wurde, auch Jahre nach dem Ereignis noch Gültigkeit besaß und mittels der signa-Chiffre sogar nochmals aktualisiert und akzentuiert wurde.113 Doch das Augustusforum und die signa im Tempel spielten nicht nur auf vergangene Siege an. Vielmehr verwiesen sie auch auf die Zukunft.114 Sueton und Cassius Dio überliefern die Bestimmungen, die mit dem neuen Forum verbunden waren: Dementsprechend setzte er fest, daß hier der Senat in Fragen von Kriegen und Triumphen konsultiert wurde, daß diejenigen, die im Begriff waren, mit militärischem Kommando in ihre Provinz aufzubrechen, von hier aus feierlich verabschiedet wurden und die als Sieger Zurückkehrenden ihre Triumphzeichen hierher brachten.115

Diese Regelungen machten das neue Forum „zum Repräsentationsplatz für die ‚Außenpolitik‘, für alles, was mit virtus und Waffenruhm zusammenhing.“116 Mehr noch: Augustusʼ Erfolg wurde gleichsam zum Maßstab für die Zukunft. Jeder Feldherr musste sich fortan mit dem princeps und seinem durch die signa symbolisierten Erfolg messen. Wenn die Sieger im Tempel ihre insignia triumphalia niederleg110 Vgl. Spannagel 1999, 333 f. Als Materialsammlung nützlich ist die Zusammenstellung der Elogien bei Geiger 2008, 117–162. 111 Zur Quadriga s. Kap. V 4.3. 112 Vgl. u. a. Zanker 1968, 25 sowie Rich 1998, 123. Ebenso Ganzert/Kockel 1988, 156. 113 Somit erweist sich die These John Richs, der Tempel auf dem Kapitol sei im Wesentlichen auf einen Senatsbeschluss zurückzuführen, den Augustus als Zurschaustellung seiner Bescheidenheit abgelehnt habe, als nicht haltbar (Rich 1998, 90). Nicht der Senat ist es, der Augustus in die Nähe von Romulus rückt, sondern der princeps selbst. Wenn Rich daher argumentiert, die Botschaften, die durch das Augustusforum und den Mars-Ultor-Tempel vermittelt worden seien, seien nur durch den Anstoß zustande gekommen, den der Senatsbeschluss lieferte (ebd., 97), so ist dem nur schwerlich zuzustimmen. Gerade der Vergleich mit der übrigen Inszenierung des „Parthersiegs“ zeigt deutlich, dass Augustus sicherlich nicht der Anregung durch den Senat bedurft hatte, um die eigene militärische Sieghaftigkeit zu propagieren. 114 Anders Zanker 2003, 198, der allein den Vergangenheitsbezug des Forums hervorhebt. Östenberg 2009b, 68 schlägt die genau entgegengesetzte Richtung ein und sieht in der Hervorhebung der signa eine neue Tradition, die die Weihung der spolia opima ablöste. Dieser These ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, schließlich sollte die erste Weihung der signa im Tempel des Mars Ultor nach dem Willen des princeps tatsächlich den Beginn einer neuen Art von Siegespräsentation darstellen. Beiden Ansätzen muss jedoch entgegengehalten werden, dass die jeweils andere Dimension zu sehr in den Hintergrund gerät. 115 Suet. Aug. 29,2: sanxit ergo, ut de bellis triumphisque hic consuleretur senatus, provincias cum imperio petituri hinc deducerentur, quique victores redissent, huc insignia triumphorum conferrent. Vgl. auch Cass. Dio 55,10,2–5. 116 Zanker 2003, 217.

VI 2 Strategien der Inszenierung

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ten, war im Hintergrund stets sichtbar, dass auch Augustus einen mindestens gleichrangigen – wenn nicht größeren – Erfolg errungen hatte.117 Dietmar Kienast hat vermutet, dass der Hintergrund dieser Bestimmungen der erhoffte Erfolg des C. Caesar über die Parther gewesen sein könnte.118 Zweifellos waren die Weihung des Forums und der Aufbruch des Gaius in den Osten im Jahr 2 v. Chr. zeitlich aufeinander abgestimmt.119 Schon allein die Planung des Feldzugs zeigt, dass Augustus nach 20 v. Chr. nicht eine auf der divisio orbis basierende friedliche Koexistenz mit den Parthern im Sinn hatte, wie dies Holger Sonnabend behauptet.120 Vielmehr lebte sogar das Rachemotiv im Rahmen der Propagierung der Unternehmung wieder auf. So schreibt Ovid: Seht, Caesar schickt sich an, die Welteroberung zu vervollständigen. Jetzt, fernster Orient, wirst du unser sein. Parther, du wirst bestraft werden. Freut euch, ihr bestatteten Helden des Crassus und ihr Feldzeichen, denen Barbarenhände Schimpf angetan haben! Der Rächer ist da, läßt trotz seiner Jugend schon den Feldherrn erkennen und übernimmt als Knabe die Führung eines Krieges, der nicht Sache eines Knaben ist.121

Der neue Feldzug wurde also wieder unter den Vorzeichen geführt, die den Diskurs bereits vor der Rückgabe der signa geprägt hatten. Offenbar stand Ovid nicht im Widerspruch zur offiziellen Sichtweise, als er das Rachemotiv wieder aufgriff.122 Dies legt den Schluss nahe, dass die Inszenierungsstrategie des princeps im Hinblick auf seine eigene Regelung nicht gänzlich von Erfolg gekrönt war. Offenbar galt die Schande von Carrhae durch seinen „Sieg“ in der Öffentlichkeit nicht als gesühnt. Doch mit der Unternehmung des C. Caesar bot sich nun die Möglichkeit, für die Versäumnisse des Augustus auf militärischem Gebiet gleichsam Wiedergutmachung zu leisten, ohne dass dem princeps daraus ein Konkurrent erwachsen würde. Gleichzeitig konnte dieser dadurch auch auf Kritik an der Siegesinszenierung reagieren. Genutzt wurde dabei dieselbe Chiffre, die bereits für die Legitimierung der Handlungen des Augustus herangezogen worden war. Zugleich zeigt die gesamte Programmatik des Augustusforums, dass der princeps selbst den einmal eingeschlagenen Weg fortsetzte: Der eigene Sieg wurde noch immer massiv militarisiert und personalisiert.

117 Zum Forum Augustum und insbesondere den dort aufgestellten bronzenen Ehrenstatuen für Träger der ornamenta triumphalia s. u. S. 351 f. 118 Kienast 2009, 244, Anm. 128. 119 Ebd., 346. 120 Vgl. Sonnabend 1986, 209, der der Unternehmung des Gaius daher auch ihren offensiven Charakter abspricht (ebd., 223). 121 Ov. ars 1,177–182: ecce, parat Caesar, domito quod defuit orbi, / addere: nunc, Oriens ultime, noster eris. / Parthe, dabis poenas; Crassi gaudete sepulti / signaque barbaricas non bene passa manus. / ultor adest primisque ducem profitetur in annis / bellaque non puero tractat agenda puer. Vgl. zur Verarbeitung des Partherthemas durch Ovid Wissemann 1982, 111–123. 122 So auch Kienast 2009, 346.

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VI. Sieger ohne Krieg – Die Präsentation des „Parthersiegs“

VI 3 FAZIT – SIGNA RECEPTA Die Regelung von 20 v. Chr. stellte den princeps vor nicht zu unterschätzende Probleme. Zwar konnte er – anders als seine „ostpolitischen“ Vorgänger Caesar und Antonius – die Rückgewinnung der signa des Crassus und die Rückführung der Gefangenen von Carrhae aufweisen. Doch der Weg, auf dem dieser Erfolg zustande gekommen war, entsprach nicht den Erwartungen der römischen Öffentlichkeit.123 Man forderte einen militärischen Sieg und trug diese Forderung auch an Augustus heran, wie die Dichtung der 30er- und 20er-Jahre deutlich zeigt. Die diskursive Chiffre bildeten dabei die signa.124 An ihre Rückgewinnung knüpften sich alle Erwartungen und es erstaunt daher wenig, wenn Augustus sie bei der Inszenierung des Parthererfolgs in den Mittelpunkt stellte. In der Formulierung Cassius Dios: Augustus nahm sie [d. h. die Feldzeichen] auf eine Art und Weise in Empfang, als ob er den Parther in einem Krieg besiegt hätte; denn großer Stolz erfüllte ihn über seinen Erfolg, wenn er erklärte, daß er das früher einmal in den Schlachten Verlorene kampflos zurückgeholt habe.125

Der Geschichtsschreiber bringt damit die Problematik prägnant auf den Punkt: Augustus konnte nicht für sich in Anspruch nehmen, einen militärischen Sieg errungen zu haben. Dennoch wurde der Erfolg der römischen Öffentlichkeit als ein solcher präsentiert.126 Die Grundlinien der Strategie des princeps lassen sich dabei mit den Begriffen „Militarisierung“ und „Personalisierung“ zusammenfassen. Bei der Präsentation des Sieges reagierte Augustus somit genau auf die Umstände, an denen eine mögliche Kritik des Erfolgs ansetzen konnte: Der princeps stellte seine eigene Sieghaftigkeit, die einen der Grundsteine für die sich im Diskurs konstituierende militärische persona bildete, heraus, indem er die diplomatische Regelung zum militärischen Erfolg stilisierte und sich selbst mit Romulus gleichsetzte, der als erster die spolia opima errungen hatte.127 123 Vgl. Spannagel 1999, 235, der feststellt: „[…] wenn der friedliche Ausgleich als militärischer Sieg gefeiert wurde, so dürfte dies damit zusammenhängen, daß – ungeachtet der weitreichenden Implikationen, die zumal die Feldzeichenrückgewinnung bereits für sich besaß – auch die unerfüllten Siegeserwartungen nicht unberücksichtigt bleiben konnten.“ 124 Es ist somit nicht unbedingt von einer „Diskrepanz“ zwischen den Konzepten einer militärischen Unterwerfung der Parther und der „pragmatische[n] Forderung nach Auslieferung der Feldzeichen und Gefangenen“ auszugehen, wie Spannagel annimmt (vgl. ebd.). 125 Cass. Dio 54,8,2: Καὶ αὐτοὺς ἐκεῖνος ὡς καὶ πολέμῳ τινὶ τὸν Πάρθον νενικηκὼς ἔλαβε· καὶ γὰρ ἐφρόνει μέγα, λέγων ὅτι τὰ πρότερόν ποτε ἐν ταῖς μάχαις ἀπολόμενα ἀκονιτὶ ἐκεκόμιστο. 126 Östenberg 2009b hebt demgegenüber hervor, dass die Rückkehr des Augustus aus dem Osten dezidiert nicht-triumphale Elemente aufwies, die den Zweck verfolgt hätten „to distance his acts from the traditional Republican celebration of conquest.“ (61) 127 Wiesehöfer 2010, 187 stellt treffend fest: „Nur die wirklich politisch Kundigen und die Gegner des Princeps, denen allerdings – anders als Augustus – weder die ‚Macht der Bilder‘ noch die ‚Macht des Wortes‘ eignete, hätten damals deutlich machen können, wie großzügig Augustus in parthischen Angelegenheiten mit der Wahrheit umging bzw. wie gekonnt er Sachverhalte zu verschleiern wusste […].“ Schneider 1986, 94 konstatiert ebenfalls, dass „die auf friedlichem Wege erzielte Einigung von 20 v. Chr. […] in Rom wie ein triumphaler, militärischer Sieg des Kaisers gefeiert“ worden sei, geht dabei jedoch zu wenig auf die Hintergründe dieser Inszenierung ein.

VI 3 Fazit – signa recepta

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In der Forschung wurde die Inszenierung des Parthersiegs oftmals als Beleg dafür angesehen, dass der princeps eine neue Art der Sieghaftigkeit in den Vordergrund habe rücken wollen, die die rein militärische Dimension überstieg. So konstatiert Paul Zanker nach seiner Analyse der Statue von Primaporta: Der Princeps, der dieses neuartige Siegesbild auf seinem Panzer trägt, wird als Sachwalter von Vorsehung und Götterwillen verstanden. Es kommt jetzt nicht mehr auf glanzvolle Taten an. Der Göttersproß garantiert die Ordnung der Welt durch seine bloße Existenz. Dank seiner Ahnen verkörpert sich in ihm das Einvernehmen zwischen Staat und Göttern. Trotz des charismatischen Anspruches, der in dieser Panzerstatue zum Ausdruck kommt, steht sie nicht im Widerspruch zu den vielen Togastatuen mit verhülltem Haupt. Die Sieghaftigkeit des Augustus braucht sich nicht mehr in immer neuen spektakulären persönlichen Leistungen im Kampf zu bewähren, sie ist die Folge seiner engen Verbundenheit mit den Göttern und deshalb eine permanente Qualität.128

Die in den vorigen Abschnitten angestellten Überlegungen haben jedoch gezeigt, dass diese Aussage relativiert werden muss. Gerade am Beispiel des „Parthersiegs“ und seiner Inszenierung lässt sich erkennen, dass es hier nicht so sehr um die Etablierung einer neuen Art von Sieghaftigkeit ging, sondern vielmehr um die Einordnung des Sieges in traditionelle Muster – auch wenn natürlich in diesem Fall das Einordnen dem Sprengen dieser traditionellen Muster gleichkam. Das Beispiel der Primaporta-Statue macht deutlich – auch im Vergleich mit anderen Monumenten, die mit dem Parthersieg verbunden sind –, dass die Ereignisse des Jahres 20 v. Chr. im Rahmen ihrer Ausgestaltung explizit in Beziehung zu früheren und zukünftigen militärischen Erfolgen gesetzt wurden. Selbst wenn sich das Gesamtprogramm der augusteischen Bildersprache durch eine solche „Kosmisierung“ auszeichnet, wie sie Zanker beobachtet hat, darf die hier herausgearbeitete Dimension der augusteischen Sieghaftigkeit nicht unterschlagen werden. Wie seine gesamte militärische persona wurde auch die Sieghaftigkeit des princeps nicht von diesem allein konstituiert, sondern sie ergab sich aus der Reziprozität des Diskurses zwischen princeps und Oberschicht mit seinen unterschiedlichen Erwartungshaltungen, Forderungen, kommunikativen Angeboten und performativen Strategien. Ob im Bereich der innerrömischen Auseinandersetzung oder im Kampf gegen die Feinde des Reiches – die Sieghaftigkeit stellte einen zentralen Aspekt der militärischen persona des ersten princeps dar. Im nächsten Abschnitt wird aus diesem Grund das römische Ritual analysiert, in dessen Rahmen sich militärischer Erfolg manifestierte: der Triumph. Dabei wird vor allem die Art und Weise in den Blick genommen, in der dieses Ritual in die politische Praxis des Prinzipats und den Diskurs über die militärische persona des Augustus integriert wurde, d. h. die augusteische Triumphpolitik.

128 Zanker 2003, 195f.; vgl. auch Boschung 1999, 204f.

VII. TRIUMPHATOR PERPETUUS – AUGUSTEISCHE TRIUMPHPOLITIK Nachdem sich Augustus in den Res Gestae zunächst mit seinen politischen Anfängen und der Art und Weise seines Aufstiegs in die Führungsriege Roms (und über diese hinaus) auseinandergesetzt hat, lenkt er das Augenmerk der Leser schnell auf einen Kernbereich seiner Politik: „Zweimal“, so schreibt der princeps, triumphierte ich in Form der ovatio, dreimal feierte ich den kurulischen Triumph. Einundzwanzig Mal wurde ich zum imperator ausgerufen. Obwohl der Senat noch mehr Triumphe für mich beschlossen hatte, wies ich sie alle zurück. Ich legte den Lorbeer von meinen fasces auf dem Kapitol nieder, nachdem ich die Gelübde, die ich vor jedem Krieg feierlich abgelegt hatte, erfüllt hatte.1

Die Aufzählung der militärischen Ehrungen, die Augustus zuteil wurden, mutet auf den ersten Blick durchaus eindrucksvoll an. Nur wenige Feldherren der Republik konnten sich mit der Anzahl an Triumphen und ovationes messen, die der princeps vorzuweisen hatte. Eine entscheidende Tatsache jedoch wurde durch den Wortlaut der Inschrift verunklart: Alle fünf Siegesfeiern fielen in die Zeit, als der princeps weder diesen Titel noch den Namen Augustus innehatte. Nach seinem dreifachen Triumph im Jahr 29 v. Chr. zog Augustus nie wieder im Triumph in Rom ein, sondern wies alle ihm vom Senat angetragenen Siegesfeiern offiziell zurück. Tanja Itgenshorst hat diesen Sachverhalt prägnant mit den Worten „Der Princeps triumphiert nicht“ überschrieben.2 Gerade vor dem Hintergrund der Bedeutung, die der Dreifachtriumph für die Etablierung der Herrschaft des Augustus hatte, und der zentralen Rolle, die dem militärischen Sieg in der Selbstdarstellung des Augustus während des gesamten Zeitraums seiner Regierung zukam, scheint dieses Motiv des nicht-triumphierenden princeps in höchstem Maße erklärungsbedürftig. Der kurulische Triumph stellte während der Republik einen der zentralen Bezugspunkte des aristokratischen Wertesystems dar.3 Der feierliche Einzug in die 1 2

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R. Gest. div. Aug. 4,1: Bis ovans triumphavi et tris egi curulis triumphos et appellatus sum viciens et semel imperator, decernente pluris triumphos mihi senatu, quibus omnibus supersedi. Laurum de fascibus deposui in Capitolio votis, quae quoque bello nuncupaveram, solutis. Itgenshorst 2008. Lange 2015 betont zu Recht, dass die Entscheidung des princeps, künftig nicht mehr im Triumph in Rom einzuziehen, keineswegs gleichzusetzen ist mit dem Verzicht auf triumphale Symbolik. Er untersucht die Auswirkungen, die der Triumphverzicht des Augustus u. a. auf die Topographie Roms hatte, und kommt zu dem Schluss: „Augustus ʼ refusal of triumph after 29 BCE had implications for his subsequent returns to Rome, but this of course needed to take place without relinquishing a ceremonial entry. Or if this was altogether declined – that is, if he returned at night – the princeps used monumental markers at the main northern and southern entrances of the city. Augustus thus marked the area around the gates as he used them – as markers at the end of his successful journeys.“ (143) Vgl. zur zentralen Rolle des militärischen Sektors, des Triumphs und der virtus im Rahmen der politischen Kultur u. a. McDonnell 2006, Rosenstein 2006a und 1990 sowie Flaig 2004.

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik

Stadt nach einem bedeutenden Sieg über die Feinde Roms wurde als Höhepunkt einer militärischen und politischen Karriere angesehen. Das soziale Prestige, das dem Triumphator aus seinem Erfolg erwuchs, übertrug sich auch auf seine Nachkommen: In der pompa funebris wurden die Triumphatoren einer Familie besonders hervorgehoben, die Erfolge der gens auf diese Weise eindrucksvoll demonstriert und ins Gedächtnis gerufen.4 Aufgrund der enormen Bedeutung, die dieser Zeremonie zukam, hat sich auch die moderne Forschung intensiv mit dem Triumph als Ritual5, seiner rechtlich-politischen Dimension6 und seiner Entwicklung7 auseinandergesetzt. Im Fokus stand dabei allerdings hauptsächlich die Zeit der Republik. Jüngere Arbeiten haben zwar wiederholt auf mögliche Probleme hingewiesen, die eine solche Fokussierung aufgrund der Quellenlage mit sich bringt8; dennoch liegt der Schwerpunkt des Interesses am römischen Triumph auch weiterhin auf der republikanischen Zeremonie.9 Selbst in den Studien, die sich der damit verbundenen Schwierigkeiten bewusst sind, nimmt die Untersuchung des Prinzipats zumeist nur geringen Raum ein.10 Dies mag möglicherweise der Tatsache geschuldet sein, dass die Kaiserzeit im Vergleich vordergründig sehr viel weniger Material – sprich: Triumphe – zu bieten hat; andererseits dürfte auch die Quellenlage eine Rolle spielen, 4

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Flower 1996, 107–109 geht davon aus, dass es im Laufe der späten Republik zu einer Vermischung von Elementen der pompa funebris und des Triumphzuges kam. Im Begräbnis des Augustus sieht sie das Paradebeispiel dieser Entwicklung. Hierzu S. 363–365; vgl. zu diesem speziellen Aspekt zudem die Überlegungen von Flaig 2004, 32–68, die jedoch im Einzelnen einer kritischen Überprüfung nur bedingt standhalten können. So zuletzt Östenberg 2009a. Östenberg unternimmt dabei den Versuch, mittels der Begriffe des Rituals und der Performanz den Sinngehalt des Triumphs eingehender zu ergründen, ebenso wie dies bereits Flaig 2004, Amiotti 2002 und Brilliant 1999 in Ansätzen getan haben. Hierzu u. a. Auliard 2001, die sich vor allem mit den rechtlichen Voraussetzungen für eine Zuerkennung des Triumphs beschäftigt, sowie Bastien 2007. Als grundlegend werden hierfür noch immer die Überlegungen von Versnel 1970 sowie 2006 zu Ursprung und religiösem Charakter des Triumphs angeführt, die jedoch mittlerweile immer wieder überprüft und kritisiert wurden (u. a. bei Rüpke 2008, 2006 und 1990 sowie Beard 2003). Vgl. zu diesen Themen auch Bonfante Warren 1970a und 1970b sowie Amiotti 2001. Itgenshorst 2005, 12 wirft zu Recht die Frage auf, ob sich der kaiserzeitliche Leser der Texte bzw. Betrachter der Monumente, die ihrer Ansicht nach ganz unter dem Einfluss der Machtentfaltung des ersten princeps stehen, überhaupt ein authentisches Bild des republikanischen Triumphs machen konnten. Gleiches gilt natürlich auch für die moderne Forschung, die mit dieser Quellenbasis arbeitet. Beard 2007, 72–106 geht noch einen Schritt weiter, wenn sie darauf hinweist, dass es sich bei den Quellen, die sich mit dem Triumph beschäftigen, und bei literarischen Texten im Allgemeinen immer um Konstruktionen handele, die oftmals über ihr eigentliches Objekt weniger aussagen könnten als über die eigenen Hintergründe. Dies ziehe jedoch das Problem nach sich, dass die moderne Diskussion um den römischen Triumph zumeist auf der Basis eines etablierten Ablaufschemas beruhe, bei dem es sich jedoch ebenfalls zwangsläufig um eine rein idealtypische Konstruktion handele. Auf diese Weise werde der Blick für Dynamiken und Prozesse zugunsten einer so gar nicht nachweisbaren Struktur verstellt (81–85). Dies gilt auch für neuere Darstellungen wie Maiuro 2008 und Pittenger 2008, die sich mit Liviusʼ Darstellungen der republikanischen Triumphdebatten im Senat auseinandersetzt. Itgenshorst 2005 ist vielmehr bemüht, die ihrer Ansicht nach authentischen Elemente des republikanischen Triumphs aufzuzeigen, während Beard 2007 sich auf die Dekonstruktion der etablierten Ansichten konzentriert.

VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik

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da sich die meisten Autoren wie beispielsweise Livius oder Valerius Maximus, selbst wenn ihre Texte erst während des Prinzipats entstanden sind, ebenfalls auf diese Zeit konzentrieren.11 Tatsächlich dürfte für die Vernachlässigung der kaiserzeitlichen Triumphpolitik eine Grundannahme verantwortlich sein, die in nahezu der gesamten Forschung zu diesem Thema mehr oder weniger offen zutage tritt: Die Dynamik auf diesem Gebiet sei spätestens am Ende der Regierungszeit des Augustus zum Stillstand gekommen.12 Die Regelungen des ersten princeps, so der Tenor, seien als finaler Schritt in der Entwicklung des Triumphwesens anzusehen, über den die Kaiserzeit nicht hinausgelangte und auch nicht mehr hinausgelangen musste, da bereits unter Augustus das Potential des Triumphs im Rahmen der Herrschaftslegitimierung voll ausgeschöpft worden sei.13 Diese Regelungen werden im Allgemeinen unter den Schlagworten „Monopolisierung“ und „Perpetuierung“ zusammengefasst.14 Ausgangspunkt für die meisten Überlegungen ist dabei die bereits vielfach hervorgehobene Beobachtung einer offensichtlichen Diskrepanz im augusteischen Umgang mit dem Triumph: Einerseits ist unstrittig, dass nach dem Jahr 19 v. Chr., als L. Cornelius Balbus einen Triumph ex Africa feierte, kein Feldherr triumphierte, der nicht Mitglied des Kaiserhauses war. Andererseits war jedoch im augusteischen Rom tri11

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Hingewiesen werden muss dabei natürlich auf den Bericht über den flavischen Triumph von Flavius Josephus (Ios. bell. Iud. 7,3–7), der eine solche Zeremonie am ausführlichsten beschreibt. Dass es sich dabei gerade nicht um einen republikanischen, sondern um einen kaiserzeitlichen Triumph handelt, zeigt die Berechtigung der oben angeführten Kritik Beards. Interessanterweise wird auch dieser Text jedoch oftmals als Ausgangsbasis für eine Betrachtung des republikanischen Triumphs genutzt, so beispielsweise bei Künzl 1988, der die Kaiserzeit nur hin und wieder erwähnt. Als Beispiel hierfür können die Arbeiten von Balbuza 2002 und 2004 sowie die Ausführungen von Ridley 2005, 60–63 gelten. So u. a. Itgenshorst 2008, 50 f. sowie Sumi 2005, 249 und Künzl 1988, 129. Dass die Vorgänge unter Augustus keineswegs den endgültigen Charakter hatten, der ihnen vielfach unterstellt wird, sondern dass auch die Triumphpolitik der Kaiserzeit von einer steten Dynamik und zahlreichen Innovationen geprägt war, konnten die Beiträge der Konferenz „Der römische Triumph in Prinzipat und Spätantike“ (Berlin, 4.–6. Oktober 2012) aufzeigen. Vgl. exemplarisch Hickson 1991, 138. Die meisten umfangreicheren Werke zu Augustus geben sich damit bereits zufrieden. Wenn beispielsweise in Biographien die augusteische Triumphpolitik überhaupt erwähnt wird (sie ist u. a. bei Bleicken 2010, Levick 2010, Shotter 2005 oder Southern 1998 nahezu völlig außen vor), erfährt sie nur selten eingehendere Beachtung. So heißt es bei Dahlheim 2010, 240 lediglich etwas kryptisch, Augustus trete im Bauprogramm seines Forums als „Vollender des imperialen Erbes der Republik“ auf. Kienast 2009, 178 stellt fest, die „Monopolisierung des Triumphes erlaubte es dem Augustus auch, die Triumphalthematik ganz in den Dienst der monarchischen Propaganda zu stellen.“ Die Frage, wie dies im Einzelnen geschah, welche Prozesse und welche Konflikte dahinter standen, wird im weiteren Verlauf nur vereinzelt angeschnitten. Vgl. auch Eck 2006, 58–60, der ebenfalls nicht genauer auf die Ausgestaltung der Triumphpolitik eingeht, sondern schlicht bemerkt, siegreiche Feldherren hätten nach 19 v. Chr. nur die ornamenta triumphalia erhalten und sich damit zufriedengegeben (ebenso mit Verweis auf die Triumphalfasten Richardson 2012, 111). Auch Syme 2002, 404 erwähnt nur, dass die kaiserliche Familie militärischen Ruhm allein für sich beansprucht und den Angehörigen der Oberschicht daher den Triumph als militärische Ehrung verweigert habe.

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik

umphale Symbolik in einem Maße präsent, wie es nie zuvor der Fall gewesen war.15 Dieser augenfällige Widerspruch insbesondere zwischen dem nicht-triumphierenden princeps und der Omnipräsenz triumphaler Ikonographie könne, so die vorherrschende Forschungsmeinung, nur mit einer substanziellen Bedeutungsverschiebung des Rituals und einer Neuformulierung der damit verbundenen Aussagen bzw. Funktionen erklärt werden.16 Tanja Itgenshorst sieht im Triumph des Tiberius, der im Jahr 12 n. Chr. stattfand, einen Kristallisationspunkt dieser Entwicklungen17: Zunächst zeige sich, dass der Triumph seit 19 v. Chr. nicht nur Angehörigen des Kaiserhauses vorbehalten war, sondern dass durch ihn insbesondere potentielle Nachfolger ausgezeichnet werden sollten.18 Des Weiteren gebe es deutliche Hinweise darauf, daß der Ablauf des Rituals (in der Zwischenzeit oder erst zu dieser Gelegenheit) geändert worden war: Zwar wurde weiterhin ein Triumphator geehrt; dieser huldigte dem Princeps Augustus aber im Ritual selbst in demonstrativer Weise. Der höchste, angesehenste Mann am Tag des Triumphes war nicht der Triumphator, sondern der Princeps.19

Im Triumph komme auf diese Weise ein zentraler Aspekt der augusteischen Politik und Herrschaftslegitimation zum Ausdruck: Zu Zeiten der Republik habe er hauptsächlich dazu gedient, soziale Hierarchien zu stabilisieren. Zwar wurde im Ritual selbst nochmals die herausgehobene Stellung des siegreichen Feldherrn demonstriert; gleichzeitig schwang dabei jedoch stets die Garantie mit, dass der Triumphator nach der Zeremonie wieder ein Teil seines Standes wurde.20 Der Triumph war somit immer untrennbar mit dem jeweiligen Feldzug verbunden. In diese Tradition stellt Octavian Itgenshorst zufolge noch seinen eigenen dreifachen Triumph im Jahr 29 v. Chr.21 Nach dem in der Forschung stets in nahezu jeglicher Hinsicht als „epochal“ erachteten Jahr 27 v. Chr., in dem nicht nur Itgenshorst die zentrale Zäsur im Bereich der augusteischen Triumphpolitik sieht22, habe der princeps damit begonnen, das republikanische Triumphritual seiner Grundbedeutungen zu berauben und es im Sinne einer neuen Ideologie umzuformen. Indem er zum einen den Triumph durch die Einführung der ornamenta tri15 16 17 18 19 20

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Vgl. u. a. Beard 2007, 295 f., Zanker 2003, 85–90 sowie Hickson 1991, 124. Vgl. exemplarisch Itgenshorst 2008, 27. Zum Folgenden ebd., 34. Vgl. auch Hickson 1991, 138. Beard 2007, 296 sieht den Triumph des Tiberius und die folgenden Siegesfeiern während der Kaiserzeit „almost as a coronation ritual.“ Itgenshorst 2008, 34. Vgl. ebd., 27 sowie Itgenshorst 2005, 193–200. Die Figur des Triumphators steht vielfach im Fokus der Untersuchungen über den römischen Triumph. Von Interesse waren dabei bisher besonders der religiöse Aspekt der Zeremonie und die Frage nach einer möglichen Anspielung auf die göttlichen Züge des siegreichen Feldherrn; vgl. für eine Zusammenfassung und kritische Bewertung dieses Themenkomplexes Beard 2007, 226–238 sowie Rüpke 1990a, 230– 234. Vgl. Itgenshorst 2008, 36. Zur Frage nach dem republikanischen Charakter des augusteischen Triumphs s. auch Tarpin 2009 sowie Itgenshorst 2004, auf deren Thesen unten im entsprechenden Abschnitt näher eingegangen wird. Vgl. auch Hickson 1991, 127.

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umphalia als Ersatz für den Triumphzug als solchen entscheidend abgewertet und zum anderen triumphale Elemente aus ihrem rituellen Kontext und damit ihrem militärischen Umfeld herausgelöst habe23, habe Augustus „das Siegesritual in seiner eigentlichen Bedeutung – der Anerkennung und Demonstration von unzweifelhaft erbrachten militärischen Verdiensten – zum Verschwinden“ gebracht24. Den eigentlich notwendigen Schritt weiter geht Itgenshorst jedoch nicht: Eine Antwort auf die Frage, weshalb Augustus den Triumph einer so fundamentalen Wandlung unterzogen haben soll, bleibt sie schuldig. Die naheliegende und – wie oben bereits beschrieben – in der Forschung auch immer wieder angeführte Erklärung, der princeps habe den Triumph dauerhaft für sich monopolisieren wollen, lässt Itgenshorst allerdings explizit nicht gelten: „Im Gegensatz zur Imperatorakklamation, die, vielfach wiederholt, den Anspruch auf das konkurrenzlose imperium des Princeps in vielen Provinzen zum Ausdruck brachte, kam eine perpetuierte Feier des Triumphes durch den Machthaber offensichtlich nicht in Betracht.“25 Diese Aussage steht im Gegensatz zu etablierten Erklärungsansätzen, die genau in einer solchen Perpetuierung des augusteischen Monopols auf den Triumph und das mit ihm verbundene Prestige des Siegers das zentrale Element der augusteischen Triumphpolitik erkennen wollen.26 Unterschiede ergeben sich in der Forschung zumeist nur in der Bewertung der Hintergründe dieser Entwicklung. So werden dem princeps einerseits oftmals rein politisch-pragmatische Absichten unterstellt27: Die dauerhafte Vereinnahmung des Triumphs durch Augustus und seine Familie habe in besonderem Maße dazu beigetragen, potentielle Konkurrenten auszuschalten, denen die Möglichkeit genommen worden sei, selbst durch eine Zurschaustellung ihrer militärischen Sieghaftigkeit ihr Prestige zu erhöhen.28 Die rechtlichen Regelungen, die in der Übernahme des obersten imperium durch den princeps und in der permanenten Hervorhebung der Auspizien des Augustus als Begründung für die Inferiorität anderer Feldherren gipfelten, seien ein probates Mittel gewesen, möglicher Kritik an dieser Taktik zu begegnen.29 Zwar wurde diese Herangehensweise in der Zwischenzeit durchaus in Frage gestellt. Dennoch basieren Überlegungen zur augusteischen Triumphpolitik noch immer im Wesentlichen auf der Untersuchung ihrer rechtlichen Voraussetzungen.30 Die alleinige Fokussierung auf die Ausschaltung potentieller Konkurrenten kann trotzdem keine endgültige Antwort auf die Frage liefern, weshalb der princeps selbst nicht mehr trium23 24 25 26 27 28 29 30

Itgenshorst 2008, 43 f. Ebd., 48. Ebd., 47. Vgl. u. a. Künzl 1988, der seine Betrachtungen der augusteischen Zeit unter die Überschrift „Der ewige Triumphator“ stellt. Auch Hölscher 1967, 161 spricht bereits von der durch Augustus postulierten „Universalität des Sieges“. Vgl. insbesondere Hickson 1991, 138. So bereits Syme 2002, 404 und Eck 1984, 138 f.; vgl. auch Beard 2007, 297. Vgl. hierzu u. a. Richardson 1991, Brunt 1990, 447 f. sowie Girardet 1990 und Beard 2007, 297 f. Vgl. Beard 2007, 298–300, die die Probleme einer rein auf die rechtlichen Aspekte fokussierenden Perspektive aufzeigt, und Itgenshorst 2004, 455.

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phierte. Gerade wenn es allein darum gegangen wäre, den Triumph allein für Augustus und die Angehörigen seiner Familie zu monopolisieren, hätte dieser Schritt seine Wirkung doch nur dann vollkommen entfalten können, wenn der princeps von seinem alleinigen Triumphrecht Gebrauch gemacht und auf diese Weise den Einwohnern Roms diese Tatsache immer wieder vor Augen geführt hätte. In eine andere Richtung weisen dagegen Versuche, die Triumphpolitik des Augustus in eine umfassende Ideologie von Sieg und Frieden einzugliedern31: Jeder Sieg des Augustus sei eng mit seiner Vision der ewigen Sieghaftigkeit und eines daraus entstandenen umfassenden Friedens verbunden, der Triumph daher ein Zeichen für die Herstellung dieses Friedens.32 Das saeculum aureum manifestiere sich in den Siegesfeiern und in der Präsentation des sieghaften princeps, der eben nicht mehr selbst triumphierte, aber als Garant der römischen Sieghaftigkeit und des Goldenen Zeitalters per se angesehen wurde.33 Bildlich sichtbar gemacht wurde diese Ideologie im Augustusforum34: Die Verbindung der Triumphsymbolik mit der Vorstellung von Augustus als dem pater patriae in der Quadriga im Zentrum des Platzes, umrahmt von den kanonisierten summi viri der Republik im Triumphalornat, stellte nach Ansicht zahlreicher Wissenschaftler die ausgeprägteste Form der neuen Triumph- und Friedensideologie dar.35 Die Tatsache, dass das Augustusforum nach seiner Einweihung zum Zentrum der römischen Außenpolitik werden sollte, kann allerdings nur vordergründig in dieses Schema eingepasst werden. Wie an verschiedenen Stellen dieser Arbeit bereits deutlich gemacht werden konnte, spielte in der Tat die Triumphsymbolik eine wesentliche Rolle für das Programm des Forums. Dabei stand jedoch (wie durch die Neubewertung der signa in diesem Kontext gezeigt wurde) keineswegs der Friedensaspekt im Vordergrund, sondern vielmehr eine demonstrative Militarisierung des diplomatischen Erfolges. Angesichts dieser und anderer in den vorangegangenen Kapiteln angeführter Beobachtungen müssen die angesprochenen Denkschemata und damit auch die Perspektive auf die Triumphpolitik des ersten princeps hinterfragt werden. Die Präsupposition „Sieg bedeutet Frieden“ und das Bild des Friedenskaisers im Allgemeinen konnten einer kritischen Analyse nur bedingt standhalten. Stattdessen konnte herausgearbeitet werden, dass das genaue Verhältnis zwischen Sieg und Frieden abhängig vom jeweiligen Kontext und von der spezifischen Botschaft, die innerhalb dieses Kontextes vermittelt werden sollte, stets von Neuem austariert wurde. Der erste princeps war stets darauf bedacht, seine militärischen Errungen31 32 33

34 35

Für eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Paradigma der Pax Augusta s. Kap. V. Vgl. Balbuza 1999, 268 f. Vgl. ebd., 282 f. und 295 sowie – allerdings weit differenzierter – Dahlheim 2010, 396 und Zanker 2003, 195. Sehr kritisch zu diesem Aspekt äußert sich Bleicken 2010, 688 („Freiheitsduselei“). Einen Mittelweg schlägt Bringmann 2007 vor, der betont, dass die Senatsaristokratie zwar das „Bild von Augustus als dem Begründer von Frieden und Wohlstand“ durchaus kritisch rezipiert habe; gleichzeitig sei dabei allerdings ein Bewusstsein für die Unvermeidbarkeit der Entwicklungen, die zur Alleinherrschaft des Augustus führten, durchaus vorhanden gewesen (241 f.). Vgl. Itgenshorst 2004, 458. So u. a. Dahlheim 2010, 241, Balbuza 1999, 286 f. und Künzl 1988, 120 f.

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schaften in einer angemessenen Art und Weise darzustellen. Die Sieghaftigkeit des Augustus war somit eine durchaus eigenständige Größe im politischen Diskurs, deren Bedeutung sich nicht lediglich daraus speiste, dass sie eine notwendige Voraussetzung zur Etablierung einer umfassenden Pax Augusta war. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die traditionellen Erklärungsmuster, die die augusteische Triumphpolitik und das Motiv des nicht-triumphierenden princeps in das Schema der Friedensideologie einzuordnen suchen, als defizitär. Auch für diesen speziellen Bereich muss hinterfragt werden, wie sich diese spezielle Figur in den neu gefassten Themenkomplex einpassen lässt, den die Formel parta victoriis pax in Worte fasste. Die Dynamik des Prozesses, als der die augusteische Triumphpolitik beschrieben werden muss und der sich über die gesamte Regierungszeit des Augustus erstreckte, ist daher von entscheidender Bedeutung. Die Diskussion über die militärische persona des princeps war stets präsent, die Frage nach Augustusʼ militärischen Qualitäten und nach seinem Verhältnis zum Heer wurde permanent aktualisiert. Die Bedeutung, die der Triumph im römischen Gesellschaftssystem einnahm, prädestinierte ihn als ein wesentliches Feld für die Ausgestaltung des Diskurses über die augusteische militärische persona, da hier bereits während der Republik soziale Hierarchien ausgehandelt, politische Aussagen getroffen und Kritik an bestehenden Verhältnissen geübt werden konnten.36 Auf diese Weise, so lässt sich die den folgenden Überlegungen zugrunde liegende These auf den Punkt bringen, bot sich dem princeps und der senatorischen Elite eine gemeinsame Arena, die beide Seiten auf unterschiedlichste Weise nutzten. Erst dadurch konnte sich eine wie auch immer geartete Triumphpolitik herausbilden. Im Folgenden soll an einigen entscheidenden Stationen aufgezeigt werden, wie komplex dieser Prozess war, vor welche Herausforderungen Augustus sich gestellt sah, welche Lösungsansätze er präsentierte und wie die senatorische Oberschicht als primärer Adressat diese Bemühungen rezipierte. Am Ende kann sich daraus eine Perspektive auf den augusteischen Umgang mit dem Triumph ergeben, die differenzierter auf die spezifischen Fragen nach Dynamik, Funktionen und Aussagen, die sich bei diesem Thema stellen, und auf die Komplexität einzugehen vermag, als dies bisher der Fall war. Im Mittelpunkt muss dabei zunächst Augustus selbst als Nicht-Triumphator stehen. Keines der bis zu diesem Punkt vorgestellten Erklärungsmodelle kann eine befriedigende Erklärung auf die Frage liefern, weshalb Augustus die Entscheidung traf, nach seiner dreifachen Siegesfeier im Jahr 29 v. Chr. alle weiteren ihm vom Senat zuerkannten Triumphe abzulehnen. Itgenshorsts Feststellung „Der Princeps triumphiert nicht“ muss vor diesem Hintergrund in eine Frage umgewandelt werden: „Weshalb triumphiert der Princeps nicht?“ Im Rahmen des ersten Abschnitts des folgenden Kapitels soll versucht werden, eine Antwort auf diese für den augusteischen Umgang mit dem Triumph entscheidende Frage zu finden. Im Anschluss daran wird anhand einiger Fallstudien die Funktionsweise der augusteischen Triumphpolitik verdeutlicht. Nur durch eine eingehende Untersu36

Den Aspekt der möglichen Kritik im Rahmen des Triumphs hat Beard 2007 herausgearbeitet.

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chung der entscheidenden Etappen kann der gesamte Entwicklungsprozess in seiner Dynamik nachgezeichnet werden. An den Beispielen des Crassus, des ägyptischen Präfekten Gallus, des letzten, nicht zur Kaiserfamilie gehörigen Triumphators Balbus sowie des Agrippa und des Tiberius werden zu diesem Zweck die Kommunikationsprozesse zwischen princeps und Oberschicht aufgezeigt, die für die Herausbildung der politischen Praxis und den augusteischen Umgang mit dem Triumph von zentraler Bedeutung waren. Zum Abschluss müssen die in der Forschung als zentral angesehenen Elemente dieser Praxis einer eingehenden Betrachtung unterzogen werden: Triumphalfasten und ornamenta triumphalia wurden immer wieder als Kompensationsstrategien für den Wegfall bzw. Bedeutungsverlust des Triumphrituals gedeutet. In diesem Zusammenhang soll zum einen geklärt werden, ob eine solche Bezeichnung zutrifft und wie diese Strategien gegebenenfalls im Einzelnen aussahen bzw. welche Funktionen ihnen im Rahmen der augusteischen Politik und des Diskurses über die militärische persona des princeps zukamen. Dabei wird neben den fasti einmal mehr das Augustusforum mit seinem Bildprogramm zu thematisieren sein. VII 1 DER EWIGE TRIUMPHATOR? Im 53. Buch der Römischen Geschichte berichtet Dio ausführlich über militärische Unternehmungen und Erfolge des princeps in Spanien, Kleinasien und Germanien in der Mitte der 20er-Jahre. Er schließt seinen Bericht mit den Worten: Und so gab er [i. e. Marcus Vinicius] auch Veranlassung, daß Augustus den Titel Imperator erhielt. Ihm wurden nämlich wegen dieses Sieges und der anderen damals errungenen Erfolge sowohl ein Triumph wie auch die entsprechende Bezeichnung zuerkannt. Doch da Augustus den Triumphzug nicht halten wollte, wurde statt dessen ihm zu Ehren in den Alpen ein Triumphbogen errichtet, außerdem erhielt er das Recht, stets am Jahresersten Siegeskranz und Triumphalgewand zu tragen.37

Obwohl also der Senat im Jahr 25 v. Chr. Augustus einen Triumph für die von ihm und seinen Feldherren errungenen Siege zuerkannte, lehnte der princeps diese Ehre für sich ab. Ebenso verhielt er sich Dios Bericht zufolge bei mindestens zwei weiteren Gelegenheiten38: Nach der Rückkehr des Tiberius aus Germanien im Jahr 7 v. Chr. wies Augustus den für ihn beschlossenen Triumph wiederum zurück39 und 37

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Cass. Dio 53,26,4 f.: […] τὸ ὄνομα καὶ αὐτὸς τὸ τοῦ αὐτοκράτορος τῷ Αὐγούστῳ ἔδωκε. καὶ ἐψηφίσθη μέν που καὶ τὰ ἐπινίκια αὐτῷ καὶ ἐπὶ τούτοις καὶ ἐπὶ τοῖς ἄλλοις τοῖς τότε γενομένοις· ἐπεὶ δ’ οὐκ ἠθέλησεν αὐτὰ πέμψαι, ἁψίς τε ἐν ταῖς Ἄλπεσι τροπαιοφόρος οἱ ὠκδομήθη, καὶ ἐξουσία ἐδόθη τοῦ τῇ πρώτῃ τοῦ ἔτους ἡμέρα καὶ τῷ στεφάνῳ καὶ τῇ ἐσθῆτι τῇ νικητηρίᾳ ἀεὶ χρῆσθαι. Vgl. auch Itgenshorst 2008, 36 f. Hickson 1991, 126 und 136 erwähnt die von Dio überlieferten Vorgänge des Jahres 9 n. Chr. nicht, nimmt jedoch an, dass ein Verzicht auf einen Triumph auch nach dem „Parthersieg“ des Jahres 19 v. Chr. erfolgt sein muss (vgl. auch Balbuza 1999, 290 f.). Zu diesem Zusammenhang s. o. S. 260 m. Anm. 41. Cass. Dio 55,6,5 f.: […] καὶ προσέτι καὶ τοῖς ἐπινικίοις ἐσέμνυνεν· αὐτὸς γὰρ ἐκεῖνα μὲν οὐκ ἠθέλησε πέμπψαι, ἐς δὲ δὴ τὰ γενέθλια ἱπποδρομίαν ἀίδιον ἔλαβε. („Überdies erhielt Tiberius

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nach der Niederschlagung des Aufstandes in Pannonien im Jahr 9 n. Chr. akzeptierte er lediglich die Errichtung zweier Triumphbögen in der Provinz40. Ein solches Vorgehen war in Rom bis zu diesem Zeitpunkt äußerst ungewöhnlich. Drei Quellenpassagen befassen sich ausführlicher mit der Ablehnung eines Triumphs durch einen Feldherrn – und sie zeigen beispielhaft, dass unter den Zeitgenossen des princeps keineswegs Einigkeit darüber herrschte, wie man mit einer solchen Ablehnung umzugehen bzw. wie man sie zu bewerten hatte.41 Im Jahr 480 v. Chr. weigerte sich Livius zufolge der Konsul Marcus Fabius Vibulanus, einen Triumph zu feiern, da in der Schlacht sein Bruder und der zweite Konsul den Tod gefunden hatten: Ein bedeutender Sieg war errungen, jedoch auch ein trauriger wegen der beiden so bedeutenden Toten. Als der Senat einen Triumph beschloß, antwortete daher der Konsul, wenn das Heer ohne seinen Feldherrn triumphieren könne, werde er das bei dem außerordentlichen Einsatz in diesem Krieg gerne zulassen. Weil aber seine Familie durch den Tod seines Bruders Q. Fabius in Trauer und der Staat durch den Verlust des einen Konsuls zu einem Teil verwaist sei, werde er den Lorbeer, der durch öffentliche und private Trauer seinen Glanz verloren habe, nicht annehmen. Diese Ablehnung eines Triumphes machte mehr Eindruck als jeder Triumph, der gefeiert worden ist. So kehrt Ruhm, den man zur rechten Zeit verschmäht, zuweilen in reicherem Maß wieder zu einem zurück.42

Die Ablehnung eines Triumphs durch den siegreichen Feldherrn erscheint hier als ein höchst ehrenvoller Akt, der allerdings mit spezifischen Rahmenbedingungen verknüpft wird und seine Wirkung vor allem vor dem Hintergrund der privaten und öffentlichen Trauer entfaltet.43 Augustus berief sich, glaubt man dem Zeugnis Dios, bei seinen Ablehnungen jedoch nicht auf derlei ungünstige Begleitumstände. Dennoch, so scheint die Lektüre der Passage aus dem Geschichtswerk des Livius nahe zu legen, konnte Augustus ein solches Vorbild anführen, um durch die Ablehnung

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noch die Auszeichnung eines Triumphes. Augustus selbst wollte nämlich keinen Triumph abhalten, während er sich das Recht geben ließ, alle seine Geburtstage durch Zirkusspiele festlich zu begehen.“) Cass. Dio 56,17,1 f.: Ἀνήγγειλε δὲ καὶ τότε τὴν νίκην ὁ Γερμανικός, καὶ ἐπ’ αὐτῇ τῷ μὲν Αὐγούστῳ καὶ τῷ Τιβερίῳ τό τε τὸ τοῦ αὐτοκράτορος ὄνομα προσθέσθαι καὶ τὸ τὰ ἐπινίκια πέμψαι, ἄλλαι τέ τινες τιμαὶ καὶ ἁψῖδες ἐν τῇ Παννονίᾳ τροπαιοφόροι δύο ἐδόθησαν (ταῦτα γὰρ ἀπὸ πολλῶν τῶν ψηφισθέντων σφίσιν ὁ Αὔγουστος ἐδέξατο) […]. („Auch bei dieser Gelegenheit meldete Germanicus den Sieg, und deshalb wurde Augustus und Tiberius das Recht verliehen, ihren übrigen Titeln den eines Imperators beizufügen und einen Triumph abzuhalten. Dazu empfingen sie neben anderen Auszeichnungen auch noch zwei Triumphbogen in Pannonien. Diese waren die einzigen von den zahlreichen ihnen zugebilligten Ehren, welche Augustus annahm.“) Zum Folgenden vgl. Beard 2007, 214–218 sowie Lundgreen 2011, 244–246. Liv. 2,47,9–11: Victoria egregia parta, tristis tamen duobus tam claris funeribus. Itaque consul decernente senatu triumphum, si exercitus sine imperatore triumphare possit, pro eximia eo bello opera facile passurum respondit; se familia funesta Q. Fabi fratris morte, re publica ex parte orba, consule altero amisso, publico privatoque deformem luctu lauream non accepturum. Omni acto triumpho depositus triumphus clarior fuit; adeo spreta in tempore gloria interdum cumulatior redit. Lundgreen 2011, 244 sieht hierin den „einzige[n] ‚normale[n]‘ Verzicht“ auf einen Triumph während der Republik.

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weiterer Triumphe neuen Ruhm für sich zu gewinnen. Livius hatte jedoch keineswegs die alleinige Deutungshoheit über diesen Themenkomplex inne.44 In seiner Rede In Pisonem warf Cicero im Jahr 55 v. Chr. dem aus seiner Provinz zurückkehrenden Lucius Calpurnius Piso vor, sich in zahlreichen Punkten nicht so verhalten zu haben, wie es sich für einen heimkehrenden Statthalter gehöre.45 Im Zentrum der Beschuldigungen stand der Umgang Pisos mit dem Triumph – und damit zugleich mit den zentralen Wertvorstellungen der senatorischen Elite. Den Ausgangspunkt der Invektive bildete der Vorwurf, Piso sei nicht in der Lage gewesen, die Möglichkeiten, die ein Kommando in Makedonien tüchtigen Feldherren biete, adäquat zu nutzen: Als ob […] es überhaupt etwas zur Sache täte, durch welches Tor du eingezogen bist, wenn’s nur nicht die Porta triumphalis gewesen ist, die vor dir sonst immer für die macedonischen Statthalter offengestanden hat; du bist der erste, der, mit einem konsularischen Imperium versehen, keinen Triumph aus Macedonien heimgebracht hat.46

Anstatt sich jedoch demütig in die eigene Unzulänglichkeit zu fügen, ging Piso offenbar zu einem Frontalangriff über: „Er erklärt, auf einen Triumph sei er nie erpicht gewesen.“47 Zwar sei, so Cicero weiter, in der Vergangenheit die Jagd nach Triumphen immer wieder vorgeschoben worden, um ein nicht gerechtfertigtes Kommando zu erhalten, was an sich schon schlimm genug sei.48 Doch sogar derlei Entgleisungen könne man akzeptieren, wenn man das Verhalten Pisos dagegen stelle. Um zu demonstrieren, wie unerhört dieses Verhalten sei, legte Cicero Piso unmissverständliche Worte in den Mund:

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An anderer Stelle zeigt Livius demgegenüber deutlich, dass die Ablehnung eines Triumphs durch den Feldherrn insbesondere unter den Rahmenbedingungen der Republik durchaus Probleme verursachen konnte. Der Autor überliefert eine Episode, derzufolge Publius Cornelius Scipio Nasica während einer Debatte um die Zuerkennung eines Triumphs über die boischen Gallier schließlich vorgab, die Siegesfeier abzulehnen. Zur Begründung führte Nasica Livius zufolge an, er sei ohnehin bereits der angesehenste Mann im Staate und benötige daher keinen Triumph mehr. Daraufhin, so heißt es weiter, habe der Senat sofort beschlossen, Nasica den Triumph zuzuerkennen (Liv. 36,40,8–10). Lundgreen 2011, 244 merkt zu dieser Passage an: „Unklar bleibt, wie viel bloße Rhetorik ist, wie ernst die Äußerungen zu nehmen sind. Gerade aber wenn es eine rhetorische Taktik war, ging sie auf, ja musste funktionieren. Hätten sich Einzelne, gar seine (berühmte) Familie angeschlossen und für sich andere Ehren vorgezogen, hätte die Triumphvergabe und damit auch die Macht des Senats, Ehren zu vergeben, Schaden genommen.“ Vgl. hierzu Itgenshorst 2005, 82–88, die jedoch vor allem versucht, aus dieser Passage ex negativo die übliche Vorgehensweise bei der Rückkehr eines Statthalters zu rekonstruieren. Cic. Pis. 55: […] aut ad rem pertineat, qua tu porta introieris, modo ne triumphalio, quae porta Macedonicis semper consulibus ante te patuit; tu inventus es, qui consulari imperio praeditus ex Macedonia non triumphares. Cic. Pis. 56: negavit se triumphi cupidum umquam fuisse. Cic. Pis. 56: saepe enim vidi, qui et mihi et ceteris cupidiores provinciae viderentur, triumphi nomine tegere atque celare cupiditatem suam. („Ich habe es doch oft genug erlebt, daß Leute, die mir und anderen allzu begierig nach einer Provinz erschienen, ihr Ziel hinter dem Worte ‚Triumph‘ versteckten!“)

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Was ist denn schon Großes an diesem Triumphwagen, den an den Wagen gebundenen feindlichen Heerführern, den Städtebildern, dem Gold, dem Silber, den Legaten hoch zu Roß und den Tribunen, dem Gebrüll der Soldaten, dem ganzen Pomp? Glaub mir, das alles sind Nichtigkeiten, kaum mehr als Kinderpossen, nach Beifall zu haschen, durch die Stadt zu fahren, gesehen werden zu wollen. Nichts von alledem hat Bestand, nichts steht in Beziehung zu leiblichem Wohlbefinden.49

Im Vergleich zu einer derart verächtlichen Haltung gegenüber der bedeutendsten Ehrung, die Rom zu vergeben hatte, musste Cicero zufolge sogar das geradezu krampfhafte Suchen nach einer Gelegenheit, diese zu erringen, ehrenhaft erscheinen: L. Crassus, der klügste Mann unseres Gemeinwesens, hat die Alpen beinahe mit der Sonde durchwühlt, um, wo kein Feind war, nach einem Grunde für einen Triumph zu suchen, und die gleiche Gier entflammte einen andern glänzend begabten Mann, C. Cotta, ohne daß ein bestimmter Feind vorhanden war. […] Gebildeter als [M.] Piso, klüger als Cotta, reicher an Einsicht, Verstand und Weisheit als Crassus, verachtest du, was diese „Idioten“, wie du sie nennst, für etwas Herrliches gehalten haben. Wenn du sie tadelst, weil sie sich um den Lorbeerkranz beworben haben, obwohl sie nur unbedeutende oder auch überhaupt keine Kriege geführt hatten, dann hättest du nach Unterwerfung so großer Volksstämme, nach so glänzenden Erfolgen erst recht die Frucht deiner Mühen, den Lohn für die Gefahren, die Kennzeichen der Tüchtigkeit nicht verachten dürfen.50

Natürlich verdeckt der Modus der Invektive hier die Fakten. Es lässt sich kaum mehr rekonstruieren, ob Piso sich tatsächlich so drastisch äußerte, wie Cicero es ihm unterstellt. Doch unabhängig vom tatsächlichen Wortlaut, war die Grundeinstellung, die sich hinter solchen Aussagen verbarg, von äußerster Brisanz – und machte Piso zu einem idealen Ziel der scharfen Zunge Ciceros. Piso, so wollte Cicero seine Hörer glauben machen, hatte gegen die Grundprinzipien der römischen virtus verstoßen und damit seine Standesgenossen beleidigt. Ihm dürfte bewusst gewesen sein, dass er damit einen Nerv getroffen hatte. Denn ob aus tatsäch49

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Cic. Pis. 60: quid tandem habet iste currus, quid vincti ante currum duces, quid simulacra oppidorum, quid aurum, quid argentum, quid legati in equis et tribuni, quid clamor militum, quid tota illa pompa? inania sunt ista, mihi crede, delectamenta paene puerorum, captare plausus, vehi per urbem, conspici velle. quibus ex rebus nihil est, quod solidum tenere, nihil, quod referre ad voluptatem corporis possis. Cic. Pis. 62 f.: L. Crassus, homo sapientissimus nostrae civitatis, specillis prope scrutatus est Alpis, ut, ubi hostis non erat, ibi triumphi causam aliquam quaereret; eadem cupiditate vir summo ingenio praeditus, C. Cotta, nullo certo hoste flagravit. […] tu eruditior quam Piso, prudentior quam Cotta, abundantior consilio, ingenio, sapientia quam Crassus ea contemnis, quae illi ‚idiotae‘, ut tu appellas, praeclara duxerunt. quos si reprehendis, quod cupidi coronae laureae fuerint, cum bella aut parva aut nulla gessissent, tu tantis nationibus subactis, tantis rebus gestis minime fructum laborum tuorum, praemia periculorum, virtutis insignia contemnere debuisti. Dies galt natürlich umso mehr, wenn man Piso mit tatsächlichen erfolgreichen Feldherren verglich, die sich ihren Triumph redlich verdient hatten: Vor dem Angriff auf Piso hatte Cicero in langen exempla-Reihen die großen Triumphatoren der römischen Geschichte Revue passieren lassen und sie in expliziten Gegensatz zu Pisos Verhalten gesetzt. Dabei nahm er die Sichtweise Pisos ein und negativierte hier die exempla der großen Feldherren, um auf diese Weise das Verhalten Pisos noch weiter zu diskreditieren (so u. a. Cic. Pis. 58); vgl. zu den exempla-Reihen der Triumphatoren in den Reden Ciceros auch Itgenshorst 2005, 69–80.

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licher Frustration angesichts seines militärischen Misserfolgs oder als bewusste Provokation: Piso stellte durch seine Verachtung einer zentralen Ehrung und damit einer bedeutenden Ressource im senatorischen Konkurrenzkampf die Grundregeln eben dieses Wettbewerbs um Ehre und Prestige in Frage, wie Mary Beard zu Recht hervorgehoben hat.51 Eine solche Haltung konnte im politischen Diskurs als Argument gegen einen Feldherrn verwendet werden, das seine Wirkung vor allem in Kombination mit dem Stellenwert entfaltete, den der Triumph in der römischen Gesellschaft besaß – und Cicero verstand es, genau diese Karte zu spielen: „Da du aus diesem Quellgebiet, dieser Pflanzschule der Triumphe nur trockene Lorbeerblätter nach Hause brachtest, hast du sie vor dem Tore achtlos liegen lassen und damit selbst über dich das Urteil ‚Schuldig‘ gesprochen.“52 Pisos Haltung war für Cicero folglich nicht nur „unverständlich“, wie Tanja Itgenshorst annimmt, sondern wurde von ihm explizit als schädlich für das römische Gemeinwesen charakterisiert.53 Diese Episode verdeutlicht ein Problem, mit dem sich auch der nicht-triumphierende Augustus auseinanderzusetzen hatte: Der Umgang mit dem Triumph erwies sich aufgrund der zentralen Rolle, die dieser Ehrung im Wertekanon der senatorischen Elite zukam, notwendigerweise als ein äußerst sensibles Feld. Mochte die Ablehnung eines bewilligten Triumphs auch nicht so drastisch sein wie das Verhalten Pisos, so rührte sie doch nicht weniger an die Grundfesten senatorischen Selbstverständnisses. Denn schließlich konnte eine solche Zurückweisung ohne Weiteres als ein Akt der Arroganz gegenüber den peers, die diese höchste militärische Ehrung vergaben, gedeutet werden. Bereits Ciceros Aussagen hatten eine solche Lesweise nahegelegt: „Gewiß zeugt es von Oberflächlichkeit, wenn man leerem Gerede nachjagt und nach jedem Schatten sogar falschen Ruhms hascht; aber berechtigten Ruhm, die ehrenvollste Frucht wahren Mannestums, auszuschlagen, das tut doch nur ein Charakter, der Licht und Glanz scheut.“54 Der positiven Deutung des 51

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Beard 2007, 218: „Cicero was playing to the assumptions about triumphal ambitions among his listeners, and later readers. If the majority of the senate shared aspirations for triumphal glory, to mock someone who did not share those aspirations would have been as distancing of Piso as it was bonding for the collectivity.“ Cis. Pis. 97: ex illo fonte et seminario triumphorum cum arida folia laureae rettulisses, cum ea abiecta ad portam reliquisti, tum tu ipse de te ‚fecisse videri‘ pronuntiavisti. Itgenshorst 2005, 88. Auf einen weiteren Aspekt dieser Affäre weist Meister 2013, 38 hin: „Piso wird einerseits vorgehalten, dass er, obschon Statthalter einer bedeutenden Militärprovinz, keinen Triumph feiern kann und nur in einem informellen adventus in die Stadt einzieht; andererseits ist aber ein adventus nicht einfach ein billiger Ersatztriumph, sondern ein Ritual sui generis, nämlich ein Begrüssungsritual, bei dem Piso gleichfalls versagt, da keine Freunde präsent sind, um ihn zu empfangen. Piso bleibt also – das ist die doppelte Spitze von Ciceros Invektive – nicht nur die offizielle Ehre eines Triumphes versagt, sondern auch die private Ehrerbietung seiner ‚Freunde‘, die ihn desertus ab amicis in die Stadt einziehen lassen.“ Das Motiv der sozialen Ächtung ergänzt folglich in Ciceros Rede den Vorwurf an Piso, sich den zentralen Werten des aristokratischen Konkurrenzkampfes zu verweigern. Vgl. Cic. Pis. 57: nam ut levitatis est inanem aucupari rumorem et omnis umbras etiam falsae gloriae consectari, sic est [levis] animi lucem splendoremque fugientis iustam gloriam, qui est fructus verae virtutis honestissimus, repudiare.

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Triumphverzichts bei Livius stand somit (und zwar bereits vor ihrer Entstehung) eine ihr diametral entgegengesetzte Interpretation gegenüber.55 Das Verhalten des Augustus konnte auf diese Weise vollkommen unterschiedlich bewertet werden und jede Einschätzung konnte sich dabei auf eine gewisse Tradition berufen.56 Die letzte Passage, die die Ablehnung eines Triumphs durch den Feldherrn thematisiert, fokussiert auf eine weitere Facette der Probleme, die sich mit der Zurückweisung eines Triumphs verbinden konnten: In einem kurzen Abschnitt der Facta et dicta memorabilia berichtet Valerius Maximus mit unüberhörbaren Anklängen an Cicero, dass ein gewisser Cn. Fulvius Flaccus die Ehre eines Triumphs abgelehnt, sie gar verachtet habe.57 Tanja Itgenshorst hat dem Autor im Umgang mit diesem Beispiel „eine gewisse Ratlosigkeit“ bescheinigt.58 Und tatsächlich leitet Valerius Maximus das exemplum ein mit der Frage quid facias?. Der Schlüssel zu dieser Episode, so Itgenshorst weiter, sei in den folgenden Ereignissen zu suchen, über die Valerius Maximus schreibt, sie seien durch den Verzicht des Flaccus auf den Triumph bereits vorweggenommen worden: Nach der Rückkehr des Feldherrn in die Hauptstadt sei er in einem öffentlichen Verfahren verurteilt und ins Exil geschickt worden. Auf diese Weise, so befindet Valerius Maximus, habe er seine Unverschämtheit in Bezug auf die Religion gesühnt. Itgenshorst sieht in dieser Formulierung den Sinn der Passage: „Auch hier wird durch die Bestrafung des Unschicklichen der Konsens wiederhergestellt; aus dem exemplum des Triumphverweigerers kann so kein Präzedenzfall für zukünftige Feldherren werden.“59 Das exemplum des Cn. Fulvius Flaccus ist allem Anschein nach eine Erfindung des Valerius Maximus.60 In der Forschung ist die Textstelle vor diesem Hintergrund als Kritik an Augustus und Tiberius gedeutet worden.61 Und tatsächlich: Jedem Leser der Facta et dicta memorabilia muss das Beispiel des Augustus in den Sinn gekommen sein, der in eben jener Art und Weise gehandelt hatte, die Valerius Ma55 56 57

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Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen Ciceros weit mehr als die „bloße Polemik“, als die Lundgreen 2011, 245 sie ansieht. Diesen Sachverhalt übersieht Hickson 1991, 138, wenn sie mit Bezug auf die zitierte Livius-Passage schreibt: „It could have been written of Augustus.“ Val. Max. 2,8,3: Quid facias Cn. Fulvio Flacco, qui tam expetendum aliis triumphi honorem decretum sibi a senatu ob res bene gestas sprevit ac repudiavit, nimirum non plura praecerpens quam acciderunt? nam ut urbem intravit, continuo quaestione publica adflictus exsilio multatus est, ut si quid religionis insolentia commisisset, poena expiaret. Itgenshorst 2005, 184. Ebd. Lundgren 2011, 220 weist demgegenüber darauf hin, dass Valerius Maximus an anderer Stelle den Verzicht des C. Claudius Nero im Jahr 207 ausdrücklich als positives exemplum der Bescheidenheit hervorhebe (Val. Max. 4,1,9). So schreibt der Herausgeber der Loeb-Edition: „But the story of the rejected triumph seems to be garbled: no Cn. Fulvius Flaccus other than the Praetor of 212 is on record and he will not fit.“ Vgl. auch Goldbeck/Mittag 2008, 62 sowie Lundgreen 2011, 220: Tatsächlich hatte sich der historische Cn. Fulvius Flaccus keineswegs durch einen Sieg ausgezeichnet, der ihn zum Triumphator qualifiziert hätte, sondern im Gegenteil im Zweiten Punischen Krieg eine der römischen Niederlagen gegen die Karthager zu verantworten. Auch Itgenshorst 2005, 184 gibt zu bedenken, dass die Episode „durch andere Quellen nicht bezeugt“ werde. Vgl. Goldbeck/Mittag 2008, 62.

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ximus in seinem Text an den Pranger stellte und als einen religiösen Frevel charakterisierte.62 Unabhängig von der Frage, wie Valerius Maximus Augustus nun gegenüberstand63, ist jedoch vor allem die Konstruktionsweise des exemplum von Bedeutung: Quid facias? fragt Valerius Maximus. Was ist mit einem solchen Verhalten anzufangen und wie ist es zu bewerten? Genau diese Frage müssen sich auch die Zeitgenossen des princeps unzweifelhaft gestellt haben, wenn sie die beiden Deutungsmöglichkeiten einander gegenüberstellten, die ihnen durch Cicero auf der einen und den Bericht des Livius auf der anderen Seite zur Verfügung standen. Denn die Ablehnung eines Triumphs durch den Feldherrn war nicht nur „ein vollkommen unverständliches Verhalten“, wie Itgenshorst mit Bezug auf die Valerius-Maximus-Passage feststellt.64 Vielmehr konnte eine solche Geste dem Feldherrn in Anlehnung an Ciceros Vorwürfe gegen Piso explizit negativ ausgelegt werden. Einen vom Senat dekretierten Triumph abzulehnen, den Höhepunkt einer militärischen Laufbahn, den zu erreichen jeder republikanische Feldherr erstrebt hatte, ergab schon aus diesem Grund und noch mehr angesichts der aufwändigen Siegesfeier, die Octavian selbst wenige Jahre zuvor abgehalten hatte, scheinbar keinerlei Sinn – schon gar nicht, wenn der princeps, wie dies im Jahr 29 v. Chr. geschehen war, sein Nahverhältnis zum Heer diesem selbst und der römischen Öffentlichkeit nochmals deutlich hätte vor Augen führen wollen.65 Eine schlichte Aufzählung der Anlässe, bei denen der princeps ihm zuerkannte Triumphe ablehnte, wird der Bedeutung dieses Schrittes folglich in keinem Fall gerecht.66 Das Verhalten des Augustus durchbrach die traditionellen Schemata, die die Grundlage des republikanischen Umgangs mit dem Sieg und seiner Feier bildeten. Der princeps war sich der Risiken, die er damit einging, sicherlich bewusst. Die entscheidende Frage muss daher lauten: Weshalb triumphierte Augustus nicht?67 62 63 64 65

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Vgl. ebd. Vgl. hierzu die entgegengesetzten Positionen von Goldbeck/Mittag 2008 und Engels 2001 sowie Lange 2013, 70–72. Itgenshorst 2005, 184. Stäcker 2003, 405–425, bes. 406 f. weist darauf hin, dass dem Triumphritual gerade aufgrund seiner hochgradig öffentlichen Dimension im Prozess der Festigung dieses Nahverhältnisses eine zentrale Bedeutung zukam. Allerdings geht Stäcker auf das Paradoxon des nicht-triumphierenden princeps, der zugleich den Triumph für sich monopolisieren sollte, nicht weiter ein. Ebensowenig die Feststellung von Ridley 2005, 62: „There seems to be a much simpler explanation. Augustusʼ attempts subsequent to 29 to win further military glory were all miserable failures. Apart from the diplomatic success with Parthia in 20, there was little for which he could properly claim credit. The system he invented to keep his marshals from glory effectively backfired, and applied to himself as well.“ Vgl. auch Beard 2007, 218: „It is, in fact, a powerful marker of the end of the competitive politics of the Republic that the first emperor, Augustus, is able not only to monopolize triumphal glory to himself and his family but also to turn repeated triumphal refusal into a positive political stance.“ Mag diese Feststellung auch zutreffen, so geht Beard wie viele andere der entscheidenden Frage nach den Motiven, die Augustus zu seiner Entscheidung führten, nicht nach. Es muss zudem hinterfragt werden, ob die Ablehnung der Triumphe durch Augustus so uneingeschränkt positiv beurteilt wurde, wie Beard dies hier suggeriert (vgl. auch Lundgreen 2011, 245 f.). Das Fortdauern der ciceronischen Sichtweise im Text des Valerius Maximus sollte dafür sensibilisieren, dass das Potential zur Kritik an der Handlungsweise des princeps durchaus vorhanden war.

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In der Forschung wird die Zäsur in der augusteischen Triumphpolitik zumeist mit dem Jahr 27 v. Chr. verbunden: „The consolidation of Augustusʼ power in January of 27 marks the beginning of a severe restriction of the number of triumphs awarded and of the men admitted to this honor.“68 Der Verzicht des Augustus auf die ihm angetragenen Triumphe wird vor diesem Hintergrund immer wieder als Bescheidenheitsgestus interpretiert, der in Zusammenhang mit anderen demonstrativen Akten des Herrschaftsverzichtes stehen sollte: „Frühere Generationen“, so schreibt beispielsweise Werner Dahlheim über die Rückkehr des Augustus aus Spanien und Gallien, „hätten den Prokonsul, der die Provinzen des Westens befriedete und neu ordnete, mit einem Triumphzug belohnt. Diese Ehre hatte Augustus jedoch schon im Jahre 25 abgelehnt und diese Geste ostentativer Bescheidenheit auch künftig gepflegt.“69 Wenn die Handlungsweise des princeps als „bewußte Zurückhaltung“70 charakterisiert wird, ergeben sich daraus jedoch gewisse Probleme: Der Terminus „Bescheidenheit“ erweist sich als nicht zutreffend für die Beschreibung des augusteischen Umgangs mit dem Triumph. Der dreifache Triumph wurde durch eindrucksvolle Monumente, umfangreiche Münzserien und die Verarbeitung des Ereignisses in den literarischen Quellen gezielt immer wieder ins Gedächtnis der römischen Öffentlichkeit gerufen. Zugleich weist die unbestreitbare und bereits vielfach hervorgehobene Tatsache der Omnipräsenz triumphaler Symbolik in Rom darauf hin, dass das Potential, das das Ritual im Hinblick auf das zu gewinnende Prestige zu bieten hatte, keineswegs aufgegeben werden sollte. Im Gegenteil: Wenn Augustus im selben Rahmen, in dem er die Feier eines Triumphs ablehnte, gleichzeitig immer wieder Ehrungen annahm, die mit dem Triumph verbunden waren und die ihn weit über alle anderen Feldherren und über die Angehörigen der senatorischen Elite hinaushoben, so konnte dies sicher nicht als Geste der Bescheidenheit oder des Herrschaftsverzichts gedeutet werden.71 Die Zurückweisung der Triumphe durch den princeps lässt sich vor diesem Hintergrund nur schwer in ein Schema der immer wieder geübten demonstrativen recusatio imperii einordnen, wie Itgenshorst dies impliziert – zumal die Tragfähigkeit eines solchen Konzepts für eine Analyse des augusteischen Prinzipats generell in Frage gestellt werden muss.72 68 69 70

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Hickson 1991, 127; vgl. auch Itgenshorst 2008, 36 sowie Balbuza 1999, 270. Dahlheim 2010, 254. Itgenshorst 2008, 40. Vgl. Girardet 1993, 213: „Sie [d. h. die abgelehnten Triumphe] sind gleichzeitig ohnehin ein Bekenntnis zu der das traditionelle Bild vom idealen Politiker erfüllenden moderatio, jener Tugend der Selbstbeschränkung, die einen wichtigen Zug der politischen Mentalität in Rom bzw. ihrer für die Öffentlichkeit bestimmten Präsentation darstellt […].“ Diese Ansätze verlieren jedoch aus dem Blick, dass keine der zu Beginn dieses Abschnittes untersuchten Quellen die moderatio als Begründung für eine positive Bewertung des Triumphverzichts anführt. Vgl. Hickson 1991, 131: „His acceptance of and participation in these particular honors and ceremonies shows that it was only the triumphal procession and not the image of triumphator which Augustus sought to avoid.“ Itgenshorst 2008, 44, Anm. 76 verweist in diesem Zusammenhang auch auf Huttner 2004, der jedoch bezeichnenderweise den Verzicht auf die Durchführung von Triumphen nicht in seine Aufzählung der Verzichtsgesten aufnimmt.

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Von einer durch Gesten des Herrschaftsverzichts angestrebten Wiedereingliederung des Augustus in das politische System der Republik kann gerade auf diesem Gebiet folglich keine Rede sein – zumal sie aufgrund der Gegebenheiten auch gar nicht ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Der princeps war stets darauf bedacht, den militärischen Sektor uneingeschränkt zu kontrollieren, und auf dieser Kontrolle basierte, wie er bereits in seinem Triumph deutlich gemacht hatte, seine Macht. Das Ritual war nach dem Sieg im Bürgerkrieg eindrucksvoll dazu instrumentalisiert worden, die Ausnahmestellung Octavians der römischen Öffentlichkeit vor Augen zu führen. Zugleich mussten die Umgruppierung der Marschordnung und die dahinter verborgene Aussage in den Augen der senatorischen Elite eine deutliche Provokation darstellen. Da jedoch sowohl der princeps wie auch der Senat in der Folge auf die gegenseitige Zusammenarbeit angewiesen waren, mochte es wenig opportun erscheinen, diese gezielte Provokation zu wiederholen – was bei einer Durchführung des Triumphrituals mit der geänderten Prozessionsordnung, unweigerlich der Fall gewesen wäre. Zudem waren ja gerade die 20er-Jahre gekennzeichnet durch die Suche nach einer für alle akzeptablen Stellung des princeps im Staat, ohne dass dieser gezwungen war, den Oberbefehl über die Streitkräfte und damit seine reale Machtgrundlage aufzugeben.73 Die verschiedenen Konstruktionen, die insbesondere 27 und 23 v. Chr. entwickelt wurden, machen deutlich, dass das Problem der faktischen Ausnahmestellung des Augustus nicht auf einen Schlag gelöst werden konnte. Die Durchführung eines Rituals, in dem zentrale Fragen wie der Verlust des imperium thematisiert wurden, hätte sich daher äußerst kontraproduktiv auswirken können.74 Vor diesem Hintergrund erscheint auch ein weiterer Erklärungsansatz, der in der Forschung diskutiert wurde, problematisch: die Parallelisierung des Augustus mit Romulus, der ebenfalls drei Triumphe feierte.75 Es ist unstrittig, dass die Figur des Romulus im augusteischen Prinzipat eine bedeutende Rolle spielte76: Als pater patriae und Erneuerer Roms stand der erste princeps in unmittelbarer Nachfolge zum Stadtgründer.77 Insbesondere in den Jahren des Bürgerkriegs lassen sich im73

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Der Hinweis von Hickson 1991, 137, dass die einzigen Triumphatoren, die mehr als drei Siegesfeiern abhielten, allesamt Diktatoren waren, gewinnt vor diesem Hintergrund an Bedeutung. Ihre Schlussfolgerung, der princeps habe sich damit in eine spezifisch republikanische Tradition stellen wollen, lässt sich jedoch nicht aufrecht erhalten (vgl. auch Girardet 1993, 213 sowie Östenberg 2009b, 61 f., die jedoch konträr zu Hickson eine bewusste Tendenz des Augustus zur Abkehr von der republikanischen Präsentationsweise militärischer Sieghaftigkeit postuliert). Itgenshorst 2008, 47 f. verweist darauf, dass die Durchführung von Triumphen für Siege, die nicht Augustus selbst, sondern seine Feldherren errungen hatten, bei den Truppen auf Unverständnis hätten stoßen können. Dabei ist jedoch anzumerken, dass die Soldaten keineswegs die primäre Adressatengruppe des Triumphrituals darstellten. Vgl. Hickson 1991, 137, Lange 2009, 149 sowie Balbuza 1999, 289 und Girardet 1993, 213. Vgl. hierzu u. a. Evans 1985, 240–266, Fugmann 1990, 100 m. Anm. 9, Martin 1994, 405–411, Ungern-Sternberg 1998 sowie Ver Eecke 2008, 445–486, Kienast 2009, 93, Anm. 45 mit einem Überblick über die entsprechende Forschungsliteratur und Spannagel 1999, 177–205 mit ausführlichen Quellenbelegen. Zu Romulus als pater patriae und Gründerfigur vgl. u. a. Weinstock 1971, 175–199 sowie Alföldi 1971, 14–39.

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mer wieder Versuche der Anknüpfung an Romulus feststellen: So wurde bereits der Antritt des ersten Konsulats im Jahr 43 v. Chr. zum Anlass genommen, durch den Bericht über die zwölf Geier, die Octavian erschienen seien, Verbindungslinien herzustellen und an das augurium des Romulus zu erinnern. Das im Jahr 36 v. Chr. neu errichtete Haus auf dem Palatin gegenüber der angeblichen Hütte des Romulus rückte Octavian auch räumlich in die Nähe des Stadtgründers. Es ist also durchaus möglich, im Dreifachtriumph des Jahres 29 auch eine Anspielung auf den ersten König Roms zu sehen.78 Zugleich konnte sich dies jedoch als Ansatzpunkt möglicher Kritik erweisen: In der politischen Propaganda und der Literatur seit dem 2. Jh. erscheint Romulus keineswegs nur als positive Figur.79 Im Gegenteil wurde der erste König in der Historiographie immer wieder als Prototyp des Tyrannen vorgestellt, der schließlich von den Senatoren ermordet worden sein soll.80 Vor allem der Mord an seinem Zwillingsbruder Remus, der beispielsweise von Horaz zum Urbild des Bürgerkriegs stilisiert wurde, rückte Romulus ins Zwielicht.81 Für Octavian, der seinen Machtanspruch ja gerade dadurch legitimierte, die Bürgerkriege zu einem dauerhaften Ende gebracht zu haben, konnte daher eine allzu umfassende Angleichung an Romulus Probleme nach sich ziehen.82 Folgerichtig überliefert Dio, dass im Jahr 27 v. Chr. auf eine explizite Gleichsetzung schließlich verzichtet wurde: Als man ihn nämlich mit einem besonders ehrenden Titel anzusprechen wünschte und die einen diesen, die anderen jenen Vorschlag brachten und seine Wahl befürworteten, da war Caesar sehr geneigt, den Namen Romulus anzunehmen, doch als er bemerkte, daß dies ihn dem Verdachte aussetzte, nach dem Königtum zu streben, erhob er keinen Anspruch mehr darauf und nahm den Titel Augustus an […].83

Die Figur des Romulus entfaltete in der Folge ihr Potential für Augustus in einer ganz spezifischen Art und Weise, die in der Statue des Stadtgründers auf dem Augustusforum ihre augenfälligste Ausprägung fand: Romulus wurde hier aller Wahrscheinlichkeit nach als jugendlicher Krieger mit den spolia opima dargestellt.84 In Kombination mit der Statue des Aeneas in der gegenüberliegenden Galerie bildete 78 79 80 81

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Vgl. Ungern-Sternberg 1998, 173. So stellt beispielsweise Ovid in den Fasti (2,133–144) Romulus und Augustus explizit einander gegenüber; vgl. hierzu ebd., 167 f. sowie Ungern-Sternberg 1993, 107 f. Vgl. u. a. Plut. Pompeius 25,4 sowie zur Ermordung des Romulus Plut. Numa 2,2 f. und Liv. 1,16. Vgl. auch Fugmann 1990, 141, Anm. 18 mit einem Überblick über weitere Quellen und Angaben zur älteren Forschungsliteratur sowie Ver Eecke 2008, 222–239. Vgl. Cic. off. 3,41 sowie Hor. epod. 7,17–20 (hierzu s. o. S. 73). Gerade in der Zeit des Übergangs zwischen Republik und Prinzipat sind Bemühungen erkennbar, Romulus von der Schuld des Brudermordes zu befreien. So wird beispielsweise die Figur des Celer in die Romulus-Legende eingearbeitet, der als Mörder des Remus identifiziert wird (vgl. hierzu Fugmann 1990, 89–92 m. Anm. 50 u. 54 und Ver Eecke 2008, 193–222). Vgl. Martin 1994, 408–411; dagegen Ungern-Sternberg 1998, 175 f. Cass. Dio 53,16,7 f.: βουληθέντων γάρ σφων ἰδίως πως αὐτὸν προσειπεῖν, καὶ τῶν μὲν τὸ τῶν δὲ τὸ καὶ ἐσηγουμένων καὶ αἱρουμένων, ὁ Καῖσαρ ἐπεθύμει μὲν ἰσχυρῶς Ῥωμύλος ὀνομασθῆναι, αἰσθόμενος δὲ ὅτι ὑποπτεύεται ἐκ τούτου τῆς βασιλείας ἐπιθυμεῖν, οὐκέτ’ αὐτοῦ ἀντεποιήσατι, ἀλλὰ Αὔγουστος […]. Vgl. hierzu Zanker 2003, 204–213 sowie Spannagel 1999, 132–161.

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er damit Paul Zanker zufolge zwei zentrale Leitmotive augusteischer Bildersprache ab: „Dem Bild der Bewährung in Leid und Not stand ein Bild des Triumphes, dem exemplum pietatis ein exemplum virtutis gegenüber.“85 Insbesondere im Umgang mit den spolia opima wurde Romulus auf diese Weise zu einer Bezugsgröße für den ersten princeps.86 Es mag daher naheliegen, eine solche Verbindung auch im Rahmen der Triumphpolitik anzunehmen: Augustus habe sich mit seinen drei Triumphen Romulus als dem Prototypen des siegreichen Römers angleichen wollen und aus diesem Grund auf die Durchführung weiterer Triumphe verzichtet. Allerdings ergibt sich aus einer solchen Annahme ein grundlegendes Problem: Die Überlieferung nennt keine Gelegenheit, bei der Romulus einen Triumph abgelehnt hätte. In dieser Hinsicht schied er also als Vorbild für das Verhalten des ersten princeps aus. Mehr noch: Wurde Romulus zu einem exemplum virtutis stilisiert, so hat die Betrachtung der spätrepublikanischen und frühkaiserzeitlichen Quellen aufgezeigt, dass die Ablehnung eines Triumphs geradezu als Anti-exemplum gedeutet werden konnte, als Gegenbild zum idealen Römer, der nach Siegen und militärischem Ruhm strebt. Mag also der Hinweis auf die Romulus-imitatio zwar für eine Analyse des Dreifachtriumphs im Jahr 29 v. Chr. möglicherweise aufschlussreich sein, so ist er nur bedingt dazu geeignet, das Problem des nicht-triumphierenden Augustus zu lösen. Angesichts solcher Überlegungen spricht viel dafür, die eigentliche Zäsur im Umgang des princeps mit dem Triumph zu einem anderen Zeitpunkt anzusetzen: Die Regelungen, die im Rahmen des sogenannten „Staatsaktes“ vom Januar 27 v. Chr. entwickelt wurden, hatten schwerlich einen direkten Einfluss auf die Entscheidung des Augustus, künftig nicht mehr als Triumphator aufzutreten. Vielmehr lässt sich argumentieren, dass diese Entscheidung bereits unmittelbar nach dem dreifachen Triumph Octavians getroffen worden sein muss. Den Schlüssel für das Verständnis der Figur des nicht-triumphierenden princeps stellen dieses spezifische Ritual und die damit verbundenen Botschaften dar87: Octavian hatte deutlich gemacht, dass er durch seinen Sieg im Bürgerkrieg eine im wahrsten Sinne des Wortes außerordentliche Machtposition errungen hatte. Die Magistrate, die im Triumphzug hinter dem Wagen des Siegers in die Stadt einzogen, symbolisierten die neuen politischen Kräfteverhältnisse in Rom. Octavian ließ sich nicht mehr in ein Schema einordnen, in dem der Triumphator nach dem Ende der Siegesfeier wieder (obgleich in herausragender Stellung als Ex-Triumphator) in die Senatsaristokratie integriert wurde. Die res publica, repräsentiert durch ihre Amtsträger, empfing nicht länger den siegreichen Einzelnen in ihrer Mitte, sondern reihte sich in dessen Siegeszug ein, wurde von diesem angeführt. Die Positionierung der Magistrate an der Spitze des Heeres führte zudem deutlich vor Augen, dass Octavian seine Machtansprüche im Wesentlichen auf das Nahverhältnis zu den Soldaten gründete. Die Änderung, die Augustus an dieser entscheidenden Stelle des Rituals vornahm, war somit von enormer Aussagekraft. Stellt man also die Überlegung an, weshalb 85 86 87

Zanker 2003, 206. Vgl. auch Ungern-Sternberg 1998, 179–181. Hierzu S. 271. Hierzu im Einzelnen Kap. III 2.1.

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der princeps nicht mehr triumphierte, so muss dies zugleich die Frage aufwerfen, wie ein solcher Triumph hätte aussehen sollen. Grundsätzlich hätten sich dabei zwei Möglichkeiten ergeben: Zum einen hätte man einen traditionellen Triumph feiern und auf die hinter dem Wagen laufenden Magistrate verzichten können; zum anderen hätte man den Ablauf des Dreifachtriumphs zum Maßstab für künftige Triumphe machen können. Beide Varianten hätten jedoch angesichts der weit in die Zukunft weisenden Wirkmächtigkeit des Dreifachtriumphs gewisse Probleme mit sich gebracht. Die Durchführung dieses Rituals in der von Octavian festgelegten Art und Weise schuf und versinnbildlichte Tatsachen, die ein Zurück nicht mehr erlaubten. Die Gelegenheit, diese nach dem Dreifachtriumph getroffene Entscheidung vor der römischen Öffentlichkeit demonstrativ in Szene zu setzen, ergab sich einige Zeit später: Ende 25 v. Chr. kehrte Augustus aus den spanischen Provinzen nach Rom zurück. Bereits kurze Zeit nach dem „Staatsakt“ zwei Jahre zuvor hatte sich der princeps dorthin begeben, um persönlich die militärischen Aktionen im Krieg gegen die Kantabrer zu leiten.88 Florus gibt in seiner Livius-Epitome einen kurzen Überblick über die Aktionen, die unter dem Kommando des princeps durchgeführt wurden und schließt seinen Bericht mit der Feststellung: „Bald darauf führte er persönlich die Barbaren von ihren Bergen hinab, verpflichtete sie sich durch Geiseln und verkaufte sie nach dem Kriegsrecht in die Sklaverei.“89 Obgleich in der Forschung wiederholt und zu Recht darauf hingewiesen wurde, dass man für eine Rekonstruktion des Ablaufs der Operationen nicht auf das in chronologischer Hinsicht unergiebige Zeugnis des Florus zurückgreifen könne90, gibt die zitierte Passage dennoch die Stoßrichtung der Unternehmung treffend wieder, indem Florus den Fokus auf die persönliche Beteiligung des princeps an den Operationen legt. Über die Motive, die Augustus dazu bewegten, den Spanien-Feldzug zu unternehmen, ist aus den Quellen keine endgültige Klarheit zu erlangen. Walter Schmitthenner hat in einer einflussreichen Studie einen Zusammenhang zwischen dem Unternehmen und der innenpolitischen Situation in Rom hergestellt und die These aufgestellt, Augustus habe durch seinen Aufbruch nach Spanien vor allem Konflikten mit einer noch immer vorhandenen senatorischen Opposition in der Hauptstadt aus dem Weg gehen wollen. Begründet habe er dies mit dem Mandat, das ihm im Rahmen des „Staatsaktes“ vom Januar 27 v. Chr. übertragen worden war: „Formell verließ Augustus in nichts als gehorsamer Erfüllung des ihm zuteilgewordenen Auftrags die Hauptstadt. Das Bild des sich bis zur Erschöpfung um seine provincia bemühenden Statthalters ist es demnach, das die Quellen, sicherlich nicht ohne Augustus’ literarischen Einfluß, von ihm zeichnen.“91 Dabei habe der princeps keineswegs von Beginn an das Ziel einer umfassenden Eroberung der nordwest-spanischen Ge88 89 90 91

Vgl. Gruen 1996, 163–166; grundlegend zu Vorbereitung und Verlauf der militärischen Operationen ferner (mit teils abweichenden Ergebnissen) Schmitthenner 1962 sowie Syme 1979e. Flor. 2,33,52: Mox ipse praesens hos deduxit montibus, hos obsidibus adstrinxit, hos sub corona iure belli venundedit. Zur Quellenproblematik vgl. Schmitthenner 1962, 54–57 sowie Syme 1979e, 833–835. Schmitthenner 1962, 53.

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biete verfolgt, sondern sich zunächst primär um die administrative Organisation der spanischen Provinzen gekümmert, während man für den eigentlichen Feldzug der „Vorstellung eine mehr akzidentiellen Entstehung“ folgen müsse.92 Auch in der weiteren Forschung ist immer wieder hervorgehoben worden, dass der Feldzug in Spanien vor allem die Funktion erfüllt habe, der römischen Öffentlichkeit vor Augen zu führen, dass Augustus das ihm aufgetragene Pazifizierungsprogramm ohne Aufschub durchzusetzen gedachte: „The Princeps responded to the call of duty.“93 Vor dem Hintergrund der in den letzten Kapiteln angestellten Überlegungen lässt sich die augusteische Motivation jedoch möglicherweise noch etwas präziser fassen, als es bisher zumeist der Fall war: In der Vorbereitung des Feldzugs setzte der princeps ein wirkmächtiges Zeichen, indem er den nach dem Sieg bei Actium geschlossenen Janus-Tempel wieder öffnen ließ.94 Für John Rich symbolisierte dieser Akt den expliziten Startpunkt des augusteischen Pazifizierungsprogramms.95 Doch obwohl dies in formaler Hinsicht zutreffen mag, ging der symbolische Wert der Öffnung weit darüber hinaus. Die Schließung des Tempels war einer der Marksteine, die der römischen Öffentlichkeit den Sieg Octavians im Bürgerkrieg vor Augen führte – und damit, wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde, auch das Ende der innerrömischen Auseinandersetzungen. Wenn nun die Tore wieder geöffnet wurden, so konnte dies nicht nur als Signal dafür gedeutet werden, dass der princeps seine Pflichten erfüllte. Vielmehr lösten diese Geste und das darauf folgende Unternehmen in Spanien das zentrale Versprechen des Augustus ein, Krieg von nun an nicht mehr gegen römische Bürger, sondern gegen die Gegner des Imperiums zu führen. Gerade vor einem solchen Hintergrund erwies sich die persönliche Anwesenheit des Augustus auf dem Kriegsschauplatz als höchst bedeutsam und es verwundert daher kaum, wenn dieser Aspekt bei der Präsentation des Sieges in Rom in den Vordergrund gerückt wurde: Der Sieger im Bürgerkrieg widmete sich von nun an wieder den eigentlichen Aufgaben eines römischen Feldherrn, nämlich dem Kampf gegen externe Gegner. Um diese Botschaft zu verbreiten, nahm man offenbar sogar eine nicht zu übersehende Diskrepanz zwischen Anspruch und tatsächlichen Ergebnissen der Präsenz des Augustus in Spanien in Kauf. Denn wie in der Forschung korrekterweise wiederholt betont wurde, konnte von einem endgültigen Sieg über

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Ebd., 50. Syme 1979e, 825; vgl. auch Bartenstein 2014, 120–123, Kienast 2009, 352 sowie Rich 2009, 146 f., der feststellt: „Spain was thus an appropriate choice for the start of Augustus’ pacification programme. Rather than embarking at once on great new conquests, as the public expected, he turned instead to a region which had long formed part of the empire, but whose pacification had never been completely achieved.“ (147) Vgl. Oros. 6,21,1: […] aperuit Iani portas atque in Hispanias ipse cum exercitu profectus est. Zur Rolle des Janus-Tempels im Rahmen der Präsentation und Aufarbeitung des Sieges bei Actium s. o. S. 117 f. Vgl. Rich 2009, 146; Schmitthenner 1962, 53 sieht darin das Bemühen des princeps, „seine prokonsularische Funktion, […] seine Unentbehrlichkeit“ hervorzuheben.

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die Kantabrer und Asturer keine Rede sein.96 Vielmehr flammten nach der Abreise des princeps aus der Provinz sofort wieder Aufstände gegen das römische Regime auf, die erst Agrippa im Jahr 19 v. Chr. endgültig beenden konnte.97 Dennoch wurden – ebenso wie später im Falle des „Parthersiegs“ – die Ereignisse als großer militärischer Erfolg präsentiert, der sich insbesondere der persönlichen Leitung der Unternehmung durch Augustus verdankte. Zwar hat Paul Zanker angemerkt, dass dieser Krieg im augusteischen Bildprogramm nur wenig Widerhall gefunden hat.98 Daraus jedoch abzuleiten, dass der spanische Feldzug nur eine geringe Bedeutung im Regierungsprogramm des princeps innehatte, wäre irreführend: So nahm Augustus allem Anschein nach seine achte Akklamation zum Imperator an und ließ auch die Pforten des Janus-Tempels wieder schließen. Der „Sieg“ in Spanien wurde auf diese Weise gleichgesetzt mit dem bis dato größten militärischen Erfolg des Augustus: dem Sieg über Antonius und Kleopatra. Der princeps ging sogar noch einen Schritt weiter: Der Kantabrische Krieg bildete Sueton zufolge den Abschluss der Autobiographie99 und auch in den Res Gestae hob der princeps diesen Erfolg noch besonders hervor.100 Angesichts dieser Tatsachen kann es nicht verwundern, dass dem siegreichen Feldherrn auch ein Triumph zuerkannt wurde – und umso bezeichnender ist es, dass Augustus diesen erstmals ablehnte. Florus führt diesen Triumphverzicht des princeps auf dessen außerordentlichen Charakter zurück: „[…] Caesar Augustus war so groß, dass er es verschmähte, durch Triumphzüge verherrlicht zu werden.“101 In der Forschung ist diese Begründung zu Recht als unbefriedigend abgelehnt worden. Doch sind die vorgeschlagenen Alternativen ebenso kaum dazu angetan, die Bedeutung dieses Aktes zu erfassen. Denn während John Rich sich auf die Feststellung beschränkt, Augustus habe dadurch eine Praxis begonnen, die er während seiner gesamten Herrschaftszeit aufrechterhalten habe, so kann Walter Schmitthenner nur resigniert feststellen: „Warum er ihn nicht feierte, ist unbekannt. Krankheit konnte jederzeit echter oder vorgeblicher Grund sein.“102 Vor dem Hintergrund der bis hierher angestellten Überlegungen kann jedoch die Frage, weshalb Augustus den Triumph ablehnte, eindeutig beantwortet werden: Augustus handelte explizit gegen die bisher gängige Praxis. Allein in den Jahren zwischen 43 und 26 v. Chr. hatte der 96 Vgl. u. a. Kienast 2009, 353–355 sowie Bringmann 2007, 138 f., der möglicherweise nicht zu Unrecht konstatiert, dass das Bild des erfolgreichen Siegers durch den langwierigen und schwierigen Krieg in Spanien neue Kratzer erhalten haben müsse: „Alles in allem müssen die kriegerischen Ereignisse der Jahre 26 bis 24 die überspannten imperialen Erwartungen der römischen Öffentlichkeit enttäuscht haben. Augustus kehrte nicht als strahlender Kriegsheld im Jahre 24 nach Rom zurück […].“ 97 Bezeichnenderweise lehnte Agrippa den Triumph, der ihm auf Initiative des Augustus hin für seinen Erfolg zuerkannt wurde, ab; zu den Vorgängen und ihrer Bedeutung im Rahmen der augusteischen Triumphpolitik s. u. S. 328–334. 98 Zanker 2003, 189. 99 Suet. Aug. 85,1; vgl. hierzu Rich 2009, 157–161 100 R. Gest. div. Aug. 26,2 und 29,1. 101 Flor. 2,33,53: […] iam tantus erat Caesar, ut triumpho augeri contemneret. 102 Schmitthenner 1962, 62; vgl. Rich 2009, 152 f.

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spanische Kriegsschauplatz nicht weniger als sechs Triumphatoren hervorgebracht. Wenn Augustus nun den ihm zuerkannten Triumph ablehnte, so schuf er damit unhintergehbare Tatsachen und schrieb die Entscheidung, die nach dem Dreifachtriumph im Jahr 29 v. Chr. getroffen worden sein muss, ein für allemal fest. Der Akt des demonstrativen Triumphverzichts trug somit der Entscheidung Rechnung, die die in jeder Hinsicht außergewöhnliche Siegesfeier nach dem Bürgerkrieg dem Triumphator abverlangt hatte. Die Durchführung des Rituals wäre, wie oben geschildert, mit spezifisch ritualtechnischen und zugleich ungemein wirkmächtigen Problemen verbunden gewesen und musste aus diesem Grund vermieden werden. Dabei ist es von zentraler Bedeutung zu betonen, dass der princeps sicherlich nicht auf das militärische Prestige verzichten wollte, das der (vorgegebene) Erfolg mit sich brachte. Denn obwohl er den Triumph als solchen ablehnte, akzeptierte er mindestens eine nicht minder herausragende Ehrung, die seine Sieghaftigkeit immer wieder in den Fokus rückte: Dem Bericht des Cassius Dio zufolge erhielt Augustus das Recht, künftig jeweils am ersten Tag des Jahres im Triumphalornat aufzutreten.103 Die hier beschriebenen Ereignisse lassen sich somit als zweiter entscheidender Schritt auf dem Weg der Etablierung des nicht-triumphierenden princeps beschreiben, während die in der Forschung immer wieder konstatierte Zäsur des Jahres 27 v. Chr. sich als Konstrukt erweist. Auch in einer zweiten Hinsicht kann das Jahr 25 v. Chr. als ein Schlüsseldatum der augusteischen Triumphpolitik angesehen werden: Das Zentrum des republikanischen Triumphs war unbestreitbar der siegreiche Feldherr.104 Zwar wohnte dem Ritual stets auch ein integratives Element inne, indem der Triumphator nach Beendigung des Rituals wieder in die Gruppe seiner senatorischen Standesgenossen eingegliedert wurde.105 Doch während der Zeremonie lag der Fokus eindeutig und ausschließlich auf der militärischen Sieghaftigkeit des Feldherrn. In dieser Hinsicht ergab sich für Augustus nach dem Jahr 25 ein entscheidendes Problem: Von diesem Zeitpunkt an zog der princeps nicht mehr selbst ins Feld, stand er nicht mehr als Feldherr persönlich an der Spitze eines Heeres. Die Kämpfe fochten nun die Legaten unter seinen Auspizien aus. Waren also die Siege zwar formal Augustus zuzuschreiben, wie es wohl auch durch die wiederholte Annahme des imperator-Titels demonstriert werden sollte, so musste jedem Beobachter ebenso deutlich vor Augen stehen, dass der princeps diese Siege nicht persönlich errungen hatte.106 Schließlich weilte er während eines Großteils der militärischen Unternehmungen seiner Lega103 104 105 106

Cass. Dio 53,26,5. Vgl. Rüpke 1990a, 230–234. Vgl. hierzu auch Itgenshorst 2005, 195 f. Vgl. Meister (im Druck): „Den Princeps als Triumphator zu inszenieren, wenn er selbst nicht aktiv gesiegt hatte, hätte Anlass zu Kritik bieten und damit kontraproduktiv sein können. Da war es tendenziell besser, gar niemanden triumphieren zu lassen.“ Itgenshorst 2008, 47 f. stellt fest: „Wenn anstelle eines in einer Provinz des Reiches siegreichen Befehlshabers nun jedesmal der Princeps selbst in Rom triumphiert hätte, so hätte vermutlich das Risiko bestanden, daß zumindest dessen Truppen, die die direkten Zeugen der Erfolge gewesen waren, damit unzufrieden gewesen wären. Möglicherweise wäre dann die Frage nach der tatsächlichen militärischen Befähigung des Princeps vor einer breiteren Öffentlichkeit gestellt worden.“

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ten in Rom. Angesichts einer solch offensichtlichen Diskrepanz zwischen der Erwartungshaltung, die an das Triumphritual gekoppelt war, und der Realität konnte es nur kontraproduktiv sein, eine Zeremonie durchzuführen, in welcher der siegreiche Feldherr so eindeutig im Mittelpunkt stand. Wie hätte man der römischen Öffentlichkeit glaubhaft vermitteln sollen, dass Augustus als Anführer des siegreich zurückkehrenden Heeres den Erfolg über auswärtige Feinde persönlich errungen hatte, wenn er Rom nicht einmal verlassen hatte? Hinzu kam ein weiteres Problem, das der spezifische Charakter des Rituals aufwarf: Selbst wenn die Legaten des princeps kein eigenständiges imperium besaßen, waren sie es, die das Heer in der Schlacht befehligt hatten und die es nun in die Stadt zurückführten. Wenn Augustus als alleiniger Triumphator aufgetreten wäre, wo hätte man dann den Feldherrn platziert, der den Sieg tatsächlich errungen hatte? Offenbar überwogen diese potentiellen Ansatzpunkte einer Kritik an der militärischen Leistung des princeps die möglichen Schwierigkeiten, die sich aus einer Ablehnung des Triumphs ergeben konnten. Zusammenfassend lässt sich somit an dieser Stelle festhalten, dass Augustus nach seinem dreifachen Triumph nicht mehr triumphieren konnte. Seine eigene Siegesfeier hatte einen rigiden Rahmen vorgegeben, in dem sich die Figur des Triumphators Augustus bewegen musste. Die künftige Durchführung des Rituals in der einen oder anderen Weise hätte zwar den militärischen Ruhm des Augustus erhöhen können, dabei aber gleichzeitig neue Probleme mit sich gebracht und wäre auf diese Weise für die Herrschaftsdarstellung des princeps geradezu dysfunktional gewesen. Die Entscheidung, keine Triumphe mehr zu feiern, erscheint aus diesem Grund durchaus folgerichtig.107 Die Schwierigkeiten, die sich mit der Durchführung eines Triumphs verbunden hätten, wogen sicherlich schwerer als die mögliche Kritik, die sich in den Quellen niedergeschlagen hat. Dennoch – das muss an dieser Stelle betont werden – konnte Augustus auch aus diesem Grund nicht auf das Potential verzichten, das der Triumph für die Zurschaustellung persönlicher virtus und militärischer Sieghaftigkeit zur Verfügung stellte. Erst vor dem Hintergrund der Unmöglichkeit augusteischer Triumphe werden der von Tanja Itgenshorst beschriebene Prozess der Trennung von Ritual und Symbolik und deren Omnipräsenz vollkommen verständlich.108 Das von Frances Hickson diagnostizierte Paradoxon lässt sich auf diese Weise auflösen.109

107 Vgl. Beard 2007, 301, die die These anführt, Augustus habe die Ambivalenz und das Kritikpotential, das jedem Triumph inhärent sei, wahrgenommen und aus diesem Grund die Feier eigener Triumphe abgelehnt bzw. die Triumphe von Familienmitgliedern auf ein Minimum beschränkt. 108 Vgl. Itgenshorst 2008, 48 f. 109 Vgl. Hickson 1991, 124.

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VII 2 AUGUSTEISCHE TRIUMPHPOLITIK ALS AUSHANDLUNGSPROZESS Aus den vorangegangenen Überlegungen ergibt sich in methodischer Hinsicht für die Verwendung des Begriffs der „Monopolisierung“ eine entscheidende Schlussfolgerung: Ein zentraler Punkt, in dem sich eine Monopolisierung des Triumphs durch Augustus hätte manifestieren können, fiel vollkommen weg.110 Der Unterschied zwischen Augustus und den Mitgliedern der römischen Senatsaristokratie bestand gerade nicht darin, dass von nun an der eine triumphierte, während dies den anderen versagt war. Selbstverständlich ändert dies nichts an der bereits oftmals hervorgehobenen Tatsache, dass nach der Siegesfeier des Cornelius Balbus im Jahr 19 v. Chr. niemand mehr triumphierte, der nicht Angehöriger der kaiserlichen Familie war.111 Der Triumph, so wurde verschiedentlich konstatiert, sei in der Folge zu einem reinen Instrument dynastischer Politik geworden, in dessen Rahmen es allein darum gegangen sei, potentielle Nachfolger auszuzeichnen und der römischen Öffentlichkeit zu präsentieren.112 Eine solche Perspektive kann jedoch suggerieren, dass es sich beim augusteischen Umgang mit dem Triumph um eine Politik „aus einem Guss“ gehandelt habe, dass der Weg hin zum monopolisierten Triumph bereits von Anfang an vorgezeichnet gewesen sei und dass man diesen Weg gleichsam wie einen linearen Prozess nachverfolgen könne.113 Im Folgenden soll die Ansicht vertreten werden, dass der Prozess, der schließlich zur Monopolisierung führte, weit komplexer war. Dabei ist es angesichts der Figur des nicht-triumphierenden princeps zunächst notwendig, die möglichen Ziele des Augustus im Umgang mit dem Triumph näher zu definieren. Will man den Terminus der „Monopolisierung“ weiterhin für eine Beschreibung der augusteischen Triumphpolitik verwenden, so ist es notwendig, ihn spezifischer zu fassen, als dies gemeinhin der Fall war: Ziel war nicht die alleinige Möglichkeit, Triumphe durchzuführen – davon machte Augustus aus den oben beschriebenen Gründen nachvollziehbarerweise keinen Gebrauch. Vielmehr musste es dem princeps darum gehen, den Triumph in seine Verfügungsgewalt zu überführen. Mochte er dieses Ziel zwar bereits nach dem dreifachen Triumph des Jahres 29 v. Chr. verfolgt haben, so darf man daraus jedoch nicht schließen, dass die weitere Entwicklung der augusteischen Triumphpolitik gleichsam unausweichlich auf diesen Endpunkt zuführte. Dies mag in einer zusammenfassenden Rückschau womöglich so erscheinen. Dabei gerät jedoch aus dem Blick, dass die Arbeit am Triumph während der gesamten Herrschaft des Augustus, d. h. über mehrere Jahrzehnte hinweg, einen permanenten Bestandteil der Politik des 110 111 112 113

Itgenshorst 2008, 47 lehnt aus diesem Grund den Begriff als solchen ab. Vgl. u. a. Hickson 1991, 128. Vgl. Balbuza 2002 sowie Hickson 1991, 138 und Itgenshorst 2008, 43. Vgl. insbesondere Hickson 1991, 138: „In sum, it is clear from this new presentation of the evidence, Augustus deliberately pursued a coherent political program in his handling of triumphs, both his own and those of other men.“ Ähnlich auch Itgenshorst 2008, 43: „Zusammenfassend läßt sich sagen, daß sich die Haltung des Princeps gegenüber dem Triumphritual seit dem Jahr 27 zu wandeln begann und daß dieser Wandel in den folgenden Jahrzehnten bis zu Augustusʼ Tod konsequent fortgesetzt wurde.“

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ersten princeps bildete. Um den augusteischen Umgang mit dem Triumph zu verstehen, darf man nicht vom Ergebnis ausgehen, sondern muss diesen Weg genauer nachzeichnen und prinzipiell davon ausgehen, dass er zunächst zumindest in der Praxis und unabhängig von den Intentionen der Beteiligten, die dabei durchaus in eine bestimmte Richtung weisen konnten, ergebnisoffen war.114 Im Folgenden sollen aus diesem Grund die entscheidenden Stufen dieses Weges nachgezeichnet werden. Am Ende steht der Versuch, ein Gesamtbild der augusteischen Triumphpolitik zu zeichnen, das das Element der Prozesshaftigkeit stärker in den Blick nimmt, als dies bisher geschehen ist. VII 2.1 Crassus und Gallus – Sieghaftigkeit als Problem Kurz nach dem prachtvollen dreifachen Triumph des Siegers im Bürgerkrieg und im Krieg gegen Kleopatra muss in Rom eine Nachricht eingetroffen sein, die Aufsehen erregt haben dürfte: M. Licinius Crassus, Enkel des gleichnamigen Triumvirn und als Prokonsul Statthalter der Provinz Macedonia, hatte auf dem Balkan einen äußerst erfolgreichen Feldzug geführt und den Stamm der Bastarner unterworfen. Doch damit nicht genug: Crassus hatte dem Bericht des Cassius Dio zufolge zudem den Bastarnerhäuptling Deldo im Zweikampf eigenhändig getötet und ihm die Rüstung abgenommen. Diese Rüstung, so fährt Dio fort, hätte Crassus „als spolia opima dem Iuppiter Feretrius geweiht, wenn er Oberbefehlshaber gewesen wäre.“115 Diese etwas kryptische Formulierung bildet einen der Ansatzpunkte für eine intensive Forschungsdiskussion über die Affäre um Crassus und seine spolia opima. Dabei ist nahezu kein Aspekt dieser Vorgänge unhinterfragt geblieben und es wurden diverse Lösungsansätze für die Frage präsentiert, weshalb Crassus schließlich die Weihung der spolia opima nicht vollzog.116 Angesichts der Prominenz dieser Episode ist es verwunderlich, dass sie in Arbeiten zur Triumphpolitik des princeps zwar erwähnt wird, zumeist jedoch nur eine Randnotiz bleibt.117 Eine lediglich kursorische Ab114 Vgl. Eck 1999, 223: „Der Triumph wurde sein [i. e. Augustusʼ] faktisches ‚Reservatrecht‘, selbst wenn er nach einem konkreten Sieg persönlich keinen Triumph feierte. Dieses ‚Reservatrecht‘ wurde, entgegen manchen modernen Vorstellungen, jedoch nicht durch einen Rechtsakt geschaffen, sondern ergab sich aus der Macht des Faktischen.“ Diese Feststellung kann dazu dienen, das grundsätzliche Problem der Forschung zum augusteischen Umgang mit dem Triumph zu verdeutlichen: Selbst wenn Eck vollkommen zu Recht die „Macht des Faktischen“ in den Mittelpunkt stellt, vernachlässigt auch er den Aspekt der Prozesshaftigkeit. 115 Cass. Dio 51,24,4: καὶ τόν γε βασιλέα αὐτῶν Δέλδωνα αὐτὸς ὁ Κράσσος ἀπέκτεινε· κἂν τὰ σκῦλα αὐτοῦ τῷ Φερετρίῳ Διὶ ὡς καὶ ὀπῖμα ἀνέθηκεν, ἔιπερ αὐτοκράτωρ στρατηγὸς ἐγεγόνει. 116 Vgl. Dessau 1969. Aus der mittlerweile nahezu unüberschaubaren Anzahl an Arbeiten, die sich aus den verschiedensten Perspektiven mit Crassus und den spolia opima beschäftigen, seien an dieser Stelle nur einige Aufsätze neueren Datums angeführt, die jeweils einen ausführlichen Überblick über ältere Arbeiten geben: Kehne 1998, Rich 1996, Flower 2000, Tarpin 2003 sowie Rocco 2003. 117 Vgl. Itgenshorst 2008, 29 f., die lediglich den Triumph anführt und kurz auf die vorangegangenen Konflikte um die spolia opima verweist. Ähnlich Hickson 1991, 128, auf deren Anmerkungen noch zurückzukommen sein wird. Auf den möglichen Zusammenhang der Affäre um die

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handlung wird der Bedeutung der Crassus-Affäre für den Umgang des Augustus mit dem Triumph jedoch keineswegs gerecht, wie im Folgenden deutlich gemacht werden soll. Es erscheint daher angezeigt, den Vorgängen der Jahre 29–27 eine wichtigere Rolle einzuräumen, als dies bisher in Arbeiten zum augusteischen Triumph der Fall war. Den Grundstock für eine Auseinandersetzung mit Crassus und den spolia opima bilden noch immer die wegweisenden Überlegungen von Hermann Dessau. Dieser hatte die Episode zum Ausgangspunkt für seine Beschäftigung mit dem Verhältnis zwischen Augustus und dem Historiker Livius gemacht und dabei festgestellt: Augustus konnte es nicht gleichgültig sein, wenn ein ruhmgekrönter Feldherr, der noch dazu der Sprößling einer der berühmtesten und politisch am meisten hervorgetretenen Adelsfamilien der Republik war und außerdem bis vor kurzem auf der Seite der Gegner des Augustus, erst des Sex. Pompeius, dann des M. Antonius, gestanden hatte, wie ein neuer Romulus in Rom einzog.118

Aus diesem Grund, so Dessau, habe Octavian die Weihung der spolia durch Crassus verhindern müssen. Seine Strategie habe Einzug in das Geschichtswerk des Livius gefunden: Livius berichtet im vierten Buch über die Weihung der spolia opima durch A. Cornelius Cossus. Dabei gibt er zunächst zu Protokoll, dass als spolia opima nur solche Beutestücke gelten würden, die ein römischer dux, der unter eigenen auspicia gekämpft habe, dem feindlichen Anführer abgenommen habe. Des Weiteren führt er aus, dass Augustus ihm von einer Entdeckung berichtet habe, die er selbst im Tempel gemacht hatte. Demzufolge sei Cossus bei der Weihung seiner spolia opima Konsul gewesen, wie Augustus auf dem leinenen Brustpanzer des getöteten Königs Lars Tolumnius gelesen habe. Allerdings, so räumt Livius selbst ein, widerspreche dies sowohl seiner eigenen Darstellung wie der seiner Quellen. Und dennoch sei es geradezu frevelhaft, wenn er Cossus seines Titels, den Augustus selbst bezeugt habe, berauben würde.119 Man merke, so analysiert spolia opima des Crassus und die Entwicklung der augusteischen Triumphpolitik weist auch Flower 2000, 50 hin. 118 Dessau 1969, 3. 119 Liv. 4,20,5–11: Omnes ante me auctores secutus, A. Cornelium Cossum tribunum militum secunda spolia opima Iovis Feretrii templo intulisse exposui; ceterum, praeterquam quod ea rite opima spolia habentur, quae dux duci detraxit, nec ducem novimus, nisi cuius auspicio bellum geritur, titulus ipse spoliis inscriptus illos meque arguit consulem ea Cossum cepisse. Hoc ego cum Augustum Caesarem, templorum omnium conditorem aut restitutorem, ingressum aedem Feretrii Iovis, quam vetustate dilapsam refecit, se ipsum in thorace linteo scriptum legisse audissem, prope sacrilegium ratus sum Cosso spoliorum suorum Caesarem, ipsius templi auctorem, subtrahere testem. Quis ea in re sit error, quod tam veteres annales quodque magistratuum libri, quos linteos in aede repositos Monetae Macer Licinius citat identidem auctores, decimo post demum anno cum T. Quinctio Poeno A. Cornelium Cossum consulem habeant, existimatio communis omnibus est. […] Ea libera coniectura est, sed, ut ego arbitror, vana; versare in omnes opiniones licet, cum auctor pugnae recentibus spoliis in sacra sede positis Iovem prope ipsum, cui vota erant, Romulumque intuens, haud spernendos falsi tituli testes, se A. Cornelium Cossum consulem scripserit. („Im Anschluß an alle Geschichtsschreiber vor mir habe ich angegeben, daß A. Cornelius Cossus als Militärtribun die zweite erbeutete Feldherrnrüstung in das

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Dessau, dieser „gewundenen Auseinandersetzung die Verlegenheit an, in der er [i. e. Livius] sich befand […].“120 Denn dass Octavian, der zu diesem Zeitpunkt den ihm von Livius bereits zugeschriebenen Augustusnamen noch nicht führte, seine Entdeckung passenderweise gerade zu dem Zeitpunkt zu Protokoll gegeben habe, als die Frage nach den spolia opima durch den Erfolg des Crassus wieder an Bedeutung gewann121, entlarve dies als ein äußerst durchsichtiges Manöver: Auf diese Weise, so folgert Dessau, habe man rechtfertigen können, Crassus die Weihung der spolia zu verweigern.122 Dessaus Überlegungen bilden noch über hundert Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung die Grundlage für eine Auseinandersetzung mit der Affäre um Crassus und die spolia opima.123 Dessau hatte bereits mehrere zentrale Fragen angesprochen, die in der Forschung seitdem immer wieder unter den verschiedensten Gesichtspunkten behandelt wurden. An dieser Stelle kann nicht weiter auf das Verhältnis des Livius zu Augustus eingegangen werden124, ebensowenig auf die genaue Stellung des Cornelius Cossus125. Von Belang ist jedoch die Frage, ob Crassus zur Weihung der spolia opima berechtigt gewesen wäre oder nicht. In der Forschung

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Heiligtum des Jupiter Feretrius gebracht hat. Aber abgesehen davon, daß zu Recht als erbeutete Feldherrnrüstung nur gilt, was ein Feldherr einem Feldherrn genommen hat, und wir als Feldherrn nur den anerkennen, unter dessen Auspizien der Krieg geführt wird, bezeugt die Inschrift, die auf der Rüstung angebracht ist, gegen jene und gegen mich, daß Cossus sie als Konsul genommen hat. Als ich hörte, Augustus Caesar, der Gründer und Erneuerer aller Heiligtümer, habe, als er den Tempel des Jupiter Feretrius besuchte, der infolge seines hohen Alters verfallen war und den er wiederherstellen ließ, selbst gelesen, daß es so auf dem Leinenpanzer stand, hielt ich es fast für ein Sakrileg, dem Cossus für die von ihm erbeutete Rüstung einen Zeugen wie Caesar, den Schirmherrn dieses Tempels, vorzuenthalten. Wo hier der Irrtum liegt, wenn sie alte Geschichtswerke und wenn das auf Leinen geschriebene Beamtenverzeichnis, das im Tempel der Moneta aufbewahrt wird und das Macer Licinius immer wieder als Quelle anführt, A. Cornelius erst neun Jahre danach mit T. Quinctius Poenus als Konsul bringen, darüber mag sich jeder sein eigenes Urteil bilden. […] Eine Folgerung daraus steht frei, aber sie ist, wie ich glaube, gegenstandslos; man kann alle Meinungen zurückweisen; immerhin hat der, der den Kampf geführt hat, sich, als er die frisch erbeutete Rüstung an heiliger Stätte niederlegte, mit dem Blick sozusagen auf Jupiter selbst, den Empfänger der Weihegabe, und auf Romulus – furchtbare Zeugen, hätte er die Aufschrift gefälscht – als den Konsul A. Cornelius Cossus bezeichnet.“) Dessau 1969, 11. Vgl. auch Rüpke 1990a, 218, der die Aktualisierung des gesamten Themenkomplexes der spolia opima mit der „Romulusrenaissance“ des 1. Jh. v. Chr. in Verbindung bringt und darauf hinweist, dass diese Frage vorher nahezu keine Rolle gespielt habe. Ähnlich auch Tarpin 2003, 300. Flower 2000 entwickelt vor diesem Hintergrund die These, dass Augustus eine Art „re-invention of tradition“ vorgenommen habe, wobei er auf Marcellus rekurriere, der die spolia opima als Ehrung in Rom überhaupt erst eingeführt habe. Dessau 1969, 11. Vgl. Rich 1996, 85. Vgl. hierzu die grundlegenden Studien von Syme 1979a und Badian 1993 sowie die Überlegungen bei Rich 1996, 117–121 mit speziellem Bezug zu den spolia opima. Differenziert widmen sich dieser Frage auch die neueren Arbeiten von Chaplin 2000, bes. 168–196 und Roller 2009. Weitere Literatur bei Kehne 1998, 189, Anm. 9 u. 10. Vgl. hierzu u. a. Rampelberg 1978, 195–198 sowie Rich 1996, 121–126.

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sind auf Grundlage der Angaben bei Cassius Dio und Livius sowie der Überlegungen Dessaus verschiedene Theorien zum imperium und den auspicia des Crassus entwickelt worden, um diese Frage beantworten zu können, die für eine Bewertung der Crassus-Affäre natürlich von zentraler Bedeutung ist. Dabei hat sich mittlerweile zumindest hinsichtlich des imperium ein Konsens gebildet126: Crassus war ordentlich bestellter Prokonsul der Provinz Macedonia und als solcher mit einer regulären prokonsularischen Befehlsgewalt ausgestattet, d. h. mit einem von Octavian unabhängigen imperium.127 Umstritten ist jedoch, ob Crassus eine gültige Akklamation zum imperator vorzuweisen hatte. Ausgangspunkt dieser Debatte ist die Anmerkung Dios, wonach nicht Crassus, sondern Octavian den imperator-Titel angenommen habe.128 Demgegenüber weisen Inschriften aus Athen und Thespiai, in denen Crassus genannt wird, diesen explizit als αὐτοκράτωρ bzw. imperator aus.129 Während Dessau aus diesem Befund folgert, dass Crassus den Titel zwar nach der Akklamation durch seine Soldaten angenommen, der Senat dies jedoch nicht akzeptiert habe130, wird die Angabe Dios mittlerweile stark in Zweifel gezogen.131 So stellt beispielsweise John Rich fest, Crassus habe den Titel sehr wohl selbst angenommen, wie die Inschriften beweisen würden.132 Ernst Badian weist zudem darauf hin, dass nur schwer zu erklären sei, wie man einem Triumphator die Akklamation habe verweigern können.133 Die siebte Akklamation Octavians sei stattdessen nicht mit den Siegen des Crassus in Verbindung zu bringen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach mit dem Erfolg bei Alexandria.134 Festzuhalten bleibt jedenfalls, dass es keine zwingenden Argumente gibt, die gegen die

126 Vgl. dagegen Bleicken 2010, 723, der auf Uneinigkeit der Forschung in dieser Frage verweist. 127 Gegen Dessau 1969, 5, der davon ausgeht, dass Crassus kein selbstständiges Kommando innehatte, u. a. Rich 1996, 93–100 sowie Flower 2000, 52 und Rocco 2003, 53. Tarpin 2003, 284– 286 erörtert die Möglichkeit eines übergeordneten imperium Octavians und kommt dabei zu dem Schluss, dass die Befehlsgewalt Octavians keinen Einfluss auf das imperium des Crassus gehabt haben könne. Dagegen geht allerdings Bringmann 2007, 269, Anm. 53 davon aus, „dass Octavian vor dem 13. Januar 27 ein außerordentliches Militärkommando innehatte, dem alle Prokonsuln untergeordnet waren.“ Ein solches formal festgelegtes imperium extraordinarium mit klar umgrenzten Vollmachten lässt sich jedoch für Octavian während der Bürgerkriege nicht nachweisen und hätte wohl eher ein Hindernis dargestellt; vgl. hierzu Börm/Havener 2012, 215 f. Zum imperium der Promagistrate vgl. zudem Rüpke 1990a, 46 sowie Giovannini 1983, 37–44 und Hurlet 2006, 127–160. 128 Cass. Dio 51,25,2: καὶ γὰρ καὶ θυσίαι καὶ νικητήρια οὐχ ὅτι τῷ Καίσαρι ἀλλὰ καὶ ἐκείνῳ ἐψηφίσθη· οὐ μέντοι καὶ τὸ τοῦ αὐτοκράτορος ὄνομα, ὥς γέ τινές φασιν, ἔλαβεν, ἀλλ‘ ὁ Καῖσαρ μόνος αὐτὸ προσέθετο. 129 ILS 8810 sowie AE 1928, 44. 130 Die ältere Forschung ist Dessau in dieser Hinsicht weitgehend gefolgt; vgl. u. a. Syme 2002, 309 f. 131 Vgl. Tarpin 2003, 282, der annimmt, dass Dio aus der nicht erfolgten Weihung der spolia opima Rückschlüsse zieht, die nicht den Tatsachen entsprechen. 132 Rich 1996, 96. 133 Vgl. Badian 1982, 38. 134 Vgl. Rich 1996, 96 mit Verweis auf Badian 1982, 40 f. sowie Schumacher 1985, 209–212; zur Datierung der imperatorischen Akklamationen zudem Barnes 1974.

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Annahme des imperator-Titels durch Crassus und ein eigenständiges imperium sprechen. Uneinigkeit herrscht jedoch darüber, ob Crassus seinen Feldzug unter eigenen oder fremden auspicia durchgeführt und daher trotz der unabhängigen Befehlsgewalt Octavian unterstanden habe.135 Auf eben dieses Argument würden letztlich auch die Angaben des Livius hinauslaufen, wonach als dux lediglich derjenige zu gelten habe, der das Recht zur Einholung der Auspizien besitze. Nur in dieser Eigenschaft, so Livius, sei ein Feldherr befugt, die spolia opima zu weihen.136 Die Meinungen hierüber gehen weit auseinander: Während ein Teil der Forschung davon ausgeht, dass Crassus nicht dazu befugt gewesen sei, auspicia einzuholen137, wird ihm eben diese Kompetenz in anderen Arbeiten explizit zugeschrieben138. Wäre Letzteres der Fall, so hätte Crassus tatsächlich sämtliche denkbaren Voraussetzungen für die Weihung der spolia opima erfüllt, wie bereits mehrfach hervorgehoben wurde.139 Selbst wenn Crassus kein Auspizienrecht besessen haben sollte, zeigen die im Text des Livius erkennbaren Bemühungen Octavians, dieses Argument fruchtbar zu machen, bereits seine offenbar beschränkte Wirkungskraft im Rahmen der Debatte um die spolia opima des Crassus: Wenn Octavian auf eine von ihm selbst gemachte Entdeckung verweisen und damit seine eigene auctoritas so explizit ins Spiel bringen musste, um das Argument glaubhaft zu machen, demonstrierte dies in besonderer Weise dessen grundsätzliche Schwäche.140 Zusammenfassend lässt sich an dieser Stelle festhalten, dass eine offizielle Verweigerung der Weihung auf tönernen Füßen gestanden hätte, da die Argumente, die von Octavian bzw. dem Senat hätten angeführt werden können, alles andere als überzeugend gewesen wären. Und dennoch bleibt die Tatsache, dass der Akt schließlich nicht durchgeführt wurde. Hieraus muss sich zwingend die Frage erge135 Zum Zusammenhang von imperium und auspicia vgl. Bleicken 1981. 136 Verbunden mit dieser Feststellung ist die in der Forschung lang geführte Debatte über die verschiedenen Abstufungen der spolia; vgl. hierzu u. a. Rüpke 1990a, 219–223, der davon ausgeht, das die Weihung der prima spolia opima an Jupiter Feretrius an das eigene Auspizienrecht gebunden war. Außerdem Tarpin 2003, 300–304 sowie Kehne 1998, 192–194. 137 Vgl. u. a. Rüpke 1990a, 219; ebenso Rich 1996, 103 f. sowie Richardson 1991, 8 und Rampelberg 1978, 203. Giovannini 1983, 43 f. geht davon aus, dass Promagistrate im Allgemeinen kein Recht zur Einholung von Auspizien hatten (dagegen jedoch Tarpin 2003, 287–291). Vervaet 2014, 253 geht davon aus, dass Crassus dem auch nach Actium fortbestehenden Auspizienrecht Octavians unterstanden habe, das diesem aufgrund seiner triumviralen Stellung zugekommen sei. 138 Vgl. u. a. Tarpin 2003, 292. Wichtig ist hierbei der Hinweis von Rich 1996, 101, dass man von der Monopolisierung der auspicia durch Augustus nach 27 v. Chr. keine Rückschlüsse auf die Situation der Jahre 29/28 ziehen könne; vgl. auch Schumacher 1985, 207 sowie Hurlet 2006, 163–165, der betont, dass die Prokonsuln bis zum Jahr 19 v. Chr. durchaus dazu berechtigt gewesen seien, die auspicia einzuholen. 139 Vgl. u. a. Rich 1996, 93, Flower 2000, 52, Dettenhofer 2000, 71, Tarpin 2003, 283 sowie Bleicken 2010, 314. 140 Vgl. Rich 1996, 104, der zwar die fehlenden auspicia als Grund anerkennt, zugleich jedoch bezweifelt, dass ein Verweis auf diesen Aspekt das Problem einer Verweigerung tatsächlich gelöst hätte.

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ben, was Crassus zu seinem Verzicht bewogen haben mag: Gab es tatsächlich einen formellen Antrag des siegreichen Feldherrn, den der Senat abschlägig beschied, oder wurde die Affäre gleichsam inoffiziell geregelt?141 Vieles spricht für die zweite Variante, da eine offizielle Ablehnung des Ansinnens durch den Senat, die noch dazu keine stichhaltige Grundlage hätte aufweisen können, aller Wahrscheinlichkeit nach einen Skandal verursacht hätte, den die Quellen nicht einfach übergangen hätten.142 Doch zugleich zeigt die Behandlung des Themas durch Livius das Problempotential auf, das sich auch hinter einer solchen inoffiziellen Regelung verbergen konnte: Der Historiograph weist explizit darauf hin, dass die von Octavian selbst entdeckte Inschrift, die Cossus zum Zeitpunkt seiner spolia-Weihung als Konsul ausweist, sämtlichen früheren Angaben widersprach.143 Nicht nur in der modernen Forschung dürfte man sich gefragt haben, für wie authentisch die Inschrift, auf der Octavian angeblich sein Hauptargument aufbaute, erachtet werden konnte.144 Harriet Flower hat zu Recht festgestellt, dass allein die Tatsache, dass Octavian seine Entdeckung publik machte und sich öffentlich in die Debatte einmischte, das Interesse des künftigen princeps an diesem Sachverhalt demonstriere.145 Dies gilt umso mehr, als die Debatte um die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Weihung der spolia opima durch Crassus zeigt, dass das Argument selbst keineswegs unhinterfragbar war146 – nicht zufällig fehlt in der Livius-Episode jeglicher explizite Hinweis auf Crassus. Es bleibt somit die Frage, weshalb sich Octavian – ob nun offiziell oder inoffiziell – so sehr dafür einsetzte, dass die Weihung der spolia opima durch Crassus unterblieb. Die Antwort scheint zunächst nahe zu liegen und wurde im Kern bereits von Dessau formuliert: Crassus stellte für Octavian eine Bedrohung dar. Er hatte 141 Flower 2000, 51–53 führt als dritte Variante an, dass Octavian die Weihung des Crassus in seiner Position als pontifex in einer Sitzung des Kollegiums der pontifices zurückgewiesen habe. 142 Vgl. Rich 1996, 86 und 107, Flower 2000, 51 sowie Tarpin 2003, 305. 143 Harrison 1989, 411 zieht aus den widersprüchlichen Angaben des Livius den Schluss: „[…] his inserted revision makes clear that he is anxious to conform to the Augustan version of the rules for dedicating the spolia opima.“ Bezeichnenderweise lassen sich auch Ansätze finden, die gerade in der Behandlung der spolia opima-Thematik durch Livius einen Beleg für dessen „regimekritische“ Haltung sehen wollen (vgl. u. a. Miles 1995, 40). Differenzierter bereits Ogilvie 1965, 563 f. sowie Mensching 1967, die hierin keine politische Positionierung des Livius erkennen; vgl. zu dieser Diskussion auch Badian 1993, 13–16, Rich 1996, 91 m. Anm. 20 sowie Flower 2000, 53 m. Anm. 105–107. 144 Vgl. u. a. Flower 2000, 53 sowie Tarpin 2003, 305; dagegen Rich 1996, 115 sowie Rampelberg 1978, 205. 145 Vgl. Flower 2000, 53. Zur Bedeutung der Inschrift auf dem Panzer des Tolumnius und des Einschubs bei Livius für die Crassus-Affäre vgl. u. a. auch ebd., 44–46 sowie Rampelberg 1978, 195–198, Rich 1996, 112–116 und Tarpin 2003, 300–304 mit einem Überblick über die relevante Literatur. 146 Ob es sich dabei um eine nachträgliche Rechtfertigung Octavians handelte, wie in der Forschung immer wieder behauptet wurde (vgl. u. a. Dettenhofer 2000, 72, Stewart 1998, 87 sowie Bleicken 2010, 314), sei dahingestellt. Fest steht lediglich, dass die Beschäftigung Octavians mit Cossus und insbesondere die Einbringung dieses Arguments in die Debatte um die spolia opima des Crassus sicherlich nicht allein durch das antiquarische Interesse Octavians begründet waren (so jedoch Rich 1996, 116).

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einen äußerst erfolgreichen Feldzug geführt (noch dazu gegen externe Feinde und nicht gegen Römer, wie es in den vorangegangenen Jahrzehnten üblich gewesen war) und in diesem Rahmen eine außerordentliche Leistung auf einem Gebiet vollbracht, auf dem Octavian selbst immer wieder seine Grenzen aufgezeigt wurden – dem Gebiet der persönlichen militärischen Tapferkeit.147 Einem auf diese Weise ausgewiesenen Anführer musste es ungleich leichter fallen, sich selbst eine Reputation bei seinen Soldaten zu verschaffen, die als Basis für den Aufbau einer Machtposition dienen konnte148; Octavian hatte in den Jahren zuvor selbst demonstriert, wie dies funktionieren konnte. Schließlich war Crassus im Gegensatz zu anderen politischen Schlüsselfiguren der Zeit Angehöriger einer Familie, die zum Grundbestand der römischen Nobilität zählte, und in den Jahren des Bürgerkriegs keineswegs als Parteigänger Octavians aufgefallen – im Gegenteil. Sein Konsulat im Jahr 30 v. Chr., das er gemeinsam mit Octavian bekleidete, wurde oftmals als Paradebeispiel für die Reintegration der Anhänger des Antonius gedeutet.149 All dies befähigte Crassus durchaus dazu, gewisse Ansprüche anzumelden und diese gleichsam als neuer Romulus durch die Weihung der spolia opima der römischen Öffentlichkeit deutlich vor Augen zu führen.150 Vor diesem Hintergrund musste sich Octavian, der zu diesem Zeitpunkt zum einen selbst noch die Nähe zu Romulus suchte und zum anderen keineswegs über eine gesicherte Stellung im römischen Gemeinwesen verfügte151, zum Handeln genötigt sehen.152 Über diese größtenteils auf Dessau zurückgehende Analyse ist die Forschung bei aller Diskussion um Detailfragen seither nicht wesentlich hinausgelangt und tatsächlich kann kein Zweifel daran bestehen, dass Octavian einen potentiellen Konkurrenten um die politische Vormachtstellung ausschalten wollte. Gerade im Hinblick auf den augusteischen Umgang mit dem Triumph kann man jedoch aus dieser Episode einige weiterführende Schlussfolgerungen ziehen. In der Forschung wurde – ohne dass dieser Weg weiter verfolgt worden wäre – bereits festgestellt, dass der Triumph des Crassus offenbar nicht Gegenstand der Debatte um die spolia opima war, sondern ohne große Schwierigkeiten bewilligt wur147 Vgl. u. a. Tarpin 2003, 296 sowie Kehne 1998, 204. Dass dieser Sachverhalt auch später für Augustus ein wunder Punkt sein sollte, zeigt der Umgang mit den signa, die er im Jahr 20 v. Chr. von den Parthern zurückerhielt und die explizit mit den spolia opima parallelisiert wurden; hierzu s. Kap. VI 2.3. 148 Vgl. Bleicken 2010, 312. 149 Vgl. u. a. Kehne 1998, 201 f. sowie Tarpin 2003, 278. 150 Vgl. u. a. Tarpin 2003, 306 sowie Flower 2006, 124. Zu Crassusʼ Anknüpfung an Romulus durch die Weihung der spolia opima vgl. Kehne 1998, 203 sowie Flower 2000, 50. 151 Vgl. hierzu Börm/Havener 2012 sowie Bleicken 2010, 314 f. und Kehne 1998, 202. 152 Vgl. Tarpin 2003, 306 sowie Börm/Havener 2012, 216. In der Forschung ist vor diesem Hintergrund auch immer wieder ein direkter Zusammenhang zwischen der Crassus-Affäre und den Regelungen des Jahres 27 v. Chr. hergestellt worden (vgl. insbesondere Syme 2002, 308–310). Dagegen mit Hinweis auf die Chronologie der Ereignisse bereits Badian 1982, 24–27; vgl auch Rich 1996, 110 f., Kehne 1998, 191 f. sowie Flower 2000, 50. Bleicken 2010, 724 schlägt einen Kompromiss vor: „Die Leistungen des Crassus sind nicht als die Ursache für die neue Ordnung vom Januar 27, deren Modalitäten Octavian gewiß lange vorher mit seinen Freunden erörtert hat, sondern als Auslöser für deren rascheren Vollzug anzusehen.“

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de.153 Die fasti verzeichnen die Siegesfeier ex Thraecia et Geteis für den 4. Juli 27 v. Chr.154 Aufgrund dieser Tatsache lassen sich möglicherweise die Vorgänge selbst und ihre Auswirkungen auf die augusteische Triumphpolitik etwas genauer fassen, als dies bisher geschehen ist. In der Beschreibung des wohl einzigen historisch gesicherten Falls der spolia-Weihung durch M. Claudius Marcellus im Jahr 222 v. Chr. referiert Plutarch den Ablauf dieses Aktes: Als nun der Senat dem Marcellus allein einen Triumph bewilligte, hielt er seinen Einzug, einzig bewundert schon wegen der sonstigen Pracht, des mitgeführten Reichtums, der Waffenbeute und der Riesengestalten der Gefangenen; als das erfreulichste und neuartigste Schauspiel von allen aber führte er sich selber vor, wie er dem Gott die volle Waffenrüstung des Barbaren darbrachte. Denn er hatte den geraden und hohen Stamm einer wohlgewachsenen Eiche fällen und in die Form eines Siegesmals bringen lassen. Daran ließ er die Waffenstücke befestigen und aufhängen, jedes in der rechten Ordnung wirkungsvoll angebracht. Als sich jetzt der Zug in Bewegung setzte, bestieg er selbst, das Beutestück geschultert, das Viergespann und führte dieses schönste und herrlichste aller Siegesmale im Triumph durch die Stadt.155

Die Weihung der spolia opima fand somit im Rahmen eines Triumphzuges statt.156 Eine Präsentation griff also an einem entscheidenden Punkt in die rituelle Struktur der Siegesfeier ein und lenkte das Augenmerk noch weit mehr als üblich auf die Figur des Triumphators und siegreichen Feldherrn. Hätte Crassus es dem Marcellus gleichgetan, hätte er also die spolia opima tatsächlich geweiht, so hätte dies unzweifelhaft ebenfalls im Rahmen des Triumphzuges stattgefunden – und genau darin lag das Problem für Octavian. Dieser hatte nur kurze Zeit, bevor die Nachricht über die Leistung des Crassus in Rom eingetroffen sein muss, selbst das Triumphritual an einigen zentralen Stellen verändert, um spezifische Botschaften zu übermitteln. Eine davon betraf seine eigene Stellung im römischen Gemeinwesen: Seine Machtposition und der Vorrang, der ihm zukam, gründeten sich im Wesentlichen auf seine militärische Sieghaftigkeit. Als Sieger im Bürgerkrieg und im Krieg ge153 Vgl. Bleicken 210, 314 sowie Tarpin 2003, 297 f., demzufolge die Voraussetzungen für die Vergabe des Triumphs die gleichen gewesen seien wie für die Weihung der spolia opima, weshalb Crassus dazu prinzipiell berechtigt gewesen sei. 154 Vgl. Degrassi 1947, 571. 155 Plut. Marcellus 8,1 f.: ψηφισαμένης δὲ τῆς συγκλήτου μόνῳ Μαρκέλλῳ θρίαμβον, εἰσήλαυνε τῇ μὲν ἄλλῃ λαμπρότητι καὶ πλούτῳ καὶ λαφύροις καὶ σώμασιν ὑπερφυέσιν αἰχμαλώτων ἐν ὀλίγοις θαυμαστός, ἥδιστον δὲ πάντων θέαμα καὶ καινότατον ἐπιδεικνύμενος αὑτὸν κομίζοντα τῷ θεῷ τὴν τοῦ βαρβάρου πανοπλίαν. δρυὸς γὰρ εὐκτεάνου πρέμνον ὄρθιον καὶ μέγα τεμών καὶ ἀσκήσας ὥσπερ τρόπαιον ἀνεδήσατο καὶ κατήρτησεν ἐξ αὐτοῦ τὰ λάφυρα, κόσμῳ διαθεὶς καὶ περιαρμόσας ἕκαστον. προϊούσης δὲ τῆς πομπῆς ἀράμενος αὐτὸς ἐπέβη τοῦ τεθρίππου, καὶ τροπαιοφόρον ἄγαλμα τῶν ἐπ᾽ ἐκείνου κάλλιστον καὶ διαπρεπέστατον ἐπόμπευε διὰ τῆς πόλεως […]. Zum Text des Plutarch und zur Bedeutung der spolia opima für Marcellus vgl. Flower 2000. 156 Vgl. hierzu Rüpke 1990a, 223, der allerdings einen entscheidenden Unterschied „in dem unterschiedlichen ‚Importgut‘“ sieht. Während in einem regulären Triumph das Heer in die Stadt zurückgeführt werde, gehöre die Präsentation der spolia „von der rituellen Logik her derselben zeitlichen Schicht wie die Waffenverbrennung nach der Schlacht“ an. Es stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Unterschied für die Wahrnehmung der Siegesfeier von zentraler Bedeutung war, zumal die Zeremonie ansonsten ganz nach dem Muster eines traditionellen Triumphs abgelaufen zu sein scheint.

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gen Kleopatra führte er die hinter seinem Wagen sich einreihenden Magistrate in die Stadt. Die Bedeutung dieses Schrittes ist im Rahmen dieser Arbeit bereits erörtert worden.157 Sie bildet jedoch auch eine der Grundlagen für den Umgang mit dem Triumph des Crassus und dessen Ansprüchen auf die Weihung der spolia opima: In seinem eigenen Triumphzug hatte Octavian den Schwerpunkt unmissverständlich auf die eigene Person bzw. Sieghaftigkeit gelegt und darauf hingewiesen, dass er in dieser Qualität sowie in der monopolisierten Kontrolle des römischen Militärapparates seine Machtgrundlage sah. Wenn nun Crassus mit den geschulterten spolia opima auf dem Triumphwagen in die Stadt eingezogen wäre, so hätte er für eine Präsentation eventueller Ansprüche, die sich aus seiner Leistung ableiten ließen, exakt das gleiche Ritualelement genutzt wie Octavian – und zwar in einer Art und Weise, die dessen Triumph sogar noch weit übertroffen hätte.158 Die Botschaft, die sich hinter der Affäre um die spolia opima des Crassus verbarg, lässt sich daher wie folgt formulieren: Die Präsentation und Feier militärischer Sieghaftigkeit im Rahmen des traditionellen Triumphs war für Angehörige der senatorischen Elite auch unter der Vorherrschaft Octavians prinzipiell möglich. Alles was darüber hinausging, konnte und würde dieser jedoch offenbar nicht mehr tolerieren. Wenn Crassus einen normalen Triumph durchführen wollte, so wurde ihm dies keineswegs verwehrt – und es darf durchaus die Frage gestellt werden, ob es Octavian überhaupt möglich gewesen wäre, eine solche Siegesfeier zu verhindern. Über die Berechtigung des Crassus zur Weihung der spolia opima ließ sich offenbar wenigstens diskutieren. Die Grundvoraussetzungen für einen Triumph hatte er durch seinen Sieg jedoch definitiv erfüllt. Hätte man ihm nun diese Ehrung verweigert, so wäre der öffentliche Skandal aller Wahrscheinlichkeit nach immens gewesen.159 Gegen die Zurschaustellung übermäßiger Sieghaftigkeit und gegen eine Veränderung der rituellen Struktur des Triumphs, die diese prominent in Szene gesetzt hätte, ging Octavian jedoch offensichtlich vor. Die traditionellen Botschaften, die mit Hilfe des Rituals verbreitet werden sollten, stellten keine Bedrohung für die Vorrangstellung Octavians dar. Eine spezifische Zuschneidung des Rituals, die dazu geeignet gewesen wäre, ebenso spezifische Botschaften auszusenden, konnte sich jedoch als problematisch erweisen – schließlich hatte Octavian selbst im Rahmen seines eigenen Triumphs gezeigt, welche Möglichkeiten das Ritual in dieser Hinsicht barg. In dieser Episode jedoch bereits einen ersten Schritt hin zur Monopolisierung des Triumphs zu sehen, auf die Octavian bereits von Anfang an hingearbeitet habe, geht einen Schritt zu weit160: Problematisch war in der spezifischen 157 S. o. S. 118–121. 158 Bereits Dessau 1969, 3 f. konstatiert treffend: „Leicht konnte der Triumph des Crassus denjenigen, den Augustus selbst eben erst gefeiert hatte […], in den Schatten stellen; eine so eigenartige und seltene Trophäe, die von dem persönlichen Mute des Feldherrn so rühmliches Zeugnis ablegte, hatte jedenfalls der Triumph des Augustus nicht aufzuweisen gehabt.“ Interessanterweise führte jedoch weder er selbst diesen Gedanken weiter aus, noch wurde dieser Teil von Dessaus These in der Forschung breit rezipiert. Vgl. auch Raaflaub/Samons 1990, 423. 159 Vgl. Badian 1993, 15. 160 So jedoch u. a. Sumi 2005, 247 sowie Hickson 1991, 128. Wenn Stäcker 2003, 413 aus der Crassus-Episode den Schluss zieht, „daß Octavian bei der Zubilligung von Triumphen und der

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Situation der frühen 20er-Jahre nicht die Präsentation von Sieghaftigkeit als solcher. Dies wäre vor dem Hintergrund der Bemühungen, Krieg und Sieg wieder in die richtige, d. h. externe Sphäre zu verlagern, sogar eher kontraproduktiv gewesen.161 Problematisch war vielmehr Sieghaftigkeit, die über das Maß der Erfolge Octavians hinausging. Crassus hatte dies offenbar nicht verstanden oder zumindest bewusst missachtet – und angesichts seiner herausgehobenen Stellung, die ihn unter anderen Vorzeichen ohne Weiteres dazu befähigt hätte, sein Prestige durch die Weihung der spolia opima beträchtlich zu erhöhen, mag dies folgerichtig erscheinen. Sein Fall diente somit dazu, die neuen Voraussetzungen eines potentiellen senatorischen Konkurrenzkampfes zu veranschaulichen: Konkurrenz konnte nur dann einen Platz in der neuen Ordnung haben, wenn Octavian ausgespart wurde. In der Forschung ist konstatiert worden, dass Crassus, nachdem er am 4. Juli 27 v. Chr. seinen Triumph feiern durfte162, vollkommen aus der Geschichte zu verschwinden scheint. Keine Quelle legt Zeugnis ab über sein weiteres Schicksal, was für einen Mann seiner Stellung durchaus verwunderlich ist.163 Möglicherweise aus diesem Grund wurde die Affäre um die spolia opima des Crassus in der Forschung immer wieder mit einer weiteren Episode aus den Jahren des Übergangs zwischen Republik und Prinzipat in Verbindung gebracht: dem Sturz des ersten Präfekten der Provinz Ägypten, C. Cornelius Gallus, der – anders als Crassus – möglicherweise einer damnatio memoriae anheim fiel.164 Tatsächlich weisen beide Fälle eine zeitliche Koinzidenz auf, die die Frage nach sich ziehen muss, ob sie unter Umständen auch inhaltlich miteinander vergleichbar sind: Der Sturz des Gallus muss in der ersten Hälfte des Jahres 27 v. Chr. zumindest eingeleitet worden sein und vollzog sich somit parallel zur Diskussion um die spolia opima und den Triumph des Crassus.165 Die Frage, worin nun genau diese inhaltlichen Gemeinsamkeiten bestehen

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Feststellung ihrer rechtlichen Voraussetzungen über einen gewissen Spielraum verfügte, den er zur Unterstreichung der eigenen Sieghaftigkeit zu nutzen verstand“, verkehrt er damit das Verhältnis von Ursache und Wirkung. Das Gegenteil war der Fall: Die Affäre um die spolia opima und den Triumph zeigten die Grenzen der Spielräume auf, die Octavian zur Verfügung standen. Schließlich stellt Stäcker selbst kurz zuvor korrekterweise fest, dass eine Verweigerung des Triumphs wahrscheinlich dem Senat gegenüber nicht zu begründen gewesen wäre. Hierzu s. Kap. V 1. Vgl. Itgenshorst 2005, Kat.-Nr. 293. Vgl. u. a. Tarpin 2003, 293, der darauf hinweist, dass die Leistungen des Crassus beispielsweise in den Res Gestae systematisch verschleiert wurden. Dagegen jedoch Rich 1996, 109: „We hear nothing about Crassus after his triumph, but no inferences can be drawn from this silence. He may have died soon afterwards, and, if he survived and received no further appointments, that need not mean that he was out of favour, for he had completed the normal senatorial career.“ Doch selbst wenn viel für Richs These einer informellen Regelung der Crassus-Affäre spricht, kann man sicher nicht davon ausgehen, dass das Verhältnis zwischen den beiden Männern dies unbeschadet überstand. Solche Parallelen ziehen beispielsweise Syme 2002, 310 sowie Tarpin 2003, 294. In der Forschung ist die genaue Datierung der Gallus-Affäre aufgrund disparater Quellenzeugnisse umstritten: Während Cassius Dio die Vorgänge unter dem Jahr 26 v. Chr. referiert (Cass. Dio 53,23,5–24,3), datiert Hieronymus sie explizit ins Jahr 27 (Hier. chron. ad Ol. 188,2: Cornelius Gallus Foroiuliensis poeta a quo primum Aegyptum rectam supra diximus XLIII aetatis suae anno propria se manu interfecit.). Für eine Beibehaltung der Datierung Dios plädierte u. a.

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könnten, wurde lange Zeit nicht eindeutig beantwortet. So stellte Ronald Syme fest: „With the proconsul of Macedonia no link is known, save that each was once a partisan of Antonius. Who had not been?“166 Mittlerweile tendiert man jedoch dazu, in der Selbstdarstellung des Gallus und insbesondere in der Präsentation militärischer Sieghaftigkeit einen wesentlichen Grund für den Untergang des Präfekten zu sehen und auf dieser Grundlage Parallelen zu Crassus zu ziehen.167 Dabei bleiben diese Erklärungsansätze zumeist eher vage.168 Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, die beiden Fälle auf der Grundlage der für Crassus gemachten Aussagen miteinander in Beziehung zu setzen und dabei insbesondere auf ihre gemeinsame Aussagekraft hinsichtlich der augusteischen Triumphpolitik zu fokussieren. Auf diese Weise kann möglicherweise auch die Gallus-Affäre selbst differenzierter bewertet werden, als dies bisher oftmals der Fall war. Syme nannte die Vorgänge rund um den Sturz des ersten Präfekten Ägyptens „a mysterious calamity […] unexplained in cause, obscure in date.“169 Seither sind zahlreiche Versuche unternommen worden, aus verschiedenster Perspektive Licht in das von Syme konstatierte Dunkel zu bringen und die Ereignisse der Jahre 27 und 26 so gut wie möglich zu rekonstruieren. Dabei hat sich mittlerweile die Ansicht etabliert, dass der Prozess gegen Gallus in zwei Phasen aufzugliedern sei170: Zunächst habe die renuntiatio amicitiae durch Augustus stattgefunden, die sich jedoch ausschließlich auf einer „privaten“ Ebene abgespielt habe. Durch diesen Akt sei

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Boucher 1966, 5 f. Für das Zeugnis des Hieronymus sprechen sich dagegen u. a. Manuwald 1979, 111 f., Daly 1979, 292–295, Stickler 2002, 47 f. sowie Hoffmann 2009, 6 aus. Eine eindeutige Datierung ist aufgrund dieser Unsicherheiten möglicherweise nicht zu erreichen, dennoch sprechen zahlreiche Argumente (u. a. die Abwesenheit des Augustus aus Rom ab der zweiten Hälfte des Jahres 27) für das Datum des Hieronymus als Beginn der Affäre. Wie lange sich diese und insbesondere der Prozess vor dem Senat, der letztlich zum Selbstmord des Gallus führte, schließlich hinzogen, ist dagegen nicht mit letzter Sicherheit zu klären; Rohr Vio 2000, 147 plädiert folglich dafür, den Beginn der Episode ins Jahr 27, den Selbstmord jedoch ins Jahr 26 v. Chr. zu datieren. Syme 2002, 310; vgl. auch Flower 2006, 126, die lediglich etwas nebulös erklärt: „Yet Gallus, not unlike Licinius Crassus, did not fit into the new scheme of a restored Rome under the leadership of one man.“ Vgl. u. a. Daly 1979, 296, der diese Perspektive als „standard historical view“ bezeichnet, sowie Judge 1973, 573, Mazzarino 1982, 331–333, Tarpin 2003, 294, Stäcker 2003, 413 f. und Hoffmann 2009, 41 f. u. ö. Hoffmann 2009, 171 zieht die Vergleichbarkeit der beiden Fälle sogar explizit in Zweifel, da die Größenordnungen sich zu sehr voneinander unterscheiden würden: „Wesentlich weiter als Gallus in seinen militärischen Taten ging M. Licinius Crassus. […] Vergleicht man die militärischen Taten des Gallus mit denjenigen des Crassus ebenso wie die Weihung der Stele im äußersten Süden des Imperiums mit der von Crassus beabsichtigten in Rom, so wird deutlich, daß Gallus mit der Inschrift auf Philae seine Kompetenzen keineswegs überschritten hat.“ Rohr Vio 2000, 157, auf deren Thesen noch zurückzukommen sein wird, sieht im Prozess gegen Gallus eine Art „Retourkutsche“ des Senats, der durch das Vorgehen Octavians gegen Crassus gedemütigt worden sei. Syme 2002, 209. So bereits Boucher 1966, 49. Vgl. zudem Daly 1979, 293, Stickler 2002, 52 sowie Hoffmann 2009, 9.

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zwar die politische Karriere des Gallus zum Erliegen gekommen und sein soziales Prestige habe irreparablen Schaden genommen, doch habe es sich dabei keineswegs um ein strafrechtliches Verfahren gehandelt.171 Erst der Prozess, den der Senat gegen Gallus geführt habe und in dem zweifellos explizite Anklagen vorgebracht worden sein müssten172, habe zur Verurteilung und letztlich zum Selbstmord des ehemaligen Präfekten geführt.173 Umstritten ist jedoch weiterhin, ob es nach dem Tod des Gallus zu einer damnatio memoriae kam.174 Konnte der Sturz des Gallus zwar zumindest in groben Zügen rekonstruiert werden, so ist bisher kein Konsens darüber erzielt worden, was sich der Präfekt Ägyptens eigentlich hatte zu Schulden kommen lassen.175 Um möglicherweise eine Antwort auf diese Frage zu geben, muss an dieser Stelle kurz auf den Quellenbefund eingegangen werden, auf dessen Grundlage Aussagen über eventuelle Vergehen des Gallus überhaupt getätigt werden können. Im Bereich der literarischen Quellen lassen sich drei Überlieferungsstränge ausdifferenzieren, die jeweils unterschiedliche Vorwürfe referieren176: Ovid, Sueton und Cassius Dio berichten mehr 171 Vgl. u. a. Boucher 1966, 53 f. sowie Daly 1979, 298. Stickler 2002, 54 f. weist demgegenüber darauf hin, dass im weiteren Verlauf der Kaiserzeit das Problem des Aktes der renuntiatio gerade in der „Verbindung von privatae iniuriae gegen den Kaiser mit einer infolge der herausgehobenen Stellung des Prinzeps im Staat naheliegenden Verletzung der maiestas populi Romani“ gelegen habe. Auch Augustus müsse sich darüber bewusst gewesen sein, dass er „mit seiner renuntiatio amicitiae Mechanismen in Bewegung [gesetzt habe], von denen er wissen mußte, daß sie, zumindest im Extremfall, zur Katastrophe seines einstigen Gefährten führen konnten.“ Zur renuntiatio auch Rogers 1959. 172 Der Prozess gegen Gallus hielt auch Einzug in die Debatte um die Entstehung einer Senatsgerichtsbarkeit. Während Bleicken 1962 in den Vorgängen einen Beleg für die Existenz einer solchen Gerichtsbarkeit bereits in der Frühzeit des augusteischen Prinzipats sieht (vgl. auch Bleicken 2010, 341), hat Kunkel 1969 dieser These vehement widersprochen. Zum Prozess vor dem Senat und den möglichen rechtlichen Grundlagen für Anklage und Verfahrensablauf vgl. Stickler 2002, 56–65 sowie ausführlich Arcaria 2013. 173 Bringmann 2007, 132 führt diese Entwicklung auf den „Übereifer“ und den „Opportunismus des Senats“ zurück, „der die Sache in vermeintlich vorauseilendem Gehorsam sich zu Eigen machte und den Vorfall als Staatsverbrechen qualifizierte. Neue Anklagen wurden von Largus gegen Gallus vorgebracht, und der Senat ordnete ein Gerichtsverfahren mit der Maßgabe an, dass bei einer Verurteilung des Angeklagten sein Vermögen konfisziert und Augustus übergeben werden solle.“ Ähnlich auch Bleicken 2010, 341. Eine solche Erklärung wird dem Sachverhalt jedoch nur bedingt gerecht. Die Motive der Senatoren waren, wie im Folgenden demonstriert werden soll, weit komplexer, als Bringmann hier unterstellt. 174 Als Beleg für eine damnatio wurde immer wieder die angebliche Tilgung der laudes Galli in Vergils Georgica angeführt; vgl. u. a. Hermes 1980, 169. Gegen eine damnatio memoriae hat sich insbesondere Eisenhut 1989 ausgesprochen; vgl. ebenso Gagliardi 2011, 371–374. Krüpe 2011, 88 f. geht davon aus, dass keine offizielle damnatio dekretiert wurde. Dennoch schreibt er der Gallus-Affäre insofern einen richtungsweisenden Charakter zu, als man eine inoffizielle damnatio aufgrund der Selbstzensur von Zeitgenossen und nachfolgenden Autoren feststellen könne. Letztlich muss wohl mit Boucher 1966, 56 f. und Flower 2006, 126–129 konstatiert werden, dass aufgrund des Befundes eine endgültige Aussage nicht möglich ist. 175 Einen kurzen Überblick über die divergierenden Forschungspositionen gibt Gagliardi 2011, 346 f., Anm. 16. 176 Vgl. Hoffmann 2009, 6–8 sowie ausführlich Rohr Vio 2000, 76–96 und Stickler 2002, 16–26.

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oder weniger explizit davon, dass Gallus durch Respektlosigkeiten gegenüber Augustus den Zorn des princeps auf sich gezogen habe.177 Ammianus Marcellinus führt hingegen die Ausbeutung der Provinz Ägypten als Grund für den Sturz des Gallus an, während Servius ihm gar unterstellt, eine Verschwörung gegen Augustus geplant zu haben.178 Diesen drei literarischen Überlieferungssträngen wurden in der Forschung immer wieder weitere Quellen zugeordnet, so beispielsweise die Fragmente eines dem Gallus zugeschriebenen Gedichtes auf einem Papyrus aus Qasr Ibrîm179 sowie ein ebenfalls fragmentarisch erhaltener Papyrus aus Oxyrhynchus180. 177 Ov. am. 3,9,63 f.: tu quoque, si falsum est temerati crimen amici, / sanguinis atque animae prodige Galle tuae. („[…] du auch, sofern der Vorwurf des Freundesverrats falsch ist, Gallus, der du dein Blut verschwendet und dein Leben weggeworfen hast.“) Ov. trist. 2,445 f.: non fuit opprobrio celebrasse Lycorida Gallo, / sed linguam nimio non tenuisse mero. („Für Gallus war es kein Skandal, Lycoris gefeiert zu haben, sondern daß er nach allzu starkem Weingenuß seine Zunge nicht im Zaum hielt.“) Suet. Aug. 66,1 f.: […] Salvidienum Rufum, quem ad consulatum usque, et Cornelium Gallum, quem ad praefecturam Aegypti, ex infima utrumque fortuna provexerat. […] alteri ob ingratum et malivolum animum domo et provinciis suis interdixit. sed Gallo quoque et accusatorum denuntiationibus et senatus consultis ad necem compulso laudavit quidem pietatem tanto opera pro se indignantium, ceterum et inlacrimavit et vicem suam conquestus est, quod sibi soli non liceret amicis, quatenus vellet, irasci. („[…] Salvidienus Rufus und Cornelius Gallus, die er beide aus ganz kleinen Verhältnissen zum Konsul beziehungsweise zum Statthalter von Ägypten hochgebracht hatte. […] dem anderen verbot er wegen seiner undankbaren und feindseligen Haltung den Zutritt zu seinem Haus und seinen Provinzen. Als aber auch Gallus durch die Ankündigungen seiner Ankläger und durch ihn betreffende Senatsbeschlüsse in den Tod getrieben worden war, lobte er zwar die Anhänglichkeit derer, die sich seinetwegen so sehr empörten, brach aber dennoch in Tränen aus und beklagte sein Schicksal, daß es ihm allein nicht erlaubt sei, seinen Freunden nur so weit zu zürnen, wie er wolle.“) Auf das Zeugnis des Cassius Dio wird weiter unten näher eingegangen. 178 Amm. 17,4,5: longe autem postea Cornelius Gallus Octaviano res tenente Romanas Aegypti procurator exhausit civitatem plurimis interceptis reversusque cum furtorum arcesseretur et populatae provinciae, metu nobilitatis acriter indignatae, cui negotium spectandum dederat imperator, stricto incubuit ferro. („Lange danach, während Octavianus das Römerreich regierte, plünderte Cornelius Gallus, der Statthalter von Ägypten, die Stadt durch zahllose Unterschlagungen aus. Als man ihn aber nach seiner Rückkehr wegen der Diebstähle und Räubereien in der Provinz vor Gericht stellte, stürzte er sich selbst ins Schwert, und zwar aus Furcht vor dem heftig erzürnten Adel, dem der Kaiser die Angelegenheit zur Untersuchung übergeben hatte.“) Vgl. auch Serv. ecl. 10,1. 179 Vgl. hierzu die Erstausgabe bei Anderson 1979, ferner die Arbeiten von Mazzarino 1982 und Petersmann 1983. Einen Überblick über die verschiedenen Deutungen des Textes liefert Rohr Vio 2000, 78–82. Das Fragment wurde aufgrund seines mehrdeutigen Inhalts in verschiedenste Zusammenhänge gerückt: So gehen Koenen/Thompson 1984 davon aus, dass Gallus sich hier in der Tradition der Pharaonen und Ptolemäer dargestellt habe und damit in Konkurrenz zu Augustus getreten sei (dagegen Stickler 2002, 39–46). Zecchini 1980 wollte darin eine Anspielung auf das Partherthema sehen. Einig war man sich jedoch weitgehend darüber, dass der Text des Gedichtes einen Beleg für die Äußerungen von Ovid und Sueton darstellte; vgl. (allerdings ohne expliziten Bezug auf den Papyrus) auch Bleicken 2010, 341: „Vielleicht hat er [i. e. Gallus] den Abstand des Dichters zum Politiker nicht gesehen.“ 180 P. Oxy. 37,2820; vgl. die kritische Edition des Textes bei Stickler 2002, 28 f. Der Grad an Aussagekraft, den man dem Papyrus in der Forschung zuschreibt, ist äußerst umstritten – abhängig von der Frage, wie man den Protagonisten des Textes identifiziert. Das Fragment berichtet von

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Timo Stickler hat aufgrund dieses durchaus disparaten Befundes festgestellt, dass dem modernen Interpreten der Texte der Eindruck der Enttäuschung und Ratlosigkeit nicht erspart [bleibe]. Nicht nur, daß die Informationen, die uns zur Verfügung stehen, recht dürftig sind und die Qualität von Notizen oft nicht überschreiten. Offensichtlich hat im Laufe der Zeit auch eine (wohl von Augustus eingeleitete) Standardisierung der Vorwürfe stattgefunden, denen Gallus – wohlgemerkt, im nachhinein – ausgesetzt wurde.181

Stickler bezieht sich dabei insbesondere auf den Gallus zugeschriebenen Hochmut bzw. die übermäßige Ruhmsucht, die in den literarischen Quellen zum „Standardfundus“ gehöre und insbesondere in der älteren Forschung oftmals für bare Münze genommen worden sei. 182 Auch in neueren Arbeiten wurde wiederholt vorgebracht, dass das Vergehen des Gallus „in seinem Übermut und seiner Respektlosigkeit gegenüber Octavian“ bestanden habe.183 Als Beleg hierfür wurde oftmals das bereits erwähnte Zeugnis des Cassius Dio angeführt, der ausführlicher als alle anderen Quellen darüber berichtet: Ganz anders Cornelius Gallus, den die erwiesene Ehre zu Übermut verleitete: Er erging sich in vielfachen, respektlosen Äußerungen über Augustus und ließ sich auch zahlreiche tadelnswerte Handlungen zuschulden kommen. So ließ er in fast ganz Ägypten Standbilder von sich errichten und Verzeichnisse seiner sämtlichen Taten auf den Pyramiden anbringen. Er wurde deswegen von Valerius Largus, seinem Gefährten und Vertrauten, angeklagt und von Augustus geächtet, worauf er sich in den kaiserlichen Provinzen nicht mehr aufhalten durfte. Nachdem es so weit war, griffen ihn auch zahlreiche andere Persönlichkeiten an und reichten gegen ihn eine Menge schriftlicher Klagen ein. Der Senat aber entschied einmütig dahin, daß Gallus durch die einer hochrangigen Persönlichkeit, die sich gegen ihre drohende Abberufung zur Wehr setzt, indem sie Waffen schmieden sowie eine Flotte instandsetzen lässt und Rekrutierungen in der Thebais vornimmt, wobei sie allerdings auf Widerstand stößt. Treu 1973 identifizierte diese Persönlichkeit erstmals mit Cornelius Gallus und datierte die referierten Maßnahmen vor diesem Hintergrund in die frühen 20er-Jahre. Diese Identifizierung ist in der Forschung bis heute umstritten und oftmals hinterfragt worden (am weitreichendsten wohl von Goukowsky 1995, der keinerlei Bezug zu Gallus erkennt); vgl. für einen Überblick über die Diskussion um den Papyrus Stickler 2002, 29–39. Stickler selbst plädiert für einen Gallus-Bezug und sieht im Bericht über die Maßnahmen, die dieser getroffen haben soll, „die endgültige Eskalation“ eines Spannungsverhältnisses zwischen Gallus und Augustus, das sich aus der besonderen Stellung des Gallus herleitete (46); contra Stickler nun Hoffmann 2009, 136. Wie Stickler selbst feststellt, gab bereits der Herausgeber des Papyrus zu bedenken, dass der Text „im Grunde zu dürftig ist, um weitreichende Folgerungen zu treffen“ (29). Tatsächlich lässt sich bei einer Durchsicht der entsprechenden Studien der Eindruck nicht vermeiden, dass das vorhandene Material jeweils den gewünschten Schlussfolgerungen angepasst wird – was aufgrund seiner Mehrdeutigkeit durchaus möglich ist. Ob nun die grundsätzlich attraktive Identifizierung des Protagonisten mit Cornelius Gallus zutreffend ist, lässt sich daher wohl nicht abschließend klären. Dagegen spricht jedoch, wie Eisenhut 1989, 121 treffend festgestellt hat, dass – sofern der Papyrus tatsächlich einen Bericht über Aktivitäten des Gallus enthält – ein potentieller und möglicherweise gar überführter Verschwörer nach seiner Rückkehr nach Rom monatelang unbehelligt geblieben wäre. 181 Stickler 2002, 25. 182 Ebd., 17. 183 Hoffmann 2009, 7; vgl. auch Minas-Nerpel/Pfeiffer 2010, 281.

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Gerichtshöfe verurteilt und mit Verbannung und Verlust des Vermögens bestraft werden solle, das Augustus zu übergeben sei, und der Senat selbst Opfer darbringen möge. Aus Schmerz darüber beging der Angeklagte, ehe noch die Beschlüsse wirksam wurden, Selbstmord.184

Dio liefert dabei ein Detail, das die anderen Quellen nicht erwähnen: Er bezieht in die „tadelnswerten Handlungen“ explizit das Verhalten des Gallus während seiner Amtsführung in Ägypten mit ein. Zur Unterstützung dieser Aussage berief man sich in der Forschung bereits früh auf ein epigraphisches Dokument, das die Hybris des Gallus zu illustrieren scheint: die dreisprachige Inschrift der Stele von Philae.185 Der Inschriftenpfeiler, der im Jahr 1896 bei Grabungsarbeiten vor dem Augustustempel auf der Nilinsel Philae gefunden wurde, trägt Texte in drei verschiedenen Sprachen (Ägyptisch in Hieroglyphenschrift, Lateinisch und Griechisch). Die Inschriften lassen sich mittels einer Angabe im hieroglyphischen Text auf das Jahr 30/29 v. Chr. datieren, mithin auf das erste Jahr der römischen Herrschaft über Ägypten.186 Die Texte würdigen jeweils die Leistungen und Verdienste des Gallus. Im Mittelpunkt steht dabei die militärische Sieghaftigkeit des Präfekten. An dieser Stelle soll der Fokus vor allem auf die lateinische Fassung des Textes gelegt werden, von der in der Forschung immer wieder vermutet wurde, sie sei von Gallus selbst verfasst worden.187 Dort heißt es, Gallus sei nach dem Sieg Caesars, d. h. Octavians über „die Könige“ (womit wohl Kleopatra und Caesarion, möglicherweise auch Antonius gemeint waren188), zum ersten Präfekten von Alexandria und Ägypten ernannt worden. In dieser Position habe Gallus einen Aufstand in der Thebais niedergerungen und dabei innerhalb von 15 Tagen zwei siegreiche Feldschlach184 Cass. Dio 53,23,5–7: ὁ δὲ δὴ Γάλλος Κορνήλιος καὶ ἐξύβρισεν ὑπὸ τῆς τιμῆς. Πολλὰ μὲν γὰρ καὶ μάταια ἐς τὸν Αὔγουστον ἀπελήρει, πολλὰ δὲ καὶ ἐπαίτια παρέπραττε· καὶ γὰρ καὶ εἰκόνας ἑαυτοῦ ἐν ὅλῃ ὡς εἰπεῖν τῇ Αἰγύπτῳ ἔστησε, καὶ τὰ ἔργα ὅσα ἐπεποιήκει ἐς τὰς πυραμίδας ἐσέγραψε. Κατηγορήθη τε οὖν ἐπ´ αὐτοῖς ὑπὸ Οὐαλερίου Λάργου, ἑταίρου τέ οἱ καὶ συμβιωτοῦ ὄντος, καὶ ἠτιμώθη ὑπὸ τοῦ Αὐγούστου, ὥστε καὶ ἐν τοῖς ἔθνεσιν αὐτοῦ κωλυθῆναι διαιτᾶσθαι. Γενομένου δὲ τούτου καὶ ἄλλοι αὐτῷ συχνοὶ ἐπέθεντο καὶ γραφὰς κατ´ αὐτοῦ πολλὰς ἀπήνεγκαν, καὶ ἡ γερουσία ἅπασα ἁλῶναί τε αὐτὸν ἐν τοῖς δικαστηρίοις καὶ φυγεῖν τῆς οὐσίας στερηθέντα, καὶ ταύτην τε τῷ Αὐγούστῳ δοθῆναι καὶ ἑαυτοὺς βουθυτῆσαι ἐψηφίσατο. Καὶ ὁ μὲν περιαλγήσας ἐπὶ τούτοις ἑαυτὸν προκατεχρήσατο. 185 Vgl. die entsprechenden Nachweise bei Stickler 2002, 21 f. sowie Hoffmann 2009, 167, Anm. 737 und Gagliardi 2012, 97 m. Anm. 18 f. 186 Vgl. Hoffmann 2009, 69–72. 187 Vgl. Hoffmann 2009, 119 f. mit einer Neuedition der Inschrift und einem kritischen Apparat: C(aius) Cornelius Cn(aei) f(ilius) Gallus, [eq]ues Romanus, pos rege[s] a Caesare Deivi f(ilio) devictos praefect[us Ale]xandreae et Aegypti primus, defectioni[s] Thebaidis intra dies XV, quibus hostem v[icit II] acie, victor, V urbium expugnator, Bore[se]os, Copti, Ceramices, Diospleos Meg[ales, Op]hieu, ducibus earum defectionum interc[e]ptis exercitu ultra Nili catarhacte[n trad]ucto, in quem locum neque populo [R]omano neque regibus Aegypti ar[ma s]unt prolata, Thebaide communi omn[i]um regum formidine subact[a l]eg[atis re]gis Aethiopum ad Philas auditis eoq[ue] rege in tutelam recepto tyran[n]o Tr[iacontas]choen[i] inde Aethiopiae constituto die[is] patrieis et Nei[lo adiut]ori d(onum) d(edit). Zur angenommenen Autorschaft des Gallus vgl. u. a. ebd., 121–126, wo auf die hohe stilistische Qualität der lateinischen Fassung im Vergleich zur griechischen verwiesen wird, sowie Mazzarino 1982, 313, Anm. 2. 188 Vgl. hierzu Hoffmann 2009, 127 f.

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ten geschlagen. Fünf Städte habe er erobert und das römische Heer über den Nilkatarakt hinausgeführt, was bisher weder einem Römer noch einem der ägyptischen Könige gelungen sei. Schließlich habe er auf der Insel Philae Gesandte des Königs der Äthiopier empfangen, diesen daraufhin unter seinen Schutz gestellt und zudem einen „Tyrannen“ über das äthiopische Dreißigmeilenland eingesetzt. Die Inschrift legt folglich Zeugnis ab von durchaus nennenswerten militärischen Leistungen, die Gallus bereits während des ersten Jahres seiner Präfektur vollbrachte. Doch ist sie tatsächlich ein Beleg für die angebliche Hybris, die letztlich zu seinem Sturz geführt haben soll? Edwin Judge konnte in einem kurzen Beitrag herausarbeiten, dass sich die Formulierungen, die Gallus in seinem Text wählte, durchaus im Einklang mit traditionellen Modi der Darstellung siegreicher Feldherren befanden: die genaue Beschreibung des eroberten Gebietes, die Angabe, man habe diese Leistung solus vollbracht, und der Fokus auf eine möglichst kurze Zeitspanne, innerhalb derer die Erfolge errungen wurden – all dies lässt sich tatsächlich in zahlreichen Berichten und Inschriften finden.189 Giovannella Cresci Marrone konnte zudem bis auf die Ebene der einzelnen Formulierungen hinein Parallelen zwischen dem lateinischen Text der Stele von Philae und einer ins 2. Jh. v. Chr. zu datierenden Inschrift des C. Sempronius Tuditanus aus Aquileia nachweisen.190 Aus dieser Tatsache ist vielfach die Schlussfolgerung abgeleitet worden, es könne sich bei der Inschrift aus Philae nicht um ein subversives Dokument gehandelt haben, das den Sturz des Gallus hätte rechtfertigen können: Gallus habe weder seine Kompetenzen als praefectus Aegypti überschritten, noch sei in dem Text ein expliziter oder impliziter Angriff auf die Stellung Octavians zu erkennen, der vielmehr eindeutig als Instanz angeführt werde, auf die Gallus seine eigene Position zurückführe.191 Die Handlungen des Gallus während seiner Amtszeit, über die die Inschrift berichtet, hätten folglich keinen Einfluss auf die weiteren Entwicklungen haben können192, was wiederum 189 Vgl. Judge 1973, insbesondere 571 mit der Auflistung der Parallelstellen. Ebenso Rohr Vio 2000, 88 f. und Hoffmann 2009, 143. 190 CIL V 8270: [C(aius) Sempronius C(ai) f(ilius) C(ai) n(epos) Tuditanus co(n)s(ul)] / [6] / [descende]re et Tauriscos C[arnosque et Liburnos] / [ex montib]us coactos m[aritimas ad oras] / [diebus te]r quineis qua[ter ibei super]avit / [castreis] signeis consi[lieis prorut]os Tuditanus / [ita Roma]e egit triumpu[m aedem heic] dedit Timavo / [sacra pat]ria ei restitu[it et magist]reis tradit. Vgl. Cresci Marrone 1993, 150–152 sowie den Hinweis auf diese Inschrift bei Mazzarino 1982, 313, Anm. 2. 191 Vgl. u. a. Rohr Vio 2000, 152–155, Stickler 2002, 23 f. und Hoffmann 2009, 141 f. Boucher 1966, 44 f. stellt fest, die Stele sei keineswegs als Zeugnis dafür anzusehen, dass Gallus eine eigenständige Politik betrieben habe, die den Zielen und Maßgaben Octavians widersprochen hätte – im Gegenteil: „La stèle manifeste donc la politique d’Octavien, et non pas celle de Gallus.“ Ebenso Gagliardi 2012, 106 sowie mit Bezug auf den Papyrus von Qasr Ibrîm Stickler 2002, 42. 192 Immer wieder wurde auch auf die Chronologie hingewiesen: Wenn die Errichtung der Stele bzw. die auf ihr referierten Ereignisse der Grund für die Abberufung gewesen wären, so wären zwischen dem Vergehen selbst und den daraus folgenden Konsequenzen mehrere Jahre vergangen, in deren Verlauf Gallus sogar als Präfekt explizit bestätigt wurde; vgl. u. a. Stickler 2002, 18 u. 45 sowie Hoffmann 2009, 170 und Gagliardi 2012, 100.

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darauf schließen lasse, dass die Ursache für die renuntiatio amicitiae durch Augustus letztlich im Verhalten des Gallus in Rom nach seiner Abberufung zu suchen sei.193 Der Prozess vor dem Senat wiederum sei vor allem auf politische Grabenkämpfe zwischen princeps und Senat zurückzuführen194: Ziel der Senatoren sei es gewesen, die Regelungen in Bezug auf Ägypten (Angehörigen des Senats war der Aufenthalt in der Provinz ohne ausdrückliche Genehmigung untersagt)195 und die Stellung des Augustus allgemein in Frage zu stellen196. Gallus sei in diesem Szenario lediglich die Rolle des „Sündenbock“197 zugefallen. Dass die gesamte Affäre um den Sturz des Gallus einen faden Beigeschmack hatte, lässt sich aus dem offenkundigen Unbehagen ablesen, mit dem die Quellen über diese Episode berichten.198 Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass sowohl die renuntiatio als auch der Prozess vor dem Senat politisch motiviert waren. Es muss allerdings die Frage gestellt werden, ob ein Schema der Auseinandersetzung zwischen Augustus und den Senatoren, wie es oben skizziert wurde, den tatsächlichen Abläufen und den dahinter stehenden Motiven gerecht werden kann oder ob die zugrunde liegenden Prozesse möglicherweise komplexer sind, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag. Insbesondere wenn man den augusteischen Umgang mit dem Triumph bzw. allgemeiner mit der Präsentation militärischer Sieghaftigkeit in Rechnung stellt, ergibt sich ein differenzierteres Bild der Zusammenhänge. Dabei ist es notwendig, das Augenmerk nochmals auf den Bericht des Cassius Dio und auch auf die Inschrift der Stele von Philae zu legen. Timo Stickler hat festgestellt, es stehe trotz der prinzipiellen Konformität des Textes „außer Frage, daß Gallusʼ Tatenbericht in der Inschrift starke Züge von Selbstlob aufweist.“199 Tatsächlich kann in dieser Tatsache ein Schlüssel für das Verständnis der Affäre um den ersten Präfekten Ägyptens liegen. Dabei darf es aber nicht darum gehen, Belege für Größenwahn oder Hybris des Gallus zu finden. Viel193 Vgl. Boucher 1966, 50–54, Daly 1979, 296 f. sowie Gagliardi 2012, 112. In diesem Zusammenhang wurde auch wiederholt auf eine bei Sueton (gramm. 16) überlieferte Episode verwiesen, wonach Gallus eine enge Beziehung zu dem Freigelassenen Q. Caecilius Epirota unterhielt, der zuvor Lehrer der Frau Agrippas gewesen und in dieser Funktion ein Verhältnis mit ihr eingegangen sei. Allerdings ergeben sich auch hier chronologische Probleme, die an der Korrektheit dieser Angabe zweifeln lassen; vgl. Stickler 2002, 18. 194 Vgl. Gagliardi 2012, 109 mit einem Überblick über entsprechende Forschungspositionen. 195 Vgl. Boucher 1966, 54 f. sowie Rohr Vio 2000, 156 f. Daly 1979, 299 f., Hoffmann 2009, 129 und Stickler 2002, 15 verweisen auf die herausgehobene Stellung der praefecti Aegypti im Allgemeinen und die des Gallus im Besonderen (hierzu auch Kienast 2009, 188 f. m. Anm. 128). Minas-Nerpel/Pfeiffer 2010, 279 verweisen darauf, dass der ritterliche Präfekt vor allem zu dem Zweck eingeführt worden sei, eine potentielle Usurpationsgefahr durch einen senatorischen Kommandeur in Ägypten zu neutralisieren. Hoffmann 2009, 170 und Gagliardi 2012, 100 sehen einen der Hauptgründe für den Sturz des Gallus darin, dass er Außenpolitik betrieben habe, ohne den Senat einzubeziehen. 196 Vgl. u. a. Daly 1979, 301, Hermes 1980, 181 u. 296, Stickler 2002, 59 sowie Gagliardi 2011, 359–363. 197 Hoffmann 2009, 10. 198 Vgl. Rohr Vio 2000, 95 f. u. 152 sowie Krüpe 2011, 85 und Gagliardi 2011, 359. 199 Stickler 2002, 24.

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mehr gilt es, die spezifische Zurschaustellung militärischer Sieghaftigkeit in einen umfassenderen Zusammenhang zu stellen. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass Gallus seine militärischen Erfolge, die er in der Inschrift zu Großtaten stilisiert (wie formalisiert dies auch immer gewesen sein mag), auf einem Gebiet errungen hat, das Octavian selbst erst kurz zuvor zur Vergrößerung seines Prestiges genutzt hatte: Im Rahmen des dreifachen Triumphs kam neben dem Erfolg im Bürgerkrieg auch dem Sieg über Ägypten eine zentrale Bedeutung zu. Fortan gehörte es zum festen Repertoire der augusteischen Bildersprache, diesen Erfolg besonders hervorzuheben: Die Denare mit Krokodil und der Legende AEGVPTO CAPTA200, der Obelisk in der Nähe des Mausoleums mit seiner Inschrift201, die Sphinx als Siegelring und immer wiederkehrendes Element der Ikonographie202 konnten keinen Zweifel daran lassen, dass Octavian auch als Augustus den Sieg über Ägypten und seine Königin als eine seiner größten Leistungen ansah. In den literarischen Quellen nimmt dieses Thema neben der Verarbeitung des Bürgerkriegs ebenfalls einen breiten Raum ein.203 Augustus selbst schrieb noch in den Res Gestae: „Ägypten habe ich dem Herrschaftsbereich des römischen Volkes hinzugefügt.“204 In der Philae-Inschrift wird diese Leistung auch anerkannt, wenn es heißt, Gallus habe seine Taten vollbracht, „nach der Besiegung der Könige durch Caesar“. Doch selbst wenn der Präfekt den referierten Feldzug „auf Befehl (iussus) und unter Oberaufsicht (auspicium) des Augustus“205 durchführte, erklärt sich bereits durch die Prominenz, die der Sieg über Ägypten im Rahmen der augusteischen Selbstdarstellung einnahm, dass der princeps ein reges Interesse an den Vorgängen in dieser Provinz haben musste. Mag es auch zutreffend sein, dass die Formulierung „eine Gegend, in die weder vom römischen Volk noch von den ägyptischen Königen eine Kriegsmacht hingeführt worden war“ sich prinzipiell im Rahmen des Feldherrnlobs bewegte, wie man es aus anderen Zusammenhängen kannte, so verbieten bereits die speziellen Rahmenbedingungen eine allzu unbedachte Verallgemeinerung: Gerade in Ägypten, das Augustus mehr oder weniger als Privatbesitz betrachtete und über das er das absolute Kontrollmonopol nie aus der Hand gab, musste Gallus notwendigerweise in ein gewisses Konkurrenzverhältnis zum princeps treten, wenn er sich

200 RIC I2 275. 201 CIL VI 702. 202 Vgl. hierzu Zanker 2003, 57 f. Natürlich wurde die Sphinx als Orakeltier ebenso mit Apollo in Verbindung gebracht, doch kann man nicht ausschließen, dass bei der Verwendung dieses Symbols auch die Konnotation „Ägypten“ eine Rolle spielte. 203 Als Beispiel seien nur die Kleopatra-Ode des Horaz (carm. 1,37), Prop. 4,6 und die Schilderung der Schlacht bei Actium im Rahmen der Schildbeschreibung in Vergils Aeneis (8,671–713) angeführt. 204 R. Gest. div. Aug. 27,1: Aegyptum imperio populi Romani adieci. 205 Hoffmann 2009, 142; vgl. dagegen Judge 1973, 572: „It is noteworthy that the Latin text avoids specifically attributing his appointment to Caesar, as the Greek correctly does, and omits the latter’s title imperator, thus allowing Gallus to monopolise the credit.“

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selbst die Leistung zuschrieb, als erster Truppen ins Land jenseits des Kataraktes geführt zu haben.206 Ähnliches gilt für die Erwähnung des äthiopischen Königs: Auch wenn der Schritt über die Grenzen der Provinz hinaus im Sinne der Politik des Augustus gewesen sein sollte, muss hinterfragt werden, wie genau sich das Verhältnis zwischen diesem, dem König und Gallus gestaltete. Dies erweist sich allerdings als nicht ganz einfach, da die lateinische und die griechische Fassung für die Beschreibung dieses Verhältnisses jeweils Ausdrücke verwenden, die semantisch nicht deckungsgleich sind.207 Unstrittig ist, dass es zum Abschluss eines Vertrags zwischen Gallus und dem König kam. Dieser Akt wird im lateinischen Text mit der Wendung in tutelam recipere umschrieben, im Griechischen wird der Begriff der proxenia verwendet. Während der erste Terminus „einem häufig gegenüber Unterlegenen angewandten foedus-Verhältnis“208 entspricht, bezeichnet letzterer ursprünglich ein Verhältnis der Gastfreundschaft, in dem der proxenos als „Interessenvertreter eines ausländischen Gemeinwesens bei seinem eigenen Volk“209 agierte, in dem mithin eine Art von Klientelbeziehung eingerichtet wurde. Im Gegensatz zur Standardinterpretation, die davon ausgeht, dass der König der Äthiopier „unter die Obhut Roms“210 gestellt wurde, wurde jüngst postuliert, dass Gallus eine persönliche Klientelbindung mit dem Herrscher eingegangen sei: Der Patron wiederum war derjenige, in dessen Tutel sich die Stadt, oder in unserem Fall der König, begeben hatte. Wenn Gallus also im Griechischen als proxenos des meroitischen Königs auftritt, so könnte dies analog zu den Verhältnissen im griechischen Osten bedeuten, daß der Präfekt ein direktes Klientelverhältnis mit dem König aufgebaut hat und Gallus, rechtlich gesehen in seiner Funktion als patronus, dessen Interessen in Rom vertreten konnte.211

206 Minas-Nerpel/Pfeiffer 2010, 291 weisen zudem darauf hin, dass Gallus die Grenzen der Provinz überschritten habe, ohne eine explizite Anweisung des Augustus oder des Senats zu erwähnen. Als Beleg dafür, dass ein solches Verhalten Probleme nach sich ziehen konnte, verweisen die Autoren auf den Fall des M. Primus, dem im Jahr 23 v. Chr. der Prozess gemacht wurde, da er angeblich als Prokonsul von Makedonien ohne ausdrücklichen Auftrag einen Krieg gegen die Odrysen geführt hatte (vgl. hierzu auch Kienast 2009, 101 f.). Primus soll sich im Rahmen des Verfahrens auf eine Anweisung des princeps berufen haben. Augustus selbst erschien jedoch dem Bericht des Cassius Dio (54,3,2 f.) zufolge vor Gericht und erklärte, einen solchen Befehl nie gegeben zu haben. Der Vergleich beider Fälle ist insofern nur begrenzt möglich, als die Rahmenbedingungen sich voneinander markant unterschieden: Während Makedonien eine senatorische Provinz war, hatte Ägypten, wie oben bereits mehrfach erwähnt, einen Sonderstatus inne und kann nicht einmal ohne Weiteres zu den kaiserlichen Provinzen gerechnet werden. Auch Minas-Nerpel/Pfeiffer müssen konstatieren, dass Gallus sich vor diesem Hintergrund mit seinem Feldzug über den Katarakt hinaus möglicherweise „in a legal grey area“ bewegte. Was jedoch bleibt, ist die Tatsache, dass die Art und Weise, in der Gallus seine Leistungen präsentierte, durchaus dazu angetan sein konnte, das Missfallen des princeps zu erregen. 207 Vgl. zu dieser Diskussion ausführlich Stickler 2002, 77–85 sowie Hoffmann 2009, 147–167. 208 Stickler 2002, 79. 209 Hoffmann 2009, 148. 210 Alföldy 1990, 99. 211 Hoffmann 2009, 150.

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Es kann an dieser Stelle nicht endgültig entschieden werden, welche genaue rechtliche Form der Vertrag zwischen Gallus und dem König der Äthiopier annahm. Doch unabhängig davon, ob es sich um ein eindeutiges persönliches Klientelverhältnis handelte oder nicht, zeigt allein der Begriff der Proxenie im Griechischen, dass es auf lokaler Ebene durchaus als ein solches wahrgenommen werden konnte. Und selbst wenn Gallus nicht eine so weit reichende unabhängige Außenpolitik betrieb, wie dies zuweilen angenommen wird212, bleibt die Feststellung, dass auch im lateinischen Text weder Octavian noch der Senat als Bezugsgröße für das Vertragsverhältnis erwähnt werden. Die Inschrift der Stele von Philae war mit Sicherheit nicht der entscheidende Grund, der letztlich zur Abberufung des Gallus und zu seinem Sturz führte. Und dennoch muss sein Verhalten in Ägypten für die weiteren Entwicklungen von Bedeutung gewesen sein213: Dio verknüpft die renuntiatio amicitiae durch Augustus explizit damit, dass der Präfekt in der Provinz Statuen von sich aufstellen ließ und seine Leistungen gar auf den Pyramiden verewigte. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich die Tatsache, dass die Stellung des Gallus, der immerhin über mehrere Legionen verfügte, für Augustus zu einem Problem werden konnte, wenn ersterer eigene Ambitionen entwickelte.214 Dass dies durchaus der Fall sein konnte, zeigt die Inschrift der Stele von Philae, in der Gallus seine eigenen Verdienste unzweifelhaft überhöht, wie bereits Mommsen feststellte.215 Wenn also beispielsweise Ovid davon spricht, Gallus habe nach seiner Rückkehr nach Rom seine Zunge nicht im Zaum halten können, ist keineswegs auszuschließen, dass der ehemalige Präfekt auch auf seine Leistungen in Ägypten anspielte und dadurch den Unmut des princeps auf sich zog.216 Die Formulierung Dios lässt denselben Schluss zu. Dabei ging es jedoch nicht in erster Linie um die Hybris des Gallus, die Augustus zu bestrafen gedachte, sondern um eine potentiell problematische Präsentation militärischer Sieghaftigkeit durch einen Untergebenen. Sprengkraft, so lautet die hier vertretene These, entwickelte dieser Sachverhalt erst im Zusammenspiel mit der Affäre um die spolia opima des Crassus. Insbesondere die erste Hälfte der 20er-Jahre war, wie bereits mehrfach aufgezeigt werden konnte, geprägt durch die Suche nach neuen Modi der Präsentation militärischer Sieghaftigkeit, die den fundamental gewandelten Rahmenverhältnissen und insbesondere der neuen Position Octavians bzw. des Augustus Rechnung trugen. Das Beispiel des Crassus hatte dabei deutlich gemacht, bis zu welchem Punkt Octavian bereit war, Zugeständnisse zu machen – zugleich jedoch, an wel212 Vgl. ebd., 170. 213 Vgl. u. a. Minas-Nerpel/Pfeiffer 2010, 292 f. sowie Bringmann 2007, 132 f. 214 Ob dies nun tatsächlich so weit ging, dass Gallus zum Aufstand rüstete, wie Stickler 2002 auf Grundlage des Oxyrhynchus-Papyrus annimmt, sei an dieser Stelle dahingestellt. 215 Vgl. Mommsen 1912, 452–454. 216 Wenn auch die Inschrift selbst möglicherweise keinen Anklagepunkt darstellte, geht ihre Bedeutung doch über die reine Symbolwirkung hinaus, die Gagliardi 2012, 114 ihr zuschreibt. Das Verhalten des Gallus in Ägypten wurde im Rahmen des Sturzes und des Prozesses gegen den ehemaligen Präfekten nicht einfach instrumentalisiert, sondern stellte einen tatsächlichen Grund für das Vorgehen des princeps dar.

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chen Stellschrauben er (zumindest zu diesem Zeitpunkt) noch nicht drehen konnte, um seine Vorstellungen durchzusetzen. Dabei war das zweifelhafte Vorgehen gegen die Weihung der spolia opima durch Crassus, wie oben gezeigt wurde, prinzipiell dazu angetan, Kritik hervorzurufen. Vor diesem Hintergrund wurden in der Forschung sowohl Crassus als auch Gallus als „Opfer“ in einem umfassenden Konkurrenzkampf zwischen princeps und Senat dargestellt und der Prozess gegen Gallus gleichsam als eine Art senatorische „Retourkutsche“ aufgrund der Demütigung im Falle des Crassus angesehen.217 Eine solche Analyse greift jedoch zu kurz: Es bietet sich vielmehr an, die beiden Fälle als Teil des Aushandlungsprozesses zwischen Augustus und der senatorischen Elite zu sehen, in dessen Rahmen man sich über die neuen Modi der Präsentation militärischer Sieghaftigkeit verständigte.218 Den Schlüssel zum Verständnis des Zusammenhangs beider Episoden bieten dabei die jeweils mit den Vorgängen verknüpften Botschaften. Augustus hatte ohne Zweifel ein lebhaftes Interesse daran, wie der Fall des von ihm durch die renuntiatio amicitiae stigmatisierten Ex-Präfekten sich entwickelte.219 Timo Stickler hat dies darauf zurückgeführt, dass der princeps genau zu dieser Zeit dazu gezwungen gewesen sei, „Stärke und Handlungsfähigkeit zu demonstrieren und seinen Machtbereich in Ordnung zu halten, um die eigenen Ansprüche gegenüber dem Senat glaubhaft vertreten zu können. Langwierige Auseinandersetzungen mit wichtigen Exponenten seiner Gefolgschaft konnten dem nur schaden.“220 Daraus zieht Stickler den Schluss, dass Augustus letztlich „den Präfekten nicht schonen wollte [Hervorhebung Stickler].“221 Diese Anmerkung weist in die richtige Richtung. Allerdings ist das Handeln des Augustus nicht unbedingt auf einen geplanten Aufstand des Gallus zurückzuführen, wie Stickler annimmt. Vielmehr ist der Grund dafür, dass der princeps im Rahmen des Prozesses nicht zu Gunsten seines ehemaligen Vertrauten eingriff, in der spezifischen Botschaft zu suchen, die er durch diesen Vorfall zu vermitteln gedachte: Für Gallus als ein „Geschöpf“ des Augustus, der seine Stellung einzig der Berufung durch den princeps verdankte, konnten insbesondere im Rahmen der Präsentation seiner militärischen Sieghaftigkeit nicht die Regeln des traditionellen aristokratischen Feldherrnlobes gelten.222 Stattdessen wa217 Vgl. u. a. Rohr Vio 2000, 157–169 und Gagliardi 2012, 108. 218 Anklänge hieran lassen sich auch bei Gagliardi 2012, 95 finden, die jedoch diesen Ansatz nicht konsequent weiter verfolgt bzw. den Aushandlungsprozess allein auf die Ebene der Rivalität zwischen princeps und Senat reduziert; vgl. auch Raaflaub/Samons 1990, 425: „If Gallusʼ Egyptian activities contributed to his downfall, his case is comparable to that of Crassus: both were high-ranking men who, deliberately or not, tested the limits of the powerful individual’s freedom of action and self-advertisement under the new regime.“ 219 In der Forschung wurde vielfach auf die unklare Rolle des Augustus im Rahmen dieses Prozesses hingewiesen; vgl. u. a. Stickler 2002, 62 f. sowie Gagliardi 2011, 363–371. 220 Stickler 2002, 50. 221 Ebd., 63. 222 Gagliardi 2012, 99 stellt fest, dass Gallus als Ritter durch die Formulierungen auf der Stele von Philae und durch sein Handeln im Umgang mit dem König der Äthiopier seine Kompetenzen gegenüber dem Senat überschritten habe. Sie berücksichtigt dabei aber nicht, dass dies auch Einfluss auf das Verhältnis des Präfekten zu Augustus haben musste (vgl. ebd., 112 sowie Hoffmann 2009, 144).

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ren Formulierungen wie die auf der Stele von Philae verwendeten eher dazu angetan, Gallus in Konkurrenz mit seinem Oberherrn zu bringen. Edwin Judge stellte fest: „Gallus was no doubt the last careerist to exploit the old style of claim independently of the new Caesarian leadership.“223 Doch genau hierin lag das Problem: Augustus hatte im Falle des Crassus bereits deutlich gemacht, dass ein solcher „style of claim“, der die neue Machtposition des Bürgerkriegssiegers unberücksichtigt ließ, nicht einmal für Angehörige der höchsten Kreise innerhalb der senatorischen Aristokratie mehr möglich war. Umso weniger konnte er es zulassen, dass sein eigener Untergebener, der durch seine bloße Stellung eben dieser senatorischen Elite bereits ein Dorn im Auge war, die gerade gesetzten Grenzen überschritt. Werner Eck stellte mit Bezug auf Gallus fest, dass die von Dio referierten Vorwürfe nur dann eine Wirkung entfalten konnten, „wenn eine bestimmte Vorstellung darüber bestand, in welchen Formen sich selbst ein so mächtiger Freund des Siegers im Bürgerkrieg gegenüber einer provinzialen Öffentlichkeit darstellen konnte, bzw. nicht durfte.“224 Eben diese Formen waren jedoch gerade zu diesem Zeitpunkt einem fundamentalen Wandel unterworfen – und dies galt nicht nur für den von Eck angesprochenen provinzialen Kontext selbst, sondern auch und sogar in noch höherem Maße für den Widerhall, den die Darstellung des Gallus in der hauptstädtischen Öffentlichkeit zeitigte. Augustus machte sowohl im Falle des Crassus wie auch im Falle des Gallus deutlich, worin diese Formen bestanden225: Alles, was sich in ein traditionelles Muster einordnen ließ, war akzeptabel – und es wäre wohl äußerst schwierig gewesen, über diesen Punkt hinauszugehen. Crassus durfte seinen Triumph feiern, Gallus offenbar zunächst auch seine Leistungen der provinzialen Öffentlichkeit präsentieren. Gegen alles, was über das normale Maß hinaus ging (seien es die spolia opima des Crassus oder die seinem politischen und sozialen Rang nicht zukommenden Äußerungen des Gallus, die dieser möglicherweise auch in Rom tätigte) und vor allem den jeweiligen Feldherrn in ein Konkurrenzverhältnis zum princeps rücken konnte, ging dieser jedoch vor.226 Der Sturz des Gallus und insbesondere sein Prozess vor dem Senat waren vor diesem Hintergrund dazu geeignet zu demonstrieren, dass der princeps prinzipiell an die Angehörigen der senatorischen Elite und an sein eigenes Umfeld vergleichbare Maßstäbe anlegte. Natürlich waren dem Vorgehen gegen erstere dabei engere Gren223 Judge 1973, 572. 224 Eck 2010, 7. 225 Hoffmann 2009, 144 weist darauf hin, dass Gallus in seinem Text teilweise ähnliche Formulierungen verwendet, wie Augustus es später in seinen Res Gestae getan habe, und folgert: „Das bedeutet nicht, daß beide Tatenberichte miteinander in Beziehung zu setzten sind, sondern daß Gallus und Augustus sich einer damals wohl üblichen Siegesrhetorik bedienten.“ Doch gerade die Tatsache, dass Augustus noch im Rahmen seines politischen Vermächtnisses, in dem keine Formulierung unbedacht platziert worden sein dürfte, auf diese Formulierungen zurückgriff, zeigt auf, welches Problempotential dem Text des Gallus innewohnte. 226 Vgl. Zimmermann/von den Hoff/Stroh 2014, 122 f. sowie Judge 1973, 573: „The contemporary case of M. Crassus, proconsul of Macedonia, showed that the way forward for subordinates in the future was to limit their pride in success to what did not detract from that of the titular imperator.“

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zen gesteckt. Die Botschaft war jedoch in beiden Fällen grundsätzlich die gleiche. Für den augusteischen Umgang mit dem Triumph ist dabei von entscheidender Bedeutung, dass an eine Abschaffung dieses Rituals bzw. an einen Ausschluss der senatorischen Elite zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu denken war – solange sich die Präsentation militärischer Sieghaftigkeit mittels dieses Rituals in einem akzeptablen Rahmen hielt. Belege für eine von Anfang an beabsichtigte Monopolisierung des Triumphrituals lassen sich hier jedoch nicht finden.227 Offenbar kamen diese Botschaften bei ihren intendierten Adressaten an: Die fasti verzeichnen im Zeitraum von 27 bis 19 v. Chr. vier weitere Triumphe, darunter auch zwei von Prokonsuln der Provinz Africa, mithin von Kommandeuren mit eigenem auspicium und imperium.228 Wenn diese Siegesfeiern überhaupt Einzug in die literarischen Quellen gefunden haben, so scheinen sie dennoch keine Besonderheiten aufzuweisen, die zum Konflikt hätten führen können. In diesem Zusammenhang ist jedoch auf eine potentielle Ausnahme hinzuweisen, die allerdings in der Quelle selbst nicht als Besonderheit markiert wird: Appian berichtet, Augustus habe M. Valerius Messalla Corvinus einen Triumph über die Gallier zugestanden.229 Sollte diese Angabe zutreffend sein, wäre sie insofern bemerkenswert, als sie einen Beleg dafür darstellen könnte, dass über den Triumph entweder vor dem Senat überhaupt nicht mehr diskutiert worden war230 oder dass der Senat zumindest nicht mehr als entscheidende Instanz bei der Vergabe von Triumphen angesehen wurde: Selbst wenn es letztlich der Senat war, der den Triumph bewilligte, wäre Appian zufolge zu diesem Zeitpunkt die Initiative bereits auf den princeps übergegangen – ohne dass ein solch wegweisender Schritt Widerhall in den Quellen gefunden hätte. Genau darin liegt das Problem der Passage: Insbesondere vor dem Hintergrund der in diesem Abschnitt angestellten Überlegungen drängt sich der Eindruck auf, dass hier ein Anachronismus vorliegt. Denn wäre Augustus tatsächlich die entscheidende Instanz bei der Triumphvergabe gewesen bzw. wäre er offen als diese aufgetreten, wie Appian hier suggeriert, so hätte ein solches Verhalten den soeben ausgehandelten Regelungen diametral widersprochen. Schließlich war es im Rahmen der Vorgänge um Crassus und Gallus gerade darum gegangen, die Gültigkeit traditioneller Schemata zu bestätigen. Zudem ist auffallend, dass Appian Messalla hier zwar nicht explizit, doch unverkennbar als Legaten des Augustus vorstellt, was 227 Anders jedoch Hickson 1991, 128: „No doubt, the experience with Crassus emphasized the need to deal with potential rivals, who still threatened the power of the new regime, and supported the movement toward more restrictive policies regarding triumphs.“ 228 Itgenshorst 2005, Kat.-Nr. 294–297: M. Valerius Messalla Corvinus ex Gallia (27 v. Chr.), Sex. Appuleius ex Hispania (26 v. Chr.), L. Sempronius Atratinus ex Africa (21 v. Chr.), L. Cornelius Balbus ex Africa (19 v. Chr.). 229 App. civ. 4,161: ὁ δὲ αὐτὸν ὕπατόν τε ἀπέφηνεν ἀντὶ αὐτοῦ Ἀντωνίου, ἀποχειροτονηθέντος, ὅτε αὖθις ἐψηφίζετο εἶναι πολέμιος, καὶ περὶ Ἄκτιον ναυαρχήσαντα κατὰ τοῦ Ἀντωνίου στρατηγὸν ἔπεμψεν ἐπὶ Κελτοὺς ἀφισταμένους καὶ νικήσαντι ἔδωκε θριαμβεῦσαι. („Bei der Schlacht von Actium führte Messalla ein Flottenkommando gegen Antonius, er wurde dann von Octavian als Feldherr gegen die aufständischen Kelten entsandt und für seinen Sieg mit einem Triumph belohnt.“) 230 Vgl. Itgenshorst 2005, 424.

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den tatsächlichen Gegebenheiten keineswegs entsprach: Messalla trat sein Amt in Gallien aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahr 29 oder 28 v. Chr. an, also vor der Neuordnung der Provinzverwaltung. Legaten des Augustus erhielten in der Folge den Titel legatus Augustus pro praetore. Messalla triumphierte jedoch laut Ausweis der fasti explizit pro consule. Zudem wäre ein Triumph eines Legaten des Augustus aufgrund der Kommandostrukturen ein eher ungewöhnliches Ereignis gewesen. Denn anders als beispielweise Crassus besaßen die Legaten kein eigenes imperium und führten ihre Feldzüge unter den auspicia des Augustus durch. All dies spricht dafür, dass Appian hier Verhältnisse, die frühestens nach 27 v. Chr. herrschten, auf die Jahre davor rückprojiziert. Insbesondere im Falle der Triumphvergabe durch Augustus muss, wie im folgenden Abschnitt aufgezeigt werden soll, sogar mit einem noch späteren Datum gerechnet werden. Es deutet folglich viel darauf hin, dass beim Triumph des Messalla Corvinus ebenso wie bei den Siegesfeiern der folgenden Jahre nach traditionellen Mustern vorgegangen wurde. Die Präsentation militärischer Sieghaftigkeit entsprach offenbar den traditionellen Vorgaben, zumindest verzeichnen die Quellen nichts Gegenteiliges. Tibull berichtet darüber, dass Messalla die Via Latina ausbaute231, wobei wohl davon auszugehen ist, dass dies auf Bitten des Augustus ex manubiis geschah232. Wie auf der Ebene der Triumphalarchitektur die neuen Regelungen umgesetzt wurden, kann exemplarisch ein Monument verdeutlichen, das in dieser Hinsicht bemerkenswert wenig Aufmerksamkeit erhalten hat: der Tempel des Apollo in circo, der von C. Sosius renoviert und mit griechischen Kunstwerken sowie einem neuen Kultbild ausgestattet wurde.233 Zwar ist die genaue Datierung dieser Maßnahme umstritten, doch spricht einiges dafür, dass ein Großteil der baulichen und dekorativen Maßnahmen in die Zeit nach dem Sieg bei Actium fällt.234 Als Beleg hierfür kann insbesondere ein Fries angeführt werden, der einen Triumphzug zeigt. Wie bereits mehrfach festgestellt wurde, bildet der Fries dabei keineswegs den Triumph des Sosius ab, den dieser im Jahr 34 ex Iudaea feierte, sondern vielmehr den dreifachen Triumph Octavians.235 Daraus ist in der Forschung mitunter der Schluss gezogen worden, der Tempel habe ausschließlich dazu gedient, die Taten des princeps zu verherrlichen.236 Unzweifelhaft standen der princeps und seine militäri231 Tib. 1,7,57–60: Nec taceat monumenta viae, quem Tuscula tellus / Candidaque antiquo detinet Alba Lare. / Namque opibus congesta tuis hic glarea dura / Sternitur, hic apta iungitur arte silex. 232 Vgl. Suet. Aug. 30,1: quo autem facilius undique urbs adiretur, desumpta sibi Flaminia Via Arimino tenus munienda reliquas triumphalibus viris ex manubiali pecunia sternendas distribuit. 233 Vgl. zu diesem Bauwerk u. a. La Rocca 1988 sowie Viscogliosi 1988 und 1993. 234 Vgl. für einen Überblick über die verschiedenen Vorschläge Viscogliosi 1993, 50 f. Für die Datierung in die 20er-Jahre sprechen sich u. a. La Rocca 1988, 122 f. und Hölscher 1985, 88 f. aus. 235 Vgl. u. a. Hölscher 1985, 89, der darauf hinweist, dass die abgebildeten Gefangenen die Ikonographie nördlicher Völker aufweisen, Viscogliosi 1996, 75–81 sowie Zanker 2003, 76. 236 Vgl. u. a. Hölscher 1985, 89: „Sosius wußte, was er dem neuen Herrscher, der ihn in Gnaden aufgenommen hatte, schuldig war.“ Hinard 1992, 69 geht sogar so weit zu mutmaßen, dass

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schen Leistungen im Fokus der dekorativen Elemente. Dennoch darf nicht vernachlässigt werden, dass der Tempel als solcher in der öffentlichen Wahrnehmung trotzdem nicht dem Augustus, sondern explizit dem Sosius zugeordnet wurde: Plinius bezeichnet ihn zweimal als Apollo Sosianus.237 Und ebenfalls dürfte eindeutig gewesen sein, dass die Arbeiten, die Sosius vornehmen ließ, wie üblich aus den Erlösen der Kriegsbeute finanziert wurden. Dafür spricht bereits der Kontext des Tempels, der schon allein durch seine Lage neben dem Tempel der Bellona mit der columna bellica und im Einzugsbereich der vermutlichen Wegstrecke der Triumphzüge eindeutig dem Themenkomplex von Kriegsbeginn und -beendigung zuzuordnen war.238 Im Tempel des Apollo Sosianus versinnbildlicht sich der Kompromiss, der im Rahmen der Affären um Crassus und Gallus zwischen dem princeps und der senatorischen Elite ausgehandelt worden war: Die Tatsache, dass Sosius den Tempel ex manubiis restaurierte, bewegte sich durchaus im üblichen Spektrum der Darstellung militärischer Sieghaftigkeit. Wie das Beispiel des Messalla zeigt, war Augustus auch selbst daran gelegen, diese Tradition fortzuführen – ganz im Einklang mit der Botschaft, die sein Umgang mit Crassus aussandte. Eine problematische Komponente erhielt sein Engagement jedoch dadurch, dass der Apollo-Tempel in circo potentiell in ein Konkurrenzverhältnis zu Octavians Heiligtum auf dem Palatin trat – und es ist keineswegs ausgeschlossen, dass das ursprüngliche Konzept genau darauf abzielte.239 Nun ist natürlich nichts darüber bekannt, ob überhaupt und inwiefern Augustus Einfluss auf die Ausgestaltung des Bauwerks nahm. Doch allein die Tatsache, dass sich Sosius dazu entschied, nicht den eigenen Erfolg, sondern den des princeps zu einem Mittelpunkt des Bildprogramms zu machen, führt vor Augen, dass die Mitglieder der senatorischen Elite die Botschaften des Augustus verstanden hatten. Der Aspekt der Konkurrenz wurde auf diese Weise abgemildert: Mochte der Tempel auch durch die ihm eigene Extravaganz zeigen, dass die in seinem Bildprogramm gefeierten Leistungen ebenfalls außergewöhnlich waren, so waren dies eben nicht die Erfolge des Sosius, sondern die des princeps. Wenn also der Tempel in welcher Form auch immer über das durch die Affären des Crassus und Gallus recht deutlich definierte Normalmaß hinausging, so konnte sich Sosius darauf berufen, dass er keineswegs in Konkurrenz zu Augustus zu treten gedachte. Dabei gab er jedoch den Anspruch, mit dem Tempel zugleich auch an seine eigenen Leistungen erinnern zu wollen, keineswegs auf und Augustus scheint auch nichts dagegen unternommen zu haben, wie die Existenz des Terminus „Apollo Sosianus“ demonstriert. Die informellen Regelungen, die Anfang der 20er-Jahre getroffen wurden, hatten somit offenbar mehrere Jahre lang Bestand und stellten einen für beide Seiten akzeptablen modus vivendi dar. Octavian nach seinem Sieg bei Actium die weitere Konzeption und bauliche Ausgestaltung des Tempels von Sosius übernommen habe. 237 Plin. nat. 13,53 und 36,28. Gros 1976, 161–166 hat eine solche Zuschreibung bestritten und vorgebracht, dass sich diese Identifizierung lediglich auf das von Sosius gestiftete Kultbild bezogen habe; dagegen jedoch Hinard 1992, 59 f. 238 Vgl. Hinard 1992, 62. 239 Vgl. u. a. ebd., 66 und Zanker 2003, 74.

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Und dennoch musste dieser Kompromiss aus Sicht des Augustus ein entscheidendes Defizit aufweisen: Denn das grundsätzliche Problem, das mit Crassus und Gallus verbunden war, blieb bestehen, selbst wenn künftig alle Siege unter den auspicia des Augustus errungen wurden. Der Triumph bot auch weiterhin prinzipiell die Möglichkeit zur Überhöhung einzelner Personen und barg daher, wenn er von ambitionierten Männern eingesetzt wurde, weiterhin ein gewisses Problempotential.240 Es bestand grundsätzlich durchaus die Möglichkeit, dass Augustus sich erneut mit einem ehrgeizigen, militärisch erfolgreichen Feldherrn auseinandersetzten musste, der sich zwar über die Folgekosten bewusst gewesen sein mag, diese jedoch hätte ebenso bewusst in Kauf nehmen können. Die Kriege gegen auswärtige Feinde endeten nicht mit dem Jahr 27 und die Beispiele der Triumphatoren bis 19 v. Chr. zeigen, dass dies auch für die Möglichkeiten, sich auf militärischem Gebiet auszuzeichnen, galt – was dem princeps selbst in eben diesem Zeitraum nur mit mäßigem Erfolg gelang, wie die Unternehmungen in Spanien und die Bemühungen im Rahmen der Darstellung des „Parthersiegs“ vor Augen führen. Natürlich hatten sich nach 27 v. Chr. die Rahmenbedingungen wesentlich gewandelt, da prinzipiell insbesondere die Feldherren in den Provinzen des Augustus als Legaten des princeps agierten. Dennoch: Angesichts der Tatsache, dass Augustus nach dem Krieg in Spanien nicht mehr selbst ins Feld zog, musste er die Kontrolle über den militärischen Sektor irgendwie aufrecht erhalten und die Soldaten weiterhin an sich binden. Zumal seine militärischen Erfolge noch in den Res Gestae die Leistungen sind, über die Augustus sich zu einem wesentlichen Teil legitimierte. Wenn dem princeps Gefahr drohen konnte, dann aus den Reihen der Militärkommandeure. Nicht zufällig waren ja gerade die 20er-Jahre von Versuchen geprägt, das Monopol des princeps über den militärischen Bereich zu etablieren und dadurch genau dieses Gefahrenpotential zu minimieren. Die Kernpunkte der verschiedenen Regelungen von 27 und 23 v. Chr. betrafen das augusteische imperium. Die Reformen, die Augustus auf dem Gebiet des Militärwesens vornahm, hatten zum Ziel, das Militär als eigenständigen politischen Faktor zu verdrängen und gerade den senatorischen Kommandeuren die Möglichkeiten zu nehmen, sich durch allzu enge Bindungen an die Soldaten eine eigene Machtposition zu verschaffen.241 Vor 240 Jehne 2012, 31 f. diagnostiziert hier einen wesentlichen Unterschied zwischen Augustus und Caesar. Cass. Dio 43,45,2 überliefert die Regelung, wonach ab dem Jahr 45 v. Chr. allein Caesar das Recht besessen habe, Soldaten zu befehligen. Doch wenn der Diktator einem Feldherrn das Recht übertragen hatte, eine Armee zu befehligen, so habe dieser unter den eigenen auspicia gekämpft und der Sieg sei formal gesehen nur ihm zugekommen – wenn auch mit einem zusätzlichen Feiertag bei jedem Dankfest klar gemacht worden sei, dass Caesar ein Anteil an allen militärischen Erfolgen zukomme: „Während also Caesars Modus der für die Alleinherrschaft unverzichtbaren Kontrolle des Militärs die Form einer kompletten Ermächtigung annahm, war der ins Auge springende Eindruck der Regelung des Augustus der einer Teilung mit dem Senat. Paradoxerweise war aber die Konsequenz, daß die Chance, eigenständig Ehre zu erwerben bis hin zum Triumph, bei Caesar viel größer war als bei Augustus.“ (32) Diese Feststellung trifft ohne Zweifel zu: Unter Caesar waren Triumphe anderer Feldherren an der Tagesordnung. Daraus lässt sich jedoch keineswegs ableiten, dass die Möglichkeit unter Augustus nicht mehr existierte. 241 Hierzu ausführlich S. 17–23.

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diesem Hintergrund erwies sich der Umgang mit dem Triumph in den 20er-Jahren möglicherweise tatsächlich als defizitär. Als ein Versuch, auf diese Problematik zu reagieren, können die Ereignisse des Jahres 19 v. Chr. angesehen werden. VII 2.2 Balbus und Agrippa – Der Triumph in der Verfügungsgewalt des Einzelnen Im Jahr 19 v. Chr. sah sich die römische Öffentlichkeit im Hinblick auf den Triumph mit gleich zwei außergewöhnlichen Ereignissen konfrontiert: Zum einen hielt mit L. Cornelius Balbus erstmals ein Feldherr mit provinzialen Wurzeln einen Triumphzug ab, über den Plinius in einer Passage der Naturalis Historiae berichtet: […] über sie alle [d. h. die Länder u. Städte der Garamanten] siegten die römischen Waffen und triumphierte Cornelius Balbus, der als einziger Ausländer von allen mit einem Wagen und dem Recht der Quiriten beschenkt wurde; denn dem aus Gades Stammenden wurde zusammen mit seinem Oheim väterlicherseits, dem älteren Balbus, das römische Bürgerrecht verliehen. Bemerkenswert ist auch noch der Umstand, daß unsere Autoren über die oben erwähnten, von ihm eroberten Städte berichtet haben und daß er selbst bei seinem Triumph neben Cidamus und Garama die Namen und Bilder aller anderen Stämme und Städte mitgeführt habe, die in folgender Reihenfolge vorbeimarschierten: die Stadt Tabudium, das Volk Niteris, die Stadt Miglis Gemella, das Volk oder die Stadt der Bubeies, das Volk Enipi, die Stadt Tuben, der Berg namens Niger, der Nitibres, die Stadt Rapsa, das Volk Viscera, die Stadt Decri, der Fluß Nathabur, die Stadt Thapsagum, das Volk Tamiagi, die Stadt Boin, die Stadt Pege, der Fluß Dasibari, dann die aufeinanderfolgenden Städte Baracum, Buluba, Alasit, Galsa, Balla, Maxalla und Cizania, der Berg Gyri, auf dem Edelsteine entstehen, wie die vorangetragene Inschrift verkündete.242

Der Triumph des Balbus erweckte in der Forschung vor allem deswegen mehr Aufmerksamkeit als andere Siegesfeiern, weil er den Schlusspunkt der fasti triumphales bildet.243 Mit dieser Siegesfeier endeten der communis opinio zufolge die Triumphe siegreicher Feldherren, wie sie in der Republik üblich gewesen waren. Gleichsam paradigmatisch formulierte Frances Hickson: „After Balbus, the only generals who were awarded triumphs were Augustusʼ potential successors.“244

242 Plin. nat. 5,36 f.: […] omnia armis Romanis superata et a Cornelio Balbo triumphata, unius omnium curru externo et Quiritum iure donate; quippe Gadibus genito civitas Romana cum maiore Balbo patruo data est. et hoc mirum, supra dicta oppida ab eo capta auctores nostros prodidisse, ipsum in triumpho praeter Cidamum et Garamam omnium aliarum gentium urbiumque nomina ac simulacra duxisse, quae iere hoc ordine: Tabudium oppidum, Niteris natio, Miglis Gemella oppidum, Bubeium natio vel oppidum, Enipi natio, Thuben oppidum, mons nomine Niger, Nitibrum, Rapsa oppida, Viscera natio, Decri oppidum, flumen Nathabur, Thapsagum oppidum, Tamiagi natio, Boin oppidum, Pege oppidum, flumen Dasibari, mox oppida continua Baracum, Buluba, Alasit, Galsa, Balla, Maxalla, Cizania, mons Gyri, in quo gemmas nasci titulus praecessit. 243 Vgl. u. a. Beard 2007, 68 f. Zu den fasti S. 342–347. 244 Hickson 1991, 128. Vgl. auch Sumi 2005, 247.

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Tanja Itgenshorst ging sogar so weit, aus diesem Grund einen „qualitativ[en]“ Unterschied zwischen den Triumphen vor und nach 19 v. Chr. zu postulieren.245 Nun ist prinzipiell zu sagen, dass die Beschreibungen des Balbus-Triumphs keine Abweichungen vom üblichen Prozedere erkennen lassen. Zwar wird die Karriere des Balbus an sich als bemerkenswert erachtet246, doch die Siegesfeier scheint sich im traditionellen Rahmen bewegt zu haben – ganz so, wie es nach den Ereignissen des Jahres 27 v. Chr. zu erwarten war. Und auch in der Folge verhielt sich Balbus nicht anders als andere Triumphatoren: Er errichtete (wahrscheinlich aus Beutegeldern) ein Theater247, das er im Jahre 13 v. Chr. einweihen ließ und laut Plinius mit mehreren Säulen schmückte.248 Dass diese Siegesfeier der letzte Triumph eines nicht der kaiserlichen Familie angehörenden Feldherrn sein sollte, war folglich – schenkt man den antiken Quellen Glauben – aus dem Ritual selbst sowie aus der weiteren Karriere des Balbus keineswegs abzuleiten. Die Zeremonie schien im Gegenteil keinerlei Besonderheiten aufzuweisen, die die Autoren historiographischer oder anderer Werke als besonders erwähnenswert erachtet hätten. Auch Itgenshorst stellt fest: „Daß der Princeps die Feier von Triumphen ab diesem Zeitpunkt ausdrücklich reglementierte, ist nicht belegt.“249 Und doch, so heißt es an gleicher Stelle, gebe es „mehrere Hinweise darauf, daß nach dem Triumph des Cornelius Balbus im Jahr 19, dem letzten Triumph außerhalb des Herrscherhauses, ein Abschluß vollzogen wurde […].“250 Als einen der Hinweise führt Itgenshorst daraufhin den zweiten außerordentlichen Vorfall des Jahres 19 v. Chr. an, den Cassius Dio folgendermaßen referiert: Schließlich blieb Agrippa [in Spanien] doch erfolgreich; denn nachdem er eine Menge Soldaten verloren hatte und viele andere, die sich besiegen ließen, hatte degradieren müssen – unter anderem nahm er der gesamten Legio Augusta, wie sie bisher genannt war, diese Bezeichnung –, vernichtete er beinahe alle Feinde im wehrfähigen Alter, entwaffnete die übrigen und zwang

245 Itgenshorst 2008, 34. 246 Vell. 2,51,3: Tum Balbus Cornelius excedente humanam fidem temeritate ingressus castra hostium saepiusque cum Lentulo conlocutus consule, dubitante quanti se venderet, illis incrementis fecit viam, quibus non Hispaniensis natus, sed Hispanus, in triumphum et pontificatum adsurgeret fieretque ex privato consularis. („Damals schlich sich Cornelius Balbus mit kaum glaublichem Wagemut ins feindliche Lager und führte mehrere Unterredungen mit dem Konsul Lentulus, der sich nicht entscheiden konnte, zu welchem Preis er sich verkaufen sollte. Das waren die ersten Sprossen auf seiner Ruhmesleiter, auf der Balbus, ein eingeborener Spanier, nicht einmal aus einer römischen Kolonie, bis zum Triumph und zum Pontifikat emporsteigen und vom Privatmann zum Konsular werden sollte.“) 247 Tac. ann. 3,72: erat etiam tum in more publica munificentia; nec Augustus arcuerat Taurum, Philippum, Balbum hostiles exuvias aut exundantis opes ornatum ad urbis et posterum gloriam conferre. („Öffentliche Freigebigkeit war nämlich damals noch Sitte. Auch Augustus hatte es Männern wie Taurus, Philippus und Balbus nicht verwehrt, die Beute aus Feindesland oder ihre gewaltigen Reichtümer zur Verschönerung der Stadt und zum Ruhme ihrer Nachkommen zu verwenden.“) 248 Plin. nat. 36,60: […] namque pro miraculo insigni quattuor modicas in theatro suo Cornelius Balbus posuit […]. 249 Itgenshorst 2005, 222. 250 Ebd.

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sie, von ihren Bergfesten in die Ebenen herabzusteigen. Er sandte indessen hierüber keinen Bericht an den Senat und nahm auch keinen Triumph an, obschon ihm ein solcher auf Veranlassung des Augustus genehmigt worden war, sondern bewährte auch in diesen Dingen sein gewohntes Maßhalten […].251

Der Vorbildcharakter dieser Zurückweisung eines ihm vom Senat bewilligten Triumphs durch Agrippa ist in der Forschung bereits oftmals postuliert worden.252 Zugleich wurde gerade in diesem Aspekt immer wieder die Motivation des Verzichts gesehen: „Konnte oder wollte bei solchen exempla irgend jemand im Senat es wagen, gegen den so deklarierten politischen Willen des Machthabers den Antrag zu stellen, etwa einem Prokonsul aus Africa einen Triumph zu bewilligen?“253 Tatsächlich soll an dieser Stelle nicht bezweifelt werden, dass der Triumphverzicht des Agrippa eine Signalwirkung hatte. Es muss allerdings die Frage aufgeworfen werden, wie genau dieser Akt zum durchgeführten Triumph des Balbus stand. Denn bei näherer Betrachtung dieser Siegesfeier drängt sich der Verdacht auf, dass der ihr in der Forschung immer wieder zugeschriebene Charakter eines Abschlusses republikanischer Triumphpraxis sich vor allem aus der Rückschau ergibt. Im Folgenden soll daher der Versuch unternommen werden, das genaue Verhältnis der beiden Vorkommnisse näher in den Blick zu nehmen und auf diese Weise die Funktionsmechanismen der Maßnahmen, die im Jahr 19 v. Chr. in Hinsicht auf den Umgang mit dem Triumph getroffen wurden, differenzierter nachzuzeichnen, als dies bisher oftmals der Fall war. Wie bereits aufgezeigt, stellte die Abschaffung des Triumphs offenbar keine Option für den princeps dar und man mag fragen, weshalb gerade im Jahr 19 v. Chr. die Rahmenbedingungen für einen solch radikalen Schritt hätten gegeben sein sollen. Dennoch musste sich aus Sicht des princeps, wie oben bereits beschrieben, die Regelung des Jahres 27 v. Chr. in gewisser Weise als defizitär präsentieren: Das Fortbestehen des Triumphs beinhaltete stets die Möglichkeit, dass die ausgehandelten Kompromisse hinterfragt werden konnten. Aus diesem Grund konnte es nicht ausbleiben, dass Überlegungen angestellt wurden, wie man diesem Problem begegnen könne. Offenbar ergab sich im Jahr 19 v. Chr. eine Situation, in der man glaubte, die bestehenden Vereinbarungen in entscheidenden Punkten nachjustieren zu können254: Im Mittelpunkt stand dabei die Bemühung, den Triumph in die Verfügungs251 Cass. Dio 54,11,5 f.: Τέλος δέ ποτε συχνοὺς μὲν ἀποβαλὼν τῶν στρατιωτῶν, συχνοὺς δὲ καὶ ἀτιμώσας ὅτι ἡττῶντο (τά τε γὰρ ἄλλα καὶ στρατόπεδον ὅλον Αὔγουστον ἐπωνομασμένον ἐκώλυσεν οὕτως ἔτι καλεῖσθαι), τούς τε ἐν τῇ ἡλικίᾳ πολεμίους πάντας ὀλίγου διέφθειρε καὶ τοὺς λοιποὺς τά τε ὅπλα ἀφείλετο καὶ ἐς τὰ πεδία ἐκ τῶν ἐρυμνῶν κατεβίβασεν. Οὐ μὴν οὔτε ἐπέστειλέ τι τῇ βουλῇ περὶ αὐτῶν, οὔτε τὰ ἐπινίκια καίτοι ἐκ τῆς τοῦ Αὐγούστου προστάξεως ψηφισθέντα προσήκατο, ἀλλ´ ἔν τε τούτοις ἐμετρίαζεν ὥσπερ εἰώθει […]. 252 Vgl. u. a. Itgenshorst 2005, 222 sowie dies. 2008, 40, Balbuza 1999, 294 sowie Girardet 1993, 457 und Stäcker 2003, 416 f. 253 Eck 2010a, 21. 254 Es kann dabei keineswegs ausgeschlossen werden, dass die politischen Rahmenbedingungen einen entscheidenden Beitrag zum Triumphverzicht des Agrippa leisteten (vgl. Roddaz 1984, 410). Schließlich hätte die Siegesfeier für den unbezweifelbar militärischen Erfolg in Spanien just zu dem Zeitpunkt stattgefunden, als die Sieghaftigkeit des princeps im Fokus des öffentli-

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gewalt eines Einzelnen zu überführen – wohlgemerkt (und dies ist ein entscheidender Aspekt) nicht notwendigerweise des Einzelnen, d. h. des Augustus. Eine langfristig geplante Triumphpolitik muss nicht unbedingt den Hintergrund für die Maßnahmen bilden. Einen vom Senat bewilligten Triumph abzulehnen, wie Agrippa und auch Augustus selbst es taten, konnte Anlass zur Kritik sein, wie der Überblick über die entsprechenden Quellen zu Beginn dieses Kapitels gezeigt hat. Und dennoch kann der Verzicht des Agrippa als ein Beleg dafür angesehen werden, dass ein solches Verhalten künftig von den Angehörigen der senatorischen Elite erwartet wurde. Es soll daher an dieser Stelle keineswegs bestritten werden, dass Druck auf die Senatoren ausgeübt wurde. Vielmehr soll jedoch aufgezeigt werden, dass die Funktionsmechanismen weit subtiler waren, als dies auf den ersten Blick den Anschein haben mag. In der Forschung ist die Signalwirkung des Triumphverzichts, den Agrippa vollzog, in Anlehnung an Cassius Dio mitunter als Bescheidenheitsgestus charakterisiert worden: „Dem in republikanischer Zeit üblichen Streben nach militärischem Ruhm wurde von Dio eine bewußte Zurückhaltung gegenübergestellt, und Agrippa scheint – ebenso wie Augustus selbst – eben diese Zurückhaltung geübt zu haben.“255 Eine solche Bewertung wird den Vorgängen ebenso wenig gerecht wie die von Simpson vertretene gegenteilige Ansicht, es habe sich um einen Akt der Arroganz und der bewussten Provokation gegenüber dem Senat gehandelt.256 Ähnlich wie bei Crassus und Gallus ergibt sich ein schlüssiges Gesamtbild nur aus der Zusammenschau mit dem Triumph des Balbus. Zentral ist dabei zunächst die Triumphvergabe: Es besteht kein Anlass zu bezweifeln, dass im Falle des Balbus nach dem traditionellen Schema verfahren wurde.257 Balbus wurde von seinem Heer zum imperator ausgerufen und sandte daraufhin die lorbeergeschmückte Siegesmeldung (litterae laureatae) nach Rom, wo der Senat ein Dankfest für den Sieg des Feldherrn dekretierte. Bei seiner Rückkehr nach Rom stellte Balbus den formalen Antrag auf die Zuerkennung eines Triumphs, über den im Senat diskutiert und chen Interesses stand – allerdings nicht unbedingt im positiven Sinne: Wie im Rahmen dieser Arbeit bereits aufgezeigt werden konnte (s. Kap. VI), war die Präsentation des „Parthersiegs“ vollkommen darauf ausgerichtet, diesen als einen militärischen Erfolg darzustellen. Denn der princeps hatte die eigentliche Erwartungshaltung der römischen Öffentlichkeit an seine Ostpolitik keineswegs erfüllen können, was im Verzicht auf den Triumph deutlich zum Ausdruck kam. Vor diesem Hintergrund wäre es möglicherweise wenig dienlich gewesen, wenn Agrippa seinen eigenen Triumph durchgeführt und so einen markanten Kontrapunkt zum „Erfolg“ des Augustus gesetzt hätte, der sich zur gleichen Zeit bemühte, eben dieses Manko möglichst geschickt auszugleichen. Doch zeigt eine genaue Analyse der Ereignisse, dass dies keineswegs der einzige Grund sein konnte, der Agrippa zum Triumphverzicht bewegte. Daher unterscheidet sich der Akt des Jahres 19 von der Triumphablehnung des Jahres 38 v. Chr., in der die bereits von Dio (48,49,4) kolportierte Rücksichtnahme Agrippas auf die prekäre Lage Octavians durchaus als Motiv angeführt werden kann (so auch Reinhold 1965, 29 sowie Syme 2002, 231; Roddaz 1984, 77 verweist zudem darauf, dass durch Agippas Verzicht der römischen Öffentlichkeit die Einheit der Partei Octavians demonstriert wurde). 255 Itgenshorst 2008, 40. Ähnlich auch Balbuza 1999, 293. 256 Vgl. Simpson 1991 (kritisch hierzu Wardle 1994, 58). 257 Vgl. hierzu u. a. Rüpke 1990a, 225, Itgenshorst 2005, 80–88 sowie Beard 2007, 199–205.

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entschieden wurde. Von zentraler Bedeutung ist, dass die Initiative eindeutig beim siegreichen Feldherrn selbst lag: Über den Triumph wurde in Rom offiziell erst debattiert, wenn ein Antrag vorlag. Die Entscheidung, ob ein regelgerechter Triumph durchgeführt werden konnte, lag jedoch beim Senat.258 Auch in dieser Hinsicht stellte der Triumph des Balbus somit allem Anschein nach keinen Bruch dar – was wiederum den Fall des Agrippa umso bezeichnender machte. Agrippa verzichtete laut Cassius Dio darauf, die Initiative zu ergreifen, und schickte keine Siegesmeldung an den Senat, obwohl er aufgrund seiner Leistung und seiner Stellung dazu berechtigt gewesen wäre.259 An diesem Punkt griff Augustus ein und beantragte für Agrippa den Triumph. Auf diese Weise ließ sich in Kombination mit der Siegesfeier des Balbus eine eindeutige Botschaft vermitteln: Die Hauptaussage der Regelungen von 27 v. Chr. blieb gültig. Niemand, der die Anforderungen für einen Triumph erfüllte, wurde daran gehindert, diesen auch zu feiern, wie das Beispiel des Balbus gerade erneut vor Augen geführt hatte. Im Gegenteil: Selbst wenn der siegreiche Feldherr so wie Agrippa nicht die Initiative ergriff, konnte man damit rechnen, dass Augustus für eine adäquate Anerkennung militärischer Leistungen sorgte. Wichtig für die Signalwirkung der Vorgänge um Agrippas Triumph war dabei, dass dieser sich prinzipiell in einer Situation befand, in die beispielsweise ein senatorischer Prokonsul der Provinz Africa auch zu diesem Zeitpunkt durchaus kommen konnte: Er hatte mit eigenem imperium einen Sieg errungen. Die Beispiele des Sempronius Atratinus und insbesondere des Balbus hatten vor Augen geführt, dass diese Möglichkeit bestand und dass in einem solchen Fall die traditionellen Muster der Präsentation militärischer Sieghaftigkeit weiterhin griffen. Auf diese Weise diente also insbesondere der Triumph des Balbus keineswegs dazu, eine bewusst gesetzte Zäsur zu markieren. Vielmehr sollte er Kontinuitätslinien im Bereich der Zurschaustellung militärischer Sieghaftigkeit illustrieren.260 Zugleich wurde der Kompromiss des Jahres 27 v. Chr. durch die Handlungsweise des Agrippa in einem entscheidenden Punkt modifiziert: Augustus erfüllte seinen Teil der Abmachung, indem er niemanden daran hinderte, die ihm zukommenden Ehrungen in Anspruch zu nehmen. Doch der Triumphverzicht Agrippas machte deutlich, dass dem Feldherrn eine weitere Option im Umgang mit dem Triumph zur Verfügung stand. Dem einzelnen Feldherrn oblag von nun an die Entscheidung, ob er den bewilligten Triumph durchführen wollte oder nicht. Die Initiative zur Entscheidung ging auf diese Weise vom Senat auf einen Einzelnen über, 258 Nicht zufällig mussten die Triumphatoren im Konfliktfall beispielsweise auf den Albaner Berg ausweichen; vgl. hierzu u. a. Rüpke 1990a, 227, Beard 2007, 63 sowie Lange 2014. 259 Wardle 1994, 59 führt dies darauf zurück, dass Agrippa lediglich als Legat des Augustus ohne eigenständiges imperium agiert und daher nur seinem Vorgesetzten berichtet habe. Dass Agrippa jedoch ein (wie auch immer genau geartetes) imperium besessen haben muss, wird in der Forschung ansonsten nicht bezweifelt; vgl. u. a. Girardet 1993, 454 sowie ders. 2000, 505–507 und Rich 1990, 168 mit weiterer Literatur. 260 Vgl. auch Rich 2013, 556 m. Anm. 10 sowie Beard 2007, 302, die betont, dass der Triumph des Balbus in den antiken Quellen keineswegs als Zäsur beschrieben wird. Beide analysieren diesen Befund jedoch nicht eingehend.

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der durch einen Verzicht auf den Triumph zu erkennen geben konnte, dass er die neuen Spielregeln verstanden hatte. Dabei war es unbedingt notwendig, beide Elemente der Verhaltensweise des Agrippa miteinander zu kombinieren, damit der Akt die größtmögliche Signalwirkung entfalten konnte: Hätte es Agrippa lediglich unterlassen, die Siegesmeldung an den Senat zu senden, wäre der Effekt wohl gering gewesen. Erst dadurch, dass Augustus den Prozess in Gang und das Thema des Triumphverzichtes damit auf die Tagesordnung setzte, konnte die Ablehnung des Agrippa zu einer Art exemplum werden. Zunächst wurde den Angehörigen der senatorischen Elite also signalisiert, dass die Möglichkeit zur Durchführung eines Triumphs prinzipiell weiter Bestand hatte und dass es ihrer individuellen Entscheidung geschuldet war, ob sie diese Möglichkeit zu nutzen gedachten oder nicht. Gleichzeitig wurde implizit ebenso deutlich gemacht, wie diese Entscheidung nach Meinung des princeps und seines Umfeldes idealerweise auszufallen hatte. Es ging dabei nicht um eine formale Abschaffung des Triumphs – eine solch weit reichende Maßnahme schien offenbar auch im Jahr 19 v. Chr. noch nicht möglich.261 Wenn der princeps seinen Willen so explizit hätte erklären können, wie beispielsweise Werner Eck dies im oben angeführten Zitat postuliert262, stellt sich die Frage, weshalb dies nicht geschah: Auch der Verzicht des Agrippa bedeutete keineswegs die formale Abschaffung des Triumphs. Offiziell hatte Augustus seinen Willen, dass fortan niemand mehr triumphieren solle, der nicht der kaiserlichen Familie angehörte, eben nicht zum Ausdruck gebracht. Eine formale Monopolisierung, wie sie in der Forschung immer wieder mit diesen Vorgängen verbunden wird, fand nicht statt.263 Vielmehr stellten diese Modifikationen einerseits eine Reaktion auf die Defizite dar, die die Regelungen des Jahres 27 v. Chr. unzweifelhaft aufwiesen. Andererseits handelte es sich damit um einen weiteren Schritt im Aushandlungsprozess zwischen Augustus und der senatorischen Elite, in dem beide Seiten Zugeständnisse machten, um einen Kompromiss erreichen zu können. Die ambivalente Haltung, die die senatorische Elite notwendigerweise gegenüber diesen Regelungen einnehmen musste, mag ein Grund dafür sein, warum die Diskussion über die Ablehnung von Triumphen in den Quellen nicht zu einem eindeutigen Ergebnis führte. Als Gegenargument lässt sich selbstverständlich anführen, dass diese Regelungen nie zur Anwendung kamen, gerade weil das Ende des republikanischen Triumphwesens von vornherein intendiert war. Schließlich ist unbestreitbar, dass Balbus der letzte Feldherr außerhalb der kaiserlichen Familie war, der einen Triumph 261 Vgl. Maxfield 1981, 103: „Appeal to republican tradition could justify the denial of the triumph to propraetorian imperial legati; it could in no way justify the exclusion of proconsuls appointed by the senate to govern senatorial provinces.“ 262 S. o. S. 329. 263 Auch Hickson 1991, 128 muss feststellen: „If any legal means were employed to enforce such restriction, there remains no direct evidence. The only recorded evidence suggests that the adept use of examples was the only means employed beyond the new organization for provincial administration.“ Und doch gehen weder Hickson noch Itgenshorst 2008 den sich aus dieser Feststellung eigentlich zwingend ergebenden Weg konsequent weiter und stellen die „Triumphpolitik aus einem Guss“ nicht in Frage.

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durchführte. Allerdings verkehrt eine solche Sichtweise das Verhältnis von Ursache und Wirkung: Tatsächlich ergab sich offenbar in den folgenden Jahren keine Situation, in der ein senatorischer Feldherr, der die entsprechenden Voraussetzungen erfüllte, sich derart ausgezeichnet hatte, dass er einen Triumph beantragen konnte.264 Die Möglichkeiten hierzu waren natürlich äußerst begrenzt, wurden doch die bedeutenderen militärischen Auseinandersetzungen von Legaten des Augustus geführt. Und dennoch konnte im Jahr 19 v. Chr., als Balbus gerade einen Triumph ex Africa gefeiert hatte, keineswegs ausgeschlossen werden, dass sich ein solches Szenario wiederholen würde. Denn ebenso unbestreitbar ist die Tatsache, dass die prokonsularischen Statthalter der Provinz Africa mindestens bis in die Regierungszeit des Tiberius das Kommando über eine Legion innehatten265 und dass allein aus diesem Grund die Möglichkeit senatorischer Triumphe prinzipiell weiter Bestand hatte. Dass sich keine Gelegenheit mehr ergeben würde, eine solche Möglichkeit in die Tat umzusetzen, lässt sich erst aus der Rückschau konstatieren.266 Im zweiten vorchristlichen Jahrzehnt stellte sich die Lage anders dar bzw. wurde sie zumindest unterschiedlich beurteilt, wie die dritte Triumphablehnung des Agrippa im Jahre 14 v. Chr. deutlich zeigt:

264 Hurlet 2006, 138 f. argumentiert, dass die Statthalter der Provinz Macedonia auch in der ersten Hälfte des zweiten Jahrzehnts v. Chr. noch über ihre Truppen verfügten und Siege gegen auswärtige Feinde errangen. Allerdings muss auch Hurlet einräumen, dass über den Status der Feldherren, die die Truppen bei Unternehmungen im Balkanraum kommandierten, in der Regel keine eindeutigen Aussagen getroffen werden können. Doch selbst wenn diese Annahmen zutreffen, wäre dies kein Argument gegen die hier angestellten Überlegungen – im Gegenteil: Wenn senatorische Feldherren bewusst auf einen Triumph verzichteten, würde dies zum einen die Funktionalität der Regelungen von 19 v. Chr. demonstrieren und – da dies ein weiterer Beleg für die prinzipiell weiterbestehende Möglichkeit eines senatorischen Triumphs in formaler Hinsicht wäre – zum anderen die Wiederholung der Ereignisse im Jahr 14 v. Chr. (s. u.) verständlicher machen. 265 Vgl. u. a. Kienast 2009, 347 f. sowie Hurlet 2006, 147–154, Thomasson 1996, 7 und Cagnat 1975, 122–124. 266 Vgl. Rich 2013, 556 sowie Schumacher 1985, 213 f., der zudem darauf hinweist, dass die Affäre um M. Primus einen Beleg dafür darstellen könne, dass die Prokonsuln in den senatorischen Provinzen auch nach 27 v. Chr. prinzipiell ein eigenständiges imperium besaßen: „Aus politischen Erwägungen hat Augustus damals das Problem zunächst auf sich beruhen lassen, später aber praktische Konsequenzen gezogen, indem er die makedonischen Legionen dem Militärbefehlshaber der moesischen Heeresgruppe unterstellte.“ Demgegenüber stellt die Primus-Affäre für Frederik Vervaet einen Beweis dafür dar, „that he [i. e. Augustus] was legally entitled to give such orders to regular proconsuls, as universal supreme commander and by virtue of his extraordinary prerogative to make war or conclude treaties as he saw fit and without any involvement on the part of SPQR.“ (Vervaet 2014, 276.) Doch wie immer man die Vorgänge um M. Primus bewertet, für Africa wurde eine Regelung, wie Schumacher sie für Makedonien anführt, offenbar nicht getroffen. Auf die Fälle des L. Passienus Rufus und des Cossus Cornelius Lentulus, die jeweils ex Africa die ornamenta triumphalia erhielten, wird noch zurückzukommen sein (s. u. S. 353 f.). Ähnlich argumentiert auch Hurlet 2006, 131–160, der darauf hinweist, dass es nie zu einer formellen Abschaffung des imperium der Prokonsuln gekommen sei. Vielmehr seien in einem langwierigen Prozess die Gelegenheiten, bei denen die Prokonsuln dieses imperium hätten ausüben können, immer weiter verringert worden.

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik Für diese Erfolge [in Pontos] brachte man in Agrippas Namen Opfer dar, man billigte ihm auch einen Triumph zu, doch fand dieser nicht statt. In der Tat verzichtete Agrippa überhaupt darauf, dem Senat über seine Taten zu berichten, was auch die späteren Sieger, indem sie sein Vorgehen als eine Art Präzedenzfall auffaßten, dazu veranlaßte, gleichfalls keine Berichte mehr für die Öffentlichkeit zu schicken. Auch wollte er keinen Triumphzug annehmen. Und so wurde, wenigstens nach meiner Ansicht, keinem anderen ihm ranggleichen Manne mehr ein Triumph verliehen, man freute sich vielmehr an der bloßen Auszeichnung mit Triumphalehren.267

Diesen Angaben des Cassius Dio lässt sich zweierlei entnehmen: Zum einen wiederholten sich die Vorgänge des Jahres 19 v. Chr. fünf Jahre später nahezu identisch. Wieder errang Agrippa mit eigenem imperium einen Sieg, wieder wurde ihm ein Triumph zugestanden und wieder lehnte er diesen ab. Auch in diesem Fall schickte Agrippa Dio zufolge keine Siegesmeldung an den Senat, ergriff also wiederum nicht die Initiative. Selbst wenn Augustus hier nicht explizit genannt wird, spricht daher einiges dafür, dass der princeps sich erneut für die Zuerkennung eines Triumphs einsetzte. Aus welchem Grund, so muss man sich an dieser Stelle fragen, hätte ein solcher Vorgang im Jahr 14 v. Chr. nochmals inszeniert werden sollen, wenn bereits fünf Jahre zuvor unmissverständlich deutlich gemacht worden wäre, dass die Zeit senatorischer Triumphe ein für alle Mal vorbei sein sollte? Erklärbar wird ein solches Vorgehen nur dann, wenn man vom Gegenteil ausgeht: Selbst wenn in der Zwischenzeit keine senatorischen Triumphe stattgefunden hatten, so wurde auf diese Weise erneut demonstriert, dass die modifizierten Regelungen des Jahres 19 v. Chr. weiterhin Geltung besaßen. Zum anderen zeigt sich deutlich, dass auch Dio Sachverhalte auf diesen Triumphverzicht rückprojizierte, die mit dem Vorgang selbst nicht notwendigerweise in unmittelbarer Verbindung standen: Wenn der Autor von den „Triumphalehren“ spricht, mit denen man sich seitdem zufrieden gegeben habe, so muss er damit unzweifelhaft auf die ornamenta triumphalia anspielen. Diese Art von Ehrung wurde jedoch erst zwei Jahre später zum ersten Mal an Tiberius verliehen – bezeichnenderweise im bis dahin einzigen Fall, in dem Augustus tatsächlich die Durchführung eines Triumphs unterband. Dieser Zusammenhang soll im folgenden Abschnitt näher beleuchtet werden. An dieser Stelle ist festzuhalten: Die Regelungen des Jahres 19 v. Chr. stellten keineswegs den entscheidenden Schritt auf dem Weg hin zum durch den princeps monopolisierten Triumph dar. Eine bewusste Intention, die in diese Richtung weist und die Augustus in der Forschung immer wieder unterstellt wird, lässt sich nicht nachweisen.268 Selbstverständlich wurde durch das exemplum 267 Cass. Dio 54,24,7 f.: Καὶ ἐπ´ αὐτοῖς θυσίαι μὲν τῷ τοῦ Ἀγρίππου ὀνόματι ἐγένοντο, οὐ μέντοι καὶ τὰ ἐπινίκια καίτοι ψηφισθέντα αὐτῷ ἐπέμφθη· οὔτε γὰρ ἔγραψεν ἀρχὴν ἐς τὸ συνέδριον ὑπὲρ τῶν πραχθέντων οὐδέν, ἀφ´ οὗ δὴ καὶ οἱ μετὰ ταῦτα, νόμῳ τινὶ τῷ ἐκείνου τρόπῳ χρώμενοι, οὐδ´ αὐτοί τι τῷ κοινῷ ἔτ´ ἐπέστελλον, οὔτε τὴν πέμψιν τῶν νικητηρίων ἐδέξατο· καὶ διὰ τοῦτο οὐδ´ ἄλλῳ τινὶ ἔτι τῶν ὁμοίων αὐτῷ, ὥς γε καὶ ἐγὼ κρίνω, ποιῆσαι τοῦτο ἐδόθη, ἀλλὰ μόναις ταῖς ἐπινικίοις τιμαῖς ἐγαυροῦντο. 268 Ebensowenig wie die Theorie von Hurlet 2006, 166–173, der für eine wie auch immer geartete Hierarchisierung der auspicia plädiert und versucht, auf diese Weise ein Triumphmonopol des princeps plausibel zu machen; kritisch gegenüber Hurlets Argumenten äußert sich vollkommen zu Recht Jehne 2012, 31, Anm. 18.

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Agrippas implizit Druck auf die Angehörigen der senatorischen Elite ausgeübt und eine Erwartungshaltung mitgeteilt, wie sie sich auch in Dios Bericht über die Triumphablehnung des Jahres 14 v. Chr. widerspiegelt. Gleichzeitig wurde jedoch insbesondere in der Zusammenschau mit dem Triumph des Balbus offiziell die Kontinuität traditioneller Schemata im Umgang mit militärischer Sieghaftigkeit hervorgehoben: Es war auch weiterhin nicht Augustus, der entschied, ob ein Angehöriger der senatorischen Elite triumphieren konnte oder nicht. VII 2.3 Triumphator auf Abruf – Tiberius und die ornamenta triumphalia Die nächsten Schritte im Umgang des Augustus mit dem Triumph sind allesamt mit einem Namen verbunden: dem des Tiberius, des Stief- und späteren Adoptivsohnes des princeps. Vom Jahr 19 v. Chr. bis zum Ende der Regierungszeit des Augustus war Tiberius der einzige Triumphator – nicht nur außerhalb des Kaiserhauses, sondern überhaupt: Zunächst hielt er 9 v. Chr. eine ovatio ab, darauf folgte im Jahr 7 v. Chr. ein Triumph ex Germania, danach eine Siegesfeier ex Pannonis Delmatisque (12 n. Chr.). Zudem feierte Drusus im Jahr 11 v. Chr. ebenfalls eine ovatio. In anderem Zusammenhang ist bereits auf eine Formulierung von Frances Hickson hingewiesen worden, die in der Forschung seither zumeist relativ unhinterfragt übernommen wurde: „After Balbus, the only generals who were awarded triumphs were Augustusʼ potential successors.“269 In einem solchen Prinzip jedoch den einzigen Sinn der Triumphpolitik des princeps nach 19 v. Chr. zu sehen, wie dies in der Forschung mitunter der Fall ist270, greift wiederum zu kurz. Stattdessen wurden die Siegesfeiern des Tiberius und, wie im Folgenden gezeigt werden soll, insbesondere die Nicht-Siegesfeier im Jahr 12 v. Chr. dafür genutzt, die bestehenden Regelungen für den Umgang mit dem Triumph weiter zu modifizieren. Tiberius, der verhinderte Triumphator Als Agrippa im März des Jahres 12 v. Chr. auf der Rückreise aus Pannonien überraschend starb und sich daraufhin in der eben befriedeten Region die dort ansässigen Stämme wieder gegen Rom erhoben, übernahm Tiberius das Kommando über die laufenden Operationen. Cassius Dio sah darin eine Art erste Bewährungsprobe für den von Augustus Geförderten:

269 Hickson 1991, 128. Vgl. auch Sumi 2005, 247. 270 So jedoch Balbuza 2004, die zudem feststellt: „Until 12 BC, the year of Agrippa’s death, there was nothing that pointed to the possibility of the future assumption of the throne by Augustusʼ stepsons, Tiberius and Drusus. This was eventually made clear through Augustus’ policy of awarding them triumphal honours. The princeps sent them to the regions which, in terms of Roman foreign policy, caused most troubles. In spite of their successes, Augustus awarded them with exceptional caution and moderation. Up to the moment they were actually appointed successors, Augustus deprived them of the privilege to celebrate their triumphs because of the fact that it was him who had been commander-in-chief.“ (66) Vgl. dagegen Beard 2007, 300.

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik Als nun Agrippa, den Augustus ob seiner Vortrefflichkeit, nicht jedoch wegen irgendwelcher verwandtschaftlicher Beziehungen schätzte, tot war, fühlte er die Notwendigkeit, jemand als Helfer in Staatsgeschäften zu besitzen, und zwar eine Persönlichkeit, die an Rang und Macht alle anderen so weit übertraf, dass sie im rechten Augenblick und ohne auf Neid und Intrige zu stoßen, jede Aufgabe erledigen konnte. So wählte er, freilich nur unter Widerstreben, für diese Stelle Tiberius; denn seine eigenen Enkel standen damals noch in kindlichem Alter. […] Dann schickte er ihn gegen die Pannonier ins Feld. Dieses Volk hatte nämlich aus Furcht vor Agrippa eine Zeitlang Ruhe gehalten, nun aber, da er tot war, erhob es sich von neuem. Tiberius indes unterwarf sie, nachdem er viele Landesteile verwüstet und den Einwohnern vielen Schaden zugefügt hatte. Dabei hatte er sich möglichst ausgiebig der Skordisker, ihrer Grenznachbarn, welche die gleiche Ausrüstung hatten, als Bundesgenossen bedient. Und er entwaffnete auch die Feinde und verkaufte den Großteil der Männer im wehrfähigen Alter als Sklaven, um sie so aus dem Lande zu schaffen. Für diese Leistungen erkannte ihm der Senat zwar den Triumph zu, doch verbot Augustus seine Durchführung und verlieh statt dessen dem Sieger nur die Triumphalinsignien.271

Im Zusammenhang mit der hier diskutierten Fragestellung sind sowohl die Zuerkennung des Triumphs wie auch seine Ablehnung bemerkenswert. Tiberius agierte in Pannonien als Legat des Augustus, wie dieser selbst in den Res Gestae hervorhob.272 Aus diesem Grund war er eigentlich nicht dazu berechtigt, einen Triumph durchzuführen, da ihm die auspicia fehlten und er folglich kein von Augustus unabhängiges imperium innehatte.273 Dennoch dekretierte, sofern man dem Bericht Dios Glauben schenken kann, der Senat einen Triumph. Vor dem Hintergrund der zum Fall des Agrippa angestellten Überlegungen ist die Frage nach der Initiative von Interesse: Denkbar sind prinzipiell drei Möglichkeiten. Zum einen hätte natürlich Tiberius selbst eine Siegesmeldung an den Senat schicken können und dadurch das übliche Prozedere in Gang setzen können. Ein solcher Akt wäre jedoch gerade angesichts der Tatsache, dass Tiberius ein Legat des princeps war, nur schwer zu rechtfertigen gewesen. Denn schließlich waren die Siege des Tiberius unter den auspicia des Augustus errungen worden, konnte sich also wenn überhaupt der princeps des Erfolges rühmen. Tatsächlich spricht vieles dafür, dass Augustus im Rahmen der Erfolge des Tiberius die elfte Akklamation zum imperator annahm, den Sieg also sich selbst zugute schrieb.274 Unter diesen Voraussetzungen dürfte es un271 Cass. Dio 54,31: Ὡς δ´ οὖν ὁ Ἀγρίππας, ὅνπερ που δι´ ἀρετὴν ἀλλ´ οὐ δι´ ἀνάγκην τινὰ ἠγάπα, ἐτεθνήκει, καὶ συνεργοῦ πρὸς τὰ πράγματα πολὺ τῶν ἄλλων καὶ τῇ τιμῇ καὶ τῇ δυνάμει προφέροντος, ὥστε καὶ ἐν καιρῷ καὶ ἄνευ φθόνου καὶ ἐπιβουλῆς πάντα διάγεσθαι, ἐδεῖτο, τὸν Τιβέριον καὶ ἄκων προσείλετο· οἱ γὰρ ἔγγονοι αὐτοῦ ἐν παισὶν ἔτι καὶ τότε ἦσαν. […]Καί σφας ὁ Τιβέριος, πολλὰ μὲν τῆς χώρας πορθήσας πολλὰ δὲ καὶ τοὺς ἀνθρώπους κακώσας, ἐχειρώσατο, τοῖς Σκορδίσκοις, ὁμόροις τε αὐτῶν καὶ ὁμοσκεύοις οὖσι, συμμάχοις ὅτι μάλιστα χρησάμενος. Καὶ τά τε ὅπλα σφῶν ἀφείλετο, καὶ τῆς ἡλικίας τὸ πλεῖον ἐπ´ ἐξαγωγῇ ἀπέδοτο. Καὶ αὐτῷ διὰ ταῦτα ἡ μὲν βουλὴ τά γε ἐπινίκια ἐψηφίσατο, ὁ δ´ Αὔγουστος ταῦτα μὲν οὐκ ἐπέτρεψεν ἑορτάσαι, τὰς δὲ τιμὰς τὰς ἐπινικίους ἀντέδωκε. 272 R. Gest. div. Aug. 30,1. 273 Vgl. u. a. Schumacher 1985, 217, Anm. 156 sowie Rich 1990, 210 und Eck 1999, 223. Itgenshorst 2008, 40, Anm. 61 ist dagegen der Meinung, dass die Frage nach dem imperium des Tiberius „nicht klar zu beantworten“ sei. Die Formulierung in den Res Gestae ist jedoch in dieser Hinsicht relativ eindeutig. 274 Vgl. Barnes 1974, 22 und Syme 1979b, 310.

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wahrscheinlich sein, dass Tiberius die Initiative ergriffen und eine offizielle Siegesmeldung an den Senat gesandt hatte. Alternativ könnte der princeps wie im Fall des Agrippa vorgegangen sein. Auch dieser hatte darauf verzichtet, eine Siegesbotschaft nach Rom zu schicken. Augustus hatte sich daraufhin dafür eingesetzt, dass der Senat dennoch einen Triumph dekretierte. Im Falle des Tiberius legte der princeps jedoch gerade die gegenteilige Verhaltensweise an den Tag: Er verbot die Durchführung der Siegesfeier. Folglich erscheint es nicht plausibel, Augustus die Initiative für die Zuerkennung des Triumphs zuzuschreiben, den er gleich darauf wieder zurückweisen würde – zumal ein solches Vorgehen nicht mit den geltenden Regelungen in Einklang zu bringen gewesen wäre. Auch diese Variante scheidet also aus. Was bleibt, ist daher die Vermutung, dass der Senat hier eigenständig handelte und dem Tiberius einen Triumph zuerkannte, ohne dass sich dieser selbst oder der princeps dafür eingesetzt hatten. Die Motivation für ein solches Vorgehen ist nur schwer zu rekonstruieren. Man mag darin möglicherweise einen Akt des vorauseilenden Gehorsams erkennen, mit dem der Senat Augustus entgegenkommen wollte. Schließlich konnte man zu diesem Zeitpunkt durchaus annehmen, dass Tiberius (wenn auch notgedrungen) nicht nur beim Feldzug in Pannonien an die Stelle des Agrippa treten sollte – ganz so, wie Cassius Dio es in seinem Text suggeriert. Andererseits ist es ebenso möglich, hierin eine Art bewussten Test zu sehen, den die Angehörigen der senatorischen Elite bei dieser sich ergebenden Gelegenheit inszenierten, um die Gültigkeit der einige Jahre zuvor ausgehandelten Regelungen für den Umgang mit dem Triumph auf die Probe zu stellen. Letztlich kann darüber nur spekuliert werden. Fest steht, dass der Senat Tiberius einen Triumph zugestand und dass der princeps diesen ablehnte. Das Kalkül auf Seiten des Augustus ist dabei angesichts der bisher in diesem Kapitel angeführten Erkenntnisse möglicherweise besser nachzuvollziehen als das des Senats: Unabhängig davon, ob es sich dabei um einen bewusst lancierten Testfall handelte, konnte Augustus die Gelegenheit nutzen, die Gültigkeit der bestehenden Regelungen nochmals hervorzuheben.275 Selbst wenn es sich bei dem siegreichen Feldherrn um den eigenen Stiefsohn handelte, wurden die ausgehandelten Regeln eingehalten.276 Die Ehrung des Triumphs blieb auch weiterhin denen vorbehalten, die offiziell das Anrecht darauf hatten. Ein Legat triumphierte nicht, selbst wenn der Senat mit welcher Motivation auch immer so weit gegangen war, von sich aus diese Regelungen zu hinterfragen. An dieser Stelle muss nochmals auf die These eingegangen werden, dass ab 19 v. Chr. nur noch die präsumtiven Nachfolger triumphierten. Wenn man die Gültigkeit eines solchen Prinzips postuliert und wenn es zu diesem Zeitpunkt darum ge275 Möglicherweise ist hierin auch ein Rückverweis auf die Triumviratszeit zu sehen, als Triumphe von Legaten sowohl des Antonius wie auch des Octavian durchgeführt worden waren. Wenn nun der Triumph des Tiberius, der ebenfalls als Legat des Augustus seinen Sieg errungen hatte, von diesem untersagt wurde, so konnte dies auch als Beleg dafür gewertet werden, dass die Mechanismen des Bürgerkriegs außer Kraft gesetzt waren; vgl. Cass. Dio 49,42,3. 276 Aus diesem Grund muss die Aussage von Beard 2007, 299 f. relativiert werden: „If the first emperor had wished to share triumphal celebrations widely, he would not have been prevented from doing so by a narrow application of the rules.“

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gangen wäre, Tiberius als einen solchen Nachfolger in Stellung zu bringen, wäre die Ablehnung des Triumphs kontraproduktiv gewesen. Schließlich hätte die Durchführung einer Siegesfeier, die ihm sogar vom Senat bewilligt worden wäre, dem Tiberius bei der Profilierung behilflich sein können. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang die Art und Weise, wie Velleius Paterculus die Vorgänge rund um den Pannonienkrieg und den durch Augustus abgelehnten Triumph verarbeitet. In der Historia Romana heißt es: Was die pannonischen und dalmatischen Völker angeht, die Lage ihrer Länder und den Lauf der Flüsse, Zahl und Kampfstärke ihrer Truppen und die vielen glänzenden Siege, die der große Feldherr in diesem Krieg erfochten hat, das will ich alles an anderem Ort ausführlich schildern. Mein gegenwärtiges Werk soll seine Form nicht sprengen. Als Sieger in diesem Krieg feierte Tiberius Nero eine Ovation.277

Velleius rafft an dieser Stelle die Chronologie seines Berichts und fokussiert auf die im Jahr 9 v. Chr. abgehaltene ovatio. Die Aberkennung des Triumphs verschweigt er. Dies erscheint angesichts der Intention, Tiberius von Beginn an als den einzig möglichen und angedachten Nachfolger des Augustus vorzustellen, durchaus folgerichtig.278 Einige Abschnitte später fasst Velleius die bisherige Karriere des Tiberius mit den Worten zusammen: „Kurze Zeit darauf war Tiberius Nero zweimal Konsul gewesen, hatte zwei Triumphe gefeiert und war als Mitinhaber der tribunizischen Gewalt dem Augustus gleichgestellt.“279 ornamenta triumphalia und Triumphalfasten Für den Umgang des princeps mit dem Triumph ist von zentraler Bedeutung, dass er den Fall des Tiberius keineswegs nur dafür nutzte, erneut die kontinuierliche Gültigkeit der einmal ausgehandelten Vereinbarungen hervorzuheben. Vielmehr wurden bei dieser Gelegenheit zwei miteinander verbundene Neuerungen eingeführt: Erstmals schaltete sich Augustus in den Prozess der Vergabe eines Triumphs für einen anderen siegreichen Feldherrn nicht affirmativ, sondern negativ ein. War der entscheidende Aspekt der Regelungen von 19 v. Chr. die Tatsache, dass offiziell eben nicht der princeps entschied, ob ein Triumph durchgeführt werden konnte, so war die Willensbekundung im Falle des Tiberius eindeutig – wenn auch mit der Einschränkung, dass es sich bei seinem Stiefsohn nicht um einen Prokonsul mit eigenständigem imperium handelte. Das Verhalten des Augustus war in diesem Fall somit in hohem Maße ambivalent: Manch ein Angehöriger der senatorischen Elite mochte sich fragen, ob der princeps zwar einerseits die Geltung der Prinzipien für die Zuerkennung eines Triumphs betonte, andererseits jedoch – sollte es irgend277 Vell. 2,96,3: Gentes Pannoniorum Delmatarumque nationes situmque regionum ac fluminum numerumque et modum virium excelsissimasque et multiplices eo bello victorias tanti imperatoris alio loco explicabimus: hoc opus servet formam suam. Huius victoriae compos Nero ovans triumphavit. 278 Vgl. zu Velleius’ Einstellung gegenüber Tiberius u. a. Hillard 2011, 223 f. u. 234–238 sowie Pelling 2011, 167–172 und Bloomer 2011, 93–98. 279 Vell. 2,99,1: Brevi interiecto spatio Ti. Nero duobus consulatibus totidemque triumphis actis tribuniciae potestatis consortione aequatus Augusto […].

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wann tatsächlich zu einer entsprechenden Situation kommen – seine Zurückhaltung im Prozess der Entscheidungsfindung auch weiterhin beibehalten würde. Aus dieser Perspektive konnte die Siegesfeier des Balbus in der Rückschau tatsächlich als der letzte Triumph erscheinen – allerdings eben nur in der Rückschau, da eine Untersuchung der Abläufe des Jahres 19 v. Chr. ergeben hat, dass eine offene und endgültige Abschaffung des Triumphs weder zu vertreten war noch beabsichtigt sein musste. Die Handlungsweise des princeps im Jahr 12 v. Chr. war daher mit einem gewissen Risiko verbunden, da sie eine ambivalente Botschaft aussandte, die unterschiedlich aufgefasst werden konnte. Vor diesem Hintergrund gewinnt die zweite Neuerung an Bedeutung – ein Akt, den Velleius im Übrigen ebenfalls verschweigt und den Sueton folgendermaßen referiert: Für diese Leistung [d. h. für seine Siege in Germanien und Pannonien] durfte er [i. e. Tiberius] einmal mit einem kleinen Triumph in Rom einziehen, ein anderes Mal auf einem Wagen, wobei er vorher, wie einige glauben, mit den Triumphabzeichen geehrt worden war, einer neuen und vor ihm niemand erwiesenen Art der Ehrung.280

Natürlich hatten auch zuvor bereits zahlreiche Feldherren sich mit den Insignien des Triumphators schmücken dürfen und gerade in der späten Republik waren immer wieder Ausnahmegenehmigungen erteilt worden, die beispielsweise das permanente Tragen des Triumphgewandes gestatteten.281 Es ist nicht bekannt, aus welchen Bestandteilen sich die ornamenta triumphalia, die Sueton hier nennt, im Einzelnen zusammensetzten, und es erscheint durchaus möglich, dass es sich dabei um Ehrungen handelte, die auch einem republikanischen Triumphator nach dem Ende der eigentlichen Siegesfeier zukamen, d. h. beispielsweise das Recht, zu bestimmten Anlässen den Lorbeerkranz zu tragen.282 Dennoch sind sie offenbar als von den üblichen republikanischen Ehrungen qualitativ verschieden wahrgenommen worden. Dies schlägt sich auch in den Quellen nieder, in denen wie im oben angeführten Dio-Zitat wiederholt erwähnt wird, dass die ornamenta an Stelle eines tatsächlichen Triumphs und nicht in seiner Folge verliehen wurden.283 In der Forschung wurden diese Formulierungen zum Anlass genommen, die Verleihung der ornamenta als eine Art Kompensationsstrategie zu bezeichnen, die sich durch die Abschaffung des Triumphs bzw. durch seine Monopolisierung seitens des princeps notwendig ergeben habe.284 Die Wortwahl suggerierte dabei immer wieder, dass es 280 Suet. Tib. 9,2: quas ob res et ovans et curru urbem ingressus est, prius, ut quidam putant, triumphalibus ornamentis honoratus, novo nec antea cuiquam tributo genere honoris. Vgl. auch Gordon 1952, 312. 281 Vgl. u. a. Boyce 1942 sowie Meister (im Druck). 282 Vgl. Itgenshorst 2008, 41 f. sowie Meister (im Druck). 283 Vgl. auch Tac. Agr. 40,1: Igitur triumphalia ornamenta et inlustris statuae honorem et quidquid pro triumpho datur […]. Cassius Dio bringt die ornamenta an anderer Stelle (54,24,8) implizit mit der Ablehnung des Triumphs durch Agrippa im Jahr 14 v. Chr. in Verbindung. Es besteht jedoch kein Anlass, Agrippa als ersten Träger der ornamenta zu identifizieren; vgl. Boyce 1942, 134 m. Anm. 22. 284 Vgl. u. a. Maxfield 1981, 105 f., Künzl 1988, 119, Balbuza 1999, 294, Stäcker 2003, 414–418, Ridley 2005, 68, Eck 2010a, 25 sowie Itgenshorst 2008, 42 f., die explizit auf die „kompensa-

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sich bei den ornamenta um eine dezidiert zweitklassige Ehrung gehandelt habe, die auch als solche wahrgenommen worden sei.285 Davon kann jedoch keine Rede sein, wie Werner Eck zu Recht hervorgehoben hat: „Eine höhere Auszeichnung konnte kein Senator mehr erreichen. Wer sie bekommen hatte, verwies darauf mit Stolz und Nachdruck in der Öffentlichkeit.“286 Tatsächlich lässt der epigraphische Befund nur einen Schluss zu: „Die ornamenta waren von Augustus offensichtlich erfolgreich als regelhafte Ehrung für militärische Erfolge durchgesetzt worden.“287 In der Forschung sind zur Erklärung dieses Sachverhaltes bereits durchaus plausible Theorien angeführt worden. So hat beispielsweise Werner Eck betont, dass die Verleihung der ornamenta nahezu immer mit der Erhöhung der kaiserlichen Imperatorakklamation einhergegangen sei: Indem Augustus für sich die Imperatorenakklamation annahm, erklärte er grundsätzlich den Sieg seiner Truppen als triumphwürdig, was auch deren Leistung anerkannte. Deswegen konnte er dann denjenigen, der den Sieg tatsächlich errungen hatte, mit den Paraphernalia eines Triumphs […] ehren, obwohl tatsächlich gar kein Triumph stattgefunden hatte.288

Jan Meister weist zudem daraufhin, dass man grundsätzlich zwischen einer momentanen, spezifisch auf das Triumphritual bezogenen und einer „post-triumphalen“ Statuserhöhung unterscheiden müsse. Die ornamenta zielten dabei auf letzteren Aspekt: Durch die Verleihung der ornamenta sei ein siegreicher Feldherr ebenso wie in der Republik in die Gruppe der viri triumphales aufgestiegen (die nun jedoch anders definiert war) und habe sich dadurch auch weiterhin dauerhaft von den Mitgliedern seiner peer group absetzen können. Der princeps wiederum habe so das Problem umgehen können, einem Feldherrn einen für die eigene Stellung problematischen Triumph zuzugestehen. Zugleich habe er ihn sich verpflichten können, indem er ihn gegenüber seinen Standesgenossen auf der Ebene der post-triumphalen Statuserhöhung besonders auszeichnete.289 Diese Erklärungsansätze sollen im Folgenden als Grundlage dienen, um die Funktionsweise der ornamenta triumphalia sowohl im spezifischen Kontext ihrer ersten Verleihung wie auch in allgemeinerer Hinsicht noch etwas differenzierter zu fassen. Kurz zusammengefasst lautet die These: Die Einführung der ornamenta durch den princeps diente dazu, beide möglichen Lesarten des

285 286 287 288 289

torische Funktion“ hinweist und sogar davon spricht, dass die Einführung der ornamenta das Triumphritual in seiner republikanischen Funktion, nämlich der Zurschaustellung militärischer Sieghaftigkeit, „prinzipiell überflüssig“ gemacht habe. Vgl. exemplarisch Barini 1952, 24: „Fu allora che Augusto, quale compenso (ahimè, magro compenso!…), fece istituire per i generali vincitori gli ornamenta triumphalia.“ Eck 1999, 223 sowie 2010a, 25. Interessanterweise spricht er jedoch im gleichen Zusammenhang davon, dass die ornamenta sehr wohl „für traditionsbewusste Senatoren der augusteischen Zeit zunächst vielleicht deklassierenden Charakter“ hätten aufweisen können. Itgenshorst 2008, 42. Eck 1999, 223. Vgl. Meister (im Druck): „Mindestens ebenso wichtig [wie der Triumph selbst] war das, was ich eingangs als post-triumphale Statuserhöhung bezeichnet habe, d. h. der Umstand, dass der Triumphator nach seinem Triumph zu der Spitzengruppe der viri triumphales gehörte. Und genau hier liegt die Funktion der ornamenta triumphalia: Sie garantierten, dass es auch ohne Triumph weiterhin eine solche Spitzengruppe gab.“

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Verhaltens des Augustus aufzugreifen und jeweils so weiterzuentwickeln, dass man möglicher Kritik begegnen und im Idealfall größeren Nutzen daraus ziehen konnte. Wenn die ornamenta in der Forschung als Kompensation für einen verweigerten Triumph betrachtet werden, so trifft dies im konkreten Fall des Tiberius natürlich zu. Davon jedoch darauf zu schließen, dass auf diese Weise einem generellen Verbot senatorischer Triumphe Vorschub geleistet werden sollte, geht einen Schritt zu weit. Nochmals: Prinzipiell hatte Augustus zunächst deutlich gemacht, dass er nicht einmal bereit war, für seinen eigenen Stiefsohn eine Ausnahme von den geltenden Regelungen zu machen. Die Tatsache, dass Tiberius der Triumph verweigert worden war, hatte in formaler Hinsicht nicht notwendigerweise zur Folge, dass ein senatorischer Feldherr, der sich durch seine Leistungen für einen Triumph qualifiziert hatte, auf diesen verzichten musste. Dennoch zeigt der Fall des Tiberius eines der zentralen Probleme im Umgang mit dem Triumph unter den fundamental gewandelten Rahmenbedingungen auf: Selbst wenn die Möglichkeit, einen Triumph zu erringen, prinzipiell gegeben war, erwies sich dies faktisch als außerordentlich schwierig. Die einzige realistische Möglichkeit bot, wie die Vergangenheit gezeigt hatte, das africanische Prokonsulat. Allerdings war seit den Erfolgen des Balbus in dieser Provinz nicht sonderlich viel vorgefallen, was einen Triumph überhaupt gerechtfertigt hätte.290 Die Situation in den anderen Provinzen, in denen Krieg geführt wurde, bringt ein Kommentar des Velleius Paterculus auf den Punkt: Zu Beginn des Sommers führte Lepidus die Truppen aus den Winterlagern [in Dalmatien] und marschierte durch Gebiete freier Völker, die vom Krieg noch nicht in Mitleidenschaft gezogen und daher wild und trotzig waren, zum Imperator Tiberius. Er hatte mit den Schwierigkeiten des Terrains und einem starken Gegner zu kämpfen, brachte aber denen, die sich ihm entgegenstellten, große Verluste bei, verwüstete die Äcker, brannte die Häuser nieder, tötete die männlichen Einwohner und gelangte, seines Sieges froh und mit Beute beladen, zu Tiberius Caesar. Hätte er diese Taten unter seinen eigenen Auspizien vollbracht, so hätte ihm ein Triumph zugestanden. So aber erhielt er auf einen Antrag des Senats, der mit dem Wunsch der Caesares übereinstimmte, die Triumphalinsignien.291

In den Provinzen, die dem Befehl des Augustus unterstanden und in denen erfolgsverheißende militärische Unternehmungen ausschließlich durchgeführt wurden, konnten senatorische Kommandeure keine Triumphe erringen – selbst wenn ihre Leistungen sie unter anderen Voraussetzungen sehr wohl dazu berechtigt hätten, einen entsprechenden Antrag zu stellen, wie das Beispiel des Lepidus demonstriert. Dabei, das zeigt ebenfalls der konkrete Fall des Tiberius, konnte die fortdauernde Gültigkeit der Formalia prinzipiell im Interesse der senatorischen Elite liegen – garantierte dies doch, dass der Triumph gerade nicht durch eine Aufweichung der Vergabepraxis zum reinen Instrument der Förderung prinzipaler Interessen verkam. 290 Vgl. Whittaker 1996, 591–593. 291 Vell. 2,115,2 f.: Initio aestatis Lepidus educto hibernis exercitu per gentis integras immunesque adhuc clade belli et eo feroces ac truces tendens ad Tiberium imperatorem et cum difficultate locorum et cum vi hostium luctatus, magna cum clade obsistentium excisis agris, exustis aedificiis, caesis viris, laetus victoria praedaque onustus pervenit ad Caesarem, et ob ea, quae si propriis gesisset auspiciis, triumphare debuerat, ornamentis triumphalibus consentiente cum iudicio principum voluntate senatus donatus est.

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Dies führte in ein Dilemma. Die ornamenta mochten als Reaktion auf diesen vor allem aus senatorischer Perspektive zu konstatierenden Missstand interpretiert werden: Durch sie durften sich nun auch Legaten auszeichnen, denen ansonsten schließlich die traditionelle Form der Zurschaustellung ihrer militärischen Sieghaftigkeit unmöglich gewesen wäre. Die ornamenta erlaubten es den siegreichen Feldherren, sich gegenüber den anderen Mitgliedern ihres eigenen Standes abzugrenzen.292 Damit ließ sich auch unter den veränderten Rahmenbedingungen der Konkurrenzkampf um politisches und soziales Prestige fortführen, für den die Präsentation militärischer Sieghaftigkeit von fundamentaler Bedeutung gewesen war. Die ornamenta konnten vor diesem Hintergrund bereits im Kontext ihrer Einführung nicht als „Surrogat“293 dargestellt und angesehen werden, sondern als Erweiterung senatorischer Optionen – quasi als eine Art Zugeständnis des princeps an die veränderten Rahmenbedingungen. Mehr noch: Auf der Ebene der politischen Praxis konnte man die Einführung der ornamenta gar als eine Art „Schutzmechanismus“ für die Angehörigen der senatorischen Elite interpretieren. Schließlich war mit dem Triumph aufgrund seiner spezifischen rituellen Ausformung die extremste Überhöhung des Triumphators verbunden – sowohl in der Erwartungshaltung der Protagonisten selbst wie auch des Publikums. Ein solcher, in höchstem Maße transgressiver Akt, der schon zu Zeiten der Republik mit vielfältigen Gegenmechanismen abgefedert werden musste, wurde durch die bloße Existenz des princeps vollkommen unmöglich gemacht. Hätte man folglich einem siegreichen Feldherrn die Durchführung eines Triumphs gestattet, so hätte dies notwendigerweise zu Friktionen im System des augusteischen Prinzipats und für den Triumphator enorme Schwierigkeiten nach sich gezogen. Dabei war es gleichgültig, ob diese nun im Rahmen einer gezielten Provokation beabsichtigt waren oder – und dies war weit problematischer – es sich dabei um unintendierte Begleiterscheinungen des Rituals handelte. Der Verzicht auf eine Durchführung des eigentlichen Rituals bei einer gleichzeitigen diskursiven Perpetuierung militärischer Sieghaftigkeit in Form der ornamenta ermöglichte es also in einer positiven Lesart den Angehörigen der senatorischen Elite, auf mehreren Ebenen Gewinn zu erzielen. Zugleich ließ sich durch die Einführung der ornamenta jedoch die negativere Lesart adressieren: Indem sie in Zusammenhang mit den fasti triumphales gebracht wurden, wurde den ornamenta ein integrativer Aspekt eingeschrieben, der auf die von Jan Meister herausgestellte Dimension der post-triumphalen Statuserhöhung abzielte. In den folgenden Abschnitten soll erläutert werden, wie sich dieser Zusammenhang im Einzelnen ausgestaltete. Zu diesem Zweck ist es zunächst notwendig, die Triumphalfasten einer genaueren Betrachtung zu unterziehen. Die Fasti Capitolini bestehen zum einen aus der Liste der Triumphatoren von Romulus bis Balbus, zum anderen aus der Übersicht republikanischer Konsuln.294 Wie oben bereits kurz erwähnt, wurde in der Forschung lange über ihren Aufstellungskontext diskutiert, wobei insbesondere verschiedene Vorschläge vorgebracht 292 Meister (im Druck). 293 Eck 2010a, 25. 294 Degrassi 1947, 1–142.

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wurden, an welchem Monument die Listen ursprünglich angebracht waren. Mittlerweile hat sich der Konsens herausgebildet, sie mit der Errichtung des Partherbogens in Verbindung zu bringen295 und sie auf die Jahre zwischen 19 und 11 bzw. 9 v. Chr. mit den ovationes des Drusus und des Tiberius, die nicht mehr in die Liste aufgenommen wurden, als terminus ante quem zu datieren.296 Die Konsularfasten wurden in Form von vier Tafeln an den Innen- und Außenseiten des zentralen Durchgangs angebracht, die direkt aus den Marmorblöcken gemeißelt wurden. Die Liste der Triumphatoren wurde demgegenüber laut der gängigen Rekonstruktion auf vier Pilastern angebracht, die jeweils rechts und links der beiden Tafeln auf den Innenseiten des Zentraldurchgangs standen.297 Elisabeth Nedergaard hat hervorgehoben, dass aufgrund der architektonischen Gestaltung des Monuments und der Form der Marmorblöcke, auf denen die Inschriften zu finden sind, beide Listen zeitgleich 295 Vgl. hierzu v. a. Spannagel 1999, 237 f. sowie Nedergaard 2001 und 1995 mit einem Überblick über die Forschungsgeschichte zum Partherbogen. Als alternativer Anbringungsort wurde zudem wiederholt die Regia in Betracht gezogen (vgl. u. a. Simpson 1993), doch wird diese Möglichkeit mittlerweile zumeist verworfen. Umstritten ist noch immer das genaue Verhältnis des Bogenmonuments, das für den Parthersieg errichtet wurde, zum Bogen für den Erfolg bei Actium sowie die genaue architektonische Form des ersteren. Verwiesen sei hier lediglich auf die unterschiedlichen Positionen von Coarelli 1992, 269–308 (zwei verschiedene dreitorige Bögen auf beiden Seiten des Tempels für den Divus Julius), Rich 1998, 97–115 (Actium-Bogen wurde umgebaut und renoviert, um den Parthersieg zu feiern) sowie Nedergaard 2001, 113–117 (eintoriger Actium-Bogen muss vom dreitorigen Partherbogen unterschieden und an anderer Stelle verortet werden). 296 Vgl. u. a. Itgenshorst 2004, 438 (Datierung zwischen 19 und 9 bzw. 7 v. Chr.) sowie Nedergaard 2001, 119 (Datierung zwischen 19 und 11 v. Chr.). Die Unterschiede in der Setzung des terminus ante quem ergeben sich aus der jeweiligen Antwort auf die umstrittene Frage, ob die ovatio des Drusus im Jahr 11 v. Chr., die Dio überliefert, tatsächlich stattfand. Bei Dio heißt es: „Für diese Erfolge empfing Drusus die triumphalen Ehren und das Recht, auf einem Pferd in die Stadt einzureiten; fernerhin sollte er die Befugnisse des Prokonsuls ausüben dürfen, sobald seine Amtszeit als Praetor abgelaufen sei.“ (Cass. Dio 54,33,5: Διὰ μὲν οὖν ταῦτα τάς τε ἐπινικίους τιμὰς καὶ τὸ ἐπὶ κέλητος ἐς τὸ ἄστυ ἐσελάσαι, τῇ τε τοῦ ἀνθυπάτου ἐξουσίᾳ, ἐπειδὰν διαστρατηγήσῃ, χρήσασθαι ἔλαβε.) Während ein Teil der Forschung (vgl. u. a. Hickson 1991, 129 sowie in Abweichung zu ihrem früheren Beitrag Itgenshorst 2008, 30) davon ausgeht, dass Drusus die ovatio abgehalten habe, haben beispielsweise Rich 1990, 213 mit Verweis auf das Schweigen der Quellen hinsichtlich einer Durchführung oder Spannagel 1999, 248, Anm. 1065 diese Ansicht in Zweifel gezogen. Tatsächlich ist die Passage bei Dio interpretationsbedürftig. Syme 1979, 310 f., der davon ausgeht, dass die ovatio im Jahr 11 v. Chr. nicht stattfand, verweist auf Suet. Claud. 1,3: „Wegen dieser Leistungen bekam er [i. e. Drusus] das Recht eines kleinen Triumphes sowie die Triumphinsignien.“ (Quas ob res ovandi ius et triumphalia ornamenta percepit […].) Weder Dios noch Suetons Formulierung lassen notwendigerweise darauf schließen, dass die ovatio tatsächlich durchgeführt wurde. Die Verwendung des Terminus ius ovandi ermöglicht auch die Interpretation, Drusus habe zwar das Recht erhalten, jedoch ebenso wie Tiberius im Jahr 12 v. Chr. die Feier letztlich nicht durchgeführt. Eine endgültige Beantwortung der Frage erscheint auf der Grundlage des Quellenbefundes nicht möglich. Entscheidend ist für die hier untersuchte Fragestellung jedoch die Tatsache, dass der frühestmögliche terminus ante quem ins Jahr nach der Einführung der ornamenta zu datieren ist. Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgt Spannagel 1999, 245–250, der sowohl die Konsular- als auch die Triumphalfasten mit dem Dreifachtriumph des Octavian in Verbindung bringt; ähnlich auch Johnson 1976, 131–163, der sich jedoch v. a. auf die Konsularfasten bezieht. 297 Vgl. u. a. Nedergaard 2001, 119 sowie Spannagel 1999, 245 f.

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konzipiert und ausgeführt worden sein müssen.298 Folgt man einer solchen Ansicht, stellt sich notwendigerweise die Frage, ob die Fasti Capitolini bereits zum Zeitpunkt ihrer Entstehung mit einem eindeutigen Abschluss versehen wurden und wie ein solcher zu verstehen ist. Dabei ist zunächst zu konstatieren, dass sich in dieser Hinsicht für die beiden Listen ein Unterschied ergibt: Die Aufzählung der Konsuln wird ungeachtet einer zu Beginn möglicherweise an den vier Tafeln ausgerichteten Konzeption bis ins Jahr 13 n. Chr. fortgeführt. Als auf der vierten Tafel kein Raum für neue Eintragungen vorhanden war, entschloss man sich offenbar dazu, weitere Daten an der Wand rechts dieser Tafel anzubringen. Für die Triumphalfasten lässt sich eine solche Maßnahme nicht nachweisen. Stattdessen lasse sich – so die communis opinio – an den vorhandenen Pickungen, die den unteren Rand des vierten Pilasters bedecken, ablesen, dass nach dem Triumph des Balbus die Liste bewusst abgeschlossen worden sei.299 Dies wird im Allgemeinen dahingehend gedeutet, dass dem Betrachter das Ende des republikanischen Triumphwesens vor Augen geführt werden sollte.300 Werner Eck hat angesichts dieses Befundes die Frage aufgeworfen, weshalb gerade die Siegesfeier des Balbus als Endpunkt der Triumphalfasten gewählt worden sein sollte. Eck selbst beantwortet diese Frage, indem er feststellt: „Mit dem Eintrag des Triumphes des Cornelius Balbus war die vierte und letzte Tafel gefüllt. Für die Verzeichnung eines weiteren Triumphes war kein Platz mehr – ein vielleicht zufälliges, aber sicher symbolisches Zusammentreffen.“301 Auch Eck bringt das Ende der fasti mit dem Ende des republikanischen Triumphs als solchem in Verbindung. Wie jedoch eine genaue Analyse der Vorgänge des Jahres 19 v. Chr. gezeigt hat, diente Balbusʼ Triumph gerade nicht dazu, einen Bruch zu markieren, sondern im Gegenteil dazu, Kontinuität zu betonen. Wenn gleichzeitig durch die Liste der Triumphatoren, die am Partherbogen angebracht war, das Ende dieser Tradition hätte symbolisiert werden sollen, so wäre dies für die politischen Planungen des princeps eher kontraproduktiv gewesen. Zudem lässt sich ein weiteres wichtiges Argument anführen, das gegen eine solche Signalwirkung der fasti spricht, wie sie in der Forschung zumeist postuliert wird: Bis zum Triumph des Tiberius im Jahr 7 v. Chr. lässt sich kein Indiz dafür 298 Vgl. Nedergaard 2001, 117 f. und 2004, 84 sowie Schipporeit 2008, 118–124. Spannagel 1999, 246–248 geht, wie erwähnt, dagegen davon aus, dass die Liste der Konsuln am Partherbogen bereits in Zweitverwendung angebracht wurde, und beruft sich dafür auf die Rasur der Namen der Antonii, die sich lediglich in dieser Liste, nicht aber in den Triumphalfasten findet (vgl. auch Itgenshorst 2004, 438, Anm. 11). Tatsächlich muss auch Nedergaard 2001, 119–121 einräumen, dass die Rasur und Wiederanbringung der Namen in nur einer Liste ein Problem für ihre These der gleichzeitigen Konzeption beider Listen darstellt. 299 Vgl. u. a. Wallace-Hadrill 2005a, 53 sowie Spannagel 1999, 250, der zugleich darauf verweist, dass durch die Pickungen möglicherweise ein „altertümlicher Eindruck hervorgerufen“ werden sollte. 300 Vgl. exemplarisch Beard 2007, 68 f. und Balbuza 1999, 285 sowie Itgenshorst 2004, 449 f., die zwar hervorhebt, dass es keine formale Reglementierung des Triumphwesens gegeben habe, gleichzeitig jedoch der Triumph des Balbus im Zusammenspiel mit der recusatio des Agrippa ein deutliches Zeichen gesetzt habe. 301 Eck 2010a, 19.

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ausfindig machen, dass der Triumph vom Jahre 19 an dazu instrumentalisiert werden sollte, künftige Nachfolger auszuzeichnen. Im Gegenteil: Sowohl Agrippa als auch Tiberius konnten zum Zeitpunkt ihrer eigenen bzw. durch Augustus vorgenommenen recusatio als Nachfolger des princeps angesehen werden. Bezeichnenderweise wurde jedoch dieses Mittel gerade nicht dafür benutzt, dem römischen Volk eine Designation vor Augen zu führen. Vertritt man nun die Ansicht, Augustus habe eine Triumphpolitik „aus einem Guss“ betrieben und die abgeschlossenen fasti hätten das Ende der republikanischen Triumphe sowie einen „qualitativ[en]“ Unterschied nachfolgender Siegesfeiern symbolisiert302, geraten diese beiden Aspekte miteinander in Konflikt. Woran sollte ein römischer Bürger im Jahr 19 v. Chr. erkennen können, dass der Triumph von nun an potentiellen Nachfolgern vorbehalten war, wenn eben diese Nachfolger und auch der princeps selbst nicht triumphierten und diese Tatsache sogar noch explizit hervorhoben? Verfolgt man diese Lesart konsequent weiter, so konnten die Ereignisse der Jahre 27 bis 12 v. Chr. nur eine Botschaft übermitteln: Der römische Triumph war nicht nur für die Angehörigen der senatorischen Elite unmöglich geworden, sondern komplett ad acta zu legen. Nur so ließen sich die recusationes des Augustus, des Agrippa und des Tiberius sowie die abgeschlossenen fasti adäquat auf einen gemeinsamen Nenner bringen. Dass dies weder den Intentionen des princeps noch denen der senatorischen Elite entsprechen konnte, zeigt sich bei einer differenzierten Analyse der einzelnen Schritte des Prozesses, der sich unter dem Stichwort „augusteische Triumphpolitik“ zusammenfassen lässt. Dass der Triumph jedoch seit 7 v. Chr. (und in der Folge während des gesamten Prinzipats immer wieder) dafür genutzt wurde, Nachfolgeregelungen sichtbar zu machen, lässt sich nicht bestreiten. Es musste daher natürlich im Interesse des princeps liegen, den Triumph als solchen für die herrscherliche Selbstdarstellung weiterhin brauchbar zu machen.303 Die Siegesfeier des Balbus in den fasti als den letzten republikanischen Triumph darzustellen, konnte aus diesen Gründen keine Option sein. Dennoch bleibt die Tatsache, dass die Liste der Triumphatoren mit Balbus endet und dass dieses Ende als durchaus gewollt erscheint.304 Wie also ist der Abschluss der fasti zu erklären, wenn er sich nicht auf das Ende des Triumphwesens beziehen kann? Die Antwort auf diese Frage ist zum einen im Kontext ihrer Anbringung am Partherbogen305 zu suchen, auf den oben bereits eingegangen wurde, zum anderen in einem spezifischen Charakterzug der fasti als Gattung. Wie bereits erwähnt, war es eines der Hauptanliegen des Augustus, den diplomatischen Erfolg, 302 Vgl. insbesondere Itgenshorst 2008, 34. 303 Vgl. Rich 2013, 556, Anm. 10: „Balbus’ name completes the fourth and final pilaster of the ‚Capitoline‘ Fasti Triumphales, and so the inscription, probably erected on the Arch of Augustus in or soon after 19, appears to have been designed to end at that point, with no room for further additions […]. It was perhaps intended that further triumphs would be recorded instead in the new Forum Augustum.“ 304 Vgl. Beard 2007, 68 f. sowie Itgenshorst 2004, 449 m. Anm. 45, die darauf hinweist, dass auch die Konsularfasten offenbar über den zur Verfügung stehenden Platz hinaus fortgeführt wurden (hierzu auch Nedergaard 2001, 28). 305 S. Kap. VI 2.2.

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den er durch die Rückgabe der signa errungen hatte, als militärischen Sieg darzustellen und ihn mit seiner Person und seiner virtus zu verbinden. Der princeps setzte seinen Erfolg explizit mit den vergangenen Siegen republikanischer Feldherren in Beziehung und er nutzte die fasti, die an seinem Bogen angebracht wurden, um diesen Aspekt zu unterstreichen: Magistratslisten, so hat Jörg Rüpke am Beispiel der Inschriften der Vicomagistri deutlich gemacht, sind „kein chronologisches Hilfsmittel“.306 Beamtenlisten, die mit einem deutlich markierten Anfangs- und Endpunkt versehen waren, erfüllten vielmehr die Funktion eines „Referenzrahmens“, in den sich Verfasser und Leser dieser Listen einordnen und durch den sie sich und ihre Rolle in der Geschichte verorten konnten.307 Eine solche Liste „ist Ehrenliste, nicht Zeitrechnungsinstrument.“308 Augustus nutzte diesen Wesenszug der Beamtenlisten auf eine innovative Art und Weise: Es ging dem princeps darum, sich als den ultimativen Sieger zu präsentieren, der alle Erfolge der Vergangenheit übertroffen hatte. Sein Sieg war größer als alle, die in den Zeiten seit Gründung der Stadt errungen und mit Triumphen gefeiert worden waren. Dadurch, dass er nur die Triumphe der Bürgerkriegszeit, nicht aber den aktuellen „Sieg“ in die Liste aufnahm und sich in Form der Triumphalquadriga auf dem Bogen im wahrsten Sinne des Wortes über sie erhob, umging er einerseits das Problem, dass er für seinen Sieg keinen Triumph feiern konnte. Andererseits konnte er auf diese Weise die spezifische Botschaft vermitteln, dass sein Sieg umfassender und bedeutender war, als alle militärischen Erfolge der Vergangenheit. Der Abschluss der Triumphalfasten diente dazu, diesen Aspekt deutlich zu machen. Die Liste benötigte einen klaren Endpunkt, damit Augustus sich selbst verorten konnte – bezeichnenderweise außerbzw. oberhalb dieser Liste. Die fasti mussten als Dokument abgeschlossen sein, um den Referenzrahmen (der im Falle des Augustus eben die gesamte triumphale Vergangenheit Roms einschloss) zu vervollständigen. Dies bedeutete keineswegs, dass militärische Siege und ihre Feier künftig nicht mehr möglich waren: Jedem siegreichen Feldherrn musste aber von nun an bewusst sein, dass er die Leistung des princeps nicht mehr übertreffen konnte. Darin bestand die Symbolwirkung der Triumphalfasten und ihres Abschlusses zum Zeitpunkt ihrer Anbringung am Partherbogen.309 Folglich besteht kein Anlass dazu, die Fasti Capitolini als ein Symbol für 306 Rüpke 2005, 1507. 307 Ebd. Auf diese Weise ließe sich möglicherweise auch erklären, weshalb beispielsweise in den Fasti Barberiniani nicht der Triumph des Balbus, sondern die Siegesfeier des Atratinus den letzten Beitrag bildet oder weshalb in diesem Dokument der Actium-Triumph nicht in die Liste aufgenommen wurde; vgl. Beard 2007, 304 f. 308 Rüpke 2005, 1507. 309 Östenberg 2009b stellt ebenfalls den Zusammenhang zwischen den Triumphalfasten und ihrem spezifischen Kontext her, folgert jedoch, „that the Parthian arch with its celebration of the signa recepta and its completed list of past triumphs symbolically announced the beginning of a new age, in which foreign people submitted to the pax Romana without bloodshed. The inauguration of the Parthian arch coincided with the announcement of the new saeculum in 17 BC, and it formed part of Augustus’ proclamation of the coming of a golden age.“ (56) Eine Betrachtung der Präsentation des „Parthersiegs“ (dessen zentrales Manko darin lag, dass es sich in der Realität keineswegs um einen militärischen Sieg gehandelt hatte), der weiteren augusteischen Außenpolitik insbesondere in Germanien und auf dem Balkan sowie der spezifischen Funktions-

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das Ende des republikanischen Triumphwesens anzusehen, was sich mit den Gegebenheiten insbesondere der Jahre 19 bis 12 v. Chr., in denen der Bogen errichtet und die Listen angebracht wurden, nur schwer hätte vereinbaren lassen. Durch die ursprüngliche Bindung der Botschaft, die die fasti vermitteln sollten, an ihren Kontext lässt sich auch erklären, weshalb man die ovationes des Drusus (so sie denn stattfand) und des Tiberius sowie den Triumph des letzteren nicht in die Liste aufnahm. Eine weitere Erklärung für diese Tatsache könnte darin liegen, dass zum Zeitpunkt, als die Siegesfeiern begangen wurden, bereits eine andere Option für die permanente Zurschaustellung militärischer Sieghaftigkeit unter den neuen Rahmenbedingungen anvisiert war: das Forum Augustum.310 Mit der architektonischen Planung, der inhaltlichen Konzeption und der baulichen Ausführung dieses Komplexes wurde nach allgemeiner Auffassung um das Jahr 19 v. Chr. begonnen.311 Der Tempel des Mars Ultor, der das Herzstück der Anlage bildete, wurde im Jahr 2 v. Chr. eingeweiht312, das Forum selbst jedoch möglicherweise bereits bis zu vier Jahre früher.313 Der Triumph war eines der vorherrschenden Themen, die das Bildprogramm des Forums prägten: Augustus selbst wurde in der Triumphalquadriga abgebildet314, die meisten Statuen der summi viri315 trugen den Triumphalornat316

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weise der Pax Augusta mit der ihr zugrunde liegenden Formel parta victoriis pax andererseits zeigt jedoch deutlich, dass es auch in diesem Fall keineswegs darum ging, den Aspekt des Friedens zu betonen. Kriege gegen und Siege über auswärtige Völker stellten auch weiterhin einen zentralen Bestandteil augusteischer Politik dar. Vgl. hierzu noch immer grundlegend Zanker 1968 sowie Ganzert/Kockel 1988, Kockel 1995 und Spannagel 1999; zudem Kap. VI 2.3. Vgl. u. a. Kockel 1995, 289. Spannagel 1999, 79–85 verlegt den Zeitpunkt der Initiierung des Projektes ins Jahr 17 v. Chr. Umstritten war in der Forschung lange Zeit das genaue Datum der Tempelweihung (12. Mai oder 1. August), allerdings hat sich mittlerweile die frühere Angabe durchgesetzt (vgl. hierzu u. a. Anderson 1984, 68 f., Spannagel 1999, 41–59 sowie Haselberger 2007, 199, Anm. 257 mit einem Überblick über die Forschungsliteratur). Vgl. Suet. Aug. 29,1: „Anlaß dafür, das Forum zu bauen, war die große Zahl der Menschen und Gerichtsprozesse, für die zwei Foren nicht ausreichten und die daher noch ein drittes zu erfordern schienen. Daher wurde es in aller Eile und noch vor Vollendung des Marstempels zur Nutzung übergeben und dafür gesorgt, daß dort, von den anderen getrennt, Gerichtsverhandlungen über Staatsverbrechen und Auslosungen der Richter stattfanden.“ (fori extruendi causa fuit hominum et iudiciorum multitudo, quae videbatur non sufficientibus duobus etiam tertio indigere; itaque festinatius necdum perfecta Martis aede publicatum est cautumque, ut separatim in eo publica iudicia et sortitiones iudicum fierent.) Der genaue Zeitpunkt der Weihung des Forums lässt sich aufgrund des Quellenbefundes nicht endgültig festlegen. Spannagel 1999, 16–20 argumentiert jedoch für 6 v. Chr. als frühestmöglichen terminus post quem; vgl. auch Strocka 2009, 52 f. mit einem Überblick über die verschiedenen Datierungsansätze, die sich aber alle im Bereich der Jahre 6–2 v. Chr. bewegen. Hierzu Kap. V 4.3. Vgl. zu den Statuengalerien ausführlich Spannagel 1999 sowie Geiger 2008 und Zanker 1967. Vgl. Suet. Aug. 31,5: „Nächst den unsterblichen Göttern ehrte er das Andenken an die militärischen Führer, die die Herrschaft des römischen Volkes aus den kleinsten Anfängen zu größter Macht entfaltet hatten. Daher ließ er die Bauwerke eines jeden von ihnen unter Beibehaltung der bisherigen Inschriften renovieren und stellte Statuen von ihnen allen in Triumphbekleidung in den beiden Wandelgängen seines Forums auf […].“ (Proximum a dis immortalibus honorem

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und in den Elogien, die ihre Taten priesen, wurden militärische (aber auch zivile) Großtaten besonders herausgestellt317. Spätestens mit der Einweihung des Mars-Ultor-Tempels wurde das Forum zum zentralen Ort, an dem römische Außenpolitik betrieben wurde, an dem der Senat über Krieg und Frieden entschied und auf dem die Sieghaftigkeit römischer Armeen und Feldherren permanent zur Schau gestellt wurde.318 Cassius Dio überliefert die Statuten, die mit der Weihung des Tempels verbunden waren und in denen auch die ornamenta triumphalia offenbar prominent in Erscheinung traten: […] und daß er selbst und seine Enkel beliebig oft dorthin gehen sollten, und außerdem jene, die dem Knabenalter entwüchsen und unter die wehrfähige Jugend eingereiht würden, unverändert an dieser Sitte festhielten; ferner daß alle, die zu auswärtigen Kommandos abgingen, hier ihren Ausgangspunkt nähmen; daß der Senat an diesem Ort seine Entscheidungen treffe, wenn es sich um die Bewilligung von Triumphen handle, und daß die Sieger nach Beendigung des Triumphzuges diesem Mars ihren Feldherrnstab und Lorbeerkranz weihten; daß jene Männer auch und auch all die anderen, welche triumphale Ehren empfingen, auf dem Forum ihre ehernen Standbilder errichtet bekämen; daß, sofern vom Feinde erbeutete Feldzeichen je zurückgewonnen würden, diese ihren Platz im Tempel fänden; daß durch die Kavallerieführer eines jeden Jahres an den Stufen des Tempels ein Festakt abgehalten werde; daß die Censoren am Ende ihrer Amtszeit einen Nagel in den Tempel einschlagen sollten; daß selbst Senatoren das Recht hätten, die Bereitstellung der für die Wettrennen im Zirkus vorgesehenen Pferde und den Schutz des Tempels zu übernehmen, genau so wie es gesetzlich vorgesehen war bei den Heiligtümern des Apollo und des Iuppiter Capitolinus.319

memoriae ducum praestitit, qui imperium p. R. ex minimo maximum reddidissent. itaque et opera cuiusque manentibus titulis restituit et statuas omnium triumphali effigie in utraque fori sui porticu dedicavit […].) Ging man in der älteren Forschung noch davon aus, dass die Statuen der summi viri möglicherweise allesamt Triumphalornat trugen (so auch Itgenshorst 2004, 453 f.), wird mittlerweile immer wieder zu Recht hervorgehoben, dass mindestens zwei der in der summi viri-Galerie Dargestellten nie triumphierten (namentlich Ap. Claudius Caecus und aller Wahrscheinlichkeit nach C. Claudius Nero; vgl. u. a. Spannagel 1999, 326 sowie Geiger 2008, 97, 142 f. u. 152). Es kann deshalb hinterfragt werden, ob Sueton sich auf alle summi viri bezieht oder eben nur auf einen Teil der Statuen, die er zu den duces zählte. 317 Plinius d. Ä. (nat. 22,13) überliefert, dass Augustus selbst die elogia verfasst habe. Während diese Angabe in der Forschung mittlerweile zumeist kritisch gesehen wird (vgl. u. a. Frisch 1980, 92 f., Galinsky 1996, 206 sowie Geiger 2008, 91 u. 159 f.), steht dennoch außer Frage, dass die inhaltliche Konzeption des Forums und das Geschichtsbild, das durch das Monument und insbesondere durch die Statuengalerien vermittelt werden sollte, auf die Initiative des princeps zurückgehen (vgl. u. a. Zanker 2003, 215, Kockel 1995, 293 sowie Geiger 2008, 92). 318 Vgl. hierzu ausführlich Anderson 1984, 88–97; zum Aspekt der dem Forum inhärenten augusteischen Superiorität hinsichtlich der militärischen Sieghaftigkeit s. Kap. V 4.3. 319 Cass. Dio 55,10,2–5: Ἄρει, ἑαυτὸν δὲ καὶ τοὺς ἐγγόνους, ὁσάκις ἂν ἐθελήσωσι, τούς τε ἐκ τῶν παίδων ἐξιόντας καὶ ἐς τοὺς ἐφήβους ἐγγραφομένους ἐκεῖσε πάντως ἀφικνεῖσθαι, καὶ τοὺς ἐπὶ τὰς ἀρχὰς τὰς ἐκδήμους στελλομένους ἐκεῖθεν ἀφορμᾶσθαι, τάς τε γνώμας τὰς περὶ τῶν νικητηρίων ἐκεῖ τὴν βουλὴν ποιεῖσθαι, καὶ τοὺς πέμψαντας αὐτὰ τῷ Ἄρει τούτῳ καὶ τὸ σκῆπτρον καὶ τὸν στέφανον ἀνατιθέναι, καὶ ἐκείνους τε καὶ τοὺς ἄλλους τοὺς τὰς ἐπινικίους τιμὰς λαμβάνοντας ἐν τῇ ἀγορᾷ χαλκοῦς ἵστασθαι, ἄν τέ ποτε σημεῖα στρατιωτικὰ ἐς πολεμίους ἁλόντα ἀνακομισθῇ, ἐς τὸν ναὸν αὐτὰ τίθεσθαι, καὶ πανήγυρίν τινα πρὸς τοῖς ἀναβασμοῖς αὐτοῦ ὑπὸ τῶν ἀεὶ ἰλαρχούντων ποιεῖσθαι, ἧλόν τε αὐτῷ ὑπὸ τῶν τιμητευσάντων προσπήγνυσθαι, καὶ τήν τε παράσχεσιν τῶν ἵππων τῶν ἐς τὴν ἱπποδρομίαν ἀγωνιουμένων καὶ

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Bestandteil der ornamenta triumphalia war laut Aussage Dios eine bronzene Statue auf dem neuen Forum.320 Zwar ist diese Regelung explizit erst durch die referierten Stiftungsbestimmungen überliefert. Die Statue gehörte jedoch schon in Zeiten der Republik zum festen Inventar der Ehrungen für erfolgreiche Feldherren321, was somit auch eine Übertragung dieser Praxis auf den Bereich der ornamenta plausibel erscheinen lässt.322 Folglich spricht nichts zwingend dagegen, dass die Ehrung durch eine Statue bereits von Anfang an zu den ornamenta gehörte – ohne dass dabei notwendigerweise bereits das Augustusforum als Aufstellungsort intendiert war. Dennoch erscheint es zumindest theoretisch möglich, dass derartige Statuen, die mit der Verleihung der ornamenta in Verbindung standen und die ursprünglich an anderen Orten aufgestellt worden waren, sogar vor der offiziellen Einweihung des Forum Augustum dorthin verbracht wurden.323 Kann man über diese Übergangszeit der Jahre 12 bis 2 v. Chr. somit keine definitiven Angaben machen, lässt sich doch eines mit Sicherheit sagen: Ab dem Jahr der Weihung des Tempels wurde die Präsentation militärischer Sieghaftigkeit in hohem Maße systematisiert.

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τὴν τοῦ ναοῦ φυλακὴν καὶ βουλευταῖς ἐργολαβεῖν ἐξεῖναι, καθάπερ ἐπί τε τοῦ Ἀπόλλωνος καὶ ἐπὶ τοῦ Διὸς τοῦ Καπιτωλίου ἐνενομοθέτητο. Grundlegend hierzu noch immer der Appendix 2 bei Gordon 1952 und die Zusammenstellung der senatorischen Träger von ornamenta bei Lahusen 1983, 72–74. Vgl. auch Eck 2010a, 26, Zanker 2003, 217 sowie Sehlmeyer 1999, 261 f. Geiger 2008, 163 f. hat den Zusammenhang von ornamenta und Statue in Zweifel gezogen: „Indeed, were the granting of a statue an automatic concomitant of this distinction, it would deprive the Emperor of a grade in his discretion to grant his favours.“ Hintergrund scheint dabei v. a. die implizite Annahme Geigers zu sein, dass die bronzenen Statuen der ornamenta-Träger in die Reihe der summi viri eingegliedert wurden. Aus diesem Grund macht Geiger Platzprobleme geltend. Dagegen lässt sich jedoch anführen, dass keineswegs nur die Exedren des Forums dazu bestimmt waren, Statuen aufzunehmen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach auch die beiden Portikus (vgl. Anderson 1984, 82). Und selbst wenn nicht jeder Träger der ornamenta eine Statue erhalten haben sollte (was allerdings der Angabe Dios widersprechen würde), so ändert dies nichts an der für die folgenden Ausführungen grundlegenden Tatsache, dass die Ehrung durch eine Statue grundsätzlich möglich war. Vgl. u. a. Gordon 1952, 305, Lahusen 1983, 67–69 sowie Sehlmeyer 2000, 275–277 und Maxfield 1981, 107. Die Tatsache, dass weder archäologische noch literarische Zeugnisse für die Errichtung bronzener Statuen aus augusteischer Zeit erhalten sind, stellt dabei kein Gegenargument dar (Geiger 2008, 163 geht davon aus, dass die Statuen „more realistically, only after his [i. e. Augustusʼ] decease“ aufgestellt worden seien, bleibt jedoch eine Erklärung schuldig): Bis auf wenige Fragmente sind aus naheliegenden Gründen überhaupt keine Bronzestatuen auf dem Augustusforum bezeugt. Bezüglich der literarischen Quellen hat Lahusen 1983, 69 festgestellt: „Offenbar war es in republikanischer Zeit ein so allgemeiner und selbstverständlicher Brauch, Triumphalstatuen zu errichten, daß sie nur selten in die Literatur eingingen.“ Ebenso wenig dürfte es grundsätzlich ein Problem gewesen sein, Statuen von lebenden Personen aufzustellen. Gerade für das Augustusforum ist eine Marmorstatue des Tiberius nachgewiesen, die aller Wahrscheinlichkeit nach zu dessen Lebzeiten errichtet worden sein muss (vgl. hierzu Geiger 2008, 135). Die genaue Anzahl der Statuen, die sich zum Zeitpunkt der Einweihung bereits auf dem Forum befanden, lässt sich nur schwer abschätzen. Dennoch ist davon auszugehen, dass mit ihrer Aufstellung nicht erst nach der Eröffnung begonnen wurde (vgl. Geiger 2008, 19 f.).

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik

Den Ausgangspunkt für diese Entwicklung bildeten zum einen die potentiell negative Lesart der Einführung der ornamenta triumphalia als Ersatz für künftig nicht mehr durchzuführende Siegesfeiern und zum anderen eine semantische Erweiterung der Triumphalfasten am Partherbogen. Seit der Einführung der ornamenta konnte der Abschluss dieser Liste aus ihrem konkreten Kontext gelöst und durchaus als Hinweis auf ein Ende der Triumphe für die senatorische Aristokratie gedeutet werden. Schließlich mochte sich manch ein Senator, wie oben bereits erwähnt, nach den Vorgängen um den nicht abgehaltenen Triumph des Tiberius durchaus die Frage stellen, wie sich der princeps künftig in dieser Frage verhalten würde. Die Eröffnung des Augustusforums und die mit der Tempelweihung einhergehende Bestimmung, dass künftige Träger der ornamenta mit einer Statue auf dem Forum geehrt werden sollten, bot die Gelegenheit, diese negative Konnotation der ornamenta durch eine Kombination ihrer Aussage mit den fasti triumphales abzufedern: In den fasti waren der römischen Öffentlichkeit die Aufzeichnung über die vergangenen militärischen Großtaten, die Angehörige der senatorischen Elite vollbracht hatten, permanent zugänglich. Die Kanonisierung der römischen Triumphe324, die die fasti symbolisierten, bewirkte für die Angehörigen der senatorischen Elite vor allem eines: Das Dokument stellte neben der ursprünglich mit ihm verbundenen Vorstellung, dass Augustus alle bisherigen Erfolge übertroffen hatte, eine Möglichkeit für die Nachfahren der darin aufgeführten Triumphatoren dar (so es sie denn nach dem Bürgerkrieg noch gab), aus den Leistungen ihrer Ahnen soziales und politisches Prestige zu beziehen. Dies war auch unter den geänderten Rahmenbedingungen noch möglich: Ausgenommen von der Konkurrenzsituation war lediglich der princeps, mit dem man sich nicht mehr messen konnte. Diese Prämisse galt jedoch nicht für den Umgang der Mitglieder der senatorischen Elite untereinander und mit ihrer potentiellen Klientel. Im senatorischen Konkurrenzkampf konnte der Verweis auf die Erfolge der eigenen Familie noch immer eine bedeutende Ressource sein – vor allem zu einer Zeit, in der, wie Werner Eck festgestellt hat, andere Optionen der Zurschaustellung militärischer Sieghaftigkeit, die doch in der Republik eines der zentralen Felder eben dieses Konkurrenzkampfes gewesen war, praktisch wegfielen: der Triumph selbst, die Errichtung von Triumphalmonumenten und damit verbundene Spiele oder Feste.325

324 Vgl. hierzu u. a. Beard 2007, 61–66 sowie 72–80 und Itgenshorst 2004, 446 sowie 2008, 45. 325 Vgl. Eck 2010a, 25. Diesen Aspekt vernachlässigt beispielsweise Schipporeit 2008, 129 f., wenn er schreibt, dass den Angehörigen der senatorischen Elite „nur die auf dem Partherbogen in trockenen Namenslisten kondensierte Erinnerung an alte Glorie [geblieben sei].“ Die fasti waren weit mehr als ein „Epitaph“ für die Republik, wie Schipporeit folgert, und wiesen nicht nur Bezugspunkte für Augustus auf, wie die Formulierungen bei Itgenshorst 2004, 457 dies vermuten lassen. Nicht nur der princeps konnte sich als „Repräsentanten der republikanischen Traditionen“ darstellen, sondern auch die Angehörigen der senatorischen Elite konnten auf die Vergangenheit verweisen. Für die bleibende Attraktivität des Triumphators als exemplum und des Triumphs allgemein sprechen beispielsweise auch die Bearbeitung dieses Themas durch Valerius Maximus sowie durch die augusteischen Dichter (vgl. u. a. Galinsky 1969 sowie Beard 2007, 296).

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Diese Vorstellungsmuster fanden auch Einzug ins Statuenprogramm des Augustusforums. Wie bereits erwähnt, waren die militärischen Erfolge der dort in der Galerie der summi viri Dargestellten eines der zentralen Kriterien für deren Auswahl. Die meisten der Namen, die in den Inschriftentafeln unter den Statuen und in den ausführlichen elogia erwähnt wurden, dürften auch in den fasti zu finden gewesen sein. Ähnlich wie der Partherbogen wiesen auch das Bildprogramm des Augustusforums und die damit verbundene Geschichtskonstruktion deutlich auf die fundamental gewandelten Rahmenbedingungen hin: Auf dem Augustusforum wurde ein revidiertes, den neuen Verhältnissen angepaßtes Geschichtsbild vermittelt, anschaulich in Bild und Text. Römische Geschichte war hier reduziert auf den Aspekt des ständigen Wachsens des Imperiums bis hin zur Gegenwart. Durch die Verkürzung auf die besonderen persönlichen Leistungen der einzelnen Eroberer ergab sich der Eindruck schicksalhafter Fügung fast zwangsläufig.326

Der Punkt, auf den die Konzeption des Forums zulief, war unzweifelhaft die Herrschaft des Augustus, in deren Licht sämtliche Konflikte der Vergangenheit verblassten.327 Doch zugleich wurde den Angehörigen der senatorischen Elite aufgezeigt, wie ihre Rolle in diesem neuen System aussehen konnte: Nicht nur die Helden der römischen Vergangenheit sollten auf dem Forum ihren Platz finden, sondern auch die siegreichen Feldherren der Zukunft. Es wurde keineswegs geleugnet, dass die geänderten Rahmenbedingungen eine Zurschaustellung militärischer Sieghaftigkeit in der traditionellen Form nicht mehr zuließen.328 Zugleich wurde jedoch betont, dass die Präsentation militärischer Erfolge auch in Zukunft möglich war. Die Zäsur wurde bewusst markiert, um gleichzeitig zu demonstrieren, dass man an den damit verknüpften Problemen zu arbeiten gewillt war. Bildlich umgesetzt wurde dies durch das Statuenprogramm: Waren die Standbilder der republikanischen summi viri aus Marmor gefertigt, so sollten künftige Statuen aus Bronze gegossen werden. Die wichtigste Aussage der Statuen, die mit der Verleihung der ornamenta triumphalia verbunden waren, wies folglich in die Zukunft: Auch unter der Vorherrschaft des Augustus konnten für den Konkurrenzkampf der Senatorenschaft untereinander vergleichbare Maßstäbe angelegt werden wie zuvor. Noch immer konnte man sich auf militärischem Gebiet auszeichnen, noch immer konnte man sich auf diese Weise von seinen Standesgenossen abgrenzen und noch immer konnte man aus Sieghaftigkeit soziales wie politisches Prestige ziehen.329 Der einzige (wenn auch zentrale) Unterschied bestand darin, dass dies künftig im Dienste 326 Zanker 2003, 215. 327 Vgl. Ganzert/Kockel 1988, die von einer „Vereinnahmung der ganzen römischen Vergangenheit“ durch den princeps sprechen. Ebenso Bleicken 2010, 531 sowie Kienast 2009, 206 f. 328 Vgl. Stäcker 2003, 416 f., der konstatiert, die Siege einzelner Feldherren seien unter diesen Umständen lediglich „zu Mosaiksteinen in einem allumfassenden Triumph des Augustus“ geworden. 329 Vgl. Eck 2010a, 25 sowie Meister (im Druck). Die Statuen waren aus diesem Grund weit mehr als die „hohl[e]“ Ehrung, als die sie Zanker 2003, 217 ansieht. Selbst wenn „die Statuen der verdienten zeitgenössischen Feldherrn […] irgendwo zwischen den Säulen oder am Rand des Platzes“ standen – sie waren vorhanden und konnten im Konkurrenzkampf innerhalb der senatorischen peer group eingesetzt werden.

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des princeps geschah. Die Statuen der ornamenta-Träger bildeten folglich eine neue Art von fasti. Auch sie waren permanent sichtbar und konnten als Nachweis für militärische Großtaten dienen. Will man folglich die Einführung der ornamenta als Kompensationsstrategie verstehen, so ist es notwendig, sich den Funktionsmechanismus dieser Strategie vor Augen zu führen. Ihr volles Potential zeigten die ornamenta vor allem in der Zusammenschau mit den fasti, deren Semantik auf diese Weise entscheidend erweitert werden konnte: Letztere bezogen sich dabei vor allem auf die Vergangenheit und ermöglichten es den Angehörigen der senatorischen Elite, Profit aus den Erfolgen ihrer Vorfahren zu ziehen. Die ornamenta verwiesen demgegenüber in die Zukunft und stellten eine Garantie dar, dass die Schemata des innersenatorischen Konkurrenzkampfes auch weiterhin Gültigkeit besaßen – in dem Maße, in dem die neuen Verhältnisse dies zuließen. Die ornamenta und ihre Entwicklung im Zusammenhang mit dem neuen Forum boten Augustus vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, verschiedene kommunikative Signale auszusenden und die ambivalente Botschaft, die mit den Ereignissen des Jahres 12 v. Chr. verbunden war, auf verschiedene Art und Weise zu adressieren. Die Hauptfunktion der ornamenta bestand folglich darin, den Angehörigen der senatorischen Elite zu vermitteln, dass sie sich auch weiterhin auf militärischem Gebiet auszeichnen konnten – sei es, weil die Rahmenbedingungen eine tatsächliche Durchführung des Triumphrituals nicht mehr erlaubten (positive Lesart) oder sei es, weil man fürchtete, dass der princeps von jetzt an negativ in den Prozess der Triumphvergabe eingreifen würde (negative Lesart). Die Instrumentalisierung der ornamenta ermöglichte es Augustus, auch jetzt noch hinreichend ambivalent zu bleiben. Der princeps musste sich noch immer nicht endgültig festlegen, was den Umgang mit dem Triumph betraf, und musste noch immer nicht explizieren, dass Senatoren von nun an nicht mehr triumphieren sollten, konnten oder durften: Nicht zufällig besagten die Stiftungsstatuten, die Dio überliefert, dass nicht nur Träger der ornamenta mit einer Statue geehrt werden sollten, sondern auch künftige Triumphatoren. Wirkung konnten diese Angebote seitens des princeps jedoch nur entfalten, wenn sie von ihren Adressaten angenommen wurden, wenn also ein Kompromiss ausgehandelt wurde, der für beide Seiten von Vorteil sein konnte. In diesem Zusammenhang kommt einem Akt zentrale Bedeutung zu, der in der Forschung zumeist nur unzureichende Beachtung gefunden hat: der Verleihung der ornamenta triumphalia an L. Passienus Rufus. Velleius Paterculus berichtet in seinem Geschichtswerk darüber: Auch der Konsular Vibius Postumus, der Statthalter von Dalmatien, verdiente sich für seinen hervorragenden Einsatz und sein umsichtiges Handeln die Triumphalinsignien. Die gleichen Ehren hatten sich wenige Jahre zuvor auch Passienus und Cossus in Afrika erworben, zwei Männer, die durch allerdings ganz verschiedene Vorzüge bekannt waren. Cossus übertrug mit seinem Beinamen auch das Zeugnis seines Sieges auf seinen Sohn, einen jungen Mann, der alle Vorzüge in sich vereint.330 330 Vell. 2,116,2: celebri etiam opera diligentique Vibius Postumus vir consularis, praepositus Delmatiae ornamenta meruit triumphalia: quem honorem ante paucos annos Passienus et Cos-

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Die Angabe über die ornamenta des Passienus, auf den gleich näher eingegangen werden soll, ist gerahmt von Informationen über zwei weitere Verleihungen. C. Vibius Postumus hatte im Jahr 5 n. Chr. das Suffektkonsulat bekleidet und begleitete Tiberius in den Jahren danach als Legat in Pannonien.331 Seine ornamenta erhielt er möglicherweise im Jahr 9 n. Chr.332 Sein Fall lässt sich folglich mit dem des Lepidus vergleichen, der seine Auszeichnungen sogar im gleichen Jahr erhalten haben könnte.333 Beide waren Feldherren ohne eigenständiges imperium, d. h. ohne die rechtlichen Voraussetzungen zur Durchführung eines Triumphs. Für sie konnte die positive Lesart der ornamenta angeführt werden, erhielten sie doch auf diese Weise die Möglichkeit, ihren Erfolg überhaupt der römischen Öffentlichkeit und ihren Standesgenossen angemessen vor Augen zu führen. Interessanter ist die Erwähnung des Cossus Cornelius Lentulus, Konsul im Jahr 1 v. Chr.334 Lentulus erhielt seine ornamenta (wahrscheinlich zwischen 6 und 8 n. Chr.335) laut Auskunft des Velleius für einen Sieg in Africa, d. h. in der einzigen senatorischen Provinz, deren Statthalter ein eigenständiges imperium innehatte. Dennoch beantragte Lentulus offenbar keinen Triumph, was vordergründig als Beleg dafür gewertet werden könnte, dass dies zu diesem Zeitpunkt für einen senatorischen Feldherrn nicht mehr möglich war. Der Fall des Lentulus ist jedoch komplexer: Eine Weihinschrift aus Lepcis Magna benennt ihn als Prokonsul, erwähnt jedoch gleichzeitig, dass er seinen Feldzug unter den Auspizien des Augustus geführt habe.336 Dieses Paradoxon lässt sich erklären, wenn man eine Passage Dios hinzuzieht. Der Historiograph berichtet, dass zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt337 Augustus aufgrund einer erhöhten Bedrohungslage an den Reichsgrenzen entschieden habe, für einen Zeitraum von zwei Jahren auch die Statthalter der senatorischen Provinzen zu ernennen, die mithin ebenfalls unter seinen auspicia ihren Aufgaben nachkamen.338 Lentulus fiel also aus dem Rahmen: Obwohl er Prokonsul

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sus, viri quibusdam diversis virtutibus celebres, in Africa meruerant. Sed Cossus victoriae testimonium etiam in cognomen filii contulit, adulescentis in omnium virtutum exempla geniti. Vgl. u. a. Syme 1986, 100 u. 427. Vgl. Gordon 1952, 314. Zu Lepidus vgl. ausführlich Syme 1986, 128–140. Vgl. Thomasson 1996, 26 sowie Syme 1986, 296. Vgl. Gordon 1952, 314. IRT 301: Marti Augusto sacrum / auspiciis Imp(eratoris) Caesaris Aug(usti) / pontificis maxumi patris / patriae ductu Cossi Lentuli / co(n)s(ulis) XVviri sacris faciundis / proco(n)s(ulis) provincia Africa / bello Gaetulico liberata / civitas Lepcitana. Zu Cossus und der Frage, wie seine rechtliche Position im Verhältnis zu Augustus beschaffen war vgl. Hurlet 2006, 166–173, der diesen Fall als Beleg dafür ansieht, dass die auspicia des princeps denen der Prokonsuln überlegen gewesen seien. Die Angaben in der Forschung schwanken zwischen den Jahren 5–7 und 6–8 n. Chr.; vgl. u. a. Schumacher 1985, 215 sowie Thomasson 1996, 26. Cass. Dio 55,28,1 f.: Κἀν τοῖς αὐτοῖς τούτοις χρόνοις καὶ πόλεμοι πολλοὶ ἐγένοντο. Καὶ γὰρ λῃσταὶ συχνὰ κατέτρεχον, ὥστε τὴν Σαρδὼ μηδ´ ἄρχοντα βουλευτὴν ἔτεσί τισι σχεῖν, ἀλλὰ στρατιώταις τε καὶ στρατιάρχαις ἱππεῦσιν ἐπιτραπῆναι· καὶ πόλεις οὐκ ὀλίγαι ἐνεωτέριζον, ὥστε καὶ ἐπὶ δύο ἔτη τοὺς αὐτοὺς ἐν τοῖς τοῦ δήμου ἔθνεσι, καὶ αἱρετούς γε ἀντὶ τῶν κληρωτῶν, ἄρξαι· τὰ γὰρ τοῦ Καίσαρος καὶ ἄλλως ἐπὶ πλείω χρόνον {ἐν} τοῖς αὐτοῖς προσετάττετο. Οὐ

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der Provinz Africa war, besaß er kein eigenständiges imperium und war aus diesem Grund formal nicht für einen Triumph qualifiziert. Die Verleihung der ornamenta erscheint vor diesem Hintergrund folgerichtig.339 Allerdings scheint man seiner besonderen Stellung zumindest indirekt Rechnung getragen zu haben, wie ebenfalls Cassius Dio berichtet: Ebenso erhoben sich, unzufrieden mit ihrem König Iuba und zugleich es für unwürdig erachtend, auch selbst unter der Oberherrschaft der Römer zu stehen, die Gätuler gegen ihren Herrn. Sie verwüsteten das Grenzgebiet, töteten auch viele Römer, die gegen sie zu Felde gezogen waren, und erlebten im ganzen einen solchen Aufstieg, daß ihr Besieger Cornelius Cossus triumphale Ehrungen und einen Beinamen nach ihnen erhielt.340

Cossus durfte sich also laut Dio künftig Gaetulicus nennen und gab diesen Beinamen offenbar auch an seinen Sohn weiter.341 Dieses Privileg lässt sich durchaus als Hinweis darauf deuten, dass Siegen senatorischer Statthalter in Africa im Vergleich zu Erfolgen augusteischer Legaten noch immer eine besondere Bedeutung zukam. Nebenbei stellt der Fall der beiden Gaetulici ein Beispiel dafür da, wie man sich auch unter Augustus mit Erfolgen seiner Vorfahren schmücken konnte: Da Gaetulicus senior mit Sicherheit eine Bronzestatue auf dem Augustusforum erhielt, konnte Gaetulicus junior jederzeit auf die Herkunft seines Beinamens verweisen und damit auf das mit dem Erfolg seines Vaters verbundene Prestige rekurrieren. Demgegenüber fällt jedoch die Verleihung der ornamenta an L. Passienus Rufus aus dem Rahmen. Auch dieser erhielt die Auszeichnung für militärische Erfolge in Africa. Eine genaue chronologische Abfolge der Statthalterschaften des Passienus und des Lentulus lässt sich nicht rekonstruieren, doch wird allgemein angenommen, dass Passienus die ornamenta um das Jahr 3 n. Chr. und mithin früher als Lentulus erhalten hat.342 Für Passienus wird nicht bezweifelt, dass er ein ordentlicher Prokonsul der Provinz Africa war, d. h. dass er auch über ein eigenständiges

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μέντοι καὶ περὶ πάντων αὐτῶν ἀκριβῶς ἐπεξάξω· πολλά τε γὰρ ὡς ἑκάστοις καὶ οὐκ ἀξιόλογα συνηνέχθη, καὶ οὐδὲν ἂν λεπτολογηθέντα ὠφελήσειε. Vgl. Eck 2010a, 20 sowie Schumacher 1985, 216. Cass. Dio 55,28,3 f.: καὶ Γαίτουλοι τῷ τε Ἰούβᾳ τῷ βασιλεῖ ἀχθόμενοι, καὶ ἅμα ἀπαξιοῦντες μὴ οὐ καὶ αὐτοὶ ὑπὸ τῶν Ῥωμαίων ἄρχεσθαι, ἐπανέστησαν αὐτῷ, καὶ τήν τε πρόσχωρον ἐπόρθησαν καὶ συχνοὺς καὶ τῶν Ῥωμαίων ἐπιστρατεύσαντάς σφισιν ἀπέκτειναν, τό τε σύμπαν ἐπὶ τοσοῦτον ἐπηυξήθησαν ὥστε Κορνήλιον Κόσσον τὸν κατεργασάμενόν σφας τιμάς τε ἐπινικίους καὶ ἐπωνυμίαν ἀπ´ αὐτῶν λαβεῖν. Zwar bezweifelt der Autor des Eintrags zu Cossus in PIR I2 C 1380, dass Lentulus selbst diesen Beinamen getragen habe, und auch Syme 1986 bringt das cognomen erst mit seinem Sohn in Verbindung. Die in PIR angeführte und oben bereits zitierte Passage des Velleius Paterculus gibt jedoch keinen Hinweis darauf, dass Lentulus selbst den Beinamen nicht geführt hätte (vgl. auch Flor. epit. 2,31) – zumal die Verleihung eines solchen Siegernamens an einen Nachkommen erklärungsbedürftiger gewesen sein dürfte als das übliche Prozedere; vgl. zu den republikanischen Siegernamen Fetzer 1952. Vgl. Gordon 1952, 313. Thomasson 1996, 25 weist jedoch darauf hin, dass sich die Datierung lediglich aus der Anwendung des Fünfjahresintervalls zwischen der Bekleidung des Konsulats und einem darauf folgenden Provinzkommando und aus der undatierbaren Angabe des Velleius ergibt.

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imperium verfügte.343 Tatsächlich wurde er offenbar von seinen Truppen zum imperator ausgerufen, wie aus einer in Nord-Tunesien gefundenen Ehreninschrift hervorgeht.344 Passienus verfügte folglich über alle formalen Voraussetzungen, die nötig waren, um das Prozedere der Triumphvergabe in Gang zu setzen. Dennoch entschied er sich offenbar gegen diesen Weg.345 Durch dieses Verhalten führte Passienus sämtliche Aspekte des Diskurses über den Umgang mit dem römischen Triumph zusammen, die bis zu diesem Punkt angesprochen wurden: Er hatte einen Sieg errungen, der ihn prinzipiell für einen Triumph qualifizierte. Es existierte auch weiterhin keine offizielle Bestimmung, die es einem Prokonsul der Provinz Africa verboten hätte, eine solche Siegesfeier durchzuführen. Dennoch ging Passienus nicht auf Konfrontationskurs, sondern erfüllte die implizit immer wieder zum Ausdruck gebrachte Erwartungshaltung des princeps, dass es dem jeweils siegreichen Feldherrn oblag, die wünschenswerte Entscheidung über seinen Triumph zu treffen. Zugleich sah Passienus im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse, die er angesichts seines Erfolges und der bestehenden Regelungen als erster Feldherr seit Balbus unweigerlich durchführen musste, offenbar die ornamenta triumphalia als adäquate Möglichkeit der Präsentation seines Sieges an. Er konnte sich darauf berufen, dass bis zu diesem Zeitpunkt immerhin bereits eine ganze Reihe eminenter Persönlichkeiten, die teils an der Spitze der senatorischen Hierarchie standen, die ornamenta erhalten hatten346 – nicht zuletzt Tiberius und Drusus. Die Möglichkeit, sich gegenüber seinen Standesgenossen und vor der römischen Öffentlichkeit im Allgemeinen auszuzeichnen, war durch die ornamenta und die mit ihnen verbundene Statue hinreichend gegeben. Der Fall des Passienus kann dazu dienen, ein zentrales strukturelles Argument zu verdeutlichen. Was hier zu beobachten ist, zielt auf den Kern der Funktionsmechanismen des augusteischen Prinzipats allgemein und des Umgangs mit dem Tri343 Vgl. Eck 2010a, 20, Thomasson 1996, 25 sowie Schumacher 1985, 215 f. 344 CIL VIII 16456: Iunoni Liviae Augusti sacrum / L(ucio) Passieno Rufo imperatore / Africam obtinente / Cn(aeus) Cornelius Cn(aei) f(ilius) Cor(nelia) Rufus / et Maria C(ai) f(ilia) Galla Cn(aei) / conservati vota l(ibentes) m(erito) solvont. 345 Vgl. Schumacher 1985, 217 f., der feststellt, Passienus habe „aus verständlichen Gründen“ darauf verzichtet, einen Triumph zu beantragen, und fortfährt: „Der Fall des Passienus Rufus markiert somit einen Wandel im Verhältnis von Kaiser und Statthaltern ‚senatorischer‘ Provinzen. Noch immer besaßen die proconsules hier ein imperium cum auspiciis, doch konnten sie die daraus resultierenden Privilegien infolge der politischen Entwicklungen nicht mehr bzw. nicht mehr in vollem Umfang in Anspruch nehmen: als imperator mußte Passienus Rufus auf seinen Triumph verzichten.“ Diese Beobachtung Schumachers trifft grundsätzlich zwar zu, muss vor dem Hintergrund der hier angestellten Überlegungen jedoch in einem entscheidenden Punkt modifiziert werden: Grundsätzlich war das Verhalten des Passienus nicht so alternativlos, wie Schumacher es hier darstellt. Vielmehr ist es anzusehen als bewusste Stellungnahme eines Angehörigen der senatorischen Elite im Aushandlungsprozess mit dem princeps. 346 U. a. L. Calpurnius Piso (Konsul 15 v. Chr., Statthalter von Pamphylia und Legat des Augustus in Thrakien, später Prokonsul der Provinz Asia und Stadtpräfekt unter Tiberius) sowie L. Domitius Ahenobarbus (Konsul 16 v. Chr., ebenfalls Statthalter in Africa und Kommandeur des Heeres in Germanien sowie Patrizier und verheiratet mit Antonia d. Ä., der Nichte des Augustus); zu beiden vgl. Gordon 1952, 313.

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umph im Besonderen: Werner Eck hat vollkommen zu Recht betont, dass es keinen Rechtsakt gegeben haben kann, der die Durchführung eines Triumphs verbot. Stattdessen weist Eck auf die „Macht des Faktischen“ hin; der Triumph sei allein aufgrund der Gegebenheiten für die Angehörigen der senatorischen Elite keine Option mehr gewesen.347 Es ist an dieser Stelle von zentraler Bedeutung darauf hinzuweisen, dass kein eindeutiger faktischer Zeitpunkt zu benennen ist, an dem man die Gültigkeit des Diktums „Von nun an war es keinem Senator mehr möglich zu triumphieren“ festmachen könnte. Vielmehr greift auch auf diesem Gebiet ein Grundsatz des augusteischen Prinzipats: Die Regelungen, die getroffen wurden (sei es im Hinblick auf den Triumph oder auf anderen Gebieten), kamen im Rahmen eines permanenten Aushandlungsprozesses zustande, den nicht nur der princeps bestimmte, sondern auch die Mitglieder der senatorischen Elite. Beide Seiten konnten Erwartungshaltungen formulieren und kommunikative Angebote machen, die die jeweils andere Seite entweder annehmen konnte oder nicht. Passienus setzte dabei ebenso ein exemplum wie Agrippa oder Augustus selbst. Doch ein differenziertes Bild dieses Prozesses lässt sich nur entwerfen, wenn man seine Dynamik berücksichtigt und nicht aus später erfolgten Schritten Intentionen deduziert und diese auf bereits früher erfolgte Schritte rückprojiziert: Erst nach der Annahme der ornamenta durch Passienus war eine Situation hergestellt, in der der Triumph des Balbus über 20 Jahre später tatsächlich als letzter Triumph eines Feldherrn, der nicht der kaiserlichen Familie angehörte, angesehen werden konnte.348 Und nicht einmal jetzt war dies auf eine explizite Bestimmung des princeps zurückzuführen, sondern auf das exemplum eines senatorischen Feldherrn. Augustus und die Triumphe des Tiberius Die Vorgänge um den abgelehnten Triumph des Tiberius stellten, so kann man festhalten, eine Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft dar. Sie bildeten einen entscheidenden Schritt auf dem Weg des princeps, den Triumph in seine Verfügungsgewalt zu überführen. Diese Linie, die Siegesfeiern des Tiberius zu instrumentalisieren, um den eigenen Zugriff auf den Triumph zu sichern, verfolgte Augustus auch in der Folgezeit konsequent weiter – so auch, als 12 Jahre nach Balbus mit Tiberius erstmals wieder ein Triumphator in Rom einzog: Tiberius versammelte am ersten Tag des Jahres, in dem er gemeinsam mit Gnaeus Piso das Konsulat bekleidete, den Senat in der Curia Octaviae, da sie außerhalb des Pomeriums lag. Nachdem er selbst die Pflicht übernommen hatte, den Tempel der Concordia wiederherzustellen, um dann seinen eigenen Namen und den des Drusus darauf setzen zu können, feierte er seinen Triumph und weihte zusammen mit seiner Mutter den sogenannten Bezirk der Livia. 347 Vgl. Eck 1999, 223 sowie Beard 2007, 298 f. Auch Itgenshorst 2004, 449 hebt hervor, dass eine offizielle Reglementierung des Triumphs durch den princeps offenbar nicht in Betracht gezogen wurde. 348 Wenn Eck 1999, 223 somit schreibt: „Eine höhere Auszeichnung konnte kein Senator mehr erreichen“, trifft dies sicherlich zu. Es kann aber noch dezidierter darauf hingewiesen werden, dass ein solcher Schritt nicht ohne die Akzeptanz der senatorischen Elite möglich war. Es bedurfte anderer Dinge als eines offiziellen Dekrets des princeps, um die ornamenta zu etablieren.

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Und er selbst bewirtete die Senatoren auf dem Kapitol, während sie eigens für sich an einem anderen Platz deren Gattinnen diese Ehrung erwies.349

Sowohl die Ausgestaltung des Rituals wie auch die Rahmenbedingungen machten diesen Triumph ex Germania zu etwas Besonderem. Zunächst ist von Bedeutung, dass Tiberius anders als während des Pannonienfeldzugs mit einem eigenständigen imperium proconsulare ausgestattet war, dass er also die formalen Voraussetzungen für die Durchführung einer Siegesfeier erfüllte. Er war zudem von seinen Truppen zum imperator ausgerufen worden und Augustus erlaubte ihm nun anders als im Jahr 12 v. Chr., diesen Titel auch zu führen. Zugleich nahm Augustus selbst den imperator-Titel an (imp. XIV). Dies stellte ein Novum dar, da der princeps zuvor nie einen solchen Titel akzeptiert hatte, wenn ein Prokonsul akklamiert worden war und einen Triumph gefeiert hatte.350 Erstmals schrieb Augustus sich also explizit einen Sieg zu, den ein Feldherr mit eigenständigem imperium errungen hatte. Dies musste notwendigerweise eine Frage nach sich ziehen, die im Abschnitt zum nicht-triumphierenden Augustus bereits angesprochen wurde: Wie sollte man mit diesem Sachverhalt im Rahmen der rituellen Feier des Sieges umgehen? Wie konnte es gelingen, zum einen Augustus, der den Sieg nicht selbst errungen hatte, sich diesen aber offenbar trotzdem anrechnen lassen wollte, und zum anderen Tiberius als den eigentlich erfolgreichen Feldherrn, der sogar suis auspiciis gekämpft hatte, gleichermaßen in die Präsentation des Erfolges zu integrieren? Folgt man dem Bericht des Cassius Dio, so lautete die durchaus naheliegende Lösung, Augustus und Tiberius jeweils einen eigenen Triumph zuzuerkennen.351 Auf diese Weise hätte man Konflikte auf der Ebene des Rituals vermeiden können, die sich unweigerlich ergeben hätten, wenn beide im Rahmen der gleichen Siegesfeier als Triumphatoren durch die Straßen gezogen wären (zu denken wäre dabei unter anderem an die Reihenfolge der Triumphwagen, an die Durchführung der Opfer etc.). Dem Problem, dass er den Sieg nicht persönlich errungen hatte, begegnete der princeps auf bewährte Art und Weise: Er lehnte den Triumph ab. Gleichzeitig wurde aber offenbar das Kräfteverhältnis zwischen Augustus und Tiberius unmissverständlich klar gemacht: Dio berichtet im Zusammenhang mit dem abgelehnten Triumph davon, dass Augustus offenbar bei derselben Gelegenheit eine Reihe anderer Ehrungen annahm, die ihn weit über alle anderen Römer und damit auch über den Triumphator Tiberius hinaushoben: So wurde ihm unter 349 Cass. Dio 55,8,1 f.: Τιβέριος δὲ ἐν τῇ νουμηνίᾳ ἐν ᾗ ὑπατεύειν μετὰ Γναίου Πίσωνος ἤρξατο, ἔς τε τὸ Ὀκταουίειον τὴν βουλὴν ἤθροισε διὰ τὸ ἔξω τοῦ πωμηρίου αὐτὸ εἶναι, καὶ τὸ Ὁμονόειον αὐτὸς ἑαυτῷ ἐπισκευάσαι προστάξας, ὅπως τό τε ἴδιον καὶ τὸ τοῦ Δρούσου ὄνομα αὐτῷ ἐπιγράψῃ, τά τε νικητήρια ἤγαγε καὶ τὸ τεμένισμα τὸ Λίουιον ὠνομασμένον καθιέρωσε μετὰ τῆς μητρός· καὶ αὐτὸς μὲν τὴν γερουσίαν ἐν τῷ Καπιτωλίῳ, ἐκείνη δὲ τὰς γυναῖκας ἰδίᾳ που εἱστίασε. 350 Vgl. zu den frühen Ausrufungen des Augustus Barnes 1974, 21 f., Syme 1979, 308–310 sowie Schumacher 1985, 209–213. Umstritten ist dabei lediglich die achte Akklamation: Während Syme sie in Zusammenhang mit dem Sieg des augusteischen Legaten M. Vinicius in Spanien bringt, gehen Barnes und Schumacher davon aus, dass Augustus sie für seine eigenen Erfolge beanspruchte. Dies ändert jedoch nichts an dem Prinzip, dass Augustus im Falle von senatorischen Prokonsuln, die akklamiert wurden, selbst keinen neuen Titel annahm. 351 Vgl. Cass. Dio 55,6,5 f.

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik

anderem das Recht verliehen, seinen Geburtstag durch Zirkusspiele zu feiern und der Monat Sextilis wurde in Augustus umbenannt.352 Auch wenn also Tiberius triumphieren durfte und damit wiederum die prinzipielle Kontinuität der ausgehandelten Regelungen demonstriert werden konnte, wurde die Frage nach dem Verhältnis künftiger erfolgreicher Feldherren zum princeps bereits relativ eindeutig beantwortet: An der Superiorität des Augustus konnte kein Zweifel mehr bestehen. Zudem lassen Dios Angaben auf eine Neuerung schließen, die vor diesem Hintergrund ebenfalls von Bedeutung war: In die Rahmenhandlungen, die die eigentliche Zeremonie begleiteten, wurden mit (dem bereits verstorbenen) Drusus und Livia zwei Mitglieder der kaiserlichen Familie einbezogen. Ein solches Vorgehen war in der Republik nicht üblich gewesen353: Zwar spielten auch im republikanischen Ritual insbesondere die Kinder des Triumphators, die ihn auf seinem Wagen begleiten durften354, eine Rolle – aktiv daran beteiligt waren sie jedoch im Gegensatz zu Livia, die Dio zufolge parallel zu Tiberius die Frauen der Senatoren bewirtete, nicht.355 Es erscheint daher durchaus möglich, diesen Vorgang als Versuch zu deuten, die kaiserliche Familie stärker mit dem Ritual zu verknüpfen und dieses auch auf diese Weise immer weiter in die Verfügungsgewalt des princeps zu überführen.356 Dennoch umging man im Jahr 7 v. Chr. noch immer die zentrale Frage, wie sich das Verhältnis zwischen Triumphator und princeps künftig im Rahmen des Rituals selbst äußern konnte, und vermied es dadurch weiterhin, eine explizite Aussage in dieser Hinsicht zu treffen. Bezeichnenderweise stellte ein Eingriff in den Ablauf des Rituals, der diese Frage eindeutig beantwortete, erst den letzten Schritt der augusteischen Triumphpolitik dar. Der princeps wartete nach der ersten Siegesfeier des Tiberius noch einmal 19 Jahre, bis er die tatsächlichen Machtverhältnisse für jedermann sichtbar in 352 Vgl. ebd. Bezeichnenderweise war der Sextilis auch der Monat, in dem der Dreifachtriumph des Octavian stattgefunden hatte, wie in den fasti zu lesen war. Eine mögliche Bezugnahme ist nicht ausgeschlossen. Umstritten ist eine weitere Angabe Dios, der feststellt, Augustus habe zu diesem Zeitpunkt auch das Recht bekommen, die Grenzen des pomerium zu erweitern. Da sich die Quellen in diesem Punkt nicht einig sind, konnte auch in der Forschung bisher keine endgültige Aussage über die Historizität dieser Information getroffen werden (vgl. für einen Überblick über die entsprechende Forschungsliteratur u. a. Kienast 2009, 126 m. Anm. 152 sowie Swan 2004, 66). Sollte Augustus das pomerium bei dieser Gelegenheit tatsächlich erweitert haben, konnte auch dies als eindeutiges Zeichen seines Vorranges gegenüber dem eigentlichen Sieger Tiberius gewertet werden. 353 So auch Itgenshorst 2008, 31, die allerdings diesen Sachverhalt nicht weiter analysiert. 354 Vgl. Beard 2007, 224 f. 355 Auch Tiberius und Marcellus durften Octavian bei dessen Dreifachtriumph lediglich zu Pferd begleiten, übernahmen ansonsten jedoch keinen Part bei der Durchführung des Rituals; vgl. Suet. Tib. 6,4: „Danach, fast schon ein junger Mann, begleitete er [i. e. Tiberius] den Wagen des Augustus bei dessen Triumph nach dem Sieg von Actium auf dem linken Beipferd, während auf dem rechten Marcellus, der Sohn der Octavia ritt.“ (dehinc pubescens Actiaco triumpho currum Augusti comitatus est sinisteriore funali equo, cum Marcellus Octaviae filius dexteriore veheretur.) 356 So ist auch der Auftritt der Livia und der Iulia im Rahmen der ovatio des Tiberius 9 v. Chr. zu erklären, die ebenfalls die Bewirtung der Senatorengattinnen übernommen hatte (vgl. Cass. Dio 55,2,4).

VII 2 Augusteische Triumphpolitik als Aushandlungsprozess

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das Triumphritual einfließen ließ: Im Jahr 12 n. Chr. zog Tiberius erneut als Triumphator ex Pannonia in Rom ein.357 Er tat dies für Siege, die – ähnlich wie bei seiner ovatio ex Pannonia mehrere Jahre zuvor – bereits einige Zeit zurücklagen. Die Feier war, so stellt Sueton fest, aufgrund der verheerenden Niederlage des Varus in Germanien verschoben worden. Dennoch geht aus dem Bericht hervor, dass die Gelegenheit des Einzugs des Tiberius sehr wohl dafür genutzt wurde, dessen Stellung mit Hilfe von Anspielungen auf den Triumph zu festigen358: Den Triumph verschob Tiberius selbst, weil die Stadt den Untergang des Varus und seiner Legionen betrauerte. Nichtsdestoweniger zog er in Rom mit der Prätexta bekleidet und mit Lorbeer bekränzt ein, bestieg, während der Senat ihn stehend erwartete, die in den Saepten errichtete Tribüne und setzte sich gleichzeitig mit Augustus zwischen die beiden Konsuln. Von dort wurde er nach der Begrüßung des Volkes von Tempel zu Tempel geleitet.359

Der princeps empfing den siegreichen Feldherrn in der Stadt. Tiberius selbst betrat Rom im Ornat des Triumphators360 und wurde als solcher mit Augustus auf eine Stufe gestellt, indem er zusammen mit diesem zwischen den Konsuln Platz nahm. Von Bedeutung war dabei der situative Charakter der Ehrung für Tiberius. Während Augustus den Platz zwischen den Konsuln permanent einnahm, wurde Tiberius dieses Privileg in diesem spezifischen Zusammenhang aufgrund seiner besonderen militärischen Leistung zuteil. Die Abstufung zwischen princeps und siegreichem Feldherrn war wiederum sichtbar.361 Noch unmissverständlicher wurde diese Abstufung schließlich im Rahmen des Triumphs selbst demonstriert: Nach zwei Jahren aus Germanien nach Rom zurückgekehrt, veranstaltete er [i. e. Tiberius] den aufgeschobenen Triumphzug, bei dem ihn auch seine Legaten begleiteten, für die er die Triumphabzeichen erwirkt hatte. Bevor er zum Kapitol einbog, stieg er vom Wagen und fiel vor seinem Vater, der bei diesem Festakt den Vorsitz innehatte, auf die Knie. Den pannonischen Führer Bato beschenkte er mit unermeßlichen Schätzen und wies ihm Ravenna als Wohnsitz 357 Für eine Verlegung der Siegesfeier ins Jahr 13 n. Chr. plädiert Fischer 1992 (insbesondere 135 f., Anm. 3 mit einer Übersicht über die die Chronologie behandelnde Forschungsliteratur). 358 Vgl. Itgenshorst 2008, 32. 359 Suet. Tib. 17,2: triumphum ipse distulit maesta civitate clade Variana; nihilo minus urbem praetextatus et laurea coronatus intravit positumque in Saeptis tribunal senatu astante conscendit ac medius inter duos consules cum Augusto simul sedit; unde populo consalutato circum templa deductus est. 360 Meister (im Druck) weist zudem darauf hin, dass auch Augustus bei dieser Gelegenheit den Triumphalornat getragen haben müsse: Die Siegesfeier des Tiberius fand am 1. Januar statt und der princeps besaß seit 25 v. Chr. das Privileg, zu diesem Datum das Gewand des Triumphators anlegen zu dürfen. 361 Nebenbei ist an Suetons Bericht auch die Herstellung eines Zusammenhangs zwischen der Varus-Niederlage und dem verschobenen Triumph von Interesse: Gerade angesichts der Katastrophe, die das römische Heer in Germanien erlitten hatte, wäre die Durchführung eines Siegesrituals möglicherweise eher förderlich gewesen. Hätte man doch auf diese Weise demonstrieren können, dass das römische Heer trotz einer solchen Niederlage noch immer in der Lage war, die für Italien und Rom weit gefährlichere Situation in Pannonien in den Griff zu bekommen. Es stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, wie im augusteischen Prinzipat allgemein mit Niederlagen umgegangen wurde.

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik an. […] Danach gab er dem Volk an eintausend Tischen ein Frühstück und eine Geldspende von 300 Sesterzen pro Person. Auch weihte er in seinem und seines Bruders Namen von der Kriegsbeute der Concordia einen Tempel, ebenso einen für Castor und Pollux.362

Sueton bezeichnet Augustus als „Vorsitzenden“ – eine neuartige Funktion, die angesichts der Semantik des Rituals auch keinerlei Mehrwert aufgewiesen hätte. Jan Meister zieht daraus den Schluss, dass es auch hier insbesondere Augustus ermöglicht werden sollte, im Gewand des Triumphators aufzutreten. So konnte der princeps mit dem Triumphator gleichziehen und auf diese Weise die Hierarchien abbilden.363 Von weit größerer Bedeutung war jedoch der Kniefall des Tiberius: Das erste und einzige Mal beschränkte man sich zur Darstellung der realen Machtverhältnisse im Rahmen des Triumphs nicht auf mehr oder weniger subtile Anspielungen oder indirekte Willensäußerungen. Tiberius besaß formal ein vom princeps unabhängiges imperium. Besonders deutlich wurde dies auch durch die Legaten des Tiberius, die eben nicht selbst triumphieren konnten. Ihnen hatte der Feldherr die ornamenta erwirkt. Dass er dies vermochte, unterstrich die Handlungsspielräume sowie die Position des Tiberius und hob ihn als Triumphator deutlich von den Angehörigen der senatorischen Elite ab. Und doch stieg er als siegreicher Feldherr aus eigenem Recht von seinem Wagen ab und sank vor Augustus auf die Knie. Diese Geste konnte keinen Zweifel mehr daran aufkommen lassen, wie Augustus sich künftig in ein eventuelles Siegesritual eingebunden sehen wollte: Die Regelungen, die für den Konkurrenzkampf innerhalb der senatorischen Elite galten, konnten auf den princeps nun explizit nicht mehr angewandt werden. Stattdessen konnte der Kniefall des Tiberius als eine Reintegrationsgeste unter augusteischen Vorzeichen gedeutet werden: Auf die Überhöhng des siegreichen Feldherrn erfolgte die Unterordnung unter den princeps und auf diese Weise die Wiedereingliederung in die sozio-politische Ordnung des Prinzipats. Die Frage nach dem Verhältnis eines künftigen Triumphators zu Augustus, die noch 7. v. Chr. durch die Ablehnung des Triumphs seitens des princeps umschifft worden war, war nun eindeutig beantwortet. Und dennoch muss an dieser Stelle erneut festgehalten werden, dass eine solche Demonstration erst im Jahr 12 n. Chr. vollzogen wurde. VII 3 FAZIT – TRIUMPHATOR NON TRIUMPHANS Das Bild des knienden Triumphators wird in der Forschung immer wieder als Sinnbild für die augusteische Triumphpolitik verstanden. Die Unterwerfungsgeste des Tiberius führte die realen Machtverhältnisse der römischen Öffentlichkeit vor Au362 Suet. Tib. 20: A Germania in urbem post biennium regressus triumphum, quem distulerat, egit prosequentibus etiam legatis, quibus triumphalia ornamenta impetrarat. ac priusquam in Capitolium flecteret, descendit e curru seque praesidenti patri ad genua summisit. Batonem Pannonium ducem ingentibus donatum praemiis Ravennam transtulit […]. prandium dehinc populo mille mensis et congiarium trecenos nummos viritim dedit. dedicavit et Concordiae aedem, item Pollucis et Castoris suo fratrisque nomine de manubiis. 363 Vgl. Meister (im Druck).

VII 3 Fazit – Triumphator non triumphans

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gen: Der siegreiche und triumphierende Feldherr stand stets unter dem princeps, mochte seine Befehlsgewalt formal auch von diesem unabhängig sein. Dabei wird jedoch oftmals dem Prozess, an dessen Ende man den knienden Triumphator zu verorten hat, zu wenig Beachtung beigemessen. Erst 41 Jahre nach dem dreifachen Triumph Octavians ermöglichten die Rahmenumstände einen solchen Kniefall, wie Tiberius ihn vollzog. Weder im Jahr 29 noch im Jahr 27 noch im Jahr 19 oder auch nur 7 v. Chr. war eine solche Handlung eines siegreichen Feldherrn durchführ- oder zumindest denkbar. Der Weg, der zu dieser symbolträchtigen Pos(s)e führte, war gekennzeichnet durch permanentes Aushandeln, durch Angebote seitens des princeps wie der senatorischen Elite, durch mehr oder weniger implizite Willensbekundungen und Kompromisse. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass es letztlich das Ziel des princeps sein musste, die potentielle Bedrohung seiner Macht durch siegreiche Feldherren zu neutralisieren.364 Bereits kurz nachdem Octavian selbst durch seinen Dreifachtriumph demonstriert hatte, welche Rolle er sich im neuen politischen System zugedachte, war mit Crassus ein senatorischer Kommandeur in Erscheinung getreten, der sich nicht an die gewandelten Spielregeln hielt: Ganz der republikanischen Tradition entsprechend beabsichtigte er offenbar, den Triumph dafür zu nutzen, die Leistung eines Konkurrenten um Einfluss und Prestige zu übertreffen. Die Handlungsweise des Crassus ist vor dem Hintergrund des republikanischen Triumphwesens und seiner Funktionsmechanismen vollkommen nachvollziehbar. Sein Hauptproblem war, dass der Konkurrent in diesem Fall nicht mehr bereit war, sich innerhalb des Systems, das in den Jahrhunderten zuvor durch das Ritual stets gefestigt und bestätigt worden war, verorten zu lassen. Es erscheint daher durchaus richtig, Augustus von Beginn an die Absicht zu unterstellen, den Triumph zu monopolisieren. Will man an diesem Begriff festhalten, so ist es jedoch notwendig, ihn spezifischer zu fassen, als dies bisher in der Forschung geschehen ist. Der augusteische Umgang mit dem Triumph basierte im Wesentlichen auf zwei Säulen: der Ablehnung eigener Triumphe und dem Versuch, Einfluss auf die Durchführung des Siegesrituals durch Andere zu erlangen. In den vorangegangenen Abschnitten wurde erstens argumentiert, dass eine Durchführung des Siegesrituals durch den princeps selbst angesichts der Rahmenbedingungen für diesen eher kontraproduktiv als gewinnbringend hätte verlaufen können. Es konnte Augustus somit nicht darum gehen, sich als alleinigen Triumphator zu präsentieren und den Triumph in dieser Hinsicht zu „monopolisieren“. Vielmehr war es notwendig, den Triumph in die eigene Verfügungsgewalt zu überführen, d. h. die Durchführung von Siegesfeiern anderer siegreicher Feldherren unter Kontrolle zu bringen und das Verhältnis des siegreichen Feldherrn zum princeps in diesem Rahmen zu definieren. Nachgewiesen wurde zweitens, dass Augustus dies nicht tat, indem er schlicht die Durchführung des Triumphs von senatorischen Feldherren unterband – sei es durch einen Rechtsakt oder indem auf einen Schlag unumstößliche Tatsachen geschaffen wurden. Auch dies erscheint vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit 364 Vgl. u. a. Itgenshorst 2008, 48, Hickson 1991, 138 und Östenberg 2009, 67.

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VII. Triumphator perpetuus – Augusteische Triumphpolitik

bereits angestellten Überlegungen durchaus folgerichtig: Die Pax Augusta bezog den Sieg als zentrale Komponente mit ein. Wenn die Zurschaustellung militärischer Sieghaftigkeit als solche abgeschafft worden wäre, hätte dies ebenfalls erhebliche Schwierigkeiten nach sich gezogen, war doch der Sieg über externe Feinde stets ein entscheidender Bestandteil der augusteischen Selbstdarstellung. Es musste folglich darum gehen, militärische Sieghaftigkeit, die in der Praxis insbesondere senatorischen Feldherren zugeschrieben werden musste, so in das neue System einzubetten, dass der princeps Nutzen daraus ziehen konnte, sie aber andererseits die Grundlagen dieses Systems nicht gefährdeten. Um dieses Ziel zu erreichen, das im knienden Triumphator sinnfällig zum Ausdruck kam, musste Augustus den Umgang mit dem Triumph während seiner gesamten Regierungszeit immer wieder auf die Tagesordnung setzen. Schon seine Rolle in den Affären um Crassus und Gallus diente dazu, das Problem zu adressieren, das senatorische Sieghaftigkeit für die Machtposition des princeps bedeuten konnte. Es wurde von Beginn an deutlich gemacht, dass die alten wie die neuen Angehörigen der senatorischen Elite durchaus noch die Möglichkeit hatten, ihre militärischen Erfolge der römischen Öffentlichkeit zu präsentieren – unter dem Vorbehalt, dass der Vorrang auf diesem Gebiet stets dem princeps zukam. Der Triumph des Balbus und die Ablehnung einer Siegesfeier durch Agrippa im Jahr 19 v. Chr. bestätigte dieses Prinzip. Zugleich konnte Augustus eine Erwartungshaltung formulieren, auf die die Angehörigen der senatorischen Elite zu reagieren hatten. Dies war jedoch keineswegs gleichbedeutend mit der Abschaffung des senatorischen Triumphs, wie es in der Forschung zumeist postuliert wird. Die Einführung der ornamenta triumphalia und ihre Kombination mit den fasti triumphales ermöglichten es Augustus, auch in den Jahren danach hinreichend ambivalent zu bleiben, um die Gegenseite nicht vor den Kopf zu stoßen und gleichzeitig seine Kontrolle über den Triumph zu festigen: Die neuen Ehrungen trugen den geänderten Rahmenbedingungen Rechnung, ohne die traditionellen Prinzipien offiziell in Frage zu stellen. Erfolg garantierte diesen Regelungen jedoch allein die Akzeptanz durch die Adressaten. Indem der proconsul Africae Passienus Rufus die ornamenta als angemessene Ehrung akzeptierte und nicht auf Konfrontationskurs ging, setzte er ein ebenso zentrales exemplum wie Agrippa vor ihm. Erst nach all diesen Schritten und Phasen des Aushandlungsprozesses war man offenbar in der Lage, die zentrale Frage zu stellen, wie Augustus von nun an in das Siegesritual eingebunden werden konnte. Die endgültige Antwort wurde erst beim zweiten Triumph des Tiberius formuliert, und man mag sich fragen, ob sie nicht eher in die Zukunft als in die Vergangenheit wies.

VIII. DIE MILITÄRISCHE PERSONA DES ERSTEN PRINCEPS – FAZIT UND AUSBLICK Folgt man dem Kaiserbiographen Sueton, ist Augustus so gestorben, wie er gelebt hat: in einer großangelegten Inszenierung. Nachdem der erste princeps den gerade noch rechtzeitig am Sterbebett eingetroffenen Tiberius zu einem langen Vier-Augen-Gespräch bei sich behalten habe, sei sein letzter Lebenstag angebrochen: An seinem letzten Lebenstage fragte er zu wiederholten Malen, ob seinetwegen draußen bereits Unruhe herrsche. Auch verlange er einen Spiegel, ließ sich das Haar kämmen und die herabgesunkenen Kinnladen zurechtrücken. Danach rief er seine Freunde und fragte sie, ob er denn wohl die Komödie des Lebens anständig gespielt habe, und endete mit der Schlußformel: „Wenn aber nun sehr gut gespielt ist, dann klatscht Beifall / und gebet alle uns mit Freude das Geleit.“1

Der princeps als Schauspieler, der sich um den Beifall des Publikums bemüht – als Augustus seine Herrschaft resümierte, wählte er laut Sueton ein Bild, das den Fokus auf die entscheidende Komponente des Akzeptanzsystems lenkte. Wie in der Einleitung bereits dargelegt wurde, lässt sich der Prinzipat als eine Kumulation kaiserlicher Rollen begreifen, die zur Erfüllung spezifischer Erwartungshaltungen der maßgeblichen gesellschaftlichen Sektoren eingesetzt werden konnten. Sie verliehen dem Kaisertum eine Art „Schauseite“, die jedoch über den rein performativen Bereich weit hinauswies und vielmehr eine strukturelle Notwendigkeit darstellte. Die Rollen der Kaiser waren für die Stabilität der römischen Monarchie von zentraler Bedeutung. Augustus als erstem princeps fiel es zu, diese Rollen nicht nur mit Leben zu füllen, sondern sie überhaupt erst zu konstituieren. Vor diesem Hintergrund erweisen sich seine letzten Worte – so er sie denn in der von Sueton überlieferten Form gesprochen hat – keineswegs als bloßes intellektuelles Schaulaufen, sondern zielen ins strukturelle Zentrum des Prinzipats. Ein wesentlicher Aspekt des spectaculum, auf das Augustus anspielte, wurde der römischen Öffentlichkeit denn auch bei seinem Begräbnis noch einmal eindrücklich vor Augen geführt: die militärische persona. Augustus überließ bei seiner eigenen Leichenfeier offenbar nichts dem Zufall, sondern hinterließ seinem Nachfolger Tiberius detaillierte Anweisungen darüber, wie das Begräbnis abzulaufen habe.2 In seiner Leichenrede forderte Tiberius seine Zuhörer auf, nicht allein auf seine Worte zu vertrauen, um sich ein Bild des Verblichenen zu machen; vielmehr sollten sie ihre eigenen Erinnerungen Revue passieren lassen:

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Suet. Aug. 99,1: Supremo die identidem exquirens, an iam de se tumultus foris esset, petito speculo capillum sibi comi ac malas labantes corrigi praecepit et admissos amicos percontatus, ecquid iis videretur mimum vitae commode transegisse, adiecit et clausulam: ἐπεὶ δὲ πάνυ καλῶς πέπαισται, δότε κρότον / καὶ πάντες ἡμᾶσ μετὰ χαρᾶς προπέμψατε. Vgl. Cass. Dio 56,33,1 sowie Suet. Aug. 101,4.

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VIII. Die militärische persona des ersten princeps – Fazit und Ausblick Nun ermutigt mich aber doch der Gedanke daran, daß ich meine Worte vor euch sprechen darf, die ihr um all seine Leistungen genau wißt und sie durch persönliche Erfahrung kennengelernt und ihn deshalb auch dieser Lobesworte für würdig erachtet habt. Werdet ihr doch euer Urteil über seine Vortrefflichkeit nicht auf Grund dessen fällen, was ich vorbringe, sondern auf Grund eures eigenen Wissens und werdet meinen Ausführungen zu Hilfe kommen, indem ihr das Fehlende ergänzt. So kann ich damit rechnen, daß auch in dieser Hinsicht sein Lob ein allgemeines, aus unser aller Mund gespendetes sein wird, wobei ich wie bei einem Chor nur die Stichworte ausgebe und ihr einfallend den Rest singt.3

Für den Fall, dass Tiberius als Stichwortgeber Anregungen benötigte, hatte Augustus Sorge dafür getragen, dass die richtigen Themen in den Vordergrund gerückt wurden: Auf einer Bahre aus Gold und Elfenbein ruhte der Leichnam, sichtbar war lediglich ein Wachsbild des Verstorbenen – im Triumphgewand. Damit nicht genug: Weiterhin wurden ein Abbild des Augustus aus Gold und ein drittes „auf einem Triumphwagen“ in der pompa mitgeführt. Erst dahinter, so beschreibt es Dio, habe man die Bilder seiner Vorfahren aufgereiht, „und ebenso erschienen alle von ihm hinzu unterworfenen Völker, jeweils vertreten durch das Abbild einer örtlichen Eigenheit.“4 Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde zudem die Statue der Victoria aus der Kurie in der Prozession durch die Stadt getragen.5 Zu Beginn seiner Leichenrede griff Tiberius diese Vorlage pflichtschuldig wieder auf: Bevor er im Einzelnen auf die Karriere und die Leistungen des ersten princeps zu sprechen kam, stellte er fest, „daß ihr alle ihm freiwillig seine Triumphe zugesteht, indem ihr keinen Neid empfindet bei dem Gedanken, daß keiner von euch ihm gleich gestellt werden dürfe […]“.6 Das Begräbnis des Augustus stand folglich unter einem eindeutigen Leitmotiv: Ebenso wie er sein (politisches) Leben begonnen und geführt hatte, beendete er 3

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Cass. Dio 56,35,3 f.: νῦν δὲ δὴ παραμυθεῖταί με ὅτι παρ’ ὑμῖν τοῖς πάντα τε αὐτὰ ἀκριβῶς εἰδόσι καὶ πάντων αὐτῶν πεπειραμένοις, καὶ διὰ ταῦτα καὶ τῶν ἐπαίνων τῶνδε αὐτὸν ἠξιωκόσι, τοὺς λόγους ποιήσομαι. Οὐ γὰρ ἐξ ὧν ἂν ἐγὼ εἴπω καὶ τὴν ἐκείνου ἀρετὴν κρινεῖτε, ἀλλ’ ἐξ ὧν αὐτοὶ σύνιστε καὶ τοῖς ἐμοῖς λόγοις βοηθήσετε, ἀναπληροῦντες τὸ ἐλλεῖπον τῇ μνήμῃ τῶν γεγονότων, ὥστε κοινὸν κἀν τούτῳ παρὰ πάντων τὸν ἔπαινον γενέσθαι, ἐμοῦ τε ὥσπερ ἐν χορῷ τινὶ τὰ κεφάλαια ἀποσημαίνοντος, καὶ ὑμῶν τὰ λοιπὰ συνεπηχούντων. Cass. Dio 56, 34,1–3: Ταῦτα μὲν αἱ ἐντολαὶ εἶχον, μετὰ δὲ τοῦτο ἡ ἐκφορὰ αὐτοῦ ἐγένετο. Κλίνη ἦν ἔκ τε ἐλέφαντος καὶ χρυσοῦ πεποιημένη καὶ στρώμασιν ἁλουργοῖς διαχρύσοις κεκοσμημένη· καὶ ἐν αὐτῇ τὸ μὲν σῶμα κάτω που ἐν θήκῃ συνεκέκρυπτο, {εἰκὼν δὲ δή τις αὐτοῦ κηρίνη ἐν ἐπινικίῳ στολῇ ἐξεφαίνετο.} καὶ αὕτη μὲν ἐκ τοῦ παλατίου πρὸς τῶν ἐς νέωτα ἀρχόντων, ἑτέρα δὲ ἐκ τοῦ βουλευτηρίου χρυσῆ, καὶ ἑτέρα αὖ ἐφ’ ἅρματος πομπικοῦ ἤγετο. Καὶ μετὰ ταύτας αἵ τε τῶν προπατόρων αὐτοῦ καὶ αἱ τῶν ἄλλων συγγενῶν τῶν τεθνηκότων, πλὴν τῆς τοῦ Καίσαρος ὅτι ἐς τοὺς ἥρωας ἐσεγέγραπτο, αἵ τε τῶν ἄλλων Ῥωμαίων τῶν καὶ καθ’ ὁτιοῦν πρωτευσάντων, ἀπ’ αὐτοῦ τοῦ Ῥωμύλου ἀρξάμεναι, ἐφέροντο. Καί τις καὶ τοῦ Πομπηίου τοῦ μεγάλου εἰκὼν ὤφθη, τά τε ἔθνη πάνθ’ ὅσα προσεκτήσατο, ἐπιχωρίως σφίσιν ὡς ἕκαστα ἀπῃκασμένα ἐπέμφθη. Κἀκ τούτου καὶ τὰ ἄλλα αὐτοῖς, ὅσα ἐν τοῖς ἄνω λόγοις εἴρηται, ἐφέσπετο. Hierzu S. 132–134. Cass. Dio 56,35,5 f.: […] καὶ πάντες ἐθελονταὶ τῶν νικητηρίων αὐτῷ παραχωρεῖτε, οὐχ ὅτι οὐδεὶς ἂν ὑμῶν ἐξισωθείη οἱ φθονοῦντες, ἀλλὰ καὶ αὐτῷ τῷ ὑπερέχοντι αὐτοῦ ἀγαλλόμενοι. Ὅσῳ γὰρ ἂν οὗτος μείζων ὑμῶν φανῇ, τοσούτῳ μείζονα ὑμεῖς εὐηργετῆσθαι δόξετε, ὥστε μὴ ἀφ‘ ὧν ἐλαττοῦσθε αὐτοῦ βασκανίαν ὑμῖν, ἀλλ‘ ἀφ‘ ὧν εὖ πεπόνθατε ὑπ’ αὐτοῦ σεμνότητα ἐγγενέσθαι.

VIII. Die militärische persona des ersten princeps – Fazit und Ausblick

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es auch. Bei zwei Gelegenheiten hatte Caesar den jungen Octavian der römischen Öffentlichkeit vorgestellt: im Rahmen einer Leichenfeier und eines Triumphs.7 Und so, wie er im Jahr 29 v. Chr. in Rom eingezogen war, nachdem er sich im Kampf um die Macht gegen alle Konkurrenten durchgesetzt hatte, verließ er jetzt die Stadt wieder: im Triumph.8 Cassius Dio schreibt: Dann hoben die nämlichen Männer wie zuvor das Ruhebett auf und trugen es dem Senatsbeschluß entsprechend durch das Triumphtor. Zugegen und beteiligt am Leichenzug waren der Senat und die Ritterschaft, ihre Ehefrauen, die Praetorianergarde und sozusagen die gesamte sonstige Einwohnerschaft, die damals in Rom lebte. Nachdem man auf dem Campus Martius den Toten auf den Scheiterhaufen gelegt hatte, umschritten diesen zuerst alle Priester; dann liefen sämtliche Berittenen, nicht nur jene, die dem ordo equester angehörten, sondern auch der gesamte Rest und das Fußvolk der Garnison um den Scheiterhaufen und warfen all ihre Auszeichnungen, sofern einige dergleichen jemals von ihm für eine Großtat empfangen hatten, darauf. Anschließend ergriffen nach Senatsbeschluß Centurionen Fackeln und steckten das Holzwerk von unten her an. Und die Flammen verzehrten es, ein Adler aber, den man freiließ, stieg von dort empor, als trüge er die Seele des Augustus himmelwärts.9

Die Rolle des militärischen Anführers, des Kämpfers und Siegers bildete von Beginn an eines der Standbeine augusteischer Selbstdarstellung und Herrschaftslegitimation und wurde am Ende seines Lebens nochmals prominent in Szene gesetzt: Das feierliche letzte Geleit galt dem ewigen Triumphator, dem ultimativen Sieger, der das römische Reich vergrößert hatte wie niemand zuvor. In einer Art umgekehrtem Triumphzug verließ der princeps nun die Stadt, um seinen Platz unter den Göttern einzunehmen. Bezeichnenderweise entzündeten Zenturionen das Feuer des Scheiterhaufens, d. h. Angehörige der Armee, die Augustus in den Res Gestae exercitus meus nannte.10 Auf diese Weise wurde der römischen Öffentlichkeit nochmals eindrücklich das besondere Verhältnis zwischen Soldaten und princeps vor Augen geführt, ebenso wie durch die Ehrbezeugung der Soldaten, die ihrem Wohltäter die von ihm verliehenen Auszeichnungen gleichsam als Grabbeigabe verehrten. Augustus verließ die Stadt und damit die politische Bühne folglich in der Rolle, die für 7 8 9

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Es handelte sich dabei Sueton zufolge um die Leichenfeier für Octaviusʼ Großmutter Julia und den Triumph Caesars ex Africa (vgl. Suet. Aug. 8,1). Dass im Rahmen des Begräbnisses großer Wert auf triumphale Symbolik gelegt wurde, ist in der Forschung zu Recht mehrfach hervorgehoben worden; vgl. u. a. Lange 2015, 143, Dahlheim 2010, 364, Itgenshorst 2008, 38 f., Flower 1996, 244–246 und Price 1987. Cass. Dio 56,42,1–3: μετὰ δὲ τοῦτο τήν τε κλίνην οἱ αὐτοὶ οἵπερ καὶ πρότερον ἀράμενοι διὰ τῶν ἐπινικίων πυλῶν κατὰ τὰ τῇ βουλῇ δόξαντα διεκόμισαν, παρῆν δὲ καὶ συνεξέφερεν αὐτὸν ἥ τε γερουσία καὶ ἡ ἱππάς, αἵ τε γυναῖκες αὐτῶν καὶ τὸ δορυφορικόν, οἵ τε λοιποὶ πάντες ὡς εἰπεῖν οἱ ἐν τῇ πόλει τότε ὄντες. Ἐπεὶ δὲ ἐς τὴν πυρὰν τὴν ἐν τῷ Ἀρείῳ πεδίῳ ἐνετέθη, πρῶτοι μὲν οἱ ἱερῆς πάντες περιῆλθον αὐτήν, ἔπειτα δὲ οἵ τε ἱππῆς, οἵ τε ἐκ τοῦ τέλους καὶ οἱ ἄλλοι, καὶ τὸ ὁπλιτικὸν τὸ φρουρικὸν περιέδραμον, πάντα τὰ νικητήρια, ὅσα τινὲς αὐτῶν ἐπ’ ἀριστείᾳ ποτὲ παρ’ αὐτοῦ εἰλήφεσαν, ἐπιβάλλοντες αὐτῇ. Κἀκ τούτου δᾷδας ἑκατόνταρχοι, ὥς που τῇ βουλῇ ἐδόκει, λαβόντες ὑφῆψαν αὐτήν· καὶ ἡ μὲν ἀνηλίσκετο, ἀετὸς δέ τις ἐξ αὐτῆς ἀφεθεὶς ἀνίπτατο ὡς καὶ δὴ τὴν ψυχὴν αὐτοῦ ἐς τὸν οὐρανὸν ἀναφέρων. Suet. Aug. 100,2 berichtet lediglich von einem entsprechenden Antrag im Senat, ohne darzulegen, ob diesem stattgegeben wurde oder nicht. Vgl. R. Gest. div. Aug. 30,2.

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die Etablierung und Stabilisierung seiner Herrschaft von entscheidender Bedeutung gewesen war. Diese Rolle bzw. diese militärische persona in ihrem Entstehungsund Entwicklungsprozess nachzuzeichnen, war das Ziel der vorliegenden Arbeit, deren zentrale Ergebnisse im Folgenden kurz zusammengefasst werden. Eine Untersuchung der praktischen Aspekte der augusteischen Militärreformen und der Mechanismen, die zur Herrschaftsetablierung genutzt wurden, lieferte einen eindeutigen Befund: Die untrennbare Verbindung von Kommandogewalt und politischer Macht bildete für den ersten princeps den entscheidenden Bestandteil seiner Machtbasis. Diese Monopolisierung der Beziehungen zum Heer und der daraus resultierenden Vorteile zog jedoch notwendigerweise eine Asymmetrie zwischen dem Kaiser und den Angehörigen der senatorischen Elite nach sich, denen dadurch die Möglichkeit genommen wurde, selbst aus einem Nahverhältnis zu den Soldaten politischen Nutzen zu ziehen. In der Kommunikation zwischen dem Kaiser und dieser Elite musste der Rede über die Beziehungen zwischen Herrscher und Soldaten folglich eine zentrale Rolle zukommen, die zu wesentlichen Teilen in der Regierungszeit des Augustus geformt wurde. Diese Ausgestaltung wurde in den vorangehenden Kapiteln nachgezeichnet, wobei jeweils ein spezifischer Teilbereich der militärischen Rolle des ersten princeps in den Fokus rückte. Dabei lässt sich grundsätzlich festhalten, dass insbesondere die Aspekte der Sieghaftigkeit und des Nahverhältnisses zwischen princeps und Heer zwei Konstanten darstellten, die in unterschiedlichen Kontexten und mit unterschiedlichen Schwerpunkten an verschiedenen Stellen in den Diskurs über die militärische persona des Augustus implementiert wurden. Im Mittelpunkt der ersten beiden Kapitel stand die Rolle Octavians im Bürgerkrieg gegen Antonius. Eine eingehende Untersuchung der Ereignisse und Prozesse von den späten 40er-Jahren bis zum Zeitpunkt des dreifachen Triumphs führte zu dem Ergebnis, dass Octavian den Sieg in dieser innerrömischen Auseinandersetzung – anders als in der bisherigen Forschung zumeist postuliert – bewusst als solchen präsentierte und als Basis seiner künftigen politischen Machtstellung instrumentalisierte. Zugleich wollte der Sieger mit seinem Erfolg eine bestimmte Aussage verbunden sehen: Er hatte durch seinen Sieg die Bürgerkriege beendet; und zwar – das ist der entscheidende Faktor – permanent. Bella civilia exstinxeram, schrieb der princeps noch in den Res Gestae. Octavian konnte sich das Verdienst zuschreiben, die Bürgerkriege endgültig beendet zu haben. Er hatte ein System, bestehend aus den Komponenten discordia und bellum civile ersetzt durch ein neues System, bestehend aus den Komponenten concordia und pax interna. Die Schnittstelle war dabei der Sieg über Antonius. Für die Bürger Roms und Italiens bedeutete das Ende der Kämpfe Frieden und Sicherheit. Für Octavian bedeutete es, dass er sich gegen sämtliche Konkurrenten im Kampf um die Macht durchgesetzt hatte und den Bürgerkrieg eben nicht nur beendet, sondern gewonnen hatte, und dass er auf diese Tatsache seine Vorrangstellung als Augustus, der die lebende Garantie für die Abwesenheit des Bürgerkriegs darstellte, gründen konnte. Die Rolle als Beender der Bürgerkriege bildete somit den Grundstock der militärischen persona des Augustus. Sie bot für den princeps wie auch für die Angehörigen der senatorischen Elite Ansatzpunkte, mittels derer diese persona erfasst, beschrieben und für die politische Praxis nutzbar gemacht werden konnte.

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Zugleich barg diese Fokussierung auf einen über römische Mitbürger errungenen Erfolg ein gewisses Potential zur Kritik und stellte den princeps damit vor neue Herausforderungen, mit denen er sich während seiner gesamten Herrschaft auseinanderzusetzen hatte. Im Rahmen der Untersuchung der augusteischen Selbstdarstellung in Form der Biographie des Nikolaos von Damaskus, die die Grundlinien der Autobiographie aufgriff, sowie der Res Gestae konnte herausgearbeitet werden, dass sich Augustusʼ Strategie in dieser Hinsicht als wandlungsfähig erwies: Stand in den Jahren nach dem Sieg bei Actium das Schlagwort der Rache für Caesar im Vordergrund, wurde diese Parole im Laufe der Zeit mehr und mehr vom Aspekt der Rechtmäßigkeit überlagert: In seinem Tatenbericht stellte sich Augustus als Kämpfer für den römischen Staat dar. Sein politischer Aufstieg, der sich auf das von ihm aufgestellte Heer gründete, sowie sein Sieg bei Actium und die daraus resultierende Vorrangstellung wurden dadurch legitimiert, dass sie die künftige Ordnung des römischen Staatswesens garantierten. Damit einher ging eine Wandlung in der Darstellung des Nahverhältnisses zu den Soldaten: Während diesem Aspekt bei Nikolaos und vermutlich in der Autobiographie eine entscheidende Bedeutung zukam, traten die Soldaten in den Res Gestae lediglich als „Mittel zum Zweck“ in Erscheinung, das der princeps für den Ruhm und die Sicherheit des römischen Volkes einsetzte. Wesentlich war dabei, dass der Krieg wieder in die Sphäre verlagert wurde, in der er ursprünglich zu verorten war: in den Bereich der Auseinandersetzung mit auswärtigen Gegnern und der Verteidigung des römischen Reiches. In der Forschung wurde dieser Sachverhalt oftmals unter dem Schlagwort der Pax Augusta subsumiert, ohne dass dabei ausreichend zwischen den beiden Bestandteilen der Formel parta victoriis pax, die der princeps selbst benutzte, um diesen Sachverhalt zu umschreiben (Sieg und Frieden), differenziert worden wäre. Im zweiten Hauptteil der vorliegenden Arbeit wurde deutlich gemacht, dass die Formel vielmehr einen Kompromiss versinnbildlichte, indem sie inhaltliche Schwerpunktsetzungen erlaubte, die den potentiell divergierenden Interessen der am Diskurs über die militärische Rolle des Kaisers Beteiligten möglichst weit entgegenkamen: Betont werden konnten sowohl der Aspekt des Friedens wie auch der des Sieges. Gleichzeitig zeigt der Entstehungsprozess dieser Formel, weshalb im Rahmen des augusteischen Prinzipats die beiden sich eigentlich konträr zueinander verhaltenden Rollen des Augustus als Friedensbringer und Welteroberer parallel existieren konnten, ohne dass dies zu wesentlichen Friktionen im Rollengefüge führte. Worauf es dabei ankam, waren die jeweiligen Kontexte, in denen diese Schwerpunktsetzungen vorgenommen wurden. In vier Fallstudien konnte aufgezeigt werden, wie sich diese Prozesse im Einzelnen gestalteten. Die Grundlage hierfür bildeten die Kriterien der Urheberschaft, der Öffentlichkeit und der Unmittelbarkeit, die einen Vergleich der vier untersuchten Beispiele der Ara Pacis, der Gemma Augustea, des Augustusforums sowie des Pax-Cistophors aus Ephesos ermöglichten. In jedem dieser Fälle ließ sich eine auf den jeweiligen Kontext reagierende Schwerpunktsetzung im Rahmen der Formel parta victoriis pax feststellen. Auf diese Weise konnte deutlich gemacht werden, welche Spielräume die Formel im politischen Diskurs über die militärische persona des princeps eröffnete. Das Element der Sieghaftigkeit bildete einen zentralen Bestandteil der militärischen persona des Augustus. Ihm allein war es fortan möglich, seine alle anderen

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übertreffende virtus zu demonstrieren und dadurch die Sieghaftigkeit nicht nur auf der rein praktischen Ebene, sondern auch auf dem Gebiet des Diskurses mit der senatorischen Elite zu monopolisieren. Der Rollenbestandteil des Siegers determinierte die persona vor allem in hierarchischer Abgrenzung zur senatorischen Führungsschicht. Dies zog jedoch gewisse Folgekosten nach sich, die am Beispiel des sogenannten „Parthersiegs“ sichtbar gemacht werden konnten: Sieghaftigkeit musste immer wieder unter Beweis gestellt werden. In der Forschung wurde die unblutig herbeigeführte Rückgabe der von den römischen Legionen in der Schlacht von Carrhae verlorenen Feldzeichen durch die Parther immer wieder an den Beginn einer neuen, umfassenden Friedenspolitik des Augustus gesetzt. Demgegenüber konnte durch eine eingehende Analyse der Präsentation dieses Ereignisses demonstriert werden, dass der princeps einen auf diplomatischem Wege errungenen Erfolg mittels der diskursiven Chiffre der signa in einen militärischen Sieg umzudeuten versuchte. Auf diese Weise war es ihm möglich, herrschende Erwartungshaltungen zu erfüllen, sich in die Tradition republikanischer Sieghaftigkeit zu stellen und diese durch seine eigenen Leistungen gleichzeitig zu überwinden. In einem dritten Hauptteil stand schließlich das Ritual im Fokus, das die militärische Sieghaftigkeit Roms im Allgemeinen und einzelner Feldherren im Besonderen verkörperte: der Triumph. Entgegen der in der Forschung vorherrschenden Meinung, Augustus habe von Anfang an das Ziel verfolgt, dieses Ritual für sich zu monopolisieren, konnte deutlich gemacht werden, dass von einer Triumphpolitik „aus einem Guss“ unter dem ersten princeps keine Rede sein konnte. Vielmehr handelte es sich dabei um einen die gesamte Dauer der augusteischen Herrschaft begleitenden kommunikativen Prozess zwischen dem princeps und den Angehörigen der senatorischen Elite, dessen Ergebnis keineswegs von vornherein feststand. Im Rahmen des Kapitels wurden die einzelnen Schritte dieses Prozesses herausgearbeitet, der die Ebene des Diskurses und diejenige der Praxis miteinander verband: Denn die augusteische Triumphpolitik adressierte keineswegs nur die Frage, wie über den princeps als Sieger gesprochen werden konnte. Vielmehr wurden im Rahmen des Umgangs mit dem Siegesritual Möglichkeiten aufgezeigt, die senatorische Elite praktisch unter den neuen Rahmenbedingungen in das System zu integrieren. Von zentraler Bedeutung war dabei, dass diese Elite an der Ausgestaltung der Integrationsmechanismen aktiv partizipierte und nicht lediglich der Willkür des princeps ausgeliefert war. Den Abschluss dieses langwierigen Prozesses symbolisierte das Bild des knienden Triumphators Tiberius. Zwei Jahre nachdem er vor seinem Stief- und Adoptivvater auf die Knie gesunken war, trat Tiberius das Erbe des ersten princeps an und hätte von künftigen Triumphatoren nun seinerseits einen solchen Kniefall fordern können. Zwar überliefern die Quellen für den Triumph des Germanicus de Cheruscis Chattisque et Angrivaris quaeque aliquae nationes usque ad Albim colunt11 nichts dergleichen – im Gegenteil: „Die Blicke der Zuschauer fesselte besonders die herrliche Gestalt des 11

Tac. ann. 2,41,2; vgl. auch Strab. geo. 7,4,1, der jedoch den Fokus nicht auf Germanicus, sondern auf die mitgeführten germanischen Gefangenen und vor allem auf Thusnelda und Thumelicus, d. h. Frau und Kind des Varus-Bezwingers Arminius, richtete (hierzu Beard 2007, 107–110).

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Feldherrn und der mit seinen fünf Kindern besetzte Triumphwagen.“12 Obwohl Tiberius allem Anschein nach auf die Unterwerfungsgeste verzichtete, die ihm selbst abverlangt worden war, ließ er keinen Zweifel an der Hierarchie, die zwischen ihm und Germanicus bestand: Auf dem Bogenmonument, das noch vor der Rückkehr des siegreichen Feldherrn in Rom errichtet worden war, verkündete Tacitus zufolge eine Inschrift: ob recepta signa cum Varo amissa ductu Germanici, auspiciis Tiberii.13 Selbst wenn Germanicus vor Ort gesiegt hatte, so hatte er seinen Erfolg eindeutig unter dem Oberbefehl des Tiberius errungen, der somit – ganz wie Augustus – als der eigentliche Sieger zu gelten hatte. Fabian Goldbeck hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in dieser Fokussierung auf die Tilgung der Niederlage des Varus der eigentliche Zweck des Triumphs zu sehen ist, indem er ihn in Beziehung setzt zur Rückgewinnung der signa des Crassus durch Augustus: Man könnte sogar sagen, dass Tiberius durch den Triumph des Jahres 17 mit Augustus nicht nur gleichzog, sondern ihn übertraf: Unter seiner Oberaufsicht war die Scharte der clades Variana unter Augustus beseitigt worden, und obendrein konnten in der anschließenden Siegesfeier tatsächlich Beute und hochrangige Gefangene präsentiert werden, was Augustus nicht möglich gewesen war.14

Anders formuliert: Wo Augustus sich bemühen musste, einen diplomatischen Erfolg in einen militärischen umzuwandeln, konnte Tiberius tatsächlich einen militärischen Sieg über die Feinde des Imperiums für sich reklamieren – und in diesem Rahmen der römischen Öffentlichkeit zugleich vor Augen führen, dass er die oberste Position in der militärischen Hierarchie einnahm. Tiberius scheint sich somit in diesem Punkt am Vorgehen des Augustus orientiert zu haben. Nun war, wie oben gezeigt wurde, die Triumphpolitik eines der zentralen Felder, auf denen sich die militärische persona des ersten princeps konstituiert hatte. Wenn Tiberius also nur wenige Jahre nach seinem Herrschaftsantritt auf das augusteische Vorbild zurückgriff, so zieht dies die Frage nach sich, ob der militärischen persona im Rahmen seiner Selbstdarstellung eine ebenso prominente Rolle zukam, wie dies unter seinem Vorgänger der Fall war, und ob er sich in der Ausgestaltung dieser persona generell an Augustus orientierte. Damit ist eine in der Einleitung zu dieser Arbeit bereits formulierte These angesprochen: Für die Herrschaft des ersten princeps lässt sich festhalten, dass die Konstituierung einer militärischen persona eines der zentralen Elemente der Herrschaftsetablierung und -stabilisierung darstellte. Eine Analyse dieser persona konnte somit dazu dienen, grundlegende Funktionsmechanismen des augusteischen Prinzipats näher zu beleuchten. Die daran anschließende Frage, die am Schluss dieser Arbeit steht, lautet: Wie zukunftsweisend waren die Arrangements, die während der Herrschaft des ersten princeps getroffen wurden? Behielt die Arbeit an und mit der militärischen persona auch in der Folgezeit den prägenden Charakter, der ihr in den ersten Jahrzehnten der Kaiserzeit zukam? 12 13 14

Tac. ann. 2,41,2: augebat intuentium visus eximia ipsius species currusque quinque liberis onustus. Tac. ann. 2,41,1. Goldbeck (im Druck).

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Anhaltspunkte, die für diese Annahme sprechen, sind durchaus gegeben: Caligula ließ seine Soldaten an gallischen Stränden Muscheln sammeln, drohte den Senatoren damit, mit dem Schwert in der Hand nach Rom zu marschieren, und ließ im Golf von Baiae eine Schiffsbrücke bauen, die er zuerst mit dem Brustpanzer Alexanders des Großen zu Fuß überschritt und danach mit einem Wagen befuhr, der von den berühmtesten Rennpferden der Zeit gezogen wurde. Solcherlei Episoden waren es, die dem Kaiser in der Folgezeit eine extrem schlechte Presse verschafften. Claudius dagegen, den die Prätorianer ohne jegliche militärische Meriten auf den Thron gehoben hatten, setzte zu Beginn seiner Herrschaft alles daran, diese Scharte auszuwetzen: Als die Eroberung Britanniens nahezu abgeschlossen war, begab er sich selbst auf die Insel, um sich danach im ersten Triumphzug eines Kaisers nach 29 v. Chr. in Rom gebührend feiern zu lassen. Im Laufe seiner Regierungszeit häufte er – ohne jemals wieder ein Heerlager zu betreten – so viele imperatorische Akklamationen an, wie keiner seiner Vorgänger und direkten Nachfolger: 27 und damit sogar sechs mehr als Augustus. Vespasian und Titus feierten nach ihrem Sieg über Judaea einen der größten Triumphe in der Geschichte Roms und wurden nicht müde, diese Leistung fortwährend hervorzuheben. Dass sie durch einen Bürgerkrieg an die Macht gekommen waren, verschwiegen sie. Trajan und Marc Aurel schließlich brachten den Krieg nach Rom: Auf eindrucksvollen Säulenmonumenten führten sie den Einwohnern der Hauptstadt ihre Rolle als Oberbefehlshaber und siegreicher Feldherr vor Augen. Eine Untersuchung der weiteren Entwicklung, die die militärische persona der römischen Kaiser nach Augustus durchlief, erscheint somit als ein durchaus lohnendes Forschungsvorhaben.15 Zum Abschluss der in dieser Arbeit angestellten Überlegungen soll – ohne dabei in die Tiefe gehen zu können – am Beispiel des Tiberius erläutert werden, an welchen Punkten eine solche Untersuchung systematisch ansetzen könnte. Ein Sachverhalt ist dabei besonders augenfällig: War Tiberius unter Augustus der wohl profilierteste Feldherr des Imperiums, so vollzog er als Kaiser eine nahezu vollkommene Kehrtwende. Als er im Jahr 4 n. Chr., kurz nach seiner Adoption durch Augustus, zu den Truppen nach Germanien zurückkehrte, empfingen diese ihn dem Zeugnis des Velleius Paterculus zufolge überschwänglich: Die Freudentränen der Soldaten bei seinem Anblick, der Eifer und die unglaubliche, ausgelassene Freude, ihn wieder begrüßen zu können, dazu ihre Begierde, seine Hand zu fassen, wobei sie sich nicht zurückhalten konnten, hinzuzufügen: „Sehen wir dich wieder, Imperator? Haben wir dich heil und gesund wieder?“ Und weiter: „Ich bin mit dir in Armenien gewesen, Imperator! – Und ich in Rätien! Ich bin von dir bei den Vindelikern ausgezeichnet worden! – Ich in Pannonien, ich in Germanien!“ Das alles läßt sich in Wahrheit mit Worten nicht ausdrücken, ja, man kann es vielleicht kaum glauben.16

15 16

Johannes Wienand hat bei seiner Analyse der Herrschaft Konstantins des Großen bereits einen ähnlichen Ansatz verfolgt und konnte aufzeigen, dass gewisse Konstanten in der Ausgestaltung der militärischen persona offenbar bis in die Spätantike hinein existierten (vgl. Wienand 2012). Vell. 2,104,4: At vero militum conspectu eius elicitae gaudio lacrimae alacritasque et salutationis nova quaedam exultatio et contingendi manum cupiditas non continentium, protinus quin adiicerent, ‚videmus te, imperator? Salvum recepimus?‘ Ac deinde ‚ego tecum, imperator, in

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Nachdem Tiberius die Herrschaft angetreten hatte, sollte sich eine solche Szene nicht mehr wiederholen. Der Kaiser besuchte die Truppen an den Grenzen während seiner Regierungszeit kein einziges Mal, obwohl er Sueton zufolge gegenüber der römischen Öffentlichkeit eine solche Reise mehrfach ankündigte und entsprechende Vorbereitungen treffen ließ.17 Von diesem Grundsatz rückte er offenbar auch in Krisenzeiten nicht ab: Dass er während des Aufstandes des Iulius Sacrovir und des Iulius Florus in Gallien nicht selbst den Kriegsschauplatz besuchte, begründete er Tacitus zufolge mit der Größe des Reiches und meinte, „es zieme sich nicht für die Herrscher, wenn sich ein oder zwei Gebiete empörten, hinzueilen und die Hauptstadt zu verlassen, wo doch die Gesamtleitung des Staates ihren Sitz habe.“18 Jan Stäcker hat daraus den Schluss gezogen: „Was die Truppe an den Brennpunkten des Reiches […] anbetrifft, vertraute Tiberius offenbar gänzlich auf das Nahverhältnis, das er sich während der von ihm unter Augustus geführten Feldzüge im unmittelbaren Kontakt zu den Soldaten aufgebaut hatte.“19 Tiberius bespielte somit als Kaiser noch weniger als Augustus selbst die Bühne des Heerlagers, sondern konzentrierte sich (zumindest bis zu seinem Aufbruch nach Capri) vor allem auf Rom und die politische Öffentlichkeit der Hauptstadt. Diese Priorität liefert möglicherweise den Schlüssel zu einer weiteren Episode, die vor dem Hintergrund von Tiberiusʼ Werdegang zunächst seltsam anmuten mag: Kurz nachdem er die Herrschaft übernommen hatte, sah sich Tiberius einer Meuterei der Truppen in Illyrien gegenüber.20 Obwohl die beunruhigte Bevölkerung Roms forderte, dass Tiberius persönlich die Soldaten zur Raison bringen solle21, schickte dieser lediglich seinen Sohn Drusus, den eine Truppe aus Prätorianern unter ihrem Präfekten Seian sowie eine Abordnung „hervorragender Männer im Staate“ (cum primoribus civitatis), d. h. wohl führender Senatoren, begleitete.22 Vor Ort konfrontierten ihn die Soldaten mit ihren Forderungen: „Ihre Dienstzeit sollte auf sechzehn Jahre beschränkt werden, der Tagessold einen Denar betragen und die Auszahlung ihrer Belohnungen sogleich unmittelbar im Lager erfolgen.“23 Drususʼ Antwort bestand aus einem Brief, den Tiberius an die meuternden Soldaten gerichtet hatte und […] in dem von seiner besonderen Zuneigung zu seinen tapfersten Legionen die Rede war, mit denen er so viele Kriege durchgestanden habe. Sobald er sich von der Trauer erholt habe, werde

17 18 19 20 21 22 23

Armenia, ego in Raetia fui, ego a te in Vindelicis, ego in Pannonia, ego in Germania donatus sum‘ neque verbis exprimi et fortasse vix mereri fidem potest. Suet. Tib. 38. Tac. ann. 3,47,2: simul causas, cur non ipse, non Drusus profecti ad id bellum forent, adiunxit, magnitudinem imperii extollens, neque decorum principibus, si una alterave civitas turbet, ocurrere, omissa urbe unde in omnia regimen. Stäcker 2003, 130. Vgl. hierzu u. a. Seager 1972, 58–63 sowie Levick 1976, 71–73 und Stäcker 2003, 72–77. Vgl. Tac. ann. 1,46. Tac. ann. 1,24,1. Cass. Dio 57,4,2: ό τε σύμπαν οὔθ´ ὑπὲρ ἑκκαίδεκα ἔτη στρατεύεσθαι ἤθελον, καὶ δραχμὴν ἡμερησίαν φέρειν τά τε ἆθλα εὐθὺς αὐτοῦ ἐν τῷ στρατοπέδῳ λαμβάνειν ἠξίουν, ἀπειλοῦντες, ἂν μὴ τύχωσιν αὐτῶν, τό τε ἔθνος ἀποστήσειν καὶ ἐπὶ τὴν Ῥώμην ἐλάσειν. Vgl. auch nahezu identisch Tac. ann. 1,26,1 sowie Suet. Tib. 25,2.

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VIII. Die militärische persona des ersten princeps – Fazit und Ausblick er mit den Senatoren über ihre Forderungen beraten; inzwischen habe er seinen Sohn entsandt, der unverzüglich zugestehen solle, was sofort erledigt werden könne; alles übrige müsse dem Senat vorbehalten bleiben, von dem niemand annehmen dürfe, er werde es an Güte oder auch an Strenge fehlen lassen.24

Tiberius präsentierte sich somit in der Rolle des Patrons seiner Soldaten, betonte allerdings gleichzeitig, dass er den Senat mit einbeziehen müsse. Bei den Truppen stieß dies Tacitus zufolge nur bedingt auf Zustimmung: Warum er [d. h. Drusus] denn eigentlich gekommen sei, wenn er weder zur Erhöhung des Soldes noch zur Erleichterung des Dienstes noch überhaupt zu irgendeiner Wohltat bevollmächtigt sei? Peitschenhiebe und Hinrichtungen, die seien natürlich jedem erlaubt. Früher sei es Tiberius gewesen, der unter Berufung auf Augustus die Wünsche der Legionen zu vereiteln pflegte; dieselben Kunstgriffe gebrauche jetzt wieder Drusus. Würden denn zu ihnen immer nur die der väterlichen Gewalt unterstellten Söhne kommen?25

Dieser Befund zieht die Frage nach sich, wem gegenüber es Tiberius einen Mehrwert bringen könnte, solch eine Pose einzunehmen. Die Antwort ist relativ eindeutig: Er musste mit diesem Akt den Senat adressieren. Immerhin waren offenbar einige Senatoren vor Ort, und es ist durchaus vorstellbar, dass ein Brief mit derartigem Inhalt im Senat verlesen wurde. Die Rolle, die Tiberius einnahm, zielte folglich nicht so sehr auf die Soldaten, sondern auf die römische Öffentlichkeit, insbesondere die Angehörigen der senatorischen Elite. Vollkommen verständlich wird diese Episode jedoch erst, wenn man sie in den Kontext der tiberianischen Herrschaftspraxis einfügt. In einer eingehenden Analyse der Senatssitzungen im September 14 n. Chr. hat Ulrich Gotter demonstriert, dass es Tiberius vor allem darauf ankam, sich den Senatoren als Gegenbild des Augustus zu präsentieren: Accordingly, the subtext of Tiberius’ cunctatio was that Augustus’ monarchy was anything but exemplary, and that for himself the point of reference would be republican norms. With a more or less veiled statement to that effect, Tiberius, although Augustus’ heir, nonetheless fashioned himself as a proponent of anti-Augustan discourse. It should not surprise us that he genuinely hoped to find sympathy for this message in the Roman senate, having been, under the domination of Augustus, more than once the victim of the new order.26

Die zentrale Botschaft des Tiberius, die er zumindest in den ersten Jahren seiner Herrschaft immer wieder prominent in Szene setzte, lautete folglich, dass dem Senat von nun an wieder eine bedeutendere Rolle als unter seinem Vorgänger zukommen solle. Die Szene im Lager der meuternden Truppen fügt sich in ein solches 24

25

26

Tac. ann. 1,25,3: tandem interrupto tumultu litteras patris recitat, in quis perscriptum erat praecipuam ipsi fortissimarum legionum curam, quibuscum plurima bella toleravisset; ubi primum a luctu requiesset animus, acturum apud patres de postulatis eorum; misisse interim filium, ut sine cunctatione concederet, quae statim tribui possent; cetera senatui servanda, quem neque gratiae neque severitatis expertem haberi par esset. Tac. ann. 1,26,2: cur venisset, neque augendis militum stipendiis neque adlevandis laboribus, denique nulla bene faciendi licentia? at hercule verbera et necem cunctis permitti. Tiberium olim nomine Augusti desideria legionum frustrari solitum: easdem artes Drusum rettulisse. numquamne ad se nisi filios familiarum venturos? Gotter 2015, 221.

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Bild nahtlos ein und zeigt, dass durch die Instrumentalisierung der militärischen persona bestimmte Signale an die Mitglieder der senatorischen Elite ausgesendet werden konnten. Auf diese Weise ergaben sich sowohl für Tiberius selbst wie für seine Nachfolger durch eine flexible Integration der militärischen persona in breiter angelegte pro- und antimonarchische Diskurse neue Spielräume, die zur Etablierung und Stabilisierung ihrer Herrschaft beitragen konnten.27 Zugleich waren den Kaisern dabei jedoch bestimmte Grenzen gesetzt, wie ebenfalls der Blick auf Tiberius verdeutlichen kann. Zum einen war Tiberius – so banal dies auf den ersten Blick klingen mag –, bevor er princeps wurde, ein Mitglied der senatorischen Elite. Zwar nahm er eine herausgehobene Stellung ein, doch zeigte sich insbesondere im Rahmen der augusteischen Triumphpolitik, dass gerade Tiberius oftmals dazu herhalten musste, Strategien im Umgang des ersten princeps mit der senatorischen Elite zu erproben. Tiberius war unter Augustus ein Instrument, das dieser für die Konstituierung der eigenen militärischen persona einsetzte. Wie sollte der neue princeps mit dieser Vergangenheit umgehen? Vor diesem Hintergrund wird beispielsweise verständlich, weshalb die Verleihung der ornamenta triumphalia, die unter Augustus schließlich eines der zentralen Elemente der Integration nicht-kaiserlicher Sieghaftigkeit ins System des Prinzipats darstellte, bereits unter Tiberius offenbar wieder eingeschränkt und sogar unterbunden wurde. So berichtet Tacitus, dass der princeps P. Cornelius Dolabella die ornamenta triumphalia verweigerte, nachdem dieser die Revolte des Tacfarinas in Africa niedergeschlagen hatte, „Sejan zu Gefallen, damit nicht der Ruhm seines Onkels Blaesus [der ornamenta triumphalia kurz zuvor erhalten hatte, obwohl er Tacfarinas nicht besiegen konnte] verdunkelt würde.“28 Dass auch der Prätorianerpräfekt Seian selbst die ornamenta erhielt29 und nach Blaesus lediglich C. Poppaeus Sabinus, dem langjährigen Statthalter der Provinz Moesia30 diese Ehrung zuteil wurde, könnte 27 28 29

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Die zentrale Bedeutung einer Analyse antimonarchischer Diskurse für das Verständnis antiker Alleinherrschaften verdeutlichen die Beiträge in Börm 2015b. Tac. ann. 4,26,1: Dolabellae petenti abnuit triumphalia Tiberius, Seiano tribuens, ne Blaesi avunculi eius laus obsolesceret. Mit den Prätorianern ist ein weiteres Feld angesprochen, das für die Analyse der militärischen persona des Tiberius von Bedeutung sein kann. Zwar war diese Truppe bereits von Augustus eingerichtet und teilweise in Rom stationiert worden, doch wurden unter Tiberius einige tiefgreifende Veränderungen durchgeführt: So wurde erstmals die Garde an einem einzigen Ort versammelt und kaserniert, was zu einer massiven Verdichtung der militärischen Präsenz in der Hauptstadt führte. Zudem verzichtete Tiberius offenbar ab einem gewissen Zeitpunkt darauf, zwei Präfekten zu ernennen, was es Seian erlaubte, eine Machtposition aufzubauen, die schließlich für Tiberius offenbar zu einem Problem wurde. Die Prätorianer und ihre Präfekten entwickelten sich in der Folge zu einem Machtfaktor auf der politischen Bühne Roms, den weder die Kaiser noch die Angehörigen der senatorischen Elite ignorieren konnten, wie die Affäre um Iunius Gallio zeigt (s. u.). Die Figur des Präfekten erweist sich daher im Rahmen des Diskurses und insbesondere in der Geschichtsschreibung und Biographik immer wieder als Motiv, anhand dessen grundlegendere Überlegungen zur militärischen persona der principes durchexerziert werden könnten. Auf dem Gebiet der Statthalterschaften zeigte sich Tiberius experimentierfreudiger als sein Vorgänger (vgl. hierzu u. a. Levick 1976, 108–115). So berichten die Quellen von außerordent-

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darauf hinweisen, dass Tiberius die Auszeichnung in Zukunft nicht einmal mehr vordergründig für tatsächliche militärische Leistungen zu verleihen gedachte, sondern sie noch weit mehr als Augustus zu einer imperialen Gunstbezeugung machen wollte. Schließlich wurden die ornamenta jedoch offenbar nach dem Jahr 26 n. Chr. gar nicht mehr verliehen und sind erst wieder unter Claudius bezeugt.31 Bedenkt man, dass es schließlich Tiberius selbst gewesen ist, dem erstmals die ornamenta verliehen wurden, so erscheint diese Entwicklung durchaus nachvollziehbar. Denn wenn nun neben der Statue des Tiberius auf dem Augustusforum weitere Statuen senatorischer Feldherren als Träger der ornamenta aufgestellt wurden, so konnte dies unter Umständen zu Problemen führen. Schließlich wurde auf diese Weise eine Gleichheit suggeriert, die gerade auf dem Gebiet der militärischen Sieghaftigkeit nicht bestand und nicht bestehen durfte. Damit ist der zweite Faktor angesprochen, der die Möglichkeiten, die der Diskurs über die militärische persona bot, entscheidend determinierte. Denn an einer Tatsache ließ Tiberius aller vorgeblichen Kompromissbereitschaft dem Senat gegenüber zum Trotz niemals Zweifel aufkommen, wie aus einer weiteren von Tacitus überlieferten Episode hervorgeht: Dagegen gab er dem Iunius Gallio, der beantragt hatte, daß die Prätorianer nach Beendigung ihrer Dienstzeit auf den ersten 14 Bänken des Theaters [die eigentlich den Rittern vorbehalten waren] zu sitzen berechtigt sein sollten, einen heftigen Verweis. Er fragte ihn, als ob er ihn per-

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lich langen Statthalterschaften wie beispielsweise derjenigen des angesprochenen Poppaeus Sabinus, der die Provinzen des Balkanraums Tacitus zufolge 24 Jahre lang verwaltet hatte, „nicht etwa wegen besonderer Tüchtigkeit, sondern nur, weil er seinen Aufgaben gerade noch gewachsen war und nicht darüber.“ (Tac. ann. 6,39,3: […] maximisque provinciis per quattuor et viginti annos inpositus, nullam ob eximiam artem, sed quod par negotiis neque supra erat.) Eine der Begründungen, die Tacitus an anderer Stelle anführt (ann. 1,80), erweist sich dabei als durchaus nachvollziehbar: Augustus hatte es offenbar vorgezogen, die Gefahr, die erfolgreiche und beim Heer beliebte Angehörige der senatorischen Elite für seine Herrschaft darstellen konnten, durch die strikte Begrenzung von Statthalterschaften und Legaturen zu minimieren. Offenbar experimentierte Tiberius mit der entgegengesetzten Strategie: Zeichnete sich ein Statthalter durch Loyalität aus, so wurde er auf seinem Posten belassen und wurde – wie der Fall des Sabinus zeigt – sogar dafür belohnt. Zugleich sind Fälle bekannt, in denen Tiberius offenbar Statthalter ernannte, die jedoch nie einen Fuß in ihre Provinzen setzten (vgl. Suet. Tib. 63,2, Cass. Dio 58,19,5 sowie Tac. ann. 1,80,3). Diesen Sachverhalt darauf zurückzuführen, dass schlicht zu wenige fähige Leute zur Verfügung standen (so Campbell 1984, 342 f.), weist jedoch in eine falsche Richtung. Ebenso zu kurz greift die Erklärung von Levick 1976, 128, wonach Tiberius auf die Dienste verdienter und vertrauenswürdiger Männer in Rom nicht habe verzichten wollen. Eine solche Motivation hätte das Vorgehen in Fällen wie dem des Sabinus gleichsam konterkariert. Wahrscheinlicher ist es, dass Tiberius hier eine neue Form des Risikomanagements erprobte – schließlich wiesen die spanischen Provinzen und Syrien nennenswerte Truppenverbände auf. Wenn nun hochrangige Senatoren die Legaturen dieser Provinzen übernahmen, konnte Tiberius ihnen auf der einen Seite die damit verbundenen Ehren zukommen lassen, ohne dass sie vor Ort eine Gefahr für seine Herrschaft darstellten. Vgl. hierzu Gordon 1952, 309 f.

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sönlich vor sich hätte, was er denn mit den Soldaten zu schaffen habe, die von keinem anderen Befehle oder Belohnungen anzunehmen hätten als von ihrem Oberbefehlshaber.32

Tiberius entlarvte in der Diktion des Tacitus mit diesen Worten natürlich den Brief des Drusus an die meuternden illyrischen Soldaten als das, was er war: eine kommunikative Geste. Diese Geste entfaltete ihre Wirkung lediglich im politischen Diskurs über die militärische persona, wie er auf der Bühne der Hauptstadt verhandelt wurde. Gültigkeit behielt sie nur so lange, wie die realen Machtverhältnisse davon nicht berührt wurden.33 Eine Äußerung, wie Tiberius sie öffentlich im Senat tätigte, zeigt daher sinnbildlich die Grenzen dieses Diskurses auf. Der Senat verstand diesen Wink offenbar: Sofortige Ausstoßung aus dem Senat, später Verbannung aus Italien war der Lohn, den Gallio für seine ausgeklügelte Schmeichelei erhielt; und da man ihm zur Last legte, er mache sich die Verbannung zu leicht – er hatte nämlich Lesbos, die berühmte und schöne Insel, gewählt –, wurde er nach Rom zurückgebracht und in Häusern von Staatsbeamten bewacht.34

Mit dieser Episode schließt sich ein Kreis, verweist sie doch auf die zu Beginn dieser Arbeit aufgeworfenen grundlegenden Fragen und auf das Spannungsverhältnis zwischen den realen Machtgrundlagen und der Art und Weise, wie damit in der Hauptstadt auf der Ebene des politischen Diskurses umgegangen wurde, um sie für die Stabilisierung der Herrschaft funktional zu machen. Im Falle des Augustus wie auch des Tiberius zeigt sich deutlich, dass sich der Bereich der Realia für Experimente nicht eignete: Die Kaiser waren auf die alleinige Kontrolle über den militärischen Apparat angewiesen, um ihre Herrschaft zu sichern. Experimentieren konnte man hingegen auf der Ebene des Diskurses, d. h. auf der Ebene der militärischen persona und ihrer Konstituierung im Rahmen des Kommunikationsprozesses zwischen princeps und senatorischer Elite. Versinnbildlichen lässt sich dies durch das Verhalten des Tiberius bei seinem Herrschaftsantritt. Hatte Augustus durch die Annahme des praenomen imperatoris den Anspruch auf das Monopol militärischer Sieghaftigkeit offensiv vertreten, stellt Sueton für Tiberius lediglich lapidar fest: „Den Vornamen ‚Imperator‘ und den Beinamen ‚Vater des Vaterlandes‘ lehnte er ebenso ab wie das Aufhängen eines Bürgerkranzes in der Vorhalle seines Hauses.“35 32

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Tac. ann. 6,3,1: At Iunium Gallionem, qui censuerat, ut praetoriani actis stipendiis ius apiscerentur in quattuordecim ordinibus sedendi, violenter increpuit, velut coram rogitans, quid illi cum militibus, quos neque dicta imperatoris neque praemia nisi ab imperatore accipere par esset. Gotter 2015, 220 spricht sich daher zu Recht gegen die in der Forschung immer wieder vertretene These aus, es sei Tiberius tatsächlich um die Rückkehr zu einer republikanischen Staatsordnung oder um die Errichtung einer „Dyarchie“ im Sinne Mommsens gegangen (vgl. u. a. Seager 1972, 56 f.; zum Begriff der Dyarchie vgl. Winterling 2005). Tac. ann. 6,3,3: hoc pretium Gallio meditatae adulationis tulit, statim curia, deinde Italia exactus; et quia incusabatur facile toleraturus exilium delecta Lesbo, insula nobili et amoena, retrahitur in urbem custoditurque domibus magistratuum. Suet. Tib. 26,2: praenomen quoque imperatoris cognomenque patris patriae et civicam in vestibulo coronam recusavit […]. Vgl. auch Cass. Dio 57,2,1, der feststellt: „Es entsprach seiner Denkweise, daß er sogleich von Nola aus als Kaiser an sämtliche Legionen wie Provinzen eine Botschaft ergehen ließ, ohne aber deutlich zu machen, daß er wirklich Kaiser sei; weigerte er

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Die Botschaft hinter diesem Schritt war deutlich: Auch wenn sich an den realen Machtgrundlagen nichts änderte, so zeigte sich Tiberius dazu bereit, die militärische persona in demonstrativer Abgrenzung zu Augustus neu zu verhandeln und mithin auf der Ebene des Diskurses einen neuen Stil einzuführen.36 In seinen Überlegungen zum Prinzipat als einem Akzeptanzsystem hat Egon Flaig den Begriff der Militärdiktatur kritisiert: „Denn das Heer herrschte nicht im römischen Reich.“37 Man kann sich fragen, ob diese Aussage korrekt ist, war doch der Kaiser der unumstrittene Oberbefehlshaber über die Armee und mithin auch der Form nach der oberste Militär des Reiches. Doch wie immer man dazu steht, lässt sich am Ende dieser Untersuchung eines festhalten: In jedem Fall war das römische Kaisertum eine militärische Diktatur, in der dem militärischen Sektor eine wenn nicht die entscheidende Rolle zufiel. Das Konzept der militärischen persona hat sich als ein geeignetes Analyseinstrument erwiesen, mit dem sich grundlegende Mechanismen und Strukturen dieser militärischen Diktatur erfassen und analysieren lassen, die von Augustus maßgeblich konstituiert wurden. Diese Entwicklungen führten zwei Jahrhunderte später schließlich zum Ratschlag des Septimius Severus an seine Söhne: „Bleibt einträchtig, bereichert die Soldaten und schert euch um all das andere den Teufel.“38

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sich doch, diesen Titel anzunehmen, wiewohl er ihm zusammen mit den übrigen Bezeichnungen zuerkannt worden war, und obschon er des Augustus Erbe angetreten hatte, wollte er nicht so wie dieser heißen.“ Bezeichnenderweise ist der Titel, den Dio hier als Symbol des Kaisertums charakterisiert der des αὐτοκράτωρ – die lateinische Übersetzung des praenomen imperatoris: Τοιοῦτος οὖν δή τις ὢν ἔς τε τὰ στρατόπεδα καὶ ἐς τὰ ἔθνη πάντα ὡς αὐτοκράτωρ εὐθὺς ἀπὸ τῆς Νώλης ἐπέστειλε, μὴ λέγων αὐτοκράτωρ εἶναι· ψηφισθὲν γὰρ αὐτῷ καὶ τοῦτο μετὰ τῶν ἄλλων ὀνομάτων οὐκ ἐδέξατο, καὶ τὸν κλῆρον τοῦ Αὐγούστου λαβὼν τὴν ἐπίκλησιν αὐτοῦ ταύτην οὐκ ἔθετο. Gotter 2015, 223–231 entwirft ausgehend vom Verhalten des Tiberius den „Typus“ des kaiserlichen Nachfolgers, der sich demonstrativ von seinem Vorgänger abgrenzt und stellt abschließend fest: „I see here a fundamental reason for the astonishingly deficient institutionalization of the Principate. What was built up by one (successful) emperor in terms of meeting expectations was constantly undermined by his successor, whether one subtly rejected the achievement of the deceased or went straight for the jugular […]. Emperors thus became spokesmen of a discourse, which delegitimized the previous emperor and, in the endless repetition of the procedure, propagated tropes showing an anti-monarchic component.“ (230) Wie die hier angestellten Überlegungen zu Tiberius deutlich machen, kann die Analyse des Umgangs der principes mit ihrer jeweiligen militärischen persona den Anfangspunkt für eine Auseinandersetzung mit diesem für das Verständnis des römischen Kaisertums so zentralen Phänomen bilden. Flaig 1992, 142, Anm. 44. Cass. Dio 77,15,2: ὁμονοεῖτε, τοὺς στρατιώτας πλουτίζετε, τῶν ἄλλων πάντων καταφρονεῖτε.

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NAMENREGISTER Kaiser, Mitglieder der domus Augusta und antike Autoren sind nach ihren gängigen Bezeichnungen aufgenommen, alle anderen Personen nach Gentilnomen geordnet. Auf einen Eintrag zu Augustus wurde verzichtet. Adiatorix (Tetrach v. Galatien): 102 f. M. Aemilius Lepidus: 19 f.; 51; 64; 77; 141; 164; 190 M. Aemilius Lepidus (Großneffe des Triumvirn): 341; 353 L. Aemilius Paullus: 107 A. 285 Aeneas: 215 A. 106; 253; 293 Agrippa: 51; 80 A 160; 124; 217 A. 112; 251; 297; 317 A. 193; 327–335; 337; 339 A. 283; 345; 356 Alexander d. Gr.: 35; 42; 113 A. 318; 256; 370 Alexander (König v. Emesa): 102 f. Alexander Helios: 90; 101; 113 A. 312 L. Antonius: 60; 151; 197 A. 30 M. Antonius: 16; 19 f.; 49; 51; 60; 64–67; 69; 76; 83; 90–96; 98–114; 116; 119; 122; 124; 129; 134; 136 f.; 152 f.; 161 f.; 164 f.; 167 f.; 171; 178 f.; 184–186; 190; 211; 234 f.; 239; 243; 246; 256–259; 274; 297; 315; 337 A. 275; 366 Appian: 20; 77–79; 87; 91; 323 f. Apollo: 229; 240 A. 232; 318 A. 202; 324 f. Sex. Appuleius: 323 A. 228 C. Asinius Pollio: 64; 245 A. 254 Atia (Mutter des Augustus): 116 A. 322; 156

C. Cassius Longinus: 24 Claudius: 370; 374 A. Claudius Caecus: 348 A. 316 M. Claudius Marcellus: 303 A. 121; 308 C. Claudius Nero: 289 A. 59; 348 A. 316 Clodius Albinus: 88 Commodus: 88 L. Cornelius Balbus (Anhänger Caesars): 45; 50 L. Cornelius Balbus (Prokonsul der Provinz Africa): 279; 300; 323 A. 228; 327–335; 339; 341 f.; 344 f.; 355 f. A. Cornelius Cossus: 302–306 C. Cornelius Dolabella: 190 A. 168 P. Cornelius Dolabella: 373 C. Cornelius Gallus: 310–323; 325 f. Cossus Cornelius Lentulus: 333 A. 266; 353 f. P. Cornelius Scipio Nasica: 286 A. 44 L. Cornelius Sulla: 21; 50; 219

Q. Caecilius Epirota: 317 A. 193 Q. Caecilius Metellus Pius Scipio: 257 Q. Caepio Brutus: 16 C. Caesar: 17 A. 41; 199; 228 A. 168; 273 L. Caesar: 17 A. 41; 228 A. 168 Caesarion: 90; 315 Caligula: 370 L. Calpurnius Piso: 286–288; 290 C. Calvisius Sabinus: 77 P. Carisius: 237 A. 214 C. Carrinas: 105 f. Cassius Dio: 12 f.; 87–89; 94; 99 f.; 101; 105; 109; 117; 132 f.; 135; 145; 202; 270; 274; 298; 312–315; 320; 322; 328; 330 f.; 334; 337; 348; 353; 357; 365

Q. Fabius Maximus: 136 M. Fabius Vibulanus: 285 Florus: 87; 295; 297 Fulvia (Ehefrau des M. Antonius): 151 Cn. Fulvius Flaccus: 289 f.

Dionysos: 234; 240 A. 232 Domitian: 124 Drusus d. Ä.: 113 A. 312; 219; 223; 228 A. 168; 250; 335; 343; 347; 355; 358 Drusus d. J.: 371 f.; 375 C. Duilius: 80 f.

Germanicus: 223; 368 f. Hadrian: 205 A. 63 M. Herennius Picens: 239 f. Herodes d. Gr. : 153 Hesiod: 61 f.; 74 A. Hirtius: 45; 50; 164 Horaz: 55; 71–76; 79; 133 A. 408; 142–144; 147; 202; 250 f.; 253 f.; 265

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Namenregister

Iulia (Tochter des Augustus): 113 A. 312 C. Iulius Caesar: 10; 12; 19; 21; 31; 35–50; 98; 108; 115; 125 f.; 138 A. 427; 149; 151–153; 156–160; 162; 165 f.; 169; 171 f.; 177–179; 182; 185; 190; 245; 255–258; 274; 326 A. 240; 365; 367 Iulius Florus: 371 Iulius Sacrovir: 371 Q. Iunius Blaesus: 373 D. Iunius Brutus: 98 M. Iunius Brutus: 21; 49 Iunius Gallio: 374 f. Janus (s. a. Tempel des Janus): 202–204; 216 Jupiter: 114; 203; 223 f.; 253 Juba (König v. Numidien): 46 Kleopatra VII.: 16; 51; 83; 90–96; 99–114; 115; 258; 297; 301; 308; 315; 318 Kleopatra Selene: 90; 101; 113 A. 312 Q. Labienus: 256 Lars Tolumnius: 302 M. Licinius Crassus (Triumvir): 68; 70 A 100; 171; 253; 255; 257 f.; 274; 301; 369 M. Licinius Crassus (Prokonsul v. Macedonia): 27; 271 A. 108; 301–310; 320–323; 325 f. Livia: 358 Livius: 105; 279; 285 f.; 290; 302–306 Maecenas: 148 A. 460 Marc Aurel: 370 Marcellus (Neffe des Augustus): 113 A. 312; 358 A. 355 L. Marcius Philippus: 156; 162 C. Marius: 21 Mars Ultor (s. auch Tempel des Mars Ultor): 263 f. Menodoros: 71 A. 104 Mithridates VI. (König v. Pontos): 114 A. 318

Phraates IV. (parthischer König): 256; 259 f.; 263 M. Piso Frugi: 16 Plinius d. Ä.: 325; 327 f. Cn. Pompeius Magnus (sen.): 10; 21; 24; 40; 107; 156; 185 Cn. Pompeius Magnus (iun.): 49; 156 f. Sex. Pompeius Magnus: 12; 16; 51; 68–71; 76–83, 85; 91; 95; 111; 114 A. 318; 115 A. 321; 121; 124; 128 f.; 146; 156; 184–186; 267 Pontius Aquila: 45 C. Poppaeus Sabinus: 373 f. M. Primus: 319 A. 206; 333 A. 266 Properz: 59 f.; 110; 147 f.; 251 A. 264; 253 Remus: 73; 293 Romulus: 73; 215 A. 106; 225; 271; 274; 292–294; 307; 342 P. Quinctilius Varus: 359; 369 Sallust: 143 f. Seian: 371; 373 f. L. Sempronius Atratinus: 323 A. 228; 331; 346 A. 307 C. Sempronius Tuditanus: 316 L. Sergius Catilina: 227 Septimius Severus: 88 f.; 376 Servius: 105; 124; 313 C. Sosius: 324 f. Sueton: 87; 89; 105; 134; 151 f.; 163; 182 f.; 191; 297; 312 f.; 339; 359 f.; 363; 371; 375

Octavia (Schwester des Augustus): 64; 66; 234 Ovid: 9–11; 48; 203; 312 f.

Tacitus: 13; 369; 371; 373; 375 Tiberius: 17 A. 41; 25 A. 80; 174 A. 101; 199; 222 A. 140; 223 f.; 228 A. 168; 261 A. 43; 263; 280; 284; 335–338; 341; 343–345; 347; 349 A. 322; 353; 355; 356–360; 363–366; 368–376 Tibull: 324 Tiridates (parthischer Prinz): 259 f. Titus: 370 Trajan: 370 M. Tullius Cicero (sen.): 49 f.; 141; 149; 150 A. 467; 168; 169 A. 74; 179–181; 227; 231; 243–246; 257 A. 26; 286–290 M. Tullius Cicero (iun.): 239 Q. Tullius Cicero: 39

Pacorus (parthischer Prinz): 256 L. Passienus Rufus: 333 A. 266; 352–355 Pertinax: 88

M. Valerius Corvus: 10 Valerius Maximus: 97 f.; 114 A. 313; 149 f.; 279; 289 f.; 350 A. 325

Nikolaos v. Damaskus: 126; 153–169; 176–178; 181 f.; 185 f.; 190; 192; 367 C. Norbanus Flaccus: 238

Namenregister M. Valerius Messalla Corvinus: 323–325 Velleius Paterculus: 42; 83–85; 87; 204; 338 f.; 352 f.; 370 P. Ventidius Bassus: 256 Vergil: 55–68; 70; 79; 101; 105; 124 A. 357; 140–144; 147; 196; 202 f.; 251 A. 264; 253

Vespasian: 370 C. Vibius Postumus: 353 L. Vinicius: 267

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BEGRIFFE, ORTE, SACHEN Fettgedruckte Angaben beziehen sich auf besonders einschlägige Passagen im Text. Actium: 47; 71 A. 105; 88 f.; 92f; 96–114; 124–126, 128–130; 133; 135; 137; 139; 140; 146; 148; 153; 187; 195; 202; 235 A. 207; 237; 267; 296; 324; 367 Actium-Monument: 111–113; 122 f.; 132; 135; 139 Adoption: 46; 48; 158; 161–163; 370 Ägypten: 46 f.; 86 A. 183; 90–96; 102; 104; 105 f.; 108 f.; 113; 115 A. 321; 124 A. 357; 310; 313; 315; 317 f.; 319 A. 206 Aeneis: 101; 105; 202 f.; 253 aerarium militare: 23 Äthiopien: 319 f. Afrika: 115 A. 321 Africa (Provinz): 24; 115; 156 f.; 238; 279; 323; 331; 333; 341; 353 f. Akzeptanz, Akzeptanzsystem (s. a. Aushandlung, Aushandlungsprozess; princeps, Prinzipat; Kommunikation; Kompromiss): 29–34; 138 f.; 148; 211 f.; 231; 246 f.; 363 Alexandria: 86 A. 183; 90; 99; 101 f.; 105; 109 f.; 133; 304; 315 Antium: 125 Apollonia: 51; 158–160; 163 Ara Pacis: 133 A. 408; 213–226; 229–231; 247; 249 f.; 367 Armenien: 258–260; 261 A. 43 Asia (Provinz): 195; 237–248 Asien: 115 A. 321 auctoritas: 169; 186 A. 148; 226; 305 audience targeting: 14 A. 26; 130; 235 A. 208 Augustus v. Primaporta: 262–266; 268 f.; 271; 275 Aushandlung, Aushandlungsprozess (s. a. Kommunikation; Kompromiss; Triumphpolitik): 139; 209–212; 243–252; 262; 283; 300–362; 368 auspicia: 106 A. 283; 198; 224; 281; 298; 302; 305; 323 f.; 326; 336; 353; 357 Außenpolitik: 70 A. 100; 171; 193–201; 204 A. 59; 206; 255–261; 282; 319 f.; 346 A. 309; 348 Autobiographie: 87 A. 187; 126; 153–169; 173 f.; 176–178; 180 A. 126; 185; 190 f.; 297; 367

Begräbnis: 25 A. 80; 134; 160; 278; 363–366 bellum iustum: 44 A. 49; 197; 257 f. Beute: 9; 100; 109–113; 324 f.; 328 Bild, Bildprogramm: 14; 33 A. 119; 45; 66; 82 A. 170; 113 A. 312; 126–132; 135; 139; 170; 212; 215–222; 223–225; 229; 231; 234–237; 240 f.; 247; 249 f.; 262–266; 267 f.; 293 f.; 318; 324 f.; 347–351 Bürgerkrieg: 18–22; 39–41; 43–46; 48–50; 51–83; 83–85; 88 f.; 90–95; 97–99; 107–121; 127; 130; 134; 139; 140–150; 153–155; 156–158; 168 f.; 172 f.; 177; 183–187; 189–192; 195–198; 199 f.; 206; 208 f.; 231 A. 183; 233 f.; 247 f.; 253 f.; 257; 293 f.; 298; 301; 307 f.; 318; 346; 366 f. Britannien: 43; 47; 370 Bronze: 174–176; 349; 351 Brundisium, Vertrag von Brundisium: 16; 60; 62; 64; 65–68; 69; 71; 72; 135; 145 Caesarianer: 20; 164 Caesarmörder: 49; 51; 69; 152 f.; 159; 163 f.; 170–173; 178; 182 f.; 195; 197 Carmen Saeculare: 133 A. 408; 250–252; 265 Carrhae (s. a. Parther, Parthersieg; Rache, Rachemotiv; signa): 172; 253–275; 368 Casinum: 67 Charisma: 20–22 civilitas: 173; 225 Cistophor: 231–248; 367 clementia: 89; 157; 183; 195 f. clipeus virtutis: 11; 127; 187; 189; 224 A. 151 columna rostrata: 80–83; 85; 111; 123–125; 128 f.; 132 commentarii: 36–44; 50; 257 concordia: 60 f.; 64–67; 69; 72; 141–150; 198 A. 32; 206; 208; 366 Concordia (Personifikation): 66; 67; 131 consensus universorum: 94 A. 219; 187–189; 226 corona civica: 47; 224 f. corona navalis: 80 A. 160 Curia Iulia: 132–135; 138 A. 427; 364

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Begriffe, Orte, Sachen

Dalmatien: 100; 102; 103; 105 damnatio memoriae: 185 A. 142; 310; 312 Dekadenz: 143 f. Denomination (Triumph): 87; 103; 104 f. Dichtung: 52–55; 97; 139; 144 f.; 147 f.; 250 A. 264; 253 f. dignitas: 44 Dirae: 140–150 discordia: 56 A. 24; 57–76; 79; 80; 83; 140–150; 366 Diskurs: 33, 52–55; 83 A. 172; 134; 136–139; 146–150; 151–153; 155; 158; 168 f.; 173; 184; 189–192; 209–212; 248–252; 261; 269; 274 f.; 283; 288; 342; 355; 366–369; 373–376 divus: 85 A. 176 Dynastie: 89; 126 A. 364; 131; 157 f.; 172 f.; 176; 221; 228; 280; 300; 337 f.; 345; 358 Ehrung (s. a. ornamenta triumphalia): 78–83; 83 A. 171; 123 f.; 134; 135–139; 157 f.; 165; 194; 202; 216–218; 221 f.; 225–231; 249 f.; 261 f.; 269; 277; 288; 291; 298; 335–356; 358; 360; 373 f. Eklogen: 55–68; 72; 140; 145 Ephesos: 232–248 Epoden: 71–76; 142; 145; 147 exemplum: 97; 150; 175 f.; 287 A. 50; 289 f.; 294; 332; 334; 356 Fasti Amiternini: 108 f.; 118 A. 332 Fasti Barberiniani: 105 f.; 346 A. 307 fasti triumphales (Capitolini): 69; 70 A. 101; 89; 104; 106; 149; 267–269; 271 A. 106; 308; 323; 327; 342–347; 350; 352 Feindbild: 145; 257; 262 A. 45 Fetialrecht: 90 A. 199 fornix Fabianus: 136 Fortuna (Personifikation): 131 Forum Augustum: 9; 170–173; 188; 225–231; 241; 250; 269–273; 282; 293 f.; 347–351; 354; 367 Forum Caesaris: 47; 225 Forum Romanum: 88; 112; 123–126; 135; 225; 266–269 Frieden (s.a. pax): 58 A. 34; 60; 65; 67; 79–83; 84–86; 116–118; 122 f.; 130–133; 135 f.; 139; 141–150; 194–196; 200–212; 213–216; 224 f.; 230; 231–252; 266 f.; 282 f.; 366 f. Funktionselite: 28

gens: 17 – Fabia: 10; 136 – Iulia: 17 A. 41; 125 A. 360 Gallien, Gallier: 37–39; 46 f.; 65; 89 A. 195; 131; 221 A. 134; 291; 323 f.; 371 Gefangene: 100–103; 110 f.; 223; 255–261 Gefolgschaftseid: 93 f.; 119 f. Gemma Augustea: 222–225; 230 f.; 250; 367 Germanien, Germanen: 14; 89 A. 195; 131; 204; 231 A. 183; 284; 346 A. 309; 357; 359; 370 Georgica: 124; 147 Goldenes Zeitalter (s. a. Weltalterlehre): 61–67; 69; 74; 133 A. 408; 214; 216 A. 107; 265; 282 Heeresklientel: 18 f.; 60 A. 44 Historiographie: 52; 139; 144; 204 hostis: 21; 92 f.; 94 A. 223 Illyrien: 91; 100; 115; 204; 254; 371 imperium (s. a. Rechtsstellung): 12; 23–28; 104; 166; 178; 182; 193; 198; 218–222; 224; 239 A. 221; 281; 292; 299; 304 f.; 323 f.; 326; 331; 333 A. 264; 334; 336; 338; 353–355; 357; 360 Inschrift: 9; 12 A. 11; 15; 67; 79–83; 106 A. 284; 108 f.; 111; 122 f.; 124; 132; 137–139; 141 f.; 174–176; 229–231; 251 f.; 272; 302; 304; 306; 315–320; 342–348; 351; 353; 355 Italien: 39; 55–60; 65; 69; 77; 85; 93; 95; 130–132; 141; 160; 195; 234; 366 Kantabrer, Kantabrerkrieg: 154; 254 f.; 295–297 Kapitol: 124; 270 Kommunikation (s. a. Aushandlung, Aushandlungsprozess; Kompromiss): 31; 33; 72 f.; 121; 127; 135–139; 152; 175 f.; 209–212; 223; 226; 248–252; 256 f.; 275; 283; 356; 368; 375 Kompromiss: 29–34; 106 A. 283; 119; 325 f.; 329; 331 f.; 337; 352 Konkurrenz (s. a. Senat, Senatoren): 11; 16 f.; 21; 28; 32; 45; 47; 49; 114 f.; 168 A. 72; 240; 272 f.; 281; 288; 307; 310; 318; 320–322; 325 f.; 340 f.; 346; 350–352; 360–362 Konsul, Konsulat (s. a. Magistrat): 21; 51; 165; 182; 219 f.; 239; 302–304; 307; 343; 359 Krieg (allgemein): 11; 36; 40; 42; 68–70; 72; 81; 84 f.; 104; 114 f.; 118; 124 A. 357; 142

Begriffe, Orte, Sachen A. 440; 155; 192; 193–201; 203–212; 215 f.; 221; 224 f.; 248–252; 254 f.; 310; 367 Kritik: 51; 59 A. 35; 88 f.; 98; 115 A. 322; 71 A. 104; 148 A. 460; 151–153; 157; 163; 182 f.; 191 f.; 257 f.; 269; 273; 283; 292; 299; 321; 330; 341; 367 laudatio Turiae: 141 f. Legaten: 27; 66; 198 f.; 237 A. 214; 239; 298 f.; 323 f.; 326; 333; 336 f.; 342; 353 f.; 360; 374 A. 30 Legitimität, Legitimation: 19–21; 46; 95 f.; 125 f.; 148 A. 462; 149; 151–153; 162–169; 172 f.; 177–192; 195; 197; 206; 245; 258; 279; 295 f.; 326; 367 liberator, libertas: 49 f.; 84 f.; 130; 180 f.; 235; 243–248; 249 Liktoren: 218–221 lituus: 218; 224 Lugdunum: 14; 228 A. 168 Magistrat (s. a. Konsulat): 12; 78; 118–121; 123 A. 350; 135; 165; 169; 190; 197; 199; 219–221; 250; 294 f.; 309; 346 Makedonien, Macedonia (Provinz): 160; 286; 301; 304; 319 A. 206; 333 A. 264 Mausoleum: 174–176; 213; 318 Merkur: 131 Misenum, Vertrag von Misenum: 70 f.; 72; 76 Militarisierung: 69 f.; 261–275; 282; 346; 368 f. Militärreformen: 17–27; 31; 326; 366 Monarchie (s.a. Akzeptanz, Akzeptanzsystem; princeps, Prinzipat): 13; 29–34; 77; 89; 93; 120; 149 f.; 178; 199; 246 Monopolisierung (s. a. Triumph; Triumphpolitik): 15; 27; 32 f.; 53; 159 f.; 165; 206; 279–282; 300 f.; 309; 318; 323; 326; 332; 334 f.; 339; 360–362; 366 Monument: 33 A. 119; 67; 80–83; 111–113; 122–127; 135–139; 174–176; 188 f.; 213–223; 225–231; 249–251; 261–275; 291; 324 f.; 342–347; 350; 369 f. Munda: 49 Münzen, Münzprägung (s. a. Triumphalserie): 14; 16; 66; 82 A. 170; 127–132; 134; 190 A. 169; 228; 231–248; 249–251; 267; 270; 291; 318; 367 Mutina: 20 f.; 98 Mylae: 80

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Namengebung (s. a. praenomen imperatoris; Siegernamen): 9–11; 16 f.; 70 A. 100 Narrativ: 143–150; 168 f. Naulochos: 77–83; 121; 124; 128 f.; 185; 267 Nikopolis: 111 ornamenta triumphalia: 280 f.; 334; 338–356; 360; 373 f. ovatio: 69 f.; 81 f.; 129; 277; 335; 338; 343; 358 A. 356 paludamentum: 219; 221 Pannonien: 285; 335; 338; 353; 357; 359 Panzerstatue (s.a. Augustus v. Primaporta): 47 Parther, Parthersieg: 36; 51; 68; 70 A 100; 116; 159; 171–173; 204; 216 A. 108; 228 A. 167; 231 A. 183; 253–275; 297; 326; 330 A. 254; 345 f.; 368 pater familias: 226–229 Patronage: 28; 53 f.; 242 f.; 319 f. pax: 66 f.; 194 f.; 198; 200 A. 44; 206 f.; 210; 366 Pax (Personifikation): 131 f.; 215 f.; 232; 234 f.; 240 f.; 251 Pax Augusta: 86; 116; 200–202; 205 A. 63; 209; 213 f.; 267; 283; 346 A. 309; 362; 367 Perpetuierung: 121–139; 148; 279–283; 342 persona: 29–34; 48; 99; 116; 150; 152 f.; 155; 156 A. 25; 158; 168 f.; 172 f.; 184; 189–192; 210–212; 221 f.; 224 f.; 248–252; 254 f.; 261; 269; 274 f.; 283; 363; 365–376 Personalisierung: 13; 15; 70; 102–104; 110 f.; 160; 168 f.; 261–275 Perusia, Perusinischer Krieg: 59 f.; 62; 64; 69; 78; 141; 145; 151–153; 163; 182 Philippi (s.a. Caesarmörder): 51; 69; 115; 152; 172; 184; 238 Philippica: 141; 168 A. 72; 179–181 pietas: 19 A. 49; 76; 151–153; 185; 189 f.; 218; 226 pomerium: 24 A. 73; 47; 219–222; 359 A. 352 porta triumphalis: 118 praefectus Aegypti: 28; 310–323 Prätorianer: 370 f.; 373 A. 29 princeps, Prinzipat (s. a. Akzeptanz, Akzeptanzsystem; Monarchie): 13; 21 f.; 24–27; 29–34; 83–85; 96; 119–121; 139; 149 f.; 169; 172; 178; 187–189; 191; 193 f.; 198; 201–212; 226; 237; 242; 244–248; 277–284; 291; 299; 300 f.; 342; 350; 355 f.; 360; 363–369; 376

418

Begriffe, Orte, Sachen

Prokonsul: 24–26; 219 f.; 237–239; 304 f.; 319 A. 206; 323; 331; 333 A. 264; 338; 341; 353 f.; 357 Promagistrat: 12; 198; 219 Propaganda: 54; 66 f.; 85 f.; 91 A. 204; 92 A. 207; 93–97; 108; 113 f.; 115; 152 f.; 157; 171 A. 84; 185; 209; 232 A. 196; 256; 292 Proskriptionen: 78; 141 f. Provinzen: 15 A. 29; 23 f.; 27; 65; 198; 206; 220; 234 f.; 237–240; 319 A. 206; 324; 326; 333 A. 264; 341; 353 publicani: 242 puer (Motiv): 61–64 Quadriga: 45 f.; 129; 136 f.; 170 A. 83; 188 f.; 225–231; 250; 267; 272; 282; 346 f. Rache, Rachemotiv: 68; 103; 125 f.; 152 f.; 159–173; 177–192; 253–261; 273; 367 Rechtsstellung (s. a. imperium): 24–27; 78; 83 A. 172; 122; 139; 149 A. 464; 164–166; 193; 199; 219–221; 254; 281; 292; 304 f.; 326; 353 f. Relief: 112 f.; 127 A. 370; 218–222; 262–266; 324 f. Res Gestae. 24; 81; 84 f.; 87; 89; 93 f.; 106 f.; 118 A. 332; 119 f.; 149; 169; 173–192; 193–201; 202 f.; 206; 210; 213 A. 95; 216; 217 A. 116; 221; 224 A. 151; 226; 243; 246; 248 f.; 258; 269; 277; 297; 318; 322 A. 225; 326; 336; 365–367 res publica: 19; 21; 45; 48–50; 85; 112; 118–121; 123; 137–139; 152; 164–166; 169; 176–192; 197; 199; 211 A. 88; 294; 367 Ritual (s. a. Triumph): 33 A. 119; 96–121; 194; 202–204; 217; 280 f.; 292; 294–299; 308 f.; 328; 340; 342; 357–360, 368 Ritter: 27; 151–153; 188; 310–323 Rom: 15; 21; 33; 51; 69 f.; 72; 75: 90; 95; 97; 111; 121; 123–127; 141; 146; 161; 196; 209; 218; 234; 267; 282; 290–292; 295 f.; 300; 307; 320; 322; 365 f.; 370 f. Roma (Personifikation): 216; 223 f.; 263 rostra: 47; 80–83; 110–113; 121–127; 129; 135 Schuld: 72 f.; 75 f.; 95; 148 A. 462 Seeräuber, Seeräuberkrieg: 76 f.; 81; 184–186 Selbstdarstellung: 11; 14; 47; 49; 54; 86; 93; 97; 99; 116; 118 A. 332; 123 A. 350; 130; 135; 137; 138 A. 429; 152; 151–192; 217; 236 f.; 239; 243 f.; 248–252; 255; 260 f.;

266; 268; 277; 311; 316–320; 342; 345; 367; 369; 374 f. Senat, Senatoren: 15; 21; 23–25; 28–30; 32; 54; 71; 77–80; 84: 90 f.; 94; 98; 114 f.; 119; 123 f.; 127; 132–134; 135–139; 151–153; 164; 174–176; 178 f.; 181 f.; 186; 188; 190 f.; 197; 209–212; 217 f.; 222; 225–231; 237–252; 269; 284; 288; 292; 294; 298 f.; 300 f.; 304–306; 309 f.; 312; 317; 320–326; 330–334; 337 f.; 341 f.; 345; 350 f.; 354–356; 360–362; 366; 368; 372 f. Sieg, Sieghaftigkeit: 13 f.; 15; 21; 27; 31; 43–45; 47 f.; 70; 80–83; 87 f.; 97–99; 103 f.; 108; 113; 114–139; 146–150; 172; 188 f.; 194–196; 198; 200; 203–212; 214–216; 221; 223–227; 230 f.; 235 A. 207; 240 f.; 248–252; 253–275; 277 f.; 282 f.; 290; 294; 297–299; 307–310; 315–320; 325 f.; 330 f.; 342; 346; 348 f., 351; 357; 360–362; 365–369; 373 f. Siegernamen (s. a. Namengebung): 10 f.; 354 signa (s. a. Carrhae; Parther, Parthersieg): 171–173; 253–275; 282; 368 f. Sittengesetze: 227 Sizilien: 69 f.; 77 Sklaven: 77; 81; 108; 114 Soldaten: 11 f.; 13 f.; 18–23; 29 f.; 32 f.; 39–41; 57; 60 A. 44; 94; 119; 130 f.; 140; 145; 152 f.; 159–169; 177 f.; 181 f.; 185 f.; 188; 190–192; 193; 235 A. 207; 257; 290; 294; 304; 307; 326; 365–367; 370–372 Sonnenuhr: 213 f. Spanien (s. a. Kantabrer, Kantabrerkrieg): 39; 156; 204; 221 A. 134; 237 A. 214; 265; 284; 291; 295–298; 326 Spiele: 46; 111; 214; 250 f.; 350; 358 spolia opima (s. a. Ritual; Triumph; virtus): 225; 270–273; 293 f.; 301–310; 320–322 stasis: 79 A. 155 Statthalter (s. a. Prokonsul; Provinzen; Senat, Senatoren): 23 f.; 26; 28; 237–240; 333 A. 264; 353; 374 A. 30 Statue: 47; 67; 80; 82; 82 A. 170; 131; 132–134; 136; 172; 225–231; 262–266; 271 f.; 293 f.; 320; 347–351; 354; 364; 374 summi viri: 225; 272; 282; 347–351 Syria (Provinz): 238; 254; 257 Tarent, Vertrag von Tarent: 76; 78 A. 152; 132 Tellus (Personifikation): 131; 215 f.; 223 f.

Begriffe, Orte, Sachen Tempel: – des Apollo Palatinus: 325 – des Apollo Sosianus: 324 f. – der Bellona: 325 – des Divus Iulius: 46; 125 f.; 138 A. 427; 266 – des Janus: 117 f.; 135; 194; 202–204; 208; 216; 296 f. – des Jupiter Feretrius: 270 f.; 302–304 – des Mars Ultor: 9; 15; 170–173; 192; 225; 229; 269–273; 347 f. Testament: 90; 158 A. 35; 160 f.; 162 A. 49 Titulatur: 9 A. 1; 15; 66; 78 A. 151; 123; 127 f.; 234; 243 – Augustus: 9–11; 85 – divi filius: 16 f. – Imperator-Titel: 11 f.; 14; 261 A. 41; 297 f.; 304; 336; 340; 357; 370 – pater patriae: 155; 170 A. 83; 173; 188; 225–231; 247; 249 f.; 282; 292 – praenomen imperatoris: 11–17; 22; 31; 70; 191 A. 174; 228 A. 168; 375 Tradition: 17; 42 f.; 45; 80; 84 f.; 119 f.; 181 f.; 188; 206; 209; 211; 246 f.; 251; 275; 280 f.; 290; 295; 316; 321–325; 328; 331; 361; 368 tribunicia potestas: 24 Triumph: 11 f.; 16; 22; 25 A. 79; 45 f.; 49; 80 f.; 87–90; 92; 95; 96–121; 123; 125; 127; 130; 133 f.; 136 f.; 148 f.; 152 A. 7; 157 f.; 169; 197 A. 30; 240; 277–284; 288; 291–299; 300–362; 364–366; 368; 370 Triumphalserie (Münzserie): 82 A. 170; 127–132; 135; 248 A. 260 Triumphalsymbolik: 128 f.; 225; 228 A. 167; 231; 279 f.; 282; 291; 299; 363–365

419

Triumphator: 45 f.; 47; 100; 106; 113 A. 312; 114; 118; 129; 188; 223 f.; 229; 238; 267 f.; 272; 278; 280; 294; 298 f.; 304; 308 f.; 323–325; 328; 339; 341–347; 350 A. 325; 352; 357–360; 365; 368 Triumphbogen: 88; 135–139; 266–269; 271; 285; 342–347; 369 Triumphpolitik: 277–284; 300–362; 369 Triumphrecht (s. a. auspicia, imperium): 97 f.; 303 f.; 323; 330–334; 336 f.; 341; 353; 355; 357 Triumphverzicht: 260; 267 f.; 277; 284–299; 328–338; 345; 357; 360 Triumvir, Triumvirat: 58 A. 32; 59 A. 35; 60; 64–69; 76–78; 83 A. 172; 141; 149 A. 464; 239; 337 A. 275 tropaeum: 128; 223 Vergöttlichung: 16 f.; 57; 65; 174 A. 101; 223–225; 242; 250; 365 Veteranen: 21; 56; 60; 77 f.; 152; 161; 164; 167–169; 173; 181; 198; 241 Victoria (Personifikation): 47; 128 A. 380; 129; 132–135; 231 A. 183; 248 A. 260; 364 virtus: 10; 38–41; 76; 114; 193; 200; 271–273; 287 f.; 293 f.; 299; 307–310; 346; 368 Volk: 29 f.; 57; 77 f.; 84; 90; 115; 131 f.; 161–163; 174 A. 101; 181 f.; 188; 190 f.; 197; 217 A. 116; 371 Volkstribun: 45 Weltalterlehre (s. a. Goldenes Zeitalter): 61 f.; 74

QUELLENREGISTER Ammianus Marcellinus 17,4,5: 313 Appian civ. 2,101: 45 3,41 f.: 21; 161 3,83 f.: 20 3,84: 20 3,88: 182 4,38: 92 4,110: 116 4,161: 323 4,355: 69 5,3: 77 5,42–45: 153 5,201: 153 5,230–271: 60 5,275: 68 5,282: 69 5,325–329: 71 5,524: 77 5,538: 79 5,539: 77 5,540: 77 5,541 f.: 79 5,548: 77 Ill. 20: 254 27: 254 28,83: 87; 90 Caesar, Corpus Caesarianum Gall. 1,7,1 f.: 37 1,7,4 f.: 38 2,20: 41 2,25: 41 3,14,8: 38 3,28,1: 38 5,28,52: 40 5,49–52: 39 5,49,6: 39 7,40,2: 38 7,52,3 f.: 39

7,53,3: 39 7,87 f.: 41 8, prae f. 2: 50 civ. 1,7,7 f.: 41 3,31,3: 257 3,67,5 f.: 38 3,69,4: 41 3,73,2: 39 3,73,4–6: 40 3,88–99: 40 3,94,5 f.: 40 Bell. Hisp. 39,2 f.: 49 Cassius Dio 39,52: 43 43,44,2: 12 44,5,3: 12 44,22,2: 190 44,29,1: 144 44,35,3: 87 46,43: 182 47,29,3: 190 47,49,2: 49 48,14,1–5: 153 48,16,1: 152 48,17,3: 69 48,27,3–28,2: 60 48,29,1: 68 48,31,2: 145 48,46,1 f.: 71 48,49,4: 330 49,15,1: 83 50,3,3: 92 50,3,4: 90 50,4,4 f.: 90 50,4,5: 90 f. 50,5: 93 50,5,2 f.: 93 50,6,1: 91 f. 51,2,2: 102 51,13,1: 101 51,14,6: 101 51,19,1: 135

51,20,4: 117; 202 51,21,4: 89 f. 51,21,5: 100 51,21,5–9: 87 f. 51,21,6: 105 f. 51,21,7: 100; 105 51,21,8: 102 51,22,1: 133 51,24,4: 301 51,25,2: 304 52,41,3 f.: 13; 16 53,12,1 f.: 198 53,12,3: 27 53,13,1: 198 53,16,7: 293 53,23,5–24,3: 310 53,23,5–7: 315 53,26,4 f.: 284 53,26,5: 298 53,32,5: 24 54,3,2 f.: 319 54,8,2: 274 54,8,3: 270 54,11,5f: 329 54,24,7 f.: 334 54,24,8: 339 54,25,5: 21 54,31: 336 54,33,5: 343 55,2,4: 358 55,6,5 f.: 284; 357 55,8,1 f.: 357 55,10,2–5: 272; 348 55,25,3: 23 55,28,1 f.: 353 55,28,3 f.: 354 56,17,1 f.: 285 56,33,1: 363 56,34,1–3: 364 56,35,3 f.: 364 56,35,5 f.: 364 56,42,1–3: 365 57,2,1: 375 57,4,2: 371 58,19,5: 374 76,8,1: 89 77,15,2: 376

422 Cicero ad Brut. 12,3: 169 Att. 11,1,2: 233 11,2,3: 233 16,17,3: 180 fam. 9,6,3: 150 10,30,3: 245 12,19: 257 of f. 3,41: 293 Marcell. 29: 50; 149 Phil. 3,5: 180 3,14: 179 f. 7,25: 141 8,8: 141 13,11,24 f.: 49 13,22–48: 168 13,24 f.: 190 13,25: 168 Pis. 56: 286 57: 288 58: 287 60: 287 62: 287 97: 288 rep. 141 Dirae 79–85: 140 Flavius Josephus bell. Iud. 7,3–7: 279 7,5,5: 110 Florus 2,21,40: 87 2,33,52: 295

Quellenregister 2,33,53: 297 Hesiod erg. 90–200: 61 Hieronymus chron. ad. Ol. 18,2: 310 Horaz epod. 7,1–4: 72 7,9 f.: 72 7,13 f.: 72 7,15 f.: 73 7,17–21: 73; 293 9,22–26: 147 16,1 f.: 75 16,9: 75 16,25–38: 75 16,39 f.: 76 16,43–62: 74 16,63–66: 74 carm. 1,2,21–24: 2543,5,2–12: 253 1,37: 318 4,15,17–24: 202 carm. saec. 49–56: 251 57–60: 251 epist. 1,12,25–29: 265 Laudatio Turiae II,25 f.: 141 Livius 1,16: 293 1,19,3: 200 2,47,9–11: 285 3,29,3: 227 4,20,5–11: 302 30,45,7: 10 Per. 133: 87; 101; 105

Nikolaos v. Damaskus I (1): 153; 155 II (2): 154 f. III (6): 156 IV (7): 156 IV (7)–V (13): 157 VI (14): 116; 156 VI (15): 116; 156 VII (16): 157 VIII (17): 157 VIII (18): 157 X (21 f.): 156 XII (27): 157 XVI (39): 158 XVI (41): 158 XVII (48): 158; 161 XVII (49): 161 XVII (50): 161 f. XVIII (51): 162 XVIII (53): 162 XVIII (55): 158; 163 XVIII (56): 163 XVIII (57): 164 XXVII (102): 164 XXVII (104–106): 164 XXVIII (108): 165 XXVIII (110): 165 XXVIII (113): 166 XXIX (115): 167 XXXI (131): 167 Ovid am. 3,9,63 f.: 313 ars 1,177–182: 273 fast. 1,117–124: 203 1,276–282: 203 1,591 f.: 10 1,593–606: 9 1,607–616: 10 2,133–144: 293 met. 15,746–759: 48 trist. 2,445 f.: 313

423

Quellenregister Plinius d. Ä. nat. 5,36 f.: 327 13,53: 325 22,13: 348 36,28: 325 36,60: 328 Plutarch Antonius 22,2: 116 60,1: 92 85 f.: 101 Brutus 41,3: 115 Marcellus 8,1 f.: 308 Numa 2,2 f.: 293 Pompeius 25,4: 293 Properz 1,21,9 f.: 60 2,1,3: 102 2,1,34: 110 2,16,41 f.: 148 3,5,47 f.: 253 4,6: 318 Res Gestae divi Augusti 1,1: 177; 197; 243 1,2: 178 1,3: 181; 197 2: 182; 195 f. 3,1: 183; 193; 195 3,2: 196 3,4: 181 4: 102 4,1: 87; 277 4,2: 198 12,2: 216 13: 117 13,1: 194 15,4: 181 16 f.: 181 17,2: 23; 199 21,1: 225

24,1: 195 25: 184–186; 197 25,1: 76 25,2: 93; 195 25,2 f.: 119 26,1: 196 26,2: 297 26.3: 197 26,5: 196 27,1: 318 27,2: 199 28: 198 29: 258 29,1: 297 29,2: 199 29,3: 269 30: 27; 196 30,1: 196; 199; 336 30,2: 365 32,1: 199 32,2: 199 34: 187; 197 34,1: 50; 84; 149; 195 A. 10 35,1: 188; 226 Sallust hist. frg. 12 M: 143 Servius Aen. 8,714: 105 ecl. 10,1: 313 Georg. 1,498–504: 147 3,29: 124 4,559–562: 147 Strabo Geo. 7,4,1: 368 12,3,6: 102; 105 12,3,35: 102 Sueton Aug. 8,1: 116; 365 13,1: 49 14 f.: 151

15: 151 17,2: 92 18,2: 122 20,1: 254 22: 87; 105 25,1: 22 f. 25,4; 261 26,1: 21; 182 29,1: 347 29,2: 170; 272 30,1: 324 31,5: 347 37: 28 41: 87 49: 18 66,1: 313 85,1: 297 99,1: 363 100,2: 134 101,4: 363 Claud. 1,3: 343 gramm. 16: 317 Iul. 78,2: 46; 118 Tib. 6: 87; 105 6,4: 358 9,2: 339 17,2: 359 20: 360 25,2: 371 26,2: 375 38: 371 63,2: 374 Tacitus Agr. 40,1: 339 ann. 1,1: 13 1,24,1: 371 1,25,3: 372 1,26,1: 371 1,26,2: 372 1,46: 371

424 1,80: 374 1,80,3; 374 2,41,1: 369 2,41,2: 368 f. 3,47,2: 371 3,72: 328 4,26,1: 373 6,3,1: 375 6,3,3: 375 6,39,3: 374 Tibull 1,7,57–60: 324 Valerius Maximus 2,8,3: 289 2,8,7: 97 4,1,9: 289 Velleius Paterculus 2,36,1: 85 2,39,2: 188 2,41,1 f.: 42 2,51,3: 328 2,87,1: 101 2,89,1: 87 2,89,2–4: 84; 200 2,89,6: 201 2,96,3: 338 2,99,1: 338 2,104,4: 370 2,115,2 f.: 341 2,116,2: 352 2,126,3: 200 Vergil Aen. 1,286–296: 203 6,853: 196 7,601–606: 253 8,671–713: 318 8,720–728: 101 12,856–860: 253 ecl. 1,1–5: 57 1,6–8: 57 1,11–13: 58 1,59–63: 56 1,70 f.: 57 1,71 f.: 57 1,74–78: 55

Quellenregister 1,79 f.: 55 1,82 f.: 56 4,5: 62 4,6: 62 4,7–10: 61 4,11–14: 61 4,17: 63 4,18–23: 63 4,31–36: 68 4,53 f.: 61 Inschriften AE 1928, 44: 304 AE 1952, 165: 189 CIL V 8270: 316 CIL VI 702: 318 CIL VI 873: 138 CIL VI 32323: 252 CIL VI 40311: 9 CIL IX 4190: 109 CIL XII 4335: 200 Ehrenberg/Jones 311: 24 IAph2007 8.25–32: 12 IGRR iv 33: 199 ILLRP 562a: 67 ILS 8810: 304 IRT 301: 353 Syll.3 784: 239 Münzen Crawford, RRC, Nr. 262/1: 131 Crawford, RRC, Nr. 480/24: 131 Crawford, RRC, Nr. 520/1: 66 Crawford, RRC, Nr. 527–529: 66 Crawford, RRC, Nr. 527/1: 66 Crawford, RRC, Nr. 528/1: 66 Crawford, RRC, Nr. 529/1: 66 Crawford, RRC, Nr. 529/2–3: 66 Crawford, RRC, Nr. 529/4: 66

RIC I2 1–249: 131 RIC I2: 1–25: 237 A. 214 RIC I2 96–101: 228 RIC I2 131: 267 RIC I2 162–203: 14; 235 RIC I2 162–165: 232 RIC I2 198 f.: 232 RIC I2 205–212: 228 RIC I2 219: 132 RIC I2 221–224: 228 RIC I2 250–274: 232 RIC I2: 250a–256: 128 RIC I2 252: 131; 232 RIC I2 253: 131; 232 RIC I2: 255: 128 RIC I2 256: 82 RIC I2 257: 131 RIC I2 259: 128 RIC I2 261: 128 RIC I2 262: 131 RIC I2 265a: 128 RIC I2 267: 128; 136 RIC I2 268: 128 RIC I2 270: 248 RIC I2 271: 83; 128 RIC I2 272: 131 RIC I2 275: 318 RIC I2 275a: 130 RIC I2 287–292: 232 RIC I2 359: 267 RIC I2 476: 232 RPC I 2062: 232 RPC I 2201: 66 RPC I 2202: 66; 234 RPC I 2203: 232 RPC I 2738: 232 Sear 1998, Nr. 259–263: 66 Sear 1998, Nr. 262: 66 Sear 1998, Nr. 268: 66 Sear 1998, Nr. 274–296: 66 Sear 1998, Nr. 301–304: 66 Papyri P. Köln 249: 25 P. Oxy. 37,2820: 313

Die völlige Kontrolle über den militärischen Apparat war ein Grundpfeiler der Macht des ersten römischen princeps. Von Beginn seiner Herrschaft an nahm Augustus militärischen Erfolg und das daraus erwachsende politische und soziale Prestige exklusiv für sich in Anspruch. Den Mitgliedern der senatorischen Elite wurde damit eine zentrale Ressource im Kampf um Ehren, Ämter und Ansehen genommen. Wolfgang Havener zeigt, wie es dem princeps gelang, sein Monopol im militärischen Bereich zu etablieren und es in eine Form zu überführen, die für die Senatoren akzeptabel war. Wie entwarf Au-

gustus seine Rolle als ultimativer Sieger und oberster Feldherr? Wie wurde diese Rolle von den Angehörigen der senatorischen Oberschicht wahrgenommen? Welche Phasen im Kommunikationsprozess zwischen ihnen und Augustus lassen sich nachzeichnen? Zur Beantwortung dieser Fragen analysiert der Autor zentrale Themenfelder: Augustus’ Handeln während der Bürgerkriege; die öffentliche Präsentation seines Sieges über Antonius und Kleopatra; die Darstellung des Verhältnisses von Krieg, Sieg und Frieden im augusteischen Prinzipat; und schließlich den Umgang des princeps mit dem Siegesritual des Triumphs.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag

ISBN 978-3-515-11220-8

9

7 83 5 1 5 1 1 2 208