Ilias Homeri: Die Bücher von dem Khrig so zwischen den Grichen und Troianern vor der stat Troja beschehen. Homeri des viertreflichen weitberümbten Poeten und geschichtschreibers: In griechischer sprach von Im gar woll un herrlich beschriben und durch mich Johannem Baptis. Rexium verteütscht, allen lustig zulesen. 1584 [Reprint 2020 ed.] 9783111635262, 9783111253701


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German Pages 56 [64] Year 1929

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Ilias Homeri: Die Bücher von dem Khrig so zwischen den Grichen und Troianern vor der stat Troja beschehen. Homeri des viertreflichen weitberümbten Poeten und geschichtschreibers: In griechischer sprach von Im gar woll un herrlich beschriben und durch mich Johannem Baptis. Rexium verteütscht, allen lustig zulesen. 1584 [Reprint 2020 ed.]
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Kleine Texte für Vorlesungen und Übungen Herausgegeben von H a n s Li e t z m a n n

(Auswahl) Griechische Autoren. 33/34 SUPPLEMENTUM LYRICUM. Neue Bruchstücke von Archilochus, Alcaeus, Sappho, Corinna, Pindar, Bacchylides. Ausgew. u. erkl. von E. Diehl. 3. Aufl. 83 S. 1917. 2.60 112 SUPPLEMENTUM EURIPIDEUM. Bearb. von H. v o n A r n i m . 80 S. 1913. 2.50 113 SUPPLEMENTUM SOPHOCLEUM. Hrsg. von E. Diehl. 33 S. 1913. 1.— 44/46 MENANDRI reliquiae nuper repertae. Hrsg. von S. S u d 2 h a u s . 2. Aufl. 103 S. 1914. 3- 5, geb. 5.— 66 D I E FRÖSCHE DES ARISTOPHANES. Mit ausgewählten antiken Scholien. H r s g . v o n W . Süß. 90 S. 1911. 2.90, geb. 4.50 77 HIPPOCRATIS de aere aquis locis. Mit der alten lateinischen Übersetzung. Hrsg. von G. G u n d e r m a n n . 50 S. 1911. 1.70 82 APOLLONIUS DYSCOLUS: De pronominibus. Pars generalis. Edidit Dr. P a u l u s Maas. 44 S. 1911. 1.25 89 E U R I P I D E S MEDEA mit Scholien. Hrsg. von E r n s t D i e h l . 116 S. 1911. 1.75, geb. 3.60 97 DIODORS RÖMISCHE ANNALEN bis 302 a. Chr. samt dem Ineditum Vaticanum. Hrsg. von A. B. D r a c h m a n n . 72 S. 1912. 2.25 98 MUSAIOS, HERO UND LEANDROS. Mit ausgew. Varianten und Scholien. Hrsg. von A. L u d w i c h . 54 S. 1912. 1.70 i n AUSWAHL AUS DEN ILIASSCHOLIEN zur Einführung in die antike Homerphilologie. Ausgew. u. geordn. von W. Deecke. 92 S. 1912. 2.90 118 ORATORUM E T RHETORUM GRAECORUM nova fragmenta. Edidit K. J a n d e r . 42 S. 1913. 1.40 120 HIPPOKRATES Ü B E R AUFGABEN UND PFLICHTEN DES ARZTES in einer Anzahl auserlesener Stellen aus dem Corpus Hippocraticum. Hrsg. von Th. M e y e r - S t e i n e g und W. S c h o n a c k . 27 S. 1913. —.50 135 NOVAE COMOEDIAE FRAGMENTA in papyris reperta exceptis Menandreis. Edidit O. S c h r o e d e r . 77 S. 1915. 2.25 137 VITAE HOMERI ET HESIODI in usum scholarum edidit U d a l r i c u s de W i l a m o w i t z - M o e l l e n d o r f f . 58 S. 1916. 1.80 138 CRATIPPI hellenicorum fragmenta oxyrhynchia. Scholarum in usum edidit J. H . L i p s i u s . 35 S. 1916. 1.10 145 CALLIMACHI FRAGMENTA N U P E R REPERTA. Edidit R. P f e i f f e r . 94 S. 1921. 3.—

KLEINE TEXTE FÜR VORLESUNGEN UND ÜBUNGEN HERAUSGEGEBEN VON HANS LIETZMANN 159

ILIAS HOMERI Die Bücher von dem Khrig so zwischen den Grichen und Troianern vor der stat Troja beschehen. Homeri des viertreflichen weitberümbten Poeten und geschichtschreibers In griechischer sprach von Im gar woll und herrlich beschriben und durch mich Johannem Baptis: Rexium verteütscht, allen lustig zulesen. 1 5 8 4 Herausgegeben von

Richard Newald

BERLIN VERLAG VON WALTER DE GRUYTER & CO. 1929

MEINEM LIEBEN V A T E R ZUM

SIEBZIGSTEN GEBURTSTAG

VORWORT

D

ie hier zum ersten Mal veröffentlichten vier G e s ä n g e der Iliasübersetzung des Johannes Baptista R e x i u s stammen aus der H a n d s c h r i f t X I 585 der Bibliothek d e s Augustiner-Chorherrnstiftes St. Florian in Oberösterreich. Ü b e r die Handschrift, die V o r l a g e , den Verfasser und seine Übersetzungstechnik w e r d e i c h demnächst in der Zeitschrift für deutsche P h i l o l o g i e einen Aufsatz veröffentlichen. D e r v o r l i e g e n d e T e x t gibt die O r t h o g r a p h i e des Originales buchstabengetreu w i e d e r ; nur in einigen F ä l l e n wurde normalisierend v o r g e g a n g e n : u b e z e i c h n e t stets d e n V o k a l , v den K o n s o n a n t e n , k w u r d e für das stets erscheinende kh gesetzt. Bei den häufig gebrauchten W o r t e n : Griechen, krieg, mensch, und w u r d e die j e t z i g e Schreibweise, w e l c h e unter den V a r i a n t e n auch b e l e g t ist, einheitlich durchgeführt. Im modernen Sinn w u r d e die Interpunktion umgestaltet. I m ersten G e s a n g konnte A l i n e a des Originals fast ganz b e i b e h a l t e n w e r d e n ; in den übrigen G e s ä n g e n wurde n a c h e i g e n e m Ermessen v o r g e g a n g e n . D e r im A n h a n g veröffentlichte V a r i a n t e n a p p a r a t beschränkt sich auf die B e z e i c h n u n g von Ausstreichungen und Besserungen des Schreibers. Nur, w o ein offensichtlicher Irrtum vorliegt, ist dieser im T e x t bereinigt. D e r Freiburger "Wissenschaftlichen Gesellschaft h a b e i c h für einen namhaften D r u c k z u s c h u ß auch an dieser Stelle ergebenst zu danken. A u f r i c h t i g bedaure ich es, daß den gelehrten Stiftsbibliothekar Professor Franz Asenstorfer can. reg., der mir die H a n d s c h r i f t so lange Zeit zur V e r f ü g u n g stellte und so viel Interesse an meiner Arbeit nahm, mein D a n k nicht mehr erreicht. Kirchzarten,

im A p r i l

1929. RICHARD NEWALD.

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DAS ERST BUECH HOMERI VOM TROIANISCHEN KRIEG.

Ich hab im willen zue schreiben, was für ein große Schlacht der unsinige Achilles under dem griechischen kriegsvolk erwirkt habe, ia auch so ein gerohr, das die vögell und wilten thire von den toden cörpern der streitbaren helten sein zerfleischt worden. Derhalben so ruffe ich dich an, Calliope, und auch alle andere Göttinen, die ir denjenigen vorstehet, die solches schreiben, bitt' auch, das ir mich dis wolt lernen, welches ich schier andern kundte fürschreiben. Zum allerersten bin ich willens anzuzaigen, was der Ursprung und die ursach gewest sey: nemblich der zank Achillis mit dem höchsten griechischen fürsten Agamemnone, darnach was f ü r ein Gott under denen den zank erwekt hab: nemblich Apollo, ein söhn Jovis und Latonae; leztlich und beschließlich, wer die Griechen aus solchem unglük herausgezogen habe: 2 v nemblich der wille des höchsten Gotts Jovis, iezt aber will ich diß alles weittlauffiger anzaigen. Der zank des Achillis und Agamemnonis ist daher entsprungen: (obgleich woll Apollo ursach darzue geben hatt) Apollo hat ein priester gehabt aus der insell Chrysa, welcher auch Chryses genant warde. Dieser hat ein ainige dochter mit namen Chryseidam. Diese haben die Griechen, als sij die Statt Thebas und alle umbligende fleken beraubtt hetten, gefangen und dem obristen könige Agamemnonj, als der ir woll werdt war, verehret. Als si aber für Trojam komen, siehe da kam ir vatter Chryses mit vill geschänknussen und herlichen gaben, sein dochter widerumb darmit zu erlösen. Und trueg in seiner hand ein zepter —• wardt auch mit priesterlichen klaidern angethan •—• zue den griechischen fürsten, viernemblich aber zum Agamemnone und Menelao, die er mit disen wortten anredet: »0 ir griechischen fürsten! Gott gebe euch gelük und beistandt, die statt Troiam einzunemen,

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wie ir dann 3 r begert! Allain stellt mir widerumb haimb mein ainige dochter, welche mein ainiger trost ist und nembt diese geschänk für ir erlösunge! Erzaigt auch ehr und reverenz dem Gott Apollinj, welches ich priester bin; und zue einem warzaichen sehet an die klaider, die ich antrage«. Von solchem gebett sein alle öbristen bewegt worden und haben bevolchen, dem v a t t e r die dochter widerumb zu geben, dan es sei billich und recht, das man in von wegen solcher großen geschänk erhöre, auch das man den priester des gotts Apollinis nicht verachte. Allein der Agamemnon ist heftig darüber gewest, nicht allain wider des priesters gebett, sonndern auch wider der andern bewilligung und sprach zum Chryse: »Zwar dir alten sage ich, las dich hinfort an bei diesen schiffenn nicht mehr finden, oder es würd dich dein zepter und dein priesterliche klaidung wenig helffen. Ich sage dir auch, ich will dein dochter nicht hinwek laßen, bis sy in meinem haus und im Griechenland w ü r d eraltnen. Derhalben gehe von meinem angesicht hinwege, wilstu änderst ohn schaden haimkomen. Und höre auff mich hinfort weitter anzuraizen!« — Diese j v wortt, als der alt gehöret, ist er nicht wenig erschraken und ist alsbalt still und traurig von den legem hinwekgangen. Als er aber schon weitt v o n den schiffen hindan gewestt, hat er mit traurigem und beschmerzten herzenn zum Gott Apolline also sein stimb erhöbet: »Apollo, du herliches kindt Jovis und Latonae! O Apollo, welchen die inwohner der innsell Chrysa, Cilla und Tenedos mit einem silberen bogen ehren! W a n dir ainmall mein opffer und geistliches gebeu ist angenemb gewest, da ich dir billich ochßen und gais auffopfferete, erhöre dein priester, welcher zu dir schreit und gieb im, was er begert i Scheuß deinen pfeil in das griechische kriegsherr, auf das sy gestrafft werden v o n wegen das sie eine solche betrübnuß und kumernuß auffgethan haben.« Solches gebett hat Apollo, erhöret und ist alsbalt vol zorns vom hohem himel gleich wie die nachtt herab komen. Hat auch geleich ein gereusch gemacht mit den bogen und pfeilen, die er am ruken in seinen köcher truege, gienge straks zun schiffen und 4 r l e g e m ; blib daselbst verborgen nein tage und nein nacht. Entlich hat er erschröklich seinen pfeill geschoßen. Erstlich schluege er das viech und die hund, darnach auch die menschen und

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schlug's. Also, das man täglich in opffern die todten leiber gebrant hatt. A b e r am 10 tage, als Pallas einen solchen schaden vername, hat sie sich erbarmet und gab dem Achilli in sin, das er die sach für den rath bringen soll. Derhalben, als man alle öbristen und das ganz volk zusammengerafft hatte, ist Achilles mitten under inen auffgestanden und hat also sein redt angefangen: »Agamemnon, ich siehe, wie die sach noch einen vortganng hat, das wür wider unnser hoffnung werden müßen zue hauskeren. J a wan wür nur füeglich kundten; dan ich erfahr, das schier alle Griechen umbkomen sein: ein thail durch das schwert, ein thail durch pestilenz. D a r u m b acht ich für gutt, das man sich soll befragen mit einem warsager oder mit einem, der sich nach der vögell geschrei richten kan oder mit einem, der die träum auslegtt, auff das er uns die ursach des zorns anzaige, welchen Apollo wider unns geschöpffet hat. Villeicht 4 v haben wür im nicht zue rechter zeit geopffert oder haben die Götter sonst verlezt. Der selbige sage unns auch, ob wür in künnen versönen mit dem opffer der lemmer und bök, auf das er doch die pestilenz genediglich wolle von uns aufheben. Als solches der Achilles geredt, ist er widerumb nidergesessen und Calchas Thestoris söhn stundt auf, welcher fast berüembt war in der warsagerej, die er vom Apolline gelehrnet h a t t ; dan er wüste alles, was geschehen war, was geschieht und was geschechen soll. Welchen die Griechen auch zue einem öbristen über ire schiff erwölet haben. Diser Calchas als ein weiser und verstendiger hat also zue inen geredet: »Achilles, du gebeuts, das ich dir die ursach, warumb Apollo zürnet, soll anzaigen. Dem will ich nachkomen! A b e r du schwere mir entgegen ein teures eid, wan ich villeicht destwegen für gericht gefordert würde, das du mich nie weder mit wortten noch mit der that wolltest verlaßen; dan ich wais für gewis, das der am allermaisten wider mich ist, dem vor allen anderen die Griechen gehorchen. 5 r Achilles, es würd mir aber nicht genug sein, das du mich nur heüt beschützest, sondern auch darnach; dan der fürst, wan er ain zorn auf einen fast, ob er denselben schon in gegenwartt verblumelt, so spartt er die räch doch bis zu seiner gelegenhait, auf

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das er sein müetle küle. Darumb Achilles, wan du wilst, das ich soll weißagen so antwordt, ob du mich kanst und auch wilst iezt und hinfür an vor allem tibi beschüzen!« Auff welche wortt Achilles also geantwordet h a t : »Calchas, lege von dir alle forcht! Was dir bewust ist, das sage frisch und beherzt heraus; dan ich schwere dir bei dem lebendig Gott, welches prophecej du iezundt sagen würst und so war ich lebe: niemants soll dir bei diesen schiffen den klienesten schaden zuefüegen! Keiner, sage ich, aus allen Griechen solle dich betrüben oder ein härlein krümpen, ob es gleich der Agamemnon selbst wäre (wan du vileicht von im reden würst), under allen der fürtrefflichist.« Nach disenn hat der weitberüembte Calchas alle forcht hindangelegett und gesprochen: »Apollo ist nitt erzürnet von wegen der erzelten ursachenn, sonndern dieweill seinem priester Chryse vom Agamemnone unbilt ist zugefugt worden. Welchem man sein ainige dochter auch umb geld nit hat widerumb wollen zuestellen; darumb hat er solche straff über uns komen laßen. Er will auch größere und schwerere schiken und nicht aufhören, bis man dem vatter sein dochter umbsunst widerumb zuestelle, dieweill wirs umb geld nicht geben wollen. Wir sollen auch zue im mit geschänknussen düemietig kumen, die man aufopfere, weill wür in sambt den geschänken schmechlich von uns wekgetriben haben. Daselbst werden wür durch unnser roj und durch das gebett Chrysae frid erlangenn und alle straff von uns abladen.« —• Als solches Calchas geredt, ist er nidergesessen. Nachdem ist der Agamemnon aufgestanden mit einem zornigen und erschröklichem angesicht und richtet am ersten seine äugen gleich wie feurige pfeill auf den Calchantem, zue dem er sprach: »O du 6 r Weissager, der du mir allzeit schetlich bist, wilst du dem Agamemnone nie nichts guts prophezeien? Gleich ob du vil damit würdest ausrichten, das du mir allzeit 6 v böse ding verkündigst und sprichst es sei von meinetwegen solche straff under das griechisch her komen, dieweill ich umb geschenk dem vatter sein dochter nicht hab wollen widergeben. Du sagst mir diß nit haimlich, sonder thust gleich ofentlich vor allem volk ein predig daran. Darumb ir griechische fürsten und alle kriegsleitt (das ich auch mit euch

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rede): ich beken, das ich mit lieb gegen der jungfrau gefangen bin und hab beschlossen mein lebtag mit ir zu leben als mit einer, die es vill würdiger ist als mein weib Clytemnestra, dan si ubertriffts weit an gestalt, an glidtmaßen, an sitten und an allen andern weiblichen werken. Doch, wenn es sein muß, so werde dem vatter sein dochter widerumb gegeben; den ich bin nicht der, welcher im sin hatt, das alles volk von meinetwegen solte undergehen. Aber ir miest euch befleißen, auf das ich des schadens in ander weg einkom, das ich nicht allain under allen meiner ehren und würden beraubt würde durch die jungfrau, welche ich als einen raub überkomen hab.« Nach diesen fieng Achilles sein redt also an: »Auf was weiß oder weg, großmechtigster Agamemnon, kan oder mag es nur geschehen, 7 r das die griechischen fürsten dir dein ehr widerumb erstatten? Dan es ist nichts under allen dingen, darmit wir dich kundten verehren. Und was von der blönderung under die kriegsleitt ist ausgethailet worden, wär unzimblich widerumb von inen zu fordern. Wie dem allen, stell du dem Gott die dochter widerumb zue, wie er dan gehaissen hatt! Wir aber verpflichten entgegen diß vierfältig widerumb zuverschulten, wan wir mit hilf Gottes die statt Troiam einnemen.« Welcher redt Agamemnon also geantwordet hatt: »Rath mir diß nicht, ob du gleich noch so viertreflich und stark bist! Bevilchsts du es, das ich dem vatter die dochter widerumb haimbantworte, auf das du dein ehr bekemest und ich meiner entzogen würde? Mein ehr sollen die Griechen wider aufrichten und etwas suchen, darmit si meinen schaden aufheben. Werden si sich diß beschweren oder werden sis aufschieben, so will ichs durch mich selbst Volbringen; dan zu einem iedtlichen will ich herumbgehen und von im nemen, was meinem herzen gefallen wirdt. Es sey gleich zum Ulysse oder zum Aiace oder zu dir oder zu einem andern! Ich wais woll, daß es darnach einen ieden, er 7 v sey, wer er wöll, verdreissen wirdt; aber was frag ich darnach! Wir wöllens am auskeren woll sehen. Jetzt aber fier man geschwindt das groß schif herbei und stell darauf teügliche schifleitt, auf das die Chryseida widerumb werde haimgeschikt. Man muß auch einen erwöhlen aus den viernembsten:

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aindtweder den Aiacem oder Idomeneum oder Ulyssem oder dich Achillem, welcher du der wildest under allen bist, darmit du durch gebett und opfer den Apollinem bewegest, darmit er die pestilenz von den Griechen hinwekneme.« Auf dise hatt Achilles mit einem erschröklichen angesicht geantwordet: »0 du man, der du aus lautter betrug geboren bist! Wer wolt dir aus den Griechen hinfort nur gern mer gehorchen oder frisch in einen scharmüzell eingehen? Ich bin nicht hergezogen mit den Troianern fridt zu halten, sonder mit inen zu kempfen, weill si meine äker verwüst, meine ochsen und pferdt aus dem landt getriben haben. Und weistu nicht wie weit von Troia gehen Phtiam sey? Von deinetwegen, welcher du der allerschentlichist under den menschenkindern bist, sein mir herkomen, dir zu dienen, dein unbilt und des Menelai 8 r zu rechen. Du man, wilstu dise mit deinen huntsaugen vier nichts schäzen? Und tröest mir noch zu nemen, was ich mit meiner faust im krieg und durch andere erobert hab (dan in erobrung der trojanischen stett hab ich mehr ausgericht dan die andern allsambt), weill du doch vill mehr hast als ich bekome durch austheilung der raub. Es ist auch allzeit der gröst raub aus dem krieg dein und der minder mein, die weill ich nichs vier mein mühe und arbait nim; sonder was man mir gutwilliklich gibt, an dem bin ich beniegt. Dieweill du es aber also beschlossen hast, so raiß ich halt hin in die insel Pthiam. Das mir woll nüzer ist, als wan ich da blib. Dan da wir ich nicht ser große ehr und reichthumb erlangen.« Darauf hat Agamemnon gesagt: »Wan du wilst, so far bezeiten fort; ich will dich keineswegs nicht bitten, das du von meinetwegen hie bleibest. Wart diß nur nicht! Nimermehr wirstu mit mir sein. Es sein andere, die mir werden ehr erzaigen, nicht wie du thust. Es wirts under andern sein der höchst Gott Juppiter. Aber du, auf das du es wissest, bist mir under allen königen der aufsezigest, den nichts hilft als schlagen und 8 v greinen. Das du aber der sterkest under den andern bist, das hastu nicht von dir selbst sondern von den Göttern. So zoich halt hin mit deinen gesellen ins vatterlandt und hersch daselbst gleich wol über deine Völker, wie du wilst; dan an dem ort wirstu

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über andere leit nicht herschen, an welchem da ich regir. Ich dich vier nichts achte. Derwegen, wan du noch so zornig wärest, so bitt ich dich doch nicht, das du hie bleibest. Doch das hab ich dir zuvor wollen zu wissen thun, gleich wie mir der Apollo die hinweknimbt, welche ich durch das gliik erlangt hab, also wil ich auch die nemen, welche du durch glük bekomen hast. Und wie ich die Chryseidam von meinem hauß wider haim schike irem v a t t e r : also wil ich die Briseidam von deinem hauß abfordern und in meines fieren. Und auf das du verstehest, wie weit ich dich übertriff, auf das sich andere hinfort wider mich nicht auflainen, sondern sich an dir stossen und sich fürchten mit mir zu reden.« Als solche scharpfe wort der Achilles gehört, ist er gleich vor zorn aufgeblasen und gedacht mit im selbst, ob er den Agamemnonem mit dem schwert, das er bei im hatte, solte umbringen oder nicht. Leztlich hat er das schwert entblöst. 9 r Aber Pallas ist behent v o m hohen himel herabkomen (dan die Göttin Juno hat si umb hilf angerufft), ist hinter den jüngling gestanden und hat in beim har gehalten. Auf welches halten ist Achilles fast erschroken, hat umbgeschaut und balt erkant, das es die Göttin Pallas sey, welche er also angeredet h a t t : »Warumb bistu herkomen? Bistu komen, auf das du anschaugest die schmach Agamemnonis, welche er mit diesem schwert wirdt einnemen vier die, so er mir zuegefügt hatt? D a n aus seinem grossen stolz und übermutt bin ich zu zorn bewegt worden in iezt auf die haut zu legen.« Welchem Pallas antwordet: »Achille, ich bin nicht v o m himel herabgestigen, das ich dich sech dein unbilt an im rechen, sonder das ich deinen zorn lindere und diß thue ich nicht von mir selbst, sonder aus vermanung der Göttin Junonis, welche mir gehaissen hatt, daher zu komen, dan si liebt alle bede auf das höchst. Darumb folg unserem rathschlag, halt deinen zorn im zaum und stek dein schwert ein! Verricht dein sach mit Worten, nicht mit der klingen! Erzürn nicht sobalt! L e g den zorn beseits und hör, was ich sag! Es wird ainsmals die zeit komen (glaub mir!), das er dir zur versönung vierfeltig so vill geschank bringen wirdt.« Nach diesem hat Achilles gesagt: »Wiewol 9 v ich mir schon gewiß hatte vierge-

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nomen in zu tödten, so ist es doch bösser und billicher, das ich eüch gehorche als meinen begirten; dan wer der Götter willen nachkombt, den erhören si am maisten.« Nach solchen Worten hat er das Schwert in die schaiden eingesteckt, welche ein silberens gefäß hette, und die Pallas ist widerumb zum J o v e gehen himel aufgefaren. Nichts desto weniger hat Achilles den Agamemnonem noch mit zornigem und schnaufetem gemütt also angeredt: »Der du voll mit wein bist und eines hirschen herz hast! D u bist nie so kek gewesen, gewafnet mit andern in streit zu gehen oder herliche ort zu belegern und haltst vier gutt, das man bei den legem sizen soll. Wilst auch dieienigen ires theils berauben, welche dir dörfen widerstant thun. O könig, ein verzerer des volks! Fierwar ich schwer dir bei dem zepter der griechischen fürsten: gleich wie der stam, welcher von seinem bäum ist abgehaut und zum gebeu braucht worden, nie wirdt zweig herfürbringen oder grüenen, also wirdt auch nie das höh begeren der Griechen den Achillem überwünden noch ein ainige nott; dadurch ich si von den todtschlegerischen henten Hectoris wolt erretten. Betracht nur mit dir selbst, wie du inen so gar mit dem wenigsten nicht helfen kanst und thue büß, der du dir hast vier 10 r genomen, den aller viertreflichsten under den Griechen zu verspotten.« Nachdem er solche wort geredt, hat er grimmig seinen güldenen zepter auf die erdt geschmizt und ist nidergesessen. Underdessen aber kam Agamemnon schier von sinnen. Aisdan stunt auf der Nestor, der aller berettest, aus welches munt wort süsser dan hönig sein geflossen, ein man voller Weisheit und alters; den er lebet schon im dritten alter der menschen. Diser redet si also an: »0 wie ein schentliche t h a t ! wie grosse traurikaitt wirt das ganz Griechenlant haben und wie grosse freudt der könig Priamus sambt allem troianischem volk, wan si erfaren werden euren zank. Die ir an weishait und sterk andere weit übertreft. A b e r nach meinem bedunken seit allbait zu ruhe! folget mir, der ich elter bin als ir seit und dessen rath auch viertreflichere leutt nie verworfen haben. Ich hab auch nie können solche hören oder sehen, mit denen ich freundtlicher gelebt hette, als da ist der Pirithous, der Dryas, Caereus, Exadius, Poly-

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phemus und andere, die den Göttern zu vergleichen sint, dan si under allen menschen die sterkesten sein, welche auch mit den gewaltigen Centauris heftig gekempft haben. Denen 10 v bin ich bis aus der statt Pylos her zu hilf komen und hab in ein geferten in krieg gegeben, also das ich mit laib und gemütt wider die gestritten hab, mit welchen kain mensch, so iezt lebt, streitten darf. W a n dan vill sterkere, als ir seit, meinen rath begert, auch mir gehorsam gewest sein, so solt ir auch aus meiner vermanung ainig werdenn. Derowegen du Agamemnon: du solst dich deines gewalts nicht Übermassen und im sein jungfrau nemen, welche im die Griechen zur ehr als einen raub gegeben haben: er hat gewalt zu herschen über das, was sein ist. Und du Achilles solst nicht mit dem könig zanken, welchem dise ehr v o m J o v e und kainem andern ist verlihen worden. W a n du schon stark und aus einer Göttin geboren bist: der ist mechtiger den du. Destwegen, Agamemnon, laß deinen gefasten zorn gegen im fallen, dan mit bitten will ich in widerumb versönen, weill er under den Griechen der viernemest im streit ist.« Auf solche redt hat Agamemnon also geantwordett: »Du alter greiß! Du hast war und recht gesagt! A b e r diser man wil über alle herschen und gebieten, welches im II r doch nicht wirt fortgehen; dan haben in die Götter mit solcher sterk gezürt, darumb das er all andere neben im verachten soll?« In welches redt Achilles ist eingefallen und gesprochen: »Meinstu ich wolt machen, das ich vier forchtsam gehalten würde, wan ich alles thete, was du bevilchst? Schaff mit andern leiten nicht mit mir! Dan es wirdt dir nicht gelingen. Die wort, die ich iezt sagen wir, die merk nur fleissig. Ich will weder mit dir noch mit einem andern zanken von wegen der jungfrau. W a s ir mir iezt nembt, das habt ir mir zuvor geschenkt; die andern Sachen aber, die ich hab, wirstu nicht so balt ohn meinen willen nemen. W a n du villeicht meinen worten nicht glauben gibst: so laß uns versuchen, darmits auch andere verstehen: dein blut soll gewiß balt über den spieß herablauffen!« Under dem zank ist der rat beschlossen worden und Achilles ist mit seinem Patroclo sambt andern gesellen widerumb zun schiffen gangen. Der Agamemnon aber hat

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•daß groß schiff lassen herzue fieren. Darain verortnet er 20 auserlösne schifleütt, allerlay opfer und den Ulyssem, welcher die Chryseidam widerumb solte haimbringen. Als si nuhn vom gestatt landenten, schuf der Agamemnon, daß sich alles volk solte seubern. Welche, als sis gethan, 11 v haben si den unflat in das mer geworfen und ain ieder hat dem Apollini geopfert: einer ein ochsen, der ander ein wider, •der dritt ein bok. Da hestu gesehen, wie die gestatt des mers vom feür sein erleuchtet worden und wie der rauch von opfern gehen himel gestigen ist. Mit welcher Opferung als alle Griechen bemühet waren, und dem Agamemnoni noch nicht ausgeschwüzt werde, was er dem Achille getröet hett, rüfft er zu sich zwen ernholt, den Taltybium und Euribatem, welche getreie diener waren, und sagt zu inen: »Gehet zu des Achillis leger und fiert die schön Briseidam mit euch her! Welche, wan er euchs nicht gern geben will: so sprecht, ich hab es bevolchen, das ers gebe oder zu seinem grossen schaden will ich si mit gewalt nemen.« Nachdem die ernholt solches starkes mandat vernomen, sein si ungern hingereist. Aber als si neben dem gestatt zum leger kamen, haben si den Achillem vor den schiffen sizen funden. Welche, als ers ersehen, hat er sich ob irer Zukunft nicht erfreidt: sie aber derften nicht gar still stehen oder gar hin zue gehen in anzureden. Derhalben sein si mit forcht vor dem könig gestanden, irem bevelch nachzukomen. Achilles aber, als er ir forcht- 12 r sames herz zu reden erkant, hat er gesprochen: »Seit gegrüst ir ernhölt, engl des höchsten Gotts Jovis und der menschen! trettet nächener herbei! Ich hab eüch nicht haissen herkomen, mir unrecht zu thun sonder der Agamemnon hat euch mit gewalt daher gezwungen und auferlegt, die Briseidam von mir wekzufüren. Destwegen, du edler Patrocle, für heraus die jungfrau und gibs inen, auf das sis dem Agamemnone überlivern; dan ich will, daß dise meine zoigen sein nicht allein vor den Göttern und den menschen sonder auch vor dem trojanischen könig selbst, von welchem si hergesant seien, wan si villeicht meiner werden bedörfen, das ich si soll in todtesgefar beschüzen oder inen rathgeben, auf das unsere gesellen bein schiffen ir leben erhalten.« Nach disen Worten Achillis hat Patroclus die jungfrau heraus-

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g e f ü r t u n d si d e n e r n h o l t e n ü b e r a n t w o r d e t , w e l c h e si a l s b a l t zu den schiffen A g a m e m n o n i s mit gewalt gefürt haben. D e r A c h i l l e s a b e r , w e l c h e m di z e h e r s e i n herf ü r g e t r u n g e n , ist v o n seinen gesellen beseits g e g a n g e n u n d allain ans mers g e s t a t t gesessen, h a t d a s m e r a n g e s c h a u t , seine h e n t a u s g e s t r e k t u n d o f t sein m u t t e r a l s o a n g e r e d t : »0 M u t t e r , d i e 12 v d u m i c h a u f dise w e i t g e b o r e n h a s t , m u ß i c h d a n i e z t a l s o i u n g s t e r b e n , so d u m i r d o c h z u o g e s a g t h a s t , d a s m i r d e r G o t t J u p p i t e r in einer k u r z e n zeit grosse ehr und herlikaitt g e b e n w e r d e ? S i c h i e z t h a t er m i r n i c h t d a s k l a i n v e r g ö n n e n wollen; dan der A g a m e m n o n , mir zu s c h m a c h ! hat v o n mir h i n w e k g e n o m e n das, welches mir die Griechen zu ehren vere h r t h a b e n « . I n d e m er s o l c h e s k l ä g l i c h b e w e i n e t , h a t in sein m u t t e r i m a b g r u n d t d e s m e e r e s ( w o si d a n m i t d e m a l t e n v a t t e r w o n e t e ) e r h ö r t , ist a l s b a l t h e r f ü r g e s p r u n g e n g l e i c h e i n e m n e b e i l u n d z u d e m s ö h n gesessen, h a t in f r e u n d t l i c h a n g e r ü r t u n d g e s p r o c h e n : »Mein s ö h n , w a s b e s c h m e r z t d i c h ? S a g s d e i n e r m u t t e r u n d v e r s c h w e i g irs n i c h t , auf d a s i c h d a s unglük auch verstehe!« Darauf der Achilles mit einem tieffen s e u f f z e r g e a n t w o r d e t h a t t : » W a s d u b e g e r s t , d a s w i l l i c h dir iezt fein ordentlich erzelen: A l s w i r mit unserm kriegsher die s t a t t T h e b a s b e l a g e r e t e n , si a u c h e r s t i g e n , d a h a b e n w i r a l l e n raub herausgenomen und undereinander ausgetheilt und d e m A g a m e m n o n i , w i e b i l l i c h w a r , als d e m ö b r i s t e n , d i e C h r y s e i d a m v e r e h r t . B a l t n a c h d i s e m , s i c h ! D a k a m ir v a t t e r C h r y s e s m i t v i l g e s c h a n k e n , 13 r d i e d o c h t e r w i d e r u m b z u erlösen, t r u g i n seiner h a n t einen zepter und w a r d e m i t priesterlichen klaidern angethan, gieng zu den griechischen fürsten, viern e m b l i c h a b e r z u m A g a m e m n o n e u n d M e n e l a o , die er b a t t , a u f d a ß si i m d o c h sein d o c h t e r w o l t e n w i d e r u m b z u e s t e l l e n . A u f w e l c h e s g e b e t t alle ö b r i s t e n sein b e w ö g t w o r d e n u n d b e v a l c h e n , d a s m a n i m s s o l t e w i d e r g e b e n , d a n es w ä r b i l l i c h u n d r e c h t , d a s m a n d u r c h so g r o s s e g e s c h a n k d e n b i t t e n t e n e r h ö r e , a u c h d e n p r i s t e r d e s A p o l l i n i s n i c h t v e r a c h t e n soll. A l l a i n d e r A g a m e m n o n , w e l c h e m d i e s a c h m i t n i c h t e n gefallen, h a t den prister mit tröen und schelten abgefertiget. W e l c h e r , als er v o l l t r a u r e n s u n d z o r n s w a r , h a t A p o l l o sein g e b e t t e r h ö r t ( d a n er i s t sein f r e ü n d t ) u n d so ein g r o s s e p e s t i lenz über das griechisch v o l k geschikt, das beinahe alle mens c h e n g e l e g e n u n d n a c h e i n a n d e r g e s t o r b e n sein. N a c h s o l c h e m

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hat ein berümbter, weiterfarner warsager gesagt, es geschehe aus zorn des Apollinis. So hab ich am allerersten gerathen, das man den gott versöhnen und fridt von im begeren soll. Auß welcher ursach Agamemnon alsbalt ein heftigen neidt über mich gefast, mir getröet, dasselb auch nochmals mit der that bewisen hatt, dan sobalt er die Chryseidam 13 v mit geschanken widerumb haimgeschikt hatte, ließ er die Briseidam durch zwen ernholt von mir hinwekfieren. Derowegen, liebe mutter, so du kanst, wie ich dan woll waiß, so hilf deinem söhn! Welches du dan thain wirst können, wan du in dem himell mit dem Gott Jove hantlen wirst, •— dan sein gemiett haltestu verbunden — welcher dir mit Worten und mit werken verainiget ist; dan ich bin noch wol ingedenk, das du dich in meines vatters hauß berümbt hast, du hettest ainsmals den Jovem vom todt erlöst. Dan als in Neptunus, Juno, Pallas und andere Götter haben wollen anlauffen, in begreiffen, binden und leztlich aufreiben, du aber gleich darzu kambst, hastu im balt zu hilf geben einen mit huntert henten geziert, welchen die Götter den risen Briareum und die menschen Egeonem nennen, und hast in durch bitt gehen himel gefürt. Welchen risen, als in die anderen Götter gesehen, das er dem Jove beistant leistete, sein si balt aus forcht von irem bösen viernemen abgestanden. Derhalben, o mutter, thue dem Jove einen fußfall, erzöll im deine an im begangne wolthat und bitt in, wan es änderst sein kan, das er dir diß widerumb von 14 r meinetwegen soll vergelten, auf das er den Trojanern haill und glük verleich, die Griechen aber in die flucht iage, si schlag und umbringe, si auch forchtsam treib zu den schiffen und dem mer, darmit auch die andern des königs entgelten und der könig innen werde, das er dises ein ursach sey, welcher den sterkesten aus den Griechen so vier gering geschäzt hatt.« Als die Thetis solche redt von irem söhn hörete, hat si angefangen zu wainen und gesprochen: »O du armes kindt! Warumb hab ich elendes weib dich geboren? Wolt Gott, das du dise klaine zeit deines lebens ohn trauren und schmerzen könnest zuebringen, iezt aber hastu under allen kriegsfürsten das elendest und müheseligist leben; von der ursach wegen hab ich dich, mein kindt, in unserm hauß geborn und auferzogen. Doch wie dem allen, so will ich deinem gebott

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nachkomen und zum J o v e gehen, ob er villeicht diß zueliesse, das du an in begerst. A b e r vor 1 1 T a g e n kon es nicht geschehen; dan der gott J u p p i t e r ist auf der moren hochzeitt, auf welche er gestern sambt andern Göttern ist geladen worden. Wen er dan widerumb haim komen wirdt, so will ich zu im gehen und bitten, so fest mir immer müglich 14 v sein wirdt. Du aber misch dich under dessen in keinen streitt ein, auch gehe in kain predig, sonder sag inen, das Gott über alle Griechen heftig zornig sey.« Alß si diß geredt, gieng si von irem söhn hinwek und bekümeret sich fest, zweier Ursachen halben: Erstlich von wegen der ungütikaitt Agamemnonis, darnach auch aus grosser lieb, die si zu irem söhn trug. -— Under dessen, als sich dise bei den schiffen verlieffen, ist Ulysses gleich sambt seinen geferten bei der insel Chryses ankörnen und, als si ans gestatt angelant, haben si am ersten ire segel zusamengezogen und nidergelassen. Darnach haben sis an ire stellen gethan und bunden mit den ruedern das schiff ans landt. Leztlich haben si ire anker ausgeworffen, das schiff angeheftet und sein sambt den opfern herausgestigenn. Die Chryseis ging herfür, welche Ulysses zum tempell und altar des Apollinis gefürt und dem v a t t e r in sein hant mit disen Worten überantwordet h a t t : »Chryse! Aller Griechen herfürst der Agamemnon hat mir bevolchen daher zu komen, auf das ich dir dein dochter sambt den opfern widerumb 15 r zuestellete, mit welchen wir den Apollinem köndten versönen, welicher heftig über uns zornig ist.« Der Chryses namb mit grosser freudt sein dochter und gebott, das man auch andere opfer balt zum altar beraitten soll, welche er schon herlich geziert hate. Als si diß gethan, auch die hent gewaschen und die waizenspeiß gebracht hatten, hat er seine hent gehen himel aufgehoben und mit heller stim, daß alle gehört zum Apolline also gebettet: »Apollo, der du einen silberen bogen vorher trägst, welcher du vorstehest der insel Chrysae, Cillae und Tenedos! W a n du mich sonst niemals erhört hast, so erhörr mich iezt und ehr dadurch deinen prister! So du durch mein gebett die Griechen mit pestilenz gestraft hast, so bitt ich dich, auf das du durch mein gebett solche pestilenz widerumb wollest von inen hinweknemen.« N e \v a 1 d , Iliashomeri.

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457—505

Under dem gebett haben si die opfer zum altar gezogen und geschlachtet, inen die haut abgezogen, das ingeweidt herausgenomen und in zway stük zerthailet und legen das schmer darauf, auf welchem der alt mit foir und gekostem 15 v wein das opfer zuegericht; neben welchem die diener stunden und ein ieder, so vill er kundt, darzue holffe. Nachdem aber die ingewaiter der opfer verbrant, haben si allgemain das fleisch über den kolen gebratten und dasselb vier ein frustuk gessen. Darnach haben si alle glider zu stuken zerschnitten, die selbigen an prattspiß gestekt und fleissig gebratten. Als es aber fein resch gebratten war, sein si zum tisch gesessen und habens mit freiden verzert. Leztlich, als ein ieder satt war und der leitgeb den wein einschenkett, haben si aneinander zuegetrunken. Aber der Ulysses sambt seinen gesellen hat denselben ganzen tag mit singen zuegebracht und den Apollinem mit allerley schönen melodeien geehret. Solches gesang, als der Apollo höret, hat er sich haimlich erfreudt. Nachdem aber die nacht herzueschlich, sein si zue ruhe gangen und haben geschlaffen bis an hellen Hechten tag. Als si erwachten und auf den rudern hin und wider zersträtt lagen, haben si sich widerumb haimbwerz gemacht. Der Gott Apollo verlieh inen einen guten windt, mit dem si geschifft 16 r und auch balt zun kriegslegern und iren gezelten ankommen seien. Der Achilles ist underdessen in kein straitt, in kein rath, noch zu ainem ainigen fürsten nicht komen, sondern ist dahaimbts in seinem gezelt gleich alt worden und begeret alsbalt zu hören das getümell des kriegs und zu sehen das hin und wider fliehen der forchtsamen. Nachdem aber der zwelfte tag anbrach, ist der höchst Gott Juppiter sambt andern Göttern vom nachtmall der moren widerumb heimkomen. Die Thetis hatt den bevelch ires sohns nicht vergessen, sonder ist aus dem mer herfür und in aller frue zum J o v e komen, den si gleich allain im höchsten himell gefunden hatt, zu welchem si nidergesessen, sein knie in der linken hant gehalten und also gebetten hatt: »Du vatter Juppiter! Wan ich under andern Göttern etwas mit Worten oder werken von dir verdienet hab, so vergilt mirs und gib mir, was ich als ein mutter beger vier meinen söhn: ich unglükselige vier den aller unglükseligsten; dan mein

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söhn hat under allen griechischen fürsten das kürzest und elendest leben bekomen. Disem hatt der Aga- 16 v memnon mit grosser schmach und unbillikaitt genomen, was im die andern fürsten zur ehr geschenkt haben. Derhalben, du vatter, rech dise thatt also: Gib den Troianern ein weill glük, bis daß die Griechen erkennen, daß si unrecht gehandelt haben. Darmit si die abgeschnitten ehr meinem söhn widerumb erstatten.« A l ß die Thetis diß geredt und ir Juppiter kain antwort geben wolt, sondern ein wenig still schwig, hat si in noch heftiger begriffen und auf ein neues widerumb angeredet: »Sag nur J a ! Das du meinen begern wollest statt geben oder Nain! Sonst laß ich dich nicht hinwek, den du hast kain ausredt, warumbstu nicht antwordest. Ich beger auch zu wissen, in was vier ehren ich bei dir under andern Göttern gehalten werde.« Auff diß groß anhalten hat der Juppiter hochbetrübt geantwordet: »0 Thetis! Wie ein schwere bürdt legst mir auf, die du mir schaft mit meinem gemahel, der Junone, uneins zu werden; dan weill si sich all tag beklagt, ich sey den Troianern geneigter als den Griechen, was wirt si dan anheben, wan ich den Troianern genaigt und den Griechen ganz und gar zuwider sein wirdt? A b e r du gehe hinwek, auf das sie nicht innen werde, das du bei mir gewesen seiest, IJ r das du aber ein größere hoffnung habest, so will ich dein begern mit dem köpf bestetten. Welches zaichen mir undern andern Göttern aigen ist, wan ich etwas verhaisse, das niemals mehr kan widerruft noch umbgestürzt werdenn.« Nachdem er sein redt volbracht, hat er di augbraun in die höh aufgezogen und die bitt mit dem köpf bestettet. In welches aufziehen der ganz himel gezitteret und sein schönes goltfarbes har geschmekt hat. Nach diser redt sein si beide von einander gangen, die Thetis in die tieffe des mers, der Juppiter aber in sein behausung. In welche, als er eintratt, ist keiner aus den Göttern an seinem ort sizen bliben, sondern sein all aufgestanden und dem vatter entgegengangen. Als er sich nuhn in seinen thron sezet, ist alsbalt die Juno zu im getretten (dan si sach die Thetim mit im reden) und griff in mit starken Worten also an: »Was hat die aller betrieglichist aus den Göttinnen mit Dir geredt? W a s hilft es dich, das du alle deine rathschleg vor mir verbirgst und zaigst mir dein 2*

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meinung nicht an?« Auf welche wort der Götter und menschen vatter also geantwordet h a t t : »Juno nimb dir nur nicht vier, das du alle meine reden oder anschleg wissen werdest, dan es wirdt solches fort geschehen, ob du schon iy v mein hausfrau bist. Aber was sich gezimbt dir zu offenbaren, das wirstu vor allen Göttern und menschen am ersten wissen. Wan ich aber etwas verborgens vor mir hab, so solstus nicht begern zu wissen, noch demselben so embsig nachvorschen!« Da sprach die J u n o : »Du scharpfer Gott Juppiter! Was hastu vier ein wort schiessen lassen? Pfleg ich doch nie nachzufragen oder von andern auszufischen, was du redest. Sondern was du handien wilst, das tustu in der still und pflegst meines raths nicht. Sondern ich besorg mich, es werde dich die Thetis, welche in aller früe zu dir komen und dich umbfangen hatt, gebetten haben, auf das du rechen soltest die schant Achillis, die flucht der Griechen und etliche scharmüzel die sich bei den schiffen verloffen haben.« •— Darauf redet Juppiter also: »0 zum teuffei! Du arkwonest allzeit — und ich waiß nicht, auf was weiß ich etwas vor dir kundt verborgen haben. Aber du bemühest dich umbsonst und dein boßhait wirdt mich vom viernemen nicht abwenden, sondern mehr darzue fördern, auf das ich etwas tue, welches dich verdroissen wirdt. Wan dem schon also war, wie du vermainst, was ist mer? Also gefelts mir. Demnach schweig still und siz dicht Lain dich auch wider mein reich nicht mehr auf! 18 r Dan bringst mich an, so will ich dich also zerschlagen, das dir kainer aus den Göttern wirt helfen können.« Durch dise wort ist die J u n o erschroken, hat die künhait ires gemüts beseits gelegt und ist still nidergesessen, hat auch den anderen Göttern umb der ursach willen bevolchen still zu sein. Nachdem ist der Vulcanus gegen der mutter aus gotsforcht bewegt worden und hat si sanftmütig also angeredt: »Mutter ich fürchte, daß sich die sach nicht weitter ausreisse und kome zu einem bösem ausgang. Wan ir unsterbliche Götter von wegen der sterblichen menschen also mit einander zanket, ir macht die andern Götter unruwig und bringt uns so von einem köstlichen mal'. Dan wo man zankt, da erhalten allzeit die bösesten das feldt. Derhalben mutter, ich verman dich treulich: erzaig dich dem vatter nicht widerspennig sonder underthenig, auf das er nicht zu zorn bewegt

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werde, das nachtmall verderbe und die andern all (wie er dan der sterkest ist) haiß aufstehen und hinausweichen. Darumb redt in fein freundtlich an!« Als er diß geredt, hat er der mutter einen becher, welcher auf das künstlichist ausgestochen war, dargeraicht und gesprochen: »Mutter! leidt alles gedultig und wie woll du ein ursach hettest zu trauren, so Übertrag doch den gewalt Jovis, 18 v auf das ich nicht gezwungen werde ein Werkzeug zu sein der plagen, die er dir wirdt aufthun und auf das ich nich müste meiner allerliebsten mutter wider den scherpfesten Gott zu hilf komen; dan ich hab in mit meinem schaden erfarn und fürcht mich iezt an deiner s t a t t ; dan als er dich auf ein zeitt schlug und ich helfen wolt, da hat er von dir gelassen und mich bei einem fuß erwischt und kuglet v o m himel auf die erden hinab geworfen. Es gieng aber gleich zur selbigen zeit die son auf. Da fiell ich den ganzen tag durch die lufft bis zur nacht. Leztlich bin ich in der insell Lemnos nidergefallen. Da haben mich die frembling halb todt aufgehebt und widerumb erfrischt.« Als die Juno diß gehört, ist si senftmütigt worden, lachet und nam den becher von irem söhn. Welche, als si das trank der unsterblikhaitt kostete, hats der Vulcanus den andern Göttern herumbgetragen und ist gleichwie ein leitgeb gewest. Und als er oft hin und wider gieng, haben si das ganz dischmall seiner gelacht; dan er hinket. Das nachtmall hatt sich erstreckt bis zum undergang der sonnen; dan der Apollo schlug auf der herpfen, welche mit golt und ig r edlem gestain besezt war, und hat auch lieblich darein gesungen. Nachdem si aber satt waren der speiß und des gesanges, sein si haimgangen zu ruhen; dan ein ieder hatte sein aigne wonung, welche in der kunstreich maister Vulcanus aufgebautt hatt. A b e r der Gott Juppiter ist in sein schlafkamer gangen und hatt sich sambt der Junone an sein gewöhnliches bett zu ruhe gelegt. Endt des Ersten Buchs.

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DAS SECHSTE BUCH HOMERI VOM TROIANISCHEN KRIEG.

Als nuhn die Götter aus dem straitt haimbgiengen und die Griechen mit den Troianern selbst kempfeten, flugen die scharffen pfeill stark hin und wider und man wüste nicht, auf welche seitten sich der sig naigete. Si kempfeten aber auf dem weiten feit, welches von den flüssen Simoi und X a n t h o umbgerungen wirdt. Erstlich, nachdem der Griechen feste maur A i a x Thelamonius den hohen und langen Achamantem getödt, rennet er in der feint her und zaiget gleichsamb seinen gesellen ein licht zum überwunden; dan er stach im sein lanzen durch die federn, das der spiz durch das hirn zum stirn ausgieng. Diomedes aber tödtet sambt seinem furman Galesio Axilon, einen söhn Teutrani. Diser was under allen menschenkinden am reichthumb der glükseligist. Als er zu Aresba wonete, namb er alle fierüberraisente in sein hauß auf und tractierets auf das freündlichist. Doch war dasmals kainer verhanden, der in vom todt erlösete. Euryalus lief nach dem todt Dresi und Opheliti auf den Aesepon und Pedasum, die er auch tödtet und beraubete. Diß waren zwen brüder haimlich aus dem dapfern Bucolione, dem eltesten söhn Laomedontis, als er der schof hütete, v o n der Göttin Abarbarea. Meneptolemus 72 r tödtet auch mit seinem pfeill Astialon, Ulysses Ridyten und Percossion, Teucrus Arataonam, Antilochus Ableron, Agamemnon den Elaton, einen inhaber des weitflüssenten Satmoentis; bei welchem fluß sein vatterlandt an einem hohen ort erbauet was. Leitus bracht in der flucht umb Philaron, Euripilus Melanthion. Menelaus tödtet Adrestum nicht, sonder fieng in; dan nachdem der wagen in den mirhen Stauden behenket, würfen die pfert aus schräken der flucht umb, brachen darmit die deichseil. Nachdem luffen si der statt, wie auch die andern, eilents zue. Als nun Adrestus auf dem angesicht läge und im den todt vom Menelao schon bereidt sähe, begrif er seine

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bein und batt mit disen Worten: »Menelae, nimb mich für deinen gefangnen auf! warlich groß gutt wirstu vier mich bekomen; dan mein vatter hat dahaimets allerlay reichtumb als golt, silber, eisen, erzt. Darumb wirt er dir gewaltige schanknussen schiken, wan er mein gesunt verstehen wirdt.« Dadurch warde Menelaus überredt und wolt in gleich bei seinem diener zun schiffen schiken. Da kam Agamemnon darzue, der in also anredet: »O ein schentliche that, Menelae! Was fragstu nach den Troianern? Haben si sich dan in deinem hauß, als dus beherberigettest so wol gehalten? J a so woll, das keiner, der under uns kombt, den todt entpfliehen solle: nicht allain die gefangnen, sonder auch die flüchtigen. Kain man soll überbleiben und wan er noch in muterlaib stekete. Alle Troianer müssen sambt irer statt Troia ohn gnat, ohn barmherzikaitt ausgetilget werden.« Auf 7 2 « diß enderet Menelaus sein mainung und stieß Adrestem mit der hant von sich. Da stach im Agamemnon die lanzen durch den bauch, zuchs als- dan durch die brüst, als er schon gefallen was, widerumb herauß. In dem kam Nestor schreient zu seinen gesellen und sprach: »O gesellen, ir Griechen, die sterkesten helten! Verhinter kainer aus eüch den sig; kainer verzer die zeit in beraubung der todten cörper, damit er gewaltige Sachen übersehe, tödte dise animerst, als dan, sovers die zeit geben wirdt, könnet irs wol berauben.« Mit diser vermanung ermunteret er ire gemüter also, das die Troianer von den Griechen nicht mehr in die statt waren gelassen worden, wover nicht Helenus, der warsager, zum Aenea und Hectore gangen und si also angeredt hette: »Aenea und Hector, dieweill eüch als den sterkesten und verstendigsten dise burt ist aufgelegt worden, das ir sorg solt tragen vier die Troianer und Lycier, so stehet da still! Beschauget alles kriegsvolk! Vermanets zum streitt, damit si nicht etwo von den frechen Griechen under den armen irer weiber gemezget werdenn. Wir wollen underdeß — ob es wol übl zuegehet, doch not bricht eisen — den feint ausstehen. Du Hector, wanst in die statt komest, so sag unser beden mutter, daß si sambt den viernembsten frauen in die kirch Palladis gehe, welche auf einem hohem schloß ligt, und in zugethanem tempell, iren schönen erbarn kostbarn schlair dem bilt Palladis anlege und verheisse all

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jar zwölf junge ungezämbte ochslein daselbst aufzuopfern, wan si sich unserer statt, unserer weiber und der klainen kindtlein erbarmen, auch irenDiomedem, den starken kempfer, welchen ich under allen Griechen vier den sterkesten halte, von den basteien abtreiben wirdt; dan Achillem, einen herzogen aller Griechen und, wie man sagt, von einer Göttin geboren, fürchteten wir nicht also als disen Diomedem, dem niemants mehr begegnen darf. So tobt und wüttet er vor zorn.« Darauf sprang Hector in seinem küriß vom wagen, schüttlet in der hant die pfeill, gieng allenthalben umb das her und beherzet die seinigen. Da gieng der streitt erst recht an. Die Griechen wichen ein wenig von den todten leibern zuruk, vermainente, die Troianer wurden balt widerumb auf si zu eilen mit hilf eines himlischen gesantens. Aber Hector schrier den seinigen zue: »Ir großmechtigen burger! O ir großmechtigen gesellen! Die ir aus ferren landen hergezogen seit, iezt erzaigt eür redtlikaitt, iezt erfrischt eüre gemüter! Iezt kempft dapfer! Ich will derweill in die'statt und unsern weibern anzaigen, daß si den teuffein gebett aufopfern, ob sis villeicht erhörn wurden«. Nach disen t r a t t er ab, bedekett von der schaittell bis auf die füß mit einem schwarzen leder, das umb den schilt herumbgieng. Glaucus, ein söhn Hippolochi, und Titides, damit si miteinander kempfen mochten, giengen aus dem streitt herfür. Als si schon naheten, richteten si sich baidt zum schuß, doch redet Titides Glaucum erstlich an: »Du sterkster under den menschen, wer bistu, der du so weit vier die andern heraustrittest? (vor sah ich dich niemals hie) und dir sovil vertrauest, mit mir zu kempfen? All, die solches understanden haben, sein nicht mehr zu ircn eitern haimkomen und weill 73 v du desgleichen begerest, so stehe ich gleich im zweifei, ob du ein Gott oder mensch seiest. Bistu ein Gott, so thue mirs zu wissen; dan ich hab nicht im willen mit den Göttern zu straitten wie Lycurgus, ain söhn Driantis, thate. Aber nachdem er solches volbrachte, wäre im sein leben verkürzt. Diser, als er auf ein zeit bei dem heiligen berg Nisse die vollen gesellinen Bachi erwüschete, ehret ers nicht als pristerin Bachi, sonder tribs wie kue vor sich. Und welche er in der unsinigen waiß erlauffen kondte, die stupfet er noch fester, zwang's auch alle bei Tyrsos auf die erdt zu fallen.

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Bachus, als er vor schröken, den schreienten, wütenten L y c u r g u m änderst nicht entpfliehen mechte, verkroch er sich in die wellen des mers. Welchen doch sein muter Thetis zitrent und halb todt in ir schoß auffienge. Derowegen waren die himlischen Götter heftig wider L y c u r g u m erzürnet und Juppiter schlug in mit einer ewigen blintheit. Doch nicht lang hernach, wie ich zuvorgesagt, als im die Götter von wegen seiner bösen that also aufsezig waren, starb er. Diß Exempell halt mich ab, sover du ein Gott bist, hant an dich zu legen. W a n du aber ainer aus den menschen, das ist ainer aus denen, die nicht von dem unsterblichen trank sonder von früchten leben, bist, so tritt herbei, damit du eben, wie die andern, von meinen henten zu grünt und boden gehest!« Darauf antwordet Glaucus: »Diomede, was begerstu meine eitern zu wissen? Die menschen sein gleich den blettern, d a n wie etliche 74 r vom herbst abgeschüttlet werden, etliche im früling widerumb herausschiessen und allzeit etliche verderben, etliche aber herfürgrünen: Also ist es ein ding mit den menschen. Etliche sterben, etliche werden geboren. W a n du aber vermainst, das dich mein geschlecht vi 11 helfen wirt, so will ich dirs auf das deitlichist erzelen; welches gewaltig und viertreflich ist. •— Es was ein statt in Argeo mit namen Ephyra, darin wonete Sisyphus, ein söhn Aoli, der reichst under den weltkindern. Diser zöge Glaucum, Glaucus gebare Bellerophontem, einen man mit sterk und Schönheit, von den Göttern überrauß geziert. Denselben wolte Proetus, der vermüglichist under allen Griechen, under welches zucht Bellerophon lebete, gern aufgeriben haben; schiket in derowegen aus dem vatterlandt nicht vier sich selbst, sonder aus anstiftung seines weibs, die in fälschlich bei irem man verleumundet; dan nachdem si den züchtigen jüngling zur haimlichen unzucht nicht raizen kundte, klaget der schultig den unschultigen an und sprach zum könig: ,Proete, aintweders du stirb oder Bellerophon, der mich zur unehr zwingen wolte'. Als der könig so ein abscheuliche, erschrökliche that vername, wardt sein gemütt heftig wider in durch zorn entzündet, doch fürchtet er zu verlezen das recht der freundligkaitt und hielt nicht vier billich, das er von seinen henten oder in seinem hauß umbgebracht wurde, sonder überschikets einem andern, sendet in derhalben in

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L y c i a m mit briefen zu seinem schweher Rheuntem, in denen 74 v sambt im vill zum todt verurthailt stunden. Welcher, als er in L y c i a bei dem fluß Xanthi ankame, wardt er mit höchster ehrerbietung v o m könig aufgenomen und zum zaichen der frölikaitt wegen seiner ankunft waren 9 tag nacheinander all tag ein ochs geschlachtet. A m 10 tag fraget der könig Bellerophontem, ob er nicht brief an in von seinem aiden hatte. Da überantwordetet er ims. Welche, als ers laß (darin auch die that Bellerophontis begriffen stunte), bevalch er im erstlich, das er Chymaeram, das unüberwündtlich, unmenschlich thier, bestraitte; vorn hette es eines löwen gestalt, hinten eines draken, in der mitten eines boks und speiet feirige kuglen zum munt heraus. Diß überwundt Bellerophontes durch beistant aller Götter. Zum andern muste er kempfen mit den Solynis. V o n disem kämpf redet er oft selbst, wie er so geferlich wäre. Zum dritten erlegt er die Amazones. Entlich erdacht der könig einen andern funt, wie doch der jung mensch umbs leben komen mechte. Bestellet etlich die sterkesten zum bronnen Lyciae, damit si in am vierüberreisen aufarbaiteten. A b e r es geschach das widerspill; den nicht ain einiger aus inen kam darvon. Da verwunderet sich der könig hoch seiner thaten und gedacht, er wurde gewislich von Göttern seinen ursprung haben, ließ in derowegen nicht von sich, sonder vermehlet im sein dochter sambt dem halben königreich. Die Lycier verehreten im auch ainen herlichen schönen aker, den si wegen der irfart seines herren, den irrenten 75 r aker nenneten. Aus derselben hausfrau zeiget Bellerophon drey kinder: Isandrum, Hippolochum und Laodamiam, die vom Jove Sarpedonem gebare. Nachdem aber die Götter wider in zürneten, gieng er in die wiltnuß und füret ein armseliges leben. Isander, als er wider die Solymos krieg fürete, wardt v o m herfürsten Marte erschlagen. Laodamia war von der Göttin Diana erschossen. Hippolochus aber, der under den dreien geschwisterigten überblibe, gebare mich und schiket mich hieher zum troianischen krieg mit scharpfer vermanung, das ich mich woll hielte und under andern nicht der schlechtest were, damit ich nicht etwa das geschlecht dardurch vertunklete oder von der tugent meiner voreitern abwiche. Welche, wie es iedermeniklich in Ephyra und

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L y c i a bewust, die viernembsten waren. Das ist mein geschlecht. Von disen ist mein herkomen.« Als Diomedes solches höret, steket er frölich sein lanzen in die erdt und redet Glaucum freundtlich an: »Warlich wir haben ein alte lange kundtschaft gar von unsern uhranlen her miteinander. Ich hab gehört von meinem anherren Caeneo, als er Bellerophontem 20 tag lang in seiner behausung hielte, verehrten si einander geschenknuß. Caeneus schenket im ein herrliche schöne glizente rittergürtell, Bellerophontes entgegen ein gülden credenz, die ich iezt dahaimts Hesse. Von meinem vatter Tideo hab ich jugenthalber nicht verstehen mögen, ob er deines vatters kundtschaft gehabt habe; dan ich war noch ein kindt, als er vor Thebas under andern königen und fürsten erschlagen was wordenn. Derowegen thuts vonnötten, das wir 7 5 v unser freundtschaft widerumb erneiern. W a n ich villeicht in L y c i a m oder du gehen Argos komest, so stehe dein hauß mir allzeit offen, desgleichen meines dir auch. Sover wir im krieg einander antreffen, weich einer dem andern aus; dan der Troianer sein nicht wenig, die ich mit hilf Gottes von wegen der Griechen aufarbaiten will, welche, so du kanst, magstus auch tödten. Und gleich wie wir die alt freündtschaft widerholen, also laß uns auch, damits die andern wissen, unsere Waffen verendern.« Als er diß saget, stieg ein iedtlicher von seinem wagen und boten die hant zum zaichen des fridts einander. Aisdan tauscheten si mit den rüstungen. Glaucus gab güldene Waffen, welche 100 ochsen kosteten (Juppiter beraubet in seiner sin) und Diomedes eisene, die 9 ochsen wert waren. Hector aber, nachdem er zum thor Scaea käme, luffen die frauen und jungfrauen umb in, fragten in etliche, wie es stunte um ire söhn, etliche, wie es iren mennern ergienge, etliche, ob ire beiden noch bei leben weren, etliche, was ire freundt macheten. Da vermanet ers zum gebett, saget inen auch, es stunte ser übl und gieng balt zum königlichen pallast Priami. Diser war mit dem schönesten märmell gepflastert und in der mitten geziert mit fuffzig desgleichen zierlichen stainen, darinnen die königlichen söhn sambt iren hausfrauen, entgegen aber etwa über 12 stain die königlichen döchter mit iren mennern schließen. A n diesem ort, als sein muter 76 r Laodicam besuchen wolte, kam ir der söhn

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e n t g e g e n , den si bei der h a n t n a m e und zu im s p r a c h : »Lieber söhn, w e s t h a l b e n b e g i b s t d u dich hieher? W i l s t u d a n aus d e m h o h e n schloß b e t t e n , dieweill auf der m a u r die T r o i a n e r a l l e n t h a l b e n erschlagen w e r d e n n ? B l e i b ein w e n i g hie, bis ich den w e i n herbringe, d a r m i t d u erstlich J o v i und a n d e r e n u n s t e r b l i c h e n G ö t t e r n opferest, d a r n a c h dich a u c h erquikeste. O wie bistu sogar v e r z e r t ? du k e m p f s t v i e r alle gesellen und burger, a b e r (glaub mir) das t r a n k w i r d t dich z u k r e f t e n bringen, d a n der w e i n s t e r k e t w u n d e r b a r l i c h einen m ü d e n und k r a f t l o s e n m e n s c h e n . « D a a n t w o r d e t H e c t o r : »Herzl i e b s t e m u t e r , bring k a i n e n wein, auf das ich nicht noch m e h r geschwecht werde. Ich h a l t es a u c h v i e r unbillich m i t ung e w a s c h n e n , b l u t i g e n , s c h w i z i g e n h e n t e n J o v i opfern. Du m u t e r , laß vill m e r f o d e r n die v i e r n e m b s t e n f r a u e n u n d g e h e s a m b t inen m i t r a u c h w e r k in die kirch P a l l a d i s u n d den ehelichen k o s t b a r l i c h e n schlair, den d u d a h a i m e t s h a s t , l e g d e m b i l t P a l l a d i s a n ! V e r h a i ß a u c h der G ö t t i n all j a r z w ö l f j u n g e u n g e z ä m b t e ochslein d a s e l b s t z u s c h l a c h t e n , w a n si sich unserer s t a t t , unserer w e i b e r und unserer k l a i n e n k i n d e r e r b a r m e n und den e r s c h r ö k l i c h e n D i o m e d e m v o n stattmauren abtreiben wirdt. D e r h a l b e n w i r s t u dasselb v e r r i c h t e n . Ich a b e r will ins h a u ß P a r i d i s gehen, d a m i t ich in z u m k r i e g bringe. W o v e r er mir ä n d e r s t f o l g t , w o l t e G o t t , d a s die e r d t den v e r s c h l i n g e n m u s t e und das ich in in abg r u n t der hellen sizen sehe, den J u p p i t e r z u S c h m a c h und v e r d e r b e n der k i n d e r Priami, a u c h aller T r o i a n e r , leben last, einen nerrischen, blinden, k a i n n u z i g e n , u n v e r s t e n d i g e n . « N a c h disem g i e n g 7 6 v. die m u t e r h a i m w e r t s u n d ließ d u r c h ire dienerin eilents b e r u f f e n die v i e r n e m b s t e n f r a u e n a u s der g a n z e n s t a t t . A i s d a n g i e n g si in die w o l r i e c h e n t s c h l a f k a m e r zu irem schreinell, t h a t ' s a u f ; darein l a g e n die s c h ö n e s t e n S y d o n i s c h e n schlair, w e l c h e P a r i s m i t der H e l e n a v o n Sydone brachte. D a r u n d e n n a m b si den lezten, einen schönen, w e i t e n , g l a n z e t e n w i e die son und g i e n g also s a m b t d e n a n d e r n f r a u e n in die kirch M i n e r v a e . D o si h i n k ä m e , t h a t die h a u s f r a u A n t e n o r i s , w e l c h e d a m a l s zu einer pristerin M i n e r v a e v e r o r t n e t was, die p f o s t e n auf. U n d als die a n d e r n m i t a u s g e s t r e k t e n h e n t e n b e t t e t e n , a u c h die kirch v o m ges c h r a y der w e i b e r e r f ü l t w u r d e , n a m b si den schlair, leget in der P a l l a s an und b a t t a l s d a n m i t solchen Worten: »Du

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G ö t t i n Pallas, des höchsten Jovis dochter, zerschmeter den erschröklichen pfeil Diomedis und erleg in v o r dem thor Scaea, auf das wir dir iezt und alle jar, sover du dich unserer s t a t t , unserer frauen, auch unserer klainen kinder erbarmen wirst, zwölf junge u n g e z ä m b t e ochsen schlachten.« Also b a t t sy. A b e r Pallas schauget weder ir noch anderer frauen g e b e t t an. Underdeß t r u g H e c t o r in der h a n t einen spieß, zehen elbogen lang, mit einem scheinentem spiz, eilet d a r m i t z u m h a u ß Paridis, das er im zwischen Priami und Hectoris pallast durch die bösten künstlichsten zimerleitt und andere werkmaister erbauet hatte. N a c h d e m er darein käme, f a n t er P a r i d e m in der s c h l a f k a m e r 77 r mit dem heim, w a m m e s und schilt umbgehen, auch H e l e n a m den mägden, d a m i t si zierlich arbaiteten, gebieten. D a sach in H e c t o r bei der t h ü r an und sprach zorniklich: »Was bleibst du hie? W a r l i c h dein zorn t h u t kain gut. D e i n e t w e g e n ist solcher krieg angerichtet, deinetwegen kriegen die burger s a m b t den gesellen auf d e r m a u r und werden erschlagen. Deinetwegen ist unser s t a t t Troia v o n den Griechen umbringet, das hergeschray erfüllet alle l ü f f t und du sizt alhie dahaimets müssig! W a n du gegenwertig werest, so grifen auch andere dapfer an. T h ä t e n sis nicht, so kunstus straffen. W o l a u f v e r f ü g dich hinaus, d a m i t nicht die s t a t t durch feir undergehe.« Auf dise Strafw o r t a n t w o r d e t der schön Paris: »Dieweill du mich billich straffest, so will ich auch billich mit dir reden. Nicht, das ich dir vill schmaichlen wolte. Ich bin nicht so fest, als du vermainest, erzürnt, das ich destwegen dahaimets bleibe, sonder ich hab nur mein entzüntes g e m ü t t ein w e n i g dempfen wollen. J e z t aber h a t t mich mein hausfrau w i d e r u m b mit geschmirten Worten z u m streitt überredet. D a s mir auch nüzer ist; dan sig ist nicht zu verachten. W i e ich bin überw u n d e n worden, eben also kan ich auch überwunden. Derowegen, lieber, harr ein wenig, bis ich mir die w a f f e n a n t h u e oder gehe nur hin, ich will balt hinach v o l g e n . « D a r a u f saget H e c t o r nichs. Helena aber begrüsset in f r e u n d t l i c h : »Allerliebster Schwager! ( W a n ich armes hintlein dich ein Schwager nennen 77 v darf) Mein v a t t e r het mich sollen und, wolte Gott, das es geschehen w e r e ! an meinem g e b u r t s t a g in einen wilden w a l t oder in die tieffe des mers tragen, das ich ersoffen were, ehe solcher handl angienge.

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Doch weils die Götter also gewölt; hett ich doch nur einen bösseren hauswirt tiberkomen, welcher sich schamete den leiten von wegen seiner faulkaitt also im maull umbzufaren. Diser fragt nichs darnach; dan er hat gar kaines menschen sin. Darumb vermain ich, er werde allenthalben mit schant abziehen. Aber wolan, mein schwager! Komb ein wenig herein und sez dich in den sessel! Dir allain liegt die ganz burt auf dem naken. Du trägst sorg vier mich armes hüntlein und vier den schentlichen rauber. Wir sein vom Jove zu einem schmelichen todt verdamet; auch nach dem todt werden alle leitt von uns singen und sagen.« Darauf gab antwordt Hector: »Liebe Helena, ob dus schon gutt mainest, nicht raiz mich zum sizen! Ich kan nicht ruhen, sonder muß den Troianern zu hilf widerkern, die meiner mit grossem verlangen warten. Verman villmehr disen zu eilen. Munter er sich selbst auch auf, ob er mich noch in der statt erwischen mechte; dan ehe ich mich in krieg verfüre, will ich noch erstlich dahaimets mein hausfrau mit dem jungen kindt und das hausgesindl haimsuchen. Ich waiß nicht vier gewiß, ob si mich hinfortan widerumb lebendig sehen werden.« Darauf gieng Hector hinwek, seiner behausung zue. Do er Andromacham j8 r darinnen nicht funte (dan si war sambt dem söhn und der dirn weinent auf den thurn hinaufgestigen), tratt er zur haußthür und sprach zun jungfrauen: »Zaigt mir die warhait an: in welches hauß ist Andromacha gangen? Etwa zu einer Schwägerin oder besehnerin oder villeicht mit den andern in die kirch Palladis zu betten?« Auf dise frag antwordet die hofmaisterin behent: »Dieweill du uns, Hector, nötigest, die warhait zu sagen, so kan ichs auch nicht verschwaigen: si ist weder zu einer Schwägerin oder besehnerin oder mit den andern in die kirch Palladis zu betten gangen; sonder als si höret die Troianer von Griechen iemerlich tringen und schlagen, lief si nur mit einer dirn, die das kindt trug, erschroken und halb unsinig auf den thurn der statmauren.« Nach verstantner antwordt gieng Hector widerumb sein Straß mitten in der statt durch die schönesten gassen zum thor Scaea, dadurch man auf das feit kombt. Zu welchem, als er gleich hinaußwolt, begegnet im sein hausfrau. Diß was Andromacha, ein dochter Aetionis, der zu Thebas über die Cylesenses herschete. Es folget ir

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