Die Astrologie des Johannes Kepler: Eine Auswahl aus seinen Schriften [Reprint 2019 ed.] 9783486753530, 9783486753523


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German Pages 226 [236] Year 1926

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Einstellung
Johannes Keplers Astrologie
Zur Auswahl der Texte
Texte
Schreib-Calender auf das Jahr 1598
Calendarium in annum 1599
Prognosticum auf das Jahr 1604
Prognosticum auf das Jahr 1605
Prognosticum auf das 1618. und 1619 Jahr
Prognosticum Meteorologicum 1624
Discurs von der großen Conjunktion 1623
Gutachten über das feurige Trigon 1603
Bericht von dem Cometen des Jahres 1607
Don den gesicherten Grundlagen der Astrologie 1602
Dom neuen Stern im Fuße des Schlangenträgers 1606
Antwort auf D. Röslini Discurs 1609
Tertius Interveniens 1610
Mysterium Cosmographicum 1596 (IX. Kapitel
Harmonices Mundi 1619 (Aus dem IV. Buche)
Naivitäten
Aus Keplers horoskopischen Familienaufzeichnungen
Nativitát des Propheten Mohammed 1604
Brief Keplers an einen Vertrauten Kaiser Rudolfs II
Wallensteins Horoskop I
Wallensteins Horoskop II
Anmerkungen zu den Texten
Wörterbuch
Abkürzungen und Zeichen
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Die Astrologie des Johannes Kepler: Eine Auswahl aus seinen Schriften [Reprint 2019 ed.]
 9783486753530, 9783486753523

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Die Astrologie des

Johannes Kepler Eine Auswahl aus seinen Schriften Eingeleitet llnd herausgegeben von

Heinz Artur Strauß und

Sigrid Strauß-Kloebe

München und Berlin 1926

Druck und Verlag von R. Oldenbou rg

Alle Rechte, insbesondere da- der Übersetzung, Vorbehalten. Copyright 1926 by N. Oldenbourg, München und Berlin.

„Die Philosophie und also auch die wahre Astrologie ist ein Jerrgni- von Gotte- Werken und also ein heilig und gar nicht ein leichtfertig Ding."

Inhaltsverzeichnis Sette Einstellung....................................................................................................... i Johannes Keplers Astrologie...................................................................... 6 Zur Auswahl der Texte....................................................................................31

Texte: Schreib-Calender auf das Jahr 1598....................................................... 35 Calendarium in annum 1599................................................................... 42 Prognosticum auf das Jahr 1604............................ 50 Prognosticum auf das Jahr 1605........................................................... 52 Prognosticum auf das 1618. und 1619* Jahr....................................... 54 Prognosticum Meteorologicum 1624.......................................................61 Diseurs von der großen Conjunktion 1623...............................................63 Gutachten über das feurige Trigon 1603.............................................. 77 Bericht von dem Cometen des Jahres 1607...................................... 84 Don den gesicherten Grundlagen der Astrologie 1602.......................... 90 Dom neuen Stern im Fuße des Schlangenträgers 1606......................94 Antwort auf D. Röslini Diseurs 1609................................................. 106 Tertius Intervenier 1610......................................................................119 Mysterium Cosmographicum 1596 (IX. Kapitel)................................ 154 Harmonices Mundi 1619 (Aus dem IV. Buche).................................... 159 Naivitäten: Aus Keplers Horoskopischen Familienaufzeichnungen ............................ 170 NativitLt des Propheten Mohammed 1604.........................................176 Brief Keplers an einen Vertrauten Kaiser Rudolfs II........................181 Wallensteins Horoskop I..........................................................................185 Wallensteins Horoskop II..........................................................................194

Anmerkungen zu den Texten..........................................................................217 Wörterbuch.......................................................................................................... 223 Abkürzungen und Zeichen.............................................................................. 226

Einstellung. Es war im letzte» Aufflammen mittelalterlicher Wesenheit, als sich aus der inbrünstigen, unerhört lebendigen Seele' des Johannes Kepler noch einmal, inmitten der Wirren und engen Leidenschaften der Gegenreformation, die Reinheit, die Anschauungskraft und das umspannende Zusammenhangsbewußtsein des kosmosophischen Menschen gestaltete. Und es war das Hereinbrechen einer neuen Zeit, das denselben Menschen zwang, mit prüfendem Wirklichkeitssinn die Welt der Erscheinungen redlich auf ihre exakten Tatbestände hin zu untersuchen und einen ehr­ würdigen Animismus durch die Klarheit physikalischer Erkenntnis zu besiegen. Die neue Zeit versäumte nicht, sich dankbar dieses ihres Keplers zu versichern und den Ruhm von Tycho Brahes großem Schüler, der, im Kampf für die verketzerte Lehre des Kopernikus, durch Entdeckung seiner drei grundlegenden Gesetze der Planeten­ bewegung, zum Begründer der neueren Astronomie wurde, in die weitere Zukunft zu tragen. So kam es, im natürlichen Lauf der Dinge, daß die folgende Zeit unter dem Zwang und Bann der eigenen Begriffe und Taten vergessen mußte, daß auch in der nicht als exakt wissenschaftlich geltenden Geistigkeit eines Johannes Kepler eine Sendung lag, die seiner Bedeutung für die Entwick­ lungsgeschichte der Astronomie zum mindesten gleichkam. Zwar fehlte es nicht an älteren Biographen, die sich an der genialen Menschlichkeit Keplers warm begeisterten, nicht an man­ chem klugen Urteil, auch aus vorwiegend rationalistisch denkenden Epochen, über den Reichtum seines Wesens und den Wert seines Gesamtschaffens. So schreibt Apelt^) 1849: „Und dennoch läßt sich die Größe dieses außerordentlichen Mannes in ihrem ganzen Umfange nur aus dem würdigen, was Whewell als den mystischen x) Ernst Friedr. Apelt, Johann Kepplers Astronomische Weltansicht. Leipzig 1849, S. 5. Strauß-Kloebe, Johannes Kepler.

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2

Teil seiner Arbeiten bezeichnet. Dieser Teil seiner Arbeiten trägt den Stempel des Genies in ebenso hohem Grade als die Gesetze,

welche seinen Namen verewigen, und auf denen die neuere Astro­ nomie ruht. Ja, er ist als der unmittelbare Ausfluß seiner Persönlichkeit zu betrachten, und es liegt gerade in ihm der Grundgedanke, der den ganzen Gang seiner Forschung bestimmte. Denn das ist das Wunderbare an diesem Manne, daß er während seines ganzen Lebens einem nichtigen Phantom nachging und nur im Interesse und für die Begründung desselben seine drei Gesetze entdeckte." Wenn trotz solcher bedingten Anerkennungen einzelner das

allgemeine Bild des Johannes Kepler noch lange hinaus bestimmt wurde durch die für die Mehrzahl unlebendige Größe des astrono­ mischen Entdeckers, so lag dies nicht etwa daran, daß die an sich hochverdienstvolle Gesamtausgabe der Keplerschen Werke durch CH. Frisch 1858—71, die vom Herausgeber in allen einleitenden und verbindenden Tellen lateinisch gehalten war, nur dem Fach­ gelehrten ein Geschenk bedeuten konnte und also — sie blieb bis heute die einzige — einer geblldeten Allgemeinheit kein gang­ barer Weg zum Philosophen Kepler gegeben war. Vielmehr ist zu vermuten, daß die Vergangenheit, hätte sie der lebendigen Kon­ takte dieser Art bedurft, sich solche auch zu verschaffen gewußt hätte. So blieb es der jüngsten Zeit überlassen, auf ihrer schicksal­ bedingten Suche nach den Lebensquellen und Formkräften uinseres Volkes, sich den Schöpfer des „Mysterium Cosmographcum“ und der „Harmonices Mundi“ neu zu erringen. In hohem Maße, da uns die Fragen nach dem Sinn der Welt und dem Zusammen­ hang aller Dinge wieder wichtiger und für den menschlichen Geist fruchtbarer erscheinen wollen als das sich beschränkende Sichten und Einordnen im Stoff- und Kraftbereich, wandten sich manches Verständnis und manche Sympathien aufs neue den spekulativen Weltideen zu. Wagen wir also den Versuch, befreit von den Hem­ mungen eines prinzipiell anders gearteten Denkens, endlich auch jene Gedankenwelt Keplers neu erstehen zu lassen, die, unauflöslich

seinem Lebenswerk verwoben und ihm reiche Schätze spendend, jedoch als so maßlos spekulativ verketzert wurde, daß eine objektive Zeichnung bisher nicht gelingen wollte: seine Astrologie.

3 Als ein von Kepler in sich geschlossen empfundenes Wissens­ gebiet steht sie, von seiner Hand zu einem eigenen Wesen geformt,

befreit von den Schlacken eines durch jahrhundertelangen Aber­ glauben begünstigten astromantischen Charakters, Mischen Natur­ lehre und Philosophie, keiner von beiden angehörig, jedoch sich beide ju Diensten verpflichtend.

Es sind von autoritativer Seite allzuviel entschiedene und folgenreiche Worte über dieses Geistesgebiet Keplers gesprochen

worden, als daß es möglich wäre, sich ohne Berücksichtigung der geltenden Meinungen unbefangen dem strittigen Thema zu nähern. All diese Meinungen sind im Grunde Einwendungen, die ihren Ursprung aus der strikten Negation einer Möglichkeit des astrologischen Phänomens nehmen. Dies mußte folgerichtig entweder zur Verwerfung der ganzen Geistesseite Keplers, die sich zu den astrologischen „Wahnideen" bejahend stellte, führens oder, wenn irgend möglich, zum Nachweis, daß eine Bejahung von feiten Keplers überhaupt nicht oder in keiner redenswerten Weise

stattgefunden habe. Eine Zusammenfassung der ersten, heute nur noch vorsichtig eingenommenen, aber immer noch existenten Haltung ist etwa in folgenden Worten gegeben: So sehr begeisterte sich Kepler an den Ideen seiner Harmonik, daß er sich auch jenem Phantasiegebllde der makro-mikrokosmischen Korrespondenz, der Lehre vom Einfluß des Himmels auf die sublunare Welt, als Kind seiner Zeit

nicht entziehen konnte — eine leichte Trübung seiner Gestalt, die man aber angesichts der Unvollkommenheit alles menschlichen Seins dem großen Manne gern verzeiht. Gegen Vorwürfe solcher Art haben sich im Laufe der Zeit genügend Stimmen erhoben, aufrichtig bestrebt, Keplers Namen von jedem Verdacht einer Torheit oder einer Verirrung zu befreien, und deshalb bereit, ihn vor seinen eigenen Werken in Schutz zu nehmen: Am häufigsten findet sich der Einwurf, Kepler sei auf den Erwerb seines Unterhaltes durch das astrologische Prophezeien angewiesen gewesen. Ferner soll er durch „seine Ämter genötigt" *) „Die Astrologie war die größte Disharmonie in Keplers Leben." Wilh. Foerster, Kepler und die Harmonie der Sphären. Berlin 1862.

— 4

~

und also „lebenslänglich jvm astrologischen Frondienst verdammt" *)

gewesen sein. „Nirgends spricht er ein astrologisches Gutachten als seine Meinung aus; immer nur findet man Ausdrücke wie folgende: Die Astrologen meinen, glauben, vermuten .... und dgl. m."*2). „Für jeden, der zwischen den Zeilen zu lesen ver, steht, wird es klar sein, daß Kepler für seine Person von solchen Unwürdigkeiten frei «ar ...,"3). Solchen und ähnlichen Äuße­ rungen gegenüber dürfen wir wohl sagen, daß, wie so oft, ein Wunsch der Vater des Gedankens war, wodurch freilich die Tat­ sachen auf den Kopf gestellt wurden. (Das oberflächliche Argu­ ment, Keplers Lehre habe im Verein mit der Lehre des Kopernikus der Astrologie, die notwendigerweise mit einem subjektiv ge­

sehenen Weltbild arbeitet, den Todesstoß versetzt, bedarf hier keiner weiteren Beachtung.) Es bleibt ein bemerkenswertes Verdienst von Norbert Herz, erstmalig (in seiner Schrift „Keplers Astrologie", Wien 1895) das wahre Verhältnis Keplers zur Astrologie insofern klargestellt zu haben, als er, an Hand dessen Schriften, den Beweis lieferte, daß Kepler einen gewissen Teil der Astrologie — und zwar den wesentlichsten — sein ganzes Leben hindurch beibehielt; daß er ferner aus dieser Beibehaltung keinen Hehl machte und daß er endlich, wo er wirklich unter Zwang und unter dem Druck pekuniärer Verhältnisse handelte — was beides durchaus nicht immer der Fall war — sich stets die Freiheit seiner Rede wahrte. Einzig gegen jene Astrologie zieht er zu Felde, die durch alle Zeiten hindurch aller Praktik Großmutter war und geblieben ist: Gegen das Lehr­ gebäude der Wahrsagung, nicht gegen die Lehre von den Wirkungen an stch. Leider blieb Herz bei dem Versuch, Keplers astrologische Ein­ stellung seinem Gesamtbilde organisch einzuverleiben, in einer *) Frh. v. Breitschwert, Johann Kepplers Leben und Wirken. Stuttgart 1831. 2) Aus dem schwärmerischen anonymen Schriftchen: Kepler und die un­ sichtbare Welt, Berlin 1819. — Verfasser ist Dr. E. G. Fischer, Prof. a. d. Univers, und Mitgl. d. Kgl. preuß. Akad. d. Wissensch. zu Berlin. 3) Joh. tzeinr. v. Mädler, Johannes Kepler (Reden und Abhandlungen,

Berlin 1870).

— 5 — schauerlichen

Bürgerromantik

jahreszeitlicher

Gefühle

stecken.

So mußte sein Unternehmen, auch infolge mancher Unsicherheiten, ein Torso bleiben. Möge denn durch diese Auswahl Keplerscher Schriften der Leser selbst in den Stand gesetzt werden, einen Eindruck zu gewinnen

von der Geschlossenheit, der Einheitlichkeit und dem Format der Keplerschen Haltung in bezug auf die Gedankenwelt der Astrologie, die er für wert genug hielt seines tiefen Ernstes, seines köstlichsten Humors, seiner lebendigen Ethik und seiner besten Weisheiten.

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Johannes Keplers Astrologie. Johannes Kepler war von seinem iz. Lebensjahr an junächst in den protestantischen Klosterschulen Adelberg und Maulbronn, später auf der Universität Tübingen durch weitgehende Unter­ stützung seiner Vaterstadt Weil jum lutherischen Theologen heran­ gebildet worden**). Die früh bewiesene Selbständigkeit seiner Gedanken machte es jedoch wahrscheinlich, daß sich seine künftige Laufbahn, angesichts der herrschenden konfessionellen Unduld­ samkeiten, nicht ohne große Schwierigkeiten anlassen würde.

Ein Zufall war es darum wohl kaum zu nennen, daß ihm von feiten der Universität noch vor der Beendigung seines Studiums eine vakante Mathematikprofessur am ständisch-protestantischen

Gymnasium in Graz angeboten wurde. Der 22jährige nahm unter Zureden seiner Freunde und Lehrer die angebotene Lehrstelle an, freilich, nach seinem eigenen Zeugnis, nicht ohne inneren Vorbehalt. Die in gewissem Sinne bestehende Zweitklassigkeit

dieses mathematischen Lehramtes gegenüber einem von Kepler erwarteten geistlichen Amt mochte dabei wohl einen Teil dieses Vorbehalts ausmache«, aber nicht den wesentlichsten. Denn viel stärker fiel ins Gewicht, daß Keplers innerste Neigung „mit außer­

ordentlicher Begieß sich der Philosophie zugewandt hatte, seit er „alt genug war, ihre Süßigkeit zu erkennen"?) und ihn, in dem Maße, wie ihm die Stärke dieser seiner angeborenen Eignung ins Bewußtsein rückte, die Erkenntnis Gottes und seiner Schöpfung als Aufgabe und Ziel seines Lebens bedünken mußte. Nun schien die Mathematik in der gelernten und zu lehrenden Form, zumal sie als Haupttätigkeit genommen werden sollte, nicht ohne weiteres geeignet, ihn auf dem, von ihm als gemäß empfun­ denen Wege geradeaus weiter zu führen. Es war also für ihn die x) Für die folgenden biographischen Angaben stehe näheres beiC.Gruner, „Johannes Kepler", I. Teil. Stuttgart 1868. *) Kepler im 2. Teil des Kommentars von den Bewegungen des Mars­ gestirns. Kap. VH. — Band III/209 der Opera Omnia Kepleri vov Chr. Frisch, die im folgenden als Opera zitiert werden.

— 7 —

Grazer Stellung — zu deren Annahme er sich verpflichtet fühlte, da er auf Kosten anderer seine Bildung empfangen hatte — zunächst ei» Sprung ins Dunkle. Denn nicht konnte er ahnen, in welchem Maße es seinem philosophischen Ingenium, das zur Anschauung und nicht zur Abstraktion drängte, gelinge» würde, die strenge Wis­ senschaft als Bundesgenossen zu gewinnen. Infolge der Stärke seiner natürlichen Anlage aber geschah es, daß er, der Zahlenwelt gegenübergestellt, sofort die Frage nach ihrer Bestimmung und Verwendung im Bau der Welt lebhaft stellte, daß ihm die Geometrie alsbald — in seinem geradezu künstlerischen Vermögen, bildhaft zu sehen und zu erleben — zum Urbild aller irdischen und kosmischen Schönheit, ja aller Form überhaupt wurde, und daß sich ihm selbst die Astronomie als Aus­ druck einer geometrisch empfindenden, harmonisch waltenden Kraft des Schöpfers offenbarte. Die bereits früher geschehene Begegnung mit Pythagoras und Plato, an sich ein unvermeidliches Zusammentreffen, begann sich zum Ereignis zu gestalten. So nahm der Bau des Keplerschen Weltentempels aus dem Geiste der Mathematik und Philosophie heraus seinen Anfang, getragen von einem Gott der Ordnung, der Harmonie und der weisen Fügung. Was in der Folge das Besondere und Eigentümliche von Keplers Bauweise ausmachte, war das immer mehr sich zeigende Bedürfnis, seine Erkenntnisse, sofern nur irgend die Möglichkeit bestand, durch die Erfahrung der Sinne bestätigt zu sehen. Diese Wechselbeziehung zwischen seinen schöpferischen Begriffssetzungen und seinen wissenschaftlichen Fundamentierungen wirkte das Fruchtbare seiner wissenschaftlichen Art und den Wert seiner Hypo­ thesen. Die Heiligkeit der Wahrheit wird nicht geringer, nein, sie er­ höht sich ihm durch deren Wirklichkeit; ein Zug, der ihn bemerkens­ wert von dem eigentlich Mystischen trennt. Und also unterzieht er immer wieder seine Spekulationen einer nachträglichen Kontrolle, stets bereit, auch Lieblingsideen zum Opfer zu bringen, wenn die Erfahrung es verlangt. Es ist dies eine Tatsache, die auch bei der Wertung seiner astrologischen Feststellungen niemals vergessen werden darf.

8 Bei Keplers unerschütterlicher Vorstellung von der jacmonü schen und beziehungsreichen Fügung der Welt ergal es sich natürlich und folgerichtig, daß sich die alte Wissenschaft son dem Zusammenhang der himmlischen Konfigurationen mit dem ir­ dischen Leben seiner Weltanschauung eingliederte. Dabei muß man sich von vornherein klar sein, daß die Astrologie si, wie sie zu allen Zeiten von philosophischen Geistern ergriffet wurde, stets ein grundanderes Antlitz zeigt als die im Volke verbreitete Wahrsagekunst, was in der Natur der Sache liegt. Kepler war schon als Tübinger Student mit den Lehren der Astrologie vertraut geworden. Nichts Fremdes also »erlangte von ihm das Ansinnen, das man in Graz an ihn stellte, außer seiner Lehrtätigkeit, in seiner weiteren Rolle als Landschafts­ mathematiker die jährlichen Kalender zu schreiben, denen Progno­ stiken über Witterung, Ernte, Welthändel u. a. beizufügen waren. Kepler unterzog sich dieser Arbeit mit Gewissenhaftigkeit, ohne aber zu verschweigen, daß er, infolge seiner eigenen Arffassung der Astrologie, nicht imstande noch gewillt sei, Anforderungen zu genügen, die bezüglich der Prognosen an den Kalenderschreiber gestellt zu werden pflegten. Im frühesten uns erhaltenen Progno­ stikon, dem von 1598 (ihm gingen drei vorher), sehen wir ihn bereits zur Astrologie in einer Einstellung, die von den herrschenden Ansichten grundsätzlich abweicht: „Demnach die Erfahrung be­ zeuget, daß die schöne Gottesgab und edle Kunst von des Himmels Lauf und Wirkung durch nichts mehr in Verachtung gebracht, denn daß man ihr zuviel zugelegt, und durch unziemlich abergläubi­ sches Berühmen die Gelehrten von ihr abwendig gemacht: Also hab ich mich in den zwei letztvergangenen Jahren in meinen Prak­ tiken unterstanden, solchen unmäßigen Ruhm der Astnlogia zu beschneiden und anzuzeigen, daß auf die jährlichen Progncstica, so man den Calendern anheftet, keineswegs zu bauen, sondern daß sie vielmehr zu einer ehrlichen Ergötzlichkeit und sonderlich von gelehrten, verständigen und ruhigen Leuten sollen xelesen werden: In Ansehung, daß die Kunst selber keinen solchen 6rund habe, daraus einiger Zufall in specie oder anders als geneialiter könnte vorgesagt werden." Dieses Beginnen, den unmißigen

9 Ruhm der Astrologie zu beschneiden, setzt er nun in allen weitern Prognostiken und astrologischen Schriften unverdrossen fort. Wahrlich kein dankbares Unterfangen! Denn bei den zunächst Beteiligten, den Lesern der Kalender, mochte solch ein Reinigungs­ versuch, der ihnen, wie es sich herausstellte, das Wichtigste nehmen wollte: die genaue Voraussagung eintretender Ereignisse — auf wenig Sympathien stoßen. Und ebensowenig Aussicht bestand, daß die ernsteren „abwendig" gewordenen Gelehrten, die längst das ganze Erbe der „abergläubischen Araber der Verachtung preis­ gegeben hatten, sich zu einem milderen Urteil bewegen lassen würden. Es war für einen gerade Heranwachsenden, nüchtern kritischen Zeitgeist, der sich mit dem Erbe des Mittelalters mühsam auseinandersetzte, ein Akt der Selbsterhaltung, zunächst einmal alles, was sich in einem so verschwommenen, ungreifbaren Bilde zeigte, wie die Astrologie, oder was wie sie, so ganz und gar von offensichtlichen Absurditäten durchsetzt war oder schien, von sich zu weisen. Kepler verstand die Haltung seiner Kollegen sehr wohl. Im Prognostikon von 1604 bricht er selbst in die Worte aus: „Die Nativitäten einzelner Personen, und was der Mensch draus für Nutzen habe, will ich samt der Medicina Astrologica als ein un­ annehmlich und dieser Zeit übel besudeltes Werk mit Stillschweigen übergehen." Dennoch zwingt ihn seine klarere Einsicht und Wahrheitsliebe fortzufahren: „Ein Verständiger weiß sich seiner Diskretion sBesonnenheits auch hierinnen wohl zu gebrauchen. Läßt es sich nicht nutzen, so läßt es sich doch auch nicht tuschen, sondern schreit mit erhobener Stimm und beweiset die göttliche, in Er­ schaffung der Welt erscheinende Weisheit." Denn das eine ist für ihn ausgemachte Tatsache: „Wenn etwas Seltsames entweder von starken Constellationen oder von neuen Bartsternen im Himmel entstehet, so empfindet solches und entsetzet sich gleichsam darob die ganze Natur und alle lebhaften [belebten] Kräfte aller natür­ lichen Dinge"'). Damit ist zunächst einmal die Bejahung einer Wirkung an sich ausgesprochen. Und zwar kommt für ihn diese Wirkung zustande, sowohl infolge eines Ausströmens des Himmels selbst, *) Ausführlicher Bericht .. . Comet 1607.

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als auch infolge einer Fähigkeit der irdischen Kräfte, die Bewe­ gungen der himmlischen Körper, ihre Verfinsterungen und Kon­ junktionen, auch Kometenerscheinungen u. a. m. wahrzuvehmen. Wenden wir uns der Frage zu, worin für Kepler das Aus­ strömen des Himmels bestand. Bereits im babylonischen Alter­ tum, dem einstweilig angenommenen Mutterboden der Astrologie, richtete fich eine besonders aufmerksame Beobachtung auf Licht und Farbe der Gestirne, und zwar der Wandelsterne wie der Fix­ sterne. Diese Beobachtung ergab nicht nur eine bemerkenswerte Verschiedenheit der Lichtstärke und der Farbe der himmlischen Körper untereinander, sondern ließ auch bei jedem einzelnen einen deutlichen Wechsel in der Stärke des Lichtes (z. B. im Perigäum oder Apogäum) und in der Farbe in Erscheinung treten. Während man sich dieser Wahrnehmungen in Babylon zum astrologischen Gebrauch eingehend bediente, scheint sich in der mittelalterlichen Astrologie die ehemalige Lichtstärke- und Farbbeobachtung fast nur noch in einer versteckten Form zu finden: in der Lehre von den den Planeten zugeschriebenen Qualitäten (in welcher freilich auch noch die Verschiedenartigkeit der Planetenbewegung als mit­ wirkender Faktor zu gelten hat). Man darf aber wohl sagen, daß die Beziehung zwischen Lichtstärke, Farbe und Qualität sich nie völlig aus dem Bewußtsein verlor. Kepler sehen wir nun das Problem von Licht und Farbe in ihrer Beziehung zu den irdisch wahrgenommenen Wirkungen mit naturwissenschaftlicher Betonung, wenn auch nicht in der alten Differenzierung wieder aufgreifen, in der Art, daß er für alle Gestirne, aus der Verschiedenheit ihrer Farbe, eine unterschied­ liche innere Disposition annimmt, unterschiedlichem Edelgestein vergleichbar, die eine „species immateriata“ ausströmt, wobei sie sich des Lichtes als „Postreiter" bedient*). Möglich sei es, daß sie (die innere Disposition) auch ohne Licht, mittels einer eigenen Kraft sich ausbreite! (Tertius interv. Th. 29). Zu diesem Gedankengang gesellt sich die astrologische Lehre von der verschiedenen Hitze, Kälte, Trockenheit und Feuchtigkeit *) Das hier und im folgenden Erörterte konnte «egen allzu großer Breite der Keplerschen Darstellung nicht in die Texte ausgenommen «erden.

II

der Planeten, die Kepler auf seine Weise interpretiert: Jenes innere, als „species immateriata“ aussirömende Etwas habe die Fähig­ keit, dort, wo es auftreffe, je nach der Art der mitausfließenden Eigenschaften, Wärme und Feuchtigkeit in verschiedenen Graden zu verursachen. Hier bedarf es einer kleinen Einschaltung. Solange Kepler lediglich das himmlische Ausströmen betrachtet, haben für ihn die Fixsterne dieselbe Berücksichtigung ju erfahren wie die Planeten. Zwar kommen die Fixsterne infolge ihrer ungeheueren Entfernung für eine Erzeugung von Wärme und Feuchtigkeit auf Erden nicht mehr in Betracht, wohl aber für eine Abgabe an Licht, was in diesem Fall bei ihm heißen will, an „species immateriata“. Da aber die Wirkung der Ausströmungen, wie wir später sehen werden, für Kepler an die Bewegung der Gestirne geknüpft ist, insofern ein geometrischer Instinkt der Erde die Ausströmungen nur unter gewissen Winkelbildungen der Gestirne (von der Erde aus visiert) bemerkt, scheiden die Fixsterne so gut wie vollständig aus der Gruppe der wirkenden Faktoren, drei bis vier Sterne erster Größe etwa ausgenommen, die in der Ekliptik stehen und durch Aspekte der Planeten gefaßt werden können (Tert, interv. Th. 43). Die Verursachung von Wärme und Feuchtigkeit ist jeden­ falls nur der Sonne und dem Mond, sowie den fünf Wandel­ sternen Saturn, Jupiter, Mars, Venus, Merkur zuzuschreiben, wobei die Verursachung von Wärme und Feuchtigkeit in streng physikalischem Sinne nur Sonne und Mond zukommt, und zwar der Sonne die Wärme und dem Mond die Feuchtigkeit, während die Planeten nur eine gewisse Wärme und Feuchtigkeit innerhalb der Materien bewirken*). Während für Sonne und Mond nur eine einfache Zuordnung besteht, weisen die Planeten nach Keplers Schema folgende Mischverhältnisse auf: i. Überschuß an Wärme Mangel an Feuchtigkeit

s diese „Proportz" gebührt j dem Mars.

*) Keinesfalls wollte Kepler etwa dem Marslicht quantitative Wärme­ sendungen zugesprochen wissen!

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2. Wärme und Feuchtigkeit mäßig u. im Gleichgewicht

I gebührt dem Jupiter.

3. Mangel an Wärme, Über: | gebührt dem Saturn *) schuß an Feuchtigkeit

4. Überschuß an Wärme Mittelmaß an Feuchtigkeit oder Mittelmaß an Wärme Mangel an Feuchtigkeit

• gebührt dem Merkur.

5. Überschuß an Feuchtigkeit Mittelmaß an Wärme oder Mittelmaß an Feuchtigkeit Mangel an Wärme

> gebührt der Venus.

Die beiden letzten Proportionen sind als zwei, nicht als vier anzusehen, weil die Proportion: Überschuß zu Mittelmaß dieselbe ist, wie Mttelmaß zu Mangel. Die hier entwickelte Verschiedenartigkeit der Planeten — im astrologischen Sprachgebrauch werden unter diesem Namen auch Sonne und Mond mitbegriffen — gelangt, wie schon kurz bemerkt, nun nicht ohne weiteres zu ihrer Äußerung, sondern bedarf hierzu der Aspekte. Die Aspekte sind ganz bestimmte Winkelbildungen der Planeten­ strahlen in bezug auf die Erde, unterworfen einem immerwährenden Entstehen und Vergehen, und je nach der Umlaufszeit der winkel­ bildenden Planeten von kurzer oder langer Dauer. Ihre Wirk­ samkeit beruht auf dem harmonischen Zusammenfallen zweier Lichtstrahlen auf der Erde, wobei die Harmonie — insofern sie von einem geometrischen Instinkt der sublunaren Natur empfun­ den wird — das Wesentliche ist und nicht das Licht. Ein solches harmonisches Zusammenfallen, in seiner Wirkung von verschiedener Stärke, findet für Kepler statt, bei der Opposition2), beim Biquintil, *) „Ein Übermaß der Feuchtigkeit und ein Abgang der Wärme, das ist lauter Gs." Tertius interveniens, These 32. 2) Siehe Tabelle hinter dem Wörterbuch.

13 beim Sesquiquadrat, beim Trigon, beim Quadrat, beim Quintil, beim Sextil, beim Halbsextil und endlich bei der Konjunktion.

Diese Aspekte erfüllen also die Aufgabe, Durchgangsstraßen für die himmlischen Qualitäten zu sein. Sie haben aber noch eine «eitere Bedeutung, insofern die Art ihrer zugrundeliegenden Figuren vom geometrischen Instinkt der Erde verschieden empfun­ den wird: das Quadrat z. B. hemmend, spannend; das Trigon fördernd, anflösend. Der Aspekt selbst wirkt natürlich nichts, denn er ist ein ens rationis. Aber die sublunare Natur fühlt sich ver­

anlaßt, ihn wahrzunehmen. über die Veranschaulichung und Stärken-Reihenfolge der

Aspekte, wie über ihre besondere Beziehung zu den Planeten äußert sich Kepler in einem Brief an den ostfriesischen Pastor, Astronomen und Astrologen Fabricius folgendermaßen: (Fabricius hatte an­ gefragt, ob die an sich schlechten Aspekte, die Opposition und das Quadrat—„guter" Planeten, als welche Jupiter und Venus gelten, gut oder schlecht sei?) „Welche Aspekte gut, welche schlecht seien? Ich halte dafür, daß man astrologisch die Aspekte nicht nach Merkmalen guter und schlechter Beschaffenheit zu unterscheiden vermag, son­ dern nur nach ihrer Stärke und Schwäche. Stärker ist der Aspekt, der sich mir als der Stärkere veranschaulicht: i. die Konjunktion der Planeten, weil in solchem Fall Identität herrscht; 2. die Oppo­ sition der Planeten, weil der Durchmesser des Kreises zweimal den Kreis tritt; 3. die Quadratur, weil das Quadrat der Seite die

Hälfte ist vom Quadrat des Durchmessers; 4. das Sextil und Tri­ gon, weil die Seite des Sechseckes gleich dem halben Durchmesser und die Seite des Dreiecks dreiviertel des Durchmessers ist; 5. Quintil und Biquintil, weil die Quadrate beider sich zum Qua­ drat des Durchmessers verhalten wie 5:4; 6. das Sesquiquadrat, well es irrational ist und keinen Gefährten hat, denn das Achteck hilft ihm, das Quadrat des Durchmessers auszugleichen, ist aber selbst nicht unter den harmonischen Aspekten.

Unter den Planeten gibt es ferner keine guten und schlechten, sondern nur harte und weiche, warme und kalte, feuchte und trockene. Sextil, Trigon und Sesquiquadrat vertragen sich am besten mit

den weichen und feuchten Planeten — wenn man nämlich die



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musikalischen Verhältnisse auf die Astrologie überträgt. Den hatten und heißen Planeten sind Quintil und Biquintll willkommen."

Wir begegnen in diesen letzten Worten einer besondern Seite Keplerscher Philosophie: Dem Versuch, Verhältnisse in der Musik

und in der Astrologie analog zu setzen. So vergleicht er das Sextil der Terz Moll, das Quadrat der Quarte, das Trigon der Quinte, die Opposition der Oktave usw.

Anfangs benutzte Kepler für seine Aspekte die Pythagoräische Entdeckung, daß die Tonhöhe abhängt von der Länge der schwin­ genden Saite. Die Aspekte entstehen ihm da, indem er die (Tier-) Kreislinie ebenso teilt, wie die Länge der Saite zur Erzeugung von Konsonanzen getellt wird. Mit dieser Handhabung will es jedoch auf die Dauer nicht klappen, denn, „da ich in dem Wahn gestecket, als müsse alles zwischen der Astrologia und Musica in gleichen Terminis gehen, weder minder noch mehr aspectus sein denn

concordantiae, so hat mir doch die augenscheinliche und offenbarliche Erfahrung auch den semisextum an die Hand gegeben, der

sich mit der Musik (in der übrigen Weise und Maß) keineswegs hat vergleichen wollen, und hat hingegen von dem sesquadro, der sich mit sexta molli vergleichet, schlechtes Gezeugnis geben wollen. Daraus ich den Unterschied zwischen der Musica und Astrologia endlich gemerkt" (Tert, interv. Th. 59). So läßt er denn den Aspekten ihre eigene, geometrische Gesetz­ lichkeit, hat er doch in den Umlaufsgeschwindigkeiten der Planeten und den Proportionsverhältniffen ihrer Bewegungen viel wunder­ barere Objekte für seine Vergleichungen. Die Exzentrizitäten der einzelnen Planeten durchlaufen ihm bestimmte Intervalle der musikalischen Tonleiter, wobei Saturn mit g, Jupiter mit h, Mars mit fis usw. beginnt. Ferner ergeben sich Verwandtschaften der Planeten zu den Tongeschlechtern, z. B. des Saturn zu Dur, des Jupiter zu Moll usw. Auch singen ihm Saturn und Jupiter als Bässe, Mars als Tenor, Venus als Alt, Merkur als Diskant die Harmonie des Himmels — wobei die Bewegungen der Pla­

neten Gesangsharmonien in Dur und in Moll zustandebringen.

Die höchst reizvollen, breit aufgerollten Ausführungen (Harmonices Mundi Buch V) gehen über das Bereich unserer astrolo-



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Denn wenn auch Kepler den Harmonien des Himmels irdische Wahrnehmbarkeit zuschreibt (durch Instinkt, wie bei den Aspekten), so kann bei ihm doch von einer Wirkung der Harmonien auf die Erde in astrologischem gischen Betrachtungen hinaus.

Sinne keine Rede sein. Es wurde bereits oben des geometrischen Instinktes der

Erde und ihrer Lebewesen Erwähnung getan, als einer Fähigkeit, die den schließlichen Ausschlag für das Zustandekommen der himmlischen Wirkungen gibt. Dieser Instinkt — der anima terrae, wie allen Kreaturen in gleicher Weise eigen — entzieht sich aber noch durchaus einer näheren Bestimmung. Es ist, sagt Kepler, „die ganze Natur dieser niederen Welt und eines jeden Menschen Natur insonderheit von Gott also formiert, daß sie nicht durch ein gestchtliches Anschauen, sondern durch ein noch zur Zeit verborgenes Aufmerken auf die himmlischen Lichtstrahlen sdie Kräfte des Himmelsj begreifen kann" (Tert, interv. Th. 59). „Es hat aber auch der Mensch, wenn er gleich blind wäre und den Himmel nie gesehen hätte, dergleichen lebhafte, empfind­ liche und auf den Himmel verborgener Weise aufmerkende Kräfte" (Comet 1607). „Weil aber das fürnehmste Stück ist aus allen Eigenschaften sder Kreaturen), daß ein instinctus Geometriae in ihnen allen ist, und sie mit ihren formis oder animalibus facultatibus dem Licht verwandt — also folgt, daß, unangesehen eine jede Sach dasjenige, was sich mit ihr begibt, selbst tut: Das Kraut selbst wächst, das Tier selbst schläft oder wachet, der Mensch selber krieget oder Fried hält — dennoch all ihr Tun und Lassen durch diese hinieden auf Erden anwesenden, und von den Kreaturen vermerk­ ten Lichtstrahlen und durch die Geometriam oder Harmoniam, so sich zwischen ihnen durch Mittel ihrer Bewegung zuträgt, ihren Schick empfange und unterschiedlich formiert und verleitet werde setwas zu tun]" (Tert, interv. Th. 73). Jede kausale Klärung dieses Phänomens aber muß einstweilen dahingestellt bleiben. Hinsichtlich einiger Aussprüche des scharf­ sinnigsten Gegners der Astrologie, des Picco della Mirandola

(t 1494), der die Astrologie in ihren Voraussetzungen angegriffen hatte, äußert sich Kepler: „Wenn Pico eine Begründung herbei-



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brächte, warum die Geometrie in der Tonwelt den Menschen ergreift, würde ich dieselbe Begründung nehmen, um tarzutun, warum die Geometrie in den Strahlen der Gestirne die sablunare Natur afficiert" (Opera 11, 645). Solange aber durch die Naturwissenschaft eine derartige Be­ gründung nicht geliefert werden kann, haben für Kepler die Er­

fahrung und die auf sie gegründete Philosophie weiterhin das einzige Wort. Als bewundernswürdigsten Beweis für jenes un­

bewußte geometrische Reagieren des Menschen auf den Himmel betrachtet Kepler die offensichtliche Verwandtschaft der Horoskope

von Eltern und Kind — ein Erfahrungsbeispiel, dem er ausnahms­ lose Geltung zuspricht. Eine Stelle hierüber in der „Astronomia Nova“ (Opera 111, 319) lautet: „Auch haben wir mit unserm Forschen nicht alle Schätze der Natur erschöpft, so daß es durch unsere Wissenschaft feststünde, wieviel Sinne es geben müsse. Wunderbare Beispiele habe ich zur Hand: Sage mir nämlich einmal vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus, mit welchen Augen die sublunare» Lebewesen die Orte der Sterne im Zodiak aufzunehmen befähigt sind, so daß sie die zwischen diesen bestehende harmonische Anordnung, die wir Aspekte nenne», freudig wahrnehmen und sich zu ihrem Tun begeistern lassen. Hat etwa meine Mutter mit ihren Augen die Sternorte bemerkt, so daß sie wußte, daß ihre Geburt stattfand, während Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur miteinander Sextile und Trigone bildeten — und so daß sie dadurch ihre Kinder, zumal mich, ihren Erstgeborenen, absichtlich an solchen Tagen gebar, an welchen möglichst viele der­ selben Aspekte, besonders des Saturn und des Jupiter wieder­ kehrten oder denkbar viele der Orte, an denen [bet ihr) in ver­ gangener Zeit die Planeten gestanden hatten, durch Quadrate und Oppositionen gefaßt und durch Planeten eingenommen wurden? Das aber habe ich an allen Beispielen wahrgenommen, die sich mir bis auf den heutigen Tag dargeboten haben. Aber warum sage ich solche absurden Dinge? — es sei denn für jene, die sich ttm die Natur eifriger bemühen, als es heutzutage der Brauch ist." In nicht geringerem Maße wie der Instinkt der Kreatur reagiert auch die anima terrae, die Erdseele selbst, auf die himmlischen



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Wirkungen. Diese anima terrae ist ein überaus vielseitiges Gebilde und schwankt vom Begriff einer animalischen Wesenheit

bis zu dem einer physikalischen Kraft. Sie wirkt in der Rotation, verursacht meteorologische Erscheinungen, sie baut mit ihrer vom

Himmel aufgemunterten facultas formatrix alle organischen und unorganischen Formen; sie besitzt eine ungeheuere Empfänglich­ keit für die himmlischen Aspekte, die nicht nur spontan auftritt, sondern sich auch in einer dem Gedächtnis verwandten Weise äußern kann. An den Okkultisten Robert Fludd schreibt Kepler

über diese Erdseele: „Wenn dir der Ausdruck anima terrae nicht gefällt, kannst du meinetwegen auch archaeum terrae sagen"

(Opera V, 440). Auch andernorts vergleicht er seine anima terrae mit dem „Archaeus" des Paracelsus.

In geographischen Fragen erfährt sie eine geradezu phantasti­ sche Ausgestaltung und trägt wohl am meisten dazu bei, das ganze himmlisch-irdische Deziehungssystem unglaubhaft erscheinen zu

lassen. Wir dürfen deshalb, wo wir Keplerschen Darstellungen dieser Art begegnen, nie vergessen, daß Kepler sich sehr wohl bewußt blieb, mit seinen Gedankengebilden nur vorläufigen Erklärungen zu dienen — „nicht zu dem End, als müßte eS also und nicht anders sein, sondern zu dem End, damit man die Möglichkeit sehe, und sich an diesem modo versuche" (Tert, interv. Th. 32). Dieses Zugeständnis, seiner Wärme- und Feuchtigkeitstheorie gegenüber,

dürfen wir ruhig auch seiner Interpretation der anima terrae hinzufügen. Denn worauf es ihm bei allem in erster Linie ankam,

«ar, seine unzweifelhaften Erfahrungen zu veranschaulichen — fern davon, sich auf Einzelheiten, auf das Gerade-so-sein dieser Veranschaulichungen zu versteifen. Daß einzelne — nicht alle! — Vorstellungen sich später als unhaltbar erwiesen, kann jedenfalls seiner astrologischen Gesamt­ anschauung ebenso wenig schaden, als seine Vorstellung von der Entstehung der Kometen aus dem Äther als kosmisches Gewölk, seiner Klarheit in den übrigen astronomischen Fragen Abbruch tun konnte. Daß seine scharfsinnigen Gedankengänge und seine eingehenden Untersuchungen über Art und Wesen der Aspekte Strauß,Kloebe, Johannes Kepler.



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keinesfalls so wertlos sind, wie Rudolf Pixis*) annimmt, wird eine spätere Zeit ju erweisen haben.

Wir haben nun die drei Faktoren kennengelernt, durch deren Zusammenwirken für Kepler die himmlisch-irdische Beziehung zu­ stande kommt: Das entströmende Agens der Himmelskörper, die Aspekte und die geometrischen Instinkte der sublunaren Welt. Im einzelnen wäre noch zu sagen: Finsternisse der Sonne

und des Mondes hielt Kepler nicht für sonderlich wirksam. Dennoch sehen wir ihn anlässig zweier Mondfinsternisse und einer Sonnen­

finsternis 1620/21 eine ganze Liste von Sonnenfinsternissen inner­ halb der vergangenen 80 Jahre aufstellen, samt einem Bericht, „was jedesmal vor und nach, der Zustand in geistlichen und welt­ lichen Sachen gewesen". Sein Gesamturteil liegt wohl in den Worten: „Ich hab bisher mehr in der Natur nicht finden können, denn allein dies, daß zu den Zeiten, wenn es irdischer oder himmlischer Ursachen halber auf der Welt übel zugehet, und große Finsternisse dazu kommen, es gern noch ärger werde"

(Progn. 1624). Die Kometen achtete Kepler in ihrer Bedeutung den Planeten gleich. Für sie gilt dasselbe, was er anläßlich des Aufleuchtens eines neuen Sterns im Fuß des Schlangenträgers sagt: „Ich nehme diesen Stern an, wie einen andern, sonderlich einen Pla­ neten, und achte es der Natur gemäß, daß er, solange er stehet, an der Witterung und den Nativitäten der Menschen so wohl Ge­ meinschaft haben werde, als er am Licht Gemeinschaft hat: Nämlich weil die ganze Natur und alle ihre Kräfte eine verborgene Art

haben, die Aspekte der himmlischen Lichtstrahlen zu merken und sich nach denselben zu regulieren, «erden sie ohne Zweifel auch dieses Sterns empfinden" (Opera I, 476).

Sehr viel Kraft, die sublunare Natur zu erregen, gesteht Kepler den „großen Konjunktionen" (von Saturn und Jupiter) zu,

wobei wiederum, wie er in seiner Schrift „Dom neuen Stern" entwickelt, das geometrische Vermögen der sublunaren Natur der

aktivste Teil ist. *) Kepler als Geograph. München 1899.

— 19 — Es war Johannes Kepler nicht leicht gemacht, seine astrolo­ gischen Überzeugungen zu verteidigen. Er hatte der gelehrten und „aufgeklärten" Freunde und Gegner genug — bereits in der Jugend seinen verehrten Lehrer Maestlin, später den bayrischen Kanzler Herwart von Hohenburg «. a.—die ihm nicht nur wegen seiner astrologischen Neigungen Vorwürfe machten, sondern es auch an wohldurchdachten Argumenten nicht fehlen ließen. Außerdem «ar Kepler die Schrift „Gegen die Astrologie" des Pico della Mirandola, des einzigen Gegners, der etwas von der Sache verstand, die er angriff, wohl bekannt. Es wäre also für sein klares Denken gar kein Grund gewesen, an ungewissen und in seinen Kreisen bereits unzeitgemäßen astrologischen Spekulationen festzuhalten (weit über alles Kalenderschreiben hinaus: Wir er­ innern «ns an die vorhin zitierte Stelle aus dem Hauptwerk Keplers, der „Astronomia Nova“, einem rein wissenschaftlichen Werk!!) — es wäre nicht der geringste Grund gewesen, einer Idee das Wort zu reden, bei deren Verteidigung so herzlich wenig Ruhm zu holen «ar, wenn, ja wenn ihn nicht sein ehrliches Wissen und Gewissen wider alle „aufgeklärten" Gegner zum bejahenden Be­ kenntnis gezwungen hätte! Diese Tatsache sollte seinen Bio­ graphen mehr zu denken geben, als es bislang der Fall war. Oie bisherigen Berichte gehen derartigen Fragen gern aus dem Wege und lassen von einer Psychologie wenig verspüren. „Gewiß," sägt Norbert Herz, als er auf die Lehre von den Aspekten zu sprechen kommt, „fiel ihm jKeplerj die häufige — oder permanente — Diskrepanz zwischen dem sgestelltenj Prognostikon und dem wirk­ lichen Ereignis auf, und wollte er auf seine, von ihm als wohl­ gegründet angesehene Meinung nicht verzichten, so mußte er fich wohl früh entschließen, die Ursache dieser Abweichungen sman denke permanenter Abweichungen!] zu geben."1) Die Sache so betrachten, *) Diese Ursache sei dann durch Keplers Annahme gegeben worden, nötige Vorsicht und Gefaßtsein könne die Aspekte unschädlich machen. Diese Annahme geschieht nur in einem ganj bestimmten, später |u erörternden, hier jedenfalls nicht gegebene« Gedankenjusammenhang. Außerdem kann man wohl Kepler, insofern er als Beobachter seinem eigenen Leben gegenübersteht, Vorsicht und Gefaßtheit ruerkennen, aber nicht seinen jahlretche« Deobachtungsobjekten, d. h. Menschen, die an Vorsicht und Gefaßtheit nicht im geringsten dachten. -*

20 heißt geradezu an Keplers Verstand zweifeln! Die Diskrepanz wäre ihm schon aufgefallen, wenn — generaliter, den» das ist stets die Voraussetzung! — eine dagewesen wäre. Wie wenig er der Ausflüchte für fehlgeschlagene Prognosen bedurfte, zeigt seine Haltung gegenüber der so äußerst bequemen Annahme eines unvermuteten, willkürlichen Eingreifen Gottes, einer Annahme, die ihm als Christ selbstverständliche Glaubens­ sache war. Er äußert sich darüber: „Es schafft und verhängt Gott und regiert in der Menschen Herzen, wie er will, verhindert auch zuwellen durch ein Wunderwerk die himmlische Wirkung — wie­ wohl meines Erachtens nicht oft" (Prognost. 1598). Das heißt aber nichts anderes als: die himmlische Wirkung wird erfahrungs­ gemäß meistens nicht gehindert. Und so hören wir von ihm an der Schwelle seines Alters die sicheren Worte (Prognost. 1624): „Die Erfahrung, deren die Astrologen sich zu rühmen pflegen, die muß nicht blind, nicht auf hör-ich-sagen gestellt sein, sondern sie muß die Augen der Vernunft haben, sowohl als in Medicina. Wenn dies, wie billig, zugegeben wird: So hab ich mich meiner dreißigjährigen eignen Erfahrung billiger und sicherer zu rühmen, als der ganze Helle Häuf aller Astrologen sich ihrer vielmal hunderttavsendjährigen Erfahrung beim Cicero zu rühmen ge­ habt." Daß die Wissenschaft in Derwerfvng der Astrologie „bisher — bis zu Keplers Auftreten nämlich — „der Naturkündigung zu nahe gekommen und das Kind mit dem Bade hat ausschütten wollen, daran," weiß Kepler, „ist die meiste Schuld an den Astro­ logen selbst gewesen, welche nicht allein mit überkommenen schänd­ liche» Mißbräuchen die darunter verborgene heilsame Wissenschaft verdächtig gemacht und verschrien: Sondern auch von dem Guten, darum ich mich annehme, selber wenig gewußt, das Kind meistentells selber nicht gekannt, sondern nur in dem unsaubern Bad herumgespült haben" (Tert, interv. Th. 8). Er aber, Kepler, hat sich nunmehr mit den Theologen, Medizinern und Philosophen in einen Kampf eingelassen, „nicht zweifelnd, wenn sie mein nütz­ liches Unterwinden und was ich aus der Astrologia Gutes auszu­ klauben vorhabe, verspüren, sie mich und andere hieran nicht

21 hindern, sondern mit der Astrologia fürderhin bescheidener ver­ fahren «erden" (Tert, interv. Th. 8). Nvr bei der Annahme einer geradezu blinden Voreingenom­ menheit der Beurteiler Keplerschen Schaffens ist es zn begreifen, daß das Bild einer unklaren und veränderlichen Stellung Keplers jur Astrologie entstehen konnte. Seit er, 2z jährig, an seinen Lehrer Maestlin schrieb, daß er bei Derwerfung der astrologischen Possen den Kern behalte (Opera I, 297), sehen wir ihn konsequent und eindeutig diesen Weg weiter verfolgen. Die wissenschaftliche Schu­ lung, die er durch die Arbeit mit Tycho Brahe empfing, bewirkte lediglich eine Klärung der Frage, was Possen und was Kern, ohne daß dadurch seine Grundanschauung im geringsten eine andere wurde. Als er im Alter von 50 Jahren seinem großen Rudolfinischen Tafelwerk eine Vorrede schrieb, begann er diese unerschüttert mit den Worten: „Die Sternwissenschaft hat zwei Telle. Der erste behandelt die Bewegungen der Gestirne sAstronomiej, der andere die Wirkung der Gestirne auf die sublunare Welt sAstrologiH." Diesen zweiten Teil der Sternwissenschaft zu fundieren und in geistiger Art und Weise zu erläutern, betrachtete er als zwar keine dankbare, aber doch als wertvolle Aufgabe, bei deren Ausführung er fich allerdings ganz auf sich selbst stellen mußte. Don seinen astrologischen Spießgesellen — wie er sie einmal scherzhaft nennt — die untereinander „ihren Tand schlechtweg passieren" ließen und von denen „keiner den andern beißen" wollte (damals, wie zu allen Zeiten!), konnte er keine Hllfe erwarten. Trennend wirkte zwischen ihm und ihnen nicht etwa ein allzugroßer BUdungsunterschied, der eine Verständigung unmöglich gemacht hätte — waren doch selbst die Praktikenschreiber meist gelehrte Leute — sondern vielmehr die Tatsache, daß die Gesamteinstellvng Keplers aus einem seelischen und geistigen Format hervorging, das die andern nicht hatten. Daran lag es, daß beispielsweise die Beant­ wortung jener Frage, was denn nun der Himmel auf Erden be­ wirke, in der Keplerschen Fassung so ganz anders lautete als in der allgemein üblichen. Das Allzu-Menschliche einer subjektiv befangenen Menschen­ art pflegte immer wieder dem Bann dieser Frage zu erliegen und

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sie aus einem Innern voll geistiger und seelischer Verschwommen­ heit, voll Zukunstsgier und Aukunftsangst, ohne jedes Gefühl für die innere Folgerichtigkeit des Lebens zu beantworten. Der Himmel wurde so zum Orakel, das über alle einzelnen Ereignisse les Men­

schenlebens Auskunft gab. Kepler aber, einem Phänomen in strengster Sachlichkeit

gegenüber, entzog den Zukunftsdurstigen den Boden. Denn seine Grundthese lautete: Die Wirkung des Himmels auf die Erde erstreckt sich nur auf die Hervorbringung von Artmäßigem, nie­ mals von Akzidentalem. Infolgedessen tragen alle Schlüsse, die aus den Konfigurationen des Himmels gezogen werden können, naturgemäß generellen Charakter; das Besondere, Speziale bleibt unergriffen. „Wahrlich in aller meiner Wissenschaft von der Astrologia weiß ich nicht soviel Gewißheit, daß ich eine einzige Special-Sach cum fiducia dürfte vorsagen" (Antw, auf Röslius DiskurS). — „Daß der Himmel im Menschen etwas tue, siehet man klar genug; was er aber in specie tue, bleibt verborgen" (ebenda). Es ist ihm also die Behauptung ein rechter Unsinn, „daß die Conjunktion von Saturn und Mond Ursach gewesen sein soll, daß einer von einem Juden betrogen worden ist. Denn wenn diese Conjunttion geschieht am Sabbath, so wird zu Prag niemand von einem Juden betrogen, und hingegen «erden täglich etlich hundert Christen von Juden betrogen und um­ gekehrt, so doch der Mond im Monat nur einmal zum Saturn läuft" (Tert, interv. Th. n). — „Es sind dies ganz und gar nichtige, grundlose, abergläubische, wahrsagerische Vorsagangen, daß des Geborenen Gemahl werde aus diesem oder jenem Land gebürtig sein, am Leib einen verborgenen Fehl haben, daß sie bet ihrem Mann nicht werde fromm bleiben, so oder so viel Kinder, und der Geborene zwei, drei, oder mehr Weiber haben. Urd wie diese Ware ist, so ist auch das Werkzeug dazu:... Deuus im Haus Saturns soll eine Alte bedeuten, im achten Feld eine Wittib, Mars im Hause der Venus und im Trigon zu Mond eine Unleusche, Venus innerhalb der Sonnenstrahlen eine Kranke. Bei diesen und dergleichen Herrschaften der Häuser und darauf gebautem

äußerlichen Glück oder Unglück, ohne Einmengung der nensch-

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lichen Natur, sage ich mich aus und halte nichts davon" (Tert, interv. Th. 104). Durch die übliche astrologische Teilung des Tierkreises in 12 gleiche, aber qualitativ verschiedene Abschnitte und deren Austeilung unter die 7 Planeten, in der Art, daß den Planeten

Bereiche ihrer Herrschaft, Erhöhung, Vernichtung usw. zugewiesen wurden — durch Aufstellung von 12 irdischen Häusern oder Fel­ dern x), aus welchen die Beziehung des Geborenen zu Eltern, Geschwistern, Gatten, Kindern, zu Feinden, Freunden, Reichtum, Tod zu ersehen war—durch die Zuordnung der Länder und Glieder des Körpers zu den Zodiakzeichen usw. usw. besaß die Astrologie genügend Mittel zu eingehenden Spezialprognosen aller Art. Da Kepler die Einteilung des Tierkreises in 12 Zeichen nicht als in der Natur begründet anseheq konnte, mußte er auch jede quali­ tative Verschiedenheit dieser Zeichen verneinen. Von den 12 ir­ dischen Feldern des Horoskops behielt er jedoch für seine allgemeinen Aussagen die vier Eckfelder bei, die durch den jewelligen Ostund Westpunkt des Zodiaks (den Aszendenten und Deszendenten) sowie auch den jeweiligen tiefsten und höchsten (kulminierenden) Punkt des Zodiaks (Itnum Coelum und Medium Coelum) ge­ geben waren. Ganz und gar nichts aber will er zu tun haben mit der Austeilung der Länder, der menschlichen Glieder und der vier Elemente unter die Zeichen des Tierkreises, ebenso nichts mit den Erhöhungen, Bernichlungen, Grenzen, Gesichter u. a. m. der Planeten, wie auch mit ihren Ämtern als Zahresregenten,

Geburtsgebietern usw. Wird an Kepler das Ansinnen gestellt, unter Handhabung solcher von ihm als abergläubisch und in der Natur unbegründet

angesehenen Mittel Aussagen zu machen, so antwortet er scharf und unwillig. Hier und fast nur hier wendet er — muß von Amts wegen eine Antwort geleistet werden — jene Ausdrücke an, „weil ich befohlen bin," „nach Meinung der Astrologen" u. a?) — aus*) Auf dem im Osten jeweils aufsteigenden Punkt der Ekliptik (Asreobeat) «nb der Polhöhe aufgebaut. *) Hierher gehört als Prototyp jene so oft in bejug auf Keplers Gesamt­ haltung mißverstandene und als Beweis für seine Gegnerschaft zur Astrologie

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zunehmen sind natürlich solche Stellen, an denen er seine Meinung einer Meinung der Astrologen gegenübersetzt.

So scharf ablehnend Kepler auch in solchen Fällen sich ausjusprechen pflegte — nie jedoch zieht er in Zweifel, daß der Himmel sich in Hervorbringung allgemeiner Dispositionen äußere. „Da­ neben aber setze ich D. Feselius und seinen Autoren diesen meinen Satz entgegen: Daß etliche wenige namhafte Dorsagungen künf­ tiger Sachen in genere aus Vorsehung des Himmelslaufs erstlich

aus der Erfahrenheit gegründet, und von einem Jeden, der in Astrologia so viel Fleiß anwendet, so viel Fleißes in der Medizin zu einem Botaniker — der der Kräuter Wirkungen in eigner Person vergewissert sein will — vonnöten ist, täglich aufs Neue bewähret und in Erfahrung gebracht werden mögen" (Tert, interv. Th. 16). Die allgemeinen Dispositionen stellen dabei durchaus keine farbund gestaltlosen Gebilde dar, sondern sind — etwa als Anlagen und Triebe — ganz eindeutig und qualitativ bestimmbar. So kann das Rein-Natürliche, schlechtweg Typische einer Menschennatnr aus

der Figuration der Gestirne bei der Geburt erschlossen werden; aus ihm entwickelt sich dann folgerichtig das Einzelschicksal eines jede» Lebens. Damit ist das Schicksal zwar sehr wohl in der eigenen Natur des Menschen begründet, aber diese Natur trägt in ihrer Eigen­ tümlichkeit des Himmels Züge. „Denn erstlich mag ich mich dieser Experten» mit Wahrheit rühmen, daß der Mensch in der ersten Entzündung seines Lebens, wenn er nun für sich selbst lebt, und nicht mehr im Mutterleib bleiben kann, einen Charakter urd eine Abbildung empfange, aller himmlischen Constellatioaen oder Strahlgebllden, die [Im Augenblick) auf der Erde zusanmenströmen, und denselben bis in sein Grab hinein behalte: Der sich hernach in Formierung des Angesichts und der übrigen Letbszestatt, sowohl als in des Menschen Handel und Wandel, Sitten urd Ge­ bärden, merklich spüren lasse" (Tert, interv. Th. 65). „Es prigt sich das bei der Geburt vorhandene Charakterblld des Himmelt durch eine verborgene Formkraft in den Gesichtszügen des Geboremn aus überhaupt, fälschlich herangezogene „Prognose" über den Streit zwishen der Republik Venedig und dem Papst Paul V. (Opera 11,609. — Übersetzung tu der Biographie vou Breitschwert, S. 85 ff.).

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uni» kann hier — mittels eines bisher noch ganz dunklen Instinktes — vom Beobachter erkannt werden" (Harm. MundiIV. Buch)*).

Der Mensch hat nun die eigentümliche Fähigkeit, jenes Ge­ burtsbild, das ihn so merklich formte, mit solcher Treue in sich zu bewahren, daß er während der ganzen Dauer seines Lebens Gestirnübergänge über die gezeichneten Otte seines Gebuttsbilbes aus Instinkt heraus wahrnimmt und sich von ihnen bis zum Han­ deln erregen läßt (Harmon. Mundi, vgl. S. 167). Das Merk­ würdigste aber ist der Umstand, daß die Sternvereinigungen der ersten Tage nach der Geburt imstande sind, mit nachdauernder Kraft die großen Linien der Lebensentwicklung zu bestimmen. Auf diese Tatsache gründet sich die astrologische Lehre von den Direktionen, die Kepler, indem er sich an den „unterschiedlichen Meinungen der fürnehmsten Astrologen" orientierte — diesmal doch in ihre Fuß­ stapfen trttend — fast ganz übernahm. „Nicht die 30jährige Periode des Saturn und die 12jährige des Jupiter regieren unser Lebe«, sondern die jährliche der Sonne und die tägliche des Him­ mels; ... das Verhältnis des Tages zum Jahr, die Proportion 1:365 ist es, die in unserem Leben wirkt. Und zwar ist der Tag das Bild des Sommers, die Nacht das des Winters, weil der svon uns aus gesehenes Umlauf des Himmels in einem Tag und einer Nacht dem Weg entspricht, den die Sonne in einem Jahr zurücklegt. Auf völlig dieselbe Art und Weise läuft jede Zeit ab, die im Augenblick einer Geburt beginnt, und jede Bewegung sdes Himmels! handelt dann nicht nur von der Gegenwart, d. h. von der Wirklichkeit, die jedesmal gegenwättig ist, sondern dehnt ihre Geltung im natürlichen Verhältnis durch 365 sich gleich bleibende Zeiträume aus. So bezeichnet 1 Tag — 1 Jahr, 2 Tage = 2 Jahre, und wenn dir der 30. Tag scheint, so hat er die Be­ deutung deines 30. Lebensjahres" (Opera VIII, 339)2).

Es bleibt uns jetzt nur noch übrig, einen kurzen Blick auf die drei Gebiete zu werfen, über die Kepler praktisch-astrologische Be­ trachtungen anstellte: Witterung, Völkerleben und Einzelleben.

*) Man vergleiche bi« Astendentenlehre der modernen Astrologie. *) Siehe auch These 41 des „Tertius interveniens".

26 Mit unendlicher Geduld sehen wir ihn immer wieder an astro-meteorologischen Beobachtungen arbeiten. Jahrelang schreibt er das Wetter von einem Tag jum andern auf, eifrig nach irdi­ schen, mitbestimmenden Faktoren suchend, um die Ungewißheit der Prognostiken immer mehr einzuschränken. Denn auch hier ist ihm der Himmel ja nicht der einzig Stimmgebende. So werden von ihm lokalgeographische Bedingungen in Betracht gezogen — z. B. gesteht er Gebirgen Einfluß auf die Witterung zu. Dann wieder scheint ihm die Heiterkeit des Wetters von der Ruhe des unterirdischen Archeus herzukommen usw.

Trotz aller angewandten Vorsicht und allen Fleißes blieb die Witterung, da ein anderer Standpunkt als der lokale Kepler nicht gegeben war, naturgemäß das undankbarste Objekt für seine Be­ obachtungen. Insofern Kepler aber eine Afiro-Meteorologie über­ haupt für möglich hielt, müssen wir sagen, daß das letzte Wort über die Beziehung von Gestirnbewegung zu Großwetterlage und Erd­ katastrophen noch nicht gesprochen ist. Als Forschungsgebiet nahm Kepler die Asiro-Meteorologie durchaus ernst. Allein er empfand es als eine ungerechtfertigte und drückende Verpflichtung, sie in all ihrer Unvollkommenheit und Unsicherheit zu Jahresprogaosen benutzen zu müssen. Die Calendaria waren für ein breites Publikum bestimmt, und wenn sie auch in ihrer ganzen Bedeutung den geringsten Platz unter Keplers Werken einnehmen, so muß doch festgestellt werden, daß trotz ihrer Zweitklassigkeit und ihrer verachteten Bestimmung die Keplersche Philosophie in ihnen in reicher Weise zu Worte kommt. Auch sonst bieten die Kalender manches Interessante. Es fesselt der im weiteren Sinne auch zu den Prognostiken gehörige „Diseurs von der großen Conjunktion" allein schon wegen der lebendigen Gegenwart des Dreißigjährigen Krieges, und wegen der aus Keplers Darstellung uns verschiedentlich ansprechenden Verwandt­ schaft jener Zeit zu unseren Tagen.

Kepler selbst war bezüglich seiner Calendaria sehr verschieden gestimmt. Meist betrachtete er sie als eitle Amtsarbeit und gibt sie seinen größer« Werken gegenüber voll und ganz preis. Trotzdem

— 27 — stellt jene in höchstem Unwillen über die ständigen Geldverweige­ rungen des Hofes gemachte Äußerung „Damit die Ehre des Kaisers, bei dessen Kammerbefehlen ich verhungern müßte, geschont werde, schrieb ich nichtswerte Kalender mit Prognostiken; dies ist etwas besser als betteln"*) — durchaus nicht das Durchschnittsurteil über seine Calendaria dar. Vielmehr bietet die Prognostik von 1605 uns ein Beispiel, wie er, sobald man ihm seine Calendaria angreift, warm für sie eintritt. Da in der Prognostik des vergangenen Jahres das Wetter mit seiner Prognose in Kollusion gekommen war, hatten „hohen Verstandes und Ansehens Personen" ihm ernstlich geraten, vom Kalenderschreiben abzustehen. Dennoch läßt er sich, unter Hinweis, daß man das Wetter nicht nur wie das Volk es tue, sondern auch mit einem philosophischen Auge betrachten könne, nicht abbringen vom „bishergehaltenen Brauch, mich in den Geheimnissen der Natur zu üben, und was mir diesesfalls eingefallen, auch andern mitzuteilen, und also jedermann zur Be­ wunderung der göttlichen Werke und fleißiger Aufmerkung auf dieselben Anleitung zu geben". Bedeutsam in dieser Frage ist auch Th. 135 im „Tertius interveniens“.

Zur Betrachtung der Wirkung des Himmels auf Kriege und Welthändel wurde Kepler in der Hauptsache durch die Kalender geführt. Da Kepler die von den Astrologen so sehr geübte Aus­ teilung der Länder unter die Zeichen des Zodiaks nicht gelten lassen kann, weigert er sich, die durch den Himmel angezeigten Inklina­ tionen zu Aufruhr, Landverderben, Seuchen usw. auf bestimmte Länder zu beziehen. Nur so viel läßt sich seiner Überzeugung nach sagen, daß der Himmel „die Trommel schlägt zu den Händeln, welche untern Händen schweben" (Conj. 1623). Immerhin ist es für regierende Häupter nicht ohne Nutzen, um das Einbrechen oder Vorhandensein kritischer Perioden zu wissen. So warnt Kepler in der Prognostik auf 1618 die Führen­ den: „Es sei nun ein Notwehr oder Mutwill, so haben alle Po­ tentaten oder Herrschaften, sonderlich diejenigen, welche große, *) Brief an Wakher von Wakenfels (Opera I, 661). Schriftliche GeldjuWeisungen erfolgten öfters an K., ohne daß sie von der stets erschöpften Staats, kaffe ansbejahlt worden wären.

28 volkreiche Städte unter sich haben, mit ganzem Fleiß zuzusehen, daß sie sich den glücklichen Fortgang im März und April nicht allzuwohl gefallen lassen, oder unbesonnen und unvorsichtig werden", sonst würde es im Mai nicht ohne UnheU abgehen. Da der Himmel sich brauchen und mißbrauchen lasse, möge jede Obrigkeit und jeder Einzelne sich zu solch gefährlicher Zeit wohl in Acht nehme», daß er nicht Feuer ins Stroh werfe. — Die Warnung half wenig, denn nur dann erweisen sich nach Keplers eigenen Worten die himmlischen Wirkungen als unschädlich, „wenn man die materi aus dem Weg räumet". Allzuviel „Materi" aber war vorhanden, so daß das beginnende Feuer des Dreißigjährigen Krieges reichlich Brennstoff fand. „Es hat der Zunder im verflossenen Mai Feuer gefangen," schreibt Kepler für 1619, „inmassen ich davor, und sonderlich auf den Maien gewarnet". Hätte der Himmel keine irdischen Gegebenheiten zu Krieg und Gewalttat vorgefunden, so hätte er mit noch so starken Konstellationen kein Verderben wirke» können, „sondern es kann ein solcher Antrieb auch zu einem guten End gereichen, als zu Aufrichtung guter Polizey sStaatsordnungj und zu Erfindung guter Künste (Opera VIII, 335). Wenig Nei­ gung aber, sich des Himmels Anregung auf friedliche Weise zu bedienen, bestand in jener Zeit, die zunächst einmal „von Anno 1618 bis Anno 1630 etwas sonderliches" hatte durch den Umstand, daß die beiden Übeltäter Mars und Saturn jährlich zur Konjunk­ tion mir der Sonne kamen. Bemerkenswert ist die Mahnung, die Kepler in dieser Zeit an den Einzelnen, der sich mit astrologischen Prognosen befaßt, richtet: „Daß du -ich nicht gewöhnest, die Zeit und deine Ge­ danken mit Betrachtung von Prognostiken zu verlieren, aus dem obschwebenden Landverderben eine eitle Spekulation zu machen, als ob du einer Comedi zusähest und dabei des höchsten Ernstes und deiner selber zu vergessen." Die Aussagen, die Kepler endlich auf dem Gebiete der Horoskopie machte, sind am zahlreichsten und in ihrer Prägung am klarsten, insofern Charakterologisches mit größerer Bestimmtheit umrissen werden kann. „Es bleibt doch dabei, daß die Menschen so wohl und mehr vom Gestirn, als eben durch die Institution und

29 Gewohnheit voneinander unterschieden werden" (Prognost. 1604). Wir finden hier bei Kepler sogar eine Menge Spezial-Formulierun­

gen, aus Welterfahrung und Menschenkenntnis hergenommen, allerdings stets auf allgemeine Ursachen zurückgeführt. Die sub­

jektiven Wünsche der Nativitätsbegierigen und ihre ganz verworrene Stellung zur Astrologie brachten es mit fich, daß fle — ohne Ver­ ständnis für Keplers synthetische Behandlung des Themas — von ihm immer mehr und Andersgeartetes verlangten, als er kraft der Leistungsfähigkeit seiner Kunst geben konnte und wollte. Vornehmlich Wallenstein mit seinen vielen „Particularfragen"

gab ihm eine harte Nuß zu knacken. Köstlich ist Keplers Antwort auf Wallensteins besorgte Frage, ob er in der Fremde sterben werde: „Ich achte einmal diese Frag keiner solchen Jmportanz, daß fie mit großer Mühe zu erörtern sei; denn was wär es auf oder ab, wenn der Geborene zu Budweiß oder zu Freystatt stürbe, weil es dorten innerhalb Böhmens wäre, da außerhalb." Ein Greuel find Kepler diese stets in Furcht schwebenden, unphllosophischen Menschen, und ein dauernder Beweis für feine stets gehegte Meinung, daß ohne Philosophie jede astrologische Betätigung vom Übel sei. So schreibt er 1605 an Fabricius, auf­ gebracht über dessen Angst vor unglücklicher Auslösung zu erwartender Konstellationen: „O, du Elender und Unglücklicher, der du dich trotz aller meiner Instruktionen noch immer nicht von der Direktions-Furcht losmachen kannst, und daß du es nicht für nötig hältst, zu beten, fle möge lieber nicht deiner Seele schaden!" (Opera I, 356). Und in der zweiten Nativität für Wallenstein

äußert er fich, voll des Unwillens über dessen abergläubische Behandlung astrologischer Fragen: „Ich habe mich seither nicht bewegen lassen, eine einzige Nativität auszulegen, ich sei denn dessen verstchert worden, daß meine Arbeit für einen gehörig, welcher die Philosophiam verstehe." Einzig und allein die Philosophie schafft die Möglichkeit, fich der so leicht mißzuverstehenden und zu miß­

brauchenden Astrologie in einer Form zu nähern, die der wunder­ baren Beschaffenheit ihres Wesens, wie auch der Würde des Men­ schen angemessen ist.

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Und so ist die Quintessenz seiner Überjeugung: Zwar ist die Astrologie in ihrem bisherigen Zeitgewand ein närrisches und serworreaes Ding*) und voller Torheit — „aber doch jupft uns tiefe Torheit bei den Ohren und führet uns auf den Kreuzweg, der zur Rechten nach der Philosophie zugehet. Soll also niemand für unglaubhaft halten, daß aus der astrologischen Narrheit und Gott­ losigkeit nicht auch ein nützliches Wissen und Heiligtum ... ge­ funden werden könnte" (Tert, interv. Th. 7/8). Durch Entdeckung jenes Kreuzweges in den Stand gesetzt, klarer als je einer vor and nach ihm, Art und Wesen der Astrologie zu erkennen, fühlte er sich berufen, in einem dauernden Kampf nach zwei Seiten den für die Astrologie einzig möglichen Weg zur Gangbarkeit zu bereiten, sich stets der hohen Werte bewußt, die in ihr ruhen. Ein Bekenntnis sind die Worte, die er 1625 an Wallenstein schreibt: „Die Phllosophie und also auch die wahre Astrologie ist ei« Zeugnis von Gottes Werken und also ein heilig und gar nicht ein leicht­ fertig Ding, das will ich meines Teils nicht verunehren."

*) Das närrische Töchterlein der Astronomie, wie er sie in einem nahet» sprichwörtlich gewordenen Ausspruch nennt, der aber stets ohne seine beteutsame Folge titiert wirb.

Zur Auswahl der Texte. Der Auswahl der astrologischen Schriften Keplers lag das achtbändige Werk CH. Frischs „Opera Omnia Kepleri“ zugrunde, das im folgenden als „Opera“ zitiert wird. Ferner wurden die Neuausgaben der von Walther v. Dyck aufgefundenen Prognostiken von 1604 und 1624 („Nova Kepleriana“ 1. München 1910) berücksichtigt. Für die WallensteinHoroskope wurde die vollständigere Fassung bei O. Struve („Bei­ trag zur Feststellung des Verhältnisses von Kepler zu Wallenstein", Petersburg 1860) herangezogen. Für die Schriften, die Kepler in deutscher Sprache abfaßte, wurde lediglich neuere Schreibweise gewählt und bisweilen Lateinisches verdeutscht, wodurch der Stil kaum beeinträchtigt, die Lesbarkeit aber entschieden erhöht wurde. Die Übersetzung der lateinischen Telle erfolgte unter sachgemäßer, philologischer Mit­ arbeit. Wo Kepler die gleichen Gedankengäage in lateinischer und deutscher Sprache entwickelte, wurde im allgemeinen das Deutsche bevorzugt, well die Keplersche Eigenart sich im Deutschen, trotz stilistischer Mängel, lebendiger ausprägt. Ein Wörterverzeichnis mit Erklärung der am häufigsten auftretenden astrologischen Fachausdrücke sowie eine Tabelle für Ab­ kürzungen und Zeichen finden sich am Ende des Buches. Außer­ dem sei auf die Anmerkungen zu den einzelnen Texten hingewiesen. Es lag in der Absicht der Auswahl, ein gerundetes Bild von KeplerS astrologischem Werk zu vermitteln. Allzu zeitlich Bedingtes wurde vermieden. Irgendeine Vollständigkeit in der Herausgabe seiner astrologischen Schriften konnte nicht beabsichtigt sein, da allein eine kritische Gesamtausgabe mit ihrem ganzen Apparat imstande ist, einer Arbeit solchen Umfangs*) gerecht zu werden. *) Auf der russischen Sternwarte Pulkowa befinde« sich 18 Handschriften­ bände, die nicht vollständig in der Frischschen Ausgabe verwertet wurden. „Be­ sonders der astrologische Teil ist in der Gesamtausgabe nur auszugsweise ent­ halten." (W. v. Dyck, Nova Kepleriana 3. — Vorrede.)

Texte.

Strauß,Kl-ebe, Johanne- Kepler.

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Schreib-Calender auf das Jahr nach des Herrn Christi unsers ErlSsers Geburt

MDXCVIII.

Practica auf die vier Zeiten, auch andere Bedeutungen der Planeten und Finsternisse. Gestellt auf das Jahr nach Christi Geburt 1598x). — Wohlgeborne Edle und Gestrenge, Gnädig und Gebietende Herrn. Demnach die Erfahrung bezeuget, daß die schöne Gottesgab und edle Kunst von des Himmels Lauf und Wirkung durch nichts mehr in Verachtung gebracht, denn daß man ihr zuviel zugelegt, und durch unziemlich abergläubisches Berühmen die Gelehrten von ihr abwendig gemacht: Also hab ich mich in den zwei letzt ver­ gangenen Jahren in meinen Praktiken unterstanden, solchen un­ mäßigen Ruhm der Astrologia zu beschneiden und anzuzeigen, daß auf die jährlichen Prognostica, so man den Calendern anheftet, keineswegs zu bauen, sondern daß ste vielmehr zu einer ehrlichen Ergötzlichkeit, und sonderlich von gelehrten, verständigen und ruhi­ gen Leuten sollen gelesen werden: In Ansehung, daß die Kunst selber keinen solchen Grund habe, daraus einiger Zufall in specie, oder anders als generaliter könnte vorgesagt werden. Diewell ich aber wohl weiß, daß ihrer viele sich durch etlicher fürtrefflicher Sternseher Exempel irre machen lassen, welche nicht allein auf gewisse Zeit (was einem Astrologen nicht gänzlich abzusprechen) sondern auch in specie mit allen Umständen solche Ding vorgesagt, darüber man fich billig und vielfältig verwundert: Derowegen denn solche noch der Meinung find, daß nicht die Kunst, sondern der unerfahrene Künstler solche Ungewißheit der Praktiken verursache: Habe ich, wie es mit solchen seltsamen und gar genauen Dor*) Siehe Anmerk, ju den Texten S. 217 ff.



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sagrmgen beschaffen, kurzen Bericht tun wollen. Und sind nach der Gelehrten Meinung zweierlei Weissagungen: Etliche werden genommen aus natürlichen und den Menschen kündbaren Ur# fachen: Etliche aber, und deren viel, geschehen, deren kein Mensch und meistenteils auch der Weissager selber keinen natürlichen

Grund steht noch weiß. Und damit ich zu beiden Teilen, zuvor aber von den zuletzt geschriebenen etliche Exempel gebe: Haben unter denen den Vorzug die göttlichen Offenbarungen, die den Patriarchen, Propheten und Heiligen Gottes durch Gesicht oder Träume geschehen: Dieselbigen nun haben ihre Gewißheit von Gott dem Herrn, ihrem eigentlichen Urheber: Bor dem billig die ganze Natur und alle von ihr herfließenden Künste das Angesicht decken, das Maul halten und ihre Ungewißheit bekennen sollen. Auf solche Weise untersteht sich auch der Teufel, seinen Zauberern etliche Sachen zu entdecken: Darinnen aber lauter Betrug und keine Gewißheit ist, es sei denn, was er etwa aus der Natur abnimmt, welches auch einem Menschen nicht wäre unmöglich gewesen. Des weiteren finden flch zu allen Zeiten, wie aus Ptolemäus und der täglichen Erfahrung bekannt, etliche sinnverrückte Menschen, die oftmals mit unbedachtem Mut, und mitten in ihrer Narretei wunderbarliche Dinge vorsagen, welche sich hernach in der Tat also befinden. Diesen vergleichen flch alle die, so mit Kopfwehe behaftet, oder jetzt mit dem Tod umgehen: welchen oft seltsame und gewisse Dinge fürkommen, da niemand die Ursach bekannt, denn allein, daß wir mutmaßen, Gott selber erwähle sich, was töricht ist vor dieser Welt, solche großen Dinge durch sie zu verkündigen, und sei seine Kraft in den Schwachen mächtig. Auch wollen sich etlicher Leut unsichtbare Träum, davon ein alter griechischer Scribent Artemidorus ein ganzes Buch geschrieben, nicht unbequem hierher fügen. Dann und damit ich zu meinem Fürhaben komme, so begibt sich oft, daß ein Sternseher in für­ habender Practik oder Nativität und derselben etlichen Punkten, sich nicht an den astrologischen, wohlgegründeten Generalregeln begnügen läßt, sondern aus Betrachtung anderer politischer Ur­ sachen außer den Schranken tritt, und etwas in specie setzet: oder

aber den allerungereimtesten Regeln, so die abergläubischen Araber

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jemals erdenken könnten, schlecht nachgehet, und also auch ad speciem kommet. Wer nur dieser Dinge viel in seine Practik setzt, dem kanns nicht wohl fehlen, es muß ihm einmal eins ge­ raten, und meistenteils ganz auf andere Weise, denn er selber gedacht: also, daß, wenn er gefragt würde, er selber bekennen müßte, daß solches nicht seine Kunst, noch viel weniger die Natur, sondern allein das Glück so geschicket, daß er in specie geschrieben, wie es hernach in Wahrheit ergangen. Wie denn das Glück in allen dergleichen ungegründeten Dingen, als da ist geomantischem Würfelfall, Alphabeth des Aristoteles, jüdischer Cabbala rc. ein wunderlicher Meister ist, und neben der Menschen Aberglauben den Wahrsager selten stecken läßt. Wofern sich aber dergleichen mit einem Sternseher oft oder gemeiniglich oder auch nur einmal in einer hochwichtigen Sach zutrüge, daß ihm seine ungegründetea Gedanken sogar in specie wahr würden, da müßte man ja be­ kennen, daß auch ihm seine Gedanken und Feder von einer ver­ borgenen Gewalt regiert würden: wie denn solche Ding oftmals um der Person, der man etwas vorsaget, und nicht um des Weis­ sagers willen von Gott verhängt werden. Es folgt aber nicht, daß darum auch ein anderer Astrologus solche gewissen Zufäll haben, oder die Kunst so hoch bringen könnte. Denn hineben und Londerlich wohl zu bedenken, daß solcher berühmten Praktiken, wenn wirs recht erwägen, sehr wenig sind; der größte Teil aber an sich nicht also beschaffen ist, wie es ein Ansehen hat, sondern oft­ mals wurden sie sdie Practikenj für wahr gehalten, wenn sie gleich in etlichen Stücken das Gegenteil sagten. Ursach dessen ist, dieweil uns Menschen alles das getroffen heißt, was nicht in allen Dingen gefehlet ist, und sobald man der großen Menge täg­ licher Fehlschüsse pflegt zu vergessen, weil solches nichts Seltsames: um so länger ist mans eingedenk, wenn einmal einer etlichermaßen trifft. Daher manchem Wahrsager seine Avssag, wie wett sie auch fehlet, durch anderer Leut Auslegung ohn sein Begehren wahr gemacht wird. Was aber die natürlichen Weissagungen betrifft, sind derselben neben der Astrologia viel und mancherlei, welche alle auf einen Haufen sich um zufällige Ereignisse bemühen: da auf das, so

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vorher gegangen, gemeiniglich einerlei erfolgt, aber doch auch fehlen und anders ergehen kann. Anch ist keine darunter weniger j« schätzen, als eben die Astrologia: sintemal obwohl diese ihre starke, unverhinderliche Ursache der mancherlei Anfälle aus der Natur und des Himmels Lauf hernimmt, jedoch kann sie der anderen natürlichen Dorsaguvgen so ganj nicht entraten, so daß, wofern sie sich von allen absondern, und der Astrologus nichts als was seine Kunst vermag, verkünden wollte, er nicht allein von nie­ mandem verstanden, sondern auch dadurch nicht viel mehr, als er in Astronomia gelernet, reden würde. Sie sdie natürlichen Dorsagungenj sind auch gewisser, als Astrologia, dieweil sie aus ir­ dischen und benachbarten Ursachen genommen, derowegen sie näher ad speciem kommen könnten. Auf diese Weise weiß ein Kriegsverständiger von künftigem Glück und Unglück, ein Rechts­ erfahrener vom Ausgang seiner Sachen, ein Weltweiser von Ver­ änderung der Regiment«, ein alter betagter Mann von künftigem Zustand seiner Kinder, ein Arjt vom Ausgang der Krankheit, ein Bauersmann von «erhoffter Fruchtbarkeit oder von dem mor­ gen künftigen Regenwetter, ein jeder von seiner fürhabendea materi viel besser zu sagen, als ein Astrologus: dieweil ihnen die nächst verwandten Ursachen, als beider Feldherrn Volk, Pro­ viant, Munition, Sinn und Gewohnheit, des Richters Brauch, des Landes gute und böse Ordnungen, der Jungen Weise, Gebär­ den und Gestalt des Angesichts, des Patienten natürliche Kraft, die Winterwitterung, des Grundes Art, die Abend- und Morgenröt, ober das Berg-Riechen wohl bekannt. Da hingegen dem Astrologe nur die einzige general et universal Ursach, des Himmels künftiger Lauf zu besichtigen vorstehet. Es begäbe sich denn, daß ein guter Astrologus in allen zeitlichen Händeln so wohl erfahren und geübt, daß er den Besten zu vergleichen, und hätte daneben aller fürnehmsten Fürsten und Herrn gewisse Geburtsstunden, da gebe ich wohl zu, daß ein solcher, wiewohl nicht in allem die specialia et Individua, jedoch solche Ding vorsehen könnte, die allerwegen dem fleißigen Aufmerker zu großem Nutzen gereichten. Aber hingegen zu be­ denken, daß in erstgesetzten kurzen Worten eine solche Weitläufigkeit begriffen, darinnen nicht bald ein Mensch in seinem ganzen Leben,



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zu einem ziemlichen Teil, niemand aber zum End gelangt, als viel­ leicht der nunmehr sechsthalbtavsendjährige Teufel: dem dennoch dies alles noch nicht genug ist, um ganz ad speciem zu kommen und so zu prognosticirn, daß es ihm nimmer mehr fehle, oder er flch immer darauf verlassen dürfe: stvtemal außer den natürlichen Ursachen auch noch der Menschen, der guten und bösen Geister, ja Gottes selber freier Will fürhanden, welcher neben der Natur wirket und auch zu täglich fürlaufenden Fällen kräftig ist, aber von keiner Creatur, sondern allein von Gott vorgesehen werden kann. Denn obwohl der Menschen Will meistenteils per accidens an die Natur, alle Geister aber an Gottes Verhängnis gebunden, und Gott ob der Natur waltet: jedoch ist solche Verbindung general und gehet in specie die einzelnen Geschichten auf Erden (ausgenom­ men Gottes Fürsehung) nichts an: auch gehts nicht allerwegs also der Ordnung nach: sondern es schafft und verhängt Gott und regiert in der Menschen Herzen, wie er will, verhindert auch unter­ weilen (wiewohl meines Erachtens nicht oft) durch ein Wunder­ werk die himmlischen Wirkungen selbst, so daß etwas wider alle Natur entsteht, und von keiner Creatur mehr kann vorgesehen werden, denn was stch daneben aus natürlichen Ursachen zu­ trägt. Derwegen denn dies noch bestehet, daß in der ganzen Natur keine so gewisse specificirte Dorsagung künftiger Dinge, als etliche von der Astrologie erfordern, zu finden, und darum fich auf die Praktiken nicht zu verlassen sei. Demnach aber, gnädige und ge­ bietende Herrn, in einem wohlbestellten Regiment nicht alles kann noch soll auf Gewinn und Nutzen gerichtet werden, sondern man auch, was sonsten zu Gottes Ehr und des Menschen Wohlgefallen taugt und den Frieden zieret, handhaben muß, und diese löbliche Anmutung, so aus der Astrologia und Betrachtung göttlicher, in die Natur eingeführter Ordnung herflteßet, dieser einer Er. La?) vor anderen Nationen sonderlich beliebet, auch Eur G. und H. noch allwegen solche jährlichen Praktiken zu besondern Gnaden aus­ genommen: Hab ichs auch auf diesmal an diesem TeU meines Berufs nicht erwinden lassen, und gegenwärtiges, mein viertes

l) Ehrsame» Landschaft.



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Prognosticum E. G. und H. in Untertänigkeit zuschreibe« und bester Hoffnung präsentirn sollen. Und tue mich hiemit Denselben untertänig befehlen.

Actum Grätz den i. Septembris, Anno 97.

E. G. und H.

Untertäniger Gehorsamer M. Johannes Kepierus.

Da- erste Capitel.

Von der Witterung, Früchten, und Krankheiten. Das ander Capitel. Don Finsternissen.

Das dritte Capitel. Don der Bedeutung der Finsternisse und anderer Aspekte.

Es ist, geliebter Leser, zweierlei, von Finsternissen, und von den andern himmlischen Aspekten oder Erscheinungen zu urtellen. Sine Finsternis hat, in Wahrheit zu reden, von ihrer Natur gar keine, oder doch schlechte und geringe Wirkung, da es unversehens Nacht, und demnach kalt wird. Da sie aber nichts desto weniger etwas zu bedeuten, hat es das Ansehen, als lasse Gott der Herr den Menschen ihre längst wohlverdienten Strafen so lang anstehen, bis die Natur eine Finsternis gegeben, auf die er dann die Strafen erfolgen lasse, entweder aus Lieb zu der Natur, seinem Geschöpf, und ihrer eingepflanzten Ordnung, oder aber damit das gemeine Volk eine stchtbarliche Warnung am Himmel habe, damit niemand eine Entschuldigung habe. Dem sei nun, wie ihm wolle, so be­ zeugens alle Historien, wie auch Christus selber, Lucas 21, daß wann Son« und Mond am Himmel so gar verfinstert, zumal auf Erden in nächst folgenden Jahren König und Fürsten entweder durch Abfall der Untettanen oder feindliche Gewalt oder den zeit­ lichen Tod von ihrer Regierung hinweg gestoßen, gute Ordnung zu Boden gerissen, Polizei verstöret, Religion verändert oder angefoch-

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ten werden: und wird man in allen Historien nicht bald eine finden, auf die nicht bald hernach Eines ans den fürnehmsten Häuptern der Welt Tod oder schwere Anfechtung erfolgt: So das nicht geschehen, so hat doch j«m wenigsten eine solche große Ver­ finsterung der Sonne übermäßige Hitz «nd dabei Erdbeben, an andern Orten langwieriges Regenwetter, daneben Verhinderung der Früchte und Teuerung, auch pestllenjische Seuch zu bedeuten gehabt. Wo aber, und mit welcher Person sich dergleichen zutragen werde: Das kann ein Sternseher aus dem bloßen Anblick der Finsternisse nicht namhaft machen. Es haben gleichwohl die Astrolog! noch viel Regeln von den zwölf Häusern, Herrschaften vnd Terminis der Planeten, die aber wegen ihres Ungrunds nicht wert, daß man ihrer gedenke. Was aber noch für Mutmaßungen in der Natur übrig, sind dieselben also beschaffen, daß man nichts in specie schließen kann. Doch will ich sie von größeren Fleißes wegen auch herbei setzen. Erstlich weil sich in einem Jahr drei große Finsternisse begeben, daher zu vermuten, daß des vorbedeuteten Übels desto mehr sein werde. Anno 1544 waren 4 große Finster­ nisse, darauf sich in folgenden Jahren der Schmalkaldische Krieg erhebt, und Deutschland schwer angefochten. Zum andern, wenn man es mit der Austellung der Länder unter die zwölf himmlischen Zeichen, mit vielen gelehrten Leuten hält: möchte man die Wirkung der künftigen Sonnenfinsternis als der fürnehmsten, vornehm­ lich auf die Länder, dem Zeichen X unterworfen, ziehen: Als da find Portugal und das hinterste Spanien, Normandie in Frank­ reich, Calabrien in Italien, summa: alle Landschaften, die sich in das Meer herfür strecken: in Dentschland aber die zwei fürnehm­ sten Städte von altersher, an der Dona« «nd dem Rhein gelegen, nämlich Regensburg und Worms. Jedoch sind damit andere, unbenannte Orte nicht davon befreiet, weil es unmöglich, alle dem Zeichen unterworfene herauszuzähle». Wer die Augen auf­ tuet und flehet, wo es ohne das schwierig und übel stehet, der kann besser zutreffen. Sonderlich hier zu vermelden, daß Anno 1579 auch im 16. Grad der x eine Finsternis 8 Punkte groß gewesen: darauf dann, eher denn in einem Jahr, Heinrich, der letzte König in Portugal (wo auch die Finsternis viel größer erschienen) ge-

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storben: und hernach dasselbe Königreich an die Krone Spaniens gekommen. Zum dritten, weil «dermal ein warmer Winter neben schädlichen Constellationen auf den Märjen, Junium und Herbst jv gewarten: so möchten uns vielleicht die Finsternisse allein Continuirung einer allgemeinen Seuch androhen, und über­ flüssiges Regenwetter (well die Finsternis in einem solchen Zeichen) an etlichen Orten dazu Ursach geben. Das wäre nun genug von den Finsternissen

Calendarium in annum 1599. Practica auf die Bedeutungen der sieben Planeten und ihrer Aspette.

... Es ist mir nicht unbewußt, daß bei Jedermann, auch den Astrologen selbst, ein althergebrachter Wahn herrscht, daß der Himmel eine verborgene Kraft habe, ein Jahr um das andere, für sich selbst und immediate fruchtbar oder unfruchtbar, gesund oder ungesund ju machen. Denn eben um dieses Wahns willen pflegen die Astrologen einem jeden Jahr, nicht anders, als würd es wie ein Mensch geboren, seine Nativität zu stellen, und was es an Getreide, Wein und Ol bescheren wird, «em es den Tod bringt «sw. ju suchen. Nun kann ich nicht leugnen, daß dies eine lächerliche Phan­ tasie sei. Denn ein Mensch wird jumal mit Haut und Haar in einem Augenblick geboren: Das Jahr aber ist nicht ein solches ganzes Wesen: sondern, wann der Lenz angehet, so ist der Sommer noch nicht da, und so der kommet, so ist der Lenj schon vergangen. Ein Mensch ist ein irdisches besonderes und von dem Himmel veränderliches Wesen: das Jahr ist nichts anderes, als die himm­ lischen Läuf selbst, dessen vermeinte Nativität, nämlich der erste Tag im Jahr, ein Teil ist: Derowegen nicht ein Tag dem andern ju gebieten, oder ihn ju verändern, Macht hat, sondern sie alle jugleich müssen nach göttlicher, einmal bestellter Ordnung ein jeder auf seine besondere Weis daher fließen. Ja, spricht einer, die Jahresrevolution gehet nicht eben über das Jahr selbst, son-

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-er« über den Erdboden, welcher alle Jahr gleichsam von neuem geboren wird. Antwort: Des Menschen Geburt hat einen augen­ scheinlichen Anfang, wann er von seiner Mutter abgelöset, und für sich selbst anfängt ju leben: Der Erdboden aber samt allen Bäu­ men, Früchten und der Luft werden von einem Tag jum andern, je länger, je mehr oder weniger erhitzet, erweicht und verändert, -erowegen man nicht, wie bei dem Menschen, den ersten Tag, sondern die Constellation durch das ganje Jahr ansehen müßte. Wenn aber schon dieses verworfen und nicht geglaubt wird, daß je j« Zeiten eine Vergiftung der Luft, oder Unfruchtbarkeit ohne Mittel an dem Himmel wachse, und von gewissen, ju solchem Unglück erschaffenen Sternen in die Erd eivgegossen werde: So ists -rum nicht um die Astrologie geschehen, wie aus folgendem Diseurs zu ersehen. Wir sehen i. daß der Erdboden seine natürliche Wärm in sich hat, und Sommer und Winter behält, 2. daß so viel mächtige große Wasserflüffe aus den höchsten Bergen entspringen, 3. daß eine unerschöpfliche Menge von allerlei Metall und Mineralien in der Erde zusammenkommet und dort fest wird. Woher kommt dies alles? Nirgend werden wirs besser erfahren, denn an des Menschen Leib, an der kleinen Welt. Da finbst du auch eine natürliche Wärm, da findst du, daß sich das Blut in den Adern täglich mehret, da fallen stetige Flüss aus dem hohen Berg des Haupts. Woher kommt es da? Daher, weil der Mensch eine lebendige Seel hat. So sagen nun die Natürlichen Meisters, was sie wollen — in der Erden stecket auch eine Seel, die dieses alles bewirtt, und aus dem Meerwasser (welches durch seine Kanäl in die tiefsten Otte der Erde hinabfließet) durch seine natürliche Hitz solche mächtigen Dämpf in die Berge aufsteigen macht, allda sie wie in einem Alembico?) wieder zu Wasser werden. Je mehr sich nun dieser Werkmeister erhitzet, desto mehr sein Leib, die Erde, schwitzet, daß die Dämpfe weit über die Berge ausgehen, und da allerlei Gewitter machen. Bis daher versehe ich mich keines sonderlichen Verwun­ derns. Und weiter. Ein himmlischer Aspett, wie die von einem Tag zum andern aufeinander folgen, bestehet nicht in der Menge *) Naturkuadige. *) (arab.) Dlaseohitt.

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des himmlischen Lichtes, denn im Himmel ist fast einmal so viel Licht als das andere; sondern das heißet man einen Aspekt, wenn die Lichtstrahlen zweier Planeten hier ans Erden einen gefügev Winkel machen. So wirkt nun das himmlische Licht in die Erde, wie die Erfahrung bezeugt, nicht nur an und für sich selbst, sondern meistenteils von wegen der Astronomia zweier Lichter. Wie kann das zugehen? Oder was kann eine ratio geometrica oder Har­ monia wirken? Antwort: Wir wollens abermals von einem Exem­ pel lernen. Es pflegen etliche Ärzte ihre Patienten durch ein lieblich Musica zu curieren. Wie kann da die Musica in eines Menschen Leib wirken? Nämlich also, daß die Seele des Menschen, wie auch etlicher Tiere, die Harmonie verstehet, sich darüber er­ freuet, erquicket, und in ihrem Leib desto kräftiger wird. So denn nun auch die himmlische Wirkung in den Erdboden durch eine Har­ monie und stille Musik kommt, so muß abermals in dem Erdboden nicht nur die dumme, unverständige Feuchtigkeit, sondern auch eine verständige Seele stecken, welche anfängt zu tanzen, wenn ihr die Aspekt pfeifen, die sich bei währenden starken Aspekten stark erhitze, ihr Amt mit Auftreibung der Dämpfe heftiger treibe, und also allerlei Gewitter verursache: Da sie sonsten, wenn kein Aspekt vorhanden, still ist und nicht mehr Dämpf treibt, denn zu den Wasserflüssen vonnöten! ... Das erste Capitel. Don Finsternissen.

Das ander Capitel.

Don Gewitter, Früchten und Krankheiten. Obwohl der nächstkommende Dezember einen starken warmen Aspekt hat, dergleichen Anno 1551,1583 gewesen, so kommt doch nächst hernach noch eine stärkere Quadratura Saturni et Jovis, welche ein kalt, finster, schneeig Wetter verursachet, und weil die, selbige viel Monat lang währet, demnach bin ich nach Weihnachten eines starken Winters gewärtig. Dena ob schon in andern Landen nach dem neuen Jahrstag das Wetter brechen möchte, so versehe

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ich mich doch zu unserm Nachbarn, dem Schecke!*), er werd uns mit kaltem Wind und Schnee wohl versehen. Denn es ist der ganze Jänner windig und zu viel Nebel geneigt. Gegen Pauli Bekehrung aber haben wir an der Kält nichts zu zweifeln. Bei dieser langwierigen, grundbösen Constellation ist sich wohl fürzusehen, denn die böse Krankheit hat nach der vorgemel­ deten Quadratura Saturn! et Jovis, als sie zum ersten Mal im Junio erschienen, hin und wieder angesetzt, und habens die Leut allhier in Achtung genommen, daß die Wetter meistenteils das Land herauf vom kärnerische« Gebirg hergezogen. Weil denn nun der Schecke! dem entgegensteht und den Wind in seine Klippen hin und her aufgefangen: dannenher möchte man die Rechnung machen, warum dieses Revier vor andern diesen Sommer mit der Infektion geplagt worden. Die Kält dauert den Hornung aus, war also für das Getreid von Weihnacht an ein guter Winter. Von Anfang des Märzen wollts gern anfangen warm werden, weil aber der Frost ziemlich stark, wird es nicht wohl sein mögen, auch fallen im Mitteln etliche kalte Wind ein, doch dringt der Lenz zu End des Märzen Herfür und befördert die Gartenfrüchte. Mttten im Aprilen kommt die oben berührte Quadratura zum dritten Mal, verursacht «dermal ein böses, unbeständiges Wetter, daß also an Orten, da die In­ fektion bisher geblieben, noch keine Hoffnung einiger Verbesserung sein wird. Ich halt, dieser Aspekt werd einen Cometen verursachen. Der Mai hat einen sehr gefährlichen Gegenschein Saturni und Martis, ter da nie keinmal scherzet. Und stehen die dazumal blühenden Früchte in großer Gefahr wegen Schauers oder viel Regens oder ungestümen frostigen Windes: das Futter wegen großer Wassergüß, auch werden viel Krankheiten entstehen. Son­ sten ist dieser Monat von der Mitte an hitzig. Die letzten acht Tage und der erste Teil des Juni regiert durchaus ein Aspekt oder Vereinigung Veneris und Mercurii, der wird viel finstere, schreckliche Wetter verursachen. Der letzte Teil Juni und fast der ganze Julius und Augustus bringen ein köstlich Wein- und Getreidwetter. Derowegen zu ver*) Schöckl nördlich von Graz.

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hoffen, was im Maien keinen Schaden erlitten, das werd hernach wohl geraten und zeitlich eingebracht werden. Auch wird man im Augustmond über Hitz klagen. Im Herbst­ mond wird ziemlich warm und gut Weinwetter sein. Doch wo der Wein vor Michaelis (was ich doch wegen der ganzen Jahres­ witterung wohl «erhoffe) nicht mag gelesen werden, da ist große Gefahr dabei. Man erinnere sich des kalten Weiters im September des 97. Jahrs. Denn eben derselbige Quadrangel Saturni et Martis kommt jetzt wieder, wiewohl etwas später, bringt viel Nebel und Regen, und daneben allerlei Bettlerkrankheiten. Mitten im October fängt es an, winterlich und unstet zu werden, wird gegen das End um etwas besser. Der November ist gleichfalls feucht und unstet, und kann ich abermals bis zu End des Jahrs keine natürliche Kält finden. Dena obwohl Anno 1552 bei der Conjunktion Jovis et Martis am Rheinsirom ein strenger Winter gewesen: so möcht doch damals der Gegenschein Saturni et Jovis, den wir jetzt nicht haben, denselbigen verursacht haben. Und fallen uns hin­ gegen mitten im December viel warmer Aspett ein, und lassen flch Mars und Venus um vier oder fünfmal näher auf den Erd­ boden herab, denn fie sonsten pflegen, so find zumal beide vereinigte Planeten Jupiter und Mars in ihrem Stillstand. Daß es also in einer Summa einen denkwürdigen Winter geben wird, es sei nun jetzt an Wärm oder Kälte.

Das dritte Capitel. Don allerlei Zuständen im weltlichen Regiment.

Es wird recht und wohl gesagt, daß fichs von der Welt Anfang bis auf unsere gegenwärtige Zeit nie kein mal zugetragen, auch bis zu End der Welt, wenn es gleich noch viel hundert tausend Jahr bis dahin wäre, nicht zutragen werde, daß der Himmel nur einen einzigen Augenblick fich ganz und gar, wie zuvor einmal gestaltet, und alle Sterne auf eine Zeit wiederum an die Otter kommen sollten, darinnen fie zuvor einmal in gleichmäßiger Ordnung ge­ laufen wären. Denn obschon die Astrologen alle Jahr fast einerlei

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Verbindungen der sieben Planeten herauszählen und es nichts NeueS j« sein scheinet, daß Saturnus und Jupiter durch einen

gevierten Schein einander ansichtig werden, in Betrachtung, daß solches allweg im zehnten Jahr notwendiglich geschehen muß: so fehlet es doch noch an hundert Orten, daß einerlei nicht einerlei ist, und ein solcher Aspekt entweder nicht in dem Zeichen, oder nicht bet den Fixsternen, oder nicht zu gleicher Jahreszeit geschieht, wie zuvor: oder daß nicht mehr so viel Aspekte, nicht mehr so starke, nicht mehr die Vorigen oder der vorigen Planeten Aspekte auf einen Haufen zumal einfallen. Da begibt es sich denn, daß zwar ein jedes Jahr, wie gesagt, etwas besonderes, aber doch nicht allweg etwas fürtreffliches hat, sondern ein Jahr dem andern mit seiner

Constellation vorzuziehen oder in einem oder zweien fürnehmen

Punkten demselben zu vergleichen ist. Auf solche Weis zu reden, ist fürwahr das künftige 99. Jahr sehr wunderbarlich und seltsam, und vergleicht sich viel mit dem 93. und 94., denen es auch in etlichen Puntten weit vorzuztehen. Daher zu vermuten, daß hin und her in der Christenheit, wo man uneinig, oder der Obrigkeit sdem Oberhaupts heimlich in Haß gesinnt, durch deren Ableben oder andere Gelegenheit manche gefährliche Unruhe sich erheben werde. Denn außer dem, daß die verflossene Sonnenfinsternis des 98. Jahrs ihre Ehr meines Wis­ sens noch nicht gerettet, und derowegen keineswegs in Vergeß zu stellen, so begeben sich auch in nächstkünftigem Winter acht Zusammenkünfte Martis, der Sonnen, Veneris und Mercuri untereinander, welche alle vier im Januar den gütigen, zurück­ laufenden Jovem durch vier Gegenscheine unterdrücken, und samt Jove gleich zumal dem alten, neidigen Saturn mit fünf Geviert­ scheinen begegnen. So sind auch der Aspette etliche sehr kräftig und stark. Denn erstlich die Conjunktion Martis et Solis noch im December dieses 98. Jahrs, währet lang in ihrer Wirkung, weil beide Planeten fast gleich laufen, und langsam von einander kommen .... Auch ist der Geviertschein Saturni und Jovis, wie allweg, sehr stark, diewell er gar ein halbes Jahr nicht mehr denn sieben ein halb Grad verrücket ....

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Zum dritten ist auch der Gegenschein Jovis und Martis den 14. Januar» nicht zu verachten, dieweil er gemeiniglich großen Schrecken verursacht. Ich acht, es werd einem geistlichen Haupt oder hohen Potentaten das Leben gelten. Zum vierten, wie soll ich dann das Quadrat Saturni und Martis für gering halten, so wir doch sehen, was für ein großes und sonder Zweifel hochbedrohliches Gewässer auf die Conjunttion derselben Planeten im jetzt abgelaufenen Augusto erfolgt. Dieweil denn nun so viel starke Aspett über einen Haufen, in den künftigen December und Januarium einfallen, und dieselbigen, samt allen andern, so das ganze Jahr hindurch fürlaufen werden, auf das viel verdächtige Mittel des ersten Quadrangels zielen: daneben vier Planeten im Steinbock laufen, welchem Zeichen die Astronomen Steiermark unterwerfen: Item weil über dies alles die Sonnenfinsternis des 98. Jahrs auf eine besondere Weis auch uns betrifft: demnach haben wir Gott fleißig zu bitten, daß er «ns und unsere Grenzen vor einem bösen schrecklichen Zustand bewahren, und es vielmehr dahin richten wolle, daß wir das vor­ stehende Unglück unsern Feinden über ihren Kopf abgießen mögen. Im Hornung begeben sich etliche starke Verbindungen zwischen Saturne und Marte, Venere, Sole im Wassermann, der die Land­ schaft Baiern und Walachei bedeuten soll. Gott laß es wider die barbarischen Völker gedeihen! Zu Eingang des Märzen stvd gelinde, friedliche Aspekt. Aber bald darauf stoßen Mars und Mercurius, die zwei Haderhansen, aufeinander und kommen vor End des Monats nicht recht voneinander. Gleichmäßigen Aspett werden wir haben zu nächstkünftigem 30. Sept., 29. Oct., 26. December. Befördern im allgemeinen die Gezänk, Raufhändel, Kriegspossen und Verräterei. Im Aprilen und Maien geht der Alarm von neuem an, nicht viel gelinder als im Januario. Doch Jupiter, der im Jänner hinter flch gelaufen, geht jetzo vor stch .... Man gebe nur Acht darauf, wo um diese Zeit zwei Heere gegen­ einander zu Feld liegen, ob fie unverrichteter Sachen voneinander ziehen und nicht eine große Niederlag oder Veränderung geschehen werde. Denn solche Aspett erhitzen die Temperamente und schrecken die Gemüter insgemein, sonderlich aber die der Obrigkeiten und



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fürstlichen Personen, auf deren Nativität sie zielen. Deren aber­ mals etliche darüber gar das Leben lassen werden .... Im Junio wird die Unruhe, soviel die am Himmel hanget, zum Teil versitzen und unsere Obrigkeit wie auch im Julio Glück haben.

Der Triangel Saturni und Martis zu End des Juli ist einem

hohen Potentaten beschwerlich. Im Augusto und Septembri namhafte Verrichtungen, weil alle Planeten richtigen Laufes sind.

Zu End Septembris ist Quadratus Saturni und Martis abermals vorhanden. Derowegen es im October mühevoll genug zvgehen wird. In diesem Monat geht Mars in den Löwen, darin­

nen er Jovem antrifst, bleibt darinnen acht ganzer Monat und kommt im December schier gar zu Jove, nicht weit von des Löwen Herzstern, da auch im Februario zuvor der Mond verfinstert worden. Sie weichen aber beide sodann Meder zurück, kommen jedoch sehr langsam, und nicht gar weit voneinander; treffen einan­

der erst im Maien deö 1600. Jahrs recht an. Diese langwierige Vereinigung der gemeldeten Planeten trägt sich gar selten zu, und ist seit Anno 1552 nie geschehen, damals Kaiser Karl Metz belagert, aber im Januario hernach unverrichteter Sachen wieder ab, und mit beiden Planeten zurückgezogen. Ob sich jetzt gleichfalls ein neuer Handel in Deutschland, Böhmen, Polen, Italien, oder andern Orten, dem Löwen unterworfen, item mit Potentaten, deren fürnehmste loca thematum1) im Löwen stehen, zutragen werde, gibt die Zeit. Will hiermit männiglich ein freudenreich, neu Jahr von Gott dem Vater des Lichts, der es allein über und wider alle Natur zu

geben vermag, von Herzen gewünschet haben.

Im Buch der Richter im 5. Capitel, Vers 20: „Dom Himmel ward wider sie gestritten, die Sterne in ihren Läufte» stritten wider Sisera." *) t>. h. deren wichtigste Punkte des Horoskops. Strauß,Kloebe, Johanne- Kepler.

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Prognosticum

auf das Jahr nach Christi unseres Heilands Geburt 1604. [Sie Einleitung enthält eine längere Rechtfertigung deö Wertes der Astro, nomie, die notwendig erschien gegenüber der Meinung des «agebildetea Volkes, baß der Astronom einjig um der Praktik willen Nutznießer einer bejahlten Anstellung sei. Im Verlauf deS Prognostikons «endet sich Kepler sodann der Astrologie |ti.]

... Aber, lieber Gott, man hat noch weit jum Ziel gehabt, Ptolemäus hat erst die fünf übrigen Planeten und ihre Aspette lernen calculieren, und ist heutigen Tags viel, daß man dennoch mit etlichen (wiewohl nicht mit allen) Aspetten gewisse Tage trifft, und es der Verlauf bezeuget, daß es nicht in allen Dingen Spiegel­ fechterei damit sei. Man tue nur mehr zur Sach, und verbessere die Rechnung, daß man mit allen und jeden Aspetten die genauen Tage treffe (denn ob man wohl ja eben viel geschrieben, ist man doch noch nicht ganz beim Zweck), gewißlich werden es nicht unnötige Subtilitäten sein... Die Rativitäten einzelner Personen, und was der Mensch draus für Nutzen habe, will ich, samt der Mcdicina Astrologica, als ein unannehmlich und dieser Zeit Übel besudelt Werk, mit Still­ schweigen übergehen. Ein Verständiger weiß stch seiner Diskretion auch hierinnen wohl zu gebrauchen. Läßt es sich nicht nutzen, so läßt es sich doch auch nicht tuschen, sondern schreit mit erhobener Stimm und beweiset die göttliche, in Erschaffung der Welt er­ scheinende Weisheit. Es bleibt doch dabei, daß die Menschen so wohl nnd mehr vom Gestirn, als eben durch die Institution und Gewohnheit von einan­ der unterschieden werden: Daß, wenn böse Aspette einfallen, die eingerissenen Seuchen und Krankheiten am heftigsten regieren: Daß der Menschen Gemüter bei starken Aspetten wlld, und zu allerhand Fürhaben mutig und unruhig werden: Und ist ja nicht unmöglich einem Regenten des gemeinen Pöbels, sich dies etwa einmal zu Nutz zu machen.



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So denn schließlich sich ein Philosophie finden ließe (damit ich vom gemeinen Haufen lasse, und wiederum zu den Verständigern komme), dem wollt ich wohl sagen, und hab es etlichermaßen vor zwei Jahren in meinem lateinischen Tractätel gesagt*), wie gar einen babylonischen Turm in Philosophia ich auf die »erhoffte scharfverbesserte Astronomiam zu bauen getraute. Denn da soll bekannt werden, was bisher jedermann verborgen gewesen, wie es zugehe, daß die Sterne droben im Himmel laufend, hie nieben auf Erden etwas wirken: Nämlich daß es nicht durch einen geisthaften Einfluß oder Herabfluß (außerhalb des Lichts allein) oder mit ihrem, der Sterne Wissen und Zutun, sondern (neben dem Licht der Sterne) von den irdischen Dingen selber, und durch deren Aufmerke» auf der Sterne Bewegungen, also geschehe. In gleichem soll bekannt wer­ den, durch was für ein Verständnis ein Stern von seiner zugegebenen Intelligentia durch seinen ihm gesetzten Zirkel herumgeführt werde: nämlich durch einen geometrischen, in der Erschaffung einge­ pflanzten, aber gar nicht durch Lernung oder Mutmaßung ver­ änderlichen Verstand, und einzig auf den Zirkel (gerichteten). Item soll erscheinen, wie solche himmlischen Kräfte der Materialität etlichermaßen unterworfen, indem sie, wie andere körperliche Dinge (vel quasi) von nahem stärker werden, denn von fernem, und ihnen, wie sonsten den natürlichen Kräften zu TeU werde, daß sie ihrem Jntent nachstrebend, und nicht auf andere Kräfte sehend, von dem angestellten Zirkel per accidens exorbitieren und abweichen. Durch welche considerationes denn endlich die hochverbotene und verdammltche Magia coelestis und Beschwörung der himmlischen vermeinten Geister von Grund aus stattlich widerlegt, und als ein reiner Teufelsbetrug, zu vieler verwirrter Köpfe Wohlfahrt, ent­ deckt wird. Da denn auch zu melden, daß wie derjenige, so von einem Scorpion verletzt wird, auch von einem Scorpto» gearztet und gehellet werden muß: also und well heutigen Tages die Astrologia in großen Mißbrauch gekommen, und die Leute insgemein nach Rativitäten streben, daraus auch oftmals ängstige, gefährliche Furcht, oder vergebliche, hochschädliche Hoffnung schöpfen, und zu Abgöttern werden: so soll billig ein jeder, der das Ingenium hat, *) „De Fundamentis Astrologiae certioribus.“

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selber nach dem rechten Grund streben: Damit er auf Erkundigung der Wahrheit, und, wenn er fleht, daß hier nichts fatale, sondern alles natürlich - und sich, wie andere natürliche Dinge, durch aller­ hand Mittel nehmen und geben lasse - zumal sich selbsten (inmaffen

ich mich ziemlich zu rühmen hab) vor solchen unruhigen Gedanken verwahren und auch andern damit Behafteten, ihrer abhelfen könnte.... Prognosticum

auf das Jahr nach der gnadenreichen Geburt und Heilandes Jesu Christi

unsers Herrn

1605.

Man sagt im Sprichwort, wer an die Straßen baue, der soll sich nicht an der Leute Reden kehren: das hab ich sonderlich dies verflossene Jahr in eigner Person erfahren. Denn well ich im vergangenen December mein neuntes Prognosticum geschrieben und in Druck gegeben: haben meine guten Gönner und Bekannten teils ihr fleißiges Aufmerken gehabt, ob solches auch mit dem Wetter eintreffe. Alldiewell nun der Himmel sich mit demselben ziemlicher­ maßen verglichen, haben ihrer viel sich gefunden, so mich zur Continuirung dieses bisher gepflogenen Gebrauchs vermahnet, und sich unterstanden, mich fürderhin etwas früher hinter diese

Arbeit zu bringen, als ich bisher gepflegt. Wie aber im vergangenen August ein großer Unterschied zwischen dem Wetter und meinem Prognostico, ja ganz und gar das Widerspiel erfolgt, haben erst­ gemeldete meine guten Gönner und Freunde stillgeschwiegen, und hingegen andere, zwar hohen Verstandes und Ansehens Personen, mir ernstlich und mit ganzem Fleiß zugesprochen, dieses Calender-

schreibens abzustehen, well ich sähe, daß der Himmel sich einmal nicht nach meinem Calender richten wolle: sonderlich well die fundamenta astronomica noch nicht richtig: Item weil das gemeine Volk nicht auf den Grund und die eigentliche Kunst, sondern nur auf das Glück Achtung gebe, dergestalt, daß es oftmals getroffen sein vermeine, was im Grund der Wahrheit gefehlt, und hingegen anfange, auf etliche Punkte zu schelten, welche ihrem Bedünken nach,



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dem erfolgenden Gewitter (beispielsweise), in allen Dingen zuwider scheinen, welche doch ein anderer Verständiger, der sie mit einem philosophischen Aug ansehe, für gewiß und gut erkennen müsse. Wiewohl nun diese und dergleichen Einreden nicht zu verachten: jedoch und weil ich nicht nur dies, sondern auch anderes zu bedenken hab: und allerwegs billig ist, daß ich meines Tuns und Lassens genügsamen Grund bei mir selber, nicht aber in anderer Leute ungleichen Reden suche, und gleichsam vom Wind bald hie, bald daher gewendet werde: Hab ich beiderlei Ursachen auf eine Wag gelegt, und diese Meinung für wichtiger befunden, daß ich meinen bisher gehaltenen Brauch, mich in den Geheimnissen der Natur zu üben, und was mir diesesfalls eingefallen auch anderen zu kommuni­ cieren smitzuteilenj, also männiglich zur Bewunderung der gött­ lichen Werke und fleißigerer Aufmerkung auf dieselben Anleitung zu geben, auch dies Jahr continuieren solle... Weil aber etliche ein so großes Mitleiden mit mir gehabt, daß ich im August so weit gefehlt haben solle: Will ich daher Ursach schöpfen, in dieser Dorred einen neuen Brauch einzuführen, den ich vielleicht in künftigen Jahren, so mirs Gott vergönnet, conti­ nuieren, und etwa auch andere Praktikanten demselben nachzufolgen vermögen möchte: Nämlich will ich ausführlich erzählen, wie das Wetter im abgelaufenen Jahr flch allhie zu Prag von Tag zu Tag erzeiget, und besten Verstandes andeuteu, aus was für himmlischen oder irdischen Ursachen eine jede Veränderung des Wetters erfolgt sein möchte: «erhoffend, eine solche Übung, sonderlich wenn andere Praktikanten neben mir dieselbige an die Hand nehmen, und ohne Falsch oder Beschönigung ihres vorhergegangenen Prognostikums ein jeder an seinem Ort das Wetter fleißig aufschreiben, und so, wie er es gefunden, publicieren werden, solle es endlich insgemein zu trefflichem Nutzen gedeihen...

(Es folgen lange Vergleiche der Witterung verflossener Jahre mit den stattgehabten Aspekten.)

Das erste Capitel.

Don den vier Jahreszeiten. 4*



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Das -weite Capitel.

Von den Finsternissen dieses 1605. Jahrs. Das dritte Capitel.

Vom Gewitter, Früchten und Krankheiten. Das vierte Capitel. Dom Kriegswesen und Zustand unterschiedlicher

Landschaften. Daß der Menschen Gemüter aus sich selbst und kraft ihrer Eigentümlichkeit und natürlichen Notwendigkeit bei einfallenden Aspetten sich bewegen und geschäftiger, unruhiger und hitziger «erden, als wenn kein Aspett ist, sonderlich in denjenigen Werken, die da bestehen in gesamter Hilf einer ganzen Gemeinde (insofern

als durch die Zusammenfügung der Strahlen das Zusammengehen in Unternehmungen bewirtt wird), ist nunmehr durch langwierige Erfahrung so klar und stark erwiesen, daß es sich nicht mehr verlachen und über ein Haus werfen lasset, wie etlicher Verächter Brauch ist. Und folgt drum nicht, daß die Planeten in Himmel gesetzt seien, Unglück zu stiften, so wenig als der Wein ein Todschläger ist wegen etlicher voller Brüder unsinniger Weise. Es gehört mehr jum Tanz, denn ein Pfeifer: Und muß auch die Jahreszeit, das Wetter,

item der Zustand eines Regiments und die Läufe jusammen-stimme«, ein Kriegsvolk beieinander und dem Feind gleichsam

unter Augen sein, soll es ein Impressa sAngriffj oder Schlacht ic. geben... Prognosticum auf das 1618. vnd 1619. Jahr.

Don Welthändlen, Fried und Unfried.

1618. Weil die meisten Leser dessen fälschlich beredet sind, es sei ein lauter praedestiniertes Ding, und müsse geschehen, was der Himmel androhe, dadurch ist dieser Punkt gefährlich worden, sowohl wegen der Allgemeinheit, daß ein Astrologus nicht eine schädliche Met-

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nung unter sie bringe, als auch wegen der Obrigkeit, daß ein Prognosticum von ihnen nicht dahin verdacht werde, und einen bösen Lohn davon bringe. Wenn aber der Leser, er sei hohen oder niedern Standes, sich den wahrhaften natürlichen Grund ein­ bilden ließe, wie nämlich der Himmel mit allen seinen Influenzen nicht anders wirke, denn wie sonsien eine jede natürliche Ursach, wie er sich brauchen oder mißbrauchen lasse, wie man ihm begegnen, nehmen oder geben könnte, nämlich also, daß ein jeder seine unter­ gebene Gemeind, ja auch sein eigen Herz und Mut regiere, und solche auf gewisse Zeiten wohl in Acht nehme, damit er nicht Feuer ins Stroh werfe, und der Himmel, wie sonsten der Zorn oder der Wein, ihm oder den Seinigen zu solchen Untaten gedeihe, zu wel­ chen ein jeder sonsten seiner Natur nach disponiert ist, oder, im Ge­ genspiel, daß eine Obrigkeit, ein Kriegs-Obrister oder Feldherr seine Anschläge wider den Feind oder unruhige Untertanen auf solche Zeiten anstelle, da die Gemüter auch Himmels halben mutiger oder stiller zu sein pflegen: So wäre dieser Punkt im Prognostico gar wohl von Obrigkeiten und Privatpersonen zu einem Nutzen zu bringen. Mit jetzt erwähnter Protestation, Erinnerung und avgehängter Bitt, daß mich niemand wider meine lautere Erklärung, und allzeit beständige Meinung beschweren oder mein Prognostikon mißbrauchen wolle: Will ich jetzo mein Amt getreulich verrichten, und den Erfolg Gott anheim stellen. Und sage, daß auf künftigen Frühling nicht allein das Wetter, sondern auch vielmehr der Lauf der Planeten manchem sonst frischen Hahnen das Herz blühen und einen kriegerischen Mut machen werde: Das gehet nun also zu, wenn man einander lang ansiehet und nicht recht launig wer­ den kann, so gerät es auch am liebsten bei solchen Constellationen. Denn es ist ein natürlich Ding, daß aller Menschen Gemüter, sonderlich aber der Potentaten oder auch gemeiner Leute, welche ihrer Geburt oder Nativität halber mit jeder solchen Constellation Gemeinschaft haben, sich unverwarnter Weise nach denselben richten, und je mehr die Planeten im Himmel harmonice verbunden, je mehr gesellen sich die Herzen der Menschen auf Erden zusammen, und stärken ihren Kopf auf ein gewisses Vorhaben hinaus, setzen

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auch demselben mit vorbrechender Gewalt und gesammter Hand nach, wo man nicht sieuert und wehret. Derohalben und weil die Pferde toll werden wollen, wird es zur Sicherung taugen, den Stall juzusperren: Das ist, alle Ursachen aus dem Wege zu räumen. Mancher meinet, ei, so wolle er stch vorsehen, und die Faust am Heft halten, damit er auf den Notfall daheim gefunden werde: Ist aber hierbei zu hitzig, blind von Begierd und empfindet oder flehet nicht, daß er eben hierdurch Feuer ins Stroh legt. Es wär besser, er setzte flch ungemerkt drüber, und betrachtete, wie er die gelegten Zündstricke austilgen und untere drücken möchte, so bedürfte es hernach keines Löschens.

Es sei nun ein Notwehr oder ein Mutwill, so haben alle Potentaten oder Herrschaften, sonderlich diejenigen, welche große volkreiche Städte unter sich haben, mit ganzem Fleiß zuzusehen, daß

fle stch den glücklichen Fortgang im Märzen und Aprilen nicht allzu wohl gefallen lassen, oder unbesonnen und unvorsichtig werden: oder dergleichen Sachen vornehmen, die eine Gemeinde leichtlich zum Aufruhr verursachet, denn wahrlich im Maien wird es an denjenigen Orten und bei denjenigen Händeln, da zuvor schon alles fertig, und sonderlich wo die Gemeinde sonst große Freiheit hat, ohne große Schwierigkeit, wo sie nicht ein wachendes Aug über sich haben, nicht abgehen.

Hier bedarf es nun nicht viel Ratens, was oder wie ichs meine. Denn ich nicht eben auf gewisse Parteien ziele (ob ich schon der Nativitäten etliche im Kopf habe) viel weniger mir einen be­ stimmten Fall formieret, oder eine Maßgebung ausgesonnen: sondern ich warne, wie ein Medicus zu tun pflegt, daß man stch beispielsweise zu dieser Zeit ganz allgemein vor übrigen Schwäm­ men oder Obst hüten soll, der doch nicht weiß, welchem aus der Gemeind eö zum Nachteil und Krankheit gereichen werde. Mein Fundament ist allein dies, daß eine Conjunktion Martis und der Sonnen im Widder, unter welchem Deutschland gezählet wird, im künftigen Märzen, und darauf im Maien viel Conjunktionen im Stier geschehen, bei den Pleiaden, und daß wir Exempla haben, wie es bei dergleichen Constellationen hie und da zugegangen:

— 57 — als Anno 1525 im Bauernkrieg, Anno 1565 im Niederländischen

Aufstand, 1604 in Ungarn. Wahr ist es, daß neben der heftigen Constellation im Maien und Junio auch allbereit jetzo von Tag jv Tag je mehr und mehr irdischer Cometen erscheinen und umfliegen, die nichts Guts bedeuten. Ob es aber so wichtige und merkliche Cometen, oder nur schlechte, eitle Irrwische seien, die in einem Augenblick wieder verschwinden, das laß ich diejenigen in Betrachtung nehmen, wel­ chen der irdische Himmel besser, als mir der obere, bekannt. Wenn aber ein rechter Comet am Himmel selber erscheinen, oder ein Erdbeben erfolgen sollte, dann würde es Zeit sein, daß auch wir Astrolog! neben den Politicis die Feder besser spitzten.

Den iz. Januar geschieht Conjunctio Jovis et Martis in io0/, welche Zeit nutz ist, Bündnisse zu machen, denn die Gemüter stnd desto geschickter. Dem folgt den 23. ein Quadratus Saturni et Martis, tauglich zu einer Tätlichkeit, da mag man flch vorn an

der Spitze hüten. sEs folgen weitere Aspekte.! Den 5. Juni wandert der kalte Saturnus aus dem Stier

in Zwilling, und geht den i. Juli ob dem obersten von den fünf

Regensternen der Hyaden oder des Stiers Aug gar nahend vor­ über, im December hernach in seinem rücklichen Wiederkehren bedeckt er ihn gar. Diese Ding haben für sich selber nichts zu bedeuten, sie mahnen mich aber, eine verblümte Warnung zu tun für diejenigen, bei denen es sich viel zwillingt, und deshalb auch leichtlich zweien kann: Es scheinet, als sei einem lieben Baum die Axt an die Wurzel gesetzt, dieweil man nicht bedenkt, was zum Frieden dienet, und keine gute Frucht mehr folgen will. Am andern seien auch gewarnt diejenigen, bei denen sich die trüben Regensternlein häufens, daß ihnen nicht etwa unversehens ein Licht oder Aug ausl-sche und er­ kalte, dadurch sie, wie es im Finstern pflegt zuzugehn, in eine große

Confusion kommen, unter anderm auch sonderlich bei dem Qua­ drate Saturni et Martis den 6. November. Ein jeder schau, wo er stehe, und wen er vor sich habe, allweil das Licht noch leuchtet.

*) Es sind Horoskope gemeint, in denen die Hyaden «ine exponierte Stelle eionehmen.

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Wir allhie haben noch jur Zeit ein gutes Jusehn uns jur Nachricht und Besserung ins Künftige, und «ollen jetzo uns, weil Jupiter nunmehr in die Fische einlaufi, eines guten, friedliche» Regiments versehen: Alles aus natürlichen Ursachen, ju denen Gott der all­ wissende und allmächtige Herr alles dessen, so da geschieht, das Gedeihen gnädiglich geben wolle.

Amen. Von allerhand bedrohlichen Vorboten künftigen Ubelstands in Regiments- und Kirchensachen, sonderlich von Cometen und Erdbeben.

1619. Es hat der Zunder im verflossenen Mai Feuer gefangen*), inmaßen ich davor, und sonderlich auf den Maien gewarnet. Demnach es nun in allen Gassen brennend worden, stehet mancher mit aufgesperrtem Maul, fragend und wartend, was uns der Himmel aufs künftige Jahr gutes Neues bringe: Und wäre gewiß­ lich etwas Großes um ein solches Prognosticum jv geben, welches an Statt eines kräftigen Segens diente, das Fever jv dämpfen. Aber liebe Leute, so wenig man ein angejündetes Feuer wieder­ um in den Feuerstein hinein schlagen kann, ob mans wohl an­ fänglich heraus geschlagen: so wenig wird der Himmel wehren könne«, daß die Brunst nicht überhand nehme: sintemal er auch anfangs mehrers nicht dabei getan, denn einer, der Feuer schlägt: wäre auf Erden kein Pulver gezettelt gewesen, so hätt er nicht an­ gezündet.

Darum wehre, wer da kann, und wem es gebühret, denn Himmels halben wird die Brunst wohl um sich fressen mögen, soweit Holz und Stroh reichet, und so weit es eine jede Partei für ratsam achtet, unter diesem Praetext ein Volk auf den Beinen zu halten. Warnen kann bisweilen ein Prognosticum, wenn natürliche An­ triebe zur Erhitzung der Gemüter vorhanden, wenns aber ge­ schehen, so kann kein Prognosticum helfen. x) Degiim des Dreißigjährigen Krieges mit dem Aufstand Böhmens am 23. Mat 1618.



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Warnungsweise will ich auch diesmal ferner so viel angedeutet haben, daß, wenn noch nichts erregt, und aber doch an Otten die Welthändel ju Neuerungen disponiert wären, so hätte man sich künftigen Jahrs im Märzen, Aprilen und Julio, bei der langsamen Opposition Jovis und Martis wohl vorzusehen, daß man nicht neue Händel bekomme, oder in den alten zu einer wichtigen Revolta gerate. Drauf dann im October hernach ein trauriger, blutiger Nachdruck erfolgen möchte: FSH am Ort, der berüchtigt ist, Morde anzuzeigen. Nicht weniger zu bedenken, daß einem land­ verderblichen Krieg der Hunger und die Pestilenz auf den Fußsohlen nachzufolgen pflegen. Wie da, möchte einer fragen, was ist mir dann zu tun, daß ich solche himmlischen Antriebe auf meine Seite bringe, und mir mein Feind nicht vorkomme?

Antwort:

Vor allen Dingen sei gewarnt vor dem großen Haufen der Prognosttcanten. Nicht zwar, daß du dein Tun und Lassen nicht nach ihnen richtest, denn wer wollt dies erküaden, sondern daß du Dich nicht gewöhnest, die Zeit und deine Gedanken mit Betrachtung derselben zu verlieren, aus dem obschwebenden Landverderben eine eitle Speculatioa zu machen, als ob du einer Comedi zusehest, und dabei des höchsten Ernstes und deiner selber zu vergessen. Mel lieber lasse dich durch Gelegenheit des himmlischen Ge­ stirns wo nicht von andern, doch durch dies mein Prognosticon, etwas deutlicher deiner selbst und deiner Wohlfahrt erinnern, und halte mir meinen wohlgemeinten Fürwitz, in dem ich dir Moralia unter die Astrologica mische, günstig zugute. Und verhält sich nun ferner meine Antwort und Vorschlag also: Du siehst, daß Gott heutigen Tags kein Besonders machet mit neuen Wunderwerken oder persönlicher An- und Einsprechung, dadurch er einem jeden zu verstehen gibt, was er tun solle, damit er dem Unglück entfliehe. Es ist seine Weis also fast in allen seinen Werken, daß er nicht mit tönenden Worten, sondern mit sichtbarlichen, handgreiflichen Werken redet; es ist nicht sein gemeiner Brauch, daß er einem jeden seine gewissen Vögel zuordne, die ihn

6o (wie auf eine Zeit den Propheten Elias) ernähren sollen: Sondern er hat dem Menschen Hände, Sinn und Vernunft gegeben, und es gefällt ihm, daß sein Geschöpf nicht ein totes, sondern ein leben­

diges Geschöpfsei, daß der Mensch seine gegebenen Mttel brauchen, arbeiten, und durch seinen Fleiß der Gaben Gottes, die er aus der Erden geschaffen, teilhaftig werden solle: Damit nun dies seinem

Willen nach geschehe, so verschafft er ihm die liebe hellige Armut, die ihn vom Schlaf und Müßiggang erwecket, daß er nicht darinnen erfaule, und in Sünden ersaufe und also jeitlich und ewig sterbe... Ich hatte schon dies, mein Prognosticum bis daher verfaßet, stehe, da kommt mir Zeitung, wie vom 27. August ein Comet ge­

sehen worden; drüber ich bin vermahnet worden, aufzumerken:

und habe ihn den i. 2. 3. September früh vor der Sonnen Auf­ gang endlich gefunden.... Gott weiß, wie lang er etwa am Himmel gestanden, ehe er ist gesehen worden, denn er hat stch morgens von der Sonnen Stelle herfür getan, hat seinen Lauf aus dem Mttel des Löwen, oberhalb desselben Zeichens Haupt und gehet zurück gegen den Krebsen.... ic. Willkommen, Gast, ich hab gleich deiner gewartet, wie aus meiner Prognostik 1618 ju sehen. Und was bringst du denn guts Neues? .... Was für Länder von den Astrologen dem Löwen unterworfen, hätt

man fast aus allen Prognosticis ju sehen, unter andern ist auch Böhmen und Linz. Meines teils hab ich von dieser Austeilung schlechte Experteni, und es scheinet, als haben die Astrolog! das Königreich Böhmen, wegen des Löwen in dem Wappen, dazu angesehen. Ich will es gar nicht verwerfen, lieber aber will ich mich anderer Zugehörigkeiten behelfen. Denn ich halte, wenn einer (an welchen auch etwas gesetzet ifl1)2in * seiner Nativität die Sonne im Löwen hätte, und wäre in einem solchen Jahr geboren, da auch

ein Comet geleuchtet, sollte derselbe durch den Cometen bedeutet werden. Desgleichen, wenn ein Potentat directionem Solis8) im Löwen hätte, sonderlich wenn er auch zumal in der Geburt viel Planeten im Löwen gehabt.... *) b. h. der in der Öffentlichkeit eine Rolle spielt. 2) Die Direktion der Sonne geschieht nach dem Lehrsatz, daß jeder laufende Tag nach der Geburt dem gleichgezählten Jahr des Lebens entspricht.

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Prognosticum Meteorologicum. Das ist:

Naturgemäße Vermutung, was die Beschaffenheit des Himmels-Gestirns über diese niedere Welt ungefähr bedeute.

1624. Frühling.

.... Ich bleib bei meiner alten Erklärung vor 24 Jahren, daß es nicht Grund in der Natur habe, daß man dem Jahr als gleichsam einem neugeborenen Menschen auf diesen Punkt des Eintritts der Sonne in den Widder eine Nativität stellen, und aus derselben des ganjen Jahrs Qualitäten erlernen könnte. Sondern es heißt bei mir: Sufficit cuilibet diei constellatio sua1). Die Erfahrung, deren die Astrologen sich ju rühmen pflegen, die muß nicht blind, nicht auf Hör-ich-sagen gestellt sein, sondern sie muß die Augen der Vernunft haben, sowohl als in Medicina. Wenn dies, wie billig, jugegeben wird: So hab ich mich meiner dreißigjährigen eignen Erfahrung billiger und sicherer zu rühmen, als der ganje helle Hanf aller Astrologen sich ihrer viel mal hunderttausendjährigen Erfahrung beim Cicero zu rühmen gehabt Beschreibung der Finsternisse in diesem 1624. Jahr.

.... Meine Experienz anlangend, erinnere ich mich, daß vor 31 Jahren eine halbe Mondfinsternis in der Nähe meines Ascendenten gewesen, im letzten Dekanat der Zwillinge: Dor der ich mich, auf gut astrologisch, sehr gefürchtet, weil damals die Luft nicht ganz rein war, an dem Ort, da ich gewöhnet. Hab mich damals mit einem Aderlaß darauf praepariert, es ist mir aber Gottlob kein widriger Gast zu dieser Mahlzeit erschienen, und also die spesa (meiner Furcht) umsonst gewesen... Ich meines tetts hab bisher mehr in der Natur nicht finden können, denn allein dies, daß zu den Zeiten, wenn es irdischer oder himmlischer Ursachen halben auf der Welt übel zugehet, und große Finsternisse dazu kommen,

*) Es genügt, daß jeder Tag seine eigene Konstellation habe.

62 es gern noch ärger werde. Denn es geschieht durch eine geheime Übereinstimmung der Seelen mit dem Himmel, wann im Himmel

das Licht ungewöhnlich erlischet, daß auch dem irdischen animalischen Menschen das Licht der Vernunft und guten Rats erbleichet, die Affekte Zorn, Ungeduld, Begierd, Rach, Frevel, aufrührisch «er­ den. Ja daß der Teufel, als ein Fürst und Liebhaber der Finsternis, wütender und bissiger in den menschlichen Händeln wird, wann ihm Gott um des Volkes Sünden willen, solches verhänget. Bon andern wichtigen Constellationen und den Bedeutungen im Weltlauf.

.... Was nun diese wichtigen Constellationen im August und September bedeuten sConj. Sonne, Mars und Saturn im Löwen; und andere mehr, sodaß im August und September 27 Conjunktionen jv jählen seien], ist unnot, die Astrologen darum jv fragen. Wir sehen es leider vor Augen, wie es im Staat beschaffen, daß nämlich das Spiel noch nicht aus. Was nun der gemeine Bürger­ und Bauersmann bei continuierendem Kriegswesen sich zu getrösten habe, dessen «olle sich Gott erbarmen. Ich zweifle zwar nicht, er würde es tun, wenn Er, als ein allwissender Gott, nicht befünde, daß dies scharfe Ätzwasser noch weder bet hohen oder niedern Stands-Personen auf das Lebendige keineswegs eingefresse». Ich weiß nicht, wie andern geschieht; ich zwar finde es in meiner ge­ ringen und eng eingespannten Erfahrung vielfach, daß die Welt so gar in ihren unziemlichen Begierden ersoffen, und so tief in den Schlaf ihrer starken Einblldunge» eingesunken, baß noch heutzutag wohl aufzuschreien wäre: O, wenn Du es wüßtest! Aber nun ist es vor Deinen Augen verborgen. Weil denn die irrigen Mei, nungen und Halsstarrigkeit noch so groß: Also ist vermutlich, es werde der allerweiseste Menschen Hitt, diese Stimulationen des Gestirns bei dem verderbten Menschen nicht hindern, sondern mit dem schrecklichen Landverderben an der Welt noch länger rütteln, bis Er zu seinem vorgesetzten Jntent gelanget, und sie anfängt, die Augen aufzutun, und nach denjenigen Friedensmittelv zu schauen, welche jetzo allein den Unpatteitschen einleuchlen

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Diseurs von der großen Conjunktion und allerlei Weissagungen

über das 1623. Jahr.

Es sind innerhalb 30 Jahren sehr viel Prognostiken von unter­ schiedlichen Sorten hervor, und teils durch öffentlichen Druck an den Tag gekommen, tells in Schriften ausgestrevt worden, in welchen von dem nunmehr herz« nahenden 1623. Jahr in specie große Ding vorgesagt worden; deren etliche haben die angegebenen Geschichten specisiciert und mit Umständen gewisser BSlker oder

Personen verfaßt; die meisten aber bleiben allein in genere darauf, daß etwas hoch Wichtiges und hoch Wunderliches erfolgen

werde... Da gehet es in vornehmen Welthändeln nicht anders zu, als wie sonsten beim Gewitter; da kenne ich ihrer etliche, die kaufen allerlei Calender zusammen, deren der eine auf einen gewissen Tag weiß, der andere schwarz setzet. Es gerate nun das Wetter, wie es wolle, so finden sie es nach dem einen Calender getroffen, haben also ihre tägliche Freude und unfehlbare Ergötzlichkeit mit diesem Zutreffen. Nun hat es zwar nicht sonderlich viel zu bedeuten, daß diese menschlichen Gebrechen, Fürwitz, Begierd zu Neuerungen und Blödigkeit des Verstands (indem, daß man sich nicht erholen und bedenken will, wie man so elendiglich betrogen werde), endlich lauter Unverstand in natürlichen Sachen, so allgemein bei hohen und niedrigen Stands-Personen, Bischof und Bader, geistlich und welt­ lich, bei den Phllosophiekundigen und -Unkundigen, und also wie eine Sündflut über das ganze menschliche Geschlecht daher schwebet. Dann, was soll dieses zu bedeuten haben, daß ich hierinnen mehr weiß, denn alle anderen Menschen, wissen doch hingegen auch andere gewisse Menschen, jeder in seiner Profession, vielmehr denn ich und alle Welt mit mir. Dieses aber ist allein das beschwerlichste hierbei, daß ich, der ich Amts halben hiermit umgehe, und billig vor andern aus dem rechten Grund andere berichten soll, mit gutem

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Glimpf weder schweigen noch reden darf. Denn neben den oben erzählten Mängeln finden fich auch die Capricia, die Humores nnd Eigensinnigkeit bei sehr vielen, da will der eine mit Gewalt, es solle die ganze Welt glauben und hoffen, es werde dasjenige geschehen, was er glaubet oder hoffet: da soll ich dasjenige progno­

sticieren, was ihm zu seinem, oder seines wohlgewollten Haufens Jntent tauget, und je nicht schweigen. Tue ich solches nicht, oder

sage vom Widerspiel, oder weise ab von dergleichen starken Ein­ bildungen, welche keinen Grund nicht haben, so bin ich ihm ein Heuchler, der den Fuchs nicht beißen will, ein Beidenhander^), oder gar ein Rebell.

Der Andere ist hingegen allem Prognosticieren so gram, daß er das Kind mitsamt dem Bad ausschüttet, siehet nur darauf, daß er etwa hie und da, bei seiner ungegründeten, gleich andern gefaßten Einbildung und gemachten Hoffnung, sich betrogen befunden:

darüber zürnet er, und das will er mit Untertretuug der ganzen Astrologie gerochen haben; vom Grund aber, warum es gefehlet, und fehlen müssen, weiß er ebenso wenig als der Vorige.

Der Dritte und meiste Häuf ist deren, die andere und mich wider mein eigen Wissen und Gewissen mit Gewalt bereden wollen, ich hab getroffen, was nach einem solchen, mir angedichteten Ver­ stand wahrhaftig gefehlt ist, setzen derhalben ferner in mich und wollen von mir erkundigen, was sich Gott allein in seinem Rat vorbehalten.

Ja, es ist mir auch Anno 1620 dieser kurzweilige Schimpf wider­ fahren, daß ich (damals außer Lands) ein Prognosticum auf das 1621. Jahr geschrieben und in Druck gegeben haben muß, so ich

doch selber ganz und gar vergessen, daß es geschehe«, und schwur einen Eid, es wäre nicht wahr, wenn sich nicht ehrliche Leut ge­ funden hätten, die da fürgeben, sie haben es mit Augen gesehen und gelesen.

Well es denn nun (anlangend der Leute Urteil) gleich gilt, ich schweige oder schreibe, weißes oder schwarzes, also hab ich mich demnach garnicht nach so ungleichen Urtellen zu regulieren, sondern

*) «Einer, der beiden Parteien |u Gefallen redet.

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wie ichs selber bei mir befinde, so will ichs in Gottes Namen vor­

nehmen, und mein in der Natur und Vernunft gegründetes Judicium über das eingehende, so viel beschrieene 1623. Jahr

schriftlich an den Tag geben. Damit hoffe ich, dem zuvor zu kom­ men, daß niemand mir nichts anderes, als von mir prognosticiert, andichten können «erde. Anfangs die zuerst eingeführten Prognosticanten anlangend ober vielmehr die Ursachen, warum sie so stark auf das 1623. Jahr dringen, ist dieses meine Meinung, nach deren unterschiedlichen Sorten: Etliche setzen garkeine Ursachen. Sie müssen nur übernatürliche

Offenbarungen haben, diese aber begehr ich zuvor, und ehe die Zeit ihrer Prophezeiung vorüber, nicht ganz als unmöglich umzu­ stoßen: Jnmaßen ich mich dieses Orts noch 1606 in meinem Buch vom neuen Stern genugsam erklärt, daß ich glaube, daß Er noch der alte Gott sei, der in den Schwachen mächtig, der auch noch heutzutag unter den ungläubigen Moabitern einen Balaam finden könne, durch welchen er dasjenige, was seiner allerweisesten Regierung gemäß, der ruchlosen Welt ankünde. Etliche gehen mit prophetischen, und in der Offenbarung Jo­ hannis gesetzten Zahlen um, und werden wunderbarlicherweise auf die Zahl 1623 geführet. Hier nehme ich abermals aus: den heim­ lichen Antrieb, der sie etwa verursachen möcht, mit ihren Gedanken heraus zu brechen, und achte, daß es neben demselben höheren Antrieb dennoch wohl geschehen könne, daß sie hernach ihr so ge­ nötigtes Herz durch ihren eigenen Schnabel also auSgießen, wie derselbig ihnen gewachsen, das ist, durch solche Manier, Wort, Mittel oder Zahlen, deren sie sonsten ihrer Profession oder täglichen Übung halben gewohnt sind .... Es gerate den geistigen Zahl-Propheten von ihrem Prophe­ zeien, was da wolle, und es treibe sie ihr bloßer Fürwitz, Phanta­

sterei, Wunsch und Vergönnen, oder ein höherer Trieb (welchen Ausschlag ich der Zeit und dem Erfolg anheimschreibe), so hatte ich doch auf diese Abhandlung und Anschlagung der prophetischen

Zahlen nach arithmetischer und geometrischer Kunst an und für sich selber weniger denn nichts. Strauß,Kloebe, Johannes Kepler.

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66 Denn haben sie eine eintige Manier, solche Zahlen zu «er­ künsteln und anzuschlagen, so hab ich hundert andere: deuten solche Zahlen ihnen auf 1623, so deuten sie mir, wohin ich sonsten nur immer will; finden jene eine Historie, von welcher sie eine jede erkünstelte Zahl anfangen, so finde ich 10 andere Historien, welche mir einen andern und dem ihrigen ganz widersprechenden Ausschlag geben. Es müßte auch alles menschliche Wesen in politischen Dingen ein lauter prädestinierter Notzwang sein, und der freie Will müßte bei den Menschen lauter Nichts sein, oder was noch lästerlicher zu hören, so müßte Gottes Vorsehung selber garnicht auf der Menschen Verschulden sondern auf dieser Rechenmeister ganz kindische Zahl­ künste gehen und gebunden sein.... Endlich nehmen sich viel unter den erst erzählten Parteien auch um die Astrologie an, und vermeinen, daß sie in diesem 1623. Jahr sonderliche denkwürdige Constellationes gefunden, um welcher willen sehr hochwichtige Dinge darinnen geschehen sollen: Weil denn es hiermit endlich an meine Profession gelanget, also mach ich unter denselbigen abermals guten Unterschied. Erstlich so gehen ihrer etliche mit der Astrologia kabbalistisch und halb theologisch um; denen ist alles prädestiniert, was bei Verständigen nur eine ungefähre menschliche Observanz ist, nämlich, daß das Königreich Böhmen einen Löwen in dem Wappen führet, so auch Pfalz und Bayern, so auch Schottland, Dänemark, Schweden 3 Löwen, so auch Leo Belgicus rc. Daß auch dies Zeichen, in welchem die Planeten zusammen kommen, der Löwe genannt wird, das muß ihnen aus einerlei Grund hergehen, und wunderliche Mysteria in sich halten. Darum prognosticieren sie auch, sonderlich aufs künftig Jahr, so viel vom großen Löwen aus dem Norden: Da ziehen fle herzu die Offenbarung Johannis, «Es siegt der Löwe aus dem Stamme Juda" und was etwa der Lichten­ berger von dem Leone orientis rc. ganz einer anderen Meinung, eingeführt hat. Weil denn dieser Häuf sich selber eine neue Astrologie schmie­ den, durch dermaßen notgezwungene Consequentien, wie etwa die Träume aneinander hangen, oder wie die Metamorphosen des

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Ovid eine Methode einhalten: also gehören sie jn den vor-abgefettigten Zahlkünstlern, und nehme ich mich um sie gleichfalls nicht an, denn allein, daß aus ihren Prognosticis erscheinet, wie so gar vielen Leuten «ehe geschehe bei jetzigem Zustand, und wie gern sie etwas Nagelneues hätten.... .... Ich hab aber vor 16 Jahren über die Anno 1603 ge­ schehene große Conjunktion, so die erste gewesen im vermeinten feurigen Triangel und Zeichen des Schützen, meine Meinung im oben erwähnten ziemlich weitläufigen lateinischen Büchlein an Tag gegeben**), selbige auch vor 4 Jahren, lib. IV. Harmonices Mundi, um ein namhaftes vermehret und erkläret, ja der rechten, wahren Philosophie anhängig gemacht, dessen hauptsächlichen Inhalts: Daß dieses astrologische Stück vom Nachdruck der großen Conjunktionen in den menschlichen Händeln, nicht allein satten Grund in der Natur habe (wenn man's nur nicht auf einen Not­ zwang in gewissen Particularsachen, wider die menschliche freie Willkür ausdeutet), sondern daß sie auch von Gott selbst etlichermaßen gepflanzt werden, indem, baß es die Erfahrung bezeuget, daß Gott dieserlei große Conjunktionen mit sichtbaren extra ordinari Wundersternen am hohen Himmel, auch mit namhaften Werken seiner göttlichen Providenz selber zeichne. Jnmaßen er die Geburt seines Sohns Christi, unsers Hellandes gleich zur Zeit der großen Conjunktion im Zeichen der Fische und des Widders, circa punctum aequinoctialem geordnet*), und beides, sowohl dieses Geschehnis auf Erden, als auch die Conjunktion am Himmel, mit einem neuen Stern gezeichnet: Durch Vermittlung desselben hat er die Weisen oder Magos aus Morgenland (ohn Zweifel die sogenannten Chaldäer, welches Wort bei Aristoteles, Cicero, Ptolemäus und andern so viel heißet als Sternseher, welche das Stück aus der Astrologia von den großen Conjunktionen von Ali) De stella nova 1606. Dieselben Gedankengänge über das feurige Triangel find In vorliegender Auswahl im „Gutachten über das feurige Trigon" in finden. *) Um Christi Geburt fanden drei große Konjunktionen (Saturns und Jupiters) statt, nach KeplerS Rechnung (geozentrisch) Im 23., 21. und 17. Grad der Fische. Heliozentrisch geschah die Konjunktion kurz vor dem Äquinoktial­

punkt.

68 ters her üblich studieret und prakticiert gehabt), diese, sprech ich, hat Gott durch de» Stern nach dem jüdischen Land, und in dessen kleines Städtlein Bethlehem ju der Krippen und Geburt des neugeborenen Königs der Juden geleitet, wie denn diese Chaldäer in ihren Regeln gefunden, daß bei solchen Conjunktionen große Leute geboren werden .... Fast ein gleiches hat sich auch Anno 1604 begeben, als die 3 höchsten Planeten, Saturnus, Jupiter und Mars im Oktober zusammen in das Zeichen des Schützen gerücket, gerade auf den Tag, an welchem der schnellste, der Mars, ju dem Jovi als dem weitern gekommen, und also die Conjunktion ganz und gar voll­ kommen gemacht: Da hat Gott abermals am hohen Himmel, und zwar gerad an dem Ort, da die 3 Planeten beieinander gestanden, einen ungewöhnlichen neuen Stern angeflammet, und über ein ganzes Jahr also stehen lassen, ohne Zweifel anzuzeigen, daß abermals etwas Seltsames in der Welt anfange, so zu seiner Zeit soll ans Tageslicht herfür kommen.... Wenn aber jetzo weiter gefragt wird, ob denn die arabischen Bücher, so von den großen Conjunttione» handeln, in allen Dingen richtig, und man fich darauf gewißlich zu verlassen, und allerhand Zufälle aus den Conjunktionen prognosticieren könnte? dazu hab ich in meinem oft erwähnten Traktat „Nein" dazu gesprochen. Denn es flnd in solchen arabischen Büchern viel Stücke kindisch, viel aber­ gläubisch, viel falsch, Gott und den Menschen schmählich. Mit der Austeilung des Zodiacus in 12 Zeichen wird zwar der Kunst und dem Gedächtnis gedient: Es hält aber die Natur des Himmels nicht eben diese Ordnung; viel weniger Grund haben die elemen­ tarischen Trianguli in der Natur, als daß man sagt, der Löw, in welchem Saturnus und Jupiter zusammen kommen, sei ein feu­ riges, und zum feurigen Triangel gehöriges Zeichen. So werden die verschiedenen Länder und Städte gar liederlich unter diese Zeichen und ihre Quadrangulos ausgeteilt.... Und fragt sich ferner jetzo, ob denn dergleichen wichtige Constellationen im 1623. Jahr vorfallen, welche der großen Schar der Practikavten Ursach geben, mehr von diesem als von andern Jahren zu prognosticieren? Antwort: Nicht ohne ist es, im künftigen



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i7« Juli begibt sich abermals eine Conjunction Saturni und Jovis, deren seit Anno 1603 keine hat geschehen können; im feurigen sogenannten Triangel ist es die andere szweitej, im Zeichen aber des Löwen ist in 600 Jahren keine gewesen. Die nächste zwar von diesem Ort ist gewesen vor 60 Jahren, 1563 ungefähr den 29. Aug., wie aus Herrn Tychonis Brahe allerersten Beobachtungen abzunehmen, die ist aber nicht im Löwen oder feurigen Triangel,

sondern zu Ende des Krebsen und wäßrigen Triangels geschehen. Weil aber dieser Unterschied der Zeichen und deren Triangel von den 4 Elementen benannt, wie droben gesagt, in der Natur

selbst keinen Grund und also auch keine Wirkung hat, also wird nun viel mehr an den übrigen realen und wahrhaftigen astronomischen Umständen gelegen sein. Nämlich obwohl diese Conjunttion noch weiter von dem Punkte des Solstitium abweichet, als die vorige 1603, so ist sie doch in dem angesehener, als sie in einem

nördlichen Zeichen, item als beide, Saturnus und Jupiter nur einerlei nördliche Breite haben, und Jupiter nur viereinhalb Mi­ nuten, das ist ein Achtel von der Mondesbreite, unter Saturn dahin gehet. So nahe aber sind sie 1563 nicht gewesen, sondern Jupiter ist damals oberhalb des Saturn hergegangen, und weiß ich nicht, ob sie so nahe zusammen kommen können von der Welt Erschaffung her...

Doch gibt es die Erfahrung und die Lehr von den Conjuntt tionen, daß man nicht eben nur allein auf die 2 obersten Planeten, auf Saturnum und Jovem das Aufsehen haben müsse, sondern wenn die Conjunttion solle völlig sein, so gehört der Mars und

consequenter die übrigen Planeten auch dazu. Wie denn auch droben gemeldet, daß der neue Stern erschienen sei, nicht Anno 1603, da Saturnus und Jupiter zusammengekommen, sondern erst Anno 1604 in dem October, da der Mars auch zu beiden Obern herzu gerückt, daß, sprech ich, diese hiermit vollkommen gemachte große Conjunttion von Gott mit einem neuen Stern sei bezeichnet

worden .... Hingegen im angehenden 1623. Jahr, wenn Jupiter erst lang­ sam hernach, und zum Saturno kommet: da ist Mars nicht dabei, sondern verbringt seinen Stillstand, und wird rückgängig in dem

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Steinbock. Oder will man warten, bis auch der Mars bei seiner guten Weil hernach rücket, siehe so geschieht dieses allererst Anno 1624 im August und September. Dann aber der Jupiter schon über den Löwen hinaus ist. Also ist jwar diese große Conjunktion fürnehm, sie hält auch ihr Centrum Anno 1623 im Juli, sie teilet sich aber in die nächst vor und nachgehenden Jahre a«S, und mag also Himmels halben das 1623. so allein, dem 1622. und 1624. nicht vorgejogen werden. Zur weiteren Erläuterung soll wohl in Acht genommen wer­ den, daß die Zeit von Anno 1618 bis Anno 1630 etwas sonderliches habe*), wegen stetiger Eintreffung dreier Planeten Martis, Solis und Saturni. Denn Anno 1618 haben sie sich befunden im Stier, da doch Mars noch etwas mehr zurück geblieben, Anno 1620 ist ihre Zusammenkunft in die Zwillinge gefallen, allda der Mars ziemlich nahe dabei gewesen, Anno 1622 hat diese Zusammen­ kunft sich in den Krebs übersetzet, Anno 1624 wird sie in den Löwen und Anno 1626 in die Jungfrau kommen, allda der Mars anfängt voraus zu stehen, doch Anno 1628 in der Wag und Anno 1630 in der Jungfrau treffen sie noch ziemlich nah zusammen. Die Ursach, warum diese drei eben sonderlich um die ausgezeichneten und jetzt­ laufenden Jahre so gleich miteinander hupfen, ist die contemperation ihrer Läufe, denn die Sonne gehet am gemächlichsten im Krebs, Mars im Löwen, in welchen Zeichen Saturn hingegen einen mittelmäßigen Lauf hat. So viel es nun Anno 1622 fehlt, daß nicht alle drei in einem einzigen Punkt eintreffen, sondern Mars zurück bleibet, so viel kommt er Anno 1624 vor die andern zwei hinaus, nämlich beider Orten gar wenig. Und diese Eintreffung versetzet sich so langsam (well Mars sich immer mehr und mehr von der Stelle, an welcher Sonne und Saturnus zusammen­ treffen, absentirt), daß sie innerhalb 134 Jahren keinmal zumal so nahe gewesen, wie diese 10 oder 12 Jahr, und zwar seit im Zeichen Steinbock nicht; sollen sie erst in Krebs kommen, so werden 269 Jahr erfordert, so viel die bisher geschriebenen Ephemeriden Anzeigung geben, nach den mittleren Bewegungen würde es um etwas anders. Hingegen kommen Jupiter, Mars und die Sonne zwar *) 1618—48: Dreißigjähriger Krieg. 1630 Eingreifen Schwedens.

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wohl öfter so nahe, als im verflossenen 1622. Jahr den 30. Juni im 9. Grad des Krebsen geschehen, nämlich alle 47 Jahr, aber nicht in dem vorigen Zeichen; soll es aber wieder im Zeichen des Krebs geschehen, da gehören wohl 500 Jahr zu. Hieraus hast du zu sehe», wie der IM dieses abgelaufenen 1622. Jahrs gar etwas in Astronomia seltsames gehabt: daß nämlich beider dreifache Conjunktionen, ob sie wohl nicht eine vierfache völlige Conjunktion gemacht, jedoch in ein Zeichen, den Krebs, und in einen Monat, den Juli zusammen gefallen, welches vielleicht, so lang die Welt stehet, nie geschehen. Denn multipliziere die vorigen 269 mit diesen 500 Jahren, so kommst du auf 14000 Jahr, nach welchen dies am nächsten wieder geschehen könnte. Also hat nun der verständige Leser guten Bericht, was das­ jenige für Zeichen seien, welche in Astrologia vera et natural! zum Teil das vorstehende 1623. Jahr in specie, zum Teil aber insgemein diese ganze Zeit etlicher Jahre, in welchen wir jetzo leben, zusammen genommen, von andern Zeiten unterscheide«, und dies an und für stch selber, ohne Unterschied gewisser Perso­ nen.... Es macht der Himmel (sonderlich so bald und über Nacht) keinen neuen Handel, nach welchem der lästernden Welt das Maul allein und allzeit wässert. Er schlägt aber die Trommel zu den Händeln, welche sonsten nach der Welt Lauf untern Händen schweben. Es ist vergebens, daß jemand viel nachfinne, was doch Neues geschehen werde: Ein jeder schaue auf dasjenige, was all­ bereit im Werk ist, oder was natürlicherweise bald ins Werk kom­ men möchte. In diesen Dingen wird die Welt ihr Witz und Hitz erweisen. Und «eil allbereit viel Streits worden, weil da ein Teil überwunden, dorten alles noch in der Wag stehet, also kann ich wahrlich auch dies nicht sagen, daß der Himmel an und für stch selbst Frieden machen werde, sondern hier regieren die irdischen Planeten. Wer etwas gekriegt, der wird sehen, daß ers behalte und vermehre, wer verloren, der wird nachsinnen, daß ers wieder bekomme, sind ihm anders nicht Arm und Bein entzwei. Wo man mit fremden Nationen gedrückt, wird man trachten, daß man ihrer los werde. Wer sich und seine Hilfen zu schwach findet,

— 72 — der wird anders zu Rat gehen. Die Not wird viel verursachen, agendo et patiendo, welches man jetzo insgemein schlechthin für

unmöglich schätzet, auch vielleicht die Häupter selber jetzo noch nicht im Sinn haben. Man wird nicht viel schläfriger Weise oder oben­ hin abhandeln, wie zu andern gemeinen Zeiten, sondern man wird das Äußerste tun, viel hauptsächliche Consilia führen, welche auf große Veränderungen und auf viel Jahr hinaus sich ziehen. Also müßte ich nun die obsiegenden Häupter (wenn dieselben nach den näheren Einzelheiten auch Nachfrag hätten) vom Himmel hinweg auf sich selber weisen. Ich müßte die übermannte oder schwache Partei vom Himmel hinweg auf die Macht, Stärk,

Jntent, Vernunft und Ratschläge ihrer Widerpart verweisen, und auf ihre eigenen Mittel, die sie noch haben, daß nicht etwa ihrer Etliche

äußerlich

schöne

Wort

brauchen:

„Ich

hebe

meine

Augen auf zu den Bergen, von welchen mir HUfe kommt!", heim­ lich aber bei sich selber denken, meine HUfe kommt von den Sternen

oder vom blinden Zufall den die Sterne in diesem Jahr hervor­ rufen, und sich darauf vollends durstig hinein wagen, wie die

Spieler pflegen Endlich wende ich mich auch zu dem gemeinen Mann, und weise sonderlich denselben mit seinem ängstigen Nachfragen nach künf­ tigen Dinge» vom Himmel hinweg, zwar nicht auf Erden, wie die vorhergesetzten Parteien, welche selbst Herrn sind, sondern auf den, der über alle Himmel erhaben und alles irdische in Händen hat. Denn wahrlich, wenns nicht zum Frieden kommt, hat sich der arme, verlassene Bauers- und Bürgersmann der Wirkung dieser Constellationen nicht zu erfreuen. Denn bei so wichtigen Händeln wird derjenige für ein Kind gehalten vor dieser Welt, der des gemeinen Mannes und Untettanen verschonen und hierdurch seinem Feind den Vorteil einräumen will. Ist derhalben höchstlich vonnöten, daß männiglich Gott, den allein Barmherzigen Vater, über alle sogenannten Väter des Vaterlands, und über das ganze, ihnen

anbefohlene menschliche Geschlecht, mit reuigem Herzen und wahrer Bekehrung von allem sündlichen Leben, inbrünstiglich anrvfen wolle, daß Er selber sich seiner so mannigfaltig zerstreuten und gleich­ sam aus Händen gegebenen Herde endlich wiederum gnädiglich

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annehmen und erbarmen, auch der hohen Häupter Sinn und Ge­ müter (es sei anjetzo gleich mit oder wider ihren Willen) dermalen einst jum Frieden und Verschonung der Unschuldigen leiten, der aufrührerischen und blutdürstigen Schar aber ein Gebiß einlegen wolle, daß sie nicht so ungehalten ihren jerstörlichen Begierden nachhängen könne. Damit würde ein großer Teil von den grund­ bösen, verbissenen, hartnäckigen und trutzigen Constellationen (verstehe: per accidens, wegen der so schlimmen Begierden der Menschen) so in das verflossene 1622. Jahr gefallen und noch wir­ ken, zurück gehalten und gedämpft .... Dieses Speciale allein mag unvorgreiflich, und mit Nutzen allen Politicis zu Gemüt geführet werden. Dieweil ste selber leichtlich zu erachten haben, daß überaus starke Anreizungen (incentiva) und Aufhetzungen zu einem allgemeinen, höchst­ verderblichen Aufstand des gemeinen Mannes, oder noch etwas Ärgeres, in ganz Deutschland vorhanden, sonderlich die unerhörte Steigerung der Münzen, erschreckliche Teuerung aller Leibs- und Lebensnotdurften, und der dabei heimlich oder öffentlich interesfierte Eigennutz etlicher Juden und Judensgenossen, in Auswechs­ lung der Münz, und Fortführung des Getreides und andere Notdurften, allda eines dem andern die Hand reichen muß, damit etliche wenige bereichert, die Länder entblößt, der gemeine Mann aber da ausgefressen, dort ausgesogen, und endlich, wenn kein Mittel mehr vorhanden, ohne eine Hllf Hungers getötet werden mußte: Ob nicht bei so beschaffenen Sachen die jetztbeschriebenen Constellationen dieses und des verlaufenen Jahrs, und ihre natür­ lichen Wirkungen in stimulandis animis, zu einem erschrecklichen Schaden und allgemeiner Zerrüttung gedeihen möge. Ich bin selber zwar auch der Meinung, daß der gemeine Mann noch zur Zeit und bei der überaus schwierigen Constellation des verflossenen Sommers zurückgehalten worden, sei die einzige Ursach bei dem obschwebenden Kriegswesen, allda ein jeder seiner und der Seintgen gänzlichen Untergang vor Augen siehet, wenn er nur den kleinsten Finger rühren würde.... Mit dieser Erinnerung gehe nun ein jeder zurück, und bedenk die Historien der Jahre, in welche große Conjunktionen oder

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Oppositionen gefallen, als Anno 1524 vorm Bauernkrieg in ganj Deutschland, Anno 1544 vorm Deutschen Krieg, Anno 1563 vorm Niederländischen Aufstand, Anno 1583 in Frankreich, Anno 1603 vorm Ungarischen Unwesen, überall an den Orten, da der gemeine Mann, von allerhand Ursachen wegen, gedrückt worden. Sonderlich aber gibt uns das 1534., 1535. Jahr mit seiner dreifachen Opposition Saturni und Jovis starke Anmahnung für die jetzige Zeit und den gefahrdrohenden Aufruhr. Denn es haben damals die Wiedertäufer in der Stadt Münster, gleichfalls wie heutigen Tags unsere zu Eingang gemeldeten Zahlenpropheten, sich um allerhand Prophezeiungen Daniels und Johannis an­ genommen, und dieselbigen ihres Gutdünkens nach ausgelegt*), auch zu Beschönigung ihres Unwesens und Zerrüttung aller guten Polizei, in öffentlichen Schutzschrtften gebrauchet, damit sie sich und viel 1000 Unschuldiger ins Verderben, und schier das ganze römische Reich in Unruhe gebracht. Um so viel mehr ist sich jetzo fürzusehen, «eil dergleichen schwärmerische Schriften so häufig gedruckt werden, welches denn ein Zeichen ist, daß ihrer sehr viel hin und wieder gefunden werden müssen, welche mit solchen Meinungen behaftet, und diese Ware aufkaufen. Denn ohne gewissen Gewinn pflegen sich die Buchdrucker nicht zu verköstigen... Wer weiß auch, woher der Ursprung des böhmischen Unwesens angehobev, oder doch einen starke» Zugang gewonnen? Ob es nicht auch von Anno 1611 im Monat November und Dezember— Anno 1612 im September — 1613 im März und August —1614 im Juni und Juli — nämlich von den in diesen Jahren gewesenen vier oder schier gar sechs großen Oppositionen Saturns und Ju­ piters, wobei Mars durch Quadrate mitkämpfte, stark stimuliert, l) Hierher gehört eine Stelle aus dem nicht übernommenen Anfang des Diskurses: Etliche bemerken, „daß Ann» Christi 623 das Mohammedanische Reich seine« Ursprung genommen. Da setze« sie nun hinju die taufend Jahr auS der Offenbarung Johannis, so kommt das 1623. Item Anno Christi 333 sei Konstantinopel jur Hauptstadt des römischen Reichs ausgebauet, eiageweihet und mit diesem Namen genannt worden: Da setzen sie hinzu die Zahl 1290 aus dem Propheten Daniel, so kommt abermals 1623."



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und die Gemüter des gemeinen Mannes, vielleicht auch fürstlicher

Personen, durch dergleichen schwärmerische Meinungen, als gehe es nunmehr einer großen Veränderung zu, eingenommen worden? Dessen j« einer Urkund, erinnere ich noch Anno 1616 eine Zeitung aus Nürnberg gelesen, wie daß ein unbekannter Mann zu einem allda wohnhaften genannten Doktor gekommen, vor­

gebend, daß er von Gott ju ihm gesendet worden, anzuzeigen, er

soll stch wohlgehaben, es werden nun die 1000 Jahr, in der Offen­ barung Johannis bestimmt, bald angehen, darinnen die Anserwählten Gottes herrschen werden, da soll er, Doktor, auch seine Freude daran erleben, item, was ist nicht um die jetzt benannte Zeit, sonderlich Anno 1613, für ein ungeschwungener Schwarm

von Hirngrillen, mit der fama fraternitatis dahergeflogen ge­ kommen, weil in derselben Schrift diese Worte ju finden gewesen: Deutschland gehe mit einer neuen Geburt schwanger, dazu bedürfe es ein großes Gevattergeld. Obs der Scribent gut oder bös gemeint, will ich nicht beteuern, ich kenne der guten Brüder keinen, allein ahne ich den Effekt unter der Weltmenge. Wenn der Teufel mit den Menschen aus Verhängnis Gottes Blindermävsel spielen will, so bedarf er hierzu einer solchen Hüll von schwärmerischen Meinungen, damit er denselben die Augen der Vernunft verbinde. Und halte ich gewiß dafür, es finden sich noch etliche, so gar tief besessen, daß fle meinen, es sei dieses Spiel von welchem fie die famam fraternitatis verstanden, noch nicht aus, lassen sich derhalben ihres Teils die hochschmerzliche spesa auf das angegebene Gevattergeld noch nicht reuen, in Hoffnung, es sei das Kind (ihrer starken Einbildung) allbereit im Wachsen. Interim heißt es bei ihnen, wer leidet, der leidet, bis es auch an sie kommet. Einen sol­ chen kläglichen Ausbruch nimmt es, wenn man den Wasserstrom mit Gewalt dämmen, oder den Ochsen beim Schwanz und nicht bei den Hörnern anbinden, hinter sich und nicht vor sich weisen will, drum wäre es auch noch füraus mein Wunsch, daß zur Ver­ hütung weiteren Unrats, bei jetziger und künftiger Jahre Constellationeu, dem Bolkswillen Luft gegeben, derselbige nicht gestopfet, sondern lieber sonsten vernünftiglich geleitet würde, dazu dann hoffentlich gute Mittel zu finden sein werden....

- 76 Also hätte ich nun meine gänzlich ungefärbte und unverhaltene Meinung, von der rechten eigentlichen Wirkung der Constellattonen, so nicht allein im angefangenen, sondern auch und vornehmlich im abgelaufenen 1622. Jahr vorgefallen, auf das Papier ge­ bracht.... Und will hiermit dem günstigen Leser ein glückseliges Neues Jahr, samt Abwendung alles prognosticierten Übels und Erfüllung des Guten, von Gott dem Allmächtigen gewünschet haben.

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Gutachten über das feurige Trigon.

1603. .... Anfangs wenn auf Len bloßen Namen feuriger Tri­ angel ohne Nachforschung dessen anfänglicher Ursach gesehen wird, gibt es seltsame Einbildungen und unbegründete Vermutun­ gen. Deswegen vonnöten ist anzujeigen, woher dieser Name komme: wird alsdann desto leichter von seiner Bedeutung ;u urteilen sein. Feuriger Triangel (wie wir dieses Wort jetzo bedenken) ist eine Zeit von 200 Jahren, innerhalb deren die 2 obersten Planeten und anfangen, nirgends anderswo als allein in den drei hitzigen Zeichen Widder, Löwe und Schütze (welche jnsammen auch den Namen feuriger Triangel tragen) zusammenzvsioßen oder uns irdischen Creaturen beisammen ju erscheinen: Da denn consequenter und ehe ste aus demselbigen Zeichen verrücken, gemeiniglich auch alle anderen Planeten sie antreffen.

Zu weiterer Erklärung wird gefragt:

1. Was eigentlich ein himmlisches Zeichen mache? Antwort: Gerad der jwölfte Teil von dem Kreis, darunter die Planeten laufen; welcher griechisch Zodiacus heißet: Lateinisch recht eigentlich signifer, deutsch aber nicht eigentlich der Tierkreis, wie etliche wollen: sondern viel besser der Bilderkreis. Denn das griechische Wort ZtySiov wird gebraucht für ein gemaltes oder geschnitztes oder gegossenes Bildlein, wie bei Hero dem Mechaniker in seinen Pneumaticis klar zu sehen ist. Drum habens die Lateiner Signum geheißen und nicht Animalculum, ein Tierlein. Denn das lateinische Signum heißt auch gemalte und gegossene Bilder, wie aus Cicero kund. Der aber die duodecim signa anfangs verdeutscht hat, „die jwölf Zeichen", der hat entweder das lateinische Wort Signum nicht im rechten Verstand genommen, indem es so viel ist als Zydiov, oder das deutsche Wort Zeichen muß demnach so viel gegolten haben als Bild. Sollte vielmehr heißen die 12 Bilder. Weil heutigen Tags Zeichen soviel ist als Charakter, oder monumentum, oder ostentum, portentum, miraculum.

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2. Warum eben gerad 12 gleiche Teile? Antwort: Der Ursachen sind drei. Die Erste: weil in einem Jahr 12 Monate sind, und ein weniges drüber, daher auch ein jedes Zeichen 30 Grad hat, weil jeder Monat fast 30 Tag hat. Vor Zeiten, nämlich vor 3000 Jahr haben gar wenig Leute schreiben und lesen können, derowegen sie nicht solche Lostafeln*) gehabt, wie in diesen letzten iso Jahren. So hat man ihnen auch nicht also, wie in diesen letzten 1000 Jahren von der Kanzel verkündigt, auf welche Woche zum Exempel Ägidi sei, da man das Korn säet.... Derohalben so haben die Ackerleute ihren Calender notwendig am Himmel selbst gesucht. Exempla haben wir im Hesiod. Sechzig Tag nach der winterlichen Sonnenwende wirst du nach Untergang der Sonne den hellen Arcturum sehen aufgehen, dann tue dies und das. item: Wann die Plejaben anfangen, von der Sonne hervorzukommen, so fange an zu ernten. Dieses ist also ihr Calender gewesen. Wenn nun der Mond voll gewesen, haben sie fein sehen können, wie zum Exempel der erste Vollmond bei des Widders Hörnern, der andere neben den Plejaden, der dritte neben den Zwillingen und also fortan, endlich der dreizehnte wiederum bei dem ersten Gestirn, des Widders Hörner genannt, erschienen, daß also die Vollmonde den ganzen Umkreis in 12 Teile geschieden haben. Weil aber die Vollmonde nicht eben gerade 12 Stück machen, sondern in 3 Jahren 37 Stücke, also daß alle Jahr ein anderer Anfang dieser Tellung gemacht wird, so ist man gleichwohl auf der genauen Teilung in 12 Stück geblieben, und hat einerlei An­ fang behalten; nach Alfragani und Alcabitii Lehr von dieser an­ deren jzweitenj Ursache wegen: Erstlich weil die Sonne, welche das Jahr machet, in ihrem Umgang vier allzeit beständige Marksteine setzet, einen, da sie am höchsten kommt, den andern, da sie sich am niedrigsten senket, und zwei, da sie Tag und Nacht gleichmachet. Dieses sind nun vier natürliche Stück in diesem Umkreis. Nun ist es, spricht Alfraganus, gebräuchlich und natürlich, daß man et« jedes Ding in drei Teile abteile, in den Anfang, Mittel und End. Wenn daher der obgesetzten 4 Quadranten des Zodiaks jeder in 3 gehet, werden 12 Stück daraus. x) Für den Laudmann.

— 79 — Die dritte Ursache, warum eben 12 Stück sein sollen, wird ge nommen von den Aspetten. Denn die Erfahrung und doctrina Harmonica (die ich, gelieb es Gott, in kurier Zeit verfertigen will) -eteugt, wenn zwei Planeten dem Gesicht nach um den vierten Teil des Zirkels voneinander stehen, so gibts eine kräftige Wir­ kung, so auch wenn sie um den dritten und sechsten Teil voneinander stehen. Nun ist der Unterschied zwischen V« und 1/3, item zwischen V« und */4, beiderseits Vir, wird also auch hier der Zirkel in zwölfe geteilt, aber von keinem besonderen Anfang, item so sind auch der Aspekt mehr als man bisher gehabt. Albumasar gibt die vierte, aber falsche Ursach: — Die Alten haben 48 Bilder am Himmel erkannt und es sei ungefähr ge­ schehen, daß deren 12 in den Zodiak eingefallen. — Denn der BUder im Zodiak sind von altersher nur elf, und ist die Wage kein Bild, sondern dieselbigen Sterne werden für des Skorpions Scheren oder Chelas gerechnet. Aus diesen drei Ursachen und weil man sonst keine mehr gehabt, erscheinet, daß diese uralte Austellung des Zodiaks in 12 gleiche Stück meistenteils auf der Menschen Willkür besiehe, und die Zeichen nicht realiter oder naturaliter so genau geschieden sind, oder ihre Eigenschaften eben innerhalb dieser Grenzen aus­ strecken. 3. Woher die Zeichen ihre Namen Widder, Stier rc. bekommen haben? Antwort: Meistenteils von der mancherlei Stellung der Fixsterne, welche in einem jeden zwölften Teil vor dritthalbtausend Jahren gefunden worden. Denn im Widder sind 2 Sterne, und bei dem einen ein kleiner, wie ein Haken, die scheinen wie ein hinter sich gekrümmtes Widderhorn. Im Stier ist ein türmisches Stiergesicht, von fünf großen und viel kleinen Sternlein, samt zweien wohl oben drüber, die sich zwei Hörnern vergleichen. So auch vom Zwilling, Löwen, Skorpion, Schützen und Wasser­ mann zu sagen. Unangesehen dieses im Krebs, Jungfrau, Wage, Steinbock, Fisch, nicht also klar erscheinet, so ist doch kein Zweifel, daß die Alten dergleichen Ursachen in allen und jeden Zeichen gefnnden haben. Dies macht heutigen Tags eine große Irrung, denn der Zodiacus, dessen Anfang (wie gesagt) von der

8o wahrhaftigen Tag- und Nachtgleiche, item von solstitialibus punctis genommen ist, dieser ist in dritthalbtausend Jahren hinter sich gewichen und hat diejenigen Fixsterne, welche seinen 12 Stück ihre Namen gegeben habe», fast um ein signum oder zwölften Teil verlassen. Zum Exempel: Saturnus und Jupiter kommen im künftigen Dezember zusammen im 9. Grad des Schützen: wel­ cher Name ihm von denjenigen Sternen gegeben worden, welche heutigen Tags im Steinbock sind. Hingegen wird nahe bei diesem Grad der Stern gefunden, welchen man des Seorpions Herz nennet; würde also diese Conjunktion, den Fixsternen nach, nicht in den Schützen, sondern in den Scorpion fallen. 4. und 5. lDie Einteilung der Zeichen in feurig, luftig, wäß­ rig, irdisch beruhe auf Willkür.j 6. Ob denn gar kein eigentlich natürlicher Grund sei, der allweg 3 Zeichen triangelsweise zusammen copuliere? Antwort: So guten Grund wir haben, 12 Stück zu machen, nämlich weil alle Jahr in einem jeden sZeichenj ein Voll- und Neumond erscheinet: so guten Grund haben wir auch, auf die Triangel Achtung zu geben. Denn h und 4, die 2 höchsten Planeten, treffen einander allweg über den dritten Tell des Zodiaks an: und machen also, daß bei eines jeden Menschen Lebzeiten allweg 3 Zeichen, so einem Triangel unterworfen, die vornehmste Kraft und Wirkung in den Nativitäten haben. Hierher gehört auch des Mondes Stelle im Aufgang des Jahrs. Denn wenn er dieses Jahr im Widder, ist er das andere im Löwen, das dritte im Schützen oder Steinbock. 7. Wie es zugeht, daß diejenigen Stellen, darunter h und 4 zusammen kommen, triangelsweise voneinan­ der stehen? 8. Welches denn der eigentliche Anfang des feu­ rigen Triangels sei? 9. Was der feurige Triangel für sonderliche Sachen vor andern Triangeln voraus habe? Antwort: Erstlich, das fürnehmste punctum cardinale, principium arietis1). Danach trifft er die denkwürdigsten Zeiten: soviel uns die Historien *) Frühlingspunkt.

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Anleitung gebe«. Denn weil jeder Triangel fast 200 Jahr hat, so kommt jeder nach 800 Jahren wieder. 10. Was er denn ju bedeuten habe, erstlich nach der Astrologen Lehr. 11. Ob der feurige Triangel etwas namhaftes ju bedeuten habe, meine eigene Meinung. Hiervon hab ich im Prognostico geschrieben, daß das Wort feurig in Wahrheit nichts anderes sei, denn ein bloßer Name, da nichts Natürliches dahinter .... Es möcht ja einer denken, weil dies gar so eine alte Lehr, «erd es nicht umsonst sein, wenn wir schon keinen natürlichen Grund wissen: und möcht vielleicht eine göttliche Offenbarung sein. Antwort: Ich weiß keinen aus den alten Antoren, der dieses vorgäbe, sondern alle unterstehen stch, natürliche Ursachen anzuzeigen, die sie auch ziemlich erraten, so gut sie sind: also daß wohl hervorgehet, daß diejenigen, welche solche Abteilung erstlich er­ dacht, auf dergleichen schwache Gründe und auf nichts anderes gesehen haben. Was aber das punctum cardinale und principium arietis betrifft, das ist wohl etwas Natürliches; und stelle ich in Ansehung dieses nicht in Abred, daß unter diesem Triangel groß­ wichtige und die allerfürnehmsien Dinge zu erwarten seien, aber erst Anno 1643 und 1703, deren Anno 1583 kaum ein wenig ein Dortrab gewesen. Was für Sachen aber dies seien, und welche Länder es be­ treffen werde, erachte ich, könnte derjenige am leichtesten erraten, der sich auf das gemeine Wesen und die unter den Händen schwe­ benden Händel am besten verstehet. Denn daß es nichts ganz und gar Neues, sondern deren etwas, das jetzo schon im Schwung gehet, sein werde, bezeugen die Historien und der Welt Lauf. Ehe die Cananiter unter dem 4. Triangel sind vertilgt und Israel über ihr Land gesetzt worden, hat es zuvor 200 Jahr wachsen und 40Jahr in der Wüste unterrichtet werden müssen.... So denn diejenigen Conjunktionen die mächtigsten Werke auf­ bringen, welche am kräftigsten sind, und die Kräfte nicht nach bloßen Worten, sondern nach natürlichen Dingen sollen geschätzt werden: so haben wir in viel hundert Jahren keine kräftigeren Strauß,Kloebe, Johanne- Kepler.

6



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zu erwarten, als 1444, die da centralis oder centrali proxima gewesen.

Item Anno 1504, da beide Planeten auch nicht fern voneinan­ der, und Mars bei ihnen, die Sonne aber ganz wenig vor ihnen

gestanden und im höchsten Zeichen, wie auch Anno 1563. Item Anno 1524, da alle Planeten im Fisch zusammen ge­ kommen.

Hieraus müßte folgen, daß noch in denjenigen Dingen, die

innerhalb 150 Jahren aufgekommen, und bis dato in ihrem Sein verblieben, ein großer Fortgang sein würde, weil keine stärkere

Conjunktion vorhanden, die etwas anderes und größeres machen

könnte. Weiter ad speciem zu gehen mangelt es mir nicht an Begierd oder Worten, aber wohl an genügsamer scientia politica, in

Ansehung dessen ich billig innehalte.

i2. Don

Bedeutung

dieser

im Schützen particulariter

jetzigen

Conjunktion

nach meiner Meinung,

«eil ich wenig auf die Austeilung der Häuser halte, so befinde ich

demnach den Jupiter eben schwach*): sintemal er der Ekliptik zu,

und nach der Mittagssette von uns hinweggehet; Saturnus aber noch besser heroben an der nördlichen Grenze steht.

Ebenso ist

Jupiter im Absteigen von seinem Apogaeum, Saturnus aber eilet demselbigen zu.

Derohalben es viel mehr einen bösen Zustand

aller Jovialisten

und dem Saturno mit seinem Anhang die

victoriam bedeuten will. Und weil gleich selbigen ganzen, wie auch den vorigen Monat hindurch Mercurius sich im Stillstand nächst bei beiden Planeten

befindet, alle drei im Sextil zu Mars: und gerade am Tag der

Conjunktion die Sonne sich mit der Venus vereint, und der Mond den zu dritt Vereinigten gegenübersteht:

Soll es demnach heimliche Bündnisse unterm Deckmantel

eines hochzeitlichen oder anderen Frendenfestes, hitzige Anschläge auf Vergiftung oder Blutbad oder auch Friedens-tractationes, da *) Jupiter wäre nach astrologischer Lehre im Schützen in seinem eigenen Hans und dort gut gestellt.

- 8z

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lauter Betrug dahinter, endlich auch propter Lunam1) öffentlichen Aufstand geben, dabei nichts denn Wüterei infolge der Conjunktion von Jupiter und Merkur; großer Diebstahl, Mord und Räuberei infolge der Conjunktion von Merkur und Saturn im Sextil zu Mars zu gewarten. Dies alles soll nicht in geringen, sondern weitaus sehenden Hauptsachen geschehen, und wie gesagt, meistenteils über die Jovialtsten gehen, je nachdem ein jeder in seiner eigenen Geburt sNativitätj mit dieser Conjunktion Verwandtschaft hat: und die vorhergelaufene Anleitung oder Verbitterungen Ursach dazu geben. Wenn dann dies wahrhaftig also geschehen soll, werden sonder Zweifel andere Zeichen gleich im Dezember vorhergehen, nämlich schreckliche Windsbraut, unnatürliche Wärm und Donner, Feuchte der Luft, Sterbensläufe, weil das Herz des Scorpions mit den Planeten zusammen steht. Wiewohl auch gleich im Januar des 1604. ein AuSbruch gespüret «erden möchte, wird es doch erst im folgenden Frühling, allermeist aber im September und October, wenn Mars auch zu beiden Planeten stößt, recht angehen; ja, nicht in einem Jahr vorüber laufen, sondern erst Anno 1605 durch die völlige Sonnen­ finsternis, so in Italia, Gallia, Hispania den 12. October erscheinen soll, merklich confirmiert und vermehret werden....

*) Mond gilt als Significator für Volk, Untertanen.

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Ausführlicher Bericht von dem neuen im Monat September und October

dieses 1607. Jahrs erschienenen Haarstern oder Cometen und seinen Bedeutungen.

... so etwas dran, daß nach Ordnung der Natur die besagten Zustände, als Wind, Gewässer, Trockenheit, Erdbeben, Pestilenz durch einen Cometen verursachet und also vorbedeutet werden, so muß es folgender Gestalt jugehen: Wenn etwas Seltsames entweder von starken Constellationen oder von neuen Bartsternen im Himmel entstehet, so empfindet solches und entsetzet fich gleichsam darob die ganze Natur und alle lebhaften Kräfte aller natürlichen Dinge. Diese Sympathie mit dem Himmel gehet sonderlich die­ jenige lebhafte Kraft an, so in der Erden stecket und deren innerliche Werke regiert, davon fie gleichsam entsetzet, an einem Ort, nach dessen Qualität, viel feuchte Dämpfe auftreibet und herfürschwitzet, daraus langwieriger Regen und Gewässer, und damit (well wir aus der Luft leben) allgemeine Landseuchen, Haupt­ wehe, Schwindel, Catarrh (wie Anno 1582), auch gar die Pestilenz (wie Anno 1596) entstehet. Oder da die Erdkugel etwa an einem Ort an Feuchtigkeit erschöpft, dann greift diese, durch den Cometen erhitzte, lebhafte Kraft des Erdbodens an, was fie findet, nämlich dürre Dämpfe, welche die Erde unfruchtbar machen, und machts, schwefelts, pulveristerts und treibet es auf ihre verborgene Art so lang, daß endlich das Pulver unter der Erden angehet und mit Macht einen Ausgang suchet, also ein Erdbeben verursachet wird.

Es hat aber auch der Mensch, wenn er gleich blind wäre und den Himmel nie gesehen hätte, dergleichen lebhafte, empfindliche und auf den Himmel verborgener Weise aufmerkende Kräfte,

so durch solche im Himmel von neuem einkommende» Cometensterne gleichermaßen verunruhiget und bestürzet werden, und nicht allein zu unnatürlichen Bewegungen des Geblüts und anderer Säfte und consequenter zu Krankheiten, sondern auch zu starken Assertionen Ursach geben.

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Eia scheinbarlich Exempel: Man saget vom König Sebastian in Portugal, demnach Anno 1577 ein großer Comet entstanden und er im folgenden 1578. Jahr sich vorgenommen, die Mohren ju bekriegen, hab er sich weder raten noch helfen wollen lassen, sondern sei unbesonnener Weise, mit guten, erfahrenen Kriegs-

obrlsten nicht nach Notdurft versehen, in des Feindes Land über­ gesegelt, und also an seinem und seiner ansehnlichen Kriegsmacht endlichem Untergang selber schuldig geworden. Allhter ist zu sehen, wie dieser Herr den Kopf aufgesetzt, streitig geworden, auf seiner Meinung beharret; hat vielleicht besseres wohl gewußt, aber sich von seinen Affectionen verblenden und über­

winden lassen. Das wäre ohne Zweifel zu einer andern Zeit so gröblich nicht geschehen und versehen worden, wenn nicht seine Natur

durch Erscheinung des Cometen verborgenerweise erhitzet und zu so starken Assertionen wäre angetrieben worden, die er aber als ein vernünftiger Mensch, von Gott geschaffen, wohl hätte

können und sollen überwinden, und zu glauben, Gott der Herr hab eben zu dem Ende, ihn zu warnen, den vorhergegangenen Cometen nicht heimlich verschwinden lassen (inmaßen vermutlich ihrer viel nicht gesehen werden), sondern mit einem großen scheinbarlichen Licht vor Augen gestellet. Denn solche Affectionen reizen wohl, zwingen aber nicht, inmaßen es die tägliche Erfahrung, sonderlich mit der allerstärksten Liebesbrunst bei dem weiblichen Geschlecht, mit sich bringt und vor allen Rechten practiciert wird. Ohne allen Zweifel wird es nicht ohne gewesen sein, sondern der gute Herr wird widersinnige Ratgeber gehabt haben, einer wird ihn abgemahnet, der andere, sonderlich die Kriegsleute, angemahuet und große goldene Berge vorgemalt haben. Wie auch der gewaltige Herzog zu Schiff gegangen, kann ich mir leichtlich ein­ bilden, was für Frohlocken und Lobsprüche ihm zu Ohren gekom­ men. Demnach aber nun derjenige Tell seiner Ratgeber den Aus­ schlag erhalten, welcher Teil des Königs eigner Assertion am nächsten geredet, und also gleichwohl die Schuld auf den König selber

kommen, so sind nun jetzo acclamationes des gemeinen

die besagten Lobsprüche und Volks erloschen und bleibet

heutigen Tags, an derselben statt, diese Nachrede und Nach-

— 86 — schreiben, daß er sich von verständigen Leuten nicht hab wollen weisen lassen. Dies halt ich also die Ursach zu sein, warum Cometen Kriege, Pestilenz, Teuerung, Erdbeben, Trockenheit, oder dagegen großes Gewässer gemeiniglich miteinander kommen, und eins das ander t« bedeuten habe. Da ich nicht in Abred sein will, daß diejenigen Personen vor andern mehr angereijet werden zu ihren löblichen, sowohl als unordentlichen Begierden, welche in genesi [itt ihrem Horoskop) zu einem Cometen Beziehung haben .... Ander Teil von dem Cometen des 1607. Jahres in specie.

Wenn ich nun mein Bedenken von diesem jetzigen Cometen in specie an Tag geben soll, weiß ich zwar auf die erste Weise wenig von ihm zu sagen, sintemal er septendrionalis und noch nie in die Ekliptik gekommen, auch allem Ansehn nach dieselbige nicht erreichen wird, derowegen diese unsere allgemeine Lebensstraße vor ihm und seinem Schwanz befreit ist und bleibet. Auf die andere Weise und belangend die sympathias, weil er klein, unansehnlich und eines bleichen Schwanzes, der nicht leicht zu sehen, wird die Wirkung auch desto kleiner sein .... Und sage demnach, daß er von Gott darum am Himmel gestellet sei, die Mensche« alle miteinander und jeden insonderheit, den großen Haufen Bauers- und Handwerksleute sowohl als deren Regenten und Häupter der Welt zu erinnern, daß sie sterblich seien, und über sie beschlossen, daß abermals in kurzer Zeit hernach ein gutes Teil, es fei durch was Mittel es wolle, von dieser Welt ab­ gefordert werden solle; da denn die Sach mit einzelnen Personen so ungewiß, daß weder der Stärkste vor dem Schwächsten, noch der Jüngste vor dem Ältesten, ja, auch der Sternseher vor demjeni­ gen, so ihn um die Auslegung anspricht, einigen Vorteil oder Sicherheit nicht voraus habe; und demnach ein jeder Mensch sich mit Gott versöhnen, auf die Fahrt rüsten, seine irdischen weltlichen Geschäfte, Güter, Studia, Kinder und dergleichen «ach Möglich­ keit also bestellen solle, wie er wünschet, daß es nach seinem Tode

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mit denselbigen gehalten werde. Damit wird nicht allein derjenige, welchen der Tod erschnappet, wohl fahren und desto weniger Unrichtigkeit hinter sich lassen, sondern anch derjenige, welcher überbleibet, diesen Cometen sich trefflich ju Nutz machen und sich wider den Sternseher wegen eines solchen seligen Betrugs jvm wenigsten nicht zu beschweren haben. Dies setze ich nicht also, als ob der Comet im Himmel stünde, die Leut umzubringen, oder als ob nicht ebenso wohl ein gutes Teil des menschlichen Geschlechts sterben würde, wenn schon kein Comet erschienen wäre. Sondern also schließe ich: der Comet gibt Anzeigung, daß die ganze Welt, auch der Himmel selber, den wir mit äußerlichen Augen ansehen, zergänglich sei und von einer Zeit zur andern verwandelt werde, derhalben wir Menschen desto weniger zürnen sollen, daß wir, als in diese zergängliche Welt gesetzte Creaturen, auch zergänglich seien und uns in Ansehung, was dem Himmel selbsten mit Erscheinung dieses Cometen be­ gegne, erinnern, was uns in kurzem hernach gewißlich begegnen solle. Doch ist es den Historiis gemäß, daß mit Erscheinung der Co­ meten sich gemeiniglich langwierige, böse Händel anspinnen, die neben eines großen Haufens Untergang, auch andere Angst und Betrübnis den überbleibenden betbringen, und dies nicht eben durch Abgang eines Potentaten und darauf erfolgende Neuerung im Regiment, sondern auch aus viel andern Ursachen. Dies läßt sich nicht dem Glück zuschreiben, daß es von ungefähr geschehe und der Comet nicht von solcher Dinge Andeutung wegen vor­ handen; sondern es bezeugens gelehrte, hochverständige Leute, ja diejenigen, denen man nicht widersprechen kann. Fast alle die­ jenigen, welche Historias geschrieben, gar wenig ausgenommen, die sind in diesem Glauben. Hilf Gott, was fürtreffliche Leute! Und müßte ein groß Wunder sein, daß sich diese fürnehmen Welt­ weisen, in Regiments Sachen hochverständigen Leute, über einen Haufen alle irren und allein etliche wenige Philosophen, die stch mehr auf Schulen als auf Regierung verstehen, die Wahrheit sehen, und allein wissen sollten, daß jene fehlen. Will man aber sagen, daß dieses ein gemeiner Fehl und Krankheit an allen Men-

88 scheu insgemein, so widerspricht uns unser Hellaud Christus, die Weisheit Gottes selbst, und spricht: Es werde» Zeichen geschehen an Sternen, und den Menschen wird bange «erden re.; welche seine Weissagung erfüllet worden, indem daß ein ganzes Jahr lang über Jerusalem ein Comet in Form eines Schwetts gestanden, darauf sich der Endkrieg erhoben, der den Juden den Garaus ge­ macht.... Aus der Cometenbahn, well diese auf die Polhöhe von Rom, Spanien, Neapel deutet, und gleichsam auf eine gewisse Nativität, nämlich den 25. Grad des Wassermanns mitten am Himmel, den Cometen aber gerade an den Schnittpuntt von Meridian upd Horizont stellet, hieraus, sprech ich, möchte einer, dem wohl ist mit Raten, die fürnehmste Person im Spiel herauszwingen, daß nämlich der Täter und Heber aus erwähnten Landschaften gebüttig und den 25. Aquarii vielleicht in seiner Nativität im Aufgang oder sonst in einer fürnehmen Stelle des Himmels habe. Da mag nun ein jeder Astrologus seine Themata genethliaca hoher Häupter durchsuchen, ob etwa er näher hinzutreffen könnte. Vielleicht wird einer selbiger Zett und Ott gebären sein, der hernach, wenn er erwachsen, solch Unglück stifte. Andere werden auf den 2. Grad des Schützen sehen, denn, so lang der Comet im Himmel durchgeschossen und starke Tagreisen getan, hat er vermutlich nur allein gewarnet, angemahnet und avifiert, man soll auf ihn Acht haben, wohin er endlich zielen und was er an diesen langen Zug für einen Buchstaben hängen werde. Als er aber in den 2. Grad des Schützen kommen, ist er etliche Tage so viel Iongitudinem betrifft, beinahe stille gestanden und nur allein was latitudinem betrifft abwärts gelaufen gegen die Ekliptik, also einen krummen Hacken auf diesen Grad zugezogen, als wollte er anzeigen, er wäre von Eines wegen vorhanden, der in genest einen seiner wichtigsten Significatoren im 2. oder 3. Grad des Schützen hätte. Wie denn ein Bischof in Deutschland diesen Grad im Ascendenten und sonst ein vornehmer Fürst in Europa die Sonne nahe an diesem Ort hat. Ob aber dieses solle eine persona agens oder patiens sein, wird aus dieser Weissagung nicht können eröttett werden. Denn

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«9

~

Anno 1596 hat der damals erschienene Comet ein gleiches getan

vvd ist jv Ende gegen die Ekliptik abwärts ans den 4. Grad der Jungfrau gelaufen und allda gleichsam still gestanden, bis ihn die Sonne verborgen. Nun hatte der damals regierende türkische

Kaisers in seiner Nativität die Sonne im 4. Grad der Jungfrau, und hat es sich bald darauf begebe», daß er mit großer Macht vor Erlau gerücket, die Festung erobert, mit den Christen eine Schlacht gehalten, ritterlich aus dem Feld und Lager geschlagen worden,

aber unser Volk an der Beute erwürget, daß also niemand gewußt, wer Bischof oder Bader, item, ob er, der Mahomet, agens oder patiens gewesen; und allein dies ju vermuten, derselbige Comet habe alle diejenigen, so in derselben Schlacht umgekommen, deren viel tausend gewesen, insgemein warnen sollen.

Etwas näher könnte man ad patientem regionem2) (nicht aber ad personam) kommen, wenn man betrachten wollte, daß der Comet Ungarn, Polen, Deutschland, Frankreich zuerst über die Köpfe gelaufen. Denn wer eine Warnung tun will, der rupft

zu allererst denjenigen beim Ohr, den es angeht, danach deutet er auf denjenigen, vor dem man sich hüten soll. Und wäre also eine gute Anstellung, daß der Comet anfangs auf den Patienten, zu Ende aber seines Laufs auf den Agenten oder Injurianten deutete. Und weil dies ein sehr weiter Strich des Erdbodens ist, mag man auch den Schwanz des Cometen, der anfangs gegen Occident, bald hernach gegen Orient am meisten gegangen, hierzu ziehen; damit würde uns zu Prag durch den Anfang Frankreich, durch das Ende aber Ungarn und Polen, oder zusammen eine

Sache, nämlich ein Heerzug aus Occident gegen Orient, nämlich in Ungarn oder Polen bedeutet. Ich rede dieses alles in persona deren, die sich auf die Particularität zu erraten begeben, die werden hier beifügen die Constellationen zu Anfang und Ende des Come­ ten, welche gar nahe auf der Häupter in Frankreich und Polen loca Solis, Jovis et Martis3) getroffen x) Mohammed III. 6 Den Landern, die es betreffen soll. ’) Auf die Orte, an welchen Sonne, Jupiter und Mars in den Horoskopen der Oberhäupter stehen.

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Von den gesicherten Grundlagen der Astrologie. These 33—40.

In Hinsicht auf die doppelte Fähigkeit der Planeten, jv er­ wärmen und zu befeuchten, muß wohl bedacht werden, in welchem Zeichen diese sich befinden. Denn sowohl die Planeten als auch der Mond bewirken sehr viel, wenn sie im Krebsen stehen, weil sie alsdann sehr lange über der Erde bleiben *).... Sie haben

sogar mehr Kraft, wenn sie nur im nördlichen Test des Tierkreises stehen'). Daher find die Vollmonde zur Zeit des tiefsten Winters feuchter als die der Sommerzeit').... Da wir in Bezug auf die Bewegung wahrnehmen, daß alles Langsame am meisten vermag,

so können wir daraus die Gründe abaehmen, warum die still­ stehenden Planeten und die, welche gerade in ihrem Apogäum umkehren, so wirksam sind. Der Stillstand des Merkur ist vor allen andern am wirksamsten. Denn er, als der allerschnellste, verliert am meisten von seiner Bewegung. Der Stillstand des Saturn aber wirkt am wenigsten, well Saturn zu wenig Be­ wegung besitzt, als daß er im Stillstand viel verlieren könnte. Der Stillstand des Merkur wird am häufigsten Winde, an be­ stimmten Orten auch Schnee und Regen, im allgemeinen aber reichliche Dämpfe Hervorrufen.... Die Himmlischen) Ursachen zukünftiger Ereignisse, die ich bis jetzt darlegte, haben zwar gewiß viel Göttliches, scheinen jedoch alle mehr die Natur des Stoffes an sich zu tragen — mehr jeden­ falls, als jene, die nun folgen. Nämlich die Handlungsart (modus

agendi) der Planeten besteht in einer gewissen Ausstrahlung von Licht, das sich bis zu den sublunaren Körpern fortpflanzt. Diese Ausstrahlung, wie sehr sie auch stoss- und zeitlos erscheint, ist doch *) Da die tinjdnen Teile des Zodiaks bei der tägliche» scheinbare» Drehung des Himmels für «nsere Breiten mit verschiedener Schiefe aufsteigen, bleiben einige der Zeichen länger über dem Horizont als andere. 2) Nördliche Zeichen sind: Y, 8, Ü, W, st, Np. 3) Wenn die Sonne (im Winter) im % steht, findet der Vollmond im D statt.

91 nicht ohne quantitative Dimensionen. Sie geschieht nämlich geradlinig, verdünnt sich mit der Entfernung vom Gestirn, nimmt zu und ab mit der Sichtbarkeit des leuchtenden Planeten selber und wird verhindert durch Dazwischentreten eines lichtundurchlässigen Körpers; andererseits wird sie ununterbrochen fortgesetzt, wenn die Leuchtkraft des Gestirns nicht gehindert ist. Das hat aber nicht nur für ein Gestirn allein Geltung, sondern auch bei dem Vergleich der verschiedenen Gestirne miteinander. So sind es Sonne und Mond, die, weil sie uns am größten anblicken, die Kräfte sder Ausstrahlung) am augenscheinlichsten ihr Eigen nennen. Bei den übrigen aber, deren Durchmesser, mit dem der Sonne und des Mondes vergliche», klein ist, sind sie sdie Lichtkräfte) überaus kümmerlich und kaum mehr fühlbar, oder nicht einmal das. Daher kommt es auch, daß der Wechsel dieser Einwirkungen, der sich nach der oben erwähnten Art und Weise vollzieht, vom größten Teil der Astrologen übersehen wird. Es folgt nun noch ein anderes wirkendes Moment, das alle Planeten in gleicher Weise angeht. Es ist weit hervorragender, als jenes vorher behandelte sals die Ausstrahlung) und muß noch mehr Erstaunen erregen. Denn es hat nichts Stoffliches an sich, sondern hat das Wesen einer forma; aber nicht einer einfachen Form, sondern einer animalischen Fähigkeit, die zu erkennen, und zwar geometrisch zu erkennen imstande ist. Denn nicht in geraden Linien entlockt es den einzelnen Gestirnen ihre Eigenschaft, sondern es wertet die Strahlen zweier auf der Erde zusammenkommender Gestirne, ob sie sich geometrisch zusammenfügen oder allogonisch. Jenes wirkende Moment wird auch nicht durch die Verfinsterung des Mondes außer Wirksamkeit gesetzt — dann also, wenn keine Strahlen auf die Erde gelangen — sondern es denkt sich alSdann den herniedersteigenden Strahl. Es wird nicht gehindert, wenn die Erde zwischen uns und den Sternen steht, sondern es läßt die unten sauf der Gegenseite der Erde) verborgenen Planeten auch oben wirksam sein. Schließlich ist jene Fähigkeit fast nur augenblicklich wirkend, und sobald der geometrische Winkel abgeändert wird in einen allogoaischen und unharmonische», so hört die Wirkung sofort oder kurz darauf auf, wie sehr auch das Licht der Gestirne zunehmen

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mag. Da dies alles von der Erfahrnug aufs Sicherste bestätigt ist, so kam ich dadurch zu den jetzt folgenden Grvndsätzen. Da Gott, der Schöpfer der körperlichen Welt, dieser ihren Schmuck verlieh aus jener forma heraus, die Quantität ist, so ist es natürlich, daß selbst die Lagen [bet Gestirne), die Umlaufsdauer und die Größe [der Bahnen) untereinander in einer Proportion stehen, welche aus der Ordnung der festen Körper hergenommen ist. Das habe ich in meinem „Mysterium cosmographicum“ bewiesen. Die Bewegungen der himmlischen Körper aber, die das Leben der Welt sind, stimmen nur dann angenehm zusammen oder üben gemeinsam eine starke Wirkung aus, wenn fie eine aus der Ordnung der Fläche hergenommene Proportion haben. Denn ebenso wie die Fläche des festen Körpers, so ist auch die Bewegung des himmlischen Körpers ein Abbild. Wie es aber unmöglich ist, daß in der Geometrie mehr als fünf reguläre Körper bestehen, so werde ich auch ein ander Mal, wenn ich die Harmonien behandle, so Gott will zeigen, daß es der, aus dem Vergleich mit der Ordnung der Flächen hergenommenen, harmonischen Verhältnisse nicht mehr als acht geben könne. Da es also bei den Bewegungen acht gestaltende Verhält­ nisse gibt, das Wirken des Himmels auf die Welten aber eine Art Bewegung ist, und dorthin gelangt durch Vermittlung von Stern­ strahlen, die stch auf den Welten treffen und Winkel bilden, so werden auch acht harmonische Verhältnisse in der Dimension dieser Winkel vorkommen. Die Mten aber nahmen deren (man nennt ste gewöhnlich Aspekte) nur fünf an, nämlich die Conjunktion, die Opposition, das Quadrat, das Trigon und das Septll. Aber meine Überlegung lehrte mich zunächst drei hinzuzufüge«: Das QuintU, das Biquintll und das Sesquiquadrat, die späterhin durch die Erfahrung vielfach bestätigt wurden. Warum das Wirken zweier Planeten im Augenblick der Aspette sich so sehr steigert, dafür kann ich keine andere Ursache angeben, als jenes animalische Vermögen, welches einerseits fähig ist, das geometrische Verhältnis zu erkennen (das ja den Aspett ausmacht), andererseits den Körper regiert, an dem die Wirkung wahrge­ nommen wird. Die Wirkung erfolgt freilich nicht deshalb, well

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die Strahlen sich in einem Winkel vereinigen; denn einen Winkel bllden die Aspekte den einen wie den andern Tag und zwar fort­

während durch irgendwelche Strahlen. Eine Wirkung findet viel­ mehr erst dann statt, wenn dem Winkel ein harmonisches Verhält­ nis oder Schema eigen ist (Ptolemäus sagt Schematismoi). Die

Verhältnisse, die Schemata haben an sich noch keine Wirksamkeit; sondern es geschieht hier das nämliche, was sich bei der Bewegung der Lebewesen zu vollziehen pflegt. Denn wenn einer behauptete, die Objette des Gesichts, die durch das Auge eintreten, könnten

ein Lebewesen bewegen, und es sei dazu nicht die Lebenskraft im bewegten Körper nötig, so wäre eine solche Philosophie recht un­ sinnig. Dieses Vermögen aber, welches den Aspetten ihre Kraft ver­ leiht, ruht nicht in den Sternen selber. Denn die Aspette, von denen wir sprechen, sind auf der Erde und find eine reine Figur, die nicht aus der Bewegung der Sterne wesentlich hervorgeht, sondern die fich ergibt aus der zufälligen Lage je zweier Sterne zur Erde. Wie also die Seele, die den Körper bewegt, nicht im Objett ist, sondern dort, wo das AbbUd des Objektes vorgesiellt wird, so muß jene Kraft, welche die Aspette wirksam macht, allen sublunaren Körpern so gut wie der ganzen Erde überhaupt innewohnen. Die ganze lebendige Kraft ist ja ein Abbild Gottes, der nach geometrischen Prinzipien schasst, und wird angeregt zu ihrem Tun durch eben diese Geometrie oder Harmonie der himmlischen Aspette.

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Vom neuen Stern im Fuße des Schlangenträgers. Don de» natürliche» Kräften der feurigen Triplizität und zwar zunächst von der Wirksamkeit der Conjunktionen — gegen Johannes Pico della Mirandola.

.... Es fragt Pico, warum man denn glaube, daß Saturn und Jupiter Größeres vermöchten, wenn fle zusammenstehen, als wenn sie getrennt sind. Ich antworte nach meiner Meinung, nicht nach der der Astrologen: Das Werk, das wir den vereinigten oberen Planeten zuschreiben, und zu welchem sie nicht fähig sind, wenn sie getrennt voneinander stehen, ist keineswegs Sache der Planeten selbst (ausgenommen die reine Licht- und Wärmeausstrahlung), sondern ist der Natur der sublunaren Welt zuzuschreiben. Wenn diese Wirkung rein den Planeten zuzuschreiben wäre, könnte einer den Bescheid geben, es handle sich um die durch die Vereinigung erhöhte Kraft. Nun aber, wenn sie auch die sublunare Natur be­ wegen, so bewegen sie diese doch nicht nach der Art von handelnden Naturdingen, welche eine gewisse Kraft von sich geben, weil etwas vorhanden ist, auf das sie wirken können; sondern sie bewegen die Natur so, wie die Objekte die Sinne bewegen: Das Licht die Augen, der Schall da6 Gehör, die Wärme das Gefühl. Denn von diesen Dingen wird keines schwächer, wenn auch noch so viel Sinne ge­ öffnet sind, sie aufzunehmen; sondern allen diesen Dingen ist ein gewisser natürlicher und immaterieller Ausfluß eigen, der Qualität nämlich, die sie besitzen und deren Art unerschöpflich die Sinne trifft, bis zu ihrer Ermüdung. Hier würde mancher Philosoph erwarten, daß ich das, was ich in Beispielen von den verschiedenen Qualitäten der Dinge gesagt habe, auch auf die Lichter der Sterne anwendete. Er habe daher, was ich nach seiner Ansicht vorbringen werde, schon lange gewußt. Denn es stehe die Ansicht des Pico gegen mich, daß die Vereinigung zweier Planeten um kein Haar mehr Licht aus ihnen heraushole; denn so viel diese getrennt besaßen, so viel bringen sie auch auf, wenn sie beisammen sind. Ich aber spreche hier keineswegs vom Licht, dem in der Tat

— 95 — Wärme und Leuchtkraft eigen ist, und jwar je nach der Größe des Körpers, nicht nach der Nähe zweier Körper, von denen keiner dem andern eine Lichtquelle ist.

Ich bediente mich des Lichtes und anderer Empfindungs­ objekte als Vergleich, um jenen dunkeln Vorgang zu erklären. Bei

der Conjunktion zweier Planeten nämlich übt nicht mehr das Licht, sondern die Relation, d. h. die Lage, die wir Conjunktion nennen,

die Funktion des Objektes aus. Wie also das Objekt beschaffen ist, so geartet ist auch der Wahrnehmungssinn der sublunaren Natur. Das Objekt aber gehört zur Klasse der Relationen, deshalb muß auch die sublunare Natur mit der Kraft begabt sein, Relationen wahrzunehmen. Damit ich es mit einem Worte sage: Die Philo­

sophen messen die Natur mit kurzem Fuße; denn sie glauben, es gäbe keinen Sinn, keine Aufnahmefähigkeit für intelligible Dinge, außer den ^bekannten! Fähigkeiten, welche der Mensch besitzt. Aus dieser Überzeugung entspringt das törichte Unterfangen, Dinge zu bekämpfen, die auf der Hand liegen. Sag mir doch einmal Pico, mit welchem Sinn erkennt denn

der Hund die Spuren seines Herren? Etwa nicht mit dem Geruch? Aber bei Gott, der Geruchsinn des Menschen ist doch nicht so fein! Somit kennst du also am Hund etwas, was du am Menschen nicht beobachtetest. Und du hättest anch nicht geglaubt, wenn man dir so etwas vom Hunde erzählt hätte, wenn dir nicht selbst des öfteren dieser Fall vorgekommen wäre. Sag mir doch weiter, warum denn nehmen die Wurzeln und die Knollen der Pflanzen die Farben auf, mit denen sie begossen worden sind, z. B. die Farben, die vom Crocus, vom brasilianischen Holz «. a. herrühren, so daß sie diese

später auf die Blüte» übertragen. Du wirst sagen, daß der Saft, den sie schlürfen, sie durch und durch tränkt. Das genügt mir nicht. Wie gering ist doch das Quantum, womit man die Wurzeln der Gewürznelke begießt! Und wie groß dagegen das Quantum

dessen, was aus dem Blütenstengel hervorquillt! Wo ist denn da ein Verhältnis? Warum, wenn die mit hinzu gegossenen Farben mit der hellen Flüssigkeit des Knollens und mit der Erdflüsfigkeit verdünnt werden, warum verdünnt sich denn nicht auch die Farbe in der Blüte? ... Ja warum wird denn nicht der gefärbte Saft

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so verarbeitet, daß er seiner Eigentümlichkeit entkleidet, in den Körper der Pflanje übergehe, wie es mit andern Merkmalen der Nahrung geschieht. Daher gestehe jv: es gibt irgend einen Einfluß auf eine Art von geistigem Formprinjip, das auch Keimprinjip genannt wird .... Auf diese Art und Welse beeindrucken nach meiner Meinung sowohl die Farben der Planeten, als deren Conjunktionen und sonstige Configurationen die Natur, d. h. die Kräfte der sublunaren Dinge. Sie find die Objekte, die jene sKräftej bestimmen: und zwar zur Gestaltung eines Körpers, wie zu seiner Bewegung, wobei fie auch noch die Bewegung leiten. Hier möge niemand das Vorurteil hegen: als suchte ich ängstlich besondere Subtilitäten und elende Spitzfindigkeiten herbei, um mir ein Heilmittel für die aufgegebene, ja schon erledigte Sache der Astrologen zu verschaffen. So sehr achte ich die Astrologie') nicht, und ich habe niemals davor zurückgescheut, die Astrologen für meine Feinde zu halten. Aber mich hat die beständigste Er­ fahrung (soweit in der Naturwissenschaft eine solche erhofft werden kann) über die Erregung der sublunaren Naturkräfte durch die Conjunttionen und Aspekte der Planeten belehrt und, dieweil ich mich sträubte, überzeugt. Aber vielleicht glaubt man mir nicht, weil keiner der Astrologen eine Begründung wie die meine vor­ gebracht hat. Bin ich denn der einzige, der die Astrologen Phüosophie lehrt? (was bin ich denn für ein Mensch, woher komme ich, von wannen bin ich geboren?). Aber ich appelliere an die Phllosophen und an diejenigen, welche die Dinge unparteiisch beurteilen: Werden nicht alle neueren Erfindungen, nicht alle Wendungen zum Besseren auf diese Weise wie durch einen vor­ geschobenen Riegel aus der PHUosophie ausgeschlossen? Ich leugne durchaus nicht, mein Pico, daß sehr viel Einbildung in der von den Astrologen betriebenen Erfahrung herrscht. Deswegen aber gebe ich noch nicht zu, daß es überhaupt keine Erfahrung gäbe...

Es kann in dieser verworrenen Angelegenheit vorkommen, daß alle im Einzelnen flch täuschen, im Allgemeinen aber dennoch etwas Wahres in Erfahrung bringen...

*) Oie traditionelle Astrologie.

— 97 — Aber ich komme zu Pico zurück. Er glaubt, daß die Wirksam­ keit der Planeten dadurch verhindert wird, daß verschiedene Pla­ neten Sei einander sind, daß sie also weniger tun können, als wenn die einzelnen Planeten für sich wirkten. Fürs erste leugne ich durch­ aus, daß ein Planet vom andern gehindert wird; vermischen sich dock die Strahlen ihrer Lichtkörper. Fürs zweite erinnere ich Pico an die frühere Antwort, daß es sich hier nicht darum handelt, was die Planeten für sich wirken, sondern was die sublvnaren Nature» von ihrer Conjunktion als dem Objekt erleiden. Hierin übertrifit die Erfahrung das aprioristische Denken (ratiocinatio). Wenn ich freilich nicht sinnfällig nachweisen kann, daß die den sublunaren Dingen innewohnende Kraft von Planeten, die in Conjunktion stehen, angeregt wird, dann verlange ich nicht, daß man den vorgebrachten Gründen betstimme. Wenn dies hingegen aus den Tatsachenbeständen feststeht, dann können auch Vernunft­ schlüsse nichts dagegen vermögen, sondern werden durch die Ein­ setzung jenes Lehrsatzes von dem sinnfälligen Eindruck der Gattung Conjunktion auf die sublunaren Kräfte mit Recht hinfällig. Writcr fragt Mirandola, warum denn die Conjunktionen der Sonne und des Mondes nicht weit eher die Macht haben, große Veränderungen in dieser Welt vorzunehmen, als die des Saturn und des Jupiter. Ich gebe Antwort nach meiner, nicht nach der Astrologen Überzeugung: Es kann keine Veränderung in der Welt von irgendeiner Gestirnstellung bewirkt oder vorher angezeigt werden. Es ist nämlich nicht dasselbe, ob die Gesamtheit der sub­ lunaren Natur und auch die Seelen der Menschen, als zur Natur gehörig, aufs heftigste bewegt werden, oder ob der Zustand dieser Welt oder des Menschengeschlechtes von einer Form in eine andere übergeführt werde. Sodann machen sich auch die Conjunktionen von Sonne und Mond und deren Verfinsterungen bei der Anrei­ zung der natürlichen Kräfte geltend, freilich in einem ganz andern Verhältnis. Denn da ihre Conjunktion jeden Monat einmal stattfindet, und nicht von langer Dauer ist, weil der Mond sehr schnell läuft, ist diese Anreizung weder heftig, noch auffallend und daher folgt auf sie auch keine große Erregung. Weiterhin: was will denn Pico, daß er die Wirkung von Sonne und Mond Strauß,Kloebe, Johannes Kepler.

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- 9« für allgemeiner hält, als die von Saturn und Jupiter? Der Him­ mel ist allenthalben über uns, also nicht nur die Sonne, sondern

auch der Saturn. Oder wollte er etwa sagen, die Kraft der Lichter sei größer, als die der übrigen Planeten? Ich gestehe das ju. Aber siehe da wiederum den Pico über die jedem Stern ganz eigentüm­

liche Verrichtung sprechen, die einem jeden nach Art des Körpers und des Lichtes zukomme. Aber davon sprechen wir ja nicht mehr; denn ich habe schon längst gezeigt, daß diese Tätigkeit der Planeten nicht verstärkt wird durch ihre Conjunttionen. Da wir uns über die objektive Bewegung der Natur unterhalten, so ist in Abrede zu stellen, was zugegeben wird, sobald es sich um charakteristische Werk eines Planeten handelt. Je bedeutender

hier das das also

die Conjunktion, umso größer ist die Bewegung der Natur. Ist die Conjunktion lang anhaltend, ist sie eine seltene, dann ist auch die Bewegung groß und ungewöhnlich. Demnach ist also eine Bewegung kräftiger, wenn sie von einer Conjunktion des Saturn und des Jupiter hervorgerufen wird, als von einer Conjuvttton der Sonne und des Mondes. Es sagt aber Pico: Diese Ansicht von den Conjunttionen ist nicht die Lehre aller, auch nicht die der bedeutenderen Astrologen.

Daher ist sie falsch. Darauf sage ich: Von den Conjunttionen im allgemeinen hat keiner der Astrologen geschrieben. Well aber Ptolemäus bei Dorhersagung der allgemeinen Dinge jene Reihe und Ordnung der großen Conjunttionen außer Acht ließ, haben seine Nachfolger, die Araber, sie für sich in Anspruch genommen; mögen das die Astrologen unter sich ausmache«, die damit prahlen, daß sie den Wechsel der weltlichen Dinge aus den Sternen ablesen können. Für mich handelt es sich hier nicht um den Wechsel der Dinge, insofern er lauter Einzelheiten an den Tag bringt, sondern allein um die Bewegung der Naturkräste, die universal ist — und

nicht in allen Einzelheiten aus dem Himmel erschlossen werden kann. Den Messahala*) tadelt Pico, weil er gesagt hat, daß von den Sternen, die eine langsamere Bewegung haben. Großes ausgehe.

*) Messahala, arabischer Astrolog, lebte um die Mitte des 9. Jahrhunderts 0. Chr. und schrieb erstmalig eine Abhandluag über die Konjuktioaen «ad Oppo­ sitionen der Planeten.

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Pico glaubt nämlich, daß die Schnelligkeit ein Charaktermerkmal der Vorzüglichkeit eines Sternes sei. Der Vorzüglichkeit komme die Kraft zu wirken zu, sodaß die schnelleren Sterne auch die mächtigeren seien. Ich sage in meinem Namen, nicht in dem des Meffahala: Pico sammelt Spren; denn Wirkungskraft und Schnelligkeit haben an sich nichts miteinander zu tun. Von dem, was aus einer zu­ fälligen Zusammenstellung beider sich ergibt, sprechen wir hier nicht. Beim Läufer ist Schnelligkeit etwas Vorzügliches, beim König aber Ruhe und Festigkeit. Was würdest du denn dem Copernicus sagen, mein Pico, welcher lehrt, daß die Sonne stillstehe, die doch der vorzüglichste aller Planeten ist? Ganz und gar un­ vernünftig aber ist die Ansicht Jener, die den Saturn wegen seines größeren Umlaufes schneller sein lassen als den Jupiter.... Ich sagte dies alles nicht, weil ich die Induktionen der Astro­ logen, samt ihrer Meinung, man könne Einzeldtnge vorhersagen, verteidigen wollte, sondern um festzustellen, daß die Bewegungen der Naturkräfte und der natürlichen Affekte im Menschen zur Zeit großer Conjunttionen so stark gewesen sind, daß dadurch die Astrologen getäuscht wurden und glaubten, die Dinge selber, die mittels jener Bewegungen ausgeführi wurden, seien vom Himmel ausgegangen.

Don der Wirksamkeit der übrigen Aspekte, besonders des Trigons. Gegen Johannes Pico della Mirandola. Es bekämpft Pico die Ansicht, daß von den Aspekten die einen an sich günstig, die andern ungünstig und schlecht seien, wie z. B. das Quadrat und die Opposition. Hierin stimme ich mit Pico Überei«. Denn ich betone, daß die Aspekte allein durch ihre Stärke sich unterscheiden, alle aber in gleicher Weise die Natur der sub­ lunaren Dinge anzuregen vermögen. Der Grund aber, warum das Quadrat schlecht sein soll, wird aus der Verschiedenheit des Ge­ schlechts hergeholt, weil bei einem Quadrat das eine der Zeichen männlich, das andere aber weiblich sei — wovon ich bereits gesagt habe, daß ich es für eine Einbildung halte.

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Nun könnte man fragen, ob die Aspekte in Bezug auf die Planetenkörper selbst gelten, oder nur in Hinficht auf die Wirkun­ gen, die hier auf dieser Erde hervorgebracht werden. Ich billige die Anficht, daß die Planeten im Himmel sich untereinander nicht beeinflussen. Und ich glaube auch nicht, daß sie etwas davon wissen können, wenn zwei von ihnen sich in einem Aspekt auf der Erde treffen, es sei denn, man schreibe ihnen vernünftige Seelen zu. Kurz, es steigen zwar die Aspekte in den Strahlen auf die Erde hernieder, gehören aber durchaus nicht zu den Körpern der Planeten. Dies alles, betone ich, nehme ich gemeinsam mit Pico an. Und so hat die erfahrungsgemäße Tatsache, daß die sublunare Natur von den Aspekten bewegt wird — so oft sich nämlich ein Aspekt aus der Lage der Erde zu zwei Planeten ergibt — mir den Weg zu jener Wahrheit gezeigt, von der ich soeben gesprochen habe: Daß nämlich das ausschlaggebende Moment in der Ursächlichkeit auf Seiten der Erde und nicht auf Seiten der Planeten liegt, und daß jene Bewegung der Natur mehr von ihr sder Erdej selbst aus geschieht, weil die Beeinflussung durch die Aspekte nur in der Weise sich vollzieht, wie ein der Sinne teilhaftiges Lebewesen von den äußeren Dingen zu ihrer sinnlichen Wahrnehmung bestimmt wird.... Es tadelt Pico den Ptolemäus, sich auf Aristoteles stützend, daß er physische Dinge mathematisch betrachte, und aus geometri­ schen Figuren auf Wesenseigenschaften der Naturdinge schließe. Aber mein Pico, es kommt viel darauf an, in welchem Sinne man das tut. Wenn man die Figuren selber zu Baumeistern macht, handelt man töricht. Wenn man aber der Figur den Baumeister hinzu fügt, was sollte noch hindern, daß auf Grund dieser beiden Ursachen, der formalen und der Wirk-Ursache, in der geeigneten Materie eine Wirkung zustande kommt? In unserm Falle ist die Naturkraft im sublunaren Körper der Baumeister, der die Strahlvngsfigur als Vorbild benutzt und im Körper oder im Geiste eine jener Figur conforme Bewegung hervorbringt.... Warum zwischen guten uyd schlechten Aspekten unterschieden wird, und warum das Einbildung ist, habe ich schon gesagt. Der

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von Abumasar*) vorgebrachte Grund ist wirkich derart, wie Pico ihn darstellt: Ei» Rock ans tausend Nicken. Denn er hält die Oppo­ sition mit dem zunehmenden Mond für gut, ebenso das Quadrat,

wenn es von den untern, das Trigon, wenn es von den oberen Planeten gebildet wird. Auf diesem Weg kommt man zu keinem gedeihlichen Ende; auch hat nichts davon einen feststehenden Wert. Man wird bei den vorzüglichsten Phllosophen das Bekenntnis finden, daß die Spuren der Geometrie überall sich offenbaren, so als ob die Geometrie der Urtyp der ganzen Welt sei; man mag mit den Christen die Welt in einem gewissen Anfang der Zeiten

geschaffen annehmen, oder diese Schöpfung mit den Platonikern für ewig halten. Weiterhin ist auch das richtig: Gleichwie in allen creatürlichen Lebewesen das Leben selbst, das Wachsen des Kör­ pers und die Fortpflanzung der Art sozusagen ein Schöpfungsspiel ist, so hat auch der Baumeister dieses Werks eine gewisse Ähnlich­ keit mit Gott dem Schöpfer. Was uns deswegen im gewöhnlichen Leben am unscheinbarsten dünkt, ist tiefer betrachtet den höchsten Wundern gleich zu achten — wahrlich so, wie ein Dichter gesungen hat: „Und jedes kleine Kräutchen zeigt Gott gegenwärtig."

Denn in der Bildung des Kindes im Mutterschoß, in der Hervorbringung auch des unscheinbarsten Gräsleins ist nichts, was von jener Kraft nicht mit der höchsten und absolutesten Ver­ nunft geschehe und zu seinem besonderen Ende, da es alles nach einem Ratschluß vollkommen geleitet wird (nämlich nach dem Schöpferplan Gottes). Diese Herrschaft der höchsten Vernunft ist nicht dem Körper, nicht dem Stoff, sondern durchaus den Kräften einer informierenden Seele zuzuschreiben, so daß jede Art der natür­ lichen und animalischen Kraft, die in den Körpern vorhanden ist, eine Ähnlichkeit mit Gott in sich trägt. Laßt uns nun also Anfang und Ende zusammenknüpfen: Wenn Gott selbst das Urbild für seine Weltschöpfung aus der Geometrie hergenommen hat, wie kann es noch verwunderlich sein, wenn Gottes Ebenbilder sich bet der Bewegung ihrer Körper an eben diesen geometrischen Verhältnissen erfreuen; sind diese >)Abu Ma'schar, «in bedeutender arabischer Astrolog, geb. 805 a. Chr., dessen Werk« sich im Mittelalter großer Achtung erfreuten.

Verhältnisse doch von ihrem Schöpfer, ans den sie Hinblicken, der Welt vnd damit auch ihnen selbst eingepflanjt....

Daß die Orte des Tierkreises von den in ihnen statt­ findenden Zusammenkünften der Planeten eine gewisse

Kraft empfangen. Ich habe ausführlich dargestellt, was ich den Aspekten und unter ihnen den Conjunktionen jubillige. Nun soll mit kurzen Worten auch bezüglich der Conjunktionsorte die Frage erhoben werden, ob der Teil der Fixstern-Sphäre, auf dem das Zu­ sammenkommen zweier Planeten stattfindet, davon irgendeine Kraft empfängt. Hier bricht Pico infolge der Äußerungen des Panetius und des Plotin in eine Lachsalve aus; diese beiden nämlich verspotten die Astrologen wegen deren Glauben, sowohl die We­ senseigenschaften der Zeichen könnten zu den Planeten durch den ganzen Weltraum gelangen, als auch die der Planeten zu den Zei­ chen. Es sei nämlich sicher, daß die Planeten von den Fixsternen einen unermeßlichen Abstand hätten. Pico fügt auch seinen Stand­ punkt hinzu: Wenn es sich nämlich treffe, daß kein Fixstern am Ort der Conjunktion sich befinde, zu welchem Zweck soll dann an­ genommen werden, jene Kraft der Conjunttion hänge an dem Ort wie an einem Subjett? Die Gründe sind gewiß ansehnlich; indessen da nun einmal der Eingang ins Innere der Phllosophie aufgetan ist, können sie die Erfahrung — sowett eine solche feststeht — nicht mehr verdunkeln. Wenn nämlich die Conjunktion, d. h. die Planeten, die zu einer solchen verbunden sind, nicht einmal durch die Conjunktion kräftig genug sind, selbst jene Aufgabe, innerhalb der sublunaren Welt etwas zn verrichten, leisten zu können, um wieviel weniger darf man sich einbllden, jene Kraft werde von den Körpern der Planeten entweder auf einen Körper der Fixstern-Sphäre oder auf ein nichtkörperliches Ding übertragen. Vielmehr dürfte die Kraft, die man durch die Conjunttion als der Fixstern-Sphäre gleichsam eingegossea betrachtet, in der Prägung bestehen, die der sublunaren Natur und ihrem göttlichen Vermögen aufgedrückt wurde, so

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daß das Vermögen jene Kraft selbst schafft. Der Himmel aber

trägt hierzu garnichts bei, außer daß er reines Objekt ist. Was nun die Erfahrung anlangt, so kann ich nicht behaupten, daß ich jemals, ohne Verdacht einer eventuellen Täuschung, es gelten ließ, daß eine gewisse Kraft unter Umständen am Ort der

Conjunktion fortdauere. Dagegen habe ich manches Andere häufig wahrgenommen, wodurch ich auf dem Wege der Analogie auch von jenem seben besprochenen) überzeugt wurde. Damit meine

ich, daß bei der Geburt der Kinder, besonders der erstgebore­ nen, die Planeten, wie der Aufgang [Asc.] und der Mittag [M. C.J sich meistens an den gleichen Zodiakorten, oder im Quadrat und in der Opposition zu den Orten befinden, die auch bet der Geburt des Vaters, besonders aber bei der der Mutter gekennzeichnet waren; daß auch dieselben oder ähnliche Aspekte vorkommen, soweit dies im Zeitraum der 14 Tage, die der Geburt zunächst find, bet der Schnelligkeit der Gestirne geschehen kann. Ich will ein Beispiel anführen, wenn auch die Stunde unbekannt ist: nämlich die Be­ ziehung zwischen dem römischen Kaiser Friedrich II. und Kon­ radin, seinem Enkel. Konradin wurde im Jahre 1252 geboren, am 25. März. Damals stand die Sonne mit *4 und r zusammen auf 13° V, 8 auf 15° V,