Illustrierte Flugblätter des Barock: Eine Auswahl [Reprint 2011 ed.] 9783110966152, 9783484160231


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Illustrierte Flugblätter des Barock: Eine Auswahl [Reprint 2011 ed.]
 9783110966152, 9783484160231

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DEUTSCHE NEUDRUCKE

Begründet von Erich

REIHE: B A R O C K

Herausgegeben von Conrad

Band 30

Trunz Wiedemann

Illustrierte Flugblätter des Barock Eine Auswahl

Herausgegeben

von

Wolfgang Harms, John Roger Paas, Michael Schilling,

Max Niemeyer Verlag Tübingen

Andreas

Wang

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT GmbH, Goethestraße 49, 8000 München 2

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Illustrierte Flugblätter des Barock :e Ausw. /hrsg. von Wolfgang Harms . . . - Tübingen : Niemeyer, 1983. (Deutsche Neudrucke : Reihe Barock ; Bd. 30) NE: Harms, Wolfgang [Hrsg.]; Deutsche Neudrucke / Reihe Barock ISBN 3-484-16023-3

ISSN 0418-8926

© Max Niemeyer Verlag Tübingen 1983 Alle Rechte vorbehalten. Printed in Germany Satz: Allgäuer Zeitungsverlag, Kempten Druck: Omnitypie-Gesellschaft Nachf. Leopold Zechnall Stuttgart Einband: Heinr. Koch, Tübingen

Zum illustrierten Flugblatt der Barockzeit Von Wolfgang H a r m s und Michael Schilling

D

as illustrierte Flugblatt der Frühen Neuzeit verwendet

dessen Inhalte, Funktionen oder einen eventuellen Anteil

wirksam konventionelle literarische und graphische

von Graphik festzulegen. Wenn man, was nicht unumstrit-

Formen 1 furs Bestätigen und Durchsetzen von Meinungen

ten ist, innerhalb der Einblattdrucke sich auf Flugblätter

und Lehren geistlichen und weltlichen Inhalts. Dabei wird es

konzentriert, so ist damit der quantitativ große Bereich der

nicht durch klare poetologische, technische oder rechtliche

offiziellen Bekanntmachungen und Erlasse und meist auch

Vorstellungen von dem, was denn ein illustriertes Flugblatt

der Kalender und Landkarten ausgeschlossen. U n t e r den

gestützt 2 .

dann noch verbleibenden Flugblättern ist ein großer Teil

von anderen Druckerzeugnissen unterscheide,

Man hatte offenbar nicht das Bedürfnis, zwischen Flugblatt,

mit Graphiken (Holzschnitt, Kupferstich oder Radierung)

illustriertem Flugblatt, Einblattdruck, Plakat und Flug-

versehen, in denen meist nicht eine Zutat, sondern ein wie

schrift eindeutig zu differenzieren; wir können daher nicht

die Texte substantieller Bestandteil zu sehen ist. Die K o m -

auf das Vokabular jener Zeit selbst zurückgreifen, wenn wir

bination von Bild und Text gibt dem illustrierten Flugblatt

die einzelnen publizistischen Phänomene des 17. Jahrhun-

des 17. Jahrhunderts als wichtige Charakteristika eine auf-

derts unterscheiden wollen. Der Versuch, allzu scharf die

merksamkeitsuchende Appellstruktur und die Dominanz

Grenzen zwischen dem illustrierten Flugblatt und seinen

der Glaubens- und Meinungsbeeinflussung gegenüber der

Nachbarphänomenen umreißen zu wollen, wäre nicht zeit-

Faktenbeschreibung 5 . Das illustrierte Flugblatt reagiert sug-

3

und sachgemäß . Auch wird man nur mit Vorsicht nationa-

gestiv und eindrucksvoll mit A n t w o r t e n auf Sorgen, Be-

unterscheiden

fürchtungen und H o f f n u n g e n des zeitgenössischen Publi-

können, zumal es etliche gemeinsame, international interes-

kums; f ü r politische und religiöse, datierbare und undatier-

le Besonderheiten illustrierter Flugblätter

sierende T h e m e n k o m p l e x e dieser Blätter gab und nicht nur

bare Anlässe ist hierbei von einer Aktualität des Flugblatts

lateinische, sondern auch die vielen mehrsprachigen Blätter

auszugehen, die nicht v o m D a t u m oder v o m kurzen Zeitab-

jenseits der staatlichen oder sprachlichen Grenzen ihrer E n t -

stand zwischen einem Ereignis und der Publikation abhän-

stehungsregion zu wirken vermochten.

gig ist 6 .

Mit moderner Terminologie unterscheiden wir i m techni-

Bei der Bezeichnung .Flugblatt' hat man an die lateinische

schen Sinn den Einblattdruck 4 v o n allen mehrblättrigen

Entsprechung folium volans zu denken, an das einzeln ver-

Druckwerken, den Flugschriften wie den Büchern. Der

fügbare Blatt i m Gegensatz zu umfangreicheren Schriften,

Einblattdruck bezeichnet das einseitig bedruckte Blatt, ohne

nicht aber an eine massenhafte kostenlose Verteilung, wie

1

S. ζ. Β. Α. M. Warburg, Heidnisch-antike Weissagung in Wort und Bild zu Luthers Zeiten (zuerst 1920), wiederabgedruckt in: Α. M. Warburg, Ausgewählte Schriften und Würdigungen, hg. von D. Wuttke in Verb, mit C. G. Heise, Baden-Baden 1979, S. 199-304. 2 S. Coupe I, S. 7f. und l l f f . ; zu der hier und in den Kommentaren abgekürzt zitierten Literatur finden sich die vollständigen Angaben in unserer Bibliographie. 3 S. auch H. Urban, Rez. zu Coupe (1966/67), Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel 95 (Frankfurt 1968) 3076-3079; W. Harms, Rez. zu Strauss (1975), Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 102 (Tübingen 1980) 479-485; Gisela Ecker, Einblattdrucke von den Anfängen bis um 1555. Untersuchungen zu einer Publikationsform literarischer Texte, 2 Bände, Göppingen 1981, S. 6ff. und 132ff. 4 Eine gründlichere Definition in dem Band Flugschriften als Massenmedium, S. 498f.; dieser Band informiert über viele Aspekte der Flugschrift, widmet dem benachbarten Flugblatt aber kaum Aufmerksamkeit. Eine neue bibliographische Erfassung von Teilen unseres Gegenstands und publizistischer Nachbarphänomene bietet, leider die graphischen Anteile ignorierend, das Dortmunder Institut für Zeitungsforschung; Pressefrühdrucke aus der Zeit der Glaubenskämpfe (1517-1648). Bestandsverzeichnis des Instituts für Zeitungsforschung, München u. a. 1980. * S. Coupe; Wang, Information und Deutung; Schilling, Allegorie und Satire; Ruth Kastner, Geistlicher Raufifhandel. Form und Funktion der illustrierten Flugblätter zum Reformationsjubiläum 1617 in ihrem historischen und publizistischen Kontext, Bem/Frankfurt a. M. 1982. 6 S. R. Wohlfeil, Reformatorische Öffentlichkeit, in: K. Stackmann (Hg.), Laienkultur im späten Mittelalter und im 16. Jahrhundert. Wolfenbütteler Kolloquium 1981, Stuttgart 1983; vgl. zum Einsatz des Bildes ders., Einführung in die Geschichte der deutschen Reformation, München 1982, S. 133-144 (mit Lit. S. 219-221). VII

sie sich als Erfahrung aus der Gegenwart aufdrängen mag 7 .

ausgesetzt und ist damit, gemessen an den knappen K o m b i -

Das zeitgenössische Vokabular sagt etwas über einige der

nationsmöglichkeiten des illustrierten Flugblatts, auf dem

möglichen Leistungen oder auch Bewertungen dieser ein-

Weg v o m Plakat zum Buch.

8

zelnen Blätter aus . W o von gemäl oder bildnis im Z u s a m -

Mit graphischen Sonderformen, wie dem mit einer Prosa-

menhang mit solchen Blättern gesprochen wird, ist die Be-

oder Vers-Legende versehenen Porträt oder dem oft mit

deutung des graphischen Anteils und damit dessen Blick-

deutenden Texten versehenen Kunstblatt, ist das illustrierte

fangwirkung hervorgehoben; es ist aber nicht ganz auszu-

Flugblatt durch eine größere, nicht klar zu unterteilende

schließen, daß mit diesen Bezeichnungen auch ein Bild und

Übergangszone verbunden. Wenn es ζ. B. in einem katholi-

Text vereinendes Kunstblatt gemeint sein könnte, das übli-

schen Blatt von 1630 in einer Kritik an der Wirkung prote-

cherweise auf anderen Wegen der Verbreitung ein spezielle-

stantischer Blätter, die eine Analogie zwischen Heiligenbil-

re Interessen verfolgendes Sammlerpublikum erreicht, als

dern und Porträts des Schwedenkönigs herstellen, heißt:

das Flugblatt. W o ein Blatt sich neue Zeitung nennt (vgl.

Ich sags vnd ist nur gar zu w a h r /

unsere N r . 50), wird seine Leistung, Neuigkeiten zu vermit-

Die Weber vnd ein jeder N a r r

teln, betont; Grenzen zur periodisch erscheinenden Zeitung 9

Sein Bildniß hett an der K a m m e r T h ü r /

oder zum historisch-politischen Lied 10 werden mit einer sol-

Vnd betteten: Lieber Schwed hilff mir,- 1 1

chen Benennung aber nicht geklärt. Wird ein Blatt als Schar-

so handelt es sich bei diesem Bildniß u m ein Flugblatt 12 , und

teke bezeichnet, so kann es hiermit wertneutral in die N a c h -

zwar sowohl hinsichtlich der Kombination v o n Bild und

barschaft zur Karte gerückt werden, doch ist es wahrschein-

Text wie auch hinsichtlich der dabei intendierten - und hier

licher, daß sein Inhalt mit diesem Wort als wertlos einge-

offensichtlich erfolgreichen - Wirkung. Mannigfaltig sind

stuft wird, ohne daß eine spezielle Form des Druckerzeug-

die Ähnlichkeiten und Affinitäten zwischen dem illustrier-

nisses gemeint sein müßte. Als Pasquill wird ein Flugblatt in

ten Flugblatt und einzelnen literarischen Gattungen und

zeitgenössischem

bezeichnet,

Schreibarten (s.u. S. X I f . ) . Hierbei wird deutlich, daß das

wenn es als beleidigendes, unhaltbare Behauptungen und

Flugblatt selbst nicht als Gattung, sondern als Mittel oder

Invektiven verbreitendes Machwerk hingestellt werden soll;

Verwendungskomplex f ü r den Einsatz v o n potentiell m e h -

eine

Sprachgebrauch

dann

oft

Klassifizierung

des

reren Gattungen zu verstehen ist. Wenn etwa klassische D i -

Blatts ist damit jedoch nicht versucht und nicht

er-

stichen neben der weniger strengen Form des Knittelverses

literarische,

gattungsbezogene

reicht.

auf einem Flugblatt erscheinen, so ist diese formale Hetero-

Einige Klärungen von Eigentümlichkeiten des illustrierten

genität oft verbunden mit d e m unterschiedlich ausgerichte-

Flugblatts sind zu erreichen, indem man seine Grenzen und

ten Einsatz von Gelehrten- und Volkssprache nebeneinan-

Affinitäten gegenüber formal oder funktional ähnlichen

der (s. z . B . N r . 15f.). D u r c h seine Aufgeschlossenheit ge-

zeitgenössischen Erscheinungen beschreibt. Wenig ergiebig

genüber neuen Versformen, ζ. B. dem Alexandriner 1 3 , kann

hierfür ist der scheinbar naheliegende Vergleich mit der Zei-

das Flugblatt daneben auch Gegensätze zwischen alten und

tung, die es, v o n Vorstufen abgesehen, erst seit 1609 gibt (in

neuen Ausdrucksformen enthalten und nutzen. Traktatge-

Straßburg und Wolfenbüttel); zu unterschiedlich sind die

mäße Prosa kann neben Versen erscheinen, z . B . w e n n der

Aufgaben: Die Zeitung jener Zeit ist strikt auf Informatio-

Eindruck einer sachkundigen Abhandlung oder einer histo-

nen, zunächst vorwiegend aus politischem Bereich, konzen-

rischen

triert, während das illustrierte Flugblatt vor allem der D e u -

prägsamen Zuammenfassungen (ζ. B. N r . 36 u n d 38). Ä h n -

tung dient, ohne dabei auf bestimmte Lebensbereiche be-

lich können für das Flugblatt Form und Schreibart den

schränkt zu sein. Bei der in vieler Hinsicht eng verwandten

Möglichkeiten des Liedes, der Predigt, des Sprichwortes

Flugschrift, die bisweilen wie eine aus gleichen Elementen

und des Zitats, der Satire, der Parodie und der Kontrafaktur

aufgebaute G r o ß f o r m des Flugblatts wirkt, fehlt die durch-

e n t n o m m e n werden. Dazu gehört in aller Regel eine auf-

Dokumentation abgehoben werden soll von ein-

gängige Verflechtung von Graphik und Text und damit ein

grund guter Rhetorikkenntnis kalkulierte Z u o r d n u n g der

Hauptelement der Suggestiv- und Memorierleistung des il-

Mittel zu den angestrebten Zielen der einzelnen Flugblatt-

lustrierten Flugblatts; der Rezipient der Flugschrift wird,

Teile. Eine völlige Ubereinstimmung der Aussagen einzel-

auch wenn deren Titelblatt noch graphische Akzente und

ner Flugblatt-Teile, ζ. B. auch der Graphik und des Textes

Hinweise enthalten mag, bei der Lektüre der Wirkung brei-

insgesamt, ist jedoch nicht selbstverständlich; so kann eine

terer verbaler Argumente und anderer rhetorischer Mittel

mehrschichtige, in sich nicht deckungsgleiche Aussage der

7 8

9

10 11 12 13

Zu Fragen der Herstellung, der Verbreitung und der Ziele s. unten S. IXff. Beispiele für Bezeichnungen des illustrierten Flugblatts auf Flugblättern selbst s. Illustrierte Flugblätter II, 188, 278 und 293; vgl. auch Nr. 62 und 65 dieser Edition. S. E. Bliihm, Zeitung und literarisches Leben im 17. Jahrhundert, in: A. Schöne (Hg.), Stadt - Schule - Universität - Buchwesen und die deutsche Literatur im 17. Jahrhundert, München 1976, S. 493-505 (mit Diskussion S. 580-587); E. Bogel/E. Blühm, Die deutschen Zeitungen des 17. Jahrhunderts. Ein Bestandsverzeichnis mit historischen und bibliographischen Angaben, 2 Bände, Bremen 1971. S. Brednich, Die Liedpublizistik im Flugblatt. ,Vlmer Wehklag vnd Augspurgische Warnung. Dialogus oder Gespräch zwischen Vlm/Augspurg vnd König in Franckreich'; s. Coupe II, Nr. 338. Nach Coupe I, S. 78; das Blatt ist abgebildet und besprochen im Katalog ,Um Glauben und Reich', Nr. 634. Vgl. Elisabeth Lang, Das illustrierte Flugblatt des Dreißigjährigen Krieges - ein Gradmesser fur die Verbreitung der Opitzschen Versreform?, Daphnis 9 (1980) 65-87.

VIII

einzelnen Teile auf unterschiedliche Verständnismöglichkeiten im intendierten Publikum abzielen. Die Stärke des Flugblatts liegt gerade in seinen mannigfaltigen Kombinationsmöglichkeiten in Verbindung mit einer relativ leichten Uberschaubarkeit. Wo dem modernen Betrachter manche sprachliche oder graphische Bildlichkeit im Flugblatt unzugänglich erscheint, hat der Zeitgenosse nicht esoterisch Verborgenes, sondern über die konventionelle Bildersprache Zugängliches gesehen. Wo das illustrierte Flugblatt in dieser Weise Traditionen aufgreift 14 , kommt es dem Kenntnisstand und damit dem Vertrauen seines Publikums entgegen; gegenüber den Anforderungen der zeitgenössischen Gattungspoetik* hat es dagegen allem Anschein nach in seinen Kombinationen viel Freiraum gehabt und genutzt. Dieser erleichterte es, das illustrierte Flugblatt für sehr vielfältige Aufgaben gegenüber einem potentiell breiten Publikum einzusetzen. Im Einzelfall konnte das einzelne Blatt durch bestimmte Anforderungen und Signale den Kreis des tatsächlich zu erreichenden Publikums auch enger festlegen. Im Jahr 1492 verfaßte der Basler Humanist Sebastian Brant einen Text in deutscher und lateinischer Sprache, der den Meteoriteneinschlag im benachbarten Ensisheim als ein Zeichen interpretiert, mit dem Gott den Kaiser zu entschiedenem Vorgehen gegen Frankreich auffordere. Dieser Text wurde mit einem Holzschnitt versehen und als Einblattdruck, d.h. als einseitig bedrucktes Blatt, verkauft 15 . Der Verfasser des Narrenschiffs hat damit früh das junge Medium des illustrierten Flugblatts für die politische Propaganda eingesetzt. Die publikumswirksame Verbindung von Bild und Text auf dem relativ kostengünstigen illustrierten Flugblatt wurde im 15. Jahrhundert zunächst noch hauptsächlich für die religiöse Unterweisung genutzt. Auch Brant hat neben seinen politischen Blättern religiöse verfaßt 16 . Erst die Reformation leitete eine verstärkte Nutzung des Flugblatts als Propagandainstrument ein, auch wenn zu dieser Zeit die mehrblättrige Flugschrift das wichtigere Medium fur die Verbreitung reformatorischer Ideen darstellt17. Die Popularität der illustrierten Flugblätter wurde dabei durch den Umstand gefordert, daß Luther und Melanchthon selbst als Verfasser solcher Blätter hervorgetreten sind18. Neben der Konfessionspolemik etablierten sich

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gleichfalls unter dem Einfluß reformatorischen Gedankenguts Themen einer eher profanen Morallehre auf den Flugblättern des 16. Jahrhunderts. Wichtigster Autor auf diesem Gebiet ist der Nürnberger Schuhmacher Hans Sachs19. Einen großen Anteil der Flugblatt-Publizistik im 16. Jahrhundert machten schließlich die .Neuen Zeitungen' aus. Sie bildeten die eigentliche .Sensationspresse' der Zeit, indem sie in werbewirksamer Aufmachung - der Effekt der BildText-Kombination wurde nicht selten durch eine kräftige Kolorierung gesteigert - über außergewöhnliche Dinge und Geschehnisse wie Mißgeburten, Himmelserscheinungen, Naturkatastrophen oder auch Kriegsereignisse berichteten20. Im 17. Jahrhundert änderten sich die illustrierten Flugblätter thematisch nur geringfügig. Es scheint, daß das Medium noch gezielter zur politischen Meinungsbildung einer breiteren Öffentlichkeit eingesetzt wurde. Darauf deutet wenigstens die auffällige Konzentration der Publizistik in den Jahren 1620/21 und 1631/32 hin 21 . Bleiben im 17. Jahrhundert die Themen der Flugblätter im großen und ganzen dieselben wie im 16., so ist doch ein auffälliger Wechsel bei der Illustrationstechnik festzustellen. Während im 15. und 16. Jahrhundert die Blätter vornehmlich mit Holzschnitten illustriert wurden, setzen sich um die Jahrhundertwende zunehmend Kupferstich und Radierung durch und verdrängen den Holzschnitt in die Provinz. So werden bezeichnenderweise bei Neuausgaben von Blättern des 16. Jahrhunderts oft die ursprünglichen Holzschnitte durch Kupferstiche ersetzt22. Von den Gründen, die in der Forschung bisher für diese Entwicklung angeführt wurden, ist wohl der Hinweis auf das gestiegene Informationsbedürfnis des Publikums am plausibelsten. Kupferstich und Radierung mit ihrer Detailgenauigkeit und Schattierungstechnik verbürgten einen höheren Grad der Objektivität als der zumeist grobe und großflächige Holzschnitt der Briefmaler. Allerdings läßt auch dieser Erklärungsversuch noch viele Fragen offen - etwa die nach der anscheinend bis ins 18. Jahrhundert ungebrochenen Briefmalertradition in Augsburg - , so daß man wohl von einer differenzierten Faktorenanalyse ausgehen muß, will man der skizzierten Entwicklung auf den Grund gehen23.

Zur möglichen Verbindung von mittelalterlichen Bildkonventionen und neuen, durch die jeweilige historische Situation hervorgerufenen Funktionen s. z.B. W. Harms, Reinhart Fuchs als Papst und Antichrist auf dem Rad der Fortuna, Frühmittelalterliche Studien 6 (1972) 418-440. Flugblätter des Sebastian Brant, hg. von P. Heitz mit einem Nachwort von F. Schultz, Straßburg 1915 (Jahresgaben d. Gesellschaft f. Elsässische Literatur, 3), Tafel 1—4; D. Wuttke, Sebastian Brant und Maximilian I. Eine Studie zu Brants Donnerstein-Flugblatt des Jahres 1492, in: Die Humanisten in ihrer politischen und sozialen Umwelt, hg. von O. Herding/R. Stupperich, Boppard 1976 (DFG: Kommission f. Humanismusforschung, Mitteilungen 3), S. 141-176; J.-D. Müller, Poet, Prophet, Politiker: Sebastian Brant als Publizist und die Rolle der laikalen Intelligenz um 1500, Zeitschrift f. Literaturwissenschaft u. Linguistik 10 (1980) 102-127. Brant (wie Anm. 15), Tafel 6, 14, 19; W. Wackernagel u.a., Sebastian Brants Gedicht an den heiligen Sebastian. Ein neuentdecktes Basler Flugblatt, Basier Zeitschr. f. Geschichte u. Altertumskunde 75 (1975) 7-50. Zur Flugschrift vgl. jetzt den Band Flugschriften als Massenmedium. Strauss, S. 154f.; Illustrierte Flugblätter II, 2 und 78-86 (mit weiterer Literatur). H. Röttinger, Die Bilderbogen des Hans Sachs, Straßburg 1927 (Studien z. dt. Kunstgeschichte, 246); Hans Sachs. Des Dichters 107 originale Holzbilderbogen, hg. von M. Geisberg, 4 Bde., München 1928. Roth, Die neuen Zeitungen; Weber, Wunderzeichen und Winkeldrucker. Näheres hierzu bei M. Schilling, Das Flugblatt als Instrument gesellschaftlicher Anpassung, Vortrag, Kongreß .Literatur und Volk im 17. Jahrhundert', Wolfenbüttel 1982. Wäscher, Das deutsche illustrierte Flugblatt I, 9, 62, 82; Illustrierte Flugblätter II, 32f., 40-42. Vgl. M. Schilling, Rez. zu Alexander/Strauss (1977), Germanisch-Romanische Monatsschrift 64 (1983). IX

Die Anonymität vieler Flugblätter erschwert generalisierende Aussagen über die Verfasser dieser Publizistik. Angaben über den Bildungsstand, den Sozialstatus, die Konfession und politische Einstellung der Autoren sind oft nur aus dem Inhalt und der formalen Gestaltung der Flugblätter selbst abzuleiten und daher nur ungefähr zu bestimmen. Da j e doch nicht alle Flugblätter anonym überliefert sind, vermitteln uns auch die namentlich bekannten Verfasser gewisse Vorstellungen, die mit Einschränkungen auf die anonymen Blätter zu übertragen sein dürften. N i m m t man einmal nur die in der vorliegenden Auswahl vertretenen Autoren, so stellen Protestanten mit universitärer Bildung die Mehrheit der identifizierten Flugblattverfasser (1: Wulf Ael, 2: Johann Saubert, 20: Daniel Sudermann, 24: Johann Fischart, 54: Elias Rudel, 66: Caspar Augustin, 68: Johann Klaj, 75: J o hann Bödiker). Hans Sachs (28f.) und Wilhelm Weber (21) gehören der städtischen Schicht der H a n d w e r k e r an und sind ebenfalls Anhänger der lutherischen Kirche. In dem Lutheraner Matthaeus Rembold (71) begegnet der Fall, daß Blattproduzent und Textautor eine Personalunion eingegangen sind. Elf protestantischen Verfassern stehen nur zwei katholische gegenüber (35: Johann Rasch, 72: Athanasius Kircher), von denen der Jesuit Kircher als einer der angesehensten Gelehrten seiner Epoche galt 24 . Das Ergebnis, daß die illustrierten Flugblätter zu einem beträchtlichen Teil aus der Feder gebildeter Autoren stammen und mehrheitlich protestantischen Ursprungs sind, ist nach unserer Kenntnis auch für den Gesamtbestand des Mediums im 17. Jahrhundert gültig. Die Proportionen werden bestätigt, wenn man die anonymen Blätter der Sammlung einbezieht: Sieht man einmal von den konfessionell indifferenten Blättern ab, ist der protestantische Anteil mehr als doppelt so groß wie der katholische. E t w a die Hälfte aller Blätter in dieser Ausgabe weisen mit lateinischen Texten und Zitaten, komplexen Allegorien, historischen Anspielungen oder schwierigen Versmaßen auf einen gelehrten Autor hin. N o c h größere Schwierigkeiten als die Bestimmung der Verfasser bereitet die Frage, wer denn die Flugblätter gekauft und gelesen hat. Z u r Beantwortung können einmal die Blätter selbst betrachtet werden. Dabei sind zum einen explizite Widmungsadressen zu beachten. In der vorliegenden Auswahl tragen f ü n f Blätter Widmungen, die an Christian IV. von Dänemark und Friedrich III. von Schleswig-Holstein (1), an den Wiener Kaufmann Heinrich Kielman (2), an den Ehrsamen und Frommen Jos. Groben zum Furth (3), an den Nürnberger Patrizier Hans Wilhelm Kreß von Kressenstein

(6) und an drei Mitglieder der U l m e r Patrizierfamilie Furttembach (71) gerichtet sind. Schon diese wenigen W i d m u n gen zeigen, daß das illustrierte Flugblatt zumindest partiell auch von der gesellschaftlichen Oberschicht rezipiert werden wollte 25 . In ähnliche Richtung weisen die lateinischen Texte und Zitate, die auf immerhin 20 Prozent der abgebildeten Blätter erscheinen und einen gehobenen Bildungsstand bei den Rezipienten voraussetzen. Da aber die meisten dieser Blätter mit lateinischen Textelementen auch volkssprachige Textpassagen enthalten, die überdies oft ausfuhrlichere Informationen geben und auf der syntaktischen und argumentativen Ebene einfacher abgefaßt sind, wird über den engen Kreis lateinkundiger Leser auch ein breiteres Publikum als Rezipientenschicht avisiert 26 . Erwähnt werden müssen in diesem Z u s a m m e n h a n g auch Blätter, die zwar ausschließlich lateinische Texte enthalten, zu denen aber volkssprachige Schwesterblätter bekannt sind. In diesen Fällen führte die publikumsbezogene Differenzierung zur Veröffentlichung zweier in Inhalt und Bild gleicher, im A n spruchsniveau jedoch unterschiedlicher Fassungen 27 . Im Gegensatz zu zahlreichen Flugschriften des 16. Jahrhunderts, die sich nicht nur an eine Leser-, sondern auch an eine H ö rerschaft wenden 2 8 , reden die Flugblätter des 17. Jahrhunderts ihr Publikum als Leser an (32, 36, 42, 62, 66). Da die Lesefertigkeit auch noch i m 17. Jahrhundert weitgehend auf den städtischen Bereich beschränkt war, ohne jedoch die breite Masse der Besitzlosen einzuschließen 29 , dürften auf die lesekundige städtische Mittelschicht die meisten Flugblattkäufer entfallen sein. Darüber hinaus k o m m t jedoch auch der leseunkundige Teil der Bevölkerung als potentielle Rezipientenschicht in Frage; denn die Beobachtung, daß diese Rezipienten nicht wörtlich auf den Flugblättern genannt werden, besagt noch nicht, daß sie die Blätter nicht kennenlernen konnten. Einmal zeigen Berichte über den Vertrieb der Flugblätter, daß auch leseunkundige Schichten durch das werbende Ausrufen und Zeitungssingen über die inhaltlichen Aussagen informiert wurden. Z u m anderen ist auch die Illustration als Verständigungsmittel für Analphabeten wichtig. Es ist sicher kein Zufall, daß der mittelalterliche Topos quod legentibus scriptura, hoc idiotis praestat pictura30 auf einem Flugblatt von 1621 wiederholt wird: Was Gierte durch die Schrifft verstahn/ Das lehrt das Gemahl den gmainen Mann31. Die Frage nach der zeitgenössischen Rezeption der Flugblätter ist nicht allein mit den Hinweisen zu beantworten, die man auf den Blättern selbst findet. Mindestens ebenso wich-

24

23 26

27 28

29

30 31

X

Es ist allerdings zu bezweifeln, daß Kircher selbst eine Veröffentlichung seines Briefs an Herzog August von Braunschweig-Lüneburg vorgesehen hatte; wahrscheinlicher ist, daß der Herzog die Publikation veranlaßte, so daß man auch in diesem Fall von einem protestantischen Urheber auszugehen hat. Über die Adressaten Kielman und Grob konnte allerdings nichts Näheres ermittelt werden. Einschränkend ist zu bemerken, daß eine genauere Untersuchung der Zusammenhänge von sprachlich-argumentativen Mitteln mit dem intendierten Leser noch aussteht. Beispiele in: Illustrierte Flugblätter II, 7, 9, 13, 16, 18, 78-86, 116f., 139, 161, 169, 271. Zuletzt R. W. Scribner, Flugblatt und Analphabetentum. Wie kam der gemeine Mann zu reformatorischen Ideen?, in: Flugschriften als Massenmedium, S. 65-76, besonders S. 66-70; Monika Rössing-Hager, Wie stark findet der nicht-lesekundige Rezipient Berücksichtigung in den Flugschriften?, ebd. S. 77-137. R. Engelsing, Analphabetentum und Lektüre. Zur Sozialgeschichte des Lesens in Deutschland zwischen feudaler und industrieller Gesellschaft, Stuttgart 1973, S. 45f. Gregorius Magnus, Epistolarum Liber XI, 13 (Patrologia Latina, hg. vonJ.-P. Migne, Bd. 77, Paris 1896, Sp. 1128 C). Das Blatt ist abgebildet bei Bohatcovä, Nr. 65.

tig sind blattexterne Rezeptionszeugnisse. In seinem 1689

teils haben sie sich bis heute bei der zugehörigen Korrespon-

erschienenen R o m a n ,Der Politischen Jungfern Narren-Seil'

denz erhalten 39 .

läßt Ignatius Franciscus von Clausen den Ich-Erzähler in

Weiteren Aufschluß über die Rezeption verspricht schließ-

einem Wirtshaus einkehren.

der

lich die Behandlung der Fragen, wie, w o und zu welchem

Schlafkammer fällt der Blick des Erzählers auf die Bilder an

Preis die illustrierten Flugblätter vertrieben worden sind. Im

Bei der Besichtigung

den Wänden des Zimmers. Besonders ein Bild weckt seine

Abschied des Reichstags zu Speyer 1570 verschärfte man die

Aufmerksamkeit,

bestehenden Gesetze zur Kontrolle des Buchhandels mit der

und

die anschließende

Beschreibung

macht deutlich, daß es sich dabei u m ein illustriertes Flug-

Begründung,

blatt aus dem Nürnberger Verlag v o n Paul Fürst handelt 32 .

daß hin und wieder allerley schamlose Schmehschriff-

Die Verwendung von Flugblättern als Raumdekoration, die

ten, Bücher, Karten und Gemähide gedruckt und ge-

auch von Grimmelshausen 3 3 oder auf einem Gemälde v o n

mahlet, ohne alles straffen, zuvorab auff den gemei-

Jan Sanders van Hemessen 3 4 bezeugt wird, läßt sich überdies

nen Jahrmärckten, Messen und in anderen Versamm-

vereinzelt an den Blättern selbst ablesen. Z u r Darstellung

lungen umbgetragen, feil gegeben, verkaufft und aus-

einer Todespersonifikation, die mit Pfeil und A r m b r u s t auf

gebreitet, darunter dann auch niemand, es sei O b r i g -

den Betrachter zielt, gibt der Stecher in einer Beischrift ei-

keit, Herr oder Unterthan verschonet werde 4 0 .

nen Hinweis, wie das Bild am besten zur Wirkung k o m m e :

In der Tat sind die illustrierten Flugblätter (Karten und Ge-

Es solle höher stehen als ein man ist*5.

mählde) w o h l zu einem großen Teil durch Kolportage (umb-

Dagegen dokumentiert die Aufforderung des Franziskaner-

getragen) vertrieben worden. Einige bildliche Darstellungen

predigers Johann Nas an den Käufer seines Flugblatts über

vermitteln einen lebendigen Eindruck von den Kolporteu-

die Straßburger Tierprozession - magst es zusammen

pappen/

ren, die in ihren Bauchläden nicht nur Gedrucktes, sondern

vnd an ein Wandt kleyben36 - weniger die dekorative als die

auch Kämme, Rosenkränze, Brillen und andere Kleinwaren

propagandistische Funktion der Flugblätter. Daß die Blätter

anboten 41 . Es versteht sich von selbst, daß die ambulanten

tatsächlich auch als Plakate rezipiert wurden, geht u. a. aus

Händler sich vorzugsweise an Plätzen und bei Anlässen ein-

Akten des Breslauer Domkapitels hervor, die über ein in der

fanden, an denen sie mit zahlreichem Publikum rechnen

Kirche ausgehängtes Flugblatt berichten 37 . Sowohl der pla-

konnten. Bei diesen Gelegenheiten boten sie ihre Blätter feil

kative öffentliche Aushang als auch die schmückende Ver-

und priesen sie dabei auch lautstark an. Im Jahr 1575 richte-

wendung in halböffentlichen Räumen wie Gast- oder

ten die Breslauer Buchbinder eine Beschwerde an den Rat

Spinnstuben zeigen, daß illustrierte Flugblätter v o n einem

der Stadt und monierten,

breiten Publikum rezipiert werden konnten.

daß sich bißhero mannicherley loße Buben in Jahr-

Die vermutlich häufigste Form der Rezeption, daß nämlich

märckten auch zwischen d e n j a r m ä r c k t e n alher gefun-

die Flugblätter v o n Hand zu H a n d gingen, von einzelnen

den, mit mannicherley Bildern, N e w e n Zeittungen

oder mehreren betrachtet, gelesen, besprochen und am E n -

vnnd Liedern, die Sye nicht alleinn verkaufft, Son-

de buchstäblich verbraucht wurden, läßt sich nur indirekt

dern auch Öffentlich außgeschrien vnnd gesungen 42 .

erschließen. Z u m einen zeugt die spärliche Überlieferung

Die Petition der Buchbinder, die ja meist auch Buchhandel

davon - viele Blätter sind nur in ein oder zwei Exemplaren

betrieben, belegt zugleich die Konkurrenz zwischen den

erhalten, andere, die in zeitgenössischen Quellen erwähnt

ambulanten und stationären Händlern. Denn auch in den

werden, müssen gänzlich als verloren gelten. Z u m anderen

Buchläden wurden Flugblätter ausgehängt und verkauft. In

spiegelt sich der Prozeß der kommunikativen Weitergabe

einem satirischen Dialog über die Frankfurter Messe erzählt

von Flugblättern in historischen Korrespondenzen. W o die

ein Gesprächsteilnehmer:

räumliche Distanz ein persönliches Weiterreichen verhin-

Derselben ich jetzt viel vernam,

derte, legte man nicht selten seinen Briefen Flugblätter und

Als ich einsmals in d'Buchgass kam:

-Schriften bei. Diese Beilagen sind teils nur noch aus ent-

Stund still vnd mich ein wenig vmbsah,

sprechenden Bemerkungen in den Briefen zu erschließen 38 ,

Da ward ich gwar dort in der nah,

32 33

34 35 36

37 38 39

41 42

Vgl. J. Bolte, Bilderbogen des 16. und 17. Jahrhunderts, Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde 19 (1909) 51-82, hier S. 57f. Johann Jacob Christoffel von Grimmelshausen, Des Abenteuerlichen Simplicissimi Ewig-währender Calender, Nachdruck der Ausgabe Nürnberg 1671, hg. von K. Haberkamm, Konstanz 1967, S. 108; zuerst hat C. Wendeler auf diese Passage hingewiesen (Bildergedichte des 17. Jahrhunderts, Zeitschr. d. Vereins f. Volkskunde 15, 1905, 150-165, hier S. 159). Vgl. Renger, Lockere Gesellschaft, Abb. 65 und 70; zum Problem der Zuweisung an Hemessen vgl. ebd., S. 96f., Anm. 218. Coupe II, Abb. 50. Johann Nas, PRAELVDIVM In Centurias hominum, sola fide perditorum: Das ist/ Newer Zeittung Vorgang/ vnd langerwarter Enderung/ von der grossen Gloggen zu Erfurdt/ . . . , Ingolstadt 1588, S. 30 (Ex. München, Bayerische Staatsbibliothek: 4° Polem. 2168/1). Petrus Canisius, Epistulae et Acta, hg. von O. Braunsberger, Freiburg i. Br., VI, S. 36; vgl. Illustrierte Flugblätter II, 17. Illustrierte Flugblätter II, 17, 79f.; vgl. auch Roth, Die neuen Zeitungen, S. 79. So in dem Band cgm 5864/2, der Briefrelationen des Augsburger Ratsherrn Hans Mehrer an den Regensburger Stadtkämmerer Stephan Fugger enthält. Abdruck bei F. Kapp, Geschichte des Deutschen Buchhandels, Bd. 1, Leipzig 1886, S. 782; zu den Zensurverordnungen des Reichs vgl. U. Eisenhardt, Die kaiserliche Aufsicht über Buchdruck, Buchhandel und Presse im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (1496-1806). Ein Beitrag zur Geschichte der Bücher- und Pressezensur, Karlsruhe 1970 (Studien u. Quellen z. Geschichte d. dt. Verfassungsrechts, A, 3). Vgl. Brückner, Populäre Druckgraphik, S. 43 und 70; Brednich, Die Liedpublizistik im Flugblatt II, Abb. 135; Illustrierte Flugblätter II, 278. A. Kirchhoff, Hausierer und Buchbinder in Breslau im 16. Jahrhundert, Archiv f. Geschichte d. dt. Buchhandels 4 (1879) 35-53, hier S. 36. XI

Ein hauffen Leuth stehen h e r u m b ,

prinzipiell möglich, Flugblätter oder auch Bücher zu erwer-

Die lasen nova n o v o r u m :

ben 51 , so gilt das nicht f ü r die städtische Unterschicht. Diese

Warhaffte n e w e Zeittungen,

Schicht der Besitzlosen machte in den Städten etwa die

Historische Beschreibungen 4 3 .

Hälfte aller Einwohner aus und litt selbst in Friedenszeiten

Geht man davon aus, daß mit der Bezeichnung newe Zeit-

größtenteils unter Hunger 5 2 . Ihre ökonomische Lage am

tungen nicht nur Flugschriften, sondern auch Flugblätter ge-

Rande des Existenzminimums machte dieser Schicht den

meint sind, belegt das Zitat einmal die Attraktivität dieser

E r w e r b von Flugblättern oder anderen Drucken nahezu u n -

j u n g e n Medien, zum anderen den Verkauf in den Buchlä-

möglich.

den. Auch die genaue Verlagsadresse auf vielen Flugblättern

Fassen wir die Ergebnisse zur zeitgenössischen Rezeption

erfüllt neben den einschlägigen Zensurvorschriften den

der illustrierten Flugblätter zusammen, ergibt sich folgendes

Zweck, potentielle Käufer darüber zu informieren, w o man

Bild: Die größte Zahl unmittelbarer Rezipienten stellte die

das jeweilige Blatt erwerben könne (9, 18f., 21).

städtische Mittelschicht. Sie besaß die geistigen und ö k o n o -

Ü b e r die Preise und Auflagenhöhe der Flugblätter sind wir

mischen Voraussetzungen, die sie als Leser und Käufer in

nur unzureichend unterrichtet. M a n schätzt die H ö h e einer

Frage k o m m e n läßt. W i d m u n g e n und Bildungspartikel auf

Auflage auf ca. 1000 Exemplare, wobei diese Zahl i m Ein-

den Blättern zeigen, daß die Produzenten darüber hinaus

zelfall durchaus u m 500 nach oben oder unten schwanken

auch Angehörige der O b e r - und Bildungsschicht als Adres-

kann. Diese Zahlen leitet man zum einen aus vereinzelten

saten betrachteten. Die breite Schicht der Besitzlosen und

Zeugnissen über die Auflagenhöhe v o n Büchern und Flug-

Analphabeten ist hingegen als Käufer und primärer Adressat

schriften ab 44 . Z u m anderen ermöglichten die Kupferplatten

der Flugblätter auszuschließen. Allerdings bezog die öffent-

k a u m eine größere Zahl von Abzügen, da das Tiefdruckver-

liche Distribution der Blätter durch Ausruf und Aushang

fahren einen kräftigen Andruck erforderte und daher die

auch diese Schicht in den Kommunikationsprozeß des M e -

Platten relativ schnell abnutzte 45 .

diums ein.

Leider beruhen die Angaben, die in der Forschung über die

Die Forschung ist der Heterogenität des illustrierten Flug-

zeitgenössischen Preise der Flugblätter gemacht werden,

blatts, seiner Erscheinungsformen und seiner Wirkungen,

ebenfalls nur auf unsicheren Schätzungen. Während für das

bisher nicht gerecht geworden. Die Hauptursache f ü r diesen

16. Jahrhundert mit einem Einzelverkaufspreis von 1 - 2

Mangel dürfte darin liegen, daß die Gliederung der akade-

Kreuzern bzw. 4 - 8 Pfennigen gerechnet wird 4 6 , schwanken

mischen Disziplinen, wie sie sich etwa seit der Mitte des 19.

die Angaben für das 17. Jahrhundert zwischen 1047 und 200

Jahrhunderts herausgebildet hat, dazu führt, daß kein einzel-

Pfennigen 4 8 . Einen ungefähren Anhaltspunkt für die tat-

nes Fach dem illustrierten Flugblatt eine volle Kompetenz

sächlichen Preise bietet eine handschriftliche Notiz auf ei-

und sein uneingeschränktes Interesse entgegenbringt. Das

nem Flugblatt im Herzog Anton Ulrich M u s e u m in Braun-

Flugblatt als interessanten Quellenbereich entdeckten A n -

schweig. Sie bezieht sich auf ein Konvolut von Flugblättern,

fang des 19. Jahrhunderts die j u n g e n Herausgeber und Ver-

das Herzog Ferdinand Albrecht zu Braunschweig und Lüne-

fasser von ,Des Knaben Wunderhorn', Achim von A r n i m

burg 1669 für seine Bibliothek erwarb, und lautet: Strasburg

und Clemens Brentano, die in 84 Fällen ,Fliegendes Blat' als

Jm 1669 jähre. Vor 18 rth. 420 Stück49. U m g e r e c h n e t ergibt

Herkunft eines Textes angeben 53 . Wer sich in der Universi-

sich daraus ein Preis von 4,5 Kreuzern oder 18 Pfennigen

tät des 19. Jahrhunderts d e m Flugblatt widmete, geriet in

pro Blatt. Ein Maurer- oder Zimmermeister konnte 1646 17

eine Außenseiterrolle, in der er die Grenzen seines jeweili-

Kreuzer als Tageslohn beanspruchen 5 0 und zählte mit die-

gen Fachgebiets zu überschreiten hatte. D e n positivistisch

sem E i n k o m m e n bereits zur besitzenden Mittelschicht. War

registrierenden Bestandsaufnahmen des 19. Jahrhunderts

es ihm aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse immerhin

verdankt auch noch die heutige Flugblattforschung den

43

E. Kelchner, Sechs Gedichte über die Frankfurter Messe, Mittheilungen d. Vereins f. Geschichte u. Alterthumskunde in Frankfurt a. M. 6 (1881) 317-396, hier S. 322. 44 Roth, Die neuen Zeitungen, S. 67; Weber, Wunderzeichen und Winkeldrucker, S. 29f., Anm. 71. 45 Wenn W. Koschatzky (Die Kunst der Graphik. Technik, Geschichte, Meisterwerke, München 1975, S. 101 und 131) nur 1-200 (Radierung) bzw. 3-400 Abzüge (Kupferstich) von einer Platte für möglich hält, legt er den Maßstab des modernen Kunstsammlers an, den die Qualität späterer Abzüge nicht mehr befriedigt. Für den Flugblatt-Produzenten des 16. und 17. Jahrhunderts war hingegen weniger die ästhetische Qualität als die zu verkaufende Quantität ausschlaggebend, so daß wir hier mit erheblich höheren Zahlen rechnen müssen; Coupe I, S. 15, schätzt die Zahl der Abzüge sogar auf2000. * Weber, Wunderzeichen und Winkeldrucker, S. 29f., Anm. 71. Diese Angabe ist allerdings auch nur durch Deduktion aus Belegen gewonnen, die die Preise von anderen zeitgenössischen Gattungen der Massenliteratur (Flugschrift, Kalender, Katechismus) nennen. 4 ' J. Sträter, Die Preise der Kupferstiche und Zeichnungen im 16. und 17. Jahrhundert, Repertorium f. Kunstwissenschaft 8 (1885), 263f. 48 Coupe I, S. 14. 49 Abb. des Blatts bei Chr. von Heusinger, Bibliotheca Albertina. Notizen zum wiederaufgefundenen Katalog der Bibliothek Herzog Ferdinand Albrechts zu Braunschweig und Lüneburg, Wolfenbütteler Notizen zur Buchgeschichte 4 (1979) 55-64, hier S. 61. 50 Um Glauben und Reich, Nr. 461; weitere Preisvergleiche ermöglichen die Listen auf Blatt 66 dieser Edition. 31 Als Kontrast zu solchen Einschränkungen bei der Verbreitung von Flugblättern im 17. Jahrhundert s. K. Kirchner, Flugblätter. Psychologische Kriegsfiihrung im Zweiten Weltkrieg in Europa, München 1974, S. 9-14, und auch die Angaben zur Verbreitung von Kriegsflugblättern in neuester Zeit im Ausstellungskatalog Flugblattpropaganda im 2. Weltkrieg (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz), Berlin 1980, bes. die Beiträge von A. Wild, K. Kirchner und E. Bliembach. 52 Vgl. W. Treue, Wirtschaft, Gesellschaft und Technik in Deutschland vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, München 1974, S. 46. 53 Nach H. Röllekes Kommentar zu Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder, gesammelt von L. A. von Arnim und Clemens Brentano, Studienausgabe, hg. von H. Rölleke, Band 9, Stuttgart u.a. o.J., S. 775.

XII

größten Teil ihrer Grundlagenkenntnis 54 . Aber noch heute kann es geschehen, daß man als Besucher einer großen Bibliothek nicht die Möglichkeit erhält, deren Bestand an illustrierten Flugblättern über einen Katalog zu ermitteln; vor der Benutzung der oft versteckt oder verstreut vorhandenen Exemplare müßte dann erst die mühsame Such- und Entdeckerarbeit geleistet werden. Es war fur die Erschließung des Gegenstandes wichtig, daß zu bibliographischen und beschreibenden Arbeiten auch analysierende, die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge des Flugblatts einbeziehende Arbeiten traten, die das Interesse mehrerer Fächer wachrufen konnten; durch Schottenloher, Coupe, Bohatcovä, Brückner, Brednich 55 und andere wurden weitere Funktionszusammenhänge des illustrierten Flugblatts sichtbar gemacht. Der Historiker Wohlfeil erkennt, daß der .Mangel

an einer , Historischen Bilderkunde" behoben werden müsse, und sieht die Nutzung des illustrierten Flugblatts auch als Aufgabe des Historikers an56. Den Fragestellungen unterschiedlicher Fächer sollen unsere Auswahl und unsere Kommentare dienen, indem nur der Zugang erleichtert wird, nicht abschließende Interpretationen geboten werden. Jedes Blatt hat für jedes Fach einen anderen Kontext, der andere Fragen veranlaßt; nur der Versuch, die Kenntnisse und Frageweisen von wenigstens mehr als einem Fach auf das Flugblatt zu lenken, kann der eminenten Situationsbezogenheit seiner Entstehung und Wirkung gerecht werden. In diesem Sinne sollte unsere Auswahl zu Arbeiten anregen, und es entspräche unseren Erwartungen, wenn der eine oder der andere unserer kleinen Kommentare das Entstehen gründlicher, perspektivreicher Aufsätze hervorriefe.

Zur vorliegenden Edition Das illustrierte Flugblatt der Frühen Neuzeit behandelt vielfältige Themen in unterschiedlichen Formen. Die vorliegende Auswahl bietet typische Beispiele, die diese Vielfalt des Mediums zeigen. Die Blätter sind, der barocken Fächerhierarchie folgend, in die Reihenfolge Theologica, Ethica, Politica, Physica und Casualia gebracht. Da ein einzelnes Flugblatt nicht selten mehrere dieser Bereiche berührt, erfolgte die Zuordnung nach den jeweils dominierenden inhaltlichen Anteilen57. Innerhalb der genannten Gruppen wählten wir nach weiteren thematischen Aspekten. Die Sammlung eröffnen zwei Blätter mit komplexen Systemdarstellungen aus der barocken Theologie. Derartige oft großformatige , Systemblätter', die häufig auch philosophische Inhalte darbieten, waren vorwiegend für den akademischen Lehrbetrieb bestimmt und grenzen an das Nachbarphänomen der Schautafel. Die Theologica enthalten in der weiteren Folge christologische und legendarische Blätter, Beispiele der Heiligenverehrung und der erbaulichen Asketik, bevor einige Blätter (ab Nr. 17) mit konkreteren Forderungen an die menschliche Lebenspraxis den Übergang zu den Ethica markieren. Schon innerhalb der Gruppe religiöser Blätter lassen sich zahlreiche Beziehungen zu Nachbargattungen wie Traktat (2), Legende (6f.), Andachtsbild (5, 9), Mirakel (10), geistliche Emblematik (15f.) oder Predigtexempel (19f.) erkennen. Die anschließende Abteilung der Ethica besteht zum großen Teil aus satirischen Blättern und spiegelt damit nach unserer Kenntnis die Proportionen innerhalb des Gesamtbestandes

54

" 56 37

der ethisch-moralischen Flugblätter. In ihr werden mit den Lebensaltern (23), dem Verhältnis der Geschlechter zueinander (25f.), Essen und Trinken (26-28), der verkehrten Welt (29-31) und der Aufschneiderei (32-34) Themen berücksichtigt, die für die Moralsatire der Frühen Neuzeit generell repräsentativ sind. Auch die moralischen Blä^t^r weisen vielfältige Interdependenzen mit benachbarten Bereichen der Literatur auf. U m nur die wichtigsten zu nennen, seien das Sprichwort (22f.), die Fabel (22, 24), der Schwank (24), die Narrenliteratur (26, 30), die grobianische Literatur (27f.), das Lügenmärchen (28), der Meistersang (29) und der satirische Roman (33f.) angeführt. Die Gruppe der historisch-politischen Blätter ist chronologisch geordnet. In ihr werden der Niederländische Befreiungskampf, der Dreißigjährige Krieg und die Türkenkriege dokumentiert, wobei der Schwerpunkt auf die böhmische und schwedische Phase des Dreißigjährigen Kriegs gelegt ist, die den quantitativen Höhepunkt der Flugblatt-Propaganda im 17. Jahrhundert bilden. Die Jesuiten (39, 62) und Tilly (57, 59) auf der einen Seite, die Calvinisten (37, 45) und Friedrich V. von der Pfalz (47 f.) auf der anderen waren dabei am häufigsten den Angriffen der gegnerischen Publizistik ausgesetzt. Die polemische Satire auf den konfessionellen und politischen Gegner wird publizistisch ergänzt durch die rühmende Darstellung der eigenen Seite, die manchmal inhaltlich (53), häufiger jedoch personell durch das Lob der jeweiligen Führer wie Friedrich V. von der Pfalz (41), Kaiser Ferdinand II. (65), Johann Georg I. von

S. u.a. Scheible, Fliegende Blätter; E. Weller, Die Lieder des Dreißigjährigen Krieges, Basel 1855; J. Opel/ A. Cohn, Der Dreißigjährige Krieg. Eine Sammlung von historischen Gedichten und Prosadarstellungen, Halle 1862; Wolkan, Deutsche Lieder. S. u. a. Schottenloher, Flugblatt und Zeitung; Coupe; Brückner, Populäre Druckgraphik; Bohatcovä; Brednich, Die Liedpublizistik im Flugblatt; zur neueren Forschung vgl. W. Brückner, Massenbilderforschung 1968-1978 (1. Teil), Internat. Archiv f. Sozialgesch. d. dt. Lit. 4 (1979) 130-178. R. Wohlfeil, Einfuhrung in die Geschichte (wie Anm. 6), S. 133 u. ö. So wurden beispielsweise die Blätter 3 und 9 den Theologica zugeschlagen, obwohl sie in mehr oder minder verdeckter Form zu konkreten politischen Ereignissen ihrer Zeit Stellung nehmen. XIII

Sachsen (54) oder Gustav Adolf von Schweden (55, 60) ausgeführt wird. Affirmation der eigenen Position und Diffamierung des Gegners werden eindrucksvoll auf solchen Blättern verbunden, die nach dem Strukturprinzip der Antithese aufgebaut sind (35, 61). Drei Beispiele gehören in den Zusammenhang der Kipper-Wipper-Inflation (49-51), zwei Blätter repräsentieren die umfangreiche Friedenspublizistik (67f.), die 1648 und in den beiden folgenden Jahren erschien. Nicht alle historisch-politischen Flugblätter sind propagandistischer Natur; der Bildbericht über die Schlacht bei Lutter (52) vertritt in der vorliegenden Sammlung den Typus des informativen Sachblatts. Auch an den Politica läßt sich die Offenheit des Flugblatts zu anderen Textsorten zeigen, so zu Rätsel (38, 59), Dialog (57, 63f.), Flugschrift (45, 58), Chronistik (66, 68), Emblematik (60), historischem Lied (41) und Panegyrik (60, 65). Den Abschluß der Sammlung bilden einige wenige Beispiele aus dem Bereich der Physica und Casualia. Blatt 70 vertritt den Typus des Schaustellerblatts, Blatt 71 verbindet einen Reisebericht mit geographischen Angaben zum Heiligen Land, und Blatt 72 repräsentiert die große Gruppe der Flugblätter, die sich mit Kometen und anderen Wunderzeichen beschäftigen. Die Casualia sind durch ein Hochzeitsblatt und zwei Sterbeblätter vertreten. Das Hochzeitsblatt (73) ist insofern vielleicht nicht ganz einschlägig, als es sich nicht auf eine bestimmte Feier bezieht, sondern eine literarisierte Form einer Heiratsannonce darstellt; auch als Beispiel für Dialektdichtung fallt es aus dem Rahmen der übrigen Blätter. Dagegen ist der Typus der letzten beiden Blätter häufiger in der Flugblatt-Publizistik anzutreffen. Sie nehmen jeweils Bezug auf einen konkreten Todesfall 58 , wobei das eine einen stärkeren Akzent auf die Information legt (74), während das andere um eine repräsentative und damit dem Verstorbenen gemäße Gestaltung bemüht ist (75). Als Nachbargattungen zu den Physica und Casualia sind Werbezettel (70), Reisebericht (71), Brief (72), Zeitung (72), naturkundlicher Traktat (70, 72) und Leichenpredigt (74f.) zu nennen. Die angeführten Themen und Funktionen dürften weitgehend das inhaltliche Spektrum abbilden, das auf den Flugblättern der Frühen Neuzeit vorkommt und das in der vorliegenden Auswahl in einem repräsentativen Querschnitt vorgelegt wird. Dabei ist einschränkend daraufhinzuweisen, daß der Typus des primär informierenden Flugblatts in dieser Edition weniger häufig aufgenommen worden ist (9, 11, 52, 68, 70-72, 74), als es seinem tatsächlichen Anteil in der Publizistik des 16. und 17. Jahrhunderts entspricht. Da dieser Typus einem heutigen Betrachter im allgemeinen nur wenig Verständnisschwierigkeiten bereitet, schien es angebracht, in stärkerem Maße mit Andeutungen operierende oder nach Deutung verlangende Flugblätter zu berücksichtigen, deren oft komplexe Mehrschichtigkeit sich einem spontanen Verstehen widersetzt und daher eines erläuternden Kommentars bedarf. Dieser Typus entfaltet sich im 17.

58

Jahrhundert in Konkurrenz zur Zeitung, die sich zunächst auf Informationsleistungen konzentriert. Außer den Gruppierungen, die sich aus der dargestellten Reihenfolge der Blätter ergeben, lassen sich auch Blätter zusammenstellen, die in der Edition zwar an getrennten O r ten erscheinen, aber doch unter dem Gesichtspunkt ihrer Vergleichbarkeit ausgewählt worden sind. Relativ groß ist die Zahl solcher Blätter, die als Neujahrsgabe gedacht waren (4f., 21, 25f., 67). Mehrere Beispiele zeigen, wie der Glaube an die Zeichenhaftigkeit irgendwelcher außergewöhnlicher Naturereignisse zu politischen Propagandazwecken eingesetzt werden konnte (36, 42f., 50). Die zeitgenössische Ständelehre spiegelt sich auf drei Blättern wieder (5, 21, 42). Wie dieselbe Bildvorstellung in verschiedenen Zusammenhängen aktualisiert werden konnte, läßt sich an den Themen .Schwitzbad' (63, 69) und ,Walfisch' (40, 70) erkennen. Mehrere Blätter schließlich enthalten Hinweise auf das publizistische Umfeld, in dem sie entstanden sind; dabei ist die selbstironische Betrachtung des Mediums ebenso vertreten (32) wie die an die Zensur gerichtete Rechtfertigung der Satire (56) oder die Auseinandersetzung mit Schriften des politischen Gegners (61, 65). Die thematischen Aspekte, von denen die vorliegende Auswahl gesteuert wurde, werden durch formale Kriterien ergänzt. Es kam darauf an, neben dem normalen Erscheinungsbild des illustrierten Flugblatts (Titel, Graphik, Text) auch besondere Formen zu dokumentieren. So sind Beispiele für Figurentexte (6, 8), für den Rebus (59), für Kontrafakturen in Text (18, 48) und Bild (45f.) oder f ü r das Echogedicht (4) in die Sammlung aufgenommen worden. Drei Blätter sind als typische Briefmaler-Produkte anzusehen (18f., 35). Auch der Fall, daß mehrere Blätter aufeinander Bezug nehmen und so ein zusammengehöriges Paar oder eine Folge bilden, ist in der Edition vertreten (25f.). U m g e kehrt scheint Blatt 9 aus zwei unabhängigen Einzelblättern zu bestehen, die aus Gründen der Kostenersparnis in einem gemeinsamen Druckvorgang auf einen Bogen gesetzt wurden, der dann zerschnitten und getrennt verkauft werden sollte. Die Grenze zwischen dem illustrierten Flugblatt und dem , Kunstblatt' (ganz in Kupfer gestochen oder radiert; geringer Textanteil) ist nicht immer eindeutig zu bestimmen; zwei Blätter markieren hier diese Übergangszone (14, 30). Neben inhaltlicher und formaler Ergiebigkeit entschied nicht zuletzt oft die Frage, ob das jeweilige Blatt schon einmal in der Forschung publiziert war, über die Aufnahme in die vorliegende Auswahl. Dieses Kriterium machte es möglich, daß nicht weniger als zwei Drittel der vorgelegten Blätter hier erstmals vollständig veröffentlicht werden. Dabei handelt es sich in zwölf Fällen um Varianten zu anderwärts erwähnten oder abgebildeten Blättern. Auch bei dem restlichen Drittel wurden meist Flugblätter bevorzugt, die verstreut und oft nur an versteckter Stelle publiziert sind.

Da in barocken Sammlungen, etwa von Lyrik oder Emblemen, der Leser nicht selten mit einem memento mori entlassen wird, weist die vorliegende Auswahl in dieser Hinsicht eine zwar unbeabsichtigte, aber willkommene Übereinstimmung mit barocken Gliederungsprinzipien auf.

XIV

Die meisten der ausgewählten Flugblätter stammen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als dieses Medium seinen quantitativen Höhepunkt erreichte. Der Rückgang der Flugblatt-Produktion in der zweiten Jahrhunderthälfte läßt vermuten, daß die aufstrebenden Medien der Zeitung und, im 18. Jahrhundert, der Zeitschrift den möglicherweise gewandelten Bedürfnissen des Publikums besser entsprachen. Die Konzentration auf die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts findet ihre Begründung somit in der Geschichte des Mediums selbst. Daß die Flugblätter aber vereinzelt auch im 18. Jahrhundert in unveränderter Form wieder aufgelegt werden konnten, wird in einem Beispiel der Edition vorgeführt (17). Die vorliegende Auswahl verzichtet allerdings darauf, das Fortleben mancher Themen - etwa der verkehrten Welt - im Bilderbogen des 19. Jahrhunderts zu dokumentieren. Die Flugblätter des 16. Jahrhunderts sind ebenfalls nur mit einem Beispiel in der Sammlung vertreten (35). Diese Entscheidung ist zum einen durch die Situation der Forschung zu rechtfertigen, da hier das Quellenmaterial in sehr viel größerem Umfang gesichtet und ediert ist. Zum anderen ist das 16. Jahrhundert mehrfach indirekt in der vorliegenden Auswahl dadurch präsent, daß Flugblätter auf frühere Texte zurückgreifen (24, 28f.) oder sogar ältere Kupferplatten und Holzstöcke wieder abdrucken (25f., 40, 49). Die größten Bestände illustrierter Flugblätter besitzen in der Bundesrepublik Deutschland die Staatsbibliotheken in Berlin und München, das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg und die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel. Wichtige Sammlungen befinden sich ferner in Augsburg (Staats- und Stadtbibliothek), Coburg (Kunstsammlungen der Veste), Frankfurt a. M. (Stadt- und Universitätsbibliothek) und Ulm (Stadtbibliothek). Alle genannten Bibliotheken sind in der vorliegenden Ausgabe berücksichtigt worden. Daß es nicht immer leicht ist, den Bestand an illustrierten Flugblättern in einer Bibliothek zu ermitteln, sei mit dem Beispiel der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek illustriert. Dort ging man bis vor wenigen Jahren davon aus, daß die illustrierten Flugblätter zu den Kriegsverlusten zählten. Erst ein Zufallsfund im Jahre 1972 durch die Unterzeichnenden dieser Einleitung brachte in einem zeitgenössischen Sammelband einen bedeutenden Teil der ursprünglichen Sammlung wieder ans Tageslicht, die somit erstmalig seit dem 2. Weltkrieg in der vorliegenden Auswahl dokumentiert werden kann 59 . Es ist zu erwarten, daß sich auch in anderen Bibliotheken mit Barockbeständen '' 60

61

62

ähnliche Funde machen lassen, von denen die zukünftige Erforschung der illustrierten Flugblätter profitieren könnte. Daß sich in ausländischen Bibliotheken deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts befinden, ist spätestens seit den Arbeiten von Coupe (London), Bohatcovä (Prag) und Fehr (Zürich) bekannt. Die Österreichische Nationalbibliothek ist mit einem Blatt in der vorliegende Ausgabe vertreten. Auch hier steht die Ermittlung noch ganz am Anfang, so daß mit manchen überraschenden Neuentdeckungen zu rechnen ist60. Wir danken den genannten Bibliotheken für die freundliche Unterstützung bei der Herstellung der Druckvorlagen und für die Reproduktionserlaubnis. Eine begrenzte Auswahl wie die vorliegende kann ein so vielfaltiges Medium wie das Flugblatt nicht in allen Einzelheiten erschließen. Da ein solches Vorhaben mit den .Deutschen illustrierten Flugblättern des 16. und 17. Jahrhunderts', die unter der Leitung von W. Harms in München ediert und kommentiert werden, bereits realisiert wird, ist dieses Ziel hier auch nicht angestrebt. Da das illustrierte Flugblatt trotz aller Bemühungen einiger Spezialisten für eine breitere akademische Öffentlichkeit weithin unbekannt geblieben ist und sich erst in der jüngsten Zeit ein stärkeres Interesse abzuzeichnen beginnt 61 , will die vorliegende Edition lediglich in die Probleme des Mediums einfuhren und zu vertiefter Beschäftigung mit ihnen anregen. Dabei schien uns auch der Gesichtspunkt, ein geeignetes Instrument für den akademischen, aber auch schulischen Unterricht 62 bereitzustellen, wichtig zu sein. Diese Zielsetzung läßt es einerseits geraten sein, die einleitenden Vorbemerkungen auf einige Grundinformationen über das Medium zu konzentrieren, bedingt andererseits den Umfang und Inhalt der einzelnen Blattkommentare. Die Kommentare wollen folglich keine erschöpfenden Interpretationen der Flugblätter sein. Sie sind vielmehr als erste Verständnishilfe gedacht, indem sie Hinweise auf die historische, kulturelle, ikonographische und textuelle Einordnung geben. Dementsprechend sind die angeführten Belege aus der zeitgenössischen Kunst, Literatur oder Publizistik nicht auf Vollständigkeit angelegt; sie sollen nur exemplarisch auf Nachbarphänomene aufmerksam machen und dem Benutzer eine mögliche Richtung für die eigene intensivere Beschäftigung mit dem Material weisen. Auch werden mehrfach offene Fragen zu den einzelnen Blättern markiert, die einer Beantwortung durch die Forschung erst noch entgegensehen und somit ebenfalls den Benutzer anregen mögen, sich an der Pro-

Nach ihrer Restaurierung im Jahr 1981 wird die Sammlung heute in Form von Einzelblättern aufbewahrt, die in ihrer ursprünglichen Reihenfolge belassen wurden. Zumal in der DDR, wo zumindest das Kupferstichkabinett in Berlin (Ost), das Schloßmuseum Gotha und die Moritzburg in Halle umfangreiche Sammlungen beherbergen, ist noch viel Quellenmaterial zu vermuten. Dieser Trend wird sichtbar an einigen Ausstellungen der letzten Jahre, so an der Wittelsbacher-Ausstellung (München 1981, Katalog ,Um Glauben und Reich'), der Confessio Augustana-Ausstellung (Augsburg 1981, Katalog ,Welt im Umbruch'), einer eigenen Flugblatt-Ausstellung (Heidelberg 1980, Katalog ,Flugblätter. Aus der Frühzeit der Zeitung'), einer regionalgeschichtlichen Ausstellung (Gustav Adolf, Wallenstein und der Dreißigjährige Krieg in Franken, Nürnberg 1982), und einer geplanten Flugblatt-Ausstellung (Coburg 1983). Auch zu regionalem Anlaß wurden interessante Blätter mit Serien-Charakter publiziert: s. ζ. Β. H. Jesse (Hg.), Friedensgemälde 1650-1789 zum Hohen Friedensfest am 8. August in Augsburg, Pfaffenhofen 1981. Die Eignung des Flugblatts als exemplarischer Gegenstand des schulischen Unterrichts wurde in mehreren Unterrichtsversuchen erfolgreich erprobt; vgl. auch W. Bruns/V. Stelter, Flugblätter im 30jährigen Krieg. Materialien zur Ausstellung sowie Hinweise zum Unterricht: Geschichte des 30jährigen Krieges — Medium Flugblatt und seine Herstellung, Aurich 1979.

XV

blemlösung zu beteiligen. Als Beispiel für die gebremste Kommentierung sei das Rebus-Blatt der Sammlung (59) angeführt. Es wurde bewußt auf eine Auflösung des Bilderrätsels verzichtet, um den Leser nicht um den Spaß bei seinen eigenen Lösungsversuchen zu prellen. Dieser Verzicht fiel umso leichter, als es in der Forschung bereits mehrere übrigens einander teils widersprechende - Lösungsangebote gibt. Dem offenen, auf Ergänzung hin angelegten Charakter der Kommentare entsprechen die Literaturhinweise, die ebenfalls nicht auf Vollständigkeit bedacht sind, sondern einerseits Nachweise zum Kommentar darstellen, anderseits Möglichkeiten einer vertieften Beschäftigung mit dem jeweiligen Blatt eröffnen sollen. Die Kommentare wurden von W. Harms und M. Schilling verfaßt, wobei zum Teil

XVI

Vorarbeiten der Mitherausgeber J. R. Paas und A. Wang benutzt werden konnten. Die Formatangaben, die wir vorwiegend den als Besitzer angegebenen Bibliotheken verdanken, geben die Maße der bedruckten Papierfläche an (Höhe vor Breite in cm). In den Fällen, in denen der Text in Typendruck erscheint, werden zusätzlich die Maße der Graphik notiert (bei Stichen: von Plattenrand zu Plattenrand). Auf eine gesonderte Anführung weiterer Standorte des Blattes und anderer Fassungen wurde verzichtet. Besonders aussagekräftige Varianten werden im Kommentar behandelt und nachgewiesen. Wird ein Werk der Sekundärliteratur öfter als zweimal erwähnt, wird es als Kurztitel zitiert; der vollständige Titel findet sich in der Bibliographie am Ende des Buches.

ABBILDUNGEN UND KOMMENTARE

1

EINIGER WAHRER CHRISTLICHER GLAUBES SPIEGEL DES H. EUANGELY

D

Ort

Hamburg/Amsterdam

Jahr

1649

Bild

Kupferstich von Dirk Diricks (1613-1653)

Text

graviert; Widmungen, Bibelzitate, Bildinschriften, 12 Knittelverse, von Wulf Ael

Verlag

Clement de Jonghe (tätig 1640-1670 in Amsterdam)

Format

55,5 X 42,2

Standort

Berlin (West), Staatsbibliothek Kulturbesitz: YA 8180 gr

as Blatt, das Christian IV. von Dänemark (1577-1648)

LITERATUR

und dem Bischof v o n Bremen gewidmet ist, gibt eine

E. Trunz, Weltbild und Dichtung im deutschen Barock, in: Aus der Welt des Barock, Stuttgart 1957, S. 1-35.

protestantische Gesamtschau über die christlichen Glaubensinhalte in einer Verbindung von Bibelszenen und u m fassender Kosmologie. Der Autor verspricht seinem Publik u m , daß es bei Beachtung der dargestellten Punkte in daß

C. Wiedemann, Barocksprache, Systemdenken, Staatsmentalität. Perspektiven der Forschung nach Barners „Barockrhetorik", in: Internationaler Arbeitskreis für deutsche Barockliteratur. Vorträge und Berichte, Wolfenbüttel 1973, S. 21-51.

Himlis: Jerusalem eingehen werde. Mauser, Dichtung, Religion und Gesellschaft, S. 182-195.

Im Z e n t r u m der Graphik, auf das der Betrachter im Text besonders hingewiesen wird, ist die Kreuzigung zu erkennen, die von Szenen des N e u e n Testaments, dem Sündenfall, H i m m e l und Hölle umgeben ist. Der zweite Kreis enthält links Szenen des Alten Testaments und rechts Darstellungen aus dem Neuen Testament, die einander typologisch gegenübergestellt sind. Nach oben hin erweitert sich dieser Kreis zu einer Darstellung des Jüngsten Gerichts. Außer der systematischen Vergegenwärtigung der Bibel enthält der zweite Kreis mit den Hinweisen auf die Erdteile und die Elemente Erde und Wasser erste Ansätze einer Kosmologie, die sich nach außen mit den Kreisen der Lujft, der Tagesund Uhrzeiten, des Feuers, der Planeten, Tierkreiszeichen, Monate samt kirchlichen Feiertagen und schließlich der Geschichte seit der Erschaffung des Menschen fortsetzt. O b e n öffnet sich als Krönung der Kosmologie und als gefordertes Ziel des Betrachters der Himmel, in dem das L a m m Gottes angebetet wird. Unten ist in einem kleinen Medaillon der Autor des Blattes porträtiert, zu dessen Person sich keine weiteren Informationen ermitteln ließen.

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Preußischer

EINIGER WAHRER: CHRISTLICHER ÖLAUBES SHEGELDES Η EUANCELV D E M A R M E N M E N S L I C H EE N N . im?.·

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